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Full text of "Z F Immunitätsforsch Exp Therap Originale 32.1921"

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THE UNIVERSITY 


OF ILLINOIS 


LIBRARY 

6/505 

ZE 

Y.32 








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Origiivfllfrmn:., ^ 
UNIVERSITY OF ILU^ 
URBANA-CHAMP-T 






















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URBANA-CHAMPAIGN 



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Zeitschrift 

fur 

Immunitatsforschung 

und experimentelle Therapie 
I. Teil: Originate 

unter Mitwirkung von 

M. Ascoli, Catania, V. Babes, Bukarest, 0. Bail, Frag, E. F. Basbford, 
London. S. Belfanti, Mailaiid, A. Breiul, Liverpool, A. Dieudonn6, Miinchen, 
B. Doerr, Basel, M. Dorset, Washington, E. v. Dungem, Hamburg, M. Picker, 
Berlin, S. Flexner, New York, U. Frledemaun, Berlin. P. Froseh, Berlin, 
M. T. Gruber, Miinchen, L. llaendel, Berlin - Dahlem, M. Hahn, Freiburg 
i. B., A. Heflter, Berlin, L. Hektoen, Chicago, H. Jacoby, Berlin, C. 0. Jensen, 
Kopenhagen, K. Killkalt, Kiel, S. Kitasato, Tokio, W. Kolle, Frankfurt a. M., 
W. Kruse, Leipzig, K. Landsteiner, Haag, C Levaditi, Paris, L. v. Liebermann, 
Budapest, Th. Madsen, Kopenhagen, G J. Martin, London, L. Mickaelis, 
Berlin, Miefiiier, Hannover, G Moreschi, Sassari, J. Morgenrotli, Berlin, 
R. Muir, Glasgow, M. Neisser, Frankfurt a. M., F. Neufeid, Berlin, F. Nuttall, 
Cambridge, R. von Ostertag, Berlin, R. Otto^ Berlin, B. Paltauf, Wien, A. Pettersson, 
iStockholm, R. Pfeiffer, Breslau, E. P. Pick, Wien, G J. Salomonsen, Kopenhagen, 
A. Schattenfroh, Wien, Cl. Schilling, Berlin, P. Schmidt, Halle a. S., Th. Smith, 
Boston, G. Sobemhelm, Bern, Y. C. Yaughan, Ann Arbor, A. v. Wassermann, 
Berlin, W. Meichardt, Erlangen, E. Weil, Frag, A. Wladimlroff, St Petersburg, 
A. E. Wright, Ixmdon, D. Zabolotny, St Petersburg 

herausgegeben von 

E. FRIEDBERGER R. KRAUS H. SACHS P. UHLENHUTH 

(Greifswald.) (Sao Paolo.) (Heidelberg.) (Marburg a. L.) 

ZwelunddreiBigster Band 

Mit 27 Abbddungen und 8 Kurven im Text 



Jena 

Verlag von Gustav Fischer 
1921 


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^ I to 

2 /J 

V lx 

' .>r~; . 


Alle Rechte vorbehalten. 


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Inhaltsverzelchiiis. 

Scile 


Bessau, Zur Entstehung der paradoxen Diphthericbouillonreaktion 
beim Menschen. Entgegnung auf die Milteilung von Order und 
Kassowitz: Uebcr das Wesen und die Bedeutung der paradoxen 
Hautempfindlichkeit aiif intrakutane Einverlcibung von Diphthcrie- 

toxin. Diese Zeitsehrift, Bd. 30 . 558 

Bleber, Walter, Experimentellcs zur Diphtheriepropbylaxc ..... 466 
Bold, Hermann, 1st das Anaphylatoxin chnrakterisiert durch cine 
eigenartige Flockungspbase des Serums? Erwiderung auf die 
Ausfuhrungen von Friedberger und Putter (diese Zeitschr., Bd. 30, 

Heft 3/4, p. 321). Mit 1 Abbildung iin Text.203 

Bold, 11., Benierkungen zu vorstchender Entgegnung von E. Fried¬ 
berger und E. Putter.225 

Felke, Untersuchungen iiber die Rolle der Albumine und Globuline 

in der serologischen Luesdiagnostik .137 


Friedberger, E., und I’litter, E., „Anaphylatoxin und Serumflockung“. 

Entgegnung auf vorstehende Erwiderung von Hermann Dold . 218 
Friedberger, E., und Putter, E., Sachliche Berichtigung hierzu . . 226 
Kirschner, Leopold, siehc Kuss, Viktor K. 

Lange, Arthur, Zur Frage der Hitzebestiindigkeit der gcbundenen 


Antikorpcr.449 

Lange, Ludwig, Ueber das Friedmannsche Tuberkulose-Schutz- und 
-Heilmittel. I. Mitteilung; Literarisch-kritische und experimen- 
telle Untersuchungen iiber den Friedmannschen Heil- und Schutz- 

impfstoff gegen die Tuberkulose.229 

Lindeuberg, Ad., und Pestana, Bruno Rangel, Chcmotherapcutische 

Versuche mit Fetten an Kulturen siiurefester Bacillen. 66 

Michaelis, L., Die Priifung der Alkalitat in Niihrboden. Mit 1 Ab¬ 
bildung im Text.194 

Nagasawn, B., Experimentelle Untersuchungen iiber Milzbrand- 

infektion. Superinfektion und Depressionsimmunitiit.355 

Pestana, Bruno Rangel, siehe Lindeuberg, Ad. 

Petruschky, 1., Bemerkung zu der mir freundlichst zugestellten 

Korrektur der Arbeit Dr. Biebers.474 


4'35'9SC 


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IV ’ Inhaltsverzeichnis. 

Seite 


Putter, E., Zur Technik der Herzpunktion beim Meerschweinchen. 

Mit 1 Abbildiing im Text.475 

Putter, E., siehc Frlodbcrger, E. 

Putter, Erich, Uiitersuchuiigcn iiber Bakterienkataphorcse. Mit 1 Ab- 

bilduiig im Text.53S 

Richter, Muric, Zur Kenntnia der Rieckenbergachen Rcaktion. 

(Negative Versuche zur Throniboselehre.).186 

Russ, Viktor K., tind Kirseiiiier, Leo|K)ld, Exi^erimentelle Studien 
iiber die Funktion der Milz bei der Agglutininproduktion. Mit 

8 Kurven im Text.113 

Kukamoto, Tsuiieo, Beitriige zur Kenntnis von Organextraktgitten 

und iiber die cntgiftende Fiiliigkeit des Blutserums fiir dieselben 1 
Sato, Kuiiio, Experimentellc Beitriige zur Vakzineimmunitat.... 481 
Schnabel, Alfred, Zum Mechanismus der antihamolytischen Wirkung 

der Chinaaikaloide. Mit 1 Abbildung im Text.153 

Schwab, Eberliurd, Ueber den Eiiiflufl der Temperatur auf die Re- 


aktivitiit des Syphilitikerserums. (Zugleieh ein Beitrag zur Frage 


der teehnischcn Ausgeatjiltung der WasBermaniisehen Reaktion.) 87 

Seller, li., Ueter das Wesen dei Tuixirkulinreaktion.325 

Stern, Margarcte, Ueber die Suchs-Georgi-Reaktion und die „D.M.“ 

von E. Meinicke. 167 

Tanucnberg, Joseph, Beitriige zur Theorie und Praxis der Sachs- 

Georgi- und Wassermnnn-Reaktion .381 

TromiusdoriT, Ricliard, Zur Frage der Steigerung des Agglutinin- 

. titers durch groSe Blutentziehungen. 379 

Tsukahara, 1., Verlauf der Agglutininbildung bei Infektion nor- 

nialer und immunisierter Tiere. Mit 22 Abbildungen im Text . 410 


Heft 1 (S. 1—112) ausgegeben am 20. Juni 1921. 


2 (S. 113-228) 
3/4 (S. 229-378) 
„ 5 (S. 379-480) 

.. 6 (S. 481-560/ 


„ 1. Juli 1921. 

„ 18. August 1921. 

„ 27. September 1921. 
,. 20. Oktober 1921. 



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Zeitsclirift [ Inmmnitatsforscliiing. Originala Bi 32. No. I 


Naehdruck verboten. 

[Aqb der Mediziniscben Klioik von Professor Dr. T. Irisawa, 
Universitiit zu Tokio.] 

BeitrSge zar Eenntnis ron Organextraktgiften iind fiber 
die entgiftende FShlgkelt des Blutserums fdr dieselben. 

Von Dr. Tsttneo Sakamoto. 

(Eingegangen bei der Redaktion am 13. Dezember 1920.) 

I. Einleitong. 

Seitdem zuerst Brieger und Uhlenhuth festgestellt 
batten, dafi durch subkutane Injektion von bomologen SSften 
Oder Brei von verscbiedenen Organen der Tod verursacht wird, 
bescbfiftigten sicb viele Autoren rait dicser fiberaus wicbtigen 
Frage und erzielten verscbiedenartige Resultate. Als es dann 
spater Freund gelungen war, die entgiftende Ffibigkeit des 
Blutserums fOr das Organgift zu entdecken, wurde dieses 
Thema um so eifriger studiert. Danach wies Dold endgflltig 
nach, daB frisches homologes Serum die aus alien Organ- 
geweben durcb pbysiologische KocbsalzlSsung extrabierbaren 
giftigen Substanzen zu entgiften vermag, docb geben bis zum 
beutigen Tage die Ansicbten der Autoren (iber die entgiftende 
Substanz des Blutserums nocb weit auseinander. Wabrend 
Cesa-Biancbi als entgiftendes Agens Komplement ver- 
mutet, verneintDold ganzlicb diese Meinung und nimmt eine 
unbekannte Fermentwirkung an. Von anderer Seite wird hin- 
gegen die Ansicbt vertreten, daB das Serum nur wie Tier- 
kohle. Kaolin etc. durcb Adsorption diese Entgiftung bewirke. 
Friedberger und Ichikawa, sowie Loeb geben auch an, 
daB im Blutserum eine sicb mit dem Koagulin (Fibrinferment) 
der Gewebe direkt verbindende und so das Koagulin inakti- 
vierende Substanz (Fibrinogen) enthalten ist. Aber sie sagen 
nichts Naheres fiber diese im Blutserum enthaltene Substanz. 
So stehen jetzt nocb keine allgemein herrschenden Ansicbten 
fiber diese Substanz fest. Ich unternahm es deshalb, diese 
Entgiftung der Organextrakte durch Blutserum genauer zu 
erforschen und fflhrte die bier folgenden Untersuchungen aus. 

Zeltachr. f. Immualtifuforschnng;. Ortg. Bd. 82. 1 


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2 


Teuneo Sakamoto, 


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II. Methodik. 

1. Herstellung der Organgifte. 

Ich benutzte zum groSten Teil KaDinchenlunge (nur ausnahmsweise 
Hunde- und Meerschweinchenlunge) ala Extrakt liefemdes Organ. Da ich 
zu meinen Versuchen so kleine Tiere wie Mause verwendete und daher in 
mSglichst kleiner Menge die hdchste Giftdosis konzentrieren wollte, so ver- 
glich ich die Giftigkeit der verschiedenen Organe und fand laut Tabelle 1 
die Lunge am giftigsten, Knochenmark und Leber hingegen fast ungiftig. 
Daher bediente ich mich ausschliefilich der Lungenextrakte. Um die ent- 
giftende Substanz dee Serums genau untersuchen zu kdnnen, ist es er- 
fordeiiich, das Organ mbglichst blutfrei zu gewinnen. In dieser Beziehung 
konstatierten auch bereits Izar und Patent, daS die Giftigkeit blutleer 
gewaschener Lungen deutlich grower als diejenige nicht gewaschener kontra- 
lateraler Organe ist. Darum band ich, nachdem ich das Tier beinahe hatte 
verbluten lassen, eine Kaniile in eine Halsvene ein, durchschnitt die beider- 
seitige A. carotis und durchspiilte den ganzen Korper mit physiologischer 
Kochsalzlbsung. Nachdem die Lunge weiSlich geworden war, wurde sie 
herausgenommen, mit der Schere zerschnitten und im Morser mit doppelter 
Menge Rin gerscher Losung zerrieben. Filtration durch Gaze, Zentrifugation 
— Grundextrakt. Von diesem Grundextrakte wurden jedesmal verschiedene 
Verdunnungen hergestellt. Die Herstellung nahm, mit Ausnahme der 
Spiilungszeit, meistens bis zu einer Stunde in Anspruch. 

2. Vergiftungserscheinungen. 

Als Versuchstiere w&hlte ich hauptsSchlich MSuse, deren 
Gewicht meist zwischen 8 g und 17 g lag. Wie schon Obata 
sagte, koDDte auch ich konstatieren, dall das schwerere Tier 
nicht notwendigerweise eine grSBere Giftdosis als das kleinere 
vertrSgt, so dafi also kein Parallelismus besteht. Somit sehe 
ich davon ab, die Gewichte der einzelnen Tiere anzugeben. 
AuBer MSusen wurden ab und zu Kaninchen und Meer- 
schweinchen benutzt Die Einverleibung der Extrakte erfolgte 
intravenOs in die Schwanzvene. 

S y m p 1 0 m a 1 0 1 0 g i e: 

a) Mit minimaler tbdlicher Menge. Das Tier bleibt zuerst einige 
Sekunden bis Minuten unbeweglich, macht aber einen erregten Eindruck, 
worauf es taumelnd nach vorn sturzt; die Atmung ist erschwert und enorm 
beschleunigt, w^hrend tonisch-klonische allgemeine Krampfe mit propulso- 
rischen Spriingen, Schwimmbewegungen der Vorderextremitaten, Opistho¬ 
tonus und Exophtbalmus auftreten. Die Hinterbeine bleiben dagegen ge- 
wohnlich von Anfang an paralytisch gestreckt. Dieser Krampfperiode folgt 
eine paralytische, wiihrend welcher die Reflexe, mit Ausnahme des Corneal- 
reflexes, crloschen sind. Nun verschwindet auch der Comealreflex und das 



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Beitrage zur Kenntnis von Organextxaktgiften ubw. 


3 


Tier verendet. Selten tritt eine neue Krampfphase, von einer weiteren 
paralytischen gefolgt, auf. Die Tiere sterben in 1—3—5 Minuten. 


Dies ist aber nur die allgeraeinste Reihenfolge der Er- 
scheinungen, doch gibt es natdrlich alle mdglichen Ausnahme- 
faile. Wahrend das eine Tier einige Sekunden nach der In- 
jektion sich in unrubigem Zustand auf die Hinterbeine stellte, 
nach Yorn stflrzte und in Krampfe verfiel, dauerte bei deni 
anderen die Dyspnoe einige Minuten, wobei es Harn und 
Kot von sich gab und nach aufgetretener Roll- und Reitbahn- 
bewegung schlieHlich zugrunde ging. 

b) Der Injektion der mehrfach tSdlichen Dosis erliegen die 
Tiere mitunter sofort, indem sie einfach tot hinfallen, jedoch ist dies selten; 
ofter wird das Tier von Krampfen befallen, sturzt nach vorn, fallt dann 
pldtzlich auf die Seite; Krampfe, Dyspnoe, Paralyse mit Exophthalmus- 
und endlich Tod vollenden dann das Bild. 

c) Bei Einfiihrung untertddlicher Giftmengen weichen die 
meisten Bymptome nur an Intensitat von den durch die tddliche Minimal- 
dosis hervorgerufenen ab; es konnen Exophthalmus, Krampfe, Abgang des 
Earns feblen. Das Tier erholt sich allmahlich vom paralytischen Stadium, 
und zwar in der entgegengesetzten Reihenfolge des Auftretens der be- 
Bchriebenen Symptome. Allgemein gesagt, treten bei grofien Giftmengen 
alle Erscheinungen schneller und typischer als bei kleineren auf und der 
Tod tritt auch dementsprechend friiher ein. Ich foigte dem Verlauf bis zu 
24 Stunden, aber legte das Hauptgewicht auf die akuten Erscheinungen, 
so daB ich „ietaleDosis des Extraktes“, „Entgiftungsdosi8 des Serums'* etc. 
meistens nach dem Verlaufe einiger Stunden bestimmte. 


Tabelle I. 


Organ 

Verdiinnung 

Dosis 

Resultat 


Kan in chen No. 1. 

Lunge 

v« 

0,25 

t 1 Min.*) 

It 


0,15 

t 1 ,, 


Vs 

0,1 

schwerst erkrankt, aber erholt 

Niere 

% 

0,25 

t 2 Min. 



0,15 

schwerst erkrankt, aber erholt 

Gehim 


0,25 

t 1 Min. 

ff 


0,15 

schwerst, aber erholt 

Herz 


0,25 

t 5 Min. 



0,15 

0. B. 

Muskel 


0,5 

t 1 Min. 



0,25 . 

schwer erkrankt, bald erholt 

Milz 


0.5 

t 2 Std. 



0,25 

schwerst, aber erholt 

Leber 


0,5 

t 1 Min. 



0,25 

etwas erkrankt, bald erholt 

Knochenmark 


0,25 

o. B. 



0,5 

0. B. 

»? 

77 

0,5 

0. B. 


1) Nach einer Minute gestorben. 


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4 


Tauneo Sakamoto, 


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Organ 

Verdiinnung 

Doaia 

Keaultat 


Kaninchen No. 2. 

Lunge 

'U 

0,25 

t 2 Min. 



0,15 

achwer, aber bald erholt 

Niere 


0,4 

t 2 Min. 



0,25 

0. B. 

Gehim 


0,25 

t 1 Min. 



0,15 

achwer, aber erholt 

Herz 


0,25 

t 1 Min. 



0,15 

achwerat, aber erholt 

Muakel 


0,5 

t 1 Min. 



0,25 

0. B. 

Milz 


0,25 

• 

• 3 Min. 



0,15 

i 

• 5 „ 

Leber 


0,5 

■ 

- 3 „ 



0,25 

0. B. 

Knochenmark 


0,5 

0. B. 



0,25 

0. B. 


V, 

0,5 

0. B. 


m. Oiftigkeit der Lungenextrakte. 
Tabelle II. 


Ver- 

diinnung 

Doaia 

Beaultat 

Ver¬ 

diinnung 

Doaia 

Beaultat 

Kaninchen 

1 No. 1. 

Kaninchen No. 2. 


0,25 


I- 1 Min. 

V, 

0,25 

t 1 Min. 


0,4 


h 1 » 


0,35 

t 1 .. 


0,3 

• 

^ 70 8ek. 


0,25 

j t 90 ^k. 


0,25 

• 

^ VO „ 

1 

0,1 

achwer erkrankt. 


0,1 

etwas erkrankt, 



erholt 



1 

bald erholt 

minimale letale Doaia = 0,25 ccm 

minimale 1 

etale Doaia = 0,25 ccm 

d. ‘A Verdiinnung. 

d. 

Verdiinnung. 




Kaninchen No. 3. 

Kaninchen No. 4. 

Qrundextr. 

0,3 


t 2 Min. 


0,25 

t 1 Min. 

>» 

0,3 


t 1 

v! 

0,4 

t 1 „ 

V 

0.25 


t 1 Std. 


0,3 

t 2 „ 

V, 

0,5 


t 4 „ 


0,25 

t 1 Std. 


0,35 


t 1 Tag 


0,1 

etwas erkrankt, 

'U 

0,4 


tl » 



erholt 


0,35 


t 1 

minimale letale Doaia = 0,25 ccm 

»> 

0,3 


t 1 .) 

d. */. Verdiinnung. 

minimale letale Dosis = 0,5 ccm 




d. 

V, Verdiinnung, | 





Verdiinnung j 


Dosis 


Beaultat 


I 


Kaninchen No. 5. 


minimEde letale 


0,25 

0,25 

0,25 

0,1 

Doaia = 


I 


t 
t 
t 
0 - 

0,25 ccm 


2 Min. 

12 Std. 

i ." 

d. */« Verd. 



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Beitriige ziir KernitniB Ton Organextraktgiiten usw. 


5 


Aus den Tabellen ergibt sich, daB die Giftigkeit des 
Kaninchenlungenextraktes im groCen und ganzen konstant — 
0,25 ccm der V 4 Verdunnung ist, aber genauer betrachtet 
kSnnen bei einzelnen FSllen individuelle Verschiedenheiten 
wahrgenoramen werden. Daher babe ich der Sicherheit halber 
bei alien Versuchen iminer als Kontrolle die Giftigkeit des 
betrefFenden Extraktes gepruft. 

rv. Thermolabilitat der Organeztrakte. 

Uhlenhuth, Handel und Steffenhagen fanden, 
daB die Organgifte bei Erwarmung auf 60° C ungiftig werden. 
Dold kam auch zu demselben Schlusse. Demgegeniiber 
konnten Izar und Faguoli nachweisen, daB die Giftigkeit 
eine 10 Minuten lange Erhitzung sogar bis auf 100° C vertragt, 
und auch Aronson konstatierte die Koktostabilitat des Meer- 
schweinchenlungenextraktes. Auch Ichikawa erzielte ahn- 
liche Resultate, und Mita behauptete gleichfalls komplette 
Kochbestandigkeit der Organextrakte. 

Im Zusammenhange mit der Untersuchung der Entgiftung 
habe ich mich auch mit der Nachprflfung dieser Frage be- 
faBt und folgende Resultate erhalten (siehe Tabelle III auf 

p. 6). 

Nathrlich kommt es vor, daB die Extrakte beim Erwarmen 
mehr oder weniger Niederschlage bilden. Daher wurde vor 
der Injektion durch griindliche Schuttelung diesen Umstanden 
genugend Rechnung getragen. Wie aus den Untersuchungen 
von Foft und Pellacani, Dold und Ogata hervorgeht, 
haben korpuskuiare Eleniente keinen ursachlichen Zusammen- 
hang mit den Organgiften. Aus den obigen Tabellen ergibt 
sich, daB Erhitzung auf 100° C erst nach 2 Stunden zur vol- 
ligen Entgiftung ausreicht, wahrend Erwarmung auf 38° C 
10 Stunden in Anspruch nimmt. Also nach meinen Unter¬ 
suchungen kann die Giftigkeit der Organextrakte zwar durch 
Erwarmung vernichtet werden, aber ihre Vernichtung ist bei 
weitem schwieriger als nach bisherigen Angaben. Um diesen 
EinfluB der Temperatur moglichst zu vermeiden, bewahrte ich 
Extrakte und Sera ira Eisschrank direkt auf dem Eise auf, 
wo die Temperatur nie 5° C uberschritt. 


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6 


Teuneo Sakamoto, 


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Tabelle III. 


Temperatur 

Zeit 

Verdiinnnng 

Dosia 

Resultat 



v* 

0,25 

tt 

+ ^ ^-jKontrolle 
J ^ tt \ 

30“ C (Zim- 

1 Std. 


0,25 

t 2 Min. 

mertemp.) 



3 „ 



t 90 Sek. 


5 „ 



t 2 Std. 


8 



+ 3 Min. 


10 „ 



0. B. 


10 „ 


») 

0. B. 

38“ C 

1 Std. 

'U 

0,25 

t 1 Min. 


3 „ 

1) 

»> 

t 1 „ 


5 „ 



t 3 Std. 


8 „ 

»» 

tt 

t 1.5 ,. 


10 „ 



o. B. 


10 „ 


It 

0. B. 

56“ C 

30 Min. 

‘A 

0,26 

t 2 Min. 


2 Std. 



0. B. 

»» 

3 „ 



0. B. 


3 „ 

>1 

tt 

0. B. 


4 „ 

»» 

tt 

0. B. 

ft 

4 .. 


0,35 

0. B. 

100 “ c 

10 Min. 

■A 

0,25 

+ 1 Min. 


10 „ 


t 1 „ 


30 „ 



t 2 Std. 

)» 

30 „ 



to „ 

ff 

30 „ 



•f 1 Min. 

}7 

30 „ 



t 3 „ 


1 Std. 



t 8 „ 


1,5 „ 



0. B. 


1,5 „ 


It 

o.B. 

100“ c 

1 Std. 

‘A 

0,25 

t 3 Min. 


1,5 „ 



t 5 Std. 


2 ,. 


»» 

0. B. < 

»» 

2 „ 



0. B. 

»» 

2 „ 

fi 

tt 

0. B. 


V. Haltbarkeit der Organextrakte. 

Die Organextrakte sind bekanntlich, wie schon Kraus 
und Volk festgestellt haben, nicht bestSodig; sie sollen sich 
bald tagelang halten, bald aber sich nach kurzer Zeit ab- 
schwILchen. Ich prflfte auch die Haltbarkeit des Giftes, welches 
zum Teil im Eisschrank aufbewahrt und zum Teil mit Toluol 
bei Zimmertemperatur (30° C) stehen geblieben war (siehe 
Tabelle IV). 


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Originaifrom 

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Beitr%e zur KenntniB von Organextraktgiften usw. 
TabeUe IV. 


7 


Zeit 

Verdiinnung 

Dosia 


Resultat 

Bofort 

V 4 

No. 1. 

0,25 


3 Min. 

1 Tag 

II 

11 


3 „ 

3 Tage 

II 

II 

- 

■3 ., 

4 1 , 

II 



• 8 Std. 

5 11 

11 

II 


■ 10 1 , 

1 ” 

II 

II 


■ 14 ., 

9 11 




• 10 Min. 

11 11 

II 

I* 


■ 5 „ 

14 11 

II 

II 


• 4 „ 

V ■’ 


03 


• 15 1 , 

21 ,1 

II 

0,25 

•i 

1 - 1 ,1 

Bofort 

V 4 

No. 2 . 

035 


3 Min. . 

1 Tag 




3 „ 

2 Tage 

V 

II 

• 

•2 „ 

3 f) 



1 

■ 3 Std. 

4 11 

II 

II 


■ 10 1 , 

e » 

II 

II 

1 

■2 „ 

6 1 , 

II 

II 

1 

12 ,1 

Bofort 

'U 

No. 3. 

0,25 

t 10 Min. 

1 Tag 

II 


t 3 Std. 

2 Tage 

II 

II 


[■ 6 „ 

3 

II 

II 


- 8 „ 

6 ,1 

II 



^ 12 1 . 

7 11 

II 

II 


t-9 „ 

Bofort 

V 4 

No. 4. 

0,25 

■ 

3 Min. 

1 Tag 



i -2 „ 

2 Tage 

II 



i-3 „ 

^ II 

II 



•3 „ 

13 „ 

II 



•3 „ 

13 „ 

II 

IT 

schwer erkrankt, erholt 

Bofort 

V 4 

No. 5. 

0,25 

t 1 std. 


II 


t 3 „ 

2 Tage 



Bchweret, aber erholt 

4 ,1 

II 


t 16 Std. 

11 11 

II. 

II 

t 3 Minuten (Faulnie) 


No. 6. 

Mit Toluol (ala Ueberechicht) bei Zimmertemperatur (30® C) aufbewabrt 


Bofort 


1 Tag 

2 T^e 

3 11 


V 4 

II 

0,25 

II 

1 

II 

II 

II 

II 


t 3 Min. 
t 3 „ 
t 10 Std. 
t 24 „ 


Aus den vorstehenden Tabellen ist ersichtlich, daB Lungen- 
eitrakte ein paar Tage ihre Giftigkeit im anfSnglichen Grade 


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8 


Teuneo Sakamoto, 


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beibehalten konnen und Toluol auch zur Erhaltung der 
Giftigkeit recht viel beitragen kann. Mit der Zeit Widen 
sich durch Umsetzung Niederschlage am Boden. Dabei wurde 
nur der AbguB zur Injektion benutzt. Hierbei bemerkt 
man deutlich, daB'die Abnahme der Giftigkeit im groBen und 
ganzen mit der Niederschlagbildung Hand in Hand geht und 
ihren Hohepunkt zwischen 5—10 Tagen erreicht. Endlich 
tritt manchmal FSulnis ein und die Giftigkeit nimmt wieder 
plStzlich zu; deshalb wurden zu den Versuchen altere Extrakte 
nicht benutzt. 

VI. Abnahme der Giftigkeit durch Adsorption. 

Da die giftige Substanz der Organextrakte eine Art EiweiB- 
kdrper ist, so ist es leicht begreiflich, dafi sie auch adsorbiert 
wird und die Giftigkeit dementsprechend verloren geht. 

Diesbezuglich wurden schon verschiedene Untersuchungen 
von Cesa-Bianchi, Bold und Izar ausgefiihrt. Uhlen- 
huth und HS.ndel, sowie Dold haben nachgewiesen, daB 
die Organextraktgifte durch Filtration durch ein Porzellanfilter 
ihrer Giftigkeit beraubt warden. Ebenso warden nach Dold 
und Izar die Extrakte durch Behandlung mit Kaolin ganz 
ungiftig. 

Ich habe diese Tatsache nachgeprQft und kam zu den 
folgenden Resultaten. Das Extrakt wurde mit halbem Gewicht 
Kaolin (Merck) resp. Tierkohle (Merck) 20 Minuten lang 
geschlittelt und danach abzentrifugiert. 

Tabelle V. 

Verdun nung Adsorbens ' Dosis ccm Resultat 


I t 1 Min. I 

t 3 „ ! Kontrolle 

t 90 Sek. J 
t 40 „ 
t 3 Min. 

! t 2 „ 

t 12 Std. 
t 5 Min. 
t 12 Std. 
etwas erkrankt 

o. R. 

0. B. 


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URBANA-CHAMPAIGN 


'/. 1 ccm 
dgl. 

»> 

'L 1 ccm 

dgl. 

»» 


No. 

I 


Kaolin 0,5 g 
dgl. 

11 

Tierkohle 0,5 g 
dgl. 

19 

durch BerkefeJd- 
filter filtriert 
dgl. 


1 . 

0,5 

0,3 

0,25 

0,6 

0,3 

0,25 

0,35 

0,3 

0,25 

0,6 

0,5 

0,35 


Google 



Beitrage zur KenntniB von Organextraktgiften usw. 


9 


Verdiinnung 

Adsorbens 

Dosia ccm 

Resultat 


1 

4o. 2. 


‘/4 


0,3 

0,25 

J Jg } Kontrolle 

1 ■ 

durcb Berkefeld- 

0,5 

t 2 Std. ^ 


filter filtriert 



i 

” 1 

dgl. 

0,25 

t 12 „ 


tt 

0,25 

t 15 „ 


1 

'Jo. 3. 


w 


• 0,45 

t 3 Min. 1 



1 0,3 

t 4 8td. [ Kontrolle 


, 

0,25 

t 16 „ 1 


durch Berkefeld- 

0,65 

1 0. B. 


filter filtriert 

1 


it 

i dgl. 

0.5 ! 

0. B. 


Izar hat den Beweis geliefert, daB die Entgiftung (durch Kaolin, 
Talk, Tierkohle, Gehirn) nur bei Einhaltung gewisser Mengenverbaltnisae 
zustande kommt und ein UeberechuB des einen oder anderen Beetandteiles 
die Entgiftung beeintrachtigt. 

Ich babe die Versucbe j^anz nacb den von Izar an- 
gegebenen Mengenverbaltnissen angestellt. 


Tabelle VI. 


Verdunnung 

Adsorbens 

Zeit und Teraperatur 

Dosis Resultat 

V* 



0,25 It 2 8td. 1 g 

0,25 |t 4 Min. ^ 

W 

)) 

• 


74 1,0 ccm 

Kaolin 0,1 g 

30 Min. bei 37 “ C, zen- 
trifugiert 

0,25 t 3 Min. 

dgl. 

dgl. 

dgl. 

0,25 jbeinahe Tod, eben 
erholt 

dgl. 

dgl. 

d^. 

0,25 1 dgl. 

74 6,0 ccm 

Kaolin 0,1 g 

1 Std. im Eisschrank, 
zentrifugiert 

0,25 schwersterkrankt, 

1 el)en erholt 

dgl. 

dgl. 

dgl. 

0,25 dgl. 

74 2,0 ccm 

Tierkohle 0,5 g 

5 Min. bei Zimmertem- 
peratur, zentrifugiert 

0,25 t 3 Min. 

dgl 

74 107) cc™ 

dgl. 

dgl. 

0,25 t 2 ., 

Tierkohle 5,0 g 

10 Min. bei Zimmertem- 
peratur, zentrifugiert 

0,25 t 1 Mm- 

dgl. 

dgl. 

dgl. 

0.25 t 1 ytd. 

dgl. 

dgl. 

dgl. 

0,25 It 1 „ 


Es gebt aus den vorstebenden Tabellen klar bervor, dad 
die Organextrakte durcb Adsorption zwar ibrer Giftigkeit 
beraubt werden konnen, dafi aber von einer vollstandigen 
Entgiftung nicbt die Rede sein kann. Aucb konnte icb nicbt 



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10 


Tsuneo Sakamoto, 


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die zur vOlligen Entgiftung nOtigen bestiramten Mengen- 
verhaitnisse, wie Izar angegeben, ermitteln. 


Vn. EntgUtang der Orgonextrakte durch Blutsera. 

TabeUe VII. 


Extrakt 

Verdunnung 


. 

Serum 

Zeit u.Temperatur 

Dofiis 

ccm 


No. 1. 

0,25 



0,25 

eigenes Serum 

1 Std. bei 37“ C 

0,5 

dgl. 

dgl. 

0,45 

eigenes Serum 1 ccm 

n 

0,5 

dgl. 

If 

0,45 


>• 

0,4 

eigenes, aber bei 56“ C 

„ 

0,5 

inaktiviertes Serum 
1 ccm 

dgl. 

dgl. 

0,25 


Besultat 


'U 

V4 


7, 1 ccm 


dgl. 


dgl. 




7 , 1 ccm 
dgl. 




7 , 1 ccm 


dgl. 


1 ccm 
dgl. 


No. 2. 


7j eigenes Serum 
dgl. 

eigenes Serum 1 ccm 
dgl. 

eigenes, durch Wiir- 
me inaktiviertes 
Serum 1 ccm 
1 dgl. 


1 Std. bei 37® C 
dgl. 


N o. 3. 


'It eigenes Serum 
dgl. 

eigenes Serum 1 ccm 
1 dgl. 

eigenes, durch War¬ 
ms inaktiviertes 
Serum 1 ccm 
dgl. 


1 Std. bei 37“ C 


t 30Min.\ Kon- 
t 5 „ / trolle 

I’j Kontrolle 

etwas. erkraukt, 
bald erholt 
o. B. 
o. B. 
t 3 Min. 


t 5 Min. 


t 1 Min.t 


0,45 
0,35 It 1 
0,5 jo. B. 
0,3 lo. B. 
0,45 jo. B. 
0,4 lo. B. 
0,35 lo. B. 


Kon- 
' trolle 


0,5 


0,25 


t 1 Min. 


t 2 Min. 


0,25 |t 
0,25 it 
0,5 
0,25 
0,5 
0,4 
0,5 


Min.) 

I Kon- 
I trolle 


o. B. 
o. B. 

0 . B. 

0 . B. 
t 1 Min. 


eigenes Serum 1 ccm 
dgl. 

eigenes, durch War- 
me inaktiviertes 
Serum 1 ccm 
dgl. 


No. 4. 

1 Std. be‘i 37“ C 
dgl. 


0,25 it 1 Min. 


! 0.25 !t 3Min.Kontrolle 
0,5 o. B. 

0,25 o. B. 

0.25 jt 3 Min. 


0,25 


t 4 Min. 


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Beitrage zur Kenntnis 7on Organextraktgiften ubw. 


11 


£ztrakt 
Verdun nnng 


Serum 


Zeit u. Temperatur 


Doeis 

cem 


Besultat 


V4 Hund- 
lungen-E. 
dgl. 


'/, 1 ccm 
dgl. 


N o. 5. 


*/* eigenes Serum 
dgl. 

eigenes Serum 1 ccm 
dgl. 

eigenes, durch War- 
me inaktiviertes 
Serum 1 ccm 
dgl. 


1 Std. bei 37® C 
dgl. 


V. 


No. 6. 


V, eigenes Serum 
■ { dgl. I 

1 ccm eigenes Serum 1 ccm! 1 Std. bei 37® C 

dgl. dgl. I dgl. 

„ eigenes, durch War- „ 

' me inaktiviertes 
Serum 1 ccm 

dgl. I „ 

No. 7. 


'U 

V, 1 ccm 
dgl. 


/, eigenes Serum 
eigenes Serum 1 ccm 
dgl. 

eigenes, durch War-' 
me inaktiviertes; 
Serum 1 ccm 

dgl. I 


1 Std. bei 37® C 
dgl. 

»» 


0,3 

0,25 

0,5 

0.25 

0,5 

0,25 

0,5 


0,25 t 2 Std. 



Kon- 

trolle 


0,5 

0,3 

0,25 

0,5 

0,25 

0,5 

0,25 

0,5 


t 1 Min.» 

ti " i*''’"• 

o. B. ) 

■f 2 Min. 
t 4 „ 

t2 „ 


0,25 It 2 Min. 


0,25 

0,5 

0,5 

0,25 

0,3 


t 3 Min.l Kon- 
o. B. ) trolle 
t 4 Min. 
t 5 „ 

t 2 „ 


0,25 It 5 Min. 


Wie Dold, Izar, Loeb, Ichikawa, Yoshimura 
und Obata schon angegeben haben, verliert das Lungen- 
extrakt in raanchen Fallen, wenn es rait eigenem Blutserum 
zu gleichen Teilen gemischt wird, vollstandig seine Giftigkeit. 
Aber wenn das Serum 30 Minuten lang bei 56 ° C inaktiviert 
wird, verliert es sofort seine entgiftende Fahigkeit. Diese 
Tatsache steht mit den Resultaten frflherer Forscher wie 
Dold etc., in vollera Einklang. Mitunter, aber selten, kaun 
das Extrakt dnrch eigenes Serum nicht vollig neutralisiert 
werden. Mit andern Worten ist, wie schon Izar angegeben 
hat, die Entgiftung durch Sera etwas unbestandig. Nebenbei 
bemerkt, haben nach Korschun und Morgenroth, Sav- 
tschenko und Berdonikoff, D5meny, Donath und 


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12 


Tsiineo Hakamoto, 


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Landsteiner, sowie Liidke normale Seren eine stark 
heramende Wirkung auf die HSmolyse durch Organextrakte, 
die aber beim Erhitzen auf 100° C erhalten bleibt. Darum 
schlossen sie, daB es sich hier nicht um normale AntikSrper 
handelt. Aber in nieinem Falle war die entgiftende Wirkung 
ganz thermolabil, welche Tatsache eher Mr ihre Antikorper- 
natur spricht. 


VIII. Mengenverhaltnisse der Organextrakte und Blntsera bei 

der Entgiftung. 


Meine weitereu Untersuchungen beschaftigen sich mit der 
Frage, welche Serumraenge nStig ist, um das Lungenextrakt 
zu entgiften. Natiirlich wurde das Extrakt-Serumgemisch 
immer durch Ringersche Losung auf das gleiche Volumen 
gebracht. 

Tabelle VIII. 


Extrakt 

Verdiinnung 

Serum 

ccm 

Zcit u. Temperatur 

Dosia 

ccm 

'U 


No. 1. 

0,35 

1) 

, 

, 

1 0,25 

V, 1 ccm 

0,4 

1 Std. bei 37 “ C 

0,25 

dgl. 

0,4 

dgl. 

l« 

0,25 

>> 

0,6 

0,25 


0,6 

yy 

0,25 


0,8 

tt 

0,25 


0,8 

yy 

0,25 


1,0 

yy 

0,4 

»» 

1,0 

yy 

0,25 

1/ 

'4 1 


No. 2. 

1 0,25 




0,25 

7, 1 ccm 

0,3 

1 std. bei 37“ C 

1 0,5 

dgl. 

0,3 

dgl. 

: 0,25 

yy 

; 0,5 

yy 

0,5 

yy 1 

0,5 

yy 

0,3 


1,0 

yy 

0,6 

yy 1 

1,0 

yy 

0,8 

'U 


N 0. 3. 

• 

0,3 


, 


0,25 

'L 1 ccrn 

0,2 

1 Std. bei 37“ C 

0,35 

dgl. 

0,2 

dgl. 

0,25 

yy 

0,3 

yy 

0,4 

yy 

0,3 

yy 

0,25 

yy 

0,4 

yy 

0.5 


Resultat 


jt 1 Min. 

t 2 Std. ^ 
f 10 Min. 
t 2 Std. 
t 15 Min. 
t 10 „ 
t 2 Std. 

;o. B. 

|o. B. 

[beinahe Tod, all-| 

I miililich erholt 

:t 20 Std. 1 
t 3 Std. 
t 12 „ 
t 3 „ 

t 24 „ 
o. B. 
lo. B. 

jt 2 Min.j KontroUe 

It 2 Std. ’ 

:t 1 ,, 
t 1 Min. 

;t 3 „ 

schwereterkrankt, erholt 


Google 


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Beitr^e zur Kenntnis von Organextraktgiften usw. 


13 


Extrakt 

Verdunnung 

Serum 

ccm 

Zeit u. Temperatur 

Dosis 

ccm 

Resultat 

", 1 ccm 

0,4 

1 Std. bei 37® C 

0,25 

schwer erkrankt, erholt 

dgl. 

0.5 

dgl. 

0,4 

dgl. 


0,5 


0,25 



0,7 


0,5 

0. B. 


0,7 


0,45 

0. B. 


0,8 


0,5 

0. B. 


0,8 


0,45 

0. B. 


1,0 


0,5 

0. B. 

t) 

1,0 

N 0. 4. 

0,4 

0. B. 

V4 



0,25 

t 30 Min. KontroUe 

V, 1 ccm 

1,0 

1 Std. bei 37 ® C 

0,5 

0. B. 

dgl. 

1,0 

dgl. 

0,25 

0. B. 

Jt 

0,5 

tt 

0,5 

0. B. 


V* 

1 com 
dgl. 


V, • 

It 

V, 1 ccm 
dgL 

Qrnnd-E 0^ 
ccm 
dgl. 

*/« 

*/, 1 ccm 
dgl. 


0,3 

0,3 

0,5 

0,5 

1,0 

1,0 


1.0 

1,0 

1,5 

1,5 


1,0 

1,5 

1,5 


No. 5. 


1 Std. bei 37® C 


No. 6. 


1 Std. bei 37 ® C 
dgl. 


No. 7. 

1 Std. bd 37® C 
dgl. 


0,4 

0,25 

0,5 

0,25 

0,65 

0,25 

0,7 

0,5 

0,25 

0,25 

0.5 

0,25 

0,5 


t 1 Min.l 
t 3 Std. I 
t 2 Min. 
t 4 „ 

et w.erkran kt, bald erholt 
0 . B. 

0 . B. 

0 . B. 


KontroUe 


M 


t 4 Min. 
t 3 
t 1 

t 4 „ 
t 1 Std. 

0,25 It 2 Std. 


KontroUe 


0,25 

0.25 

0,25 

0,25 


t 5 Min. KontroUe 
t 24 Std. 

!o. B. 

0 . B. 


Aus vorstehenden Tabellen ist es klar, daB die entgiftende 
Fahigkeit des Serums auch fiir das eigene Lungenextrakt 
individuell recht viel variiert, in den meisten Fallen zu gleichen 
Teilen gemischt, aber mitunter im Mengenverhaitnisse von 
1:1,5 zugesetzt, zutage tritt, was schon von D o 1 d teilweise 
nachgewiesen worden ist 


IZ. Zeitlioher Verlanf der Entgiftung. 

Auch braucht es, wie von Bold bemerkt, zur Entgiftung 
des Lungenextraktes eine gewisse Zeit, weil, wie die folgende 


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14 


Tsuneo Sakamoto, 


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Tabelle zeigt, das Extrakt-Serumgeraisch sofort nach der 
Mischung noch recht giftig ist. Nach meinen Untersuchungen 
wird das Extrakt durch das Serum nach einer Stunde bei 
37° C vollst&ndig entgiftet, wenn das Serum tatsichlich die 
Fahigkeit besitzt. 

Tabelle IX. 


Extrakt 

Verdiinnung 

j 

Serum 

1 

Zeit und 
Temperatur 

Dosis 

t 

Besultat 

V 4 


No. 1. 

0,3 

t 2 Min. Kontrolle 

1 ccm 

1,0 ccm 

gleich nach der 

0,3 

t2 „ 

dgl. 

dgl. 

Mischung 

1 Std. bei 37 “ C 

0,5 

0 . B. 

V 4 


No. 2. 

0,35 

t 6 Min. Kontrolle 

*, 1 ccm 

1,0 ccm 

Bofort nach der 

0,35 

t 5 „ 

dgl. 

dgl. 

Mischung 

1 Std. bei 37“ C , 

0,5 

0 . B. 

*/4 


No. 3. 

0.25 

t 1 Min. Kontrolle 

V, 1 ccm 

1,0 ccm 

gleich nach der 

0,25 

t 4 „ 

dgl. 

dgl. 

Mischung 

1 Std. bei 37 “ C 

0,5 

1 0 . B. 


X. EinfloQ der Temperstur auf die Entgiftoug des Extraktes. 

Tabelle X. 


Extrakt 

Verdiinnung 


Serum 


Zeit und 
Temperatur 

Dosis 

Rest 

No. 1. 

0,55 

t 2 Std. • 


0,5 

t 4 „ j 

1 Std. bei 37“ C 

0,55 

0 . B. 

dgl. 

0,5 

0 . B. 

1 Std. bei 0“ C 

0.55 

t 2 Std. 

dgl. 

0,5 

•M „ 

No. 2. 

0,25 

t 3 Min. 


0,25 

t 2 „ 

1 Std. bei 37“ C 

0,5 

0 . B. 

dgl. 

0,25 

0 . B. 

1 Std. bei 0“ C 

0,5 

t 1 Min. 

dgl. 

0,25 

t 30 „ 


V. 

Ji 

1 cem 
dgl. 


v* 

»> 

'/« 1 com 


1 com 
dgl. 


dgl. 


Kontrolle 


1 ccm 
dgl. 


Kontrolle 


Aus diesen Versuchen iSllt sich folgendes mit Bestimmt- 
heit behaupten: Wie Wilde bereits bei dem Verschwinden des 
Komplementes durch Milzbrand-, Cholerabakterien, rote Blut- 



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BeitrSge zur Kenntnis von Organextraktgiften usw. 


15 


kOrperchen, Organzellen etc. entdeckt hat, beruht die Ent- 
giftuDg des Organextraktes diirch Sera nicht nur auf phjsi- 
kalischer Adsorption, sondern auch auf biologischem oder 
chemischem Prozefi. Sie hEngt somit nicht allein von der 
Menge der Adsorbentien und der Kontaktzeit ab, sondern 
auch von der Teraperatur, bei welcher man die Mischungen 
stehen Itillt, so dail bei sorgfiltiger Einhaltung einer Temperatur 
von 0 ® C keine oder nur ganz unzureichende Adsorption ein- 
tritt, wahrend sie bei Bruttemperatur (bei 37® C) eine voll- 
standige ist. 

XI. Vergleioh der entgiftenden Fahigkeit der elgenen und 
anderen Sera gegen Lungenextrakte. 

Weiter nahm ich die Untersuchung vor, wie sich eigene 
und andere Sera in ihrer entgiftenden Wirkung gegenOber 
wasserigen Organextrakten verhalten. 


Tabelle XI. 


Extrakt 

Verdiinnung 

Serum 

bei 37“ C 

Dosis 

ccm 

Resultat 


No. 1. 



'U 

• 

• 

0,3 

0,25 

t 3 

V, 1 com 

eigenee 1 ccm 

1 Std. 

0,5 

0 . B. ” 

dgl. 

dgl. 

99 

0,25 

0 . B. 

91 

eigenes 0,5 ccm 

99 

0,35 

t 30 Min. 

99 

dgl. 

99 

0.25 

t 5 Std. 

99 

anderes (a) 1 ccm 

}} 

0,3 

t 5 Min. 

99 

dgl. 


0,25 

t 1 Std. 

99 

anderes (b) 1 ccm 


0,35 

t 3 I. 

99 

dgl. 


0,25 

t 6 „ 


No. 2. 



V* 



0,3 

t 2 Min. KontroUe 

*/, 1 com 

eigenes 1 ccm 

1 Std. 

0,5 

t 1 Std. 

dgL 

dgl. 


0,25 

t 3 » 

99 

99 

97 

0,15 

0 . B. 

99 

anderes (a) 1 ccm 

79 

0,3 

t 3 Min. 

99 

dgl. 

99 

0.25 

t 1 ,, 

}1 

anderes (b) 1 ccm 


03 

t 2 „ 


dgl. 


0,25 

t2 ., 


No. 3. 



v* 


. 

0,25 

3 Std. Kontrolle 

V, 1 com 

eigenes 1 ccm 

1 Std. 

0.5 

t 5 „ 

dgL 

dgl. 

9t 

0,25 

t 24 „ 

*9 

anderes 1 ccm 

99 

0,5 

t 1 

99 

dgl. 

99 

0,25 

t 5 .. 



Original from 

UNIVERSITY OF ILLINOIS AT 
URBANA-CHAMPAIGN 






16 


Tsuneo Sakamoto, 


Digitized by 


Extrakt 

Verdunnung 

Serum 

bei37“cj 

Dosis 

ccm 

Resultat 

7* 

> 

io. 4. 

I 

0,25 1 

t 1 Std. Kontrolle 

'/, 1 ccm 

eigenes 1 ccm 

1 Std. 

0,5 ! 

0 . B. 

dgl. 1 

anderes (a) 1 ccm 


0,5 

0 . B. 


» (b) 1 ,1 

a 

1 0,5 

0 . B. 


11 (®) 1 » 


0,5 

0 . B. 


,, (d)l „ 

ff 1 

1 0,5 

0 . B. 

V 4 

> 

i 0 . 5 . 

0,25 

t 12 Std. Kontrolle 

*/, 1 ccm 

eigenes 1 ccm 

1 Std. 

0,25 

t 12 „ 

dgl. 

anderes 1 „ 


0,25 

t 14 „ 


Die obigen Tabellen haben mir tats^chlich den Beweis 
geliefert, daB das Kaninchenlungenextrakt unter den Kanincheu- 
seren durch eigenes am besten entgiftet wird. Aber selten 
gibt es auch seiche Falle, in denen eigenes und frerades Serum 
gleich wirksam sind oder auch beide Sera unwirksam. 


XTT. Vergleich der entgiftenden Fahigkeit diiroh arteigene 
(homologe) und artfremde (heterologe) Sera gegen Lnngen- 

extrakte. 

Tabelle XII. 


Extrakt 

Verdunnung 


Serum 


bei I Dosis 
37“ C I ccm 


Res ul tat 


V 4 Kan.-L.-E. 
dgl. 


Kan.-L. 


dgl 


-E. 1 ccm 


No. 1. 


'/,*) Hund 
V, Meerschw. 

V, Ziege 
Vj Hammel 
V, Rind 
7, Schwein 

eigenes 1 ccm 
dgl. 

Hand 1 ccm 
dgl. 

Meerschw. 1 ccm 
dgl. 

Ziege 1 ccm 
dgl. 

Hammel 1 ccm 
dgl. 

Rind 1 ccm 
dgl. 

Schwein 1 ccm 
dgl. 


1 Std. 


0,35 

0,25 

0,5 

0,5 

0,5 

0,5 

0,5 

0,5 

0,5 

0,25 

0,3 

0,2 

0,3 

0,2 

0,3 

0,2 

0,3 

0,2 

0,3 

0,25 

0,3 

0,2 


t 2 Min. 

t5 „ 

0 . B. 

0 . B. 
o. B. 

0 . B. 
o. B. 
o. B. 

t 1 Std. 

5 „ 

■ 2 Min. 

5 „ 

t3 „ 
15 „ 
t2 „ 
t 1 Std. 

3 Min. 
•• 1 Std. 
5 Min. 
2 Std. 


t 4 
t 6 


Min. 


Kon- 

trolle 


1) Doppelt verdiinnt. 



Originai from 

UNIVERSITY OF ILLINOIS AT 
URBANA-CHAMPAIGN 






Beitrage zur Kenntnis von Organextraktgiften usw. 


17 


Extrakt 

Verdunnong 


Serum 

bei 

37“C 

Dosis 

ccm 


Result) 

No. 2. 


0,3 

t 1 Min.k 

. 


0,25 

t3 „ 

V, Hund 


0,5 

0 . B. 

Meerschw. 

. 

0,5 

0 

. B. 

V, Ziege 


0,5 

0 . B. / 

Hammel 

, 

0,5 

0 

. B. 

V, Rind 


0,5 

0 . B. 

7, Schwein 

• 

0,5 

0 . B. J 

eigenes 1 ccm 

1 Std. 

0,5 

t 2 Std. 

dgl. 

Ji 

0,25 

o. B. 

Hund 1 ccm • 

jf 

0,3 

■ 

1 Min. 

dgl. 

ff 

0,3 

• 

-3 „ 

MecTBcnw. 1 ccm 

ff 

0,4 

■ 

2 Std. 

dgl. 

11 

0,3 

- 

• 30 Min. 

Ziege 1 ccm 

11 

0,3 

• 

[• 2 Std. 

dgl. 

1} 

0,3 

• 

1-2 ., 
f 3 Min. 

Hammel 1 ccm 

11 

0,3 

• 

dgl. 

If 

0,3 

• 

1-2 „ 

Bind 1 ccm 

11 

0,3 

•1 

1-4 „ 

dgl. 

11 

0,3 


1-5 „ 

Schwem 1 ccm 

11 

0,3 


i-3 „ 


'L EaD.-L.-E. 
dgL 


V, Kan.-L.-E. 1 ccm 
dgl. 


Kon- 

trolle 


Aus den Tabellen geht, wie Dold und Loeb schon be- 
merkt haben, die Tatsache klar hervor, daB die entgiftende 
Kraft der artfremden Blutsera weit hinter der des arteigenen 
Serums steht. Nur BuBerst selten scheint die vollstBndige 
Entgiftung durch artfremdes Serum bewirkt werden zu konnen. 
Diese Tatsache hat ebenfalls in anderen Versuchen Analogie, 
da wir wissen, daB eine spezifische Adaptation der Gewebs- 
koagnline an das arteigene (resp. klasseneigene) Blut besteht. 
Beim Vergleich mit Tabelle V ersieht man, daB, wenn flber- 
hanpt Abschwachung durch artfremde Sera vorkommt, sie 
doch von so leichtem Grade ist, daB man sie wohl ruhig der 
Adsorption durch EiweiBkbrper zuschreiben kann. Andererseits 
haben Landsteiner und Stankovic schon SerumeiweiB 
als entweder schwach oder gar nicht adsorbierend gefunden. 
Daher halte ich es fflr gewagt, die Entgiftung des Organ- 
extraktes durch homologes Blutserum nur auf die Adsorption, 
wie manche bisherigen Autoren (Dold, E. Ichikawa) es 
getan haben, zurhckzufhhren. 

Z«tt«chr. f. ImmaniUtifonchoDg. nrl(. Bd. 33- 2 


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18 


Tsuneo Sakamoto, 


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XUI. Adsorption dnroh Eiweifi als entgiftende Funktion. 

Um zu sehen, bis zu welchera Grade die Adsorption durch 
EiweiBkdrper bei der Entgiftung des Extraktes beteiligt ist, 
babe ich folgende Untersuchung ausgefUhrt. Anstatt des Blut- 
seruras babe icb EiereiweiBlosung als Adsorbens fflr die Organ- 
extrakte benutzL Das EiereiweiB wurde zuerst durcb Gaze 
koliert und dann wurden rnit Ringerscber Losung verscbie- 
dene Verdiinnungen bergestellt. 


TabeUe XUI. 


Extrakt 

Verdiionung 

Eierei weifilosiui g 

bei 

37 » C 

Dosis 

ccm 

Eesultat 

'L Kanincheii-L.-£. 

No. 1. 


0,5 

f 2 Min. 


dgl. 



0,3 

t 5 „ 


Vs Verdunnung 


0,3 

t 1 „ 



74 


0,25 

0,5 

t 10 „ 

0 . B. 

trolle 


»> *» 


0,5 

0 . B. 





0,3 

0 . B. 


V, 1 ccm 

V. 1 ccm 

1 Std. 

0,3 

t 3 Min. 


dgl. 

dgl. 


0,3 

t 1 „ 




7 > 

0,1 

t 1 „ 



Da K. Icbikawa die EiereiweiBldsung als Adsorbens 
ganz wirksam gefunden bat, so prdfte icb die adsorbierende 
Funktion derselben ganz nacb der von ibm angegebenen 
Methode. Die EiereiweiBlQsung wurde so bergestellt, daB 
5 ccm des kolierten EiereiweiBes mit 25 ccm Ringerscber 
Ldsung gemischt und gut geriibrt wurden. 


Tabelle XIV. 


Extrakt 

/^erdunnung 

Eiereiweifildsung 

bei 37 0 C 

Doeis 

ccm 

Resultat 

Ean.-L.-E. 

No. 2. 

1 1 Std. 

0,3 

t 1 Min. 


dgl. 



0,25 

t 1 „ 

. Kon- 


V.n VerdiinnunK 


0,5 

0 . B. 

trolle 


dgl. 


0,3 

0 . B. 


'/. 1 ccm 

V,o 1 ccm 


0.25 

t 1 Min. 


dgl. 

dgl. 


0,25 

t 1 „ 


>> 



0,1 

t 1 


Wie leicbt ersicbtlicb ist, konnte icb entgegen den An- 


gaben von Icbikawa fast keine adsorbierende Wirkung der 
EiereiweiBlosung fiir die Organextraktgifte wabrnebmen. 



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Beitrage zur Eenntnis von Organextraktgiften usw. 


19 


Nach obigen Resultaten glaube ich vielmehr mit Dold, 
Loeb und Izar, dafi im Blutserum irgend etwas Wirksames 
zur Entgiftung der Organextrakte vorhanden sein muB, wenn 
man solch groBe Inkongruenz zwischen der Entgiftung durch 
Adsorption und der durch das eigene Blutserum feststellt. 


XIV. Verhalten des hamolytisohen Eomplements bei der 

Entgiftang. 

In bezug auf die wirksame Subtanz des Blutserums behauptet Dold, 
dafi es sich hierbei nicht um Komplement, sondern vielleicht urn eine un- 
bekannte Fermentwirkung handelt. Er erbrachte den Nachweis, indem er 
die Komplementmenge der den Organextrakten zugesetzten Sera vor und 
nach der Entgiftung bestiinmte. Dabei bemerkte er, dafi man keine merk- 
liche Abnahme des Eomplements nach der Entgiftung, sondern eher Zu- 
nahme desselben wahrnehmen konne. Andererseits konnten jedoch 
V. Dungern, Wilde, Eorschun und Morgenroth, sowie Hoke 
feststellen, dafi die Edrperzellen der verschiedensten Organe, wie Leber, 
Milz, Niere, Hoden, Lungen und Hehim imstande sind, das Eomplement 
aus Eaninchenserum durch Adsorption zu entfernen. Doid hat auch 
den Beweis geliefert, daQ die Abnahme der entgiftenden Fahigkeit des 
Serums durch Filtration bei weitem bedeutender ist als die der Eomple- 
mentmenge (hamolytisches Eomplement). 

^enn man aber bedenkt, daB der Gehalt des Serums an 
entgiftender Substanz bedeutend geringer ist als der an hBmo- 
lytischem Komplement, so ist ein vollstandiger Verlust der 
entgiftenden Fahigkeit durch Filtration leicht zu verstehen. 
Jedenfalls ist es in bezug auf das Wesen der entgiftenden 
Substanz vor allem wichtig, zu bestimmen, ob das Komplement 
sich bei der Entgiftung der Organextrakte beteiligt. Zuerst 
habe ich, wie folgende Tabelle zeigt, Organextrakt, Serum und 
Extrakt-Serumgemisch hergestellt und entgiftende Fahigkeit 
des Serums nachgewiesen. 


Tabelle XV. 


Extrakt 

Verdiinnung 


Serum 


bei 37“C 


Dosis 

ccm 


Kesultat 


, V, 

V, 1 ccm 
dgl. 


No. 1. 


eigenes 1 ccm 
dgl. 


1 Std. 


V, Extrakt.a 

V, Serum.b 


", Extrakt + '/» Serum aa c 


0,25 

0,65 

0,5 


t 1 Std. (Eontr.) 
o. B. 

0 . B. 


2 * 


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20 


Tsuneo Sakamoto 


Digitized by 


Hierauf wurde von a, b und c der Kompleraentgehalt an 
einem h^molytischen System gepriift, indem fallende Menge 
von a, b und c mit gleichbleibenden Mengen Antigen (Hammel- 
blntkSrperchenaufschwemmung) und hamolytischem Ambo- 
zeptor (hamolytischem Antiserum) zusammengebracht wurden. 


Mischung a 
(in 1 ccm) 

Hamolytisches Anti¬ 
serum (in 0,5 ccm) 

5-proz. Hammelblut- 
1 korperchen-Aufschw. 

H&molyse 

0^ 

0,0005 

0,5 


0,4 



- 

0,3 

f) 


- 

0,2 


1, 

- 

0,1 



- 

0,05 



- 

0,5 



- 

0,1 

• 


- 

Mischung b 
(in 1 ccm) 




0,5 

0,0005 

0,5 

komplett 

0,4 

V 

f. 

it 

0,3 

» 

it 

it 

0,25 

it 

ft 


0,2 

it 

1 

fast komplett 

0,15 

It 

ti 

Spuren 

0,1 

0,075 



- 



• 

0,05 



- 

0,5 



. 

0,1 

. 

it 

- 

Mischung c 
(in 1 ccm) 


1 


0,6 

0,0005 

0,5 

. 

0,4 

ft 


- 

0,3 

ft 


- 

0.25 



- 

0,2 

it 


- 

0,15 

ti 

it 

- 

0,1 



- 

0,075 



• 

0,05 



- 

0,5 



. 

0,1 

• 

ti 



Extrakt 

Verdiinnung 

Serum 

1 

bei37o C 

1 

Dosis 

ccm 

Kesultat 

% 


No. 2. 

0,25 

schwerst, aber er- 

V, 1 ccm 

eigeneaSer.lccm 

1 Std. 

0,6 

holt (Eontrolle) 

0 . B. 

V, 1 ccm ; 

dgl. 

ti 

0,8 

0 . B. 


Google 


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Beitrage zur Kenntnis von Organextraktgiften ubw. 


21 


^/, Extrakt.a 

V, Serum . •.b 


^/, Extrakt.a 

V, Serum . •.b 

7, Extrakt + Vi Serum aa . . c 


Mischung a 
(in 1 ccm) 

HamolytischesAnti- 5-proz. Hammelblut- 
serum (in 0,5 ccm) kdrperchen-Aufschw. 

Hamolyse 

0,5 

0,0005 

0,5 


0,4 



- 

0,3 



- 

0,2 

n 


- 

0,1 


>1 

- 

0,05 

»> 


- 

0,5 

, 


- 

0,1 

. 

If 

- 

Mischung b 
(in 1 ccm) 



komplett 

0,5 

0,0005 

0,5 

0,4 


0,3 



11 

0,25 


11 

11 

0,2 




0,15 



fast komplett 

0,1 



Spuren 

0,075 



- 

0,05 



- 

0,5 




0,1 

. 

11 

- 

Mischung c 
(in 1 ccm) 




0,5 

0,0005 

0,5 

- 

0,4 

- 

0,3 



- 

0,25 



- 

0,2 



- 

0,15 




0,1 



. 

0,075 

0.05 




0,5 

. 


- 

0,1 

. 

11 

- 


Aus diesen Resultaten lEfit sich feststellen, dafi das Extrakt 
keine Spur von hamolytischem Komplement enthSlt und, wie 
V. Dungern, Bail, Wilde etc. bei Organzellen Hchtig ge- 
funden haben, daB Extrakt auch hSmolytische Komplemente 
aufnehmen kann. Diese Tatsache spricht eher dafiir, daB das 
Komplement bei der Entgiftung eine Rolle spielt. 

XV. Bxtrahierbarkeit der entgiftenden Sabstanz. 

In der Annahme, daB die entgiftende Substanz des Serums 
zum extrahierbaren Stoffe im Serum irgendeine Beziehung 



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22 


Tsuiieo Sakamoto, 


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haben kbnne, fflhrte ich folgende Versuche aus. Nachdem, wie 
folgt, die entgiftende Fahigkeit des Serums konstatiert worden 
war, wurde es rait Aceton, Alkohol und Aether geschiittelt. 


Extrakt 

Serum 

Dosis 

Resultat 

V4 


0,5 

1 t 30 Sek. 


, 

0,25 

t 1 Min. 

'■L 1 ccm 

1 ccm 

0,5 

0 . B. 

dgl. 1 

1 1 1 

0,25 1 

0 . B. 


a) Mit Aceton. 

Das Serum wurde mit Aceton im Men gen verbal tn is 1:5 gemischt 
und je eine (1) und 2 Stunden (2) geschiittelt; der bei 37“ C erhaltene 
Acetonriickstand wurde in der urspriinglichen Menge (1 ccm) Ringer- 
scher Losung geldst, mit Organextrakt gemengt, eine Stunde lang im Brut- 
ofen digeriert und dann den Mausen injiziert. 


Extrakt 

Aceton rii ckstan d 

Dosis ^ 

Resultat 

*/, 1 ccm 

1 ccm (2 Std. lang geschiittelt) 

0,4 

t 1 Min. 

dgl. 

; dgl. 

0,3 

t 1 „ 


1 ccm (1 Std. lang geschiittelt) 

0.5 

t 1 

dgl. 

b) Mit 98-proz. Alkohol. 

0,25 

t 2 Std. 


Serum mit Alkohol im Verhaltnis von 1:10 und 1:20 gemengt und 
bei Zimmertemperatur 2 Stunden lang geschiittelt. Sonst ganz gleich 
wie oben. 


Extrakt | 

Alkoholriickstand 

Dosis 

Resultat 

1 ccm 

1 ccm (1:10) 

• 0.5 

t 30 Min. 

■dgl. 1 

dgl. 

0,25 

t 1 Std. 


1 ccm 11 :20) 

0,5 

t 40 Min. 

» 1 

dgl. 

0,25 

t 1,5 Std. 


c) Mit Aether. 

Serum rait Aether im Verhaltnis 1:5 gemischt, in 2 Portionen ge- 
teilt und die eine 2 und die andere 1 Stunde lang geschiittelt. Sonst ganz 
gleich wie oben. 


Extrakt 

Aetherriickstand 

Dosis 

Resultat 

'L 1 ccm 

1 ccm (2 Std. lang geschiittelt) 

0,5 

t 1 Min. 

dgl. 

dgl. 

0,25 

t 1 Std. 


1 ccm (1 Std. lang geschiittelt) ! 

0,5 

•f 3 Min. 

W 

dgl. ! 

0,25 

t 30 „ 


Aus obigen Resultaten kann man schlieBen, daB die ent¬ 
giftende Substanz mit extrahierbarem Stoflfe (z. B. Lipoid) in 
keinem Zusammenhange steht. 



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Beitrage zur Kenntnis von Organextrsiktgiften usw. 


23 


XVL Dialysierbarkeit der entgiftenden Substanz. 

Eiweifi diffundiert als Kolloid nicht durch tierische Mem- 
bran, dagegen sind schon die n^Lchsten Abbaustufen, die 
Peptone, dialysabel. Ich babe untersucht, ob die entgiftende 
Substanz des Serums zu dialysablem Stoffe irgendeine Be- 
ziehung haben kann. 

Als Dialysierschlauche babe ich diejenigen von Schleicher und 
Schiill No. 579 A, welche eigentlich fiir den Nachweia von Abderhalden- 
schen Abwehrfermenten hergeatellt waren, benutzt. Ich gab in 3 Dialyaier- 
hulsen je 3 ccm des im Kontrollversuche sicher entgiftungsfahigen Serums 
und setzte sie nun in mit 10 ccm destilliertem Wasser beschickte Wiege- 
glaschen. Nun goB ich eine groQe Menge Toluol in die Hiilse und auf 
die Aufienfliissigkeit Nachdem die Wiegegl^hen dicht geschlosscn waren, 
kamen sie in den Eisschrank, der 5° C nie uberschritt Nach 1, 2 und 
3 Tagen wurde die Aufienfliissigkeit je eines der 3 Wiegeglaschen mittels 
einer Pipette entnommen, im Faust-Heimschen Apparat bis zum an- 
fanglichen Volumen der Innenfliissigkeit (3 ccm) bei niedriger Temperatur 
eingeengt und wie gewohnlich zur Priifung der entgiftenden F&higkeit 
benutzt 

Tabelle XVI. 


Extrakt 

Serum 

Dosis 

Resultat 

nativ 

Dialysat 

V* 1 

• 

1 

0,25 

0,25 

t 1 Min. j KontroUe 

V, 1 ccm 

1 ccm 


0,5 

t 10 Std. 

dgl. 

tt 


0,25 

etwas erkrankt, erholt 

tf 


1 ccm 

0,5 

t 30 Sek. 

»> 


(1 Tag dialys.) 
dgl. 

0,25 

t 50 ., 
t 1 Min. 

f9 


1 ccm 

0,5 



(2 Tage dialys.) 

if 

• 

dgl. 

0,25 

t 1 

jf 

, 

1 ccm 

0,5 

t 30 Sek. 



(3 Tage dialys.) 

t 2 Min. 


- 

dgl. 

0,25 


Hieraus kann man mit Sicherheit schliefien, dafi die ent¬ 
giftende FSbigkeit des Serums keinen Zusammenhang mit dem 
dialysierbaren Stoffe desselben hat. 

XVu. Eohlehydrate als entgiftende Substanz gegen 
Organ extrakte. 

Da ich, wie Goto, eine entgiftende Wirkung des Adre¬ 
nalins fflr Organextrakte feststellen konnte (folgende Versuche), 
dachte ich, daS die dabei auftretende Hyperglykaraie zu der 


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24 


Tbudco Sakamoto, 


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Entgiftang in irgendeiner Beziehung stehen kSonte, abgesehen 
von der von manchen Autoren vertretenen vasokonstrikto- 


rischen Wirkung. 

TabeUe XVII. 


Extrakt 

Adrenalin 

Dosis 

ccm 

Reeultat 

V 4 


0,3 

t 5 Min. 




0.25 

t8 „ 



^/lOOOO 0 

0,1 

t 3 » 

Kontrolle 

• 

/too 000 

0,25 

0 . B. 



V 

0,1 

0 . B. 


'1. 1 ccm 

V ,00000 0,2 ccm 

0,6 

schwerst, aber erholt 

dgl. 

dgl. 

0,5 

t 15 Std. 



it 

0,3 

schwerst, aber erholt 


In den folgenden Versuchen wurde die Extraktinjektion 
jedesmal erst 3 Minuten nach der Adrenalininjektion, nachdem 
die Tiere die Adrenalininjektion anstandslos vertragen batten, 
vorgenommen. 


Xo. 

Adrenalin 

Elxtrakt 

Dosis 

ccm 

Resultat 

Bemerkung 

1 

VlOOOOO 

. 

0,1 

0 . B. 




V4 

0,45 

t 2 Std. 

nach 3 Min. 

2 



0,25 

0 . B. 




V4 

0,4 

t 20 Min. 

nach 3 Min. 


Tabelle XVIII. 


Extrakt 

GO Proz.) 
Trauben¬ 
zucker 

bei 

37 “C 

Dosis 

c 6 m 

Tier 

Resultat 

Be¬ 

mer¬ 

kung 

V 4 




0,3 

Mans 

t 3 Std. 

1 Kon- 


• 

. 


0,25 


t 2 ,, 

J troUe 

V, 1 ccm 

1 ccm 

1 Std. 


0.5 


t 5 „ 



if 



0,3 

11 

t 2 „ 


Grundextr. 

. 


3,0 

pro kg 1,2) 

Kanin. 

t sofort 

Lkoii- 

>1 



0,7 

„ „ 0,5) 


t 1 Min. 



0 


0,6 

„ 0,5) 


t sofort 


G.-E. i ccm 

2 ccm 

1 Std. 

3,0 

„ >, 0,7) 

t 1 Min. 


dgl. 

>» 


3,0 

„ 0,5) 

f1 

t3 „ 


»7 

If 

ff 

5,4 

„ 1.0) 

if 

+ 1 „ 



Es ist sorait ganz klar, daB der Traubenzucker keinen 
Zusammenhang mit der entgiftenden Funktion des Blutserums 
fflr Organextrakte hat. Auch babe ich die gelegentlich im 

1) lO-fache Verdiinnung der k&uflichen AdrenalinlSsung (7,ooo)- 



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Beitrage zur Kenutnis von Organextraktgiften usw. 


25 


Blnte auftretendeD Kohlehydrate auf ihre eventuelle organ 
extraktentgiftende F&higkeit untersucht. 


TabeUe XIX. 


Extrakt 

Kohlehydrat 

bei 

37® C 

Dosis 1 
ccm 

Resultat 

V 4 



0,3 

Mans 

t 3 Std. 


v! 



0.25 


” 



2-proz. Maltose-Lsg. 

(in Kinger-Leg.) 


0,5 


0. B. 


. 

dgl. 


0,5 


0 . B. 


• 

2*proz. Laktose-Lsg. 

(in Ringer-Leg.) 


0,5 

t} 

0 . B. 

Kon- 


dgl. 


0,5 


0 . B. 

troUe 

• 

2-proz. Saccharosc-Lsg. 
(in Ringer-Lsg.) 


0,5 


0 . B. 


• 

dgl. 


0,5 

91 

0 . B. 



2-proz. Starke-Lsg. 

(in Ringer-Lsg.) 


0,5 

11 

0. B. 


• 

dgl. 


0,5 


0 . B. 


Vi 1 ccm 

2-proz. Maltose-Leg. 1 ccm 

1 Std. 

0,5 


t 3 Std. 


dgl. 

dgl. 

dgl. 

0,3 

t1 

t2 „ 



2-proz. Laktose-Lsg. 1 ccm 


0,5 

11 

t3,5 „ 



dgl. 


0,3 

19 

t2 „ 


*> 

2-proz. Saccharose-Lsg. 

1 ccm 

n 

0,5 


+ 2 „ 



dgl. 


0,3 

*» 

tL5 ,. 



2-proz. Starke-Lsg. 1 ccm 


0,5 


13 „ 



dgl. 


0,3 


t 2,5 „ 



Hieraus kann man schlieBen, daB die oben genannten 
Kohlehydrate mit der entgiftenden FBhigkeit des Serums nichts 
zu tun haben. 


XVm. Leokooyten als entgiftende Substanz gegen Organ- 

extrakte. 

Ee ist eine schon fruher von Metschnikoff, StenstrSm, 
Gruber und Futaki, Bail und Petterson, Massone etc. ver- 
tretene und nachgewiesene Tateache, dafi Leukocyten nicht nur auf Bak- 
terien, sondern auch auf ihre Toxine vernichtend einwirken. Ihre ent¬ 
giftende Funktion fiir Organgifte hat Yoshimura (fur schwangeren 
Uterus) untersucht und auch in diesem Falle analoge Wirkung der Leuko¬ 
cyten gefunden. Aber Obata (bei Placenta) und K. Ichikawa (Milch- 
druse und schwangerer Uterus) kamen zu negativen Kesultaten. 

Daher habe ich mit Lungenextrakt Shnliche Versuche an- 
gestellt. 


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26 


Tsuneo Sakamoto. 


Gewinnung der Leukocyten. 

Einem Kaninchen wurden 50 ccm Bouillon intraperitoneal injiziert. 
Am nachaten Tage (ca. 20 Stunden danach) wurde die Baucbhohle gedffnet 
und mit 100 ccm 1-proz. Na-Citrat-haltiger physiologiacher Kochaalzldaung 
grundlich auegeapult. Die Fliisaigkeit wurde abzentrifugiert und mit 
0,85-proz. NaCl-Losung 3mal gewascben. Die Aufscbwemmung der Leuko¬ 
cyten stellte icb ber, indem icb die Leukocyten so suspendierte, dafi meine 
Aufecbwemmung in der Dicbte einer Kaolinaufscbwemmung von 1 : 1000 
entepracb (Kocbsalzextrakt I). Aucb babe icb die 5-facb konzentrierte 
Leukocytenaufscbwemmung auf ibre entgiftende Kraft untcrsucbt (Kocb- 
ealzeztrakt II). 

Der eigentliche Versuch wurde in der Weise angestellt, 
dafi die Leukocytenaufscbwemmung, mit dem Organextrakte 
gemischt, 1 Stunde bei 37° C gehalten und dann wieder ab¬ 
zentrifugiert wurde (Kochsalzextrakt). In dem AbguB muB 
sich dann eine etwaige Zerstdrung des Giftes nachweisen 
lassen. Als Kontrolle lieB ich stets die gleiche Giftmenge 
ohne Leukocyten und die Leukocytenaufscbwemmung allein 
aucb 1 Stunde bei 37 ° C steben, um sicber zu sein, daB nicbt 
scbon Leukocyten selbst giftig sind. Bei der bescbriebenen 
Metbode beabsicbtigt man, die Zellen am Leben zu erbalten 
und zu beweisen, daB sie giftzerstSrende Stoffe sezernieren. 

Kling bat aber Ijci einem Veraucbe, welcber die Zeratbrung der 
Zellen zwecks Freimacbung der entgiftenden Substanz bezweckte, folgende 
Resultate erzielt. Wabrend eine gewbbnlicbe Digestion bei 37 ® C wabrend 
'/, Stunde nicbt binreicbend ist, um aus den Leukocyten bakterizide Sub¬ 
stanz berauszulosen, konnen dagegen die Leukocyten, einer Teraperatur 
von -b 50 ° C Stunde lang ausgesetzt, eine bakterienzerstbrende Substanz 
liefern. Am aUerstiirksten ist der Effekt, wenn man die Leukocyten wieder- 
boltem Einfrieren und Auftauen unterziebt. 

Unter Berfleksiebtigung der erwBbnten Umstftnde babe icb 
die entgiftende FBbigkeit der Leukocyten bei starker SebSdigung 
untersuebt. 

a) 1 g Kanincbenleukocyten in pbysiologiscber Kocbsalzlbsung ge¬ 
wascben, wurde in 1 ccm 0,85-proz. NnCl-I.bsung aufgescbwemmt uud 
*/, Stunde lang bei -f 50® C digeriert (Koebsaizdigest), 2fentrifugierung 
und Abpipettierung. 

b) 1 g Kanincbenleukocyten wurde in 1 ccm 0,85-proz. NaCl-Lbsung 
durcb 2mJiges Einfrieren in Kaltemiscbung und Auftauen bei 45—50®C 
extrabiert (Gefrierextrakt). Zentrifugierung und Abpipettierung. 


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Beitr&ge zur Keuntnis von Organextraktgiften usw. 


27 


Schneider bat auch als DigestionsflQssigkeit Immunserum 
und inaktiviertes Normalserum benutzt und nur das Gefrier- 
extrakt als einzige wirksame Fllissigkeit gefunden. Wenn also 
die Leukocyten tatsficblich die wirksame Substanz bei der Ent- 
giftung wftren, so wtlrden sie doch, mit inaktiviertem Eigeii- 
serum gemischt, wirksame Substanz produzieren, wenn sie 
auch mit 0,85-proz. NaCl-L6sung gemengt keine entgiftende 
Funktion entfalten. 

c) 1 g Kanincheoleukocyten wurde in 1 ccm ('/j Stunde lang bei 
56* C) inaktiviertem Normaleerum (welches natiirlich vor der Inaktivierung 
vollstandige Entgiftung bewirkte) Vi Stunde lang bei + 37* C digeriert, 
worauf die Leukocyten abzentrifugiert warden (Scrumdigest). 


Tabelle XX. 


Extrakt 

Serum 

Leukocyten 

Zeit und 
Temperat 

Dosis 

ccm 

Resiiltat 

'U 




0,25 

t 3 Std. 1 


*/« 



, 

0,25 

t 5 Min. 


‘/, 1 ccm 

ei genes, 1 ccm 


1 Std. 

0,5 

0 . B. 



dgl. 

dgl. 


37" C 
dgl. 

0,25 

0 . B. 


Kon- 

trolle 


eigenes, aber 



0,3 

t 5 Min. 


inaktiviertes 








1 ccm 








dgl. 



0,25 

t 10 

M 



Kocbsalzextrakt 


0,25 

t 3 

t* 




I 1 ccm 







dgl. 


0,25 

t 1 

tt 




Kochsalz- 

ft 

0,25 

t 5 

tt 




extrakt II 1 ccm 






ft 

It 


dgl. 

KochsaTzdigest 

ft 

ft 

0.25 

0,25 

t 3 
t 3 

tt 




1 ccm 








dgl. 

ft 

0,25 

t 2 Std. 


ft 


Gefrierextrakt 

tt 

0,25 

t 10 Min. 




1 ccm 








dgl. 

tt 

0,25 

t 8 

tt 


ft 


Serumdigest 

tt 

0,25 

t 4 

tt 




1 ccm 






tt 


dgl. 

ft 

0,25 

t 5 

tt 




Eochsalz- 
extrakt I 

tt 

0,5 

0 . B. 



, 


dgl. 


0,3 

0 . B. 





Kochsalz- 
extrakt II 

tt 

0,5 

0 . B. 


Kon- 

, 


Kochsalzdigest 

It 

0,5 

0 . B. 


trolle 

, 


Gefrierextrakt 


0,5 

schwer, 






aber 

er- 






1 

holt 



• 


Serumdigest 

tt 

0,5 

0 . B. 




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28 


Tsuneo Sakamoto, 


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Die Leukocyten vermSgen also in vitro weder mit ihren 
Sekretions- noch mit ihren Extraktionsprodukten die Organ- 
extrakte zu neutralisieren. Ob dabei das Blutserum vor- 
handen ist Oder nicht, ist ganz gleichgQltig. 

Wie aber verhalten sich die Leukocyten in vivo zur 
Entgiftung? 

Zur Erzeugung der kiinstlichen Leukocytose bei Mausen injizierte ich 
0,7—0,25 ccm 5-proz. nukleinsaure Na-Losung intraperitoneal, und nachdem 
ich am nachsten Tage Blutzahluog ausgefiihrt und mich tou der Leuko¬ 
cytose iiberzeugt hatte, injizierte ich Lungenextrakte. Die Blutzahlung 
wie auch intravenose Injektion wurden, wie schon erwahnt, immer an den 
Schwanzgefafien auBgefiihrt 

Tabelle XXL 


I 

MauB 

5-proz. nuklein- 
saures Na 

Leukocyten 

Elxtrakt 

Besultat 

1 




V. 0,25 ccm 

t 2 Min.l Kon- 

. 

. 


dgl. 

13 „ J trolle 

No. 1 

0,7 ccm 

vor 17 500 





nach 26 250 

f» 

t 3 „ 

M 2 

0,5 „ 

vor 10750 





nach 13 500 

„ 

t 2 „ 

„ 3 

0.25 

vor 17 500 





nach 21000 

)) 

t 3 „ 

» 4 

0.25 „ 

vor 8 500 





nach 21000 

77 

t 3 „ 


Also auch in vivo konnen die Leukocyten die Organextrakte 
nicht entgiften. Meine Resultate stehen in vollem Einklang 
mit Obata und K. Ichikawa. 

Aus den bisher gewonnenen Resultaten schien es mir am 
wahrscheinlichsten anzunehmen, daB die wirksame Substanz 
im Serum Komplement sein kann. Ich ftihrte deshalb folgende 
Untersuchungen nach dieser Richtung aus. 

XIX. Beziehung zwischen dem hamolsrtischen Komplement 
and der entgiftenden Substanz eines Serums. 

Der Komplementgehalt wurde mit 0,5 ccm der 5-proz. 
Hammelblutkbrperchenaufschwemmung und 0,5 ccm hamo- 
lytischem Antiserum (Titer 0,0005) bestimmt, wobei nur seine 
minimale totallSsende Dosis angegeben wurde. 



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Beitriige zur Kenntnis von Organextraktgiften usw. 
Tabelle XXII. 


29 


Extrakt 

Serum 

Komple- 

ment 

bei 3700 

Dosis 1 
ccm 

Besultat 

'U 


No. 1 


0,25 

t 2 Min.l 

Eon- 

V 4 

, 

, 


0,25 

t 3 „ / 

trolle 

V, 1 com 

eigenes 1 ccm 

0,07 

1 Std. 

0,25 

t 5 „ 


dgl. 

dgl. 

0,07 


0,3 

t 2 „ 


V, 0,5 com 

eigenes 1,5 ccm 

0,07 


0,5 

t 2 Std. 


dgl. 

dgl. 

0,07 


0,25 

0 . B. 

• 

*/, 1 ccm 

heterol^^ 1 ccm 

0,3 


0,25 

t 3 Min. 


dgl. 

0,3 


0,25 

t 1 Std. 


V, 0,5 ccm 
dgl. 

heterologes 1,5 ccm 

0,3 


0,5 

t 4 „ 


dgl. 

0,3 

>> 

0,25 

0 . B. 


V. 


No. 2 


0,25 

13 Std.Kontrolle 

1 ccm 

eigenes 1 ccm 

0,15 

1 Std. 

0,5 

t 5 Std. 


dgl. 

dgl. 

0,15 


0,25 

t 24 „ 



heterologes 1 ccm 

0,05 


0,5 

t 1 » 


Jf 

dgL 

0,05 

17 

0,25 

t 3 „ 


V* 


No. 3. 


0,3 

f 1 Min. 

1 Eon- 

v* 




0,25 

t 3 „ 

1 trolle 

*/, 1 ccm 

eigenes 1 ccm 

> 0,3 

1 Std. 

0,3 

t 3 „ 


dgl. 

dgl. 

> 0,3 


0,25 

t 3 „ 



heterologes (a) 1 ccm 

0,15 

79 

0,3 

t 3 „ 



dgl. 

0,15 


0,3 

t 1 » 


V, 1 ccm 

heterologes (b) 1 ccm 

> 0,6 


0,5 

t 1 


dgl. 

dgl. 

> 0,5 


0,3 

t 4 „ 


n 

heterologes (c) 1 ccm 

> 0,5 


0,3 

0 . B. 



dgl. 

> 0,5 

77 

0,3 

0 . B. 


V 4 


No, 4 


0,4 

It 1 Min.l Eon- 

V 4 




0,25 

t 3 „ 

[trolle 

V, 1 ccm 

heterolog. (a) 0,5 ccm 

> 0,5 

1 Std. 

0,6 

lo. B. 


dgl. 

dgl. 

> 0,5 


0,55 

0 . B. 



heterolog. (b) 0,5 ccm 

0,2 


0,5 

t 1 Std. 


>> 

dgl. 

0,2 

77 

0,3 

t 1 „ 


y4 


No. 5. 


0,4 

t 1 Min.\Kon- 

. V 4 

eigenes 1 ccm 

, 

, 

0,25 

t 3 Std. / troUe 

*/. 1 ccm 

0,15 

1 Std. 

0.5 

0 . B. 


dgl. 

dgl. 

0,15 


0,7 

0 . B. 



Meerschw.-Ser.l ccm 

0,027 


0,4 

t 2 Min. 



dgl. 

0,027 

77 

0,25 

t 3 Std. 


\u 


No. 6. 


0,3 

t 3 Min.l Eon- 


. 



0,25 

t 4 „ / 

trolle 

/* 1 ccm 

eigenes 1 ccm 

0,1 

1 Std. 

0,5 

0 . B. 


dgl. 

,, dgl. 

0,1 


0,4 

0 . B. 



Meerschw.-Ser.l ccm 

0,027 


0,35 

t 5 Min. 



dgL 

0,027 

77 

0,25 

t5 „ 



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30 


Tsuneo Sakamoto, 


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Zwischen der Menge des haraolytischen Komplements 
und der entgiftenden F^higkeit des Serums besteht kein Zu- 
sammenbang. W&brend das Serum, welches ein sebr kr^ftiges 
Komplement enthSlt, fast gar keine entgiftende Wirkung zeigt, 
Qbt auf der andereu Seite das fast komplemeutlose Serum 
sebr ausgepr^gte Entgiftung aus. Auch das sebr komplement- 
reiche Meerschweinchenserum hat keine entgiftende Fahigkeit 
fQr das Kaninchenlungenextrakt, welches nichtsdestoweniger 
vom komplementarmen homologen Serum leicht neutralisiert 
wird. Welter babe ich genauer studiert, wie sich das in- 
aktivierte Serum zur Entgiftung verhait. 


TabeUe XXIII. 


Ektrakt j 

Serum 

Komple- 

ment 

bei 37<> C 

Dosis 

Resultat 

1 

'U 




0,3 

t 3 Min.l Kon- 

v« 

, 


1 

0.25 

t 5 „ / troUe 

V, 1 cm 

eigenes 1 ccm 

0,2 

i 1 Std. 

0,6 

0 . B. 

dgL 

dgl. 

»» 


0,5 

0 . B. 


eigenes, durch War- 
me inaktiviert. 1 ccm 

> 0,5 

»» 

0,5 

t 5 Min. 

>> 

dgl. 

>1 


0,25 

f 7 Min. 


Zur Wiederherstellung des obigen inaktivierten Serums 
zum friiheren Titer (0,2) wurde 1 ccm inaktiviertes Serum 
mit 0,05 ccm Meerschweinchenserum (dessen Titer 0,01) ge- 
mischt. Das Gemisch wurde auf seinen Kompleraentgehalt 
untersucht, wobei es sich herausstellte, daB zur voIlstSndigen 
Hamolyse schon 0,15 des Gemisches ausreichte — der Titer 
also etwas hOher war als berechnet und als der des ursprQng- 
lichen aktiven Kaninchenserums (das ist, wie oben gezeigt, 
0,2). Das Gemisch wurde mit demselben Organextrakt geprflft. 


Tabelle XXIV. 


Extrakt 

Serum 

j 

bei 37“ cl 

meut 

Dosis 

1 

Resultat 

1 

Vj 1 ccm 

obiges Gemisch Iccmj 

0,15 ' 1 Std. 

0.3 

t 1 Min. 

dgl. 

dgl. 1 

0,15 

0,25 

t 10 „ 


») 1 

0,15 

! 0,25 

t 30 „ 


Das einmal inaktivierte Serum, welches im aktiven Zu- 
stande v611ig das Organextrakt neutralisieren konnte, vermag 


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Beitrage ziir Kenntnis von Organextraktgiften usw. 31 

nicht mehr dasselbe Organextrakt zu paralysieren, wenn es 
auch durch Zufflgung von Meerschweinschenserum wieder auf 
den anf^glichen Komplementgebalt gebracht wurde. Aus 
obigen Versuchen kann man schliefien, daB, wenn die ent- 
giftende Substanz auch von komplementarem Charakter ist, 
sie doch nie das hEmoljtische Komplement selbst sein kann. 

DemnSchst untersuchte ich, wie viel frisches Kaninchen- 
serum dem inaktivierten Serum binzugefugt werden muB, um 
das einmal verlorene, entgiftende Vermbgen wieder herzu- 
stellen. Wie aus folgenden Tabellen leicbt ersichtlich ist, 
muB man zur Restitution der entgiftendcn Funktion die Menge 
frischen Serums hinzuftigen, die auch allein das Gift neu- 
tralisiert. Mit anderen Worten: das inaktivierte Serum ver- 
hglt sich genau wie Ringersche L5sung. 


Tabelle XXV. 


Extrakt 

bei37»ci°®®^ 

Besultat 


aktives inaktivea | | com 



No. 1. 



• 


• 

0,3 

0,25 

t 3 

L 1 com 

eigenea 1 com 


1 8tA 

0,5 

0. B. ” 

dgl. 

jj t j, 



0,4 

o. B. 

ii 

j> t),5 ,, 


IT 

0,4 

achwer, aber erholt 

IT 

,, 0,5 ,, 


II 

0,25 

dgl. 

II 

>j 0,3 „ 


IT 

0,4 

t 1 Min. 

»♦ 

1) 0,3 „ 


II 

0,25 

t 3 „ 

>1 

,, 0,5 „ 

eigen. 6,5 ccm 


0,5 

t 3 Std. 

>1 

» 0,5 „ 

„ 0.5 „ 


0,25 

etwas erkrankt, erholt 

II 

j> 0,3 „ 

0,7 „ 


0,25 

f 5 Min. 


No. 2. 



• 


• 

0,4 

0,25 


V, 1 ccm 

eigenea 1 ccm 


1 8td. 

0,7 

o. B. 

dgl. 

» 1 » 


II 

0,5 

0. B. 

II 

» 0,5 „ 


IT 

0,65 

etwaa erkrankt, erholt 

II 

» 0,5 „ 


II 

0,5 

dgl. 

II 

1) 0,3 „ 


IT 

0,5 

•• 1 Min. 

» 

)i 0,3 „ 


IT 

0,25 

1 ,, 

II 

?i 0,5 „ 

eigen. 0,5 ccm 

II 

0,5 

t 2 „ 

II 

If 0,5 „ 

I) 0,5 „ 

II 

0,5 

t 3 „ 

II 

ft 0,3 „ 

,, 0,7 „ 

II 

0,3 

1 .. 


Aus dieser Tatsache kann ich schlieBen, daB der im 
Serum enthaltene organextraktentgiftende, durch ErwSrmen 
inaktivierbare Stoflf (wahrscheinlich Komplement) im normalen 


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32 


Tsuneo Sakamoto 


Zustande, verglichen mit hamolytischem Koraplement, so wenig 
vorhanden ist, daB es gerade zur Wirkung ausreicht. 

XX. Haltbarkeit der entgiftenden Substana in der Eiskammer 

(+6 0 C). 

DaB die Komplemente sehr labile StofTe sind und durch 
bloBes Stehenlassen in einigen Tagen vernichtet werden, ist 
eine schon allgemein anerkannte Tatsache. Wenn die organ- 
extraktentgiftende Substanz tatsBchlich Komplement wSre, 
so mBBte sie auch labil sein. Ich entnahm den Kaninchen 
Blutsera aus den Halsarterien und bewahrte sie im Eis- 
schrank auf Eis lagernd auf. Ich nahm sie ab und zu heraus 
und prflfte ihre entgiftende FShigkeit den eigenen ebenso auf- 
bewahrten Organextrakten als auch den jeweils frisch zube- 
reiteten gegen fiber. 

Tabelle XXVI. 


Ebctrakt 

Serum 

Komple- 

ment 

Zeit nach der 
Entnahme 

Dosis 

Eesultat 




No. 1. 



V 4 

V 

• 

■ 

• 

0,25 

0,25 

1 30^°'} 

'/« 1 ccm 

1 ccm 

0,1 

sofort 

0,5 

0 . B. ’’ 

dgL 

If 

dgl. 

0,1 

yy 

0,5 

0 . B. 

yy 

0,15 

2 Tage 

0,5 

0 . B. 

n 

yy 

0,15 

yy 

0,5 

t 10 Std. 

yt 

yy 

0,25 

3 Tage 

0,5 

t 2 » 

yy 

yy 

0,25 

iy 

0,4 

t 10 „ 

y* 

yy 

0,5 

5 Tage 

0,25 

t 3 „ 

yy 

yy 

0,5 

yy 

0,25 

t 10 Mn. 

yy 

yy 

0 

6 Tage 

0,5 

t 2 „ 

yy 

yy 

0 

yy 

0,4 

t 7 „ 




No. 2. 



V« 




0,25 

t 2 Min. Kontrolle 

•/, 1 ccm 

1 ccm 


sofort 

0,5 

0 . B. 

dgl. 

dgl. 


yy 

0,5 

0 . B. 

yy 

yy 


1 Tag 

0,5 

0 . B. 

yy 

yy 


yy 

0,25 

0 . B. 

yy 

yy 


2 Tage 

0,5 

etwas, erholt 

0 . B. 

yy 

yy 


yy 

0,45 

yy 

yy 


3 Tage 

0,5 

schwer, erholt 

yy 

yy 


yy 

0,5 

yy yy 

yy 

yy 


6 Tage 

0,5 

t 2 std. 

yy 

yy 


yy 

0,5 

t 10 „ 

yy 

yy 


7 Tage 

0,5 

•f 3 Min. 

y» 

yy 


yy 

0,3 

t 30 „ 



Original from 

UNIVERSITY OF ILLINOIS AT 
URBANA-CHAMPAIGN 








Beitrage zur KenntDis ron Organextraktgiften usw. 


33 


Extrakt 


Serum 


Komple- Z^t nachder 
ment | Entnahme | 


Resultat 


V. 

}t 

1 ccm 
dgl. 

}) 

» 

}} 

ft 

ft 


1 ccm 
dgl. 

ft 


tf 


ft 

tt 

tt 


0,1 

0,1 

0,3 

0,3 

0,45 

0,45 

>0,5 

>0,5 


'L 

u 

V, 1 ccm 
dgl. 

ft 

ft 

It 

ft 


tf 

ft 

ft 

tt 

ft 

tt 


1 ccm 
dgl. 

tf 

tt 

tt 

>> . 

inaktiy 
1 ccm 
dgl. 

1 ccm 
dgl. 
inaktiv 
1 ccm 
dgl. 


0,2 

0,2 

>0,8 

>0,8 


0 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

0 


No. 3. 

sofort 

6 T^age 

11 Tage 

12 Tage 

19 

No. 4. 

Bofort 
2 Tage 

7 Tage 

tt 

tt 

10 Tage 

IJ 

)) 

ft 


0,3 

0,25 

0,5 

0,25 

0,5 

0,25 

0,5 

0,25 

0,5 

0,3 


I 


1 Min.l KontroUe 
B.” ' 


o, 

0. B. 

t 20 Std. 
o. B. 
t 8 Std. 
etwas, erholt 
t 2 Mio. 
t 5 „ 


0,5 

0,25 

0,5 

0,25 

0,5 

0,25 


1 Min.l 
5 „ 


t 
t 
o. B. 
o. B. 
0. B. 
0. B. 
o. B. 
o. B. 


Kontrolle 


0,25 

0,25 

0,5 

0,25 


t 2 Min. 

tl « 
t 5 Std. 

t 10 „ 


0,25 t 3 Min. 

0,25 t 2 „ 


Die obigen Tabellen tun deutlich dar, daQ die entgifteude 
Substanz ganz wie das htlmolytische Komplement mit der 
Zeit ihre Kraft einbQBt, aber etwas resistenter als das letztere 
ist. Der Zeitraum, wShrend dessen die entgifteude Substanz 
verloren geht, variiert natflrlich von Fall zu Fall relativ weit, 
liegt aber in den meisten Fallen innerhalb 3 bis 10 Tagen 
(im Mittel 7 Tage). 


XXI. Adsorption der entgiltenden Substanz und des 
Xomplements. 

Steinhardt, Ehrlich und seine Schfller, sowie Liidke 
gaben ^in, dafi gewisse Komplemente durch Tonfiltration ad- 
sorbiert werden konnen. Andererseits haben Landsteiner 
und Stankovic, Landsteiner und Ulirz eine groCe 
Zahl von Substanzen in bezug auf ihr AdsorptionsvermOgen 
gegenflber Meerschweinchenkomplement untersucht und dar- 

Zdtschr. f, liomunlUitsfonchuof. Chi;. Bd. 3S. 3 


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URBANA-CHAMPAIGN 



34 


Tsuneo Sakamoto, 


Digitized by 


unter Kaolin, Kasein und Cholesterin als gut adsorbierend 
befuuden. Mit Kaolin haben Friedberger und seine Schiller 
auch 9iinliche Resultate erbalten. 

Ich untersuchte weiter unten, wie die Tonfiltration und 
diese Substanzen sicb gegeniiber dem Komplemente und der 
entgiftenden Substanz verhalten. Die von mir benutzteo 
3 Substanzen waren von der Firma Merck bezogen. Das 
MengenverhMtnis, in dem das Adsorbens und das Serum ge- 
mischt wurde, variiert von Fall zu Fall; das Gemisch wurde 
in alien FUlleu in gleicher Weise 30 Minuten lang bei Zimmer- 
temperatnr geschflttelt und daun abzentrifugiert. 


a) Filtration durch Berkefeldfilter. 
Tabelle XXVII. 


Serum 

Komplement 

nicht filtr. 

fUtriert 

nicht filtr. filtriert 


Extrakt 


Dosis 


Resultat 


V 4 



No 1. 

. 

/, 1 ccm 
dgl. 

1 ccm 

• 

0,4 

• 

9} 

• 

0,4 

0,5 

If 


1 ccm 

. 

f> 


99 

• 

0,5 

V. 



No. 2. 


‘/, ccm 
dgl. 

1 ccm 


0,2 

, 

99 

• 

0,2 

0,3 



1 ccm 

• 


• 

99 

• 

0,3 

V 4 

. 


No, 3. 


ft 

7, 1 ccm 
dgl. 

1 ccm 


0,15 


11 


0,15 

• 

ff 

0,5 ccm 


0,15 

• 

9} 

99 


0,15 

0,2 

9f 


1 ccm 


99 


99 


0,2 

ft 


0,5 ccm 


0.2 

99 


99 

• 

0,2 


0,25 

0,25 

0,5 

0,25 

0,25 

0,25 


t 1 Min 1 Kon- 
t 2 „ / troUe 
t 3 Btd. 

0 . B. 
t 3 Min. 
t5 „ 


0,25 

0,65 

0,55 

0,6 

0,5 


t 1 Std. Kontr. 
0 . B. 
o. B. 

t 20 Std. 
t50 „ 


0,4 if 1 Min.l Kon- 
0,25 t 3 Std. j trolle 
0,7 10. B. 

0,5 jO. B. 

0,65 letw. erkr., erholt 
0,5 

0,7 o. B. 

0,5 0. B. 

0,5 f 2 Min. 

0,3 it 5 


Die aus den obigen Versuchsreihen zu ziehenden SchlQsse 
lassen sicb dahin zusammenfassen, dad die entgiftende Substanz 
und das hamolytische Komplement durch Berkefeld-Filtration 


Google 


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Beiti%e zur Kenntnis ron Organextraktgiften usw. 


35 


teilweise zurflckgehalten werden, d. h. beide gehen parallel 
miteinander. 


b) Schfltteln mit Kaolin. 

TabeUe XXVIH. 


Extrakt 

Serum 

Komplement | 

Dosis 

Besultat 

nicht ge- 
Bchuttelt 

ge- 

schuttelt 

nicht ge- 
Bchuttdt 

ge- 

Bchiittelt 



N 0 . 1. Serum: Kaolin = 5; 

;2. 


V 4 



. 

• 

0,25 

t 1 Min.l Kon- 


, 

, 

a 


0,25 

t 10 „ 1 troUe 

V, 1 com 

1 ccm 


0,2 


0,6 

0 . B. 

dgL 

yy 

a 

0,2 

a 

0,55 

0 . B. 



1 ccm 


>0,3 

0,6 

t 1 Min. 


• 

t> 

• 

>0,3 

0,4 

t 3 Std. 



N 0 . 2. Serum: Kaolin = 1: 



V 4 




. 

0,35 

t 1 Min.l Kon- 


, 

a 


a 

0,3 

t 3 „ ( troUe 

1 ccm 

1 ccm 

a 

0,1 

a 

0,5 

0 . B. 

dgl. 


a 

0,1 

a 

0,3 

0 . B. 



1 ccm 


0,5 

0,5 

t 1 Min. 


. 

19 

• 

0,5 

0,25 

t3 ., 


Ergebnis: Auch beim Schatteln mit Kaolin gebt die 
Abschw&chung des Komplements und der entgiftonden Substanz 
des Serums ganz parallel. 

c) Schbtteln mit Kasein. 


TabeUe XXIX. 



Serum 

Komplement 



Extrakt 

nicht ge- 
Bchiit^t 

ge- 

Bchiittelt 

nicht ge- 
Bchuttelt 

ge- 

Bchiittelt 

Dosis 

Besultat 

v« 


Serunc 

1 : Kasein : 

= 10:1. 

0,4 

1 Min.l Kon- 

, ^ ff 



a 

, 

0,25 

t 3 „ 1 troUe 

V, 1 ccm 

1 ccm 

a 

0,25 

a 

0.5 

0 . B. 

dgl. 

1 

yy 

a 

0,25 

a 

0,25 

0 . B. 

)» 

1 ccm 

0 

0,5 

t 5 Std. 

yy 

. 

yy 

. 

0 

0,25 

t3 „ 


Auch beim Schfltteln mit Kasein gehen die beiden Sub- 
stanzen Hand in Hand. 

3* 


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URBANA-CHAMPAIGN 



36 


Tsuneo Sakamoto, 


Digitized by 


d) Schfltteln mit Cholesterin. 

TabeUe XXX. 


Ebdxakt 

Serum 

Komplement 

.a 


oicht ge- 
schiittdt 

ge- 

achiittelt 

nicht ge- 
Bchiittdt 

ge- 

Bchiittelt 

S 

Q 

Res ul tat 

v« 


Serum: 

Cholesterin 

1 = 10:1 

0,25 

t 3 Std.l Kon- 

* 1 


, 



0,25 

t 5 „ / trolle 

V, 1 com 

1 ccm 


0,1 


0,5 

0 . B. 

dgl. 

1 » 

, 

0,1 


0,25 

0 . B. 



1 ccm 


0,25 

0,65 

t 5 Std. 


. 

1 » 

. 

0,25 

0,5 

t 10 „ 


Also kann das Cholesterin zugleich Komplement und ent- 
giftende Sobstanz aufnehmen. 


e) Schfltteln mit Tierkohle. 

Unter den verschiedenen Adsorbentien erwies sich die 
Tierkohle nach Ehrlich und Sachs, sowie Wilde zur Ad¬ 
sorption der Komplemente mehr oder weniger ungeeignet. 
Auch ich habe mit Tierkohle, wie folgt, ganz flhnliche Resultate 
gewonnen. 

Tabelle XXXI. 


Extrakt 

Serum 

Komplement 

Dosis 

Resultat 

nicht ge- 
Bchiittelt 

ge- 

Bchuttelt 

nicht ge- 
Bchiittclt 

ge- 

Bchiittelt 


No. 1. Serum: Tierkohle = 3 

2 


V* 

, 




0,25 

t 2 Min.1 Kon- 




, 

, 

0,25 

t 5 „ j trolle 

V, 1 ccm 

1 ccm 


0,2 


0,6 

0 . B. 

dgl. 

1 » 


0,2 


0,55 

0 . B. 



1 ccm 


>0,2 

0,5 

t 19 Std. 

n 

• 

1 » 

• 

dgl. 

0,5 

t 11 » 


No. 2. Serum: Tierkohle = 1 

:1 


V« 





0,25 

t 1 Min.l Kon- 






0,25 

+ 2 „ 1 trolle 

V, 1 ccm 

1 ccm 


0,1 


0,5 

0 . B. 

dgl. 

1 „ 


0,1 


0,3 

o. B. 



1 ccm 


>0,1 

0,5 

t 8 Std. 


• 

1 » 

. 

dgl. 

0,25 

t 16 „ 


Zwar kann die Tierkohle beide Substanzen adsorbieren, 
aber bei weitem schwflcher als die anderen, oben genannten 
Substanzen. 

Aus obigen Versuchen geht hervor, dafi bei der Adsorption 
in vitro in den meisten Fflllen das hSmolytische Komplement 


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Beitrige zur Kenntnis tod Organextraktgiften usw. 


37 


and die entgiftende Substanz ganz parallel gehen. Des weiteren 
babe ich studiert, wie sicb diese beiden Stoffe in vivo zu- 
einander verbalten. Da die im Vorangebenden untersucbten 
Adsorbentien in Wasser fast unldslicb sind, konnten sie zu 
diesem Zwecke nicht gebraucbt werden. Icb suchte in der 
Literatur deshalb wasserlSsliche Adsorbentien und fand 
Gljkogen und Wittepepton als geeignet. 

XXn. Wirkung von Glykogen auf Komplement and ent¬ 
giftende Substanz. 

Wendelstadt, sowie Wassermann und Citron 
haben gefunden, daU das Glykogen in vitro wie auch in vivo 
Komplement aufnehmen kann. Icb babe meine Untersucbungen 
mit dem als Glykogenum purissimum von der Firma Merck 
bezogenen Prfiparate ausgeftlhrt. Zuerst babe icb die kom- 
plementbindende Wirkung des Glykogens in vitro untersucht. 
Zwei Reihen von je 10 Reagenzgiasern warden, wie aus der 
Tabelle ersichtlich, angesetzt, die eine mit, die andere ohne 
Glykogen; das Glykogen wurde als 5-proz. L6sung in physio- 
logischer KochsalzlSsung angewendet. 


TabeUe XXXII. 


Beagenz- 
glas A 
No. 

Seram 

0,85-proz. 

NaCl- 

Lbsong 

5-proz. 

Qlykogen- 

libsung 


Hamo- 

lysin 

(0,0005) 

5-proz. 

BlutkOrp.- 

Aufschw. 

Hamolyee 

1 

0,1 

0,9 

4 gtt. 


0,5 

0,5 

. 

2 

0,2 

0,8 

dgl. 

O 

— 

3 

03 

0,7 

e 



— 

4 

0,4 

0,6 


CO 



— 

5 

0,5 

0,5 


1 

„ 

>» 

— 

6 

0,6 

0,4 


„ 


— 

7 

0,7 

0,3 


"S 

„ 


— 

8 

OB 

03 


OD 



— 

9 

0,9 

0,1 


rH 



— 

10 

1,0 

0 





— 

Reagenz- 
rias B 
No. 

1 

0,1 

0,9 

0,85-proz. 

Naa- 

Losung 

4 gtt. 


0,5 

0,5 

»» 


2 

03 

0,8 

0,7 

dgl. 

O 


— 

3 

0,3 

e 



+ 

4 

0,4 

0,6 


t> 

CO 



-1--F 

5 

0,5 

0,5 





+ -t- 

6 

0,6 

0,4 





+ -f- 

7 

0,7 

0,3 


■d 



+ + 

8 

0,8 

0,2 


tfj 



-F-i- 

9 

0,9 

¥ 





+ + 

10 

1.0 

6 

» 



♦j 

+ + 


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OrigiiSai from 

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URBANA-CHAMPAIGN 










38 


Tsuneo Sakamoto, 


Digitized by 


Wfthrend die Hfimolyse bei der Reihe mit GlykogenlSsung 
vOllig ausbleibt, tritt sie, wie ersichtlich, in der Kontrollreihe 
bis 0,4 ccm auf. Ganz derselbe Versuch wurde noch einmal 
mit anderem Blutserum angestellt und dasselbe Resultat erzielt. 
Wenn man aber Kaninchenserum, GlykogenlSsung, HSmolysin 
und Blutkdrperchenaufschwemmung auf einmal zusammenbringt, 
80 tritt HSmolyse bei alien Glasern gleich stark auf. 

Hierdurch ist sichergestellt, daB Glykogen das mit ihm 
iQr einige Zeit in Beriihrung gelassene Komplement vdllig 
binden kann. Weiter babe ich Kanincben nach Wen dels tad t 


3 g Glykogen (in 20-proz. Losung mit 0,85-proz. NaCl-L6sung) 
in 3 Portionen mit halbstflndigem Intervall in die Ohrvenen 
injiziert und 30 Minuten nach der letzten Injektion das Blut 
entnommen. Das Blutserum wurde vor und nach der Glykogen- 
injektion in bezug auf Komplement und entgiftende Substanz 
untersucbt 

TabeUe XXXUI. 


Extrakt 

Serum 

Komplement j 

Dosie 


vor 1 

nach 

vor 1 

nach 



v* 



No. : 

1 . 

0,25 

t 1 8td. 1 

Kon- 

11 

. 

. 

. 


0,25 

+ 1 1 

^ troUe 

* y, 1 ccm 

1 ccm 


0,16 

. 

0,5 

0 . B. 


dgl. 

dgl. 


0,15 


0,25 

0 . B. 


11 

1 ccm 

0,6 

0,5 

t 4 Std. 


>> 1 

• 

dgl. 

• 

0,6 

0,25 

t 10 „ 


'U 

I 


No. : 

2 . 

0,3 

t 1 Min. 

1 Kon- 

11 

. 

. 

> 

• 

0,25 

+ 2 . 

1 troUe 

1 ccm 

1 ccm 


0,1 

, 

0,4 

schweret, 

erholt 

dgl. 

dgl. 


0,1 

, 

0,25 

0 . B. 



1 ccm 


>0,6 

0,4 

t 1 Min. 


11 

. 

dgl. 

. 

>0,6 

0,25 

1 schwerst, erholt 


Das in vitro wirksame Glykogen vermag also auch in vivo 
Komplement und entgiftende Substanz zu adsorbieren. 


XXm. Wirkung von Wittepepton auf Komplement und ent¬ 
giftende Substanz. 

Auch das Pepton kann nach Lbwenstein, Wendel- 
stadt, sowie Wassermann und Citron in vitro wie auch 
in vivo Komplement binden. 



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UNIVERSITY OF ILLINOIS AT 
URBANA-CHAMPAIGN 




Beitr^e zur Eenntnis von Organextraktgiften ubw. 
TabeUe XXXIV. 


39 


Rearanz- 

glas 

No. 

Serum 

0,85-proz. 

Naa- 

LOsung 

40-proz. 

Pepton- 

LOsung 


Hamo- 

lysin 

(0,0005) 

5-proz. 

Blutkorp.- 

Aufschw. 

Hamolyse 

Hauptreihe 







1 

0,1 

0,9 

4 gtt. 

O 

0,5 

0,5 

— 

2 

0,2 

0,8 

dgl. 

o 

ff 

tf 

— 

3 

0,3 

0,7 

„ 

CC 


tt 

— 

4 

0,4 

0,6 





— 

5 

0,5 

0,5 


£ 

„ 

ft 

— 

6 

0,6 

0,4 


a 

}f 


— 

7 

0,7 

0,3 





— 

8 

0,8 

0,2 


a 

Id 

ff 

ft 

— 

9 

0,9 

0,1 


OD 

If 

tf 

— 

10 

1,0 

0 


CO 

ft 

tt 

— 




0,85-proz. 





Kontrollreihe 


NaCl-I^g. 





1 

0,1 

0,9 

4 gtt. 

u 

0,5 

0,5 

— 

2 

0,2 

0,8 

dgl. 

e 

tf 

ff 

-1- 

3 

0,3 

0,7 


CO 

» 

ft 

+ + 

4 

0,4 

0,6 





+ + 

5 

0,5 

0,5 


£ 



-f + 

6 

0,6 

0,4 

IJ 


ff 

tt 

+ + 

7 

0,7 

0,3 


QD 

ff 

ft 

+ + 

8 

0,8 

0.2 

f} 

CO 

ft 

„ 

+ + 


Der ganz gleiche Versuch wurde noch einmal mit gleicbem 
Resultate wiederholt. Aus obigem ist ersichtlich, daB die 
WittepeptonlSsung in vitro beim Kontakt mit Serum wBhrend 
gewisser Zeit Komplement fast v6llig entfernen kann. 

Nun fragt es sich weiter, ob das Wittepepton im Tier- 
kbrper ebenfalls die entgiftende Substanz und Komplement 
aufnehmen kann. Ich babe den Kaninchen 10 ccm 40-proz. 
Wittepepton-Losung (mit 0,85-proz. NaCl-L6sung) intravenSs 
injiziert und dann 30 Minuten nacb der Injektion das Blut 
entnommen. Das abgescbiedene Serum wurde auf seinen Ge- 
halt an Komplement und entgiftender Substanz nntersucbt. 


TabeUe XXXV. 


Serum 

Komplement 

Dosia 

vor 

nach 

vor 

nach 



No 

1. 

0,25 





0,25 

1 ccm 


0,25 


0,5 

dgl. 


0,25 


0,3 

1 ccm 

>0,6 

0,3 

. 

dgl. 

• 

>0,6 

0,3 


Extrakt 


Reeultat 


v* 

a 

V, 1 ccm 
dgl. 


8td. 1 Kon- 
„ / trolle 


1 
1 
4 
8 

1 Mn. 

3 „ 


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40 


Teuneo Sakamoto, 


F^ztrakt 

Serum 

Komplement 

Dosia 

Resultat 

vor 

nach 

vor 

nach 




No 

2 . 

0,3 

t 1 Min. IKon- 


, 

, 


0,25 

t 3 „ /trolle 

1 com 

1 com 


0,3 


0,5 

o. B. 

dgl. 

0,5 com 

, 

0,3 


0,5 

t 1 Min. 


dgl. 

* 

0.3 


0,25 

t 6 Std. 


1 com 


>0,6 

0,5 

0 . B. 



0,5 com 


>0,6 

0,25 

t 1 Min. 



dgl. 

. 

>0,6 

0,25 

t 1 1. 


Ich konnte hierbei feststellen, daB das Wittepepton ganz 
wie Glykogen in vivo Komplement und entgiftende Substanz 
binden kann. 


XXI V- Wirkung von Aethylather auf Komplement and 
entgiftende Substanz. 

Kyes und Sacbs, Sclavo, sowie Ottolengbi und 
Mori baben gezeigt, dafi durcb AetbyMtber aucb das Kom¬ 
plement im Serum unwirksam gemacbt werden kann. Es fragt 
sicb nun, ob diese adsorbierende Wirkung aucb der entgiftenden 
Substanz gegentiber bestebt. Das Kanincbenserum wurde mit 
der doppelten Menge reinen Aetbylatbers 3 Stunden lang im 
Scbtlttelapparate gescbiittelt, und nacbdem es einige Zeit ge- 
standen batte, wurde der obenstebende Aetber abgeboben, 
das Serum im Exsikkator 3 Stunden lang unter vermindertem 
Druck (Wasserstrablpumpe) gebalten, um etwaige Reste des 
Aethers aus der Flflssigkeit vollstandig zu entfernen. Dieses 
mit Aetber gescbflttelte Serum wurde mit einfacbem Serum 
als Kontrolle auf sein Komplement und seine entgiftende 
Ffibigkeit untersucbt. 


Tabelle XXXVI. 


Reagenz- 

glas 

Serum 
(mit Aether 
geschiittelt) 

0,85-proz. 

NaCl- 

Ldsung 

Hiimolysin 

(0,0005) 

Blut- 

korperchen- 

Aiifschw. 

Hamolyse 

1 

0,1 

0,9 

0,5 

0,5 

_ 

2 

0,2 

0,8 



— 

3 

0,3 

0,7 



— 

4 

0,4 

0,6 



— 

5 

0,5 

0,5 



— 

6 

0,6 

0,4 



— 

7 

0,7 

0,3 



— 

8 

0,8 

0,2 



— 


Digitized by 



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Beitrage zur Keuntnis von Organextraktgiften ubw. 


41 


Bea^z- 
glas • 

Serum (nicht 
geschuttelt) 

0,85-proz. 

NaCl- 

Losung 

Hamolysin 

(0,0005) 

Blut- 

korperchen- 

Aufschw. 

Hamolyse 

1 

0,1 

0,9 

0,5 

0,5 

unvollst. 

2 

0,2 

0,8 



komplett 

3 

0,3 

0,7 

}f 

)» 

if 

4 

0,4 

0,6 

*i 

,, 


5 

0,5 

0,5 



fi 


Hieraus geht hervor, daC der AethylSther, wie Sclavo, 
sowie Ottolenghi und Mori bereits gesagt haben, das 
Kaninchenserum seines hfimolytischen Komplements fast voll- 
stfindig berauben kann. 


Tabelle XXXVII. 



Serum 



Extrakt 

nicht 

geschuttelt 

geschuttelt 

Dosis 

R€8ultat 

'U 

a 

1 com 
dgl. 

»f 

it 

1 ccm 
dgl. 

1 ccm 
dgl. 

0,25 

0,25 

0,25 

0,25 

0,25 

0,25 

1 Min. 1 Eon- 
t 1 „ / trolle 

t 1 Std. 
t 30 Min. 
t 3 „ 

t 2 „ 


Auch dnrch Aether also kbnnen Komplement und ent- 
giftende Substanz in ihrer Wirkung beeintrSchtigt werden — 
das erstere bei weitem deutlicher als das letztere. 


XXV. Wirkung von ultravioletten Strahlen auf Komplement 
und entgifbende Substanz. 

Es ist Bchou bekannt, daQ die ultravioletten Strahlen verschiedene 
chemische und biologische Wirkungen ausuben konnen. Dafi die ver- 
Bchiedensten Fermente filr dieee Strahlen aehr eropfindlich sind, ist schon 
von Brand, Jodlbauer und Tappeiner, Green, Oppenheimer 
etc. grundlich studiert worden und darf als eine bewiesene Tatsache an- 
gesehen werden. DaB die ultravioletten Strahlen auch auf Komplemente 
vemichtend einwirken, haben Baroni et Jonesco-Mihaiesti, Abelin 
und Stiner, Friedberger, sowie Nakano und Eagawa erwieoen. 
Dabei haben diese Autoren natiirlich Ozon- und Warmewirkung, die bei 
der Erzeugung der ultravioletten Strahlen leicht auftreten kdnnen, m5g- 
lichst zu vermeiden gesucht. 

Basierend auf dieser Tatsache, habe ich den EinfluB der- 
selben Strahlen auf Komplement und entgiftende Substanz 


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42 


Tsuneo Bakamoto, 


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verglichen. Zur Erzeugung der ultravioletten Strahlen be- 
diente ich mich der kOnstlichen Hdhensonne und der Quarz- 
lampe. 

Meinem Lehrer, Herrn Prof. K. Dohi und raeinen Kol- 
legen an der dermatologischen Klinik, die mir diese Apparate 
freundlichst zur Verfflgung stellten, sage ich an dieser Stelle 
meinen verbindlichsten Dank. 

Urn Warmewirkung zu vermeiden, wurde das den Strahlen auazu- 
setzende Serum im Eis gehalten, so dafi die Temperatur nicht uber 37'' C 
stieg. Die - mit Serum gefiillte Schale wurde eine Stunde lang in 25 cm 
Distanz von der Strahlenquelle gehalten. 

Kagawa berichtete, daB 30 Minuten zur deutlichen Ab- 
schwachung der komplementaren Wirkung gentigen. Aber ich 
babe sicherheitshalber eine Stunde lang ausgesetzt. Daneben 
babe ich aucb als Kontrolle Eaninchenlungenextrakt den 
Strahlen ausgesetzt. 


Tabelle XXXVUI. 
Kunstliche Hohensonne. 


Extrakt 

Serum 

Komplement 

Dosis 

Resultat 

vor 

nach 

vor 

nach 

V 4 





0,5 

t 1 Min. 1 Kon- 


, 


, 

, 

1 0,25 

t 5 „ / trolle 

V. 1 ccm 

1 ccm 


0.1 

, 

1 0,55 

0 . B. 

dgl. 

dgl. 


0,1 


0,5 

0 . B. 



1 ccm 

, 

0,3 

0,5 

t 7 Min. 


- 

dgl- j 

. 

0,3 

0,5 

Its 


Extrakt 


Dosis 


vor 


nach 


Resultat 


v* 


0,5 

0,25 


0,5 

0,25 


t 1 Min. 
t 5 „ 

tl ,, 
t 5 „ 


Meerschweinchenserum gleichzeitig mit obigem Kaninchen- 
serum eine Stunde lang der kflnstlichen Hdhensonne aus¬ 
gesetzt und auf die Veranderung seines Komplementgchaltes 
geprflft. 

Meerschweinchenserum 
Komplement 
vor nach 
0,01 ' 0,035 


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Beitrage zur Kenntnis von Organextraktgiften usw. 


43 


TabeUe XXXEX. 


Quarzlampe. 


Extrakt 

i 

Serum 

Komplement 

Dosifi 

Beeultat 

1 

1 vor 

nach 

vor 

nach 

ccm 

V4 

7 , 1 ccm 
dgl. 

9 i 

*) 

1 ccm 

• 1 

1 

1 ccm 

>» 

0,05 

0,05 

0,15 

0,15 

000000 

t 2 Min. 
t 3 „ 
t 3 Std. 

0 . B. 
t 3 Min. 
It 7 „ 


Extrakt 

Dosis 

Resultat 

vor 

nach 

7« 

0,4 


t 2 Min. 

1) 

0,3 


t 3 „ 


. 

0,4 

t 5 „ 



0.3 

t 30 „ 


Wie aus obigen Tabellen ersichtlich ist, kQnnen das hftmo- 
lytische Komplement und die entgiftende Substanz durch 
nltraviolette Strahlen in gleicher Weise vermindert werden. 
Anch Qben die Strahlen keinen EinduQ auf die Giftigkeit des 
Extraktes aus. 


XXVI. Wirkong des Hangers auf die entgiftende Substanz 
und den Komplementgehalt des Blutserums. 

Nach Bentivenga und Car ini, sowie Ltidke erfolgt bei 
der Nahrungsentziehung eine Verminderung der hSmolytischen 
Fahigkeit des Serums, die auf Komplementmangel beruhen 
soil. Izar wies andererseits nach, daB auch die entgiftende 
Fahigkeit des Serums beim Hunger abnimrat. Darilber habe 
ich folgende Untersuchung ausgefiihrt. 

Wie schon bewiesen ist, nimrat die Giftigkeit der Organ- 
extrakte auch mit der Zeit ab. Also wurde das Serum zum 
Vergleich seiner entgiftenden Fahigkeit zwischen gewissen 
Intervallen sowohl mit dem alten, frflher benutzten Extrakte, 
als auch mit dem frisch hergestellten gleichzeitig geprflft und 
dadurch eine sichere Beurteilung ermoglicht. 


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44 


Tsuneo Sakamoto, 


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Tabelle XL. 


Extrakt 


Serum 

1 

Komplement 

bei 37 “ C 

1 

Dosis 



No. 1. 

0,25 


, 1 


0,25 

1 ccm 

0,2 

1 Std. 

0,6 

>» 



0,55 

0,5 ccm 



0,5 

yf 

yy 


0,25 


Besultat 


1 C 
dgl. 


7 , 1 com 


7 j 1 ccm 
dgl. 


'U 

» 

7 , 1 ccm 
dgl. 


7 , 1 ccm 


dgl. 


t 2 Min. j KontroUe 

o. B. 
o. B. 
t 5 Min. 
schweret, erholt 


Nach 10-tagigem Fasten (nur Wasser gegeben) 

■ ‘ ■ t 10 Std. 

t 24 „ 


1 ccm 1 

0,6 

1 Std. 

0,5 

1 

0,6 

T» 

0,25 


No. 2. 





0,25 




0,25 

1 ccm 

0,2 

1 Std. 

0,5 


0,2 

ti 

0,5 

0,5 ccm 

0,2 

>1 

0,3 1 


I 5 KontroUe 
115 Std. 
tl8 „ 
t 5 Min. 


Nach lO-tiigigem Hunger (nur Wasser gegeben) 


1 ccm 1 

0,5 

1 Std. 1 

0,5 

t 1 Std. 

1 >• 1 

0,5 

1 

0,5 

t 2 „ 

1 0.5 ccm 

0,5 

I yy 1 

0,3 

t 7 Min 


Also nehmen das hSmoljtische Eomplement und die ent- 
giftende Substanz im Serum durch Hunger ab; besonders 
deutlich tritt dies bei ersterem zutage. 


XX vn. Wirkung des Phosphors auf Komplement and 
entgiftende Substanz 

Ehrlich und Morgenroth stelltcn test, dafi unter dem EinfluS 
der Fhosphorvergiftung der Komplementgehalt des Serums verschwindet. Be- 
statigende Versuche wurden von Liidke, sowie Bergmann und Savini 
mitgeteilt. 

Ich babe den Kaninchen 1- Oder 2-proz. Phosphorolivenbl 
intravenos oder 4 ccm desselben subkutan injiziert und bei 
den ersteren nach 5 Stunden und bei den letzteren am nUchsten 
Tage (ca. 24 Stunden danach) Blut entnommen. Die Sera 
vor und nach der Phosphorinjektion wurden auf ihr Komple¬ 
ment und ihre entgiftende Substanz geprflft. 


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45 


Beitrage zur Kenntms von Organextraktgiften iisw. 


Tabelle XLI. 


xtrakt 

Serum 

Komplement 

Dosis 

Kesultat 

vor 

nach 

vor 

nach 

Eaninch 

en No. 1, 

. Phosphorol 1 ccm 

intravenSs injiziert. 

V4 





0,25 

t 3 Min.lEon- 






0,25 

t 20 „ /trolle 

1 com 

1 ccm 1 


0,2 


0,5 

0 . B. 

dgl. 

1 

, 



0,25 

0 . B. 



1 ccm 


0,4 

0,5 

t 1,5 Std. 






0,25 

etwas, erholt 


• 

doppelt 

verdunnt 

• 


0,5 

1 

0 . B. 

Eaninch 

en No. 2. 

. Phosphordl 2 ccm 

intravends injiziert. 

1 ccm 

1 ccm 


0,3 


0,5 

0 . B. 

dgl. 

ff 

, 



0,5 

0 . B. 



1 ccm 


>0,5 

0,5 

■f 1 Min. 




, 


0,5 

t 1.5 „ 


• 

doppelt 

verdunnt 

• 


0,5 

0 . B. 

Eaninchen No. 3 

t. Phosphordl 4 ccm subkutan injiziert. 

1 ccm 

1 ccm 


1 0,3 


0,65 

0 . B. 

dgl. 




, 

0,5 

0 . B. 



1 ccm 

1 

0,8 

0,65 

t 2 Min. 


, 


' , 

>} 

0,5 

it 3 „ 


• 

doppelt 

verdunnt 

1 


0,5 

0 . B. 

Eaninchen No. 4. Phosphorol 4 ccm subkutan injiziert. 

1 ccm 

1 ccm 


0,15 


0,6 

0 . B. 

dgl. 

ff 




0,5 

0 . B. 



1 ccm 


0,4 

0,5 

t 2 Min. 


• 

tt 


)» 

0,3 

t 3 „ 


• 

doppelt 

verdunnt 

• 

• 

0,5 

0 . B. 


Die Tiere starben alle in einigen Tagen und die Leber 
, zeigte, pathologisch-anatomisch untersucht, ohne Ausnahme 
immer typische Verfettung. Die mit Phosphor vergifteten 
Tiere verlieren konstant ihr hamolytisches Komplement und 
ihre entgiftende Fahigkeit gegeniiber den Organextrakten. 
Aber das Serum der vergifteten Tiere ist nie giftig. 

SSmtliche oben mitgeteilten Versuche (bei der Koraple- 
mentverniinderung) tun iin groBen und ganzen Qbereinstimmend 
dar, daB in den Fallen, in denen das haraolytische Komplement 
abnimmt, auch immer die entgiftende Fahigkeit des Serums 
gegeniiber Organextrakt abgeschwacht wird. Es ist deshalb 
von Interesse, zu erforschen, wie sich die entgiftende Sub- 
stanz verhait, wenn das hamolytische Komplement im Serum 


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46 


Tsuneo Sakamoto, 


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zunimmt. Eiiw kiinstliche dauernde ErhShung des Komple- 
mentgehaltes war bisher nicht mSglich. Wohl gelingt es durch 
Injektion indifTerenter Substanzen (Blutplasraa, Bouillon, 
Aleuronat, Pepton, Kasein, Nuklein, physiologische Kochsalz- 
iSsung, Staphylokokken, Terpentinbl und andere) eine vortiber- 
gehende Erhohung des Komplementvorrats hervorzurufen, wie 
das bereitsNolf und Mfiller, sowie auch Sweet angegeben 
haben. Die Darreichung von Schilddrfisensubstanz und auch 
von Jodprfiparaten ffihrt nach den Arbeiten von M filler, 
Fassin und Donzello, sowie Venuti zur Erhohung des 
Komplementgehaltes. Im Gegensatz zu der Abnahme des 
Komplements ist die Zunahme, die schon angedeutet wurde, 
schwerer und nur vorfibergehend zu erzeugen. Ich stellte 
einige Versuche darfiber an. 

XXVni. Wirkung von Bouilloninjektion auf Komplement 
und entgiftende Substanz. 

Das Blutnerum wurde immer 24 Stunden nach der letzten Injektion 
entnommen. In bezug auf das Komplement habe ich, wie schon vorher 
bemerkt wurde, stets die minimale totallosende Dosis angegeben. 

TabeUe XLII. 


No. 1. Dem Kaninchen warden je 20 ccm Bouillon 3 Tage hinter- 
einander intraperitoneal injiziert. 


Extrakt 

Serum 

Komplement 

Dosis 

Resultat 

vor 1 

nach 

vor 

nach 

'U 





0,3 

t 5 Min.l Kon- 

if 


, 

, 

, 

0.25 

t 20 „ J trolle 

V, 1 ccm 

1 ccm 

, 

>0,3 

, 1 

0,3 

t 1 Std. 

dgl. 


• 

ft 

• 

0,25 

t 1,5 „ 


• 

1 ccm 


0,2 

0,5 

0 . B. 


• 


■ 

ft 

0,25 

|0. B. 


N o. 2. Dem Kaninchen wurden je 20 ccm Bouillon 5 Tage hinter- 
einander interperitoneal injiziert. 


Elxtrakt 

Serum 

Komplement 

Dosis 

Resultat 

vor 

nach 

vor 

nach 

V4 





0,25 

t 10 Min.l Kon- 

ff 





0,25 

t 20 „ 1 trolle 

V, 1 ccm 

1 ccm 


0,15 


0,5 

0 . B. 

dgl. 

0,5 „ 




0,5 

t 24 Std. 

ft 

0,5 „ 




0,4 

t 24 „ 


• 

1 ccm 


0,05 

0,5 

0 . B. 

ft 


0,5 „ 



0,5 

0 . B. 

ft 

. 

0,3 „ 



0,5 

0 . B. 



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Beitrage zur Kenntnis von Organextraktgiften usw. 


47 


No. 3. Den 2 Kaninchen (A und B) warden je 20 ccm Bouillon 3 Tage 
hintereinander intraperitoneal injiziert. 


Ektrakt 

Serum 

bei 37® C 

Dosis 

Keeultat 

aktiv 

inaktiv 





0,25 

t 2 Min.l Kon- 


. 

. 

• 

0,25 

t 3 „ / troUe 

V, 1 ccm 

eigenes 1 ccm 

, 

1 Std. 

0,45 

0 . B. 

dgl. 

dgL 

. 

II 

0,35 

o. B. 



eigen. 1 ccm 

If 

0,25 

t 2 Min. 


eigen. 0,5 ccm 

II 0,5 ,, 

fl 

0,5 

0 . B. 


„ 0,2 „ 

II 0,8 „ 


0,25 

t 1 Min. 

’1 

„ 0,2 ., 

Kaninchen A 

II 0,8 „ 

fl 

0,15 

t 3 „ 

» 

0,2 ccm 

eigen. 0,8 ccm 

II 

0,25 

schwer erkrankt, 
erholt 


• 

If 

Kaninchen B 

dgl. 

If 

0,15 

0 . B. 


0,2 ccm 

eigen. 0 8 ccm 

If 

0,25 

0 . B. 

9) 

If 

dgl. 

If 

0,25 

0 . B. 


Kaninchen 

Komplement 

vor 

1 nach 

A 

0,1 

0,05 

B 

0,25 

0,01 


Es kann also durch Bouilloninjektion die entgiftende 
Substanz mit dem Komplemente schritthaltend in die H5he 
getrieben werden. 

XXIX. Wirkung von Sohilddrusenfutterung auf Komplement 
and entgiftende Substanz. 

M Q11 e r und F a s s i n baben zutage gefordert, daB durch 
Fiitterung von Schilddrtlsensubstanz auch Komplenaentver- 
mehrung resultiert, und nachdem M fl 11 e r den bei der Thyreoid- 
ektomie eintretenden Komplementschwund durch Schilddrflsen- 
behandlung verhindern konnte, ist die innige Beziehung 
zwischen beiden um so eklatanter erwiesen. 

Einem Kaninchen (K. G. 2580) wurde 1 g Schilddriisenpulver (Glan- 
dulae thyreoideae siccae Parke Davis & Co.) mit Futter gut gemischt 
5 Tage hintereinander gegeben. Am 6. Tage nahm das Edrpergewicht bis 
auf 2100 g ab. Unruhe, Palpitation und leichte Diarrhoe deutlich. Am 
selben Tage Blutentnahme. 


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48 


Tsuneo Sakamoto, 


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TabeUe XLIII. 


Elxtrakt 

Serum 

Komplement 

Dosia 

Res ul tat 

vor 

nach 

vor 

nach 

'U 





0,25 

t lOMin.lKon- 




, 

, 

0,25 

t 20 „ Jtrolle 

V. 1 ccm 

1 ccm 


0,25 


0,75 

0 . B. 

dgL 

dgl. 


025 

, 

0,5 

0 . B. 


0,5 ccm 


0,25 


0,3 

t 1 Min. 


dgL 

, 

0,25 


0,2 

t 2 „ 



1,0 ccm 


0,15 

0,7 

0 . B. 



0,5 „ 


0,15 

0,5 

0 . B. 



0,5 „ 


0,15 

0,25 

0 . B. 



0.3 „ 


0,15 

0,5 

t 1 Min. 



0,3 „ 

• 

0,15 

0,25 

t 3 „ 


Dem 2. Kaninchen (K. G. 2570) wurde 1 g Schilddriiaenpulver jedeii 
Tag 6 Tage lang gegeben. Am 7. Tage Blutentnahme. K. G. 1800. 
Hjrperthyreoidismus deutlich. 


Extrakt 

Serum 

Komplement 

Doeis 

Resultat 

vor 

nach 

vor 

nach 

V* 





0,25 

t 10 Min.l Kon- 






0,25 

+ 20 „ 1 troUe 

1 ccm 

1,0 ccm 


0,3 


0,7 

0 . B. 

dgL 

0,5 „ 


0,3 


0,5 

t 24 Std. 


0,5 „ 


0,3 


0,4 

t 24 „ 



1,0 ccm 


0,2 

0,7 

0 . B. 



0,5 „ 


0,2 

0,5 

0 . B. 


■ 

0,5 „ 

• 

0,2 

0,25 

0 . B. 


Also auch bei der Darreichung von Schilddrllsensubstanz 
geht die Koraplementzunahrae mit der Verraehrung der ent- 
giftenden Substanz Hand in Hand. 


XXX. Wirkong von Piloksirpin auf Eomplement und ent- 

giftende Substanz. 

L11 d k e berichtete 1905, daB er in einigen Fallen 
durch subkutane Pilokarpininjektionen eine gewisse ErhOhung 
des Komplementvorrats bei Kaninchen zu veranlassen ver- 
mochte, Ich babe den EinfluB, den die Pilokarpineinspritzung 
auf Kompleraent und entgiftende Substanz ausiibt, unter- 
sucht. 



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Beitrage zur Kenntnis von Organextraktgiften usw. 


49 


Tabelle XLIV. 


a S 


S.*! 


O' 

=|S- 

Da"" 


U) 
a 
s 
S 

2 B i 

|a5 


to ^ 


Hamolyse 
bei 37 ® C in 


► t> 3 

IS-IS 


iQ 


O' 

S'-i 

Da 


III 

« • a 

J4 B S 

£ , 

“’“ll 


Hamolyse 
bei 37 ® C in 


0,3 

0,2 

0,1 

0,08 

0,05 

0.03 


0,3 

0,2 

0,1 

0,08 

0,05 

0,03 


No. 1. 


Vor der Injektion 


0,5 i 0,5 


30 Min. kompl. 

1 Std. inkompl. 

2 „ fast kpl. 
2 „ inkompl. 
2 „ spurw. + 
2 „ - 


V, Std. nach Imektion von 1 ccm 
einer 2-proz. FilokarpinlOsung 


0,3 

0,2 

0,1 

0,08 

0,05 

0,03 


0,5 


0,5 


25 Min. kompl 

1 Std. kompl. 

2 „ kompL 

2 „ fast Iqpl. 

2 „ inkompl. 

2 „ spurw. + 


No. 2. 


Vor der Injektion 


0,5 

0,5 

ft 

ff 

}) 

ft 

ti 

tt 

>1 

ft 

Jf 

tt 


20 Min. kompl. 
30 ,. inkompl. 

1 Std. 

2 „ „ 

2 „ „ 

2 — 


Std. nach Injektion von 1 com 
einer 2-proz. FilokarpinlOsung 


0,3 

0,2 

0,1 

0,08 

0,05 

0,03 


0 , 


0 , 


15 Min. kompl. 
30 ,, „ 

1 Std. 

2 „ „ 

2 „ inkompl. 

2 „ „ 


Eztrakt 

Serum 

Dosis 

ccm 

Res ul tat 

vor 

nach 

v* 

it 

• 

• 

0,25 

0,15 


V, 1 ccm 

Iccm (No.l) 


0,5 

t 5 Std. 

dgL 

dgl. 


0,45 

0 . B. 

tt 


Iccm (No.l) 

0,5 

t 10 Std. 



dgl. 

0,45 

0 . B. 

tt 

1 ccm (Na 2) 

, 

0,5 

t 1 Std. 

tt 

dgl. 


0,5 

etwas, erholt 

tt 


Iccm (No.2) 

0,5 

0 . B. 

tt 

• 

dgl. 

0,5 

0 . B. 


Ich konnte eine Steigerung des Komplementgehaltes nach 
der Pilokarpininjektion bei Kaninchen konstatieren, jedoch 
war dieselbe entgegen den Angaben von LQdke, wie 
L. Mailer schon bemerkt hat, ganz gering. Auch die ent- 
giftende Fahigkeit scheint sich nach der Pilokarpineinspritzung 
etwas gesteigert zu haben. 

ZdUchr. f. ImmuniUiUfonchuDg. Orig. Bd. 32. 4 


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50 


Tsuneo Sakamoto, 


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•yxxT. Komplexe Konstitution der entgiftenden Substanz. 

Nach den vorstehend mitgeteilten Versuchen ist die ent- 
giftende Substanz gegen Organgifte allem Anschein nach eine 
Art Komplement. 

Wie zuerst Ferrata 1907 gezeigt hat, gelingt ee, durch Entfernung 
tier Globulinfraktion aus dem MeerBchweinchenserum mittela Dialyse 
12 Eomponeoten des Komplements nachzuweisen. Im nachsten Jahre 
kamen Sachs und Altmann durch die Salzsaurefallung zu denselben 
Keaultaten. Auch spater (1911) vermochte Liefmann durch Kohlen- 
siiurefallung das Serum der Komplementfunktion zu berauben. Diese 
wichtige Feststellung hat inzwischen eine vielseitige Bestatigung erfahren 
(Liefmann und Cohn, Liefmann und Stutzer, Marks, Braun, 
Sachs und Bolkowska, Landsteiner, Hecker, Amako, Friede- 
maun u. a.) und zwar zuerst durch die Arbeiten von Brand imd 
Hecker, sowie Sachs wurden viele unklare Punkte in bezug auf das 
Komplement rasch aufgeklart. 

Wenn also meine entgiftende Substanz wirklich eine Art 
Komplement ware, so miifite sie auch diese allgemeine Eigen- 
schaft des Komplements zeigen. Das Ergebnis der Spaltung 
der Komplemententwicklung mittels der verschiedenen Me- 
thoden kann von nicht immer prazisierbaren UmstSuden be- 
einfluBt werden und daher variieren. Besonders scheint dies 
bei dem Dialyseverfahren der Fall zu sein. Hier gelingt einer- 
seits die Trennung nicht mit der wunschenswerten Regel- 
maBigkeit, und es kann sogar vorkommen, wie Neufeld und 
Handel beschreiben, daB nach Entfernung des Niederschlags 
iiberhaupt keine wesentliche Abnahme der Komplement- 
wirkung in der Fliissigkeit resultiert. Andererseits kann unter 
Umstanden wahrend der 24-stQndigen Dialyse bereits eine 
Inaktivierung der Komplemente eingetreten sein, wie es 
Tsurusaki bei Normalhamolysinen (Hundeserum und Ziegen- 
serum) fand. Deshalb habe ich vom Dialysierverfahren ganz- 
lich abgesehen und nur die beiden flbrigen Methoden benutzt. 

1) Salzsaurefallung von Sachs und Altmann. 

Danach werden 1,0 ccm Serum mit 8,2 ccm V 300 n-Salzsaurelosung 
(in Aq. dest.) 1 Stunde bei Zimmertemperatur digeriert und sodann zen- 
trifugiert. Der Niederschlag wird mit Aq. dest. mehrmals gewascheu. Der 
Abgufi wird durch Zusatz von 0,8 ccm einer Vjo n-Natronlaugel 6 sung 
(in 10-proz. Kochsalzldsung) neutralisiert und im Faust-Heimschen 
.Vpparate verdampft. 



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fieitrage zur Kenntnis von Organextraktgiften usw. 


51 


2) Kohlensaurefallung nach Liefmann. 

Man verdiinnt 1,0 ccm Serum mit 4 com destillierten Wassers, leitet 
etwa 30—40 Minuten einen Eohlensaurestrora vom Kippschen Apparate 
dorch, bis eine intensive Niederschlagbildung entstanden ist, und zentri- 
fugiert Der Niederschlag wird mit destilliertem Wasser gewaschen und 
aufbewahrt. Der AbguB (entsprechend 5-fach verdiinntem Serum) wird 
ebenfalls im Faust-Heimschen Apparat getrocknet. 

Wie alle Autoren (Ferrata,Brand, Sk wirsky, Besse- 
mans, Marks, Omorokow, Friedemann, Mutermilch, 
Hosier u. a.) einstimmig anerkennen, ist die Albuminfraktion 
thermolabil. Aus diesem Grunde muB man beim Verdampfen 
derselben im Faust-Heimschen Apparate hohe Temperatur 
vermeiden. Ich uberschritt nie eine Temperatur von 40® C. 
Die Globulin- und auch Albuminfraktion wurden im ursprflng- 
lichen Volum (1,0 ccm) Ringerscher Lbsung gelost und auf 
ihre entgiftende Funktion gegeniiber Organextrakt geprflft. 
Vor der Spaltung in die beiden Fraktionen wurde immer 
die entgiftende Fkhigkeit des Serums bestimmt. 


Tabelle XLV. 


Salzsaurefallun g. 

Extrakt 

Serum 

Glo¬ 

bulin 

Albu¬ 

min 

Glob. 

+Alb. 

Dosis 

Besultat 





No. 1. 


1 ccm 
dgl. 

» 

iy 

ff 

1 ccm 

yy 

1 ccm 

yy 

1 ccm 

yy 

1 ccm 

yy 

0,25 

0,25 

0,5 

0,5 

0,3 

0.25 

0,3 

0,25 

0,25 

0,25 

t 2 Std. 1 KontroUe 

0 . B. 

0 . B. 

f 30 Min. 
t 1 Std. 
t 40 Min. 
t 1 Std. 
t 5 „ 
t 3 „ 


No. 2. 


*/. 


V. 


, 



0,25 

t 

V 4 





0,25 

t 

1 ccm 

1 ccm 




0,5 

0 . 

<lgl. 

yy 

, 



0,5 

0 . 

jy 


1 ccm 



0,3 


yy 


yy 



0,25 


yy 



1 ccm 


0,3 


yy 



yy 


0,25 


yy 


. 


1 ccm 

0,25 


yy 


• 


yy 

0,25 



1 8td. \ 
30 Min./ 
B. 

B. 

30 Min. 
1,5 Std. 
10 Min. 
1 Std. 

3 „ 

5 „ 


KontroUe 


4* 


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52 


Tsuueo Sakamoto, 


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Tabelle XLVI. 
Kohlensaurefallung. 


Extrakt 


Serum 


Glo¬ 

bulin 



Resultat 


No. 1. 


1 

V, 1 com 
dgl. 






0,25 

, 




0,25 

1 com 




0,5 





0,45 


1 com 



0,25 





0,25 



1 com 


0,25 



ft 


0,25 




1 com 

0,25 





0,25 


No. 2. 


v, 


I 

, 1 com 
dgl. 


t 2 Std. 
t 30 Min. 
0 . B. 

0 . B. 


EontroUe 


30 Min. 
20 

1 SM. 
40 Min. 

6 Std. 

7 






0,25 





0,25 

1 com 




0,5 

tf 




0,5 


1 com 



0,3 


19 



0,25 



1 com 


0,3 



91 


0,25 




1 com 

0,25 


. 


99 

0,25 


t 2 
t 3 
0 . B. 


Min. 


EontroUe 


B. 

5 Min. 

2 Std. 
10 Min. 
1 Std. 

3 „ 

5 „ 


Die aus obigen Versuchsreihen zn ziehenden SchlQsse 
lassen sich dahin zusammenfassen, dafi einzelne Fraktionen 
des Serums allein keine entgiftende Funktion auf Organextrakte 
ausiiben, und wenn auch das Gemisch der gespaltenen zwei 
Fraktionen im Vergleich zu dem nativen Serum bedeutend 
an entgiftender Kraft verloren hat, so kann es doch bis zu 
einem gewissen Grade seine entgiftende Fahigkeit reprodu- 
zieren. Die Ursache des teilweisen Verlorengehens der ent- 
giftenden Fahigkeit laBt sich darin sehen, daB es bei der Be- 
handlung mit SalzsSure oder KohlensSure und bei der Ver- 
dampfung im Faustschen Apparat in gewissem Sinne trotz 
sorgfaitigster Handhabung gesch&digt wird. Dies beweist auch 
die Tatsache, daB die Wiederherstellung der entgiftenden 
Ffihigkeit bei Salzsaurefilllung weit unvollkommener als bei 
Kohlens&uref^llung ist. Wie aus obigem ersichtlich ist, ist 
die entgiftende Substanz des Serums auch in der Konstitution 
dem Koraplement ganz ahnlich. 


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Beitrage zur Eenntnis von Organextraktgiften usw. 5S 

XXXn. Entgiftende Fahigkeit der Leber. 

Neben den verschiedenen Funktionen der Leber kennen 
wir auch entgiftende Funktionen derselben. 

Eine Beihe von Intoxikationen, n^lich die Alkalosis oder Fleisch- 
intoxikation, die glykoprive Intoxikation und die Azidoeis wissen wir auf 
eine unrichtige Tatigkeit der Leber zurdckzufiihren. Dafi auch korper- 
fremde und protoplasmaschadigende Substanzen von dem Protoplasma der 
Leberzellen verankert werden konnen oder aber auch teilweise mit dem 
Bekret der Leber, der Galle in unschadlicherer Form wieder ausgeschieden 
werden, ist eine schon von alien Forschem anerkannte Tatsache. Das gilt 
z. B. fur die Schwermetalle, wie Eisen, Kupfer, Quecksilber, Arsen, die alle 
zum Teil in der Leber aufgespeichert werden konnen, ferner fiir Alkaloide 
und Qifte, wie Nikotin, Strychnin, Hyoszin, Morphin, Chinin. Daher 
erklart sich auch z. B. der Eisen reichtum der Leber bei Prozessen, die mit 
ausgedehntem Hamoglobinzerfall im ESrper einhergehen. Auch die Tat¬ 
sache, dafi Gifte viel heftiger wirken, wenn sie in die Korpervenen injiziert 
werden als von der Pfortader aus, steht damit im ursachhchen Zusammen- 
hang. Im Gegenteil spielt die Leber nach den Untersuchungen von 
Friedberger und Seelig fiir die Bildung des hamolytischen Frosch- 
giftes eine wesentliche Rolle. Beim Organgifte haben Roger und Josue 
entdeckt, dafi die letale Dose des Organextraktes oder selbst eine etwas 
dariiber hinausgehende Quantitiit desselben, wenn in die Pfortader injiziert, 
nicht den Tod verursachen kann, d. h. dafi die Leber entgiftende Fahigkeit 
auf Organextrakte besitzt. Kato hat diese Versuche nachgepruft, kam 
aber zu ganz entgegengesetztem Besultate. 

Ich stellte abermals dieselben Versuche an. Die Kaninchen 
gingen bei Injektion der letalen Dose des Organextraktes zu- 
grunde, gleichgflltig, ob die Injektion in die Pfortader oder 
in die Ohrvenen vorgenommen worden war. Wenngleich also 
die Leber ffir Organextrakte keine neutralisierende Fahigkeit 
zu haben scheint, so raOchte ich doch annehmen, daU bei ge- 
nilgend langer BerQhrung des Extraktes mit den lebenden 
Leberzellen die entgiftende Funktion derselben zutage treten 
kann. Zu diesem Zwecke habe ich mich der Durchspfllungs- 
raethode der iiberlebenden Leber bedient. Ich habe den 
Kaninchen die Leber ganz nach dem von F. Muller im 
Handbuch der biochemischen Arbeitsraethoden genau an- 
gegebenen Verfahren herausgeschnitten. Als Durchspfllungs- 
apparate habe ich das von Yamakawa konstruierte System 
und die von Mizuki geistreich ersonnene Pumpe benutzt. 

Betreffs Einzelheiten dieser Apparate sei auf die „Mitteilungen der 
Medizinischen Gesellschaft zu Tokyo", Bd. 32, No. 14, 1918, verwiesen. 


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54 


Tsuueo Sakamoto, 


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TabeUe XLVU. 


Extrakt vor der Durchspulung 

. Extrakt nach der Durchspulung 

Dosis 

Besultat | 

Doeis 

Besultat 

No. 1. Das 4-fach verdiinnte Kanincheolungenextrakt wurde 2 Stunden 
lang durch die eigene Leber geleitet. 

0,3 

1 t 30 Sek. 

0,3 

t 1 Min. 

0,25 

1 t 1 Min. 

0,25 

t 3 „ 

0,2 

1 t 5 Std. 

0,2 

t 10 Std. 

No. 2. Das 4-fach verdunnte Extrakt wurde 1 Stunde lang durch die 

eigene Leber geleitet. 

0,5 

1 t 3 Std. 

0,5 

t 2 Std. 

0,35 

I t 5 „ 

0,35 

t 4 „ 

0,25 

1 t 6 „ 

0,25 

t4 „ 

N 0 . 3. Das 4-fach verdiinnte Extrakt wurde 1 Stunde lang durchgespult. 

0,5 

t 30 Sek. 

0,5 

t 1 jMm. 

0,35 

t 1 Min. 

0,35 

t2 „ 

0,25 

t 1 ,, 

0,25 

t3 „ 


N-Gehalt des Extraktes 


vor der Durchspulung 
0,1409 g/dl 


nach der Durchspiiluiig 
0,1615 g/dl 


Wenngleich das Extrakt nach der Durchspfllung sich 
deutlich kldrt, so nimmt trotzdem sein N-Gehalt merklich zu. 

Aus dieser Versuchsreihe kann man sicher schlieBen: die 
Leber besitzt keine entgiftende Funktion gegeniiber Organ- 
extrakten und, wie die relative Ungiftigkeit der Leber schon 
zeigt, kommt der Leber fur die Bildung des Organextraktes 
keine Rolle zu. 


XXXin. Vielheit der Eomplemente. 

Aus den bisher erwkhnten Experimenten ist es klar, dafi die 
entgiftende Substanz des Serums hochstwahrscheinlich eine Art 
Komplement ist und mit dera hamolytischen Koraplement Hand 
in Hand geht. Aber die beiden Substanzen sind tatsSchlich 
verschieden voneinander und nicht scheinbar differente, aber 
in Wirklichkeit einheitliche Substanzen. Es kann zwar ab 
und zu vorkommen, daB eine und dieselbe Substanz, von ihren 
zwei verschiedenen Wirkungsweisen betrachtet, den Eindruck 
zweier verschiedener Stolfe macht. DaB aber dies in meinem 



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BeitrSge zur KenntniB von Organextraktgiften usw. 


55 


Fall nicht zutrilft, tun die bisher gewonnenen Tatsachen ein- 
stimmig dar. 

Die Frage, ob die verschiedenartigen Komplementwirkungen, welche 
ein und dasselbe Serum ausiiben kann, durch einheitliches Substrat oder 
durch eine Vielbeit von reagierenden Bestandteilen auBgeiibt werden, ist 
viel diskutiert. Wiihrend noch die franzosiache Schule und einige andere 
Autoren, besonders Bordet, Gruber, Wilde, Gay und Ayer im An- 
Bchluti an Buchner auf unitaristischen Ansichten in bezug auf das Kom- 
plement hartnackig verharren, wurden verschiedenartige Beweisfuhrungen von 
der Pluralitat des hamolytischen Eomplements von der deutschen Schule 
wie Ehrlich und Morgenroth, Neisser und Doring, Liidke, 
Schattenfroh, Marshall und Morgenroth, Ehrlich und Sachs, 
Wendelstadt und Sachs etc. durch geistreich ersonnene Experimente in 
eleganter Weise geliefert. Die Anschauung von der Einheitlichkeit dee 
Alexins ist prinzipiell auch von Metschnikoff aufgegeben worden, indem 
er zwischen hamolytischen und bakteriziden Eomplementen imterscheidet. 
Levaditi und R6my stehen auch auf analogem Standpunkte. Ebenso 
ist es Wechsberg, Wassermann, R6my, Pirenne, Buxton, 
Vedder, Neufeld und Handel, Nissen, Bail, M. Neisser, 
Ottolenghi und Mori etc. gegliickt, durch thermische Einfliisse, Fil¬ 
tration, spezifische Absorption, chemische Einwirkungen u. a. das bakteri- 
zide Komplement vom hamolytischen zu differenzieren. 

Die Diskussion hat noch nicht zu einer endgiiltigen Ent- 
scheidung gefflhrt. Nach alledem wird man heute mit der 
Vielheit der Komplemente stets rechnen und sie als einen 
wichtigen Faktor bei der Beurteilung von Versuchsbefunden 
betrachten mflssen. Wie bereits oben wiederholt betont wurde, 
zeigt die entgiftende Substanz zwar einerseits zweifellos ihre 
Komplementnatur, aber andererseits mit gleicher Sicherheit 
die vbllige Verschiedenheit von dem hamolytischen Kom¬ 
plement. Meine Resultate haben in dieser Beziehung auch 
fur die Vielheit der Komplemente einen Beweis erbracht. 

XXXIV. Wesen der Entgiftung. 

An dieser Stelle durfte es angebracht sein, des Wesens 
der entgiftenden Substanz Erwahnung zu tun. 

Wenn artfremdes Eiweifi, sei es ungeformt, sei es geformt, in den 
Kbrper gelangt, so erfolgen, wie wir wissen, Umlagerungen, die wohl dem 
Bestreben, den FremdkOrper auszuschalten, ihre Entstehung verdanken. 
Die so entstehenden Korper sind spezifisch, d. h. sie richten sich nur 
gegen die Eiweifiart, durch die sie hervorgerufen sind. Es bildet sich also 
gegcn den Fremdstoff ein Gegenstoff, „Antik6rper“. Man sah ihn bisher 


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56 


Tsuneo Sakamoto 


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vor allem ala Antieiweifik&rper an, von der Vorauasetzung auagehend, daS 
ea daa Eiweifi iat, daa den Antikdrper erzeugt. Neuere Verauche zeigten 
aber, da6 daa Eiweifi ala AntikorperbUdner keine Einzelatellung einnimmt. 
Much und Kleinachmidt konnten zeigen, daO bei Leprakranken Anti- 
korper gegen Neutralfett erzeugt werden konnen. Und ea folgte nun eine 
groSe Reihe von Arbeiten, die dieae Mdglichkeit beatatigen. Auch von 
Kohlehydraten wurde ahnlichea von Weinlan d entdeckt und nachher von 
Abderhalden und Kumagai etc. beatatigt. 

Bei Organextrakten aber haben achon Dold und Ogata gezeigt, 
daS ea nicht gelingt, aua ihnen durch Behandlung mit Aether daa giftige 
Prinzip zu extrahieren. Auch haben, wie achon gezeigt, die konstant oder 
gelegentlich im Blute auftretenden Zuckerarten, Glukoae, Maltoee, Saccha- 
roae, Laktoae, Starke etc. keinen Zuaammenhang mit dem Organextrakte. 
Schliefilich handelt ea aich, wie bereita manche Autoren geaagt haben, beitn 
Organextrakte nur um Eiweifi und seine Abbauprodukte. 

Nun hat aich neuerdinga herausgeatellt, daQ Zellen dea eigenen 
Kdrpera, wenn aie in den Kreialauf gelangen (daa Eracheinen der Chorion- 
zotten in der Schwangerachaft wurde von Schmorl, Veit und Scholten 
aowie Wei chard t und R. Freund aichergeatellt), gleichfalla die Bildung 
von Antikorpern hervorrufen konnen. 

Ebenao kann diea nach Wolff-Eianer, Pfeiffer u. a. durch Hoden- 
Bubatanz, Leber, Niere, Gehirn, Linaen und anderea deraelben Tierart ge- 
achehen, wahrend Friedberger und Goretti die gegenteilige Meinung 
vertreten. 

Die Lunge derselben Tierart bedeutet natOrlich nichts 
Artfremdes, aber sie bedeutet doch etwas Fremdes im Blut- 
kreislaufe, also etwas Blutfremdes und kann, ins Blut ge- 
langend, den Zustand stSren. Es kann sich hierbei ebenso- 
wohl um die korpereigenen Zellen als auch um Stoffe de« 
kbrpereigenen Stoffwechsels abnormer oder selbst normaler 
Natur handeln. Die Abbauprodukte haben im allgemeinen 
noch eine Eigenart und lassen damit die Blutfremdheit er- 
kennen. Es ist vQllig gleichgiiltig, ob in die Blutbahn etwa 
Stoffe von Polypeptidnatur gelangen, die von korperfremdem 
Eiweifi stammen oder von korpereigenem: sie sind stets Fremd- 
korper, die Reize ausiiben, und miissen Antikorper hervorrufen. 

Es ist wohl nicht verfehlt, anzunehmen, daU, wie schon 
Dold angedeutet hat, die Bildung und Ausscheidung der 
Lungenextrakte in vivo in gewisser Menge in der Art einer 
inneren Sekretion erfolgen kann. Demzufolge mtissen natiir- 
lich Antikorper dagegen erzeugt werden. Sie konnen ganz 
verschiedenartig sein, wie PrSzipitin, Agglutinin etc. Aber in 
meinem Entgiftungsfalle kommen nur folgende zwei in Be- 


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Beitr^e zur Kenntnia von Organextraktgiften usw. 


57 


tracht: einerseits Ambozeptor mit Komplement (Immunkorper) 
und andererseits Abderhaldensche Abwehrfermente. Nach 
der Abderhaldenschen Ansicht erzeugt blutfremdes EiweiB 
nicht nur ImmunkSrper (Ambozeptor und Komplement), son- 
dern vor allem Fermente, die den Fremdstoff tiefgreifend ab- 
znbauen vermogen. Aber andererseits besteht die gegenteilige 
Meinung, daB es vielleicht gar keine Fermente, sondern nur 
Wirkungen oder Nebenwirkungen des Immunkorpers sind 
(Much). Abderhalden bebauptet zwar, daB das Blutserum 
unter normalen Verhaitnissen keine verdauende Kraft fur zu- 
sammengesetzte Verbindungen besitzt. Er erkennt aber auch 
an, daB das durch 60 Minuten langes ErwSrmen auf 57® C 
inaktivierte Serum durch Zusatz normalen Tierserums reakti- 
viert wird und vermutet, daB ein Aktivator im normalen 
Serum enthalten sei. Diese Tatsache spricht meiner Meinung 
nach eher fflr Immunkorper als fiir Fermente und kanu da- 
durch ganz leicht, ohne einen etwas gezwungenen Aktivator 
anzunehmen, erklart werden. Kurz gesagt, ist es noch nicht 
entschieden, ob es sich hierbei tatsBchlich urn eine Immun- 
korperwirkung handelt. Obwohl ich aus .allerwahrschein- 
lichsten Begrflndungen, wie schon vielfach untersucht, nur die 
Beziehungen zwischen der entgiftenden Substanz und dem 
Komplemente des Serums studiert und mich uberzeugt habe, 
daB das Komplement auch einen Teil der entgiftenden Sub¬ 
stanz darstellt, so halte ich es doch hier fflr angebracht, sich 
zu vergewissern, daB die Immunkflrper, nicht aber Abwehr¬ 
fermente, in der Tat das wirksame Prinzip bei der Ent- 
giftung sind. 

Wie schon konstatiert, wird die entgiftende Fflhigkeit des 
Serums durch halbstflndiges Erwflrmen auf 56° C inaktiviert. 
Auch die Abwehrfermente gehen nach Abderhalden durch 
30 Minuten (besser durch 60 Minuten) langes Erwflrmen auf 
56—58° C verloren. Daher kann man nicht nur aus ther- 
mischen Verhaitnissen sicher schlieBen, ob Immunkorper oder 
Abwehrfermente in meinem Falle die Hauptrolle spielen. Urn 
dies zu entscheiden, mflssen folgende Punkte berflcksichtigt 
werden: 

1) Wenn das Tier untertodliche Menge von Organgiften 
intravenfls bekommt und diese ohne Hindernis flberstanden 


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58 


Tsuneo Sakamoto, 


hat, so vertragt das Tier wfthrend der nSchsten 24 Stunden 
mehr als die letale Dose derselben oder anderer Organgifte. 
Dieser Zustand warde schon von manchen Forschern aner- 
kannt und Tachyphylaxie (Champy und Gley), Skeptophylaxie 
(Lambert und Bouin), Tachysynethe (Roger) etc. genannt. 
Ich babe aucb, wie aus nachstebendem ersichtlich ist, diese 
merkwiirdige Tatsache wahrgenommen: 


Tabelle XLVIII. 


Extrakt 

Dosis ccm 

1 Beaultat 


V orversuch: 

V 4 (Lunge) 


0,25 

t 2 Min. 

dgl. 


0,15 

schwerst, erholt 

V 4 (/lere) 


0,4 

t 1 Min. 

dgl. 


0,25 

etwas, erholt 

7 « (G^irn) 


0,25 

t 10 Sek, 

dgL 


0,15 

schwer, erholt 

‘/4 (Leber) 


0,5 

t 3 Min. 

dgL , 


0,25 

0 . B. 

*/4 (Muekel) 


0,5 1 

t 30 Sek. 

dgl. 


0,25 

0 . B. 


Hauptversuch: 

1) V 4 (Lunge) 

1 

0,1 1 

etwas, erholt 


nach 1 Stunde 


dgl. 

1 

0,5 i 

0 . B. 

2) V 4 (Lunge) 

1 

0,15 1 

schwer, erholt 


nach 2 Stunden 

dgl. 

1 

0,5 1 

etwas, erholt 

3) V 4 (Gehirn) 

1 

0,1 1 

etwas, erholt 


nach 1 Stunde 


V 4 (Lunge) 

1 

0,5 1 

0 . B. 

4) '/4 (Niere) 

1 

0,25 1 

0 . B. 


nach 2 Stunden 

V« (Lunge) 

1 

0,5 1 

0 . B. 

5) V 4 (Leber) 

1 

0,25 1 

0 . B. 


nach 3 Stunden 


'/« (Lunge) 

1 

0,35 1 

0 . B. 

6 ) V 4 (Lunge) 

1 

0,15 1 

schwerst, erholt 

nach liber 24 Stunden 

dgl. 

1 

0,25 1 

t 3 Min. 

7) V 4 (Lunge) 

1 

0,1 1 

0 . B. 


nach 

ca. 30 Stunden 

dgl- 

1 

0,3 1 

t 40 Sek. 

b) V 4 (Muskel) 

1 

0,25 ! 

0 . B. 

nach iiber 24 Stunden 

_ 'U (Lunge) 

1 

0,25 1 

t 1 Min. 

9) ’/, (Leber) 

1 

0,3 1 

etwas. erholt 

nach iiber 24 Stunden 

(Lunge) 

1 

0,25 1 

4 Min. 


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Beitrfige zur KeontniB von Organextraktgiften ubw. 


59 


Dafi der Komplementgehalt bei Tachyphylaxie, wie bei 
Anaphylaxie, deutlich abgenommen hat, ist auch eine von 
vielen Seiten anerkannte Tatsache. Wenn man diese Punkte 
in Betracbt zieht, so kann man die Tachyphylaxie, ganz khn- 
lich wie die Anaphylaxie, durch die Immunkbrpertheorie ganz 
leicht erkiaren. Wenn aber die wirksame Substanz im Serum 
ein Abwehrferraent ware, so mflUte der tachyphylaktische Zu- 
stand erst 24 Stunden nach der Extraktinjektion auftreten 
und ca. 3 Wochen lang erhalten bleiben, weil die Abwehr- 
fermente, wie Abderhalden bemerkt hat, intravends inji- 
ziert, erst 24 Stunden danach voll zur Geltung kommen und 
zuweilen bis zu 3 Wochen nach der Injektion noch deutlich 
festgestellt werden. Aber es ist hier nicht der Fall, sondern 
eher ganz umgekehrt. 

2) Als Abwehrfermente im Serum kdnnen nur Esterasen, 
Karbohydrasen, Proteasen und Peptasen auftreten, Aber, wie 
schon erwShnt, ist es bereits von Bold und Ogata erwiesen, 
daB Stherlosliche Substanzen im Serum in keiner Beziehung 
zum Organgifte stehen. Auch habe ich verschiedene Kohle- 
hydrate ganz ungiftig gefunden. Daher kdnnen nur die letzten 
zwei, Proteasen und Peptasen, als Abwehrfermente in diesem 
Falle in Betracht kommen. Wenn dies wirklich der Fall ist, 
so stdBt man sogleich auf die Schwierigkeiten, die sich in 
ihrem VerhSltnis zur Temperatur auBern. Wahrend die Abder- 
haldenschen Abwehrfermente durch einstundiges Erwarmen 
auf 57® C verloren gehen, wird das Trypsin erst durch 75® 
bis 80® C, die Leukoprotease bei Temperaturen fiber 75® C 
langsam (die beiden sind Proteasen), und die Peptasen bei 
75® C vernichtet. Also auch von diesem Punkte aus ist es 
klar, daB die Abwehrfermente in meinem Falle nicht in Be¬ 
tracht kommen konnen, 

3) Eine wiederholt diskutierte Frage in der Iinmunlehre 
ist der Chemismus (Vorgang oder ProzeB), welcher bei der 
Immunkfirperreaktion sich abspielt. Jedenfalls aber darf man 
die Funktion der Immunkfirper, insbesondere Hamolysine, 
wohl nicht als einen Akt proteolytischer Verdaung im engeren 
Sinne auffassen, wie das von Buchner und Oppenheimer 
angenommen wurde, denn es tritt Hamolyse ein, ohne daB 
die Stromata schwinden, und der Nachweis von Verdauungs- 


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60 


Tsuneo Sakamoto, 


produkten im hkmolysierten Blut ist Nolf nicht gelungeo. 
Auch Ohta gibt an, daB eine nachweisbare Proteolyse parallel 
mit der spezifischen Hkmolyse nicht zur Beobachtung gelangt. 
Aber ganz anders bei den Abwehrfermenten. Wenn die Fer- 
mente mit den betreffenden EiweiBarten zusammengebracht 
werden, so beginnt sofort die Proteolyse, und nach einem ge- 
wissen Zeitraume muB sich eine gewisse Menge von EiweiB- 
abbauprodukten vorfinden. Wenn daher die Entgiftung des 
Organextraktes durch Serum wirklich durch die Abwehrfermente 
desselben bewirkt wflrde, so mflBte das Extraktserumgemisch 
nach einstflndigem Digerieren im Brutofen viele EiweiBabbau- 
produkte—Reststickstoflf enthalten. 

Ich habe nach StrauBscher Methylalkoholmethode Rest- 
stickstoif direkt nach der Herstellung des Gemisches und nach 
einstiindiger Digerierung im Brutofen gemessen und fand 
folgende Zahlenwerte: 

TabeUe XLIX. 

Sofort nach der Mischung j Nach 1 Std. bei 37* 

r. Reststick- 1) 0,00G071 g/dl ! 1) 0,005604 g/dl 

stoff 2) 0,007005 g/dl 2) 0,005004 g/dl 

U. dgl. 1) 0,007135 g/dl i 1) 0,006983 g/dl 

2) 0,007621 g;dl 2) 0,007251 g/dl 

Also kann man keine nachweisbare Zunahme des Rest- 
stickstoffs nach einstiindiger Digerierung feststellen. Es ist 
schon von Bostock nachgewiesen, daB die Autolyse auch 
nicht sofort, wenn man das Organ herausnimmt und anti- 
septisch sich selbst iiberlaBt, beginnt. Es muB nach dem 
Tode der Zelle immer erst eine gewisse Zeit (einige Stunden) 
vergehen, ehe die Autolyse anfangt, und dann verlauft sie 
auch erst recht langsam und erreicht ihr Maximum in zirka 
48 Stunden. Meine Resultate stimmen mit dieser Angabe 
vollkominen iiberein. 

Wie aus obigem ersichtlich, spielt die Proteolyse bei der 
Entgiftung des Organextraktes durch Serum keine Rolle und 
der ganze Vorgang muB auf die ImmunkOrperreaktion zurflck- 
gefiihrt werden. 

Bei Betrachtung der Tatsache, daB die in vivo inner- 
seketorisch ausgeschiedenen Organextrakte durch die damit 


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Beitrage zur Kenutnis von Organextraktgifteu ubw. 


61 


im urs&chlichen Zusammenhange stehenden Ambozeptor und 
Komplemente neutralisiert werden kdanea, kann man nicht 
umhin, sich zu verwundern, wie fein und groBartig die Natur 
alles teleologisch angeordnet hat. 

XXXV. ZasammenfasBung. 

Die Ergebnisse der bisher angestellten Versuche lassen 
sich kurz dahin zusammenfassen; 

1) Unter den verschiedenen Organen liefert die Lunge das 
giftigste Extrakt. 

2) Die Giftigkeit des Lungenextraktes wird durch Er- 
hitzung auf 100° C erst nach 2 Stunden vernichtet, dagegen 
bei 38° C erst nach 10 Stunden. 

3) Das Extrakt ist nur ein paar Tage haltbar, selbst wenn 
es im Eisschrank aufbewahrt wird. Toluol schiitzt das Ex¬ 
trakt merklich vor Verlorengehen der Giftigkeit. 

4) Das Extrakt wird durch Filtration durch Berkefeldfilter 
Oder durch Schfltteln mit Kaolin Oder Tierkohle nur wenig, 
aber gar nicht durch EiereiweiBlosung, seiner Giftigkeit be- 
raubt. 

5) Die Giftigkeit des Organextraktes wird durch Zusatz 
normalen frischen Serums vSllig neutralisiert. Aber das durch 
Erwfirmen auf 56° C inaktivierte Serum verliert sogleich die 
entgiftende Fahigkeit. Auch ist diese Eigenschaft an Starke 
individuell verschieden. 

6) Zur Entgiftung des Extraktes durch frisches Serum 
ist gewisse Zeit notig. Das Extrakt-Serumgemisch ist gleich 
nach der Herstellung recht giftig, aber wird nach einstflndigem 
Digeriren im Brutofen ungiftig. 

7) Zur Entgiftung des Extraktes braucht es auch gewisse 
Warme. Die Entgiftung durch frisches Serum wird bei 0° C 
nie bewerkstelligt. 

8) Das Extrakt wird durch das eigene Serum am besten 
entgiftet. 

9) Die entgiftende Fahigkeit der artfremden Sera steht 
weit hinter der der arteigenen. 

10) Die Entgiftung durch eigenes Serum kann nicht durch 
Adsorption erklart werden. 


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62 


Tsuneo Sakamoto, 


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11) Das Extrakt kann ganz gleich wie Organzellen hamo- 
lytisches Kompleinent aufnehmen, 

12) Die entgiftende Substanz kann durch Aceton, Alkoho! 
und Aether nicht extrahiert werden. 

13) Das entgiftende Prinzip ist nicht dialysabel. 

14) Die Eohlehydrate haben keinen Zusammenhang mit 
der entgiftenden Ftlhigkeit des Serums. 

15) Die Leukocyten vermSgen weder in vitro noch in vivo 
das Extrakt zu entgiften. 

16) Zwischen dem hSmolytischen Komplement und der 
entgiftenden Substanz des Serums besteht keine direkte Be- 
ziehung. 

17) Die entgiftende Substanz ist wie das hSmolytische 
Komplement ein labiler Stoff. 

18) Die entgiftende Fahigkeit des Serums wird durch 
folgende Verfahren abgeschwScht: 

in vitro 

a) Filtration durch Berkefeldfilter, 

b) Schutteln mit Kaolin, 

c) „ „ Kasein, 

d) „ „ Cholesterin, 

e) „ „ Tierkohle, 

f) „ „ Aethyiather. 

g) Bestrahlung mit ultravioletten Strahlen; 

in vivo 

a) Glykogen, 

b) Wittepepton, 

c) Hunger, 

d) Phosphor. 

Bei obigen Verfahren geht das hSmolytische Komplement 
meistens mit der entgiftenden FShigkeit des Serums parallel, 
aber beim Hunger wird das erstere bei weitem deutlicher als 
die letztere beeinfluBt. 

19) Die entgiftende Kraft wird durch folgende Prozedureii 
gesteigert: 

a) Bouilloninjektion, 

b) Schilddrusenfiitterung, 

c) Pilokarpininjektion. 



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Beitrage zur Eenotnis von Organextraktgiften new. 


63 


20) Die entgifteude Substanz des Serums kann durch 
SalzsSure- und KohlensSurefailung in Globulin- und Albumin- 
fraktion geteilt werden. 

21) Die Leber hat keine Fahigkeit, das Extrakt zu ent- 
giften. 

22) Das hSmolytische Komplement und die entgiftende 
Substanz gehen meistcns parallel, aber stellen nicht dieselbe 
Substanz dar. Somit wurde ein Beweis fiir die Vielheit der 
Komplemente durch meine Versuche geliefert. 

23) Bei der Entgiftung des Organextraktes spielen die 
ImmunkSrper, aber nicht die Abderhaldenschen Abwehrfermente 
eine Rolle. 


Zum SchluS sei mir gestattet, Herrn Prof. Dr. T. Irieawa fiir aeine 
freundliche Anregung und Leitung bei der Ausfiihrung der Arbeit er- 
gebensten Dank darzubringen. 


XXXVI. Literatnr. 

1) 8. Abelin und 0. Stiner, Zeitachr. f. Immunitatsf., Bd. 19, No. 1, 
und Bd. 20, 1913, 1914. 

2) H. Nakano und T. Kagawa, Jap. Zeitschr. £. Dermat. u. Urolog., 
Bd. 15, 1915, No. 6. 

3) Ej. Brand, Berl. klin. Wochenschr., 1907, No. 34. 

4) H. V. Tappeiner, Berichte d. Deutschen Chem. (Jesellschaft, Jahrg. 36, 
1903, H. 12. 

5) Ph. Green, Transact, of the Royal Soc. of London, Vol. 188, 1897. 

6 ) C. Oppenheimer, Die Ferraente u. ihre Wirkungen, 4. Aufl., 1913. 

7) T. Kagawa, Festschr. gewidmet Prof. K. Dohi zu seinem 25-jahr. 
Doktorjubil., 1917. 

8 ) H. Roger und O. Josu^, C. r. soc. bioL, 1, 1906. 

9) Th. Brugsch und A. Schittenhelm, Techn. d. spez. klin. Unter- 
suchungsmethoden, 2. Teil, 1914. 

10) D. Ottolenghi imd H. Mori, Centralbl. f. Bakt. etc., 1. Abt. 
Orig. Bd. 38. 

11) E. Abderhalden, Abwehrfermente, 4. Aufl., 1914. 

12) H. StrauB, Deutsches Arch. f. klin. Med., Bd. 106, 1912. 

13) H. Dold, Zeitschr. f. Immunitatsf., Bd. 10, 1911. 

14) — Deutsche med. Wochenschr., 1911, No. 36. 

15) — und 8. Ogate, Zeitschr. f. Immunitatsf., Bd. 16, 1913. 

16) A. Diastaso, Zeitschr. f. Immunitatsf., Bd. 16, 1913. 

17) G. Izar, Zeitschr. f. Immunitatsf., Bd. 16, 1913. 

18) 8. Ichikawa, Zeitschr. f. Immunitatsf., Bd. 18, 1913. 


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64 


Tsuneo Bakanioto, 


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19) E. Fischer, Zeitschr. f. Immunitatef., Bd. 18, 1913. 

20) H. Dold und H. Kodama, Zeitschr. f. Immunitatsf., Bd. 18, 1913. 

21) 0. StenStrom, Zeitschr. f. Immunitatsf., Bd. 8, 1911. 

22) M. Massone, Berl. klin. Wochenschr., 1911, No. 52. 

23) G. Izar und C. Pa tan 6, Zeitschr. f. Immunitatsf., Bd. 14, 1912. 

24) — und A. Fagiuoli, Zeitschr. f. Immunitatsf., Bd. 13, 1912. 

25) E. Wolf, Zeitschr. f. Immunitatsl, Bd 18, 1913. 

26) S. Mancini, Bioch. Zeitschr., Bd. 26, 1910. 

27) Aronson, Berl. klin. Wochenschr., 1912, No. 6. 

28) P. Muller, Centralbl. f. Bakt., 1. Abt., Orig., Bd 29, 1901. 

29) G. Lefmann, Hofmeisters Beitrage, Bd. 9, 1906. 

30) D. Ottolenghi und N. Mori, C^tralbl. f. Bakt, 1. Abt, Orig., 
Bd. 38, 1905. 

31) B. Kraus und L. Levaditi, Handbuch d. Technik n. Methodik d. 
Immunitiitsforschung, 2. Aufl., 1909. 

32) E. Neisser und H. Doering, Berl. klin. Wochenschr., 1901, No 22. 

33) K. Landsteiner und R. Stankovic, Centralbl. f. Bakt., 1. Abt 
Bd. 41, 1906. 

34) -Centralbl. f. Bakt., 1. Abt Bd. 42, 1906. 

35) — und E. Ulirz, Centralbl. f. Bakt., 1. Abt, Bd. 40, 1906. 

36) A. Wassermann und J. Citron, Zeitschr. f. exp. Path. u. Ther., 
Bd. 4, 1907. 

37) Wendelstadt, Centralbl. f. Bakt, 1. Abt, Orig., Bd. 34, 1903. 

38) H. Liidke, Munch, med. Wochenschr., 1905, No 43. 

39) G. V. Bergmann und E. Savini, Zeitschr. f. exp. Path. u. Ther., 
Bd. 4, 1907. 

40) E. Hoke, Centralbl. f. Bakt, Bd. 34, 1913. 

41) Brieger und Uhlenhuth, Deutsche med. Wochenschr., 1898, No. 10. 

42) H. Dold, Berl. klin. Wochenschr., 1912, No. 49. 

43) L. Popielski, Zeitschr. f. Immunitatsf., Bd. 18, 1913. 

44) W. Kolle und H. Hetsch, Die experimentelle Bakteriologie usw., 
4. Aufl., 1916. 

45) W. Kolle und A. Wassermann, Handbuch d. pathog. Mikro- 
organismen, 2. Aufl., 1913. 

46) M. Gruber und K. Futaki, Miinch. med. Wochenschr., 1906, No. 6. 

47) -Munch, med. Wochenschr., 1907, No. 6. 

48) -Deutsche med. Wochenschr., 1907, No. 39. 

49) L. Miillcr, Centralbl. f. Bakt, 1. Abt, Orig., Bd. 50, 1909. 

50) - Centralbl. f. Bakt, 1. Abt, Orig., Bd. 57, 1911. 

51) P. Kyes und H. Sachs, Berl. klin. Wochenschr., 1903, No. 2, 3, 4. 

52) J. Kiss, Zeitschr. f. Immunitatsf. Bd. 3, 1909. 

53) — Zeitschr. f. Immunitatsf., Bd. 4, 1910. 

54) H. Much, Die Immunitatswissenschaft, 2. Aufl. 1914. 

55) A. Ferrata, Berl. klin. Wochenschr., 1907, No. 13. 

56) H. Sachs und Altman n, Handbuch von Kolle-Wassermann, Bd. 2 
2. Aufl., 1913. 



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Beitrage zur Kenntnis von Organextraktgiften usw. 


65 


57) H. Liefraann, Berl. klin. Wochenschr., 1911, No. 37 

58) — und M. Cohn , Zeitechr. f. Immunitatsf., Bd. 6, 7 u. 8, 1910—1911. 

59) — und M. Stutzer, Berl. klin. Wochenschr., 1910, No. 42. 

60) K. Marks, Zcitschr. f. Immunitatsf., Bd. 11, 1911. 

61) Braun, Bioch. Zeitschr., Bd 31, 1911. 

62) K. Landsteiner, Zeitschr. f. Immunitatsf., Bd. 9, 1911. 

63) H. Sachs und G. Bolkowska, Zeitschr. f. Immunitiitsf., Bd. 7,1910. 

64) Heeker, Arb. a. d. Inst. f. exp. Ther. zu Frankfurt a. M., 1907. 

65) U. Friedemann, Zeitschr. f. Hyg., Bd. 67, 1910. 

66 ) T. Amako, Zeitschr. f. Immunitiitsf., Bd. 8, 1911. 

67) M. Goto, Kyoto Igaku Zassi, Bd. 13, 1916, H. 1. 

68 ) Y. Yoshimura, Nippon Biseibutsugakukai Zassi, Bd. 2, 1915. 

69) E. Ichikawa, Tohoku Igaku Zassi, Bd. 2, 1917. 

70) — ebenda, Bd. 3, 1918. 

71) — ebenda, Bd. 4, 1919. 

72) K. Obata, Tokyo Igakukai Zassi, Bd. 30, 1916. 

73) E. Arima, ebenda. 

74) M. Goto, Kyoto Igaku Zassi, Bd. 13, 1916, H. 3. 

75) H. Do Id und 8. Ogata, Zeitschr. f. Immunitatsf., Bd. 14, 1912. 

76) L. H. Gutmann, Zeitschr. f. Immunit&tsf., Bd. 19, 1913. 

77) F. Schenk, Zeitschr. f. Immunitiitsf., Bd. 22, 1914. 

78) H. Bitz, Zeitschr. f. Immunitatsf., Bd 12, 1912. 

79) W. H. Thompson, Journ. of Physiol., Vol. 24, 1899. 

80) 8. Ogata, Nippon Byorigakukai Kaishi, Bd. 1915. 

81) M. Inoki, Nippon Biseibutsugakukai Zassi, Bd. 5, 1917. 

82) M. Inoki, ebenda, Bd. 6, 1918. 

83) J. Veit, Berl. klin. Wochenschr., 1902, No. 22 und 23. 

84) R. Scholten und J. Veit, Zeitschr. f. Geb. u. Gyn., Bd. 49, 1903. 

85) E. Friedberger und S. Ichikawa, Verhandlungen der 7. Tagung 
der Freien Vereinigung fiir Mikrobiologie in Berlin, Centralbl. f. Bakt., 
1. Abt., Ref., Bd. 57, 1913. 

86 ) — Verhandlungen der Berl. mikrobiol. Gesellschaft vom 12. Dez. 1912, 
Berl. klin. Wochenschr., 1913, No. 2. 

87) — und P. Salecker, Zeitschr. f. Immunitiitsf., Bd. 11, 1911. 

88 ) — und E. Putter, Zeitschr. f. Immunitatsf., Bd. 30, 1920. 

89) — und A. Seelig, Centralbl. f. Bakt, 1. Abt, Orig., Bd. 46, 1908. 

90) — und G. Goretti, Zeitschr. f. Immunit&tsf., Bd. 21, 1914. 


4 


ZetUchr. f. ImmualUtsforechung;. One* Bd. 32. 


5 


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66 


Ad. Lindenberg und Bruno Rangel Pestana, 


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Naehdruek verboten. 

Cheinothorapeiitischc Versuche mlt Fetten an Eiilturen 
sSurefestcr Bacilien. 

Von 

Dr. Ad. Lindenberg, und Bruno Rangel Pestana, 

Professor fiir Dermatologie Assistent am Bakteriolog. Institut 

SSo Paulo SSo Paulo, Brasilien. 

(Eing^angen bei der Rcdaktion am 26. November 1920.) 

Einleitun g. 

Die wohlbekannte spezifische Wirkung des Chaulinoograoles 
auf Lepra hat uns veranlaBt, die Wirkung der Fette auf 
sSurefeste Bacilien zu priifen. 

Ohne die ganze Geschichte dieses sehr umfangreichen 
Gegenstandes zu wiederholen, mOchten wir nur die Arbeiten 
von Hallopeau, DuCastel, Neumann, Rille, Dyer, 
Dubreuilh, Jeanselme, Brocq, Kupffer, D6nitz 
erwShnen und folgende vier naher erSrtern: 

Unna war der erste, der ChaulmoograSl als spezifisches 
Mittel gegen Lepra angesprochen hat. Tourtoulis-Bey hat 
als erster empfohlen, das Oel zu injizieren; Engel-Bey hat 
das Antileprol eingefiihrt, welches ein Abkomraling des Chaul- 
moogradles ist. 

Heiser hat Einspritzungen von ChaulmoograSl in Ver- 
bindung mit Kampferol und Resorcin vorgeschlagen. Unsere 
eigene Erfahrung mit diesen verschiedenen Praparaten griindet 
sich auf eine Serie von inehr als 100 klinisch sicheren Lepra- 
failen, bei welchen das Oel in den verschiedensten Formen 
und Methoden zur Verwendung gekommen ist. 

Das am meisten verwendete PrSparat war das Anti¬ 
leprol, ein Aethylester der Fettsauren des Oeles. Es wurde 
per os und in Form subkutaner Injektionen angewandt. Trotz- 
dem es besser vertragen wurde als das ChaulmoograSi, ist 
es doch nichl jedem Patienten gleich gut bekommen. Die 
mit Antileprol erzielten Ergebnisse haben uns iiberzeugt, dad 
das Chaulmoograol, dessen Derivat es ist, ein vorzflgliches 
Mittel gegen Lepra ist. 



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Chemotherap. Vers, mit Fetten an Kulturen siiurefester Bacillen. 07 


Die Versuche von Heiser und Mercado auf den Philip- 
pinischen Inseln mit ihrer Kesorcinol-Mischung sind anch sehr 
iiberzeugend, trotzdem diese nicht so rein ist wie das Anti- 
leprol, sondern ein Gemenge dieses Oeles mit Resorcin und 
Karapfer. Wir haben Gelegenheit gehabt, es in einer Reihe 
von Fallen mit sehr gutem Resultat zu priifen. Seine Vor- 
ziige in Vergleich zu Antileprol sind, dafi es als Einspritzung 
besser vertragen wird und weniger kostpielig ist. 

Wie kann man es erkiaren, daU die Lepra noch immer 
fQr eine unheilbare Krankheit gilt, wenn die spezifische 
Wirkung des ChaulmoograSles so klar zu erkennen ist? 

Erstens, ist die Toleranz des Patienten fflr das Oel sehr 
verschieden. Per os kSnnen nur sehr wenige dieses Mittel 
in genflgend groBer Dosis nehmen. Selbst wenn eine gewisse 
Toleranz vorhanden ist, wird sie nach einiger Zeit aufhoren, 
und der Kranke weigert sich, das Mittel iBnger zu nehmen. — 
Die subkutanen und intramuskuiaren Injektionen sind schmerz- 
haft und verursachen oft Infiltrationen, die so langsam re- 
sorbiert werden, daB der Patient gezwungen ist, die Behand- 
lung fflr einige Zeit aufzugeben. 

Zweitens ist es wegen der Faischungen mit anderen Oelen 
in Indien schwer, ein reines PrRparat zu erhalten. In der 
medizinischen Literatur findet man keine chemische Cha- 
rakterisierung des reinen ChaulmoograSles. Dieselbe Un- 
gewiBheit herrscht hinsichtlich seines Ursprunges. Einige 
Autoren behaupten, daB es von Gynocardia odorata, andere, 
daTl es von Taraktogenus Kurzii Oder Hydrocarpus stammt. 
Die Produkte, die verkauft werden, sind entweder fest Oder 
flfissig. — Mit so wenig positiven Kenntnissen ist es schwer, 
eine wohldefinierte Substanz zu erhalten, mit der man syste- 
matische Untersuchungen anstellen kann, aus welchen auch 
Schlflsse gezogen werden diirfen. 

Dieser Umstand erklSrt auch die Abweichung in den Be- 
funden der meisten Autoren auf diesem Gebiet. 

Ueberzeugt von der Spezihzitat des Chaulmoograoles 
gegen Lepra, haben wir eine Reihe von Versuchen unter- 
nommen, urn diese Schwierigkeiten zu beheben, die der 
dauernden und erfolgreichen Anwendung dieser Substanz im 
Wege standen. 

5* 


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68 


Ad. Lindenberg und Bruno Rangel Pestana, 


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Unsere Arbeit, obzwar sie lange gedauert bat, hat tins 
nicht zu endgiiltigen Schlussen gefuhrt. Einige sehr inter- 
essante Tatsachen, welche wir im Laufe unserer Versuche 
festgestellt haben, batten uns gezwungen, von unserein ur- 
sprflnglichen Programm abzuweichen. Neuc Tatsachen, trotz- 
deni sie im anfanglichen Plan unserer Arbeit nicht auf- 
genoinmen worden sind, sind interessant genug, urn jetzt 
verbtfentlicht zu werden, in der Hoffnung, daB ihre Kenntnis 
zu anderen niitzlichen Untersuchungen fuhren wird. Spater 
werden wir selbslandigere Ergebnisse veroffentlichen, wenn 
wir unsere Versuche, die wir zu unterbrecheu genotigt waren, 
zu Ende fuhren konnen. 

Versuche miteinerEmulsion vonChaulmoograol. 

Wir haben diese Emulsion angewandt in dem Gedanken, 
ein PrSparat fur intravenose Injektion zu erhalten und so 
die Toleranz des Kranken und die Wirksamkeit der Arznei 
zu vergroBern. Zu einer 2V2-proz. LSsung von Chaulmoogra- 
blseife wurde ein gleiches Volum des urspriinglichen Chaul- 
moograoles zugefflgt, und zwar in kleinen Portionen, wfihrend 
das Gemenge kraftig geschiittelt wurde. Dann wurde das 
Ganze mit gleichem Volum destillierten Wassers verdiinnt, 
durch Berkefeld - Filter filtriert und im Autoklaven sterili- 
siert. Wir haben auf diese Weise eine stabile Emulsion er¬ 
halten, welche sich unter dem Miskroskop als vollkommen 
einheitlich zeigte, bestehend aus Teilchen, die kleiner waren 
als die gewShnlichen Eiterkokken. 2 ccm von dieser Emul¬ 
sion wurden schlieBlich intravenos bei einem Kaninchen an¬ 
gewandt und sehr gut vertragen. Die folgenden Fhlle sind 
mit dieser Emulsion behandelt worden. 

Fall I. A. U., Italieuer, 30 Jahre alt. Lepra maculosa 
anaesthetica. Rote, hervorstehende Flecken auf dem Gesicht 
und im Ellbogen mit Unempfindlichkeit. Aehnliche Flecken 
auf Knocheln und Beinen mit Anasthesie nur in der Mitte 
der Hautveranderung. Die erste Injektion am 18. Juli. Von 
da an tagliche Injektionen mit zunehmender Dosis bis zum 
31. Oktober; da hat der Kranke 11 ccm bekommen. Die 
ganze injizierte Menge bis zu jenem Tage war 470 ccm. Die 
Flecken begannen schnell zu schwinden. Der Patient be- 
klagte sich iiber Schwiiche. Die Behandlung wurde mit der- 



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Cheniotherap. Vers, mit Fetten an Kulturen saurefester Bacillen. 69 

selben Menge bis zuin 13. Dezember fortgesetzt. Die Flecken 
sind fast verschwunden. Von diesem Tage an wurde die 
Dosis verringert bis zu 4 ccm, und jeden zweiten Tag in- 
jiziert. Bis zuni 13. April wurden 830 ccm injiziert. Seit 
diesem Zeitpunkt sind alle Flecken verschwunden, ebenso die 
Uneinpfindlichkeit der Arme und Beine. Auf dem Gesichte 
hielt die Unempfindlichkeit in der Mitte der Flecken an. 

Fall II. U. D., Italiener, 35 Jahre alt, Lepra tuberosa. 
Schwerer Fall. Nephritis. Die erste Injektion von 2 ccm am 
13. Dezember. Kopfschmerzen nach der Injektion. Die zweite 
Injektion von 1 ccm hat er gut vertragen. Die folgende Dosis 
von 2 ccm hat Kopf- und RQckenschmerzen verursacht. Der 
Patient war bis zum 29. Mai behandelt worden. Die ganze 
Menge der injizierten Substanz betrug 45 ccm. ' 

Keine Aenderung an den Flecken. 

Fall III. A. G., 16 Jahre alt, Lepra tuberosa. Kleine 
Lepraknoten auf dem Gesicht und ein mandelgroCer am Kinn. 
Am 2. Dezember erste Injektion von 2 ccm, welche Menge 
bis zum 6. Januar bis auf 7 ccm vergroBert wurde. Zu 
dieser Zeit batten wir bemerkt, daH die Venen, die bei diesem 
Patienten sehr fein waren, anzuschwellen begannen. Wegen 
dieser voriibergehenden Phlebitis wurde die Behandlung Qfters 
unterbrochen. Bis zum 29. Mai hat der Patient 210 ccm iii- 
travenSs erhalten. 

Der groBe Knoten im Gesicht ist kleiner geworden und 
iiberragt kaum noch die normale Haut. Die Wirkung der 
Behandlung war in diesem Fall ganz auffallend. 

Fall IV. A. R., Brasilianer, 19 Jahre alt. Lepra mixta. 
Facies leontina. GroBer Lepraknoten am Kinn und auf der 
Stirn, Atrophie der Interossei, Kontraktur der Finger, Klauen- 
hande. GroBe pigmentierte und unempfindliche Flecke auf 
dem Arm. Am 18. Juli bekam er eine intravenbse Injektion 
von 1 ccm, und diese Dosis wurde dann taglich vergroBert 
bis auf 10 ccm. Der Patient hat bis zum 12. Oktober 477 ccm 
bekommen. Die Gesichtshaut ist weicher geworden. Die 
Finger sind schon etwas beweglich. Bis zum 30. November 
war die Dosis auf 14 ccm erhoht worden. Kopfschmerzen. 
Die Injektion auf 10 ccm verringert und jeden zweiten Tag 
gegeben. Der Patient hat bis zum 19. April 1911 ccm be¬ 
kommen. Die Besserung war ganz auffallend. Der Knoten am 


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70 


Ad. Lindenberg und Bruno Rangel Pestana 


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Kinn ist gSnzlich verschwunden; auf der Stirne sind sie viel 
kleiner geworden, die Flecken auf dem Arm viel blasser. Der 
Patient kann alle seine Finger bewegen, aber noch nicht normal. 

Diese wenigen Falle, trotzdem sie nicht vollkommen sind, 
erlaubten uns folgende Schlflsse zu ziehen: 

1) Das Oel, welches wir benutzt haben, und das wir aus 
London unter dem Namen Taraktogenus Kurzii Ibezogen haben, 
isf das ursprungliche Chaulmoograol, was auch daraus her- 
vorgeht, dad die drei Patienten, die es in geniigend grofier 
Dosis erhalten haben, gute Besserung gezeigt haben. 

2) Wir haben in der Emulsion eine ueue Art der Dar- 
reichung, die besser vertragen wird und vielleicht auch wirk- 
samer ist. 

Versuche mit den FettsSuren des Chaul- 
moogrables. 

Nachdem wir eine Zeitlang mit der Emulsion des Oeles 
gearbeitet hatten, bemerkten wir, dad die Filtrate der Emul¬ 
sion manchmal voneinander abwichen. Je langer wir Berke- 
feld - Filter benutzten um so klarer wurden unsere sonst 
unter gleichen Bedingungen zubereiteten Losungen. Wir unter- 
suchten den freien Fettgehalt des Filtrates und haben nur 
4 Proz. gefunden, wahrend die ersten Filtrate 7,7 Proz. ent- 
hielten. Es war klar, dad der grodte Teil des Oeles durch 
das Filter absorbiert wurde und nicht in das Filtrat gelangte. 
Da die ersten Filtrate dieselbe therapeutische Wirkung hatten, 
und nur der Seifengehalt der Emulsion konstant blieb, zogen 
wir den Schlud, dad der Seifengehalt (Natriumsalz der Fett- 
saure) der wirksamste Teil der Emulsion war. 

Um diese Annahme zu bestatigen, mudten wir nur unsere 
friiheren Versuche mit Antileprol betrachten. 

Dieses ist, wie erwahnt, ein Aethylester der Saure des 
ChaulmoograSles, und da der Aethylalkohol keine Wirkung 
hat, bleiben nur die Sauren als die einzig wirksamen Be- 
standteile des Oeles iibrig. 

Da die Sauren viel leichter zu behandein sind, und die 
Dosierung besser zu kontrollieren ist als bei den emulgierten 
Fetten, haben wir unsere Versuche mit Fettsauren fortgesetzt, 
indem wir sie, wie iiblich, verseift und die Saure durch Salz- 
saure freigemacht haben. 



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Chemotherap. Vers, mit Fetten an Kulturen saurefester Bacillen. 71 

Da wir echtes Chaulmoograol batten, war unser erstes 
Bestreben, gewisse Cbarakteristika festzulegen, die es er- 
mSglicben, jederzeit seine Ecbtbeit nacbzuweisen. 

Viele Forscber baben versucbt, diese Frage mit cbe- 
miscben Metboden zu losen, obne daB sie zu einem be- 
friedigenden ^hluB gekommen wMren; insbesondere ist es eine 
Streitfrage, als was das ecbte Cbaulmoograol aufzufassen ist. 
Wir baben an eine biologiscbe Kennzeicbnung gedacbt. 

Zweitens wollten wir eine experimentelle Erkltlrung fflr 
die interessante Tatsacbe finden, daB es gegen Lepra eine 
spezifiscbe Wirkung besitzt. 

Wir baben ein wirksames tberapeutiscbes Mittel gegen 
eine infektiose Krankbeit in der Hand, deren Erreger wir 
kennen; und daraus kann gefolgert werden, daB die Ursacbe 
der beilenden Wirkung in der cbemiscben Einwirkung der 
FettsBure des Cbaulmoograoles auf die Leprabacillen bestebt. 

Wir baben angenommen, daB darin die Ursacben unserer 
Heilerfolge mit dem Oel lagen. 

Bei der Priifung der direkten Wirkung der Fettskuren 
auf den Bacillus sind wir auf groBe Scbwierigkeiten gestoBen, 
denn trotz der Bemflbungen von Kedrowski, Clegg, 
Duval, Reenstjerna u. a. ist es nocb nicbt gelungen, 
eine Kultur des Bacillus von Hansen zu erbalten. 

Wir wissen aber, daB cbemotberapeutiscbe Produkte immer 
auf dieselben Gruppen der Mikroorganismen einwirken, so 
z. B. Salvarsan auf samtlicbe SpirocbSten, Antimon auf Try¬ 
panosomiasis und Leisbmaniosis. Daber entscblossen wir uns, 
in Ermangelung von Leprabacillen-Reinkulturen unserer Cbaul- 
moogradl-Fettsauren an anderen saurefesten Bacillen zu er- 
proben. Wir baben zu diesem Zwecke folgende bekannten 
patbogenen und sapropbytiscben saurefesten Bacillen benutzt: 
Tbc. bumana, Tbc. aviaria. Bacillus butyricus. Bacillus timotbee. 
Bacillus pseudo-tbc. Fiscber, Bacillus Duval, Bacillus Lom- 
barda, Streptotbrix Deycke. 

Verfabr en. 

Das Oel wurde verseift, und die gesamten FettsSuren wurden 
durcb Ansauern mit SalzsBure abgetrennt: 1 g der SSure wurde 
mit Soda neutralralisiert und die Losung mit destilliertem Wasser 
auf 100 ccm aufgefiillt. So batten wir eine Losung, die genau 


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72 


Ad. Lindenberg und Bruno Rangel Pestana 


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1 Proz. Saure entbielt^). Diese l-proz. Losung wurde im 
Autoklaven griindlich sterilisiert und in absteigender Menge 
zu Robrcben mit 5-proz. Glyzerin-Bouillon zugefiigt. Dann 
baben wir jedes RSbrcben, das dasselbe Volum (10 ccm) ent- 
bielt, aber von verscbiedenem Fettsauregebalt war, mit gleicben 
Mengen einer bomogenen Suspension der BaciUen geimpft. 

Zu jedem Experiment baben wir drei Kontrollen ge- 
macbt, eine fur das Medium, eine fiir die SaurelSsung und 
eine fiir die Kultur. 

Wabrend in den ersten und letzten Robrcben das Wacbs- 
tum der Bacillen augenscbeinlicb war, bat in dem Robrcben 
mit der Saurelosung kein Wacbstum stattgefunden. 

Wir sind uns dessen bewuBt, daB man mit dieser ein- 
facben Metbode nicbt den absoluten antiseptiscben Wert einer 
Substanz mit der Sicberbeit nacbweisen kann, die bei 
bygieniscben Prozessen verlangt wird. Aber dies war aucb 
nicbt unsere Absicbt. Wir wollten nur die relative bakterizide 
Wirksamkeit des Cbaulmoogrables auf verscbiedene saurefeste 
Bacillen im Gegensatz zu nicbtsaurefesten Keimen zeigen. 

Koch hat es zuerst nachgewiesen, und Behring hat 
es bestatigt, daB Kaliumaurocyanid die Substanz ist, die das 
Wacbstum der Tuberkelbacillen in groBter Verdiinnung ver- 
hindert, namlich in einer Verdiinnung von Vi-soooooo- Auf 
diese auffallende Tatsache waren die Versuche von Bruck, 
SpieB und Feldt, die lokale Tuberkulose, und zu einem 
gewissen Grad aucb die Versuche von Gensaboro Koga 
in Japan Tuberkulose und Lepra mit Cyanobindungon (Cyano- 
cuprol) zu behandeln, gegriindet. In unseren Untersuchungen 
die Metbode von Koch benutzend, wiederholten wir seine 
klassischen Versuche mit Kaliumaurocyanid. Wir baben sie im 
Zusammenhang mit unseren Praparaten oft wiederholt um 
vergleichbare Resultate zu erhalten. 

Wir konnten beweisen, daB dieses Aurocyanid in der 
oben erwahnten Verdiinnung imstande war, nicbt nur das 
Wacbstum der Tuberkelbacillen, sondern aucb anderer patho- 
gener und saprophytischer sSurefester Bacillen zu verhindern. 
Es ist bekannt, daB es bei diesen Versuchen sowobl 
auf die Verdiinnung des antiseptiscben Mittels, wie aucb 

1) Manchmal war eine lO-proz. Losung notig. 



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Chemotherap. Vers, mit Fetten an Kulturen siiurefester Bacillen. 73 


auf die Menge der geimpften Keime und das Alter der Kul¬ 
turen ankommt. Je jOnger die Kulturen und je grSBer die 
Zahl der in den RShrchen eingefiihrten Bacillen sind, um so 
starker muB die antiseptische Losung sein, uin das Wachs- 
tum zu verhindern. Aus diesem Grunde konnen die Re- 
sultate eines Experimentes nicht mit denen eines anderen 
unter verschiedenen Umstanden gemachten verglichen werden. 
Aber nehmen wir den einen Versuch, wo dieselben Impfungen 
mit denselben Kulturen, mit denselben Keimmengen gemacht 
worden sind, so konnen wir diese einzelnen Rohrchen unter- 
einander vergleichen. 

1. Versuch. 

The. aviaria. 



1/ 

.1000 

t/ 

/r>ooo 

1 / 

'10000 

'/{OOOO 

' 150000 

W 

/100000 

1/ 

/lOOOOO 

1/ 

/fiOOOOO 

V1000000 

/aoooooo 

Fettsauren des 
Taraktogenus 
Kurzii 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

-i- 



Es ist aus vorstehender Tabelle ersichtlich, daB die Fett- 
sauren des ChaulmoograSles von Taraktogenus Kurzii im- 
stande sind, das Wachstum der Bacillen von Tbc. aviaria in 
einer Verdilnnung von Vdooooo zu verhindern. 


2. Versuch. 
Tbc. aviaria. 



/ 1000 

1/ 

'5000 

V 10000 

t/ 

/aoooo 

Vooooo 

1 / 

/ 100000 

Vsooooo 

500000 1 V lOOOOOO J V >000000 

1/ 

/ 6000000 

Siiure .des 








1 1 


Tar. Kurzii 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

0 j -p 1 -p 

+ 

Phenol 

0 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

-1- + ' + 

+ 

Trikresol 

0 

0 

0 

0 

+ 

+ 

+ 

+ 1 + 1 + 

+ 

Resorcin 

+ 

-t- 

-f- 

-f 

+ 

+ 

+ 

-1- + + 

+ 

Kalium- 










aurocyanid 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

o 

o 

o 

+ 


Weiter ist die antiseptische Wirkung des Taraktogenus 
Kurzii in dieser Tabelle mit anderen antiseptischen Mitteln, 
wie die Gruppe der Phenole und Kaliumaurocyanid verglichen 
worden. Sie iibersteigt in hohem MaBe die Wirkung der 
Phenole (25mal aktiver als Trikresol und 50mal aktiver als 
Phenol), aber sie ist 4mal weniger wirksam als Kalium¬ 
aurocyanid. Das Verhaltnis letzterer stimmt mit der Be- 
stimmung von Koch mit Tuberkelbacillen uberein und be- 
trkgt Vjoooooo* 


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74 


Ad. Lindenbcrg und Bruno Rangel Pestana, 


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3. Versuch. 

Fettsauren des Taraktogenus Kurzii. 



Viooo 

VlOOOO 

1/ 1 

/lOOO'l 1 

'/ ! 
'50000 1 

1/ I 

/100000; 

VjOOOOO 

1/ 

/500000 

Vioooooo 

Tbc. aviaria 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

+ 

Tbc. humana 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

+ 

+ 

B. butyricuB 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

+ 

+ 

B. Duval 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

+ 

B. timothee 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

+ 

+ 

Streptothrix Devcke 

0 

0 

0 

0 

0 

+ 

+ 

+ 

Pseudotbc. Fischer 

0 

0 

0 

0 

0 

+ 

+ 

+ 

B. Lombarda 

0 

0 

0 

0 

+ 

+ 

+ 

+ 


Hier sehen wir die spezifische Wirkung des Taraktogenus 
Kurzii auf Tbc. aviaria und andere saurefeste Bacillen. Es 
soli auch hier festgelegt werden, daB es auf pathogene und 
saprophytische Arten dieselbe Wirkung ausiibt. Diese Tatsache 
scheint mit deni Grade der SSurefestigkeit zusammenzuhangen. 
Bacillus Fischer und Bacillus Lombarda sind, da sie nicht 
sehr saurefest sind, sehr widerstandsfShig gegen das Oel; mit 
anderen Worten: je mehr saurefest, desto weniger widerstands- 
fahig gegen das Oel. 

Diese Versuche sind ofters mit demselben Resultat 
wiederholt worden. Manchmal, wenn die Losung alter und 
die urspriingliche Kultur jiinger war, und die Impfung aus 
groBerer Menge von Keimen bestand, haben wir eine Hemmung 
bei einer V 200000 Verdiinnung bekommen, anstatt bei Vdoocoo- 


4. Versuch. 

Fettsauren von Taraktogenus Kurzii. 



1/ 

/lOO 

1/ 1 
/1000| 

‘/ ' 
/OOOOj 

1/ 

'10000 

Vjoooo 

1/ 

1 '60000 

/ lOOOOO 

V?ooooo 

'/sooooo 

It/ • 

1 /lOOOOOO 

Tbc. aviaria 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

+ 

+ 

Tbc. humana 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

+ 

+ 

+ 

B. butyricus 

0 

0 

0 

0 

0 

1 0 

0 

0 

+ 

+ 

B. Duval 
Streptothrix 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

+ 

+ 

+ 

Deycke 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

+ 

+ 

+ 

B. timothee 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

4- 

+ 

+ 

B. Fischer 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

+ 

+ 

+ 

+ 

B. Lombarda 
Streptothrix 

0 

0 

0 

0 

0 1 

1 1 

‘ 0 

1 

+ 

+ 

+ 

+ 

Eppinger 

0 

1 0 

0 

0 

! + 1 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

B. anthracis 

0 

0 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

B. subtiiis 
Staphylococ- 

0 

i 0 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

cus aureus 

+ 

+ 

+ 

, + 

+ 

-f j 

+ 


+ 

+ 

B. typhosus 

+ 

+ 

+ 

I + 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

B.Friedlander 

+ 

+ 

+ 

1 + 

+ 

+ 

“h 

+ 

+ 

+ 



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Chemotherap. Vere. mit Fetten an Kulturen saurefester Bacillen. 75 


Dieser Versuch beweist nicht nur die Affinitat des Tarakto- 
genus Kurzii ftir die saurefesten Bacillen, sondern auch, daB 
diese Affinitat spezifisch ist, denn es liat wenig Oder gar keinen 
EinfluB auf nichtsaurefeste Bakterien. 

Darum kann die wachstumhindernde Wirkung der Substanz 
nicht als eine gewohnliche Seifenwirkung gedeutet werden. 
Es ist ferner bekannt, daB die antiseptische Wirkung der ge- 
wbhnlichen Seifen gering ist. Urn die obigen Ergebnisse zu 
bestarken, haben wir folgende Versuche mit anderen Anti- 
septicis geinacht. 

5. Versuch. 



V.oo 

1/ 1 
llOOO 

V 5000 

' 1' 1 

^10000 1 

1 ‘/ ' 

1 /&()000 

lOOOOO 

Vsoo.oo 1 

1/ 

/600000 


Staphylococcus aureus. 




Taraktogenus Kurzii 

, + 

+ ! 

+ 1 

+ 1 

+ 

+ 

+ ! 

+ 

Phenol 

0 

+ i 

+ 

+ 1 

+ 

+ 

+ 

+ 

Trikresol 

0 

0 

+ 

+ 1 

+ ! 

+ 

+ 

+ 

Resorcin 

0 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

Kaliu raaurocvan id 

, 0 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

+ 



B. typhosus. 





Taraktogenus Kurzii 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 1 

+ 

+ 

+ 

Phenol 

0 

+ 

+ 

+ 


+ 

+ 

1 + 

Trikresol 

0 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

I + 

Resorcin 

0 

+ 

+ 

4- 

4- 1 

+ 

+ 

' + 

Aurocyanid 

0 

0 

0 

0 

0 ! 

0 

0 

+ 



B. Friedlander. 





Taraktogenus Kurzii 

H" ' 

+ 

+ 

+ 

i + 

+ 

: + 

1 + 

Phenol 

0 

+ 

+ 

+ 

1 + 

+ 

1 + 

i + 

Trikresol 

0 

0 

0 

+ 

1 + 

+ 

! + 

1 + 

Resorcin 

0 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

1 + 

i + 

Aurocyanid 

0 

0 

1 0 

0 

i 0 

0 

' 0 

+ 



B. 

anthracis. 





Taraktogenus Kurzii 

0 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

i + 

1 + 

Phenol 

0 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

1 + 

+ 

Trikresol 

0 

0 

0 

+ 

+ 

+ 

1 + 

1 + 

Resorcin 

0 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

Aurocyanid 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

1 0 

0 

Versuche mit 

anderen zur Chaulmoogragr 

uppe 


gehoren den Oelen. 


Das in den oben beschriebenen klinischen Fallen ange- 
wandte Oel war mit dem bei den Kulturversuchen gebrauchten 
und in den letzten Tabellen wiedergegebenen identisch. 


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76 


Ad. Lindenberg und Bruno Rangel Pestana 


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Daraus, tlaB die beiden dieselben Resultate geliefert haben, 
haben wir geschlossen, daC wir mit dem urspriinglichen Chaul- 
nioograol gearbeitet haben, und daB die Kulturmethode ge- 
eignet sei, die Echtheit der Substanz praktisch festzustellen. 

Um unsere Annahme zu bestatigen, haben wir dieselben 
Versuche mit anderen Oelen, die auch fiir Chaulrnoograole 
ausgegeben werden, wiederholt. Die SSuren wurden in der- 
selben Weise isoliert, wie bei Taraktogenus Kurzii, und 
folgende Experiniente gemacht. 


6. Versuch. 
Tuberculosis aviaria. 


- 


— 

- - 

- 






*/|000 

/lOOOO 

1 / 

/90000 

Vsoooo 

w 

/100000 

'/jooooo 

*/sooooo 

/l000000 

Taraktogen. Kurzii 
Hydrocarpus 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

+ 

+ 

venenata 

0 

0 

0 

0 

0 

+ 

+ 

+ 

Hydrocarpus 








anthelminthica 

Hydrocarpus 

0 

0 

0 

0 

0 

+ 

+ 

+ 

wightiana 

0 

0 

0 

0 

+ 

+ 

+ 

+ 

Gynocardia odorata 
Chaulmoograol von 

0 

0 

0 

0 

0 

+ 

+ 

+ 

Merck 

0 

0 

0 

0 

0 

+ 

+ 

+ 


Dieser Versuch, welcher wiederholt mit anderen sBure- 
festen Bacillen ahnliche Resultate gegeben hat, zeigt erslens, 
daB Oele von verschiedener Herkunft, aber als echte Chaul- 
moograole betrachtet, eine spezifische Wirkung auf das Wachs- 
tum der sSurefesten Bacillen haben und daher einen wirk- 
sameren EinfluB auf die Behandlung der Lepra haben kbnnen, 
zweitens, daB das Oel des Taraktogenus Kurzii wirksamer ist 
als die anderen sogenannten Chaulrnoograole und von diesen 
durch seine groBte Aktivitat auf die Kulturen sSurefester 
Bacillen besser unterschieden werden kann als durch chemische 
Oder physikalische Methoden. 

Alle diese Oele stammen aus der Pflanzenfamilie Flaco- 
urtiaceae. Wir haben in Brasilien eine zu dieser Farailie ge- 
horende Pflanze, Carpotroche brasiliensis, deren Oel vom 
V'olke gegen Hautkrankheiten benutzt wird, und eine andere 
Pflanze, Bixa orellana, eine Bixacee, die den Flacourtiaceen 
nahe verwandt ist. Wir haben diese Oele in folgenden Ver- 
siichen gepriift: 



Original from 

UNIVERSITY OF ILLINOIS AT 
URBANA-CHAMPAIGN 




Chemotherap. Vers, mit Fetten an Kulturen saurefester Bacillen. 77 


7. Versuch. Tuberculosis aviaria. 



/iooo| 

‘/ 1 

1 ' 

/soooo 

'/soooo 

1V 

/loooon 

V 200000 

»/ 

'600000 

1/ 

/1000000 

V 

/2000000 

Tarakt. Kurzii 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

+ 

+ 

1 “i" 

Chaulmoogra 

Merck 

0 

0 

0 ' 

0 

0 

+ 

+ 

+ 

+ 

Antileprol 

0 

0 

0 

0 

0 

+ 

+ 

+ 

‘ + 

Carpotroche 

1 0 

0 

0 

0 

0 

+ 

+ 

1 + 

1 + 

Bixa orellana 

1 0 

0 

0 

0 

0 

+ 

+ 

1 + 

+ 

Kaliumauro- 

cyanid 

0 

i 0 

0 

1 

0 

i 0 

0 

0 

' 0 

i 

; + 


Die Oele von Carpotroche und Bixa orellana sind ebenso 
wirksam wie die gewohnliclien Chaulmoograolpraparate, aber 
weniger als Taraktogenus Kurzii, 

Aus diesem Grunde haben wir beschlossen, andere tierische 
and pflanzliche Oele zu untersuchen. Gegen Tuberkulose ist 
seit langer Zeit empirisch Lebertran benutzt worden. Bisher 
hat keine Theorie seine Wirkung befriedigend erkiaren kbnnen. 

8. Versuch. B. tuberculosis aviariae. 


1 

1 

VlOOO 

1/ 

1 10000 

^/soooo 

'/soooo 

lOOOOO 

VtllOOOO 

1/ 

/500000 

VlOOOOOO 

Taraktogen. Kurzii 

0 

' 0 

! 0 

1 0 1 

0 

0 

+ 

+ 

Lebertran 

0 

0 

0 

1 0 

0 

+ 

1 + 

+ 

Fischdl des Handels 

0 

0 

i 0 

! 0 

0 

+ 

1 + 

j + 


Versuche mit anderen Oelen. 

Nachdem wir die wachstumshindernde Fahigkeit des Leber- 
trans und der Oele der Flacourtiaceae auf sSurefeste Bacillen 
geprflft haben, haben wir die Untersuchung anderer Fette 
bekannten Ursprunges unternommen. 

Urn fflr ihre Echtheit bflrgen zu kSnnen, haben wir alle 
Oele aus Saraen gewonnen. 


9. Versuch. B. butyricus. 



1/ 

/lOOO 

Vsooo 

V10000 

h 

'to* 00 

1/ 

/60000 

w 

I lOOOOO 

1/ 

/lOOOOO 

1/ 

'500000 

1/ 

'1000000 

Taraktogen. Kurzii 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

+ 

Speck 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

Kakao 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

KokusnuS 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

ErbsennuO 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

BaumwollSl 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

+ 

+ 

+ 

Leindl 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

+ 

+ 

Sesam 

0 

0 

0 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

Mohnblumol 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

+ 

+ 

+ 

Johanesia princeps 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

+ 

+ 


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Originai from 

UNIVERSITY OF ILLINOIS AT 
URBANA-CHAMPAIGN 



Digitized by 


78 Ad. Lindenberg und Bruno Rangel Pestana, 

Der Versuch zeigt, daB das Verhalten der verschiedenen 
P'ette gegen sSurefeste Bacillen groBe Abweichungen aufweist. 
Speck, Kakao-, KokusnuB- und ErdnuBol sind wirkungslos, 
Sesamol sehr wenig aktiv. Baumwollsamenol, Leinol, Mohn- 
blunienol, das Oel von Johanesia princeps batten eine aus- 
gesprochene Wirkung; das Oel von Taraktogenus Kurzii ist 
das wirksamste von alien. 

Folgende Versuche waren mit mehreren Oelen gemacht 
worden. Sie wurden auf mehrere saurefeste Bacillen geprflft, 
wie in alien friiheren Versuchen. 


10. Versuch. Bacillus timotbee. 



*/iooo 

Vtoo* 

*Aoooo 

*/joooo 

Vsoooo 

1/ 

/lOOOOO 

/gooooo 

Vbooooo 

Taraktogen. Kurzii 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

+ 

Palmenkemol 

0 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

Nufiol 

0 

0 

0 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

Rubendl 

0 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

Hanf 

0 

0 

0 

0 

0 

+ 

+ 

+ 

Mais 

0 

0 

0 

0 

0 

+ 

+ 

+ 

Heliotrop 

0 

0 

0 

0 

+ 

+ 

+ 

+ 

Crotonol 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

+ 

+ 

Castor 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

+ 

+ 

Olivenol 

0 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

Silfies Mandeldl 

0 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 


In dem folgenden Versuch ist es interessant, daB das Oel 
der bitteren Mandel aktiver ist als das der silBen Mandel, 
obwohl alle Autoren beiden die gleiche cheniische Zusammen- 
setzung zuschreiben. 

11. Versuch. Bacillus Duval. 



»/ 

/lOOO 

t/ 

/SflOO 

1/ 

MOOOO 

*/*nooo 

/Booao 

1/ 

/100000 

*/»noooo 

*/sooooo 

Taraktogen. Kurzii 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

+ 

WalniiB (Paranut) 
Japanwachs 

0 

0 

0 

0 

+ 

0 

+ 

0 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

.latropha curcas 

0 

0 

0 

0 

0 

+ 

+ 

+ 

Kirschkernol 

0 

0 

0 

0 

+ 

+ 

+ 

+ 

Bitteres Mandelol 

0 

0 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

SiiBes Mandelol 

0 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 


12. Versuch. Tuberculosis aviaria. 



V 

/lOOO 

*/ 

/fiOOO 

1 / 

/10000 

1 ' 

1 70000 

1 Uoooo 

1 Aooooo 

/gooono 

1 'liootoo 

V 

MOOOOOO 

Taraktogen. Kurzii 

0 

0 

0 

0 

i 0 

' 0 

1 

0 

0 

+ 

Kaffee 

0 1 

0 

0 ! 

0 

1 0 

"4* 

+ 

+ 

+ 

Kurbissamenol 

0 ! 

0 

0 1 

0 

0 ! 

0 

+ 

+ 

+ 

Bicuhyba 

0 1 

0 

0 I 

0 

0 

0 

0 

+ 

+ 



Originai from 

UNIVERSITY OF ILLINOIS AT 
URBANA-CHAMPAIGN 



Chemotherap. Vers, mit Fetten an Kulturen saurefestcr Bacillen. 79 


13. Verauch. Bacillus Duval. 


1 / ! 
1 /lOOO 

*/ i 

/ftoool 

*/lOOOO 1 

VjoO.Kl 

1 /fiOOOO 

*/iooooo 

1 / 

1 /tooooo 

1 / I 

/SOAOOO 

'/lOOOOOO 

Vtoooooo 

1 

0 

1 

0 

1 

0 

0 

0 

i 0 

i 0 

1 

+ 

+ 

+ 

0 

0 

0 

0 

1 0 


1 + 

+ 

+ 

+ 

1 ^ 

0 

0 ! 

0 

0 

1 

0 


+ 

+ 

+ 

1 

0 

0 

0 

1 

0 

0 

+ 

+ 

+ 1 

1 i 

+ 

+ 

1 0 

0 

0 

0 

0 

0 

1 

+ 1 

+ 

+ 

+ 

1 ° 

0 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

1 0 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

+ 


Chinesisch. 


Quitten- 
samenol 
Persea gra- 
tissiroa 
Sucupira 
Ealium- 


Die Ergebnisse aller dieser Versuche zusammenfassend, 
sehen wir, daB viele Fette die Eigenschaft haben, das Wachs- 
tum der sSurefesten Bacillen zu verhindern. Einige haben 
eine fast so hohe Wirkung wie ChaulmoograSl (Baumwoll- 
samenbl, Johanesia princeps, Leinol, Bicuhyba, Persea gra- 
tissiraa), welche bei einer Verdtinnung von Viooooo eine wachs- 
tumhindernde Wirkung zeigten, wahrend Taraktogenus Kurzii 
dieselbe Wirkung bei einer Verdtinnung von Viooooo het. 

Es ist sehr wahrscheinlich, daB der therapeutische Wert 
des Chaulmoogrables eine nahe Beziehung mit seiner bakterio- 
tropen Aktivitat hat. Daraus folgt, daB die oben genannten 
Oele und andere ahnlichen Verhaltens ahnliche Heilwirkung 
haben mflssen, naturlich verschieden in der GroBe der Wirkung. 

Wir werden sptlter hierauf zurUckkommen. 


Chemische Zusammensetzung der Oele. 

Die Ueberlegenheit des Oeles von Taraktogenus Kurzii 
tritt aus alien obenangefiihrten Versuchen hervor. Es war 
wichtig, zunichst den wirksamen Bestandteil der Fettsauren 
zu erhalten. Das war aber angesichts der mangelhaften 
Kenntnis der Chemie der Fette auBerordentlich schwierig. 

Alle Versuche anderer Autoren, die verschiedenen Be- 
standteile der Oele zu isolieren, sind iniBlungen, denn die ab- 
geschiedenen Substanzen waren nie chemisch rein. 

Unser Bestreben ging dahin, den wirksamsen Teil des 
Oeles zu erhalten, ohne Riicksicht auf seine Reinheii, und dies 
konnten wir leicht durch unsere biologische Methode priifen. 

Wir haben schon erwahnt, daB der aktive Bestandteil des 
Oeles in den FettsSuren enthalten und keine unverseifbare, in dem 
OelgelosteSubstanzistjWiedasbeimLebertran angenommen wird. 


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Origiuai from 

UNIVERSITY OF ILLINOIS AT 
URBANA-CHAMPAIGN 



80 


Ad. LindeDberg und Bruno Rangel Peatana, 


Digitized by 


Die chemische Zusammensetzung mancher in diesen Ex- 
perimenten benutzten Oele ist ann§hernd bekannt (Treatise on 
fats von L e w k 0 w i t sc h und Handbuch von A b d e r h a 1 d e n). 

Da viele die gleiche VVirksamkeit haben, haben wir ge- 
schlossen, daU die Aehnlichkeit der Wirkung von derselben 
Menge eines und desselben Oelbestandteiles herrflhrt. Die 
Zahl der die Oele zusammensetzenden Fettsauren ist gering. 

Daruni wiirde es einfach sein, dieaktive Substanz aufzufinden, 
indem man die Zusammensetzung zahlreicher Oele vergleicht. 

Wir konnen gleich die Stearin- und PalmitinsSure aus- 
scheiden, die gesSttigte Sauren sind und die Hauptbestandteile 
der inaktiven B’ette bilden, wie Japanwachs, Speck, Kakao- 
butter, KokusnuBol, Palmenbl. 

Zweitens konnen wir die ungesattigte OleinsSure aus- 
scheiden, welche in alien Fettsubstanzen vorkommt und der 
Hauptbestandteil des Oliven- und Mandeloles ist, welche in- 
aktiv sind. Aber wenn wir dieselbe Ueberlegung auf andere 
Fettsauren anwenden, so kommen wir zu falschen SchlUssen, 
z. B. Linol- und Linolenskure. 

Leinol, das hauptsachlich aus diesen Sauren besteht, ist ebenso 
aktiv wie Baumwollsamenol, welches nur wenig davon enthait. 

Die gewShnliche Methode, die verschiedenen Bestandteile 
der Fette voneinander zu trennen, beruht auf ihrem verschiedenen 
Schmelzpunkt. Das war auch die Methode, die wir befolgt haben. 

Die ganze Menge der FettsBuren des Taraktogenus Kurzii 
wurden in absolutem Alkohol (50 g 500 ccm Alkohol) ge- 
I6st, durch fraktionierte Ausfailung erhielten wir Failungen 
von verschiedenem Schmelzpunkt. 

I. Serie bei 59“ schmelzend IV. Serie bei 35“ schmelzend 

TF V 0 

AX. ,, ,, )) V . ,, OX I) 

III. „ „ 46“ „ VI. „ „ 25“ 


14. Versuch. Bacillus biityricus. 


1 

W 1 

' moo 

V'OOO 

Vboco; 

Vioooo 

1 /soooo 1 /&0Q00 

1 /100000 

1 w 1 

1 /vooooo 

i/ 

f 600000 

1 '1000000 

■Gesamtsiiuren 
des T. K. 

0 ' 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

1 

0 , 

-1- 

-b 

i^chmelzp. 59 “ 

0 

0 

0 

+ 

-t- 

+ 

*+■ 

+ 

-1- 

+ 

52“ 

0 

1 0 

0 

0 

1 0 

, 0 1 

0 

1 + 1 

1 + 

+ 

„ 46“ 

0 

i 0 

0 

0 

1 0 1 

0 

0 

1 0 1 

' -1- 

+ 

„ 35“ 

0 

■ 0 

0 

0 

1 0 

0 

0 

1 0 

0 

+ 

„ 31“ 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

1 0 

0 

+ 

27” 

0 

0 

0 

1 0 

: 0 

0 

0 

0 

0 

+ 



Original from 

UNIVERSITY OF ILLINOIS AT 
URBANA-CHAMPAIGN 



Chemotherap. Vers, mit Fetten an Kulturen saurefester Bactllen. 81 

Diese Tabelle zeigt, daB die niedrigschmelzenden (35® 
bis 27®) SSuren die aktivsten sind, und daher thera- 
peutisch auch die wertvollsten. Etwas aktiv sind auch die 
bei 52® schmelzenden; aber das kann man sich durch die 
Absorption der hoher schmelzenden an niedriger schmelzenden 
SSuren erklaren. 

Gleiche Ergebnisse bekamen wir bei ahnlichen Versuchen 
mit Baumwollsamenbl, wie nachstehende Tabelle zeigt. 


15. Versuch. Bac. buthyricus. 



1/ 

/lOOO 1 

1/ 1 
/2000 1 

Veooo 1 

Aoooo > 

W : 

-*0000 

Vsooqo 1 

V100000 

>/ 

! ft00000 

1 ^/aooooo 

Leindl 

I5chrap. 96 “ 

+ 

+ ' 

4" 

+ 

1 

+ 

+ 

+ 

i 

+ 

+ 

„ 72« 

0 

0 

0 

+ 

-h 

+ 

+ 

“i" 

+ 

„ 23“ 

0 

0 

0 

i 0 

i 0 1 

0 

0 

0 

+ 

Gesamtsauren 

0 

0 

0 

1 0 

I 0 

0 

1 0 

+ 

+ 


UngesSttigte SSuren. 

Alle Fette enthalten gesSttigte und ungesSttigte SSuren. 
Aus den obenerwShnten Versuchen haben wir gefolgert, dad 
die ganze Wirkung der Oele auf die sSurefesten Bacillen von 
ungesSttigten SSuren herrilhrt, da, wie bekannt, diese einen 
niedrigeren Schmelzpunkt besitzen als die gesSttigten. 

Gegen diese Annahme sprach aber die Tatsache, daB 
viele inaktive Oele groBe Mengen von ungesSttigten SSuren 
enthalten, z. B. Oliven- und Mandelol, welche fast ausschlieB- 
lich aus ungesSttigten SSuren bestehen. 

Wenn die spezifische AktivitSt der Oele ausschlieBlich 
von den ungesSttigten SSuren herrflhren wurde, so wSre die 
Jodzahl, welche eine sichere Methode zur Bestimmung des 
Gehaltes an ungesSttigten SSuren ist, eine wertvolle Hilfe fQr 
die Bestimmung der StSrke der AktivitSt. Aber wenn wir 
die Jodzahl der untersuchten Oele mit ihrer das Wachstum 
der Bakterien hindernden Wirkung vergleichen, so sehen wir, 
daB die beiden voneinander abweichen. So ist die Jodzahl des 
Chaulmoograoles 103, niedriger als die des Leinoles, welche 
173 betrSgt; aber die AktivitSt des letzteren ist niedriger als 
die des ersteren. 

Z«tUcbr. f. ImmuntUUforfchuDg, Orlg. Bd. 3S. 6 


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82 


Ad. Lindenberg und Bruno Rangel Pestana, 


Noch auffailiger ist die Abweichung bei Bicuhybaol, dessen 
Jodzahl sehr niedrig ist [bei Lewkowitsch 18,5^)] und dessen 
Aktivitat Vi-200000 gleich der des Leinoles ist (Jodzahl 173). 

Wir glauben, daB die Wirksamkeit der ungesSttigten 
Sauren den Doppelbindungen im Molekiil proportional ist, 
so daB die Gegenwart einer Saure von der Reihe Cn Hn-gOj in 
einem Oel, z. B. in der Clupodononicsaure, sogar in kleineren 
Quantitaten die Wirksamkeit eines Oeles mit niedriger Jod¬ 
zahl sehr erhohen kann, z. B. die des Bicuhybaoles, obgleich 
sie nicht ausreicht, um die Jodzahl nachweisbar zu erhohen. 

Eine andere Hypothese ist die, daB die Aktivitat von 
einer unbekannten, ungesSttigten Saure herruhrt Oder von 
einem Horaologen einer bekannten ungesattigten Saure. 

Um unsere Annahme zu bestatigen, daB die Aktivitat 
von einer ungesattigten Saure herrOhrt, machten wir folgende 
Versuche: 

Zuerst haben wir die Trennung der gesattigten von der 
ungesattigten Saure mittels Bleisalzes nach der klassischen 
Methode versucht. 

Die Trennung aber, wie alle auf die Oelanalysen an- 
gewandten Methoden, ist ungenau, wie es auch die folgende 
Tabelle zeigt. 


16. VerBuch. Bac. timothee. 



1 V1000 

'V 

hooo 

*/ 

/ 6 OUO 

Iv 

] /lOOOO 

1 Vjoooo 

Vooooo 

I'/l00000 

1/ 

/fOOOOO 

'/oooooo 

Vioooooo 

T. K. ungesatt. 

0 

' 0 

0 

0 

0 1 

0 

0 i 

! 0 

1 0 

-1- 

T. K. gesiitt. 

I 0 

0 ; 

0 

0 

0 

0 

0 

+ 

+ 

-f- 

Bicuhyba un- 
gesiittigt 

0 ! 

0 

0 

0 

0 ! 

0 

0 

0 

i 

-1- 

-f- 

Bicuhyba ges. 

0 i 

0 

0 

0 1 

0 

0 

+ : 

+ 

+ 

+ 


Der Unterschied zwischen gesattigter und ungesattigter 
Saure ist aus diesen Versuchen ersichtlich. 

Wir versuchten dann die Sattigung der ungesattigten 
Sauren mittels Jods. Zu einer Reihe von Rohrchen vom selben 
Volum (10 ccm) haben wir gleiche Gewichtsmengen aller 
Sauren des Taraktogenus Kurzii gegeben und eine zunehmende 
Tropfenzahl von Jodtinktur. 

Das Jod war schnell absorbiert, und das Medium hat 
seine ursprflngliche Farbe zuruckbekommen. 

1) Wir haben 32 gefunden. 


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UNIVERSITY OF ILLINOIS AT 
URBANA-CHAMPAI6N__J 



Chemotherap. Vers, mit Fatten an Kulturen saurefester Bacillen. 33 

Das letzte Rohrchen, zu welchem wir 10 Tropfen ge- 
geben haben, hatte seine gelbe Farbe fflr eine Zeit behalten. 
Das bezeugte, daB die SSttigung fast vollstfindig war. 


17. Versuch. Bac. Duval. 


1 

Viooo 

1*/ 

/}000 

^/sooo 

/lOOOO 

1 Aoooo i 

Vsoooo 

1 /lOOOOOj 

11/ 

/sooooo 

[ Vsooooo 

VlOOOOOO 

Tarakt. Kurzii 

0 

0 

0 

0 

1 

! 0 

0 

0 

0 

+ 

+ 

f 1 Tr. Jod- 
tinktur 

0 

0 

0 

0 

1 

0 

0 

0 

+ 

+ 

+ 

+ 3 Tr. Jod- 
tinktur 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 6 Tr. Jod- 
tinktur 

0 

0 

0 

0 

1 

0 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

-}■ 10 i.'r* Jod" 
tinktur 

0 

0 

0 

+ 

1 + 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 


18. Versuch. Bac. Duval. 



1/ 

noon 

*/looo 

1/ 

/sooo 

*/ioo«o 

Vtoooo 

V 

'soooo 

*/ 10<l«00 

1/ 

/tooooo 

1/ 

f600000 

Baumwolldl ohne Jod 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

+ 

+ 

+ 1 'Tr. Jod 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

+ 

+ 

+ 

+ 2 „ „ 

0 

0 

0 

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0 

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+ 

+ 

+ 

+ 4 „ „ 

0 

0 

0 

0 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 6 II II 

0 

0 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 10 „ „ 

0 

0 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 


Dieser Versuch zeigt, daB das Zufflhren von Jod, trotz- 
dem es ein antiseptisches Mittel ist, das Wacbstum der 
Keirae beffirdern kann, ofTenbar, weil es die ungeskttigten 
Skuren des Oeles gesSttigt hat. 

EinfluB des Alterns auf die L6sung. 

Wahrend unserer Versuche haben wir bemerkt, daB die 
Wirksamkeit der Losungen mit ihrem Altern vermindert 
wird, wie es folgende Tabelle zeigt: 


19. Versuch. Bac. butyricus. 



*/iooo 

V»ooo 

1/ 

/booo 

V 1 

1/ i 

/soooo; 

^Vsoooo j 

1 V 

' /l00000 

1 

1 liooooo 

'/&00000 

j VlOOOOOO 

Tar. Kurzii: 
frisch. Ldsung 

0 

0 

0 

0 

0 

I 1 

0 

0 1 

0 

0 

+ 

alte 

Baumwollol: 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

+ 

+ 

+ 

+ 

frisch. Losung 

0 

0 

0 

0 

0 , 

i 0 

0 

+ 

+ 

+ 

alte 

0 

0 

0 

0 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

(2 Mon.) 

1 







1 


Leinol : 
frisch. Ldsung 

0 

i 0 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

1 

+ 

+ 

alte 

0 

0 

0 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

(2 Mon.) 




1 


' 1 




1 


6 * 


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Originai from 

UNIVERSITY OF ILLINOIS AT 
URBANA-CHAMPAIGN 



84 


Ad. Lindenberg und Bruno Rangel Pestana, 


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Aus diesem Versuch geht hervor, daB die Aktivitat niit 
dem Altern der Losung abnimmt, wahrsclieinlicli durch den 
trocknenden EinfluB der Luft. Das ist ein anderer Beweis 
fiir unsere Annahine, daB das Oel seine AktivitSt den un- 
gesattigten Skuren verdankt, denn dieEigenschaft desTrocknens 
ist niit dem Ungesattigtsein der Oele dock verbunden. 

Versuche mit Tuberkulose. 

Wir haben unsere Oele an klinischen Fallen inensch- 
licher und tierischer Tuberkulose gepriift. Wir haben Chaul- 
moograol, Lebertran und Leinbl angewandt. 

Einige Meerscheinchen, die vorber mit Tuberkulose ge- 
impft wurden, haben subkutane Einspritzungen von reinem 
Chaulmoograbl bekommen; andere wieder die Natriumsalze 
der Fettsauren ihrer Oele. Dieselben Versuche wurden mit 
Lebertran und Baumwollbl wiederholt. Diese Injektionen 
haben eine lokale Entziindung hervorgerufen, die Nekrose 
und Bildung von Abszessen zur Folge batten. Die Tiere 
sind mit den Kontrolltieren zugleich gestorben. Mit anderen 
Worten: es war keine Heilwirkung vorhanden. Doch wir 
iniissen uns vergegenwartigen, daB durch die Entzfindung so- 
zusagen eine AbschlieBung des injizierten Stoffes stattgefunden 
hat, und daher konnte das Mittel nicht resorbiert werdeu. 
Eine Reihe von Kaninchen wurden mit Rindertuberkulose 
injiziert und intravenos mit 0,01 g Fettsaure des Chaul- 
moograoles einmal wdchentlich behandelt. 

Zwei Oberlebende Tiere wurden 6 Monate nach dem 
Tode des letzten Kontrolltieres getotet. Sie zeigten keine 
tuberkulose Abweichung. — Diese Ergebnisse sind eher ent- 
tauschend. Es miissen Versuche mit besseren technischen 
Methoden gemacht warden. Die Resultate in den wenigen 
klinischen Tuberkulosefailen, bei welchen wir dieselben Sub- 
stanzen angewandt haben, waren auch nicht ermutigend. 

Wir haben 5 Faile mit intravenosen Einspritzungen von 
0,01 g Fettsaure des Chaulmoograoles in wochentlichen Inter- 
vallen behandelt. Fiinf wurden mit subkutaner Injektion der 
Fettsaure des Lebertrans 3mal die Woche behandelt. 24 Falle 
wurden mit subkutaner Injektion von Baumwollsamen in wech- 
selnden Mengen von 1—10 ccm 2mal wochentUch behandelt. 



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UNIVERSITY OF ILLINOIS AT 
—URBANA-CHAMPAI6W- 



Chemotherap. Vers, mit Fetten an Kulturen saurefester Bacillen. 85 

Alle waren vorgeschrittene aktive Tuberkulosefalle aus dem 
Krankenhaus, mit Fieber und zahlreichen Bacillen ira Sputum. 

In alien mit Lebertran und Chaulmoograbl behandelten 
Fallen war eine Reaktion vorhanden. Das Fieber ist gestiegen, 
das Husten ist starker geworden, das Befinden der Patienten 
hat sich verschlimmert, und sie haben sich geweigert, die Be- 
handlung fortzusetzen. Der Effekt war der einer Tuberkulin- 
Injektion ahnlich. Eine spezifische Wirkung kann demnach 
nicht geleugnet werden. Das Resultat in den Fallen mit 
Baumwollbl war Shnlich.' Das Befinden der meisten Patienten 
hat sich verschlimmert. Nur zwei sind fieberfrei geworden 
und haben an Gewicht zugenommen. 

Wenn wir versuchen wollen, aus diesen wenigen Ver- 
suchen einen SchluB zu ziehen, so mUssen wir zugeben, daB 
die chemotherapeutische Behandlung der vorgeschrittenen 
Lungentuberkulose mit diesen Oelen nicht angezeigt ist. 

In den obenerwfihnten Fallen, in welchen viele Tuberkel- 
bacillen in den Geweben sind, muB man daran denken, daB 
Keime, welche durch diese Substanzen getbtet worden sind, 
an Ort und Stelle zerfallen und ihre Toxine frei werden. 
Dieselbe Gefahr ist bei Lepra nicht vorhanden, denn die 
Leprabacillen sind nicht so giftig wie'die Tuberkelbacillen. 

Es ist bei gewissen Leprafallen, bei welchen sehr viele 
Bacillen zugegen sind (tuberose Form), dennoch moglich, 
daB sich das allgemeine Befinden des Patienten verschlechtert, 
wenn die Knoten zu schnell verschwinden. Das ist der 
schnellen Absorption der Giftstoffe zuzuschreiben. 

Wir wissen auch, daB die Wirksamkeit des Lebertrans 
nur bei Fallen mit weniger Tuberkelbacillen deutlich ist, z. B. 
bei Skrofulose (Driisentuberkulose), Knochentuberkulose und 
im Anfangsstadium der Lungentuberkulose. 

Wir glauben, daB in den Fallen, wo wenige Bacillen zu¬ 
gegen sind, und wo die Gefahr des Freiwerdens groBerer 
Toxinmengen aus den Bacillen kleiner ist, die Oelbehandlung 
sehr angezeigt ist. 


Zusammenfassung. 

Chaulmoograol und viele andere Oele haben durch ihren 
Gehalt an ungesattigten Sauren eine groBe spezifische wachs- 


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URBANA-CHAMPAIGN 



86 Lindenberg und Pestana, Chemotherapeutische Versuche ubw. 


tumhindernde Wirkung auf Kulturen von Tuberkelbacillen 
und anderen Saurefesten. 

Darin liegt vielleicht eine Erkiarung fur die bekannte 
Wirkung des ChaulmoograSles bei Lepra und des Lebertrans 
bei einigen Fallen von Tuberkulose. 

Diese Oele wirken als direkte chemotherapeutische Re- 
agentien und nicht als Stimulatoren auf Phagocytose, wofur 
die Wirkung des Chaulinoograoles in der Leprabehandlung 
angesehen wurde, oder als ein Tonikum, wie die gute Wirkung 
des Lebertrans bei Tuberkulose im allgemeinen gedeutet 
worden ist. 

Diese Annahme ist durch die gleichartige Wirkung des 
Chaulmoograoles aus Taraktogenus Kurzii auf Kulturen und 
auf klinische Faile bestarkt worden, da es nicht nur das wirk- 
samste Oel bei der Leprabehandlung ist, sondern auch auf 
Kulturen von saurefesten Bacillen die starkste Wirkung ausubt. 

Die Frage, welcher Teil des Oeles der wirksamste ist, 
haben wir in der Weise beantwortet, daB die Wirksarakeit 
ohne Zweifel in den ungesattigten Sauren liegt. Nicht alle 
ungesattigten Sauren haben dieselbe Wirkung. Wir haben 
in unserein Kbrper normalerweise auch eine Menge von un¬ 
gesattigten Fettsauren, -wie es die Verdauung der Fette zeigt, 
Sogar in dera Wachsgehalt der Lepra- und Tuberkelbacillen 
sind ungesattigte Fettsauren vorhanden. 

Darum ware es ein Fehler, die therapeutische Aktivitat 
der Fettsauren allein ungesattigten Fettsauren zuzuschreiben. 

Es ist moglich, daB die Aktivitat der Zahl der Doppel- 
bindungen im Sauremolekfll proportional ist, oder wir mussen 
in den aktiven Oelen entweder eine neue, unbekannte un¬ 
gesattigte Saure annehmen, oder eine homologe ungesattigte 
Saure, die uns noch nicht bekannt ist. 

Schlu B. 

Wir schlagen die Behandlung mit Oelen von einer aus- 
gesprochenen spezifischen wachstumhindernden Wirkung auf 
Kulturen von saurefesten Bacillen vor: 

1) bei alien Fallen der Lepra; 

2) bei alien Fallen von Tuberkulose, bei welchen die 
Behandlung mit Lebertran angezeigt ist. 


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_URBANA-fHAMPAION ^ 



Eberhard Schwab, Ueber den EinfluS der Temperatur usw. 87 


Nachdruck verboten. 

[Aus dem Allgemeinen Erankenhaus Hamburg-Barmbeck 
(Dir.: Prof. Dr. med. Rumpel). Bakteriol.-serolog. Abteilung 
(Leiter: Privatdozent Dr. med. Fr. Graetz).] 

Ueber den EinfluB der Temperatur auf die Reaktivitdt 
des Syphilitikerserums. 

(Zngrleich ein Beitrag zur Frnge der teohnischen Ausgestaltung der 
Wassermannschen Reaktion.) 

Von Eberhard Schwab, approb. Arzt aus Stuttgart. 
(Eingegangen bei der Redaktion am 28. Oktober 1920.) 

Seitdem A. von Wassermann und seine Mitarbeiter 
der Wissenschaft jene iiberaus wichtige und wertvolle bio- 
logische Reaktion geschenkt haben, welche heute in den 
weitesten Kreisen auch der Laienwelt als die W a s s e r - 
niannsche Reaktion bekannt ist, haben viele Dutzende ge- 
wissenhafter Forscher am technischen Ausbau dieser Reaktion 
gearbeitet. Besonders in der ersten Zeit nach der Entdeckung 
der Reaktion ist fast kein Jahr vergangen, welches nicht mehr 
Oder weniger brauchbare und wertvolle Modifikationen der 
Wassermannschen Originalmethode gebracht hatte. Viel 
ernste Arbeit wurde darauf verwendet, urn alle Mbglichkeiten 
diagnostischer Irrtflmer, alle Gberhaupt denkbaren Fehler- 
quellen der technischen AusfOhrung, sowie die Unzuianglichkeit 
und die Grenzen der Leistungen und der ModulationsfShigkeit 
der Reaktion festzulegen und ihrer praktischen Ausgestaltung 
dienstbar zu machen. 

Aber trotz dieser unermiidlichen wertvollen Arbeit am 
Ausbau und an der Nutzbarmachung der Wassermannschen 
Reaktion fQr die Praxis sind wir leider auch heute noch nicht 
so weit, daB man von einer allgemein anerkannten, einheit- 
lichen, allein und allerwarts giiltigen Methodik mit allgemeinen 
gleichen Reagenzien, stets gleichbleibender Versuchsanordnung, 
gleichmafiigem Ablauf des Versuchs und vor allem mit ein- 
heitlichen und absolut zuverlSssigen Resultaten sprechen 


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88 


Eberhard Schwab, 


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konnte. Und dooh wird und niuB es stets unser Bestreben 
sein — und das ist in praktischer Beziehung von der aller- 
grbBten Bedeutung — eine Methodik auszuw&hlen, welche 
die Prozentzahl der einwandfreien positiven Reaktionen bei 
bestehender Lues so groB als irgendwie moglich macht 
(Jakobsthal) und unbeschadet der absoluten SpezifitSt die 
weitestgehende Erfassung und Darstellung des serologisch 
irgend nachweisbaren Virus gewShrleistet. 

Wir sind uns wohlbewuBt, daB die serologische Lues- 
forschung von diesem Endziel ihrer Bestrebungen auch heute 
noch recht weit entfernt ist, und daB es noch mancher ernsten 
Kleinarbeit bedarf, ehe wir dem erstrebenswerten Ziele einer 
denkbar hochsten Vervollkoraranung der Methodik der Wasser- 
raannschen Luesreaktion nfiher koinmen werden. Auch die 
vorliegende Arbeit kann ja nichts weiter sein als ein kleiner 
Baustein bei der weiteren Ausgestaltung der Methodik der 
Wassermannschen Reaktion. Und wenn es uns gelingt, 
in dieser Arbeit der Praxis einen weiteren Priifstein auf die 
Exaktheit und ZuverlSssigkeit ihrer Ergebnisse bei der 
Wassermannschen Reaktion an die Hand zu geben, so 
erscheint ihre Aufgabe erfiillt. 

Es heiBt sicher nicht das Verdienst vonWassermanns 
und seiner Mitarbeiter herabsetzen, wenn wir im folgenden 
die Frage aufwerfen, ob die Wassermannsche Reaktion in 
ihrer ursprQnglichen Form (sogenannte Originalmethode) alien 
Anforderungen entspricht, die wir heute, angesichts der er- 
schreckenden Verbreitung der Lues, an die Feinheit und Zu- 
veriassigkeit sowie an die absolute Spezifitat einer modernen 
serologischen Reaktion stellen miissen. Und es heiBt auch 
nicht das Verdienst der genannten Forscher schmaiern, wenn 
wir diese Frage mit nein beantworten. 

Es wflrde natiirlich zu weit fiihren, im Rahmen dieser 
Arbeit ausfuhrlich auf die technische Anordnung und auf Einzel- 
heiten der Original Wassermannschen Reaktion mit ihren 
Vorzflgen und Nachteilen einzugehen. Wir setzen die Kennt- 
nis des Prinzips der Wassermannschen'Reaktion im all- 
gemeinen als bekannt voraus und mSchten zum besseren Ver- 
standnis unserer spateren AusfUhrungen nur insoweit auf die 
Vorschriften zur Ausfuhrung der Wassermannschen Reaktion 



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Einflufi d. Temperatur auf die Reaktivitiit d. Syphilitikerserums. g9 

zurflckgreifen, als diese sich auf die Temperatur beziehen, 
bei welcher der Komplementbindungsversuch zum Ablauf 
gebracht werden soli. Es handelt sich bier speziell um die 
Versuchstemperatur in der sogenannten ersten Phase bzw. 
Komplementbindungsphase der Wassermannschen Reaktion. 

Nach den Vorechriften der Originalraethode, wie sie heute noch in 
zahlreichen Instituten ausgefuhrt wird und wie sie durch Verfiigung der 
Medizinalabteilung des ehemaligen preufiischen Kriegsrainisteriums wiihrend 
des Krieges alien militarischen Untersuchungsstellen in der Heimat, in der 
Etappe und beim Feldheer zur Pflicht gemacht wurde, vollzieht sich die 
erste Phase der Wassermannschen Reaktion bekanntlich in der Weise, 
dafi eine bestimtnte Gebrauehsdosis eines alkoholischcn Organextraktes 
(Luesleber) mit einer bestimmten Menge des bei 56® inaktivierten Patientcn- 
serums verraischt und naeh Zusatz einer bestimmten Komplementmenge 
ca. 1—2 Stunden, bei 37® C bebrutet wird. Dabei wird es dem Ermessen 
des einzelnen Untersuchers iiberlassen, ob er die Bebriitung des Gemisches 
bei 37® C ira Brutschrank oder im Wasserbad vor sich gehen lassen will, 
offenbar in der Annahme, daO Brutschrank und Wasserbad hinsichtlich 
ihrer Temperaturwirkung als wesensgleich zn gelten hiitten. Nach Ablauf 
der sogenannten Bindungsphase erfolgt dann der Zusatz des restlichen 
Teils des hamolytischen Systems, d. h. der HammelblutkSrperchen und des 
Ambozeptors, wobei dann je nach Lage des Fallcs der Eintritt oder das 
Ausbleiben der Hamolyse als Zeichen der erfolgten bzw. nicht erfolgten 
Komplementbindung zu gelten hat. 

Im Jahre 1909 hat E. Jakobsthal, unabhangig von der wenig 
friiher erschienenen Arbeit der italienischen Forscher Satti und Donati, 
in vergleichenden Versuchen nachgewiesen, da6 es fur das Gelingen des 
Versuches durchaus nicht absolutes Erfordernis ist, das Gemisch von 
Extrakt, Patien ten serum und Komplement wahrend der ersten Phase der 
Reaktion in die Brutschranktemperatur von 37® zu bringen, daU vielmehr 
der Ausfall der Wassermannsehen Reaktion in manchen Fallen weit 
scharfer und eindeutiger sein kann, wenn die wesentliche Phase des Ver- 
suchs, die sogenannte Komplementbindungsphase, nicht im Brutschrank, 
sondem im Eisschrank ablauft, d. h. statt bei Korpertemperatur bei einer 
solchen von etwa + 4® C vor sich geht. 

Auf Grund eingehender vergleichender Studien iiber das Wesen der 
Wassermannschen Reaktion war Jakobsthal namlich zu der Ueber- 
zeugung gelangt, dafi es sich bei der Bindung des Komplementes um eine, 
aUerdings nur ultramikroskopisch sichtbare Adsorption des Komplementes 
an ein Priizipitat, gebildet aus Organextrakt und Patientenserum, handle, 
also um einen Vorgang, welcher, den Gesetzen der Adsorption gehorchend, 
bei abnehmender Temperatur eine Verstarkung versprach. Tatsiichlich 
gelang es ihm ja auch, bei seinen praktischen Versuchen zuniichst an 
einem Material von 200 Fallen den Nachweis zu ei bringen, da6 die so- 


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90 


Eberhard Schwab, 


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genannte Kiiltemethode der Original Wassermannschen Eeaktion uni 
ein Plus von 2 Proz. positiver Reaktionen iiberlegen sei. 

Jakobsthal hat damit auch fiir den speziellen Fall der Wasser¬ 
man nschen Reaktion die Haltlosigkeit der bis dahin ziemlich allgemein- 
giiltigen Anschauung, wonach die Korpertemperatur von 37“ unbedingt in 
alien Fiillen' die optinialen Bedingungen fiir das Zustandekommen einer 
biologischen Reaktion darstellen sollte, praktisch bewiesen. 

Zwei Jahre spiiter war es H. G u g g e n h e i m e r, ein Schiiler von 
H. Sachs, der an einem Material von 623 Seris, das ihm am Frankfurter 
Institut fiir experimentelle Therapie zur Verfugung stand, durch parallel 
geschaltete Versuchsreihen — einerseits im Brutschrank bei 37®, anderer- 
seits bei Verwendung einer Temperaiur von 0“ bis -t- 4®C (Eisschrank) — 
den Nachweisfiihren konnte,dafi,entsprechendden Angaben Jakobsthals, 
auch ein Teil der von ihm untersuchten Sera nur bei der KiUte positiv 
reagierte, ein nicht unwesentlicher Teil der Versuche (8 von 257) aber eine 
positive Reaktion nur bei Brutschranktemperatur aufwies, wahrend der 
Ablauf des Parallelversuches in der Kiilte bei sonst vfillig gleichartiger Ver- 
suchsanordnung zu einem negativen Ergebnis fuhrte. 

Aus derartigen Beobachtungen erhellt die bemerkenswerte Tatsache, 
daS es, unter der Voraussetzung vollig gleicher Versuchsbedingungen be- 
ziiglich der Menge und der Zusammensetzung von Extrakt und Kom- 
plement, Sera gibt, welche die Eigenart besitzen, da6 fur ihre Reaktivitat 
im Koraplementbindungsversuch das Temperaturoptimuni teils ausschlieOlich 
bei einer der menschlichen Korperwarme entsprechenden Temperatur liegt, 
wahrend fur andere Sera dieses Optimum ausschlieUlich bei bedeutend 
niedrigeren Temperaturen, speziell bei Temperaturen zwischen 0® und -f 4®C 
zu suchen ist. 

Es besteht hier eine unvcrkennbare Differenz zwischen den Befunden 
Jakobsthals und den durch Guggenheimer erzielten Ergebnissen, 
fiir welche Guggenheimer in seiner einschlagigen Arbeit eine befrie- 
digende Antwort nicht zu geben vermag. Guggenheimer glaubte zu- 
niichst eine Erklarung in der von ihm fiir seine Extrakte im Kalte- 
bindungsversuch festgestellten groBeren Selbsthemraung gefunden zu haben, 
konnte damit aber gerade die von ihm festgestellte Tatsache, daB manche 
Sera trolz der geringeren Autotropie der Extrakte bei der Wiirme nur mit 
der Originalmethode ein positives Resultat ergaben, nicht in Einklang 
bringen. Guggenheimer laBt es deshalb unentschieden, ob eventuell 
eine Verschiedenheit der von beiden Untersuchern verwendeten Extrakte 
Oder andere in der Besonderheit des einzelnen Serums begriindete Faktoren 
fiir das von ihm beobachtete Phiiuomen verantwortlich zu niachen seien. 

Im Grunde genommen ist die Entscheidung dieser Frage fiir die 
praktische Beurteilung der von Guggenheimer gefiindenen Tatsache 
des unterschicdlichen Verhaltens mancher Sera bei verschiedener Temperatur 
aber sonst gleichen Vorbedingungen auch nicht notwendig. Fiir die Praxis 
ist es viel wiehtiger, diese Tatsache zu kennen, damit man ihr bei jedera 
Versuche Rechnung tragen und sich vor schweren diagnostischen Irrtiimern 



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Einflu^ d. Temperatur auf die Reaktivitat d. Syphilitikerserums. 91 

und den daraus entspringenden fiir Arzt und Patienten gleich verhangnis- 
vollen Folgen schiitzen kann. 

Ini iibrigcn haben ja Altmann und Zimniern dem empfindlichen 
Mangel an ausschlaggebender Beweiskraft der relativ kleinen Versiichs- 
reihen von Jakobsthal und Guggenhei mer durch die VerbflFentlichung 
ihrer eingehenden, an einem Material von 1962 Seris und Lumbalpunktaten 
gemachten Studien iiber die Brauchbarkeit der Kiiltemethode und ihre 
Vorteile abgeholfen. Im ganzen entschied bei diesen vergleichenden Ver- 
suchareihen ein Plus von 1,6 Proz. positiver Reaktionen bei Fallen, deren 
Lues auch klinisch und anamnestisch sichergestellt war, fur eine Ueber- 
legenheit des Kiilteverfahrens. Die Veroffentlichung von Altmann und 
Zimmern ist insofern besonders wertvoll, als in ihr der Beweis einer voll- 
kommen absoluten Spezi6tat der Kaltemethode erbracht und ihr dadurch 
ein wissenschaftlich gesicherter Platz neben der Originalniethode geschaffcn 
wurde. Aber auch den beiden letztgenannten Autoren blieb bei ihren 
Versuchen die Tatsache nicht verborgen, dafi neben einer Mehrzahl von 
Seris, die allein nach der Kaltemethode positiv reagieren, eine nicht un- 
betrachtliche Anzahl von Seris besteht, bei denen ausschliefilich unter 
strenger Beriicksichtigung der Vorschriften der Originalmethode, d. h. 
spezicll bei Anwendung der Brutschranktemperatur von 37®, ein positives 
Resuitat zu erzielen ist. Altmann und Zimmern kommen deshalb zu 
dem gleichen Schlufi wie Guggenhei mer, daS die Kaltemethode zwar 
wertvolle Dienste leisten, aber keineswegs ala ausschUeSlicher und voll- 
wertiger Ersatz fiir die Originalmethode in Frt^e kommen kann, da auch 
die Kaltemethode fiir sich allein keineswegs alien nach Anamnese und 
Klinik ohne Zweifel luisch veriinderten Seris die optimalen Bedingungen 
fiir ihre Reaktivitat im Komplementbindungsversuch zu bieten vermag. 
Altmann und Zimmern erkennen somit die Verwendbarkeit der Kalte¬ 
methode ohne weiteres an, verlangen aber ebenso wie Altmann ihreVer- 
wendung nur neben der Originalmethode. 

Da6 es an sich fur den Ausfall der Komplementbindung bei der 
Wassermannschen Reaktion nicht bedeutungslos ist und auch nicht 
bedeutungslos sein kann, unter welchen Temperaturbedingungen die frag- 
lichen Versuche vor sich gehen, das haben zwei danische Forscher, 
Thomsen und Boas, in ihrer 1903 erschienenen Veroffentlichung iiber 
den EinduQ der Temperatur auf die Komplementbindung in der Wasser- 
mannschen Reaktion mit Nachdruck betont und dabei mit Recht darauf 
aufmerksam gemacht, da6 bei den alteren einschliigigen Versuchen eigent- 
lich von keinera Untersucher genugend auf eine genaue Bestiramung der 
Temperatur zur Zeit der Bindung geachtet worden sei. Die Autoren gehen 
dabei von der Annahme aus, dafi die eigentliche Komplementbindung wohl 
nie bei der von den Untersuchern angenomraenen Temperatur stattgetunden 
habe, da die Reagenzien zur Zeit der Mischung zweifellos einen der 
Zimmertemperatur entsprechenden Warmegrad gehabt hiitten und sowohl 
bei der Originalmethode als auch bei der Kaltemethode cine langere Stufen- 
leiter von Temperaturgraden aufsteigend bzw. absteigend batten durchlaufen 


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92 


Eberhard Schwab, 


mussen, bis das eigeutlichc Bindungsoptiraura erreicht worden ware. Hier 
bei habe es sich der Kontrolle des Beobachters entzogen, bei welchem der 
einzelnen durchlaufenen Temperaturgrade sich die Bindung vollzog. Da 
es sich nun fiir die Praxis, speziell bei einem groSeren Material, kaiim als 
angiingig erweisen diirfte, fur jedes einzeliie Serum erst durch groSere 
Keiheu von Vorversuchen das Temperatiiroptinium zu bestimmen, schlagen 
Thomsen und Boas in Konsequenz ihrer mehr theoretischen Studien 
fiir die Praxis vor, durch eine Kombination von raehreren zwischen 0“ 
und 37“ gelegenen Temperaturen „mdglich6t alien Seris optimale Be- 
dingnngen fur die Komplementbindiing zu geben“. Wie weit dieser vom 
Standpunkt mehr theoretischer Erwagungeu ausgehenden Forderung von 
den beiden Forschern selbst in der Praxis entsprochen wird, entzieht sich 
leider unserer Kenntnis. Sicher ist allerdings eins, daB weder die Forde- 
rungen Jakobsthals und Guggenheimers, noch die Anregung der 
beiden diinischen Forscher, dem EinfluB der Temperatur auf die Reaktivitiit 
des Syphilitikerserums groBere Beachtung zu schenken, in der Praxis 
weitere Beriicksichtigung gefunden hat. Diese Tatsache geht teils aus den 
Antworten auf personliche Umf^agen des Herrn Dr. Graetz, teils aus 
der neueren Literatur hervor, indem wir auch in den groBeren Arbciten 
von Kaup, Marg. Stern und Lange, die sich doch eingehend mit 
der technischen Ausgestaltung- der Wassermannschen Eeaktion be- 
fassen, kaum eine Erwahnung des so wesentlichen Einflusses der Temperatur 
auf die Komplementbindung bei der Wassermann schen Reaktion 
finden. Und doch ware dieser fiir die Praxis so bedeutsame Eingriff in 
die Technik der Wassermannschen Reaktion um so empfehlenswerter, 
als die Variation der Temperatur in der Komplementbindungsphase eigent- 
lich keine wesentliche Aendening der von Wassermann angegebcnen 
Methodik bringt, zumal ja die sonst bis in alle Einzelheiten festgelegte 
Originalvorschrift dem Untersucher, dem sie die Verwendung des Wasser- 
bades oder des Brutschrankes freistellt, hinsichtlich der Temperatur in 
der Bindungsphase weit mehr freie Hiind liiBt, als es den meisten Unter- 
suchern je zum BewuBtsein kommt. 

Von welch einschneidender Bcdeutung die Variation der Temperatur 
auf den Ausfall der W a s s er m a n n schen Reaktion sein kann, das 
haben die auf der serologischen AbteUung des Barmbecker Krankenhauses 
durchgefiihrten vergleichenden Untersuchungen uber die Leistungsfahigkeit 
der Original Wassermannschen Reaktion und der von Jakobsthal 
angegebenen Kiiltemethode mit Deutlichkeit gezeigt. Die fraglichen Unter¬ 
suchungen, welche sich auf ein Material von iiber 30000 Fallen stiitzen 
und den Gegenstand einer vor kurzem von Herrn Dr. Graetz in der 
Zeitschrift fiir Hygiene veroffentlichten Abhandlung Widen, haben den 
Beweis crbracht, daB sich die sogenannte Kaltemethode Jakobsthals, 
unter der Voraussetzung einer sachgemiiBen und einwandfreien Technik, 
so gut wie in alien Stadien der Lues der Originalmethode uberlegen zeigt. 
ohne daB die klinische Spezifitiit der Reaktion dadurch eine Beeintrachtigung 
erfahrt. Wir mussen es uns leider aus auBeren Grunden versagen, auf 



Original from 

UNIVERSITY OF ILLINOIS AT 
- UMAMhC ri A MPAIGN “ 



EinfluS d. Tempcratur auf die Reaktivitat d. Syphilitikerserums. 93 

Einzelheiten der genannten Untersuchungsergebnisse hier einzugehen und 
mochten Interessenten auf die oben schon erwahnte, in Band 89 der Zeit- 
schrift fur Hygiene erschienene Arbeit hinweisen. Zusammenfassend soli 
nur hervorgehoben werden, dafi auch nach den Erfahrungen von Graetz 
aus den oben bereits von Guggenheimer sowie von Altmann bzw. 
von Altmann und Zimmern genannten Griinden leider ein Ersatz der 
Original Wassermannschen Reaktion durch das Kiiltebindungsverfahren 
nicht mdglich erscheint, da6 vielmehr ira Interesse einer restlosen sero- 
logischen Erfassung aller positiv reagierenden Syphilitikersera eine Parallel- 
schaltung der beiden Methoden geboten erscheint. 

Graetz hat in der genannten Arbeit bereits darauf hingewiesen, 
dai3 die Parallelschaltung der beiden Methoden selbstverstandlich eine ganz 
erhebliche Mehrarbeit fur Untersucher und Laboratoriumshilfspersonal bc- 
deutet und dal3 die Genauigkeit der Ergebnisse bei grolBen Versuchsreihen 
nur durch eine Verlangerung des Versuchstags erkauft werden kann, ein 
Nachteil, der in der Praxis eventuell auf uniiberwindliche Schwierigkeiten 
stoSen kann. Daher hat Graetz mit Recht die Frage aufgeworfen, ob 
die praktischen Vorteile, welche die Nebeneinanderschaltung der beiden 
Methoden in diagnostischer Hinsicht bietet, auch in einem gesunden Ver- 
haltnis zu dem Mehraufwand an Zeit und Arbeitekraft und nicht zuletzt 
zu den ganz erheblich hdheren Materialkosten stehen. Graetz vertritt in 
seiner Arbeit aber noch den Standpunkt, daU, bei der Wichtigkeit der 
Lues in volksgesundheitlicher Bezichung, diese Frage stellen, sie auch be- 
jahen heiUt. 

Seitdem Graetz seine Versuchsergebnisse der Oeflentlichkeit iiber- 
geben hat, haben sich allerdings die wirtschaftlichen Grundbedingungen 
Deutschlands sehr erheblich verschlechtert. Zurzeit ist eine so immense 
Verteuerungder fiir die Wassermannsche Reaktion bendtigten Reagenzien, 
speziell der unbedingt erforderlichen Kaninchen und Meerschweinchen, ein- 
getreten, dafi es ein grofies Untersuchungsmaterial schon aus finanziellen 
Rucksichten verbietet, eine Parallelschaltung der beiden Untersuchungs- 
methoden mit der Regelmafiigkeit vorzunehmen, mit der es auf der sero- 
logischen Abteilung des Barmbecker Krankenbauses seit 1904 an einem 
Material von ca. 50000 Fallen durchgefuhrt wurde. 

Die gewaltige Zunahme der Geschlechtskrankheiten, und 
zwar besonders der Luesinfektion wahrend des Krieges und 
in der Zeit nach seiner Beendigung, hat der serologischen 
Abteilung des Barmbecker Krankenbauses eine solche Hoch- 
flut von Untersuchungsmaterial zugefiihrt, daB der Leiter dieser 
Abteilung teils aus Sparsamkeitsgriinden, teils wegen der Un- 
moglichkeit, die immer knapper werdenden Meerschweinchen 
in ausreichender Menge zu beschaifen, vor die Entscheidung 
gestellt wurde, entweder auf die in miihevoller Arbeit er- 
kannten Vorteile des Kaltebindungsverfahrens zu verzichten, 


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94 


Eberhard Schwab, 


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Oder einen Ausweg zu finden, der die diagnostischen Bediirf- 
nisse und die wirtschaftlichen Erfordernisse in gleicher Weise 
zu beriicksichtigen vermochte. 

Dieser Ausweg, der von der serologischen Abteilung des 
Barmbecker Krankenhauses mit Erfolg betreten wurde, bot 
sich in der vom Standpunkt mehr theoretischer ErwSgungen 
ausgehenden Forderung der beiden oben schon genannten 
danischen Forscher, Thomsen und Boas, die dahin zielte, 
den Seris durch das langsame Durchlaufen der ganzen Tem- 
peraturbreite zwischen Kaltepunkt und 37 ° die optimalen Be- 
dingungen fiir die Komplementbindungen geben und auf diese 
die Originalmethode mit der Kaltemethode zu kombinieren. 
Nach den Feststellungen von Thomsen und Boas schien 
eine derartige Kombination der verschiedenen Temperaturen 
durchaus aussichtsreich, da sich bei einschlfigigen Unter- 
suchungen ergeben hatte, daU die bei einer bestiramten Tem- 
peratur eintretende Komplementbindung als irreversibel gegen- 
iiber anderen Temperaturen gelten konnte. Und wenn es dann 
noch gelang, den Beweis zu erbringen, daB eiue solche Kom¬ 
bination verschiedener Temperaturen die spezifische Reaktivitat 
der Wassermannschen Reaktion nicht storend zu beeinflussen 
vermochte, dann war mit dieser Kombinationsmethode den 
diagnostischen Bediirfnissen ebenso Rechnung getragen, wie 
den wirtschaftlichen. 

Der Leiter der bakteriologisch - serologischen Abteilung, 
Herr Dr. Graetz, hat mich nun mit der Aufgabe betraut, 
im Rahmen dieser Abhandlung fiber die Ergebnisse zu be- 
richten, welche bisher auf der genannten Abteilung mit der 
sogenannten Kombinationsmethode erzielt worden sind, 
wobei ich im voraus gleich bemerken mochte, daB die Ergeb¬ 
nisse, sowohl hinsichtlich der Spezifitat der Reaktion wie hin- 
sichtlich der Leistungsfahigkeit der Methode durchaus den ge- 
hegten Erwartungen entsprochen haben. 

Ehe ich nun auf die mit der kombinierten Methode er- 
zielteii Ergebnisse nfiher eingehe, mfichte ich einige uneriaB- 
liche Angaben fiber die Versuchstechnik vorausschicken. 

Das Barmbecker Institut hiilt sich beziiglich der Methodik im Prinzip 
an die grundlegenden Vorschriften der Originalmethode, ohne sich aller- 
dings in Einzelheiten sklavisch an diese Vorschriften zu binden. So finden 



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EinfluS d. Temperatur auf die Reaktivitat d. Syphilitikerserums. 95 


z. B. neben den konventionellen alkoholischen Luesleber-Extrakten der 
Waasermannschen Schule auch die cholesterinierten Rinderherzextrakte 
nach Sachs, iiber deren diagnostische Verwendbarkeit Herr Dr. Qraetz 
an anderer Steile ausfiihrlich berichtet hat, ausgiebige iind erfolgreiche 
Verwendung. Auch beziiglich des haraolytischen Systems weicht die 
Methodik des Instituts insofern etwas von der Originalmethode ab, als 
fiir die Herstellung der vorschriftsmiifiigen 5-proz. Hammelblutkorperchen- 
Aufschwemmung von einera gut geschiittelten Vollblut und nicht vom 
gewaschenen Sediment ausgegangen wird. Ueber die Zulassigkeit dieser 
Mafinahme und iiber ihren Einflufi auf den Ablauf der Wassermann- 
schen Reaktion hat sich erst kiirzlich Graetz in einer im Archiv fiir 
Dermatologic (Unna-Festschrift) veroffentlichten Arbeit eingehender ge- 
aufiert. Die beiden iibrigen Teile des hamolytischen Systems, Ambozeptor 
und Komplement, werden gegen die genanute im Institut als konventionell 
geltende Blutaufschwemmung rcgelmaSig an jedem Versuchstag quantitativ 
anstitriert. Um an den einzelnen Versuchstagen den Ergebnissen einheit- 
liche Vorbedingungen gegeniiber den an fruheren Versuchstagen erhaltenen 
Resultaten zu schaffen, eine Forderung, welche im Interesse der Ver- 
meidung von Unstimmigkeiten und im Interesse der Moglichkeit einer 
zusammenfassenden einheitlichen Beurteilung der ganzen Versuche geboten 
erscheint, wird regelmitSig an jedem Yersuchstage der Hamoglobingehalt 
der jeweils verwendeten Aufschwemmung gegeniiber einer gut konservierten 
Testlosung bestimmt und, je nach dem AusfaU dieser Hamoglobinprobe, 
durch weitere Verdiinnung oder durch Hinzufugen weiterer gewaschener 
Blutkorperchen eine Gleichraafiigkeit der an verschiedenen Versuchstagen 
verwendeten Blutkorperchen - Aufschwemmungen zu erreichen versucht. 
Gregeniiber der eben genauer geschilderten Hammelblutaufschwemmung 
erfolgt die Bestimmung der Komplement- bzw. Ambozeptoreinheit, wobei 
im eigentlichen Hauptversuch regelmaflig 4—5 Ambozeptoreinheiten Ver¬ 
wendung finden. Als Komplement dient durchweg Meerschweinchenserum, 
welches mit physiologischer Kochsalzlosung verdiinnt (10 Proz.) Verwen¬ 
dung findet. Die Gebrauchsdosis ist im Institut im Gegensatz zur Original- 
vorschrift keine konstante, sondern wird an jedem Versuchstag aus dem 
h&molytischen Effekt des Komplementes an sich und aus der unspezifischen 
Komplementbindung der Extrakte bzw. des Patientcnserums regelmaSig 
quantitativ bestimmt. 

Durch dieses dem geiibten Untersucher unschwere und wenig Zeit 
raubende Verfahren wird die Gewiihr gegeben, daS bei entsprechend aus- 
gewerteter Gebrauchsdosis der Extrakte, auf welche wir gleich noch zu 
sprechen kommen werden, einmal die Einheitlichkeit der Ergebnisse nicht 
gestort, andererseits ein Unterlaufen schwerwiegender diagnostischer Irr- 
tiimer unmoglich gemacht wird. Erganzend sei dazu noch bemerkt, da6 
die Priifung des hamolytischen Systems an sich stets nur bei einer Tem¬ 
peratur bei 37® im Wasserbad vorgenommen wird, da zahlreiche ein- 
schlagige Versuche den Beweis geliefert haben, dafi die Losungsstiirke des 
hamolytischen Systems und auch die wechselseitigen Mengenverhaltnisse 


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Eberhard Schwab, 


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von Bliitkorperchen, Ambozeptor und Komplement durch cine Variation 
der Versuchstemperatur nicht storend beeinflufit werden. 

AiiSer dem hamolytischen System werden fcrnerhin an jedem ein- 
zelnen Versuchstagc auch die im Versuch verwendeten Luesleber- bzw. 
Cholesterin-Uinderherzextrakte gegeniiber dem jeweils zur Verwendiing 
kommenden Komplementgemisch zur Feststellung einer eventuellen anti- 
komplementiiren Wirkung (Autotropie) austitriert und der eigentliche 
Hauptversuch mit dem fraglichen Komplement nur dann zugesetzt, wenn 
nach Abzug der durch eventuelle antikomplementiire Wirkung der Ex- 
traktc und, wie hier vorweggenommen sei, auch der Palicntensera un- 
spezifisch verbrauchten Komplementmenge noch eln geniigender Ueber- 
schufi an komplcmentiirer Energie verbleibt, um den einwandfreien Ausfall 
der eigentlichen Komplementbindung zwischen Extrakt und Patientenserum 
zu gewiihrleisten. Hierzu geniigt nach den Erfahrungen dcs Instituts 
durchschnittlich ein UeberschuB von 1 —I'/i Komplementeinheiten fiber 
die sogenannte unspezifischo Komplementbindung. 

Was die im Institut verwendeten Extrakte betrifft, so haben wir ja 
schon an verschiedenen Stellcn darauf hingewiesen, daS ffir die Versuche 
sowohl die von Jakobsthal ffir die Kaltcmethode als besonders geeignet 
empfohlenen cholesterinierten Rinderherzextrakte nach Sachs, als auch 
die konventionelleu Luesleberextrakte, welche beide im Institut selbst her- 
gestcllt und austitriert werden, Verwendung linden. Ferner standen zu 
Vergleichszwecken auch Original-Cholesterinextrakte von Sachs, sowie 
verschiedene im Kaiser Wilhelms-Institute zu Dahlem nach den Original- 
vorschriften v. Wassermanns hergestellte und austitriertc Luesleber¬ 
extrakte zu Verffigung. Bezfiglich der Lcistungsfahigkeit und Qualitiit 
dicser cinzelnen Extraktartcn sei hervorgehobcn, daO sich die im Institut 
selbst hergestellten Luesleberextrakte mit den aus Dahlem bezogenen Ex- 
trakten als vollig gleichwertig erwiesen. Beide Extraktarten standen aber 
bei vollkommener klinischer Spezifitiit der Cholesterincxtrakte an Empiind- 
lichkeit weit hinter den letzteren ziirfick. 

Die Einstcllung dcr Extrakte erfolgt bei unseren Versuchen in der 
Weise, daS die in entsprechenden Vorversuchen, deren Prinzip ja als 
bckannt vorausgesetzt werden darf, ermittelte optimale Gebrauchsdosis an 
jedem Versuchstagc gegcnfiber fallendcn Mengen dcs im hamolytischen 
Vorversuchs geprfiften Komplementes bzw. Komplementgemisches austitriert 
wird, um eine eventuelle Autotropie des Extraktcs festzustellen. 

Das gleiche Verfahren findet ffir die Gebrauchsdosis des Patienten- 
serums — l)ei sogenannten halben Versuchsmcngen in der R^el 0,1 ccm 
Serum — Anwendung, indem auch hier die Gebrauchsdosis mit fallenden 
Komplement mengen bis zur Komplementeinheit titriert wird. 

Im Hinblick auf die auch im Hauptversuch zur Anwendung ge- 
brachte Kombination verschiedener Temperaturen werden diese Auswertungs- 
vcrsuchc, welche bekanntlich ebenso wie der Hauptversuch zweizeitig zur 
Ausfubrung gclangen, der ganzen Temperaturbrcite von 0“ bis 37“ unter- 
worfen. 


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Einflufl d. Temperatur auf die Reaktivitat d. Syphilitikerserums. 97 


Es iat gelbetverstiiiidlicb, dafi dieee ausgiebigen Vorbereituogsarbeiten, 
welcbe der genauen Titration der zum Hauptversucb benotigten Reagenzien 
dienen, ein Mehr an Zeit und Arbeitskraft und gleicbzeitig aucb einen 
erbdbten Materialverbraucb beansprucben, docb wird dadurcb die Gewabr 
gleichmafiiger Versucbsergebnisse, welcbe fiir jedes genaue wissenscbaftlicbe 
Arbeiten unerlafilicbe Vorbedingung ist, gegeben. 

Kurz zusammengefafit ergibt sicb also nacb dem im Institut geiibten 
Verfabren folgender Ablauf des Versucbs. 

In einem Vorversuch wird zunacbst die Ambozeptoreinbeit und 
parallel damit die Komplementeinbeit bestimnat. Hieran schlieSt sicb als 
weiterer Vorversucb die Titration der Extrakte bzw. der Patientensera. 
Zu diesem Zweck wird die Gebraucbsdosis des jeweils in Frage kommenden 
Extraktes mit fallenden Mengen des Komplementes bis zur Eomplement- 
einheit gemiscbt, die einzelnen Versucbsrdbrcben in scbmelzendem Eis gut 
urogescbiittelt und dadurcb abgekublt und dann fur 30—45 Minuten zur 
Bindung im Eisschrank bei einer Temperatur von 0“ bis +4® C auf- 
bewabrt. Alsdann erfolgt die Ueberfiibrung der Reagenzgemiscbe in daa 
Wasserbad von 37®, wo sie zur weiteren Bindung ebenfalU eine balbe 
Stiinde belassen werden. Nacb Ablauf dieser Zeit erfolgt der Zusatz dee 
bamolytiscben Systems und nacb Ablauf einer weiteren balben Stunde die 
Feetstellung der Versucbsergebnisse. In gleicber VVeise gestaltet sicb der 
Vorversucb fiir die Feststellung einer eventuellen Autotropie des Patienten- 
serums. Docb wird man sicb bei der grofien Menge der Patientensera in 
der R^el darauf beecbriinken miissen, diese letztere Priifung gegenuber 
der Komplementeinbeit oder nStigenfalls nocb gegen eine kleine Vielbeit 
derselben vorzunebmen, was nacb den praktiscben Erfabrungen des In- 
stituts eine vollkommene Gewabr fiir einwandfreie Ergebnisse zu bieten 
vermag. Aus den beiden genannten Vorversueben wird dann die fiir den 
Hauptversucb benotigte Komplementmenge bestimmt, welcbe nacb den im 
Institut geubten Gebrauebe ca. 1—I'/j Komplementeinbeit mebr betragt, 
als die durch unspezifisebe Komplementbindung absorbierte Energie. Dabei 
ware zu bemerken, dafi die Kombination versebiedener Temperaturen die 
Autotropie der Extrakte durcbw^ gunstig beeiufluBt und praktiscb in der 
Kegel so gut wie vollig aufbebt. 

Nacbdem die einzelnen Reagenzien in der eben besebriebenen Weise 
in ibren Beziebungen zum bamolytiscben System festgelegt sind, beginnt 
die Ausfubrung der eigentbeben, dem Nacbweis der sypbilitiseben Reaktions- 
korper dienenden, Komplementbindungsreaktion. Zu diesem Zweeke werden 
die Gebrauebsdosen der fiir den Versucb bestimmten Extrakte mit der 
iiblicben Menge des Patientenserums gemiscbt und nacb Zusatz der im 
Vorversuch ermittelten Komplementmenge zweeks Abkiihlung in einer mit 
scbmelzendem Eis gefullten Glasschale gut durcbgeschiittelt und dann zur 
Bindung 30—45 Minuten im Eisschrank belassen. Hierauf erfolgt die 
Ueberfiibrung der Reagenzglasgcmische, in gleicber Weise wie bei den 
oben besebriebenen Vorversueben, in das Wasserbad von 37®, worauf dann 
nacb Ablauf einer Mindestzeit von 30 Minuten der Zusatz des restlichen 
bamolytiscben Systems, d, h. der Blutkorperchen und des Ambozeptors, 
Ze)t»ohr. f. ImmunlUUforsrhung^. Bd. 32. 7 


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98 


Eberhard Schwab, 


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erfolgt. Die Ablesung der Ergebnisse kann dann nach Ablauf einer weiteren 
halben Stunde endgultig erfolgen. Will man ein iibriges tun, so konnen 
die Ergebnisse noch bis zum nachsten Tag im Eisschrank aufbewahrt und 
dann nochmals abgelesen werden, wobci sich allerdings nach ausgiebigen 
Elrfahningen eine Veranderung der Ergebnisse im Sinne sogenannter Spat- 
hamolysen bei schwiicher reagierenden Seris nur denkbar selten ergibt. 

Im Gegensatz zu dein von Guggenheimer, Altmann 
und Zimmern u. a. vorgeschlagenen Verfahren, welches auch 
im Institut jahrelang geiibt wurde, erfordert die von uns in 
Anlehnung an Thomsen und Boas vorgeschlagene Kom- 
binationsmethode nur das Ansetzen einer einzigen Versuchs- 
serie, welche die ganze Temperaturbreite von 0—37° zu durch- 
laufen hat und sorait die VorzUge der Originalvorschrift und 
der Kaitemethode in sich vereinigt. Das bedeutet einerseits 
eine gewaltige Ersparnis an Zeit und Arbeitskraft und be- 
dingt andererseits eine Einschrankung des Materialverbrauchs 
um mindestens 50 Proz. 

Eine derartige Untersuchungsmethode, welche in der Lage 
ware, die Vorziige zweier in groBen Versuchsreihen bewahrter 
Methoden mit einer erheblichen Vereinfachung der technischen 
Ausgestaltung zu verbinden, miiBte naturgemaB fQr jedes sero- 
logische Institut zur Methode der Wahl erhoben werden, wenn 
ihre Anwendung die Gewahr b6te, daB die mit der Methode 
erzielten Vorteile, naraentlich sofern sie in der Richtung einer 
hoheren Ausbeute an positiven Ergebnissen liegen, nicht zu 
Lasten der Spezifitat gebucht werden rnUBten. 

Wir kommen dainit zur Besprechung der bis heute mit 
der Kombinationsmethode gewonnenen Ergebnisse und mflssen 
an die Spitze dieser Besprechung wieder die Frage stellen, 
welche Graetz in seiner Arbeit fiber das Kaitebindungs- 
verfahren bereits aufgeworfen hat, ob namlich die Kombination 
verschiedener Temperaturen, wie sie von uns in dem oben 
angegebenen Verfahren vorgeschlagen ist, nicht die Gefahr 
einer klinischen Unspezifitat der Reaktionen in sich schlieBt. 
Graetz hat bezuglich der Kaitemethode nach Jakobsthal 
mit Recht darauf hingewiesen, daB die Brauchbarkeit der ge- 
nannten Modifikation mit ihrer absoluten klinischen Spezifitat 
stehen und fallen mflBte, und das fQr die Kaitemethode Ge- 
sagte gilt selbstverstandlich mutatis mutandis auch fur die 
Kombinationsmethode. 



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Einflufi d. Temperatur auf die Reaktivitiit d. Syphilitikereerums. 99 

Wir sind auf Grand ausgedehnter Vergleichsuntersuchungen, 
die heute ein Material von etwa 15000 Fallen urnfassen, und 
gestutzt auf zahlreiche wissenschaftliche Versuche, in der Lage, 
die oben gestellte Frage nach der Spezifitat riickhaltlos zu 
bejahen. Unter den vielen tausend Fallen, die im Verlaufe 
der letzten zehn Monate auf der serologischen Abteilung des 
Krankenhauses praktisch mit der Kombinationsmethode unter- 
sucht warden, ist dem Leiter der Abteilung keine positive 
Reaktion entgegengetreten,.deren Entstehung nicht durch eine 
anamnestisch Oder klinisch erhartete Lues zu erkiaren gewesen 
ware. Dabei sei besonders hervorgehoben, daB namentlicb 
unter den zahlreichen Seris luesfreier Individuen kein Serum 
angetroifen wurde, welches eine positive Reaktion ergeben 
hatte. Das gilt namentlicb auch fQr solche Krankbeitsfaile, 
bei denen erfahrungsgemaB in der Literatur haufiger von un- 
spezifischen Reaktionen berichtet ist. Es ist im Rahmen dieser 
Abhandlung selbstverstandlich nicht moglich, die Unsumme 
der dabei gewonnenen Einzelerfahrungen auch nur annahernd 
zur Wiedergabe zu bringen. Ich mochte mich zunachst viel- 
mehr darauf beschranken, iiber eine Auswahl von Fallen zu 
berichten, uber deren Verhalten ich personlich an einer Reihe 
von Versuchstagen im Institut ein Urteil zu gewinnen ver- 
mochte. Es handelt sich hier um eine Versuchsreihe von 
540 Fallen, welche gleichzeitig mit der Wassermannschen 
Originalmethode, mit der Kaltemethode nach Jakobsthal 
und mit dem von uns vorgeschlagenen kombinierten Verfahren 
untersucht warden. Darunter befanden sich 287 Faile, die 
nach Klinik und Anamnese als luesfrei zu gelten batten und 
die demgemaB auch bei alien drei Methoden ubereinstimmend 
ein negatives Resultat ergaben. Ich mSchte besonders darauf 
hinweisen, daB sich unter diesen Fallen nicht weniger als 
81 Patienten mit Ulcus molle und schmerzhaften Bubonen be¬ 
fanden, Erkrankungen, bei denen haufiger uber das Auftreten 
einer, wenn auch zeitlich beschrankten, positiven Wasser- 
m a n n schen Reaktion geklagt wird. Im ubrigen enthielt 
diese Gruppe von Fallen auch Patienten mit Scharlach, Tuber- 
kulose usw. 

Bei dem Rest von 253 Fallen handelte es sich durchweg 
um notorische Syphilitiker, die zum Teil frische Krankheits- 

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Eberhard Schwab, 


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erscheinungen boten, zum Teil unter der Wirkung energischer 
Kuren zur Zeit der Untersuchung im Latenzstadium sich be- 
fanden. Davon entfallen auf das sogenannte primare Stadium 
47 Falle, auf die inanifeste Lues II insgesamt 3G Falle, 
und auf das Latenzstadium 170 Falle. Unter den Seris der 
letztgenannten 3 Gruppen von Syphilitikern befanden sicli 
101 Proben, welche bei alien drei von uns verwandten Unter- 
suchungsmethoden flbereinstimmend ein negatives Resultat er- 
gaben. Davon entfallen auf die latente Lues 94 Falle, auf 
die Lues II ein Fall, namlich ein sogenanntes Monorezidiv 
mit Spirochaten, und endlich auf die primare Lues 6 Falle, 
die ebenfalls durch Spirochatenbefunde als echte Primaraffekte 
gekennzeichnet waren, bei denen aber zur Zeit der Unter¬ 
suchung eine positive W a s s e r m a n nsche Reaktion noch 
nicht ausgebildet war. 

Der Rest von 152 Fallen umfafit die positiven Ergebnisse 
dieser Versuchsreihen. Im Rahmen der von uns gewahlten 
Versuchsanordnung ergaben hiervon 73 Falle = 48,02 Proz. 
tibereinstimmend mit alien 3 Methoden ein positives Resultat, 
wahrend bei dera Rest von 79 Fallen = 51,98 Proz. erhebliche 
Differenzen in der Reaktivitat der einzelnen Sera zutage 
traten, je nachdem die fraglichen Sera mit der Original- 
methode, mit dem Kaiteverfahren oder mit der kombinierten 
Methode zur Untersuchung gelangten. Die Differenzen be- 
standen dabei bald zwischen dem kombinierten Verfahren und 
der Original-Wassermann-Reaktion, bald zwischen der Kalte- 
methode und der kombinierten Methode, wobei in der hber- 
wiegenden Zahl der Falle der Ausfall der Reaktionen bei der 
kombinierten Methode mit dem Ergebnis der jeweils am 
starksten anzeigenden Methode (ibereinstimmte. Die Kombi- 
nationsmethode arbeitet also im Sinne einer Maximalleistung. 
Nur in ganz vereinzelten Fallen konnten wir eine Ueberein- 
stimmung mit der jeweils schwacheren Methode feststellen, 
gleichzeitig aber auch die Beobachtung machen, daB es mit 
Hilfe der Kombinationsmethode noch gelingt, im Serum von 
Syphilitikern, speziell nach energischen Behandlungen, noch 
Reaktionskorper nachzuweisen, deren Nachweis weder mit 
Hilfe der Original-Wassermann-Reaktion, noch mit der Kaite- 
methode nach Jakobsthal gefuhrt werden kSnnte. 



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Einflufi d. Teraperatur auf die Reaktivitat d. SyphllitikerBenims. JQl 


Journ.-No. 

Klinischer 

Befund 

Original-VVassermann-Reaktiou 

Kombiiiations- 

methode 

bei 37« C 

bei 0- 

-4" C 

bei 0—< 

—37“C 

Leber- 

extrakt 

Chole- 

sterin- 

extrakt 

Leber- 

extrakt 

Chole- 

sterin- 

extrakt 

Leber- 

extrakt 

Chole- 

sterin- 

extrakt 

59851110. durum. 

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5987 Monorezidiv 

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6073'Liie8 II 

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6163 

„ Monorezidiv 

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4472 

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5405 Pap. rauc. 

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5425 Lues U 

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5406 

„ III Aortitis 

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6134 

Monorezidiv 

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4474 

Lues I Linser 

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5984 

Lues lat. beh. 

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dgl. 

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6086 

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+ + + 

6089 

yy 

0 

0 

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+ + + 

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6090 

yy 

0 

0 

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e 

0 

6101 

„ 

0 

0 

0 

0 


+ + + 

6124 

yy 

+ 

0 

+ + + 

+ + + 

+ + + 

+ + + 

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„ 

0 

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+ + + 

0 

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0 

6136 


0 

0 

+ + + 

0 

+ + + 

0 

4457 

!! 

0 

4-4- + 

+ + + 

+ + + 

+ 

+ + + 

4454 

yy 

+ 

+ + + 

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+ + + 

+ 

+ + + 

4448 


+++ 

+ + + 

+ + + 

+ + + 

+ + 

+ + + 

4447 


+ + 

+ 

+ 

4- + 

+ + 

+ 

3960 


0 

+ + 

+ + + 

+ + + 

+ + + 

+ + + 

6811 


+ + 

+ + 

+ + 

+ 

+ + 

+ + 

6802 


+ + -t- 

+ + + 

+ + + 

+ + + 

+ + 

+ + + 

6801 

V 

0 

0 

0 

0 

+ + 

+ + + 


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102 


Eberhard Schwab. 


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Journ.-No. 

Klinischer 

Refund 

Original-Wassermann-Reaktion 

; Kombinations- 
1 , methode 

bei 37“ C 

bei 0- 

o 

o 

1 

bei 0 - < 

-370 0 

Leber- 

extrakt 

Chole- 

sterin- 

extrakt 

Leber- 

extrakt 

Chole- 

sterin- 

extrakt 

i 

i Leber- 
1 extrakt 

Chole- 

sterin- 

extrakt 

6800 

Lues lat. beh. 

e 

0 

+ + 

+ + 

+ + 

+ + + 

6798 

dgl. 

e 

0 

+ 

+ + 

ll 

+ + + 

64(« 


+ + 

+ + 

+ + + 

+ + + 

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+ + + 

6467 


+ + 

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0 

0 

+ + + 

+ + + 

6466 


+ 

+ 

+ + + 

+ + + 

+ + + 

+ + + 

6465 


+ 

+ 

e 


: ++ 

+ + + 

6093 


e 

0 


0 

+++ 

+ + 

5996 


0 

0 

0 

0 

' +++ 

+ + + 

6001 


e 

0 

+ + + 

+ + + 

+++ 

+ + + 

6004 


0 

0 

+ + + 

+ + + 

+++ 

+ + + 

6032 


+ + + 

0 

+ -f 4- 

0 

+++ 

+ + + 

6274 


+ + 

+ + 

+++ 

+ + + 

+++ 

+ + + 

6477 


+ 

+ 

+++ 

+ + + 

+++ 

+ + + 

6460 


0 

0 

+++■ 

+ + + 

+++ 

+ + + 

6343 

1) 

0 

0 

4-4- + 

+ + + 

+++ 

+ + + 

6172 


0 

0 

+ + + 

+ + + 

+++ 

+ + + 

6159 


0 

0 

+++ 

+ + 4- 

. + + + 

+ + + 

6067 


0 

+ + 

0 

+ + + 

+++ 

+ + + 

6042 

»T 

e 

0 

4- + + 

+ + + 

! + + + 

+ + + 

6040 


e 

0 

0 

+ + + 

! + + + 

+ + + 

6793 


+ + 

+ + 

+ + + 

+ + + 

^. +++ 

+ + + 

6817 


0 

0 

+ 

+ + 

++ 

+ + + 

6816 


+ 

+ 

+ + 

+ + + 

+++ 

+ + + 

4391 


+ + 

-f -f -f 

+ + -1- 

+ + + 

+++ 

+ + + 

3950 


+ + 

+ + + 

+ + + 

+ + + 

+++ 

+ + + 

4412 


+ 

+ + 


+ + + 

i ++-i- 

+ + + 

4468 


0 

+ + 

+ + + 

+ + + 

+++ 

+ + + 

4377 


0 

0 

+ + + 

+ + + 

" 0 

0 

4374 


+ 

+ + 

+ + + 

+ + + 

'' + 

+ + 

4397 


+ + + 

+ + 

0 

0 

ji +++ 

+ + + 

4417 


0 

0 

+ + 

+ + + 

ll + + 

+ + + 


Erklarung der Zeichen: e = komplette Hamolyse, + + + = kom- 
plette Hemmung der Hamolyse, ++ = starke Hemmung der Hamolyse, 


+ = spurweise Hemmung der Hamolyse. 


Aus der vorstehenden Tabelle lassen sich die Verhait- 
nisse, soweit die prinzipiellen wechselseitigen Beziehungen 
der drei Methoden in Frage kommen, mit zieralicher Klarheit 
erkennen. Auf eine prozentuale Berechnung der kleinen Unter- 
schiede zwischen den einzelnen Methoden mSchten wir im 
Hinblick auf die verhaltnismaUig kleine Versuchsreihe ver- 
zichten, da aus der Beurteilung kleiner Materialien erfahrungs- 
geniaU nur allzu leicht ein falsches Bild iiber die Leistungs- 
fahigkeit einer Methode entstehen kann. — Nur was das 


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Einflufi d. Teraperatur auf die Reaktivitat d. Syphilitikereerums. 103 

Gesamtergebnis unserer Versuchsreihe anlangt, mochten wir 
hervorheben, daB in nicht weniger als 85,37 Proz. der von 
uns untersuchten Falle ein libereinstiramendes Ergebnis mit 
alien drei Methoden erzielt wurde. Die Differenzen beschrfinken 
sich auf 14,63 Proz., wobei nochnials betont sei, daB mit Aus- 
nahme ganz weniger Ftllle stets eine Uebereinstimmung der 
Kombinationsmethode mit der jeweils besseren Methode be- 
steht. Hierdurch wird ohne Einschrankung der Spezifitat der 
Ergebnisse ein so erhebliches Plus an einwandfreien positiven 
Ergebnissen erzielt, wie es sonst nur durch die erheblich 
zeitraubendere Nebeneinanderschaltung von Original-Wasser- 
mann-Reaktion und Kaitemethode mbglich ware, daB die ver- 
einzelten Ergebnisse, bei denen die Kombinationsmethode mit 
der jeweils schwacheren Methode tibereinstimmt, praktisch so 
gut wie nicht ins Gewicht fallen. Im iibrigen ist es bei so 
vereinzelten Fallen ein Leichtes, sich durch Nebeneinander¬ 
schaltung der beiden anderen Methoden davon zu Qberzeugen, 
ob die Komplementbindungsreaktion bei Kombination mehrerer 
Temperaturen das gleiche Bild von der Reaktivitat eines 
Serums entwirft, wie die anderen beiden Methoden, sofern 
die Wichtigkeit eines Falles die Anwendung derartiger MaB- 
nahmen angebracht erscheinen laBt. Praktisch wird dieser 
Fall besonders dann eintreten, wenn es erwflnscht erscheint, 
den Verlauf der Reaktionskurve eines Syphilitikerserums unter 
dem EinfluB einer spezifischen Kur systematisch zu kon- 
trollieren, da die Reaktivitat eines Serums erfahrungsgemaB 
durch die Therapie bei den verschiedenen Patienten bald im 
Sinne einer ausgesprochenen Kaitebindungsfahigkeit, bald mehr 
im Sinne einer ausgesprochenen Warmebindungsfahigkeit be- 
einfluBt wird. 

Welche erheblichen individuellen Schwankungen in dieser 
Beziehung bei den verschiedenen Seris und in den verschie¬ 
denen Stadien der Lues bestehen, das kbnnen wir aus der 
schon mehrfach genannten Arbeit von Graetz erkennen, 
deren Ergebnisse uns auch zugleich ausreichende Anhalts- 
punkte zu geben vermSgen, welche Ergebnisse wir mit der 
Kombinationsmethode im Vergleich zu der Original-Wasser- 
mann-Reaktion und der gleichzeitig parallelgeschalteten Kaite¬ 
methode nach Jakobsthal zu erwarten haben. 


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104 


Eberhard Schwab, 


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Bei seinen vergleichenden Untersuchungen tiber die rela¬ 
tive Leistungsfahigkeit von Original-Wassermann-Reaktion und 
Kaiteraethode fand Graetz bei seinera, alle Stadien der Lues 
umfassenden, Gesaratmaterial, soweit es positive Reaktionen 
aufzuweisen hatte, vorausgesetzt, daU ausschlieClich chole- 
sterinierte Rinderherzextrakte Verwendung fanden, eine Ueber- 
einstimmung beider Methoden bei insgesamt 74,12 Proz. 
der von ihm untersuchten FSlle, wShrend bei dem Rest von 
25,88 Proz. der Falle Differenzen im Ausfall der Reaktionen 
bestanden, indent die positive Reaktion der betrefTenden Sera 
teils nur bei Warmebindung, teils nur bei der Kalte in Er- 
scheinung getreten war. Trotzdem von diesen unterschiedlich 
reagierenden Seris nur 18,37 Proz. ausschlieBlich bei niederen 
Temperaturen eine positive Reaktion aufwiesen, wkhrend 
7,51 Proz. nur bei der Original-Wassermann-Reaktion (37”) 
zur positiven Reaktion zu bringen waren, ergab sich fur das 
Gesamtmaterial bei Verwendung der Cholesterinextrakte immer- 
hin noch ein Ueberschufi von 10,76 Proz. positiver Reak¬ 
tionen. An sich mag der UeberschuB ja gering erscheinen, 
dock darf dabei nicht vergessen werden, daB gerade die Chole¬ 
sterinextrakte nach den umfangreichen Feststellungen von 
Graetz als in weitem MaBe auBerhalb des Temperaturein- 
flusses stehend gelten konnen, und daB demgemfiB die Unter- 
schiede zwischen den beiden Reaktionen nicht so scharf ins 
Auge fallen, wie bei den temperaturempfindlicheren konven- 
tionellen Luesleberextrakten. Immerhin wfirde unter Berflck- 
sichtigung der oben erwahnten Tatsache, daB die Kombinations- 
methode bei der ilberwiegenden Anzahl der Falle, soweit sie 
reaktive Stoffe im Sinne der Wassermannschen Reaktion 
enthalten, die Tendenz zur Uebereinstimmung mit der jeweils 
starkst reagierenden Methode zeigt, fvlr die Kombinations- 
methode ebenfalls mit einem MindestQberschuB von 10 Proz. 
positiver Reaktionen zu rechnen sein, und dies bei einer nur 
unwesentlich grbBeren Arbeitsleistung als bei der Original- 
Wassermann-Reaktion und ohne wesentliche Erhbhung des 
Materialverbrauchs. 

Weit auffallender gestaltete sich der Unterschied in den 
Reaktionsergebnissen zwischen der Original-Wassermann-Re- 
aktion und der Kaltemethode bzw. zwischen der Original- 



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Einflufi d. Temperatur auf die Reaktivitat d. Syphilitikerserums. 105 


Wassermann-Reaktion und der von uns vorgeschlagenen Kombi- 
nationsmethode, wenn die Reaktion nicht mit den cholesteri- 
nierten Extrakten nach Sachs, sondern mit einem der kon- 
ventionellen Luesleberextrakte, wie sie ja noch heute in den 
meisten Instituten Verwendung finden, angestellt wurde. Dabei 
war es fiir die Reaktivitat der verschiedenen Sera so gut wie 
gleichgflltig, woher die betretfenden Luesleberextrakte stamniten, 
da fiir die Unterschiedlichkeit in der Reaktivitat der einzelnen 
Sera die Herkunft der Extrakte weniger bedeutsam ins Ge- 
wicht fallt, als die von Graetz besonders betonte Tatsache, 
ob ein fraglicher Extrakt Cholesterinzusatz enthalt oder nicht. 
Der Cholesterinzusatz zu einem a priori cholesterinfreien 
Extrakt wirkt dabei im Sinne eines Ausgleiches in bezug auf 
die verschiedene Empfindlichkeit der beiden Extraktarten und 
hat insofern eine Umwandlung des ursprflnglich cholesterin¬ 
freien Extraktes zur Folge, als die Reaktivitat des Extraktes 
mit den verschiedenen Seris weiter aus dem Bereich des 
Temperatureinflusses gertickt wird. 

Den besten Beleg geben in dieser Hinsicht wieder die 
von Graetz angegebenen zahlenmaBigen Berechnungen, die 
sich auf das gleiche, bereits oben fflr die Cholesterinextrakte 
besprochene Material beziehen, welches vergleichsweise mit 
den Luesleberextrakten, aber unter sonst durchaus gleichen 
Versuchsbedingungen geprOft ist. Unter den von uns unter- 
suchten Seris, bei denen mit irgeudeiner der von uns ver- 
wendeten Methoden ein Gehalt an Syphilisreaginen uberhaupt 
ermittelt werden konnte, ergaben bei Verwendung der Lues¬ 
leberextrakte 60,22 Proz. ein iibereinstimmendes Resultat, 
gleichgQltig, ob die Reaktion nach den Vorschriften der Original- 
Wassermann-Reaktion, oder nach denen des Kaiteverfahrens 
ausgefflhrt wurde. Ein Reaktionsunterschied zwischen beiden 
Methoden bestand dagegen bei 39,38 Proz. der gepriiften 
Faile, wobei 36,90 Proz. der positiven Ergebnisse aus- 
schlieBlich zugunsten der Kaitemethode gebucht werden 
muBten, wahrend die von Guggenheimer u. a. beobach- 
tete Tatsache, daB fflr manche Sera die Original-Wassermann- 
Reaktion als die empfindlichere Methode gelten mflsse, fflr 
das vorliegende Material nur bei 2,88 Proz. der Sera in Er- 
scheinung trat. Das bedeutet also, selbst nach Abzug der 


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106 


Eberhard Schwab 


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letztgenannten 2,88 Proz. zugunsten der WSmiemethode, fiir 
das Kalteverfahren, soweit dabei alkoholische Luesleberextrakte 
Verwendung finden, einen UeberschuB von nicht weniger als 
34,02 Proz. an positiven Reaktionen, eine Feststellung, die, 
wie Graetz sich ausdrflckt, „um so bedeutsainer bleibt, als 
die Luesleberextrakte auch heute noch die bei weitem aus- 
gedehntere Verwendung finden, als die Cholesterinextrakte 
nach Sachs, deren Verwendung noch zahlreiche namhafte 
Institute ablehnend gegeniiberstehen“. Und da sich diese 
Ueberlegenheit der Kaiteraethode auch fiir die Luesleber¬ 
extrakte fast durchweg auf alle Stadien der Lues erstreckt, 
bei einer allerdings unverkennbaren Bevorzugung des soge- 
genannten TertiSrstadiums und der Spatlatenz, so erscheint 
uns die Einfiihrung der Kaitemethode in die serologische 
Syphilisdiagnostik bei Verwendung der Luesleberextrakte ge- 
radezu als eine naturnotweudige Forderung. Und dieser For- 
derung kann nach unseren Erfahrungen auch ohne die Parallel- 
schaltung der beiden Methoden eben durch die Verwendung 
der Kombinationsniethode Rechnung getragen werden, da es 
auch fiir die Luesleberextrakte, in gleicher Weise wie fflr die 
Cholesterinextrakte, in der Kombinationsniethode als Reaktions- 
gesetz gilt, daC die Kombinationsniethode bei absoluter klini- 
scher Spezifitat ihrer Ergebnisse in ihrer Reaktivitat der 
Empfindlichkeit der jeweils am starksten positiv anzeigenden 
Methode entspricht. Auch fQr die Luesleberextrakte gilt dabei 
natiirlich die Erfahrung, daB bei einem geringen Prozentsatz 
der Faile — etwa 2—3 Proz. — das Ergebnis der Kombi- 
nationsmethode mit dem der jeweils am wenigsten empfind- 
lichen Methode ubereinstimmt, was demgemaB eine Vermin- 
derung des oben genannten Ueberschusses nach sich ziehen 
inflBte. Alles in allem ware also bei Einfiihrung der Korabi- 
nationsmethode und unter der Voraussetzung der ausschlieB- 
ichen Verwendung der Luesleberextrakte mit einem Mindest- 
iiberschuB von 30 Proz. klinisch spezifischer positiver Ergeb¬ 
nisse gegeniiber der Original-Wassermann-Reaktion zu rechnen, 
ein Ergebnis, das urn so bedeutsamer erscheint, als es unter 
weitgehendster Bcrticksichtigung der Originaltechnik und ohne 
erheblicheren Aufwand an Arbeitskraft und Materialkosten er- 
zielt werden kann. 


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Einflufi d. Temperatur auf die Reaktivitiit d. Syphilitikerderums. 107 


Angesichts iler Verschiedenartigkeit der Luesleberextrakte 
und der Cholesterinextrakte und der wechselnden Affinitat 
von Seris aus den verschiedenen Stadien der Lues bald zu 
der einen, bald zu der anderen Extraktart, halten wir es 
auch bei der Kombinationsmethode fiir dringend erforderlich, 
die beiden Extraktarten stets nebeneinander zu verwenden, 
da wir hierdurch eine mSglichst restlose serologische Erfassung 
aller luesverdachtigen Falle fiir gewShrleistet erachten. Itn 
Gegensatz zu der Nebeneinanderschaltung von Original-Wasser- 
mann-Reaktion und KSltemethode, wo auBer den Reaktions- 
unterschieden der beiden unter verschiedenen Temperatur- 
bedingungen arbeitendeu Metlioden auch noch die verschiedene 
Erapfindlichkeit von Luesleber- bzw. Cholesterinextrakten haufig 
die Beurteilung und Bewertung der Reaktionsergebnisse er- 
schwerte, tritt bei der Kombinationsmethode dieser Unterschied 
der beiden Methoden zugunsten eines einheitlichen Ergeb- 
nisses in den Hintergrund, und auBerdem wird auch in der 
Reaktivitat der verschiedenen Extrakte ein erfreulicher Aus- 
gleich im Sinne einer groBeren Uebereinstimmung der beiden 
Extraktarten geschaffen. 

Der Charakter der Kombinationsmethode als eines auf 
maximale Leistungsfahigkeit eingestellten Untersuchungsver- 
fahrens birgt in sich naturgemaB die Vorziige und Nachteile 
der beiden Methoden, aus denen die Kombination hervor- 
gegangen ist. Mit Hilfe des Kombinationsverfahrens ist es 
mSglich, unter Ersparnis von Zeit, Arbeitskraft und Unter- 
suchungsmaterial eine ad maximum gesteigerte diagnostische 
Empfindlichkeit der Wassermannschen Reaktion, trotz Wah- 
rung der klinischen Spezifitat, zu erzielen, die besonders dann 
gerechtfertigt und sogar notwendig erscheint, wenn man sich 
bezflglich der nosologischen Auffassung der Wassermann- 
schen Reaktion Neisser und seiner Schule anschlieBt und 
die Wassermannsche Reaktion als den Ausdruck einer 
noch nicht erloschenen Lues betrachtet. In ihrer verscharften 
diagnostischen Form ermoglicht es die Methodik allerdings 
nicht ohne weiteres, die biologischen Veranderungen und 
Reaktivitatsschwankungen festzustellen, welche die verschie¬ 
denen Sera von Syphilitikern unter dem EinfluB einer spezi- 
fischen Kur erfahren. Altmann, Altmann und Zimmern 


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108 


Eberhard Schwab, 


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sowie vor alleni Graetz haben darauf hingewiesen, daB sich 
die therapeutische Beeinflussung eines Syphilitikerserums hhufig 
in einem Verschwinden der ReaktivitSt bei der Original- 
Wasserniann-Reaktion auBert, wahrend die Reaktivitat bei 
niederen Temperaturen noch unverandert erhalten bleibt, wo- 
bei natiirlich auch fur inanche Sera niutatis mutandis die 
Tatsache besteht, daB sich der therapeutische EinfluB zunachst 
auf die Reaktivitat des Serums bei niederen Temperaturen 
beschrankt. Im allgemeinen gilt dabei wohl die Erfahrung, 
daB der therapeutische EinfluB bei der iiberwiegenden Zahl 
der Falle bei der Warmebindung anzugreifen vermag, wobei 
noch gleichzeitig die Tatsache in Erscheinung tritt, daB zu¬ 
nachst die Reaktivitat des Serums gegeniiber den Luesleber- 
extrakten in der Warme schwindet, wahrend die Reaktion mit 
den Cholesterinextraktten auch unter den Bedingungen der 
Original-Wassermann-Reaktion meist noch bestehen bleibt, um 
dann erst im Verlauf weiterer therapeutischer MaBnahmen zu 
schwinden. Welch erhebliche Beeinflussung die Reaktivitat 
des Serums gegeniiber den Luesleberextrakten speziell unter 
den Bedingungen der Original-Wassermann-Reaktion durch die 
spezifische Therapie erfahrt, moge nur ein zahlenmaBiges Bei- 
spiel aus der Arbeit von Graetz beleuchten, welches zeigt, 
daB z. B. in der Latenz unter dem EinfluB der vorangegan- 
genen Therapie eine solche Verschiebung der Reaktivitats- 
verhaitnisse stattgefunden hat, daB bei Verwendung der Lues- 
leberextrakte ein UeberschuB von 40,49 Proz. positiver Ergeb- 
nisse zugunsten der Kaitemethode in Erscheinung tritt. Bei 
ausschlieBlicher Verwendung der Kombinationsmethode wiirden 
diese 40,49 Proz. positiver Reaktionen, die sich bei dem Kalte- 
verfahren als ausgesprochen stark positive Reaktionen doku- 
mentierten, entsprechend den Reaktionsgesetzen der Konibi- 
nationsmethode, ebenfalls als stark positive Reaktionen in Er¬ 
scheinung treten und dadurch den fiir die Beurteilung des 
therapeutischen Erfolges bedeutsamea EinfluB auf die Reak¬ 
tivitat des Serums verschleiern und somit unserer Kenntnis 
entziehen. Bei der Kombinationsmethode treten solche thera¬ 
peutische Einfliisse erst dann sichtbar in Erscheinung, wenn 
die Therapie die Reaktivitat des einzelnen Serums so weit be- 
einfluBt hat, daB entweder fur alle Extrakte oder wenigstens 


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EinfluO d. Temperatur auf die Reaktiritiit d. Syphilitikerserums. 109 


fiir den einen oder anderen desselben ein so erheblicher 
Schwund der Syphilisreagine eingetreten ist, dafi auch uHter 
den verscharften Bedingungen der Kombinationsinethode die 
fiir Syphilis charakteristische Koraplenientbindung nicht niehr 
Oder wenigstens nicht niehr in volleni Umfange zustande 
kommen kann. Eine negative Reaktion bei der Kombinations- 
methode wird also voni biologischen Gesichtspunkt aus ent- 
schieden mehr im Sinne eines Erloschens der Lues gedeutet 
werden dtirfen, als eine unter den Bedingungen der Original- 
Wasserinann-Reaktion erzielte negative Reaktion, wShrend 
andererseits auch eine stark positive Reaktion, die verniittels 
der Kombinationsmethode erzielt ist, wohl vielfach nicht die 
pathognomonische Bedeutung beanspruchen darf, wie eine 
gleich Starke, aber unter den Bedingungen der Original- 
Wassermann-Reaktion erzielte Reaktion. Will man also tiber 
die ReaktivitStsschwankungen des Syphilitikerserunis in den 
verschiedenen Phasen der Infektion und nanientlich unter dein 
EinfluB der Therapie etwas Genaueres erfahren, so empfiehlt 
es sich unseres Erachtens, auBer der Kombinationsmethode 
auch noch die Original-Wassermann-Reaktion und die Kfilte- 
methode getrennt nebeneinander anzusetzen und damit zu- 
nSchst alle MSglichkeiten zu erschopfen, die uns an prinzipiell 
gleichartig aufgebauten Methoden fiir das Studium der Serum- 
biologie syphilitisch infizierter Menschen zur Verfilgung stehen. 
Wir sind in Fallen, die uns wichtig genug schienen, um den 
dadurch bedingten Mehraufwand an Zeit, Material und Arbeits- 
kraft zu rechtfertigen, schon sehr haufig dazu Ubergegangen, 
die genannten drei Methoden nebeneinander anzuwenden, und 
haben dabei eben jene Ergebnisse erzielt, wie wir sie beispiels- 
weise in unserer weiter oben wiedergegebenen Tabelle nieder- 
gelegt haben. Dabei mochten wir betonen, daB wir die von 
uns allerdings nicht weiter systematisch gepriifte Mbglichkeit, 
durch quantitativen Ausbau der Kombinationsmethode, sei es 
durch Abstufung des Komplementes, des Extraktes oder der 
Sera, jene feineren ReaktivitStsunterschiede der Sera auch in 
einer Methode zum Ausdruck zu bringen, fiir durchaus gegeben 
halten. Wir haben diesem Ziele bei unseren vorliegenden 
Studien nicht nachgestrebt, sondern uns darauf beschrfinkt, 
die Kombinationsmethode lediglich qualitativ in ihrer dia- 


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110 


Eberhard Schwab, 


gnostischen Leistungsfahigkeit zu analysieren, ein Versuch, 
der unseres Erachtens den Beweis erbracht hat, daB die 
Kombinationsmethode bei voller Wahrung der klinischen Spe- 
zifitat der Ergebnisse diagnostisch das zu leisten vennag, was 
sonst nur durch die Parallelschaltung von Original-Wassermann- 
Reaktion und KSltemethode zu erreichen wSre, d. h. unter 
Bedingungen, die sich unter den schwierigen SuBeren Ver- 
haitnissen der Gegenwart ineist nicht in die VVirklichkeit um- 
setzen lassen. 

Wir sind ara SchluB unserer Ausfiihrung angelangt und 
mochten kurz zusanimengefaBt nochmals die wesenlichsten 
Punkte wiedergeben. 

Zusammenfassung. 

1) Die Erfahrung hat gelehrt, daB die Versuchsteinperatur 
von 37’’ beira Komplementbindungsphanomon in der Wasser- 
mannschen Reaktion keineswegs fiir alle Sera die optimalen 
Bedingungen bietet. Infolgedessen sind bei der technischen 
Ausgestaltung der Wassermannschen Reaktion, als der 
Methode der Wahl, solche Versuchsanordnungen anzustreben, 
welche alien Seris, wie auch iinmer die Art, die Anzahl und 
die Bindungstendenz ihrer spezifisch luischen Reagine ge- 
staltet sein moge, optimale Bedingungen fflr eine eventuelle 
Koniplementbiudung gewShrleisten. 

2) Nach dem derzeitigen Stand unserer Erfahrungen bietet 
die Original-Wassermann-Reaktion ohne Beriicksichtigung der 
Temperatureinflusse auf das Kompleinentbindungsphanomen 
des Syphilitikerserums wShrend der sogenannten Bindungs- 
phase diese Vorbedingungen nicht. 

3) Auch das von Jakobsthal angegebene Kkltebindungs- 
verfahren ist seinerseits, bei voller Wiirdigung seiner Spezifitat 
und seiner relativen Ueberlegenheit iiber die Originalinethode 
bei dem grbBten Teil der Falle, bei ausschlieBlicher Anwen- 
dung nicht in der Lage, eine restlose Erfassung aller die 
spezifischen Reagine enthaltenden Sera zu ermoglichen. 

4) Nur durch eine Parallelschaltung der beiden Methoden, 
wie sie von Guggenheimer, Graetz u. a. vorgeschlagen 


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Einflufi d. Temperatur auf die Eeaktivitiit d. Syphilitikerserums. J 11 

wurde, w5re das erstrebte Ziel der Hochstleistung zu er- 
reichen. AeuBere Schwierigkeiten, vor alleni bezdglich der 
MaterialbeschaflFung, lassen aber eine Parallelschaltung der 
beiden Methoden bei einem groBeren Material untunlich er- 
scheinen. 

, 5) Durch eine Kombination der beiden genannten Methoden 
im Sinne von Thomsen und Boas lassen sich unter Er- 
haltung der wesentlichen Vorzdge jeder Einzelmethode die 
letztgenannten Schwierigkeiten beseitigen. Die Kombinations- 
methode schlieBt sich eng an das von Wassermann an- 
gegebene Originalverfahren an, ist in einer Versuchsserie, in 
der sSmtliche erforderlichen Temperaturen durchlaufen werden, 
ausfflhrbar, und beansprucht, abgesehen von etwas liingerer 
Bindungszeit, keinen nennenswerten Mehraufwand an Material 
und Arbeitskraft. Dabei weist das kombinierte Verfahren durch 
seine groBe Empfindlichkeit und Feinheit die umfassendsten 
und daher besten Leistungen auf, unbeschadet seiner volligen 
Spezifitat in biologischer und klinischer Hinsicht. 

6) Fflr eine erfolgreiche Anwendung des kombinierten 
Verfahrens darf die Bedeutung der jeweils verwendeten Ex- 
trakte, welche mehr oder weniger stark durch Temperatur- 
einflflsse in ihrer biologischen Reaktivitat mit den jeweils 
untersuchten Seris moduliert werden, nicht auBer acht ge- 
lassen werden. Soweit Original-Wassermann-Reaktion und 
Kalteverfahren getrennt in Frage kommen, erscheinen die 
cholesterinfreien Luesleberextrakte als die am meisten tem- 
peraturempfindlichen und sind in ihrer Reaktivitat oft weit- 
gehend von der Anwendung der niederen Temperaturen ab- 
hangig. Die Cholesterinextrakte zeigen dagegen geringere 
Abhangigkeit vom Temperaturoptimum und erscheinen somit 
far das getrennte Verfahren als die empfehlenswerteren. 
Bei der Kombination erfolgt ein Ausgleich zugunsten der 
Luesleberextrakte, wodurch eine gleichwertige Verwendung 
beider Extrakte ermbglicht wird. Bei der wechselnden Affinitat 
vieler Sera bald zu den Luesleber- bald zu den Cholesterin- 
extrakteri erscheint es angebracht, stets beide Extrakte neben- 
einander zu verwenden, um dadurch eine Hbchstleistung der 
Methode zu gewahrleisten. 


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112 Eberhard Schwab, Ueber den EinfluS der Temperatur U3W. 

7) Diese Hochstleistung beschrankt sich auf das dia- 
gnostische Gebiet, fOr die Feststellung feinerer Serumquali- 
taten empfiehlt es sich, durch Parallelschaltung der drei Me- 
thoden sSmtliche Mbglichkeiten zu erschopfen. 

Literaturrerzeichuis. 

• 

E. Jakobsthal, Notiz zur Theorie und Praxis der Wassermannschen 
Reaktion. Miinch. med. Wochenschr., 1910, No. 13, p. 689. 

H. Guggenheimer, Ueber den Einflu6 der Temperatur auf die Wasser- 
mannsche Syphilisreaktion. Miinch. med. Wochenschr., 1911, No. 26. 

Neufeld und Handel, Ueber Komplementbindung und Komplement- 
ablenkung bei 0 und bei 37“ Arbeiten a. d. Kaiserl. Gesundheitsamt, 
Bd. 38, 1908. 

K. Altmann und F. Zimmern, Ueber den EinfluS der Temperatur auf 
die Komplementbindung bei Syphilis. Arch. f. Dermat. u. Syph., Bd. Ill, 
p. 837. 

— Ueber don Einflufi der Temperatur auf die Komplementbindung bei 
Syphilis. Ebenda, Bd. 116, p. 871. 

H. Sachs und K. Altmann, Ueber den Einflufi der Reaktion auf das 
ZuBtandekommen der Wassermannschen Komplementbindung bei Syphilis. 
Berl. klin. Wochenschr., 1908, No. 14, p. 699. 

-Ueber den Einflufi von Temperatur und Medium auf die Sero- 

diagnostik der Syphilis. Zeitschr. f. Iramunitatsf. u. exp. Ther., Bd. 26, 
Heft 5. 

Fr. Graetz, Ueber den Einflufi der Temperatur auf das Komplement- 
bindungsvermogen bei der Wassermannschen Reaktion. Zeitschr. f. Hyg. 
u. Infektionsk., Bd. 89, p. 285. 

Satta und Donati, Arch, per le scienze med., Vol. 23, No. 11. 

E. Thomsen und H. Boas, Der Einflufi der Temperatur auf die Kom¬ 
plementbindung in der Wassermannschen Reaktion. Zeitschr. f. Im- 
munitiitsf. u. exp. Ther., Bd. 18, p. 516. 

R. Bottler, Ueber die Brauchbarkeit von Rinderherzextrakten mit Chole- 
sterinzusatz bei der Wassermannschen Reaktion. Arch. f. Dermatol, u. 
Syphilis, Bd. 116, Heft 1, p. 259. 


Kroinmnnn»ch« Kaehdruckeret (Herroann Pohli>) in Jena. 491G 


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Zeitscluifl; I ImmimitUrscliimg. Originala Bi 32. No. 2. 


Nachdruck verboten. 

[Aus dem bakteriologisch-serologischen Laboratorium der hygie- 
nischen Untersuchungsanstalt des Volksgesundheitsamtes in Wien 
(Vorstand: Prof. Dr. Russ).] 

Experimentelle Studlen Qber die Fnnktion der Mllz bel 
der Agglntinlnproduktion. 

Von 

Prof. Dr. Viktor K. Russ und Assistenten Dr. Leopold Kirscbner. 

Mit 8 Kurven ira Text. 

(Eingegangen bei der Redaktion am 2. Dezember 1920.) 

Die Entdeckung der Tatsache, daB der Organismus auf 
die parenterale Einfiihrung von verschiedenen Substanzen rait 
der Bildung spezifischer Schutzstoffe reagiere, hat begreiflicher- 
weise die Anregung gegeben, jene Zellkomplexe des Korpers 
zu suchen, in welchen diese „Antik6rper“ gebildet werden. 
Es wurde zu weit fiihren, wollten wir bier auf die ausgedehnte 
Literatur flber diese Frage auch nur kursorisch eingehen, es 
sei nur erwahnt, daB eine betrachtliche Anzahl von Autoren in 
erster Linie die lymphatischen Zellkomplexe im Kbrper (Leuko- 
cyten, Milz, Knochenmark, Lymphdriisen, Thymus etc.) als die 
Quellen jener Reaktionsprodukte auffassen, welche wir je nach 
ihrer Wirksamkeit als Antitoxine, Agglutinine, Prkzipitine, 
HSmolysine usw. bezeichnen. Diese Annahme stiitzt sich zum 
Teil auch auf Beobachtungen frtiherer Zeit, wonach bei ge- 
wissen Infektionskrankheiten gerade diese Zellverbande patho- 
logische VerSnderungen (Schwellungen u. dgl.) oder aber in 
vitro nachweisbare bakterienfeindliche Eigenschaften zeigen 
(Phagocytose) (Metschnikoff, Cesario Dem el, Kurlow, 
Tictin, Bardach, Melnikow-Raswedenkow, Cour- 
raont und Duffreau, Blumreich und Jacoby, etc.). Be- 
sonders die Milz wurde vielfach untersucht, ob sie als der 
Ausgangspunkt fur die im Blutserum nachweisbaren Antikorper 

ZeiUchr. f. ImmunilltUforschung. Orig. Bd. 32. 8 


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114 


Viktor K. Rubs und Leopold Kirschner, 


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anzusehen sei (Kanthak, Tizzoni und Cantani, Fok und 
Scabia, Muntuori, Benario, Pfeiffer und Marx, 
Wassermann, Shibayama, Domeny, Tarrasewitsch, 
Jakuschewitsch, Deutsch, Leukart und Becht, 
McGowan, Hektoen u. a. m.)- Die Resultate der durchge- 
fiihrten Untersuchungen sind recbt verschieden und stehen sich 
vielfach schroff gegeniiber. Ein Teil der Autoren findet, daB Ex- 
trakte aus der Milz und anderen lymphatischen Organen immuni- 
sierter Tiere sich gegeniiber dera zugehdrigen Antigen in vitro 
wesentlich wirksamer erweisen als das Blutserum derselben, wkh- 
rend wieder andere Untersucher gerade zu einem gegenteiligen 
Ergebnisse komraen. DemgemkB ziehen erstere Forscher den 
SchluB, daB das betrefifende Organ als BildungsstStte des Anti- 
kbrpers aufzufassen sei, wfihrend letztere dessen Bedeutung filr 
die Produktion der Abwehrstoffe leugnen. Abgesehen von dera 
Urastande, daB die Untersuchungen der verschiedenen Autoren 
vielfach rait einer recht differenten Technik durchgefiihrt sind, 
haftet der Mehrzahl jener Experiraente, in welchen Organextrakte 
beniitzt wurden, eine geraeinsarae Fehlerquelle an: Die beiden 
Vergleichsobjekte, welche am tertium comparationis — dera An¬ 
tigen — in vitro oder in vivo quantitativ gemessen werden, 
stellen in Wirklichkeit ja nur das Vehikel fiir die eigentlich zu 
untersuchende Substanz dar, fiir deren quantitatives Vorhanden- 
sein wieder nur relative MaBstSbe gelten. In alien erwShnten 
Versuchen sind nun die beiden Vehikel — Blutserum einerseits 
und Milz- bzw. Organextrakt andererseits — von Haus aus so 
verschieden, daB sie niemals als Basis zu einem relativen Ver- 
gleich herangezogen werden konnen und aus dem Ausfall sol- 
cher Versuche dann weitere Schliisse gezogen werden diirfen. 
Die Herstellung des Organextraktes x ist ja eine rein willkiir- 
liche, namentlich was die Menge des Extraktionsmittels — meist 
handelt es sich urn physiologische Kochsalzldsung — anlangt. 
Der Nachweis, daB in einem Organextrakt mehr Antikorper 
enthalten sind, d. h. daB er in starkeren Verdiinnungen das 
Antigen spezifisch zu beeinflussen vermag als das Blutserum, 
gestattet nicht, aus einem solchen positiven Ausfall des Ver- 
suches zu schlieBen, dieses Organ sei die BildungstStte des 
Antikdrpers. Hier liegt der Einwand nahe, daB man eben von 
einem zu konzentrierten, den natiirlichen Diluitionsverhaltnissen 



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Experimentelle Studlen liber die Funktion der Milz usw. 115 


in keiner Weise entsprechenden, Materiale ausgegangen ist. 
Andererseits liegt bei einem negativen Resultat, d. h. bei 
dem Nachweise, daB der Organextrakt weniger Antikbrper ent- 
halt als das Blutserum oder deren gar keine, auBer dem Be- 
denken, daB unnatQrliche Verdiinnungsverhkltnisse im Organ- 
extrakte vorhanden waren, auch nicht die Moglichkeit vor, daB 
gerade dieses Organ, dessen Extrakt sich als so wenig wirk- 
sam erwiesen hat, als Bildungsstatte des AntikSrpers in Be- 
tracht kommt. Denn es ist ganz gut denkbar, daB die von 
einem Zellkomplex produzierten Substanzen gleichsam in statu 
nascendi sofort an die KSrperfiiissigkeit abgegeben werden und 
sich vorerst nicht so weit anhaufen, daB sie mittels der doch 
immerhin groben Methoden quantitiv nachweisbar wSren. 

Man kann wohl mit Recht sagen, daB alle diese Experimente 
zur Klarung der Frage nach der Bildungsstatte der Antikbrper 
recht wenig beigetragen haben. Man steht auf diesem Gebiete 
auch heute trotz mannigfaltiger anderer Experimente, die wir 
gleich besprechen werden, noch immer lediglich auf dem Bo- 
den der Hypothese. 

Diese Versuche, auf welche wir eben anspielten, stellten 
es sich zur Aufgabe, per exclusionem das als Bildungsstatte 
der AntikSrper in Betracht kommende Organ festzustellen oder 
mit anderen Worten, zu prlifen, ob ein Organismus, in welchem 
man einen fiir diese Funktion als bedeutsam angenommenen 
Zellkomplex ausgeschaltet hat, noch immer in der Lage ist, 
auf die Injektion von Antigen spezifische Antikbrper zu bilden. 

Die in dieser Frage veroffentlichten Arbeiten sind auBer- 
ordentlich zahlreich (s. a. oben). Wir mbchten hier nur auf jene 
Publikationen naher eingehen, welche sich mit der Bedeutung 
der Milz als Bildungsstatte der Agglutinine beschaftigen, soweit 
sie nicht schon bisher ausfiihrlich in den verschiedensten Pu¬ 
blikationen referiert sind, wie z. B. die Mitteilungen von Rath, 
Van Emden, Deutsch etc. Besonders wichtig erscheinen 
uns von den neueren Mitteilungen die Arbeit von Kraus und 
Schiffmann, in welcher gezeigt wird, daB Tiere, welche 6 
Tage vor der Injektion des Agglutinogens splenektomiert worden 
sind, ebensogut Agglutinine bilden, wie Kaninchen, bei denen 
24 Stunden, 48 Stunden oder 3 Tage nach der Antigeninjektion 
die Milz entfernt worden war. Beide Gruppen von Versuchs- 

8 * 


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116 


Viktor K. Russ imd Leopold Kirschner, 


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tieren unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Agglutininbildung 
in keiner Weise von entsprechenden Kontrolltieren. Demnach 
stehen die Autoren auf dem Standpunkte, daB die Milz als 
Bildungsstatte der Agglutinine nicht in Betracht koinmt, eine 
Annahme, fiir welche sie noch als weitere Stiitze die Tatsache 
anfuhren, daB die Agglutinine nach Antigeninjektion im Blute 
wesentlich friiher und weiterhin auch in groBeren Men gen auf- 
treten als in Extrakten aus der Milz der immunisierten Ka- 
ninchen. Der Ausfall ihrer Versuche veranlaBt die Autoren auch, 
sich gegen die Annahme von Deutsch (iber die Entstehung 
von sogenannten Proagglutininen in den inneren Organen zu 
wenden. Sie weisen ausdrhcklich hin, daB die Agglutinine im 
Gegensatze zu den bakteriziden Antikorpern nicht in der Milz, 
dem Knochenmark oder den Lymphdriisen ihre Ursprungs- 
quelle besitzen, sondern innerhalb des GefaBsystems gebildet 
werden. Aehnliches gilt von den Pr^zipitinen. Zu tibereinstim- 
menden Resultaten war schon friiher Castellani gekommen, 
der nach weisen konnte, daB die Agglutinine gegen Ruhrbazillen 
friiher im Blutserum erscheinen, als sie in Milzextrakten nach- 
weisbar sind. Hektoen, der entmilzten Kaninchen Menschen- 
blut injiziert hatte, beschreibt ein geringes Auftreten von PriLzi- 
pitinen, reichlicher Hamagglutinine und spkrlicher Lysine, wor* 
aus er den SchluB zieht, daB die Splenektomie vor der Immu- 
nisierung die Bildung eiuzelner Antikorper mehr einschrSnkt 
als die anderer. Er miisse der Milz und den lymphatischen Or¬ 
ganen bei der Antikorperproduktion eine entscheidende Rolle 
zuschreiben, da einerseits seine Versuche mit Hamolysinen dafur 
sprechen, andererseits aber auch die Experimente von Car ell 
und Ingebrigtsen, welche mitteileu, daB es ihnen gelungen 
sei, auBerhalb des Organismus in kiinstlichen Kulturen von 
Knochenmark- und Lymphdriisengewebe bei Anwesenheit von 
Antigen eine Antikorperproduktion zu beobachten (Hamolysine). 
Auch Leu kart und Becht geben an, daB Hunde nach vor- 
heriger Entmilzung schlechter Hamolysine produzieren als nor- 
male, bei welchen sie — um dem Einwand, daB die Shockwirkung 
der Operation diesen EinfluB ausiibe, zu begegnen — lediglich 
eine Laparotomiewunde gesetzt batten. In gewisser Hinsicht ge- 
horen auch die Versuche von Brezina hierher, welcher durch 
subkutane Injektion von Meerschweinchenmilz an Htihnern und 



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Experimentelle Studieu iiber die Funktion der Milz usw, 117 

Enten ein gegen dieses Organ gerichtetes Antiserum herstellte, 
mit welchem er dann Meerschweinchen mehrmals behandelte, 
uni eine Schadigung der Milzzellen zu erzielen. Einige Zeit nach 
dieser Vorbehandlung erhalten die Meerschweinchen dann eine 
Injektion von Coli-Kultur, worauf dann 8 Tage spater ihr Serum 
auf den Agglutiningehalt gegenuber Bact. coli gepruft wird. 
Das Ergebnis dieser Versuche laBt sich dahin zusammenfassen, 
daB die mit dem Antimilzserum vorbehandelten Meerschwein¬ 
chen eine wesentliche Herabsetzung der Fahigkeit, Agglutinine 
zu produzieren, besitzen. Ganz gleiches gilt von Tieren, welche 
mit einem Antiknochenmarkserum vorbehandelt waren. Diese 
Versuche wiirden wieder darauf hindeuten, daB die Milz ebenso 
wie das Knochenmark ftir die Bildung der Agglutinine sehr 
notwendige Organe darstellen. 

Eigene Versuche. 

I. 

Vorerst suchten wir uns zu uberzeugen, welchen EinfluB 
die Exstirpation der Milz auf die Bildung der Agglutinine be- 
sitze. Zu diesem Zwecke stellten wir die Versuchsreihe la mit 
3 moglichst gleichgewichtigen Tieren ein, von denen wir bei 
zweien in ilblicher Weise die Splenektomie vornahmen, wShrend 
das dritte Tier zur Kontrolle diente'). 10 Tage nach der 

Operation — die Wunde war inzwischen per primam geheilt — 
verabreichten wir den beiden entmilzten Kaniuchen [No. 21 *) 
und No. 60] ebenso wie dem Kontrolltiere (No. 38) eine intra- 
venose Injektion von Oese Typhusbacillen, abgetotet durch 
V 2 Stunde bei 58°. Von nun an wurde den Tieren in Intervallen 
von 2 Tagen ein ProbeaderlaB (ca. 1 V 2 ccm Blut) aus der 
Ohrvene gemacht und das gewonnene Serum auf seinen Ag- 

1) Wir mochten hier nur kurz erwahnen, dafi sich die Splenektomie 
bei Kaninchen aU eine ganz einfache Operation erwies. die wir derart durch- 
fiihrten, dafi wir nach Erdft’nung des Peritoneums die Milz vorzogen und 
den ganzen Stiel doppelt ligierten und hierauf durchschnitten. Der Stumpf 
wurde wieder in die Bauchhohle versenkt, hierauf das Peritoneum, dann 
die Muskulatur mit Seide genaht und dariiber die Haut mit Michelschen 
Klammern geschlossen. Die Wunde wurde sodann mit Dermatol bestreut 
und mit EoUodium iiberstrichen. 

2) Das Kaninchen Xo. 21 war schon friiher mit Menschenserum vor- 
behaudelt worden und hatte sich als schlechter PrazipitinbUdner erwieseu. 


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118 Viktor K. Rubs und Leopold Kirschner, 

glutiningehalt mit dem homologen Typhusstamra geprflft, dessen 
gate Agglutinabilitat wir durch einen Kontrollversuch mit einem 
hochwirksamen agglutinierenden Serum jeweils festgestellt 
batten. 

Die Priifung dee Agglutiniugehaltea erfolgte ausBchliefilich makro- 
Bkopisch. Die Beobachtungszeit der Proben wurde mit 4 Stunden bei 37 ® 

Kuliiclieii 11=21 [ in Okliber 1919 mil Hiuscliensenin injuledjeringe PrblpltinkiUtng/^kiVizifctuitittr I'-IOO i-fjtptr lU 

lnj(litloMn:*Vi (inKclieuirii,>ViJi., Ti^nensduns(rv«,%Vullcs{ iUi|Ctilct,% !i0cs(obgetild 



Kurve 1. 


gewiihlt, wonach die Ablesung rait der Lupe erfolgte. Der Einfachheit 
halber wurden nur drei Werte angenommen: komplette Agglutina¬ 
tion bei klarer iiberstehender Fussigkeit und massigem Bodensatze (in den 
Kurven mit dem dicken Strich verzeichnet), inkomplette Aggluti¬ 
nation bei vorhandenem Bodensatz und leicht getriibter, feinflockiger iiber- 
stehender Elussigkeit (in den Kurven mit dem diinnen Strich verzeichnet) 
und endlich Spur Agglutination bei Fehlen eines Bodensatzes, jedoch 
noch mit der Lupe eichtbarer Flockenbildung (in den Kurven mit dem 
punktierten Strich verzeichnet). Begonnen wurde mit einer Serum- 


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ExperimeDtelle Studien uber die Funktion der Milz usw. HQ 

verdunnung von 1 :12,5, zu welcher wir die gleiche Menge einer Auf- 
Bchwemmung von TTphusbacillen (eiue 24-8tundige Schriigagarkultur in 
10 com physiologischer Eochsalzldsung) zufugten. Das Giesaintvolumen der 
Fliissigkeit in jedem Proberdhrchen betrug 1 com. Mit Bucksicht auf die 
grofien Versuchsreihen haben wir nur dann Zwischenstufen in den, in den 
Kurven angefuhrten Serumverdiinnungen eingeschaltet, wenn das gewon- 
nene Resultat uns nicht eindeutig erschien. 

ha/imclm It 38 [norntiiUs’li«r],nitlil ipjrierl 

ln|iktlonin:%)illue(iPj(&Ul.% H Oese iLti{<iI(t, 'M %0ese atg^UId 



Kurve 2. 


Diese Versuchstechnik verwendeten wir bei alien folgend verzeich- 
neten Versuchen vollig gleichmafiig. 

Aus den vorstehenden Kurven 1 und 2^ ist das zeit- 
liche Auftreten der Agglutinine und deren quantitives Verhalten 
im Serum der Versuchstiere zu ersehen. 

1) Infolge der Druckkosten miissen wir auf Ersuchen des Verlagea 
auf die Wiedergabe einer grbfieren Zahl von Kurven verzichten. 


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Originaifrom 

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120 


Viktor K. Euss und Leopold Kirschner 


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Dabei ergibt sich die interessante Tatsache, daB die ent- 
milzten Kaninchen (No. 21 und 60) im Laufe der nachsten 16 
Tage nach der erfolgten Injektion von Typhusbacillen nur 
spurenweise Agglutinine bildeten, wahrend das normale Tier 
(No. 38) auf die gleiche Menge Agglutinogen bereits am 6. Tage 
nach der Injektion deutliche Mengen von Agglutininen in sei- 
nem Serum aufwies, welche bis zum 12. Tag eine noch weitere 
Steigerung erfuhren, um sich dann wieder etwas zu verringern. 

Wir mochten hier darauf hinweisen, da6 das als schlechter Prazipitin- 
bildner uns bereits bekannte Kaninchen No. 21 auf die Agglutinogeninjektion 
sogar etwas besser reagierte als das Kaninchen No. 60. 

Zu einem fast kongruenten Ergebnisse gelangten wir bei 
der Versuchsreihe Ib, die sich ebenfalls uber 3 Kaninchen 
(No. 41, 53 und 58) erstrekte, von denen wir zwei entmilzt 
hatten (No. 41 und 53) und sonst genau so mit ihnen verfahren 
waren, wie mit den Tieren der Versuchsreihe la, d. h. auch 
diese Tiere erhielten 10 Tage nach der Operation eine intra- 
venSse Injektion von Vio Oese abgetoteter Typhusbacillen (der- 
selbe Stamm wie bei Versuchsreihe la), worauf in 2-tagigen 
Intervallen die Aderiasse gemacht wurden. 

Die nachfolgende Kurve 3 zeigte das gewonnene Versuchs- 
resultat fiir Kaninchen No. 41. Die Kurve der Kaninchen No. 53 
und 58 entsprachen vollig denen der Kaninchen No. 21 bzw. 
38 des vorigen Versuches. 

Auch hier sehen wir, daB die beiden entmilzten Tiere inner- 
halb des Zeitraumes von 16 Tagen nach der Injektion nur ganz 
geringe Mengen von Agglutininen in ihrem Serum erkennen 
lassen, wogegen das, eine Milz besitzende Kontrolltier bereits 
am 4. Tage nach der Injektion Agglutinine im Blute fiihrte. 

Aus diesen beiden Versuchen geht wohl einwandfrei her- 
vor, daB dieSplenektomie auf dieBildung der Ag¬ 
glutinine einen deutlich hemmenden EinfluB aus- 
iibt, wie er fiir die Produktion von Hamolysinen bereits von 
anderer Seite gefunden wurde (s. o., Leu kart und Becht, 
Hektoen etc.). 

Wir werden nicht fehlgehen, wenn wir aus unseren Ver- 
suchsergebnissen den SchluB ziehen, daB derMilz einebe- 
deutsameRollealsBildungsstattederAgglutinine 
z u k 0 m m t. 


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Experimentelle Studien iiber die Funktion der Milz usw. 121 


Kaninchtn [nomalesTier] opcriertan 

Injektionen^ % '/cOtse aijetttd, "4 '4 Oesc aiijeUtd, ’^4 



Kurve 3. 


Es ergab sich nun von selbst die Frage, in welcher Weise 
die entmilzten Kaninchen auf eine neuerliche Injektion des- 
selben Agglutinogens reagieren wtirden. Wir injizierten daher 
alien 6 Kaninchen der Versuchsreihen la und Ib 16 Tage nach 
der ersten Injektion ein Quantum abgetoteter Typhusbacillen 
und setzten die Auswertung der zweitagig gewonnenen Ader- 
l^sse in gleicher Weise, wie bisher, fort. 

Wenn wir nun die Kurven 1—3 weiter verfolgen, so er- 
sehen wir aus dem steilen Ansteigen der Agglutininkurve, daB 
auch die entmilzten Tiere nunmelir rasch und kraftig Agglutinine 
zu bilden vermSgen, deren Quantitat ungefahr den Agglutinin- 
mengen der nicht entmilzten Tiere, wShrend der 16 Tage nach 
der ersten Injektion die Wage halt, ohne sie allerdings vSllig 
zu erreichen. DaB die nicht entmilzten Tiere eine weitere Stei- 


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122 


Viktor K. Buss und Leopold Eirschner, 


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gerung des Agglutinintiters ihres Serums aufwiesen, ist natiir* 
lich zu erwarten gewesen. AuflFailig ist, dafi bei den entmilzten 
Tieren das Auftreten der Agglutinine nach der zweiten Injektion 
rascher zu erfolgen scheint als bei den nicht entmilzten nach 
der ersten Einspritzung des Antigens, gleichsam als wollte sich 
der Organismus beeilen, den Zeitverlust, den er durch die feh- 
lende Milz fflr die Bildung der Antikorper erlitten hatte, jetzt 
hereinzubringen. 

Der Ausfall dieser zweiten Periode unserer beiden ersten 
Versuchsreihen deutet wohl darauf bin, daBder Organismus 
durch den Reiz der ersten Antigeninjektion ver- 
anlaBt wurde, anStelle der fehlenden Milz alseiner 
der wichtigsten Bildungsstatten der Agglutinine 
vikariierend fiirdiesenZweckgeeigneteZellkom- 
plexe noch mehr zubefShigen, mit einer kraftigen 
Agglutininproduktion auf die zweite Agglutino- 
geninjektion einzusetzen. 

Beim weiteren Studium der Kurven 1—3 sehen wir nun, 
dafi auch nach der zweiten Injektion der Agglutinationstiter 
des Serums der entmilzten und normalen Kaninchen kein gleich- 
maBig hoher bleibt oder sonst eine RegelmaBigkeit in seinem 
Verhalten aufweist. Bei einem der milzfflhrenden Tiere (No. 58) 
halt sich der Titer ungefahr auf gleicher H8he, wahrend bei 
dem anderen bald ein betrachtliches Absinken festzustellen ist. 
Wenn nun auch a lie entmilzten Tiere eine Verringerung des 
Agglutiningehaltes ihres Serums zeigen, so ist doch dieselbe 
nicht immer so deutlich ausgepragt, daB daraus weitere Schlusse 
auf ein baldiges Versagen der vikariierenden Zellkomplexe als 
Bildungsstatten der Agglutinine gezogen werden konnten. Jeden- 
falls vermag eine dritte Injektion desselben Antigens wieder 
eine Erhohung des Agglutiningehaltes der entmilzten wie auch 
der normalen Tiere hervorzurufen. 

AnschlieBend an die beiden erwahnten Versuchsreihen 
mochten wir eine weitere (II) erwahnen, welche 2 Kaninchen 
umfaBt, die wir vor der Splenektomie bereits seit langerer Zeit 
mitTyphusbazillen behandelt batten (Kaninchen No. .56 und 72). 
Diese Versuche stellten nur eine Wiederholung bereits be- 
kannter Experimente dar, welche zeigten, daB die Entmilzung 
immunisierter Tiere keinen EintluB auf den AntikOrpergehalt 



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Kmiiiitrmi ItSS I TwnuS-lBimnatitr]. cptnert s® 1 Jt <^< 9 . 

ImekUifun: Hi y..itsi 54t(les» itjJlolsl.Ji *Aait3t abg«tiT»l,“A'/»lltse liitOMH/kk im 'Aim ikjrtiUI,‘Vi Vilm OfitfUl 


Experimentelle Studien liber die Funktion der Milz usw. 123 


des Serums besitze. DaB nach der Operation eine vorflber- 
gehende Verringerung der Agglutinine zu konstatieren sein 



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124 


Viktor K. Russ und Leopold Kirschner, 


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werde, war mehr oder weniger zu erwarten, da ja die Splen- 
ektomie immerhiii einen Eingriff darstellt, den der Organismus 
nicht Yollig reaktionslos hinnehmen diirfte und wir ja wissen, 
daB die inannigfaltigsten auBeren Einfliisse zu oft betracht- 
lichen Schwankungen des Antikorpergehaltes des Blutserums 
AnlaB geben konuen. 

In der Tat verraSgen wir aus der Kurve 4 zu entnehnien, 
daB bei Kaninchen No. 56 wenige Tage nach der Operation 
ein ziemlich jaher Absturz der Agglutininkurve erfolgt, der 
erst durch eine neuerliche Injektion von Antigen bis 10 Tage 
nach der Operation paralysiert wird. Bei Kaninchen No. 72, 
welches wie Kaninchen No. 56 behandelt wurde, tritt ein sol- 
cher Abfall des Agglutiningehaltes nicht so deutlich zutage, 
wenn er auch hier erkennbar ist. Eine neuerliche Injektion treibt 
den Titer bald iiber die friihere Hohe hinaus. Nach diesen bei- 
den Versuchen miissen wir uns der Ansicht jener Autoren an- 
schlieBen, welche sagen, daB die Splenektoinie des bereits anti- 
korperfuhrenden Tieres keinen dauernden EinfluB auf den Anti- 
korpergehalt des Blutes ausiibt. 

Diese Tatsache steht mit den Befunden unserer Versuchs- 
reihen la und Ib in keinerlei Widerspruch, da wir ja daraus 
gerade mit Sicherheit annehmen konnen, daB die Milz nicht 
allein befahigt ist, Antikorper zu produzieren, sondern daB 
bei der Iminunisierung sicherlich auch andere Zellkomplexe — 
vielleicht nur die lymphatischen Organe — an der Antikorper- 
bildung beteiligt sind. Es mag sein, daB diese Mitwirkung unter 
normalen Verhaltnissen in geringerem MaBe sich ausdruckt. 
Man kann sich nun gauz gut vorstellen, daB bei einem im- 
munisierten Tiere der Agglutiningehalt des Serums die Summe 
aller Agglutininmengen darstellt, welche von den zur Ag- 
glutininproduktion allerdings verschieden befahigten, aber gleich- 
maBig gereizten, diversen Zellkomplexen gebildet worden waren. 
Wird nun auch der, vielleicht wichtigste Faktor — die Milz — 
plotzlich ausgeschaltet, so bleibt den iibrigen, wenn auch min¬ 
der intensiv bisher funktionierenden Organen die Produktions- 
kraft nicht nur in gleichem MaBe erhalten, sondern sie iiber- 
nehmen rasch auch noch die Aufgabe des ausgefallenen. So 
tritt keine wesentliche Storung in der Agglutininbildung auf, 
wenn man den oben erwahnten Absturz in der Kurve iiber- 



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Experiraentelle Studien iiber die Funktion der Milz usw. 125 


haupt als solche durch den Ausfall der Milz und nicht allein 
durch den geschehenen Eingriff auffassen will. WShrend hier 
die mit der Antikorperproduktion schon beschaftigten „Bildungs- 
statten zweiter Ordnung^ nur mehr eine quantitativ erhohte 
Leistungsfahigkeit aufweisen mussen, welche sicherlich viel 
rascher einsetzen kann, sind diese bei der Versuchsanordniing 
unserer Experimente la und Ib, soweit sie sich auf die ent- 
milzten Tiere beziehen, genotigt, von Haus aus eine verstarkte 
Antikorperproduktion zu vollflihren, wozu sie eben nicht nur 
einer langeren Zeit, sondern auch eines intensiveren Reizes in 
Form einer neuerlichen Antigenzufuhr bediirfen, 

II. 

Nachdem wir nun festgestellt zu haben glauben, daB die 
Milz ein wichtiger Faktor bei der Agglutininproduktion ist, 
haben wir es unternommen, die von F1 e c k s e d e r geinachten 
klinischen Erfahrungen experimentell zu untersuchen. Bekannt- 
lich konnte Fleckseder feststellen, daB im Blute von Per- 
sonen, welche einmal an Typhus gelitten hatten oder einer 
Typhusschutzimpfung unterzogen worden waren, bei spater 
auftretenden fieberhaften Erkrankungen verschiedenster Aetio- 
logie eine Steigerung des agglutinatorischen Titers im Serum 
gegeniiber Typhusbacillen, verbunden mit einer Milzschwel- 
1 u n g, nachzuweisen sei. Diese ErhShung des agglutinatorischen 
Titers und der akute Milztumor lieBen sich auch ohne daB sie 
an einer fieberhaften Erkrankung augenblicklich litten, experi¬ 
mentell durch Injektion von fiebererregenden Mitteln (Deutero- 
albumose, Natrium nucleinicum, Streptokokkenvaccine) erzeu- 
gen. Fleckseder zieht aus seinen Beobachtungen den viel- 
leicht zu weitgehenden SchluB, daB die Wirkung der genannten 
pyrogenen Stoffe ebenso wie interkurrierende Temperatur- 
erhohungen durch irgendwelche Erkrankungen „zu einer Art 
Ausschflttung oder Ausschwemmung von Agglutininen aus ge- 
wissen inneren Sammel- und Bildungsstatten ftihren“ und daB als 
solche besonders die Milz in Betracht kame. Nachdem Weich- 
hardt und seine Mitarbeiter bereits friiher die von vielen 
Seiten beschriebene giinstige Wirkung der Proteinkorpertherapie 
auf die sog. „Protoplasmaaktivierung“ zurflckgefiihrt hatten, 
stellen sich Weichhardt und Schader auf den Standpunkt, 


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126 


Viktor K. Euss und Leopold Kirschner, 


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daB auch die Beobachtungen Fleckseders auf eine Rich- 
tung der Protoplasmaaktivierung zu beziehen seien. Sie konn- 
ten zeigen, daB der Agglutinationstiter des Serums von Ka- 
ninchen, welche mit TyphusimpfstoflF immunisiert waren, nach 
einer und nach mehreren Injektionen pyrogener StofFe (Deu- 
teroalbumose. Natrium nucleinicum, Milch) eine wesentliche 
Steigerung erfShrt. Zwar erhohte sich der Gehalt an Normal- 
agglutininen gegenUber Typhusbacillen im Serum nicht vor- 
behandelter Tiere auch, jedoch nur nach der ersten Injektion 
pyrogener Substanzen, wahrend eine zweite Injektion bewirkt, 
daB die Menge der Normalagglutinine sogar unter den Durch- 
schnitt sinkt. Sowohl aus den Versuchen Fleckseders am 
Menschen, wie auch aus den Experimenten Weichhardt und 
Schaders an Tieren hat sich ergeben, daB die Deiiteroalbu- 
mose hinsichtlich der Steigerung des Agglutinintiters das wirk- 
samste pyrogene Mittel ist, was der erstgenannte Autor auf 
den Umstand bezieht, daB es ein nur kurz dauerndes Fieber 
setzt. Fleckseder stellt sich den Zusammenhang zwischen 
Fieber und erhohtem Agglutiningehalt des Serums so vor, daB 
er annimmt, die mit dem Milztumor verbundene stBrkere 
Durchblutung dieses Organes bewirke einen Reiz auf die 
Milz zur verstarkten Agglutininbildung, wShrend die darauf- 
folgende Verkleinerung der Milz erst zur Ausschwemmung 
der Agglutinine in das Blut fflhrt. Ob diese Annahme dem 
tatsachlichen Vorgange entspricht, mag dahingestellt bleiben, 
da es bei dieser Vorstellung darauf ankSme, daB die Zell- 
elemente der Milz die von ihnen produzierten Agglutinine 
zuerst so lange speichern, bis die Verkleinerung der Milz auf- 
tritt, welche dann die Agglutinine gleichsam aus den Zell- 
elementen in den Blutstrom preBt. Gegen eine solche Speiche- 
rung sprechen aber die Untersuchungen alterer Autoren (s. o.) 
— soweit sie nach den eiugangs gemachten kritischen Be- 
merkungen uberhaupt zur Klarung der Frage von der Milz- 
funktion bei der Agglutininbildung herangezogen werden 
konnen — wonach sich Extrakte der Milz agglutininfuhrender 
Tiere als nicht oder nur wenig spezifisch wirksam erwiesen 
batten. 

Urn die Wirkung der Deuteroalbumose auf entmilzte und 
mit Typhusbacillen immunisierte Tiere zu studieren, haben 



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Experimentelie Studien iiber die Funktion der Milz ubw. 127 

wir zuerst einen Vorversuch unternommen und dem Kaninchen 
No. 60 der Versuchsreihe la, welches vor fast 4 Monaten 
splenektomiert und hierauf mit Typhusbacillen immuoisiert 
worden war und sich als guter Agglutininbildner erwiesen 
hatte, eine Menge von 0,1 g Deuteroalbumose Merck — gelost 
in 2 ccm physiologischer KochsalzlSsung — subkutan injiziert. 
Durch mehrere Tage vorher batten wir uns durch viermalige 
Messungen der Kdrpertemperatur (rektal) von deren normalen 
Stande iiberzeugt und durch gleichzeitige kleine Aderl^se 
(ca. 1 ccm Blut jedesraal) und nachfolgender Titrierung des 
Serums mit dem homologen Stamm dessen Gebalt an Agglu- 
tininen festgestellt. 

Die Injektion der Deuteroalbumose bewirkte eine ca. 
4 Stunden spSter bereits einsetzende deutliche Temperatur- 
steigerung von intermittierendem Charakter und relativ kurzer 
Dauer. In den der Injektion folgenden 36 Stunden wurde 
vierstiindlich, dann spSter zweitSgig das durch Aderltlsse ge- 
wonnene Serum mit dem homologen Stamm agglutinatorisch 
ausgewertet. Wir konnten eine nennenswerte Steigerung des 
Agglutinationstiters nach der Deuteroalbumose-Reaktion nicht 
feststellen, denn die 16 Stunden nach der Injektion zu be- 
obachtende geringe Erhohung liegt innerhalb der Schwankungs- 
grenzen, wie wir sie bei immunisierten Tieren hSufig wahr- 
nehmen konnten. Dieser Versuch schien ffir die von 
Fleckseder gemachten Beobachtungen zu sprechen, da 
eben bei einem entmilzten Tiere eine Ausschwemmung der 
Agglutinine aus der Milz nach Injektion von pyrogenen 
Stoffen nicht auftreten konnte. Auf die bei solchen Tieren 
vikariierend agglutininproduzierenden Zellkomplexe schien das 
Fieber ohne Wirkung hinsichtlich einer Ausschwemmung 
zu sein. 

Es war uns nun interessant, zu ermitteln, ob auch bei 
einer grSBeren Versuchsreihe unter Verwendung verschiedener 
pyrogener Stoflfe diesel ben Tatsachen zu konstatieren wUren. 
Die Versuchsreihe III sollte uns in dieser Hinsicht AufklUrung 
bringen. Sie bestand aus 5 Kaninchen, von denen No. 58 
der Versuchsreihe la wohl mit Typhusbacillen immunisiert, 
aber nicht entmilzt war, wShrend wir bei den tibrigen 4 Tieren 
(No. 16, 29, 41 und 53) vor 122 bzw. 70 Tagen die Splen- 


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128 


Viktor K. Russ und Leopold Kirschner, 


ektomie vorgenommen batten, worauf alle Tiere der Immuni- 
sierung rait Typhusbacillen durcb raebrmalige Injektionen in 
gleicber Weise unterworfen worden waren. Alle Kanincben 
batten scbon vor iSngerer Zeit (80 bzw. 27 Tage) die letzte 
Agglutinogeninjektion erbalten, wonacb wir zweitSgig den 

Kanincben us-Immunlier], opcriert am 22.1.15110 



Kurve 5. 


Agglutinintiter des Serums niit dem boniologen Stamnie be- 
stimmten. 

Von diesen Tieren erhielten No. 58 und 16 je 0,3 g Deuteroalbumose, 
gelost in je 2 ccm physiologischer Kochsalzlosung, Kanincben No. 29 wurde 
mit 5 ccm steriler Milch injiziert, Kanincben No. 41 verabreichten wir 
2 Oesen einer 24-8tundigen Staphylokokken - Schragagarkultur, aufge- 
schwemmt in 2 ccm physiologischer Kochsalzlosung und abgetotet durch 
V.., Stunde bei 58®; eine ebenso vorbcreitetc Aufschwemmung von 2 Oesen 


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Experimentelle Studien fiber die Funktion der Milz usw. 129 

CholeraBchragagarkoItur wurde dem Kanmchen No. 53 eingespritzt. Alle 
Injektionen erfoigten intramuskular. Ffir die letzte erwahnte Behand- 
lung des Kaninchens No. 53 war der Gedanke maBgebend, dafi durch die 
Injektion der Cholerakultur wohl der Eintritt einee Temperatursturzes 
zu erwarten war, deesen Wirkung auf den Agglutioiogehalt des Serums 
wir im Gegeusatze zur Temperatursteigerung kenneu lemen wollten. 

I»ri«tli9n If 58[Tj(plius-I«iiniirtierJ,niciitoperIert. 



Kurve 6. 


Die Versuchsresultate sind zum Teil aus den vor- 
stehenden Kurven 5 und 6 zu ersehen. 

Es zeigt sich vor allera, daB die Injektion der Deutero- 
albumose, der Milch und der abgetoteten Staphylokokken 
einen bald einsetzenden, meist sehr deutlichen Anstieg der 
KSrpertemperatur bei alien Tieren zur Folge hatte. Bei keinem 
der entmilzten Tiere lieB sich eine Steigerung der agglutina- 

ZsItKhr. f. ImmunitaurorschanK. Orig. Bd. 32. 9 


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130 


Viktor K. Russ und Leopold Kirschner, 


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torischen Serumtiters feststellen. Allerdings wies auch das 
nicht entmilzte Kontrolltier No. 58 keine deutliche Erhohung 
desselben auf, trotzdem das Tier fieberte. Es war also zwischen 
entmilzten und milzfuhrenden Tieren kein Unterschied fest- 
zustellen. 

Interessant ist die Reaktion des Kaninchens No. 53 auf 
die Injektion der abgetSteten Cholerakultur. Wir sehen nach 
einera kurzen Temperaturanstieg, wenige Stunden nach der 
Injektion, einen sehr starken Abfall der KSrperwarme, dem 
nach einer kurzen Riickkehr zur Norm eine neuerliche Sen- 
kung folgte, Verhaitnisse, wie wir sie eigentlich erwartet haben. 
Ein ganz iiberraschendes Ergebnis brachte jedoch die Titrie- 
rung der agglutinatorischen Kraft des Serums gegentiber 
Typhusbacillen, insofern als ein betrSchtlicher Anstieg der 
Agglutinine am 4. Tage nach der Injektion zu konstatieren 
war, dem allerdings ein baldiges Absinken derselben folgte. 
Wir werden auf diesen Versuch spSter an anderer Stelle noch 
zu sprechen kommen. 

Um nachzusehen, ob nicht ein anderer Injektionsmodus 
der pyrogenen StofFe ein von dem der Versuchsreihe III 
differentes Resultat liefert, stellten wir eine Versuchsreihe IV 
auf, welche ebenfalls 5 Kaninchen umfaBte, von denen 4 ent- 
milzt worden waren, eines (No. 75) als Kontrolltier verblieb. 
Zwei dieser Kaninchen (No. 62 und 83) hatten bereits vor der 
Spleuektomie eine Immunisierung mit Typhusbacillen durch- 
gemacht, zwei andere (No. 28 und 47) erhielten die erste 
Typhusbacilleninjektion erst nach der Operation. Alle Tiere 
hatten sich schon iSngere Zeit als gute Agglutininbildner er- 
wiesen, wie wiederholte Prtlfungen ergeben hatten. Auch bei 
dieser Versuchsreihe verwendeten wir zur Aenderung der 
KSrpertemperatur Deuteroalbumose, Milch, Staphylokokken- 
kultur und Cholerakultur, jedoch bei subkutaner Injektion. 
Als Beispiel verweisen wir auf die Kurve 7 (Kaninchen 62). 

Es zeigt sich nun, dad konform der Versuchsreihe III 
auch die subkutane Injektion von Deuteroalbumose, Milch und 
abgetSteter Staphylokokkenkultur eine deutliche Temperatur- 
steigerung zur Folge hat. Eine VerSnderung des Agglutinin- 
gehaltes im Serum entmilzter Tiere konnten wir aber auch 
hier nicht in dem Made feststellen, dad daraus irgendwelche 



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Experimentelle Studien tiber die Funktion der Milz usw. 131 


Schlfisse im Sinne der Beobachtungen Fleckseders am 
Menschen gezogen werden konnten. Die Agglutininkurve eines 



nicht entrailzten, mit Typhusbacillen immunisierten Tieres 
(No. 75) zeigt, daB ofter Schwankungen des Agglutiningehaltes 

9* 


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Kurve 7, 
























132 Viktor K. Russ und Leopold Kirschner, 

ohne weitere SufiereEinflusse auftreten. Die in dieser 
Hinsicht von uns geraachten Erfahrungen stimmen mit den 
schon langst in dieser Frage niedergelegten Beobachtungen 
anderer Autoren vbllig iiberein und sollen als Warnung dienen, 
aus geringgradigen Steigerungen Oder Senkungen des 
Agglutiningehaltes irgendwelche weittragende Annahmen zu 
konstruieren. 

Einer besonderen Erwahnung bedarf das Verhalten des 
Kaninchens No. 28, welches wir mit 2 Oesen abgetSteter 
Cholerakultur, diesmal jedoch subkutan, gespritzt batten. Auch 
hier sehen wir, daB als unmittelbare Reaktion auf die Injektion 
eine Temperatursteigerung eintrat, daB aber eine solche nach- 
folgende Senkung der KdrperwSrme, wie sie bei Kaninchen 
No. 53 der vorigen Versuchsreihe wahrzunehmen war, nicht 
stattfand. Wir konnten hier wohl auch einen leichten Anstieg 
des Agglutinintiters feststellen, doch war derselbe keineswegs 
so eindeutig wie beim Kaninchen No. 53. 

Bei diesen beiden Eaniuchen haben wir parallel mit der Auswertung 
des Serums auf Typhusagglutinine auch dessen Gehalt an neuentstandenen 
Choleraagglutininen gepriift, obwohl wir uns wenigstens fiir die ersten 
Aderlasse nicht viel davon versprachen, da ja die Infekfiou der Cholera¬ 
kultur erst sehr kurze Zeit vorher erfolgt war. 

Interessanterweise lieQ sich nun bei Kaninchen No. 53, welches vor 
der intramuskularen Injektion der Cholerakultur keine Spur von Cholera¬ 
agglutininen in seinem Serum fiihrte, das Auftreten von solchen beieits 
12 Stunden nach der Einverleibung der Choleravibrionen nachweisen, und 
zwar in einer solchen Menge, daU Serumverdiinnungen von 1:200 noch 
komplette, 1:400 inkomplette und 1:800 Spuren von Agglutination zeigten. 
36 Stunden nach der Injektion war der agglutinatorische Serumtiter g^en- 
iiber Choleravibrionen so weit gestiegen, da6 Serumverdiinnungen von 
1:400 komplette, 1:800 inkomplette und 1:1600 spurenweise Ausflockung 
der Choleravibrionen veranlafiten. Nach weiteren 24 Stunden erfolgte 
wieder ein Absinken der Kurve, doch waren noch nach 8 Tagen deutliche 
Mengen von Choleraagglutininen im Serum des Tieres nachweisbar. 

Anders verhielt sich das Kaninchen No. 28 der Versuchsreihe IV, 
welchem wir auch Cholerakulturen, aber subkutan injiziert batten und 
das allerdings hinsichtlich der Temperaturreaktion und Agglutiningehaltes 
seines Serums gegeniiber Typhusbacillen sich wesentlich vom Kaninchen 
No. 53 unterschied. Es war zwar auch bald nach der Injektion das Auf¬ 
treten von Choleraagglutininen nachweisbar, aber in ganz geringen Mengen 
(Serumverdiinnung 1:25 spurenweise), ohne da6 eine Bteigerung spaterhin 
erfolgt ware. 


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Experimentelle Studien uber die Funktion der Milz usw. 133 


Wodurch diese immerhin merkwiirdigen Erscheinungen bei den beiden 
genannten Kaninchen zu erklaren sind, hoffen wir spater noch mitteilen 
zn kdnnen. 

SchlieBlich haben wir noch eine Versuchsreihe V zusammen- 
gestellt, welche 3 Kaninchen umfaBt, denon wir die pyrogenen 
Stoffe intravenSs einverleibten. Wir wShlten allerdings 
recht kleine Dosen derselben, um eine schwerere Schadigung 
der Versuchstiere hintanzuhalten. Es wurden zwei mit Typhus- 
bacillen seit langer Zeit immunisierte Kaninchen gewahlt, 
denen vor einer Reihe von Wochen die Milz exstirpiert worden 
war (No. 87 und 92), und ein Kontrolltier, welches ebenso 
wie die beiden anderen Typhusagglutinine in seinem Blute 
fflhrte, jedoch seine Milz noch besaB (No. 109). 

Das milzlose Kaninchen No. 87 erhielt 0,05 g Deutero- 
albumose, in 2 ccm physiologischer Kochsalzlbsung gel6st, dem 
zweiten milzlosen Kaninchen No. 92 wurden 0,5 ccm steriler 
Milch, gemischt mit 1,5 ccm physiologischer KochsalzlSsung, 
in die Ohrvene injiziert, das milzfflhrende Kaninchen No. 100 
wurde ebenso behandelt wie Kaninchen No. 87. 

Die folgende Kurve 8 diene als Beispiel fflr den Ausgang 
dieses Versuches. 

Es laBt sich hier ein auffallender Untgrschied zwischen 
dem Agglutiningehalt des entmilzten und des normalen Ka- 
ninchens nach der Deuteroalbumoseinjektion nachweisen, wo- 
bei beide Tiere eine deutliche TemperaturerhShung zeigen. 
Ersteres reagierte auf die Deuteroalbumose mit keiner Steige- 
rung des Agglutiningehaltes, letzteres hingegen weist in seinem 
Serum eine recht wesentliche Vermehrung der Agglutinine 
auf (Weichhardt und Schader u. a.). Ebenso wie die 
Deuteroalbumoseinjektion wirkte bei einem entmilzten 
Kaninchen auch die Milchinjektion nicht im Sinne einer Er- 
hohung des agglutinatorischen Titers. 

Dieses Versuchsergebnis stimmt mit den Angaben von 
Fleckseder beim Menschen nur insofern Qberein, als eben 
eine Agglutininausschwemmung beim milzfiihrenden Tiere be- 
obachtet werden kann, wShrend sie bei splenektomierte Kan- 
ninchen fehlt. Nach unserer oben ge9.uBerten Annahme Qber 
das vikariierende Einsetzen anderer Organe bei entmilzten 
Tieren miissen wir den SchluB ziehen, daB diese Zellkomplexe 


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134 


Viktor K. Russ und Leopold Eirschoer, 


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Kaninchen X' iOlj [Tj|phus-Iniiiiwt«r], nicht operiert 


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Kurve 8. 


durch die Injektion pyrogener Stoffe nicht so gereizt werden, 
daB eine Agglutininausschwemmung in grSBerem MaBstabe 
erfolgt. 

Zusammenfassung. 

1) Die Splenektomie 10 Tage v o r der Agglutinogen- 
injektion verursacht ein verzogertes Erscheinen der Agglutinine 
im Blutserum der Kaninchen gegenflber gleichartig injizierten 
Kontrolltieren. 

2) Eine weitere Agglutinogeninjektion I6st auch bei ent- 
milzten Kaninchen die krBftige Bildung von Agglutininen aus, 



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Experimentelle Studien iiber die Funktion der Milz usw. 135 

die jetzt rascher einsetzt als bei den nicht splenektomierten 
Tieren. 

3) Diese Beobachtungen gestatten den Scblufi, dafi der 
Milz eine nicht unwesentlicbe Rolle als Bildungsstktte der 
Agglutinine zukomrat, daC aber diese Funktion vikariierend 
durch andere Organe quantitativ ilbernommen werden kann. 

4) Die als Agglutininbildungsst^tten filr die feblende Milz 
vikariierend tStigen Organe kSnnen diese Funktion durch 
lange Zeit ungescbrnklert weiter versehen. 

5) Die Splenektomie bei bereits immunisierten Tieren 
verursacht bisweilen eine plbtzliche Abnahme des Agglutinin- 
gehaltes des Blutserums, welche wohl nicht allein als Shock- 
wirkung durch die Operation zu betrachten sein dflrfte. 

6) Eine nennenswerte Steigerung des Agglutinintiters in- 
folge kfinstlicher Erhbhung der Korpertemperatur durch sub- 
kutane, intramuskulare oder intravenSse Injektion pyrogener 
Stoffe (Deuteroalbumose, Milch, abgetStete Staphylokokken) 
konnte im Serum entmilzter Kaninchen nicht festgestellt 
werden. Ganz Shnlich verhielten sich jedoch bei den ersten 
beiden Injektionsarten auch Kaninchen, denen die Milz nicht 
exstirpiert worden war, wahrend die intravenSse Injektion 
eine deutliche Steigerung des Agglutiningehaltes herbeifflhrte. 
Die Annahme Fleckseders von der Bedeutung der Milz 
als Agglutininspeicherungsstatte erhait n u r durch unsere 
Versuchsreihe V eine Stfltze. Es bleibt noch festzustellen, 
warum bei den milzfflhrenden Kaninchen gerade die intra- 
venSse Injektion pyrogener Stoflfe eine Wirkung zeigt, wahrend 
sie bei der subkutanen und intramuskuiaren Einverleibung 
fehlt. 


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— und Schader, Miinch. med. Wochenschr., 1919, No. 11. 



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Felke, Untersuchungen iiber die RoUe der Albumioe u. Globuline. 137 


Nachdruek verbolen. 

[Au8 der Dermatologischen Universit&tsklinik Rostock (Direktor: 

Prof. Dr. Frieboes).] 

Untersachnngen fiber die Rolle der Albnmine and Olobu- 
line in der serologischen Luesdiagnostik. 

Von Dr. med. Felke, 

Oberarzt der Klinik. 

(E^ingegangen bei der Redaktion am 18. Dezember 1920.) 

Nathan 0 formuliert seine Ergebnisse mit kflnstlich 
positiv nach Wasserinann umgewandelten Seren unter 
Verwertung der Anschauungen von H. Sachs folgender- 
mafien: 

„Die besondere Serumqualitat, die hierbei resultiert, ist 
aber thermolabil. Durch Verfinderung der Lipoidzusammen- 
setzung des Blutserums wird eine Thermostabilitat der Globu¬ 
line sowohl in bezug auf ihre Alterierbarkeit als auch in bezug 
auf ihre FShigkeit, ihren verHnderten physikalischen Zustand 
beizubehalten, erzielt, und so entsteht die fiir die Syphilis 
charakteristische Serum.“ 

Mit anderen Worten will das besagen: Wahrend man bisher, 
auf den Befunden U. Friedemanns fuBend, hauptskchlich 
in Globulinveranderungen die typische luetische Serumstruktur 
snchte, muB man jetzt annehmen, daB auch noch andere Serum- 
anteile am Zustandekommen der echten, thermostabilen Lues- 
veranderung beteiligt sind. Es war daher naheliegend, im 
Verlaufe von a. a. 0. verbffentlichten Untersuchungen, die 
erneut die Rolle der Globuline bei der artefiziellen, zur 
positiven Wassermannreaktion fuhrenden Serumveranderung 
ergaben, die Rolle des globulinfreien Restes einer naheren 
Untersuchung zu uuterwerfen. 

Auf die Anschauungen U. Friedemanns muB ich kurz 
eingehen. Er kommt zu folgenden Ergebnissen: Globuline 

1) Zeitschr. f. Immunitatsf., Bd. 29, p. 562 ff. 


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138 


Felke. 


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aus alien, positiven und negativen Seren wirken stark anti- 
komplementar. Diese antikomplementSre Funktion kann durch 
Albuminfraktionen beliebiger Seren aufgelioben werden, wenn 
es sich um Globuline aus negativen Seren handelt, Globuline 
aus positiven Seren behalten auch nach Wiedervereinigung rait 
Albuminen ihre antikomplementare Eigenschaft. Das Zustande- 
komraen der Wasserraannreaktion schien damit erklfirt, wobei 
besonders bemerkenswert war, daB auch negative Globuline, 
wenn sie vor dem Mischen mit den Albuminen verdOnnt 
wurden, positives Resultat ergaben. Es konnte also durch 
einfaches Trennen von Globulinen und Albuminen und Zu- 
sammenbringen unter besonderen Verhaltnissen (VerdUnnung) 
eiue negative Wassermannreaktion in eine positive umgewandelt 
werden. 

Durch diese Untersuchungen schien die Hauptrolle der 
Globuline an der luetischen Serumveranderung festgelegt. 
Da nun die damals bekannten h'lockungsreaktionen, die ent- 
weder durch Zusatz von Lecithinemulsion (Forges und 
Meier) oder durch Verdiinnen mit Wasser (Klausner) 
Oder durch eine Losung von Natriumglykocholat (Elias, 
Neubauer, Forges, Salomon) ausgefiihrt wurden, kein 
der Wassermannreaktion entsprechendes und damit nur fiir 
Lues charakteristisches Geprage zeigten, obwohl sie sicherlich 
reine Globulinreaktionen darstellen, so war zunBchst nur die 
Annahme berechtigt, daB die luetischen Globulinveranderungen 
qualitativ etwas anderes darstellen, als solche bei anderen 
Erkrankungen und demgemaB im luetischen Falle nur durch 
die Komplementbindung nachgewiesen werden konuten. Welcher 
Art die spezifisch luetische Veranderung aber sein konnte, 
blieb ungekiart, wenn sich auch ergab, daB quantitative Ver- 
schiebungen zugunsten der Globuline nicht in Frage kommen 
konnten, iiberhaupt stellte sich als sicher heraus, daB Re- 
aktionen, die sich lediglich auf den Nachweis labilerer Globu¬ 
line stiitzten, kein fiir Lues charakteristisches GeprBge tragen 
konnen. Dazu gehoren neben den oben erwBhnten Flockungs- 
reaktionen auch die Reaktionen von Bruck^), sovvohl die 
„Salpetersaurereaktion“ wie die spateren Alkohol- und Milch- 


1) Miinch. med. Wochenschr., 1917, No. 1, 3.5, 36. 



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Untereuchungen iiber dieRolle der Albumine und Globuline usw. 139 


sSurefallungen. Hirschfeld und Klinger*) haben dies 
iiberzeugend dargelegt. 

Das Bestreben, das hamolytische System und damit die 
Versuchstiere bei der Wassermannreaktion zu umgehen, wurde 
aber immer wieder lebhaft, und besonders als der Krieg in 
dieser Hinsicht die Schwierigkeiten erhbhte, wurden Versuche, 
die Wassermannreaktion zu vereinfachen und durch Flockungen 
zu ersetzen, wieder aufgenommen. Meinicke und Sachs 
und Georgi ist es zu verdanken, daB auch wirklich brauch- 
bare Flockungsreaktionen gefunden wurden; und Meinickes**) 
besonderes Verdienst ist es, diese Frage experimentell griind- 
lich beleuchtet zu haben. Er stiitzt sich bei ErklSrung des 
Zustandekommens seiner Reaktionen auf die Wechselwirkung 
der Serumglobuline und der Extrakllipoide mit besonderer Be- 
tonung der kolloidalen Grundlage dieser Wirkung. 

Die Sachs - Georgische Reaktion schlieBt sich der 
Technik der Wassermannreaktion eng an, verlfiuft in 0,85-proz. 
NaCl-L6sung unter Anwendung cholesterinierter Rinderherz- 
extrakte in ahnlicher Verdiinnung wie in der Wassermann¬ 
reaktion, den positiven Ausfall durch Flocken kennzeichnend. 
Diese Flocken gelten allgemein zum mindesten als globulin- 
haltig, wenn nicht uberhaupt als aus Globulinen bestehend, 
DaB dem nicht so sein braucht, hat Mandelbaum^) vor 
kurzem gezeigt, als er aus nicht inaktivierten Seren durch 
Verdflnnen mit Wasser und Durchleiten von COj die Globuline 
ausfallte. Mit der wiederaufgesalzenen Albuminfraktion lieB 
sich nach seiner Angabe eine tadellose Sachs-Georgi-Reaktion 
erzielen; die wiedergelosten Globuline dagegen verhielten sich 
durchaus uncharakteristisch. Er erreichte also mit dem Ent- 
fernen der Globuline dasselbe wie durch Inaktivieren: nicht 
erhitzte Sera gaben schwache oder gar keine positiven Re¬ 
aktionen, inaktivierte arbeiteten charakteristisch. Durch das 
Inaktivieren werden die Globuline stabilisiert, da einerseits 
eine starkere Alkaleszenz des Serums eintritt, andererseits die 
Abbauprodukte, die die Globuline in Losung halten, vermehrt 
werden. 

1) Miinch. med. Wochenschr., 1917, No. 46. 

2) Zeitechr. f. Immunitatsf., Bd. 28, Heft 5; Bd. 29, Heft 4. 

3) Munch, med. Wochenschr., 1920. No. 33. 


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140 


Felke, 


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Mandelbaum erdrtert noch nicht die VoretelluDgen, die er mit 
seinen Befuiiden verbindet, jeden falls riicken sie aber die Bedeutung der 
Albuminfraktion fur die Sachs-Qeorgi-Eeaktion in ein neues Licht. Gloor 
und Klinger*) haben ebenfalls die Albuminfraktionen von Seren unter- 
sucht, die sie nach Sachs-Altmann diirch Ausfkllen mit n/300 HCl 
gewannen. Sie batten das iiberraschende Elrgebnis, daS Albumine positiver 
Seren meist eine positive Wassermannreaktion gaben, nur minder stark 
reagierende verloren ihre Beaktion. Dagegen batten sie mit der Sacbs- 
Georgi-Keaktion in der Albuminfraktion allein meist MiSerfolge, nur stark 
positive Seren flockten aus. Sie kommen zu dem Resultat, die von Friede- 
m a n n begriindete Anscbauung, dafi „die durcb die Lues im Serum bervor- 
gerufene Veriinderung nicbt die Albumine, sondern die Globuline betrefle“, 
bediirfe einer Modifizierung, insofern als „die blo6 auf der Anwesenbeit 
besonders labiler Globuline berubende Gruppe positiv reagierender Seren 
von der ecbten luetiscben Serumveranderung abgetrennt werden mtisse". 

Mit diesem Gedankengang nahern sich die genannteh 
Autoren der Ansicht von Sachs und Nathan, insbesondere 
Sachs sieht die Globulinveranderungen als sekundar an, die 
spezifisch luetische primSre Veranderung sucht er in dem 
Lipoidanteil der Seren. 

Und wahrend Hirschfeld und Klinger fruher eine 
rein kolloidcheinische Erkiarung der Wasserraannschen 
Reaktion vertraten, nehmen Gloor und Klinger nunmehr 
an, daB diese „durch die Anwesenheit von Teilchen bedingt 
ist, welche durch besondere chemische Affinitaten zu den 
Extraktoberflachen ausgezeichnet sind“. Uin diese Reaktion 
aber sichtbar zu machen, bedarf es fur die meisten der iiblichen 
Reaktionen der Anwesenheit labiler EiweiBteilchen‘‘ (Globuline, 
Verf.). Die Gerinnungsreaktion auf Lues [Herzfeld und 
Klinger*)] kann ganz dieser Globuline entbehren, bei der 
Wassermannreaktion iniissen wenigstens die Mittelstiickglobu- 
line des Komplements zugegen sein, bei den Ausflockungs- 
reaktionen die Globuline des Serums selbst. Aber „aktive“ 
Globuline, z. B. aktives Meerschweinchenserum, hinder! die 
Flockenbildung der Sachs-Georgi-Reaktion, wie Neukirch*) 
festgestellt hat, inaktives dagegen ist ohne oder fast ohne 
diesen EinfluB. Also wurden Gloor und Klinger besser 


1) Zeitscbr. f. Immunitatsf., Bd. 29, Heft 5. 

2) Deutsche med. Wocbenscbr., 1914, No. 32. 

3) Zeitscbr. f. Immunitatsf., Bd. 29, Heft 3/4. 



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UntereuchuDgen iiber die Rolle der Albumine und Globuline usw. 141 

flStabili8ierte“ Globuline als notwendig fiir Ausflockungs- 
reaktionen verlangen. 

Nach dieser Auffassung Gloors und Klingers wSren 
also die Globuline gSnzlich unspezifisch, lediglich als Indika- 
toren bei dem grbBeren Teil der Luesreaktionen notwendig. 

Auf Grund der bekannten Tatsachen (kflnstliche Urawand- 
lung negativer Seren in positive) und der eigenen Erfahrungen 
mit der Einwirkung des Salvarsans auf Komplement und 
Wassermannsche Reaktion war ich ebenfalls zu einer 
fihnlichen Anschauung gekoramen, war aber im Zweifel, ob 
man wirklich den Globulinen jede spezifische Aenderung im 
luetischen Serum absprechen durfe. Auf jeden Fall schien es 
wichtig, die Reaktionsfahigkeit der Globuline und des von den 
Globulinen befreiten Serumrestes erneut zu untersuchen. 

Ich wandte zur Entfemung der Globuline das von Sachs-Alt- 
mann angegebene und auch von Gloor und Klinger benutzte Ver- 
fahren an, bei dem durch Verdunnen des Serums mit der 9-fachen Menge 
n/300 HCl die Globuline ausfallen uud nach Zentrifugieren sich als weifier 
Bodensatz ergeben. Die uberstehende klare Fliissigkeit wurde abgegossen 
und mit der nStigen Menge NaCl bis zur Isotonie versetzt. 

Dem Neutralisieren stehen gewisse Bedenken entgegen, 
denn ein Teil der Essigsaure ist von den Globulinen, be- 
ziehungsweise den dieselben in Lbsung haltenden Abbau- 
produkten verbraucht. Gloor und Klinger neutralisieren 
deshalb nur mit der Haifte der der verwandten HCl ent- 
sprechenden Menge NaOH. Diesem Verfahren folgte ich 
ebenfalls, und es liefert anscheinend die am wenigsten alterierte 
„Albuminfraktion“. Die Technik des Aufsalzens und Neutra- 
lisierens wurde so gehandhabt, daB zu je 10 ccm Albumin- 
fraktion 1 ccm einer Losung von 9,0 NaCl in 100 ccm n/60 
NaOH pipettiert wurde. 

Aus je 10 Wassermannreaktion-positiven und -nega- 
tiven Seren wurden nun die Globuline ausgefailt und dann 
mit der gewonnenen Albuminfraktion (aufgesalzen) in Menge 
von je 1,5 ccm durch Zugeben von 0,6 ccm Sachs-Georgi- 
Extrakt die Sachs-Georgi-Reaktion angesetzt. 

Nach 24-stundigem Brutschrankaufenthalt zeigte ein Teil 
der positiven Seren Flbckchen, der Versuch blieb dann weitere 
16 Stunden bei Zimraertemperatur stehen, und nunmehr zeigten 


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alle 10 positiven Seren Flockungen von + bis H—[-4-, zum 
Toil recht kraftiger Art, die negativen waren alle klar. 

Gloor iind Klinger erhielten nur ausnahmsweise bei 
stark positiven Seren mit dieser Versuchsanordnung Flocken, 
weswegen sie ja auch die Globuline gewisserraaBen als „In- 
dikator“ bei den Flockungsreaktionen nicht entbehren wollen. 

Mandelbaum erhielt in seinem durch CO^ und Ver- 
diinnen globulinfrei gemachten Seren stets gate Sachs-Georgi- 
Reaktionen. Also waren zum Entstehen von Flocken in dem 
Gemisch Serum-Extraktverdiinnung gar keine Globuline notig, 
welcher Ansicht ich mich anschlieBen muB. DaB die Labilitat 
der Globuline die Sachs-Georgi-Reaktion nicht verstarkt, geht 
schon aus dera geringen Flockungsvermogen aktiver Seren 
hervor, in denen die Globuline doch labiler sind, ferner daraus, 
daB Zusatz von aktivem Meerschweinchenserum die Flockung 
verhindert. 

Die erhitzten Globuline konnten nun aber doch die 
Flockung begixnstigen; experimentell gelang mir dieser Nach- 
weis zwar nicht, denn wenn man aus irgendwelchen Seren 
ausgefallte Globuline in physiologischer Kochsalzlosung 16st, 
den Albuminfraktionen so viel der Losung zusetzt, daB der 
ursprungliche Globulin gehalt wiederhergestellt ist, und dann 
inaktiviert, so tritt die Sachs-Georgi-Reaktion schwacher auf 
als in den entsprechenden Albuminfraktionen. Demnach 
wflrden in diesem Falle die Globuline sogar hemmend auf 
die Flockenbildung wirken, da die Albuminfraktion auch nach 
Erhitzen die Sachs-Georgi-Reaktion ungeschwacht gibt. Doch 
mochte ich dem Versuch keine groBe Beweiskraft zusprechen, 
da mit dem Fallen und Wiederlosen der Globuline feinere 
Strukturveranderungen einhergehen, die zwar die Globuline 
fiir robustere Reaktionen wie Hamolyse, Wassermannreaktion 
nicht schadigen, die diffizileren Flockungsreaktionen aber 
stSren. Bei diesen muB alles auf ein Optimum der inneren 
Reibung abgostimmt sein, damit es auch wirklich (nach meiner 
Auffassung auf Grund der chemischen Reaktion zwischen 
Luesreagin und Extrakt) zu Flocken kommt. Es wurden nun 
6 Serumfraktionen, wie oben beschrieben, hergestellt und 
einzeln, nicht erhitzt und V 2 Stuude auf 56 ® erhitzt, der 
Wassermannreaktion und Sachs-Georgi-Reaktion unterworfen. 



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Untersuchungen fiber die Rolle der Albumine und Globuline usw. 143 


Versuch. 


No. des Serums 

2998 

3000 

3010 

2999 

3006 

3008 

1 

1 

1 

Wassermaun 

1 _ 

_ 

1 

_ 

+ + + + 

-b-b-f-f 


Stern 

— 

— 

— 

-h-b-f 

-b-b-b-l- 

-b-b-b-b 

i 

Sachs-Georgi 
[A.-E.-R. *) 

_ 

— 

— 

— 

+ -I- 

-b-b-b 


— 

— 

’ - 

-l- + -b-b 


+ -b + + 


Alb. nicht erhitzt 

— 

— 

— 

+ 

-b-f- + 

-b + -b 

1 Sachs-Georm 
jmit d. einzem. 
1 Fraktionen 

Glob.nicht erhitzt 
Albumine erhitzt 

. 

- - 


+ 


+ + + 

Globuhne erhitzt 

— 

— 

— 

1 

+ + 

i 

Alb. nicht erhitzt 

_ 

— 

— 


-b-f + l- 

-b-b-b + i 

I Wassermann- 

Glob.nichterhitzt 

i - 

— 

- i 

+ + + 


-b-b-b-b 

1 reaktion mit 

Albumine erhitzt 

— 

— 

— 

— 

-1-++-I- 

-b-b-b-b 

[den einzeluen 

Globuline erhitzt 

_ 1 

— 

— 

+ i 


-b 

J Fraktionen 


Aus diesem Versuch geht hervor, daB die Albumin- 
fraktionen positiver Seren, erhitzt und nicht erhitzt, die Sachs- 
Georgi-Reaktion geben. Ein nur in der Sternschen Modi- 
fikation positives (No. 2999) gab sogar mit der Albuminfraktion 
* eine Ansflockung, die im Vollserum ausblieb. 

Die Globuline verhalten sich erhitzt, und nicht erhitzt, 
durchaus passiv, d. h. in der Anordnung der Sachs-Georgi- 
Reaktion kommt keine Flockung zustande. 

Bemerkenswert ini Gegensatz hierzu ist das Verhalten 
der getrennten Fraktionen in der Wassermannreaktion. Aus 
negativen Seren reagieren beide, richtige Dosierung des Anti¬ 
gens vorausgesetzt, negativ. Man inuB bei Untersuchung 
der Globuline mit der Antigendosis heruntergehen, weil Glo¬ 
buline eben an und fur sich kompleraentwidrig wirken. Aus 
positiven Seren hergestellte Globulin- und Albuminfraktion 
binden mit Antigen Komplement, enthalten also beide spezi- 
fische Reagine; beim Erhitzen iSBt diese Fahigkeit der Globuline 
manchmal nach, die der Albumine bleibt meist erhalten. Und 
besonders hervorzuheben ist Serum 2999, das als Vollserum 
im Originalwassermann, also inaktiv negativ reagiert, dagegen 
im aktiven Sternschen Versuch fast komplett positiv war. 
Die nicht erhitzten getrennten Fraktionen reagieren positiv, 
die erhitzten negativ. 

Der Unterschied, der sich haufig zwischen Stern- und 
Wassermannreaktion in der Reaktionsstarke zugunsten der 

1) A.-E.-R. = Albuminendstuckreaktion; siehe spater. 


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Felke, 


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ersten Reaktion ergab, wurde bisher stets auf eine besondere 
Labilitat der Globuline des aktiven Serums zuriickgefUhrt. 
Obiger Versuch ergibt aber, dall auch die Albuminfraktion 
durch Vz'St^lndiges Erwkrmen auf 55® abgeschwacht wird, 
und bei ihr kann man mit Gloor und Klinger nicht von 
besonderer Labilitat sprechen, vielmehr mud man chemische 
Affinitaten zum Extrakt in ihrer Auswirkung auf die Globu¬ 
line (in diesem Falle des Meerschweinchenserums, Komple- 
mentmittelstQcks) als Ursache der Reaktion annehmen. Damit 
ware die Frage nach einem wirklichen Luesreagin als selb- 
standigem StofF wieder nahegeriickt, der beim Ausfallen der 
Globuline von diesen adsorbiert werden konnte. BreinP) 
filhrte neuerdings Versuche an, die zeigen, dad Organemulsion 
aus positiven Seren die Luesreagine adsorbieren und wieder 
abgeben kann, und ebenso vertritt er die Ansicht, dad diese 
nur mechanisch von den Serumglobulinen mitgerissen werden. 

Die Albuminfraktion hat er nicht untersucht. Hervorzuheben • 
ist, dad mit Schwinden der Wassermannschen Reaktion 
infolge Behandlung mit Organemulsionen auch die Sachs- 
G e o r g i sche Reaktion aufhSrte. 

Orientierende Versuche zeigten, dad auch die zweizeitige 
Kochsalzmethode nach Meinicke mit der Albuminfraktion 
allein mSglich ist. Setzt man zu 2 ccm der nicht auf- 
gesalzenen Albuminfraktion beliebiger Seren Rinderherz- 
extrakt, der mit der HSlfte Wasser eine Stunde lang „auf- 
geschlossen^ ist, in Menge von 0,3 ccm, so flocken positive 
und negative Seren priinSr kraftig aus. Und wie bei Ver- 
wendung von Vollseren sind die luetischen Flocken koch- 
salzresistenter als die normalen. Die Rolle der Globuline bei 
den Ausflockungsreaktionen ist also sicher unspezifisch, ich 
nehme an, dad sie lediglich die Viskositat des Mediums fiir 
Flockenbildung giinstiger gestalten, so dad bei ihrer Gegen- 
wart die Flocken krSftiger werden. Es gelingt unzweifelhaft, 
durch anderes Einstellen der Extrakte diese Globulinwirkung 
zu ersetzen und mit der Albuminfraktion allein dieselben 
Ausflockungen zu erzielen wie mit V^ollserum. Die Rolle der 
Globuline bei den Wassermannschen Reaktionen schienen 
nach meinen Versuchen im Gegensatz zu den Ausflockungen 

1) Zeitschr. f. Immunitatsf., Bd. 29, Heft 5. 



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UntereuchuDgeu uber die Rolle der Albumine und Globuline usw. ][45 

nicht so passiver Natur zu sein, besonders da bei ibr ja 
stets Eomplementglobuline zugegen siad. 

Ferrata') (unter Morgenroth) hat zuerst gezeigt, dafi die Kom- 
plementfunktion zerlegt werden kaon: Dialy&iert man frisches, also komple- 
menthaltiges Meerschweincheniierum gegen H^O, so fallen mit zunehmendem 
Salzverlust die Globuline aus, und man kann so Globuline und Albumin- 
fraktion annahernd quantitativ trennen. Bascher gelingt dies nach Sachs- 
Alt maun durch lO-faches Verdiinnen dee Serums mit n/300 Salzsaure. 
Bei diesem Verfahren lassen sich die Globuline schnell abzentrifugieren 
und erneut in physiologischer Kochsalzlosung aufidsen. Salzt man nun 
die verdiinnte Albuminfraktion auf 0,85 Proz. NaCl-Gehalt auf und priift 
sie auf Komplementgehalt, so werden mit Ambozeptor beladene (sensibi- 
lislierte) Erythrozyten nicht oder nur spurweise gelost: Komplement fehlt. 
Ebenso verhalten sich die in NaCl wiedergelSsten Globuline. Durch 
Mischen uer beiden PVaktionen wird die Komplementwirkung aber wieder- 
hergestellt, rorausgesetzt, dafi diese Mischung frisch erfolgt. Haben die 
Globuline langer in NaCl gestanden, so erganzen sie die Albumine nicht 
mehr zu Komplement (Brandsche Modifikation). Wohl aber haben 
solche Globuline noch die Eigenschaft, sich an sensibilisierte Erythrozyten 
niederzuschlagen, dieselben zu „persen8ibili8ieren“ und damit fur die Albu¬ 
minfraktion empfindlich zu machen. Bei Zusatz von dieser tritt wiedenun 
Hamolyse ein. Damit war die Reihenfolge der Komplementwirkung fest- 
gelegt und auf Grund davon die Nomenklatur gewahlt: die Globuline, 
die sich an die sensibilisierten Erythrozyten zunachst anlegen, bilden das 
„Mittelstuck“, die Albumine, die endhch die Hamolyse hervorrufen, das 
„Endstuck“ dee Komplements. 

Die sogenannte dritte Komponente (Ritz) soli au6er acht gelassen 
werden, da sie tei den folgenden Versuchen nicht in Erscheinung trat. 

Ueber die Anteiliiahme der Komplementbestandteile bei der Wasser- 
mannreaktion liegen Untersuchungen von Michael is und Skwirsky*) 
vor. Diese Autoren stellten fest, dafi in einem Medium, das durch Ueber- 
schufi sekundiirer Phosphate uber primitre eine saure Beaktion hat, bei 
Verwendung massig, 50-fach, mit Ambozeptor beladener Blntkorperchen 
die Komplementhamolyse zwar ausbleibt, da6 die sensibilisierten Erythro¬ 
zyten aber das Mittelstiick dee Komplements binden, also person si bilieiert 
werden. Mit dem auf diesem Wege gewonnenen persensibilisierten Blut 
priiften die genannten Autoren die Flussigkeit, die von dem Bodensatz 
der BlutkSrperchen in positiv reagierenden Wassermannreaktionen ab- 
g^ossen wurde. Und diese Flussigkeit erwies sich als endstilckhaltig, 
die persensibilisierten Blntkorperchen wurden hamolysiert. Bei der positiven 
Wasserman nschen Beaktion werden also die Mittelstiickglobuline ab- 
sorbiert, das Endstiick bleibt frei. 

1) Berl. klin. Wochenschr., 1907, No. 13. 

2) Michael is und Skwirsky, Berl. klin. Wochenschr., 1910, No. 4. 
Skwirsky, Zeitschr. f. Immunitiitsf., Bd. 5, p. 538. 

Zeitschr. f. ImmuniUtsfoTBchUDE* OriE* Bd. 33. 10 


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Wenn man diesen Versuch mit auf anderem Wege per- 
ffensibilisiertem Blut wiederholt, so findet man dieses Ergebnis 
durchweg bestatigt. Ich babe mit 3,5-proz. Hammelblut- 
kQrperchenaufschwemmung gearbeitet, die mit der gleichen 
Menge AmbozeptorlSsung in 6-fach lOsender Dosis sensibili- 
siert war. 

Die Persensibilisation erfolgte mit frisch gefailten Meer- 
schweinchen- oder Menschenglobulinen aus aktiven Seren 
(nach Sachs-Altmann), die in der dem verwandten Serum 
entsprechenden Menge physiologischer NaCl-L5sung wieder ge- 
lOst waren. Auf 10 ccm sensibilisiertes Blut kamen 0,75 ccm 
der Globuliulosung. 1 ccm Albuminfraktion aus Menschen- 
oder Meerschweinchenserum = 0,1 Serum losen 1 ccm dieses 
persensibilisierten Blutes in etwa 10 Minuten. • 

Prflft man den AbguB positiver Wassermannscher 
Reaktionen mit so hergestelltem „Endstuckreagens“, so findet 
man in Uebereinstimmung mit Mich a el is und Skwirsky, 
daB er meist, aber nicht immer Endstiick enthait. Einige 
Seren enthalten mehr, andere weniger, es ist aber schwer zu 
entscheiden, ob es sich hier um eiue Schadigung des End- 
stiicks durch Aufbewahren oder die verschiedenen Einflflsse 
wahrend der Reaktion handelt, oder ob eine spezifische Ab¬ 
sorption vorliegt. 

Anders dagegen verhait sich der AbguB, den man aus 
RShrchen mit einer positiven Sternschen Modifikation er- 
halt. Hier fehlt das Endstiick stets. Das ist ein 
Unterschied in dem Reaktionsverlauf zwischen Reaktionen 
und aktivem und inaktivem Serum, auf den bisher noch nicht 
aufmerksam gemacht ist. Wenn also zum Originalwasser- 
mann mit inaktiviertem Serum Mittelstiickglobuline von nSten 
sind, so sind diese offenbar entbehrlich bei Arbeiten mit 
aktivem Serum. Und da man andererseits den Globulinen 
der aktiven Menschenseren mit Recht den Vorwurf zu groBer 
Labilitatund BeeinfluBbarkeit durch unspezifischeEinwirkungen 
zuschreibt, lag es nahe, die Globuline ganz aus dem Ver¬ 
such auszuschalten und die in der Albuminfraktion ent- 
haltenen ReaktionskQrper zum Luesnachweis zu benutzen. 

Gloor und Klinger geben an, dafi die Verwendung der Albumin¬ 
fraktion allein zur Gerinnungsreaktion auf Lues einen Vorteil bedeute. 



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Unterauchungen iiber die RoUe der Albumine und Globuline uaw 147 


Mit den Globulinen wird der Thrombingehalt der zu untersuchenden 
Seren entfernt, so dafi die KontroUen weniger haufig Gerinnung zeigen. 
Trotzdem babe ich noch haufig Gerinnung in diesen gesehen, da Zyto- 
zyme oflenbar doch in der Albuminfraktion zuruckbleiben. Die Reaktion 
wurde deshalb nach einigen Versuchsreihen wieder verlassen. 

Die Gerinnungsreaktion beruht bekanntlich auf der Be- 
obachtung, daB alkoholische Organextrakte, insbesondere Meer- 
schweinchenherzextrakte, ihren Zytozymcharakter unter Ein- 
wirkung luetischer Seren verlieren und dann nicht mehr in 
der Lage sind, mit zugefiigtem Serozym und Calcium Throm¬ 
bin zu bilden. Der Nachweis des Thrombins erfolgt durch 
Oxalatplasma: in negativen Rohrchen erfolgt Thrombinbildung 
= Gerinnung, in positiven bleibt beides aus. 

Bei dieser Reaktion tritt durch gegenseitige Einwirkung 
von Extraktlipoiden und Luesreaginen eine Modifikation der 
ersteren ein, die nicht an Gegenwart von Globulinen ge- 
bunden ist; daB aber auch die Albuminfraktion 
durch Extraktlipoide trotz ihrer kolloiden Sta- 
bilitat verandert wird, konnte ich durch ent- 
sprechende Versuchsanordnung zeigen. 

Aus nicht erhitzten Seren gewonnene Albuminfraktion 
hat Endstiickfunktion, sie lost persensibilisierte BlutkSrper- 
chen. Digeriert man nun Albuminfraktionen positiver und 
negativer Seren mit Luesextrakten, so ergibt sich die iiber- 
raschende Tatsache, daB die luetischen Albuminfraktionen 
ihren Endstuckcharakter einbiiBen, die normalen ihn behalten. 
Damit war die Moglichkeit gegeben, die Globuline auch bei 
einer Reaktion auszuschalten, die mit dem Indikator des hUrno- 
lytischen Systems arbeitet, denn die wichtige Phase des 
Hauptversuchs, die Bindung zwischen Luesreaginen und Ex- 
trakt, verlauft globulinfrei; die Globuline spielen lediglich 
eine den Amboceptor erganzende Rolle, 

Eine durchaus ahnliche Reaktion kann man mit den 
Globulinen der entsprechenden Seren erzielen. Deren Losungen 
verlieren durch Behandlung mit Wassermannreaktion-Antigenen 
ihre Fahigkeit, zu persensibilisieren, falls sie aus luetischen 
Seren stammen, behalten sie aber als normale Globuline. 

Je 1 com positiver und negativer Seren in aktivem Zustand wird in 
weite Zentrifugenglaser gefiillt und 9 ccm n/3(X) HCl hinzugegeben. Nach 
einer Stunde werden die reichlich ausgefallenen Globuline abzentrifugiert, 

10 * 


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148 


Felke, 


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die Fliissigkeit abgegossen und je 1 ccm einer Losung von 9,0 NaCl in 
100 ccm n/60 NaOH hinzugegeben. Der Bodeneatz der Globuline wird 
durch Ausschwenken und Austupfen mit FlieSpapier moglichst von FliLssig- 
keit getrennt und dann in 1 ccm 0,85-proz. NaCl gdoet Zwei Beihen 
Reagenzglaser werden mit je 1,5 ccm Albuminfraktion beschickt, zur ersten 
Reihe 0,5 cholesterinierter Rinderherzeitrakt, 1:6 mit NaCl verdunnt, hin- 
zugefiillt, J!ur zweiten 0,5 ccm KochsalzloBung (Kontrollen). Zwei weitere 
Reihen von Rohrchen werden mit je 0,15 ccm Globulinlosung beschickt. 
bis 1,5 mit NaCl aufgefiillt und zu einer Reihe 0,5 desselben Extraktes, 
1; 8 verdunnt, gegeben, zur zweiten 0,5 NaCl. 

Samtliche Rohrchen kommen eine Stunde in den Brutschrank, dann 
wird zu den die Albumine enthaltenden Reihen 1,0 persensibilisiertes Blut 
pipettiert, zu den Globulinen 1,0 Bensibilisiertes Blut derselben Konzen- 
tration. Nach weiteren 15 Minuten Brutschrank kommt zu den Globulin- 
reihen 1,0 auf Endstiickgehalt gepriifte, aus normalem Serum stammende 
Albuminfraktion. Das Ergebnis zeigt nachstehende Tabelle: 


Versuch. 


Serum 

No. 

Albumin + 
Extrakt 

Albumin + 
NaCl 

1 

+ 

1 

o 

Glob. + NaCl 

WaR. 

mit 

Vollserum 

nach 1 Std. sensibil. Blut 
nach 15 Min. Endstiick 

nach 1 Std. 

persens. Blut 

4379 

+ + + 

_ 

+ + + + 

— 

positiv 

80 

+ + + + 

— 

+ + + + 

+ + 

>} 

81 

+ + 

— 

+ + + + 

— 

19 

83 

+ + + 

— 

+ + + + 

— 

99 

85 , 

+ + + 

— 

+ + + + 

— 

11 

89 

— 

— 

+ 

— 

negativ 

90 

— 

— 

+ 

— 

91 

91 1 

— 

— 

— 

+ 

99 

92 1 

— 

— 

+ + + + 

+ + + 

99 

96 

— 

— 

+ 

— 

91 


Die Albuminfraktionen warden zugleich mit sensibilisiertem 
Blut auf Komplementgehalt gepriift: Es trat nirgends Ha- 
molyse ein'). 

Der Versuch zeigt, daB durch Behandeln mit Extrakten 
positive Albumine ihre Endstiickfunktion, positive Globuline 
ihre MittelstQckfunktion verlieren. Globuline sind labiler, aus 
diesem Grunde neigen sie zu spontanen Veranderungen und 
dtirfen, wie schon betont, nur mit geringen Extraktdosen be- 
handelt werden, um die Spezifitat zu erhalten. 

1) Bei Menschenserum scheint anders als beim Meerschweinchen- 
serum die Trennung in Mittelstuck und Endstiick schiirfer einzutreten, 
nur hin und wieder zeigte eine Albuminfraktion eine Spur komplettierende 
Wirkung, also spurweise Hamolyse. 



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Untersuchungen iiber die Rolle der Albumine und GlobiUine usw. 149 


Dies ist bekannt von der Sternschen Modifikation, die 
ja nur mit Vi bis Vs der im Wassermann notwendigen Extrakt- 
dosen arbeitet. Die Prflfung der Albumine allein verlangt 
dieselben Dosen wie die Wassermannsche Reaktion. 

Das Verhalten der einzelnen Fraktionen nach Erwarmen 
auf 56® ist durchaus analog dem inaktivierten Vollserum. 
Albuminfraktionen und wiedergeloste Globuline aus einigen 
positiven und negativen Seren werden Vs Stunde auf 56® er- 
warmt und dann zur Wassermannschen Reaktion benutzt. 
Zugleich wird ihre Fahigkeit, isoliertes Endsttlck mit Extrakt 
zu binden, gepriift. 

Das Blut wurde 5-fach sensibilisiert und mit Meer- 
schweinchenglobulinen persensibilisiert, ebenso wurde Meer- 
schweinchenendstflck verwandt. 


Versuch. 


Serum No. 

Globulin 0,1 
NaCl 0,4 

Komplement 0,5 

i Globulin 0,1 
NaCl 0,4 

Endstuck 0,5 

Albumin 1,5 

Komplement 0,5 

Albumin 1,5 
Endstuck 0,5 


Extrakt 

0,5 

1 NaCl 

1 0.5 

Elxtr. 
0.5 ! 

1 NaCl 
0,5 

Extrakt 

0,5 

Naa 

0,5 

Extr. 

0,5 

Naa 

0,5 

WaR. /3047 
posidv j 56 

+ -I--I- + 
+ -!-•+- + 

— 

1 

— 

+ + + -I- 

— 

+ 

— 

WaR. /3051 
negativ \ 54 

_ 

_ 

_ 


. - 

— 


_ 


nach Zugabe 
sensibilis. Blutee' 

nach Zugabe 
persens.Blutes 

nach Zugabe 
sensibilis. Blutes 

nach Zugabe 
persens.BluteB 


Die isolierten und erhitzten Fraktionen aus Luesserum 
haben also mit Antigen zwar Komplement gebunden, aber 
isoliertes Endstflck freigelassen. Der Komplementschwund 
ist an Mittelstflckabsorption gebunden. Wenn also oben an- 
gefuhrt wurde, dafi in den AbgGssen positiver Stern sober 
Modifikationen kein Endstuck gefunden wurde, wohl aber in 
denen positiver Wassermann sober Reaktionen, so wird 
dieser Refund durob die letzten Versuobe tatsaobliob in dem 
angenommenen Sinne bestatigt: Niobt die Labilitat der Glo¬ 
buline allein untersobeidet die aktive Wassermannsobe 
Reaktion, insbesondere die Stern sobe Modifikation von den 
inaktiven Methoden, es tritt vielmehr eine ganz andere 
Komplementbindung auf: die Wassermann sobe Reaktion 
greift an dem Komplementmittelstflok an, das positive aktive 


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150 


Felke, 


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Serum aber biiCt mit Extrakt sowohl seinen Mittel- wie Eud- 
stdckcharakter ein. 

Der vorletzte Versuch zeigte die Moglichkeit zweier Reak- 
tionen: einer Globulinmittelstiickreaktion und einer Albumin- 
endstiickreaktion. Beide sind dadurch ausgezeichnet, dafi sie 
mit dem Indikator der Hamolyse arbeiten, ohne daB im Haupt- 
versuch Vollkomplement zugegen wfire. Aus dem Versuch ging 
aber schon die Schwierigkeit der Globulinmittelstflckreaktion 
hervor; der Extrakt muB sehr vorsichtig dosiert werden, Eigen- 
hemmungen sind hfiufiger, und die Globulinschadigungen, die 
unspezifische Reaktionen hervorrufen konnen, sind nicht aus- 
gescbaltet. 

Deswegen babe ich mein Augenmerk auf die Albumin- 
End stiickreaktion gerichtet und eine Reihe Seren vergleichs- 
weise mit dieser Reaktion, nach Wassermann und nach 
Stern, untersucht. [Die Technik dieser Albuminendstfick- 
reaktion ist inzwischen a. a. 0.^) veroflfentlicht.] 

Die Anwendung von Menschenglobulinen zur Persensibili- 
sation des Hammelblutambozeptorgemisches hat sich durchaus 
bewahrt, und durch Versuche wurde festgestellt, daB es 
gleichgiiltig ist, ob man Globuline aus Wassermann-positiven 
Oder -negativen Seren verwendet. In folgender Tabelle ist 
eine Versuchsanordnung wiedergegeben, bei der nach Digestion 
von je 1,5 ccm der zu untersuchenden Albuminfraktionen mit 
0,5 ccm Extrakt (und mit 0,5 ccm NaCl als Kontrolle) 1 ccm 
3-proz. 6-fach sensibilisiertes Hammelblut zugefiigt wurde, 
dessen Persensibilisation einmal mit Globulinen aus Luetiker- 
serum, einmal aus Normalseren erfolgte. 


1 WaR. und Stern +4- + + 

2 WaR. -f-+ + -!-, Stern Kontr.-Hemmung 

3 IWaR. + -f, Stern -|- -|- + + I 

4 I WaR. und Stern negativ 

5 1 II II II It 

6 ' 

^ >» ;) «» 


Persensibilisiert mit 


PluB-GIobulinen 

Minus-Globulin. 

mit 

ohne 

mit 1 

ohne 

Extrakt 

Extrakt 




_ 

+ 4--I--I- 

— 

+ + + + 

— 

1 


+ + + + 

— 


1 




1) Miinch. raed. Wochenschr., 1920, No. 45. 


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UnteiBuchuDgen iiber die fiolle der Albumine and Olobuline ubw. X5l 


Der Ausfall ist beidesmal derselbe, Wassermann-positive 
Seren sind auch bei der Albuminendstdckreaktion gehemmt, 
negative dnrchgeldst. Serum 2 zeigt zugleich, dafi bei der 
Sternschen Modifikation Kontrollenhemmung bestehen kann, 
ohne daJS dera betreffenden Serum EndstGck fehlt. Nur das 
MittelstQck war zugrunde gegangen, womit die Komplement- 
funktion aufhSrte, in der AlbuminendstQckreaktion durch die 
Persensibilisation aber wieder ergSnzt wurde. 

Bisher babe ich 527 Seren mit der Albuminendsttick- 
reaktion untersucht. Die angewandte Methodik schlieBt sich 
an die auf p. 146 geschilderte eng an, die Seren kamen ohne 
Auswahl zur Verwendung, wurden aktiv mit n/SOO HCl in 
9-facher Menge ausgefallt, scharf zentrifugiert, abgegossen, 
aufgesalzen, V 2 neutralisiert und in Menge von 1,5 ccm der 
Albuminfraktion mit 0,5 Extrakt und 0,5 NaCl als Kontrolle 
eine Stunde bei 38 ® gehalten. Der Extrakt entsprach dem zu 
gleicher Zeit in der Wassermannreaktion verwandten, 6-fach 
verdflnnten cholesterinierten Rinderherzextrakt. 

Inwischen wurden die den Globulinbodensatz enthaltenden 
RShrchen ausgeschwenkt und mit 1 ccm NaCl, entsprechend 
dem verwandten Serum, beschickt. Die Auflosung der Glo- 
buline geht rasch vor sich. Eine Mischung dieser Globulin- 
losung wird dem sensibilisierten Blut zugesetzt in folgendem 
Verhaltnis: 3-proz. Hammelblutaufschwemmung 10 Teile, 
6—8-fache Ambozeptorlosung 10 Teile, Globulinlosung 1,5 Teile, 
letztere Ys Stunde nach Mischen von Ambozeptor und Blut, 
und V 2 Stunde vor dem Zugeben zur Reaktion. 

Die LQsung geht ziemlich rasch vor sich, das Resultat wird 
am anderen Morgen nach Eisschrankaufbewahrung abgelesen. 
Komplette und fast komplette Hemmung gelten als positiv. 

Folgende Zusammenstellung gibt Auskunft iiber das Er- 
gebnis; 


AER. poeitiv, WaR. negativ 47 = 8,8 
AER. negativ, WaR. negativ 334 = 63,2 
AER. negativ, WaR. positiv 6 = 1,1 
AER. Kontrollenhemmung 14 = 2,8 

AER. poe., WaR. Kontr. gehemmt 2 = 0,5 
AER.neg., WaR.Kontr.gehemmt 1 = 0,3 


I WaR. poeitiv 7 

WaR. n^ativ 5 

I WaR. Kontr.-Hemmung 3 


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152 


Felke, 


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Die Albuminendstiickreaktion war also in 8,8 Proz. der 
Faile positiv, wo die Wassermannreaktion negativ war; in 
alien Fallen handelte es sich uin eine Lues, die entweder be- 
handelt oder latent war, iinspezifische Reaktionen warden 
nicht beobachtet. Nur in der Hklfte der Fklle war die Stern- 
sche Modilikation ebenfalls positiv, mit dieser wurden aber 
noch weitere 10 Luesfklle aufgedeckt, die mit der Wassermann¬ 
reaktion und Albuminendstiickreaktion negativ reagierten. Die 
drei Reaktionen scheinen sich also gut zu erganzen. 

Ob nun in dem einen Falle die Globuline spezifisch 
starker verandert sind — Wassermannreaktion und Stern 
positiv — in dem anderen Falle die Albumine — Stern und 
Albuminendstuckreaktion positiv — entscheide ich nicht. Ich 
nehme vielmehr an, daB das Luesreagin in dem Serum als 
stabiler KSrper gelost ist und von den Globulinen nur ad- 
sorbiert wird. Das wflrde auch fiir den Lipoidcharakter des 
Reagins sprechen, da die Globuline einen Teil der Lipoide 
bei ihrem Ausfalle mitreiBen. 

Durch die angefflhrten Untersuchungen ist die Konstanz 
der spezifischen VerMnderungen auch def einzelnen Serum- 
fraktionen nachgewiesen. Insbesondere geht aus ihnen hervor, 
daB es nicht, wie bisher angenommen, die Globuline allein 
sind, die die Luesreaktionen geben. Ihre Rolle bei den 
raodernen Ausflockungsreaktionen dflrfte sogar unspezifischen 
Charakter tragen, wie dies Gloor und Klinger schon her- 
vorheben, Der Kern der spezifischen SerumverS,nderung ist 
in den stabilen Serumbestandteilen zu suchen, der Albumin- 
fraktion, die auch den groBten Anteil der Lipoide enthalt. 
Da die Globuline bei ihrer Ausfkllung wechselnde Mengen 
dieser Substanzen mitreiBen, sprBche die Moglichkeit, mit 
ihnen eine Komplementbindung und eine „Globulinmittelstuck- 
reaktion“ anzustellen, nicht gegen diese, auch von H. Sachs 
vertretene Annahme, daB die primilre syphilitische Serum- 
veranderung die Lipoidsubstanzen betrifft. 

Zusammenfassung. 

In Bestatigung der Arbeiten Mandelbaums sowie 
Gloor und Klingers konnen mit den Albuminfraktionen 
von Luesseren Ausflockungen nach Sachs-Georgi erzielt 


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Untersuchungen fiber die RoUe der Albumine und Globuline usw. ] 53 

werden. Weiter ergibt sich, daB bei der Reaktion zwischen 
Wassermannextrakt und aktivem Luesserura nicht nur das 
Komplementmittelstfick, sondern auch das Endstflck ver- 
schwindet. Dementsprechend gelingt es, mit den getrennten 
Albumin- und Globulinfraktionen Reaktionen zu erzielen, die 
als Albumin-EndstQckreaktion und Globulin-Mittelstiickreaktion 
auf der Verfinderung der aus Luesserum stamraenden Frak- 
tionen unter der Einwirkung von Wasserraannextrakten be- 
ruhen. 


Nachdnick verbolen. 

[Au8 dem Hygienischen Institut der Univereitat Basel 
(Vorstand: Prof. Do err).] 

• 

Zam Mechanlsmus der antihSinolytischen Wirkung der 

Chinaalkaloide. 

Von Dr. Alfred Schnabel. 

Mit 1 Abbildung im Text. 

(Eingegangen bei der Bedaktion am 25. Dezember 1920.) 

Es ist seit jeher iiblich, die Stbrungen, die sich beim 
Ablauf der Immunhamolyse durch die Anwesenheit anti- 
hamolytischer Substanzen bemerkbar machen, als antikom- 
plementSre oder als gegen den Ambozeptor gerichtete oder 
als antireaktive zu bezeichnen. Man versteht darunter die 
vollkommene Behinderung oder deutliche VerzSgerung der 
HSmolyse 1) durch Beeintrachtigung des Komplements oder 
2) des Arabozeptors oder 3) in der Art, daB die Bindung des 
Komplements an die ambozeptorbeladene Zelle oder durch 
eine andersartige Beeinflussung dessen Reaktionsfahigkeit ver- 
hindert wird. Den roten Blutkbrperchen wurde bei der Immun¬ 
hamolyse nur wenig Bedeutung bei antihamolytischen Vor- 
gangen eingeraumt, obzwar gerade sie durch ihren eigen- 
artigen Bau in physikalisch-chemischer Beziehung dazu geeignet 
erscheinen muBten, mit den die Immunhamolyse storenden 
Substanzen in dieser oder jener Art zu reagieren. 

Man kennt eine groBe Anzahl verschiedener Substanzen 
und physikalischer Einfliisse mit antihamolytischen Eigen- 


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154 


Alfred Schnabel, 


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schaften. Es handelt sich zum Teil um chemisch vollkommen 
definierte Stoffe; doch sind auch viele komplex gebaute Sub- 
stanzen von unbekannter Konstitution unter den hemmenden 
zu finden. Zu den ersteren gehbren z. B. verschiedene Salze, 
wie Baryum, Calcium, Magnesium, zu jenen mit unbekannter 
Konstitution Organextrakte, manclie Sera usw. 

Salze kbnnen auf verschiedene Weise antihSmolytisch 
wirken, so z. B. durch erhohte Konzentration, wobei es nicht 
zu einer Schadigung des Komplements Oder Ambozeptors 
kommt, da durch einfache Verdiinnung oder Ausfailung des 
Salzes die Blutlbsung eintritt. Jedoch konnen auch isotonische 
Losungen von Salzen die HSmolyse hemmen. So ist die stark 
hemmende Wirkung des Baryums, Calciums u. a. m. bekannt. 
Es soil sich dabei nach manchen Autoren um eine Reaktion 
zwischen den Salzen und dem Komplement handeln (Man- 
waring, Hektoen und Ruediger u. a.). Andere Autoren 
wieder sehen die Ursache der Wirkung gewisser Salze in einer 
Verhinderung der Reaktion zwischen Komplement und ambo- 
zeptorbeladener Zelle (Dungern und Coca, Ruffer und 
Crendiropoulos u. a.). Allerdings ware darauf hinzu- 
weisen, daB eine isotonische oder hypertonische Losung eines 
Salzes in Gegenwart von Erythrozyten ihren physikalischen 
Zustand bedeutend andern kann, worauf noch weiter unten 
eingegangen werden wird. 

Unter den die Immunhamolyse hemmenden Substanzen 
bieten jene mit bekannter oder unbekannter Zusammensetzung 
besonderes Interesse, die gleichzeitig hamolytisch und anti- 
hamolytisch wirken konnen, Zu solchen gehoren z. B. gallen- 
saure Salze, Pankreasextrakte und andere. Manche von diesen 
Stoflfen sollen sogar in solchen Mengen die Hamolyse hemmen, 
in denen sie sonst selbst Blutkorperchen zu losen vermogen. 

Nur wenige Forscher brachten die Erscheinung der 
Hamolyseheramung mit einer Beeinflussung der Erythrozyten 
in Beziehung. Einzelne vermuteten in der Aenderung der 
osmotischen Verhaitnisse der Zellmembran eine ausschlag- 
gebende Bedeutung (Nolf, Markl). Noguchi sah beim 
Studium der antihamolytischen Wirkung normaler Sera, daB 
die wirksame Substanz durch Digerieren mit Blutzellen zum 
Teil verschwindet, und daB die so praparierten Erythrozyten 



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Mechaiiismus der antihamolytischen Wirkung der Chinaalkaloide. 155 

viel schwerer durch das hSmolytische Serum in Gegenwart 
von Komplement gel5st werden konnten als iinbehandelte. 
Dieser Autor konnte auch aus antih^moljtisch wirkenden Sera 
einen Aetherextrakt gewinnen, der ebenfalls so wirkte und 
auch die Blutzellen ira Sinne einer Resistenzsteigerung be- 
einfluBte. Auch Friedemann konstatierte die Aufnahme 
der antihSmolytisch wirkenden Pankreasextrakte durch die 
Erythrozyten, ohne jedoch diese Erscheinung mit der Hem- 
mung der Hamolyse in Zusammenhang zu bringen. Selig- 
mann, der die hemraende Wirkung des inaktivierten Meer- 
schweinchenserums prflfte, faUt die Erscheinung rein physi- 
kalisch als in erster Linie durch AdsorptionsvorgSnge bedingt 
auf. An diese Deutung schlieBt sich eng die als antireaktive 
Funktion gedeutete Beeinflussung der Inimunharaolyse durch 
antihamolytische Sera von Bordet und Gay. 

In vorliegender Mitteilung soil flber Versuchsergebnisse be- 
richtet werden, die auf den Zusammenhang zwischen manchen 
antihamolytischen Substanzen und den Blutzellen einiges Licht 
zu werfen vermbgen. Die Versuche wurden mit zwei chemisch 
definierten Substanzen, dem Chinin und Optochin ausge- 
fQhrt, die nicht nur die Eigenschaft haben, in hoherer Kon- 
zentration Erythrozyten aufzulosen, sondern auch die Hamo¬ 
lyse durch den homologen Immunambozeptor in Gegenwart 
von Komplement zu hemmen. Letzteres auBert sich in einer 
starken Verzbgerung der Immunhamolyse. Ueber die Fahig- 
keit des Chinins, die Komplementhamolyse anfangs zu hemmen 
und dann zu beschleunigen, wurde zuletzt von Rusznydk 
— ohne Angabe naherer Einzelheiten — berichtet. 

Die hier mitgeteilten Versuche wurden mit Hammelblut 
und Kaninchenimmunserum als hamolytischem System und mit 
frischem Meerschweinchenserum als Komplement ausgefflhrt. 

Erster Versuch (Tabelle I). 

Fallende Mengen einer 1-proz. I/isung von Optochinum hydrochlo- 
ricum in 0,85-proz. Kochsalzldsung wurden mit je 0,5 ccm der im Vor- 
versuch ermittelten, noch wirksamen Komplementverdiinnung gemischt 
und mit Kochsalzlosung auf 1,5 ccm aufgefiillt, worauf Zusatz von 0,5 ccm 
einer 5-proz. Aufschwemmung gewaschener Hammelerythrozyten und 
0,5 ccm der Ambozeptorverdiinnung (zweifach lOsende Titerdosis) erfolgte. 
Ein Rohrchen ohne Optochin diente als Kontrolle. Siimtliche RtJhrchen 
kamen in die Brutkammer bei 37® C. 


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156 


A1 fred Schnabel, 


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TabeUe I. 



Optoch. 

NaCl 

Komplement 

Hammelblut 

Ambozeptor 


1-proz. 

0,85-proz. 

1:20 

5-proz. 

1:800 

1. Rdhrchen: 

1 ccm 

- 

0,5 ccm 

0,5 ccm 

0,5 ccm 

2. 

0,9 „ 

0,1 ccm 




3. 

0,8 ,. 

0,2 „ 




4. 

0,7 „ 

0,3 „ 





0,6 „ 

0,4 „ 

n If 

ff ff 

if if 

6. 

0,5 „ 

0,5 „ 




7. 

0,4 „ 

0,6 „ 




8. 

0,3 „ 

0,7 „ 

ff jf 



9. 

0,2 „ 

0.8 „ 




10. 

0,1 „ 

0,9 „ 



it a 

Kontrolle: 

— 

1,0 „ 

»» 


a if 


Nach 15 Minuten langem Stehen bei 37 ®C war die Kontrolle gelost, 
wiihrend alle optochinhaltigen Rbhrchen keine Hamolyse zeigten. Nach 
30 Minuten sind die Rdhrchen 8, 9 imd 10 gelcist; nach 45 Minuten hat 
sich die Lyse auch auf das 7. Kohichen, nach 60 Minuten auf das 6. und 
5., nach 2 Stunden auf das 4. Rohrchen ausgedehnt. Zu dieser Zeit be- 
merkt man im 1. Rohrchen fast voUkommene, im 2. beginnende Hamolyse, 
wiihrend das 3. Rohrchen noch ungelost ist. Nach weiteren 30 Minuten, 
also nach insgesamt 27, Stunden, zeigen siimtliche Rdhrchen Lyse. 

Wie aus diesem Versuche zu ersehen ist, ist das Optochin 
imstande, die Hamolyse stark zu verzogern, es besitzt also 
die Eigenschaften eines Antihamolyticum. Bevor wir auf eine 
Diskussion dieses Versuchsergebnisses eingehen, sei ein ahn- 
licher Versuch mit Chinin angefuhrt. 


Zweiter Versuch (Tabelle II). 

Fallende Mengen einer 1-proz. LSsung von Chininum hydrochloricum 
in 0,85-proz. Kochsalzlosung werden wie beim ersten Versuch mit Kom- 
plement, Hammelblut und Ambozeptor bei einem Gesamtvolum von 2,5 ccm 
gemischt und bei 37“ C gehalten. Ein Rdhrchen ohne Chinin dient als 
Kontrolle. 

Tabelle II. 



Chinin 

1-proz. 

NaCl 

0,85-proz. 

Komplement 

1:20 

Hammelblut 

5-proz. 

Ambozeptor 

1 :806 

1. Rdhrchen: 

1 ccm 

_ 

0,5 ccm 

0,5 ccm 

0,5 ccm 

9 

0,9 „ 

0,1 ccm 




3. 

0,8 „ 

0,2 „ 



it it 

a 

0,7 „ 

0.3 „ 

a if 


a it 

5. 

0,6 „ 

0.4 „ 


»• it 


6. 

0,5 ,, 

0,5 „ 




7. 

0,4 „ 

0,6 „ 




8. 

0,3 „ 

0,7 „ 




9. 

0.2 „ 

0,8 „ 




10. 

0,1 ,, 

0,9 „ 

a a 

ti a 

ii it 

Kontrolle: 

— 

1,0 „ 

a M 


» it 


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Mechanismiis der antihamolytischen Wirkutig der Chinaalkaloide. 157 


Wahrend die Kontrolle nach 15 Miniiten geldst ist, zeigen die chinin- 
haltigen Rohrchen keine Aenderung in ihrem Aussehen. Nach 30 Mi- 
nuten erfolgte Hamolyse in den Rohrchen 8, 9 und 10, nach 45 Minuten 
in den Bdhrchen 6—8, nach 60 Minuten in 4—5, und nach 2 Stunden 
waren samtliche Rohrchen gelSat. 

Dieser Versuch (Tabelle II) zeigt also, daB auch das Chinin 
imstande ist, die HSmolyse deutlich zu verzogern. Denn 
wahrend die Kontrolle ohne Chinin bereits nach 15 Minuten 
gelSst war, erfolgte in den chininhaltigen Rohrchen die HSmo- 
lyse stark verzOgert, und zwar in RShrchen mit der grbBten 
Chininmenge nach 2 Stunden. Es besteht auch, wie ersichtlich, 
eine groBe Aehnlichkeit zwischen der Wirkung des Chinins 
und der des Optochins, nur ist bei letzterem sowohl die 
hemmende als auch die losende Kraft starker ausgeprSgt, was 
in der iSngeren Verzogerung der Hamolyse einerseits und in 
der frflher auftretenden Losung in den Rohrchen 1 und 2 mit 
den groBten Optochinmengen andererseits zum Ausdruck 
kommt. Diese starkere hamolytische Wirkung des Optochins 
im Vergleich zum Chinin konnte in hier nicht naher ausge- 
fflhrten Versuchen mit Erythrozyten auch ohne Komplement 
und Ambozeptor festgestellt werden. 

Die nachste Frage, die zu beantworten war, war die, urn 
welche Art der antihamolytischen Wirkung es sich hier handelt. 
Eine antikomplementare und eine gegen den Ambozeptor ge- 
richtete Wirkung war von vornherein auszuschlieBen, da doch 
die Losung, wenn auch verspatet, eintrat. Auch sprach ein 
Versuch, bei dem die Mischung von Blut, Ambozeptor, Kom¬ 
plement und Alkaloid zentrifugiert und gewaschen wurde und 
bei dem dann eventuell nach Zusatz von Komplement Hamo¬ 
lyse eintrat, fur die Unversehrtheit des Ambozeptors. Nach 
dem bekannten Schema blieb also die Annahme ubrig, daB 
es sich um eine sogenannte antireaktive Storung handle, sei 
es im Sinne einer Behinderung der Komplementverankerung 
an die Erythrozyten Oder einer Resistenzvermehrung der 
Erythrozyten Oder einer anderen Wirkungsart. Wohl wirkte 
ein Komplement- oder AmbozeptorflberschuB hemmungsver- 
mindernd, doch wurde diesem Befunde aus oben angefflhrten 
Grflnden keine besondere Bedeutung beigelegt, um so mehr, 
wenn man beriicksichtigt, daB durch den Zusatz von flber- 
schflssigem Komplement oder Ambozeptor nicht allein die 


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komplettierende bzw. losende Kraft erhoht, sondern auch der 
physikalische Zustand der miteinander in Beziebung tretenden 
Reaktionskoraponenten sich andert. Auch der Zusatz von 
gewShnlichem, beliebigera Serum wirkte merklich hemmungs- 
vermindernd. 

Dagegen deutete auf eine Erhohung der Resistenz der 
Erythrozyten folgender Versuch, bei dem die Reihenfolge des 
Zusatzes einzelner Reaktionskomponenten in der Art modi- 
fiziert wurde, dafi die Blutkorperchen kurze Zeit (5 bis 
10 Minuten) init dem Alkaloid stehen gelassen wurden, worauf 
erst der Zusatz der anderen Reagentien erfolgte. 

Dritter Versuch (Tabelle 111). 

Fallende Mengen einer l-proz. Lbsung von Optochinum hydro- 
chloricum in 0,85-proz. NaCl-Losung werden mit je 0.5 ccm Hammelblut 
gemischt, mit NaCl-Losung auf 1,5 ccm aufgefiillt und 10 Minuten bei 
Zimmertemperatur stehen gelassen. Hierauf werden je 0,5 ccm verdiinntes 
Komplement und Ambozeptor zugefugt. Ein Rbhrchen ohne Optochin 
dient als Kontrolle. Samtliche Rbhrchen werden in die Brutkammer 
(37 ^ C) gebracht. 

Tabelle III. 


j Optochin 

1 l-proz. 

Blut 

5-proz. 

NaCl : 
0,85-proz. 

Komplement 

1:20 

Ambozeptor 

1:800 

1. Rbhrchen 

1,0 ccm 

0,5 ccm 

— ii ’k 

0,5 ccm 

0,5 ccm 

2. 

0,9 „ 

dgl. 

0,1 ccm 1 

dgl. 

dgl. 

3. 

0,8 „ 


0,2 „ a 



4. 

0,7 „ 


0,3 „ 



5. 

0,6 „ 


0,4 „ ,1-5 -S 



6. „ 

0,5 


0,5 „ PI 



7- 

0,4 „ 



„ 

99 

8. 

0.3 „ 


0,7 „ j[ 3 



9. 

0,2 „ 


0,8 „ 


99 

10. 

0.1 „ 


0,9 „ p 



Kontrolle 


9i 

1,0 „ ^ 

99 

99 


Nach 15 Minuten zeigt das Kontrollrbhrchen vollkommene Lbsung. 
Erst nach 45 Minuten erfolgt in den Rbhrchen 9 und 10, nach 60 Minuten 
im 7. und 8., nach 90 Minuten im 1., 4., 5. und 6. die Hamolyse, wahrend 
das 2. und 3. Rbhrchen noch ungelbst sind; nach 2 Stunden sind samt¬ 
liche Proben gelbst 

Aus dem Ausfall des dritten Versuches ist also zu er- 
sehen, daB das Zusammenbringen der Blutkorperchen mit dem 
Alkaloid fiir kurze Zeit (10 Minuten) die hemmende Wirkung 



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MechaniBmus der antihamolytischen Wirkung der Chinaalkaloide. 159 


des letzteren begunstigt. Beraerkenswert ist aber, daB dieser 
EinfluB sich nur bei den kleineren Alkaloidraengen, deren 
antihamolytische Wirkung sich nur auf kiirzere ZeitrSume er- 
streckt, bemenkbar macht; denn nach 2 Stunden zeigen sSmt- 
liche Rohrchen Lbsung, ebenso wie beim ersten Versuch. 
Anscheinend wird diese Beeinflussung der Erythrozyten im 
Sinne einer Resistenzerhohung bei den grbfieren Alkaloid- 
mengen durch die Zeit verdeckt. 

Wenn schon der Urastand, dafi bei dem ersten und zweiten 
Versuch die HSmolyse, wenn auch verzbgert, eintrat, die Ver- 
rautung, es kbnnte sich um einen reversiblen Vorgang handeln, 
nahelegte, so war es gerade die letzterwahnte Erscheinung, 
die zu einer solchen Annahme zu berechtigen schien. Schon 
aus anderen Versuchen waren mir die besonderen Beziehungen 
zwischen Erythrozyten und den Chinaalkaloiden bekannt. 
Sollte diesen Beziehungen irgendeine Bedeutung fQr das 
Zustandekoramen der hSmolytischen Wirkung beigelegt werden, 
dann mtifite der Beweis erbracht werden, dafi diese Beziehungen 
reversibler Natur sind. Letzteres konnte tatsachlich nach* 
gewiesen werden. 

An anderer Stelle wurde gelegentlich des Studiums der 
Verteilung der Chinaalkaloide im Blute auf das eigenartige 
Verhalten des Optochinspiegels im Serum in Gegenwart von 
Erythrozyten bei Reagenzglasversuchen hingewiesen, wenn 
man die Versucbe auf Stunden ausdehnte. Es konnte dort 
gezeigt werden, daB das genannte Alkaloid nicht nur von den 
Erythrozyten aufgenommen, sondern auch nach einer be- 
stimmten Zeit abgegeben wird, ohne daB irgendeine will- 
kflrliche Aenderung in denMilieuverhSltnissen, wie 
etwa ein Wechsel der Suspensionsflflssigkeit, vorgenommen 
worden ware. In fortgesetzten Versuchen wurde dieser Be- 
fund vollkommen bestatigt und auch beim Chinin festgestellt 
und auf den speziellen Fall der antihamolytischen Wirkung 
bezogen, eine zeitliche Koinzidenz zwischen der Aufnahme 
und Abgabe dieser Alkaloide einerseits und der Hemmung 
der Hamolyse bzw. Eintreten derselben andererseits ge- 
funden. 


1) Biochem. Zeitschr., Bd. 112, 1920. 


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160 


Alfred Schnabel, 


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Die Alkaloidbestimmung erfolgte nach einem Verfahren, 
das von mir anderen Orts‘) beschrieben wurde. Es sei bier 
nur erwahnt, daB dasselbe Verfahren sich nicht allein zur 
Bestimmung des Optochins, sondern auch des Chinins und 
anderer Substanzen als praktisch anwendbar erwiesen hat, 
worauf noch in einer besonderen Mitteilung zuruckgekommen 
werden wird. 

Folgender Versuch zeigt die besonderen quantitativen, in 
erster Linie als Funktion der Zeit erscheinenden Beziehungen 
zwischen den Erythrozyten und dem Optochin. 

Vierter Versuch. 

8 Kohrchen mit je 1,9 ccm frischen, defibrinierten Hammelblutes 
werden mit je 0,1 ccm einer 1-prom. Losung von Optochinum hydro- 

chloricum in phyaiologischer 
Kochsalzlosung gemischt, so 
daB eine Optochinverdun- 
nung 1 : 20 000 resultiert, 
wenn das Erythrozyten- 
volumen nicht beriicksich- 
tigt wird, und in die Brut- 
kammer bei 37" C gestellt. 
Nach 5. 15, 30, 45, 60, 90, 
105 und 120 Minuten wird 
je 1 Kdhrchen zentrifugiert 
und das klare, nicht hamo- 
lytische, von einer Kontrolle 
ohne Optochin sich nicht 
unterscheidende Serum auf 
seinen Gehalt an Optochin 
mittels der oben erwahnten 
Methode untersucht. Els zeigt 
sich nun, daB in dem nach 
5 Minuten langem Stehen 
5’ ts- 30' 45- 60' 90- 105' 120 Min. bei 37" durch Zentrifugiercn 

Optochinspiel im Serum in Gegenwart von erhaltenen Serum nicht die 
Erythrozyten wahrend 2 Stunden beobachtet. rechnungsgemaB erwartete 

Konzentration 1:20000, son¬ 
dern nur eine solche von weniger als 1:50000 nachweisbar, daB somit 
weniger als 50 Proz. des zugefiigten Optochins im Serum vorhanden ist 
Dieses Resultat konnte nicht wundernehmen, da ja die Speicherung der 
Chinaalkaloide durch Erythrozyten eine bekannte Erfahrungstatsache ist. 
Das nach 15 Minuten langem Stehen der Blutoptochinmischung gewonnene 

1) Biochem. Zeitschr., Bd. 108, 1920. 


ii 

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Mecbanismus der antihamolytiechen Wirkung der Chinaalkaloide. 101 

Serum enthalt ebensoriel. Dagegen zeigen die nach 30, 45 usw. Minuteu 
abzentrifugierten Serumproben einen deutlichen Anstieg des Optochin- 
gehaltes, und zwar betragt derselbe oach 30 Minuten ca. 50 Proz., nach 
45 Minuten 60 Proz., nach 60 Minuten ca. 70 Proz., nach 90 Minuten 
gegen 80 Proz., und nach 105 und 120 Minuten fast 100 Proz., d. h. daU 
nach 2 Stunden die rechnungsgemafi envartete Konzentration des Optochins 
im Serum fast vollkommen wiederhergestellt ist. Jedoch ist zu beriick- 
sichtigen. daO in diesem speziellen Falle das tatsachliche Ldeungsrolumen 
nicht 1,9 ccm, sondern weniger betragt, entsprechend der durch das 
Erythrozytenvolumen bedingten Differenz, und zwar betrug jenes 0,8 ccm, 
so dafi bei einem tatsachlichen Ldsungsrolumen von 1,1 ccm (= 1,9—0,8) 
die wirklich resultierende Konzentration 1:12000 betragt. Dementsprechend 
wwen auc^ die in Prozenten ausgedruckten, nach verschiedenen Zeiten 
gefundenen Werte kleiner anzusetzen, was jedoch nichts an der Tatsache 
des allm^lichen Ansteigens des Optochinspiegels andem wiirde. 

Alls diesem Versuche und der beigefflgten, ihn graphisch 
darstellenden Abbildung geht klar hervor, daB das Optochin 
zuerst von den Erythrozyten aufgenommen und dann nach 
30 und mehr Minuten allmkhlich an die umgebende Fldssig- 
keit abgegeben wird. DaB Shnliche Beziehungen zwischen 
dem Chinin und den Erythrocyten bestehen, beweist folgender 
Versuch. 

Fiinfter Versuch. 

8 Eohrchen mit je 1,9 ccm defibrinierten Hammelblutes werden mit 
je 0,1 ccm einer 2-prom. Losung von Chininum hydrochloricum in physio- 
logischer Kochsalzloeung gemischt und bei 37“ C gehalten. Nach 5, 30, 
45, 60, 75, 90, 105 und 120 Minuten wird je ein Rbhrchen zentrifugiert 
und das, sich von einer Kontrolle ohne Chinin nieht unterscheidende klare 
Serum auf seinen Gehalt an Chinin untersucht, und zwar nach dem 
gleichen Verfahren wie beim Optochin. Bei einem angenommenen Loeungs- 
volumen von 1,9 ccm wiirde eine Chininkonzentration von 1:10000 resul- 
tieren. Die nach 5 Minuten langem Stehen erhaltene Serummenge zeigt 
jedoch nur eine Chininkonzentration von ca. 40 Proz. der erwarteten; der 
Best ist von den Erythrozyten aufgenommen worden. Nach 30 Minuten 
sind bereits 50 Proz., nach 45 Minuten ebensoviel, nach 60 und 75 Minuten 
ca. 60 Proz., nach 90 und 105 Minuten ca. 80 Proz., und nach 120 Minuten 
uber 90 Proz. der rechnungsgemaBen Chininkonzentration zu finden. 

Das Ergebnis dieses Versuches entspricht im allgemeinen 
demjenigen des vorausgegangenen. Auch hier erfolgt nach 
Zusatz von Chinin zu einer Erythrozytenaufschwemmung eine 
Aufnahme des Alkaloids, was sich in einer Verminderung 
des Chiningehaltes im Serum um fast 60 Proz. kundgibt. 

Zeitschr. f. ImmunItStaforechunc. Orlg. Bd. 82 . 11 


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162 


Alfred Schnabel, 


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Nach einer halben Stunde und noch deutlicher nach weiterem 
Stehenlassen steigt der Gehalt des Serums an Chinin 
an und nahert sich nach 2 Stunden ziemlich stark der errech- 
neten Konzentration. Das fiber das tatsachliche Lbsungs- 
volumen oben Gesagte hat auch hier Geltung. 

In Uebertragung dieser Versuchsergebnisse (vierter und 
fiinfter Versuch) auf die Erscheinung der Verzogerung der 
Hamolyse durch Optochin und Chinin ist es naheliegend, in 
Berucksichtigung des Umstandes, dafi die Hemmung der Hamo- 
lyse mit der Aufnahrae dieser Alkaloide und die Abgabe der- 
selben mit der allmahlich erfolgenden Blutldsung zeitlich zu- 
sammenfailt, diese Aufnahme und Abgabe mit der Hemmung 
bzw. Eintritt der Lbsung in einen ursachlichen Zusammenhang 
zu bringen. Dadurch wMre der nur wenig aussagende Aus- 
druck „antireaktive Stbrung“ naher gekennzeichnet. In welcher 
Weise die Speicherung der Chinaalkaloide ihre antihamolytische 
Wirkung bedingt, laBt sich natiirlich nicht leicht sagen. Fiir 
eine direkte Wirkung durch vortlbergehende Resistenzsteigerung 
der Erythrozyten spricht der dritte Versuch. Es kbnnte sich 
aber auch um eine Verhinderung der Verankerung des Komple- 
ments an die ambozeptorbeladene Zelle oder der Entfaltung 
seiner Wirkung handeln. Dafi nicht etwa eine Hamaggluti- 
nation die Hamolyse hemmt — woran nach den Untersuchungen 
von Handel zu denken ware — dariiber unterrichtete die 
fortlaufende mikroskopische Untersuchung von Nativpraparaten. 
Schliefilich ware noch eine wichtige Wirkungsmbglichkeit in 
Betracht zu ziehen, das ist durch Steigerung des osmotischen 
Druckes der Blutzellen. Denn auch bei Anwendung von 
Lbsungen, welche iso- oder gar hypotonisch sind, kbnnen sich 
die Druckverhaitnisse innerhalb der Erythrozyten durch die 
Speicherung und Konzentrierung der Salze andern, so dafi 
die antihamolytische Wirkung auf diese Weise zustande kommen 
kbnnte. Es bestehen hier zweifellos innige Beziehungen zu 
der von Eschbaum, J. Traube, Tschnernorutzky in 
einem anderen Zusammenhange naher untersuchte grofie Ober- 
flachenaktivitat der Chininderivate. Auch ware an eine Kombi- 
nation von Wirkungen zu denken in der Art z. B., dafi anfangs 
die Steigerung des Innendruckes und die Resistenzvermehrung 



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MechanismuB der antihamolytischen Wirkxing der Chinaalkaloide. 163 

die Hamolyse hemmen, spater aber der Austritt des Alkaloids 
und Resistenzverminderung die Losung zulassen oder gar be- 
gQnstigen. 

Bei der Annahme eines ursachlichen Zusammenbanges 
zwischen Aufnahme und Abgabe der Alkaloide durch die 
Erythrozyten einerseits und der Hemmung der Hamolyse 
andererseits ware zwei Einwanden zu begegnen. Erstens 
kbnnte das Ansteigen des Alkaloidgehaltes im Serum nicht 
als Ursache, sondern als Folge der durch das Alkaloid selbst 
hervorgerufenen Hamolyse angesehen werden. Dagegen spricht 
der Umstand, daB das Optochin z. B. (vierter Versuch) in 
einer sehr schwachen, gar nicht hamolytisch wirkenden Kon- 
zentration zur Anwendung gelangt, wie sich das auch kolori- 
metrisch nachweisen laBt. Zweitens ware dem Einwand zu 
begegnen, daB die Abgabe der Alkaloide durch die Erythro¬ 
zyten nur zufailig als Parallelerscheinung auftritt und in 
keinem direkten Zusammenhang mit der Hemmung der Hamo¬ 
lyse stehe. Dagegen wiirde das bereits erwahnte zeitliche 
Zusammentreffen beider Vorgange sprechen, ferner folgender 
Versuch, bei dem die Erythrozyten mit dem Alkaloid andert- 
halb Stunden bei 37 ® C stehen gelassen wurden, worauf erst 
der Zusatz von Ambozeptor und Komplement erfolgte; soil 
die erwahnte Annahme richtig sein, dann muBte jetzt die 
Hemmung ausbleiben, da ja nach anderthalb Stunden ziemlich 
viel Alkaloidsalz aus den Erythrozyten austritt. 

Sechster Versuch (Tabelle IV). 

Fallende Mengen einer 1-proz. Losung von Optochin in physio- 
logischer Kochsalzlosung werden mit je 0,5 ccm 5-proz. Hammelblutes 
gcmischt, mit Kochsalzlosung auf ein Volumen von 2,5 ccm gebracht und 
in die Brutkammer gestellt. Ein als Kontrolle dienendes Rohrchen enthiQt 
0,5 ccm Blut und 2,0 ccm physiologischer Kochsalzlosung. Nach andert- 
halbstimdigem Verweilen bei 37“ werden alien Rohrchen je 0,1 ccm Komple- 
raent (1:4) und Ambozeptorverdiinnung (1:160) zugesetzt. Diese beson- 
deren Mengenverhaltnisse wurden deswegen gewahlt, um die Optochin- 
konzentration womoglich derjenigen des ersten und zweiten Versuches zu 
niihem. 

20 Minuten nach dem Zusatz von Komplement und Ambozeptor 
zeigen die Kontrolle und das 10. Rohrchen fast voUstandige Losung. Nach 
30 Minuten sind auBer der Kontrolle und dem 10. Rohrchen die Rohr- 

11 * 


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164 


A If red Schnabel, 


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chen 1—5 und 8—9 geldst, wahrend 6 und 7 nur Spuren von Hamolyse 
zeigen. Nach 55 Minuten, also nach insgesamt 2 Stunden 25 .Minuten 
seit dem Zusammenbringen von Optochin mit den Blutkdrperchen, sind 
samtliche Bbhrchen komplett geldst. 


Tabelle IV. 



Optochin 

1-proz. 

Naa 

0,85-proz. 

Blut 

5-proz. 


Komplement 

25-proz. 

Ambozeptor 

1:160 

1. Kbhrchen 

1,0 ccm 

1,0 ccm 

0,5 ccm 

O 

0,1 ccm 

0,1 ccm 

2. 

0,9 „ 

1,1 „ 

dgl. 

o 

t> 

dgl. 

dgl. 

3. 

0,8 „ 

1,2 „ 


CO 



4. 

0,7 „ 

1,3 „ 





5. „ 

0,6 „ 

1,4 „ 





6. 

0,5 „ 

1,5 „ 


fl 



7- 

0,4 „ 

1,6 „ 


-o 

c 



8. „ 

0,3 „ 

1,7 „ 

• • 




9. 

0,2 „ 

1,8 „ 

„ 

CD 


ff 

10. 

0,1 „ 

1,9 „ 





Kontrolle 


2,0 „ 



ff 

ff 


Dieser Versuch zeigt, daB durch das eineinhalbstflndige 
Zusammenbleiben von Alkaloid und Erythrozyten die anti- 
hamolytische Wirkung des ersteren viel weniger zum Ausdruck 
kommt, was auf die in dieser Zeit erfolgte Abgabe des Opto- 
chins zurflckzufflhren wSre. Ein ahnliches Resultat ergab ein 
analoger Versuch mit Chinin. Dennoch mbchte ich die Frage 
oflfen lassen, ob nicht doch auch letzten Endes der Austritt 
des Alkaloids eine Folge der Lockerung des Gefflges der 
Erythrozytenmembran ist, Bei der bekannten zerstorenden 
Kraft der Chinaalkaloide in starkeren Konzentrationen den 
Erythrozyten gegenuber ist das nicht vollkommen von der 
Hand zu weisen; die schwacheren Konzentrationen kSnnten 
die Zellmembran so weit lockern, daB wohl kein Hamoglobin, 
das Alkaloid aber ja auszutreten vermag. Dadurch bliebe 
jedoch die Annahme, daB die Alkaloidspeicherung mit der 
antihamolytischen Wirkung ursachlich zusammenhangt, nicht 
erschiittert. 

Es erubrigt sich noch, mit wenigen Worten auf die in 
hoheren Konzentrationen des Alkaloids auch ohne die An- 
wesenheit von Ambozeptor und Komplement eintretende Hamo¬ 
lyse einzugehen. Wie bereits erwahnt, gibt es eine Anzahl 
solcher Substanzen, die in gewissen Konzentrationen hamo- 



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Mechanismus der antihamolytischen Wirkung der Chinaalkaloide. 155 

lytisch, in anderen wieder antihSmolytisch wirken kSnnen. 
Zu solchen gehSren die gallensauren Salze, das oleinsaure 
Natron, Organextrakte, Metallsalze, und auch die Chinaalkaloide. 
Mit Rflcksicht auf die zuletzt von Bechhold und Kraus 
und von Salen veroffentlichten Versuchsergebnisse fiber das 
Verhalten der Erythrozyten verschiedenen Sublimatkonzen- 
trationen gegenfiber wurden von mir die Blutkfirperchen- 
alkaloidgemische mikroskopisch untersucht. Die genannten 
Autoren konnten in Verfolgung der bereits von Ehrlich 
studierten Erscheinung, daB bei der Einwirkung von Sublimat- 
losungen auf Erythrozyten in hoheren Konzentrationen Hfirtung 
und in schwficheren Lfisung erfolgt, zeigen, daB dem ver¬ 
schiedenen Verhalten der roten Blutkorperchen ganz bestimmte 
morphologische Verfinderungen entsprechen. In den hier rait- 
geteilten Versuchen konnten bei Anwendung schwacher Kon¬ 
zentrationen (vierter und ffinfter Versuch) mikroskopisch keine 
besonderen Verfinderungen der Erythrozyten gesehen werden; 
nur stfirkere Konzentrationen ergaben Bilder, wie sie bereits 
Halberkann gesehen hat, und zwar nach anffinglicher 
Quellung spfiter Schrumpfung. 

Die fiuBere Aehnlichkeit des Ablaufes der Wirkung von 
Organextrakten bei der Prfifung deren antihfimolytischen Eigen- 
schaften bei der Wassermannschen Reaktion mit dem Ver¬ 
halten der Chinaalkaloide konnte zur Annahme verleiten, daB 
vielleicht auch dort mindestens teilweise ein fihnlicher Mecha¬ 
nismus vorliegt. Wenn diese Annahme berechtigt sein soil, 
dann mfiBte der Beweis erbracht werden, daB auch dort eine 
Aufnahme und darauffolgende Abgabe der wirksamen Substanz 
.erfolgt Allerdings wfirde ein solches Unternehmen bei der 
groBen Schwierigkeit des Nachweises der so kompliziert zu- 
sammengesetzten Extrakte fast undurchffihrbar sein. Viel mehr 
Aussicht auf Erfolg bieten andere, chemisch definierte Sub- 
stanzen, die sich hinsichtlich ihrer antihamolytischen Wirkung 
so verhalten wie die Chinaalkaloide. 

Zusammenfassung. 

Es wurde die antihfimolytische Wirkung des Chinins und 
Optochins bei der ImmunhSmolyse untersucht. Diese Alkaloide 
haben die Eigenschaft, in stfirkeren Konzentrationen Erythro- 


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166 A. Schnabel, Antihllmolytische Wirkung der Chinaalkaloide. 


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zyten aufzulosen und in verschiedenen Konzentrationen die 
Immunh&molyse deutlich zu verzogern; sie zeichnen sich durch 
ein besonderes Verhalten roten BlutkSrperchen gegenflber aus, 
indem sie von letzteren zuerst aufgenommen und dann ab- 
gegeben werden. Die antihSmolytische Wirkung der genannten 
Chinaalkaloide wird niit dieser Erscheinung der Aufnahme 
und das Eintreten der HSmolyse mit der Abgabe in Zusaramen- 
hang gebracht. 


Literatur. 

Beehhold, H., Arb. a. d. Inst. f. exp. Ther. u. d. Georg Speyer-Hause 
in Frankfurt a. M., 1920, Heft 11. 

— und Kraus, W., Biochem. Zeitschr., Bd. 109, 1920. 

Bordet, J., et Gay, F. P., Ann. de I’Inst. Pasteur, T. 22, 1908. 
Dungern und Coca, Biochem. Zeitschr., Bd. 13, 1908. 

-Berl. klin. W'ochenschr., 1907, No. 46. 

Eschbaum, Ber. d. Deutsch. Pharm. Gesellsch., Bd. 28, 1918. 
Friedemann, U., Deutsche med. Wochenschr., 1907, No. 15. 
Halberkann, J., Biochem. Zeitschr., Bd. 95, 1919. 

Handel, Arb. a. d. Kaiserl. Ges.-Amt, Bd. 28, 1908. 

Hektoen, L., et Ruediger, G. F., Journ. of Infect. Dis., Vol. 4, 1907. 
Man waring, H. N., Journ. of biol. Chem., Vol. 3, 1907. 

M a r k 1, Zeitschr. f. Hyg., Bd. 39. 

Noguchi, Biochem. Zeitschr., Bd. 6, 1907. 

Nolf, Ann. de I’lnst. Pasteur, 1900, No. 10. 

Buffer, A., et Crendiropoulos. Compt. rend, de la Soc. de Biol., 
T. 60, 1906. 

Rusznyak, 8., Biochem. Zeitschr., Bd. 104, 1919. 

Salen, E., Ebenda, Bd. 110, 1920. 

Schnabel, A., Biochem. Zeitschr., Bd. 108 u. 112, 1920. 

Seligmann, Berl. klin. W^ochenschr., 1907, No. 32. 

Traube, J., Biochem. Zeitschr., Bd. 42, 1912. 

— Zeitschr. f. Immunitatsf., Bd. 29, 1920. 

Tschernorutzky, Biochem. 25eit8chr., Bd. 42, 1912. 



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M. Stern, Sachs-Georgi-Eeaktion u. die von E. Meinicke. 167 


Naehdruck verbolen. 

[Aus der serodiagnostischen Abteilung der Universit&ts-Hautklinik 

Breslau (Direktor: Geheimrat Prof. Dr. Jadassohn).] 

Ueher die Sachs-Georgi-Beaktlon und die ron 

£. Meinicke. 

Von Margarete Stem. 

(Eingegangen bei der Bedaktion am 2. Januar 1921.) 

Vergleichende Untersuchungen der Sachs-Georgischen 
(S.-G.R.) mit der Wassermannschen (WaR.) und der 
^Dritten Modifikation“ (D.M.) von Meinicke sind in 
unserer Abteilung an ca. 5000 Seren gemacht worden, und 
zwar in der Zeit vom 9. X. 1919 bis 24. IX. 1920. Es 
wurden tkglich nicht mehr als ca. 40 Seren nach S,-G. 
und D.M. angesetzt, die aus dem fiir die Wassermannunter- 
suchung bestimmten Seren material herausgesucht wurden. Wir 
benutzten ftir unsere Untersuchungen zwecks Erleichterung 
bei der Diagnosenfeststellung und vor allem wegen der Ein- 
heitlichkeit der Bedingungen in betreff des Alters und der 
Vorbehandlung der Sera nur unser eigenes klinisches und 
poliklinisches Material. Die Versuche haben sich fast fiber ein 
ganzes Jahr erstreckt, was ffir die Beurteilung neuer Re- 
aktionen viel instruktiver ist, als wenn man dieselbe Anzahl 
von Seren in grfiHeren Versuchsreihen, daffir aber in kfirzeren 
Zeitrfiumen untersucht. Ebenso nfimlich, wie die Wa.R. ihre 

1) Bei dieser Gelegenheit mochte ich ein Vorkommnis bei der WaR. 
erwiihnen, das ich im November vorigen Jahres zum erstenmal beobachtet 
habe. Wahrend die Vorversuche und die Kontrollen in Ordnung waren, 
vergrofierte sich die Anzahl der positiven Reaktionen allmahlich derart, dafi 
wir zweifellos unspezifische Resultate bei unseren Untersuchungen hatten. 
Eine durchgreifende Priifung unserer Extrakte, Ambozeptoren, Komple- 
mente etc. fiihrte zu keinem Ergebnis. Als letztes Mittel verschafften wir 
uns durch das Entgegenkommen von Herrn Primararzt Dr. Kuznitzky 
(Stadtisches Allerheiligen-Hospital) Komplement von den Tieren aus den 
dortigen Stallen, und von diesem Tage an war unser Versuch wieder normal. 
Da die Tiere im Allerheiligen-Hospital ganz anders als die unsrigen ge- 


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168 Margarete Stern, 

Kinderkrankheiten durchgemacht hat, die erst allmShlich im 
Laufe der Jahre erkannt worden sind und selbst heute noch 
nicbt ganz uberwunden sind, so ist das anscheinend auch bei 
den Ausflockungsreaktionen von S.-G. und der D.M. der Fall. 
Wenn auch die Entdecker beider Reaktionen dauernd und 
rait Erfolg an der Vervollkommnung ihrer Methoden arbeiten, 
so ist bisher eine vollige Sicherheit noch nicht erreicht worden. 
Man hat bisweilen mit Zuf3.1iigkeiten und Unregelmtilligkeiten 
zu rechnen, die noch nicht gentlgend geklSrt sind und daher 
nicht immer vermieden werden konnen. Damit hangt es auch 
zusammen, daB wir unseren ersten Plan, die Parallelunter- 
suchungen mit WaR., S.-G. und D.-M. gleichzeitig an den- 
selben 5000 Seren zu machen, nicht vollstSndig durch- 
ftihren konnten. Als wir namlich am 9. X. 1919 mit den 
Parallelversuchen begannen, befand sich die S.-G.R. gerade 
in einer negativen Phase, die bis zum 30. X. anhielt, 
und von da ins „Normale“ uberging. Hfitten wir die Unter- 
suchungen dieser 3 Wochen, in denen die positiven Seren sich 
von den negativen meistens nur durch eine Andeutung einer 
positiven Reaktion unterschieden, in die vergleichende Statistik 
hineingenorainen, so wSre dieselbe fiir Sachs-Georgi verhaltnis- 
mtlBig ungiinstig ausgefallen. Eine fast noch langer an- 
haltende negative Phase stellte sich am 22. XL 1919 ein und 
dauerte bis zum 24. I. 1920. Beide Zeiten habe ich bei der 

futtert wurden, im wesentlichen mit Kiichenabfallen, wahrend unsere Tiere 
nur Heu und Riiben bekamen, so ist die Veriinderung des Komplements 
wobl am ebesten auf eine ungeeignete, d. b. dem Komplement nicbt zu- 
traglicbe Erniibrung der Meerscbweincben zuruckzufiibren. (Futterungs- 
versucbe verscbiedener Art, die wir infolge dieser Episode macbten, fubrten 
zn keiner Bestiitigung unserer Annabmc, aber sie batten aucb in einem 
viel groSeren Maflstabe vorgenommen werden miissen, als das bei den 
jetzigen Verbaltnissen mdglicb ist.) Nacbdem wir einige Wocben das 
Komplement aus dem AllerbeUigen-Hospital benutzt batten, stellten wir 
durcb Parallelversucbe fest, da6 unsere Tiere, die inzwiscben etwas besser 
ernabrt worden waren, wieder braucbbar waren. 

Aus der Literatur ist mir nur eine iibnlicbe Beobacbtung von 
K. Hintze (Centralbl. f. Bakt., Orig., Bd. 84, Heft 1) bekannt. Der 
Verfasser bat iibnlicbe Stadien mit auffallend bobem Prozentsatz positiver 
Reaktionen bei der WaR. durcbgemacbt und fiibrt dieselben auf die Kom- 
plementveriinderung bei Meerscbweincben zuriick, die — oft iiuiJerlicb noch 
gar nicht nachweisbar — an Pseudotuberkulose litten. 



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Ueber die Sachs-Georgi-Reaktion u. die „D.M.“ von E. Meinicke. 109 

Zusammenfassung ausgelassea, uiid um auch bei Sachs-Georgi 
flber die gleiche Anzahl von Seren, wie fur die D.M. verfiigen 
zu kdnnen, babe ich die Versuche fiber die S.-G.R. ca. 6 Wochen 
spfiter abgeschlossen als die Versuche fiber die D.M. Von 
Ende Januar bis zum AbschluB unserer Untersuchungen haben 
wir keine ^negative Phase" mehr beobachtet. 

Eine Erklfirung der negativen Phasen steht noch dahin. Sie 
sind um so weniger zu verstehen, als in unseren Versuchen ein 
und derselbe Extrakt durch sfimtliche Versuche von Anfang bis 
zu Ende hindurchgegangen ist, und was die Technik betrifft, so 
sind fast alle Versuche, jedenfalls aber die der negativen Phasen 
und die meisten fibrigen Untersuchungen von meiner gut ein- 
gearbeiteten Mitarbeiterin, Frl. Werner, gemacht worden. 
Neben diesem Extrakt, der in unserer Klinik hergestellt wurde, 
sind die Untersuchungen noch mit einem zweiten, meist einem 
in Frankfurt hergestellten, den wir durch die Liebenswfirdigkeit 
des Herrn Prof. Sachs erhalten haben, angestellt worden. 
Beide Extrakte stiminten bis auf geringe DiflFerenzen auch in 
den Zeiten der negativen Phasen gut fiberein. 

Da die S.-G.R. sehr empfindlich gegen Temperaturunter- 
schiede ist, ware es mfiglich, daB die infolge der Gassperr- 
stunden mangelnde Konstanz unserer Brutofen mit am MiB- 
lingen der Versuche Schuld tragt. Sachs neigt dazu, zu- 
nfichst eine Verfinderung der Kochsalzlfisung anzunehmen. 
Einen Beweis ffir die Richtigkeit der einen Oder anderen 
Hypothese mfissen wir aber schuldig bleiben. 

I. Die Sachs-Georgi-Heaktion. 

Die Versuche sind mit der von Sachs angegebenen Technik 
ausgefflhrt worden. Die Versuchsanordnung ist denkbar einfach. 
i ccm 10-fach in physiologischer Kochsalzlfisung verdfinntes 
inaktiviertes Patientenserum wird mit 0,5 ccm 6-fach mit Koch- 
salzlfisung verdfinntem cholesterinierten Rinderherzextrakt ge- 
mischt. Die Rohrchen werden gut geschfittelt und kom'men 
ffir 24 Stunden in den Brutschrank. Am nfichsten Tage 


1) Wir haben die S.-G.R. schon V* vor den heute publizierten 
Untersuchungen an einem Material von 4900 Seren nachgepruft, haben aber 
damais nach der ersten Angabe der Autoren den Versuch, der sonst ebenso 


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170 


Margarete Stern, 


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werden die Rohrchen mit dem Agglutinoskop betrachtet und 
die Niederschiage je nach der Starke mit 1—3 Kreuzen be- 
zeichnet. Die einzige Abweichung, die wir uns zu Zeiten ge- 
stattet haben, ist die, daB wir die Versuche anstatt mit Vio 
mit Vs Serum angesetzt haben, um sie etwas nach der posi- 
tiven Seite zu beeinflussen, was aber nur in sehr geringem 
Grade gelang. Die Zusammenfassung der Parallelversuche ist 
in den Zahlen in Tabelle I enthalten. 

Es wurden alles in allem 5008 Sera untersucht Davon 
waren 480 Normalfaile, d. h. eine Reihe von Haut- und anderen 
Fallen, bei denen Lues nach Diagnose und Anamnese auszu- 
schlieBen sei. AuBerdem wurden zur Kontrolle 146 Ulcus 
molle-, 30 Tuberkulose- und 43 Lupus-Faile gepriift, die in 
unserer Tabelle besonders gezahlt sind, weil bei ihnen nach 

wie der jetzige vorgenomraen wurde, anstatt 24 Stiinden nur 2 Stunden 
ini Brutschrank und dann bis zum nachsten Morgen bei Zimraertemperatur 
stehen iassen. Wir fanden dabei eine Uebereinstimmung von 4160 Seren 
und Differenzen bei 740 Seren. Dabei zeigte sich S.-G.R. 463mal starker 
als WaR., 277mal uingekehrt. Dabei sind alle, auch quantitative Differenzen 
gerechnet. Zieht man nur die vollstiindigen Differenzen zwischen positiv 
und negativ in Betracht, so haben wir bei 4900 Untersuchungen 267 Dif¬ 
ferenzen, und zwar 91mal positive WaR. bei negativer S.-G.R. und 176mal 
positive S.-G.R. bei negativer WaR. 

In erster Reihe bestehen die Differenzen bei behandelten Lues- und 
Lues latens-Fallen, bei denen S.-G.R. 56nial positiv war bei negativer WaR., 
wiihrend das Umgekehrte nur 24mal festzustellen war. 

Dagegen fanden wir WaR. in 9 Lues 1-Fallen der S.-G.R. iiberlegen, 
nur Imal das Umgekehrte, llmal war WaR. bei Lues II positiv bei nega¬ 
tiver S.-G.R. und nur Imal fanden wir hier S.-G.R. iiberlegen. 

Von Nichtluetikem haben wir 204 untersucht, von denen 13 (9 Ulcus 
molle-Falle, 3 Gonorrhoe und 1 Bubo) positiv waren, also etwa 6 Proz. 
anscheinend nichtspezi6sche Reaktionen. — Sachs hat spiiter zur Ver- 
raeidung der hier unstreitig vorgckoinmenen unspeziBschen Reaktionen 
anstatt des 2-8tiindigen den 20-stundigen Aufenthalt im Brutschrank 
empfohlen, da er gefunden hat, dafi Temperaturemiedrigungen unter Um- 
stiLnden die einfache, fiir Lues nicht charakteristische Flockung der Serum- 
globuline begiinstigt. Nach den Erfahningen von Sachs gewahrleistet ein 
20-Btundiger Aufenthalt im Thermostaten ein fiir Lues charakteristischeres 
Verhalten der Sera. 

Wir haben auf die Angaben hin von einer Publikation unserer da- 
maligen Versuche abgesehen und obige neuen Versuchsreihen angesetzt, 
mochten aber an dieser Stelle doch kurz unsere friiheren Versuche er- 
w’iihnen, da sie fiir die Richtigkeit der Annahme von Sachs sprechen. 



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Ueber die SachB-Georgi-Eeaktion u. die „D.M.“ von E. Meinicke. 171 


TabeUe 1. 


Anzahl d. unter¬ 
suchten Falle 

Normale 

UlcuB molle 

Tuberkutbse 

Lupus 1 

i 

Lues? 

Ueberein- 
stimmung 
beider Re¬ 
aktionen 

S.-G.R. iiber Wa,R. 

WaR. iiber S.-G.R. 

Nicht zu unter¬ 
suchende Sera 

S.-G. 

WaR. 

WaR. 

S.-G. 

+ 0 ? 

o 

+ 

-I-I 0 ? 

-f- 0 ? 

-f 0 ? 

5008'4801461 30 

43 ,'3616 

693 1252'2960182 25?! . 49 

. 199 107 182 . jll4 

. 1236 60 

12 


4394 sSe §<56 296 

602 


der Literatur 5fter positive Reaktionen gefunden worden sind. 
Luesfalle warden 3616 und FS,lle mit fraglicher Lues wurden 
693 untersucht. Uebereinstimmend nach beiden Reaktionen 
waren 4394 Falle, und zwar 1252 positiv, 2960 negativ und 
182 fraglich. Die niichsten zwei (zu je 3 Spalten) Rubriken 
gewkhren einen Ueberblick, wie oft die S.-G.R. der WaR. 
fiberlegen war. Wir sehen, dafi sie 306mal starker ausfiel, 
und zwar 257mal positiv und 49mal fraglich gegeniiber der 
WaR., die in diesen Fallen 199mal negativ und 107mal frag¬ 
lich war. 

Die folgenden zwei Rubriken (zu je 3 Spalten) zeigen uns, 
wie oft die WaR. der S.-G.R. iiberlegen war. WaR. war im 
ganzen 296mal starker als S.-G.R., und zwar 182mal positiv 
und 114mal zweifelhaft gegenuber der S.-G.R., die 236nial 
negativ und 60mal fraglich ausfiel. 

Nicht zu untersuchende Sera, bei denen auch die Serum- 
kontrolle allein Fallung aufwies, batten wir im ganzen nur 
12 gefunden. 

Bei dieser Zusammenstellung sind alle, auch die geringsten 
Unterschiede in dem Ausfall der beiden zu vergleichenden 
Reaktionen gerechnet worden. 

Im ganzen haben wir unter 5000 untersuchten Fallen 
602 Differenzen zwischen den Reaktionen gefunden, also in 
12 Proz. der Falle. Diese Differenzen verteilen sich fast 
gleichmaUig auf beide Reaktionen (306 gegen 296), so daU 
sowohl WaR. wie S.-G.R. in ca. 6 Proz. der Differenzen der 
Parallelreaktion uberlegen bzw. unterlegen sind. Was fur Falle 
sind es nun, in denen die Reaktionen divergieren? 


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172 


Margarete Stern, 


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Tabelle II. 


Zusammenetellung aller Differenzen, auch der geringsten. 

1. Reihe: 8.-G.R. uber WaR. in 306 Fallen. 

2. „ WaR. uber 8.-G.R. „ 296 „ 



1 ^ 

i 

c 

^ i 

« 1 

f 

1 

g 

h 

i 

k 

1 


n 1 

0 


Norm ale 

Lupus 

Tuber- 

kulose 

Ulcus 

moUe 

Tabes 

Lues I 

Lues 11 

Lues III 

Lues 

latens 

Lues 

behandelt 

Lues ohne 
nahere 
Angaben 

Lues con¬ 
genital is 

Lues? 

ohne 

Diagnose 

1. Reihe 

16 

2 

1 

6 

2 

111 

46 

1 4 

134 

42 

6 

1 

34 


2. „ 

4 1 

. 

• , 

4 1 

6 

56 

96 

' 1 

1 59 

35 

11 

3 

20 

i 


Die erste Differenz zeigte die ersteRubrik: die norraalen 
Sera, die im wesentlichen von Gonorrhoen, Bubo, Syphilido- 
phobie und Hautleiden stamnien. Hier scheint die S.-G.R. 
leichter zu einer Fallung zu neigen als die WaR. — 4mal 
Hemmung der Hainolyse. Etwas starker erscheinen die Unter- 
schiede zwischen der Wa.R. und S.-G.R. ausgesprochen bei 
Lues I, II und Lues latens. Hier hat man doch den Eindruck, 
daB die WaR. in Lues I- und II-Fallen tiberlegen ist, wahrend 
die S.-G.R. bei den Lues latens-Fallen sich entschieden empfind- 
licher erweist. 

Urn festzustellen, ob und inwieweit die obige Statistik 
bestatigt werden wurde, wenn ich alle kleinsten und halben 
Differenzen zwischen den beiden Reaktionen vernachlassigen, 
und nur die vollig entgegengesetzten rechnen wflrde, habe 
ich noch eine zweite Zusammenstellung der Differenzen bei 
denselben Seren gemacht. Hier sind nur die Unterschiede 
zwischen positiv und negativ berucksichtigt, und zwar wurden 
bei der WaR. die Sera als „positiv‘‘ angesehen, die bei der 
Zusammenziehung der Ergebnisse aller zur Unlersuchung 
verwerteten Extrakte so bewertet worden waren. Bei der 
S.-G.R., deren Starke nach Kreuzen beurteilt wird, gait uns 
jedes Serum von 1—4 Kreuzen als positiv. Die Failungen 
bei S.-G. fallen so verschieden in der Feinheit aus, das man 
unbedingt auch die feinsten Failungen, wenn sie deutlich 
sind, als positiv ansehen muB. Unter 5008 Fallen sind 267 
Falle mit ganzlich entgegengesetzten Resultaten, d. h. also in 
reichlich 5 Proz. Dieser Prozentsatz verteilt sich auf die 


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Ueber die Sachs-Georgi-Reaktion u. die „D.M.“ von E. Meinicke. 173 


beiden Reaktionen etwa so, daB S,-G.R. in ca. 2,8 Proz. der 
Falle positiv war bei negativer WaR. und WaR. in ca. 2,2 Proz. 
positiv bei negativer S.-G.R. NSheres zeigt die 2. Zusammen- 
stellung. 


Tabelie Ill. 2. ZuBammenstellung. 

Totale Differenzen in den Reeultaten bei WaR. und S.-G.R. 
bei obigen 5008 Seren. 


1. Reihe: S.-G.R fiber WaR. bei 152 Seren \ 007 

2. „ WaR. „ S.-G.E. „ 115 „ 



Normale 

Lupus 

11 ' 

1 

1 

Ulcus 

nioUe 

Tabes 

Lues I 

Lues II 

Lues III 

S a 

Lues 

behandelt 

Lues ohne 
nahere 
Angabe 

Lues con- 
genitalis 

1 

Lues ? j 

1 . Reihe 

7 

■ 

1 

2 

... 

4 

14 ' 

3 

77 

24 

1 

— 

20 

2 . „ 


1 

— 

— 

2 

18 

19 

— 

24 

14 

7 

2 ' 

9 


Beim Vergleich der beiden Zusammenfassungen sehen 
wir, daB sich die Gegensatze, die wir in der 1. Tabelie fest- 
gestellt haben, bei Lues I, II, latens und behandelter Lues 
sowie Normalfallen noch verstfirkt haben. Bei Lues I hat 
sich das Verhaitnis etwas zugunsten von S.-G.R. verschoben, 
aber die Superioritat der WaR. ist doch weiter deutlich zu 
erkennen ^). 

Wenn man nun diese Differenzen in den Hauptrubriken 
im Vergleich zu den Gesamtzahlen der Untersuchungen be- 
trachtet, so ergibt sich folgendes Bild : 

1. Reihe: Anzahl der Gesamtuntersuchungen von Lues 1, II, III, latens 

und behandelter. 

2. „ Anzahl der Uebereinstimmungen von S.-G.R. und WaR. bei 

Lues I, II, III, latens und behandelter. 

3. „ S.-G.R. fiber WaR. (alie Differenzen) bei Lues I, II, III, 

latens und behandelter. 

4. „ WaR. fiber S.-G.R. (alle Differenzen) bei Lues I, 11, III, 

latens und behandelter. 

5. „ S.-G.R. fiber WaR. (nur totale Differenzen) bei Lues 1 etc. 

6. „ WaR. fiber S.-G.R. (nur totale Differenzen) bei Lues I etc. 

1) Auf die Literatur, die bereits recht betrachtlich ist, gehe ich wegen 
Raumersparnis nicht ein und berichte nur fiber meine eigenen Unter¬ 
suchungen. Nur eines sei an dieser Stelle erwiihnt: dafi die Nachunter- 
Bucher gerade fiber die oben erwahnte Superioritat der WaR. bei Lues I 
nicht fibereinstimmende Resultate berichten. 


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174 


Margarete Stern, 


Tabelle IV. 



Normale inkl. 
Tuberkulose, 
Ulcus molle, 
Lupus 

Lues I 

Lues II 

Lues in 

Lues latens 

Lues 

behandelt 

R. 1 
R. 2 

699 

678 ca. 97 ”/« 

'293 

226 ca. 77 X 

716 

574 ca. 81 % 

20 

15 ca. 75 7o 

1384 

1191 ca. 86 % 

610 

533 ca. 87 “L 
42 „ 7 „ 

R. 3 

i 16 „ 2,3 „ 

11 „ 4 ,. 

46 ., 6 „ 

4 „ 20 „ 

134 „ 10 „ 

R. 4 

> 4 „ 0,6 „ 

56 „ 19 „ 

96 „ 13 „ 

1 „ 5 „ 

59 „ 4 „ 

35 „ 5,7 „ 

R. 5 

1 7 „ 1 „ 

4 „ 1,4 „ 
18 „ 6 „ 

14 „ 2 „ 

3 „ 15 „ 

77 ff 5,5 ,, 

24 „ 3 „ 

R. 6 

1 - - 1 

49 „ 7 „ 


24 „ 2 „ 

14 „ 2 „ 


Die Zusammenstellung ergibt, daU bei Lues I die WaR. 
in 6 Proz., bei Lues II in 7 Proz. aller untersuchten Faile 
scharfer als die S.-G.R. ist, wShrend das Umgekehrte nur in 
1,4 Proz. bzw. 2 Proz. der Fall ist Dagegen erweist sich 
die S.-G.R. bei Lues latens in 5,5 Proz. (gegenflber der WaR. 
in 2 Proz.) und bei Lues behandelter in 3 Proz. (gegenflber 
WaR. in 2 Proz.) der WaR. flberlegen. Nichtspezifische Aus- 
faile bilden 1 Proz. der Reaktionen nach S.-G.R., wahrend 
sie nach W. fehlen. Diese nichtluetischen F^le setzen sich 
zusammen aus je einem Patienten mit Lupus, Gonorrhoe, 
Kopfschmerzen, Nervenkrankheit, Pruritus, Ulcus molle und 
Hysterie. 


Vergleichende Untersuchungen 
von Lumbalflflssigkeiten nach Sachs-Georgi und 

Wassermann. 

Es wurden 378 Lumbalflflssigkeiten in der Zeit vom 
3. Okt 1919 bis 12. Nov. 1920 untersucht 

Folgende Tabelle erleichtert die Uebersicht: 

Tabelle V. 


1 1 2 i 

1 3 

i 4 

' 5 I 

6 

7 


1 

8 ! 

9 

Zahld. unter¬ 
suchten Lum- 
balfliissigkeit 

Ohne Diagn. 

Lues 

Lues ? 

' 1 S.-G.R. liber 

-S 1 WaR. 

WaR. liber 
S.-G.R. 

Ueberein- 
stimmung 
beider Reak¬ 
tionen 

Spontane 

Ausflockung 

5 S.-G.R. WaR. 

WaR. 1 

S.-G.R. 

r +ioi 

? +!o ? 

+ ;0i ? 

: + |0| 

? 

+ i 0 

? 

378 ^139 

170 

1 

64 

1 1 

5 ^ 


! 9 1 . 10 

' . !i7' 

,2 

1 48 261 

1 

1 2 

1 


29 2 9 19 19 311 

48 


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Ueber die Sachs-Georgi-Reaktion u. die „D.M.“ von E. Meinicke. 175 


Unter 378 Fallen befanden sich 170 Luesfaile, 64 frag- 
liche und 139 ohne Diagnose. 

Um mehr UntersuchungBmaterial zu bekommen — da bei der be- 
schrankten Menge der Lumbalentnahmen sehr oft alles fur die notwendig- 
Bten Untersuchungen aufgebraucht wird — haben wdr auch die uns von aus- 
warts eingesandten Lumbalflussigkeiten beniitzt. Leider iet dadurch eine 
groSe Anzahl der Diagnosen zweifelhaft oder fehlt ganzlich. 


Unter den 378 Lurabalfliissigkeiten waren 19 wegen 
Alleinheramung nicht untersuchbar. Von den restierenden 
359 stimmten 311 Falle iiberein, das sind 86 Proz., und zwar 
48 positive, 261 negative und 2 fragliche. Die 14 Proz. be- 
tragenden Differenzen verteilen sich so, daB S.-G.R. in 9 Proz. 
scharfer als WaR. ausfailt, wahrend das Umgekehrte nur in 
5 Proz. der Fall ist. Die Rubrik 6 (zu 2 X 3 Spalten) zeigt, 
daB die S.-G.R. der WaR. in 29 Fallen ilberlegen war, und 
zwar 16mal positiv und 13mal zweifelhaft gegeniiber der WaR., 
die dabei 26mal negativ und 4mal zweifelhaft ausfiel. — Aus 
der Rubrik 7, die wiederum aus 2mal 3 Spalten besteht, 
sehen wir, daB die WaR. der S.-G.R. in 19 Fallen iiberlegen 
war, und zwar mit 9mal positiven und lOmal fraglichen Re- 
sultaten gegeniiber 17 fraglichen und 2 negativen Ergebnissen 
von S.-G. 

Bei dieser Zusamraenstellung sind alle, auch nur quanti¬ 
tative Unterschiede, bei den beiden Reaktionen gerechnet 
worden. Zieht man nur die totalen Differenzen beider Re¬ 
aktionen in Betracht und vergleicht dieselben mit der Zahl 
der Gesamtuntersuchungen bei den verschiedenen Krankheiten, 
so ergeben sich folgende Zahlen (siehe Tabelle VI auf p. 176). 


1. Reihe: Zahl der Gesamtuntersuchungen. 

2. „ Zahl der Uebereinstimmungen beider Reaktionen. 


3. 

4. 

5. 

6 . 


S.-G.R. tiber WaR. (alle Differenzen). 

WaR. iiber S.-G.R. „ „ 

S.-G.R. iiber WaR. (nur totale Differenzen). 
WaR. fiber S.-G.R. ,, „ „ 


Demnach verhalten sich beide Reaktionen gleich bei 
Lues I und Lues latens. Dasselbe finden wir auch bei Lues II, 
wenn wir die totalen Differenzen nicht berhcksichtigen. Andern- 
falls ist die WaR. bei Lues II (mit 5 Proz. gegen 1,2 Proz.) 
der S.-G.R. flberlegen. Die sonstigen Differenzen sind zu 
unbedeutend, um sie besonders hervorzuheben. 


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176 


Margarete Stern, 


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Tabelle VI. 


1 1 

2 

3 

4 

5 

6 

j Normale 

ohne 

Diagnose 

Lues I 

Lues II 

Lues III 

Lues 

latens 

1. Beihe 

5 

131 

12 

83 

3 

20 

2. „ 

4 ca. 80 °L 

119 ca-GOo/o 

10 ca. 83 »/„ 

67 ca. 80 ®/o 

2 ca. 66 ®/o 

16 ca. 80 „ 

3. „ 

1 „ 20 „ 

11 » 9 „ 

1 ,, 0,8 „ 

8 „ 10 „ 

— 

2 „ 10 „ 

4. „ 


1 ,, 0,8 „ 

1 „ 0,8 „ 

8 „ 10 „ 

1 

2 „ 10 „ 

5. „ 

— 

5 „ 4 „ 


1 » 1,2 „ 

— 

2 „ 10 „ 

6. „ 

— 


— 

4 „ 5 „ 

1 

— 



7 

8 

9 

10 

11 


Lues 

behandelt 

Lues ohne 
nahere Ang. 

Tabe 

Paralyse 

Lues ? 

1. 

Eeihe 

11 

20 

6 

16 

51 

2. 


11 ca. 100 “/„ 

16 ca. 80 “/o 

3ca.50'’/o 

14 ca. 88 % 

46 ca. 90 ®/o 

3. 


— 

1 IJ ^ JI 

1 

— 

3 

4. 


— 

1 „ 

2 

2 ca. 12 •/» 

1 

5. 


— 

2 ,. 10 ., 

1 

_ 

3 

6. 

>> 

— 

1 M 5 Jf 

1 

— 

— 


Erste Zasammenfassung. 

Die S.-G.R. stimmt bei Seren in 88 Proz. mit der WaR. 
iiberein. Die 12 Proz. betragenden Divergenzen verteilen 
sich etwa gleichmafiig auf beide Reaktionen, so daB sowohl 
die Wa.R. wie die S.-G.R. in ca. 6 Proz. der Parallelreaktion 
flberlegen, bzw. unterlegen ist. 

Die S.-G.R. ist empfindlicher als die WaR. in Fallen von 
Lnes latens und Lues behandelt. 

Die WaR. erweist sich stllrker als die S.-G.R. in Fallen 
von Lues I und Lues 11. 

Bei Lumbalfliissigkeiten verlSuft die S.-G.R. mit der WaR. 
in 86 Proz. der Falle parallel, die 14 Proz. betragenden 
Differenzen verteilen sich so, dafi S.-G.R. in 9 Proz. die WaR. 
in 5 Proz. scharfer ausfallt. 

Die S.-G.R. bildet demnach eine wertvolle Bereicherung 
der Lues-Diagnose, wenn sie neben der WaR. ausgefflhrt 
wird, da dadurch die Anzahl der positiven Resultate bei Lues 
behandelt und Lues latens erhoht wird. AuBerdem gewinnt 
die Sicherheit der Resultate bei Uebereinstimmung zweier 
Methoden, die mit verschiedenen Indikatoren arbeiten. 



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Ueber die SachB-Georgi-Reaktion u. die „D.M.“ von E. Meinicke. 177 

Eine alleinige Untersuchung nach S.-G.R. ist zurzeit 
noch nicht anzuraten, da einerseits die positiven Resultate 
bei Lues I und Lues II dadurch verringert werden wflrden 
und andererseits die eventuell eintretenden negativen Phasen 
bei der S.-G.R. nicht sofort beraerkt werden konnten. 

n. Die dritte Modifikation von Meinioke (D.M.). 

Meinicke hat nacheinander 3 verschiedene Failungs- 
reaktionen publiziert. AuBer der letzten, der D.M., fiber 
deren Nachprfifung wir in der heutigen Arbeit berichten, 
haben wir noch vorher die sogenannte nMeinicke-Reaktion^. 
die zweizeitig ausgeffihrt wird, nachgeprfift. 

Leider hat die M.R., so verstandnisvoll sie auch in der Theorie und 
in ihrem Aufbau ist, in der Praxis den groSen Nachteil, daB sie nicht 
gleichmaBig funktiouiert. Man kann sie mit gutem Recht mit launenhaft 
bezeichnen. Wahrend wir an manchen Tagen bei unseren, uber Monate 
ausgedehnten Versuchen, eine fast vbllige Uebereinstimmung der M.R. 
mit der WaR. erhielten, kamen ohne ersichtlichen Grund dann Zeiten, 
in denen der Versuch vollkommen versagte. Man erkannte das gewohn- 
lich schon an dera Vorversuch, der tiiglich mit einigen Normalseren an- 
gesetzt wird, um die Starke der spiiter zu verwendenden Kochsalzkonzen- 
tration auszutitrieren. Wenn es schon bei normalen Versuchen vorkam, 
daB die Losung der Fallungen bei den Standard-Normalseren nicht gleich- 
maBig von statten ging, so trat sie in kritischen Zeiten, selbst unter Ver- 
wendung der starksten Kochsalzkonzentrationen, nicht ein. Man konnte 
sich dann natiirlich die Ansetzung des Hauptversuches ersparen. Mog- 
licherweise ist die Ursache derartiger MiBerfolge in Temperaturdifferenzen 
zu Buchen, die nach Meinicke, auch wenn sie nur minimal sind, die 
Reaktion erheblich zu schadigen vermbgen. Leider sind derartige Tempe- 
raturschwankungen sehr schwer zu vermeiden, so daB wir die M.R. fiir 
unsere Zwecke nicht weiter verwertet haben. Es ware aber wohl moglich, 
daB sie bei geeignetem Ausbau eine Bedeutung erlangen konnte. 

Das Prinzip der D.M. ist, daB syphilitische Sera bei relativ 
hohem Kochsalzgehalt (ca. 2 Proz.) durch Extraktlipoide aus- 
geflockt werden. Zur Extraktbereitung benfitzt Meinicke ge- 
trocknete Pferdeherzen, die er zuerst durch Aetherextraktion 
von storenden, fettigen Stoffen befreit. Die Technik der D. M. 
ist sehr einfach: zu 0,2 ccm der V 4 oder V 2 Stunde inakti- 
vierten Sera gibt man den vorschriftsmfiBig verdfinnten Ex- 
trakt hinzu, schuttelt um und laBt die Rohrchen bis zum 
nachsten Tage im Brutschrank stehen. Die positiven Sera 

ZeiUchr. f. ImmunitaUfortchun;. Orig. Bd. S2. 12 


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178 


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sind dann mehr oder weniger stark ausgeflockt, die negativen 
nicht. M. empfiehlt, seioe Reaktion mit 3 verschiedenen Ex- 
traktverdflnnungen anzusetzen. WShrend nfiralich stark posi¬ 
tive Sera mit jeder der 3 Extraktmengen (0,5, 0,8 und 1,2 ccm) 
ausflocken, ist das Optimum von schwach positiven Seren 
bald in einer hSheren, bald in einer niedrigeren Extraktmenge 
zu finden. Fflr unsere Untersuchungen haben wir die Ex- 
trakte selbst hergestellt und nur manchraal zur Kontrolle 
einen uns von Herrn Dr. Me ini eke liebenswflrdigst iiber- 
sandten Extrakt benlitzt. Wir priiften durchg^ngig mit 2 bis 
3 Extraktdosen. Die Resultate, bei deren Ablesung wir, wie 
bei der S.-G.R., das Agglutinoskop benutzten, wurden je 
nach der Starke mit 1—4 Kreuzen bezeichnet. 

Etwas stSrend bei der Ablesung der Resultate wirkt es, 
daB der Extrakt, den wir taglich als Kontrolle ansetzen auch 
ohne Serum fast nie ganz homogen aussieht, sondern mehr 
Oder weniger deutliche Fallungen aufweist, Dieselben unter- 
scheiden sich von den star ken, charakteristischen Aus- 
failen im Versuch dadurch, daB ihnen das scharf Umschriebene 
dieser fehlt, und sie racist einen mehr verwaschenen Ein- 
druck machen. Trotzdem ist es bei Grenzfallen manchraal 
schwer zu sagen, was man noch als negativ ansehen kann. 
Diese Unsicherheit konnte man vermeiden, wenn man die 
Resultate nur mit dem bloBen Auge ablesen wtlrde, aber 
dann miiBte man auch auf eine Reihe der positiven Re¬ 
sultate, die man nur mit dem Agglutinoskop wahrnimmt, 
verzichten. 

Es ware freilich sehr wiinschenswert, Extrakte zu besitzen, die klar 
blieben und auch uber Nacht keine Ausflockung zeigten. Unsere Ver- 
suche nach dieser Richtung, indem wir die Aetherextraktion, die Aqua 
destillata-Zusatze bei der taglichen Extraziibereitung und die Alkohol- 
verdiinnungen variierten, haben uns bisher keinen Weg gewiesen, auf dem 
der Uebelstand zu beseitigen ware. Unter etwa 10 von uns hergestellten 
Extrakten fand sich ein einziger, der homogen bheb, auch ein Original- 
extrakt von M e i n i c k e, den wir daraufhin pruften, machte keine 
Ausnahme. Da die Spontantriibungen der Extrakte sich an Intcn- 
sitiit von einem Tag zum anderen iindern, liegt ihre Ursache vielleicht 
auch in kleinen unkontroUierbaren Temperaturschwankungen, die iiber- 
haupt bei der D.M. eine mindestens so gro6e Rolle spielen wie bei der 
8.-G.R. 



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Ueber die Sachs-Greorgi-Reaktion u. die „D.M.“ von E. Meinicke. 179 

Unsere vergleichenden Untersuchungen der WaR. mit 
der D.M. erstrecken sich auf 5027 Seren, deren Verarbeitung 
folgende Tabelle zeigt. 


Tabelle VII. 


> 1 

2 

3 

4| 

5 6 

7 

8 i 9 

i 

10 

Anzahl der 
untersucbten 
Sera 

Normale 

Ulcus moUe 

Tuberkulose 

Lupus 

Lues 

Lues? 

Ueberein- 
' stimraung 
beider Reakt. 

D.M. fiber WaR. 

WaR. fiber D.M. 

D.M. j 

WaR. 

Wa.R. 

D.M. 

+ 0 

? 

+ : 0 1 

^ + 

0 j ? 

+ 

0 ? 

1+ 0 

? 

5027 

j434 

312 73 89' 

3561 5561377 2913 

152 

1446 . 

23 i . 

252 1 217 

156 

• 60 

• ;98 

18 


4442 469 469 116 116 

585 


Wir ersehen aus obiger Tabelle, daB unter 5027 Seren 
434 normale (meist Hautfalle), 312 Ulcus molle, 73 Tuber- 
kulose and 89 Lupusfalle untersucht worden sind (Ruhr. 1—5). 
Luesfaile batten wir 3561 und Faile mit fraglicher Lues 556 
(Ruhr. 6 u. 7). Uebereinstimmend waren beide Reaktionen 
in 4442 Fallen (88 Proz.), und zwar 1377 positive, 2913 ne¬ 
gative und 152 fragliche (Rubr. 8). Die nachste Rubrik (9) 
zeigt, wie oft die D.M. der WaR. vollstandig flberlegen war, 
und wie oft das nur teilweise der Fall war. Wir sehen, 
daB die D.M. 469mal starker ausiiel als die WaR., und zwar 
446mal positiv und 23mal zweifelhaft gegeniiber der WaR., 
die in diesen Fallen 252mal negativ und 217mal zweifelhaft 
war. Die Rubrik 10 stellt das Umgekehrte dar. Die WaR. 
war 116mal starker als die DM. und zwar 56mal positiv und 
60mal zweifelhaft gegeniiber der D.M., die 98mal negativ und 
18mal zweifelhaft ausfiel. Bei obiger Zusammenstellung sind, 
ebenso wie bei den S.-G.R. Paralleluntersuchungen alle, 
auch die geringen, Unterschiede im Ausfall der Reaktion ge- 
rechnet worden. 

Ira ganzen haben wir unter 5027 Seren 585 Diflferenzen 
gefunden, also in knapp 12 Proz. der Faile. Diese Differenzen 
verteilen sich nicht, wie bei der S.-G.R. und WaR. annahernd 


1) Die Untersuchungen sind von meiner Mitarbeiterin, Fraulein 
Besser, ausgefiihrt worden. 

12 * 


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180 


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gleichmfifiig auf beide Reaktionen, sondern die D.M. ist der 
WaR. in 9 Proz. der FSlle, die Wa.-R. der D.M. um 3 Proz. 
tiberlegen. Die beiden Reihen 1 und 2 in nachfolgender 
Tabelle zeigen, in welchen Fallen die beiden Reaktionen 
divergieren. 

1. Beihe: D.M. fiber WaR. (469 Falle). 

2. Reihe: WaR. fiber D.M. (116 Falle). 


Tabelle VIII. 



1 a 

b 

c 

d 

e 

f 

g 

h ; 

i 1 

k 

1 ' 

1 

mj 

n 

0 


Normale 

Lupus 

Tuberkulose 

Ulcus moUe 

Tabes 

Lues I 

Lues II 

Lues III 

Lues latens 

Lues behand. 

4) bb 

« g 

a? 

^ s 

Lues cong. 

Lues ? 

ohne Diagn. 

1. Reihe 

1 9 

1 

1 

5 

1 6 

20 

86 

5 

210 

68 

19 

6 

27 


2. „ 

i 2 

1 1 

— 

2 

1 2 

31 

29 

1 

32 

10 

1 

— 

4 

1 


Zuerst failt in Spalte a auf, daC die Normalsera nach 
D.M. leichter zu einer positiven Reaktion neigen als nach 
WaR. Ebenso stellen wir in den Rubriken g) (Lues II), 
i) (Lues latens), k) Lues behandelt, 1) Lues, n) Lues fraglich 
die D.M. als die scliarfere fest. Wir erkennen, daI5 ebenso 
wie bei der S.-G.R. aber noch in verstarktem MaBe die D.M. 
gegenuber den Lues latens- und Lues behand.-Failen eut- 
schieden empfindlicher ist als die Wa.-R. In diesem Sinne 
ist auch die grbfiere Scharfe der D.M. in Rubrik b) (Lues II) 
aufzufassen, da es sich hier vielfach um behandelte Falle 
handelt, die nach der D.M. langer positiv bleiben als nach 
WaR. Dagegen ist die WaR. bei Lues I (f) scharfer als die 
D.M., also ebenfalls ganz analog zu den Vergleichszahlen^ 
die wir bei Lues I zwischen S.-G.R. und WaR. festgestellt 
haben. — 

In nachstehender Tabelle sind nur die vollstandigen 
Gegensatze zwischen positiv und negativ berficksichtigt worden. 

Als positiv gait fur die WaR. wieder die Zusammen- 
ziehung der Ergebnisse der verwendeten Extrakte. Bei der 
D.M. rechneten wir 1 Kreuz (-)-), auch nur bei einer Extrakt- 
dose, schon als positiv. Es ist bei der D.M. sehr haufig, daB 



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Ueber die Sachs-Georgi-Reaktion u. die von E. Meinicke. 181 


die geringste Extraktmenge ein deutliches positives Resultat 
gibt, die hSheren Extraktmengen ein negatives^). 

Hfitten wir nur die Sera als positiv gerechnet, bei denen 
in 2 Oder 3 der verwandten Extraktkonzentrationen F^llungen 
eintreten, so wSren die Ergebnisse der D.M. erheblich un- 
gflnstigere geworden. 

Eine Zusammenstellung nach diesen Gesichtspunkten er- 
gab unter 1027 Fallen 264 Sera, in denen die beiden Reak- 
tionen kontrSr ausfielen, also in reichlich 5 Proz. aller Fklle, 
und zwar war D.M. in 4 Proz. positiv bei negativer WaR. 
und WaR. in 1 Proz. positiv bei negativer D.M. Wie sich die 
Diflferenzen verteilen, zeigt die folgende Tabelle. 

2. Zusammenstellung, totale Differenzen der Re- 
sultate bei WaR. und D.M. bei obigen 5027 Seren. 

1. Reihe: D.M. iiber WaR. bei 226 Seren 1 

2. Reihe: WaR. iiber D.M. bei 40 Seren J 


Tabelle IX. 


1 

1 1 

2 1 

3 1 4 1 

5 1 

6 1 

7 1 

8 1 

9 1 

10 

1 

Normale 

Ulcus moUe 

Tabes 

Lues I 

Lues 11 

Lues Ill 

Lues latens 

Lues beh. 

s 

S £ 

a 

Lues ? 

1. Reihe 

2. „ 

4 

2 

1 

1 1 

1 ^ 

9 41 

17 1 9 

3 

105 

4 

41 

4 

11 

1 

9 


Vergleichen wir jetzt die 1. Tabelle mit den quantitativen 
Differenzen und die 2. Tabelle, die nur die totalen enthalt, 
miteinander, so finden wir auch hier wieder, daB die Diflfe¬ 
renzen, die wir bei Besprechung der ersten Zusammenfassung 
hervorgehoben haben, sich noch verstSrkt haben. Die hShere 
Empfindlichkeit der D.M. spricht sich noch deutlicher bei 
Lues II, Lues latens und Lues behandelt aus, wUhrend die 
groBere Scharfe der WaR. bei Lues I gewahrt bleibt. Die 

1) Ich mochte bei dieser Gelegenheit an ein nicht seltenes analoges 
Vorkommen bei der WaR. erinnern. Auch hier ist aowohl von anderen 
Autoren, wie auch von uns beobachtet worden, da6 bei quantitativen 
Untersuchungen mit abgestuftem Extrakt manchmal die kleinere Extrakt- 
dosis at&rker wirkt als die grdOere. 


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Bedeutang der Differenzen bei den einzelnen Stadien ergibt 
sich erst, wenn man die Zahl der Gesamtuntersuchungen mit 
der Anzahl der Diflferenzen vergleicht, was in nachfolgender 
Tabelle geschehen ist. 


1. Eeihe: 


2 . 

3. 

4. 

5. 

6 . 


Zahl der Gesamtuntersuchungen mit beiden Keaktionen bei 
Lues I, II, III, latens und behandelt. 

Zahl der Uebereinstimmungen mit beiden Beaktionen bei Lues I etc. 
D.M. uber WaB. (alle auch quantitative Differenzen) 

WaB. „ DM. „ „ 

D.M. „ WaB. (nur totale Differenzen). 

WaB. „ DM. „ „ 


Tabelle X. 



Normals iukl. 
Tuberkulose, 
Lupus uud 
Ulcus molle 

Lues I 

Lues II 

Lues III 

Lues latens 

Lues 

behandelt 

B. 1 

905 

329 

^900 

34 

1589 

431 

B. 2 

892 ca. 98 "/o 

278 ca. 84 

785 ca. 87 "/„! 

28 ca. 82 

1348 ca. 84 «/„ 

353 ca. 81 “/o 

B. 3 

9 ,, 1 » 

20 „ 6 „ 

86 „ 10 „ 


210 ,. 12 „ 

68 „ 16 „ 

B. 4 

2 „ 0,25 „ 

31 „ 10 „ 

29 „ 2,5 „ 

1 » 0,5 „ 

32 „ 2 „ 

10 „ 2,5 „ 

B. 5 

4 „ 0,4 „ 

9 i> 2,5 „ 

41 „ 4 „ 

3 ,. 10 „ 

105 „ 6 „ 

41 „ 10 „ 

B. 6 

- - 

IV „ 5 „ 

9 „ 1 „ 


1 4 „ 0,6 „ 

4 „ 1 „ 


Wir sehen aus dieser Zusamraenstellung, dafi im Ver- 
haltnis zu der Gesamtuntersuchung bei den normalen Fallen 
die Meinickereaktion in 0,4 Proz. Fallen unspezifisch war, 
wenn wir von den quantitativen Differenzen absehen (Reihe 3 
und 4). Die 4 nichtsyphilitischen Faile mit positiver Reaktion 
setzen sich zusammen aus 1 Ulcus molle, 1 Gonorrhbe, 
1 Dermatitis und 1 Lymphom. 

Bei Lues I ist WaR. in 5 Proz. der untersuchten Faile 
der D.M. iiberlegen, die D.M. ist hier in 2,5 Proz. scharfer. 
Bei Lues II ist die D.M. in 4 Proz. positiv bei negativer WaR. 
und WaR. in 1 Proz. positiv bei negativer D.M. Ueber die 
Prozentzahlen bei Lues III konnen wir hinweggehen, da das 
Untersuchungsmaterial zu gering ist, urn daran Schliisse zu 
kntlpfen. 

Bei Lues latens ist die D.M. in 6 Proz. der Faile der 
WaR. iiberlegen, und bei Lues behandelt ist dasselbe sogar 
in 10 Proz. der Fall, wahrend umgekehrt die WaR. der D.M. 
bei Lues latens nur in 0,6 Proz. und bei Lues behandelt in 


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Ueber die Sachs-Oeorgi-Reaktion u. die ,rD.M.“ von E. Meinicke. 183 

1 Proz. Qberlegen ist. Wir sehen also, daB auch bei Berfick- 
sichtigung der Gesamtuntersuchungen die Zahlenverhfiltnisse 
der einzelnen Tabellen bestehen bleiben. 

Nun ware es noch interessant, an der Hand der Kranken- 
geschichten solche divergierende Falle zu verfolgen. Da die 
betreffenden Patienten haufig mehrmals in der Zeit, auf die 
sich roeine Zusammenstellung bezieht, aber auch vor und 
nach denselben untersucht worden sind, muBte man nach- 
forschen, ob die Blutuntersuchungen, im Zusaramenhang mit 
der Klinik betrachtet, vielleicht irgendwelche Hinweise iiber 
die Verwendung der einen oder der anderen der 3 Methoden 
(WaR., S.-G.R. und D.M.) geben wOrden. Leider haben die 
diesbeziiglichen Untersuchungen zu keinem neuen Ergebnisse 
gefflhrt, so daB wir uns mit dem Durchsehen einiger 30 
Krankengeschichten begniigt haben. Neben den schon an der 
Hand der Tabellen besprochenen Gesichtspunkten fhr die 
Brauchbarkeit der S.-G.R. und D.M., die auch die Kranken¬ 
geschichten im allgemeinen bestatigen, finden sich haufig 
vereinzelte abweichende positive oder negative Resultate bei 
nur einer der Reaktionen, an die man keinerlei Schlfisse zu 
knflpfen berechtigt ist, und die eher den Eindruck machen, 
als wenn sie durch irgendwelche Zufailigkeiten am Versuchs- 
tage hervorgerufen sein kbnnten. 

Vergleichende Untersuchungen von Lumbal- 
flQssigkeiten nach D.M. und Wassermann. 

Im ganzen wurden 161 Lumbalflflssigkeiten zwischen dem 
31. X. 19 und 27. VI. 20 untersucht. Die folgende Tabelle 
zeigt das Nahere. 


Tabelle XI. 


1 

2 

3 

4 

5 

6 




7 ‘ r 8 


9 

Anzahl der 
untersuchteu 
Falle. 

d 

s 

0) 

Lues 

Lues? 

Paralyse 

Normale 

D.M 

fiber WaR. 

WaR. fiber D.M. 

Ueberein- 

stimmung 

beider 

Reaktionen 

D.M. 

WaR. 

WaR. 

D.M. 

.a 

Oi 

+ 

0 

? 

+ 

0 

? 

+ 

0 

? 

-F 

0 

? 

+ 1 0 ! ? 

161 

62i75 

14 

8 

2 

17 


2 


22 

2 

2 

• 

2 


2 

2 

22 ! 108 I 3 


24 24 4 T 

28 


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184 


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Unter 161 Lumbalflflssigkeiten waren 75 von Luetikern 
stammende, 14 von fraglichen Fallen und 62 ohne Diagnose. 
Fine Uebereinstimraung zwischen WaR. und der D.M. stellten 
wir 133mal fest, d. h. in 82 Proz., und zwar bei 22 positiven, 
108 negativen und 3 fraglichen Fallen, Bei den 18 Proz. 
Dilferenzen zeigte sich die D.M. der WaR. Oberlegen, da die 
D.M. 24mal starker war als WaR., wahrend das Umgekehrte 
nur 4mal der Fall war. Hierbei sind alle quantitativen 
Dilferenzen gerechnet. Heben wir auch bier nur die totalen 
Unterschiede zwischen und 0 heraus und ziehen gleich- 
zeitig die Diagnosen und die Gesamtzahl der Untersuchungen 
bei der Beurteilung in Betracht, so ergeben sich die Zahlen 
der nachsten Tabelle. 

1. Beihe: Zahl der Gesamtuntersuchungen. 

2. „ Zahl der Uebereinstimmungen. 

3. „ D.M. iiber WaR. (alle, auch quantitative Difierenzen). 

4. „ WaR. uber D.M. ( „ „ „ „ ). 

5. „ D.M. iiber WaR. (nur totale Difierenzen). 

6. „ WaR. iiber D.M. ( „ „ „ ). 


TabeUe XU. 



1 

2 

3 

4 

5 

6 

7 

8 

9 

10 

11 


Normale 

Ohne 

Diagnose 

Lues I 

Lues 11 

Lues III 

Lues 

latens 

Lues 

behandelt 

Tabes 

Paralyse 

Lues? 

Isl 

1. Reihe 

3 

56 

3 

40 

1 

7 

9 

3 

6 

26 

7 

2. „ 


55 

3 

26 


5 

7 

2 

5 

25 

4 

3. „ 

3 

1 


13 


1 

1 

1 

1 

1 

2 

4. „ 

. 



1 


1 

1 


— 

— 

1 

5. „ 

2 



8 


— 

1 

1 

— 

1 

2 

6. „ 


• 

• 



— 

— 

— 

— 

— 

— 


Wir erkennen auch bei dieser zweiten Zusainmenstellung 
eine groBere Scharfe der D.M. besonders bei Lues II. Aller- 
dings sind auch 2 von Nichtsyphilitikern stammende Lumbal- 
fliissigkeiten (1 Hydrocephalus und 1 Facialisiahmung) positiv. 
Leider reicht das nichtsyphilitische Material nicht aus, urn 
daraus Schliisse zu ziehen. Aber so gunstig auch zunachst 
das Urteil fiber die D.M. nach unserer Statistik bei den 
Lumbalflfissigkeiten ausfailt, so muB es doch aus folgenden 
Grfinden etwas eingeschrankt werden: Die Spontanausfailung 
der Extraktkontrollen fallt hier schwerer ins Gewicht, als bei 



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Ueber die Sachs-Georgi-Reaktion u. die von E, Meinicke. 185 

der Untersuchung der Seren, weil keine der Liimbalflflssigkeiten 
auch die von als negativ bewerteten mit Extrakt zusammen 
homogen erscheint. Das geiibte Auge kann zwar den Unter- 
schied zwischen der charakteristischen Failung bei den stark 
positiven Fallen, und der uncharakteristischen Failung bei 
alien anderen Lumbalfliissigkeiten erkennen, aber schon bei 
mittelstarken Ausfailungen wird die Ablesung erschwert, da 
man bei der Beurteilung sowohl die Spontanflockung der Ex- 
trakte wie die mangelnde HomogenitSt der negativen Lumbal- 
flilssigkeiten mit in die Berechnung ziehen muB. Aus diesem 
Grunde erscheint es mir zurzeit noch nicht ratsam, die D.M. 
allein als ausschlaggebend bei LumbaldQssigkeiten anzusehen. 

Zweite Zusammenfassung^). 

Die D.M. stimmt in 88 Proz. bei Seren mit der WaR. 
flberein. Bei den 12 Proz. Divergenzen ist die D.M. in 9 Proz., 
die WaR. in 3 Proz. scharfer. 

Die D.M. ist empfindlicher als die WaR. bei Lues II, 
Lues latens und Lues behandelt. 

Die WaR. erweist sich starker bei Lues I. 

Bei Lumbalfliissigkeiten findet sich eine Uebereinstimmung 
beider Reaktionen in 81 Proz. Bei den 19 Proz. Differenzen 
failt die WaR. in 3,5 Proz., die D.M. in 15,5 Proz. starker 
aus; allerdings sind unter den letzteren auch zwei anscheinend 
nichtluetische Faile. 

Die D.M. bildet eine wertvolle Ergknzung der Resultate 
der WaR., da sie die Anzahl der positiven Resultate bei 
Lues II, Lues latens und behandelt vermehrt, und die iiber- 
einstimmenden Resultate zuveriassiger werden, wenn sie durch 
die gleichzeitige Untersuchung mit zwei Methoden mit ver- 
schiedenen Indikatoren und verschiedenen Fehlerquellen ge- 
wonnen werden. 

Die D.M. ist zurzeit aber nur neben der WaR. zu ver- 
werten, weil die letztere bei Lues I scharfere Resultate gibt. 
AuBerdem ware fflr die alleinige Verwendung der D.M. un- 
bedingt eine Homogenitat der zu verwendenden Extrakte 
erforderlich. 

1) Erste ZusammenfaBsuDg siehe p. 176. 


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186 


Marie Richter, 


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Nachdruck verbolen. 

[Aus dem Pathologischen Institut der Universit&t Jena. 

(Prof. E,. R 6 s 81 e).] 

Zar Kenntnls der Bieckenbergschen Reaktion. 

(Negative Versuche zur Thromboselehre.) 

Von Dr. Marie Richter. 

(Eing^angen bei der Redaktion am 9. Januar 1921.) 

Im Jahre 1917 verSffentlichte H. Rieckenberg eine 
neue Immunitatsreaktion bei experimenteller Trypanosomen- 
Infektion. Er hatte beobachtet, daB die Blutplattchen solcher 
Ratten, die von einer Nagana-Infektion geheilt waren, streng 
spezifisch gegen die zur Infektion verwendeten Erreger re- 
agierten. Wurde nSmlich das Blut der immunisierten Tiere 
nach Zusatz einer die Gerinnung verhindernden Zitratldsung 
mit den homologen Trypanosomen zusammengebracht, so 
nSherten sich die Plattchen nach kurzer Zeit den Trypano¬ 
somen, verklebten mit ihnen, mauerten sie allmahlich voll- 
kommen ein und beraubten sie dadurch aller Beweglichkeit. 
Dafiir, daB es sich bei diesem Vorgange nicht etwa urn die 
gewohnliche Agglutination in Immunseris handelt, vermochte 
Rieckenberg unzweideutige Beweise zu erbringen; nicht 
ein Klebrigwerden der Trypanosomen durch irgendwelche 
humorale Antistoffe verursachte die Reaktion, sondern eine 
streng spezifische, durch die Immunisierung er- 
worbene Eigenschaft der Blutplattchen. 

In den bekannten Versuchen von v. Gruber und Futaki 
liegen primSre Sonderbeziehungen zwischen Blutplattchen und 
einer bestimmten Infektion, namlich dem Milzbrand, vor. Bei 
der Rieckenbergschen Reaktion war man zum ersten Male 
in der Lage, dieAllergieankorpuskuiarenElementen 
des immunisierten Korpers abzulesen; die Plattchen sind zwar 
nach der herrschenden Ansicht nicht vollwertigen Zellen gleich- 
zusetzen, wohl aber nach R. Ben eke als Zwischenstufe 
zwischen solchen und Sekreten zu betrachten. Die Riecken- 
bergsche Reaktion ist hierdurch von groBem theoretischen 



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Zur Kenntnis der Rieckenbergschen Reaktion. 


187 


Interesse, aber es bot sich ihr gegenflber auch noch ein 
anderer Gesichtspunkt dar, der zwar ebenfalls wissenschaftlich, 
daneben aber auch besonders praktisch hSchste Wichtigkeit 
besaQ, die Frage: Sollte etwa eine AnhSufung all- 
ergischerBlutplattchen um die homologenlnfek- 
tionserreger wie die bei der Rieckenbergschen 
Reaktion beobachtete, dann, wenn sie in derBlut- 
bahn stattfhnde, eineausschlaggebendeBedeutung 
besitzen f(ir die Entstehung der so hdufigen in- 
fektiosen Thrombose? 

Die genetischen Beziehungen zwischen Infektion und 
Thrombose sind bisher nicht restlos geklart. Zwar umfafit 
Lubarsch alles Wesentliche mit der folgenden Aufzahlung 
der drei hauptsachlichen Faktoren, durch welche die Infektion 
eine Entstehung von Thromben verursachen kann: 

1. Die schadigende Einwirkung der Infektionserreger auf 
das Herz und die Kreislaufzentren; 

2. Die Einwirkung der Spaltpilze auf das Blut und die 
blutbereitenden Organe, ganz besonders auf das 
Knochenmark; 

3. Die Wirkung auf die Blutgefafiwandungen. 

DaB diese drei Punkte zu Recht bestehen, dariiber diirften 
sich alle Autoren einig sein, nicht aber flber ihre Deutung und 
Wertung im einzelnen. Betreffs des zweiten Punktes betonen 
zwar alle, daB eine Vermehrung der Piattchen das 
MaBgebende sei bei der die Thrombose begiinstigenden Blut- 
veranderung durch die Infektion. Wie aber diese Vermehrung 
ihrerseits bedingt sei, dariiber gehen die Meinungen ausein- 
ander. Manche Autoren glauben, daB sie einen durch die 
bakteriell - toxische Blutschadigung verursachten reichlichen 
Zerfall von roten Blutk5rperchen ihre massenhafte 
Entstehung verdanken, andere stellen die Reizwirkung der 
Infektion auf das Knochenmark in den Vordergrund des 
Interesses, und sehen in der im Verlaufe von Infektionen 
deutlich werdenden zahlenmaBigen VermehrungderMega- 
karyocyten im Blute, die der Vermehrung der Piattchen 
parallel geht, einen Hinweis auf die Art ihrer Entstehung in- 
folge der Infektion. DaB sich die Blutveranderung, die sich 
im Laufe der Infektion vollzieht, keineswegs in dieser Piattchen- 


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Marie Richter, 


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vermehrung erschopft, sondern daU das Blutplasma weit- 
gehend chemisch verandert wird, einerseits durch Erhdhung 
des Fibrinogengehaltes, andererseits aber insbesondere durch 
die gebildeten AntikSrper, liegt auf der Hand. Welche 
Beziehungen jedoch zwischen den Immunstoffen und der 
Thronibosebildung bestehen, ob sie hemmenden oder be- 
gflnstigenden EinfluB auf sie ausflben, entzog sich bisher 
unserer Beurteilung. Nun warf plStzlich die von Riecken- 
berg beobachtete Imraunitatsreaktion ein neues Licht darauf. 
Es erschien moglich, ja sogar wahrscheinlich, daB durch eine 
solche Zusararaenballung der Blutplattchen uin die homologen 
Erreger herum in inanchen Fallen der letzte ausschlaggebende 
Antrieb zur Thrombosierung gegeben werden konne. Sollte 
sich das bewahrheiten, so ware die Aetiologie der bisher in 
ihren Entstehungsbedingungen noch keineswegs restlos ge- 
kiarten Thrombosen, die so haufig im Gefolge schwerer In- 
fektionskrankheiten auftreten, in ein wesentlich helleres Licht 
geriickt. Es gait also zu untersuchen, ob ein der Riecken- 
bergschen Reaktion ahnliches Verhalten der Blutplattchen 
auch nach Immunisierung mit Bakterien, namentlich mit den 
Eitererregern, auftritt. 

Um dies zu entscheiden, immunisierte ich zunachst zwei 
Kaninchen, das eine gegen Staphylokokken, das andere gegen 
Streptokokken, In beiden Fallen benutzte ich Kokken, die 
durch Chloroform abgetotet waren. (1 ccm einer Staphylo- 
kokkenaufschwemmung in Kochsalzlosung resp. einer Bouillon- 
kultur von Streptokokken wurde in eine Petrischale gebracht; 
in den Deckel derselben, ihn allseitig iiberragend, kam ein 
mit Chloroform getranktes Stack FlieCpapier. Nachdem die 
Chloroformdampfe mindestens 20 Minuten eingewirkt hatten, 
wurde die zur Injektion bestimmte Aufschwemmung resp. 
Bouillonkultur durch Laftung vom Chloroform befreit, dann 
subkutan injiziert.) In bezug auf die Dosierung hielt ich 
mich an eins der Schemata, die Neisser angibt. Ich stieg 
bei dem ersten Kaninchen mit 5 Injektionen innerhalb von 
7 Tagen von Vs a^uf V 2 ccm Staphylokokkenaufschwemmung, 
ohne daB das Tier eine wesentliche Reaktion, weder lokaler 
noch allgemeiner Art, aufwies, auBer leichten Teraperatur- 
steigerungen bis 38,5° nach den beiden ersten Injektionen. 



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Zur Kenntnis der Kieckenbergschen Keaktion. 


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Nach 4-tagiger Pause, am 9., 11., 12. Okt. injizierte ich dann 
V 21 V 4 i dichter Staphylokokkenaufschwemmung. 
Darauf war die Temperatur am 13. Okt. 38,3°. Am 23. Okt. 
injizierte ich 2 ccm einer dichten Aufschwemmung 
von Staphylokokken, die diesmal nicht abgetotet warden. 
Das Tier reagierte nicht mit Temperatursteigerung und zeigte 
keine lokalen Entziindungserscheinungen. Blutentnahmen er- 
folgten zu den Versuchen am 6., 13., 18. und 25. Okt, also in 
alien Stadien der Antikdrperbildung, zuletzt bei sicher be- 
stehender Immunitat. Aehnlich verfuhr ich mit dem zweiten 
Kaninchen. Ihm injizierte ich in steigenden Dosen in zwei 
Serien, zwischen denen & Tage Zwischenraum blieben, Vs bis 
1 ccm und 1—2 ccm abgetoteter Streptokokken-Bouillonkultur. 
Das Tier zeigte keine fieberhafte Allgemeinreaktion und auch 
lokal keine entziindlichen Erscheinungen. Das Blut dieser 
Tiere untersuchte ich nun in bezug auf das Verhalten der 
Blutpiattchen zu Staphylokokken resp. Streptokokken. 

Ich hielt mich dabei einerseits an die Versuchsanordnung, 
bei der Rieckenberg seinerzeit die Immunitatsreaktion der 
Plattchen beobachtet hatte. Ich fing in einem Schaichen, in 
dem sich eine bestimmte Tropfenzahl einer 4-proz. L6sung 
von Natrium citricum befand, die vierfache Menge Kaniuchen- 
blut, direkt aus der Ohrvene heraustropfend, auf, und ver- 
mischte sofort grdndlich. Dann setzte ich zu einer Oese 
dieses ungerinnbar gemachten Blutes auf dem Objekttrager 
eine Oese einer dichteren oder dfinneren Aufschwemmung der 
zur Immunisierung benutzten Bakterien in Kochsalzlosung, 
bedeckte mit einem Deckglase und untersuchte mit starkstem 
Trockensystem. Andererseits wandte ich, urn die Blutpiattchen 
allein, ohne die iibrigen Formbestandteile des Blutes zu be- 
kommen und vollkommen ungestort oeobachten zu konnen, 
die Piattchengewinnungsmethode von R. Schneider an, die 
es mir gestattete, die nach Abzentrifugieren und Beseitigen 
der roten und weiBen Blutkorperchen im Plasma suspendierten 
Plattchen durch weiteres Zentrifugierfen auch noch vom Plasma 
zu trennen als ein reichliches weiBes Sediment Ich gewann 
so die, Mbglichkeit, mir ganz nach Bedarf dichte oder dunne 
Suspensionen von Plattchen im Plasma herzustellen. Ich 
untersuchte sie, mit der Bakterienaufschwemmung zusammen- 


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Marie Richter, 


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gebracht, racist ira hfingenden Tropfen. Bei der Menge der 
Bakterien und Plattchen, die jedes Gesichtsfeld enthielt, war 
es natflrlich von vornherein zu erwarten, daC beide Bestand- 
teile vielfach aneinander gelagert sein wiirden, rein aus Zufall, 
ohne dais daraus der SchluC auf ein spezifisches irarauno- 
biologisches Verhalten der Plattchen zu den Erregern be- 
rechtigt ware. Es kam vielraehr darauf an, festzustellen, ob 
gesetzraaCig nach dem Zusamraenbringen von Plattchen 
und Erregern sich enge Beziehungen zwischen beiden her- 
stellen wtirden. Hierzu leistete es rair gute Dienste, daB es 
rair rabglich war, die Dichte der Plattchensuspensionen ebenso 
wie die der Bakterienaufschwemraungen beliebig zu variieren, 
Beim Zusamraenbringen etwa gleich dichter Suspensionen von 
Plattchen und Staphylokokken sah ich zwar mehrfach An- 
einanderlagerungen zwischen beiden, mindestens ebenso oft aber 
blieben sie raumlich getrennt, obwohl sie sich doch so nahe 
aneinander befanden, daB chemotaktische Einwirkung die 
Zwischenraume mit Leichtigkeit zu iiberbriicken imstande ge- 
wesen ware. Zudem konnte ich in jedera Praparat unzahlbar 
oft sehen, wie die durch lebhafte molekulare Bewegung herum- 
gewirbelten Staphylokokken den Plattchen genahert und an- 
gelagert, dann wieder von ihnen entfernt wurden. War das 
Deckglaspraparat noch so frisch, daB die Ausgleichsstrbmungen 
darin noch nicht zum Stillstand gekommen waren, und suchte 
ich rair eine Stelle, wo die schwereren Plattchen sich schon 
gesenkt hatten und seBhaft geworden waren, und so, mit ge- 
ringen Zwischenraumen nebeneinander liegend, in ihrer Ge- 
samtheit gleichsara eine Barrikade bildeten fur die Staphylo¬ 
kokken, die noch im Strome duteten, so sah ich, daB die 
Bakterien zwar durch die Piattchenansammlung wesentlich auf- 
gehalten wurden, daB sie sich anscheinend mit Muhe h'indurch- 
zwangen muBten, daB sie aber dann doch wieder in Freiheit ge- 
langten, obwohl die Bedingungen fUr eine bleibende Aneinander- 
lagerung denkbar gunstig gewesen waren: Es war geniigend 
Zeit vorhanden gewesen zu gegenseitiger Beeinflussung, und 
die raumlichen Beziehungen innig genug dafiir. Die Strbmung 
in dem Praparat war auch durchaus nicht so stark, daB sie 
wahrend der Berfihrung zwischen Plattchen .und Kokken ent- 
standene Verbindungen hatte auseinanderreiBen kbnnen. DaB 



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Zur Kenntnis der Kieckenbergschen Reaktion. 


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schlieBlich beim Festwerden der DeckglasprSparate durch 
Verdunstung stellenweise PlSttchenhaufen und Staphylokokken 
eng benachbart liegen blieben, besagt nichts fiir eine Immu- 
nitB.tsreaktioD, sondern ist dadurch bedingt, dafi bei der all- 
m^hlichen Austrocknung die Pl^ttchen haarShnliche Forts&tze 
bekamen, zwischen denen sich die Staphylokokken verfangen 
batten. 

Setzte man zu einer grofien Menge von Piattchen wenige 
Staphylokokken zu, so sprachen alle Bilder mit Sicherheit 
gegen das Bestehen gesetzmaBiger Beziehungen zwischen 
beiden. Trotzdem die Piattchen so bedeutend in der Ueber- 
zahl waren, daB sie alle Staphylokokken besetzt haben mGBten, 
wenn sie ira Verlaufe der Immunisierung eine Affinitat zu 
ihnen erworben gehabt batten, blieben viele Staphylokokken 
frei. Ich beobachtete mehrmals, wie einzelne Bakterien an 
Piattchenhaufen heranwirbelten, sich mflhsam zwischen den 
Piattchen hindurchzwangten und dann nach langerer Zeit in- 
nigster Beriihrung wieder vollkoramen frei raachten. 

Setzte ich umgekehrt zu vielen Staphylokokken wenig 
Piattchen hinzu, so ware zu erwarten gewesen, daB jedes der 
sparlichen Piattchen von Staphylokokken beschlagnahmt ge¬ 
wesen ware, falls anziehende Krafte zwischen den beiden 
vorhanden gewesen waren. Ich sah dagegen viele Piattchen 
allein liegen, obwohl oft nahe genug an Staphylokokken, daB 
eine Einwirkung mbglich gewesen ware. Die Untersuchungen 
im hangenden Tropfen ergaben ganz entsprechende Bilder. Seit- 
dem ich die Plattchengewinnungsmethode von R. Schneider 
beherrschte, erhielt ich auch bei ihrer Anwendung vollkoramen 
intakte Blutplattchen, homogene, scharfrandige Scheibchen, 
wahrend ich vorher alle moglichen Schrumpfungs- und 
Quellungsformen, namentlich oft die sogenannte Biaschen- 
form, zu sehen bekommen hatte. DaB ich auf die Resultate 
solcher Praparate mit vielen geschadigten Piattchen nichts 
geben durfte, liegt auf der Hand. Waren aber die im extra- 
vasierten Blute sehr empfindlichen Piattchen in ihrer Form 
intakt, so war wohl die Annahme erlaubt, daB auch ihre 
Fahigkeit, zu reagieren, nicht verloren gegangen sein wtlrde 
wahrend der Reingewinnung, zuraal von Klemensiewicz 
seinerzeit nachgewiesen worden ist, daB sogar jene oben be- 


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Marie Richter, 


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schriebenen „visk6s m etamorph osier ten “ PlSttchen noch nicht 
reaktionslos geworden, abgestorben sind, sondern z. B. auf 
elektrische Reizung durchaus noch ansprechen. Auch im 
hangenden Tropfen, wo dock sowohl Plkttchen wie Bakterien 
noch mehr wie im Deckglaspraparat die Mdglichkeit hatten, 
ganz frei und ungehindert aufeinander einzuwirken und sich 
zueinander hin zu bewegen, auch hier sah ich trotz naher 
und geniigend langer Berflhrung zwischen ihnen keine Be- 
ziehungen wie die bei der Rieckenbergschen ImmunitSts- 
reaktion beobachteten sich herausstellen. DalJ auch Zusammen- 
ballungen der PlSttchen unter sich nicht erkennbar waren, 
spricht dafflr, daB Immunisierung auch nicht auf diesem 
Wege, durch Erhdhung der Agglutinationsfahigkeit der Piatt- 
chen unter sich, zur Entstehung der infektiosen Thrombose 
mithilft. 

Die Versuche, die ich mit dem Blute des gegen Strepto- 
kokken immunisierten Tieres machte, waren noch bedeutend 
leichter zu deuten; ich konnte mit noch grbBerer Sicherheit 
sagen, dafi sich keine gesetzmaBigen Beziehungen 
zwischen Piattchen und Bakterien herstellten. 

Meine Versuche, die leider nicht auf Menschen ausgedehnt 
werden konnten, ergeben somit keinen Anhaltspunkt dafiir, 
daB die Immunitat als solche durch eine spezifische Reaktion 
der Blutpiattchen die Entstehung von Thrombose begfinstigte. 
Sie sind vielleicht noch fiir die Frage nach der formalen 
Genese der Thrombose von einer gewissen Wichtigkeit. In 
der Rieckenbergschen Reaktion nSmlich hatte man eine 
Stiitze sehen konnen fflr jene Ansicht, daB bei der ersten 
Entstehung von Thromben den Blutplkttchen die primSre 
Rolle zuzuschreiben sei. Es war naheliegend, die Riecken- 
bergsche Reaktion bei den ersten Anfangen der infektiosen 
Thrombose realisiert zu denken, falls diese Qberhaupt darin 
besteht, daB an der Stelle des Einbruchs der Infektion ins 
Blut die GefaBinnenflache mit Blutpiattchen sich beschlagt; 
die Abdeckung, Verschuttung und Festklebung der Infektions- 
erreger durch Plattchen wiirde einen wirksamen spezifischen 
Schutz vor der Allgeraeininfektion gewahren. 

Ein wesentlicher Beitrag zur Genese und zum Wesen 
der Thrombose ware also mit dem Nachweis gegeben gewesen, 



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Zur Kenntnis der Bieckenbergschen Keaktion. 


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dafi die Rieckenbergsche Reaktion der BlutplMtchen gegea- 
flber spezifischen Infektionen eine allgemeine Gflltigkeit hat. 
Bekanntlich wird die Anschauung, daU die Blutpiattchen- 
ablagerung an der GefaBwand die Entstehung der Thrombose 
einleite, von einer groBen Zahl von Forschern vertreten 
(Eberth-Schiramelbusch, Zahn, Loeb). Wenn auch 
die vorliegenden negativen Versuche nichts gegen diese An¬ 
schauung beweisen und nichts fiir diejenige von Klemen- 
siewicz, wonach die Abscheidung einer zarten Fibrinmembran 
den ersten Anfang der intravaskuiaren Abscheidung aus dem 
Blute ausmacht, so verlohnte sich vielleicht wegen der prin- 
zipiellen Wichtigkeit der Fragestellung die Mitteilung unserer 
negativen Versuche, zumal es heute auch angebracht erscheint, 
durch solche Mitteilung von der Inangriffnahme vergeblicher 
Versuche abz'uhalten. 

Zusamroenfassung. 

1) Die Rieckenbergsche Reaktion bestehtin einer spezi¬ 
fischen Zusammenballung der Blutpiattchen um Trypanosomen 
bei Tieren, welche Trypanosomeninfektion uberstanden haben, 

2) Es wurde gepruft, ob die Rieckenbergsche Reaktion 
auch bei gewbhnlichen Allgemeininfektionen mit Strepto- und 
Staphylokokken zustande koramt; sie wflrde ini bejahenden 
Fall eine groBe Bedeutung ftir die ErklSrung des Zustande- 
kommens der infektiosen Thrombose, ja der Thrombose flber- 
haupt haben. 

3) Die angestellten Versuche ergaben, daB bei Kaninchen, 
die mit Strepto- oder Staphylokokken vorbehandelt sind, keine 
Reaktionen zwischen Blutpiattchen und Erregern im Sinne der 
Rieckenbergschen Reaktion nachgewiesen werden kSnnen. 

Llteratnr. 

H. Rieckenberg, Eine neue Immunitatereaktion bei experimenteller 
Trypanosomeninfektion: die Blutplattchenprobe. Zeitschr. f. Immunitats- 
forschung, Bd. 26, Heft 1. 

R. Ben eke, Thrombose und Embolie. Krehl-Marchard, Handb. d. allgem. 
Path., Bd. 2, II. 

O. Lubarsch, Thrombose und Embolie. Jahreskurse f. iirztl. Fortbildung, 
1916, I. 

— Thrombose und Infektion. Berl. klin. Wochenschr., 1918, p. 225. 

Z«it$chr. f. ImmuDiUituforschQD^, Orig. Bd, 32. 13 


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194 Marie Richter, Zur Eenntnis Rieckenbergschen Reaktion. 


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P. Th. Muller, Vorleeungen fiber Iromunitat Jena, Q. Fischer. 

R. Klemeusiewicz, Ueber die erste Anlage des Thrombus. Zieglers 
Beitr., Bd. 63, Heft 2. 

Zahn, Untersuchungen fiber Thrombose. Bilduug von Thromben. Virch. 
Arch., Bd. 96 und 102. 

Eberth-Bchimmelbusch, Experimen telle Untersuchungen fiber Throm¬ 
bose. Virch. Arch., Bd. 103, 105, 108. 

Loeb, Ueber die Bedeutung der Blutkbrper ffir die Gerinnung. Virchows 
Arch., Bd. 173, 176. 

Gruber und Futaki, Ueber die Resistenz gegen Milzbrand. Munch, 
med. Wochenschr., 1907. 

Ottolenghi, Blutpl&ttchen als Alexinerzeuger. Mfinch. med. Wochen- 
Bchrift, 1907. 

R. Schneider, Arch. f. Hyg., Bd. 70; Mfinch. med. Wochenschr., 1906, 
No. 10. 

P. Kaestner, Protozoen als Erreger von Krankheiten beiTieren. Lubarsch- 
Ostertag, Ergebnisse, XI, 1906. 

Morgenroth, Serumtherapie und Chemotherapie. Jahreskurse f. arztl. 
Fortbildung, 1916, I. 

Neisser, Allgemeines fiber bakterielle Antigene. Handb. d. Technik u. 
Methodik d. Immunitatsforschung, herausg. von Kraus und Levaditi. 


Nachdniek verboleii. 

Die Prttfang der AlkalitBt In NShrbSdeii. 

Von L. Miohaelis. 

Mit 1 Abbildung im Text 

(Eing^angen bei der Redaktion am 14. Januar 1921.) 

Das praktische Bedflrfnis nach einer zuverlfissigen Be- 
stimmung der AlkalitSt der NfihrbSden auf Grund der modernen 
Definition derselben dflrfte wobl anerkannt werden. Es ist 
nicbt rationell, die Alkalitfit in der bisber bei den Bakterio- 
logen tiblicben Weise anzugeben, d. b. durcb die Angabe, 
wieviel Kubikzentimeter n. HCl sie vom sogenannten Neutral- 
punkt des PbenolpbtbaleYn entfernt ist, sondern durcb die 
Konzentration der WasserstofFionen, die Wasserstoffzabl [!!■*■] 
bzw. den Wasserstoffexponenten Pjj. In Deutschland baben 
sicb die Bakteriologen mit dieser Frage nocb kaum bescbaftigt. 


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L. Michaelis, Die Priifung der Alkalitat in Niihrboden. ^95 

Ein Blick auf die Arbeiten von Clark^) und Bern by*) 
zeigt aber sofort, wie sehr die Beherrschung dieser Methoden 
praktische Bedeutung fflr die ZGchtung von Bakterien hat. 
Schon im Verlaufe meiner frflheren Arbeiten hatte ich Ge- 
legenheit, die Wichtigkeit der PH-Bestimmung fflr die Bakterio- 
logie zu zeigen, erstens bei der Beschreibung der SGure- 
agglutination “), zweitens bei der Frage nach der raaximalen 
Sauerung, welche Zucker vergarende Bakterien in einem 
zuckerhaltigen Nahrboden hervorbringen *). Die Wichtigkeit 
einer passenden Alkalitat des Nahrbodens fflr das Wachstum 
von Bakterien ist seit langem bekannt. Manche Bakterien 
erlauben einen zienalichen Spielraum der Alkalitat, andere 
aber, wie die Pneuniokokken, sind in bezug auf genau pas- 
sende Alkalitat sehr anspruchsvoll. Es war daher gegeben, 
die ganze Frage der Alkalitat der Nahrbflden auf Grund der 
modernen Prinzipien zu bearbeiten. Diese Prinzipien hier 
zu erSrtern, wflrde zu weit fflhren; ich verweise auf meine 
1914 erschienene Monographic®). 

Die Methode der Wasserstoffkonzentrationsketten, die ich 
in den frflheren Arbeiten anwendete, ist zu kompliziert, um 
sich allgemein in bakteriologischen Laboratorien einbflrgern 
zu konnen. Die genannten Autoren haben sich deshalb der 
einfacheren Indikatorenmethode von Sflrensen bedient, und 
Clark hat diese durch Einfflhrung einer Reihe ganz aus- 
gezeichneter Indikatoren bereichert. Die fflr diese Methode 
erforderliche Herstellung von Pufferlosungen, sei es in der 
ursprflnglichen Form von Sflrensen, sei es in der Form 
von Clark, insbesondere die Herstellung und Aufbewahrung 
der kohlensflurefreien NaOH erfordert aber immerhin ein sehr 
prazises, quantitatives, chemisches Arbeiten, welches in unseren 
bakteriologischen Laboratorien nicht gerade geiaufig ist. Ich 


1) W, Mansfield Clark, The Determination of Hydrogen Ions, 
Baltimore 1920 (gleichzeitig erschopfende Literaturquelle 1). 

2) K. G. Dernby, Journ. exp. Med., Vol. 28, 1918 p. 345. 

3) L. Michael is, Deutsche med. Wochenschr., 1911, No. 21. 

4) L. Michaelis und F. Marcora, Zeitschr. f. Immunitiitsf., Bd. 14, 
1912, p. 170. 

5) L. Michaelis, Die Wasserstoffionenkonzentration, Berlin 1914. 

13* 


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196 


L. Michaelis, 


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habe nun vor kurzem eine Indikatorenmethode ausgearbeitet, 
welche dieser PufiferlSsungen nicht bedarf, und niochte hiermit 
ihre spezielle Anwendung fdr die bakteriologische Praxis be- 
schreiben. Wie ich nachtraglich gesehen habe, hat kurz vor 
mir Gillespie'^) ebenfalls eine Indikatorenmethode ohne 
Puffer beschrieben. Er verwendet dazu die Clarkschen In- 
dikatoren, welche sftmtlich zweifarbig sind, d. h. von Gelb 
nach Rot oder Blau umschlagen, wShrend bei meiner Methode 
nur mit einfarbigen Indikatoren gearbeitet wird, welche von 
farblos nach geftLrbt (meist Gelb) umschlagen. Zwar sind die 
Clarkschen Indikatoren farbenprachtiger, jedoch bietet sich 
durch die Anwendung einfarbiger Indikatoren ein wesentlicher 
technischer Vorteil, eine Vereinfachung der Methode, ohne 
daB sie deshalb ungenauer wird. Einfarbige Indikatoren fflr 
das erforderliche Bereich von Pjj waren vordem nicht in ge- 
ntlgender Anzahl bekannt. Ich glaube aber ihre Zahl, be- 
sonders durch die Einfuhrung des m-Nitrophenol, so erweitert 
zu haben, daB sie den praktischen Bedurfnissen genflgen. 

Ich will das Prinzip der Methode nur in Kiirze be- 
schreiben und verweise im iibrigen auf meine ausfflhrliche 
Publikation *). Die Beschreibung soil an der Hand eines 
praktischen Beispiels geschehen, welches ich der EinObung 
halber zur genauen Nachahmung empfehle. 

Es sei die Aufgabe gestellt, pn in frischem, nicht ab- 
gestandenem Wasserleitungswasser zu messen. Die erforder- 
lichen Reagenzien und Utensilien sind folgende: 

1) 6 bis 7 Reagenzglaser von moglichst gleichem Kaliber. 

2) Eine Losung von 0,3 g m-Nitrophenol in 100 ccm 
destilliertem Wasser. Die Losung wird unter mSBigem Er- 
warmen hergestellt und ist unbegrenzt haltbar. Die Substanz 
kann jetzt von Kahlbaum bezogen werden. 

3) Eine frisch hergestellte Verdunnung von etwa 2 bis 
4 ccm n. NaOH auf 200 ccm destillierten Wassers. Diese Ver- 
diinnung ist nur einen Tag lang haltbar. 

4) Einige graduierte Pipetten zu 10 und zu 1 ccm. 

1) L. Michaelis und A. Gyemant, Biochem. Zeitschr., Bd. 109, 
1920, p. 165. 

2) L. J. Gillespie, Journ. Americ. Chem. Soc., Vol. 42, 1920, p. 742. 


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Die Prufung der Alkalitiit in Nahrbdden. 


197 


Die Ausfflhrung der Bestimmung ist folgendermaBen: 

1) 10 ccm frisches Leitungswasser werden in einetn 
Reagenzglas mit 0,5 ccm der Indikatorldsung versetzt und 
3 bis 4 Minaten sich selbst iiberlassen. 

2) Man stellt von der Indikatorlosung eine 20-fache Ver- 
diinnung mit der Lange her (also 1 ccm + 19 ccm Lange), 
bringt hiervon 1 ccm in ein Reagenzglas und fflllt dieses mit 
der (indikatorfreien) Lange auf das gleiche Volumen, also auf 
10,5 ccm auf. 

3) In derselben Weise stellt man einige andere Indikator- 
verdflnnungen her, indem man von der soeben hergestellten 
20-fachen Indikatorverdiinnung ausgeht; z. B. je ein Glas mit 
1,2, 1,4, 0,8, 0,6 ccm, aufgefullt immer mit der Lange auf ein 
Volumen von 10,5. 

4) Nun sucht man diejenige Indikatorverdflnnung heraus, 
welche die gleiche Farbtiefe hat, wie das Leitungswasser. Man 
halt neben das Glas mit dem Leitungswasser immer nur je ein 
RShrchen und betrachtet es bei gutem Tageslicht gegen einen 
Untergrund von weiBem Schreibpapier. Am besten blickt 
man von oben durch die ganze LUnge der Rohrchen. 

5) Das Verhaltnis der Indikatormenge des als farbgleich 
betrachteten Laugenrohrchens zu der Indikatormenge im 
Leitungswasser nennen wir den Farbgrad, F. Aus diesem 
kann man pn unmittelbar berechnen. Statt der Rechnungen 
soil hier in Tabellenform pn gleich angegeben werden. Die 
Tabellen sollen ffir folgende Indikatoren gegeben werden: 

1. a-Dinitrophenol fiir p,, 2,7— 4,7 gesiittigte, wiisserige Losung. 

2. p-Nitrophenol „ „ 4,7— 7,2 0,1-proz. wiisserige Losung. 

3. m-Nitrophenol „ „ 6,6— 8,7 0,3-proz. wasserige LSsung, 

4. Phenolphthalein „ „ 8,4—10,3 0,1 g in 75 ccm Alkohol + 175 ccm 

Wasser. 

GewOhnlich wird man in unserem Uebungsbeispiel finden, 
daB das Rbhrchen mit 1 ccm des 20-fach verdiinnten Indi- 
kators farbgleich ist mit dem Rohrchen mit dem Leitungs¬ 
wasser + 0,5 ccm unverdiinntem Indikator. F ist also = 0,10 
und somit pH = 7,4. 

Streng genommen gelten diese Werte nur fUr eine Tem- 
peratur von 18®; aber die Abweichungen bei etwas anderer 


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198 


L. Michaelis, 


Tabelle. 


a-Dinitrophenol 

p-Nitrophenol 

m-Nitrophenol 

Phenolphthalein 

F 

Ph 

F 

Ph 

F 

Ph 

F 

Ph 

0,81 

4,7 

0,50 

7,2 

0,69 

8,7 

0,80 

10,3 

0,72 

4,5 

0,44 

7,1 

0,63 

8,6 

0,75 

10,2 

0,61 

4,3 

0,39 

7,0 

0.57 

8,5 

0,70 

10,1 

0,51 

4,1 

0,34 

6,9 

0,52 

8,4 

0.65 

10,0 

0,41 

3,9 

0,29 

6,8 

0,47 

8,3 

0,60 

9,9 

0,35 

3,7 

0,24 

6,7 

0,42 

8,2 

0,55 

9,8 

0,25 

3,5 

0,20 

6,6 

0,36 

8,1 

0,50 

9,7 

0,17 

3,3 

0,167 

6.5 

0,30 

8,0 

0,45 

9,6 

0,12 

3,1 

0,135 

6,4 

0,26 

7,9 

0,40 

9,5 

0.076 

2,9 

0,111 

6,3 

0,23 

7,8 

0,34 

9,4 

0,041 

2,7 

0,091 

6,2 

0,18 

7,7 

0,27 

9,3 



0,073 

6,1 

0,15 

7,6 

0,21 

9,2 



0,060 

6,0 

0,12 

7,5 

0,16 

9,1 



0,049 

5,9 

0,10 

7,4 

0,12 

9,0 



0,039 

5,8 

0,080 

7,3 

0,09 

8,9 



0,030 

5,7 

0,066 

7,2 

0,069 

8,8 



0,025 

5,6 

0,054 

7,1 

0.047 

8,7 



0,020 

5,5 

0,043 

7,0 

0,030 

8,6 



0,014 

5,4 

0,034 

6,9 

0,014 

8,5 



0,013 

5,3 

0,027 

6,8 

0,01 

8,45 



0,010 

5,2 

0,022 

6,7 





0.0078 

5,1 

0,018 

6,6 





0,0063 

5,0 







0,0051 

4,9 







0,0040 

4,8 







0,0032 

4,7 






Temperatur betreffen nur die zweite Dezimale von pn und 
konnen fflr unsere Zwecke unbedenklich vernachiassigt werden. 

Bei der Anwendung der Methode auf NShrbouillon ist 
nun die Schwierigkeit zu Qberwinden, daB die Erkennung der 
Farbtiefe durch die Eigenfarbe der Bouillon gestSrt wird. 
Diese Schwierigkeit kann aber leicht restlos uberwunden 
werden, und zwar durch die Kombination zweier Kunstgriffe. 
Der erste ist die Verdiinnung der Bouillon mit 0,85-proz. 
NaCl-L6sung. Da namlich die Nahrboden infolge ihres Ge- 
haltes an Pepton und Phosphaten den Charakter von Puffer- 
losungen haben, kann man sie verdiinnen, ohne dafi sich pn 
andert. Als Verdflnnungsfliissigkeit eignet sich aus theore- 
tischen Grunden am besten eine etwa 0,85-proz. NaCl-L6sung. 
Durch diese wird bewirkt, daC beim Verdfinnen der Gesamt- 
salzgehalt der Lbsung annahernd gleichbleibt. Von der Richtig- 
keit dieser theoretisch vorauszusehenden Tatsache kann man 
sich durch folgenden Versuch iiberzeugen: 


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Originaifrom 

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Die PriifuDg der Alkalitat in Nahrbiklen. 199 

Frisch ausgekochte, wieder abgekiihlte Nkhrbouillon, elektro- 

metrisch gemessen, gibt. Ph = 7,05 

Dieselbe Bouillon mit 3 Teilen 0,85-proz. NaCl-Lbsung ver- 

dunnt, gibt. Ph = 7,06 

Dieselbe Bouillon mit 6 Teilen 0,85-proz. NaCl-Losung ver- 

diinnt, gibt. Ph = 7,06 

ParaUelbeetimmung mit m-Nitrophenol als Indikator nach der 
unten beschriebenen Methode nach Verdiinnung mit 
3 Teilen NaCl-Loeung gibt .. Ph = 7,05 


Aber die Verdiinnung vermindert nur die Farbe, beseitigt 
sie nicht vSllig. Es ist noch ein zweiter Kunstgriff erforder- 
lich, das Walpolesche Prinzip. 

Dieses Prinzip, 1910 von Walpole^) beschrieben, hat 
inzwischen in England und Amerika eine weite Verbreitung 
gefunden, in Deutschland ist es noch wenig angewendet 
worden, mit Ausnahme von Liiers®), der es in sehr zweck- 
maBiger Weise bei der alkalimetrischen Titration geffirbter 
Fliissigkeiten, wie Bier usw., benutzt hat. 

Fflr unsere Zwecke eignet sich vorztiglich eine Form des 
„Komparators“, die Hurwitz, Meyer und Ostenberg®) 
angegeben haben, und die ich dem 
Buch von Cl ark 3) entnehme. Das 
von mir benutzte Modell hat folgende 
Form: Ein Holzblock in Form eines 
Parallelipeds, 8,5 cm hoch, 9 cm breit, 

4,5 cm tief, wird, wie in der Abbildung, 
zylindrisch ausgebohrt, die Locher 1 
bis 6 sind in 2 Reihen, 1—3 und 
4—6 hintereinander angeordnet. Die 
Locher sind zylindrisch bis zu einer 
Tiefe von 8,5 cm eingebohrt und sind 
so breit, daB ein gewbhnliches Reagenz- 
glas eben gerade bequem in sie hineingesteckt werden kann. 
Durchmesser 1,75 cm. Die Locher 7—9 sind senkrecht durch 
den ganzen Holzblock gebohrt und iiberkreuzen je 1 vorderes 
und hinteres der Reagenzglaslbcher. Ihr Durchmesser ist 
etwas kleiner als der der anderen, 1,3 cm. Sie sind zum Durch- 

1) Walpole, Biochem. Journ., Bd. 5, 1910, p. 207. 

2) Liiers, H., Zeitschr. f. d. ges. Brauwesen, Bd. 37, 1914, p. 39. 

3) Proc. 8oc. Exp. Biol. Med., Vol. 13, 1915, p. 34. Zitiert nach 
W. M. Clark, The Determination of Hydrogen Ions, Baltimore 1920. 




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200 


L. Michaelis, 


blicken bestimmt und man blickt durch jedes Loch durch 
2 Reagenzgiaser hintereinander. Der ganze Kasten, besonders 
die Innenseite der Locher, wird geschwarzt. Der Apparat wird 
auf meine Veranlassung von E. Leitz, Berlin, Luisenstr. 45, 
angefertigt. 

Die AusfOhrung der pn-Bestimmung gestaltet sich folgen- 
dermafien. ZunSchst sucht man sich eine Reihe von Reagenz- 
glasern aus, welche moglichst genau gleiches Voluraen haben, 
indem man eine Reihe von Reagenzgiasern mit je 10 ccm 
Wasser fflllt, und diejenigen mit gleichem Niveaustand aus- 
sucht. Nun steckt man ein Reagenzglas in Loch 2 und fullt 
2 ccm Bouillon und 4 ccm 0,85 NaCl-Losung ein. Dazu gibt 
man eine bestimmte Menge m-Nitrophenoll6sung (0,3-proz. 
L6sung), welche geeignet ist, eine fur die Abschatzung an- 
genehme Farbtiefe zu erzeugen. In der Regel ist 1 ccm die 
geeignete Menge. In das Loch 5 steckt man ein Reagenzglas 
mit Wasser. In das Loch 3 fflllt man 2 ccm Bouillon, 4 ccm 
NaCl-L6sung und dann noch so viel NaCl-Losung als in dem 
Glas No. 2 Indikator hinzugefflgt worden war, also 1 ccm. 
Das Loch 6 ist fflr die verschiedenen Indikatorverdflnnungen 
bestimmt. Diese stellt man auf folgende Weise her. Man 
verdflnnt in einem MeBzylinder 8—10 ccm nNaOH auf 200 ccm 
mit destilliertem Wasser. Von dieser Lauge mischt man 
9 ccm mit 1 ccm m-Nitrophenoll6sung. Von dieser Indikator- 
verdflnnung gibt man 1 ccm in ein Reagenzglas in Loch 6 
und fflllt mit der verdflnnten Lauge bis zu dem Volumen 
des Glases 2 bzw. 3 auf. Nun blickt man durch die Locher 
8 und 9, indem man das Loch 7 mit dem Dauraen ver- 
schlieBt und als Grilf benutzt. Man blickt entweder gegen 
eine breite, gleichmaBige Himmelsflache Oder gegen einen 
reinen, weiBen Bogen Schreibpapier, der auf dem Tisch liegt, 
noch besser gegen eine von diffusem Himmelslicht beleuchtete 
Mattscheibe. Je nach dem Befund wechselt man nun das Glas 
No. 6 gegen ein anderes aus, welches bei gleichem Gesamt- 
volumen eine andere Menge Indikator enthfllt, bis man die- 
jenige Indikatormenge gefunden hat, welche Farbgleichheit 
ergibt. Es ist sehr zu empfehlen, eine passend gewflhlte 
durchsichtige Blauscheibe vor die oben erwflhnte Mattscheibe 
zu setzen. Hierdurch werden die Quantitatsunterschiede 
der verschiedenen Gelbtone in Farbqualitatsunterschiede, 



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Die Priifung der Alkalitiit in Nahrbodeu. 


201 


von Blau fiber Grfin nach Gelb, umgewandelt. Diese faBt 
das Auge mfiheloser auf. Der optische Vorteil der zwei- 
farbigen Indikatoren wird durch diesen Kunstgriff auch auf 
die einfarbigen Indikatoren fibertragen. Der nach meinen 
Angaben angefertigte Komparator trSgt eine einfache Schiebe- 
vorrichtung zum Vorschalten der Matt- und Blauscheibe; 
geeignete Scheiben werden mitgeliefert. Die Lficher 1 und 4 
sind dazu da, urn auf Wunsch ebenso wie die Lficher 3 und 6 
benutzt zu werden. Man kann so gleichzeitig 2 verschiedene 
Indikatormengen mit der Bouillon vergleichen. Ich mache 
jedoch hiervon wenig Gebrauch. 

Zur Messung von Nfihrbfiden kommt man allein mit 
mNitrophenol aus. Man kann nun die Methode noch wesent- 
lich einfacher dadurch gestalten, daB man die Indikatorver- 
dfinnungen nicht jedesmal frisch bereitet, sondern eine kleine 
Serie vorrfitig halt. Die Verdfinnungen sind namlich bei ge- 
eigneter Herstellungs- und Aufbewahrungsweise sehr lange 
haltbar. Als Verdfinnungsflfissigkeit benutzt man statt der 
schlecht haltbaren Lauge eine 0,1 n-Sodalosung. (Auf genauen 
Titer kommt es nicht an.) Diese Losungen werden in folgen- 
der Weise hergestellt. Man bereitet sich zunfichst eine 10- 
fache Verdfinnung der 0,3-proz. m-Nitrophenoll6sung in 0,1 
n-Sodal6sung. Von dieser gibt man in einer Reihe von 
9 Reagenzglfischen 

No. 1 2 3 4 5 6 7 8 9 

ccm 0,27 0,43 0,66 1,0 1,5 2,3 3,0 4,2 5,2 

und ffillt jedes mit der Sodalosung auf 7 ccm auf. Man ver- 
schlieBt die Glfiser mit einem Korken und Paraffin und halt 
sie bei Nichtbenutzung stets im Dunkeln. Dann sind sie un- 
verfindert fast unbegrenzt haltbar. 

Eine pn-Bestimmung in Bouillon besteht nun einfach in 
folgenden HandgrifFen: 

1) In das Loch No. 2 des Komparators stellt man ein 
Reagenzglas mit 2 ccm Bouillon, 4 ccm NaCl-L6sung und 
1 ccm der 0,3-proz. Stammlosung des m-Nitrophenol. 

2) In das Loch No. 3 bringt man ein Glas mit 2 ccm 
Bouillon + 5 ccm NaCl-Losung. 

3) In das Loch No. 5 bringt man ein Glas mit beliebig 
viel Wasser. 


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202 


L. Michaelis, 


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4) Man probiert aus, welche der obigen 9 Indikator- 
verdilnnungen man in das Loch No. 6 stecken mufi, damit 
Farbgleichheit entsteht, unter Benutzung der Mattscheibe und 
Blauscheibe. 

Die 9 Rohrchen geben folgende pa an: 

No. 1 23456789 

p., 6,8 7,0 7,2 7,4 7,6 7,8 8,0 8,2 8,4 

Mit diesen pa-Angaben kann man die 9 aufzubewahrenden 
Rohrchen gleich etikettieren. 

Die ganze Bestiramung ist auf diese Weise in 
einer Minute ausgefiihrt, und erfordert nicht 
einmal so viel Mhhe wie eine Titration; sie er¬ 
fordert kaum mehr Arbeit, als die einfache PrQ- 
fung mit Lackmuspapier und leistet an Genauig- 
keit alles, was praktisch erforderlich ist. Sie kann 
ebenso auch fQr Agar und Gelatine angewendet werden. 

Nun noch einige Worte fiber die Herstellung von NShr- 
bouillon mit abgestufter Alkalitfit. Die fibliche Alkalisierung von 
Bouillon mit Sodalosung ist nicht gerade die geeignete, wenn 
es sich darum handelt, eine Bouillon von scharf eingestelltem 
Pa herzustellen. Bei dem pa der Bouillon verwandelt sich 
Soda in ein Gemisch von Natriumbikarbonat und freier Kohlen- 
sfiure. Karbonathaltige Puffer sind aber wegen der Flfichtig- 
keit der CO* nicht gerade zur genaueu und haltbaren Ein- 
stellung von pa zu empfehlen. Folgendes Verfahren erscheint 
mir zweckmfiBig, um Bouillons von genau definiertem pa zu 
erhalten. Von den 5 g NaCl, die man nach der gewohnlichen 
Vorschrift auf einen Liter Bouillon hinzugibt, ersetzt man 
2 g durch gewohnliches, kaufliches (sekundares) Natrium- 
phosphat. Nach dem Sterilisieren korrigiert man dann die ge- 
wfinschte Reaktion durch tropfenweisen Zusatz von gewfihn- 
licher, starker offizineller NaOH bzw. HCl. Eine so eingestellte 
Bouillon findert ihre Alkalitfit beiin weiteren Sterilisieren nicht 
mehr. Die theoretische Begrfindung ffir dieses Verfahren wird 
jeder, der sich mit der Theorie der H-Ionen beschfiftigt hat, 
ohne weiteres verstehen. 

Els ist nicht der Zweck dieser Mitteilung, auf die Wachstums- 
bedingungen der verschiedenen Bakterien eiiizugehen. Einige Bakterien 
sind auch nicht sehr anspruchsvoll in bezug auf pii. Ein sehr lehrreiches 
Beispiel aber fiir die Wichtigkeit von p,, sind die Pneumokokken, wie 


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Die Prufung der Alkalitiit in Nahrboden. 


203 


Dernby gefunden hat. Ich kann seine Befunde vollkommen bestatigen. 
Dernby fand ein Optimum des Wachstums bei Ph =7,9. Bei 7,0, wobei 
z. B. Streptokokken, Typhus, Colibacillen und andere noch sehr gut wachsen, 
vermehren sich Pneumokokken uberhaupt nicht mehr. Ein Versuch zeigte 
z. B. folgendes: 5 Proben Bouillon. 


No. 

pii vor dem Inach d.3maligen 
Sterilisieren Sterilisieren 

nach 48-Btundigem 
Wachstum von 
Pneumokokken 

Wachstum 
der Pneumokokken 

1 

1 6,95 

6,9 

6,9 

kein Wachstum 

2 

7,1 

7,1 

7,1 

dgL 

3 

7,35 

7,3 

7,25 

sehr sparlich 

4 

7,5 

7,45 

7,45 

mallig 

5 

7,75 

7,65 

! 7-5 

gut 


Dagegen Streptokokken zeigten gleichmaBig gutes Wachstum in 
Bouillon von folgendem pi»: 1) 6,8; 2) 6,95; 3) 7,1; 4) 7,25; 5) 7,4. 


Ueber „Dauerreihen“ fur andere pn-Bereiche mit anderen 
Indikatoren soli nachstens berichtet werden. 

Zusammenfassung. 

Es wird eine Methode beschrieben, welche in einfachster 
und schnellster Weise durch eine Farbenvergleichung mit 
einem geeigneten Indikator die aktuelle Alkalitat eines Nahr- 
bodens zu bestiinmen gestattet. 


Nachdnick verboten. 

Ist das Anaphylatoxin charakterlslert durch eine eigen- 
artige Flockungsphase des Serums? 

(Erwiderung auf die Ausfiihrungen 
von Friedberger und Putter 
[diese Zeitschr., Bd. 30, Heft 3/4, p. 321]). 

Von Hermann Dold, Fraukfurt a. M. 

Mit 1 Abbildung im Text. 

(Eingegangen bei der Redaktion am 26. Januar 1921.) 

Nachdera ich in einer fruheren Arbeit (Deutsche med. 
Wochenschr., 1920, No. 3) allgemein auf die Mbglichkeit hin- 
gewiesen hatte, die Struktur der KSrpersafte (Sera etc.) 
und etwaige Strukturveranderungen derselben im Aggluti- 
noskop von Kuhn und Woithe, also bei einer Art 


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204 


Hermann Bold 


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Tyndallbeleuchtung mit Lupen- und eventuell stfirkeren Ver- 
grSBerungen zu beobachten (Seroskopie), untersuchte ich 
mit Hilfe dieser neuen Methode speziell auch die etwaigen 
Strukturveranderungen, welche sich in den Seren nach 
Einsaat von Bakterien abspielen ^). Man hat sich bisher 
zwar eingehend mit den morphologischen Veranderungen, 
welche die Bakterien unter dem EinfluB von Seren und an- 
deren normalen Korpersaften erleiden, beschaftigt, hat aber 
bisher meines Erachtens die Frage, welche Veranderungen 
die Korpersafte und speziell Sera in struktureller 
(mikro-morphologischer) Beziehung unter der Einwirkung der 
verschiedenen Mikroben und anderer Agentien erfahren, etwas 
vernachiassigt. 

Durch die Arbeiten von Friedberger und seinen Mit- 
arbeitern sind wir mit der hochinteressanten Tatsache bekannt 
geworden, daB an sich ungiftige arteigene Normalsera, ins- 
besondere das Meerschweinchenserum, nach der Einsaat der 
meisten bekannten Mikroben vorflbergehend stark giftig 
werden (Anaphylatoxinbildung). Durch zahlreiche Versuche an 
einem groBen Tiermaterial sind die Bedingungen, unter denen 
dieses Gift (dieser giftige Zustand) entsteht und wieder ver- 
schwindet, endgultig darf man wohl sagen, ermittelt worden. 
Meine Aufgabe bestand darum zunachst nur darin, zu beob¬ 
achten, ob etwa unter den gleichen Bedingungen, unter denen 
bekanntermaBen das Gift auftritt bzw. verschwindet, eine 
Strukturveranderung der Sera erkennbar in die Erscheinung 
trete bzw. verschwinde. War diese Annahme richtig, war also 
ein weitgehender Parallelismus zwischen den Bedingungen fiir 
das Vorhandensein des Giftes einerseits und den Bedingungen 
fdr das Vorhandensein der fraglichen Strukturver&nderung des 
Serums andererseits nachweislich, so war man wohl berechtigt, 
eine Beziehung zwischen dem Auftreten des Giftes und der 
Strukturveranderung anzunehmen und zu sagen, daB das Gift 
durch die Strukturveranderung einigermaBen charakterisiert 
sei (Archiv f. Hyg., 1919, Heft 1/3). 

1) Cfr. H. Bold, Arch. f. Hyg., Bd. 89, 1919, H. 1/3, und Bd. 89, 

1920, H. 7/8; ferner H. Bold, Bie AusHockung der Sera durch Bakterien 
und die allgemeine serologieche Bedeutung dieser Erscheinung. Med. Klinik, 

1921, No. 2. 



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Ist das Anapbylatosin charakterisiert usw. 


205 


Ehe ich die von mir beobachteten Uebereinstimmungen 
aufzShle, sei eine Bemerkung iiber die von mir aus praktischen 
Grflnden vorgenommene Einteilung der Mikroben in „gute“ 
und „schlechte“ Anaphylatoxinbilder vorausgeschickt. Wenn 
man die Zahl der von den verschiedensten Autoren auf ihre 
Befahigung zur Anaphylatoxinbildung geprflften Mikroben iiber- 
blickt, so kann man zwei Gruppen unterscheiden, namlich 
eine, und zwar die grOBte Gruppe, bei der von alien Autoren 
ziemlich regelmaUig die Giftbildung beobachtet wurde, und 
eine andere Gruppe, bei der die verschiedenen Untersucher 
widersprechende bzw. weniger regelmaBige oder gar keine 
positiven Ergebnisse batten. Wertet man die Resultate der 
verschiedenen Untersucher gleich, so darf man wohl die erste 
Gruppe von Mikroben als „gute“, die zweite Gruppe als 
„schlechte“ Anaphylatoxinbilder bezeichen. 

Ich hatte in meiner oben zitierten Arbeit (Archiv f. Hyg., 
1919, Heft 1/3) zunachst einmal die experimentell ermittelten 
Tatsachen, welche — ceteris paribus — die groBe Bedeutung 
der Oberfiache der den Seren zugeftigten Agentien fiir das 
Auftreten des Giftes lehren, zusammengestellt. Diese fiir das 
Verstandnis des Problems wichtigen Tatsachen sind kurz 
chronologisch zusammengestellt hauptsachtlich folgende; 

1) Unterschied in der Giftbildung zwischen Choleravibrionen und 
Choleragranula (Neufeld und Dold). 

2) Unterschied in der Giftbildung zwischen gelostem Pferdeserum 
und an Kaolin absorbiertem Pferdeserum (Neufeld und Dold). 

3) Unterschied in der Giftbildung zwischen gewohnlichen') Tuberkel- 
baciJlen (Neufeld und Dold) und entfetteten (Shi bay am a). 

4) Unterschied in der Giftbildung zwischen Bakteriensuspensionen 
und filtrierten Bakterienextrakten (gelostem EiweiS) (Dold). 

5) Unterschied in der Giftbildung zwischen Pilzsporen (mit ihrer 
fettartigen Membran) und der grofien Masse der Bakterien (mit ihrer anders- 
artigen Oberfiache) (Dold und Aoki). 

6) Unterschied in der Giftbildung zwischen Bakterien, die einerseits 
mit Alkalien, andererseits mit Sauren vorbehandelt wurden (Dold und 
Aoki). 

7) Unterschied in der Giftbildung vor und nach Schiitteln der Bak¬ 
terien in Oelen, in Galle und Cholesterin (Dold und Rhein). 

1) Friedberger und seine Mitarbeiter bestreiten allerdings, wie 
schon in der zitierten Arbeit hervorgehoben, die von uns beobachtete 
schlechtere Eignung der Tuberkelbacillen zur Ainaphylatoxinbildung. 


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206 


Hermann Dold, 


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8) Unterschied in der Giftbildung zwischen gewdhnlichen Bakterien 
einerseits, und solchen, die wiederholt mit frischem Serum behandelt worden 
(„desanaphylatoxiert“) sind (Dold und Aoki). 

9) Unterschied in der Qiftbildung zwischen Inulinsuspensionen und 
Inulinidsungen (Nathan). 

Ich hatte sodann unter Benutzung der seroskopischen Methods die 
Beobachtung gemacht, dafi in den frischen (aktiven) Meerschweinchenseren 
bald nach der Einsaat von „guten AnaphylatoxinbiIdem‘' sich ein eigen- 
artiger Flockungsrorgang einstellt, welcher verscbiedene Stadien durch- 
macbt: es tritt zuniichst eine Triibung auf, welche entweder ganz 
homogen ist, oder in dem 3-fach vergrofiernden Agglutinoskop Einzel- 
teilchen in triibem Medium erkennen lafit. Dieses Stadium wurde 
von mir „trube klebrige Flockung“ genannt, weil beim Hin- und Her- 
bewegen die Fliissigkeit im Agglutinoskop klebriger und schwerer beweg- 
lich erscheint, als zuvor. Dieses Stadium der triiben klebrigen Flockung 
geht nun friiher oder spater in das Stadium der „klarenden Flockung“ 
uber: Die homogene Triibung verschwindet, in dem klarer werdenden 
Medium erscheinen mit zunehmender Deutlichkeit zahlreiche Flocken und 
Flbckchen verschiedener Qrofienordnung. SchlieSlich entwickelt sich dieser 
Flockungsprozefi weiter zur spontanen Sedimentierung. 

Wir haben also hier einen Flockungsvorgang vor uns, 
wie er bei kolloidalen Fliissigkeiten an der Tagesordnung 
ist: Fein kolloidal geloste Teilchen treten zu groberen Komplexen zu- 
sammen, es kommt zu einer kolloidalen Flockung, welche sich bekanntlich 
dem unbewaffneten Auge und auch bei schwachen Vergroflerungen als 
eine allmahlich oder plotzlich sich entwickelnde Opaleszenz oder Triibung 
darbietet. Schreitet dieser Flockungsvorgang weiter, so kommt es zur 
Bildung von grober dispersen Aggregaten, die erst nach Erreichung einer 
gewissen OroSe in dem schwach vergrofiernden Agglutinoskop und schliefi- 
lich auch makroskopisch erkennbar werden, worauf bald die Sedimentierung 
cinsetzt. 

Ich hatte nun beobachtet, dafi unter den gleichen Bedingungen, unter 
denen das Anaphylatoxin auftritt und besteht, eine durch gleichmiifiige 
Triibung und Zunahme der Viskositat charakterisierte, also kolloidale 
Flockungsphase auftritt und besteht, und dafi unter den gleichen 
Bedingungen, unter denen das Gift verschwindet, auch diese Flockungs¬ 
phase verschwindet bzw. in das Stadium der grober dispersen sich kla- 
renden Flockung iibergeht. 

Vielleicht vermag das untenstehende Schema noch deutlicher meine 
Anschauung zum Ausdruck zu bringen, wozu ich noch bemerken mochte, 
dafi selbstverstandlich diese Vorgange kurvenmafiig ablaufen und die Ueber- 
giinge von Ungiftigkeit zur Giftigkeit und zuriick zur Ungiftigkeit, ebenso 
wie die Uebergango von der molekularen bzw. fein kolloidalen Losungsform 
in die grober kolloidale („kolloidale Flockung"), und weiterhin in die 
grob disperse makroskopisch sichtbar werdende Flockung allmahlich 
erfolgen. 



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1st das Anaphylatoxin charakterisiert usw. 


207 


Das Zusaramenfallen von Oiftigkeit und koUoidaler Flockung fugt 
sich sehr gut allgemein kolloidchetnischen Vorstellungen und Erfahrungen 
ein, da man wei6, daS gerade dem Vorgang der kolloidalen Flockung 
die Entfaltung machtiger pbysikalischer und chemischer Obenflachenkrafte 
eigentumlich ist. 



Ferner ist zu dem Schema noch zu bemerken, daB in 
ihm nur der EinfluB der Zeit zum Ausdruck gebracht ist, 
w&hrend in Wirklichkeit noch eine Reihe anderer Faktoren 
den Ablauf des Flockungsprozesses beeinflussen. Auch muB 
ausdrficklich betont werden, daB in Wirklichkeit beim Serum, 
da es sich urn ein Gemenge von verschieden dis- 
persen Systemen handelt, die FlockungsvorgSnge noch 
dadurch kompliziert werden, daB namentlich in den ersten 
Stadien der Flockungneben- und nacheinander Flocken 
verschiedener GroBenordnung (feinkolloidale bis grob- 
disperse) auftreten. So kann es sein, daB zu einer gewissen 
Zeit schon einzelne grobdisperse Flocken zu erkennen sind, 
die aber in einem homogen getriibten Medium, d. h. in dem 
iibrigen, nur kolloidal geflockten Serum sich befinden. Das 
ist das von mir als „trube Flockung“ bezeichnete Stadium. 
Wie gesagt, vermogen wir mit dem Agglutinoskop das Auf¬ 
treten und Vorhandensein kolloidaler Flockungen nur an 
dem Auftreten und dem Vorhandensein einer gleichmfiBigen 


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208 


Hermann Dold, 


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Triibung zu erkennen. Zu sehen sind bei dieser 
Flockungen die geflockten Einzelteilchen mit dem erwahnten 
Instrument natflrlich nicht. Ich babe darum mich in meinen 
SchluBfolgerungen vorsichtig eingeschrankt und ausdrfick- 
lich gesagt: „Wir wissen heute noch nicht, ob die 
von uns gesehenen und beschriebenen groberen 
Flockungen oder die feineren, mit dem Agglu- 
tinoskop nicht mehr erkennbaren, die biologisch 
wirksamen sind.^ 

Bei dieser Sachlage erschienen Tierversuche verfrtiht und 
wenig aussichtsreich, von dem Mangel an Versuchs- 
tieren, unter dem wir alle leiden, ganz abgesehen. 
Denn es ist ohne weiteres klar, dafi brauchbare und einwand- 
freie Resultate nur erzielt werden konnten, wenn fflr der- 
artige Versuche eine groBe Zahl von gleichartigen Versuchs- 
tieren (gleiche Tiergewichte!), sowie eine groBe Menge In- 
jektionsmaterial (d.h. wiederum Tierserum in groBeren Mengen) 
zur Verfflgung stiinden. Auch sonst sind noch allerlei methodo- 
logische Schwierigkeiten zu berucksichtigen. Man miiBte z. B., 
streng genommen, die betreffende Serumprobe gleichzeitig 
seroskopieren und injizieren, da es sich ja bei diesen Flockungs- 
prozessen um laufende, sich stetig verandernde VorgSnge 
handelt. Diese und ahnliche Schwierigkeiten, welche Ungleich- 
heiten im Ergebnis bedingen miissen, lieBen sich nur durch 
groBe Tierversuchsreihen ausgleichen, 

Es ergaben sich folgende Parallelen zwischen dem Auf- 
treten des Giftes einerseits und der triiben, klebrigen (kol- 
loidalen) Flockungsphase andererseits: 


1) Wahrend der giftige Zustand 
im frischen Meerschweinchenserum 
durch die meisten Bakterien hervor- 
gerufen wird, tritt er nicht auf nach 
Einsaat von 
Pilzsporen, 

Choleragran ula, 

desanaphylatoxierten Bakterien, 
mit Oelen, Galle, Cholesterin vor- 
behandelten Bakterien. 


1) Wahrend die geschilderten 
Strukturveriinderungen,in8onderheit 
die trube (kolloidale) Flockungs- 
phaae, nach Einsaat der meisten 
Bakterien auftreten, kommen diese 
Strukturveranderungen,insonderheit 
die triibe Flockungsphase, nicht zur 
Beobachtung nach Einsaat von 
Pilzsporen, 

Choleragranula, 

desanaphylatoxierten Bakterien, 
mit Oelen, Galle, Cholesterin vor- 
behandelten Bakterien. 



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Ist das Anaphylatoxin charakterisiert usw. 


209 


2) Der giftige Zustand tritt nur 
in den frischen (aktiren) Seren auf. 

3) Der giftige Zustand tritt bei 
Anwesenheit von spezifischen Ambo- 
zeptoren rascher auf und verschwin- 
det wieder rascher. 

4) Auftreten und Verschwinden 
des giftigen Zustandes zeigt femer 
Abhangigkeiten von der Temperatur, 
vom Mengenverhaltnis zwischen Se¬ 
rum und Einsaat. 

5) Das Qift passiert Papierfilter. 

6) Das Qift wird durch Berkefeld- 
filtration zum Verschwinden ge- 
bracht 

7) Eine gewisse Steigerung des 
Salzgehaltes wirkt konservierend auf 
das Gift. 


2) Die geschilderten Strukturver- 
anderungen (insonderheit die trube 
Flockungsphase) treten nur in den 
aktiven Seren auf. 

3) Der Flockungsprozefi Ifiuft - 
ceteris paribus — bei Anwesen¬ 
heit von spezifischen Ambozeptoren 
rascher ab. 

4) Der Ablauf des Flockungs- 
prozesses zeigt Abhangigkeiten von 
der Temperatur und von den Mengen- 
verhkltnissen zwischen Serum und 
Einsaat. 

5) Die trube (koUoidale) Flockung 
passiert Papierfilter. 

6) Die triibe kolloidale Flockung 
wird durch Berkefeidfiltration zum 
Verschwinden gebracht. 

[ 7) Die gleiche Steigerung des 

Salzgehaltes bewirkt eine Stabili- 
sierung des triiben (kolloidalen) 
I Flockungszustandes. 


In einer kflrzlich erschienenen Arbeit haben es Fried- 
berger und Putter unternommen, raeine Beobachtungen 
und Angaben nachzuprfifen. Ihre Nachpriifung bezog sich 
allerdings nur auf Punkt 2 der obigen Zusamraenstellung von 
Parallelismen, namlich auf meine Beobachtung, daB nach Ein¬ 
saat geeigneter Bakterien nur in den aktiven Seren, 
aber nicht in den inaktiven Seren Strukturverfinde- 
rungen, insonderheit die trtibe kolloidale Flockungsphase, auf- 
tritt. Diese Beobachtung wird von den Autoren 
bestatigt: „Die Richtigkeit dieser Beobachtung von Dold 
soil keineswegs bestritten werden“ (p. 325). Sie haben dann 
Tierversuche unternommen, und dabei ist ihnen leider folgendes 
passiert: sie haben zwar im Titel ihrer Arbeit von mir die 
richtige Fragestellung (Ist das Anaphylatoxin charakterisiert 
durch eine eigenartige Flockungsphase der Serumglobuline) 
iibernommen. In der Arbeit selbst aber haben sie argumen- 
tiert, als ob ich behauptet hStte, das Anaphylatoxin sei schlecht- 
hin durch die Anwesenheit von Flocken (und zwar grobdis- 
perse) im Agglutinoskop erkennbare, von geklSrtem Medium 
sich abhebende Flocken charakterisiert. Nachdem sie diese 

ZeiUchr. f. ImmunitiiUforachaiic. Orif. Bd. 82. 14 


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Hermann Dold, 


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falsche Fragestellung, die schon nach meinen Beobachtungen in 
negativem Sinne beantwortet werden mufite, in negativem Sinne 
beantwortet batten, Qbertrugen sie diese negative Antwort auf 
die im Titel der Arbeit stehende richtige Fragestellung. 

Dieses Miilverst^ndnis, als h&tte ich behauptet, Anaphyla- 
toxin sei identisch mit irgendwelchen, irgendwann und irgendwo 
auftretende Serumflocken, zieht sich durch die ganze Arbeit 
der Autoren. Sie beschreiben das Verhalten ihrer Abgusse 
durch die Bezeichnung „optisch leer“ bzw. „Flockung“ (und 
zwar minimale Flockung, ganz schwache Flockung, +, schwache 
Flockung, +, Starke Flockung, -|—f-), und heben an vielen 
Stellen noch besonders hervor, daB die Flocken sich in 
klarem Medium (also im Stadium der „kiarenden Flockung‘‘) 
befanden. Andererseits sagt die Bezeichnung „optisch leer“ 
noch nichts aus fiber das Fehlen oder Vorhandensein einer 
kolloidalen Flockung, auf die es hier ankommt. Denn in 
dem 3-fach vergrfiBernden Agglutinoskop erscheint selbstver- 
stfindlich eine kolloidale Flockung „optisch leer“, d. h. homogen, 
ohne erkennbare Einzelteilchen. Worauf es ankam, war, fest- 
zustellen, ob die Meerschweinchensera in dem Stadium, wo 
sich nach Einsaat der Bakterien das Auftreten einer kolloidalen 
Flockung durch das Auftreteni) einer homogenen Trfibung 
(„trfibe Flockung") kundgibt, anaphylatoxinartige Erschei- 
nungen auslfist oder nicht. Unter dem als „optisch leer" 
charakterisierten Zustand der Sera konnte sich sehr wohl ein 
derartiger kolloidaler Flockungszustand verbergen. Es ist 
zuzugeben, daB diese Dinge von verschi edenen Augen nicht 
vfillig gleichmaBig gesehen werden mogen. 

Bei den Beobachtungen im Agglutinoskop und fihnlichen 
Instrumenten IfiBt sich zunachst nur feststellen, ob man eine 
homogene (klare oder trfibe) Flfissigkeit, oder eine in¬ 
homogene Flfissigkeit, welche Einzelteilchen erkennen laBt, 
vor sich hat. Solche Einzelteilchen pflegt man bekanntlich 
als Flocken oder auch als Flockungen zu bezeichnen, wobei 

1) Um Mifiveretandnissen vorzubeugen, sei nochmals betont, daU 
wir nicht das Vorhandensein einer Triibung, sondern das Auf¬ 
treten einer solchen, nicht einen vorhandenen strukturellen Zustand, 
sondern eine unter dem Einflufi der zugefiigten Agentien auftretende 
strukturelle Zustandsanderung im Serum meinen. 


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let das Anaphylatoxin charakteriaiert usw. 


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man es zunUchst dahingestellt aus was sich solcbe Einzel- 
teilchen („Flocken“) zusammensetzen. Im Serum, auch im 
zentrifugierten, kSnnen solche Einzelteilchen („Flocken“) z. B. 
noch suspendierte Erythrozyten oder Leukozyten oder Blut- 
plSttchen Oder aber grobere EiweiBzusammenballungen u. a. 
sein. Ich stimme darum mit Friedberger und Putter 
vollstandig darin flberein, dafi in ungenfigend zentrifugierten 
Seren, vor allem auch im Rinderserum, noch suspendierte 
Blutkorperchen das Bild einer „groben Flockung“ geben 
konnen. Es ist auch moglich, daC die von mir in einem 
groBen Toil der frischen (aktiven) Seren beobachteten leuch- 
tenden Einzelteilchen nicht aus EiweiBzusammenballungen, 
sondern aus Zellen und Zelltrflmmern (Erythrozyten, Leuko¬ 
zyten, Blutpiattchen), die trotz des langen Zentrifugierens 
noch in Suspension geblieben sind, bestehen. 

Die Worte Flocke und Flockung werden eben in verschie- 
denem Sinne, einmal als Bezeichnung fur ir gen dein e in 
einer homogenen Flflssigkeit erkennbare InhomogenitSt, 
und dann als Bezeichnung fQr eine Zusaramenballung, 
das Wort „Flockung“ auBerdem noch als Bezeichnung fflr 
einen physikalischen Vorgang, einen ProzeB, dessen Wesen 
in Zusammenballungen besteht, gebraucht! Gliicklicherweise 
ergibt sich aus dem Zusammenhang in der Regel der jeweils 
gemeinte Sinn. Wenn z. B. in einena vorher klar homogenen 
Serum nach Zusatz von destilliertem Wasser Flocken auf- 
treten, so dilrfte nur eine Deutung mbglich sein. 

Friedberger und Putter wollen die nach Einsaat von 
Bakterien in aktivem Meerschweinchenserum auftretende Trii- 
bung durch Plasmolyse und Aufquellung der Bakterien er- 
kl2ren, und die in einem spSteren Stadium auftretenden grob- 
dispersen Flocken als gequollene Bakterienleibsubstanzen auf- 
fassen. Sie wollen auch solche Flocken bei der Betrachtung 
im hSngenden Tropfen als aus agglutinierten Bakterien be- 
stehend erkannt haben. Ich frage: Bestanden diese FlSckchen 
im Serum nur aus agglutinierten Bakterien? Wo bleibt das 
Serum bei diesen Vorgangen? Wie erkiaren sich die Autoren 
das Auftreten analoger Vorgange im Serum, namlich erst 
homogene Trubung (= kolloidale Flockung), dann makro- 
skopisch sichtbare grobdisperse Flockenbildung beim einfachen 

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Hermann Dold, 


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Lagern Oder bei Herabsetzung der Salzspannung durch Zusatz 
von Aqua dest.? Wie sehen solche Flbckchen aus im Ver- 
gleich mit den FlSckchen, die sich nach Einsaat von Bak- 
terien bilden? 

Natflrlich bestreite ich nicht, daB bei der einen oder 
anderen Bakterienart, nachdem sie mit dem Serum in Be- 
rflhrung gekommen ist, Plasmolysevorgknge und Aggluti- 
nationen auftreten werden, aber meine Auffassung geht dahin, 
daB gleichzeitig in dem Serum durch die Bak- 
terien FlockungsvorgSnge ausgelSst werden, wo- 
durch es zunfichst zu kolloidalen Flockungen, welche in der 
Hauptsache die auftretende homogene Trflbung bedingen, und 
weiterhin zu grobdispersen Flocken kommt, welche vielleicht 
agglutinierte Bakterien als Kern enthalten, aber der Masse 
nach in der Hauptsache aus SerumeiweiB bestehen. 

Zentrifugieren. 

Die eventuelle Bedeutung, welche die Art und Dauer des 
Zentrifugierens fiir den giftigen Zustand der Sera haben 
' konnte, wurde meiues Wissens erst seit den Arbeiten fiber 
das Kaolin und besonders fiber Stfirke, Agar und Inulin dis- 
kutiert. In alien frfiheren Arbeiten, auch in denen 
von Friedberger und seinen Mitarbeitern, findet 
sich keine genauere Angabe fiber die Art und 
Dauer des Zentrifugierens. Man liest nur: „Zentri- 
fugierung“ oder „krSftig“ oder „grflndlich zentrifugiert“. 

Es kann nun keinem Zweifel unterliegen, daB die Dauer 
des Zentrifugierens, schon als zeitlicher Vorgang, von EinfluB 
auf das „Gift“ ist. Der Ansicht der Autoren: „Auf die 
Giftigkeit des Serums ist die Zentrifugierzeit 
ohne EinfluB“ (p. 331) vermag ich darum nicht beizutreten. 
Im Gegenteil, ich glaube den Satz vertreten zu konnen: Man 
kann das „Gift“ durch Zentrifugieren zum Verschwinden 
bringen, sofern man nur lange genug zentrifugiert Hat 
uns doch Friedberger selbst gelehrt, und die Nachprfifungen 
haben es bestfitigt, daB das Anaphylatoxin eine zeit- 
lich begrenzte Erscheinung ist, und daB das Gift 
frfiher oder spSter wieder verschwindet. Die Zeit Ifiuft 
ffir das Anaphylatoxin ab, gleichgfiltig, ob das 



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Ist dae Anaphylatoxin charakterisiert usw. 


213 


Gift irgendwo steht oder in der Zentrifuge lauft. 
Dazu kommt noch die Tendenz des Giftes, aus der nicht oder 
schwer zentrifugabeln kolloidalen Phase in die leichter 
zentrifugable grobdisperse „kiarende“ Flockungsphase 
Qberzugeben (wie ich aus meinen Beobachtungen schlielSen zu 
mQssen glaube). 

Tierversuche. 

Wie ich schon oben ausftihrte, ware es zweifellos wflnschens- 
wert, daB durch groB angelegte Tierversuche die Art der Be- 
ziehungen zwischen dem Auftreten der „Giftigkeit“ und dem 
Auftreten der kolloidalen Flockungsphase welter gekiart werden 
kSnnte. Ich habe aber auch schon auf die methodologischen 
Schwierigkeiten hingewiesen. 

Friedberger und Putter haben die Frage durch Tier¬ 
versuche zu I6sen versucht. Ganz abgesehen von der falschen 
Fragestellung, auf die ich oben schon hingewiesen habe, 
scheinen mir die Tierversuche der Autoren keineswegs ein- 
wandfrei. Es handelt sich um 25 Tierversuche, und wenn 
wir die Versuche tiberblicken, so finden wir, daB in diesen 
25 Tierversuchen 6mal die Seruraart (Meerschweinchen, Pferd, 
Hammel, Kaninchen, Mensch, Rind-Kalb-Ochs), 2mal die Bak- 
terienart (Ty, Prodig.), 2mal die Inkubationszeit (60 Minuten 
37® C; 12 Stunden Frigo), 2mal die Zentrifugierzeit (10 und 
30 Minuten), 8mal das Tiergewicht (200, 220, 230, 240, 250, 
280, 290, 300 g), und 6mal die Injektionsdosis (4,0, 3,5, 3,0, 
2,5, 1,0, 0,5 ccm) variieren. Wir haben also in 25 Tier¬ 
versuchen 26 Varianten, auBer dem fraglichen X, welches 
durch diese Tierversuche gelost werden sollte. Wo bleibt 
da das „ceteris paribus^, welches doch — in geniigender 
breiter Form — die Grundlage und Voraussetzung fur ein- 
wandfreie Tierversuche bilden sollte? Diese 25 Tierversuche 
setzen sich aus anscheinend 10 Versuchsreihen, bestehend aus 
1, 2 und 3 Einzelversuchen, zusammen. Selbst in diesen 
kleinen Versuchsreihen variieren die Gewichte 
der Tiere oft betrSchtlich, So sind z. B. bei den Ver- 
suchen 13—15 die Tiergewichte 280 bzw. 220 g, und das 
Gewicht der Kontrolle ist gar nicht angegeben! 

Damit kominen wir zur Gewichtsfrage. Friedberger 
hat uns gelehrt, daB fBr den Anaphylatoxinversuch am besten 


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Hermann Dold, 


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Tiere von ca. 200 g Tiergewicht und Injektionsdosen von 
ca. 4 ccm geeignet sind. Die groBe Masse der Friedberger- 
schen Anaphylatoxinversuche sind mit Meerschweinchen im 
Gewicht von 170—230 g angestellt worden, und wer Erfali- 
rungen iiber das Anaphylatoxin gesammelt hat, der weiB, 
von welch ausschlaggebender Bedeutung Gewicht 
und GroBe der Tiere nanientlich im Verhaltnis 
zur Inj ektionsdosis fiir den Ausfall des Ver- 
suches sind. Auf p, 328 geben die Autoren an, daB sie 
Tiere von 230 — 250 g Gewicht verwendet haben, aus der 
Tabelle (p. 340—343) ergibt sich aber, daB die Tier- 
gewichte zwischen 200 und 300 g (!) schwankten, 
Bedenkt man, daB auch die Injektionsdosen trotz der groBen 
Tiere verhaitnismaBig niedrige waren und auch noch betracht- 
lich variierten, so kann man meines Erachtens diesen Tier- 
versuchen keine iiberzeugende Kraft zuerkennen. 

Serumarten. 

Ich hatte in der oben zitierten Arbeit bemerkt, daB 
analoge (nicht identische!) Flockungsvorgange, wie 
sie sich im Meerschweinchenserum nach Einsaat geeigneter 
Bakterien entwickeln, sich auch in anderen Serumarten ab- 
spielen, und daB — nattirlich nur in dieser Beziehung 
— das Meerschweinchenserum als Beispiel dienen konne. Ich 
habe ausdrflcklich betont, daB der Ablauf dieser Flockungs- 
prozesse u. a. auch von der Serumart abhangig sei (siehe 
p. 123 und p. 128, Zusammenfassung, Abs. 5). 

Daraus geht hervor, daB es unrichtig ist, die zunadist 
nur fur das Meerschweinchenserum ermittelten Verhaitnisse 
bezuglich des Parallelismus von Giftigkeit und Auftreten der 
kolloidalen Flockungsphase einfach auf andere Serumarten 
zu iibertragen, auf Serumarten, die zum Teil schon priraare 
Giftigkeit aufweisen. Ueber meinen Standpunkt in der Frage 
der primaren Serumgiftigkeit siehe weiter unten. Wenu man. 
nun vollends, wie Friedberger und Putter, auBerdem 
noch mit der false hen Fragestellung arbeitet (grob- 
disperse Flockenbildung = Anaphylatoxin), und beriicksichtigt, 
was ich oben uber Tierversuche uberhaupt und speziell iiber 
die Tierversuche von Friedberger und Putter gesagt 



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let das Anaphylatoxin charakterisiert usw. 


215 


habe, so kann man den Wert solcher mit allerlei Seru marten 
angestellten Versuche nicht hoch bemessen. 

Zusammenhang zwischen primSrer Giftigkeit 
der Sera und Flockung. 

Friedberger und Putter schreiben: „Auch die pri- 
mare Giftigkeit normaler Sera sucht Dold vermittels seiner 
Flockungshypothese zu erklkren“, und in der Zusammenfassung 
„Auch die primtlre Giftigkeit der Sera hat Dold mit den 
Flockungen in Zusammenhang gebracht.“ Wer das liest, muB 
zu der Meinung kommen, als hMte ich generell die primBre 
Giftigkeit normaler Sera durch Flockungen erklSren wollen. 
Demgegenflber muB ich feststellen, daB diese Darstellung 
den Tatsachen widerspricht. Ich sagte in der frag- 
lichen Arbeit auf p. 120: „Man wird wohl tiberhaupt gut 
daran tun, von vorneherein auf einen einheilichen Er- 
klSrungsversuch zu verzichten, da die unter dem gemein* 
samem Namen der „prima,ren Serumgiftigkeit‘‘ zusammen- 
gefafiten mannigfaltigen Vergiftungen trotz auBerlicher Aehn- 
lichkeit wahrscheinlich auf verschiedenen Ver- 
giftungsmechanismen beruhen. Ich glaube, daB uns 
das Verstandnis fiir die Giftigkeit mancher primBr- 
toxischer Normalsera erleichtert wird, wenn wir auch 
das seroskopische Verhalten dieser Sera berflcksichtigen.“ 
Und urn nicht miBverstanden zu werden, heiBt es auf p. 121, 
Mitte, nochmals ausdrucklich: „Ich will damit nicht be- 
haupten, daB sich die Toxizitat giftiger Normal- 
sera allgemein durch ihre Struktur erklBren 
lasse. Im Gegenteil, die Verhaitnisse liegen, wie ich schon 
oben bemerkte, wahrscheinlich von Fall zu Fall anders. Aber 
bei dem einen oder anderen der primBr toxischen Sera . . . 
muBte doch ernstlich in Betracht gezogen werden, ob nicht 
die Ursache der Giftwirkung namentlich bei intravenbser Ein- 
verleibung auch in der Struktur dieser Sera liegt usw.‘‘ 

Es ist mir unverstandlich, wie die Autoren meinen vor- 
sichtig formulierten Standpunkt, der sich ausdrucklich gegen 
eine Generalisierung verwahrt, in der obigen Weise wieder- 
geben konnten. Es eriibrigt sich darum fiir mich, auf die 
von den beiden Autoren auf Grund dieser irrigen Auffassung 


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216 


Hermann Dold, 


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vorgenommenen Tierversuche einzugehen, zuraal da auch hier 
wiederum die falsche Fragestellung wiederkehrt. 

Die Autoren weisen in vorwurfsvollem Tone darauf bin, 
daB ich meine Anschauungen iiber das Anapbjlatoxin gegen- 
iiber frflber geSndert babe. Darauf mScbte icb erwidern, daB 
die Vorstellungen, welcbe wir von den Dingen baben, von 
den uns bekannten und neu bekannt werdenden Tatsacben 
abbangig sind. Aendern oder erweitern sicb unsere Kennt- 
nisse, so andern wir ancb unsere Anscbauungen. Handelten 
wir anders, waren wir keine objektiv denkende Wesen. 

Wenn Friedberger und Putter schlieBlicb ibre An- 
sicbten fiber die strittige Frage dabin zusammenfassen: „Wir 
wollen es ganz dabingestellt sein lassen, ob nicbt scblieBlich 
docb allerfeinste Strukturverfinderungen im anapbylatoxin- 
baltigen Serum vorbanden sind. Aber das, was von im Agglu- 
tinoskop sichtbaren Verfinderungen vorliegt, steht jeden- 
falls in keinem Zusammenbang mit dem Anapbjlatoxin, und 
ob es bei feineren Strukturverfinderungen der Fall ist, wissen 
wir nicbt“, so durfte dies ungefabr das gleicbe sein, wie wenn 
wir in der umstrittenen Arbeit sagten: „Wir wissen beute 
nocb nicbt, ob die von uns gesebenen und bescbriebenen 
grfiberen Flockungen oder die feineren, mit dem Agglutino- 
skop nicbt raebr erkennbaren, die biologiscb wirksamen sind“. 
Und es sei hier nocb erwahnt, daB in der Zwischenzeit 
franzosische Forscher auf anderem Wege zu einem ahnlichen Er- 
gebnisse gekommen sind. W. K o p a c z e w s k i ^), R o f f o, A. H. 
und H. L. fassen das Ergebnis ihrer Studien fiber Ober- 
flachenspannung dabin zusammen: „Une fois de plus ces 
r6sultats arrivent a confirmer que I’anaphylaxie n’est qu’une 
reaction de flocculation colloidale etc.“ 

Zusammenfassung. 

1) Auf Grund der Beobachtung, daB unter den gleichen 
Bedingungen, unter denen bekanntlich das Bakterienanaphyla- 
toxin auftritt bzw. verschwindet, eine eigenartige Struktur- 
veranderung der Meerschweinchensera, namlich eine durch 
homogene Trfibung erkennbare kolloide Flockungsphase, auf- 

1) W. Kopaczewski, A. H. und H. L. Roffo, C. r. hebd. Acad, 
sciences, T. 170, 1920, p. 1409. 


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Ist das Anaphylatoxin charakterisiert usw. 


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tritt bzw. verschwindet, wurde in einer frflheren Arbeit zu- 
nSchst nur gesagt, daB das Anapbylatoxin durch eine eigen- 
artige Flockungsphase der Serumglobuline charakterisiert sei. 

Es wurde ausdrflcklich betont, daB „wir noch nicht wissen, 
ob die von uns gesehenen iind beschriebenen grbberen 
Flockungen oder die feineren, uiit dem Agglutinoskop nicht 
mehr erkennbaren, die biologisch wirksamen sind^. Bei dieser 
Sachlage erschienen Tierversuche verfrflht und wenig aus- 
sichtsreich. 

2) In der Absicht, obige Angaben nachzuprflfen, haben 

Friedberger und Putter Tierversuche angestellt. Dabei 
ist ihnen folgender Lapsus passiert: Obwohl sie im Titel ihrer 
Arbeit die richtige Fragestellung (Ist das Anapbylatoxin 
charakterisiert durch eine eigenartige Flockungsphase der 
Serumglobuline?) iibernoramen haben, argumentieren sie in 
der Arbeit selbst, als ob von uns behauptet worden wBre, 
das Anapbylatoxin sei schlechthin gleich Flocken- 
bildung (und zwar grob disperse, im Agglutinoskop 
erkennbare, vom geklSrten Medium sich abhebende Flocken). 
Nachdem sie diese falsche Fragestellung, die schon nach 
unseren Beobachtungen im negativen Sinne beantwortet werden 
muBte, im negativen Sinne beantwortet batten, flbertrugen sie 
diese negative Antwort auf die im Titel der Arbeit stehende 
richtige Fragestellung. * 

Ganz abgesehen von der falschen Fragestellung, sind 
unseres Erachtens die Tierversuche von Friedberger und 
Putter nicht einwandfrei und flberzeugend, schon wegen der 
zu verschiedenen und im allgemeinen zu hohen Tiergewichte. 

3) Obwohl die nach Einsaat geeigneter Bakterien im 
frischen Meerschweinchenserum sich abspielenden Flockungs- 
vorgange als Beispiel fOr analoge in anderen Tierseren nach 
Bakterieneinsaat auftretende Flockungsprozesse betrachtet 
werden dflrfen, ist es nicht angangig, die fttr den klassischen 
Anaphylatoxinversuch im Meerschweinchenserum von uns ge- 
nauer studierten Verhaitnisse ohne weiteres auf andere Tier- 
sera zu (ibertragen. 

1) Es ist wohl richtiger, zunachst nur von einer Flockungsphase des 
Serums zu sprechen, da wir noch nicht bestimmt sagen konnen, welche 
Telle des Serums an dem Vorgang beteiligt sind. 


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218 Hermann Dold, 1st das Anaphjlatoxin charakterisiert usw. 


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4) Was die Frage der primilren Serumgiftigkeit anlangt, 
so muB ich den von Friedberger und Putter mir zu- 
geschobenen Standpunkt ablehnen. Mit ihrer uneingeschrSnkten 
Behauptung: „Auch die primBre Giftigkeit der Sera hat D o 1 d 
mit den Flockungen in Zusammenhang gebracht", erwecken 
sie den Eindruck, als hfttte ich generell die primSre Giftig¬ 
keit normaler Sera mit Flockungen erklaren wollen, wahrend 
ich in Wirklichkeit, unter ausdriicklicher Ablehnung jedes 
generellen ErklSrungsversuches und unter Betonung des 
komplizierten Charakters dieser Frage, nur gesagt habe, dafi 
„ich glaube, daB uns das VerstSndnis f(ir die Giftigkeit 
inancher primSr toxischer Normalsera erleichtert werde, wenn 
wir auch das seroskopische Verhalten dieser Sera berflck- 
sichtigen“. 


[Aus dem Hygiene-Institut der Universitat Greifswald.] 

„Anaphylatoxin und Scruinflockung.^‘ 
Entgegnung auf vorstehende Erwiderung 
von Hermann Dold, 

Von E. Friedberger und E. Putter. 

Auf die vorstehenden Ausfiihrungen Do Ids wollen wir 
hier nur insofern eingehen, als es zur Richtigstellung des 
Sachverhaltes unbedingt notwendig ist. 

1) Dold meint, es sei uns der „Lapsus“ passiert, daB 
wir nur „iin Xitel unserer Arbeit die richtige Fragestellung 
(von ihm) flbernommen hatten‘‘, aber „in der Arbeit selbst 
argumentieren, als ob (von Dold) behauptet worden ware, 
das Anaphylatoxin sei schlechthin gleich Flockenbildung (und 
zwar grob disperse, im Agglutinoskop erkennbare, vom ge- 
kiarten Medium sich abhebende Flocken)“. Dagegen mussen 
wir uns entschieden verwahren, 

Wenn jetzt Dold bestreitet, daB das Anaphylatoxin 
identisch sei mit irgendwelchen, irgendwann und irgendwo auf- 
tretenden Flocken und meint, daB auch unter dem optisch 
leeren Serum „sich wohl ein derartiger kolloidaler Flockungs- 


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Friedberger u. Putter, „Anaphylatoxin und Serumflockung". 219 


zustand verbergen k6nne“ und daC „diese Dinge von ver- 
schiedenen Augen nicht vdllig gleichmSBig gesehen werden 
m6gen“, so ist das doch ein glattes Zugestandnis der Tat- 
sache, daB eben filr das norraale Auge und auch fflr das mit 
dem Agglntinoskop bewaffnete normale Auge ein optisch leeres 
Serum giftig sein kann, daB also die sichtbaren Flockungen 
nicht mit dem Anaphylatoxin in Zusammenhang gebracht 
werden konnen. Das ist also das, was auch wir gesagt haben *). 
Und wenn jetzt Dold meint, daB wir die richtige Fragestellung 
aus dem Xitel seiner Arbeit falsch (negativ) beantwortet haben, 
so liegt es bloB daran, daB er seiner Arbeit als Xitel 
eine falsche Behauptung vorausgestellt hat. Der 
Xitel lautet: „Anaphylatoxin charakterisiert durch eine eigen- 
artige Flockungsphase der Serumglobuline.“ 

Unsere Nachprufung der Arbeit mittels der Methode, 
durch die man allein bis heute das Anaphylatoxin erkennen 
kann, nftmlich der Xierversuche, hat aber ergeben, und die 
jetzigen Ausfflhrungen von Dold erkennen es an, daB das Ana¬ 
phylatoxin nicht durch eine eigenartigeFlockungs- 
phase der Serumglobuline charakterisiert ist, wenigstens 
nicht durch eine, die man mit den bis heute zur Verfiigung 
stehenden Hilfsmitteln wahrnehmen kann. 

2) Unverstandlich sind uns D o 1 d s Ausfflhrungen bezflg- 
lich des Zentrifugierens. Er schreibt hier, und annflhernd 
wortlich auch im Arch. f. Hygiene, Bd. 89, p. 379, daB „in 
alien frflheren Arbeiten, auch in denen von Friedberger 
und seinen Mitarbeitern, sich keine genauere Angabe flber die 
Art und Dauer des Zentrifugierens findet“. Es genfigt darauf 
hinzuweisen, daB Friedberger schon im Jahre 19118) auf 
die Wichtigkeit der Zentrifugierzeit und - Intensitflt hin- 
gewiesen und auBerdem in einer gemeinschaftlichen Arbeit mit 

1) Wir haben beide Sehscharfe 1. 

2) Dolds Angaben sind im ubrigen recht wenig prazis. Wir sagen 
ausdriicklich im Anfang unserer Arbeit und miiseen es noch heute nach 
wiederholter Lektiire der Dold schen Arbeit aufrecht erhalten: „E8 ist uns 
nicht recht moglich, aus ihr zu einem klaren Ergebnis iiber diese Frage 
zu kommen, da die Angaben etwas unbestimmt sind und sich teilweiae 
sogar zu widersprechen scheinen." 

3) Friedberger, Centralbl. f. Bakt., Abt. I, Ref., Bd. 50, 1911, 
Beiheft, p. 71. 


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220 E. Friedberger und E. Putter, 

Joachimoglu^) zur mdglichsten Entfernung der StMrke aus 
den Serum-Kleistergeraischen nach Schmidt die Methode 
durcb Einfubrung der fraktionierten Zentrifugierung noch 
weiter vervollkommnet hat. In dieser Arbeit und in unsern 
folgenden iiber dieses Thema sind auch die Zentrifugier- 
zeiten ausdriicklich angegeben. Wir mQssen uns urn 
so mehr wundern, daB Dold in seiner vorliegenden Erwide- 
rung diese irrtflmlichen Behauptungen aufrecht erhait, als wir 
doch in einem Schreiben vom 7. Februar 1921, nach dem Er- 
scheinen der Arbeit im Arch. f. Hygiene*), ihn darauf aufmerk- 
sam geinacht haben. 

Es freut uns aber, aus dieser Arbeit zu ersehen, daB 
auch Dold der Meinung ist, es bliebe von in Serum ein- 
gesaten Agentien trotz scharfen Zentrifugierens noch viel in 
den Abgussen zuriick und speziell, worauf Friedberger 
beziiglich der Starke schon ausdriicklich hingewiesen hatte, 
an der Glaswand infolge von Adsorption haften. So kommt 
denn auch Dold zu einer Bestatigung der von Friedberger 
aufgestellten Vermutung®), daB auch in den Agarversuchen 
Bordets die Giftbildung wenigstens teilweise rein mechanisch 
durch im Serum zuriickgebliebene, hier gequollene Agar- 
partikelchen zu erklaren sei. 

Wenn wir in unserer Arbeit geschrieben haben: „Auf 
die Giftigkeit des Serums (d. h. das Anaphylatoxin) ist die 
Zentrifugierzeit ohne EinfluB^, so bedeutet das doch nicht, 
daB die Zeit ohne EinfluB ist. Es ist ja allgernein anerkannt, 
daB, wie Friedberger bereits vor iiber 10 Jahren gezeigt 
hat, das Anaphylatoxin eine zeitlich begrenzte Erscheinungs- 
phase ist und allmahlich, etwa im Verlauf von 24 Stunden 
bei Brutschranktemperatur, in eine ungiftige Phase iibergeht. 
Dabei ist es natiirlich „gleichgiiltig, ob das Gift irgendwo steht 
Oder in der Zentrifuge lauft“. Das hat aber selbstverstand- 
lich nichts damit zu tun, daB ein AnaphylatoxinabguB giftig 
Oder ungiftig ist, einerlei, ob er sichtbare Flocken enth&lt, 
Oder ob diese durch 10—30 Minuten langes Zentrifugieren 

1) Friedberger-Joachinioglu, Zeitsehr. f. Hyg., Bd. 84, 1917, 
p. 336. 

2) Dold, Arch. f. Hyg., Bd. 89, 1920, p. 373. 

3) Diese Zeitschr., Bd. 30, 1920, p. 282, Fufinote 2. 



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„AnaphyIatoxiD und Herumflockung'*. 


221 


(um iSngere Zeitspannen handelt es sich aber nicht) bei 
niederer Teraperatur ausgeschleudert warden. 

3) Wendet sich Dold gegen unsere Tierversuche. Er 
schreibt allerdings in seiner zuletzt erschienenen Arbeit (Arch, 
f. Hyg.) — bei der Niederschrift wohl noch in Unkenntnis 
unserer Veroffentlichung — bezflglich des Zusammenhangs 
der Flocken mit der Giftigkeit: 

„Al8 bewiesen kdnnte diese Vermutung allerdings erst dann gelten, 
wenn es einerseits durch Verbesserung unserer Beobachtungsmittel gel^ge, 
anch solche feine Globulinflockungen zu Gesicht zu bringen, und anderer- 
seits in Tierversuchen der Nachweis erbracht wiirde, daB ein Parallelisraus 
zwischen der Giftigkeit und dem Auftreten solcher feiner Flockungen.“ 

Hier also erkennt auch er das ausdrucklich an, was wir 
schon zuvor gesagt, aber auch ausgefuhrt haben, daB nur der 
Tierversuch eine Entscheidung bringen kann. Unsere eigenen 
Versuche, die aus dem Wunsch heraus entnommen waren, 
diesen Parallelismus nachzuweisen, und eindeutig zu dem 
Dold entgegengesetzten Ergebnis gefflhrt haben, iBBt Dold 
aber nicht gelten. Er schreibt, daB wir nicht nur eine falsche 
Fragestellung hStten, einen Vorwurf, den wir oben schon 
zuriickgewiesen haben, sondern daB wir in unseren Versuchen 
mit 25 Tieren Serumart, Bakterienart, Inkubationszeit, Zentri- 
fugierzeit, Tiergewicht, Injektionszeit so oft variiert hatten, 
daB im ganzen 26 Varianten erzielt wurden. Mit Emphase 
fragt er dann: „Wo bleibt da das „ceteri3 paribus“, welches 
doch — in geniigender breiter Form — die Grundlage und 
Voraussetzung fur einwandfreie Tierversuche bilden aollte“? 

Jeder Leser, der unsere Arbeit nicht zur Hand hat, muB 
danach den Eindruck gewinnen, als ob wir die elementarsten 
Fehler in unseren Tierversuchen begangen hatten, die man 
selbst einem Anfanger auf diesem Gebiete kaum zutrauen 
dflrfte. 

Wir sehen uns deshalb genStigt, im nachstehenden noch 
einmal unsere gesamten Tierversuche in Form einer Tabelle 
zu bringen, die so angeordnet ist, daB man in den einzelnen 
Versuchsreihen I — X die Tiergewichte, die Injektions- 
dosen und Injektionszeiten fettgedruckt untereinander er- 
sehen kann. 


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222 


E. Friedberger und E. Putter, 


Versuchs- 

reihe 

1 . 

o 

Senimart 

i 

1 Bakterienart 

1 

j Flockungszustand 

Tier- 

gewicht 

Injektions- 

dosis 

Injektions* 

zeit 

Ergebnis 

1 i 

Bemer- 

kungen 

I 

1 

1 Meerschwein- 
chen 

Typhus 

minimale Flockung 

1 


3.5 

j 14" 

leichte Dyspnoe, 
sonst 0 . B. 



2 

Pferd 

1 

leer 

230 

' 1 

3,0 

1 

15" 

leichte Dyspnoe, 

! sonst 0 . B. 

1 

ri 

3 

Meerschwein- 

chen 

Prodigiosus 

Starke Flockung 

230 

2,5 

12** 

0 . B., lebt 



4 

1 Hammel 


schwache Flockung 

230 

2,5 

1 

t in 60' 



5 

Kuninchen 

JJ 

ganz schwache Flok- 
kung 

280 

2,5 

12" 

t sofort 


III 1 

6 

Meerschwein- 

chen 

Prodigiosus 

leer 

'240 

3,5 

1 

,20" 

t sofort 



7 

Pferd 

>» 

leer 

^ 240 

3,5 

'20" 

t sofort 


j 

8 : 

! 

Pferd 

— 

1 Starke, klare Flok- 
kung 

240 

i 

1,0 

20" 

1 

0 . B., lebt 

Kon- 

trolle 

IV 

9 

1 

1 

Meerschwei li¬ 
chen 

Prodigiosus 

fast leer, minimale 
Flockung 

200 

1 

4,0 

18" 

Starke Dyspnoe, 
erholt sich sehr 
spat 



10 

Pferd 

” 1 

leer 

1 

'220 

4,0 

17" 

1 

Dy^spnoe, erholt: 
sich sehr rasch 


V 

11 

Meerschwein- 

chen 

Prodigiosus 

; ganz feine Flockung 
! in klarem Medium 

'200 

3,0 

15" 

schwere Dyspnoe, 
erholt sich sehr 
langsam 

1 

1 


12 

Mensch 

n 

ganz feine Flockung 
in klarem Medium 

'2(K> 

^3,o; 

15" 

leichte Dyspnoe, 
sonst 0 . B. 


VI 1 

13 

Meerschwein- 

Prodigiosus 

leer 

280 

3,5 

15" 

schwere Dyspnoe, 



14 

Pferd . 

»» 

leer 

'2'20 

3,5 

16" 

Kriimpfe, f in 6' 



15 

1 

Pferd j 

1 

minimale Flockung, 
an der Grenze der, 
Sichtbarkeit 1 

'23(» 

i 3,5 

15" 

Kriimpfe, t in 5' 

Kon- 

trolle 

VII 

16 1 

17 ^ 

Meerschwein- 

chen 

Pferd 

Prodigiosus 

JJ 1 

leer 

leer 

3(10 

'280 

1 

3,5 1 

3,5 

15" 1 

15" 

Starke Dyspnoe, 
erholt sich nur 
ganz langsam 
leichte IJnruhe, 
sonst 0 . B. 



18 

Pferd 

— 

minimale Flockung, 
gerade erkcnnbur 

300 

3,5 

16" 

0. B. j 

Kon- 

trolle 

VIII 

19 

Rind 

1 

leer 

'2(MI 

1,0 


schwerer Shock, 
t in 2' 



20 

Kalb 


Flockung an der 
Grenze der Sicht¬ 
barkeit 

'2(H) 

1.0 

i 

6" 

nach 2' begin- 
nende Dyspnoe, 
Kriimpfe, t in 10' 



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„Anaphylatoxin und Serumflockung.“ 


223 


Versuchs- 

reihe 

Lfd. No. 

Serumart 

i 

1 i 

1 

Bakterienart 

i 

1 

1 

Flockungszustand 

Tier¬ 

gewicht 

Injektions- 

dosis 

Injektions- 

zeit 

Ergebnis 

Bemer- 

kungen 

IX , 

21 ' 

Rind 

_ 

leer 

>200 

0,5 

4" 

Shock, t in 32' 



22 ^ 

Ealb 


Flockung an der 
Grenze der Sicht- 
barkeit 

200 ! 

1 

1_^ 

0,5 i 

1 

6" 

1 

leichte Krampfe, 
Dyspnoe, ernolt 
sich 

1 

1 

X 

' 23 

Ochse 

— 

wen ig CTobe, m assen- 
haft leine Flocken 

240 

0,6 

5" 

Dyspnoe,Krampfe, 
t in 10' 

1 


24 

! 

Rind 

— 

massenhaft feine 
Flocken 

2f>0 

! 0,0 

1 

8" 

schwere Dyspnoe, 

. t in 38' 



25 

1 Rind 

— 

leer 

290 

, 0,6 

; o" 

‘ Krampfe, f in 53' 



Es ergibt sich, daB das Tiergewicht jeder Reihe bis 
auf eine einzige (VI) konstant ist oder hochstens um 20 g 
dififeriert (kein Tier unter 200 gl). Ebenso verhait es sich 
mit den Injektionszeiten, die (mit der Stoppuhr bestimmt) in 
den jeweiligen Versuchsreihen einraal um 3, sonst hochstens 
urn 1 Sekunde „variieren“. 

Die Dosen waren in den einzelnen Reihen konstant bis 
auf 2, wo sie bei einem Mindestvolum von 3,0 (Reihe I) und 
3,5 (Reihe III) um 0,5 differierten. Aber gerade in den Ver- 
suchen, in denen als Injektionsdosis 3,5 gegen 3 bei der Kon- 
trolle (Reihe I) und 4 gegen 3,5 gegeben wurde (III), handelte 
es sich bei den groBeren Dosen um geflockte Abghsse, wo 
also die groBeren Dosen eine Belastung der Ver- 
suchsanordnung zuungunsten unserer Frage- 
stellung bedeuteten. Es ist das eine „Variierung‘‘, wie 
sie fflr jeden gewissenhaften Experimentator selbstverstBndlich 
ist und aus der fiiglich auch seitens eines Gegners kein ledig- 
lich irrefiihrender Vorwurf gemacht werden sollte. Auch in 
dem Versuch, in dem die Injektionszeit etwas langer aus- 
gedehnt wurde, 8 Sekunden statt 5 (Reihe X), handelte es sich 
um einen AbguB mit massenhaften Flocken, wo bei der lang- 
samen Injektion eher ein Ueberleben zu erwarten gewesen 
wfire, als bei der kurzeren Injektion des leeren Abgusses. 
Der Tod trat aber trotz der langsamen Injektion noch rascher 
ein (t 38 Min.) als bei der schnelleren (f 53 Min.) ein. Also 
auch hier eine Belastung der Versuchsanordnung 
durch die „Variierung“ zuungunsten unserer 
Fragestellung. 


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224 Friedberger u. Putter, „Anaphylatoxin und Berumflockung“. 


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Ebenso haltlos sind Dolds Einwfinde gegen die Gewichte 
unserer Tiere. Von 25 Tieren batten nur 6 ein Gewicht von 
mehr als 250 g, wovon noch 2 von 290 g nach der Injektion 
akut eingingen (X), sie waren also nicht zu schwer. In der 
anderen Versuchsreihe (VII) blieben alle 3 Tiere am 
Leben. Es ist also nur eine Versuchsreihe flbrig (VI), in der 
die leichteren Tiere (220—230 g) akut eingingen, wahrend das 
schwere Tier (280 g) entgegen unserer Voraussetzung am 
Leben blieb. Hier wSre es zweckmaBiger gewesen, das 50 g 
schwerere Tier (No. 13) als Kontrolle zu verwenden. 

Wenn nun Dold trotzdem sagt, dafi in unseren einzelnen 
Versuchsreihen „die Gewichte der Tiere oft betrachtlich vari- 
ieren“, so ist das falsch. Es trifft bestenfalls filr eine einzige 
der 10 Versuchsreihen, nSralich No. VI, zu. 

Weiter wird in Sperrdruck behauptet, das Gewicht der 
Kontrolle sei nicht angegeben. Auch das ist unrichtig. Bei 
einer etwas sorgfaitigeren Berflcksichtigung der gegnerischen 
Arbeit, wie man sie doch vor allera bei einer Erwiderung er- 
warten sollte, hatte Dold ohne weiteres sehen kOnnen, daC in 
der Tabelle samtliche Gewichte angegeben sind. 

Die herabsetzende Kritik Dolds an unseren Tierversuchen 
ist also irrefahrend und falsch. Sie wird von niemand als 
objektiv beurteilt werden kSnnen. Seine Behauptungen ent- 
behren jeder Grundlage. Wir weisen sie als vSllig ungerecht- 
fertigt und unhaltbar zQruck. 

Auf die weiteren Ausfahrungen von Dold gehen wir 
heute nicht ein. Sie stellen inhaltlich lediglich eine Wieder- 
holung dessen dar, was er schon in seiner ersten Arbeit Qber 
diesen Gegenstand geschrieben hat. Wir konnten daraufhin 
auch nur die gewichtigen Argumente wiederholen, durch die 
wir alle diese Punkte bereits in unserer fraheren Arbeit wider- 
legt haben. 


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H. Bold, BemerkuDgen zu voretehender Entgegnung ubw. 225 


BoDierkiingen zu Torstehender Entgegnung 
Ton E. Friedberger und E. Putter. 

Von H. Bold. 

Zu vorstehonder Entgegnung erlaube ich mir folgendes 
zu bemerken: 

1) Meine BehaUptung, dafi die Friedberger-Putter- 
schen Versuche auf einer falschen Fragestellung aufgebaut 
Bind, finde ich in der vorstehenden Entgegnung zwar zuriick- 
gewiesen, aber nicht widerlegt. 

2) Die Tatsache bleibt bestehen, daB allgemein in den 
fruheren (vor 1917) Arbeiten fiber das Anaphylatoxin, auch 
in denen von Friedberger und seinen Mitarbeitern, regel- 
maBige nnd genaue Angaben fiber Art und Dauer des Zentri- 
fugierens in den Protokollen fehlen, 

3) Auch die Tatsache bleibt bestehen, daB in der frag- 
lichen Arbeit (diese Zeitschr., Bd. 30, p. 321) die Angaben 
der Autoren fiber die Gewichte der bei ihren Versuchen 
verwendeten Tiere einerseits im Text (p, 328, 230—250 g) 
und andererseits in den Protokollen bzw. in derUeber- 
sichtstabelle (p. 340 —343, 200 —300 g) sich wider- 
sprechen. 

4) Ebenso bleibt die Tatsache bestehen, daB in den 
Versuchsprotokollen ini Text bei den Versuchen 13—15 
und 16—18 (p, 334/35) zwar die Gewichte der Versuchstiere, 
aber nicht die Gewichte der Kontrolltiere angegeben sind. 
Ich gebe zu, daB in der Uebersichtstabelle samtliche 

ZeiUfhr. f. ImmunitliUforBchQng. Orlg. Bd. 32. 15 


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226 Do Id, Bemerkungen zu vorstehender Entgegimng usw. 


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Tiergewichte angegeben sind, aber die urspriingliche 
Tabelle, die ftir mich allein inaBgebend sein konnte, war 
nicht so libersichtlich und enthielt nicht die Bezeichnung 
„Kontrollen‘‘, wie die jetzt von den Autoren in neuer Form 
wiedergegebene Tabelle. 

5) Meine sonstigen EinwSnde gegen die Friedberger- 
Putterschen Tierversuche scheinen rair durch die „Ent- 
gegnung“ nicht entkraftet worden zu sein. 

Im ubrigen habe ich den Eindruck, daB noch allerhand 
MiBverstandnisse vorliegen. Trotzdem glaube ich auf eine 
nochmalige, eingehende Erdrterung verzichten zu konnen, da 
es dem aufmerksanien und kritischen Leser der in Betracht 
koinmenden Arbeiten nicht schwer fallen wird, fiber die hier 
erorterten Differenzen sich selbst ein Urteil zu bilden. 


Sachliche Berichtigung hierzu. 

Von E. Friedberger und E. Putter. 

Zu 1: Ein Eingehen auf diesen Punkt liegt auBerhalb 
des Rahmens einer sachlichen Berichtigung und erscheint uns 
auBerdem zwecklos. Wir verweisen auf unsere Arbeit und 
die vorstehende Entgegnung und fiberlassen im fibrigen das 
Urteil dem Leser. 

Zu 2: Dold hat es offenbar trotz unseres genauen 
Literaturhinweises in unserer vorstehenden Entgegnung unter- 
lassen, die betreffende Stelle im Original noch einmal nach- 
zulesen, sonst ware seine Behauptung unverstandlich. Sie ist 
falsch. Es heiBt dort wortlich (Centralbl. f. Bakt., Abt. I, Ref., 
Bd. 50, 1911, p. 71, Beiheft); 



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E. Fried berger and E. Putter, Sachliche Berichtigiing hierzii. 227 


„\Veiin man namlich nach Kontakt des Serums mit dem Kaolin 
eine Viertelstunde lang bei 4000 Umdrehungen zentrifugiert, so erscheint 
das Serum vollig klar. Wenn man aber den klaren AbguS wiederum 
zentrifugiert, so erhiilt man wiederum einen nicht unbetrachtlichen Boden- 
satz aus dem scheinbai- vollig klaren Serum: Auch nach einem weiteren 
viertelstiindigen Zentrifugieren bei 4000 Umdrehungen ist das Kaolin noch 
nicht vollig entfernt, erst nach einer Stunde hatten wir keine sichtbaren 
Bodensiitze mehr.“ 

Hier hat also bereits vor 10 Jahren der eine von uns 
die Forderung der restlosen Entfernung der Suspensions- 
partikel aus dem Serum aufgestellt. 

Zu 3/4: Fur eine Kritik unserer Versuche konnten ledig- 
lich die Tiergewichte in den Protokollen und in der Tabelle 
maUgebend sein. Wenn im Text einleitend von Gewichten 
von 230— 250 g die Rede ist, statt 200—300 g, so kann es 
sich nur urn einen Druckfehler handeln. Das muBte Dold 
aus der protokollarischen Tabelle ersehen, wo bei alien 
Tieren die Gewichte angegeben sind, die zwischen 200 und 
300 g schwanken. Sachlicit ist die Differenz bei 
0 Tieren von 10 — 30g nach unteu, bei GTierenvon 
30 — 50 g nach oben iu verschiedenen Versuchs- 
reihen gleichgiiltig, wie auch Dold wissen rauB. 
Das Wesentliche sind die Gewichte innerhalb 
derselben Reihe. 

Unsere urspriingliche Tabelle war durchaus ubersichtlich 
nach sachlichen Gesichtspunkten geordnet. Wenn dabei die 
Tiergewichte nicht so deutlich hervortraten wie jetzt, so ware 
es eben Pflicht von Dold gewesen, auch nach dieser Richtung 
hin die Tabelle vor seiner Kritik sorgfaltiger zu studieren. 
Er hatte dann selbst eiu Bild bezuglich der Gewichte er- 
halten miissen, wie es unsere Erwiderung ihm jetzt bietet. 
Dann hatte er seine diesbeziiglichen Ausfiihrungen wohl ver- 
mieden. 

p. 332, 334, 335 unserer Arbeit sind die K o n t r o 11 - 
versuche im Text ausdriicklich als sole he an¬ 
gegeben. In der Uebersichtstabelle p. 340 ff. sind die 
Kontrollversuche jedermann kenntlich durch Vakatzeichen in 
den betreffenden Sthben der Tabelle, DaB auch Dold die 

lo* 


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228 E. Friedberger und E. Putter, Sachliche Berichtigung hierzu. 

Kontrollversuche tatsachlich als solche aufgefaBt hat, ergibt 
sich aus seiner ersten Entgegnung, wo er p. 213 irrttimlich 
schreibt: „Das Gewicht der Kontrolle ist gar nicht angegeben.“ 
Es ist uns also ganzlich unverstandlich, was Bold mit diesen 
Ausfiihrungen eigentlich will. Mit unseren Versiichsergebnissen 
haben sie doch absolut nichts zu tun. 


KuchdruoJicrd (Utncknn Pohlc) in Jena. — 41*17 



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Zeitsclirifl; [ ImmonitUrsctiimg. Originale. fii 32. No. 3|4. 


Naehdruck verbolen. 

[Aus der Bakteriologischen Abteilung dee Beiofasgesundheitsamts.] 

Ueber das Friedmaiinschc Tubcrknlose-Schutz- und -Heil- 

mittel. 

L Mitteilung 1). 

Literarisch'kritische und experimentelle Untersuchungen Uber den 
Friedmannschen Heil- und SchutzimpfstofT gegen die Tuberkulose. 

Von Prof. Dr. Ludwig Lange. 

(Eingt^angen bei der Redaktion am 31. Januar 1921.) 

Inhaltsverzeichnis: Einleitung S. 230. — I. Literarisch- 
kritischer Teil S. 232. 1. Die Btellung der Schildkrotenbazillen zu 
den echten Tuberkelbazillen und ihre „Gefiihrlichkeit“ fur den Menschen 
S. 232. a) Der I. Stamm Friedmanns S. 235. b) Kiinstliche Umwandlunga- 
versuche echter Tuberkelbazillen in „Kaltbluter-TuberkelbaziUen“ S. 2m 
c) Der II. Stamm Friedmanns S. 244. d) Der III. Stamm Friedmanns 
S. 244. e) Die Viruleiiz des III. Stammes iiir Schildkroten S. 245. f) Die 
Viriilenz des „Mittels“ fiir Schildkroten S. 246. 2. Die biologischen Ver- 
wandtschaftsbeziehungen der ,,Saurefe8ten“ und der sogeuaniiten Ealt- 
bliitertuberkelbazillcn zu den echten Tuberkelb.'izilleii S. 248. 3. Das \’cr- 
halten der Friedmannbazilleii im Meerschweinchen S. 252. a) Der 1. Stamm 
S. 252. b) Der II. Stamm S. 261. c) Der III. Stamm S. 261. d) Die 
„Kultur“ S. 262. e) Daa „Mittel“ S. 266. f) Aus Impfabszessen bei 
Menschen heraiisgeziichtete Stiimme S. 209. g) Allgemeine llemerkungen 
zu den Meerschweinchenversuchen S. 272. h) Zusammenfassung S. 274 . 

4 . Das Verhalten der Friedmaiinbazillen in andereii Laboratoriumstieren 

5. 275. 5. Das kulturelle Verhalten dcr Friedmannbazillen S. 277. 6. Das 
mikroskopische Verhalten der Friedmannbazillen S. 279. — II. Eigene 
Untersuchungen S. 281. 1. Einleitung S. 281. 2. Das Wachstum der 
Friedmannbazillen in den Kulturen S. 281. 3. Das mikroskopische Ver¬ 
halten des Mittels und der Ileinkiiltiiren S. 289. 4. Tierversuche mit dem 
Originalmittel an Meerschweinchen und Kaninchen S. 290. 5. Tierversuche 
mit aus dem Mittel herausgezuchteten Keinkultiiren S. 293. A. Meer¬ 
schweinchen S. 293. B. Kaninchen S. 303. C. VVeide Miiiise S. 304. 
D. Ratten S. 307. E. Hiihner S. 309. F. Frosche S. 310. 6. Versuche 
mit einem aus Friedmannbazillen hergestellten Tuberkulin S. 313. — 
Ill. Zusammenfassung der Ergebnisse S. 316. A. Literarischer 
Teil S. 316. B. Eigene Untersuchungen S. 319. — IV. Benutzte 
Literatur S. 321. 


1) Eine II. Mitteilung jjmmunisierungsversuche mit dem 
Friedmannschen Tuberkulose-Sch utz - und -Heilmittel“ 
von P. Uhlenhuth, L. Lange und H. E. Kersten wird nachfolgen. 

ZeHschr. (, ImmuoititUforKchunfr. Ortir. Bd. 32. 15 


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230 


Ludwig Lange, 


Einleitung. 

In den nachstehenden AusfUhrungen soil eingehend fiber 
den ersten Tell der umfangreichen Untersuchungen berichtet 
werden, welche fiber das Friedmannsche Tuberkulose- 
Schutz- und -Heilraittel in der Bakteriologischen Abteilung 
des Reichsgesundheitsamts von mir ausgeffihrt worden sind. 

Das Gesundheitsamt hatte schon in den Jahren 1904 bis 
1906 Veranlassung genommen, sich mit den sogenannten 
Friedmannschen Kaltblfltertuberkelbazillen zu beschaftigen. 

Schon bei den Untersuchungen von Weber und Titze 
(123) fiber die Immunisierung der Kinder gegen Tuberkulose 
wurden auch Kaltblfitertuberkelbazillen und andere 
saurefeste Stabchen herangezogen. Die Friedmannsche 
Kultur war damals dem Amte allerdings nicht zuganglich, 
dagegen hatte Taute (122) aus dem gleichen Bassin, in dem 
sich die Fried mannschen Schildkroten befanden, und ebenso 
aus dem Kbrper eines einer anderen Krankheit erlegenen 
Seeaales (Conger vulgaris), der mit der Schildkrote das Bassin 
geteilt hatte, Kulturen herausgezfichtet, von denen Weber 
und Taute annahmen, sie seien als identisch mit der Fried- 
mannschen Kultur anzusehen ^). 

Die Bpeziell mit diesen Kulturen an 3 Rindern ausgefuhrten Ver- 
Buche batten das Ergebnie, dafi eines der vorbebandelten Tiere zur gleicben 
Zeit mit der Kontrolle einging, das zweite 17 Tage Bpater als das Kontroll- 
tier und das dritte allerdings am Leben blieb, aber scbwer erkrankte und 
bei der 7 Monate nacb der Nacbimpfung vorgenonimenen Scblacbtung 
Bcbwere SeroBatuberkulose in Brust- und Baucbboble, scbwere Driisen- 
tuberkulose, geringgradige der Lungen, Milz und Nieren und auBerdem 
einen Konglomerattuberkel im Gebim mit Tuberkulose der Hirnbaute 
aufwies. 

Mebr als eine nur miifiige Resistenzerbobung wurde also nicbt fest- 
gestellt; auBerdem ist nacb unserer beutigen Elrkenntnis das Verbalten 
eines einzigen Kontrolltieres nicbt geniigend beweiskraftig. 


1) Nacb unserer beutigen Kenntnis der Sachlage ist diese damals 
durcbaus berecbtigte Annabme allerdings nicbt ziitreffend, scbon aus dem 
Grunde, weil ein Hauptmerkmal der Friedmann-Bazillen, namUcb das 
Wacbstum bei 37°, bei diesen Kulturen feblte. (Der einzige von den 
36 Stammen der Autoren, der bei 37“ wucbs, war aus einer Froecbleber 
gewonnen worden.) 


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Ueber das Friedmannsche Tuberkulose-Schutz- und -Heilmittel. 231 

Der Friedmannsche Stamm, Oder wie man heute 
richtiger sagen muC, die Friedmannschen Stamme, standen 
dem Amte auch fiir die Folgezeit zun^chst nicht zur Ver- 
fugung. Erst nach der Freigabe des Mittels durch Fried¬ 
mann am 25. Okt. 1913 war die Moglichkeit gegeben, die 
Bazillen aus den das Mittel darstellenden Aufschwemmungen 
herauszuzuchten. Am 14, Jan. 1914 wurde mit der bakterio- 
logischen Untersuchung und Verimpfung von 2 an diesem 
Tage bezogenen Ampullen No. 2 und 4 begonnen, 

Es eei gleich hier vorausgeschickt, da6 die damaligen Versuche durch 
den Krieg eine jahe Unterbrechung erlitten. Bei Kriegsausbruch wurde der 
seit Mitte Juli im Urlaub befindliche Verfasser sofort zum Heeresdienst 
eingezogen; kurz danach, Anfang August, mufiten samtliche im Versuch 
befindlichen Tiere getbtet werden. Die wahrend meines Urlaubs gestorbenen 
Tiere wurden durch den damaligen wissenschaftlichen Hilfsarbeiter Dr. 
Roos, samtliche nach Kriegsausbruch getdteten Tiere durch den seit vielen 
Jahren im Tuberkulose-Laboratorium des Reichsgesundheitsamts tatigen 
Praparator Schwerdtner genau obduziert. — Die Obduktionsbefunde 
wurden schriftlich niedergelegt, so dafi sie nach meiner Riickkehr von mir 
doch verwendet werden konnten, da gliicklicherweise der zwischen Impfung 
und Totung der Tiere verflossene Zeitraum ein ausreichend langer war, 
um eine abschlieSende Beurteilung der Versuche zu ermoglichen. 

Unsere Versuche hatten in erster Linie den Zweck, 
dasVerhalten der Friedmannbazillen im Korper 
der gebrSuchlichen Laboratoriumsversuchstiere 
festzustellen und so Anhaltspunkte iiber den Grad derVer- 
wandtschaft zu echten Tuberkelbazillen zu gewinnen. Die 
Beziehungen zu diesen waren es ja gerade, die 
nicht nur fur dieFrage der Schadlichkeit fiir den 
Menschen, sondern ebenso fiir den Wert als 
Immunisierungs- und Heilmittel von ausschlag- 
gebender Bedeutung sind. 

Infolge der groBen Zuriickhaltuug Friedmanns hinsicht- 
lich bestimmter und scharfer Angaben iiber sein Mittel war 
es bis zu der am 27. Juli 1914 — also erst nachdem unsere 
eigenen in dieser Hinsicht durchgefiihrten Versuche des 
Jahres 1914 zu einem gewissen AbschluB gekommen waren 
— erfolgten Verbffentlichung Friedmanns (43) auBerst 
schwer, ja man darf wohl sagen unmoglich, sich ein klares 
Bild dariiber zu machen, woraus der als Mittel benutzte Stamm 

16 * 


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232 Ludwig Lange, 

herrflhrte und was mit ihm seit seiner Auffindung vorge- 
nommen wurde, 

Durch diese Unklarheit war und ist es bedingt, daB sich 
in der Literatur und in privaten AeuBerungen neben geradezu 
grotesk-phantastischen Vermutungen, wie z. B. daB Fried¬ 
mann seinem Mittel oder den verwendeten Kulturen absicht- 
lich echte Menschentuberkelbazillen in geringer Menge beifiige 
Oder daB auch die als Verunreinigungen bekannten verschiede- 
nen Bakterien eine absichtliche Beimengung darstellten — 
eine so groBe Zahl von einander widersprechenden Beob- 
achtungen vorfinden. 

Bevor daher an die Mitteilung unserer eigenen Befunde 
gegangen wird, durfte es sich lohnen, eine objektive un- 
parteiische, wenn auch kritische Zusammenstellung 
der Literaturangaben zu versuchen. Dabei soil von 
allem abgesehen werden, was sich auf die Frage der Schutz- 
oder Heilkraft der Friedmannbazillen bezieht. Nur die 
Frage der Kulturen und Stamme, ihres Verb aliens 
im Tierkbrper, sowie ihre Beziehungen zu echten 
Tuberkelbazillen sollen in den Kreis der Betrachtung 
gezogen werden. 


I. Literarisch-kritischer Teil. 

1. Die Stellung der Sohildkrotentuberkelbazillen zu den echten 

Tuberkelbazillen. 

Die verwandtschaftlichen Beziehungen der Schildkrdten- 
tuberkelbazillen zu den echten Tuberkelbazillen sind, wie er- 
wahnt, von grundlegender Bedeutung sowohl fflr die Frage 
der Schadlichkeit oder GefShrlichkeit der Bazillen an sich, als 
fur ihren schfltzenden und heilenden Wert. 

Fiir seinen ersten Stamm nahm Friedmann derartige, 
und zwar ziemlich enge Beziehungen an. Er und seine An- 
hanger betonen immer wieder die Aehnlichkeit seiner Schutz- 
impfung mit deni Jennerschen Verfahren und stellen dem 
im Rinde abgeschwfichten Pockenvirus das in der Schildkrote 
abgeschwachte ursprtinglich menschliche Tuberkulosevirus an 
die Seite. 


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Ueber das Friedmannsche Tuberkulose-Schutz- und -Heilmittel. 233 

Die Annahrae der menschlichen Herkunft rauBte zur Be- 
fiirchtung fiihren, dafi bei der RQckimpfung die Friedraann- 
bazillen im menschlichen Korper entweder schon an sich eine 
abgeschwichte Tuberkulose erzeugen, oder durch irgendwelche 
Ursache ihre ursprilngliche Pathogenitat und Virulenz wieder- 
erlangen kdnnten. 

Bevor man durch die Friedm annsche VerSffentlichung 
vom Juli 1914 Genaueres iiber die Herkunft des zu seinem 
Mittel verwendeten Stammes wuBte, wurden denn auch in der 
Literatur eine Reihe von Stimmen laut, die die An wen dung 
des Mittels als gefahrlich bezeichneten und sogar ein 
Verbot befiirworteten. 

Orth (93), der mit L. Rabinowitsch zwar nicht die aus der 
Schildkrbte des Jahres 1902 herstaramenden Friedmannschen fSchild- 
kroteiituberkelbazillen in Hiinden hatte, wohl aber von Friedmann vor- 
behandelte (schutzgeimpfte) Meerschweinchen auf ihre Resistenz gegeniiber 
nacbfolgender Infektion mit menschlichen und RindertuberkelbazUlen 
priifte, kam auf Grund des Befundes an einem nicht nachinfizierten Tier 
(Meerschweinchen No. 7) zur Aufstellung folgender 3 Punkte; 

1) Der ychi Idkrotentuberkelbazillus kann im Meerschwein- 
chenkdrper iiber Jahr und Tag lebend bleiben; 2) er erzeugt nur gering- 
fiigige Veranderiingen bei diesen Tieren; 3) er erzeugt echte tuberkulose 
Veranderungen bei diesen Tieren, muB also der Gruppe der Tuber- 
kelbazillen zugerechnet werden (vom Verf. gesperrt). 

Auf die Orthscben Befunde wird an einer spateren Stelle (siehe 
p. 257) noch naher eingegangen werden. 

Bekannt ist die Stellungnahme Westenhofers (124), der Fried¬ 
mann gegeniiber an der Fiihigkeit der Friedmannschen Bchildkroten- 
tuberkelbazillen, im menschlichen Korper tuberkulose Veranderungen herbei- 
zufiihren, festhielt. 

Rabinow itsch (100) neigt auch dazu, die Friedmannbazillen fiir 
den echten Tuberkelbazillen nahe verwandt zu halten. Verdachtig in 
dieser HLnsicht erscheint ihr das Wachstum der BaziUen bei 37® und die 
Avirulenz fur Schildkroten. Auf beide Punkte wird noch zuriickzukommen 
sein. Auch sei in der Berliner Dermatologischen Klinik in der Wand eines 
Friedmannabszesses beim Menschen tuberkulosee Granulationsgewebe mit 
Riesenzellen festgestellt worden. Rabinowitsch sagt, die weitere 
Priifung wird lehren, ob die Friedmannsche Kultur „etwa als ein ab- 
gcscbwachter Saugetierbacillus mit besonderen kulturellen Eigenschaften zu 
bezeichnen sein wird“. 

Bie weist auf die Diskussionsbemerkungen von Citron (36a) hin, 
der die Gefahr des Wiedervirulentwerdens hervorgehoben hatte und stimmt 
ihm bei. „Gerade beziiglich des Tuberkelbazillus und seiner verwandten 
Arten haben wohl alle E.xperimentatoren die Erfahrung gemacht, daB wenig 


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Ludwig Lange, 


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virulente oder fast avirulente Stamme im Tierkorper aus bisher unbekannten 
Grunden eine erhohte Virulenz annehmen konnen". 

Brauer (13 u. 14) tritt den Befurchtungen von Westenhofer und 
Rabinowitsch bei: „Der in dem Friedmannschen Mittel enthaltene 
saurefeste Stamm ist nach diesen Untersuchungen imstande, bei warm- 
bliitigen Versuchstieren Tuberkuloee hervorzurufen und ist somit nicht 
unschadlich.“ 

Auch Meinicke (80), der von den Friedmannbazillen immer als 
von Tuberkelbazillen schlechthin spricht, bezeichnet das Mittel als „recht 
gefahrlich". 

Aronson (3) reiht die Friedmannbazillen in eine Gruppe eiu, 
die er unter der Bezeichnung „Tuberkelbazillen und nahestehende saure¬ 
feste Stabchen, die von Hause aus fiir den Menschen avirulent sind“, zu- 
sammenfaUt. 

Von denjenigen, die eine Pathogenitat der Fried¬ 
mannbazillen fur den Menschen abstreiten, seien 
bier nur Kraus (70) und Kruse (73) genannt. 

Bei ersteren findet sich der Satz: „Als Voraussetzung (fiir die An- 
wendung des Mittels) geniigte mir, dafl ich wuBte und weifi, daS es sich 
um eine aus einem tuberkulosen Tier geziichtete Kaltbliitertuberkelbazillen- 
kultur handelte, die — bei warrabliitigen Versuchstieren — nicht Tuber- 
kulose hervoruft, und ein Tuberkulin (natiirlich nicht etwa ein zugesetztes) 
enthalt.“ Kruse spricht von der vOlligen Unschadlichkeit des Stammes 
auch in hohen Dosen, bis zu 60 mg, fiir das Meerschweinchen. 

Friedmann hat sich die Widerstdnde und Einwurfe, die 
auf Grund der befurchteten nahen Verwandtschaft zu echten 
Tuberkelbazillen gegen sein Mittel erhoben wurden, selbst zu- 
zuschreiben. War er es doch selbst, der — fiir seinen ersten 
Stamm, und iiber seinen endgultigen Stamm hat er sich ja 
lange nicht klipp und klar ausgesprochen — an verschiedenen 
Stellen auf solche engen Beziehungen hinwies. Hier seien 
nur zwei Stellen wortlich wiedergegeben, 

Aus der Erwiderung an Moeller (31): „Alle 5 Saurefeste (von denen 
Moeller gesprochen) und der mit dem Moellerschen Blindschleichen- 
bazillus ideiitische Karpfenbazillus von Bataillon und Terre und der 
Froschbazillus sind Saprophyten. „Mit alien diesen hat der Schildkroten- 
tuberkelbazillus nichts gemein, denn er verweist sich nach Herkunft, 
Wirkungsweise und Aussehen der Kultur als ein echter, 
nur wundersam mitigierter Tuberkel bazillus"*)- 

Aus der Erwiderung (33) auf Libbertz und Ruppel (76) sei ent- 
nommen: „Au8 der Tatsache, daB mit irgendwelchen echten Tuberkulose- 

1) Voni Verf. gesperrt. 



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Ueber das Friedraannsche Tuberktdose-Schutz- und -Heilmittel. 235 

kulturen — und dieSchildkrdtentuberkelbazillenBindechte, urspriinglich 
vom Menschen stammende und nur in wundersamer Weise 
mitigierte Tu berkelbazilleu *), wie sich aus meinen samtlichen 
Arbeiten ergibt — vorbehandelte Tiere. . . 

Fiir seinen 3. Stamm, (lessen Aufschwemmungen eben 
das „Mittel“ darstellen, laBt Friedmann selbstverstandlich 
diese engen genetischen Beziehungen zu den menschlichen 
Tuberkelbazillen fallen. Er spricht von ihm als von einer 
„avirulenten, aber den Krankheitserregern doch nicht zu feme 
stehenden Zwischeustufe“. Ffir diese Zwischenstufe wird jedoch 
der Vergleich mit der Schutzpockenimpfung immer noch auf- 
rechterhalten, wenn auch mit etwas mehr Einschrankung: „Es 
sei darauf hingewiesen, daB bier (bei der Schutz- und Heil- 
impfung) vielleicht ein Shnlicher Vorgang sich abspielt, wie 
bei der Impfung durch die Schutzpocken, deren Wirkung sich 
ja auch auf Jahre und Jahrzehnte erstreckt.“ 

Gegenuber den Befflrchtungen, der Schildkrotentuber- 
kulosestamm kbnne im menschlichen Kbrper wieder virulent 
werden, wird von Friedmann mit allem Nachdruck betont, 
daB es sich urn einen Stamm handle, der nie Beziehungen 
zum menschlichen Organismus gehabt habe, also nie fiir ihn 
virulent gewesen sei und daher auch nicht virulent werden 
kSnne. 

Es ist natiirlich ohne weiteres zuzugeben, daB es heute, 
wo die Erfahrungen vieler Jahre und die Beobachtungen zahl- 
reicher Forscher vorliegen, und nachdem namentlich auch 
Friedmann selbst sich fiber die Art und Herkunft seines 
Mittels eingehender geSuBert hat, viel leichter ist, zu einem 
klaren Urteil fiber die Angelegenheit zu kommen, als bis zum 
Sommer 1914, und man wird Friedmann den Vergleich mit 
dem J en n er-Verfahren, auf den er in den Jahren 1903 und 
1904 so groBen Wert legte, keineswegs verfibeln konnen. 

a) Der I. Stamm Friedmanns. 

Wenn wir nun auch wissen, daB der heute benutzte Stamm 
von Schildkrotentuberkelbazillen mit dem im Winter 1902 ge- 
wonnenen nichts unmittelbar zu tun hat, so dfirfte es trotz- 
dem von Interesse sein, festzustellen, ob die da- 

1) Vom Verf. gesjierrt. 


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236 


Ludwig Lange, 


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raalige Annahme der raenschlichen Herkunft des 
ersten SchildkrStentuberkulosestanimes eiaer 
kritischen Nachpriifung standhait. 

Die ersten von Friedmann (25—28) entdeckten Falle 
von SchildkrStentuberkulose betrafen 2 Seeschild- 
krbten (Chelone corticata) aus dem Berliner Aquarium. 

Die erste Schildkrote, die am 6. XII. 1902 starb, war am 4. IX. 1902 
bei Grade gefangen worden, einige Tage in einem Becken der Station in 
Rovigno gewesen iind am 10. IX. 1902 nach Berlin geschickt worden, wo 
sie bis 6. XII. 1902 mit toten Plotzen gefiittert worden war; die z weite, am 
3. I. 1903 gestorbene Schildkrote war schon seit 2—3 Jahren im Berliner 
Aquarium in einem Becken isoliert gehalten worden und mit der ersten 
tuberkulbsen Schildkrote niemals in Beruhrunggekomnieu'). 

Die erste Schildkrote wies „Tuberkulose der ganzen rechten Lunge') 
mit grofier Kaverne“, die zweite „Tuberkulose beider Lungen mit zahllosen 
miliaren Herden und groBeren verkiisenden Herden" auf. Dieser vielleicht 
nicht ganz belanglose Unterschied im pathologisch-anatomischen Bild ge- 
winnt eine Bedeutung, wenn man die von Friedmann (26; p. 444) aus- 
gesprochene Vermutung iiber die Ansteckung der Tiere durch ihren nach- 
gewiesenermafien an offener Tuberkulose leidenden Wiirter daneben halt- 

Da (lie beiden Tiere nie miteinander in Beriihrung ge- 
kommen sind, miiBten sie wohl beide unabhangig voneinnnder 
durch den Wiirter infiziert worden sein. Wiihrend die zweite 
Schildkrote schon seit 2—3 Jahren im Berliner Aquarium 
gehalten worden war, befand sich die erste nur iiber den 
kurzen Zeitraum von nicht ganz 3 Monaten (84 Tagen) unter 
der vermuteten Ansteckungsgefahr. 

Nach den Erfahrungen beim Menschen und bei den 
V^ersuchstieren wird man aber den Befund einer groBan Ka- 
verne bei Schildkrote I gegeniiber dem bei der zweiten 
Schildkrote erhobenen als den alteren ansehen mussen, wie er 
auch der Ausdruck einer gewissen Virulenzabschwachung des 

1) Gleichzeitig mit der ersten Schildkrote wurde in Grado eine zweite 
(la) gefangen, die bis zum 10. IX. 1902 mit ihr zusammen in einem Becken 
gehalten worden war, dann 35 Tage lang allein in einem Becken safi und 
am 15. X. 1902 nach Berlin geschickt wurde, wo sie ab 17. X. 1902 mit 
der Schildkrote I das Becken teilte. Bei ihrer Sektion am 23. XIL 1902 
erwies sie sich makro- und mikroskopisch als ganz frei von Tuberkulose; 
ebenso verliefen alle Zuchtungsversuche vcillig negativ. 

2) Neben der groBen Kaverne fast die ganze rechte Lunge im Stadium 
der grauroten bzw. grauen Hepatisation. Die Alveolen ausgefiillt mit Un- 
massen von Bazillen. 



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Ueber das Friedmannsche Tuberkulose-Schutz- und -Heilmittel. 237 

Erregers oder einer erhohten Resistenz des Infektionstragers 
— wenigstens bei Meerschweinchen — ist (Siebert, 110; 
Orth, 91; Romer, 102a u. a., von Lowenstein bestritten). 
Jedenfalls ist man veranlaBt, aus dem Befunde einer Kaverne 
auf einen chronischen Verlauf zu schlieCen. Die Ansteckung 
der ersten Schildkrote durch den tuberkulosen Warter muB 
daher schon in Anbetracht der Kiirze der Expositionszeit als 
wenig wahrscheinlich bezeichnet werden. 

Audi die Ergebnisse der von Friedmann (27) aus- 
gefuhrten Schildkroteninfektionen unterstutzen den eben aus- 
gesprochenen Zweifel an der humanen Herkunft der Infektion. 

Friedmann hatte am 4. I. 1903 von 4 Sumpfschildkrdten (Emys 
europaea) 2 mit Aufschwemmungen von fein zerquetschten kasigen Knotchen 
aus der Lunge der am Tage vorher gestorbenen Ausgangsschildkrote II 
(— eigentlich ist diese als die erste zu bezeichnen, da ja aus der am 6. XII. 
1902 verendeten ersten Schildkrote keine Ziichtung vorgenommen worden 
war') —) in die Lunge und 2 mit zerkleinertem Lungenmaterial un- 
mittelbar subkutan in eine Hauttasche an der rechten Schulter geimpft. 

Von den beiden in die Lunge geimpften Tieren wies das eine, nach 
51 Tagen gestorbene, eine vollstandige Infiltration der Lunge mit zahllosen 
kiisigen Knotchen auf der Oberflache, das andere, nach 90 Tagen getotete, 
eine Durchsetzung der Lunge mit kasigen Knotchen auf. (Von den iibrigen 
Organbefunden sei hier abgesehen.) 

Von den subkutan geimpften Schildkroten war bei der ersten, nach 
60 Tagen moribund getoteten die linke Lunge frei, die rechte zeigte zahl- 
reiche Knotchen von fester Konsistenz, wahrend bei dem auderen, nach 
76 Tagen getoteten Tiere Angaben fiber den Lungenbefund fehlen, woraus 
wohl geschlossen werden darf, dafi sie frei von tuberkulosen Veriinde- 
rungen war. 

Da in den Lungenknotchen der Ausgangsschildkrote II 
die Tuberkelbazillen in groBen Massen vorhanden waren, war 
die Infektion bei den Versuchsschildkroten der Menge nach 
eine weit stfirkere, als man fur eine Spontaninfektion, zumal 
wenn sie vom Menschen ausgegangen sein sollte, annehmen 
diirfte. Dazu kommt, daB bei einer etwaigen Umwandlung 
der humanen Tuberkelbazillen und der Anpassung an den 
Kaltbluterorganismus die Bazillen in der Ausgangsschildkrote 

1) Piorkowski (36b, 37, 95) erhebt den Anspruch, die ersten Kul- 
turen des Schildkrotentuberkelbazillenstammes herausgezfichtet zu haben, 
was von Friedmann bestritten wird. Auch P. (95) spricht immer nur 
von einer (groSen) Schildkrote. 


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Ludwig Lange, 


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eine deutlich erhohte Virulenz fiir diese Tierart gewonnen 
haben muBten. Auch die gewaltsamere Art des Hinein- 
gelangens der Bazillen in die Lunge bei den Versuchstieren 
ist zu beriicksichtigen ^). 

Unter diesen Umstanden erscheint die Lebensdauer der 
beiden intrapulmonal infizierten Versuchsschildkroten von 51 
bzw. 90 Tagen (das 2 Tiere getbtet!), im V'ergleich init der 
Aufenthaltsdauer von 84 Tagen der SchildkrSte I in Berlin 
Oder dem Verlauf von im ganzen 90 Tagen seit ihrer Ge- 
fangennahine als auffallend lange. 

Bei den spater mit Reinkulturen infizierten Versuchs- 
schildkrbten zeigte sich allerdings ein sehr rascher Verlauf 
der Infektion. Am 19. I. 1903 wurden 3 groBe Landschild- 
kroten, Testudo graeca, mit je Vi? des Belages einer ilppig 
gewachsenen Reinkultur, also jedenfalls einer mehreren Oesen 
entsprechenden — den Gesamtbelag wird man auf 20 bis 
30 Oesen schiltzen konnen — Menge infiziert. Die 2 un- 
mittelbar in die Lunge geimpften Tiere starben beide nach 
29 Tagen und zeigten Starke Infiltration der Lunge mit stellen- 
weiser Verkasung; bei der dritten, intraperitoneal geimpften 
und nach 25 Tagen gestorbenen Schildkrote wies die Lunge 
keine nennenswerte Ver^nderung auf, doch fanden sich mikro- 
skopisch stellenweise dichte Bazillenhaufen. 

b) Kiinstliche Umwandlungsversuche echter 
Tuberkelbazillen in Kaltbliitertuberkelbazilleu. 

Die Frage nach der Moglichkeit einer Umwandlung der 
menschlichen Tuberkelbazillen in Kaltbliitertuberkelbazillen 
hat wegen ihrer Wichtigkeit in biologischer und systematischer 
Hinsicht eine groBe Zahl von Forschern beschaftigt. Be- 
ziiglich der Forschungsergebnisse bis 1905 sei auf die Zu- 
sammenstellung von Weber und Taute (120) verwiesen. 
Die aus der kritischen Betrachtung der bis damals vorliegenden 
Literaturangaben gezogenen Schliisse dieser Autoren, wo- 

1) Die grofiere Ausbreituug der Bazillen und der krankhaften Ver- 
anderungen im Korper der VerBuchsschildkroten, wahrend bei Schildkrote 1 
die Erkrankung auf die eine Lunge beschriinkt war, ist durch die bei der 
Injektion gesetzten Gefiifiverletzungen erklarlich und vielleicht auch auf 
eine gewisse Steigerung der Virulenz zuruckzufiihren. 


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Ueber das Friedmannsche Tuberkulose-Schutz- und -Heilmittel. 239 

nach eine Umwandlung noch in keinem Fall ein- 
wandfrei festgestellt ist, werden durch ihre eigenen 
Versuche bestatigt. Auf Frosche verimpfte echte Tuberkel- 
bazillen haben sich bis zu QVi Monaten im Froschkbrper un- 
verandert gehalten, 

Man hat zu solchen ktinstlichen Umwandlungsversuchen 
die verschiedensten Arten von Kaltbliitern herangezogen. 

Fiir die uns beschSftigende Frage sind vor allem die an 
Schildkrbten vorgenommenen Versuche von Interesse. 

Sion (111) (bei Weber und Taute angefiilirt) hatte einer Schild- 
krote groSe Mengen einer wahrscheinlich humanen Tuberkulosekultur in 
einen Beinmuskel verirapft: Er fand die Bazillen nach Q'/j Monaten noch 
unverandert vor. Ein mit der wiederentnommenen Kultur geimpftes Meer- 
Bchweinchen erlag nach 65 Tagen einer generalisierten Tuberkulose. 

E. Gottstein (50) impfte, veranlafit durch die Friedmannschen 
Angaben, Schildkroten mit Aufschwemmungen von menschlichen, Rinder- 
und Blindschleichen-Tuberkelbazillen. Bei den mit den humanen und bo- 
vinen Bazillen infiziertcn Tieren sah er weder irgendwelche Organveriinde- 
rungen noch eine Vermehrung der Keime, wogegen die Blindschleichen- 
bazillen starke Vermehrung, besonders in der Leber zeigten, in der sich 
auch Zellnekrosen, Hamorrhagien und fibrose Schwarten fanden. (Auch 
bei Froscheu kam Gottstein zu negativen Ergebnissen hinsichtlich einer 
Umwandlung.) 

Moriya (87) konnte an 14 Reinkulturen, die er aus seinen intra- 
peritoneal geimpften Kaltbliitern (Schildkroten und Bufo vulgaris) heraus- 
geziichtet hatte und worunter sich Stamme befanden, die 4 Schildkroten- 
passagen durchgemacht hatten, keine Umwandlung feststellen. Er fand 
bei den Tieren wohl Knotchen, und zwar hauptsachlich auf dem Peritoneal- 
iiberzug und in der Leber; aber ebensolche Knotchen treten auf, wenn zur 
Impfung abgetotete Tuberkelbazillen (4 Stunden auf 80® erhitzt) ge- 
nommen worden waren. 

Ueber angeblich gelungene Umwandlungsversuche’)» 
allerdings nicht an Schildkroten, sondern an Schlangen und 
Blindschleichen, berichten Sorgo und Suess (114). Sie nahraen 
absichtlich ganz alte, monatelang bei Zimmertemperatur gestandene Rein¬ 
kulturen humaner Herkunft, die bei kunstlicher Ziichtung nicht mehr 
vermehrungsfiihig waren. In 3 Fallen fanden sie t'miinderungen einzelner 
Eigenschaften. Die Verfasser sagen, dafi eine Umwandlung sehr selten 
eintrete, und sie glauben nicht, dafi es sich dabei um eine allmahliche An- 
passung an den neuen Wert handle. Denn hiergegen sprachen folgende 
Griinde; 1) Die grofie Seltenheit der Umwandlung. 2) Bei Anpassung 
miifite allmahlich wieder ein Verlust der „angepafiten“ Eigenschaften ein- 


1) Ueber „kulturelle“ Umwandlung siehe p. 278. 


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treten. 3) Bei Anpassung muSten bei der gleichen Tierart alle angepaiJten 
Stiimme in der gleichen Weise verandert eein. 

Die Punkte 2) und 3) trafen aber fiir ihre 3 umgewandelten Falle 
nicht zu. 

Man kann gegenflber den Mitteilungen von Sorgo und 
Suess den Verdacht nur schwer unterdriicken, daB es sich 
wenigstens bei dem einen Fall (No. Ill), in welchetn ^typische^ 
Kaltblfltertuberkelbazillen erhalten warden, um schon spontan 
in dem betreffenden Tier enthaltene sSurefeste Bazillen im 
Sinne Webers und Tautes gebandelt babe, zumal — worauf 
schon Tsukiyama (116) hingewiesen hat — eine der 
Schlangen noch, bevor sie geiinpft war, an spontaner Kalt- 
blQtertuberkulose eingegangen ist. 

Die verwendete 9 Monate alte Kultur stammte urspriinglich aus 
Sputum, hatte eine Meerschweinchenpassage durchgemaeht, war 7‘|, Monate 
bei Zimmertcmperatur aufbewahrt worden und zeigte eine gelbe Fiirbung. 
Die damit geimpfte Aeskulapschlange ging schon 57 Tage nach der 
linpfung ein. Bei VVeiterverimpfung eiiier 4 Wochen alien Kultur aus 
Eiernahrboden aus dcr Impfstclle auf eine Kingeltiatter fand sich dann 
das typische Bild der Kaltbliitertuberkulose mit dem intraazinosen, von 
dichten Haufen saiirefester Bazillen erfiillten nekrotischen Herden in der 
I^ebcr. 

Wenn man die Erfahrungen heranzieht, die man bei der 
Meerschweinchenverimpfung von alten Tuberkelkulturen, die 
sich in der Kultur nicht mehr weiterbringen lassen, macht, 
so erscheint die oben erwahnte Lebensdauer der Schlange von 
nur 57 Tagen als derart kurz, daB man sagen rauBte, die 
Schlangen sind fiir alte Tuberkelbazillenkulturen weit empfSng- 
licher, als selbst Meerschweinchen. Ehe nicht durch mehr- 
fache positive V^ersuche die Berechtigung dieser Annahme 
nachgewiesen ist, dflrfte sich eine viel einfachere Erklarung 
tilr den flberraschenden Ausfall des Sorgo-Suessschen Ex- 
perimentes in folgender Weise geben lassen: Die in die 
Schlange eingebrachten Tuberkelbazillenmassen haben als 
Fremdkorper toxisch gewirkt und dabei die normalerweise 
schon vorhandenen Kaltbliiterbazillen fiir das Tier virulent 
gemacht (aktiviert). 

Weber und Taute (122) haben als erste darauf hin¬ 
gewiesen, daB die Kaltbliltertuberkelbazillen zu Uppigem Wachs- 
tum im KaltblUterorganismus gelangen, wenn durch irgendeine 
SchSdigung die Widerstandskraft des Organismus herabgesetzt 


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Ueber das Friedmannsche Tuberkulose-Bchutz- und -Heilmittel. 241 

ist. Es wire das ein Vorgang, der z. B. dem Auftreten von 
Paratyphusinfektionen bei mit Trypanosomen geimpften Mausen 
Oder Meerschweinchen, oder den von Uhlenhuth und 
Haendel bei ihren Tumorverimpfungen auf Ratten beob- 
achteten Gkrtnerinfektionen an die Seite zu stellen ware^). 

Sorgo (113) selbst fiihrt dagegen die Entstehung der neuen Tuberkel- 
bazillennester auf eine Mutation im Sinne von de Vries zuruck. 

Tsukiyama (116) konnte die Befunde von Sorgo und Suess 
(114) bei gleicher Versuchstechnik in keinem Falle bestiitigen. 

Ohne jede Schwierigkeit miiBte die Urawandlung mensch- 
licher Tuberkelbazillen in solche vom Kaltblutertypus vor sich 
gehen, wenn man die AeuBerungen Piorkowskis in der 
Diskussion zum F r i e d m a n n schen Vortrag am 13. XL 
1913 (36 b) liest. 

Piorkowski gab an, dafi er nach Vcrfutterung von tuberkulosem 
Auswurf bei 2 Froschen und einer „kleinen“ (wohl Sumpf-) Schildkrote 
Tuberkulose erzeugt babe. Die daraus gewonuenen Kulturen hiitten das 
gleiche rahmige VVachstum wie die Friedmannschen Kulturen gezeigt. 
Piorkowski glaubt deshalb „berechtigt zu sein, zu sagen, daS die von 
der grofien Schildkrote aus dem Berliner Aquarium reingeziichteten 
Tuberkelbazillen vom Menschen stammen, also dem Typus humauus 
zuzurechnen sind“ (p. 2330). 

An einer spiiteren Stelle (95) teilt Piorkowski mit, dad bei Ver- 
impfung von menschlichem, tuberkelbazillenhaltigem Auswurf auf Teich- 
und kleine Sumpfschildkroten die „Passagen ergebnislos blieben“. Bei 
grSfieren Tieren, den griechischen Landschildkroten und den Cheloniden 
der heiUen und gemiifligten Zone, trete dagegen regclmaBig eine Infektion 
mit letalem Ausgang nach 4 — 6 Mon aten (man vergleiche hiermit die 
84 Tage der Friedmannschen Schildkrote 1 und die 57 Tage der 
Sorgo-Suessschen Aeskulapschlange!) ein. Aus den Lungen geliingen 
iramer wieder Passagezuchtungen. Die t-ebertragung auf Meerschweinchen 
hatte ijdenselben ncgativen Erfolg betrefl's der Organ veriinderungeu". 

Nicht an Schildkroten, sondern an Eidechsen, Froschen, Ringelnattern 
und Kreuzottern haben Jansco und Elfer (55) mit 7 humanen Stammen 
zahlreiche Infektionsversuche, die bis zu 5 Passagen fortgesetzt wurden, 
gemacht; in keinem einzigen Falle gelang ihnen eine An- 
naherung an den Kaltblutertypus. 

Es erhebt sich nun allerdings die Frage, ob nicht mbglicher- 
weise die Schildkroten (Chelonier) unter den Kaltbliitern, rich- 
tiger gesagt wechselwarmen Tieren, insofern eine Ausnahme- 

1) Wir werden auf ahnliche Beobachtungen bei der Wiedergabe unserer 
eigenen Versuche noch zu sprechen kommen. (Beziehungen von Friedmann- 
impfungen zur Meerschwelnchenseuche.) 


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stellung einnehmen, als eben gerade bei ihnen und bei ihnen 
allein, eine solche Umwandlung, und zwar in verhSltnismaBig 
rascher Zeit, erfolgt. Gegen eine solche Ausnahmestellung 
spricht aber die von Friedmann (27) selbst festgestollte 
Tatsache der Pathogenitat seiner Bazillen fiir die untersuchten 
iibrigen Kaltbltiter (Ringelnattern, Blindschleichen, Eidechsen 
und Frosche). Zwischen den einzelnen Spezies scheinen aller- 
dings gewisse fast typische Unterschiede zu bestehen hin- 
sichtlich des Hauptortes der Niederlassung und der Ver- 
mehrung der Bazillen. 

Bo etellte bei den beiden Ringelnattern die Leber einen Pra- 
dilektionsort vor, wahrend die Lunge nur bei dem einen Tier grofienteils 
mit zahlreichen Knbtchen infiltriert war und sich raikroskopisch eine 
hochgradigste Vermehrung der Tuberkelbazillen zeigte: „Alveolen groSen- 
teiU von dichten Bazillenschwarmen erfiillt, diffuses tuberkuloses Granu- 
lationsgewebe mit Bazillenmassen, die nur das glatte Muskelgcwebc ver- 
schonen.'* Bei den 6 ebenso wie die Ringelnattern intraperitoneal infi- 
zierten Blindschleichen land sich, daS nur bei einer die Lungen in¬ 
filtriert und mit kasigen, kemarraen, bazillenhaltigen Knotehen durchsetzt 
waren. Bei den 2Eidech8en war in ausgesprochenstcm Mafie die Leber 
der Sitz enormer Bazillenmassen, wahrend die Lungen frei waren. Uebrigens 
war auch bei den Versuchsschildkroten (s. o.) neben der Lunge die Leber 
mit enorinen Bazillenmassen erfiillt. Von den 9 Froschen war bei zweien 
hauplsiichlich die I>eber, daneben die Lunge, bei einem Leber, Milz und 
Lunge in ziemlich gleichem Grade der Sitz der Bakterien, wahrend bei 
den ubrigen Tieren die inneren Organe mehr oder weniger frei oder nur 
wenig bazillenhaltig waren. 

Wir mbchten angesichts dieser Unterschiede darauf hin- 
weisen, daC es sich eben um zunSchst an die Schildkrote 
angepaBte Bazillen handelte, und daB schon Weber und 
Xante (122) durch V’^erimpfung Hirer Kaltbliitertuberkelbazillen 
auf Schildkroten feststellten, daB bei diesen Tieren die Lungen 
im Gegensatze zu dem Verhalten der Frosche eine Prk- 
dilektionsstelle fUr die Ansiedelung sSurefester Stabchen zu 
sein scheinen. Das liege aber an der Tierspezies, und nicht 
am Krankheitserreger ^). 

Ueber die Grilnde fur dieses eigentiimliche Ver¬ 
halten der Schildkrotenlunge lasseu sich nur Ver- 
mutungen aufstellen. 

1) V. Betegh (9) fafit die Kaltbliitertuberkelbazillen nur als an ver- 
Bchiedene Tierspezies angepaBte Varietiiten einer selbstiindigen Art auf. 


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Ueber das Friedraannsche Tuberkulose-Schutz- iind -Heilmittel. 243 

Bei den Friedmannschen Ausgangs- wie bei den Versuchsschild- 
kroten waren in den erkrankten Lungenpartien alle Alveolen niit Bazillen- 
schwarmen ausgegossen. (Den Behind an den Lungen als Miliartuber- 
kulose zu bezeichnen, diirfte nicht ganz sachgemafi sein; es handelt sich 
mehr um tuberkulose Pneumonie.) Man konnte nun daran denken, daS 
die geringe Beweglichkeit oder Exkursionsfahigkeit der zwischen den festen 
Riicken- und Bauchscbilden eingespannten SchildkrOtenlunge den Bazillen 
besonders zusagende Bedingungen schadt und als Analogie die Gefahrdung 
der wenig beweglichen Lungenspitzen beim Menschen (Bacmeister, 5), 
vielleicht auch den Rippendruck nach Hart heranziehen. Die Schild- 
kroten, die die Luft verschlucken miissen, konnen sehr lange ohne neue 
Luftaufnahme bleiben, und es wiire moglich, dafi sich hierdurch eine be¬ 
sonders geeignete Sauerstoffspannung ergibt. [Reichlicher Sauerstoff, kriif- 
tige Durchliiftung ist den Tuberkelbazillen ebensowenig zusagend, wie giinz- 
licher Mangel, z. B. bei Pneumothorax’)]. Es ware auch moglich, da6 die 
eigenartige Mischung von venosem mit arteriellem Blut, wie sie bei den 
Cheloniern statthat, eine Rolle spielt. 

Als Beitrag zur Frage des Verhaltens von SchildkrSten 
gegenfiber der Infektion mit echten Tuberkelbazillen 
kann auch eine gelegentliche Mitteilung Friedmanns (29) 
selbst herangezogen werden. 

Friedmann hat im Jahre 1903, aber von einer anderen Fragestellung 
ausgehend, Schildkroten mit cchten Tuberkelbazillen infiziert. 
Er gibt an, da6 geeignete Vorbehandlung von Schildkroten mit lebenden 
Saugetiertuberkelbazillen — „es wurde bereits eine grofiere Zahl von 
menschlichen und Rindertuberkelstiimmen gepriift" — gegen eine Dosis 
Schildkrotentuberkelbazillen, der die Kontrolltiere in 1—2 Wochen erlagen, 
dauernd zu schhtzen vermogen. Er werde spater ausfuhrlich darauf zuriick- 
kommen. Es ist bedauerlich, daH dies nicht geschehen ist. Man ist aber 
wohl berechtigt, aus dieser Angabe allein zu schlieOen, daB bei diesen 
Versuchen eine Umwandlung in die so sehr pathogenen Schildkroten- 
bazillen nicht eingetreten sein kann. Die betreffenden Versuche sind von 
hochstem theoretischen Interesse, und man wiirde Friedmann zu Dank 
verpflichtet sein, wenn er ihre Bekanntgabe noch nachholen wiirde. 

So stehen sich also sehr widersprechende Ansichten iiber 
die Pathogenitfit der menschlichen Tuberkelbazillen bzw. des 
menschlichen Sputums fur Schildkroten gegeniiber. 

Zusammenfassend kann man sagen, daB die 
iiberwiegende Mehrzahl der Forscher keine Pa¬ 
ll Der EinfluB der Ruhigstellung und des herabgesetzten Gasaus- 
tausches wurde auch eine Erklarung fiir die bekannte starke Vermehrung 
der Tuberkelbazillen in den Kavernen mit ihren starren Wiinden und dem 
verminderten Gasaustausch abgeben. 


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thogenitat und keine Umwandlung feststellen 
konnte. Man muB es also nach allem zum min- 
desten filr die I. Schildkrote Friedmanns als 
hochst unwahrscheinlich bezeichnen, daB ihre 
Erkrankung auf den tuberkulosen Warter, also 
auf eine Infektion mit menschlichen Tuberkel- 
bazillen zurflckzufflhren ist. Und da der pathologische 
ProzeB bei der I. Schildkrote gegenuber dem bei der II. Schild¬ 
krote erhobenen als ein mindestens gleicher — wenn nicht 
weiter vorgeschrittener — zu bezeichnen ist, gelten diese 
SchluBfolgerungen auch fflr das Tier No. II, aus dem ja der 
1. Stamm Friedmanns gewonnen wurde. 

Auch Moeller (85) „in6chte bezweifeln, dafl der I. Schildkroten- 
stamm ein direkter Abkommling der Tuberkulose des Dieners ist.“ 

Wir sind auf den Ursprung des ersten Fried- 
mannschen Stammes nur deswegen so genau ein- 
gegangen, weil, wie erwahnt, die Annahme seiner 
menschlichen Abkunft einen Grundpfeiler fur die 
gauze Theorie der Friedmannschen Behandlung 
abgab. 

c) Der II. Stamm Friedmanns. 

Filr den II. Friedmannstamm, iiber den sich Fried¬ 
mann (30) Anfang 1904 in der Polemik gegen Moeller 
auBert^), und dessen Temperaturoptimum und Maximum 22 
bzw. 25® C betrug, ist iiber eine derartige „menschliche“ 
Herkunft nichts gesagt. 

d) Der III. Stamm Friedmanns. 

Fiir den III. zum „Mittel“ benutzten Stamm, iiber den 
wir Genaueres erst Ende Juli 1914 (43) erfuhren, lehnte es 
Friedmann schon im Jahre 1912 ausdrucklich ab, daB er 
vom Menschen herruhre (36 b), denn anders kann man seine 
folgende Diskussionsbemerkung doch kaum verstehen: 

1) p. 167; „Nachdem ich lange von den verschiedeneten zoologischen 
Garten, Aquarien, Hiindlern Schildkroten bezogen und auf Tuberkulose 
vergeblich untersucht babe, ist es mir endlich vor einiger Zeit gelungen, 
von auSerhalb ein Exemplar einer seltenen Scbildkrbtenspezies zu erhalten, 
aus deren typisch erkrankten Organen ich einen zweiten Schild- 
krOtentuberkulosestamm herauszuchtete." 



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Ueber das Friedtnannsche Tuberkulose-Schutz- und -Heilmittel. 245 

p. 2334: „Herrn Citron kann ich, wenn er die Befiirchtung hatte, 
daii meine avirulenten Bazillen „wieder“ virulent werden kSnnten, beruhigen, 
denn es sind nicht, wie er wohl verstanden hat, kiinstlich abgeschwachte 
menschliche oder Persuchtbazillen, sondern, wie nunmehr wohl alien Herren 
klar ist, TuberkelbazUlen von bereits naturlicher Avirulenz, die also nie 
virulent gewesen sind.“ 

Der III. Stamm wurde aus einer im Januar 1906 spontan 
gestorbenen Landschildkrote (Testudo graeca) gewonnen. 

Die ihm zunSchst noch anhaftende knbtchenbildende Eigen- 
schaft ging durch lange Zeit konsequent alle paar Tage durch- 
gefflhrte Umzuchtung von NShrboden zu Nfihrboden verloren. 
fVon „Passagen“, worunter man allgemein doch Durch- 
schickungen durch den tierischen Organismus versteht, ist 
im Gegensatz zu den Angaben in den dem Mittel damals 
beigegebenen „Indikationen“ (38) nichts erwahnt.J Der Ver- 
offentlichung vom Juli 1914 ist eine groCe Zahl von Proto- 
kollen fiber Versuche an Meerschweinchen beigeffigt. 
Der frisch gewonnene Stamm wurde auBerdem auch 
an Kaninchen und SchildkrSten gepriift. 

e) DieVirulenz des III. Stammes ffir Schildkroten, 

Die frisch aus der Schildkrbte geziichteten Kulturen 
und ihre ersten Abkommlinge erwiesen sich fiir Land- 
schildkroten bei subkutaner und intraperitonealer Impfung 
als r e c h t virulent. 

Die Tiere verloren bereits in der 2. Woche nach der Impfung die 
FreBlust und gingen nach “/ 4 ~lVs Monaten an allgemeiner Tuberkulose 
zugrunde. 

Nach Verirapfung der Kultur auf Meerschweinchen („graue8“ Tier, 
siibkutan geimpft 20. II. 1906, getotet 10. V. 1906) wurden am 10. V. 1906 
Stuckchen der Leber, Milz und Leistendrusen dieses Tieres einer Land- 
schildkrdte in eine Hauttasche eingeimpft. Die SchUdkrote wies bei der 
Totung am 1. VIII. 1906 einen kleinerbsengroflen AbszeQ an der Impf- 
stelle und in den makroskopisch norraalen inneren Organen bei mikro- 
skopischer Untersuchung mitten im normalen Gewebe Haufchen von Rund- 
zellen mit Bazillen auf. 

Da schon in den weillgrauen Knotchen der Leber und Milz des 
Ausgangsmeerschweinchens mikroskopisch nur sparliche, in Kornchen zer- 
fallende Bazillen gefunden wurden, ist unseres Erachtens der fast negative 
Ausfall der SchildkrStenimpfung nicht iiberraschend. 

Die fortdauernde Ueberimpfung auf kfinstliche Ntlhrboden 
machte sich schon nach etwa 10 Monaten insofern bemerkbar, 

Zeitschr. f. ImmunitAtsforschung. Orig. Bd. 32. 17 


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als SchildkrSten, die Mitte Nov. 1906 geimpft warden, am 
Leben blieben and bei der Tdtung nach 3 and 4 Monaten in 
den inneren Organen frei von makroskopisch erkennbaren 
tuberkulosen Veranderungen waren, wenn sich auch mikro- 
skopisch in Lunge, Leber, Milz and Nieren Rundzellen- 
anhaufungen mit vereinzelten, meist interzellular gelegenen 
sSurefesten Stabchen fanden. 

f) Die Virulenz des „Mittels“ ftir Schildkroten. 

Soweit iiber die SchildkrStenvirulenz der 
Bazillen des „Mittels“, die also inzwischen noch 
durch ungezShlte weitere kiinstliche Kulti- 
vierungen dem Schildkrotenorganismus immer 
mehr entfremdet waren, Angaben vorliegen^ 
stimmen sie darin uberein, daB die Friedmann- 
schen Schildkr dtentuberkelbazillen nunmehr 
ganz avirulent fiir diese Tiere geworden sind. 

So berichtet Barnes (6), der im Juni 1913 mit einer Glyzerinagar- 
kultur aus dem Glutaalabszefi eines Patienten einer „spotted turtle" von 
240 g, also wohl eine Chresimys-Art (Landschildkrote), und im Juli 1913 
mit einer aus dem Mittel unmittelbar herausgeziichteten Gelatineagarkultur 
eine „large snapping turtle", also Chelydra serpentina*) von etwa 2000 g 
Gewicht (solche Tiere konnen bis zu 4 Zentner schwer werden) subkutan 
geimpft hatte, dafi sich beide Tiere wohlbefunden batten und bei der 
Ende August 1913 erfolgten Tbtung in mikroskopischen Schnitten in der 
Umgebung der Impfstelle keine Zeichen tiiberkuloser Veranderungen 
aufwiesen. 

Lydia Rabinowitsch (97) konnte mit den Friedmann bazillen 
keine tuberkulosen Veranderungen an Schildkroten hervorrufen. Auf Grund 
dieser fehlenden Pathogenitiit im Zusammenhange damit, dafi die Bazillen 
bei 37° wachsen, aufiert sie sich dahin, dafi die Bezeichnung der Friedmann- 
bazillen als „Schildkr6tentuberkelbazLllen‘‘ nicht ganz zutreffend sei. 

Richtig ist es, daB man die Friedinannbazillen genauer 
als dem Schildkrotenkorper kunstlich entfremdete ur- 
spriingliche Schildkrdtentuberkelbazillen benennen muBte. 
Aus dem geschilderten Verhalten aber den ScliluB zu ziehen, 
daB es sich um abgeschwachte Sliugetiertuberkelbazillen handle, 
diirfte nicht angehen. 

1) Ich verdanke die zoologischen Bezeichnungen der Tiere der 
freundlichst gewahrten Auskunft des Inspektors des Berliner Aquariums 
Herrn Weifi. 


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Ueber das Friedmannsche Tuberkulose-Schutz- und -Heilmittel. 247 


Aufier Friedmann hat auch A. Moeller (82 und 85) 
aus einer spontan gestorbenen SchildkrSte einen 
Schildkrotentuberkelbazillenstamm herausgeziichtet. Diese 
Schildkrote erhielt er im MSrz 1913 aus einem Berliner Tier- 
exportgeschaft. 

Durchgreifende Unterschiede gegeniiber den Fisch- und Blind- 
Bchleichenbazillen waren bei diesem Stamm nicht vorbanden, aber die 
Bazillen gediehen bei 35—37®, die andern Kaltblutertuberkelbazillen 
jedoch nicht mehr. 

Also ist auch in diesem Falle von Anfang an die Wachs- 
tumsmoglichkeit bei Briittemperatur vorbanden gewesen. 

Es ist nun von Interesse, dafi Moeller von dem Inhaber des be- 
treffenden Geschaftes die Mitteilung erhielt, Schildkroten erkrankten 
iiberhaupt gar nicht so selten an den Lungen. Der Tier handler 
will beobachtet haben, daU die so erkrankten Tiere bald die Frefilust ver- 
lieren und auch ein Einfallen oder Einsinken der Brust, besonders iiber 
den oberen Lungenpartien, zeigten (I). 

Kann man nun wirklich fiir alle diese spontan an tuber- 
kulSsen Erscheinungen erkrankten Schildkroten eine Infektion 
mit menschlichen oder Saugetiertuberkelbazillen annehmen? 
Das wiirde diese Tiere in eine Reihe mit den Affen stellen, 
die ja bekanntlich in der Gefangenschaft meist an Tuberkulose 
menschlichen und bovinen Ursprungs erkranken. Bei den 
Affen handelt es sich aber doch um den Menschen entwick- 
lungsgeschichtlich und zoologisch viel naher stehende Arten. 
Und bei den Papageien, fiir welche nach Koch und Rabino- 
witsch neben der Infektion mit Gefliigcltuberkelbazillen nur 
solche mit menschlichen Tuberkelbazillen nachgewiesen ist, 
ist fur die in „hauslicher“ Gefangenschaft gehaltenen Tiere 
durch den nahen Verkehr mit den Menschen eine solche In¬ 
fektion einigermaCen erkliirlich. Inwieweit fiir die in zoolo- 
gischen Garten befindlichen Papageien dieser enge Zu- 
sammenhang mit menschlichen Infektionsquellen besteht, ist 
allerdings schwer abzuschatzen. Aber schlieBlich waren alle 
diese Tiere einmal in ihren Heimatiandern, bevor sie zu den 
Tierhandlern kamen, in naher Beriihrung mit den betreffenden 
Vogeljagern und Fallenstellern. 

Man wird nun fiir viele Schildkroten das gleiche sagen 
konnen, Aber gerade an der ersten Schildkrote, fiir 
die wir, wie wohl nur selten, die ganze Vor- 

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geschichte von ihrer Gefangennahme ab kennen, 
glauben wir gezeigt zu haben, dafi aus der Betrachtung 
der zeitlichenVerhaltnisse heraus im Zusammen- 
halte mit den Ergebnissen experimenteller In- 
fektionen, ftir eine so hochgradige Erkrankung, 
wie sie vorgefunden wurde, die menschliche An- 
steckungsquelle so gut wie nicht in Frage 
kommen kann. 

Man mufi also im Hinblick auf den ersten Stamm Fried¬ 
manns, aber auch fiir seinen dritten Stamm, dem Ausspruche 
Moellers (85) beistimmen, der sagt: „So neige ich der 
Meinung zu, daB, wenn dieser Bazillus wirklich ein echter, 
nur wundersam mitigierter Tuberkelbazillus wSre, wohl nur 
seinUrahn in grauerVorzeit ein echterTuberkel- 
bazillus gewesen ist“ ^). (Vgl. hierzu Anm. S. 251.) 

2. Die biologisohen Verwandtsohaftsbeziehungen der 
„sanrefesten“ und Kaltbliitertuberkelbazillen zu den echten 

Tuberkelbazillen. 

Auf die wichtige Frage der biologischen Beziehungen der 
Tuberkelbazillen im engeren Sinne zu den iibrigen s^ure- 
festen Stabchen nSher einzugehen, wiirde an sich schon eine 
umfangreiche Darstellung erfordern. Hier seien nur in Kilrze 
die in der Literatur vorliegenden Ergebnisse biologischer Ver- 
wandtschaftsreaktionen zusammengestellt. 

AU echte Tuberkelbazillen gelten unbestritten der Saugetier- 
tuberkelbazilluB mit den beiden Typen, dem humanen und bovinen. 

Die Vogeltuberkelbazillen rechnet R. Koch zu den „naheren 
Verwandten“ der Tuberkelbazillen und spricht daneben von den sogenannten 
jjSaurefeeten Baktenen“. Er macht also immerhin eine Trennung. 

Piorkowski (95) trennt die Tuberkelbazillen in 3 Gruppen: 

1) der lungenatmenden Wirbeltiere (besser wohl Siiugetiere), 

2) der Vdgel, 

3) der durch Lungen atmenden Kriechtiere (Eidechsen, Schlangen, 
Krokodile und Schildkroten). 

1) Klopstock (64) hiilt die Umwandlung des Warmbliitertuberkel- 
bazillus in den Typus der Kaltbliitertuberkelbazillen fiir moglich. Der 
Friedmann ache Bazillus, wenigstens der Stamm des Jahres 1903, stelle 
die „Brucke“ dar. Klopstock glaubt demnach an die Ansteckung der 
ersten Schildkroten durch den Warter mit der offenen Tuberkulose. 


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Ueber das Friedmannsche Tuberkxiloae-Schutz- und -Heilmittel. 249 


Nach dem zoologischen System richtiger geordnet: 

Hydroeaurier: Krokodile (ob hier schon Tuberkelbazillen oachge- 
wiesen?), Schildkroten, 

Lepidoeaurier: Schlangen (Nattern, Ottem), 

Echsen (Eidechse, Blindschleiche). 

Hiervon sind nach Piorkowski abzutrennen die 
Amphibien. Froschlurche: Kroten und Frosche, 

Schwanzlurche: Salamander (Molche) 
und die Fische, 

welche beiden Gruppen stets oder wenigstens in der Jugend Kiemen- 
atmer sind. 

Diese Klassifizierung Piorkowskis ist als eine rein 
theoretische zu betrachten, denn es ist noch keineswegs ent- 
schieden, daB fiir jede dieser Tiergattungen bestimmte, 
eigenartige Typen von Tuberkelbazillen vorhanden sind. 

Immerhin ist es von Interesse, daB in dieser vom 
Menschen in absteigender Richtung angeordneten Reihenfolge 
die Schildkroten den nachsten Platz neben den VSgeln ein- 
nehmen, also die Schildkrotentuberkelbazillen, wenn es einen 
solchen fiir sich abgeschlossenen umgrenzten Typus gibt, unter 
den sogenannten Kaltbliitertuberkelbazillen den „echten‘‘ 
Tuberkelbazillen noch am nSchsten stehen. 

Dieser Ordnung wiirden sich dann die iibrigen saprophytischen 
„Saurefe8ten“ anschlieBen, die sich in der freien Natur — an Grasern, 
im Moose, im Miste — an und im menschliehen Korper, in der Milch, der 
Butter, an Wasserhahnen (Brem), in Trompeten (Schmitz und J acobitz) 
usw. finden*). 

Es lag der Gedanke nahe, zur Ergrilndung der Verwandt- 
schaft all dieser sSurefesten Bazillen zunachst die Agglu¬ 
tination heranzuziehen. Leider ist, wie als erster R. K o c h (66) 
nachgewiesen hat, durch diese Methode eine Trennung oder 
Abstufung nicht inoglich. 

Sobernheim (112) bringt dagegen Versuchsprotokolle, nach denen 
mit hochwertigem Tuberkuloseserum vom Pferde durch Agglutination 
die echten Tuberkelbazillen von den Saurefesten scharf zu trennen 
waren, nicht dagegen durch Bakteriotropinversuche und durch die Kom- 
plementbindung mit Tuberkulin. 


1) Philibert (94) trennt diese, je nachdem sie saure- und alkohol- 
fest oder nur siiurefest sind, in Bacilles tuberculoides und in Pseudo- 
bacilies acido-resistants. 


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Ueber Komplementbindungsreaktionen rait 
SSurefesten im weitesten Sinne liegen ferner die Arbeiten von 
Gengou(48) und Fritzsche (45) vor. Beide kommen zuin 
Ergebnis, daB keine scharfe Abtrennung durch diese Methode 
mSglich sei, 

Auf gewissermaBen indirektera Wege ist durch Komple- 
mentbindung eine Einordnung fflr einige Stamme durch 
Deilmann (17) erfolgt. 

Er fand bei der Prufung von 118 menschlichen Seris auf Komplement- 
bindung folgende P^ozentzahlen an positiven Ausschlagen: 


Tuberkulin 84,6 

Tuberkclbazilleneraulsion 69,5 

Lepra 33,3 

Harnbazillen 31,8 

Timotheebazillen 12,04 

Blindschleichen bazillen 8,5 


Aus den Deilmannschen Befunden ergibt sich deranach 
ein weiter Abstand der Vertreter der Kaltbluterbazillen von 
den echten Tuberkelbazillen. 

Durch die Anaphylaxie ist im Widerspruche hiermit 
nach Krause und Baldwin (72) eine nahe biologische 
Beziehung der Smegma-, Timothee- und Butterbazillen zu 
den Saugetier- und Vogeltuberkelbazillen nachzuweisen. 

Ueber spezifische Tuberkulinreaktionen von mit 
Friedmannbazillen infizierten Tieren ist fast nichts be- 
richtet. 

Nur Kruse (73) teilt mit, daB mit diesen Bazillen geimpfte Tiere 
keine Tuberkulinreaktion gaben. Friedmann (35) bcobachtete in der 
ersten Zeit nach der Injektion bei den schutzgeimpften Siiuglingen positive 
Pirquetsche Beaktion. Kraus und Volk (71) stellten an Meer- 
schweinchen, die mit anderen Siiurefesten (Pseudoperlsucht Courmont, 
Smegma-, Milch- und Timotheebazillen) intrakutan infiziert waren, fest, 
daB sie sich gegeniiber der Jntrakutanreakton mit0,02 Alttuberkulin 
ebenso negativ, wie gesunde Tiere verhielten, und ebenso gegen intrakutane 
Einspritzung von 0,01 g der verschiedenen benutzten Siiurefesten. 

(Ueber unsere Beobachtungen mit Friedmanntuberkulin s. p. 313 ff.) 

Es m6gen die An gaben fiber das gegen seitige im- 
munisatorische Verhalten folgen. 

Klemperer (59) fand einen abschwachenden und hemmenden Ein- 
fluB der Gras- und Milchbazillen Moellers und der Butterbazillen auf 



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Ueber das Friedmannsche Tuberkulose-Schutz- und -Hdlmittel. 251 

die nachfolgende Tuberkuloselnfektion. £r schliefit daraus auf einen 
jiphylogenetischen Zusammenhang*' zwischen TuberkelbaziLen und 
Saurefesten, ja, er gebt so weit, zu dem „theoreti8chen Schlufi“ zu kommen, 
„dafi Tuberkelbazillen und saurefesteBakterien verwandter,jagleicher 
Art, mit andcren Worten, daO die Tuberkelbazillen parasitiir gewordene 
Saprophyten sind" *). 

Aus der eben erwiihnten Elempererschen Abhandlung seien bier 
nocb folgende fur unserTbema belangreicbe Satze mitgeteilt: „Die cbarak- 
teristiscben Merkmale der saurefesten Bakterien und ibre wesentbcben 
Unterscbeidungsmerkmale gegeniiber den Tuberkelbazillen bilden ibr 
scbnelleres Wacbstum und ibre geringeren Temperaturanspriicbe (sie ver- 
mebren sicb bei Zimmertemperatur und bereits in 24—48 Stunden), sowio 
ibr mangel an spezifiscber PatbogenitSt.“ „Die Virulenz der Saurefesten 
ist eine geringe, liifit sicb durcb baufige Tierpassage unverkenubar steigern, 
wobei gleicbzeitig das Wacbstum ein langsameres wird und das Ausseben 
der Kultur dem der Tuberkelbazillen sicb deutlicb nabert, ineinander 
iiberfiibren aber lassen sie sicb nicbt.“ 

Aucb nacb Moeller blieben die Skurefesten und Kaltbliitertuberkel- 
bazillen ibrer typiscben Eigenscbaft nacb getrennte Arten. 

Eocb, Scbutz, Neufeld und MieBner (67) bericbten gelegent- 
licb, daB sie bei zablreicben Immunisierungsversucben an Meerscbweincben 
mit lebenden Timotbee-, Mist-, Pseudoperlsucbt- und Blindscbleicben- 
tuberkulosebazillen baufig eine ResistenzerbObung (rerzogertes Auftreten 
der ersten Infektionserscbeinungen, langsamerer Verlauf der Erkrankung, 
geringere Driisenveranderungen) feststellten, docb wurden alle Tiere scbUeB- 
licb tuberkulSs. 

Die weiteren bis Juli 1907 bekannt gewordenen Immunisierungs- 
versucbe gegen Tuberkulose mit Kaltbliitertuberkelbazillen und 
saurefesten, tuberkelbazillenabnlicben Bakterien sind von 
L. Rabinowitscb (97) in einem gescbicbtUcben Ueberblick zusammen- 
gestellt, auf den, da von unserem Tbema zu weit abliegend (s. p. 232), 
biermit verwiesen sei. 

Docb sei bervorgeboben, daB die Klempererscben Versucbe eben 
rn der Absicbt unternommen wurden, die verwandtscbaft- 
licben Beziebungen der „Saurefe8ten“ und Kaltbliitertuberkelbazillen 
zu den Saugetiertuberkelbazillen zu beleucbten. 

Von spateren Versucben wiiren nocb die scbon erwabnten von Weber 
und Titze (123) und von Klimmer (63) anzufubren. 


1) Bei diesem pbylogenetiscben Zusammenhang sind also die „Ealt- 
bliitertuberkelbazillen" zeitlich vor den „menschlichen“ Tuberkelbazillen 
aufgetreten. Nicht der „echte“ Tuberkelbazillus kann ein „Urabn“ des 
Friedmannbazillus gewesen sein (vgl. p. 248), sondern umgekehrt konnte 
man die Kaltbliitertuberkelbazillen als Urahuen der echten 
Tuberkelbazillen bezeichnen. SchlieBlich waren eben alle „Pathogeneu“ in 
„grauer Vorzeit" oder vor Tausenden von Jabren einmal Saprophyten. 


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252 


Ludwig Lange, 


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In einzelnen Fallen lieB sich also eine geringe Erhohung 
der Widerstandskraft gegen die nachfolgende Infektion fest- 
stellen, doch erlauben die Versuche im ganzen ge- 
nommen keine irgendwie bestiinrnte Einordnung 
nach dem Grade der gegenseitigen immunisato- 
rischen Beziehungen. 

3. Das Verhalten der Friedmannbazillen im Meerschweinchen. 

a) Der I. Stamm. 

Bei der Auffassung, zu der wir fiber die Art aucli des 
1. Friedm annschen Scbildkrotentuberkelbazillenstammes ge- 
kommen sind, dfirfte es angezeigt sein, hier zunfichst auch 
auf das Verhalten dieses Stammes gegenfiber Meerschweinchen 
einzugehen. 

Friedmann berichtet in seiner ersten ausffihrlichen 
Mitteilung (27) fiber diesen Stamm fiber Versuche an 11 Meer¬ 
schweinchen, „nicht ersch5pfend“, wie er angibt, da seine 
Meerschweinchen zum groBen Teil noch lebten und vorlfiufig 
nicht getotet, sondern zu weiteren Versuchen (wohl fiber 
Imniunitat) verwendet werden sollten. 

Von den mitgeteilten 11 Fallen warden 9 intraperitoneal geimpft. 
3 „niit enorm grofien Dosen" injizierte Tiere gingen akut in 4—8 Tagen 
ein und zeigten „liaufig fibrinose Massen im Peritonealraum, speziell im 
Netz, wo sich auch schon beginnende Knotchenbildung bemerkbar macht‘‘. 

2 ebenfalls mit sehr grofien Dosen geimpfte Tiere warden nach 29 
bzw. 30 Tagen' getbtet. Es hatten sich „lokal“ (also bei intraperitonealer 
Infektion in Netz und Leber) „echte, mit bazillenhaltigen Riesenzellen ver- 
sehene Tuberkel" gebildet, die aber „durch ihre bindegewebige Abkapselung 
die Tendenz zur Heilung und Nichtgeneralisierung im Korper beweisen*'. 

Von 3 weiteren mit etwa Vio—‘/u Agar- bzw. Gelatinebelag intra¬ 
peritoneal geimpften Tieren starb eines nach 32 Tagen interkurrent an 
eiuem, auch unter nicht geimpften Tieren grassiereuden Darmkatarrh, 
wahrend die beiden anderen nach 46 und 65 Tagen getotet warden. Bei 
2 von diesen Tieren fanden sich nach Friedmann „harralo8e, abgekapselte 
und im Verschwinden begriftene Kesiduen der alien Infektion, aufierhalb 
der abgegrenzten Herde nicht ein „Bazillu8“, bei dem dritten, nach 65 Tagen 
getoteten, war keine Spur einer Erkrankung mehr festzustellen. 

Ebenfalls vbllig frei von krankhaften Veranderungen war ein nach 
65 Tagen getotetes Tier, das mit einem Lungenknotchen der Ausgangs- 
Bchildkrbte II intraperitoneal geimpft worden war. 

Um zu zeigen, dafi sich bei Tieren, die etwas liinger als die nach 
„enormen“ Dosen so rasch eingegangenen Tiere (s. oben) am Leben blieben, 



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Ueber das Friedmannsche Tuberkulose-Schutz- iind -Heilmittel. 253 

echte Tuberkelbildung findet, wird ein einer spilteren Versuchareihe an- 
gehSrendes Protokoll mitgeteilt. 

Es handelt eich um ein 595 g achweres Meerachweinchen, welches 
mit der unaerea Erachtens ebenfalla iibergrofien Dosis von 0,3 g, also 300 mg 
JEleinkultur intravenda injiziert, nach einem anfanglichen leichten Fieber 
und darauffolgendem atandigen Teraperaturabfall am 12. Tage, auf 380 g 
abgemagert, zugrunde ging. Alle inneren Organe enthielten reichliche 
Haufchen meiat zu Kornchen zerfallener Schildkrdtentuberkelbazillen. In 
der Lunge waren aber auch bereita zahlreiche, aua Rieaenzellen, Epitheloiden 
und polynuklearen Leukozyten bestehende Tuberkel vorhanden, die groBe 
Mengen von Schildkrdteutuberkelbazillen enthielten. 

8chlie61ich wurde am 8. 111. 1903 auch noch ein Meerachweinchen 
(Fall 50) mit Gelatinereinkultur intrapulmonal (1) geimpft. 

Man sieht deutlich, Friedmann hat es bei seiner e r s te n 
Versuchsreihe vermiBt, daB bei keinera von alien seinen Meer- 
schweinchen in der Lunge auch nur die geringsten tuberkulose- 
artigen Veranderungen vorgefunden wurden, und nahin des- 
halb diese ungewbhnliche, „drastische“ Art der unmittelbaren 
Kultureinspritzung in die Lunge vor. Und was war das Er- 
gebnis bei der Totung am 12. V. 1913? An der Impfstelle 
eine ganz umschriebene, adhasive Pleuritis und ein einziges 
durch die Pleura hindurchscheinendes rundes grauweiBes 
Lungenknotchen! 

Ueber den mikroskopischen Befund wird mit¬ 
geteilt; 

Der Lungentuberkel, der einzelne degenerierte Tuberkelbazillen ent- 
halt, hat genau dieaelbe Struktur wie die bei der intraperitonealen Impfung 
mit 8childkr6tentuberkelbazillen erzeugten Lebertuberkel. Er ist rings von 
derbem Bindegewebe umschlossen. Die Bronchialdriisen sind entziindlich 
infiltriert, mit purulenter Erweichung. 

Bezuglich der bei den Meerachweinchen Qberhaupt 
gefundenen Knotchen gibt Friedmann an, daB 

aie aich durch ihre rundliche Form und ihre weiBe, etwaa glanzende 
Farbung von den durch menschliche Tuberkelbazillen hervorgerufenen 
mehr gelblichen (? d. Verf.) unregelmafiigen fleckigen Knotchen unter- 
Bcheiden. Die weiBliche Farbe aei durch den groBeren Gehalt an poly¬ 
nuklearen Leukozyten, der aich neben bazillenhaltigen Rieaenzellen und 
Epitheloiden findet, bedingt. 

Friedmann achlieBt aua diesen Meerschweinchenversuchen, daB 
der Schildkrotentuberkelbazillus den Bazillen der Menachen- 
und Rindertuberkulose viel naher stehe, ala den Bazillen der 
Fiach-, Blindachleichen-, Frosch- und selbat der Vogeltuberkulose. Im 
Gegensatz zu diesen besitze er die Fiihigkeit, „im Korper des 


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254 


Ludwig Lauge, 


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empfanglichen Saugetieres, speziell im MeerschweiDchenkdrper, in alien 
Fallen echte, riesenzellen- und bazillenhaltige Tuberkel zu 
erzeugen, die von den durch Saugetiertuberkelbazillen hervorgerufenen 
oft nicht zu unterscheiden sind." 

Friedmann vergleicht das Verhalten dee Schildkrotentuberkel- 
bazilluB mit dem humaner Bazillen im Kdrper des Rindes, wobei er 
betont, dafi im Eorper des Meerschweinchens nach Einverleibung nicht 
allzu grofier Dosen ein zwar spezifisch tuberkuloser, aber regelmafiig 
lokalisiert bleibender und in Heilung iibergebcnder Herd enteteht. 

Die ganze Darstellung Friedmanns macht, wie man 
im Einklang mit Weber und Taute (122; siehe p. 117) 
wohl sagen darf, einen etwas gekfinstelten Eindruck. 
Was haben wir denn an den Versuchen vor unsV Wir sehen, 
daB die Schildkrotentuberkelbazillen in enormen Dosen toxisch 
wirken, eino Erscheinung, die sie mit vielen sonst ganz harm- 
losen Bakterien teilen. DaB die Erkrankung in gewisser Hin- 
sicbt „lokal“ bleibt, es also nicht zu fortschreitenden Prozessen 
kommt, ist meines Erachtens eben ein Beweis, daB es sich 
um eine von den echten Tuberkelbazillen ziemlich entfernt 
stehende Art handelt. Durch die Fahigkeit der Schildkrbten- 
tuberkelbazillen, bei 37 ° zu wachsen, wird ihre anfangliche 
Vermehrung im Warmblflter erklBrt. 

Die entstandenen KnStchen sind am ungezwungensten 
als Fremdkbrpertuberkel aufzufassen, fflr welche ja 
durch die Untersuchungen von Lubarsch, Mayer u. a. 
nachgewiesen ist, daB sie auch Riesenzellen enthalten 
konnen. Von den Fremdkorpertuberkeln zu den u. U. durch 
verschiedene Arten von SSurefesten, auch saprophytischen, 
hervorgerufenen Knotchen bestehen nur allmahliche Ueber- 
gange. 

Nach Philibert (94) sind alle tuberkelbazillenahnlichen Stiibchen 
fur Meerschweinchen „pathogen“. Sie erzeugen bei subkutener Verimpfung 
einen ortlichen kasigen Abszefi, bei iutraperitonealer Impfung in starker 
Dosis fibrinos-kasige Verwachsungen an Magen, Milz und Leber und aus- 
nahmsweise zerstrcute Knotchen. 

Weber (120) verimpfte 4 verschiedene Butterbazillen, femer den 
Timothee-, Mist- und Grasbazillus XI, sowie den Blindschleichentuberkel- 
bazillus Moellers subkiitan und intraperitoneal (2 Oesen frischer Agar- 
kultur) auf Meerschweinchen. Bei den siibkutan geimpften Tieren treten 
an der Impfstelle Abszesse auf, die bald durchbrachen. Driisenschwellungen 
Btellten sich ein und gingen wieder zuriick. Bei dor Totung, 4 Wochen 
nach der Impfung, fanden sich bei der Mehrzahl der Tiere in der Leber 



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Ueber da« Friedmannsche Tuberkulose-Bchutz- und -Heilmittel. 255 

vereinzelte kleine und kleinste gelbliche Herde, in denen mikroskopisch 
saurefeste Stabchen nachgewieaen waren. 

Sehr zahlreiche derartige Herde wurden bei einem mit dem Mist- 
bazillus intraperitoneal geimpften Tiere gesehen. Ferner fanden aich bei 
einigen der intraperitoneal geimpften Meerschweinchen auf der Darmserosa 
und dem Netze vereinzelte kleine gelbliche, runde Knotchen, die die ein- 
geimpften Btabchen in groQer Menge enthielten. 

Auch Klemperer (59) beobachtete bei seinen erwahnten Immuni- 
sierungsvereuchen bei den vielen vor Ablauf dee Vereuche gestorbenen 
Tieren Knotchenbildung. 

Bei den Schildkrotentuberkelbazillen mag diese Knotchen¬ 
bildung quantitativ starker gewesen sein, qualitativ ist der 
Prozefi jedenfalls ein SuBerst Shnlicher, wenn nicht identischer. 

Fritzeche (45) berichtet, daU die intraperitoneale Injektion lebender 
Blindschleichentuberkelbazillen (1 Agaroberflache) bei einem seiner Meer¬ 
schweinchen eine typische tuberkiildee Erkrankung hervorgerufen 
habe; etrangformige Retraktion und Verkasung des groScn Xetzes und Ver- 
kasung der Iliacaldriisen. 

Man darf also Weber und Taute zustimmen, wenn sie 
p. 117 beztiglich des ersten Friedmannstammes schreiben: 
„Sein Verhalten Warmbliitern, speziell Meerschweinchen gegen- 
Qber hat nichts Besonderes und Wunderbares, wie es nach 
Friedmanns Darstellung erscheinen konnte. Die Fahigkeit, 
echte Tuberkel zu bilden, ist eine Eigenschaft, die nach den 
Untersuchungen von Mayer, Lubarsch u. a. unter Um- 
stfinden alien saurefesten Stabchen, den verschiedenen Stammen 
allerdings in verschiedenen Graden zukommt. 

Es ist nachtraglich bedauerlich, daB Friedmann bei 
seinem ersten Stamm keine subkutanen Irapfungen mit dem 
frisch gewonnenen Stamm und keine Weiterimpfung der „tuber- 
kulos veranderten*^ Organe auf Meerschweinchen vorgenommen 
zu haben scheint. 

Vergleicht man namlich die Befunde. die er mit seinem 
frisch herausgezQchteten III. Stamm an Meerschweinchen er- 
hohen hat (43), so findet man nur wenige Unterschiede. 

Unter den Protokollen finden sich 2 Tiere, „Gelbes Meerschweinchen" 
und „WeiSes Meerschweinchen" p. 1413, die 1,0 bzw. 1,6 ccm Kultur- 
emulsion intraperitoneal erhalten hatten. 

Die Tiere wurden nach 78 bzw. 79 Tagen getdtet Das eine wies auf 
dem Netz gelbliche, scharf umschriebene Kndtchen auf (mikroskopisch: 
epitheloide und polyniikleiire Leukocyten, im Zentrum beginnende Ver- 


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256 


Liidwig Lange 


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kasung, Zelldetritus, ganz vereinzelte Bazillen), aufierdem einige Adhasionen 
der im iibrigen voUig normalen Leber und Milz, das audere als einzigen 
Befund einige weifie Flecken auf der Oberfliiche der Leber. 

Diesen beiden Tieren ist das auf p. 252 unten erwilhnte, nach 65 Tagen 
getStete Tier der Versuchsreihe mit Stamm I, bei dem j.makroskopisch und 
mikroskopisch alle Organe normal, keine Tuberkelbazillen gefunden“ an- 
gegeben ist, an die Seite zu stellen (Fried mann , 27; Fall 48, p. 799). Bei 
dem zweiten hierher gehorigen Tier aus der 1. Versuchsreihe mit dem 
1. Stamm (Fall 47) ist zu beachten, dafi es bereits nach 44 Tagen, also um 
mehr als einen Monat friiher getotet wurde, wodurch sich die stiirkeren 
pathologischen Erscheinungen (in der Leber 2 ganz kleine weiBe Knotchen^ 
,im Netz, einige sehr kleine weiBgraue Knotchen und ein barter, klein- 
erbsengroBer, gelbgrauer Knoten, offenbar in Heilung und im Verschwinden 
begriffene Residuen der tuberkulosen Infektion“) erklaren. 

Friedmann hat die Tiere „des frischen III. Stammes“ 
nach 72—179 Tagen getotet bis auf 2 Ausnahmen, die nach 
38—53 Tagen getotet warden. — Da diese Meerschweinchen 
subkutan geimpft waren, lassen sie keinen Vergleich zu. 

LSgen iiber den I. Stamm Ergebnisse der subkutanen Ver- 
impfung vor und waren mit dem frischen III. Stamm die 
intraperitonealen Infektionen mit den gleichen sehr groBen 
Dosen wie bei Stamm I gemacht worden, Oder die Tiere in 
ebenso kurzer Zeit nach der gleich starken intraperitonealen 
Infektion getStet worden, so wtirden vermutlich noch mehr 
Uebereinstimmungen festzustellen gewesen sein. 

Jedenfalls paBt die auf p. 1414 (43) gegebene Definition 
der Avirulenz des III. Stammes 

„Der Bazillus ist im Meerschweinchen keine fortschreitende Infektion 
zu erzeugen imstande und er halt sich in demselben nicht dauernd am 
Leben. Es kommt vielmehr nur zu einer voriibergehenden, regelmiiBig 
abortiv verlaufenden Knbtchenbildung; spater gehen Knotchen und Err^er 
zugrunde“ 

bis ZU einem hohen Grade auch fflr den I. Stamm, soweit 
wenigstens Friedmanns Angaben in der betreifenden Ver- 
offentlichung fiber den I. Stamm (27) lauten. 

Friedmann spricht denn auch ira Jahre 1914 in der 
wichtigsten Abhandlung fiber sein Mittel (27) vom I. Stamm 
folgendermaBen: 

,,Wenn dieser Stamm also auch fast avirulent') war und wenn 
auch die Knotchen im Meerschweinchenkorper nie zur Tuberkulose fiihrten, 

1) Vom Verf. gesperrt. 


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Ueber daa Fricdmannsche Tuberkulose-Schutz- und -Heilmittel. 257 

80 waren doch diese Bazillen noch nach Jahren im Korper dieser Versuchs- 
tiere nachweisbar*'. (Wohl der Orthsche Befund. Verf.) 

AuBer Friedmann batten nur Libbertz und Ruppel 
(76) den L Stamm zu Tierversuchen in HBnden. Diese 
Forscher konnten die von Friedmann fiir ihn angegebene 
^absolute und sicher bewiesene Unschadlichkeit gegenflber 
alien untersuchten Saugetieren“ (30) nicht bestStigen. Der 
erste aus ihren Beobachtungen gezogene SchluBsatz lautet: 

„Die Friedmannsche Kultur ist fiir Warmbliiter nicht absolut un- 
gefahrlich. Sie erzeugt zwar keineTuberkulose, sie kann aber Intoxikationen, 
und organiscbe Veriinderungen hervorrufen, welche Gesundheit und Leben 
der Versuchstiere zu gefahrden imstande sind.*- 

Orth (93) hatte zwar den Stamm selbst nicht zur Ver- 
fiigung, machte aber an einem von Friedmann mit dem 
I. Stamm vorbehandelten und ihm zur Nachinfektion iiber- 
gebenen Meerschweinchen eine Beobachtung, die seit- 
her in der ganzen Frage der Gefahrlichkeit des 
f’riedmannschen Heilmittels eine grundlegende 
Bedeutung gewonnen hat und immer wieder 
zitiert wird^). 

Bei dieser Wichtigkeit sei hier etwas nBher 
darauf eingegangen. 

Meerschweinchen No. 7, ein altes, schweres mannliches Tier von 750 g 
Gewicht machte, ala esOrth iibergeben wurde, einen kranken Eindruck, 
und wrurde deshalb nicht in die erste Versuchsreihe vom 30. VI. ]905, fiir 
die es bestimmt war, aufgenommen. Es erholte sich wieder und zeigte bis 
zum Ende November 1905 Gewichtsschwankungen zwischen 730 und 810 g. 
Am 12. XII. 1906, also 1 Jahr und 12 Tage nach der Infektion seiner 
Genossen und also noch etwas langer nach seiner Vorbehandlung, wurde 
es bei einem Korpergewicht von 850 g getotet. Aus dem eingehenden 
Sektionsprotokoll sei hier auszugsweise mitgeteilt: In den Lungen einzelne 
graue und graurotliche knotchenartige Bildungen. Die nicht vergrofierte 
Milz in der Nahe des vorderen Bandes auf der konvexen beite ini—1'/, cm 
Ausdehnung mit der Bauchwand venvachsen. Im Milzgewebe dicht neben 
dieser Stelle ein grauer, mohnkorngroSer Fleck, anscheinend von einem 
Knotchen herriihrend. In der Leber vereinzelte iihnliche Flecken wie in 
der Milz. Peritoneum und Netz o. B., jedoch iiber beiden Hoden eine 


1) Merkwiirdiger- und unseres Erachtens nicht ganz gerechtfertigter- 
weise wird sie auch immer bei der Bewertung des III. Stammes, mit 
dem sie doch unmittelbar gar nichts zu tun hat, herangezogen, ohne dafi 
der genaue Sachverhalt angegeben wird. 


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258 


Ludwig Lange, 


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Gruppe von teils isolierten teils zusammenhangenden, flachen, in der Peri¬ 
pherie grau, im Zentrum gelb ausschenden, tuberkuloseahnlichen Herden. 
Auf dem Durchschnitt das gelbe Zentrum vielfaeh erweicht; die Herde 
reichen in die Hodensubstanz binein. Die kleinsten Herde am serdsen 
Ueberzug des dicken Fettgewebes, das sich an den (sicl) Hoden anschlieBt. 
In 2 Ausstrichpriiparaten des rechten Hodens keine saurefesten Stabchen. 

Alle Kulturen aus dem linken Hoden bleiben steril. 

0 

Die mikroskopische Untcrsuchung der Hodenhcrde ergab tuberkuloses 
Granulationsgewebemit Langhansschen Riesenzellen, fleckweiser zentraler 
Verkasung, hauptsachlich epitheloide, tun Rande auch lymphoide Zellen. 
Daneben fielen mit lymphoiden Zellen prall angefiillte LympbgefaBe auf. 
Bazillen wurden nicht gefunden. 

Kleine Stiickchen der verdiichtigen Stellen des linken Hodens wurden 
2 Meerschweinchen (7 a [360 g] und 7 b [500 g]) unter die Haut verbracht. 
Beide Tiere blieben gesund und batten bei der Totung nach 296 Tagen (am 
4. V. 1901) erheblicb an Gewicht zugenommen (auf 700 bzw. 800 g). 

Bei Meerschweinchen 7a beim Einschneiden in der rechten In- 
guinalgegend an Stelle der Drusen mehrere mit diinner eiteriihnlicher Masse 
gefullte Hohlraume. In einer Leistendruse der linken Seife eine harte, 
graue, hanfkorngroSe Einsprengung mit rundlichen knotchenartigen Vor- 
spriingen am Rande. Aehnliches 6ndet sich in den Drusen am Becken- 
eingang. Mit Ausnahme der linken Niere, an deren Oberflache man zwei 
ncbeneinanderliegende, tuberkelahnliche Herdchen sieht, weder an sonstigen 
Lymphdriisen noch an anderen Organen etwas Tuberkuloses zu bemerken. 
Mikroskopiseh zeigten 4 untersuchte Lymphdriisen typische Tuberkulose 
mit vereinzelten, zum Teil in Riesenzellen gelegenen Bazillen; auch die 
Nierenherdchen erwiesen sich als riesenzellenhaltige Tuberkel, hier aber 
Bazillenbefund negativ. 

In der Infektionsstelle (rechte Inguinalgegend? Verf.) einige Tuberkel- 
bazillen; alle im Brutschrank und bei Zimmertemperatur gehaltenen Kultur- 
rohrchen blieben steril, bis auf je 1 Rohrchen, in welchen man einzelne 
Oder zu sparlichen kleinen Hiiufchen vereinigte siiurefeste Bazillen fest- 
stellen konnte, deren Menge nach dem Befund am Ausgangsmaterial nur 
auf Vermehrung der ausgesaten bezogen werden konnte. 

Befund bei Meerschweinchen 7b: Rechte I^eistendriisen ver- 
grOSert, auf dem Durchschnitt teils derbe, aus zentral verkiisten Knotchen 
zusammengesetzte Massen, teils ein mit eiterahnlicher Masse gefiillter Hohl- 
raum wie bei 7 a. In der linken Inguinalgegend eine etwas vergroSerte 
und verhiirtete Lymphdriise. Am Bcckeneingang rechts eine erheblich ver- 
grbfierte, harte Lymphdriise ahnlich wie bei 7 a. In der Lunge einige feine 
graue Fleckchen, in der Leber ein gelbliches Herdchen von etwa 1 mm 
Durchmesser. Dieses wird mikroskopiseh als nicht tuberkuloser Natur er¬ 
wiesen, dagegen in Lymphdrusenschnitten groBe Mengen typischer, riesen- 
zellenhaltiger Tuberkel, in denen sich in einzelnen Schnitten mehrere, teil- 
weise in Riesenzellen eingeschlossene saurefeste Bazillen fanden. Im Aus- 
strichpriiparat aus den kasigen Massen der Inguinaldriisen vereinzelte 
Tuberkelbazillen. Alle Kulturen blieben steril. 


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Ueber das Friedmannsche Tuberkulose-Schutz- und -Heilmittel. 259 

Wie schon erwahnt, rechnet Orth auf Grund dieser 
Befunde den Friedmannschen Schildkrotentuberkelbazillus 
zu den Tuberkelbazillen; er besitze aber fdr Meer- 
schweinchen nur eine sehr geringe Virulenz, wenn er sich auch 
fiber Jahr und Tag iin Meerschweinchenkfirper lebend erhalte. 

An den Orthschen Befunden fallt einiges auf Erstens, 
daB sich bei Meerschweinchen No, 7 mikroskopisch in den 
tuberkulosen Herden keine saurefesten Stfibchen gefunden 
haben. Ffir Tnberkelbazillen ist ein derartiger negativer Be- 
fund nichts AuBergewohnliches, namentlich in den enorin 
vergroBerten Lebern und Milzen von langere Zeit nach 
der Infektion gestorbenen Meerschweinchen. Ffir tuberkel- 
bazillenahnliche Stfibchen aber stellte Weber (119) fest, daB 
sie im Tierkorper bis zu 4 Monaten lebensfahig blieben, danach 
aber noch lange Zeit, nachdem sie ihre Lebensfahigkeit ein- 
gebfiBt hatten, ihre farberischen Eigenschaften beibehielten ; 
in einem Falle konnten sie noch IV 4 Jahre nach der Impfung 
mikroskopisch nachgewiesen werden ’). 

Zweitens fiberrascht es, daB bei der Weiterimpfung dieses 
niikroskopischen bazillenfreien Materials in den beiden Tieren 7a 
und 7 b doch wieder sfiurefeste Stabchen in die Erscheinung 
treten, ein Vorgang, wie er bisher nur ffir die echten Tuberkel¬ 
bazillen bekannt ist. Und trotz dieses Wiederauftauchens der 
Stabchen keine weitere Verbreitung im Korper bis fiber die 
nachsten Lymphdrfisen hinaus! 

Drittens stellen die bei Meerschweinchen 7 a gefundenen 
2 kleinen Nierentuberkel (allerdings ebenfalls ohne positiven 
Bazillennachweis) einen auBerst seltenen Befund dar. Bei 
den weit fiber 1000 Meerschvveinchenobduktionen, fiber die ich 
selbst verfflge und nachErkundigungen auch beietwalOOOOOb- 
duktionen, die im Gesundheitsamt im Laufe der Jahre bei 
den ausgedehnten Tuberkuloseuntersuchungen vorgenommen 
worden sind, wurde nicht in einem einzigen Falle an der 
Meerschweinchenniere etwas Derartiges gesehen ^). 

1) Anderereeits weist Weber an der gleichen Stelle gerade auf die 
fast unbegrenzte Erhaltung der Firbbarkeit echter Tuberkelbazillen bin, 
wofiir er den Befund von Hieroclbs (53), der Tuberkelbazillen in einem 
vor 6 Jahren ausgehuBteten Lungensteine farben konnte, heranzieht. 

2) Erst in allerjungster Zeit fand ich bei einem Meerschweinchen in 


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Wflrde also der Umstand, daB sich in den Tieren 7 a 
und 7 b wieder saurefeste Stabchen fanden, f 0 r Verwandtschaft 
mit den echten Tuberkelbazillen sprechen, so stimmen die 
Nierenherde weniger mit einer solchen Annahme iiberein. 
Und aus dem Ziichtungsversuch mit dem Eiter der 
Impfstelle von Meerschweinchen 7 a, wobei auBer in einem 
bei 37° gehaltenen, auch in einem bei Zimmertemperatur auf- 
bewahrten Rohrchen eine allerdings nur mikroskopische Ver- 
mehrung festgestellt wurde, iSBt sich ebenfalls kein sicherer 
SchluB hinsichtlich der Zuteilung der Bazillen ziehen. Es 
ware immerhin moglich, daB auch echte Tuberkelbazillen bei 
der u. U. anfangs Mai herrschenden Temperatur wenigstens 
eine mikroskopische Vermehrung zeigen. 

Alles in allem genommen sind die Orthschen 
Befunde als ganz auBerg e w 5hn1iche zu be- 
zeichnen, wie sie m. W. bei Tuberkuloseunter- 
suchungen sonst nie erhoben wurden. Die nachst- 
liegende Erkiarung ist denn auch die von Orth gegebene, 
daB ein fast avirulenter echter Tuberkelbazillus 
vorliegt, wie solche Stamme von starkst herabgesetzter 
Virulenz bei Lupus und Hauttuberkulose gefunden wurden 
(engl. Kommission, auch unsere noch nicht verbflFentlichten 
Lupusbefunde). 

Da erhebt sich aber ein Verdacht, dessen AeuBerung wir 
nicht unterdriicken zu sollen glauben: 

Wir wissen nicht, wo mit Friedmann die be- 
treffenden Tiere vorbehandelt hat. 

In seiner Patentanmeldung^) wird auch von der Ver- 
wendung von Mischkulturen avirulenter und virulenter 
Tuberkelbazillen gesprochen (85). Sollte eine solche Oder Ab- 
impflinge von solchen mit im Spiele gewesen sein? Sollten 
die an Zahl geringen und an Virulenz geschwachten Tuberkel- 

der linken Niere ein einziges wandstiindiges miliares Knotchen in der Rinde, 
dc88en mikroskopische Untersuchung noch aussteht. Da es sich makro- 
skopisch um ein nicht ganz bestimmt zu deutendes Gebilde handelt, schien 
niir die mikroskopische Verarheitung deu Vorzug vor der Verimpfung auf 
ein Tier zu verdienen. 

1) Anm. bei der Korrektur: DRP. 336051 inzwischen erteilt, siehe 
Patentanspruch 3. 


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Ueber das Friedmannsche Tuberkulose-Schutz- und -Heilmittel. 261 

bazillen gerade am Hoden des alien Meerschweinchenbockes 
No. 7 mnen Locus minoris resistentiae gefunden haben? Die 
Verwachsungen der Milz deuten darauf bin, daB entweder 
Friedmann die Schutzimpfung intraperitoneal vorgenommen 
hat, Oder daB eine wieder ausgeheilte Seuche vorlag. 

Wir neigen also trotz der Orthschen Befunde dazu, 
auch den ersten Friedmannschen Stamm ftir einen 
„genuinen“ Kaltblfltertuberkelbazillus zu halten, 
der zu den echten Saugetiertuberkelbazillen nur ganz ent- 
fernte phylogenetische Beziehungen hat. 

b) Der II. Stamm. 

Ueber den II. Stamm (s. p. 244) kSnnen wir ganz kurz hin- 
weggehen. Er steht schon durch seine kulturellen Eigenschaften, 
vor allem die Temperaturbreite, den typischen Kaltblflter- 
organismen SuBerst nahe. Angaben tiber sein Verhalten im 
Meerschweinchenkbrper — von solchen fiber die Ungeeignet- 
heit zu Immunisierungszwecken abgesehen — liegen nicht vor. 

c) Der III. Stamm. 

Wenn wir nunmehr zum III. Stamm, dem ffir uns wich- 
tigsten, fibergehen, so darf zunfichst auf das schon oben (p. 256) 
bei dem Vergleiche mit dem I. Stamm fiber ihn Gesagte ver- 
wiesen werden. 

Die durch zahlreiche Protokolle belegten Friedmann¬ 
schen Angaben fiber sein Verhalten im Meerschweinchenkfirper 
lassen sich dahin zusammenfassen, daB er schon im frisch- 
gewonnenen Zustande als fast avirulent, nach seiner langen 
kfinstlichen Weiterzfichtung als vfillig avirulent ffir diese 
Tiere bezeichnet wird. 

Im folgenden sollen die bisher vorliegenden Befunde der 
anderen Forscher kurz zusammengestellt werden. 

Von verschiedenen Seiten wurde behauptet Oder wenigstens 
die Vermutung ausgesprochen, die „Kultur‘‘ und das 
„Mittel“ seien nicht identisch [Rabinowitsch (97), 
Meinicke (80) „nicht oder nicht mehr identisch“J. 

Kabinowitsch (101) teilt mit, russische Aerzte vermuteten, dafi die 
Verunreinigungen absichtlich zugesetzt (I) seien. 

ZfllUchr. f. ImmaniUisforschun^. Orig. Hd. 32. 18 


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Amerikanische Aerzte glaubten, da6 absichtlich zwei verechiedene 
Bakterienarten ira Impfatoff seien (99) *). Auch hdrte ich noch im April 1914 
von anderer Seite die Vermutung auegesprochen, dafi Friedmann „ver- 
schiedene Stamme abgebe und immer noch mit neuen Kulturen arbeite“. 

Wenn auch Friedmann immer wieder mit aller Be- 
stimmtheit versichert, dafi Kultur und Mittel absolut identisch 
seien, woran auch in keiner Weise zu zweifeln ist, so mogen 
die folgenden Literaturangaben doch nach „Kultur" und 
„Mitter getrennt aufgefiihrt werden 2 ). 

d) Die flKultur". 

Angaben flber die „Kultur“ finden sich bei Rabino- 
w i t s c h (100), Baumann (7), M e i n i c k e (80), Kruse (73), 
Ehrlich-Bbhnke (22) und Schroder (107). 

Rabinowitsch (100) verimpfte von ihr aelbst aus dem Mittel heraus- 
geziichtete Kulturen (iiber die „Barnes-Kultur“ siehe weiter unten) in 
Mengen von 0,5—2 mg subkutan oder intraperitoneal auf Meerschweinchen. 
£in Teil der Tiere blieb ohne krankbafte Erscheinungen, bei einem anderen 
Teile fanden sich bei der nach mehreren Monaten vorgenommenen Sektion 
(teilweise spontan verendet) vereinzelte, mehr oder weniger tuberkulose- 
verdachtige Herde in den vergrofierten Driisen, in Leber und Milz, aus 
denen die Herausziichtung saurefester Stabchen gelang. Die VVeiterimpfung 
der Herde auf Meerschweinchen verlief erfolglos. 

Von einer im November 1913 angesetzten Reihe von 4 Meerschweinchen, 
die alle mit verschiedenen Mengen einer G-tagigen, aus einer Ampulle 2 
gewonnenen Reinkultur subkutan geimpft worden waren, verendete das mit 
2 mg gespritzte Tier nach 3 Monaten. Neben einem hirsekorngrofien 
Knotchen an der Impfstelle und VergroSening und Verkasung der Leisten- 
driisen ist vor allem der Milz- und Leberbefiind auffallend. Die wenig 
vergrofierte Milz ist voUig durchsetzt von stecknadelkopfgroCen graugelben 
Knotchen; die Leber enthalt zahlreiche hirsekorn- bis stecknadelkopfgroBe 
Knotchen. 

Die histologische Untersuchuiig (Dr. Ceelen) ergab an der Impf¬ 
stelle, in Leber und Milz tuberkulose Veranderungen. In der Leber ver¬ 
einzelte Langhanssche Riesenzellen. An der Impfstelle und in der Leber 
zahlreiche saurefeste Stabchen. Kulturen aus Impfstelle und den Organen 
verliefen positiv. Etwas verlangsamtes Wachstum, doch auch bei Zimmer- 


1) Karfunkel (37) auSerte sich sogar dahin (p. 1180), dafl es sich 
bei Friedmann gar nicht urn einen saurefesten BazUlus handle, sondern 
um einen nicht saurefesten Sporenbildner (1). 

2) Es ware von vornherein nicht ganz auszuschliefien, dafi die 
„Virulenz“ der Bazillen durch den auch nur einige Tage wahrenden 
Aufenthalt in der Kochsalzlosung irgendwie beeinflufit wurde. 



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Ueber daa Friedmaunsche Tuberkulose-Schutz- und -Heilmittel. 263 

temperatur nach 10 Tagen deutliche Vermehrung. Die Weiterimpfung auf 
Meerschweinchen war noch nicht abgeschloesen. 

Man wird aber annehinen diirfen, dafi bei diesen zweiten 
Passagen keine tuberkulose Erkrankung der Tiere auftrat, 
well andernfalls die Verdffentlichung dieser bedeutungs- 
vollen Befunde wohl sicherlich nicht unterlassen worden 
ware. 

Friedmann (41) fiihrt diese Ergebnisse auf Fremdkbrpertuberkulose 
zuriick und legt auf daa Versagen der Weiterimpfungen grofiten Wert. 

Piorkowski (95) teilt mit, daS Meerschweinchen selbst Doaen von 
100 und 300 mg Schildkrotentuberkelbazillen (um welchen Stamm es sich 
handelt, geht nicht klar hervor, wohl um den I. Friedmannstamm) 
reaktionslos vertrugen. Die anfangs entstandenen hirsekorn- bis etwa 
erbsengrofien Knotchen (wohl an der Impfstelle? Verf.) verschwanden nach 
3—4 Wochen wieder vollig. Organe stets frei von tuberkulosen Ver- 
iinderungen. 

Baumann (7) konnte bei 17 Meerschweinchen, denen er 7 Tage nach 
der Bubkutanen Infektion mit 2 mg menschlicher Tuberkelbazillen je 0,5 ccm 
einer leicht opaleszierenden Aufschwemmung — also wohl von der Eou- 
zentration des Mittels — intramuskular eingespritzt hatte, bei der Bektion 
nach durchschnittlich 43 Tagen niemals Abszessc oder Infiltrate feststeUen. 
Nur bei 4 Tieren war leichte Verdickung vorhanden, (Eine Herausziichtung 
der Friedmannbazillen aus Blut oder Impfdriisen gelang zu diesem Zeit- 
punkt bei keinem der Tiere.) 

Kruse (73) fand bei Meerschweinchen, die mit Mengen bis zu 60 mg 
infiziert waren, bei der Sektion nach 3 — 6 Monaten keine Spuren von 
tuberkuloseartigen oder sonstigen Veranderungen. Die Tiere hatten auch 
stets negative Intrakutanreaktion nach Romer gegeben. Die von anderen 
gelegentlich gefundenen Herde bei zu friih getbteten Tieren seien harmlose 
Fremdkorpertuberkel, da eine Weiteriibertragung nie gelingt. Eine ihm zur 
Verfiigung gestellte, aus solchen Herden nach Monaten herausgeziichtete 
Kultur verhielt sich genau, wie die ihm vor 1*/^ Jahren iibergebcne, zur 
Herstellung des Mittels ausschliefilich verwendete Originalkultur Fried¬ 
manns, woraus Kruse schlieflt, dail von einer Anpassung an den Warm- 
bliiterorganismuB nichts zu merken sei. 

Ehrlich (22) bzw. Boehncke (vorlaufiger Bericht vom 
4. VIII. 1913) berichten fiber zahlreiche Meerschweinchen- 
impfungen. 

Von 38 Tieren, die mit je 2,5 mg einer Originalkultur subkutan ge- 
impft waren, gingen 4 nach 8—19 Tagen interkurrent ein. Ein nach 
75 Tagen gestorbenes Tier zeigte in der rechten Lunge zahlreiche Knotchen, 
doch waren in Abstrichen oder Schnitten keine skurefesten Stabchen 
zu finden. Ein anderes, nach 86 Tagen getotetes Tier wies am rechten 
unteren Lungenrand eine verkaste, kleinbohnengrofie Partie und vergrbfierte 
Bronchialdriisen auf. Ausstriche und Kulturen waren auch hier negativ. 
Die iibrigen 32 Tiere lebten zur Berichtszeit. 

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Mit Weiterzuchtungen der Originalkultur bei 37® wurden 5 Meer- 
flchweinchen mit 2,5 mg intravenSs geimpft. Alle lebten nach 2 Monaten 
nocb. Ferner wurden mit der gleichen Unterkultur 5 Tiere mit je 2,5 mg 
intraperitoneal geimpft. Wahrend bei 2 von diesen Tieren keine krank- 
haften Organveranderungen gefunden wurden und 1 bei Berichtsabgabe 
noch lebte, wurden bei einem nach 57 Tagen gestorbenen Tier in der 
Lunge difius infiltrierte Partien, bei dem letzten, das 5 Tage nach einer 
48 Tage nach der Impfung vorgenommenen Tuberkulineinspritzung (0,5 Alt- 
tuberkulin) gestorben war, in der Leber ein kleiner, makroskopisch wenig 
verdachtiger Herd gefunden. Die mikroekopische Untersuchung bei beiden 
Tieren war zur Zeit der Berichtsabgabe noch nicht abgeschloasen. 

Schliefilich wurden mit einer bei Zimmertemperatur gewachsenen 
Glyzerinkultur je 2 Tiere mit den Mengen von 5,0, 7,5, 10,0, 12,5 und 
15,0 mg subkutan infiziert. Die beiden 15 mg-Tiere gingen am 11. bzw. 
18. Tage an Pneumonie ein, alle anderen lebten am 4. VIII. 1913 (etwa 
1 Monat nach der Impfung). 

Im abschlieSenden Bericht v. 26. I. 1914 wird auf eine Kultur 
vom 1. VIII. 1913 naher eingegangen. Alle 18 mit 2,5 mg dieser Kultur, 
die auch im Wachstum von den iibrigen abwich (stark abgeschwiichtes 
Wachstum auf festen Nahrboden, keine ZuchtungsmSglichkeit auf Bouillon) — 
subkutan geimpften Tiere erkrankten unter starker Gewichtsabnahme. 
8 Tiere starben zwischen dem 8. und 12. Tage, 2 weitere am 16. bzw. 
18. Tage nach der Impfung unter dem Bilde schwerster Kachexie. Sektions- 
befund v611ig negativ. Von den verbliebenen 8 Tieren starb eines am 
30. Tage an eitriger Peritonitis, die anderen erholten sich und wiesen bei 
der nach 4 bzw. 5 Monaten erfolgten Schlachtung einen voUig normalen 
Bektionsbefund aUer inneren Organe auf. 

Bei 12 Tieren wurden je 25 mg einer „normalen“ Kultur zusammen 
mit 2 g steriler Butter intraperitoneal verimpft. Hiervon wurden 5 Tiere 
nach 3 Monaten getStet und zeigten Reste eitrig-fibrinSser Peritonitis und 
abgekapselte Abszefiherde an und in den Organen der Bauchhohle ein 
Befund, wie er auch fiir die iibrigen saprophytischen sfiurefesten Bakterien 
bekannt ist. Von Interesse ist, da6 auch die nur mit steriler Butter 
geimpften Kontrolltiere am Netz vereinzelte miliare KnStchen mit 
fettartigem Inhalt aufwiesen. 

Schroder (107) verimpfte, da Kruse bei intraperitonealer Ver- 
impfung von 60 mg keine tuberkulosen Veriinderungen gesehen hatte, 
70 mg einer von L. Rabinowitsch aus einem Original-Impfstofirohrchen 
geziichteten Kultur intraperitoneal auf 2 Meerschweinchen. Bei der Totung 
nach 72 Tagen (also 1 Monat friiher als die Kruseschen „60 mg“-Tiere) 
fand sich bei dem einen Tier im grolien Netz und in der rechten Bauch- 
wand je ein bohnengroSer verkaster Knoten, bei dem anderen nur ein 
kleines hartes Knotcben in der Bauchwand. Weiterimpfungen einer 
Kochsalzemulsion des verkiisten Inhaltes der beiden Knoten vom ersten 
Meerschweinchen auf eine 2. Serie und von Lungenherden eines Tieres aus 
dieser auf 2 Tiere der 3. Serie ergaben eine zunehmende Patho- 
genitat der Bazillen, so dafi bei der 3. Reihe von Versuchstieren 
bereits eine sehr ausgedehnte Phthise festzustellen war. Nach 



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Ueber daa Friedmannsche Tuberkulose-Schutz- xind -Heilmittel. 26& 


Schrdders Ansicht stellt der Friedmannstamm eine Ueborgangsform 
des Kaltbliitertuberkuloseerregers zum humanen Typus dar. 

Die Versuche Schroders rechtfertigen bei ihrer Wichtig- 
keit wohl ein genaueres kritisches Eingehen. 

Der Befund von Serie I Tier 1, das nach 72 Tagen getotet wSrden 
war, l^t sich durch die grofie Impfdosis ungezwungen erklaren. Wohin 
BoUen auch derartige Massen von Saurefesten, die der Auflosung dock 
bekanntlich groBere Widerstande entgegenstellen, gelangen? Die gefun- 
denen Abszesse und Tuberkel sind als Fremdkorperabkapselungen und 
Fremdkbrpertuberkel leicht verstiindlich. Die in Ausstrichpraparaten des 
Eiters vorhandenen zahlreichen, zum Teil komig zerfallenen saurefesten 
Stabchen geben sich durch ihre kurze Form als die Friedmannbazillen 
zu erkennen. 

Bei detn Tier Serie II 1 von 800 g, das nach 122 Tagen getotet wurde 
(780 g), fallen angesichts der intraperitonealen Verimpfung von 2 ccm einer 
reichlich bazillenhaltigen Eiteraufschwemmung die geringen Veriinderungen 
an den Abdominalorganen auf. (Aufier ziemlich reichlichem blutig-serosem 
Exsudat und leichter Vergrofierung der makroskopisch normalen Milz kein 
Befund.) Mikroskopisch wurden allerdings in MUz und Leber kleinste 
miliare Tuberkel festgestellt; in der Milz auch vereinzelte saurefeste Stabchen. 
Ihre Form und GroSe ist nicht angegeben. 

Wahrend bei dem niakroskopischen Sektionsbefund von Verande- 
rungen der Lunge nichts erwahnt ist, findet sich unter den „hi8tologi8chen 
Befunden“ die Angabe, daB Lungenschnitte das Bild der kasigen 
Pneumonio darboten. Im typischen Alveolarexsudat waren zahlreiche gut 
gefarbte saurefeste Stabchen vorhanden, die teilweise gekornt waren und 
morphologisch durchaus dem Tuberkelbacillus humanen 
Typs glichen (vom Verf. gesperrt). Sie waren also wohl deutlich langer, 
Bchlanker und leicht gebogen. Damit batten wir auch eine mor- 
phologische Umwandlung vor uns. Der Hauptschritt zur 
Umwandlung ware also bei diesem Tier (und dem Paralleltier 
Serie II 2) erfolgt. 

Das Meerschweinchen Serie II 2 starb nach 189 Tagen, also etwas 
iiber 6 Monaten. Unter dem makroskopischen Befund ist u. a. angegeben; 
Peritoneum glatt, keine Driisen. In alien Lungenlappen deutliche lobu- 
lare bronchopneumonische Herde. Beim Durchschneiden entleert sich aus 
einzelnen Herden kasiger Eiter, in dem reichlich saurefeste Stab¬ 
chen *) gef unden werden. Unter den „hi8tologischen Befunden“ wird mit- 
geteilt: In Schnitten einer vergroBerten Mesenterialdriise fanden wir 
Tuberkelknotchen ... In Leber und Milz waren tuberkulose Verande- 
nmgen nicht deutlich zu erkennen, dagegen in Lungenschnitten peri- 
bronchiale und perivaskuliire miliare Tuberkelbildungen . . . An einzelnen 
Stellen der Schnitte sah man beginnende kasig-pneumonische Infiltration. 
Saurefeste Stabchen waren nicht zu finden'). 

Bei beiden Tiereu der Serie II finden sich also die hauptsiichlichsten 
Veriinderungen in der Lunge, und zwar bei intraperitonealer Verimpfung. 

1) Vom Verf. gesperrt. 


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8olIte da nicht der leise Verdacht erweckt werden, daO eine Aspirationa- 
tuberkulose mit hineingespielt haben kann? Nach den Untereuchungen 
Oettingers (90) u. a. iet ja wohl bekannt, dafi nacb dem Uebertritt von 
Tuberkelbazillen in die Blutbabn — im vorliegenden Falle wiirden die 
Friedmannbazillen von der Baucbbdble aus auf dem Lympbwege in das 
Blut gelangt sein — baufig die Lungen allein oder vorwiegend erkranken, 
und zwar liegt das nicbt an einem starkeren mecbaniscben Zuriickbalten 
der Keime in den LungengefiiBen, sondem an der erbobten Disposition 
des Lungengewebes, aucb auf das Eindringen weniger Bazillen bin zu er¬ 
kranken. Aber wir miissen gesteben, da£ uns besonders jener morpbo- 
logiscbe Befund bei Tier T1 1 „8tutzig macbt“, und ebenso die Angabe 
Scbrdders, daS Bpontantuberkulose in seinem Meerscbweincbenstall „nur 
auOerst selten“, also docb immerbin beobacbtet worden ist. 

Im Giesundbeitsamt kann icb micb im Laufe mebrerer Jabre an 
tausenden von Meerscbweincben keines einzigen Falles von Spontantuber- 
kulose entsinnen. Eine Lungenbeilstatte ist eben docb in dieser Beziebung 
ein etwas gefabrUcber Ort. 

Wenn, was wir keineswegs bestimmt bebaupten wollen, wirklicb docb 
eine unbeabsicbtigte Ansteckung erfolgt sein sollte, so ist sie aller Wabr- 
Bcbeinlicbkeit nacb bei den beiden Tieren (oder einem, das dann das 
andere angesteckt bat) der II. Serie eingetreten. Denn die Tiere der 
III. Serie, die mit Lungenstuckcben von Tier II 2 subkutan infiziert waren, 
gaben den Befund einer regelrecbten allgemeinen Drusen- und Organ- 
tuberkulose. Jedenfalls sind die Scbroderscben Befunde von aller- 
groflter Bedeutung und fordern unbedingt zu einer Nacbpriifung beraus'). 

e) Das „ Mitt61“. 

Beobachtungen bei direkter Verimpfung des 
„Mittels“aufMeerschweinchen wurden von Rabinowitsch 

1) Anm. bei der Korrektur: Eine solcbe Nacbpriifung ist inzwiscben 
von mir vorgenommen worden. Ueber das Ergebnis, auf das bier leider 
nicbt mebr eingcgangen werden kann, wird in einer besonderen Mitteilung 
beriebtet werden. Hier sei nur erwiibnt, dafi zwar nicbt mit der von 
Scbroder mir giitigst iiberlassenen Kultur, wobl aber mit der seinerzeit 
von mir aus der Impfstelle des Meerscbweincbens No. 14 (s. p. 3(X) Anm. 2) 
geziicbteten Kultur an einem Tier, bzw. den Weiterimpfungen von diesem, 
Beobacbtungen erboben wurden, die den Scbroderscben Befunden v5l1ig 
entsprecben. Man wird aber diese Befunde nicbt im Scbrbderscben 
Sinne — Uebergangsstellung vom Kaltbliitertuberkelbazillus zum bumanen 
Typus — verwerten diirfen, sie vielmebr in der Weise auffassen miissen, 
wie die Feststellungen von Kolle, ScbloSberger und Pfannenstiel 
(Deutsche med. Wocbenscbr., 1921, p. 457), welcbe Forscber auCer mit 
Friedmann- und Froscbtuberkelbazillen-Stiimmen aucb mit anderen, sicber 
sapropbytiscben „Saurefe9ten“ ganz entsprecbende Veriinderungeo erzielen 
konnten. Beziiglicb der Bedeutung dieser Beobacbtungen fiir die Be- 
wertung der Scbadlicbkeit der Friedmannbazillen sei auf die Ausfiibrungen 
p. 273 verwiesen. 



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Ueber das Friedmannsche Tuberkuloee-Schutz- und -Heilmittel. 267 

(100), Kaufmann (56,57), Piorkowski (95), Meinicke(80) 
und Ehrlich-Boehncke (22) mitgeteilt. 

Nach Rabinowitsch (100) war bei den mitdem „Mittel“ angestellten 
Tierversuchen kein merklicher Unterschied zwischen den 2—3 Wochen 
alten und den 24—48-8tundigen Proben zu erkennen. Wahrend einige 
Tiere 'j, Ainpulle ohne krankhafte Verandeningen ertrugen, wies ein sub- 
kutan geimpftes, nach 3 Monaten verstorbenes Tier auQer verdkchtigen 
Leberherden einen erbsengroilen ImpfabszeH auf, aus dem keine Saure- 
festen, wohl aber Btaphylokokken isoliert werden konnten. Ein subkutan 
mit */» Ampulle No. 3=5 mg geimpftes Tier ging nach 3 Monaten ein 
und wies geringe Vergroflerung der Inguinal- und Iliacaldriisen und der 
Milz, ferner in der Leber drei verd&chtige miliare Knotchen auf. In der 
Leber wurden durch Ausstrichpraparate und Kultur saurefeste Btabchen 
nachgewiesen. Rabinowitsch bezeichnet demnach das Friedmann¬ 
sche Mittel als nicht „ganzlich harmIos‘‘. 

Als ganz aus den Befunden der flbrigen Forscher, ab- 
gesehen etwa von SchrSder, herausfallend, sind die Ergeb- 
nisse Kaufmanns (56, 57) zu bezeichnen. 

Er hatte am 9. II. 1914 ein Meerschweinchen mit 0,2 ccm einer Am¬ 
pulle I, also mit 2 mg geimpft Tod nach 20 Tagen. Mallig ausgebreitete 
makroskopische, mikroekopisch sichergestellte Tuberkulose. Die Milz wurde 
auf ein 2. Meerschweinchen weiterverimpft Tod nach 36 Tagen: Schwere 
Tuberkulose von bauchfell, Leber, Milz, Lunge und Drusen. Hiervon Ver- 
impfung auf 3 weitere Tiere, die ebenfalls an schwerer Tuberkulose starben. 

Angesichts dieses mit alien anderen Beobachtungen, selbst 
der von Schroder, der ja viel massiver impfte (70 mg intra- 
peritoneal), in Widerspruch stehenden Befundes kann man 
die Vermutung nur schwer unterdriicken, daB entweder das 
erste Tier schon vor der Impfung tuberkulos war, Oder daB 
unabhSngig von der Impfung noch eine Infektion des Tieres 
mit echten Tuberkelbazillen stattgefunden hat, was insofern 
einigermaBen mbglich erscheint, als der Versuch — wie iibrigens 
auch der von Schroder (107) — in der LungenheilstStte 
Schomberg vorgenommen wurde. 

Der Tierversuch, fiber den Meinicke (80) berichtet, 
hebt sich vor den anderen durch die wiederholte In- 
jektion des Mittels heraus. 

Ein Meerschweinchen erhielt 

am 19. 1. 1914 0,2 einer Ampulle I intraperitoneal =2 mg, 

am 6. II. 1914 0,2 einer anderen Ampulle I intraperitoneal =2 mg, 
• am 21. III. 1914 0,5 einer dritten Ampulle I intraperitoneal =2 mg. 

(Der Inhalt der 3. Ampulle war stark mit sporentragenden Bazillen 
verunreinigt.) Das Tier starb am 31. 111. 1914 und bot folgenden Refund: 


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Impfkanal vereitert, mit zahlreichen kleinen grauen Knotchen. Leber und 
Milz verklebt, vergrbOert, mit stecknadelkopf- bis linsengrofien grauen und 
gelben Herden besetzt, die sich bei der Leber auch in die Tiefe des Gewebea 
yerfolgen laasen. Mikroskopisch waren im Eiter des Impfkanals, auf der 
Peritonealoberflache und in verschiedenen Leberberden sivurefeste Btabchen 
zu finden. Die histologische Untersuchung (Dr. Ceelen) ergab in der 
Leber chronisch entziindliche, umschriebene Herde mit fibroser Blapsel 
und vereitertem Zentrum. Eine spurlose Resorption solcber Herde ist 
nach Ceelen unwahrscheinlich. 

Zu diesem Falle ware zu sagen, dafi der Befund der 
saurefesten Stabchen 10 Tage nach der letzten (3.) Injektion 
nicht flberrascht. Nach dem histologischen Ergebnis liegt 
keine echte Tuberkulose, sondern die Bildung chronisch-eite- 
riger Granulationsknoten vor (Mangel der Verkasung, Leuko- 
zytengehalt, fibrose Kapsel). 

Bei den rasch wiederholten Injektionen war gar keine Gelegenheit zur 
Riickbildung gegeben. Friedmann (43) betrachtet diesen Fall als ana- 
phylaktische Wirkung. 

In dem Ehrlich-Boehnckeschen voriaufigen Bericht(22) 
finden sich Angaben fiber 10 von Friedmann selbst mit 
je 0,5 ccm seines Mittels — also wohl mit 5 mg — am 
10. II. 1913 subkutan gespritzten Meerschweinchen. 

4 Tiere verendeten interkurrent an Seuche, eines fiel durch vor- 
geschrittene Faulnis aus. 4 Tiere, gestorben nach 23, 33, 33 und 49 Tageu, 
zeigten bei der Autopsie vereinzelte Knbtchen an der Lunge, bzw. Leber, 
bzw. Milz. Mikroskopisch keine saurefesten Bazillen gefunden, auBer bei 
dem nach 23 Tagen verendeten Tier No. 742, bei welchem eine erbsen- 
grofie Driise an der Injektionsstelle (wohl Leistendruse) zahlreiche schlanke 
skurefeste Btabchen enthielt, in Schnitten keine spezihsch tuberkulbsen 
Veranderungen. Bei dem letzten Tier No. 748 (f am 26. Tage) wurden 
bei vdllig normalem Organbefunde nachtraglich in Schnitten durch die 
makroskopisch nicht veriinderte Milz am aufieren Rande zahlreiche Nester 
saurefester Stabchen gefunden. 

Boehncke schlieflt fiir dieses Tier Spontantuberkulose aus; ob aber 
die saurefesten BaziUen die Friedmannbazillen waren, habe sich nicht mehr 
feststellen lassen, da eine Kultur bei dem tot aufgefundeuen Tier von 
vorneherein aussichtslos gewesen und bei dem normalen aufieren Organ- 
befund auch gar nicht in Frage gekommen sei. 

Unseres Erachtens erweckt der Befund den Verdacht, 
dafi bei der Injektion eine kleine Menge unbeabsichtigt in 
die Bauchhohle gekommen sei, was ja bei Tieren mit dfinnen 
Bauchdecken fiir seltene Falle nicht ganz auszuschlieBen ist.' 

Moellers (86) und Rabinow'itsch in einem Nachwort hierzu be- 
zeiohnen die Organveranderungen an den 5 erwahnten Tieren ebenso wie 


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Ludwig Lange, 


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ausgesprochene Beftirchtung gewinnen iSBt, es mochten die 
Friedmannbazillen im menschlichen KSrper sich wieder 
ihrem supponierten Ausgangstypus, eben den hu- 
manen Bazillen annShern. Und zwar wird eine 
Nichtinfektiositat urn so hbher im angedeuteten Sinne 
zu bewerten sein, je linger vor der Herausziichtung 
sich die Friedmannschen Bazillen im Kbrper be- 
funden haben. Angaben iiber derartige Versuche liegen 
von Barnes (6), Rabinowitsch (100), Neumann (89), 
Bischoff und Schmitz (12) und Fromme (46) vor. 

Barnes (6) verimpfte am 15. V. 1913 Bazillen aus einer Glyzerin- 
agnrkultur, die er aus einem Glutaalabsze3 eines mit dcm Mittel geimpften 
Patienten (Patientin?) des Rhode Island Sanatoriuros gewonnen hatte, 
intraperitoneal bzw. subkutan auf je 1 Meerschweinchen. Beide Tiere 
zeigten stete Wohlbefinden, und bei der nach 70 Tagen, am 26. VIII., er- 
folgten T6tung konnte bei keinem der Tiere eine tuberkulose Veranderung 
festgestellt werden (.,no evidence of tuberculosis could be found“). 

(Es dlirfte sich hier um den gleichen Stamm handeln, den 
Barnes an Lydia Rabinowitsch geschickt hatte. Diese 
berichtet (100), daB der Stamm bei Zimmerternperatur vorlSufig 
besser wachse und groBe Aehnlichkeit mit dem Dubard- 
Ter r eschen Karpfenbacillus habe. Vermutlich ist diese Bevor- 
zugung der niedrigeren Ziichtungstemperatur einfach auf die 
Vermehrung der Bazillen wahrend des Transportes von Amerika 
her und die dabei erfolgte Anpassung an die „Zimmertempe- 
ratur“ zuriickzufflhren.) 

Rabinowitsch (100) hatte jedenfalls im Juni 1913 von Barnes 
eiiien Stamm erhalten, den dieser aus einem ImpfabszeQ bei einer von 
Friedmann selbst geimpften Patientin gezuchtet hatte. Sie bringt keine 
genaueren Angaben iiber Tiere, die mit dieser „amerikanischen“ Kultur 
geimpft waren, so daB man schlieBen muB, daB die betreffenden Tiere zu 
jener Reihe von Meerschweinchen gehorten, die nach subkutaner wie intra- 
peritonealer Impfung mit 0,5—2 rag teils monatelang lebten, und bei der 
Sektion ohne jede Veranderung waren, teils aber nur vereinzelte, „mehr 
Oder weniger ausgesprochene tuberkuloseverdachtige Herde in den ver- 
groBerten Driisen, Leber oder Milz“ batten, die bei Weiterverimpfung keine 
tuberkulosen Prozesse hervorriefen. 

Rabinowitsch ziichtete sich ferner aus einem ihr am 20. I. 1914 
iibergebenen Eiter aus einem GlutaalabszeB eine Kultur, die sie ebenso wie 
den Eiter und tuberkulbses Granulationsgewebe (mit epitheloiden und 
Langhansschen RiesenzellenI) auf Meerschweinchen verimpfte. 

Auch diese Tierversuche waren zur Zeit der Veroffentlichung der 
Arbeit noch nicht abgeschlossen. Auch sie diirften aus den oben 



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Ueber das Friedmannsche Tuberlnilose-Schutz- und -Heilmitte). 271 

p. 263 angegebenen Grunden bei der Weiterverfolgung kaum zum 
Auftreten typiacher Meerschweinchentuberkulose gefiihrt 
haben. 

From me (46) stellte Tierversuche mit Brustdrfisen- 
eiter und dem daraus gezuchteten Stamm von Friedmann- 
bazillen an. 

Ee handelte sich um eine 36-jahrige Frau, bei der, wohl ausgelost 
durch einen etwa 4 Wochen nach der (2.) intravenosen Einspritzuug von 
Friedmanns Mittel erlittenen Btofi. 2 Wochen spater zuniichst in der 
rechten, nach weiteren 3 Wochen auch in der linken Mamma Tumoren 
aufgetreten waren, in deren Eiter die Friedmannbazillen mikroskopisch 
und kulturell nachgewiesen wurden. Die Bazillen hatten also etwa 4 Wochen 
nach der letzten Injektion noch im Korper der Patientin gekreist'). Der 
Btamm wurde am 28. IV. 1914 herausgezuchtet. From me schreibt in 
der am 25. VII. 1914 erschienenen VerbflTentlichung: „Bei den mit dem 
Ausgangsmaterial wie mit groUen Dosen der aus dem Abszefi gezuchteten 
Stabchen geimpften Meerschweinchen und Kaltbliitern sind bisher keine 
tuberkulosen Veranderungen aufgetreten." 

Wie ich von Herrn Prof. Fromme erst kiirzlich per- 
sbnlich erfahren habe, ist auch weiterhin keines der Meer- 
Bchweinchen an Tuberkulose erkranktoder eingegangen. 

Neumann (89) verimpfte Fistelsekret aus einem 48 Tage 
nach der Impfung durchgebrochenen AbszeB einer Patientin 
auf 2 Meerschweinchen. 

Eines dieser Tiere wies nach der Totung ein grofies verkastes Mesenterial- 
driisenpaket und ziemlich viele bis erbsengroQe erweichte Knoten in der 
Leber auf, wahrend die Impfung des anderen Tieres ein negatives Ergebnis 
hatte. (Angaben iiber die Art der Impfung und den Zeitpunkt der Totung 
fehlen, doch weist der Befund und die untenstehende Zeitangabe iiber die 
Totung eines anderen Tieres darauf hin, daB wohl intraperitoneale Impfung 
und Totung nach etwa 3 Wochen vorlag.) 

Mikroskopisch wurden schlanke Stabchen von typischer Siiure-, ge- 
ringerer Alkoholfestigkeit gefunden. Die Kultur wuchs bei Zimmer- 
temperatur sehr iippig, schraierig, bei 37 “ schlechter. Mit dieser Reinkultur 
(Dosis?) wurde wiederum 1 Meerschweinchen und 1 Kaninchen geimpft. 
Bei der Totung nach 3 Wochen (1) wurden bei dem Meerschweinchen hoch- 
gradige Degeneration der parenchymatosen Organe und einzelne Knotchen 
der Leber und Milz vorgefunden. Das Kaninchen wies in der Leber ver- 
schiedene hanfkorngroBe Knotchen auf. „Die mikroskopische Unter- 

1) Barnes (6) teilt mit, dafi im Zentrifugat von 10 ccm Blut von 
9 Patienten 34 Tage nach der Injektion keine Friedmannbazillen nachzu- 
weisen waren; ebenso envies sich 5 Tage nach der Einspritzung der Harn 
von 10 Patienten als frei von ihnen. 


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suchong steht noch aus, so daS ich noch nicht von Tuberkeln reden 
kann.“ Das Mittel sei also nicht ganz harmlos, „ruft ee doch im Tier- 
versuch gelegentlich Tuberkel- bzw. Knotenbildung hervor. 

Wir diirfen wohl annehmen, daU auch Neumann im 
weiteren Verlaufe seiner Versuche nicht zu Befunden einer 
typischen Tuberkulose gekommen ist. 

g) Allgemeine Bemerkungen zu den Meer- 
schweinchenversuchen. 

Wie wir schon des dfteren hergehoben haben, miifite man 
es als eine unbedingte Pflicht eines jeden, der mit Friedmann- 
stSmmen beim Meerschweinchen — unmittelbar oder erst nacb 
mehreren Durchschickungen — eine typische Tuberkulose er- 
zeugen oder beobachten konnte, bezeichnen, von diesen Be¬ 
funden in der Fachpresse Kenntnis zu geben. 

Nun liegen eigentlich von hierher gehorigen Feststellungen 
nur die schon erwahnten und kritisch beleuchteten von Kauf¬ 
man n (56,57) und Schroder (107) vor. Beide sindam gleichen 
Orte, in der Lungenheilstatte Schomberg, erhoben worden. 
Trotz den ausdriicklichen Angaben Schroders, daB sowohl 
eine vorherige [negative Intrakutanreaktion! — die fibrigens 
nach eigenen Beobachtungen wie nach den neuerlich verSffent- 
lichten Befunden von H. Mil Her (88) nicht vSllig beweisend 
erscheint] noch eine nachfolgende Spontaninfektion ausge- 
schlossen sei, muB unseres Erachtens die Frage 
nach einer „Ruckumwandlung“ der Friedmann- 
bazi'llen zu echtenTuberkelbazillen bis jetzt noch 
offen bleiben. 

Von den Kaufmann-SchrSderschen Beobachtungen 
abgesehen, ist also bis jetzt nirgends eine allmahlich ge- 
steigerte Pathogenitat der Schildkrbtentuberkelbazillen fur 
Meerschweinchen nachzuweisen gewesen. 

Es darf wohl auch noch auf einen Punkt aufmerksam 
geraacht werden: Selbst bei Schroder und Kaufmann, 
wie auch bei Neumann (89) u. a. fauden sich die tuber- 
kulosen VerSnderungen stets nur bei einem von zwei oder 
mehreren gleichartig, und zwar meist mit recht betrSchtlichen 
Impfmengen infizierten Tieren. Man vergleiche damit das 
Verhalten der Meerschweinchen gegeniiber der Impfung mit 



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Ueber das Friedmannache Tuberkulose-Schutz- und -Heilmittel. 273 

echten Tuberkelbazillen. Wenn sich auch unter Umstanden groBe 
zeitliche Unterschiede finden, so dflrfte der Befund, daB von 
2 Tieren nur eines erkrankt, das andere-aber gesund bleibt, 
nur auf solche Fklle beschrknkt bleiben, wo die Zahl der 
Tuberkelbazillen im Impfmaterial eine verschwindend kleine 
und unregelmBBige war oder wo es sich um BuBerst ge- 
schkdigte, alte, zum Teil abgestorbene Kulturen handelt, 
niemals aber bei Impfung unter den Verhaitnissen, wie sie 
bei all den erwfihnten „Friedmannversuchen“ bestanden. 

Und schlieBlich wiirde die wirklicb nachgewiesene 
Moglichkeit einer Virulenzsteigerung fflr das Meerschwein- 
chen immer noch nicht unbedingt fiir eine GefShr- 
lichkeit des Impfstoffes flir denMenschen sprechen, 
denn derartige kiinstlich dem Meerschweinchen angepaBte 
Bazillen werden eben nicht auf den Menschen verimpft. Eine 
gewisse Analogie iSge erst dann vor, wenn man die Fried- 
mannbazillen von Mensch zu Mensch, unter Zwischen- 
schaltung von nur einer oder wenigen Zflchtungen auf kflnst- 
lichen NShrboden vornehmen wollte. Doch daran wird nie- 
mand denken ^). 

Man kSnnte auch noch die Frage aufwerfen, ob denn 
ein gesteigertes KnStchenbildungsvermogen den 
SchluB auf eine engere Verwandtschaft mit den Warmblilter- 
tuberkelbazillen zu einem zwingenden macht, nachdem fflr 
alle SSurefesten grundsatzlich diese Eigenschaft 
festgestellt ist — sie mag unter UmstSnden mehr oder weniger 
latent sein — und nachdem Virulenzsteigerung durch Tier- 
passagen zu den „Gesetzen“ der allgemeinen Bakteriologie 
gehflrt. 

Die Franzosen bezeichnen die Forderung, dafi sich Tuberkulose weiter- 
verirapfen lassen miisse, als „la loi de Hippolyte Martin" (Philibert, 94, 
p. 59). Es sei erwahnt, dafi Philibert bei Gelegenheit der Besprechung 
des Beckschen B. tuberculoides II, der aus einem Mandelpfropf gewonnen 
war, an der unbedingten Giiltigkeit dieses Gesetzes zweifelt (p. 63). 

1) Wenn ein derartiges Vorgehen auch vom Standpunkte der 
„JenneriBierung“ aus an sich als nicht so absurd bezeichnet werden kdnnte, 
als es zunachst den Anschein hat, so werden wir im Berichte fiber die 
Immunisiemngsversuche der Jahre 1919 und 1920 darauf eingehen, auf 
welch schwachen Ffifien der immer wiederkehrende Vergleich der Fried- 
mannbehandlung mit der ISchutzpockenimpfung steht. 


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Auch nach Meinicke (80) ist der Umstand, da6 mit den Friedmann- 
bazillen keine Weiterimpfung von Tier zu Tier gelinge, kein bindender Be- 
weia gegen die tuberkulose Art. Zum Vergleiche zieht er die friiheren 
Erfahrungen mit dem Poliomyelitis-Virus heran. Eine „gewi8Be Patho- 
genitat“ sei den Friedmannbazillen .,nicbt abzustreiten". 

h) Zusammenfassung. 

Wenn wir alle vorliegenden Literaturangaben fiber das 
Verhalten der Friedmannbazillen im Meerschweinchen zu- 
sammenfassen, so wird man etwa folgendes sagen konnen: 

Neben vollig negativen Befunden bei Verimpfungen 
in Dosen, die ffir den Fall, daU es sich um echte oder den 
echten sehr nahestehende Tuberkelbazillen handelt, unbedingt 
zu einer todlichen Erkrankung der Tiere ffihren miiBten, finden 
sich zahlreiche Beobachtungen, nach denen es zu mehr oder 
Oder weniger tuberkulosefthnlichen Verfinderungen 
gekommen ist. 

Aber alle diese festgestellten Knotchen und Abszesse 
sind, darin muB man Friedmann und Kruse unseres Er- 
achtens unbedingt beistimmen, unter den Begriflf der „Fremd- 
korpertuberkeP zu fassen. Bietet einerseits der hfiufige Be- 
fund von reichlicher Beimengung von Leukocyten und von 
mehr weniger ausgesprochenen bindegewebigen Kapseln um 
die Herde schon einen Hinweis ffir einen Unterschied gegen- 
fiber echten Tuberkeln, so kann andererseits dem Vorkommen 
von Riesenzellen nicht die unbedingt beweisende Kraft 
ffir „echte“ Tuberkulose zugeschrieben werden, wie das von 
vielen Seiten geschah. Es ist bekannt, daB auch durch ab- 
getotete Tuberkelbazillen, durch sicher saprophytische Sfiure- 
feste, ja auch durch pflanzliche Partikel (siehe z. B. v. Gyer- 
gyai, 51) das Auftreten von Riesenzellen hervorgerufen wird. 
Kirch (58) fand in den Pseudotuberkeln bei experimentellem 
Paratyphus sparliche und vereinzelte Riesenzellen. Nach 
Apostopoulos (bei Kirch zitiert) sind sie sogar hfiufig 
und konstant. 

Ueber ein Angehen und — wie aus allgemeinen Er¬ 
fahrungen zu erwarten ist — eine Steigerung der Infektion 
bei Weiterverimpfung erkrankter Organstficke auf Meer¬ 
schweinchen liegen bis jetzt nur die Befunde von Kauf- 



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Ueber das Friedmannsche Tuberkulose-ychutz- und -Heilmittel. 275 

mann und von Schroder vor. Die Einwande und Be- 
denken gegen diese Feststellungen sind oben ausgesprochen. 

Es muB ferner hervorgehoben werden, daB bei gleich 
starker und meist — am echten Tuberkelbazillus gemessen 
— sehr hochgradiger Infektion fast immer nur ein 
einziges Tier krankhafte Veranderungen zeigte. Dieses 
Verhalten als „individuelle Disposition“ aufzufassen, liegt nahe, 
gibt aber statt einer Erkiarung nur Worte. Jedenfalls kann 
gegeniiber echten Tuberkelbazillen von einem derartig weit 
auseinandergehende Folgen herbeiftihrenden EinfluB indivi- 
dueller Disposition der Meerschweinchen keine Rede sein. 

Viel eher wird man das so ungleiche Beantworten der 
Infektion auf ein ^Nichtfestgewordensein^ der Stammeseigen- 
schaften des Schildkrotentuberkelbazillus zurUckfflhren konnen. 

Durch dieses Verhalten nahern sich die Friedmannbazillen 
den Saprophyten. Von vielen Saprophyten, z. B. dem Heu- 
bazillus, den saprophytischen „Saurefesten“ kennt man diese 
„Pathogenitat nur unter gewissen Umstanden**. 

Was schlieBlich die von Boehncke-Ehrlich mitgeteilte 
• Toxizitat einer bestimmten Kultur betritft — vgl. hierzu 
Friedmanns Bemerkungen (43) — so liegen von anderer 
Seite, z. B. Sorgo und Suess, Klemperer ganz ent- 
sprechende Beobachtungen an anderen SSurefesteu vor. Die 
Frage, wie weit hierbei spontan bei Meerschweinchen vor. 
komraende Erkrankungen mitspielen, scheint uns noch nicht 
geklart zu sein. Jedenfalls haben wir an spontan eingegangenen 
Vorratsmeerschweinchen, naraentlich zu Zeiten ungflnstiger 
Witterung und schlechter Futterverhaltnisse (Futter durch- 
naBt und durchkhltet) ganz entsprechende Bilder eines nur 
als nUegativ** zu bezeichnenden Sektionsbefundes oft erheben 
konnen (oder besser gesagt: miissen). 

Auf den ZuBammenhang von Friedmannimpfung und Meerschweinchen- 
seuche werden wir bei der Mitteilung unserer eigenen Versuche noch zu 
sprechen kommen. 

4. Das Verhalten der Friedmannbazillen in anderen 
Laboratoriumstieren. 

Ftlr die Beurteilung des Verwandtschaftsgrades der Fried¬ 
mannbazillen zu den Warmblfltertuberkelbazillen kommt natiir- 


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276 Ludwig Lange, 

lich in allererster Linie das Meerschweinchen in Be- 
tracht. 

Daher seien die in der Literatur vorliegenden Befunde 
an anderen Laboratoriumstieren nur ganz kurz be- 
bandelt. Zunichst die Kaninchenbefunde! 

Friedmann selbat (27) berichtet iiber eine mit Lungenkndtchen der 
Auagangsachildkrote, also dem „1. Stamm“ subkutan geimpftee Kaninchen, 
daa bei der Tdtung nach 3 Monaten nur einen kleinen verkasten Knoten 
an der Impfstelle aufwies. 

Ein mit 3 Oesen des III. Stammes subkutan geimpftes, nach 3 Mo¬ 
naten getotes Tier ergab einen ahniichen, auf die Impfstelle beschrankten 
geringfiigigen Befund, wahrend sich bei einem mit 0,5 ccm Kulturemulsion, 
also etwa 5 mg intravenos geimpften Tiere in der Lunge 3 kleine, miliare, 
scharf bindegewebig umgrenzte Herde aus Epitheloid- und Rundzellen mit 
sparlichen zerfallenen saurefesten Stiibchen fanden. 

fioehncke - Ehrlich (22) und Schroder (107) stellten vollige 
Avirulenz feat. Der letztere sogar bei intravenoser Verimpfung von 50 mg, 
woriiber er sich folgendermaQen aufiert: „Da wir den Friedmannstamm fiir 
eine Abart des humanen Tuberkuloseerregers ansehen, ist dieses Versuchs- 
ergebnis nicht weiter auffallend“. 

L. Rabinowitsch (100) fand bei Verimpfung grofierer Kultur- 
mengen“ ahnliche Veranderungen wie bei Infektion mit humanen Tuberkel- • 
bazUlen. 

Die Befunde, soweit seiche flberhaupt erhoben warden, 
schlie’Ben sich den bei anderen Kaltblutertuberkelbazillen, z. B. 
dem Froschbazillus (K us ter, 74) gewonnenen an. 

Was die an sonstigen Laboratoriumstieren 
(MSusen, Ratten, Hflhner usw.) beobachteten Impferfolge be- 
trifft, so wird auf sie jeweils bei der Besprechung unserer 
eigenen Ergebnisse kurz eingegangen werden. 

Hier sei nur noch erwShnt, daU Friedmann (31) fiir seinen 
I. Stamm angibt, er sei ftir Affen vollstSndig a virulent 
und harmlos, wie das Moeller (84) fQr seinen Blindschleichen- 
stamm ebenfalls feststellte. 

Bis zu einem gewissen Grade dtlrfen auch die Affen als 
ein „Testtier“ fQr Warmblutertuberkulo.se bezeichnet werden. 
Herrscht auch daruber, ob sie mehr fQr den humanen als fQr 
den bovinen Typus empfanglich sind, keine voile Ueberein- 
stimmung, so besteht doch kein Zweifel, dafi sie durch beide 
Typen infiziert werden kSnnon. 



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Ueber das Friedmannsche Tuberkuloee-Schutz- und -Heilmittel. 277 

L. Rabinowitsch (98) fand von 27 Afeo 19 mit dem humanen, 
3 mit dem bovinen Typus, 1 mit beiden Typen, 1 mit Gefliigeltuberkulose 
und 3 mit „atypischen“ Stammen infiziert. Die krankhaften Veranderungen 
gingen mit den infizierenden Typen nicht parallel. 

Nach E. A. Lindemann (77) allerdings nicht sehr zahlreichen Be- 
funden besitzt der humane Typus dem Aden gegenuber eine grbfiere 
Virlenz als der bovine. 

Die Aflfen — ein jetzt allerdings unerreichbares Versuchs- 
tier — dflrften sich zur PrGfung der Frage, ob eine Rttck- 
oder Umwandlung der Friedmannbazillen zu WarmblQter- 
tuberkelbazillen rabglich und daher zu befUrchten ist, hervor- 
ragend eignen. 

6. Das kulturelle Verhalten der Friedmaimbazillen. 

Wenn wir nunmehr zu den Angaben fiber das kulturelle 
Verhalten der Friedmannbazillen fibergehen, so seien 
wiederum die AeuBerungen Friedmanns (27) fiber seinen 
I. Stamm vorangestellt. 

Er hebt hervor, daB die Bchildkrdteutuberkelbazillen schon in der 
ersten bei 37 ° geziichteten Generation den S&ugetiertuberkelbazillen auBer- 
ordentlich ahnlich sahen. 

Von den einige Wochen bei 37® gewachsenen Kulturen wurde eine 
Reihe von Uebertragungen auf Glyzerin^ar gemacht und wiederum bei 
37“ gehalten. „Die8e Kulturen sind von denen menschlicher Tuberkel- 
bazillen nun nicht mehr unterscheidbar." 

Gegenuber dieser II. Generation wuchs die III. Generation „vollend8 
wieder betrachtlich langsamer". Es traten nur einzelne trockene kbrnige 
Enoten auf. Die ganzen Bazillenmassen erhalten schlieBlich ein „gebirgs- 
artiges Wachstum". 

Auf Glyzerinbouillon gibt der Schildkrotentuberkelbazillus runzlige, 
briichige oder flache Hautchen genau wie derKochsche Bazillus. Mikro- 
skopisch sind die bei 37 ® gewachsenen Schildkrdtenbazilleii nach Farbung, 
Form, Lange und Dicke „v611ig ununterscheidbar von denen menschlicher 
Kulturen." 

Das Bestreben, eine „Rfickannaherung‘‘ der Schildkroteu- 
tuberkelbazillen an ihren vermuteten ursprfinglichen humanem 
Typus erkennen zu gebeii, tritt bei dieser Schilderung deutlich 
zutage. Auf den unseres Erachtens tiefgreifenden 
Unterschied 1) des WachstumsvermOgens bei 
Zimmertemperatur, 2) des so fiuBerst raschen 
und fippigen Wachstums bei 37° wird nicht naher 
eingegangen. 

ZetUchr. f. ImniualtXUforechun^. Orf^. Bd. S2. 19 


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Nach den Untersucbungen von C. Fraenkel (24) erhielten 8auge- 
tiertuberkelbazillen erst nach allmahlicher, sich iiber 6 Jahre erstreckender 
Anpassung an stufenweise verminderte Temperatur die Fahigkeit, bei 21® 
zu wachsen; eine Vermehrung war aber erst nach 6 Wochen deutiich. 
fiei einigen Stammen trat allerdings auch bei sofortiger Uebertragung auf 
Zimmertemperatur Wachstum ein, dieses war dann aber noch sparlicher 
und kiimmerlicher als das der allmahlich angepafiten Kulturen. 

Aus dem Umstande, daB eine Wachstumsfahigkeit von 
Kaltblfltertuberkelbazillen bei 37 ® bis zur Entdeckung der Schild- 
krStentuberkelbazillen nicht bekannt war, ist es begreiflich, 
daB Friedmann durch diese kulturelle Eigenschaft seiner 
Bazillen im Zusammenhalt mit den Tierexperimenten auf den 
Gedanken einer besonders nahen Verwandschaft zu den mensch- 
lichen und Rindertuberkelbazillen kommen konnte. 

Heute haben wir es viel leichter, die Verhkltnisse kritischer 
zu betrachten als daraals Friedmann. In der Zwischenzeit 
sind eine Reihe von saurefesten Bazillen bekannt geworden, 
die bestimmt mit echten Tuberkelbazillen nichts zu tun haben, 
aber mit dem SchildkrStenstamm die gleiche Wachstumsfkhig- 
keit bei 37® und die gleichgroBe Aehnlichkeit der Kulturen 
mit Tuberkelbazillenkulturen gemeinsam haben. 

Hier seien nur die Beobachtungeu von Weber und Taute (123) 
an Lhren aus normalen Froscheu herausgeziichteten Moos- und Schlamm- 
bazillcn,dieTrompetenbazillen von Jakobitz,Keyser und 8chmitz (56), 
in gewisser Hinsicht auch die beiden „Tuberkuloiden“ Becks (8) erwahnt. 

Die bis zu Friedmann bekannten „ Kaltblfltertuberkel¬ 
bazillen im engeren Sinne wachsen bei Bruttemperatur nicht. 

Bei dem Bestrebcn, sie an diese hoheren Temperaturen anzupassen, 
batten Kiister (74) und Dieudonnd (19) (nur bis 30°) u. a. Mifierfolge. 

Postal (18) will allerdings nach Bchiitteln und Stehenlassen in 
destilliertem Wasser aus Blindschleichenbazillen auch bei 37® wachsende 
Kolonien erhalteu haben*). 

Wahrend Moellers (83) Blindschleichenbazillus bei Korpertemperatur 
nicht wuchs, berichtet Aujeszky (4), dafi es ihm (khnlich wie vor ihm 
Dubard durch Tierpassagen) gelungen sei, durch stufenweise Anpassung, 
auf Glyzerinkartofi’eln den mit dem Moellerschen identischen Fischbazillus 
Dubard schon in der 5. Generation an 37®, ja spater sogar auf 41—42® 
zu gewohnen. Bemerkenswert ist, dafi die 37 ®-Kulturen sowohl kulturell — 


*) Eine jiingst von Kr41 bezogene Kultur: „Froschbazillus Dostal** 
erwies sich uns als iiberhaupt nicht siiurefest und fiir Frdsche voUig 
avirulent 1 



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Ueber das Friedmannsche Tuberkulose-Schutz- und -Heilmittel. 279 

von einem etwas schnelleren Wacbstum abgesehen — wie in ihrer Virulenz 
fur Meerechweinchen, Kaninchen und die anderen kleinen Laboratoriums- 
tiere den Menschen- und Rindertuberkelbazillen aufierst ahnlich wurden. 
Bei 3 Kalbern enviesen sie sich avirulent. 

Diese interessanten Ergebnisse Aujeszkys sind unseres 
Wissens bis jetzt noch nicht bestatigt worden. DaB sie auch 
auf die Herkunfts- und Virulenzfrage der Friedmannschen 
Bazillen ein bedeutsames Licht werfen, ist klar. Angesichts 
der grundlegenden Bedeutung mBBte man nur genauere An- 
gaben wiinschen, als sie Aujeszky macht. Eine endgQltige 
Entscheidung fiber die Umwandlungsfrage haben sie in der 
vorliegenden Form noch nicht gebracht. 

Die Mitteilungen Friedmanns fiber das kulturelle Ver- 
halten seines III. Stammes finden bei alien sich darfiber 
fiuBernden Forschern eine Bestatigung. Eine Nennung der 
einzelnen Namen erfibrigt sich wohl. 

Uebereinstimmend wird das schmierig-rahmige Wachstum bei Ziramer- 
temperatur, das mehr trockene borkige bei 37® angegeben, Unterschiede 
in der Ueppigkeit des Wacbstums je nach der Temperatur werden wohl 
er^ahnt, doch finden sich in dieser Uinsicht nur geringgradige und nicht 
konstant gebliebene Verschiedenheiten. Auf eine diesbezugliche Beobachtung 
von L. Babinowitsch (100) sind wir oben (p. 270) bereits kurz ein- 
gegangen. Auch sie teilt mit, dafi sich anfangliche geringgradige Unter¬ 
schiede bei ihren verschiedenen Friedmannkulturen spater bei gleichen 
Ziichtungsbedingungen ausglichen. 

Zusammenfassend darf man sagen, daB im 
kulturellen Verhalten doch ein groBer Unter- 
schied gegenfiber den Warmblfitertuberkelbazillen 
besteht, der die Friedmannschen Bazillen nach 
der Seite der saprophytischen Saurefesten zu 
drangt. ■ 

6. Das mikroskopisohe Verhalten der Friedmannbazillen. 

Auch bezfiglich des mikroskopischen Verhaltens, auf 
das schlieBlich jioch kurz einzugehen ist, herrscht im groBen 
und ganzen Uebereinstimmung. 

Wenn auch Friedmann (27), wie oben p. 277 schon erwahnt, in 
seiner ersten genaueren Mitteilung fiber den I. Stamm eine vfillige Un- 
unterscheidbarkeit nach Farbung, Form, Lange und Dicke vom 
Warmblfitertuberkelbazillus behauptet, so geht aus seiner Abbildung doch 

19* 


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fur die bei 22** gewachsenen Bazillen hervor, dafi sie deutlich kiirzer als 
die humanen Tuberkelbazillen aind. 

Fflr den III. Stamm heben fast alle Autoren hervor, daB 
die Bazillen plumper, dicker und kiirzer als die humanen 
Tuberkelbazillen sind. Sie nShern sich somit morphologisch 
mehr dem Typus bovinus. 

Windrath (126) vennifit die „typi8che Lagerung** (Pinael- und 
2k>pfform). 

Den echten Tuberkelbazillen gegenilber wird auch die 
SSurefestigkeit als weniger ausgesprochen be- 
zeichnet, z. B. Baumann (7), Barnes (6), und zwar nicht 
nur bei jungen, sondern teilweise auch bei filteren Kulturen. 

Nacb Baumann sind die Friedmannbazillen auch leichter 
verreibbar als die Tuberkelbazillen, „stehen iiberhaupt den 
Kaltbliitertuberkelbazillen nkher als den Warmbliitertuberkel- 
bazillen“. 

Ueber die Farbung nach Much finden aich bei Windrath (126) 
Angaben. 

Er fand im Friedmannschen „Mittel“ hauptsachUch Granula, teils 
kurze, teils langgezogene und viele Splitter. Die Kornchen aus ein und 
derselben Beihe zeigten eine verschiedene Farbung. 

Die Kbrnung der Bazillen wird mehrmals erwShnt. 

Barnes (6) spricht von beaded („geperlten“) Bazillen, 
die er im Eiter von 8 Friedmannabszessen gesehen babe. 

Piorkowski (95) will die bei der Muchfarbung auf- . 
tretenden Kornchen zur Klassifizierung und Erkennung 
der pathogenen SSurefesten heranziehen. 

Nach ihm sind bei den humanen Tuberkelbazillen die Kornchen 
gleichmafiig, bei den bovinen dagegen ungleichmiiBig verteilt; zura 
Teil einzelne K6rner zu sehen. Die Oefliigeltuberkelbazillen wiesen 
nur wenige, unregelmaSige Kornchen auf; die Schildkrotentuberkel- 
bazillen zeichneten sich durch die Kleinheit ihrer Stabchen, die meist 
nur mit einem Kern versehen seien, und durch das haufige Vorkommen 
freiliegender Korner aus*). 

’) Zur Frage der „freiliegenden“ Korner siehe Leo Mindes (81). 
nach welchem Autor in Burripriiparaten zu jedem Kornchen ein Stiibchen 
vorhanden ist; zur Kornerfrage bei der Ziehlfarbung vgl. E. Fitschen (23), 
nach der alle Korner beliebig erzeugbare Kunstprodukte, bei dem Akte 
der Sauredifferenzierung entstehend, sind. 



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Ueber das Friedmannsche Tuberkulose-Schutz- und -Heilsenini. 281 


Es braucht wohl kaum betont zu warden, dafi sich aus 
dem mikroskopischen Verhalten der Einzel- 
st^bchen keine bindenden Schltisse auf den Grad 
der Verwandtschaft der Friedmannschen Bazillen 
zu den Warmblfltertuberkelbazillen ziehen lassen. 
Aber das eine bleibt doch bestehen, dafi gewisse 
Unterschiede festzustellen sind. 

II. Eigene ITntersuchungen. 

1. Einleitang. 

Wie schon eingangs erwahnt, batten die Untersuchungen 
des Jahres 1914 zunkchst den Zweck, den Friedmannschen 
Impfstoff auf sein Verhalten gegentiber den ge- 
brUuchlichen Laboratoriumstieren zu priifen und 
dabei ein Urteil fiber den Grad seiner Verwandt¬ 
schaft zu echten Tuberkelbazillen zu gewinnen. 

Die Versuche erfuhren durch den Krieg eine Unterbrechung, noch 
beyor die ebenfalls geplante Priifung auf die Heil- und Schutzwirkung dea 
Mittels g^eniiber experimenteller Tiertuberkulose in Angriff genommen 
war. Auch die allerdings von vornherein nur wenig Aussicht auf Erfolg 
versprechende serologische Priifung mit spezifischen Immunitatsreaktionen 
war in Aussicht genommen, aber aus den gleichen Griinden noch vor dem 
Kriege unterblieben. Beides ist inzwischen nachgeholt. In einer zweiten 
Veroffentlichung von Uhlenhuth, Lange und Kersten wird dariiber 
berichtet werden. 

Die vorliegenden Versuche stehen, was die Zahl der 
Versuchstiere betrifft, hinter den Ehrlich-Boehnckeschen 
zurfick. Sie beziehen sich auch nur auf 2 Proben des Mittels 
und die daraus gezflchteten StSmme. Immerhin diirfte ihre 
VerSfifentlichung, da auch andere als die von Ehrlich- 
Boehncke und anderen Autoren herangezogenen Arten von 
Versuchstieren benutzt wurden und sich auch in den Dosen, 
wie in einigen anderen Einzelheiten, Unterschiede finden, als 
Erganzung nicht unberechtigt sein. 

2. Das Wachstom der Friedmannbazillen in den Kultoren. 

Am 14. I. 1914 wurde aus einer frischbezogenen Am- 
pulle 2 und 4 des Mittels je auf 15 verschiedene Rbhrchen 
und einen Kolben init saurer Glyzerinbouillon (sogenannte 


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282 


Ludwig Lange, 


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Tuberkelbazillenbouillon) unter besonderen VorsichtsmaBregeln 
verimpft und immer, wo es die Art des Nahrbodens gestattete, 
ein Teil der Kulturen bei 37 ein anderer bei Zimmertempe- 
ratur bebrfltet. 

Zur Verwendung kamen folgende NahrbSden: 

Rindereerum, Rindersenim mit Olyzerin, Rinderserum mit Glyzerin 
und Malachitgriin nachTaute, alkalischer Agar, schwachsaurer Olyzerin- 
agar (Tuberkelbazillenagar), alkalische Gelatine, alkalische Bouillon, schwach- 
saure Bouillon mit Glyzerinzusatz (Tuberkelbazillenbouillon). 

Am 15. I. waren samtliche Rohrchen und die Kolben ohne erkenn* 
bares Wachstum. Ebensowenig war am 16. I. irgendwo Wachstum fest- 
zustellen. Die Gelatinerdhrchen, die im 22 "-Brutschrank gestanden batten, 
waren, da die Temperatur iiber 25° gesti^en war, zusammengeeunken, so 
daS jetzt statt Schraggelatine gerade erstarrte Gelatine vorlag. 

Am 17. I. machte sich bei den meisten Rohrchen, die bei Zimmer* 
temperatur gehalten wurden, beginnendee Wachstum erkennbar. Bei den 
Kulturen, die bei 37 “ gehalten wurden, war das Wachstum viel weniger stark. 

Die Befunde vom 19. I., also am 5. Tage, sind aus Ta- 
belle I (p. 284/85) zu entnehraen. 

Auf der Tabelle sind der Raumersparnis halber getrennte Angaben 
fiir die Abimpfungen aus Ampulle 2 (= Fr. 2) und AmpuUe 4 (= Pr. 4) 
nur da gemacht, wo sich einigermafien gr56ere Untcrschiede fanden. Im 
grofien und ganzen verhielten sich die Abimpfungen aus den beiden Am- 
puUen auf dem gleichen Nahrboden identisch. 

In der Tabelle ist ferner der Refund nach etwa 4 Wochen ein- 
getragen. 

Ueber die Befunde ist zusamraenfassend folgendes zu 
sagen; 

Nach den ersten 5 Tagen zcigtcn im allgemeinen die bei Zimmer- 
temperatur gehaltenen Kulturen ein besseres Wachstum als die 37 “-Kul¬ 
turen, withrend sich dieser Unterschied spater ausgleicht. Die ersteren sind 
Ton Anfang an und bleiben stets saftiger, rahmiger, kiisiger und gl^zender 
als die mehr matten und trockenen Brutschrankkulturen. Nur auf dem 
Malachitgrun-Glyzerinserum nach Taute waren bei 37“ schon nach 5 Tagen 
iippige, glanzende Beltige festzustellen. Die begiinstigendeWirkung 
dieses Nahrbodens auch auf die Friedmannbazillen darf 
vielleicht als ein Hinweis auf die Verwandtschaft zu den 
Kaltbliiterbazillen, fur die ja der Nahrboden optimal ist, 
verwertet werden. 

Ganz allgemein begflnstigt der Glyzeringehalt der Nfihr- 
boden das "Wachstum. Auf gewShnlichem glyzerinfreien Agar 
kommen die Bazillen nur langsam fort. 



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Ueber da8 Friedmannsche Tuberkulose-Schutz- und -HeilBerum, 283 

Auf dem letztgenannteD Nahrbodcn zeigen Bich auch Erscheinniigen 
YOD Polymorphie der Kolonien (Mutation), indem neben matten, 
komigen Kolonien auf dem gleichen Rdhrchen runde, nagelkopfartige, 
glanzende auftraten, die anfUnglich den Verdacht einer Verunreinigung er- 
weckten, aich aber bei mikroekopischer Untersuchung ebenfalls als aus 
Saurefeaten beatehend erwieaen. 

Wahrend die jungeren Kulturen ganz allgemein, abgeaehen von ihrem 
ao raschen Wachatum, wie ea bei echten Tuberkelbazillen nie vorkommt, 
nach ihrem Auasehen kaum an aolche denken liefien, erachienen alte Ko¬ 
lonien, namentlich aolche auf Agar und Glyzerinagar, den Tuberkelrein- 
kulturen ahnlicher. 

Im ganzen ist nach dem kulturellen Verhalten nur eine 
Zuteilung der Friedmannbazillen zu den Kaltbliiter- 
tuberkelbazillen und den sonstigen sogenannten S&ure- 
festen mSglich. 

Waa die Frage der Verunreinigung der beiden Proben betriffl, 
so ist eine strikte Entscheidung auf Qrund meiner Befunde nicht ganz 
leicht. Wenn man auch daa Glyzerinaerumrdhrchen 4,, hierbei ausschalten 
mull, da aich unter den Serumrdhrchen bekanntlich immer eine gewiaae 
Zahl von verunreinigten findet, so kann fur daa Berumrdhrchen 4,, und 
das alkaliache Bouillonrbhrchen 2^^ die Moglichkeit nicht ausgeachloaaen 
Oder abgeatritten werden, dafl die in ihnen beobachteten fremden Keime 
aua dem aufgebrachten Impfmaterial stammten, um ao mehr ala die Ver- 
impfung, wie erwahnt, gerade in Anbetracht dee Nachweiaea etwaiger Ver- 
unreinigungen mit beaonderer Borgfalt vorgenommen wurde. (Die Am- 
puUen waren ateril geoffnet und ihr Inhalt mit sterilen Spritzen, die vier- 
mal mit steriler Kochsalzlosung auageapiilt worden waren, in ein sterilea 
Rbhrchen iibertragen worden.) 

Beachtenawert eraeheint der Umatand, dail aich Verunreinigungen 
nur in den bei niederer Temperatur gehaltenen Kulturen 
fanden, als ein Hinweis darauf, daO ea aich bei ihnen wohl um Luf tkeime 
aaprophytiacher Art gehandelt hat. Von der quantitativen Seite her 
betrachlet, geht, aelbat wenn man annimmt, die fremden Keime aeien achon 
im Ampulleninhalt vorhanden geweaen, hervor, dafi ea aich nur um ver- 
achwindend wenige Beimengungen gehandelt haben kann. 

(Nach der Art, wie zur damaligen Zeit die Bereitung dea Mittela ge- 
handhabt wurde, war die Moglichkeit dea Hineingelangena von Luftkeimen 
gegeben.) 

Ohne auf diesa gauze Frage, die ja inzwischen vbllig 
gegenstandslos geworden ist, eingehen zu wollen, kann jeden- 
falls fflr die beiden damals von mir untersuchten Proben von 
einer groben Verunreinigung oder von der Beimengung einer 
irgendwie gefShrlichen Art nicht gesprochen werden (vgl. 
Befund bei Meerschweinchen No. 3 auf p. 292). 


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284 


Ludwig Lange, 


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Tabelle 


Befunde an den am I. 1914 aus 


am 19. I. 1914 (nach 5 Tagen) 1 


1 37® 

1 Zimmertemperatur 

Serum 

5 J 

4.. 0 

tl * 

12a Behr zarter, aus feinsten 
Kolonien b^tehender Be- 

4,3 i, eine gelbe Kokken-' 
koloniel 1 

1 

1 

Glyzerin- 

senim 

2 |++> matt, teilweise noch 
' einzelne Kolonien erkenn- 
’ ) bar 

2, +, glanzend, weifl | 

1 

1 


4„ durch Sporenbild- 
ner verunreinigt 
++, matt, einzelne ^Io¬ 
nian noch erkennbar 

1 

4, a +, etwafl gliinzender als 
17 und 18, nicht zueam-, 
menhangend 

Malachit- 
griin - Glyze- 
rinserum 

^le ++. leicht glanzend 

43j ++, glanzend, weifi 

: 

Agar 

o 

2a +, meist einzelne kleine 
Kolonien, bei Zueammen- 
iliellen weifi-glanzend 


4,, i, matt, gekrauselt, grau- 
weifl 

4^^ + CTau-weil3, etwas glan¬ 
zend 

i 

Glyzerinagar 

(sauer) 

(Tuberkel- 

bazillenagar) 

1 

2a 0, spater einzein stehende i 
Kolonien, die warzig in 
die Hohe wachsen (Kultur 
abgegeben) 

4ja eben beginnende Vermeh- 
rung; einzelne Haufchen 

2,a einzelne kleinetecknadel- 
kopfgrofie weifle Kolonien 

4ja mehrere groflere glanzende 
Kolonien 

Gelatine 

1 

2,, faltige Haut, grauweifi, 
1'/, cm tief verfliisaigt 
,3 diinnere Haut, grauweifi, 

7, cm verfliissigt 
^ Ikeine Haut. Wachstum 
”>nur in der obersten Zone. 
Spater Verflussigung 

Alkalische 
Bouillon 
(Rbhrchen) ' 

! 

2,3 0 1 

4;.. 0 1 

1 

2^^ verunreinigt. Haut 
Mikr. Sporenbiulner 

4aa schwimmende Kolonien, 
etwas Bodensatz. Bouillon 
klar 

Satire Glvze-| 1 
rinbouilfon , 
(Tb.-Bouill.) ■ 
(Kolben) 

A U 1- _ 

2,. 0 

0 , 



' —> • I 

Abkurzungen: + + + Wachstum sehr iippig j + Wachstum miiUig, 

uppig I aber deutlich 
Die kleinen Zahlen sind Ordnungszahlen 


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Ueber dafl Fried mannsche Tuberkulose-Schutz- und -Heilserum. 285 


I. 


AmpuUe 2 und 4 angelegten Kulturen 

am 2U. 11. 1014 (nach etwa 1 Monat) 


37“ 

Zi m mertera peratu r 

2, kleinste, dichuitzende, matte Kolo- 
nien im oberen Teil mehr gelblich 
. dgl. 

4,g dunne, zarte, matte, dicbtsitzende 
kleinste Kolonien 

j, trockener Belag von kleineren, 
dichtsitzenden Kolonien 

2g + Getrennte Kolonien 

4^ dicht stehende, kleine bis reis- 
komgroSe glanzende, leicht gelb- 
liche Kolonien; einefragliche ver- 
unreinig. (mikr. Staphylokokken) 

2, + + matt, trocken, mit Knbpfen 
(sekundaren Kolonien) 

, + + + , Hochkriechen an der 
.Glaswand.Abimpfungsstellenoch 
erkennbar 

4„ zusammenhangender weiSer. 
ziemlich trockener Belag 

2, + + 4- gliinzend, leicht gelblich, 
fast wie Kokken; aber mikro- 
skopisch: saurefeste Stabchen 

4,3 ganz wie 2, 

2 lAngaben fehlen im Protokolle 
.‘"Wnachtraglich nicht mehr festzu- 
stellen) 


2, 2 grofiere und 2 kleinere, strepto- 
tniixartige trockene Kolonien. 
Mikr. saurefeste Stabcben 

4,, hauptsachlich weiQe, matte, etwas 
kdrnige Kolonien, daneben 7 
punktfdrmige glanzende. Mikr. 
die letzteren saurefeste Stabchen 
(diese Kolonien lassen sich im 
ganzen vom Nahrboden abheben) 

2„ weiBglanzende grbfiere und klei¬ 
nere, teilweise zusam mengesohlos- 
sene Kolonien. Die grdfieren 
steckn adelkopfgroQ 

4, wie 

4^5 stark faltiger dicker, gekriiuselter 
Belag. Btarkes Hochkriechen an 
der Glaswand 

^10 + + + gelblich-weifl 

4,g dick, weifilich, saftig 


2„ durch Eindeckung dunkler ge- 
farbte Haut. Hochkriechen an 
der Glaswand 

. 1 + , Bazillenmassen am Boden des 
VRbhrchens (macht den Eindruck, 
*®J als ob wieder zusam mengeflossen) 

2„ aller Belag untergesunken, Fliis- I 
sigkeit ganz klar | 

4,„ einige ffltige Hautchen, schwim- 
mend. An Glaswand angetrock- 
nete Hautchen mehr gelblich 

4g3 Belag zu Boden gesunken. B. 
klar 

jWurden, da auch nach 12 Ta- 
2,j^en 0, wahrend auf neu ange- 
4,, ^elegter B-Kultur schon iippiges 

1 Wachstum, entfernt 



± kaum VVachstum 0 kein Wachstum 2 = a. Amp. 2 (schwache Em.)1 be- 
? fragl. „ B = Bouillon , 4 = a. Amp. 4 (starke Emuls.) Jimpft 
der einzelnen Kulturrohrchen. 


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286 


Ludwig Lange, 


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Aus den weiteren Beobachtungen an Kulturen sei 
folgendes mitgeteilt: 

Die erste Kultur im Kolbchen auf Tuberkelbazillenbouillon, die am 
19.1. 1918 auB dem Rdhrchen 4 angelegt und bei 37® bebrutet wurde und 
dann zu den Impfungen der verechiedenen Tierarten am 31. I. diente, 
zeigte Bchon am 3. Tage deutliche Vermehrung. Es bildete sich zun&chst 
eine dilnne Haut, die sich bald faltete und an der Glaswand hochkroch. 
Nach etwa einer Woche hatte man das Bild einer iippig und typisch 
wachsenden humanen Tuberkelbazillenkultur vor sich, wie es aber bei 
den echten Tuberkelbazillen nur nach friihestens 3 bis 

4 Wochen erhalten wird. 

An dieser Kultur warden u. a. die auf p. 289 mitgeteilten 
mikroskopischen Befunde erhoben. 

Bei Zimmertemperatur bildet sich auch auf Bouillon eine mehr rah- 
mige, allmahlich an Dicke zunehmende Haut, von der bald Bazillenmassen 
zu Boden sinken. 

Am 23. III. wurde aus dem Rohrchen 2, eine Kblbchenkultur an¬ 
gelegt. Diese zeigte erst nach etwa 8—10 Tagen beginnende Vermehrung, 
was wohl damit zu erklaren ist, daB die Ausgangskultur inzwischen 
2 Monate alt geworden war. Dann aber trat im Verlaufe weniger Tage 
ein dickes, faltig-wulstiges Wachstum mit auf Hochklettern an der Kolbchen- 
wand ein, und die aus dieser Kultur am 12. III. angelegten weiteren Ab- 
impfungen auf Bouillon vom 23. III. wiesen das oben beschriebene raschere 
Wachstum auf. 

Bouillonkulturen, die am 19. VI. aus den Rohrchen 4,, (Qlyzerin- 
agar bei Zimmertemperatur) und 2, (Glyzerinserum bei 37®) angelegt 
wurden, gingen nicht an. Die Ausgangskulturen waren allerdings schon 

5 Monate alt. 

Die Angaben Friedmanns uber den aromatischen Geruch der 
Kulturen konnten wir bestatlgen. Wenn er auch nicht die „feine Blume“ 
der echten Tuberkelbazillenkulturen zeigt, so steht er ihm doch recht nahe. 

Die Art des Wachsturas auf den gleichen Nahrboden war 
eine wechselnde, je nach der Art des Nahrbodens, von dem 
abgeiinpft wurde, so daB man ohne Kenntnis dessen, daB es 
sich um den gleichen Stamm handelte. gezwungen worden 
ware, an verschiedene Bakterienarten zu denken. 

So zeigten von 3 Abimpfungen auf Tuberkelbazillen agar vom 23. VI. 
zwei einen mattgliinzenden, wulstig-faltigen Belag mit Hochkriechen vom 
Kondenswasser aus, wahrend der Kulturbelag im 3. Rohrchen glanzend 
weifi und im ganzen weniger iippig war. Die beiden ersten Rohrchen 
waren von Glyzerinserurakulturen, die bei Zimmertemperatur bzw. 37“ ge- 
wachsen waren, abgeimpft, das letzte von Tuberkelbazillenagar, der bei 
Zimmertemperatur bebrutet worden war. 

In einer Agarkultur, die auf Tabelle I unter 4„ aufgefuhrt ist (Befund 
vom 20. II.), wurden Erscheinungen beobachtet, die entsprechend den von 



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Ueber daa Friedmannsche Tuberkulose-Schutz- und -Heilaerum. 287 


Barthlein und Tojoda bei Froschtuberkelbazillen erhobenen Befunden 
ale AbspaltungBeiBcheinungen gedeutet werden muBsen. Neben 
weiiien, matten, etwaa gekbrnten Kolonien fanden Bich knopfartige, weifi- 
glanzende, mit glatter Oberflache. Im mikroBkopiBchen Bilde beBtanden 
auch letztere auB BaurefcBten Stabchen, die keine Besonderheit aufwieBen. 
Dieeen Erscheinungen wurde nicht welter nachgegangen. Es Bei nur be- 
merkt, dafi auch bei den im Verlaufe der Versuche herangezogenen 
FroBchtuberkelbazillen von mir in Uebereinatimmung mit den Feat- 
Btellungen von B&rthlein und Tojoda ahnliche Yerhaltoiaae, nur in 
noch auBgesprochenerem MaiJe und grofierer Haufigkeit, beobachtet wurden. 

Betrachtet man das kulturelle Verhalten der 
Friedmannbazillen zusammenfassend, so ergibt 
sich, daB es sich weitgehend von dem echter Tuberkel- 
bazillen unterscheidet. In erster Linie ist in dieser 
Hinsicht die Schnelligkeit des Wachstums anzufiihren, dann 
die FS,higkeit, auch bei Zimmertemperatur zu gedeihen. 

Auf den verschiedenen festen NShrbbden haben wir 
Kulturen, die im SuBeren Ansehen unbedingt fflr Tuberkel- 
bazillenkulturen h&tten gebalten werden miissen, so gut wie 
nie gesehen. Stets war der Belag mehr dicht zusammen- 
hangend, warzig-wulstig, und hatte immer noch einen wenn 
auch matten Glanz. Jene trockenen, faltigen, und mit in die 
H8he gewachsenen HSckern versehenen BelSge, wie sie fflr 
die Tuberkelbazillen so charakteristisch sind, kamen uns damals 
nicht zur Beobachtung*). 

Durchaus wie Tuberkelbazillenkulturen des humanen Typus 
sehen aber, wie schon erwahnt, die Kulturen auf flflssigen 
Nahrbflden aus. Dieses Verhalten teilen die Friedmannbazillen 
jedoch mit alien denjenigen Sflurenfesten — und das dflrfte 
die Mehrzahl sein — die reines Oberflachenwachstum zeigen. 
Von der Tatsache abgesehen, daB dieses tuberkelbazillengleiche 
Bild schon nach vergleichsmABig ganz kurzer Zeit erhalten 
wird, besteht aber auch bei den Flflssigkeitskulturen insofern 
ein deutlicher Unterschied gegenflber echten 
Tuberkelbazillen, als sich die Belaghaute nach Ent- 
nahme eines Teiles oder nach Untersinken sehr bald wieder 
durch neuen Belag erganzen. 

1) Bei den UnterBuchungen nach dem Kriege, wo die Kulturen in dem 
etwas hoher, als dem im Jahre 1914 benutzten Brutechrank, temperierten 
Brutraum Btanden, Bind hiiufiger vollig „typiBch tuberkuloBe" Beliige zu 
beobachten geweaen. 


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288 


Ludwig Lauge, 


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Friedmann legt auf das Wachstum seiner Schildkroten- 
tuberkelbazillenstamme bei 37® einen ganz besonderen Wert 
und betrachtete es als ein Merkraal fiir die nahe Verwandt- 
schaft zu den echten Tuberkelbazillen. Hierzu sei bemerkt, 
daB die flberwiegende Mehrzahl von sicher durchaus sapro- 
phytischen Saurefesten, wie z. B. der Petrische Butter- 
bacillus, sich ebenso verhait. 

Von besonderera Interesse sind in dieser Hinsicht auch 
die Befunde von Weber und Taute. 

Von den 36 Stammen Webers und Tautes zeigten samtliclie bei 
30“ noch gutes Wachstum, bei 35“ wuchsen nur 2, bei 37“ ein einziger. 
Dieser war aus der Leber eines Vorratsfrosches in Rein- 
kultur gewonnen worden. 

Bei 30“ wuchs schon ein Teil der Stamme auf Glyzerinbouillon in 
Gestalt einer gefalteten, an der Kolbchenwand emporklettemden Haut, 
doch war dies Verhalten nur bei einigen Stammen konstant, wahrend bei 
anderen dazwischen wieder hier und da ein rahmiges Wachstum auftrat. 
Konstant zeigten ein trockenes faltiges Wachstum die beiden 
bei 35“ und der bei 37“ wachsende Stamm. 

Das flhumane^ Wachstum des Friedmannstammes bei 37® 
darf demnach nicht als Beweis fflr die nahen Beziehungen zu 
menschlicher Tuberkulose herangezogen werden. 

Die Friedmannbazillenkulturen zeigen also im ganzen, 
ebenso wie die 36 Stamme Webers und Tautes, einen 
von der Art des Nahrbodens und der Zuchtungstemperatur 
und von der Angewdhnung abhangigen hochgradigen 
Polymorphismus. Man darf dieses Verhalten wohl 
als einen Ausdruck dafdr auffassen, daB es sich 
nicht um eine festgewordene Art handelt. 

Damit im Einklang stehen die Unterschiede zwischen 
den Friedmannstammen I, II und III hinsichtlich Temperatur- 
werte und Verhalten im Tierkbrper und die Beeinflussung ' 
des III. Stammes durch die jahrelange Fortziichtung mit 
kUrzesten Verimpfungszwischenraumen. 

Wenn mehr oder weniger ahnliche Verhaltnisse bei fast 
alien Bakterien bestehen, so sind sie im vorliegenden Falle 
doch besonders au sgepragt. Schon diegroBeTem- 
peraturbreite allein spricht unseres Erachtens fur eine 
mehr „saprophytische Natur“ im Gegensatz zu vielen 
an den Korper der Warmbliiter angepaBten „Pathogenen“. 



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Ueber das Friedmannsche Tuberkulose-Schutz- und -Heilsernin. 289 

3. Das mikroskopisohe Verhalten des Mittels 
und der Beinkulturen. 

In nach Ziehl (Differenzierung mit 3-proz. Salzsfiure- 
alkohol) gefarbten Ausstrichen aus den Annpullen 2 und 4 
fanden sich mittellange, gerade oder leicht gebogene sSure- 
feste Stabchen, die ziemlich haufig an einera Ende leicht 
kolbig verdickt waren und ein dunkleres Kbrnchen aufwiesen. 

(Bei AmpuUe 4 waren im ersten Ausstrich einige den roten Stabchen 
an Gestalt ganz gleiche, jedoch blau gefarbte Stabchen vorhanden. Bei 
Wiederholung des Ausstriches mit besonders sorgfaltiger und intensiver 
Farbung waren alle Stilbchen saurefest.) 

Bei der Farbung nach Much (II. Methode) sind fast alle 
Stabchen gleichmailig durchgefarbt, nur einige wenige zeigen 
im blassen, kaum gefarbten Leib 1—2 dunkle Kornchen. 

In den Ausstrichen aus dem Ampulleninhalt war von einer Ver- 
unreinigung nichts zu bemerken; man hat durchaus den Eindruck, eine 
Reinkultur vor sich zu haben. 

Ueber die Beobachtungen an den Ausstrichen aus den 
verschiedenen Beinkulturen sei zusammenfassend berichtet. 
Irgendwelche Unterschiede zwischen den aus den beiden Am- 
pullen gewonnenen Kulturen traten nicht auf. 

Dagegen war eine fast durchgangige Verschiedenheit fest- 
zustellen, je nachdem die Bazillen auf glyzerinhaltigen Oder 
glyzerinfreien Nahrboden gewachsen waren. 

Auf Glyzerinserum oder Agar — und zwar gleicbgiiltig, ob bei 37® 
Oder 20“ gewachsen — sieht man meist ziemlich lange, oft leicht gebogene 
Oder gekriimmte Stabchen, nur wenige davon kolbig verdickt oder mit 
Kornchen. Die auf glyzerinfreien Nahrboden gezuchteten Stabchen sind 
fast immer kiirzer, mehr gerade und etwas dicker und zeigen auflerdem 
in der Mehrzahl oder mindestens recht haufig 2 endstandige Kornchen. 

In gewbhnlicher Bouillon und auf Gelatine bei Zimmer- 
temperatur sind die Einzelformen zart und dflnn, die in 
Bouillon langer als die in Gelatine (vgl. die Bemerkung fiber 
die Friedmannsche Abbildung von Stamm I p. 279 unten). 

Bei der Farbung nach Much fiel es auf, daU auch 
in solchen Ausstrichen eine homogene Farbung der ganzen 
Stabchen ohne Kornchen vorlag, wo in gleichzeitig angefer- 
tigten, nach Ziel gefarbten, Parallelausstrichen deutliche und 
reichliche Kornchen zu sehen waren ^). Die dunklen Kfirnchen 

1) Steht im Einklang mit den Beobachtungen von Fitschen (23), 
s. Anm. p. 280. 


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290 


Ludwig Lange, 


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der Friedmannbazillen bei Ziehlfarbung haben also rait den 
Muchschen Kornchen nichts zu tun. 

Im Gegensatz dazu steht folgende Beobachtung. 

In Ausstrichen aus einer 11 Tage alten, bei 37® bebruteten Bouillon- 
kultur (TuberkelbazillenbouUlon) finden sich nach Ziehlfarbung mittellange, 
manchmal leicht gebogene aiiiirefeste Stabchen, die ofters an einem Ende 
keulenfbrmig verdickt sind und nur Andeutung von Kornchen zeigen. 
Im nach Much gefilrbten Parallelausstrich dagegen finden sich an einigen 
Stellen die Bazillen im ganzen dunkelblau gefarbt und groOer erscheinend, 
wahrend an diinneren Stellen des Ausstriches deutliche Kdrnelung, das 
Auftreten von Kornchenreihcn mit oft ganz blassen Bazillenleibem 
zu bemerken ist*). 

Aus dem geschilderten mikroskopischen Verhalten lassen 
sich nur geringe Unterschiede gegeniiber den echten Tuberkel- 
bazillen entnehmen. Am meisten ware noch das Auftreten 
von Keulenformen schon in nur wenige Tage alten Kulturen 
heranzuzieben, und die meist homogene Farbung nach 
Much. Von durchgreifender Bedeutung sind aber 
diese Unterschiede naturlich nicht. 

4. Tierversuohe mit dem Originalmittel an Meersohweinohen 

and Eaninchen. 

Mit dem Inhalte der am 14. XL 1914 bezogenen Am- 
pullen No. 2 „schwach“ und No. 4 „stark“ wurden sofort je 
6 Meerschweinchen und Kaninchen geimpft. 

Die Konzentration der Aufschwemmungen war damals nicht bekannt 
Erst spater erfuhren wir, da6 No. 2 einer Aufschwemmung von 1:200, 
No. 4 einer solchen von 1:100 (in sterilisiertem Leitungswasser) entspricht. 
Fiir die Aufschwemmung 4 wurde von uns aus dem Grade der Triibung 
gleich eine Verdimnung 1:100 vermutet und dementsprechend die Dosie- 
rung vorgenommen. 

Die Meerschweinchen wurden samtlich subkutan, die 
Kaninchen alle in die Vene geimpft. 

Da die Virulenz des Mittels gepriift werden sollte, wkhlten wir 
beira Kaninchen den Einverleibungsweg, auf dem bei Verwendung echter 
Tiil)erkelbazillen eine weit gcringere Menge geniigte, um typische Bilder 
in die Erscheinung treten zu lassen. Gibt man doch bekanntlich bei der 
Typenbestimmung den Kaninchen 0,00001 g Tuberkelbazillen intravenos 
gegenuber 0,01 g subkutan. 

Fiir die Meerschweinchen andererseits ist es ja bekannt, daB durch 
die subkutane Impfung noch minimale Mengen von Tuberkelbazillen nach- 
gewiesen werden konnen. 

1) Eine Bestatigung der Piorkowskischen Angaben (vgl. p. 280) 
liefern unsere Befunde nicht. 



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Ueber das FriedmanoBche Tuberkulose-Schutz- und -Heilserum. 291 

• 

Das Gewicht der Tiere wurde nicht besonders festgestellt. 
Bei alien Tieren handelte es sich urn solche vom Mittelgewicht, 
das bei den Meerschweinchen etwa 300—400 g, bei den Kanin- 
chen um 2000 g betrug. 

Die Versuche sind in der folgenden Tab ell e II zu- 
sammengestellt. 

TabeDe II. 


d 

No. der 
Ohrmarke 

Erhalt 

Aus 

Ampulle 

Bazillen 

Lebte 
Tage 
nach der 
Infektion 

Ergebnis 


A. Meerschweinchen, am 

14. 1. 1914 subkutan in6ziert. 

1 

2066 

0,2 ccm 

(2,0 ccm d. Verd. 
1:10) 

No. 2 

0,001 g 

201 get. 

Vollig normal. 

2 

2067 

desgleichen 

„ 2 

0,001 g 

201 get. 

Desgleichen. 

3 

2073 

0,2 ccm 

(1,0 ccm d. Verd. 
1:5) 

„ 4 

0,002 g 

92 get 

Keine tuberkulSsen Ver- 
anderungen (s. Text). 

4 

2074 

desgleichen 

„ 4 

0,002 g 

201 get. 

Vollig normal. 

5 

2075 

0,1 ccm 

(0,5 ccm d. Verd. 
1:5) 

» 4 

0,001 g 

196 

Keine tuberkulosen Ver- 
anderungen (s. Text). 

6 

2076 

desgleichen 

» 4 

0,001 g 

63 

Desgleichen. 




Weiterimpfungen 

: 

3a 

3b 

1 

2774 

2775 

{Milz Bubkutan 
\ a. Mw. 2073 
\ = No. 3 

— 

— 

107 get. 
107 get 

jBefund vOllig normal. 


B. Kaninchen, am 14. I. 1914 intravenos infiziert. 


2065 

0,2 ccm 

(2,0 ccm d. Verd. 
1:10) 

No. 2 

0,001 g 

201 get 

Befund vollig normal. 

2068 

0,5 ccm 

(2,5 ccm d. Verd. 
1:5) 

4 

0,005 g 

201 get. 

Desgleichen. 

2069 

0,2 ccm 

(1,0 ccm d. Verd. 
1:5) 

>1 4 

0,002 g 

201 get. 


2070 

desgleichen 

„ 4 

0,002 g 

201 get 

}t 

2071 

0,1 ccm 

(0,5 ccm d. Verd. 
1:5) 

„ 4 

0,001 g 

201 get. 

fj 

2072 

desgleichen 

» 4 

0,001 g 

83 

Starkste Beuche in Brust- 
und Bauchhohle. Keine 
tuberk. Veranderungen. 


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292 


Ludwig Lange, 


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Von den 5 Meerschweinchen verendete als erstes Tier No. 6 
nach 63 Tagen. Es hatte am vorhergehenden Tage 2 tote Junge geworfen, 
und zeigte bei der Bektion beginnende Beuche in der Bauchhdhle. Beide 
UteruBhornerhyperamisch. Organe samtlich frei von tuberkulosen 
Veranderungen'). 

Dieses Tier fallt fur die Beurteilung, da interkurrent gestorben, aus; 
immerhin iet das Freisein der Organe von tuberkelartigen Enoten 
bemerken swert. 

Tier No. 3 wurde am 18. IV. 1914 im Hinblick auf eine am 
20. IV. 1914 festgesetzte Kommissionssitzung getotet. Die Bektion 
ergab vbllig normalen Befund. Nichtsdestoweniger wurde die Milz 
subkutan auf die beiden Tiere 3 a und 3 b verimpft. Beide Tiere erwiesen 
sich bei der am 4. VIII. 1914 am 107. Tage nach der Infektion erfolgten 
Tdtung als ganz frei von kranhaften Veranderungen. 

Aus den Organen des Tieres No. 3 (Kniefaltendriisen, die nicht 
vergrofiert waren, Lunge, Leber, Milz) wurden Ausstriche auf Glyzerinagar 
und Serum angelegt und bei 37° bebriitet. 

Wahrend die Leberausstriche sowohl auf Serum wie auf Agar und 
die Milzausstricbe auf Agar steril blieben, wuchsen aus der Milz auf Serum 
zitronen- und goldgelbe Kolonien (Staphyl. citreus und aureus), aus den 
Driisen auf Agar und Serum nur Staphylococcus aureus, aus der Lunge 
auf beiden Nsihrboden nur Coli aus. 

Den letzten Befund kann man sich unschwer durch Aspiration bei 
der Tbtung erklaren. (Inwieweit der iiberrasehende Befund der Kokken 
mit einer Verunreinigung des Mittels zusammenhangt, mag dahingestellt 
bleiben. Wie aus Tabelle I zu ersehen, war aus AmpuUe 4 auf Serum 
bei Zimmertemperatur eine gelbe Kokkenkolonie aufgegangen.) 

Von Wichtigkeit fiir unsere Frage ist nur, dafi sich saurefeste 
Bazillen nicht nachweisen liefien und daH irgendwelche auch 
nur tuberkuloseverdachtigen Erscheinungen an dem Tiere nicht fest- 
gestellt werden konnten. (Dafi die kulturell nachgewiesenen Kokken 
im Tier ein vollig saprophytisches Dasein gefiihrt haben, geht auch aus 
der Tatsache hervor, dail die beiden rait Milz weitergeimpften Tiere ganz 
gesund blieben.) 

Das nach 196 Tagen am 29. VII. 1914 spontan verendete Tier No. 5 
wurde wahrend meines Urlaubs seziert. Im Protokoll 6ndet sich nur die 
Angabe: Tuberkulose makroskopisch und mikrc'skopisch negativ. 

Die drei iibrigen Tiere No. 1, 2 und 4 erwiesen sich bei der am 
4. VIII. 1914 (nach KriegsbeginnI) 6'/, Monate nach der Impfung vor- 
genommenen Schlachtung vollig frei von Tuberkulose. 

Als Ergebnis dieser Meerschweinchenreihe 
muB ausgesprochen werden, daB das Friedmann- 

*) Eine mikroskopische Untersuchung auf saurefeste Bazillen wurde 
auf Grund der Befunde an den welter unten zu erwahnenden, mit Reiu- 
kulturen inhzierten Meerschweinchen No. 8, 7 und 9, die nach bzw. 17, 
25 und 46 Tagen untersucht wurden (vgl. p. 293, 295/96), unterlassen. 



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Ueber das Friedmannsche Tuberkulose-Schutz- und -Heilserum. 293 


ficheMittel inGabenvonlund2nig, diebeiechten 
Tuberkelbazillen in 4—8 Wochen zum Tode ge- 
fflhrt batten, bei subkutaner Verirapfung v6llig 
unschadlich fflr diese Tiere war. 

Von den 6 Kaninchen ging Tier No. 6 am 7. III. 1914 nach 
83 Tagen spontan an stiirkster Seuche ein. Von tuberkulosen Verande- 
rungen lieU sich, soweit die enorme Seuche uberhaupt ein Urteil gestattete, 
nichts feststellen. 

AlleiibrigenTiere botenbeiderT6tungam4.VIII.1914, 
201 Tage = 67* Monate nach der Impfung, einen vdllig 
normalen Befund dar. 

Ergebnis der Kanin chenimpfung: Auf die 
intravenSse Impfung von 1, 2 undbmgFriedmann- 
bazillen, in Form der Originalaufschwemmungen, 
traten bei keinem von 6 Kaninchen irgendwelche 
tuberkuldsen Organveranderungen auf. 

6. Tierversuohe mit aus dem Mittel herausgezuohteten 

Beinkolturen. 

A. Meerschweinchen. 

Als Impfmaterial diente, wie bei den quantitativen Tuberkel- 
bazillenimpfungen gebrauchlich, der Belag von Bouillonkulturen 
(Tuberkelbazillenbouillon). 

Zu der am 30. I. 1914 angesetzten 1. Reihe der mit Reinkultur 
geimpften Tiere wurde eine 11 Tage alfc Bouillon kultur, zu der am 11. V. 
angesetzten 2. Reihe eine 16 Tage alte Bouillonkultur verwendet. 

Im Vergleich mit den bei der Prflfung der Original¬ 
aufschwemmungen angewandten Dosen waren die nunmehr 
verimpften Mengen groBere. 

Sie betrugen bei 2 Tieren der ersten Reihe 10 mg und bei alien 
6 Tieren der zweiten Reihe 10—20 mg. Auch wurde neben der subkutanen 
die intraperitoneale Impfung herangezogen. 

Von den 6 am 30. I. 1914 geimpften Meerschweinchen 
sind nicht weniger als 5 spontan in Zeitraumen zwischen 17 
und 116 Tagen verendet. 

Das schon nach 17 Tagen gestorbene Tier No. 8 bot folgenden 
Sektionsbefund dar: Impfstelle geschlossen, an Bauchwand weder Schwellung 
noch Rotung zu bemerken. Kniefaltendriisen beiderseits kauni vergroflert, 
nicht Terkiist. Milz kaum vergroflert, etwas kornig und leicht hyperamisch, 
d. h. etwas dunkler gefarbk Leber ohne makroskopische Veranderungen. 

Zeltschr. f. linmunlt‘iUforBCtiuiig’. Orig. Bd. 82. 20 


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294 


Ludwig Lange 


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Ueber das Friedmannsche Tuberkulose-Schutr- und -Heilaerum. 295 

Die Lungen zeigen in beiden Oberlappen pneumonische, dunkel verfiirbte 
Herde. Der linke Unterlappen ganz frei, im rechten einige kleine ver- 
waachene Herde, die nicht wie Tuberkel ausaehen. Herz stark ausgedehnt. 

Mikroskopisch liefien sich in keiner der Drusen und in 
keinem der inneren Organe saurefeste Stabchen nachweisen; 
dagegen fanden sich in den Ausstrichen aus der Lunge massenhaft 
kokkenartige kleinste Doppelstabchen. Von den Verimpfungen 
auf saueren Glyzerinagar blieben die Ausstriche aus der Leber steril; aus 
Lunge, Milz (I) und Herzblut wuchsen gram-negatire feinste Doppelstabchen* 

Nach dem ganzen Befund besteht voile Sicherheit, dafi 
das Tier einer Seuche erlegen ist, deren tStlicher Ausgang 
vielleicht durch die Impfung beschleunigt wurde (vgl. unten). 

Auch das nachste 24 Tage nach der Impfung gestorbene Tier No. 11 
gehort zu diesen Seuchenfallen. Sektionsbefund: Die rechte Kniefalten- 
und Achseldriise sind etwas geschwollen und leicht blutig verfitrbt, die 
BlutgefiiSe in der Umgebung erweitert. Leber von einem leicht abziehbaren 
Fibrinbclag iiberzogen, Milz mit der Umgebung verwachsen und in Fibrin- 
massen eingebettet. In der Milz ziemlich zahlreiche bis stecknadelkopf- 
grofle — auch ein linsengroUes — gelbweiBe, iiber die Oberflache hervor- 
ragende Knotchen. Lungen ohne Befund. Etwas Peritonealexsudat. 

Mikroskopisch findet sich in Ausstrichen aus der Milz reichlicher Zell- 
und Eernzerfall, von saurefesten Stabchen nichts zu sehen, doch 
reichlich feine Doppelstabchen und auch vereinzelte feine blaue 
Stabchen. 

Von einer Zuchtung und Weiterimpfung wurde angesichts des ein- 
wandfreien Seuchenbefundes abg^ehen. 

Das am nachsten Tage eingegangene Tier No. 7 bot folgenden 
Sektionsbefund dar; 

Ort der Einspritzung nicht mehr feststellbar (obwohl das Tier 10 mg! 
subkutan erhalten hatte). Keine deutliche Driisenschwellung, hochstens 
linke Kniefaltendriise ganz leicht vergrofiert. Leber o. B., Milz nicht ver- 
grofiert. Kaum sichtbure punktformige graue Knotchen, die ebensowohl 
die etwas st&rker hervortretenden Milzfollikel sein kbnnen. In der Lunge 
ganz wenige, ganz unverdachtige Stellen, wie sie auch bei normalen Tieren 
vorkommen. Im ganzen also kein fafibarer Befund. Mikroskopisch 
nirgends saurefeste Stabchen zu finden. Im Milzausstrich- 
priiparat in einigen Zellen Kemzerfall, so daQ kokkenartige Bilder ent- 
stehen. Aus dem Herzblut des Tieres wuchsen auf Agar coliartige Kolonien, 
die bei weiterer Untersuchung als Coli fcstgestellt wurden. 

Bei dem am 17. HI. 1914, 46 Tage nach der Infektion, gestorbenen 
Tiere No. 9 war ebenfalls beginnendc Seuche vorhanden. In Leber 
und Milz je ein stecknadelkopfgroficr Herd; namentlich der Milzherd war 
makroskopisch von tuberkuloseu Herden nicht zu unterscheiden. Lunge 
und Drusen ohne Befund. 

Mikroskopisch im Leber- und Milzherd keine saure- 
festen Stabchen nachweisbar, dagegen in beiden Ausstrichen diinne 

20 * 


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296 


Ludwig Lange 


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blaue Eurzstabchen zu finden, die im Leberherd zwischen Detritus- 
massen liegen, w^rend im MilzherdauBstrich die Zellen gut erhaJten Bind. 

Auf den angelegten Kulturen auB Leber und Milz wuchaen auf 
samtlichen Bobrchen reichlich coliartige Kolonien aus, die sicb mikro- 
skopisch als aus feinsten gram-n^ativen diplokokkenartigen Eurzstabchen 
beetehend erwieeen. 

Bei dem Tier No. 9 haben wir es also mit einem typischen Fall 
von Pseudotuberkulose raaSigen Grades zu tun. 

Eine Weiterimpfung wurde, wie bei der Niederschrift mit Bedauem 
bemerkt wurde, unterlassen. Es ist jedoch nach reichlichen inzwischen 
gesammelten Erfahrungen nicht zu bezweifein, daB sie das Bild der Pseudo- 
tuberkulose in noch ausgepragterer Weise ergeben hatte. 

Jedenfalls ist man angesichts des eindeutigen mikro- 
skopischen wie kulturellen Befundes nicht berechtigt, die 
bei Tier No. 9 vorgefundenen Organveranderungen auf die 
Wirkung der ein verleibten Friedm annbazille n zuriick- 
zuf iihren. 

Tier No. 10 ging 116 Tage nach der Impfung ein. Die 8ektion 
ergab das Vorliegen einer akuten hochgradigen Sepsis. Bauchdecken 
verhartet, Dunndarme teilweise leuchtend orangerot. Milz etwa 4mal ver- 
groBert; in der Bauchhohle alles verwachsen, ganze Lunge zersetzt und 
alles von Blut durchtrankt. 

Von einer weiteren Verarbeitung des Tieres wurde abgesehen. Tier 
No. 12, das letzte der 6 Tiere dieser Reihe, wurde Anfang August ge- 
tdtet und erwies sich als vbllig normal. 

Bei dieser ersten Versuchsreihe mit Reinkultur ist das 
Ergebnis durch dieinterkurrentenSeuchentodesfaile 
sehr beeintrSchtigt worden. Nun findet sich auch bei 
den Autoren, die mit anderen siurefesten StSmmen, wie den 
Milch-, Butter- und Timotheebazillen gearbeitet haben, die 
Angabe, daU sie groCe Tierverluste durch Seuche hatten, z. B. 
Klemperer (59), ferner Lindner (78), der 6 von seinen 
lOTieren durch „Diplokokkensepsis“ verier. Auch Boehneke- 
Ehrlich (22) gibt 40 Proz. Verlust durch Seuche an. 

Man wird hierdurch zur Vermutung gefflhrt, 
daB der Ausbruch der Seuche durch die Fried- 
mannimpfung begQnstigt wird (vgl. p. 298). 

Es bestcht kein Zweifel, daB die sogenannte „Meerschweinchen- 
seuche“ durch verschiedene Bakterien hervorgerufen werden kann. 
(Friiher fanden wir haufig Pneumokokken.) Eine dieser Bakterienarten 
erzeugt an den Organen der Tiere Veranderungen, die als makroskopisch 
aufierst tuberkuloseahnlich zu bezeichnen sind, so daB man direkt von 
Pseudotuberkulosebazillen spricht (Saisawa, 104)*)■ 

1) Im Gesundheitsamt hat Joetten neuerdings seine Aufmerksamkeit 



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Ueber daa Friedmannsche Tuberkulose-Schutz- und -Heilmittel. 297 

Fflr unsere Versuche ist das Hereinspielen derartiger 
Infektionen von besonderer Bedeutung. 

So sei besonders betont, daB an den vorzeitig eingegangenen 
Tieren, naraentlich bei Tier No. 11, tuberkulosefihnliche und 
zum Teil recht verdSchtige Knotchen in einzelnen Organen 
gefunden warden. Diese Erscheinungen boten unseres Er- 
achtens bei wenig kritischer Betrachtung eine groBe Ge- 
fahr, sie in ursachlichen Zusammenhang mit der 
Impfung zu bringen. Die mikroskopische und vor allem 
die kulturelle Weiterverfolgung lieferte aber den Be- 
w e i 8, daB bier nichts anderes alsPseudotuberkulose 
mit ihren bekannten Erregern vorlag. 

Ueber Beobachtungen, dafi auch durch Paratyphus B-Bazillen beim 
Meerachweinchen Krankheitsbilder vorkotnmen konnen, die makroskopisch 
einer Tuberkuloee gleichen, berichten neuerdinga wieder Klopatock und 
Seligmann ^65) und KShler (69). 

Es ist selbstverstandlich, daB wir bei unseren Friedraann- 
tieren mit peinlichster Sorgfalt nach auch nur andeutungs- 
weise tuberkuloseverdkchtigen VerBnderungen gesucbt haben. 
Der Sektionsbefund von Tier No. 7 (p. 295) mSge ein Beispiel 
dafur sein. HStte man den gleichen Befund bei einem Tier 
erhoben, das zur Feststellung von echten Tuberkelbazillen mit 
einem tuberkuloseverdachtigen Material, z. B. Sputum, geimpft 
worden ware, so hatte man keinen Augenblick gezweifelt, den 
Befund als glatt negativ zu bezeichnen^). 

auf aolche, zeitweise besondera gehauft auftretende und in geradezu kata- 
atrophaler Weiae die Tierverauche atSrende Falle gewandt. Ueber aeine 
Befunde, die von una durchaua beatatigt werden konnten, wird er andem- 
orta berichten. 

1) Da wir zur damaligen Zeit achon aeit Monaten mit Unterauchungen 
liber daa Vorkommen von Tuberkelbazillen im atromenden Blut 
beachaftigt waren und bei den zahlreichen zu dieser Arbeit verwendeten Tieren, 
von dem Qedanken an eine Virulenzabschwachung auagehend, ebenfalla auf 
die geringaten nur eine Spur verdachtigen Eracheinungen achteten, batten wir 
eine gewiaae Erfahrung iiber die verachiedenen makroakopiachen Bilder, die 
man bei oberflachlicher Betrachtung oder bei Unkenntnia deaaen, was man 
auch bei normalen Tieren aehen kann, fiir tuberkuloa verdachtig bezeichnen 
konnte. Bei den Blutunterauchungen batten wir una zum Grundaatz ge- 
macht, jede auch nur entfernt verdachtige Stelle auf weitere Tiere zu ver- 
impfen. An dem iiberwiegend negativen Auafalle dieaer Weiterimpfungen 
konnten wir aehen, wie haufig aich aolche „achwachverdachtige“ Verande- 
rungen finden, die mit Tuberkuloee nichta zu tun haben. 


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298 


Ludwig Lange, 


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Jedem Bakteriologen sind Falle von spontanem Eingehen von Meer- 
Bchweinchen, namentlich auch von Versuchatieren bekannt, bei denen der 
Sektionabefund nur ala v611ig negativ (daa bekannte: ohne Refund) zu be- 
zeichnen iat. (Vgl. hierzu das auf p. 275 Geaagte.) 

Der Fall dea Tierea No. 7 gehort auch gewiaaermafien hierher und 
er kdnnte mit aeinem poaitiven Colibefund im Herzblut vielleicht eine ge- 
wiaae Stiitze fiir Nahrunga- bzw. Darmtraktuaschaden abgeben, auf die 
bei derartigen Fallen, wie erwahnt, unaer Verdacht hingelenkt wurde. 

Wo wir starker tuberkuloseahnliche Befunde erhoben, 
haben wir, um es zu wiederholen, nach unseren mikro- 
skopischen und kulturellen Befunden nichtden geringsten 
Zweifel, daB bier nicht die Friedmannbazillen das 
fitiologische Moment abgeben oder hdchstens in der ge- 
schilderten „indirekten“ Weise. 

Man kann den Verdacht nur schwer unter- 
drflcken, es mdchten vielleicht doch in dem oder 
jenem Falle von angeblicher KnStchenbildung 
durch den Friedmannbazillus auch jene anderen 
Erreger mit im Spiel gewesen sein^). 

Betrachtet man das Ergebnis der 1. Reihe darauf bin, ob 
nicht doch vielleicht mittelbare Zusammenhange 
zwischen Impfung und Tod der Tiere bestanden haben konnen, 
so ist also, wie erwkhnt, daran zu denken, daB die Friedmann* 
impfung bei den Tieren die Bereitschaft zum Aus* 
bruche der Seuche gesteigert hat. Das wSre aber auch 
das einzige, was gefolgert werden kann, da im iibrigen sinn- 
gemSBe Beziehungen zwischen GroBe der Infektionsdosis und 
Zeitpunkt des Todes*) nicht bestehen. 

1) Gerade fiir die erate B o eh n eke ache Meerschweinchenserie triffl, 
wie wir gestehen rniiaaen, dieaer Verdacht zu. Bei einigen der Tiere, z. B. 
246 und 747 mit ihren vereinzelten Knotchen, ist ea, aoweit die Boehn cke- 
Bchen Angaben vorliegen, doch nicht ala ganz auageachloasen zu betrachten, 
dafl beginnende Paeudotuberkulose vorlag. Wie unaere Befunde dartun, 
braucht ea ja durchaus nicht immer zum Bilde der ausgeaprochenaten, 
hochgradigaten Seuche zu kominen. Und die gramnegativen, bei Ziehl 
blauen Seucheerreger sind so fein und klein, da6 man aie, namentlich 
wenn im iibrigen „Detritu8“ vorliegt, doch unter Umatiinden iiberaehen 
konnte. 

2) Ob man gerade fiir die Friedmannbazillen aolche „8inDgemkfie Be¬ 
ziehungen" fordem darf, eracheint allerdings einigermaHen fraglich. Aber 
durch die Unaicherheit und Regellosigkeit ihrea pathogenen Verhaltens — 
und das bei erheblichen Impfdoaen! — wenn man ein aolchea an- 



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Ueber das FriedmanDsche Tuberkulose-Schutz- und -Heibnittel. 299 

So starb bei den subkutan geimpften Tieren das mit 10 mg infizierte 
Tier No. 7 zeitlich so ziemlich in der Mitte zwischen den beiden Tieren 
No. 8 und 9, die nur je 1 mg erhalten batten, und zeigte auch nur einen 
fiufierst geringen Grad von Organveranderungen. 

WQrde man angesichts dieses Befundes an eine Toxin- 
wirkung denken, so mQBte man fGr eine solche erst recht 
quantitative Beziehungen fordern mGssen. 

An Bolchen fehlt es aber, und zwar nicht nur bei den subkutan, 
sondern noch mehr bei den intraperitoneal gespritzten Tieren. Bei den 
letzteren darf nicht daran voriibergegangen werden, dafi sich bei den beiden 
Tieren No. 10 und No. 11 fibrinose Verwachsungen in der Bauchhdhle 
fanden. Fur ihr Entstehen kdnnte eine Beizung des Peritoneums 
durch die eingebrachten Friedmannbazillen angenommen werden. Aber 
auch fiir diese Annahme bleibt es schwer verstandlich, dafi das mit 1 mg 
geimpfte Tier No. 11 3 Monate fruher als das mit der 10-fachen Menge 
gespritzte Tier No. 10 unter den Folgen dieser erhohten Beizbarkeit ein- 
g^angen sein soil. 

Jedenfalls darf von einem unmittelbaren Zu- 
sammenhang der Todesftllle mit den Impfungen 
nicht gesprochen werden. 

Unsere erste Meerschweinchenreihe fiel in die ungflnstigste 
Jahreszeit, in der alle diejenigen, die mit vielen Versuchs- 
tieren, besonders Meerschweinchen, zu tun haben, unter den 
so haufigen interkurrenten Erkrankungen ihrer Versuchstiere 
zu leiden haben. 

Bei der 2. Reihe der mit Reinkultur gespritzten Meer¬ 
schweinchen No. 13—18, die in gflnstigere Jahreszeit fiel, 
waren denn auch, obwohl durchweg hbhere Dosenge- 
geben wurden, keine Ausfaile an Tieren zu verzeichnen. 

Bei dieser 2. Bei he wurden ebenso wie aus der gleich zu erwahnenden 
3. Beihe 2 Tiere nach 7 bzw. 14 Tagen getotet, um etwaige rasch auf- 
tretende und im Verlaufe von mehreren Wochen wieder verschwindende 
Veranderungen festzustellen. 

DajQ die Infektionsdosen hoher genommen wurden, als bei der 1. Beihe, 
ist schon erwahnt. 

Gleichzeitig und parallel wurden in einer 3. Beihe 4 Tiere mit Frosch- 
tuberkelbazillen infiziert, die aus gleichalten Kulturen auf gleich- 
artige Bouillon iiberimpft gleichlange Zeit, jedoch — da sie bei 37® nicht 
wuchsen — bei Zimmertemperatur gezuchtet worden waren. 

nehmen woUte, unterscheiden sie sich dann eben von den echten Tuberkel- 
hazillen, bei denen derartige Schwankungen nur bei Verimpfung minimaler 
Dosen eintreten, grundlegend. 


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300 


Ludwig Lange. 


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Das nach 7 Tagen getStete Tier No. 14 der 2. Reihe er- 
gab folgenden Sektionsbefund : 

An der Impfstelle ein kleinbohnengroQer Knoten, der mit kaaigen 
Massen gefiillt war. Die Leistendriisen beiderseits kaiim rergrdfiert. Im 
ubrigen Organbefund v5Uig normal. Mikroskopisch im Impfabszefi 
reichlich saurefeste Stabchen in Nestern und einzein liegend, mit be- 
ginnenden Zerfallserscheinungen; die meisten Bazillen phagozjtiert. In 
beiden Leietendriisen (I); Milz, Leber und Lunge keine saure- 
feeten Btabchen*). Aus der Impfstelle und den erwahnten Driisen 
und inneren Organen wurden Kulturen auf Glyzerinserum, alkalischem 
und saurem Glyzerinagar angelegt. Alle Kulturen blieben steril, mit 
Ausnahme des mit Material von der Impfstelle beschickten Glyzerinserum- 
rdbrchens, auf welchem sich erst nach mehr als 6 Wochen (!), nachdem 
das Rohrchen auf Zimmertemperatur gestellt worden war, zahlreiche weiB- 
glanzende Kolonien entwickelten, die mikroskopisch aus saurefesten Stabchen 
bestanden ’). 

1) Auch eine erneute besonders vorsichtige Durchmusterung der noch 
vorhandenen Objekttrager-Organausstriche ergab ebenso wie bei Tier No. 15 
8. u. einzig und allein bei dem Impfstellenausstrich das Vorhandensein 
saurefester Stiibchen. 

2) Diese Kultur fand sich bei der Niederschrift dieser Arbeit noch 
vor. Sie war wiihrend der ganzen Jahre, mit Paraffin verschlossen, zu 
hinterst in einem tiefen Schranke gestanden, also vor LichteinfluB fast 
vbllig geschiitzt. Die weiBlichen knopfartigen Kolonien hatten im Innern 
eine ziemlich weiche Konsistenz. Die auf die Oese gebrachten Massen 
knistem beim Abgliihen (Wachshiillel). Im mikroskopischen Bild fanden 
sich zarte, nach Ziehl schwach rosa gefarbte Stabchen mit sehr deutlich 
erkennbaren dunkelroten Kornchen. 

Die Weiterimpfung auf Glyzerinserum, bei Zimmer¬ 
temperatur gehalten, ging, nach 6 Jahren (I), noch an. Der 
Stamm wachst jetzt wieder auf alien Nahrbfiden in gleicher Art und Ueppig- 
keit wie damals, auch bei 37°. 

Bei Weber und Taute (122) findet sich auf S. 165 die Angabe, 
daB Terre seinen Fischtuberkulosebazillus noch nach 5 Jahren mit Er- 
folg uberimpfen konnte. 

Fur echte TuberkclbaziUen ist eine derartige lange Lebensfahigkeit 
auf kiinstlichen Niihrbbden nicht bekannt. 

Nach Weber (120), der hierin fiber die ausgedehnteste Erfahrung 
verffigen dfirfte, betrug bei ParaffinverschluB die langste Uebertragbarkeit 
des Typus humanus 11, des Typus bovinus 20 Monate = 1 Jahr 8 Mo- 
natc, bei zugeschmolzenen Kulturrohrchen steigen die betrefienden Zahlen 
auf 12 bzw. 20 Monate an. 

Dieser enormeUnterschiedzwischeiiFriedmannbazillen 
einer- und den Tuberkelbazillen audererseits spricht un- 
seres Erachtens ebenfalls gegen eine nahe Verwandtschaft 



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Ueber das Friedmannsche Tuberkulose-Schutz- und -Heilmittel. 301 

Material von der Impfstelle, an der das massenhafte Vorkommen der 
Friedmannbazillen beinahe den Verdacht einer Vermehning hervorrufen 
konnte, wurde am 18. V. 1914 auf 2 Meerschweinchen, 15 a und b (3181 
und 3182), subkutan verimpft. Beide Tiere ergaben bei der am 4. VIII. 
1914 nach 71 Tagen erfolgteu Tdtung vdllig normalen Befund. 

Eine Verbreitung der Bazillen im K6rper hat sich also 
nicht nachweisen lassen ^). 

und weist die Friedmannbazillen ganz nach der Seite der 
Kaltbliitertuberkel bazillen bin. 

(Von nicht saurefesten Bazillen — von den Sporenbildnern natiir- 
lich abgcsehen — durften sich die Pestbazillen am langsten in Kulturen 
iibertragungsfahig erhalten, so nach N. K. Schultz 4 Jahre in Bouillon 
und nach Uriate 47, Jahre auf festem Niihrboden, s. Dieudonnd 
und Otto (19)1) 

Auch neuere Beobachtungen haben in Uebereinstimmung mit den 
damaligen Ziichtungsbefunden bei Tier No. 14 und 15 ergeben, dafi die 
Friedmannbazillen aus tierischen Organen am sichersten auf Serum-, haupt- 
sachlich Glyzerinserum-Nahrbdden, herauszuzuchten sind, wogegen Gly- 
zerin agar versagte. 

Ob bei der Kultur, die sich nach fast 6 Jahren noch lebend und 
hbertragungsfahig erwies, das mitubertragene tierische Gewebe (die kasig- 
eitrigen Massen an der Impfstelle) von EinfluB war, laBt sich schwer sagen. 
Jedenfalls halten sich die Bazillen an der Impfstelle am langsten. Das 
diirfte mit dem Mangel oder der geringen Menge von losenden Fermenten 
zusammenhangen. 

In den Organen Leber und Milz. die schon physiologisch eine Re¬ 
sorptions- und Auf- und Umbaurolle, wozu eben zunachst „Abbau“ ge- 
hort, spielen, unterliegen die Bazillen einem rascheren Zerfall. Dagegen 
in den reinen Sekretionsorganen, Milchdriise, Hoden, Samenblasen, wo 
zum mindesten keine lipolytischen Fermente anzunehmen sind, halten sie 
sich langer. Diese „Theorie“ wiirde ein gewisses Licht auf den „Menschen- 
fall“ Schmitz-Fromme, aber auch auf den Befund von Orth am 
Meerschweinchen 7 (s. p. 257) werfen. 

Inwieweit in den betreflenden Organen auch chemisch besonders zu- 
sagende Bedingungen vorhanden sind (Lipoidreichtum I), mag zunachst nur 
angedeutet sein. Man wird auch sofort sehen, welche theoretischen Aus- 
blicke sich hinsichtlich Eutertuberkulose und dem Zusammenhang zwischen 
Schwangerschaft und Tuberkulose — zunachst allerdings noch vom grauen 
Nebel der Theorie beeintrachtigt — eroffhen. 

In diesem Zusammenhange sei noch folgendes erwahnt: Barnes (6) 
fiel es auf, daB unter 83 behandelten Mannern nur 4 = etwa 5 Proz., da¬ 
gegen unter 47 Frauen 24 = etwa 51 Proz., also lOmal so viele Impf- 
abszesse bekamen. 

1) Der alleinige Befund der Friedmannbazillen an der Impfstelle, 
und zwar schon nach 7 Tagen — und ebenso nach 14 Tagen, s. Tier 


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302 


Ludwig Lange, 


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Bei dem 14 Tage nach der Infektion getSteten Tie re 
No. 15 war der makroskopische Refund ein noch spHrlicherer. 

Die EinspritzungsBtelle war kaum mehr zu finden, nur eine klein* 
linsengroOe Verdickung im Unterhautzellgewebe, ohne jede Eiteransamm- 
lung, wies auf sie bin. Der iibrige Behind war volbg normal. 

Von den Organausstricben aus Milz, Lunge, Leber und Nieren 
entbielt keiner saurefeste Stiibcben. Im Ausstricb von derimpf- 
stelle fanden sicb dagegen massenbaf te saurefeste Stabcben, von denen 
sebr viele frei lagen. Durcb das Feblen von Leukozyten waren keine 
Pbagozytoseerscbeinungen aufgetreten. 

Bei diesem Tier miissen die eingebracbten Bazillen nicbt einmal als 
geniigender Beiz zur Eiterung gedient baben. An den Zellen fallt die 
guterbaltene Form auf, im Gegensatz zum Befunde der Verkasung beim 
Tier No. 14. 

Die Verimpfung von Impfstelle und Organen auf Nabrbbden 
erfolgte wie bei Tier No. 14. Aucb bier blieben alle Eulturen steril, bis 
auf eine Glyzerinserumkultur aus der Impfstelle, auf der sicb nacb 
etwa 5 Wocben eine einzige verdacbtige Kolonie vorfand, die sicb mikro- 
skopiscb als aus Baurefesten bestebend erwies. 

Also ist auch bei diesem Tiere der Nachweis der Bazillen 
nur an der Impfstelle zu erbringen gewesen. — Die 
flbrigen vier Tiere der2. Reihe(No. 13, 16—18) er- 
wiesen sich bei der nach 85 Tagen = fast 3 Monaten 
erfolgten TOtung als vbllig normal. 


No. 15 — scbeint mir aucb nacb inzwiscben ad boc angestellten neueren 
Versucben zu den „r^ularen“ zu geboren. 

Boebncke (22) konnte bei dem Meerscbweincben No. 244 am 23. Tag 
„im Quetscbpraparat aus einer erbsengroBen Driise an der Injektionsstelle“ 
zabireicbe scblanke saurefeste Stabcben nacbweisen. Es ist nicbt obne 
weiteres verstandlicb, wie an die Injektionsstelle eine „Druse“ binkommt 
Oder umgekebrt. Falls die Injektion unmittelbar in die Eniefalte gemacbt 
wurde, ware der Befund erklarlicb. Das Tier war mit 5 mg subkutan ge- 
impft worden. 

Lindner (78) macbte bei seinen Einspritzungen von Timotbeebazillen 
eine der unseren abniiebe Beobacbtung. Nur bei den 2—4 Tage nacb der 
Infektion (subkutan bis intraperitoneal) gestorbenen Tieren gelang der 
mikroskopiscbe Nacbweis siiurefester Stabcben, aber nicbt mebr bei 2 am 
11. und 27. Tage gestorbenen und bei den spater getbteten Tieren. 

Bei dem bekannten einen, mit 2 mg Kultur subkutan gelmpften Meer- 
Bcbweincben von Rubinowitscb (100), mit der „individuellen Disposition", 
gelang sogar nacb 3 Monaten nocb der mikroskopiscbe und kulturelle 
Nacbweis der Friedmannbazillen aus Impfstelle und Organen. Das Tier 
ist aucb biernacb als singuliire Ausnabme zu bezeicbnen. 



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Ueber das Friedmannsche TuberkuloBC-Schutz- und -Heilmittel. 303 

Eine mikroskopiBche Untersuchung und Ziichtung konnte damals 
{am 4. VIII. 1914) aus aufieren Qriinden nicht auBgefiihrt warden. Be- 
merkenBwert erscheint dieser Tollig negative Befund besonders bei Tier 
No. 18, das 20 mg intraperitoneal erhalten hatte. 

Die ganze 2. Reihe ergab demnach eindeutig, 
dafi unter den gewfihlten Versuchsbedin gun gen 
nichts von irgendeiner pathogenen Wirkung der 
Friedmannbazillen auf die Meerschweinchen 
festzustellen war. 

Ana der 3. (VergleichB-)Reihe iat Tier No. 20 das Gegenstiick zu 
Tier No. 14 der 2. Beihe. Bei der Tdtung nach 7 Tagen land eich an der 
Impfstelle ein Strang von 1,5 cm Lange und dem Umfang etwa eines 
dunnen Taschenbleistiftes vor, der mit kasigem Eiter erfiillt war. Driisen 
und innere Organe vSllig normal Mikroskopisch wurden nur an der 
Impfstelle Baurefeste Stabchen gefunden. Die Ziichtung blieb ohne 
Erfolg. 

Von seinem Paralleltier No. 14 unterscheidet sich Tier No. 20 also 
nur dadurch, daS bei ihm auch aus der Impfstelle eine Ziichtung nicht 
gelang. Die Froschbazillen mit ihrem wesentlich niedrigeren Temperatur- 
optimum Bind eben auf die Verhaltnisse im Warmbliiter viel weniger ein- 
geetellt, als die bei 37“ wachsenden Friedmannbazillen. 

Die drei iibrigen Tiere der Reihe 3, unter denen wieder Tier No. 22 
— mit 20 mg intraperitoneal gespritzt — hervorgehoben zu warden ver- 
dient, waren bei der TStung am 4. VIII. 1914, 85 Tage = fast 3 Monate 
nach der Impfung, alle vollig frei von irgend welchen Organ- 
veranderungen. 

B. Kanincben. 

Ueber die Befunde an den vier mit Reinkultur (11 Tage 
alter Bouillonkultur) infizierten Kanincben No. 7 —10(siehe 
Tabelle III) kann rasch berichtet werden. 

10 mg intravenos — wShrend man zur Typenbestimmung 
Vioo rog Tuberkelbazillen gibt — und 80 mg subkutan gegeben, 
wurden glatt und obne irgendwelche tuberkuloseartige Ver- 
Snderung ertragen. 

Dafl bei Kanincben No. 9 an der am Riicken befindlichen Impf- 
Btelle ein pflaumengrofies Infiltrat nach 186 Tagen vorhanden war, kann 
unseres Erachtens nicht als Ausdruck liir eine pathogene Wirkung £in- 
gesprochen werden. Der Befund steht mit vielen iihnlichen Feststellungen, 
bei der Verirapfung des fiir das Kanincben nicht pathogenen humanen 
Typus, wonach sich ebenfalls haufig Abszesse am Riicken der entsprechend 
geimpften Tiere fanden, wiihrend die am Bauch mit der gleichen Dosis 
infizierten Tiere frei von derartigen Abszessen waren, in Ueberemstimraung 
und weiet nur darauf hin, dafi die ResorptiouBverhaltnisse am Rucken — 


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304 


Ludwig Lange, 


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wohl auch infolge des Mangels der am Bauche stets mehr Oder weniger 
vorhandenen „Mas8agewirkuDg“ — schlechtere sind. 

Man kann also zusammenfassend sagen, dad 
sich auch bei Kaninchen koine pathogene Wir- 
kung dor Friedmannbazillen nachweisen lieU. 

Dieser Befund steht mit den in der Literatur vorliegenden 
in Uebereinstimmung (s. 1. Toil p. 276). 

C. Weifie Miuse. 

Zur Verwendung gelangte die gleiche 11 Tage alte Tuberkel- 
bazillenbouillonkultur, die auch zur Impfung der ersten Meer- 
schweinchenreihe gedient hatte. Mengen von 0,1 und 1,0 mg 
wurden subkutan und intraperitoneal verimpft (s. Tabelle IV). 

Tabelle IV. 


Verirapfung der Reinkultur auf Mause. 
(11 Tage alte Bouillonkultur.) 


d 

Bezeichnung 

Tag der 
Impfung 

1 

Menge 

g 

Art der 
Impfung 

Tier 

gestorben 

Lebte Tage 
nach der 
Impfung 

Ergebnis 

1 

A weiS 

|30. I. 14 

0,001 

subk. 

6.11. 14 

! 7 

Kokkeninfektion 

2 

A rot 

1 

0,0001 

?> 

18. HI. 14 

47 

0. B. 

3 

B weifi 


0,0001 


18.11. 14 

19 

1 

Interkurrent t. Eeine 
tu berkulosen V erande- 
rungen 

4 

B rot 

>> 

0,001 

+0,001 

suEk. 

1 

wann ? 
lebte An- 
fang Au¬ 
gust noch 

> 181 

Keine Angaben vor- 
handen 

5 

C weiB 


0,0001 

ip. 

2.11. 14 

3 

Diplokokkeninfektion 

6 

C rot 

>7 

0,0001 


30. V. 14 

119 

BluterguS in d. Bauch- 
hohle 


Die erstgestorbene, intraperitoneal geimpfte, schon 3 Tage nach der 
Impfung eingegangene Mans No. 5 zeigte leicht vergrSflerte, etwas dunkel- 
braunrot gefiirbte Leistendriisen; auf der Leber ein weifilicher Belag, die 
Milz deutlich vergrdBert, doch ohne Knbtchen, Lunge sehr blutreich. 

Mikroskopischer Befund: Der Belag auf der Leber bestand aus einer 
Reinkultur von feinsten gramnegativen kokkenartigen Kurzstiibchen. Auch 
in der Leber die gleichen Formen in kleinen Haufchen zu sehen. 

In mikroskopischen Ausstrichen, die nach Ziehl und nach Much 
gefarbt wurden, waren nirgends saurefeste Stabchen zu finden. Im Aus- 
Btrich aus einer Leistendriise an einer einzigen Stelle ein kleines Haufchen 
von kurzen, spiefiartigen, im Zerfall begriffenen roten Stabchen. Bei ge- 


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Ueber das Friedmannsche Tuberkulose-Schutz- und -Heilmittel. 305 


nauer Einstelluag bemerkt man, dafi dieses Haufcben eine Spur hdher als 
die auBgestricbene Gewebsscbicbt liegt, so dafi der Befund nicbt ganz ein- 
wandfrei ist. 

In der Lange sebr reicblicb mittellange, ziemlich dicke Stiibcben, 
gramnegativ. 

Auf den aus den Organen angelegten Eultnren wacbsen nur Proteus, 
Cob und die erwabnten feinen Kurzstabcben. 

Die Mans ist also einer Miscbinfektion interkurrent erlegen. Es ist 
auffallend, dafi naeb so kurzer Zeit keine Friedmannbazillen mehr festzu- 
stellen waren, rom Befund in der Leistendruse, der zudem nicbt ganz sicber 
zu verwerten ist, abgeseben. 

Da6 die Miscbinfektion mittelbar durcb die Friedmannimpfung aus- 
geldst Oder begiinstigt wurde, ist nacb Erfabrungen bci Impfungen von 
Mausen mit anderen Infektionsstofifen, z. B. Trypanosomen, immerbin 
mbglicb. Von einer Ausbreitung oder einem Haften der Friedmannbazillen 
kann jedenfalls keine Rede sein. 

Die nachstgestorbene Maus No, 1, die 7 Tage nach der 
subkutanen Impfung mit 1 mg einging, ergab folgenden 
Sektionsbefund: 

Von Impfstelle nicbts zu seben, Leistendriisen beiderseits etwas ge- 
scbwellt, dunkel. Der ganze linke Leberlappen bellgelblicb-nekrotiscb, Miiz 
deutlicb vergrobert, im ganzen blafl, Lungen o. B. 

In Leberausstricben massenbaft feinste Kokken, zum Teil in groSten 
Nestem, volliger Zellzerfall. Milz vereinzelte, nicbt mit Sicberbeit als solcbe 
feststellbare Kokken, da reicblicber Zellzerfall. Lunge sebr reicblicbe, feinste 
kleine Kokken, aucb in Haufcben. Aucb in den Leistendriisen massenbaft 
feinste Kokken. Nirgends saurefeste Stabcben zu finden. 

Kulturell wurde au6er den Kokken nocb ein auf Drygalskiplatten 
blau wacbsender, coliartiger Stamm isoliert, der jedocb mit keinem der 
in Betracbt kommenden Sera (Ty, Paraty, Gartner, Kubr) eine Aggluti¬ 
nation gab. 

Wir haben also aucb bei dieser Maus eine interkurrente 
Infektion mit Kokken vor uns, fiir deren mittelbaren Zu- 
sammenbang mit der Friedmannimpfung das soeben bei Maus 5 
Gesagte gelten kann, 

Aucb bei der am 19. Tage eingegangenen Maus No. 3 
lag eine interkurrente Infektion vor. 

Sektionsbefund: Leber o. B., keine Knbtcben, Milz leicbt vergrbfiert, 
Lungen etwas byperiimiscb. In mikroskopiscben Ausetricben nur in der 
Milz allerkleinste blaue Stabcben zu seben, nirgends saurefeste 
Gebilde. 

Ausstricbe von Milz, Lunge und Leber auf Drygalskiagar lieBen 
iiberall Diplokokken, daneben aus Milz sparlicbe, aus Leber reicblicbe Coli- 
kolonien aufgeben. 


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306 


Ludwig Lange, 


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Maus No. 2, die nach 17 Tagen einging, hatte ebenfalls 
einen ganz uncharakteristischen Sektionsbefund : 

Driisen kaum vergrofiert, heU, Milz leicht vergroBert, aber ohne 
Knotchen, Lunge und Leber o. B. Mikroskopisch nirgends saurefeste 
Stabchen, auch sonstige Bakterien nicht mit Sicherheit zu erkennen. Auf 
den Kulturen feine Kokkenkolonien gewachaen, die nicht weiter verfolgt 
wurden. 

Maus No. 6 starb 119 Tage nach der Impfung, 

Befund: BliiterguB in die Bauchhohle. Leber fettreich, hell, ohne 
Knotchen, Milz etwa auf das Doppelte vergroflert, Lunge o. B. Mikro- 
skopisch nirgendwo etwas von Bakterien zu sehen. Keine Kulturen an- 
gelegt. 

In Anbetracht der langen, seit der Impfung verflossenen Zeit darf 
der intraperitoneale Blutergufl mit dieser wohl kaum in Verbindung ge- 
bracht werden. 

Ueber Maus No. 4 fehlen in meinen Aufzeichnungen Angaben. 
Angesichts der iibereinstimmenden Befunde an den iibrigen 5 Mausen — 
iibereinstimmend, was bei der gewahlten Infektionsart das Verhalten und 
die Wirksamkeit der Friedmannbazillen im Mausekorper anlangt — kann 
man den Ausfall dieses Tieres mit in den Kauf nehmen. 

Zusamraenfassend laBt sich iiber die vorgenommenen 
Mauseversuche sagen, daB bei subkutaner und intraperitone- 
aler Infektion eine Infektiositat der Friedmann¬ 
bazillen fur die Maus nicht besteht. Ob nicht durch 
toxische Wirkung die Disposition zu interkurrenten Erkran- 
kungen erhoht wird, mag dahingestellt bleiben. Jedenfalls 
stehen den 3 bald nach der Infektion gestorbenen Mausen, 
fflr welche allein eine solche toxische Wirkung in Frage kame, 
3 Tiere mit langer Lebenszeit gegenflber, und eine Beziehung 
zwischen Menge der Einspritzung und Verlauf, wie eine solche 
gerade fur Toxine, deren Menge urn das lO-fache schwankte, 
gefordert werden raiiBte, ist nicht in die Erscheinung ge- 
treten. 

Friedmann (27) erhob bei 2 mit Lungenstiickchen der Ausgangs- 
Bchildkrdte (1. Stamm) subkutan geimpften Mausen einen vollig negativen 
Befund. Bei einer 3. ebenso infizierten Maus, die nach 7 Tagen ein- 
gegangen war, berichtet er iiber das Vorkommen von blau gefiirbten, aber 
in Gestalt den Tuberkelbazillen gleichen Stabchen an Impfstellen, im Peri- 
tonealcxsudat und in einem kleinen HalsabszeB. 

Inwieweit es sich bei den von mir in der Milz von Maus 3 gesehenen 
feinsten blauen Stabchen um etwas ahnliches handelt, ist nachtraglich 
nicht mehr zu entscheiden. 



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Ueber das Friedmannsche Tuberkulose-Schutz- und -Heilmittel. 307 


D. Versuche an Ratten. 

Vier Ratten wurden mit 10 und 1 mg subkutan, mit 1,0 
und 0,1 mg intraperitoneal geimpft (s. Tabelle V). 


Tabelle V. 

Versuche an Ratten. 
(11 Tage alte Bouillonkultur.) 


d 

52; 

Bezeichnung 

Tag der 
Impfung 

1 

Menge 

1 

Art der 
Impfung 1 

1 

1 

Tier 

gestorben 

1 0) 

tC (h he 

H-a § 
S-g a 

Ergebnis 

1 

Hweifi 


0,01 

8ubk. 

1 

1. V. 20 

91 

! 

An Diplokokkeninfekt. 
eingegangen. 2. V. 14 
Lunge auf Mw. 2882 
subk. t 8. V. 20 0 . B. 

2 

II rot 

dgl. 

0,001 


unbekannt 
(nach dem 
3. VIII.) 

> 185 


3 

il weifi 

» 

0,001 

ip. 

dgl. 

> 185 

— 

4 

I rot 


0,0001 

i 

3. VI. 20 

I 124 

1 Vollig 0 . B. 


Ratte No. 1 ging 91 Tage nach der Impfung ein. Die Irapfstelle 
war nicht mehr zu erkennen. Keine Drusenschwellung. Leber, MLlz und 
Nieren o. B. Die rechte Lunge stiirkst aufgebliiht; vbllig durchsetzt von 
durchscheinenden, stecknadelkopfgroHen, mit Eiter, teilweise auch mit 
zahem Schleim gefullten Herden. Im Unterlappen der linken Lunge einige 
aiif Tuberkel schwach verdachtige Knotchen. Mikroskopisch in Leber, 
Milz und Nieren keinerlei Mikroorganismen zu seben. Sowohl im dicken 
Eiter als im fadenziehenden Eiter, wie er sich mehr an der rechten Lungen- 
wurzel vorfand, auch in den Herden der linken Lunge, sind massenhaft 
feinste, schmale Doppelstiibchen oder Doppelkokken vorhanden, die sich 
bei Ziehlfarbung blau, nach Gram violett farben. Saurefeste Stabchen 
nirgends zu seben, 

Aus der Lunge wird auf Drygalskiagar, Glyzerin und gewohnlichem 
Agar ausgestrichen, auSerdem wird am 2, V. 1914 ein Stiickchen der 
rechten Lunge auf Meerschweinchen No. 2882 subkutan verimpft. 

Die bei 37“ gehaltenen Kulturausstriche aus der Lunge bleiben samtlch 
steril (1). 

Meerschweinchen 2882 stirbt schon am 8. V,, also nach 6 Tagen. 

Sektionsbefund: Kniefaltendriisen leioht vergroSert, Milz leicht 
vergrbfiert, dunkel gefarbt, die Lungen etwas aufgebliiht, im iibrigen o. B. 

Mikroskopisch in Leber und Milz reichliche, in den Driisen 
vereinzelte grampositive Diplokokken, die wie Pneumokokken aussehen; 
Lunge frei von Mikroorganismen. Ziichtungsversuch aus Drusen, Milz 
und Lunge wiederum negativ (I). 


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308 


Ludwig Lange, 


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Es steht deranach fest, dafi Ratte 1 einer interkurrenten 
Infektion, wahrscheiulich mit einer den Pneumokokken nahe- 
stehenden Kokkenart, die sich leider nicht in Kulturen er- 
halten lieB, erlegen ist. Von einer auf die Infektion mit den 
Friedraannbazillen zurflckzufflhrenden Verfinderung war nichts 
zu bemerken. 

Vollig negativ war der Sektionsbefund bei der nach 
124 Tagen eingegangenen Ratte No. 4. 

Aufler einem Coccidioseblaschen an der Leber wurde an keinem 
Organe ein vom normalen abweichendes Verhalten gefunden. Von einer 
weiteren Untersuchung wurde, da der Befund hinsichtlich der Fragestellung, 
ob die Friedmannbazillen pathogen sind, eindeutig war, abgesehen. 

Ueber die beiden Katten No. 2 und 3 kann bier nur berichtet 
werden, dall sie Anfang August, also '/» Jahr nach der Impfang, noch 
am Leben waren. Nach dem Ergebnis an den Ratten 1 und 4 darf mit 
Sicherheit angenommen werden, dafi sie ebensowenig wie diese beiden Tiere 
spezifische, durch die eingefiihrten Bazillen hervorgerufene Veranderungen 
in ihrem Korper gehabt haben. 

Wenn man auch den an Zahl geringen und durch auBere 
Umstande beeintrachtigten Rattenversuchen nicht mit dem 
gleichen Gefuhl der Sicherheit gegeniiberstehen kann, wie den 
Versuchen an den bisher erwahnten Tieren, so darf doch das 
eine mit Bestimmtheit festgestellt werden, daB ihr Ausfall 
keinen Anhalt fiir einekrankheitserregendeWir- 
kung der Friedmannbazillen ergeben hat. 

Hinsichtlich einer etwaigen Tuberkuloseahnlichkeit wflrden 
ja Rattenversuche tiberhaupt kaum in Betracht kommen. 

Von 8 tanle 7 Griffith (49) wird die Ratte der „re 8 istant group" 
zugeziihlt. A o k i (1 u. 2), der 80 Ratten mit je 2 mg teils intraperitoneal, teils 
intravenbs intiziert hatte, berichtet, dafi 51 der Ratten nach 2—3 Alonaten 
eingegangen sind, wiihrend der Rest nach 3—4 Monaten getotet wurde. 
Von 34 mit bovinen Tiiberkelbazillen geimpften Tieren wurden 9, von 
46 mit humanen Tuberkelbazillen infizierten Ratten 40 tuberkulos. 8 o- 
wohl bei deu intraperitoneal als bei den intravenbs geimpften Ratten 
lokalisierte sich die Tuberkulose makroskopisch nur in den Lungen in 
Form von miliaren und submiliaren Knbtchen, in denen man Tuberkel- 
bazilien leicht durch Ausstrichpriiparato nachweisen konnta 

Da, wenn iiberhnupt, fiir den Friedmann bacillus auf Grund seines 
Wachstums nur Beziehungen zum humanen Typus in Frage kommen, so 
kann die Unschadlichkeit fiir Ratten vielleicht als ein Beurteilungsmerkmal 
mitherangezogen werden. 

Nach Galli-Valerio (47) ist allerdings in der Ratte keine Diffe- 
renzierung des humanen und bovinen Typus mbglich. 



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Ueber das FriediDannsche Tuberkulose-Schutz- und -Heilmittel. 309 

E. Versuche an Huhnern. 


Am 30. I. 1914 wurden mit der 11 Tage alten Bouillon- 
kultur schlieBlich auch noch 4 Hiihner infiziert (s. Tabelle VI). 

Tabelle VI. 


6 

12 ; 

Far be 

Tag der 
Impfung 

Menge 

Art der 
Impfung 

Glestorben 

(getdtet) 

am 

fl 

H'l 

u 

.31 

Befund 

1 

weiB 

30.1. 14 

0.001 g 

intrav. 

8 . V. 14 

! 

98 

Frei von tuberkuldsen 
Veranderungen 

2 

goldgelb 

dgl. 

0,001 g 

J) 

6 . VIII. 14 
getdtet 

188 

Vdllig normal 

3 

braun 

ff 

0.01 g 

ip. 

dgl. 

188 

Desgleichen 

4 

Bchwarz 


0,01 g 


t) 

188 

t} 


Das 98 Tage nach der Impfung eingegangene Huhn No. 1 wies 
reichlichen Fettgehalt an Bauch und Hals auf. Der Kropf war mit grau- 
triiber Fliissigkeit gefiillt. Leber stark verfettet, im ubrigen samtliche 
inneren Organe vollig normal. 

Die 3 anderen Huhner wurden am 6. VIII. 1914 getotet und wiesen 
silmtlich einen durchaus normalen Befund auf. 

Die Fried in annbazillen sind demnach fflr 
Huhner ganzlich avirulent, ein Befund, der nicht 
weiter flberraschend ist, wenn man die hohe Kdrpertemperatur 
des Huhnes in Betracht zieht. 

Friedmann verwendet ja auch sein Mittel neuerdings 
reichlich zur BekSmpfung der Hiihnertuberkulose, und zwar, 
wie er sagt, mit gutem Erfolge. Bei einer Virulenz der 
Bazillen fQr diese Tiere wkre eine derartige Impfung von 
vornherein ausgeschlossen. 

Diesen beztiglich einer Schadlichkeit fiir das Huhn nega- 
tiven Befunden gegeniiber sind die Ergebnisse von 2 Huhner- 
inipfungen des I. Stammes [Friedmann (27)J von beson- 
derem Interesse. 

Bei einem mit Lungenknotchen der Ausgangsschildkrote intraperi- 
toneal geimpften und nach 2 Monaten getoteten Tiere fanden sich in der 
Leber cinige Kndtchen, die saurefeste Stabchen enthielten. 

Ein 2., mit etwa 2 mg Reinkultur intraperitoneal geimpftes Hubn starb 
plotzlich nach 26 Tagen, wies fibrinose Peritonitis mit kasigen peritonealen 
Schwarten, namentlich am Netz, sowie fibrinds-kasige Belage und ganz ver- 
einzelte saurefeste Bazillen enthaltende Kndtchen auf der Leberoberflache auf. 

ZaiUchr. I. ImmonlUitslonchUDg. Orig. Sd. 32. 21 


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310 


Ludwig Lange, 


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Makroskopiech in den verkasenden Netzabechnitten sehr grofie, meist 
fibriis abgekapselte Herde mit enormen Massen von nach Form und Lage- 
rung den Vogeltuberkelbazillen gleichenden ,,leuchtend roten“ Stabchen. 
Friedmann weist auf die Ununterscheidbarkeit der Netzherde von eben- 
falls verk^nden Netzkonglomerattuberkeln einer spontan an Vogcltuber- 
kulose eingcgangenen Taube, die er kurz vorher untereuchen konnte, bin. 

Ein 3., ebenfalls mit Reinkultur intraperitoneal gespritztea Huhn war 
nach miudeatens etwa 4 Monaten, zur Zeit dea Arbeiteabschluases, noch 
am Leben. 

Falls nicht, woran man unseres Erachtens denken milBte, 
bei deni 2. Hnhne eine spontane Tuberkulose mit im Spiele 
war, wflrde dieser Befund auf eine Verwandtschaft der Fried- 
mannbazillen zu den Vogeltuberkulosebazillen, fdr die im 
flbrigen nicht der geringste Anhaltspunkt vorliegt, hindeuten. 

F. Versuche an FrSschen. 

Nachdem sich die Friedmannbazillen in unseren Versuchen 
den gepriiften Warmblfltern gegenuber als nicht pathogen er- 
wiesen batten, sollten sie mit einem anerkannten Kaltbldter- 
tuberkelbazillus in ihrer Wirkung auf Frosche verglichen werden. 

Zum Vergleiche wurde ein von Herrn Reg.-Rat. Prof. 
Dr. KUster giitigst flberlassener Froschtuberkulose- 
stamm herangezogen. Dieser zeigte bei 37® kein Wachs- 
tum; seine bei Zimmertemperatur gewachsenen Kulturen 
wiesen insofern Erscheinungen von Polymorphie oder Mutation 
auf, als auf den gleichen NShrbodenarten (Agar und Glyzerin- 
agar) teils mehr trockene, mattere, gekrtluselte, teils mehr 
feuchtglSnzende Belage auftreten. Bei der ZOchtung auf 
Tuberkelbazillenbouillon glich den Friedmannbazillen die 
trockene Varietat mehr. Deshalb wurde sie gewahlt. 

Zur Impfung wurden die Bazillenmassen von je 2 gleich- 
alten Bouillonkulturen —.vom 27. IV. 1914 und 11. V. 1914 — 
genommen. Die Kulturen der beiden Stamme unterschieden 
sich nur darin, daB, wie erwahnt, die Froschbazillenkultur bei 
etwa 20®, die Friedmannkultur bei 37® gewachsen war. 

Die Versuche sind in Tabelle VII (p. 311) kurz zusammen- 
gestellt. 

Die Impfung erfolgte bei den Frbschen 1—6 etets in den Eucken- 
lymphsack. Die Frosche gehorten der Gattung Rana esculenta an. 

Von dem schon im Laufe des 2. Tageseingegangenen Frosch No. 5 
darf -abgesehen werden. Immerhin erscheint es auffallig, daO in der Leber 
noch keine Froschtuberkelbazillen nachzuweisen waren. 


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Ueber das Friedmannsche Tuberkulose-Schutz- und -Heilmittel. 311 


TabeUe VII. 

Verauche an Frttachen vom 19. VI. 1914 (Impfung in den Riickenlymphsack). 


Tier j 
No. 1 

Infektions- 

dosis 

f am 

1 

Tage n. d. 
Impfung 

Befund 



Friedmannbazillen 

1 

0,01 g 

1. VII. 1914 

12 1 

Makroskopisch obne Befund 

2 

0,005 g 

24. VI. 1914 

5 

Makrosk. o. B. Mikrosk. in 
Leber u. Milz einige Saurefeste 

3 

0,001 g 

1. Vn. 1914 

12 

Negativ 

7 

8 1 

iDas Wasser 
1 im Glas wird 
|mit 0,01 g 
1 infiziert 

22. VII. 1914 
dgl. 

33 

33 

\ Makroskopisch und mikro- 
j skopisch obne Befund 



Froschtuberkelbazillen 

4 

0,005 g 

24. VI. 1914 

5 1 

1 

Leber: Saurefeste 4- + + , 
Lunge und Milz + + 

5 

0,001 g 

12iy22VI.1914 

1 

IV, 

Leber: Froschtuberkelbazillen 
mikroskopisch — 

6 

0,0001 g 

24. VI. 1914 

5 : 

Lunge aufgetrieben, sonst Or- 
gane o. B. In Leber, Lunge 
und Milz saurefeste Stabchen 

9 

10 1 

IDas Wasser 
[im Glas wird 
1 mit 0,01 g 
j infiziert 

1 

9. VII. 1914 
' nach dem 

1. V1IL1914 

30 

1 42 

1* 

Makroskopischer und mikro- 
skopischer Befund negativ 

■ 


Am 5. Tage gin gen die drei Frdsche No. 2, 6 und 4 (letzterer erst 
nachmittags) ein. 

Der mit 5 mg „Friedmann“ geimpfte Frosch No. 2, ein mannlichea 
Tier, zeigte in alien Organen makroskopisch vdllig normalen Befund; in- 
sonderheit waren nirgends Kndtcben zu aehen. Mikroskopisch in der 
Leber vereinzelte kleine Hdufchen von Saurefesten, ganz selten aiich 
grofiere. Die Stabchen Bind kiirz, gerade, mit deutluhen dunkleren 
Kdmchen. Viele macben den Eindruck beginnenden Zerfalles. In der 
Lunge keine Saurefesten, dagegen viele andere Bakterien. In der Milz 
einige Haufcben Friedmannbazillen, knrze Formen. 

Daa Gegenstiick zu Tier No. 2, Fro sc b No. 4, liifit makroskopisch 
ebenfalls keine Organverariderung erkennen (in der rechten Seite dea 
Abdomens ein mit Fliissigkeit gefiillter Sack [??], Ovarium daneben vor- 
banden). Mikroskopisch linden sich in der Leber sehr zablreiche 
lange, gewundene, horaogen gefarbte, also keine Kornchen enthaltende 
rote Stabchen, an denen manchmal Bilder, die an eine Verzweigung deiiken 
lassen, gesehen werden. Oft liegen sie in dicken Nestern vereinigt. In 
der Lunge teilweise die gleichen Haufcben. In der Milz ahnliche, aber 
spilrlichere Haufcben wie in der Leber. 

21 * 


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312 


Ludwig Lange 


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Der am gleichen Tage gestorbene Frosch No. 6 wies aufier einem 
enormen Emphysem der rechten Lunge keine krankhaften Organ verande- 
rungen auf. Mik roskopisch in der Leber rniiSig zahlreiche Einzel- 
Btabchen und kleine Neater von Froschtuberkelbazillen. Die Bazillen sind 
lang und schlank, gewunden, ohne Ebrnchen. Daneben viele blaue plumpe 
Stabchen. In der Lunge ganz vereinzelte mittellange, durchgefarbte rote 
Stabchen, aufierdem aehr zahlreiche hlaugefarbte Bakterien: feine Kui:?- 
atabchen und kleinate Kokken. Reichlich Paraaiteneier (Trematoden). 
Milz; Einige wenige Zellen mit phagozytierten Saurefeaten, die deutlichen 
Zerfall zeigen (aie aehen wie angenagt aua). 

Von den drei FrSachen No. 2, 4 und 6 wurden aua Leber und Lunge 
Kulturen auf Glyzerin- und auf Tuberkuloaeagar angelegt. Ueber daa Er- 
gebnia kann aua den eingangs der Arbeit erwahnten Qriinden (Kri^- 
beginn)_leider nichta berichtet werden. 

Die bei Zimmertemperatur gehaltenen Kulturen aus 
den Froschen 4 und 6 sind zur Zeit der Niederschrift noch 
vorhanden, aber infolge stSrkster Austrocknung iSBt sich 
an ihnen nicht mehr viel feststellen. Von Interesse ist es, 
daB sich aus einer aus der Leber von Frosch No. 6 angelegten 
Kultur jetzt noch im Ausstrich reichlich zopfartige und band- 
fbrraige Massen von einzelnen langen, gewundenen, roten 
Stabchen, die auf einem blauen Untergrunde mit dunkleren 
Kbrnchen ruhen, nachweisen lassen. Die Bazillenforra ist bei 
bei den roten Stabchen und Faden deutlicher zu erkennen, 
als bei dem blauen Untergrunde. 

Aber auch ohne daB der Befund an der Kultur vorliegt, 
allein aus dem mikroskopischen Ergebnis ist ein deutlicher 
Unterschied zwischen dem Verhalten der Friedmannbazillen 
beim Frosch 2 einerseits und dem der Froschtuberkelbazillen 
bei den Froschen 4 und 6 andererseits unverkennbar. Dort 
nur wenige kleine Haufchen von Bakterien, die fast durchweg 
sichere Zeichen des Zerfalles oder der Schadigung aufweisen, 
hier reichlichere Bazillen, die nach ihrer Farbbarkeit und ihrer 
Gestalt einen vollkraftigen Eindruck machen. Als Erklarung 
fiir diesen Unterschied diirfte anzunehmen sein: 

Durch die fortgeaetzten Kulturpaaaagen bei 37 " haben die Friedmann¬ 
bazillen den Charakter ala Kaltbliiterbazillen mehr oder weniger eingebiiUt. 
Dazu kommt, da6 die verwendeten Friedmannkulturen, wie erwahnt, bei 
37® geziichtet waren. Solche bei Bruttemperatur genachaenen Bazillen 
wurden vcrwendet, weil das Friedman nmittel atets aua bei 35—37®geziich- 
teten Kulturen hergestellt wird. 



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Ueber das Friedmannsche Tuberkulose-Schutz- und -Heilmittel. 313 

Die beiden nach 12 Tagen eingegangenen FrOsche No. 1 und 3 
ergaben weder makroskopisch noch mikmakopisch irgendelnen positiven 
Befund hinsichtlich der Friedmannimpfung. 

Desgleiehen ist der Versuch mit der Impfung dee Wassers an den 
Froflchen 7—10 ganziich negativ verlaufen. 

Der nach 20 Tagen gestorbene Frosch 9 zeigte keinerlei makro- 
skopische Veran derun gen. Mikroskopisch waren Leber und Milz frei von 
saurefesten und anderen Bakterien. In der Lunge fanden sich reichlichat 
Bakterien verschiedenster Art, besonders ziemlich plumpe, mittellange Btab- 
chen und Ketten von zarten Diplokokken. 

Die Frosche 7 und 8 wurden am 22. VII. 1914 von Herrn Dr. Booa 
seziert und untersucht. Im Protokoll findet sich eingetragen: 

Makroskopisch sowie in Ausstrichpraparaten aus Leber und Lunge 
ohne Befund. 

Ueber Frosch 10, der nach dem 1. VIII. 1914 eingegangen sein 
mufi, fehlen mir die Angaben. 

Im ganzen laUt sich sagen, dah die Friedmannbazillen, 
wenn flberhaupt, dann hdchstens eine toxische Wirkung auf 
die Frdsche ausiibten und sie filr sekundare Infektionen an- 
falliger machten. Zu einer Vermehrung im Frosch- 
korper oder zur Bildung spezifischei* Organver- 
anderungen kam es bei unseren allerdings wenig zahl- 
reichen Versuchen nicht. Im Gegenteil deuten die beobach- 
teten Zerfallserscheinungen darauf bin, dafi der Friedmann- 
stamm im Frosche keinen ihm zusagenden Wirtsorganismus 
findet. 

Zu den sekundaren Infektionen sei noch bemerkt, daB schon am 
12. VI. 1914, als die Frosche im Vorrat gehalten wurden, eines der Tiere 
spontan eing^angen war, und aus Leber und Lunge Bakterienkolonien 
verschiedener, jedoch nicht saurefester Art gewachsen waren. Auch mikro- 
skopisch war die Leber frei von Saurefesten. 

6. Versuohe mit einem aus Friedmannbazillen hergesteUten 

Tuberkulin. 

Nach den gebrauchlichen Vorschriften wurde aus zwei 
Bouillonkulturen vom 12. III. 1914 und 5 vom 23. III. 1914 
am 23. IV. 1914 ein Tuberkulin hergestellt. Dieses hatte 
eine etwas hellere Farbe, als die meisten echten Tuber- 
kuline aufweisen. 

Die mit dem „Friedmanntuberkulin“ angestellten Versuche 
sind in folgender Tabelle VIII zusammengestellt. Die In- 
jektion erfolgte subkutan. 


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314 


Ludwig Lange, 
TabeUe VIII. 


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Datum 


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infiziert 


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r.| O' 

.2 a 

"'■S 

be C3 


E^rgebnis 


A. Tuberkuloaefreie Meerschweinchen. 


1 

11. V. 

14 

1827 

19. xn.i3 

143 

0 

4.0 

2 

11. V. 

14 

1781 

16. XII. 13 

146 

0 

2,0 

3 

13. V. 

14 

2049 

13.1. 14 

120 

0 

2,0 

4 

11. V. 

14 

1788 

16. XII. 13 

146 

0 

1,5 

5 

11. V. 

14 

1785 

16. XII. 13 

146 

0 

1,0 

6 

13.V. 

14 

2091 

15.1. 14 

118 

0 

1,0; 


Negativ. Samtliche Tiere bei 
der am 6. VI. 14 erfoigten 
Totung voUig normu 


B. Tuberkuloseverdachtige und tuberkulbse Meer- 
Bchweinchen. 


7 

13. V. 

14 

2050 

13.1. 

14 

120 

r. + 

2,0 

8 

19. VI. 

14 

1365 

17. X. 

13 

245 

r. dL 

1,0 

9 

dgl. 


2641 

28. III. 

14 

84 

r. ± 

0,8 

10 

y) 


2605 

14. III. 

14 

99 

+ + + 

0.5 

11 

ii 


2712 

9. IV. 

14 

71 

+ + 

0.5 

12 

j) 


2731 

11. IV. 

14 

69 

+ + + 

0,2 

13 

w 


2867 

29. IV. 

14 

51 

+ + + 

0,2 

14 

If 


2783 

21. IV. 

14 

59 

+ + + 

0,1 

15 

>y 


3053 

11. V. 

14 

39 

+ + 

0,1 


Negativ. 6. VI. 14 getotet; 
r. Leistendruse bohnengrofi, 
verkast, sonst o. B. 
Negativ.\4. VIII. 14 getotet; 

„ / o. B. 

1 Positiv. Beide Tiere am 
r 20. VI. 14 t 

Negativ 


Aus deu Versuchen ergibt aich, daS das Friedmanntuberkulin fiir 
gesunde Tiere selbst in der Doeis von 4,0 cem subkutan ungiftig ist. 
Hierzu ist zu bemerken, dafi von gesunden Meerschweinchen 2 com Alt- 
tuberkulin vertragen werden. 

Die Priifung an tuberkulosen Meerschweinchen ergab einen Titer 
von 0,5. 

Bei dem TierNo. 10 war dieTuberkulinwirkung an den stark ver- 
grofierten und verkasten Kniefaltendriisen deutlich, wenn auch nicht sehr 
hochgradig. Sehr deutlich ausgesprochen war sie dagegen an der Lunge, 
und ebenso zeigten Leber und Milz starke herdformige Hyperamien. 

Bei Tier No. 11 war die Wirkung ebenfalls sehr deutlich: Hyperiimie 
der Haut, Driisen, Leber und Milz. Die von miliaren Tuberkeln durch- 
setzte Lunge zeigte die typischen Veranderungen in geringerem Grade, 
aber eine Wirkung war auch hier unverkennbar, namentlich am linken 
Unterlappen. 

Von den mit hoheren Dosen, aber mit negativem Ergebnis gespritzten 
Tieren No. 7 — 9 interessiert vor allem Tier No. 7. Bei der Totung 
am 6. VI. 1914 wies es als einzigen krankhaften Befund eine bohnengrofie 
Schwellung der rechten Kniefaltendriise mit Verkasung auf, eine in An- 
betracht der 144 Tage langen Lebensdauer nach der Infektion so gering- 
gradige Erscheinung, daB man den negativen Ausfall der Tuberkulin- 


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Ueber das Friedmannsche Tuberkulose-Schutz- und -Heilmittel. 315 

impfung damit einigermafien erklaren kaun, Ein mit der‘Eniefaltendruse 
am 6. VI. 1914 subkutan infiziertes Meerschweinchen No. 3293 wurde am 
4. VUI. 1914 getotet und erwies sich als frei von jeglichen tuberkulosen 
Erecheinungen. Desgleichen ergab die Totung der beiden Tiere No. 8 
und 9 am 4. VIII. voUiges Freisein von Tuberkulose, so dafi auch fiir 
diese Tiere die negative Tuberkulinreaktion erklarlich ist. 

Ftir verschiedene Alttuberkuline schwankt der Titer nach 
den Angaben von Weber nnd Dieterlen (121) zwischen 
0,4 und 0,02. Wie aus den Aufschriftzetteln auf den ver- 
schiedenen jetzt noch vorhandenen Tuberkulinen aus jener 
Zeit zu entnehmen ist, war der Titer fflr die weitaus Qber- 
wiegende Mehrzahl der PrSparate 0,1 und 0,2, nur recht 
wenige batten einen solchen von 0,3, und die Angabe von 0,4 
fehlt Qberhaupt, wobei aber sofort beizufOgen ist, daB bei 
einer grOBeren Anzahl der Aufschriften Angaben fiber die 
Titerhfihe fiberhaupt fehlen. 

Jedepfalls ist das Friedmanntuberkulin als 
ein gegenfiber der Mehrzahl der Alttuberkuline 
wesentlich schwficher wirksames PrSparat zu be- 
zeichnen. 

Dieser Befund stimmt mit den Angaben in der Literatur 
fiber Tuberkuline aus sonstigen sfiurefesten Bakterien fiberein, 
wonach sich alle (das Farcin de boeuf von Feistmantel aus- 
genommen) als weit weniger giftig als das Alttuberkulin er- 
wiesen [s. Loewenstein (79), p. 625]. 

Nach Bam on d und Ravaut (102) reagierten tuberkulose Meer¬ 
schweinchen auf 0,5 ccm aus Fischtuberkelbazillen hergestellte Tuberkuline; 
sie starben jedoch selbst auf die Einspritzung von 1,0 ccm hin nicht. 
Auch Ledoux-Lebard stellte eine viel geringere Wirkung des „Fi8ch- 
tuberkulins" gegenuber dem Kochschen Tuberkulin feet. 

Wahrend Ramond und Ravaut angeben, dafl mit Fischtuberkel¬ 
bazillen infizierte Tiere auf Eochsches Tuberkulin reagieren, sind nach 
Elopstock und Seligmann (65) mit Fischtuberkelbazillen infizierte 
Frosche gegen Fischtuberkulin, und mit den gleichen Bazillen infizierte 
Meerschweinchen sowohl gegen Fischtuberkulin wie gegen Alttuberkulin 
(intrakutan 0,02 bzw. subkutan 0,5) nicht iiberempfindlich. Tuberkulose 
Tiere haben die letztgenannten Autoren nicht gepriift. 

Bei einem Vergleiche unserer Befunde mit dem von 
Ramond und Ravaut an tuberkulosen Meerschweinchen 
mit Fischtuberkulin erhobenen ergibt sich fur das Friedmann¬ 
tuberkulin immerhin eine gesteigerte Wirksamkeit, indera wir 
durch 0,5 ccm tuberkulfise Tiere toten konnten. 


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Dieses Verhalten der Friedmannbazillen stellt sie den 
echten Tuberkelbazillen etwas naher, als die Froschbazillen. 
Wenn man aber mit in Rechnung zieht, daB das Friedmann- 
tuberkulin aus bei 37 ® bebrflteten Bazillen, bei welcher Tempe- 
ratur doch andere Stoife in die Bouillon abgegeben werden 
diirften, als bei 20®, so fragt es sich, ob man angesichts des 
Umstandes, dafi nach Feistmantel [zitiert bei Loewea¬ 
st ein (79]) ein aus Farcin de boeuf bereitetes Tuberkulin in 
Dosen von nur 0,01 mg tuberkulose Meerschweinchen in 12 
bis 14 Stunden totete, aus unseren Befunden irgendwie weiter- 
gehende Schlusse ziehen darf^). Der Abstand zum echten 
Tuberkulin, wenigstens zur Mehrzahl der gepruften Praparate, 
ist doch ein nicht ganz unbetrSchtlicher. 

Carapelle (15) gibt an, dafi Tuberkuline aua Tuberkelbazillen 
menschlichen Typs, Hiihnertuberkelbazillen und Fischtuberkelbazillen bei 
damit immunisierten Meerschweinchen die Bildung von Agglutininen iind 
komplementbindenden Ambozeptoren hervorrufen, die sich den 3 Tjrpen 
gegeniiber gleichartig verhielten, wahrend mit Rabinowitschtiiberkulin ab- 
weichende Ergebnisse erhalten wurden. Er schiiefit daraus auf eine 
nahe biologische Verwandtschaft von Menschen-, Vogel- und Fisch- 
tuberkelbazillen. 

Das Fischtuberkulin stand allerdings hinsichtlich der einfachen tdd- 
lichen Dosis (die Zahlen sind leider nicht angegeben) hinter den beiden 
anderen Tuberkulinen zuruck, lieferte aber die relativ besten Ergebnisse 
bei der Schutz- und Heilbehandlung tuberkuloser Meerschweinchen, 


III. Zusammenfassung der Ergebnisse. 

Die in der vorliegenden Arbeit besprochenen mannig- 
fachen Einzelbeobachtungen und Befunde lassen sich in groBen 
Zflgen in ihren wichtigsten Ergebnissen folgendermaBen zu- 
sammenfassen : 

I. Literarischer Tell. 

1) Fiir die Annahme, der 1. SchildkrStentuberkulose- 
stamm Friedmanns stelle einen umgewandelten, „wunder- 
sam mitigierten" humanen Bazillus dar, fehlt der Beweis. 

a) Die von Friedmann angegebenen Griinde fiir eine 
solche Annahme sind nicht durchgreifend. Sowohl fiir das 
kulturelle Verhalten des Stammes— wobei von Friedmann 
das Hauptgewicht auf die Wachstumsfahigkeit bei 37 ° gelegt 

1) Die Frage des Friedmanntuberkulins wird von uns weiterverfolgt. 



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Ueber das FriedmaDnsche Tuberkulose-Schutz- und -Heilmittel. 317 

wird — als fflr das Verhalten im Tierkorper, finden sich 
Analogien bei anderen saurefesten Stammen, die 
mit den humanen Tuberkelbazillen sicher nichts zu tun haben. 
So sei hier nur auf den von Weber und Taute aus der 
Leber eines Vorratsfrosches gezUchteten, ebenfalls bei 37 ® 
wachsenden Stamm von „Saurefesten“ hingewiesen. Als be- 
sonders maBgebend erscheinen uns in dieser Beziehung die 
Beobachtungen von Weber und Taute an Schildkrbten, die 
sie mit sfiurefesten Bazillen, aus dem Schlamm von SdBwasser- 
becken (in denen die in Salzwasser gehaltenen Friedmann- 
schen Schildkrbten niemals waren) geimpft batten. Die Dar- 
stellung Friedmanns fiber das V^erhalten seines Stammes 
in Kultur und im Tierversuch mfissen wir daher als subjektiv 
beeinfluBt ansehen und kbnnen in Uebereinstimmung mit den 
genannten Forschern darin nichts derartig Besonderes und 
und Wunderbares erblicken, wie es nach Friedmanns An- 
gaben erscheinen konnte. So geht, um nur eines zu erwfihnen, 
Friedmann fiber den so augenffilligen Unterschied gegenfiber 
den echten Tuberkelbazillen hinsichtlich der Schnelligkeit und 
Ueppigkeit des Wachstums seiner Bakterien fast vbllig hin- 
weg. 

b) Als Grfinde, die gegen die Friedmannsche Um- 
wandlungsannahme sprechen, werden von uns angeffihrt 
einmal diezeitlichen Verhaltnissebei der ersten Schild- 
krbte, ferner der Umstand, daB eine kfinstliche Umwandlung 
trotz verschiedener darauf gerichteter Versuche noch nicht ge- 
glfickt, geschweige denn einwandfrei bewiesen ist, 

2) Die Befunde von Orth sind als seltener Aus- 
nahmefall anzusehen. 

3) In der Folgezeit hat Friedmann einen 2. Stamm aus 
einer seltenen Schildkrbtenart herausgezfichtet, der bei Brut- 
temperatur nicht gedieh. Bezfiglich seiner Beziehungen zum 
Menschentuberkelbazillus hat sich Friedmann nicht geauBert. 

Ffir den III., jetzt zum Friedmannschen Heilmittel 
verwendeten Stamm wird der humane Ursprung von 
Friedmann selbst abgelehnt. 

Dieser III. Stamm unterscheidet sich vom I. in kultureller 
Beziehung fiberhaupt nicht, bezfiglich des Verhaltens im Meer- 
schweinchen nur in geringem MaBe in quantitativer Hinsicht. 


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Durch lange fortgesetzte Zfichtung auf kflnstlichen NShr- 
b6den hat er nach Friedmann die letzten Spuren von Viru- 
lenz verloren. 

4) Es erscheint beachtlich, daC unter alien Kaltblfltern 
und Poikilothermen, bei denen bis jetzt sHurefeste Bakterien 
als sogenannte Tuberkuloseerreger festgestellt warden, die 
Schildkrbten dem Menschen im zoologischen System 
am nachsten stehen. Auf die besonderen physiologisch-physi- 
kalischen Verhaitnisse in der Schildkrotenlunge wird hin¬ 
ge wiesen. 

5) Wenn diq Schildkrbtentnberkelbazillen die einzigen 
saurefesten Bazillen waren, die kulturell und nach ihrem Ver- 
halten im Tierkbrper (Meerschweinchen) den echten Tuberkel- 
bazillen in dem von Friedmann behaupteten Mafie nahe- 
stehen, so wtirden die unter 4) erwahnten Umstande vielleicht 
als Erkiarung mitherangezogen werden kbnnen. Es gibt aber 
(vgl. I. 1 a) eine Reihe von anderen Saurefesten, die sich zura 
mindesten auBerst ahnlich verhalten. 

6) Durch spezifische, immunobiologische Re- 
aktionen haben sich nach der Mehrzahl der Forscher die 
sogenannten Kaltbliitertuberkelbazillen, ebenso wie die sicher 
saprophytischen „Saurefesten“ nicht von echten Tuberkel- 
bazillen abtrennen lassen; nach anderen Autoren linden sich 
Unterschiede. So sind die Angaben von Sobernheira, der 
allerdings die Friedmannbazillen nicht untersucht hat, be- 
sonders bemerkenswert. Er konnte durch Agglutination mit 
einem hochwertigen Tuberkulosepferdeserum die Blind- 
schleichentuberkelbazillen scharf vom Typus humanus und 
bovinus abtrennen. Ganz ebenso verhielten sich aber die 
Hiihnertuberkelbazillen, der Mistpilz und der Butterpilz Ra- 
binowitsch. 

7) Geht man von dem Gedanken aus, daB alle sogenann¬ 
ten Kaltbliitertuberkelbazillen nur verschiedene, im 
Laufe der Jahrtausende an bestimmte Tiergattungen 
angepaBte Varietaten einer und derselben Art von 
saurefesten Bazillen sind, so darf fflr die Kaltbliitertuberkel¬ 
bazillen der gleiche Anspruch einer scharfen Abtrennung hin- 
sichtlich der Pathogenitat fiir den Menschen erhoben werden, 
wie er fiir die an die wesentlich hoheren Temperaturen der 



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Ueber das Friedmannsche Tuberkulose-Schutz- und -Heilmittel. 319 

Vdgel angepaBten Gefliigeltuberkelbazillen iBngst als berech- 
tigt anerkannt ist. 

8) Die flberwiegende Mehrzahl der Forscher hat fiir das 
Mittel Friedmanns, bzw. die aus ihm heraus gezflchteten 
StBmme, und ebenso fQr die aus Impfabszessen beim 
Menschen gewonnenen Kulturen teils Qberhaupt keine, 
teils hochst geringe Pathogenitat gegeniiber dera Meerschwein- 
chen festgestellt. Bei Stamraen, die l&ngere Zeit im 
menschlichen KSrper verweilt haben, ist ein der- 
artiger negativer Befund von besonderer Be¬ 
de u t u n g. 

Fine Minderzahl der Forscher hat bei den erstgeimpften 
Meerschweinchen mehr oder weniger tuberkuloseShnliche Be- 
funde, meist jedoch nur in geringem Grade, erhoben. Bei 
Weiterverimpfung der verSnderten Organe auf ein 2. Meer¬ 
schweinchen hatte aber auch von diesen Forschern die Mehr¬ 
zahl negative Ergebnisse. 

9) Fine Ausnahme bilden nur die Beobachtungen von 
Kaufmann und namentlich die beachtenswerten Versuche 
von SchrSder. Die Bedenken und Einwande gegen diese 
Feststellungen werden angefiihrt. 

10) Selbst wenn unter extreraen Bedingungen 
hinsichtlich Infektionsdosis allmahlich eine hochgradige Steige- 
rung der Meerschweinchenvirulenz zu erzielen ware, so wtirde 
das fOr die Gefahrlichkeit des Mittels fflr den Menschen uicht 
allzuviel besagen, da ja Weiterverimpfung des Stammes von 
Mensch zu Mensch — und nur so kbnnte die „Rflckanpassung“ 
an den Menschen zustande kommen — als ausgeschlossen zu 
bezeichnen ist. 


II. Eigene Untersuchungen. 

1) Die Angaben Friedmanns und der Gbrigen Forscher 
fiber das kulturelle Verhalten der Schildkrotentuberkel- 
bazillen wurden bestatigt. 

2) Der Polymorphism us der Kulturbeiage, ab- 
hangig von der Zflchtungstemperatur, die Erscheinung der 
Temperaturgewfihnung lassen auf eine mehr saprophy- 
tische, „noch nicht als Krankheitserreger festgewordene^ 
Art schlieBen. 


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3) Das „Mittel“ erwies sich in Dosen, die das Hundert- 
und Tausendfache der bei echten Tuberkelbazillen zum Tode 
fuhrenden Mengen betrugen, gegeniiber Meerschweinchen 
und Kaninchen, abgesehen von der gelegentlichen Bildung 
von Abszessen, als vollig apathogen. 

4) Die aus dem Mittel gezflchtete Kultur zeigte 
gegenUber den gepriiften Tieren folgendes Verhalten: 

a) Meerschweinchen. Eine Pathogenitat konnte nicht 
festgestellt werden. Erscheinungen von Marasmus nach 
der Injektion waren hochstens bei einem Tier und auch nur 
in angedeuteter Weise zu beobachten. 

Es hat aber den Anschein, als ob die Einspritzung der 
Friedmannbazillen bei Tieren, die durch Meerschweinchen- 
seuche gefShrdet (Stallgenossen!) Oder vielleicht schon mit ihr 
latent infiziert sind, den Ausbruch der Seuche begiinstigen 
wiirde. Witterungs- (Jahreszeit-) Einfliisse spielen dabei eine 
unverkennbare Rolle. Ueberall, wo wir tuberkuloseverdachtige 
VerSnderungen fanden, glauben wir stets den einwandfreien 
Beweis erbracht zu haben, dah hier Seuche vorgelegen hatte. 

Es ist zu vermuten, dad die Befunde einiger anderer 
Autoren durch dieses Hereinspielen von Seuche beeinfluBt 
wurden. 

Die von uns gewShlten Dosen (bis zu 20 mg sub- 
kutan und intraperitoneal) waren, wenn auch nicht so hoch 
wie die mancher anderen Autoren, so doch derart, daB sie das 
Millionenfache der bei echten Tuberkelbazillen noch krank- 
heitserregenden und den Tod der Meerschweinchen herbei- 
fiihrenden Mengen betrugen. 

Die eingespritzten Bakterien waren vom 7. Tage ab nur 
mehr an der Impfstelle nachweisbar (mikroskopisch und durch 
ZQchtung). 

b) Ftir Kaninchen erwies sich die Kultur ganz avirulent 
(bis zu 80 mg subkutan). 

c) Weder in der Mans (1 mg subkutan oder intraperi¬ 
toneal) noch in der Ratte (60 mg subkutan) werden durch 
die Kultur krankhafte Veranderungen hervorgerufen. 

d) Ebenso avirulent erwies sich die Kultur gegeniiber 
Huhnern (vgl. hierzu 1.6, Uebereinstimmung im agglutina- 
torischen Verhalten betr., p. 318). 



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Ueber daa Friedmannsche Tuberkulose-Schutz- und -Heilmittel. 321 


e) Bei an FrSschen angestellten Parallelversuchen mit 
Froschbazillen zeigte sich ein deutlicher Unterschied der 
Friedraannbazillen gegeniiber jenen. Die Verbreitung 
im Froschkorper war eine viel geringere (wohl infolge der 
Angewohnung an hohere Teraperatur). 

5) Ein von uns dargestelltes Friedmanntuberkulin 
erwies sich als fiir normale Tiere in groCen Dosen unschkd- 
lich. Bei tuberkulSsen Tieren war es wohl wirksam, aber erst 
in deutlich hoheren Dosen, als es fur die Mehrzahl der aus 
echten Tuberkelbazillen hergestellten Tuberkuline festgestellt ist. 

(Das Froschtuberkulin ist nach vorliegenden anderweitigen 
Angaben noch weit weniger wirksam, als das Friedmann¬ 
tuberkulin.) 

6) Wir erblicken in den Friedmannschen 
Schildkrbtentuberkelbazillen eine Bakterienart, 
die den sogenannten Kaltbliitertuberkelbazillen 
wie den saprophytischen Sfiurefesten weit nSher 
steht, als den echten Tuberkelbazillen. 

7) Wir tragen kein Bedenken, sie auf Grund 
der von uns und von der Mehrzahl der. anderen 
Autoren festgestellten Unschadlichkeit fiirMeer- 
schweinchen — die anderen Laboratoriumstiere 
kommen hierfur nicht in Betracht — als fiir den 
Menschen nicht schSdlicher zu halten, als alle 
anderen sicher saprophytischen saurefesten Bak- 
terien. 


IV. Benutzte Literatur. 

1) Aoki, K., Zeitflchr. f. Hyg., Bd. 75, 1913, p. 62. 

2) — Centralbl. f. Bakt., 1. Abt., Ref., Bd. 7, Beiheft, p. 298*. 

3) Aronson, H., Deutsche med. Wochenschr., 1914, No. 10, p. 487. 

4) Aujesky, A., Centralbl. f. Bakt., 1. Abt., Orig., Bd. 42, 1906, p. 397. 

5) Bacmeister, Tuberculosis, 1913, p. 335. 

6) Barnes, Lee Harry, The Prov. Med. Journ., Nov. 1913, Sonder- 
abdruck. 

7) Baumann, Deutsche med. Wochenschr., 1914, No. 24, p. 1216. 

8) ' Beck, M., Tub.-Arb. a. d. Kaiserl. Gles.-Amt, Heft 3, 1907, p. 145. 

9) V. Betagh, Centralbl. f. Bakt., 1. Abt., Bd. 58, p. 3. 

10) Bezan 9 on et Philibert, Rev. de la tub., 15. VIII. 1905. 

11) Biermann, Deutsche med. Wochenschr., 1914, No. 17, p. 839. 

12) Bischoff und Schmitz, Med. Klinik, 1914, p. 1135. 


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13) Brauer, L., Deutsche med. Wochenschr., 1914, No. 17, p. 833. 

14) — ebenda. No. 20, p. 1019. 

15) Carapelle, E., Biochim. e Terap. sper., Vol. 3, 1912, p. 357. (Ref. 
Zeitschr. f. Immunitiitsf., Ref., 1912, p. 874.) 

16) Dean, G., Centralbl. f. Bakt, 1. Abt., Orig., Bd. 34, 1903, p. 222. 

17) Deilmann, O., Zeitschr. f. Immunitatsf., 1. Abt., Orig., Bd. 10, p. 421. 

18) Dostal, H., und Ender, Fr., Wiener klin. Wochenschr., 1913, p.ll21. 

19) Dieudonn4 und Otto, Artikel Pest. Kolle-Wassermanns Handbuch, 
2. Aufl., 1913, Bd. 4, p. 175. 

20) Draehter, R., Deutsche med. Wochenschr., 1914, No. 28, p. 1422. 

21) Duhrssen, A., Munch, med. Wochenschr., 1919, No. 40, p. 1150. 

22) Ehrlich, Min.-Bl. f. Medizinalangelegenheiten, 1919, No. 32 vom 
6. VIII. 1919. 

23) Fitschen, Eicon ore, Centralbl. f. Bakt., 1. Abt., Orig., Bd. 80, p. 29. 

24) Fraenkel, C., Hyg. Rundschau, 1907, p. 1112. 

25) Friedmann, F. F., Deutsche med. Wochenschr., 1903, No. 2, p. 25. 

26) — Zeitschr. f. Tub., Bd. 4, 1903, Heft 5, p. 439. 

27) — Centralbl. f. Bakt., 1. Abt., Orig., Bd. 34, 1903, p. 647. 

28) — Deutsche med. Wochenschr., 1903, No. 26, p. 464. 

29) — ebenda, 1903, No. 50, p. 953. 

30) — ebenda, 1904, No. 5, p. 166. 

31) — ebenda, 1904, No. 12, p. 431. 

32) — ebenda, 1904, No. 46, p. 1673. 

33) — ebenda, 1904, No. 49, p. 1816. 

34) — ebenda, 1905, No. 5, p. 184. 

35) — Berl. klin. Wochenschr., 1912, No. 47, p. 2214. 

36) — Diskussion: a) ebenda, 1912, No. 47, p. 2241—46; b) ebenda. No. 49, 
p. 2329-35. 

37) — Disk. z. Vortr. Westenhofer, ebenda, 1913, No. 25, p. 1178. 

38) — ebenda, 1913, No. 44, p. 2070. 

39) — (mit Schleich, Muller, Thalheim, Friedmann u. Kraus) 
ebenda. No. 45, p. 2073. 

40) — Deutsche med. Wochenschr., 1914, No. 13, p. 655. 

41) — ebenda, 1914, No. 18, p. 901. 

42) — ebenda, 1914, No. 25, p. 1265. 

43) — Berl. klin. Wochenschr., 1914, No. 30, p. 1410. 

44) — Deutsche med. Wochenschr., 1918, p. 1307. 

45) Fritzsche, E., Arch. f. Hyg., Bd. 65, 1908, p. 181. 

46) From me, Med. Klinik, 1914, p. 1136. 

47) Galli-Valerio, Schweizer Korrespondenzbl., 1919, No. 35. 

48) Gengou, Berl. klin. Wochenschr., 1906, No. 48, p. 1531. 

49) Griffith Stanley, Final report of the Royal Commission, Part.11, 
Ap., Vol. 1, p. 12. 

50) Gottstein, E., Hyg. Rundschau, 1905, p. 281. 

51) V. Gyergyai, Beitr. z. pathol. Anat. u. allgem. Pathol., Bd. 22, 1908, 
Heft 3. (Ref. Centralbl. f. Bakt., 1. Abt., Ref., Bd. 43, p. 59.) 

52) Herzog, U., Centralbl. f. Bakt., 1. Abt., Orig., Bd.34,1903,p. 535 u. 675. 



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Ueber das Friedmannsche Tuberkulose-Schutz- und -Heilmittel. 323 


53) Hierocl^s, Hyg. Rundschau, 1898, p. 67. 

54) Jakobitz und Kayser, Munch, med. Wochenschr., 1910, p. 1172. 

55) Jansco und Elfer, Brauers Beitr., Bd. 18, 1911, Heft 2. 

56) Kaufmann, K., Beitr. z. Klinik d. Tub., Bd. 32, 1914, p. 249. 

57) — Deutsche med. Wochenschr., 1914, p. 1430. 

58) Kirch, E.,* Archiv f. Hyg., Bd. 78, 1913, p. 327. 

59) Klemperer, F., Zeitschr. f. klin. Med., Bd. 48, 1904, p. 250. 

60) — Therapie d. Gegenwart, Jahrg. 54, 1913, p. 28. 

61) — ebenda. Heft 12, p. 557. 

62) — Tuberculosis, Bd. 56, Heft 3 u. 4. 

63) Klimmer, Centralbl. f. Bakt., 1. Abt, Ref., Bd. 43, 1909, p. 10. 

64) K lops took, F., Deutsche med. Wochenschr., 1919, No. 46, p. 1269. 

65) — und Seligmann, Zeitschr. f. Hyg. u. Infektionskrankh., Bd. 76, 
1914, p. 77. 

66) Koch, R., Deutsche med. Wochenschr., 1901, No. 48, p. 829. 

67) — Schiitz, Neufeld und Miessner, Zeitschr. f. Hyg., Bd. 51, 
1905, p. 300. 

68) — M., und Rabinowitsch, L., Virchows Arch., Beiheft z. Bd. 190. 
1907, p. 246. 

69) Kdhler, 0., Deutsche med. Wochenschr., 1915, No. 3, p. 76. 

70) Kraus, F., Deutsche med. Wochenschr., 1914, No. 19, p. 9C7. 

71) — R., und Volk, R., Zeitschr. f. Immunitatsf., Bd. 6, 1910, p. 683. 

72) Krause and Baldwin, Publ. Health Rep., Vol. 29, 1914. 

73) Kruse, W., Deutsche med. Wochenschr., 1918, No. 6, p. 147. 

74) Kiister, E., Zeitschr. f. Tub., Bd. 8, 1906, Heft 3 u. 4, p. 287 (hier 
umfangliche Literaturangaben), und Miinch. med. Wochenschr., 1905, 
No. 2, p. 57. 

75) Ledoux-Lebard, Corapt. rend. Soc. biol., 1898, p. 601. 

76) Libbertz und Ruppel, Deutsche med. Wochenschr., 1905, No. 4, 
p. 139, und No. 5, p. 182. 

77) Lindeman n, E. A., Deutsche med. Wochenschr., 1912, No. 41, p. 1921. 

78) Lindner, Arb. a. d. Kaiserl. Gesundheitsamt, Bd. 48, 1915, p. 112. 

79) Lowenstein, E., KoUe-Wassermann, 2. Aufl., Bd. 5, 1913, p. 549. 

80) Meinicke, E., Deutsche med. Wochenschr., 1914, No. 27, p. 1372. 

81) Mindes, Leo, Centralbl. f. Bakt., 1. Abt., Grig., Bd. 77, p. 113. 

82) Moeller, A., Zeitschr. f. Tub. u. Heilst.-Wes., Bd. 5, 1904, p. 206. 

83) — Deutsche med. Wochenschr., 1904, No. 12, p. 431. 

84) — Tuberculosis. Bd. 12, 1913, p. 465. 

85) — Therapie d. Gegenwart, Bd. 54, 1913, Miirzheft, p. 125. 

86) Moilers, B., Zeitschr. f. Tub., Bd. 31, 1909, Heft 3. 

87) Moriya, Centralbl. f. Bakt., 1. Abt., Grig., Bd. 45, 1908, p. 294. 

88) Muller, H., Centralbl. f. Bakt., 1. Abt., Grig., Bd. 84, 1920, p. 256. 

89) Neumann, W., Wiener klin. Wochenschr., 1914, p. 731. 

90) Gettinger, Zeitschr. f. Hyg. u. Infektionskrankh., Bd. 60,1908, p. 557. 

91) Grth, J., Berl. klin. Wochenschr., 1906, No. 20, p. 645. 

92) — ebenda, 1907, No. 33, p. 1056. 

93) — und Rabinowitsch, L., Virchows Arch., Beiheft z.Bd.l90,1907, p. 1. 


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324 Lange, Das Friedmannsche Tuberkulose-Schutz- u, -Heilmittel. 


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94) Philibert, A., Les pseudo-bacilles acido-r^sistants. Paris (E. Steinbeil) 
1908. 

95) Piorkowski, M., Deutsche med. Wochenschr., 1914, p. 840. 

96) Polak, Daniels L., Nederl. Tijdschr. v. Geneesk., 30. X. 1910. (Ref. 
Zeitschr. f. Immunitatsf., Ref., 1909, p. 778.) 

97) Rabinowitsch, Lydia, Deutsche med. Wochenschr., 1906, No. 22, 

p. 866. 

98) — Virchows Archiv, Beiheft z. Bd. 190, 1907, p. 196. 

99) — Disk.-Bem. z. Vortr. v. Westenhofer, Berl. klin. Wochenschr., 
1913, No. 25, p. 1178. 

100) — Deutsche med. Wochenschr., 1914, No. 14, p. 686. 

101) — ebenda, p. 904. 

102) Ramond et Raraut, Compt. rend. Soc. biol., 1898, p. 587. 

102a) Rdmer, P., Berl. khn. Wochenschr., 1909, No. 18, p. 813. 

103) Ruck, K. V., The Lancet, Clinic, 1. III. 1913. 

104) Saisawa, K., Zeitschr. f. Hyg., Bd. 74, 1913, p. 353. 

105) — ebenda, Bd. 74, p. 401. 

106) Schmitz, K. F. F., Zeitschr. f. Hyg. u. Infektionskrankh., Bd. 80, 
1915, p. 457. 

107) Schroder, G., Deutsche med. Wochenschr., 1919, No. 41, p. 1124. 

108) de Schweinitz, Med. News, 8. XIL 1894. 

109) Seligmann, E., und Klopstock, F., Beitr. z. Klinik d. Tuberk., 
Bd. 42, Heft 1, p. 45. 

110) Siebert, C., Deutsche med. Wochenschr., 1914, p. 535. 

111) Sion, V., CentralbL f. Bakt., 1. Abt., Grig., Bd. 27, 1900, p. 710. 

112) Sobernheim, G., Zeitschr. f. Immunitatsf., Bd. 5, p. 349. 

113) Sorgo, J., Wiener klin. Wochenschr., 1907, No. 38, p. 1126. 

114) — und Suess, CentralbL f. Bakt., 1. Abt., Grig., Bd. 43,1907, p. 422. 

115) Stefansky, W. K., CentralbL f. Bakt., 1. Abt., Grig., Bd. 33, No. 7, 
p. 481. 

116) Tsukiyama, K., Inaug.-Diss. GieBen, 1908. 

117) Vulpius, G., und Laubenheimer, C., Deutsche med. Wochen- 
schrift, 1914, No. 10, p. 501. 

118) — — (s. No. 40), ebenda, 1919, No. 13, p. 655. 

119) Weber, A., Arb. a. d. Kaiserl. Gesundheitsamt, Bd. 19, 1902, p. 251. 

120) — CentralbL f. Bakt., 1. Abt., Grig., Bd. 64, 1912, p. 240. 

121) — und Dieterlen, Tub.-Arb. a. d. Kaiserl. Gesundheitsamt, Heft 10, 
p. 217. 

122) — und Taute, M., ebenda. Heft 3, 1905, p. 110. 

123) — und Titze, ebenda, Heft 7, 1907, p. 1. 

124) Westenhofer, Berl. klin. Wochenschr., 1913, No. 27 (27. VIL), 
p. 1245. 

125) Windrath, Med. Klinik, 1914, No. 22, p. 926. 



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H. Belter, Ueber dae Wesen der Tuberkulinreaktion. 


325 


Nachdruck vcrboten. 

[Aus dem Hygienischen Institnt der Universitat Kdnigsberg.] 

Ueber das Wesen der Taberknllnreaktloii ^). 

Von Prof. Dr. H. Seller. 

(Eingegangen bei der Bedaktion am 3. Februar 1921.) 

Die Tuberkulinreaktion, die heute fflr die Diagnose einer 
tuberkulSsen Erkrankung als unentbehrliches und allgemein 
anerkanntes Mittel gilt, ist uns in ihrem Zustandekommen 
noch ganzlicb unbekanot. Dabei stellt die Tuberkulinreaktion, 
abgesehen von ihrer diagnostischen und therapeutischen Be- 
deutung, auch insofern eine der wicbtigsten Erscbeinungen 
der Medizin dar, als sie zweifellos aufs innigste mit der 
Tuberkuloseimmunitat zusammenbangt, und eine Erkiarung 
der Tuberkulinreaktion aucb einiges Licbt in das dunkle 
Gebiet der TuberkuloseimmunitSt werfen wflrde. Die Tuber¬ 
kulinreaktion wird meist als AntikSrperreaktion aufgefaBt, 
indem im KSrper des mit Tuberkelbazillen infizierten Organis- 
mus gebildete Antikdrper mit dem Tuberkulin in eine Ver- 
bindung treten sollen. Nacb Wassermann und Bruck*) 
soil es sicb um AntikSrper von Ambozeptorencbarakter bandein, 
die sicb mit dem Tuberkulin unter Bindung von Komplement 
vereinigen und eine EntzOndung und Einscbmelzung des tuber- 
kulQsen Gewebes (Herdreaktion) bervorrufen. Pickert und 
LSwenstein®) wolleni derartige Antikorper, die sie Anti- 
kutine nennen, im Serum von mit Tuberkulin bebandelten 
tuberkulbsen Patienten nacbgewiesen baben. Wurde dieses 
Serum mit Tuberkulin im Reagenzglas vermiscbt, und diese 
Miscbung einem positiv reagierenden Menscben intrakutan 
injiziert, so blieb die Reaktion aus, ein Zeichen, daB das 

1) Die vorliegenden Untersuchungen wurden mit Mitteln der Robert 
Koch-Stiftung auegefiihrt. 

2) Wassermann und Bruck, Deutsche med. Wochenschr., 1906, 
p. 2396. 

3) Pickert und Lowenstein, Ebenda, 1908, p. 2262. 

ZdUchr. f. ImmaDfUUforKhuDff. Orig;. Bd. 32. 22 


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326 


H. Belter, 


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Tuberkulin durch das Serum neutralisiert war. Die Versuche 
von Pickert und LOwenstein sind aber eindeutig von 
Aronson*) und Sorgo*) widerlegt worden. Diese Forscher 
sehen in der Tuberkulinreaktion iiberhaupt keine AntikSrper- 
reaktion im Sinne der Ehrlichschen Anscbauungen, da das 
Tuberkulin einraal nicht als Antigen wirkt, und es nicht 
gelingt, die TuberkulinQberempfindlichkeit durch das Serum 
passiv zu libertragen. Uebrigens konnte auch Lbwenstein 
selbst die fiir tuberkulSse Meerschweinchen tbdliche Tuber- 
kulindosis durch groBe Dosen Serum von mit Tuberkulin 
behandelten Menschen nicht beeinflussen. Zwar kann nicht 
bestritten werden, daB im Serum tuberkuloser Organisraen 
Antikorper, z. B. Agglutinine, Prazipitine, komplementbindende 
usw. vorkommen, von denen aber zweifelhaft ist, ob sie fiir 
die Tuberkuloseimmunitat eine Rolle spielen. Der Nachweis 
humoraler gegen das Tuberkulin gerichteter Antikorper kann 
heute wohl als im negativen Sinne erledigt angesehen werden. 

Eine neue Stiitze bekani die Antikbrpertheorie der Tuber¬ 
kulinreaktion durch die Untersuchungen von Bail**), dem es 
gelang, durch Uebertragung von tuberkulosem Gewebe auf 
gesunde Meerschweinchen diese gegen Tuberkulin flber- 
empfindlich zu machen. Nach Bail entsteht im Organismus 
durch die Ansiedlung des Tuberkelbacillus das tuberkulose 
Gewebe, in welchem sich die Rezeptoren der Ehrlichschen 
Theorie befinden, die das Tuberkulin verankern. Nun soil 
entweder das im tuberkulosen Herde festgehaltene Tuberkulin 
zu einer sehr giftigen Modifikation umgewandelt werden, welche 
als solche in den Kreislauf gelangt und die scUweren All- 
gemeinerscheinungen der Reaktion bewirkt, oder das Tuber¬ 
kulin bleibt ungeBndert, findet aber eine sehr groBe Angriflfs- 
flBche nicht nur im erkrankten Gewebe, sondern auch iiber 
das Gewebe hinaus. Wahrend die Bailschen Versuche von 
On aka*) bestStigt wurden, kamen Joseph®), Kraus, 

1) Aronson, Berl. klin. Wochenschr., 1912, p. 2310, und Archiv f. 
Kinderheilkunde, Bd. 60 u. 61, 1913. 

2) Sorgo, Wiener klin. Wochenschr., 1913, p. 1837. 

3) Bail, Zeitschr. f. Immunitatsf., Bd. 4, 1910, p. 470. 

4) On aka, Zeitschr. f. Immunitatsf., Bd. 7, p. 507. 

5) Joseph, Beitr. z. Klinik d. Tuberk., Bd. 17, p. 461. 



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Ueber da8 VVesen der Tuberkulinreaktion. 


327 


Lowenstein und Volk*)* sowie Neufeld und Dold*) 
zu negativen Resultaten. Gegen diese letzten wandte Bail®) 
in neuen Versuchen, die dasselbe Ergebnis wie seine ersten 
batten, ein, daB die Autoren mit zu geringen Mengen gear- 
beitet batten, und daB das zu verwendende Organ durch und 
durch tuberkulQs sein miisse. Da die Versuche Bails in 
der Folge von anderen Forschern, wie Bessau und Fried* 
berger, als maBgebend angesehen wurden, nahm ich Ver- 
anlassung, sie noch einmal unter zum Teil geanderten Bedin- 
gungen zu wiederholen. Wurde Bail mit seiner ersten An- 
schauung recht haben, daB im tuberkulosen Gewebe sitzende 
Antikorper mit ihren Rezeptoren das Tuberkulin an sich 
reiBen und in eine giftig wirkende Substanz umwandeln, 
dann miiBte diese Veranderung auch auBerhalb des Korpers 
beim Vermischen von tuberkulosem Organbrei und Tuberkulin 
zu erwarten sein, so daB die Einspritzung dieser Mischung 
sofort tQdlich wirken mUBte, Weiterhin muBte es dann auch 
mbglicb sein, durch Auswaschung dieser Mischung festzu- 
stellen, ob das Tuberkulin wirklich an das tuberkulose Gewebe 
gebunden war, wenn die AuswaschflQssigkeit sich als tuber- 
kulinfrei erwies. Hieriiber sollten eigene Untersuchungen Auf- 
schluB geben. Zu diesem Zwecke wurden von einem stark 
tuberkulosen Meerschweinchen ein Teil der vollstandig tuber- 
kul6s durchsetzten Leber und die Milz (10 g schwer), zusammen 
20 g, unter Zusatz von 16 g Kochsalzlosung verrieben, und 
der Brei in zwei gleiche Teile geteilt. Dem einen Teil wurden 
2 ccm Alttuberkulin zugesetzt, dem anderen Teil 2 ccm Alt- 
tuberkulin und 2 ccm frisches, normales Meerschweinchen- 
serum, urn auch die Rolle des Komplementes, das ja in dem 
tuberkulosen Gewebe zum groBten Teil verbraucht sein konnte, 
zu untersuchen, Dasselbe wurde mit der Leber eines gesunden 
Meerschweinchens angestellt. Die 4 Rohrchen mit Organbrei 
blieben eine Stunde im Wasserbad bei 37 °, dann wurde zentri- 
fugiert, das Filtrat abgenommen, der aus Zellsubstanz be- 
stehende Bodensatz mit Kochsalzlosung gewaschen und mit 

1) Kraus, Lowenstein und Volk, Deutsche med. Wochenschr., 
1911, p. 389. 

2) Dold, Zeitschr. f. Immunitatsf., Bd. 10, p. 53. 

3) Bail, Ebenda, Bd. 12, p. 451. 

22 * 


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*- 


328 H. Selter, 

dieser LSsung wieder bis zur frflheren Verdtinnung versetzt. 
Von den Filtraten und Organemulsionen wurden je 5 ccm 
intraperitoneal an gesunde und tnberkulbse Meerschweinchen 
verimpft. 

Me. 1. 225 g, gesund, erhalt 5 ccm Filtrat von tuberkuldsem Organ 
-f AlttuberkulinI Eeine Wirkung. Dae Tier geht nach 18 Tagen an 
deutlicher Organtuberkulose ein. 

Me. 2. 405 g, tuberkulos, erhalt 5 ccm Filtrat von tuberkulSaem 
Organ + Alttuberkulin. Temperatur nach 2 8td. 38,4°; nach 3 Std. 39,6®. 
Stirbt in der Nacht. Sektion zeigt starke Organtuberkulose. 

Me. 3. 225 g, gesund, erhalt 5 ccm Emulsion von gewaschenem, 

tuberkulosem Organ + Alttuberkulin. Eeine Wirkung. Geht nach 
14 Tagen an starker Organtuberkulose ein. 

Me. 4. 530 g, tuberkulos, erhiilt 5 ccm Emulsion von gewaschenem, 
tuberkulosem Organ + Alttuberkulin, Eeine Wirkung. Temp, nach 
2 Std. 36,7®; nach 3 Std. 36,5®. Wird nach 18 Tagen getotet Starke 
Organtuberkulose, bei der sich nicht beurteilen lafit, ob sie durch die In> 
jektion mit Organbrei beeinfluSt ist. Die Milz ist mit Eiter bedeckt, was 
vielleicht darauf zuriickgefuhrt werden kann. 

Me. 5. 325 g, gesund, erhalt 5 ccm Filtrat von tuberkuldsem Organ 
+ Alttuberkulin + Eomplement. Eeine Wirkung. Stirbt nach 3 Tagen 
an eitriger Peritonitis. 

Me. 6. 525 g, tuberkulos, erhalt 5 ccm Filtrat von tuberkulosem 
Organ + Alttuberkulin + Eomplement. Temperatur nach 2 Std. 37,1®; 
nach 3 Std. 37,7®. Stirbt in der Nacht. Starke Organtuberkulose. 

Me. 7. 265 g, gesund, erhalt 5 ccm Emulsion von gewaschenem, 
tuberkulosem Organ + Alttuberkulin + Eomplement. Eeine Wirkung. 
Wird nach 18 Tagen getotet. Leichte Organtuberkulose. 

Me. 8. 520 g, tuberkulos, erhalt 5 ccm Emulsion von gewaschenem, 
tuberkuldsem Organ + Alttuberkulin + Eomplement. Eeine Wirkung. 
Temperatur nach 2 Std. 37,5®; nach 3 Std. 39,1®. Stirbt nach 9 Tagen. 
Starke Organtuberkulose. 

Me. 9. 550 g, tuberkulds, erhalt 5 ccm Filtrat von normalem Organ 
+ Alttuberkulin. Temperatur nach 2 Std. 38,6®; nach 3 Std. 39,8®. Stirbt 
in der Nacht. Starke Organtuberkulose. 

Me. 10. 570 g, tuberkulds, erhalt 5 ccm Emulsion von gewaschenem, 
normalem Organ + Alttuberkulin. Eeine Wirkung. Temperatur nach 
2 Std. 37,1®; nach 3 Std. 39,2®. Wird nach 18 Tagen getdtet. Deutliche 
Organtuberkulose. 

Me. 11. 560 g, tuberkulds, erhalt 5 ccm Filtrat von normalem Organ 
4- Alttuberkulin + Eomplement. Eeine Wirkung. Temperatur nach 
2 Std. 39,4®; nach 3 Std. 39,6®. Wird nach 3 Monaten getdtet. Starke 
Organ tuberkulose. 

Me. 12. 335 g, tuberkulds, erhalt 5 ccm Emulsion von gewaschenem, 
normalem Organ + Alttuberkulin + Eomplement Eeine Wirkung. 



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Ueber das Wesen der Tuberkulinreaktion. 


329 


Temperatur nach 2 Std. 37,2®; nach 3 Std. 39,4®. Wird nach 2 Monaten 
getotet. Schwache Organtuberkulose. 

Aus diesen Versuchen kdonen folgende Schllisse gezogen 
werden: 

1) Weder die Filtrate noch die Emulsionen 
aus tuberkulOsen Organen in Verbindung mit 
Alttuberkulin und Komplement Qben auf gesunde 
Meerschweinchen eine Wirkung aus, ein Zeichen, 
daB durch die tuberkulbsen Gewebszellen, auch 
nicht in Verbindung mit Komplement, aus dem 
Tuberkulin ein Gift nicht abgespalten wird. 

2) Auf tuberkulSse Meerschweinchen wirken 
nur die Filtrate, ein Beweis, daB das Tuberkulin 
nicht an die tuberkulosen Gewebszellen ge* 
bunden wird, sondern frei bleibt. Die Wirkung ist 
dieselbe wie bei der gewohnlichen intraperitonealen Injektion. 
Es kann also nicht aus dem Tuberkulin durch Vermischung 
mit tuberkuldsem Gewebe eine wirksamere Modifikation des 
Tuberkulins gebildet sein, da diese dann eine schnellere 
Wirkung hBtte austlben mtissen. 

Eine Ausnahme macht Tier No. 11, bei dem eigentlich 
der Tod hatte eintreten mtissen. Es ist aber bekannt, daB 
tuberkulose Meerschweinchen durch eine intraperitoneale In¬ 
jektion von 0,5 ccm Alttuberkulin nicht mit absoluter Sicher- 
heit getbtet werden. Es handelt sich bei diesen Tieren auch 
um solche, die vor etwa 7 Monaten mit einer sehr geringen 
Menge Tuberkelbazillen infiziert waren, wobei nicht aus- 
geschlossen ist, daB gerade bei diesem Tier die Tuberkulose 
in schwficherer Weise angegangen war. Das Tier wurde erst 
nach 3 Monaten getotet und zeigte dann eine starke Organ¬ 
tuberkulose. 

Es sollten nun welter die Angaben Bails bezQglich der 
passiven Uebertragbarkeit der Tuberkulinreaktion nachgeprtift 
werden, wozu eine groBe Zahl von Tieren verwandt wurde. 
Entsprechend der Forderung Bails wurde nur stark tuber- 
kulbses Gewebe von Leber und Milz benutzt, das im Morser 
verrieben und durch sterile Leinwand getrieben wurde ^). Die 

1) Die in den Tabellen I—III zusammengestellten Versuche wnrden 
mit Hilfe meines ABsistenten Dr. Wauschkuhn ausgefuhrt. 


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330 


H, Belter, 


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Organemulsion wurde durch Zusatz von 4 ccm Kochsalz- 
Ifisung auf etwa 16 g Organmasse verdfinnt. Diese Emul¬ 
sion wurde intraperitoneal gesunden Tieren eingespritzt und 
17—21 Stunden spSter auf demselben Wege 0,5 ccm Alt- 
tuberkulin gegeben’ Zur Kontrolle wurden einige Tiere mit 
normalem Organbrei vorbehandelt. In mehreren Versuchen 
geschah die Vorbehandlung mit tuberkulosem Organbrei, 
der eine Stunde bei 37° mit Alttuberkulin in Beriihrung 
gewesen war. 

Die mit Organbrei injizierten Tiere zeigten fast durchweg 
folgende Krankheitserscheinungen, die teils schwerer, teils 
leichter verliefen. Nach der Injektion sank die Temperatur 
meist urn 2—3°, stieg aber, wenn das Tier am Leben blieb, 
am anderen Morgen wieder an. Nach der Tuberkulininjektion 
dann wieder starker Abfall; bei den eingehenden Tieren hielt 
der Temperaturabfall bis zum Tode an und ging bis auf etwa 
34° herunter. Bei den die Tuberkulininjektion liberlebenden 
Tieren fiel die Temperatur oft um 3—4®, stieg aber nach 
2—3 Stunden wieder an. In den nachstehenden Tabellen ist 
bei einzelnen Tieren der Temperaturverlauf angefflhrt. 1 bis 
2 Stunden nach der Organinjektion traten die ersten sicht- 
baren Krankheitserscheinungen auf; die Tiere fressen nicht 
und sitzen unbeweglich in eine Ecke gedruckt, die Haare ge- 
straubt, der Bauch sehr druckempfindlich; in schweren Fallen 
kommt es zu krampfhaften Zuckungen. Ein Teil der Tiere 
geht schon nach der Organinjektion nach 16—20 Stunden zu- 
grunde. Die (Iberlebenden Tiere haben sich bis zum anderen 
Morgen fast vollstandig wieder erholt, werden munter und 
fressen. 1—2 Stunden nach der Tuberkulininjektion treten 
im wesentlichen dieselben Krankheitserscheinungen auf. Bei 
der Sektion sieht man die Darme stark injiziert, die ein- 
gespritzten Organmassen haben sich an das Netz und die 
Milz dicht angelegt, in der Bauchhohle befindet sich rbtliches 
Exsudat. Erfolgt der Tod einige Tage spater, dann sieht 
man die Milz deutlich vergrofiert. Lungenbiahungen wurden 
in keinem Fall beobachtet. Von alien eingegangenen Tieren 
wurden aus dem Bauchhohlenexsudat Kulturen angelegt. War 
ein Tier an eiteriger Peritonitis eingegangen, so wurde der 
Versuch nicht verwertet. 



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Ueber das Wesen der Tuberkulinreaktion. 


331 


Tabelle I. 


Meer- i 
sohw. j 

Orran- 

iojektion 

intra- 

peritoneal 

1 

Verlauf 

1 

Tuber- 

kulin- 

injektion 

Verlauf 

Temperaturmessungen 

o : 

1 

4^ ' 

•§ 1 
JP 
a 

O , 

Zeit n. 
1. Inj. 

& 

a 

. s 

1 

465 

4 com normal 

wird leicht 

20 

0,5 

wirdleicht 

2 Std. n. Organinj. —36,5®, n. 

1 


Organ 

krank, erholt 

1 ' 

, 


krank, er¬ 

4 8td. — 35,7 “, am and. Morgen 



+ 1 ccm 

sich aber bis 



holt sich 

— 36,1 “, nach Tuberkulin: n. 



NaCl 

zum andern 


1 

wieder u. 

1 8td. —35,8®, 2 Std. —35,5®, 



1 

Morgen voll- 



bleibt am 

3 8td. —34,2®, 4 8td. — 35,6®, 


1 


standig 

1 


Leben 

5 Std. —33,6®, 8 Std. —37,2® 

2 

445 

dasselbe 

dasselbe 

20 ' 

0,5 

dasselbe 

nach Organinj. u.n. 2 Std. — 37,8®, 





1 



n. 4 Std. — 35,8®, am and. Morg. 








— 37,0®, nach Tuberkulin: n. 





1 



1 Std. - 36,9®, 2 Std. — 38,2®, 








3 Std. — 39,3 ®, 4 Std. — 39,1 ®, 





1 



5 Std. —38,7®, 8 Std.— 39,2® 

3 

270 

5 ccm normal; 

wird schwer 

1 

. 


nach Organinj. n. 1 Std. — 34,5®, 



Organ 

krank, stirbt 

1 



n. 3 Std. —34,5® 



+ IccmNaCl 

in der Nacht 





4 

445 

4 ccm normal 

wird leicht 

: 20 

1 0,5 

1 

' dasselbe | 

1 nach Organinj. n. 2 Std. — 34,7 ®, 



Organ 

krank, erholt 

1 


1 

n. 4 Std. 36®, am and. Morgen 



+ 1 ccm 

sich aber bis 




— 37,5 ®, nach Tuberkulin: n. 



NaCl 

zum niichsten 




1 Std. —36,6®, 2 Std. -35,5®, 



0,5 Tuber¬ 

Morgen voll- 




3 Std. - 36,6®, 4 Std. —36,7®, 



kulin *) 

standig 

1 



5 Std. —38,5®, 8 Std. -37,8® 

5 

420 

dasselbe 

dasselbe 

' 20 

0,5 


iihnlicher Verlauf 


*) Die Mischung bleibt 1 8td. bei 37“ im Brutschrank. 


Aus den Versuchen der Tabelle I ersieht man, daU auch 
normale Organe nicht harmlos fflr die Meerschweinchen sind; 
in dem Fall No. 3, bei dem etwas groBere Mengen injiziert 
wurden, kam es sogar zu schweren Krankheitserscheinungen 
und zum Tode. Die Mischung Organbrei + Alttuberkulin wirkt 
nicht anders, als der gewbhnliche Organbrei. Die Temperatur 
sinkt nach der Organinjektion, steigt aber in der Nacht wieder 
an, ohne daB es zu Fieber kommt. Nach der Tuberkulin- 
injektion beobachtet man zuerst Sinken der Temperatur, nach 
einigen Stunden aber erhohte Temperatur. 

In Tabelle II sind 35 Versuche zusammengestellt, bei 
welchen eine Vorbehandlung mit Organbrei von tuberkulosen 
Meerschweinchen geschah. Bei den Tieren 32—35 wurde der 
Organbrei mit Tuberkulin versetzt und die Mischung 1 Stunde 
bei 37® im Brutschrank gehalten, was jedoch gegeniiber den 


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Ueber das Wesen der Tuberkulinreaktion. 


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Tabelle II (Fortsetzung). 


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334 


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[Jeber daa Wesen der Tuberkulinreaktion. 


335 


anderen Tieren keinen Unterschied ergab. Nach der nach 
20 Stunden erfolgten Tuberkulininjektion gingen von diesen 
Tieren 2 ein, 2 blieben am Leben. Die tuberkulbsen Organe 
scheinen fQr gesunde Meerschweinchen noch bedeutend giftiger 
zu sein, als normale Organe. So gingen von den 31 Tieren, 
die mit Organbrei vorbehandelt waren, 8 Tiere innerhalb 
20 Stunden ein, aber auch von den anderen Tieren zeigten 
sSmtliche Krankheitserscheinungen, die vortibergehender Natur 
waren, und bis zum anderen Morgen wieder vollstfindig ver- 
schwanden. Von den 23 flberlebenden Tieren gingen nach 
der Tuberkulininjektion nur 4 ein; die flbrigen wurden fast 
durchweg schwer krank, erholten sich aber wieder und blieben 
am Leben. Der Tod erfolgte bei diesen dann meist nach 
1—4 Wochen. Der Temperaturverlauf sowohl nach der In- 
jektion des Organbreis wie nach der des Tuberkulins iSilt 
keine allgemeingiiltigen Schliisse zu und unterscheidet sich 
nicht wesentlich von den in Tabelle I aufgefuhrten Tieren. 

Es wurde dann noch ein Versuch angestellt mit Organen 
von tuberkulbsen Tieren, die durch intraperitoneale Injektion 


TabeUe III. 


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nach 16 Std. 


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krank, stirbt 
nach 9 Std. 

wird schwer 
krank, erholt 
sich aber und 
bleibt leben 


nach Organinj.; n. 4 Std. — 35,5®, 
n. 6 Std. — 34,1 ®, am and. Morg. 
— 38,7®, nach Tuberkulin: n. 
1 Std. —36,6", 2 Std. —34,2®, 
3 Std. - 34,6®, 4 Std. —35,5®, 
5 Std. -34,1®, 11 Std. —34,8® 


nach Organinj.: n. 4 Std. — 34,8 ®, 
n. 6 Std. — 36,0®, am and. Morg. 
— 38,7 ®, nach Tuberkulin: n. 
1 Std. —36,4®, 2 Std. —35,2®, 
3 Std. —38.4®, 4 Std. —38,2®, 
5 Std. —38,1®, 11 Std. —39,1® 


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H. Selter, 


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von 0,8 ccm Alttuberkulin getStet waren. Die Organe wurden 
sofort nach eingetretenera Tode herausgenommen und ver- 
arbeitet. Wenn eine Verbindung mit tuberkulosem Zellgewebe 
moglich ware, oder die Bildung eines Giftes aus dem tuber- 
kulosen Gewebe oder dera Tuberkulin erfolgen wiirde, so 
mOBte man diese innerhalb des lebenden Korpers erwarten. 
Die Wirkung hatte dann bei der Einspritzung dieses Organ- 
breies bei den gesunden Tieren sofort zutage treten milssen. 
Wie uns aber Tabelle III zeigt, ist das nicht der Fall. Die 
Tiere werden schwer krank, unterscheiden sich aber nicht 
von den Tieren der Tabelle II. Ein Tier geht ein, aber auch 
erst nach 18 Stunden. Die nach 20 Stunden injizierte Tuber- 
kulindosis fiihrt bei 2 Tieren zura Tode; das dritte wird 
typisch krank, erholt sich aber wieder und bleibt am Leben. 

Die in Tabelle I — III aufgefiihrten Versuche 
sprechen nicht fiir eine passive Uebertragbarkeit 
der Reaktionsstoffe, welche die Tuberkulin- 
reaktionbedingen. In Bestatigung der Untersuchungen 
von Kraus, Lbwenstein und Volk, sowie Neufeld 
und Dold fanden auch wir, daB schon bei normalen Tieren 
derartige groBe Organmengen, wie sie Bail iibertragen hat, 
eine recht betrSchtliche krankmachende Wirkung haben. DaB 
die tuberkulSsen Organe starker wirken, ist wohl erkiarli'ch; 
durch die Untersuchungen von Matthes^) wissen wir, daB 
in tuberkulosen Herden ein Abbau von EiweiB eintritt, und 
daB diese EiweiBabbaustoffe Krankheitserscheinungen hervor- 
rufen konnen. Die bei der spateren Tuberkulininjektion noch- 
mals eintretenden Krankheitserscheinungen, auch den Tod, 
konnte man sich in der Weise zustande gekommen denken, 
daB die eingespritzte Tuberkulinmenge auf das in der Bauch- 
hbhle liegende tuberkulose Zellmaterial einwirkt und hier 
einen weiteren Abbau von EiweiB verursacht. Mit einer 
passiven Uebertragbarkeit der Tuberkulinuberempfindlichkeit 
hatte aber auch dieser Vorgang nichts zu tun, da ja nicht 
das fremde Tier uberempfindlich fiir Tuberkulin geworden 
ware, sondern nur durch Resorption anderen Ortes hergestellter 
Stoffe geschadigt wiirde. 

1) Matthes, Deutsches Arch. f. klin. Med., Bd. 54. 



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Ueber das Wesen der Tuberkulinreaktion. 


337 


Mehr AnhSnger als die Antikorpertheorie im Sinne der 
von Wassermann und Bruck, Wolff-Eisner u. a. ver- 
tretenen Anschauungen hat die Auffassung gewonnen, daB es 
sich bei der Tuberkulinreaktion um einen anapbylaktischen 
Vorgang handelt. Daneben spielt noch die Albumosen- und 
ProteinkSrpertheorie eine Rolle, die davon ausgeht, daB die 
Tuberkulinreaktion (iberhaupt keine spezifische Reaktion sei, 
sondern daB sie lediglich auf der Wirkung von unspezifischen 
EiweiBabbauprodukten beruht, die auf den tuberkulbsen 
Organismus empfindlicher als auf den normalen einwirken. 
Als einer der ersten konnte Matthes, spSter in Verbindung 
mit KrehP), zeigen, daB Deuteroalbumosen, in geringen 
Mengen tuberkulSsen Meerschweinchen eingespritzt, den Tod 
der Tiere verursacben. In gleicher oder noch stSrkerer Weise 
wirkte echtes Pepton im Sinne Kflhnes. Gesunde Meer¬ 
schweinchen reagierten nur bei grSBeren Dosen dieser Prtl- 
parate. Bemerkenswerterweise konnten Tiere durch vorher- 
gehende untertodliche Mengen gegen die todlichen geschiltzt 
werden. Krehl beobachtete auch, daB tuberkulose Meer¬ 
schweinchen nach Injektion von steriler Milch eingingen. Bei 
gesunden Tieren trat Teniperaturerhohung, bei tuberkulSsen 
Tieren nach untertodlichen Dosen Fieber, bei tbdlichen starker 
Temperaturabfall ein. Bei der Sektion zeigten sich Ent- 
ziindungserscheinungen an den tuberkulbsen Herden (Herd- 
reaktion). Matthes glaubt deshalb, daB die Tuberkulin¬ 
reaktion wenigstens zum Teil eine Wirkung der Albumosen 
sei. Die Untersuchungen von Matthes und_ Krehl wurden 
aber durch Matthes’ Schfller Kirchheim und Tuczek*) 
spater wesentlich eingeschr&nkt. Ich muB auf diese etwas 
nSher eingehen, da die Untersuchungen von Matthes und 
seinen Schiilern fiber die Albumosenwirkung bei tuberkulosen 
Tieren die Grundlage ffir die Proteinkfirperreaktion und 
-therapie bilden, die neuerdings durch Schmidt^) eifrig ver- 
treten wird. Besonderes Interesse haben ffir uns die intra- 
venfisen Einspritzungen der Versuche von Kirchheim und 
Tuczek. Durch eine lO-proz. Deuteroalbumosenlosung 

1) Krehl und Matthes, Arch. f. exp. Path. u. Pharm., Bd. 36. 

2) Kirchheim und Tuczek, ebenda, Bd. 77. 

3) Bchmidt, Deutsches Arch. f. klin. Med., Bd. 131. 



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warden gesunde Meerschweinchen bei einer Dosis bis herunter 
zu 1,2 ccm unter den typischen Erscheinungen eines ana- 
phylaktischen Shoks nach wenigen Minuten getotet. . Pepton 
war noch etwas giftiger, wirkte aber sonst in gleicher Weise. 
Bei tuberkulosen Tieren waren noch Dosen bis herunter zu 
0,6 ccm todlich; der Tod erfolgte aber nur bei den grSBeren 
auch fflr das gesunde Tier akut tSdlichen Mengen sofort, bei 
den geringeren erst nach 28 Stunden und langer. Die Em- 
pfindlichkeit der tuberkulosen Tiere gegenflber den Albumosen 
war also nur unerheblich gesteigert. Die Sektion erwies bei 
diesen Tieren im Vergleich zu den durch Tuberkulin getoteten 
insofern ein verschiedenes Bild, als die Lokalreaktion (ver- 
standen wird hier Herdreaktion am tuberkulosen Herd) bei 
der Albumosenvergiftung nur inkonstant aufgetreten war and 
auffallende graduelle Unterschiede zeigte, Man wird nach 
diesen Erscheinungen die Albumosenvergiftung kaum noch mit 
der Tuberkulinreaktion in Parallele setzen konnen. Schmidt 
geht im wesentlichen von der Herd- und Allgemeinreaktion 
bei tuberkulSsen Kranken aus und schlieBt aus dem Auftreten 
von Entzundungserscheinungen am tuberkulosen Erkrankungs- 
herd auf die fast vollkommene Kongruenz, welche hinsichtlich 
der klinischen Reaktionskomplexe nach Milch- und Tuberkulin- 
injektionen bestehe. Beide, sowohl die Allgemeinreaktion wie 
die Herdreaktion des Kranken, sind aber langst als unspezi- 
fische Vorgange bekannt und konnen zum Beweis nicht heran- 
gezogen werden. Viel sicherer ist beim Menschen die Lokal¬ 
reaktion auf Oder in der Haul. Diese soil sich nacb Schmidt 
Milch gegentiber auch gleich verhalten, wobei er allerdings 
damit rechnet, daB eine Umstimmung des Hautgewebes gegen 
Tuberkulin, Milch und andere EiweiBkorper gericbtet, gelegent- 
lich auch aus anderen Griinden, die mit einer Tuberkulose- 
infektion nichts zu tun haben, sich ergeben konnte. Er beruft 
sich auf Sorgo^), der eine unspezifische Allergie angenommen 
habe. Sorgo hat dieses jedoch nicht in dem von Schmidt 
ausgelegten Sinne gemeint; er bekam eine positive Intrakutan- 
reaktion bei Injektionen von Diphtherie- und Dysenterietoxin, 
aber nur bei mit Tuberkulose infizierten Menschen, und betont 


1) Sorgo, DeutBche med. Wochenschr., 1911, No. 22. 


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Ueber das Wesen der Tuberkulinreaktion. 


339 


ausdrflcklich, daB nicht tuberkulds Infizierte weder auf Tuber- 
kulin noch diese Toxine reagiert haben. Sorgo zweifelt also 
keineswegs an der Spezifitfit der Tuberkulinreaktion, glaubt 
nur, daB diese Reaktion auch durch andere Korper hervor- 
gerufen werden kSnne. Ltidke und Sturmerhielten bei 
Verwendung von Typhusbazillen-, Dysenteriebazillen- und 
Streptokokkenextrakt bei tuberkuldsen Menschen niemals eine 
positive Kutanreaktion; dieselben Patienten zeigten auch selbst 
auf Dosen bis zu 100 mg, die von diesen Extrakten ein- 
gespritzt wurden, weder Fieber noch Herdreaktion. Weih- 
rauch*) prflfte bei 23 tuberkulosen Patienten das Verhalten 
der Konjunktivalreaktion nach Eintraufelung von 10-proz. 
DeuteroalbumosenlOsung, sah aber nur in einem einzigen 
Falle eine schwache Reaktion. Das Aufflammen oder Ein- 
treten der Reaktion bei nachfolgender subkutaner Injektion 
von Albumosen wurde nie beobachtet. Gegen die Anwendung 
der Kutanreaktion kann man vielleicht einwenden, daB sie 
nicht empfindlich genug ist; einwandfreier fflr Zwecke ver- 
gleichender Prflfung ist sicherlich die Intrakutanreaktion. 
Neuerdings gibt Klemperer®) an, daB er durch Milchinjek- 
tionen bei tuberkulOsen Patienten iiberhaupt keine Intrakutan¬ 
reaktion erhalten habe; ein Aufflammen abblassender Pirquets 
wurde nach Milchinjektionen nie beobachtet. 

Die Albumosen- oder Proteinkorperreaktion gehSrt wohl 
zweifellos in das Gebiet der Anaphylaxie. Bei der Unter- 
suchung der Frage nun, ob die Tuberkulinreaktion als Ana- 
phylaxiereaktion aufzufassen sei, bedient man sich am besten 
der intravenosen Einspritzung des zu prufenden Materiales 
bei tuberkulosen Meerschweinchen, und der intrakutanen An¬ 
wendung beim Menschen. Die intrakutane Injektion beim 
Meerschweinchen ist zwar sowohl bei der Tuberkulose als 
bei der Anaphylaxie empfohlen worden. Ich selbst war frflher 
auch davon Gberzeugt, daB sie fflr den tuberkulosen Meer- 
schweinchenversuch eine groBe diagnostische Bedeutung hStte, 
habe aber inzwischen auf Grund zahlreicher Meerschweinchen- 
versuche erkennen konnen, daB sie nur eine verhaltnismSBig 

1) Ludke und Sturm, Miinch. med. Wochenschr., 1912, No. 37. 

2) Weihrauch, Miinch. med. Wochenschr., 1909, No. 30. 

3) F. Klemperer, Berl. khn. Wochenschr., 1920, No. 45. 


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grobe Reaktion ist, die erst bei vorgeschrittener Organtuber- 
kulose auftritt, and auch dann nicht gleichraaBig veriauft. 
Die intravenSse Verabreichung des Tuberkulins ist zweifellos 
eine viel empfindlichere Methode zum Nachweis einer tuber- 
kulSsen Infektion beim Meerschweinchen. So zuverlSssig wie 
die intrakutane Injektion am Menschen ist sie aber auch nicht, 
wie die in Tabelle V aufgefQhrten Versuche beweisen. 

Es sollte zuerst an tuberkulSsen Tieren geprQft werden, 
wie sie bei fallenden Mengen von Alttuberkulin and anderen 
TuberkulinprSparaten reagieren. Von groBer Wichtigkeit ist 
bei den hier verwandten Tieren natflrlich der Sektionsbefund, 
der uns wohl allein angibt, wie weit die Tuberkulose bei dem 
Tier vorgeschritten, und ob eine solche flberhaupt zu er- 
kennen war, Bekanntlich ist eine angehende Tuberkulose- 
infektion beim Meerschweinchen auBerordentlich schwer fest- 
zustellen, zumal selbst bei subkutaner Injektion Drflsen- 
schwellungen fehlen kbnnen, und oft nur eine VergroBerung 
der Milz als einziges pathognomisches Symptom fflr Tuber¬ 
kulose spricht. Die Tiere, welche die Tuberkulininjektion 
ilberlebten und keine Krankheitserscheinungen zeigten, warden 
dann getotet. Der Sektionsbefund ist in den folgenden 
Tabellen vorangestellt, da er fiir den Ausgang der Tuberkulin¬ 
injektion entscheidend ist. Die verwandten Tiere waren zum 
grSBten Teil fflr andere Zwecke vor einer Reihe von Monaten 
mit geringen Mengen humaner Bazillen infiziert. 

Bei keinem der Tuberkulintiere traten Krflmpfe oder 
Lflhmungen auf; die Tiere zeigten flberhaupt nur geringe 
Krankheitserscheinungen; anfangs waren sie ganz munter, 
spater saBen sie still, ohne zu fressen. Der Tod erfolgte erst 
nach einigen Stunden. Bei der Sektion wurde niemals eine 
Lungenblahung beobachtet. Bei Kirchheim und Tuczek 
ging ein tuberkulflses Meerschweinchen nach Einverleibung 
von 0,5 ccm Alttuberkulin nach 4*/* Stunden ein, Wenn man 
sieht, daB in meinen Versuchen 0,005, also der hundertste 
Teil von 0,5 ccm Alttuberkulin noch prompt tfldlich wirkt, 
dann hatte man erwarten konnen, daB, falls die Tuberkulin- 
vergiftung mit der Anaphylaxie- oder Albumosenvergiftung 
identisch ware, auf groBe Dosen des Alttuberkulins ein akuter 
Tod unter den Erscheinungen des anaphylaktischen Shocks 



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Ueber das Wesen der Tuberkulinreaktion. 


341 


TabeUe IV. 

Tuberkalininjektion bei stark tuberkulbsen Meer- 
schweinchen. 


d 

Gew. b. Tode 

Sektions- 

befund 

Intravenos 

injizierte 

Tuberkulin- 

menge 

Verlauf 

Temperaturverlauf 
nach InjektioD 

1 

510 

Starke 

Organ- 

tuberkulose 

0,33 ccm 
Alttuberkulin 

t n. 9 8td. 

nach “1. Std.: — 36,3 n. 
2 Std. —39,4“, n. 5 Std. 
-37,8“, n. 7 Std. —35" 

2 

465 

dasselbe 

0,2 ccm 
Alttuberkulin 

t n. 6 Std. 

• 

3 

450 


0,1 ccm 
Alttuberkulin 

t n. 14 Std. 

nach 1*/, Std.: —36,9®, n. 
4 Std. —38,2“, n. 7 Std. 
-36,5“ 

4 

375 

9) 

0,02 ccm 
Alttuberkulin 

t n. 11 Std. 

• 

5 

320 

•• 

0,005 ccm 
Alttuberkulin 

t n. 11 Std. 

• 

6 

385 


1 mg lebende, 
wenig virulente, 
humane Bazillen 

t n. 6'/, Std. 

nach 10' —34,9“, n. IV, Std. 
-39,0“, n. 4V, Std. — 
38,7“, n. 6 Std. —35,7“ 

7 

550 

91 

0,2 mg lebende, 
wenig virulente, 
humane Bazillen 

t n. 24 Std. 

nach 5' — 38,5 “, n. 2 Std. 
— 39,3®, n. 6 Std. —37,7“ 

8 

470 

99 

0,1 ccm Neu- 
tuberkulin Koch 

keine 

Wirkung 

• 

9 

450 

91 

1 mg lebende 
Friedraannbaz. 

dasselbe 

nach 5' — 35,1 “, n. 2V, Std. 
- 38,3 “,n. 6 Std.—35,1“ 

10 

550 

99 

0,5 ccm 
Friedmann- 
tuberkulin') 

11 

nach 1 Std.: —36,4®, n. 
3 Std. —40,6®, n. 7 Std. 
— 39,6“ 

11 

500 

99 

0,5 ccm auf ‘/io 
bei 80“ einge- 
engte Glyzerin¬ 
bouillon 

11 

nach 10' — 36,7®, n. 2 Std. 
-39®, n. 6 Std. —36,4“ 


eingetreten wSre. GroBere Mengen als 0,5 warden nicht an- 
gewandt, da nach den Untersuchungen von Kirchheim und 
Tuczek Gaben von 1 ccm schon das gesunde Tier schwer 
schadigen, was diese Forscher auf den Glyzeringehalt zurtick- 
fiihren konnten. Insofern ist iiberhaupt das Alttuberkulin fiir 

1) 14-tagige Glyzerinbouillon mit Friedraannbazillen wurde 1 Stunde 
bei 60“ im Wasserbad extrahiert, dann filtriert und bei 80" auf den 10. Teil 
eingeengt. 

Zvttschr. f. ImmnalUUfortcbun;. Ohg. Bd. 88. 23 


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342 


H. Belter, 


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unsere Versuche nicht ganz einwandfrei, well darin Glyzerin 
und die EiweiBstoflfe der Bouillon vorhanden sind, welche in 
grSBeren Mengen stSrend wirken kdnnen, Auch kennt man 
nicht die Menge der spezifisch wirkenden Tuberkulinstoffe, 
und kann infolgedessen nicht genau auf diese dosieren. Besser 
sind in der Beziehung die Tuberkelbazillen selbst, die in 
unseren Versuchen von dera Rasen einer eiweiBfreien Kultur- 
fliissigkeit (Salzlosung nach Lockemann) nach Abpressen 
der Flussigkeit genommen wurden. 1 mg, ja sogar noch 0,2 mg 
einer nur wenig virulenten humanen Kultur verursachten den 
Tod unter denselben Erscheinungen. Friedmannbazillen und 
ein aus diesen Bazillen hergestelltes Tuberkulin, ferner un- 
geimpfte eingeengte Gljzerinbouillon waren wirkungslos. Die 
Messung der Temperaturen ergab keinen besonders typischen 
Verlauf. Kurz nach der Injektion des Tuberkulins sank die 
Temperatur etwas, stieg dann nach einiger Zeit wieder an, 
um vor dem Tode nochmals zu sinken, aber nicht bis auf 
Kollapstemperaturen (Me. No. 6). Auch hierdurch unter- 
schieden sich die vorliegenden Versuche von der Albumosen- 
vergiftung. 

Zum Beweis, dafi die intravendse Einspritzung des Alttuberkulins 
nicht jede tuberkulose Infektion der Meerschweinchen erkennen laflt, seien 
in Tabelle V noch einige Versuche aufgefiihrt ron Meerschweinchen, die 
etwa 6 Monate vorher mit einer kleinen Menge wenig virulenter humaner 
Bazillen subkutan infiziert waren. Obwohl deutliche Zeichen einer an- 
gegangenen Infektion yorhanden vraren, ergab die XuberkulininjektioD 
doch keine Wirkung. Das Meerschweinchen scheint sich demnach ganz 
anders zu verhalten als der Mensch, bei dem schon eine geringe Infektion, 
die nicht zu sichtbaren Krankheitserscheinungen zu fiihren braucht, eine 
Umstimmung seines ganzen Korpergewebes hervorruft, die sich schon bald 
nach der Infektion durch eine positive Tuberkulinreaktion zu erkennen 
gibt. Auch der Verlauf der tuberkulosen Infektion des Meerschweinchens 
ist wesentlich verschieden von der des Menschen, wie ich in jahrelangen 
Untersuchungen iiber die Immunitatsverh^tnisse der Tuberkulose des Meer¬ 
schweinchens immer deutlicher erkannt habe. 

Um fiber die Natur der im Tuberkulin wirksamen Stofife 
weiter AufschluB zu erhalten, wurden stark tuberkulose Meer¬ 
schweinchen mit Alttuberkulin behandelt, das verschiedenen 
Temperaturen ausgesetzt war. Es wurde zu diesera Zwecke 
Alttuberkulin 1:2 mit Kochsalzlosung verdfinnt, 10 Minuten 
in kochendes Wasser gebracht, ferner im Autoklaven auf 



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Ueber das Wesen der Tuberktdinreaktion. 


343 


Tabelle V. 


Wirkung des Alttuberkulins auf schwach tuberkuldse 
Meerschweinchen. 


H 

^ - 

O 

Sektionsbefund 

cS-S 

Intra- 

venos 

injiziertes 

Alt¬ 

tuberkulin 

Verlauf 

12 600 

iDjektionsstelle nichts. Ing.-Drusen bei- 
derseits hireenkorngrofi. Leber ohne 
Befund. Milz keine Knotchen. Lunge 
4 kleine Perlknotchen. Bronch.-Dr. 
nicht vergroflert 

0,8 g 

0,5 ccm 

keine 

Wirkung 

13470 

Injektionsstelle nichts. Ing.-Drusen r. 
bohnengrofi, 1. erbsenno^. An innern 
Organen kein Befund 

0,4 g 

0,5 ,, 

dasselbe 

14 410 

Injektionsstelle vernarbt. Ing.-Driise r. 
iinsengroO. Leber ein Eiterknoichen, 
Lunge 3 kleine Perlknotchen. Bronch.- 
Dr. klein 

0,8 g 

0,5 ,, 

abends 
krank, erholt 
sich in der 
Nacht 

15 390 

Injektionsstelle nichts. Ing.-Drusen klein. 
Lunge vereinzelte kleine Perlknotchen. 
Bronch.-Dr. klein 

0,7 g 

0,2 „ 

1 

t n. 6 Std. 

16420 

Unter Bauchhaut kleines Eiterknotchen. 
Ing.-Driisen beiderseits klein. Lunge 
3 kleine graue Knotchen. Bron ch.-Dr. 
klein 

0,8 g 

0,2 „ 

keine 

Wirkung 

17 600 

Injektionsstelle nichts. Ing.-Driisen bei¬ 
derseits hirsenkerngroS. Lunge ein 
kleines graues Knotchen. Bronch.-Dr. 
klein 

0,8 g 

0,2 „ 

dasselbe 

18 375 

Injektionsstelle nichts. Ing.-Drusen 1. 
erbsen-, r. hirsenkorngrofi. Lunge an 
beiden Oberlappen mit Pleura ver- 
wachsen, sonst keine Veriinderungen 

0,4 g 

0,2 „ 

iy 


110®, 120® und 150® erhitzt. Durch Maximumthermometer 
wurde bestatigt, daB die gewflnschte Temperatur auch in dem 
Tuberkulin erreicht war. 

Man sieht aus den in Tabelle VI zusaramengestellten Ver- 
suchen, daB selbst eine Erhitzung auf 150° das Tuberkulin 
kaum schadigt. Diese Widerstandsfahigkeit der wirksamen 
Substanz des Tuberkulins spricht nicht dafflr, daB es sich bei 
der Tuberkulinreaktion um eine Reaktion nach Art der an- 
aphylaktischen handelt. Zwar sollen sich durch erhitztes Eiweifi 
Tiere sensibilisieren lassen. Dagegen kann nach Besredka 

23* 



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344 


H. Selter, 


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Tabdle VI. 


Wirkung bei verschiedenen Graden erhitzten Alttuberkulina 
auf stark tuberkuldse Meerschweinchen. 


No. 

Gewicht 

beim 

Tode 

Sektione- 

befund 

Intravenos 

injizierte 

Tuberkulin- 

menge 

Verlauf 

Temperaturverlauf 

19 

415 

Starke Organ- 
tuberkuiose 

0,33 ccm 

10' 100" 

t n. 3Vt Std. 

nach V* Std. —35 “, 
n. 2 Std. -34,9“ 

20 

390 

deutliche 

Organ- 

tuberkulose 

0,2 ccm 

10' 100“ 

t n. 6 Std. 

• 

21 

420 

Starke Organ- 
tuberkulose 

0,1 ccm 

10' 100“ 

t n. 5 Std. 

nach V, Std.—37,7", 
n. 3 Std. —36,2“ 

22 

330 

dasselbe 

0,02 ccm 
10' 100“ 

t n. 11 Std. 

• 

23 

500 


0,005 ccm 
10' 100“ 

abds. krank, 
erholt sich 
wieder 

• 

24 

320 

schwache 

Organ- 

tuberkulose 

0,33 ccm 
10' 110” 

tinderNacht 

• 

25 

320 

deutliche 

Organ- 

tuberkulose 

0,33 ccm 
10' 120“ 

keine Wirkg. 
am selben 
Tage; stirbt 
nach 2 Tgn. 


26 

i 

250 

dasselbe 

0,33 ccm 
10' 120“ 

t n- 3 Std. 

• 

27 

325 

1) 

0,33 ccm 
10' 12U“ 

' f n. 4 Std. 

n ach 7. Std. — 34,9 “, 
n. 2 Std. —36,6" 

28 

300 

yf 

0,33 ccm 
10'150" 

t n. 4 Std. 

nach '■/, Std. — 36,8", 
n. 2 Std. —37,7“ 


die AuslSsung der anaphylaktischen Reaktion uur durch thermo- 
labile Stoffe erfolgen, eine Anschauung, welcher Friedberger 
beipflichten muB, obwohl er sich sonst gegen die Trennung 
des EiweiBes in zwei Komponenten, eine thermostabile sen- 
sibilisierende und eine thermolabile auslosende, ausspricht. 

Es seien dann noch einige Versuche fiber die Einspritzung 
von MilcheiweiBprfiparaten angefflhrt. Da die Tiere nicht 
reagierten, wurde ihnen nach 2 Tagen Alttuberkulin intra- 
venfis eingespritzt, um zu sehen, ob die Tiere durch die vorher- 
gehende Behandlung gegen die tfidliche Dosis Tuberkulin ge- 
schfitzt seien, wie Matthes beobachtet hatte. Zum Vergleich 
warden Tiere mit untertodlichen Dosen Alttuberkulin vor- 


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Ueber das Wesen der Tuberkulinreaktion. 


345 


behandelt und diesen nach 2 und 1 Tag die tddliche Dosis 
verabreicht. 

Me. No. 29. 300 g, deutliche Organtuberkulose, erhalt intraperitoneal 
2 com lO' gekochte Milch. Keine Wirkung. Nach 2 Tagen intravenos 
0,2 ccm Alttuberkulin. Stirbt nach 5 Stunden. 

Me. No. 30. 265 g, deutliche Organtuberkniose, erhalt intravenos 
1 ccm Caseosan. Keine Wirkung. Nach 2 Tagen intravenos 0,2 ccm 
Alttuberkulin. Stirbt nach 5 Stunden. 

Me. No. 31. 295 g, deutliche Organtuberkulose, erhalt intravenos 
0,2 mg lebende schwach virulente humane Bazillen. Keine Wirkung. 
Nach 2 Tagen intravenos 0,3 ccm Alttuberkulin. Stirbt in der Nacht. 

Me. No. 32. 310 g, geringe Organtuberkulose (Milz 0,5 g. Lunge 

vereinzelte kleine Perlknbtchen, Ing.-Driisen rechts erbsengrofi, sonst kein 
Befund), erhalt intravenos 0,2 mg lebende schwach virulente humane 
Bazillen. Keine Wirkung. Nach 2 Tagen intravenos 0,1 ccm Alttuberkulin. 
Stirbt nach 12 Stunden. 

Me. No. 33. 470 g, starke Organtuberkulose, erhalt intravenos 0,1 ccm 
Neutuberkulin-Koch. Keine Wirkung. Nach 1 Tag intravenos 0,1 ccm 
Alttuberkulin. Stirbt nach 11 Stunden. 

Unsere Untersuchungen konnen zn folgenden Schltissen 
fiihren: 

1) Die nach der Injektion von Tuberkulin bei 
tuberkulSsen Meerschweinchen auftretenden 
Vergiftungserscheinungen entsprechen nicht der 
Anaphylaxie- und Albumosenvergiftung. 

2) Die Tuberkulinreaktion ist spezifisch und 
laBt sich schon durch sehr kleine Mengen Tuber¬ 
kulin auslSsen^), dagegen nicht durch Friedmann- 
bazillen*), eingeengte Bouillon und Milchprtlparate. 

3) UntertSdliche Dosen Tuberkulin, ebenso 
P r 0 1 e i n k 0 r p e r tiben keine schiitzende Wir¬ 
kung a us. 

1) Die Annahme von Sorgo, dafi bei tuberkulos inBzierten Menschen 
eine Tuberkulinreaktion auch durch erhitztes Diphtheric- und Dysenterie- 
toxin ausgelost wird, konnte im Tierversuch nicht nachgepriift werden, da 
diese Gifte hei intravenSser Injektion schon gesunde Tiere in kleinen Mengen 
toten. Bessau gibt aber an, daS nach seinen Versuchen die mit irgend- 
welchen bakteriellen Giften erzeugte Lokalreaktion sich dadurch von der 
Tuberkulinreaktion unterscheidet, daB sie bei spaterer Einspritzung von 
Tuberkulin nicht aufflammt. 

2) 8. Belter, Deutsche med. Wochenschr., 1920, No. 24. 


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346 


H. Selter, 


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Das Fehlen einer Katanaphylaxie spricht ebenfalls gegen 
Anaphylaxie und Albumosenreaktion. Zwar hat P. Th.Mtiller^) 
tuberkulose Meerschweinchen durch untertSdliche Dosen Alt- 
tuberkulin und lO-proz. „Witte“-Peptonl6sung schfltzen konnen. 
Diese Beobachtungen stehen aber mit denen anderer Forscher 
und den Erfahrungen am Menschen (s. unten Bessau) so in 
Widerspruch, dafi man wohl iiber sie hinwegsehen darf. Die 
Tuberkulinreaktion gehdrt also nicht in das Ge- 
biet der Anaphylaxie und ist flberhaupt nicht als 
Antikdrperreaktion aufzufassen. 

Zu demselben Schluil kommt Bessau*) auf Grund seiner 
intrakutanen Prflfung an tuberkulos infizierten Kindern. Er 
hat in vorbildlichen Versuchen an demselben Menschen zu 
gleicher Zeit wiederholt Einspritzungen von Tuberkulin und 
Rinderserum vorgenommen. Es zeigte sich hierbei, dad die 
Serumuberempfindlichkeit sehr bald erlischt (Katanaphylaxie), 
wahrend die Tuberkulinreaktion erhalten blieb. DaB nach 
immer wiederholten und steigenden Tuberkulindosen allmahlich 
eine Unempfindlichkeit eintritt (bekanntlich das Ziel der Tuber- 
kulintherapie), ist eine andere Frage, die hier jetzt nicht er- 
6rtert werden soil. Ein weiterer Unterschied bestand nach 
Bessau darin, daB die lokalen Tuberkulinreaktionen auf 
erneute Zufuhr von Tuberkulin aufflammten, die Serumreaktion 
bei Serum- und Tuberkulininjektion dagegen niemals. Bessau 
folgert aus seinen Untersuchungen, daB eine einheitliche Genese 
der beiden Ueberempfindlichkeitsphanomene so gut wie aus- 
geschlossen sei. 

Zu beriicksichtigen ist noch, daB es eine Tuberkelbazillen- 
eiweiBanaphylaxie gibt, die durch Einspritzung von grSBeren 
Mengen Tuberkelbazillen zustande kommt und von Fried- 
berger und Mita®), Doerr^), Neufeld und Do Id®) und 
anderen Forschern untersucht worden ist. Diese muB, wie 
auch Bessau hervorhebt, streng von der Tuberkuliniiber- 


1) P. Th. Mtiller, Zeitschr. f. Immimitatsf., Bd. 8. 

2) Bessau, Jahrb. f. Kinderheilkunde, Bd. 81, 1915. 

3) Friedberger und Mit a, Zeitschr. f. Immunitatsf., Bd. 10, p. 477. 

4) Doerr, AUergie und Anaphylaxie im Handbuch der pathogenen 
Mikroorg. v. Kolle-Wassermann, 2. Aufl., Bd. 2, p. 947. 

5) Dold, 1. c. 



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Ueber das Wesen der Tuberkulinreaktion. 


347 


«mpfindlichkeit unterschieden werden, da sie ganz den Ge- 
setzen der Bakterienanaphylaxie folgt. Ihre Erscheinungen 
berflhren sich in manchen Punkten, und hierauf ist zurflck- 
zufQhren, dafi die Phanoniene so oft durcheinauder geworfen 
und verwechselt warden. So miissen meines Erachtens auch 
die Versuche von Sata^), der durch Vermischen von Anti- 
tuberkuloseserum vom Pferde und Alttuberkulin bei gesunden 
Meerschweinchen durch intravenSse Injektion Tod und typische 
anaphylaktische Erscheinungen (Shock, LungenblShungen) er- 
hielt, in das Gebiet der Anaphylaxie gerechnet werden; auch die 
von ihm erzeugte passive Uebertragbarkeit der Tuberkulose- 
(Ibererapfindlichkeit durch Pferdetuberkuloseserura ist an- 
scheinend nichts anderes, worauf schon die von Sata auf- 
gefQhrten Erscheinungen — stflrmischer Temperaturabfall, 
heftige KrSmpfe, plStzlicher oder innerhalb einiger Stunden 
eintretender Tuberkulintod (gemeint ist wohl Lungenblahung) 
— hindeuten. 

Unsere und Bessaus Untersuchungen berechtigen zu 
dem SchluB, daB die Tuberkulinreaktion keine AntikSrper- 
reaktion ist und mit der Anaphylaxie und Albumosenreaktion 
nichts zu tun hat. Bevor ich nun darauf eingehe, als was wir 
die Tuberkulinwirkung auffassen konnen, muB ich noch einen 
Punkt besprechen, der fflr die Immunitfitsverhaitnisse der 
Tuberkulose von groBter Wichtigkeit ist. Auch ich vertrete, wie 
Hamburger, R6mer, Klemperer u. a., den Standpunkt, 
daB die Tuberkulinempfindlichkeit mit den Immunitatsverhalt- 
nissen der Tuberkulose beim Menschen in unmittelbarstem 
Zusammenhang steht, und daB das Auftreten der Tuberkulin¬ 
empfindlichkeit nach erfolgter Infektion Tuberkuloseschutz 
bedeutet. Bisher war man allgemein der Ansicht, daB im 
menschlichen KQrper die Umstimmung des Gewebes, deren 
Ausdruck die positive Tuberkulinreaktion ist, der allergische 
Zustand nach v. Pirquet, nur durch die Wirkung von viru- 
lenten lebenden Tuberkelbazillen erworben werden kann. Diese 
Ansicht kdnnte durch neuere Untersuchungen erschuttert er- 
scheinen, in denen es gelungen sein soli, auch durch Ein- 
spritzung von toten Tuberkelbazillen eine Ueberempfindlichkeit 


1) Sata, Zeitschr. f. Immunitiitsf., Bd. 17, p. 62, 75, 84. 


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348 


H. Belter, 


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zu erzielen. Wenn es sich um eine wirkliche Tuberkulin- 
flberempfindlichkeit handeln sollte, so wiirden diese Versuche 
eine ungeheuere Bedeutung haben, da sie den Weg einer 
aktiven Imraunisierung des Menschen gegen Tuberkulose weisen 
kOnnten, Alttuberkulin wirkt nicht als Antigen und vermag 
infolgedessen im Korper auch keine Immunisierung herbei- 
zufiihren; darin sind alle Forscher wenigstens einig. Dagegen 
wollen Much und Leschke^) bei Meerschweinchen, die mit 
dem Filtrat einer Tuberkelbazillenauflosung vorbehandelt waren, 
eine durch die Intrakutanreaktion erkenntliche Tuberkulin- 
flberempfindlichkeit beobachtet haben. Meerschweinchen, die 
mit alien in den aufgelosten Tuberkelbazillen enthaltenen 
Stoffen, den verschiedenen Partialantigenen, vorbehandelt waren, 
sollten auch gegen nachfolgende Infektion mit virulenten 
Tuberkelbazillen immun sein. Diese Versuche liegen lange 
zuriick und waren nur an wenigen Tieren ausgefiihrt. In 
spkteren Untersuchungen sahen Much und Leschke'^), daU 
die gelungene Immunisierung mit Partialantigenen doch nur 
Ausnahmen darstellte, daB im allgemeinen weder mit den 
einzelnen Partialantigenen noch mit ihrem Gemisch eine 
Immunisierung moglich war. Danger*) hat bei einzelnen 
Tierversuchen (die Protokolle sind nicht angegeben) gesehen, 
daB die Vorbehandlung mit dem Tuberkelbazillenrflckstand, 
dem M.Tb., eine gewisse Verzogerung des Krankheitsbildes 
bei nachfolgender Infektion herbeifUhrt. Mit den einzelnen 
Partialantigenen und auch mit ihrer kflnstlichen Mischung ist 
eine solche Immunisierung nicht gelungen. Die Untersuchungen 
Muchs sind demnach noch mit MiBtrauen aufzunehmen, wie 
ja auch seine Theorien keineswegs allgemeine Anerkennung 
gefunden haben. Bessau®) hat bei Meerschweinchen durch 
Impfung von 1—15 rag in verschiedener Weise abgetoteter 
Tuberkelbazillen eine TuberkulinUberempfindlichkeit durch 
intrakutane Priifung nachweisen konnen, allerdings nur bei 
einem Teil der Tiere; die besten Resultate ergab die intra- 
peritoneale Einverleibung von schonend (2 Stunden bei 65°) 
abgetoteten Tuberkelbazillen. Bei intravenoser Injektion blieb 

1) Much und Leschke, Beitr. z. Klin. d. Tuberk., Bd. 31. 

2) Zit. nach Danger, Zeitschr. f. Kinderheilkunde, Bd. 25, Heft 4/6. 

3) Bessau, Berl. klin. Wochenschr., 1916, p. 801. 



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Ueber das Weseu der Tuberkulinreaktion. 


349 


bei alien Tieren der Erfolg aus. Eine Allgemeinempfindlichkeit 
hatte sich nicht ausgebildet; so vertrugen die Tiere bei sub- 
kutaner Injektion selbst 2 ccm Alttuberkulin ohne nennens- 
werte Krankheitserscheinungen. Mehrmals wurde ein „Auf- 
flammen“ Slterer Intrakutanreaktionen beobachtet. Gegen 
diese Versuche ist einzuwenden, daB Bessau sich nur der 
intrakutanen PrQfung bedient hat und nicht der fiir das Meer- 
schweinchen weit empfindlicheren intravenbsen Einspritzung 
des Tuberkulins. Die Intrakutanreaktion ist heute ja auch 
ein beliebtes Mittel, um eine Anaphylaxie in einem sensibili- 
sierten Meerschweinchen auszulosen, wobei es in gleicher Weise 
wie bei der Intrakutanreaktion mit Tuberkulin zu Schwellungen, 
ja sogar zu Nekrosen konimt. Die Unterscheidung zwischen 
einer anaphylaktischen und einer echten Tuberkulinreaktion 
ist deshalb auBerordentlich schwer, und es kann der Gedanke 
nicht von der Hand gewiesen werden, daB es sich bei den 
Bessauschen Versuchen um eine TuberkelbazilleneiweiB- 
anaphylaxie gehandelt hat. Vollkommen einwandfrei, was die 
Durchfflhrung der Versuche als auch die GroBe des ver- 
wandten Tiermaterials angeht, sind die Untersuchungen von 
Ungermann^). Dieser behandelte Meerschweinchen sub- 
kutan, intraperitoneal und intravenSs mit Bazillen, die im 
Dampf 2 Stunden abgetbtet waren, ferner mit dem Loffler- 
schen Impfstoff (Bazillen, welche im Exsikkator getrocknet und 
dann 7* Stunde im Trockensterilisator bei 150° abgetbtet waren) 
und dem Zeunerschen Oelseifenimpfstoff (Tuberkelbazilleu 
werden in einer Oelseifenlosung 6 Tage hindurch im Schiittel- 
apparat bei 37° digeriert, dann 1 Stunde auf 70° erwarmt 
und darauf nochmals 3 Tage bei 37° geschtittelt; es wurden 
sowohl die Bazillenleiber als auch die mit Bazillenprodukten 
beladene Oelseifenlosung benutzt). Die Nachprflfung der mit 
dem letzten Impfstoff behandelten Tiere ergab im wesentlichen 
negative Resultate. Durch die beiden ersten Impfstoffe lieBen 
sich die Tiere sensibilisieren; eine sichere Wirkung trat aber 
nur bei den Tieren ein, die mit 100 mg Bazillenmasse (also 
enorme Mengen) vorbehandelt waren. Zur Auslosung der 
Reaktion, die friihestens nach 15 Tagen, meist erst erheblich 


1) Ungermann, Arb. a. d. Kaiserl. Gesundheitsamt, Kd. 48, p. 381 


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350 


H. Belter, 


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spSter, vorgenommen wurde, waren wieder grdBere Mengen, 
100 mg lebende oder abgetdtete Bazillen, erforderlich; in 
wenigen Versuchen gelang sie mit 20 und 25 mg, zweimal mit 
10 mg; kleinere Dosen waren ganzlich wirkungslos. Bei intra- 
venoser Verabreichung von Alttuberkulin trat in einigen Fallen 
auf Dosen von 0,5 und 0,1 ccm der Tod ein. In 4 Fallen 
verlief die Reaktion unter den akuten Formen des anaphylak- 
tischen Shocks. In den meisten Fallen trat der Tod erst nach 
20 Stunden ein. Die Auslosung einer Reaktion der mit Alt¬ 
tuberkulin vorbehandelten Meerschweinchen gelang in keinem 
Fall, eine Bestatigung unserer oben ausgesproclienen Ansicht, 
daC Alttuberkulin nicht als Antigen wirkt. Halt man fest, daB 
eine Sensibilisierung nur durch groBe Mengen Bazillensubstanz 
mSglich ist, und daB zur Auslosung der Reaktion wiederum 
fast gleich groBe Mengen erforderlich sind, so wird man zu 
der Ansicht kommen, daB auch bei den Ungermannschen 
Versuchen nur eine TuberkelbazilleneiweiBanaphylaxie vor- 
gelegen hat. Die Versuche von Bessau und Ungermann 
konnen mich deshalb nicht in meiner Ansicht irre machen, 
daB die echte Tuberkulinreaktion nur in einem durch lebende 
Bazillen infizierten KSrper zustande kommt. HSchstens kame 
bei einem durch abgetdtete Bazillen sensibilisierten K6rper 
eine gewisse unspezifische, stark abgeschwachte Allergie in 
Frage, die aber einen wirksamen Tuberkuloseschutz nicht mit 
sich bringen wird. Die Immunisierung eines noch nicht in¬ 
fizierten Menschen mit abgetotetem Tuberkelbazillenmaterial 
hat deshalb keine begrflndete Aussicht. 

Wir kommen nun zu dem wichtigsten Teil unserer vor- 
liegenden Erorterungen, in welcher Weise wir uns denn die 
Entstehung einer Tuberkulinreaktion denken. Wenn man zu 
einer Losung dieser Frage kommen will, so muB man den 
Mut haben, sich einmal vollig von den Anschauungen der 
Ehrlichschen Theorie frei zu machen. Zweifellos findet die 
Tuberkulinreaktion in dem Gewebe statt, und zwar nicht nur 
in dem die eingedrungenen Tuberkelbazillen umschlieBenden 
Gewebe, dem eigentlichen Krankheitsherd, sondern im ge- 
samten Kbrpergewebe; es muB sich um eine rein zelluiare 
Eigenschaft handeln. Weiter wissen wir, daB die Tuberkulin¬ 
reaktion eine Entzflndung darstellt, mit der das tuberkulin- 



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Ueber das Wesen der Tuberkulinreaktion. 


351 


empfindliche Gewebe auf die Einwirkung des Tuberkulins ant- 
wortet. Schwierig ist aber zu sagen, wie diese Entzflndung 
zustande kommt. Die oben erwahnte Ansicht Bails, dall 
das Tuberkulin im tuberkulQsen Gewebe festgehalten, dort zu 
einer giftigen Modifikation umgewandelt wird und jetzt eine 
entziindende Wirkung ausflbt, glaube ich durch meine Ver- 
suche widerlegt zu haben. Diese sprechen mehr fflr die zweite 
Theorie Bails, daB das Tuberkulin unverandert bleibt, aber 
eine sehr groBe Angriflfsflache findet, nicht nur ira erkrankten 
Gewebe, sondern im gesamten Organismus. Bessau stellt 
sich das Tuberkulin als ein ziemlich tief abgebautes EiweiB- 
produkt, als ein Polypeptid vor. Trifft das Tuberkulin auf 
tuberkuloses Gewebe, so soil ein Giftkbrper entstehen, der 
lokal Entzflndung, in den Kflrper gelangend Fieber erzeugen 
soli; die lokale Reaktion der Haut soil der Ausdruck dafur 
sein, daB der Organismus die Fahigkeit besitzt, auf Tuberkulin- 
injektion tuberkulflses Gewebe zu bilden. Die Lokalreaktion 
ware dann die Folge der Reaktion zwischen dem neu gebil- 
deten tuberkulosen Gewebe und dem Tuberkulin. Bessau 
geht von folgender Anschauung aus: Gewisse Gewebselemente 
der tuberkulosen Entzflndung konnen mit Tuberkulin in spe- 
zifischer Weise reagieren. Diese Elemente werden als Tuber- 
kulozyten bezeichnet und sollen mit den Epitheloidzellen im 
Tuberkel identisch sein. Eine spezilische, in den Tuberkel- 
bazillen und dem Tuberkulin enthaltene Substanz reizt den 
Organismus zur Bildung von Epitheloidzellen. Aus der Reaktion 
zwischen Tuberkulin und den gebildeten Epitheloidzellen (den 
Tuberkulozyten) entsteht eine Giftwirkung, welche eine ein- 
fache Entzflndungsreaktion auslost. Um die Epitheloidzellen- 
schicht gruppiert sich eine Rundzellenschicht. Wie aus dem 
Zusammenwirken von Tuberkulin und Tuberkulozyten die gif- 
tige Komponente gebildet wird, darflber weiC Bessau vor- 
laufig nichts zu sagen. 

Gegen die Bessauschen Erwflgungen sprechen meine 
Versuche in Tabelle III, in welchen auf gesunde Meer- 
schweinchen die tuberkulflsen Gewebe flbertragen wurden, 
die im lebenden Organismus mehrere Stunden mit Tuber¬ 
kulin in Berflhrung gewesen waren, wo also doch die 
giftige Komponente hatte entstehen konnen. Ebenso sind die 


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352 


H. Belter, 


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Versuche 32—35 in Tabelle II in demselben Sinne zu ver- 
werten. Meines Erachtens kommt man weiter, wenn man sich 
(ias Tuberkulin nur als Reizstoff vorstellt, der mit dem em- 
pfindlichen Gewebe in Beruhrung kommt und es zur EntzUn- 
dung bringt, ohne selbst dabei gebunden oder verandert zu 
warden. Es wiirde dann nach Art eines Katalysators wirken, 
in ahnlicher Weise, wie sich jetzt Feldt^) die Wirkung der 
GoldprSparate denkt, nur dafi diese eine viel grobere ist, die 
das ausgebildete tuberkulbse Gewebe in unspezifischer Weise 
zur Entziindung bringt. In derselben Art wirken vielleicht 
auch andere StofFe, wie z. B. die Albumoson oder Protein- 
kbrper. Die Reizwirkung macht sich aber nur in einem durch 
eine Tuberkelbazilleninfektion verSnderten Organismus bemerk- 
bar; im Gewebe des nicht infizierten Korpers findet er keine 
Angriffsflache. Kommt plQtzlich eine groBe Menge Gift in das 
Blut, wie bei einer iniravenosen Einspritzung von Tuberkulin 
beim tuberkulosen Meerschweinchen, dann wird auf einmal 
das gesamte Gewebe in Reaktion versetzt. Hierdurch warden 
aber die lebenswichtigen Funktionen der Zellen gestbrt, die 
Temperatur sinkt, und der Tod tritt ein, bevor es zu einer 
anatomisch sichtbaren Entzflndung kommen konnte. DaB sei¬ 
ches nicht nur bei tuberkulSsen Meerschweinchen eintritt, 
sondern auch beim Menschen, zeigt ein von v. Hayek*) be- 
schriebener Fall. Ein junger Mediziner sollte bei einem in 
ein Kriegslazarett eingelieferten kranken Soldaten eine sub- 
kutane diagnostische Tuberkulininjektion machen und spritzte 
1 cem konzentriertes Alttuberkulin ein. Der Kranke ging 
nach kurzer Zeit unter Temperaturabfall zugrunde. 

Die Fahigkeit des Korpergewebes, in einen spezifischen 
Entzundungszustand versetzt warden zu konnen, muB als eine 
fiir den Korper sehr gunstige Einrichtung aufgefaBt warden 
und entspricht dem Tuberkuloseschutz des infizierten Orga¬ 
nismus. Ueber die Entstehung des Tuberkuloseschutzes wflrde 
ich mir folgende Vorstellungen machen: die Tuberkelbazillen 
dringen auf irgendeine Weise in den menschlichen Korper, 
bleiben in Lunge, DrQsen, Milz oder Knochenmark liegen, 


1) Feldt, Miinch. med. Wochenschr., 1920, No. 52. 

2) V. Hayek, Das Tuberkuloseproblem, Berlin 1920. 



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Ueber das Wesen der Tuberkulinreaktion. 


353 


fangen dort an, sich zu vermehren und Gift auszuscheiden. 
Dieses Gift gelangt in das Blut und versetzt allm^hlich das 
ganze Korpergewebe in einen verinderten, fflr das Tuberkel- 
bazillengift empfindlichen Zustand. Die fertige Ausbildung 
dieses Zustandes erkennen wir an dem Auftreten der Lokal- 
reaktionen, von denen zuerst die feinere Intrakutan- oder 
Subkutanreaktion (Stichreaktion) positiv wird, etwas spSter 
die Pirquetsche Hautreaktion. Diese Veranderung, die 
Allergie v. Pirquets, macht die Zelle jetzt zur Abwehr 
fahig. Neue, von aufien eindringende Tuberkelbazillen, oder 
auch deren Gifte (Tuberkulin), vermbgen zwar das Gewebe 
noch etwas zu reizen und unter Umstanden auch in Entzdndung 
zu versetzen (wenn es sich, wie bei einer Tuberkulinanwendung, 
um grSSere Mengen Gift handelt), bleiben aber auBerhalb der 
Zellen liegen, gehen zugrunde und werden als lastige Fremd- 
kSrper vom Organismus ausgeschieden oder abgebaut. Nnr 
die bei der ersten Infektion in den KOrper gelangten Tuberkel¬ 
bazillen bleiben an der Ablagerungsstelle lebend. Um sie 
herura hat sich durch Entstehung eines Tuberkels ein Schutz- 
wall gebildet, der eine doppelte Funktion hat, naralich ein- 
mal die eingeschlossenen Bazillen vor den Einwirkungen des 
Kbrpers zu schfltzen, dann aber auch die Tuberbelbazillen 
ira Innern festzuhalten (latentes Stadium), solange das Korper¬ 
gewebe sich, sagen wir mal, in einem normalen reaktions- 
fahigen Stadium befindet. Der AbschluB ist aber nicht so 
vollkommen, daB die eingeschlossenen Bazillen nicht immer 
wieder von neuem Reize (Gift) ins Blut abgeben kbnnen, 
welche die Allergie unterhalten. Es muB also eine Wechsel- 
wirkung zwischen den eingeschlossenen Bazillen und dem 
Korper bestehen, deren Faden wir noch nicht kennen. Nur 
so lange sich die lebenden Bazillen im Korper befinden, ist 
letzterer abwehrbereit oder immun gegen neue Infektion. 
Wurde es, vielleicht mit Hilfe der Chemotherapie, gelingeii, 
die lebenden Bazillen im Kbrper vollstandig zu vernichten, 
dann wflrde damit wahrscheinlich auch der Tuberkuloseschutz 
verschwunden sein. Wir wiirden demnach ahnliche Verhalt- 
nisse wie bei der Syphilis des Menschen haben. Ob diese 
von mir angedeutete Theorie stimmt, muB durch weitere 
Untersuchungen, die von uns durch Kombination des Meer- 


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354 H. Belter, Ueber das Wesen der TuberkulinreaktioD. 


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schweinchenversuchs mit der intrakutanen loipfung am tuber- 
kulos infizierten Menschen vorgenoramen werden sollen, ge- 
klart werden. Wflrde die Theorie richtig sein, dann wflrde 
sie auch die Tuberkulintherapie nicbt unbeeinflufit lassen. Auf 
diese Frage soil in einer spSteren Arbeit eingegangen werden. 

Zusammenfassung. 

1) Die Tuberkulinreaktion ist keine Antikbrperreaktion, 
da sicb im Korper eines tuberkuldsen Organisnius keine Anti- 
stoffe nachweisen lassen, die mit dem Tuberkulin in Ver- 
bindung treten. 

2) Das Tuberkulin wirkt als Reizstoff, ohne dafi es im 
Kdrper verandert zu werden braucht. Seine Wirkung geht 
durch Erhitzung auf 150® nicht verloren. 

3) Das Tuberkulin ist kein Antigen und vermag keine 
immunisierende Wirkung auszullben. Vorbehandlung tuber- 
kuloser Tiere mit untertbdlichen Dosen schUtzt diese nicht 
vor den tbdlichen Mengen. 

4) Die Tuberkulinempfindlichkeit ist passiv nicht flber- 
tragbar. Sie ist nicht nur an dem Krankheitsherd, sondern 
an das gesamte KOrpergewebe des durch eine Tuberkelbazillen- 
infektion umgestimmten, allergischen Korpers gebunden. Das 
Tuberkulin bringt dieses Gewebe in spezifischer Weise zur 
Entzflndung; in unspezifischer Weise wirken andere Bakterien- 
gifte und Proteinkdrper. 

5) Die Tuberkulinempfindlichkeit wird nur durch eine 
Infektion mit lebenden Tuberkelbazillen bervorgerufen, nicht 
durch abgetotete Bazillen. Letztere erzeugen in groBen Dosen 
eine Tuberkelbazilleneiweifianaphylaxie, die aber mit der 
Tuberkulinempfindlichkeit nichts zu tun hat. 

6) Die Tuberkulinempfindlichkeit entspricht dem Tuber- 
kuloseschutz des infizierten Kfirpers. Neu eindringende 
Tuberkelbazillen versetzen wie das Tuberkulin die Zellen in 
einen spezifischen Entziindungszustand; sie werden dadurch 
abgewehrt und unschadlich gemacht. Die Tuberkulinempfind¬ 
lichkeit Oder Allergic ist als Abwehrmechanismus demnach 
fiir den Kdrper eine sehr niitzliche Einrichtung. 



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Nagasawa, Experim. Untersuchungen fiber Milzbrandinfektiou. 355 


Naehdruck verboUn. 

[Ans dem Hygiene-Institut der Universitfit Zfirich (Direktor: 

Prof. Dr. W. Silberschmidt).] 

Experimentelle Untersnchungen ttber Mllzbrandinfektion. 

Superinfektion nnd Depresslonsiuimnnitdt. 

Von Dr. D. Nagasawa. 

(Eingegangen bei der Rcdaktion am 25. Februar 1921.) 

Robert Koch hat sich zuerst rait der wichtigen Frage 
der wiederholten Infektion bei der Tuberkulose des Meer- 
schweinchens befaBt; nach ihm haben Behring, R6mer, 
Joseph, Hamburger u. a. dieses Problem weiterbearbeitet. 
SpSter haben Landsteiner und Finger die Superinfektion 
bei der Syphilis eingehend verfolgt. Durch diese und andere 
Arbeiten ist die Superinfektion zu einem wichtigen und inter- 
essanten Gebiet der Immunitatsforschung geworden. 

Besonders wichtig ist die Frage des zeitlichen Verlaufes 
der Immunitatsreaktion; nur durch umfangreiche experimen¬ 
telle Arbeiten kann es uns gelingen, Licht auf dieses dunkle 
geheimnisYolle Gebiet zu werfen. 

Es kann sich niemand dem Eindruck verschlieBen, daB 
sich ein ungemein groBer und bedeutungsvoller Komplex von 
Tatsachen, der bisher meistens als biologische Reaktionen, wie 
Phagozytose, Agglutination, Prftzipitation, Bakteriolyse, Kom- 
plementablenkung usw. betrachtet wurde, sich als nichts anderes 
erweist, als die Folgeerscheinung der schon stattgefundenen 
Reaktion. 

Der von Morgenroth, H. Biberstein und 
R. Schnitzer (1) verOffentlichte Aufsatz unter dem Xitel 
nDepressionsimmunitat^ ist eine bedeutungsvolle Arbeit der 
neuen Richtung. 

Die Frage erschien mir so interessant, daB ich Versuche 
unternahm, um die Milzbrandimmunitat von diesem Stand- 
punkte aus zu verfolgen. 


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356 


D. Nagasawa, 


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V ersuchsanordnung. 

M e t h 0 d i k. 

Zu meinen Versuchen benutzte ich zuerst zwei virulente 
Milzbrandstamrae des Hygiene-Instituts, spater warden noch 
die aus dem Institut Pasteur in Paris bezogenen Milzbrand- 
Vakzins I und II gepruft. 

In RShrchen schrSg erstarrter Weizenagar wurde mit 
Milzbrandmaterial geimpft und ira Brutschrank bei einer 
Teniperatur von ca. 30® C wahrend einiger Tage bis zur aus- 
giebigen Sporenbildung aufbewahrt. Dieser Weizenagar- 
nahrboden wurde zum erstenmal von Maurer 1920 an- 
gewandt, und zwar nach folgender Vorschrift: 

500 g Weizengriefi und 1 Liter Wasser zusammen 12—24 Stunden 
etehen lassen, dann durch ein Tuch gieflen; dem Filtrat wird 1 Prozent 
Pepton, */, Proz. Kochsalz zugesetzt, */, Stunde im Wasserbad erhitzt und 
neutralisiert. Nach weiterem Zusatz von 1'/, Proz. Agar wird 1 Stunde 
auf 115“ im Autoklav erhitzt, filtriert, in sterile Kohrchen abgefuUt, im 
Autoklav 20 Minuten auf 110“ sterilisiert. 

Die Angaben von Maurer kann ich bestatigen, die 
Sporenbildung von Milzbrandkulturen auf Weizenagar ist 
schon nach wenigen Tagen reichlich. 

Die flppig gewachsenen Kulturen wurden mit wenig sterilem 
Wasser aufgeschwemmt und diese Aufschwemraungtiber feinsten, 
sterilen Meersand gegossen, der in einer grofien Doppelschale 
gleichmaBig verteilt war. Der Sand wurde bei einer Teniperatur 
von ca. 35° autbewahrt und war nach 24 Stunden ganzlich 
trocken; darauf wurde er in kleineren Portionen in sterilem 
Morser zerrieben. Der auf diese Weise schon ziemlich gleich¬ 
maBig mit Sporen durchsetzte Sand kam noch fur einige 
Stunden in einen elektrischen Schiittelapparat, um die Sporen- 
verteilung noch zu vervollstandigen. 

Das Material kam in eine zylindrische GlasrShre, deren 
unteres Ende mit einem Gummi- oder Korkpfropfen ver- 
schlossen war; auf dem Pfropfen befand sich eine dflnne 
sterile Watteschicht, auf welche eine 3—4 cm hohe Schicht 
geglOhtes Chlorkalzium folgte. Dariiber kam eine zweite 
diinnere sterile Watteschicht, darauf das Sporensandmaterial; 
es folgte eine neue Watteschicht, und das obere Ende des 
Rohres wurde schlieBlich noch mit einem Gummizapfen luft- 



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Elxperimentelle Untersuchungen fiber Milzbrandinfektion usw. S57 


dicht verschlossen. Die Rohrchen wurden im Ktihlraum bei 4° C 
aufbewahrt und blieben mehr als ein halbes Jahr unverandert. 

Um die Sporenzahl in einer gewissen Menge Sandes zu 
bestimmen, wurden z. B. 10 mg Sand abgewogen, in 10 ccm 
sterilem Wasser aufgeschwemmt und nach Bedarf verdtinnt. 

Je 1 ccm der verschiedenen VerdQnnungen wurden in 
verflflssigten Agar gebracht und dieser darauf zu Flatten ge- 
gossen; nach 24 Stunden wurden die Kolonien gezahit. 

Bei verschiedenen Z&hlungen stimmten die Zahlen nicht 
immer absolut flberein; doch sind die Unterschiede nicht allzu 
groB und werden desto kleiner, je kleiner die Sporenzahl in 
der betreffenden VerdOnnung ist. 

Auf diese Weise konnten wir zShlen: 

In 10 mg Sand 158 Sporen in 5 mg Sand 70 Sporen 

» t ,, ,, 27 ,, ,, 0,5 ,, ,, 14 ,, 

i» >i )i 3 tj » 0,05 ,, „ 1 Spore 

Daraus ergibt sich die Moglichkeit der Dosierung von 
Sporen schon vor ihrer Einverleibung. Bei jedem Versuch 
habe ich eine Halfte von der zu gebrauchenden Sporen- 
aufschwemmung injiziert und von der anderen Agarplatten 
gemacht und dann die Kolonien am nfichsten Tage gezahlt. 

Man muB jedoch auch eine eventuelle Fehlerquelle beriick- 
sichtigen; ein Teil der Sporen kann nSmlich an den WSnden 
der Spritze haften bleiben. Zur Feststellung derselben wurde 
die Spritze zu wiederholten Malen nach der Injektion mit 
sterilem Wasser geftillt und iiber die Agarplatten gespritzt 
Doch erwiesen sich diese Kulturen als steril. 

Als Versuchstiere verwendeten wir hauptsSchlich weiBe 
MSuse, weiBe Ratten von 120—240 g und Meerschweinchen 
von 300—450 g Gewicht. 

Die Injektionen wurden subkutan und intraperitoneal vor- 
genommen, bei den Meerschweinchen am Bauch, bei den 
Mausen oberhalb der Schwanzwurzel. Es erfolgte eine tagliche 
Untersuchung auf lokale Reaktion. 

AnschlieBend an jede Sektion haben wir zwei mikro- 
skopische PrSparate vom Herzblut bzw. Milzsaft angefertigt 
und aus beiden eine Agarkultur angelegt. 

Die oben erwShnte Methode der Sandaufschwemmung 
wurde schon von Dr. med. Willy Mar chew (2) am hiesigen 

ZelUchr. f. ImmnnlUitoforschang. Ori^. Bd. 32. 24 


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358 


D. Nagasawa. 


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Institut bei der Untersuchung fiber die Mindestzahl der zur 
tfidlichen Infektion ausreichenden Milzbrandsporen und fiber 
Superinfektion angewandt. 

Verhalten der einzelnen Tiere. 

I. Mfiuse. 

Mause sind hochempfindlich gegen Milzbrandsporen; die 
Infektionsdauer bis zum Exitus war nicht imraer proportional 
der injizierten Sporenmenge; im Gegenteil! So erlagen zu 
Beginn unserer Versuche die Tiere bei subkutaner Injektion 
von 2 Sporen schon nach 3—4Tagen, bei 30—142 am 4. bis 
7. Tage und bei 850 Sporen am 5. Tage. Bei spfiteren Ver- 
suchen, mit 5 Monate lang aufbewahrtem Sandmaterial, starben 
sie bei nur 1—2 Sporen nach 7 Tagen. 

Nach intraperitonealer Injektion von 50 Sporen starben 
die Tiere nach 33 Stunden. 

Wenn auch, wie oben erwahnt, kein genaues VerhSltnis 
zwischen der Krankheitsdauer und der injizierten Sporenmenge 
bestand, gingen doch alle Mfiuse ausnahmslos am 3.—8. Tage 
zugrunde. Die Menge von 2 Sporen genfigte, um die Mfiuse 
sicher zu toten. 

Die Versuche, die mit aus dem Institut Pasteur bezogenem 
Milzbrandvakzin I und II ausgeffihrt wurden, ergaben hin- 
gegen, daU die direkt mit 0,1 ccm Milzbrandvakzin I injizierte 
Mans am Leben blieb; die mit 0,5 ccm desselben Vakzins I 
injizierte starb nach 12 Tagen; die mit 0,1 ccm Vakzin II in¬ 
jizierte starb nach 4 Tagen und die mit 0,5 ccm Vakzin II 
nach 4 Vj Tagen an Milzbrand. 

II. Ratten. 

Ratten sind im allgemeinen ziemlich widerstandsfahig 
gegen Milzbrandsporen. Eine kleine Ratte von 110 g Gewicht 
erlag der Infektion am 5. Tage nach einer subkutanen Injektion 
von 188 Sporen; eine groBere (Gewicht 240 g), mit 70 Sporen 
injiziert, ging erst nach 10 Tagen zugrunde. Die Kulturen 
jedoch, die ich von der letzteren aus Herzblut und aus Milz- 
saft anlegte, haben sich als steril erwiesen. Ebenso konnte 
ich von einer mit 600 Sporen intraperitoneal injizierten und 
nach 3 Tagen gestorbenen Ratte keine Milzbrandbazillen 




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Experimentelle Untersuchungen iiber Milzbrandinfektion ubw. 359 


ztichten. Die iibrigen rait 600 Sporen subkutan oder intra- 
peritoneal injizierten Tiere erlagen der Infektion nicht. 

III. Meerschweinchen. 

Meerschweinchen reagieren im Vergleich zu den beiden 
vorhergenannten Tieren viel konstanter. Mit 850 Sporen, 
welche subkutan injiziert wurden, erfolgte der Tod nach 
2 Tagen 6 Stunden, mit 125—400 Sporen nach 2 V 2 —3 Tagen, 
mit 2 Sporen nach 4—5 Tagen. 

Bei der Sektion konnte ich ausnahmslos ein typisches 
sulziges subkutanes Oedem an der Injektionsstelle und typische 
VergroBerung und Dunkelverfarbung der Milz nachweisen, 
mit enormen Mengen von Milzbrandbazillen in der Milz und 
geringeren im Herzblut, 

Neben diesen ziemlich einheitlichen Resultaten gibt es 
gelegentlich auch Versager; unter den ca. 40 Versuchstieren 
haben 10 mit 2—300 Sporen subkutan injizierte Meer¬ 
schweinchen die Infektion iiberstanden. 

Ein Meerschweinchen (280 g Gewicht), das mit 1,0 ccm 
Milzbrand-Pasteur-Vakzin I infiziert wurde, blieb am Leben, 
ein anderes (270 g Gewicht), mit 1,0 Pasteurvakzin II infiziert, 
starb am 2. Tage. 

Superinfektion mit verschiedenen Mengen und in versohiedenen 
Zeitraumen. Depressionsimmunitat P 

Zum Zweck der Feststellung der Reaktionsresultate bei 
den verschiedenen Versuchstieren durch Superinfektion mit 
verschiedenen Mengen von Milzbrandsporen in verschiedenen 
ZeitrBumen stellte ich ipehrere umfangreiche Versuchsreihen an. 

Versuche mit Sporen von Milzbrandstamm II an 

Mausen. 

Die infizierte Sporenzahl betrug 2—850 in Zwischenrtlumen 
von 2—5 Tagen. 

Zur Uebersicht habe ich meine Versuche in 4 Reihen 
eingeteilt, von denen Reihe I a), b), II, III a) und IV a) 
subkutan. III b) teils subkutan, teils intraperitoneal und IV b) 
nur intraperitoneal injiziert wurden. 

Eeihe I a) tiiglich 1 Injektion, 3 Tage lang (subkutan) 
t*) )) t )) 5 „ ,, ,, 

24* 


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360 


D. Nagasawa, 


Beihe 11 am 1. Tage 2 InjektioneD, am 2., 3., 4. Tage je 1 Injektion 
(subkutan) 

Reihe III a) taglich 2 iDjektionen, 3 Tage lang (subkutan) 
b) am 1. Tage 1 Injektion 8 a. m. (subkutan) 

„ 1. „ 1 „ 6 p. m. (intraperitoneal) 

„ 2. und 3. Tage 2 Injektiqpen 8 a. m. und 6 p. m. (intra¬ 
peritoneal) 

Beihe TV a) taglich 3 Injektionen 8 a. m., 2 p. m., 6 p. m., 2 Tage lang 
(subkutan) 

b) taglich 3 Injektionen, im ganzen 6 Injektionen, 8 a. m., 
2 p. m., 6 p. m. 2 Tage lang (intraperitoneal) 

Die Resultate unserer Versuche sind in nachstehender 
Tabelle zusammengestellt: 

Tabelle I. 


Superinfektion. Mause. Sporen vom MilzbrandbaziUenstamm IL 



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Experimentelle Untersuchuiigen iiber Milzbrandinfektion ubw. 361 


Tabelle I (Fortsetzung). 


No. 

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URBANA-CHAMPAIGN 









362 


D. Nagasawa, 


TabeUe II. 

Superinfektion. Mause. Sporen von Milzbrandbazillenstamm II. 





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UNIVERSITY OF ILLINOIS AT 
URBANA-CHAMPAI6N 




Experimentelle Untersuchungen iiber Milzbrandinfektion usw. 363 

Reihe la. Von den mit 5—142 Sporen tSglich einmal 
subkutan injizierten MSusen starben 2 am 4. Tage und 2 am 
6., die Kontrollen am 6. und 8. Tage. 

InReihelb hatte die subkutane Injektion von 2 Sporen 
tSglich, 5 Tage lang, den Tod eines Tieres schon am 5. Tage 
zur Folge; die Kontrolle starb am 7. Tage, eine andere Maus 
starb am 9. Tage; dieser Fall ergab keine Milzbrandbazillen. 
Die wiederholte Injektion von 125 Sporen verursachte bei 
einer Maus am 5. Tage den Tod, bei einer anderen am 6., 
bei der Kontrolle am 7. Tage. Bei Injektion von 400 Sporen 
gingen 2 Tiere wShrend des Versuches zugrunde, das Kontroll- 
tier am 5. Tage. 

Reihe II. Von den mit je 3 Sporen am 1. Tage 2mal, 
am 2., 3. und 4. Tage je einmal subkutan injizierten M^usen 
starb eine am 4. Tage, eine andere nach bVs Tagen, die Kon¬ 
trolle am 6. Tage. 2 MSuse, die mit 850 Sporen wie oben 
injiziert wurden, erlagen gleichzeitig schon am 3. Tage der 
Infektion, die Kontrolle nach 5 Tagen. 

Reihe Ilia. Nach subkutaner Injektion von 25 bis 
40 Sporen, taglich 2mal, 3 Tage lang, starb ein Tier nach 
3 V 2 Tagen, ein anderes schon am 2. Tage, die Kontrolle am 
6. Tage. 

Reihe Illb. Am 1. Tage wurden subkutan 8 a. m. 
und intraperitoneal 6 p. m. 25—40 Sporen injiziert; am 2. 
und 3. Tage 2 intraperitoneale Injektionen 8 a. m. und 6 a. m. 
ausgefiihrt, wonach eine Maus schon am 2. Tage, eine andere 
am 5. Tage zugrunde ging, die Kontrollen am 6. Tage. 

Reihe IVa. 50 Sporen 3mal tSglich. 8 a. m., 2 p. m., 
6 p. m., 2 Tage lang, subkutan injiziert, tdteten eine Maus 
am 4. Tage und eine am 6., die Kontrollen erst am 7. Tage. 

Reihe IVb. Nach intraperitonealer Injektion, genau 
wie a) ausgefiihrt, erlag eine Maus schon nach IV 2 Tagen, 
eine andere am 2. Tage der Infektion, die Kontrolle nach 
33 Stunden. 

Trotzdem obige Versuche nicht geniigend umfangreich 
sind, um ein abschliefiendes Urteil zu geben, kdnnen wir doch 
folgendes daraus entnehmen: 

In alien Versuchsreihen erlagen die wieder- 
holt in kurzen ZwischenrSumen mit Milzbrand- 


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URBANA-CHAMPAIGN 



364 


D. Nagasawa, 


sporen infizierten MSuse etwas friiher der In- 
fektioD, als die nur einmal mit der einfachen 
Sporenmenge geimpften Kontrolltiere. Bei relativ 
virulentem Milzbrandmaterial gelang es nicht, mittels kurz 
nacbemander ausgefiihrter Injektion eine Immunit&t zu er- 
zielen, im Gegenteil! 


Versuche mit Sporen von Milzbrandstamm II 
an Meerschweinchen. 

Zur Uebersicht teile ich diese Versuche auch in vier 
Reihen ein: 

Beihe I mit 2—400 Sporen taglich einmal 5 Tage lang (eubkutan). 

Reihe II mit 3—850 Sporen am 1. Tage 2mal, am 2., 3. und 4, Tage 

je einmal (subkutan). 

TabeUe I. 


Superinfektion. Meerschweinschen. Sporen von Milzbrandbazillenstamm II. 


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Experimentelle Untersuchungeu iiber Milzbrandinfektion usw. 365 


Beihe III. An Meerechweinchen, die schon eine Infektion mit 4—24 Sporen 
iiberstanden batten, wurden 23 Tage nach der 1. Infektion fol- 
gende Superinfektionen ausgefiihrt: 

a) am 1., 2. und 3. Tage 2mal tiiglich 8 a. m., 6 p. m. (sub- 
kutan), 

b) am 1. Tage 8 a. m. nur einmal (subkutan), 6 p. m. (intra- 
peritoneal), am 2. und 3. Tage 8 a. m., 6 p. m. (intra- 
peritoneal). 

Reihe IV. a) Meerechweinchen, die schon eine 2malige subkutane Infek¬ 
tion mit 2—274 Sporen iiberetanden hatten, wurden 3mal 
mit 14—300 Sporen in 7-tagigen Zwischenraumen injiziert 
(subkutan). 

b) 4 Meerechweinchen wurden nach einmal iiberetandener In¬ 
fektion von 2—194 Sporen und 2 nach 5mal iiberetandener 
von 2—300 Sporen nochmals mit nur 22 Sporen injiziert. 


Tabelle II. 

Superinfektion. Meerechweinchen. Sporen von Milzbrandbazillenstamm II. 


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366 


D. Nagasawa, 


Tabelle II (Fortoetzung). 


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11 

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-1- 

-1- 


Zur Eriauterung obiger Tabellen mochte ich noch folgende 
Angaben niachen: 

Zu Reihe I. Von den mit taglich einmal 2 Sporen sub- 
kutan injizierten Meerschweinchen ging das eine schon nach 
2V2 Tagen, ein anderes am 3. Tage zugrunde; die Kontrolle, 
nur mit 2 Sporen injiziert, blieb gesund. Von den mit 
125 Sporen injizierten Tieren starben 2 gleichzeitig am 3. Tage, 


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Eiperimentelle Untersuchungen fiber Milzbrandinfektion usw. 367 


TabeUe III. 

Superiufektion. Meerschweinchen. Sporen vom Milzbrandbazillenstamm I(i) und II. 


1 

Gestorben 

am 

Tod nach 

erster letzter 
Injek- Injek- 
tion tion 

Sektiousbefund 

25.-26. IX. 

41 T. 

4 T. 

typ. 

3.-4. IX. 

12 „ 

3 „ 

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18. IX. 

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4. XII. *30 „|2 „,typ. 


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368 


D. Nagasawa, 


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d. h. mehrere Stunden spater als die Kontrolle (Kontrolle 
nach 2Vj Tagen); die mit 400 Sporen injizierten starben nach 
49 Stunden und nach 2^2 Tagen, die Kontrolle nach Tagen. 

Zu Reihe 11. 2 Meerschweinchen (No. 18 und 19) er- 

hielten ganz kleine Mengen, 3 Sporen, subkutan, und zwar 
zweimal am 1. und einmal an den 2—4 nachsten Tagen. Das 
eine Tier starb schon am 2. Tage, das zweite blieb am Leben. 
2 weitere Meerschweinchen wurden mit groBen Sporenmengen, 
850, injiziert; das eine starb vor der 5. Injektion, gleichzeitig 
mit dem Kontrolltier, das andere einige Stunden spater. 

Zu Reihe III. Superinfektion in Zwischen- 
raumen von 8 und mehr Tagen. Zu diesen Versuchen 
dienten 4 Meerschweinchen. Das eine (No. 6) erhielt am 
23. VIII. 1920 subkutan 30 Sporen, nach 8 Tagen, am 1. IX., 
274 Sporen und starb 3 Tage nach dieser 2. Injektion; ein 
anderes Meerschweinchen (No. 9) erhielt am 23. VIII. 2, am 
1. IX. 274 (wie das vorherige), am 8. IX. 14, am 15. IX. 300 
und am 22. IX. 223 Sporen; nach der 1. und nach der 2. In¬ 
jektion war die lokale Reaktion deutlich. Wahrenddem diese 
5 Injektionen gut ertragen wurden, fuhrte die 6., am 4. XI., 
d. h. 5 Wochen spater ausgefuhrte Infektion mit nur 22 Sporen 
zum Tode, das Kontrollmeerschweinchen (420 g schwer, wie 
das vorherige) ertrug dieselbe Sporenmenge anstandslos. 

Ein weiteres, ahnlich vorbehandeltes, 370 g schweres 
Meerschweinchen (No. 7) ertrug 3 Injektionen in 8-tagigen 
Zwischenraumen, ging aber 3 Tage nach der 4. Injektion an 
Milzbrand zugrunde; das 4. Meerschweinchen dieser Serie 
(No. 4) starb 4 Tage nach der 5. Injektion von 223 Sporen, 
nachdem es in Zwischenraumen von 14 und 8 Tagen die sub- 
kutane Injektion von 100,11, 194 und 300 Sporen ertragen hatte 
und die zwei ersten Male mit einer lokalen Schwellung reagierte. 

Zu Reihe IV a. Ich mdchte noch dazu bemerken, dafi 
das Meerschweinchen (No. 9), das im ganzen mit 813 Sporen 
auf 5mal in 7-tagigen Zwischenraumen wahrend 30 Tagen in¬ 
jiziert wurde, die Infektion flberlebte; ebenso wurde sie auch 
von beiden Kontrollen (I mit 194 Sporen und II mit 14 Sporen 
subkutan) Uberstanden. 

IV b. 4 Meerschweinchen tiberlebten eine einmalige In¬ 
fektion (No. 14 mit 194 Sporen, No. 15 mit 14, No. 24 mit 3 



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Experimentelle Untereuchungen fiber Milzbrandinfektion usw. 369 

und No. 32 mit 2 Sporen, subkutan); davon wurden No. 14 
und 15 am 47. Tage, No. 24 am 34. Tage und No. 32 am 
29. Tage nochmals mit 22 Sporen superinfiziert. Es starben 
No. 14 nach 27*, No. 15 und 18 nach 3 und No. 24 und 32 
gleichzeitig nach 37* Tagen. Die Kontrolle blieb am Leben. 

Zwei weitere Meerschweinchen ertrugen eine 5malige In- 
fektion (No. 9 mit 2—300, No. 18 mit je 3 Sporen) und gingen, 
nachdem sie wieder mit 22 Sporen superinfiziert wurden 
(No. 18 am 31. Tage, No. 9 am 43. Tage nach der letzten In- 
fektion). No. 18 am 3. Tage und No. 9 nach 37* Tagen zu- 
grunde. 

Diese Versuche beweisen, daB bei groBeren Meerschweinchen 
eine GesetzmaBigkeit im Verhalten gegenflber der Superinfek- 
tion mit Milzbrandbazillen nicht besteht. Die einen Tiere er- 
tragen eine Sporenmenge, die fUr andere tddlich wirkt. 

Auch in bezug auf die Sporenmenge besteht keine Gesetz- 
mSBigkeit; es kommt vor, daB ein Tier, das mehr Sporen sub¬ 
kutan injiziert erhielt, am Leben blieb, wahrenddem ein gleich¬ 
zeitig mit wenigen Sporen derselben Aufschwemmung infizier- 
tes Meerschweinchen an Milzbrand zugrunde geht. 

Besondere Erwahnung verdient der Umstand, daB es uns, 
bei wiederholter Vorbehandlung mit virulentem Material, in 
keinem einzigen Falle gelungen ist, bei grSBeren Meerschwein¬ 
chen eine dauernde Immunitat gegen Milzbrand zu erzeugen. 

Versuche an Ratten mit Sporen des Milzbrand- 

stammes II. 

Diese Versuche teile ich in zwei Reihen. 

Reihe 1. 6 Ratten werden in verschiedenen Intervallen mit 2—387 Sjwren 

Bubkiitan infiziert. 

Reihe II. Infektion von 8 Ratten in bestimmten Intervallen mit 30—70 
Bporen Bubkutan, und zwar: 

a) 2 Ratten taglich 2mal 3 Tage lang, 

b) 2 Ratten taglich Imal 6 Tage lang, 

c) 2 Ratten Imal jeden 2. Tag 6 Tage lang, 

d) 2 Ratten Imal jeden 3. Tag 6 Tage lang. 

Es wurden eine groBere Anzahl von Versuchen an Ratten 
ausgeffihrt in der Absicht, bei diesen spontan milzbrand- 
resistenten Tieren eine erhohte Immunitat zu erzeugen. Die 
Versuche sind in beifolgender Tabelle zusammengestellt. 


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370 


D. Nagasawa, 


Tabelle IV. Superinfektion. WeiSe Ratten. 
Sporen vom Milzbrandbazillenstaram I (i) und II. 


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190|’ 


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29. 

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16 210 


17 175 


18 120 


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13. 

14. 

15. 
30. 

13. 

14. 

15. 
30. 

13. 

14. 

15. 

16. 

17. 

18. 
29. 
24. 

13. 

14. 

15. 

16. 

17. 

18. 

29. 
24. 
13. 
15. 
17. 
19. 
21 . 
23. 

30. 
29. 


X. 

VIII. 

X. 

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IX. 


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” 16 p. 


X. 

XI. 
IX. 


X. 

XI. 
IX. 


X. 


387 

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100 

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I 24(1): 
1600 

I 4(1)' 

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501 
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50 
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40 
40 
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300 
350 
40 
50 
50 
40 
40 
50 
300 
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40 
50 
40 
50 
I 40 
I 50 
600 
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I I 

23. VIII. I 7 Tg.| 3 Tg. 
25/26. VIII. 110 , 

4. XI. ;66 „ i 5V, 


I 1/2. XI. 


64 


15/16. X. ;33 


getotet am 29. XI. 


getotet am 29. XI. 


getotet am 18. XI. 


16 „ 


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24. X. 41 „ 124 „ I 

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Experimentelle UntereuchuDgen iiber Milzbrandmfektion usw. 371 


Tabelle IV (Fortsetzung). 


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19. „ 

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23. „ 

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29. X. 

300 


29 250 


29. X. 
24. XI. 


sk. -fl getbtet am 18. XI. 


600 

350 


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sk. 

ip. 


+ 1 


getbtet am 4. XII. 


Milz 

grofi 


dgl. 


eterii 


Es sollte gepruft werden, ob die wiederholte Injektion 
von geringen Mengen Milzbrandsporen bei Ratten eine er- 
hohte Widerstandsfahigkeit gegenflber stirkeren Dosen er- 
zeugt. Zu diesem Zwecke wurden gleiche Mengen — 40—50 
Sporen — den einen Tieren 2mal innerhalb 24 Stunden, den 
anderen jeden 2. resp. 3. Tag injiziert. Die Versuche sind 
nicht zahlreich genug zu einem endgflltigen Urteil. Iinmer- 
hin verdient die Tatsache Beachtung, daB diejenigen Ratten, 
welche 2mal taglich injiziert worden waren, nach 16 Tagen 
einer Injektion von 600 Sporen erlagen, wShrenddem diejenigen 
Versuchstiere, welche dieselbe Menge Sporen in groBeren 
ZwischenrSumen injiziert erhielten, am Leben blieben. 

Die Virulenz unserer Milzbrandsporen scheint innerhalb 
kurzer Zeit abgenommen zu haben; im August starben zwei 
Ratten nach 2maliger Injektion von je 350 resp. 100 Sporen, 
wahrenddem einen Monat spater noch groBere Mengen er- 
tragen wurden. 

Die intraperitoneale Injektion von Milzbrandsporen wird 
von den Ratten ziemlich gut ertragen; es waren grSBere 
Mengen (600 Sporen) erforderlich, urn die Tiere an Milzbrand 
zu to ten, 

Eine Erhohung der Widerstandsfahigkeit gegenuber Milz- 
brandinfektion durch wiederholte Vorbehandlung mit Milz¬ 
brandsporen war in unseren Versucheii nicht sicher nachzu- 
weisen wegen der angeborenen Milzbrandimmunitat der Ratte. 


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372 


D. Nagasawa, 


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Depressionsimmunitat. 

Versuche mit Milzbrandsporen an MS.useD und 
Meerschweinchen. 

Die von Morgenroth entwickelten Gesichtspunkte fiber 
Immunitat unter dem Titel „Depressionsiraraunitat“ haben uns 
dieses Gebiet in einem neuen Lichte gezeigt. Den Kernpunkt 
seiner Theorie faBt er, wie folgt, zusammen: 

„Die Immunitfit findet also ihren Ausdruck darin, daB 
die bei nicht vorinfizierten Mfiusen akut todliche Superinfektion 
in eine chronische Infektion verwandelt wird, die im wesent- 
lichen den Charakter der chronisch verlaufenden Vorinfektion 
trSgt. Es findet eine Depression der Virulenz statt — De- 
pressionsinimunitat.“ 

Morgenroth stellt auch fiber den zeitlichen Verlauf der 
Immunitat bestimmte Gesetze auf, daB sie namlich bereits 
24 Stunden nach der Vorinfektion voll ausgebildet und schon 
nach 6 Stunden in nachweisbarer Entwicklung begriflfen sei. 

Nach ihm ist der chronische Verlauf der Vorinfektion selbst 
durch die sofort mit dieser eihsetzenden Depressionsimmunitat 
bedingt. Die Depressionsimmunitat ist also nicht das Ergebnis 
einer chronischen Infektion: das Chronischwerden einer akuten 
Infektion ist vielmehr die Folge der Depressionsimmunitat. 

Meine nachstehenden Versuche sollen dazu dienen, obige 
Angaben durch Infektion mit genau dosierten Milzbrandsporen 
hauptsachlich an Mausen und Meerschweinchen nachzuprfifen. 


Ver8uch I mit Sporen vom Milzbrandstamm II an weiBen 

Man sen. 

Es wurden 5 Versuchsreihen mit jc 4 weiBen Mausen ausgefiihrt; am 
11. X., 12. X., 13. X., 14. X. und 15 X. wurden je 4 Tiere, im ganzen 
20 Mause, mit 30 Milzbrandsporen subkutan infiziert. Von diesen 20 Ver- 
suchstieren starben 4 vor der 2. Infektion und fallen weg. Die iibrigen 16 
wurden am 15. X., gleichzeitig mit 4 Kontrollmausen, mit 650 Sporen zum 
zweitenmal infiziert. Die Tiere der ersten Serie wurden am 4., diejenigen 
der 2. Keihe am 3. Tage, diejenigen der 3. Reihe am 2. Tage, diejenigen 
der 4. Reihe am 1. Tage, die 5. Reihe 6 Stunden nach der ersten Infektion 
svperinfiziert. 

15. X. 1920: 


Reihe I 
Reihe II 
Reihe III 
Reihe IV 
Reihe V 


nach 4 Tagen 
» 3 „ 

j> 2 „ 

„ 1 Tage 

„ 6 Stunden 


N achinfektion mit 650 Spo- 
) ren vom Milzbrandbazillen- 
stamm II. 



Original from 

UNIVERSITY OF ILLINOIS AT 
URBANA-CHAMPAI6N 



Experimentelle Untersuchungen iiber MilzbrandiDfektion usw. 373 


Am 16. X. atarben 3 Mause aus der I., 2 aus der IV. Reihe. Am 
17. X. waren 2 Mause aus Reihe II, 3 aus III, 2 aus IV und eine aus V 
tot. Am 3. Tage nach der Superinfektion (18. X. 1920) verzeichnen wir 
folgendes Resultat: 


Reihe I (Superinfektion nach 4 Tagen) alle tot 
Reihe II ( „ ,. 3 „ ) „ ,. 

Reihe III ( „ „ 2 „ ) „ „ 

Reihe IV ( „ .,1 Tage ) „ „ 

Reihe V ( „ » 6 Stund.) 2 Mause tot, 2 am Leben. 


Von den KontroUen sind 2 tot, 2 am Leben; am 4. und 5. Tage 
stirbt je eine EontroUe, am 6. Tage eine Mans aus Reihe V, eine ist noch 
am Leben. Die gestorbenen Mkuse haben alle wie die Kontrolltiere in 
Milz und Herzblut reichlich Milzbrandbazillen. Am leben geblieben ist 
eine Mans aus Reihe V, welche erst am 13. Tage zugrunde geht. Dieses 
ist zwar der einzige Fall, doch bemerkenswert, well bei alien unseren Ver- 
Buchen alle Mause ausnahmslos innerhalb 8 Tagen gestorben sind. 

Aus diesem Versuche geht hervor, dafi von den 20 Ver- 
suchs- und von den 4 Kontrolltieren samtliche mit einer 
einzigen Ausnahme innerhalb 6 Tagen nach der 2. „Super“- 
Infektion gestorben sind. Nur eine Mans blieb 13 Tage, 
d. h. 7 Tage langer als alle flbrigen Versuchstiere, am Leben 
und starb ebenfalls an Milzbrand. 


Versuch II rait Sporen von Milzbrandstamm II an weiflen 

Mausen. 


Hier wurde der Versuch mit einer noch geringeren Zahl von Milz- 
brandsporen ausgefiihrt. 


19.X.1920 Reihe I 4 

19. „ 4 

20. „ „ Reihe II 4 

21.) 4 

20. „ „ Reihe III 4 

21. „ Reihe IV 4 

22. „ „ Reihe V 4 


Mause mit 5 Sporen subkutan 




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tt 

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8 
8 


ii 

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it 

*1 

11 

11 


li¬ 


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Am 22. X. erhalten samtliche Mause, gleichzeitig mit 4 KontroUen, 
130 Sporen subkutan. Der Zwischenraum zwischen der ersten und der 
letzten Injektion betragt bei Serie I und II 3, bei Serie III 2, bei Serie II 

1 Tag und bei der letzten Serie nur 6 Stunden. 

Am 1. Tage waren eine Maus aus Reihe II, am 2. Tage 2 aus Reihe I, 
je 1 aus Reihe II, IV und V, 3 aus Reihe III tot; am 3. Tage gingen je 

2 aus Reihe I und II, 1 aus Reihe V und auch alle 4 KontroUen zugrunde. 
Am 3. Tage nach der Superinfektion (25. X. 1920) zeigt der Versuch 
folgendes Bild: 

ZtiUchr. f. ImmuDiUtiirorschun^. Orif. Bd. 32. 25 


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374 


D. Nagasawa 


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Reihel (Superinfektion nachSTagen) alle tot 


Reihe II ( [wiederholt] 

R€ihelll( „ 

Reihe IV ( „ 

Reihe V ( „ 


I ^ I) ) II II 

„ 2 ) SMausetot. 1 amLeben 

1 Tage) 1 Maus tot, 3 „ „ 

6 Stand.) 2 Mause tot, 2 „ „ 


Kontrollen; alle 4 Manse tot. 

Alle 4 Kontrollen gingen am 3. Infektionstage zugrunde, von denen 
2 Diplokokken (Mischinfektion). 2 Milzbrandkulturen zeigten. Am 4. Tage 
Btarb 1 Maus aus Reihe IV, 2 aus Reihe V; am 5. Tage je 1 aus Reihe III 
and IV; am 6. Tage kam schlieSlich die letzte Maus aus Reihe IV ad 
exitum. Die Kulturen von alien Miiusen erwiesen sich als positiv. In 
diesem Versuche starben von den 20 Versuchstieren 6 Miiuse spater als 
die Kontrollen. 


Versuch III. 

In diesem Versuch werden nur 2 Sporen injiziert. 

2. XI. 19’20 Reihe I 4 Mause) subkutan mit 2 Sporen vom Milzbrand- 

3. „ „ Reihe II 4 „ f bazillenstamm II. 

3. „ „ Reihel nach 24 Stunden \ Nachinfektion mit 10 Sporen vom 

Reihe II „ 6 „ ( Milzbrandbazillenstamm II. 


Gleichzeitig werden 4 Kontrollmause mit nur 10 Sporen infiziert. 
Am 3. Tage ist zuerst 1 Kontrolle tot, am 4. Tage 3 Miiuse aus Reihe II 
und 2 Kontrollen. Am 5. Tage stirbt je 1 Maus aus Reihe I und die 
iibrigen Kontrollen; am 6. Tage 2 aus Reihe I, am 7. Tage 1 aus Reihe II. 
Schliefilich ging die letzte Maus aus Reihe I. und zwar erst am 19. Tage 
zugrunde; sie iiberlebte also die Kontrollen 15 Tage lang. Die Kulturen 
von alien gestorbenen Miiusen ergaben Milzbrandbazillen in Reinkultur. 


Versuch IV. 

Da unser Milzbrandstaram II zu virulent war, versuchten wir die 
Vorbehandlung mit etwas weniger virulentem Material, und zwar mit aus 
dem Institut Pasteur bezogenen Milzbrandvakzin II. Fiir die Super¬ 
infektion wurde unser friiherer Stamm verwendet. 


22. XI. 1920 Reihe I 


23. 


26. 


3 Miiuse subkutan mit 2 Sporen vom Pasteur- 
Milzbrandvakzin II 

Reihe II 3 Miiuse mit 10 Sjwren Milzbrandvakzin 
Reihe 111 3 „ „ 2 „ „ II 

Reihe I naeh 4 Tagen mit 115 Sporen 
vom Milzbrandstaram II 

Reihe II nach 3 Tagen mit 1 Spore vom subkutan 
Milzbrand.stamm II ( nachinfiziert 

Reihe III nach 3 Tagen mit 10 Si)oren 
vom Milzbrandstaram II 


Gleichzeitig wurden je 2 Kontrollmause mit 115, 10,1 Sporen infiziert 
Am 7. Tage der Superinfektion (3. XII. 1920) war das Resultat 
folgendes: 



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Experimentelle Untersuchuiigeii iiber Milzbrandinfektion new. 375 


Reihe I (Superinfektion nach 4 Tagen) alle Miiuae tot 

Reihe II ( „ 3 „ ) 1 Mans tot, 2 am Leben 

Reihe III ( „ .,3 „ ) 3 Mause tot 

3 Kontrollen starben am fi. Tage, die anderen 3 am 
7, Tage. Alle gestorbenen MSuse nebst alien Kontrollen 
zeigten typischen Sektionsbefund und Milzbrandbazillen in 
Reinkultur. Zwei tlberlebende Mkuse aus Reihe I warden am 
28. Tage getotet; keine Milzbrandbazillen nachweisbar. 


Versuch V. 

Zur 1. Infektion dienten Sporen von Pasteurvakzin I; die 2. Infek- 
tion erfolgte mit Sporen vom Milzbrandatanim II. 

29. XI. 1920, Reihe I 3 Mause 

30. „ „ II 3 „ 


1. XII. 

2 . „ 

3. 

29. XI. 

30. „ 

1. XII. 

2 . „ 

3. .. 


„ Ill 3 

,, „ IV 3 

„ „ V 3 

1920, Reihe I 

,• II 

„ HI 

„ „ IV 

V 


3 MiiUHc 

3 „ 

3 

3 „ 

3 


Bubkutan mit 40 Sporen 
von Pasteurs Milzbrand- ) Reihe A 
vakzin 1 


Bubkutan mit 5 Sporen 
von Pasteurs Milzbrand- ^ Reihe B 
vakzin I 


Samtliche 30 Miiuse erhalten gleichzeitig mit 3 Kontrollen 200 Sporen 
vom Milzbrandstamme II subkutan am 3. XII. 


Am 4. Tage nach der Superinfektion (7. XII. 1920) war 
das Versuchsbild folgendes: 





Reihe A 

1 Reihe B 

I (Superinf. am 4. Tage) 

1 Ms. tot, 2 am Ijeben 1 

2 Ms. tot, 1 am Leben 

H ( 

>1 )> 3. ., ) 

1 

77 77 2 ,, ,, 

alle 3 Ms. ., „ 

HI( 

>1 » 2. ,, ) 

1 

,7 7 . 2 ., ., 

1 Ms. tot, 2 „ „ 

IV ( 

„ nach 24 Std.) 

2 

77 77 I 77 *7 

alle 3 Mause tot 

V ( 

») >7 ® 7 ) ) 

1 

alle 3 Mause tot 

1 Ms. tot. 2 am Leben 


Alle Kontrollen starben am 4. Tage. 

Am 5. Tage gingen aus Reihe A je 2 Mause aus Reihe II 
und III, eine Maus aus Reihe IV zugrunde; am 7. Tage starb 
eine aus Reihe I, eine blieb am Leben. Am 5. Tage waren 
aus Reihe B alle Mause tot. 

Die letzte fiberlebende Maus aus Reihe A wurde am 
21. Tage getotet; keine Milzbrandbazillen. 


Versuch VI an Meerschweinchen. 

1. Infektion mit Sporen von Pasteurs Milzbrandvakzin I, 2. Infektion 
mit Sporen vom Milzbrandstamm II. 

2 .'i* 


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376 


D. N agaaa w a, 


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29. 

XI. 

1920, 

No. 38, 

Gew. 450 g 



»• 

n 

„ 39 

„ 430 ,, 


30. 

>• 

» 

„ 40 

415 „ 

subkutan mit 40 Sporen von 


11 


„ 41 

,. 415 „ 

Pasteurs Milzbrandvakzin I 

1. 

XII. 

»» 

42 

,, 385 „ 



»? 


„ 43 

„ 390 „ 



Am 

2. XII. 1920 

1 



No. 38 nach 3 Tagen 
,.40 ,.2 „ 

42 „ 1 Tage 

No. 39 nach 3 Tagen 
„ 41 „ 2 „ 

„ 43 „ 1 Tage 




Nachinfektion mit 364 Sporen vom Milzbrand- 
Btamm II 


Nachinfektion rait 187 Sporen vom Milzbrand- 
stamm II 


Bei diesem Versuche warden gleichzeitig 1 Kontroll- 
meerschweinchen (465 g) mit 364 Sporen, ein anderes (440 g) 
mit 187 Sporen subkutan infiziert. 

Am 3. Tage starben 2 Tiere und die Kontrollen, die 
anderen 4 (No. 38, 39, 40, 43) blieben am Leben. Am 4. Tage 
gingen No. 39 und 40 zugrunde. No. 43, das nach 1 Tage 
superinfiziert wurde, starb erst am 18. Tage. Die Sektion 
zeigte geringe MilzvergroBerung bei geringer DunkelverfS.rbung 
und sterile Kultur. Ein iiberlebendes Meerschweinchen wurde 
am 22. Tage getotet. Milz inittelmaBig groB, wenig verfarbt, 
die Kulturen sind steril. 

Wie aus den oben mitgeteilten 6 Versuchen zu entnehinen 
ist, lebten 26 superinfizierte Mkuse und 2 Meerschweinchen 
linger als die Kontrolltiere, und zwar: 
bei Superinfektion nach 6 Stunden 6 Maime (1-8 Tage), 

„ ., „ 1 Tage 7 „ (1—15 Tage, 1 iiber 17 Tage), 

„ „ „ 2 Tagen 5 „ (1-2 Tage), 

„ „ „ 3 „ 7 „ (1 Tag, andere 2 als Aus- 

nahrae iiber 25 Tage), 

„ „ „ 4 ,. 1 .Maus (1 Tag). 

Wenn auch uber den zeitlichen Verlauf der Immunitat 
bei unseren subkutanen milzbrandkranken Tieren noch keine 
GesetzmaBigkeit aufzustellen ist, so wurde doch nur die An- 
deutung der Tatsache beobachtet, daB die Immunitat schon 
24 Stunden, sogar schon 6 Stunden nach der 1. Infektion 
eintrat. 

Ebenso merkwiirdig ist auch das rasche Abklingen der 
Immunitat. Wahrend, wie der Versuch zeigt, am 4. Tage noch 



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Experimentelle Untereuchungen iiber Milzbrandinfektion usw. 377 

maBiger Schutz (lurch die Erstinfektion vorhanden ist, sind 
die MSuse am 5. Tage nach derselben fflr die Nachinfektion 
veil empfanglich, und am 6. Tage tlberlebte kaum eines der 
vorbehandelten Tiere die Kontrollen. 

Ein nicht weniger interessanter Punkt ist, dafi der zeit- 
liche Verlauf dieses Abklingens in Morgenroths Super- 
infektionsversuchen mit chronischen Streptokokken an MSusen 
mit unseren Versuchen fast tibereinstimmt. 

Zusammenfassung. 

1) In vorliegender Arbeit wird ein Verfahren zur genauen 
Dosierung von Milzbrandsporen mittels Aufschwemmen und 
Verinischen von Meersand angegeben. 

2) Die Zahl der fiir den Tod des Versuchstieres erforder- 
lichen Milzbrandsporen ist je nach den einzelnen Milzbrand- 
stammen und Tiergattungen verschieden. Wahrend fdr einige 
Meerschweinchen eine ganz geringe Sporenzahl von unserem 
Milzbrandstamm geniigte, urn sie nach 4 oder 5 Tagen sicher 
zu tbten, konnten andere 2—300 Sporen desselben Stammes 
ertragen. Die Ergebnisse sind bei Mausen unregelmaUiger 
als bei Meerschweinchen; ein Parallelismus zwischen injizierter 
Sporenzahl und Lebensdauer nach der Infektion war nicht 
vorhanden; doch gingen alle Versuchsmause ausnahmslos inner- 
halb 8 Tagen zugrunde. 

3) Bei Ratten war eine Erhohung der Widerstandsfahig- 
keit gegenuber Milzbrandinfektion durch wiederholte Vor- 
behandlung mit Milzbrandsporen in unseren Versuchen nicht 
sicher nachzuweisen wegen der angeborenen Milzbrandimmuni- 
tat derselben. 

4) Die mehrmals wiederholten Superinfektionen mit ge- 
ringer und mittlerer Sporenzahl bei Mausen und bei Meer¬ 
schweinchen hatten in unseren Versuchen keine Immunitat 
zur Folge. Die Versuchstiere starben gleichzeitig oder frilher 
an Milzbrand als die Kontrolltiere. Das Ueberstehen einer 
einmaligen und sogar einer fiinfmaligen Infektion hat bei 
Meerschweinchen keine dauernde Immunitat bedingt. 

5) Wahrenddem die mehrmals wiederholte Infektion mit 
Milzbrandsporen keine Immunitat zur Folge hatte, gelang es 
uns bei nur zweimaliger Infektion, d. h. bei Superinfektion 


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378 Nagasawa, Experim. Untereiichungen iiber Milzbrandinfektion. 


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innerhalb kurzer Zeit, eine gewisse ErhShung der Widerstands- 
Ifihigkeit nachzuweisen. Unsere Versuche zeigten, daB die 
Immunitat ihren Ausdruck darin findet, daB die bei Kontroll- 
mausen akut oder subakut tbdlich verlaufende Infektion in 
eine raehr chronische verwandelt wird. 

6) Die Befunde Morgenroths und seiner Mitarbeiter 
fiber den zeitlichen Verlauf dieser ImmunitSt warden durch 
unsere Versuche nicht bestinimt besfatigt. Die VerhSltnisse 
sind allerdings beim experimentellen Milzbrand andere als bei 
der Streptokokkeniufektion. 

7) Die wichtige Annahrne Morgenroths, daB die Phano- 
mene der natfirlichen Immunitat, die spontanen Heilungsvor- 
gange bei Infektionskrankheiten, die Heilung von Infektions- 
krankheiten durch Vakzination usf. der Depressionsimmunitat 
unterzuordnen sein dfirften, muB jedoch noch durch weitere 
Untersuchungen nachgewiesen werdeu. 


Es gereicht niir zur Ehre, auch an dieser Stelle Herrn Prof. Dr. 
Silberschniidt meinen aufrichtigsteii Dank fiir die vielfachen An- 
regungen und Untcrstiitzuugeu auszusprechen, die er mir erwiesen hat. 

Llteraturverzeiehnis. 

1) Morgenroth, Biberstein, Schnitzer, Die Depressionsimmuni¬ 
tat. Studien iiber Superiufektion mit Streptokokken. Deutsche med. 
Wochenschr., 1920, No. 13. 

2) Willy Marchew, Experimentelle Untersuchungen fiber die Mindest- 
zahl der zur todlichen Infektion ausreichenden Milzbrandsporen und 
fiber Superinfektion. Inaug.-Diss. Zfirich, 1918. 

3) Berliner und Citron, Zur Frage der Depressionsimmunitat. Studien 
fiber Superinfektion mit Hiihnercholerabazillen. Deutsche ined. VV'^ochen- 
schrift, 1920, No. 36. 

4) Fukuda, Experimentelle Untersuchungen fiber Milzbrandinfektion 
bei Ratten. Centralbl. f. Bakt., Abt. I, Orig.. Bd. 84. 

5) Landsteiner und Finger, Ueber Immunitat bei Syphilis. Cen¬ 
tralbl. f. Bakt., 1906, Ref., 38. Anh,, p. 107. 

6 ) Hall, On the immunity possessed by white rats against anthrax. 
Centralbl. f. Bakt., Abt. I, Orig., Bd. 66, 1912. 

7) Bertarelli und Bocchia, Experimentelle Untersuchungen fiber die 
Zahl der Keime und die Infektion. Centralbl. f. Bakt,, Bd. 76, 1915, 
Heft 2/3. 

8 ) Kolle und Wassermann, Handb. d. pathog. Mikroorganismen, 
2. Aufl., Bd. 1 und 2, 1913. 


FTOinmnonsche Buchdrucke ei (Hermann Pohioi in Jena. — 4B18 



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Zeitschriit t Inunimititsforscliimg. Originala Bi 32. Ha 5, 


Naehdruek verboten. 

[Aus dem Pathol. Institnt des Krankeohauses Mttnchen-Schwabing 
(Prof. Oberndorfer).] 

Zar Frage dcr Stelgerung des Agglutinlntlters 
darch grofie Blutentziehungen. 

Von Dr. Richard Trommsdorff. 

(Eingegangen bei der Redaktion am 11. Februar 1921.) 

In einer in dieser Zeitschrift verSffentlichten Arbeit von 
Hahn und Danger^) war fiber Versuche berichtet worden, 
in denen bei Kaninchen eine ungeheure Vermehrung der 
Immunagglutinine durch tSglich wiederholte Aderlfisse erzielt 
worden war. Es waren in 4 Versuchen (mit Typhus-, Para- 
typhus- und Dysenteriebazillen) Steigerungen des Agglutinin- 
titers bis zum 2500(X)-fachen Wert des Anfangstiters (bis zu 
einem Titerwert von 3—128 Millionen) beobachtet worden. 

Diese Angaben muBten, abgesehen von dem theoretischen 
Interesse, das sie boten — es wurde nur eine Vermehrung 
der Immunagglutinine, nicht aber der PrSzipitine und Hfimo- 
lysine beobachtet — vor allem den Praktiker interessieren. 
Bei Nachprfifungen, soweit solche bisher veroffentlicht wurden, 
konnten aber die Resultate nicht bestfitigt werden. 

Landau') priifte die Methode in Versuchen mit Cholera-, Para- 
typhus B- und Dysenteriebazillen bei 7 Kaninchen, ohne dafi es in einem 
Falle gelang, den Agglutinationstiter durch Blutentziehungen zu erhbhen; 
zumeist sank derselbe vielmehr, namentlich nach den ersten Blutentnahmen. 
Und zu denselben negativen Ergebnissen kam Klinger'), der genau nach 
der Angabe von Hahn und Danger bei 6 mit Typhus- uud Paratyphus- 
bazillen immunisierten Kaninchen verging. Auch ihm gelang es in keinem 
Falle — obwohl er verschieden alte Tiere (zwischen 3 und 6 Wochen) be- 
nutzte und mit den Blutentziehungen nach verschieden gewahlten Pausen 
<3—6 Wochen) nach der Immunisierung einsetzte — eine Titersteigerung zu 

1) Zeitschr. f. Immunitatsf., Bd. 26, 1917, p. 199. 

2) Zeitschr. f. Hyg. Bd. 86, 1918, p. 260. 

3) Zeitschr. f. Immunitatsf., Bd. 27, 1918, p. 532. 

ZeiUchr. f. lmmunltiiUft)nchun(^. Orl^. Bd. 32. 26 


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380 


Richard Trommsdorff 


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erzielen; ea trat vielmehr, wie bei den Versuchen von Landau, auch hier 
meist eine zwar geringfugige, aber deutliche Abschwiichung dea Agglutinin- 
gehaltea ein. 

Bei diesem Stand der Dinge dflrfte es daher, da ich 
ebenfalls, kurz nach der Veroffentlichung der Arbeit von 
Hahn und Langer, die von diesen Autoren angegebene 
Methode der Agglutinintitersteigerung versuchte und meine 
Versuche eine gewisse BestStigung der Ergebnisse von Hahn 
und Langer ergaben, berechtigt sein, diese, obwohl es sich 
nur um 2 Versuche handelte, zu verdffentlichen. 

Ea handelte aich bei meinen Verauchen um Gewinnung agglutinierender 
Sera gegen Diphtheriebazillen, rait denen es bekanntlich nur achwer gelingt, 
hochwertige agglutinierende Sera zu gewinnen, eine Methode, den Titer zu 
ateigern, alao achr zu begriiBen geweaen ware. Verwendet wurden zur 
Iramuniaierung bei 56” abgetotete Bacillen, die intravenos verabreicht 
wurden. Bei beiden Verauchen erhielten die Tiere innerhalb 4 Wochen 
4 Immuiiiaierungsdosen, und 10 Tage nach Verabreichung der letzten 
wurde mit den Blutentnahmen begonnen. Die Priifung der Agglutination 
geachah makroskopiach in Blockschalchen. 


Versuch I. 

Diphtheriestanim 2. Immuniaierung am 4., 13., 22. II. und 1. III. 1918. 
11. III. nachm. 20 ccm Blut entnommen. Titer 160 +, 320 Spur. 

12.111. „ 15 „ „ „ „ 2500+, 5000 achwach+. 

13. lU. „ 10 „ „ „ „ 2500 +, 5000 „ +. 

14. III. „ 30 „ „ „ „ 1250+, 2500 Spur. 

15. III. vorm. */,9 Uhr (in Agone) Blutentnahme. Titer 1250 +, 2500 Spur. 


Versuch II. 


11 . 

12 . 

13. 

14. 

15. 

16. 


Diphtherieatamm 6. Imrnunisierung am 1., 13., 22. II. und 1. III. 1918. 


III. 

III. 

UI. 

ill. 

III. 

III. 


nachm. 18 ccm Blut entn. 

15 ,, ,, ,, 

20 „ „ „ 

20 „ „ 

20 „ ,, „ 

Blutentnahme. 


Titer 01 

„ 160 +, 320 achw. +, 640 Spur. 
„ 160+, 320 ,. +,640 „ 

„ 640 +, 1250 +. 

„ 640 +, 1250 „ +. 

„ 640 achwach +, 1250 Spur. 


Bei dem Versuch I wies also das 10 Tage nach der letzten Immuni- 
sierung entnommene Blut einen Titer von 1:160 (320) auf, der am niichsten 
Tag auf 1:2500 stieg, iiber welche H6he er allerdings auch nach weiteren 
Blutentnahmen nicht mehr stieg. 

Bei Versuch II zeigte das 10 Tage nach der letzten Immuniaierung 
entnommene Blut noch den Titer 0, am niichsten Tag aber bereita 1:160 
(320, [640]), nach dcr 3. Blutentziehung 1:640 (1250), welcher Titer sich 
dann auch bei weiteren Blutentnahmen nicht mehr erhohte. 


In den beiden Versuchen ist also zweifelsohne eine be- 
trachtliche Steigerung des Agglutinationstiters eingetreten; 


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Steigening des Agglutinintiters durch grofie Blutentziehungen. 381 

besonders auffallend ist dabei der Versuch II, bei dem der 
Agglutioationstiter 10 Tage nach der 4. Immunisierungsdosis 
noch 0 war, und erst gewissermaBen durch die Blutentziehung 
hervorgelockt wurde. 

Die mitgeteilten Versuche bestStigen also die von Hahn 
und Danger veroffentlichten Ergebnisse, daB durch groBe 
Blutentziehungen eine betrSchtliche Vermehrung des Aggluti- 
nationstiters herbeigefiihrt werden kann. Wodurch es be- 
dingt ist, daB dies nicht regelmSBig eintritt, bedarf weiterer 
Erforschung. 

Zusammenfassung. 

In 2 Versuchen mit Diphtheriebazillen konnte die von 
Hahn und Danger mitgeteilte Tatsache namhafter ErhShung 
des Titers der Immunagglutinine bei Kaninchen durch groBe 
Blutentziehungen bestatigt werden. 


Naehdruck verboten. 

[Aus dem Hygienischen Universitats-Institut zu Marburg a. L. 

(Direktor: Geh.-Rat Prof. Dr. Bonhoff).] 

Beitrfige zur Theorie und Praxis der Sachs^Georgl- und 
Wasscrmann-Reaktion. 

Von Dr. Joseph Tannenberg. 

(Eingegangen bei der Redaktion am 5. Marz 1921.) 

In der Mflnch. med. Wochenschr., 1920, No. 43, bringt 
Pesch (33) eine Zusammenstellung von 31000 Fallen, in 
denen von 30 Autoren die von Sachs und Georgi an- 
gegebene Reaktion ausgeftihrt worden ist. Dabei ergibt sich 
eine Uebereinstimraung mit der Wassermann-Reaktion, 
der Standard-Reaktion aller Duesreaktionen, wie sie Sachs 
nennt, in 89,6 Proz. bei 10,4 Proz. Divergenz. Die Ueber- 
einstimmung mit der Wa.R. ware jedenfalls noch groBer, 
wenn man nur die Untersuchungen berucksichtigt hatte, die 
nach der spater angegebenen Brutschrankmethode ausgefUhrt 
worden sind. Wenn auch der Wert einer Duesreaktion, wie 
viele Autoren hervorheben, nur an ihrer Uebereinstimmung 

26* 


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382 


Joseph Tannenberg 


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mit den Befunden des Klinikers gemessen werden kann, so 
wird dock die weitgehende Uebereinstimmung der Reaktion 
mit der Wa.R. bei einer solch groBen Anzahl von Fallen der 
S.-G.R., bei ihrer groBen Einfachheit der Ausfflhrung, den 
Eingang in alle serologischen Untersuchungsstatten sichern. 
Es erhebt sich nun die Frage, ob die Reaktion durch die- 
selben Korper hervorgerufen wird, die auch die Komplement- 
inaktivierung bei der Wa.R. herbeifiihren, oder ob im Luetiker- 
serura noch andere Kbrper vorhanden sind, die dann offenbar 
ebenso spezibscb flir Lues sein miissen. 

Sachs (35) fiihrt eine Reihe von Tatsachen an, welche 
seine Ansicht, daB es sich bei beiden Methoden primar um 
das gleiche Prinzip der Reaktionsfahigkeit des Syphilitiker- 
serums mit Lipoidgemischen von geeignet kolloid-chemischer 
Beschaffenheit handelt, stfltzen, wie z. B. derselbe EinfluB der 
Extraktverdilnnung auf die Empfiudlichkeit der Reaktion, die 
gleichsinnige Bedeutung des Cholesterinzusatzes, der gleich- 
sinnige EinfluB der Reaktion des Mediums, die gleichsinnige 
Bedeutung thermischer Einfliisse bei beiden Reaktionen. Diese 
experimentell erharteten Tatsachen sind in Verbindung mit 
der weitgehenden Uebereinstimmung beider Verfahren eine 
Starke Stiitze fiir diese Auffassung. Auf gewisse Divergenzen, 
die zwischen der Wa.R, und der S.-G.R. bestehen, weist Sachs 
bereits selbst hin, so auf das abweichende Verhalten der 
aktiven Sera bei beiden Reaktionen, das aber damit erkiart 
wird, daB im aktiven Serum infolge der hoheren Labflitat der 
Globuline, die mit Organextrakten zwar andersartig wie das 
Syphilitikerserum, aber auch im Sinne einer Komplement- 
inaktivierung reagieren, eine positive W’^a.R. erzeugt wird, 
ohne daB es notig ware, daB der Vorgang bis zur sichtbaren 
Prazipitation fortschreitet. 

Sachs (35) halt die Globulinveranderungen in „statu 
nascendi'* fiir den giinstigsten Augenblick fur die Komplement- 
inaktivierung bei der Wa.R., und er erkiart die Tatsache, daB 
dieser Vorgang sich nicht stets bis zur sichtbaren Prazipitation 
fortsetzt, durch die hemmende Wirkung des aktiven Meer- 
schweinchenserums, das ja bei der Wa.R. ein integrierender 
Bestandteil ist. Diese Erkiarung scheint tiberzeugend, denn 
neuere experimentelle Untersuchungen Felkes (5) sprechen 


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Theorie und Praxis der Sachs-Georgi- und Wassermann-Keaktion. 383 


in demselben Sinne. Sachs (35) geht sogar so weit, daB 
er annimmt, der Zusatz des Meerschweincbenserums konnte 
der Grund sein, daB bei Luetikerserum die Wa.R. infolge die- 
ser hemmenden Wirkung negativ ausfalie, wahrend die S.-G.R., 
wobei diese Hemmungsquelle fehlt, positiv sei. Aus experi- 
mentellen Untersuchungen Neukirchs (31) wird weiterhin 
die Auffassung von Sachs gestiitzt, daB die erste Phase des 
Zusammenwirkens zwischen Extrakt und Patientenserum fiir 
die Komplementinaktivierung die gdnstigste ist, und daB die 
Bedingungen, je mehr sich dieser Vorgang der sichtbaren 
Prazipitation nahert, um so ungflnstiger fiir die Komplement- 
inaktivierung werden. So werden einleuchtend die bestehen- 
den Unterschiede in den Ergebnissen der Wa.R. und der 
S.-G.R. erkiart. 

Neuerdings veroflFentlicht Wendtlandt (46) experimen- 
telle Untersuchungen, die in dem Sinne gedeutet werden, daB 
ein enger Zusammenhang zwischen beiden Reaktionen nicht 
bestehe. Wendtlandt stellte vergleichende Untersuchungen 
zwischen S.-G.R. und Wa.R. an: 

1) Bei Serum von Pferden, Rindern, Hammeln, Ziegen, 
Kaninchen und Meerschweinchen; 

2) Prflfte er die Hitzebestandigkeit der Kdrper, welche 
die Wa.R. und die S.-G.R. auslbsen, durch nochmaliges Er- 
hitzen der Sera auf 56® 60° 64® und 68® nach vorherigem 
VerdQnnen derselben mit physiologischer KochsalzlSsung im 
Verbal tnis 1:5. 

Bei der ersten Untersuchungsreihe findet der Verfasser 
keinen Parallelismus zwischen den beiden Reaktionen, bei der 
zweiten stellte sich heraus, daB die Wa.R. nach Erhitzen der 
verdflnnten Sera noch ausgelbst wird, wahrend die S.-G.R. 
frOher negativ wird. Aus diesen Untersuchungen zu schlieBen, 
daB es verschiedene Kbrper sind, welche die beiden Reaktionen 
auslbsen, halten wir nicht ffir notwendig; denn die positive 
Wa.R. bei Tierseris laBt sich verstehen, wenn man als Ursache 
eine gewisse Labilitat der Globuline anspricht, die zwar im 
Sinne einer Komplementinaktivierung wirkt, aber nichts mit 
der echten Wa.R. im Luetikerserum gemein hat. Ebenso 
werden auch von Gloor und Klinger (12), Nathan (29) 
u. a. die unspezifische Wa.R. im Serum von Infektionskranken 


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384 


Joseph Tannenberg, 


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und die durch kflnstliche Einflflsse wie Zusatz von Bakterien- 
aufschweramung, Kaolin und durch andere ZusStze hervor- 
gerufene, positive Reaktion in negativen Seris durch die An- 
nahme erklart, daB entweder eine grSBere LabilitSt der Glo- 
buline besteht, oder eine Alteration derselben durch diese 
Zustande geschafFen wird, die zum Komplementschwund fflhrt. 
Daraus, daB ein nur ira Erfolg gleicher, in den Ursachen 
aber verschiedener Vorgang sich abspielt, darf man nicht 
ohne weiteres die positive Wa.R. in Tierseris mit der echten 
Wa.R auf eine Stufe stellen und verlangen, daB ein Vorgang, 
die S.-G.R., welche nur die gleichen Ursachen mit der echten 
Wa.R. gemein haben kann, auch positiv ist, wenn eine auf 
anderen Griinden beruhende, positive Wa.R. eintritt. Umgekehrt 
konnte man vielmehr aus dem negativen Ausfall der S.-G.R. 
der Tiersera schlieBen, daB es sich im Falle der positiven 
Wa.R. bei ihnen um andere Korper handelt als um die, welche 
die echte Wa.R. geben. Ebenso spricht die zweite Versuchs- 
reihe Wendtlandts nicht zwingend ffir seine Ansicht. Dafiir, 
daB die Wa.R. noch nach hoherem Erhitzen positiv bleibt als 
die S.-G.R., ergibt sich eine ErklSrung aus der Annahme von 
Sachs, daB der Vorgang der Dispersitatsvergroberung nicht 
unbedingt stets bis zur sichtbaren Prazipitation fortschreiten 
muB. Andererseits ist auch aus den Untersuchungen Wendt¬ 
landts (46) sowie Stillings (42) ersichtlich, daB bei hoherem 
Erhitzen sowohl Wa.R. wie S.-G.R. an Positivitat abnehmen, 
letztere nur in starkerem Grade. Man konnte also direkt von 
einem Parallelismus bis zu einem gewissen Grade bei beiden 
Reaktionen sprechen. 

Auch Mandelbaum (23) fflhrt Forschungsergebnisse an, 
die nicht im Sinne eines Parallelismus beider Reaktionen ge- 
deutet werden. Zunflchst stellte er fest, daB es nicht an dem 
Komplementgehalt des aktiven Serums liegt, wenn damit die 
S.-G.R. gar nicht oder schwflcher auslosbar ist, als mit in- 
aktivierten. Es zeigte sich namlich, daB nach der Komplement- 
vernichtung durch 24-stflndiges Bebrflten der Sera bei 37® 
die S.-G.R. noch ebenso schwach ausfiel wie im aktiven Serum. 
Es ist also oflfenbar nicht die Aktivitat, wenn man darunter 
die komplettierende Kraft des Serums begreift, welche den 
Reaktionsvorgang hemmt, sondern Eigenschaften, die den 



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Theorie und Praxis der Sachs-Georgi- und Wassermann-Reaktion. 385 

nicht durch Hitze stabilisierten Globulinen zukommen, wie 
Gloor und Klinger (12) und neuerdings Felke (5) gezeigt 
haben. Weiterhin failteMandelbaum (23) aus aktivem Serum 
die Globuline durch KohlensSure aus, nach fiinifacher Ver- 
dunnung des Serums mit Aqua dest., und konnte durch Zu- 
satz einer der Serummenge gleichen Menge physiologischer 
Kochsalzlbsung in dem so wieder aufgelSsten Globulin auch 
nach ErwSrmen auf 56° keine charakteristische S.-G.R. an- 
stellen, wShrend er damit nach ErwSrmen auf 56° wohl die 
Wa.R. mit charakteristischen Resultaten anstellen konnte. 
In der zurflckbleibenden und wieder zu einem Kochsalzgehalt 
von 0,85 Proz. aufgesalzenen Restfliissigkeit konnte er stets 
die charakteristische S.-G.R. anstellen. Mandelbaum zieht 
aus der Tatsache, daB in der Restflflssigkeit noch die S.-G.R. 
anstellbar ist, die Folgerung, daB dabei nicht Globuline, die 
ja nicht mehr vorhanden sein konnen, sondern nur Lipoid- 
gemische ausflockten. 

Diese Annahme in Verbindung mit Farbenuntersuchungen 
Meiniekes (24), die damit scheinbar im Widerspruch stan¬ 
dee, veranlaBten uns zu einer Nachpriifung der Ergebnisse. 
Meinicke hatte Extrakte mit Sudan IV geffirbt und damit 
Versuche seiner Methode angesetzt, und zwar mit steigend 
verdftnnten Serummengen bis zu einer Verdiinnung von 1:320 
und 1:640, und erhielt nach Bebrflten von 24 Stunden bei 
37° einen Niederschlag, der in den hohen Verdflnnungen oft 
massiger als im unverdilnnten Serum war, und in deu hohen 
Verdflnnungen einen rein rot gefarbten Niederschlag aufwies 
bei farbloser, freier P'lflssigkeit, wflhrend der Niederschlag im 
unverdflnnten Serum nur ganz schwach rosa gefflrbt war bei 
tiefrot gefSrbter, opalisierender, darflberstehender Flflssigkeit. 
Meinicke nimmt nach diesen Versuchen an, daB die Flocken 
des unverdflnnten Serums, welche sich nur schwach fflrbten, 
aus einer kochsalzlSslichen Globulinkomponente und einer 
kochsalzbestfindigen Lipoidkomponente bestehen, und er hfilt 
weiter den gutgefflrbten Niederschlag in den stark verdflnnten 
Seris fflr reine Lipoidflocken. Er erklflrt sich diesen massigen 
Niederschlag dadurch, daB die geringe Serummenge bei den 
genannten hohen Verdflnnungen nicht mehr genflgend als 
Schutzkolloid fflr die Extraktlipoide dienen konne, und daB 


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386 Joseph Tannenberg, 

diese infolgedessen auf Kochsalzzusatz besonders leicht aus- 
fielen. 

Der Widerspruch, der zutage tritt zwischen der Annahme 
Meinickes, welcher in dem Niederschlag bei seiner Reaktion 
Flocken sieht, die aus einer Lipoid* und Globulinkomponente 
bestehen, und der Annahme Mandelbaums, der nur Lipoid- 
flockung anerkennt bei der S.-G.R., die offenbar als eine 
Modifikation der zweizeitigen Meinicke-Reaktion ihrem 
Wesen nach aufgefaBt werden kann, veranlafite uns zu fihn- 
lichen Untersuchungen in beiden Richtungen. 

Inaktivierte Wassermann- und Sachs-Georgi-Reaktion, po¬ 
sitive und negative Sera warden 1:5 mit Aqua dest. verdiinnt, und durch 
durchgeleitete Kohlensaure wurden die Qlobuline ausgeflockt. Es wurde 
zentrifugiert, die Restfliissigkeit wurde mit der Pipette abgesaugt, die Glo- 
buline wurden dreimal mit Aqua dest. gewaschen. Darauf wurden die GIo- 
buline aus 1,0 Serum mit 1,5 phys. Kochsalzlosung versetzt, aufgelOst und 
iiber Nacht bei Zimmertemperatur stehen gelassen. Am nachsten Morgen 
wurden die Rohrchen wieder scharf zentrifugiert, um unbedingt eine klare 
LOsung zu erhalten, in welcher nichts mehr suspendiert war, und mit je 
0,5 dieser GlobulinlOsung, sowie je 0,5 der durch entsprechenden Zusatz 
einer 10-proz. Kochsalzlosung wieder isotonisch gemachten Restflussigkeit 
wurden die Wa.R. und die S.-G.R. angesetzt. 

Bei den sowohl stark Wa.R. wie S.-G.R. positiven Seren 
war die S.-G.R. sowohl in der GlobulinlOsung wie auch in der 




Restflussigkeit 

GlobulinlOsung 

Vollserum 


1 

S.-G.R. 

1 Wa.R. 

j S.-G.R. 

Wa.R. 

S.-G.R. 

i Wa.R. 

Stark 
Wa.R. u. 

}l22 

' + + 

Deutliche 

Hemmung 

1 

1 Deutliche 
Hemmung 

++ 

-f 

S.-G.R. + 
Sera 

Jl55 


Deutliche 

Hemmung 

+ + 

Deutliche 

Hemmung 


-f 

Schwach 
Wa.R. u. 

|i36 

— 

— 

+ 

1 Merkl. 

! Spur 
Hemmung 

-f 

-1- 

S.-G.R. -f- 

UOQ 

J i 

-1- 

Spur 


dgl. 

' -U J-? 

1 Extr.-|- 

Sera 

Hemmung 



1 » - 

S.-G.R. u.j 

154 i 

— 

— 

— 

' - 

— 

— 

Wa.R. 

• 148| 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

—Sera J 

1351 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

S.-G-R. -Ml] 
Wa.R. Eigen- [ 128 
hemmung | I 

+ -f 

Kompl. 

Hemmung 

— 

+ + + 

— 

Eigen- 
hem mg. 



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Theorie und Praxis der Sachs-Georgi- und Wassermann-Reaktion. 387 


Restflflssigkeit positiv, wenn auch in beiden schwacher als 
ursprflnglich im Vollseruni. Ebenso ergaben beide Fraktionen 
der Sera beim Anstellen der Wa.R. deutliche Heramung der 
Hamolyse. 

Bei den schwach positiven Seren 105 und 109 war die 
S.-G.R. in der GlobulinlSsung einmal negativ (105), sonst 
schwach positiv (109). In der RestflQssigkeit war sie bei 105 
positiv angedeutet, bei 109 negativ. Die Wa.R. ergab in der 
GlobulinlSsung noch eine merkliche Spur Hemmung, wahrend 
in der Restflflssigkeit nur bei Serum 109 noch Hemmung 
vorhanden war. 

Die negativen Seren 154, 148 und 135 ergaben in beiden 
Fraktionen weder positive S.-G.R. noch positive Wa.R. — 

Ein S.-G.R. stark positives und bei der Wa.R. Eigen- 
hemmung zeigendes Serum ergab in der Globulinlflsung so- 
wohl ein negatives Ergebnis bei der Wa.R. wie bei der S.-G.R., 
aber in der Restflflssigkeit eine positive S.-G.R. und aus- 
gesprochene Hemmung der Hamolyse. 

Bei Wiederholung des Versuches mit Seren, die etwa 14 
Tage bis 3 Wochen gelagert batten, unter den gleichen Ver- 
suchsbedingungen, ergab sich das gleicbe Resultat. 


UrspriiD; 
ira Vo 

d. Reakt. 
Userum 

Vollserum 

1 

Restfliissigkeit 

Globtilinlosung 

! 


Wa.R. 

, S.-G.R. 

Wa.R. 

S.-G.R. 

Wa.R. 

S.-G.R. 1 

Wa.R. ’ 

S.-G.R. 

1 


-T 

+ + + 


-F-F-f 

Korapl. 

Hemmg. 

-F4-;-f-f-f' 

Kl. Spur 
Hemmg. 

+ 

140j 

Wa.R. u. 

o. 

-f + + -f 

I -f 

|-F + + + 

i Kompl. 

1 1 III 1 1 

Kompl. j 

-F-f/+-F+ 

29j 

S.-G.R. 


Hemmg. 

1 

Hemmg. 

stark 

-1- 

-I- + -I- 

j -4- 

-F-F + 

Kompl. 

Hemmg. 


Kompl. 

Hemmg. 

+ : 

137* 

1 

-F Sera 

1 


+ 

+ + + 

; Kompl. 
Hemmg. 

■i- 

Kompl. 

Hemmg. 

-F 

9^ 1 

|Wa.R. u. 

1 S.-G.R. 

schwach 

+ 

-1—1-? 

schwach 

-F 

+ --F? 

Kompl. 

Hemmg. 

+ + 

i 

i 

-F? 

96*1 

1 schwach 
{ -f Sera 

— 

? 

— 


— 

— 

— 

-F 

114 

Wa.R. 11 . 

— 

— 

Spur 

Hemmg. 

i 

-F* 

— 

— 

Spur 

Hemmg. 

+ 

163* 

S.-G.R. 

— 


- 1 

1 -F* 

- 1 


1 

+ 

161 

negativ 

— 



-F* 

— 

— 

— 

+ 

161 

Sera 

— 

— 

— 

?♦ 


— 

— 

— 

167 



* Auch die Alkoholkontrolle war -|—?. 


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388 


Joseph Tannenberg, 


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In der Restflflssigkeit zeigten alle positiven Seren eine 
komplette Hemmung der Hamolyse bei der Wa.R. und gleich- 
falls einen mehr weniger starken positiven Ausfall der S.-G.R. 

Die GlobulinlSsung ergab bei drei stark nach beiden Re- 
aktionen positiven Seren eine positive S.-G.R., aber schwicher 
als in der Restflflssigkeit. Bei der Wa.R. zeigte nur ein Serum 
keine Hemmung, die beiden anderen eine deutliche, aber nicht 
ganz komplette Hemmung. 

Die Globulinlflsung der schwach-positiven Sera ergab ein- 
mal positive S.-G.R. und komplette Hemmung bei der Wa.R., 
beim letzten Serum fragliche S.-G.R. und Hflmolyse. 

Die negativen Seren zeigten alle in der Restflflssigkeit 
eine negative S.-G.R. und negative Wa.R., in der Globulin- 
losung ergaben alle eine leiclit positive S.-G.R. und ein Serum 
auch eine Spur Hemmung der Hflmolyse. 

Bei den positiven Seren zeigte sich hiernach sowohl in 
der Restflflssigkeit wie in der Globulinlosung beim Anstellen 
der Wa.R, und der S.-G.R. ein strenger Parallelismus. In der 
zweiten Versuchsreihe zeigte sich bei den negativen Seren 
noch ein interessanter Nebenbefund: in fast alien Seren war 
in der Globulinfraktion bei der Wa.R. eine leichte Hemmung 
eingetreten. Die gleichzeitig angesetzte S.-G.R. mit dem Voll- 
serum ergab sowohl mit dem Lipoidextrakt wie in der Alkohol- 
kontrolle positive bis zweifelhafte Reaktion. Es ist von Inter- 
esse, festzustellen, daB diese unspezifischen Reaktionen, welche 
auf das langere Lagern des Serums zurflckgefflhrt werden, 
sich nur in der Globulinfraktion abspielten. Dieser Befund 
deckt sich nut den bereits erwShnten Ergebnissen Gloor 
und Klingers (12) und Nathans (29). 

Mit Mandelbaum stimmen unsere Ergebnisse flberein, 
soweit es sich urn die Restflflssigkeit, die Albuminfraktion 
handelt. Allerdings gibt Mandelbaum nicht an, ob er auch 
damit die Wa.R. angestellt und charakteristische Ergebnisse 
erhalten hat. Im Gegensatz stehen unsere Untersuchungs- 
ergebnisse in der Globulinfraktion mit denen Man delbaurns, 
denn auch hier konnten wir einen sogar recht engen Paral¬ 
lelismus zwischen Wa.R. und S.-G.R. feststellen. Gloor und 
Klinger (12) konnten in Uutersuchungen an groBerem Ma¬ 
terial erweisen, daB die Globuline nicht wie bisher, besonders 


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Theorie und Praxis der Sachs Georgi- iind Wassermann-Reaktion. 389 

nach den Untersuchungen von Ulrich Friedemann (8), 
Sachs’ (35) und seiner Schuler, angenommen wurde, allein die 
Trager der Wa.R. sind, sie wiesen nach, daU die Globuline allein 
die Trfiger der fUr Lues nicht charakteristischen Wa.R. seien, 
wie sie bei aktiven Seren, bei manchen Infektionskrankheiten, 
durch kiinstliche Eingriffe etc. auftreten, und sie konnten zei- 
gen, daB diese nicht spezifische Wa.R. nach der Ausfallung 
der Globuline verschwindet. Sie stellten weiter fest, daB die 
Globuline auch die echte Wa.R. leichter geben als die Albuniin- 
fraktion und halten sie ffir besonders wichtig zur Verstarkung 
bei den Flockungsreaktionen, die sie bei der Alburainfraktion 
nur mit einzelnen stark positiven Seren anstellen konnten. 
Sie sehen das Wesen der echten Wa.R. in der Anwesenheit 
von Teilchen, die durch besondere chemische AffinitSten zu 
den Extraktoberfladien ausgezeichnet sind. Diese AffinitM soil 
wahrscheinlich dadurch zustande kominen, daB bei den durch 
Spirochaten bedingten Zellveranderungen Abbauprodukte auf¬ 
treten, und indein diese sich an die kolloidalen Oberfladien 
der EiweiBteilcheu des Blutes binden, sollen sie eine Affinitat 
dieser Teilchen zuni Extrakt schaffen. 

In einer eben erschienenen Arbeit berichtet Felke (5) 
dariiber, daB er in den Albuminfraktionen ohne Globulin nicht 
wesentlich schwadiere S.-G.R. erhielt als in den inaktivierten 
Vollseren. Felke sieht auf Grund seiner Untersuchungen 
den Sitz der spezifischen Luesreagine tlberhaupt nur in den 
Albuminen, wenn auch die Globuline einen Teil derselben 
beini Ausfallen mitreiBen, wie er anninimt. 

Gleichzeitig mit den Untersuchungen der Globulin- und 
Albuminfraktion wurden nach deni Vorbild Meinickes bei 
seiner zweizeitigen Methode auch bei der S.-G.R. Farben- 
versuche angestellt. 

Es wurde von Sudan III eine heifigesiittigte alkoholische Losung 
hergestellt. Mit 0,2 cctn dieser Losung wurden die Reaktionsgemenge von 
positiven Seren versehen im Volumen von 1,5 com. — Ebenso wurde 0,2 ccm 
der Losung zu 1,5 ccm eines nach Art des Meinickeschen Vorversuches*) 
zur Feststellung der Brauchbarkeit eines Extraktes hergestellten Gemenges 
aus 0,75 ccm Organextrakt mit 0,75 ccm physiol. KochsalzlGsung hinzu- 
gesetzt. Nach Einwirkung der Farbe von mebreren Stunden wurden die 
Rohrchen zentrifugiert. 

1) Cf. weiter unten. 


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390 


Joseph Tannenberg, 


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Es ergab sich nun in zahlreichen Fallen,. daB bei den po- 
sitiven S.-G.R.-Gemengen am Boden des Rbhrchens sich ein 
fast ungefarbter, hbchstens blaBrosa gefarbter Niederschlag 
befand, wahrend die dariiber stehende Flfissigkeit tiefrot ge- 
farbt war. Der entsprechende Versuch mit dem Extrakt-Koch- 
salzlosung-Gemenge ergab das umgekehrte Bild: am Boden 
des Rohrchens befand sich hier ein dicker, tiefroter Nieder¬ 
schlag, wahrend die Flilssigkeit darflber fast entfarbt war. 
Diese Farbenversuche, die immer gleiche Resultate gaben, war¬ 
den zunachst so gedeutet, daB wir in dem Extrakt-Kochsalz- 
losungsrQhrchen den tiefrot gefarbten Niederschlag f(ir einen 
reinen und deshalb gefarbten Lipoidniederschlag hielten, in 
den Serumrohrchen den Niederschlag dagegen als ein Gemisch 
von Globulinen und Lipoiden ansahen. Um nun exakt den 
Globulingehalt in den S.-G.R.-Flocken festzustellen, wurde 
versucht, mit den abzentrifugierten und mehrmals mit phys. 
Kochsalzlosung gewaschenen Flocken eine EiweiBreaktion an- 
zustellen. Um eine grOBere Quantitat dieser Flocken zu er- 
halten, warden an verschiedenen Versuchstagen alle positiven 
S.-G.R.-Gemenge gesammelt, abzentrifugiert und in dem ver- 
bleibenden Niederschlag, der mehrmals gewaschen wurde, wurde 
nunmehr versucht, eine EiweiBreaktion zu erhalten. Die Biuret- 
reaktion, die Xanthoproteinreaktion, die Bleiazetatreaktion 
warden an einer groBeren Anzahl derart gesammelter „Glo- 
buline“ versucht, stets mit negativem Erfolg, wahrend die Re- 
aktionen in der fiber dem Zentrifugat stehenden Flilssigkeit, 
mit dem sie zur Kontrolle angeseizt warden, prompt stets 
den EiweiBnachweis lieferten. Ebenso war der EiweiBnach- 
weis stets positiv in durch KohlensBure ausgefallten und mehr¬ 
mals gewaschenen Globulinen. 

Um endgiiltig iiber die Natur der Flocken bei der 
positiven S.-G.R. AufschluB zu erhalten, wurde nun mit 
2 Seris, und zwar mit der 90-fachen Menge des urspriing- 
lich angegebenen Serumquantums in den gleichen Ver- 
diinnungsverhaitnissen und Mischungsverhaitnissen wie bei 
der Originalmethode die S.-G.R. angesetzt. Nach 48 Stunden 
Aufenthalt im Brutschrank bei 37° warden die Flocken 
abzentrifugiert, mit einem Teil der 5mal gewaschenen 
Flocken die Biuretreaktion versucht, die ein negatives Ergeb- 



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Theorie und Praxis der Sachs-Georgi- rind Wassermann-Reaktion. 391 

nis hatte, und init dem Rest, der feucht gewogen 340 mg er- 
gab, wurde eine Stickstoflfbestimmung nach Kjeldahl aus- 
gefflhrt, die ergab, daB keinerlei Stickstoff darin enthalten war. 
Nachdem es durch den stets negativen Ausfall der EiweiB- 
reaktionen schon zweifelhaft geworden war, daB flberhaupt 
EiweiB in den Flocken enthalten sei, rauBte nunniehr end- 
gQltig angenommen werden, daB die Flocken bei der S.-G.R. 
weder Globuline noch Albuinine enthalten, sondern nur aus 
Lipoidstoffen bestehen'). 

Wenn man l*proz. alkoholische CholesteriniSsung mit Farb- 
stofT versieht und ebenso in heiBem Alkohol goISste Butter 
und zu der CholesterinlSsung eine Spur einer Kochsalzlbsuug 
hinzusetzt, so entsteht ein dicker Niederschlag von Cholesterin. 
LaBt man absetzen oder zentrifugiert mao, so erscheint am 
Boden des ROhrchens ein schneeweiBer Cholesterinniederschlag, 
und darflber steht die tiefrot gefarbte Flilssigkeit. Ebenso 
erscheint ein weiBlicher Niederschlag der Butter aus der Emul¬ 
sion in dem erkalteten Alkohol, und daruber steht eine tief- 
rote FlQssigkeit. 

Setzt man dagegen zu in heiBem Wasser gelbster Butter 
Sudanlosung hinzu und l^Bt langsam erkalten, dann sammelt 
sich die Butter iiber dem Wasser, wird fest und hat aus dem 
Wasser alien Farbstoff mit in die Hbhe genommen. 

Die Farbenversuche in den positiven S.-G.R.-R5hrchen 
und in den Extrakt-Kochsalzlosungsinengen lassen sich also 
so verstehen, daB die bei der S.-G.R. ausgefallenen Lipoid- 

1) Aus einer nach AbschhiB der Arbeit in der Miinch. med. Wochen- 
schrift, 1921, No. 2, erschienenen VcrbflTentlichung von K. Scheer aus 
der Frankfurter Kindorklinik ergibt sich, dafi eine Aetherextraktion der 
S.-G.-Flocken den Anteil der Lipoide an den letzteren zu 42—73 Proz., 
im Mittel 63 Proz. feststellen konnte, wahrend aus reinen Globulinflocken 
nur 5—10 Proz., im Durchschnitt 6,7 Proz. durch Aether extrahierbare 
Stofle gewonnen wiirden. Scheer sagt, daB die Flocken bei der S.-G.R. 
„zum groBeren Teil aus Lipoiden bestehen”. Die Aetherextraktion dauerte 
etwa 20 Minuten. Nach unserer Ansicht wiirde man bis zu 100 Proz. 
Lipoidstoffe nachwei.sen konnen, bei noch langerer Extraktionszeit und 
unter Verwendung eines Ueberschusses von Aether oder bei Venvendung 
von Chloroform. Denn es ist bekannt, und hat sich auch bei uns in ent- 
sprechenden Versuchen gezeigt, daB Cholesterin, bzw. seine Ester durch 
Aether nur schwer und langsam auflosbar sind. 


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392 


Joseph Tannenberg, 


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flocken — als etwas anderes kOnnen wir sie nach unseren 
Versuchsergebnissen jetzt nicht mehr ansehen — nicht intensiv 
rot gefarbt sind, weil der Farbstoflf an die in der daruber 
stehenden Flflssigkeit noch sehr reichlich enthaltene Menge 
Yon Lipoidstoffen gebunden ist und diese Flflssigkeit dadurch 
tiefrot gefflrbt ist. Bei den Extrakt-Kochsalzlipoidgemengen 
aber werden durch das Kochsalz alle Oder fast alle Lipoide 
gefallt. Nicht die ausgefallenen Lipoide sind nun aber an 
sich gefarbt, sondern sie reiBen den im Wasser nicht mehr 
loslichen und daher jetzt gleichfalls ausfallenden Farbstoflf 
mit sich und sehen deshalb tiefrot gefSrbt aus, wShrend die 
Flflssigkeit entfUrbt ist. Kontrollversuche mit Wasser, denen 
auf 1,5 ccm 0,2 ccm Farblosung zugesetzt war, ergaben gleich¬ 
falls nach dem Absetzenlassen einen Farbenniederschlag und 
eine farblose Flflssigkeit. 

Noch eine weitere Versuchsanordnung wurde vorgenommen, 
uin die Beziehungen zwischen S.-G.R. und Wa.R. naher zu 
erkennen. Wenn die Annahme richtig ware, daB die S.-G.R. 
und die Wa.R. durch verschiedene Korper ausgelflst wflrde, 
wie dieses von einzelnen Autoren angenommen wurde, dann 
muBte es moglich sein, in demselben Serum die S.-G.R. und 
Wa.R. hintereinander anzustellen. 

Mit drei Serumproben: 122, 119, 137 wurde die S.-G.R. 
angestellt, und zwar in der Weise, daB statt der von Sachs 
angegebenen Serummenge von 0,1 ccm auf 1,0 ccm Verdflnnung 
mit physiologischer Kochsalzlosung 0,3 ccm Serum auf 1,0 
verdflnnt wurde und mit 0,5 ccm 6-fach verdflnntem Organ- 
extrakt digeriert wurde. Diese Serummenge wurde gewahlt, 
urn in 0,5 ccm des Reaktionsgemisches 0,1 Serum zu haben, 
die Menge, mit der im hiesigen Institut gewflhnlich die Wa.R. 
angesetzt wurde. Vom Serum 122 wurde auch noch die 
Reaktion mit 0,2 ccm auf 1.0 ccm Verdflnnung und die ge- 
brauchliche Verdflnnung zur S.-G.R. 0,1 zu 1,0 angesetzt. 
Die Rflhrchen blieben flber Nacht im Brutschrauk bei 37 
Am anderen Tage wurden die Flocken abzentrifugiert, und 
mit 0,5 der flberstehenden Flflssigkeit wurde die Wa.R. mit 
zwei Extrakten angesetzt, wobei diese Flflssigkeit so behandelt 
wurde, als sei sie reine Serumverdflnnung. Es ergab sich, 
daB die Wa.R. noch positiv ausfiel. In alien Rohrcheu trat 



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Theorie und Praxis der Sachs-Georgi- und Wassermann-Reaktion. 393 


eine komplette Hemmung der Hfimolyse ein, nur im Rohr- 
chen 122, 0,1 Serum zu 1,0 VerdQnnung, war die Hemmung 
nicht ganz vollstSndig. Hieraus kSnnte man leicht eine Be- 
statigung der Auffassung herauslesen, daB es sich bei beiden 
Reaktionen um verschiedene Korper handelt, aber es zeigte 
sich weiterhin, daB man in dem Serum, in dem die S.-G.R. 
angestellt war, und in dem nach dem Abzentrifugieren noch 
die Wa.R. positiv wurde, daB in diesem Gemisch durch Zu- 
satz weiterer 0,5 ccm Extraktverdilnnung sich die S.*G.R. ein 
zweites Mai anstellen lieB. Es waren also nach Beendigung 
der ersten Reaktion in dem Gemisch noch genugend Reagine 
zu einer zweiten Reaktion vorhanden. Es war sogar moglich, 
in den Serumgemischen, mit denen zuerst die S.-G.R., dann 
die Wa.R. positiv geworden war, ein zweites Mai die S.-G.R. 
anzustellen. Um nicht durch Spuren von Blutkbrperchen 
eine Vortauschung der S.-G.R. zu erhalten, wurde das Wa.R.- 
Geraisch scharf zentrifugiert, dann 1,0 ccm mit der Pipette 
entnommen und damit die S.-G.R. angestellt. Gleichzeitig 
wurde mit einer weiteren Anzahl von Seren, mit denen die 
Wa.R. angestellt war, in demselben Gemisch die S.-G.R. an¬ 
gestellt, indem 1,0 ccm des Gemisches mit 0,5 ccm des 6-fach 
verdunnten Extraktes digeriert wurde. Bei alien stark A\a.R.- 
und S.-G.R.-positiven Seren erhielten wir auch hier noch eine 
mittelstarke Ausflockung, bei schwhcher reagierenden Seris 
war die Reaktion 6fter nur schwach bis zweifelhaft. Bei 
weiteren Versuchen wurde angestrebt, im S.-G.R.-Gemenge 
die Ausflockung moglichst vollstandig vor sich gehen zu lassen, 
ehe in denselben Gemischen die Wa.R. angesetzt wurde. Des- 
halb wurden die Rohrchen, nachdem sie 24 Stunden im Brut- 
schrank bei 37® gehalten waren, weiterhin 2mal 24 Stunden 
bei Eisschranktemperatur gehalten (2—10° C) nach den An- 
gaben von Neukirch (31). Erst dann wurde nach Abzentri¬ 
fugieren der Flocken die Wa.R. angestellt. Zur S.-G.R. war 
die gebrauchliche Menge von 0,1 ccm Serum auf 1,0 ccm \er- 
dflnnung verwandt worden. Auch in dieser Versuchsreihe 
trat bei den stark positiven Seren noch deutliche Hemmung 
der HSmolyse auf, wahrenct die schwlicher positiven nur noch 
eine Spur Hemmung zeigten. 


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394 


Joseph Tannenberg, 


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In einer weiteren Versuchsreihe wurde zuerst die Wa.R. 
angestellt, dann in 1,0 ccm des Reaktionsgemenges die S.-G.R., 
und nachdem diese positiv gewesen war, wiederum in dem- 
selben Reaktionsgemenge die Wa.R., welche nunmehr voile 
HSmolyse ergab. 

Weiterhin warden S.-G.R.-positive und Wa.R.-positive 
Seren in folgender Weise zur S.-G.R. verwandt: 

1) Nach dem von Sachs und Qeorgi angegebenen Modus 0,1 ccm 
Serum auf 1,0 ccm Verdiinnungsfliissigkeit mit 0,5 ccm Extraktverdiinnung. 

2) Zu derselben Serumverdiinnung wie bei 1) wurde 1,0 Extrakt- 
verdiinnung hinzugegeben, also die doppelte Menge Extrakt. 

3) 0,2 ccm Serum wurde auf 1,0 ccm verdiinnt und mit 0,5 Extrakt- 
verdiinnung digeriert. 

4) 0,2 ccm Serum wurde auf 1,0 verdiinnt und mit 1,0 Extrakt- 
verdiinnung digeriert. 

Nach 24 Stunden Brutschrank bei 37° waren alle Ge- 
mische stark positiv, aber bei den Rbhrchen mit der doppelten 
Extraktmenge erschien eine stSrkere Flockung gegenflber 
denen mit einfachen Extraktdosen. 

Mit 0,5 ccm dieser Reaktionsgemenge wurde nunmehr die 
Wa.R. angestellt mit folgendem Ergebnis: 

Die ursprQnglich mit 0,1 Serum versehenen Reaktions- 
gemische wiesen nur eine geringe Hemmung der Hfimolyse 
auf, dabei war aber deutlich ersichtlich, daU die Hemmung 
in den Rohrchen, die bei der S.-G.R. mit doppelter Extrakt¬ 
menge versehen waren, noch geringer war als in den flbrigen. 
Die mit 0,2 Serum angesetzten Gemenge ergaben eine kom- 
plette Hemmung der HSmolyse, soweit ihnen 0,5 Extrakt- 
verdunnung zugesetzt war. Die Rohrchen mit der doppelten 
Extraktmenge zeigten auch hier eine etwas abgeschwkchte 
Hemmung der HSmolyse. 

Aus diesen Untersuchungen ergibt sich, daB es offenbar 
dieselben Kbrper sind, welche die S.-G.R. und die Wa.R. aus- 
losen, denn es zeigte sich deutlich, daB unter gleichen Be- 
dingungen die Wa.R. schwtlcher wird, wenn vorher die 
S.-G.R. starker war, wenn also mehr Reagine bereits ver- 
braucht sind. Weiterhin ergibt sich, daB bei stark nach der 
S.-G.R. und Wa.R. positiv reagierenden Seris in denselben 
Reaktionsgemengen, in denen die Wa.R. angestellt war, noch 



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Theorie und Praxis der Sachs-Georgi- und Waasermann-Reaktion. 395 


eine S.-G.R. durch Hinzufflgen von Extraktverdiinnung mSg- 
lich ist, trotz der Anwesenheit des aktiven Meerschweinchen- 
serums, das allerdings hinreicht, die Reaktion bei scfawkcher 
reagierenden Seris zu hemmen. Welcher Art nun die Reagine 
sind, die beide Reaktionen hervorrufen, ist schwer zu ent- 
scheiden. Die Ansicht von Sachs (35), daB die genannten 
Reaktionen auf einer Dispersitatsveranderung oder grSBeren 
LabilitSt der Globuline im Syphilitikerserum beruhe, scheint 
uns nach den Untersuchungsergebnissen von Gloor und 
Klinger (12), sowie neuerdings von Felke (5) und den 
eigenen Ergebnissen nicht mehr ausreichend zur Erklarung 
zu sein. Gloor und Klinger vertreten die Auffassung, daB 
die Wa.R. und die S.-G.R. bedingt seien dadurch, daB die 
EiweiBteilchen des Luetikerblutes durch besondere chemische 
Affinitaten zu den Extraktoberflachen ausgezeichnet sind. Sie 
nehraen an, daB diese Affinitat der EiweiBteilchen dadurch 
zustande kommt, daB bei den durch Spirochaten bedingten 
Zellveranderungen Abbauprodukte auftreten, welche sich an 
die kolloidalen Oberflachen der EiweiBteilchen des Blutes 
binden. Nach unseren Untersuchungen, die ergaben, daB sich 
in den Flocken der S.-G.R. Uberhaupt kein Stickstoff, mithin 
auch kein EiweiB nachweisen lieB, kSnnen wir uns auch dieser 
Auffassung nicht anschlieBen. Wir radchten auch annehmen, 
daB die Abbauprodukte, welche bei den durch Spirochaten 
bedingten Zellveranderungen auftreten, den Hauptfaktor beim 
Zustandekommen der Wa.R. und S.-G.-Reaktionen bilden, aber 
die Rolle, welche die EiweiBteilchen des Blutes bei den 
Reaktionsvorgangen spielen, mflssen wir uns in anderer Weise 
vorstellen. Wir kdnnen uns vorstellen, daB die genannten 
Abbauprodukte im Luetikerblut an die EiweiBteilchen locker 
angelagert, nicht aber etwa durch chemische Bindung fest 
verankert sind. Physikalische Momenta, Oberflachenspannung 
insbesondere, mdgen die Ursache dafflr sein. Die Tatsache, 
daB diese Abbauprodukte oder, kurz gesagt, Reagine beim 
Ausfallen der Globuline durch Kohlensaure zum Teil mit- 
gerissen warden, konnte fflr diese Auffassung sprechen, 
wahrend in den S.-G.-Flocken auch EiweiB nachweisbar sein 
mflBte, wenn eine starkere chemische Bindung etwa zwischen 
^en Reaginen und den Globulinen bestande. Man konnte 

Z«it9chr. f. ImmunlUtsforschuDg, Oricf. Bd. 38. 27 


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sich schlieBlich auch vorstellen, daU die Reagine ebenso wie 
die Eiweifikorper des Blutes sich in kolloidaler L6sung be- 
fanden, ohne mit ihnen irgendwie verbunden zu sein. Es 
ware auch so verstandlich, dafi bei der Ausfaiiung der Glo- 
buline ein Teil der Reagine mitausfailt, entweder dadurch, 
daB sie einfach mechanisch mitgerissen werden, oder infolge 
Aenderung der physikalischen Bedingungen innerhalb der 
kolloidalen Lbsung gleichfalls ausfallen. 

Es erhebt sich nun weiter die Frage, ob die Flocken bei 
der S.-G.R. nur aus Extraktlipoiden bestehen oder aus Lipoid- 
bestandteilen des Serums und Extraktes. Man kbnnte sich 
vorstellen, daB die Abbauprodukte der Zellen infolge der 
Einwirkung der Spirochaten, die Reagine also, stickstoffhaltige 
Korper wBren. Dann miiBte man annehmen, daB sie beim 
Zusaramenwirken des Serums mit Extraktlipoiden in kochsalz- 
haltigen Medien die Wirkung der Serumbestandteile als Schutz- 
kolloide fflr die Extraktlipoide aufheben wiirden. Eine Wir¬ 
kung der Serumbestandteile als Schutzkolloid hat Meinicke, 
wie bereits oben erwahnt, nachgewiesen durch Flockungen, 
die er erhielt, wenn er seine Reaktion mit Serumverdflnnungen 
1:320 und 1:640 ansetzte, wahrend dasselbe Serum in 
schwacher Verdflnnung flberhaupt keine oder nur schwache 
Ausflockungen bei der Reaktion ergab. Es erscheint uns aber 
nicht sehr einleuchtend, daB stickstoffhaltige EiweiBabbau- 
produkte die kolloidale Schutzwirkung der EiweiBstoffe des 
Blutes herabsetzen sollten. Zwangloser erscheint uns die An- 
nahme, daB die S.-G.-Flocken aus Lipoidbestandteilen des 
Serums sowohl wie des Extraktes bestehen. Unsere Versuche 
haben ergeben, daB die Ausflockungen beim wiederholten An- 
stellen der S.-G.R. mit derselben Serummenge, aber unter 
Hinzufiigen neuer Extraktbestandteile schwacher waren als 
beim ersten Male. Wenn man annimmt, daB die Reagine nicht 
mit in die Flocken iibergehen, sondern nur die Wirkung des 
Serums als Schutzkolloid beeintrachtigen, so laBt sich diese 
Tatsache nicht verstehen, denn die Wirkung als Schutzkolloid 
muBte doch bei der Verdflnnung des Serums an und fflr sich 
abnehmen und so die 2. und 3. Reaktion stflrkere Flocken 
aufweisen, wie beim ersten Male. Sehr verstandlich ist es 
aber, daB die Flockung bei der 2. und 3. Reaktion schwacher 


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Theorie und Praxis der yachs-Georgi- und Wassermann-Reaktion. 397 

ist, wenn man annimmt, daB die Reagine des Serums mit in 
die Flocken flbergehen, also diese aus einer Serum- und einer 
Extraktkomponente bestehen. Wie die Flockung nun zustande 
kommt, ob infolge einer chemischen Affinitat der Serumlipoide 
zu den Extraktlipoiden, Oder ob bier nur rein physikalische 
Momente, Aenderungen in der Oberflachenspannung bei den 
kolloiden Lbsungen von EinfluB sind Oder beide Momente mit- 
spielen, das wagen wir nicht zu entscheiden. 

11 . 

Die S.-G.R. wurde an den im Untersuchungsamt von den 
benacbbarten Krankenanstalten und praktiscben Aerzten aus 
der Umgebung eingebenden Seren ausgefflbrt. Unser Unter- 
sucbungsmaterial setzte sicb aus Seren zusamraen, die von 
Patienten aus alien Stadien der Lues stammten, bebandelten 
und unbebandelten, aus Seren von Infektionskrankheiten, wie 
Tuberkulose, Typbus, Dysenterie, Malaria, sowie von Nerven- 
und Geisteskranken. Wenn es als Vorteil angeseben werden 
kann, daB Sera aus alien Stadien der Lues und den ver- 
schiedensten Infektionskrankheiten sowie von Gesunden 
(Ammenuntersuchungen) zur Beurteilung der S.-G.R. heran- 
gezogen werden konnten, so stehen dem andererseits auch 
wieder Nachteile entgegen. Die eingesandten Sera konnen 
nicht so frisch zur Untersuchung kommen wie solche, welche 
aus einer Klinik stammen, und es gelang im allgemeinen 
nicht, die S.-G.R. innerhalb der ersten drei Tage nach der 
Entnahme des Blutes anzustellen, wie das von eiuigen Autoren 
verlangt wird. Andererseits ist es aber auch von praktischer Be- 
deutung, zu erproben, wie lange ohne Schaden fiir die Spezifit&t 
einerseits und fiir die Intensitat der Reaktion andererseits nach 
der Entnahme die S.-G.R. noch anstellbar ist. Die meisten 
Sera gelangten bei uns etwa 6—8 Tage nach der Entnahme 
zur Untersuchung. Vielleicht ist damit zu erklaren, daB wir 
bei einer verhaltnismaBig groBeren Anzahl von Seren in der 
Alkoholkontrolle Flockung bekamen, und daB bei den Wa.R. 
eine groBere Zahl der Sera Eigenhemmung aufwies. Aber 
mit diesein Nachteil mussen mehr oder weniger alle Unter- 
suchungsamter rechnen, welche auf Samineluntersuchungen 
angewiesen sind. 

21 * 


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Die S.-G.R. wurde bei uns neben der Wa.R, angestellt, 
aber die Resultate derselben, ebenso wie die klinischen 
Diagnosen, warden erst nachtrfiglich eingeholt, um eine un- 
gewollte Beeinflussung zu verhindern. 

W ir stellten die S.-G.R. zunachst nach der alten Methode an, bei der 
die Rbhrchen 2 Stunden im Brutschrank bei 37 “ gehalten wurden und 
nach Stehcn von weiteren 24 Stunden bei Zimmerteinperatur beurteilt 
wurden. Wir befolgtcn dabei genau die von Sachs und Georgi gegebene 
Vorschrift und benutzten zur Ablesung das Agglutinoskop von Kuhn und 
Woite. Zunilchst stand uns nur ein nach der Vorschrift von Sachs 
und Georgi von uns hergestellter und cholesterinierter Extrakt aus 
Rinderherz zur Verfiigung, der spiiter bei vielen Verglcichsversuchen rait 
den uns von Herrn Prof. Sachs liebensvvurdigerweise iibersandten Extrakt- 
proben 31 und 27 im wesentlichen iibereinstimmte Diese Versuche sind 
in der vorliegenden Arbeit nicht beriicksichtigt. Spiiter stellten wir die 
Versuche nach der Brutschrankmethodc an. Wir untersuchten stcta gleich- 
zeitig mit drei Extrakten und einer Alkoholkontrolle. Die Methodik war 
die von Sachs und Georgi angegebene und besonders in der Arbeit im 
Heft 10 der Arbeiten aus dem Institut fiir experimcntelle Therapie und 
dem Georg - Speyer - Hause zu Frankfurt a. M. ausfiihrlich dargestellte. 
0,1 cem Serum wird mit moglichst frischer, steriler, unmittelbar vor dem 
Gebrauch filtrierter, 0,85-proz. Kochsalzlosung auf 1,0 verdiinnt und dazu 
0,5 der 6-fachen Extraktverdiinnung mit physikalischer Kochsalzlosung 
hinzugegeben. Die Extraktvcrdiinnuug wurde derart hcrgestellt, daS zu- 
niichst zu der abgemessenen Menge Extrakt die gleiche Mengephysiologischer 
Kochsalzlosung sehnell hinzugegeben wurde. Nach kurzem Umschiitteln 
wurde sofort die 4-fache Menge Kochsalzlosung weiter sehnell hinzugegeben. 
Die so bereitete Extraktverdiinnung wurde sofort zum Gebrauch verwendet. 
Zur Kontrolle auf eventuelle Eigenflockung des Extraktes wurde ein 
Kontrollrohrchen mit 1,0 physiologischcr Kochsalzlosung und 0,5 cem der 
Extraktverdiinnung den Versuchen beigegeben. Nach Zugabe des Extraktes 
zu den Serumverdiinnungen kamen die Rohrehen nach kurzem Umschiitteln 
etwa 24 Stunden in den Brutschrank. Danach wurde das Resiiltat mit 
dem Agglutinoskop abgelescn. Bei stark positivem Serum war es uns fast 
immer moglich, den positiven Ausfall der Reaktion sehon mit bloBera 
Auge zu koustatieren. Nicht so be<inem, aber ebenso sicher wie mit dem 
Agglutinoskop ist die Beurteilung der Reaktion mit ciner guten Lupe 
moglich. Wir machten die Erfahrung, daB in vielen Fallen die Beurteilung 
der Stiirke der Reaktion besser moglich war, wenn man die Rohrehen im 
Agglutinoskop ansieht, ohne sie vorher aufziischiitteln. 

Wie sehon Sachs betont, ist Wert darauf zu legen, daB die ver- 
wandte Kochsalzlo.sung moglichst frisch bercitet ist, und daB sie vor Gebrauch 
filtriert wird. Wir erhielten an einem Versuchstage cinmal in alien Seruni- 
gemengen, sowie auch in den Alkoholkontrollen Floekungen, die wahr- 
scheinlich einer nicht mehr sterilen, iilteren Kochsalzlosung zur Last zu 



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Theorie mid Praxis der Sacha-Gcorgi- und Wassermann-Keaktion. 399 

legen aind. Ebonao iat unaerer Erfahning nach darauf zu achten, dafi die 
ReagenzrShrehen im Trockenachrank gut ateriliaiert aind, um heraraende 
Einfliiaae von 8aure oder Alkalircaten aowie anderen Btofieu, die zufailig 
in den Kdhrchen aich befinden konnen, auazuachalten. 

Das Patientenaerum wurde eine halbe Stunde bei 55—66® inaktiviert, 
ehe ea verwandt wurde. Zahlreiche hamolytiache Sera, ebenao auch eine 
Anzahl chyloser wurden verwandt, nnd aofern aie klar waren, erhielten 
wir nie einen Unterachied gegenuber den anderen. Ebenao wurde die 
Reaktion in einer Keihe von Fallen mit der Hiilfte der von Sacha und 
Georgi angegebenen Doaen angeatellt. Dabei wurde aber dasaelbe Ver- 
haltnis der Reaktionabeatandteile gewahrt wie in der Originalmethode. Wir 
bemerkten infolgedesaen auch niemala eine Abschwiichung der Reaktion bei 
halben Doaen. Ala Vergleichsreaktion wmrde die ^Va.R. auagefiihrt, welche 
bei una gleichfalla mit mehreren Extrakten angesetzt wurde. Wenn wir 
auch im folgenden unaere Ergebniaae bei der S.-G.R. mit denen der Wa.R. 
vergleichen, eo aind wir una doch dabei im klaren, dafi die Wa.R. nur 
ein unaicherer Wertmeaaer iat, und wir legen mit vielen anderen Autoren 
den grofiten Wert darauf, die Ergebniaae der S.-G.R. mit den Befunden 
dea Klinikera zu vergleichen. 

Im ganzen wurden auf diese Weise 374 Sera untersucht. 
Es zeigt sich, daB die Ergebnisse mit denen bei der Wa.R. 
in 88,77 Proz. iibereinstimmen, in 11,23 Proz. divergieren. 
Am besten stimmen die Reaktionen bei Fallen von Tabes 
fiberein, ein Urastand, der sich jedenfalls aus der geringen 
Zahl der Untersuchungen — nur 9 — erklfirt, bei denen keine 
Divergenz vorkam. Eine gute Uebereinstimmung zeigen auch 
die Reaktionen bei Fallen von Lues II. Nur 9,82 Proz. Diver¬ 
genz bei 112 Untersuchungen! Ebenso zeigt die Rubrik Varia 
eine gute Uebereinstimmung. Hier handelt es sich einmal 
um Falle, in denen eine klinische Diagnose nicht in Erfahrung 
gebracht werden konnte, dann um die Sera bei Infeklions- 
krankheiten, Tuberkulose, Typhus, Dysenterie, Scharlach, 
Malaria, Grippe, Encephalitis lethargica, Ulcera mollia, Neuri- 
tiden, Tumoren, Syphiliphoben, Nervenkrankheiten, nichtlue- 
tische Geisteskrankheiten, Ammenuntersuchungen, Gicht, Irido¬ 
cyclitis, Falle von Apoplexie und arteriosklerotischen Ver- 
anderungen. 

Nicht ganz so gut stimmen die Reaktionen tiberein bei 
der Lues latens und Lues III. — Wie sich bei Besprechung 
der divergierenden Falle zeigen wird, war die S.-G.R. bfters 
starker bei Fallen, welche kurz nach einer spezifischen Behand- 


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lung untersucht warden. Es ware wiinschenswert, auch unser 
Material nach den Gesichtspunkten: bebandelte und unbelian- 
delte Lues zu ordnen. Aber um bier exakt zu trennen, feblen 
uns in einer Anzabl von Fallen die genauen klinischen An- 
gaben, und man kSnnte daber leicbt zu falscben Scbliissen 
verleitet werden, Es folgt nun die Tabelle mit der Ueber- 
sicbt der nacb Lues I, II, III, Lues latens. Lues hereditaria. 
Tabes, Paralyse, Varia geordneten Untersucbungen, aus der 
die Zabl der Qbereinstimmend positiven, sowie die Anzabl 
der nur Wa.R.-positiven oder nur S.-G.R.-positiven Sera bei 
den einzelnen Kategorien ersicbtlicb wird. Zweifelbafte Reak- 
tionen warden stets den negativen zugerecbnet, da praktiscb 
aus solcben Reaktionen keinerlei Scbliisse auf eine vorbandene 
Lues gezogen werden dUrfen. 


Gesamtzahl 

+ -t- 

1 

Wa.R. - 
S.-G.R.- 

Wa.R. + 
S.-G.R. - 

Wa.R. - 
S.-G.R. + 

1 

Ueberein-i 
stimmend 
in Proz. ! 

1 

Divergenz 
in Proz. 

Lues I 

34 

1 7 

23 

1 i 

3 , 

88,24 

11,76 

,, II 

112 

1 38 

63 

2 

1 9 

90,18 

9,82 

„ III 

22 

8 

11 

1 

* 2 

85,72 

14,28 

latens 

71 

16 

46 

2 

7 

87,33 

1 12,76 

,, hereditaria 10 


6 

0 . 

1 

1 90,00 

! 10,00 

Tabes 

9 

' 3 

6 

0 

0 

1 100,00 


Paralyse 

8 

4 

2 

1 

1 

1 75,00 

! 25.00 

Varia 

108 16 

1 81 

5 

1 6 

i 89,82 

10,18 

Insgesamt 

374 

95 

1 238 

1 12 

1 29 

; 88,77 

11,23 


Wir kommen zur Besprecbung der divergierenden Faile. 

Lues I: Nur Wa.R. positiv bei negativer S.-G.R. war 
ein Fall. 

Es handelt sich um eine vor 7 Wochen erfolgte luetische Infektion- 

S.-G.R. positiv bei negativem Wassermann waren 3 Faile. 

1) 110. Infektion vor 6 Wochen. Die S.-G.R. war mit 3 E.xtrakten 
positiv, mit eincm Extrakt negativ. 

2) 146. Luetische Infektion vor 2‘/t Monaten. Vor 5 Wochen war die 
Wa.R. positiv, seither war der Fall spezifisch behandelt worden. Die 
S.-G.R. war nach 24 Stunden schwach positiv. Das Resultat verstiirkte 
sich aber nach wciteren 24 Stunden. 

3) 25. Die klinische Diagnose lautete: Gonorrhoe und Luesverdacht. 
Die S.-G.R. war mit einem Extrakt zweifelhaft, mit den iibrigen positiv. 

Es baudelt sich also bei den divergierenden Fallen imraer 
um klinisch sichere Lues bis auf Fall 25, in dem nur eine 



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Theorie und Praxis der Sachs-Georgi- und Wassermann-Reaktion. 401 


Gonorrhoe festgestellt und der Verdacht auf Lues ausgesprochen 
ist. In einem Falle war die Wa.R. also frflher positv, in den 
anderen die S.-G.R. — WShrend bei einem dritten Falle die 
Wa.R. schon infolge der Behandlung wieder negativ geworden 
war, war die S.-G.R. noch positiv. 

Lues II: Nur Wa.R. positiv waren: 

1) 164. Die S.-G.R. war nach 24 Stunden Brutschrank fraglich, ebenso 
nach weiteren 24 Stunden Zimmertemperatur. 

2) 50. Es war eine spezifische Behandlung vorausgegangen. 

Nur S.-G.R. positiv. 

1) 482. Luetische Infektion .Tuni 1917. Oflenbar behandelt. 

2) 107. Es handelt sich um eine Frau, deren erstes Kind tot geboren 
wurde, und deren zweites Kind luetische Hauterscheinungen aufwies. 

3) 108. Wiederum eine Frau, deren erstes Kind eine Totgeburt war, 
und deren zweites Kind luetische Hauterscheinungen aufwies. 2 Extrakte 
gaben dabei eine stark positive Reaktion, 2 weitere negative bis zweifel- 
hafte Reaktionen. 

4) 109. Lues seit 1915. Offenbar ist Behandlung vorausgegangen. 

5) 75. Infektion vor einem Jahr. Es ist eine Behandlung erfolgt. Es 
ist zweifelhaft, ob spezifische Symptome vorhanden sind. 

6) 171. Infektion vor •/, Jahren. Erste spezifische Kur soeben beendet. 
Nach 24 Stunden Brutschrank ist die Reaktion zweifelhaft, nach weiteren 
5 Stunden Eisschrank positiv. 

7) X. Spezifische Kur beendet. Die Wa.R. zeigt Eigenhemmung. 

8) Y. Lues ohne niihere Angabe. S.-G.R. mit alien Extrakten stark 
positiv. 

9) 405. Lues, oflenbar nach der Behandlung. 

Lues III: Nur Wa.R. positiv. 

1) 423. Lues III. Infektion 1918 (423). 

Nur S.-G.R. positiv. 

1) 521. Luetische Infektion vor 8 Jahren. Ein Extrakt ergab zweifel- 
hafte, die iibrigen positive Reaktion. 

2) 161. Lues III. Nervensymptome, spezifische Kur vor einigen Wochen 
beendet 

Bei den divergenten Fallen von Lues II und III handelt 
es sich stets um klinisch sichere Lues, die teils vor, teils 
nach der Behandlung sich befand. 

Lues latens. 

Nur Wa.R. positiv. 

1) 127. Lues fraglich. Infektion vor einem Jahr. 

2) 163. Infektion vor 2 Jahren. Lues latens. 


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Nur S.-G.R. positiv. 

1) 146. Lues? Infektion vor Jahren. 

2) 174. Mit alien Extrakten stark positiv. Es handelt sich urn den 
Vater eines hereditiir luetischen Kindes. 

3) 128. Es handelt sich um eine Frau, deren Ehemann seit 8 Jahren 
an Paralyse leidet. Die Wa.R. zeigte Eigenhemmung. 

4) 184. Vor 2 Monaten bestanden spezi6sche Symptorae. Seither be- 
handelt. Die Wa.R. zeigte Eigenhemmung. 

5) 15. Nephritis und Luesverdacht. Alle Extrakte reagierten positiv. 

6) 16. Die klinische Diagnose lautet: Lues? 

7) 165. Klinische Symptome? Im September 1919 Salvarsanbehand- 
lung. Es handelt sich um eine Schizophrenie. 

Bei den divergenten Fallen war die Wa.R. allein nur in 
klinisch sicheren Fallen positiv, bis auf Fall 127, in denen 
die augenblicklichen klinischen Erscheinungen fraglich, aber 
eine Luesinfektion vor 1 Jahr gesichert war. Die S.-G.R. war 
in 3 klinisch sicheren Fallen positiv. In 2 Fallen bestand 
sehr wahrscheinlich Lues. Bei 2 weiteren Fallen ist es frag¬ 
lich, ob die S.-G.R. ein spezifisches Resultat ergeben hat. 

Lues hereditaria. 

Die S.-G.R. war in einem Falle allein positiv. Es handelt 
sich um ein 15-jahriges Kind, das von Jugend an krank ist. 

Paralyse. 

Die Wa.R. war in einem Falle allein positiv. Die Zeit 
der Infektion ist unbestimmt, aber die klinische Diagnose: 
Paralyse gesichert. Ebenso handelt es sich bei dem nur 
S.-G.R-positiven Fall um eine klinisch gesicherte Paralyse. 

Varia. 

Nur Wa.R. positiv. 

1) 520. Wa.R. ergab mit einem Extrakt Hemmung. Die S.-G.R. war 
mit alien Extrakten negativ. 

2) 480. Keine niihere klinische Diagnose zu erfahren. 

3) 1550. Klinisch Encephalitis lethargies. Die S.-G.R. vollkommen 
negativ. 

4) und 5) 160 und 186. Diagnose? S.-G.R. war in beiden Fallen 
zweifelhaft. 

Nur S.-G.R. positiv. 

1) Z. Nahere Angaben fehlen. 



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Theorie und Praxis der Sachs-Georgi- und Wa8serraaDn-ll4?aktion. 403 


2) 481. \Va.E. negativ, aber deiitliche Heramung erkennbar. 8.-G.R. 
mit 2 Extrakten fraglieh und negativ. 

3) 148. Ulcus moUe, Lues fraglieh. 

4) 80. Wa.R. zeigt Eigenhemmung. 

5) 13. Hemiplegie. Eine friihere Gonorrhoe wird zugegeben. 

6) 30. Keine niiheren Angaben. 

Bei den divergenten Fallen hat die Wa.R. einiual moglicher- 
weise unspezifisch reagiert. Die S.-G.R. vielleicht ebenfalls 
einmal. Es ist schwer, zu entscheiden, ob die dbrigen diver¬ 
genten Faile auf unspezifischen Reaktionen bernhen, weil dafilr 
die naheren klinischen Angaben fehlen. 

Wenn wir unser Ergebnis zusammenfassend beurteilen, 
mussen wir feststellen, daB die S.-G.R. uns ira allgemeinen 
spezifische Resultate lieferle, daB sie ini allgemeinen in alien 
Stadien der Lues prozentual niehr positive Resultate ergab, 
wie die Wa.R., besonders bei behandelten Fallen. Es kann 
sich allerdings erst im Laufe der Zeit ergeben, ob die posi- 
tiven Reaktionen bei behandelten Fallen als fflr Lues charak- 
teristisch aufzufassen sind, wie das von einigen Autoren bereits 
jetzt angenommen wird, Oder ob sich hier ein schwerer Nach- 
teil der S.-G.R. offenbart. 

Ein weiterer Punkt ware bei deni Vergleich zwischen 
beiden Reaktionen noch zu berflcksichtigen. 

Bei der Wa.R. hatten wir im ganzen 5,35 Proz. Eigen¬ 
hemmung. Bei der S.-G.R. wurde in 8,28 Proz. der Faile 
die Alkoholkontrolle positiv. Diese hohe Zahl der positiven 
Kontrollen erkiart sich einmal aus dem verhaitnismaBig langen 
Aufbewahren der Sera, wie auch daraus, daB wir an einem 
Versuchstage, wie schon erwahnt, nur positive Kontrollen er- 
halten hatten. DaB das Lagern der Sera von EinfluB auf die 
S.-G.R. ist, wurde in einer besonderen Versuchsreihe erwiesen. 
Eine grSBere Anzahl von Wa.R. und S.-G.R. positiven und 
negativen Seren wurde 14 Tage, 3 Wochen und 4 Wochen 
nach dem ersten Ansetzen der Reaktion wiederum untersiicht. 
Dabei konnten wir kaum eine Abnahme der Intensitat der 
positiven Reaktion beobachten, sondern wir sahen sehr oft, 
daB bei diesen Wiederholungsuntersuchungen vorher negative 
Sera positive Resultate ergaben. Derselbe Befund konnte auch 
bei Wa.R. geniacht werden. 


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Liquoruntersuchungen. 

Lumbalfliissigkeiten standen uns nur in beschrankter An- 
zahl zur Verfiigung. Die meisten stammten aus der Landes- 
heilanstalt zu Marburg, und ich raochte auch an diesser Stelle 
dem Oberarzte der Anstalt, Herrn Dr. Giese, fOr freund- 
liche Ueberlassung der klinischen Diagnosen meinen verbind- 
lichsten Dank aussprechen. Insgesamt wnrden 15 Lurabal- 
fliissigkeiten untersucht. 8 stammten von Paralytikern, davon 
reagierten 6 nach beiden Reaktionen positiv, bei einer ver- 
sagte die Wa.R., bei einer die S.-G.R. — 7 Liquores waren 
negativ, darunter befanden sich Falle von Schizophrenie (2), 
Scharlach mit meningitischen Erscheinungen (1), Psycho¬ 
pathic (1), Tabes dorsalis (1), Encephalitis lethargica (1); die 
Liquores wurden nach der von Sachs-Georgi angegebenen 
Methode untersucht. Nach 5—10 Minuten langem Inaktivieren 
wurden 0,5, 0,25, 0,15 und 0,1 ccm unverdiinnt mit 0,5 ccm 
6-fach verdflnntem Extrakt versetzt. Wenn wir die Punktate 
ohne vorheriges Inaktivieren untersuchten, wie sie zur Wa.R. 
verwandt wurden, so konnten wir keine wesentlich anderen 
Resultate erzielen. Aufftlllig war uns die verhaltnismSBig hohe 
Zahl der nicht einwandfreien Alkoholkontrollen, welche die 
Beurteilung der Reaktion sehr erschwerten. Wir hatten bei 
der geringen Anzahl unserer Untersuchungen einmal eine 
positive Alkoholkontrolle, und 3mal wurde die Kontrolle als 
zweifelhaft bezeichnet. 

Neuerdings gibt F. K. Georgi (10) an, daB bei Steigerung 
der Untersuchungsmenge auf das Dreifache die Resultate mit 
der Ausflockungsreaktion besser werden, als mit der Wa.R. 

Wie von einer groBen Anzahl von Autoren betont wird, 
bildet eine der hauptsachlichsten Fragen bei der S.-G.R. wie 
bei der W'a.R. die Frage der Extraktbereitung. Nach den 
eingehenden Untersuchungen von Sachs und vieler anderer 
Autoren wird heute wohl angenommen, daB ein optimales 
Gemisch von verschiedenen Lipoiden das Wesentliche ist, was 
den Extrakt als „Antigen“ als geeignet erscheinen laBt. Wir 
selbst stellten uns zunfichst nach der Vorschrift von Sachs 
und Georgi fiir unsere Versuche Rinderherzextrakt her, 
welcher nach geeigneter Cholesterinierung sich auch als brauch- 


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Theorie und Praxis der Sachs-Georgi- und Waseermann-Reaktion. 405 

bar erwies. Da in dem Lipoidgehalt der Extrakte das Wesent- 
liche erblickt wurde, glaubten wir, annehmen zu dilrfen, in 
Extrakten aus Gehirn, welches dock bekannterniaBen sehr 
reichlich Lipoide enthSlt, brauchbare Extrakte zu finden. Es 
wurden also aus Rinderhirn Alkoholextrakte hergestellt nacli 
derselben Vorschrift, die Sachs fOr die Herstellung von 
Extrakt aus Rinderherz gibt. Die dergestalt hergestellten 
Extrakte wurden im VerhSltnis 1:1, 1:2 und 1:3 niit Alkohol 
verdiinnt. Und ebenso wurde den einzelnen Verdilnnungen 
noch ein Cholesterinzusalz in steigender Menge geben. 

Auch nach der Vorschrift fOr Extraktbereitung von 
Meinicke (24c) wurden aus Rinderhirn Extrakte hergestellt. 
Ebenso wurde ein Extrakt daraus nach Art von Lessors(20a) 
Aetherextrakt bereitet. 

Alle Versuche jedoch, die wir niit Extrakten aus Rinder¬ 
hirn anstellten, hatten kein brauchbares Ergebnis. Die Rinder- 
hirnextrakte erwiesen sich in jeder Form und Verdtlnnung als 
ungeeignet dadurch, daB sie einmal bei stark positiven Seren 
versagten, und auf der anderen Seite bei negativen Seren 
Flockungen ergaben. 

Vor der Verwendung der Extrakte wurde die Extrakt- 
vorprobe, welche Meinicke (24c) zur Prtlfung der Brauch- 
barkeit eines Extraktes fiir seine Reaktion und fiir die Wa.R. 
angibt, auch zur Vorpriifung von Extrakten fiir die S.-G.R. 
angewendet. Wir verfflgten nur iiber wenig Material, al)er 
bei den wenigen Vorversuchen, die wir anstellten, ergab sich, 
daB die Meinickevorprobe auch zur Extraktbeurteilung fflr die 
S.-G.-R. brauchbar zu sein scheint. Wir stellten den Versuch 
zunachst mit den Extrakten an, die sich bei uns in vielen 
Untersuchungen bereits bewShrt hatten und erhielten dabei 
Bilder, die den Angaben Meinickes in der Zeitschr. f. 
Immunitatsf. u. exp. Therapie, Bd. 27, Heft 6, p. 513, ent- 
sprechen. Wir verfuhren dabei folgendermaBen: 

Von physiologischer Kochsalzlosung wurden Verdiinnungen 1:2, 1:4 
und 1:8 bereitet. In 5 Rdhrchen komnien 0,5 ccm des zu untersnchenden 
Extraktes. In Rohrchen I werden dazu 0,5 ccm Aqua dest. hinzugesetzt. 
In R5hrchen II 0,5 ccm der Kochsalzverdiinnung 1:8, in III 0,5 ccm der 
Verdiinnung 1:4, in IV 0,5 ccm der Verdiinnung 1:2, und in V 0,5 ccm 
der physiologischen Kochsalzlosung. Nach dem schnell ausgefiihrten Pipet- 
tieren werden alle Rohrchen gut geschiittelt und bleiben 1—2 Stunden bei 


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Zimmertemperatur stehen. Bei einem branchbaren Extrakt soil das Wasser- 
rohrchen leicht getriibt erscheinen und einen hellgrauen Farbenton haben. 
Das Kdhrchen mit der Verdiinming 1:8 ist wesentlich starkergetrubt und 
hat einen ins Gelbliche spielenden Farbenton. Die drei anderen Eohrchen 
sollen dichte Triibung aufweisen. 

Wir konnten im allgemeinen schon sofort nach dem 
Mischen des Extraktes in dem Rohrchen mit der Koclisalz- 
liisung dieses charakteristische Geprage wahrnehmen, aller- 
dings deutlicher nach einigen Stunden. Wir versuchten anch 
mit unseren verschiedenen Rinderhirnextrakten die Meinicke- 
vorprobe und erhielten dabei gleichfalls mit alien Modifikationen 
ein anderes Aussehen der Versuchsrohrchen, als bei den 
brauchbaren Extrakten. Das Rohrchen mit Aqua dest. wies 
gewbhnlich eine viel hellere Triibung auf, als bei den brauch¬ 
baren Extrakten, und alle Rohrchen der Kochsalzverdunnung 
hatten denselben weiBlichen, nicht ins Gelbe spielenden Farben¬ 
ton, der sonst auftrat. Die Untersuchungen im Sachs-Georgi- 
versuch ergaben dann auch ein unspezifisches Verhalten der 
Extrakte, wie schon erwahnt. Die Meinickemethode der Extrakt- 
priifung verdient also auch nach unseren geringen Erfahrungen 
bei der Neuerprobung von Extrakten fiir die S.-G.R. zur vor- 
Ihufigen Orientierung uber die Brauchbarkeit angewandt zu 
werden. 

In einer Untersuchungsreihe wurde auch die Methode der 
fraktionierten Extraktverdiinnung, die Sachs empfiehlt, zur 
Verfeinerung der Brutschrankmethode angewandt. Es wurde 
so verfahren, daB die S.-G.R. auBer mit mehreren nach der 
gewohnlichen Methode verdiinnten Extrakten auch mit einem 
Extrakt angesetzt wurde, der nach dem Vorschlag von Sachs 
erst mit dem gleichen, dann nach etwa 10 Minuten mit dem 
4-fachen Volumen einer physiologischen Kochsalzlosung ver- 
setzt war. Es zeigte sich auch bei uns, daB auf diese Weise 
eine V'^erfeinerung der Methodik moglich ist. Aber es muBte 
auch konstatiert werden, daB nicht alle Sera in gleicher Weise 
mit dem fraktioniert verdiinnten Extrakt starker reagieren. 
224 Sera warden auf diese Weise untersucht. Dabei waren 
mit beiden ExtraktverdQnnungen 62 Fdlle positiv, 147 negativ, 
einmal war die Reaktion mit gewohnlich verdiinntem Extrakt 
allein positiv, 3mal die mit fraktioniert verdiinntem, 2mal 



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Theorie und Praxis der Sachs-Georgi- und Wassermann-Reaktion. 407 

ergab die Reaktion mit gewohnlicher Extraktverdunnung frag- 
liche Reaktion, 9mal die mit fraktioniert verdiinntem. Von 
den genieinsamen positiven Fallen reagierte der gewohnlich 
verdilnnte Extrakt 9inal, der fraktioniert verdUnnte 37mal 
starker. Beim Vergleich der mit denf fraktioniert verdflnnten 
Extrakt positiven Reaktionen mit den Wa.-R. ergab sich, daB 
einmal die Wa.R. positiv, 2mal die Wa.R. negativ war. 

In Heft 10 der Arbeiten aus dem Institut fur experimen- 
telle Therapie und dem Georg Speyer-Hause zu Frankfurt a. M. 
berichtet P. Neukirch (31) tiber den verstarkenden EinfluB 
von Eisschranktemperatur auf den Ausfall der S.-G.R. nach 
vorherigem Aufenthalt der Versuchsrohrchen im Brutschrank 
bei 37®. Wir wandten auch diese Methode zur Verfeinerung 
der Ergebnisse der Brutschrankmelhode an, und zwar ins- 
gesamt in 137 Fallen. 32mal batten wir sowohl nach 24 Stunden 
Brutschrank wie nach 5 Stunden Aufbewahren der Rohrchen 
bei Eisschranktemperatur und weiter nach 24 Stunden Auf¬ 
bewahren bei Eisschranktemperatur genieinsam positive Ergeb¬ 
nisse. 96mal gemeinsam negative Ergebnisse, 4mal erhielten 
wir nach 5 Stunden Stehen der Rohrchen bei Eisschrank¬ 
temperatur zweifelhafte Ergebnisse in vorher negativen Reak¬ 
tionen, und 3mal steigerten sich diese zweifelhaften Ergeb¬ 
nisse nach 24 Stunden Eisschranktemperatur zu positiven. 
Mit der Wa.R. verglichen, ergab sich, daB die Wa.R. bei den 
in Frage koramenden Seris nur einmal positiv war. In einem 
Falle handelte es sich zweifellos uni eine unspezifische Reaktion 
bei der Eisschrankmethode. Die klinische Diagnose zu diesem 
Falle lautete: Typhus oder Dysenterie. Bei 5 FSllen ergab 
die Eisschrankmethode positive Resultate in vorher negativen 
Reaktionsgemengen. Auch hier handelt es sich in 2 FMlen 
urn unspezische Reaktionen bei Typhus und Dysenterie, in 
einem Falle war klinisch eine Lues festgestellt, die aber eine 
spezifische Behandlung erhalten hatte. 

Zusammenfassung. 

Zusamraenfassend konnen wir feststellen, daB sowohl die 
Methode der fraktionierten Extraktverdunnung, wie die Eis¬ 
schrankmethode dazu dienen konnen, die S.-G.R. zu verfeinern. 
Allerdings wSchst damit die Gefahr der unspezifischen Reak- 


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408 


Joseph Tannenberg, 


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tionen. Einen wcsentlichen Unterschied zwischen der Ablesung 
nach 5 Stunden und 24 Stunden Aufbewahrung bei Eisschrank- 
temperatur konnten wir nicht feststellen. Sehr oft sahen wir 
nach 24 Stunden Brutschrank Reaktionen mit dem fraktioniert 
verdiinnten Extrakt schon positiv, die mit dem einfach ver- 
dflnnten Extrakt erst nach Aufbewahrung bei Eisschranktem- 
peratur positiv wurden, Diese Reaktionen mbchten wir nach 
unseren Erfahrungen fflr spezifisch halten und daher empfehlen, 
neben den nach der ursprtinglichen Methode verdiinnten Ex- 
trakten auch stets einen fraktioniert verdunnten Extrakt an- 
wenden und neben der Ablesung nach 24 Stunden Brutschrank 
eine zweite Ablesung vorzunehmen nach Aufbewahrung der 
Reaktionsgemenge bei 2—10° C. 

Am Schlusse mochte ich nicht verfehlen, deni Direktor des Hygienischen 
Institutes, Herrn Geheimrat Prof. Dr. Boohoff, fiir die weitgehende For- 
derung meiner Arbeit meinen verbindlichsten Dank auszusprechen. 

LIteraturverzeiclinis. 

1) Baumgartel, Munch, med. Wochenschr., 1920, No. 15, 26, 36. 

2) Blumenthal, Med. Klinik, 1919, No. 31. 

3) Eicke, Med. Klinik, 1919, p. 1314. 

4) — und Eose, ebenda, 1920, No. 36. 

5) Felke, Miiiich. med. Wochenschr., 1920, No. 45. 

6) — und Wetzel, ebenda, 1919, p. 1347. 

7) Fraenkel, Miineh. med. Wochenschr., 1919, p. 1047; Deutsche med. 
Wochenschr., 1919, No. 37. 

8) Friedemann, Ulrich, Zeitschr. f. Hyg., Bd. 67. 1910. 

9) Georgi, W., Zeitschr. f. Ininiunitiitsf. u. exp. Therapie, Bd. 27, 1918; 
Biochem. Zeitschr., Bd. 93, 1919; Dermatolog. Wochenschr., Bd. 68,1919. 

10) — F., Miineh. med. Wochenschr., 1920, No. 46. 

11) Gaethgens, Miineh. med. Wochenschr., 1919, No. 33. 

12) Gloor und Klinger, Zeitschr. f. Immunitatsf. u. exp. Therapie, 
Bd. 22, Heft 5. 

13) Hauck, Miineh. med. Wochenschr., 1919, No. 49; 1920, No. 13. 

14) Hertz, Inaug.-Diss. Bonn, 1919. 

15) Hinzelraann, Munch, med. Wochenschr., 1920, No. 14. 

16) Hiibschmann, Miineh. med. Wochenschr., 1920, No. 9. 

17) Kafka, Miineh. med. Wochenschr., 1918, No. 50. 

18) Keining, Inaug.-Diss. Marburg, 1920; Dermatol. Zeitschr., Bd. 30. 

19) Konitzer, Med. Klinik, 1919, No. 14. 

20) Lesser, Berl. klin. Wochenschr., 1909, No. 21; 1919, No. 10; Miineh. 
med. Wochenschr., 1918, No. 32. 



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Theorie und Praxis der Sachs-Georgi- und WaUernmnn-Reaktion. 409 

21) Lipp, Med. Khnik, 1918, No. 50; Munch, med. Wochenschr., 1918, 

p. 1200. 

22) Loens, Deutsche med. Wochenschr., 1913, No. 21. 

23) Mandelbaum, Miiuch. med. Wochenschr., 1918, No. 11, 43; 1920, 
No. 33, 43. 

24) Meinicke, Miinch. med. VV'ochenschr., 1918, No. 49; 1919, No. 19; 

1919, p. 932; Deutsche med. Wochenschr., 1919, No. 7; 1919, p. 660; 

1920, p. 13; 1920, No. 37; Zeitschr. f. Immunitatsf. u. exp. Therapie, 
Bd. 27, Heft 6, p. 513; Bd. 28, 1919, p. 2; Berl. klin. Wochenschr., 
1918, No. 4, p. 83. 

25) Merzweiler, Deutsche med. Wochenschr., 1919, No. 46. 

26) Messerschmidt, Deutsche med. Wochenschr., 1920, No. 6. 

27) Meyer, Med. Klinik, 1919, No. 11. 

28) Meyeringh, Zeitschr. f. Immunitatsf. u. exp. Therapie, Bd. 30, 1920, 
Heft 1. 

29) Nathan, Zeitschr. f. Immunitatsf. u. exp. Therapie. Bd. 29, Heft 1 
u. 6; Med. Klinik, 1918, No. 41. 

30) — und Weichbrodt, Miinch. med. Wochenschr., 1918, No. 46. 

31) Neukirch, Arb. a. d. Inst. f. exp. Therapie Frankfurt a. M., Heft 10; 
Med. Klinik, 1920. p. 69; Zeitschr. f. Immunitatsf. u. exp. Therapie, 
Bd. 29. 

32) Papamarkii, Med. Klinik, 1920, No. 36. 

33) Pesch, Munch, med. Wochenschr., 1920, No. 43. 

34) Plant, Zeitschr. f. d. ges. Neurologic, 1919, No. 52. 

35) Raabe, Berl. klin. Wochenschr., 1919, p. 1012. 

36) Reich, Deutsche med. Wochenschr., 1919, No. 7. 

37) Sachs, Deutsche med. Wochenschr., 1920, No. 3; Zeitschr. f. Immuni- 
tatsforschung u. exp. Therapie, Bd. 26,1917, Heft 5; Berl. klin. Wochen- 
Bchrift, 1916, No. 52; Kolloid. Zeitschr., Bd. 24, Heft 4. 

38) — und Georgi, Med. Klinik, 1918, No. 33; Miinch. med. Wochen- 
schrift, 1919, No. 16; 1920, No. 3; Arb. a. d. Inst. f. exp. Therapie 
Frankfurt a. M., Heft 6 u. 10. 

39) — und Rondoni. Berl. klin. Wochenschr., 1908, No. 44. 

40) Scheer, Miinch. med. Wochenschr., 1919, No. 32; Zeitschr. f. Immuni¬ 
tatsf orschung u. exp. Therapie, Bd. 30, Heft 2. 

41) SchSnfeld, Miinch. med. Wochenschr., 1920, No. 14. 

42) Somoggi, Miinch. med. Wochenschr., 1920, No. 43. 

43) Schriider, Med. Klinik, 1919, No. 21. 

44) Stilling, Arb. a. d. Inst. f. exp. Therapie Frankfurt a. M., Heft 10, 
p. 32 u. 70; Med. Klinik, 1920, No. 2. 

45) Weichard und Schrader, Med. Klinik, 1919, No. 6. 

46) Wendtlandt, Zeitschr. f. Immunitatsf. u. exp. Therapie, Bd. 30, 1920, 
Heft 2. 

47) Wodtki, Miinch. med. Wochenschr., 1920, No. 15. 

48) Wolf fen stei n, Berl. klin. Wochenschr., 1919, No. 47. 

49) Zurkelle, Dermat. Zeitschr., Bd. 28, p. 179. 


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410 


I. Tsukahara 


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Nachdruck verbolen. 

[Aus dem Institut zur Erforschung der lufektionskrankheiten in 
Bern (Direktor: Prof. Dr. G. Soberiiheim).] 

Vcrlaaf dcr Agglatiiiinbildung bei liifektioii normaler 
iiiid iiuiuiiiiisiertcr Ticrc. 

V^on Dr. I. Tsukahara. 

Mit 22 Abbildiingen im Text. 

(Eingegangen bei der Eedaktion am 10. Miirz 1921.) 

I. 

Die Agglutinine, die nach dem Ueberstehen einer Infektions- 
krankheit in dem Blute des Menschen zuriickbleiben, sind, wie 
bekannt, oft noch wochen- und monatelang nachweisbar. Be- 
sonders beim Typhus sind diese Verbaitnisse genauer studiert 
worden, weil bier die Aggliitinationsprufung in der Form der 
Widalschen Probe ein wichtiges diagnostisches Hilfsmittel 
darstellt. 

Schon von Anfang an war man sich der Fehlerquelle be- 
wufit, mit der die Serodiagnostik des Typhus infolge der 
langeren Persistenz der Agglutinine im Blute der Genesenen 
unter Umstanden zu rechnen hat. Bei einer neberhaften Er- 
krankung zweifelhaften Charakters ist ein positiver Ausfall 
der Widal schen Reaktion eben nicht beweisend, wenn der 
Betreffende einige Zeit vorher einen Typhus tiberstanden hat. 
Will man Trugschliissen begegnen, so ist die Anamnese des 
Falles sorgfaltig zu erheben und zu beriicksichtigen. 

In den Kriegsjahren sind nun aber weiterhin erhebliche 
Schwierigkeiten dadurch entstanden, daB die Armeen der 
kriegfiihrenden Lknder in groBtem Umfange der Typhus- 
schutzimpfung unterzogen worden sind, und daB auch unter 
der ZivilbevSlkerung sowie in anderen Landern vielfach Schutz- 
impfungen vorgenommen wurden. Da das Blut schutzgeimpfter 
Personen ebenso wie Kranken- und Rekonvaleszentenblut eine 
positive Widalsche Reaktion gibt und diese Eigenschaft noch 
iSngere Zeit nach der Impfung bewahrt, so war unter solchen 
Verhaltnissen der diagnostische Wert der Agglutinationsprobe 


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Verlauf d. Agglutininbildung bei Infekt. norm, u, immunis. Tiere. 411 

auBerordentlich herabgesetzt und eigentlich ganz in Frage 
gestellt. Einen befriedigenden Ausweg zu finden, ist nicht 
geglflckt. Es ist im gegebenen Fall nicht sicher zu entscheiden, 
ob ein positiver Widal bei Schutzgeimpften, die von einer 
fieberhaften Erkrankung befallen werden, auf diese Erkrankung 
zu beziehen ist oder aber auf die frQhere Schutzimpfung. 
Weder die StSrke der Agglutination noch das Ansteigen des 
agglutinatorischen Titers iin Verlaufe der Krankheit bieten 
eine sichere Gewfihr daftir, daB der Reaktion eine patho- 
gnomonische Bedeutung zukommt. 

Inwieweit die Mitagglutination von Paratyphus A-Bazillen, wie eie 
von Braun und Liefi empfohlen worden Ut, eine vbllige LSsung der 
Schwierigkeiten ermoglicht, durfte noch nicht geniigend klargestellt sein 
(vgl. Schafer, Schiirer und Goldschmidt). Das gleiche gilt von der 
Mitagglutination des B. enteritidis, auf die Dawson die Aufmerksamkeit 
gelenkt hat. Auch die Angabe von Dreyer und Walker, dafi bei 
Typhus das Maximum der Agglutinationswirkung stets zwischen dem 16. 
und 24. Tage der Erkrankung erreicht werde, was bei andersartigen In- 
fektionen nicht der Fall sei, lafit sich wohl in der Praxis nicht immer 
leicht verwerten. 

Die Frage wird fernerhin dadurch kompliziert, dafi schlummernde 
und Bcheinbar verschwundene Agglutinine unter dem Einflufi 
einer beliebigen fieberhaften Infektion offenbar wieder neu erweckt 
werden konnen. Durch Reifi, Zinfier und Kathe u. a. wurde auf 
diese Verhaltnisse aufmerksam gemacht, besonders haben dann aber 
Conradi und Bieling systematische Untersuchungen angestellt. Sie 
fanden, dafi bei Miliartuberkulose, Fiinftagefieber, Y-Ruhr, Malaria, Pneu- 
monie, Erysipel, Weil scher Krankheit, Mandelabszefi die Typhusagglutinine 
deutlich in die H5he gingen, zum Teil auf das 3-fache des Ausgangswertes, 
wenn es sich um schutzgeimpfte Personen handelte. Zu den gleichen Er- 
gebnissen gelangte Fleckseder, der in 70 Fallen fieberhafter Erkrankung 
eine Mobilisierung alter Typhusagglutinine feststellen konnte. Meistens 
riihrten die Agglutinine von einer friiheren Schutzimpfung her, teilweise 
auch von einem vor langerer Zeit uberstandenen Typhus. Weitere Beob- 
achtungen zeigen, dafi iihnliche Verhaltnisse auch bei anderen Krankheiten 
vorzuliegen scheinen. So kSnnen beispieisweise Ruhrgenesene, auch wenn 
ihre Erkrankung Ikngere Zeit zuruckliegt, spaterhin im Verlaufe einer 
Typhus-, Paratyphus-, Fleckfieberinfektion usw. einen ausgesprochenen 
Ruhr-Widal zeigen. Die positive Wassermannsche Reaktion, die gelegent- 
lich bei Fleckfieberkranken nachweisbar ist, beruht zum Teil auf un- 
spezifischer Nebenwirkung, zum Teil hilngt sie aber wohl auch mit friiher 
uberstandener Syphilis zusammen. Die Literatur fiber derartige Beobach- 
tungen ist namentlich in den Kriegsjahren sehr umfangreich geworden, 
und es liefie sich noch eine ganze Reihe ahnlicher Beispiele anffihren. 

Zeittchr. f, ImmunltiiUforfchun^. Ori«. hd. 32- 28 


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412 


1. Tsukahara, 


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Es leuchtet ein, da& das wissenschaftliche Interesse, 
das diese Frage bietet, fast noch groGer ist, als ihre prak- 
tische Bedeutung. Inwieweit der Serodiagnostik fflr die Zu- 
kunft Schwierigkeiten erwachsen werden, mufi sich zeigen, 
sobald die Zeit der umfangreichen Schutzimpfungen und der 
Durchseuchung groBerer Menschenmassen erst weiter zurflck- 
liegt. Fiir die Auffassung der Immunitatsreaktionen aber, 
sowie Uberhaupt fdr das ganze Iminunitatsproblem bei ge- 
wissen Infektionskrankheiten sind die erwahnten Erfahrungen 
von auBerordentlichem Werte. Wenn auch die Agglutinine 
vielleicht nicht unmittelbar als eigentliche Schutzstoffe an- 
gesehen werden dflrfen, so geben sie doch unzweifelhaft einen 
MaBstab ab fiir die Abwehrreaktion und die ReaktionsfShigkeit 
des Organismus. Findet man also, daB der Korper, der nach 
dem Ueberstehen einer Infektionskrankheit immun geworden 
und geblieben ist, auch wenn die Schutzstoffe bzw. Agglutinine 
aus seinem Blute wieder verschwunden sind, auf einen neuen 
unspezifischen Reiz hin diese Schutzstoffe in grSBeren 
Mengen neu zu produzieren und an das Blut abzugeben ver- 
mag, so erkennen wir damit ohne weiteres seine veranderte 
Reaktionsfahigkeit. 

So hat es denn nicht an Arbeiten gefehlt, die sich bemiiht 
haben, auch auf experimentellem Wege, im Tierversuch, 
das Problem weiter zu klaren. Zum besseren VerstSndnis ist 
es aber nbtig, zunadist zu beriicksichtigen, wie sich flberhaupt 
die AntikSrperbildung und das Auftreten von Anlikorpern im 
Blute immunisierter Tiere entwickelt. 

Schon Brieger und Ehrlich haben wohl als die ersten fiir das 
Tetanusantitoxin diese Verhiiltnisse studiert und graphisch dargestellt. Sie 
priiften den Antitoxingehait der Milch einer mit Tetanusgift immunisierten 
Ziege und konnten zeigen, dafi das Auftreten des Antitoxins wellenformig, 
und zwar in ganz gesetzmafliger Weise verlauft. Fiir das Diphtheric- 
antitoxin gelangten dann Salomonsen und Madsen zu iihnlichen Fest- 
stellungen. Bei ihren Untersuchungen, die an diphtherieimmunisierten 
Pferden vorgenommen wurden, ergab sich, dafi bei wiederholter Toxin- 
injektion auf die einzelne Einspritzung zuniichst ein starker Abfall des 
Antitoxingchaltes folgte, und dafi alsdann der Antitoxinwert iiber die ur- 
spriinglich vorhandene Grenze in stctiger Zunahme anstieg. Der H6he- 
punkt wurde nach etwa 9—12 Tagen erreicht. Im Gegensatz hierzu bcob- 
achtete Morgenroth, dafi bei Ziegen nach wiederholter Injektion von 
Lab der Antilabgehalt der Milch wieder rascher ansteigt und schon 



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Verlaiif d. Agglutininbildung bei Infekt. norm. u. immiinis. Tiere. 413 

nach 1 — 3 Tagen den Hohepunkt erreicht, ohne dafi es vorher zu einem 
Abfall des Antikorpergehaltes kommt. Fiir die hamolytischen Autikbrper 
liegen Untcrauchungen von Ehrlich und Morgenroth, Schutze und 
Scheller, Bulloch u. a. vor, die zum Teil nicht ganz iibereinBtimmende 
Ergebtiisse lieferten und zeigcn, daB die Injektionsdosis, die Art der In- 
jektion und die Individualitat der Versuchstiere wohl von Bedeutung sind. 
Nach intravenoser und intraperitonealer Injektion von Rinderblut fand 
Bulloch bei Kaninchen vom 4. Tage an einen kritiachen Eintritt dea 
Hiimolyaina in die Blutbahn und ein Maximum nach wenigen Tagen. 
Eine erneute Injektion bewirkte zunachat Abfall dea Hamolyaingehaltea, 
der aber gewbhnlich nach 24—36 Stunden wieder auageglichen iat; dann 
folgt haufig ein Anatieg uber den vor der Injektion vorhandenen An- 
fangawert. 

Verauche, die v. Dungern hinaichtlich der Bildung von Priizipi- 
tinen gegeniiber Maja- und Octopuaplaama vornahm, betreifen apeziell 
die Frage, inwieweit die Antikorperkurve bei eratmalig injizierten Tieren 
aich von der Antikorperkurve bei wiederholten Injektionen unteracheidet. 
Er konnte featatellen, daB normale Kaninchen nach intravenOaer Ein- 
apritzung von Majaplaama erat vom 5. bia 6. Tage an Prazipitin im Serum 
aufweiaen. Der Prazipitingehalt nimmt dann raach zu und erreicht achon 
nach ungefiihr 2 Tagen die hSchate Stiirke. Fiir Octopuaprazipitin war 
daa Verhalten ganz analog, nur daB das Prazipitin achon nach 4 Tagen 
nachweiabar war und nach 6 Tagen aeine atarkate Konzentration erreichte. 
Demgegeniiber eracheint bei apezifiach vorbehandelten Kaninchen der 
prazipitierende Antikorper nach erneuter intravenoaer Einfiihrung von 
Majaplaama fruhor ala bei eratmalig injizierten Kaninchen. Beaitzen die 
Tiere im Augenblick der erneuten Injektion noch einen hohen Antikorper- 
gehalt, ao folgt aofort auf die Einapritzung zunachat ein raacher Abfall 
der Prazipitine. Wichtig iat aber die weitere Beobachtung, daB auch 
aolche Kaninchen, welche in ihrera Blute gar keine AntikSrper 
mehr beaitzen und aich daher vom gewohnhchen Kaninchen anacheinend 
nicht mehr unteracheiden, auf die Einverleibung dea Antigena ebenfalla 
mit abgekiirzter Latenzperiode reagieren und zugleich mit deutlich 
veratarkter Antikdrperbildung. Daa Prazipitin laBt aich in aolchen 
Fallen achon am 3. Tage nach der Einapritzung im Blute nachweiaen. 

Der anaphylaktiache Antikorper entwickelt aich nach Fried- 
berger und Mit a beim vorbehandelten Tiere, wie aich mit Hilfe der 
Fieberreaktion nachweiaen liiBt, achon aehr friihzeitig, und zwar bereita 
24 Stunden nach der Antigenzufuhr. Auch daa „InkubationBBtadium“ 
verrat also durch den Temperaturanatieg die Antikbrperentwicklung, ob- 
wohl wir dieae durch die gewohnliche Unteraiichungatechnik der Antigen- 
AntikSrperreaktion in vitro zuniichat noch nicht zur ainnlichen Wahr- 
nehmung zu bringen vennogen. Die Antikorperbildung vollzieht aich ao- 
mit nicht kritiach, sondern allmiihlich. Die Beeinduaaung der Korper- 
jemperatur durch das artfremde EiweiB iat im ubrigen beim vorbehandelten 
Tier ganz enorm geateigert im Vergleich zum norraalen Tier. 

28* 


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414 


I. Taukahara, 


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Den biaher angefiihrten Unterauchungsergebniasen entsprechen im 
wesentlichen auch die Resultate, die man bezuglich der una bier im be- 
Bonderen interesaierenden Agglutininbildung erhalten hat. Wie 
Joergenaen und Madaen, Joergenaen, Staubli u. v. a. fanden, 
verlauft bei einer einmaligen Injektion (Typhua, Cholera, B. coli uaw.) 
die Aggliitininkurve in der Regel so, dafl nach einem Latenzatadium von 
2—3 Tagen ein Anstieg erfolgt, mit einem Maximum etwa um den 9. Tag, 
woraiif aich der Abfall langeam und kontinuierlich iiber liingere Zeit voU- 
zieht. Die Frage, in welcher Weiae daa vorbehaudelte Tier auf eine er- 
neute Bakterieneinverleibung mit Aggliitininproduktion reagiert, iat dem- 
gegeniiber nur vereinzelt gepriift worden, wenigatene soweit es aich urn den 
Fall handelt, daS die eratmalig erzengten Agglutinine wieder vollstandig 
Oder doch groStenteils ana dem Blute verschtvnnden aind. Verauche dieser 
Art hat achon vor liingerer Zeit Cole auagefiihrt. Dieser Autor machte 
es aich zur Aufgabe, an typhusimmuniaierten Tieren (Kaninchen), deren 
Agglutinationstiter wieder stark zuriickgegangen war, die Reaktionsfahigkeit 
gegeniiber einer zweiten Injektion von Typhuabakterien festzustellen. Die 
von ihm gewahlte Verauchsanordnung bestand darin, daS nach einmaliger 
Vorbehandlung der Kaninchen und Abainken dea Agglutinationstiters eine 
geringe Menge lebender Typhuskultur von neuem injiziert wurde, und 
zwar die kleinste Doaia, die nach Vorversuehen gerade noch auareichte, 
um bei normalen Tieren einen Auaschlag im Serum zu erzielen. Bei einem 
Kontrolltier bewirkte die Injektion einer solchen Bakterienmenge Oese) 
nur einen Agglutinationstiter von 1:50, wiihrend die vorbehandelten Tiere, 
deren Serum nur noch 1:100 bzw. 1:200 agglutinierte, auf die Injektion 
der gleichen Dosis ein agglutinierendes Serum von 1:900 lieferten. Es 
ergibt sich zugleich aus den der Arbeit beigegebenen Kurven, dafi die Ent- 
wicklung der Agglutinine aich bei den reinjizierten Iramuntieren in lang- 
samem Anstieg vollzog und nach ca. 8—10 Tagen ihren Hohepunkt 
erreichte. Die Reaktion war also gegenuber der Norm zwar deutlich ver- 
etarkt, aber nicht beschleunigt. 

Es wurde achon darauf hingewiesen, dafi namenllich fiir die Deutung 
der Typhusimmunitiit derartige V^ersuche erheblichen Wert liesitzen. Auch 
heute noch bestehen ja Meinungaverachiedenheiten uber daa Wesen der 
Typhusimmunitiit, und wahrend man auf der einen Seite die spezifischen 
Schutzstoffe, inabesondere die Pfeifferschen Baktcriolysine, ala die Ur- 
sache der Immunitiit betrachtet, nehmen andcre eine beaondere Gewebs- 
immunitat an. Die letztere Anschauung geht von der Tatsache aus, dafi 
liei Menschen, die einen Typhus iiberstanden haben und damit fiir lange 
Jahre, vielleicht fiir das ganze Ixiben typhusimmun geworden sind, der 
Immunitatszustand anscheinend nicht gebunden iat an die Anwesenheit 
der Immunatoffe des Serums. Auch wenn das Serum liingst frei von 
Agglntininen und Bakteriolysinen geworden iat, besteht die Immunitiit des 
Individuums noch fort. 

Es ist klar, tlalJ dieser SchluB kein zwingender ist, und 
es ist wohl mit Recht die Moglichkeit in Betracht gezogen 



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Verlauf d. Agglutininbildung bei Infekt. norm. u. immunis. Tiere. 415 

worden, daB auch nach deni Verschwinden der Schutzstoffe 
aus dem Blute der immunisierte Organismus doch noch eine 
erhShte Schlagfertigkeit bewahrt hat, d. h. bei einer neuen 
Infektion sofort in verstSrktem und beschleunigtem MaBe mit 
spezifischer Antikorperbildung zu reagieren vermag. 

Diese Auffassung ist neuerdings wieder voii Bessau stark betont 
und erlautert worden. Die Coleschen Versuche stiitzen sie. Ihr treten 
auf Grund von grbfieren Beobachtungsreihen v. Liebermann und Ac(51 
entgegen. Sie haben ihre Versuche an Meerschweinchen angestellt und 
neben anderen Fragen vor allem zu entscheiden gesucht, wie es sich mit 
dem erneuten Auftreten von Abwehrstoffen ini Blutserum verhalte unter 
dem EinfluB einer Reinjektion bei Tieren, die schon vor langerer Zeit gegen 
Typhus immunisiert wurden und tatsachlich immun sind, in ihrem ISerum 
aber keine bemerkenswerten bakteriziden usw. Eigenschaften mehr besitzen. 
Es zeigte sich in ihren Versuchen, daB ein Wiedererscheinen von spezifischen 
Antikdrpern (Agglutininen und Bakteriolysinen) zwar stattfindet, aber erst 
nach mehreren Tagen, also so spat, daB sie fiir die Abwehr nicht mehr in 
Betracht kommen. Bie lehnen demgemaB fiir den von ihnen studierten 
Fall der Typhusimmunitat die entscheidende VVirkung der spezifischen 
Berumstoffe ab und sprechen sich zugunsten einer rein zellul^n oder 
Gewebsimmunitiit aus. 

Hier sind nun aber auch alle jene Beobachtungen rait- 
heranzuziehen, die lehren, daB immunisierte Tiere selbst durch 
eine unspezifische Nachbehandlung, insbesondere durch 
Nachimpfung mit andersartigen Bakterien, zur Neuerzeugung 
der alten Immunstoffe gebracht werden konnen. 

Diese Frage ist spezLell fiir die Agglutininbildung von Dreyer und 
Walker naher untersucht worden. Bie haben Kaninchen mit abgetoteteii 
Eulturen von B. coli immunisiert und dann einige Zeit spiitcr, nachdem 
der Agglutinationstiter wieder stark heruntergegangen war, Nachimpfungen 
mit Staphylokokken oder Friedlanderbazillen und Streptokokken vor- 
genommen. Das Resultat war, daB diese Nachimpfungen den Aggluti¬ 
nationstiter fur B. coli auBerordentlich steigerten. Die Agglutininproduk- 
tion volizog sich dabei teils in fast unmittelbarem AnschluB an die Neu- 
impfung, teils nach einem Stadium des Stillstandes bzw. eines mehr oder 
minder starken Sturzes der Agglutinationswirkung. Schon vorher hatte 
Verney bei Immunisierung von Tieren mit mehreren Bakterienarten in 
einzelnen Versuchen eine ahnliche wechselseitige Beeinflussung gefunden. 
Fleckseder hat neuerdings am Menschen Beobachtungen angestellt und 
zugleich gezeigt, daB auch nichtbakterielle, fiebererzeugende Substanzen, 
wie Deuteroalbumose und Nukleinsaure, imstande sind, eine „Ausschwem- 
mung“ von Agglutininen in die Blutbahn zu bewirken. Das entspricht 
den alteren Angaben von Dicudonn4 (Hetol) u. a. 


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416 


I. Tsukahara, 


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Es Bind dann vonConradi und Bieling weitere eingehende Unter- 
suchungen iiber die Wirkung eines unspezifischen Bakterienreizes bei vor- 
behandelten Tieren vorgenomraen worden. Sie impften Kaninchen zu- 
nachst mit abgetoteten Typhusbazillen (intravenos) und spritzten ihnen 
einige Tage spiiter, nach Abfall des agglutinatorischen Titers, lebende Coli- 
bazdlen bzw. Ruhrbazillen (Shiga-Kruse) oder Diphtberiebazillen ein. 
In jedem Falle erhielten sie einen betrachtlichen Wiederanstieg der Typhus- 
agglutinine. Auch umgekehrt liefl sich durch die Nachbehandlung mit 
abgetoteten Typhusbazillen bei einem prunar mit Paratyphus A-Bazillen 
immunisierten Kaninchen eine starke Vermehrung der Paratyphusaggluti- 
nine herbeifiihren. In diesem Falle, wie auch bei der Reaktivierung der 
Typhusagglutinine durch Ruhrbakterien, folgte der Anstieg des Aggluti- 
nationstiters fiir die primiLre Bakterienart dem Anstieg des Titers fur die 
sekundiir injizierten Bakterien. Dies sei im Hinblick auf die folgeiiden 
Untersuchungen von Biel in g sehon hier hervorgehoben. Conradi und 
Bieling haben das Phanomen des Wiederauflebens von Agglutininen 
unter der Eiiiwirkung einer neuen unspezifischen bakteriellen Infektion mit 
der sehr treft'enden Bezeichnung der „anamnestischen Serumreak- 
tion“ belegt. 

Die weitere von Bieling vorgenommene Analyse der Vorgange bei 
Reinjektionen beriicksichtigt neben der Einspritzung fremder Bakterien- 
arten auch die Reinjektion der gleichen Art. Seine Versuche, die er eben- 
falls an Kaninchen ansteUte, beziehen sich auf Ruhrbazillen (Typus Shiga- 
Kruse und Y) und Typhusbazillen und gipfeln in dem Resultat, dafi die 
Agglutininkurve der anamnestischen Reaktion sich grund- 
satzlich von einer gewohnlichen Agglutininkurve unter- 
Bcheidet. Nach seinen Beobachtungen ist die anamnestische Reaktion 
dadurch charakterisiert, dafi die vermehrte Agglutininbildung ohne In- 
kubation, sofort nach der Injektion, beginnt und in den meisten Fallen 
einen wellenformigen Verlauf mit zwei Gipfeln zeigt. Sie liiBt sich aber, 
wie erwiihnt, nur durch einen unspezifischen Reiz erzielen, d. h. wenn die 
Nachbehandlung mit andersartigen Bakterien vorgenommen wird. Die 
Kurve, die dem Antigen der Nachbehandlung entspricht, zeigt das gewohn- 
liche Verhalten, also einen allmahlichen Anstieg, der erst einige Zeit nach 
der Injektion einsetzt. Entgegen den Angaben von Conradi und Bie¬ 
ling wiirde hiernach die sekundare Agglutininkurve der primiiren folgen, 
nicht umgekehrt. Bemerkenswert ist ferner, daS nach den Untersuchungen 
Bielings eine Nachbehandlung mit der homologen Bakterienart zwar 
ebenfalls einen Wiederanstieg der Agglutinine bewirkt, aber nicht nach 
dem Typus der anamnestischen Kurve, sondern in langsamer Entwicklung, 
ahnlich wie bei erstmalig injizierten Tieren. 

Schon diese kurze Literaturiibersicht, die keineswegs den 
Anspruch auf Vollstandigkeit macht, iSBt erkennen, daU in 
einer Reihe von Punkten die Feststellungen der Autoren aus- 
einandergehen. DaB die Reinjektion des homologen Antigens 


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Verlauf d. Agglutininbildung bei Infekt, norm. u. immunis. Tiere. 417 

in der Regel eine verstSrkte Reaktion zur Folge hat, wird 
zwar meistens anerkannt, doch trifTt dies anscheinend nur 
dann zu, wenn der AntikSrpergehalt vorher nicht wieder voll- 
stSndig zur Norm abgesunken war. In dem letzteren Falle 
wollen, wie erwahnt, z. B. v. Liebermann und Ac61 einen 
Unterschied zwischen einer prirnSren und sekundaren Re¬ 
aktion nicht beobachtet haben. Auch hinsichtlich der Art und 
Weise, wie sich die sekundSre Antikbrperkurve, im besonderen 
die Agglutininkurve, entwickelt^ findet man widersprechende 
Angaben. Teils soil der erneute Anstieg rasch und unmittel- 
bar einsetzen, so daB schon hierin ein wesentlicher Unterschied 
gegeniiber der Reaktion eines normalen Tieres liegen wiirde, 
teils wird angegeben, daB auch die Reinjektion ganz wie eine 
erstmalige Impfung die Antikbrper (Agglutinine) erst nach 
einem gewissen Inkubationsstadium im Blute auftreten IftBt; 
und endlich zeigt sich in einer Reihe von Fallen, daB die Re¬ 
injektion erst nach der bekannten „negativen Phase^, also 
einem vorflbergehenden Absturz der Antikorper, zu einem er- 
neuten und verstarkten Anstieg fuhrt. Es ist klar, daB neben 
individuellen Besonderheiten des einzelnen V’’ersuchstieres die 
Bakterienart, die Dosierung, der Infektionsmodus und vor 
alien Dingen der Zwischenraum zwischen den einzelnen In- 
jektionen von groBter Bedeutung sein niQssen und vermutlich 
die eben berflhrten WidersprOche zum groBen Teil erklaren. 

Auch die „anamnestische“ Reaktion erscheint nach den 
vorliegenden Verbffentlichungen noch nicht vollig gekiart. Ins- 
besondere zeigen die hierdurch bedingten Agglutininkurven 
(anamnestische Agglutininkurven) mancherlei UnregelmaBig- 
keiten und Widersprflche. Ich babe es daher gern unter- 
nommen, diese Frage zum Gegenstand eigener experimenteller 
Prflfung zu machen. 

II. 

Meine eigenen Versuche beschaftigen sich mit der Frage, 
wie vorbehandelte Tiere auf die Injektion der gleichen 
Oder aber einer anderen Bakterienart mit Antikbrperbildung 
reagieren. Als MaBstab wurde die Agglutininbildung 
genommen. Es sollte nach Moglichkeit erstrebt werden, die 
Reinjektion erst dann vorzunehmen, wenn der durch die erste 


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418 


I. Tsukahara, 


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Einspritzung bedingte Agglutiningehalt des Blutes winder voll- 
standig verschwunden war. Leider lieBen sich die Versuchs- 
bedingungen in dieser idealen Weise meist nicht erfflllen, in- 
dem die Tiere selbst nach monatelangem Zuwarten immer 
noch eine*verhaitnismaBig starke Agglutinationskraft des Serums 
von 1:100, 1: 200 und selbst noch raehr aufwiesen. Obwohl 
die Vorbehandlung immer nur in einer einmaligen Einspritzung 
einer relativ kleinen Dosis bestand, waren die Folgen der Re- 
aktion oft noch lange Zeit nachweisbar. Auch kam hinzu, 
daU durch unvorhergesehene Zwischenfaile (Stallinfektion) viele 
der Ikngere Zeit aufbewahrten Tiere wahrend des Versuches 
eingingen. Immerhin war es uns mSglich, bei einer An- 
zahl von Versuchstieren die Beobachtung in der gewtinschten 
Weise durchzufuhren. 

Die Versuche warden an Kaninchen vorgenommen. Vor jedem 
Versuch und ebenso vor jeder Neueinspritzung wurde das Serum des Tieres 
auf seine agglutinierenden Eigenschaften gepriift. Die Kulturen, die zur 
Verwendung gelangten, waren ein Typhusstamm (Typhus Str.), femer 
drei Stamme von Y-Ruhrbazillen (Sttlmme Fr., B., Brg.), sowie ein 
Cholera- und ein Paraty phusstamm. Zur Impfung der Tiere dienten 
Aufschweramungen frischer Agarkulturen in physiologischer Kochsalzlosung, 
die teils lebend, teils abgetdtet injiziert wurden. In dem letzteren Falle 
wurde die Abtbtung durch einstiindiges Erhitzen auf 70“ im Wasserhad 
vorgenommen; vor der Verwendung der Aufschwemmung wurde die Sterili- 
tat durch Verimpfung eines grofien Tropfens auf Nahrbouillon kontrolliert. 
Die Einspritzungen erfolgten stets intravenhs, und zwar so gut wie aus- 
nahmslos mit der stets gleichen Bakterienmenge von Oese. 

Es wurde mit Absicht sowohl zur Vorbehandlung als 
auch zur Nachbehandlung diese stets gleichbleibende relativ 
kleine Bakteriendosis gewahlt, weil sich einmal gezeigt hatte, 
daB hierdurch auch schon beim normalen Tier relativ starke 
Ausschlkge zu erhalten sind und weil es uns ferner, speziell 
fur die Nachbehandlung, erwiinscht schien, khnlich wie Cole, 
Bieling u. a. gerade die Wirkung geringer Bakterienmengen 
zu studieren. DaB uberdies bei erstmalig gespritzten Tieren 
die Hoffnung bestand, nach Anwendung kleiner Dosen die 
Agglutinine wieder rasch aus dem Blute verschwinden zu 
sehen, wurde bereits vorher erwahnt. 

Die Zeit zwischen Vor- und Nachbehandlung schwankte 
zwischen 4 Wochen und 6 Monaten. NSheres dariiber ist aus 
den einzelnen Versuchen zu ersehen. 



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Verlauf d. Agglutininbildung bei Infekt. norm. u. immunis. Tiere. 419 

Die Agglutinationspnifung vollzog sich so, dafi den Versuchstieren 
im Anschlufi an die 1. oder 2. Irapfung t&glich kleine Blutproben aus der 
Ohrvene entnommen warden, am 1. Tage zwei Proben, und zwar 2 Stunden 
und 6 Stunden nach der Impfung. Die Blutentnahme wiirde bis zu 2 und 
3 Wochen nach der Impfung fortgesetzt. Bei der Anstellung der Aggluti¬ 
nation, die sich stets auf die sechs genannten Bakterienstiimme bezog, 
wurde in der ublichen Weise verfahren. Die Kbhrchen warden zunachst 
2 Stunden im Brutschrank bei 37° und alsdann noch ca. 20 Stunden bei 
Zimmertemperatur gehalten, das Resultat makroskopisch untcr Lupen- 
kontrolle bei elektrischem Licht feetgcstellt und sowohl nach 2 Stunden 
ala auch nach 24 Stunden notiert. Bei dem Typlnisatamm und bei ein- 
zelnen Ruhrat&mmen ergab sich gelegentlich bei 24-stundiger Beobachtung 
ein hoberer Agglutinationatiter, doch waren im allgemcinen die Unterschiede 
in den Ergebnissen der 2-8tundigen und 24-stundigcn Beobachtungsdauer 
nicht sehr wesentlich. 

ZunSchst sollte ermittelt werden, wie sich die Agglnti- 
ninbildung bei normalen Kaninchen vollzieht, unter 
Verwendung unserer Stamme und nach intravenOser Injektion 
unserer Gebrauchsdosis von ‘/lo Oese. Der erste Versuch 
wurde mit dem Typhusstarain angestellt. Den Verlauf ver- 
anschaulicht Fig. 1. 


0 1 2 3 4 5 fl 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 



Fig. 1. Eaninchen 2, 1400 g. Behandlung: Typhus (Str.) 14. XL 
1919. ‘/,j Oese, lebend, intravenbs. 

Es geht daraus hervor, daB das Serum des Tieres zu Be- 
ginn des Versuchs vollkommen frei von Typhusagglutininen 
war und erst vom 3. zum 4. Tage nach der Impfung einen 
erkennbaren Agglutiningehalt aufwies. Der HShepunkt wurde 
am 8. Tage erreicht. Die Agglutinationskraft des Serums er- 
hielt sich bis zum 11. Tage in gleicher Starke und blieb noch 
weiterhin bis zum 19. Tage ebenfalls hoch, urn dann an- 


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I. Tsukahara, 


scheinend abzusinken. Also offenbar der gewohnliche, auch 
sonst meist beobachtete Verlauf. Bemerkenswert ist hochstens, 
daB die einmalige Einspritzung einer so geringen Menge 
lebender Kultur schon einen Agglutinationstiter von 1:8000 
hervorbrachte. Was uns aber von besonderer Bedeutung er- 
scheint, sind die gleichzeitig miteingetragenen Kurven der 
Ruhragglutinine. Hier ist es namentlich der Stamm Fr., der 
eine ziemlich starke Mitagglutination erkennen laBt. Aof 
diese Tatsache sei schon hier verwiesen, weil, wie wir spater 
sehen werden, die Beriicksichtigung der Mitagglutination un* 
erlSBlich ist, wenn man bei vorbehandelten Tieren iiber die 

Frage der sekundaren Reaktion 
bzw. der anamnestischen Reaktion 
ins klare kommen will. In der 
bisherigen Literatur scheint uns 
diesem Umstand nicht immer in 
erforderlicher Weise Rechnung ge- 
tragen zu sein. 

Ein zweiter Versuch, unter 
den gleichen Bedingungen vor- 
genommen, nur mit dem Unter- 
schiede, daB statt lebender Bak- 
terien eine abgetotete Typhus- 
kultur Verwendung land, lieferte, 
wie Fig. 2 lehrt, ganz uberein- 
stimmende Ergebnisse: Auch hier 
vom 3. zum 4. Tage Auftreten der 
Typhusagglutinine und ziemlich 
betrSchtliche Mitagglutination des Stammes Y-Ruhr Fr. Wegen 
friihzeitigen Todes des Versuchstieres konnte die Beobachtung 
nicht iiber den 7. Tag hinaus fortgesetzt werden, doch gibt 
der Verlauf bis dahin schon den gewunschten Ueberblick. 

Wie vollzieht sich nun die Agglutininbildung bei 
erneuter Injektion von Typhusbakterien? Hierfiir 
sei als Beispiel Fig. 3 angefiihrt. Der Versuch betrifft ein 
Kafiinchen, das mit lebender Typhuskultur (Vio Oese) gespritzt 
worden war, einen Agglutinationstiter von 1 :8000 erlangt 
hatte, dann wieder in seinem Agglutiningehalt bis auf 1:200 
heruntergegangen war. An diesem Zeitpunkt, und zwar mehr 



Paratyphus und Cholera nicht 
agglutiniert. 


Fig. 2. Kaninehen 11, 1650 g. 
Behandlung: Typhus (Str.) 
8. I. 1920. Vio Oese, abgetotet, 
intravenos. 


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Verlauf d. Agglutininbildung bei Infekt. norm. u. immunis. Tiere. 421 

als 6 Monate seit der ersten Einspritzung, wurde die zweite 
Impfung vorgenoininen. Der erneute Anstieg und der ganze 
Verlauf, wie ihn Fig. 3 zeigt, ist durchaus charakteristisch fUr 
die Reaktiou, wie wir sie auch sonst bei Typhus, Ruhr und 
anderen Bakterienarten iminer wieder gesehen hahen und 
spSter noch weiterhin kennen lernen werden. Es unterscheidet 
sich eben diese sekundare Kurve in keiner nennenswerten 
Weise von einer primSren Agglutininkurve bei erstmalig in- 
jizierten Tieren. Die Agglutination ist zwar, wenn sie zum 



Cholera nicht beeinfluflt, Paratyphus bis 1:200 raitagglutiniert. 

Fig. 3. Kaninc.hen 4, 1800 g. 

Vorbehandlung: Typhus (Sir.) 22. V. 1919. '/to Cese, lebend, intravenos. 
Nachbehandlung: Typhus (Str.) 1. XII. 1919. ‘/,a Oese, lebend, intravenSs. 

Anm.: Die mit a, b, c bezeichneten Rubriken geben an: den Titer 
vor Beginn der Behandlung (a), den hochsten Agglutinationstiter, der nach 
der ersten Injektion erreieht wurde (b), und den Titer am Tage vor der 
zweiten Impfung (c). 

Hohepunkt gelangt, eine etwas weitergehende (1:32000) als 
nach der ersten Einspritzung (1 :8000), doch iSGt sich dieser 
starkere Ausschlag wohl ohne weiteres darauf zurfickfiihren, 
daB der Titer des Serums schon im Augenblick der Reinjek- 
tion 1:200 betragen hatte. Jedenfalls findet auch bei der 
Reinjektion das Auftreten der Agglutinine erst nach einem 
Latenzstadium von 2—3 Tagen statt, und wenn auch in dem 
hier vorliegenden Beispiel das erste Auftreten der Aggluti¬ 
nine und der Gipfelpunkt der Kurve um je 1 Tag frilher zu 


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422 


I. Tsukahara 


verzeichnen waren als z. B. in Versuch 1, so handelt es sich 
doch offenbar nur um Zufalligkeiten ohne prinzipielle Be- 
deutung. Das zeigt der Vergleich niit manclien der spateren 
Kurven. Eine starkere Mitaggiutination des Ruhrstammes Fr., 
entsprechend dem hSheren Titer des Serums, ist wiederum zu 
beobachten. 

In gleicher Weise wurden nun die Verhaitnisse gegen- 
iiber Ruhrbakterien geprfift. Zur Behandlung des Tieres 
wurde der Stamm B. gewahlt. In Fig. 4 sind die 3 Aggluti- 
nationskurven fur die Y-Ruhrstamrae B., Fr. und Brg. wieder- 

gegeben. Auch 
hier haben wir 
etwa den gleichen 
Verlauf wie bei 
der Typhuskurve, 
d. h. nach einem 
Inkubationssta- 
dium von 3 bis 
4 Tagen ziemlich 
steilen Anstiegder 
Agglutinine mit 
Typhus. Paratyphus und Cholera nicht agglutiniert. einem Hohepunkt 

Fig. 4. Kaninchen 24, 2000 g. Behandlung: vom 7. bis 9. Tage, 
Ruhr Y (B.) 30. I. 1920. V,o Oese, abgetdtet, intra- ginen weiteren 
vends. 

Hochstand vom 

10. bis 14. Tage und folgendes Absinken. Die Agglutinations- 
kurve ist fflr alle 3 Ruhrstamme ungefahr die gleiche. Der 
Stamm Fr. zeichnet sich also nicht etwa durch eine besonders 
leichte Agglutinierbarkeit aus. 

Versuch 5 betrifft die Wirkung der Reinjektion von 
Ruhrbakterien bei einem fruher mit Ruhrbakterien vor- 
behandelten Tier. Fur beide Einspritzungen wurden lebende 
Bakterien verwendet. In diesem Falle war vor der Reinjektion 
der Agglutinationstiter von 1:2000 auf 1:50 abgesunken, also 
wieder nahezu vollstandig verloren gegangen. Hierzu hatte 
es einer Zeit von fiber 5 Monaten bedurft. Die erneute Ein- 
spritzung von Ruhrbakterien ffihrte nun aber, wie Fig. 5 lehrt, 
zu einer besonders intensiven Erzeugung von Agglutininen, 
so daft das Serum schlieSlich einen Titer von 1:16000 auf- 


I 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 10 15 




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Verlauf d. Agglutininbilduiig bei InFekt. norm. u. immunis. Tiere. 423 

wies. Unzweifelhaft hat hier bei dem vorbehandelten Tier die 
Einverleibung der gleichen Bakterienmenge eine ungleich stSr- 
kere Agglutininproduktion angeregt, als ursprQnglich bei dem 
normalen Tier. Die ReaktionsfShigkeit war in diesem Falle 
gegenflber der Norm sicher sehr erheblich verstSrkt, was wohl 
nur auf den durch die erste Injektion veranderten Zustand 
des Organismus zuruckgefUhrt werden kann. Im iibrigen ist 
aber auch bier eine beschleunigte AntikSrperbildung nicht 
deutlich erkennbar. Im wesentlichen ontwickelt sich die Agglu- 
tininbildung bzw. das Auftreten der Agglutinine im Blutserum 


a be 1 2 3 4 5 e 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 



Fig. 5. Kaninchen 1, 2050 g. 

Vorbehandlung: Ruhr Y (B.) 22. V. 1919. Vio Oese, lebend, intravenos. 
Nachbehandlung: Ruhr Y (B.) 3. XI. 1919. Oese, lebend, intravenbs. 

in der Zeit vom 3.—8. Tage. Das plotzliche Aufschnellen 
des Agglutinationstiters am 1. Tage, sebon 2 Stunden nach 
der Einspritzung, dem aber gleich wieder ein Absinken folgt, 
kann kaum als beschleunigte Reaktionsfabigkeit gedeutet 
werden. Es sei schon hier bemerkt, dali diese Kurvenzacke 
eine gewisse Aehnlichkeit besitzt mit dem von B i e 1 i n g 
fOr die anamnestische Kurve f(ir charakteristisch gehaltenen 
Verlauf. 

In den nachsten Versuchen wurde weiterbin gepriift, wie 
sich die Agglutininbildung gestaltet, wenn nicht die homologe, 
sondern eine andersartige Bakterienart zur Nacbbe- 
handluug verwendet wird. Es dienten hierzu die beiden 


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424 


I. Tsukahara, 


gleichen Stamme, die wir bisher gesondert betrachtet haben, 
namlich Typhus Str. und Y-RuhrB. Die Versuchsanord- 
nung bestand darin, daB einige Tiere zuerst mit Typhus und 
spater mit Ruhr behandelt wurden, andere Tiere umgekehrt 
zuerst mit Ruhr und spaterhin mit Typhus. Wir fflhren als 
Beispiele 5 Versuche an. 

Die beiden Versuche, die sich auf den Fall der Vorbe- 
handlung mit Typhus und Nachbehandlung mit Ruhrbakterien 
beziehen, sind in mehrfacher Hinsicht von Interesse. Bei 
dem eiuen Tier (Fig. 6) war der Agglutinationstiter von 1:4000 
wieder heruntergegangen auf 1:1000, und zwar im Verlauf 
von 2 Monaten. Als nun eine Einspritzung von Ruhrbakterien 
vorgenominen wurde, zeigte, abgesehen von einem kurzen Ab- 

Fig. 6. 

Kaiiinchen 37, 2000 g. 

Vorbehandlung: Typhus 
(StrA 1. IV. 1920. 
*/,o Oese, abgetotet, 
intravenos. 

Nachbehandlung: Ruhr 
Y (B.). 3. VI. 1920. 
Vio Oese, abgetotet, 
intravenos. 

Paratyphus und Cholera 
nicht beeinflufit. 

sinken am 1. Tage, die Agglutininkurve bis zum 5. Tage 
keinerlei Veriinderung, stieg dann langsam an, um am 9. Tage 
wieder den Titer von 1:4000 zu erreichen. 

Wir sehen also auf den unspezifischen Reiz der 
Ruhrbakterien hin auch die Typhusagglutinine wieder zu- 
nehmen, jedoch nur in mSBigem Grade und in einer Form, 
die sich kaum unterscheidet von dem Verlauf einer primSren 
Agglutininkurve. Sie ist insbesondere charakterisiert durch 
ein Latenzstadium, das sogar linger ist als gewShnlich, 
und zeigt nicht den unmittelbaren Anstieg am 1. oder 2. Tage, 
wie ihn Bieling als ein Charakteristikum der anamnesti- 
schen Kurve beschrieben hat. Der Vergleich mit der Ruhr- 
agglutininkurve ist in dieser Hinsicht besonders lehrreich 
insofern, als der Verlauf beider Kurven im groCen und ganzen 
der gleiche ist und die „anamnestische“ Kurve (Typhuskurve) 



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Verlauf d. Agglutininbildung bei Infekt norm. u. immunia. Tiere. 425 


sich von der Kurve des 2. Antigens (Ruhrkurve) ganz gewiB 
nicht wesentlich unterscheidet. Auffallend ist nur, daB die 
Injektion von Ruhrbakterien in diesem Falle eine verhSltnis- 
mSBig schwache Agglutininreaktion zur Folge gehabt hat, und 
man konnte daran denken und die Frage aufwerfen, inwieweit 
etwa umgekehrt die vorausgegangene Typhusbehandlung die 
Wirkung des sekundaren Antigens beeinduBt. Es gewinnt 
bei diesem Versuch fast den Anschein, als reagierte ein mit 
Typhusbakterien vorbehandeltes Tier auf die Einverleibung 
von Ruhrbakterien nicht raehr in gleicher Weise mit Agglutinin¬ 
bildung, wie ein nonnales Tier. DaB dem aber doch nicht so 
ist, ergibt sich aus dem folgenden Beispiel. 

Hier (Fig. 7) zeigt sich, daB das vorbehandelte Tier nach 
Reinjektion mit Ruhrbakterien betrachtliche Mengen von Ruhr- 


Fig. 7. 

Kaninchen 27, 1800 g. 

VorbehandluDg; Typhus (Str.) 30.1. 
1920. Vio Oese, abgetotet, intra- 
TCnOB. 

Nachbehandlung: Ruhr Y (B.) 5. III. 
1920. ‘/lo Oese, abgetotet, intra- 
venfts. 



agglutininen bildet, die dem Serum einen Titer von 1 :2000 
Oder vielleicht noch hoher verleihen. Sonst scheint dieser 
Versuch, der durch frflhzeitigen Tod des Tieres am 6. Tage 
abschloB, etwa die gleichen VerhSltnisse zu ergeben, wie der 
vorige. Die anamnestische Kurve zeigt auch hier erst vom 
4.-5. Tage an einen Anstieg zu der friiheren H6he. Eine 
sofort am 1. Tage erkennbare, am 2. Tage aber wieder ver- 
schwundene Zunahme der Agglutinine ist bemerkenswerter- 
weise nicht nur fiir die anamnestische Typhuskurve, sondern 
auch fiir die sekundare Ruhrkurve zu verzeichnen. 

Die folgenden 3 Versuche betreffen den umgekehrten Fall, 
als die beiden zuletzt besprochenen, namlich Vorbehandlung 
mit Ruhrbakterien und Nachbehandlung mit Typhusbazillen. 
Die 3 Kaninchen, fast genau von der gleichen GroBe, genau 


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1. Tsukahara, 


rail der gleichen Bakteriendosis geimpft, genau nach der 
gleichen Zeit, namlich nach fast 3 Monaten, reinjiziert und 
auch diesmal wieder genau init der gleichen Bakterienmenge, 
lieferten ziemlich ahnliche, aber doch nicht v6llig iiberein- 
stimmende Resultate. 

Wie zunachst aus Fig. 8 hervorgeht, war bei dem ersten 
Tier infolge der Ruhrimpfung (Y B.) der Agglutinationstiter 
fOr Ruhrbakterien bis zu dein Titer von 1:2000 angestiegen, 
dann aber bis auf 1 :100 abgefallen. Die alsdann vorgenora- 
mene Nachimpfung mit Typhusbakterien bewirkte an den ersten 
Tagen geringe Auf- und AbwSrtsbewegungen der Ruhraggluti- 
nationskurve, dann einen starkeren Anstieg mit dera Gipfel- 



Fig. 8. Kaninchen 42, 2300 g. 

Vorbehandlung: Ruhr Y fB.) 1.IV. 1920. ‘/.g Oese, abgetStet, intravenSs. 
Nachbehandlung: Typhus (Str.) 23. VI. 1920. 7,oOe8e, abgetotet, intravends. 


punkt am 8. Tage (1 : 1000) und weiter anschlieBend ira wesent- 
lichen ein Gleichbleiben des Titers bis zum 16. Tage, wo der 
Abfall wieder einsetzte. Die Kurve der Typhusagglutination 
bietet das gewbhnliche Bild: Auftreten von Agglutininen am 
4. Tage, steiler Anstieg bis zum Hdhepunkt am 6. Tage, 
Abfall vom 16. Tage an. Die anamnestische Ruhrkurve unter- 
scheidet sich also auch hier nicht grundsStzlich von der dem 
2. Antigen (Typhus) entsprechenden Kurve, denn die kleinen 
voriibergehenden Erhebungen an den beiden ersten Tagen 
konnen kaum als bedeutsam angesprochen werden, und die 
Wiederzunahme der Agglutinationswirkung eilt jedenfalls der 


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Verlauf d. Agglutininbildung bei Infekt. norm. u. immunis. Tiere. 427 


Typhusagglutination nicht voraus. Im Gegenteil, der H6he- 
punkt wird erst spater erreicht als der der Typhuskurve. 
Bemerkenswert ist auch der Vergleich mit der Agglutinin- 
kurve fflr den Y-Ruhrstamm Fr., also einen Ruhrstamm, der 
nicht zur Vorbehandlung benutzt worden war, aber, wie frtlher 
mehrfach hervorgehoben, durch seine starke Mitagglutination 
durch Typhusserum ausgezeichnet ist. Hier vereinigt sich 
also die Wirkung der anamnestischen Reaktion mit der Mit¬ 
agglutination, und man sieht, daB der Titer des Serums, der 
fOr diesen Stamm bei dem mit Y-Ruhr B. vorbehandelten 
Tiere wieder auf 0 abgesunken war, infolge der Nachbehand- 
lung bis auf 1 :2000 anstieg. Trotz der besonders gflnstigen 



ParatTphuB und Cholera nicht beeinfluBt. 

Fig. 9. Kaninchen 41, 2300 g. 

Vorbehandlung: RuhrY (B.) 1.IV. 1920. V.o Oese, abgetotet, intrarends. 
Nachbehandlung: Typhus (Str.) 23. VI. 1920. Oese, abgetdtet, intravendB. 

UrastILnde, die gerade hier Besonderheiten der anamnestischen 
Kurve hatten zutage treten lassen miissen, sehen wir, daB 
von einem beschleunigten Anstieg keine Rede ist. Nur am 
ersten Tage findet eine geringe Erhebung statt bis auf 1:50, 
dann wieder Abfall, und der Hbhepunkt wird erst am 7. Tage 
erreicht, spater als der der Typhuskurve. 

Auch das 2. Tier (Fig. 9) bestatigt im wesentlichen diesen 
Refund. Eine Andeutung von rascherer Entwicklung der Ruhr- 
agglutinine als Ausdruck der anamnestischen Reaktion ist 
zwar vorhanden, aber auch die Typhusagglutinine treten 
schon etwas friiher im Blut auf als gewohnlich. Die Kurve 

Zeittchr. f. ImmtinlUUforsohnnc. Orig. BA. 32. 29 


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428 


1. Tsukahara, 


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des heterologen Ruhrstammes (Y-Ruhr Fr.) verlSuft jedoch 
auch hier so, daR sie in ihrer Entwicklung und ihrem 
Anstieg bis zum Gipfel der Typhuskurve folgt, nicht ihr 
vorauseilt. 

In dera 3. Falle endlich (Fig. 10) ist die anamnestische 
Reaktion fQr den homologen Ruhrstamm (B.) iiberhaupt sehr 
wenig ausgepragt. 2 kleine Zacken am 1. und 2. Tage, spater' 
bin eine Erhebung vom 8.—13. Tage von dem Ausgangstiter 
1 :200 auf 1 :500 ist alles, was sich konstatieren iSBt. Der 
andere, leicht raitagglutinable Ruhrstamm (Fr.) zeigt scheinbar 
einen betrachtlichen Wiederanstieg der Agglutinationskurve, 



Fig. 10. Kaninchen 45, 2200 g. 

Vorbehandlung: RuhrY (B.) 1. IV. 1920. */,„ Oese, abgetotet, intravenSs. 
Nachbehandlung: Typhu8(Str.)23. VI.1920. ‘/loOese,abgetotet,intravends. 

doch ist hier eben nicht allein eine anamnestische Reaktion, 
sondern zugleich auch der Faktor der Mitagglutination in 
Betracht zu ziehen. Jedenfalls aber hinken beide Ruhrkurven 
der Typhuskurve nach. 

Bei den Besonderheiten, die der Y-Ruhrstamm Fr. auf- 
wies, wurde nun weiterhin absichtlich gerade mit dieser Kultur 
eine Reihe von Versuchen angestellt. Es war ja denkbar, 
dafi bei Vor- Oder Nachbehandlung der Tiere mit einer Kultur, 
die hinsichtlich der Agglutinierbarkeit sich offenbar von den 
anderen Ruhrstammen unterschied, das Auftreten und die Ent¬ 
wicklung der Agglutinine nach einem anderen Typus erfolgen 
kOnnte, als in den bisherigen Versuchen. 



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Verlauf d. Agglutininbildung bei Infekt. norm. u. immunu. Tiere. 429 

In Fig. 11 ist zun&chst die agglutinierende Serumwirkung 
eines Tieres dargestellt, das eine einmalige Einspritzung ab- 
getbteter Ruhrbakterien in der flblichen Weise erhalten hatte. 
Die Kurve zeigt das bekannte Bild, und zwar ziemlich gleich- 
mSfiig far alle 3 Ruhrstftrame, mit dem einzigen Unterschied, 
daB der homologe Stamm Fr. bis zu dem Titer von 1:8000, 
die beiden Qbrigen Stfimme nur 1:2000 bzw. 1:4000 agglu- 
tiniert werden. Ungewdhnlich stark ist die Mitagglutination 
des Typhusstammes, bis 1:1000, wfihrend der Y-Stamm B, 
wie wir sahen (cf. Fig. 4 und 5), nur Ruhragglutinine erzeugt 
ohne jede Mitagglutination von Typhusbazillen. Umgekehrt 



Paratyphua und Cholera unbeeinflufit. 

Rg. 11. Eaninchen 39, 2950 g. 

Behandlung; Ruhr Y (Fr.) 1. IV. 1920. ‘/lo Oeae, abgetotet, intrarends. 

wird ja auch durch Typhusserum vorzugsweise der Stamm Fr. 
mitagglutiniert (cf. Fig. 1 und 2). Es besteht also offenbar 
zwischen unserem Typhusstamm und dem Ruhrstamm Fr. 
eine weitgehende Rezeptorengemeinschaft. Daneben spielen 
vielleicht die individuellen Besonderheiten des Versuchstieres 
eine Rolle, wie der nSchste Versuch zeigt. 

Hier (Fig. 12) handelt es sich um die Reinjektion von 
lebenden Ruhrbakterien (Fr.) bei einem Tiere, das auf die 
1. Injektion lebender Ruhrbakterien einen Titer von 1:4(X)0 
geliefert hatte, dann aber wieder, und zwar nach mehr als 
6 Monaten, in seinem Titer auf 1:500 heruntergegangen war. 
Die sekundSre Ruhrkurve ist, wie gewohnlich, durch einen 
haheren Anstieg gekennzeichnet, verlauft sonst aber genau 

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430 


I. Tsukahara, 


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wie bei einem erstmalig injizierten Tier, d. h. erst vom 4. Tage 
an laBt sich eine Vermehrung der Agglutinine nachweisen, 
die bis zum 7. Tage weiterhin zunimmt. Die Typhuskurve, 
die miteingetragen ist, ist in diesem Falle selbstverstlindlich 
durch nichts anderes bedingt, als durch Mitagglutination. Sie 
erreicht bei weitem nicht die H6he, wie bei dem vorigen 
Tier, nainentlich nicht im AnschluB an die 1. Injektion, und 
wiirde, wenn man von der Eigentiimlichkeit des Fr.-Stammes 
nichts wUBte, ganz den Eindruck einer anamnestischen Reaktion 
machen. 



Cholera und Paratyphua nicht beeinfluBt. 

Fig. 12. Kaninchen 3, 2100 g. 

Vorbehandlung: Ruhr Y (Fr.) 22. V. 1919. ‘/lo Oese, lebend, intravenSs. 
Nachbehandlung: Ruhr Y (Fr.) 3. XII. 1919. ‘/joOrae, lebend, intrarends. 

Die beiden folgenden Tiere wurden zuerst init Typhus 
und spaterhin mit Ruhr geimpft. Bei dein einen Tier lag 
zwischen Impfung und Wiederinipfung ein Zeitraum von vier 
Wochen, bei dem anderen ein solcher von rund 2 Monaten. 
In dem ersten Fall wurde durch die Typhusimpfung, wie 
Fig. 13 zeigt, ein Titer von 1:2000 erreicht, der dann wieder 
auf 1:200 absank und nunmehr durch die Reinjektion mit 
Ruhrbakterien nur unbedeutend beeinfluBt wurde. VerhSltnis- 
mSBig spat gingen die Typhusagglutinine von 1:2(X) auf 1:5(X) 
hinauf, an einem einzigen Tage bis auf 1 :1000, und zeigten 
weiterhin Schwankungen zwischen 1: 200 und 1 : 500. Wenn 
man berticksichtigt, welche starke Mitagglutination das Y-Ruhr- 
serum (Fr.) sonst unter Umstanden auf Typhusbakterien aus- 
(ibt, so kann man bier eigentlich kaum von einer anamnesti- 



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Verlauf d. Agglutiniiibildung bei Infekt. norm. u. iromunis. Tiere. 431 

schen Reaktion sprechen, so daB bemerkenswerterweise die 
Nachimpfung niit Y-Ruhrbakterien des Typus Fr. bei einem 
mit Typhusbazillen vorbehandelteii Tiere Qberhaupt kein 
Wiederaufleben der alien Typhusagglutinine bewirkt hat. 
EigentOmlich ist flbrigens auch der Verlauf der Ruhrkurve. 
Obwohl in dem ersten Stadium des Versuches das Typhus- 
serum des Tieres den Ruhrstamm stark mHagglutiniert hatte, 
(1:5(X)), bringt die Nachimpfung mit Ruhrbakterien nur einen 
relativ geringen Agglutinationstiter hervor (1 : 1000), so daB 
der schon in einem vorangegangenen Versuch gewonnene Ein- 
druck bestatigt wird, daB unter UmstSuden die mit einer 
heterologen Bakterienart vorbehandelten Tiere auf ein neues 



Fig. 13. Kaninchen 12, 1800 g. 

Vorbehandlung: Typhus (Str.) 8.1.1920. '/lo Oese, abgetCtet, intravenOs. 
Nachbehandlung: KuhrY(Fr.) 5. II. 1920. '/loOese, abgetbtet, intravenos. 


Antigen nicht mehr in gleicher Weise mit Agglutininproduktion 
reagieren, wie normale Tiere. Der nSchste Versuch lehrt 
jedoch, daB bier nicht von einem allgemeingflltigen Gesetz 
gesprochen werden kann, sondern daB die Reaktionen von 
Fall zu Fall wechseln. 

Das andere, in ganz ahnlicher Weise behandelte Tier 
(Fig. 14), liefert bei der Reinjektion mit Ruhrbakterien eine 
hochansteigende Ruhragglutininkurve, daneben aber auch 
wieder eine betrSchtliche Zunahrae der Typhusagglutinine, 
die nach der primaren Impfung mit Typhusbakterien vom 
Titer 1:4000 inzwischen auf 1 :2(X) abgesunken waren. Die 
Typhuskurve unterscheidet sich in ihrem Verlaufe von der 
Ruhrkurve nicht wesentlich, der Anstieg setzt bei beiden un- 
gefahr urn die gleiche Zeit ein, erreicht etwa an dem gleichen 
Tage den Hochststand und ISllt ungefShr zur gleichen Zeit 


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432 


I. Tsukahara, 


wieder ab. Es ist auch in diesem Falle natfirlich nicht zu 
entscheiden, welcher Anteil der Typhusagglutination auf eine 
anamnestische Reaktion oder auf einfache Mitagglutination zu 
beziehen ist. 



— - typhus - Ruhr Y (Fr.) 

Paratyphus bis 1:50 mitagglutiniert, Cholera nicht heeinfluflt. 

Fig. 14. Kaninchen 40, 2200 g. 

Vorbehandlung: Typhus (Str.) 1. IV. 1920. Vio Oese, abgetotet, intravenos 
Nachbehandlung: Ruhr Y (Fr.) 3. VI. 1920. ‘/lo Oese, abgetotet, intravenos. 

In dem nfichsten Versuch (Fig. 15) endlich wurde in uiu- 
gekehrter Weise verfahren, indent ein mit Ruhrbakterien (Fr.) 
vorbehandeltes Tier nach 4 Wochen eine Reinjektion von 
Typhusbakterien erhielt. Die Typhuskurve steigt bis zum 



Ruhr Y (B.) kaum heeinfluflt, Ruhr Y (Brg.) zeigt, am 5. Tage be- 
ginnend, Agglutinationsanstieg von 1: 50 auf 1:200. Cholera und Para- 
typhus unb^influflt. 


Fig. 15. Kaninchen 17, 1700 g. 

Vorbehandlung: Ruhr Y (Fr.) 9.1. 1920. Oese, abgetotet, intravenos. 
Nachbehandlung: Typhus (Str.) 5. II. 1920. '/m Oese, abgetdtet, intravends. 


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Verlauf d. Agglutininbildung bei Infekt norm. u. ini munis. Tiere. 433 

Gipfel von 1:40(X), der am 6. Tage erreicht wird, und parallel 
init ihr geht auch die Ruhrkurve vom 4.-6. Tage in die 
H6he. Schon vorher ist bei beiden Kurven ein leichter An- 
stieg zu verzeichnen. In diesem Falle kann die starke Wir- 
kung des Serums auf Ruhrbakterien gewill nicht einfach als 
Mitagglutination betrachtet werden, wenngleich ja das Typhus- 
serum Ruhrbakterien des Stammes Fr. mitbeeinfluBt. Dafflr 
spricht auch das Verhalten des Stammes Y Brg. Wir haben 
es offenbar zum Qberwiegenden Teil mit einem Wiederauf- 
flammen der schlummernden Ruhragglutinine zu tun, also 
mit einer eigentlichen anamnestischen Reaktion, wobei aber 
wiederum bemerkenswert ist, daB sich der Verlauf der ana¬ 
mnestischen Kurve von der Agglutininkurve des sekundkren, 
heterologen Antigens nicht grundstitzlich unterscheidet. 



Fig. 16. Kaninchen 30, 1600 g. 

Vorbehandlung: Paratyphu8(B) 8.1.1920. ‘/lo Oeee, abgetotet, intraveniis. 
Nachbehandlung: Ruhr Y (Fr.) 5. U. 1920. Vio Oese, abgetOtet, intravenSs. 

Die Untersuchungen wurden weiterhin noch auf einige 
andere Bakterienarten ausgedehnt, und zwar auf Paratyphus- 
und Cholerabakterien. Diese Bakterienarten wurden speziell 
auch deshalb herangezogen, weil sich gezeigt hatte, daB hier 
fast jede Spur einer Mitagglutination fehlt. Es kann schon 
im voraus bemerkt werden, daB die Resultate im groBen und 
ganzen mit den bisher berichteten flbereinstimmten. ZunEchst 
sei ein Beispiel angeftihrt, das sich bezieht auf den Fall der 
Vorbehandlung mit Paratyphus B-Bazillen und Nachbehandlung 
mit Ruhr Y, Stamm Fr. (Fig. 16). Die erste Einspritzung 
lebender Paratyphusbakterien hatte den Titer des Serums auf 
1:500 gebracht, und nach 4 Wochen war diese Wirkung 
wieder bis auf den letzten Rest verschwunden. Die Nach- 


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434 


1. Tsukahara, 


impfung mit dem Y-Stamm Fr. bewirkte eine starke Reaktion 
sowohl gegenflber Ruhr- als Paratyphusbakterien. Der Agglu¬ 
tination sti ter fflr Paratyphusbakterien ging vom 3.—8. Tage 
auf 1:500 in die Hohe, also auf den alten Titer, wie er nach 
der ersten Einspritzung von Paratyphusbakterien erreicht 
worden war. Da das Ruhr Fr.-Serum nicht die geringste 
Mitagglutination auf unseren Paratyphusstamm ausiibt (vgl. 
Fig. 11), so handelt es sich hier unzweifelhaft um eine rein 
anamnestische Reaktion. Die Agglutinationskurve dieser Reak¬ 
tion zeigt bei Vergleich mit der Ruhrkurve, daB, abgesehen 
von der geringen Hohe, der Anstieg spater einsetzt und sich 
langsamer vollzieht. Die Ruhrkurve steigt vom 2.—6. Tage 
steil zum Gipfel auf. 

In den beiden nSchsten Versuchen wurde der Verlauf der 
Agglutininbildung gegenflber Cholerabakterien sowohl 


1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 



Kuhr Y (B.), Ruhr Y (Brg.), Typhus und Paratyphus nicht agglutiniert. 

Fig. 17. Kaninchen 26, 1800 g. 

Behandlung: Cholera 30. I. 1920. Vio Oese, abgetOtet, intravenoa. 

bei einmaliger als bei wiederholter Injektion geprflft. Auf- 
fallend ist, daB die durch Choleravibrionen ausgeloste Reaktion 
im allgemeinen schwflcher ausfiel, als bei anderen Bakterien- 
arten. Obwohl die allgemein verwendete Dosis von Vio O^se 
abgetoteter Kultur auch hier zur Anwendung gelangte, stieg der 
Titer bei dem einen Tier (Fig. 17) nur auf 1:500, bei dem 
anderen Tier (Fig. 18) sogar nur auf 1:200. Im flbrigen ent- 
wickelten sich die Agglutinine ganz nach dem gewflhnlichen 
Typus vom 4.—7. Tage und erst vom 13. Tage ab machte 
sich ein Abfall bemerkbar. Eine Mitagglutination war bei 
Kaninchen 26 (Fig. 17) lediglich fflr den Y-Ruhrstamm Fr. in 
geringem MaBe zu beobachten, wobei allerdings zu bemerken 
ist, daB das normale Serum dieses Tieres den Stamm bereits 


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Verlauf d. AgglutininbUdung bei Infekt. norm. u. immunis. Tiere. 435 


bis 1:50 beeinfluBt hatte. Sonst (ibte das Choleraserum keines 
Tieres eine Wirkung auf andere Bakterienarten (Ruhr, Typhus, 
Paratyphus) aus. Die Reinjektion der gleichen Choleradosis 
4 Wochen spSter hatte, wie Fig. 18 zeigt, eine auBerordentlich 
Starke Reaktion zur Folge. Der Titer des Serums, der vor- 
her auf 1:100 abgesunken war, stieg auf 1:40(X) in die H6he, 
aber ebenfalls erst in der Zeit vom 3.—7. Tage, also ohne 
jede nennenswerte Verkflrzung des Inkubationsstadiums. Ein 
vorflbergehendes Aufschnellen des Titers am 1. Tage von 1:100 
auf 1:200 ist fflr unsere Betrachtungen belanglos. Es zeigt 
sich somit auch bier eine ganz bedeutend ver- 


a b c 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 



Bei der Nachbehandlung zeigt nur Typhus eine schwache Mitaggluti- 
nation (1:50), alle iibrigen Stamme, auch Ruhr Y (Fr.), reagieren nicht. 

Fig. 18. Kaninchen 28, 2000 g. 

Vorbehandlung: Cholera 30. I. 1920. ‘/lo Oese, abgetotet, intravenos. 
Nachbehandlung: Cholera 27. II. 1920. V,o Oese, abgetotet, intravends. 

stSrkte, wenn auch nicht beschleunigte Wirkung 
der Reinjektion des gleichen Antigens. Gegen die 
Deutung und Bewertung dieses Versuchs iSBt sich hbchstens 
der Einwand erheben, daB der Agglutiningehalt des Serums 
im Augenblick der Reinjektion noch nicht vollkommen ver- 
schwunden war, sondern immer noch einen Titer von 1:1(X) 
aufwies. 

Nachdem sich gezeigt hatte, daB die einmalige Injektion 
von Vio Oese unserer Cholerakultur gewohnlich nur einen 
schwachen Agglutinationstiter hervorzurufen vermochte, die 
Reinjektion dagegen von iiberraschend starker Wirkung war, 
muBte es interessant sein zu prufen, wie sich die Wirkung 
einer Nachimpfung mit Choleravibrionen auBert bei einem mit 


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436 


I. Tsukahara, 


einem anderen Antigen vorbehandelten Tiere. Die Ant wort 
gibt der nachste Versuch (Fig. 19). Hier hatte das Tier zu- 
nSchst eine Einspritzung von Ruhr Y (Fr.) erhalten und wurde 
nach ca. 1 Monat mit Choleravibrionen nachgeimpft. Die 
Choleraagglutination erreichte nur eine Wirkungsgrenze von 
1:200 und entwickelte sich in der Zeit vom 3. bis zum 8. Tage. 
Auf das Verhalten der Ruhragglutinine iibte die Cholera- 
nachimpfung bemerkenswerterweise so gut wie gar keinen 
EintluB aus. Die Ruhragglutinine, nach der 1. Ruhrimpfung 
den Titer von 1:500 erreichend, waren itn Augenblick der 
Nachbehandlung wieder auf 1:100 abgesunken und hielten 
sich unter Schwankungen zwischen 1:50 und 1:100 bis zum 
10. Tage nach der Choleraimpfung auf gleicher H6he. Erst 



Ruhr Y (B.), Ruhr Y (Brg.), Typhus und Paratyphus wurden durch 
die Nachimpfung nicht beeinflufit. 

Fig. 19. Kaninchen 18, 1670 g. 

Vorbehandlung: Ruhr Y (Fr.) 9.1.1920. Oese, abgetdtet, intravenSs. 
Nachbehandlung: Cholera 5. II. 1920. V|o Oese, abgetbtet, intravenos. 

dann konnten an einzelnen Tagen Agglutinationswerte von 
1:200 erhalten werden, was aber nach friiheren Beobachtungen 
auch auf eine Mitagglutination des Stammes Fr. bezogen 
werden kbnnte und jedenfalls so geringfugig ist, daU von einer 
wirklichen anamnestischen Reaktion gar nicht gesprochen, 
werden kann. 

Die bisherigen Versuche, und namentlich die zuletzt be- 
sprochenen Ergebnisse mit Choleraimpfungen, legten den 
Gedanken nahe, daB zur Erzielung einer ausgesprochenen 
anamnestischen Reaktion die Do sis des Antigens der Nach¬ 
behandlung vielleicht sehr stark sein muB. Obwohl wir ja 
gerade mit Absicht bei unseren Untersuchungeu die Impfung 
der Tiere mit recht geringen Bakterienmengen vorgenommen 
hatten, wShlten wir in einer letzten Versuchsreihe wesentlich 


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Verlauf d. Agglutininbildung bei Infekt. norm. u. iramunis. Tiere. 437 


hShcre Dosen. Es war denkbar, daU in der Tat ein u n - 
spezifischer Reiz erst dann latente Agglutinine wieder 
manifest werden laBt, wenn dieser Reiz von besonderer In- 
tensitat ist. Es sei fiber 3 Versuche dieser Art berichtet. 
Sie betreffen Tiere, die zunfichst mit Ruhrbakterien und 
Typhusbakterien behandelt worden waren und nun nach Ifingerer 
Zeit mit Choleravibrionen nachgeimpft wurden. Die Cholera- 
dosis betrug in alien Fallen t Oese, also das 10-fache der 
frOher verwendeten Bakterienmenge. Zwei Tiere batten, bei 
fast gleichem Kfirpergewicht, die gleiche Vorbehandlung er- 
fahren. Sie waren zunfichst mit Ruhr Y (B.), dann nach 
ca. 3 Monaten mit Typhus geimpft worden und wurden nach 
weiteren 5 Monaten mit Cholera infiziert. Das dritte Tier 


Fig. 20. 

Kaninchen 45, 2200 g. 

Vorbehandlung: 

a) Ruhr Y (B.) 1. IV. 
1920. Vio Oeae, abge- 
tStet, intravenos. 

b) Typhus 23.VI. 1920. 
V,o Oese, abgetotet, 
intravenOs. 

Nachbehandlung: 
Cholera 16. XI. 1920. 
1 Oese, abgetfitet, 

intravends. 



hatte umgekehrt erst eine Einspritznng von Typhusbakterien, 
dann nach 2 Monaten eine solche von Ruhrbakterien (Stamm Fr.) 
erhalten; die Nachimpfung mit Cholera erfolgte hierauf 
5Vt Monate spfiter. 

Die Resultate dieser Versuchsreihe sind ungleichmfiBig. 
Zunfichst zeigt uns das 1. Tier (Kaninchen 45, Fig. 20) einen 
Verlauf der 3 Agglutininkurven in einer charakteristischen 
Form, wie wir sie bei keinem der frfiheren Versuche beob- 
achtet hatten. Die Choleraagglutinine treten zuerst vom 3. 
zum 4. Tage im Serum des Tieres auf, erreichen am 6. Tage 
den hochsten Grad von Wirksamkeit (1:1000) und bleiben 
weiterhin auf derHohe; also der gewfihnliche Verlauf. Dem- 
gegenfiber besitzen die beiden anamnestischen Kurven, die 
Ruhrkurve und die Typhuskurve ein ganz anderes Geprfige. 


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I. Tsukahara, 


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Schon am 1. Tage und weiterhin am 2. Tage nahm die 
Agglutinationswirkung zu, und zwar bei Typhus von 1 ;500 
auf 1:2000, bei Ruhr von 1:100 auf 1:500 und war damit 
an dem Hbhepunkt angelangt. Der Titer fflr Typhus- und 
Ruhrbakterien hielt sich dann bis zum Ende des Versuchs 
(10. Tag) auf der gleichen Hohe. Wir haben in diesem Falle 
ein Beispiel, das der von B i e 1 i n g gegebenen Charakteristik 
der anamnestischen Kurve entspricht: Der Anstieg der 
bei den anamnestischen Kurven setztunmittelbar 
im AnschluB an die Nachbehandlung ein und er- 
reicht wesentlich frflher als bei der dem Antigen 



Fig. 21. Kaninchen 42, 2300 g. 

Vorbehandlung: a) Ruhr Y (B.) 1. IV. 1920. ‘/m Oese, abgetotet, intravenos. 

b) Typhus 23. VI. 1920. '/lo Oese, abgetotet, intravenos. 
Nachbehandlung: Cholera 16. XL 1920. 1 Oese, abgetotet, intravenos. 

der letzten Impfung entsprechenden Kurve den 
Gipfel. DaB aber in dieser Beziehung nicht von einem 
gesetzmaBigen Verhalten gesprochen werden kann, zeigt der 
nachste Versuch (Fig. 21). 

Obwohl Kaninchen 42 genau die gleiche Behandlung er- 
fahren hatte wie Kaninchen 45, treten die charakteristischen 
Eigentiimlichkeiten und Unterschiede der Kurven keineswegs 
mit solcher Deutlichkeit hervor, wie in dem vorhergehenden 
Falle. Die Kurve der Choleraagglutinine weist in ihrem Ver- 
lauf eine geradezu verblilffende Uebereinstimmung auf mit 
der des oben besprochehen Versuches. Dagegen sind die 
anamnestischen Kurven der Ruhr- und Typhusagglutinine 



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Verlauf d. Agglutiiiinbildung bei Infekt. norm. u. immunis. Tiere. 439 


untereinander verschieden und stimmen auch mit den ent- 
sprechenden Kurven von Kaninchen 45 (Fig. 20) keineswegs 
flberein. Zwar ist bei der Typhuskurve schon bald nach der 
Choleranachiinpfung ein leichter Anstieg zu verzeichnen, ein 
weiterer Anstieg bis zu dem Hohepunkt folgt aber erst in 
der Zeit voin 7.—8. Tage. Auch die Ruhrkurve erhebt sich 
schon etwas friiher als die Cholerakurve, jedoch langsam und 
stufenweise, und erst am 8. Tage, d. h. zu der gleichen Zeit 
wie die Typhuskure, erreicht sie ihren Gipfel. Beide ana- 
mnestischen Kurven (Typhus und Ruhr) beginnen also mit 



Fig. 22. Kaninchen 40. 2200 g. 

Vorbehandlung: a) Typhus 1. IV. 1920. ‘/lo Oese, abgetotet, intravenos. 

b) Ruhr Y(Fr.)3. VI.1920. '/loO^se, abgetotet, intravenos. 
Nachbehandlung: Cholera 16. XI. 1920. 1 Oese, abgetStet, intravenos. 

dem Anstieg frflher als die Cholerakurve, der Anstieg voll- 
zieht sich aber viel weniger steil, so daB Typhus- und Ruhr- 
agglutinine zur Titergrenze spater gelangen als die 
Choleraagglutinine. 

Ein letzter Versuch (Fig. 22) steht mit seinen Resultaten 
etwa in der Mitte zwischen den beiden eben besprochenen 
und gibt damit wieder ein anderes Bild. Die Cholerakurve 
steigt zu betrachtlicher Hohe an (1:4000), die am 8. Tage 
erreicht und bis zum 15. Tage mit geringen Schwankungen 
gehalten wird. Die beiden anamnestischen Kurven verlaufen 
einander ziemlich ahnlich. Auch hier, wie in Versuch 20, in 
unraittelbarem AnschluB an die Nachimpfung, eine geringe 


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440 


I. Tsukahara, 


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Steigerung, dann aber wieder Abfall und nun ein zweiter und 
eigentlich erst in das Gewicht fallender Anstieg bis zur Hbchst- 
grenze von 1:1000 fflr die Ruhragglutinine und 1:8000 fflr 
die Typhusagglutinine. Die Gipfelpunkte der ananinestischen 
Kurven liegen bin ter dera Gipfel der Cholerakurve (Typhus) 
Oder fallen mit ihm zusammen (Ruhr Fr.). Obwohl also auch 
hier eine Andeutung einer beschleunigten anainnestischen 
Reaktion vorhanden ist, folgt andererseits doch wieder der 
maUgebende Anstieg dem der Kurve des Antigens der SchluB- 
behandlung, und vor alien Dingen ist auffallend, dafi bei einer 
so starken Reaktion, wie sie durch den Agglutinationstiter 
fur Choleravibrionen gekennzeichnet ist, das Wiederaufleben 
der alten Agglutinine sich innerhalb relativ bescheidener 
Grenzen halt. 


SchluBbetrachtungen. 

Wenn wir die Gesamtheit unserer Ergebnisse, wie wir sie 
an der Hand der Kurven erltlutert haben, noch einmal zusammen- 
fassen, so fiihrt uns dies zu folgenden SchluBbetrachtungen: 

Normale Kaninchen, denen eine der von uns geprflften 
Bakterienarten einverleibt wird, sei es in lebendem Oder ab- 
getotetein Zustande, reagieren mit der Bildung von Agglutininen 
in einer Weise, wie sie den in der Literatur niedergelegten 
Angaben entspricht. Nach einem Inkubationsstadium von 
3—4 Tagen lassen sich in der Regel zum erstenraal Agglutinine 
ini Blutserum des Tieres nachweisen, die dann rasch eine 
weitere Zunahme erfahren. Die Agglutininkurve geht steil 
in die Hohe und pflegt um den 6.-8. Tag die Titergrenze zu 
erreichen. Wie lange das Serum seinen Titer halt, ist von 
individuellen Eigentiimlichkeiten der Versuchstiere abhkngig, 
man kann aber im allgemeinen feststellen, daB das Serum 10, 
14, auch 20 Tage lang unverminderte Agglutinationswirkung 
aufweist. Erst dann sinkt der Titer allmahlich wieder ab. 
Es dauert jedoch unter Umstanden sehr lange Zeit, bis die 
einmal erzeugten Agglutinine wieder bis auf die letzte Spur 
verschwunden sind. Eine Abnahme des Titers von 1:4000, 
1:8000 und daruber auf 1:500, 1:200 und selbst 1:100 haben 
wir wiederholt erreichen konnen, ein vblliges Verschwinden 
der Agglutinine aber nur in ganz vereinzelten Fallen. Be- 



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Verlauf d. Agglutininbilduog bei Infekt. norm. u. immunis. Tiere. 441 


merkenswert ist dabei, dad die Zeit an sich otfenbar nicht so 
sehr von Bedeutung ist, als die individuelle Besonderheit des 
Versuchstieres. So haben wir mitunter selbst nach 5 und 
6 Monaten immer noch einen Agglutinationstiter von 1:200 
feststellen kSnnen, in anderen Fallen war ein gleiches Ab- 
sinken schon nach viel kflrzerer Zeit (4—6 Wochen) ein- 
getreten und unter Umstanden sogar die Agglutinationskraft 
so gut wie vollstandig erloschen (vgl. Fig. 5, 16). 

In diesem eigentQmlichen Verhalten lag fUr unsere Ver- 
suche eine gewisse Schwierigkeit, insofern als es uns ja eigent- 
lich darauf ankam, eine Reinjektion bei vorbehandelten, also 
iniinunisierten Tieren mSglichst erst dann vorzunehmen, wenn 
das Serum mit ganzlicheni Verlust der Agglutinationswirkung 
scheinbar seine normale Beschaffenheit wiedererlangt hatte. 
Der gleiche Unistand ist es auch, der gegen die Mehrzahl 
anderer wissenschaftlicher Verbffentlichungen zu Einwendungen 
Veranlassung gibt, weil eben die Reinjektion ineist zu einem 
zu frflhen Zeitpunkt vorgenommen worden ist. 

Wird ein mit einer beliebigen Bakterienart vorbehandeltes 
Tier nach gewisser Zeit, und zwar nach Absinken seines Ag- 
glutinationstiters, von neuem mit der gleichen Bakterienart 
nachgeimpft, so ist diese Reinjektion von einer wesentlich 
starkeren Reaktion gefolgt (vgl. Fig. 3, 5, 18). Unsere Er- 
gebnisse stimmen in dieser Hinsicht durchaus tiberein mit den 
Erfahrungen anderer Autoren, insbesondere mit den Angaben 
von Cole, v. Liebermann und Ac61, Conradi, Bie- 
ling u. a., sie stimmen mit ihnen aber auch darin flberein, 
daB es uns in keinem einzigen Falle gelungen ist, 
eine beschleunigte Antikbrperbildung zu konstatiereu. 
• Das Inkubationsstadium war genau wie bei erstmalig geimpften 
Tieren stets vorhanden, es war auch von gleicher Dauer und 
die Entwicklung der Agglutinine vollzog sich durchaus nach 
demselben Schema. Die gesteigerte Reaktionsfahigkeit, die 
ein Tier durch die immunisierende Vorbehandlung erwirbt, 
gelangt nach unseren Beobachtungen also einzig und allein 
in der Form zum Ausdruck, daB der Organismus auf eine 
erneute Einverleibung desselben Virus erheblich groBere 
Mengenvon Antikorpern (Agglutininen) liefert. Wor- 
auf es zuriickzufiihren ist, daB eine stiirkere Reaktion sich 


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442 


1. Tsukahara, 


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nicht auch durch ein beschleunigtes Auftreten von Ag- 
glutininen kundgibt, bleibe zunSchst unerortert. Es ware ja 
denkbar, daB ein Teil der Autikbrper anfanglich durch die 
neu eingespritzten Bakterien gebunden und damit dera Nach- 
weis entzogen wird. Mit anderen Worten, bei der Reinjektion 
werden die Agglutinine vielleicht rascher gebildet als bei 
einem normalen, erstmalig injizierten Tier, ihr Nachweis ge- 
lingt aber in dem ersten Stadium noch nicht. 

Der Kurventypus ist soinit bei homologer Reinjektion 
ganz der gleiche wie bei der Erstimpfung normaler Tiere: 
Anstieg am 3. - 4. Tage, Erreichung des Hbhepunktes am 
6.—8. Tage, Verweilen auf gleicher Hohe 1—2 Wochen, spater- 
hin beginnender Abfall. Gerade auf die letztere Tatsache 
mSchte ich noch besonders hinweisen insofern, als es nach 
unseren Beobachtungen scheint, daB die durch die Reinjektion 
der gleichen Bakterienart bewirkte Neuerzeugung von Ag- 
glutininen keinen wesentlich langeren Bestand hat, als die 
primar hervorgerufene Agglutinationskraft des Serums. Unsere 
Versuche sind zwar nicht immer so lange ausgedehnt worden, 
urn den endgiiltigen Ablauf der zweiten Agglutiniukurve be- 
obachten zu konnen, immerhin aber zeigen eine Reihe von 
Kurven, daB der hohe Titer, der durch die Reinjektion viel- 
fach erreicht wird, auch nach relativ kurzer Zeit wieder ab- 
zusinken beginnt (vgl. Fig. 3, 12, 18). 

Es wurde in unseren Versuchen zur 1. und 2. Impfung 
absichtlich eine kleine Bakteriendosis gewahlt. Ich habe 
zwar nicht, wie Cole, die geringste iiberhaupt noch reaktions- 
auslfisend wirkende Bakterienmenge ausgepriift, sondern mich 
darauf beschrankt, mbglichst geringe Bakterienmengen zu in- 
jizieren, die andererseits aber doch ausreichten, um bei nor- • 
malen Tieren mehr Oder minder krSftige Antikorperbildung 
anzuregen. Man konnte daran denken, daB bei Vornahme 
der Wiederimpfung mit recht groBen Bakterienmengen der 
Verlauf der sekundSren Agglutininkurve vielleicht geandert 
wiirde. Wir habeu dies absichtlich nicht getan, weil damit 
einmal etwas ungewShnliche Versuchsbedingungen gesetzt 
worden waren und weil es uns ferner ja gerade darauf an- 
kam, die Wirkung der gleichen, kleinen Dosis bei normalen 
Tieren und bei vorbehandelten Tieren zu prufen. 


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Verlauf d. Agglntininbildung bci Infekt norm. u. immunis. Tiere. 443 


Der andere Teil unserer Untersuchungen, bei denen die 
vorbehandelten Tiere nicht mit der gleichen, sondern mit einer 
anderen Bakterienart infiziert warden, hat zu dem Ergebnis 
gefflbrt, dafi die Frage der Mitagglutination sorg- 
ffiltiger Berflcksichtigungbedarf. Typhus- und Ruhr- 
st&rarae, mit denen wir gearbeitet haben und die auch von 
anderen Autoren zu ihren Untersuchungen herangezogen 
worden sind, kbnnen unter Umst^nden durch das heterologe 
Serum wechselseitig mitagglutiniert werden. Insbesondere hat 
einer unserer Ruhrstfimme (Ruhr Y Fr.) dieses Ph&nomen in 
ausgesprochener Weise gezeigt; sein Serum flbte auf unseren 
Typhusstamm eine starke Mitagglutination aus, und umgekehrt 
wurde er durch Typhusserum leicht und stark beeinfluBt. 
Diesen Verhiiltnissen ist, wie uns scheint, nicht immer ge- 
niigend Rechnung getragen worden. Es kann vorkommen, 
daB z. B. bei Erstinjektion eines Tieres mit Ruhrbakterien 
und Nachinjektion mit Typhusbakterien nun im AnschluB an 
diese letztere Impfung mit der Kurve der Typhusagglutinine 
auch die der Ruhragglutinine wieder stark in die H6he geht. 
Man hat also zunfichst den Eindruck einer anamnestischen Reak- 
tion und doch handelt es sich mbglicherweise um nichts anderes, 
als um eine einfache Mitagglutination, wie sich daraus ergeben 
wflrde, daB auch nor male Tiere, die in gleicher Weise nur 
mit Typhusbakterien geimpft werden, eine vorgetfiuschte „ana- 
mnestische“ Ruhrkurve liefern (vgl. Fig. 1, 2, 3, 11, 12). Ehe 
man sich also nicht tiber die Frage der Mitagglutination bei 
den zur Verwendung gelangenden Bakterienarten uud Bak- 
terienstammen durch Kontrollexperimente vergewissert hat, ist 
das Untersuchungsergebnis nur unter Vorbehalt zu deuten. 

Was nun die Wirkung einer heterologen Reinfek- 
tion anbelangt, so konnte in einer Reihe von F&llen eine 
deutliche Reakti v ier u n g der verschwundenen 
Oder stark verminderten Agglutinine nicht nach- 
gewiesen werden. Es ergibt sich schon hieraus die wich- 
tige Tatsache, daB der unspezifische Reiz, wie er durch eine 
fremde Bakterienart ausgeiibt wird, unter sonst gleichen Be- 
dingungen wesentlich unsicherer und schwadier wirkt hinsicht- 
lich Erweckung schlummernder Agglutinine als die Neuinjek- 
tion der gleichen Bakterienart. 

ZeiUchr. f. ImmuulUUfonchuoK. Orig. Bd. 32. 30 


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444 


I. Tsukahara, 


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Immerhin lieB sich bei einer Anzahl von Tieren 
die Tatsache der anamnestischen Reaktion be¬ 
st atigen (vgl. Fig. 6, 7, 8, 16, 20 u. a.). Es wird also in 
diesem Falle die stark abgesunkene Agglutinationskraft des 
Serums durch Nachimpfung des Tieres mit einer heterogenen 
Bakterienart wieder neu belebt. Zum Teil kann diese sekun- 
dare Agglutinationskurve eine betrachtliche Hbhe erreichen, 
was freilich nur vereinzelt beobachtet wurde. Im librigen aber 
hat sich ein besonderer, deranamn estischen Kurve 
eigentfimlicher Verlauf, der sie etwa von der 
durch das homolpge Antigen hervorgerufenen 
Kurve unterscheiden lieUe, aus unseren Beob- 
achtungen nicht ergeben. Insbesondere wurde bei der 
gewohnlichen Versuchsanordnung, die sich zur 2. Impfung der 
gleichen Bakteriendosis bediente wie bei der Erstimpfung, das 
Inkubationsstadium genau wie bei einer primaren Kurve be¬ 
obachtet. Eine Abkiirzung war nicht festzustellen, vielmehr 
meist umgekehrt eine Veriangerung. Daraus ergibt sich, daB 
im allgemeinen die anamnestische Kurve, ganz wie in 
den Versuchen von Conradi und Bieling, der Aggluti- 
ninkurve des sekundaren (heterologen) Antigens 
folgt. Zwar machte sich hin und wieder sehr bald nach der 
2. Injektion, schon im Verlauf des 1. Tages Oder auch am 
2. Tage, ein kurzer Anstieg der anamnestischen Kurve be- 
merkbar, jedoch so unbedeutend und so vorubergehend und 
so unregelmaBig, daB daraus kaum besondere Schliisse ge- 
zogen werden konnen. Dies urn so weniger, als ahnliche 
Kurvenzacken auch unter anderen Bedingungen gelegentlich 
beobachtet warden. Es kann also nicht gesagt werden, daB, 
im Sinne der spateren Auffassung Bielings, die ana¬ 
mnestische Kurve allgemein und grundsStzlich verschieden ist 
von der Agglutininkurve, die dem Antigen der Nachbehand- 
lung entspricht. Sie zeigt in der Regel keinen plbtzlichen 
und unvermittelten Anstieg der Agglutinine, sie ist aber 
auch, wie hinzugefugt sei, in ihrem weiteren Verlauf von Shn- 
lichem Charakter, wie jede andere primare Oder sekundare 
Agglutininkurve. 

Umgekehrt hatte es in einzeluen Fallen den Anschein, 
als wiirde die Agglutininkurve des sekundaren Antigens durch 
die Wirkung des primaren Antigens beeinfluBt (Fig. 13). In 



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446 


I. Tsukahara, 


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Immuaitat bei gewissen Infektionskrankheiten besitzt. So 
wfirde die Tatsache, daB die TyphusimmunitSt des Menschen 
auch iiach dem vblligen Verschwinden der spezifischen Anti- 
kbrper aus dem Blute noch lange Jahre fortbesteheu kann, 
trotzdem mit der Antikorpertheorie der Typhusimmunitat in 
Einklang zu bringen sein, wenn sich nachweisen lieBe, daB 
der immune Organismus immer noch eine verstarkte spezi- 
fische Reaktionsfahigkeit bewahrt und imstande ist, bei einer 
Neuinfektion sofort und in besonders reichem MaBe spezifische 
Antikorper zu produzieren. Dieser Ansicht, die, wie wir sahen, 
vielfacli vertreten wird, haben unsere Untersuchungsergebnisse 
keine Stiitze zu geben vermocht. Es hat sich nur zeigen 
iassen, daB immunisierte Tiere auf eine Reinjektion im all- 
gemeinen mit verstarkter Antikorperbildung (Agglutinin- 
bildung) reagierten. Dabei ist freilich auch zu berQck- 
sichtigen, daB in dem Augenblick der Reinfektion der Anti- 
korpergehalt des Blutes gewohnlich nicht wieder ganz zur 
Norm abgesunken war, sondern immer noch eine gewisse Er- 
hbhung aufwies. Aber auch unter diesen Bedingungen konnten 
wir immer nur eine verstarkte, nicht eine beschleunigte Anti- 
kOrperbildung feststellen. Wir mochten nicht so weit gehen, 
in diesen Beobachtungen nun direkt einen Gegenbeweis gegen 
die Bedeutung der Antikorper fiir die Typhus- Oder Ruhr- 
immunitat zu erblicken. Schon deshalb nicht, weil ja auch 
eine verstarkte Produktion dieser Stoffe dem Organismus einen 
verstarkten Schutz gewahrt. Ebenso notigt, wie wir glauben, 
die Tatsache der anamnestischen Reaktion zu einer vorsich- 
tigen Stellungnahme. Es lieB sich zwar nicht erweisen, daB 
durch einen unspezifischen bakteriellen Reiz schlummernde 
Antikorper besonders rasch und reichlich wieder zum 
Vorschein gebracht werden kSnnen; aber allein die Fest- 
stellung, daB iiberhaupt der Organismus die erlernte Fahig- 
keit, AntikSrper zu produzieren, auch dann noch besitzt, wenn 
der geringe Antikbrpergehalt oder selbst die Antikbrperfreiheit 
des Blutes dieses nicht mehr vermuten Iassen, ist jedenfalls 
ein bedeutsames Phanomen. 

Zusammenfassung. 

1) Kaninchen, die eine einiualige Einspritzung einer 
kleinen Dosis lebender oder abgetoteter Typhus-, Ruhr-, Para- 



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Verlauf d. Agglutininbildung bei Infekt. norm. u. immunis. Tiere. 447 

typhus- und Cholerabakterien erhalteu, reagieren mit der Bil- 
dung von Agglutininen in der bekannten Weise. Die Agglutinine 
treten etwa am 3. Tage im Blute auf und vermehren sich weiter- 
hin, um am 6. bis 8. Tage den Hdhepunkt zu erreichen. Nach 
ca. 14Tagen beginnt die Agglutinationskraft des Serums wieder 
abzunehmen, dock kann es viele Monate dauern, ehe die 
Agglutinine bis auf den letzten Rest verschwunden sind. 

2) Wird ein Kaninchen nach Ablauf der 1. Reaktion und 
Verschwinden bzw. starker Abnahme der Agglutinine seines 
Blutes von neuem mit der gleichen Bakterienart und 
gleicher Dosis infiziert, so kommt es zu einer erneuten, meist 
verstSrkten Agglutininbildung. Die Agglutininkurve zeigt im 
flbrigen aber ganz den gleichen Verlauf wie die Kurve eines erst- 
malig geimpftenTieres. Das Inkubationsstadium ist unverandert, 
eine beschleunigte AntikSrperbildung tritt nicht ein. 

3) Wird ein mit einer der von uns gepriiften Bakterien- 
arten vorbehandeltes Kaninchen nach langerer Zeit (Ablauf 
der Reaktion) mit einer heterologen Bakterienart nach- 
geimpft, so werden Agglutinine gegen das erste und gegen 
das zweite Antigen gebildet. Die Agglutininproduktion 
gegen das zweite Antigen (Antigen der Nachbehandlung) tritt 
regelmaBig ein und veriauft wie bei normalen Tieren. Gegen 
das erste Antigen werden ebenfalls haufig, wenn auch nicht 
regelmaBig, Antikorper gebildet. Diese durch unspezifischen 
Reiz bedingte ^anamnestische Reaktion“ liefert eine 
Agglutininkurve, die den gewohnlichen Charakter der Anti- 
korperkurven zu besitzen pflegt. 

4) Die anamnestische Kurve zeigt also in der Regel auch 
ein Inkubationsstadium von mehreren Tagen, geht lang- 
sam in die H6he und failt, nachdem sie langere Zeit auf der 
Hohe geblieben ist, allmahlich wieder ab. In Ueberein- 
stimmung mit Conradi und Bieling folgt nach unseren 
Beobachtungen die anamnestische Kurve in ihrer Entwicklung 
der Kurve des sekundaren Antigens. 

5) Nur ausnahmsweise wurde ein anderer Typus der 
anamnestischen Kurve wahrgenommen: schneller Anstieg, ohne 
Latenzstadium, in fast unmittelbarem AnschluB an 
die Nachimpfung. Ein besonders starker und spezifischer 
Reiz (hohe Bakteriendosis bei der Nachimpfung) schien dies zu 
begQnstigen, doch waren auch bier die Resultate ungleichmaBig. 


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448 


I. Tsukahara, Verlauf der Agglutininbildung iisw. 


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6) Soweit unsere Versuche es gestatten, zu der Anti- 
korpertheorie der Iinmunitat (TyphusiinmunitSt, Ruhriminuni- 
tat) Stellung zu nehmen, bieten sie keinen Anhalt dafiir, dali 
der imniunisierte Organisinus auch nach Verschwinden der 
spezifischen Serumstoffe die Fahigkeit erworben hat, diese 
Stoffe bei neuerfolgender Infektioii mit besonderer Beschleu- 
nigung zu produzieren. Die Antikdrperbildung erfolgt an- 
scheinend nur in verstarktera MaBe. 

Immerhin weist die Tatsache der anamnestischen Re- 
aktion auf eine veranderte und gesteigerte Reaktionsfahigkeit 
des Immuntieres hin. 


Ltteratur. 

Bessau, Deutsche med. Wochenschr., 1916. 

Bieling, Zeitschr. f. Inimunitatsf., Bd. 28, 1919. 

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Brieger und Ehrlich, Zeitschr. f. Hyg., Bd. 13, 1893. 

Bulloch, Centralbl. f. Bakt., Bd. 29, 1901. 

Cole, Zeitschr. f. Hyg., Bd. 46, 1904. 

Conradi und Bieling, Deutsche med. Wochenschr., 1916. 

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Dreyer and Inman, Lancet, 1917. 

Dreyer and Walker, Journ. of Pathol, and Bacteriol., Bd. 14, 1910. 
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V. Dungern, Die AntikSrper. Jena, G. Fischer, 1903. 

Ehrlich und Morgenroth, Berl. klin. Wochenschr., 1900. 
Fleckseder, Wiener klin. Wochenschr., 1916. 

Friedberger und Mita, Zeitschr. f. Immunitatsf., Bd. 10, 1911. 
Goldschmidt, Zeitschr. f. Hyg., Bd. 91. 1920. 

Joergensen, Centralbl. f. Bakt., Bd. 38, 1905. 

Joergensen und Madsen, Festschr. d. staatl. Seruminstit. Kopen- 
hagen, 1902. 

y. Liebermann und Ac61, Deutsche med. Wochenschr., 1918. 

Liess, Munch, med. Wochenschr., 1918. 

Morgenroth, Centralbl. f. Bakt., Bd. 26, 1899. 

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Salomonsen et Madsen, Ann. Pasteur, 1897, 1898, 1899. 

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Schiirer und Goldschmidt, Berl. klin. Wochenschr., 1920. 

Schiitze und Scheller, Zeitschr. f. Hyg., Bd. 36, 1901. 

Staubli, Centralbl. f. Bakt., Bd. 36, 1904. 

Verney, Centralbl. f. Bakt., Bd. 32, 1902. 

Zinsser und Kathe, Med. Klinik, 1916. 


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Arthur Lange, Hitzebestandigkeit der gebundenen Antikorper. 449 


Naehdruck verboten. 

[Alls dem Hygiene-fnstitut der Universitht Greifswald 
(Direktor: Prof. Dr. E. F r i e d b e r g e r).] 

Zar Frage der HttzebestSndigkelt der gebundenen Anti- 

kdrpcr. 

Von Arthur Lange. 

(Eingegangen bei der Redaktion am 16. Marz 1921.) 

Im Jahre 1907 hat E. Friedberger^) die nierkwflrdige 
Tatsache beobachtet, daB spezifische Prfizipitate wenigstens bis 
zu 14 Wochen faulnisresistent sind*). Da ein besonderes Ver- 
halten der Fflulnisbakterien in den Prazipitataufschwemniungen 
dafQr nicht verantwortlich gemacht werden konnte, so wurde 
angenommen, daB das mit dem PrSzipitin verankerte EiweiB- 
molekiil den von den Bakterien gebildeten, die Fftnlnis be- 
dingenden Fermenten keinen Angriffspunkt mehr bietet. Sei 
es nun, daB der EiweiBkoniplex eine derartige molekulare Um- 
lagerung erfahren hat, daB er nicht mehr durch die Fermente 
des Bakteriums zerlegbar ist, sei es auch nur, daB diejenige 
Gruppe des EiweiBmolekflls, in welche das Ferment gewohn- 
lich eingreift, nunmehr durch das PrSzipitin verstopft ist. 

FQr letztere Annahme bestanden bereits Analoga in der 
Chemie und in der ImmunitStslehre. So fflhren z. B. L.Schwarz 
die Resistenz des formalinisierten EiweiBes, Pick und 
Joachim®) die der PrSzipitate gegenfiber der tryptischen 
und peptischen Verdauung darauf zurflck, daB die Gruppe des 
EiweiBmolekuls in die fflr gewohnlich das Ferment eingreift, 
hier durch das Formaldehyd bzw. das PrSzipitin besetzt ist. 

1) E. Friedberger, Centralbl. f. Bakt., Abt. I, Orig., Bd. 43, 1907, 
p. 490. 

2) Dieee Faulniaresistenz erstreckt sich, wie wir jetzt wiesen, auf 
wenigstens uber 12 Jahre, denn Prazipitate, die Herr Professor Fried¬ 
berger im Juni 1908 durch Zusammenwirkung von Antikaninchenserum 
einer Zi^e und Kanincheneiweifi dargestellt hat, sind ohne jegliche asep- 
tische Kautelen in unserem Laboratorium aufbewahrt noch heute geruchlos. 

3) E. Pick und J. Joachim, Wiener med. Wochenschr., 1903, 
p. 1399-1403. 


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450 


Arthur Lange, 


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Die Richtigkeit dieser Vorstellung vorausgesetzt, mufite 
es durch ZerstSrung des verankerten Prazipitins gelingen, den 
Niederschlag faulfahig zu machen. 

Jedoch erwiesen sich gekochte ‘Prazipitate in gleicher 
Weise resistent gegentiber der Faulnis wie ungekochte. Da- 
nach muBte die voraufgehend erdrterte Vorstellung falsch sein 
Oder Prazipitine, deren relative Thermolabilitat von Kraus 
und Pirquet') festgestellt war, muBten durch die Veranke- 
rung an das Antigen hitzebestandiger werden, wie ja auch 
Eisenberg die Hitzebestandigkeit getrockneter Prazi¬ 
pitine nachgewiesen hat. 

Bald darauf haben Friedberger und Pinczower*) in eigens 
darauf gerichteten Versuchen mittels Agglutininen die Frage der Thermo- 
resifltenz der an die Antigene gebundenen Antikorper zum Glegenstand 
einer besonderen Unterauchung gemachk Sie zeigten, daO mit Agglutininen 
voUig beladene Typhusbakterien auch nach ‘/^ Stunde langem Erhitzen 
auf 100“ einem homologen Immunserum nicht wiederum Agglutinin ent- 
ziehen. 

Das war nur unter der Annahme verstandlich, dafi die einmal an die 
Bakterien gebundenen Agglutinine im Gegensatz zu den freien im Serum 
in ahnlicher Weise hitzebestiindig geworden sind, wie das Eisenberg fiir 
die getrockneten Antikorper gezeigt hat. 

Drei Jahre spater unterzog Bessau") in einer gleichfalls aus dem 
Pfeifferschen Institut hervorgegangenen Arbeit die Versuche von Fried¬ 
berger und Pinczower einer Nachpriifung und kam zu einem dia¬ 
metral entg^engesetzten Ergebnis. 

Schon durch kurz dauemde Erhitzung auf 80 ° sah er eine Zerstorung 
des homologen gebundenen Antikorpers. 

Angesichts dieses Widerspruchs hat Kumagai*) die Versuche von 
Friedberger und Pinczower nochmals nachgepriift. Er weist darauf 
hin, dafi die Mehrzahl der Versuche von Bessau fiir die ganzen Fragen 
belanglos sind, weil sie nicht mit Agglutininen, sondern mit Bakteriolysinen 
angestellt sind, bei denen neben der haptophoren, auch den Agglutininen 
eigenen Funktion noch die komplementophile eine Rolle spielk 


1) Kraus und Pirquet, Centralbl. f. Bakt., I. Abt., Bd. 32, 1902, 

p. 60. 

2) E. Friedberger und Pinczower, Ueber die Thermoresistenz 
der an die Antigene gebundenen Antikorper (Centralbl. f. Bakt., Abt. I, 
Orig., Bd. 45, 1908, p. 352). 

3) G. Bessau, Zur Frage der Hitzebestandigkeit der gebundenen 
AntikSrper (Centralbl. f. Bakt., Abt. I, Orig., Bd. 60, 1911, p. 363). 

4) Kumagai, Zur Frage der Hitzebestandigkeit der gebundenen 
Antikorper (Zeitschr. f. Immunitatsf., Bd. 14, 1912, p. 269). 



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Zur Frage der HitzebesUindigkeit der gebundcnen Antikdrper. 45I 

Auch die Versuche Bessaus iiber die Antigenqualitat der vdllig be- 
ladenen gekochten Bakterien im Giegensatz zu den bcladenen ungekochten 
konnen bier aus iihnlichen Griinden als Beweismaterial nicht herangezogen 
werden, wie das Kumagai a. a. O. ansfuhrlich auseinandergesetzt hat. 
W'as nun die mit den von Friedberger und Pinczower allein ver- 
gleichbaren Versuche anlangt, so waren auch sie nach Kumagai nicht 
einwandfrei. 

Die Bakterien waren, wie Kumagai nachgewiesen hat, niir un- 
genugend beladen (Bessau, Tabelle VI). Die Differenzen zwischen sensi- 
bilisierten erhitzten und nicht sensibilisierten erhitzten Bakterien waren 
ferner so geringfueig, dafi sie als innerhalbder Versuchsfehlergrenzen liegend 
zu bctrachten sind. 

In seinen eigenen Versuchen konnte Ku magai zunachst die Angabe 
von Bessau, wonach erhitzte Bakterien schlechter Agglutinine binden als 
frische, nicht bestatigen. Es zeigte sich vielmehr das Verhalten im selben 
Sinne, wie es fruher Scheller'), sowie Friedberger aus dem gleichen 
Institut festgestellt batten, namlich ein zum mindesten gleich starkes 
Bindungsvermbgen der gekochten Bakterien. 

Weiterhin lieferten Kumagais Versuche eine Bestatigiing der Er- 
gebnisse von Friedberger und Pinezower. 

Neuerdings sucht nun Bessau’) den Unterschied zwischen seinen 
und Friedbergers Ergebnissen auf ein verschiedenea Verhalten der von 
beiden Autoren benutzten Typhusstiimme zuriickzufiihren. Der 1911 von 
Bessau benutzte Stamm „Bock“ werde durch Kochen in seinem Agglutinin- 
bindungsvermdgen „8chwer geschiidigt", wiihrend der von Kumagai be¬ 
nutzte Stamm „Giefien“ in Bestatigung von Fried be rger und Pinezower, 
sowie Kumagai und die von Scheller untersuchten Stiimme ihr Bin- 
dungsvermSgen beim Erhitzen bewahren. 

Weiter gibt Bessau an, in Versuchen mit dera Stamm „GieSen“, 
deren Anordnung genau der von Kumagai entsprach, nach dem Erhitzen 
der vftllig abgesattigten Bakterien ein Wiederauftreten der Agglutinin- 
bindungsfahigkeit gesehen zu haben. 

Den Widerspruch mit den Ergebnissen Kumagais erkliirt Bessau 
durch Fehler in der Versuchstechnik Kumagais; er vermutet, dafi dieser 
nicht genug Sorgfalt auf das Verteilen der beladenen gekochten Bakterien 
in dem Immunserum gelegt habe, worauf das abweichende Ergebnis 
Kumagais zuruckzufiihren sei. 

Auf Veranlassung von Herrn Professor Friedberger 
und unter seiner Leitung habe ich erneut nunmehr an einer 
groBen Anzahl von Typhusstdinmen 

1) R. Scheller, Experimentelle Beitrage zur Theorie der Aggluti¬ 
nation. Die Agglutinine der Typhusimmunsera und ihre Beziehungen zur 
agglutinogenen Typhusbazillenleibessubstanz (Centralbl. f. Bakt., Abt. I, 
Grig., Bd. 36, 1904, p. 694). 

2) Bessau, Centralbl. f. Bakt., Abt. I, Grig., Bd. 83, 1919, p. 344. 


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452 


Arthur Lunge, 


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1) die Frage nachgepruft, ob tatsachlich, wie Bessau 
angibt, so wesentliche Unterschiede im Antigen der Typhus- 
bazillen gegeniiber dem Kochen bestehen, daU durch die 
Teinperatur von lOO^eininal das AgglutininbindungsvermQgen 
schwer geschadigt wird (Bessau, Stamrn „Bock“), das andere 
Mai vollig erhalten bleibt (Friedberger und Pinczower, 
Kumagai-Stamm nGieUen^) Oder sogar noch etwas erhbht 
wird (Scheller). 

2) Wurden mit den gleichen und weiteren Typhusstamnien 
die Versuche von Friedberger und Pinczo wer wiederholt. 
Es standee uns 10 erneut auf ihre Identitat durchgeprflfte 
Typhusstamme der Greifswalder Sammlung, die samtlich aus 
Stuhl, Urin oder Blut Typhuskranker iin Untersuchungsamt 
des Instituts gezuchtet worden waren, zur Verfugung, ferner 
auch der frflher benutzte Stamm „GieBen‘‘ und der Bessausche 
Stamm nBock^, der anderweilig dem Institut freundlichst 
uberlassen worden war. 

Besonders achteten wir bei alien Versuchen noch einmal 
ausdrQcklich darauf, daB die beladenen und gekochten Bak- 
terien aufs sorgfaitigste verrieben wurden, well Bessau in 
dieser Richtung bei Kumagai eine Fehlerquelle, allerdings 
wohl zu Unrecht, verrautete. Der Autor beherrschte die 
einschlagige Technik vollkommen, Auf solche elementare 
Dinge war naturlich auch bei den frhheren Arbeiten unseres 
Instituts geachtet worden. 

Zunachst prflften wir nun also, ob Typhusstamme durch 
Vi’Stflndiges Erhitzen auf 100° im Gegensatz zu Scheller, 
Friedberger-Pinczower, Kumagai in ihrem Agglu- 
tininbindungsvcrmogen schwer geschadigt werden, wie es 
Bessau bei dem Stamm „Bock“ gefunden hatte. 

Nach den neueren Untersuchungen von Weil und Felix 
wissen wir zwar, daB speziell bei den X-Stammen thermo¬ 
stabile neben therraolabilen Rezeptoren vorkommen, doch sind 
die Differenzen selbst bei den X-Stammen nicht so eklatant, 
urn die auffallenden Befunde Bess aus gerade mit dem Stamm 
„Bock“ gegenuber anderen zu erkiaren, und bei Typhus ist uber- 
haupt eine derartige regelmaBige Verteilung im Rezeptoren- 
apparat wie bei X-Stammen noch nicht beobachtet worden. 



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Zur Frage der Hitzebestandigkeit der gebundenen Antikorper. 453 

Docli haben wir es gerade mit Rflcksicht darauf besonders 
begruBt, daB uns die St&mnie „GieBen“ und „Bock“ neben 
den anderen zur Verfiigung standen, und wir baben uns 
wegen dieser neuen Befunde aucb entscblossen, die Ver- 
sucbe nocb auf die 0- und H-Form des Bazillus X 19 aus- 
zudebnen. 

Wir lassen nun zunScbst die Agglutinationsversucbe mit 
erbitzlen und unerbitzten Typhus- und X 19-Stammen folgen. 

Wir beginnen mit vergleichenden Versuchen flber die 
StSmme ^GieBen“ und „Bock“. 

Sechs 24-Btundige Schriigagarkulturen vom Stamm „Giefien“ werden 
in 8 ccm physiologischer Kochsalzloeung aufgeschwemmt und diirch ein 
grobes Papierblter gegossen. 

Das Filtrat wird in zwei gleiche Teile geteilt, der eine Teil im Wasser- 
bad bei 1(X3® */« Stunde erhitzt. Darauf werden beide Teile scharf zentri- 
fugiert, die abzentrifugierten Bakterien mit 5 ccm Typhusimmunserum 
1:100 versetzt und 2 Stunden im Brutschrank bei 37“ unter haufigem 
Umschiitteln gehalten. • 

Ferner werden sechs gleich stark gewachsene 24-stundige Schriigagar¬ 
kulturen vom Stamm ,,Bock“ in 8 ccm physiologischer Kochsalzlosung auf¬ 
geschwemmt und genau so behandelt wie Stamm „GieBen“. 

Zu den Abgiissen, die mit gekochten und nicht gekochten „Gie6en“ 
und „Bock“ 2 Stunden in Kontakt waren, wird neue Kultur vom Stamm 
,,GieSen“ resp. „Bock“ hinzugesetzt. 


Tabelle 1. 


Agglutination durch Immunserum 
vorbehandelt mit 

§ 

O ' 
! e 

§ 

\ 

s 

g 

9 

O 

o 

0 * 

9* 

I 

i 




gekochtem „Giefien“ 

-1- 


_ 1 

l_ 

__ 

_ 

. . 

- 

— 

_ 

nicht gekochtem „Giefien“ 

-f 

— 

1 

1 _ 

. - 

— 

— 

— 

— 

— 

gekochtem „Bock'‘ 

-1- 

-1- 

+ 


— 

— 

— 

— 

— 

— 

nicht gekochtem „Bock“ 

+ 

+ 


— ■ 

— 

— 


— 

— 

— 

unvorbehandel- (versetzt mit „Gie6en“ 

+ 

-b 

+ 

+ 

-f- 

+ 

1 + 

+ 

— 

— 

tes Senim i versetzt mit „Bock‘‘ 

, + 

+ 

+ 

1 + 

+ 

+ 

-t- 

+ 

— 

— 


Derselbe Versucb wird nocb einmal wiederbolt, nur daB 
diesmal zu den Abgfissen, die mit gekochten und ungekochten 
„GieBen“ in Kontakt waren, neue Kultur vom Stamm „Bock‘‘ 
hinzugefQgt wird und umgekehrt zu den Abgfissen, die mit 
gekochtem und ungekochtem „Bock“ in Kontakt waren, neue 
Kultur vom Stamm „GieBen‘‘. 


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454 


Arthur Lange, 


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Tabelle II. 


Agglutination durch Immunserum 
vorbehandelt mit 

o 1 

c 1 

1 

c 

ct 

o 

e 

1 9 1 o 

-J 

o 

o 

ex 

_« 

o 

9 

1 

! ° 
oc 

e* 

e 

o 

1 (0 
la 

1 

C 

oS 

52; 

gekochtem „GieGen“ 

+ 1 

_ 

_ 

1_' 

_ 


_ 

__ 

_ 

nicht gekochtem „GieBen“ 

+ 

— 

— 

— 1 — 

— 

— 

— 

— 

— 

gekochtem ,,Bock“ 

+ 

+ 

+ 

1 1 

— 

— 

— 


1 — 

nicht gekochtem „Bock“ 

+ 

+ 

_ 1 


— 

— 

— 

1 - 

— 

unvorbehandel-1 versetzt mit „GieBen“ 

+ 

+ 1 

+ 

+1 + 

+ 

+ 

+ 

1 - 

1 — 

tes Serum \versetzt mit „Bock“ 

+ 

+ 1 

+ 

+ i +1 

+ 

+ 

+ 

— 

— 


Diese Versuche zeigen in Uebereinstimmung mit Fried- 
berger nnd Pinczower, Kumagai und Bessau, daB 
der Stamm „GieBen“ durch V 4 -stundiges Kochen in seinem 
Agglutininbindungsvermogen nicht geschiidigt wird. 

Aber im Gegensatz zu Bessau konnten wir feststellen, 
daB auch der Stamm „Bock“ durch Vi'Sthndiges Erhitzen auf 
100® in sbinem Bindungsvermogen keineswegs, wie Bessau 
angibt, „sch\ver geschadigt wird“, wenn auch dieser Stamm, 
auf 100® erhitzt, allerdings etwas schlechter bindet als nicht 
gekocht. 

Auch bei den 11 tibrigen StSmmen haben wir derartig 
betrSchtliche Unterschiede, wie sie Bessau zwischen „Bock“ 
und „GieBen‘‘ im Gegensatz zu unseren Befunden gesehen 
hat, nicht beobachtet. 

Diese Versuche wurden in analoger Weise angestellt wie 
die mit „GieBen“ und „Bock‘‘. 

Ee wurden von jedem Stamm zwei 24-8tundige Schragagarkulturen 
in 8 ccni physiologischer Kochsalzlosung aufgeschwemmt, dann in 2 Por- 
tionen geteilt, die eine ‘/i Stunde im kochenden Wasserbade erhitzt, die 
andere unerhitzt gelassen. 

Darauf wurden beide Teile zentrifugiert und mit je 5 ccm Typhua- 
immunserum in der Verdunnung 1:100 2 Stunden in Kontakt gehxssen. 
Das durch Zentrifugieren von den Bakterien befreite Serum wurde in 
fallenden Verdiinnungen mit frischer Kultur desselben Stammes versetzt 
und 2 Stunden im Brutschrank bei 37® gehalten. 

Nach dieser Zeit wurde das Ergebnis abgelesen (siehe 
Tabelle III). 



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Zur Frage der Hitzebestandigkeit der gebundenen Antikorper. 455 


Tabelle III. 


Agglutination dutch Immunserum 

:• s 

G.a 

’ T 

9 

e 


H 75 



1 

2051 

4- 

4- 

b) unvorbehandwt 

1 

4- 


16452 

4- 

-h 

b) unrorbehandelt 

1 

+ 

\ u u j 1 .1 mitgekochten Bakt. 
a) vorbehandelt ( ^„gekochten Hakt. 

1 897 

4- 

4- 

b) unvorbehandelt 

) 

4- 

a) vorbehandelt | g^kochten Bakt 

1 15 

4- 

4- 

b) unvorbehandelt 

1 

4- 

•)'»bch.„dol.| 


4- 

4- 

b) unvorbehandelt 

1 

1 

4- 

a) vorbehandelt (gekochten Bakt. 

' t mit uiigekochten Bakt. 

IsOSQ 

4- 

4- 

b) unvorbehandelt 

1 

4- 

a) vorbehandelt ( "“J g^kochten Bakt. 

^ ( mit ungekochtcn nakt. 

13416 

4- 

-b 

b) unvorbehandelt 

1 

4- 

a) vorbehandelt { ^ekoehten Bakt. 

’ t mit ungekochten Bakt. 

13076 

4- 

4- 

b) unvorbehandelt 

1 

4- 

a) vorbehandelt ( "“Ij ‘I** 

’ \ nut ungekochten Bakt. 

ll719 

4- 

4- 

b) unvorbehandelt • 

1 

4- 

a) vorbehandelt ( gekochtcn Bakt. 

( mit ungekochten Bakt. 

1 36 

: 

b) unvorbehandelt 

1 

4- 


8 


+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 


+ 

+ 


+ 

+ 

4- 

+ 

+ 

+ 

4- 

4- 

4- 

4- 


8 8 8 I 

« •« 5: M 


8 

•’i Si 


1 ^ 

r-;Z 


4- 

4-j + 

+ + 
4-'4- 
4-14- 


4- 


+ 1 + 

l-l- 


4- 
4-'4- 


4- 


4- 


4- 


-t-'-f- 


4- 4- 


4-1- 




4- 




4-4- 


4- -h 


4-'4- 4-'-! 


.L 


4-,4-^-1-^- 


4-4- 


4-'-f!-f-bi4- 


4- 


4- 


4-’4- 
-f'-i- 
l4-|-f 14- 


4- 4- 


4- 4- 4-'4- ±: 


4-l4-i4-,4- 


Aus diesen Versuchen ergibt sich folgendes: 

4 Stamnie (6452, 897, 43, 1719) verlialten sich in ihrem 
Bindungsverniogen gekocht und ungekocht vollkominen gleich 
wie Stamm „GieBen“, 

4 andere StSmine (2051, 3416, 3076, 36) binden gekocht 
etwas schlechter als ungekocht Shnlich dem Stamm „Bock‘‘, 

2 Stamme (15, 3089) verhalten sich, wie es Scheller 
gefunden, sie binden gekocht etwas besser als ungekocht. 

Die DifTerenzen sind aber in jedem Fall gering und gehen 
nicht weiter als eine Verdilnnung. 


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456 


Arthur Lange, 


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Analoge Versuche wurden noch mit dem Proteusstamm 
Weil-Felix angestellt, und zwar mit den beiden von diesem 
Stamm bekannten Formen, mit der H-Form und der 0-Form. 


1 Agarplatte mit 24-8tundiger Kultur der H-Form wird in 8 ccm 
physiologischer Kochsalzlosung aufgeschweramt, die Aufschwemmang in 
zwei gleiche Teile geteilt. Die eine Quote wird in kochendem Wasserbade 
Stunde erhitzt. Dann werden beide Teile zentrifugiert, die Bakterien mit 
je 5 ccm Kaninchenimmunserum in der Verdunnung 1:20 versetzt und 
2 Btunden unter haufigem Umschiitteln bei 37° in Kontakt gelassen. 

Dann wird zentrifugiert und der AbguO in fallenden Verdunnungen 
mit neuer Kultur derselben Form versetzt. Nach 2 Stunden im Brut- 
schrank wird das Resultat abgelesen. 

Dcrselbe Versuch wird in derselben Anordnung mit der 0-Form 
angestellt. 

TabeUe IV. 


Agglutination durch Immunserum 


Proteus- 

form 


tl s 


5 IP 

® 2 os 

• p-z 


ai vorbehandelt I gekochten Bakt. 

a) voroenanaeit ^ ungekochten Bakt. 

b) unvorbehandelt 

al vorl)ehandelt[ m't gekochten Bakt. 
aj voroenanaeit I „i,gekochten Bakt. 

b) unvorbehandelt 


H-Form 


0-Form 


-f 


+ 


-t- 


H-! + 


-f'+ 


Diese Versuche zeigen, daB auch die beiden Formen des 
Proteusstammes Weil-Felix durch Vi-sthndiges Erhitzen 
im kochenden Wasserbade'in ihrer Agglutininbindungsfahig- 
keit nicht wesentlich verandert werden; der gekochte Teil 
bindet ebenso wie der ungekochte ‘). 

Wir sehen also, daB von den untersuchten 14 StSinmen 
keiner durch V 4 -stundiges Kochen in seinem Agglutininbindungs- 
vermogen inerklich geschadigt wird. 


1) Diese Ergebnisse stehen zunachst scheinbar im Widerspruch zu den 
wohlfundierten, allgemein bcstatigten Angaben von F. Schiff (Deutsche 
raed. Wochenschr., 1917, No. 41) sowie Sachs (Deutsche med. Wochenschr., 
1918, No. 17), wonach die 0-Rezeptoren der Bakterien bedeutend hitze- 
bestiindiger sind als die H-Kezeptoren. Da6 dieser Unterschied bei uns 
weniger hervortritt (nur in dem stiirkeren Bindungsvermogen der unge¬ 
kochten H-Form), durfte wohl auf die Versuchsanordnung zuriickzufiihren 
sein, vor alien Dingen auf die starken Serumkonzentrationen, mit denen 
die Ausfiillung bewirkt wurde. Von einer Differenzierung der Agglutination 
in „grob“ und „fein“ wurde bei diesen Versuchen abgesehen. 



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Zur Frage der Hitzebestandigkeit der gebundenen Antikorper. 457 

Nachdem festgestellt war, daB zwischen den untersuchten 
12 Typhusstammen auch zwischen den beiden Proteusformen 
ein nennenswerter Unterschied im Bindungsvermogen zwischen 
erhitzten und unerhitzten nicht bestand, haben wir nunmehr 
mil samtlichen Stainmen die Versuche von Friedberger 
und Pinczower, Kumagai und Bessau wiederholt. Diese 
Versuche waren namlich seither tiberhaupt nur niit den beiden 
Stammen ^GieBen^ und „Bock“ angestellt. Es erschien uns 
aber wichtig, sie auf eine groBe Zahl von Stammen auszu- 
dehnen, urn dadurch vielleicht die Dilferenzen zwischen 
Bessaus und unseren eigenen Befunden zu erklaren. 

Bei diesen Versuchen haben wir den grSBten Wert darauf 
gelegt, so wie es schon frOher auch Friedberger und seine 
Mitarbeiter getan haben, daB die Beladung der Bak- 
terien vor der Erhitzung wirklich eine vollstan- 
dige war. Das ist aber keineswegs einfach und es bedarf 
einer immer wiederholten Beladung, um sicher alle hapto- 
phoren Gruppen der Bakterien zu besetzen. Wissen wir doch 
aus den alteren Untersuchungen von Pfeiffer und Fried¬ 
berger, wie auBerordentlich groB die Zahl der Rezeptoren 
am Bakterienleib offenbar ist und wieviel mehr Antikdrper 
gebunden werden kdnnen, als zur Bakteriolyse oder Aggluti¬ 
nation an sich ausreichend sind. Die vollige AbsSttigung 
aller Gruppen aber scheint uns notwendig, um einwand- 
freie Resultate zu erzielen, denn sonst kdnnen natiirlich nach 
dem Kochen an die nnbesetzt gebliebenen thermostabilen 
Rezeptoren ohne weiteres Antikorper verankert werden, und 
es kann dadurch eine Zerstorung der gebundenen Antikorper 
vorgetauscht werden. 

Es war eine 9 — llmalige Ausfiillung und Aus- 
schleuderung notwendig, um die Bakterien vollig abzusSttigen. 

Wir lassen zunSchst die Versuche mit dem Stamm „GieBen“ 
und ^Bock^ folgen. 

Zwei 24-8tundige Schriigagarkulturen vom Stamnie „Gie6en“ wurden 
in 8 ccm physiologischer Koohsalzlosung aufgesehwemmt und durch ein 
grobes Papierfiltcr filtriert. Darauf wurde zentrifugiert und die Bakterien 
vdllig mit Agglutinin abgesiittigt, indein sie zusammengebracht wurden 
4mal mit 10 ccm Immunserum (Titerhohe 1:12600) in der Verdiinnung 
1:100, 2mal mit 10 ccm Immunserum 1:50 und noch 3mal mit 10 ccm 


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— URBANA-CHAH PAIGN 



458 


Arthur Lange, 


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1:100. Jedesmal wurden die Bakterien mdglichst fein verteilt. Erst bei 
den bciden letzten Abgiissen ergab sich die vSllige Absattigung. 

Dann wurden die Bakterien noch 2mal niit physiologischer Kochsalz- 
losung gewaschen, in 10 ccm Kochsalzlbsung aufgeschwemmt und in zwei 
Portionen geteilt. 

Die eine Portion wurde im Wasserbade '/« Stunde gekocht, die andere 
ungekocht gelassen. 

Dann wurden beide Teile zentrifugiert und die zentrifugierten Bak- 
terieu mit je 5 ccm Immunserum 1:100 aufgeschwemmt. Die gekochten 
und ungckochten beladenen Bakterien verteilten wir jedesmal moglichst 
sorgfaltig, so dafi eine gleichmiiflig triibe Aufschwemmung vorhanden war. 

Nach 2-stundigem Aufenthalt ira Brutschrank, unter hiiufigem Um- 
schiittelu, wurde wieder zentrifugiert und die Abgiisse in fallenden Ver- 
diinnungen mit frischer Kultur desselben Stammes versetzt. Nach weiteren 
2 Stunden bei 37“ lasen wir das Kesultat ab. 

Nach derselben Versuchsanordnung wurde der Stamm „Bock“ ge- 

priift. 

Tabelle V. 


Agglutination durch Immunserum ' 

1 

Typhus- 

stamm 

9 

e 

1 o 

e 

c 

o 

c 

1 s 

1 e 

1 s 

1 o| s 
2 S 

r 

S 

! § 
i"* i 

p 

1 oS 
2; 

a) vorbehandelt / gekochten Bakt. 1 


' + 

+ ' 


'+1 

+ 

+ 

—- 



mit beladenen 1 ungekocht. Bakt. j > 

,,GieSen“ ; 

1 

+ 

' + 



+ 

+ 

■i"i — 


— 

b) un vorbehandelt J 

+ 


+ 

+i 

+ 

!+ 

+i+ 


— 

a) vorbehandelt f gekochten Bakt. | 
mit beladenen 1 ungekocht. Bakt. ! 


t-f- 


'+ 

+ 1 

+ 


+!± 

_i 


„Bock“ 

1+ 

'+1 

+ 

+ 

+ 

1+ 


— 

— 

b) un vorbehandelt | 


' + 

+1 

+ 

+ ! 

+ 

i+ 

+1+ 

— 

— 


Derselbe Versuch wurde dann nach genau derselben Ver¬ 
suchsanordnung mit den 10 anderen Typhusst^mraen an- 
gestellt. 

Als Immunserum wurde fiir die Stiimme ^Bock^, nGieBen", 
897, 1687, 6452, 43,3089 das Serum eines Antityphuskaninchens 
No. 483 des Institute benutzt, wahrend die letzten 5 Stamme 
(15, 36, 1719, 3076, 2051) mit dem Immunserum vom Tier 492 
behandelt wurden (siehe Tabelle VI). 

Das Ergebnis der vorstehenden Versuche mit den 12 
Typliusstammen ist ein vollkommen eindeutiges und stimmt 
mit den Befunden von Friedberger und Pinezower so- 
wie Kumagai genau iiberein. Das an die Bakterien ge- 
bundene Agglutinin erweist sich bei geniigender Bindung 
als hitzebestandig. Bei einigen Stammen „GieBen“, 6452, 15, 
3076 und 43 haben allerdings die gekochten Bakterien eine 


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Zur Frage der Hitzebest&ndigkeit der gebundenen Antikorper. 459 


Tabelle VI. 


Agglutination durch Immunserum 

Typh.- 

Stamm 

c 

e 

s 

_« 

s 

J 

j 

i 

— J 

1 

s 

a. 

*< 

g 

« 

4a 

1 

- 

o 

09 

12; 

a) rorbcbandelt / gekochten Bakt. 

1 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ + 

+ 

i 

_ 

— 


mit beladenen \ ungekochten Rakt. 

897 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ + 

+ 

i 

— 

— 

— 

b) unvorbehandelt 

) 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ + 

+ 

+ 

— 

— 

— 

a) vorbehandelt / gekochten Bakt. 

1 

+ 

+ 

+ 

+ 

+'+ 

+ 

_ 

— 

_ 

_ 

mit beladenen i ungekochten Bakt. 

1687 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

± 

— 

— 

— 

_ 

b) unvorbehandelt 

1 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

— 

— 

— 

a) vorbehandelt ) gekochten Bakt. 

1 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

± 

_ 

— 

_ 


mit beladenen 1 ungekochten Bakt. 

6452 

+ 

+ 

+ 

+ + 

+ 

+ 


— 

— 

— 

b) unvorbehandelt 

1 

+ 

+ 

+ 

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a) vorbehandelt J gekochten Bakt. 

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mit beladenen ^ ungekochten Bakt. 

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a) vorbehandelt f gekochten Bakt. 

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mit beladenen ^ ungekochten Bakt. 

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mit beladenen \ ungekochten Bakt. 

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mit beladenen ( ungekochten Bakt. 

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mit beladenen \ ungekochten Bakt. 

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mit beladenen [ ungekochten Bakt. 

^3076 


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a) vorbehandelt f gekochten Bakt. 

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mit beladenen \ ungekochten Bakt. 

2051 

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b) unvorbehandelt 

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-t- 

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Spur mehr entzogen, indem das eine Mai in der Endver- 
diinnung die Agglutination +, das andere Mai + war. Doch 
liegen diese geringen Ditferenzen sicher innerhalb der Ver- 
suchsfehlergrenzen. Denn bei Stamm 1687 und 36 haben wir 
gerade das umgekehrte Verlialten. Dazu kommt noch, daB z. B. 
Stamm 15 an sich schon gekocht etwas starker band als un- 
gekocht. 

Bereits Kumagai hatte bei seinen Untersuchungen mit 
dem einen Stamm „GieBen“ gefunden, daC die erhitzten be- 
ladenen Bakterien immer noch geringe Mengen von Agglutinin 

Zeitwhr. f. ImmunlWtsforschiing. UriK. ltd. 3». 32 


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460 


Arthur Lauge, 


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entziehen, denn das native Serum wirkt an sich starker agglu- 
tinierend, als der AbguB von den gekochten beladenen Bakterien. 
Er fflhrt das darauf zuriick, daB bei der Prozedur des Waschens 
und Kochens vielleicht ein Teil der gebundenen Agglutinine 
wieder abspaltet. 

Bei unseren Untersuchungen mit zahlreichen Stammen 
erwiesen sich aber diese DifTerenzen als so gering und auBer- 
deni nicht gleichsinnig, daB wir nicht einmal diese Erkiarung 
Kumagais auf Grund der Untersuchungen an einem ein- 
zigen Stamm als unbedingt zu Recht bestehend bezeichnen 
mbchten. 

Jedenfalls haben wir dieTatsache, daB die mit 
Agglutinin vSllig beladenen, dann gekochten 
Bakterien kein Agglutinin mehreutziehen, wahrend 
B e s s a u eine quantitative vollige Wiederbindungsfahigkeit nach 
dem Kochen und damit totale Zerstorung des gebundenen 
Agglutinins annimmt. 

Um auch das Verhalten anderer Bakterienarten in dieser 
Richtung zu untersuchen, haben wir dann noch entsprechende 
Versuche mit der 0- und H-Form des X 19 Weil-Felix an- 
gestellt. 

Je eine Agarplatte mit 24-Btundiger Kultur der beiden Formen wurde 
mit 8 com physiologischer NaCl-Losung abgeschwemmt und zentrifugiert. 
Die Bakterien wurden mit Agglutinin vollig gesattigt, indem sie zueammen- 
gebracht wurden 3mal mit 8 com Immunserum 1: 40 und 7mal mit 8 ccm 
Immunsenim 1 : 20 . 

Darauf wurde 2mal mit physiologischar NaCl-LSaung gewaschen 
und in 2 gleiche Teile geteilt. Denn einen Teil kochten wir im Wasserbade 
V 4 Stunde, den anderen liefien wir ungekocht. Dann wurde zentnfugiert 
und die Bakterien in je 5 ccm Immunserum 1:20 aufgeschwemmt und 2 
Stunden unter haufigem Schiitteln im Brutachrank gelaasen. Auch hierbei 
achteteu wir genau dsu'auf, daQ die gekochten und ungekochten Bakterien 
im Immunserum moglichst fein verteilt wurden, was bei dem Proteusstamm 
schwerer zu erreichen war ale bei den Typhusstammen. Nach 2 Stunden 
wurde abermals zentrifugiert und der AbguB in fallenden Verdunnungen 
mit frischer Kultur derselben Form versetzt. 

Das Resultat lasen wir nach 2 Stunden Aufenthalt im 
Brutschrank ab und fanden es nach 24 Stunden durch Ab- 
setzen der Bakterien in den positiven ReagenzglRschen be- 
statigt. 



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Zur Frage der Hitzebestfindigkeit der gebundenen Antikdrper. 461 


TabeUe VU. 


Agglutination duch Immunserum 

Froteus- 

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a) vorbehandelt I gekochten Bakterien 

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mit beladenen J ungekochten Bakt. 

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b) unvorbehandelt 

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-1- 

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1 + 1 + 

— 

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Auch das Resultat dieser Versuche stimmt vollkommen 
mil dem bei den Typhusstammen gefundenen tiberein. Die 
beladene H-Form entzieht im gekochten und ungekochten Zu- 
stand dem Immunserum kein Agglutinin mehr, wkhrend der 
gekochte Teil der 0-Form nur noch eine Spur entzieht. 

Diese geringe Differenz im Verhalten zwischen 0 und H 
mag mit der verschiedenen Thermoresistenz der Rezeptoren 
zusammenhangen. Der Unterschied zwischen gekochter und 
ungekochter 0-Form aber liegt wohl innerhalb der Versuchs- 
fehlergrenzen. 

Das Ergebnis unserer Arbeit ist also das folgende: 

1) V 2 'Stiindiges Erhitzen auf 100® beraubt die Typhus- 
bakterien nicht der Bindungsfahigkeit fflr Agglutinin. 

2) Die mit Agglutinin vbllig gesattigten Bakterien ent- 
ziehen nach dem Erhitzen dem Serum kein Agglutinin mehr. 

Es fragt sich nun, wie sind mit diesen Befunden die 
nach beider Richtung hin abweichenden von Bessau zu 
erkiaren. Speziell beziiglich des Stammes „GieBen“ hat dieser 
Autor ja die Thermoresistenz der Rezeptoren bestatigt, aber 
erneut darauf hingewiesen, dafi bei ihm der Stamm „Bock“ 
in seinem Agglutinin-Bindungsvermbgen durch das Erhitzen 
schwer geschadigt werde. Davon kann nun keine Rede sein. 
Der Stamm „Bock“ bindet zwar nach dem Kochen etwas 
schlechter, und ebenso verhalten sich die Stamme 3076, 
36 und in geringem Grade 3416. Aber dieser Unterschied 
ist doch sehr unerheblich. 

„GroBe Unterschiede‘‘ (Bessau) zwischen verschiedenen 
Typhusstammen obwalten nach unseren Untersuchungen an 
12 Stammen jedenfalls nicht, und wir kSnnen Bessau darin 

31* 


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462 


Arthur Lange 


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iiicht beipflichten, claB „dieser Differenzpunkt mit Fried- 
berger befriedigeud geklart“ ist. 

Noch schwieriger gestaltete es sich zunachst, in der 
zweiten Frage eine befriedigende Erklftrung fiir die Unterschiede 
zu finden. 

Bisher waren die Versuche, die zu so abweichenden Er- 
gebnissen gefiihrt haben. mit nur je 1 bzw. 2 Typhusstammen 
ausgefiihrt worden. Nachdem ich aber mit 12 verschiedenen 
Typhusstammen und einem anderen Bakterium die gleichen 
Resultate wie Friedberger und Kumagai friiher mit 
einem Typhusstamm erhalteu babe, einerlei, ob ein Typhus- 
stamm gekocht etwas raehr oder weniger Agglutinin bindet 
als ungekocht, muB ich trotz der entgegenstehecden Befunde 
von Bessau mit dem Stamm „GieBen‘‘ und „Bock“ daran 
f e s t h a 11 e n, d a B mit 1 m m u n s e r u m v 611 i g b e 1 a d e n e 
gekochte Bakterien dem Serum kein Agglutinin 
mehr entziehen. 

Bemerkenswert ist es nun in diesem Zusammenhang, daB 
Bessau tatsachlich in seiner ersten 1911 erschienenen Arbeit 
mit dem Stamm „Bock“ zu von Friedberger und seinen 
Schiilern gar nicht so erheblich abweichenden Resultaten ge- 
kommen ist, wie es seine damaligen SchluBfolgerungen und 
seine spateren Arbeiten erscheinen lassen. In jener Arbeit 
geht die Agglutination des Immunserums, das mit dem be- 
ladenenen ungekochten „Bock‘‘ in Kontakt war, nur eine 
Stufe weiter als in dem Serum, das mit den beladenen ge- 
kochten Bakterien zusammen war. Es hat also hier der be- 
ladene gekochte „Bock‘‘ keiue nennenswerten Mengen Agglu¬ 
tinin entzogen. Da aber Bessau annahm, daB der native 
^Bock" durch Vi'Stiindiges Erhitzen auf 100" in seinem Agglu- 
tininbindungsvermbgen schwer geschadigt wird, legt er sein 
Versuchsergebnis ganz anders aus. 

Nachdem wir nun aber festgestellt haben, daB durch das 
Kochen des Stammes „Bock“' sein Agglutininbindungsvermogen 
keineswegs eine erhebliche Schadigung erleidet, sind wir wohl 
berechtigt, den Versuch Bessaus durchaus in unserem Sinne 
zu deuten und seine damaligen wie die jetzigen SchluBfolge¬ 
rungen zuriickzuweisen. 

Mit Recht weist Bessau darauf hin, daB „hier nicht ein 



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Zur Frage der Hitzebestiindigkeit der gebundenen Antikdrper. 463 


mit Fried berger und seinen Mitarbeitern iibereinstimmen- 
des Resultat vorliegt, das nur verschiedener Deutung zug^ng- 
lich ware“, sondern dalJ „die Versuchsergebnisse in eklatanter 
Weise differieren“. ^Bei dieser Diflferenz ist es unabweislich, 
daU auf der eineii Seite ein Versuchsfehler oder eine irgend- 
wie nicht einwandfreie Technik vorliegt^ (Bessau, a. a. 0.). 

Bessau ist geneigt, die „nicht einwandfreie Technik^ in 
den Arbeiten Friedbergers und seiner Schiller zu ver- 
inuten, und denkt daran, daB wir, vor allem Kuinagai, die 
beladenen gekochten Bakterien im Iinmunseruni niangelhaft 
verteilt batten. Das war aber wohl nicht der Fall, und 
ich babe in nieinen Versuchen noch besonders darauf ge- 
achtet. 

Es fragt sich nur noch, konnen wir unsererseits eine Er- 
klSrung fur das so vollig abweichende Verhalten bei einer an 
sich doch nicht sehr schwierigen und klaren Versuchsanord- 
nung geben? 

Wenn wir daraufhin die Protokolle der vorliegenden 
Arbeiten durchsehen, so fSllt es auf, daB in den Arbeiten 
aus unserein Institut die Beladung bis zur vSlligen Ab- 
sSttigung offenbar eine viel intensivere war, als 
bei den anderen Autoren. Bei Fried berger und Pinczo- 
wers kurzen Arbeit fehlen genaue Angaben, doch ist aus- 
drflcklich hervorgehoben, daB die Bakterien bis zur vollstandigen 
Beladung wiederholt niit Imnmnserum in Kontakt waren. 
Bessau hat zu dieseni Zweck in seiner ersten Arbeit 3-4- 
mal, in der zweiten 3- bzw. 6mal die Bakterien mit dem 
Serum je eine Stunde in Kontakt gelassen. Kuniagai hat 
7-, 8- bzw. llmal beladen, ich selbst 9- und lOmal hinter- 
einander, wobei Serum und Bakterien mindestens 1—2 Stunden 
unter wiederholtem Aufschiitteln in Beriihrung blieben. Es 
dauerte bei uns etwa 6—7mal, bis die Bakterien nach der an 
sich ja rohen Versuchsanordnung annShernd ganz abgesattigt 
erschienen, aber auch dann haben wir noch einige Male aus- 
gefailt. Erst dadurch war es wohl moglich, die Bakterien mit 
Sicherheit vollig zu beladen. 

Es erscheint nicht ausgeschlossen, daB auch erst bei dieser 
wiederholten und langdauernden Beladung jene Verfestigung 
des Agglutinins eingetreten ist, die zur Irreversibilitat und 


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464 


Arthur Lange, 


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zur HitzebestSndigkeit fflhrt. Hierfur haben wir aucb Ana- 
logien im Verhalten der Toxine zu den Antitoxinen. 

Zusammenfassung. 

1) Verschiedene Typhusstfimme binden nach dem Erhitzen 
auf 100° Agglutinine quantitativ annShernd in gleicher Weise 
wie unerhitzt, und zwar in der Mehrzahl der Ffille gleich gut, 
in anderen etwas besser, in anderen etwas weniger. Wesent- 
liche Unterschiede, wie sie Bessau zwischen den Typhus- 
Btammen „GieBen“ und „Bock“ angegeben hat, konnteu wir 
bei keinem der von uns untersuchten Stamnie, insbesondere 
auch nicht bei den Originalstanimen „GieCen“ und „Bock“ 
feststellen. 

2) An die Bakterien gebundene Agglutinine sind nach 
unseren Untersuchuugen mit 14 verschiedenen Stamnien, dar- 
unter 12 Typhusstdmmen, in Uebereinstimmung mit Fried- 
berger und Pinczower sowie Kumagai und im Gegen- 
satz zu Bessau, sofern die Bindung und Ver- 
festigung eine vollstandige ist, hitzebestandig. Als 
Ursache fur die Differenz wird eine ungenflgende Verfestigung 
der Antigen-Antikorperverbindung bei den Versuchen Bes- 
saus angenommen, 

Nachtrag bei der Korrektur. 

In einer soeben im Centralblatt f(ir Bakteriologie, Bd. 86, 
Heft 3, erschienenen Arbeit kommt Spat zu einem mit Bessau 
Obereinstimmendem und den Versuchen von Friedberger 
und Pinczower, Kumagai sowie meinen eigenen entgegen- 
stehenden Ergebnis. Er hat seine Versuche mit komplement- 
bindenden AntikSrpern und Normalagglutininen angestellt. 
BezQglich der Komplementbindungsversuche gilt zunachst das, 
was Kumagai schon gegeniiber den bakteriolytischen Ver¬ 
suchen Bessaus betont hat, dafi namlich hier im Gegensatz 
zu Agglutination neben der haptophoren Gruppe noch die 
vielleicht empfindlichere zytophile interveniert. Allerdings 
glaubt Spat durch seine Versuche auch die Thermolabilitat 
der haptophoren Gruppe des komplementbindenden Anti- 
kbrpers gezeigt zu haben. 



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Zur Frage der Hitzebestandigkeit der gebundenen Antikfirper. 465 

Wenn man die Versuchsprotokolle Spats durchsieht, so 
fallt auf, daB er Imal, hOchstens 2mal bis zu Vj Stunde bei 
37° sensibilisiert hat, und wenn er auch unter diesen Be- 
dingungen einmal bei neuem Zusatz des Immunserums keine 
weitere AntikSrperadsorption gesehen hat, so lassen sich doch 
diese Versuche bezOglich der Dauer und des Grades der Ab- 
sattigung nicht mit den unserigen vergleichen, wo bei der 
bis zu lOmal wiederholten, langdauernden Adsorption sicher 
eine ganz andere Beladung der Bakterien und Verfestigung 
der AntikSrper eingetreten war als dort. 

Bei den Agglutinationsversuchen hat Spat ilberhaupt nur 
mit Norraalrinderserum anscheinend Imal (!) beladen. Hier 
gelten also die gleichen Einwendungen, abgesehen davon, daB die 
Spuren von normalen Antikbrpern, die so von den Bakterien 
adsorbiert worden sind, nicht mit den Mengen von Immun- 
agglutininen in unseren Bindungsversuchen verglichen werden 
kbnnen. Im Ubrigen sind wir durchaus in Uebereinstimmung 
mit Spat der Meinung, daB „die bei Normalantikbrpern nach- 
gewiesenen Verhaitnisse nicht ohne weiteres auch auf die 
Immunantikorper tlbertragen werden diirfen“. 

Diese Versuche Spats kSnnen also mit den unserigen 
nicht verglichen werden und scheinen mir als Beweismaterial 
fflr das vorliegende Problem nicht verwendbar. 


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466 


Walter Bieber 


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Nachdruck verboUn. 

[Aus dem Hygienischen Institut der Universitat Marburg 
(Direktor: Geh.-Rat Bonhoff)]. 

Experimcntelles znr DIphthcrIeprophylaxe. 

Von Walter Bieber. 

(Eingegangen bei der Bedaktion am 17. April 1921.) 

Im Jahre 1912 publizierte Petruschky eine Arbeit, die 
den Xitel trSgt: „Erfolgreiche Versuche zur Entkeimung von 
Diphtheriebazillentragern.“ Er berichtet dort von 7 Fallen 
hartnackiger Diphtheriekeimtrager, die er mit abgetoteten Di- 
phtheriebazillen, und zwar in der Hauptsache mit dem eigenen 
Stamm, also Autovakzinen, subkutan und perkutan (1 Fall) 
behandelt hat. Selbstverstandlich wfire das Gelingen einer 
aktivenimmunisierung gegen dieBazillen selbst 
von groBter Bedeutung fur die ganze Diphtherieprophylaxe, 
nicht nur weil durch die Entkeimung von Bazillentragern 
Quellen filr Infektionen beseitigt wflrden, sondern auch weil 
dann auf demselben Wege eine erfolgreiche Schutzimpfung 
gesunder Individuen moglich wSre, wie Petruschky selbst 
im 2. Teil seiner Arbeit hervorhebt. Ich unterzog mich der 
Aufgabe, die MSglichkeit der Diphtherieimmunisierung nach 
Petruschky experimeniell nachzuprufen, weil mir die ftir 
Arzt und Patienten bequeme „Einreibungsmethode“ geeignet 
scheint, schnell popular zu werden, und damit gegebenenfalls 
filr die Durchfflhrung einer Diphtherieprophylaxe viele Hemm- 
nisse fallen wiirden. Auf Veranlassung und nach Angabe 
Petruschkys haben die Behringwerke ein Linimentum anti- 
diphthericum hergestellt, das sowohl aus Diphtheriebazillen 
wie aus Strepto- und Staphylokokken besteht, die bei hoher 
Temperatur abgetotet sind. Dem giltigen Einverstandnis von 
Herrn Professor Petruschky verdanke ich die Ueberlassung 
einer Probe des Impfstoffs filr meine Versuche. 



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Experimentelles zur Diphtherieprophylaxe. 


467 


Als Versuchstiere wShlte ich Meerschweinchen. Nach der 
Behandlungsart teilte ich sie in 8 Serien zu 3 Tieren, 

Serie I: Behandliing iiber 2 Monnte mit langsam steigenden Mengen 
(von0,05—0,5ccm)Linimeiitum antidiphthericum Petruschky durchEinreiben 
in die rasierte Bauchhant. Wahrend der ganzen Zeit der Behandlung 
zeigten sich keinerlei Reaktionserscheinungen an der Haut. Die Tiere 
blieben munter und nahmen an Gewicht zii. 

Serie II: Behandlung lOraal in 18 Tagen (0,05—0,2 ccm) wie bei 
Serie I. 

Serie 111: Behandlubg lOmal in 18 Tagen mit steigenden Doscn 
(0,05—0,2 ccm) eines Liniments, das ich aus im Vakuum getrockneten Di- 
phtheriebazillen, Glyzerin und etwas Alkohol herstellte. Die Bazillen waren 
nicht vollig abgetdtet, sondern nur in ihrem Wachstum stark gehemmt: 
auf Loff lersches Serum gebrachtes Material zeigte erst nach zweitagigem 
Verweilen im Brutschrank spiirliches Wachstum; an der enthaarten Haut 
der Tiere waren keine Veranderungen infolge der Behandlung fest- 
zustellen. 

Serie IV: Behandlung in 20 Tagen mit 9 subkutanen Injektionen 
einer Emulsion von vakuumtrockenen Diphtheriebazillen in Kochsalzlosung. 
Anfangsdosis: 0,32 g Diphtheriebazillen-Trockensubstanz/lOO Millionen 
Kochsalzlosung; Enddosis: 0,5 g Diphtheriebazillen-Trockensubstanz/l(X)000 
Kochsalzlosung. Auch hier konnten keine Schadigungen im Verlaufe der 
Implzeit gesehen werden; es kam auch nicht zur Infiltratbildung an den 
Injektionsstellen. Herabgesetzte Wachstumsfahigkeit des Impfmaterials 
war wie vorher festgestellt. 

Serie V: Der Bodensatz von einer 8 Tage gut gewachsenen, urn- 
geschiittelten Diphtheriebouillonkultur wurde mit der gleichen Menge Gly¬ 
zerin und etwas Alkohol gemischt, im Vakuum bei Zimniertemperatur auf 
etwa die Hiilfte des Volumens eingeengt, davon steigende Mengen von 
0,05—0,2 ccm in 19 Tagen 8mal den Meerschweinchen in die rasierte Bauch- 
haut eingerieben. Auf Lofflersches Serum gebracht, erwies sich der 
Impfstoff als steril, was wohl auf die langere Einwirkung des Glyzerin- 
alkohols zuruckzufuhren ist. Nach der Einreibung von 0,1 ccm trat eine 
Rdtung der eingeriebenen Hautstelle auf, die nach einigen Tagen wieder 
verschwand. 

Serie VI: Behandlung perkutan mit Diphtheriegift, das mit der 
gleichen Menge physiologischer Kochsalzlosung und der doppelten Menge 
Glyzerin verdunnt wurde. 1 ccm des Liniments enthielt also 0,25 ccm 
Diphtheriegift. Davon wurden zunachst 0,02 ccm eingerieben. Am 
nachsten Tage Entziindung, dann Nekrose und Verschorfung; der ganze 
ProzeB dauerte bis zur Abheilung etwa 10 Tage. Die Impfung wurde im 
ganzen 3mal vorgenommen, zuletzt mit 0,1 ccm. Die Erscheinungen waren 
jedesmal ungef&hr dieselben. 30 Tage nach Beginn der Behandlung bekam 
ein Tier eine diphtherische Lahmung, an der es einging. 


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468 


Walter Bieber, 


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Serie VII: Gegen Diphtheriegift aktiv immunisierte Meerschweinchen 
mit 5 Antitoxineinheiten in 1 ccra Serum. Auf die Vorbehandhing dieser 
Tiere werde ich spiiter zuruckkommen. 

Serie VIII: Nicht vorbehandelte Kontrolltiere. 

10 Tage nach cler letzten Behandlung wurden die Tiere 
mit der todlichen Menge Diphtheriebazillen infiziert. Zur In- 
fektion wahlte ich einen frisch von einer Rachendiphtherie 
reingeziichteten Stamm, von dem 0,05 Platinose in 2 Tagen 
todlich wirkte, was ich durch Vorversuche genau ermittelt 
hatte. Ich schwemmte 1 Platindse einer 24 Stunden auf 
Lofflerschem Serum gewachsenen Kultur in 20 ccm Koch- 
salzldsung auf, zerteilte die Bazillen gleichinaBig durch Schfltteln 
und gab dann davon 1 ccm jedem Meerschweinchen (aus- 
genommen Serie VII) subkutan. Serie VII erhielt gleichzeitig 
die 10-fach todliche Dosis = 0,5 Platinose Diphtheriebazillen- 
kultur in 1 ccm KochsalzlSsung. Am Tage nach der Infektion 
hatten alle Tiere bis auf die Serie VII ein deutlich fiihlbares 
Infiltrat an der Injektionsstelle. Die giftimmunen Tiere 
(Serie VII) zeigten keine Veriinderungen. Am 2. Tage (inner- 
halb 48 Stunden) waren der Infektion erlegen: die unvor- 
behandelten Kontrolltiere (Serie VIII) und die mit dem Lini- 
mentum antidiphthericum Petruschky vorbehandelten Meer¬ 
schweinchen (Serie I und II). Bei der Sektion wiesen alle die 
Zeichen des akuten Diphtherietodes auf: braunrote Verfarbung 
der Nebennieren, Transsudat in der Brusthohle. Subkutan star- 
kes Infiltrat, das fast fiber die ganze Bauchgegend reichte. Der 
Refund war bei alien Tieren gleich. Audi darin stimmte er 
vfillig fiberein, daB im infiltrierten Gewebe und in der Um- 
gebung massenhaft Diphtheriebazillen nachgewiesen werden 
konnten. Etwa 66 Stunden nach der Infektion waren die 
Tiere aus den Serien V und VI gestorben. Der Sektions- 
befund war derselbe wie bei den'zuerst eingegangenen. In 
den folgenden Tagen war bei den Tieren aus Serie III und IV 
eine Gewichtsabnahme zu verzeichnen. 6 Tage nach der In¬ 
fektion, teilweise etwas frfiher, gingen auch diese Tiere ein. 
Bei der Sektion sah man unter der Bauchhaut eine fiber die 
ganze BauchfiSche ausgedehnte fidematose Entzfindung mit 
reichlichem Diphtheriebazillenfund. Die Zeichen des akuten 



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ExperimentcIleH zur Diphtherieprophylaxe. 


469 


Diphtherielocles waren nicht so ausgesprochen wie bei den 
frQher sezierten Tieren. Das Transsudat in der Brusthohle 
fohlte, die Nebennieren waren kaum gerbtet. Wahrend alle 
diese Versuchstiere der Infektion bereits erlegen waren, blieben 
die Meerschweinchen aus Serie VII unverandert inunter. Nun- 
inehr gab ich einem Meerschweinchen davon die 100-fach t6d- 
liche Dosis Diphtheriebazillenkultur = 5 PlatinQsen in 1 ccra 
Kochsalzlosung (wieder vom LSfflerserum). Am Tage darauf 
ein winziges Infiltrat an der Injektionsstelle, das nach 2 Tagen 
nicht mehr filhlbar war. Das Tier blieb weiter gesund und 
hat bis heute keine Erscheinungen von Kranksein gezeigt. Es 
ist also auch mit dieser Bazillenmasse gut fertig geworden. 

Ziehen wir nun das Fazit aus unseren Versuchen, 

Was das Linimentuin antidiphthericum Pe- 
truschky angeht, so haben die Versuche leider 
keinen Anhaltspunkt daftir ergeben, daB seine 
Anwendung die Diphtheriecrkrankung verhUten, 
ja auch nur ihren Verlauf mildern konnte. Der 
Tierorganismus erscheint durch die Vorbehandlung gegeiiiiber 
der Diphtherie v611ig unbeeinfluBt; denn die vorbehandelten 
Versuchstiere verhielten sich absolut so wie die unvorbehan- 
delten Kontrollen, auch in bezug auf den Bazillenfund, nach- 
dem sie der Infektion erlegen waren. Das Vorhandensein 
bakterizider Stoffe, deren Bildung doch beabsiclitigt war, hatte 
sich im Verlauf der Infektion irgendwie beinerkbar inachen 
intissen. Es ist auch unwahrscheinlich, daB eine weiter niodi- 
fizierte Behandlung an dem Endresultat etwas geSndert hatte, 
DemgemaB kSnnen wir auch kaum hoffen, eine Entkeimung 
von Bazillentragern auf die von Petruschky angegebene 
Weise zu erreichen. Die Mitteilungen von Petruschky 
selbst enthalten nichts absolut Beweisendes, da die Kontrollen 
fehlen. Die betreffenden Patienten sind flberdies trotz der 
Behandlung zum Teil erst nach recht langer Zeit ihre Bazillen 
losgeworden, was wohl ebenso ohne Behandlung hatte eintreten 
kSnnen. NeiBer und Gins prflften das Petruschkysche 
Verfahren an klinischem Material nach. Sie vakzinierten 
30 Diphtheriepatienten mit abgetSteten Bazillen und konnten 
dabei kein auffallend schnelleres Verschwinden der Bazillen 


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470 


Walter Bieber, 


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beobachten, als bei den nicbt vakzinierten. So konnen wir 
das Problem der Diphtlierieentkeimung und aktiven Inimuni- 
sierung durch die antidiphtberischen Linimente Petruschkys 
leider als nicbt gelost anseben. 

Der von den Kontrollen verscbiedene, langsaraere Verlauf 
der Infektion bei den Tieren in den Serien III und IV be- 
recbtigt uns nicbt zu der Hoffnung, daB scblieBlicb auf diesem 
Wege docb nocb etwas zu macben wSre. GewiB ist auch bier 
die Vorbebandlung mit Bazillen erfolgt. Jedocb entbiclt der 
Impfstoff lebende, wenn aucb abgescbwacbte Keime, die 
ini Tierkorper Toxine bildeten, welcbewiederum 
zur Bildung von Antitoxinen fuhrten. Diese gelang 
es mir aucb tatsacblicb vor der Infektion ini Blutserum nacb- 
zuweisen, und zwar fand icb in 1 ccni etwa Vsoo Antitoxin- 
einbeiten. 

Nocb in anderer Hinsicbt war mir diese Feststellung be- 
merkenswert. v. Bebring bezeicbnete Individuen mit Vioo* 
bis ‘/ 20 -facb normalem Blute als geniigend gegen Dipbtberie 
gescbiitzt, „Es kommt freilicb bier und da vor, daB aucb bei 
einem Gebalt von mebr als V 20 Antitoxineinbeit in 1 ccm Blut 
eine durcb das Dipbtberievirus bedingte Erkrankung der Hals- 
organe beobacbtet wird ; diese bat dann aber durcbaus lokalen 
Cbarakter und verlSuft abortiv obne Anzeicben der Mitbetei* 
ligung innerer Organe am dipbtberiscben ProzeB, was so zu 
erklaren ist, daB nur solche Teile der Halsorgane, die vom 
Blutkreislauf niebr oder weniger vollstandig ausgescbaltet sind, 
des Diphtberiescbutzes entbebren.“ Wir saben, daB bei den 
Tieren mit Vsoo Aiititoxineinbeiten in 1 ccm Blutserum die 
Infektion zwar einen langsameren Verlauf nabm, daB sie 
scblieBlicb aber dock zum Tode fiibrte. Andererseits konnten 
wir feststellen, daB ein Tier mit einem Antitoxingebalt von 
5 Einheiten in 1 ccm (Serie VII) die 100 facb todlicbe Dosis 
vertrug, und nur ein schnell voriibergebendes, minimales In- 
filtrat an der Injektionsstelle entstand. Recbnet man auf die 
einfacb todlicbe Dosis Bazillenkultur uni, so wiirde V20 Anti- 
toxineinheit danacli ibre schadlicbe Wirkung aufheben konnen. 
Es ist sehr gut nioglich, daB ein Antitoxintiter von Vioo Ein¬ 
heiten ini Kubikzentimeter Blut im allgemeinen die Lebens- 


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Experiraentelles zur Diphtherieprophylaxe. 


471 


gefahr beseitigt, als sicher inochte ich nacli diesen Versuchen 
annehmen, daU Vxo'fach normales Blut vor ernsterer Erkran- 
kuug auch bei schwerer Infektion schiitzt, so daB auch bier 
V. Behrings Annahme eine gewisse Bestatigung fande, zu 
der er selbst auf Grund von Erfahrungen gekonimen war, 
die man in der Praxis bei der passiven Imniunisierung 
niit dem vom Pferde staramenden Diphtherieheilserum ge- 
inacht hat. 

Nun war von Interesse filr niich, zu erinitteln, ob urul wie 
weit eineaktivelintnunisierung auf perkutanem Wege nibglich ist. 
VVir wissen, daB die Ilaut gegenUber deni Diplitherievirus relativ 
unenipfindlich ist, Lawon und Reinhardt fanden in weiter 
Umgebung von diphtherischen Wunden die Haut niit Di- 
phtheriebazillen behaftet, ohne Veranderungen aufzuweisen. 
Dagegen gelingt es, wie schon Kolle und SchloBberger 
u. a. nachgewiesen haben, durch Einreiben virulenter Bazillen 
lu die rasierte Bauchhaut von Meerschweinchen bestimmte 
pathologische Veranderungen an ihr hervorzurufen. Hetsch 
und SchloBberger inachen niit Recht darauf aufmerksani, 
daB genau derselbe KrankheitsprozeB auch durch Einreiben 
von bakterienfreiem Dijilitheriegift erzeugt wird. Dasselbe 
konnte ich'beobachten. Glciche Versuclie niit toten Bazillen 
und niit dem nach der Lustigschen Methode aus den Di- 
phtheriebazillen gewonnenen Nukleojiroteid, das nach v. Groer 
undKassowitz bei der Seinekschen Probe die haufig auf- 
Iretende paradoxo Reaktion ausloseii soil, haben negative Re- 
sultate gefbrdert und dainit weiterhin bewieseii, daB nur das 
Diphtherietoxin allein die Ursache der Ilautveranderuiig sein 
kann. Ich untersuchte ferner, welche Giftineiigen erforderlich 
sind, um bei perkutaner Applikation deutliche Reaktionen an 
der Haut zu erzielen, und kani zu sehr hohen Zahlen. Wahrend 
intrakutan init ganz geringen Giftmengen (0,5 M) eine deul- 
liche Reaktion (Rotuiig und Infiltrat) erhalten wird, ist bei 
subkutaner Injektion 8nial so viel Gift erforderlich, uni ein 
fflhlbares Infiltrat an der Iinpfstelle zu erzeugen; bei per¬ 
kutaner Verimpfung inuBte ich ein viel nielir als lU(.X)mal 
starkeres Gift wahlen, uin eine Entzundung der Haut zu ver- 
ursachen, eine Menge also, die die tbdliche Dosis bei sub- 


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472 


Walter Bieber 


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kutaner Injektion weit iibersteigt. Demnach bildet die Haut 
einen kraftigen Schutzwall des Kdrpers gegen die Diphtherie- 
vergiftung. Ganz nahe dein Reaktionswert liegt jedoch der 
Todwert. Das ist auch verstandlich: denn, ist einmal die 
schiitzende Epitheldecke zerstbrt, so kann das Gift unge- 
heramter in den Organismus eindringen. Behandelt man Meer- 
schweinchen mit der reaktionserzeugenden Menge Diphtherie- 
toxin perkutan, wie es bei den Tieren in den Serien V und VI 
geschehen ist, so tritt keine nennenswerte Antitoxinbildung 
ein. Das beweist das Schicksal der Tiere nach der Infektion 
mit der tddlichen Dosis Bazillenkultur; es gelang mir auch 
nicht, Antitoxin im Blutserum der Tiere nachzuweisen. Hier 
scheint es sich urn einen der natiirlichen Diphtherieerkrankung 
verwandten ProzeB zu handeln, nach der der Organismus auch 
antitoxinfrei gefunden wird. Anders verhalten sich bei gleicher 
Behandlung bereits subkutan Oder intrakutan vorimmunisierte 
Tiere. .S Tieren (Serie VIII) mit gut Vso Antitoxineinheit in 
1 ccm Serum rieb ich die fQr unvorbehandelte Tiere reaktions- 
erzeugende Menge Toxin in die Haut. Wohl kam es zu einer 
Epithelschilferung; die Entziindung blieb jedoch aus. Nach 
mehrmaliger Wiederholung der Impfung mit steigenden Dosen 
untersuchte ich von neuem das Blut auf seinen Antitoxingehalt. 
Es war 5-fach normal! Die Tiere erhielten dann die 10-fach 
bzw. lOO-fach todliche Menge Diphtheriebazillenkultur. 4 Wochen 
nach dieser Infektion wiederholte ich die Serumpriifung und 
konnte ein weiteres Steigen des Antitoxintiters nachweisen. 
Hier sehen wir das Merkwurdige und fiir die Praxis tiberaus 
Wichtige, daB eine Infektion, die dem nicht immunen 
Organismus schadlich und gefahrlich ist, einem 
immunisiertenindividuum geradezu zumVorteil 
g ere ich t. In der Praxis konnte ich Beobachtungen machen, 
die auf einen gleichen Vorgang schlieBen lassen. Bei einigen 
Personen, die im Jahre 1913 mit dem v. Behringschen „TA“ 
geimpft worden waren, fand ich noch nach iiber 6 Jahren einen 
sehr hohen Antitoxintiter (1 Antitoxineinheit und mehr in 1 ccm 
Serum I Gerade diese Personen waren besonders stark der 
MSglichkeit einer Infektion mit dem diphtherischen Virus aus- 
gesetzt; es handelte sich um Krankenhauspersonal und um 



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Experimentelles zur Diphtherieprophylaxe. 


473 


Individuen, in deren Familien in der Zwischenzeit Diphtherie- 
erkrankungen vorgekommen waren. 

Es blieb niir noch zu untersuchen, wie sich die intakte 
Haut frischer Meerschweinchen schwachen Giften gegenuber 
verhait. 1st sie absolut undurchlassig? Fiir die menschliche 
Schleimhaut kann man dieTe Frage verneinen. Denn wie 
kommt sonst das Antitoxin in das Blut gesunder Dipbtherie- 
bazillentrager, das mehrfach nachgewiesen wurde (v. Behring, 
Otto u. a.)? Ebenso fanden Hoffmann, Bieber und 
Dietrich das unverletzte Granulationsgewebe von Wund- 
dipbtberiebazillentragern fiir das Diphtherietoxin durchlSssig. 
Um die Frage der Durchlassigkeit normaler Haut zu erklaren, 
verimpfte ich perkutan sehr verdtinntes Gift in allmahlich 
steigenden Dosen Meerschweinchen in die Bauchhaut. Selbst 
nach langer Behandlungszeit waren nur Spuren Antitoxin in 
ihrem Blute. Einer subkutanen Impfung mit der todlichen 
Toxindosis erlagen sie. Das spricht dafflr, daB durch die nor- 
male Haut nur verschwiudend geringe Giftmengen resorbiert 
werden. Demnach ist die perkutane Applikation zur Vor- 
immunisierung ungeeignet. 

Sollten die Versuche mit perkutaner Nachbehandlung vor- 
immunisierter Meerschweinchen, auf den Menschen iibertragen^ 
zu gleich guten Resultaten fiihren, was noch zu untersuchen 
bleibt, so ware eine Dauerimmunitat diphtheriegefahrdeter 
Kinder unschwer zu erreichen. 


Zusammenfassung. 

1) Auf Grund tierexperimenteller Untersuchungen mit 
dem von Petruschky angegebenen Linimentum anti- 
diphthericum kann dieses zur prophylaktischen Vorbehand- 
lung gegen Diphtherieerkrankung und zur Entkeimung 
von Diphtheriebazillentragern nicht als geeignet angesehen 
werden. 

2) Yao Diphtherie-Antitoxineinheiten in 1 ccm Blutserum 
schiitzen im Tierexperiment vor tbdlicher Erkrankung an 
Diphtherie. 


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474 I* Petruachky, Bemerkung zu der Arbeit Dr. Biebers. 


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3) Wahrend die reaktionserzeugende Dosis von Diphtherie- 
toxin bei intrakutaner Impfung 0,5 + M, bei subkutaner 8mal 
inelir betragt, ist bei perkutaner Applikalion ein viel niehr 
als lOOOmal starkeres Gift erforderlicli, un» die erste Reaktion 
zu erreichen. 

4) Werden intrakutan odef subkutan vorimmunisierte 
Meerschweinchen mit starken (perkutan reaktionserzeugenden) 
Giften perkutan nachbehandelt, so erreicht man ein schnelles 
Steigen des Antitoxintiters im Blut. 


Nachdruck verboten. 

Bemerkung zu der iiiir frcuiidlichst zugestellten Korrektur 
der Arbeit Dr. Biebers. 

Von I. Petruachky. 

(Eingegangen bei der Redaktion am 25. Juli 1921.) 

So interessant die berichteten Versuche Biebers an sich 
auch sind, scheinen mir dock Tierversuche fiir die Be- 
urteilung von Schutzbehandlung des Menschen nicht ausschlag- 
gebend zu sein. Nainentlich weil die natiirliche lufektion des 
Mensclien init wenigen Keinien auf die Schleimhautoberflache 
(Diphtlierie) durchaus nicht vergleiclibar ist mit der Ein- 
spritzung einer todlichen Dosis toxinhaltiger Bazillen. 

Die Schutzbehandlungsversuche iniilUen an einer grofien 
Anzahl von Menschen angestellt werden in ahniicher Weise, 
wie die Schutzbehandlungsversuche Dietriclis mit Ruhr- 
vakzin und Ruhrliniment (Med. Klinik, 1919, No. 35), welche 
sehr groBe Ausschlage zugunsten der Schutzbehandelten gaben. 
Z. B. konnte zurzeit einer Diphtherieepidemie in den Klassen 
einer ganzen Schule ein Teil der Schuler der — als unschad- 
lich erwiesenen — Einreibung mit Diphtherieliniment unter- 


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EL Putter, Zur Technik der Herzpiinktion beini Meerschweinchen. 475 


zogen werden, die anderen (nanientlich diejenigen, deren Eltern 
den Versuch ablehnen) ohue Schutzbehandlung bleiben. Es 
wQrde dann die Zahl der vorkoramenden Diphtherieerkran- 
kungen und TodesfSlle bei beiden Gruppen zu zahlen sein. 
Auch die Entkeimung von Keimtragern mit Vakzin aus 
Bazillenemulsion dilrfte weiterer Versuche wert sein, nanient- 
lich bei Dauerkeiintragern. Es ist ja mbglicb, dad der per- 
kutane Weg der Schutzbehandlung bei Diphtherie weiiiger 
geeignet ist als bei Ruhr und Kokkeninfektion, aber die vor- 
liegenden Versuche sind meines Erachtens nicht ausreiclieiid, 
dies filr den Menschen zu beweisen. 


Saclidruck I'erbvttn. 

[Aus dem Hygiene-Insiitut der Univeisitat Gieifswalcj 
(Direktor: Prof. Dr. E. Fr i ed b e r g e r).] 

Zur Tcchiiik der Herzpuiiktioii helm Meersclnveiiieljen. 

Von Dr. E. Putter, 

Assistcnt iim Institiit. 

Mit 1 Abbildung im Te.xt. 

(E^ingcgangen bei der Redaktioii am 2. Mai 11121.) 

Die Koinplementgewinnung beim Meerschweinchen geschah 
vor dem Kriege wohl allgemein durch die vollige Entblutung 
der Tiere aus der Carotis oder der Femoralis (M o r g e n r o t h) 
Rechuet man, wie iiblich, V 25 <les Kdrpergewichts als Hochst- 
menge des zu gewiunenden Serums, so entspricht das je iiach 
GroBe der Tiere 10—12 ccm Komplement. Bei einem Markt- 
preis von 1,50—2,00 M. fiir das dOO g-Tier stellte sich also 
der Kubikzentimeter auf 15 Pf. Heute kosten Meerschweinchen 
von 300 g 15—20 M. Der Kubikzentimeter Komplement be¬ 
ll Morgenroth, Ges. Arb. zur Iram.-Forsch., Berlin 1904. 

Zftitsfhr. f. imniaiilMt«kl(ir9chan^. Onir. Hd. 3X, 32 


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476 


K. Putter 


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rechnet sich demnach auf 1,50—2,00 M., also das 10-fache des 
Friedenspreises. 

Bei dem beschrankten Etat der Universitatsinstitute lieB 
sich diese Tierverschwendung natiirlich nicht mehr durchfiibren. 
Es ergab sich deshalb von selbst, daft man nach Mittein suchte, 
den Komplementbedarf auf rationellere Art zu decken. 

Von alien Methoden hat sich die Herzpunktion mit Recht 
am nieisten eingebilrgert. Die Blutentnahme aus der Carotis 
bietet keinen wesentlichen Vorteil gegeniiber der volligen Ent- 
blutung. Abgesehen davon, dafi das Verfahren iinmerhin etwas 
uinstandlich ist und ziemlich viel Zeit erfordert, iSBt es sich 
doch am selben Tier nur einige Male durchftihren, wobei man 
dem Meerschweinchen jedesmal 5 ccm Blut unbeschadet ent- 
nehmen kann, namentlich wenn durch subkufane Kochsalz- 
injektionen der Fliissigkeitsverlust sofort ersetzt wird. Ist die 
eine Carotis nicht mehr verwendbar, so muB man zur volligen 
Entblutung schreiten, da die Tiere eine beiderseitige Unter- 
bindung der Halsschlagader in manchen Fallen nicht vertragen. 

Demgegenuber bedeutet dieZahnsche Sangpumpe^), die 
spSter vonReich'^) in etwas abgeiinderter Form erneut emp- 
fohlen vvurde, zweifellos einen Fortschritt auf dem Wege der 
Komplementgewinnung. Immerhin hat sie manche Nachteile. 
Bei vielen Tieren gelingt es infolge schwacher Venenausbildung 
am Ohr nur bei starkerem Saugen groBere. Mengen Blut zu 
gewinnen. Saugt man aber kraftig, so lassen sich Schadigungen 
des Gleichgewichtsapparates und oft genug auch ernstere Ver- 
letzungen des inneren Ohres nicht vermeiden. Die Tiere zeigen 
nach der Prozedur einen ausgesprochenen Nystagmus, Kriim- 
mung des Kdrpers, Kopfnicken, Rollbewegungen, Krarapfe und 
andere Gleichgewichtsstorungen, die sich zwar im wesentlichen 
in den nachsten Tagen zurtlckbilden, gar nicht selten aber auch 
persistieren und schlieBlich zum Tode fiihren. Der Tierverlust 
ist also bei dieser Methode keineswegs unbedeutend. Zudem 
dauern die notwendigen vorbereitenden Handgriffe unddieEnt- 
nabme selltst doch eine betrachtliche Zeit, die in Instituten mit 


1) A. Z;ihii, Miuich. med. Wocheuschr., 1‘J12, No. 16, p. 861. 

2) F. Reich, Deutsche med. Wochensehr., 1917, No. 4, p. 111. 



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Zur Technik der Herzpiinktioii beini Metrbchweinchen. 477 


groBein Koniplementbedarf bei dem Mangel an geschultem 
Hilfspersonal nur schwer aufzubringen sein wird. Die Geduld 
wird auf eine harte Probe gestellt, die sie oft genug nicht be- 
steht, so daB man schlieBlich doch zuin Messer greift, urn 
durch die Entblutung des Tieres die notwendige Serummenge 
zu gewinnen. 

Also bleibt nur die Herzpunktion iiber, die sich bis vor 
dem Kriege nur wenig eingebiirgert hatte, wenn es sich darum 
handelte, Komplement zu gewinnen, die vielmehr nur zum 
Zweck der Injektion in die Blutbahn durchgeftihrt wurde. 
Franzosische Autoren haben sie viel geflbt‘)'^) ®). In Deutsch¬ 
land hat sie hauptsachlich Morgenroth^)®) eingefiihrt. 

Die Herzpunktion hat der Zahnschen Methode gegen- 
flber zweifellos eine Reihe von Vorteilen. Erstens laBt sie 
sich mit einem Minimalaufwand an Zeit durchfiihren. Gelingt 
sie gut, so ist sie fiir die Tiere vollig gefahrlos und keines- 
wegs angreifend. Die Meerschweinchen konnen immer wieder, 
sofern man ihnen zwischen den einzelnen Punktionen genflgend 
Erholungszeit gonnt und die entnommene Blutmenge jedes- 
mal durch Kochsalzlosung ersetzt, zur Blutentnahme heran- 
gezogen werden, ohne daB das Komplement etwa in seiner 
komplettierenden Kraft oder Deviabilitat beeintrachtigt wird. 

Aber auch die Herzpunktion hat ihre Schattenseiten. Sie 
erfordert sicherlich mehr Geschick und Uebung von seiten des 
Operateurs als die Zahnsche Methode. In der Hand des 
Geiibten wird sie dann aber gewiB in den meisten Fallen zum 
Ziele Kihren und der Tierverlust sich auf ein Minimum redu- 
zieren lassen. 

Allerdings ist er bei der bisher geiibten Technik nicht 
vollig auszuschalten, so daB das eine oder andere Tier doch 
durch intraperikardiale oder intrapleurale Blutung ad exitum 
kommen kann. Auch ist es bei dem beschrankten Diener- 

1) Ray band et Hawthorn, Compt. rend, de la Soc. de Biol., 
1903, T. 55,'p. 815. 

2) Camus, ibid. p. 825. 

3) Nicolle et Ducloiix, ibid. p. 904. 

4) Morgenroth, Zeitschr. f. Hyg. n. Inf., Bd. 48, 1904, p. 195. 

5) Morgenroth, Berl. klin. Wochenschr., 1904, No. 20. 

32* 


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478 


E. Putter, 


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personal nicht unwesentlich, daB man zur Durchfuhrung der 
Herzpunktion einen oder zwei Heifer notwendig hat. Iin 
allgemeinen wird das Tier von zwei Gehilfen gehalten, wie es 
z. B. BauingUrteP) machen laUt. Aber auch init einein ge- 
wandten Diener wird man auskommen konnen (Morgen- 
roth). Belanglos erscheint es mir, ob das Tier auf einem 
Brett fixiert wird, ob man es auf dem Scholl halten laBt, 
ob man es in senkrechter Lage, in Riicken- oder Seiten- 
haltung punktiert, ob man mehr von vorne neben dem Sternum 
nach der Morgen rot hschen Vorschrift, oder mehr seitlich, 
etwa in der Medioklavikularlinie eingeht. Das ist Sache der 
Uebung und Gewohnheit. 

Ich mochte dagegen auf eine Kleinigkeit aufmerksam 
machen, die, so unbedeutend sie auch auf den ersten Blick 
zu sein scheint, doch auBerst wichtig ist fiir die ungestorte 
Durchfiihrung der Herzpunktion, und durch deren Beachtung 
allein man die meisten Tierverluste vermeiden kann. 

Ueberall werden wohl die Rekordkaniilen verwandt. Zu 
enge Hohlnadeln eignen sich nicht, da das Blut nur schwer durch 
das feine Lumen hindurchtritt und man infolgedessen auBerst 
langsam aspirieren muB. Die weiteren Kaniilen aber, wie sie 
gewohnlich gebraucht werden (ungefahr 1 mm Durchmesser), 
haben einen groBen Nachteil. Sie besitzen eine sehr lang aus- 
gezogene, schreibfederartig zugeschliffene Spitze (siehe Figur). 
Man muB infolgedessen die Nadel sehr tief in das Herziumen 
einfuhren, um die birnformige Miindungsflache der Kaniile 
vollig in die Blutfliissigkeit zu versenken. Dabei besteht aber 
die groBe Gefahr, die gegeniiberliegende Aorten- oder Pulmonal- 
wand anzuritzen, was unfehlbar den Tod des Tieres durch 
Selbsttamponade des Herzens zur Folge hat. Die LSnge des 
schreibfederartig ausgezogenen Teiles der Rekordkanule betrligt 
ungefahr 4 —5 mm. GroBer aber dilrfte der Durchmesser des 
Ventrikels eines Meerschweiuchenherzens, zumal wiihrend der 
S 3 'stole, nicht sein. Ritzt man mit der Nadelspitze die inter- 
ventrikulare Septum wand, so wird das gewbhnlich ohne Belang 
sein, da die Muskelbiindel des Septums die Oeffnung ver- 


I) Ha 11 ni gii rt cl, C.Vntrulbl. f. Bakt., Bd. 85, 1920, Heft 4, p. 281. 



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Zur Techfiik der Herzpiinktion beim Alecrschweinoheii. 479 

schlieBen, schliinmstenfalls eine kleine Kommunikation zwischen 
linkem und rechteni Herzen gescliaffen wird. Liegt jedoch die 
Nadel zuffillig so, daB sie mit ihrer Spitze auf die Aorta oder 
Pulmonalis weist, dann wird das GeiaB SuBerst leicht per- 
foriert, was die Verblutung des Tieres in den Herzbeutel mit 
Sicherheit nach sich zieht. TatsSchlich babe ich in alien Fallen, 
in denen die Punktion verunglQckte und den Tod des Tieres 
zur Folge hatte, stets eine derartige GefaBverletzung bei der 
Sektion nacliweisen konnen. 



Es ergibt sich also, daB die kauflichen Rekordkanillen 
zur Herzpunktion ungeeignet sind. Man muB deshalb Hohl- 
nadeln verwenden, bei denen der ganze schreibfederartige Teil 
fehlt und nur eine ganz schwach ovale, beinahe kreisfSrmige 
Milndungsflache besteht (siehe Figur)'). Eine kleine scharfe 
Spitze niuB naturlich erhalten bleiben, damit man leichter die 
Brustwand durchclringen kann und das Herz vor der Nadel 
nicht ausweicht. 

Bei Befolgung dieses kleinen KunstgrifTes wird man Tier- 
verluste durch die Herzpunktion zu den seltensten Vorkomm- 
nissen rechnen konnen. 

Zum SchluB mag noch ein HandgrifT Erwahnung linden, 
mit dessen Hilfe man die Punktion ohne jede Assistenz durch- 
fflhren kann, ohne das Tier auf ein Operationsbrett aufspannen 
zu miissen, ahnlich wie ihn Friedberger'^) fiir die intra- 
peritoneale Injektion angegeben hat. Man legt das Meer- 
schweinchen mit der Riickenseite auf den SchoB, die Hinter- 
beine nach den Knien zu gerichtet, den Unterkorper bis zum 


1) Diese Herzpunktionsnadein sitid zu beziehen von der Firms Paul 
Altniann, Berlin NW., LuisenstraBe 47. 

2) Friedberger, Centralbl. f. Bakt.. Bd. 39, 1905, Heft 6, p. 718. 


f 


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480 Putter, Zur Technik dcr Herzpunktion beita Meergchweinchcn. 

Rippenbogen bringt man zwischen die Oberschenkel und fixiert 
ihn in dieser Haltung durch leichten Druck der Beine. Mit 
dem kleinen Finger der linken Hand h&lt man den linken, mit 
dem der rechten Hand den rechten Vorderfufi kopfwarts zuriick. 
Das Tier liegt in dieser Situation ganz ruhig. Mao behklt so 
die flbrigen Finger beider Hande frei, um die Nadel einzu- 
fiihren und die Blutentnahme anzuschlieBen. 

Zusammenfassung. 

Es wird eine neue Nadel zur Meerschweinchenherzpunktion 
empfohlen, bei der tSdliche Verletzungen des Herzens vermieden 
werden kbnnen. 


Ffrimibannschp Buehdrut^kcrei (Heriuaan Pohle) la Jeua. ^ 4919 


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Zeitschrift [ LmnumitUrscliimg. Originale. fid. 32. No. B. 


Naehdruck vtrboUn. 

[Aud dem Institut zur ErforscLung der Infektionskrankheiten in Born 
(Direktor: Prof. Dr. G. Sobernheim).] 

Experimentelle Beltritgo zur Yakzinelmuiunitnt. 

Von Dr. mod. Kunio Sato. 

(Eingegangcn bei der Redaktion am lU. Marz 1921.) 

InhaltBverzeichnis: I. Einleitung. — II. Versuchstechnik. Ver- 
lauf der Irapfung. — III. Ergebnis der zweiten Impfung: 1) Schutzt die 
kutane Infektion gegen die lolgende kutane Infektion? 2) Schutzt die 
Korneainfektion gegen die folgendc Korneainfektion ? 3) Erzeugt punkt- 
formige Impfung der Kornea totale Immunitiit dereelban? — IV. Beziehung 
der Hornhaut zur allgemeinen Immunitiit: 1) Schutzt die kutane (aub- 
kutane) Infektion gegen die folgende Korneainfektion? 2) Schiitzt die 
Korneainfektion gegen die folgendc kutane Infektion? 3) Schutzt Infektion 
einer Komea aucS die andere? — V. Serumveranderung durch die Vakzine- 
impfung: 1) Ist die kutane Impfung mit spezilischer Serumveranderung 
verbundien? 2) Ist die Korneainfektion mit spezifischer Serumveranderung 
verbunden? 3) Wird die Serumveranderung durch wiederholte Impfung I 
geateigert? Ist hierzu Reaktion erforderlich oder nicht? — VI. Zur Ver- 
erbung der Vakzineimmunitat. - VII. Schlufifolgerungen; 1) Ueber die 
Theone der Variolavakzineimmunitiit 2) Zur Wirkung der Revakzination. 
— VIII. Zusammenfassung. — Literaturverzcichnis. 

I. Einleitung. 

Die Anschauungen tiber das Wesen der Vakzineimmunitat 
haben manche Wandlung durchgemacht. Seitdem man auf 
experimentellem Wege, vor allem mit Hilfe des Kaninchen- 
experiments, der Frage nkher getreten ist, ist dieses auch 
heute noch viele Ratsel bietende Phanomen doch wesentlich 
geklart worden. Wahrend aber anfanglich der Vakzineimmunitat 
rein histogener Charakter zugeschrieben und eine Antikdrper- 
wirkung zum mindesten als unerheblich betrachtet wurde, hat 
allmahlich die Antikorpertheorie der Vakzineimmunitat auf 
Grund der seit einigen Jahren beigebrachten Befunde immer 
mehr an Boden gewonnon. Namentlich war es die verraeint- 
liche Sonderstellung der Kornea gewesen, welche der Lehre 
von dem histogenen Charakter der Vakzineimmunitat eine 
Sttitze lieh, sodann aber hatte man das regelmaiJige Auf- 

ZeiUchr. f. Imruunltaifcforschung^. Orig. Bd, 32. 33 


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482 


Kunio Sato, 


treten spezifischer Antikorper in dem Serum vakzinierter 
Menschen und Versuchstiere nicht sicher feststellen kSnnen. 
Es haben sich indessen die Mitteilungen und Beweise geraehrt, 
wonach von einer volligen Sonderstellung der Kornea hin- 
sichtlich der Immunitatsverhaltnisse keine Rede mehr sein 
kann, und auch der Nachweis virulizider Antikorper im Ge- 
folge der Vakzineinfektion ist mit Hilfe verbesserter Unter- 
suchungstechnik iminer regelmaBiger gegliickt. 

Dennoch sind die Zusammenhange keineswegs schon vollig 
klar und eindeutig. Ich babe es daber unternommen, micb 
durcb eigene Experimente fiber die vorliegende Frage zu 
unterricbten. Insbesondere erstrecken sicb die Versucbe auf 
die Beziehungen zwiscben Haut- und KorneaimmunitSt, auf 
das Verbalten der antivirulenten Serumstoflfe nacb Stfirke und 
Dauer ibrer Wirksamkeit, auf Fragen der Vererbung, sowie 
auf die Revakzination und ibren EinfluB auf den Antikorper- 
gebalt des Blutes. 

In dem vorstebenden Uebersicbtsplan sind die Frage- 
stellungen im einzelnen wiedergegeben, die als Grundlage 
der Versucbsanordnung dienten. 

n. Verauchstechnik. Verlauf der Impfung. 

Als Impfmaterial ffir diese Vakzinestudie stand immer 
die virulente Glyzerinlympbe des scbweizeriscben Serum- und 
Impfinstitutes zu meiner Verffigung. 

1. Kutane Impfung. 

Zu diesem Zwecke babe icb ausscblieBlicb Kaninchen be- 
uutzt. Die Braucbbarkeit des Kanincbens zum Studium der 
experimentellen Vakzine zu erortern, erflbrigt sicb, seitdem 
durcb die Mitteilungen von Gailleton (1889), Bard und 
Leclerc (1891) und spfiterbin durcb zablreicbe andere Unter- 
sucbungen, besonders neuerdings durcb die umfangreicbe 
Arbeit von Gins (1), diese Tatsache fiber jeden Zweifel 
sichergestellt ist. 

Hinsicbtlicb der Impftechnik empfablen Voigt (58) und 
L. Pfeiffer (59), den Kaninchenrficken zu rasieren und 
darauf direkt ohne Skarifikation die Lympbe einzureiben; 
allerdings konne man nocli ein besseres Resultat erwarten. 


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Experimentelle Beitrage zur Vakzineimmunitat. 


483 


wenii man die rasierte PMache mit Sandpapier abreibe. An- 
statt des Rasierens werden neuerdings chemische Epilations- 
inittel vielfach bevorzugt. 

Bei meinen eigenen Versuchen wurden nur anfanglich 
chemische Mittel gebraucht, spSter aber habe ich die Haut 
immer rasiert, weil ich dieses Verfahren ebensogut und 
weniger umstandlich gefunden habe. Zuerst wird dabei das 
Haar beider Flankeii mdglichst kurz geschnitten und der 
Impfbezirk griindlich eingeseitt. Die rasierte FlSche wird 
dann samt der Umgebung mit warmem Wasser gut abge- 
waschen und von der Seife befreit. Darauf folgt Alkohol- 
betupfung. Vor der Impfung muB der Alkohol wieder voll- 
standig verdunsten. Das Ritzen der Epidermis versuchte ich 
mit einer Lanzette, wie sie fur die Vakzination benutzt wird, 
und fand sie sehr zweckentsprechend, so daB ich mich danach 
immer ausschlieBlich dieses Instrumentes bedient habe. Das 
Ritzen geschieht in der Richtung der Korperachse, von vorn 
nach hinten, in Parallelstrichen. Die Vakzinelymphe wird mit 
einem sterilen Glasstab gut eingerieben und man wartet ab, 
bis die geimpfte Flache trocken geworden ist, ehe man das 
Tier vom Fixierbrett lost. Mit dieser Methode habe ich fast 
immer befriedigende Resultate erzielt. 

Die Konzentration der Lymphe wurde in den einzelnen 
Versuchsreihen vielfach variiert. Teils gelangte unverdUnnte 
Lymphe zur Verwendung, teils wurden Verdunnungen mit 
physiologischer Kochsalzldsung hergestellt, im Verhaltnis von 
1:10, 1:50, 1:100. Naheres findet sich in den entsprechendeu 
Tabellen angegeben. 

Der Verlauf ist dann der folgende: 

Am Tage nach der Impfung treten die geritzten Haut- 
striche deutlich hervor und es zeigt sich diffuse leichte Rotung. 
Am 3. Tage erscheiueu die Impfstriche starker gerotet, wobei 
sie auch gleichzeitig leistenartig anschwelleu. Gewohnlich er- 
folgt die Pusteleruption am 4. Tage nach der Impfung auf 
der Kuppe der Leisten, um in der Regel 2 Tage lang zu be- 
stehen. Die Pusteln sind meistens klein und haben nur ge- 
ringen Inhalt. Mit dem Riickgang der Rote geht Eintrocknung 
und Borkenbildung Hand in Hand. Bereits nach wenigen 
Tagen beginnen weiterhin die dicken, harten Borken abzu- 

33* 


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484 


KudIo Sato, 


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fallen, und etwa 2 Wochen nach der Irapfung tritt die ein 
wenig schuppende Haut wieder zutage. 

Nur ganz ausnahnisweise verlief die Reaktion nicht so 
■vollkommen und typisch; es kam in solchen Fallen einfach 
zu einer Papeleruption mit nachheriger Krustenbildung, oder 
lediglich zur Krastenbildung. Diese Wirkung soil nach Voigt, 
Sflpfle (4), Gins (1) etc. nicht nur von der schwachen 
Virulenz der benutzten Lyniphe abhangen, soudern auch vom 
Alter der Tiere. DaB es sich dabei tatsachlich um eine 
spezifische Reaktion handelt, geht aus deiu Verlauf einer 
2. Iinpfung hervor, die nach ineinen Beobachtungen genau 
so negativ ausfSllt, wie bei stark und typisch reagierenden 
Tieren (vgl. Tabelle I, No. 71). Aber, wie gesagt, diesen ab- 
geschwSchten und unvollkommeneu Impfeffekt habe ich bei 
erstmalig geimpften Kaninchen nur recht selten feststellen 
kbnnen, iin ganzen unter zahlreichen Iinpfungen 2—3inal. 

Bei der negativen Reaktion, wie wir sie beiiinmuui- 
sierten Tieren beobachten, inacht sich hauptsachlich diffuse 
Rdtung als einfache Wundreaktion bemerkbar, und eine lokale 
Rotung an den Impfstricheu tritt hochstens andeutungsweise 
auf. Weder Infiltration noch gar Pusteleruption niacheu sich 
bemerkbar. Das Abfallen der geringen Kruste sowie die Ab- 
nahme der Rotung erfolgen .schneller als bei der positiven 
Reaktion. 

Was die Korpertemperatur anbetrifft, so laBt sich, wie 
Siipfle (4) schon beinerkt hat, daraus nichts Bestinmites 
schlieBen. Ich habe eine Zeit lang regelmaBige Messungen 
an geimpften Tieren ausgefiihrt, wobei ganz ungleichmaBige 
Resultate erhalten wurden. Die Temperatur war zwar nieistens 
erhoht, in einer Reihe von anderen Fallen aber wieder nicht, 
und namentlich war die Temperaturerhohung oft nur gering. 

Es wird vielfach angegeben, daB das Albino am ineisten 
einpfanglich sei. Leider konnte ich nicht immer genilgend 
Tiere dieser Art erhalten, so daB ich alle Kaninchen, welche 
zur Verfiigung standen, welcher Farbe sie auch sein mochten, 
zu Inipfzwecken verwendete. Wie Gins (1) hervorgehoben 
hat, laBt sich an pigmentierten Hautstellen wegen des be- 
sonders schnellen Haarwuchses das Resultat nur mangelhaft 
beurteileii; daher habe ich solcho Stellcn immer vermieden. 


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Experimeiitclle Bcithige zur VakzineimmuDitiit. 


485 


2 . K 0 r n e a i m p f u n g. 

Das Kaninchenauge wird zuerst durch Eintraufeln von 
2-proz. KokainlOsung in den Konjunktivalsack unempfindlich 
geniacht. Als Ritzinstrument taugt am besten die sterile spitze 
Nadel, und zwar eine etwas dickere Spritzennadel, dagegen 
ist eine Lanzette bier unzweckmUBig, weil man damit leicht 
die Bindehaut und Nickhaut verletzen kann. An der Kornea 
werden gitterformige Ritzungen vorgenommen und hierauf 
mit der PlatinSse das Impfmaterial eingerieben. Manchmal 
babe ich noch die Einreibung mit dem glatten abgerundeten 
Ende eines Glasstabes folgen lassen, doch scheint es mir 
flberflussig zu sein, weil ich keinen besonderen Erfolg davon 
gesehen babe. 

Die Symptome der spezifischen Keratitis sind ganz cha- 
rakteristiscb und bei v. Wasielewski (60), Paschen (6), 
V. Prowazek (10), und Gins(I) sehr eingehend und genau 
beschrieben. Ich gebe die Beobachtungen der Autoren, die 
sich mit meiuen eigenen Wahrnehmungen decken, im folgenden 
kurz wieder. 

Die Impfung mit einer stark virulenten Lymphe veriauft 
unter stiirmischen Erscheinungen. Am 2. Tage erscheinen an 
den Impfstrichen kleine kugelige Vorwblbungen, welche durch 
Epithelwucherung bedingt sind und perlschnurartig hinter- 
einandergereiht stehen. Schon bemerkt man eine leichte peri- 
korneale Injeklion. Am 3. oder 4. Tage werden die inzwischen 
noch gewachsenen Epithelverdickungen abgestoBen und es 
kommt zur Geschwiirsbildung, welche mit Korneatrtibung 
einhergeht. Dazu hat sich noch eine Konjunktivitis gesellt. 
Diese Geschwiirsbildung und Triibung schreitet immer fort, 
so daB die Geschwilre sehr ausgedehnt werden und die ganze 
Hornhaut infolge der starken Triibung diffus milchig-weiB 
aussieht. Dabei wird die Konjunktivitis auch iutensiv und 
verursacht Starke Hyperamie und Anschwellung, starke fibrinos- 
eiterige Sekretion und oft Ektropium der Lider. Diese hef- 
tigen Symptome dauern bis zum 8. oder 9. Tage, urn dann 
allmahlich abzuklingen und in 3—4 VVochen in Heilung tiber- 
zugehen, 

Wenn man eine weniger virulente oder eine verdiinnte 
Lymphe zur Impfung beniitzt, was bei der vorliegenden Arbeit 


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486 


Kunio Sato, 


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meistens der Fall war, so verzogert sich das Eintreten der 
obengenannten Veranderungen. Ich habe in der Regel beob- 
achtet, daU die Kornea am 3. oder 4. Tage, eventuell iioch 
spater, je nach der Virulenz bzw. der Verdiinnung, bier und 
da fazettiert aussieht und im weiteren Verlauf in Geschwiirs- 
bildung verfallt. Alle anderen Symptome verlaufen hierbei 
milder. Auf Guarnierische Korperchen habe ich bei ver- 
schiedenen Tieren in Schnitt- und Ausstrichpraparaten unter- 
sucht und ihr regelmafiiges Vorkommen bei positiven Impf- 
effekten festgestellt. 

Ferner hatte ich Gelegenheit, in gleicher Weise auch 
Augen von Meerschweinchen zu impfen. Dabei zeigte 
es sich, daB immer die ganze Kornea triib wurde und Unter- 
schiede der Reaktionsstarke kaum bemerkt werden konnten, 
woran wahrscheinlich die Kleinheit der Kornea und vielleicht 
auch die starkere Empfindlichkeit die Schuld trug. So habe 
ich Meerschweinchen zu Untersuchungszwecken ungeeignet 
gefunden und mich nur auf cine eiiizige Versuchsreihe (Tab. V) 
beschrankt. 

Fflr die Korneaimpfungen wurde in der Regel verdiinute 
Lyuiphe (1: 10, 1:50, 1 :100) verwendet, nur ausnahmsweise 
eine starkere Konzentration. 

3. Der virulizide Versuch, 

In einer groBeren Zahl von Fallen wurde die virulizide 
Kraft des Serums gegeniiber dem verwendeten Virus gepriift. 
Bezflglich der Beschreibung dieses V'erfahrens verweise ich, 
urn Wiederholungen zu vermeiden, auf das Kapitel V, wo sich 
die Einzelheiten der Technik, im Zusammenhang mit der bis- 
herigen Literatur, angegeben finden. 

III. Ergebnis der zweiten Impfung. 

Wird ein Kaninchen einmal in die Haut oder in das Auge 
goimpft, so wird das betreffende Organ, also die gesamte Haut- 
decke oder das Auge, nach etwa einer Woche immun und 
reagiert auf die 2. Impfung nicht mehr, Diese Tatsache steht 
heutzutage fest und ist keiner weiteren Erbrterung mehr be- 
diirftig. Da ich aber im Laufe meiner Untersuchungen viel- 
fach ebenfalls Gelegenheit hatte, ihr die einwandfreie Bestkti- 



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Ekperiraentelle Beitriige zur Vakzineimmunitat. 


487 


guDg zu geben, so mochte ich hier die diesbeztiglichen Er- 
gebnisse kurz erwahnen. 

1. Schiitzt kutane Infektion gegen die folgende 
kutane Infektion? (Tabelle I.) 

Frtiher gab es in bezug auf diese Frage zwar auch wider- 
sprechende Befunde, doch kam man bald zu einem flberein- 
stimmenden Resultat, so daB sie nun schon lange als in posi- 
tivem Sinne entschieden angesehen werden kann. 

Zur 2. Impfung babe ich anfangs absichtlich die bei der 
1. Impfung verschonten Stellen gewkhlt. Da ich mich jedoch 
bald iiberzeugte, daB das Resultat der 2. Impfung regelmBBig 
negativ ausfiel, ganz unabhSngig von der Impfstelle, so 
babe ich spSter auf diese Verhkltnisse keine Riicksicht mehr 
genommen. Die Erstimpfung erfolgte bei alien Tieren mit 


Tabelle I. 

Priifung auf Hautimmunitat nach kutaner Impfung. 


•o a 1 

4) 1 

1 

_rt 

1. Impfung 1 



2. Impfung 


So 

• .5 1 

ill 

Farbe 

O 

o 

Datum 

Impf- 1 
material 

Grofie 
der Impf ! 
fliiche 

Reak- 

tion 

Datum 

1 

Intervall 
der 1. u. 2. 
Impfung 

Impf- 

material 

1 

C 

o 

9S 

4> 

X 

1 

weifi, 

1385 

9. 

VII. 1919 

unver- 

ca. 56qcra| 

Pustel- 

14. 

X. 1919 

96 Tagej 

1: 3 ver-' 



schwarz 

1 



diinnte 

bildung 






diinnte 



gefleckt 




Qlyzerin- 

i 






Glyzerin- 

bt' 

c 



1 



lymphe 








lymphe 

s 

2 

braun 

1995' 


dgl. 

dgl. 


dgl. 

16. 

y« 

yy 

98 

yy 

dgl. 

5 

silbergrau 1267 

30. 

X. „ 


.1 49 „ 1 

yy 

23. 

I. 1920 

84 

yy 

unver- 

u 

3 



1 




1 







diinnte 

a 



1 











Glyzerin- 

c 







1 







lymphe 

o 

6 

weifi, 

1277' 


dgl. 


,. 91 „ 1 

1 yy 

1 4. 

II. 

yy 

96 

yy 

dgl. 

a 


Schwarz 


1 










, V 


gefleckt 


1 











s. 

15 

braun 

2286 



»> 

„ 91 „ 

»> 

! 

dgl. 


96 

»y 

yy 

1 ^ 

i 


weifi, 

Schwarz 

gefleckt 

2565 

25. 

III. 1920 


i)) II 

1 

Papel- 

eruption 

i 1. 

XI. 

yy 

220 

yy 

yy 

! ■ 

72 

dgl. 

,2560 


dgl. 


65 „ 

Pustel- 

30. 

X. 

yy 

218 

yy 

V 

1 ^ 



1 




bildung 







QD 

101 

schwarz 

2362 

28. 

VI. „ 

y) 

„ 50 „ 

dgl. 

3. 

VIII. 

yy 

35 

yy 

yy 

^ P-1 

102 

braun 

2574 

8. 

VII. „ 

yy 

>1 50 „ 

yt 


dgl. 


25 

yy 

y» 

1 

. .s 

107 

schwarz 

2175 

22. 

VII. „ 

yy 

„ 60 „ 

yy 

12. 

VIII. 

yy 

20 

yy 

1 

1 V 

1 w 

108 

silbergrau 

2613 


dgl. 

yy 

60 „ 

yy 

3. 

yy 

yy 

11 

yy 

1 y* 

1 

109 


;2708 



»y 

,, 60 „ 

1 yy 


dgl. 


11 


i yy 



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488 


EuDio Sato, 


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unverdiinnter Lymphe, auch fflr die Nachimpfung wurde, 
mit Ausnahme von 2 Fallen, in denen ich eine Verdflnnung 
(1:3) wahlte, die konzentrierte Lymphe verwendet. Zu jedein 
Versuche wurde mindestens 1 Kontrolltier mitheran- 
gezogen. 

Das Ergebnis (vgl. Tabelle I) ist klar und eindeutig. Die 
vorbehandelten Kaninchen, die saratlich auf die 1. Infektion 
mit spezifischen Erscheinungen reagiert batten, verhielten 
sich bei der Nachimpfung vOllig refraktar. Dabei 
betrug der Zeitraum zwischen beiden Impfungen zum Teil 
mehr als 3 Monate, bei 2 Tieren sogar 218 bzw. 220 Tage. 
Es kann hinzugefQgt warden, daB ein Kaninchen (No. 5) nach 
einem weiteren Intervall von 282 Tagen einer 3. Impfung 
mit unverdiinnter Lymphe unterworfen wurde, wobei abermals 
jede Reaktion ausblieb (vgl. Tabelle X). Ganz gleich ging es 
mit einem anderen Tier (No. 15), welches 154 Tage nach der 
2. Impfung eine 3. Impfung (unverdQnnte Lymphe) ebenfalls 
mit negativem Ergebnis erhielt. 

So sieht man, daB bei Kaninchen die durch Vakzination 
erworbene Hautimmunitat 7 Monate und langer erhalten 
bleiben kann und selbst durch die vollvirulente Lymphe nicht 
gebrochen wird. 

Der Termin des Eintretens der Immunitat wird gewbhn- 
lich auf 7—9 Tage nach der Impfung angegeben. Bei zwei 
Fallen, wobei ich am 12. Tage die Nachimpfung ausfflhrte, 
erhielt ich ein vollkommen negatives Resultat, so daB ich mich 
von der bereits eingetretenen Immunitat iiberzeugen konnte. 

Schon bier sei darauf hingewiesen, daB auch die sub- 
kutane Impfung eine Hautimmunitat hervorzurufen vermag. 
3 Kaninchen, welche 0,75 ccm Lymphe in 5 subkutanen In- 
jektionen erhalten batten, reagierten auf die spatere kutane 
Infektion mit unverdtinnter Lymphe v611ig negativ (vgl.Tab. IV). 

2. Schtitzt dieKorneainfektiongegendiefolgende 
Korneainfektion? 

Die einmal mit Vakzine geimpfte Kornea wird, ganz gleich 
der Kdrperhaut, immun und verhait sich gegen die zweite 
Impfung refraktar. Diese Tatsache gilt ebenfalls schon seit 
langem als erhartet. Deshalb iibergehe ich die nahere Be- 



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ik.-No. 


Experimentclle Beitrfige zur Vakzineimmunitfit. 


489 


Tabelle II. 

Priifung auf Korneaimmunitiit nach kornealer Impfung. 


■s 

k 


1. Impfung 


2. Impfung 


Da¬ 

tum 

ge- ' 
impfte 
Kornea 

i 

Impf material' 

1 

Reaktion 

Da¬ 

tum 

Interrall 
der 1. u. 2. 
Impfung 

Impfmaterial 

Reaktion 

8. VII. 

r. 

'/oo Lymphe 

!<chr Btarke 
Keratitis 

6. XII. 

150 Tage 

!■/. 

1 

Lymphe 

negativ 

II 

1. 

?I 

maSige Ke¬ 
ratitis 

30. X. 

i 113 

1 

II 

1 

1 

■'10 

•1 

1. leiohte Ke¬ 
ratitis 

r. starke Ke¬ 
ratitis 

» 

1 

r. 

1 

1 

1 

1 

Starke Ke¬ 
ratitis 

II 

1 

113 

1 

II 

1 

1 10 

II 

1 

r. leichte Ke¬ 
ratitis 

1. starke Ke¬ 
ratitis 

15. X. 

! 1. 

•I 

sehr Starke 
Keratitis 

7. I. 

83 

I> 

1 

V. 

»I 

1 

1. negativ 
r. starke Ke¬ 
ratitis 

i ” 

r. u. 1. 

I> 

starke Ke¬ 
ratitis 

II 

83 

II 

! 

V. 

1 

” 1 

r. u.l. negativ 

•> 

1. 

11 

sehr starke 
Keratitis 

II 1 

83 

II 

V. 

II 

1. negativ 
r. starke Ke¬ 
ratitis 

25. XI. 

1 

r. u. 1. 

11 

i 

r. schwache 
Keratitis 

I. miiQigeKe- 
1 ratitis 

6. IV. 

132 

i 

II 

1 

Vso 

i 

•> i 

r. schwache 
Keratitis 

1. negativ 

|2. UI. 

r. u. I. 

II 

starke Ke¬ 
ratitis 

30. VII 

149 

1 

II 

7.0 

II 

r. u.l. negativ 

1 


511267 

I 


6 1277: 


12 

13 


1415: 


schreibung der Versuche und verweise nur auf die Tabelle II. 
Es geht daraus hervor, dad die erste Impfung, stets mit einer 
Lymphverdflnnung Vso vorgenommen, in alien Fallen eine 
deutliche, meist starke Reaktion zur Folge hatte. Demgegen- 
flber fiel die Nachimpfung, 83-150 Tage spater, mit un- 
verdiinnter oder verdiinnter (1:10, 1:50) Lymphe entweder 
ganzlich negativ aus oder gab nur einen abgeschwachten Impf- 
efiFekt in Form leichter Keratitis. In dem letzteren Falle war 
also die Immunitat keine vollkommene und absolute, und es 
verdient betont zu werden, dafi diese Erscheinung (No. 5, 6, 25) 
weder durch die Lange des Intervalls zwischen erster und 
zweiter Impfung noch durch die Virusdosis bei der Nach¬ 
impfung erkiart werden kann. Die anderen Tiere, die zum 
Teil wesentlich spater (No. 4, 58) oder mit stark konzentrierter 
Lymphe (No. 4, 11, 12, 13) der Kontrollirapfung unterworfen 


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490 


Kunio Sato, 


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wurden, blieben glatt, und eigentiimlicherweise betraf eine — 
wenn auch milde — Reaktion nur Falle, in denen starker 
verdflnnte Lymphe (1:10. 1:50) verwendet worden war. Auch 
der Grad der prirnSren Impfreaktion scheint nicht allein ent- 
scheidend zu sein, denn eines der auf die Nachimpfung leicht 
reagierenden Tiere (No. 6) hatte im AnschluB an die erste 
Infektion gerade eine starke Keratitis bekommen. Gins ver- 
tritt die Ansicht, daB eine schwache Iinmunitat durch sehr 
virulente Lymphe gebrochen werden konne. Inwieweit das 
fiir unseren Fall zutrifft, bleibe zundchst dahingestellt. Diese 
Verhaitnisse sollen bei Untersuchung der Beziehungen der 
Kornea- zur allgeraeinen Immnnitat spSter erbrtert werden. 
Jedenfalls ist das eine richtig und bei alien diesen Versuchen 
zu beriicksichtigen, daB der Virulenzgrad und die Virulenz- 
unterschiede der verwendeten Lymphen einen nicht leicht 
zu bestimmenden EinfluB ausiiben. Wir haben trotzdem von 
einer besonderen Virulenzpriifung unserer Lymphe im Einzel- 
fall abgesehen. 

3. Erzeugt punktfSrmige Impfung an der Kornea 
totale Immunitat derselben? 

V. Prowazek (10), welcher die histogene Theorie der 
Vakzineimmunitat begriindet hat, behauptete seinerzeit, daB 
die Immunitat der Kaninchenkornea rein lokal und histogen 
sei und daB sogar die entfernteren, von der ersten immuni- 
sierenden Reaktion nicht betroffenen Stellen der gleichen 
Kornea in einzelnen Fallen auf die Einbringung des Vakzine- 
virus reagieren. Man muB bei dieser auffallenden Angabe 
die quantitativen Verhaitnisse der Immunitat im Auge be- 
halten und an die Mdglichkeit denken, daB, wenn die erzeugte 
Immunitat nur schwach ist, sie unter Umstanden durch eine 
zweite Impfung niit hochvirulenter Lymphe gebrochen werden 
und eine leicht positive Reaktion eintreten lassen kann. Solche 
Beobachtungen habe ich bei anderen Versuchen sehr haufig 
gemacht und deswegen mich veranlaBt gesehen, die Angabe 
von v. Prowazek einer Nachpriifung zu unterziehen. 

Die erste Impfung wurde ungefahr in der Mitte zwischen 
dem Korneazentrum und dern unteren bzw. oberen Kornea- 
rand in Kreuzform von 1 mm Lange vorgenommen. Nach 



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Ex peri men telle Beitrage zur Vakzineimmunitat. 


491 


Tabelle III. 

Priifung auf Totalimmunitiit der Kornea nach punkt- 
formiger kornealer Impfung. 


4' 1 

1. Impfung 


2. Impfung 

ll 1 1 Sm frapfetelle 

Impfmaterial 

Reaktion 

Da- 

Inipfstelle Impfmal^rial 

Reaktion 

741502 14.IV. r.u. hunt. 

Partie 

761973 dgl. 

77 1820 „ r. ii. I. ob. 

Partie 

^ 'Uo Lymphe 

>1 

r. u. 1. kleincs Ge- 
schwiir, leichte, 
i lokaleTriibung, 

1 leicht. Injektion 
dgl. 

1. 

r. nicht ange- 
gangen 

27. V,r.u. I. ob. 
Partie 

1 

,, dgl. 

„ r.u. hunt. 

1 Partie 

Vso Lymphe 

ff 

r. u. 1. negativ 

dgl. 

1. negativ 
r.Geachwiir.Tru- 
buug, niaQige 
konjunktivale 
Injektion 


(leni Verschwinden der akuten Erscheinungen wurde die 
zweite Impfung zwischen dem oberen bzw. unteren Kornea- 
rand und dem Korneazentrum ausgefiihrt. 

Die Resultate der Nach impfung an 5 An gen 
(vgl. Tab. Ill) sind sSmtlich negativ ausgefallen, so 
dad man annehmen muB, dad auch durch eiiien sehr kleinen 
Impfeffekt die Immunisierung der ganzen Kornea erfolgt und 
solche Falle, wie sie v. P r o w a z e k beschrieb, wohl sehr seltene 
Vorkommnisse sein diirften. 

rv. Beziehung der Homhaut zur allgemeinen Immunitat. 

Die Sonderstellung der Kornea bei der Vakzineimmunitat 
der Kaninchen ist von vielen Autoren hervorgehoben und als 
eine sehr interessante, der Vakzine eigenartige biologische Er- 
scheinung angesprochen worden. Es wurde zuerst 1903 von 
Paschen (6) experimentell festgestellt, dad kutan geimpfte 
Kaninchen fur eine nachtragliche Korneaimpfung empffinglich 
bleiben und dad auch umgekehrt durch die Impfung einer 
Kornea weder eine Immunitat der Haul noch eine solche der 
anderen Kornea erzielt werden kann. Weiter gelang es Kraus 
und Volk (8) 1906 zu zeigen, dad die Kornea der Kaninchen 
weder durch subkutane noch durch intraperitoneale, auch nicht 
durch intravenose Injektion immun wird. Eigenartig verhalt 
sich nach ihren Untersuchungen die Aflfenkornea, deren Immuni- 


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492 


Kunio Sato, 


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sierung zwar (lurch siibkutano lujektion, nicht aber durch 
Hautimpfung nianchmal gelingt. 

V. Prowazek (10) fand, daB das Kammerwasser vakzi- 
nierter Kaninchen auf aktive Lymphe nicht virulizid wirkt, 
und so war auch er der Ansicht, daB die allgemeine Immunitat 
nicht auf die Kornea iibergeht. Ferner konstatierte er, daS 
man ein Kaninchen, dem das eine Auge mit Erfolg geiinpft 
wurde, kutan oder korneal (am anderen Auge) in positivera 
Sinne vakzinieren kann, wahrend nach der Impfung des einen 
Ohres nach 15 Tagen das andere Ohr nicht mehr infizierbar 
ist. Stipfle (14) 1909 sprach sich ebenfalls auf Grund seiuer 
Experimente entschieden fiir diese Sonderstellung der Kaninchen- 
kornea aus. Somit schien die von Paschen begriindete An- 
schauung zunSchst durchaus zu Recht zu bestehen und (lurch 
die Nachprilfungen iibereinstimmend bestatigt zu sein. 

Im Gegensatz zu den bisher genannten Autoren vertrat 
nun aber 1910 Gruter (12) den Standpunkt, daB auch die 
Kaninchenkornea an der allgemeinen Vakzineimmunitfti Anted 
nimrat. Er immunisierte Kaninchen durch mehrmalige sub- 
kutane oder intravenbse Injektionen bzw. durch ausgedehnte 
kutane Impfung. Zur Korneaimpfung benutzte er dann stark 
(1:1000) verdQnnte Lymphe und wies den wesentlichen Unter- 
schied des klinischen Verlaufes zwischen den immunisierten 
Tieren und Kontrollen nach, so daB er auf eine partielle 
Korneaimmunitat schlieBen konnte. Silpfle und Eisner (5) 
schlossen sich teilweise dieser Meinung an, behaupteten aber, 
durch die gewohnliche, regelrechte Kutaninfektion komnie 
keine Korneaimmunitat zustande. Hingegen hatte B 61 i n (55) 
beobachtet, daB nach ausgiebiger Hautimpfung eine Immunitat 
der Hornhaut eintrat. v. Prowazek (11) immunisierte 
zwecks Nachprufung dieser Frage Kaninchen auf subkutanem, 
intraperitonealem und intravenosem Wege durch einmalige 
Infektion. Nach Feststellung der allgemeinen Immunitat 
(Hautimmunitat) iinpfte er, nach dem Intervall von hochstens 
7 Wochen, mit der unverdunnten Lymphe die Kornea. und 
fand jedesmal eine starke Reaktion mit Auftreten von 
Guarnierischen Korperchen. Bei den bereits einmal mit 
dem virulenten Material geimpften Augen konnte er diese 
Korperchen bei Nachimpfung nicht mehr finden. v. Prowazek 



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Experimentellc Beitragc ziir Vakzineimmunitiit. 493 

bestreitet deingemafi nach wie vor einen Zusammeiiliang 
zwischen Haut- und KorneaiinmunitSt. 

Gins (1) fand 1916 auf Grund umfangreicher Unter- 
suchungen, daB die Imraunitat der Hornhaut spater als die- 
jenige der Haut auftritt und abhSngig ist von der Menge der 
Antikorper im Organismus. Auf diese Tatsache Riicksicht 
nehmend, konnte er das Zustandekominen der Korneaiinniunitat 
nach der Kutanimpfung oder der intravenosen Injektion und 
uingekehrt die der Hautimniunitat nach der virulenten Kornea- 
impfung nachweisen. 

Wir seheu also, daB die neueren Forschungsergebnisse 
uns zwingen, die fruheren Anschauungen einer Revision zu 
unterziehen, indem die Kornea inehr oder weniger an der 
allgemeinen Iinmunitat beteiligt zu sein scheint. Iniinerhin 
bedarf diese Frage entschieden noch weiterer experimenteller 
Klarung, weil auch da, wo sich bei den Autoren prinzipielle 
Uebereinstimmung findet, (Iber viele wichtige Einzelheiten die 
Arigaben dock zum Teil weitgeheiid diiferieren. 

Durch das Studium der einscbliigigen Arbeiten wird man 
jedenfalls gewisser Versuchsbedingungen inne; diese sind: 

1) moglichst kraftige Immunisieruug des Organismus, wie 
alle Autoren es empfehlen; 

2) inehr oder weniger starke Verdiinnung der Lymphe 
fQr die folgende Korneaiinpfung, wie Gruter und 
Siipfle und Eisner betonen, und 

3) ein gewisser Zeitabstaud zwischen dem Immunisierungs- 
verfahren und der Priifung der KorneaimmunitSt, wie 
Gins zuerst fand. 

Diese letzte Bedingung von Gins scheint die Hauptrolle 
zu spielen; denn seine Resultate sind am meisten einheitlich, 
obgleich er sich zur Korneaimpfung einer viel weniger ver- 
diinnten Lymphe bedient hat. 

1. Schutzt die kutane(subkutane)Infektiongegen 
die folgende KorneainfektionV 

Die Tabelle IV umfaBt diesbeziigliche Versuche an Ka- 
ninchen. Fast alle Tiere habe ich mit kutan er Impfung auf 
einer Fl&che von ca. 60 qcm immunisiert. Nur bei 3 Tieren 
(No. 96, 97, 98) wurden s u bku tane Injektionen vorgenommen. 


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494 


Kunio Sato 


Tabelle IV. 

Friifung auf KorneaimmuDitiit nach kutaner (subkutaner) Impfung. 


o 


ja I 

Erstimpfung 
^ ! (kutan) 


Resultat 


I'OJ} I 
a g bc 

« 3 0^1 

N S 
O’ 

N-2 

jQ 


NacMmpfung 

(Kornea) 


Resultat 


Bemerkung 


lil385 9. VII. 7i Gly-jPustelbildung 
^ zerinlymphe [ 


2 1995 9. VII. dgl. 


dgl. 


96 T.I14. X. Gly- 


152286- 

I j 

7i! 2565;25. III. dgl. 


30. X. dgl. 
4. II. dgl. 


I Pustelbildung 
keine Reaktion 


98 „ 


2011 

!l04/„ 


72 2560 25. lU. dgl. 

73;2095 25. III. dgl. 

j 

101 2362 28. VI. dgl. 

. I 3. VIII. dgl. 


102;2574 8. VII. dgl. 

! 3. vin. dgl. 

107 2175 22. VII. dgl. 


12. VIII. dgl. 


108 2613 22. VII. dgl. 


Pustelbildung i 62 


Vll. dg 

;. VIII. di 


igl- 


109 2708 22. VII. dgl. 

I I 3. VIII. dgl. 
110,2815 22. VII. dgl. 


dgl. 

dgl. 

i Pustelbildung 
j keine Reaktion 


Pustelbildung 
keine Reaktion 
geringe Pustel¬ 
bildung 
keine Reaktion 

Pustelbildung 
keine Reaktion 


I Pustelbildung 
I keine Reaktion 
1 Pustelbildung 


62 „ 

24 „ 

!1331 „ 

97^, 


1231 „ 
I 97/., 


Starke Keratitis, 
Verlauf kurz, 
Haut nichts 


Starke Keratitis, 
Verlauf kurz, 
Haut negativ 


zerinlymphe in 
r. Kornea, Haut 
Vs Lymphe 

16. X. V,o Gly- 
zcrinlymphe in 
r. Kornea, Vs 
Ijrmphe in die 
Haut 

19. V. Vso Gly^-'keine Reaktion 
zerinlymphe in| 
r. Kornea | 

27. V. Vjo Gly-deichte Keratitis, 
zerinlymphe inj schnell geheilt 
beide Kornea j 


I, 


27. V. dgl. 
19. IV. dgl. 


keine Reaktion 


Imafiige Keratitis 


9. XI. Hornhaut Kornea u. Haut 


I 88 ) „ 

I 

'l09\ „ 
97/ „ 


109) „ 
i 97/ „ 
ll09 „ 


r. Vso Lymphe, 

1- V„„ „ 

Haut*/, „ 

9. XI. dgl. 

9. XI. dgl. 

9. XI. dgl. 

9. XI. dgl. 
jg. XI. dgl. 


keine Reaktion 


dgl. 


vollige allgemeihe 
Inimunitat, An- 
deutungv. Horn- 
hautimmunitiit 
dgl. 


Hornhautimmuni- 

tiit 

deutliche Horn- 
hautimmumtat 

Hornhautlmmuni- 

tat 

schwache Horn- 
hautimmunitut 
vollige allgemeine 
Inimunitat und 
Hornhautimmu- 
nitiit 
dgl. 


Hornhaut vollige allgemeine 

schwacheKera- Inimunitat, ma- 
titis, Haut ne- 6ige Homhaut- 
gativ immunitiit 

Kornea u. Haut vollige allgemeine 
keine Reaktion j Immunitat und 
Hornhautimmu- 
nitiit 


dgl. 

!dgl. 


dgl. 

dgl. 


i 1 (subkutan) 

96 2760^12. VI.-IO. VIII. 

j im ganzen 0,75 

I ccin Lymphe in 

I 5 Injektionen 

97 2615 dgl. 


98 2335 dgl. 


128 T.19. X. Hornhaut;beiderseits ma- 
1 i r- '/bo Lymphe,{ flige Keratitis, 


128 


I 1- '/lOO 
Haut Vi 
19. X. dgl. 


65 „ 17. Vlll. dgl. 


Haut negativ 

jr. negativ, 1. ma- 
i fiige Keratitis, 
j Haut negativ 
r. Starke Kera- 
I titis, 1. negativ, 
I Haut negativ 


vollige aUgemeiue 
Immunitat, 
schwache Horn- 
hautimmunitat 
dgl. 


dgl. 


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Experimentelle Beitrage zur VHkzineiramnnitat. 495 

Auch intravenose Injektionen hatte ich versucht, leider aber 
vertrugen alle diese Kaninchen (7) die kleine Menge Lymphe 
von 0,2 ccm nicht und gingen meistens schon nach der ersten, 
einige andere nach der zweiteu Injektion zugrunde, ausnahms- 
los unter den Erscheinungen des Marasmus. So konnte ich 
nicht unihin, auf die intravenose Iinmunisierung zu verzichten. 
Bei der Nachimpfung, ob es sich uin die Hornhaut handelte 
Oder urn die Haut, warden auch bei dieser Versuchsreihe 
stets gleichzeitig Kontrollimpfungen an normalen Tieren aus- 
gefhhrt, die samtlich stark positiv ausfielen. Im Anfang babe 
ich fflr die Nachimpfung nur Vio verdiinnte Lymphe verwendet; 
da aber dieses Virus vielleicht noch zu konzentriert war und 
mit der Moglichkeit gerechnet werden muBte, dafi eine schwache 
Immunitat durch zu Starke Lymphe gebrochen und ihre Er- 
kennung dadurch erschwert wiirde, so habe ich spater die Ver- 
diinnung bis V 50 und Vioo erhoht. Als Intervall zwischen der 
Erst- und Nachimpfung habe ich nach Gins fast stets 2 Mo- 
nate und mehr genommen. Bei einer Reihe von Tieren war 
inzwischen noch eine zweite Kutanimpfung vorgenommen 
worden, die durchweg vollig reaktionslos verlief, also das Be- 
stehen einer ausgesprochenen Hautimmunitat bestatigt hatte. 
AuBerdem wurde zu gleicher Zeit mit der Nachimpfung an 
der Kornea in jedem Falle auch eine kutane Kontrollimpfung 
ausgefflhrt. Da diese letztere bei samtlichen Tieren wirkungs- 
los blieb, war damit der Beweis erbracht, daB die Tiere im 
Augenblick der kornealeu Infektion eine starke Hautimmunitat 
besaBen. 

Hinsichtlich des V'erhaltens der Kornea bei der Nach¬ 
impfung lassen sich meine Ergebnisse in zwei Gruppen scheiden, 
indem entweder jede Reaktion ausblieb Oder aber eine mehr 
Oder weniger starke Keratitis auftrat. Im ganzen haben von 
meinen kutan immunisierten Kaninchen 7 aufdiekorneale 
Infektion gar nicht reagiert, die iibrigen 5 zeigten 
spezifische Veriinderungen. Ueber die mit Keratitis verlaufenen 
Falle seien hier noch einige Bemerkungen gemacht. In der 
Regel stellte sich die Reaktion bei den vorbehandelten Tieren 
spater als bei den Kontrolltieren ein und war weiterhin 
meistens durch leichteren und schnelleren Verlauf gekenn- 
zeichnet. Bei No. 1 und 2 hatte sich zwar eine ziemlich 
heftige Keratitis entwickelt, aber ungeachtet dieser Intensitat 


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496 


Kunio Siito, 


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der Erscheinungen heilte der ProzeB viel schneller ab als bei 
den Kontrolltieren. Es geht daraus jedenfalls hervor, dafi 
auch in den positiv reagierenden Fallen ein ge- 
wisser Grad von Hornhautimniunitat vorhanden 
war. Diese schwache Immunitat reichte nicht aus, um jede 
Reaktion zu verhindern, hat aber unzweifelhaft den Verlauf 
dor Infektion boeinfluBt und geinildert. 

DaB der Grad der allgemeinen bzw. Hautimmunitat einen 
entscheidenden EinfluB auf das Zustandekoniinen der Horn- 
hautimmuuitat ausiibt, ist ja eigentlich von voriiherein anzu- 
nehmen und scheint auch aus meinen Beobachtungen hervor- 
zugehen. Kaninchen No. 107, 108, 109 und 110 wurden an 
einem Tage unter gleichen Bedingungen kutan geinipft. Bei 
der Reaktion war zu bemerken, daB No. 107 eine deutlich ge- 
ringere Pusteleruption als die anderen drei bekoniinen hatte. 
Eine nach einiger Zeit vorgenomniene zweite Kutanimpfung 
hatte negatives Ergebnis. Nach etwa 4 Monaten wurden dann 
alle 4 Tiere, wieder an einem Tage, unter ganz gleichen Be¬ 
dingungen an der Kornea geimpft. No. 107 bekam an beiden 
Augen leichte Keratitis, wBhrend die 3 anderen keine Reaktion 
zeigten. Die mangelhafte Pusteleruption bei No. 107 war also 
ausreichend gewesen, um eine Hautimmunitat zu bewirken, 
hatte aber fiir das Zustandekommen der Hornhautimmunitat 
nicht ganz genugt. Durch die Nachimpfung trat der Unter- 
schied des Immunitatsgrades gegeniiber den anderen Tieren 
deutlich zutage. 

Seinerzeit behaupteten SUpfle und Eisner (5), daB man 
nur durch die intravenose oder subkutaiie Injektion, nicht aber 
durch kutane Impfung die Hornhautimmunitat hervorrufen 
konne. Diese Behauptung ist durch die Versuche von B61in 
(55), Gins (1) und nun auch durch meine eigenen als nicht 
zutreffeud erwiesen worden. Immerhin zeigt diese Verschieden- 
heit im Ausfall der Versuche, wie schwierig sich die Horn- 
hautiinmunitat auf allgemeinem Wege erzielen laBt. 

Die Kaninchen No. 96, 97, 98 wurden durch subkutane 
Injektionen mit im ganzen je 0,75 ccm Lymphe vorbehandelt. 
Hinsichtlich der Technik sei bemeikt, daB die Injektionsstelle 
vor der Einspritzung und nachher mit Alkohol grundlich ab- 
gerieben wurde, um eine kutane Infektion zu vermeiden. 


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Experimentelle Beitrage zur VakzineimmuniUit. 


497 


Dieses Verfahren hat sich als ausreichend erwiesen, denn in 
keineni einzigen Falle ist es bei den subkutan geimpften 
Tieren zu Erscheinungen an der Haut (Pusteleruption usw.) 
gekommen. Durch Nachimpfung der Haut konnte man die 
vollige allgemeine ImmunitSt (Hautimmunitat) nachweisen, da- 
gegen entwickelte sich an der Kornea bei alien 3 Tieren eine 
leichte oder inailig starke Keratitis, in 2 Fallen freilich nur 
an eineni Auge; das andere reagierte nicht. Unzweifelhaft 
war also auch in diesen Versuchen eine gewisse Hornhaut- 
immunitat nachweisbar. Ira Vergleich mit No. 101, 102, 108, 
109, 110, welche durch kutane Impfung immunisiert worden 
waren und auf Nachimpfung gar nicht reagiert hatten, be- 
saU aber die Kornea der drei subkutan geimpften Kaninchen 

Tabelle V. 


(Meerschweinchenvereuch.) 

Priifung auf Korneairamunitat nach subkutauer Impfung. 


i j 

- — - 



• --- - _ 

•o 

° 1 

^ 1 t 

1 

Erstimpfung 
(subkutan) | 

Resultat 

itabstan 
zur Nai 
ipfung ‘ 

Nach¬ 
impfung Resultat Bemerkung 

(Kornea) 

^ 1 

1 



1 ^ jO 


l' 

540 

20. V.—10. VI. 
im ganzen 0,45 
Lymphe in 3 In- 
jektionen 


■— 

11 T. 

21. VI. 

‘/,,o Lymphe 

starke Kera¬ 
titis ’) 

Kornea- 
immunitat 
nur an- 
gedeutet 

2 

615 

dgl. 


— 

11 „ 

dgl. 

dgl. 

dgl. 

3 

495 

20. V.-9. VIII. 
1,35 Lymphe in 

6 Injektioncn 



93 „ 

10. XL 
‘ so Lymphe 

>1 

J’ 

4 

595 

10. VI.-9. VIII. 
1,0 Ljrmphe in 

5 Injektionen 



93 „ 

dgl. 

” 

r 

5 

595 

dgl. 


— 

93 „ 

»» 



6 

610 

.. 


— 

93 ,. 




7 

530 



— 

93 „ 

X 

»» 


8 

580 



— 

93 „ 


tr 




1) Der Zeitabstand 

ist vom 

AbsehluO der Vorbehandlung 

an ge- 


rechnet. 

2) Bei Vereuch No. 1 und 2 war die Keratitis ix;im Kontrolltier etwas 
stiirker und liinger anhaltend. Bei den anderen 6 Tieren waren die Pym- 
ptome im Vergleich mit den Kontrolltieren (2 Kontrolltiere) deutlich leichter, 
aber in bezug auf ihre Dauer konnte man fast gar keinen Untersehied 
merken. 

Zl'iUchr. f. lmniunitl>tslnr*ohun?. Orijt. lid. 32. 34 


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498 


Kunio Sato, 


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(96—98) nur eine schwache Immunitfit. Diese Beobachtung 
stebt mit der allgemeinen Erfahrung im Einklang, dafi sich die 
regelrechte Hautimpfung, bei welcher das Antigen zu starkerer 
Vermehrung gelangt, besser bewahrt als die subkutane Me- 
thode. Selbstverstandlich ist, dafi die Gr5I5e der Impfflache 
sowie die Zahl und Dosis der Injektionen auch von Bedeutung 
Bind. In nieinem Falle hat sich gezeigt, dafi selbst die ein- 
malige Impfung einer etwa 60 qcm groCen Hautflache zur Im- 
munisierung der Kornea wirksamer ist, als die fiinfmalige sub¬ 
kutane Injektion einer im ganzen 0,75 ccm betragenden 
Lymphmenge. 

Ich habe zu dieser P'rage auch mit Meerschweinchen 
Versuche angestellt, wie in Tabelle V gezeigt wird. Hier habe 
ich mich ausschlieUlich der subkutanen Injektion bedient. 
Bei der meist 3 Monate spater vorgenommenen Nachimpfung 
konnte nur eine Andeutung von Hornhautimmunitat festgestellt 
werden. Diese Versuchsreihe lallt sich vielleicht ebenfalls als 
Beweis dafttr betrachten, daB bei der Vakzination die subkutane 
Impfung keine Starke Wirkung entfaltet. 

Aus alien diesen Versuchen geht hervor: 

1 ) Die durch kutane Impfung erzeugte Im- 
munitat erstreckt sich auch auf die Hornhaut. 

2) Die Hornhautimmunitat ist in diesem Falle von 
schwankender Starke. Sie kann so vollstandig sein, 
daB die Hornhautimpfung vollig reaktionslos veriauft, auBert 
sich in anderen Fallen aber nur darin, daB die Kornea auf 
die Impfung in verzbgerter und abgeschwachter Form reagiert. 

3) Der Grad der allgemeinen Immunitat (Haut- 
immunitat) scheint fiir die Hornhautimmunitat von Bedeutung 
zu sein. 

4) Durch kutane Impfung laBt sich die Hornhautiramuni- 
tat besser erzielen als durch subkutane. 

2. Schiitzt die Korneainfektion gegen die kutane 

Infektion? 

Bei dieser Untersuchung muB man immer auf die Tatsache 
Riicksicht nehmen, daB die Konjunktiva, welche ja bei Kera¬ 
titis stark entzundlich wird, gleichzeitig mitinfiziert werden 
kann. So sind die Falle, wo an der Konjunktiva verdachtige 


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_ UI^ANA:^H^Ai5li_ _ - 



Experimentelle Beitrage zur Vakzineimmunitat. 


499 


Tabelle VI. 


Prufung auf Hautimmunitat nach Kornenimpfung. 


d i 

!2; 

1 

GewicAt ' 

Erstimpfung 

(Kornea) 

Keaultat 

T3 ja 

C ^ tUL 
c 
a 

5 si*! 

Nach- ' 
impfung ' 
(Haut) j 

Resultat 

Bemerkung 

5 

1267 

8. VII. 

1. ‘/so Lymphe 

miiQige Kera¬ 
titis 

11.3 T. 

30. X. 

7, Lymphe 

Pustel¬ 

bildung 

keine allgcmeine 
Immunitat 

6 

1277 

8. VII. 
r- Vso Lymphe 

Starke Kera¬ 
titis 

113 „ 

1 dgl. 

dgl. 

dgl. 

24 

1930,25. XI. r. u. 1. 

1 Vso Lymphe 

dgl. 

70 ,. 

4. 11. dgl. 

1 negativ 

vollige allgemeine 
Immunitftt 

58 

1752 

2. III. r. 11 .1. 
‘/so Lymphe 

dgl. 

1 

30. VII. dgl. 

f* 

dgl. 

113 

1638 

7. IX. 

r. '/so Lymphe 

1 

dgl. 

' 77 

'24. XI. r. FI. 
',50 Lymphe, 
1. Flanke 
'/, Lymphe 

r. F'lanke ue- 
gativ, 

1. Flanke 
jBchwach pos. 

deutliche allge¬ 
meine Immunitiit 


Erscheinungen auftreten, natiirlich nicht beweiskraftig und 
demnach auszuschlieUen. Meine eigenen Untersuchungen zu 
dieser Frage sind nicht zahlreich, und die Resultate erscheinen 
auf den ersten Blick untereinander nicht dbereinstimmend. Die 
kutan nachgeinipften Tiere haben teils keine Spur von Reaktion 
gezeigt, teils mit typischerPustelbildungreagiert. Und dochergibt 
sich bei naherer Betrachtung ein einheitliches Verhalten. Wenn 
man ins Auge fafit, dall eine schwache Immunitat (lurch Impfung 
mit sehr stark virulenter Lyinphe unter Uinstanden gebrochen 
werden kann, so konnte man die Pustelbildung bei No. 5 
und 6 eben fiir einen solchen Fall halten, well die betreflfen- 
den Tiere nur einseitig am Auge geimpft worden waren 
und weil zur Nachimpfung unverdiiniite Lymphe verweiidet 
wurde. In dieser Ilinsicht scheint mir das Verhalten des 
Tieres No. 113 besonders lehrreicli, wenn man das Resultat 
der Nachimpfung mit unverdiinnter Lymphe auf der einen und 
mit Vso verdilnnter Lymphe auf der auderen Seite des Tieres 
naher betrachtet. Hier ist die Impfreaktion bei dem gleichen 
Tiere verschieden, je nach der fiir die Kutaninfektion ver- 
wendeten Dosis: die rechte Flanke (Vso Lymphe) verhalt sich 
vollig refraktiir, die linke Flanke (unverdiinnte Lymphe) zeigt 
deutliche, wenn auch abgeschwachte Hautreaktion (Papel- 

M* 


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500 


K u n i 0 Sato, 


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bildung). Da, wo aber durch beiderseitige Korneaimpfung 
und Keratitis von vornherein eine st^rkere Immunitat geschaffen 
war, blieb, wie No. 24 und 58 lehren, die kutane Nachimpfung 
selbst mit unverdiinnter Lymphe unwirksain. 

Bei dieser Betrachtungsweise enthalten meine Unter- 
suchungsergebnisse keine Widersprtiche. Man kann sie viel- 
niehr als vollkommen einheitlich annehmen, indem sie die An- 
sicht von Gins bestatigen, daU von der Kornea aus 
auch eine allgemeine Immunitat entstehen kann. 
Diese Immunitat ist stark ausgepragt, sobald eine beiderseitige 
Keratitis vorangegangen ist, sie ist schwacher im AnschluB an 
eine nur einseitige Keratitis. 

3. Schiitzt Infektion einer Kornea auch die andere? 

(Tabelle VII.) 

Meine diesbeziiglichen Untersuchuiigen haben, wie die 
Tabelle VII zeigt, eindeutig zu einem negativen Ergebnis 
gefiihrt. Dieses Resultat ist auffallend. Wir hal)en soeben 
gesehen, daB die allgemeine Immunitat auch von der Kornea 
aus erzielt werden kann, und fernerhin gefunden, daB um- 
gekehrt bei kutan immunisierten Tieren nach und nach eine 
Korneaimmunitat zustande kommt. Von dieser Erfahrung aus 
miiBte man schon erwarten, daB nach Impfung der einen 
Kornea mit der Zeit auch die andere immuu werden konne. 
M’irklich konnte Gins (1) diese Mdglichkeit experimentell er- 
weisen. Wie ich schon friilier bemerkt babe, ist jedoch ein 
hoher Immunitatsgrad notwendig, um bei allgemeiner Immuni¬ 
tat auch eine erkennbare Korneaimmunitat zustandekommen 
zu lassen, und das gleiclie gilt fur die allgemeine Immunitat, 
welchc von der geimpften Kornea aus ausgclbst wird. Somit 
sind auch die Bedingungen fiir den Uebergang der Immunitat 
von der einen Kornea auf die andere gewiB erschwcrt, und 
man konnte sich fragen, ob in meinen Versuchen das vollige 
Versagen der wechselseitigen Korneaimmunisieruiig uicht viel- 
leicht aus quantitativen Verhaltnissen zu erklaren sei. Also: 
Bestehen einer schwachen Immunitat, die durch Verw'endung 
einer hochvirulenten Lymphe gebrochen und damit verdeckt 
worden ist. Ich glaube nicht, daB eine solche Deutung ohue 
weiteres berechtigt ist. Nur bei 2 Kaninchen (No. 5 und 6) 


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URBi^AjCHAMP^GN 



Experimentdle Beitriige zur Vakzineimmunitiit. 


501 


Tabelle VII. 

Prufung auf Uebergang der Imraunitiit von einer Kornea auf die andere. 


Prot.-No. 

Gewicht 

Erstimpfung 

Resultat 

-a js 1 

= 

-2 - a' 
•5 ^.§ 

: 

Nachimpfung 

1 

Resultat ; 

i 

i 

Bemerkiiiig 

5 

1 

1267 

8. VII. 

j L '/io Eyntiphe 

miiOige 

Kerutitia 

ll.'lTg. 

'30. X. 

r. ' Lymphe 

jr. Starke Kera-| 
titis, 1. schwache 
Keratitis f 

Immunitat der r. Kor¬ 
nea nicht nachweis- 
bar 

6 

1277 

dgl. 

1 

1 

Btarke 

KenititiB 

113 „ 

i 

dgl. 

’dgl. 

dgl. 

11 

1902 

15. X. 

1 ‘ 60 Lymphe 

sehr 

Btjirke 

Keratitis 

83 „ 

7. I. 

r. 7i Lymphe 

1* 

r. Starke Kera¬ 
titis, 1. negativ 


13 

1316 

dgl. 

dgl- 

83 ., 

dgl. 

dgl. 

»» 

Junges 

2 


19. V. 

r. V/jo Lymphe 

Starke 

Keratitis 

1 VI „ 

.30. VII. 
r. ' Lyrpphe 

J* M V 

r. negativ. 1. star- 
ke Keratitis , 

Immunitat der 1. Kor¬ 
nea nicht naehweis- 
bar 

113 

1638 

7. IX. 

r- ‘,50 Lymphe 

1 

dgl. 

i 

77 ,. 

24. XI. 
r- '/so Lymphe 

1- V 'T 

r. negativ 1 

1. Starke Kera¬ 
titis ! 

dgl- 

durch Hautimpfiing 
deiitliche allgemeine 
Immunitat nachge- 
wiesen 


kame dieser Gesichtspunkt in Frage, denn es sind das die 
gleichen Tiere, die nach Impfung der Kornea auch keine deut- 
liche allgemeine Hautimmunitat erworben batten (vgl. Tab, VI). 
Ueberdies hatte eines von ihnen (No. 5) auf die erste Kornea- 
irapfung nur relativ schwach reagiert und demgem&B nicht 
einmal fUr diese Kornea sichere ImmunitSt erlangt. Sonst 
aber finden wir in unseren Versuchen keinen bestimmten An- 
haltspunkt fiir die obeu angedeutete Auffassung. Die Tiere 
haben auf die erste Impfung mit starker oder sehr starker 
Keratitis reagiert, die Zeit bis zur Nachimpfung betrug 71 bis 
113 Tage, die Infektion der anderen Kornea erfolgte zwar teils 
mit unverdiinnter, teils aber auch init stark verdiinnter (1:50) 
Lyinplie, und die erstgeimpfte Kornea. die zur Kontrolle auch 
bei der Nachimpfung immer wieder mitinfiziert wurde, erwies 
sich stets als immun, selbst gegeniiber der konzentrierten 
Lymphe. Im Hinblick auf die von anderer Seite veroffent- 
lichten positiven Befunde (G i n s) laCt sich der Uebergang der 
Immunitat von einer Kornea auf die andere niclit allgemein 
in Abrede stellen, er erfolgt nach meinen Beobaclitungen aber, 


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502 


Kunio Sato, 


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wenn iiberhaupt, nur auBerst selten und schwer, jedenfalls 
wesentlich schwerer als der der HautimmunitSt auf die Kornea 
und umgekehrt. 

V. Serumveranderung durch die Vakzineimpfang. 

Der Frage, ob der Organismus auf die Infektion mil 
Vakzinelymphe oder Variolavirus mit der Bildung spezifischer 
Antikorper reagiert, ist in vielfachen Untersuchungen und auf 
verschiedene Weise nachgegangen worden. 

Prazipitinreaktion wurde zuerst von Tanaka (14) 
1903 bei Menschen konstatiert und danach auch von Freyer 
(15), Casagrandi (16), Toniarkin und Sudrez (18) und 
Torikata (66) u. a. bestStigt. Als Antigen wurde entweder 
filtrierte oder nicht filtrierte Lymphe oder auch Lyraphextrakt 
verwendet, v. Prowazek bezweifelte demgegentiber, daB es 
sich bei den Beobachtungen uin spezifische PrSzipitation ge- 
handelt babe, und v. Pirquets Versuche (19) fielen sogar 
negativ aus. Die Resultate und Deutung der Untersuchungen 
gehen also noch auseinander. 

Ich habe auch diese Reaktion mit dem Serum kutan ge- 
impfter Kaninchen versucht. Das Antigen bestand in einem 
Auszug der frischen Kuhlymphe, der durch griindliches Ver- 
reiben mit physiologischer Kochsalzldsung und folgende Fil¬ 
tration gewonnen wurde. Auch bei den stark virulizid wir- 
kendep Seren konnte keine als positiv anzusehende Reaktion 
beobachtet werden. Meine Resultate waren also durchweg 
negativ. 

Aehnlich liegen die Verhdltnisse bezuglich des Nachweises 
von kom piemen f bin denden Stoffen. Job ling (20) er- 
hieltl907 positive Komplenientbindungsreaktion mit dem Serum 
vakzinierter Kalber. Dieses Resultat wurde von Casagrandi 
(17), Dahm (22) (Variola), Sugai (24) (Variola und Vakzine) 
und Beintker (26) (Variola und vakzinierte Kaninchen), 
also bei verschiedenen Versuchsobjekten konstatiert. Dagegen 
kamen Heller und Tom arkin (21) (vakzinierte KSlber), 
Berm bach (23) (vakzinierte Menschen und Kaninchen) und 
Moses (27) (Variola) zu uegativen Ergebnissen. Wkhrend 
somit diese alteren Untersuchungen einander widersprechen. 



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Experiraentelle Beitrage zur Vakzineimmunitat. 


503 


haben die neueren Arbeiten, namlich von Shiga und Kii (28) 
(Variola und vakzinierte KSlber), Hallwachs (29) (lapini- 
sierte Kaninchen), Kryloff (30) (Variola und Variolois), 
Bizzarri und Palm as (67) (Variola), Tes si er und Gas tin el 
(68) (Variola und Vakzine), Klein (70) (Variola), Konschegg 
(71) (Variola) und Habetin (72) (Variola), ausgenommen 
Arzt und Kerl (69) (Variola), alle die Frage einstimmig in 
positivem Sinne beantwortet. Es scheint, als spiele die Ver- 
suchstechnik, insbesondere die Wahl und Darstellung des ge- 
eigneten Antigens, eine ausschlaggebende Rolle (vgl. Klein, 
Konschegg und Habetin). 

Von besonderem Interesse sind sodann die Untersuchungen 
auf Stoffe, welche, analog den bakteriziden ImmunkSrpern, auf 
das Virus abtStend wirken. 

Daftir wurde zuerst die Methode der passiven Iramuni- 
sierung angevvandt. 

Die ersten Versuche in dieser Richtung fielen bei den 
ineisten Autoren, namlich Chauveau (31), Raynaud (32), 
Jan son (33), Cramer und Boyce (34), Landmann (35), 
R e m b 0 1 d (36), B e u m e r und P e i p e r (37) etc. v6llig negativ 
aus. Auch die positiven Resultate, fiber die Str au s, Chambon 
und M6nard (38) 1890 berichteten, wurden von Jan son 
mit dem Einwand angefochten, dad es sich dabei nicht urn 
eine passive Immunisierung, sondern im Gegenteil urn aktive 
Immunitat gehandelt habe. 

Hlava und Honl (41) waren die ersten, welche 1895 
im Blutserum eines wiederholt vakzinierten Kalbes eine gewisse 
Schutzkraft nachweisen konnten. Nachst ihnen gelang es 1896 
B6clfere, Chambon und M6nard (39), durch eine groBere 
Versuchsreihe festzustelleu, daB das Blutserum ausgiebig ge- 
impfter Kaiber mehr oder weniger immunisierende Eigen- 
schaften besitzt. Immerhin war diese schfitzende Kraft des 
Serums von sehr geringem Grade: eine Serummenge von 
1:100 Gewicht genfigte kaum, um die weitere Entwicklung 
einer soeben erfolgten Impfung mit Vakzine vollstandig zu 
kupieren. 

Ganz im Einklang mit diesen Ergebnissen fand auch 
Zagari (42), daB sich im Blut von Pockenrekonvaleszenten 


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504 


Kunio Bato, 


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Oder von Tieren, die mit Pockenraaterial mehrmals behandelt 
waren, Antikorper bilden, jedoch in zu kleiner Menge, um 
irgendeine therapeutische Wirkung auslbsen zu konnen. 

Wahrend T e d e s c h i (43), sowie C h a u m i e r und R e h n s 

(44) wiederum zu negativen Resultaten kamen, konnte Risel 

(45) die positiven Ergebnisse von B del fere, Cham bon und 
Mdnard bestStigen. Nach seinen Beobachtungen soli indessen 
die Wirkung des Immunserums auf den Verlauf der Impfung 
keine ausgesprochene sein. 

- Aus alien diesen Angaben geht jedenfalls hervor, daB im 
Serum von vakzinierten bzw. variolisierten Individuen wohl 
Immunkbrper auftreten, die sich aber mit der Methode der 
passiven Immunisierung nur schwer und nur unter giinstigen 
Versuchsbedingungen nachweisen lassen. Deshalb erscheint 
diese Methode zum Studium der Frage wenig geeignet. 

Ganz im Gegensatz zu diesen schwankenden Ergebnissen 
haben die Untersuchungen mittels des sogenannten „viruli- 
ziden Versuchs“ zu einem iibereinstimmend positiven 
Resultat gefuhrt, so daB man das Vorhandensein irgend- 
welcher auf das Virus der Lymphe abtStend wirkender Korper 
im Immunserum mit Sicherheit behaupten kann. 

Der wesentliche Unterschied zwischen beiden Methoden 
besteht darin, daB bei dem viruliziden Versuch das Serum 
direkt zur Einwirkung auf das Vakzinevirus gebracht wird, 
indem man das Serum in vitro mit virulenter Lymphe ver- 
mischt. Die Verimpfung dieses Gemisches schaltet alle Ein- 
fliisse aus, die sonst, bei getrennter Verwendung in Form der 
passiven Immunisierung, von seiten des tierischen Organismus 
ausgeiibt werden und das Resultat offenbar leicht truben. Diese 
Art der Priifung wurde zuerst 1892 von Sternberg (46) 
eingefiihrt und nachher von Kinyon (47) 1894 empfohlen. 
Aber erst durch die Arbeit von Beclfere, Chambon und 
Mfenard (40) gelangte die Methode zur vollen Wiirdigung. 
Die folgenden Untersuchungen anderer Autoren, nSmlich 
Courmont und Montagard (48), Martins (49), Freyer 
(15), Risel (45), Siipf 1 e (4), v. Prowazek (10) und Gins (1) 
sind ohne Ausnahme positiv ausgefallen, wodurch das bestSn- 
dige Vorkommen der Schutzstoffe und zugleich die Sicherheit 
dieser Methode bestatigt wurde. 



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_URBAI^JLtlAI»l£ALQN , - - 



Esperi men telle Beitriige zur Vakzineimmunitat. 


505 


Ehe ich auf meine eigenen Resultate eingehe, iflSchte ich 
flber die Technik des viruliziden Versuchs eiiiige Angabeu 
vorausschicken. DaB das Mischungsverfahren ini Vergleich 
mit anderen Methoden bei der Untersuchung auf V^akzine- 
immunitfit am sichersten ist, geht schon aus dem Gesagten 
zur Genflge hervor. Zwar laBt sich der ImmunitStsgrad und 
die virulizide Kraft des Serums kaum so exakt bestimmen, 
wie etwa bei manchen Fallen antibakterieller Immunitat, da 
ein schwaukender Faktor in dem Charakter der Lymphe vor- 
liegt, deren Virulenz man weder durch Kultur noch durch 
Tierpassage zu reguliereu imstande ist. Vielleicht hilft die 
von Groth angegebene, neuerdings von Haendel, Gilde- 
meister und Schmitt (83) weiter studierte und empfohlene 
Methode der Virulenzbestimmung der Lymphe fiber die 
Schwierigkeiten hinweg. Dennoch lassen sich bei entsprechen- 
der V'ersuchsanordnung auch in quantitativer Beziehung befrie- 
digende Resultate gewinnen. Ich habe mich bei den vor- 
liegenden Untersuchurigen hauptsSchlich an die Angaben von 
Gins (1) gehalten. Die Versuchsanordnung gestaltete sich 
folgendermaBen: 

Die gewohnliche glyzerinierte Lymphe wird mit steriler 
physiologischer Kochsalzlosung Vso verdiinnt und sorgfaltig 
vermischt, worauf man die Lymphe im Reagenzglas 2 Stunden 
lang bei Zimmertemperatur stehen iSBt, damit die groberen 
Gewebspartikelchen sich absetzen. Dann wird vom oberen 
Teil dieser Flussigkeit ein kleines Quantum vorsichtig heraus- 
pipettiert und mit dem zu untersuchenden Serum gemischt. 
Die Lymphe, statt durch einfaches Sedimentieren, mittels 
Zentrifugierens von den groben Partikelchen zu befreien, habe 
ich im allgemeinen entbehrlich gefunden. Von Gins wird 
dieses Vorgehen, und zwar schon fUr die unverdiiniite Lymphe, 
empfohlen, weil die etwa in der Lymphe zuriickbleibenden 
Partikel von dem Immunserum nicht geniigend durchdrungen 
werden konnen und manchmal das Resultat verwirren. Mir 
schien auf der anderen Seite die Gefahr vorzuliegen, durch 
Zentrifugieren die Lymphe zu stark zu klSren und in ihrer 
Virulenz zu beeintrSchtigen. Mit langerem Sedimentieren und 
vorsichtigem Abpipettieren habe ich ziemlicit gleichintlBige 
Resultate erhalten und daher diesen Weg bevorzugt. Nur in 


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506 


Kuiiio Sato 


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einigen N^ersuchen wurde von inir die Lymphe nach Ver- 
diinnung mit Kochsalzlosung auch zentrifugiert, speziell, wenn 
es sich um Sera von geringer Wirksamkeit handelte, dock 
habe ich keinen Unterschied gegenflber der Sedimentierung 
beobachtet. Den viruliziden Titer des Serums habe ich durch 
die Verwendung von Serumverdiinnungen, und zwar ViO! ViO» 
Vsoi Viooi V200 zu erkennen versucht. 

Nach meiner Erfahrung ist ein hochwertiges Immunsermn 
fast ohne Ausnahme imstande, bis Vioo Verdunnung die Vso 
Lymphe fiir die Kornea vollstSiidig unwirksam zu machen. 

Je 0,2 ccm der Serum- und Lympheverdflnnung wird gut 
gemischt, 2 Stunden laug im Brutschrank (37® C) gehalten 
und dann in die Kaninchenkornea eingeimpft. Zur Kontrolle 
des Virus in der Lympheverdtinnung diente ein gleichbehan- 
deltes Gemisch von 0,2 ccm Lympheverdtinnung und 0,2 ccm 
physiologischer Kochsalzldsung. Gins hat zum Zweck der 
Kontrolle normales Serum benutzt. Da jedoch nach seinen 
Angaben die Unwirksamkeit des norm*alen Serums auf viru- 
lente Lymphe als sicher anzusehen ist, so habe ich anstatt 
des Normalserums in der Regel physiologische Kochsalzlosung 
verwendet. Ueberdies habe ich fast stets das Serum der Tiere 
vor der Impfung gepriift und dabei bestatigen konnen, daS 
normales Kaninchenserum eine virulizide Wirkung auf die 
Vakzinelymphe nicht ausiibt. AuBerdem haben mir auch die 
Falle, in denen das Serum immuner Tiere ohne jeden EinfluC 
blieb, eine gewisse Kontrolle gewahrt. 

Die Tabelle auf p. 507 zeigt an einem Beispiel den Verlauf 
eines viruliziden Versuchs in ubersichtlicher Form. 

Die genaue Bestimmung dieser Reaktionsgrade stieU 
manchmal auf Schwierigkciten, weil die Syinptome nicht immer 
so regelmaBig und scharf abgegrenzt erscheinen und in ihrer 
Intensitat gewisse Uebergangsformen aufweisen konnen. Immer- 
hin hat sich die schematische Charakterisierung der Reaktions- 
starke gut durchfiihren lassen. Die Starke der viruliziden 
Kraft eines Immuuserums laUt sich hiernach einigermaBen 
einschatzen, indent man die Resultate der einzelnen Serum- 
verdiinnungen mit dem der Kontrolle vergleicht und feststellt, 
bis zu welcher VerdUnnung eine virulizide Einwirkung noch 
erkennbar ist. 



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Rrperiinentelle Beitrage zur Vakzineimmunitat. 


507 


Serum 
0,2 cem 

Lymphe 

1 0 ^ cem 

Bin- 1 
dungs- 
dauer 

1 i 

Geimpfte Hornhaut! 

1 

Resultat 

1 

Bemerkung 

V.o 

*/bo 

2 Stunden 

Kaninchen No. 10 

_ 1 

Virulizide Kraft: 

bei 37“ C 

r. Kornea 


stark 


dgl. 

dgl. 

Kaninchen No. 10 

— 

i dgl. 

1. Kornea 


1 

’/lO. 



Kaninchen No. 11 

+ 

maQig 




r. Kornea 



0,2 cem 

i 


Kaninchen No. 11 



physiolog. 

NaCl- 

) 


1. Kornea 



I^idsung 







Die Beiirteilung iind Aufzeichnung der an der Kornea beol)achteten 
Beaktion ist nach dem folgenden Schema erfolgt: 

1) ,.^<egativ'‘ ( —): keine nennenswerten Symptome. 

2) ,,Schwach positiv' ( + ): ganz kleines Geschwiir oder Fazetten; 
geringe Triibung, Bchwache konjunktivaJe und perikorneale Injektion. 

3) „Mafiig Btark positiv" ( + +): etwas groficre Geschwiire, an den 
Geschwiiren lokalisierte stiirkere und miifiige Triibung, starke Injektion, 
vermehrte Sekretion. 

4) ,,Stark positiv* (+ + +): ausgcdehnte Geschwiire, diffuse starke 
Oder mafiige Triibung, starke Injektion, vermehrte fibriniis-eiterige Sekretion. 
Falle, in denen die „8tark jx)8itive“ Reaktion ungewohniich intensiv war 
und auch sehr lange andauerte, habe ich noch besonders gekennzeichnet 
(+ + + +). 

1. 1st die kutaneimpfungmitspezifischer Serum- 
veranderung verbundenV 

Die Versuche, die in Tabelle VIII zusanimengestellt sind, 
beddrfen einer naheren Betrachtung. Es sei von vornherein 
bemerkt, daU bei einer Reihe von Tieren die PrOfung des 
Serums nur einmal vorgenommen wurde, so dali die Ent- 
wicklung der spezifischen Blutveranderungen nicht immer bei 
dem gleichen Individuum verfolgt werden konute. Zum Teil 
lag dies daran, daB die Tiere fiir weitere Impfungen verwendet 
werden sollten und daB zunkchst ja nur die Frage in Betracht 
kam, inwiew’eit eine einzige Hautimpfung, die zu sicherer 
Immunitat fuhrt, die Entstehung virulizider Stoffe zur Folge 
hat; auBerdem aber haben wir leider gerade in dieser Ver- 
suchsperiode viele Tiere infolge von Stallinfektionen verloren. 
Sodann befinden sich unter den in der Tabelle verzeichneten 
Kaninchen einige, die nicht eine reine Kutanimpfiing erhalten 


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508 


K u nio Sato, 


Tlibelle VIII. 

Priifung des Serums kutan immunisierter Kaninchen auf virulizide Kraft. 


d 

2 i 

Intervallzw. 

Virulizider Versuch 

Virulizide 

.2 Datum der ku- 

derimpfung 


KrgebnU 
an der 

Kon- 

trolle 

o 

f, 1 tanen Inipfung 

und Blut- 

Immunserum + Lymphe 

\\5rkung 

£ 

o 1 

entnahme 


Hnrnh&ut 


43 

16981 17. I. 

22 Tage 

0,2 cem V,o 

0,2 ccin V'so 


44 4 

ziemlich stark 


[ Vi Lymphe 

y.o<, 

dgl. 

+ 





/soo 

» 

4-4- 



46 

1465 23. I. 

14 „ 

y,o 


+ 

444 

schwach 


' ' /, Lymphe 


VlOO 


+ + 
1111 






/200 

» 

1 1 1 1 





61 

'U 

V.oo 

'1,0 


— 

444 

stark 

24 

1930: 4. II. 

3 Wochen 



4 4 

deutlich 


'/, Lymphe 


1 1 

liOO 


+++ 



49 

2010 , dgl. 

26 Tage 

1 , 

JO 


++ 

4-444 

angedcutet 




1 / 

'100 


+++ 



1 

1385 9. VII. 

3 Monatc 

1 

] 

„ 

— 

444 

keine nennens- 


'/, Lymphe 


1 


+-f + 


werte Wirkung 




1 

'r.o 


+++ 



2 

1995 dgl. 

3 

1 / 

/ 1 

if 


444 

keine nennens- 



h 
• to 

If 

•f-f-i- 


werte virulizide 




V 

ItiO 


+++ 


Wirkung 

7] 

2665 25. III. 

5 

1 

30 

J1 

++ 

444 

schwach 


Lymphe 


1/ 

hoa 


+++ 




(Augenimpfuiig 

6 

1/ 

>90 

yf 

_ 

444 

deutlich 


negativ) 


/lOO 


+++ 



72 

2560; dgl. 

5 

V 

Im 

If 


444 

»* 



'iioo 


4 -++ 





6 „ 

'1,0 



444 





'l 100 


-i--f 



5 

1267 30. X. 

14 Tage 

^10 

>• 

— 

44 

8 chr stark 


Lymphe 

1 / 

/6i> 

ff 

— 




(Kornea beider- 


1 

lUO 


— 




1 scits geimpft) 


[ 1-200 


-f 




1 

. 


Uoo 


++++ 





10 Wochen 

1 / 

to 

I 

++ 

444 

angedeutet 




1 

^'100 

V 

++ 






/too 


+-f-i- 



6 

1277 dgl. 

14 Tage 

Vio 

1 / 



44 

sehr stark 




GO 

100 


— 






V 

^'too 


4- 






'^400 


4-4- 





12 Wochen 

Vto 

ff 

4--f 

444 

angedeutet 




1 

lUU 


44-4 



15 

2286 30. X. 

14 Tage 

1 

1 0 

ff 

— 

4 4 

sehr stark 


' , Lymphe 
(r. Kornea ge¬ 

> / 

■GO 

>/ 

/ 100 






impft) 


1/ 

/too 

ff 

4 4 4 






! too 

ff 

+ 4" 





13 Wochen 

>/ 

/to 



444 

schwach 




1/ 

/ lOO 


44 






1 

9UO 


44 




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_ URB^A^OIAMEAIG^_ 







Esperimentelle Beitriige zur Vakzineimraunitat 


509 


batten, sondern gleichzeitig von der Kornea des einen Auges 
bzw. beider Augen aus infiziert worden waren. Diese letzteren 
(No. 5, 6,15) weichen also hinsichtlich der Versuchsbedingungen 
von den flbrigen etwas ab und beriihren schon die in dein 
nachsten Abschnitt zu erorternde Frage der spezifischen 
Serumwirkung nach kornealer Infektion und Immunitat. 

Alle Tiere batten auf die kutane bzw. korneale Iinpfung 
in typiscber Weise reagiert und, wie spSterbin durcb kutane 
(korneale) Nacbimpfung konstatiert wurde, voile ImniunitSt 
erworben. Die Prdfung auf Virulizidio wurde stets mit deni 
friscbgewonnenen Serum ausgefiibrt. 

Die Resultate sind nicbt einbeitlicb. Immerbin gestatten 
sie gewisse ScbluBfolgerungen. So gebt zunacbst daraus ber- 
vor, daB 2—4 Wocben nacb der Hautimpfung ge- 
wSbnlicb eine Virulizidie des Serums nacbgewiesen 
werden kann(No.43, 40,49,24). Die Serumverdiinnungen 
1:20 zeigen meist eine starke, zum Teil vollkommene Ab- 
tStungskraft, aber die weitergebenden Verdiinnungen veruiogen 
die Wirkung der Lyrnpbe gar nicbt oder nur unbedeutend 
abzuscbwadien. Die virulizide Serumwirkung ist also nicbt 
immer sebr ausgesprocben. Nur in einem Falle (No. 43) 
konnte eine energiscbere Abtotungskraft festgestellt werden. 
Aucb wenn man beriicksichtigt und sicb immer wieder vor 
Augen bait, daB die Virulenz der Lyrnpbe bei alien diesen 
Prufungen einen scbwankenden Faktor darstellt und daB bei 
Verwendung eines bocbvirulenten ImpfstoflFes unter Umstandeii 
scbwacbere Serumwirkungen der Beobacbtung entgeben, so 
beeinfluBt das die Bedeutung der Ergebnisse nur wenig: Es 
ist eben zu einer Zeit, in der die Immunitat scbon zur vollen 
Entwicklung gelangt ist, nicbt immer eine entsprecbend hobe 
virulizide Fabigkeit des Serums vorbanden. 

In einem spateren Stadium entwickeln sicb die Dinge 
aucb nicbt ganz gleicbmaBig. Hier baben wir in einem Falle 
(No. 40) eine erheblicbe Steigerung der viruliziden Serum¬ 
wirkung feststellen kOnnen, und zwar 2 Monate nacb der 
Impfung; das Serum totete nocb in der Verdiinnung 1:100 
(mebr wurde nicbt gepriift) das Virus vollig ab. Sonst aber 
war nacb V'erlauf einiger Monate das Verbalten ganz ver- 
scliieden. Bei 2 Tieren (No. 1 und 2) auBerte das Serum 
eine recbt geringe Wirksamkeit, wahrend 2 andere Tiere 


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510 


Kunio Sato, 


(No. 71 und 72) nach 5 und 6 Monaten eine iramerhin deut- 
liche Virulizidie noch zu erkennen gaben. Gleichwohl will 
es scheinen, als ob die viruliziden Stoffe in dem Blute der 
durch einmalige kutane Infektion inimunisierten Tiere im 
allgemeinen innerhalb der ersten 2—4 Wochen ihre starkste 
Entwicklung findeu, wenn auch in ungleichmaUigera Grade, 
und in den folgenden 2—3 Monaten wieder abnehinen, Nur 
ausnahmsweise wurde noch nach 2 Monaten eine gesteigerte 
Virulizidie des Serums gefunden. 

Dieser Ablauf der spezifischen Serumverfinderung gelangt 
in besonders deutlicher Weise zura Ausdruck bei den Tieren, 
die gleichzeitig in Haut und Kornea geimpft worden waren 
(No. 5, 6, 15). Schon 14 Tage nach der Iinpfung besaB das 
Serum die Fahigkeit, bis zur Verdilnnung 1:100 und selbst 
1:200 das Virus vollkommen oder nahezu vollkommen ab- 
zutSten. Wir lassen es dahingestellt, ob diese sehr betracht- 
liche Virulizidie ausschlieBlich auf Rechnung des Serums 
und einen hohen Immunitatsgrad der vorbehandelten Tiere 
zu setzen ist oder nicht auch noch dadurch unterstiitzt wurde, 
daB die zur Priifung verwendete Lymphe, nach Ausweis der 
Kontrollen, nur von mSBiger Virulenz war. Jedenfalls zeigte 
sich in diesen Fallen das Serum auBerst wirksam, und es ist 
wohl das nachstliegende, die Ursache hierfur in der voraus- 
gegangenen kombinierten Infektion — Hautreaktion und beider- 
seitige Keratitis — zu erblicken. Trotzdem gingen die virus- 
tbtenden Eigeuschafteu dem Serum allmahlich wieder verloreu, 
so daB das Serum nach 10 bzw. 12 und 13 Wochen nur noch 
schwach wirkte. 

Wir behalten uns vor, auf diese Verhaltnisse spater noch 
einmal zuruckzukommen. 

Das Ergebnis der in Tabelle VIII niedergelegten Ver- 
suche laBt sich in folgenden Satzen zusammenfassen: 

1) Nach kutaner Impfung erscheinen im Blute 
der Tiere in der Regel virulizide Stoffe. 

2) Diese Stoffe sind 2 — 4 Wochen nach der 
Impfung mehr oder minder deutlich vorhanden. 
Sie konnen nach ca. 3 Monaten fast ganz ver- 
schwuuden sein, aberunterUinstanden auch noch 
nach 5 und 6 Monaten nacligewiesen werden. 


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JIRBANACBAMRAIGN - - 



Esperiraentelle Beitriige zur V’^nkzineiramunitiit. 511 

3) Durch kombinierte kutane und korneale. 
Infektion scheint eine verstarkteVirulizidie des 
Serums erreicht werden zu kflnnen. Die Wirk- 
samkeit des Serums nur Imal kutan infizierter 
Tiere ist gewdhnlich schwacher, 

2,Ist die Korneainfektion mil spezifischer Seruni- 
verSnderung vorbunden? 

Da die Korneainfektion auch eine a 11 ge m e i n e Immunitat 
hervorrufen kann, wie vvir schon im vorigen Abschnitt fest- 
gestellt haben, so miiBte man von vornherein annehmen, daB 
hierbei virulizide Stoffe gebildet werden, da ja wohl als Ueber- 
mittler der Immunitat das Blutserum anzusprechen ware. 
Allerdings laBt sich schon ohne weiteres vermuten, daB diese 
Serumveranderung nur sehr geringfflgig sein wird, denn die 
Immunitat, die man gegentlber der Kutanimpfung von der 
Kornea aus zu erzielen vermag, pflegt ja schwach zu sein. 

Jedoch kommt dieser Theorie noch keine weitere Be- 
deutung zu, solange man ihr nicht experiinentell nachgegangen 
ist. V. Prowazek (10) war bisher wohl der einzige, welcher 
sich mit dieser Frage beschaftigt hat. Seiner Angabe nach 
inaktiviert das Serum der korneal geimpften Kaninchen die 
Lymphe uberhaupt nicht. 

Bei meinen eigenen Versuchen habe ich eine Anzahl von 
Kaninchen in die Kornea geimpft, fast ausnahmslos beiderseits, 
und nach Ablauf der spezifischen Keratitis das Serum der 
Tiere in der gewdhnlichen Weise auf virulizide Antikorper 
gepriift. Die Priifung erfolgte ineist 3—4 Wochen nach der 
Augenimpfung, vereinzelt auch friiher Oder spater. Zum Teil 
wurden die Tiere w'iederholt geimpft, wobei die zweite 
Korneaimpfung stets reaktionslos verlief, also die Immunitat 
der Kornea anzeigte. Die Impfungen wurden sowohl mit 
stark verdiinnter Lymphe (1:100), als auch mit unverdunnter 
Lymphe ausgefiihrt. Hinsichtlich der Technik des viruliziden 
Versuchs sei hervorgehoben, daB bei diesen Experimenten 
vielfach eine Kontrolle mit normalem Serum vorgenommen 
wurde, um die moglicherweise nachweisbaren schwachen Serum- 
wirkungen sicher als spezifische erkennen zu konnen. 


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URBANA-CHAMPAIGN 



512 


Kunio Sato, 


Tabelle 

Priifung aiif virulizide Stoffe 


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o 

a; 


J3 

o 


A 

56,1920 

I 

I 

1392130 

140il840 


Vorbehandlung und ihr Ergebnis 


j Intervall ! 
zwischeii derj 
Impfung und; 
j Priifung j 


Impfung mit V,oo Eymphe beiderseits; starke Keratitis 42 Tage 


dgl. 

dgi. 


27 


I 27 


4jll95i8. VII. Impfung d. r. Kornea mit Lymphe;' 148 
' Starke Keratitis ' 


12jl415 

130!2055 


131 


1810' 


13612635 


137 


2420 


6 . XII. Impfung d. r. Kornea mit Lvmphe; keine 
Reaktion 


14 


15. X. Impfung mit Lymphe beiderseits; starke,48 Tage nach) 
Keratitis. jd.2. Impfung; 

7. I. Impfung mit V, Lymphe; keine Reaktion j | 

Impfung beider Augen mit '/loo Lymphe; beiderseits 22 Tage nach- 
ma6ig Starke Keratitis. Xach 43Tagen 2. Impfung d. 2. Impfungi 
mit Lvmphe; beiderseits keine Reaktion I ^ 

dgl. 


dgl. 


Impfung beider Augen mit '/i Lymphe; beiderseits' 
Starke Keratitis 


dgl. 


28 Tage 


28 


13812915! 


dgl. 


28 


Die Ergebnisse, die an 10 Kaninchen gewonnen wurden, 
finden .sicli in Tabelle IX znsaniniengestellt. Es geht darans 
bervor, daB das Serum der kornea! infizierten 


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URBANA^CHAMPAION- 



Experimentelle Beitrage zur Vakzineimmunitat. 


IX. 

nach der Korneaimpfung. 


513 


Virulizider Versuch 

Virulizide Kraft 
des Senims 

Serum + 

1 Ergebnis 
Lymphe j an der 
Homhaut 

Kontrolle 

0^ com Vi ' 

0^ ccm Vm 

_ 

+ + 

stark 

V 

/so 

dgl. 1 

— 

(NaCl-Ldsung) 


Aoo ! 

)) 

— 




M 

+ 

4* + + 

gering 




(Normal-Serum) 


*/, 

1 

+ + 

-f + + 

kaum vorhanden 




(Normal-Serum) 


V. 


+ -!- 

+ + + + 

kaum angedeutet 

■/.o 

M 

+ + + 

(NaCl-Ldsung) 


V.0 

>> 

+ + + + 



V. 


+ 

+ + + -l- 

dgl. 

V.O 

»» 

+ + + 

(NaCl-Losung) 


V.0 


+ + + 



1/ 


+ + + 

+ + + -f- 

nicht sicher nach- 

V.OO 

>1 

+ + + 

(NaCl-Losung) 

gewiesen 

V. 

») 

+ 

+ + + -b 

ganz eering 

V.o 

>> 

+ + + + 

(Normal-Serum) 


1 , 

/90 

V 

+ -i + 



b'l 


+ 

+ + + + 

dgl. 

v.o 

»» 

+ + + 

(Normal-Serum) 


■/,« 


+ + + 



-1= ^fv. 


+ + + 

+ -t- + 

Vor der Impfung kein 

V.o 

1) 

+ + + 

(NaCl-Losung) 

Unterschied gegen- 



+ + 4- 


iil)er NaCl-Losung; 

^ 1 Voo 

! 

+++ 


4 W'ochen nach der 

v‘ 

iJ 

— 

-i- + 

Korneaimpfung dent- 

V,0 


+ + 

(Normal-Serum) 

lich erkennbar, aber 





schwach 

IS «f‘/, 

1 

+++ 

4~ 4- 4“ 

dgl. 

P g J /lO 


+++ 

(NaCl-LQsung) 


v,„ 

1 

+++ 



- 1 Vso 

M 

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+ 

+ + + 


V,0 

1 

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(Normal-Serum] 


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+++ 

+ -l- -l- 

dgl. 

E-Jsl ‘A, 

M 

+ + "h 

(NaCl-Ldsung) 


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1 +++ 



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V 

i + 4- -f 



V, 


— 

4" 4“ 4" 


Voo 

i ” 

++ 

(Normal-Serum] 



Tiere im allgem einen schwache, oft gerade 
nur angedeutete virulizide Eigenschaften be- 
s i t z t. 

ZelUchr. f. ImmunttflUforschung:. Orj^. B(i. S2. 35 


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514 


Kunio Sato, 


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Von 3 Tieren, die einmal beiderseits mit Vioo Lymphe 
geimpft worden waren und mit starker Keratitis reagiert batten, 
lieferte nur eines ein hochwirksames Serum; noch in der Ver- 
dilnnung 1:100 totete dieses Serum das Virus vollkommen 
ab (No. 56). Dabei istjedoch zu bemerken, daB es sich offen- 
bar urn eine nicht allzu virulente Lymphe handelte, denn auch 
das Kontrolltier bekam nur eine inkBige Keratitis. Die beiden 
anderen Kaninchen (No. 139 und 140) zeigten demgegeniiber 
eine SuBerst geringe Viriluzidie des Serums, indem selbst das 
unverdiinnte Serum nicht mehr als eine Abschwachung, die in 
dem einen Fall sogar zweifelhafter Natur war, hervorzurufen 
vermochte. 

Ganz ahnlich sind die Ergebnisse bei einigen anderen 
Tieren, denen wir durch wiederholte Impfung eine ver- 
starkte Korneaimmunitat und damit vielleicht auch eine stSrkere 
allgemeine Immunitfit zu verleihen suchten, in der Erwartung, 
daB sich unter diesen Bedingungen eine Vermehrung der viru- 
liziden Stoffe des Serums erreichen lieBe. Das ist aber nicht 
der Fall gewesen (vgl. No. 4, 12, 130, 131). Nur das kon- 
zentrierte Serum der revakzinierten Tiere, 14 bzw. 22 und 
48 Tage nach der 2. Impfung gewonnen, ubte eine ab- 
schwadiende Wirkung auf das Virus aus, wogegen Ver- 
dilnnungen von 1:10 bzw. 1:20 ohne erkennbaren EinfliiB 
auf die Virulenz der Lymphe waren. Die Wiederimpfung war 
bei den Tieren nach IVj, 3 und 5 Monaten vorgenommen 
worden, und zwar mit unverdflnnter Lymphe, und hatte an der 
Kornea keinerlei Reaktion bewirkt. Auch erwies sich, wie in 
einem Fall (No. 4) besonders festgestellt wurde, schon zur Zeit 
der kornealen Wiederimpfung und volligen kornealen Immuni- 
tat das Serum des Tieres als so gut wie antikorperfrei. Die 
Blutprobe war hier 2 Tage vor der 2. Impfung entnommen 
worden. Die Beweiskraft dieser Beobachtung diirfte durch 
den Umstand, daB das Tier nur einseitig geimpft worden war, 
kaum beeintrSchtigt werden. Vor allem aber mochte ich in 
diesem Zusammenhang und im Hinblick auf die spSter zu be- 
sprechenden Versuche mit kutaner Revakzination die Tat- 
sache nochinals unterstreichen, daB die reaktionslos verlaufende 
Wiederimpfung der Kornea anscheinend keine vermehrte Anti- 
korperbildung im Blute zur Folge hatte. 



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__U^ANAi:hlAMFAiaN_- 



Experimentelle Beitr^e zur VakziDeiminunitiit. 


515 


Die flbrigen Tiere (No. 136, 137, 138) waren von vorn- 
herein mil unverdUnnter Lyinphe beiderseits geiinpft worden 
und batten mit starker Keratitis reagiert. Ihr Serum fiuBerte 
nach 28 Tagen deutliche, wenn auch nicht allzu starke viru- 
lizide Kraft. In unverdilnntem Zustande vermochte es das 
Virus Yollkoramen oder nahezu vollkoramen abzutSten, in der 
Verdiinnung 1 :20 rief es nur noch eine unbedeutende Ab- 
schw5chung des Virus hervor. 

Wir kbnnen somit das Resultat dieser Versuchreihe dahin 
zusammenfassen: 

1 ) Die Korneaimpfung bei Kaninchen l&Bt in dem 
Blutseruin der Tiere virulizide Stoffe auftreten. 

2) Die spezifische virustbtende Kraft des Se¬ 
rums ist aber im allgemeinen nur schwach und bisweilen 
selbst in Verdflnnungen von 1:10 kaum noch nachweisbar. 

3) Auch bei Verimpfung unverdUnnter virulenter 
Lymphe auf die Kornea halten sich die nachweisbaren spezi- 
fischen Blut verSnderungen innerhalb enger 
Grenzen. 

4) Die kornealeRevakzination, mit reaktionslosem 
Verlauf, ruft keine nachweisbare Vermehrung der 
viruliziden Antikorper im Blutserum hervor. 

3. Wird dieSerumverfinderungdurchwiederholte 
kutane Impfung gesteigert? Ist hierzu Reaktion 
erforderlich oder nicht? 

FrUher glaubte man, daU bei Pocken die Immunisierung 
des Gesamtorganismus nur von der Haut aus durch Pustel- 
bildung zustande kommen konne. Versuche einer Immuni¬ 
sierung auf anderem Wege als durch Hautimpfung wurden im 
Laufe der Zeit viel ausgefUhrt. Den Weg der subkutanen 
Injektion schlugen Senfft (61), Zagari(42) und Paul (62) 
ein, aber mit negativem Resultate. Dagegen gelang es Fr5h- 
lich (63), Chauveau (64), Warlomont (65), B6 clfere, 
Chambon und M6nard.(39), Ted es chi (43), KUlber und 
Pferde durch subkutane Injektion zu immunisieren. Dieses 
positive Resultat wurde 19<16 von Kraus und Volk (8) bei 
Affen, spftter auch von v. Prowazek (10) und Casagrandi 
(16) bestUtigt. Unsere eigenen Beobachtungen. iiber die an 

35* 


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URBANA-CHAMPAIGN 



616 


Kunio Sato, 


frtlherer Stelle berichtet worden ist, sprechen in gleicliein 
Sinne. 

Nach den Versuchen von Nobl (51) und Knopfel- 
macher (52) erwies sich auch bei Menschen diese Tat- 
sache als gflltig. Immerhin spielen bei der subkutanen In- 
jektion lokale Vorgange mit, weil die an der Injektionsstelle 
sich bildenden Infiltrate einigermallen zu den Hautpusteln in 
Parallele gesetzt werden konnen. 

Hingegen lieBen sich solche lokale Veranderungen ganz 
vermeiden, indem man zur intravenSsen Methode (iber- 
ging. C h a u V e a u hat zuerst beim Pferd festgestellt, Straus, 
Cham bon und M4nard (38) haben beim Rind nachgewiesen, 
daU nach intravenoser Injektion von Vakzinelymphe Immuni- 
tat erreicht werden kann. In neuerer Zeit ist namentlich 
durch Gins diese Tatsache auch fur das Kaninchen bestatigt 
worden. 1901 studierten Calmette und Gu6rin (53) die 
Frage bei Kaninchen und fanden, daC keine spontanen Pusteln 
entstanden, daB auch der biologische Nachweis des Kontagiums 
in den inneren Organen 24 Stunden nach der Injektion nie- 
mals gelang und daB die Tiere sich dennoch am 5, Tage als 
vollig immun erwiesen. Sie konstatierten ferner, daB die intra- 
venos geimpften Kaninchen auf die (sterile) Skarifikation der 
Haut innerhalb 24 Stunden nach der Iinpfung mit Pustel- 
eruption reagierten, wShrend spSter ausgefiihrte Hautritzungen 
reaktionslos blieben. An der Hand dieser Experimente haben 
sie also festgestellt, daB das Vakzinevirus nach intravenoser 
Injektion im Organismus spatestens nach 24 Stunden zu- 
grunde geht (vgl. hierzu auch die Versuche von Gins und 
Weber [73]). 

Diese Feststellung gab zu dem Versuche AnlaB, mit ab- 
getotetem Virus Immunitat hervorzurufen. Zwar nahm 
Jan son (33) schon friiher derartige Experimente vor, aber 
ohne Erfolg. 1907 gelang es Kraus und Volk (9), sowie 
V. Prowazek (10), mit abgetotetem Virus Affen auf sub- 
kutanera Wege zu immunisieren. SOpfle (4) konnte bei 
Kaninchen den gleichen Erfolg erzielen und hielt diese Tat¬ 
sache vom theoretischen Standpunkt aus fiir sehr interessant, 
weil das schon lange herrschende bakteriologische Gesetz da- 
mit auch beim Pockenerreger Geltung gewoniien babe. 


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_UF^ANA-C HAMPAI6N ^ 



Experimentelle Beitriige zur Vakzineimmunitat. 


517 


In diesein Zusainmenhang sei endlich noch auf die Be- 
obachtung von Kraus und Volk (8) hingewiesen, die fanden, 
daB bei kutaner Infektion eines Affen Immunitat eintritt, auch 
wenn die Pustelbildung durch vorzeitige Exzision der geimpften 
Stelle unmSglich gemacht wird. 

Wenn man alle diese Ergebnisse berflcksichtigt, so geht, 
trotz niancher Widersprttche im einzelnen, daraus jedenfalls 
das eine hervor, daB sich die allgemeine ImmunitSt (Haut- 
immunitat) auch dann entwickeln kann, wenn die erste Ein- 
verleibung des Virus nicht zu einer sichtbaren Lokalreaktion 
gefUhrt hat. Insbesondere ist Pusteleruption an der Haut 
nicht unerlaBliche Vorbedingung ftir das Eintreten der Haut- 
immunitat, wenngleich sich durch kutane Infektion unzweifel- 
haft die Imrauuisierung des Organismus am sichersten und 
leichtesten bewirken laBt. Die mit starker Vermehrung des 
Virus einhergehende spezifische Hautreaktion setzt die gfln- 
stigsten Bedingungen. Auf subkutanem oder intravenosem 
Wege laBt sich Aehnliches eben nur bei Verwendung relativ 
groBer Virusmengen erreichen. 

Bleibt bei einem normalen Individuum, also bei erst- 
maliger Impfung, im AnschluB an die kutane Infektion jedo 
Reaktion aus, so kommt es, wie wir wissen, auch nicht zur 
Immunitat. Das kann sich ereignen, wenn die Lymphe zu 
wenig virulent war oder das Virus aus sonst irgendeinem 
Grunde nicht haftete. Anders aber liegen die Dinge, wenn 
der immunisierte Organismus sich gegenfiber einer er- 
neuten kutanen Infektion mit virulentem Impfstoft als refraktfir 
erweist. Hier handelt es sich um eine spezifische Abwehr- 
reaktion, und man konnte sich sehr wohl vorstellen, daB unter 
die sen Bedingungen, trotz des Ausbleibens auBerlich er- 
kennbarer Hautveranderungen, eine Steigerung der Immunitat 
eintritt. Die Frage ist auch in praktischer Hinsicht von groBer 
Bedeutung. Sie lauft darauf hinaus, ob Menschen, die der 
Revakzination unterworfen werden und die Impfung ohne 
Pustelbildung fiberstehen, nun eine weitere Steigerung ihrer 
an sich schon hohen Immunitat erfahren oder nicht. Ver- 
schiedene Autoren (v. Pirquet, Paul, Gins u. a.) haben 
hierzu neuerdings Stellung genonimen und die Frage verneint. 
Sie erblicken in dein Ausbleiben der Hautreaktion nur ein 


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518 


Kunio Sato 


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aber deutlich. 






520 


Kunio Sato, 


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diagnostisch verwertbares Symptom, das uns fiber den Im- 
munitatszustand des betreffenden Individuums Auskunft gibt, 
und sind der Ansicht, daB eine Steigerung der Immunitat, eben 
wegen der fehlenden Reaktion, damit nicht verbunden sei. So 
wurde also der Wert der Revakzination fiir die betreffenden 
Personen ein illusorischer sein. 

Mit Hilfe der spezifischen Serumreaktion muBte sich ein 
Einblick in die biologischen Vorgange der in Rede stehenden 
Art gewinnen lassen. Ich babe es versucht, im Tierexperiment 
Klarheit zu erlangen. Damit komme ich noch einmal auf die 
frUheren Versuche zurOck. 

Wenn man Kaninchen kutan mit Vakzine impft, so wird, 
wie wir sahen, nach ca. einer Woche die Haut gegen die Wieder- 
impfung immun und nach etwa zwei Wochen erwirbt das Blut- 
serum virulizide Kraft. Es kommt dann ein Zeitpunkt, wo diese 
die virulizide Kraft abnimmt oder ganz verschwindet, wahrend 
Hautimmunitat in unverminderter Starke erhalten bleibt. Die 
Dauer der Immunitat ist offenbar eine recht lange. Nach 
Gins (1) beobachtet man selten vor Ablauf von 5 Monaten 
eine Abnahme der Immunitat, und nach meinen eigenen Unter- 
suchungen erweisen sich die vakzinierten Tiere noch nach 
7 Monaten selbst gegeniiber einem starken Virus als immun 
(vgl. Tabelle I und X). Demgegeniiber ist die Zeit, wahrend 
der sich Schutzstoffe im Blutserum nachweisen lassen, viel 
enger begrenzt. Etwa 2—3 Monate nach der Impfung war 
in einigen meiner Versuche das Serum der Tiere wieder ohne 
nennenswerten Gehalt an viruliziden Stoffen. Auch Martins 
(49) fand beim Kalb, daB das virulizide Vermogen nach 
3 Monaten stark abnimmt. Jedenfalls kann als feststehend 
gelten, daB die virulizide Kraft des Serums schneller als die 
Immunitat verschwindet, und wenn wir gerade in einer solchen 
Periode das Kaninchen nachimpfen, so bleibt dabei, trotz 
Fehlens virustbtender Antikbrper, die vakzinale Reaktion aus. 
Es entsteht nun die Frage, ob durch eine solche 
Nachimpfung die Antikorperproduktion erneut 
angeregt wird oder nicht. 

Die Wirkung der reaktionslos verlaufenen Wiederimpfung 
auf das Blutserum wurde bisher nicht speziell gepriift. Unser 
Untersuchungsplan war der folgende: Das Kaninchen wird 



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Experimentelle Beitriige zur Vakzineimmunitat. 


521 


auf breiter Hautflache mil Vakzine geirapft und nach Ablauf 
der Reaktion weiterhin so lange unbehandelt gelassen, bis man, 
nach einigen Monaten, die Abschwachung oder das Ver- 
schwinden der virnliziden Kraft des Serums konstatieren kann. 
Dann wird die Wiederimpfung vorgenommen. Failt sie, wie 
anzunehmen, uegativ aus, so ist durch eine erneute Unter- 
suchung festzustellen, ob diese reaktionslose Wiederimpfung 
eine Serumveranderung im Sinne gesteigerter virulizider Wir- 
kung bedingt hat. 

Die Tabelle X umfaBt die Resultate bei 6 Tieren. Ich. 
hatte, dem Zweck entsprecliend, noch eine groCere Anzahl 
vorbereitet, alle anderen aber gingen leider an interkurrenten 
Erkrankungen ein. Dennoch ist das Ergebnis so eindeutig, 
daB es wohl zu allgemeinen SchluBfolgerungen berechtigt. 

Hier sei, besserer Orientierung halber, an einem Beispiel das 
vollstandige Uebersichtsprotokoll eines Versuches beigefiigt. 

Protokoll von Kaninchen No. 5. Korpergewicht 1267 g. 

8. VII. 1. Augenimpfung beim virnliziden Versuch. Resiiltat: r. —, 1. + +. 
30.x. 1. kiitane Impfung mit unverdiinnterGlyzerinlvmphe (Inipf- 

flache 49 qcin). Resultat: + + + (reichliche Pusteleruption). 

2. Augenimpfung: Resultat: r. + + +, 1. +. 

13. XI. Untersuchung auf virulizide Kraft des Serums (2 Wochen nach 

derletzten Impfung). Resultat: starke virulizide Kraft (wirksanie 
Serumverdiinnung bis 1:200). 

9.1. Untersuchung auf virulizide Kraft des Serums (ca" 2 Monate 
nach der Impfung). Resultat: deutliche, starke Abschwachung. 
Serum 1:20 hebt Wirkung des Virus nicht auf. 

23.1. 2. k u tane Impfung mit un verdunn ter Glyzerinlymphe (Impf- 

fliiche 25 qcm). Resultat: —. (Die Impfung verlief nur mit 
leichter Rotung.) (Kontrollimpfung + + + •) 

6. II. Untersuchung auf virulizide Kraft des Serums (2 Wochen nach 

der Wiederimpfung). Resultat: deutliche Verstiirkung trotz des 
negativen Impferfcdges. Serum 1:200 ist noch wdrksam. 

24. II. Virulizide Kraft des Serums noch stark, etwa wie am 6. II. 

27. V. Dgl. 

14. VII. Dgl. 

7. IX. Dgl. (7‘/, Monate nach der Wiederimpfung.) 

18. X. Deutliche Abschwachung der Serumwirkung wird konstatiert 
(9 Monate nach der Wi^erirapfung). 

23.x. Das Resultat ist gleich dem vorigen. Serum 1:20 totet Virus 
ab, 1:100 vollig unwirksam. 

1. XI. 3. kutane Impfung mit un verdiinnter Lymphe. Resultat:—. 
(Kontrollimpfung + + + •) 

22. XI. Untersuchung auf virulizide Kraft des Serums ergibt eine deut¬ 
liche Verstiirkung derselben trotz der negativen Impfreaktion. 
Serum wirkt 1:100 vollkoramen virulizid. 


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622 


Kunio Sato, 


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Der Verlauf des V’^ersuches bei diesem Tier ist ganz 
typisch und sei daher kurz besprochen. Im Anschlufi an 
Kutan- und Korneaimpfung erwirbt das Serum stark virulizide 
Fahigkeiten, wie durch eine 14 Tage spSter vorgenommene 
Prflfung festgestellt wurde. Danu sinkt die Abtotungskraft 
des Serums in den folgenden 2 Monaten ab und SuBert sich 
nur noch ganz schwach. Im AnschluB an eine nunmehr 
wiederholte Kutanimpfung; die reaktiouslos verlSuft, aber bei 
einem Kontrolltier starke Pusteleruption hervorruft, treten von 
neuem virulizide Stoife in erheblicher Menge auf, indem das 
Serum noch in 200-facher Verdiinnung virulente Lymphe 
nahezu unwirksam macht. Erst nach 9 Monaten macht sich 
abermals eine deutliche Abschwachung der Virulizidie des 
Serums beraerkbar. Auf eine 3. Kutanimpfung geht, wie die 
nach 21 Tagen ausgefOhrte PrQfung erweist, die Serumwirkung 
alsbald wieder in die Hohe. 

Schon hiernach ist es klar, daB bei einem immunisierten 
Tier auch durch die reaktionslos verlaufende Nachimpfung 
dieverloren gegangenen oderstarkabgeschwach- 
ten viruliziden Krafte des Serums neu geweckt 
werden konnen. Ja, es scheint fast, wenn man das Ver- 
halten des Serums nach der 2. Impfung bei diesem Tiere be- 
rucksichtigt> als werde durch die Nachimpfung zugleich auch 
die Pers’istenz der viruliziden Fahigkeiten ver- 
1 a n g e r t. 

Ganz gleichartig sind aber auch die bei den flbrigen Tieren 
erhobenen Befunde. Sie zeigen Ubereinstimmend, daB die 
Wiederimpfung, wenn sie auch ohne Reaktion verlaufen ist, 
wie es immer der Fall war, doch eine Serumveranderung im 
Sinne einer Verstarkung der viruliziden Kraft hervorruft. 
Diese Verstarkung erfolgt in solchem Grade, daB die Serum¬ 
wirkung sich zum mindesten nicht als schwacher erweist, als 
nach der 1. Impfung. Ein Vergleich zwischen Tabelle X und 
Tabelle VIII laBt dies ohne weiteres erkennen. Und daB die 
Serumveranderung auch nicht fluchtiger Natur, sondern ebenso 
lange Oder vielleicht noch langer haltbar ist, wie die nach 
Impfung mit Pusteleruption, dOrfte sich aus den Versuchen 
No. 5, No. 71 und No. 72 ergeben. 

Meine Resultate weiclien etwas von den Beobachtungen 



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Expcrimentelle Beitr^e zur Vakzineimmunitat. 


523 


von B6cl6re, Charabon und M4nard (40) ab, welche 
beschrieben, daU das Blutserum mancher revakzinierter 
Menschen nur wochen- oder hochstens monatelang, bei ein- 
zelnen Individuen sogar nur tagelang Oder auch gar nicht 
sich antivirulent zeigte. Diese Differenzen konnten jedoch, 
nieiner Meinung nach, von der Verschiedenheit in der Aus- 
fUhrung des viruliziden Versuches herrflhren. 

Man wird jedenfalls nach dem Ausfall meiner Versuche 
zu dem Schlusse berechtigt sein, daB die Nachimpfung imniuni- 
sierter Individuen doch eine tiefergreifende Wirkung auBert, 
als aus dem reaktionslosen Verlauf und dem vollig refrak- 
tkren Verhalten der Haut zunSchst hervorzugehen scheint. 
BezQglich der nicht unwichtigen Beziehung dieses Ergeb- 
nisses zu der Frage der Revakzination verweise ich auf das 
letzte Kapitel, wo eine eingehende Besprechung darUber statt- 
hnden soil. 

Die Ergebnisse dieses Abschnittes lassen sich in folgende 
Sktze zusammenfassen: 

1) Werden Tiere, die durch eine erste (kutane) 
Impfung immunisiert worden sind, aber ihre 
viruliziden Serumstoffe wiederganz odergrbBten- 
teils verloren haben, einer Nachimpfung unter- 
worfen, so wird durch diese Wiederimpfung die 
virulizide Kraft des Serums von neuem verstSrkt, 
obwohl die Impfung reaktionslos verlSuft. 

2) Diese wieder gesteigerte Abtbtungskraft 
des Serums ist ebeuso wirksam gegen das Vak- 
zinevirus und auch mindestens ebenso dauer- 
haft wie die durch die erste Impfung erzeugte. 

VI. Zur Vererbung der Vakzineimmunitat. 

VVahrend der vorliegenden Untersuchungen gebar ein 
immunisiertes Weibchen 2Junge und verschaifte mir die Ge- 
legenheit, auch die Frage der Vererbung der Vakzine- 
immunitSt nUher zu prtifen. 

Nach den langjShrigen Erfahrungen der Vakzination kommt 
die Vererbung dieser Immunitat sehr selten vor; nur 0,08 Proz. 
der Erstimpflinge verhalten sich gegen die Impfung vollig 
refraktSr (Pfeiffer, 74). Da das Vakzinevirus gewohnlich 


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524 


Kunio Sato, 


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nicht in den allgemeinen Kreislauf ubergeht, die Impfung der 
Mutter iiberdies ja auch nicht wahrend der GraviditUt vor- 
genommen zu werden pflegt, konnte es sich in diesen hochst 
seltenen Ausnahmefallen wohl nur um die Vererbung einer 
passiven Immunitat handeln. Es ware dann aber weiterhin 
mit der Moglichkeit zu rechnen, daB sich die Verbung einer 
solchen Immunitat haufiger nachweisen lieCe, wenn man die 
Kinder schon bald nach der Geburt impfte, ehe die spezi- 
fischen Antikorper wieder ausgeschieden sind, bzw. im frflhen 
Sauglingsalter, und wenn die Mtitter gerade wahrend der 
Graviditat der Vakzination unterworfen wurden. Die bis- 
herigen Experimente in dieser Richtung verliefen allerdings 
ungleich. So z. B. fiel die Impfung der Neugeborenen bei 
Wolff (75) stets positiv aus, obgleich die Schwangeren 
meistens mit vollkommenem Erfolge geimpft worden waren, 
Oder es schlug die Erstimpfung nach Behm (76), Palm (77) 
etc. nur in einem geringen Prozentsatz fehl. Kir stein (84) 
fand neuerdings gleichfalls die neugeborenen Kinder frisch 
a. p. revakzinierter Mutter fiir die Impfung empfanglich. 
Andererseits konnte z. B. Mensching (85) feststellen, daB 
Neugeborene in einem hohen Prozentsatz gegen die Wirkung 
der Vakzine unempfanglich sein konnen, wenn die Mfltter 
wahrend der drei letzten Monate ihrer Schwangerschaft ge¬ 
impft wurden. Die Versuche von Silpfle(78) bei Kaninchen 
fiihrten zu dem Ergebnis, daB die Vererbung der Vakzine- 
immunitat hochstens ausnahmsweise vorkommt und fast stets 
nur einen partiellen und voriibergehenden Schutz bedingt. 

Was nun meinen Fall anbetrifft, so zeigt er gewisse Be- 
sonderheiten, die ihn eines naheren Berichtes wert erscheinen 
lassen (vgl. Tabelle XI). 

Tabelle XI. 

Vererbung der Vakzineimmu n itat. 

I’rotokollauszug. 

1) Kaiiiiiclien No. 15, Korpergewicht 2286 g. 

30. X. 1. kutane Impfung mit unverdiinnter Lymphe (Impffliiche 60 qcm). 
liesultat: 

1. Korneaimpfung am rechten Auge mit ‘/,o Lymphe. Residtat: 
-|- -f- -b. 

13. XI. Untersuchung auf die virulizide Kraft des Serums (2 VV'ochen 
nach der kutanen Impfung). Kesultat: starke virulizide Wirkimg 
( 1 : 100 . 


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Kx peri met) telle Beitriige zur VakziDeimmunitat. 


525 


29.1. Virulizide Wirkung des Seimms schwacher (1:20) (3 Monate 
nach der Hautimpning). 

4. II. 2. kutane Impfung mit unverdiinnter Glyzerinlymphe. Resultat: — 

(KontroUimpfung: + + +). 

9. IL 2 Junge geboren. 

23. II. Virulizide Kraft dea Serums wieder sehr stark, mindestens 1:200 
(ca. 3 Wochen nach der 2. kutanen Impfung). 

15. IV. Untersuchung auf die virulizide Wirkung der Milch. 

Resultat: unverdiinnte Milch ein \tenig wirksam, dagegen 1:10 
verdiinnt keine Wirkung mehr. 

27. V. Virulizide Kraft des Serums stark abgenommen; 1:20 ganz un- 
wirksara. 

8.VII. 3. kutane Impfung mit unverdiinnter Lymphe. Resultat: — 
(KontroUimpfung; + + +). 

21. VII. Virulizide Kraft des Serums auffallend starker gewordcn, 1:100 
bis 1:200. 

2) Juuges No. 1. 

5. III. 1. kutane Impfung mit unverdiinnter Glyzerinlymphe (1 Monat 

nach der Geburt). Resultat: — [KontroUimpfung'): + + +). 

1. Korncaimpfung am rechten Auge mit ‘/,o Lymphe. Resultat: — 
(KontroUimpfung: + + +). 

Virulizide Kraft des Serums (vor der Impfung gewonnen) schwach. 
Verdiinnungen 1:20 und 1:100 bewirken nur Abschwiichung, 
koine Abtotung dea Virus. 

6. IV. Starb an Pneuraonie. 

3) Juuges No. 2. 

5. III. 1. kutane Impfung mit unverdunntcr Glyzerinlymphe. Resultat: —. 
1. Korncaimpfung des rechten Augcs mit Lymphe. Re¬ 
sultat: —. 

Virulizides Vermogen des Serums schwach, Verdiinnung 1:20 
bewirkt Abschwiichung des Virus. 

19. V. 2 Korncaimpfung am rechten Auge mit Lymphe. Resultat: 
-f-H- (KontroUimpfung: 4--f-f-)- 

25. V. 2. kutane Impfung mit unverdiinnter Lymphe. Resultat: — 
(KontroUimpfung: + + +). 

30. VII. 3. kutane Impfung mit unverdiinnter Lymphe. Resultat: — 
(KontroUimpfung: -1--I--1-)- 

3. Korncaimpfung an beiden Augen mit * Lymphe. Resultat: 
rechts: —, links: +-f-|- (KontroUimpfung: -f--l-4-). 

17. VIII. Starb an Pneumonic. 

Das Muttertier wurde am 30. Okt. 1919 zum ersten Male 
an beiden Flanken breit geimpft und bekain nach 3 Tagen 
eine reichliche Pusteleruption. Gleichzeitig erfolgte Kornea- 
inipfung, die mit sehr starker keratitischer Reaktion verlief. 
Nach 2 Wochen konstatierte ich eine erhebliche virulizide 
Kraft des Serums, welche sich aber nach 3 Monaten wieder 

1) Als Kontrolltier haben wir ein nur wenig alteres Kanincheujunges 
gebraucht. 


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Kunio Sato 


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als abgeschwacht erwies. Am 4. Febr. 1920 (also 3 Monate 
nach der 1. Impfung) wurde das Tier zum zweiten Male, mit 
negativera Erfolge, kutan geimpft. 5 Tage nachher (9. Febr.) 
gebar es 2 Junge. 1 Monat nach der Geburt stellte ich durch die 
kutane Impfung mit der unverdflnnten Glyzerinlymphe fest, 
dafi die beiden Jungen vollkommen imraun gegen 
dieVakzination waren; auch dieHornhaut(rechtes 
Auge) verhielt sich gegen die Impfung der 1:50 
verdtinnten Glyzerinlymphe unempfanglich. Dabei 
gingen die Kontrollimpfungen an einem etwa gleich alten 
kleinen Kaninchen alle stark an. Am 6. April ging das Junge 
No. 1 ein. Die Korneaimpfung mit 1:50 verdilnnter Glyzerin¬ 
lymphe bei No. 2, rechts, 19. Mai, und links, 30. Juli, verlief 
unter dem Bilde einer starken Keratitis. Dagegen schlugen 
wiederholte kutane Impfungen, am 25. Mai und 30. Juli, 
immer fehl. 

Von Interesse ist das serologische Verhalten der Jungen 
und des Muttertieres. Das Serum der beiden jungen Ka¬ 
ninchen, am Tage der 1. Impfung — aber vor der Impfung 
— gepruft, zeigte eine deutliche, wenn auch schwache viruli- 
zide Wirkung. In dem miitterlichen Serum wurden 19 Tage 
nach der 2. Impfung (14 Tage nach der Geburt der Jungen) 
die vorher stark zuruckgegangenen viruliziden Antikorper 
wieder in betrSchtlicher Menge nachgewiesen. Die virulizide 
Kraft der Milch des Muttertieres erwies sich als ganz gering 
und SuBerte sich nur bei der unverddnnten Milch durch eine 
abschwachende Wirkung. Allerdings wurde diese Prflfung 
erst ca. 2 Monate nach dem Wurf ausgefulirt. 

Es muB nach dem Ausfall dieser Versuche wohl an- 
genommen werden, daB die Vererbung der Immunitat sich 
auf dem Wege passiver Immunisierung vollzogen hat. 
Natiirlich ist auch daran zu denken, daB ein Uebergang des 
Vakzinevirus in die Blutbahn eine aktive Immunisierung der 
Jungen zur Folge gehabt haben kdnnte, und die besonderen 
Umstande des Fades legen eine solche Moglichkeit und Ver- 
mutung sogar nahe: Impfung des trachtigen Muttertieres 
wenige Tage vor der Geburt der Jungen, vollige Hautimmunitat 
des einen Jungen (No. 2) noch nach 6 Monaten. Dennoch 
aber ist der Zusaminenhang wohl ein anderer, wie speziell 



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ExperimenteUe Beitrage zur Vakzineimmunitat. 527 

das Verhalten der Kornea bei No. 2 zu beweisen scheint. 
Die erste Hornhautimpfung ist bier — wie auch bei dem bald 
darauf eingegangenen Jungen No. 1 — vollig reaktionslos 
verlaufen, wogegen spdtere Impfungeu (ca. 3Vj bzw. 6 Monate 
nach der Geburt) zu typischer starker Keratitis fUhrten, also 
die Hornhaut wieder so empfanglich fanden wie die eines 
norinalen Tieres. Diese kurze Dauer der ImmunitSt spricht 
gewiB sehr zuguusten ihres passiven Charakters! Das Ver¬ 
halten der Haut bei dem gleichen Tiere steht mit einer solcheu 
Auffassung nicht in Widerspruch. Die wiederholten kutanen 
Impfungen sind zwar niemals angegangen, auch nicht nach 
b Monaten, doch ist hierdurch keineswegs der Beweis fiir die 
Dauerhaftigkeit der ererbten Immunitat geliefert. Sie kdnnte 
nur vorgetauscht sein, und gerade die in frilheren Abschnitten 
mitgeteilten Beobachtungen fUhren zu einer anderen Deutung. 
Nachdem wir festgestellt haben, daB der reaktionslose 
Verlauf der kutanen Iinpfung bei eineni schon immunisierten 
Tiere eine gesteigerte Virulizidie d«s Blutes und damit wahr- 
scheinlich auch eine Verstfirkung der Immunitat zur Folge 
hat, kann das Hautexperiment in dem vorliegenden Falle nicht 
als rein augesehen werden. Es ist sehr wohl mOglich und 
sogar in hohem MaBe wahrscheinlich, daB das Junge (No. 2) 
ursprflnglich nur iiber eine Serumimmunitat verfiigt und daher 
die 1. Kutanimpfung, ca. 1 Monat nach der Geburt, nicht 
mit spezifischer Hautreaktion beantwortet hat, durch diese 
Impfung aber zugleich nun aktiv immun geworden ist. Des 
weiteren besteht die Moglichkeit, daB die inzwischen wieder 
ausgefiihrte und positiv ausgefallene Korneaimpfung eineu 
EinfluB auf den Verlauf der 2., zurn mindestens der 3. Kutau- 
impfung im Sinne aktiver Immunisierung ausgeubt hat. Auf- 
fallend ist es andererseits aber, daB die Hautimmunitat, die 
sich bei jeder Impfung als vollkominen erwies, die EmpfMug- 
lichkeit der Kornea nicht im geringsten beeintluBte. 

Wenn auch zugegebeii werden kann, daB der von uns 
angenommeiie Zusammenhang durch die vorliegenden Ver- 
suche nicht vollig einwandfrei bewiesen ist, so war ja ein 
solcher Beweis iiberhaupt kaum experimentell zu fiihren. Man 
konnte sich eben auch vorstellen, daB die Jungen des im- 
munen Muttertieres ihre Immunitat auf aktivem Wege intra- 


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528 


Kunio Sato, 


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uterin erworben batten und daB diese — relativ schwache — 
Immunitfit in der Haut iSnger erhalten blieb als in der Kornea. 
Doch trSgt diese Deutung, wie uns scheint, den Einzelheiten 
der vorliegenden Beobachtung nicht gendgend Rechnung. 

Aus dieser kurzen Beobachtung geht jedenfalls hervor: 

1) Die Vererbung der Vakzineimniunitat bei 
Kaninchen ist mSglich. 

2) Sie wurde festgestellt bei den 2 Jungen 
eines durch kutane und korneale Impfung im- 
munisierten Muttertieres. 

3) Die ererbte Iniinunitat erstreckte sich auf Haut und 
Kornea. 

4) Im Serum der immunen Jungen konnten 
nur schwache virulizide Krdfte nachgewiesen werden. 

5) Das Serum des Muttertieres besaB stark 
virulizide Eigenschaflen, die Milch nur geringe Wir- 
kung. 

6) Die Hornhautimmunitat des jungen Kaninchens 
war nach SVj Monaten erloschen, die Hautimmunitfit 
bestand fort. 

7) Die ererbte Immunitat ist vermutlich eine passive 
I m m u n i t a t. 


VII. Schlufifolgerungen. 

1. UeberdieTheorie der Variola-Vakzineimmunitat. 

Die von v. Prowazek begriindete histogene Theorie 
der Variola-Vakzineimmunitat fand am meisten Anhanger. 

Den antivirulenten Substanzen im Serum wurde keine 
aiisschlaggebende Bedeutung zugesprochen, weil die friiheren 
Untersuchungen ergeben batten, daB zunachst ihr Auftreten 
durchaus kein regelmaBiges Vorkommnis darstellt, daB sie 
ferner im Vergleich mit der Immunitat sehr rasch aus dem 
Blut verschwinden und daB schlieBlich auch die Immunitat 
sich bereits in vollem MaBe entwickeln kann, bevor die anti¬ 
virulenten Substanzen im Serum nachweisbar sind. Dazu 
schien noch die Sonderstellung der Korneaimmunitat ein un- 
fiberwindliches Hindernis fiir die Annahme einer Serum- 
immunitat zu bilden. 



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Experimentelle Beitrige zur VakzineimmuDitat. 


529 


Wie wir gesehen haben, kann nach neueren Beobachtungen 
das selbstandige Verhalten der Kornea gegenflber der Vakzine- 
infektion und VakzineimmunitSt nicht mehr in vollem Um- 
fange aufrechterhalten warden, und auch filr die Bedeutung 
der spezifisch viruliziden AntikSrper des Blutserunis haben 
sich immer mebr Anhaltspunkte gewinnen lassen. Es ist 
namentlich das Verdienst von Gins, diese Verhaitnisse in 
einer Reihe grflndlicher Untersuchungen naher verfolgt zu 
haben. Auch raeine eigenen experimentellen Studien, flber 
die in der vorliegenden Arbeit berichtet worden ist, bestStigen 
im wesentlichen diese Auffassung und sprechen dafflr, daU 
zwischen KorneaimmunitM und HautimmunitSt doch sicher 
Wechselbeziehungen bestehen, die oflFenbar durch die viruli¬ 
ziden Wirkungen des Imraunserums vermittelt werden ^). Die 
Tatsache, dafi wir virulizide Stoffe im Blute der kutan ge- 
impften Kaninchen in der Regel auftreten sahen, zum Teil in 
betrachtlicher Menge, und daU auch bei kornealer Infektion 
das Blutserum einen gewissen, meist allerdings schwachen 
Gehalt an solchen Antikbrpern aufwies, gibt der hunioralen 
Theorie der Vakzineimmunitat jedenfalls eine StQtze. Da 
ferner die Mfiglichkeit einer passiven Immunisierung nach 
unseren friiheren Darlegungen als erwiesen gelten kann und 
wir selbst in einem Falle angeborener Immunitat bei 2 jungen 
Kaninchen mit grSBter Wahrscheinlichkeit auf eine passive 
Immunisierung wShrend des intrauterinen Lebens durch das 
immune Muttertier schlieCen durften, ist wohl an der Be¬ 
deutung der viruliziden Serumstoffe fUr die Vakzineimmunitat 
kaum mehr zu zweifeln. Daher mbchte ich glauben, daB man 
mit Gins wohl anzunehmen berechtigt ist, „daB die anti- 
virulenten Substanzen bei Vakzine und Variola dieselbe 
Bedeutung fflr das Vorhandensein der ImmunitSt haben, 
wie die bei anderen Infektionskrankheiten bekannten Anti- 
kbrper auch“. 

1) Auch fiir das ViruB des Herpes febrilis ist durch Doerr und 
VOchtiiig (86) gezeigt worden, diifi die vermeintliche Sonderstellung der 
Kornea in VV'ahrheit nicht vorhanden ist. Die Wechselbeziehungen zwischen 
Allgemeininfektion und Korneainfektion weisen eine weitgehende Ueber- 
■einstimmung mit den Verhaltnissen bei der Vakzineiufektion auf. 

Zeltfchr. f. Immuntilitsfonchung. OrtK, Bd. 3t. ’ 36 


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Kunio Sato, 


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Das, was einer rein humoralen, auf der Virulizidie des 
Blutes beruhenden ErklSrung der Pockenimmunitat Schwierig- 
keiten bereitet, ist die zwischen dem Immunitfits- 
zustand des Individuums und dem AntikSrper- 
gehalt seines Blutes in vielerHinsichtbestehende 
Diskrepanz. Freilich ist der sichere Nachweis der viruli- 
ziden Antikorper und vor allem eine genaue Auswertung des 
viruliziden Serums aus den mehrfach dargelegten Griinden 
keineswegs einfach. Die technischen Schwierigkeiten sind 
bier ungleich groSer als etwa bei Bestimmung des anti- 
toxischen, bakteriolytischen, agglutinatorischen usw. Titers 
eines Immunserums. Vor allem spielt die schwankende Viru- 
lenz der Lymphe eine storende Rolle. Das ist wohl auch die 
Ursache, weshalb die Angaben fiber das Auftreten virulizider 
Stoffe so sehr auseinandergehen. Mit Recht hat Gins auf 
diesen Umstand nachdrficklichst hingewiesen. Dennoch aber — 
und daffir finden sich ja auch in seinen eigenen Versuchen 
Beweise — kann man sagen, daB die viruliziden Stoffe selbst 
bei hochimmunen Tieren mitunter nur in geringer Menge 
vorhanden sind und im Abtotungsversuch nur eine maBige 
Wirkung auBern. Es kommt hinzu, daB die antivirulente 
Kraft des Serums der Immunitat des Tieres keineswegs 
parallel geht. Wir fanden, in Bestfitigung anderweitiger Be- 
obachtungen, daB das Serum seiner viruliziden Fahigkeiten 
in der Regel nach mehreren Monaten grfiBtenteils wieder ver- 
lustig geht, wfihrend die Immunitat noch anscheinend unver- 
mindert fortbesteht. Aehnlich liegen die Dinge ja auch z. B. 
bei der Typhusimmunitfit, und es fragt sich eben hier wie 
dort, ob wir berechtigt sind, eine Immunitat, die noch lange 
nach dem Verschwinden der spezifischen Antikorper wirksam 
bleiben kann, einzig und allein mit der spezifischen Serum- 
verfinderung zu erklSren. 

In dem Verhalten der Kornea mochten wir an sich, mit 
Gins, keinen zwingenden Gegengrund gegen die Antikorper- 
theorie der Vakzineimmunitfit erblicken, soweit es sich 
um die erschwerte, schwachere und auch ver- 
spatete Beteiligung dieses Gebildes an der all- 
gemeinen Immunitat handelt. Nur eine besonders 
kraftige Immunisierung mit Hilfe einer virulenten Lymphe 



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Experimentclle Bcitriige zur Vakzinciramunitat. 


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laBt (lie KorneaimmunitSt auf die Haul ilbergehen und um- 
gekehrt. Die ungUnstigen Blutversorgungsverhaitnisse der 
Kornea lassen jedoch diesen Zusaniinenhang einigermaBen 
begreifen. So scheint es uns auch von Interesse zu sein, 
daB die Immunisiening der einen Kornea durcb die andere 
nach unseren Beobachtungen nur sehr unvollkomraen und 
jedenfalls wesentlich schwerer gelingt als die wechselseitige 
Kornea- und Kutaniminunisierung. In diesem Falle sind eben 
die Zirkulationsschwierigkeiten in beiden Korneae zu iiber- 
winden. Wenn man weiterhin aber bedenkt, daB die Iin- 
munitat der Kornea iin AnschluB an eine Kutaninipfung nicbt 
einfach etwas spater, sondern erst nach Monaten eintritt, 
so ist das voin Standpunkt rein serologischer Betrachtungs- 
weise schon weniger zu verstehen. Denn um diese Zeit sind 
die viruliziden Autikorper, wie wir nachweisen konnten, meist 
schon stark in der Abnahnie begriffen oder selbst ganz ver- 
schwunden. 

Es bedarf also wohl noch weiterer PrUfung, ob die 
Vakzineimmunitat in der Tat ausschlieBlich durch serologisclie 
Veranderungen und spezitisch virulizide Antikbrperwirkung 
erkiart werden kann. 

2. Zur Wirkung der Revakzination. 

Die Frage nach Wirkung und Wert der Revakzination 
wird neuerdings wieder lebhaft erortert. Insbesondere er- 
heben sich Stimmen, welche einen EinduB der Revakzination 
auf die Verstarkung der Iinmunitat bezweifeln, fiir den Fall, 
daB die Wiederimpfung ohne Pustelbildung ver- 
lauft. Diese Zweifel grQnden sich zuin Teil auf epidemio- 
logische Beobachtungen, wonach jugendliche Personen relativ 
kurze Zeit nach der Revakzination gelegentlich von Pocken 
befallen werden konnen, zum Teil auf wissenschaftliche Er- 
wagungen. Wenn die Wiederimpfung mit regelrechter Pustel¬ 
bildung veriauft, so ist eine Erneuerung und Verstarkung der 
Vakzineimmunitat wohl ohne weiteres anzunehmen. Denn die 
Pustelbildung zeigt die reichliche Vermehrung des Virus an 
der Impfstelle an, die eine Gegenwirkung auslost und infolge- 
dessen die Immunisierung des Organismus weiterfiihrt. Wo 
aber keine Vermehrung des Virus statttindet, kommt es, 

36* 


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532 


Kunio Sato, 


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wie man auf Grand der Untersuchungen v. Pirquets fiber 
vakzinale Allergie anzunehmen pflegt, auch nicht zu einer 
Erneuerung der Immunitfit. Man ist der Meinung, die aller- 
gische Frfihreaktion and alle anderen nicht init ausgesprochener 
Pustelbildung einhergehenden Impfreaktionen bei Wieder- 
iinpflingen seien nichts weiter als ein „Iraniunitats* 
phanomen“, das lediglich den Immunitatszustand des be- 
treffenden Individuums anzeige, nicht aber eine erneute Stei- 
gerung der Immunitfit bedinge. Das infiBte natfirlich die 
Stellungnahme zu der Frage der Revakzination schwerwiegend 
beeinflussen. Zum mindesten warden die Kriterien, die bis- 
her fUr die Beurteilung des Impferfolges bei Revakzinierten 
mafigebend waren, einer Revision bedflrfen, and Gins (56) 
zieht auch tatsachlich diese Konsequenz. Aelinlich auBert 
sich Paul (57). 

Von anderer Seite ist trotzdem an dem Wert der Re¬ 
vakzination auch bei reaktionslosem Verlauf festgehalten 
worden (Pa sc hen). Dies geschah aber nur auf Grand all- 
gemein biologischer und praktischer ErwSgungen. Eine experi- 
uientelle Bearbeitung hat die Frage nicht gefunden. 

Meine tierexperimentellen Untersuchungen geben nun, wie 
ich glaube, auf die vorliegende Frage eine unzweideutige Ant- 
wort. Sie haben gezeigt, daB eine Wiederimpfung, 
auch wenn sie vollig reaktionslos verlief, in be- 
zug auf die Produktion von Schutzstoffen im 
Blutserum ebenso wirksam ist wie eine erfolg- 
reich vollzogene Erstimpfung. Kaninchen, die durch 
Kutanimpfung vollkoinmen hautiminun geworden waren, ihre 
viruliziden Antikorper aber ganz oder groBtenteils wieder 
verloren batten, reagierten auf die negativ verlaufende kutane 
Nachiinpfung ausnahmslos mit der Neuerzeugung stark wirk- 
sainer virulizider Antikorper. Mag man nun diese Stotfe als 
ausschlaggebend ffir die Vakzineimmunitiit ansehen oder nicht, 
so enthalten unsere Versuchsergebnisse doch wohl den sicheren 
Hinweis darauf, daB die Revakzination, selbst bei 
Ausbleiben jeder Hautveranderung, eine Steige- 
rung der Immunitfit bewirkt. Denn auch ffir den Fall, 
daB man etwa die viruliziden Stoffe nur als eine Begleit- 
erscheinung, als ein Symptom der Immunitat ansprechen 



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ExperimenU^llc Beitr^e zur Vatczineimmunitat. 


533 


wollte, so zeigt ihr erneutes vermehrtes Auftreten eben doch 
an, dafi der Organismus die Kutaninipfung mit einer Abwehr- 
reaktion beantwortet hat. Diese letztere mit einer Steige- 
rung der ImmunitSt zu identifizieren, ist gewifi berechtigt. 

Inwieweit die Erfalirungen des Tierexperimentes auf den 
Menschen Obertragen werden dflrfen, wird sich erst durch 
Untersuchungen am Menschen erweisen. Es kdnnte sein, 
dafi die Dinge hier ganz gleich Hegen, dafi also auch bei 
Menschen die ohne Pustelbildung verlaufende Revakzination 
eine vermehrte AntikSrperbildung und damit eine gesteigerte 
Immunitat zur Folge iiat. 

VIII. Zusammenfassoiig. 

1) Durch Kutanimpfung wird bei Kaninchen eine 
sichere und fiber viele Monate sich erstreckende Haut- 
iinmunitfit, durch Korneaimpfung eine Starke Im- 
inunitat der geimpften Kornea erreicht. 

2) Subkutane Impfung kann ebenfalls zur Hautimmunitfit 
ffihren; Korneaimmunitat wird auf diese Weise nur unvoll- 
kommen erzielt. 

3) Die punktffirinige Impfung der Kaninchen- 
kornea verursaclit ihre totale Iramunitfit. 

4) Nach der Kutaninsertion wird auch die Kornea 
immun; ihre Sonderstellung bei der Vakzineimmunit&t zeigt 
sich lediglich darin, dafi die KorneaimmunitSt viel 
spater, sowie ineistens in schwacherem Mafie auf- 
tritt als die allgem eine Immunitat. Sie kann aber - 
auch vollkommen sein. Der Grad der allgemeinen 
Immunitat scheint den Immunitatsgrad der Horn- 
haut zu bedingeii. 

5) Durch die Korneaimpfung kann umgekehrt eine 
allgemeine Immunitat (Hautimmunitfit) hervorgerufen 
werden. Auch hier ist der Erfolg offenbar von der Starke 
.der Reaktiou (Keratitis) abhangig. Beiderseitige Hornhaut- 
impfung wirkt sicherer als nur einseitige. Die Hautimmunitat 
entwickelt sich nach kornealer Impfung schwacher und lang- 
samer als die Hornhautimmunitat oder als die Hautimmunitat 
nach kutaner Impfung. 


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634 


Kiinio 8ato. 


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6) Durch Impfung einer Kornea laSt sich Immunitat 
tier anderen Kornea nur schwer erzielen, 

7) Nach kutaner Vakzineimmunitat treten so gut wie 
regelmaBig antivirulente Substanzen ini Blute der 
geeinipften Tiere (Kaninchen) auf. Sie sind von wechselnder 
Starke. Bisweilen auBert das Imniunserum noch in Ver- 
dflnnungen von 1:100 und 1:200 sicliere AbtOtungskraft 
gegeniiber hochvirulenter Lymphe. 

Die virulizide Wirkung des Blutes ist nach einigen Mo- 
naten (ca. 3) gew6hnlich wieder stark gesunken oder ganz 
verschwunden. 

8) Auch nach kornealer Impfung treten virulizide Stoffe 
im Blute der Kaninchen auf, aber iin allgemeinen weniger 
regelmaBig und weniger wirksam als nach kutaner Impfung. 
Beiderseitige Keratitis scheint gunstigere Bedingungen zu 
geben als einseitige. 

9) Kaninchen, welche durch Kutanimpfung immun ge- 
macht sind und spaterhin, nach Verschwinden der viruliziden 
Antikbrper aus dem Blute, einer erneuten Kutanimpfung 
unterworfen werden, bekommen im AnschluB hieran wieder 
■ein stark virulizides Serum. Dabei ist die Wieder- 
impfung wegen der noch fortbestehenden Immunitat von keiner 
sichtbaren Reaktion gefolgt. 

10) Es wurde in einem Fall die Vererbung der Im¬ 
munitat beobachtet. Das immune Muttertier hatte 5 Tage 
vor dem Wurf eine erneute kutane Impfung erhalten. Die 
beiden Jungen zeigten sich 4 Wochen nach der Geburt gegen- 
flber kutaner und kornealer Impfung immun. Bei dem einen 
Jungen (das andere starb bald) war die korneale Immunitat 
nach 37* Monaten wieder erloschen. Die Analyse des Falles 
sprach mit groBer Wahrscheinlichkeit dafur, daB es sich um 
eine Vererbung der Immunitat auf passivem Wege 
handelte. 

11) Die viruliziden Antikorper spielen bei der. 
Vakzineimmunitat eine wesentliche Rolle. 

12) Die Sonderstellung der Kornea, bisher viel- 
fach als Beweis fiir den rein histogeneu Charakter der 
Pockenimmunitat angesprochen, kanu in dem bisherigen 


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Experimentelle Beitrage zur Vakzineimmunitat. 


535 


Sinne nicht aufrecht erhalten werden. Die 
Schwierigkeit der wechselseitigen Haut- und Kornea- 
immunisierung sich durch die mangelhafte Blutversorgung 
der Kornea erklfiren, wodurch die Uebertragung der viruli- 
ziden AntikSrper nach beiden Richtungen behindert ist. 

13) Da der Gehalt des Blutes an viruliziden 
Stoffen der Immunit&t des Tieres nicht immer 
parallel geht, weder nach Menge noch nach Persistenz 
der AntikSrper, so ware die Frage weiter zu prflfen, ob die 
spezifische Serumveranderung die ausschlieBliche Ur- 
sache der Vakzineimmunitat darstellt. 

Aebnliche Verhaitnisse sind allerdings auch bei anderen 
Iiifektionskrankheiten bekannt, wo man die erworbene Im- 
munitat, trotz des mangelnden Parallelismus, auf den Anti- 
korpergehalt des Blutes zurUckfflhrt (z. B. Typhus). 

14) Die Tatsache, daU bei den durch kutane Impfung 
immunisierteu Tieren durch die reaktionslos ver- 
laufende Wiederimpfung regelmafiig eine erheb- 
liche Anreicherung der vorher ganz oder teil- 
weise verschwundenen viruliziden Antikdrper 
erzielt werden konnte, kann als Beweis dafQr betrachtet 
werden, daB unter diesen Umstanden auch eine weitere 
Steigerung der Immunitat eintritt. Es ware mbglich, 
daB beim Menschen ahnliche Verhaitnisse vorliegen, daB also 
auch die ohne Pustelbildung verlaufende Revak- 
zination die bestehende Immunitat nicht nur anzeigt, 
sondern zugleich verstarkt. 


Llteratunrerzeiehnls. 

1) Gins, Zeitschr. f. Hyg. u. Infektionskrankh., Bd. 82, 1916. 

2) — Berl. klin. Wochenschr., 1914, No. 9. 

3) — ebenda, 1920, No. 12. 

4) Supfle, Arch. f. Hyg., Bd. 68, 1909. 

5) — und Eisner, Centralbl. f. Bakt., Orig., Bd. 60, 1911. 

6) Paschen, Kraus-Levaditi, Handbuch der Technik u. Methodik der 
Immunitiitsforschung, 1. Erg.-Bd. 

7) — Deutsche med. Wochenschr., 1920, No. 49. 

8) Kraus und Volk, Wiener klin. Wochenschr., 1906, No. 21. 

9) — — Bericht der Kais. Akad. in Wien, Bd. 117, Abt. Ill, 1907. 


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536 


Kunio Sato, 


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10) V. Prowazek, Arb. a. d. Kais. Ges.-Amt, Bd. 22, 1905; Bd. 23, 1906; 
Bd. 26, 1907. 

11) — Centralbl. f. Bakt., Orig., Bd. 72, 1914. 

12) Griiter, Bericht iiber die 36. Vers, der Ophthalm. Ges., Heidelberg 1910. 

13) — Arch. f. Augenheilk., Bd. 70, 1911. 

14) Tanaka, Centralbl. f. Bakt., Orig., Bd. 32, 1902. 

15) Freyer, Centralbl. f. Bakt., Orig., Bd. 36, 1904. 

16) Casagrandi, Centralbl. f. Bakt., Ref., Bd. 39, 1907. 

17) — zitiert nach Siipfle. 

18) Totnarkin und 8u4rez, Zeitschr. f. Immunitatsf., Bd. 26, 1917. 

19) y. Pirquet, Wiener klin. Wochenschr., 1906, No. 47. 

20) Jobling, Journ. of exper. Med., Vol. 8, 1906. 

21) Heller und Tomarkin, Deutsche med. Wochenschr., 1907, No. 20. 

22) Dahm, Centralbl. f. Bakt., Orig., Bd. 51, 1909. 

23) Berm bach, Centralbl. f. Bakt., Orig., Bd. 49, 1909. 

24) Sngai, CentralbL f. Bakt., Orig., Bd. 49, 1909. 

25) Xylan der, Centralbl. f. Bakt., Orig., Bd. 51, 1909. 

26) Beintker, Centralbl. f. Bakt., Orig., Bd. 48, 1909. 

27) Moses, zitiert nach Tomarkin und Carrifere. 

28) Shiga und Kii, Zeitschr. f. Immunitatsf., Ref., 1910. 

29) Hallwachs, Zeitschr. f. Hyg. u. Infektionskrankh., Bd. 69, 1911. 

30) Kryloff, Centralbl. f. Bakt., Orig., Bd. 60, 1911. 

31) Chauveau, Compt. rend. Acad. d. sc., T. 66, 1868. 

32) Raynaud, Compt. rend. Acad. d. sc., T. 74, 1877. 

33) Janson, Centralbl. f. Bakt., Bd. 10, 1891. 

34) Cramer and Boyce, Brit. med. Journ., 1893, p. 183. Ref. Centralbl. 
f. Bakt., Bd. 15, 1894. 

35) Landmann, Zeitschr. f. Hyg. u. Infektionskrankh., Bd. 18, 1894. 

36) Rem bold, Centralbl. f. Bakt., Bd. 18, 1895. 

37) Beumer und Piper, Berl. klin. Wochenschr., 1895, No. 34. 

38) Straus, Cham bon et M4nard, La Semaine m4d., 1890, No. 57. 

39) B6cl6re, Chambon et M4nard, Annal. Pasteur, T. 10, 1896. 

40) -— Annal. Pasteur, T. 13, 1899. 

41) Hlava und Honl, zitiert nach Siipfle. 

42) Zagari, Ref. Centralbl. f. Bakt., Bd. 22, 1897. 

43) Tedeschi, Centralbl. f. Bakt, Ref., Bd. 31, 1902. 

44) Chaumier et Rehns, Compt. rend, de la soc. biol., 1903, No. 10. 

45) Risel, Hyg. Rundschau, Jahrg. 15, 1905. 

46) Sternberg, Centralbl. f. Bakt., Bd. 19, 1896. 

47) Kin yon. Ref. Hyg. Rundschau, Jahrg. 5, 1895. 

48) Courmont et Montagard, Ref. Hyg. Rundschau, Jahrg. 12, 19 

49) Martins, Arb. a. d. Kais. Ges.-Amt, 1900, No. 17. 

50) Arndt, Centralbl. f. Bakt., Orig., Bd. 47, 1908. 

51) Nobl, Wiener klin. Wochenschr., 1906, No. 32. 

52) Knopfelmacher, Berl. klin. Wochenschr., 1906, No. 44. 

53) Calmette et Gu4rin, Annal. Pasteur, T. 15, 1901. 



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Experimentelle Beitrage zur Vakzineimmunitat. 


587 


54) Sobernheim, Ck)rr.-Blatt f. Schweizer Aerzte, 1919, No. 49. 

55) B41in, Revue intern, de la vaccine, 1910. Centralbl. f. Bakt, Bd. 50, 
Ref., 1911. 

56) Gins, Hyg. Rundschau, Jahrg. 29, 1919. 

57) Paul, Wiener med. Wochenschr., 1915, No. 15. 

58) Voigt, Hyg. Rundschau, Jahrg. 15, 1905. 

59) Pfeiffer. Hyg. Rundschau, Jahrg. 16, 1906. 

60) V. Wasielewski, Zeitschr. f. Hyg. u. Infektionskrankh., Bd. 38, 1901. 

61) Sen f ft, Berl. klin. Wochenschr., 1872, No. 17. 

62) Paul, zitiert nach Supflc. 

63) FrShlich, zitiert nach Siipflc. 

64) Chauveau, zitiert nach Siipfle. 

65) Warlomont, zitiert nach Siipfle. 

66) Torikata, Koktoprazipitinogene und Koktoimmunogene. Bern 1917. 

67) Bizzarri und Palmas, Zeitschr. f. Immunitatsf., Ref.. Bd. 5, 1912. 

68) Tessier et Gastinel, C. r. soc. de biol., T. 73, 1912. 

69) Arzt und Kerl, Wiener klin. Wochenschr., 1913, No. 20. 

70) Klein, Miinch. med. Wocdienschr., 1914, No. 47. 

71) V. Konschegg, Miinch. med. Wochenschr., 1915, No. 1, und Wiener 
klin. VV'ochenschr., 1915, No. 17. 

72) Habetin, Wiener klin. Wochenschr., 1916, No. 22. 

73) Gins und Weber, Zeitschr. f. Hyg. u. Infektionskrankh., Bd.82, 1916. 

74) Pfeiffer, Zeitschr. f. Hyg. u. Infektionskrankh., Bd. 43, 1903. 

75) Wolff, Virchows Archiv, Bd. 112, 1888. 

76) Behm, Berl. klin. Wochenschr., 1882, No. 29, p. 453. 

77) Palm, Archiv f. Gynakol., Bd. 62, 1901. 

78) Supflc, Centralbl. f. Bakt, Grig., Bd. 54, 1910. 

79) V. Prowazek und Miyaji, Centralbl. f. Bakt, Bd. 75, 1915. 

80) Tomarkin und Carribre, Kolle-Wassermann, Handb. der pathog. 
Mikroorganismen, 2. Aufl. 

81) Camus, Journ. de physiol, et pathol. g6n4r., T. 10, 1918. 

82) Henseval et Convent, Bull, de I’lnst Pasteur, T. 10, 1912. 

83) Haendel, Gildemeister und Schmitt, Centralbl. f. Bakt, Orig., 
Bd. 85, Heft 6/7. (8. Tagung der Mikrobiol. Vereinigung.) 

84) Kirstein, Deutsche med. Wochenschr., 1921, No. 12. 

85) Mensching, Arch. f. Kinderheilk., Bd. 68, 1920. 

86) Doerr und Vochting, Rev. g6n<5r. d’ophthalmol., T. 34,1920, No. 10. 


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538 


Erich Putter, 


Nnchdruck verboten. 

[Au8 dem bakteriologischen Laboratorium des Stadt. Krankenhauses 

am Urban, Berlin (Leiter: Prof. Dr. L. Michaelis).] 

Untersnchungcn liber Bakterleiikataphorese. 

Von Dr. Erich Putter, 

Assistent am Hygiene-Institut der Universitat Greifswald. 

Mit 1 Abbildung im Text. 

(Eingegangen bei der Rcdaktion am 10. Mai 1921.) 

Die von dem russischen Physiker R e u s s entdeckten 
Erscheinungen der Kataphorese und Elektrosmose sind schon 
seit mehr als 100 Jahren bekannt. Dock erst Quincke*) hat 
1861 durch umfassende systematische Versuchsreihen die ver- 
wickelten Zusainmenhange erkannt, die ihre exakte raathema- 
tische Formulierung durch v. Sinolochowski®) vor wenigen 
Jahren erhalten haben. 

Die Methode der kataphoretischen Untersuchung hat von 
Jahr zu Jahr zunehniende Bedeutung erlangt. Denn sie ist in 
hohem MaBe geeignet, Einblicke in das Wesen der organisierten 
und nicht organisierten Materie zu gewahren. Besonders in der 
Kolloidchemie hat sie zu wertvollen theoretischen wie prak- 
tischen Ergebnissen geftihrt. 

MichaelisO konnte mit ihrer Hilfe die Ladung und den isoelek- 
trischen Punkt der Fermente und einer lleihe anderer chemisch und bio- 
logisch wichtiger Substanzen ermitteln. Svedberg und Andersson*) 
erforschten die qualitativen und quantitativen LadungsgroSen hochdisperser 
KoUoide. Ellis') untersuchte das kataphoretische Verhalten von Oel- 
emulaionen. In neuerer Zeit hat v. Szent-Gyorgyi") eine Reihe von 

1) M^moires de la Soc. imp^r. des naturalistes de Moscou, 1807. T. II, 
p. 332; 1808, T. II, p. 327. 

2) Annal. der Phys. u. Cheraie, Bd. 113, 1861, p. 513. 

3) Gratz, Handbuch der Elektrizitat u. des Magnetismus, Bd. 2, 
1912, p. 382. 

4) Literatur crschopfeiid in Michaelis, Die Wasserstoffionenkonzen- 
tration, Berlin 1914. 

5) Kolloidzeitschrift, Bd. 24, 1919, p. 156. 

6) Zeitschr. f. phys. Ohemie, Bd. 78, 1911, p. 321. 

7) Biochem. Zeitschr., Bd. 110, 1920, p. 116 u. 119; Bd. 113, 1921, 
p. 29 u. 36. 


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540 


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licher Qeschwindigkeit. Nur die Kaninchenblutkorperchen wandern in 
Kochsalzlosung kathodisch, in Zuckerldsung ebenfalls anodisch. Hamo- 
lytiaches Immunserum entladt die Blutkorperchen, Normalserum ist ohne 
EinfluQ auf die Ladung. 

Wenn trotz der zahlreich vorliegenden Untersuchungen 
die Bakterienkataphorese nochmals zum Gegenstand einer 
Untersuchung gemacht werden soil, so geschieht es deshalb, 
weil bei den meisten bisherigen Arbeiten der EinfluB der 
Wasserendosmose und eine Reihe anderer Momente, die weiter 
unten Erwahnung fiiiden werden, nicht genugend berflcksichtigt 
zu sein scheint. 

Auf Anregung von Herrn Professor Michael is, unter 
seiner Leitung und Unterstutzung, fiir die ich ihm zu be- 
sonderera Danke verpdichtet bin, habe ich die folgenden Unter- 
snchungen durchgefiihrt. 

Die Eigenschaften kolloidaler Lbsungen und grbberer 
Suspensionen gehen ganz allniMilich ineinander iiber. Alle 
Erscheinungen, die man an den ersteren studieren kann, ver- 
inag man mil gewissen Modifikationen auch an den letzteren 
nachzuweisen. Die Technik der Versuche ist um soahnlicher, 
je bestandiger eine solche Suspension ist. Werden die Teilchen 
sehr grob, so verschleiert der starke EinfluB der Schwere 
die Erscheinungen durch die schnelle spontane Sedimentierung. 
Es lassen sich also Aufschwemmungen von Bakterien mit den- 
selben technischen Hilfsmitteln untersuchen wie kolloidale 
Lbsungen. So entsprechen, um ein Beispiel zu nennen, die 
Agglutinationen den Flockungen. Auf der einen Seite sind 
speziflsche Immunsera das wirksame Agens, auf der anderen 
Schwermetallionen Oder H-Ionen. Auch die elektrische Kata- 
phorese lliBt sich in beiden Fallen analog durchfUhren, wenn 
die Suspensionen einigermaBen stabil sind, wie das z. B. bei 
den roten Blutkbrperchen der Fall ist; allerdings kommt hier 
schon als stbrendes Moment die leichte SedimentierungsfShig- 
keit hinzu. Richtet man die Versuchsanordnung jedoch so 
ein, daB die einzelnen Versuche nur kurze Zeit dauern, so 
kann man von ihr absehen. Prinzipieller Natur ist aber der 
Unterschied gegeniiber den kolloidalen Suspensionen nicht. 
Denn auch bei ihnen tritt eine spontane Sedimentierung ein, 
die allerdings nicht zu einer so weitgehenden Absetzung fiihrt. 



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Untereuchungen ubcr Bakterienkataphorese. 541 

sondern zu einer Gleichgewichtslage der Verteilung (Perrin, 
S V e d b e r g). 

Eine der auffSlligsten Erscheinungen dieser Suspensionen 
in weitestem Sinne ist die elektrische Ladung der dispersen 
Phase gegen das Dispersionsraittel. Zur Erkennung des 
Ladungssinnes und seiner GrdCe gibt es zwei Methoden, die 
Elektrophorese und die Elektroendosmose. Die Resultate beider 
Methoden sind in alien Fallen, in denen sie beide andwendbar 
sind, identisch. Wandern die freischwebenden Teilchen zur 
Anode, so wandert das Dispersionsmiitel bei uubeweglichen, 
als Diaphragma wirkenden Teilchen zur Kathode. Nach den- 
selben Prinzipien laBt sich auch die Ladung ganzer lebender 
Zellen, wie BlutkSrperchen, Bakterien, Korperzellen, gegen 
das Suspensionsniittel untersuchen. Die endosmotische Ver- 
suchsanordnung ist hier jedoch nur selten anwendbar. Ini 
allgemeinen wird man auf die Kataphorese angewiesen sein. 
Bei der Kataphorese sind eine makroskopische und eine mikro- 
skopische Technik zu unterscheiden. Die makroskopische hat 
einen beschrankten Anwendungsbereich. Sie findet ihre Grenze 
an der StabilitSt der Suspensionen. Fiir Bakterienaufschwem- 
mungen ist sie unter gewissen Bedingungen noch brauchbar, 
fiir Blutkorperchensuspensionen kaum. Denn die Zeitdauer 
der einzelnen Versuche ist so groB, daB hier schon die spontane 
Sedimentierung das Versuchsergebnis in stbrendem MaBe ver- 
schleiert. Ferner erfordert sie so viel Material, daB sich 
systematische Versuchsreihen meistens nicht werden durch- 
fQhren lassen. Man wird vielmehr nur gelegentlich als Kontroll- 
versuch auf sie zuriickgreifen. In diesen Fallen ist man also 
auf die mikroskopische Technik angewiesen. 

Das Prinzip der mikroskopischen Methode besteht darin, 
daB man in eine zur mikroskopischen Beobachtung geeignete 
Kammer die zu untersuchende Suspension hineinbringt und 
nun ihre Wanderungsrichtung unter dem EinfluB eines elek- 
trischen Feldes verfolgt. Statt des einfachen Mikroskops kann 
man natOrlich f(ir kleinere Objekte Ultramikroskop, bezw. 
Dunkelfeld benutzen. 

Die Einrichtung einer geeigneten Apparatur erfordert 
eine genaue theoretische Ueberlegung der zu erwartenden 
Vorgange. Folgende Punkte sind dabei von Bedeutung: 1) Zu- 


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542 


Erich Putter, 


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fUhruDg des Stromes unter Vermeidung cheinischer Ver- 
anderungen der Flilssigkeit an den ziifiihrenden Elektroden, 
besonders Saure- und Alkalibildung; 2) EinfluB der Glaswand 
auf die Bewegungserscheinungen. 

1. Ueber die Art der Stromzufuhr. 

Es handelt sich als Wichtigstes darum, daB alle Polarisations- 
erscheinungen ausgeschaltet werden. Da, wie wir sehen werden, 
die Wanderungsrichtung von dem Gehalt an Elektrolyten, be¬ 
sonders Sauren und Laugen, stark abhangig ist, darf sich an 
Anode oder Kathode keine Saure oder Alkali entwickeln. Man 
konnte zwar Metall-(Platin-)elektroden wahlen und sie so weit 



vom Beobachtungsort entfernt in die zu untersuchende Sus¬ 
pension tauchen, daB die entstehenden elektrolytischen Produkte 
wahrend der kurzen Beobachtungszeit des einzelnen Versuches 
nicht an den Beobachtungsort selbst hingelangen konnten. 
Und tatsachlich hat Svedberg bei seiner Versuchsanordnung 
mit auBerst kurzer Beobachtungszeit und photographischer 
Registrierung der Ergebnisse solche Elektroden verwandt. 
Doch fur eine iSngere Versuchsdauer, wie sie bei der Be- 
obachtung mit dem Auge notwendig ist, sind die Metall- 
elektrodeu nur ein schlechter Notbehelf. Denn die hydrolytische 
Spaltung ist mit einer Entwicklung von Gasblasen verbunden, 
durch deren fortwahrendes Entstehen und ZusammenflieBen 
dauerud Erschiitterungen bewirkt werden, die die StrQmungs- 
richtungin unkontrollierbarer Weise beeinflussen. Unpolarisier- 



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Cntersuchungcn iU)er Bakterienkataphorese. 


543 


bare Elektroden sind deshalb entschieden vorzuziehen. Wir 
benutzten als solche gebogene GlasrShren (siehe Figur), die 
mit einer 3-proz. Agargallerte gefilllt waren. Die Agargallerte 
wurde mit KCl gesattigt. Die zu Spitzen ausgezogenen Enden 
der GlasrShren tauchten in die zu untersuchende Fliissigkeit, 
die die mikroskopische Kainmer beiderseits urn Deckglasbreite 
iiberragte, mSglichst weit vom Beobachtungsort entfernt. Das 
andere Ende der GlasrShre tauchte in eine Flascbe mil ge- 
sSttigter Kaliumchloridlosung. Diese Flascbe wurde durch 
einen Shnlichen Kaliunichloridagarheber mit einer zweiten ver- 
bunden, die 10-proz. Kupfersulfatlbsung enthielt. In die Kupfer- 
Ibsung wurde ein Kupferdraht als zuftihrende Elektrode ein- 
getaucht. Als Stromquelle diente der Leitungsstrom von 
110 Volt Gleichstrom. Gelegentlich wurde fiir einzelne Unter- 
suchungen, flir die das Potentialgefalle zu stark erschien, die 
Kupfersulfatlosung stark verdiinnt und als Vorschaltwider- 
stand benutzt. Zur VervollstAndigung der Apparatur ist 
nur noch ein Stromwender und ein Stromschlflssel erforder- 
lich. (Figur aus Michaelis, Praktikum der physikalischen 
Chemie, Berlin 1921, p. 101.) 

2. Der EinfluB der Glaswand auf die Bewegungs- 

erscheinungen. 

Audi die Wand der mikroskopiscben Kammer, ob sie 
nun aus Glas oder Quarz besteht, hat einen EinfluB auf die 
Bewegungserscheinungen. Wie alle festen Teile, so zeigt auch 
die Wand des Glases im allgemeinen eine Potentialdifferenz 
gegen die Losung, deren GroBe und Sinn mit der Natur des 
Losungsmittels, mit seinem Gehalt an gelSsten Stoflfen variiert. 
Im allgemeinen hat Glas gegen eine wlisserige Losung eine 
negative Ladung. In sehr stark sauren Losungen sinkt sie 
nahezu auf 0. Bei Gegenwart dreiwertiger Kationen, wie 
A1 • • •, La • • •, wird der Ladungssinn umgekehrt, also positiv. 
Wir konnen uns heute die Ursache dieser Ladung in folgender 
Weise erklaren: Die Obertlache des Glases adsorbiert lonen, 
und zwar im allgemeinen nur Kationen, Die den adsorbierten 
Kationen aquivalente Menge Anionen wird elektrostatisch in 
der Nahe der adsorbierten Kationenschicht festgehalten. So 
bildet sich eine elektrische Doppelschicht, die zur Halfte aus 


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den an der Glasoberflache fest adliSrierenden Kationen besteht, 
zur anderen Halfte aus den elektrostatisch festgehalienen An- 
ionen der Losung, die in der Randzone des Wassers liegen. 
Wird nun tangential zur Glasoberflache ein fiuBeres Potential- 
gefaile angelegt, so daB z. B. das rechte Ende des Deckglases 
positiv gegen das linke Ende ist, so wird ein Zug auf die 
Doppelschicht ausgeiibt, und zwar so, daB der auBere Beleg 
der Doppelschicht, die am Glas adhtlrente Kationenschicht, 
tangential nach dem rechten Objekttragerende gezogen wird. 
Sie kann aber diesem Zug nicht nachgeben, da sie als so 
fest adhSrent vorzustellen ist, daB sie von der Glaswand nicht 
gel6st werden kann. Die innere Auionenschicht aber, die in 
der Randzone des Wassers sich befindet, wird tatsachlich in 
Bewegung gesetzt, und zwar in uragekehrter Richtung. 

Nun kann sich irgendein korpuskulares Gebilde im 
Wasser nicht bewegen, ohne die umgebenden Teile des Wassers 
mitzunehmen, eine Folge der molekularen Attraktion. Speziell 
fflr die lonen ist es bekannt, daB sie inehr oder weniger fest 
mit den umgebenden Wassermolekiilen verbunden sind. Man 
spricht von einer Hydratation der lonen. Sie ist fQr ver- 
schiedene lonenarten verschieden groB. Dieses Hydratwasser 
wird also von den lonen mitgeschleppt; seinerseits reiBt es 
wieder mehr oder weniger von den angrenzenden Wasser- 
molekQlen infolge der Molekularkohiision mit, eine Erscheinung, 
die wir als innere Reibung des Wassers bezeichnen. Bei einem 
gewbhnlichen Ueberfflhrungsversuch einer wasserigeu SalzlSsung 
in offenem U-Rohr bemerkt man naturlich nichts von dieser 
Verschiebung, denn der hydrostatische Druck machl sie in 
jedem Augenblick wieder rflckgangig. Wenn wir in einem 
ofifenen U-Rohr einen Strom durch eine Salzsiiurelosung 
schicken, so muB das anodisch wandernde Chlorion, als das 
starker hydratisierte, mehr Wasser zur Anode schleppen, als 
das H-Ion zur Kathode. Das Wasser miiBte demnach an der 
Anode in die H6he steigen. In einem offenen U-Rohr ist das 
natilrlich nicht moglich. Ebensoviel Wasser, wie in jedem 
Augenblick aufsteigt, flieBt im selben Moment auch wieder 
zuriick und macht durch diese rOckltiufige Bewegung die 
Wanderung des Chlorions zum Teil ruckgtingig. Daraus 
resulliert eine Bewegungshemmung der starker hydratisierten 



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Untersuchungen uber Bakterienkataphorese. 


545 


lonen gegenOber den schwacher hydratisierten, hier waren es 
Cl-Ion und H-Ion. Wir nennen sie die „geringere Wanderungs- 
geschwindigkeit“ der Cl-Ionen im Vergleich mit den H-Ionen. 

Mit dieser an die elektrolytischen Vorgange gebundenen 
Wasserbewegung darf also die oben erwahnte Elektroendosmose 
nicht verwechsell werden, die man auch in einem offenen 
U-Rohr sehr wohl sichtbar machen kann. Unterwirft man 
nanilich, wie Ellis es getan hat, eine feindisperse Oelemulsion 
der Kataphorese in einem offenen U-Rohr, so bemerkt man 
folgendes: Die ganze Oelsaule verschiebt sich nachdem positiven 
Pol, da die negativ geladenen Oelkflgelchen nach der Anode 
wandern. Das gegen die Glaswand positiv geladene Wasser 
hat aber im Bereich der auBeren Begrenzungsschichten der 
FlQssigkeitssaule die Tendenz, nach der Kathode zu wandern. 
Infolge dessen ist der Fliissigkeitsspiegel an der Anodenseite 
nicht, wie man es bei einer Oelemulsion erwarten sollte, konkav, 
sondern konvex. Auf der anderen Seite dagegen liegen die 
Verhaitnisse genau entgegengesetzt. Hier hat das Oel die 
Tendenz, sich von der Kathode fortzubewegen, die Rand- 
schichten des Wassers aber strSmen der Kathode zu. Deshalb 
sieht man hier einen konkaven Meniskus, der eine starkere 
HShlung noch dadurch erhalt, daB die am Rande kathodisch 
stromenden Wassermassen in der Achse des Rohres wieder 
zurtickflieBen konnen und sich auf die anodische Wanderung 
der Oelkilgelchen auflagern. 

In einer mikroskopischen Kammer, ob sie nun horizontal 
Oder U-f6rmig gestaltet ist, liegen die Verhaitnisse nun ebenso, 
treten sogar noch viel deutlicher in Erscheinung. Denn man 
kann hier die endosmotische Bewegung des Wassers, die ja 
nur in der Randschicht zur Wirkung komraen kann — die 
Wassersaule wird gewissermaBen „an ihrer Oberfladienhaut 
durch das kapillare Rohr gezogen“ (v. Sm olochowski) — 
direkt im Mikroskop beobachten. Wenn die Kammer allseitig 
geschlossen ist, so muB das elektrosmotisch wandernde Wasser 
auch hier in der Mitte der Kammer zuriickstromen. Ist die 
Kammer offen, so liegen die Verhaitnisse aus folgendem Grunde 
ahnlich: Der beiderseits sich iiber das Deckglas hinaus aus- 
breitende Fliissigkeitstropfen benetzt den Objekttrager, wenn 

ZelUchr. f. Imiiionlt«Ufor«chung. Orig. Bd. S2. 37 


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546 


Erich Putter, 


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es sich um Wasser als Dispersionsmittel handelt, natflrlich un- 
vollkommen, er kriecht also nicht iiber die ganze Oberflache 
des Objekttragers bin, sondern bleibt als halbkugliger Tropfen 
stehen. Wird diesera Tropfen nun durch die elektrische End- 
osmose von der Schicht unter dem Deckglas neue Flflssigkeit 
zugeftihrt, so vergrSBert er sich im wesentlichen nicht dadurch, 
daB er weiter iiber den ObjekttrSger sich ausbreitet, sondern 
indem er sich hochwolbt. Der entstehende hydrostatische 
Ueberdruck setzt aber der VergroBerung des Tropfens eine 
Grenze. Nach deren Erreichung muB das Wasser nach der 
Stelle des geringsten Widerstandes ausweichen, und das ist 
natflrlich die unter dem Deckglas befindliche mittlere Flflssig- 
keitsschicht. Dieser Wasserstrom muB nun seinerseits wieder 
kleine, in ihm befindliche Partikelchen mitreiBen. Es kommt 
also zu einer Bewegung der Teilchen, die mit ihrer Eigen- 
bewegung relativ gegen das Wasser interferiert. 

Fflr den Bewegungsvorgang in einer mikroskopischen 
Kammer, z. B. in dem Spalt zwischen Objekttrflger und Deck¬ 
glas, in dem sich eine Suspension, etwa von Bakterien, be- 
findet, und durch den wir einen elektrischen Strom schicken, 
ergibt sich also folgendes Bild: Unter der Annahme, daB die 
Bakterien gegen das Wasser eine negative Ladung haben und 
das Wasser gegen das Glas eine positive Ladung, d. h. also, 
daB das Wasser sowohl gegen Bakterien wie gegen Glas 
positiv geladen ist, werden die Bakterien in eine Bewegung 
versetzt, die die entgegengesetzte Richtung haben muB, wie 
das Wasser. Kleine Teilchen, die nun im Wasser suspendiert 
sind, werden mit der gleichen oder annflhernd der gleichen 
Geschwindigkeit raitgerissen. Die endosmotische Geschwindig- 
keit des Wassers nimmt nun mit steigender Entfernung von 
der Glaswand ab und kehrt sich in der Mitte in den oben 
erwflhnten Gegenstrom um. Die nun wirklich zur Beobach- 
tung gelangte Geschwindigkeit eines Bakteriums ist also die 
algebraische Summe zweier Geschwindigkeiten, 1) der eigent- 
lichen Bewegung der Bakterien infolge ihrer Ladung gegen 
das Wasser, 2) der an der betreffenden Stelle gerade herr- 
schenden endosmotischen Wanderung des Wassers infolge 
seiner Ladung gegen die Glaswand, die, wie oben erwShnt, 
mit zunehmender Entfernung von der Glaswand immer ge- 



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Untereuchiingen iiber Bakterienkataphorese. 


547 


ringer wird, den Wert 0 erreicht, urn schlieBlich in der Mitte 
in die entgegengesetzte Strdmungsrichtung umzukehren, 

Wir beobachten also init dera Auge nicht die uns allein 
wissenswerte Relativbewegung der Bakterien gegen das Wasser, 
sondern die Relativbewegung gegen den Objekttisch. 

Denken wir uns die ganze Dicke der Rammer in sehr 
feine Lamellen zerlegt, so haben die innerhalb jeder Lamelle 
suspendierten Teilchen die gleiche Geschwindigkeit. Aus den 
hydrodynamischen Grundgesetzen IfiBt sich nun die Geschwin¬ 
digkeit der Wasserteilchen in jeder Lamelle berechnen, wenn 
wir die Geschwindigkeit an der Grenzflache und die Tiefe der 
Rammer kennen. Es laBt sich auch die wahre Geschwindig¬ 
keit der suspendierten Teilchen aus der Geschwindigkeit in 
zwei verschiedenen Lamellen in bekanntem Abstande von der 
Randschicht und aus der Tiefe der Rammer herleiten. Der- 
artige Versuche hat zuerst Ellis^) mit einer Suspension von 
Oeltropfchen in Wasser ausgefiihrt. Seine teilweise noch 
empirischeRechnungsart wurde daun von v.Smolochowski*) 
theoretisch genau begrundet, von S v e d b e r g erweitert und 
durch experimentelle Untersuchungen bestatigt. Von den Re- 
sultaten v. S in o 1 o c h o w s k i s ist folgendes fiir unsere Zweeke 
von besonderer Wichtigkeit: Bezeichnen wir die Tiefe der 
Rammer mit d, die Entfernung eines Teilchens vom oberen Rande 
der Rammer mit x, so gibt es zwei Werte fiir x, bei welchen 
die Bewegung der Wasserteilchen gleich 0 ist, nSmlich bei 

X = d (Vg ± y “g), d. h. in einer Tiefe von etwa 0,2 d und 0,8 d. 

Die Beobachtung in diesen Tiefen zeigt also die wirkliche Ge¬ 
schwindigkeit und Richtung der Bakterien relativ zum Wasser 
an. Hier liegt der 0-Punkt der endosmotischen Wasser- 
bewegung. Hier kehrt der Randstrom gerade in den zentralen 
Gegenstrom um. Auf diese Weise haben wir also eine ein- 
fache Moglichkeit in der Hand, die wahre Rataphorese der 
Bakterien direkt mit dem Auge zu beobachten. 

Die Rammer, in der wir die Beobachtungen durchftihrten, 
war folgendermaBen gestaltet; Zwei Glasleisten von etwa Deck- 

1) 1. c. 

2) 1. c. 

3) 1. c. 

37* 


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548 


Erich Putter 


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glasdicke und Rechteckform warden mit Kanadabalsara auf 
einen Objekttrager so aufgeklebt, daB die langen Seiten der 
Glasleisten mit den Langsseiten des Objekttragers in der 
gleichen Linie verliefen und eine ca. 1 cm breite Rinne zwischen 
sich frei lieBen. Nach volligem Trocknen des Balsams wurden 
eventuell tibergequollene Tropfen sorgfaitig entfernt und der 
Objekttrager grundlich gereinigt. Man legt nun ein Deckglas 
auf die so entstandene Glasbrucke und lafit die zu unter- 
suchende Suspension aus einer Kapillarpipette unter das auf- 
gelegte Deckglas flieBen, was infolge der kapillaren Attraktion 
der Flussigkeit durch die Glaswande leicht gelingt. Es emp- 
fielilt sich, das Deckglas mit etwas Vaseline auf den Glasleisten 
festzukleben, damit es durch den Tropfen nicht von der Unter- 
lage abgehoben wird; andernfalls andert sich die Dicke der 
Kammer bei jedesmaliger Fiillung. Tiefere Kammern sind 
aus optischen Griinden nicht geeignet, da man sie mit starkeren 
VergroBerungssystemen nicht durchdringen kann. Spaltformige 
Kammern, bei denen das Deckglas ohne Stutze auf der Flflssig- 
keit schwimmt, sind Jedenfalls schlecht zu brauchen, da in 
ihnen vollig unkontrollierbare unregelmaBige Strbmungen ent- 
stehen, die zu den schwersten IrrtQniern AnlaB geben konnen. 
Auch wird mit jeder Bewegung der Frontlinse des Mikroskops 
nach oben oder unten die Spaltdicke verandert, so daB sich 
Beobachtungen in bestimmten Tiefen uberhaupt nicht durch- 
fiihren lassen. 

Die Dicke der Kammer wurde durch die Umdrehungen 
der Mikroineterschraube des Mikroskops gemessen, die not- 
wendig waren, urn die Bildscharfe von dem oberen nach dem 
unteren Kammerrand zu verlegen. Die Wanderungsgeschwin- 
digkeit der Bakterien wurde in der Weisc festgestellt, daB mit 
einer Stoppuhr die Zeit gemessen wurde, die verstrich, bis 
ein bestimmtes Bakterium die Entfernung von einem Strich 
des Mikrometerokulars bis zu einem willkiirlich gewahlten 
zweiten zuruckgelegt hatte. Der stationare Zustand stellt sich 
nach dem StromschluB in sehr kurzer Zeit ein, so daB man 
die zeitlich aufeinanderfolgenden Beobachtungen durchaus ver- 
gleichen konnte. 

Die Versuche unter Zugrundelegung einer derartigen 
Technik gestalteten sich folgendennaBen: 



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Untersuchungen uber Bakterienkataphorese. 


549 


Von einer 24-stQndigen Schragagarkultur wurde eine 
Normalose in etwa 1 ccm Flussigkeit gleichniafiig verrieben, 
so dafi man eine triibe Suspension erhielt. Von dieser Bak- 
terienaufschweminung wurde init einer Kapillarpipette so viel 
auf den zur Kanimer umgestalteten Objekttrager gebracht, 
daB der Rauin unter dein Deckglas v611ig luftblasenfrei aus- 
gefflllt war. Der Kanal zu beiden Seiten des Deckglases wurde 
ebenfalls mit der Flussigkeit gefflllt. In diese liberragenden 
FKissigkeitsschichten wurden in der oben beschriebenen Weise 
die unpolarisierbaren Elektroden eingetaucht und nunniehr iin 
Mikroskop beobachtet. Sobald die Stromung, die zuerst noch 
fur eine kurze Zeit sichtbar blieb, bis der hydrostatische Druck 
iiberall ausgeglichen ist, zur Rube gekoramen war, wurde der 
elektrische Strom geschlossen und nach dem Verlauf einiger 
Sekunden, sobald der Stromungszustand stationSr erschien, die 
Messung durchgefiihrt. 

Es sei besonders hervorgehoben, daB es notwendig ist, 
nach StromschluB einige Sekunden zu warten, bevor mit der 
Protokollierung der Beobachtungsresultate begonnen wird. Das 
hat seinen Grund in folgenden Verhaltnissen. Man schlieBe 
den Strom fiir einige Zeit, bis man eine stationSre Stromungs- 
geschwindigkeit in den eiuzelnen Karamerschichten konstatieren 
kann. Jetzt Sflfne man den Strom. Im selben Augenblick stehen 
die RandstrSme still, die riicklaufige Mittelschicht aber erfahrt 
momentan eine erhebliche ruckartige Beschleunigung ihrer Be- 
wegung in der bisherigen Richtung. Erst allmahlich erlischt die 
Bewegung der Mittelschicht und es dauert haufig mehrere 
Sekunden bis zu einer halben Minute, bis vbllige Ruhe ein- 
getreten ist. Ganz dementsprechend ist nun das Bild, das 
man bei der Stromwendung beobachtet. Iin Augenblick der 
Stromwendung kehren die endosmotischen Randstroinungen 
sofort ihre Richtung urn und erreichen sofort ihre alte Ge- 
schwindigkeit, nunmehr in entgegengesetzter Richtung. Die 
Mittelschicht dagegen erfahrt wieder, wie bei der einfachen 
Stromoffnung, dieselbe ruckartige Beschleunigung in der ur- 
spriinglichen Richtung. Ganz allmahlich wird die Stromungs- 
geschwindigkeit der Mitte geringer, bis sie ffir einen Augen¬ 
blick zura Stillstand kommt, uin dann langsain in eine Be¬ 
wegung der entgegengesetzten Richtung umzuschlagen, die 


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550 


Erich Putter, 


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nach einigen weiteren Sekunden ihre definitive StSrke erreicht. 
Dieser Zustand bleibt dann fiir die ganze Dauer des Strom- 
schlusses stationer, bis sich das Spiel von neuem wiederholt, 
sobald der Strom wieder geofiFnet, bzw. gewendet wird. 

Zur ErklSrung dieser Erscheinungen ist folgendes zu 
bedenken. Die Randschichten stehen unter reiner endosmo- 
tischer Kraftwirkung. Ihre Bewegung setzt infolgedessen 
jedesmal sofort mit StromschluB ein und mit Stromoffnung 
aus. Die Bewegung der Mittelschicht dagegen setzt sich aus 
zwei Komponenten zusammen, einnial dera oben erwShnten 
Riickstrom des am Rande endosmotisch fortbewegten Wassers, 
zweitens aus der inneren Reibung der beiden duBeren Stro- 
mungsschichten gegen die entgegengesetzt flieBende Mittel¬ 
schicht. Diese innere Reibung wird also auf die Bewegung 
der Mittelschicht bremsend wirken. Die Bewegung wird ver- 
langsamt. Im Augenblick der Stromunterbrechung aber failt 
die Bremswirkung der nunmehr stillstehenden AuBenschichten 
fort und es kann jetzt die Mittelschicht mit ihrer eigentlichen 
RflckfluBgeschwindigkeit weiterflieBen, eine Bewegung, die in- 
folge der Tragheit noch eine gewisse Zeit andauert, bis sie 
schlieBlich zum Stillstand kommt. Entsprechend liegen die 
Verhaltnisse bei der Stromwendung. Ihre Erklarung ergibt 
sich nach dem eben Gesagten von selbst. 

Unter Berflcksichtigung der geschilderten Verhaltnisse 
also ergaben sich die in folgender Tabelle zusammengestellten 
Resultate (siehe p. 551). 

Man sieht aus dieser Zusammenstellung, daB tatsachlich, 
wie man es der Theorie gemaB erwarten sollte, die Richtung 
und Geschwindigkeit der Bakterien von der Kammertiefe ab- 
hangig ist. In fast alien Fallen bewegt sich die Mittelschicht 
der Randschicht entgegengesetzt. Der theoretisch richtige 
Wert zur Beurteilung der Bakterienkataphorese liegt bei Vs 
und Vs dfir Kammertiefe. Die Theorie erfordert, daB in diesen 
beiden Schichten die Bewegungsgeschwindigkeit gleich sei. 

Annahernd ist es auch in Wirklichkeit der Fall. Die Ab- 
weichung von diesem richtigen Wert in den anderen Kammer- 
schichten hangt von den Versuchsbedingungen ab. Wie be- 
reits erwahnt, haben im allgemeinen Glas und Bakterien eine 
Ladling gleichen Sinnes gegen das Wasser, und zwar in 



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Untersuchungen iiber Bakterieukataphorese. 


551 


Bak- 

terien- 

art 

BuspeDaioDsfl&BBigkeit 

imertiefe 

mm 

100 

BewcgungBrichtuDg und -Gle- 
Bchwindigkeit in Sekunden 
in den Kammertiefen 

gluti- 

nation 


^ S ^ 

0,1 d 

0,2 d 

0,5 d 

0,8 d 

0,9 d 

BactcolilNaCl 0,85 ®/o 

24 

k 7 

a 5 

a 3 

a 5 

k 6 

0 

Itrpi 

♦ , ,, IQQQ 

24 

k 4 

a 2 

a 1 

a 2 

k 5 

+ + + 

— 

» »> 10 

24 

0 

0 

0 

0 

0 

+ 

>1 »> 

1000 

24 

k 10? 

a 2,5 

a 1 

a 2 

0 

± 


m 

i» 100 

24 

? 

a 3 

a 2 

a 4 

0 

0 

»> »» 

m 

*> 10 

24 

k 25? 

a 12 

a 8 

a 12 

k 10? 

0 

11 11 

m 

1 * T 

24 

0 

0 

0 

0 

0 

+ + + 

11 11 

m 

iooooo 

24 

k 5 

.3 

a 1 

a 3 

? 

+ 

11 11 

m 

'» rooob 

24 

k 5 

a 3 

a 2 

a 4 

k 7 

+ + 

fi n 

m 

» iooo 

24 

a 3 

k6 

k 4 

k 6 

a 3 

+ + + 

11 11 

» 100 

24 

? 

k 4 

k 3 

k 4 

a 8 

+ + + 

11 11 

H-SO, in. 

24 

» 

0 

0 

0 

0 

+ + + 

11 11 

CH,COOH ~ 

24 

? 

a 2 

a 2 

a 3 

k 25? 

+ + + 

11 11 

m 

» 10 

24 

a 5? 

a 4 

a 3 

a 5 

0 

+ + 

11 11 

in 

11 T ■ 

24 

0 

a 6 

a 5 

a 10 

a 50? 

+ + 

11 11 

GaH.,(NO,),OH jQ,) 

24 

0 

a 8 

a 5 

a 9 

k 15 

+ + + 

11 11 

NaCl 0,85% + Pepton 

24 

k 7 

a 4 

a 2 

a 4 

k 8 

0 

11 11 

CH,COOH” + Pepton 

24 

a 20 

k 5 

k 3 

k 8 

a 25 

+ + 


m 

” 10 ” 

24 

a 5 

k 3 

k 1,5 

k 3 

a 6 

+ + 


a = anodisch, k = kathodisch. 


alkalischen und schwach sauren Losungen negative Ladling, 
die bei steigender H-Ionenkonzentration geringer wird, bis 
schlieBlich Entladung eintritt. Bei Peptongegenwart lassen 
sich die Bakterien durch Sauren umladen. Dreiwertige Kat- 
ionen drehen den Ladungssinn auch ohne Peptongegenwart 
um, Wie sich aus der Tabelle ferner ergibt, pflegt die Ge- 
schwindigkeit in der Kammerraitte nicht wesentlich von der 
in den theoretisch richtigen Schichten abzuweichen, bleibt ent- 
gegen unserer Annahme sogar hinter dieser etwas zurtick. 
Man wird also fflr die erste Annaherung rait richtigen Werten 


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552 


Erich Putter, 


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rechnen kSnnen, wenn man die Beobachtung auf die Mitte der 
Kammer beschrilnkt. Die Geschwindigkeit der auBersten Rand- 
zonen zahlenm^Big anzugeben, ist sehr schwer, die erhaltenen 
Zahlen sind sehr unzuverlftssig. Denn ihre GrQBe Sndert sich 
zu stark mit den geringsten Unterschieden der Beobachtungs- 
tiefe. Die Untersuchung wird auch dadurch erschwert, daB 
sich in der allerobersten Schicht nur sehr wenig Bakterien 
befinden auBer denen, die am Deckglas angeklebt sind. Am 
Kammerboden tritt diese Neigung der Bakterien zum Ankleben 
noch deutlicher in Erscheinung. Die ersten zahlenmaBigen 
Angaben fQr die Randzonen betreffen deshalb etwa eine Be- 
obachtungstiefe von Vjo~*/ 2 o der Gesamtkammertiefe. 

Bei Gegenwart von Pepton werden nicht nur die Bak¬ 
terien durch SSuren umgeladen, sondern auch die Glaswand. 
Beide Oberfl&chen heladen sich offenbar mit Pepton und nehmen 
seine Eigenschaften an. Sie verhalten sich also dann wie ein 
amphoterer Elektrolyt. In dieser Beziehung besteht eine weit- 
gehende Analogie mit den Eigenschaften des Kollodiums, dessen 
negative Ladung zwar durch Sfiuren, wie Jacques Loeb^) 
und Gyemant*) gezeigt haben, vermindert, aber nie um- 
gekehrt wird. Ein Unterschied besteht dagegen ira Verhalten 
gegeniiber dreiwertigen Kationen, die Bakterien und Glas um- 
zuladen vermogen, nicht aber Kollodium. Bei Gegenwart von 
EiweiB jedoch, z. B. nach Durchtr^nkung des Kollodiums mit 
EiweiBlSsungen, auch mit Gelatine, laden sowohl SSuren wie 
dreiwertige Kationen um. Die Analogie mit Kaolin geht aber 
noch weiter als mit Kollodium, indem das Kaolin, wie Bakterien 
und Glas, auch ohne EiweiBgegenwart von dreiwertigen lonen 
umgeladen werden kann. 

Da man bei den auf den gebrSuchlichen Nahrboden ge- 
wachsenen Bakterien geringe Spuren von Pepton mit Sicher- 
heit nie ausschlieBen kann, so ist ihre Umladbarkeit durch 
dreiwertige Kationen mSglicherweise doch auf die Pepton- 
gegenwart zurflckzufflhren. 

Wenn ein Kolloid geflockt bzw. agglutiniert wird, so ffillt 
das Flockungsoptimum immer in den Bereich der vSlligen 


1) Journ. of general Physiology 1, 1918. 

2) Kolloidzeitschrift, 1921. 



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Untereuchungen uber Bakterienkataphorese. 


553 


Entladung der elektrischen Potentialdifferenzen. Ob umgekehrt 
bei Entladungeu auch jedesmal Flockungen resp. Agglutina- 
tionen eintreten, laBt sich a priori nicht voraussagen. So 
fallen z. B. die globulinartigen Substanzen im isoelektrischen 
Punkt aus, die albuininahnlichen nicht. Aus der oben zu- 
samniengestellten Versuchsreihe mit Bact. coli ergibt sich, dali 
in der Tat in den meisten Fallen Agglutinationen auftreten. 
Da wir uns aber hier in einem relativ hohen Konzentrations- 
gebiet der Elektrolyte befinden, darf der antagonistische Cl- 
loneneinfluB nicht unberiicksichtigt bleiben. Deinentsprechend 
ist auch die Uebereinstimmung zwischen den kataphoretisch 
gefundenen isoelektrischen Punkten und dein Agglutinations- 
optimum zu bewerten. 

2) Bacterium typhi. 

Aus Griinden der Raumersparnis unterlassen wir es, hier 
die Versuchsergebnisse fur Typhusbazillen ebenfalls in tabel- 
larischer Zusammenstellung zu bringen. Ihr Verhalten ist 
nSmlich mit dem des Bact. coli vbllig identisch. Was die 
Agglutination angeht, so scheinen verschiedene TyphusstSmme 
verschiedeu zu reagieren, denn sie werden nicht alle agglu- 
tiniert. 

Im iibrigen sind die erhaltenen Resultate eine erneute 
Bestatigung der fruheren Untersuchungen von Michael is 0 
und Beniasch*), nach denen das Agglutinationsoptimum der 
Typhusbazillen bei einer Wasserstoffionenkonzentration von 
etwa 4-10~® keinem singularen Punkt in der elektrischen 
Ueberfiihrung entspricht. Vielmehr zeigen die Typhusbazillen 
im Bereich ihres Agglutinationsoptimums ebenso negative 
Ladung wie oberhalb und unterhalb dieser H-Ionenkonzen- 
tration. Das von uns gefundene 2. Agglutinationsoptimum bei 
einer wesentlich hSheren H, namlich zwischen 10“® und 10“*, 
dem auch ein Stillstand der elektrischen Wanderung, bzw. 
eine deutliche Abnahme der Wanderungsgeschwindigkeit ent¬ 
spricht, befindet sich durchaus in Uebereinstimmung mit den 
Arbeiten Arkwrights®), der aus den Typhusbazillen zwei 

1) Deutsche med. VVochenschr., 1911, No. 21, p. 969. 

2) Diese Zeitschr., Orig., Bd. 12, 1912, p. 268. 

3) Diese Zeitschr., Orig., Bd. 22, 1914, p. 396. 


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554 


Erich Putter, 


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Substanzen isolieren konnte, von denen die eine (namlich die 
raehrmals mit destilliertem Wasser gewaschenen Bazilleu) im 
Bereich ihres Agglutinationsoptimums bei 1,1 *10"^ einen 
Wanderungsstillstand, bei weiterer Zunahme der H-Ionen so- 
gar eine kathodische Wanderung zeigte, wahrend die zweite 
(der klare wSsserige Bazillenextrakt) keine Unikehr der Wan- 
derungsrichtung im Agglutinationsoptimum bei 3,6-]0~® er- 
kennen lieB. 


- 3) Staphylokokken. 

Auch bier lieB sich ein Unterschied gegenflber dem Ver- 
halten des Bact. coli nicht nachweisen, weshalb die Anfiihrung 
der Protokolle ebenfalls unterbleibt. Agglutination trat in 
gleicher Weise bei den entsprechenden Wasserstoflf-Ionen- 
konzentrationen ein. 

4) Bact. proteus X 19 Weil-Felix. 

Kein Unterschied gegenflber dem Verhalten der Coli- 
bazillen. Agglutination auch hier prompt. 

Alle untersuchten Bakterien zeigen also immer negative 
Ladung. Nur durch allerhflchste Saurekonzentrationeu werden 
sie schlieBlich entladen. Umgeladen werden sie nur durch 
dreiwertige Kationen, in Gegenwart von Pej)ton auch durch 
Sauren. 

Die Bakterien verhalten sich also wie ausgesprochen 
elektronegative Substanzen, die selbst unter extremen Be- 
dingungen kaum eine elektropositive Eigenschaft zeigen. Da- 
mit stimmt auch ihr Verhalten gegenflber Farbstofifen flberein. 
Sie fflrben sich ja nur mit basischen, nicht mit sauren Farb- 
stoffen an. Man kann aber durch vorhergehende Beizung eine 
Anfflrbbarkeit auch fflr saure Farbstoffe erzielen. Behandelt 
man einen Bazillenausstrich mit Aluminiumchlorid, so beladen 
sich die Bazillen mit Al-Ionen und nehrnen dann, als elektro¬ 
positive Substanzen, Eosin- Oder Kongorotlflsung an. 

Zur Sicherstellung dieser Ergebnisse erschien es uns er- 
wflnscht, mit der Technik der mikroskopischen Kataphorese 
auch Substanzen zu untersuchen, deren Ladungen schon aus 
anderen Versuchsanordnungen bekannt sind. Dazu schienen 
uns Albumin- und Kaseiulosungen geeignet. Die Versuche 



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Untersuchungen iibcr Bakterienkataphoresc. 


555 


mit Albumin fflhrten zu keinem Ergebnis. da der von uns be- 
nutzte Spiegelkondensor von Leitz kolloidale Albuminldsungen 
im Bereich ihres isoelektrischen Punktes nicht aufloste. Die 
Kaseinversuche dagegen bestStigten unsere obigen Ergebnisse, 
wie aus folgender Tabelle hervorgeht. 


Rdhrchen 

I 


Ill 

IV 

■■ 


HQI 

■ vm ' 

IX 

Na.-Azetat ^ + Ka- 










sein 

1.0 

1,0 

1,0 

1.0 

1,0 

1,0 

1,0 

1,0 

1.0 

Eeaigsaure 

0,62 

1,25 

— 


— 

— 

— 

— 

— 

m 

” lo 

— 

— 

0,25 

0,5 

1,0 

2,0 

4.0 

8.0 

— 

m 

” T 


— 

— 

— 

- 

— 

— 

— 

1,6 

Aq. dest. 

8,38 

7,75 

8,75 

8,5 

8,0 

7,0 

5,0 

1.0 

7,4 

U-lonenkonzentrat. 

1,2-10-" 

2,5-10-“ 

5-l0-« 

110-“ 

2-20-“ 

4-10-“ 

8-10 “ 

1,6-10-* 

3,2-10-* 

TriibungsCTad 
Optischesv crh alien 

klar 

leer 

T 

leer 

-|- 

gerade 

“1“ "1" 

dcutllch 

-f-f-b 

grobe 

+ -f 
grobe 

-f 4- 

deutlich 

4" 

gerade 

klar 

leer 




erkenn- 

erkenn- 

F18ck- 

Flbck- 

erkenn- 

erkenn- 





bare 

bare 

chen 

chen 

bare 

bare 





Partikel- 

Partikel- 



Partikel- 

Partikel- 


Wanderungsrichtg. 



chen 

chen 



chen 

chen 


— 

— 

anodisch 

anodisch 

8till- 

Still- 

katbo- 

katho- 

— 





Bland 

Bland 

disch 

disch 



Die Versuchsanordnung lehnte sich an die in Michael is, 
Die Wasserstoffionenkonzentration, p. 189, an. Statt der dort 
genannten Kaseinkonzentration von 0,4 Proz. wurde nur eine 
0,2-proz. Kaseinldsung verwandt, uin die Ausflockung im iso¬ 
elektrischen Punkt zu verringern und zu verzogern, weil 
durch zu groBe Flocken die Beurteilung unklar wird. 

Die Beobachtung der unteren Schichten der Hammer ist 
bei der Untersuchung im Dunkelfeld dadurch erschwert, daB 
wir bei jeder Senkung des Tubus einen Druck auf das Deck- 
glas austlben. Denn die Entfernung der Frontlinse von der 
zu beobachtenden Schicht erreicht fiir die Ultrakondensor- 
beleuchtung gerade die Grenze des technisch Mbglichen. Es 
entsteht jedesmal ein kleiner Strudel, der aber in wenigen 
Sekunden verschwindet, um dann wieder die kataphoretische 
Flflssigkeitsbewegung, bzw. die Wasserendosmose, die durch 
die Wirkung des Stromfeldes hervorgerufen ist, hervortreten 
zu lassen. 


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556 


Erich Putter, 


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Wir sehen aus diesen Versuchen, daB der isoelektrische 
Punkt des Kaseins sich ganz in Uebereinstimmung niit den 
frflher aus inakroskopischen Ueberfflhrungs- und Flockungs- 
versuchen bestinimten Entladungspunkt befindet. Eine In- 
kongruenz der Befunde, wie sie v. Szent-Gy6rgyi be- 
richtet, konnten wir nicht feststellen. Seine abweichenden 
Ergebnisse beruhen wohl darauf, daB er niit einer uugestiitzten 
Karamer gearbeitet und die Abhkngigkeit der Bewegungs- 
richtung von der Kammertiefe nicht geniigend beriick- 
sichtigt hat. 

Die makroskopischen Ueberfflhrungsversuche von Bak- 
terien in dem von Michael is inodifizierten U-Rohr nach 
Landsteiner-Pauli haben zu eindeutigen Ergebnissen in 
den meisten Fallen nicht gefiihrt. Da die Versuche fOr viele 
Stunden hindurch angesetzt werden iniissen, wenn man deut- 
liche Ausschlage wahrnehinen will, so kommt es infolge der 
Agglutination der Bakterien zu einer raschen Sedimentation, 
die das Bild verschleiert. Man kann hier vielleicht eher zum 
Ziele gelangen, wenn man sich des Apparates bedient, den 
KOsaka und Seki^) bei ihren Blutkorperchenuntersuchungen 
angewandt haben, mit dessen Hilfe sie nicht die Blutkorperchen- 
kataphorese, sondern die Elektroendosmose des durch das 
Blutkorperchendiaphragma hindurchtretenden Wassers be- 
obachteten. Ueber eigene derartige Versuche soli spater 
berichtet werden. 

Uebrigens ist man bei der Beobachtung der Blutkorperchen- 
wanderung im mikroskopischen Praparat keineswegs so leicht 
Versuchsfehlern ausgesetzt, wenn man sich nicht an die rich- 
tigen Kammertiefen halt, wie bei der Untersuchung kleinerer 
Gebilde. Denn sie sedimentieren so rasch, daB die obere 
Gegenstromung gewohnlich gar nicht sichtbar wird. Ab und 
zu sieht man einzelne oder zusammengeklumpte Erythrozyten 
an der unteren Deckglaswand festkleben. Einerseits wohl 
weil das Blutkbrperchen iiberhaupt klebriger ist als ein Bak- 
terium, andererseits weil das schwerere Blutkorperchen mit 
seiner geringeren spezitischen Oberfladie vom Wasserstrom 
weniger leicht fortbewegt wird. In der unteren Schicht nun 


1) loc. cit. 



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Untereuchungen uber Bakterienkataphorese. 


557 


sieht man besonders zahlreich sedimentierte, an der Objekt- 
tragerwand festsitzende Blutkbrperchen. Nur die mittlere 
Schicht zeigt eine deutliche Bewegung, und sie allein konimt 
ja nur filr die Beurteilung des Ladungssinnes in Frage. 

Zusammenfassung. 

Mit Hilfe der Methode der niikroskopischen Kataphorese 
wurde eine Reihe von Bakterien untersucht. Sie zeigten alle 
eine ausgesprochene Negativitat und einen fast volligen Mangel 
an Umladbarkeit. Durch starke Sfi.urekonzentrationen lassen 
sie sich entladen, durch dreiwertige Kationen allein uniladen. 
Gegenwart von Pepton macht sie auch durch Sauren um- 
ladbar. Sie verhalten sich demnach wie Kaolin nach den 
Untersuchungen von Gyemant. Von den Elementargebilden 
des hbheren Organismus scheinen nur die Zellkerne gleiche 
elektrische Eigenschaften zu haben. 

Unter der Voraussetzung, daB die durch die Wasser- 
endosmose verursachten GegenstrSmungen genfigende Bertick- 
sichtigung finden, bildet die mikroskopische Kataphorese- 
untersuchung eine sehr zuverl5.ssige Methode, wie an einem 
Beispiel mit KaseinlSsung gezeigt wird. Sie ist wegen ihrer 
Einfachheit, der Schnelligkeit ihrer Durchffihrbarkeit, der 
minimalen Menge des zur Untersuchung notwendigen Materials 
fiir viele F&lle der makroskopischen Methode im U-Rohr 
(Iberlegen. 


* 


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558 


G. Bessau, 


* 


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Zur Entstehung der paradoxen Diphtherlebonillonreaktion 

belm Menschen. 

Entgegnung auf die Mitteilung von Groer und Kassowitz: 

Ueber das Wesen und die Bedeutung der paradoxen Hautemp- 
findlichkeit auf intrakutane Einverleibung von Diphtherietoxin. 

Diese Zeitschrift, Bd. 30. 

Von G. Bessau (Marburg). 

(Eingegangen bei der Redaktion am 29. Juli 1921.) 

Ich habe die Aiifmerksamkeit auf die Tatsache gelenkt, 
daB beira Menschen die intrakutane Diphtheriebouillonreaktion 
durch Antitoxin oft wenig, manchmal gar nicht beeinfluBt wird. 
Schick und seine Mitarbeiter haben diese Reaktionsweisepara¬ 
dox genannt. In Gemeinschaft niit Frl. Dr. Schwenke^) habe 
ich das Wesen der paradoxen Reaktion weitgehend geklart: 
„der nicht neutralisierbare Anteil der Diphtheriebouillonreaktion 
kann nicht als Toxinwirkung aufgefaBt werden: er beruht auf 
einer hitzebestSndigen Substanz der Diphtheriebouillon. Mit 
grSBter Wahrscheinlichkeit handelt es sich urn Diphtherie- 
endotoxinwirkung: Versagen der Antitoxinwirkung, Empfind- 
lichkeit gegen gekochte Diphtheriebouillon und Empfindlichkeit 
gegen Diphtherieendotoxin, das koktostabil ist, gingen annahernd 
parallel (SchluBsatz 3 und 4 unserer Arbeit). 

V. Groer und Kassowitz 2) kommen nuninehr zu einer 
ini wesentlichen vollstandigen Bestatigung unserer Versuche, 
halten sich aber fiir berechtigt, unsere Folgerungen als 
.,zweifellos unrichtig“ hinzustelleu. Sie schreiben: „Versteht 
man unter den Endotoxinen spezifische Giftstoffe, welche im 
Bazillenleib praformiert sind und auch spezifische Reaktionen 
auszulOsen befahigt sind, so ist die Annahme von Bessau und 
Sell wen ke zweifellos un rich tig. Sonst zeigen aber auch 
ihre Versuche, daB das Auftreten der paradoxen Reaktion auf 
Anwesenheit hitzebestandiger Diphtheriebazillenbestandteile in 
der Toxinbouillon beruht.“ 


1) Monatsschr. f. Kinderheilk., Bd. 13, 1915, p. 317. 

2) ZeitBchr. f. Immunitiitsf., Bd. 30, 1920, p. 154. 


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Ziir Entetehiing der paradoxen Diphtheriebonillonreaktion ubw. 559 


Warum unsere Annahme ^zweifellos unrichtig“ ist, wird 
nicht gesagt; die Kritik fsllt aber vollig zusaramen durch die 
eigenen SchluBfolgerungen der Autoren. Sie schreiben un- 
mittelbar vorher: 


V. GrSer und KasBOwitz. 

,.Die auf intrakutaiie Injektion 
auBg^Iicbener Diphtherietoxin-ADti- 
toxingemiBche auftretende entziind- 
liche Keaktion, ebenso wie die positive ^ 
Diphtherietoxinreaktion bei serum- 
immunen Individuen, kommt durch 
nicht Btreng spezifische Ueberemp- 
findliohkeitmancherlndividuengegen , 
BakterieneiweiB zustande'). Sie wird 
hochstwahrscheinlich durch alkali- I 
losliche Diphtheriebazilleuleiber-Be- 
Btandteile, welchein der gewohnlichen ' 
Toxinbouillon enthalten sind, ausge- I 
lost ’). Da nun diese Ueberempfind- 
lichkeit erst gegen das Ende des 
ersten Lebensjahres aufzutreten be- ■ 
ginnt und erst im Schulalter hiiufiger j 
wird ’), so ist ein gewisser Zueain men- 1 
hang zwischen ihrem Auftrcten und ' 
den im Laufe der Kindheit stattge- I 
fiindenen Infektionen nicht unwahr- 
scheiniich. Wir Btellen uns vor, daC i 
die vorangehenden Infektionen — i 
namentlich die unspezifischen ■*) — 
bei erapfindlichen Individuen sensi- 
bilisierend wirken konnen. Die nun i 
Bpater auf intrakutaneEinverleibung j 
aller mdglichen BakterieneiweiBstoffe i 
— und vielleicht auch manoher Ei- | 
weifistoffe bzw. -Bpaltungsprodukte I 
nicht-bakterieller Provenienz — auf- I 
tretenden Ueberempfindlichkeitser- | 
Bcheinungen an der Haut wiiren als | 
Folge dieeer Sensibilisierung anfzu- 
fassen *). Es ist aber auch in Betracht , 
zu ziehen, daS Biimtliche hierbei 
wirksamen Substrate gewisee primare 
Toxizitat Ijesitzen und daB daher die 
bei der Hauhgkeit des Vorkommens 
der genannten Erscheinungen auf- I 
tretenden individuellen Unterschiede ! 


Kritik: 

1) Wir warncn vor dem ver- 
waschenen Begriff der „nicht streng 
spezifischen Ueberempfindlichkeit“. 
Alle individuellen Differenzen in der 
Giftempiindlichkeit konnen bo be- 
zeicbnet, keine so geklart werden. 
Tatsachlich handelt es sich nicht um 
„L eberempfindlichkeit**, sondern um 
verschiedene Grade von Empfind- 
lichkeit. 


2) Dafl nennen wir Endotoxine. 


3) Dies gilt nicht nur fiir die 
Diphtherieendotoxin-, sondern auch 
fiir die Typhusendotoxinreaktion. 
Vielleicht ist es ein allgemeines Ge- 
setz, daB ganz junge Kinder auf 
Endotoxin wenig ansprechen. 

4) Doch vollig unbewieseni 


5) Alles vollig unbewiesen. Ich 
habe bei Sensibilisierung mit ver- 
schiedenen Antigenen nacheinander 
niemals eine derartige unspezifische 
Sensibilisierung gesehen. EineUeber- 
emphndlichkeit gegen Endotoxin gibt 
es uberhaupt nicht; die Vorbehand- 


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560 Bessau, Entstehung der paradoxen Diphtheriebouillonreaktion. 


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auch nur quantitativer Natur sein 
konsen. 


lung eines Individuutns mit einem 
Endotoxin fiihrt zur Produktion 
endotoxinabbauender Immunkorper, 
demnach etets zu einem Zustaude 
herabgesetzter Empfindlichkeit (aus- 
gedehnte, bisher nicht veroffentbchte 
Beobachtungen bei der Typhusim- 
munisierung des Menechen). 


Der letzte Satz deckt sich vollstandig mit unseren An- 
nahmen. Es handelt sich urn eine individuell verschiedene, 
auch zu verschiedenen Lebenszeiten verschiedene Empfind¬ 
lichkeit gegen eine primer toxische Substanz des Diphtherie- 
bazillenleibes, die wir eben — der in der Immunitatsliteratur 
iiblichen Nomenklatur folgend — als Diphtherieendotoxin be- 
zeichnet haben. v. Groer und Kasso witz kommen zu einer 
vollinhaltlichen Bestatigung unserer Auffassung, erklSren die- 
selbe aber als „zweifellos unrichtig“. 

Die Autoren stellen auch einen gewissen Parallelismus 
zwischen der paradoxen Diphtheriebouillonreaktion und der 
^Typhin^reaktion fest. Ihre Typhinreaktion ist im Prinzip 
nichts weiter als eine Reaktion auf das toxische Prinzip der 
Typhusbazillensubstanz, also des „Typhusendotoxins“. WSren 
die Autoren bei der alten bewahrten Nomenklatur geblieben, 
so hatten sie selbst erkannt, daC ihre Ergebnisse die denkbar 
beste Bestatigung unserer bereits vor 5 Jahren festgelegten 
Auffassung sind. 

Ein Unterschied besteht nur in der Bezeichnung — die 
unserige hat nicht nur die Tradition fQr sich, sondern ist auch 
klarer und prkziser. Wenn es aber v. Groer und Kasso witz 
vorziehen, das Wort „Endotoxin“ zu verraeiden, so erwachst 
ihnen daraus kein Recht, die sachlich iibereinstimmenden, aber 
mit der alten Bezeichnung belegten Ergebnisse aiterer Autoren 
als „zweifellos unrichtig** hinzustellen. 

Die Streitfrage, ob „Endotoxin“, d. h. eine primar giftige 
Bazillensubstanz, oder Ueberempfindlichkeit gegen eine primar 
ungiftige Bazillensubstanz die paradoxe Reaktion bedingt, wird 
von meinem friiheren Mitarbeiter Opitz weiter untersucht. 
Opitz (Jahrb. f. Kinderheilk., Bd. 94, p. 258) ist bisher zu Er- 
gebnissen gelangt, die meine Auffassung durchaus bestatigen. 


Frommnnnwhe Uuchdtuc'ierei (Hermann Pohlei In Jena. — 4920 



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OKITCitSiirw ILLIRBIS LlbhAl^^-'-^ 


Viz 

No € 


Zeltschrift 


DEC 1 'i itj21 


fOr 

Immunitatsforschung 

und experimentelle Therapie 

I. Teil: Originale 


CM 

IT 



UuLer Milwirkuug von 

M. Aseoli, Catania, V. Babes, Bukarest, 0. Bail, Prag, B. F. Bashford, 
l^ondon, S. Belfantl, Mailand, A. Breinl, Liverpool, A. Diendonn^, Muncben, 
R. Doerr, Basel, H. Dorset, Washington, E. v. Dnngern, Hamburg, M. Ficker, 
Berlin, 8. Flexner, New York, IJ. Friedeniann, Berlin, P. Froscb, Berlin, 
H. Ton Grnber, Miinchen, L. llaendel, Berlin - Dahlem', M. Hahn, Frei¬ 
burg i. Br., A. IleRter, Berlin, L. llektoen, Chicago, M. Jacoby, Berlin, 
C. 0. Jensen, Kopenhagen, K. Kifikalt, Kiel, 8. Kitasato, Tokio, W. Kolle, 
F'rankfurt a. M., W. Kruse, Leipzig, K. Landsteiner, Haag, C. LcTaditi, Paris, 
L. Ton Llebermann, Budapest, Th. lUiidsen, Kopenhagen, C. J. Martin, iLondon, 
L. Miehaelis, Berlin, Miefiner, Hannover, G. Moreschl, Bassari, J. Morgenroth, Berlin, 
B. Hair, Glasgow, M. Nelsser, Frankfurt a. M., F. Neufeld, Berlin, F. Nuttall, 
Cambridge, R. Ton Ostertag, Berlin, R. Otto, Berlin, R. Paltaaf,Wien, A. Pettersson, 
Stockholm, R. PfeilTer, Breslau, E. P. Pick, Wien, C. J. Balomonsen, Kopenhagen, 
A.j8ehBttenfroh, Wien, Cl.8ebllliiig, Berlin, P. Sehmidt, Halle a. 8., Th.8niith, Boston, 
G. 8obemhelm, Bern, V. G. yaiighan, Ann Arbor, A. T. Wassermann, Berlin, 
W. Weichardt, Erlangen, E.Well, Prag, A. WladimirolT, St Petersburg, A. E. Wright, 
London, D. Zabolotny, 8t Petersburg 
berausgegeben von: 

E. FRIEDBERGER R. KRAUS H. SACHS P. UHLENHUTH 

(Greifswald.) iSao Paolo.) (Heidelberg.) (Marburg a. L.) 


32. Hand, Ueft 6. 

Mit 1 Abbildung im Text. 



Jena 

Verlag von Gustav Fischer 
1921 


Ausgegeben am 20. Oktober 1921. 

#*• 


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Zeltschr. f. Immunltatsf. u. exp. Therapie. 1: Oii^. Bd. 82. Heft 6 


I n h E 111 Sell e 

Sato, Kanio, Experimentelle Beitrage zur Vakzineimmunitat.481 

Putter, Erich, UntersuchuiigeD iiber Bakterienkataphorese. Mit 1 AbbilJung 

im Text. 538 

Bessau, G., Zur Entstehung der paradoxen Diphtheriebouillonreaktion beim 
Menschen. Eatgegnung auf die Mitteilung von Order und Kassowitz: 

Ueber das Wesen und die Bedeutung der paradoxen Hautempfindlichkeit 
auf intrakutane Einverleibung von Diphtherietoxin. Diese Zeitschrift, 

Bd. 30 . 558 

Titel und Inhalt zu Bd. 32. 


JHe aufierordentlich hohen Korrekturkosten zwingen, 
unSf die Herren Mitarbelter zu bitten, Hire Manuskripte 
gut leaerlich abzufassen und vor Elnreichung genau 
durchzusehen, d. h. druckfertig abzuschliefien, so dafi 
sachliche Aenderungen soweit als nur irgend moglich 
vermieden werden. 

Die Herausgeber. Die Verlagsbuchhandlung, 


MeersGliweiDGhen, EaniiiGheii, bimte Batten, weiBe Manse, FrdSGlie I 

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OELZSCHAU bei Leipzig. 

^ 


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Verlag Ton &nstaT Fischer In Jena. 

Dir nngegrbenm Preise rind die im Nov. 1921 giiltigen; /Ur das Ausland erhSIten rie sick 
dutch den vorgeschriebenen Valuta-Zuschlag. 


Soeben erschien: 

Verhandlungen 

der Deutschen pathologischen Gesellschaft. 

Achtzehnte Tagung 

gehalten in Jena am 12. bis 14. April 1921. 

Im Auftrage des Vorstandes heraviiigegeben von dcm derzcitigen Schriftftihrer 
M. .Simmonds in ilaml)urg. 

Ergftnzungsheft zum „CentralbI. fiir allgem. Pathologic u. pathol. Analoniie“, Rd. 31.) 
Mit 79 Abbild. im Text. 1921. (X, 354 S. gr. 8®.) 

Prels; 60 Mark, 

ftir Abonnenten des Centralbl. f. Pathologie 46 Murk. 

Fruhere Verhandlungen: 

6. Tagnng, gehalten in Kassel vom 21.—25. Sept. 1903.“ Mit 7 Abbild. im Text u. 

7 Tafeln. (V, 272 S. gr. 8®.) 1904. Mk 40.— 

7. Tagung, gehalten in Berlin vom 26.-28. Mai 1904. (IV, 267 S. gr. 8®.)1 Zwei 

8. Tngung, gehalten in Breslau vom 18.—21. Sept. 1904. (IV'. 194 S. gr. 8®.) j Ilefte 

Mit 42 Abbild. im Text, 1 Textkurve und 9 Tafeln. 1904/05. Mlf 80.— 

9. Tagong, gehalten in Meran vom 24.-27. Sept. 19(5. Mit 18 Abbild. im 

Text und 15 Tafeln. (VII, 360 S. gr. 8".) 1<(06. Mk 76.— 

10. Tagung, gehalten in Stuttgart vom 17.—21. Sept. 1900. Mit Gesamtreglstcr 

zu Tagung 1—10. Mit 13 Abbild. im Text u. 9 Tafeln. (VIII, 344 S. gr. 8".) 
1907. Mk 56.— 

11. Tagung, gehalten in Dresden vom 16 —19. Sept. 1907. Mit 33 Abbild. im 

Text und 9 Tafeln. (VIII, 386 S. gr. 8®.) 19()8. Mk (M.— 

12. Tagung, gehalten in Kiel vom 23.-25. April 1908. Mit 27 Abbild. im Text u. 

2U Taf. (VIII, 334 S. gr. 8") 1908. Mk 04.- 

18. Tagung, gehalten in Leipzig vom 15.—17. April 1909. Mit 55 Abbild. im 
Text und 32 Tafeln. (X, 436 S. gr. 8®.) 1!»09. Mk 72.— 

14. Tagung, gehalten in Erlangen vom 4.—6. April 1910. Mit 40 Abbild. im 
Text und 21 Tafeln. (X, 386 S. gr. 8®.) 1910. Mk 56.— 

16. Tagung, gehalten in StrnBburg vom 15.-18. April 1912. Mit Generalreglster 
zu Tagung 11—16 (1907—1912). Mit .54 Aobild. im Text und 28 Tafeln. 
1912. Mk 80.— 

16. Tagung, gehalten in Marburg vvm 31. Mftrz-2. April 1913. Mit 163 Abbild. 

im Text und 9 Tafeln. 1913. Mk 60.— 

17. Tagung, gehalten in MUnehen vom 23.-25. Mflrz 1914. Mit 157 Abbild. im 

Text und 16 Tafeln. (X, 619 S. gr. 8®.) 1914. Mk 96.— 

. , Kriegspathologisehe Tagung in Berlin am 26. u. 27. April 1916. Mit 

2 Abbild. im Text und 1 Tafel. (IV, 81 S. gr. 8“.) 1910. Mk 12.— 


Vorzugspreis ftir 6.-17. und kriegspathologisehe Tagung: 
Mark 667.— (statt Mark 7i>6.—) 


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Verlasf ron Gustav Fischer in Jena. 


Die angegebenen Preite sind die im Nov. lOtl giilligen; fiir das Autland erhohen sie sieh 
ditrch den vnrgeschriebenen Valtitn-Zosehlag. 


Veroffentlichungen aus der Kriegs- und 
Konstitutionspathologie. 

Mil Uiiterstiitzung rles Kcichsarbeitstninisteriums 
hcrautigofrrbcn von 

L. Aschoff, Freiburg i. Br., M. Borst, Miinchcn, M. B. Schmidt, Wurzburg, 

L. Pick, Berlin 

gelcilet von 

V7. Koch, Rogiernngsinedizinnlrat, Voratcher tier kricgH- und konstitutioui^palho- 
logi^ehcn .iammlung der Kaiser Wilhelras-AKademie, Berlin. 


1 . Ueft: Skorbut. Von L. AsclinfY, Goneralobcrarzt und W. Koch, Stabsarzt. .Mil 
() Abbildungcn im Text und 13 Tufeln. (VIll, 1‘21 S. gr. 8®.) lUl'J. Mk 08.— 

2. Heft: Zup Ftage der ..Aorta angu8ta“. Ein Beitrag zu den Nornialnialien 

des Aortensyslems. Von Luisc KHiifmaiiii. (34 S. gr. 8".) 1919. Mk 0.80 

3. Heft: Die Thrombose nach Kriegsverletzungen. Von Professor Dr. 

A. Dietrich, Direktor des nnlliologisclien Instituts der Universitftt KOln. Mit 0 Ab- 
hildnngiin im Text nnd 2 Tufeln. (8n S. gr. 8".) 1920. Mk 27.— 

4. Heft; Beziehungeo zwischen Nebennieren und m^nnlichen Keim- 

driisen. Von l>r. Erust Leuiiold, Privatdozent, Pro.«cklr)r und 1. Assisient am 
pathol. Inst, iler Universitiit Wiirzburg. (Ill, 02 8. gr. 8®.) 1920. Mk 12.— 

Die bishcrigen Unler.-<uchungcn und Bcobachtungen laasen Beziehungen zwischen 
Nebennieren und Keinidruscn nur vermuton. Die Arbeiten des Verfns.sers versuchen, 
eine sichero atiatomische Basis fiir die Frage zu schaffen, ob Nebennieren und 
Keimdriiaen in bestimmtem Verhiiltni.s zu einandcr stohen. 

5 . Heft; Die Khegsverletzungen des Herzens. Von Dr. iians-Waither 

Giercke, Berlin. Mit 14 Abbildungen im Toxi. (83 S. gr. 8".) 1920. Mk 27.— 


Soeben sind orschienen; 

6. Heft; UnterSUChungen iiber die „Norm“. Ihre lledeutung und ihre Be- 

stimmung. Von Privatdozent Dr. nied. et phil. Ilerni. Rautmann, Assistent der 
medizinischen Hniversitate-Klinik in P'reiburg i. Br. Mit 9 Abbildungen im Text 
und 6 Tabellonbeilagen. (X, 115 S. gr. 8®.) 1921. Mk 3U.— 

7. Heft; Uober die russisch-rumanische Kastratensekte der Skqpzen. 

Von Privatdozent Dr. Waller Koch. Berlin. Mit 33 Abbildungen auf 12 Tafcln. 
(39 S. gr. 8«.) 1921. Mk 27.— 

8. Heft; Die Unterbindung am Hoden und die „Pubert&t8dru8enlehre“. 

Von Dr. Hans Ticdjc, Freiburg i. Br. Mit 1 Tafel und 1 Hehema. (26 S. gr. 8®.) 
1921. Mk 10.- 

9. Heft; Beitrag zur Atrophie des menschlichen Hodens. Von Dr. 

K. Guette, P'reibnrg i. Br. (\'l, 28 S. gr. 8®.) 1921. Mk 7..50 


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