Generated on 2019-01-13 01:00 GMT / http://hdl.handle.net/2027/uiug.30112027689659
Public Domain in the United States, Google-digitized / http://www.hathitrust. 0 rg/access_use#pd-us-g 00 gle
THE UNIVERSITY
OF ILLINOIS
LIBRARY
6/505
ZE
Y.32
Generated on 2019-01-13 01:00 GMT / http://hdl.handle.net/2027/uiug.30112027689659
Public Domain in the United States, Google-digitized / http://www.hathitrust. 0 rg/access_use#pd-u 5 -g 00 gle
Origiivfllfrmn:., ^
UNIVERSITY OF ILU^
URBANA-CHAMP-T
Generated on 2019-01-13 01:00 GMT / http://hdl.handle.net/2027/uiug.30112027689659
Public Domain in the United States, Google-digitized / http://www.hathitrust. 0 rg/access_use#pd-us-g 00 gle
Digitized by
Gocigle
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Generated on 2019-01-13 01:01 GMT / http://hdl.handle.net/2027/uiug.30112027689659
Public Domain in the United States, Google-digitized / http://www.hathitrust. 0 rg/access_use#pd-us g :: gle
Digitized by
Gocigle
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Zeitschrift
fur
Immunitatsforschung
und experimentelle Therapie
I. Teil: Originate
unter Mitwirkung von
M. Ascoli, Catania, V. Babes, Bukarest, 0. Bail, Frag, E. F. Basbford,
London. S. Belfanti, Mailaiid, A. Breiul, Liverpool, A. Dieudonn6, Miinchen,
B. Doerr, Basel, M. Dorset, Washington, E. v. Dungem, Hamburg, M. Picker,
Berlin, S. Flexner, New York, U. Frledemaun, Berlin. P. Froseh, Berlin,
M. T. Gruber, Miinchen, L. llaendel, Berlin - Dahlem, M. Hahn, Freiburg
i. B., A. Heflter, Berlin, L. Hektoen, Chicago, H. Jacoby, Berlin, C. 0. Jensen,
Kopenhagen, K. Killkalt, Kiel, S. Kitasato, Tokio, W. Kolle, Frankfurt a. M.,
W. Kruse, Leipzig, K. Landsteiner, Haag, C Levaditi, Paris, L. v. Liebermann,
Budapest, Th. Madsen, Kopenhagen, G J. Martin, London, L. Mickaelis,
Berlin, Miefiiier, Hannover, G Moreschi, Sassari, J. Morgenrotli, Berlin,
R. Muir, Glasgow, M. Neisser, Frankfurt a. M., F. Neufeid, Berlin, F. Nuttall,
Cambridge, R. von Ostertag, Berlin, R. Otto^ Berlin, B. Paltauf, Wien, A. Pettersson,
iStockholm, R. Pfeiffer, Breslau, E. P. Pick, Wien, G J. Salomonsen, Kopenhagen,
A. Schattenfroh, Wien, Cl. Schilling, Berlin, P. Schmidt, Halle a. S., Th. Smith,
Boston, G. Sobemhelm, Bern, Y. C. Yaughan, Ann Arbor, A. v. Wassermann,
Berlin, W. Meichardt, Erlangen, E. Weil, Frag, A. Wladimlroff, St Petersburg,
A. E. Wright, Ixmdon, D. Zabolotny, St Petersburg
herausgegeben von
E. FRIEDBERGER R. KRAUS H. SACHS P. UHLENHUTH
(Greifswald.) (Sao Paolo.) (Heidelberg.) (Marburg a. L.)
ZwelunddreiBigster Band
Mit 27 Abbddungen und 8 Kurven im Text
Jena
Verlag von Gustav Fischer
1921
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
^ I to
2 /J
V lx
' .>r~; .
Alle Rechte vorbehalten.
Digitized by
Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Inhaltsverzelchiiis.
Scile
Bessau, Zur Entstehung der paradoxen Diphthericbouillonreaktion
beim Menschen. Entgegnung auf die Milteilung von Order und
Kassowitz: Uebcr das Wesen und die Bedeutung der paradoxen
Hautempfindlichkeit aiif intrakutane Einverlcibung von Diphthcrie-
toxin. Diese Zeitsehrift, Bd. 30 . 558
Bleber, Walter, Experimentellcs zur Diphtheriepropbylaxc ..... 466
Bold, Hermann, 1st das Anaphylatoxin chnrakterisiert durch cine
eigenartige Flockungspbase des Serums? Erwiderung auf die
Ausfuhrungen von Friedberger und Putter (diese Zeitschr., Bd. 30,
Heft 3/4, p. 321). Mit 1 Abbildung iin Text.203
Bold, 11., Benierkungen zu vorstchender Entgegnung von E. Fried¬
berger und E. Putter.225
Felke, Untersuchungen iiber die Rolle der Albumine und Globuline
in der serologischen Luesdiagnostik .137
Friedberger, E., und I’litter, E., „Anaphylatoxin und Serumflockung“.
Entgegnung auf vorstehende Erwiderung von Hermann Dold . 218
Friedberger, E., und Putter, E., Sachliche Berichtigung hierzu . . 226
Kirschner, Leopold, siehc Kuss, Viktor K.
Lange, Arthur, Zur Frage der Hitzebestiindigkeit der gcbundenen
Antikorpcr.449
Lange, Ludwig, Ueber das Friedmannsche Tuberkulose-Schutz- und
-Heilmittel. I. Mitteilung; Literarisch-kritische und experimen-
telle Untersuchungen iiber den Friedmannschen Heil- und Schutz-
impfstoff gegen die Tuberkulose.229
Lindeuberg, Ad., und Pestana, Bruno Rangel, Chcmotherapcutische
Versuche mit Fetten an Kulturen siiurefester Bacillen. 66
Michaelis, L., Die Priifung der Alkalitat in Niihrboden. Mit 1 Ab¬
bildung im Text.194
Nagasawn, B., Experimentelle Untersuchungen iiber Milzbrand-
infektion. Superinfektion und Depressionsimmunitiit.355
Pestana, Bruno Rangel, siehe Lindeuberg, Ad.
Petruschky, 1., Bemerkung zu der mir freundlichst zugestellten
Korrektur der Arbeit Dr. Biebers.474
4'35'9SC
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Digitized by
IV ’ Inhaltsverzeichnis.
Seite
Putter, E., Zur Technik der Herzpunktion beim Meerschweinchen.
Mit 1 Abbildiing im Text.475
Putter, E., siehc Frlodbcrger, E.
Putter, Erich, Uiitersuchuiigcn iiber Bakterienkataphorcse. Mit 1 Ab-
bilduiig im Text.53S
Richter, Muric, Zur Kenntnia der Rieckenbergachen Rcaktion.
(Negative Versuche zur Throniboselehre.).186
Russ, Viktor K., tind Kirseiiiier, Leo|K)ld, Exi^erimentelle Studien
iiber die Funktion der Milz bei der Agglutininproduktion. Mit
8 Kurven im Text.113
Kukamoto, Tsuiieo, Beitriige zur Kenntnis von Organextraktgitten
und iiber die cntgiftende Fiiliigkeit des Blutserums fiir dieselben 1
Sato, Kuiiio, Experimentellc Beitriige zur Vakzineimmunitat.... 481
Schnabel, Alfred, Zum Mechanismus der antihamolytischen Wirkung
der Chinaaikaloide. Mit 1 Abbildung im Text.153
Schwab, Eberliurd, Ueber den Eiiiflufl der Temperatur auf die Re-
aktivitiit des Syphilitikerserums. (Zugleieh ein Beitrag zur Frage
der teehnischcn Ausgeatjiltung der WasBermaniisehen Reaktion.) 87
Seller, li., Ueter das Wesen dei Tuixirkulinreaktion.325
Stern, Margarcte, Ueber die Suchs-Georgi-Reaktion und die „D.M.“
von E. Meinicke. 167
Tanucnberg, Joseph, Beitriige zur Theorie und Praxis der Sachs-
Georgi- und Wassermnnn-Reaktion .381
TromiusdoriT, Ricliard, Zur Frage der Steigerung des Agglutinin-
. titers durch groSe Blutentziehungen. 379
Tsukahara, 1., Verlauf der Agglutininbildung bei Infektion nor-
nialer und immunisierter Tiere. Mit 22 Abbildungen im Text . 410
Heft 1 (S. 1—112) ausgegeben am 20. Juni 1921.
2 (S. 113-228)
3/4 (S. 229-378)
„ 5 (S. 379-480)
.. 6 (S. 481-560/
„ 1. Juli 1921.
„ 18. August 1921.
„ 27. September 1921.
,. 20. Oktober 1921.
Google
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Zeitsclirift [ Inmmnitatsforscliiing. Originala Bi 32. No. I
Naehdruck verboten.
[Aqb der Mediziniscben Klioik von Professor Dr. T. Irisawa,
Universitiit zu Tokio.]
BeitrSge zar Eenntnis ron Organextraktgiften iind fiber
die entgiftende FShlgkelt des Blutserums fdr dieselben.
Von Dr. Tsttneo Sakamoto.
(Eingegangen bei der Redaktion am 13. Dezember 1920.)
I. Einleitong.
Seitdem zuerst Brieger und Uhlenhuth festgestellt
batten, dafi durch subkutane Injektion von bomologen SSften
Oder Brei von verscbiedenen Organen der Tod verursacht wird,
bescbfiftigten sicb viele Autoren rait dicser fiberaus wicbtigen
Frage und erzielten verscbiedenartige Resultate. Als es dann
spater Freund gelungen war, die entgiftende Ffibigkeit des
Blutserums fOr das Organgift zu entdecken, wurde dieses
Thema um so eifriger studiert. Danach wies Dold endgflltig
nach, daB frisches homologes Serum die aus alien Organ-
geweben durcb pbysiologische KocbsalzlSsung extrabierbaren
giftigen Substanzen zu entgiften vermag, docb geben bis zum
beutigen Tage die Ansicbten der Autoren (iber die entgiftende
Substanz des Blutserums nocb weit auseinander. Wabrend
Cesa-Biancbi als entgiftendes Agens Komplement ver-
mutet, verneintDold ganzlicb diese Meinung und nimmt eine
unbekannte Fermentwirkung an. Von anderer Seite wird hin-
gegen die Ansicbt vertreten, daB das Serum nur wie Tier-
kohle. Kaolin etc. durcb Adsorption diese Entgiftung bewirke.
Friedberger und Ichikawa, sowie Loeb geben auch an,
daB im Blutserum eine sicb mit dem Koagulin (Fibrinferment)
der Gewebe direkt verbindende und so das Koagulin inakti-
vierende Substanz (Fibrinogen) enthalten ist. Aber sie sagen
nichts Naheres fiber diese im Blutserum enthaltene Substanz.
So stehen jetzt nocb keine allgemein herrschenden Ansicbten
fiber diese Substanz fest. Ich unternahm es deshalb, diese
Entgiftung der Organextrakte durch Blutserum genauer zu
erforschen und fflhrte die bier folgenden Untersuchungen aus.
Zeltachr. f. Immualtifuforschnng;. Ortg. Bd. 82. 1
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
2
Teuneo Sakamoto,
Digitized by
II. Methodik.
1. Herstellung der Organgifte.
Ich benutzte zum groSten Teil KaDinchenlunge (nur ausnahmsweise
Hunde- und Meerschweinchenlunge) ala Extrakt liefemdes Organ. Da ich
zu meinen Versuchen so kleine Tiere wie Mause verwendete und daher in
mSglichst kleiner Menge die hdchste Giftdosis konzentrieren wollte, so ver-
glich ich die Giftigkeit der verschiedenen Organe und fand laut Tabelle 1
die Lunge am giftigsten, Knochenmark und Leber hingegen fast ungiftig.
Daher bediente ich mich ausschliefilich der Lungenextrakte. Um die ent-
giftende Substanz dee Serums genau untersuchen zu kdnnen, ist es er-
fordeiiich, das Organ mbglichst blutfrei zu gewinnen. In dieser Beziehung
konstatierten auch bereits Izar und Patent, daS die Giftigkeit blutleer
gewaschener Lungen deutlich grower als diejenige nicht gewaschener kontra-
lateraler Organe ist. Darum band ich, nachdem ich das Tier beinahe hatte
verbluten lassen, eine Kaniile in eine Halsvene ein, durchschnitt die beider-
seitige A. carotis und durchspiilte den ganzen Korper mit physiologischer
Kochsalzlbsung. Nachdem die Lunge weiSlich geworden war, wurde sie
herausgenommen, mit der Schere zerschnitten und im Morser mit doppelter
Menge Rin gerscher Losung zerrieben. Filtration durch Gaze, Zentrifugation
— Grundextrakt. Von diesem Grundextrakte wurden jedesmal verschiedene
Verdunnungen hergestellt. Die Herstellung nahm, mit Ausnahme der
Spiilungszeit, meistens bis zu einer Stunde in Anspruch.
2. Vergiftungserscheinungen.
Als Versuchstiere w&hlte ich hauptsSchlich MSuse, deren
Gewicht meist zwischen 8 g und 17 g lag. Wie schon Obata
sagte, koDDte auch ich konstatieren, dall das schwerere Tier
nicht notwendigerweise eine grSBere Giftdosis als das kleinere
vertrSgt, so dafi also kein Parallelismus besteht. Somit sehe
ich davon ab, die Gewichte der einzelnen Tiere anzugeben.
AuBer MSusen wurden ab und zu Kaninchen und Meer-
schweinchen benutzt Die Einverleibung der Extrakte erfolgte
intravenOs in die Schwanzvene.
S y m p 1 0 m a 1 0 1 0 g i e:
a) Mit minimaler tbdlicher Menge. Das Tier bleibt zuerst einige
Sekunden bis Minuten unbeweglich, macht aber einen erregten Eindruck,
worauf es taumelnd nach vorn sturzt; die Atmung ist erschwert und enorm
beschleunigt, w^hrend tonisch-klonische allgemeine Krampfe mit propulso-
rischen Spriingen, Schwimmbewegungen der Vorderextremitaten, Opistho¬
tonus und Exophtbalmus auftreten. Die Hinterbeine bleiben dagegen ge-
wohnlich von Anfang an paralytisch gestreckt. Dieser Krampfperiode folgt
eine paralytische, wiihrend welcher die Reflexe, mit Ausnahme des Corneal-
reflexes, crloschen sind. Nun verschwindet auch der Comealreflex und das
Original from .
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Beitrage zur Kenntnis von Organextxaktgiften ubw.
3
Tier verendet. Selten tritt eine neue Krampfphase, von einer weiteren
paralytischen gefolgt, auf. Die Tiere sterben in 1—3—5 Minuten.
Dies ist aber nur die allgeraeinste Reihenfolge der Er-
scheinungen, doch gibt es natdrlich alle mdglichen Ausnahme-
faile. Wahrend das eine Tier einige Sekunden nach der In-
jektion sich in unrubigem Zustand auf die Hinterbeine stellte,
nach Yorn stflrzte und in Krampfe verfiel, dauerte bei deni
anderen die Dyspnoe einige Minuten, wobei es Harn und
Kot von sich gab und nach aufgetretener Roll- und Reitbahn-
bewegung schlieHlich zugrunde ging.
b) Der Injektion der mehrfach tSdlichen Dosis erliegen die
Tiere mitunter sofort, indem sie einfach tot hinfallen, jedoch ist dies selten;
ofter wird das Tier von Krampfen befallen, sturzt nach vorn, fallt dann
pldtzlich auf die Seite; Krampfe, Dyspnoe, Paralyse mit Exophthalmus-
und endlich Tod vollenden dann das Bild.
c) Bei Einfiihrung untertddlicher Giftmengen weichen die
meisten Bymptome nur an Intensitat von den durch die tddliche Minimal-
dosis hervorgerufenen ab; es konnen Exophthalmus, Krampfe, Abgang des
Earns feblen. Das Tier erholt sich allmahlich vom paralytischen Stadium,
und zwar in der entgegengesetzten Reihenfolge des Auftretens der be-
Bchriebenen Symptome. Allgemein gesagt, treten bei grofien Giftmengen
alle Erscheinungen schneller und typischer als bei kleineren auf und der
Tod tritt auch dementsprechend friiher ein. Ich foigte dem Verlauf bis zu
24 Stunden, aber legte das Hauptgewicht auf die akuten Erscheinungen,
so daB ich „ietaleDosis des Extraktes“, „Entgiftungsdosi8 des Serums'* etc.
meistens nach dem Verlaufe einiger Stunden bestimmte.
Tabelle I.
Organ
Verdiinnung
Dosis
Resultat
Kan in chen No. 1.
Lunge
v«
0,25
t 1 Min.*)
It
0,15
t 1 ,,
Vs
0,1
schwerst erkrankt, aber erholt
Niere
%
0,25
t 2 Min.
0,15
schwerst erkrankt, aber erholt
Gehim
0,25
t 1 Min.
ff
0,15
schwerst, aber erholt
Herz
0,25
t 5 Min.
0,15
0. B.
Muskel
0,5
t 1 Min.
0,25 .
schwer erkrankt, bald erholt
Milz
0.5
t 2 Std.
0,25
schwerst, aber erholt
Leber
0,5
t 1 Min.
0,25
etwas erkrankt, bald erholt
Knochenmark
0,25
o. B.
0,5
0. B.
»?
77
0,5
0. B.
1) Nach einer Minute gestorben.
Digitized b*/ Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
4
Tauneo Sakamoto,
Digitized by
Organ
Verdiinnung
Doaia
Keaultat
Kaninchen No. 2.
Lunge
'U
0,25
t 2 Min.
0,15
achwer, aber bald erholt
Niere
0,4
t 2 Min.
0,25
0. B.
Gehim
0,25
t 1 Min.
0,15
achwer, aber erholt
Herz
0,25
t 1 Min.
0,15
achwerat, aber erholt
Muakel
0,5
t 1 Min.
0,25
0. B.
Milz
0,25
•
• 3 Min.
0,15
i
• 5 „
Leber
0,5
■
- 3 „
0,25
0. B.
Knochenmark
0,5
0. B.
0,25
0. B.
V,
0,5
0. B.
m. Oiftigkeit der Lungenextrakte.
Tabelle II.
Ver-
diinnung
Doaia
Beaultat
Ver¬
diinnung
Doaia
Beaultat
Kaninchen
1 No. 1.
Kaninchen No. 2.
0,25
I- 1 Min.
V,
0,25
t 1 Min.
0,4
h 1 »
0,35
t 1 ..
0,3
•
^ 70 8ek.
0,25
j t 90 ^k.
0,25
•
^ VO „
1
0,1
achwer erkrankt.
0,1
etwas erkrankt,
erholt
1
bald erholt
minimale letale Doaia = 0,25 ccm
minimale 1
etale Doaia = 0,25 ccm
d. ‘A Verdiinnung.
d.
Verdiinnung.
Kaninchen No. 3.
Kaninchen No. 4.
Qrundextr.
0,3
t 2 Min.
0,25
t 1 Min.
>»
0,3
t 1
v!
0,4
t 1 „
V
0.25
t 1 Std.
0,3
t 2 „
V,
0,5
t 4 „
0,25
t 1 Std.
0,35
t 1 Tag
0,1
etwas erkrankt,
'U
0,4
tl »
erholt
0,35
t 1
minimale letale Doaia = 0,25 ccm
»>
0,3
t 1 .)
d. */. Verdiinnung.
minimale letale Dosis = 0,5 ccm
d.
V, Verdiinnung, |
Verdiinnung j
Dosis
Beaultat
I
Kaninchen No. 5.
minimEde letale
0,25
0,25
0,25
0,1
Doaia =
I
t
t
t
0 -
0,25 ccm
2 Min.
12 Std.
i ."
d. */« Verd.
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Beitriige ziir KernitniB Ton Organextraktgiiten usw.
5
Aus den Tabellen ergibt sich, daB die Giftigkeit des
Kaninchenlungenextraktes im groCen und ganzen konstant —
0,25 ccm der V 4 Verdunnung ist, aber genauer betrachtet
kSnnen bei einzelnen FSllen individuelle Verschiedenheiten
wahrgenoramen werden. Daher babe ich der Sicherheit halber
bei alien Versuchen iminer als Kontrolle die Giftigkeit des
betrefFenden Extraktes gepruft.
rv. Thermolabilitat der Organeztrakte.
Uhlenhuth, Handel und Steffenhagen fanden,
daB die Organgifte bei Erwarmung auf 60° C ungiftig werden.
Dold kam auch zu demselben Schlusse. Demgegeniiber
konnten Izar und Faguoli nachweisen, daB die Giftigkeit
eine 10 Minuten lange Erhitzung sogar bis auf 100° C vertragt,
und auch Aronson konstatierte die Koktostabilitat des Meer-
schweinchenlungenextraktes. Auch Ichikawa erzielte ahn-
liche Resultate, und Mita behauptete gleichfalls komplette
Kochbestandigkeit der Organextrakte.
Im Zusammenhange mit der Untersuchung der Entgiftung
habe ich mich auch mit der Nachprflfung dieser Frage be-
faBt und folgende Resultate erhalten (siehe Tabelle III auf
p. 6).
Nathrlich kommt es vor, daB die Extrakte beim Erwarmen
mehr oder weniger Niederschlage bilden. Daher wurde vor
der Injektion durch griindliche Schuttelung diesen Umstanden
genugend Rechnung getragen. Wie aus den Untersuchungen
von Foft und Pellacani, Dold und Ogata hervorgeht,
haben korpuskuiare Eleniente keinen ursachlichen Zusammen-
hang mit den Organgiften. Aus den obigen Tabellen ergibt
sich, daB Erhitzung auf 100° C erst nach 2 Stunden zur vol-
ligen Entgiftung ausreicht, wahrend Erwarmung auf 38° C
10 Stunden in Anspruch nimmt. Also nach meinen Unter¬
suchungen kann die Giftigkeit der Organextrakte zwar durch
Erwarmung vernichtet werden, aber ihre Vernichtung ist bei
weitem schwieriger als nach bisherigen Angaben. Um diesen
EinfluB der Temperatur moglichst zu vermeiden, bewahrte ich
Extrakte und Sera ira Eisschrank direkt auf dem Eise auf,
wo die Temperatur nie 5° C uberschritt.
Digitized by Google'
Origioai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
6
Teuneo Sakamoto,
Digitized by
Tabelle III.
Temperatur
Zeit
Verdiinnnng
Dosia
Resultat
v*
0,25
tt
+ ^ ^-jKontrolle
J ^ tt \
30“ C (Zim-
1 Std.
0,25
t 2 Min.
mertemp.)
3 „
t 90 Sek.
5 „
t 2 Std.
8
+ 3 Min.
10 „
0. B.
10 „
»)
0. B.
38“ C
1 Std.
'U
0,25
t 1 Min.
3 „
1)
»>
t 1 „
5 „
t 3 Std.
8 „
»»
tt
t 1.5 ,.
10 „
o. B.
10 „
It
0. B.
56“ C
30 Min.
‘A
0,26
t 2 Min.
2 Std.
0. B.
»»
3 „
0. B.
3 „
>1
tt
0. B.
4 „
»»
tt
0. B.
ft
4 ..
0,35
0. B.
100 “ c
10 Min.
■A
0,25
+ 1 Min.
10 „
t 1 „
30 „
t 2 Std.
)»
30 „
to „
ff
30 „
•f 1 Min.
}7
30 „
t 3 „
1 Std.
t 8 „
1,5 „
0. B.
1,5 „
It
o.B.
100“ c
1 Std.
‘A
0,25
t 3 Min.
1,5 „
t 5 Std.
2 ,.
»»
0. B. <
»»
2 „
0. B.
»»
2 „
fi
tt
0. B.
V. Haltbarkeit der Organextrakte.
Die Organextrakte sind bekanntlich, wie schon Kraus
und Volk festgestellt haben, nicht bestSodig; sie sollen sich
bald tagelang halten, bald aber sich nach kurzer Zeit ab-
schwILchen. Ich prflfte auch die Haltbarkeit des Giftes, welches
zum Teil im Eisschrank aufbewahrt und zum Teil mit Toluol
bei Zimmertemperatur (30° C) stehen geblieben war (siehe
Tabelle IV).
Google
Originaifrom
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Beitr%e zur KenntniB von Organextraktgiften usw.
TabeUe IV.
7
Zeit
Verdiinnung
Dosia
Resultat
Bofort
V 4
No. 1.
0,25
3 Min.
1 Tag
II
11
3 „
3 Tage
II
II
-
■3 .,
4 1 ,
II
• 8 Std.
5 11
11
II
■ 10 1 ,
1 ”
II
II
■ 14 .,
9 11
• 10 Min.
11 11
II
I*
■ 5 „
14 11
II
II
• 4 „
V ■’
03
• 15 1 ,
21 ,1
II
0,25
•i
1 - 1 ,1
Bofort
V 4
No. 2 .
035
3 Min. .
1 Tag
3 „
2 Tage
V
II
•
•2 „
3 f)
1
■ 3 Std.
4 11
II
II
■ 10 1 ,
e »
II
II
1
■2 „
6 1 ,
II
II
1
12 ,1
Bofort
'U
No. 3.
0,25
t 10 Min.
1 Tag
II
t 3 Std.
2 Tage
II
II
[■ 6 „
3
II
II
- 8 „
6 ,1
II
^ 12 1 .
7 11
II
II
t-9 „
Bofort
V 4
No. 4.
0,25
■
3 Min.
1 Tag
i -2 „
2 Tage
II
i-3 „
^ II
II
•3 „
13 „
II
•3 „
13 „
II
IT
schwer erkrankt, erholt
Bofort
V 4
No. 5.
0,25
t 1 std.
II
t 3 „
2 Tage
Bchweret, aber erholt
4 ,1
II
t 16 Std.
11 11
II.
II
t 3 Minuten (Faulnie)
No. 6.
Mit Toluol (ala Ueberechicht) bei Zimmertemperatur (30® C) aufbewabrt
Bofort
1 Tag
2 T^e
3 11
V 4
II
0,25
II
1
II
II
II
II
t 3 Min.
t 3 „
t 10 Std.
t 24 „
Aus den vorstehenden Tabellen ist ersichtlich, daB Lungen-
eitrakte ein paar Tage ihre Giftigkeit im anfSnglichen Grade
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
8
Teuneo Sakamoto,
Digitized by
beibehalten konnen und Toluol auch zur Erhaltung der
Giftigkeit recht viel beitragen kann. Mit der Zeit Widen
sich durch Umsetzung Niederschlage am Boden. Dabei wurde
nur der AbguB zur Injektion benutzt. Hierbei bemerkt
man deutlich, daB'die Abnahme der Giftigkeit im groBen und
ganzen mit der Niederschlagbildung Hand in Hand geht und
ihren Hohepunkt zwischen 5—10 Tagen erreicht. Endlich
tritt manchmal FSulnis ein und die Giftigkeit nimmt wieder
plStzlich zu; deshalb wurden zu den Versuchen altere Extrakte
nicht benutzt.
VI. Abnahme der Giftigkeit durch Adsorption.
Da die giftige Substanz der Organextrakte eine Art EiweiB-
kdrper ist, so ist es leicht begreiflich, dafi sie auch adsorbiert
wird und die Giftigkeit dementsprechend verloren geht.
Diesbezuglich wurden schon verschiedene Untersuchungen
von Cesa-Bianchi, Bold und Izar ausgefiihrt. Uhlen-
huth und HS.ndel, sowie Dold haben nachgewiesen, daB
die Organextraktgifte durch Filtration durch ein Porzellanfilter
ihrer Giftigkeit beraubt warden. Ebenso warden nach Dold
und Izar die Extrakte durch Behandlung mit Kaolin ganz
ungiftig.
Ich habe diese Tatsache nachgeprQft und kam zu den
folgenden Resultaten. Das Extrakt wurde mit halbem Gewicht
Kaolin (Merck) resp. Tierkohle (Merck) 20 Minuten lang
geschlittelt und danach abzentrifugiert.
Tabelle V.
Verdun nung Adsorbens ' Dosis ccm Resultat
I t 1 Min. I
t 3 „ ! Kontrolle
t 90 Sek. J
t 40 „
t 3 Min.
! t 2 „
t 12 Std.
t 5 Min.
t 12 Std.
etwas erkrankt
o. R.
0. B.
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
'/. 1 ccm
dgl.
»>
'L 1 ccm
dgl.
»»
No.
I
Kaolin 0,5 g
dgl.
11
Tierkohle 0,5 g
dgl.
19
durch BerkefeJd-
filter filtriert
dgl.
1 .
0,5
0,3
0,25
0,6
0,3
0,25
0,35
0,3
0,25
0,6
0,5
0,35
Google
Beitrage zur KenntniB von Organextraktgiften usw.
9
Verdiinnung
Adsorbens
Dosia ccm
Resultat
1
4o. 2.
‘/4
0,3
0,25
J Jg } Kontrolle
1 ■
durcb Berkefeld-
0,5
t 2 Std. ^
filter filtriert
i
” 1
dgl.
0,25
t 12 „
tt
0,25
t 15 „
1
'Jo. 3.
w
• 0,45
t 3 Min. 1
1 0,3
t 4 8td. [ Kontrolle
,
0,25
t 16 „ 1
durch Berkefeld-
0,65
1 0. B.
filter filtriert
1
it
i dgl.
0.5 !
0. B.
Izar hat den Beweis geliefert, daB die Entgiftung (durch Kaolin,
Talk, Tierkohle, Gehirn) nur bei Einhaltung gewisser Mengenverbaltnisae
zustande kommt und ein UeberechuB des einen oder anderen Beetandteiles
die Entgiftung beeintrachtigt.
Ich babe die Versucbe j^anz nacb den von Izar an-
gegebenen Mengenverbaltnissen angestellt.
Tabelle VI.
Verdunnung
Adsorbens
Zeit und Teraperatur
Dosis Resultat
V*
0,25 It 2 8td. 1 g
0,25 |t 4 Min. ^
W
))
•
74 1,0 ccm
Kaolin 0,1 g
30 Min. bei 37 “ C, zen-
trifugiert
0,25 t 3 Min.
dgl.
dgl.
dgl.
0,25 jbeinahe Tod, eben
erholt
dgl.
dgl.
d^.
0,25 1 dgl.
74 6,0 ccm
Kaolin 0,1 g
1 Std. im Eisschrank,
zentrifugiert
0,25 schwersterkrankt,
1 el)en erholt
dgl.
dgl.
dgl.
0,25 dgl.
74 2,0 ccm
Tierkohle 0,5 g
5 Min. bei Zimmertem-
peratur, zentrifugiert
0,25 t 3 Min.
dgl
74 107) cc™
dgl.
dgl.
0,25 t 2 .,
Tierkohle 5,0 g
10 Min. bei Zimmertem-
peratur, zentrifugiert
0,25 t 1 Mm-
dgl.
dgl.
dgl.
0.25 t 1 ytd.
dgl.
dgl.
dgl.
0,25 It 1 „
Es gebt aus den vorstebenden Tabellen klar bervor, dad
die Organextrakte durcb Adsorption zwar ibrer Giftigkeit
beraubt werden konnen, dafi aber von einer vollstandigen
Entgiftung nicbt die Rede sein kann. Aucb konnte icb nicbt
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
10
Tsuneo Sakamoto,
Digitized by
die zur vOlligen Entgiftung nOtigen bestiramten Mengen-
verhaitnisse, wie Izar angegeben, ermitteln.
Vn. EntgUtang der Orgonextrakte durch Blutsera.
TabeUe VII.
Extrakt
Verdunnung
.
Serum
Zeit u.Temperatur
Dofiis
ccm
No. 1.
0,25
0,25
eigenes Serum
1 Std. bei 37“ C
0,5
dgl.
dgl.
0,45
eigenes Serum 1 ccm
n
0,5
dgl.
If
0,45
>•
0,4
eigenes, aber bei 56“ C
„
0,5
inaktiviertes Serum
1 ccm
dgl.
dgl.
0,25
Besultat
'U
V4
7, 1 ccm
dgl.
dgl.
7 , 1 ccm
dgl.
7 , 1 ccm
dgl.
1 ccm
dgl.
No. 2.
7j eigenes Serum
dgl.
eigenes Serum 1 ccm
dgl.
eigenes, durch Wiir-
me inaktiviertes
Serum 1 ccm
1 dgl.
1 Std. bei 37® C
dgl.
N o. 3.
'It eigenes Serum
dgl.
eigenes Serum 1 ccm
1 dgl.
eigenes, durch War¬
ms inaktiviertes
Serum 1 ccm
dgl.
1 Std. bei 37“ C
t 30Min.\ Kon-
t 5 „ / trolle
I’j Kontrolle
etwas. erkraukt,
bald erholt
o. B.
o. B.
t 3 Min.
t 5 Min.
t 1 Min.t
0,45
0,35 It 1
0,5 jo. B.
0,3 lo. B.
0,45 jo. B.
0,4 lo. B.
0,35 lo. B.
Kon-
' trolle
0,5
0,25
t 1 Min.
t 2 Min.
0,25 |t
0,25 it
0,5
0,25
0,5
0,4
0,5
Min.)
I Kon-
I trolle
o. B.
o. B.
0 . B.
0 . B.
t 1 Min.
eigenes Serum 1 ccm
dgl.
eigenes, durch War-
me inaktiviertes
Serum 1 ccm
dgl.
No. 4.
1 Std. be‘i 37“ C
dgl.
0,25 it 1 Min.
! 0.25 !t 3Min.Kontrolle
0,5 o. B.
0,25 o. B.
0.25 jt 3 Min.
0,25
t 4 Min.
Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Beitrage zur Kenntnis 7on Organextraktgiften ubw.
11
£ztrakt
Verdun nnng
Serum
Zeit u. Temperatur
Doeis
cem
Besultat
V4 Hund-
lungen-E.
dgl.
'/, 1 ccm
dgl.
N o. 5.
*/* eigenes Serum
dgl.
eigenes Serum 1 ccm
dgl.
eigenes, durch War-
me inaktiviertes
Serum 1 ccm
dgl.
1 Std. bei 37® C
dgl.
V.
No. 6.
V, eigenes Serum
■ { dgl. I
1 ccm eigenes Serum 1 ccm! 1 Std. bei 37® C
dgl. dgl. I dgl.
„ eigenes, durch War- „
' me inaktiviertes
Serum 1 ccm
dgl. I „
No. 7.
'U
V, 1 ccm
dgl.
/, eigenes Serum
eigenes Serum 1 ccm
dgl.
eigenes, durch War-'
me inaktiviertes;
Serum 1 ccm
dgl. I
1 Std. bei 37® C
dgl.
»»
0,3
0,25
0,5
0.25
0,5
0,25
0,5
0,25 t 2 Std.
Kon-
trolle
0,5
0,3
0,25
0,5
0,25
0,5
0,25
0,5
t 1 Min.»
ti " i*''’"•
o. B. )
■f 2 Min.
t 4 „
t2 „
0,25 It 2 Min.
0,25
0,5
0,5
0,25
0,3
t 3 Min.l Kon-
o. B. ) trolle
t 4 Min.
t 5 „
t 2 „
0,25 It 5 Min.
Wie Dold, Izar, Loeb, Ichikawa, Yoshimura
und Obata schon angegeben haben, verliert das Lungen-
extrakt in raanchen Fallen, wenn es rait eigenem Blutserum
zu gleichen Teilen gemischt wird, vollstandig seine Giftigkeit.
Aber wenn das Serum 30 Minuten lang bei 56 ° C inaktiviert
wird, verliert es sofort seine entgiftende Fahigkeit. Diese
Tatsache steht mit den Resultaten frflherer Forscher wie
Dold etc., in vollera Einklang. Mitunter, aber selten, kaun
das Extrakt dnrch eigenes Serum nicht vollig neutralisiert
werden. Mit andern Worten ist, wie schon Izar angegeben
hat, die Entgiftung durch Sera etwas unbestandig. Nebenbei
bemerkt, haben nach Korschun und Morgenroth, Sav-
tschenko und Berdonikoff, D5meny, Donath und
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
12
Tsiineo Hakamoto,
Digitized by
Landsteiner, sowie Liidke normale Seren eine stark
heramende Wirkung auf die HSmolyse durch Organextrakte,
die aber beim Erhitzen auf 100° C erhalten bleibt. Darum
schlossen sie, daB es sich hier nicht um normale AntikSrper
handelt. Aber in nieinem Falle war die entgiftende Wirkung
ganz thermolabil, welche Tatsache eher Mr ihre Antikorper-
natur spricht.
VIII. Mengenverhaltnisse der Organextrakte und Blntsera bei
der Entgiftung.
Meine weitereu Untersuchungen beschaftigen sich mit der
Frage, welche Serumraenge nStig ist, um das Lungenextrakt
zu entgiften. Natiirlich wurde das Extrakt-Serumgemisch
immer durch Ringersche Losung auf das gleiche Volumen
gebracht.
Tabelle VIII.
Extrakt
Verdiinnung
Serum
ccm
Zcit u. Temperatur
Dosia
ccm
'U
No. 1.
0,35
1)
,
,
1 0,25
V, 1 ccm
0,4
1 Std. bei 37 “ C
0,25
dgl.
0,4
dgl.
l«
0,25
>>
0,6
0,25
0,6
yy
0,25
0,8
tt
0,25
0,8
yy
0,25
1,0
yy
0,4
»»
1,0
yy
0,25
1/
'4 1
No. 2.
1 0,25
0,25
7, 1 ccm
0,3
1 std. bei 37“ C
1 0,5
dgl.
0,3
dgl.
: 0,25
yy
; 0,5
yy
0,5
yy 1
0,5
yy
0,3
1,0
yy
0,6
yy 1
1,0
yy
0,8
'U
N 0. 3.
•
0,3
,
0,25
'L 1 ccrn
0,2
1 Std. bei 37“ C
0,35
dgl.
0,2
dgl.
0,25
yy
0,3
yy
0,4
yy
0,3
yy
0,25
yy
0,4
yy
0.5
Resultat
jt 1 Min.
t 2 Std. ^
f 10 Min.
t 2 Std.
t 15 Min.
t 10 „
t 2 Std.
;o. B.
|o. B.
[beinahe Tod, all-|
I miililich erholt
:t 20 Std. 1
t 3 Std.
t 12 „
t 3 „
t 24 „
o. B.
lo. B.
jt 2 Min.j KontroUe
It 2 Std. ’
:t 1 ,,
t 1 Min.
;t 3 „
schwereterkrankt, erholt
Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAI6N
Beitr^e zur Kenntnis von Organextraktgiften usw.
13
Extrakt
Verdunnung
Serum
ccm
Zeit u. Temperatur
Dosis
ccm
Resultat
", 1 ccm
0,4
1 Std. bei 37® C
0,25
schwer erkrankt, erholt
dgl.
0.5
dgl.
0,4
dgl.
0,5
0,25
0,7
0,5
0. B.
0,7
0,45
0. B.
0,8
0,5
0. B.
0,8
0,45
0. B.
1,0
0,5
0. B.
t)
1,0
N 0. 4.
0,4
0. B.
V4
0,25
t 30 Min. KontroUe
V, 1 ccm
1,0
1 Std. bei 37 ® C
0,5
0. B.
dgl.
1,0
dgl.
0,25
0. B.
Jt
0,5
tt
0,5
0. B.
V*
1 com
dgl.
V, •
It
V, 1 ccm
dgL
Qrnnd-E 0^
ccm
dgl.
*/«
*/, 1 ccm
dgl.
0,3
0,3
0,5
0,5
1,0
1,0
1.0
1,0
1,5
1,5
1,0
1,5
1,5
No. 5.
1 Std. bei 37® C
No. 6.
1 Std. bei 37 ® C
dgl.
No. 7.
1 Std. bd 37® C
dgl.
0,4
0,25
0,5
0,25
0,65
0,25
0,7
0,5
0,25
0,25
0.5
0,25
0,5
t 1 Min.l
t 3 Std. I
t 2 Min.
t 4 „
et w.erkran kt, bald erholt
0 . B.
0 . B.
0 . B.
KontroUe
M
t 4 Min.
t 3
t 1
t 4 „
t 1 Std.
0,25 It 2 Std.
KontroUe
0,25
0.25
0,25
0,25
t 5 Min. KontroUe
t 24 Std.
!o. B.
0 . B.
Aus vorstehenden Tabellen ist es klar, daB die entgiftende
Fahigkeit des Serums auch fiir das eigene Lungenextrakt
individuell recht viel variiert, in den meisten Fallen zu gleichen
Teilen gemischt, aber mitunter im Mengenverhaitnisse von
1:1,5 zugesetzt, zutage tritt, was schon von D o 1 d teilweise
nachgewiesen worden ist
IZ. Zeitlioher Verlanf der Entgiftung.
Auch braucht es, wie von Bold bemerkt, zur Entgiftung
des Lungenextraktes eine gewisse Zeit, weil, wie die folgende
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
14
Tsuneo Sakamoto,
Digitized by
Tabelle zeigt, das Extrakt-Serumgeraisch sofort nach der
Mischung noch recht giftig ist. Nach meinen Untersuchungen
wird das Extrakt durch das Serum nach einer Stunde bei
37° C vollst&ndig entgiftet, wenn das Serum tatsichlich die
Fahigkeit besitzt.
Tabelle IX.
Extrakt
Verdiinnung
j
Serum
1
Zeit und
Temperatur
Dosis
t
Besultat
V 4
No. 1.
0,3
t 2 Min. Kontrolle
1 ccm
1,0 ccm
gleich nach der
0,3
t2 „
dgl.
dgl.
Mischung
1 Std. bei 37 “ C
0,5
0 . B.
V 4
No. 2.
0,35
t 6 Min. Kontrolle
*, 1 ccm
1,0 ccm
Bofort nach der
0,35
t 5 „
dgl.
dgl.
Mischung
1 Std. bei 37“ C ,
0,5
0 . B.
*/4
No. 3.
0.25
t 1 Min. Kontrolle
V, 1 ccm
1,0 ccm
gleich nach der
0,25
t 4 „
dgl.
dgl.
Mischung
1 Std. bei 37 “ C
0,5
1 0 . B.
X. EinfloQ der Temperstur auf die Entgiftoug des Extraktes.
Tabelle X.
Extrakt
Verdiinnung
Serum
Zeit und
Temperatur
Dosis
Rest
No. 1.
0,55
t 2 Std. •
0,5
t 4 „ j
1 Std. bei 37“ C
0,55
0 . B.
dgl.
0,5
0 . B.
1 Std. bei 0“ C
0.55
t 2 Std.
dgl.
0,5
•M „
No. 2.
0,25
t 3 Min.
0,25
t 2 „
1 Std. bei 37“ C
0,5
0 . B.
dgl.
0,25
0 . B.
1 Std. bei 0“ C
0,5
t 1 Min.
dgl.
0,25
t 30 „
V.
Ji
1 cem
dgl.
v*
»>
'/« 1 com
1 com
dgl.
dgl.
Kontrolle
1 ccm
dgl.
Kontrolle
Aus diesen Versuchen iSllt sich folgendes mit Bestimmt-
heit behaupten: Wie Wilde bereits bei dem Verschwinden des
Komplementes durch Milzbrand-, Cholerabakterien, rote Blut-
OrigiMi from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
BeitrSge zur Kenntnis von Organextraktgiften usw.
15
kOrperchen, Organzellen etc. entdeckt hat, beruht die Ent-
giftuDg des Organextraktes diirch Sera nicht nur auf phjsi-
kalischer Adsorption, sondern auch auf biologischem oder
chemischem Prozefi. Sie hEngt somit nicht allein von der
Menge der Adsorbentien und der Kontaktzeit ab, sondern
auch von der Teraperatur, bei welcher man die Mischungen
stehen Itillt, so dail bei sorgfiltiger Einhaltung einer Temperatur
von 0 ® C keine oder nur ganz unzureichende Adsorption ein-
tritt, wahrend sie bei Bruttemperatur (bei 37® C) eine voll-
standige ist.
XI. Vergleioh der entgiftenden Fahigkeit der elgenen und
anderen Sera gegen Lungenextrakte.
Weiter nahm ich die Untersuchung vor, wie sich eigene
und andere Sera in ihrer entgiftenden Wirkung gegenOber
wasserigen Organextrakten verhalten.
Tabelle XI.
Extrakt
Verdiinnung
Serum
bei 37“ C
Dosis
ccm
Resultat
No. 1.
'U
•
•
0,3
0,25
t 3
V, 1 com
eigenee 1 ccm
1 Std.
0,5
0 . B. ”
dgl.
dgl.
99
0,25
0 . B.
91
eigenes 0,5 ccm
99
0,35
t 30 Min.
99
dgl.
99
0.25
t 5 Std.
99
anderes (a) 1 ccm
}}
0,3
t 5 Min.
99
dgl.
0,25
t 1 Std.
99
anderes (b) 1 ccm
0,35
t 3 I.
99
dgl.
0,25
t 6 „
No. 2.
V*
0,3
t 2 Min. KontroUe
*/, 1 com
eigenes 1 ccm
1 Std.
0,5
t 1 Std.
dgL
dgl.
0,25
t 3 »
99
99
97
0,15
0 . B.
99
anderes (a) 1 ccm
79
0,3
t 3 Min.
99
dgl.
99
0.25
t 1 ,,
}1
anderes (b) 1 ccm
03
t 2 „
dgl.
0,25
t2 .,
No. 3.
v*
.
0,25
3 Std. Kontrolle
V, 1 com
eigenes 1 ccm
1 Std.
0.5
t 5 „
dgL
dgl.
9t
0,25
t 24 „
*9
anderes 1 ccm
99
0,5
t 1
99
dgl.
99
0,25
t 5 ..
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
16
Tsuneo Sakamoto,
Digitized by
Extrakt
Verdunnung
Serum
bei37“cj
Dosis
ccm
Resultat
7*
>
io. 4.
I
0,25 1
t 1 Std. Kontrolle
'/, 1 ccm
eigenes 1 ccm
1 Std.
0,5 !
0 . B.
dgl. 1
anderes (a) 1 ccm
0,5
0 . B.
» (b) 1 ,1
a
1 0,5
0 . B.
11 (®) 1 »
0,5
0 . B.
,, (d)l „
ff 1
1 0,5
0 . B.
V 4
>
i 0 . 5 .
0,25
t 12 Std. Kontrolle
*/, 1 ccm
eigenes 1 ccm
1 Std.
0,25
t 12 „
dgl.
anderes 1 „
0,25
t 14 „
Die obigen Tabellen haben mir tats^chlich den Beweis
geliefert, daB das Kaninchenlungenextrakt unter den Kanincheu-
seren durch eigenes am besten entgiftet wird. Aber selten
gibt es auch seiche Falle, in denen eigenes und frerades Serum
gleich wirksam sind oder auch beide Sera unwirksam.
XTT. Vergleich der entgiftenden Fahigkeit diiroh arteigene
(homologe) und artfremde (heterologe) Sera gegen Lnngen-
extrakte.
Tabelle XII.
Extrakt
Verdunnung
Serum
bei I Dosis
37“ C I ccm
Res ul tat
V 4 Kan.-L.-E.
dgl.
Kan.-L.
dgl
-E. 1 ccm
No. 1.
'/,*) Hund
V, Meerschw.
V, Ziege
Vj Hammel
V, Rind
7, Schwein
eigenes 1 ccm
dgl.
Hand 1 ccm
dgl.
Meerschw. 1 ccm
dgl.
Ziege 1 ccm
dgl.
Hammel 1 ccm
dgl.
Rind 1 ccm
dgl.
Schwein 1 ccm
dgl.
1 Std.
0,35
0,25
0,5
0,5
0,5
0,5
0,5
0,5
0,5
0,25
0,3
0,2
0,3
0,2
0,3
0,2
0,3
0,2
0,3
0,25
0,3
0,2
t 2 Min.
t5 „
0 . B.
0 . B.
o. B.
0 . B.
o. B.
o. B.
t 1 Std.
5 „
■ 2 Min.
5 „
t3 „
15 „
t2 „
t 1 Std.
3 Min.
•• 1 Std.
5 Min.
2 Std.
t 4
t 6
Min.
Kon-
trolle
1) Doppelt verdiinnt.
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Beitrage zur Kenntnis von Organextraktgiften usw.
17
Extrakt
Verdunnong
Serum
bei
37“C
Dosis
ccm
Result)
No. 2.
0,3
t 1 Min.k
.
0,25
t3 „
V, Hund
0,5
0 . B.
Meerschw.
.
0,5
0
. B.
V, Ziege
0,5
0 . B. /
Hammel
,
0,5
0
. B.
V, Rind
0,5
0 . B.
7, Schwein
•
0,5
0 . B. J
eigenes 1 ccm
1 Std.
0,5
t 2 Std.
dgl.
Ji
0,25
o. B.
Hund 1 ccm •
jf
0,3
■
1 Min.
dgl.
ff
0,3
•
-3 „
MecTBcnw. 1 ccm
ff
0,4
■
2 Std.
dgl.
11
0,3
-
• 30 Min.
Ziege 1 ccm
11
0,3
•
[• 2 Std.
dgl.
1}
0,3
•
1-2 .,
f 3 Min.
Hammel 1 ccm
11
0,3
•
dgl.
If
0,3
•
1-2 „
Bind 1 ccm
11
0,3
•1
1-4 „
dgl.
11
0,3
1-5 „
Schwem 1 ccm
11
0,3
i-3 „
'L EaD.-L.-E.
dgL
V, Kan.-L.-E. 1 ccm
dgl.
Kon-
trolle
Aus den Tabellen geht, wie Dold und Loeb schon be-
merkt haben, die Tatsache klar hervor, daB die entgiftende
Kraft der artfremden Blutsera weit hinter der des arteigenen
Serums steht. Nur BuBerst selten scheint die vollstBndige
Entgiftung durch artfremdes Serum bewirkt werden zu konnen.
Diese Tatsache hat ebenfalls in anderen Versuchen Analogie,
da wir wissen, daB eine spezifische Adaptation der Gewebs-
koagnline an das arteigene (resp. klasseneigene) Blut besteht.
Beim Vergleich mit Tabelle V ersieht man, daB, wenn flber-
hanpt Abschwachung durch artfremde Sera vorkommt, sie
doch von so leichtem Grade ist, daB man sie wohl ruhig der
Adsorption durch EiweiBkbrper zuschreiben kann. Andererseits
haben Landsteiner und Stankovic schon SerumeiweiB
als entweder schwach oder gar nicht adsorbierend gefunden.
Daher halte ich es fflr gewagt, die Entgiftung des Organ-
extraktes durch homologes Blutserum nur auf die Adsorption,
wie manche bisherigen Autoren (Dold, E. Ichikawa) es
getan haben, zurhckzufhhren.
Z«tt«chr. f. ImmaniUtifonchoDg. nrl(. Bd. 33- 2
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
18
Tsuneo Sakamoto,
Digitized by
XUI. Adsorption dnroh Eiweifi als entgiftende Funktion.
Um zu sehen, bis zu welchera Grade die Adsorption durch
EiweiBkdrper bei der Entgiftung des Extraktes beteiligt ist,
babe ich folgende Untersuchung ausgefUhrt. Anstatt des Blut-
seruras babe icb EiereiweiBlosung als Adsorbens fflr die Organ-
extrakte benutzL Das EiereiweiB wurde zuerst durcb Gaze
koliert und dann wurden rnit Ringerscber Losung verscbie-
dene Verdiinnungen bergestellt.
TabeUe XUI.
Extrakt
Verdiionung
Eierei weifilosiui g
bei
37 » C
Dosis
ccm
Eesultat
'L Kanincheii-L.-£.
No. 1.
0,5
f 2 Min.
dgl.
0,3
t 5 „
Vs Verdunnung
0,3
t 1 „
74
0,25
0,5
t 10 „
0 . B.
trolle
»> *»
0,5
0 . B.
0,3
0 . B.
V, 1 ccm
V. 1 ccm
1 Std.
0,3
t 3 Min.
dgl.
dgl.
0,3
t 1 „
7 >
0,1
t 1 „
Da K. Icbikawa die EiereiweiBldsung als Adsorbens
ganz wirksam gefunden bat, so prdfte icb die adsorbierende
Funktion derselben ganz nacb der von ibm angegebenen
Methode. Die EiereiweiBlQsung wurde so bergestellt, daB
5 ccm des kolierten EiereiweiBes mit 25 ccm Ringerscber
Ldsung gemischt und gut geriibrt wurden.
Tabelle XIV.
Extrakt
/^erdunnung
Eiereiweifildsung
bei 37 0 C
Doeis
ccm
Resultat
Ean.-L.-E.
No. 2.
1 1 Std.
0,3
t 1 Min.
dgl.
0,25
t 1 „
. Kon-
V.n VerdiinnunK
0,5
0 . B.
trolle
dgl.
0,3
0 . B.
'/. 1 ccm
V,o 1 ccm
0.25
t 1 Min.
dgl.
dgl.
0,25
t 1 „
>>
0,1
t 1
Wie leicbt ersicbtlicb ist, konnte icb entgegen den An-
gaben von Icbikawa fast keine adsorbierende Wirkung der
EiereiweiBlosung fiir die Organextraktgifte wabrnebmen.
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Beitrage zur Eenntnis von Organextraktgiften usw.
19
Nach obigen Resultaten glaube ich vielmehr mit Dold,
Loeb und Izar, dafi im Blutserum irgend etwas Wirksames
zur Entgiftung der Organextrakte vorhanden sein muB, wenn
man solch groBe Inkongruenz zwischen der Entgiftung durch
Adsorption und der durch das eigene Blutserum feststellt.
XIV. Verhalten des hamolytisohen Eomplements bei der
Entgiftang.
In bezug auf die wirksame Subtanz des Blutserums behauptet Dold,
dafi es sich hierbei nicht um Komplement, sondern vielleicht urn eine un-
bekannte Fermentwirkung handelt. Er erbrachte den Nachweis, indem er
die Komplementmenge der den Organextrakten zugesetzten Sera vor und
nach der Entgiftung bestiinmte. Dabei bemerkte er, dafi man keine merk-
liche Abnahme des Eomplements nach der Entgiftung, sondern eher Zu-
nahme desselben wahrnehmen konne. Andererseits konnten jedoch
V. Dungern, Wilde, Eorschun und Morgenroth, sowie Hoke
feststellen, dafi die Edrperzellen der verschiedensten Organe, wie Leber,
Milz, Niere, Hoden, Lungen und Hehim imstande sind, das Eomplement
aus Eaninchenserum durch Adsorption zu entfernen. Doid hat auch
den Beweis geliefert, daQ die Abnahme der entgiftenden Fahigkeit des
Serums durch Filtration bei weitem bedeutender ist als die der Eomple-
mentmenge (hamolytisches Eomplement).
^enn man aber bedenkt, daB der Gehalt des Serums an
entgiftender Substanz bedeutend geringer ist als der an hBmo-
lytischem Komplement, so ist ein vollstandiger Verlust der
entgiftenden Fahigkeit durch Filtration leicht zu verstehen.
Jedenfalls ist es in bezug auf das Wesen der entgiftenden
Substanz vor allem wichtig, zu bestimmen, ob das Komplement
sich bei der Entgiftung der Organextrakte beteiligt. Zuerst
habe ich, wie folgende Tabelle zeigt, Organextrakt, Serum und
Extrakt-Serumgemisch hergestellt und entgiftende Fahigkeit
des Serums nachgewiesen.
Tabelle XV.
Extrakt
Verdiinnung
Serum
bei 37“C
Dosis
ccm
Kesultat
, V,
V, 1 ccm
dgl.
No. 1.
eigenes 1 ccm
dgl.
1 Std.
V, Extrakt.a
V, Serum.b
", Extrakt + '/» Serum aa c
0,25
0,65
0,5
t 1 Std. (Eontr.)
o. B.
0 . B.
2 *
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
20
Tsuneo Sakamoto
Digitized by
Hierauf wurde von a, b und c der Kompleraentgehalt an
einem h^molytischen System gepriift, indem fallende Menge
von a, b und c mit gleichbleibenden Mengen Antigen (Hammel-
blntkSrperchenaufschwemmung) und hamolytischem Ambo-
zeptor (hamolytischem Antiserum) zusammengebracht wurden.
Mischung a
(in 1 ccm)
Hamolytisches Anti¬
serum (in 0,5 ccm)
5-proz. Hammelblut-
1 korperchen-Aufschw.
H&molyse
0^
0,0005
0,5
0,4
-
0,3
f)
-
0,2
1,
-
0,1
-
0,05
-
0,5
-
0,1
•
-
Mischung b
(in 1 ccm)
0,5
0,0005
0,5
komplett
0,4
V
f.
it
0,3
»
it
it
0,25
it
ft
0,2
it
1
fast komplett
0,15
It
ti
Spuren
0,1
0,075
-
•
0,05
-
0,5
.
0,1
.
it
-
Mischung c
(in 1 ccm)
1
0,6
0,0005
0,5
.
0,4
ft
-
0,3
ft
-
0.25
-
0,2
it
-
0,15
ti
it
-
0,1
-
0,075
•
0,05
-
0,5
.
0,1
•
ti
Extrakt
Verdiinnung
Serum
1
bei37o C
1
Dosis
ccm
Kesultat
%
No. 2.
0,25
schwerst, aber er-
V, 1 ccm
eigeneaSer.lccm
1 Std.
0,6
holt (Eontrolle)
0 . B.
V, 1 ccm ;
dgl.
ti
0,8
0 . B.
Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Beitrage zur Kenntnis von Organextraktgiften ubw.
21
^/, Extrakt.a
V, Serum . •.b
^/, Extrakt.a
V, Serum . •.b
7, Extrakt + Vi Serum aa . . c
Mischung a
(in 1 ccm)
HamolytischesAnti- 5-proz. Hammelblut-
serum (in 0,5 ccm) kdrperchen-Aufschw.
Hamolyse
0,5
0,0005
0,5
0,4
-
0,3
-
0,2
n
-
0,1
>1
-
0,05
»>
-
0,5
,
-
0,1
.
If
-
Mischung b
(in 1 ccm)
komplett
0,5
0,0005
0,5
0,4
0,3
11
0,25
11
11
0,2
0,15
fast komplett
0,1
Spuren
0,075
-
0,05
-
0,5
0,1
.
11
-
Mischung c
(in 1 ccm)
0,5
0,0005
0,5
-
0,4
-
0,3
-
0,25
-
0,2
-
0,15
0,1
.
0,075
0.05
0,5
.
-
0,1
.
11
-
Aus diesen Resultaten lEfit sich feststellen, dafi das Extrakt
keine Spur von hamolytischem Komplement enthSlt und, wie
V. Dungern, Bail, Wilde etc. bei Organzellen Hchtig ge-
funden haben, daB Extrakt auch hSmolytische Komplemente
aufnehmen kann. Diese Tatsache spricht eher dafiir, daB das
Komplement bei der Entgiftung eine Rolle spielt.
XV. Bxtrahierbarkeit der entgiftenden Sabstanz.
In der Annahme, daB die entgiftende Substanz des Serums
zum extrahierbaren Stoffe im Serum irgendeine Beziehung
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
22
Tsuiieo Sakamoto,
Digitized by
haben kbnne, fflhrte ich folgende Versuche aus. Nachdem, wie
folgt, die entgiftende Fahigkeit des Serums konstatiert worden
war, wurde es rait Aceton, Alkohol und Aether geschiittelt.
Extrakt
Serum
Dosis
Resultat
V4
0,5
1 t 30 Sek.
,
0,25
t 1 Min.
'■L 1 ccm
1 ccm
0,5
0 . B.
dgl. 1
1 1 1
0,25 1
0 . B.
a) Mit Aceton.
Das Serum wurde mit Aceton im Men gen verbal tn is 1:5 gemischt
und je eine (1) und 2 Stunden (2) geschiittelt; der bei 37“ C erhaltene
Acetonriickstand wurde in der urspriinglichen Menge (1 ccm) Ringer-
scher Losung geldst, mit Organextrakt gemengt, eine Stunde lang im Brut-
ofen digeriert und dann den Mausen injiziert.
Extrakt
Aceton rii ckstan d
Dosis ^
Resultat
*/, 1 ccm
1 ccm (2 Std. lang geschiittelt)
0,4
t 1 Min.
dgl.
; dgl.
0,3
t 1 „
1 ccm (1 Std. lang geschiittelt)
0.5
t 1
dgl.
b) Mit 98-proz. Alkohol.
0,25
t 2 Std.
Serum mit Alkohol im Verhaltnis von 1:10 und 1:20 gemengt und
bei Zimmertemperatur 2 Stunden lang geschiittelt. Sonst ganz gleich
wie oben.
Extrakt |
Alkoholriickstand
Dosis
Resultat
1 ccm
1 ccm (1:10)
• 0.5
t 30 Min.
■dgl. 1
dgl.
0,25
t 1 Std.
1 ccm 11 :20)
0,5
t 40 Min.
» 1
dgl.
0,25
t 1,5 Std.
c) Mit Aether.
Serum rait Aether im Verhaltnis 1:5 gemischt, in 2 Portionen ge-
teilt und die eine 2 und die andere 1 Stunde lang geschiittelt. Sonst ganz
gleich wie oben.
Extrakt
Aetherriickstand
Dosis
Resultat
'L 1 ccm
1 ccm (2 Std. lang geschiittelt)
0,5
t 1 Min.
dgl.
dgl.
0,25
t 1 Std.
1 ccm (1 Std. lang geschiittelt) !
0,5
•f 3 Min.
W
dgl. !
0,25
t 30 „
Aus obigen Resultaten kann man schlieBen, daB die ent¬
giftende Substanz mit extrahierbarem Stoflfe (z. B. Lipoid) in
keinem Zusammenhange steht.
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Beitrage zur Kenntnis von Organextrsiktgiften usw.
23
XVL Dialysierbarkeit der entgiftenden Substanz.
Eiweifi diffundiert als Kolloid nicht durch tierische Mem-
bran, dagegen sind schon die n^Lchsten Abbaustufen, die
Peptone, dialysabel. Ich babe untersucht, ob die entgiftende
Substanz des Serums zu dialysablem Stoffe irgendeine Be-
ziehung haben kann.
Als Dialysierschlauche babe ich diejenigen von Schleicher und
Schiill No. 579 A, welche eigentlich fiir den Nachweia von Abderhalden-
schen Abwehrfermenten hergeatellt waren, benutzt. Ich gab in 3 Dialyaier-
hulsen je 3 ccm des im Kontrollversuche sicher entgiftungsfahigen Serums
und setzte sie nun in mit 10 ccm destilliertem Wasser beschickte Wiege-
glaschen. Nun goB ich eine groQe Menge Toluol in die Hiilse und auf
die Aufienfliissigkeit Nachdem die Wiegegl^hen dicht geschlosscn waren,
kamen sie in den Eisschrank, der 5° C nie uberschritt Nach 1, 2 und
3 Tagen wurde die Aufienfliissigkeit je eines der 3 Wiegeglaschen mittels
einer Pipette entnommen, im Faust-Heimschen Apparat bis zum an-
fanglichen Volumen der Innenfliissigkeit (3 ccm) bei niedriger Temperatur
eingeengt und wie gewohnlich zur Priifung der entgiftenden F&higkeit
benutzt
Tabelle XVI.
Extrakt
Serum
Dosis
Resultat
nativ
Dialysat
V* 1
•
1
0,25
0,25
t 1 Min. j KontroUe
V, 1 ccm
1 ccm
0,5
t 10 Std.
dgl.
tt
0,25
etwas erkrankt, erholt
tf
1 ccm
0,5
t 30 Sek.
»>
(1 Tag dialys.)
dgl.
0,25
t 50 .,
t 1 Min.
f9
1 ccm
0,5
(2 Tage dialys.)
if
•
dgl.
0,25
t 1
jf
,
1 ccm
0,5
t 30 Sek.
(3 Tage dialys.)
t 2 Min.
-
dgl.
0,25
Hieraus kann man mit Sicherheit schliefien, dafi die ent¬
giftende FSbigkeit des Serums keinen Zusammenhang mit dem
dialysierbaren Stoffe desselben hat.
XVu. Eohlehydrate als entgiftende Substanz gegen
Organ extrakte.
Da ich, wie Goto, eine entgiftende Wirkung des Adre¬
nalins fflr Organextrakte feststellen konnte (folgende Versuche),
dachte ich, daS die dabei auftretende Hyperglykaraie zu der
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
24
Tbudco Sakamoto,
Digitized by
Entgiftang in irgendeiner Beziehung stehen kSonte, abgesehen
von der von manchen Autoren vertretenen vasokonstrikto-
rischen Wirkung.
TabeUe XVII.
Extrakt
Adrenalin
Dosis
ccm
Reeultat
V 4
0,3
t 5 Min.
0.25
t8 „
^/lOOOO 0
0,1
t 3 »
Kontrolle
•
/too 000
0,25
0 . B.
V
0,1
0 . B.
'1. 1 ccm
V ,00000 0,2 ccm
0,6
schwerst, aber erholt
dgl.
dgl.
0,5
t 15 Std.
it
0,3
schwerst, aber erholt
In den folgenden Versuchen wurde die Extraktinjektion
jedesmal erst 3 Minuten nach der Adrenalininjektion, nachdem
die Tiere die Adrenalininjektion anstandslos vertragen batten,
vorgenommen.
Xo.
Adrenalin
Elxtrakt
Dosis
ccm
Resultat
Bemerkung
1
VlOOOOO
.
0,1
0 . B.
V4
0,45
t 2 Std.
nach 3 Min.
2
0,25
0 . B.
V4
0,4
t 20 Min.
nach 3 Min.
Tabelle XVIII.
Extrakt
GO Proz.)
Trauben¬
zucker
bei
37 “C
Dosis
c 6 m
Tier
Resultat
Be¬
mer¬
kung
V 4
0,3
Mans
t 3 Std.
1 Kon-
•
.
0,25
t 2 ,,
J troUe
V, 1 ccm
1 ccm
1 Std.
0.5
t 5 „
if
0,3
11
t 2 „
Grundextr.
.
3,0
pro kg 1,2)
Kanin.
t sofort
Lkoii-
>1
0,7
„ „ 0,5)
t 1 Min.
0
0,6
„ 0,5)
t sofort
G.-E. i ccm
2 ccm
1 Std.
3,0
„ >, 0,7)
t 1 Min.
dgl.
>»
3,0
„ 0,5)
f1
t3 „
»7
If
ff
5,4
„ 1.0)
if
+ 1 „
Es ist sorait ganz klar, daB der Traubenzucker keinen
Zusammenhang mit der entgiftenden Funktion des Blutserums
fflr Organextrakte hat. Auch babe ich die gelegentlich im
1) lO-fache Verdiinnung der k&uflichen AdrenalinlSsung (7,ooo)-
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Beitrage zur Kenutnis von Organextraktgiften usw.
25
Blnte auftretendeD Kohlehydrate auf ihre eventuelle organ
extraktentgiftende F&higkeit untersucht.
TabeUe XIX.
Extrakt
Kohlehydrat
bei
37® C
Dosis 1
ccm
Resultat
V 4
0,3
Mans
t 3 Std.
v!
0.25
”
2-proz. Maltose-Lsg.
(in Kinger-Leg.)
0,5
0. B.
.
dgl.
0,5
0 . B.
•
2*proz. Laktose-Lsg.
(in Ringer-Leg.)
0,5
t}
0 . B.
Kon-
dgl.
0,5
0 . B.
troUe
•
2-proz. Saccharosc-Lsg.
(in Ringer-Lsg.)
0,5
0 . B.
•
dgl.
0,5
91
0 . B.
2-proz. Starke-Lsg.
(in Ringer-Lsg.)
0,5
11
0. B.
•
dgl.
0,5
0 . B.
Vi 1 ccm
2-proz. Maltose-Leg. 1 ccm
1 Std.
0,5
t 3 Std.
dgl.
dgl.
dgl.
0,3
t1
t2 „
2-proz. Laktose-Lsg. 1 ccm
0,5
11
t3,5 „
dgl.
0,3
19
t2 „
*>
2-proz. Saccharose-Lsg.
1 ccm
n
0,5
+ 2 „
dgl.
0,3
*»
tL5 ,.
2-proz. Starke-Lsg. 1 ccm
0,5
13 „
dgl.
0,3
t 2,5 „
Hieraus kann man schlieBen, daB die oben genannten
Kohlehydrate mit der entgiftenden FBhigkeit des Serums nichts
zu tun haben.
XVm. Leokooyten als entgiftende Substanz gegen Organ-
extrakte.
Ee ist eine schon fruher von Metschnikoff, StenstrSm,
Gruber und Futaki, Bail und Petterson, Massone etc. ver-
tretene und nachgewiesene Tateache, dafi Leukocyten nicht nur auf Bak-
terien, sondern auch auf ihre Toxine vernichtend einwirken. Ihre ent¬
giftende Funktion fiir Organgifte hat Yoshimura (fur schwangeren
Uterus) untersucht und auch in diesem Falle analoge Wirkung der Leuko¬
cyten gefunden. Aber Obata (bei Placenta) und K. Ichikawa (Milch-
druse und schwangerer Uterus) kamen zu negativen Kesultaten.
Daher habe ich mit Lungenextrakt Shnliche Versuche an-
gestellt.
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
26
Tsuneo Sakamoto.
Gewinnung der Leukocyten.
Einem Kaninchen wurden 50 ccm Bouillon intraperitoneal injiziert.
Am nachaten Tage (ca. 20 Stunden danach) wurde die Baucbhohle gedffnet
und mit 100 ccm 1-proz. Na-Citrat-haltiger physiologiacher Kochaalzldaung
grundlich auegeapult. Die Fliisaigkeit wurde abzentrifugiert und mit
0,85-proz. NaCl-Losung 3mal gewascben. Die Aufscbwemmung der Leuko¬
cyten stellte icb ber, indem icb die Leukocyten so suspendierte, dafi meine
Aufecbwemmung in der Dicbte einer Kaolinaufscbwemmung von 1 : 1000
entepracb (Kocbsalzextrakt I). Aucb babe icb die 5-facb konzentrierte
Leukocytenaufscbwemmung auf ibre entgiftende Kraft untcrsucbt (Kocb-
ealzeztrakt II).
Der eigentliche Versuch wurde in der Weise angestellt,
dafi die Leukocytenaufscbwemmung, mit dem Organextrakte
gemischt, 1 Stunde bei 37° C gehalten und dann wieder ab¬
zentrifugiert wurde (Kochsalzextrakt). In dem AbguB muB
sich dann eine etwaige Zerstdrung des Giftes nachweisen
lassen. Als Kontrolle lieB ich stets die gleiche Giftmenge
ohne Leukocyten und die Leukocytenaufscbwemmung allein
aucb 1 Stunde bei 37 ° C steben, um sicber zu sein, daB nicbt
scbon Leukocyten selbst giftig sind. Bei der bescbriebenen
Metbode beabsicbtigt man, die Zellen am Leben zu erbalten
und zu beweisen, daB sie giftzerstSrende Stoffe sezernieren.
Kling bat aber Ijci einem Veraucbe, welcber die Zeratbrung der
Zellen zwecks Freimacbung der entgiftenden Substanz bezweckte, folgende
Resultate erzielt. Wabrend eine gewbbnlicbe Digestion bei 37 ® C wabrend
'/, Stunde nicbt binreicbend ist, um aus den Leukocyten bakterizide Sub¬
stanz berauszulosen, konnen dagegen die Leukocyten, einer Teraperatur
von -b 50 ° C Stunde lang ausgesetzt, eine bakterienzerstbrende Substanz
liefern. Am aUerstiirksten ist der Effekt, wenn man die Leukocyten wieder-
boltem Einfrieren und Auftauen unterziebt.
Unter Berfleksiebtigung der erwBbnten Umstftnde babe icb
die entgiftende FBbigkeit der Leukocyten bei starker SebSdigung
untersuebt.
a) 1 g Kanincbenleukocyten in pbysiologiscber Kocbsalzlbsung ge¬
wascben, wurde in 1 ccm 0,85-proz. NnCl-I.bsung aufgescbwemmt uud
*/, Stunde lang bei -f 50® C digeriert (Koebsaizdigest), 2fentrifugierung
und Abpipettierung.
b) 1 g Kanincbenleukocyten wurde in 1 ccm 0,85-proz. NaCl-Lbsung
durcb 2mJiges Einfrieren in Kaltemiscbung und Auftauen bei 45—50®C
extrabiert (Gefrierextrakt). Zentrifugierung und Abpipettierung.
Digitized by
Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Beitr&ge zur Keuntnis von Organextraktgiften usw.
27
Schneider bat auch als DigestionsflQssigkeit Immunserum
und inaktiviertes Normalserum benutzt und nur das Gefrier-
extrakt als einzige wirksame Fllissigkeit gefunden. Wenn also
die Leukocyten tatsficblich die wirksame Substanz bei der Ent-
giftung wftren, so wtlrden sie doch, mit inaktiviertem Eigeii-
serum gemischt, wirksame Substanz produzieren, wenn sie
auch mit 0,85-proz. NaCl-L6sung gemengt keine entgiftende
Funktion entfalten.
c) 1 g Kanincheoleukocyten wurde in 1 ccm ('/j Stunde lang bei
56* C) inaktiviertem Normaleerum (welches natiirlich vor der Inaktivierung
vollstandige Entgiftung bewirkte) Vi Stunde lang bei + 37* C digeriert,
worauf die Leukocyten abzentrifugiert warden (Scrumdigest).
Tabelle XX.
Extrakt
Serum
Leukocyten
Zeit und
Temperat
Dosis
ccm
Resiiltat
'U
0,25
t 3 Std. 1
*/«
,
0,25
t 5 Min.
‘/, 1 ccm
ei genes, 1 ccm
1 Std.
0,5
0 . B.
dgl.
dgl.
37" C
dgl.
0,25
0 . B.
Kon-
trolle
eigenes, aber
0,3
t 5 Min.
inaktiviertes
1 ccm
dgl.
0,25
t 10
M
Kocbsalzextrakt
0,25
t 3
t*
I 1 ccm
dgl.
0,25
t 1
tt
Kochsalz-
ft
0,25
t 5
tt
extrakt II 1 ccm
ft
It
dgl.
KochsaTzdigest
ft
ft
0.25
0,25
t 3
t 3
tt
1 ccm
dgl.
ft
0,25
t 2 Std.
ft
Gefrierextrakt
tt
0,25
t 10 Min.
1 ccm
dgl.
tt
0,25
t 8
tt
ft
Serumdigest
tt
0,25
t 4
tt
1 ccm
tt
dgl.
ft
0,25
t 5
tt
Eochsalz-
extrakt I
tt
0,5
0 . B.
,
dgl.
0,3
0 . B.
Kochsalz-
extrakt II
tt
0,5
0 . B.
Kon-
,
Kochsalzdigest
It
0,5
0 . B.
trolle
,
Gefrierextrakt
0,5
schwer,
aber
er-
1
holt
•
Serumdigest
tt
0,5
0 . B.
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
28
Tsuneo Sakamoto,
Digitized by
Die Leukocyten vermSgen also in vitro weder mit ihren
Sekretions- noch mit ihren Extraktionsprodukten die Organ-
extrakte zu neutralisieren. Ob dabei das Blutserum vor-
handen ist Oder nicht, ist ganz gleichgQltig.
Wie aber verhalten sich die Leukocyten in vivo zur
Entgiftung?
Zur Erzeugung der kiinstlichen Leukocytose bei Mausen injizierte ich
0,7—0,25 ccm 5-proz. nukleinsaure Na-Losung intraperitoneal, und nachdem
ich am nachsten Tage Blutzahluog ausgefiihrt und mich tou der Leuko¬
cytose iiberzeugt hatte, injizierte ich Lungenextrakte. Die Blutzahlung
wie auch intravenose Injektion wurden, wie schon erwahnt, immer an den
Schwanzgefafien auBgefiihrt
Tabelle XXL
I
MauB
5-proz. nuklein-
saures Na
Leukocyten
Elxtrakt
Besultat
1
V. 0,25 ccm
t 2 Min.l Kon-
.
.
dgl.
13 „ J trolle
No. 1
0,7 ccm
vor 17 500
nach 26 250
f»
t 3 „
M 2
0,5 „
vor 10750
nach 13 500
„
t 2 „
„ 3
0.25
vor 17 500
nach 21000
))
t 3 „
» 4
0.25 „
vor 8 500
nach 21000
77
t 3 „
Also auch in vivo konnen die Leukocyten die Organextrakte
nicht entgiften. Meine Resultate stehen in vollem Einklang
mit Obata und K. Ichikawa.
Aus den bisher gewonnenen Resultaten schien es mir am
wahrscheinlichsten anzunehmen, daB die wirksame Substanz
im Serum Komplement sein kann. Ich ftihrte deshalb folgende
Untersuchungen nach dieser Richtung aus.
XIX. Beziehung zwischen dem hamolsrtischen Komplement
and der entgiftenden Substanz eines Serums.
Der Komplementgehalt wurde mit 0,5 ccm der 5-proz.
Hammelblutkbrperchenaufschwemmung und 0,5 ccm hamo-
lytischem Antiserum (Titer 0,0005) bestimmt, wobei nur seine
minimale totallSsende Dosis angegeben wurde.
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Beitriige zur Kenntnis von Organextraktgiften usw.
Tabelle XXII.
29
Extrakt
Serum
Komple-
ment
bei 3700
Dosis 1
ccm
Besultat
'U
No. 1
0,25
t 2 Min.l
Eon-
V 4
,
,
0,25
t 3 „ /
trolle
V, 1 com
eigenes 1 ccm
0,07
1 Std.
0,25
t 5 „
dgl.
dgl.
0,07
0,3
t 2 „
V, 0,5 com
eigenes 1,5 ccm
0,07
0,5
t 2 Std.
dgl.
dgl.
0,07
0,25
0 . B.
•
*/, 1 ccm
heterol^^ 1 ccm
0,3
0,25
t 3 Min.
dgl.
0,3
0,25
t 1 Std.
V, 0,5 ccm
dgl.
heterologes 1,5 ccm
0,3
0,5
t 4 „
dgl.
0,3
>>
0,25
0 . B.
V.
No. 2
0,25
13 Std.Kontrolle
1 ccm
eigenes 1 ccm
0,15
1 Std.
0,5
t 5 Std.
dgl.
dgl.
0,15
0,25
t 24 „
heterologes 1 ccm
0,05
0,5
t 1 »
Jf
dgL
0,05
17
0,25
t 3 „
V*
No. 3.
0,3
f 1 Min.
1 Eon-
v*
0,25
t 3 „
1 trolle
*/, 1 ccm
eigenes 1 ccm
> 0,3
1 Std.
0,3
t 3 „
dgl.
dgl.
> 0,3
0,25
t 3 „
heterologes (a) 1 ccm
0,15
79
0,3
t 3 „
dgl.
0,15
0,3
t 1 »
V, 1 ccm
heterologes (b) 1 ccm
> 0,6
0,5
t 1
dgl.
dgl.
> 0,5
0,3
t 4 „
n
heterologes (c) 1 ccm
> 0,5
0,3
0 . B.
dgl.
> 0,5
77
0,3
0 . B.
V 4
No, 4
0,4
It 1 Min.l Eon-
V 4
0,25
t 3 „
[trolle
V, 1 ccm
heterolog. (a) 0,5 ccm
> 0,5
1 Std.
0,6
lo. B.
dgl.
dgl.
> 0,5
0,55
0 . B.
heterolog. (b) 0,5 ccm
0,2
0,5
t 1 Std.
>>
dgl.
0,2
77
0,3
t 1 „
y4
No. 5.
0,4
t 1 Min.\Kon-
. V 4
eigenes 1 ccm
,
,
0,25
t 3 Std. / troUe
*/. 1 ccm
0,15
1 Std.
0.5
0 . B.
dgl.
dgl.
0,15
0,7
0 . B.
Meerschw.-Ser.l ccm
0,027
0,4
t 2 Min.
dgl.
0,027
77
0,25
t 3 Std.
\u
No. 6.
0,3
t 3 Min.l Eon-
.
0,25
t 4 „ /
trolle
/* 1 ccm
eigenes 1 ccm
0,1
1 Std.
0,5
0 . B.
dgl.
,, dgl.
0,1
0,4
0 . B.
Meerschw.-Ser.l ccm
0,027
0,35
t 5 Min.
dgL
0,027
77
0,25
t5 „
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
30
Tsuneo Sakamoto,
Digitized by
Zwischen der Menge des haraolytischen Komplements
und der entgiftenden F^higkeit des Serums besteht kein Zu-
sammenbang. W&brend das Serum, welches ein sebr kr^ftiges
Komplement enthSlt, fast gar keine entgiftende Wirkung zeigt,
Qbt auf der andereu Seite das fast komplemeutlose Serum
sebr ausgepr^gte Entgiftung aus. Auch das sebr komplement-
reiche Meerschweinchenserum hat keine entgiftende Fahigkeit
fQr das Kaninchenlungenextrakt, welches nichtsdestoweniger
vom komplementarmen homologen Serum leicht neutralisiert
wird. Welter babe ich genauer studiert, wie sich das in-
aktivierte Serum zur Entgiftung verhait.
TabeUe XXIII.
Ektrakt j
Serum
Komple-
ment
bei 37<> C
Dosis
Resultat
1
'U
0,3
t 3 Min.l Kon-
v«
,
1
0.25
t 5 „ / troUe
V, 1 cm
eigenes 1 ccm
0,2
i 1 Std.
0,6
0 . B.
dgL
dgl.
»»
0,5
0 . B.
eigenes, durch War-
me inaktiviert. 1 ccm
> 0,5
»»
0,5
t 5 Min.
>>
dgl.
>1
0,25
f 7 Min.
Zur Wiederherstellung des obigen inaktivierten Serums
zum friiheren Titer (0,2) wurde 1 ccm inaktiviertes Serum
mit 0,05 ccm Meerschweinchenserum (dessen Titer 0,01) ge-
mischt. Das Gemisch wurde auf seinen Kompleraentgehalt
untersucht, wobei es sich herausstellte, daB zur voIlstSndigen
Hamolyse schon 0,15 des Gemisches ausreichte — der Titer
also etwas hOher war als berechnet und als der des ursprQng-
lichen aktiven Kaninchenserums (das ist, wie oben gezeigt,
0,2). Das Gemisch wurde mit demselben Organextrakt geprflft.
Tabelle XXIV.
Extrakt
Serum
j
bei 37“ cl
meut
Dosis
1
Resultat
1
Vj 1 ccm
obiges Gemisch Iccmj
0,15 ' 1 Std.
0.3
t 1 Min.
dgl.
dgl. 1
0,15
0,25
t 10 „
») 1
0,15
! 0,25
t 30 „
Das einmal inaktivierte Serum, welches im aktiven Zu-
stande v611ig das Organextrakt neutralisieren konnte, vermag
Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Beitrage ziir Kenntnis von Organextraktgiften usw. 31
nicht mehr dasselbe Organextrakt zu paralysieren, wenn es
auch durch Zufflgung von Meerschweinschenserum wieder auf
den anf^glichen Komplementgebalt gebracht wurde. Aus
obigen Versuchen kann man schliefien, daB, wenn die ent-
giftende Substanz auch von komplementarem Charakter ist,
sie doch nie das hEmoljtische Komplement selbst sein kann.
DemnSchst untersuchte ich, wie viel frisches Kaninchen-
serum dem inaktivierten Serum binzugefugt werden muB, um
das einmal verlorene, entgiftende Vermbgen wieder herzu-
stellen. Wie aus folgenden Tabellen leicbt ersichtlich ist,
muB man zur Restitution der entgiftendcn Funktion die Menge
frischen Serums hinzuftigen, die auch allein das Gift neu-
tralisiert. Mit anderen Worten: das inaktivierte Serum ver-
hglt sich genau wie Ringersche L5sung.
Tabelle XXV.
Extrakt
bei37»ci°®®^
Besultat
aktives inaktivea | | com
No. 1.
•
•
0,3
0,25
t 3
L 1 com
eigenea 1 com
1 8tA
0,5
0. B. ”
dgl.
jj t j,
0,4
o. B.
ii
j> t),5 ,,
IT
0,4
achwer, aber erholt
IT
,, 0,5 ,,
II
0,25
dgl.
II
>j 0,3 „
IT
0,4
t 1 Min.
»♦
1) 0,3 „
II
0,25
t 3 „
>1
,, 0,5 „
eigen. 6,5 ccm
0,5
t 3 Std.
>1
» 0,5 „
„ 0.5 „
0,25
etwas erkrankt, erholt
II
j> 0,3 „
0,7 „
0,25
f 5 Min.
No. 2.
•
•
0,4
0,25
V, 1 ccm
eigenea 1 ccm
1 8td.
0,7
o. B.
dgl.
» 1 »
II
0,5
0. B.
II
» 0,5 „
IT
0,65
etwaa erkrankt, erholt
II
» 0,5 „
II
0,5
dgl.
II
1) 0,3 „
IT
0,5
•• 1 Min.
»
)i 0,3 „
IT
0,25
1 ,,
II
?i 0,5 „
eigen. 0,5 ccm
II
0,5
t 2 „
II
If 0,5 „
I) 0,5 „
II
0,5
t 3 „
II
ft 0,3 „
,, 0,7 „
II
0,3
1 ..
Aus dieser Tatsache kann ich schlieBen, daB der im
Serum enthaltene organextraktentgiftende, durch ErwSrmen
inaktivierbare Stoflf (wahrscheinlich Komplement) im normalen
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
32
Tsuneo Sakamoto
Zustande, verglichen mit hamolytischem Koraplement, so wenig
vorhanden ist, daB es gerade zur Wirkung ausreicht.
XX. Haltbarkeit der entgiftenden Substana in der Eiskammer
(+6 0 C).
DaB die Komplemente sehr labile StofTe sind und durch
bloBes Stehenlassen in einigen Tagen vernichtet werden, ist
eine schon allgemein anerkannte Tatsache. Wenn die organ-
extraktentgiftende Substanz tatsBchlich Komplement wSre,
so mBBte sie auch labil sein. Ich entnahm den Kaninchen
Blutsera aus den Halsarterien und bewahrte sie im Eis-
schrank auf Eis lagernd auf. Ich nahm sie ab und zu heraus
und prflfte ihre entgiftende FShigkeit den eigenen ebenso auf-
bewahrten Organextrakten als auch den jeweils frisch zube-
reiteten gegen fiber.
Tabelle XXVI.
Ebctrakt
Serum
Komple-
ment
Zeit nach der
Entnahme
Dosis
Eesultat
No. 1.
V 4
V
•
■
•
0,25
0,25
1 30^°'}
'/« 1 ccm
1 ccm
0,1
sofort
0,5
0 . B. ’’
dgL
If
dgl.
0,1
yy
0,5
0 . B.
yy
0,15
2 Tage
0,5
0 . B.
n
yy
0,15
yy
0,5
t 10 Std.
yt
yy
0,25
3 Tage
0,5
t 2 »
yy
yy
0,25
iy
0,4
t 10 „
y*
yy
0,5
5 Tage
0,25
t 3 „
yy
yy
0,5
yy
0,25
t 10 Mn.
yy
yy
0
6 Tage
0,5
t 2 „
yy
yy
0
yy
0,4
t 7 „
No. 2.
V«
0,25
t 2 Min. Kontrolle
•/, 1 ccm
1 ccm
sofort
0,5
0 . B.
dgl.
dgl.
yy
0,5
0 . B.
yy
yy
1 Tag
0,5
0 . B.
yy
yy
yy
0,25
0 . B.
yy
yy
2 Tage
0,5
etwas, erholt
0 . B.
yy
yy
yy
0,45
yy
yy
3 Tage
0,5
schwer, erholt
yy
yy
yy
0,5
yy yy
yy
yy
6 Tage
0,5
t 2 std.
yy
yy
yy
0,5
t 10 „
yy
yy
7 Tage
0,5
•f 3 Min.
y»
yy
yy
0,3
t 30 „
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Beitrage zur KenntDis ron Organextraktgiften usw.
33
Extrakt
Serum
Komple- Z^t nachder
ment | Entnahme |
Resultat
V.
}t
1 ccm
dgl.
})
»
}}
ft
ft
1 ccm
dgl.
ft
tf
ft
tt
tt
0,1
0,1
0,3
0,3
0,45
0,45
>0,5
>0,5
'L
u
V, 1 ccm
dgl.
ft
ft
It
ft
tf
ft
ft
tt
ft
tt
1 ccm
dgl.
tf
tt
tt
>> .
inaktiy
1 ccm
dgl.
1 ccm
dgl.
inaktiv
1 ccm
dgl.
0,2
0,2
>0,8
>0,8
0
0
0
0
0
0
0
0
No. 3.
sofort
6 T^age
11 Tage
12 Tage
19
No. 4.
Bofort
2 Tage
7 Tage
tt
tt
10 Tage
IJ
))
ft
0,3
0,25
0,5
0,25
0,5
0,25
0,5
0,25
0,5
0,3
I
1 Min.l KontroUe
B.” '
o,
0. B.
t 20 Std.
o. B.
t 8 Std.
etwas, erholt
t 2 Mio.
t 5 „
0,5
0,25
0,5
0,25
0,5
0,25
1 Min.l
5 „
t
t
o. B.
o. B.
0. B.
0. B.
o. B.
o. B.
Kontrolle
0,25
0,25
0,5
0,25
t 2 Min.
tl «
t 5 Std.
t 10 „
0,25 t 3 Min.
0,25 t 2 „
Die obigen Tabellen tun deutlich dar, daQ die entgifteude
Substanz ganz wie das htlmolytische Komplement mit der
Zeit ihre Kraft einbQBt, aber etwas resistenter als das letztere
ist. Der Zeitraum, wShrend dessen die entgifteude Substanz
verloren geht, variiert natflrlich von Fall zu Fall relativ weit,
liegt aber in den meisten Fallen innerhalb 3 bis 10 Tagen
(im Mittel 7 Tage).
XXI. Adsorption der entgiltenden Substanz und des
Xomplements.
Steinhardt, Ehrlich und seine Schfller, sowie Liidke
gaben ^in, dafi gewisse Komplemente durch Tonfiltration ad-
sorbiert werden konnen. Andererseits haben Landsteiner
und Stankovic, Landsteiner und Ulirz eine groCe
Zahl von Substanzen in bezug auf ihr AdsorptionsvermOgen
gegenflber Meerschweinchenkomplement untersucht und dar-
Zdtschr. f, liomunlUitsfonchuof. Chi;. Bd. 3S. 3
Digitized by GoL'gle
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
34
Tsuneo Sakamoto,
Digitized by
unter Kaolin, Kasein und Cholesterin als gut adsorbierend
befuuden. Mit Kaolin haben Friedberger und seine Schiller
auch 9iinliche Resultate erbalten.
Ich untersuchte weiter unten, wie die Tonfiltration und
diese Substanzen sicb gegeniiber dem Komplemente und der
entgiftenden Substanz verhalten. Die von mir benutzteo
3 Substanzen waren von der Firma Merck bezogen. Das
MengenverhMtnis, in dem das Adsorbens und das Serum ge-
mischt wurde, variiert von Fall zu Fall; das Gemisch wurde
in alien FUlleu in gleicher Weise 30 Minuten lang bei Zimmer-
temperatnr geschflttelt und daun abzentrifugiert.
a) Filtration durch Berkefeldfilter.
Tabelle XXVII.
Serum
Komplement
nicht filtr.
fUtriert
nicht filtr. filtriert
Extrakt
Dosis
Resultat
V 4
No 1.
.
/, 1 ccm
dgl.
1 ccm
•
0,4
•
9}
•
0,4
0,5
If
1 ccm
.
f>
99
•
0,5
V.
No. 2.
‘/, ccm
dgl.
1 ccm
0,2
,
99
•
0,2
0,3
1 ccm
•
•
99
•
0,3
V 4
.
No, 3.
ft
7, 1 ccm
dgl.
1 ccm
0,15
11
0,15
•
ff
0,5 ccm
0,15
•
9}
99
0,15
0,2
9f
1 ccm
99
99
0,2
ft
0,5 ccm
0.2
99
99
•
0,2
0,25
0,25
0,5
0,25
0,25
0,25
t 1 Min 1 Kon-
t 2 „ / troUe
t 3 Btd.
0 . B.
t 3 Min.
t5 „
0,25
0,65
0,55
0,6
0,5
t 1 Std. Kontr.
0 . B.
o. B.
t 20 Std.
t50 „
0,4 if 1 Min.l Kon-
0,25 t 3 Std. j trolle
0,7 10. B.
0,5 jO. B.
0,65 letw. erkr., erholt
0,5
0,7 o. B.
0,5 0. B.
0,5 f 2 Min.
0,3 it 5
Die aus den obigen Versuchsreihen zu ziehenden SchlQsse
lassen sicb dahin zusammenfassen, dad die entgiftende Substanz
und das hamolytische Komplement durch Berkefeld-Filtration
Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Beiti%e zur Kenntnis ron Organextraktgiften usw.
35
teilweise zurflckgehalten werden, d. h. beide gehen parallel
miteinander.
b) Schfltteln mit Kaolin.
TabeUe XXVIH.
Extrakt
Serum
Komplement |
Dosis
Besultat
nicht ge-
Bchuttelt
ge-
schuttelt
nicht ge-
Bchuttdt
ge-
Bchiittelt
N 0 . 1. Serum: Kaolin = 5;
;2.
V 4
.
•
0,25
t 1 Min.l Kon-
,
,
a
0,25
t 10 „ 1 troUe
V, 1 com
1 ccm
0,2
0,6
0 . B.
dgL
yy
a
0,2
a
0,55
0 . B.
1 ccm
>0,3
0,6
t 1 Min.
•
t>
•
>0,3
0,4
t 3 Std.
N 0 . 2. Serum: Kaolin = 1:
V 4
.
0,35
t 1 Min.l Kon-
,
a
a
0,3
t 3 „ ( troUe
1 ccm
1 ccm
a
0,1
a
0,5
0 . B.
dgl.
a
0,1
a
0,3
0 . B.
1 ccm
0,5
0,5
t 1 Min.
.
19
•
0,5
0,25
t3 .,
Ergebnis: Auch beim Schatteln mit Kaolin gebt die
Abschw&chung des Komplements und der entgiftonden Substanz
des Serums ganz parallel.
c) Schbtteln mit Kasein.
TabeUe XXIX.
Serum
Komplement
Extrakt
nicht ge-
Bchiit^t
ge-
Bchiittelt
nicht ge-
Bchuttelt
ge-
Bchiittelt
Dosis
Besultat
v«
Serunc
1 : Kasein :
= 10:1.
0,4
1 Min.l Kon-
, ^ ff
a
,
0,25
t 3 „ 1 troUe
V, 1 ccm
1 ccm
a
0,25
a
0.5
0 . B.
dgl.
1
yy
a
0,25
a
0,25
0 . B.
)»
1 ccm
0
0,5
t 5 Std.
yy
.
yy
.
0
0,25
t3 „
Auch beim Schfltteln mit Kasein gehen die beiden Sub-
stanzen Hand in Hand.
3*
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
36
Tsuneo Sakamoto,
Digitized by
d) Schfltteln mit Cholesterin.
TabeUe XXX.
Ebdxakt
Serum
Komplement
.a
oicht ge-
schiittdt
ge-
achiittelt
nicht ge-
Bchiittdt
ge-
Bchiittelt
S
Q
Res ul tat
v«
Serum:
Cholesterin
1 = 10:1
0,25
t 3 Std.l Kon-
* 1
,
0,25
t 5 „ / trolle
V, 1 com
1 ccm
0,1
0,5
0 . B.
dgl.
1 »
,
0,1
0,25
0 . B.
1 ccm
0,25
0,65
t 5 Std.
.
1 »
.
0,25
0,5
t 10 „
Also kann das Cholesterin zugleich Komplement und ent-
giftende Sobstanz aufnehmen.
e) Schfltteln mit Tierkohle.
Unter den verschiedenen Adsorbentien erwies sich die
Tierkohle nach Ehrlich und Sachs, sowie Wilde zur Ad¬
sorption der Komplemente mehr oder weniger ungeeignet.
Auch ich habe mit Tierkohle, wie folgt, ganz flhnliche Resultate
gewonnen.
Tabelle XXXI.
Extrakt
Serum
Komplement
Dosis
Resultat
nicht ge-
Bchiittelt
ge-
Bchuttelt
nicht ge-
Bchiittclt
ge-
Bchiittelt
No. 1. Serum: Tierkohle = 3
2
V*
,
0,25
t 2 Min.1 Kon-
,
,
0,25
t 5 „ j trolle
V, 1 ccm
1 ccm
0,2
0,6
0 . B.
dgl.
1 »
0,2
0,55
0 . B.
1 ccm
>0,2
0,5
t 19 Std.
n
•
1 »
•
dgl.
0,5
t 11 »
No. 2. Serum: Tierkohle = 1
:1
V«
0,25
t 1 Min.l Kon-
0,25
+ 2 „ 1 trolle
V, 1 ccm
1 ccm
0,1
0,5
0 . B.
dgl.
1 „
0,1
0,3
o. B.
1 ccm
>0,1
0,5
t 8 Std.
•
1 »
.
dgl.
0,25
t 16 „
Zwar kann die Tierkohle beide Substanzen adsorbieren,
aber bei weitem schwflcher als die anderen, oben genannten
Substanzen.
Aus obigen Versuchen geht hervor, dafi bei der Adsorption
in vitro in den meisten Fflllen das hSmolytische Komplement
Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Beitrige zur Kenntnis tod Organextraktgiften usw.
37
and die entgiftende Substanz ganz parallel gehen. Des weiteren
babe ich studiert, wie sicb diese beiden Stoffe in vivo zu-
einander verbalten. Da die im Vorangebenden untersucbten
Adsorbentien in Wasser fast unldslicb sind, konnten sie zu
diesem Zwecke nicht gebraucbt werden. Icb suchte in der
Literatur deshalb wasserlSsliche Adsorbentien und fand
Gljkogen und Wittepepton als geeignet.
XXn. Wirkung von Glykogen auf Komplement and ent¬
giftende Substanz.
Wendelstadt, sowie Wassermann und Citron
haben gefunden, daU das Glykogen in vitro wie auch in vivo
Komplement aufnehmen kann. Icb babe meine Untersucbungen
mit dem als Glykogenum purissimum von der Firma Merck
bezogenen Prfiparate ausgeftlhrt. Zuerst babe icb die kom-
plementbindende Wirkung des Glykogens in vitro untersucht.
Zwei Reihen von je 10 Reagenzgiasern warden, wie aus der
Tabelle ersichtlich, angesetzt, die eine mit, die andere ohne
Glykogen; das Glykogen wurde als 5-proz. L6sung in physio-
logischer KochsalzlSsung angewendet.
TabeUe XXXII.
Beagenz-
glas A
No.
Seram
0,85-proz.
NaCl-
Lbsong
5-proz.
Qlykogen-
libsung
Hamo-
lysin
(0,0005)
5-proz.
BlutkOrp.-
Aufschw.
Hamolyee
1
0,1
0,9
4 gtt.
0,5
0,5
.
2
0,2
0,8
dgl.
O
—
3
03
0,7
e
—
4
0,4
0,6
CO
—
5
0,5
0,5
1
„
>»
—
6
0,6
0,4
„
—
7
0,7
0,3
"S
„
—
8
OB
03
OD
—
9
0,9
0,1
rH
—
10
1,0
0
—
Reagenz-
rias B
No.
1
0,1
0,9
0,85-proz.
Naa-
Losung
4 gtt.
0,5
0,5
»»
2
03
0,8
0,7
dgl.
O
—
3
0,3
e
+
4
0,4
0,6
t>
CO
-1--F
5
0,5
0,5
+ -t-
6
0,6
0,4
+ -f-
7
0,7
0,3
■d
+ +
8
0,8
0,2
tfj
-F-i-
9
0,9
¥
+ +
10
1.0
6
»
♦j
+ +
Digitized by GoL'gle
OrigiiSai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
38
Tsuneo Sakamoto,
Digitized by
Wfthrend die Hfimolyse bei der Reihe mit GlykogenlSsung
vOllig ausbleibt, tritt sie, wie ersichtlich, in der Kontrollreihe
bis 0,4 ccm auf. Ganz derselbe Versuch wurde noch einmal
mit anderem Blutserum angestellt und dasselbe Resultat erzielt.
Wenn man aber Kaninchenserum, GlykogenlSsung, HSmolysin
und Blutkdrperchenaufschwemmung auf einmal zusammenbringt,
80 tritt HSmolyse bei alien Glasern gleich stark auf.
Hierdurch ist sichergestellt, daB Glykogen das mit ihm
iQr einige Zeit in Beriihrung gelassene Komplement vdllig
binden kann. Weiter babe ich Kanincben nach Wen dels tad t
3 g Glykogen (in 20-proz. Losung mit 0,85-proz. NaCl-L6sung)
in 3 Portionen mit halbstflndigem Intervall in die Ohrvenen
injiziert und 30 Minuten nach der letzten Injektion das Blut
entnommen. Das Blutserum wurde vor und nach der Glykogen-
injektion in bezug auf Komplement und entgiftende Substanz
untersucbt
TabeUe XXXUI.
Extrakt
Serum
Komplement j
Dosie
vor 1
nach
vor 1
nach
v*
No. :
1 .
0,25
t 1 8td. 1
Kon-
11
.
.
.
0,25
+ 1 1
^ troUe
* y, 1 ccm
1 ccm
0,16
.
0,5
0 . B.
dgl.
dgl.
0,15
0,25
0 . B.
11
1 ccm
0,6
0,5
t 4 Std.
>> 1
•
dgl.
•
0,6
0,25
t 10 „
'U
I
No. :
2 .
0,3
t 1 Min.
1 Kon-
11
.
.
>
•
0,25
+ 2 .
1 troUe
1 ccm
1 ccm
0,1
,
0,4
schweret,
erholt
dgl.
dgl.
0,1
,
0,25
0 . B.
1 ccm
>0,6
0,4
t 1 Min.
11
.
dgl.
.
>0,6
0,25
1 schwerst, erholt
Das in vitro wirksame Glykogen vermag also auch in vivo
Komplement und entgiftende Substanz zu adsorbieren.
XXm. Wirkung von Wittepepton auf Komplement und ent¬
giftende Substanz.
Auch das Pepton kann nach Lbwenstein, Wendel-
stadt, sowie Wassermann und Citron in vitro wie auch
in vivo Komplement binden.
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Beitr^e zur Eenntnis von Organextraktgiften ubw.
TabeUe XXXIV.
39
Rearanz-
glas
No.
Serum
0,85-proz.
Naa-
LOsung
40-proz.
Pepton-
LOsung
Hamo-
lysin
(0,0005)
5-proz.
Blutkorp.-
Aufschw.
Hamolyse
Hauptreihe
1
0,1
0,9
4 gtt.
O
0,5
0,5
—
2
0,2
0,8
dgl.
o
ff
tf
—
3
0,3
0,7
„
CC
tt
—
4
0,4
0,6
—
5
0,5
0,5
£
„
ft
—
6
0,6
0,4
a
}f
—
7
0,7
0,3
—
8
0,8
0,2
a
Id
ff
ft
—
9
0,9
0,1
OD
If
tf
—
10
1,0
0
CO
ft
tt
—
0,85-proz.
Kontrollreihe
NaCl-I^g.
1
0,1
0,9
4 gtt.
u
0,5
0,5
—
2
0,2
0,8
dgl.
e
tf
ff
-1-
3
0,3
0,7
CO
»
ft
+ +
4
0,4
0,6
+ +
5
0,5
0,5
£
-f +
6
0,6
0,4
IJ
ff
tt
+ +
7
0,7
0,3
QD
ff
ft
+ +
8
0,8
0.2
f}
CO
ft
„
+ +
Der ganz gleiche Versuch wurde noch einmal mit gleicbem
Resultate wiederholt. Aus obigem ist ersichtlich, daB die
WittepeptonlSsung in vitro beim Kontakt mit Serum wBhrend
gewisser Zeit Komplement fast v6llig entfernen kann.
Nun fragt es sich weiter, ob das Wittepepton im Tier-
kbrper ebenfalls die entgiftende Substanz und Komplement
aufnehmen kann. Ich babe den Kaninchen 10 ccm 40-proz.
Wittepepton-Losung (mit 0,85-proz. NaCl-L6sung) intravenSs
injiziert und dann 30 Minuten nacb der Injektion das Blut
entnommen. Das abgescbiedene Serum wurde auf seinen Ge-
halt an Komplement und entgiftender Substanz nntersucbt.
TabeUe XXXV.
Serum
Komplement
Dosia
vor
nach
vor
nach
No
1.
0,25
0,25
1 ccm
0,25
0,5
dgl.
0,25
0,3
1 ccm
>0,6
0,3
.
dgl.
•
>0,6
0,3
Extrakt
Reeultat
v*
a
V, 1 ccm
dgl.
8td. 1 Kon-
„ / trolle
1
1
4
8
1 Mn.
3 „
Digitized by GoL'gle
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
40
Teuneo Sakamoto,
F^ztrakt
Serum
Komplement
Dosia
Resultat
vor
nach
vor
nach
No
2 .
0,3
t 1 Min. IKon-
,
,
0,25
t 3 „ /trolle
1 com
1 com
0,3
0,5
o. B.
dgl.
0,5 com
,
0,3
0,5
t 1 Min.
dgl.
*
0.3
0,25
t 6 Std.
1 com
>0,6
0,5
0 . B.
0,5 com
>0,6
0,25
t 1 Min.
dgl.
.
>0,6
0,25
t 1 1.
Ich konnte hierbei feststellen, daB das Wittepepton ganz
wie Glykogen in vivo Komplement und entgiftende Substanz
binden kann.
XXI V- Wirkung von Aethylather auf Komplement and
entgiftende Substanz.
Kyes und Sacbs, Sclavo, sowie Ottolengbi und
Mori baben gezeigt, dafi durcb AetbyMtber aucb das Kom¬
plement im Serum unwirksam gemacbt werden kann. Es fragt
sicb nun, ob diese adsorbierende Wirkung aucb der entgiftenden
Substanz gegentiber bestebt. Das Kanincbenserum wurde mit
der doppelten Menge reinen Aetbylatbers 3 Stunden lang im
Scbtlttelapparate gescbiittelt, und nacbdem es einige Zeit ge-
standen batte, wurde der obenstebende Aetber abgeboben,
das Serum im Exsikkator 3 Stunden lang unter vermindertem
Druck (Wasserstrablpumpe) gebalten, um etwaige Reste des
Aethers aus der Flflssigkeit vollstandig zu entfernen. Dieses
mit Aetber gescbflttelte Serum wurde mit einfacbem Serum
als Kontrolle auf sein Komplement und seine entgiftende
Ffibigkeit untersucbt.
Tabelle XXXVI.
Reagenz-
glas
Serum
(mit Aether
geschiittelt)
0,85-proz.
NaCl-
Ldsung
Hiimolysin
(0,0005)
Blut-
korperchen-
Aiifschw.
Hamolyse
1
0,1
0,9
0,5
0,5
_
2
0,2
0,8
—
3
0,3
0,7
—
4
0,4
0,6
—
5
0,5
0,5
—
6
0,6
0,4
—
7
0,7
0,3
—
8
0,8
0,2
—
Digitized by
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Beitrage zur Keuntnis von Organextraktgiften ubw.
41
Bea^z-
glas •
Serum (nicht
geschuttelt)
0,85-proz.
NaCl-
Losung
Hamolysin
(0,0005)
Blut-
korperchen-
Aufschw.
Hamolyse
1
0,1
0,9
0,5
0,5
unvollst.
2
0,2
0,8
komplett
3
0,3
0,7
}f
)»
if
4
0,4
0,6
*i
,,
5
0,5
0,5
fi
Hieraus geht hervor, daC der AethylSther, wie Sclavo,
sowie Ottolenghi und Mori bereits gesagt haben, das
Kaninchenserum seines hfimolytischen Komplements fast voll-
stfindig berauben kann.
Tabelle XXXVII.
Serum
Extrakt
nicht
geschuttelt
geschuttelt
Dosis
R€8ultat
'U
a
1 com
dgl.
»f
it
1 ccm
dgl.
1 ccm
dgl.
0,25
0,25
0,25
0,25
0,25
0,25
1 Min. 1 Eon-
t 1 „ / trolle
t 1 Std.
t 30 Min.
t 3 „
t 2 „
Auch dnrch Aether also kbnnen Komplement und ent-
giftende Substanz in ihrer Wirkung beeintrSchtigt werden —
das erstere bei weitem deutlicher als das letztere.
XXV. Wirkung von ultravioletten Strahlen auf Komplement
und entgifbende Substanz.
Es ist Bchou bekannt, daQ die ultravioletten Strahlen verschiedene
chemische und biologische Wirkungen ausuben konnen. Dafi die ver-
Bchiedensten Fermente filr dieee Strahlen aehr eropfindlich sind, ist schon
von Brand, Jodlbauer und Tappeiner, Green, Oppenheimer
etc. grundlich studiert worden und darf als eine bewiesene Tatsache an-
gesehen werden. DaB die ultravioletten Strahlen auch auf Komplemente
vemichtend einwirken, haben Baroni et Jonesco-Mihaiesti, Abelin
und Stiner, Friedberger, sowie Nakano und Eagawa erwieoen.
Dabei haben diese Autoren natiirlich Ozon- und Warmewirkung, die bei
der Erzeugung der ultravioletten Strahlen leicht auftreten kdnnen, m5g-
lichst zu vermeiden gesucht.
Basierend auf dieser Tatsache, habe ich den EinfluB der-
selben Strahlen auf Komplement und entgiftende Substanz
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
42
Tsuneo Bakamoto,
Digitized by
verglichen. Zur Erzeugung der ultravioletten Strahlen be-
diente ich mich der kOnstlichen Hdhensonne und der Quarz-
lampe.
Meinem Lehrer, Herrn Prof. K. Dohi und raeinen Kol-
legen an der dermatologischen Klinik, die mir diese Apparate
freundlichst zur Verfflgung stellten, sage ich an dieser Stelle
meinen verbindlichsten Dank.
Urn Warmewirkung zu vermeiden, wurde das den Strahlen auazu-
setzende Serum im Eis gehalten, so dafi die Temperatur nicht uber 37'' C
stieg. Die - mit Serum gefiillte Schale wurde eine Stunde lang in 25 cm
Distanz von der Strahlenquelle gehalten.
Kagawa berichtete, daB 30 Minuten zur deutlichen Ab-
schwachung der komplementaren Wirkung gentigen. Aber ich
babe sicherheitshalber eine Stunde lang ausgesetzt. Daneben
babe ich aucb als Kontrolle Eaninchenlungenextrakt den
Strahlen ausgesetzt.
Tabelle XXXVUI.
Kunstliche Hohensonne.
Extrakt
Serum
Komplement
Dosis
Resultat
vor
nach
vor
nach
V 4
0,5
t 1 Min. 1 Kon-
,
,
,
1 0,25
t 5 „ / trolle
V. 1 ccm
1 ccm
0.1
,
1 0,55
0 . B.
dgl.
dgl.
0,1
0,5
0 . B.
1 ccm
,
0,3
0,5
t 7 Min.
-
dgl- j
.
0,3
0,5
Its
Extrakt
Dosis
vor
nach
Resultat
v*
0,5
0,25
0,5
0,25
t 1 Min.
t 5 „
tl ,,
t 5 „
Meerschweinchenserum gleichzeitig mit obigem Kaninchen-
serum eine Stunde lang der kflnstlichen Hdhensonne aus¬
gesetzt und auf die Veranderung seines Komplementgchaltes
geprflft.
Meerschweinchenserum
Komplement
vor nach
0,01 ' 0,035
Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Beitrage zur Kenntnis von Organextraktgiften usw.
43
TabeUe XXXEX.
Quarzlampe.
Extrakt
i
Serum
Komplement
Dosifi
Beeultat
1
1 vor
nach
vor
nach
ccm
V4
7 , 1 ccm
dgl.
9 i
*)
1 ccm
• 1
1
1 ccm
>»
0,05
0,05
0,15
0,15
000000
t 2 Min.
t 3 „
t 3 Std.
0 . B.
t 3 Min.
It 7 „
Extrakt
Dosis
Resultat
vor
nach
7«
0,4
t 2 Min.
1)
0,3
t 3 „
.
0,4
t 5 „
0.3
t 30 „
Wie aus obigen Tabellen ersichtlich ist, kQnnen das hftmo-
lytische Komplement und die entgiftende Substanz durch
nltraviolette Strahlen in gleicher Weise vermindert werden.
Anch Qben die Strahlen keinen EinduQ auf die Giftigkeit des
Extraktes aus.
XXVI. Wirkong des Hangers auf die entgiftende Substanz
und den Komplementgehalt des Blutserums.
Nach Bentivenga und Car ini, sowie Ltidke erfolgt bei
der Nahrungsentziehung eine Verminderung der hSmolytischen
Fahigkeit des Serums, die auf Komplementmangel beruhen
soil. Izar wies andererseits nach, daB auch die entgiftende
Fahigkeit des Serums beim Hunger abnimrat. Darilber habe
ich folgende Untersuchung ausgefiihrt.
Wie schon bewiesen ist, nimrat die Giftigkeit der Organ-
extrakte auch mit der Zeit ab. Also wurde das Serum zum
Vergleich seiner entgiftenden Fahigkeit zwischen gewissen
Intervallen sowohl mit dem alten, frflher benutzten Extrakte,
als auch mit dem frisch hergestellten gleichzeitig geprflft und
dadurch eine sichere Beurteilung ermoglicht.
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
44
Tsuneo Sakamoto,
Digitized by
Tabelle XL.
Extrakt
Serum
1
Komplement
bei 37 “ C
1
Dosis
No. 1.
0,25
, 1
0,25
1 ccm
0,2
1 Std.
0,6
>»
0,55
0,5 ccm
0,5
yf
yy
0,25
Besultat
1 C
dgl.
7 , 1 com
7 j 1 ccm
dgl.
'U
»
7 , 1 ccm
dgl.
7 , 1 ccm
dgl.
t 2 Min. j KontroUe
o. B.
o. B.
t 5 Min.
schweret, erholt
Nach 10-tagigem Fasten (nur Wasser gegeben)
■ ‘ ■ t 10 Std.
t 24 „
1 ccm 1
0,6
1 Std.
0,5
1
0,6
T»
0,25
No. 2.
0,25
0,25
1 ccm
0,2
1 Std.
0,5
0,2
ti
0,5
0,5 ccm
0,2
>1
0,3 1
I 5 KontroUe
115 Std.
tl8 „
t 5 Min.
Nach lO-tiigigem Hunger (nur Wasser gegeben)
1 ccm 1
0,5
1 Std. 1
0,5
t 1 Std.
1 >• 1
0,5
1
0,5
t 2 „
1 0.5 ccm
0,5
I yy 1
0,3
t 7 Min
Also nehmen das hSmoljtische Eomplement und die ent-
giftende Substanz im Serum durch Hunger ab; besonders
deutlich tritt dies bei ersterem zutage.
XX vn. Wirkung des Phosphors auf Komplement and
entgiftende Substanz
Ehrlich und Morgenroth stelltcn test, dafi unter dem EinfluS
der Fhosphorvergiftung der Komplementgehalt des Serums verschwindet. Be-
statigende Versuche wurden von Liidke, sowie Bergmann und Savini
mitgeteilt.
Ich babe den Kaninchen 1- Oder 2-proz. Phosphorolivenbl
intravenos oder 4 ccm desselben subkutan injiziert und bei
den ersteren nach 5 Stunden und bei den letzteren am nUchsten
Tage (ca. 24 Stunden danach) Blut entnommen. Die Sera
vor und nach der Phosphorinjektion wurden auf ihr Komple¬
ment und ihre entgiftende Substanz geprflft.
Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
45
Beitrage zur Kenntms von Organextraktgiften iisw.
Tabelle XLI.
xtrakt
Serum
Komplement
Dosis
Kesultat
vor
nach
vor
nach
Eaninch
en No. 1,
. Phosphorol 1 ccm
intravenSs injiziert.
V4
0,25
t 3 Min.lEon-
0,25
t 20 „ /trolle
1 com
1 ccm 1
0,2
0,5
0 . B.
dgl.
1
,
0,25
0 . B.
1 ccm
0,4
0,5
t 1,5 Std.
0,25
etwas, erholt
•
doppelt
verdunnt
•
0,5
1
0 . B.
Eaninch
en No. 2.
. Phosphordl 2 ccm
intravends injiziert.
1 ccm
1 ccm
0,3
0,5
0 . B.
dgl.
ff
,
0,5
0 . B.
1 ccm
>0,5
0,5
■f 1 Min.
,
0,5
t 1.5 „
•
doppelt
verdunnt
•
0,5
0 . B.
Eaninchen No. 3
t. Phosphordl 4 ccm subkutan injiziert.
1 ccm
1 ccm
1 0,3
0,65
0 . B.
dgl.
,
0,5
0 . B.
1 ccm
1
0,8
0,65
t 2 Min.
,
' ,
>}
0,5
it 3 „
•
doppelt
verdunnt
1
0,5
0 . B.
Eaninchen No. 4. Phosphorol 4 ccm subkutan injiziert.
1 ccm
1 ccm
0,15
0,6
0 . B.
dgl.
ff
0,5
0 . B.
1 ccm
0,4
0,5
t 2 Min.
•
tt
)»
0,3
t 3 „
•
doppelt
verdunnt
•
•
0,5
0 . B.
Die Tiere starben alle in einigen Tagen und die Leber
, zeigte, pathologisch-anatomisch untersucht, ohne Ausnahme
immer typische Verfettung. Die mit Phosphor vergifteten
Tiere verlieren konstant ihr hamolytisches Komplement und
ihre entgiftende Fahigkeit gegeniiber den Organextrakten.
Aber das Serum der vergifteten Tiere ist nie giftig.
SSmtliche oben mitgeteilten Versuche (bei der Koraple-
mentverniinderung) tun iin groBen und ganzen Qbereinstimmend
dar, daB in den Fallen, in denen das haraolytische Komplement
abnimmt, auch immer die entgiftende Fahigkeit des Serums
gegeniiber Organextrakt abgeschwacht wird. Es ist deshalb
von Interesse, zu erforschen, wie sich die entgiftende Sub-
stanz verhait, wenn das hamolytische Komplement im Serum
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
46
Tsuneo Sakamoto,
Digitized by
zunimmt. Eiiw kiinstliche dauernde ErhShung des Komple-
mentgehaltes war bisher nicht mSglich. Wohl gelingt es durch
Injektion indifTerenter Substanzen (Blutplasraa, Bouillon,
Aleuronat, Pepton, Kasein, Nuklein, physiologische Kochsalz-
iSsung, Staphylokokken, Terpentinbl und andere) eine vortiber-
gehende Erhohung des Komplementvorrats hervorzurufen, wie
das bereitsNolf und Mfiller, sowie auch Sweet angegeben
haben. Die Darreichung von Schilddrfisensubstanz und auch
von Jodprfiparaten ffihrt nach den Arbeiten von M filler,
Fassin und Donzello, sowie Venuti zur Erhohung des
Komplementgehaltes. Im Gegensatz zu der Abnahme des
Komplements ist die Zunahme, die schon angedeutet wurde,
schwerer und nur vorfibergehend zu erzeugen. Ich stellte
einige Versuche darfiber an.
XXVni. Wirkung von Bouilloninjektion auf Komplement
und entgiftende Substanz.
Das Blutnerum wurde immer 24 Stunden nach der letzten Injektion
entnommen. In bezug auf das Komplement habe ich, wie schon vorher
bemerkt wurde, stets die minimale totallosende Dosis angegeben.
TabeUe XLII.
No. 1. Dem Kaninchen warden je 20 ccm Bouillon 3 Tage hinter-
einander intraperitoneal injiziert.
Extrakt
Serum
Komplement
Dosis
Resultat
vor 1
nach
vor
nach
'U
0,3
t 5 Min.l Kon-
if
,
,
,
0.25
t 20 „ J trolle
V, 1 ccm
1 ccm
,
>0,3
, 1
0,3
t 1 Std.
dgl.
•
ft
•
0,25
t 1,5 „
•
1 ccm
0,2
0,5
0 . B.
•
■
ft
0,25
|0. B.
N o. 2. Dem Kaninchen wurden je 20 ccm Bouillon 5 Tage hinter-
einander interperitoneal injiziert.
Elxtrakt
Serum
Komplement
Dosis
Resultat
vor
nach
vor
nach
V4
0,25
t 10 Min.l Kon-
ff
0,25
t 20 „ 1 trolle
V, 1 ccm
1 ccm
0,15
0,5
0 . B.
dgl.
0,5 „
0,5
t 24 Std.
ft
0,5 „
0,4
t 24 „
•
1 ccm
0,05
0,5
0 . B.
ft
0,5 „
0,5
0 . B.
ft
.
0,3 „
0,5
0 . B.
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Beitrage zur Kenntnis von Organextraktgiften usw.
47
No. 3. Den 2 Kaninchen (A und B) warden je 20 ccm Bouillon 3 Tage
hintereinander intraperitoneal injiziert.
Ektrakt
Serum
bei 37® C
Dosis
Keeultat
aktiv
inaktiv
0,25
t 2 Min.l Kon-
.
.
•
0,25
t 3 „ / troUe
V, 1 ccm
eigenes 1 ccm
,
1 Std.
0,45
0 . B.
dgl.
dgL
.
II
0,35
o. B.
eigen. 1 ccm
If
0,25
t 2 Min.
eigen. 0,5 ccm
II 0,5 ,,
fl
0,5
0 . B.
„ 0,2 „
II 0,8 „
0,25
t 1 Min.
’1
„ 0,2 .,
Kaninchen A
II 0,8 „
fl
0,15
t 3 „
»
0,2 ccm
eigen. 0,8 ccm
II
0,25
schwer erkrankt,
erholt
•
If
Kaninchen B
dgl.
If
0,15
0 . B.
0,2 ccm
eigen. 0 8 ccm
If
0,25
0 . B.
9)
If
dgl.
If
0,25
0 . B.
Kaninchen
Komplement
vor
1 nach
A
0,1
0,05
B
0,25
0,01
Es kann also durch Bouilloninjektion die entgiftende
Substanz mit dem Komplemente schritthaltend in die H5he
getrieben werden.
XXIX. Wirkung von Sohilddrusenfutterung auf Komplement
and entgiftende Substanz.
M Q11 e r und F a s s i n baben zutage gefordert, daB durch
Fiitterung von Schilddrtlsensubstanz auch Komplenaentver-
mehrung resultiert, und nachdem M fl 11 e r den bei der Thyreoid-
ektomie eintretenden Komplementschwund durch Schilddrflsen-
behandlung verhindern konnte, ist die innige Beziehung
zwischen beiden um so eklatanter erwiesen.
Einem Kaninchen (K. G. 2580) wurde 1 g Schilddriisenpulver (Glan-
dulae thyreoideae siccae Parke Davis & Co.) mit Futter gut gemischt
5 Tage hintereinander gegeben. Am 6. Tage nahm das Edrpergewicht bis
auf 2100 g ab. Unruhe, Palpitation und leichte Diarrhoe deutlich. Am
selben Tage Blutentnahme.
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
48
Tsuneo Sakamoto,
Digitized by
TabeUe XLIII.
Elxtrakt
Serum
Komplement
Dosia
Res ul tat
vor
nach
vor
nach
'U
0,25
t lOMin.lKon-
,
,
0,25
t 20 „ Jtrolle
V. 1 ccm
1 ccm
0,25
0,75
0 . B.
dgL
dgl.
025
,
0,5
0 . B.
0,5 ccm
0,25
0,3
t 1 Min.
dgL
,
0,25
0,2
t 2 „
1,0 ccm
0,15
0,7
0 . B.
0,5 „
0,15
0,5
0 . B.
0,5 „
0,15
0,25
0 . B.
0.3 „
0,15
0,5
t 1 Min.
0,3 „
•
0,15
0,25
t 3 „
Dem 2. Kaninchen (K. G. 2570) wurde 1 g Schilddriiaenpulver jedeii
Tag 6 Tage lang gegeben. Am 7. Tage Blutentnahme. K. G. 1800.
Hjrperthyreoidismus deutlich.
Extrakt
Serum
Komplement
Doeis
Resultat
vor
nach
vor
nach
V*
0,25
t 10 Min.l Kon-
0,25
+ 20 „ 1 troUe
1 ccm
1,0 ccm
0,3
0,7
0 . B.
dgL
0,5 „
0,3
0,5
t 24 Std.
0,5 „
0,3
0,4
t 24 „
1,0 ccm
0,2
0,7
0 . B.
0,5 „
0,2
0,5
0 . B.
■
0,5 „
•
0,2
0,25
0 . B.
Also auch bei der Darreichung von Schilddrllsensubstanz
geht die Koraplementzunahrae mit der Verraehrung der ent-
giftenden Substanz Hand in Hand.
XXX. Wirkong von Piloksirpin auf Eomplement und ent-
giftende Substanz.
L11 d k e berichtete 1905, daB er in einigen Fallen
durch subkutane Pilokarpininjektionen eine gewisse ErhOhung
des Komplementvorrats bei Kaninchen zu veranlassen ver-
mochte, Ich babe den EinfluB, den die Pilokarpineinspritzung
auf Kompleraent und entgiftende Substanz ausiibt, unter-
sucht.
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAI6N
Beitrage zur Kenntnis von Organextraktgiften usw.
49
Tabelle XLIV.
a S
S.*!
O'
=|S-
Da""
U)
a
s
S
2 B i
|a5
to ^
Hamolyse
bei 37 ® C in
► t> 3
IS-IS
iQ
O'
S'-i
Da
III
« • a
J4 B S
£ ,
“’“ll
Hamolyse
bei 37 ® C in
0,3
0,2
0,1
0,08
0,05
0.03
0,3
0,2
0,1
0,08
0,05
0,03
No. 1.
Vor der Injektion
0,5 i 0,5
30 Min. kompl.
1 Std. inkompl.
2 „ fast kpl.
2 „ inkompl.
2 „ spurw. +
2 „ -
V, Std. nach Imektion von 1 ccm
einer 2-proz. FilokarpinlOsung
0,3
0,2
0,1
0,08
0,05
0,03
0,5
0,5
25 Min. kompl
1 Std. kompl.
2 „ kompL
2 „ fast Iqpl.
2 „ inkompl.
2 „ spurw. +
No. 2.
Vor der Injektion
0,5
0,5
ft
ff
})
ft
ti
tt
>1
ft
Jf
tt
20 Min. kompl.
30 ,. inkompl.
1 Std.
2 „ „
2 „ „
2 —
Std. nach Injektion von 1 com
einer 2-proz. FilokarpinlOsung
0,3
0,2
0,1
0,08
0,05
0,03
0 ,
0 ,
15 Min. kompl.
30 ,, „
1 Std.
2 „ „
2 „ inkompl.
2 „ „
Eztrakt
Serum
Dosis
ccm
Res ul tat
vor
nach
v*
it
•
•
0,25
0,15
V, 1 ccm
Iccm (No.l)
0,5
t 5 Std.
dgL
dgl.
0,45
0 . B.
tt
Iccm (No.l)
0,5
t 10 Std.
dgl.
0,45
0 . B.
tt
1 ccm (Na 2)
,
0,5
t 1 Std.
tt
dgl.
0,5
etwas, erholt
tt
Iccm (No.2)
0,5
0 . B.
tt
•
dgl.
0,5
0 . B.
Ich konnte eine Steigerung des Komplementgehaltes nach
der Pilokarpininjektion bei Kaninchen konstatieren, jedoch
war dieselbe entgegen den Angaben von LQdke, wie
L. Mailer schon bemerkt hat, ganz gering. Auch die ent-
giftende Fahigkeit scheint sich nach der Pilokarpineinspritzung
etwas gesteigert zu haben.
ZdUchr. f. ImmuniUiUfonchuDg. Orig. Bd. 32. 4
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
50
Tsuneo Sakamoto,
Digitized by
•yxxT. Komplexe Konstitution der entgiftenden Substanz.
Nach den vorstehend mitgeteilten Versuchen ist die ent-
giftende Substanz gegen Organgifte allem Anschein nach eine
Art Komplement.
Wie zuerst Ferrata 1907 gezeigt hat, gelingt ee, durch Entfernung
tier Globulinfraktion aus dem MeerBchweinchenserum mittela Dialyse
12 Eomponeoten des Komplements nachzuweisen. Im nachsten Jahre
kamen Sachs und Altmann durch die Salzsaurefallung zu denselben
Keaultaten. Auch spater (1911) vermochte Liefmann durch Kohlen-
siiurefallung das Serum der Komplementfunktion zu berauben. Diese
wichtige Feststellung hat inzwischen eine vielseitige Bestatigung erfahren
(Liefmann und Cohn, Liefmann und Stutzer, Marks, Braun,
Sachs und Bolkowska, Landsteiner, Hecker, Amako, Friede-
maun u. a.) und zwar zuerst durch die Arbeiten von Brand imd
Hecker, sowie Sachs wurden viele unklare Punkte in bezug auf das
Komplement rasch aufgeklart.
Wenn also meine entgiftende Substanz wirklich eine Art
Komplement ware, so miifite sie auch diese allgemeine Eigen-
schaft des Komplements zeigen. Das Ergebnis der Spaltung
der Komplemententwicklung mittels der verschiedenen Me-
thoden kann von nicht immer prazisierbaren UmstSuden be-
einfluBt werden und daher variieren. Besonders scheint dies
bei dem Dialyseverfahren der Fall zu sein. Hier gelingt einer-
seits die Trennung nicht mit der wunschenswerten Regel-
maBigkeit, und es kann sogar vorkommen, wie Neufeld und
Handel beschreiben, daB nach Entfernung des Niederschlags
iiberhaupt keine wesentliche Abnahme der Komplement-
wirkung in der Fliissigkeit resultiert. Andererseits kann unter
Umstanden wahrend der 24-stQndigen Dialyse bereits eine
Inaktivierung der Komplemente eingetreten sein, wie es
Tsurusaki bei Normalhamolysinen (Hundeserum und Ziegen-
serum) fand. Deshalb habe ich vom Dialysierverfahren ganz-
lich abgesehen und nur die beiden flbrigen Methoden benutzt.
1) Salzsaurefallung von Sachs und Altmann.
Danach werden 1,0 ccm Serum mit 8,2 ccm V 300 n-Salzsaurelosung
(in Aq. dest.) 1 Stunde bei Zimmertemperatur digeriert und sodann zen-
trifugiert. Der Niederschlag wird mit Aq. dest. mehrmals gewascheu. Der
Abgufi wird durch Zusatz von 0,8 ccm einer Vjo n-Natronlaugel 6 sung
(in 10-proz. Kochsalzldsung) neutralisiert und im Faust-Heimschen
.Vpparate verdampft.
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
fieitrage zur Kenntnis von Organextraktgiften usw.
51
2) Kohlensaurefallung nach Liefmann.
Man verdiinnt 1,0 ccm Serum mit 4 com destillierten Wassers, leitet
etwa 30—40 Minuten einen Eohlensaurestrora vom Kippschen Apparate
dorch, bis eine intensive Niederschlagbildung entstanden ist, und zentri-
fugiert Der Niederschlag wird mit destilliertem Wasser gewaschen und
aufbewahrt. Der AbguB (entsprechend 5-fach verdiinntem Serum) wird
ebenfalls im Faust-Heimschen Apparat getrocknet.
Wie alle Autoren (Ferrata,Brand, Sk wirsky, Besse-
mans, Marks, Omorokow, Friedemann, Mutermilch,
Hosier u. a.) einstimmig anerkennen, ist die Albuminfraktion
thermolabil. Aus diesem Grunde muB man beim Verdampfen
derselben im Faust-Heimschen Apparate hohe Temperatur
vermeiden. Ich uberschritt nie eine Temperatur von 40® C.
Die Globulin- und auch Albuminfraktion wurden im ursprflng-
lichen Volum (1,0 ccm) Ringerscher Lbsung gelost und auf
ihre entgiftende Funktion gegeniiber Organextrakt geprflft.
Vor der Spaltung in die beiden Fraktionen wurde immer
die entgiftende Fkhigkeit des Serums bestimmt.
Tabelle XLV.
Salzsaurefallun g.
Extrakt
Serum
Glo¬
bulin
Albu¬
min
Glob.
+Alb.
Dosis
Besultat
No. 1.
1 ccm
dgl.
»
iy
ff
1 ccm
yy
1 ccm
yy
1 ccm
yy
1 ccm
yy
0,25
0,25
0,5
0,5
0,3
0.25
0,3
0,25
0,25
0,25
t 2 Std. 1 KontroUe
0 . B.
0 . B.
f 30 Min.
t 1 Std.
t 40 Min.
t 1 Std.
t 5 „
t 3 „
No. 2.
*/.
V.
,
0,25
t
V 4
0,25
t
1 ccm
1 ccm
0,5
0 .
<lgl.
yy
,
0,5
0 .
jy
1 ccm
0,3
yy
yy
0,25
yy
1 ccm
0,3
yy
yy
0,25
yy
.
1 ccm
0,25
yy
•
yy
0,25
1 8td. \
30 Min./
B.
B.
30 Min.
1,5 Std.
10 Min.
1 Std.
3 „
5 „
KontroUe
4*
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
52
Tsuueo Sakamoto,
Digitized by
Tabelle XLVI.
Kohlensaurefallung.
Extrakt
Serum
Glo¬
bulin
Resultat
No. 1.
1
V, 1 com
dgl.
0,25
,
0,25
1 com
0,5
0,45
1 com
0,25
0,25
1 com
0,25
ft
0,25
1 com
0,25
0,25
No. 2.
v,
I
, 1 com
dgl.
t 2 Std.
t 30 Min.
0 . B.
0 . B.
EontroUe
30 Min.
20
1 SM.
40 Min.
6 Std.
7
0,25
0,25
1 com
0,5
tf
0,5
1 com
0,3
19
0,25
1 com
0,3
91
0,25
1 com
0,25
.
99
0,25
t 2
t 3
0 . B.
Min.
EontroUe
B.
5 Min.
2 Std.
10 Min.
1 Std.
3 „
5 „
Die aus obigen Versuchsreihen zn ziehenden SchlQsse
lassen sich dahin zusammenfassen, dafi einzelne Fraktionen
des Serums allein keine entgiftende Funktion auf Organextrakte
ausiiben, und wenn auch das Gemisch der gespaltenen zwei
Fraktionen im Vergleich zu dem nativen Serum bedeutend
an entgiftender Kraft verloren hat, so kann es doch bis zu
einem gewissen Grade seine entgiftende Fahigkeit reprodu-
zieren. Die Ursache des teilweisen Verlorengehens der ent-
giftenden Fahigkeit laBt sich darin sehen, daB es bei der Be-
handlung mit SalzsSure oder KohlensSure und bei der Ver-
dampfung im Faustschen Apparat in gewissem Sinne trotz
sorgfaitigster Handhabung gesch&digt wird. Dies beweist auch
die Tatsache, daB die Wiederherstellung der entgiftenden
Ffihigkeit bei Salzsaurefilllung weit unvollkommener als bei
Kohlens&uref^llung ist. Wie aus obigem ersichtlich ist, ist
die entgiftende Substanz des Serums auch in der Konstitution
dem Koraplement ganz ahnlich.
Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Beitrage zur Eenntnis von Organextraktgiften usw. 5S
XXXn. Entgiftende Fahigkeit der Leber.
Neben den verschiedenen Funktionen der Leber kennen
wir auch entgiftende Funktionen derselben.
Eine Beihe von Intoxikationen, n^lich die Alkalosis oder Fleisch-
intoxikation, die glykoprive Intoxikation und die Azidoeis wissen wir auf
eine unrichtige Tatigkeit der Leber zurdckzufiihren. Dafi auch korper-
fremde und protoplasmaschadigende Substanzen von dem Protoplasma der
Leberzellen verankert werden konnen oder aber auch teilweise mit dem
Bekret der Leber, der Galle in unschadlicherer Form wieder ausgeschieden
werden, ist eine schon von alien Forschem anerkannte Tatsache. Das gilt
z. B. fur die Schwermetalle, wie Eisen, Kupfer, Quecksilber, Arsen, die alle
zum Teil in der Leber aufgespeichert werden konnen, ferner fiir Alkaloide
und Qifte, wie Nikotin, Strychnin, Hyoszin, Morphin, Chinin. Daher
erklart sich auch z. B. der Eisen reichtum der Leber bei Prozessen, die mit
ausgedehntem Hamoglobinzerfall im ESrper einhergehen. Auch die Tat¬
sache, dafi Gifte viel heftiger wirken, wenn sie in die Korpervenen injiziert
werden als von der Pfortader aus, steht damit im ursachhchen Zusammen-
hang. Im Gegenteil spielt die Leber nach den Untersuchungen von
Friedberger und Seelig fiir die Bildung des hamolytischen Frosch-
giftes eine wesentliche Rolle. Beim Organgifte haben Roger und Josue
entdeckt, dafi die letale Dose des Organextraktes oder selbst eine etwas
dariiber hinausgehende Quantitiit desselben, wenn in die Pfortader injiziert,
nicht den Tod verursachen kann, d. h. dafi die Leber entgiftende Fahigkeit
auf Organextrakte besitzt. Kato hat diese Versuche nachgepruft, kam
aber zu ganz entgegengesetztem Besultate.
Ich stellte abermals dieselben Versuche an. Die Kaninchen
gingen bei Injektion der letalen Dose des Organextraktes zu-
grunde, gleichgflltig, ob die Injektion in die Pfortader oder
in die Ohrvenen vorgenommen worden war. Wenngleich also
die Leber ffir Organextrakte keine neutralisierende Fahigkeit
zu haben scheint, so raOchte ich doch annehmen, daU bei ge-
nilgend langer BerQhrung des Extraktes mit den lebenden
Leberzellen die entgiftende Funktion derselben zutage treten
kann. Zu diesem Zwecke habe ich mich der Durchspfllungs-
raethode der iiberlebenden Leber bedient. Ich habe den
Kaninchen die Leber ganz nach dem von F. Muller im
Handbuch der biochemischen Arbeitsraethoden genau an-
gegebenen Verfahren herausgeschnitten. Als Durchspfllungs-
apparate habe ich das von Yamakawa konstruierte System
und die von Mizuki geistreich ersonnene Pumpe benutzt.
Betreffs Einzelheiten dieser Apparate sei auf die „Mitteilungen der
Medizinischen Gesellschaft zu Tokyo", Bd. 32, No. 14, 1918, verwiesen.
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
54
Tsuueo Sakamoto,
Digitized by
TabeUe XLVU.
Extrakt vor der Durchspulung
. Extrakt nach der Durchspulung
Dosis
Besultat |
Doeis
Besultat
No. 1. Das 4-fach verdiinnte Kanincheolungenextrakt wurde 2 Stunden
lang durch die eigene Leber geleitet.
0,3
1 t 30 Sek.
0,3
t 1 Min.
0,25
1 t 1 Min.
0,25
t 3 „
0,2
1 t 5 Std.
0,2
t 10 Std.
No. 2. Das 4-fach verdunnte Extrakt wurde 1 Stunde lang durch die
eigene Leber geleitet.
0,5
1 t 3 Std.
0,5
t 2 Std.
0,35
I t 5 „
0,35
t 4 „
0,25
1 t 6 „
0,25
t4 „
N 0 . 3. Das 4-fach verdiinnte Extrakt wurde 1 Stunde lang durchgespult.
0,5
t 30 Sek.
0,5
t 1 jMm.
0,35
t 1 Min.
0,35
t2 „
0,25
t 1 ,,
0,25
t3 „
N-Gehalt des Extraktes
vor der Durchspulung
0,1409 g/dl
nach der Durchspiiluiig
0,1615 g/dl
Wenngleich das Extrakt nach der Durchspfllung sich
deutlich kldrt, so nimmt trotzdem sein N-Gehalt merklich zu.
Aus dieser Versuchsreihe kann man sicher schlieBen: die
Leber besitzt keine entgiftende Funktion gegeniiber Organ-
extrakten und, wie die relative Ungiftigkeit der Leber schon
zeigt, kommt der Leber fur die Bildung des Organextraktes
keine Rolle zu.
XXXin. Vielheit der Eomplemente.
Aus den bisher erwkhnten Experimenten ist es klar, dafi die
entgiftende Substanz des Serums hochstwahrscheinlich eine Art
Komplement ist und mit dera hamolytischen Koraplement Hand
in Hand geht. Aber die beiden Substanzen sind tatsSchlich
verschieden voneinander und nicht scheinbar differente, aber
in Wirklichkeit einheitliche Substanzen. Es kann zwar ab
und zu vorkommen, daB eine und dieselbe Substanz, von ihren
zwei verschiedenen Wirkungsweisen betrachtet, den Eindruck
zweier verschiedener Stolfe macht. DaB aber dies in meinem
Origioai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
BeitrSge zur KenntniB von Organextraktgiften usw.
55
Fall nicht zutrilft, tun die bisher gewonnenen Tatsachen ein-
stimmig dar.
Die Frage, ob die verschiedenartigen Komplementwirkungen, welche
ein und dasselbe Serum ausiiben kann, durch einheitliches Substrat oder
durch eine Vielbeit von reagierenden Bestandteilen auBgeiibt werden, ist
viel diskutiert. Wiihrend noch die franzosiache Schule und einige andere
Autoren, besonders Bordet, Gruber, Wilde, Gay und Ayer im An-
Bchluti an Buchner auf unitaristischen Ansichten in bezug auf das Kom-
plement hartnackig verharren, wurden verschiedenartige Beweisfuhrungen von
der Pluralitat des hamolytischen Eomplements von der deutschen Schule
wie Ehrlich und Morgenroth, Neisser und Doring, Liidke,
Schattenfroh, Marshall und Morgenroth, Ehrlich und Sachs,
Wendelstadt und Sachs etc. durch geistreich ersonnene Experimente in
eleganter Weise geliefert. Die Anschauung von der Einheitlichkeit dee
Alexins ist prinzipiell auch von Metschnikoff aufgegeben worden, indem
er zwischen hamolytischen und bakteriziden Eomplementen imterscheidet.
Levaditi und R6my stehen auch auf analogem Standpunkte. Ebenso
ist es Wechsberg, Wassermann, R6my, Pirenne, Buxton,
Vedder, Neufeld und Handel, Nissen, Bail, M. Neisser,
Ottolenghi und Mori etc. gegliickt, durch thermische Einfliisse, Fil¬
tration, spezifische Absorption, chemische Einwirkungen u. a. das bakteri-
zide Komplement vom hamolytischen zu differenzieren.
Die Diskussion hat noch nicht zu einer endgiiltigen Ent-
scheidung gefflhrt. Nach alledem wird man heute mit der
Vielheit der Komplemente stets rechnen und sie als einen
wichtigen Faktor bei der Beurteilung von Versuchsbefunden
betrachten mflssen. Wie bereits oben wiederholt betont wurde,
zeigt die entgiftende Substanz zwar einerseits zweifellos ihre
Komplementnatur, aber andererseits mit gleicher Sicherheit
die vbllige Verschiedenheit von dem hamolytischen Kom¬
plement. Meine Resultate haben in dieser Beziehung auch
fur die Vielheit der Komplemente einen Beweis erbracht.
XXXIV. Wesen der Entgiftung.
An dieser Stelle durfte es angebracht sein, des Wesens
der entgiftenden Substanz Erwahnung zu tun.
Wenn artfremdes Eiweifi, sei es ungeformt, sei es geformt, in den
Kbrper gelangt, so erfolgen, wie wir wissen, Umlagerungen, die wohl dem
Bestreben, den FremdkOrper auszuschalten, ihre Entstehung verdanken.
Die so entstehenden Korper sind spezifisch, d. h. sie richten sich nur
gegen die Eiweifiart, durch die sie hervorgerufen sind. Es bildet sich also
gegcn den Fremdstoff ein Gegenstoff, „Antik6rper“. Man sah ihn bisher
Digitized
Origioai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
56
Tsuneo Sakamoto
Digitized by
vor allem ala Antieiweifik&rper an, von der Vorauasetzung auagehend, daS
ea daa Eiweifi iat, daa den Antikdrper erzeugt. Neuere Verauche zeigten
aber, da6 daa Eiweifi ala AntikorperbUdner keine Einzelatellung einnimmt.
Much und Kleinachmidt konnten zeigen, daO bei Leprakranken Anti-
korper gegen Neutralfett erzeugt werden konnen. Und ea folgte nun eine
groSe Reihe von Arbeiten, die dieae Mdglichkeit beatatigen. Auch von
Kohlehydraten wurde ahnlichea von Weinlan d entdeckt und nachher von
Abderhalden und Kumagai etc. beatatigt.
Bei Organextrakten aber haben achon Dold und Ogata gezeigt,
daS ea nicht gelingt, aua ihnen durch Behandlung mit Aether daa giftige
Prinzip zu extrahieren. Auch haben, wie achon gezeigt, die konstant oder
gelegentlich im Blute auftretenden Zuckerarten, Glukoae, Maltoee, Saccha-
roae, Laktoae, Starke etc. keinen Zuaammenhang mit dem Organextrakte.
Schliefilich handelt ea aich, wie bereita manche Autoren geaagt haben, beitn
Organextrakte nur um Eiweifi und seine Abbauprodukte.
Nun hat aich neuerdinga herausgeatellt, daQ Zellen dea eigenen
Kdrpera, wenn aie in den Kreialauf gelangen (daa Eracheinen der Chorion-
zotten in der Schwangerachaft wurde von Schmorl, Veit und Scholten
aowie Wei chard t und R. Freund aichergeatellt), gleichfalla die Bildung
von Antikorpern hervorrufen konnen.
Ebenao kann diea nach Wolff-Eianer, Pfeiffer u. a. durch Hoden-
Bubatanz, Leber, Niere, Gehirn, Linaen und anderea deraelben Tierart ge-
achehen, wahrend Friedberger und Goretti die gegenteilige Meinung
vertreten.
Die Lunge derselben Tierart bedeutet natOrlich nichts
Artfremdes, aber sie bedeutet doch etwas Fremdes im Blut-
kreislaufe, also etwas Blutfremdes und kann, ins Blut ge-
langend, den Zustand stSren. Es kann sich hierbei ebenso-
wohl um die korpereigenen Zellen als auch um Stoffe de«
kbrpereigenen Stoffwechsels abnormer oder selbst normaler
Natur handeln. Die Abbauprodukte haben im allgemeinen
noch eine Eigenart und lassen damit die Blutfremdheit er-
kennen. Es ist vQllig gleichgiiltig, ob in die Blutbahn etwa
Stoffe von Polypeptidnatur gelangen, die von korperfremdem
Eiweifi stammen oder von korpereigenem: sie sind stets Fremd-
korper, die Reize ausiiben, und miissen Antikorper hervorrufen.
Es ist wohl nicht verfehlt, anzunehmen, daU, wie schon
Dold angedeutet hat, die Bildung und Ausscheidung der
Lungenextrakte in vivo in gewisser Menge in der Art einer
inneren Sekretion erfolgen kann. Demzufolge mtissen natiir-
lich Antikorper dagegen erzeugt werden. Sie konnen ganz
verschiedenartig sein, wie PrSzipitin, Agglutinin etc. Aber in
meinem Entgiftungsfalle kommen nur folgende zwei in Be-
Google
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Beitr^e zur Kenntnia von Organextraktgiften usw.
57
tracht: einerseits Ambozeptor mit Komplement (Immunkorper)
und andererseits Abderhaldensche Abwehrfermente. Nach
der Abderhaldenschen Ansicht erzeugt blutfremdes EiweiB
nicht nur ImmunkSrper (Ambozeptor und Komplement), son-
dern vor allem Fermente, die den Fremdstoff tiefgreifend ab-
znbauen vermogen. Aber andererseits besteht die gegenteilige
Meinung, daB es vielleicht gar keine Fermente, sondern nur
Wirkungen oder Nebenwirkungen des Immunkorpers sind
(Much). Abderhalden bebauptet zwar, daB das Blutserum
unter normalen Verhaitnissen keine verdauende Kraft fur zu-
sammengesetzte Verbindungen besitzt. Er erkennt aber auch
an, daB das durch 60 Minuten langes ErwSrmen auf 57® C
inaktivierte Serum durch Zusatz normalen Tierserums reakti-
viert wird und vermutet, daB ein Aktivator im normalen
Serum enthalten sei. Diese Tatsache spricht meiner Meinung
nach eher fflr Immunkorper als fiir Fermente und kanu da-
durch ganz leicht, ohne einen etwas gezwungenen Aktivator
anzunehmen, erklart werden. Kurz gesagt, ist es noch nicht
entschieden, ob es sich hierbei tatsBchlich urn eine Immun-
korperwirkung handelt. Obwohl ich aus .allerwahrschein-
lichsten Begrflndungen, wie schon vielfach untersucht, nur die
Beziehungen zwischen der entgiftenden Substanz und dem
Komplemente des Serums studiert und mich uberzeugt habe,
daB das Komplement auch einen Teil der entgiftenden Sub¬
stanz darstellt, so halte ich es doch hier fflr angebracht, sich
zu vergewissern, daB die Immunkflrper, nicht aber Abwehr¬
fermente, in der Tat das wirksame Prinzip bei der Ent-
giftung sind.
Wie schon konstatiert, wird die entgiftende Fflhigkeit des
Serums durch halbstflndiges Erwflrmen auf 56° C inaktiviert.
Auch die Abwehrfermente gehen nach Abderhalden durch
30 Minuten (besser durch 60 Minuten) langes Erwflrmen auf
56—58° C verloren. Daher kann man nicht nur aus ther-
mischen Verhaitnissen sicher schlieBen, ob Immunkorper oder
Abwehrfermente in meinem Falle die Hauptrolle spielen. Urn
dies zu entscheiden, mflssen folgende Punkte berflcksichtigt
werden:
1) Wenn das Tier untertodliche Menge von Organgiften
intravenfls bekommt und diese ohne Hindernis flberstanden
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
58
Tsuneo Sakamoto,
hat, so vertragt das Tier wfthrend der nSchsten 24 Stunden
mehr als die letale Dose derselben oder anderer Organgifte.
Dieser Zustand warde schon von manchen Forschern aner-
kannt und Tachyphylaxie (Champy und Gley), Skeptophylaxie
(Lambert und Bouin), Tachysynethe (Roger) etc. genannt.
Ich babe aucb, wie aus nachstebendem ersichtlich ist, diese
merkwiirdige Tatsache wahrgenommen:
Tabelle XLVIII.
Extrakt
Dosis ccm
1 Beaultat
V orversuch:
V 4 (Lunge)
0,25
t 2 Min.
dgl.
0,15
schwerst, erholt
V 4 (/lere)
0,4
t 1 Min.
dgl.
0,25
etwas, erholt
7 « (G^irn)
0,25
t 10 Sek,
dgL
0,15
schwer, erholt
‘/4 (Leber)
0,5
t 3 Min.
dgL ,
0,25
0 . B.
*/4 (Muekel)
0,5 1
t 30 Sek.
dgl.
0,25
0 . B.
Hauptversuch:
1) V 4 (Lunge)
1
0,1 1
etwas, erholt
nach 1 Stunde
dgl.
1
0,5 i
0 . B.
2) V 4 (Lunge)
1
0,15 1
schwer, erholt
nach 2 Stunden
dgl.
1
0,5 1
etwas, erholt
3) V 4 (Gehirn)
1
0,1 1
etwas, erholt
nach 1 Stunde
V 4 (Lunge)
1
0,5 1
0 . B.
4) '/4 (Niere)
1
0,25 1
0 . B.
nach 2 Stunden
V« (Lunge)
1
0,5 1
0 . B.
5) V 4 (Leber)
1
0,25 1
0 . B.
nach 3 Stunden
'/« (Lunge)
1
0,35 1
0 . B.
6 ) V 4 (Lunge)
1
0,15 1
schwerst, erholt
nach liber 24 Stunden
dgl.
1
0,25 1
t 3 Min.
7) V 4 (Lunge)
1
0,1 1
0 . B.
nach
ca. 30 Stunden
dgl-
1
0,3 1
t 40 Sek.
b) V 4 (Muskel)
1
0,25 !
0 . B.
nach iiber 24 Stunden
_ 'U (Lunge)
1
0,25 1
t 1 Min.
9) ’/, (Leber)
1
0,3 1
etwas. erholt
nach iiber 24 Stunden
(Lunge)
1
0,25 1
4 Min.
Digitized by 'gle
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Beitrfige zur KeontniB von Organextraktgiften ubw.
59
Dafi der Komplementgehalt bei Tachyphylaxie, wie bei
Anaphylaxie, deutlich abgenommen hat, ist auch eine von
vielen Seiten anerkannte Tatsache. Wenn man diese Punkte
in Betracbt zieht, so kann man die Tachyphylaxie, ganz khn-
lich wie die Anaphylaxie, durch die Immunkbrpertheorie ganz
leicht erkiaren. Wenn aber die wirksame Substanz im Serum
ein Abwehrferraent ware, so mflUte der tachyphylaktische Zu-
stand erst 24 Stunden nach der Extraktinjektion auftreten
und ca. 3 Wochen lang erhalten bleiben, weil die Abwehr-
fermente, wie Abderhalden bemerkt hat, intravends inji-
ziert, erst 24 Stunden danach voll zur Geltung kommen und
zuweilen bis zu 3 Wochen nach der Injektion noch deutlich
festgestellt werden. Aber es ist hier nicht der Fall, sondern
eher ganz umgekehrt.
2) Als Abwehrfermente im Serum kdnnen nur Esterasen,
Karbohydrasen, Proteasen und Peptasen auftreten, Aber, wie
schon erwShnt, ist es bereits von Bold und Ogata erwiesen,
daB Stherlosliche Substanzen im Serum in keiner Beziehung
zum Organgifte stehen. Auch habe ich verschiedene Kohle-
hydrate ganz ungiftig gefunden. Daher kdnnen nur die letzten
zwei, Proteasen und Peptasen, als Abwehrfermente in diesem
Falle in Betracht kommen. Wenn dies wirklich der Fall ist,
so stdBt man sogleich auf die Schwierigkeiten, die sich in
ihrem VerhSltnis zur Temperatur auBern. Wahrend die Abder-
haldenschen Abwehrfermente durch einstundiges Erwarmen
auf 57® C verloren gehen, wird das Trypsin erst durch 75®
bis 80® C, die Leukoprotease bei Temperaturen fiber 75® C
langsam (die beiden sind Proteasen), und die Peptasen bei
75® C vernichtet. Also auch von diesem Punkte aus ist es
klar, daB die Abwehrfermente in meinem Falle nicht in Be¬
tracht kommen konnen,
3) Eine wiederholt diskutierte Frage in der Iinmunlehre
ist der Chemismus (Vorgang oder ProzeB), welcher bei der
Immunkfirperreaktion sich abspielt. Jedenfalls aber darf man
die Funktion der Immunkfirper, insbesondere Hamolysine,
wohl nicht als einen Akt proteolytischer Verdaung im engeren
Sinne auffassen, wie das von Buchner und Oppenheimer
angenommen wurde, denn es tritt Hamolyse ein, ohne daB
die Stromata schwinden, und der Nachweis von Verdauungs-
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
60
Tsuneo Sakamoto,
produkten im hkmolysierten Blut ist Nolf nicht gelungeo.
Auch Ohta gibt an, daB eine nachweisbare Proteolyse parallel
mit der spezifischen Hkmolyse nicht zur Beobachtung gelangt.
Aber ganz anders bei den Abwehrfermenten. Wenn die Fer-
mente mit den betreffenden EiweiBarten zusammengebracht
werden, so beginnt sofort die Proteolyse, und nach einem ge-
wissen Zeitraume muB sich eine gewisse Menge von EiweiB-
abbauprodukten vorfinden. Wenn daher die Entgiftung des
Organextraktes durch Serum wirklich durch die Abwehrfermente
desselben bewirkt wflrde, so mflBte das Extraktserumgemisch
nach einstflndigem Digerieren im Brutofen viele EiweiBabbau-
produkte—Reststickstoflf enthalten.
Ich habe nach StrauBscher Methylalkoholmethode Rest-
stickstoif direkt nach der Herstellung des Gemisches und nach
einstiindiger Digerierung im Brutofen gemessen und fand
folgende Zahlenwerte:
TabeUe XLIX.
Sofort nach der Mischung j Nach 1 Std. bei 37*
r. Reststick- 1) 0,00G071 g/dl ! 1) 0,005604 g/dl
stoff 2) 0,007005 g/dl 2) 0,005004 g/dl
U. dgl. 1) 0,007135 g/dl i 1) 0,006983 g/dl
2) 0,007621 g;dl 2) 0,007251 g/dl
Also kann man keine nachweisbare Zunahme des Rest-
stickstoffs nach einstiindiger Digerierung feststellen. Es ist
schon von Bostock nachgewiesen, daB die Autolyse auch
nicht sofort, wenn man das Organ herausnimmt und anti-
septisch sich selbst iiberlaBt, beginnt. Es muB nach dem
Tode der Zelle immer erst eine gewisse Zeit (einige Stunden)
vergehen, ehe die Autolyse anfangt, und dann verlauft sie
auch erst recht langsam und erreicht ihr Maximum in zirka
48 Stunden. Meine Resultate stimmen mit dieser Angabe
vollkominen iiberein.
Wie aus obigem ersichtlich, spielt die Proteolyse bei der
Entgiftung des Organextraktes durch Serum keine Rolle und
der ganze Vorgang muB auf die ImmunkOrperreaktion zurflck-
gefiihrt werden.
Bei Betrachtung der Tatsache, daB die in vivo inner-
seketorisch ausgeschiedenen Organextrakte durch die damit
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Beitrage zur Kenutnis von Organextraktgifteu ubw.
61
im urs&chlichen Zusammenhange stehenden Ambozeptor und
Komplemente neutralisiert werden kdanea, kann man nicht
umhin, sich zu verwundern, wie fein und groBartig die Natur
alles teleologisch angeordnet hat.
XXXV. ZasammenfasBung.
Die Ergebnisse der bisher angestellten Versuche lassen
sich kurz dahin zusammenfassen;
1) Unter den verschiedenen Organen liefert die Lunge das
giftigste Extrakt.
2) Die Giftigkeit des Lungenextraktes wird durch Er-
hitzung auf 100° C erst nach 2 Stunden vernichtet, dagegen
bei 38° C erst nach 10 Stunden.
3) Das Extrakt ist nur ein paar Tage haltbar, selbst wenn
es im Eisschrank aufbewahrt wird. Toluol schiitzt das Ex¬
trakt merklich vor Verlorengehen der Giftigkeit.
4) Das Extrakt wird durch Filtration durch Berkefeldfilter
Oder durch Schfltteln mit Kaolin Oder Tierkohle nur wenig,
aber gar nicht durch EiereiweiBlosung, seiner Giftigkeit be-
raubt.
5) Die Giftigkeit des Organextraktes wird durch Zusatz
normalen frischen Serums vSllig neutralisiert. Aber das durch
Erwfirmen auf 56° C inaktivierte Serum verliert sogleich die
entgiftende Fahigkeit. Auch ist diese Eigenschaft an Starke
individuell verschieden.
6) Zur Entgiftung des Extraktes durch frisches Serum
ist gewisse Zeit notig. Das Extrakt-Serumgemisch ist gleich
nach der Herstellung recht giftig, aber wird nach einstflndigem
Digeriren im Brutofen ungiftig.
7) Zur Entgiftung des Extraktes braucht es auch gewisse
Warme. Die Entgiftung durch frisches Serum wird bei 0° C
nie bewerkstelligt.
8) Das Extrakt wird durch das eigene Serum am besten
entgiftet.
9) Die entgiftende Fahigkeit der artfremden Sera steht
weit hinter der der arteigenen.
10) Die Entgiftung durch eigenes Serum kann nicht durch
Adsorption erklart werden.
Digitized by Google
Origioai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
62
Tsuneo Sakamoto,
Digitized by
11) Das Extrakt kann ganz gleich wie Organzellen hamo-
lytisches Kompleinent aufnehmen,
12) Die entgiftende Substanz kann durch Aceton, Alkoho!
und Aether nicht extrahiert werden.
13) Das entgiftende Prinzip ist nicht dialysabel.
14) Die Eohlehydrate haben keinen Zusammenhang mit
der entgiftenden Ftlhigkeit des Serums.
15) Die Leukocyten vermSgen weder in vitro noch in vivo
das Extrakt zu entgiften.
16) Zwischen dem hSmolytischen Komplement und der
entgiftenden Substanz des Serums besteht keine direkte Be-
ziehung.
17) Die entgiftende Substanz ist wie das hSmolytische
Komplement ein labiler Stoff.
18) Die entgiftende Fahigkeit des Serums wird durch
folgende Verfahren abgeschwScht:
in vitro
a) Filtration durch Berkefeldfilter,
b) Schutteln mit Kaolin,
c) „ „ Kasein,
d) „ „ Cholesterin,
e) „ „ Tierkohle,
f) „ „ Aethyiather.
g) Bestrahlung mit ultravioletten Strahlen;
in vivo
a) Glykogen,
b) Wittepepton,
c) Hunger,
d) Phosphor.
Bei obigen Verfahren geht das hSmolytische Komplement
meistens mit der entgiftenden FShigkeit des Serums parallel,
aber beim Hunger wird das erstere bei weitem deutlicher als
die letztere beeinfluBt.
19) Die entgiftende Kraft wird durch folgende Prozedureii
gesteigert:
a) Bouilloninjektion,
b) Schilddrusenfiitterung,
c) Pilokarpininjektion.
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Beitrage zur Eenotnis von Organextraktgiften new.
63
20) Die entgifteude Substanz des Serums kann durch
SalzsSure- und KohlensSurefailung in Globulin- und Albumin-
fraktion geteilt werden.
21) Die Leber hat keine Fahigkeit, das Extrakt zu ent-
giften.
22) Das hSmolytische Komplement und die entgiftende
Substanz gehen meistcns parallel, aber stellen nicht dieselbe
Substanz dar. Somit wurde ein Beweis fiir die Vielheit der
Komplemente durch meine Versuche geliefert.
23) Bei der Entgiftung des Organextraktes spielen die
ImmunkSrper, aber nicht die Abderhaldenschen Abwehrfermente
eine Rolle.
Zum SchluS sei mir gestattet, Herrn Prof. Dr. T. Irieawa fiir aeine
freundliche Anregung und Leitung bei der Ausfiihrung der Arbeit er-
gebensten Dank darzubringen.
XXXVI. Literatnr.
1) 8. Abelin und 0. Stiner, Zeitachr. f. Immunitatsf., Bd. 19, No. 1,
und Bd. 20, 1913, 1914.
2) H. Nakano und T. Kagawa, Jap. Zeitschr. £. Dermat. u. Urolog.,
Bd. 15, 1915, No. 6.
3) Ej. Brand, Berl. klin. Wochenschr., 1907, No. 34.
4) H. V. Tappeiner, Berichte d. Deutschen Chem. (Jesellschaft, Jahrg. 36,
1903, H. 12.
5) Ph. Green, Transact, of the Royal Soc. of London, Vol. 188, 1897.
6 ) C. Oppenheimer, Die Ferraente u. ihre Wirkungen, 4. Aufl., 1913.
7) T. Kagawa, Festschr. gewidmet Prof. K. Dohi zu seinem 25-jahr.
Doktorjubil., 1917.
8 ) H. Roger und O. Josu^, C. r. soc. bioL, 1, 1906.
9) Th. Brugsch und A. Schittenhelm, Techn. d. spez. klin. Unter-
suchungsmethoden, 2. Teil, 1914.
10) D. Ottolenghi imd H. Mori, Centralbl. f. Bakt. etc., 1. Abt.
Orig. Bd. 38.
11) E. Abderhalden, Abwehrfermente, 4. Aufl., 1914.
12) H. StrauB, Deutsches Arch. f. klin. Med., Bd. 106, 1912.
13) H. Dold, Zeitschr. f. Immunitatsf., Bd. 10, 1911.
14) — Deutsche med. Wochenschr., 1911, No. 36.
15) — und 8. Ogate, Zeitschr. f. Immunitatsf., Bd. 16, 1913.
16) A. Diastaso, Zeitschr. f. Immunitatsf., Bd. 16, 1913.
17) G. Izar, Zeitschr. f. Immunitatsf., Bd. 16, 1913.
18) 8. Ichikawa, Zeitschr. f. Immunitatsf., Bd. 18, 1913.
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
64
Tsuneo Bakanioto,
Digitized by
19) E. Fischer, Zeitschr. f. Immunitatef., Bd. 18, 1913.
20) H. Dold und H. Kodama, Zeitschr. f. Immunitatsf., Bd. 18, 1913.
21) 0. StenStrom, Zeitschr. f. Immunitatsf., Bd. 8, 1911.
22) M. Massone, Berl. klin. Wochenschr., 1911, No. 52.
23) G. Izar und C. Pa tan 6, Zeitschr. f. Immunitatsf., Bd. 14, 1912.
24) — und A. Fagiuoli, Zeitschr. f. Immunitatsf., Bd. 13, 1912.
25) E. Wolf, Zeitschr. f. Immunitatsl, Bd 18, 1913.
26) S. Mancini, Bioch. Zeitschr., Bd. 26, 1910.
27) Aronson, Berl. klin. Wochenschr., 1912, No. 6.
28) P. Muller, Centralbl. f. Bakt., 1. Abt., Orig., Bd 29, 1901.
29) G. Lefmann, Hofmeisters Beitrage, Bd. 9, 1906.
30) D. Ottolenghi und N. Mori, C^tralbl. f. Bakt, 1. Abt, Orig.,
Bd. 38, 1905.
31) B. Kraus und L. Levaditi, Handbuch d. Technik n. Methodik d.
Immunitiitsforschung, 2. Aufl., 1909.
32) E. Neisser und H. Doering, Berl. klin. Wochenschr., 1901, No 22.
33) K. Landsteiner und R. Stankovic, Centralbl. f. Bakt., 1. Abt
Bd. 41, 1906.
34) -Centralbl. f. Bakt., 1. Abt Bd. 42, 1906.
35) — und E. Ulirz, Centralbl. f. Bakt., 1. Abt, Bd. 40, 1906.
36) A. Wassermann und J. Citron, Zeitschr. f. exp. Path. u. Ther.,
Bd. 4, 1907.
37) Wendelstadt, Centralbl. f. Bakt, 1. Abt, Orig., Bd. 34, 1903.
38) H. Liidke, Munch, med. Wochenschr., 1905, No 43.
39) G. V. Bergmann und E. Savini, Zeitschr. f. exp. Path. u. Ther.,
Bd. 4, 1907.
40) E. Hoke, Centralbl. f. Bakt, Bd. 34, 1913.
41) Brieger und Uhlenhuth, Deutsche med. Wochenschr., 1898, No. 10.
42) H. Dold, Berl. klin. Wochenschr., 1912, No. 49.
43) L. Popielski, Zeitschr. f. Immunitatsf., Bd. 18, 1913.
44) W. Kolle und H. Hetsch, Die experimentelle Bakteriologie usw.,
4. Aufl., 1916.
45) W. Kolle und A. Wassermann, Handbuch d. pathog. Mikro-
organismen, 2. Aufl., 1913.
46) M. Gruber und K. Futaki, Miinch. med. Wochenschr., 1906, No. 6.
47) -Munch, med. Wochenschr., 1907, No. 6.
48) -Deutsche med. Wochenschr., 1907, No. 39.
49) L. Miillcr, Centralbl. f. Bakt, 1. Abt, Orig., Bd. 50, 1909.
50) - Centralbl. f. Bakt, 1. Abt, Orig., Bd. 57, 1911.
51) P. Kyes und H. Sachs, Berl. klin. Wochenschr., 1903, No. 2, 3, 4.
52) J. Kiss, Zeitschr. f. Immunitatsf. Bd. 3, 1909.
53) — Zeitschr. f. Immunitatsf., Bd. 4, 1910.
54) H. Much, Die Immunitatswissenschaft, 2. Aufl. 1914.
55) A. Ferrata, Berl. klin. Wochenschr., 1907, No. 13.
56) H. Sachs und Altman n, Handbuch von Kolle-Wassermann, Bd. 2
2. Aufl., 1913.
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Beitrage zur Kenntnis von Organextraktgiften usw.
65
57) H. Liefraann, Berl. klin. Wochenschr., 1911, No. 37
58) — und M. Cohn , Zeitechr. f. Immunitatsf., Bd. 6, 7 u. 8, 1910—1911.
59) — und M. Stutzer, Berl. klin. Wochenschr., 1910, No. 42.
60) K. Marks, Zcitschr. f. Immunitatsf., Bd. 11, 1911.
61) Braun, Bioch. Zeitschr., Bd 31, 1911.
62) K. Landsteiner, Zeitschr. f. Immunitatsf., Bd. 9, 1911.
63) H. Sachs und G. Bolkowska, Zeitschr. f. Immunitiitsf., Bd. 7,1910.
64) Heeker, Arb. a. d. Inst. f. exp. Ther. zu Frankfurt a. M., 1907.
65) U. Friedemann, Zeitschr. f. Hyg., Bd. 67, 1910.
66 ) T. Amako, Zeitschr. f. Immunitiitsf., Bd. 8, 1911.
67) M. Goto, Kyoto Igaku Zassi, Bd. 13, 1916, H. 1.
68 ) Y. Yoshimura, Nippon Biseibutsugakukai Zassi, Bd. 2, 1915.
69) E. Ichikawa, Tohoku Igaku Zassi, Bd. 2, 1917.
70) — ebenda, Bd. 3, 1918.
71) — ebenda, Bd. 4, 1919.
72) K. Obata, Tokyo Igakukai Zassi, Bd. 30, 1916.
73) E. Arima, ebenda.
74) M. Goto, Kyoto Igaku Zassi, Bd. 13, 1916, H. 3.
75) H. Do Id und 8. Ogata, Zeitschr. f. Immunitatsf., Bd. 14, 1912.
76) L. H. Gutmann, Zeitschr. f. Immunit&tsf., Bd. 19, 1913.
77) F. Schenk, Zeitschr. f. Immunitiitsf., Bd. 22, 1914.
78) H. Bitz, Zeitschr. f. Immunitatsf., Bd 12, 1912.
79) W. H. Thompson, Journ. of Physiol., Vol. 24, 1899.
80) 8. Ogata, Nippon Byorigakukai Kaishi, Bd. 1915.
81) M. Inoki, Nippon Biseibutsugakukai Zassi, Bd. 5, 1917.
82) M. Inoki, ebenda, Bd. 6, 1918.
83) J. Veit, Berl. klin. Wochenschr., 1902, No. 22 und 23.
84) R. Scholten und J. Veit, Zeitschr. f. Geb. u. Gyn., Bd. 49, 1903.
85) E. Friedberger und S. Ichikawa, Verhandlungen der 7. Tagung
der Freien Vereinigung fiir Mikrobiologie in Berlin, Centralbl. f. Bakt.,
1. Abt., Ref., Bd. 57, 1913.
86 ) — Verhandlungen der Berl. mikrobiol. Gesellschaft vom 12. Dez. 1912,
Berl. klin. Wochenschr., 1913, No. 2.
87) — und P. Salecker, Zeitschr. f. Immunitiitsf., Bd. 11, 1911.
88 ) — und E. Putter, Zeitschr. f. Immunitatsf., Bd. 30, 1920.
89) — und A. Seelig, Centralbl. f. Bakt, 1. Abt, Orig., Bd. 46, 1908.
90) — und G. Goretti, Zeitschr. f. Immunit&tsf., Bd. 21, 1914.
4
ZetUchr. f. ImmualUtsforechung;. One* Bd. 32.
5
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
66
Ad. Lindenberg und Bruno Rangel Pestana,
Digitized by
Naehdruek verboten.
Cheinothorapeiitischc Versuche mlt Fetten an Eiilturen
sSurefestcr Bacilien.
Von
Dr. Ad. Lindenberg, und Bruno Rangel Pestana,
Professor fiir Dermatologie Assistent am Bakteriolog. Institut
SSo Paulo SSo Paulo, Brasilien.
(Eing^angen bei der Rcdaktion am 26. November 1920.)
Einleitun g.
Die wohlbekannte spezifische Wirkung des Chaulinoograoles
auf Lepra hat uns veranlaBt, die Wirkung der Fette auf
sSurefeste Bacilien zu priifen.
Ohne die ganze Geschichte dieses sehr umfangreichen
Gegenstandes zu wiederholen, mOchten wir nur die Arbeiten
von Hallopeau, DuCastel, Neumann, Rille, Dyer,
Dubreuilh, Jeanselme, Brocq, Kupffer, D6nitz
erwShnen und folgende vier naher erSrtern:
Unna war der erste, der ChaulmoograSl als spezifisches
Mittel gegen Lepra angesprochen hat. Tourtoulis-Bey hat
als erster empfohlen, das Oel zu injizieren; Engel-Bey hat
das Antileprol eingefiihrt, welches ein Abkomraling des Chaul-
moogradles ist.
Heiser hat Einspritzungen von ChaulmoograSl in Ver-
bindung mit Kampferol und Resorcin vorgeschlagen. Unsere
eigene Erfahrung mit diesen verschiedenen Praparaten griindet
sich auf eine Serie von inehr als 100 klinisch sicheren Lepra-
failen, bei welchen das Oel in den verschiedensten Formen
und Methoden zur Verwendung gekommen ist.
Das am meisten verwendete PrSparat war das Anti¬
leprol, ein Aethylester der Fettsauren des Oeles. Es wurde
per os und in Form subkutaner Injektionen angewandt. Trotz-
dem es besser vertragen wurde als das ChaulmoograSi, ist
es doch nichl jedem Patienten gleich gut bekommen. Die
mit Antileprol erzielten Ergebnisse haben uns iiberzeugt, dad
das Chaulmoograol, dessen Derivat es ist, ein vorzflgliches
Mittel gegen Lepra ist.
Origiuai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Chemotherap. Vers, mit Fetten an Kulturen siiurefester Bacillen. 07
Die Versuche von Heiser und Mercado auf den Philip-
pinischen Inseln mit ihrer Kesorcinol-Mischung sind anch sehr
iiberzeugend, trotzdem diese nicht so rein ist wie das Anti-
leprol, sondern ein Gemenge dieses Oeles mit Resorcin und
Karapfer. Wir haben Gelegenheit gehabt, es in einer Reihe
von Fallen mit sehr gutem Resultat zu priifen. Seine Vor-
ziige in Vergleich zu Antileprol sind, dafi es als Einspritzung
besser vertragen wird und weniger kostpielig ist.
Wie kann man es erkiaren, daU die Lepra noch immer
fQr eine unheilbare Krankheit gilt, wenn die spezifische
Wirkung des ChaulmoograSles so klar zu erkennen ist?
Erstens, ist die Toleranz des Patienten fflr das Oel sehr
verschieden. Per os kSnnen nur sehr wenige dieses Mittel
in genflgend groBer Dosis nehmen. Selbst wenn eine gewisse
Toleranz vorhanden ist, wird sie nach einiger Zeit aufhoren,
und der Kranke weigert sich, das Mittel iBnger zu nehmen. —
Die subkutanen und intramuskuiaren Injektionen sind schmerz-
haft und verursachen oft Infiltrationen, die so langsam re-
sorbiert werden, daB der Patient gezwungen ist, die Behand-
lung fflr einige Zeit aufzugeben.
Zweitens ist es wegen der Faischungen mit anderen Oelen
in Indien schwer, ein reines PrRparat zu erhalten. In der
medizinischen Literatur findet man keine chemische Cha-
rakterisierung des reinen ChaulmoograSles. Dieselbe Un-
gewiBheit herrscht hinsichtlich seines Ursprunges. Einige
Autoren behaupten, daB es von Gynocardia odorata, andere,
daTl es von Taraktogenus Kurzii Oder Hydrocarpus stammt.
Die Produkte, die verkauft werden, sind entweder fest Oder
flfissig. — Mit so wenig positiven Kenntnissen ist es schwer,
eine wohldefinierte Substanz zu erhalten, mit der man syste-
matische Untersuchungen anstellen kann, aus welchen auch
Schlflsse gezogen werden diirfen.
Dieser Umstand erklSrt auch die Abweichung in den Be-
funden der meisten Autoren auf diesem Gebiet.
Ueberzeugt von der Spezihzitat des Chaulmoograoles
gegen Lepra, haben wir eine Reihe von Versuchen unter-
nommen, urn diese Schwierigkeiten zu beheben, die der
dauernden und erfolgreichen Anwendung dieser Substanz im
Wege standen.
5*
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
68
Ad. Lindenberg und Bruno Rangel Pestana,
Digitized by
Unsere Arbeit, obzwar sie lange gedauert bat, hat tins
nicht zu endgiiltigen Schlussen gefuhrt. Einige sehr inter-
essante Tatsachen, welche wir im Laufe unserer Versuche
festgestellt haben, batten uns gezwungen, von unserein ur-
sprflnglichen Programm abzuweichen. Neuc Tatsachen, trotz-
deni sie im anfanglichen Plan unserer Arbeit nicht auf-
genoinmen worden sind, sind interessant genug, urn jetzt
verbtfentlicht zu werden, in der Hoffnung, daB ihre Kenntnis
zu anderen niitzlichen Untersuchungen fuhren wird. Spater
werden wir selbslandigere Ergebnisse veroffentlichen, wenn
wir unsere Versuche, die wir zu unterbrecheu genotigt waren,
zu Ende fuhren konnen.
Versuche miteinerEmulsion vonChaulmoograol.
Wir haben diese Emulsion angewandt in dem Gedanken,
ein PrSparat fur intravenose Injektion zu erhalten und so
die Toleranz des Kranken und die Wirksamkeit der Arznei
zu vergroBern. Zu einer 2V2-proz. LSsung von Chaulmoogra-
blseife wurde ein gleiches Volum des urspriinglichen Chaul-
moograoles zugefflgt, und zwar in kleinen Portionen, wfihrend
das Gemenge kraftig geschiittelt wurde. Dann wurde das
Ganze mit gleichem Volum destillierten Wassers verdiinnt,
durch Berkefeld - Filter filtriert und im Autoklaven sterili-
siert. Wir haben auf diese Weise eine stabile Emulsion er¬
halten, welche sich unter dem Miskroskop als vollkommen
einheitlich zeigte, bestehend aus Teilchen, die kleiner waren
als die gewShnlichen Eiterkokken. 2 ccm von dieser Emul¬
sion wurden schlieBlich intravenos bei einem Kaninchen an¬
gewandt und sehr gut vertragen. Die folgenden Fhlle sind
mit dieser Emulsion behandelt worden.
Fall I. A. U., Italieuer, 30 Jahre alt. Lepra maculosa
anaesthetica. Rote, hervorstehende Flecken auf dem Gesicht
und im Ellbogen mit Unempfindlichkeit. Aehnliche Flecken
auf Knocheln und Beinen mit Anasthesie nur in der Mitte
der Hautveranderung. Die erste Injektion am 18. Juli. Von
da an tagliche Injektionen mit zunehmender Dosis bis zum
31. Oktober; da hat der Kranke 11 ccm bekommen. Die
ganze injizierte Menge bis zu jenem Tage war 470 ccm. Die
Flecken begannen schnell zu schwinden. Der Patient be-
klagte sich iiber Schwiiche. Die Behandlung wurde mit der-
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Cheniotherap. Vers, mit Fetten an Kulturen saurefester Bacillen. 69
selben Menge bis zuin 13. Dezember fortgesetzt. Die Flecken
sind fast verschwunden. Von diesem Tage an wurde die
Dosis verringert bis zu 4 ccm, und jeden zweiten Tag in-
jiziert. Bis zuni 13. April wurden 830 ccm injiziert. Seit
diesem Zeitpunkt sind alle Flecken verschwunden, ebenso die
Uneinpfindlichkeit der Arme und Beine. Auf dem Gesichte
hielt die Unempfindlichkeit in der Mitte der Flecken an.
Fall II. U. D., Italiener, 35 Jahre alt, Lepra tuberosa.
Schwerer Fall. Nephritis. Die erste Injektion von 2 ccm am
13. Dezember. Kopfschmerzen nach der Injektion. Die zweite
Injektion von 1 ccm hat er gut vertragen. Die folgende Dosis
von 2 ccm hat Kopf- und RQckenschmerzen verursacht. Der
Patient war bis zum 29. Mai behandelt worden. Die ganze
Menge der injizierten Substanz betrug 45 ccm. '
Keine Aenderung an den Flecken.
Fall III. A. G., 16 Jahre alt, Lepra tuberosa. Kleine
Lepraknoten auf dem Gesicht und ein mandelgroCer am Kinn.
Am 2. Dezember erste Injektion von 2 ccm, welche Menge
bis zum 6. Januar bis auf 7 ccm vergroBert wurde. Zu
dieser Zeit batten wir bemerkt, daH die Venen, die bei diesem
Patienten sehr fein waren, anzuschwellen begannen. Wegen
dieser voriibergehenden Phlebitis wurde die Behandlung Qfters
unterbrochen. Bis zum 29. Mai hat der Patient 210 ccm iii-
travenSs erhalten.
Der groBe Knoten im Gesicht ist kleiner geworden und
iiberragt kaum noch die normale Haut. Die Wirkung der
Behandlung war in diesem Fall ganz auffallend.
Fall IV. A. R., Brasilianer, 19 Jahre alt. Lepra mixta.
Facies leontina. GroBer Lepraknoten am Kinn und auf der
Stirn, Atrophie der Interossei, Kontraktur der Finger, Klauen-
hande. GroBe pigmentierte und unempfindliche Flecke auf
dem Arm. Am 18. Juli bekam er eine intravenbse Injektion
von 1 ccm, und diese Dosis wurde dann taglich vergroBert
bis auf 10 ccm. Der Patient hat bis zum 12. Oktober 477 ccm
bekommen. Die Gesichtshaut ist weicher geworden. Die
Finger sind schon etwas beweglich. Bis zum 30. November
war die Dosis auf 14 ccm erhoht worden. Kopfschmerzen.
Die Injektion auf 10 ccm verringert und jeden zweiten Tag
gegeben. Der Patient hat bis zum 19. April 1911 ccm be¬
kommen. Die Besserung war ganz auffallend. Der Knoten am
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
70
Ad. Lindenberg und Bruno Rangel Pestana
Digitized by
Kinn ist gSnzlich verschwunden; auf der Stirne sind sie viel
kleiner geworden, die Flecken auf dem Arm viel blasser. Der
Patient kann alle seine Finger bewegen, aber noch nicht normal.
Diese wenigen Falle, trotzdem sie nicht vollkommen sind,
erlaubten uns folgende Schlflsse zu ziehen:
1) Das Oel, welches wir benutzt haben, und das wir aus
London unter dem Namen Taraktogenus Kurzii Ibezogen haben,
isf das ursprungliche Chaulmoograol, was auch daraus her-
vorgeht, dad die drei Patienten, die es in geniigend grofier
Dosis erhalten haben, gute Besserung gezeigt haben.
2) Wir haben in der Emulsion eine ueue Art der Dar-
reichung, die besser vertragen wird und vielleicht auch wirk-
samer ist.
Versuche mit den FettsSuren des Chaul-
moogrables.
Nachdem wir eine Zeitlang mit der Emulsion des Oeles
gearbeitet hatten, bemerkten wir, dad die Filtrate der Emul¬
sion manchmal voneinander abwichen. Je langer wir Berke-
feld - Filter benutzten um so klarer wurden unsere sonst
unter gleichen Bedingungen zubereiteten Losungen. Wir unter-
suchten den freien Fettgehalt des Filtrates und haben nur
4 Proz. gefunden, wahrend die ersten Filtrate 7,7 Proz. ent-
hielten. Es war klar, dad der grodte Teil des Oeles durch
das Filter absorbiert wurde und nicht in das Filtrat gelangte.
Da die ersten Filtrate dieselbe therapeutische Wirkung hatten,
und nur der Seifengehalt der Emulsion konstant blieb, zogen
wir den Schlud, dad der Seifengehalt (Natriumsalz der Fett-
saure) der wirksamste Teil der Emulsion war.
Um diese Annahme zu bestatigen, mudten wir nur unsere
friiheren Versuche mit Antileprol betrachten.
Dieses ist, wie erwahnt, ein Aethylester der Saure des
ChaulmoograSles, und da der Aethylalkohol keine Wirkung
hat, bleiben nur die Sauren als die einzig wirksamen Be-
standteile des Oeles iibrig.
Da die Sauren viel leichter zu behandein sind, und die
Dosierung besser zu kontrollieren ist als bei den emulgierten
Fetten, haben wir unsere Versuche mit Fettsauren fortgesetzt,
indem wir sie, wie iiblich, verseift und die Saure durch Salz-
saure freigemacht haben.
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Chemotherap. Vers, mit Fetten an Kulturen saurefester Bacillen. 71
Da wir echtes Chaulmoograol batten, war unser erstes
Bestreben, gewisse Cbarakteristika festzulegen, die es er-
mSglicben, jederzeit seine Ecbtbeit nacbzuweisen.
Viele Forscber baben versucbt, diese Frage mit cbe-
miscben Metboden zu losen, obne daB sie zu einem be-
friedigenden ^hluB gekommen wMren; insbesondere ist es eine
Streitfrage, als was das ecbte Cbaulmoograol aufzufassen ist.
Wir baben an eine biologiscbe Kennzeicbnung gedacbt.
Zweitens wollten wir eine experimentelle Erkltlrung fflr
die interessante Tatsacbe finden, daB es gegen Lepra eine
spezifiscbe Wirkung besitzt.
Wir baben ein wirksames tberapeutiscbes Mittel gegen
eine infektiose Krankbeit in der Hand, deren Erreger wir
kennen; und daraus kann gefolgert werden, daB die Ursacbe
der beilenden Wirkung in der cbemiscben Einwirkung der
FettsBure des Cbaulmoograoles auf die Leprabacillen bestebt.
Wir baben angenommen, daB darin die Ursacben unserer
Heilerfolge mit dem Oel lagen.
Bei der Priifung der direkten Wirkung der Fettskuren
auf den Bacillus sind wir auf groBe Scbwierigkeiten gestoBen,
denn trotz der Bemflbungen von Kedrowski, Clegg,
Duval, Reenstjerna u. a. ist es nocb nicbt gelungen,
eine Kultur des Bacillus von Hansen zu erbalten.
Wir wissen aber, daB cbemotberapeutiscbe Produkte immer
auf dieselben Gruppen der Mikroorganismen einwirken, so
z. B. Salvarsan auf samtlicbe SpirocbSten, Antimon auf Try¬
panosomiasis und Leisbmaniosis. Daber entscblossen wir uns,
in Ermangelung von Leprabacillen-Reinkulturen unserer Cbaul-
moogradl-Fettsauren an anderen saurefesten Bacillen zu er-
proben. Wir baben zu diesem Zwecke folgende bekannten
patbogenen und sapropbytiscben saurefesten Bacillen benutzt:
Tbc. bumana, Tbc. aviaria. Bacillus butyricus. Bacillus timotbee.
Bacillus pseudo-tbc. Fiscber, Bacillus Duval, Bacillus Lom-
barda, Streptotbrix Deycke.
Verfabr en.
Das Oel wurde verseift, und die gesamten FettsSuren wurden
durcb Ansauern mit SalzsBure abgetrennt: 1 g der SSure wurde
mit Soda neutralralisiert und die Losung mit destilliertem Wasser
auf 100 ccm aufgefiillt. So batten wir eine Losung, die genau
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
72
Ad. Lindenberg und Bruno Rangel Pestana
Digitized by
1 Proz. Saure entbielt^). Diese l-proz. Losung wurde im
Autoklaven griindlich sterilisiert und in absteigender Menge
zu Robrcben mit 5-proz. Glyzerin-Bouillon zugefiigt. Dann
baben wir jedes RSbrcben, das dasselbe Volum (10 ccm) ent-
bielt, aber von verscbiedenem Fettsauregebalt war, mit gleicben
Mengen einer bomogenen Suspension der BaciUen geimpft.
Zu jedem Experiment baben wir drei Kontrollen ge-
macbt, eine fur das Medium, eine fiir die SaurelSsung und
eine fiir die Kultur.
Wabrend in den ersten und letzten Robrcben das Wacbs-
tum der Bacillen augenscbeinlicb war, bat in dem Robrcben
mit der Saurelosung kein Wacbstum stattgefunden.
Wir sind uns dessen bewuBt, daB man mit dieser ein-
facben Metbode nicbt den absoluten antiseptiscben Wert einer
Substanz mit der Sicberbeit nacbweisen kann, die bei
bygieniscben Prozessen verlangt wird. Aber dies war aucb
nicbt unsere Absicbt. Wir wollten nur die relative bakterizide
Wirksamkeit des Cbaulmoogrables auf verscbiedene saurefeste
Bacillen im Gegensatz zu nicbtsaurefesten Keimen zeigen.
Koch hat es zuerst nachgewiesen, und Behring hat
es bestatigt, daB Kaliumaurocyanid die Substanz ist, die das
Wacbstum der Tuberkelbacillen in groBter Verdiinnung ver-
hindert, namlich in einer Verdiinnung von Vi-soooooo- Auf
diese auffallende Tatsache waren die Versuche von Bruck,
SpieB und Feldt, die lokale Tuberkulose, und zu einem
gewissen Grad aucb die Versuche von Gensaboro Koga
in Japan Tuberkulose und Lepra mit Cyanobindungon (Cyano-
cuprol) zu behandeln, gegriindet. In unseren Untersuchungen
die Metbode von Koch benutzend, wiederholten wir seine
klassischen Versuche mit Kaliumaurocyanid. Wir baben sie im
Zusammenhang mit unseren Praparaten oft wiederholt um
vergleichbare Resultate zu erhalten.
Wir konnten beweisen, daB dieses Aurocyanid in der
oben erwahnten Verdiinnung imstande war, nicbt nur das
Wacbstum der Tuberkelbacillen, sondern aucb anderer patho-
gener und saprophytischer sSurefester Bacillen zu verhindern.
Es ist bekannt, daB es bei diesen Versuchen sowobl
auf die Verdiinnung des antiseptiscben Mittels, wie aucb
1) Manchmal war eine lO-proz. Losung notig.
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Chemotherap. Vers, mit Fetten an Kulturen siiurefester Bacillen. 73
auf die Menge der geimpften Keime und das Alter der Kul¬
turen ankommt. Je jOnger die Kulturen und je grSBer die
Zahl der in den RShrchen eingefiihrten Bacillen sind, um so
starker muB die antiseptische Losung sein, uin das Wachs-
tum zu verhindern. Aus diesem Grunde konnen die Re-
sultate eines Experimentes nicht mit denen eines anderen
unter verschiedenen Umstanden gemachten verglichen werden.
Aber nehmen wir den einen Versuch, wo dieselben Impfungen
mit denselben Kulturen, mit denselben Keimmengen gemacht
worden sind, so konnen wir diese einzelnen Rohrchen unter-
einander vergleichen.
1. Versuch.
The. aviaria.
1/
.1000
t/
/r>ooo
1 /
'10000
'/{OOOO
' 150000
W
/100000
1/
/lOOOOO
1/
/fiOOOOO
V1000000
/aoooooo
Fettsauren des
Taraktogenus
Kurzii
0
0
0
0
0
0
0
0
-i-
Es ist aus vorstehender Tabelle ersichtlich, daB die Fett-
sauren des ChaulmoograSles von Taraktogenus Kurzii im-
stande sind, das Wachstum der Bacillen von Tbc. aviaria in
einer Verdilnnung von Vdooooo zu verhindern.
2. Versuch.
Tbc. aviaria.
/ 1000
1/
'5000
V 10000
t/
/aoooo
Vooooo
1 /
/ 100000
Vsooooo
500000 1 V lOOOOOO J V >000000
1/
/ 6000000
Siiure .des
1 1
Tar. Kurzii
0
0
0
0
0
0
0
0 j -p 1 -p
+
Phenol
0
+
+
+
+
+
+
-1- + ' +
+
Trikresol
0
0
0
0
+
+
+
+ 1 + 1 +
+
Resorcin
+
-t-
-f-
-f
+
+
+
-1- + +
+
Kalium-
aurocyanid
0
0
0
0
0
0
0
o
o
o
+
Weiter ist die antiseptische Wirkung des Taraktogenus
Kurzii in dieser Tabelle mit anderen antiseptischen Mitteln,
wie die Gruppe der Phenole und Kaliumaurocyanid verglichen
worden. Sie iibersteigt in hohem MaBe die Wirkung der
Phenole (25mal aktiver als Trikresol und 50mal aktiver als
Phenol), aber sie ist 4mal weniger wirksam als Kalium¬
aurocyanid. Das Verhaltnis letzterer stimmt mit der Be-
stimmung von Koch mit Tuberkelbacillen uberein und be-
trkgt Vjoooooo*
Digitized by Google
Origiaai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
74
Ad. Lindenbcrg und Bruno Rangel Pestana,
Digitized by
3. Versuch.
Fettsauren des Taraktogenus Kurzii.
Viooo
VlOOOO
1/ 1
/lOOO'l 1
'/ !
'50000 1
1/ I
/100000;
VjOOOOO
1/
/500000
Vioooooo
Tbc. aviaria
0
0
0
0
0
0
0
+
Tbc. humana
0
0
0
0
0
0
+
+
B. butyricuB
0
0
0
0
0
0
+
+
B. Duval
0
0
0
0
0
0
0
+
B. timothee
0
0
0
0
0
0
+
+
Streptothrix Devcke
0
0
0
0
0
+
+
+
Pseudotbc. Fischer
0
0
0
0
0
+
+
+
B. Lombarda
0
0
0
0
+
+
+
+
Hier sehen wir die spezifische Wirkung des Taraktogenus
Kurzii auf Tbc. aviaria und andere saurefeste Bacillen. Es
soli auch hier festgelegt werden, daB es auf pathogene und
saprophytische Arten dieselbe Wirkung ausiibt. Diese Tatsache
scheint mit deni Grade der SSurefestigkeit zusammenzuhangen.
Bacillus Fischer und Bacillus Lombarda sind, da sie nicht
sehr saurefest sind, sehr widerstandsfShig gegen das Oel; mit
anderen Worten: je mehr saurefest, desto weniger widerstands-
fahig gegen das Oel.
Diese Versuche sind ofters mit demselben Resultat
wiederholt worden. Manchmal, wenn die Losung alter und
die urspriingliche Kultur jiinger war, und die Impfung aus
groBerer Menge von Keimen bestand, haben wir eine Hemmung
bei einer V 200000 Verdiinnung bekommen, anstatt bei Vdoocoo-
4. Versuch.
Fettsauren von Taraktogenus Kurzii.
1/
/lOO
1/ 1
/1000|
‘/ '
/OOOOj
1/
'10000
Vjoooo
1/
1 '60000
/ lOOOOO
V?ooooo
'/sooooo
It/ •
1 /lOOOOOO
Tbc. aviaria
0
0
0
0
0
0
0
0
+
+
Tbc. humana
0
0
0
0
0
0
0
+
+
+
B. butyricus
0
0
0
0
0
1 0
0
0
+
+
B. Duval
Streptothrix
0
0
0
0
0
0
0
+
+
+
Deycke
0
0
0
0
0
0
0
+
+
+
B. timothee
0
0
0
0
0
0
0
4-
+
+
B. Fischer
0
0
0
0
0
0
+
+
+
+
B. Lombarda
Streptothrix
0
0
0
0
0 1
1 1
‘ 0
1
+
+
+
+
Eppinger
0
1 0
0
0
! + 1
+
+
+
+
+
B. anthracis
0
0
+
+
+
+
+
+
+
+
B. subtiiis
Staphylococ-
0
i 0
+
+
+
+
+
+
+
+
cus aureus
+
+
+
, +
+
-f j
+
+
+
B. typhosus
+
+
+
I +
+
+
+
+
+
+
B.Friedlander
+
+
+
1 +
+
+
“h
+
+
+
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Chemotherap. Vere. mit Fetten an Kulturen saurefester Bacillen. 75
Dieser Versuch beweist nicht nur die Affinitat des Tarakto-
genus Kurzii ftir die saurefesten Bacillen, sondern auch, daB
diese Affinitat spezifisch ist, denn es liat wenig Oder gar keinen
EinfluB auf nichtsaurefeste Bakterien.
Darum kann die wachstumhindernde Wirkung der Substanz
nicht als eine gewohnliche Seifenwirkung gedeutet werden.
Es ist ferner bekannt, daB die antiseptische Wirkung der ge-
wbhnlichen Seifen gering ist. Urn die obigen Ergebnisse zu
bestarken, haben wir folgende Versuche mit anderen Anti-
septicis geinacht.
5. Versuch.
V.oo
1/ 1
llOOO
V 5000
' 1' 1
^10000 1
1 ‘/ '
1 /&()000
lOOOOO
Vsoo.oo 1
1/
/600000
Staphylococcus aureus.
Taraktogenus Kurzii
, +
+ !
+ 1
+ 1
+
+
+ !
+
Phenol
0
+ i
+
+ 1
+
+
+
+
Trikresol
0
0
+
+ 1
+ !
+
+
+
Resorcin
0
+
+
+
+
+
+
+
Kaliu raaurocvan id
, 0
0
0
0
0
0
0
+
B. typhosus.
Taraktogenus Kurzii
+
+
+
+
+ 1
+
+
+
Phenol
0
+
+
+
+
+
1 +
Trikresol
0
+
+
+
+
+
+
I +
Resorcin
0
+
+
4-
4- 1
+
+
' +
Aurocyanid
0
0
0
0
0 !
0
0
+
B. Friedlander.
Taraktogenus Kurzii
H" '
+
+
+
i +
+
: +
1 +
Phenol
0
+
+
+
1 +
+
1 +
i +
Trikresol
0
0
0
+
1 +
+
! +
1 +
Resorcin
0
+
+
+
+
+
1 +
i +
Aurocyanid
0
0
1 0
0
i 0
0
' 0
+
B.
anthracis.
Taraktogenus Kurzii
0
+
+
+
+
+
i +
1 +
Phenol
0
+
+
+
+
+
1 +
+
Trikresol
0
0
0
+
+
+
1 +
1 +
Resorcin
0
+
+
+
+
+
+
+
Aurocyanid
0
0
0
0
0
0
1 0
0
Versuche mit
anderen zur Chaulmoogragr
uppe
gehoren den Oelen.
Das in den oben beschriebenen klinischen Fallen ange-
wandte Oel war mit dem bei den Kulturversuchen gebrauchten
und in den letzten Tabellen wiedergegebenen identisch.
Digitized by Gougle
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
76
Ad. Lindenberg und Bruno Rangel Pestana
Digitized by
Daraus, tlaB die beiden dieselben Resultate geliefert haben,
haben wir geschlossen, daC wir mit dem urspriinglichen Chaul-
nioograol gearbeitet haben, und daB die Kulturmethode ge-
eignet sei, die Echtheit der Substanz praktisch festzustellen.
Um unsere Annahme zu bestatigen, haben wir dieselben
Versuche mit anderen Oelen, die auch fiir Chaulrnoograole
ausgegeben werden, wiederholt. Die SSuren wurden in der-
selben Weise isoliert, wie bei Taraktogenus Kurzii, und
folgende Experiniente gemacht.
6. Versuch.
Tuberculosis aviaria.
-
—
- -
-
*/|000
/lOOOO
1 /
/90000
Vsoooo
w
/100000
'/jooooo
*/sooooo
/l000000
Taraktogen. Kurzii
Hydrocarpus
0
0
0
0
0
0
+
+
venenata
0
0
0
0
0
+
+
+
Hydrocarpus
anthelminthica
Hydrocarpus
0
0
0
0
0
+
+
+
wightiana
0
0
0
0
+
+
+
+
Gynocardia odorata
Chaulmoograol von
0
0
0
0
0
+
+
+
Merck
0
0
0
0
0
+
+
+
Dieser Versuch, welcher wiederholt mit anderen sBure-
festen Bacillen ahnliche Resultate gegeben hat, zeigt erslens,
daB Oele von verschiedener Herkunft, aber als echte Chaul-
moograole betrachtet, eine spezifische Wirkung auf das Wachs-
tum der sSurefesten Bacillen haben und daher einen wirk-
sameren EinfluB auf die Behandlung der Lepra haben kbnnen,
zweitens, daB das Oel des Taraktogenus Kurzii wirksamer ist
als die anderen sogenannten Chaulrnoograole und von diesen
durch seine groBte Aktivitat auf die Kulturen sSurefester
Bacillen besser unterschieden werden kann als durch chemische
Oder physikalische Methoden.
Alle diese Oele stammen aus der Pflanzenfamilie Flaco-
urtiaceae. Wir haben in Brasilien eine zu dieser Farailie ge-
horende Pflanze, Carpotroche brasiliensis, deren Oel vom
V'olke gegen Hautkrankheiten benutzt wird, und eine andere
Pflanze, Bixa orellana, eine Bixacee, die den Flacourtiaceen
nahe verwandt ist. Wir haben diese Oele in folgenden Ver-
siichen gepriift:
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Chemotherap. Vers, mit Fetten an Kulturen saurefester Bacillen. 77
7. Versuch. Tuberculosis aviaria.
/iooo|
‘/ 1
1 '
/soooo
'/soooo
1V
/loooon
V 200000
»/
'600000
1/
/1000000
V
/2000000
Tarakt. Kurzii
0
0
0
0
0
0
+
+
1 “i"
Chaulmoogra
Merck
0
0
0 '
0
0
+
+
+
+
Antileprol
0
0
0
0
0
+
+
+
‘ +
Carpotroche
1 0
0
0
0
0
+
+
1 +
1 +
Bixa orellana
1 0
0
0
0
0
+
+
1 +
+
Kaliumauro-
cyanid
0
i 0
0
1
0
i 0
0
0
' 0
i
; +
Die Oele von Carpotroche und Bixa orellana sind ebenso
wirksam wie die gewohnliclien Chaulmoograolpraparate, aber
weniger als Taraktogenus Kurzii,
Aus diesem Grunde haben wir beschlossen, andere tierische
and pflanzliche Oele zu untersuchen. Gegen Tuberkulose ist
seit langer Zeit empirisch Lebertran benutzt worden. Bisher
hat keine Theorie seine Wirkung befriedigend erkiaren kbnnen.
8. Versuch. B. tuberculosis aviariae.
1
1
VlOOO
1/
1 10000
^/soooo
'/soooo
lOOOOO
VtllOOOO
1/
/500000
VlOOOOOO
Taraktogen. Kurzii
0
' 0
! 0
1 0 1
0
0
+
+
Lebertran
0
0
0
1 0
0
+
1 +
+
Fischdl des Handels
0
0
i 0
! 0
0
+
1 +
j +
Versuche mit anderen Oelen.
Nachdem wir die wachstumshindernde Fahigkeit des Leber-
trans und der Oele der Flacourtiaceae auf sSurefeste Bacillen
geprflft haben, haben wir die Untersuchung anderer Fette
bekannten Ursprunges unternommen.
Urn fflr ihre Echtheit bflrgen zu kSnnen, haben wir alle
Oele aus Saraen gewonnen.
9. Versuch. B. butyricus.
1/
/lOOO
Vsooo
V10000
h
'to* 00
1/
/60000
w
I lOOOOO
1/
/lOOOOO
1/
'500000
1/
'1000000
Taraktogen. Kurzii
0
0
0
0
0
0
0
0
+
Speck
+
+
+
+
+
+
+
+
+
Kakao
+
+
+
+
+
+
+
+
+
KokusnuS
+
+
+
+
+
+
+
+
+
ErbsennuO
+
+
+
+
+
+
+
+
+
BaumwollSl
0
0
0
0
0
0
+
+
+
Leindl
0
0
0
0
0
0
0
+
+
Sesam
0
0
0
+
+
+
+
+
+
Mohnblumol
0
0
0
0
0
0
+
+
+
Johanesia princeps
0
0
0
0
0
0
0
+
+
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Digitized by
78 Ad. Lindenberg und Bruno Rangel Pestana,
Der Versuch zeigt, daB das Verhalten der verschiedenen
P'ette gegen sSurefeste Bacillen groBe Abweichungen aufweist.
Speck, Kakao-, KokusnuB- und ErdnuBol sind wirkungslos,
Sesamol sehr wenig aktiv. Baumwollsamenol, Leinol, Mohn-
blunienol, das Oel von Johanesia princeps batten eine aus-
gesprochene Wirkung; das Oel von Taraktogenus Kurzii ist
das wirksamste von alien.
Folgende Versuche waren mit mehreren Oelen gemacht
worden. Sie wurden auf mehrere saurefeste Bacillen geprflft,
wie in alien friiheren Versuchen.
10. Versuch. Bacillus timotbee.
*/iooo
Vtoo*
*Aoooo
*/joooo
Vsoooo
1/
/lOOOOO
/gooooo
Vbooooo
Taraktogen. Kurzii
0
0
0
0
0
0
0
+
Palmenkemol
0
+
+
+
+
+
+
+
Nufiol
0
0
0
+
+
+
+
+
Rubendl
0
+
+
+
+
+
+
+
Hanf
0
0
0
0
0
+
+
+
Mais
0
0
0
0
0
+
+
+
Heliotrop
0
0
0
0
+
+
+
+
Crotonol
0
0
0
0
0
0
+
+
Castor
0
0
0
0
0
0
+
+
Olivenol
0
+
+
+
+
+
+
+
Silfies Mandeldl
0
+
+
+
+
+
+
+
In dem folgenden Versuch ist es interessant, daB das Oel
der bitteren Mandel aktiver ist als das der silBen Mandel,
obwohl alle Autoren beiden die gleiche cheniische Zusammen-
setzung zuschreiben.
11. Versuch. Bacillus Duval.
»/
/lOOO
t/
/SflOO
1/
MOOOO
*/*nooo
/Booao
1/
/100000
*/»noooo
*/sooooo
Taraktogen. Kurzii
0
0
0
0
0
0
0
+
WalniiB (Paranut)
Japanwachs
0
0
0
0
+
0
+
0
+
+
+
+
+
+
+
.latropha curcas
0
0
0
0
0
+
+
+
Kirschkernol
0
0
0
0
+
+
+
+
Bitteres Mandelol
0
0
+
+
+
+
+
+
SiiBes Mandelol
0
+
+
+
+
+
+
+
12. Versuch. Tuberculosis aviaria.
V
/lOOO
*/
/fiOOO
1 /
/10000
1 '
1 70000
1 Uoooo
1 Aooooo
/gooono
1 'liootoo
V
MOOOOOO
Taraktogen. Kurzii
0
0
0
0
i 0
' 0
1
0
0
+
Kaffee
0 1
0
0 !
0
1 0
"4*
+
+
+
Kurbissamenol
0 !
0
0 1
0
0 !
0
+
+
+
Bicuhyba
0 1
0
0 I
0
0
0
0
+
+
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Chemotherap. Vers, mit Fetten an Kulturen saurefestcr Bacillen. 79
13. Verauch. Bacillus Duval.
1 / !
1 /lOOO
*/ i
/ftoool
*/lOOOO 1
VjoO.Kl
1 /fiOOOO
*/iooooo
1 /
1 /tooooo
1 / I
/SOAOOO
'/lOOOOOO
Vtoooooo
1
0
1
0
1
0
0
0
i 0
i 0
1
+
+
+
0
0
0
0
1 0
1 +
+
+
+
1 ^
0
0 !
0
0
1
0
+
+
+
1
0
0
0
1
0
0
+
+
+ 1
1 i
+
+
1 0
0
0
0
0
0
1
+ 1
+
+
+
1 °
0
+
+
+
+
+
+
+
+
1 0
0
0
0
0
0
0
0
0
+
Chinesisch.
Quitten-
samenol
Persea gra-
tissiroa
Sucupira
Ealium-
Die Ergebnisse aller dieser Versuche zusammenfassend,
sehen wir, daB viele Fette die Eigenschaft haben, das Wachs-
tum der sSurefesten Bacillen zu verhindern. Einige haben
eine fast so hohe Wirkung wie ChaulmoograSl (Baumwoll-
samenbl, Johanesia princeps, Leinol, Bicuhyba, Persea gra-
tissiraa), welche bei einer Verdtinnung von Viooooo eine wachs-
tumhindernde Wirkung zeigten, wahrend Taraktogenus Kurzii
dieselbe Wirkung bei einer Verdtinnung von Viooooo het.
Es ist sehr wahrscheinlich, daB der therapeutische Wert
des Chaulmoogrables eine nahe Beziehung mit seiner bakterio-
tropen Aktivitat hat. Daraus folgt, daB die oben genannten
Oele und andere ahnlichen Verhaltens ahnliche Heilwirkung
haben mflssen, naturlich verschieden in der GroBe der Wirkung.
Wir werden sptlter hierauf zurUckkommen.
Chemische Zusammensetzung der Oele.
Die Ueberlegenheit des Oeles von Taraktogenus Kurzii
tritt aus alien obenangefiihrten Versuchen hervor. Es war
wichtig, zunichst den wirksamen Bestandteil der Fettsauren
zu erhalten. Das war aber angesichts der mangelhaften
Kenntnis der Chemie der Fette auBerordentlich schwierig.
Alle Versuche anderer Autoren, die verschiedenen Be-
standteile der Oele zu isolieren, sind iniBlungen, denn die ab-
geschiedenen Substanzen waren nie chemisch rein.
Unser Bestreben ging dahin, den wirksamsen Teil des
Oeles zu erhalten, ohne Riicksicht auf seine Reinheii, und dies
konnten wir leicht durch unsere biologische Methode priifen.
Wir haben schon erwahnt, daB der aktive Bestandteil des
Oeles in den FettsSuren enthalten und keine unverseifbare, in dem
OelgelosteSubstanzistjWiedasbeimLebertran angenommen wird.
Digitized by Google
Origiuai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
80
Ad. LindeDberg und Bruno Rangel Peatana,
Digitized by
Die chemische Zusammensetzung mancher in diesen Ex-
perimenten benutzten Oele ist ann§hernd bekannt (Treatise on
fats von L e w k 0 w i t sc h und Handbuch von A b d e r h a 1 d e n).
Da viele die gleiche VVirksamkeit haben, haben wir ge-
schlossen, daU die Aehnlichkeit der Wirkung von derselben
Menge eines und desselben Oelbestandteiles herrflhrt. Die
Zahl der die Oele zusammensetzenden Fettsauren ist gering.
Daruni wiirde es einfach sein, dieaktive Substanz aufzufinden,
indem man die Zusammensetzung zahlreicher Oele vergleicht.
Wir konnen gleich die Stearin- und PalmitinsSure aus-
scheiden, die gesSttigte Sauren sind und die Hauptbestandteile
der inaktiven B’ette bilden, wie Japanwachs, Speck, Kakao-
butter, KokusnuBol, Palmenbl.
Zweitens konnen wir die ungesattigte OleinsSure aus-
scheiden, welche in alien Fettsubstanzen vorkommt und der
Hauptbestandteil des Oliven- und Mandeloles ist, welche in-
aktiv sind. Aber wenn wir dieselbe Ueberlegung auf andere
Fettsauren anwenden, so kommen wir zu falschen SchlUssen,
z. B. Linol- und Linolenskure.
Leinol, das hauptsachlich aus diesen Sauren besteht, ist ebenso
aktiv wie Baumwollsamenol, welches nur wenig davon enthait.
Die gewShnliche Methode, die verschiedenen Bestandteile
der Fette voneinander zu trennen, beruht auf ihrem verschiedenen
Schmelzpunkt. Das war auch die Methode, die wir befolgt haben.
Die ganze Menge der FettsBuren des Taraktogenus Kurzii
wurden in absolutem Alkohol (50 g 500 ccm Alkohol) ge-
I6st, durch fraktionierte Ausfailung erhielten wir Failungen
von verschiedenem Schmelzpunkt.
I. Serie bei 59“ schmelzend IV. Serie bei 35“ schmelzend
TF V 0
AX. ,, ,, )) V . ,, OX I)
III. „ „ 46“ „ VI. „ „ 25“
14. Versuch. Bacillus biityricus.
1
W 1
' moo
V'OOO
Vboco;
Vioooo
1 /soooo 1 /&0Q00
1 /100000
1 w 1
1 /vooooo
i/
f 600000
1 '1000000
■Gesamtsiiuren
des T. K.
0 '
0
0
0
0
0
0
1
0 ,
-1-
-b
i^chmelzp. 59 “
0
0
0
+
-t-
+
*+■
+
-1-
+
52“
0
1 0
0
0
1 0
, 0 1
0
1 + 1
1 +
+
„ 46“
0
i 0
0
0
1 0 1
0
0
1 0 1
' -1-
+
„ 35“
0
■ 0
0
0
1 0
0
0
1 0
0
+
„ 31“
0
0
0
0
0
0
0
1 0
0
+
27”
0
0
0
1 0
: 0
0
0
0
0
+
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Chemotherap. Vers, mit Fetten an Kulturen saurefester Bactllen. 81
Diese Tabelle zeigt, daB die niedrigschmelzenden (35®
bis 27®) SSuren die aktivsten sind, und daher thera-
peutisch auch die wertvollsten. Etwas aktiv sind auch die
bei 52® schmelzenden; aber das kann man sich durch die
Absorption der hoher schmelzenden an niedriger schmelzenden
SSuren erklaren.
Gleiche Ergebnisse bekamen wir bei ahnlichen Versuchen
mit Baumwollsamenbl, wie nachstehende Tabelle zeigt.
15. Versuch. Bac. buthyricus.
1/
/lOOO 1
1/ 1
/2000 1
Veooo 1
Aoooo >
W :
-*0000
Vsooqo 1
V100000
>/
! ft00000
1 ^/aooooo
Leindl
I5chrap. 96 “
+
+ '
4"
+
1
+
+
+
i
+
+
„ 72«
0
0
0
+
-h
+
+
“i"
+
„ 23“
0
0
0
i 0
i 0 1
0
0
0
+
Gesamtsauren
0
0
0
1 0
I 0
0
1 0
+
+
UngesSttigte SSuren.
Alle Fette enthalten gesSttigte und ungesSttigte SSuren.
Aus den obenerwShnten Versuchen haben wir gefolgert, dad
die ganze Wirkung der Oele auf die sSurefesten Bacillen von
ungesSttigten SSuren herrilhrt, da, wie bekannt, diese einen
niedrigeren Schmelzpunkt besitzen als die gesSttigten.
Gegen diese Annahme sprach aber die Tatsache, daB
viele inaktive Oele groBe Mengen von ungesSttigten SSuren
enthalten, z. B. Oliven- und Mandelol, welche fast ausschlieB-
lich aus ungesSttigten SSuren bestehen.
Wenn die spezifische AktivitSt der Oele ausschlieBlich
von den ungesSttigten SSuren herrflhren wurde, so wSre die
Jodzahl, welche eine sichere Methode zur Bestimmung des
Gehaltes an ungesSttigten SSuren ist, eine wertvolle Hilfe fQr
die Bestimmung der StSrke der AktivitSt. Aber wenn wir
die Jodzahl der untersuchten Oele mit ihrer das Wachstum
der Bakterien hindernden Wirkung vergleichen, so sehen wir,
daB die beiden voneinander abweichen. So ist die Jodzahl des
Chaulmoograoles 103, niedriger als die des Leinoles, welche
173 betrSgt; aber die AktivitSt des letzteren ist niedriger als
die des ersteren.
Z«tUcbr. f. ImmuntUUforfchuDg, Orlg. Bd. 3S. 6
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
82
Ad. Lindenberg und Bruno Rangel Pestana,
Noch auffailiger ist die Abweichung bei Bicuhybaol, dessen
Jodzahl sehr niedrig ist [bei Lewkowitsch 18,5^)] und dessen
Aktivitat Vi-200000 gleich der des Leinoles ist (Jodzahl 173).
Wir glauben, daB die Wirksamkeit der ungesSttigten
Sauren den Doppelbindungen im Molekiil proportional ist,
so daB die Gegenwart einer Saure von der Reihe Cn Hn-gOj in
einem Oel, z. B. in der Clupodononicsaure, sogar in kleineren
Quantitaten die Wirksamkeit eines Oeles mit niedriger Jod¬
zahl sehr erhohen kann, z. B. die des Bicuhybaoles, obgleich
sie nicht ausreicht, um die Jodzahl nachweisbar zu erhohen.
Eine andere Hypothese ist die, daB die Aktivitat von
einer unbekannten, ungesSttigten Saure herruhrt Oder von
einem Horaologen einer bekannten ungesattigten Saure.
Um unsere Annahme zu bestatigen, daB die Aktivitat
von einer ungesattigten Saure herrOhrt, machten wir folgende
Versuche:
Zuerst haben wir die Trennung der gesattigten von der
ungesattigten Saure mittels Bleisalzes nach der klassischen
Methode versucht.
Die Trennung aber, wie alle auf die Oelanalysen an-
gewandten Methoden, ist ungenau, wie es auch die folgende
Tabelle zeigt.
16. VerBuch. Bac. timothee.
1 V1000
'V
hooo
*/
/ 6 OUO
Iv
] /lOOOO
1 Vjoooo
Vooooo
I'/l00000
1/
/fOOOOO
'/oooooo
Vioooooo
T. K. ungesatt.
0
' 0
0
0
0 1
0
0 i
! 0
1 0
-1-
T. K. gesiitt.
I 0
0 ;
0
0
0
0
0
+
+
-f-
Bicuhyba un-
gesiittigt
0 !
0
0
0
0 !
0
0
0
i
-1-
-f-
Bicuhyba ges.
0 i
0
0
0 1
0
0
+ :
+
+
+
Der Unterschied zwischen gesattigter und ungesattigter
Saure ist aus diesen Versuchen ersichtlich.
Wir versuchten dann die Sattigung der ungesattigten
Sauren mittels Jods. Zu einer Reihe von Rohrchen vom selben
Volum (10 ccm) haben wir gleiche Gewichtsmengen aller
Sauren des Taraktogenus Kurzii gegeben und eine zunehmende
Tropfenzahl von Jodtinktur.
Das Jod war schnell absorbiert, und das Medium hat
seine ursprflngliche Farbe zuruckbekommen.
1) Wir haben 32 gefunden.
Digitized by
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAI6N__J
Chemotherap. Vers, mit Fatten an Kulturen saurefester Bacillen. 33
Das letzte Rohrchen, zu welchem wir 10 Tropfen ge-
geben haben, hatte seine gelbe Farbe fflr eine Zeit behalten.
Das bezeugte, daB die SSttigung fast vollstfindig war.
17. Versuch. Bac. Duval.
1
Viooo
1*/
/}000
^/sooo
/lOOOO
1 Aoooo i
Vsoooo
1 /lOOOOOj
11/
/sooooo
[ Vsooooo
VlOOOOOO
Tarakt. Kurzii
0
0
0
0
1
! 0
0
0
0
+
+
f 1 Tr. Jod-
tinktur
0
0
0
0
1
0
0
0
+
+
+
+ 3 Tr. Jod-
tinktur
0
0
0
0
0
0
+
+
+
+
+ 6 Tr. Jod-
tinktur
0
0
0
0
1
0
+
+
+
+
+
-}■ 10 i.'r* Jod"
tinktur
0
0
0
+
1 +
+
+
+
+
+
18. Versuch. Bac. Duval.
1/
noon
*/looo
1/
/sooo
*/ioo«o
Vtoooo
V
'soooo
*/ 10<l«00
1/
/tooooo
1/
f600000
Baumwolldl ohne Jod
0
0
0
0
0
0
0
+
+
+ 1 'Tr. Jod
0
0
0
0
0
0
+
+
+
+ 2 „ „
0
0
0
0
0
+
+
+
+
+ 4 „ „
0
0
0
0
+
+
+
+
+
+ 6 II II
0
0
+
+
+
+
+
+
+
+ 10 „ „
0
0
+
+
+
+
+
+
+
Dieser Versuch zeigt, daB das Zufflhren von Jod, trotz-
dem es ein antiseptisches Mittel ist, das Wacbstum der
Keirae beffirdern kann, ofTenbar, weil es die ungeskttigten
Skuren des Oeles gesSttigt hat.
EinfluB des Alterns auf die L6sung.
Wahrend unserer Versuche haben wir bemerkt, daB die
Wirksamkeit der Losungen mit ihrem Altern vermindert
wird, wie es folgende Tabelle zeigt:
19. Versuch. Bac. butyricus.
*/iooo
V»ooo
1/
/booo
V 1
1/ i
/soooo;
^Vsoooo j
1 V
' /l00000
1
1 liooooo
'/&00000
j VlOOOOOO
Tar. Kurzii:
frisch. Ldsung
0
0
0
0
0
I 1
0
0 1
0
0
+
alte
Baumwollol:
0
0
0
0
0
0
+
+
+
+
frisch. Losung
0
0
0
0
0 ,
i 0
0
+
+
+
alte
0
0
0
0
+
+
+
+
+
+
(2 Mon.)
1
1
Leinol :
frisch. Ldsung
0
i 0
0
0
0
0
0
0
1
+
+
alte
0
0
0
+
+
+
+
+
+
+
(2 Mon.)
1
' 1
1
6 *
Digitized by GoL'gle
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
84
Ad. Lindenberg und Bruno Rangel Pestana,
Digitized by
Aus diesem Versuch geht hervor, daB die Aktivitat niit
dem Altern der Losung abnimmt, wahrsclieinlicli durch den
trocknenden EinfluB der Luft. Das ist ein anderer Beweis
fiir unsere Annahine, daB das Oel seine AktivitSt den un-
gesattigten Skuren verdankt, denn dieEigenschaft desTrocknens
ist niit dem Ungesattigtsein der Oele dock verbunden.
Versuche mit Tuberkulose.
Wir haben unsere Oele an klinischen Fallen inensch-
licher und tierischer Tuberkulose gepriift. Wir haben Chaul-
moograol, Lebertran und Leinbl angewandt.
Einige Meerscheinchen, die vorber mit Tuberkulose ge-
impft wurden, haben subkutane Einspritzungen von reinem
Chaulmoograbl bekommen; andere wieder die Natriumsalze
der Fettsauren ihrer Oele. Dieselben Versuche wurden mit
Lebertran und Baumwollbl wiederholt. Diese Injektionen
haben eine lokale Entziindung hervorgerufen, die Nekrose
und Bildung von Abszessen zur Folge batten. Die Tiere
sind mit den Kontrolltieren zugleich gestorben. Mit anderen
Worten: es war keine Heilwirkung vorhanden. Doch wir
iniissen uns vergegenwartigen, daB durch die Entzfindung so-
zusagen eine AbschlieBung des injizierten Stoffes stattgefunden
hat, und daher konnte das Mittel nicht resorbiert werdeu.
Eine Reihe von Kaninchen wurden mit Rindertuberkulose
injiziert und intravenos mit 0,01 g Fettsaure des Chaul-
moograoles einmal wdchentlich behandelt.
Zwei Oberlebende Tiere wurden 6 Monate nach dem
Tode des letzten Kontrolltieres getotet. Sie zeigten keine
tuberkulose Abweichung. — Diese Ergebnisse sind eher ent-
tauschend. Es miissen Versuche mit besseren technischen
Methoden gemacht warden. Die Resultate in den wenigen
klinischen Tuberkulosefailen, bei welchen wir dieselben Sub-
stanzen angewandt haben, waren auch nicht ermutigend.
Wir haben 5 Faile mit intravenosen Einspritzungen von
0,01 g Fettsaure des Chaulmoograoles in wochentlichen Inter-
vallen behandelt. Fiinf wurden mit subkutaner Injektion der
Fettsaure des Lebertrans 3mal die Woche behandelt. 24 Falle
wurden mit subkutaner Injektion von Baumwollsamen in wech-
selnden Mengen von 1—10 ccm 2mal wochentUch behandelt.
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
—URBANA-CHAMPAI6W-
Chemotherap. Vers, mit Fetten an Kulturen saurefester Bacillen. 85
Alle waren vorgeschrittene aktive Tuberkulosefalle aus dem
Krankenhaus, mit Fieber und zahlreichen Bacillen ira Sputum.
In alien mit Lebertran und Chaulmoograbl behandelten
Fallen war eine Reaktion vorhanden. Das Fieber ist gestiegen,
das Husten ist starker geworden, das Befinden der Patienten
hat sich verschlimmert, und sie haben sich geweigert, die Be-
handlung fortzusetzen. Der Effekt war der einer Tuberkulin-
Injektion ahnlich. Eine spezifische Wirkung kann demnach
nicht geleugnet werden. Das Resultat in den Fallen mit
Baumwollbl war Shnlich.' Das Befinden der meisten Patienten
hat sich verschlimmert. Nur zwei sind fieberfrei geworden
und haben an Gewicht zugenommen.
Wenn wir versuchen wollen, aus diesen wenigen Ver-
suchen einen SchluB zu ziehen, so mUssen wir zugeben, daB
die chemotherapeutische Behandlung der vorgeschrittenen
Lungentuberkulose mit diesen Oelen nicht angezeigt ist.
In den obenerwfihnten Fallen, in welchen viele Tuberkel-
bacillen in den Geweben sind, muB man daran denken, daB
Keime, welche durch diese Substanzen getbtet worden sind,
an Ort und Stelle zerfallen und ihre Toxine frei werden.
Dieselbe Gefahr ist bei Lepra nicht vorhanden, denn die
Leprabacillen sind nicht so giftig wie'die Tuberkelbacillen.
Es ist bei gewissen Leprafallen, bei welchen sehr viele
Bacillen zugegen sind (tuberose Form), dennoch moglich,
daB sich das allgemeine Befinden des Patienten verschlechtert,
wenn die Knoten zu schnell verschwinden. Das ist der
schnellen Absorption der Giftstoffe zuzuschreiben.
Wir wissen auch, daB die Wirksamkeit des Lebertrans
nur bei Fallen mit weniger Tuberkelbacillen deutlich ist, z. B.
bei Skrofulose (Driisentuberkulose), Knochentuberkulose und
im Anfangsstadium der Lungentuberkulose.
Wir glauben, daB in den Fallen, wo wenige Bacillen zu¬
gegen sind, und wo die Gefahr des Freiwerdens groBerer
Toxinmengen aus den Bacillen kleiner ist, die Oelbehandlung
sehr angezeigt ist.
Zusammenfassung.
Chaulmoograol und viele andere Oele haben durch ihren
Gehalt an ungesattigten Sauren eine groBe spezifische wachs-
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
86 Lindenberg und Pestana, Chemotherapeutische Versuche ubw.
tumhindernde Wirkung auf Kulturen von Tuberkelbacillen
und anderen Saurefesten.
Darin liegt vielleicht eine Erkiarung fur die bekannte
Wirkung des ChaulmoograSles bei Lepra und des Lebertrans
bei einigen Fallen von Tuberkulose.
Diese Oele wirken als direkte chemotherapeutische Re-
agentien und nicht als Stimulatoren auf Phagocytose, wofur
die Wirkung des Chaulinoograoles in der Leprabehandlung
angesehen wurde, oder als ein Tonikum, wie die gute Wirkung
des Lebertrans bei Tuberkulose im allgemeinen gedeutet
worden ist.
Diese Annahme ist durch die gleichartige Wirkung des
Chaulmoograoles aus Taraktogenus Kurzii auf Kulturen und
auf klinische Faile bestarkt worden, da es nicht nur das wirk-
samste Oel bei der Leprabehandlung ist, sondern auch auf
Kulturen von saurefesten Bacillen die starkste Wirkung ausubt.
Die Frage, welcher Teil des Oeles der wirksamste ist,
haben wir in der Weise beantwortet, daB die Wirksarakeit
ohne Zweifel in den ungesattigten Sauren liegt. Nicht alle
ungesattigten Sauren haben dieselbe Wirkung. Wir haben
in unserein Kbrper normalerweise auch eine Menge von un¬
gesattigten Fettsauren, -wie es die Verdauung der Fette zeigt,
Sogar in dera Wachsgehalt der Lepra- und Tuberkelbacillen
sind ungesattigte Fettsauren vorhanden.
Darum ware es ein Fehler, die therapeutische Aktivitat
der Fettsauren allein ungesattigten Fettsauren zuzuschreiben.
Es ist moglich, daB die Aktivitat der Zahl der Doppel-
bindungen im Sauremolekfll proportional ist, oder wir mussen
in den aktiven Oelen entweder eine neue, unbekannte un¬
gesattigte Saure annehmen, oder eine homologe ungesattigte
Saure, die uns noch nicht bekannt ist.
Schlu B.
Wir schlagen die Behandlung mit Oelen von einer aus-
gesprochenen spezifischen wachstumhindernden Wirkung auf
Kulturen von saurefesten Bacillen vor:
1) bei alien Fallen der Lepra;
2) bei alien Fallen von Tuberkulose, bei welchen die
Behandlung mit Lebertran angezeigt ist.
Goc'gle ^
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
_URBANA-fHAMPAION ^
Eberhard Schwab, Ueber den EinfluS der Temperatur usw. 87
Nachdruck verboten.
[Aus dem Allgemeinen Erankenhaus Hamburg-Barmbeck
(Dir.: Prof. Dr. med. Rumpel). Bakteriol.-serolog. Abteilung
(Leiter: Privatdozent Dr. med. Fr. Graetz).]
Ueber den EinfluB der Temperatur auf die Reaktivitdt
des Syphilitikerserums.
(Zngrleich ein Beitrag zur Frnge der teohnischen Ausgestaltung der
Wassermannschen Reaktion.)
Von Eberhard Schwab, approb. Arzt aus Stuttgart.
(Eingegangen bei der Redaktion am 28. Oktober 1920.)
Seitdem A. von Wassermann und seine Mitarbeiter
der Wissenschaft jene iiberaus wichtige und wertvolle bio-
logische Reaktion geschenkt haben, welche heute in den
weitesten Kreisen auch der Laienwelt als die W a s s e r -
niannsche Reaktion bekannt ist, haben viele Dutzende ge-
wissenhafter Forscher am technischen Ausbau dieser Reaktion
gearbeitet. Besonders in der ersten Zeit nach der Entdeckung
der Reaktion ist fast kein Jahr vergangen, welches nicht mehr
Oder weniger brauchbare und wertvolle Modifikationen der
Wassermannschen Originalmethode gebracht hatte. Viel
ernste Arbeit wurde darauf verwendet, urn alle Mbglichkeiten
diagnostischer Irrtflmer, alle Gberhaupt denkbaren Fehler-
quellen der technischen AusfOhrung, sowie die Unzuianglichkeit
und die Grenzen der Leistungen und der ModulationsfShigkeit
der Reaktion festzulegen und ihrer praktischen Ausgestaltung
dienstbar zu machen.
Aber trotz dieser unermiidlichen wertvollen Arbeit am
Ausbau und an der Nutzbarmachung der Wassermannschen
Reaktion fQr die Praxis sind wir leider auch heute noch nicht
so weit, daB man von einer allgemein anerkannten, einheit-
lichen, allein und allerwarts giiltigen Methodik mit allgemeinen
gleichen Reagenzien, stets gleichbleibender Versuchsanordnung,
gleichmafiigem Ablauf des Versuchs und vor allem mit ein-
heitlichen und absolut zuverlSssigen Resultaten sprechen
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
88
Eberhard Schwab,
Digitized by
konnte. Und dooh wird und niuB es stets unser Bestreben
sein — und das ist in praktischer Beziehung von der aller-
grbBten Bedeutung — eine Methodik auszuw&hlen, welche
die Prozentzahl der einwandfreien positiven Reaktionen bei
bestehender Lues so groB als irgendwie moglich macht
(Jakobsthal) und unbeschadet der absoluten SpezifitSt die
weitestgehende Erfassung und Darstellung des serologisch
irgend nachweisbaren Virus gewShrleistet.
Wir sind uns wohlbewuBt, daB die serologische Lues-
forschung von diesem Endziel ihrer Bestrebungen auch heute
noch recht weit entfernt ist, und daB es noch mancher ernsten
Kleinarbeit bedarf, ehe wir dem erstrebenswerten Ziele einer
denkbar hochsten Vervollkoraranung der Methodik der Wasser-
raannschen Luesreaktion nfiher koinmen werden. Auch die
vorliegende Arbeit kann ja nichts weiter sein als ein kleiner
Baustein bei der weiteren Ausgestaltung der Methodik der
Wassermannschen Reaktion. Und wenn es uns gelingt,
in dieser Arbeit der Praxis einen weiteren Priifstein auf die
Exaktheit und ZuverlSssigkeit ihrer Ergebnisse bei der
Wassermannschen Reaktion an die Hand zu geben, so
erscheint ihre Aufgabe erfiillt.
Es heiBt sicher nicht das Verdienst vonWassermanns
und seiner Mitarbeiter herabsetzen, wenn wir im folgenden
die Frage aufwerfen, ob die Wassermannsche Reaktion in
ihrer ursprQnglichen Form (sogenannte Originalmethode) alien
Anforderungen entspricht, die wir heute, angesichts der er-
schreckenden Verbreitung der Lues, an die Feinheit und Zu-
veriassigkeit sowie an die absolute Spezifitat einer modernen
serologischen Reaktion stellen miissen. Und es heiBt auch
nicht das Verdienst der genannten Forscher schmaiern, wenn
wir diese Frage mit nein beantworten.
Es wflrde natiirlich zu weit fiihren, im Rahmen dieser
Arbeit ausfuhrlich auf die technische Anordnung und auf Einzel-
heiten der Original Wassermannschen Reaktion mit ihren
Vorzflgen und Nachteilen einzugehen. Wir setzen die Kennt-
nis des Prinzips der Wassermannschen'Reaktion im all-
gemeinen als bekannt voraus und mSchten zum besseren Ver-
standnis unserer spateren AusfUhrungen nur insoweit auf die
Vorschriften zur Ausfuhrung der Wassermannschen Reaktion
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
Einflufi d. Temperatur auf die Reaktivitiit d. Syphilitikerserums. g9
zurflckgreifen, als diese sich auf die Temperatur beziehen,
bei welcher der Komplementbindungsversuch zum Ablauf
gebracht werden soli. Es handelt sich bier speziell um die
Versuchstemperatur in der sogenannten ersten Phase bzw.
Komplementbindungsphase der Wassermannschen Reaktion.
Nach den Vorechriften der Originalraethode, wie sie heute noch in
zahlreichen Instituten ausgefuhrt wird und wie sie durch Verfiigung der
Medizinalabteilung des ehemaligen preufiischen Kriegsrainisteriums wiihrend
des Krieges alien militarischen Untersuchungsstellen in der Heimat, in der
Etappe und beim Feldheer zur Pflicht gemacht wurde, vollzieht sich die
erste Phase der Wassermannschen Reaktion bekanntlich in der Weise,
dafi eine bestimtnte Gebrauehsdosis eines alkoholischcn Organextraktes
(Luesleber) mit einer bestimmten Menge des bei 56® inaktivierten Patientcn-
serums verraischt und naeh Zusatz einer bestimmten Komplementmenge
ca. 1—2 Stunden, bei 37® C bebrutet wird. Dabei wird es dem Ermessen
des einzelnen Untersuchers iiberlassen, ob er die Bebriitung des Gemisches
bei 37® C ira Brutschrank oder im Wasserbad vor sich gehen lassen will,
offenbar in der Annahme, daO Brutschrank und Wasserbad hinsichtlich
ihrer Temperaturwirkung als wesensgleich zn gelten hiitten. Nach Ablauf
der sogenannten Bindungsphase erfolgt dann der Zusatz des restlichen
Teils des hamolytischen Systems, d. h. der HammelblutkSrperchen und des
Ambozeptors, wobei dann je nach Lage des Fallcs der Eintritt oder das
Ausbleiben der Hamolyse als Zeichen der erfolgten bzw. nicht erfolgten
Komplementbindung zu gelten hat.
Im Jahre 1909 hat E. Jakobsthal, unabhangig von der wenig
friiher erschienenen Arbeit der italienischen Forscher Satti und Donati,
in vergleichenden Versuchen nachgewiesen, da6 es fur das Gelingen des
Versuches durchaus nicht absolutes Erfordernis ist, das Gemisch von
Extrakt, Patien ten serum und Komplement wahrend der ersten Phase der
Reaktion in die Brutschranktemperatur von 37® zu bringen, daU vielmehr
der Ausfall der Wassermannsehen Reaktion in manchen Fallen weit
scharfer und eindeutiger sein kann, wenn die wesentliche Phase des Ver-
suchs, die sogenannte Komplementbindungsphase, nicht im Brutschrank,
sondem im Eisschrank ablauft, d. h. statt bei Korpertemperatur bei einer
solchen von etwa + 4® C vor sich geht.
Auf Grund eingehender vergleichender Studien iiber das Wesen der
Wassermannschen Reaktion war Jakobsthal namlich zu der Ueber-
zeugung gelangt, dafi es sich bei der Bindung des Komplementes um eine,
aUerdings nur ultramikroskopisch sichtbare Adsorption des Komplementes
an ein Priizipitat, gebildet aus Organextrakt und Patientenserum, handle,
also um einen Vorgang, welcher, den Gesetzen der Adsorption gehorchend,
bei abnehmender Temperatur eine Verstarkung versprach. Tatsiichlich
gelang es ihm ja auch, bei seinen praktischen Versuchen zuniichst an
einem Material von 200 Fallen den Nachweis zu ei bringen, da6 die so-
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
90
Eberhard Schwab,
Digitized by
genannte Kiiltemethode der Original Wassermannschen Eeaktion uni
ein Plus von 2 Proz. positiver Reaktionen iiberlegen sei.
Jakobsthal hat damit auch fiir den speziellen Fall der Wasser¬
man nschen Reaktion die Haltlosigkeit der bis dahin ziemlich allgemein-
giiltigen Anschauung, wonach die Korpertemperatur von 37“ unbedingt in
alien Fiillen' die optinialen Bedingungen fiir das Zustandekommen einer
biologischen Reaktion darstellen sollte, praktisch bewiesen.
Zwei Jahre spiiter war es H. G u g g e n h e i m e r, ein Schiiler von
H. Sachs, der an einem Material von 623 Seris, das ihm am Frankfurter
Institut fiir experimentelle Therapie zur Verfugung stand, durch parallel
geschaltete Versuchsreihen — einerseits im Brutschrank bei 37®, anderer-
seits bei Verwendung einer Temperaiur von 0“ bis -t- 4®C (Eisschrank) —
den Nachweisfiihren konnte,dafi,entsprechendden Angaben Jakobsthals,
auch ein Teil der von ihm untersuchten Sera nur bei der KiUte positiv
reagierte, ein nicht unwesentlicher Teil der Versuche (8 von 257) aber eine
positive Reaktion nur bei Brutschranktemperatur aufwies, wahrend der
Ablauf des Parallelversuches in der Kiilte bei sonst vfillig gleichartiger Ver-
suchsanordnung zu einem negativen Ergebnis fuhrte.
Aus derartigen Beobachtungen erhellt die bemerkenswerte Tatsache,
daS es, unter der Voraussetzung vollig gleicher Versuchsbedingungen be-
ziiglich der Menge und der Zusammensetzung von Extrakt und Kom-
plement, Sera gibt, welche die Eigenart besitzen, da6 fur ihre Reaktivitat
im Koraplementbindungsversuch das Temperaturoptimuni teils ausschlieOlich
bei einer der menschlichen Korperwarme entsprechenden Temperatur liegt,
wahrend fur andere Sera dieses Optimum ausschlieUlich bei bedeutend
niedrigeren Temperaturen, speziell bei Temperaturen zwischen 0® und -f 4®C
zu suchen ist.
Es besteht hier eine unvcrkennbare Differenz zwischen den Befunden
Jakobsthals und den durch Guggenheimer erzielten Ergebnissen,
fiir welche Guggenheimer in seiner einschlagigen Arbeit eine befrie-
digende Antwort nicht zu geben vermag. Guggenheimer glaubte zu-
niichst eine Erklarung in der von ihm fiir seine Extrakte im Kalte-
bindungsversuch festgestellten groBeren Selbsthemraung gefunden zu haben,
konnte damit aber gerade die von ihm festgestellte Tatsache, daB manche
Sera trolz der geringeren Autotropie der Extrakte bei der Wiirme nur mit
der Originalmethode ein positives Resultat ergaben, nicht in Einklang
bringen. Guggenheimer laBt es deshalb unentschieden, ob eventuell
eine Verschiedenheit der von beiden Untersuchern verwendeten Extrakte
Oder andere in der Besonderheit des einzelnen Serums begriindete Faktoren
fiir das von ihm beobachtete Phiiuomen verantwortlich zu niachen seien.
Im Grunde genommen ist die Entscheidung dieser Frage fiir die
praktische Beurteilung der von Guggenheimer gefiindenen Tatsache
des unterschicdlichen Verhaltens mancher Sera bei verschiedener Temperatur
aber sonst gleichen Vorbedingungen auch nicht notwendig. Fiir die Praxis
ist es viel wiehtiger, diese Tatsache zu kennen, damit man ihr bei jedera
Versuche Rechnung tragen und sich vor schweren diagnostischen Irrtiimern
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Einflu^ d. Temperatur auf die Reaktivitat d. Syphilitikerserums. 91
und den daraus entspringenden fiir Arzt und Patienten gleich verhangnis-
vollen Folgen schiitzen kann.
Ini iibrigcn haben ja Altmann und Zimniern dem empfindlichen
Mangel an ausschlaggebender Beweiskraft der relativ kleinen Versiichs-
reihen von Jakobsthal und Guggenhei mer durch die VerbflFentlichung
ihrer eingehenden, an einem Material von 1962 Seris und Lumbalpunktaten
gemachten Studien iiber die Brauchbarkeit der Kiiltemethode und ihre
Vorteile abgeholfen. Im ganzen entschied bei diesen vergleichenden Ver-
suchareihen ein Plus von 1,6 Proz. positiver Reaktionen bei Fallen, deren
Lues auch klinisch und anamnestisch sichergestellt war, fur eine Ueber-
legenheit des Kiilteverfahrens. Die Veroffentlichung von Altmann und
Zimmern ist insofern besonders wertvoll, als in ihr der Beweis einer voll-
kommen absoluten Spezi6tat der Kaltemethode erbracht und ihr dadurch
ein wissenschaftlich gesicherter Platz neben der Originalniethode geschaffcn
wurde. Aber auch den beiden letztgenannten Autoren blieb bei ihren
Versuchen die Tatsache nicht verborgen, dafi neben einer Mehrzahl von
Seris, die allein nach der Kaltemethode positiv reagieren, eine nicht un-
betrachtliche Anzahl von Seris besteht, bei denen ausschliefilich unter
strenger Beriicksichtigung der Vorschriften der Originalmethode, d. h.
spezicll bei Anwendung der Brutschranktemperatur von 37®, ein positives
Resuitat zu erzielen ist. Altmann und Zimmern kommen deshalb zu
dem gleichen Schlufi wie Guggenhei mer, daS die Kaltemethode zwar
wertvolle Dienste leisten, aber keineswegs ala ausschUeSlicher und voll-
wertiger Ersatz fiir die Originalmethode in Frt^e kommen kann, da auch
die Kaltemethode fiir sich allein keineswegs alien nach Anamnese und
Klinik ohne Zweifel luisch veriinderten Seris die optimalen Bedingungen
fiir ihre Reaktivitat im Komplementbindungsversuch zu bieten vermag.
Altmann und Zimmern erkennen somit die Verwendbarkeit der Kalte¬
methode ohne weiteres an, verlangen aber ebenso wie Altmann ihreVer-
wendung nur neben der Originalmethode.
Da6 es an sich fur den Ausfall der Komplementbindung bei der
Wassermannschen Reaktion nicht bedeutungslos ist und auch nicht
bedeutungslos sein kann, unter welchen Temperaturbedingungen die frag-
lichen Versuche vor sich gehen, das haben zwei danische Forscher,
Thomsen und Boas, in ihrer 1903 erschienenen Veroffentlichung iiber
den EinduQ der Temperatur auf die Komplementbindung in der Wasser-
mannschen Reaktion mit Nachdruck betont und dabei mit Recht darauf
aufmerksam gemacht, da6 bei den alteren einschliigigen Versuchen eigent-
lich von keinera Untersucher genugend auf eine genaue Bestiramung der
Temperatur zur Zeit der Bindung geachtet worden sei. Die Autoren gehen
dabei von der Annahme aus, dafi die eigentliche Komplementbindung wohl
nie bei der von den Untersuchern angenomraenen Temperatur stattgetunden
habe, da die Reagenzien zur Zeit der Mischung zweifellos einen der
Zimmertemperatur entsprechenden Warmegrad gehabt hiitten und sowohl
bei der Originalmethode als auch bei der Kaltemethode cine langere Stufen-
leiter von Temperaturgraden aufsteigend bzw. absteigend batten durchlaufen
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSitY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
92
Eberhard Schwab,
mussen, bis das eigeutlichc Bindungsoptiraura erreicht worden ware. Hier
bei habe es sich der Kontrolle des Beobachters entzogen, bei welchem der
einzelnen durchlaufenen Temperaturgrade sich die Bindung vollzog. Da
es sich nun fiir die Praxis, speziell bei einem groSeren Material, kaiim als
angiingig erweisen diirfte, fur jedes einzeliie Serum erst durch groSere
Keiheu von Vorversuchen das Temperatiiroptinium zu bestimmen, schlagen
Thomsen und Boas in Konsequenz ihrer mehr theoretischen Studien
fiir die Praxis vor, durch eine Kombination von raehreren zwischen 0“
und 37“ gelegenen Temperaturen „mdglich6t alien Seris optimale Be-
dingnngen fur die Komplementbindiing zu geben“. Wie weit dieser vom
Standpunkt mehr theoretischer Erwagungeu ausgehenden Forderung von
den beiden Forschern selbst in der Praxis entsprochen wird, entzieht sich
leider unserer Kenntnis. Sicher ist allerdings eins, daB weder die Forde-
rungen Jakobsthals und Guggenheimers, noch die Anregung der
beiden diinischen Forscher, dem EinfluB der Temperatur auf die Reaktivitiit
des Syphilitikerserums groBere Beachtung zu schenken, in der Praxis
weitere Beriicksichtigung gefunden hat. Diese Tatsache geht teils aus den
Antworten auf personliche Umf^agen des Herrn Dr. Graetz, teils aus
der neueren Literatur hervor, indem wir auch in den groBeren Arbciten
von Kaup, Marg. Stern und Lange, die sich doch eingehend mit
der technischen Ausgestaltung- der Wassermannschen Eeaktion be-
fassen, kaum eine Erwahnung des so wesentlichen Einflusses der Temperatur
auf die Komplementbindung bei der Wassermann schen Reaktion
finden. Und doch ware dieser fiir die Praxis so bedeutsame Eingriff in
die Technik der Wassermannschen Reaktion um so empfehlenswerter,
als die Variation der Temperatur in der Komplementbindungsphase eigent-
lich keine wesentliche Aendening der von Wassermann angegebcnen
Methodik bringt, zumal ja die sonst bis in alle Einzelheiten festgelegte
Originalvorschrift dem Untersucher, dem sie die Verwendung des Wasser-
bades oder des Brutschrankes freistellt, hinsichtlich der Temperatur in
der Bindungsphase weit mehr freie Hiind liiBt, als es den meisten Unter-
suchern je zum BewuBtsein kommt.
Von welch einschneidender Bcdeutung die Variation der Temperatur
auf den Ausfall der W a s s er m a n n schen Reaktion sein kann, das
haben die auf der serologischen AbteUung des Barmbecker Krankenhauses
durchgefiihrten vergleichenden Untersuchungen uber die Leistungsfahigkeit
der Original Wassermannschen Reaktion und der von Jakobsthal
angegebenen Kiiltemethode mit Deutlichkeit gezeigt. Die fraglichen Unter¬
suchungen, welche sich auf ein Material von iiber 30000 Fallen stiitzen
und den Gegenstand einer vor kurzem von Herrn Dr. Graetz in der
Zeitschrift fiir Hygiene veroffentlichten Abhandlung Widen, haben den
Beweis crbracht, daB sich die sogenannte Kaltemethode Jakobsthals,
unter der Voraussetzung einer sachgemiiBen und einwandfreien Technik,
so gut wie in alien Stadien der Lues der Originalmethode uberlegen zeigt.
ohne daB die klinische Spezifitiit der Reaktion dadurch eine Beeintrachtigung
erfahrt. Wir mussen es uns leider aus auBeren Grunden versagen, auf
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
- UMAMhC ri A MPAIGN “
EinfluS d. Tempcratur auf die Reaktivitat d. Syphilitikerserums. 93
Einzelheiten der genannten Untersuchungsergebnisse hier einzugehen und
mochten Interessenten auf die oben schon erwahnte, in Band 89 der Zeit-
schrift fur Hygiene erschienene Arbeit hinweisen. Zusammenfassend soli
nur hervorgehoben werden, dafi auch nach den Erfahrungen von Graetz
aus den oben bereits von Guggenheimer sowie von Altmann bzw.
von Altmann und Zimmern genannten Griinden leider ein Ersatz der
Original Wassermannschen Reaktion durch das Kiiltebindungsverfahren
nicht mdglich erscheint, da6 vielmehr ira Interesse einer restlosen sero-
logischen Erfassung aller positiv reagierenden Syphilitikersera eine Parallel-
schaltung der beiden Methoden geboten erscheint.
Graetz hat in der genannten Arbeit bereits darauf hingewiesen,
dai3 die Parallelschaltung der beiden Methoden selbstverstandlich eine ganz
erhebliche Mehrarbeit fur Untersucher und Laboratoriumshilfspersonal bc-
deutet und dal3 die Genauigkeit der Ergebnisse bei grolBen Versuchsreihen
nur durch eine Verlangerung des Versuchstags erkauft werden kann, ein
Nachteil, der in der Praxis eventuell auf uniiberwindliche Schwierigkeiten
stoSen kann. Daher hat Graetz mit Recht die Frage aufgeworfen, ob
die praktischen Vorteile, welche die Nebeneinanderschaltung der beiden
Methoden in diagnostischer Hinsicht bietet, auch in einem gesunden Ver-
haltnis zu dem Mehraufwand an Zeit und Arbeitekraft und nicht zuletzt
zu den ganz erheblich hdheren Materialkosten stehen. Graetz vertritt in
seiner Arbeit aber noch den Standpunkt, daU, bei der Wichtigkeit der
Lues in volksgesundheitlicher Bezichung, diese Frage stellen, sie auch be-
jahen heiUt.
Seitdem Graetz seine Versuchsergebnisse der Oeflentlichkeit iiber-
geben hat, haben sich allerdings die wirtschaftlichen Grundbedingungen
Deutschlands sehr erheblich verschlechtert. Zurzeit ist eine so immense
Verteuerungder fiir die Wassermannsche Reaktion bendtigten Reagenzien,
speziell der unbedingt erforderlichen Kaninchen und Meerschweinchen, ein-
getreten, dafi es ein grofies Untersuchungsmaterial schon aus finanziellen
Rucksichten verbietet, eine Parallelschaltung der beiden Untersuchungs-
methoden mit der Regelmafiigkeit vorzunehmen, mit der es auf der sero-
logischen Abteilung des Barmbecker Krankenbauses seit 1904 an einem
Material von ca. 50000 Fallen durchgefuhrt wurde.
Die gewaltige Zunahme der Geschlechtskrankheiten, und
zwar besonders der Luesinfektion wahrend des Krieges und
in der Zeit nach seiner Beendigung, hat der serologischen
Abteilung des Barmbecker Krankenbauses eine solche Hoch-
flut von Untersuchungsmaterial zugefiihrt, daB der Leiter dieser
Abteilung teils aus Sparsamkeitsgriinden, teils wegen der Un-
moglichkeit, die immer knapper werdenden Meerschweinchen
in ausreichender Menge zu beschaifen, vor die Entscheidung
gestellt wurde, entweder auf die in miihevoller Arbeit er-
kannten Vorteile des Kaltebindungsverfahrens zu verzichten,
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
94
Eberhard Schwab,
Digitized by
Oder einen Ausweg zu finden, der die diagnostischen Bediirf-
nisse und die wirtschaftlichen Erfordernisse in gleicher Weise
zu beriicksichtigen vermochte.
Dieser Ausweg, der von der serologischen Abteilung des
Barmbecker Krankenhauses mit Erfolg betreten wurde, bot
sich in der vom Standpunkt mehr theoretischer ErwSgungen
ausgehenden Forderung der beiden oben schon genannten
danischen Forscher, Thomsen und Boas, die dahin zielte,
den Seris durch das langsame Durchlaufen der ganzen Tem-
peraturbreite zwischen Kaltepunkt und 37 ° die optimalen Be-
dingungen fiir die Komplementbindungen geben und auf diese
die Originalmethode mit der Kaltemethode zu kombinieren.
Nach den Feststellungen von Thomsen und Boas schien
eine derartige Kombination der verschiedenen Temperaturen
durchaus aussichtsreich, da sich bei einschlfigigen Unter-
suchungen ergeben hatte, daU die bei einer bestiramten Tem-
peratur eintretende Komplementbindung als irreversibel gegen-
iiber anderen Temperaturen gelten konnte. Und wenn es dann
noch gelang, den Beweis zu erbringen, daB eiue solche Kom¬
bination verschiedener Temperaturen die spezifische Reaktivitat
der Wassermannschen Reaktion nicht storend zu beeinflussen
vermochte, dann war mit dieser Kombinationsmethode den
diagnostischen Bediirfnissen ebenso Rechnung getragen, wie
den wirtschaftlichen.
Der Leiter der bakteriologisch - serologischen Abteilung,
Herr Dr. Graetz, hat mich nun mit der Aufgabe betraut,
im Rahmen dieser Abhandlung fiber die Ergebnisse zu be-
richten, welche bisher auf der genannten Abteilung mit der
sogenannten Kombinationsmethode erzielt worden sind,
wobei ich im voraus gleich bemerken mochte, daB die Ergeb¬
nisse, sowohl hinsichtlich der Spezifitat der Reaktion wie hin-
sichtlich der Leistungsfahigkeit der Methode durchaus den ge-
hegten Erwartungen entsprochen haben.
Ehe ich nun auf die mit der kombinierten Methode er-
zielteii Ergebnisse nfiher eingehe, mfichte ich einige uneriaB-
liche Angaben fiber die Versuchstechnik vorausschicken.
Das Barmbecker Institut hiilt sich beziiglich der Methodik im Prinzip
an die grundlegenden Vorschriften der Originalmethode, ohne sich aller-
dings in Einzelheiten sklavisch an diese Vorschriften zu binden. So finden
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
EinfluS d. Temperatur auf die Reaktivitat d. Syphilitikerserums. 95
z. B. neben den konventionellen alkoholischen Luesleber-Extrakten der
Waasermannschen Schule auch die cholesterinierten Rinderherzextrakte
nach Sachs, iiber deren diagnostische Verwendbarkeit Herr Dr. Qraetz
an anderer Steile ausfiihrlich berichtet hat, ausgiebige iind erfolgreiche
Verwendung. Auch beziiglich des haraolytischen Systems weicht die
Methodik des Instituts insofern etwas von der Originalmethode ab, als
fiir die Herstellung der vorschriftsmiifiigen 5-proz. Hammelblutkorperchen-
Aufschwemmung von einera gut geschiittelten Vollblut und nicht vom
gewaschenen Sediment ausgegangen wird. Ueber die Zulassigkeit dieser
Mafinahme und iiber ihren Einflufi auf den Ablauf der Wassermann-
schen Reaktion hat sich erst kiirzlich Graetz in einer im Archiv fiir
Dermatologic (Unna-Festschrift) veroffentlichten Arbeit eingehender ge-
aufiert. Die beiden iibrigen Teile des hamolytischen Systems, Ambozeptor
und Komplement, werden gegen die genanute im Institut als konventionell
geltende Blutaufschwemmung rcgelmaSig an jedem Versuchstag quantitativ
anstitriert. Um an den einzelnen Versuchstagen den Ergebnissen einheit-
liche Vorbedingungen gegeniiber den an fruheren Versuchstagen erhaltenen
Resultaten zu schaffen, eine Forderung, welche im Interesse der Ver-
meidung von Unstimmigkeiten und im Interesse der Moglichkeit einer
zusammenfassenden einheitlichen Beurteilung der ganzen Versuche geboten
erscheint, wird regelmitSig an jedem Yersuchstage der Hamoglobingehalt
der jeweils verwendeten Aufschwemmung gegeniiber einer gut konservierten
Testlosung bestimmt und, je nach dem AusfaU dieser Hamoglobinprobe,
durch weitere Verdiinnung oder durch Hinzufugen weiterer gewaschener
Blutkorperchen eine Gleichraafiigkeit der an verschiedenen Versuchstagen
verwendeten Blutkorperchen - Aufschwemmungen zu erreichen versucht.
Gregeniiber der eben genauer geschilderten Hammelblutaufschwemmung
erfolgt die Bestimmung der Komplement- bzw. Ambozeptoreinheit, wobei
im eigentlichen Hauptversuch regelmaflig 4—5 Ambozeptoreinheiten Ver¬
wendung finden. Als Komplement dient durchweg Meerschweinchenserum,
welches mit physiologischer Kochsalzlosung verdiinnt (10 Proz.) Verwen¬
dung findet. Die Gebrauchsdosis ist im Institut im Gegensatz zur Original-
vorschrift keine konstante, sondern wird an jedem Versuchstag aus dem
h&molytischen Effekt des Komplementes an sich und aus der unspezifischen
Komplementbindung der Extrakte bzw. des Patientcnserums regelmaSig
quantitativ bestimmt.
Durch dieses dem geiibten Untersucher unschwere und wenig Zeit
raubende Verfahren wird die Gewiihr gegeben, daS bei entsprechend aus-
gewerteter Gebrauchsdosis der Extrakte, auf welche wir gleich noch zu
sprechen kommen werden, einmal die Einheitlichkeit der Ergebnisse nicht
gestort, andererseits ein Unterlaufen schwerwiegender diagnostischer Irr-
tiimer unmoglich gemacht wird. Erganzend sei dazu noch bemerkt, da6
die Priifung des hamolytischen Systems an sich stets nur bei einer Tem¬
peratur bei 37® im Wasserbad vorgenommen wird, da zahlreiche ein-
schlagige Versuche den Beweis geliefert haben, dafi die Losungsstiirke des
hamolytischen Systems und auch die wechselseitigen Mengenverhaltnisse
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
90
Eberhard Schwab,
Digitized by
von Bliitkorperchen, Ambozeptor und Komplement durch cine Variation
der Versuchstemperatur nicht storend beeinflufit werden.
AiiSer dem hamolytischen System werden fcrnerhin an jedem ein-
zelnen Versuchstagc auch die im Versuch verwendeten Luesleber- bzw.
Cholesterin-Uinderherzextrakte gegeniiber dem jeweils zur Verwendiing
kommenden Komplementgemisch zur Feststellung einer eventuellen anti-
komplementiiren Wirkung (Autotropie) austitriert und der eigentliche
Hauptversuch mit dem fraglichen Komplement nur dann zugesetzt, wenn
nach Abzug der durch eventuelle antikomplementiire Wirkung der Ex-
traktc und, wie hier vorweggenommen sei, auch der Palicntensera un-
spezifisch verbrauchten Komplementmenge noch eln geniigender Ueber-
schufi an komplcmentiirer Energie verbleibt, um den einwandfreien Ausfall
der eigentlichen Komplementbindung zwischen Extrakt und Patientenserum
zu gewiihrleisten. Hierzu geniigt nach den Erfahrungen dcs Instituts
durchschnittlich ein UeberschuB von 1 —I'/i Komplementeinheiten fiber
die sogenannte unspezifischo Komplementbindung.
Was die im Institut verwendeten Extrakte betrifft, so haben wir ja
schon an verschiedenen Stellcn darauf hingewiesen, daS ffir die Versuche
sowohl die von Jakobsthal ffir die Kaltcmethode als besonders geeignet
empfohlenen cholesterinierten Rinderherzextrakte nach Sachs, als auch
die konventionelleu Luesleberextrakte, welche beide im Institut selbst her-
gestcllt und austitriert werden, Verwendung linden. Ferner standen zu
Vergleichszwecken auch Original-Cholesterinextrakte von Sachs, sowie
verschiedene im Kaiser Wilhelms-Institute zu Dahlem nach den Original-
vorschriften v. Wassermanns hergestellte und austitriertc Luesleber¬
extrakte zu Verffigung. Bezfiglich der Lcistungsfahigkeit und Qualitiit
dicser cinzelnen Extraktartcn sei hervorgehobcn, daO sich die im Institut
selbst hergestellten Luesleberextrakte mit den aus Dahlem bezogenen Ex-
trakten als vollig gleichwertig erwiesen. Beide Extraktarten standen aber
bei vollkommener klinischer Spezifitiit der Cholesterincxtrakte an Empiind-
lichkeit weit hinter den letzteren ziirfick.
Die Einstcllung dcr Extrakte erfolgt bei unseren Versuchen in der
Weise, daS die in entsprechenden Vorversuchen, deren Prinzip ja als
bckannt vorausgesetzt werden darf, ermittelte optimale Gebrauchsdosis an
jedem Versuchstagc gegcnfiber fallendcn Mengen dcs im hamolytischen
Vorversuchs geprfiften Komplementes bzw. Komplementgemisches austitriert
wird, um eine eventuelle Autotropie des Extraktcs festzustellen.
Das gleiche Verfahren findet ffir die Gebrauchsdosis des Patienten-
serums — l)ei sogenannten halben Versuchsmcngen in der R^el 0,1 ccm
Serum — Anwendung, indem auch hier die Gebrauchsdosis mit fallenden
Komplement mengen bis zur Komplementeinheit titriert wird.
Im Hinblick auf die auch im Hauptversuch zur Anwendung ge-
brachte Kombination verschiedener Temperaturen werden diese Auswertungs-
vcrsuchc, welche bekanntlich ebenso wie der Hauptversuch zweizeitig zur
Ausfubrung gclangen, der ganzen Temperaturbrcite von 0“ bis 37“ unter-
worfen.
Google
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Einflufl d. Temperatur auf die Reaktivitat d. Syphilitikerserums. 97
Es iat gelbetverstiiiidlicb, dafi dieee ausgiebigen Vorbereituogsarbeiten,
welcbe der genauen Titration der zum Hauptversucb benotigten Reagenzien
dienen, ein Mehr an Zeit und Arbeitskraft und gleicbzeitig aucb einen
erbdbten Materialverbraucb beansprucben, docb wird dadurcb die Gewabr
gleichmafiiger Versucbsergebnisse, welcbe fiir jedes genaue wissenscbaftlicbe
Arbeiten unerlafilicbe Vorbedingung ist, gegeben.
Kurz zusammengefafit ergibt sicb also nacb dem im Institut geiibten
Verfabren folgender Ablauf des Versucbs.
In einem Vorversuch wird zunacbst die Ambozeptoreinbeit und
parallel damit die Komplementeinbeit bestimnat. Hieran schlieSt sicb als
weiterer Vorversucb die Titration der Extrakte bzw. der Patientensera.
Zu diesem Zweck wird die Gebraucbsdosis des jeweils in Frage kommenden
Extraktes mit fallenden Mengen des Komplementes bis zur Eomplement-
einheit gemiscbt, die einzelnen Versucbsrdbrcben in scbmelzendem Eis gut
urogescbiittelt und dadurcb abgekublt und dann fur 30—45 Minuten zur
Bindung im Eisschrank bei einer Temperatur von 0“ bis +4® C auf-
bewabrt. Alsdann erfolgt die Ueberfiibrung der Reagenzgemiscbe in daa
Wasserbad von 37®, wo sie zur weiteren Bindung ebenfalU eine balbe
Stiinde belassen werden. Nacb Ablauf dieser Zeit erfolgt der Zusatz dee
bamolytiscben Systems und nacb Ablauf einer weiteren balben Stunde die
Feetstellung der Versucbsergebnisse. In gleicber VVeise gestaltet sicb der
Vorversucb fiir die Feststellung einer eventuellen Autotropie des Patienten-
serums. Docb wird man sicb bei der grofien Menge der Patientensera in
der R^el darauf beecbriinken miissen, diese letztere Priifung gegenuber
der Komplementeinbeit oder nStigenfalls nocb gegen eine kleine Vielbeit
derselben vorzunebmen, was nacb den praktiscben Erfabrungen des In-
stituts eine vollkommene Gewabr fiir einwandfreie Ergebnisse zu bieten
vermag. Aus den beiden genannten Vorversueben wird dann die fiir den
Hauptversucb benotigte Komplementmenge bestimmt, welcbe nacb den im
Institut geubten Gebrauebe ca. 1—I'/j Komplementeinbeit mebr betragt,
als die durch unspezifisebe Komplementbindung absorbierte Energie. Dabei
ware zu bemerken, dafi die Kombination versebiedener Temperaturen die
Autotropie der Extrakte durcbw^ gunstig beeiufluBt und praktiscb in der
Kegel so gut wie vollig aufbebt.
Nacbdem die einzelnen Reagenzien in der eben besebriebenen Weise
in ibren Beziebungen zum bamolytiscben System festgelegt sind, beginnt
die Ausfubrung der eigentbeben, dem Nacbweis der sypbilitiseben Reaktions-
korper dienenden, Komplementbindungsreaktion. Zu diesem Zweeke werden
die Gebrauebsdosen der fiir den Versucb bestimmten Extrakte mit der
iiblicben Menge des Patientenserums gemiscbt und nacb Zusatz der im
Vorversuch ermittelten Komplementmenge zweeks Abkiihlung in einer mit
scbmelzendem Eis gefullten Glasschale gut durcbgeschiittelt und dann zur
Bindung 30—45 Minuten im Eisschrank belassen. Hierauf erfolgt die
Ueberfiibrung der Reagenzglasgcmische, in gleicber Weise wie bei den
oben besebriebenen Vorversueben, in das Wasserbad von 37®, worauf dann
nacb Ablauf einer Mindestzeit von 30 Minuten der Zusatz des restlichen
bamolytiscben Systems, d, h. der Blutkorperchen und des Ambozeptors,
Ze)t»ohr. f. ImmunlUUforsrhung^. Bd. 32. 7
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
98
Eberhard Schwab,
Digitized by
erfolgt. Die Ablesung der Ergebnisse kann dann nach Ablauf einer weiteren
halben Stunde endgultig erfolgen. Will man ein iibriges tun, so konnen
die Ergebnisse noch bis zum nachsten Tag im Eisschrank aufbewahrt und
dann nochmals abgelesen werden, wobci sich allerdings nach ausgiebigen
Elrfahningen eine Veranderung der Ergebnisse im Sinne sogenannter Spat-
hamolysen bei schwiicher reagierenden Seris nur denkbar selten ergibt.
Im Gegensatz zu dein von Guggenheimer, Altmann
und Zimmern u. a. vorgeschlagenen Verfahren, welches auch
im Institut jahrelang geiibt wurde, erfordert die von uns in
Anlehnung an Thomsen und Boas vorgeschlagene Kom-
binationsmethode nur das Ansetzen einer einzigen Versuchs-
serie, welche die ganze Temperaturbreite von 0—37° zu durch-
laufen hat und sorait die VorzUge der Originalvorschrift und
der Kaitemethode in sich vereinigt. Das bedeutet einerseits
eine gewaltige Ersparnis an Zeit und Arbeitskraft und be-
dingt andererseits eine Einschrankung des Materialverbrauchs
um mindestens 50 Proz.
Eine derartige Untersuchungsmethode, welche in der Lage
ware, die Vorziige zweier in groBen Versuchsreihen bewahrter
Methoden mit einer erheblichen Vereinfachung der technischen
Ausgestaltung zu verbinden, miiBte naturgemaB fQr jedes sero-
logische Institut zur Methode der Wahl erhoben werden, wenn
ihre Anwendung die Gewahr b6te, daB die mit der Methode
erzielten Vorteile, naraentlich sofern sie in der Richtung einer
hoheren Ausbeute an positiven Ergebnissen liegen, nicht zu
Lasten der Spezifitat gebucht werden rnUBten.
Wir kommen dainit zur Besprechung der bis heute mit
der Kombinationsmethode gewonnenen Ergebnisse und mflssen
an die Spitze dieser Besprechung wieder die Frage stellen,
welche Graetz in seiner Arbeit fiber das Kaitebindungs-
verfahren bereits aufgeworfen hat, ob namlich die Kombination
verschiedener Temperaturen, wie sie von uns in dem oben
angegebenen Verfahren vorgeschlagen ist, nicht die Gefahr
einer klinischen Unspezifitat der Reaktionen in sich schlieBt.
Graetz hat bezuglich der Kaitemethode nach Jakobsthal
mit Recht darauf hingewiesen, daB die Brauchbarkeit der ge-
nannten Modifikation mit ihrer absoluten klinischen Spezifitat
stehen und fallen mflBte, und das fQr die Kaitemethode Ge-
sagte gilt selbstverstandlich mutatis mutandis auch fur die
Kombinationsmethode.
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
_ URBANA-CHAMPAIGN
Einflufi d. Temperatur auf die Reaktivitiit d. Syphilitikereerums. 99
Wir sind auf Grand ausgedehnter Vergleichsuntersuchungen,
die heute ein Material von etwa 15000 Fallen urnfassen, und
gestutzt auf zahlreiche wissenschaftliche Versuche, in der Lage,
die oben gestellte Frage nach der Spezifitat riickhaltlos zu
bejahen. Unter den vielen tausend Fallen, die im Verlaufe
der letzten zehn Monate auf der serologischen Abteilung des
Krankenhauses praktisch mit der Kombinationsmethode unter-
sucht warden, ist dem Leiter der Abteilung keine positive
Reaktion entgegengetreten,.deren Entstehung nicht durch eine
anamnestisch Oder klinisch erhartete Lues zu erkiaren gewesen
ware. Dabei sei besonders hervorgehoben, daB namentlicb
unter den zahlreichen Seris luesfreier Individuen kein Serum
angetroifen wurde, welches eine positive Reaktion ergeben
hatte. Das gilt namentlicb auch fQr solche Krankbeitsfaile,
bei denen erfahrungsgemaB in der Literatur haufiger von un-
spezifischen Reaktionen berichtet ist. Es ist im Rahmen dieser
Abhandlung selbstverstandlich nicht moglich, die Unsumme
der dabei gewonnenen Einzelerfahrungen auch nur annahernd
zur Wiedergabe zu bringen. Ich mochte mich zunachst viel-
mehr darauf beschranken, iiber eine Auswahl von Fallen zu
berichten, uber deren Verhalten ich personlich an einer Reihe
von Versuchstagen im Institut ein Urteil zu gewinnen ver-
mochte. Es handelt sich hier um eine Versuchsreihe von
540 Fallen, welche gleichzeitig mit der Wassermannschen
Originalmethode, mit der Kaltemethode nach Jakobsthal
und mit dem von uns vorgeschlagenen kombinierten Verfahren
untersucht warden. Darunter befanden sich 287 Faile, die
nach Klinik und Anamnese als luesfrei zu gelten batten und
die demgemaB auch bei alien drei Methoden ubereinstimmend
ein negatives Resultat ergaben. Ich mSchte besonders darauf
hinweisen, daB sich unter diesen Fallen nicht weniger als
81 Patienten mit Ulcus molle und schmerzhaften Bubonen be¬
fanden, Erkrankungen, bei denen haufiger uber das Auftreten
einer, wenn auch zeitlich beschrankten, positiven Wasser-
m a n n schen Reaktion geklagt wird. Im ubrigen enthielt
diese Gruppe von Fallen auch Patienten mit Scharlach, Tuber-
kulose usw.
Bei dem Rest von 253 Fallen handelte es sich durchweg
um notorische Syphilitiker, die zum Teil frische Krankheits-
7*
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
100
Eberhard Schwab,
Digitized by
erscheinungen boten, zum Teil unter der Wirkung energischer
Kuren zur Zeit der Untersuchung im Latenzstadium sich be-
fanden. Davon entfallen auf das sogenannte primare Stadium
47 Falle, auf die inanifeste Lues II insgesamt 3G Falle,
und auf das Latenzstadium 170 Falle. Unter den Seris der
letztgenannten 3 Gruppen von Syphilitikern befanden sicli
101 Proben, welche bei alien drei von uns verwandten Unter-
suchungsmethoden flbereinstimmend ein negatives Resultat er-
gaben. Davon entfallen auf die latente Lues 94 Falle, auf
die Lues II ein Fall, namlich ein sogenanntes Monorezidiv
mit Spirochaten, und endlich auf die primare Lues 6 Falle,
die ebenfalls durch Spirochatenbefunde als echte Primaraffekte
gekennzeichnet waren, bei denen aber zur Zeit der Unter¬
suchung eine positive W a s s e r m a n nsche Reaktion noch
nicht ausgebildet war.
Der Rest von 152 Fallen umfafit die positiven Ergebnisse
dieser Versuchsreihen. Im Rahmen der von uns gewahlten
Versuchsanordnung ergaben hiervon 73 Falle = 48,02 Proz.
tibereinstimmend mit alien 3 Methoden ein positives Resultat,
wahrend bei dera Rest von 79 Fallen = 51,98 Proz. erhebliche
Differenzen in der Reaktivitat der einzelnen Sera zutage
traten, je nachdem die fraglichen Sera mit der Original-
methode, mit dem Kaiteverfahren oder mit der kombinierten
Methode zur Untersuchung gelangten. Die Differenzen be-
standen dabei bald zwischen dem kombinierten Verfahren und
der Original-Wassermann-Reaktion, bald zwischen der Kalte-
methode und der kombinierten Methode, wobei in der hber-
wiegenden Zahl der Falle der Ausfall der Reaktionen bei der
kombinierten Methode mit dem Ergebnis der jeweils am
starksten anzeigenden Methode (ibereinstimmte. Die Kombi-
nationsmethode arbeitet also im Sinne einer Maximalleistung.
Nur in ganz vereinzelten Fallen konnten wir eine Ueberein-
stimmung mit der jeweils schwacheren Methode feststellen,
gleichzeitig aber auch die Beobachtung machen, daB es mit
Hilfe der Kombinationsmethode noch gelingt, im Serum von
Syphilitikern, speziell nach energischen Behandlungen, noch
Reaktionskorper nachzuweisen, deren Nachweis weder mit
Hilfe der Original-Wassermann-Reaktion, noch mit der Kaite-
methode nach Jakobsthal gefuhrt werden kSnnte.
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Einflufi d. Teraperatur auf die Reaktivitat d. SyphllitikerBenims. JQl
Journ.-No.
Klinischer
Befund
Original-VVassermann-Reaktiou
Kombiiiations-
methode
bei 37« C
bei 0-
-4" C
bei 0—<
—37“C
Leber-
extrakt
Chole-
sterin-
extrakt
Leber-
extrakt
Chole-
sterin-
extrakt
Leber-
extrakt
Chole-
sterin-
extrakt
59851110. durum.
e
e
+ + +
+ + +
+ + +
+ + +
6044
dgi.
e
0
0
0
+ + +
+ + +
6045
0
0
0
0
+ + +
+ + +
6076
jt
+++
+
+ + +
+ + +
+ + +
+ + +
6080
-l--f+
0
+ + +
+ + +
+ + +
+ + +
6117
+ + -i-
0
+ + +
+
+ + +
+ + +
6151
+
+
+ + +
+ + +
+ + +
+ + 4
6154
++4-
0
+ + +
+ + +
+ + +
+ + +
6470
+++
+ + +
+
0
+ + +
+ + +
6796
+
+
+ + +
4- + +
+ + +
+ + +
6810
■ 0
e
+ +
+ + +
+ + +
+ + +
3932
yy
0
+ + +
+ + +
+ + +
+ + +
+ + +
3967
>*
0
+ + +
+ + +
+ + +
+ + +
+ + +
4370
' +++
■+ -f- +
0
0
+ + +
+ + +
4386
yy
0
0
+ +
+ + +
0
+ + +
4390
0
-i-
+ + +
+ + +
+ +
+ + +
4408
yy
-b
+ + +
+ + +
+ + +
+ + +
+ + +
5402
0
+ + +
+ +
+ + +
+ +
+ + +
5421
+
+ +
0
+ + +
+ + +
3967
yy
0
+ + +
+ + +
+ + +
+ + +
+ + +
6173
+ +
+ + +
+ + +
+ + +
+ + +
+ + +
5987 Monorezidiv
++
+ 4
+ + +
+ + +
+ + +
+ + +
6073'Liie8 II
+++
0
+ + +
+ + +
+
6163
„ Monorezidiv
0
0
+ + +
+
+ + +
+
4472
^n
+
+ +
+ + +
+ + +
+ + +
+ + +
5405 Pap. rauc.
+
-f
0
+ + +
+ + +
+ + +
5425 Lues U
+++
+ + +
+ +
+ +
+ + +
+ + +
5406
„ III Aortitis
++ +
+ 1- -t*
+ + +
0
+ + +
+ + +
6134
Monorezidiv
0
0
+ + +
+
+ +
+ +
4474
Lues I Linser
0
0
+
+ +
+
+
5411
, dgl.
+
+ 4-
0
+
+
+ + +
5984
Lues lat. beh.
0
0
+ + +
+ + +
+ + +
+ + +
5991
dgl.
+
+ 4"
+ + +
+ + +
+ + +
+ + +
5995
0
0
+ + +
+
+ + +
+ +
6086
yy
0
0
+ + +
+ -f +
+ + +
+ + +
6089
yy
0
0
+ +
+ + +
+ + +
+ + +
6090
yy
0
0
+ +
+ + +
e
0
6101
„
0
0
0
0
+ + +
6124
yy
+
0
+ + +
+ + +
+ + +
+ + +
6127
„
0
0
+ + +
0
+ + +
0
6136
0
0
+ + +
0
+ + +
0
4457
!!
0
4-4- +
+ + +
+ + +
+
+ + +
4454
yy
+
+ + +
+ + +
+ + +
+
+ + +
4448
+++
+ + +
+ + +
+ + +
+ +
+ + +
4447
+ +
+
+
4- +
+ +
+
3960
0
+ +
+ + +
+ + +
+ + +
+ + +
6811
+ +
+ +
+ +
+
+ +
+ +
6802
+ + -t-
+ + +
+ + +
+ + +
+ +
+ + +
6801
V
0
0
0
0
+ +
+ + +
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
102
Eberhard Schwab.
Digitized by
Journ.-No.
Klinischer
Refund
Original-Wassermann-Reaktion
; Kombinations-
1 , methode
bei 37“ C
bei 0-
o
o
1
bei 0 - <
-370 0
Leber-
extrakt
Chole-
sterin-
extrakt
Leber-
extrakt
Chole-
sterin-
extrakt
i
i Leber-
1 extrakt
Chole-
sterin-
extrakt
6800
Lues lat. beh.
e
0
+ +
+ +
+ +
+ + +
6798
dgl.
e
0
+
+ +
ll
+ + +
64(«
+ +
+ +
+ + +
+ + +
! + + +
+ + +
6467
+ +
+ +
0
0
+ + +
+ + +
6466
+
+
+ + +
+ + +
+ + +
+ + +
6465
+
+
e
: ++
+ + +
6093
e
0
0
+++
+ +
5996
0
0
0
0
' +++
+ + +
6001
e
0
+ + +
+ + +
+++
+ + +
6004
0
0
+ + +
+ + +
+++
+ + +
6032
+ + +
0
+ -f 4-
0
+++
+ + +
6274
+ +
+ +
+++
+ + +
+++
+ + +
6477
+
+
+++
+ + +
+++
+ + +
6460
0
0
+++■
+ + +
+++
+ + +
6343
1)
0
0
4-4- +
+ + +
+++
+ + +
6172
0
0
+ + +
+ + +
+++
+ + +
6159
0
0
+++
+ + 4-
. + + +
+ + +
6067
0
+ +
0
+ + +
+++
+ + +
6042
»T
e
0
4- + +
+ + +
! + + +
+ + +
6040
e
0
0
+ + +
! + + +
+ + +
6793
+ +
+ +
+ + +
+ + +
^. +++
+ + +
6817
0
0
+
+ +
++
+ + +
6816
+
+
+ +
+ + +
+++
+ + +
4391
+ +
-f -f -f
+ + -1-
+ + +
+++
+ + +
3950
+ +
+ + +
+ + +
+ + +
+++
+ + +
4412
+
+ +
+ + +
i ++-i-
+ + +
4468
0
+ +
+ + +
+ + +
+++
+ + +
4377
0
0
+ + +
+ + +
" 0
0
4374
+
+ +
+ + +
+ + +
'' +
+ +
4397
+ + +
+ +
0
0
ji +++
+ + +
4417
0
0
+ +
+ + +
ll + +
+ + +
Erklarung der Zeichen: e = komplette Hamolyse, + + + = kom-
plette Hemmung der Hamolyse, ++ = starke Hemmung der Hamolyse,
+ = spurweise Hemmung der Hamolyse.
Aus der vorstehenden Tabelle lassen sich die Verhait-
nisse, soweit die prinzipiellen wechselseitigen Beziehungen
der drei Methoden in Frage kommen, mit zieralicher Klarheit
erkennen. Auf eine prozentuale Berechnung der kleinen Unter-
schiede zwischen den einzelnen Methoden mSchten wir im
Hinblick auf die verhaltnismaUig kleine Versuchsreihe ver-
zichten, da aus der Beurteilung kleiner Materialien erfahrungs-
geniaU nur allzu leicht ein falsches Bild iiber die Leistungs-
fahigkeit einer Methode entstehen kann. — Nur was das
Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Einflufi d. Teraperatur auf die Reaktivitat d. Syphilitikereerums. 103
Gesamtergebnis unserer Versuchsreihe anlangt, mochten wir
hervorheben, daB in nicht weniger als 85,37 Proz. der von
uns untersuchten Falle ein libereinstiramendes Ergebnis mit
alien drei Methoden erzielt wurde. Die Differenzen beschrfinken
sich auf 14,63 Proz., wobei nochnials betont sei, daB mit Aus-
nahme ganz weniger Ftllle stets eine Uebereinstimmung der
Kombinationsmethode mit der jeweils besseren Methode be-
steht. Hierdurch wird ohne Einschrankung der Spezifitat der
Ergebnisse ein so erhebliches Plus an einwandfreien positiven
Ergebnissen erzielt, wie es sonst nur durch die erheblich
zeitraubendere Nebeneinanderschaltung von Original-Wasser-
mann-Reaktion und Kaitemethode mbglich ware, daB die ver-
einzelten Ergebnisse, bei denen die Kombinationsmethode mit
der jeweils schwacheren Methode tibereinstimmt, praktisch so
gut wie nicht ins Gewicht fallen. Im iibrigen ist es bei so
vereinzelten Fallen ein Leichtes, sich durch Nebeneinander¬
schaltung der beiden anderen Methoden davon zu Qberzeugen,
ob die Komplementbindungsreaktion bei Kombination mehrerer
Temperaturen das gleiche Bild von der Reaktivitat eines
Serums entwirft, wie die anderen beiden Methoden, sofern
die Wichtigkeit eines Falles die Anwendung derartiger MaB-
nahmen angebracht erscheinen laBt. Praktisch wird dieser
Fall besonders dann eintreten, wenn es erwflnscht erscheint,
den Verlauf der Reaktionskurve eines Syphilitikerserums unter
dem EinfluB einer spezifischen Kur systematisch zu kon-
trollieren, da die Reaktivitat eines Serums erfahrungsgemaB
durch die Therapie bei den verschiedenen Patienten bald im
Sinne einer ausgesprochenen Kaitebindungsfahigkeit, bald mehr
im Sinne einer ausgesprochenen Warmebindungsfahigkeit be-
einfluBt wird.
Welche erheblichen individuellen Schwankungen in dieser
Beziehung bei den verschiedenen Seris und in den verschie¬
denen Stadien der Lues bestehen, das kbnnen wir aus der
schon mehrfach genannten Arbeit von Graetz erkennen,
deren Ergebnisse uns auch zugleich ausreichende Anhalts-
punkte zu geben vermSgen, welche Ergebnisse wir mit der
Kombinationsmethode im Vergleich zu der Original-Wasser-
mann-Reaktion und der gleichzeitig parallelgeschalteten Kaite¬
methode nach Jakobsthal zu erwarten haben.
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
104
Eberhard Schwab,
Digitized by
Bei seinen vergleichenden Untersuchungen tiber die rela¬
tive Leistungsfahigkeit von Original-Wassermann-Reaktion und
Kaiteraethode fand Graetz bei seinera, alle Stadien der Lues
umfassenden, Gesaratmaterial, soweit es positive Reaktionen
aufzuweisen hatte, vorausgesetzt, daU ausschlieClich chole-
sterinierte Rinderherzextrakte Verwendung fanden, eine Ueber-
einstimmung beider Methoden bei insgesamt 74,12 Proz.
der von ihm untersuchten FSlle, wShrend bei dem Rest von
25,88 Proz. der Falle Differenzen im Ausfall der Reaktionen
bestanden, indent die positive Reaktion der betrefTenden Sera
teils nur bei Warmebindung, teils nur bei der Kalte in Er-
scheinung getreten war. Trotzdem von diesen unterschiedlich
reagierenden Seris nur 18,37 Proz. ausschlieBlich bei niederen
Temperaturen eine positive Reaktion aufwiesen, wkhrend
7,51 Proz. nur bei der Original-Wassermann-Reaktion (37”)
zur positiven Reaktion zu bringen waren, ergab sich fur das
Gesamtmaterial bei Verwendung der Cholesterinextrakte immer-
hin noch ein Ueberschufi von 10,76 Proz. positiver Reak¬
tionen. An sich mag der UeberschuB ja gering erscheinen,
dock darf dabei nicht vergessen werden, daB gerade die Chole¬
sterinextrakte nach den umfangreichen Feststellungen von
Graetz als in weitem MaBe auBerhalb des Temperaturein-
flusses stehend gelten konnen, und daB demgemfiB die Unter-
schiede zwischen den beiden Reaktionen nicht so scharf ins
Auge fallen, wie bei den temperaturempfindlicheren konven-
tionellen Luesleberextrakten. Immerhin wfirde unter Berflck-
sichtigung der oben erwahnten Tatsache, daB die Kombinations-
methode bei der ilberwiegenden Anzahl der Falle, soweit sie
reaktive Stoffe im Sinne der Wassermannschen Reaktion
enthalten, die Tendenz zur Uebereinstimmung mit der jeweils
starkst reagierenden Methode zeigt, fvlr die Kombinations-
methode ebenfalls mit einem MindestQberschuB von 10 Proz.
positiver Reaktionen zu rechnen sein, und dies bei einer nur
unwesentlich grbBeren Arbeitsleistung als bei der Original-
Wassermann-Reaktion und ohne wesentliche Erhbhung des
Materialverbrauchs.
Weit auffallender gestaltete sich der Unterschied in den
Reaktionsergebnissen zwischen der Original-Wassermann-Re-
aktion und der Kaltemethode bzw. zwischen der Original-
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Einflufi d. Temperatur auf die Reaktivitat d. Syphilitikerserums. 105
Wassermann-Reaktion und der von uns vorgeschlagenen Kombi-
nationsmethode, wenn die Reaktion nicht mit den cholesteri-
nierten Extrakten nach Sachs, sondern mit einem der kon-
ventionellen Luesleberextrakte, wie sie ja noch heute in den
meisten Instituten Verwendung finden, angestellt wurde. Dabei
war es fiir die Reaktivitat der verschiedenen Sera so gut wie
gleichgflltig, woher die betretfenden Luesleberextrakte stamniten,
da fiir die Unterschiedlichkeit in der Reaktivitat der einzelnen
Sera die Herkunft der Extrakte weniger bedeutsam ins Ge-
wicht fallt, als die von Graetz besonders betonte Tatsache,
ob ein fraglicher Extrakt Cholesterinzusatz enthalt oder nicht.
Der Cholesterinzusatz zu einem a priori cholesterinfreien
Extrakt wirkt dabei im Sinne eines Ausgleiches in bezug auf
die verschiedene Empfindlichkeit der beiden Extraktarten und
hat insofern eine Umwandlung des ursprflnglich cholesterin¬
freien Extraktes zur Folge, als die Reaktivitat des Extraktes
mit den verschiedenen Seris weiter aus dem Bereich des
Temperatureinflusses gertickt wird.
Den besten Beleg geben in dieser Hinsicht wieder die
von Graetz angegebenen zahlenmaBigen Berechnungen, die
sich auf das gleiche, bereits oben fflr die Cholesterinextrakte
besprochene Material beziehen, welches vergleichsweise mit
den Luesleberextrakten, aber unter sonst durchaus gleichen
Versuchsbedingungen geprOft ist. Unter den von uns unter-
suchten Seris, bei denen mit irgeudeiner der von uns ver-
wendeten Methoden ein Gehalt an Syphilisreaginen uberhaupt
ermittelt werden konnte, ergaben bei Verwendung der Lues¬
leberextrakte 60,22 Proz. ein iibereinstimmendes Resultat,
gleichgQltig, ob die Reaktion nach den Vorschriften der Original-
Wassermann-Reaktion, oder nach denen des Kaiteverfahrens
ausgefflhrt wurde. Ein Reaktionsunterschied zwischen beiden
Methoden bestand dagegen bei 39,38 Proz. der gepriiften
Faile, wobei 36,90 Proz. der positiven Ergebnisse aus-
schlieBlich zugunsten der Kaitemethode gebucht werden
muBten, wahrend die von Guggenheimer u. a. beobach-
tete Tatsache, daB fflr manche Sera die Original-Wassermann-
Reaktion als die empfindlichere Methode gelten mflsse, fflr
das vorliegende Material nur bei 2,88 Proz. der Sera in Er-
scheinung trat. Das bedeutet also, selbst nach Abzug der
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
106
Eberhard Schwab
Digitized by
letztgenannten 2,88 Proz. zugunsten der WSmiemethode, fiir
das Kalteverfahren, soweit dabei alkoholische Luesleberextrakte
Verwendung finden, einen UeberschuB von nicht weniger als
34,02 Proz. an positiven Reaktionen, eine Feststellung, die,
wie Graetz sich ausdrflckt, „um so bedeutsainer bleibt, als
die Luesleberextrakte auch heute noch die bei weitem aus-
gedehntere Verwendung finden, als die Cholesterinextrakte
nach Sachs, deren Verwendung noch zahlreiche namhafte
Institute ablehnend gegeniiberstehen“. Und da sich diese
Ueberlegenheit der Kaiteraethode auch fiir die Luesleber¬
extrakte fast durchweg auf alle Stadien der Lues erstreckt,
bei einer allerdings unverkennbaren Bevorzugung des soge-
genannten TertiSrstadiums und der Spatlatenz, so erscheint
uns die Einfiihrung der Kaitemethode in die serologische
Syphilisdiagnostik bei Verwendung der Luesleberextrakte ge-
radezu als eine naturnotweudige Forderung. Und dieser For-
derung kann nach unseren Erfahrungen auch ohne die Parallel-
schaltung der beiden Methoden eben durch die Verwendung
der Kombinationsniethode Rechnung getragen werden, da es
auch fiir die Luesleberextrakte, in gleicher Weise wie fflr die
Cholesterinextrakte, in der Kombinationsniethode als Reaktions-
gesetz gilt, daC die Kombinationsniethode bei absoluter klini-
scher Spezifitat ihrer Ergebnisse in ihrer Reaktivitat der
Empfindlichkeit der jeweils am starksten positiv anzeigenden
Methode entspricht. Auch fQr die Luesleberextrakte gilt dabei
natiirlich die Erfahrung, daB bei einem geringen Prozentsatz
der Faile — etwa 2—3 Proz. — das Ergebnis der Kombi-
nationsmethode mit dem der jeweils am wenigsten empfind-
lichen Methode ubereinstimmt, was demgemaB eine Vermin-
derung des oben genannten Ueberschusses nach sich ziehen
inflBte. Alles in allem ware also bei Einfiihrung der Korabi-
nationsmethode und unter der Voraussetzung der ausschlieB-
ichen Verwendung der Luesleberextrakte mit einem Mindest-
iiberschuB von 30 Proz. klinisch spezifischer positiver Ergeb¬
nisse gegeniiber der Original-Wassermann-Reaktion zu rechnen,
ein Ergebnis, das urn so bedeutsamer erscheint, als es unter
weitgehendster Bcrticksichtigung der Originaltechnik und ohne
erheblicheren Aufwand an Arbeitskraft und Materialkosten er-
zielt werden kann.
Google
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Einflufi d. Temperatur auf die Reaktivitiit d. Syphilitikerderums. 107
Angesichts iler Verschiedenartigkeit der Luesleberextrakte
und der Cholesterinextrakte und der wechselnden Affinitat
von Seris aus den verschiedenen Stadien der Lues bald zu
der einen, bald zu der anderen Extraktart, halten wir es
auch bei der Kombinationsmethode fiir dringend erforderlich,
die beiden Extraktarten stets nebeneinander zu verwenden,
da wir hierdurch eine mSglichst restlose serologische Erfassung
aller luesverdachtigen Falle fiir gewShrleistet erachten. Itn
Gegensatz zu der Nebeneinanderschaltung von Original-Wasser-
mann-Reaktion und KSltemethode, wo auBer den Reaktions-
unterschieden der beiden unter verschiedenen Temperatur-
bedingungen arbeitendeu Metlioden auch noch die verschiedene
Erapfindlichkeit von Luesleber- bzw. Cholesterinextrakten haufig
die Beurteilung und Bewertung der Reaktionsergebnisse er-
schwerte, tritt bei der Kombinationsmethode dieser Unterschied
der beiden Methoden zugunsten eines einheitlichen Ergeb-
nisses in den Hintergrund, und auBerdem wird auch in der
Reaktivitat der verschiedenen Extrakte ein erfreulicher Aus-
gleich im Sinne einer groBeren Uebereinstimmung der beiden
Extraktarten geschaffen.
Der Charakter der Kombinationsmethode als eines auf
maximale Leistungsfahigkeit eingestellten Untersuchungsver-
fahrens birgt in sich naturgemaB die Vorziige und Nachteile
der beiden Methoden, aus denen die Kombination hervor-
gegangen ist. Mit Hilfe des Kombinationsverfahrens ist es
mSglich, unter Ersparnis von Zeit, Arbeitskraft und Unter-
suchungsmaterial eine ad maximum gesteigerte diagnostische
Empfindlichkeit der Wassermannschen Reaktion, trotz Wah-
rung der klinischen Spezifitat, zu erzielen, die besonders dann
gerechtfertigt und sogar notwendig erscheint, wenn man sich
bezflglich der nosologischen Auffassung der Wassermann-
schen Reaktion Neisser und seiner Schule anschlieBt und
die Wassermannsche Reaktion als den Ausdruck einer
noch nicht erloschenen Lues betrachtet. In ihrer verscharften
diagnostischen Form ermoglicht es die Methodik allerdings
nicht ohne weiteres, die biologischen Veranderungen und
Reaktivitatsschwankungen festzustellen, welche die verschie¬
denen Sera von Syphilitikern unter dem EinfluB einer spezi-
fischen Kur erfahren. Altmann, Altmann und Zimmern
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
108
Eberhard Schwab,
Digitized by
sowie vor alleni Graetz haben darauf hingewiesen, daB sich
die therapeutische Beeinflussung eines Syphilitikerserums hhufig
in einem Verschwinden der ReaktivitSt bei der Original-
Wasserniann-Reaktion auBert, wahrend die Reaktivitat bei
niederen Temperaturen noch unverandert erhalten bleibt, wo-
bei natiirlich auch fur inanche Sera niutatis mutandis die
Tatsache besteht, daB sich der therapeutische EinfluB zunachst
auf die Reaktivitat des Serums bei niederen Temperaturen
beschrankt. Im allgemeinen gilt dabei wohl die Erfahrung,
daB der therapeutische EinfluB bei der iiberwiegenden Zahl
der Falle bei der Warmebindung anzugreifen vermag, wobei
noch gleichzeitig die Tatsache in Erscheinung tritt, daB zu¬
nachst die Reaktivitat des Serums gegeniiber den Luesleber-
extrakten in der Warme schwindet, wahrend die Reaktion mit
den Cholesterinextraktten auch unter den Bedingungen der
Original-Wassermann-Reaktion meist noch bestehen bleibt, um
dann erst im Verlauf weiterer therapeutischer MaBnahmen zu
schwinden. Welch erhebliche Beeinflussung die Reaktivitat
des Serums gegeniiber den Luesleberextrakten speziell unter
den Bedingungen der Original-Wassermann-Reaktion durch die
spezifische Therapie erfahrt, moge nur ein zahlenmaBiges Bei-
spiel aus der Arbeit von Graetz beleuchten, welches zeigt,
daB z. B. in der Latenz unter dem EinfluB der vorangegan-
genen Therapie eine solche Verschiebung der Reaktivitats-
verhaitnisse stattgefunden hat, daB bei Verwendung der Lues-
leberextrakte ein UeberschuB von 40,49 Proz. positiver Ergeb-
nisse zugunsten der Kaitemethode in Erscheinung tritt. Bei
ausschlieBlicher Verwendung der Kombinationsmethode wiirden
diese 40,49 Proz. positiver Reaktionen, die sich bei dem Kalte-
verfahren als ausgesprochen stark positive Reaktionen doku-
mentierten, entsprechend den Reaktionsgesetzen der Konibi-
nationsmethode, ebenfalls als stark positive Reaktionen in Er¬
scheinung treten und dadurch den fiir die Beurteilung des
therapeutischen Erfolges bedeutsamea EinfluB auf die Reak¬
tivitat des Serums verschleiern und somit unserer Kenntnis
entziehen. Bei der Kombinationsmethode treten solche thera¬
peutische Einfliisse erst dann sichtbar in Erscheinung, wenn
die Therapie die Reaktivitat des einzelnen Serums so weit be-
einfluBt hat, daB entweder fur alle Extrakte oder wenigstens
Google
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
EinfluO d. Temperatur auf die Reaktiritiit d. Syphilitikerserums. 109
fiir den einen oder anderen desselben ein so erheblicher
Schwund der Syphilisreagine eingetreten ist, dafi auch uHter
den verscharften Bedingungen der Kombinationsinethode die
fiir Syphilis charakteristische Koraplenientbindung nicht niehr
Oder wenigstens nicht niehr in volleni Umfange zustande
kommen kann. Eine negative Reaktion bei der Kombinations-
methode wird also voni biologischen Gesichtspunkt aus ent-
schieden mehr im Sinne eines Erloschens der Lues gedeutet
werden dtirfen, als eine unter den Bedingungen der Original-
Wasserinann-Reaktion erzielte negative Reaktion, wShrend
andererseits auch eine stark positive Reaktion, die verniittels
der Kombinationsmethode erzielt ist, wohl vielfach nicht die
pathognomonische Bedeutung beanspruchen darf, wie eine
gleich Starke, aber unter den Bedingungen der Original-
Wassermann-Reaktion erzielte Reaktion. Will man also tiber
die ReaktivitStsschwankungen des Syphilitikerserunis in den
verschiedenen Phasen der Infektion und nanientlich unter dein
EinfluB der Therapie etwas Genaueres erfahren, so empfiehlt
es sich unseres Erachtens, auBer der Kombinationsmethode
auch noch die Original-Wassermann-Reaktion und die Kfilte-
methode getrennt nebeneinander anzusetzen und damit zu-
nSchst alle MSglichkeiten zu erschopfen, die uns an prinzipiell
gleichartig aufgebauten Methoden fiir das Studium der Serum-
biologie syphilitisch infizierter Menschen zur Verfilgung stehen.
Wir sind in Fallen, die uns wichtig genug schienen, um den
dadurch bedingten Mehraufwand an Zeit, Material und Arbeits-
kraft zu rechtfertigen, schon sehr haufig dazu Ubergegangen,
die genannten drei Methoden nebeneinander anzuwenden, und
haben dabei eben jene Ergebnisse erzielt, wie wir sie beispiels-
weise in unserer weiter oben wiedergegebenen Tabelle nieder-
gelegt haben. Dabei mochten wir betonen, daB wir die von
uns allerdings nicht weiter systematisch gepriifte Mbglichkeit,
durch quantitativen Ausbau der Kombinationsmethode, sei es
durch Abstufung des Komplementes, des Extraktes oder der
Sera, jene feineren ReaktivitStsunterschiede der Sera auch in
einer Methode zum Ausdruck zu bringen, fiir durchaus gegeben
halten. Wir haben diesem Ziele bei unseren vorliegenden
Studien nicht nachgestrebt, sondern uns darauf beschrfinkt,
die Kombinationsmethode lediglich qualitativ in ihrer dia-
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
110
Eberhard Schwab,
gnostischen Leistungsfahigkeit zu analysieren, ein Versuch,
der unseres Erachtens den Beweis erbracht hat, daB die
Kombinationsmethode bei voller Wahrung der klinischen Spe-
zifitat der Ergebnisse diagnostisch das zu leisten vennag, was
sonst nur durch die Parallelschaltung von Original-Wassermann-
Reaktion und KSltemethode zu erreichen wSre, d. h. unter
Bedingungen, die sich unter den schwierigen SuBeren Ver-
haitnissen der Gegenwart ineist nicht in die VVirklichkeit um-
setzen lassen.
Wir sind ara SchluB unserer Ausfiihrung angelangt und
mochten kurz zusanimengefaBt nochmals die wesenlichsten
Punkte wiedergeben.
Zusammenfassung.
1) Die Erfahrung hat gelehrt, daB die Versuchsteinperatur
von 37’’ beira Komplementbindungsphanomon in der Wasser-
mannschen Reaktion keineswegs fiir alle Sera die optimalen
Bedingungen bietet. Infolgedessen sind bei der technischen
Ausgestaltung der Wassermannschen Reaktion, als der
Methode der Wahl, solche Versuchsanordnungen anzustreben,
welche alien Seris, wie auch iinmer die Art, die Anzahl und
die Bindungstendenz ihrer spezifisch luischen Reagine ge-
staltet sein moge, optimale Bedingungen fflr eine eventuelle
Koniplementbiudung gewShrleisten.
2) Nach dem derzeitigen Stand unserer Erfahrungen bietet
die Original-Wassermann-Reaktion ohne Beriicksichtigung der
Temperatureinflusse auf das Kompleinentbindungsphanomen
des Syphilitikerserums wShrend der sogenannten Bindungs-
phase diese Vorbedingungen nicht.
3) Auch das von Jakobsthal angegebene Kkltebindungs-
verfahren ist seinerseits, bei voller Wiirdigung seiner Spezifitat
und seiner relativen Ueberlegenheit iiber die Originalinethode
bei dem grbBten Teil der Falle, bei ausschlieBlicher Anwen-
dung nicht in der Lage, eine restlose Erfassung aller die
spezifischen Reagine enthaltenden Sera zu ermoglichen.
4) Nur durch eine Parallelschaltung der beiden Methoden,
wie sie von Guggenheimer, Graetz u. a. vorgeschlagen
Digitized b
Einflufi d. Temperatur auf die Eeaktivitiit d. Syphilitikerserums. J 11
wurde, w5re das erstrebte Ziel der Hochstleistung zu er-
reichen. AeuBere Schwierigkeiten, vor alleni bezdglich der
MaterialbeschaflFung, lassen aber eine Parallelschaltung der
beiden Methoden bei einem groBeren Material untunlich er-
scheinen.
, 5) Durch eine Kombination der beiden genannten Methoden
im Sinne von Thomsen und Boas lassen sich unter Er-
haltung der wesentlichen Vorzdge jeder Einzelmethode die
letztgenannten Schwierigkeiten beseitigen. Die Kombinations-
methode schlieBt sich eng an das von Wassermann an-
gegebene Originalverfahren an, ist in einer Versuchsserie, in
der sSmtliche erforderlichen Temperaturen durchlaufen werden,
ausfflhrbar, und beansprucht, abgesehen von etwas liingerer
Bindungszeit, keinen nennenswerten Mehraufwand an Material
und Arbeitskraft. Dabei weist das kombinierte Verfahren durch
seine groBe Empfindlichkeit und Feinheit die umfassendsten
und daher besten Leistungen auf, unbeschadet seiner volligen
Spezifitat in biologischer und klinischer Hinsicht.
6) Fflr eine erfolgreiche Anwendung des kombinierten
Verfahrens darf die Bedeutung der jeweils verwendeten Ex-
trakte, welche mehr oder weniger stark durch Temperatur-
einflflsse in ihrer biologischen Reaktivitat mit den jeweils
untersuchten Seris moduliert werden, nicht auBer acht ge-
lassen werden. Soweit Original-Wassermann-Reaktion und
Kalteverfahren getrennt in Frage kommen, erscheinen die
cholesterinfreien Luesleberextrakte als die am meisten tem-
peraturempfindlichen und sind in ihrer Reaktivitat oft weit-
gehend von der Anwendung der niederen Temperaturen ab-
hangig. Die Cholesterinextrakte zeigen dagegen geringere
Abhangigkeit vom Temperaturoptimum und erscheinen somit
far das getrennte Verfahren als die empfehlenswerteren.
Bei der Kombination erfolgt ein Ausgleich zugunsten der
Luesleberextrakte, wodurch eine gleichwertige Verwendung
beider Extrakte ermbglicht wird. Bei der wechselnden Affinitat
vieler Sera bald zu den Luesleber- bald zu den Cholesterin-
extrakteri erscheint es angebracht, stets beide Extrakte neben-
einander zu verwenden, um dadurch eine Hbchstleistung der
Methode zu gewahrleisten.
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
112 Eberhard Schwab, Ueber den EinfluS der Temperatur U3W.
7) Diese Hochstleistung beschrankt sich auf das dia-
gnostische Gebiet, fOr die Feststellung feinerer Serumquali-
taten empfiehlt es sich, durch Parallelschaltung der drei Me-
thoden sSmtliche Mbglichkeiten zu erschopfen.
Literaturrerzeichuis.
•
E. Jakobsthal, Notiz zur Theorie und Praxis der Wassermannschen
Reaktion. Miinch. med. Wochenschr., 1910, No. 13, p. 689.
H. Guggenheimer, Ueber den Einflu6 der Temperatur auf die Wasser-
mannsche Syphilisreaktion. Miinch. med. Wochenschr., 1911, No. 26.
Neufeld und Handel, Ueber Komplementbindung und Komplement-
ablenkung bei 0 und bei 37“ Arbeiten a. d. Kaiserl. Gesundheitsamt,
Bd. 38, 1908.
K. Altmann und F. Zimmern, Ueber den EinfluS der Temperatur auf
die Komplementbindung bei Syphilis. Arch. f. Dermat. u. Syph., Bd. Ill,
p. 837.
— Ueber don Einflufi der Temperatur auf die Komplementbindung bei
Syphilis. Ebenda, Bd. 116, p. 871.
H. Sachs und K. Altmann, Ueber den Einflufi der Reaktion auf das
ZuBtandekommen der Wassermannschen Komplementbindung bei Syphilis.
Berl. klin. Wochenschr., 1908, No. 14, p. 699.
-Ueber den Einflufi von Temperatur und Medium auf die Sero-
diagnostik der Syphilis. Zeitschr. f. Iramunitatsf. u. exp. Ther., Bd. 26,
Heft 5.
Fr. Graetz, Ueber den Einflufi der Temperatur auf das Komplement-
bindungsvermogen bei der Wassermannschen Reaktion. Zeitschr. f. Hyg.
u. Infektionsk., Bd. 89, p. 285.
Satta und Donati, Arch, per le scienze med., Vol. 23, No. 11.
E. Thomsen und H. Boas, Der Einflufi der Temperatur auf die Kom¬
plementbindung in der Wassermannschen Reaktion. Zeitschr. f. Im-
munitiitsf. u. exp. Ther., Bd. 18, p. 516.
R. Bottler, Ueber die Brauchbarkeit von Rinderherzextrakten mit Chole-
sterinzusatz bei der Wassermannschen Reaktion. Arch. f. Dermatol, u.
Syphilis, Bd. 116, Heft 1, p. 259.
Kroinmnnn»ch« Kaehdruckeret (Herroann Pohli>) in Jena. 491G
Digitized by
Gougle
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Zeitscluifl; I ImmimitUrscliimg. Originala Bi 32. No. 2.
Nachdruck verboten.
[Aus dem bakteriologisch-serologischen Laboratorium der hygie-
nischen Untersuchungsanstalt des Volksgesundheitsamtes in Wien
(Vorstand: Prof. Dr. Russ).]
Experimentelle Studlen Qber die Fnnktion der Mllz bel
der Agglntinlnproduktion.
Von
Prof. Dr. Viktor K. Russ und Assistenten Dr. Leopold Kirscbner.
Mit 8 Kurven ira Text.
(Eingegangen bei der Redaktion am 2. Dezember 1920.)
Die Entdeckung der Tatsache, daB der Organismus auf
die parenterale Einfiihrung von verschiedenen Substanzen rait
der Bildung spezifischer Schutzstoffe reagiere, hat begreiflicher-
weise die Anregung gegeben, jene Zellkomplexe des Korpers
zu suchen, in welchen diese „Antik6rper“ gebildet werden.
Es wurde zu weit fiihren, wollten wir bier auf die ausgedehnte
Literatur flber diese Frage auch nur kursorisch eingehen, es
sei nur erwahnt, daB eine betrachtliche Anzahl von Autoren in
erster Linie die lymphatischen Zellkomplexe im Kbrper (Leuko-
cyten, Milz, Knochenmark, Lymphdriisen, Thymus etc.) als die
Quellen jener Reaktionsprodukte auffassen, welche wir je nach
ihrer Wirksamkeit als Antitoxine, Agglutinine, Prkzipitine,
HSmolysine usw. bezeichnen. Diese Annahme stiitzt sich zum
Teil auch auf Beobachtungen frtiherer Zeit, wonach bei ge-
wissen Infektionskrankheiten gerade diese Zellverbande patho-
logische VerSnderungen (Schwellungen u. dgl.) oder aber in
vitro nachweisbare bakterienfeindliche Eigenschaften zeigen
(Phagocytose) (Metschnikoff, Cesario Dem el, Kurlow,
Tictin, Bardach, Melnikow-Raswedenkow, Cour-
raont und Duffreau, Blumreich und Jacoby, etc.). Be-
sonders die Milz wurde vielfach untersucht, ob sie als der
Ausgangspunkt fur die im Blutserum nachweisbaren Antikorper
ZeiUchr. f. ImmunilltUforschung. Orig. Bd. 32. 8
Digitized by Google
Origioai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
114
Viktor K. Rubs und Leopold Kirschner,
Digitized by
anzusehen sei (Kanthak, Tizzoni und Cantani, Fok und
Scabia, Muntuori, Benario, Pfeiffer und Marx,
Wassermann, Shibayama, Domeny, Tarrasewitsch,
Jakuschewitsch, Deutsch, Leukart und Becht,
McGowan, Hektoen u. a. m.)- Die Resultate der durchge-
fiihrten Untersuchungen sind recbt verschieden und stehen sich
vielfach schroff gegeniiber. Ein Teil der Autoren findet, daB Ex-
trakte aus der Milz und anderen lymphatischen Organen immuni-
sierter Tiere sich gegeniiber dera zugehdrigen Antigen in vitro
wesentlich wirksamer erweisen als das Blutserum derselben, wkh-
rend wieder andere Untersucher gerade zu einem gegenteiligen
Ergebnisse komraen. DemgemkB ziehen erstere Forscher den
SchluB, daB das betrefifende Organ als BildungsstStte des Anti-
kbrpers aufzufassen sei, wfihrend letztere dessen Bedeutung filr
die Produktion der Abwehrstoffe leugnen. Abgesehen von dera
Urastande, daB die Untersuchungen der verschiedenen Autoren
vielfach rait einer recht differenten Technik durchgefiihrt sind,
haftet der Mehrzahl jener Experiraente, in welchen Organextrakte
beniitzt wurden, eine geraeinsarae Fehlerquelle an: Die beiden
Vergleichsobjekte, welche am tertium comparationis — dera An¬
tigen — in vitro oder in vivo quantitativ gemessen werden,
stellen in Wirklichkeit ja nur das Vehikel fiir die eigentlich zu
untersuchende Substanz dar, fiir deren quantitatives Vorhanden-
sein wieder nur relative MaBstSbe gelten. In alien erwShnten
Versuchen sind nun die beiden Vehikel — Blutserum einerseits
und Milz- bzw. Organextrakt andererseits — von Haus aus so
verschieden, daB sie niemals als Basis zu einem relativen Ver-
gleich herangezogen werden konnen und aus dem Ausfall sol-
cher Versuche dann weitere Schliisse gezogen werden diirfen.
Die Herstellung des Organextraktes x ist ja eine rein willkiir-
liche, namentlich was die Menge des Extraktionsmittels — meist
handelt es sich urn physiologische Kochsalzldsung — anlangt.
Der Nachweis, daB in einem Organextrakt mehr Antikorper
enthalten sind, d. h. daB er in starkeren Verdiinnungen das
Antigen spezifisch zu beeinflussen vermag als das Blutserum,
gestattet nicht, aus einem solchen positiven Ausfall des Ver-
suches zu schlieBen, dieses Organ sei die BildungstStte des
Antikdrpers. Hier liegt der Einwand nahe, daB man eben von
einem zu konzentrierten, den natiirlichen Diluitionsverhaltnissen
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Experimentelle Studlen liber die Funktion der Milz usw. 115
in keiner Weise entsprechenden, Materiale ausgegangen ist.
Andererseits liegt bei einem negativen Resultat, d. h. bei
dem Nachweise, daB der Organextrakt weniger Antikbrper ent-
halt als das Blutserum oder deren gar keine, auBer dem Be-
denken, daB unnatQrliche Verdiinnungsverhkltnisse im Organ-
extrakte vorhanden waren, auch nicht die Moglichkeit vor, daB
gerade dieses Organ, dessen Extrakt sich als so wenig wirk-
sam erwiesen hat, als Bildungsstatte des AntikSrpers in Be-
tracht kommt. Denn es ist ganz gut denkbar, daB die von
einem Zellkomplex produzierten Substanzen gleichsam in statu
nascendi sofort an die KSrperfiiissigkeit abgegeben werden und
sich vorerst nicht so weit anhaufen, daB sie mittels der doch
immerhin groben Methoden quantitiv nachweisbar wSren.
Man kann wohl mit Recht sagen, daB alle diese Experimente
zur Klarung der Frage nach der Bildungsstatte der Antikbrper
recht wenig beigetragen haben. Man steht auf diesem Gebiete
auch heute trotz mannigfaltiger anderer Experimente, die wir
gleich besprechen werden, noch immer lediglich auf dem Bo-
den der Hypothese.
Diese Versuche, auf welche wir eben anspielten, stellten
es sich zur Aufgabe, per exclusionem das als Bildungsstatte
der AntikSrper in Betracht kommende Organ festzustellen oder
mit anderen Worten, zu prlifen, ob ein Organismus, in welchem
man einen fiir diese Funktion als bedeutsam angenommenen
Zellkomplex ausgeschaltet hat, noch immer in der Lage ist,
auf die Injektion von Antigen spezifische Antikbrper zu bilden.
Die in dieser Frage veroffentlichten Arbeiten sind auBer-
ordentlich zahlreich (s. a. oben). Wir mbchten hier nur auf jene
Publikationen naher eingehen, welche sich mit der Bedeutung
der Milz als Bildungsstatte der Agglutinine beschaftigen, soweit
sie nicht schon bisher ausfiihrlich in den verschiedensten Pu¬
blikationen referiert sind, wie z. B. die Mitteilungen von Rath,
Van Emden, Deutsch etc. Besonders wichtig erscheinen
uns von den neueren Mitteilungen die Arbeit von Kraus und
Schiffmann, in welcher gezeigt wird, daB Tiere, welche 6
Tage vor der Injektion des Agglutinogens splenektomiert worden
sind, ebensogut Agglutinine bilden, wie Kaninchen, bei denen
24 Stunden, 48 Stunden oder 3 Tage nach der Antigeninjektion
die Milz entfernt worden war. Beide Gruppen von Versuchs-
8 *
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
116
Viktor K. Russ imd Leopold Kirschner,
Digitized by
tieren unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Agglutininbildung
in keiner Weise von entsprechenden Kontrolltieren. Demnach
stehen die Autoren auf dem Standpunkte, daB die Milz als
Bildungsstatte der Agglutinine nicht in Betracht koinmt, eine
Annahme, fiir welche sie noch als weitere Stiitze die Tatsache
anfuhren, daB die Agglutinine nach Antigeninjektion im Blute
wesentlich friiher und weiterhin auch in groBeren Men gen auf-
treten als in Extrakten aus der Milz der immunisierten Ka-
ninchen. Der Ausfall ihrer Versuche veranlaBt die Autoren auch,
sich gegen die Annahme von Deutsch (iber die Entstehung
von sogenannten Proagglutininen in den inneren Organen zu
wenden. Sie weisen ausdrhcklich hin, daB die Agglutinine im
Gegensatze zu den bakteriziden Antikorpern nicht in der Milz,
dem Knochenmark oder den Lymphdriisen ihre Ursprungs-
quelle besitzen, sondern innerhalb des GefaBsystems gebildet
werden. Aehnliches gilt von den Pr^zipitinen. Zu tibereinstim-
menden Resultaten war schon friiher Castellani gekommen,
der nach weisen konnte, daB die Agglutinine gegen Ruhrbazillen
friiher im Blutserum erscheinen, als sie in Milzextrakten nach-
weisbar sind. Hektoen, der entmilzten Kaninchen Menschen-
blut injiziert hatte, beschreibt ein geringes Auftreten von PriLzi-
pitinen, reichlicher Hamagglutinine und spkrlicher Lysine, wor*
aus er den SchluB zieht, daB die Splenektomie vor der Immu-
nisierung die Bildung eiuzelner Antikorper mehr einschrSnkt
als die anderer. Er miisse der Milz und den lymphatischen Or¬
ganen bei der Antikorperproduktion eine entscheidende Rolle
zuschreiben, da einerseits seine Versuche mit Hamolysinen dafur
sprechen, andererseits aber auch die Experimente von Car ell
und Ingebrigtsen, welche mitteileu, daB es ihnen gelungen
sei, auBerhalb des Organismus in kiinstlichen Kulturen von
Knochenmark- und Lymphdriisengewebe bei Anwesenheit von
Antigen eine Antikorperproduktion zu beobachten (Hamolysine).
Auch Leu kart und Becht geben an, daB Hunde nach vor-
heriger Entmilzung schlechter Hamolysine produzieren als nor-
male, bei welchen sie — um dem Einwand, daB die Shockwirkung
der Operation diesen EinfluB ausiibe, zu begegnen — lediglich
eine Laparotomiewunde gesetzt batten. In gewisser Hinsicht ge-
horen auch die Versuche von Brezina hierher, welcher durch
subkutane Injektion von Meerschweinchenmilz an Htihnern und
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Experimentelle Studieu iiber die Funktion der Milz usw, 117
Enten ein gegen dieses Organ gerichtetes Antiserum herstellte,
mit welchem er dann Meerschweinchen mehrmals behandelte,
uni eine Schadigung der Milzzellen zu erzielen. Einige Zeit nach
dieser Vorbehandlung erhalten die Meerschweinchen dann eine
Injektion von Coli-Kultur, worauf dann 8 Tage spater ihr Serum
auf den Agglutiningehalt gegenuber Bact. coli gepruft wird.
Das Ergebnis dieser Versuche laBt sich dahin zusammenfassen,
daB die mit dem Antimilzserum vorbehandelten Meerschwein¬
chen eine wesentliche Herabsetzung der Fahigkeit, Agglutinine
zu produzieren, besitzen. Ganz gleiches gilt von Tieren, welche
mit einem Antiknochenmarkserum vorbehandelt waren. Diese
Versuche wiirden wieder darauf hindeuten, daB die Milz ebenso
wie das Knochenmark ftir die Bildung der Agglutinine sehr
notwendige Organe darstellen.
Eigene Versuche.
I.
Vorerst suchten wir uns zu uberzeugen, welchen EinfluB
die Exstirpation der Milz auf die Bildung der Agglutinine be-
sitze. Zu diesem Zwecke stellten wir die Versuchsreihe la mit
3 moglichst gleichgewichtigen Tieren ein, von denen wir bei
zweien in ilblicher Weise die Splenektomie vornahmen, wShrend
das dritte Tier zur Kontrolle diente'). 10 Tage nach der
Operation — die Wunde war inzwischen per primam geheilt —
verabreichten wir den beiden entmilzten Kaniuchen [No. 21 *)
und No. 60] ebenso wie dem Kontrolltiere (No. 38) eine intra-
venose Injektion von Oese Typhusbacillen, abgetotet durch
V 2 Stunde bei 58°. Von nun an wurde den Tieren in Intervallen
von 2 Tagen ein ProbeaderlaB (ca. 1 V 2 ccm Blut) aus der
Ohrvene gemacht und das gewonnene Serum auf seinen Ag-
1) Wir mochten hier nur kurz erwahnen, dafi sich die Splenektomie
bei Kaninchen aU eine ganz einfache Operation erwies. die wir derart durch-
fiihrten, dafi wir nach Erdft’nung des Peritoneums die Milz vorzogen und
den ganzen Stiel doppelt ligierten und hierauf durchschnitten. Der Stumpf
wurde wieder in die Bauchhohle versenkt, hierauf das Peritoneum, dann
die Muskulatur mit Seide genaht und dariiber die Haut mit Michelschen
Klammern geschlossen. Die Wunde wurde sodann mit Dermatol bestreut
und mit EoUodium iiberstrichen.
2) Das Kaninchen Xo. 21 war schon friiher mit Menschenserum vor-
behaudelt worden und hatte sich als schlechter PrazipitinbUdner erwieseu.
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
118 Viktor K. Rubs und Leopold Kirschner,
glutiningehalt mit dem homologen Typhusstamra geprflft, dessen
gate Agglutinabilitat wir durch einen Kontrollversuch mit einem
hochwirksamen agglutinierenden Serum jeweils festgestellt
batten.
Die Priifung dee Agglutiniugehaltea erfolgte ausBchliefilich makro-
Bkopisch. Die Beobachtungszeit der Proben wurde mit 4 Stunden bei 37 ®
Kuliiclieii 11=21 [ in Okliber 1919 mil Hiuscliensenin injuledjeringe PrblpltinkiUtng/^kiVizifctuitittr I'-IOO i-fjtptr lU
lnj(litloMn:*Vi (inKclieuirii,>ViJi., Ti^nensduns(rv«,%Vullcs{ iUi|Ctilct,% !i0cs(obgetild
Kurve 1.
gewiihlt, wonach die Ablesung rait der Lupe erfolgte. Der Einfachheit
halber wurden nur drei Werte angenommen: komplette Agglutina¬
tion bei klarer iiberstehender Fussigkeit und massigem Bodensatze (in den
Kurven mit dem dicken Strich verzeichnet), inkomplette Aggluti¬
nation bei vorhandenem Bodensatz und leicht getriibter, feinflockiger iiber-
stehender Elussigkeit (in den Kurven mit dem diinnen Strich verzeichnet)
und endlich Spur Agglutination bei Fehlen eines Bodensatzes, jedoch
noch mit der Lupe eichtbarer Flockenbildung (in den Kurven mit dem
punktierten Strich verzeichnet). Begonnen wurde mit einer Serum-
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
ExperimeDtelle Studien uber die Funktion der Milz usw. HQ
verdunnung von 1 :12,5, zu welcher wir die gleiche Menge einer Auf-
Bchwemmung von TTphusbacillen (eiue 24-8tundige Schriigagarkultur in
10 com physiologischer Eochsalzldsung) zufugten. Das Giesaintvolumen der
Fliissigkeit in jedem Proberdhrchen betrug 1 com. Mit Bucksicht auf die
grofien Versuchsreihen haben wir nur dann Zwischenstufen in den, in den
Kurven angefuhrten Serumverdiinnungen eingeschaltet, wenn das gewon-
nene Resultat uns nicht eindeutig erschien.
ha/imclm It 38 [norntiiUs’li«r],nitlil ipjrierl
ln|iktlonin:%)illue(iPj(&Ul.% H Oese iLti{<iI(t, 'M %0ese atg^UId
Kurve 2.
Diese Versuchstechnik verwendeten wir bei alien folgend verzeich-
neten Versuchen vollig gleichmafiig.
Aus den vorstehenden Kurven 1 und 2^ ist das zeit-
liche Auftreten der Agglutinine und deren quantitives Verhalten
im Serum der Versuchstiere zu ersehen.
1) Infolge der Druckkosten miissen wir auf Ersuchen des Verlagea
auf die Wiedergabe einer grbfieren Zahl von Kurven verzichten.
Digitized by Google
Originaifrom
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
120
Viktor K. Euss und Leopold Kirschner
Digitized by
Dabei ergibt sich die interessante Tatsache, daB die ent-
milzten Kaninchen (No. 21 und 60) im Laufe der nachsten 16
Tage nach der erfolgten Injektion von Typhusbacillen nur
spurenweise Agglutinine bildeten, wahrend das normale Tier
(No. 38) auf die gleiche Menge Agglutinogen bereits am 6. Tage
nach der Injektion deutliche Mengen von Agglutininen in sei-
nem Serum aufwies, welche bis zum 12. Tag eine noch weitere
Steigerung erfuhren, um sich dann wieder etwas zu verringern.
Wir mochten hier darauf hinweisen, da6 das als schlechter Prazipitin-
bildner uns bereits bekannte Kaninchen No. 21 auf die Agglutinogeninjektion
sogar etwas besser reagierte als das Kaninchen No. 60.
Zu einem fast kongruenten Ergebnisse gelangten wir bei
der Versuchsreihe Ib, die sich ebenfalls uber 3 Kaninchen
(No. 41, 53 und 58) erstrekte, von denen wir zwei entmilzt
hatten (No. 41 und 53) und sonst genau so mit ihnen verfahren
waren, wie mit den Tieren der Versuchsreihe la, d. h. auch
diese Tiere erhielten 10 Tage nach der Operation eine intra-
venSse Injektion von Vio Oese abgetoteter Typhusbacillen (der-
selbe Stamm wie bei Versuchsreihe la), worauf in 2-tagigen
Intervallen die Aderiasse gemacht wurden.
Die nachfolgende Kurve 3 zeigte das gewonnene Versuchs-
resultat fiir Kaninchen No. 41. Die Kurve der Kaninchen No. 53
und 58 entsprachen vollig denen der Kaninchen No. 21 bzw.
38 des vorigen Versuches.
Auch hier sehen wir, daB die beiden entmilzten Tiere inner-
halb des Zeitraumes von 16 Tagen nach der Injektion nur ganz
geringe Mengen von Agglutininen in ihrem Serum erkennen
lassen, wogegen das, eine Milz besitzende Kontrolltier bereits
am 4. Tage nach der Injektion Agglutinine im Blute fiihrte.
Aus diesen beiden Versuchen geht wohl einwandfrei her-
vor, daB dieSplenektomie auf dieBildung der Ag¬
glutinine einen deutlich hemmenden EinfluB aus-
iibt, wie er fiir die Produktion von Hamolysinen bereits von
anderer Seite gefunden wurde (s. o., Leu kart und Becht,
Hektoen etc.).
Wir werden nicht fehlgehen, wenn wir aus unseren Ver-
suchsergebnissen den SchluB ziehen, daB derMilz einebe-
deutsameRollealsBildungsstattederAgglutinine
z u k 0 m m t.
Google
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Experimentelle Studien iiber die Funktion der Milz usw. 121
Kaninchtn [nomalesTier] opcriertan
Injektionen^ % '/cOtse aijetttd, "4 '4 Oesc aiijeUtd, ’^4
Kurve 3.
Es ergab sich nun von selbst die Frage, in welcher Weise
die entmilzten Kaninchen auf eine neuerliche Injektion des-
selben Agglutinogens reagieren wtirden. Wir injizierten daher
alien 6 Kaninchen der Versuchsreihen la und Ib 16 Tage nach
der ersten Injektion ein Quantum abgetoteter Typhusbacillen
und setzten die Auswertung der zweitagig gewonnenen Ader-
l^sse in gleicher Weise, wie bisher, fort.
Wenn wir nun die Kurven 1—3 weiter verfolgen, so er-
sehen wir aus dem steilen Ansteigen der Agglutininkurve, daB
auch die entmilzten Tiere nunmelir rasch und kraftig Agglutinine
zu bilden vermSgen, deren Quantitat ungefahr den Agglutinin-
mengen der nicht entmilzten Tiere, wShrend der 16 Tage nach
der ersten Injektion die Wage halt, ohne sie allerdings vSllig
zu erreichen. DaB die nicht entmilzten Tiere eine weitere Stei-
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
122
Viktor K. Buss und Leopold Eirschner,
Digitized by
gerung des Agglutinintiters ihres Serums aufwiesen, ist natiir*
lich zu erwarten gewesen. AuflFailig ist, dafi bei den entmilzten
Tieren das Auftreten der Agglutinine nach der zweiten Injektion
rascher zu erfolgen scheint als bei den nicht entmilzten nach
der ersten Einspritzung des Antigens, gleichsam als wollte sich
der Organismus beeilen, den Zeitverlust, den er durch die feh-
lende Milz fflr die Bildung der Antikorper erlitten hatte, jetzt
hereinzubringen.
Der Ausfall dieser zweiten Periode unserer beiden ersten
Versuchsreihen deutet wohl darauf bin, daBder Organismus
durch den Reiz der ersten Antigeninjektion ver-
anlaBt wurde, anStelle der fehlenden Milz alseiner
der wichtigsten Bildungsstatten der Agglutinine
vikariierend fiirdiesenZweckgeeigneteZellkom-
plexe noch mehr zubefShigen, mit einer kraftigen
Agglutininproduktion auf die zweite Agglutino-
geninjektion einzusetzen.
Beim weiteren Studium der Kurven 1—3 sehen wir nun,
dafi auch nach der zweiten Injektion der Agglutinationstiter
des Serums der entmilzten und normalen Kaninchen kein gleich-
maBig hoher bleibt oder sonst eine RegelmaBigkeit in seinem
Verhalten aufweist. Bei einem der milzfflhrenden Tiere (No. 58)
halt sich der Titer ungefahr auf gleicher H8he, wahrend bei
dem anderen bald ein betrachtliches Absinken festzustellen ist.
Wenn nun auch a lie entmilzten Tiere eine Verringerung des
Agglutiningehaltes ihres Serums zeigen, so ist doch dieselbe
nicht immer so deutlich ausgepragt, daB daraus weitere Schlusse
auf ein baldiges Versagen der vikariierenden Zellkomplexe als
Bildungsstatten der Agglutinine gezogen werden konnten. Jeden-
falls vermag eine dritte Injektion desselben Antigens wieder
eine Erhohung des Agglutiningehaltes der entmilzten wie auch
der normalen Tiere hervorzurufen.
AnschlieBend an die beiden erwahnten Versuchsreihen
mochten wir eine weitere (II) erwahnen, welche 2 Kaninchen
umfaBt, die wir vor der Splenektomie bereits seit langerer Zeit
mitTyphusbazillen behandelt batten (Kaninchen No. .56 und 72).
Diese Versuche stellten nur eine Wiederholung bereits be-
kannter Experimente dar, welche zeigten, daB die Entmilzung
immunisierter Tiere keinen EintluB auf den AntikOrpergehalt
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Kmiiiitrmi ItSS I TwnuS-lBimnatitr]. cptnert s® 1 Jt <^< 9 .
ImekUifun: Hi y..itsi 54t(les» itjJlolsl.Ji *Aait3t abg«tiT»l,“A'/»lltse liitOMH/kk im 'Aim ikjrtiUI,‘Vi Vilm OfitfUl
Experimentelle Studien liber die Funktion der Milz usw. 123
des Serums besitze. DaB nach der Operation eine vorflber-
gehende Verringerung der Agglutinine zu konstatieren sein
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
124
Viktor K. Russ und Leopold Kirschner,
Digitized by
werde, war mehr oder weniger zu erwarten, da ja die Splen-
ektomie immerhiii einen Eingriff darstellt, den der Organismus
nicht Yollig reaktionslos hinnehmen diirfte und wir ja wissen,
daB die inannigfaltigsten auBeren Einfliisse zu oft betracht-
lichen Schwankungen des Antikorpergehaltes des Blutserums
AnlaB geben konuen.
In der Tat verraSgen wir aus der Kurve 4 zu entnehnien,
daB bei Kaninchen No. 56 wenige Tage nach der Operation
ein ziemlich jaher Absturz der Agglutininkurve erfolgt, der
erst durch eine neuerliche Injektion von Antigen bis 10 Tage
nach der Operation paralysiert wird. Bei Kaninchen No. 72,
welches wie Kaninchen No. 56 behandelt wurde, tritt ein sol-
cher Abfall des Agglutiningehaltes nicht so deutlich zutage,
wenn er auch hier erkennbar ist. Eine neuerliche Injektion treibt
den Titer bald iiber die friihere Hohe hinaus. Nach diesen bei-
den Versuchen miissen wir uns der Ansicht jener Autoren an-
schlieBen, welche sagen, daB die Splenektoinie des bereits anti-
korperfuhrenden Tieres keinen dauernden EinfluB auf den Anti-
korpergehalt des Blutes ausiibt.
Diese Tatsache steht mit den Befunden unserer Versuchs-
reihen la und Ib in keinerlei Widerspruch, da wir ja daraus
gerade mit Sicherheit annehmen konnen, daB die Milz nicht
allein befahigt ist, Antikorper zu produzieren, sondern daB
bei der Iminunisierung sicherlich auch andere Zellkomplexe —
vielleicht nur die lymphatischen Organe — an der Antikorper-
bildung beteiligt sind. Es mag sein, daB diese Mitwirkung unter
normalen Verhaltnissen in geringerem MaBe sich ausdruckt.
Man kann sich nun gauz gut vorstellen, daB bei einem im-
munisierten Tiere der Agglutiningehalt des Serums die Summe
aller Agglutininmengen darstellt, welche von den zur Ag-
glutininproduktion allerdings verschieden befahigten, aber gleich-
maBig gereizten, diversen Zellkomplexen gebildet worden waren.
Wird nun auch der, vielleicht wichtigste Faktor — die Milz —
plotzlich ausgeschaltet, so bleibt den iibrigen, wenn auch min¬
der intensiv bisher funktionierenden Organen die Produktions-
kraft nicht nur in gleichem MaBe erhalten, sondern sie iiber-
nehmen rasch auch noch die Aufgabe des ausgefallenen. So
tritt keine wesentliche Storung in der Agglutininbildung auf,
wenn man den oben erwahnten Absturz in der Kurve iiber-
Origioal from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Experiraentelle Studien iiber die Funktion der Milz usw. 125
haupt als solche durch den Ausfall der Milz und nicht allein
durch den geschehenen Eingriff auffassen will. WShrend hier
die mit der Antikorperproduktion schon beschaftigten „Bildungs-
statten zweiter Ordnung^ nur mehr eine quantitativ erhohte
Leistungsfahigkeit aufweisen mussen, welche sicherlich viel
rascher einsetzen kann, sind diese bei der Versuchsanordniing
unserer Experimente la und Ib, soweit sie sich auf die ent-
milzten Tiere beziehen, genotigt, von Haus aus eine verstarkte
Antikorperproduktion zu vollflihren, wozu sie eben nicht nur
einer langeren Zeit, sondern auch eines intensiveren Reizes in
Form einer neuerlichen Antigenzufuhr bediirfen,
II.
Nachdem wir nun festgestellt zu haben glauben, daB die
Milz ein wichtiger Faktor bei der Agglutininproduktion ist,
haben wir es unternommen, die von F1 e c k s e d e r geinachten
klinischen Erfahrungen experimentell zu untersuchen. Bekannt-
lich konnte Fleckseder feststellen, daB im Blute von Per-
sonen, welche einmal an Typhus gelitten hatten oder einer
Typhusschutzimpfung unterzogen worden waren, bei spater
auftretenden fieberhaften Erkrankungen verschiedenster Aetio-
logie eine Steigerung des agglutinatorischen Titers im Serum
gegeniiber Typhusbacillen, verbunden mit einer Milzschwel-
1 u n g, nachzuweisen sei. Diese ErhShung des agglutinatorischen
Titers und der akute Milztumor lieBen sich auch ohne daB sie
an einer fieberhaften Erkrankung augenblicklich litten, experi¬
mentell durch Injektion von fiebererregenden Mitteln (Deutero-
albumose, Natrium nucleinicum, Streptokokkenvaccine) erzeu-
gen. Fleckseder zieht aus seinen Beobachtungen den viel-
leicht zu weitgehenden SchluB, daB die Wirkung der genannten
pyrogenen Stoffe ebenso wie interkurrierende Temperatur-
erhohungen durch irgendwelche Erkrankungen „zu einer Art
Ausschflttung oder Ausschwemmung von Agglutininen aus ge-
wissen inneren Sammel- und Bildungsstatten ftihren“ und daB als
solche besonders die Milz in Betracht kame. Nachdem Weich-
hardt und seine Mitarbeiter bereits friiher die von vielen
Seiten beschriebene giinstige Wirkung der Proteinkorpertherapie
auf die sog. „Protoplasmaaktivierung“ zurflckgefiihrt hatten,
stellen sich Weichhardt und Schader auf den Standpunkt,
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
126
Viktor K. Euss und Leopold Kirschner,
Digitized by
daB auch die Beobachtungen Fleckseders auf eine Rich-
tung der Protoplasmaaktivierung zu beziehen seien. Sie konn-
ten zeigen, daB der Agglutinationstiter des Serums von Ka-
ninchen, welche mit TyphusimpfstoflF immunisiert waren, nach
einer und nach mehreren Injektionen pyrogener StofFe (Deu-
teroalbumose. Natrium nucleinicum, Milch) eine wesentliche
Steigerung erfShrt. Zwar erhohte sich der Gehalt an Normal-
agglutininen gegenUber Typhusbacillen im Serum nicht vor-
behandelter Tiere auch, jedoch nur nach der ersten Injektion
pyrogener Substanzen, wahrend eine zweite Injektion bewirkt,
daB die Menge der Normalagglutinine sogar unter den Durch-
schnitt sinkt. Sowohl aus den Versuchen Fleckseders am
Menschen, wie auch aus den Experimenten Weichhardt und
Schaders an Tieren hat sich ergeben, daB die Deiiteroalbu-
mose hinsichtlich der Steigerung des Agglutinintiters das wirk-
samste pyrogene Mittel ist, was der erstgenannte Autor auf
den Umstand bezieht, daB es ein nur kurz dauerndes Fieber
setzt. Fleckseder stellt sich den Zusammenhang zwischen
Fieber und erhohtem Agglutiningehalt des Serums so vor, daB
er annimmt, die mit dem Milztumor verbundene stBrkere
Durchblutung dieses Organes bewirke einen Reiz auf die
Milz zur verstarkten Agglutininbildung, wShrend die darauf-
folgende Verkleinerung der Milz erst zur Ausschwemmung
der Agglutinine in das Blut fflhrt. Ob diese Annahme dem
tatsachlichen Vorgange entspricht, mag dahingestellt bleiben,
da es bei dieser Vorstellung darauf ankSme, daB die Zell-
elemente der Milz die von ihnen produzierten Agglutinine
zuerst so lange speichern, bis die Verkleinerung der Milz auf-
tritt, welche dann die Agglutinine gleichsam aus den Zell-
elementen in den Blutstrom preBt. Gegen eine solche Speiche-
rung sprechen aber die Untersuchungen alterer Autoren (s. o.)
— soweit sie nach den eiugangs gemachten kritischen Be-
merkungen uberhaupt zur Klarung der Frage von der Milz-
funktion bei der Agglutininbildung herangezogen werden
konnen — wonach sich Extrakte der Milz agglutininfuhrender
Tiere als nicht oder nur wenig spezifisch wirksam erwiesen
batten.
Urn die Wirkung der Deuteroalbumose auf entmilzte und
mit Typhusbacillen immunisierte Tiere zu studieren, haben
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Experimentelie Studien iiber die Funktion der Milz ubw. 127
wir zuerst einen Vorversuch unternommen und dem Kaninchen
No. 60 der Versuchsreihe la, welches vor fast 4 Monaten
splenektomiert und hierauf mit Typhusbacillen immuoisiert
worden war und sich als guter Agglutininbildner erwiesen
hatte, eine Menge von 0,1 g Deuteroalbumose Merck — gelost
in 2 ccm physiologischer KochsalzlSsung — subkutan injiziert.
Durch mehrere Tage vorher batten wir uns durch viermalige
Messungen der Kdrpertemperatur (rektal) von deren normalen
Stande iiberzeugt und durch gleichzeitige kleine Aderl^se
(ca. 1 ccm Blut jedesraal) und nachfolgender Titrierung des
Serums mit dem homologen Stamm dessen Gebalt an Agglu-
tininen festgestellt.
Die Injektion der Deuteroalbumose bewirkte eine ca.
4 Stunden spSter bereits einsetzende deutliche Temperatur-
steigerung von intermittierendem Charakter und relativ kurzer
Dauer. In den der Injektion folgenden 36 Stunden wurde
vierstiindlich, dann spSter zweitSgig das durch Aderltlsse ge-
wonnene Serum mit dem homologen Stamm agglutinatorisch
ausgewertet. Wir konnten eine nennenswerte Steigerung des
Agglutinationstiters nach der Deuteroalbumose-Reaktion nicht
feststellen, denn die 16 Stunden nach der Injektion zu be-
obachtende geringe Erhohung liegt innerhalb der Schwankungs-
grenzen, wie wir sie bei immunisierten Tieren hSufig wahr-
nehmen konnten. Dieser Versuch schien ffir die von
Fleckseder gemachten Beobachtungen zu sprechen, da
eben bei einem entmilzten Tiere eine Ausschwemmung der
Agglutinine aus der Milz nach Injektion von pyrogenen
Stoffen nicht auftreten konnte. Auf die bei solchen Tieren
vikariierend agglutininproduzierenden Zellkomplexe schien das
Fieber ohne Wirkung hinsichtlich einer Ausschwemmung
zu sein.
Es war uns nun interessant, zu ermitteln, ob auch bei
einer grSBeren Versuchsreihe unter Verwendung verschiedener
pyrogener Stoflfe diesel ben Tatsachen zu konstatieren wUren.
Die Versuchsreihe III sollte uns in dieser Hinsicht AufklUrung
bringen. Sie bestand aus 5 Kaninchen, von denen No. 58
der Versuchsreihe la wohl mit Typhusbacillen immunisiert,
aber nicht entmilzt war, wShrend wir bei den tibrigen 4 Tieren
(No. 16, 29, 41 und 53) vor 122 bzw. 70 Tagen die Splen-
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
128
Viktor K. Russ und Leopold Kirschner,
ektomie vorgenommen batten, worauf alle Tiere der Immuni-
sierung rait Typhusbacillen durcb raebrmalige Injektionen in
gleicber Weise unterworfen worden waren. Alle Kanincben
batten scbon vor iSngerer Zeit (80 bzw. 27 Tage) die letzte
Agglutinogeninjektion erbalten, wonacb wir zweitSgig den
Kanincben us-Immunlier], opcriert am 22.1.15110
Kurve 5.
Agglutinintiter des Serums niit dem boniologen Stamnie be-
stimmten.
Von diesen Tieren erhielten No. 58 und 16 je 0,3 g Deuteroalbumose,
gelost in je 2 ccm physiologischer Kochsalzlosung, Kanincben No. 29 wurde
mit 5 ccm steriler Milch injiziert, Kanincben No. 41 verabreichten wir
2 Oesen einer 24-8tundigen Staphylokokken - Schragagarkultur, aufge-
schwemmt in 2 ccm physiologischer Kochsalzlosung und abgetotet durch
V.., Stunde bei 58®; eine ebenso vorbcreitetc Aufschwemmung von 2 Oesen
Digitized by GoC'gle
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Experimentelle Studien fiber die Funktion der Milz usw. 129
CholeraBchragagarkoItur wurde dem Kanmchen No. 53 eingespritzt. Alle
Injektionen erfoigten intramuskular. Ffir die letzte erwahnte Behand-
lung des Kaninchens No. 53 war der Gedanke maBgebend, dafi durch die
Injektion der Cholerakultur wohl der Eintritt einee Temperatursturzes
zu erwarten war, deesen Wirkung auf den Agglutioiogehalt des Serums
wir im Gegeusatze zur Temperatursteigerung kenneu lemen wollten.
I»ri«tli9n If 58[Tj(plius-I«iiniirtierJ,niciitoperIert.
Kurve 6.
Die Versuchsresultate sind zum Teil aus den vor-
stehenden Kurven 5 und 6 zu ersehen.
Es zeigt sich vor allera, daB die Injektion der Deutero-
albumose, der Milch und der abgetoteten Staphylokokken
einen bald einsetzenden, meist sehr deutlichen Anstieg der
KSrpertemperatur bei alien Tieren zur Folge hatte. Bei keinem
der entmilzten Tiere lieB sich eine Steigerung der agglutina-
ZsItKhr. f. ImmunitaurorschanK. Orig. Bd. 32. 9
Digitized by Google
Origioai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
130
Viktor K. Russ und Leopold Kirschner,
Digitized by
torischen Serumtiters feststellen. Allerdings wies auch das
nicht entmilzte Kontrolltier No. 58 keine deutliche Erhohung
desselben auf, trotzdem das Tier fieberte. Es war also zwischen
entmilzten und milzfuhrenden Tieren kein Unterschied fest-
zustellen.
Interessant ist die Reaktion des Kaninchens No. 53 auf
die Injektion der abgetSteten Cholerakultur. Wir sehen nach
einera kurzen Temperaturanstieg, wenige Stunden nach der
Injektion, einen sehr starken Abfall der KSrperwarme, dem
nach einer kurzen Riickkehr zur Norm eine neuerliche Sen-
kung folgte, Verhaitnisse, wie wir sie eigentlich erwartet haben.
Ein ganz iiberraschendes Ergebnis brachte jedoch die Titrie-
rung der agglutinatorischen Kraft des Serums gegentiber
Typhusbacillen, insofern als ein betrSchtlicher Anstieg der
Agglutinine am 4. Tage nach der Injektion zu konstatieren
war, dem allerdings ein baldiges Absinken derselben folgte.
Wir werden auf diesen Versuch spSter an anderer Stelle noch
zu sprechen kommen.
Um nachzusehen, ob nicht ein anderer Injektionsmodus
der pyrogenen StofFe ein von dem der Versuchsreihe III
differentes Resultat liefert, stellten wir eine Versuchsreihe IV
auf, welche ebenfalls 5 Kaninchen umfaBte, von denen 4 ent-
milzt worden waren, eines (No. 75) als Kontrolltier verblieb.
Zwei dieser Kaninchen (No. 62 und 83) hatten bereits vor der
Spleuektomie eine Immunisierung mit Typhusbacillen durch-
gemacht, zwei andere (No. 28 und 47) erhielten die erste
Typhusbacilleninjektion erst nach der Operation. Alle Tiere
hatten sich schon iSngere Zeit als gute Agglutininbildner er-
wiesen, wie wiederholte Prtlfungen ergeben hatten. Auch bei
dieser Versuchsreihe verwendeten wir zur Aenderung der
KSrpertemperatur Deuteroalbumose, Milch, Staphylokokken-
kultur und Cholerakultur, jedoch bei subkutaner Injektion.
Als Beispiel verweisen wir auf die Kurve 7 (Kaninchen 62).
Es zeigt sich nun, dad konform der Versuchsreihe III
auch die subkutane Injektion von Deuteroalbumose, Milch und
abgetSteter Staphylokokkenkultur eine deutliche Temperatur-
steigerung zur Folge hat. Eine VerSnderung des Agglutinin-
gehaltes im Serum entmilzter Tiere konnten wir aber auch
hier nicht in dem Made feststellen, dad daraus irgendwelche
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Experimentelle Studien tiber die Funktion der Milz usw. 131
Schlfisse im Sinne der Beobachtungen Fleckseders am
Menschen gezogen werden konnten. Die Agglutininkurve eines
nicht entrailzten, mit Typhusbacillen immunisierten Tieres
(No. 75) zeigt, daB ofter Schwankungen des Agglutiningehaltes
9*
Digitized by Gocgle
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Kurve 7,
132 Viktor K. Russ und Leopold Kirschner,
ohne weitere SufiereEinflusse auftreten. Die in dieser
Hinsicht von uns geraachten Erfahrungen stimmen mit den
schon langst in dieser Frage niedergelegten Beobachtungen
anderer Autoren vbllig iiberein und sollen als Warnung dienen,
aus geringgradigen Steigerungen Oder Senkungen des
Agglutiningehaltes irgendwelche weittragende Annahmen zu
konstruieren.
Einer besonderen Erwahnung bedarf das Verhalten des
Kaninchens No. 28, welches wir mit 2 Oesen abgetSteter
Cholerakultur, diesmal jedoch subkutan, gespritzt batten. Auch
hier sehen wir, daB als unmittelbare Reaktion auf die Injektion
eine Temperatursteigerung eintrat, daB aber eine solche nach-
folgende Senkung der KdrperwSrme, wie sie bei Kaninchen
No. 53 der vorigen Versuchsreihe wahrzunehmen war, nicht
stattfand. Wir konnten hier wohl auch einen leichten Anstieg
des Agglutinintiters feststellen, doch war derselbe keineswegs
so eindeutig wie beim Kaninchen No. 53.
Bei diesen beiden Eaniuchen haben wir parallel mit der Auswertung
des Serums auf Typhusagglutinine auch dessen Gehalt an neuentstandenen
Choleraagglutininen gepriift, obwohl wir uns wenigstens fiir die ersten
Aderlasse nicht viel davon versprachen, da ja die Infekfiou der Cholera¬
kultur erst sehr kurze Zeit vorher erfolgt war.
Interessanterweise lieQ sich nun bei Kaninchen No. 53, welches vor
der intramuskularen Injektion der Cholerakultur keine Spur von Cholera¬
agglutininen in seinem Serum fiihrte, das Auftreten von solchen beieits
12 Stunden nach der Einverleibung der Choleravibrionen nachweisen, und
zwar in einer solchen Menge, daU Serumverdiinnungen von 1:200 noch
komplette, 1:400 inkomplette und 1:800 Spuren von Agglutination zeigten.
36 Stunden nach der Injektion war der agglutinatorische Serumtiter g^en-
iiber Choleravibrionen so weit gestiegen, da6 Serumverdiinnungen von
1:400 komplette, 1:800 inkomplette und 1:1600 spurenweise Ausflockung
der Choleravibrionen veranlafiten. Nach weiteren 24 Stunden erfolgte
wieder ein Absinken der Kurve, doch waren noch nach 8 Tagen deutliche
Mengen von Choleraagglutininen im Serum des Tieres nachweisbar.
Anders verhielt sich das Kaninchen No. 28 der Versuchsreihe IV,
welchem wir auch Cholerakulturen, aber subkutan injiziert batten und
das allerdings hinsichtlich der Temperaturreaktion und Agglutiningehaltes
seines Serums gegeniiber Typhusbacillen sich wesentlich vom Kaninchen
No. 53 unterschied. Es war zwar auch bald nach der Injektion das Auf¬
treten von Choleraagglutininen nachweisbar, aber in ganz geringen Mengen
(Serumverdiinnung 1:25 spurenweise), ohne da6 eine Bteigerung spaterhin
erfolgt ware.
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Experimentelle Studien uber die Funktion der Milz usw. 133
Wodurch diese immerhin merkwiirdigen Erscheinungen bei den beiden
genannten Kaninchen zu erklaren sind, hoffen wir spater noch mitteilen
zn kdnnen.
SchlieBlich haben wir noch eine Versuchsreihe V zusammen-
gestellt, welche 3 Kaninchen umfaBt, denon wir die pyrogenen
Stoffe intravenSs einverleibten. Wir wShlten allerdings
recht kleine Dosen derselben, um eine schwerere Schadigung
der Versuchstiere hintanzuhalten. Es wurden zwei mit Typhus-
bacillen seit langer Zeit immunisierte Kaninchen gewahlt,
denen vor einer Reihe von Wochen die Milz exstirpiert worden
war (No. 87 und 92), und ein Kontrolltier, welches ebenso
wie die beiden anderen Typhusagglutinine in seinem Blute
fflhrte, jedoch seine Milz noch besaB (No. 109).
Das milzlose Kaninchen No. 87 erhielt 0,05 g Deutero-
albumose, in 2 ccm physiologischer Kochsalzlbsung gel6st, dem
zweiten milzlosen Kaninchen No. 92 wurden 0,5 ccm steriler
Milch, gemischt mit 1,5 ccm physiologischer KochsalzlSsung,
in die Ohrvene injiziert, das milzfflhrende Kaninchen No. 100
wurde ebenso behandelt wie Kaninchen No. 87.
Die folgende Kurve 8 diene als Beispiel fflr den Ausgang
dieses Versuches.
Es laBt sich hier ein auffallender Untgrschied zwischen
dem Agglutiningehalt des entmilzten und des normalen Ka-
ninchens nach der Deuteroalbumoseinjektion nachweisen, wo-
bei beide Tiere eine deutliche TemperaturerhShung zeigen.
Ersteres reagierte auf die Deuteroalbumose mit keiner Steige-
rung des Agglutiningehaltes, letzteres hingegen weist in seinem
Serum eine recht wesentliche Vermehrung der Agglutinine
auf (Weichhardt und Schader u. a.). Ebenso wie die
Deuteroalbumoseinjektion wirkte bei einem entmilzten
Kaninchen auch die Milchinjektion nicht im Sinne einer Er-
hohung des agglutinatorischen Titers.
Dieses Versuchsergebnis stimmt mit den Angaben von
Fleckseder beim Menschen nur insofern Qberein, als eben
eine Agglutininausschwemmung beim milzfiihrenden Tiere be-
obachtet werden kann, wShrend sie bei splenektomierte Kan-
ninchen fehlt. Nach unserer oben ge9.uBerten Annahme Qber
das vikariierende Einsetzen anderer Organe bei entmilzten
Tieren miissen wir den SchluB ziehen, daB diese Zellkomplexe
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
134
Viktor K. Russ und Leopold Eirschoer,
Digitized by
Kaninchen X' iOlj [Tj|phus-Iniiiiwt«r], nicht operiert
'/<» Oese ob^et., ISJLip ‘^Oese abget., S.I.tp Otse ikgjt.
[Datum
Kv.
®/y.
Vn
Q VII
KIVU.
II n
%
%
%
%
%
S*‘aml tt" pm
5"awlt1''o»15‘'pfH
u
d
c
d
s-
OperatiK
•
•
•
■1 *
•
•
•
•
»
•
•
Iffiektiw
IS^
isb
tsS
1 ISJ
t 6 o
l 6 i
(63
( 6 s
\6f
(69
\h
■tltM
AtuM
U 1
tu
\2i
_
(3a
132
I3f
136
133
eo
e.
w
f—
u
c_
ca.
E
fa'
A
-a
--
—■
L.
vjV
i
r
««
*4
o
-A
■
Mt*
A
1
4
/
V
z.
3
c
Ul
Z
9
e-
K
V-
.j
a
a
-
T:
N.
1
/
1
r-^
—N
\_
fc—
y-
r-
X __
V
_ 1
-1
-
'S
.
.
.
J
_l_j
1
--
—
-1
_ _
__
1
—
Kurve 8.
durch die Injektion pyrogener Stoffe nicht so gereizt werden,
daB eine Agglutininausschwemmung in grSBerem MaBstabe
erfolgt.
Zusammenfassung.
1) Die Splenektomie 10 Tage v o r der Agglutinogen-
injektion verursacht ein verzogertes Erscheinen der Agglutinine
im Blutserum der Kaninchen gegenflber gleichartig injizierten
Kontrolltieren.
2) Eine weitere Agglutinogeninjektion I6st auch bei ent-
milzten Kaninchen die krBftige Bildung von Agglutininen aus,
Origioai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Experimentelle Studien iiber die Funktion der Milz usw. 135
die jetzt rascher einsetzt als bei den nicht splenektomierten
Tieren.
3) Diese Beobachtungen gestatten den Scblufi, dafi der
Milz eine nicht unwesentlicbe Rolle als Bildungsstktte der
Agglutinine zukomrat, daC aber diese Funktion vikariierend
durch andere Organe quantitativ ilbernommen werden kann.
4) Die als Agglutininbildungsst^tten filr die feblende Milz
vikariierend tStigen Organe kSnnen diese Funktion durch
lange Zeit ungescbrnklert weiter versehen.
5) Die Splenektomie bei bereits immunisierten Tieren
verursacht bisweilen eine plbtzliche Abnahme des Agglutinin-
gehaltes des Blutserums, welche wohl nicht allein als Shock-
wirkung durch die Operation zu betrachten sein dflrfte.
6) Eine nennenswerte Steigerung des Agglutinintiters in-
folge kfinstlicher Erhbhung der Korpertemperatur durch sub-
kutane, intramuskulare oder intravenSse Injektion pyrogener
Stoffe (Deuteroalbumose, Milch, abgetStete Staphylokokken)
konnte im Serum entmilzter Kaninchen nicht festgestellt
werden. Ganz Shnlich verhielten sich jedoch bei den ersten
beiden Injektionsarten auch Kaninchen, denen die Milz nicht
exstirpiert worden war, wahrend die intravenSse Injektion
eine deutliche Steigerung des Agglutiningehaltes herbeifflhrte.
Die Annahme Fleckseders von der Bedeutung der Milz
als Agglutininspeicherungsstatte erhait n u r durch unsere
Versuchsreihe V eine Stfltze. Es bleibt noch festzustellen,
warum bei den milzfflhrenden Kaninchen gerade die intra-
venSse Injektion pyrogener Stoflfe eine Wirkung zeigt, wahrend
sie bei der subkutanen und intramuskuiaren Einverleibung
fehlt.
Literatur.
Arloing, Sem. m4d., 1897.
Bardach, Ann. Pasteur, 1889, 1891.
Benario, Deutsche med. Wochenschr., 1894.
Blumreich und Jacoby, Zeitschr. f. Hyg., Bd. 29, 1898.
Brezina, Wiener klin. Wochenschr., 1905.
Carell and Ingebrigtsen, Journ. of exp. Med., Vol. 15, 1912.
Castellani, Zeitschr. f. Hyg., Bd. 37, 1901.
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Digitized by
136 liuss und L 4 Kirschner, Experimentelle Studien ubw.
Courmont et Duffeau, Ciompt. rend. Soc. bioL, 1896.
-8em. m6d., 1^7.
-Arch, de m4d. exp4r., 1898.
Demel, Biforma med., 1871.
Deutsch, Ann. Pasteur, 1899.
— Centraibl. f. Bakt., Bd. 28, 1900.
Dieudonn4, Med. Elinik, 1906.
Domeny, Wiener klin. Wochenschr., 1902.
van Emden, Zeitschr. f. Hyg., Bd 30, 1899.
Fleckseder, Wiener klin. Wochenschr., 1916.
Fok e Scabia, Gaz. med. di Torino, 1893.
McGowan, Journ. of Pathol, and Bact., Vol. 15, 1911.
Hektoen, Joum. of infect dis., Vol. 6, 1909; Vol. 17, 1915; VoL 22,
1918; Vol. 27, 1920.
Jakuschewitsch, Zeitschr. f. Hyg., Bd. 47, 1904.
Kanthak, Centraibl. f. Bakt, Bd. 12, 1892.
Kraus et Schiffmann, Ann. Pasteur, T. 20, 1906.
Kurlow, Arch. f. Hyg., Bd. 9, 1889.
Leukart and Becht, Transact of Chicago Path. Soc., VoL 8, 1911.
Martinotti und Bardacci, Centraibl. f. allg. Pathol., Bd. 1, 1890.
Melnikow-Baswedenkow, Zeitschr. f. Hyg., Bd. 21, 1896.
Montuori, ref. Centraibl. f. Bakt, Bd. 13, 1893.
Pfeiffer und Marx, Zeitschr. f. Hyg., Bd. 27, 1898.
Bath, Centraibl. f. Bakt, Bd. 25, 1899.
Schittenhelm und Weichhardt, Zeitschr. f. exp. Pathol, u, Ther.,
Bd. 11, 1912.
Shibayama, Centraibl. f. Bakt, Bd. 30, 1901.
Tarassewitsch, Zur Lehre von den Hamolysinen. Diss. Odessa, 1902.
Tic tin, Centraibl. f. Bakt, Bd. 15, 1894; Bd. 21, 1897.
Tizzoni e Catani, Biforma med., 1892, 1893.
-Centraibl. f. Bakt, Bd. 11, 1892.
-Deutsche med. Wochenschr., 1894.
Weichhardt, Miinch. med. Wochenschr., 1915, No. 45; 1918, No. 22.
— und Schader, Miinch. med. Wochenschr., 1919, No. 11.
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Felke, Untersuchungen iiber die RoUe der Albumioe u. Globuline. 137
Nachdruek verbolen.
[Au8 der Dermatologischen Universit&tsklinik Rostock (Direktor:
Prof. Dr. Frieboes).]
Untersachnngen fiber die Rolle der Albnmine and Olobu-
line in der serologischen Luesdiagnostik.
Von Dr. med. Felke,
Oberarzt der Klinik.
(E^ingegangen bei der Redaktion am 18. Dezember 1920.)
Nathan 0 formuliert seine Ergebnisse mit kflnstlich
positiv nach Wasserinann umgewandelten Seren unter
Verwertung der Anschauungen von H. Sachs folgender-
mafien:
„Die besondere Serumqualitat, die hierbei resultiert, ist
aber thermolabil. Durch Verfinderung der Lipoidzusammen-
setzung des Blutserums wird eine Thermostabilitat der Globu¬
line sowohl in bezug auf ihre Alterierbarkeit als auch in bezug
auf ihre FShigkeit, ihren verHnderten physikalischen Zustand
beizubehalten, erzielt, und so entsteht die fiir die Syphilis
charakteristische Serum.“
Mit anderen Worten will das besagen: Wahrend man bisher,
auf den Befunden U. Friedemanns fuBend, hauptskchlich
in Globulinveranderungen die typische luetische Serumstruktur
snchte, muB man jetzt annehmen, daB auch noch andere Serum-
anteile am Zustandekommen der echten, thermostabilen Lues-
veranderung beteiligt sind. Es war daher naheliegend, im
Verlaufe von a. a. 0. verbffentlichten Untersuchungen, die
erneut die Rolle der Globuline bei der artefiziellen, zur
positiven Wassermannreaktion fuhrenden Serumveranderung
ergaben, die Rolle des globulinfreien Restes einer naheren
Untersuchung zu uuterwerfen.
Auf die Anschauungen U. Friedemanns muB ich kurz
eingehen. Er kommt zu folgenden Ergebnissen: Globuline
1) Zeitschr. f. Immunitatsf., Bd. 29, p. 562 ff.
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
138
Felke.
Digitized by
aus alien, positiven und negativen Seren wirken stark anti-
komplementar. Diese antikomplementSre Funktion kann durch
Albuminfraktionen beliebiger Seren aufgelioben werden, wenn
es sich um Globuline aus negativen Seren handelt, Globuline
aus positiven Seren behalten auch nach Wiedervereinigung rait
Albuminen ihre antikomplementare Eigenschaft. Das Zustande-
komraen der Wasserraannreaktion schien damit erklfirt, wobei
besonders bemerkenswert war, daB auch negative Globuline,
wenn sie vor dem Mischen mit den Albuminen verdOnnt
wurden, positives Resultat ergaben. Es konnte also durch
einfaches Trennen von Globulinen und Albuminen und Zu-
sammenbringen unter besonderen Verhaltnissen (VerdUnnung)
eiue negative Wassermannreaktion in eine positive umgewandelt
werden.
Durch diese Untersuchungen schien die Hauptrolle der
Globuline an der luetischen Serumveranderung festgelegt.
Da nun die damals bekannten h'lockungsreaktionen, die ent-
weder durch Zusatz von Lecithinemulsion (Forges und
Meier) oder durch Verdiinnen mit Wasser (Klausner)
Oder durch eine Losung von Natriumglykocholat (Elias,
Neubauer, Forges, Salomon) ausgefiihrt wurden, kein
der Wassermannreaktion entsprechendes und damit nur fiir
Lues charakteristisches Geprage zeigten, obwohl sie sicherlich
reine Globulinreaktionen darstellen, so war zunBchst nur die
Annahme berechtigt, daB die luetischen Globulinveranderungen
qualitativ etwas anderes darstellen, als solche bei anderen
Erkrankungen und demgemaB im luetischen Falle nur durch
die Komplementbindung nachgewiesen werden konuten. Welcher
Art die spezifisch luetische Veranderung aber sein konnte,
blieb ungekiart, wenn sich auch ergab, daB quantitative Ver-
schiebungen zugunsten der Globuline nicht in Frage kommen
konnten, iiberhaupt stellte sich als sicher heraus, daB Re-
aktionen, die sich lediglich auf den Nachweis labilerer Globu¬
line stiitzten, kein fiir Lues charakteristisches GeprBge tragen
konnen. Dazu gehoren neben den oben erwBhnten Flockungs-
reaktionen auch die Reaktionen von Bruck^), sovvohl die
„Salpetersaurereaktion“ wie die spateren Alkohol- und Milch-
1) Miinch. med. Wochenschr., 1917, No. 1, 3.5, 36.
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Untereuchungen iiber dieRolle der Albumine und Globuline usw. 139
sSurefallungen. Hirschfeld und Klinger*) haben dies
iiberzeugend dargelegt.
Das Bestreben, das hamolytische System und damit die
Versuchstiere bei der Wassermannreaktion zu umgehen, wurde
aber immer wieder lebhaft, und besonders als der Krieg in
dieser Hinsicht die Schwierigkeiten erhbhte, wurden Versuche,
die Wassermannreaktion zu vereinfachen und durch Flockungen
zu ersetzen, wieder aufgenommen. Meinicke und Sachs
und Georgi ist es zu verdanken, daB auch wirklich brauch-
bare Flockungsreaktionen gefunden wurden; und Meinickes**)
besonderes Verdienst ist es, diese Frage experimentell griind-
lich beleuchtet zu haben. Er stiitzt sich bei ErklSrung des
Zustandekommens seiner Reaktionen auf die Wechselwirkung
der Serumglobuline und der Extrakllipoide mit besonderer Be-
tonung der kolloidalen Grundlage dieser Wirkung.
Die Sachs - Georgische Reaktion schlieBt sich der
Technik der Wassermannreaktion eng an, verlfiuft in 0,85-proz.
NaCl-L6sung unter Anwendung cholesterinierter Rinderherz-
extrakte in ahnlicher Verdiinnung wie in der Wassermann¬
reaktion, den positiven Ausfall durch Flocken kennzeichnend.
Diese Flocken gelten allgemein zum mindesten als globulin-
haltig, wenn nicht uberhaupt als aus Globulinen bestehend,
DaB dem nicht so sein braucht, hat Mandelbaum^) vor
kurzem gezeigt, als er aus nicht inaktivierten Seren durch
Verdflnnen mit Wasser und Durchleiten von COj die Globuline
ausfallte. Mit der wiederaufgesalzenen Albuminfraktion lieB
sich nach seiner Angabe eine tadellose Sachs-Georgi-Reaktion
erzielen; die wiedergelosten Globuline dagegen verhielten sich
durchaus uncharakteristisch. Er erreichte also mit dem Ent-
fernen der Globuline dasselbe wie durch Inaktivieren: nicht
erhitzte Sera gaben schwache oder gar keine positiven Re¬
aktionen, inaktivierte arbeiteten charakteristisch. Durch das
Inaktivieren werden die Globuline stabilisiert, da einerseits
eine starkere Alkaleszenz des Serums eintritt, andererseits die
Abbauprodukte, die die Globuline in Losung halten, vermehrt
werden.
1) Miinch. med. Wochenschr., 1917, No. 46.
2) Zeitechr. f. Immunitatsf., Bd. 28, Heft 5; Bd. 29, Heft 4.
3) Munch, med. Wochenschr., 1920. No. 33.
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
140
Felke,
Digitized by
Mandelbaum erdrtert noch nicht die VoretelluDgen, die er mit
seinen Befuiiden verbindet, jeden falls riicken sie aber die Bedeutung der
Albuminfraktion fur die Sachs-Qeorgi-Eeaktion in ein neues Licht. Gloor
und Klinger*) haben ebenfalls die Albuminfraktionen von Seren unter-
sucht, die sie nach Sachs-Altmann diirch Ausfkllen mit n/300 HCl
gewannen. Sie batten das iiberraschende Elrgebnis, daS Albumine positiver
Seren meist eine positive Wassermannreaktion gaben, nur minder stark
reagierende verloren ihre Beaktion. Dagegen batten sie mit der Sacbs-
Georgi-Keaktion in der Albuminfraktion allein meist MiSerfolge, nur stark
positive Seren flockten aus. Sie kommen zu dem Resultat, die von Friede-
m a n n begriindete Anscbauung, dafi „die durcb die Lues im Serum bervor-
gerufene Veriinderung nicbt die Albumine, sondern die Globuline betrefle“,
bediirfe einer Modifizierung, insofern als „die blo6 auf der Anwesenbeit
besonders labiler Globuline berubende Gruppe positiv reagierender Seren
von der ecbten luetiscben Serumveranderung abgetrennt werden mtisse".
Mit diesem Gedankengang nahern sich die genannteh
Autoren der Ansicht von Sachs und Nathan, insbesondere
Sachs sieht die Globulinveranderungen als sekundar an, die
spezifisch luetische primSre Veranderung sucht er in dem
Lipoidanteil der Seren.
Und wahrend Hirschfeld und Klinger fruher eine
rein kolloidcheinische Erkiarung der Wasserraannschen
Reaktion vertraten, nehmen Gloor und Klinger nunmehr
an, daB diese „durch die Anwesenheit von Teilchen bedingt
ist, welche durch besondere chemische Affinitaten zu den
Extraktoberflachen ausgezeichnet sind“. Uin diese Reaktion
aber sichtbar zu machen, bedarf es fur die meisten der iiblichen
Reaktionen der Anwesenheit labiler EiweiBteilchen‘‘ (Globuline,
Verf.). Die Gerinnungsreaktion auf Lues [Herzfeld und
Klinger*)] kann ganz dieser Globuline entbehren, bei der
Wassermannreaktion iniissen wenigstens die Mittelstiickglobu-
line des Komplements zugegen sein, bei den Ausflockungs-
reaktionen die Globuline des Serums selbst. Aber „aktive“
Globuline, z. B. aktives Meerschweinchenserum, hinder! die
Flockenbildung der Sachs-Georgi-Reaktion, wie Neukirch*)
festgestellt hat, inaktives dagegen ist ohne oder fast ohne
diesen EinfluB. Also wurden Gloor und Klinger besser
1) Zeitscbr. f. Immunitatsf., Bd. 29, Heft 5.
2) Deutsche med. Wocbenscbr., 1914, No. 32.
3) Zeitscbr. f. Immunitatsf., Bd. 29, Heft 3/4.
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
UntereuchuDgen iiber die Rolle der Albumine und Globuline usw. 141
flStabili8ierte“ Globuline als notwendig fiir Ausflockungs-
reaktionen verlangen.
Nach dieser Auffassung Gloors und Klingers wSren
also die Globuline gSnzlich unspezifisch, lediglich als Indika-
toren bei dem grbBeren Teil der Luesreaktionen notwendig.
Auf Grund der bekannten Tatsachen (kflnstliche Urawand-
lung negativer Seren in positive) und der eigenen Erfahrungen
mit der Einwirkung des Salvarsans auf Komplement und
Wassermannsche Reaktion war ich ebenfalls zu einer
fihnlichen Anschauung gekoramen, war aber im Zweifel, ob
man wirklich den Globulinen jede spezifische Aenderung im
luetischen Serum absprechen durfe. Auf jeden Fall schien es
wichtig, die Reaktionsfahigkeit der Globuline und des von den
Globulinen befreiten Serumrestes erneut zu untersuchen.
Ich wandte zur Entfemung der Globuline das von Sachs-Alt-
mann angegebene und auch von Gloor und Klinger benutzte Ver-
fahren an, bei dem durch Verdunnen des Serums mit der 9-fachen Menge
n/300 HCl die Globuline ausfallen uud nach Zentrifugieren sich als weifier
Bodensatz ergeben. Die uberstehende klare Fliissigkeit wurde abgegossen
und mit der nStigen Menge NaCl bis zur Isotonie versetzt.
Dem Neutralisieren stehen gewisse Bedenken entgegen,
denn ein Teil der Essigsaure ist von den Globulinen, be-
ziehungsweise den dieselben in Lbsung haltenden Abbau-
produkten verbraucht. Gloor und Klinger neutralisieren
deshalb nur mit der Haifte der der verwandten HCl ent-
sprechenden Menge NaOH. Diesem Verfahren folgte ich
ebenfalls, und es liefert anscheinend die am wenigsten alterierte
„Albuminfraktion“. Die Technik des Aufsalzens und Neutra-
lisierens wurde so gehandhabt, daB zu je 10 ccm Albumin-
fraktion 1 ccm einer Losung von 9,0 NaCl in 100 ccm n/60
NaOH pipettiert wurde.
Aus je 10 Wassermannreaktion-positiven und -nega-
tiven Seren wurden nun die Globuline ausgefailt und dann
mit der gewonnenen Albuminfraktion (aufgesalzen) in Menge
von je 1,5 ccm durch Zugeben von 0,6 ccm Sachs-Georgi-
Extrakt die Sachs-Georgi-Reaktion angesetzt.
Nach 24-stundigem Brutschrankaufenthalt zeigte ein Teil
der positiven Seren Flbckchen, der Versuch blieb dann weitere
16 Stunden bei Zimraertemperatur stehen, und nunmehr zeigten
Digitized by Google
Origiuai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
142
Felke,
Digitized by
alle 10 positiven Seren Flockungen von + bis H—[-4-, zum
Toil recht kraftiger Art, die negativen waren alle klar.
Gloor iind Klinger erhielten nur ausnahmsweise bei
stark positiven Seren mit dieser Versuchsanordnung Flocken,
weswegen sie ja auch die Globuline gewisserraaBen als „In-
dikator“ bei den Flockungsreaktionen nicht entbehren wollen.
Mandelbaum erhielt in seinem durch CO^ und Ver-
diinnen globulinfrei gemachten Seren stets gate Sachs-Georgi-
Reaktionen. Also waren zum Entstehen von Flocken in dem
Gemisch Serum-Extraktverdiinnung gar keine Globuline notig,
welcher Ansicht ich mich anschlieBen muB. DaB die Labilitat
der Globuline die Sachs-Georgi-Reaktion nicht verstarkt, geht
schon aus dera geringen Flockungsvermogen aktiver Seren
hervor, in denen die Globuline doch labiler sind, ferner daraus,
daB Zusatz von aktivem Meerschweinchenserum die Flockung
verhindert.
Die erhitzten Globuline konnten nun aber doch die
Flockung begixnstigen; experimentell gelang mir dieser Nach-
weis zwar nicht, denn wenn man aus irgendwelchen Seren
ausgefallte Globuline in physiologischer Kochsalzlosung 16st,
den Albuminfraktionen so viel der Losung zusetzt, daB der
ursprungliche Globulin gehalt wiederhergestellt ist, und dann
inaktiviert, so tritt die Sachs-Georgi-Reaktion schwacher auf
als in den entsprechenden Albuminfraktionen. Demnach
wflrden in diesem Falle die Globuline sogar hemmend auf
die Flockenbildung wirken, da die Albuminfraktion auch nach
Erhitzen die Sachs-Georgi-Reaktion ungeschwacht gibt. Doch
mochte ich dem Versuch keine groBe Beweiskraft zusprechen,
da mit dem Fallen und Wiederlosen der Globuline feinere
Strukturveranderungen einhergehen, die zwar die Globuline
fiir robustere Reaktionen wie Hamolyse, Wassermannreaktion
nicht schadigen, die diffizileren Flockungsreaktionen aber
stSren. Bei diesen muB alles auf ein Optimum der inneren
Reibung abgostimmt sein, damit es auch wirklich (nach meiner
Auffassung auf Grund der chemischen Reaktion zwischen
Luesreagin und Extrakt) zu Flocken kommt. Es wurden nun
6 Serumfraktionen, wie oben beschrieben, hergestellt und
einzeln, nicht erhitzt und V 2 Stuude auf 56 ® erhitzt, der
Wassermannreaktion und Sachs-Georgi-Reaktion unterworfen.
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Untersuchungen fiber die Rolle der Albumine und Globuline usw. 143
Versuch.
No. des Serums
2998
3000
3010
2999
3006
3008
1
1
1
Wassermaun
1 _
_
1
_
+ + + +
-b-b-f-f
Stern
—
—
—
-h-b-f
-b-b-b-l-
-b-b-b-b
i
Sachs-Georgi
[A.-E.-R. *)
_
—
—
—
+ -I-
-b-b-b
—
—
’ -
-l- + -b-b
+ -b + +
Alb. nicht erhitzt
—
—
—
+
-b-f- +
-b + -b
1 Sachs-Georm
jmit d. einzem.
1 Fraktionen
Glob.nicht erhitzt
Albumine erhitzt
.
- -
+
+ + +
Globuhne erhitzt
—
—
—
1
+ +
i
Alb. nicht erhitzt
_
—
—
-b-f + l-
-b-b-b + i
I Wassermann-
Glob.nichterhitzt
i -
—
- i
+ + +
-b-b-b-b
1 reaktion mit
Albumine erhitzt
—
—
—
—
-1-++-I-
-b-b-b-b
[den einzeluen
Globuline erhitzt
_ 1
—
—
+ i
-b
J Fraktionen
Aus diesem Versuch geht hervor, daB die Albumin-
fraktionen positiver Seren, erhitzt und nicht erhitzt, die Sachs-
Georgi-Reaktion geben. Ein nur in der Sternschen Modi-
fikation positives (No. 2999) gab sogar mit der Albuminfraktion
* eine Ansflockung, die im Vollserum ausblieb.
Die Globuline verhalten sich erhitzt, und nicht erhitzt,
durchaus passiv, d. h. in der Anordnung der Sachs-Georgi-
Reaktion kommt keine Flockung zustande.
Bemerkenswert ini Gegensatz hierzu ist das Verhalten
der getrennten Fraktionen in der Wassermannreaktion. Aus
negativen Seren reagieren beide, richtige Dosierung des Anti¬
gens vorausgesetzt, negativ. Man inuB bei Untersuchung
der Globuline mit der Antigendosis heruntergehen, weil Glo¬
buline eben an und fur sich kompleraentwidrig wirken. Aus
positiven Seren hergestellte Globulin- und Albuminfraktion
binden mit Antigen Komplement, enthalten also beide spezi-
fische Reagine; beim Erhitzen iSBt diese Fahigkeit der Globuline
manchmal nach, die der Albumine bleibt meist erhalten. Und
besonders hervorzuheben ist Serum 2999, das als Vollserum
im Originalwassermann, also inaktiv negativ reagiert, dagegen
im aktiven Sternschen Versuch fast komplett positiv war.
Die nicht erhitzten getrennten Fraktionen reagieren positiv,
die erhitzten negativ.
Der Unterschied, der sich haufig zwischen Stern- und
Wassermannreaktion in der Reaktionsstarke zugunsten der
1) A.-E.-R. = Albuminendstuckreaktion; siehe spater.
Digitized by GoL'gle
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
144
Felke,
Digitized by
ersten Reaktion ergab, wurde bisher stets auf eine besondere
Labilitat der Globuline des aktiven Serums zuriickgefUhrt.
Obiger Versuch ergibt aber, dall auch die Albuminfraktion
durch Vz'St^lndiges Erwkrmen auf 55® abgeschwacht wird,
und bei ihr kann man mit Gloor und Klinger nicht von
besonderer Labilitat sprechen, vielmehr mud man chemische
Affinitaten zum Extrakt in ihrer Auswirkung auf die Globu¬
line (in diesem Falle des Meerschweinchenserums, Komple-
mentmittelstQcks) als Ursache der Reaktion annehmen. Damit
ware die Frage nach einem wirklichen Luesreagin als selb-
standigem StofF wieder nahegeriickt, der beim Ausfallen der
Globuline von diesen adsorbiert werden konnte. BreinP)
filhrte neuerdings Versuche an, die zeigen, dad Organemulsion
aus positiven Seren die Luesreagine adsorbieren und wieder
abgeben kann, und ebenso vertritt er die Ansicht, dad diese
nur mechanisch von den Serumglobulinen mitgerissen werden.
Die Albuminfraktion hat er nicht untersucht. Hervorzuheben •
ist, dad mit Schwinden der Wassermannschen Reaktion
infolge Behandlung mit Organemulsionen auch die Sachs-
G e o r g i sche Reaktion aufhSrte.
Orientierende Versuche zeigten, dad auch die zweizeitige
Kochsalzmethode nach Meinicke mit der Albuminfraktion
allein mSglich ist. Setzt man zu 2 ccm der nicht auf-
gesalzenen Albuminfraktion beliebiger Seren Rinderherz-
extrakt, der mit der HSlfte Wasser eine Stunde lang „auf-
geschlossen^ ist, in Menge von 0,3 ccm, so flocken positive
und negative Seren priinSr kraftig aus. Und wie bei Ver-
wendung von Vollseren sind die luetischen Flocken koch-
salzresistenter als die normalen. Die Rolle der Globuline bei
den Ausflockungsreaktionen ist also sicher unspezifisch, ich
nehme an, dad sie lediglich die Viskositat des Mediums fiir
Flockenbildung giinstiger gestalten, so dad bei ihrer Gegen-
wart die Flocken krSftiger werden. Es gelingt unzweifelhaft,
durch anderes Einstellen der Extrakte diese Globulinwirkung
zu ersetzen und mit der Albuminfraktion allein dieselben
Ausflockungen zu erzielen wie mit V^ollserum. Die Rolle der
Globuline bei den Wassermannschen Reaktionen schienen
nach meinen Versuchen im Gegensatz zu den Ausflockungen
1) Zeitschr. f. Immunitatsf., Bd. 29, Heft 5.
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
UntereuchuDgeu uber die Rolle der Albumine und Globuline usw. ][45
nicht so passiver Natur zu sein, besonders da bei ibr ja
stets Eomplementglobuline zugegen siad.
Ferrata') (unter Morgenroth) hat zuerst gezeigt, dafi die Kom-
plementfunktion zerlegt werden kaon: Dialy&iert man frisches, also komple-
menthaltiges Meerschweincheniierum gegen H^O, so fallen mit zunehmendem
Salzverlust die Globuline aus, und man kann so Globuline und Albumin-
fraktion annahernd quantitativ trennen. Bascher gelingt dies nach Sachs-
Alt maun durch lO-faches Verdiinnen dee Serums mit n/300 Salzsaure.
Bei diesem Verfahren lassen sich die Globuline schnell abzentrifugieren
und erneut in physiologischer Kochsalzlosung aufidsen. Salzt man nun
die verdiinnte Albuminfraktion auf 0,85 Proz. NaCl-Gehalt auf und priift
sie auf Komplementgehalt, so werden mit Ambozeptor beladene (sensibi-
lislierte) Erythrozyten nicht oder nur spurweise gelost: Komplement fehlt.
Ebenso verhalten sich die in NaCl wiedergelSsten Globuline. Durch
Mischen uer beiden PVaktionen wird die Komplementwirkung aber wieder-
hergestellt, rorausgesetzt, dafi diese Mischung frisch erfolgt. Haben die
Globuline langer in NaCl gestanden, so erganzen sie die Albumine nicht
mehr zu Komplement (Brandsche Modifikation). Wohl aber haben
solche Globuline noch die Eigenschaft, sich an sensibilisierte Erythrozyten
niederzuschlagen, dieselben zu „persen8ibili8ieren“ und damit fur die Albu¬
minfraktion empfindlich zu machen. Bei Zusatz von dieser tritt wiedenun
Hamolyse ein. Damit war die Reihenfolge der Komplementwirkung fest-
gelegt und auf Grund davon die Nomenklatur gewahlt: die Globuline,
die sich an die sensibilisierten Erythrozyten zunachst anlegen, bilden das
„Mittelstuck“, die Albumine, die endhch die Hamolyse hervorrufen, das
„Endstuck“ dee Komplements.
Die sogenannte dritte Komponente (Ritz) soli au6er acht gelassen
werden, da sie tei den folgenden Versuchen nicht in Erscheinung trat.
Ueber die Anteiliiahme der Komplementbestandteile bei der Wasser-
mannreaktion liegen Untersuchungen von Michael is und Skwirsky*)
vor. Diese Autoren stellten fest, dafi in einem Medium, das durch Ueber-
schufi sekundiirer Phosphate uber primitre eine saure Beaktion hat, bei
Verwendung massig, 50-fach, mit Ambozeptor beladener Blntkorperchen
die Komplementhamolyse zwar ausbleibt, da6 die sensibilisierten Erythro¬
zyten aber das Mittelstiick dee Komplements binden, also person si bilieiert
werden. Mit dem auf diesem Wege gewonnenen persensibilisierten Blut
priiften die genannten Autoren die Flussigkeit, die von dem Bodensatz
der BlutkSrperchen in positiv reagierenden Wassermannreaktionen ab-
g^ossen wurde. Und diese Flussigkeit erwies sich als endstilckhaltig,
die persensibilisierten Blntkorperchen wurden hamolysiert. Bei der positiven
Wasserman nschen Beaktion werden also die Mittelstiickglobuline ab-
sorbiert, das Endstiick bleibt frei.
1) Berl. klin. Wochenschr., 1907, No. 13.
2) Michael is und Skwirsky, Berl. klin. Wochenschr., 1910, No. 4.
Skwirsky, Zeitschr. f. Immunitiitsf., Bd. 5, p. 538.
Zeitschr. f. ImmuniUtsfoTBchUDE* OriE* Bd. 33. 10
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
146
Felke,
Digitized by
Wenn man diesen Versuch mit auf anderem Wege per-
ffensibilisiertem Blut wiederholt, so findet man dieses Ergebnis
durchweg bestatigt. Ich babe mit 3,5-proz. Hammelblut-
kQrperchenaufschwemmung gearbeitet, die mit der gleichen
Menge AmbozeptorlSsung in 6-fach lOsender Dosis sensibili-
siert war.
Die Persensibilisation erfolgte mit frisch gefailten Meer-
schweinchen- oder Menschenglobulinen aus aktiven Seren
(nach Sachs-Altmann), die in der dem verwandten Serum
entsprechenden Menge physiologischer NaCl-L5sung wieder ge-
lOst waren. Auf 10 ccm sensibilisiertes Blut kamen 0,75 ccm
der Globuliulosung. 1 ccm Albuminfraktion aus Menschen-
oder Meerschweinchenserum = 0,1 Serum losen 1 ccm dieses
persensibilisierten Blutes in etwa 10 Minuten. •
Prflft man den AbguB positiver Wassermannscher
Reaktionen mit so hergestelltem „Endstuckreagens“, so findet
man in Uebereinstimmung mit Mich a el is und Skwirsky,
daB er meist, aber nicht immer Endstiick enthait. Einige
Seren enthalten mehr, andere weniger, es ist aber schwer zu
entscheiden, ob es sich hier um eiue Schadigung des End-
stiicks durch Aufbewahren oder die verschiedenen Einflflsse
wahrend der Reaktion handelt, oder ob eine spezifische Ab¬
sorption vorliegt.
Anders dagegen verhait sich der AbguB, den man aus
RShrchen mit einer positiven Sternschen Modifikation er-
halt. Hier fehlt das Endstiick stets. Das ist ein
Unterschied in dem Reaktionsverlauf zwischen Reaktionen
und aktivem und inaktivem Serum, auf den bisher noch nicht
aufmerksam gemacht ist. Wenn also zum Originalwasser-
mann mit inaktiviertem Serum Mittelstiickglobuline von nSten
sind, so sind diese offenbar entbehrlich bei Arbeiten mit
aktivem Serum. Und da man andererseits den Globulinen
der aktiven Menschenseren mit Recht den Vorwurf zu groBer
Labilitatund BeeinfluBbarkeit durch unspezifischeEinwirkungen
zuschreibt, lag es nahe, die Globuline ganz aus dem Ver¬
such auszuschalten und die in der Albuminfraktion ent-
haltenen ReaktionskQrper zum Luesnachweis zu benutzen.
Gloor und Klinger geben an, dafi die Verwendung der Albumin¬
fraktion allein zur Gerinnungsreaktion auf Lues einen Vorteil bedeute.
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Unterauchungen iiber die RoUe der Albumine und Globuline uaw 147
Mit den Globulinen wird der Thrombingehalt der zu untersuchenden
Seren entfernt, so dafi die KontroUen weniger haufig Gerinnung zeigen.
Trotzdem babe ich noch haufig Gerinnung in diesen gesehen, da Zyto-
zyme oflenbar doch in der Albuminfraktion zuruckbleiben. Die Reaktion
wurde deshalb nach einigen Versuchsreihen wieder verlassen.
Die Gerinnungsreaktion beruht bekanntlich auf der Be-
obachtung, daB alkoholische Organextrakte, insbesondere Meer-
schweinchenherzextrakte, ihren Zytozymcharakter unter Ein-
wirkung luetischer Seren verlieren und dann nicht mehr in
der Lage sind, mit zugefiigtem Serozym und Calcium Throm¬
bin zu bilden. Der Nachweis des Thrombins erfolgt durch
Oxalatplasma: in negativen Rohrchen erfolgt Thrombinbildung
= Gerinnung, in positiven bleibt beides aus.
Bei dieser Reaktion tritt durch gegenseitige Einwirkung
von Extraktlipoiden und Luesreaginen eine Modifikation der
ersteren ein, die nicht an Gegenwart von Globulinen ge-
bunden ist; daB aber auch die Albuminfraktion
durch Extraktlipoide trotz ihrer kolloiden Sta-
bilitat verandert wird, konnte ich durch ent-
sprechende Versuchsanordnung zeigen.
Aus nicht erhitzten Seren gewonnene Albuminfraktion
hat Endstiickfunktion, sie lost persensibilisierte BlutkSrper-
chen. Digeriert man nun Albuminfraktionen positiver und
negativer Seren mit Luesextrakten, so ergibt sich die iiber-
raschende Tatsache, daB die luetischen Albuminfraktionen
ihren Endstuckcharakter einbiiBen, die normalen ihn behalten.
Damit war die Moglichkeit gegeben, die Globuline auch bei
einer Reaktion auszuschalten, die mit dem Indikator des hUrno-
lytischen Systems arbeitet, denn die wichtige Phase des
Hauptversuchs, die Bindung zwischen Luesreaginen und Ex-
trakt, verlauft globulinfrei; die Globuline spielen lediglich
eine den Amboceptor erganzende Rolle,
Eine durchaus ahnliche Reaktion kann man mit den
Globulinen der entsprechenden Seren erzielen. Deren Losungen
verlieren durch Behandlung mit Wassermannreaktion-Antigenen
ihre Fahigkeit, zu persensibilisieren, falls sie aus luetischen
Seren stammen, behalten sie aber als normale Globuline.
Je 1 com positiver und negativer Seren in aktivem Zustand wird in
weite Zentrifugenglaser gefiillt und 9 ccm n/3(X) HCl hinzugegeben. Nach
einer Stunde werden die reichlich ausgefallenen Globuline abzentrifugiert,
10 *
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
148
Felke,
Digitized by
die Fliissigkeit abgegossen und je 1 ccm einer Losung von 9,0 NaCl in
100 ccm n/60 NaOH hinzugegeben. Der Bodeneatz der Globuline wird
durch Ausschwenken und Austupfen mit FlieSpapier moglichst von FliLssig-
keit getrennt und dann in 1 ccm 0,85-proz. NaCl gdoet Zwei Beihen
Reagenzglaser werden mit je 1,5 ccm Albuminfraktion beschickt, zur ersten
Reihe 0,5 cholesterinierter Rinderherzeitrakt, 1:6 mit NaCl verdunnt, hin-
zugefiillt, J!ur zweiten 0,5 ccm KochsalzloBung (Kontrollen). Zwei weitere
Reihen von Rohrchen werden mit je 0,15 ccm Globulinlosung beschickt.
bis 1,5 mit NaCl aufgefiillt und zu einer Reihe 0,5 desselben Extraktes,
1; 8 verdunnt, gegeben, zur zweiten 0,5 NaCl.
Samtliche Rohrchen kommen eine Stunde in den Brutschrank, dann
wird zu den die Albumine enthaltenden Reihen 1,0 persensibilisiertes Blut
pipettiert, zu den Globulinen 1,0 Bensibilisiertes Blut derselben Konzen-
tration. Nach weiteren 15 Minuten Brutschrank kommt zu den Globulin-
reihen 1,0 auf Endstiickgehalt gepriifte, aus normalem Serum stammende
Albuminfraktion. Das Ergebnis zeigt nachstehende Tabelle:
Versuch.
Serum
No.
Albumin +
Extrakt
Albumin +
NaCl
1
+
1
o
Glob. + NaCl
WaR.
mit
Vollserum
nach 1 Std. sensibil. Blut
nach 15 Min. Endstiick
nach 1 Std.
persens. Blut
4379
+ + +
_
+ + + +
—
positiv
80
+ + + +
—
+ + + +
+ +
>}
81
+ +
—
+ + + +
—
19
83
+ + +
—
+ + + +
—
99
85 ,
+ + +
—
+ + + +
—
11
89
—
—
+
—
negativ
90
—
—
+
—
91
91 1
—
—
—
+
99
92 1
—
—
+ + + +
+ + +
99
96
—
—
+
—
91
Die Albuminfraktionen warden zugleich mit sensibilisiertem
Blut auf Komplementgehalt gepriift: Es trat nirgends Ha-
molyse ein').
Der Versuch zeigt, daB durch Behandeln mit Extrakten
positive Albumine ihre Endstiickfunktion, positive Globuline
ihre MittelstQckfunktion verlieren. Globuline sind labiler, aus
diesem Grunde neigen sie zu spontanen Veranderungen und
dtirfen, wie schon betont, nur mit geringen Extraktdosen be-
handelt werden, um die Spezifitat zu erhalten.
1) Bei Menschenserum scheint anders als beim Meerschweinchen-
serum die Trennung in Mittelstuck und Endstiick schiirfer einzutreten,
nur hin und wieder zeigte eine Albuminfraktion eine Spur komplettierende
Wirkung, also spurweise Hamolyse.
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAie*'
Untersuchungen iiber die Rolle der Albumine und GlobiUine usw. 149
Dies ist bekannt von der Sternschen Modifikation, die
ja nur mit Vi bis Vs der im Wassermann notwendigen Extrakt-
dosen arbeitet. Die Prflfung der Albumine allein verlangt
dieselben Dosen wie die Wassermannsche Reaktion.
Das Verhalten der einzelnen Fraktionen nach Erwarmen
auf 56® ist durchaus analog dem inaktivierten Vollserum.
Albuminfraktionen und wiedergeloste Globuline aus einigen
positiven und negativen Seren werden Vs Stunde auf 56® er-
warmt und dann zur Wassermannschen Reaktion benutzt.
Zugleich wird ihre Fahigkeit, isoliertes Endsttlck mit Extrakt
zu binden, gepriift.
Das Blut wurde 5-fach sensibilisiert und mit Meer-
schweinchenglobulinen persensibilisiert, ebenso wurde Meer-
schweinchenendstflck verwandt.
Versuch.
Serum No.
Globulin 0,1
NaCl 0,4
Komplement 0,5
i Globulin 0,1
NaCl 0,4
Endstuck 0,5
Albumin 1,5
Komplement 0,5
Albumin 1,5
Endstuck 0,5
Extrakt
0,5
1 NaCl
1 0.5
Elxtr.
0.5 !
1 NaCl
0,5
Extrakt
0,5
Naa
0,5
Extr.
0,5
Naa
0,5
WaR. /3047
posidv j 56
+ -I--I- +
+ -!-•+- +
—
1
—
+ + + -I-
—
+
—
WaR. /3051
negativ \ 54
_
_
_
. -
—
_
nach Zugabe
sensibilis. Blutee'
nach Zugabe
persens.Blutes
nach Zugabe
sensibilis. Blutes
nach Zugabe
persens.BluteB
Die isolierten und erhitzten Fraktionen aus Luesserum
haben also mit Antigen zwar Komplement gebunden, aber
isoliertes Endstflck freigelassen. Der Komplementschwund
ist an Mittelstflckabsorption gebunden. Wenn also oben an-
gefuhrt wurde, dafi in den AbgGssen positiver Stern sober
Modifikationen kein Endstuck gefunden wurde, wohl aber in
denen positiver Wassermann sober Reaktionen, so wird
dieser Refund durob die letzten Versuobe tatsaobliob in dem
angenommenen Sinne bestatigt: Niobt die Labilitat der Glo¬
buline allein untersobeidet die aktive Wassermannsobe
Reaktion, insbesondere die Stern sobe Modifikation von den
inaktiven Methoden, es tritt vielmehr eine ganz andere
Komplementbindung auf: die Wassermann sobe Reaktion
greift an dem Komplementmittelstflok an, das positive aktive
Digitized by Google
Originaifrom
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAI6N
150
Felke,
Digitized by
Serum aber biiCt mit Extrakt sowohl seinen Mittel- wie Eud-
stdckcharakter ein.
Der vorletzte Versuch zeigte die Moglichkeit zweier Reak-
tionen: einer Globulinmittelstiickreaktion und einer Albumin-
endstiickreaktion. Beide sind dadurch ausgezeichnet, dafi sie
mit dem Indikator der Hamolyse arbeiten, ohne daB im Haupt-
versuch Vollkomplement zugegen wfire. Aus dem Versuch ging
aber schon die Schwierigkeit der Globulinmittelstflckreaktion
hervor; der Extrakt muB sehr vorsichtig dosiert werden, Eigen-
hemmungen sind hfiufiger, und die Globulinschadigungen, die
unspezifische Reaktionen hervorrufen konnen, sind nicht aus-
gescbaltet.
Deswegen babe ich mein Augenmerk auf die Albumin-
End stiickreaktion gerichtet und eine Reihe Seren vergleichs-
weise mit dieser Reaktion, nach Wassermann und nach
Stern, untersucht. [Die Technik dieser Albuminendstfick-
reaktion ist inzwischen a. a. 0.^) veroflfentlicht.]
Die Anwendung von Menschenglobulinen zur Persensibili-
sation des Hammelblutambozeptorgemisches hat sich durchaus
bewahrt, und durch Versuche wurde festgestellt, daB es
gleichgiiltig ist, ob man Globuline aus Wassermann-positiven
Oder -negativen Seren verwendet. In folgender Tabelle ist
eine Versuchsanordnung wiedergegeben, bei der nach Digestion
von je 1,5 ccm der zu untersuchenden Albuminfraktionen mit
0,5 ccm Extrakt (und mit 0,5 ccm NaCl als Kontrolle) 1 ccm
3-proz. 6-fach sensibilisiertes Hammelblut zugefiigt wurde,
dessen Persensibilisation einmal mit Globulinen aus Luetiker-
serum, einmal aus Normalseren erfolgte.
1 WaR. und Stern +4- + +
2 WaR. -f-+ + -!-, Stern Kontr.-Hemmung
3 IWaR. + -f, Stern -|- -|- + + I
4 I WaR. und Stern negativ
5 1 II II II It
6 '
^ >» ;) «»
Persensibilisiert mit
PluB-GIobulinen
Minus-Globulin.
mit
ohne
mit 1
ohne
Extrakt
Extrakt
_
+ 4--I--I-
—
+ + + +
—
1
+ + + +
—
1
1) Miinch. raed. Wochenschr., 1920, No. 45.
Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
UnteiBuchuDgen iiber die fiolle der Albumine and Olobuline ubw. X5l
Der Ausfall ist beidesmal derselbe, Wassermann-positive
Seren sind auch bei der Albuminendstdckreaktion gehemmt,
negative dnrchgeldst. Serum 2 zeigt zugleich, dafi bei der
Sternschen Modifikation Kontrollenhemmung bestehen kann,
ohne daJS dera betreffenden Serum EndstGck fehlt. Nur das
MittelstQck war zugrunde gegangen, womit die Komplement-
funktion aufhSrte, in der AlbuminendstQckreaktion durch die
Persensibilisation aber wieder ergSnzt wurde.
Bisher babe ich 527 Seren mit der Albuminendsttick-
reaktion untersucht. Die angewandte Methodik schlieBt sich
an die auf p. 146 geschilderte eng an, die Seren kamen ohne
Auswahl zur Verwendung, wurden aktiv mit n/SOO HCl in
9-facher Menge ausgefallt, scharf zentrifugiert, abgegossen,
aufgesalzen, V 2 neutralisiert und in Menge von 1,5 ccm der
Albuminfraktion mit 0,5 Extrakt und 0,5 NaCl als Kontrolle
eine Stunde bei 38 ® gehalten. Der Extrakt entsprach dem zu
gleicher Zeit in der Wassermannreaktion verwandten, 6-fach
verdflnnten cholesterinierten Rinderherzextrakt.
Inwischen wurden die den Globulinbodensatz enthaltenden
RShrchen ausgeschwenkt und mit 1 ccm NaCl, entsprechend
dem verwandten Serum, beschickt. Die Auflosung der Glo-
buline geht rasch vor sich. Eine Mischung dieser Globulin-
losung wird dem sensibilisierten Blut zugesetzt in folgendem
Verhaltnis: 3-proz. Hammelblutaufschwemmung 10 Teile,
6—8-fache Ambozeptorlosung 10 Teile, Globulinlosung 1,5 Teile,
letztere Ys Stunde nach Mischen von Ambozeptor und Blut,
und V 2 Stunde vor dem Zugeben zur Reaktion.
Die LQsung geht ziemlich rasch vor sich, das Resultat wird
am anderen Morgen nach Eisschrankaufbewahrung abgelesen.
Komplette und fast komplette Hemmung gelten als positiv.
Folgende Zusammenstellung gibt Auskunft iiber das Er-
gebnis;
AER. poeitiv, WaR. negativ 47 = 8,8
AER. negativ, WaR. negativ 334 = 63,2
AER. negativ, WaR. positiv 6 = 1,1
AER. Kontrollenhemmung 14 = 2,8
AER. poe., WaR. Kontr. gehemmt 2 = 0,5
AER.neg., WaR.Kontr.gehemmt 1 = 0,3
I WaR. poeitiv 7
WaR. n^ativ 5
I WaR. Kontr.-Hemmung 3
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
152
Felke,
Digitized by
Die Albuminendstiickreaktion war also in 8,8 Proz. der
Faile positiv, wo die Wassermannreaktion negativ war; in
alien Fallen handelte es sich uin eine Lues, die entweder be-
handelt oder latent war, iinspezifische Reaktionen warden
nicht beobachtet. Nur in der Hklfte der Fklle war die Stern-
sche Modilikation ebenfalls positiv, mit dieser wurden aber
noch weitere 10 Luesfklle aufgedeckt, die mit der Wassermann¬
reaktion und Albuminendstiickreaktion negativ reagierten. Die
drei Reaktionen scheinen sich also gut zu erganzen.
Ob nun in dem einen Falle die Globuline spezifisch
starker verandert sind — Wassermannreaktion und Stern
positiv — in dem anderen Falle die Albumine — Stern und
Albuminendstuckreaktion positiv — entscheide ich nicht. Ich
nehme vielmehr an, daB das Luesreagin in dem Serum als
stabiler KSrper gelost ist und von den Globulinen nur ad-
sorbiert wird. Das wflrde auch fiir den Lipoidcharakter des
Reagins sprechen, da die Globuline einen Teil der Lipoide
bei ihrem Ausfalle mitreiBen.
Durch die angefflhrten Untersuchungen ist die Konstanz
der spezifischen VerMnderungen auch def einzelnen Serum-
fraktionen nachgewiesen. Insbesondere geht aus ihnen hervor,
daB es nicht, wie bisher angenommen, die Globuline allein
sind, die die Luesreaktionen geben. Ihre Rolle bei den
raodernen Ausflockungsreaktionen dflrfte sogar unspezifischen
Charakter tragen, wie dies Gloor und Klinger schon her-
vorheben, Der Kern der spezifischen SerumverS,nderung ist
in den stabilen Serumbestandteilen zu suchen, der Albumin-
fraktion, die auch den groBten Anteil der Lipoide enthalt.
Da die Globuline bei ihrer Ausfkllung wechselnde Mengen
dieser Substanzen mitreiBen, sprBche die Moglichkeit, mit
ihnen eine Komplementbindung und eine „Globulinmittelstuck-
reaktion“ anzustellen, nicht gegen diese, auch von H. Sachs
vertretene Annahme, daB die primilre syphilitische Serum-
veranderung die Lipoidsubstanzen betrifft.
Zusammenfassung.
In Bestatigung der Arbeiten Mandelbaums sowie
Gloor und Klingers konnen mit den Albuminfraktionen
von Luesseren Ausflockungen nach Sachs-Georgi erzielt
Google
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Untersuchungen fiber die RoUe der Albumine und Globuline usw. ] 53
werden. Weiter ergibt sich, daB bei der Reaktion zwischen
Wassermannextrakt und aktivem Luesserura nicht nur das
Komplementmittelstfick, sondern auch das Endstflck ver-
schwindet. Dementsprechend gelingt es, mit den getrennten
Albumin- und Globulinfraktionen Reaktionen zu erzielen, die
als Albumin-EndstQckreaktion und Globulin-Mittelstiickreaktion
auf der Verfinderung der aus Luesserum stamraenden Frak-
tionen unter der Einwirkung von Wasserraannextrakten be-
ruhen.
Nachdnick verbolen.
[Au8 dem Hygienischen Institut der Univereitat Basel
(Vorstand: Prof. Do err).]
•
Zam Mechanlsmus der antihSinolytischen Wirkung der
Chinaalkaloide.
Von Dr. Alfred Schnabel.
Mit 1 Abbildung im Text.
(Eingegangen bei der Bedaktion am 25. Dezember 1920.)
Es ist seit jeher iiblich, die Stbrungen, die sich beim
Ablauf der Immunhamolyse durch die Anwesenheit anti-
hamolytischer Substanzen bemerkbar machen, als antikom-
plementSre oder als gegen den Ambozeptor gerichtete oder
als antireaktive zu bezeichnen. Man versteht darunter die
vollkommene Behinderung oder deutliche VerzSgerung der
HSmolyse 1) durch Beeintrachtigung des Komplements oder
2) des Arabozeptors oder 3) in der Art, daB die Bindung des
Komplements an die ambozeptorbeladene Zelle oder durch
eine andersartige Beeinflussung dessen Reaktionsfahigkeit ver-
hindert wird. Den roten Blutkbrperchen wurde bei der Immun¬
hamolyse nur wenig Bedeutung bei antihamolytischen Vor-
gangen eingeraumt, obzwar gerade sie durch ihren eigen-
artigen Bau in physikalisch-chemischer Beziehung dazu geeignet
erscheinen muBten, mit den die Immunhamolyse storenden
Substanzen in dieser oder jener Art zu reagieren.
Man kennt eine groBe Anzahl verschiedener Substanzen
und physikalischer Einfliisse mit antihamolytischen Eigen-
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
154
Alfred Schnabel,
Digitized by
schaften. Es handelt sich zum Teil um chemisch vollkommen
definierte Stoffe; doch sind auch viele komplex gebaute Sub-
stanzen von unbekannter Konstitution unter den hemmenden
zu finden. Zu den ersteren gehbren z. B. verschiedene Salze,
wie Baryum, Calcium, Magnesium, zu jenen mit unbekannter
Konstitution Organextrakte, manclie Sera usw.
Salze kbnnen auf verschiedene Weise antihSmolytisch
wirken, so z. B. durch erhohte Konzentration, wobei es nicht
zu einer Schadigung des Komplements Oder Ambozeptors
kommt, da durch einfache Verdiinnung oder Ausfailung des
Salzes die Blutlbsung eintritt. Jedoch konnen auch isotonische
Losungen von Salzen die HSmolyse hemmen. So ist die stark
hemmende Wirkung des Baryums, Calciums u. a. m. bekannt.
Es soil sich dabei nach manchen Autoren um eine Reaktion
zwischen den Salzen und dem Komplement handeln (Man-
waring, Hektoen und Ruediger u. a.). Andere Autoren
wieder sehen die Ursache der Wirkung gewisser Salze in einer
Verhinderung der Reaktion zwischen Komplement und ambo-
zeptorbeladener Zelle (Dungern und Coca, Ruffer und
Crendiropoulos u. a.). Allerdings ware darauf hinzu-
weisen, daB eine isotonische oder hypertonische Losung eines
Salzes in Gegenwart von Erythrozyten ihren physikalischen
Zustand bedeutend andern kann, worauf noch weiter unten
eingegangen werden wird.
Unter den die Immunhamolyse hemmenden Substanzen
bieten jene mit bekannter oder unbekannter Zusammensetzung
besonderes Interesse, die gleichzeitig hamolytisch und anti-
hamolytisch wirken konnen, Zu solchen gehoren z. B. gallen-
saure Salze, Pankreasextrakte und andere. Manche von diesen
Stoflfen sollen sogar in solchen Mengen die Hamolyse hemmen,
in denen sie sonst selbst Blutkorperchen zu losen vermogen.
Nur wenige Forscher brachten die Erscheinung der
Hamolyseheramung mit einer Beeinflussung der Erythrozyten
in Beziehung. Einzelne vermuteten in der Aenderung der
osmotischen Verhaitnisse der Zellmembran eine ausschlag-
gebende Bedeutung (Nolf, Markl). Noguchi sah beim
Studium der antihamolytischen Wirkung normaler Sera, daB
die wirksame Substanz durch Digerieren mit Blutzellen zum
Teil verschwindet, und daB die so praparierten Erythrozyten
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Mechaiiismus der antihamolytischen Wirkung der Chinaalkaloide. 155
viel schwerer durch das hSmolytische Serum in Gegenwart
von Komplement gel5st werden konnten als iinbehandelte.
Dieser Autor konnte auch aus antih^moljtisch wirkenden Sera
einen Aetherextrakt gewinnen, der ebenfalls so wirkte und
auch die Blutzellen ira Sinne einer Resistenzsteigerung be-
einfluBte. Auch Friedemann konstatierte die Aufnahme
der antihSmolytisch wirkenden Pankreasextrakte durch die
Erythrozyten, ohne jedoch diese Erscheinung mit der Hem-
mung der Hamolyse in Zusammenhang zu bringen. Selig-
mann, der die hemraende Wirkung des inaktivierten Meer-
schweinchenserums prflfte, faUt die Erscheinung rein physi-
kalisch als in erster Linie durch AdsorptionsvorgSnge bedingt
auf. An diese Deutung schlieBt sich eng die als antireaktive
Funktion gedeutete Beeinflussung der Inimunharaolyse durch
antihamolytische Sera von Bordet und Gay.
In vorliegender Mitteilung soil flber Versuchsergebnisse be-
richtet werden, die auf den Zusammenhang zwischen manchen
antihamolytischen Substanzen und den Blutzellen einiges Licht
zu werfen vermbgen. Die Versuche wurden mit zwei chemisch
definierten Substanzen, dem Chinin und Optochin ausge-
fQhrt, die nicht nur die Eigenschaft haben, in hoherer Kon-
zentration Erythrozyten aufzulosen, sondern auch die Hamo¬
lyse durch den homologen Immunambozeptor in Gegenwart
von Komplement zu hemmen. Letzteres auBert sich in einer
starken Verzbgerung der Immunhamolyse. Ueber die Fahig-
keit des Chinins, die Komplementhamolyse anfangs zu hemmen
und dann zu beschleunigen, wurde zuletzt von Rusznydk
— ohne Angabe naherer Einzelheiten — berichtet.
Die hier mitgeteilten Versuche wurden mit Hammelblut
und Kaninchenimmunserum als hamolytischem System und mit
frischem Meerschweinchenserum als Komplement ausgefflhrt.
Erster Versuch (Tabelle I).
Fallende Mengen einer 1-proz. I/isung von Optochinum hydrochlo-
ricum in 0,85-proz. Kochsalzldsung wurden mit je 0,5 ccm der im Vor-
versuch ermittelten, noch wirksamen Komplementverdiinnung gemischt
und mit Kochsalzlosung auf 1,5 ccm aufgefiillt, worauf Zusatz von 0,5 ccm
einer 5-proz. Aufschwemmung gewaschener Hammelerythrozyten und
0,5 ccm der Ambozeptorverdiinnung (zweifach lOsende Titerdosis) erfolgte.
Ein Rohrchen ohne Optochin diente als Kontrolle. Siimtliche RtJhrchen
kamen in die Brutkammer bei 37® C.
Digitized by Goc'gle
Originaifrom
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
156
A1 fred Schnabel,
Digitized by
TabeUe I.
Optoch.
NaCl
Komplement
Hammelblut
Ambozeptor
1-proz.
0,85-proz.
1:20
5-proz.
1:800
1. Rdhrchen:
1 ccm
-
0,5 ccm
0,5 ccm
0,5 ccm
2.
0,9 „
0,1 ccm
3.
0,8 ,.
0,2 „
4.
0,7 „
0,3 „
0,6 „
0,4 „
n If
ff ff
if if
6.
0,5 „
0,5 „
7.
0,4 „
0,6 „
8.
0,3 „
0,7 „
ff jf
9.
0,2 „
0.8 „
10.
0,1 „
0,9 „
it a
Kontrolle:
—
1,0 „
»»
a if
Nach 15 Minuten langem Stehen bei 37 ®C war die Kontrolle gelost,
wiihrend alle optochinhaltigen Rbhrchen keine Hamolyse zeigten. Nach
30 Minuten sind die Rdhrchen 8, 9 imd 10 gelcist; nach 45 Minuten hat
sich die Lyse auch auf das 7. Kohichen, nach 60 Minuten auf das 6. und
5., nach 2 Stunden auf das 4. Rohrchen ausgedehnt. Zu dieser Zeit be-
merkt man im 1. Rohrchen fast voUkommene, im 2. beginnende Hamolyse,
wiihrend das 3. Rohrchen noch ungelost ist. Nach weiteren 30 Minuten,
also nach insgesamt 27, Stunden, zeigen siimtliche Rdhrchen Lyse.
Wie aus diesem Versuche zu ersehen ist, ist das Optochin
imstande, die Hamolyse stark zu verzogern, es besitzt also
die Eigenschaften eines Antihamolyticum. Bevor wir auf eine
Diskussion dieses Versuchsergebnisses eingehen, sei ein ahn-
licher Versuch mit Chinin angefuhrt.
Zweiter Versuch (Tabelle II).
Fallende Mengen einer 1-proz. LSsung von Chininum hydrochloricum
in 0,85-proz. Kochsalzlosung werden wie beim ersten Versuch mit Kom-
plement, Hammelblut und Ambozeptor bei einem Gesamtvolum von 2,5 ccm
gemischt und bei 37“ C gehalten. Ein Rdhrchen ohne Chinin dient als
Kontrolle.
Tabelle II.
Chinin
1-proz.
NaCl
0,85-proz.
Komplement
1:20
Hammelblut
5-proz.
Ambozeptor
1 :806
1. Rdhrchen:
1 ccm
_
0,5 ccm
0,5 ccm
0,5 ccm
9
0,9 „
0,1 ccm
3.
0,8 „
0,2 „
it it
a
0,7 „
0.3 „
a if
a it
5.
0,6 „
0.4 „
»• it
6.
0,5 ,,
0,5 „
7.
0,4 „
0,6 „
8.
0,3 „
0,7 „
9.
0.2 „
0,8 „
10.
0,1 ,,
0,9 „
a a
ti a
ii it
Kontrolle:
—
1,0 „
a M
» it
Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Mechanismiis der antihamolytischen Wirkutig der Chinaalkaloide. 157
Wahrend die Kontrolle nach 15 Miniiten geldst ist, zeigen die chinin-
haltigen Rohrchen keine Aenderung in ihrem Aussehen. Nach 30 Mi-
nuten erfolgte Hamolyse in den Rohrchen 8, 9 und 10, nach 45 Minuten
in den Bdhrchen 6—8, nach 60 Minuten in 4—5, und nach 2 Stunden
waren samtliche Rohrchen gelSat.
Dieser Versuch (Tabelle II) zeigt also, daB auch das Chinin
imstande ist, die HSmolyse deutlich zu verzogern. Denn
wahrend die Kontrolle ohne Chinin bereits nach 15 Minuten
gelSst war, erfolgte in den chininhaltigen Rohrchen die HSmo-
lyse stark verzOgert, und zwar in RShrchen mit der grbBten
Chininmenge nach 2 Stunden. Es besteht auch, wie ersichtlich,
eine groBe Aehnlichkeit zwischen der Wirkung des Chinins
und der des Optochins, nur ist bei letzterem sowohl die
hemmende als auch die losende Kraft starker ausgeprSgt, was
in der iSngeren Verzogerung der Hamolyse einerseits und in
der frflher auftretenden Losung in den Rohrchen 1 und 2 mit
den groBten Optochinmengen andererseits zum Ausdruck
kommt. Diese starkere hamolytische Wirkung des Optochins
im Vergleich zum Chinin konnte in hier nicht naher ausge-
fflhrten Versuchen mit Erythrozyten auch ohne Komplement
und Ambozeptor festgestellt werden.
Die nachste Frage, die zu beantworten war, war die, urn
welche Art der antihamolytischen Wirkung es sich hier handelt.
Eine antikomplementare und eine gegen den Ambozeptor ge-
richtete Wirkung war von vornherein auszuschlieBen, da doch
die Losung, wenn auch verspatet, eintrat. Auch sprach ein
Versuch, bei dem die Mischung von Blut, Ambozeptor, Kom¬
plement und Alkaloid zentrifugiert und gewaschen wurde und
bei dem dann eventuell nach Zusatz von Komplement Hamo¬
lyse eintrat, fur die Unversehrtheit des Ambozeptors. Nach
dem bekannten Schema blieb also die Annahme ubrig, daB
es sich um eine sogenannte antireaktive Storung handle, sei
es im Sinne einer Behinderung der Komplementverankerung
an die Erythrozyten Oder einer Resistenzvermehrung der
Erythrozyten Oder einer anderen Wirkungsart. Wohl wirkte
ein Komplement- oder AmbozeptorflberschuB hemmungsver-
mindernd, doch wurde diesem Befunde aus oben angefflhrten
Grflnden keine besondere Bedeutung beigelegt, um so mehr,
wenn man beriicksichtigt, daB durch den Zusatz von flber-
schflssigem Komplement oder Ambozeptor nicht allein die
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
158
Alfred Schnabel
Digitized by
komplettierende bzw. losende Kraft erhoht, sondern auch der
physikalische Zustand der miteinander in Beziebung tretenden
Reaktionskoraponenten sich andert. Auch der Zusatz von
gewShnlichem, beliebigera Serum wirkte merklich hemmungs-
vermindernd.
Dagegen deutete auf eine Erhohung der Resistenz der
Erythrozyten folgender Versuch, bei dem die Reihenfolge des
Zusatzes einzelner Reaktionskomponenten in der Art modi-
fiziert wurde, dafi die Blutkorperchen kurze Zeit (5 bis
10 Minuten) init dem Alkaloid stehen gelassen wurden, worauf
erst der Zusatz der anderen Reagentien erfolgte.
Dritter Versuch (Tabelle 111).
Fallende Mengen einer l-proz. Lbsung von Optochinum hydro-
chloricum in 0,85-proz. NaCl-Losung werden mit je 0.5 ccm Hammelblut
gemischt, mit NaCl-Losung auf 1,5 ccm aufgefiillt und 10 Minuten bei
Zimmertemperatur stehen gelassen. Hierauf werden je 0,5 ccm verdiinntes
Komplement und Ambozeptor zugefugt. Ein Rbhrchen ohne Optochin
dient als Kontrolle. Samtliche Rbhrchen werden in die Brutkammer
(37 ^ C) gebracht.
Tabelle III.
j Optochin
1 l-proz.
Blut
5-proz.
NaCl :
0,85-proz.
Komplement
1:20
Ambozeptor
1:800
1. Rbhrchen
1,0 ccm
0,5 ccm
— ii ’k
0,5 ccm
0,5 ccm
2.
0,9 „
dgl.
0,1 ccm 1
dgl.
dgl.
3.
0,8 „
0,2 „ a
4.
0,7 „
0,3 „
5.
0,6 „
0,4 „ ,1-5 -S
6. „
0,5
0,5 „ PI
7-
0,4 „
„
99
8.
0.3 „
0,7 „ j[ 3
9.
0,2 „
0,8 „
99
10.
0.1 „
0,9 „ p
Kontrolle
9i
1,0 „ ^
99
99
Nach 15 Minuten zeigt das Kontrollrbhrchen vollkommene Lbsung.
Erst nach 45 Minuten erfolgt in den Rbhrchen 9 und 10, nach 60 Minuten
im 7. und 8., nach 90 Minuten im 1., 4., 5. und 6. die Hamolyse, wahrend
das 2. und 3. Rbhrchen noch ungelbst sind; nach 2 Stunden sind samt¬
liche Proben gelbst
Aus dem Ausfall des dritten Versuches ist also zu er-
sehen, daB das Zusammenbringen der Blutkorperchen mit dem
Alkaloid fiir kurze Zeit (10 Minuten) die hemmende Wirkung
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
MechaniBmus der antihamolytischen Wirkung der Chinaalkaloide. 159
des letzteren begunstigt. Beraerkenswert ist aber, daB dieser
EinfluB sich nur bei den kleineren Alkaloidraengen, deren
antihamolytische Wirkung sich nur auf kiirzere ZeitrSume er-
streckt, bemenkbar macht; denn nach 2 Stunden zeigen sSmt-
liche Rohrchen Lbsung, ebenso wie beim ersten Versuch.
Anscheinend wird diese Beeinflussung der Erythrozyten im
Sinne einer Resistenzerhohung bei den grbfieren Alkaloid-
mengen durch die Zeit verdeckt.
Wenn schon der Urastand, dafi bei dem ersten und zweiten
Versuch die HSmolyse, wenn auch verzbgert, eintrat, die Ver-
rautung, es kbnnte sich um einen reversiblen Vorgang handeln,
nahelegte, so war es gerade die letzterwahnte Erscheinung,
die zu einer solchen Annahme zu berechtigen schien. Schon
aus anderen Versuchen waren mir die besonderen Beziehungen
zwischen Erythrozyten und den Chinaalkaloiden bekannt.
Sollte diesen Beziehungen irgendeine Bedeutung fQr das
Zustandekoramen der hSmolytischen Wirkung beigelegt werden,
dann mtifite der Beweis erbracht werden, dafi diese Beziehungen
reversibler Natur sind. Letzteres konnte tatsachlich nach*
gewiesen werden.
An anderer Stelle wurde gelegentlich des Studiums der
Verteilung der Chinaalkaloide im Blute auf das eigenartige
Verhalten des Optochinspiegels im Serum in Gegenwart von
Erythrozyten bei Reagenzglasversuchen hingewiesen, wenn
man die Versucbe auf Stunden ausdehnte. Es konnte dort
gezeigt werden, daB das genannte Alkaloid nicht nur von den
Erythrozyten aufgenommen, sondern auch nach einer be-
stimmten Zeit abgegeben wird, ohne daB irgendeine will-
kflrliche Aenderung in denMilieuverhSltnissen, wie
etwa ein Wechsel der Suspensionsflflssigkeit, vorgenommen
worden ware. In fortgesetzten Versuchen wurde dieser Be-
fund vollkommen bestatigt und auch beim Chinin festgestellt
und auf den speziellen Fall der antihamolytischen Wirkung
bezogen, eine zeitliche Koinzidenz zwischen der Aufnahme
und Abgabe dieser Alkaloide einerseits und der Hemmung
der Hamolyse bzw. Eintreten derselben andererseits ge-
funden.
1) Biochem. Zeitschr., Bd. 112, 1920.
Digitized by GoL'gle
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
160
Alfred Schnabel,
Digitized by
Die Alkaloidbestimmung erfolgte nach einem Verfahren,
das von mir anderen Orts‘) beschrieben wurde. Es sei bier
nur erwahnt, daB dasselbe Verfahren sich nicht allein zur
Bestimmung des Optochins, sondern auch des Chinins und
anderer Substanzen als praktisch anwendbar erwiesen hat,
worauf noch in einer besonderen Mitteilung zuruckgekommen
werden wird.
Folgender Versuch zeigt die besonderen quantitativen, in
erster Linie als Funktion der Zeit erscheinenden Beziehungen
zwischen den Erythrozyten und dem Optochin.
Vierter Versuch.
8 Kohrchen mit je 1,9 ccm frischen, defibrinierten Hammelblutes
werden mit je 0,1 ccm einer 1-prom. Losung von Optochinum hydro-
chloricum in phyaiologischer
Kochsalzlosung gemischt, so
daB eine Optochinverdun-
nung 1 : 20 000 resultiert,
wenn das Erythrozyten-
volumen nicht beriicksich-
tigt wird, und in die Brut-
kammer bei 37" C gestellt.
Nach 5. 15, 30, 45, 60, 90,
105 und 120 Minuten wird
je 1 Kdhrchen zentrifugiert
und das klare, nicht hamo-
lytische, von einer Kontrolle
ohne Optochin sich nicht
unterscheidende Serum auf
seinen Gehalt an Optochin
mittels der oben erwahnten
Methode untersucht. Els zeigt
sich nun, daB in dem nach
5 Minuten langem Stehen
5’ ts- 30' 45- 60' 90- 105' 120 Min. bei 37" durch Zentrifugiercn
Optochinspiel im Serum in Gegenwart von erhaltenen Serum nicht die
Erythrozyten wahrend 2 Stunden beobachtet. rechnungsgemaB erwartete
Konzentration 1:20000, son¬
dern nur eine solche von weniger als 1:50000 nachweisbar, daB somit
weniger als 50 Proz. des zugefiigten Optochins im Serum vorhanden ist
Dieses Resultat konnte nicht wundernehmen, da ja die Speicherung der
Chinaalkaloide durch Erythrozyten eine bekannte Erfahrungstatsache ist.
Das nach 15 Minuten langem Stehen der Blutoptochinmischung gewonnene
1) Biochem. Zeitschr., Bd. 108, 1920.
ii
i§
',3
'll
iO
t loi
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Mecbanismus der antihamolytiechen Wirkung der Chinaalkaloide. 101
Serum enthalt ebensoriel. Dagegen zeigen die nach 30, 45 usw. Minuteu
abzentrifugierten Serumproben einen deutlichen Anstieg des Optochin-
gehaltes, und zwar betragt derselbe oach 30 Minuten ca. 50 Proz., nach
45 Minuten 60 Proz., nach 60 Minuten ca. 70 Proz., nach 90 Minuten
gegen 80 Proz., und nach 105 und 120 Minuten fast 100 Proz., d. h. daU
nach 2 Stunden die rechnungsgemafi envartete Konzentration des Optochins
im Serum fast vollkommen wiederhergestellt ist. Jedoch ist zu beriick-
sichtigen. daO in diesem speziellen Falle das tatsachliche Ldeungsrolumen
nicht 1,9 ccm, sondern weniger betragt, entsprechend der durch das
Erythrozytenvolumen bedingten Differenz, und zwar betrug jenes 0,8 ccm,
so dafi bei einem tatsachlichen Ldsungsrolumen von 1,1 ccm (= 1,9—0,8)
die wirklich resultierende Konzentration 1:12000 betragt. Dementsprechend
wwen auc^ die in Prozenten ausgedruckten, nach verschiedenen Zeiten
gefundenen Werte kleiner anzusetzen, was jedoch nichts an der Tatsache
des allm^lichen Ansteigens des Optochinspiegels andem wiirde.
Alls diesem Versuche und der beigefflgten, ihn graphisch
darstellenden Abbildung geht klar hervor, daB das Optochin
zuerst von den Erythrozyten aufgenommen und dann nach
30 und mehr Minuten allmkhlich an die umgebende Fldssig-
keit abgegeben wird. DaB Shnliche Beziehungen zwischen
dem Chinin und den Erythrocyten bestehen, beweist folgender
Versuch.
Fiinfter Versuch.
8 Eohrchen mit je 1,9 ccm defibrinierten Hammelblutes werden mit
je 0,1 ccm einer 2-prom. Losung von Chininum hydrochloricum in physio-
logischer Kochsalzloeung gemischt und bei 37“ C gehalten. Nach 5, 30,
45, 60, 75, 90, 105 und 120 Minuten wird je ein Rbhrchen zentrifugiert
und das, sich von einer Kontrolle ohne Chinin nieht unterscheidende klare
Serum auf seinen Gehalt an Chinin untersucht, und zwar nach dem
gleichen Verfahren wie beim Optochin. Bei einem angenommenen Loeungs-
volumen von 1,9 ccm wiirde eine Chininkonzentration von 1:10000 resul-
tieren. Die nach 5 Minuten langem Stehen erhaltene Serummenge zeigt
jedoch nur eine Chininkonzentration von ca. 40 Proz. der erwarteten; der
Best ist von den Erythrozyten aufgenommen worden. Nach 30 Minuten
sind bereits 50 Proz., nach 45 Minuten ebensoviel, nach 60 und 75 Minuten
ca. 60 Proz., nach 90 und 105 Minuten ca. 80 Proz., und nach 120 Minuten
uber 90 Proz. der rechnungsgemaBen Chininkonzentration zu finden.
Das Ergebnis dieses Versuches entspricht im allgemeinen
demjenigen des vorausgegangenen. Auch hier erfolgt nach
Zusatz von Chinin zu einer Erythrozytenaufschwemmung eine
Aufnahme des Alkaloids, was sich in einer Verminderung
des Chiningehaltes im Serum um fast 60 Proz. kundgibt.
Zeitschr. f. ImmunItStaforechunc. Orlg. Bd. 82 . 11
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
162
Alfred Schnabel,
Digitized by
Nach einer halben Stunde und noch deutlicher nach weiterem
Stehenlassen steigt der Gehalt des Serums an Chinin
an und nahert sich nach 2 Stunden ziemlich stark der errech-
neten Konzentration. Das fiber das tatsachliche Lbsungs-
volumen oben Gesagte hat auch hier Geltung.
In Uebertragung dieser Versuchsergebnisse (vierter und
fiinfter Versuch) auf die Erscheinung der Verzogerung der
Hamolyse durch Optochin und Chinin ist es naheliegend, in
Berucksichtigung des Umstandes, dafi die Hemmung der Hamo-
lyse mit der Aufnahrae dieser Alkaloide und die Abgabe der-
selben mit der allmahlich erfolgenden Blutldsung zeitlich zu-
sammenfailt, diese Aufnahme und Abgabe mit der Hemmung
bzw. Eintritt der Lbsung in einen ursachlichen Zusammenhang
zu bringen. Dadurch wMre der nur wenig aussagende Aus-
druck „antireaktive Stbrung“ naher gekennzeichnet. In welcher
Weise die Speicherung der Chinaalkaloide ihre antihamolytische
Wirkung bedingt, laBt sich natiirlich nicht leicht sagen. Fiir
eine direkte Wirkung durch vortlbergehende Resistenzsteigerung
der Erythrozyten spricht der dritte Versuch. Es kbnnte sich
aber auch um eine Verhinderung der Verankerung des Komple-
ments an die ambozeptorbeladene Zelle oder der Entfaltung
seiner Wirkung handeln. Dafi nicht etwa eine Hamaggluti-
nation die Hamolyse hemmt — woran nach den Untersuchungen
von Handel zu denken ware — dariiber unterrichtete die
fortlaufende mikroskopische Untersuchung von Nativpraparaten.
Schliefilich ware noch eine wichtige Wirkungsmbglichkeit in
Betracht zu ziehen, das ist durch Steigerung des osmotischen
Druckes der Blutzellen. Denn auch bei Anwendung von
Lbsungen, welche iso- oder gar hypotonisch sind, kbnnen sich
die Druckverhaitnisse innerhalb der Erythrozyten durch die
Speicherung und Konzentrierung der Salze andern, so dafi
die antihamolytische Wirkung auf diese Weise zustande kommen
kbnnte. Es bestehen hier zweifellos innige Beziehungen zu
der von Eschbaum, J. Traube, Tschnernorutzky in
einem anderen Zusammenhange naher untersuchte grofie Ober-
flachenaktivitat der Chininderivate. Auch ware an eine Kombi-
nation von Wirkungen zu denken in der Art z. B., dafi anfangs
die Steigerung des Innendruckes und die Resistenzvermehrung
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
MechanismuB der antihamolytischen Wirkxing der Chinaalkaloide. 163
die Hamolyse hemmen, spater aber der Austritt des Alkaloids
und Resistenzverminderung die Losung zulassen oder gar be-
gQnstigen.
Bei der Annahme eines ursachlichen Zusammenbanges
zwischen Aufnahme und Abgabe der Alkaloide durch die
Erythrozyten einerseits und der Hemmung der Hamolyse
andererseits ware zwei Einwanden zu begegnen. Erstens
kbnnte das Ansteigen des Alkaloidgehaltes im Serum nicht
als Ursache, sondern als Folge der durch das Alkaloid selbst
hervorgerufenen Hamolyse angesehen werden. Dagegen spricht
der Umstand, daB das Optochin z. B. (vierter Versuch) in
einer sehr schwachen, gar nicht hamolytisch wirkenden Kon-
zentration zur Anwendung gelangt, wie sich das auch kolori-
metrisch nachweisen laBt. Zweitens ware dem Einwand zu
begegnen, daB die Abgabe der Alkaloide durch die Erythro¬
zyten nur zufailig als Parallelerscheinung auftritt und in
keinem direkten Zusammenhang mit der Hemmung der Hamo¬
lyse stehe. Dagegen wiirde das bereits erwahnte zeitliche
Zusammentreffen beider Vorgange sprechen, ferner folgender
Versuch, bei dem die Erythrozyten mit dem Alkaloid andert-
halb Stunden bei 37 ® C stehen gelassen wurden, worauf erst
der Zusatz von Ambozeptor und Komplement erfolgte; soil
die erwahnte Annahme richtig sein, dann muBte jetzt die
Hemmung ausbleiben, da ja nach anderthalb Stunden ziemlich
viel Alkaloidsalz aus den Erythrozyten austritt.
Sechster Versuch (Tabelle IV).
Fallende Mengen einer 1-proz. Losung von Optochin in physio-
logischer Kochsalzlosung werden mit je 0,5 ccm 5-proz. Hammelblutes
gcmischt, mit Kochsalzlosung auf ein Volumen von 2,5 ccm gebracht und
in die Brutkammer gestellt. Ein als Kontrolle dienendes Rohrchen enthiQt
0,5 ccm Blut und 2,0 ccm physiologischer Kochsalzlosung. Nach andert-
halbstimdigem Verweilen bei 37“ werden alien Rohrchen je 0,1 ccm Komple-
raent (1:4) und Ambozeptorverdiinnung (1:160) zugesetzt. Diese beson-
deren Mengenverhaltnisse wurden deswegen gewahlt, um die Optochin-
konzentration womoglich derjenigen des ersten und zweiten Versuches zu
niihem.
20 Minuten nach dem Zusatz von Komplement und Ambozeptor
zeigen die Kontrolle und das 10. Rohrchen fast voUstandige Losung. Nach
30 Minuten sind auBer der Kontrolle und dem 10. Rohrchen die Rohr-
11 *
Digitized by Gocgle
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
164
A If red Schnabel,
Digitized by
chen 1—5 und 8—9 geldst, wahrend 6 und 7 nur Spuren von Hamolyse
zeigen. Nach 55 Minuten, also nach insgesamt 2 Stunden 25 .Minuten
seit dem Zusammenbringen von Optochin mit den Blutkdrperchen, sind
samtliche Bbhrchen komplett geldst.
Tabelle IV.
Optochin
1-proz.
Naa
0,85-proz.
Blut
5-proz.
Komplement
25-proz.
Ambozeptor
1:160
1. Kbhrchen
1,0 ccm
1,0 ccm
0,5 ccm
O
0,1 ccm
0,1 ccm
2.
0,9 „
1,1 „
dgl.
o
t>
dgl.
dgl.
3.
0,8 „
1,2 „
CO
4.
0,7 „
1,3 „
5. „
0,6 „
1,4 „
6.
0,5 „
1,5 „
fl
7-
0,4 „
1,6 „
-o
c
8. „
0,3 „
1,7 „
• •
9.
0,2 „
1,8 „
„
CD
ff
10.
0,1 „
1,9 „
Kontrolle
2,0 „
ff
ff
Dieser Versuch zeigt, daB durch das eineinhalbstflndige
Zusammenbleiben von Alkaloid und Erythrozyten die anti-
hamolytische Wirkung des ersteren viel weniger zum Ausdruck
kommt, was auf die in dieser Zeit erfolgte Abgabe des Opto-
chins zurflckzufflhren wSre. Ein ahnliches Resultat ergab ein
analoger Versuch mit Chinin. Dennoch mbchte ich die Frage
oflfen lassen, ob nicht doch auch letzten Endes der Austritt
des Alkaloids eine Folge der Lockerung des Gefflges der
Erythrozytenmembran ist, Bei der bekannten zerstorenden
Kraft der Chinaalkaloide in starkeren Konzentrationen den
Erythrozyten gegenuber ist das nicht vollkommen von der
Hand zu weisen; die schwacheren Konzentrationen kSnnten
die Zellmembran so weit lockern, daB wohl kein Hamoglobin,
das Alkaloid aber ja auszutreten vermag. Dadurch bliebe
jedoch die Annahme, daB die Alkaloidspeicherung mit der
antihamolytischen Wirkung ursachlich zusammenhangt, nicht
erschiittert.
Es erubrigt sich noch, mit wenigen Worten auf die in
hoheren Konzentrationen des Alkaloids auch ohne die An-
wesenheit von Ambozeptor und Komplement eintretende Hamo¬
lyse einzugehen. Wie bereits erwahnt, gibt es eine Anzahl
solcher Substanzen, die in gewissen Konzentrationen hamo-
Origioal from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Mechanismus der antihamolytischen Wirkung der Chinaalkaloide. 155
lytisch, in anderen wieder antihSmolytisch wirken kSnnen.
Zu solchen gehSren die gallensauren Salze, das oleinsaure
Natron, Organextrakte, Metallsalze, und auch die Chinaalkaloide.
Mit Rflcksicht auf die zuletzt von Bechhold und Kraus
und von Salen veroffentlichten Versuchsergebnisse fiber das
Verhalten der Erythrozyten verschiedenen Sublimatkonzen-
trationen gegenfiber wurden von mir die Blutkfirperchen-
alkaloidgemische mikroskopisch untersucht. Die genannten
Autoren konnten in Verfolgung der bereits von Ehrlich
studierten Erscheinung, daB bei der Einwirkung von Sublimat-
losungen auf Erythrozyten in hoheren Konzentrationen Hfirtung
und in schwficheren Lfisung erfolgt, zeigen, daB dem ver¬
schiedenen Verhalten der roten Blutkorperchen ganz bestimmte
morphologische Verfinderungen entsprechen. In den hier rait-
geteilten Versuchen konnten bei Anwendung schwacher Kon¬
zentrationen (vierter und ffinfter Versuch) mikroskopisch keine
besonderen Verfinderungen der Erythrozyten gesehen werden;
nur stfirkere Konzentrationen ergaben Bilder, wie sie bereits
Halberkann gesehen hat, und zwar nach anffinglicher
Quellung spfiter Schrumpfung.
Die fiuBere Aehnlichkeit des Ablaufes der Wirkung von
Organextrakten bei der Prfifung deren antihfimolytischen Eigen-
schaften bei der Wassermannschen Reaktion mit dem Ver¬
halten der Chinaalkaloide konnte zur Annahme verleiten, daB
vielleicht auch dort mindestens teilweise ein fihnlicher Mecha¬
nismus vorliegt. Wenn diese Annahme berechtigt sein soil,
dann mfiBte der Beweis erbracht werden, daB auch dort eine
Aufnahme und darauffolgende Abgabe der wirksamen Substanz
.erfolgt Allerdings wfirde ein solches Unternehmen bei der
groBen Schwierigkeit des Nachweises der so kompliziert zu-
sammengesetzten Extrakte fast undurchffihrbar sein. Viel mehr
Aussicht auf Erfolg bieten andere, chemisch definierte Sub-
stanzen, die sich hinsichtlich ihrer antihamolytischen Wirkung
so verhalten wie die Chinaalkaloide.
Zusammenfassung.
Es wurde die antihfimolytische Wirkung des Chinins und
Optochins bei der ImmunhSmolyse untersucht. Diese Alkaloide
haben die Eigenschaft, in stfirkeren Konzentrationen Erythro-
Digitized by GoL'gle
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
166 A. Schnabel, Antihllmolytische Wirkung der Chinaalkaloide.
Digitized by
zyten aufzulosen und in verschiedenen Konzentrationen die
Immunh&molyse deutlich zu verzogern; sie zeichnen sich durch
ein besonderes Verhalten roten BlutkSrperchen gegenflber aus,
indem sie von letzteren zuerst aufgenommen und dann ab-
gegeben werden. Die antihSmolytische Wirkung der genannten
Chinaalkaloide wird niit dieser Erscheinung der Aufnahme
und das Eintreten der HSmolyse mit der Abgabe in Zusaramen-
hang gebracht.
Literatur.
Beehhold, H., Arb. a. d. Inst. f. exp. Ther. u. d. Georg Speyer-Hause
in Frankfurt a. M., 1920, Heft 11.
— und Kraus, W., Biochem. Zeitschr., Bd. 109, 1920.
Bordet, J., et Gay, F. P., Ann. de I’Inst. Pasteur, T. 22, 1908.
Dungern und Coca, Biochem. Zeitschr., Bd. 13, 1908.
-Berl. klin. W'ochenschr., 1907, No. 46.
Eschbaum, Ber. d. Deutsch. Pharm. Gesellsch., Bd. 28, 1918.
Friedemann, U., Deutsche med. Wochenschr., 1907, No. 15.
Halberkann, J., Biochem. Zeitschr., Bd. 95, 1919.
Handel, Arb. a. d. Kaiserl. Ges.-Amt, Bd. 28, 1908.
Hektoen, L., et Ruediger, G. F., Journ. of Infect. Dis., Vol. 4, 1907.
Man waring, H. N., Journ. of biol. Chem., Vol. 3, 1907.
M a r k 1, Zeitschr. f. Hyg., Bd. 39.
Noguchi, Biochem. Zeitschr., Bd. 6, 1907.
Nolf, Ann. de I’lnst. Pasteur, 1900, No. 10.
Buffer, A., et Crendiropoulos. Compt. rend, de la Soc. de Biol.,
T. 60, 1906.
Rusznyak, 8., Biochem. Zeitschr., Bd. 104, 1919.
Salen, E., Ebenda, Bd. 110, 1920.
Schnabel, A., Biochem. Zeitschr., Bd. 108 u. 112, 1920.
Seligmann, Berl. klin. W^ochenschr., 1907, No. 32.
Traube, J., Biochem. Zeitschr., Bd. 42, 1912.
— Zeitschr. f. Immunitatsf., Bd. 29, 1920.
Tschernorutzky, Biochem. 25eit8chr., Bd. 42, 1912.
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAI6N
M. Stern, Sachs-Georgi-Eeaktion u. die von E. Meinicke. 167
Naehdruck verbolen.
[Aus der serodiagnostischen Abteilung der Universit&ts-Hautklinik
Breslau (Direktor: Geheimrat Prof. Dr. Jadassohn).]
Ueher die Sachs-Georgi-Beaktlon und die ron
£. Meinicke.
Von Margarete Stem.
(Eingegangen bei der Bedaktion am 2. Januar 1921.)
Vergleichende Untersuchungen der Sachs-Georgischen
(S.-G.R.) mit der Wassermannschen (WaR.) und der
^Dritten Modifikation“ (D.M.) von Meinicke sind in
unserer Abteilung an ca. 5000 Seren gemacht worden, und
zwar in der Zeit vom 9. X. 1919 bis 24. IX. 1920. Es
wurden tkglich nicht mehr als ca. 40 Seren nach S,-G.
und D.M. angesetzt, die aus dem fiir die Wassermannunter-
suchung bestimmten Seren material herausgesucht wurden. Wir
benutzten ftir unsere Untersuchungen zwecks Erleichterung
bei der Diagnosenfeststellung und vor allem wegen der Ein-
heitlichkeit der Bedingungen in betreff des Alters und der
Vorbehandlung der Sera nur unser eigenes klinisches und
poliklinisches Material. Die Versuche haben sich fast fiber ein
ganzes Jahr erstreckt, was ffir die Beurteilung neuer Re-
aktionen viel instruktiver ist, als wenn man dieselbe Anzahl
von Seren in grfiHeren Versuchsreihen, daffir aber in kfirzeren
Zeitrfiumen untersucht. Ebenso nfimlich, wie die Wa.R. ihre
1) Bei dieser Gelegenheit mochte ich ein Vorkommnis bei der WaR.
erwiihnen, das ich im November vorigen Jahres zum erstenmal beobachtet
habe. Wahrend die Vorversuche und die Kontrollen in Ordnung waren,
vergrofierte sich die Anzahl der positiven Reaktionen allmahlich derart, dafi
wir zweifellos unspezifische Resultate bei unseren Untersuchungen hatten.
Eine durchgreifende Priifung unserer Extrakte, Ambozeptoren, Komple-
mente etc. fiihrte zu keinem Ergebnis. Als letztes Mittel verschafften wir
uns durch das Entgegenkommen von Herrn Primararzt Dr. Kuznitzky
(Stadtisches Allerheiligen-Hospital) Komplement von den Tieren aus den
dortigen Stallen, und von diesem Tage an war unser Versuch wieder normal.
Da die Tiere im Allerheiligen-Hospital ganz anders als die unsrigen ge-
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Digitized by
168 Margarete Stern,
Kinderkrankheiten durchgemacht hat, die erst allmShlich im
Laufe der Jahre erkannt worden sind und selbst heute noch
nicbt ganz uberwunden sind, so ist das anscheinend auch bei
den Ausflockungsreaktionen von S.-G. und der D.M. der Fall.
Wenn auch die Entdecker beider Reaktionen dauernd und
rait Erfolg an der Vervollkommnung ihrer Methoden arbeiten,
so ist bisher eine vollige Sicherheit noch nicht erreicht worden.
Man hat bisweilen mit Zuf3.1iigkeiten und Unregelmtilligkeiten
zu rechnen, die noch nicht gentlgend geklSrt sind und daher
nicht immer vermieden werden konnen. Damit hangt es auch
zusammen, daB wir unseren ersten Plan, die Parallelunter-
suchungen mit WaR., S.-G. und D.-M. gleichzeitig an den-
selben 5000 Seren zu machen, nicht vollstSndig durch-
ftihren konnten. Als wir namlich am 9. X. 1919 mit den
Parallelversuchen begannen, befand sich die S.-G.R. gerade
in einer negativen Phase, die bis zum 30. X. anhielt,
und von da ins „Normale“ uberging. Hfitten wir die Unter-
suchungen dieser 3 Wochen, in denen die positiven Seren sich
von den negativen meistens nur durch eine Andeutung einer
positiven Reaktion unterschieden, in die vergleichende Statistik
hineingenorainen, so wSre dieselbe fiir Sachs-Georgi verhaltnis-
mtlBig ungiinstig ausgefallen. Eine fast noch langer an-
haltende negative Phase stellte sich am 22. XL 1919 ein und
dauerte bis zum 24. I. 1920. Beide Zeiten habe ich bei der
futtert wurden, im wesentlichen mit Kiichenabfallen, wahrend unsere Tiere
nur Heu und Riiben bekamen, so ist die Veriinderung des Komplements
wobl am ebesten auf eine ungeeignete, d. b. dem Komplement nicbt zu-
traglicbe Erniibrung der Meerscbweincben zuruckzufiibren. (Futterungs-
versucbe verscbiedener Art, die wir infolge dieser Episode macbten, fubrten
zn keiner Bestiitigung unserer Annabmc, aber sie batten aucb in einem
viel groSeren Maflstabe vorgenommen werden miissen, als das bei den
jetzigen Verbaltnissen mdglicb ist.) Nacbdem wir einige Wocben das
Komplement aus dem AllerbeUigen-Hospital benutzt batten, stellten wir
durcb Parallelversucbe fest, da6 unsere Tiere, die inzwiscben etwas besser
ernabrt worden waren, wieder braucbbar waren.
Aus der Literatur ist mir nur eine iibnlicbe Beobacbtung von
K. Hintze (Centralbl. f. Bakt., Orig., Bd. 84, Heft 1) bekannt. Der
Verfasser bat iibnlicbe Stadien mit auffallend bobem Prozentsatz positiver
Reaktionen bei der WaR. durcbgemacbt und fiibrt dieselben auf die Kom-
plementveriinderung bei Meerscbweincben zuriick, die — oft iiuiJerlicb noch
gar nicht nachweisbar — an Pseudotuberkulose litten.
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Ueber die Sachs-Georgi-Reaktion u. die „D.M.“ von E. Meinicke. 109
Zusammenfassung ausgelassea, uiid um auch bei Sachs-Georgi
flber die gleiche Anzahl von Seren, wie fur die D.M. verfiigen
zu kdnnen, babe ich die Versuche fiber die S.-G.R. ca. 6 Wochen
spfiter abgeschlossen als die Versuche fiber die D.M. Von
Ende Januar bis zum AbschluB unserer Untersuchungen haben
wir keine ^negative Phase" mehr beobachtet.
Eine Erklfirung der negativen Phasen steht noch dahin. Sie
sind um so weniger zu verstehen, als in unseren Versuchen ein
und derselbe Extrakt durch sfimtliche Versuche von Anfang bis
zu Ende hindurchgegangen ist, und was die Technik betrifft, so
sind fast alle Versuche, jedenfalls aber die der negativen Phasen
und die meisten fibrigen Untersuchungen von meiner gut ein-
gearbeiteten Mitarbeiterin, Frl. Werner, gemacht worden.
Neben diesem Extrakt, der in unserer Klinik hergestellt wurde,
sind die Untersuchungen noch mit einem zweiten, meist einem
in Frankfurt hergestellten, den wir durch die Liebenswfirdigkeit
des Herrn Prof. Sachs erhalten haben, angestellt worden.
Beide Extrakte stiminten bis auf geringe DiflFerenzen auch in
den Zeiten der negativen Phasen gut fiberein.
Da die S.-G.R. sehr empfindlich gegen Temperaturunter-
schiede ist, ware es mfiglich, daB die infolge der Gassperr-
stunden mangelnde Konstanz unserer Brutofen mit am MiB-
lingen der Versuche Schuld tragt. Sachs neigt dazu, zu-
nfichst eine Verfinderung der Kochsalzlfisung anzunehmen.
Einen Beweis ffir die Richtigkeit der einen Oder anderen
Hypothese mfissen wir aber schuldig bleiben.
I. Die Sachs-Georgi-Heaktion.
Die Versuche sind mit der von Sachs angegebenen Technik
ausgefflhrt worden. Die Versuchsanordnung ist denkbar einfach.
i ccm 10-fach in physiologischer Kochsalzlfisung verdfinntes
inaktiviertes Patientenserum wird mit 0,5 ccm 6-fach mit Koch-
salzlfisung verdfinntem cholesterinierten Rinderherzextrakt ge-
mischt. Die Rohrchen werden gut geschfittelt und kom'men
ffir 24 Stunden in den Brutschrank. Am nfichsten Tage
1) Wir haben die S.-G.R. schon V* vor den heute publizierten
Untersuchungen an einem Material von 4900 Seren nachgepruft, haben aber
damais nach der ersten Angabe der Autoren den Versuch, der sonst ebenso
Digitized by Google
Origioai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
170
Margarete Stern,
Digitized by
werden die Rohrchen mit dem Agglutinoskop betrachtet und
die Niederschiage je nach der Starke mit 1—3 Kreuzen be-
zeichnet. Die einzige Abweichung, die wir uns zu Zeiten ge-
stattet haben, ist die, daB wir die Versuche anstatt mit Vio
mit Vs Serum angesetzt haben, um sie etwas nach der posi-
tiven Seite zu beeinflussen, was aber nur in sehr geringem
Grade gelang. Die Zusammenfassung der Parallelversuche ist
in den Zahlen in Tabelle I enthalten.
Es wurden alles in allem 5008 Sera untersucht Davon
waren 480 Normalfaile, d. h. eine Reihe von Haut- und anderen
Fallen, bei denen Lues nach Diagnose und Anamnese auszu-
schlieBen sei. AuBerdem wurden zur Kontrolle 146 Ulcus
molle-, 30 Tuberkulose- und 43 Lupus-Faile gepriift, die in
unserer Tabelle besonders gezahlt sind, weil bei ihnen nach
wie der jetzige vorgenomraen wurde, anstatt 24 Stiinden nur 2 Stunden
ini Brutschrank und dann bis zum nachsten Morgen bei Zimraertemperatur
stehen iassen. Wir fanden dabei eine Uebereinstimmung von 4160 Seren
und Differenzen bei 740 Seren. Dabei zeigte sich S.-G.R. 463mal starker
als WaR., 277mal uingekehrt. Dabei sind alle, auch quantitative Differenzen
gerechnet. Zieht man nur die vollstiindigen Differenzen zwischen positiv
und negativ in Betracht, so haben wir bei 4900 Untersuchungen 267 Dif¬
ferenzen, und zwar 91mal positive WaR. bei negativer S.-G.R. und 176mal
positive S.-G.R. bei negativer WaR.
In erster Reihe bestehen die Differenzen bei behandelten Lues- und
Lues latens-Fallen, bei denen S.-G.R. 56nial positiv war bei negativer WaR.,
wiihrend das Umgekehrte nur 24mal festzustellen war.
Dagegen fanden wir WaR. in 9 Lues 1-Fallen der S.-G.R. iiberlegen,
nur Imal das Umgekehrte, llmal war WaR. bei Lues II positiv bei nega¬
tiver S.-G.R. und nur Imal fanden wir hier S.-G.R. iiberlegen.
Von Nichtluetikem haben wir 204 untersucht, von denen 13 (9 Ulcus
molle-Falle, 3 Gonorrhoe und 1 Bubo) positiv waren, also etwa 6 Proz.
anscheinend nichtspezi6sche Reaktionen. — Sachs hat spiiter zur Ver-
raeidung der hier unstreitig vorgckoinmenen unspeziBschen Reaktionen
anstatt des 2-8tiindigen den 20-stundigen Aufenthalt im Brutschrank
empfohlen, da er gefunden hat, dafi Temperaturemiedrigungen unter Um-
stiLnden die einfache, fiir Lues nicht charakteristische Flockung der Serum-
globuline begiinstigt. Nach den Erfahningen von Sachs gewahrleistet ein
20-Btundiger Aufenthalt im Thermostaten ein fiir Lues charakteristischeres
Verhalten der Sera.
Wir haben auf die Angaben hin von einer Publikation unserer da-
maligen Versuche abgesehen und obige neuen Versuchsreihen angesetzt,
mochten aber an dieser Stelle doch kurz unsere friiheren Versuche er-
w’iihnen, da sie fiir die Richtigkeit der Annahme von Sachs sprechen.
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Ueber die SachB-Georgi-Eeaktion u. die „D.M.“ von E. Meinicke. 171
TabeUe 1.
Anzahl d. unter¬
suchten Falle
Normale
UlcuB molle
Tuberkutbse
Lupus 1
i
Lues?
Ueberein-
stimmung
beider Re¬
aktionen
S.-G.R. iiber Wa,R.
WaR. iiber S.-G.R.
Nicht zu unter¬
suchende Sera
S.-G.
WaR.
WaR.
S.-G.
+ 0 ?
o
+
-I-I 0 ?
-f- 0 ?
-f 0 ?
5008'4801461 30
43 ,'3616
693 1252'2960182 25?! . 49
. 199 107 182 . jll4
. 1236 60
12
4394 sSe §<56 296
602
der Literatur 5fter positive Reaktionen gefunden worden sind.
Luesfalle warden 3616 und FS,lle mit fraglicher Lues wurden
693 untersucht. Uebereinstimmend nach beiden Reaktionen
waren 4394 Falle, und zwar 1252 positiv, 2960 negativ und
182 fraglich. Die niichsten zwei (zu je 3 Spalten) Rubriken
gewkhren einen Ueberblick, wie oft die S.-G.R. der WaR.
fiberlegen war. Wir sehen, dafi sie 306mal starker ausfiel,
und zwar 257mal positiv und 49mal fraglich gegeniiber der
WaR., die in diesen Fallen 199mal negativ und 107mal frag¬
lich war.
Die folgenden zwei Rubriken (zu je 3 Spalten) zeigen uns,
wie oft die WaR. der S.-G.R. iiberlegen war. WaR. war im
ganzen 296mal starker als S.-G.R., und zwar 182mal positiv
und 114mal zweifelhaft gegenuber der S.-G.R., die 236nial
negativ und 60mal fraglich ausfiel.
Nicht zu untersuchende Sera, bei denen auch die Serum-
kontrolle allein Fallung aufwies, batten wir im ganzen nur
12 gefunden.
Bei dieser Zusammenstellung sind alle, auch die geringsten
Unterschiede in dem Ausfall der beiden zu vergleichenden
Reaktionen gerechnet worden.
Im ganzen haben wir unter 5000 untersuchten Fallen
602 Differenzen zwischen den Reaktionen gefunden, also in
12 Proz. der Falle. Diese Differenzen verteilen sich fast
gleichmaUig auf beide Reaktionen (306 gegen 296), so daU
sowohl WaR. wie S.-G.R. in ca. 6 Proz. der Differenzen der
Parallelreaktion uberlegen bzw. unterlegen sind. Was fur Falle
sind es nun, in denen die Reaktionen divergieren?
Digitized by Google
Originaifrom
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
172
Margarete Stern,
Digitized by
Tabelle II.
Zusammenetellung aller Differenzen, auch der geringsten.
1. Reihe: 8.-G.R. uber WaR. in 306 Fallen.
2. „ WaR. uber 8.-G.R. „ 296 „
1 ^
i
c
^ i
« 1
f
1
g
h
i
k
1
n 1
0
Norm ale
Lupus
Tuber-
kulose
Ulcus
moUe
Tabes
Lues I
Lues 11
Lues III
Lues
latens
Lues
behandelt
Lues ohne
nahere
Angaben
Lues con¬
genital is
Lues?
ohne
Diagnose
1. Reihe
16
2
1
6
2
111
46
1 4
134
42
6
1
34
2. „
4 1
.
• ,
4 1
6
56
96
' 1
1 59
35
11
3
20
i
Die erste Differenz zeigte die ersteRubrik: die norraalen
Sera, die im wesentlichen von Gonorrhoen, Bubo, Syphilido-
phobie und Hautleiden stamnien. Hier scheint die S.-G.R.
leichter zu einer Fallung zu neigen als die WaR. — 4mal
Hemmung der Hainolyse. Etwas starker erscheinen die Unter-
schiede zwischen der Wa.R. und S.-G.R. ausgesprochen bei
Lues I, II und Lues latens. Hier hat man doch den Eindruck,
daB die WaR. in Lues I- und II-Fallen tiberlegen ist, wahrend
die S.-G.R. bei den Lues latens-Fallen sich entschieden empfind-
licher erweist.
Urn festzustellen, ob und inwieweit die obige Statistik
bestatigt werden wurde, wenn ich alle kleinsten und halben
Differenzen zwischen den beiden Reaktionen vernachlassigen,
und nur die vollig entgegengesetzten rechnen wflrde, habe
ich noch eine zweite Zusammenstellung der Differenzen bei
denselben Seren gemacht. Hier sind nur die Unterschiede
zwischen positiv und negativ berucksichtigt, und zwar wurden
bei der WaR. die Sera als „positiv‘‘ angesehen, die bei der
Zusammenziehung der Ergebnisse aller zur Unlersuchung
verwerteten Extrakte so bewertet worden waren. Bei der
S.-G.R., deren Starke nach Kreuzen beurteilt wird, gait uns
jedes Serum von 1—4 Kreuzen als positiv. Die Failungen
bei S.-G. fallen so verschieden in der Feinheit aus, das man
unbedingt auch die feinsten Failungen, wenn sie deutlich
sind, als positiv ansehen muB. Unter 5008 Fallen sind 267
Falle mit ganzlich entgegengesetzten Resultaten, d. h. also in
reichlich 5 Proz. Dieser Prozentsatz verteilt sich auf die
Google
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Ueber die Sachs-Georgi-Reaktion u. die „D.M.“ von E. Meinicke. 173
beiden Reaktionen etwa so, daB S,-G.R. in ca. 2,8 Proz. der
Falle positiv war bei negativer WaR. und WaR. in ca. 2,2 Proz.
positiv bei negativer S.-G.R. NSheres zeigt die 2. Zusammen-
stellung.
Tabelie Ill. 2. ZuBammenstellung.
Totale Differenzen in den Reeultaten bei WaR. und S.-G.R.
bei obigen 5008 Seren.
1. Reihe: S.-G.R fiber WaR. bei 152 Seren \ 007
2. „ WaR. „ S.-G.E. „ 115 „
Normale
Lupus
11 '
1
1
Ulcus
nioUe
Tabes
Lues I
Lues II
Lues III
S a
Lues
behandelt
Lues ohne
nahere
Angabe
Lues con-
genitalis
1
Lues ? j
1 . Reihe
7
■
1
2
...
4
14 '
3
77
24
1
—
20
2 . „
1
—
—
2
18
19
—
24
14
7
2 '
9
Beim Vergleich der beiden Zusammenfassungen sehen
wir, daB sich die Gegensatze, die wir in der 1. Tabelie fest-
gestellt haben, bei Lues I, II, latens und behandelter Lues
sowie Normalfallen noch verstfirkt haben. Bei Lues I hat
sich das Verhaitnis etwas zugunsten von S.-G.R. verschoben,
aber die Superioritat der WaR. ist doch weiter deutlich zu
erkennen ^).
Wenn man nun diese Differenzen in den Hauptrubriken
im Vergleich zu den Gesamtzahlen der Untersuchungen be-
trachtet, so ergibt sich folgendes Bild :
1. Reihe: Anzahl der Gesamtuntersuchungen von Lues 1, II, III, latens
und behandelter.
2. „ Anzahl der Uebereinstimmungen von S.-G.R. und WaR. bei
Lues I, II, III, latens und behandelter.
3. „ S.-G.R. fiber WaR. (alie Differenzen) bei Lues I, II, III,
latens und behandelter.
4. „ WaR. fiber S.-G.R. (alle Differenzen) bei Lues I, 11, III,
latens und behandelter.
5. „ S.-G.R. fiber WaR. (nur totale Differenzen) bei Lues 1 etc.
6. „ WaR. fiber S.-G.R. (nur totale Differenzen) bei Lues I etc.
1) Auf die Literatur, die bereits recht betrachtlich ist, gehe ich wegen
Raumersparnis nicht ein und berichte nur fiber meine eigenen Unter¬
suchungen. Nur eines sei an dieser Stelle erwiihnt: dafi die Nachunter-
Bucher gerade fiber die oben erwahnte Superioritat der WaR. bei Lues I
nicht fibereinstimmende Resultate berichten.
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
174
Margarete Stern,
Tabelle IV.
Normale inkl.
Tuberkulose,
Ulcus molle,
Lupus
Lues I
Lues II
Lues in
Lues latens
Lues
behandelt
R. 1
R. 2
699
678 ca. 97 ”/«
'293
226 ca. 77 X
716
574 ca. 81 %
20
15 ca. 75 7o
1384
1191 ca. 86 %
610
533 ca. 87 “L
42 „ 7 „
R. 3
i 16 „ 2,3 „
11 „ 4 ,.
46 ., 6 „
4 „ 20 „
134 „ 10 „
R. 4
> 4 „ 0,6 „
56 „ 19 „
96 „ 13 „
1 „ 5 „
59 „ 4 „
35 „ 5,7 „
R. 5
1 7 „ 1 „
4 „ 1,4 „
18 „ 6 „
14 „ 2 „
3 „ 15 „
77 ff 5,5 ,,
24 „ 3 „
R. 6
1 - - 1
49 „ 7 „
24 „ 2 „
14 „ 2 „
Die Zusammenstellung ergibt, daU bei Lues I die WaR.
in 6 Proz., bei Lues II in 7 Proz. aller untersuchten Faile
scharfer als die S.-G.R. ist, wShrend das Umgekehrte nur in
1,4 Proz. bzw. 2 Proz. der Fall ist Dagegen erweist sich
die S.-G.R. bei Lues latens in 5,5 Proz. (gegenflber der WaR.
in 2 Proz.) und bei Lues behandelter in 3 Proz. (gegenflber
WaR. in 2 Proz.) der WaR. flberlegen. Nichtspezifische Aus-
faile bilden 1 Proz. der Reaktionen nach S.-G.R., wahrend
sie nach W. fehlen. Diese nichtluetischen F^le setzen sich
zusammen aus je einem Patienten mit Lupus, Gonorrhoe,
Kopfschmerzen, Nervenkrankheit, Pruritus, Ulcus molle und
Hysterie.
Vergleichende Untersuchungen
von Lumbalflflssigkeiten nach Sachs-Georgi und
Wassermann.
Es wurden 378 Lumbalflflssigkeiten in der Zeit vom
3. Okt 1919 bis 12. Nov. 1920 untersucht
Folgende Tabelle erleichtert die Uebersicht:
Tabelle V.
1 1 2 i
1 3
i 4
' 5 I
6
7
1
8 !
9
Zahld. unter¬
suchten Lum-
balfliissigkeit
Ohne Diagn.
Lues
Lues ?
' 1 S.-G.R. liber
-S 1 WaR.
WaR. liber
S.-G.R.
Ueberein-
stimmung
beider Reak¬
tionen
Spontane
Ausflockung
5 S.-G.R. WaR.
WaR. 1
S.-G.R.
r +ioi
? +!o ?
+ ;0i ?
: + |0|
?
+ i 0
?
378 ^139
170
1
64
1 1
5 ^
! 9 1 . 10
' . !i7'
,2
1 48 261
1
1 2
1
29 2 9 19 19 311
48
Digitized by Gougle
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Ueber die Sachs-Georgi-Reaktion u. die „D.M.“ von E. Meinicke. 175
Unter 378 Fallen befanden sich 170 Luesfaile, 64 frag-
liche und 139 ohne Diagnose.
Um mehr UntersuchungBmaterial zu bekommen — da bei der be-
schrankten Menge der Lumbalentnahmen sehr oft alles fur die notwendig-
Bten Untersuchungen aufgebraucht wird — haben wdr auch die uns von aus-
warts eingesandten Lumbalflussigkeiten beniitzt. Leider iet dadurch eine
groSe Anzahl der Diagnosen zweifelhaft oder fehlt ganzlich.
Unter den 378 Lurabalfliissigkeiten waren 19 wegen
Alleinheramung nicht untersuchbar. Von den restierenden
359 stimmten 311 Falle iiberein, das sind 86 Proz., und zwar
48 positive, 261 negative und 2 fragliche. Die 14 Proz. be-
tragenden Differenzen verteilen sich so, daB S.-G.R. in 9 Proz.
scharfer als WaR. ausfailt, wahrend das Umgekehrte nur in
5 Proz. der Fall ist. Die Rubrik 6 (zu 2 X 3 Spalten) zeigt,
daB die S.-G.R. der WaR. in 29 Fallen ilberlegen war, und
zwar 16mal positiv und 13mal zweifelhaft gegeniiber der WaR.,
die dabei 26mal negativ und 4mal zweifelhaft ausfiel. — Aus
der Rubrik 7, die wiederum aus 2mal 3 Spalten besteht,
sehen wir, daB die WaR. der S.-G.R. in 19 Fallen iiberlegen
war, und zwar mit 9mal positiven und lOmal fraglichen Re-
sultaten gegeniiber 17 fraglichen und 2 negativen Ergebnissen
von S.-G.
Bei dieser Zusamraenstellung sind alle, auch nur quanti¬
tative Unterschiede, bei den beiden Reaktionen gerechnet
worden. Zieht man nur die totalen Differenzen beider Re¬
aktionen in Betracht und vergleicht dieselben mit der Zahl
der Gesamtuntersuchungen bei den verschiedenen Krankheiten,
so ergeben sich folgende Zahlen (siehe Tabelle VI auf p. 176).
1. Reihe: Zahl der Gesamtuntersuchungen.
2. „ Zahl der Uebereinstimmungen beider Reaktionen.
3.
4.
5.
6 .
S.-G.R. tiber WaR. (alle Differenzen).
WaR. iiber S.-G.R. „ „
S.-G.R. iiber WaR. (nur totale Differenzen).
WaR. fiber S.-G.R. ,, „ „
Demnach verhalten sich beide Reaktionen gleich bei
Lues I und Lues latens. Dasselbe finden wir auch bei Lues II,
wenn wir die totalen Differenzen nicht berhcksichtigen. Andern-
falls ist die WaR. bei Lues II (mit 5 Proz. gegen 1,2 Proz.)
der S.-G.R. flberlegen. Die sonstigen Differenzen sind zu
unbedeutend, um sie besonders hervorzuheben.
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
176
Margarete Stern,
Digitized by
Tabelle VI.
1 1
2
3
4
5
6
j Normale
ohne
Diagnose
Lues I
Lues II
Lues III
Lues
latens
1. Beihe
5
131
12
83
3
20
2. „
4 ca. 80 °L
119 ca-GOo/o
10 ca. 83 »/„
67 ca. 80 ®/o
2 ca. 66 ®/o
16 ca. 80 „
3. „
1 „ 20 „
11 » 9 „
1 ,, 0,8 „
8 „ 10 „
—
2 „ 10 „
4. „
1 ,, 0,8 „
1 „ 0,8 „
8 „ 10 „
1
2 „ 10 „
5. „
—
5 „ 4 „
1 » 1,2 „
—
2 „ 10 „
6. „
—
—
4 „ 5 „
1
—
7
8
9
10
11
Lues
behandelt
Lues ohne
nahere Ang.
Tabe
Paralyse
Lues ?
1.
Eeihe
11
20
6
16
51
2.
11 ca. 100 “/„
16 ca. 80 “/o
3ca.50'’/o
14 ca. 88 %
46 ca. 90 ®/o
3.
—
1 IJ ^ JI
1
—
3
4.
—
1 „
2
2 ca. 12 •/»
1
5.
—
2 ,. 10 .,
1
_
3
6.
>>
—
1 M 5 Jf
1
—
—
Erste Zasammenfassung.
Die S.-G.R. stimmt bei Seren in 88 Proz. mit der WaR.
iiberein. Die 12 Proz. betragenden Divergenzen verteilen
sich etwa gleichmafiig auf beide Reaktionen, so daB sowohl
die Wa.R. wie die S.-G.R. in ca. 6 Proz. der Parallelreaktion
flberlegen, bzw. unterlegen ist.
Die S.-G.R. ist empfindlicher als die WaR. in Fallen von
Lnes latens und Lues behandelt.
Die WaR. erweist sich stllrker als die S.-G.R. in Fallen
von Lues I und Lues 11.
Bei Lumbalfliissigkeiten verlSuft die S.-G.R. mit der WaR.
in 86 Proz. der Falle parallel, die 14 Proz. betragenden
Differenzen verteilen sich so, dafi S.-G.R. in 9 Proz. die WaR.
in 5 Proz. scharfer ausfallt.
Die S.-G.R. bildet demnach eine wertvolle Bereicherung
der Lues-Diagnose, wenn sie neben der WaR. ausgefflhrt
wird, da dadurch die Anzahl der positiven Resultate bei Lues
behandelt und Lues latens erhoht wird. AuBerdem gewinnt
die Sicherheit der Resultate bei Uebereinstimmung zweier
Methoden, die mit verschiedenen Indikatoren arbeiten.
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Ueber die SachB-Georgi-Reaktion u. die „D.M.“ von E. Meinicke. 177
Eine alleinige Untersuchung nach S.-G.R. ist zurzeit
noch nicht anzuraten, da einerseits die positiven Resultate
bei Lues I und Lues II dadurch verringert werden wflrden
und andererseits die eventuell eintretenden negativen Phasen
bei der S.-G.R. nicht sofort beraerkt werden konnten.
n. Die dritte Modifikation von Meinioke (D.M.).
Meinicke hat nacheinander 3 verschiedene Failungs-
reaktionen publiziert. AuBer der letzten, der D.M., fiber
deren Nachprfifung wir in der heutigen Arbeit berichten,
haben wir noch vorher die sogenannte nMeinicke-Reaktion^.
die zweizeitig ausgeffihrt wird, nachgeprfift.
Leider hat die M.R., so verstandnisvoll sie auch in der Theorie und
in ihrem Aufbau ist, in der Praxis den groSen Nachteil, daB sie nicht
gleichmaBig funktiouiert. Man kann sie mit gutem Recht mit launenhaft
bezeichnen. Wahrend wir an manchen Tagen bei unseren, uber Monate
ausgedehnten Versuchen, eine fast vbllige Uebereinstimmung der M.R.
mit der WaR. erhielten, kamen ohne ersichtlichen Grund dann Zeiten,
in denen der Versuch vollkommen versagte. Man erkannte das gewohn-
lich schon an dera Vorversuch, der tiiglich mit einigen Normalseren an-
gesetzt wird, um die Starke der spiiter zu verwendenden Kochsalzkonzen-
tration auszutitrieren. Wenn es schon bei normalen Versuchen vorkam,
daB die Losung der Fallungen bei den Standard-Normalseren nicht gleich-
maBig von statten ging, so trat sie in kritischen Zeiten, selbst unter Ver-
wendung der starksten Kochsalzkonzentrationen, nicht ein. Man konnte
sich dann natiirlich die Ansetzung des Hauptversuches ersparen. Mog-
licherweise ist die Ursache derartiger MiBerfolge in Temperaturdifferenzen
zu Buchen, die nach Meinicke, auch wenn sie nur minimal sind, die
Reaktion erheblich zu schadigen vermbgen. Leider sind derartige Tempe-
raturschwankungen sehr schwer zu vermeiden, so daB wir die M.R. fiir
unsere Zwecke nicht weiter verwertet haben. Es ware aber wohl moglich,
daB sie bei geeignetem Ausbau eine Bedeutung erlangen konnte.
Das Prinzip der D.M. ist, daB syphilitische Sera bei relativ
hohem Kochsalzgehalt (ca. 2 Proz.) durch Extraktlipoide aus-
geflockt werden. Zur Extraktbereitung benfitzt Meinicke ge-
trocknete Pferdeherzen, die er zuerst durch Aetherextraktion
von storenden, fettigen Stoffen befreit. Die Technik der D. M.
ist sehr einfach: zu 0,2 ccm der V 4 oder V 2 Stunde inakti-
vierten Sera gibt man den vorschriftsmfiBig verdfinnten Ex-
trakt hinzu, schuttelt um und laBt die Rohrchen bis zum
nachsten Tage im Brutschrank stehen. Die positiven Sera
ZeiUchr. f. ImmunitaUfortchun;. Orig. Bd. S2. 12
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
178
Margarete Stern,
Digitized by
sind dann mehr oder weniger stark ausgeflockt, die negativen
nicht. M. empfiehlt, seioe Reaktion mit 3 verschiedenen Ex-
traktverdflnnungen anzusetzen. WShrend nfiralich stark posi¬
tive Sera mit jeder der 3 Extraktmengen (0,5, 0,8 und 1,2 ccm)
ausflocken, ist das Optimum von schwach positiven Seren
bald in einer hSheren, bald in einer niedrigeren Extraktmenge
zu finden. Fflr unsere Untersuchungen haben wir die Ex-
trakte selbst hergestellt und nur manchraal zur Kontrolle
einen uns von Herrn Dr. Me ini eke liebenswflrdigst iiber-
sandten Extrakt benlitzt. Wir priiften durchg^ngig mit 2 bis
3 Extraktdosen. Die Resultate, bei deren Ablesung wir, wie
bei der S.-G.R., das Agglutinoskop benutzten, wurden je
nach der Starke mit 1—4 Kreuzen bezeichnet.
Etwas stSrend bei der Ablesung der Resultate wirkt es,
daB der Extrakt, den wir taglich als Kontrolle ansetzen auch
ohne Serum fast nie ganz homogen aussieht, sondern mehr
Oder weniger deutliche Fallungen aufweist, Dieselben unter-
scheiden sich von den star ken, charakteristischen Aus-
failen im Versuch dadurch, daB ihnen das scharf Umschriebene
dieser fehlt, und sie racist einen mehr verwaschenen Ein-
druck machen. Trotzdem ist es bei Grenzfallen manchraal
schwer zu sagen, was man noch als negativ ansehen kann.
Diese Unsicherheit konnte man vermeiden, wenn man die
Resultate nur mit dem bloBen Auge ablesen wtlrde, aber
dann miiBte man auch auf eine Reihe der positiven Re¬
sultate, die man nur mit dem Agglutinoskop wahrnimmt,
verzichten.
Es ware freilich sehr wiinschenswert, Extrakte zu besitzen, die klar
blieben und auch uber Nacht keine Ausflockung zeigten. Unsere Ver-
suche nach dieser Richtung, indem wir die Aetherextraktion, die Aqua
destillata-Zusatze bei der taglichen Extraziibereitung und die Alkohol-
verdiinnungen variierten, haben uns bisher keinen Weg gewiesen, auf dem
der Uebelstand zu beseitigen ware. Unter etwa 10 von uns hergestellten
Extrakten fand sich ein einziger, der homogen bheb, auch ein Original-
extrakt von M e i n i c k e, den wir daraufhin pruften, machte keine
Ausnahme. Da die Spontantriibungen der Extrakte sich an Intcn-
sitiit von einem Tag zum anderen iindern, liegt ihre Ursache vielleicht
auch in kleinen unkontroUierbaren Temperaturschwankungen, die iiber-
haupt bei der D.M. eine mindestens so gro6e Rolle spielen wie bei der
8.-G.R.
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN -
Ueber die Sachs-Greorgi-Reaktion u. die „D.M.“ von E. Meinicke. 179
Unsere vergleichenden Untersuchungen der WaR. mit
der D.M. erstrecken sich auf 5027 Seren, deren Verarbeitung
folgende Tabelle zeigt.
Tabelle VII.
> 1
2
3
4|
5 6
7
8 i 9
i
10
Anzahl der
untersucbten
Sera
Normale
Ulcus moUe
Tuberkulose
Lupus
Lues
Lues?
Ueberein-
' stimraung
beider Reakt.
D.M. fiber WaR.
WaR. fiber D.M.
D.M. j
WaR.
Wa.R.
D.M.
+ 0
?
+ : 0 1
^ +
0 j ?
+
0 ?
1+ 0
?
5027
j434
312 73 89'
3561 5561377 2913
152
1446 .
23 i .
252 1 217
156
• 60
• ;98
18
4442 469 469 116 116
585
Wir ersehen aus obiger Tabelle, daB unter 5027 Seren
434 normale (meist Hautfalle), 312 Ulcus molle, 73 Tuber-
kulose and 89 Lupusfalle untersucht worden sind (Ruhr. 1—5).
Luesfaile batten wir 3561 und Faile mit fraglicher Lues 556
(Ruhr. 6 u. 7). Uebereinstimmend waren beide Reaktionen
in 4442 Fallen (88 Proz.), und zwar 1377 positive, 2913 ne¬
gative und 152 fragliche (Rubr. 8). Die nachste Rubrik (9)
zeigt, wie oft die D.M. der WaR. vollstandig flberlegen war,
und wie oft das nur teilweise der Fall war. Wir sehen,
daB die D.M. 469mal starker ausiiel als die WaR., und zwar
446mal positiv und 23mal zweifelhaft gegeniiber der WaR.,
die in diesen Fallen 252mal negativ und 217mal zweifelhaft
war. Die Rubrik 10 stellt das Umgekehrte dar. Die WaR.
war 116mal starker als die DM. und zwar 56mal positiv und
60mal zweifelhaft gegeniiber der D.M., die 98mal negativ und
18mal zweifelhaft ausfiel. Bei obiger Zusammenstellung sind,
ebenso wie bei den S.-G.R. Paralleluntersuchungen alle,
auch die geringen, Unterschiede im Ausfall der Reaktion ge-
rechnet worden.
Ira ganzen haben wir unter 5027 Seren 585 Diflferenzen
gefunden, also in knapp 12 Proz. der Faile. Diese Differenzen
verteilen sich nicht, wie bei der S.-G.R. und WaR. annahernd
1) Die Untersuchungen sind von meiner Mitarbeiterin, Fraulein
Besser, ausgefiihrt worden.
12 *
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
180
Margarete Stern,
Digitized by
gleichmfifiig auf beide Reaktionen, sondern die D.M. ist der
WaR. in 9 Proz. der FSlle, die Wa.-R. der D.M. um 3 Proz.
tiberlegen. Die beiden Reihen 1 und 2 in nachfolgender
Tabelle zeigen, in welchen Fallen die beiden Reaktionen
divergieren.
1. Beihe: D.M. fiber WaR. (469 Falle).
2. Reihe: WaR. fiber D.M. (116 Falle).
Tabelle VIII.
1 a
b
c
d
e
f
g
h ;
i 1
k
1 '
1
mj
n
0
Normale
Lupus
Tuberkulose
Ulcus moUe
Tabes
Lues I
Lues II
Lues III
Lues latens
Lues behand.
4) bb
« g
a?
^ s
Lues cong.
Lues ?
ohne Diagn.
1. Reihe
1 9
1
1
5
1 6
20
86
5
210
68
19
6
27
2. „
i 2
1 1
—
2
1 2
31
29
1
32
10
1
—
4
1
Zuerst failt in Spalte a auf, daC die Normalsera nach
D.M. leichter zu einer positiven Reaktion neigen als nach
WaR. Ebenso stellen wir in den Rubriken g) (Lues II),
i) (Lues latens), k) Lues behandelt, 1) Lues, n) Lues fraglich
die D.M. als die scliarfere fest. Wir erkennen, daI5 ebenso
wie bei der S.-G.R. aber noch in verstarktem MaBe die D.M.
gegenuber den Lues latens- und Lues behand.-Failen eut-
schieden empfindlicher ist als die Wa.-R. In diesem Sinne
ist auch die grbfiere Scharfe der D.M. in Rubrik b) (Lues II)
aufzufassen, da es sich hier vielfach um behandelte Falle
handelt, die nach der D.M. langer positiv bleiben als nach
WaR. Dagegen ist die WaR. bei Lues I (f) scharfer als die
D.M., also ebenfalls ganz analog zu den Vergleichszahlen^
die wir bei Lues I zwischen S.-G.R. und WaR. festgestellt
haben. —
In nachstehender Tabelle sind nur die vollstandigen
Gegensatze zwischen positiv und negativ berficksichtigt worden.
Als positiv gait fur die WaR. wieder die Zusammen-
ziehung der Ergebnisse der verwendeten Extrakte. Bei der
D.M. rechneten wir 1 Kreuz (-)-), auch nur bei einer Extrakt-
dose, schon als positiv. Es ist bei der D.M. sehr haufig, daB
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Ueber die Sachs-Georgi-Reaktion u. die von E. Meinicke. 181
die geringste Extraktmenge ein deutliches positives Resultat
gibt, die hSheren Extraktmengen ein negatives^).
Hfitten wir nur die Sera als positiv gerechnet, bei denen
in 2 Oder 3 der verwandten Extraktkonzentrationen F^llungen
eintreten, so wSren die Ergebnisse der D.M. erheblich un-
gflnstigere geworden.
Eine Zusammenstellung nach diesen Gesichtspunkten er-
gab unter 1027 Fallen 264 Sera, in denen die beiden Reak-
tionen kontrSr ausfielen, also in reichlich 5 Proz. aller Fklle,
und zwar war D.M. in 4 Proz. positiv bei negativer WaR.
und WaR. in 1 Proz. positiv bei negativer D.M. Wie sich die
Diflferenzen verteilen, zeigt die folgende Tabelle.
2. Zusammenstellung, totale Differenzen der Re-
sultate bei WaR. und D.M. bei obigen 5027 Seren.
1. Reihe: D.M. iiber WaR. bei 226 Seren 1
2. Reihe: WaR. iiber D.M. bei 40 Seren J
Tabelle IX.
1
1 1
2 1
3 1 4 1
5 1
6 1
7 1
8 1
9 1
10
1
Normale
Ulcus moUe
Tabes
Lues I
Lues 11
Lues Ill
Lues latens
Lues beh.
s
S £
a
Lues ?
1. Reihe
2. „
4
2
1
1 1
1 ^
9 41
17 1 9
3
105
4
41
4
11
1
9
Vergleichen wir jetzt die 1. Tabelle mit den quantitativen
Differenzen und die 2. Tabelle, die nur die totalen enthalt,
miteinander, so finden wir auch hier wieder, daB die Diflfe¬
renzen, die wir bei Besprechung der ersten Zusammenfassung
hervorgehoben haben, sich noch verstSrkt haben. Die hShere
Empfindlichkeit der D.M. spricht sich noch deutlicher bei
Lues II, Lues latens und Lues behandelt aus, wUhrend die
groBere Scharfe der WaR. bei Lues I gewahrt bleibt. Die
1) Ich mochte bei dieser Gelegenheit an ein nicht seltenes analoges
Vorkommen bei der WaR. erinnern. Auch hier ist aowohl von anderen
Autoren, wie auch von uns beobachtet worden, da6 bei quantitativen
Untersuchungen mit abgestuftem Extrakt manchmal die kleinere Extrakt-
dosis at&rker wirkt als die grdOere.
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
182
Margarete Stern,
Bedeutang der Differenzen bei den einzelnen Stadien ergibt
sich erst, wenn man die Zahl der Gesamtuntersuchungen mit
der Anzahl der Diflferenzen vergleicht, was in nachfolgender
Tabelle geschehen ist.
1. Eeihe:
2 .
3.
4.
5.
6 .
Zahl der Gesamtuntersuchungen mit beiden Keaktionen bei
Lues I, II, III, latens und behandelt.
Zahl der Uebereinstimmungen mit beiden Beaktionen bei Lues I etc.
D.M. uber WaB. (alle auch quantitative Differenzen)
WaB. „ DM. „ „
D.M. „ WaB. (nur totale Differenzen).
WaB. „ DM. „ „
Tabelle X.
Normals iukl.
Tuberkulose,
Lupus uud
Ulcus molle
Lues I
Lues II
Lues III
Lues latens
Lues
behandelt
B. 1
905
329
^900
34
1589
431
B. 2
892 ca. 98 "/o
278 ca. 84
785 ca. 87 "/„!
28 ca. 82
1348 ca. 84 «/„
353 ca. 81 “/o
B. 3
9 ,, 1 »
20 „ 6 „
86 „ 10 „
210 ,. 12 „
68 „ 16 „
B. 4
2 „ 0,25 „
31 „ 10 „
29 „ 2,5 „
1 » 0,5 „
32 „ 2 „
10 „ 2,5 „
B. 5
4 „ 0,4 „
9 i> 2,5 „
41 „ 4 „
3 ,. 10 „
105 „ 6 „
41 „ 10 „
B. 6
- -
IV „ 5 „
9 „ 1 „
1 4 „ 0,6 „
4 „ 1 „
Wir sehen aus dieser Zusamraenstellung, dafi im Ver-
haltnis zu der Gesamtuntersuchung bei den normalen Fallen
die Meinickereaktion in 0,4 Proz. Fallen unspezifisch war,
wenn wir von den quantitativen Differenzen absehen (Reihe 3
und 4). Die 4 nichtsyphilitischen Faile mit positiver Reaktion
setzen sich zusammen aus 1 Ulcus molle, 1 Gonorrhbe,
1 Dermatitis und 1 Lymphom.
Bei Lues I ist WaR. in 5 Proz. der untersuchten Faile
der D.M. iiberlegen, die D.M. ist hier in 2,5 Proz. scharfer.
Bei Lues II ist die D.M. in 4 Proz. positiv bei negativer WaR.
und WaR. in 1 Proz. positiv bei negativer D.M. Ueber die
Prozentzahlen bei Lues III konnen wir hinweggehen, da das
Untersuchungsmaterial zu gering ist, urn daran Schliisse zu
kntlpfen.
Bei Lues latens ist die D.M. in 6 Proz. der Faile der
WaR. iiberlegen, und bei Lues behandelt ist dasselbe sogar
in 10 Proz. der Fall, wahrend umgekehrt die WaR. der D.M.
bei Lues latens nur in 0,6 Proz. und bei Lues behandelt in
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Ueber die Sachs-Oeorgi-Reaktion u. die ,rD.M.“ von E. Meinicke. 183
1 Proz. Qberlegen ist. Wir sehen also, daB auch bei Berfick-
sichtigung der Gesamtuntersuchungen die Zahlenverhfiltnisse
der einzelnen Tabellen bestehen bleiben.
Nun ware es noch interessant, an der Hand der Kranken-
geschichten solche divergierende Falle zu verfolgen. Da die
betreffenden Patienten haufig mehrmals in der Zeit, auf die
sich roeine Zusammenstellung bezieht, aber auch vor und
nach denselben untersucht worden sind, muBte man nach-
forschen, ob die Blutuntersuchungen, im Zusaramenhang mit
der Klinik betrachtet, vielleicht irgendwelche Hinweise iiber
die Verwendung der einen oder der anderen der 3 Methoden
(WaR., S.-G.R. und D.M.) geben wOrden. Leider haben die
diesbeziiglichen Untersuchungen zu keinem neuen Ergebnisse
gefflhrt, so daB wir uns mit dem Durchsehen einiger 30
Krankengeschichten begniigt haben. Neben den schon an der
Hand der Tabellen besprochenen Gesichtspunkten fhr die
Brauchbarkeit der S.-G.R. und D.M., die auch die Kranken¬
geschichten im allgemeinen bestatigen, finden sich haufig
vereinzelte abweichende positive oder negative Resultate bei
nur einer der Reaktionen, an die man keinerlei Schlfisse zu
knflpfen berechtigt ist, und die eher den Eindruck machen,
als wenn sie durch irgendwelche Zufailigkeiten am Versuchs-
tage hervorgerufen sein kbnnten.
Vergleichende Untersuchungen von Lumbal-
flQssigkeiten nach D.M. und Wassermann.
Im ganzen wurden 161 Lumbalflflssigkeiten zwischen dem
31. X. 19 und 27. VI. 20 untersucht. Die folgende Tabelle
zeigt das Nahere.
Tabelle XI.
1
2
3
4
5
6
7 ‘ r 8
9
Anzahl der
untersuchteu
Falle.
d
s
0)
Lues
Lues?
Paralyse
Normale
D.M
fiber WaR.
WaR. fiber D.M.
Ueberein-
stimmung
beider
Reaktionen
D.M.
WaR.
WaR.
D.M.
.a
Oi
+
0
?
+
0
?
+
0
?
-F
0
?
+ 1 0 ! ?
161
62i75
14
8
2
17
2
22
2
2
•
2
2
2
22 ! 108 I 3
24 24 4 T
28
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
184
Margarete Stern,
Digitized by
Unter 161 Lumbalflflssigkeiten waren 75 von Luetikern
stammende, 14 von fraglichen Fallen und 62 ohne Diagnose.
Fine Uebereinstimraung zwischen WaR. und der D.M. stellten
wir 133mal fest, d. h. in 82 Proz., und zwar bei 22 positiven,
108 negativen und 3 fraglichen Fallen, Bei den 18 Proz.
Dilferenzen zeigte sich die D.M. der WaR. Oberlegen, da die
D.M. 24mal starker war als WaR., wahrend das Umgekehrte
nur 4mal der Fall war. Hierbei sind alle quantitativen
Dilferenzen gerechnet. Heben wir auch bier nur die totalen
Unterschiede zwischen und 0 heraus und ziehen gleich-
zeitig die Diagnosen und die Gesamtzahl der Untersuchungen
bei der Beurteilung in Betracht, so ergeben sich die Zahlen
der nachsten Tabelle.
1. Beihe: Zahl der Gesamtuntersuchungen.
2. „ Zahl der Uebereinstimmungen.
3. „ D.M. iiber WaR. (alle, auch quantitative Difierenzen).
4. „ WaR. uber D.M. ( „ „ „ „ ).
5. „ D.M. iiber WaR. (nur totale Difierenzen).
6. „ WaR. iiber D.M. ( „ „ „ ).
TabeUe XU.
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
Normale
Ohne
Diagnose
Lues I
Lues 11
Lues III
Lues
latens
Lues
behandelt
Tabes
Paralyse
Lues?
Isl
1. Reihe
3
56
3
40
1
7
9
3
6
26
7
2. „
55
3
26
5
7
2
5
25
4
3. „
3
1
13
1
1
1
1
1
2
4. „
.
1
1
1
—
—
1
5. „
2
8
—
1
1
—
1
2
6. „
•
•
—
—
—
—
—
—
Wir erkennen auch bei dieser zweiten Zusainmenstellung
eine groBere Scharfe der D.M. besonders bei Lues II. Aller-
dings sind auch 2 von Nichtsyphilitikern stammende Lumbal-
fliissigkeiten (1 Hydrocephalus und 1 Facialisiahmung) positiv.
Leider reicht das nichtsyphilitische Material nicht aus, urn
daraus Schliisse zu ziehen. Aber so gunstig auch zunachst
das Urteil fiber die D.M. nach unserer Statistik bei den
Lumbalflfissigkeiten ausfailt, so muB es doch aus folgenden
Grfinden etwas eingeschrankt werden: Die Spontanausfailung
der Extraktkontrollen fallt hier schwerer ins Gewicht, als bei
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Ueber die Sachs-Georgi-Reaktion u. die von E, Meinicke. 185
der Untersuchung der Seren, weil keine der Liimbalflflssigkeiten
auch die von als negativ bewerteten mit Extrakt zusammen
homogen erscheint. Das geiibte Auge kann zwar den Unter-
schied zwischen der charakteristischen Failung bei den stark
positiven Fallen, und der uncharakteristischen Failung bei
alien anderen Lumbalfliissigkeiten erkennen, aber schon bei
mittelstarken Ausfailungen wird die Ablesung erschwert, da
man bei der Beurteilung sowohl die Spontanflockung der Ex-
trakte wie die mangelnde HomogenitSt der negativen Lumbal-
flilssigkeiten mit in die Berechnung ziehen muB. Aus diesem
Grunde erscheint es mir zurzeit noch nicht ratsam, die D.M.
allein als ausschlaggebend bei LumbaldQssigkeiten anzusehen.
Zweite Zusammenfassung^).
Die D.M. stimmt in 88 Proz. bei Seren mit der WaR.
flberein. Bei den 12 Proz. Divergenzen ist die D.M. in 9 Proz.,
die WaR. in 3 Proz. scharfer.
Die D.M. ist empfindlicher als die WaR. bei Lues II,
Lues latens und Lues behandelt.
Die WaR. erweist sich starker bei Lues I.
Bei Lumbalfliissigkeiten findet sich eine Uebereinstimmung
beider Reaktionen in 81 Proz. Bei den 19 Proz. Differenzen
failt die WaR. in 3,5 Proz., die D.M. in 15,5 Proz. starker
aus; allerdings sind unter den letzteren auch zwei anscheinend
nichtluetische Faile.
Die D.M. bildet eine wertvolle Ergknzung der Resultate
der WaR., da sie die Anzahl der positiven Resultate bei
Lues II, Lues latens und behandelt vermehrt, und die iiber-
einstimmenden Resultate zuveriassiger werden, wenn sie durch
die gleichzeitige Untersuchung mit zwei Methoden mit ver-
schiedenen Indikatoren und verschiedenen Fehlerquellen ge-
wonnen werden.
Die D.M. ist zurzeit aber nur neben der WaR. zu ver-
werten, weil die letztere bei Lues I scharfere Resultate gibt.
AuBerdem ware fflr die alleinige Verwendung der D.M. un-
bedingt eine Homogenitat der zu verwendenden Extrakte
erforderlich.
1) Erste ZusammenfaBsuDg siehe p. 176.
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
186
Marie Richter,
Digitized by
Nachdruck verbolen.
[Aus dem Pathologischen Institut der Universit&t Jena.
(Prof. E,. R 6 s 81 e).]
Zar Kenntnls der Bieckenbergschen Reaktion.
(Negative Versuche zur Thromboselehre.)
Von Dr. Marie Richter.
(Eing^angen bei der Redaktion am 9. Januar 1921.)
Im Jahre 1917 verSffentlichte H. Rieckenberg eine
neue Immunitatsreaktion bei experimenteller Trypanosomen-
Infektion. Er hatte beobachtet, daB die Blutplattchen solcher
Ratten, die von einer Nagana-Infektion geheilt waren, streng
spezifisch gegen die zur Infektion verwendeten Erreger re-
agierten. Wurde nSmlich das Blut der immunisierten Tiere
nach Zusatz einer die Gerinnung verhindernden Zitratldsung
mit den homologen Trypanosomen zusammengebracht, so
nSherten sich die Plattchen nach kurzer Zeit den Trypano¬
somen, verklebten mit ihnen, mauerten sie allmahlich voll-
kommen ein und beraubten sie dadurch aller Beweglichkeit.
Dafiir, daB es sich bei diesem Vorgange nicht etwa urn die
gewohnliche Agglutination in Immunseris handelt, vermochte
Rieckenberg unzweideutige Beweise zu erbringen; nicht
ein Klebrigwerden der Trypanosomen durch irgendwelche
humorale Antistoffe verursachte die Reaktion, sondern eine
streng spezifische, durch die Immunisierung er-
worbene Eigenschaft der Blutplattchen.
In den bekannten Versuchen von v. Gruber und Futaki
liegen primSre Sonderbeziehungen zwischen Blutplattchen und
einer bestimmten Infektion, namlich dem Milzbrand, vor. Bei
der Rieckenbergschen Reaktion war man zum ersten Male
in der Lage, dieAllergieankorpuskuiarenElementen
des immunisierten Korpers abzulesen; die Plattchen sind zwar
nach der herrschenden Ansicht nicht vollwertigen Zellen gleich-
zusetzen, wohl aber nach R. Ben eke als Zwischenstufe
zwischen solchen und Sekreten zu betrachten. Die Riecken-
bergsche Reaktion ist hierdurch von groBem theoretischen
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Zur Kenntnis der Rieckenbergschen Reaktion.
187
Interesse, aber es bot sich ihr gegenflber auch noch ein
anderer Gesichtspunkt dar, der zwar ebenfalls wissenschaftlich,
daneben aber auch besonders praktisch hSchste Wichtigkeit
besaQ, die Frage: Sollte etwa eine AnhSufung all-
ergischerBlutplattchen um die homologenlnfek-
tionserreger wie die bei der Rieckenbergschen
Reaktion beobachtete, dann, wenn sie in derBlut-
bahn stattfhnde, eineausschlaggebendeBedeutung
besitzen f(ir die Entstehung der so hdufigen in-
fektiosen Thrombose?
Die genetischen Beziehungen zwischen Infektion und
Thrombose sind bisher nicht restlos geklart. Zwar umfafit
Lubarsch alles Wesentliche mit der folgenden Aufzahlung
der drei hauptsachlichen Faktoren, durch welche die Infektion
eine Entstehung von Thromben verursachen kann:
1. Die schadigende Einwirkung der Infektionserreger auf
das Herz und die Kreislaufzentren;
2. Die Einwirkung der Spaltpilze auf das Blut und die
blutbereitenden Organe, ganz besonders auf das
Knochenmark;
3. Die Wirkung auf die Blutgefafiwandungen.
DaB diese drei Punkte zu Recht bestehen, dariiber diirften
sich alle Autoren einig sein, nicht aber flber ihre Deutung und
Wertung im einzelnen. Betreffs des zweiten Punktes betonen
zwar alle, daB eine Vermehrung der Piattchen das
MaBgebende sei bei der die Thrombose begiinstigenden Blut-
veranderung durch die Infektion. Wie aber diese Vermehrung
ihrerseits bedingt sei, dariiber gehen die Meinungen ausein-
ander. Manche Autoren glauben, daB sie einen durch die
bakteriell - toxische Blutschadigung verursachten reichlichen
Zerfall von roten Blutk5rperchen ihre massenhafte
Entstehung verdanken, andere stellen die Reizwirkung der
Infektion auf das Knochenmark in den Vordergrund des
Interesses, und sehen in der im Verlaufe von Infektionen
deutlich werdenden zahlenmaBigen VermehrungderMega-
karyocyten im Blute, die der Vermehrung der Piattchen
parallel geht, einen Hinweis auf die Art ihrer Entstehung in-
folge der Infektion. DaB sich die Blutveranderung, die sich
im Laufe der Infektion vollzieht, keineswegs in dieser Piattchen-
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
188
Marie Richter,
Digitized by
vermehrung erschopft, sondern daU das Blutplasma weit-
gehend chemisch verandert wird, einerseits durch Erhdhung
des Fibrinogengehaltes, andererseits aber insbesondere durch
die gebildeten AntikSrper, liegt auf der Hand. Welche
Beziehungen jedoch zwischen den Immunstoffen und der
Thronibosebildung bestehen, ob sie hemmenden oder be-
gflnstigenden EinfluB auf sie ausflben, entzog sich bisher
unserer Beurteilung. Nun warf plStzlich die von Riecken-
berg beobachtete Imraunitatsreaktion ein neues Licht darauf.
Es erschien moglich, ja sogar wahrscheinlich, daB durch eine
solche Zusararaenballung der Blutplattchen uin die homologen
Erreger herum in inanchen Fallen der letzte ausschlaggebende
Antrieb zur Thrombosierung gegeben werden konne. Sollte
sich das bewahrheiten, so ware die Aetiologie der bisher in
ihren Entstehungsbedingungen noch keineswegs restlos ge-
kiarten Thrombosen, die so haufig im Gefolge schwerer In-
fektionskrankheiten auftreten, in ein wesentlich helleres Licht
geriickt. Es gait also zu untersuchen, ob ein der Riecken-
bergschen Reaktion ahnliches Verhalten der Blutplattchen
auch nach Immunisierung mit Bakterien, namentlich mit den
Eitererregern, auftritt.
Um dies zu entscheiden, immunisierte ich zunachst zwei
Kaninchen, das eine gegen Staphylokokken, das andere gegen
Streptokokken, In beiden Fallen benutzte ich Kokken, die
durch Chloroform abgetotet waren. (1 ccm einer Staphylo-
kokkenaufschwemmung in Kochsalzlosung resp. einer Bouillon-
kultur von Streptokokken wurde in eine Petrischale gebracht;
in den Deckel derselben, ihn allseitig iiberragend, kam ein
mit Chloroform getranktes Stack FlieCpapier. Nachdem die
Chloroformdampfe mindestens 20 Minuten eingewirkt hatten,
wurde die zur Injektion bestimmte Aufschwemmung resp.
Bouillonkultur durch Laftung vom Chloroform befreit, dann
subkutan injiziert.) In bezug auf die Dosierung hielt ich
mich an eins der Schemata, die Neisser angibt. Ich stieg
bei dem ersten Kaninchen mit 5 Injektionen innerhalb von
7 Tagen von Vs a^uf V 2 ccm Staphylokokkenaufschwemmung,
ohne daB das Tier eine wesentliche Reaktion, weder lokaler
noch allgemeiner Art, aufwies, auBer leichten Teraperatur-
steigerungen bis 38,5° nach den beiden ersten Injektionen.
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Zur Kenntnis der Kieckenbergschen Keaktion.
189
Nach 4-tagiger Pause, am 9., 11., 12. Okt. injizierte ich dann
V 21 V 4 i dichter Staphylokokkenaufschwemmung.
Darauf war die Temperatur am 13. Okt. 38,3°. Am 23. Okt.
injizierte ich 2 ccm einer dichten Aufschwemmung
von Staphylokokken, die diesmal nicht abgetotet warden.
Das Tier reagierte nicht mit Temperatursteigerung und zeigte
keine lokalen Entziindungserscheinungen. Blutentnahmen er-
folgten zu den Versuchen am 6., 13., 18. und 25. Okt, also in
alien Stadien der Antikdrperbildung, zuletzt bei sicher be-
stehender Immunitat. Aehnlich verfuhr ich mit dem zweiten
Kaninchen. Ihm injizierte ich in steigenden Dosen in zwei
Serien, zwischen denen & Tage Zwischenraum blieben, Vs bis
1 ccm und 1—2 ccm abgetoteter Streptokokken-Bouillonkultur.
Das Tier zeigte keine fieberhafte Allgemeinreaktion und auch
lokal keine entziindlichen Erscheinungen. Das Blut dieser
Tiere untersuchte ich nun in bezug auf das Verhalten der
Blutpiattchen zu Staphylokokken resp. Streptokokken.
Ich hielt mich dabei einerseits an die Versuchsanordnung,
bei der Rieckenberg seinerzeit die Immunitatsreaktion der
Plattchen beobachtet hatte. Ich fing in einem Schaichen, in
dem sich eine bestimmte Tropfenzahl einer 4-proz. L6sung
von Natrium citricum befand, die vierfache Menge Kaniuchen-
blut, direkt aus der Ohrvene heraustropfend, auf, und ver-
mischte sofort grdndlich. Dann setzte ich zu einer Oese
dieses ungerinnbar gemachten Blutes auf dem Objekttrager
eine Oese einer dichteren oder dfinneren Aufschwemmung der
zur Immunisierung benutzten Bakterien in Kochsalzlosung,
bedeckte mit einem Deckglase und untersuchte mit starkstem
Trockensystem. Andererseits wandte ich, urn die Blutpiattchen
allein, ohne die iibrigen Formbestandteile des Blutes zu be-
kommen und vollkommen ungestort oeobachten zu konnen,
die Piattchengewinnungsmethode von R. Schneider an, die
es mir gestattete, die nach Abzentrifugieren und Beseitigen
der roten und weiBen Blutkorperchen im Plasma suspendierten
Plattchen durch weiteres Zentrifugierfen auch noch vom Plasma
zu trennen als ein reichliches weiBes Sediment Ich gewann
so die, Mbglichkeit, mir ganz nach Bedarf dichte oder dunne
Suspensionen von Plattchen im Plasma herzustellen. Ich
untersuchte sie, mit der Bakterienaufschwemmung zusammen-
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
190
Marie Richter,
Digitized by
gebracht, racist ira hfingenden Tropfen. Bei der Menge der
Bakterien und Plattchen, die jedes Gesichtsfeld enthielt, war
es natflrlich von vornherein zu erwarten, daC beide Bestand-
teile vielfach aneinander gelagert sein wiirden, rein aus Zufall,
ohne dais daraus der SchluC auf ein spezifisches irarauno-
biologisches Verhalten der Plattchen zu den Erregern be-
rechtigt ware. Es kam vielraehr darauf an, festzustellen, ob
gesetzraaCig nach dem Zusamraenbringen von Plattchen
und Erregern sich enge Beziehungen zwischen beiden her-
stellen wtirden. Hierzu leistete es rair gute Dienste, daB es
rair rabglich war, die Dichte der Plattchensuspensionen ebenso
wie die der Bakterienaufschwemraungen beliebig zu variieren,
Beim Zusamraenbringen etwa gleich dichter Suspensionen von
Plattchen und Staphylokokken sah ich zwar mehrfach An-
einanderlagerungen zwischen beiden, mindestens ebenso oft aber
blieben sie raumlich getrennt, obwohl sie sich doch so nahe
aneinander befanden, daB chemotaktische Einwirkung die
Zwischenraume mit Leichtigkeit zu iiberbriicken imstande ge-
wesen ware. Zudem konnte ich in jedera Praparat unzahlbar
oft sehen, wie die durch lebhafte molekulare Bewegung herum-
gewirbelten Staphylokokken den Plattchen genahert und an-
gelagert, dann wieder von ihnen entfernt wurden. War das
Deckglaspraparat noch so frisch, daB die Ausgleichsstrbmungen
darin noch nicht zum Stillstand gekommen waren, und suchte
ich rair eine Stelle, wo die schwereren Plattchen sich schon
gesenkt hatten und seBhaft geworden waren, und so, mit ge-
ringen Zwischenraumen nebeneinander liegend, in ihrer Ge-
samtheit gleichsara eine Barrikade bildeten fur die Staphylo¬
kokken, die noch im Strome duteten, so sah ich, daB die
Bakterien zwar durch die Piattchenansammlung wesentlich auf-
gehalten wurden, daB sie sich anscheinend mit Muhe h'indurch-
zwangen muBten, daB sie aber dann doch wieder in Freiheit ge-
langten, obwohl die Bedingungen fUr eine bleibende Aneinander-
lagerung denkbar gunstig gewesen waren: Es war geniigend
Zeit vorhanden gewesen zu gegenseitiger Beeinflussung, und
die raumlichen Beziehungen innig genug dafiir. Die Strbmung
in dem Praparat war auch durchaus nicht so stark, daB sie
wahrend der Berfihrung zwischen Plattchen .und Kokken ent-
standene Verbindungen hatte auseinanderreiBen kbnnen. DaB
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Zur Kenntnis der Kieckenbergschen Reaktion.
191
schlieBlich beim Festwerden der DeckglasprSparate durch
Verdunstung stellenweise PlSttchenhaufen und Staphylokokken
eng benachbart liegen blieben, besagt nichts fiir eine Immu-
nitB.tsreaktioD, sondern ist dadurch bedingt, dafi bei der all-
m^hlichen Austrocknung die Pl^ttchen haarShnliche Forts&tze
bekamen, zwischen denen sich die Staphylokokken verfangen
batten.
Setzte man zu einer grofien Menge von Piattchen wenige
Staphylokokken zu, so sprachen alle Bilder mit Sicherheit
gegen das Bestehen gesetzmaBiger Beziehungen zwischen
beiden. Trotzdem die Piattchen so bedeutend in der Ueber-
zahl waren, daB sie alle Staphylokokken besetzt haben mGBten,
wenn sie ira Verlaufe der Immunisierung eine Affinitat zu
ihnen erworben gehabt batten, blieben viele Staphylokokken
frei. Ich beobachtete mehrmals, wie einzelne Bakterien an
Piattchenhaufen heranwirbelten, sich mflhsam zwischen den
Piattchen hindurchzwangten und dann nach langerer Zeit in-
nigster Beriihrung wieder vollkoramen frei raachten.
Setzte ich umgekehrt zu vielen Staphylokokken wenig
Piattchen hinzu, so ware zu erwarten gewesen, daB jedes der
sparlichen Piattchen von Staphylokokken beschlagnahmt ge¬
wesen ware, falls anziehende Krafte zwischen den beiden
vorhanden gewesen waren. Ich sah dagegen viele Piattchen
allein liegen, obwohl oft nahe genug an Staphylokokken, daB
eine Einwirkung mbglich gewesen ware. Die Untersuchungen
im hangenden Tropfen ergaben ganz entsprechende Bilder. Seit-
dem ich die Plattchengewinnungsmethode von R. Schneider
beherrschte, erhielt ich auch bei ihrer Anwendung vollkoramen
intakte Blutplattchen, homogene, scharfrandige Scheibchen,
wahrend ich vorher alle moglichen Schrumpfungs- und
Quellungsformen, namentlich oft die sogenannte Biaschen-
form, zu sehen bekommen hatte. DaB ich auf die Resultate
solcher Praparate mit vielen geschadigten Piattchen nichts
geben durfte, liegt auf der Hand. Waren aber die im extra-
vasierten Blute sehr empfindlichen Piattchen in ihrer Form
intakt, so war wohl die Annahme erlaubt, daB auch ihre
Fahigkeit, zu reagieren, nicht verloren gegangen sein wtlrde
wahrend der Reingewinnung, zuraal von Klemensiewicz
seinerzeit nachgewiesen worden ist, daB sogar jene oben be-
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
192
Marie Richter,
Digitized by
schriebenen „visk6s m etamorph osier ten “ PlSttchen noch nicht
reaktionslos geworden, abgestorben sind, sondern z. B. auf
elektrische Reizung durchaus noch ansprechen. Auch im
hangenden Tropfen, wo dock sowohl Plkttchen wie Bakterien
noch mehr wie im Deckglaspraparat die Mdglichkeit hatten,
ganz frei und ungehindert aufeinander einzuwirken und sich
zueinander hin zu bewegen, auch hier sah ich trotz naher
und geniigend langer Berflhrung zwischen ihnen keine Be-
ziehungen wie die bei der Rieckenbergschen ImmunitSts-
reaktion beobachteten sich herausstellen. DalJ auch Zusammen-
ballungen der PlSttchen unter sich nicht erkennbar waren,
spricht dafflr, daB Immunisierung auch nicht auf diesem
Wege, durch Erhdhung der Agglutinationsfahigkeit der Piatt-
chen unter sich, zur Entstehung der infektiosen Thrombose
mithilft.
Die Versuche, die ich mit dem Blute des gegen Strepto-
kokken immunisierten Tieres machte, waren noch bedeutend
leichter zu deuten; ich konnte mit noch grbBerer Sicherheit
sagen, dafi sich keine gesetzmaBigen Beziehungen
zwischen Piattchen und Bakterien herstellten.
Meine Versuche, die leider nicht auf Menschen ausgedehnt
werden konnten, ergeben somit keinen Anhaltspunkt dafiir,
daB die Immunitat als solche durch eine spezifische Reaktion
der Blutpiattchen die Entstehung von Thrombose begfinstigte.
Sie sind vielleicht noch fiir die Frage nach der formalen
Genese der Thrombose von einer gewissen Wichtigkeit. In
der Rieckenbergschen Reaktion nSmlich hatte man eine
Stiitze sehen konnen fflr jene Ansicht, daB bei der ersten
Entstehung von Thromben den Blutplkttchen die primSre
Rolle zuzuschreiben sei. Es war naheliegend, die Riecken-
bergsche Reaktion bei den ersten Anfangen der infektiosen
Thrombose realisiert zu denken, falls diese Qberhaupt darin
besteht, daB an der Stelle des Einbruchs der Infektion ins
Blut die GefaBinnenflache mit Blutpiattchen sich beschlagt;
die Abdeckung, Verschuttung und Festklebung der Infektions-
erreger durch Plattchen wiirde einen wirksamen spezifischen
Schutz vor der Allgeraeininfektion gewahren.
Ein wesentlicher Beitrag zur Genese und zum Wesen
der Thrombose ware also mit dem Nachweis gegeben gewesen,
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Zur Kenntnis der Bieckenbergschen Keaktion.
193
dafi die Rieckenbergsche Reaktion der BlutplMtchen gegea-
flber spezifischen Infektionen eine allgemeine Gflltigkeit hat.
Bekanntlich wird die Anschauung, daU die Blutpiattchen-
ablagerung an der GefaBwand die Entstehung der Thrombose
einleite, von einer groBen Zahl von Forschern vertreten
(Eberth-Schiramelbusch, Zahn, Loeb). Wenn auch
die vorliegenden negativen Versuche nichts gegen diese An¬
schauung beweisen und nichts fiir diejenige von Klemen-
siewicz, wonach die Abscheidung einer zarten Fibrinmembran
den ersten Anfang der intravaskuiaren Abscheidung aus dem
Blute ausmacht, so verlohnte sich vielleicht wegen der prin-
zipiellen Wichtigkeit der Fragestellung die Mitteilung unserer
negativen Versuche, zumal es heute auch angebracht erscheint,
durch solche Mitteilung von der Inangriffnahme vergeblicher
Versuche abz'uhalten.
Zusamroenfassung.
1) Die Rieckenbergsche Reaktion bestehtin einer spezi¬
fischen Zusammenballung der Blutpiattchen um Trypanosomen
bei Tieren, welche Trypanosomeninfektion uberstanden haben,
2) Es wurde gepruft, ob die Rieckenbergsche Reaktion
auch bei gewbhnlichen Allgemeininfektionen mit Strepto- und
Staphylokokken zustande koramt; sie wflrde ini bejahenden
Fall eine groBe Bedeutung ftir die ErklSrung des Zustande-
kommens der infektiosen Thrombose, ja der Thrombose flber-
haupt haben.
3) Die angestellten Versuche ergaben, daB bei Kaninchen,
die mit Strepto- oder Staphylokokken vorbehandelt sind, keine
Reaktionen zwischen Blutpiattchen und Erregern im Sinne der
Rieckenbergschen Reaktion nachgewiesen werden kSnnen.
Llteratnr.
H. Rieckenberg, Eine neue Immunitatereaktion bei experimenteller
Trypanosomeninfektion: die Blutplattchenprobe. Zeitschr. f. Immunitats-
forschung, Bd. 26, Heft 1.
R. Ben eke, Thrombose und Embolie. Krehl-Marchard, Handb. d. allgem.
Path., Bd. 2, II.
O. Lubarsch, Thrombose und Embolie. Jahreskurse f. iirztl. Fortbildung,
1916, I.
— Thrombose und Infektion. Berl. klin. Wochenschr., 1918, p. 225.
Z«it$chr. f. ImmuDiUituforschQD^, Orig. Bd, 32. 13
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
194 Marie Richter, Zur Eenntnis Rieckenbergschen Reaktion.
Digitized by
P. Th. Muller, Vorleeungen fiber Iromunitat Jena, Q. Fischer.
R. Klemeusiewicz, Ueber die erste Anlage des Thrombus. Zieglers
Beitr., Bd. 63, Heft 2.
Zahn, Untersuchungen fiber Thrombose. Bilduug von Thromben. Virch.
Arch., Bd. 96 und 102.
Eberth-Bchimmelbusch, Experimen telle Untersuchungen fiber Throm¬
bose. Virch. Arch., Bd. 103, 105, 108.
Loeb, Ueber die Bedeutung der Blutkbrper ffir die Gerinnung. Virchows
Arch., Bd. 173, 176.
Gruber und Futaki, Ueber die Resistenz gegen Milzbrand. Munch,
med. Wochenschr., 1907.
Ottolenghi, Blutpl&ttchen als Alexinerzeuger. Mfinch. med. Wochen-
Bchrift, 1907.
R. Schneider, Arch. f. Hyg., Bd. 70; Mfinch. med. Wochenschr., 1906,
No. 10.
P. Kaestner, Protozoen als Erreger von Krankheiten beiTieren. Lubarsch-
Ostertag, Ergebnisse, XI, 1906.
Morgenroth, Serumtherapie und Chemotherapie. Jahreskurse f. arztl.
Fortbildung, 1916, I.
Neisser, Allgemeines fiber bakterielle Antigene. Handb. d. Technik u.
Methodik d. Immunitatsforschung, herausg. von Kraus und Levaditi.
Nachdniek verboleii.
Die Prttfang der AlkalitBt In NShrbSdeii.
Von L. Miohaelis.
Mit 1 Abbildung im Text
(Eing^angen bei der Redaktion am 14. Januar 1921.)
Das praktische Bedflrfnis nach einer zuverlfissigen Be-
stimmung der AlkalitSt der NfihrbSden auf Grund der modernen
Definition derselben dflrfte wobl anerkannt werden. Es ist
nicbt rationell, die Alkalitfit in der bisber bei den Bakterio-
logen tiblicben Weise anzugeben, d. b. durcb die Angabe,
wieviel Kubikzentimeter n. HCl sie vom sogenannten Neutral-
punkt des PbenolpbtbaleYn entfernt ist, sondern durcb die
Konzentration der WasserstofFionen, die Wasserstoffzabl [!!■*■]
bzw. den Wasserstoffexponenten Pjj. In Deutschland baben
sicb die Bakteriologen mit dieser Frage nocb kaum bescbaftigt.
Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
L. Michaelis, Die Priifung der Alkalitat in Niihrboden. ^95
Ein Blick auf die Arbeiten von Clark^) und Bern by*)
zeigt aber sofort, wie sehr die Beherrschung dieser Methoden
praktische Bedeutung fflr die ZGchtung von Bakterien hat.
Schon im Verlaufe meiner frflheren Arbeiten hatte ich Ge-
legenheit, die Wichtigkeit der PH-Bestimmung fflr die Bakterio-
logie zu zeigen, erstens bei der Beschreibung der SGure-
agglutination “), zweitens bei der Frage nach der raaximalen
Sauerung, welche Zucker vergarende Bakterien in einem
zuckerhaltigen Nahrboden hervorbringen *). Die Wichtigkeit
einer passenden Alkalitat des Nahrbodens fflr das Wachstum
von Bakterien ist seit langem bekannt. Manche Bakterien
erlauben einen zienalichen Spielraum der Alkalitat, andere
aber, wie die Pneuniokokken, sind in bezug auf genau pas-
sende Alkalitat sehr anspruchsvoll. Es war daher gegeben,
die ganze Frage der Alkalitat der Nahrbflden auf Grund der
modernen Prinzipien zu bearbeiten. Diese Prinzipien hier
zu erSrtern, wflrde zu weit fflhren; ich verweise auf meine
1914 erschienene Monographic®).
Die Methode der Wasserstoffkonzentrationsketten, die ich
in den frflheren Arbeiten anwendete, ist zu kompliziert, um
sich allgemein in bakteriologischen Laboratorien einbflrgern
zu konnen. Die genannten Autoren haben sich deshalb der
einfacheren Indikatorenmethode von Sflrensen bedient, und
Clark hat diese durch Einfflhrung einer Reihe ganz aus-
gezeichneter Indikatoren bereichert. Die fflr diese Methode
erforderliche Herstellung von Pufferlosungen, sei es in der
ursprflnglichen Form von Sflrensen, sei es in der Form
von Clark, insbesondere die Herstellung und Aufbewahrung
der kohlensflurefreien NaOH erfordert aber immerhin ein sehr
prazises, quantitatives, chemisches Arbeiten, welches in unseren
bakteriologischen Laboratorien nicht gerade geiaufig ist. Ich
1) W, Mansfield Clark, The Determination of Hydrogen Ions,
Baltimore 1920 (gleichzeitig erschopfende Literaturquelle 1).
2) K. G. Dernby, Journ. exp. Med., Vol. 28, 1918 p. 345.
3) L. Michael is, Deutsche med. Wochenschr., 1911, No. 21.
4) L. Michaelis und F. Marcora, Zeitschr. f. Immunitiitsf., Bd. 14,
1912, p. 170.
5) L. Michaelis, Die Wasserstoffionenkonzentration, Berlin 1914.
13*
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
196
L. Michaelis,
Digitized by
habe nun vor kurzem eine Indikatorenmethode ausgearbeitet,
welche dieser PufiferlSsungen nicht bedarf, und niochte hiermit
ihre spezielle Anwendung fdr die bakteriologische Praxis be-
schreiben. Wie ich nachtraglich gesehen habe, hat kurz vor
mir Gillespie'^) ebenfalls eine Indikatorenmethode ohne
Puffer beschrieben. Er verwendet dazu die Clarkschen In-
dikatoren, welche sftmtlich zweifarbig sind, d. h. von Gelb
nach Rot oder Blau umschlagen, wShrend bei meiner Methode
nur mit einfarbigen Indikatoren gearbeitet wird, welche von
farblos nach geftLrbt (meist Gelb) umschlagen. Zwar sind die
Clarkschen Indikatoren farbenprachtiger, jedoch bietet sich
durch die Anwendung einfarbiger Indikatoren ein wesentlicher
technischer Vorteil, eine Vereinfachung der Methode, ohne
daB sie deshalb ungenauer wird. Einfarbige Indikatoren fflr
das erforderliche Bereich von Pjj waren vordem nicht in ge-
ntlgender Anzahl bekannt. Ich glaube aber ihre Zahl, be-
sonders durch die Einfuhrung des m-Nitrophenol, so erweitert
zu haben, daB sie den praktischen Bedurfnissen genflgen.
Ich will das Prinzip der Methode nur in Kiirze be-
schreiben und verweise im iibrigen auf meine ausfflhrliche
Publikation *). Die Beschreibung soil an der Hand eines
praktischen Beispiels geschehen, welches ich der EinObung
halber zur genauen Nachahmung empfehle.
Es sei die Aufgabe gestellt, pn in frischem, nicht ab-
gestandenem Wasserleitungswasser zu messen. Die erforder-
lichen Reagenzien und Utensilien sind folgende:
1) 6 bis 7 Reagenzglaser von moglichst gleichem Kaliber.
2) Eine Losung von 0,3 g m-Nitrophenol in 100 ccm
destilliertem Wasser. Die Losung wird unter mSBigem Er-
warmen hergestellt und ist unbegrenzt haltbar. Die Substanz
kann jetzt von Kahlbaum bezogen werden.
3) Eine frisch hergestellte Verdunnung von etwa 2 bis
4 ccm n. NaOH auf 200 ccm destillierten Wassers. Diese Ver-
diinnung ist nur einen Tag lang haltbar.
4) Einige graduierte Pipetten zu 10 und zu 1 ccm.
1) L. Michaelis und A. Gyemant, Biochem. Zeitschr., Bd. 109,
1920, p. 165.
2) L. J. Gillespie, Journ. Americ. Chem. Soc., Vol. 42, 1920, p. 742.
Google
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Die Prufung der Alkalitiit in Nahrbdden.
197
Die Ausfflhrung der Bestimmung ist folgendermaBen:
1) 10 ccm frisches Leitungswasser werden in einetn
Reagenzglas mit 0,5 ccm der Indikatorldsung versetzt und
3 bis 4 Minaten sich selbst iiberlassen.
2) Man stellt von der Indikatorlosung eine 20-fache Ver-
diinnung mit der Lange her (also 1 ccm + 19 ccm Lange),
bringt hiervon 1 ccm in ein Reagenzglas und fflllt dieses mit
der (indikatorfreien) Lange auf das gleiche Volumen, also auf
10,5 ccm auf.
3) In derselben Weise stellt man einige andere Indikator-
verdflnnungen her, indem man von der soeben hergestellten
20-fachen Indikatorverdiinnung ausgeht; z. B. je ein Glas mit
1,2, 1,4, 0,8, 0,6 ccm, aufgefullt immer mit der Lange auf ein
Volumen von 10,5.
4) Nun sucht man diejenige Indikatorverdflnnung heraus,
welche die gleiche Farbtiefe hat, wie das Leitungswasser. Man
halt neben das Glas mit dem Leitungswasser immer nur je ein
RShrchen und betrachtet es bei gutem Tageslicht gegen einen
Untergrund von weiBem Schreibpapier. Am besten blickt
man von oben durch die ganze LUnge der Rohrchen.
5) Das Verhaltnis der Indikatormenge des als farbgleich
betrachteten Laugenrohrchens zu der Indikatormenge im
Leitungswasser nennen wir den Farbgrad, F. Aus diesem
kann man pn unmittelbar berechnen. Statt der Rechnungen
soil hier in Tabellenform pn gleich angegeben werden. Die
Tabellen sollen ffir folgende Indikatoren gegeben werden:
1. a-Dinitrophenol fiir p,, 2,7— 4,7 gesiittigte, wiisserige Losung.
2. p-Nitrophenol „ „ 4,7— 7,2 0,1-proz. wiisserige Losung.
3. m-Nitrophenol „ „ 6,6— 8,7 0,3-proz. wasserige LSsung,
4. Phenolphthalein „ „ 8,4—10,3 0,1 g in 75 ccm Alkohol + 175 ccm
Wasser.
GewOhnlich wird man in unserem Uebungsbeispiel finden,
daB das Rbhrchen mit 1 ccm des 20-fach verdiinnten Indi-
kators farbgleich ist mit dem Rohrchen mit dem Leitungs¬
wasser + 0,5 ccm unverdiinntem Indikator. F ist also = 0,10
und somit pH = 7,4.
Streng genommen gelten diese Werte nur fUr eine Tem-
peratur von 18®; aber die Abweichungen bei etwas anderer
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
198
L. Michaelis,
Tabelle.
a-Dinitrophenol
p-Nitrophenol
m-Nitrophenol
Phenolphthalein
F
Ph
F
Ph
F
Ph
F
Ph
0,81
4,7
0,50
7,2
0,69
8,7
0,80
10,3
0,72
4,5
0,44
7,1
0,63
8,6
0,75
10,2
0,61
4,3
0,39
7,0
0.57
8,5
0,70
10,1
0,51
4,1
0,34
6,9
0,52
8,4
0.65
10,0
0,41
3,9
0,29
6,8
0,47
8,3
0,60
9,9
0,35
3,7
0,24
6,7
0,42
8,2
0,55
9,8
0,25
3,5
0,20
6,6
0,36
8,1
0,50
9,7
0,17
3,3
0,167
6.5
0,30
8,0
0,45
9,6
0,12
3,1
0,135
6,4
0,26
7,9
0,40
9,5
0.076
2,9
0,111
6,3
0,23
7,8
0,34
9,4
0,041
2,7
0,091
6,2
0,18
7,7
0,27
9,3
0,073
6,1
0,15
7,6
0,21
9,2
0,060
6,0
0,12
7,5
0,16
9,1
0,049
5,9
0,10
7,4
0,12
9,0
0,039
5,8
0,080
7,3
0,09
8,9
0,030
5,7
0,066
7,2
0,069
8,8
0,025
5,6
0,054
7,1
0.047
8,7
0,020
5,5
0,043
7,0
0,030
8,6
0,014
5,4
0,034
6,9
0,014
8,5
0,013
5,3
0,027
6,8
0,01
8,45
0,010
5,2
0,022
6,7
0.0078
5,1
0,018
6,6
0,0063
5,0
0,0051
4,9
0,0040
4,8
0,0032
4,7
Temperatur betreffen nur die zweite Dezimale von pn und
konnen fflr unsere Zwecke unbedenklich vernachiassigt werden.
Bei der Anwendung der Methode auf NShrbouillon ist
nun die Schwierigkeit zu Qberwinden, daB die Erkennung der
Farbtiefe durch die Eigenfarbe der Bouillon gestSrt wird.
Diese Schwierigkeit kann aber leicht restlos uberwunden
werden, und zwar durch die Kombination zweier Kunstgriffe.
Der erste ist die Verdiinnung der Bouillon mit 0,85-proz.
NaCl-L6sung. Da namlich die Nahrboden infolge ihres Ge-
haltes an Pepton und Phosphaten den Charakter von Puffer-
losungen haben, kann man sie verdiinnen, ohne dafi sich pn
andert. Als Verdflnnungsfliissigkeit eignet sich aus theore-
tischen Grunden am besten eine etwa 0,85-proz. NaCl-L6sung.
Durch diese wird bewirkt, daC beim Verdfinnen der Gesamt-
salzgehalt der Lbsung annahernd gleichbleibt. Von der Richtig-
keit dieser theoretisch vorauszusehenden Tatsache kann man
sich durch folgenden Versuch iiberzeugen:
Digitized by Google
Originaifrom
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Die PriifuDg der Alkalitat in Nahrbiklen. 199
Frisch ausgekochte, wieder abgekiihlte Nkhrbouillon, elektro-
metrisch gemessen, gibt. Ph = 7,05
Dieselbe Bouillon mit 3 Teilen 0,85-proz. NaCl-Lbsung ver-
dunnt, gibt. Ph = 7,06
Dieselbe Bouillon mit 6 Teilen 0,85-proz. NaCl-Losung ver-
diinnt, gibt. Ph = 7,06
ParaUelbeetimmung mit m-Nitrophenol als Indikator nach der
unten beschriebenen Methode nach Verdiinnung mit
3 Teilen NaCl-Loeung gibt .. Ph = 7,05
Aber die Verdiinnung vermindert nur die Farbe, beseitigt
sie nicht vSllig. Es ist noch ein zweiter Kunstgriff erforder-
lich, das Walpolesche Prinzip.
Dieses Prinzip, 1910 von Walpole^) beschrieben, hat
inzwischen in England und Amerika eine weite Verbreitung
gefunden, in Deutschland ist es noch wenig angewendet
worden, mit Ausnahme von Liiers®), der es in sehr zweck-
maBiger Weise bei der alkalimetrischen Titration geffirbter
Fliissigkeiten, wie Bier usw., benutzt hat.
Fflr unsere Zwecke eignet sich vorztiglich eine Form des
„Komparators“, die Hurwitz, Meyer und Ostenberg®)
angegeben haben, und die ich dem
Buch von Cl ark 3) entnehme. Das
von mir benutzte Modell hat folgende
Form: Ein Holzblock in Form eines
Parallelipeds, 8,5 cm hoch, 9 cm breit,
4,5 cm tief, wird, wie in der Abbildung,
zylindrisch ausgebohrt, die Locher 1
bis 6 sind in 2 Reihen, 1—3 und
4—6 hintereinander angeordnet. Die
Locher sind zylindrisch bis zu einer
Tiefe von 8,5 cm eingebohrt und sind
so breit, daB ein gewbhnliches Reagenz-
glas eben gerade bequem in sie hineingesteckt werden kann.
Durchmesser 1,75 cm. Die Locher 7—9 sind senkrecht durch
den ganzen Holzblock gebohrt und iiberkreuzen je 1 vorderes
und hinteres der Reagenzglaslbcher. Ihr Durchmesser ist
etwas kleiner als der der anderen, 1,3 cm. Sie sind zum Durch-
1) Walpole, Biochem. Journ., Bd. 5, 1910, p. 207.
2) Liiers, H., Zeitschr. f. d. ges. Brauwesen, Bd. 37, 1914, p. 39.
3) Proc. 8oc. Exp. Biol. Med., Vol. 13, 1915, p. 34. Zitiert nach
W. M. Clark, The Determination of Hydrogen Ions, Baltimore 1920.
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
200
L. Michaelis,
blicken bestimmt und man blickt durch jedes Loch durch
2 Reagenzgiaser hintereinander. Der ganze Kasten, besonders
die Innenseite der Locher, wird geschwarzt. Der Apparat wird
auf meine Veranlassung von E. Leitz, Berlin, Luisenstr. 45,
angefertigt.
Die AusfOhrung der pn-Bestimmung gestaltet sich folgen-
dermafien. ZunSchst sucht man sich eine Reihe von Reagenz-
glasern aus, welche moglichst genau gleiches Voluraen haben,
indem man eine Reihe von Reagenzgiasern mit je 10 ccm
Wasser fflllt, und diejenigen mit gleichem Niveaustand aus-
sucht. Nun steckt man ein Reagenzglas in Loch 2 und fullt
2 ccm Bouillon und 4 ccm 0,85 NaCl-Losung ein. Dazu gibt
man eine bestimmte Menge m-Nitrophenoll6sung (0,3-proz.
L6sung), welche geeignet ist, eine fur die Abschatzung an-
genehme Farbtiefe zu erzeugen. In der Regel ist 1 ccm die
geeignete Menge. In das Loch 5 steckt man ein Reagenzglas
mit Wasser. In das Loch 3 fflllt man 2 ccm Bouillon, 4 ccm
NaCl-L6sung und dann noch so viel NaCl-Losung als in dem
Glas No. 2 Indikator hinzugefflgt worden war, also 1 ccm.
Das Loch 6 ist fflr die verschiedenen Indikatorverdflnnungen
bestimmt. Diese stellt man auf folgende Weise her. Man
verdflnnt in einem MeBzylinder 8—10 ccm nNaOH auf 200 ccm
mit destilliertem Wasser. Von dieser Lauge mischt man
9 ccm mit 1 ccm m-Nitrophenoll6sung. Von dieser Indikator-
verdflnnung gibt man 1 ccm in ein Reagenzglas in Loch 6
und fflllt mit der verdflnnten Lauge bis zu dem Volumen
des Glases 2 bzw. 3 auf. Nun blickt man durch die Locher
8 und 9, indem man das Loch 7 mit dem Dauraen ver-
schlieBt und als Grilf benutzt. Man blickt entweder gegen
eine breite, gleichmaBige Himmelsflache Oder gegen einen
reinen, weiBen Bogen Schreibpapier, der auf dem Tisch liegt,
noch besser gegen eine von diffusem Himmelslicht beleuchtete
Mattscheibe. Je nach dem Befund wechselt man nun das Glas
No. 6 gegen ein anderes aus, welches bei gleichem Gesamt-
volumen eine andere Menge Indikator enthfllt, bis man die-
jenige Indikatormenge gefunden hat, welche Farbgleichheit
ergibt. Es ist sehr zu empfehlen, eine passend gewflhlte
durchsichtige Blauscheibe vor die oben erwflhnte Mattscheibe
zu setzen. Hierdurch werden die Quantitatsunterschiede
der verschiedenen Gelbtone in Farbqualitatsunterschiede,
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Die Priifung der Alkalitiit in Nahrbodeu.
201
von Blau fiber Grfin nach Gelb, umgewandelt. Diese faBt
das Auge mfiheloser auf. Der optische Vorteil der zwei-
farbigen Indikatoren wird durch diesen Kunstgriff auch auf
die einfarbigen Indikatoren fibertragen. Der nach meinen
Angaben angefertigte Komparator trSgt eine einfache Schiebe-
vorrichtung zum Vorschalten der Matt- und Blauscheibe;
geeignete Scheiben werden mitgeliefert. Die Lficher 1 und 4
sind dazu da, urn auf Wunsch ebenso wie die Lficher 3 und 6
benutzt zu werden. Man kann so gleichzeitig 2 verschiedene
Indikatormengen mit der Bouillon vergleichen. Ich mache
jedoch hiervon wenig Gebrauch.
Zur Messung von Nfihrbfiden kommt man allein mit
mNitrophenol aus. Man kann nun die Methode noch wesent-
lich einfacher dadurch gestalten, daB man die Indikatorver-
dfinnungen nicht jedesmal frisch bereitet, sondern eine kleine
Serie vorrfitig halt. Die Verdfinnungen sind namlich bei ge-
eigneter Herstellungs- und Aufbewahrungsweise sehr lange
haltbar. Als Verdfinnungsflfissigkeit benutzt man statt der
schlecht haltbaren Lauge eine 0,1 n-Sodalosung. (Auf genauen
Titer kommt es nicht an.) Diese Losungen werden in folgen-
der Weise hergestellt. Man bereitet sich zunfichst eine 10-
fache Verdfinnung der 0,3-proz. m-Nitrophenoll6sung in 0,1
n-Sodal6sung. Von dieser gibt man in einer Reihe von
9 Reagenzglfischen
No. 1 2 3 4 5 6 7 8 9
ccm 0,27 0,43 0,66 1,0 1,5 2,3 3,0 4,2 5,2
und ffillt jedes mit der Sodalosung auf 7 ccm auf. Man ver-
schlieBt die Glfiser mit einem Korken und Paraffin und halt
sie bei Nichtbenutzung stets im Dunkeln. Dann sind sie un-
verfindert fast unbegrenzt haltbar.
Eine pn-Bestimmung in Bouillon besteht nun einfach in
folgenden HandgrifFen:
1) In das Loch No. 2 des Komparators stellt man ein
Reagenzglas mit 2 ccm Bouillon, 4 ccm NaCl-L6sung und
1 ccm der 0,3-proz. Stammlosung des m-Nitrophenol.
2) In das Loch No. 3 bringt man ein Glas mit 2 ccm
Bouillon + 5 ccm NaCl-Losung.
3) In das Loch No. 5 bringt man ein Glas mit beliebig
viel Wasser.
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
202
L. Michaelis,
Digitized by
4) Man probiert aus, welche der obigen 9 Indikator-
verdilnnungen man in das Loch No. 6 stecken mufi, damit
Farbgleichheit entsteht, unter Benutzung der Mattscheibe und
Blauscheibe.
Die 9 Rohrchen geben folgende pa an:
No. 1 23456789
p., 6,8 7,0 7,2 7,4 7,6 7,8 8,0 8,2 8,4
Mit diesen pa-Angaben kann man die 9 aufzubewahrenden
Rohrchen gleich etikettieren.
Die ganze Bestiramung ist auf diese Weise in
einer Minute ausgefiihrt, und erfordert nicht
einmal so viel Mhhe wie eine Titration; sie er¬
fordert kaum mehr Arbeit, als die einfache PrQ-
fung mit Lackmuspapier und leistet an Genauig-
keit alles, was praktisch erforderlich ist. Sie kann
ebenso auch fQr Agar und Gelatine angewendet werden.
Nun noch einige Worte fiber die Herstellung von NShr-
bouillon mit abgestufter Alkalitfit. Die fibliche Alkalisierung von
Bouillon mit Sodalosung ist nicht gerade die geeignete, wenn
es sich darum handelt, eine Bouillon von scharf eingestelltem
Pa herzustellen. Bei dem pa der Bouillon verwandelt sich
Soda in ein Gemisch von Natriumbikarbonat und freier Kohlen-
sfiure. Karbonathaltige Puffer sind aber wegen der Flfichtig-
keit der CO* nicht gerade zur genaueu und haltbaren Ein-
stellung von pa zu empfehlen. Folgendes Verfahren erscheint
mir zweckmfiBig, um Bouillons von genau definiertem pa zu
erhalten. Von den 5 g NaCl, die man nach der gewohnlichen
Vorschrift auf einen Liter Bouillon hinzugibt, ersetzt man
2 g durch gewohnliches, kaufliches (sekundares) Natrium-
phosphat. Nach dem Sterilisieren korrigiert man dann die ge-
wfinschte Reaktion durch tropfenweisen Zusatz von gewfihn-
licher, starker offizineller NaOH bzw. HCl. Eine so eingestellte
Bouillon findert ihre Alkalitfit beiin weiteren Sterilisieren nicht
mehr. Die theoretische Begrfindung ffir dieses Verfahren wird
jeder, der sich mit der Theorie der H-Ionen beschfiftigt hat,
ohne weiteres verstehen.
Els ist nicht der Zweck dieser Mitteilung, auf die Wachstums-
bedingungen der verschiedenen Bakterien eiiizugehen. Einige Bakterien
sind auch nicht sehr anspruchsvoll in bezug auf pii. Ein sehr lehrreiches
Beispiel aber fiir die Wichtigkeit von p,, sind die Pneumokokken, wie
Google
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Die Prufung der Alkalitiit in Nahrboden.
203
Dernby gefunden hat. Ich kann seine Befunde vollkommen bestatigen.
Dernby fand ein Optimum des Wachstums bei Ph =7,9. Bei 7,0, wobei
z. B. Streptokokken, Typhus, Colibacillen und andere noch sehr gut wachsen,
vermehren sich Pneumokokken uberhaupt nicht mehr. Ein Versuch zeigte
z. B. folgendes: 5 Proben Bouillon.
No.
pii vor dem Inach d.3maligen
Sterilisieren Sterilisieren
nach 48-Btundigem
Wachstum von
Pneumokokken
Wachstum
der Pneumokokken
1
1 6,95
6,9
6,9
kein Wachstum
2
7,1
7,1
7,1
dgL
3
7,35
7,3
7,25
sehr sparlich
4
7,5
7,45
7,45
mallig
5
7,75
7,65
! 7-5
gut
Dagegen Streptokokken zeigten gleichmaBig gutes Wachstum in
Bouillon von folgendem pi»: 1) 6,8; 2) 6,95; 3) 7,1; 4) 7,25; 5) 7,4.
Ueber „Dauerreihen“ fur andere pn-Bereiche mit anderen
Indikatoren soli nachstens berichtet werden.
Zusammenfassung.
Es wird eine Methode beschrieben, welche in einfachster
und schnellster Weise durch eine Farbenvergleichung mit
einem geeigneten Indikator die aktuelle Alkalitat eines Nahr-
bodens zu bestiinmen gestattet.
Nachdnick verboten.
Ist das Anaphylatoxin charakterlslert durch eine eigen-
artige Flockungsphase des Serums?
(Erwiderung auf die Ausfiihrungen
von Friedberger und Putter
[diese Zeitschr., Bd. 30, Heft 3/4, p. 321]).
Von Hermann Dold, Fraukfurt a. M.
Mit 1 Abbildung im Text.
(Eingegangen bei der Redaktion am 26. Januar 1921.)
Nachdera ich in einer fruheren Arbeit (Deutsche med.
Wochenschr., 1920, No. 3) allgemein auf die Mbglichkeit hin-
gewiesen hatte, die Struktur der KSrpersafte (Sera etc.)
und etwaige Strukturveranderungen derselben im Aggluti-
noskop von Kuhn und Woithe, also bei einer Art
Digitized by GoL'gle
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
204
Hermann Bold
Digitized by
Tyndallbeleuchtung mit Lupen- und eventuell stfirkeren Ver-
grSBerungen zu beobachten (Seroskopie), untersuchte ich
mit Hilfe dieser neuen Methode speziell auch die etwaigen
Strukturveranderungen, welche sich in den Seren nach
Einsaat von Bakterien abspielen ^). Man hat sich bisher
zwar eingehend mit den morphologischen Veranderungen,
welche die Bakterien unter dem EinfluB von Seren und an-
deren normalen Korpersaften erleiden, beschaftigt, hat aber
bisher meines Erachtens die Frage, welche Veranderungen
die Korpersafte und speziell Sera in struktureller
(mikro-morphologischer) Beziehung unter der Einwirkung der
verschiedenen Mikroben und anderer Agentien erfahren, etwas
vernachiassigt.
Durch die Arbeiten von Friedberger und seinen Mit-
arbeitern sind wir mit der hochinteressanten Tatsache bekannt
geworden, daB an sich ungiftige arteigene Normalsera, ins-
besondere das Meerschweinchenserum, nach der Einsaat der
meisten bekannten Mikroben vorflbergehend stark giftig
werden (Anaphylatoxinbildung). Durch zahlreiche Versuche an
einem groBen Tiermaterial sind die Bedingungen, unter denen
dieses Gift (dieser giftige Zustand) entsteht und wieder ver-
schwindet, endgultig darf man wohl sagen, ermittelt worden.
Meine Aufgabe bestand darum zunachst nur darin, zu beob¬
achten, ob etwa unter den gleichen Bedingungen, unter denen
bekanntermaBen das Gift auftritt bzw. verschwindet, eine
Strukturveranderung der Sera erkennbar in die Erscheinung
trete bzw. verschwinde. War diese Annahme richtig, war also
ein weitgehender Parallelismus zwischen den Bedingungen fiir
das Vorhandensein des Giftes einerseits und den Bedingungen
fdr das Vorhandensein der fraglichen Strukturver&nderung des
Serums andererseits nachweislich, so war man wohl berechtigt,
eine Beziehung zwischen dem Auftreten des Giftes und der
Strukturveranderung anzunehmen und zu sagen, daB das Gift
durch die Strukturveranderung einigermaBen charakterisiert
sei (Archiv f. Hyg., 1919, Heft 1/3).
1) Cfr. H. Bold, Arch. f. Hyg., Bd. 89, 1919, H. 1/3, und Bd. 89,
1920, H. 7/8; ferner H. Bold, Bie AusHockung der Sera durch Bakterien
und die allgemeine serologieche Bedeutung dieser Erscheinung. Med. Klinik,
1921, No. 2.
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAI6N
Ist das Anapbylatosin charakterisiert usw.
205
Ehe ich die von mir beobachteten Uebereinstimmungen
aufzShle, sei eine Bemerkung iiber die von mir aus praktischen
Grflnden vorgenommene Einteilung der Mikroben in „gute“
und „schlechte“ Anaphylatoxinbilder vorausgeschickt. Wenn
man die Zahl der von den verschiedensten Autoren auf ihre
Befahigung zur Anaphylatoxinbildung geprflften Mikroben iiber-
blickt, so kann man zwei Gruppen unterscheiden, namlich
eine, und zwar die grOBte Gruppe, bei der von alien Autoren
ziemlich regelmaUig die Giftbildung beobachtet wurde, und
eine andere Gruppe, bei der die verschiedenen Untersucher
widersprechende bzw. weniger regelmaBige oder gar keine
positiven Ergebnisse batten. Wertet man die Resultate der
verschiedenen Untersucher gleich, so darf man wohl die erste
Gruppe von Mikroben als „gute“, die zweite Gruppe als
„schlechte“ Anaphylatoxinbilder bezeichen.
Ich hatte in meiner oben zitierten Arbeit (Archiv f. Hyg.,
1919, Heft 1/3) zunachst einmal die experimentell ermittelten
Tatsachen, welche — ceteris paribus — die groBe Bedeutung
der Oberfiache der den Seren zugeftigten Agentien fiir das
Auftreten des Giftes lehren, zusammengestellt. Diese fiir das
Verstandnis des Problems wichtigen Tatsachen sind kurz
chronologisch zusammengestellt hauptsachtlich folgende;
1) Unterschied in der Giftbildung zwischen Choleravibrionen und
Choleragranula (Neufeld und Dold).
2) Unterschied in der Giftbildung zwischen gelostem Pferdeserum
und an Kaolin absorbiertem Pferdeserum (Neufeld und Dold).
3) Unterschied in der Giftbildung zwischen gewohnlichen') Tuberkel-
baciJlen (Neufeld und Dold) und entfetteten (Shi bay am a).
4) Unterschied in der Giftbildung zwischen Bakteriensuspensionen
und filtrierten Bakterienextrakten (gelostem EiweiS) (Dold).
5) Unterschied in der Giftbildung zwischen Pilzsporen (mit ihrer
fettartigen Membran) und der grofien Masse der Bakterien (mit ihrer anders-
artigen Oberfiache) (Dold und Aoki).
6) Unterschied in der Giftbildung zwischen Bakterien, die einerseits
mit Alkalien, andererseits mit Sauren vorbehandelt wurden (Dold und
Aoki).
7) Unterschied in der Giftbildung vor und nach Schiitteln der Bak¬
terien in Oelen, in Galle und Cholesterin (Dold und Rhein).
1) Friedberger und seine Mitarbeiter bestreiten allerdings, wie
schon in der zitierten Arbeit hervorgehoben, die von uns beobachtete
schlechtere Eignung der Tuberkelbacillen zur Ainaphylatoxinbildung.
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
206
Hermann Dold,
Digitized by
8) Unterschied in der Giftbildung zwischen gewdhnlichen Bakterien
einerseits, und solchen, die wiederholt mit frischem Serum behandelt worden
(„desanaphylatoxiert“) sind (Dold und Aoki).
9) Unterschied in der Qiftbildung zwischen Inulinsuspensionen und
Inulinidsungen (Nathan).
Ich hatte sodann unter Benutzung der seroskopischen Methods die
Beobachtung gemacht, dafi in den frischen (aktiven) Meerschweinchenseren
bald nach der Einsaat von „guten AnaphylatoxinbiIdem‘' sich ein eigen-
artiger Flockungsrorgang einstellt, welcher verscbiedene Stadien durch-
macbt: es tritt zuniichst eine Triibung auf, welche entweder ganz
homogen ist, oder in dem 3-fach vergrofiernden Agglutinoskop Einzel-
teilchen in triibem Medium erkennen lafit. Dieses Stadium wurde
von mir „trube klebrige Flockung“ genannt, weil beim Hin- und Her-
bewegen die Fliissigkeit im Agglutinoskop klebriger und schwerer beweg-
lich erscheint, als zuvor. Dieses Stadium der triiben klebrigen Flockung
geht nun friiher oder spater in das Stadium der „klarenden Flockung“
uber: Die homogene Triibung verschwindet, in dem klarer werdenden
Medium erscheinen mit zunehmender Deutlichkeit zahlreiche Flocken und
Flbckchen verschiedener Qrofienordnung. SchlieSlich entwickelt sich dieser
Flockungsprozefi weiter zur spontanen Sedimentierung.
Wir haben also hier einen Flockungsvorgang vor uns,
wie er bei kolloidalen Fliissigkeiten an der Tagesordnung
ist: Fein kolloidal geloste Teilchen treten zu groberen Komplexen zu-
sammen, es kommt zu einer kolloidalen Flockung, welche sich bekanntlich
dem unbewaffneten Auge und auch bei schwachen Vergroflerungen als
eine allmahlich oder plotzlich sich entwickelnde Opaleszenz oder Triibung
darbietet. Schreitet dieser Flockungsvorgang weiter, so kommt es zur
Bildung von grober dispersen Aggregaten, die erst nach Erreichung einer
gewissen OroSe in dem schwach vergrofiernden Agglutinoskop und schliefi-
lich auch makroskopisch erkennbar werden, worauf bald die Sedimentierung
cinsetzt.
Ich hatte nun beobachtet, dafi unter den gleichen Bedingungen, unter
denen das Anaphylatoxin auftritt und besteht, eine durch gleichmiifiige
Triibung und Zunahme der Viskositat charakterisierte, also kolloidale
Flockungsphase auftritt und besteht, und dafi unter den gleichen
Bedingungen, unter denen das Gift verschwindet, auch diese Flockungs¬
phase verschwindet bzw. in das Stadium der grober dispersen sich kla-
renden Flockung iibergeht.
Vielleicht vermag das untenstehende Schema noch deutlicher meine
Anschauung zum Ausdruck zu bringen, wozu ich noch bemerken mochte,
dafi selbstverstandlich diese Vorgange kurvenmafiig ablaufen und die Ueber-
giinge von Ungiftigkeit zur Giftigkeit und zuriick zur Ungiftigkeit, ebenso
wie die Uebergango von der molekularen bzw. fein kolloidalen Losungsform
in die grober kolloidale („kolloidale Flockung"), und weiterhin in die
grob disperse makroskopisch sichtbar werdende Flockung allmahlich
erfolgen.
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
1st das Anaphylatoxin charakterisiert usw.
207
Das Zusaramenfallen von Oiftigkeit und koUoidaler Flockung fugt
sich sehr gut allgemein kolloidchetnischen Vorstellungen und Erfahrungen
ein, da man wei6, daS gerade dem Vorgang der kolloidalen Flockung
die Entfaltung machtiger pbysikalischer und chemischer Obenflachenkrafte
eigentumlich ist.
Ferner ist zu dem Schema noch zu bemerken, daB in
ihm nur der EinfluB der Zeit zum Ausdruck gebracht ist,
w&hrend in Wirklichkeit noch eine Reihe anderer Faktoren
den Ablauf des Flockungsprozesses beeinflussen. Auch muB
ausdrficklich betont werden, daB in Wirklichkeit beim Serum,
da es sich urn ein Gemenge von verschieden dis-
persen Systemen handelt, die FlockungsvorgSnge noch
dadurch kompliziert werden, daB namentlich in den ersten
Stadien der Flockungneben- und nacheinander Flocken
verschiedener GroBenordnung (feinkolloidale bis grob-
disperse) auftreten. So kann es sein, daB zu einer gewissen
Zeit schon einzelne grobdisperse Flocken zu erkennen sind,
die aber in einem homogen getriibten Medium, d. h. in dem
iibrigen, nur kolloidal geflockten Serum sich befinden. Das
ist das von mir als „trube Flockung“ bezeichnete Stadium.
Wie gesagt, vermogen wir mit dem Agglutinoskop das Auf¬
treten und Vorhandensein kolloidaler Flockungen nur an
dem Auftreten und dem Vorhandensein einer gleichmfiBigen
Digitized by Google
Origioai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
208
Hermann Dold,
Digitized by
Triibung zu erkennen. Zu sehen sind bei dieser
Flockungen die geflockten Einzelteilchen mit dem erwahnten
Instrument natflrlich nicht. Ich babe darum mich in meinen
SchluBfolgerungen vorsichtig eingeschrankt und ausdrfick-
lich gesagt: „Wir wissen heute noch nicht, ob die
von uns gesehenen und beschriebenen groberen
Flockungen oder die feineren, mit dem Agglu-
tinoskop nicht mehr erkennbaren, die biologisch
wirksamen sind.^
Bei dieser Sachlage erschienen Tierversuche verfrtiht und
wenig aussichtsreich, von dem Mangel an Versuchs-
tieren, unter dem wir alle leiden, ganz abgesehen.
Denn es ist ohne weiteres klar, dafi brauchbare und einwand-
freie Resultate nur erzielt werden konnten, wenn fflr der-
artige Versuche eine groBe Zahl von gleichartigen Versuchs-
tieren (gleiche Tiergewichte!), sowie eine groBe Menge In-
jektionsmaterial (d.h. wiederum Tierserum in groBeren Mengen)
zur Verfflgung stiinden. Auch sonst sind noch allerlei methodo-
logische Schwierigkeiten zu berucksichtigen. Man miiBte z. B.,
streng genommen, die betreffende Serumprobe gleichzeitig
seroskopieren und injizieren, da es sich ja bei diesen Flockungs-
prozessen um laufende, sich stetig verandernde VorgSnge
handelt. Diese und ahnliche Schwierigkeiten, welche Ungleich-
heiten im Ergebnis bedingen miissen, lieBen sich nur durch
groBe Tierversuchsreihen ausgleichen,
Es ergaben sich folgende Parallelen zwischen dem Auf-
treten des Giftes einerseits und der triiben, klebrigen (kol-
loidalen) Flockungsphase andererseits:
1) Wahrend der giftige Zustand
im frischen Meerschweinchenserum
durch die meisten Bakterien hervor-
gerufen wird, tritt er nicht auf nach
Einsaat von
Pilzsporen,
Choleragran ula,
desanaphylatoxierten Bakterien,
mit Oelen, Galle, Cholesterin vor-
behandelten Bakterien.
1) Wahrend die geschilderten
Strukturveriinderungen,in8onderheit
die trube (kolloidale) Flockungs-
phaae, nach Einsaat der meisten
Bakterien auftreten, kommen diese
Strukturveranderungen,insonderheit
die triibe Flockungsphase, nicht zur
Beobachtung nach Einsaat von
Pilzsporen,
Choleragranula,
desanaphylatoxierten Bakterien,
mit Oelen, Galle, Cholesterin vor-
behandelten Bakterien.
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Ist das Anaphylatoxin charakterisiert usw.
209
2) Der giftige Zustand tritt nur
in den frischen (aktiren) Seren auf.
3) Der giftige Zustand tritt bei
Anwesenheit von spezifischen Ambo-
zeptoren rascher auf und verschwin-
det wieder rascher.
4) Auftreten und Verschwinden
des giftigen Zustandes zeigt femer
Abhangigkeiten von der Temperatur,
vom Mengenverhaltnis zwischen Se¬
rum und Einsaat.
5) Das Qift passiert Papierfilter.
6) Das Qift wird durch Berkefeld-
filtration zum Verschwinden ge-
bracht
7) Eine gewisse Steigerung des
Salzgehaltes wirkt konservierend auf
das Gift.
2) Die geschilderten Strukturver-
anderungen (insonderheit die trube
Flockungsphase) treten nur in den
aktiven Seren auf.
3) Der Flockungsprozefi Ifiuft -
ceteris paribus — bei Anwesen¬
heit von spezifischen Ambozeptoren
rascher ab.
4) Der Ablauf des Flockungs-
prozesses zeigt Abhangigkeiten von
der Temperatur und von den Mengen-
verhkltnissen zwischen Serum und
Einsaat.
5) Die trube (koUoidale) Flockung
passiert Papierfilter.
6) Die triibe kolloidale Flockung
wird durch Berkefeidfiltration zum
Verschwinden gebracht.
[ 7) Die gleiche Steigerung des
Salzgehaltes bewirkt eine Stabili-
sierung des triiben (kolloidalen)
I Flockungszustandes.
In einer kflrzlich erschienenen Arbeit haben es Fried-
berger und Putter unternommen, raeine Beobachtungen
und Angaben nachzuprfifen. Ihre Nachpriifung bezog sich
allerdings nur auf Punkt 2 der obigen Zusamraenstellung von
Parallelismen, namlich auf meine Beobachtung, daB nach Ein¬
saat geeigneter Bakterien nur in den aktiven Seren,
aber nicht in den inaktiven Seren Strukturverfinde-
rungen, insonderheit die trtibe kolloidale Flockungsphase, auf-
tritt. Diese Beobachtung wird von den Autoren
bestatigt: „Die Richtigkeit dieser Beobachtung von Dold
soil keineswegs bestritten werden“ (p. 325). Sie haben dann
Tierversuche unternommen, und dabei ist ihnen leider folgendes
passiert: sie haben zwar im Titel ihrer Arbeit von mir die
richtige Fragestellung (Ist das Anaphylatoxin charakterisiert
durch eine eigenartige Flockungsphase der Serumglobuline)
iibernommen. In der Arbeit selbst aber haben sie argumen-
tiert, als ob ich behauptet hStte, das Anaphylatoxin sei schlecht-
hin durch die Anwesenheit von Flocken (und zwar grobdis-
perse) im Agglutinoskop erkennbare, von geklSrtem Medium
sich abhebende Flocken charakterisiert. Nachdem sie diese
ZeiUchr. f. ImmunitiiUforachaiic. Orif. Bd. 82. 14
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
210
Hermann Dold,
Digitized by
falsche Fragestellung, die schon nach meinen Beobachtungen in
negativem Sinne beantwortet werden mufite, in negativem Sinne
beantwortet batten, Qbertrugen sie diese negative Antwort auf
die im Titel der Arbeit stehende richtige Fragestellung.
Dieses Miilverst^ndnis, als h&tte ich behauptet, Anaphyla-
toxin sei identisch mit irgendwelchen, irgendwann und irgendwo
auftretende Serumflocken, zieht sich durch die ganze Arbeit
der Autoren. Sie beschreiben das Verhalten ihrer Abgusse
durch die Bezeichnung „optisch leer“ bzw. „Flockung“ (und
zwar minimale Flockung, ganz schwache Flockung, +, schwache
Flockung, +, Starke Flockung, -|—f-), und heben an vielen
Stellen noch besonders hervor, daB die Flocken sich in
klarem Medium (also im Stadium der „kiarenden Flockung‘‘)
befanden. Andererseits sagt die Bezeichnung „optisch leer“
noch nichts aus fiber das Fehlen oder Vorhandensein einer
kolloidalen Flockung, auf die es hier ankommt. Denn in
dem 3-fach vergrfiBernden Agglutinoskop erscheint selbstver-
stfindlich eine kolloidale Flockung „optisch leer“, d. h. homogen,
ohne erkennbare Einzelteilchen. Worauf es ankam, war, fest-
zustellen, ob die Meerschweinchensera in dem Stadium, wo
sich nach Einsaat der Bakterien das Auftreten einer kolloidalen
Flockung durch das Auftreteni) einer homogenen Trfibung
(„trfibe Flockung") kundgibt, anaphylatoxinartige Erschei-
nungen auslfist oder nicht. Unter dem als „optisch leer"
charakterisierten Zustand der Sera konnte sich sehr wohl ein
derartiger kolloidaler Flockungszustand verbergen. Es ist
zuzugeben, daB diese Dinge von verschi edenen Augen nicht
vfillig gleichmaBig gesehen werden mogen.
Bei den Beobachtungen im Agglutinoskop und fihnlichen
Instrumenten IfiBt sich zunachst nur feststellen, ob man eine
homogene (klare oder trfibe) Flfissigkeit, oder eine in¬
homogene Flfissigkeit, welche Einzelteilchen erkennen laBt,
vor sich hat. Solche Einzelteilchen pflegt man bekanntlich
als Flocken oder auch als Flockungen zu bezeichnen, wobei
1) Um Mifiveretandnissen vorzubeugen, sei nochmals betont, daU
wir nicht das Vorhandensein einer Triibung, sondern das Auf¬
treten einer solchen, nicht einen vorhandenen strukturellen Zustand,
sondern eine unter dem Einflufi der zugefiigten Agentien auftretende
strukturelle Zustandsanderung im Serum meinen.
Google
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
let das Anaphylatoxin charakteriaiert usw.
211
man es zunUchst dahingestellt aus was sich solcbe Einzel-
teilchen („Flocken“) zusammensetzen. Im Serum, auch im
zentrifugierten, kSnnen solche Einzelteilchen („Flocken“) z. B.
noch suspendierte Erythrozyten oder Leukozyten oder Blut-
plSttchen Oder aber grobere EiweiBzusammenballungen u. a.
sein. Ich stimme darum mit Friedberger und Putter
vollstandig darin flberein, dafi in ungenfigend zentrifugierten
Seren, vor allem auch im Rinderserum, noch suspendierte
Blutkorperchen das Bild einer „groben Flockung“ geben
konnen. Es ist auch moglich, daC die von mir in einem
groBen Toil der frischen (aktiven) Seren beobachteten leuch-
tenden Einzelteilchen nicht aus EiweiBzusammenballungen,
sondern aus Zellen und Zelltrflmmern (Erythrozyten, Leuko¬
zyten, Blutpiattchen), die trotz des langen Zentrifugierens
noch in Suspension geblieben sind, bestehen.
Die Worte Flocke und Flockung werden eben in verschie-
denem Sinne, einmal als Bezeichnung fur ir gen dein e in
einer homogenen Flflssigkeit erkennbare InhomogenitSt,
und dann als Bezeichnung fQr eine Zusaramenballung,
das Wort „Flockung“ auBerdem noch als Bezeichnung fflr
einen physikalischen Vorgang, einen ProzeB, dessen Wesen
in Zusammenballungen besteht, gebraucht! Gliicklicherweise
ergibt sich aus dem Zusammenhang in der Regel der jeweils
gemeinte Sinn. Wenn z. B. in einena vorher klar homogenen
Serum nach Zusatz von destilliertem Wasser Flocken auf-
treten, so dilrfte nur eine Deutung mbglich sein.
Friedberger und Putter wollen die nach Einsaat von
Bakterien in aktivem Meerschweinchenserum auftretende Trii-
bung durch Plasmolyse und Aufquellung der Bakterien er-
kl2ren, und die in einem spSteren Stadium auftretenden grob-
dispersen Flocken als gequollene Bakterienleibsubstanzen auf-
fassen. Sie wollen auch solche Flocken bei der Betrachtung
im hSngenden Tropfen als aus agglutinierten Bakterien be-
stehend erkannt haben. Ich frage: Bestanden diese FlSckchen
im Serum nur aus agglutinierten Bakterien? Wo bleibt das
Serum bei diesen Vorgangen? Wie erkiaren sich die Autoren
das Auftreten analoger Vorgange im Serum, namlich erst
homogene Trubung (= kolloidale Flockung), dann makro-
skopisch sichtbare grobdisperse Flockenbildung beim einfachen
14*
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
212
Hermann Dold,
Digitized by
Lagern Oder bei Herabsetzung der Salzspannung durch Zusatz
von Aqua dest.? Wie sehen solche Flbckchen aus im Ver-
gleich mit den FlSckchen, die sich nach Einsaat von Bak-
terien bilden?
Natflrlich bestreite ich nicht, daB bei der einen oder
anderen Bakterienart, nachdem sie mit dem Serum in Be-
rflhrung gekommen ist, Plasmolysevorgknge und Aggluti-
nationen auftreten werden, aber meine Auffassung geht dahin,
daB gleichzeitig in dem Serum durch die Bak-
terien FlockungsvorgSnge ausgelSst werden, wo-
durch es zunfichst zu kolloidalen Flockungen, welche in der
Hauptsache die auftretende homogene Trflbung bedingen, und
weiterhin zu grobdispersen Flocken kommt, welche vielleicht
agglutinierte Bakterien als Kern enthalten, aber der Masse
nach in der Hauptsache aus SerumeiweiB bestehen.
Zentrifugieren.
Die eventuelle Bedeutung, welche die Art und Dauer des
Zentrifugierens fiir den giftigen Zustand der Sera haben
' konnte, wurde meiues Wissens erst seit den Arbeiten fiber
das Kaolin und besonders fiber Stfirke, Agar und Inulin dis-
kutiert. In alien frfiheren Arbeiten, auch in denen
von Friedberger und seinen Mitarbeitern, findet
sich keine genauere Angabe fiber die Art und
Dauer des Zentrifugierens. Man liest nur: „Zentri-
fugierung“ oder „krSftig“ oder „grflndlich zentrifugiert“.
Es kann nun keinem Zweifel unterliegen, daB die Dauer
des Zentrifugierens, schon als zeitlicher Vorgang, von EinfluB
auf das „Gift“ ist. Der Ansicht der Autoren: „Auf die
Giftigkeit des Serums ist die Zentrifugierzeit
ohne EinfluB“ (p. 331) vermag ich darum nicht beizutreten.
Im Gegenteil, ich glaube den Satz vertreten zu konnen: Man
kann das „Gift“ durch Zentrifugieren zum Verschwinden
bringen, sofern man nur lange genug zentrifugiert Hat
uns doch Friedberger selbst gelehrt, und die Nachprfifungen
haben es bestfitigt, daB das Anaphylatoxin eine zeit-
lich begrenzte Erscheinung ist, und daB das Gift
frfiher oder spSter wieder verschwindet. Die Zeit Ifiuft
ffir das Anaphylatoxin ab, gleichgfiltig, ob das
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Ist dae Anaphylatoxin charakterisiert usw.
213
Gift irgendwo steht oder in der Zentrifuge lauft.
Dazu kommt noch die Tendenz des Giftes, aus der nicht oder
schwer zentrifugabeln kolloidalen Phase in die leichter
zentrifugable grobdisperse „kiarende“ Flockungsphase
Qberzugeben (wie ich aus meinen Beobachtungen schlielSen zu
mQssen glaube).
Tierversuche.
Wie ich schon oben ausftihrte, ware es zweifellos wflnschens-
wert, daB durch groB angelegte Tierversuche die Art der Be-
ziehungen zwischen dem Auftreten der „Giftigkeit“ und dem
Auftreten der kolloidalen Flockungsphase welter gekiart werden
kSnnte. Ich habe aber auch schon auf die methodologischen
Schwierigkeiten hingewiesen.
Friedberger und Putter haben die Frage durch Tier¬
versuche zu I6sen versucht. Ganz abgesehen von der falschen
Fragestellung, auf die ich oben schon hingewiesen habe,
scheinen mir die Tierversuche der Autoren keineswegs ein-
wandfrei. Es handelt sich um 25 Tierversuche, und wenn
wir die Versuche tiberblicken, so finden wir, daB in diesen
25 Tierversuchen 6mal die Seruraart (Meerschweinchen, Pferd,
Hammel, Kaninchen, Mensch, Rind-Kalb-Ochs), 2mal die Bak-
terienart (Ty, Prodig.), 2mal die Inkubationszeit (60 Minuten
37® C; 12 Stunden Frigo), 2mal die Zentrifugierzeit (10 und
30 Minuten), 8mal das Tiergewicht (200, 220, 230, 240, 250,
280, 290, 300 g), und 6mal die Injektionsdosis (4,0, 3,5, 3,0,
2,5, 1,0, 0,5 ccm) variieren. Wir haben also in 25 Tier¬
versuchen 26 Varianten, auBer dem fraglichen X, welches
durch diese Tierversuche gelost werden sollte. Wo bleibt
da das „ceteris paribus^, welches doch — in geniigender
breiter Form — die Grundlage und Voraussetzung fur ein-
wandfreie Tierversuche bilden sollte? Diese 25 Tierversuche
setzen sich aus anscheinend 10 Versuchsreihen, bestehend aus
1, 2 und 3 Einzelversuchen, zusammen. Selbst in diesen
kleinen Versuchsreihen variieren die Gewichte
der Tiere oft betrSchtlich, So sind z. B. bei den Ver-
suchen 13—15 die Tiergewichte 280 bzw. 220 g, und das
Gewicht der Kontrolle ist gar nicht angegeben!
Damit kominen wir zur Gewichtsfrage. Friedberger
hat uns gelehrt, daB fBr den Anaphylatoxinversuch am besten
Digitized by Goc'gle
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
214
Hermann Dold,
Digitized by
Tiere von ca. 200 g Tiergewicht und Injektionsdosen von
ca. 4 ccm geeignet sind. Die groBe Masse der Friedberger-
schen Anaphylatoxinversuche sind mit Meerschweinchen im
Gewicht von 170—230 g angestellt worden, und wer Erfali-
rungen iiber das Anaphylatoxin gesammelt hat, der weiB,
von welch ausschlaggebender Bedeutung Gewicht
und GroBe der Tiere nanientlich im Verhaltnis
zur Inj ektionsdosis fiir den Ausfall des Ver-
suches sind. Auf p, 328 geben die Autoren an, daB sie
Tiere von 230 — 250 g Gewicht verwendet haben, aus der
Tabelle (p. 340—343) ergibt sich aber, daB die Tier-
gewichte zwischen 200 und 300 g (!) schwankten,
Bedenkt man, daB auch die Injektionsdosen trotz der groBen
Tiere verhaitnismaBig niedrige waren und auch noch betracht-
lich variierten, so kann man meines Erachtens diesen Tier-
versuchen keine iiberzeugende Kraft zuerkennen.
Serumarten.
Ich hatte in der oben zitierten Arbeit bemerkt, daB
analoge (nicht identische!) Flockungsvorgange, wie
sie sich im Meerschweinchenserum nach Einsaat geeigneter
Bakterien entwickeln, sich auch in anderen Serumarten ab-
spielen, und daB — nattirlich nur in dieser Beziehung
— das Meerschweinchenserum als Beispiel dienen konne. Ich
habe ausdrflcklich betont, daB der Ablauf dieser Flockungs-
prozesse u. a. auch von der Serumart abhangig sei (siehe
p. 123 und p. 128, Zusammenfassung, Abs. 5).
Daraus geht hervor, daB es unrichtig ist, die zunadist
nur fur das Meerschweinchenserum ermittelten Verhaitnisse
bezuglich des Parallelismus von Giftigkeit und Auftreten der
kolloidalen Flockungsphase einfach auf andere Serumarten
zu iibertragen, auf Serumarten, die zum Teil schon priraare
Giftigkeit aufweisen. Ueber meinen Standpunkt in der Frage
der primaren Serumgiftigkeit siehe weiter unten. Wenu man.
nun vollends, wie Friedberger und Putter, auBerdem
noch mit der false hen Fragestellung arbeitet (grob-
disperse Flockenbildung = Anaphylatoxin), und beriicksichtigt,
was ich oben uber Tierversuche uberhaupt und speziell iiber
die Tierversuche von Friedberger und Putter gesagt
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAI6N
let das Anaphylatoxin charakterisiert usw.
215
habe, so kann man den Wert solcher mit allerlei Seru marten
angestellten Versuche nicht hoch bemessen.
Zusammenhang zwischen primSrer Giftigkeit
der Sera und Flockung.
Friedberger und Putter schreiben: „Auch die pri-
mare Giftigkeit normaler Sera sucht Dold vermittels seiner
Flockungshypothese zu erklkren“, und in der Zusammenfassung
„Auch die primtlre Giftigkeit der Sera hat Dold mit den
Flockungen in Zusammenhang gebracht.“ Wer das liest, muB
zu der Meinung kommen, als hMte ich generell die primBre
Giftigkeit normaler Sera durch Flockungen erklSren wollen.
Demgegenflber muB ich feststellen, daB diese Darstellung
den Tatsachen widerspricht. Ich sagte in der frag-
lichen Arbeit auf p. 120: „Man wird wohl tiberhaupt gut
daran tun, von vorneherein auf einen einheilichen Er-
klSrungsversuch zu verzichten, da die unter dem gemein*
samem Namen der „prima,ren Serumgiftigkeit‘‘ zusammen-
gefafiten mannigfaltigen Vergiftungen trotz auBerlicher Aehn-
lichkeit wahrscheinlich auf verschiedenen Ver-
giftungsmechanismen beruhen. Ich glaube, daB uns
das Verstandnis fiir die Giftigkeit mancher primBr-
toxischer Normalsera erleichtert wird, wenn wir auch
das seroskopische Verhalten dieser Sera berflcksichtigen.“
Und urn nicht miBverstanden zu werden, heiBt es auf p. 121,
Mitte, nochmals ausdrucklich: „Ich will damit nicht be-
haupten, daB sich die Toxizitat giftiger Normal-
sera allgemein durch ihre Struktur erklBren
lasse. Im Gegenteil, die Verhaitnisse liegen, wie ich schon
oben bemerkte, wahrscheinlich von Fall zu Fall anders. Aber
bei dem einen oder anderen der primBr toxischen Sera . . .
muBte doch ernstlich in Betracht gezogen werden, ob nicht
die Ursache der Giftwirkung namentlich bei intravenbser Ein-
verleibung auch in der Struktur dieser Sera liegt usw.‘‘
Es ist mir unverstandlich, wie die Autoren meinen vor-
sichtig formulierten Standpunkt, der sich ausdrucklich gegen
eine Generalisierung verwahrt, in der obigen Weise wieder-
geben konnten. Es eriibrigt sich darum fiir mich, auf die
von den beiden Autoren auf Grund dieser irrigen Auffassung
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
216
Hermann Dold,
Digitized by
vorgenommenen Tierversuche einzugehen, zuraal da auch hier
wiederum die falsche Fragestellung wiederkehrt.
Die Autoren weisen in vorwurfsvollem Tone darauf bin,
daB ich meine Anschauungen iiber das Anapbjlatoxin gegen-
iiber frflber geSndert babe. Darauf mScbte icb erwidern, daB
die Vorstellungen, welcbe wir von den Dingen baben, von
den uns bekannten und neu bekannt werdenden Tatsacben
abbangig sind. Aendern oder erweitern sicb unsere Kennt-
nisse, so andern wir ancb unsere Anscbauungen. Handelten
wir anders, waren wir keine objektiv denkende Wesen.
Wenn Friedberger und Putter schlieBlicb ibre An-
sicbten fiber die strittige Frage dabin zusammenfassen: „Wir
wollen es ganz dabingestellt sein lassen, ob nicbt scblieBlich
docb allerfeinste Strukturverfinderungen im anapbylatoxin-
baltigen Serum vorbanden sind. Aber das, was von im Agglu-
tinoskop sichtbaren Verfinderungen vorliegt, steht jeden-
falls in keinem Zusammenbang mit dem Anapbjlatoxin, und
ob es bei feineren Strukturverfinderungen der Fall ist, wissen
wir nicbt“, so durfte dies ungefabr das gleicbe sein, wie wenn
wir in der umstrittenen Arbeit sagten: „Wir wissen beute
nocb nicbt, ob die von uns gesebenen und bescbriebenen
grfiberen Flockungen oder die feineren, mit dem Agglutino-
skop nicbt raebr erkennbaren, die biologiscb wirksamen sind“.
Und es sei hier nocb erwahnt, daB in der Zwischenzeit
franzosische Forscher auf anderem Wege zu einem ahnlichen Er-
gebnisse gekommen sind. W. K o p a c z e w s k i ^), R o f f o, A. H.
und H. L. fassen das Ergebnis ihrer Studien fiber Ober-
flachenspannung dabin zusammen: „Une fois de plus ces
r6sultats arrivent a confirmer que I’anaphylaxie n’est qu’une
reaction de flocculation colloidale etc.“
Zusammenfassung.
1) Auf Grund der Beobachtung, daB unter den gleichen
Bedingungen, unter denen bekanntlich das Bakterienanaphyla-
toxin auftritt bzw. verschwindet, eine eigenartige Struktur-
veranderung der Meerschweinchensera, namlich eine durch
homogene Trfibung erkennbare kolloide Flockungsphase, auf-
1) W. Kopaczewski, A. H. und H. L. Roffo, C. r. hebd. Acad,
sciences, T. 170, 1920, p. 1409.
Google
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAI6N
Ist das Anaphylatoxin charakterisiert usw.
217
tritt bzw. verschwindet, wurde in einer frflheren Arbeit zu-
nSchst nur gesagt, daB das Anapbylatoxin durch eine eigen-
artige Flockungsphase der Serumglobuline charakterisiert sei.
Es wurde ausdrflcklich betont, daB „wir noch nicht wissen,
ob die von uns gesehenen iind beschriebenen grbberen
Flockungen oder die feineren, uiit dem Agglutinoskop nicht
mehr erkennbaren, die biologisch wirksamen sind^. Bei dieser
Sachlage erschienen Tierversuche verfrflht und wenig aus-
sichtsreich.
2) In der Absicht, obige Angaben nachzuprflfen, haben
Friedberger und Putter Tierversuche angestellt. Dabei
ist ihnen folgender Lapsus passiert: Obwohl sie im Titel ihrer
Arbeit die richtige Fragestellung (Ist das Anapbylatoxin
charakterisiert durch eine eigenartige Flockungsphase der
Serumglobuline?) iibernoramen haben, argumentieren sie in
der Arbeit selbst, als ob von uns behauptet worden wBre,
das Anapbylatoxin sei schlechthin gleich Flocken-
bildung (und zwar grob disperse, im Agglutinoskop
erkennbare, vom geklSrten Medium sich abhebende Flocken).
Nachdem sie diese falsche Fragestellung, die schon nach
unseren Beobachtungen im negativen Sinne beantwortet werden
muBte, im negativen Sinne beantwortet batten, flbertrugen sie
diese negative Antwort auf die im Titel der Arbeit stehende
richtige Fragestellung. *
Ganz abgesehen von der falschen Fragestellung, sind
unseres Erachtens die Tierversuche von Friedberger und
Putter nicht einwandfrei und flberzeugend, schon wegen der
zu verschiedenen und im allgemeinen zu hohen Tiergewichte.
3) Obwohl die nach Einsaat geeigneter Bakterien im
frischen Meerschweinchenserum sich abspielenden Flockungs-
vorgange als Beispiel fOr analoge in anderen Tierseren nach
Bakterieneinsaat auftretende Flockungsprozesse betrachtet
werden dflrfen, ist es nicht angangig, die fttr den klassischen
Anaphylatoxinversuch im Meerschweinchenserum von uns ge-
nauer studierten Verhaitnisse ohne weiteres auf andere Tier-
sera zu (ibertragen.
1) Es ist wohl richtiger, zunachst nur von einer Flockungsphase des
Serums zu sprechen, da wir noch nicht bestimmt sagen konnen, welche
Telle des Serums an dem Vorgang beteiligt sind.
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
218 Hermann Dold, 1st das Anaphjlatoxin charakterisiert usw.
Digitized by
4) Was die Frage der primilren Serumgiftigkeit anlangt,
so muB ich den von Friedberger und Putter mir zu-
geschobenen Standpunkt ablehnen. Mit ihrer uneingeschrSnkten
Behauptung: „Auch die primBre Giftigkeit der Sera hat D o 1 d
mit den Flockungen in Zusammenhang gebracht", erwecken
sie den Eindruck, als hfttte ich generell die primSre Giftig¬
keit normaler Sera mit Flockungen erklaren wollen, wahrend
ich in Wirklichkeit, unter ausdriicklicher Ablehnung jedes
generellen ErklSrungsversuches und unter Betonung des
komplizierten Charakters dieser Frage, nur gesagt habe, dafi
„ich glaube, daB uns das VerstSndnis f(ir die Giftigkeit
inancher primSr toxischer Normalsera erleichtert werde, wenn
wir auch das seroskopische Verhalten dieser Sera berflck-
sichtigen“.
[Aus dem Hygiene-Institut der Universitat Greifswald.]
„Anaphylatoxin und Scruinflockung.^‘
Entgegnung auf vorstehende Erwiderung
von Hermann Dold,
Von E. Friedberger und E. Putter.
Auf die vorstehenden Ausfiihrungen Do Ids wollen wir
hier nur insofern eingehen, als es zur Richtigstellung des
Sachverhaltes unbedingt notwendig ist.
1) Dold meint, es sei uns der „Lapsus“ passiert, daB
wir nur „iin Xitel unserer Arbeit die richtige Fragestellung
(von ihm) flbernommen hatten‘‘, aber „in der Arbeit selbst
argumentieren, als ob (von Dold) behauptet worden ware,
das Anaphylatoxin sei schlechthin gleich Flockenbildung (und
zwar grob disperse, im Agglutinoskop erkennbare, vom ge-
kiarten Medium sich abhebende Flocken)“. Dagegen mussen
wir uns entschieden verwahren,
Wenn jetzt Dold bestreitet, daB das Anaphylatoxin
identisch sei mit irgendwelchen, irgendwann und irgendwo auf-
tretenden Flocken und meint, daB auch unter dem optisch
leeren Serum „sich wohl ein derartiger kolloidaler Flockungs-
Google
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Friedberger u. Putter, „Anaphylatoxin und Serumflockung". 219
zustand verbergen k6nne“ und daC „diese Dinge von ver-
schiedenen Augen nicht vdllig gleichmSBig gesehen werden
m6gen“, so ist das doch ein glattes Zugestandnis der Tat-
sache, daB eben filr das norraale Auge und auch fflr das mit
dem Agglntinoskop bewaffnete normale Auge ein optisch leeres
Serum giftig sein kann, daB also die sichtbaren Flockungen
nicht mit dem Anaphylatoxin in Zusammenhang gebracht
werden konnen. Das ist also das, was auch wir gesagt haben *).
Und wenn jetzt Dold meint, daB wir die richtige Fragestellung
aus dem Xitel seiner Arbeit falsch (negativ) beantwortet haben,
so liegt es bloB daran, daB er seiner Arbeit als Xitel
eine falsche Behauptung vorausgestellt hat. Der
Xitel lautet: „Anaphylatoxin charakterisiert durch eine eigen-
artige Flockungsphase der Serumglobuline.“
Unsere Nachprufung der Arbeit mittels der Methode,
durch die man allein bis heute das Anaphylatoxin erkennen
kann, nftmlich der Xierversuche, hat aber ergeben, und die
jetzigen Ausfflhrungen von Dold erkennen es an, daB das Ana¬
phylatoxin nicht durch eine eigenartigeFlockungs-
phase der Serumglobuline charakterisiert ist, wenigstens
nicht durch eine, die man mit den bis heute zur Verfiigung
stehenden Hilfsmitteln wahrnehmen kann.
2) Unverstandlich sind uns D o 1 d s Ausfflhrungen bezflg-
lich des Zentrifugierens. Er schreibt hier, und annflhernd
wortlich auch im Arch. f. Hygiene, Bd. 89, p. 379, daB „in
alien frflheren Arbeiten, auch in denen von Friedberger
und seinen Mitarbeitern, sich keine genauere Angabe flber die
Art und Dauer des Zentrifugierens findet“. Es genfigt darauf
hinzuweisen, daB Friedberger schon im Jahre 19118) auf
die Wichtigkeit der Zentrifugierzeit und - Intensitflt hin-
gewiesen und auBerdem in einer gemeinschaftlichen Arbeit mit
1) Wir haben beide Sehscharfe 1.
2) Dolds Angaben sind im ubrigen recht wenig prazis. Wir sagen
ausdriicklich im Anfang unserer Arbeit und miiseen es noch heute nach
wiederholter Lektiire der Dold schen Arbeit aufrecht erhalten: „E8 ist uns
nicht recht moglich, aus ihr zu einem klaren Ergebnis iiber diese Frage
zu kommen, da die Angaben etwas unbestimmt sind und sich teilweiae
sogar zu widersprechen scheinen."
3) Friedberger, Centralbl. f. Bakt., Abt. I, Ref., Bd. 50, 1911,
Beiheft, p. 71.
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
220 E. Friedberger und E. Putter,
Joachimoglu^) zur mdglichsten Entfernung der StMrke aus
den Serum-Kleistergeraischen nach Schmidt die Methode
durcb Einfubrung der fraktionierten Zentrifugierung noch
weiter vervollkommnet hat. In dieser Arbeit und in unsern
folgenden iiber dieses Thema sind auch die Zentrifugier-
zeiten ausdriicklich angegeben. Wir mQssen uns urn
so mehr wundern, daB Dold in seiner vorliegenden Erwide-
rung diese irrtflmlichen Behauptungen aufrecht erhait, als wir
doch in einem Schreiben vom 7. Februar 1921, nach dem Er-
scheinen der Arbeit im Arch. f. Hygiene*), ihn darauf aufmerk-
sam geinacht haben.
Es freut uns aber, aus dieser Arbeit zu ersehen, daB
auch Dold der Meinung ist, es bliebe von in Serum ein-
gesaten Agentien trotz scharfen Zentrifugierens noch viel in
den Abgussen zuriick und speziell, worauf Friedberger
beziiglich der Starke schon ausdriicklich hingewiesen hatte,
an der Glaswand infolge von Adsorption haften. So kommt
denn auch Dold zu einer Bestatigung der von Friedberger
aufgestellten Vermutung®), daB auch in den Agarversuchen
Bordets die Giftbildung wenigstens teilweise rein mechanisch
durch im Serum zuriickgebliebene, hier gequollene Agar-
partikelchen zu erklaren sei.
Wenn wir in unserer Arbeit geschrieben haben: „Auf
die Giftigkeit des Serums (d. h. das Anaphylatoxin) ist die
Zentrifugierzeit ohne EinfluB^, so bedeutet das doch nicht,
daB die Zeit ohne EinfluB ist. Es ist ja allgernein anerkannt,
daB, wie Friedberger bereits vor iiber 10 Jahren gezeigt
hat, das Anaphylatoxin eine zeitlich begrenzte Erscheinungs-
phase ist und allmahlich, etwa im Verlauf von 24 Stunden
bei Brutschranktemperatur, in eine ungiftige Phase iibergeht.
Dabei ist es natiirlich „gleichgiiltig, ob das Gift irgendwo steht
Oder in der Zentrifuge lauft“. Das hat aber selbstverstand-
lich nichts damit zu tun, daB ein AnaphylatoxinabguB giftig
Oder ungiftig ist, einerlei, ob er sichtbare Flocken enth<,
Oder ob diese durch 10—30 Minuten langes Zentrifugieren
1) Friedberger-Joachinioglu, Zeitsehr. f. Hyg., Bd. 84, 1917,
p. 336.
2) Dold, Arch. f. Hyg., Bd. 89, 1920, p. 373.
3) Diese Zeitschr., Bd. 30, 1920, p. 282, Fufinote 2.
Digitized by
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-C HAMPAIGN
„AnaphyIatoxiD und Herumflockung'*.
221
(um iSngere Zeitspannen handelt es sich aber nicht) bei
niederer Teraperatur ausgeschleudert warden.
3) Wendet sich Dold gegen unsere Tierversuche. Er
schreibt allerdings in seiner zuletzt erschienenen Arbeit (Arch,
f. Hyg.) — bei der Niederschrift wohl noch in Unkenntnis
unserer Veroffentlichung — bezflglich des Zusammenhangs
der Flocken mit der Giftigkeit:
„Al8 bewiesen kdnnte diese Vermutung allerdings erst dann gelten,
wenn es einerseits durch Verbesserung unserer Beobachtungsmittel gel^ge,
anch solche feine Globulinflockungen zu Gesicht zu bringen, und anderer-
seits in Tierversuchen der Nachweis erbracht wiirde, daB ein Parallelisraus
zwischen der Giftigkeit und dem Auftreten solcher feiner Flockungen.“
Hier also erkennt auch er das ausdrucklich an, was wir
schon zuvor gesagt, aber auch ausgefuhrt haben, daB nur der
Tierversuch eine Entscheidung bringen kann. Unsere eigenen
Versuche, die aus dem Wunsch heraus entnommen waren,
diesen Parallelismus nachzuweisen, und eindeutig zu dem
Dold entgegengesetzten Ergebnis gefflhrt haben, iBBt Dold
aber nicht gelten. Er schreibt, daB wir nicht nur eine falsche
Fragestellung hStten, einen Vorwurf, den wir oben schon
zuriickgewiesen haben, sondern daB wir in unseren Versuchen
mit 25 Tieren Serumart, Bakterienart, Inkubationszeit, Zentri-
fugierzeit, Tiergewicht, Injektionszeit so oft variiert hatten,
daB im ganzen 26 Varianten erzielt wurden. Mit Emphase
fragt er dann: „Wo bleibt da das „ceteri3 paribus“, welches
doch — in geniigender breiter Form — die Grundlage und
Voraussetzung fur einwandfreie Tierversuche bilden aollte“?
Jeder Leser, der unsere Arbeit nicht zur Hand hat, muB
danach den Eindruck gewinnen, als ob wir die elementarsten
Fehler in unseren Tierversuchen begangen hatten, die man
selbst einem Anfanger auf diesem Gebiete kaum zutrauen
dflrfte.
Wir sehen uns deshalb genStigt, im nachstehenden noch
einmal unsere gesamten Tierversuche in Form einer Tabelle
zu bringen, die so angeordnet ist, daB man in den einzelnen
Versuchsreihen I — X die Tiergewichte, die Injektions-
dosen und Injektionszeiten fettgedruckt untereinander er-
sehen kann.
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
222
E. Friedberger und E. Putter,
Versuchs-
reihe
1 .
o
Senimart
i
1 Bakterienart
1
j Flockungszustand
Tier-
gewicht
Injektions-
dosis
Injektions*
zeit
Ergebnis
1 i
Bemer-
kungen
I
1
1 Meerschwein-
chen
Typhus
minimale Flockung
1
3.5
j 14"
leichte Dyspnoe,
sonst 0 . B.
2
Pferd
1
leer
230
' 1
3,0
1
15"
leichte Dyspnoe,
! sonst 0 . B.
1
ri
3
Meerschwein-
chen
Prodigiosus
Starke Flockung
230
2,5
12**
0 . B., lebt
4
1 Hammel
schwache Flockung
230
2,5
1
t in 60'
5
Kuninchen
JJ
ganz schwache Flok-
kung
280
2,5
12"
t sofort
III 1
6
Meerschwein-
chen
Prodigiosus
leer
'240
3,5
1
,20"
t sofort
7
Pferd
>»
leer
^ 240
3,5
'20"
t sofort
j
8 :
!
Pferd
—
1 Starke, klare Flok-
kung
240
i
1,0
20"
1
0 . B., lebt
Kon-
trolle
IV
9
1
1
Meerschwei li¬
chen
Prodigiosus
fast leer, minimale
Flockung
200
1
4,0
18"
Starke Dyspnoe,
erholt sich sehr
spat
10
Pferd
” 1
leer
1
'220
4,0
17"
1
Dy^spnoe, erholt:
sich sehr rasch
V
11
Meerschwein-
chen
Prodigiosus
; ganz feine Flockung
! in klarem Medium
'200
3,0
15"
schwere Dyspnoe,
erholt sich sehr
langsam
1
1
12
Mensch
n
ganz feine Flockung
in klarem Medium
'2(K>
^3,o;
15"
leichte Dyspnoe,
sonst 0 . B.
VI 1
13
Meerschwein-
Prodigiosus
leer
280
3,5
15"
schwere Dyspnoe,
14
Pferd .
»»
leer
'2'20
3,5
16"
Kriimpfe, f in 6'
15
1
Pferd j
1
minimale Flockung,
an der Grenze der,
Sichtbarkeit 1
'23(»
i 3,5
15"
Kriimpfe, t in 5'
Kon-
trolle
VII
16 1
17 ^
Meerschwein-
chen
Pferd
Prodigiosus
JJ 1
leer
leer
3(10
'280
1
3,5 1
3,5
15" 1
15"
Starke Dyspnoe,
erholt sich nur
ganz langsam
leichte IJnruhe,
sonst 0 . B.
18
Pferd
—
minimale Flockung,
gerade erkcnnbur
300
3,5
16"
0. B. j
Kon-
trolle
VIII
19
Rind
1
leer
'2(MI
1,0
schwerer Shock,
t in 2'
20
Kalb
Flockung an der
Grenze der Sicht¬
barkeit
'2(H)
1.0
i
6"
nach 2' begin-
nende Dyspnoe,
Kriimpfe, t in 10'
Digitized by
Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
„Anaphylatoxin und Serumflockung.“
223
Versuchs-
reihe
Lfd. No.
Serumart
i
1 i
1
Bakterienart
i
1
1
Flockungszustand
Tier¬
gewicht
Injektions-
dosis
Injektions-
zeit
Ergebnis
Bemer-
kungen
IX ,
21 '
Rind
_
leer
>200
0,5
4"
Shock, t in 32'
22 ^
Ealb
Flockung an der
Grenze der Sicht-
barkeit
200 !
1
1_^
0,5 i
1
6"
1
leichte Krampfe,
Dyspnoe, ernolt
sich
1
1
X
' 23
Ochse
—
wen ig CTobe, m assen-
haft leine Flocken
240
0,6
5"
Dyspnoe,Krampfe,
t in 10'
1
24
!
Rind
—
massenhaft feine
Flocken
2f>0
! 0,0
1
8"
schwere Dyspnoe,
. t in 38'
25
1 Rind
—
leer
290
, 0,6
; o"
‘ Krampfe, f in 53'
Es ergibt sich, daB das Tiergewicht jeder Reihe bis
auf eine einzige (VI) konstant ist oder hochstens um 20 g
dififeriert (kein Tier unter 200 gl). Ebenso verhait es sich
mit den Injektionszeiten, die (mit der Stoppuhr bestimmt) in
den jeweiligen Versuchsreihen einraal um 3, sonst hochstens
urn 1 Sekunde „variieren“.
Die Dosen waren in den einzelnen Reihen konstant bis
auf 2, wo sie bei einem Mindestvolum von 3,0 (Reihe I) und
3,5 (Reihe III) um 0,5 differierten. Aber gerade in den Ver-
suchen, in denen als Injektionsdosis 3,5 gegen 3 bei der Kon-
trolle (Reihe I) und 4 gegen 3,5 gegeben wurde (III), handelte
es sich bei den groBeren Dosen um geflockte Abghsse, wo
also die groBeren Dosen eine Belastung der Ver-
suchsanordnung zuungunsten unserer Frage-
stellung bedeuteten. Es ist das eine „Variierung‘‘, wie
sie fflr jeden gewissenhaften Experimentator selbstverstBndlich
ist und aus der fiiglich auch seitens eines Gegners kein ledig-
lich irrefiihrender Vorwurf gemacht werden sollte. Auch in
dem Versuch, in dem die Injektionszeit etwas langer aus-
gedehnt wurde, 8 Sekunden statt 5 (Reihe X), handelte es sich
um einen AbguB mit massenhaften Flocken, wo bei der lang-
samen Injektion eher ein Ueberleben zu erwarten gewesen
wfire, als bei der kurzeren Injektion des leeren Abgusses.
Der Tod trat aber trotz der langsamen Injektion noch rascher
ein (t 38 Min.) als bei der schnelleren (f 53 Min.) ein. Also
auch hier eine Belastung der Versuchsanordnung
durch die „Variierung“ zuungunsten unserer
Fragestellung.
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
224 Friedberger u. Putter, „Anaphylatoxin und Berumflockung“.
Digitized by
Ebenso haltlos sind Dolds Einwfinde gegen die Gewichte
unserer Tiere. Von 25 Tieren batten nur 6 ein Gewicht von
mehr als 250 g, wovon noch 2 von 290 g nach der Injektion
akut eingingen (X), sie waren also nicht zu schwer. In der
anderen Versuchsreihe (VII) blieben alle 3 Tiere am
Leben. Es ist also nur eine Versuchsreihe flbrig (VI), in der
die leichteren Tiere (220—230 g) akut eingingen, wahrend das
schwere Tier (280 g) entgegen unserer Voraussetzung am
Leben blieb. Hier wSre es zweckmaBiger gewesen, das 50 g
schwerere Tier (No. 13) als Kontrolle zu verwenden.
Wenn nun Dold trotzdem sagt, dafi in unseren einzelnen
Versuchsreihen „die Gewichte der Tiere oft betrachtlich vari-
ieren“, so ist das falsch. Es trifft bestenfalls filr eine einzige
der 10 Versuchsreihen, nSralich No. VI, zu.
Weiter wird in Sperrdruck behauptet, das Gewicht der
Kontrolle sei nicht angegeben. Auch das ist unrichtig. Bei
einer etwas sorgfaitigeren Berflcksichtigung der gegnerischen
Arbeit, wie man sie doch vor allera bei einer Erwiderung er-
warten sollte, hatte Dold ohne weiteres sehen kOnnen, daC in
der Tabelle samtliche Gewichte angegeben sind.
Die herabsetzende Kritik Dolds an unseren Tierversuchen
ist also irrefahrend und falsch. Sie wird von niemand als
objektiv beurteilt werden kSnnen. Seine Behauptungen ent-
behren jeder Grundlage. Wir weisen sie als vSllig ungerecht-
fertigt und unhaltbar zQruck.
Auf die weiteren Ausfahrungen von Dold gehen wir
heute nicht ein. Sie stellen inhaltlich lediglich eine Wieder-
holung dessen dar, was er schon in seiner ersten Arbeit Qber
diesen Gegenstand geschrieben hat. Wir konnten daraufhin
auch nur die gewichtigen Argumente wiederholen, durch die
wir alle diese Punkte bereits in unserer fraheren Arbeit wider-
legt haben.
Google
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
H. Bold, BemerkuDgen zu voretehender Entgegnung ubw. 225
BoDierkiingen zu Torstehender Entgegnung
Ton E. Friedberger und E. Putter.
Von H. Bold.
Zu vorstehonder Entgegnung erlaube ich mir folgendes
zu bemerken:
1) Meine BehaUptung, dafi die Friedberger-Putter-
schen Versuche auf einer falschen Fragestellung aufgebaut
Bind, finde ich in der vorstehenden Entgegnung zwar zuriick-
gewiesen, aber nicht widerlegt.
2) Die Tatsache bleibt bestehen, daB allgemein in den
fruheren (vor 1917) Arbeiten fiber das Anaphylatoxin, auch
in denen von Friedberger und seinen Mitarbeitern, regel-
maBige nnd genaue Angaben fiber Art und Dauer des Zentri-
fugierens in den Protokollen fehlen,
3) Auch die Tatsache bleibt bestehen, daB in der frag-
lichen Arbeit (diese Zeitschr., Bd. 30, p. 321) die Angaben
der Autoren fiber die Gewichte der bei ihren Versuchen
verwendeten Tiere einerseits im Text (p, 328, 230—250 g)
und andererseits in den Protokollen bzw. in derUeber-
sichtstabelle (p. 340 —343, 200 —300 g) sich wider-
sprechen.
4) Ebenso bleibt die Tatsache bestehen, daB in den
Versuchsprotokollen ini Text bei den Versuchen 13—15
und 16—18 (p, 334/35) zwar die Gewichte der Versuchstiere,
aber nicht die Gewichte der Kontrolltiere angegeben sind.
Ich gebe zu, daB in der Uebersichtstabelle samtliche
ZeiUfhr. f. ImmunitliUforBchQng. Orlg. Bd. 32. 15
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
226 Do Id, Bemerkungen zu vorstehender Entgegimng usw.
Digitized by
Tiergewichte angegeben sind, aber die urspriingliche
Tabelle, die ftir mich allein inaBgebend sein konnte, war
nicht so libersichtlich und enthielt nicht die Bezeichnung
„Kontrollen‘‘, wie die jetzt von den Autoren in neuer Form
wiedergegebene Tabelle.
5) Meine sonstigen EinwSnde gegen die Friedberger-
Putterschen Tierversuche scheinen rair durch die „Ent-
gegnung“ nicht entkraftet worden zu sein.
Im ubrigen habe ich den Eindruck, daB noch allerhand
MiBverstandnisse vorliegen. Trotzdem glaube ich auf eine
nochmalige, eingehende Erdrterung verzichten zu konnen, da
es dem aufmerksanien und kritischen Leser der in Betracht
koinmenden Arbeiten nicht schwer fallen wird, fiber die hier
erorterten Differenzen sich selbst ein Urteil zu bilden.
Sachliche Berichtigung hierzu.
Von E. Friedberger und E. Putter.
Zu 1: Ein Eingehen auf diesen Punkt liegt auBerhalb
des Rahmens einer sachlichen Berichtigung und erscheint uns
auBerdem zwecklos. Wir verweisen auf unsere Arbeit und
die vorstehende Entgegnung und fiberlassen im fibrigen das
Urteil dem Leser.
Zu 2: Dold hat es offenbar trotz unseres genauen
Literaturhinweises in unserer vorstehenden Entgegnung unter-
lassen, die betreffende Stelle im Original noch einmal nach-
zulesen, sonst ware seine Behauptung unverstandlich. Sie ist
falsch. Es heiBt dort wortlich (Centralbl. f. Bakt., Abt. I, Ref.,
Bd. 50, 1911, p. 71, Beiheft);
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN- -
E. Fried berger and E. Putter, Sachliche Berichtigiing hierzii. 227
„\Veiin man namlich nach Kontakt des Serums mit dem Kaolin
eine Viertelstunde lang bei 4000 Umdrehungen zentrifugiert, so erscheint
das Serum vollig klar. Wenn man aber den klaren AbguS wiederum
zentrifugiert, so erhiilt man wiederum einen nicht unbetrachtlichen Boden-
satz aus dem scheinbai- vollig klaren Serum: Auch nach einem weiteren
viertelstiindigen Zentrifugieren bei 4000 Umdrehungen ist das Kaolin noch
nicht vollig entfernt, erst nach einer Stunde hatten wir keine sichtbaren
Bodensiitze mehr.“
Hier hat also bereits vor 10 Jahren der eine von uns
die Forderung der restlosen Entfernung der Suspensions-
partikel aus dem Serum aufgestellt.
Zu 3/4: Fur eine Kritik unserer Versuche konnten ledig-
lich die Tiergewichte in den Protokollen und in der Tabelle
maUgebend sein. Wenn im Text einleitend von Gewichten
von 230— 250 g die Rede ist, statt 200—300 g, so kann es
sich nur urn einen Druckfehler handeln. Das muBte Dold
aus der protokollarischen Tabelle ersehen, wo bei alien
Tieren die Gewichte angegeben sind, die zwischen 200 und
300 g schwanken. Sachlicit ist die Differenz bei
0 Tieren von 10 — 30g nach unteu, bei GTierenvon
30 — 50 g nach oben iu verschiedenen Versuchs-
reihen gleichgiiltig, wie auch Dold wissen rauB.
Das Wesentliche sind die Gewichte innerhalb
derselben Reihe.
Unsere urspriingliche Tabelle war durchaus ubersichtlich
nach sachlichen Gesichtspunkten geordnet. Wenn dabei die
Tiergewichte nicht so deutlich hervortraten wie jetzt, so ware
es eben Pflicht von Dold gewesen, auch nach dieser Richtung
hin die Tabelle vor seiner Kritik sorgfaltiger zu studieren.
Er hatte dann selbst eiu Bild bezuglich der Gewichte er-
halten miissen, wie es unsere Erwiderung ihm jetzt bietet.
Dann hatte er seine diesbeziiglichen Ausfiihrungen wohl ver-
mieden.
p. 332, 334, 335 unserer Arbeit sind die K o n t r o 11 -
versuche im Text ausdriicklich als sole he an¬
gegeben. In der Uebersichtstabelle p. 340 ff. sind die
Kontrollversuche jedermann kenntlich durch Vakatzeichen in
den betreffenden Sthben der Tabelle, DaB auch Dold die
lo*
Digitized by Google
Origiuai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Digitized by
228 E. Friedberger und E. Putter, Sachliche Berichtigung hierzu.
Kontrollversuche tatsachlich als solche aufgefaBt hat, ergibt
sich aus seiner ersten Entgegnung, wo er p. 213 irrttimlich
schreibt: „Das Gewicht der Kontrolle ist gar nicht angegeben.“
Es ist uns also ganzlich unverstandlich, was Bold mit diesen
Ausfiihrungen eigentlich will. Mit unseren Versiichsergebnissen
haben sie doch absolut nichts zu tun.
KuchdruoJicrd (Utncknn Pohlc) in Jena. — 41*17
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Zeitsclirifl; [ ImmonitUrsctiimg. Originale. fii 32. No. 3|4.
Naehdruck verbolen.
[Aus der Bakteriologischen Abteilung dee Beiofasgesundheitsamts.]
Ueber das Friedmaiinschc Tubcrknlose-Schutz- und -Heil-
mittel.
L Mitteilung 1).
Literarisch'kritische und experimentelle Untersuchungen Uber den
Friedmannschen Heil- und SchutzimpfstofT gegen die Tuberkulose.
Von Prof. Dr. Ludwig Lange.
(Eingt^angen bei der Redaktion am 31. Januar 1921.)
Inhaltsverzeichnis: Einleitung S. 230. — I. Literarisch-
kritischer Teil S. 232. 1. Die Btellung der Schildkrotenbazillen zu
den echten Tuberkelbazillen und ihre „Gefiihrlichkeit“ fur den Menschen
S. 232. a) Der I. Stamm Friedmanns S. 235. b) Kiinstliche Umwandlunga-
versuche echter Tuberkelbazillen in „Kaltbluter-TuberkelbaziUen“ S. 2m
c) Der II. Stamm Friedmanns S. 244. d) Der III. Stamm Friedmanns
S. 244. e) Die Viruleiiz des III. Stammes iiir Schildkroten S. 245. f) Die
Viriilenz des „Mittels“ fiir Schildkroten S. 246. 2. Die biologischen Ver-
wandtschaftsbeziehungen der ,,Saurefe8ten“ und der sogeuaniiten Ealt-
bliitertuberkelbazillcn zu den echten Tuberkelb.'izilleii S. 248. 3. Das \’cr-
halten der Friedmannbazilleii im Meerschweinchen S. 252. a) Der 1. Stamm
S. 252. b) Der II. Stamm S. 261. c) Der III. Stamm S. 261. d) Die
„Kultur“ S. 262. e) Daa „Mittel“ S. 266. f) Aus Impfabszessen bei
Menschen heraiisgeziichtete Stiimme S. 209. g) Allgemeine llemerkungen
zu den Meerschweinchenversuchen S. 272. h) Zusammenfassung S. 274 .
4 . Das Verhalten der Friedmaiinbazillen in andereii Laboratoriumstieren
5. 275. 5. Das kulturelle Verhalten dcr Friedmannbazillen S. 277. 6. Das
mikroskopische Verhalten der Friedmannbazillen S. 279. — II. Eigene
Untersuchungen S. 281. 1. Einleitung S. 281. 2. Das Wachstum der
Friedmannbazillen in den Kulturen S. 281. 3. Das mikroskopische Ver¬
halten des Mittels und der Ileinkiiltiiren S. 289. 4. Tierversuche mit dem
Originalmittel an Meerschweinchen und Kaninchen S. 290. 5. Tierversuche
mit aus dem Mittel herausgezuchteten Keinkultiiren S. 293. A. Meer¬
schweinchen S. 293. B. Kaninchen S. 303. C. VVeide Miiiise S. 304.
D. Ratten S. 307. E. Hiihner S. 309. F. Frosche S. 310. 6. Versuche
mit einem aus Friedmannbazillen hergestellten Tuberkulin S. 313. —
Ill. Zusammenfassung der Ergebnisse S. 316. A. Literarischer
Teil S. 316. B. Eigene Untersuchungen S. 319. — IV. Benutzte
Literatur S. 321.
1) Eine II. Mitteilung jjmmunisierungsversuche mit dem
Friedmannschen Tuberkulose-Sch utz - und -Heilmittel“
von P. Uhlenhuth, L. Lange und H. E. Kersten wird nachfolgen.
ZeHschr. (, ImmuoititUforKchunfr. Ortir. Bd. 32. 15
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
230
Ludwig Lange,
Einleitung.
In den nachstehenden AusfUhrungen soil eingehend fiber
den ersten Tell der umfangreichen Untersuchungen berichtet
werden, welche fiber das Friedmannsche Tuberkulose-
Schutz- und -Heilraittel in der Bakteriologischen Abteilung
des Reichsgesundheitsamts von mir ausgeffihrt worden sind.
Das Gesundheitsamt hatte schon in den Jahren 1904 bis
1906 Veranlassung genommen, sich mit den sogenannten
Friedmannschen Kaltblfltertuberkelbazillen zu beschaftigen.
Schon bei den Untersuchungen von Weber und Titze
(123) fiber die Immunisierung der Kinder gegen Tuberkulose
wurden auch Kaltblfitertuberkelbazillen und andere
saurefeste Stabchen herangezogen. Die Friedmannsche
Kultur war damals dem Amte allerdings nicht zuganglich,
dagegen hatte Taute (122) aus dem gleichen Bassin, in dem
sich die Fried mannschen Schildkroten befanden, und ebenso
aus dem Kbrper eines einer anderen Krankheit erlegenen
Seeaales (Conger vulgaris), der mit der Schildkrote das Bassin
geteilt hatte, Kulturen herausgezfichtet, von denen Weber
und Taute annahmen, sie seien als identisch mit der Fried-
mannschen Kultur anzusehen ^).
Die Bpeziell mit diesen Kulturen an 3 Rindern ausgefuhrten Ver-
Buche batten das Ergebnie, dafi eines der vorbebandelten Tiere zur gleicben
Zeit mit der Kontrolle einging, das zweite 17 Tage Bpater als das Kontroll-
tier und das dritte allerdings am Leben blieb, aber scbwer erkrankte und
bei der 7 Monate nacb der Nacbimpfung vorgenonimenen Scblacbtung
Bcbwere SeroBatuberkulose in Brust- und Baucbboble, scbwere Driisen-
tuberkulose, geringgradige der Lungen, Milz und Nieren und auBerdem
einen Konglomerattuberkel im Gebim mit Tuberkulose der Hirnbaute
aufwies.
Mebr als eine nur miifiige Resistenzerbobung wurde also nicbt fest-
gestellt; auBerdem ist nacb unserer beutigen Elrkenntnis das Verbalten
eines einzigen Kontrolltieres nicbt geniigend beweiskraftig.
1) Nacb unserer beutigen Kenntnis der Sachlage ist diese damals
durcbaus berecbtigte Annabme allerdings nicbt ziitreffend, scbon aus dem
Grunde, weil ein Hauptmerkmal der Friedmann-Bazillen, namUcb das
Wacbstum bei 37°, bei diesen Kulturen feblte. (Der einzige von den
36 Stammen der Autoren, der bei 37“ wucbs, war aus einer Froecbleber
gewonnen worden.)
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Ueber das Friedmannsche Tuberkulose-Schutz- und -Heilmittel. 231
Der Friedmannsche Stamm, Oder wie man heute
richtiger sagen muC, die Friedmannschen Stamme, standen
dem Amte auch fiir die Folgezeit zun^chst nicht zur Ver-
fugung. Erst nach der Freigabe des Mittels durch Fried¬
mann am 25. Okt. 1913 war die Moglichkeit gegeben, die
Bazillen aus den das Mittel darstellenden Aufschwemmungen
herauszuzuchten. Am 14, Jan. 1914 wurde mit der bakterio-
logischen Untersuchung und Verimpfung von 2 an diesem
Tage bezogenen Ampullen No. 2 und 4 begonnen,
Es eei gleich hier vorausgeschickt, da6 die damaligen Versuche durch
den Krieg eine jahe Unterbrechung erlitten. Bei Kriegsausbruch wurde der
seit Mitte Juli im Urlaub befindliche Verfasser sofort zum Heeresdienst
eingezogen; kurz danach, Anfang August, mufiten samtliche im Versuch
befindlichen Tiere getbtet werden. Die wahrend meines Urlaubs gestorbenen
Tiere wurden durch den damaligen wissenschaftlichen Hilfsarbeiter Dr.
Roos, samtliche nach Kriegsausbruch getdteten Tiere durch den seit vielen
Jahren im Tuberkulose-Laboratorium des Reichsgesundheitsamts tatigen
Praparator Schwerdtner genau obduziert. — Die Obduktionsbefunde
wurden schriftlich niedergelegt, so dafi sie nach meiner Riickkehr von mir
doch verwendet werden konnten, da gliicklicherweise der zwischen Impfung
und Totung der Tiere verflossene Zeitraum ein ausreichend langer war,
um eine abschlieSende Beurteilung der Versuche zu ermoglichen.
Unsere Versuche hatten in erster Linie den Zweck,
dasVerhalten der Friedmannbazillen im Korper
der gebrSuchlichen Laboratoriumsversuchstiere
festzustellen und so Anhaltspunkte iiber den Grad derVer-
wandtschaft zu echten Tuberkelbazillen zu gewinnen. Die
Beziehungen zu diesen waren es ja gerade, die
nicht nur fur dieFrage der Schadlichkeit fiir den
Menschen, sondern ebenso fiir den Wert als
Immunisierungs- und Heilmittel von ausschlag-
gebender Bedeutung sind.
Infolge der groBen Zuriickhaltuug Friedmanns hinsicht-
lich bestimmter und scharfer Angaben iiber sein Mittel war
es bis zu der am 27. Juli 1914 — also erst nachdem unsere
eigenen in dieser Hinsicht durchgefiihrten Versuche des
Jahres 1914 zu einem gewissen AbschluB gekommen waren
— erfolgten Verbffentlichung Friedmanns (43) auBerst
schwer, ja man darf wohl sagen unmoglich, sich ein klares
Bild dariiber zu machen, woraus der als Mittel benutzte Stamm
16 *
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
232 Ludwig Lange,
herrflhrte und was mit ihm seit seiner Auffindung vorge-
nommen wurde,
Durch diese Unklarheit war und ist es bedingt, daB sich
in der Literatur und in privaten AeuBerungen neben geradezu
grotesk-phantastischen Vermutungen, wie z. B. daB Fried¬
mann seinem Mittel oder den verwendeten Kulturen absicht-
lich echte Menschentuberkelbazillen in geringer Menge beifiige
Oder daB auch die als Verunreinigungen bekannten verschiede-
nen Bakterien eine absichtliche Beimengung darstellten —
eine so groBe Zahl von einander widersprechenden Beob-
achtungen vorfinden.
Bevor daher an die Mitteilung unserer eigenen Befunde
gegangen wird, durfte es sich lohnen, eine objektive un-
parteiische, wenn auch kritische Zusammenstellung
der Literaturangaben zu versuchen. Dabei soil von
allem abgesehen werden, was sich auf die Frage der Schutz-
oder Heilkraft der Friedmannbazillen bezieht. Nur die
Frage der Kulturen und Stamme, ihres Verb aliens
im Tierkbrper, sowie ihre Beziehungen zu echten
Tuberkelbazillen sollen in den Kreis der Betrachtung
gezogen werden.
I. Literarisch-kritischer Teil.
1. Die Stellung der Sohildkrotentuberkelbazillen zu den echten
Tuberkelbazillen.
Die verwandtschaftlichen Beziehungen der Schildkrdten-
tuberkelbazillen zu den echten Tuberkelbazillen sind, wie er-
wahnt, von grundlegender Bedeutung sowohl fflr die Frage
der Schadlichkeit oder GefShrlichkeit der Bazillen an sich, als
fur ihren schfltzenden und heilenden Wert.
Fiir seinen ersten Stamm nahm Friedmann derartige,
und zwar ziemlich enge Beziehungen an. Er und seine An-
hanger betonen immer wieder die Aehnlichkeit seiner Schutz-
impfung mit deni Jennerschen Verfahren und stellen dem
im Rinde abgeschwfichten Pockenvirus das in der Schildkrote
abgeschwachte ursprtinglich menschliche Tuberkulosevirus an
die Seite.
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
_ URBANA-CH AMPA IGN _
Ueber das Friedmannsche Tuberkulose-Schutz- und -Heilmittel. 233
Die Annahrae der menschlichen Herkunft rauBte zur Be-
fiirchtung fiihren, dafi bei der RQckimpfung die Friedraann-
bazillen im menschlichen Korper entweder schon an sich eine
abgeschwichte Tuberkulose erzeugen, oder durch irgendwelche
Ursache ihre ursprilngliche Pathogenitat und Virulenz wieder-
erlangen kdnnten.
Bevor man durch die Friedm annsche VerSffentlichung
vom Juli 1914 Genaueres iiber die Herkunft des zu seinem
Mittel verwendeten Stammes wuBte, wurden denn auch in der
Literatur eine Reihe von Stimmen laut, die die An wen dung
des Mittels als gefahrlich bezeichneten und sogar ein
Verbot befiirworteten.
Orth (93), der mit L. Rabinowitsch zwar nicht die aus der
Schildkrbte des Jahres 1902 herstaramenden Friedmannschen fSchild-
kroteiituberkelbazillen in Hiinden hatte, wohl aber von Friedmann vor-
behandelte (schutzgeimpfte) Meerschweinchen auf ihre Resistenz gegeniiber
nacbfolgender Infektion mit menschlichen und RindertuberkelbazUlen
priifte, kam auf Grund des Befundes an einem nicht nachinfizierten Tier
(Meerschweinchen No. 7) zur Aufstellung folgender 3 Punkte;
1) Der ychi Idkrotentuberkelbazillus kann im Meerschwein-
chenkdrper iiber Jahr und Tag lebend bleiben; 2) er erzeugt nur gering-
fiigige Veranderiingen bei diesen Tieren; 3) er erzeugt echte tuberkulose
Veranderungen bei diesen Tieren, muB also der Gruppe der Tuber-
kelbazillen zugerechnet werden (vom Verf. gesperrt).
Auf die Orthscben Befunde wird an einer spateren Stelle (siehe
p. 257) noch naher eingegangen werden.
Bekannt ist die Stellungnahme Westenhofers (124), der Fried¬
mann gegeniiber an der Fiihigkeit der Friedmannschen Bchildkroten-
tuberkelbazillen, im menschlichen Korper tuberkulose Veranderungen herbei-
zufiihren, festhielt.
Rabinow itsch (100) neigt auch dazu, die Friedmannbazillen fiir
den echten Tuberkelbazillen nahe verwandt zu halten. Verdachtig in
dieser HLnsicht erscheint ihr das Wachstum der BaziUen bei 37® und die
Avirulenz fur Schildkroten. Auf beide Punkte wird noch zuriickzukommen
sein. Auch sei in der Berliner Dermatologischen Klinik in der Wand eines
Friedmannabszesses beim Menschen tuberkulosee Granulationsgewebe mit
Riesenzellen festgestellt worden. Rabinowitsch sagt, die weitere
Priifung wird lehren, ob die Friedmannsche Kultur „etwa als ein ab-
gcscbwachter Saugetierbacillus mit besonderen kulturellen Eigenschaften zu
bezeichnen sein wird“.
Bie weist auf die Diskussionsbemerkungen von Citron (36a) hin,
der die Gefahr des Wiedervirulentwerdens hervorgehoben hatte und stimmt
ihm bei. „Gerade beziiglich des Tuberkelbazillus und seiner verwandten
Arten haben wohl alle E.xperimentatoren die Erfahrung gemacht, daB wenig
Digitized by Gocgle
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
234
Ludwig Lange,
Digitized by
virulente oder fast avirulente Stamme im Tierkorper aus bisher unbekannten
Grunden eine erhohte Virulenz annehmen konnen".
Brauer (13 u. 14) tritt den Befurchtungen von Westenhofer und
Rabinowitsch bei: „Der in dem Friedmannschen Mittel enthaltene
saurefeste Stamm ist nach diesen Untersuchungen imstande, bei warm-
bliitigen Versuchstieren Tuberkuloee hervorzurufen und ist somit nicht
unschadlich.“
Auch Meinicke (80), der von den Friedmannbazillen immer als
von Tuberkelbazillen schlechthin spricht, bezeichnet das Mittel als „recht
gefahrlich".
Aronson (3) reiht die Friedmannbazillen in eine Gruppe eiu,
die er unter der Bezeichnung „Tuberkelbazillen und nahestehende saure¬
feste Stabchen, die von Hause aus fiir den Menschen avirulent sind“, zu-
sammenfaUt.
Von denjenigen, die eine Pathogenitat der Fried¬
mannbazillen fur den Menschen abstreiten, seien
bier nur Kraus (70) und Kruse (73) genannt.
Bei ersteren findet sich der Satz: „Als Voraussetzung (fiir die An-
wendung des Mittels) geniigte mir, dafl ich wuBte und weifi, daS es sich
um eine aus einem tuberkulosen Tier geziichtete Kaltbliitertuberkelbazillen-
kultur handelte, die — bei warrabliitigen Versuchstieren — nicht Tuber-
kulose hervoruft, und ein Tuberkulin (natiirlich nicht etwa ein zugesetztes)
enthalt.“ Kruse spricht von der vOlligen Unschadlichkeit des Stammes
auch in hohen Dosen, bis zu 60 mg, fiir das Meerschweinchen.
Friedmann hat sich die Widerstdnde und Einwurfe, die
auf Grund der befurchteten nahen Verwandtschaft zu echten
Tuberkelbazillen gegen sein Mittel erhoben wurden, selbst zu-
zuschreiben. War er es doch selbst, der — fiir seinen ersten
Stamm, und iiber seinen endgultigen Stamm hat er sich ja
lange nicht klipp und klar ausgesprochen — an verschiedenen
Stellen auf solche engen Beziehungen hinwies. Hier seien
nur zwei Stellen wortlich wiedergegeben,
Aus der Erwiderung an Moeller (31): „Alle 5 Saurefeste (von denen
Moeller gesprochen) und der mit dem Moellerschen Blindschleichen-
bazillus ideiitische Karpfenbazillus von Bataillon und Terre und der
Froschbazillus sind Saprophyten. „Mit alien diesen hat der Schildkroten-
tuberkelbazillus nichts gemein, denn er verweist sich nach Herkunft,
Wirkungsweise und Aussehen der Kultur als ein echter,
nur wundersam mitigierter Tuberkel bazillus"*)-
Aus der Erwiderung (33) auf Libbertz und Ruppel (76) sei ent-
nommen: „Au8 der Tatsache, daB mit irgendwelchen echten Tuberkulose-
1) Voni Verf. gesperrt.
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Ueber das Friedraannsche Tuberktdose-Schutz- und -Heilmittel. 235
kulturen — und dieSchildkrdtentuberkelbazillenBindechte, urspriinglich
vom Menschen stammende und nur in wundersamer Weise
mitigierte Tu berkelbazilleu *), wie sich aus meinen samtlichen
Arbeiten ergibt — vorbehandelte Tiere. . .
Fiir seinen 3. Stamm, (lessen Aufschwemmungen eben
das „Mittel“ darstellen, laBt Friedmann selbstverstandlich
diese engen genetischen Beziehungen zu den menschlichen
Tuberkelbazillen fallen. Er spricht von ihm als von einer
„avirulenten, aber den Krankheitserregern doch nicht zu feme
stehenden Zwischeustufe“. Ffir diese Zwischenstufe wird jedoch
der Vergleich mit der Schutzpockenimpfung immer noch auf-
rechterhalten, wenn auch mit etwas mehr Einschrankung: „Es
sei darauf hingewiesen, daB bier (bei der Schutz- und Heil-
impfung) vielleicht ein Shnlicher Vorgang sich abspielt, wie
bei der Impfung durch die Schutzpocken, deren Wirkung sich
ja auch auf Jahre und Jahrzehnte erstreckt.“
Gegenuber den Befflrchtungen, der Schildkrotentuber-
kulosestamm kbnne im menschlichen Kbrper wieder virulent
werden, wird von Friedmann mit allem Nachdruck betont,
daB es sich urn einen Stamm handle, der nie Beziehungen
zum menschlichen Organismus gehabt habe, also nie fiir ihn
virulent gewesen sei und daher auch nicht virulent werden
kSnne.
Es ist natiirlich ohne weiteres zuzugeben, daB es heute,
wo die Erfahrungen vieler Jahre und die Beobachtungen zahl-
reicher Forscher vorliegen, und nachdem namentlich auch
Friedmann selbst sich fiber die Art und Herkunft seines
Mittels eingehender geSuBert hat, viel leichter ist, zu einem
klaren Urteil fiber die Angelegenheit zu kommen, als bis zum
Sommer 1914, und man wird Friedmann den Vergleich mit
dem J en n er-Verfahren, auf den er in den Jahren 1903 und
1904 so groBen Wert legte, keineswegs verfibeln konnen.
a) Der I. Stamm Friedmanns.
Wenn wir nun auch wissen, daB der heute benutzte Stamm
von Schildkrotentuberkelbazillen mit dem im Winter 1902 ge-
wonnenen nichts unmittelbar zu tun hat, so dfirfte es trotz-
dem von Interesse sein, festzustellen, ob die da-
1) Vom Verf. gesjierrt.
Digitized by Google
Origiuai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
236
Ludwig Lange,
Digitized by
raalige Annahme der raenschlichen Herkunft des
ersten SchildkrStentuberkulosestanimes eiaer
kritischen Nachpriifung standhait.
Die ersten von Friedmann (25—28) entdeckten Falle
von SchildkrStentuberkulose betrafen 2 Seeschild-
krbten (Chelone corticata) aus dem Berliner Aquarium.
Die erste Schildkrote, die am 6. XII. 1902 starb, war am 4. IX. 1902
bei Grade gefangen worden, einige Tage in einem Becken der Station in
Rovigno gewesen iind am 10. IX. 1902 nach Berlin geschickt worden, wo
sie bis 6. XII. 1902 mit toten Plotzen gefiittert worden war; die z weite, am
3. I. 1903 gestorbene Schildkrote war schon seit 2—3 Jahren im Berliner
Aquarium in einem Becken isoliert gehalten worden und mit der ersten
tuberkulbsen Schildkrote niemals in Beruhrunggekomnieu').
Die erste Schildkrote wies „Tuberkulose der ganzen rechten Lunge')
mit grofier Kaverne“, die zweite „Tuberkulose beider Lungen mit zahllosen
miliaren Herden und groBeren verkiisenden Herden" auf. Dieser vielleicht
nicht ganz belanglose Unterschied im pathologisch-anatomischen Bild ge-
winnt eine Bedeutung, wenn man die von Friedmann (26; p. 444) aus-
gesprochene Vermutung iiber die Ansteckung der Tiere durch ihren nach-
gewiesenermafien an offener Tuberkulose leidenden Wiirter daneben halt-
Da (lie beiden Tiere nie miteinander in Beriihrung ge-
kommen sind, miiBten sie wohl beide unabhangig voneinnnder
durch den Wiirter infiziert worden sein. Wiihrend die zweite
Schildkrote schon seit 2—3 Jahren im Berliner Aquarium
gehalten worden war, befand sich die erste nur iiber den
kurzen Zeitraum von nicht ganz 3 Monaten (84 Tagen) unter
der vermuteten Ansteckungsgefahr.
Nach den Erfahrungen beim Menschen und bei den
V^ersuchstieren wird man aber den Befund einer groBan Ka-
verne bei Schildkrote I gegeniiber dem bei der zweiten
Schildkrote erhobenen als den alteren ansehen mussen, wie er
auch der Ausdruck einer gewissen Virulenzabschwachung des
1) Gleichzeitig mit der ersten Schildkrote wurde in Grado eine zweite
(la) gefangen, die bis zum 10. IX. 1902 mit ihr zusammen in einem Becken
gehalten worden war, dann 35 Tage lang allein in einem Becken safi und
am 15. X. 1902 nach Berlin geschickt wurde, wo sie ab 17. X. 1902 mit
der Schildkrote I das Becken teilte. Bei ihrer Sektion am 23. XIL 1902
erwies sie sich makro- und mikroskopisch als ganz frei von Tuberkulose;
ebenso verliefen alle Zuchtungsversuche vcillig negativ.
2) Neben der groBen Kaverne fast die ganze rechte Lunge im Stadium
der grauroten bzw. grauen Hepatisation. Die Alveolen ausgefiillt mit Un-
massen von Bazillen.
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Ueber das Friedmannsche Tuberkulose-Schutz- und -Heilmittel. 237
Erregers oder einer erhohten Resistenz des Infektionstragers
— wenigstens bei Meerschweinchen — ist (Siebert, 110;
Orth, 91; Romer, 102a u. a., von Lowenstein bestritten).
Jedenfalls ist man veranlaBt, aus dem Befunde einer Kaverne
auf einen chronischen Verlauf zu schlieCen. Die Ansteckung
der ersten Schildkrote durch den tuberkulosen Warter muB
daher schon in Anbetracht der Kiirze der Expositionszeit als
wenig wahrscheinlich bezeichnet werden.
Audi die Ergebnisse der von Friedmann (27) aus-
gefuhrten Schildkroteninfektionen unterstutzen den eben aus-
gesprochenen Zweifel an der humanen Herkunft der Infektion.
Friedmann hatte am 4. I. 1903 von 4 Sumpfschildkrdten (Emys
europaea) 2 mit Aufschwemmungen von fein zerquetschten kasigen Knotchen
aus der Lunge der am Tage vorher gestorbenen Ausgangsschildkrote II
(— eigentlich ist diese als die erste zu bezeichnen, da ja aus der am 6. XII.
1902 verendeten ersten Schildkrote keine Ziichtung vorgenommen worden
war') —) in die Lunge und 2 mit zerkleinertem Lungenmaterial un-
mittelbar subkutan in eine Hauttasche an der rechten Schulter geimpft.
Von den beiden in die Lunge geimpften Tieren wies das eine, nach
51 Tagen gestorbene, eine vollstandige Infiltration der Lunge mit zahllosen
kiisigen Knotchen auf der Oberflache, das andere, nach 90 Tagen getotete,
eine Durchsetzung der Lunge mit kasigen Knotchen auf. (Von den iibrigen
Organbefunden sei hier abgesehen.)
Von den subkutan geimpften Schildkroten war bei der ersten, nach
60 Tagen moribund getoteten die linke Lunge frei, die rechte zeigte zahl-
reiche Knotchen von fester Konsistenz, wahrend bei dem auderen, nach
76 Tagen getoteten Tiere Angaben fiber den Lungenbefund fehlen, woraus
wohl geschlossen werden darf, dafi sie frei von tuberkulosen Veriinde-
rungen war.
Da in den Lungenknotchen der Ausgangsschildkrote II
die Tuberkelbazillen in groBen Massen vorhanden waren, war
die Infektion bei den Versuchsschildkroten der Menge nach
eine weit stfirkere, als man fur eine Spontaninfektion, zumal
wenn sie vom Menschen ausgegangen sein sollte, annehmen
diirfte. Dazu kommt, daB bei einer etwaigen Umwandlung
der humanen Tuberkelbazillen und der Anpassung an den
Kaltbluterorganismus die Bazillen in der Ausgangsschildkrote
1) Piorkowski (36b, 37, 95) erhebt den Anspruch, die ersten Kul-
turen des Schildkrotentuberkelbazillenstammes herausgezfichtet zu haben,
was von Friedmann bestritten wird. Auch P. (95) spricht immer nur
von einer (groSen) Schildkrote.
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
238
Ludwig Lange,
Digitized by
eine deutlich erhohte Virulenz fiir diese Tierart gewonnen
haben muBten. Auch die gewaltsamere Art des Hinein-
gelangens der Bazillen in die Lunge bei den Versuchstieren
ist zu beriicksichtigen ^).
Unter diesen Umstanden erscheint die Lebensdauer der
beiden intrapulmonal infizierten Versuchsschildkroten von 51
bzw. 90 Tagen (das 2 Tiere getbtet!), im V'ergleich init der
Aufenthaltsdauer von 84 Tagen der SchildkrSte I in Berlin
Oder dem Verlauf von im ganzen 90 Tagen seit ihrer Ge-
fangennahine als auffallend lange.
Bei den spater mit Reinkulturen infizierten Versuchs-
schildkrbten zeigte sich allerdings ein sehr rascher Verlauf
der Infektion. Am 19. I. 1903 wurden 3 groBe Landschild-
kroten, Testudo graeca, mit je Vi? des Belages einer ilppig
gewachsenen Reinkultur, also jedenfalls einer mehreren Oesen
entsprechenden — den Gesamtbelag wird man auf 20 bis
30 Oesen schiltzen konnen — Menge infiziert. Die 2 un-
mittelbar in die Lunge geimpften Tiere starben beide nach
29 Tagen und zeigten Starke Infiltration der Lunge mit stellen-
weiser Verkasung; bei der dritten, intraperitoneal geimpften
und nach 25 Tagen gestorbenen Schildkrote wies die Lunge
keine nennenswerte Ver^nderung auf, doch fanden sich mikro-
skopisch stellenweise dichte Bazillenhaufen.
b) Kiinstliche Umwandlungsversuche echter
Tuberkelbazillen in Kaltbliitertuberkelbazilleu.
Die Frage nach der Moglichkeit einer Umwandlung der
menschlichen Tuberkelbazillen in Kaltbliitertuberkelbazillen
hat wegen ihrer Wichtigkeit in biologischer und systematischer
Hinsicht eine groBe Zahl von Forschern beschaftigt. Be-
ziiglich der Forschungsergebnisse bis 1905 sei auf die Zu-
sammenstellung von Weber und Taute (120) verwiesen.
Die aus der kritischen Betrachtung der bis damals vorliegenden
Literaturangaben gezogenen Schliisse dieser Autoren, wo-
1) Die grofiere Ausbreituug der Bazillen und der krankhaften Ver-
anderungen im Korper der VerBuchsschildkroten, wahrend bei Schildkrote 1
die Erkrankung auf die eine Lunge beschriinkt war, ist durch die bei der
Injektion gesetzten Gefiifiverletzungen erklarlich und vielleicht auch auf
eine gewisse Steigerung der Virulenz zuruckzufiihren.
Google
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Ueber das Friedmannsche Tuberkulose-Schutz- und -Heilmittel. 239
nach eine Umwandlung noch in keinem Fall ein-
wandfrei festgestellt ist, werden durch ihre eigenen
Versuche bestatigt. Auf Frosche verimpfte echte Tuberkel-
bazillen haben sich bis zu QVi Monaten im Froschkbrper un-
verandert gehalten,
Man hat zu solchen ktinstlichen Umwandlungsversuchen
die verschiedensten Arten von Kaltbliitern herangezogen.
Fiir die uns beschSftigende Frage sind vor allem die an
Schildkrbten vorgenommenen Versuche von Interesse.
Sion (111) (bei Weber und Taute angefiilirt) hatte einer Schild-
krote groSe Mengen einer wahrscheinlich humanen Tuberkulosekultur in
einen Beinmuskel verirapft: Er fand die Bazillen nach Q'/j Monaten noch
unverandert vor. Ein mit der wiederentnommenen Kultur geimpftes Meer-
Bchweinchen erlag nach 65 Tagen einer generalisierten Tuberkulose.
E. Gottstein (50) impfte, veranlafit durch die Friedmannschen
Angaben, Schildkroten mit Aufschwemmungen von menschlichen, Rinder-
und Blindschleichen-Tuberkelbazillen. Bei den mit den humanen und bo-
vinen Bazillen infiziertcn Tieren sah er weder irgendwelche Organveriinde-
rungen noch eine Vermehrung der Keime, wogegen die Blindschleichen-
bazillen starke Vermehrung, besonders in der Leber zeigten, in der sich
auch Zellnekrosen, Hamorrhagien und fibrose Schwarten fanden. (Auch
bei Froscheu kam Gottstein zu negativen Ergebnissen hinsichtlich einer
Umwandlung.)
Moriya (87) konnte an 14 Reinkulturen, die er aus seinen intra-
peritoneal geimpften Kaltbliitern (Schildkroten und Bufo vulgaris) heraus-
geziichtet hatte und worunter sich Stamme befanden, die 4 Schildkroten-
passagen durchgemacht hatten, keine Umwandlung feststellen. Er fand
bei den Tieren wohl Knotchen, und zwar hauptsachlich auf dem Peritoneal-
iiberzug und in der Leber; aber ebensolche Knotchen treten auf, wenn zur
Impfung abgetotete Tuberkelbazillen (4 Stunden auf 80® erhitzt) ge-
nommen worden waren.
Ueber angeblich gelungene Umwandlungsversuche’)»
allerdings nicht an Schildkroten, sondern an Schlangen und
Blindschleichen, berichten Sorgo und Suess (114). Sie nahraen
absichtlich ganz alte, monatelang bei Zimmertemperatur gestandene Rein¬
kulturen humaner Herkunft, die bei kunstlicher Ziichtung nicht mehr
vermehrungsfiihig waren. In 3 Fallen fanden sie t'miinderungen einzelner
Eigenschaften. Die Verfasser sagen, dafi eine Umwandlung sehr selten
eintrete, und sie glauben nicht, dafi es sich dabei um eine allmahliche An-
passung an den neuen Wert handle. Denn hiergegen sprachen folgende
Griinde; 1) Die grofie Seltenheit der Umwandlung. 2) Bei Anpassung
miifite allmahlich wieder ein Verlust der „angepafiten“ Eigenschaften ein-
1) Ueber „kulturelle“ Umwandlung siehe p. 278.
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
240
Ludwig Lange,
Digitized by
treten. 3) Bei Anpassung muSten bei der gleichen Tierart alle angepaiJten
Stiimme in der gleichen Weise verandert eein.
Die Punkte 2) und 3) trafen aber fiir ihre 3 umgewandelten Falle
nicht zu.
Man kann gegenflber den Mitteilungen von Sorgo und
Suess den Verdacht nur schwer unterdriicken, daB es sich
wenigstens bei dem einen Fall (No. Ill), in welchetn ^typische^
Kaltblfltertuberkelbazillen erhalten warden, um schon spontan
in dem betreffenden Tier enthaltene sSurefeste Bazillen im
Sinne Webers und Tautes gebandelt babe, zumal — worauf
schon Tsukiyama (116) hingewiesen hat — eine der
Schlangen noch, bevor sie geiinpft war, an spontaner Kalt-
blQtertuberkulose eingegangen ist.
Die verwendete 9 Monate alte Kultur stammte urspriinglich aus
Sputum, hatte eine Meerschweinchenpassage durchgemaeht, war 7‘|, Monate
bei Zimmertcmperatur aufbewahrt worden und zeigte eine gelbe Fiirbung.
Die damit geimpfte Aeskulapschlange ging schon 57 Tage nach der
linpfung ein. Bei VVeiterverimpfung eiiier 4 Wochen alien Kultur aus
Eiernahrboden aus dcr Impfstclle auf eine Kingeltiatter fand sich dann
das typische Bild der Kaltbliitertuberkulose mit dem intraazinosen, von
dichten Haufen saiirefester Bazillen erfiillten nekrotischen Herden in der
I^ebcr.
Wenn man die Erfahrungen heranzieht, die man bei der
Meerschweinchenverimpfung von alten Tuberkelkulturen, die
sich in der Kultur nicht mehr weiterbringen lassen, macht,
so erscheint die oben erwahnte Lebensdauer der Schlange von
nur 57 Tagen als derart kurz, daB man sagen rauBte, die
Schlangen sind fiir alte Tuberkelbazillenkulturen weit empfSng-
licher, als selbst Meerschweinchen. Ehe nicht durch mehr-
fache positive V^ersuche die Berechtigung dieser Annahme
nachgewiesen ist, dflrfte sich eine viel einfachere Erklarung
tilr den flberraschenden Ausfall des Sorgo-Suessschen Ex-
perimentes in folgender Weise geben lassen: Die in die
Schlange eingebrachten Tuberkelbazillenmassen haben als
Fremdkorper toxisch gewirkt und dabei die normalerweise
schon vorhandenen Kaltbliiterbazillen fiir das Tier virulent
gemacht (aktiviert).
Weber und Taute (122) haben als erste darauf hin¬
gewiesen, daB die Kaltbliltertuberkelbazillen zu Uppigem Wachs-
tum im KaltblUterorganismus gelangen, wenn durch irgendeine
SchSdigung die Widerstandskraft des Organismus herabgesetzt
Google
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Ueber das Friedmannsche Tuberkulose-Bchutz- und -Heilmittel. 241
ist. Es wire das ein Vorgang, der z. B. dem Auftreten von
Paratyphusinfektionen bei mit Trypanosomen geimpften Mausen
Oder Meerschweinchen, oder den von Uhlenhuth und
Haendel bei ihren Tumorverimpfungen auf Ratten beob-
achteten Gkrtnerinfektionen an die Seite zu stellen ware^).
Sorgo (113) selbst fiihrt dagegen die Entstehung der neuen Tuberkel-
bazillennester auf eine Mutation im Sinne von de Vries zuruck.
Tsukiyama (116) konnte die Befunde von Sorgo und Suess
(114) bei gleicher Versuchstechnik in keinem Falle bestiitigen.
Ohne jede Schwierigkeit miiBte die Urawandlung mensch-
licher Tuberkelbazillen in solche vom Kaltblutertypus vor sich
gehen, wenn man die AeuBerungen Piorkowskis in der
Diskussion zum F r i e d m a n n schen Vortrag am 13. XL
1913 (36 b) liest.
Piorkowski gab an, dafi er nach Vcrfutterung von tuberkulosem
Auswurf bei 2 Froschen und einer „kleinen“ (wohl Sumpf-) Schildkrote
Tuberkulose erzeugt babe. Die daraus gewonuenen Kulturen hiitten das
gleiche rahmige VVachstum wie die Friedmannschen Kulturen gezeigt.
Piorkowski glaubt deshalb „berechtigt zu sein, zu sagen, daS die von
der grofien Schildkrote aus dem Berliner Aquarium reingeziichteten
Tuberkelbazillen vom Menschen stammen, also dem Typus humauus
zuzurechnen sind“ (p. 2330).
An einer spiiteren Stelle (95) teilt Piorkowski mit, dad bei Ver-
impfung von menschlichem, tuberkelbazillenhaltigem Auswurf auf Teich-
und kleine Sumpfschildkroten die „Passagen ergebnislos blieben“. Bei
grSfieren Tieren, den griechischen Landschildkroten und den Cheloniden
der heiUen und gemiifligten Zone, trete dagegen regclmaBig eine Infektion
mit letalem Ausgang nach 4 — 6 Mon aten (man vergleiche hiermit die
84 Tage der Friedmannschen Schildkrote 1 und die 57 Tage der
Sorgo-Suessschen Aeskulapschlange!) ein. Aus den Lungen geliingen
iramer wieder Passagezuchtungen. Die t-ebertragung auf Meerschweinchen
hatte ijdenselben ncgativen Erfolg betrefl's der Organ veriinderungeu".
Nicht an Schildkroten, sondern an Eidechsen, Froschen, Ringelnattern
und Kreuzottern haben Jansco und Elfer (55) mit 7 humanen Stammen
zahlreiche Infektionsversuche, die bis zu 5 Passagen fortgesetzt wurden,
gemacht; in keinem einzigen Falle gelang ihnen eine An-
naherung an den Kaltblutertypus.
Es erhebt sich nun allerdings die Frage, ob nicht mbglicher-
weise die Schildkroten (Chelonier) unter den Kaltbliitern, rich-
tiger gesagt wechselwarmen Tieren, insofern eine Ausnahme-
1) Wir werden auf ahnliche Beobachtungen bei der Wiedergabe unserer
eigenen Versuche noch zu sprechen kommen. (Beziehungen von Friedmann-
impfungen zur Meerschwelnchenseuche.)
Digitized by Gocgle
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
242
Ludwig Lange,
Digitized by
stellung einnehmen, als eben gerade bei ihnen und bei ihnen
allein, eine solche Umwandlung, und zwar in verhSltnismaBig
rascher Zeit, erfolgt. Gegen eine solche Ausnahmestellung
spricht aber die von Friedmann (27) selbst festgestollte
Tatsache der Pathogenitat seiner Bazillen fiir die untersuchten
iibrigen Kaltbltiter (Ringelnattern, Blindschleichen, Eidechsen
und Frosche). Zwischen den einzelnen Spezies scheinen aller-
dings gewisse fast typische Unterschiede zu bestehen hin-
sichtlich des Hauptortes der Niederlassung und der Ver-
mehrung der Bazillen.
Bo etellte bei den beiden Ringelnattern die Leber einen Pra-
dilektionsort vor, wahrend die Lunge nur bei dem einen Tier grofienteils
mit zahlreichen Knbtchen infiltriert war und sich raikroskopisch eine
hochgradigste Vermehrung der Tuberkelbazillen zeigte: „Alveolen groSen-
teiU von dichten Bazillenschwarmen erfiillt, diffuses tuberkuloses Granu-
lationsgewebe mit Bazillenmassen, die nur das glatte Muskelgcwebc ver-
schonen.'* Bei den 6 ebenso wie die Ringelnattern intraperitoneal infi-
zierten Blindschleichen land sich, daS nur bei einer die Lungen in¬
filtriert und mit kasigen, kemarraen, bazillenhaltigen Knotehen durchsetzt
waren. Bei den 2Eidech8en war in ausgesprochenstcm Mafie die Leber
der Sitz enormer Bazillenmassen, wahrend die Lungen frei waren. Uebrigens
war auch bei den Versuchsschildkroten (s. o.) neben der Lunge die Leber
mit enorinen Bazillenmassen erfiillt. Von den 9 Froschen war bei zweien
hauplsiichlich die I>eber, daneben die Lunge, bei einem Leber, Milz und
Lunge in ziemlich gleichem Grade der Sitz der Bakterien, wahrend bei
den ubrigen Tieren die inneren Organe mehr oder weniger frei oder nur
wenig bazillenhaltig waren.
Wir mbchten angesichts dieser Unterschiede darauf hin-
weisen, daC es sich eben um zunSchst an die Schildkrote
angepaBte Bazillen handelte, und daB schon Weber und
Xante (122) durch V’^erimpfung Hirer Kaltbliitertuberkelbazillen
auf Schildkroten feststellten, daB bei diesen Tieren die Lungen
im Gegensatze zu dem Verhalten der Frosche eine Prk-
dilektionsstelle fUr die Ansiedelung sSurefester Stabchen zu
sein scheinen. Das liege aber an der Tierspezies, und nicht
am Krankheitserreger ^).
Ueber die Grilnde fur dieses eigentiimliche Ver¬
halten der Schildkrotenlunge lasseu sich nur Ver-
mutungen aufstellen.
1) V. Betegh (9) fafit die Kaltbliitertuberkelbazillen nur als an ver-
Bchiedene Tierspezies angepaBte Varietiiten einer selbstiindigen Art auf.
Google
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Ueber das Friedraannsche Tuberkulose-Schutz- iind -Heilmittel. 243
Bei den Friedmannschen Ausgangs- wie bei den Versuchsschild-
kroten waren in den erkrankten Lungenpartien alle Alveolen niit Bazillen-
schwarmen ausgegossen. (Den Behind an den Lungen als Miliartuber-
kulose zu bezeichnen, diirfte nicht ganz sachgemafi sein; es handelt sich
mehr um tuberkulose Pneumonie.) Man konnte nun daran denken, daS
die geringe Beweglichkeit oder Exkursionsfahigkeit der zwischen den festen
Riicken- und Bauchscbilden eingespannten SchildkrOtenlunge den Bazillen
besonders zusagende Bedingungen schadt und als Analogie die Gefahrdung
der wenig beweglichen Lungenspitzen beim Menschen (Bacmeister, 5),
vielleicht auch den Rippendruck nach Hart heranziehen. Die Schild-
kroten, die die Luft verschlucken miissen, konnen sehr lange ohne neue
Luftaufnahme bleiben, und es wiire moglich, dafi sich hierdurch eine be¬
sonders geeignete Sauerstoffspannung ergibt. [Reichlicher Sauerstoff, kriif-
tige Durchliiftung ist den Tuberkelbazillen ebensowenig zusagend, wie giinz-
licher Mangel, z. B. bei Pneumothorax’)]. Es ware auch moglich, da6 die
eigenartige Mischung von venosem mit arteriellem Blut, wie sie bei den
Cheloniern statthat, eine Rolle spielt.
Als Beitrag zur Frage des Verhaltens von SchildkrSten
gegenfiber der Infektion mit echten Tuberkelbazillen
kann auch eine gelegentliche Mitteilung Friedmanns (29)
selbst herangezogen werden.
Friedmann hat im Jahre 1903, aber von einer anderen Fragestellung
ausgehend, Schildkroten mit cchten Tuberkelbazillen infiziert.
Er gibt an, da6 geeignete Vorbehandlung von Schildkroten mit lebenden
Saugetiertuberkelbazillen — „es wurde bereits eine grofiere Zahl von
menschlichen und Rindertuberkelstiimmen gepriift" — gegen eine Dosis
Schildkrotentuberkelbazillen, der die Kontrolltiere in 1—2 Wochen erlagen,
dauernd zu schhtzen vermogen. Er werde spater ausfuhrlich darauf zuriick-
kommen. Es ist bedauerlich, daH dies nicht geschehen ist. Man ist aber
wohl berechtigt, aus dieser Angabe allein zu schlieOen, daB bei diesen
Versuchen eine Umwandlung in die so sehr pathogenen Schildkroten-
bazillen nicht eingetreten sein kann. Die betreffenden Versuche sind von
hochstem theoretischen Interesse, und man wiirde Friedmann zu Dank
verpflichtet sein, wenn er ihre Bekanntgabe noch nachholen wiirde.
So stehen sich also sehr widersprechende Ansichten iiber
die Pathogenitfit der menschlichen Tuberkelbazillen bzw. des
menschlichen Sputums fur Schildkroten gegeniiber.
Zusammenfassend kann man sagen, daB die
iiberwiegende Mehrzahl der Forscher keine Pa¬
ll Der EinfluB der Ruhigstellung und des herabgesetzten Gasaus-
tausches wurde auch eine Erklarung fiir die bekannte starke Vermehrung
der Tuberkelbazillen in den Kavernen mit ihren starren Wiinden und dem
verminderten Gasaustausch abgeben.
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
244
Ludwig Lange,
Digitized by
thogenitat und keine Umwandlung feststellen
konnte. Man muB es also nach allem zum min-
desten filr die I. Schildkrote Friedmanns als
hochst unwahrscheinlich bezeichnen, daB ihre
Erkrankung auf den tuberkulosen Warter, also
auf eine Infektion mit menschlichen Tuberkel-
bazillen zurflckzufflhren ist. Und da der pathologische
ProzeB bei der I. Schildkrote gegenuber dem bei der II. Schild¬
krote erhobenen als ein mindestens gleicher — wenn nicht
weiter vorgeschrittener — zu bezeichnen ist, gelten diese
SchluBfolgerungen auch fflr das Tier No. II, aus dem ja der
1. Stamm Friedmanns gewonnen wurde.
Auch Moeller (85) „in6chte bezweifeln, dafl der I. Schildkroten-
stamm ein direkter Abkommling der Tuberkulose des Dieners ist.“
Wir sind auf den Ursprung des ersten Fried-
mannschen Stammes nur deswegen so genau ein-
gegangen, weil, wie erwahnt, die Annahme seiner
menschlichen Abkunft einen Grundpfeiler fur die
gauze Theorie der Friedmannschen Behandlung
abgab.
c) Der II. Stamm Friedmanns.
Filr den II. Friedmannstamm, iiber den sich Fried¬
mann (30) Anfang 1904 in der Polemik gegen Moeller
auBert^), und dessen Temperaturoptimum und Maximum 22
bzw. 25® C betrug, ist iiber eine derartige „menschliche“
Herkunft nichts gesagt.
d) Der III. Stamm Friedmanns.
Fiir den III. zum „Mittel“ benutzten Stamm, iiber den
wir Genaueres erst Ende Juli 1914 (43) erfuhren, lehnte es
Friedmann schon im Jahre 1912 ausdrucklich ab, daB er
vom Menschen herruhre (36 b), denn anders kann man seine
folgende Diskussionsbemerkung doch kaum verstehen:
1) p. 167; „Nachdem ich lange von den verschiedeneten zoologischen
Garten, Aquarien, Hiindlern Schildkroten bezogen und auf Tuberkulose
vergeblich untersucht babe, ist es mir endlich vor einiger Zeit gelungen,
von auSerhalb ein Exemplar einer seltenen Scbildkrbtenspezies zu erhalten,
aus deren typisch erkrankten Organen ich einen zweiten Schild-
krOtentuberkulosestamm herauszuchtete."
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Ueber das Friedtnannsche Tuberkulose-Schutz- und -Heilmittel. 245
p. 2334: „Herrn Citron kann ich, wenn er die Befiirchtung hatte,
daii meine avirulenten Bazillen „wieder“ virulent werden kSnnten, beruhigen,
denn es sind nicht, wie er wohl verstanden hat, kiinstlich abgeschwachte
menschliche oder Persuchtbazillen, sondern, wie nunmehr wohl alien Herren
klar ist, TuberkelbazUlen von bereits naturlicher Avirulenz, die also nie
virulent gewesen sind.“
Der III. Stamm wurde aus einer im Januar 1906 spontan
gestorbenen Landschildkrote (Testudo graeca) gewonnen.
Die ihm zunSchst noch anhaftende knbtchenbildende Eigen-
schaft ging durch lange Zeit konsequent alle paar Tage durch-
gefflhrte Umzuchtung von NShrboden zu Nfihrboden verloren.
fVon „Passagen“, worunter man allgemein doch Durch-
schickungen durch den tierischen Organismus versteht, ist
im Gegensatz zu den Angaben in den dem Mittel damals
beigegebenen „Indikationen“ (38) nichts erwahnt.J Der Ver-
offentlichung vom Juli 1914 ist eine groCe Zahl von Proto-
kollen fiber Versuche an Meerschweinchen beigeffigt.
Der frisch gewonnene Stamm wurde auBerdem auch
an Kaninchen und SchildkrSten gepriift.
e) DieVirulenz des III. Stammes ffir Schildkroten,
Die frisch aus der Schildkrbte geziichteten Kulturen
und ihre ersten Abkommlinge erwiesen sich fiir Land-
schildkroten bei subkutaner und intraperitonealer Impfung
als r e c h t virulent.
Die Tiere verloren bereits in der 2. Woche nach der Impfung die
FreBlust und gingen nach “/ 4 ~lVs Monaten an allgemeiner Tuberkulose
zugrunde.
Nach Verirapfung der Kultur auf Meerschweinchen („graue8“ Tier,
siibkutan geimpft 20. II. 1906, getotet 10. V. 1906) wurden am 10. V. 1906
Stuckchen der Leber, Milz und Leistendrusen dieses Tieres einer Land-
schildkrdte in eine Hauttasche eingeimpft. Die SchUdkrote wies bei der
Totung am 1. VIII. 1906 einen kleinerbsengroflen AbszeQ an der Impf-
stelle und in den makroskopisch norraalen inneren Organen bei mikro-
skopischer Untersuchung mitten im normalen Gewebe Haufchen von Rund-
zellen mit Bazillen auf.
Da schon in den weillgrauen Knotchen der Leber und Milz des
Ausgangsmeerschweinchens mikroskopisch nur sparliche, in Kornchen zer-
fallende Bazillen gefunden wurden, ist unseres Erachtens der fast negative
Ausfall der SchildkrStenimpfung nicht iiberraschend.
Die fortdauernde Ueberimpfung auf kfinstliche Ntlhrboden
machte sich schon nach etwa 10 Monaten insofern bemerkbar,
Zeitschr. f. ImmunitAtsforschung. Orig. Bd. 32. 17
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
246
Ludwig Lange
als SchildkrSten, die Mitte Nov. 1906 geimpft warden, am
Leben blieben and bei der Tdtung nach 3 and 4 Monaten in
den inneren Organen frei von makroskopisch erkennbaren
tuberkulosen Veranderungen waren, wenn sich auch mikro-
skopisch in Lunge, Leber, Milz and Nieren Rundzellen-
anhaufungen mit vereinzelten, meist interzellular gelegenen
sSurefesten Stabchen fanden.
f) Die Virulenz des „Mittels“ ftir Schildkroten.
Soweit iiber die SchildkrStenvirulenz der
Bazillen des „Mittels“, die also inzwischen noch
durch ungezShlte weitere kiinstliche Kulti-
vierungen dem Schildkrotenorganismus immer
mehr entfremdet waren, Angaben vorliegen^
stimmen sie darin uberein, daB die Friedmann-
schen Schildkr dtentuberkelbazillen nunmehr
ganz avirulent fiir diese Tiere geworden sind.
So berichtet Barnes (6), der im Juni 1913 mit einer Glyzerinagar-
kultur aus dem Glutaalabszefi eines Patienten einer „spotted turtle" von
240 g, also wohl eine Chresimys-Art (Landschildkrote), und im Juli 1913
mit einer aus dem Mittel unmittelbar herausgeziichteten Gelatineagarkultur
eine „large snapping turtle", also Chelydra serpentina*) von etwa 2000 g
Gewicht (solche Tiere konnen bis zu 4 Zentner schwer werden) subkutan
geimpft hatte, dafi sich beide Tiere wohlbefunden batten und bei der
Ende August 1913 erfolgten Tbtung in mikroskopischen Schnitten in der
Umgebung der Impfstelle keine Zeichen tiiberkuloser Veranderungen
aufwiesen.
Lydia Rabinowitsch (97) konnte mit den Friedmann bazillen
keine tuberkulosen Veranderungen an Schildkroten hervorrufen. Auf Grund
dieser fehlenden Pathogenitiit im Zusammenhange damit, dafi die Bazillen
bei 37° wachsen, aufiert sie sich dahin, dafi die Bezeichnung der Friedmann-
bazillen als „Schildkr6tentuberkelbazLllen‘‘ nicht ganz zutreffend sei.
Richtig ist es, daB man die Friedinannbazillen genauer
als dem Schildkrotenkorper kunstlich entfremdete ur-
spriingliche Schildkrdtentuberkelbazillen benennen muBte.
Aus dem geschilderten Verhalten aber den ScliluB zu ziehen,
daB es sich um abgeschwachte Sliugetiertuberkelbazillen handle,
diirfte nicht angehen.
1) Ich verdanke die zoologischen Bezeichnungen der Tiere der
freundlichst gewahrten Auskunft des Inspektors des Berliner Aquariums
Herrn Weifi.
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN- -
Ueber das Friedmannsche Tuberkulose-Schutz- und -Heilmittel. 247
Aufier Friedmann hat auch A. Moeller (82 und 85)
aus einer spontan gestorbenen SchildkrSte einen
Schildkrotentuberkelbazillenstamm herausgeziichtet. Diese
Schildkrote erhielt er im MSrz 1913 aus einem Berliner Tier-
exportgeschaft.
Durchgreifende Unterschiede gegeniiber den Fisch- und Blind-
Bchleichenbazillen waren bei diesem Stamm nicht vorbanden, aber die
Bazillen gediehen bei 35—37®, die andern Kaltblutertuberkelbazillen
jedoch nicht mehr.
Also ist auch in diesem Falle von Anfang an die Wachs-
tumsmoglichkeit bei Briittemperatur vorbanden gewesen.
Es ist nun von Interesse, dafi Moeller von dem Inhaber des be-
treffenden Geschaftes die Mitteilung erhielt, Schildkroten erkrankten
iiberhaupt gar nicht so selten an den Lungen. Der Tier handler
will beobachtet haben, daU die so erkrankten Tiere bald die Frefilust ver-
lieren und auch ein Einfallen oder Einsinken der Brust, besonders iiber
den oberen Lungenpartien, zeigten (I).
Kann man nun wirklich fiir alle diese spontan an tuber-
kulSsen Erscheinungen erkrankten Schildkroten eine Infektion
mit menschlichen oder Saugetiertuberkelbazillen annehmen?
Das wiirde diese Tiere in eine Reihe mit den Affen stellen,
die ja bekanntlich in der Gefangenschaft meist an Tuberkulose
menschlichen und bovinen Ursprungs erkranken. Bei den
Affen handelt es sich aber doch um den Menschen entwick-
lungsgeschichtlich und zoologisch viel naher stehende Arten.
Und bei den Papageien, fiir welche nach Koch und Rabino-
witsch neben der Infektion mit Gefliigcltuberkelbazillen nur
solche mit menschlichen Tuberkelbazillen nachgewiesen ist,
ist fur die in „hauslicher“ Gefangenschaft gehaltenen Tiere
durch den nahen Verkehr mit den Menschen eine solche In¬
fektion einigermaCen erkliirlich. Inwieweit fiir die in zoolo-
gischen Garten befindlichen Papageien dieser enge Zu-
sammenhang mit menschlichen Infektionsquellen besteht, ist
allerdings schwer abzuschatzen. Aber schlieBlich waren alle
diese Tiere einmal in ihren Heimatiandern, bevor sie zu den
Tierhandlern kamen, in naher Beriihrung mit den betreffenden
Vogeljagern und Fallenstellern.
Man wird nun fiir viele Schildkroten das gleiche sagen
konnen, Aber gerade an der ersten Schildkrote, fiir
die wir, wie wohl nur selten, die ganze Vor-
17*
Digitized by Google
Origioai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
248
Ludwig Lange,
geschichte von ihrer Gefangennahme ab kennen,
glauben wir gezeigt zu haben, dafi aus der Betrachtung
der zeitlichenVerhaltnisse heraus im Zusammen-
halte mit den Ergebnissen experimenteller In-
fektionen, ftir eine so hochgradige Erkrankung,
wie sie vorgefunden wurde, die menschliche An-
steckungsquelle so gut wie nicht in Frage
kommen kann.
Man mufi also im Hinblick auf den ersten Stamm Fried¬
manns, aber auch fiir seinen dritten Stamm, dem Ausspruche
Moellers (85) beistimmen, der sagt: „So neige ich der
Meinung zu, daB, wenn dieser Bazillus wirklich ein echter,
nur wundersam mitigierter Tuberkelbazillus wSre, wohl nur
seinUrahn in grauerVorzeit ein echterTuberkel-
bazillus gewesen ist“ ^). (Vgl. hierzu Anm. S. 251.)
2. Die biologisohen Verwandtsohaftsbeziehungen der
„sanrefesten“ und Kaltbliitertuberkelbazillen zu den echten
Tuberkelbazillen.
Auf die wichtige Frage der biologischen Beziehungen der
Tuberkelbazillen im engeren Sinne zu den iibrigen s^ure-
festen Stabchen nSher einzugehen, wiirde an sich schon eine
umfangreiche Darstellung erfordern. Hier seien nur in Kilrze
die in der Literatur vorliegenden Ergebnisse biologischer Ver-
wandtschaftsreaktionen zusammengestellt.
AU echte Tuberkelbazillen gelten unbestritten der Saugetier-
tuberkelbazilluB mit den beiden Typen, dem humanen und bovinen.
Die Vogeltuberkelbazillen rechnet R. Koch zu den „naheren
Verwandten“ der Tuberkelbazillen und spricht daneben von den sogenannten
jjSaurefeeten Baktenen“. Er macht also immerhin eine Trennung.
Piorkowski (95) trennt die Tuberkelbazillen in 3 Gruppen:
1) der lungenatmenden Wirbeltiere (besser wohl Siiugetiere),
2) der Vdgel,
3) der durch Lungen atmenden Kriechtiere (Eidechsen, Schlangen,
Krokodile und Schildkroten).
1) Klopstock (64) hiilt die Umwandlung des Warmbliitertuberkel-
bazillus in den Typus der Kaltbliitertuberkelbazillen fiir moglich. Der
Friedmann ache Bazillus, wenigstens der Stamm des Jahres 1903, stelle
die „Brucke“ dar. Klopstock glaubt demnach an die Ansteckung der
ersten Schildkroten durch den Warter mit der offenen Tuberkulose.
Digitized by
Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
- URBANA-OHAMPAIGN _
Ueber das Friedmannsche Tuberkxiloae-Schutz- und -Heilmittel. 249
Nach dem zoologischen System richtiger geordnet:
Hydroeaurier: Krokodile (ob hier schon Tuberkelbazillen oachge-
wiesen?), Schildkroten,
Lepidoeaurier: Schlangen (Nattern, Ottem),
Echsen (Eidechse, Blindschleiche).
Hiervon sind nach Piorkowski abzutrennen die
Amphibien. Froschlurche: Kroten und Frosche,
Schwanzlurche: Salamander (Molche)
und die Fische,
welche beiden Gruppen stets oder wenigstens in der Jugend Kiemen-
atmer sind.
Diese Klassifizierung Piorkowskis ist als eine rein
theoretische zu betrachten, denn es ist noch keineswegs ent-
schieden, daB fiir jede dieser Tiergattungen bestimmte,
eigenartige Typen von Tuberkelbazillen vorhanden sind.
Immerhin ist es von Interesse, daB in dieser vom
Menschen in absteigender Richtung angeordneten Reihenfolge
die Schildkroten den nachsten Platz neben den VSgeln ein-
nehmen, also die Schildkrotentuberkelbazillen, wenn es einen
solchen fiir sich abgeschlossenen umgrenzten Typus gibt, unter
den sogenannten Kaltbliitertuberkelbazillen den „echten‘‘
Tuberkelbazillen noch am nSchsten stehen.
Dieser Ordnung wiirden sich dann die iibrigen saprophytischen
„Saurefe8ten“ anschlieBen, die sich in der freien Natur — an Grasern,
im Moose, im Miste — an und im menschliehen Korper, in der Milch, der
Butter, an Wasserhahnen (Brem), in Trompeten (Schmitz und J acobitz)
usw. finden*).
Es lag der Gedanke nahe, zur Ergrilndung der Verwandt-
schaft all dieser sSurefesten Bazillen zunachst die Agglu¬
tination heranzuziehen. Leider ist, wie als erster R. K o c h (66)
nachgewiesen hat, durch diese Methode eine Trennung oder
Abstufung nicht inoglich.
Sobernheim (112) bringt dagegen Versuchsprotokolle, nach denen
mit hochwertigem Tuberkuloseserum vom Pferde durch Agglutination
die echten Tuberkelbazillen von den Saurefesten scharf zu trennen
waren, nicht dagegen durch Bakteriotropinversuche und durch die Kom-
plementbindung mit Tuberkulin.
1) Philibert (94) trennt diese, je nachdem sie saure- und alkohol-
fest oder nur siiurefest sind, in Bacilles tuberculoides und in Pseudo-
bacilies acido-resistants.
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
250
Ludwig Lange,
Digitized by
Ueber Komplementbindungsreaktionen rait
SSurefesten im weitesten Sinne liegen ferner die Arbeiten von
Gengou(48) und Fritzsche (45) vor. Beide kommen zuin
Ergebnis, daB keine scharfe Abtrennung durch diese Methode
mSglich sei,
Auf gewissermaBen indirektera Wege ist durch Komple-
mentbindung eine Einordnung fflr einige Stamme durch
Deilmann (17) erfolgt.
Er fand bei der Prufung von 118 menschlichen Seris auf Komplement-
bindung folgende P^ozentzahlen an positiven Ausschlagen:
Tuberkulin 84,6
Tuberkclbazilleneraulsion 69,5
Lepra 33,3
Harnbazillen 31,8
Timotheebazillen 12,04
Blindschleichen bazillen 8,5
Aus den Deilmannschen Befunden ergibt sich deranach
ein weiter Abstand der Vertreter der Kaltbluterbazillen von
den echten Tuberkelbazillen.
Durch die Anaphylaxie ist im Widerspruche hiermit
nach Krause und Baldwin (72) eine nahe biologische
Beziehung der Smegma-, Timothee- und Butterbazillen zu
den Saugetier- und Vogeltuberkelbazillen nachzuweisen.
Ueber spezifische Tuberkulinreaktionen von mit
Friedmannbazillen infizierten Tieren ist fast nichts be-
richtet.
Nur Kruse (73) teilt mit, daB mit diesen Bazillen geimpfte Tiere
keine Tuberkulinreaktion gaben. Friedmann (35) bcobachtete in der
ersten Zeit nach der Injektion bei den schutzgeimpften Siiuglingen positive
Pirquetsche Beaktion. Kraus und Volk (71) stellten an Meer-
schweinchen, die mit anderen Siiurefesten (Pseudoperlsucht Courmont,
Smegma-, Milch- und Timotheebazillen) intrakutan infiziert waren, fest,
daB sie sich gegeniiber der Jntrakutanreakton mit0,02 Alttuberkulin
ebenso negativ, wie gesunde Tiere verhielten, und ebenso gegen intrakutane
Einspritzung von 0,01 g der verschiedenen benutzten Siiurefesten.
(Ueber unsere Beobachtungen mit Friedmanntuberkulin s. p. 313 ff.)
Es m6gen die An gaben fiber das gegen seitige im-
munisatorische Verhalten folgen.
Klemperer (59) fand einen abschwachenden und hemmenden Ein-
fluB der Gras- und Milchbazillen Moellers und der Butterbazillen auf
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
, URBANA-CHAMPAIGN _
Ueber das Friedmannsche Tuberkulose-Schutz- und -Hdlmittel. 251
die nachfolgende Tuberkuloselnfektion. £r schliefit daraus auf einen
jiphylogenetischen Zusammenhang*' zwischen TuberkelbaziLen und
Saurefesten, ja, er gebt so weit, zu dem „theoreti8chen Schlufi“ zu kommen,
„dafi Tuberkelbazillen und saurefesteBakterien verwandter,jagleicher
Art, mit andcren Worten, daO die Tuberkelbazillen parasitiir gewordene
Saprophyten sind" *).
Aus der eben erwiihnten Elempererschen Abhandlung seien bier
nocb folgende fur unserTbema belangreicbe Satze mitgeteilt: „Die cbarak-
teristiscben Merkmale der saurefesten Bakterien und ibre wesentbcben
Unterscbeidungsmerkmale gegeniiber den Tuberkelbazillen bilden ibr
scbnelleres Wacbstum und ibre geringeren Temperaturanspriicbe (sie ver-
mebren sicb bei Zimmertemperatur und bereits in 24—48 Stunden), sowio
ibr mangel an spezifiscber PatbogenitSt.“ „Die Virulenz der Saurefesten
ist eine geringe, liifit sicb durcb baufige Tierpassage unverkenubar steigern,
wobei gleicbzeitig das Wacbstum ein langsameres wird und das Ausseben
der Kultur dem der Tuberkelbazillen sicb deutlicb nabert, ineinander
iiberfiibren aber lassen sie sicb nicbt.“
Aucb nacb Moeller blieben die Skurefesten und Kaltbliitertuberkel-
bazillen ibrer typiscben Eigenscbaft nacb getrennte Arten.
Eocb, Scbutz, Neufeld und MieBner (67) bericbten gelegent-
licb, daB sie bei zablreicben Immunisierungsversucben an Meerscbweincben
mit lebenden Timotbee-, Mist-, Pseudoperlsucbt- und Blindscbleicben-
tuberkulosebazillen baufig eine ResistenzerbObung (rerzogertes Auftreten
der ersten Infektionserscbeinungen, langsamerer Verlauf der Erkrankung,
geringere Driisenveranderungen) feststellten, docb wurden alle Tiere scbUeB-
licb tuberkulSs.
Die weiteren bis Juli 1907 bekannt gewordenen Immunisierungs-
versucbe gegen Tuberkulose mit Kaltbliitertuberkelbazillen und
saurefesten, tuberkelbazillenabnlicben Bakterien sind von
L. Rabinowitscb (97) in einem gescbicbtUcben Ueberblick zusammen-
gestellt, auf den, da von unserem Tbema zu weit abliegend (s. p. 232),
biermit verwiesen sei.
Docb sei bervorgeboben, daB die Klempererscben Versucbe eben
rn der Absicbt unternommen wurden, die verwandtscbaft-
licben Beziebungen der „Saurefe8ten“ und Kaltbliitertuberkelbazillen
zu den Saugetiertuberkelbazillen zu beleucbten.
Von spateren Versucben wiiren nocb die scbon erwabnten von Weber
und Titze (123) und von Klimmer (63) anzufubren.
1) Bei diesem pbylogenetiscben Zusammenhang sind also die „Ealt-
bliitertuberkelbazillen" zeitlich vor den „menschlichen“ Tuberkelbazillen
aufgetreten. Nicht der „echte“ Tuberkelbazillus kann ein „Urabn“ des
Friedmannbazillus gewesen sein (vgl. p. 248), sondern umgekehrt konnte
man die Kaltbliitertuberkelbazillen als Urahuen der echten
Tuberkelbazillen bezeichnen. SchlieBlich waren eben alle „Pathogeneu“ in
„grauer Vorzeit" oder vor Tausenden von Jabren einmal Saprophyten.
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
252
Ludwig Lange,
Digitized by
In einzelnen Fallen lieB sich also eine geringe Erhohung
der Widerstandskraft gegen die nachfolgende Infektion fest-
stellen, doch erlauben die Versuche im ganzen ge-
nommen keine irgendwie bestiinrnte Einordnung
nach dem Grade der gegenseitigen immunisato-
rischen Beziehungen.
3. Das Verhalten der Friedmannbazillen im Meerschweinchen.
a) Der I. Stamm.
Bei der Auffassung, zu der wir fiber die Art aucli des
1. Friedm annschen Scbildkrotentuberkelbazillenstammes ge-
kommen sind, dfirfte es angezeigt sein, hier zunfichst auch
auf das Verhalten dieses Stammes gegenfiber Meerschweinchen
einzugehen.
Friedmann berichtet in seiner ersten ausffihrlichen
Mitteilung (27) fiber diesen Stamm fiber Versuche an 11 Meer¬
schweinchen, „nicht ersch5pfend“, wie er angibt, da seine
Meerschweinchen zum groBen Teil noch lebten und vorlfiufig
nicht getotet, sondern zu weiteren Versuchen (wohl fiber
Imniunitat) verwendet werden sollten.
Von den mitgeteilten 11 Fallen warden 9 intraperitoneal geimpft.
3 „niit enorm grofien Dosen" injizierte Tiere gingen akut in 4—8 Tagen
ein und zeigten „liaufig fibrinose Massen im Peritonealraum, speziell im
Netz, wo sich auch schon beginnende Knotchenbildung bemerkbar macht‘‘.
2 ebenfalls mit sehr grofien Dosen geimpfte Tiere warden nach 29
bzw. 30 Tagen' getbtet. Es hatten sich „lokal“ (also bei intraperitonealer
Infektion in Netz und Leber) „echte, mit bazillenhaltigen Riesenzellen ver-
sehene Tuberkel" gebildet, die aber „durch ihre bindegewebige Abkapselung
die Tendenz zur Heilung und Nichtgeneralisierung im Korper beweisen*'.
Von 3 weiteren mit etwa Vio—‘/u Agar- bzw. Gelatinebelag intra¬
peritoneal geimpften Tieren starb eines nach 32 Tagen interkurrent an
eiuem, auch unter nicht geimpften Tieren grassiereuden Darmkatarrh,
wahrend die beiden anderen nach 46 und 65 Tagen getotet warden. Bei
2 von diesen Tieren fanden sich nach Friedmann „harralo8e, abgekapselte
und im Verschwinden begriftene Kesiduen der alien Infektion, aufierhalb
der abgegrenzten Herde nicht ein „Bazillu8“, bei dem dritten, nach 65 Tagen
getoteten, war keine Spur einer Erkrankung mehr festzustellen.
Ebenfalls vbllig frei von krankhaften Veranderungen war ein nach
65 Tagen getotetes Tier, das mit einem Lungenknotchen der Ausgangs-
Bchildkrbte II intraperitoneal geimpft worden war.
Um zu zeigen, dafi sich bei Tieren, die etwas liinger als die nach
„enormen“ Dosen so rasch eingegangenen Tiere (s. oben) am Leben blieben,
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Ueber das Friedmannsche Tuberkulose-Schutz- iind -Heilmittel. 253
echte Tuberkelbildung findet, wird ein einer spilteren Versuchareihe an-
gehSrendes Protokoll mitgeteilt.
Es handelt eich um ein 595 g achweres Meerachweinchen, welches
mit der unaerea Erachtens ebenfalla iibergrofien Dosis von 0,3 g, also 300 mg
JEleinkultur intravenda injiziert, nach einem anfanglichen leichten Fieber
und darauffolgendem atandigen Teraperaturabfall am 12. Tage, auf 380 g
abgemagert, zugrunde ging. Alle inneren Organe enthielten reichliche
Haufchen meiat zu Kornchen zerfallener Schildkrdtentuberkelbazillen. In
der Lunge waren aber auch bereita zahlreiche, aua Rieaenzellen, Epitheloiden
und polynuklearen Leukozyten bestehende Tuberkel vorhanden, die groBe
Mengen von Schildkrdteutuberkelbazillen enthielten.
8chlie61ich wurde am 8. 111. 1903 auch noch ein Meerachweinchen
(Fall 50) mit Gelatinereinkultur intrapulmonal (1) geimpft.
Man sieht deutlich, Friedmann hat es bei seiner e r s te n
Versuchsreihe vermiBt, daB bei keinera von alien seinen Meer-
schweinchen in der Lunge auch nur die geringsten tuberkulose-
artigen Veranderungen vorgefunden wurden, und nahin des-
halb diese ungewbhnliche, „drastische“ Art der unmittelbaren
Kultureinspritzung in die Lunge vor. Und was war das Er-
gebnis bei der Totung am 12. V. 1913? An der Impfstelle
eine ganz umschriebene, adhasive Pleuritis und ein einziges
durch die Pleura hindurchscheinendes rundes grauweiBes
Lungenknotchen!
Ueber den mikroskopischen Befund wird mit¬
geteilt;
Der Lungentuberkel, der einzelne degenerierte Tuberkelbazillen ent-
halt, hat genau dieaelbe Struktur wie die bei der intraperitonealen Impfung
mit 8childkr6tentuberkelbazillen erzeugten Lebertuberkel. Er ist rings von
derbem Bindegewebe umschlossen. Die Bronchialdriisen sind entziindlich
infiltriert, mit purulenter Erweichung.
Bezuglich der bei den Meerachweinchen Qberhaupt
gefundenen Knotchen gibt Friedmann an, daB
aie aich durch ihre rundliche Form und ihre weiBe, etwaa glanzende
Farbung von den durch menschliche Tuberkelbazillen hervorgerufenen
mehr gelblichen (? d. Verf.) unregelmafiigen fleckigen Knotchen unter-
Bcheiden. Die weiBliche Farbe aei durch den groBeren Gehalt an poly¬
nuklearen Leukozyten, der aich neben bazillenhaltigen Rieaenzellen und
Epitheloiden findet, bedingt.
Friedmann achlieBt aua diesen Meerschweinchenversuchen, daB
der Schildkrotentuberkelbazillus den Bazillen der Menachen-
und Rindertuberkulose viel naher stehe, ala den Bazillen der
Fiach-, Blindachleichen-, Frosch- und selbat der Vogeltuberkulose. Im
Gegensatz zu diesen besitze er die Fiihigkeit, „im Korper des
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
254
Ludwig Lauge,
Digitized by
empfanglichen Saugetieres, speziell im MeerschweiDchenkdrper, in alien
Fallen echte, riesenzellen- und bazillenhaltige Tuberkel zu
erzeugen, die von den durch Saugetiertuberkelbazillen hervorgerufenen
oft nicht zu unterscheiden sind."
Friedmann vergleicht das Verhalten dee Schildkrotentuberkel-
bazilluB mit dem humaner Bazillen im Kdrper des Rindes, wobei er
betont, dafi im Eorper des Meerschweinchens nach Einverleibung nicht
allzu grofier Dosen ein zwar spezifisch tuberkuloser, aber regelmafiig
lokalisiert bleibender und in Heilung iibergebcnder Herd enteteht.
Die ganze Darstellung Friedmanns macht, wie man
im Einklang mit Weber und Taute (122; siehe p. 117)
wohl sagen darf, einen etwas gekfinstelten Eindruck.
Was haben wir denn an den Versuchen vor unsV Wir sehen,
daB die Schildkrotentuberkelbazillen in enormen Dosen toxisch
wirken, eino Erscheinung, die sie mit vielen sonst ganz harm-
losen Bakterien teilen. DaB die Erkrankung in gewisser Hin-
sicbt „lokal“ bleibt, es also nicht zu fortschreitenden Prozessen
kommt, ist meines Erachtens eben ein Beweis, daB es sich
um eine von den echten Tuberkelbazillen ziemlich entfernt
stehende Art handelt. Durch die Fahigkeit der Schildkrbten-
tuberkelbazillen, bei 37 ° zu wachsen, wird ihre anfangliche
Vermehrung im Warmblflter erklBrt.
Die entstandenen KnStchen sind am ungezwungensten
als Fremdkbrpertuberkel aufzufassen, fflr welche ja
durch die Untersuchungen von Lubarsch, Mayer u. a.
nachgewiesen ist, daB sie auch Riesenzellen enthalten
konnen. Von den Fremdkorpertuberkeln zu den u. U. durch
verschiedene Arten von SSurefesten, auch saprophytischen,
hervorgerufenen Knotchen bestehen nur allmahliche Ueber-
gange.
Nach Philibert (94) sind alle tuberkelbazillenahnlichen Stiibchen
fur Meerschweinchen „pathogen“. Sie erzeugen bei subkutener Verimpfung
einen ortlichen kasigen Abszefi, bei iutraperitonealer Impfung in starker
Dosis fibrinos-kasige Verwachsungen an Magen, Milz und Leber und aus-
nahmsweise zerstrcute Knotchen.
Weber (120) verimpfte 4 verschiedene Butterbazillen, femer den
Timothee-, Mist- und Grasbazillus XI, sowie den Blindschleichentuberkel-
bazillus Moellers subkiitan und intraperitoneal (2 Oesen frischer Agar-
kultur) auf Meerschweinchen. Bei den siibkutan geimpften Tieren treten
an der Impfstelle Abszesse auf, die bald durchbrachen. Driisenschwellungen
Btellten sich ein und gingen wieder zuriick. Bei dor Totung, 4 Wochen
nach der Impfung, fanden sich bei der Mehrzahl der Tiere in der Leber
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Ueber da« Friedmannsche Tuberkulose-Bchutz- und -Heilmittel. 255
vereinzelte kleine und kleinste gelbliche Herde, in denen mikroskopisch
saurefeste Stabchen nachgewieaen waren.
Sehr zahlreiche derartige Herde wurden bei einem mit dem Mist-
bazillus intraperitoneal geimpften Tiere gesehen. Ferner fanden aich bei
einigen der intraperitoneal geimpften Meerschweinchen auf der Darmserosa
und dem Netze vereinzelte kleine gelbliche, runde Knotchen, die die ein-
geimpften Btabchen in groQer Menge enthielten.
Auch Klemperer (59) beobachtete bei seinen erwahnten Immuni-
sierungsvereuchen bei den vielen vor Ablauf dee Vereuche gestorbenen
Tieren Knotchenbildung.
Bei den Schildkrotentuberkelbazillen mag diese Knotchen¬
bildung quantitativ starker gewesen sein, qualitativ ist der
Prozefi jedenfalls ein SuBerst Shnlicher, wenn nicht identischer.
Fritzeche (45) berichtet, daU die intraperitoneale Injektion lebender
Blindschleichentuberkelbazillen (1 Agaroberflache) bei einem seiner Meer¬
schweinchen eine typische tuberkiildee Erkrankung hervorgerufen
habe; etrangformige Retraktion und Verkasung des groScn Xetzes und Ver-
kasung der Iliacaldriisen.
Man darf also Weber und Taute zustimmen, wenn sie
p. 117 beztiglich des ersten Friedmannstammes schreiben:
„Sein Verhalten Warmbliitern, speziell Meerschweinchen gegen-
Qber hat nichts Besonderes und Wunderbares, wie es nach
Friedmanns Darstellung erscheinen konnte. Die Fahigkeit,
echte Tuberkel zu bilden, ist eine Eigenschaft, die nach den
Untersuchungen von Mayer, Lubarsch u. a. unter Um-
stfinden alien saurefesten Stabchen, den verschiedenen Stammen
allerdings in verschiedenen Graden zukommt.
Es ist nachtraglich bedauerlich, daB Friedmann bei
seinem ersten Stamm keine subkutanen Irapfungen mit dem
frisch gewonnenen Stamm und keine Weiterimpfung der „tuber-
kulos veranderten*^ Organe auf Meerschweinchen vorgenommen
zu haben scheint.
Vergleicht man namlich die Befunde. die er mit seinem
frisch herausgezQchteten III. Stamm an Meerschweinchen er-
hohen hat (43), so findet man nur wenige Unterschiede.
Unter den Protokollen finden sich 2 Tiere, „Gelbes Meerschweinchen"
und „WeiSes Meerschweinchen" p. 1413, die 1,0 bzw. 1,6 ccm Kultur-
emulsion intraperitoneal erhalten hatten.
Die Tiere wurden nach 78 bzw. 79 Tagen getdtet Das eine wies auf
dem Netz gelbliche, scharf umschriebene Kndtchen auf (mikroskopisch:
epitheloide und polyniikleiire Leukocyten, im Zentrum beginnende Ver-
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
256
Liidwig Lange
Digitized by
kasung, Zelldetritus, ganz vereinzelte Bazillen), aufierdem einige Adhasionen
der im iibrigen voUig normalen Leber und Milz, das audere als einzigen
Befund einige weifie Flecken auf der Oberfliiche der Leber.
Diesen beiden Tieren ist das auf p. 252 unten erwilhnte, nach 65 Tagen
getStete Tier der Versuchsreihe mit Stamm I, bei dem j.makroskopisch und
mikroskopisch alle Organe normal, keine Tuberkelbazillen gefunden“ an-
gegeben ist, an die Seite zu stellen (Fried mann , 27; Fall 48, p. 799). Bei
dem zweiten hierher gehorigen Tier aus der 1. Versuchsreihe mit dem
1. Stamm (Fall 47) ist zu beachten, dafi es bereits nach 44 Tagen, also um
mehr als einen Monat friiher getotet wurde, wodurch sich die stiirkeren
pathologischen Erscheinungen (in der Leber 2 ganz kleine weiBe Knotchen^
,im Netz, einige sehr kleine weiBgraue Knotchen und ein barter, klein-
erbsengroBer, gelbgrauer Knoten, offenbar in Heilung und im Verschwinden
begriffene Residuen der tuberkulosen Infektion“) erklaren.
Friedmann hat die Tiere „des frischen III. Stammes“
nach 72—179 Tagen getotet bis auf 2 Ausnahmen, die nach
38—53 Tagen getotet warden. — Da diese Meerschweinchen
subkutan geimpft waren, lassen sie keinen Vergleich zu.
LSgen iiber den I. Stamm Ergebnisse der subkutanen Ver-
impfung vor und waren mit dem frischen III. Stamm die
intraperitonealen Infektionen mit den gleichen sehr groBen
Dosen wie bei Stamm I gemacht worden, Oder die Tiere in
ebenso kurzer Zeit nach der gleich starken intraperitonealen
Infektion getStet worden, so wtirden vermutlich noch mehr
Uebereinstimmungen festzustellen gewesen sein.
Jedenfalls paBt die auf p. 1414 (43) gegebene Definition
der Avirulenz des III. Stammes
„Der Bazillus ist im Meerschweinchen keine fortschreitende Infektion
zu erzeugen imstande und er halt sich in demselben nicht dauernd am
Leben. Es kommt vielmehr nur zu einer voriibergehenden, regelmiiBig
abortiv verlaufenden Knbtchenbildung; spater gehen Knotchen und Err^er
zugrunde“
bis ZU einem hohen Grade auch fflr den I. Stamm, soweit
wenigstens Friedmanns Angaben in der betreifenden Ver-
offentlichung fiber den I. Stamm (27) lauten.
Friedmann spricht denn auch ira Jahre 1914 in der
wichtigsten Abhandlung fiber sein Mittel (27) vom I. Stamm
folgendermaBen:
,,Wenn dieser Stamm also auch fast avirulent') war und wenn
auch die Knotchen im Meerschweinchenkorper nie zur Tuberkulose fiihrten,
1) Vom Verf. gesperrt.
Google
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Ueber daa Fricdmannsche Tuberkulose-Schutz- und -Heilmittel. 257
80 waren doch diese Bazillen noch nach Jahren im Korper dieser Versuchs-
tiere nachweisbar*'. (Wohl der Orthsche Befund. Verf.)
AuBer Friedmann batten nur Libbertz und Ruppel
(76) den L Stamm zu Tierversuchen in HBnden. Diese
Forscher konnten die von Friedmann fiir ihn angegebene
^absolute und sicher bewiesene Unschadlichkeit gegenflber
alien untersuchten Saugetieren“ (30) nicht bestStigen. Der
erste aus ihren Beobachtungen gezogene SchluBsatz lautet:
„Die Friedmannsche Kultur ist fiir Warmbliiter nicht absolut un-
gefahrlich. Sie erzeugt zwar keineTuberkulose, sie kann aber Intoxikationen,
und organiscbe Veriinderungen hervorrufen, welche Gesundheit und Leben
der Versuchstiere zu gefahrden imstande sind.*-
Orth (93) hatte zwar den Stamm selbst nicht zur Ver-
fiigung, machte aber an einem von Friedmann mit dem
I. Stamm vorbehandelten und ihm zur Nachinfektion iiber-
gebenen Meerschweinchen eine Beobachtung, die seit-
her in der ganzen Frage der Gefahrlichkeit des
f’riedmannschen Heilmittels eine grundlegende
Bedeutung gewonnen hat und immer wieder
zitiert wird^).
Bei dieser Wichtigkeit sei hier etwas nBher
darauf eingegangen.
Meerschweinchen No. 7, ein altes, schweres mannliches Tier von 750 g
Gewicht machte, ala esOrth iibergeben wurde, einen kranken Eindruck,
und wrurde deshalb nicht in die erste Versuchsreihe vom 30. VI. ]905, fiir
die es bestimmt war, aufgenommen. Es erholte sich wieder und zeigte bis
zum Ende November 1905 Gewichtsschwankungen zwischen 730 und 810 g.
Am 12. XII. 1906, also 1 Jahr und 12 Tage nach der Infektion seiner
Genossen und also noch etwas langer nach seiner Vorbehandlung, wurde
es bei einem Korpergewicht von 850 g getotet. Aus dem eingehenden
Sektionsprotokoll sei hier auszugsweise mitgeteilt: In den Lungen einzelne
graue und graurotliche knotchenartige Bildungen. Die nicht vergrofierte
Milz in der Nahe des vorderen Bandes auf der konvexen beite ini—1'/, cm
Ausdehnung mit der Bauchwand venvachsen. Im Milzgewebe dicht neben
dieser Stelle ein grauer, mohnkorngroSer Fleck, anscheinend von einem
Knotchen herriihrend. In der Leber vereinzelte iihnliche Flecken wie in
der Milz. Peritoneum und Netz o. B., jedoch iiber beiden Hoden eine
1) Merkwiirdiger- und unseres Erachtens nicht ganz gerechtfertigter-
weise wird sie auch immer bei der Bewertung des III. Stammes, mit
dem sie doch unmittelbar gar nichts zu tun hat, herangezogen, ohne dafi
der genaue Sachverhalt angegeben wird.
Digitized by GoL'gle
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAI6N
258
Ludwig Lange,
Digitized by
Gruppe von teils isolierten teils zusammenhangenden, flachen, in der Peri¬
pherie grau, im Zentrum gelb ausschenden, tuberkuloseahnlichen Herden.
Auf dem Durchschnitt das gelbe Zentrum vielfaeh erweicht; die Herde
reichen in die Hodensubstanz binein. Die kleinsten Herde am serdsen
Ueberzug des dicken Fettgewebes, das sich an den (sicl) Hoden anschlieBt.
In 2 Ausstrichpriiparaten des rechten Hodens keine saurefesten Stabchen.
Alle Kulturen aus dem linken Hoden bleiben steril.
0
Die mikroskopische Untcrsuchung der Hodenhcrde ergab tuberkuloses
Granulationsgewebemit Langhansschen Riesenzellen, fleckweiser zentraler
Verkasung, hauptsachlich epitheloide, tun Rande auch lymphoide Zellen.
Daneben fielen mit lymphoiden Zellen prall angefiillte LympbgefaBe auf.
Bazillen wurden nicht gefunden.
Kleine Stiickchen der verdiichtigen Stellen des linken Hodens wurden
2 Meerschweinchen (7 a [360 g] und 7 b [500 g]) unter die Haut verbracht.
Beide Tiere blieben gesund und batten bei der Totung nach 296 Tagen (am
4. V. 1901) erheblicb an Gewicht zugenommen (auf 700 bzw. 800 g).
Bei Meerschweinchen 7a beim Einschneiden in der rechten In-
guinalgegend an Stelle der Drusen mehrere mit diinner eiteriihnlicher Masse
gefullte Hohlraume. In einer Leistendruse der linken Seife eine harte,
graue, hanfkorngroSe Einsprengung mit rundlichen knotchenartigen Vor-
spriingen am Rande. Aehnliches 6ndet sich in den Drusen am Becken-
eingang. Mit Ausnahme der linken Niere, an deren Oberflache man zwei
ncbeneinanderliegende, tuberkelahnliche Herdchen sieht, weder an sonstigen
Lymphdriisen noch an anderen Organen etwas Tuberkuloses zu bemerken.
Mikroskopiseh zeigten 4 untersuchte Lymphdriisen typische Tuberkulose
mit vereinzelten, zum Teil in Riesenzellen gelegenen Bazillen; auch die
Nierenherdchen erwiesen sich als riesenzellenhaltige Tuberkel, hier aber
Bazillenbefund negativ.
In der Infektionsstelle (rechte Inguinalgegend? Verf.) einige Tuberkel-
bazillen; alle im Brutschrank und bei Zimmertemperatur gehaltenen Kultur-
rohrchen blieben steril, bis auf je 1 Rohrchen, in welchen man einzelne
Oder zu sparlichen kleinen Hiiufchen vereinigte siiurefeste Bazillen fest-
stellen konnte, deren Menge nach dem Befund am Ausgangsmaterial nur
auf Vermehrung der ausgesaten bezogen werden konnte.
Befund bei Meerschweinchen 7b: Rechte I^eistendriisen ver-
grOSert, auf dem Durchschnitt teils derbe, aus zentral verkiisten Knotchen
zusammengesetzte Massen, teils ein mit eiterahnlicher Masse gefiillter Hohl-
raum wie bei 7 a. In der linken Inguinalgegend eine etwas vergroSerte
und verhiirtete Lymphdriise. Am Bcckeneingang rechts eine erheblich ver-
grbfierte, harte Lymphdriise ahnlich wie bei 7 a. In der Lunge einige feine
graue Fleckchen, in der Leber ein gelbliches Herdchen von etwa 1 mm
Durchmesser. Dieses wird mikroskopiseh als nicht tuberkuloser Natur er¬
wiesen, dagegen in Lymphdrusenschnitten groBe Mengen typischer, riesen-
zellenhaltiger Tuberkel, in denen sich in einzelnen Schnitten mehrere, teil-
weise in Riesenzellen eingeschlossene saurefeste Bazillen fanden. Im Aus-
strichpriiparat aus den kasigen Massen der Inguinaldriisen vereinzelte
Tuberkelbazillen. Alle Kulturen blieben steril.
Google
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Ueber das Friedmannsche Tuberkulose-Schutz- und -Heilmittel. 259
Wie schon erwahnt, rechnet Orth auf Grund dieser
Befunde den Friedmannschen Schildkrotentuberkelbazillus
zu den Tuberkelbazillen; er besitze aber fdr Meer-
schweinchen nur eine sehr geringe Virulenz, wenn er sich auch
fiber Jahr und Tag iin Meerschweinchenkfirper lebend erhalte.
An den Orthschen Befunden fallt einiges auf Erstens,
daB sich bei Meerschweinchen No, 7 mikroskopisch in den
tuberkulosen Herden keine saurefesten Stfibchen gefunden
haben. Ffir Tnberkelbazillen ist ein derartiger negativer Be-
fund nichts AuBergewohnliches, namentlich in den enorin
vergroBerten Lebern und Milzen von langere Zeit nach
der Infektion gestorbenen Meerschweinchen. Ffir tuberkel-
bazillenahnliche Stfibchen aber stellte Weber (119) fest, daB
sie im Tierkorper bis zu 4 Monaten lebensfahig blieben, danach
aber noch lange Zeit, nachdem sie ihre Lebensfahigkeit ein-
gebfiBt hatten, ihre farberischen Eigenschaften beibehielten ;
in einem Falle konnten sie noch IV 4 Jahre nach der Impfung
mikroskopisch nachgewiesen werden ’).
Zweitens fiberrascht es, daB bei der Weiterimpfung dieses
niikroskopischen bazillenfreien Materials in den beiden Tieren 7a
und 7 b doch wieder sfiurefeste Stabchen in die Erscheinung
treten, ein Vorgang, wie er bisher nur ffir die echten Tuberkel¬
bazillen bekannt ist. Und trotz dieses Wiederauftauchens der
Stabchen keine weitere Verbreitung im Korper bis fiber die
nachsten Lymphdrfisen hinaus!
Drittens stellen die bei Meerschweinchen 7 a gefundenen
2 kleinen Nierentuberkel (allerdings ebenfalls ohne positiven
Bazillennachweis) einen auBerst seltenen Befund dar. Bei
den weit fiber 1000 Meerschvveinchenobduktionen, fiber die ich
selbst verfflge und nachErkundigungen auch beietwalOOOOOb-
duktionen, die im Gesundheitsamt im Laufe der Jahre bei
den ausgedehnten Tuberkuloseuntersuchungen vorgenommen
worden sind, wurde nicht in einem einzigen Falle an der
Meerschweinchenniere etwas Derartiges gesehen ^).
1) Anderereeits weist Weber an der gleichen Stelle gerade auf die
fast unbegrenzte Erhaltung der Firbbarkeit echter Tuberkelbazillen bin,
wofiir er den Befund von Hieroclbs (53), der Tuberkelbazillen in einem
vor 6 Jahren ausgehuBteten Lungensteine farben konnte, heranzieht.
2) Erst in allerjungster Zeit fand ich bei einem Meerschweinchen in
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
260
Ludwig Lange,
Wflrde also der Umstand, daB sich in den Tieren 7 a
und 7 b wieder saurefeste Stabchen fanden, f 0 r Verwandtschaft
mit den echten Tuberkelbazillen sprechen, so stimmen die
Nierenherde weniger mit einer solchen Annahme iiberein.
Und aus dem Ziichtungsversuch mit dem Eiter der
Impfstelle von Meerschweinchen 7 a, wobei auBer in einem
bei 37° gehaltenen, auch in einem bei Zimmertemperatur auf-
bewahrten Rohrchen eine allerdings nur mikroskopische Ver-
mehrung festgestellt wurde, iSBt sich ebenfalls kein sicherer
SchluB hinsichtlich der Zuteilung der Bazillen ziehen. Es
ware immerhin moglich, daB auch echte Tuberkelbazillen bei
der u. U. anfangs Mai herrschenden Temperatur wenigstens
eine mikroskopische Vermehrung zeigen.
Alles in allem genommen sind die Orthschen
Befunde als ganz auBerg e w 5hn1iche zu be-
zeichnen, wie sie m. W. bei Tuberkuloseunter-
suchungen sonst nie erhoben wurden. Die nachst-
liegende Erkiarung ist denn auch die von Orth gegebene,
daB ein fast avirulenter echter Tuberkelbazillus
vorliegt, wie solche Stamme von starkst herabgesetzter
Virulenz bei Lupus und Hauttuberkulose gefunden wurden
(engl. Kommission, auch unsere noch nicht verbflFentlichten
Lupusbefunde).
Da erhebt sich aber ein Verdacht, dessen AeuBerung wir
nicht unterdriicken zu sollen glauben:
Wir wissen nicht, wo mit Friedmann die be-
treffenden Tiere vorbehandelt hat.
In seiner Patentanmeldung^) wird auch von der Ver-
wendung von Mischkulturen avirulenter und virulenter
Tuberkelbazillen gesprochen (85). Sollte eine solche Oder Ab-
impflinge von solchen mit im Spiele gewesen sein? Sollten
die an Zahl geringen und an Virulenz geschwachten Tuberkel-
der linken Niere ein einziges wandstiindiges miliares Knotchen in der Rinde,
dc88en mikroskopische Untersuchung noch aussteht. Da es sich makro-
skopisch um ein nicht ganz bestimmt zu deutendes Gebilde handelt, schien
niir die mikroskopische Verarheitung deu Vorzug vor der Verimpfung auf
ein Tier zu verdienen.
1) Anm. bei der Korrektur: DRP. 336051 inzwischen erteilt, siehe
Patentanspruch 3.
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Ueber das Friedmannsche Tuberkulose-Schutz- und -Heilmittel. 261
bazillen gerade am Hoden des alien Meerschweinchenbockes
No. 7 mnen Locus minoris resistentiae gefunden haben? Die
Verwachsungen der Milz deuten darauf bin, daB entweder
Friedmann die Schutzimpfung intraperitoneal vorgenommen
hat, Oder daB eine wieder ausgeheilte Seuche vorlag.
Wir neigen also trotz der Orthschen Befunde dazu,
auch den ersten Friedmannschen Stamm ftir einen
„genuinen“ Kaltblfltertuberkelbazillus zu halten,
der zu den echten Saugetiertuberkelbazillen nur ganz ent-
fernte phylogenetische Beziehungen hat.
b) Der II. Stamm.
Ueber den II. Stamm (s. p. 244) kSnnen wir ganz kurz hin-
weggehen. Er steht schon durch seine kulturellen Eigenschaften,
vor allem die Temperaturbreite, den typischen Kaltblflter-
organismen SuBerst nahe. Angaben tiber sein Verhalten im
Meerschweinchenkbrper — von solchen fiber die Ungeeignet-
heit zu Immunisierungszwecken abgesehen — liegen nicht vor.
c) Der III. Stamm.
Wenn wir nunmehr zum III. Stamm, dem ffir uns wich-
tigsten, fibergehen, so darf zunfichst auf das schon oben (p. 256)
bei dem Vergleiche mit dem I. Stamm fiber ihn Gesagte ver-
wiesen werden.
Die durch zahlreiche Protokolle belegten Friedmann¬
schen Angaben fiber sein Verhalten im Meerschweinchenkfirper
lassen sich dahin zusammenfassen, daB er schon im frisch-
gewonnenen Zustande als fast avirulent, nach seiner langen
kfinstlichen Weiterzfichtung als vfillig avirulent ffir diese
Tiere bezeichnet wird.
Im folgenden sollen die bisher vorliegenden Befunde der
anderen Forscher kurz zusammengestellt werden.
Von verschiedenen Seiten wurde behauptet Oder wenigstens
die Vermutung ausgesprochen, die „Kultur‘‘ und das
„Mittel“ seien nicht identisch [Rabinowitsch (97),
Meinicke (80) „nicht oder nicht mehr identisch“J.
Kabinowitsch (101) teilt mit, russische Aerzte vermuteten, dafi die
Verunreinigungen absichtlich zugesetzt (I) seien.
ZfllUchr. f. ImmaniUisforschun^. Orig. Hd. 32. 18
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
262
Ludwig Lange,
Digitized by
Amerikanische Aerzte glaubten, da6 absichtlich zwei verechiedene
Bakterienarten ira Impfatoff seien (99) *). Auch hdrte ich noch im April 1914
von anderer Seite die Vermutung auegesprochen, dafi Friedmann „ver-
schiedene Stamme abgebe und immer noch mit neuen Kulturen arbeite“.
Wenn auch Friedmann immer wieder mit aller Be-
stimmtheit versichert, dafi Kultur und Mittel absolut identisch
seien, woran auch in keiner Weise zu zweifeln ist, so mogen
die folgenden Literaturangaben doch nach „Kultur" und
„Mitter getrennt aufgefiihrt werden 2 ).
d) Die flKultur".
Angaben flber die „Kultur“ finden sich bei Rabino-
w i t s c h (100), Baumann (7), M e i n i c k e (80), Kruse (73),
Ehrlich-Bbhnke (22) und Schroder (107).
Rabinowitsch (100) verimpfte von ihr aelbst aus dem Mittel heraus-
geziichtete Kulturen (iiber die „Barnes-Kultur“ siehe weiter unten) in
Mengen von 0,5—2 mg subkutan oder intraperitoneal auf Meerschweinchen.
£in Teil der Tiere blieb ohne krankbafte Erscheinungen, bei einem anderen
Teile fanden sich bei der nach mehreren Monaten vorgenommenen Sektion
(teilweise spontan verendet) vereinzelte, mehr oder weniger tuberkulose-
verdachtige Herde in den vergrofierten Driisen, in Leber und Milz, aus
denen die Herausziichtung saurefester Stabchen gelang. Die VVeiterimpfung
der Herde auf Meerschweinchen verlief erfolglos.
Von einer im November 1913 angesetzten Reihe von 4 Meerschweinchen,
die alle mit verschiedenen Mengen einer G-tagigen, aus einer Ampulle 2
gewonnenen Reinkultur subkutan geimpft worden waren, verendete das mit
2 mg gespritzte Tier nach 3 Monaten. Neben einem hirsekorngrofien
Knotchen an der Impfstelle und VergroSening und Verkasung der Leisten-
driisen ist vor allem der Milz- und Leberbefiind auffallend. Die wenig
vergrofierte Milz ist voUig durchsetzt von stecknadelkopfgroCen graugelben
Knotchen; die Leber enthalt zahlreiche hirsekorn- bis stecknadelkopfgroBe
Knotchen.
Die histologische Untersuchuiig (Dr. Ceelen) ergab an der Impf¬
stelle, in Leber und Milz tuberkulose Veranderungen. In der Leber ver¬
einzelte Langhanssche Riesenzellen. An der Impfstelle und in der Leber
zahlreiche saurefeste Stabchen. Kulturen aus Impfstelle und den Organen
verliefen positiv. Etwas verlangsamtes Wachstum, doch auch bei Zimmer-
1) Karfunkel (37) auSerte sich sogar dahin (p. 1180), dafl es sich
bei Friedmann gar nicht urn einen saurefesten BazUlus handle, sondern
um einen nicht saurefesten Sporenbildner (1).
2) Es ware von vornherein nicht ganz auszuschliefien, dafi die
„Virulenz“ der Bazillen durch den auch nur einige Tage wahrenden
Aufenthalt in der Kochsalzlosung irgendwie beeinflufit wurde.
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Ueber daa Friedmaunsche Tuberkulose-Schutz- und -Heilmittel. 263
temperatur nach 10 Tagen deutliche Vermehrung. Die Weiterimpfung auf
Meerschweinchen war noch nicht abgeschloesen.
Man wird aber annehinen diirfen, dafi bei diesen zweiten
Passagen keine tuberkulose Erkrankung der Tiere auftrat,
well andernfalls die Verdffentlichung dieser bedeutungs-
vollen Befunde wohl sicherlich nicht unterlassen worden
ware.
Friedmann (41) fiihrt diese Ergebnisse auf Fremdkbrpertuberkulose
zuriick und legt auf daa Versagen der Weiterimpfungen grofiten Wert.
Piorkowski (95) teilt mit, daS Meerschweinchen selbst Doaen von
100 und 300 mg Schildkrotentuberkelbazillen (um welchen Stamm es sich
handelt, geht nicht klar hervor, wohl um den I. Friedmannstamm)
reaktionslos vertrugen. Die anfangs entstandenen hirsekorn- bis etwa
erbsengrofien Knotchen (wohl an der Impfstelle? Verf.) verschwanden nach
3—4 Wochen wieder vollig. Organe stets frei von tuberkulosen Ver-
iinderungen.
Baumann (7) konnte bei 17 Meerschweinchen, denen er 7 Tage nach
der Bubkutanen Infektion mit 2 mg menschlicher Tuberkelbazillen je 0,5 ccm
einer leicht opaleszierenden Aufschwemmung — also wohl von der Eou-
zentration des Mittels — intramuskular eingespritzt hatte, bei der Bektion
nach durchschnittlich 43 Tagen niemals Abszessc oder Infiltrate feststeUen.
Nur bei 4 Tieren war leichte Verdickung vorhanden, (Eine Herausziichtung
der Friedmannbazillen aus Blut oder Impfdriisen gelang zu diesem Zeit-
punkt bei keinem der Tiere.)
Kruse (73) fand bei Meerschweinchen, die mit Mengen bis zu 60 mg
infiziert waren, bei der Sektion nach 3 — 6 Monaten keine Spuren von
tuberkuloseartigen oder sonstigen Veranderungen. Die Tiere hatten auch
stets negative Intrakutanreaktion nach Romer gegeben. Die von anderen
gelegentlich gefundenen Herde bei zu friih getbteten Tieren seien harmlose
Fremdkorpertuberkel, da eine Weiteriibertragung nie gelingt. Eine ihm zur
Verfiigung gestellte, aus solchen Herden nach Monaten herausgeziichtete
Kultur verhielt sich genau, wie die ihm vor 1*/^ Jahren iibergebcne, zur
Herstellung des Mittels ausschliefilich verwendete Originalkultur Fried¬
manns, woraus Kruse schlieflt, dail von einer Anpassung an den Warm-
bliiterorganismuB nichts zu merken sei.
Ehrlich (22) bzw. Boehncke (vorlaufiger Bericht vom
4. VIII. 1913) berichten fiber zahlreiche Meerschweinchen-
impfungen.
Von 38 Tieren, die mit je 2,5 mg einer Originalkultur subkutan ge-
impft waren, gingen 4 nach 8—19 Tagen interkurrent ein. Ein nach
75 Tagen gestorbenes Tier zeigte in der rechten Lunge zahlreiche Knotchen,
doch waren in Abstrichen oder Schnitten keine skurefesten Stabchen
zu finden. Ein anderes, nach 86 Tagen getotetes Tier wies am rechten
unteren Lungenrand eine verkaste, kleinbohnengrofie Partie und vergrbfierte
Bronchialdriisen auf. Ausstriche und Kulturen waren auch hier negativ.
Die iibrigen 32 Tiere lebten zur Berichtszeit.
18*
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
264
Ludwig Lange
Digitized by
Mit Weiterzuchtungen der Originalkultur bei 37® wurden 5 Meer-
flchweinchen mit 2,5 mg intravenSs geimpft. Alle lebten nach 2 Monaten
nocb. Ferner wurden mit der gleichen Unterkultur 5 Tiere mit je 2,5 mg
intraperitoneal geimpft. Wahrend bei 2 von diesen Tieren keine krank-
haften Organveranderungen gefunden wurden und 1 bei Berichtsabgabe
noch lebte, wurden bei einem nach 57 Tagen gestorbenen Tier in der
Lunge difius infiltrierte Partien, bei dem letzten, das 5 Tage nach einer
48 Tage nach der Impfung vorgenommenen Tuberkulineinspritzung (0,5 Alt-
tuberkulin) gestorben war, in der Leber ein kleiner, makroskopisch wenig
verdachtiger Herd gefunden. Die mikroekopische Untersuchung bei beiden
Tieren war zur Zeit der Berichtsabgabe noch nicht abgeschloasen.
Schliefilich wurden mit einer bei Zimmertemperatur gewachsenen
Glyzerinkultur je 2 Tiere mit den Mengen von 5,0, 7,5, 10,0, 12,5 und
15,0 mg subkutan infiziert. Die beiden 15 mg-Tiere gingen am 11. bzw.
18. Tage an Pneumonie ein, alle anderen lebten am 4. VIII. 1913 (etwa
1 Monat nach der Impfung).
Im abschlieSenden Bericht v. 26. I. 1914 wird auf eine Kultur
vom 1. VIII. 1913 naher eingegangen. Alle 18 mit 2,5 mg dieser Kultur,
die auch im Wachstum von den iibrigen abwich (stark abgeschwiichtes
Wachstum auf festen Nahrboden, keine ZuchtungsmSglichkeit auf Bouillon) —
subkutan geimpften Tiere erkrankten unter starker Gewichtsabnahme.
8 Tiere starben zwischen dem 8. und 12. Tage, 2 weitere am 16. bzw.
18. Tage nach der Impfung unter dem Bilde schwerster Kachexie. Sektions-
befund v611ig negativ. Von den verbliebenen 8 Tieren starb eines am
30. Tage an eitriger Peritonitis, die anderen erholten sich und wiesen bei
der nach 4 bzw. 5 Monaten erfolgten Schlachtung einen voUig normalen
Bektionsbefund aUer inneren Organe auf.
Bei 12 Tieren wurden je 25 mg einer „normalen“ Kultur zusammen
mit 2 g steriler Butter intraperitoneal verimpft. Hiervon wurden 5 Tiere
nach 3 Monaten getStet und zeigten Reste eitrig-fibrinSser Peritonitis und
abgekapselte Abszefiherde an und in den Organen der Bauchhohle ein
Befund, wie er auch fiir die iibrigen saprophytischen sfiurefesten Bakterien
bekannt ist. Von Interesse ist, da6 auch die nur mit steriler Butter
geimpften Kontrolltiere am Netz vereinzelte miliare KnStchen mit
fettartigem Inhalt aufwiesen.
Schroder (107) verimpfte, da Kruse bei intraperitonealer Ver-
impfung von 60 mg keine tuberkulosen Veriinderungen gesehen hatte,
70 mg einer von L. Rabinowitsch aus einem Original-Impfstofirohrchen
geziichteten Kultur intraperitoneal auf 2 Meerschweinchen. Bei der Totung
nach 72 Tagen (also 1 Monat friiher als die Kruseschen „60 mg“-Tiere)
fand sich bei dem einen Tier im grolien Netz und in der rechten Bauch-
wand je ein bohnengroSer verkaster Knoten, bei dem anderen nur ein
kleines hartes Knotcben in der Bauchwand. Weiterimpfungen einer
Kochsalzemulsion des verkiisten Inhaltes der beiden Knoten vom ersten
Meerschweinchen auf eine 2. Serie und von Lungenherden eines Tieres aus
dieser auf 2 Tiere der 3. Serie ergaben eine zunehmende Patho-
genitat der Bazillen, so dafi bei der 3. Reihe von Versuchstieren
bereits eine sehr ausgedehnte Phthise festzustellen war. Nach
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Ueber daa Friedmannsche Tuberkulose-Schutz- xind -Heilmittel. 26&
Schrdders Ansicht stellt der Friedmannstamm eine Ueborgangsform
des Kaltbliitertuberkuloseerregers zum humanen Typus dar.
Die Versuche Schroders rechtfertigen bei ihrer Wichtig-
keit wohl ein genaueres kritisches Eingehen.
Der Befund von Serie I Tier 1, das nach 72 Tagen getotet wSrden
war, l^t sich durch die grofie Impfdosis ungezwungen erklaren. Wohin
BoUen auch derartige Massen von Saurefesten, die der Auflosung dock
bekanntlich groBere Widerstande entgegenstellen, gelangen? Die gefun-
denen Abszesse und Tuberkel sind als Fremdkorperabkapselungen und
Fremdkbrpertuberkel leicht verstiindlich. Die in Ausstrichpraparaten des
Eiters vorhandenen zahlreichen, zum Teil komig zerfallenen saurefesten
Stabchen geben sich durch ihre kurze Form als die Friedmannbazillen
zu erkennen.
Bei detn Tier Serie II 1 von 800 g, das nach 122 Tagen getotet wurde
(780 g), fallen angesichts der intraperitonealen Verimpfung von 2 ccm einer
reichlich bazillenhaltigen Eiteraufschwemmung die geringen Veriinderungen
an den Abdominalorganen auf. (Aufier ziemlich reichlichem blutig-serosem
Exsudat und leichter Vergrofierung der makroskopisch normalen Milz kein
Befund.) Mikroskopisch wurden allerdings in MUz und Leber kleinste
miliare Tuberkel festgestellt; in der Milz auch vereinzelte saurefeste Stabchen.
Ihre Form und GroSe ist nicht angegeben.
Wahrend bei dem niakroskopischen Sektionsbefund von Verande-
rungen der Lunge nichts erwahnt ist, findet sich unter den „hi8tologi8chen
Befunden“ die Angabe, daB Lungenschnitte das Bild der kasigen
Pneumonio darboten. Im typischen Alveolarexsudat waren zahlreiche gut
gefarbte saurefeste Stabchen vorhanden, die teilweise gekornt waren und
morphologisch durchaus dem Tuberkelbacillus humanen
Typs glichen (vom Verf. gesperrt). Sie waren also wohl deutlich langer,
Bchlanker und leicht gebogen. Damit batten wir auch eine mor-
phologische Umwandlung vor uns. Der Hauptschritt zur
Umwandlung ware also bei diesem Tier (und dem Paralleltier
Serie II 2) erfolgt.
Das Meerschweinchen Serie II 2 starb nach 189 Tagen, also etwas
iiber 6 Monaten. Unter dem makroskopischen Befund ist u. a. angegeben;
Peritoneum glatt, keine Driisen. In alien Lungenlappen deutliche lobu-
lare bronchopneumonische Herde. Beim Durchschneiden entleert sich aus
einzelnen Herden kasiger Eiter, in dem reichlich saurefeste Stab¬
chen *) gef unden werden. Unter den „hi8tologischen Befunden“ wird mit-
geteilt: In Schnitten einer vergroBerten Mesenterialdriise fanden wir
Tuberkelknotchen ... In Leber und Milz waren tuberkulose Verande-
nmgen nicht deutlich zu erkennen, dagegen in Lungenschnitten peri-
bronchiale und perivaskuliire miliare Tuberkelbildungen . . . An einzelnen
Stellen der Schnitte sah man beginnende kasig-pneumonische Infiltration.
Saurefeste Stabchen waren nicht zu finden').
Bei beiden Tiereu der Serie II finden sich also die hauptsiichlichsten
Veriinderungen in der Lunge, und zwar bei intraperitonealer Verimpfung.
1) Vom Verf. gesperrt.
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
266
Ludwig Lange,
Digitized by
8olIte da nicht der leise Verdacht erweckt werden, daO eine Aspirationa-
tuberkulose mit hineingespielt haben kann? Nach den Untereuchungen
Oettingers (90) u. a. iet ja wohl bekannt, dafi nacb dem Uebertritt von
Tuberkelbazillen in die Blutbabn — im vorliegenden Falle wiirden die
Friedmannbazillen von der Baucbbdble aus auf dem Lympbwege in das
Blut gelangt sein — baufig die Lungen allein oder vorwiegend erkranken,
und zwar liegt das nicbt an einem starkeren mecbaniscben Zuriickbalten
der Keime in den LungengefiiBen, sondem an der erbobten Disposition
des Lungengewebes, aucb auf das Eindringen weniger Bazillen bin zu er¬
kranken. Aber wir miissen gesteben, da£ uns besonders jener morpbo-
logiscbe Befund bei Tier T1 1 „8tutzig macbt“, und ebenso die Angabe
Scbrdders, daS Bpontantuberkulose in seinem Meerscbweincbenstall „nur
auOerst selten“, also docb immerbin beobacbtet worden ist.
Im Giesundbeitsamt kann icb micb im Laufe mebrerer Jabre an
tausenden von Meerscbweincben keines einzigen Falles von Spontantuber-
kulose entsinnen. Eine Lungenbeilstatte ist eben docb in dieser Beziebung
ein etwas gefabrUcber Ort.
Wenn, was wir keineswegs bestimmt bebaupten wollen, wirklicb docb
eine unbeabsicbtigte Ansteckung erfolgt sein sollte, so ist sie aller Wabr-
Bcbeinlicbkeit nacb bei den beiden Tieren (oder einem, das dann das
andere angesteckt bat) der II. Serie eingetreten. Denn die Tiere der
III. Serie, die mit Lungenstuckcben von Tier II 2 subkutan infiziert waren,
gaben den Befund einer regelrecbten allgemeinen Drusen- und Organ-
tuberkulose. Jedenfalls sind die Scbroderscben Befunde von aller-
groflter Bedeutung und fordern unbedingt zu einer Nacbpriifung beraus').
e) Das „ Mitt61“.
Beobachtungen bei direkter Verimpfung des
„Mittels“aufMeerschweinchen wurden von Rabinowitsch
1) Anm. bei der Korrektur: Eine solcbe Nacbpriifung ist inzwiscben
von mir vorgenommen worden. Ueber das Ergebnis, auf das bier leider
nicbt mebr eingcgangen werden kann, wird in einer besonderen Mitteilung
beriebtet werden. Hier sei nur erwiibnt, dafi zwar nicbt mit der von
Scbroder mir giitigst iiberlassenen Kultur, wobl aber mit der seinerzeit
von mir aus der Impfstelle des Meerscbweincbens No. 14 (s. p. 3(X) Anm. 2)
geziicbteten Kultur an einem Tier, bzw. den Weiterimpfungen von diesem,
Beobacbtungen erboben wurden, die den Scbroderscben Befunden v5l1ig
entsprecben. Man wird aber diese Befunde nicbt im Scbrbderscben
Sinne — Uebergangsstellung vom Kaltbliitertuberkelbazillus zum bumanen
Typus — verwerten diirfen, sie vielmebr in der Weise auffassen miissen,
wie die Feststellungen von Kolle, ScbloSberger und Pfannenstiel
(Deutsche med. Wocbenscbr., 1921, p. 457), welcbe Forscber auCer mit
Friedmann- und Froscbtuberkelbazillen-Stiimmen aucb mit anderen, sicber
sapropbytiscben „Saurefe9ten“ ganz entsprecbende Veriinderungeo erzielen
konnten. Beziiglicb der Bedeutung dieser Beobacbtungen fiir die Be-
wertung der Scbadlicbkeit der Friedmannbazillen sei auf die Ausfiibrungen
p. 273 verwiesen.
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Ueber das Friedmannsche Tuberkuloee-Schutz- und -Heilmittel. 267
(100), Kaufmann (56,57), Piorkowski (95), Meinicke(80)
und Ehrlich-Boehncke (22) mitgeteilt.
Nach Rabinowitsch (100) war bei den mitdem „Mittel“ angestellten
Tierversuchen kein merklicher Unterschied zwischen den 2—3 Wochen
alten und den 24—48-8tundigen Proben zu erkennen. Wahrend einige
Tiere 'j, Ainpulle ohne krankhafte Verandeningen ertrugen, wies ein sub-
kutan geimpftes, nach 3 Monaten verstorbenes Tier auQer verdkchtigen
Leberherden einen erbsengroilen ImpfabszeH auf, aus dem keine Saure-
festen, wohl aber Btaphylokokken isoliert werden konnten. Ein subkutan
mit */» Ampulle No. 3=5 mg geimpftes Tier ging nach 3 Monaten ein
und wies geringe Vergroflerung der Inguinal- und Iliacaldriisen und der
Milz, ferner in der Leber drei verd&chtige miliare Knotchen auf. In der
Leber wurden durch Ausstrichpraparate und Kultur saurefeste Btabchen
nachgewiesen. Rabinowitsch bezeichnet demnach das Friedmann¬
sche Mittel als nicht „ganzlich harmIos‘‘.
Als ganz aus den Befunden der flbrigen Forscher, ab-
gesehen etwa von SchrSder, herausfallend, sind die Ergeb-
nisse Kaufmanns (56, 57) zu bezeichnen.
Er hatte am 9. II. 1914 ein Meerschweinchen mit 0,2 ccm einer Am¬
pulle I, also mit 2 mg geimpft Tod nach 20 Tagen. Mallig ausgebreitete
makroskopische, mikroekopisch sichergestellte Tuberkulose. Die Milz wurde
auf ein 2. Meerschweinchen weiterverimpft Tod nach 36 Tagen: Schwere
Tuberkulose von bauchfell, Leber, Milz, Lunge und Drusen. Hiervon Ver-
impfung auf 3 weitere Tiere, die ebenfalls an schwerer Tuberkulose starben.
Angesichts dieses mit alien anderen Beobachtungen, selbst
der von Schroder, der ja viel massiver impfte (70 mg intra-
peritoneal), in Widerspruch stehenden Befundes kann man
die Vermutung nur schwer unterdriicken, daB entweder das
erste Tier schon vor der Impfung tuberkulos war, Oder daB
unabhSngig von der Impfung noch eine Infektion des Tieres
mit echten Tuberkelbazillen stattgefunden hat, was insofern
einigermaBen mbglich erscheint, als der Versuch — wie iibrigens
auch der von Schroder (107) — in der LungenheilstStte
Schomberg vorgenommen wurde.
Der Tierversuch, fiber den Meinicke (80) berichtet,
hebt sich vor den anderen durch die wiederholte In-
jektion des Mittels heraus.
Ein Meerschweinchen erhielt
am 19. 1. 1914 0,2 einer Ampulle I intraperitoneal =2 mg,
am 6. II. 1914 0,2 einer anderen Ampulle I intraperitoneal =2 mg,
• am 21. III. 1914 0,5 einer dritten Ampulle I intraperitoneal =2 mg.
(Der Inhalt der 3. Ampulle war stark mit sporentragenden Bazillen
verunreinigt.) Das Tier starb am 31. 111. 1914 und bot folgenden Refund:
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
268
Ludwig Lange,
Digitized by
Impfkanal vereitert, mit zahlreichen kleinen grauen Knotchen. Leber und
Milz verklebt, vergrbOert, mit stecknadelkopf- bis linsengrofien grauen und
gelben Herden besetzt, die sich bei der Leber auch in die Tiefe des Gewebea
yerfolgen laasen. Mikroskopisch waren im Eiter des Impfkanals, auf der
Peritonealoberflache und in verschiedenen Leberberden sivurefeste Btabchen
zu finden. Die histologische Untersuchung (Dr. Ceelen) ergab in der
Leber chronisch entziindliche, umschriebene Herde mit fibroser Blapsel
und vereitertem Zentrum. Eine spurlose Resorption solcber Herde ist
nach Ceelen unwahrscheinlich.
Zu diesem Falle ware zu sagen, dafi der Befund der
saurefesten Stabchen 10 Tage nach der letzten (3.) Injektion
nicht flberrascht. Nach dem histologischen Ergebnis liegt
keine echte Tuberkulose, sondern die Bildung chronisch-eite-
riger Granulationsknoten vor (Mangel der Verkasung, Leuko-
zytengehalt, fibrose Kapsel).
Bei den rasch wiederholten Injektionen war gar keine Gelegenheit zur
Riickbildung gegeben. Friedmann (43) betrachtet diesen Fall als ana-
phylaktische Wirkung.
In dem Ehrlich-Boehnckeschen voriaufigen Bericht(22)
finden sich Angaben fiber 10 von Friedmann selbst mit
je 0,5 ccm seines Mittels — also wohl mit 5 mg — am
10. II. 1913 subkutan gespritzten Meerschweinchen.
4 Tiere verendeten interkurrent an Seuche, eines fiel durch vor-
geschrittene Faulnis aus. 4 Tiere, gestorben nach 23, 33, 33 und 49 Tageu,
zeigten bei der Autopsie vereinzelte Knbtchen an der Lunge, bzw. Leber,
bzw. Milz. Mikroskopisch keine saurefesten Bazillen gefunden, auBer bei
dem nach 23 Tagen verendeten Tier No. 742, bei welchem eine erbsen-
grofie Driise an der Injektionsstelle (wohl Leistendruse) zahlreiche schlanke
skurefeste Btabchen enthielt, in Schnitten keine spezihsch tuberkulbsen
Veranderungen. Bei dem letzten Tier No. 748 (f am 26. Tage) wurden
bei vdllig normalem Organbefunde nachtraglich in Schnitten durch die
makroskopisch nicht veriinderte Milz am aufieren Rande zahlreiche Nester
saurefester Stabchen gefunden.
Boehncke schlieflt fiir dieses Tier Spontantuberkulose aus; ob aber
die saurefesten BaziUen die Friedmannbazillen waren, habe sich nicht mehr
feststellen lassen, da eine Kultur bei dem tot aufgefundeuen Tier von
vorneherein aussichtslos gewesen und bei dem normalen aufieren Organ-
befund auch gar nicht in Frage gekommen sei.
Unseres Erachtens erweckt der Befund den Verdacht,
dafi bei der Injektion eine kleine Menge unbeabsichtigt in
die Bauchhohle gekommen sei, was ja bei Tieren mit dfinnen
Bauchdecken fiir seltene Falle nicht ganz auszuschlieBen ist.'
Moellers (86) und Rabinow'itsch in einem Nachwort hierzu be-
zeiohnen die Organveranderungen an den 5 erwahnten Tieren ebenso wie
Google
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Generated on 2019-01-13 01:07 GMT / http://hdl.handle.net/2027/uiug.30112027689659
Public Domain in the United States, Google-digitized / http://www.hathitrust. 0 rg/access_use#pd-us-g 00 gle
Digitized by
Gocigle
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
270
Ludwig Lange,
Digitized by
ausgesprochene Beftirchtung gewinnen iSBt, es mochten die
Friedmannbazillen im menschlichen KSrper sich wieder
ihrem supponierten Ausgangstypus, eben den hu-
manen Bazillen annShern. Und zwar wird eine
Nichtinfektiositat urn so hbher im angedeuteten Sinne
zu bewerten sein, je linger vor der Herausziichtung
sich die Friedmannschen Bazillen im Kbrper be-
funden haben. Angaben iiber derartige Versuche liegen
von Barnes (6), Rabinowitsch (100), Neumann (89),
Bischoff und Schmitz (12) und Fromme (46) vor.
Barnes (6) verimpfte am 15. V. 1913 Bazillen aus einer Glyzerin-
agnrkultur, die er aus einem Glutaalabsze3 eines mit dcm Mittel geimpften
Patienten (Patientin?) des Rhode Island Sanatoriuros gewonnen hatte,
intraperitoneal bzw. subkutan auf je 1 Meerschweinchen. Beide Tiere
zeigten stete Wohlbefinden, und bei der nach 70 Tagen, am 26. VIII., er-
folgten T6tung konnte bei keinem der Tiere eine tuberkulose Veranderung
festgestellt werden (.,no evidence of tuberculosis could be found“).
(Es dlirfte sich hier um den gleichen Stamm handeln, den
Barnes an Lydia Rabinowitsch geschickt hatte. Diese
berichtet (100), daB der Stamm bei Zimmerternperatur vorlSufig
besser wachse und groBe Aehnlichkeit mit dem Dubard-
Ter r eschen Karpfenbacillus habe. Vermutlich ist diese Bevor-
zugung der niedrigeren Ziichtungstemperatur einfach auf die
Vermehrung der Bazillen wahrend des Transportes von Amerika
her und die dabei erfolgte Anpassung an die „Zimmertempe-
ratur“ zuriickzufflhren.)
Rabinowitsch (100) hatte jedenfalls im Juni 1913 von Barnes
eiiien Stamm erhalten, den dieser aus einem ImpfabszeQ bei einer von
Friedmann selbst geimpften Patientin gezuchtet hatte. Sie bringt keine
genaueren Angaben iiber Tiere, die mit dieser „amerikanischen“ Kultur
geimpft waren, so daB man schlieBen muB, daB die betreffenden Tiere zu
jener Reihe von Meerschweinchen gehorten, die nach subkutaner wie intra-
peritonealer Impfung mit 0,5—2 rag teils monatelang lebten, und bei der
Sektion ohne jede Veranderung waren, teils aber nur vereinzelte, „mehr
Oder weniger ausgesprochene tuberkuloseverdachtige Herde in den ver-
groBerten Driisen, Leber oder Milz“ batten, die bei Weiterverimpfung keine
tuberkulosen Prozesse hervorriefen.
Rabinowitsch ziichtete sich ferner aus einem ihr am 20. I. 1914
iibergebenen Eiter aus einem GlutaalabszeB eine Kultur, die sie ebenso wie
den Eiter und tuberkulbses Granulationsgewebe (mit epitheloiden und
Langhansschen RiesenzellenI) auf Meerschweinchen verimpfte.
Auch diese Tierversuche waren zur Zeit der Veroffentlichung der
Arbeit noch nicht abgeschlossen. Auch sie diirften aus den oben
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Ueber das Friedmannsche Tuberlnilose-Schutz- und -Heilmitte). 271
p. 263 angegebenen Grunden bei der Weiterverfolgung kaum zum
Auftreten typiacher Meerschweinchentuberkulose gefiihrt
haben.
From me (46) stellte Tierversuche mit Brustdrfisen-
eiter und dem daraus gezuchteten Stamm von Friedmann-
bazillen an.
Ee handelte sich um eine 36-jahrige Frau, bei der, wohl ausgelost
durch einen etwa 4 Wochen nach der (2.) intravenosen Einspritzuug von
Friedmanns Mittel erlittenen Btofi. 2 Wochen spater zuniichst in der
rechten, nach weiteren 3 Wochen auch in der linken Mamma Tumoren
aufgetreten waren, in deren Eiter die Friedmannbazillen mikroskopisch
und kulturell nachgewiesen wurden. Die Bazillen hatten also etwa 4 Wochen
nach der letzten Injektion noch im Korper der Patientin gekreist'). Der
Btamm wurde am 28. IV. 1914 herausgezuchtet. From me schreibt in
der am 25. VII. 1914 erschienenen VerbflTentlichung: „Bei den mit dem
Ausgangsmaterial wie mit groUen Dosen der aus dem Abszefi gezuchteten
Stabchen geimpften Meerschweinchen und Kaltbliitern sind bisher keine
tuberkulosen Veranderungen aufgetreten."
Wie ich von Herrn Prof. Fromme erst kiirzlich per-
sbnlich erfahren habe, ist auch weiterhin keines der Meer-
Bchweinchen an Tuberkulose erkranktoder eingegangen.
Neumann (89) verimpfte Fistelsekret aus einem 48 Tage
nach der Impfung durchgebrochenen AbszeB einer Patientin
auf 2 Meerschweinchen.
Eines dieser Tiere wies nach der Totung ein grofies verkastes Mesenterial-
driisenpaket und ziemlich viele bis erbsengroQe erweichte Knoten in der
Leber auf, wahrend die Impfung des anderen Tieres ein negatives Ergebnis
hatte. (Angaben iiber die Art der Impfung und den Zeitpunkt der Totung
fehlen, doch weist der Befund und die untenstehende Zeitangabe iiber die
Totung eines anderen Tieres darauf hin, daB wohl intraperitoneale Impfung
und Totung nach etwa 3 Wochen vorlag.)
Mikroskopisch wurden schlanke Stabchen von typischer Siiure-, ge-
ringerer Alkoholfestigkeit gefunden. Die Kultur wuchs bei Zimmer-
temperatur sehr iippig, schraierig, bei 37 “ schlechter. Mit dieser Reinkultur
(Dosis?) wurde wiederum 1 Meerschweinchen und 1 Kaninchen geimpft.
Bei der Totung nach 3 Wochen (1) wurden bei dem Meerschweinchen hoch-
gradige Degeneration der parenchymatosen Organe und einzelne Knotchen
der Leber und Milz vorgefunden. Das Kaninchen wies in der Leber ver-
schiedene hanfkorngroBe Knotchen auf. „Die mikroskopische Unter-
1) Barnes (6) teilt mit, dafi im Zentrifugat von 10 ccm Blut von
9 Patienten 34 Tage nach der Injektion keine Friedmannbazillen nachzu-
weisen waren; ebenso envies sich 5 Tage nach der Einspritzung der Harn
von 10 Patienten als frei von ihnen.
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
272
Ludwig Lange
Digitized by
suchong steht noch aus, so daS ich noch nicht von Tuberkeln reden
kann.“ Das Mittel sei also nicht ganz harmlos, „ruft ee doch im Tier-
versuch gelegentlich Tuberkel- bzw. Knotenbildung hervor.
Wir diirfen wohl annehmen, daU auch Neumann im
weiteren Verlaufe seiner Versuche nicht zu Befunden einer
typischen Tuberkulose gekommen ist.
g) Allgemeine Bemerkungen zu den Meer-
schweinchenversuchen.
Wie wir schon des dfteren hergehoben haben, miifite man
es als eine unbedingte Pflicht eines jeden, der mit Friedmann-
stSmmen beim Meerschweinchen — unmittelbar oder erst nacb
mehreren Durchschickungen — eine typische Tuberkulose er-
zeugen oder beobachten konnte, bezeichnen, von diesen Be¬
funden in der Fachpresse Kenntnis zu geben.
Nun liegen eigentlich von hierher gehorigen Feststellungen
nur die schon erwahnten und kritisch beleuchteten von Kauf¬
man n (56,57) und Schroder (107) vor. Beide sindam gleichen
Orte, in der Lungenheilstatte Schomberg, erhoben worden.
Trotz den ausdriicklichen Angaben Schroders, daB sowohl
eine vorherige [negative Intrakutanreaktion! — die fibrigens
nach eigenen Beobachtungen wie nach den neuerlich verSffent-
lichten Befunden von H. Mil Her (88) nicht vSllig beweisend
erscheint] noch eine nachfolgende Spontaninfektion ausge-
schlossen sei, muB unseres Erachtens die Frage
nach einer „Ruckumwandlung“ der Friedmann-
bazi'llen zu echtenTuberkelbazillen bis jetzt noch
offen bleiben.
Von den Kaufmann-SchrSderschen Beobachtungen
abgesehen, ist also bis jetzt nirgends eine allmahlich ge-
steigerte Pathogenitat der Schildkrbtentuberkelbazillen fur
Meerschweinchen nachzuweisen gewesen.
Es darf wohl auch noch auf einen Punkt aufmerksam
geraacht werden: Selbst bei Schroder und Kaufmann,
wie auch bei Neumann (89) u. a. fauden sich die tuber-
kulosen VerSnderungen stets nur bei einem von zwei oder
mehreren gleichartig, und zwar meist mit recht betrSchtlichen
Impfmengen infizierten Tieren. Man vergleiche damit das
Verhalten der Meerschweinchen gegeniiber der Impfung mit
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Ueber das Friedmannache Tuberkulose-Schutz- und -Heilmittel. 273
echten Tuberkelbazillen. Wenn sich auch unter Umstanden groBe
zeitliche Unterschiede finden, so dflrfte der Befund, daB von
2 Tieren nur eines erkrankt, das andere-aber gesund bleibt,
nur auf solche Fklle beschrknkt bleiben, wo die Zahl der
Tuberkelbazillen im Impfmaterial eine verschwindend kleine
und unregelmBBige war oder wo es sich um BuBerst ge-
schkdigte, alte, zum Teil abgestorbene Kulturen handelt,
niemals aber bei Impfung unter den Verhaitnissen, wie sie
bei all den erwfihnten „Friedmannversuchen“ bestanden.
Und schlieBlich wiirde die wirklicb nachgewiesene
Moglichkeit einer Virulenzsteigerung fflr das Meerschwein-
chen immer noch nicht unbedingt fiir eine GefShr-
lichkeit des Impfstoffes flir denMenschen sprechen,
denn derartige kiinstlich dem Meerschweinchen angepaBte
Bazillen werden eben nicht auf den Menschen verimpft. Eine
gewisse Analogie iSge erst dann vor, wenn man die Fried-
mannbazillen von Mensch zu Mensch, unter Zwischen-
schaltung von nur einer oder wenigen Zflchtungen auf kflnst-
lichen NShrboden vornehmen wollte. Doch daran wird nie-
mand denken ^).
Man kSnnte auch noch die Frage aufwerfen, ob denn
ein gesteigertes KnStchenbildungsvermogen den
SchluB auf eine engere Verwandtschaft mit den Warmblilter-
tuberkelbazillen zu einem zwingenden macht, nachdem fflr
alle SSurefesten grundsatzlich diese Eigenschaft
festgestellt ist — sie mag unter UmstSnden mehr oder weniger
latent sein — und nachdem Virulenzsteigerung durch Tier-
passagen zu den „Gesetzen“ der allgemeinen Bakteriologie
gehflrt.
Die Franzosen bezeichnen die Forderung, dafi sich Tuberkulose weiter-
verirapfen lassen miisse, als „la loi de Hippolyte Martin" (Philibert, 94,
p. 59). Es sei erwahnt, dafi Philibert bei Gelegenheit der Besprechung
des Beckschen B. tuberculoides II, der aus einem Mandelpfropf gewonnen
war, an der unbedingten Giiltigkeit dieses Gesetzes zweifelt (p. 63).
1) Wenn ein derartiges Vorgehen auch vom Standpunkte der
„JenneriBierung“ aus an sich als nicht so absurd bezeichnet werden kdnnte,
als es zunachst den Anschein hat, so werden wir im Berichte fiber die
Immunisiemngsversuche der Jahre 1919 und 1920 darauf eingehen, auf
welch schwachen Ffifien der immer wiederkehrende Vergleich der Fried-
mannbehandlung mit der ISchutzpockenimpfung steht.
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
274
Ludwig Lange
Digitized by
Auch nach Meinicke (80) ist der Umstand, da6 mit den Friedmann-
bazillen keine Weiterimpfung von Tier zu Tier gelinge, kein bindender Be-
weia gegen die tuberkulose Art. Zum Vergleiche zieht er die friiheren
Erfahrungen mit dem Poliomyelitis-Virus heran. Eine „gewi8Be Patho-
genitat“ sei den Friedmannbazillen .,nicbt abzustreiten".
h) Zusammenfassung.
Wenn wir alle vorliegenden Literaturangaben fiber das
Verhalten der Friedmannbazillen im Meerschweinchen zu-
sammenfassen, so wird man etwa folgendes sagen konnen:
Neben vollig negativen Befunden bei Verimpfungen
in Dosen, die ffir den Fall, daU es sich um echte oder den
echten sehr nahestehende Tuberkelbazillen handelt, unbedingt
zu einer todlichen Erkrankung der Tiere ffihren miiBten, finden
sich zahlreiche Beobachtungen, nach denen es zu mehr oder
Oder weniger tuberkulosefthnlichen Verfinderungen
gekommen ist.
Aber alle diese festgestellten Knotchen und Abszesse
sind, darin muB man Friedmann und Kruse unseres Er-
achtens unbedingt beistimmen, unter den Begriflf der „Fremd-
korpertuberkeP zu fassen. Bietet einerseits der hfiufige Be-
fund von reichlicher Beimengung von Leukocyten und von
mehr weniger ausgesprochenen bindegewebigen Kapseln um
die Herde schon einen Hinweis ffir einen Unterschied gegen-
fiber echten Tuberkeln, so kann andererseits dem Vorkommen
von Riesenzellen nicht die unbedingt beweisende Kraft
ffir „echte“ Tuberkulose zugeschrieben werden, wie das von
vielen Seiten geschah. Es ist bekannt, daB auch durch ab-
getotete Tuberkelbazillen, durch sicher saprophytische Sfiure-
feste, ja auch durch pflanzliche Partikel (siehe z. B. v. Gyer-
gyai, 51) das Auftreten von Riesenzellen hervorgerufen wird.
Kirch (58) fand in den Pseudotuberkeln bei experimentellem
Paratyphus sparliche und vereinzelte Riesenzellen. Nach
Apostopoulos (bei Kirch zitiert) sind sie sogar hfiufig
und konstant.
Ueber ein Angehen und — wie aus allgemeinen Er¬
fahrungen zu erwarten ist — eine Steigerung der Infektion
bei Weiterverimpfung erkrankter Organstficke auf Meer¬
schweinchen liegen bis jetzt nur die Befunde von Kauf-
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Ueber das Friedmannsche Tuberkulose-ychutz- und -Heilmittel. 275
mann und von Schroder vor. Die Einwande und Be-
denken gegen diese Feststellungen sind oben ausgesprochen.
Es muB ferner hervorgehoben werden, daB bei gleich
starker und meist — am echten Tuberkelbazillus gemessen
— sehr hochgradiger Infektion fast immer nur ein
einziges Tier krankhafte Veranderungen zeigte. Dieses
Verhalten als „individuelle Disposition“ aufzufassen, liegt nahe,
gibt aber statt einer Erkiarung nur Worte. Jedenfalls kann
gegeniiber echten Tuberkelbazillen von einem derartig weit
auseinandergehende Folgen herbeiftihrenden EinfluB indivi-
dueller Disposition der Meerschweinchen keine Rede sein.
Viel eher wird man das so ungleiche Beantworten der
Infektion auf ein ^Nichtfestgewordensein^ der Stammeseigen-
schaften des Schildkrotentuberkelbazillus zurUckfflhren konnen.
Durch dieses Verhalten nahern sich die Friedmannbazillen
den Saprophyten. Von vielen Saprophyten, z. B. dem Heu-
bazillus, den saprophytischen „Saurefesten“ kennt man diese
„Pathogenitat nur unter gewissen Umstanden**.
Was schlieBlich die von Boehncke-Ehrlich mitgeteilte
• Toxizitat einer bestimmten Kultur betritft — vgl. hierzu
Friedmanns Bemerkungen (43) — so liegen von anderer
Seite, z. B. Sorgo und Suess, Klemperer ganz ent-
sprechende Beobachtungen an anderen SSurefesteu vor. Die
Frage, wie weit hierbei spontan bei Meerschweinchen vor.
komraende Erkrankungen mitspielen, scheint uns noch nicht
geklart zu sein. Jedenfalls haben wir an spontan eingegangenen
Vorratsmeerschweinchen, naraentlich zu Zeiten ungflnstiger
Witterung und schlechter Futterverhaltnisse (Futter durch-
naBt und durchkhltet) ganz entsprechende Bilder eines nur
als nUegativ** zu bezeichnenden Sektionsbefundes oft erheben
konnen (oder besser gesagt: miissen).
Auf den ZuBammenhang von Friedmannimpfung und Meerschweinchen-
seuche werden wir bei der Mitteilung unserer eigenen Versuche noch zu
sprechen kommen.
4. Das Verhalten der Friedmannbazillen in anderen
Laboratoriumstieren.
Ftlr die Beurteilung des Verwandtschaftsgrades der Fried¬
mannbazillen zu den Warmblfltertuberkelbazillen kommt natiir-
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Digitized by
276 Ludwig Lange,
lich in allererster Linie das Meerschweinchen in Be-
tracht.
Daher seien die in der Literatur vorliegenden Befunde
an anderen Laboratoriumstieren nur ganz kurz be-
bandelt. Zunichst die Kaninchenbefunde!
Friedmann selbat (27) berichtet iiber eine mit Lungenkndtchen der
Auagangsachildkrote, also dem „1. Stamm“ subkutan geimpftee Kaninchen,
daa bei der Tdtung nach 3 Monaten nur einen kleinen verkasten Knoten
an der Impfstelle aufwies.
Ein mit 3 Oesen des III. Stammes subkutan geimpftes, nach 3 Mo¬
naten getotes Tier ergab einen ahniichen, auf die Impfstelle beschrankten
geringfiigigen Befund, wahrend sich bei einem mit 0,5 ccm Kulturemulsion,
also etwa 5 mg intravenos geimpften Tiere in der Lunge 3 kleine, miliare,
scharf bindegewebig umgrenzte Herde aus Epitheloid- und Rundzellen mit
sparlichen zerfallenen saurefesten Stiibchen fanden.
fioehncke - Ehrlich (22) und Schroder (107) stellten vollige
Avirulenz feat. Der letztere sogar bei intravenoser Verimpfung von 50 mg,
woriiber er sich folgendermaQen aufiert: „Da wir den Friedmannstamm fiir
eine Abart des humanen Tuberkuloseerregers ansehen, ist dieses Versuchs-
ergebnis nicht weiter auffallend“.
L. Rabinowitsch (100) fand bei Verimpfung grofierer Kultur-
mengen“ ahnliche Veranderungen wie bei Infektion mit humanen Tuberkel- •
bazUlen.
Die Befunde, soweit seiche flberhaupt erhoben warden,
schlie’Ben sich den bei anderen Kaltblutertuberkelbazillen, z. B.
dem Froschbazillus (K us ter, 74) gewonnenen an.
Was die an sonstigen Laboratoriumstieren
(MSusen, Ratten, Hflhner usw.) beobachteten Impferfolge be-
trifft, so wird auf sie jeweils bei der Besprechung unserer
eigenen Ergebnisse kurz eingegangen werden.
Hier sei nur noch erwShnt, daU Friedmann (31) fiir seinen
I. Stamm angibt, er sei ftir Affen vollstSndig a virulent
und harmlos, wie das Moeller (84) fQr seinen Blindschleichen-
stamm ebenfalls feststellte.
Bis zu einem gewissen Grade dtlrfen auch die Affen als
ein „Testtier“ fQr Warmblutertuberkulo.se bezeichnet werden.
Herrscht auch daruber, ob sie mehr fQr den humanen als fQr
den bovinen Typus empfanglich sind, keine voile Ueberein-
stimmung, so besteht doch kein Zweifel, dafi sie durch beide
Typen infiziert werden kSnnon.
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Ueber das Friedmannsche Tuberkuloee-Schutz- und -Heilmittel. 277
L. Rabinowitsch (98) fand von 27 Afeo 19 mit dem humanen,
3 mit dem bovinen Typus, 1 mit beiden Typen, 1 mit Gefliigeltuberkulose
und 3 mit „atypischen“ Stammen infiziert. Die krankhaften Veranderungen
gingen mit den infizierenden Typen nicht parallel.
Nach E. A. Lindemann (77) allerdings nicht sehr zahlreichen Be-
funden besitzt der humane Typus dem Aden gegenuber eine grbfiere
Virlenz als der bovine.
Die Aflfen — ein jetzt allerdings unerreichbares Versuchs-
tier — dflrften sich zur PrGfung der Frage, ob eine Rttck-
oder Umwandlung der Friedmannbazillen zu WarmblQter-
tuberkelbazillen rabglich und daher zu befUrchten ist, hervor-
ragend eignen.
6. Das kulturelle Verhalten der Friedmaimbazillen.
Wenn wir nunmehr zu den Angaben fiber das kulturelle
Verhalten der Friedmannbazillen fibergehen, so seien
wiederum die AeuBerungen Friedmanns (27) fiber seinen
I. Stamm vorangestellt.
Er hebt hervor, daB die Bchildkrdteutuberkelbazillen schon in der
ersten bei 37 ° geziichteten Generation den S&ugetiertuberkelbazillen auBer-
ordentlich ahnlich sahen.
Von den einige Wochen bei 37® gewachsenen Kulturen wurde eine
Reihe von Uebertragungen auf Glyzerin^ar gemacht und wiederum bei
37“ gehalten. „Die8e Kulturen sind von denen menschlicher Tuberkel-
bazillen nun nicht mehr unterscheidbar."
Gegenuber dieser II. Generation wuchs die III. Generation „vollend8
wieder betrachtlich langsamer". Es traten nur einzelne trockene kbrnige
Enoten auf. Die ganzen Bazillenmassen erhalten schlieBlich ein „gebirgs-
artiges Wachstum".
Auf Glyzerinbouillon gibt der Schildkrotentuberkelbazillus runzlige,
briichige oder flache Hautchen genau wie derKochsche Bazillus. Mikro-
skopisch sind die bei 37 ® gewachsenen Schildkrdtenbazilleii nach Farbung,
Form, Lange und Dicke „v611ig ununterscheidbar von denen menschlicher
Kulturen."
Das Bestreben, eine „Rfickannaherung‘‘ der Schildkroteu-
tuberkelbazillen an ihren vermuteten ursprfinglichen humanem
Typus erkennen zu gebeii, tritt bei dieser Schilderung deutlich
zutage. Auf den unseres Erachtens tiefgreifenden
Unterschied 1) des WachstumsvermOgens bei
Zimmertemperatur, 2) des so fiuBerst raschen
und fippigen Wachstums bei 37° wird nicht naher
eingegangen.
ZetUchr. f. ImniualtXUforechun^. Orf^. Bd. S2. 19
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
278
Ludwig Lange
Digitized by
Nach den Untersucbungen von C. Fraenkel (24) erhielten 8auge-
tiertuberkelbazillen erst nach allmahlicher, sich iiber 6 Jahre erstreckender
Anpassung an stufenweise verminderte Temperatur die Fahigkeit, bei 21®
zu wachsen; eine Vermehrung war aber erst nach 6 Wochen deutiich.
fiei einigen Stammen trat allerdings auch bei sofortiger Uebertragung auf
Zimmertemperatur Wachstum ein, dieses war dann aber noch sparlicher
und kiimmerlicher als das der allmahlich angepafiten Kulturen.
Aus dem Umstande, daB eine Wachstumsfahigkeit von
Kaltblfltertuberkelbazillen bei 37 ® bis zur Entdeckung der Schild-
krStentuberkelbazillen nicht bekannt war, ist es begreiflich,
daB Friedmann durch diese kulturelle Eigenschaft seiner
Bazillen im Zusammenhalt mit den Tierexperimenten auf den
Gedanken einer besonders nahen Verwandschaft zu den mensch-
lichen und Rindertuberkelbazillen kommen konnte.
Heute haben wir es viel leichter, die Verhkltnisse kritischer
zu betrachten als daraals Friedmann. In der Zwischenzeit
sind eine Reihe von saurefesten Bazillen bekannt geworden,
die bestimmt mit echten Tuberkelbazillen nichts zu tun haben,
aber mit dem SchildkrStenstamm die gleiche Wachstumsfkhig-
keit bei 37® und die gleichgroBe Aehnlichkeit der Kulturen
mit Tuberkelbazillenkulturen gemeinsam haben.
Hier seien nur die Beobachtungeu von Weber und Taute (123)
an Lhren aus normalen Froscheu herausgeziichteten Moos- und Schlamm-
bazillcn,dieTrompetenbazillen von Jakobitz,Keyser und 8chmitz (56),
in gewisser Hinsicht auch die beiden „Tuberkuloiden“ Becks (8) erwahnt.
Die bis zu Friedmann bekannten „ Kaltblfltertuberkel¬
bazillen im engeren Sinne wachsen bei Bruttemperatur nicht.
Bei dem Bestrebcn, sie an diese hoheren Temperaturen anzupassen,
batten Kiister (74) und Dieudonnd (19) (nur bis 30°) u. a. Mifierfolge.
Postal (18) will allerdings nach Bchiitteln und Stehenlassen in
destilliertem Wasser aus Blindschleichenbazillen auch bei 37® wachsende
Kolonien erhalteu haben*).
Wahrend Moellers (83) Blindschleichenbazillus bei Korpertemperatur
nicht wuchs, berichtet Aujeszky (4), dafi es ihm (khnlich wie vor ihm
Dubard durch Tierpassagen) gelungen sei, durch stufenweise Anpassung,
auf Glyzerinkartofi’eln den mit dem Moellerschen identischen Fischbazillus
Dubard schon in der 5. Generation an 37®, ja spater sogar auf 41—42®
zu gewohnen. Bemerkenswert ist, dafi die 37 ®-Kulturen sowohl kulturell —
*) Eine jiingst von Kr41 bezogene Kultur: „Froschbazillus Dostal**
erwies sich uns als iiberhaupt nicht siiurefest und fiir Frdsche voUig
avirulent 1
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAiGN -
Ueber das Friedmannsche Tuberkulose-Schutz- und -Heilmittel. 279
von einem etwas schnelleren Wacbstum abgesehen — wie in ihrer Virulenz
fur Meerechweinchen, Kaninchen und die anderen kleinen Laboratoriums-
tiere den Menschen- und Rindertuberkelbazillen aufierst ahnlich wurden.
Bei 3 Kalbern enviesen sie sich avirulent.
Diese interessanten Ergebnisse Aujeszkys sind unseres
Wissens bis jetzt noch nicht bestatigt worden. DaB sie auch
auf die Herkunfts- und Virulenzfrage der Friedmannschen
Bazillen ein bedeutsames Licht werfen, ist klar. Angesichts
der grundlegenden Bedeutung mBBte man nur genauere An-
gaben wiinschen, als sie Aujeszky macht. Eine endgQltige
Entscheidung fiber die Umwandlungsfrage haben sie in der
vorliegenden Form noch nicht gebracht.
Die Mitteilungen Friedmanns fiber das kulturelle Ver-
halten seines III. Stammes finden bei alien sich darfiber
fiuBernden Forschern eine Bestatigung. Eine Nennung der
einzelnen Namen erfibrigt sich wohl.
Uebereinstimmend wird das schmierig-rahmige Wachstum bei Ziramer-
temperatur, das mehr trockene borkige bei 37® angegeben, Unterschiede
in der Ueppigkeit des Wacbstums je nach der Temperatur werden wohl
er^ahnt, doch finden sich in dieser Uinsicht nur geringgradige und nicht
konstant gebliebene Verschiedenheiten. Auf eine diesbezugliche Beobachtung
von L. Babinowitsch (100) sind wir oben (p. 270) bereits kurz ein-
gegangen. Auch sie teilt mit, dafi sich anfangliche geringgradige Unter¬
schiede bei ihren verschiedenen Friedmannkulturen spater bei gleichen
Ziichtungsbedingungen ausglichen.
Zusammenfassend darf man sagen, daB im
kulturellen Verhalten doch ein groBer Unter-
schied gegenfiber den Warmblfitertuberkelbazillen
besteht, der die Friedmannschen Bazillen nach
der Seite der saprophytischen Saurefesten zu
drangt. ■
6. Das mikroskopisohe Verhalten der Friedmannbazillen.
Auch bezfiglich des mikroskopischen Verhaltens, auf
das schlieBlich jioch kurz einzugehen ist, herrscht im groBen
und ganzen Uebereinstimmung.
Wenn auch Friedmann (27), wie oben p. 277 schon erwahnt, in
seiner ersten genaueren Mitteilung fiber den I. Stamm eine vfillige Un-
unterscheidbarkeit nach Farbung, Form, Lange und Dicke vom
Warmblfitertuberkelbazillus behauptet, so geht aus seiner Abbildung doch
19*
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
280
Ludwig Lange
Digitized by
fur die bei 22** gewachsenen Bazillen hervor, dafi sie deutlich kiirzer als
die humanen Tuberkelbazillen aind.
Fflr den III. Stamm heben fast alle Autoren hervor, daB
die Bazillen plumper, dicker und kiirzer als die humanen
Tuberkelbazillen sind. Sie nShern sich somit morphologisch
mehr dem Typus bovinus.
Windrath (126) vennifit die „typi8che Lagerung** (Pinael- und
2k>pfform).
Den echten Tuberkelbazillen gegenilber wird auch die
SSurefestigkeit als weniger ausgesprochen be-
zeichnet, z. B. Baumann (7), Barnes (6), und zwar nicht
nur bei jungen, sondern teilweise auch bei filteren Kulturen.
Nacb Baumann sind die Friedmannbazillen auch leichter
verreibbar als die Tuberkelbazillen, „stehen iiberhaupt den
Kaltbliitertuberkelbazillen nkher als den Warmbliitertuberkel-
bazillen“.
Ueber die Farbung nach Much finden aich bei Windrath (126)
Angaben.
Er fand im Friedmannschen „Mittel“ hauptsachUch Granula, teils
kurze, teils langgezogene und viele Splitter. Die Kornchen aus ein und
derselben Beihe zeigten eine verschiedene Farbung.
Die Kbrnung der Bazillen wird mehrmals erwShnt.
Barnes (6) spricht von beaded („geperlten“) Bazillen,
die er im Eiter von 8 Friedmannabszessen gesehen babe.
Piorkowski (95) will die bei der Muchfarbung auf- .
tretenden Kornchen zur Klassifizierung und Erkennung
der pathogenen SSurefesten heranziehen.
Nach ihm sind bei den humanen Tuberkelbazillen die Kornchen
gleichmafiig, bei den bovinen dagegen ungleichmiiBig verteilt; zura
Teil einzelne K6rner zu sehen. Die Oefliigeltuberkelbazillen wiesen
nur wenige, unregelmaSige Kornchen auf; die Schildkrotentuberkel-
bazillen zeichneten sich durch die Kleinheit ihrer Stabchen, die meist
nur mit einem Kern versehen seien, und durch das haufige Vorkommen
freiliegender Korner aus*).
’) Zur Frage der „freiliegenden“ Korner siehe Leo Mindes (81).
nach welchem Autor in Burripriiparaten zu jedem Kornchen ein Stiibchen
vorhanden ist; zur Kornerfrage bei der Ziehlfarbung vgl. E. Fitschen (23),
nach der alle Korner beliebig erzeugbare Kunstprodukte, bei dem Akte
der Sauredifferenzierung entstehend, sind.
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Ueber das Friedmannsche Tuberkulose-Schutz- und -Heilsenini. 281
Es braucht wohl kaum betont zu warden, dafi sich aus
dem mikroskopischen Verhalten der Einzel-
st^bchen keine bindenden Schltisse auf den Grad
der Verwandtschaft der Friedmannschen Bazillen
zu den Warmblfltertuberkelbazillen ziehen lassen.
Aber das eine bleibt doch bestehen, dafi gewisse
Unterschiede festzustellen sind.
II. Eigene ITntersuchungen.
1. Einleitang.
Wie schon eingangs erwahnt, batten die Untersuchungen
des Jahres 1914 zunkchst den Zweck, den Friedmannschen
Impfstoff auf sein Verhalten gegentiber den ge-
brUuchlichen Laboratoriumstieren zu priifen und
dabei ein Urteil fiber den Grad seiner Verwandt¬
schaft zu echten Tuberkelbazillen zu gewinnen.
Die Versuche erfuhren durch den Krieg eine Unterbrechung, noch
beyor die ebenfalls geplante Priifung auf die Heil- und Schutzwirkung dea
Mittels g^eniiber experimenteller Tiertuberkulose in Angriff genommen
war. Auch die allerdings von vornherein nur wenig Aussicht auf Erfolg
versprechende serologische Priifung mit spezifischen Immunitatsreaktionen
war in Aussicht genommen, aber aus den gleichen Griinden noch vor dem
Kriege unterblieben. Beides ist inzwischen nachgeholt. In einer zweiten
Veroffentlichung von Uhlenhuth, Lange und Kersten wird dariiber
berichtet werden.
Die vorliegenden Versuche stehen, was die Zahl der
Versuchstiere betrifft, hinter den Ehrlich-Boehnckeschen
zurfick. Sie beziehen sich auch nur auf 2 Proben des Mittels
und die daraus gezflchteten StSmme. Immerhin diirfte ihre
VerSfifentlichung, da auch andere als die von Ehrlich-
Boehncke und anderen Autoren herangezogenen Arten von
Versuchstieren benutzt wurden und sich auch in den Dosen,
wie in einigen anderen Einzelheiten, Unterschiede finden, als
Erganzung nicht unberechtigt sein.
2. Das Wachstom der Friedmannbazillen in den Kultoren.
Am 14. I. 1914 wurde aus einer frischbezogenen Am-
pulle 2 und 4 des Mittels je auf 15 verschiedene Rbhrchen
und einen Kolben init saurer Glyzerinbouillon (sogenannte
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
282
Ludwig Lange,
Digitized by
Tuberkelbazillenbouillon) unter besonderen VorsichtsmaBregeln
verimpft und immer, wo es die Art des Nahrbodens gestattete,
ein Teil der Kulturen bei 37 ein anderer bei Zimmertempe-
ratur bebrfltet.
Zur Verwendung kamen folgende NahrbSden:
Rindereerum, Rindersenim mit Olyzerin, Rinderserum mit Glyzerin
und Malachitgriin nachTaute, alkalischer Agar, schwachsaurer Olyzerin-
agar (Tuberkelbazillenagar), alkalische Gelatine, alkalische Bouillon, schwach-
saure Bouillon mit Glyzerinzusatz (Tuberkelbazillenbouillon).
Am 15. I. waren samtliche Rohrchen und die Kolben ohne erkenn*
bares Wachstum. Ebensowenig war am 16. I. irgendwo Wachstum fest-
zustellen. Die Gelatinerdhrchen, die im 22 "-Brutschrank gestanden batten,
waren, da die Temperatur iiber 25° gesti^en war, zusammengeeunken, so
daS jetzt statt Schraggelatine gerade erstarrte Gelatine vorlag.
Am 17. I. machte sich bei den meisten Rohrchen, die bei Zimmer*
temperatur gehalten wurden, beginnendee Wachstum erkennbar. Bei den
Kulturen, die bei 37 “ gehalten wurden, war das Wachstum viel weniger stark.
Die Befunde vom 19. I., also am 5. Tage, sind aus Ta-
belle I (p. 284/85) zu entnehraen.
Auf der Tabelle sind der Raumersparnis halber getrennte Angaben
fiir die Abimpfungen aus Ampulle 2 (= Fr. 2) und AmpuUe 4 (= Pr. 4)
nur da gemacht, wo sich einigermafien gr56ere Untcrschiede fanden. Im
grofien und ganzen verhielten sich die Abimpfungen aus den beiden Am-
puUen auf dem gleichen Nahrboden identisch.
In der Tabelle ist ferner der Refund nach etwa 4 Wochen ein-
getragen.
Ueber die Befunde ist zusamraenfassend folgendes zu
sagen;
Nach den ersten 5 Tagen zcigtcn im allgemeinen die bei Zimmer-
temperatur gehaltenen Kulturen ein besseres Wachstum als die 37 “-Kul¬
turen, withrend sich dieser Unterschied spater ausgleicht. Die ersteren sind
Ton Anfang an und bleiben stets saftiger, rahmiger, kiisiger und gl^zender
als die mehr matten und trockenen Brutschrankkulturen. Nur auf dem
Malachitgrun-Glyzerinserum nach Taute waren bei 37“ schon nach 5 Tagen
iippige, glanzende Beltige festzustellen. Die begiinstigendeWirkung
dieses Nahrbodens auch auf die Friedmannbazillen darf
vielleicht als ein Hinweis auf die Verwandtschaft zu den
Kaltbliiterbazillen, fur die ja der Nahrboden optimal ist,
verwertet werden.
Ganz allgemein begflnstigt der Glyzeringehalt der Nfihr-
boden das "Wachstum. Auf gewShnlichem glyzerinfreien Agar
kommen die Bazillen nur langsam fort.
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Ueber da8 Friedmannsche Tuberkulose-Schutz- und -HeilBerum, 283
Auf dem letztgenannteD Nahrbodcn zeigen Bich auch Erscheinniigen
YOD Polymorphie der Kolonien (Mutation), indem neben matten,
komigen Kolonien auf dem gleichen Rdhrchen runde, nagelkopfartige,
glanzende auftraten, die anfUnglich den Verdacht einer Verunreinigung er-
weckten, aich aber bei mikroekopischer Untersuchung ebenfalls als aus
Saurefeaten beatehend erwieaen.
Wahrend die jungeren Kulturen ganz allgemein, abgeaehen von ihrem
ao raschen Wachatum, wie ea bei echten Tuberkelbazillen nie vorkommt,
nach ihrem Auasehen kaum an aolche denken liefien, erachienen alte Ko¬
lonien, namentlich aolche auf Agar und Glyzerinagar, den Tuberkelrein-
kulturen ahnlicher.
Im ganzen ist nach dem kulturellen Verhalten nur eine
Zuteilung der Friedmannbazillen zu den Kaltbliiter-
tuberkelbazillen und den sonstigen sogenannten S&ure-
festen mSglich.
Waa die Frage der Verunreinigung der beiden Proben betriffl,
so ist eine strikte Entscheidung auf Qrund meiner Befunde nicht ganz
leicht. Wenn man auch daa Glyzerinaerumrdhrchen 4,, hierbei ausschalten
mull, da aich unter den Serumrdhrchen bekanntlich immer eine gewiaae
Zahl von verunreinigten findet, so kann fur daa Berumrdhrchen 4,, und
das alkaliache Bouillonrbhrchen 2^^ die Moglichkeit nicht ausgeachloaaen
Oder abgeatritten werden, dafl die in ihnen beobachteten fremden Keime
aua dem aufgebrachten Impfmaterial stammten, um ao mehr ala die Ver-
impfung, wie erwahnt, gerade in Anbetracht dee Nachweiaea etwaiger Ver-
unreinigungen mit beaonderer Borgfalt vorgenommen wurde. (Die Am-
puUen waren ateril geoffnet und ihr Inhalt mit sterilen Spritzen, die vier-
mal mit steriler Kochsalzlosung auageapiilt worden waren, in ein sterilea
Rbhrchen iibertragen worden.)
Beachtenawert eraeheint der Umatand, dail aich Verunreinigungen
nur in den bei niederer Temperatur gehaltenen Kulturen
fanden, als ein Hinweis darauf, daO ea aich bei ihnen wohl um Luf tkeime
aaprophytiacher Art gehandelt hat. Von der quantitativen Seite her
betrachlet, geht, aelbat wenn man annimmt, die fremden Keime aeien achon
im Ampulleninhalt vorhanden geweaen, hervor, dafi ea aich nur um ver-
achwindend wenige Beimengungen gehandelt haben kann.
(Nach der Art, wie zur damaligen Zeit die Bereitung dea Mittela ge-
handhabt wurde, war die Moglichkeit dea Hineingelangena von Luftkeimen
gegeben.)
Ohne auf diesa gauze Frage, die ja inzwischen vbllig
gegenstandslos geworden ist, eingehen zu wollen, kann jeden-
falls fflr die beiden damals von mir untersuchten Proben von
einer groben Verunreinigung oder von der Beimengung einer
irgendwie gefShrlichen Art nicht gesprochen werden (vgl.
Befund bei Meerschweinchen No. 3 auf p. 292).
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
284
Ludwig Lange,
Digitized by
Tabelle
Befunde an den am I. 1914 aus
am 19. I. 1914 (nach 5 Tagen) 1
1 37®
1 Zimmertemperatur
Serum
5 J
4.. 0
tl *
12a Behr zarter, aus feinsten
Kolonien b^tehender Be-
4,3 i, eine gelbe Kokken-'
koloniel 1
1
1
Glyzerin-
senim
2 |++> matt, teilweise noch
' einzelne Kolonien erkenn-
’ ) bar
2, +, glanzend, weifl |
1
1
4„ durch Sporenbild-
ner verunreinigt
++, matt, einzelne ^Io¬
nian noch erkennbar
1
4, a +, etwafl gliinzender als
17 und 18, nicht zueam-,
menhangend
Malachit-
griin - Glyze-
rinserum
^le ++. leicht glanzend
43j ++, glanzend, weifi
:
Agar
o
2a +, meist einzelne kleine
Kolonien, bei Zueammen-
iliellen weifi-glanzend
4,, i, matt, gekrauselt, grau-
weifl
4^^ + CTau-weil3, etwas glan¬
zend
i
Glyzerinagar
(sauer)
(Tuberkel-
bazillenagar)
1
2a 0, spater einzein stehende i
Kolonien, die warzig in
die Hohe wachsen (Kultur
abgegeben)
4ja eben beginnende Vermeh-
rung; einzelne Haufchen
2,a einzelne kleinetecknadel-
kopfgrofie weifle Kolonien
4ja mehrere groflere glanzende
Kolonien
Gelatine
1
2,, faltige Haut, grauweifi,
1'/, cm tief verfliisaigt
,3 diinnere Haut, grauweifi,
7, cm verfliissigt
^ Ikeine Haut. Wachstum
”>nur in der obersten Zone.
Spater Verflussigung
Alkalische
Bouillon
(Rbhrchen) '
!
2,3 0 1
4;.. 0 1
1
2^^ verunreinigt. Haut
Mikr. Sporenbiulner
4aa schwimmende Kolonien,
etwas Bodensatz. Bouillon
klar
Satire Glvze-| 1
rinbouilfon ,
(Tb.-Bouill.) ■
(Kolben)
A U 1- _
2,. 0
0 ,
' —> • I
Abkurzungen: + + + Wachstum sehr iippig j + Wachstum miiUig,
uppig I aber deutlich
Die kleinen Zahlen sind Ordnungszahlen
Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Ueber dafl Fried mannsche Tuberkulose-Schutz- und -Heilserum. 285
I.
AmpuUe 2 und 4 angelegten Kulturen
am 2U. 11. 1014 (nach etwa 1 Monat)
37“
Zi m mertera peratu r
2, kleinste, dichuitzende, matte Kolo-
nien im oberen Teil mehr gelblich
. dgl.
4,g dunne, zarte, matte, dicbtsitzende
kleinste Kolonien
j, trockener Belag von kleineren,
dichtsitzenden Kolonien
2g + Getrennte Kolonien
4^ dicht stehende, kleine bis reis-
komgroSe glanzende, leicht gelb-
liche Kolonien; einefragliche ver-
unreinig. (mikr. Staphylokokken)
2, + + matt, trocken, mit Knbpfen
(sekundaren Kolonien)
, + + + , Hochkriechen an der
.Glaswand.Abimpfungsstellenoch
erkennbar
4„ zusammenhangender weiSer.
ziemlich trockener Belag
2, + + 4- gliinzend, leicht gelblich,
fast wie Kokken; aber mikro-
skopisch: saurefeste Stabchen
4,3 ganz wie 2,
2 lAngaben fehlen im Protokolle
.‘"Wnachtraglich nicht mehr festzu-
stellen)
2, 2 grofiere und 2 kleinere, strepto-
tniixartige trockene Kolonien.
Mikr. saurefeste Stabcben
4,, hauptsachlich weiQe, matte, etwas
kdrnige Kolonien, daneben 7
punktfdrmige glanzende. Mikr.
die letzteren saurefeste Stabchen
(diese Kolonien lassen sich im
ganzen vom Nahrboden abheben)
2„ weiBglanzende grbfiere und klei¬
nere, teilweise zusam mengesohlos-
sene Kolonien. Die grdfieren
steckn adelkopfgroQ
4, wie
4^5 stark faltiger dicker, gekriiuselter
Belag. Btarkes Hochkriechen an
der Glaswand
^10 + + + gelblich-weifl
4,g dick, weifilich, saftig
2„ durch Eindeckung dunkler ge-
farbte Haut. Hochkriechen an
der Glaswand
. 1 + , Bazillenmassen am Boden des
VRbhrchens (macht den Eindruck,
*®J als ob wieder zusam mengeflossen)
2„ aller Belag untergesunken, Fliis- I
sigkeit ganz klar |
4,„ einige ffltige Hautchen, schwim-
mend. An Glaswand angetrock-
nete Hautchen mehr gelblich
4g3 Belag zu Boden gesunken. B.
klar
jWurden, da auch nach 12 Ta-
2,j^en 0, wahrend auf neu ange-
4,, ^elegter B-Kultur schon iippiges
1 Wachstum, entfernt
± kaum VVachstum 0 kein Wachstum 2 = a. Amp. 2 (schwache Em.)1 be-
? fragl. „ B = Bouillon , 4 = a. Amp. 4 (starke Emuls.) Jimpft
der einzelnen Kulturrohrchen.
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
286
Ludwig Lange,
Digitized by
Aus den weiteren Beobachtungen an Kulturen sei
folgendes mitgeteilt:
Die erste Kultur im Kolbchen auf Tuberkelbazillenbouillon, die am
19.1. 1918 auB dem Rdhrchen 4 angelegt und bei 37® bebrutet wurde und
dann zu den Impfungen der verechiedenen Tierarten am 31. I. diente,
zeigte Bchon am 3. Tage deutliche Vermehrung. Es bildete sich zun&chst
eine dilnne Haut, die sich bald faltete und an der Glaswand hochkroch.
Nach etwa einer Woche hatte man das Bild einer iippig und typisch
wachsenden humanen Tuberkelbazillenkultur vor sich, wie es aber bei
den echten Tuberkelbazillen nur nach friihestens 3 bis
4 Wochen erhalten wird.
An dieser Kultur warden u. a. die auf p. 289 mitgeteilten
mikroskopischen Befunde erhoben.
Bei Zimmertemperatur bildet sich auch auf Bouillon eine mehr rah-
mige, allmahlich an Dicke zunehmende Haut, von der bald Bazillenmassen
zu Boden sinken.
Am 23. III. wurde aus dem Rohrchen 2, eine Kblbchenkultur an¬
gelegt. Diese zeigte erst nach etwa 8—10 Tagen beginnende Vermehrung,
was wohl damit zu erklaren ist, daB die Ausgangskultur inzwischen
2 Monate alt geworden war. Dann aber trat im Verlaufe weniger Tage
ein dickes, faltig-wulstiges Wachstum mit auf Hochklettern an der Kolbchen-
wand ein, und die aus dieser Kultur am 12. III. angelegten weiteren Ab-
impfungen auf Bouillon vom 23. III. wiesen das oben beschriebene raschere
Wachstum auf.
Bouillonkulturen, die am 19. VI. aus den Rohrchen 4,, (Qlyzerin-
agar bei Zimmertemperatur) und 2, (Glyzerinserum bei 37®) angelegt
wurden, gingen nicht an. Die Ausgangskulturen waren allerdings schon
5 Monate alt.
Die Angaben Friedmanns uber den aromatischen Geruch der
Kulturen konnten wir bestatlgen. Wenn er auch nicht die „feine Blume“
der echten Tuberkelbazillenkulturen zeigt, so steht er ihm doch recht nahe.
Die Art des Wachsturas auf den gleichen Nahrboden war
eine wechselnde, je nach der Art des Nahrbodens, von dem
abgeiinpft wurde, so daB man ohne Kenntnis dessen, daB es
sich um den gleichen Stamm handelte. gezwungen worden
ware, an verschiedene Bakterienarten zu denken.
So zeigten von 3 Abimpfungen auf Tuberkelbazillen agar vom 23. VI.
zwei einen mattgliinzenden, wulstig-faltigen Belag mit Hochkriechen vom
Kondenswasser aus, wahrend der Kulturbelag im 3. Rohrchen glanzend
weifi und im ganzen weniger iippig war. Die beiden ersten Rohrchen
waren von Glyzerinserurakulturen, die bei Zimmertemperatur bzw. 37“ ge-
wachsen waren, abgeimpft, das letzte von Tuberkelbazillenagar, der bei
Zimmertemperatur bebrutet worden war.
In einer Agarkultur, die auf Tabelle I unter 4„ aufgefuhrt ist (Befund
vom 20. II.), wurden Erscheinungen beobachtet, die entsprechend den von
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Ueber daa Friedmannsche Tuberkulose-Schutz- und -Heilaerum. 287
Barthlein und Tojoda bei Froschtuberkelbazillen erhobenen Befunden
ale AbspaltungBeiBcheinungen gedeutet werden muBsen. Neben
weiiien, matten, etwaa gekbrnten Kolonien fanden Bich knopfartige, weifi-
glanzende, mit glatter Oberflache. Im mikroBkopiBchen Bilde beBtanden
auch letztere auB BaurefcBten Stabchen, die keine Besonderheit aufwieBen.
Dieeen Erscheinungen wurde nicht welter nachgegangen. Es Bei nur be-
merkt, dafi auch bei den im Verlaufe der Versuche herangezogenen
FroBchtuberkelbazillen von mir in Uebereinatimmung mit den Feat-
Btellungen von B&rthlein und Tojoda ahnliche Yerhaltoiaae, nur in
noch auBgesprochenerem MaiJe und grofierer Haufigkeit, beobachtet wurden.
Betrachtet man das kulturelle Verhalten der
Friedmannbazillen zusammenfassend, so ergibt
sich, daB es sich weitgehend von dem echter Tuberkel-
bazillen unterscheidet. In erster Linie ist in dieser
Hinsicht die Schnelligkeit des Wachstums anzufiihren, dann
die FS,higkeit, auch bei Zimmertemperatur zu gedeihen.
Auf den verschiedenen festen NShrbbden haben wir
Kulturen, die im SuBeren Ansehen unbedingt fflr Tuberkel-
bazillenkulturen h&tten gebalten werden miissen, so gut wie
nie gesehen. Stets war der Belag mehr dicht zusammen-
hangend, warzig-wulstig, und hatte immer noch einen wenn
auch matten Glanz. Jene trockenen, faltigen, und mit in die
H8he gewachsenen HSckern versehenen BelSge, wie sie fflr
die Tuberkelbazillen so charakteristisch sind, kamen uns damals
nicht zur Beobachtung*).
Durchaus wie Tuberkelbazillenkulturen des humanen Typus
sehen aber, wie schon erwahnt, die Kulturen auf flflssigen
Nahrbflden aus. Dieses Verhalten teilen die Friedmannbazillen
jedoch mit alien denjenigen Sflurenfesten — und das dflrfte
die Mehrzahl sein — die reines Oberflachenwachstum zeigen.
Von der Tatsache abgesehen, daB dieses tuberkelbazillengleiche
Bild schon nach vergleichsmABig ganz kurzer Zeit erhalten
wird, besteht aber auch bei den Flflssigkeitskulturen insofern
ein deutlicher Unterschied gegenflber echten
Tuberkelbazillen, als sich die Belaghaute nach Ent-
nahme eines Teiles oder nach Untersinken sehr bald wieder
durch neuen Belag erganzen.
1) Bei den UnterBuchungen nach dem Kriege, wo die Kulturen in dem
etwas hoher, als dem im Jahre 1914 benutzten Brutechrank, temperierten
Brutraum Btanden, Bind hiiufiger vollig „typiBch tuberkuloBe" Beliige zu
beobachten geweaen.
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
288
Ludwig Lauge,
Digitized by
Friedmann legt auf das Wachstum seiner Schildkroten-
tuberkelbazillenstamme bei 37® einen ganz besonderen Wert
und betrachtete es als ein Merkraal fiir die nahe Verwandt-
schaft zu den echten Tuberkelbazillen. Hierzu sei bemerkt,
daB die flberwiegende Mehrzahl von sicher durchaus sapro-
phytischen Saurefesten, wie z. B. der Petrische Butter-
bacillus, sich ebenso verhait.
Von besonderera Interesse sind in dieser Hinsicht auch
die Befunde von Weber und Taute.
Von den 36 Stammen Webers und Tautes zeigten samtliclie bei
30“ noch gutes Wachstum, bei 35“ wuchsen nur 2, bei 37“ ein einziger.
Dieser war aus der Leber eines Vorratsfrosches in Rein-
kultur gewonnen worden.
Bei 30“ wuchs schon ein Teil der Stamme auf Glyzerinbouillon in
Gestalt einer gefalteten, an der Kolbchenwand emporklettemden Haut,
doch war dies Verhalten nur bei einigen Stammen konstant, wahrend bei
anderen dazwischen wieder hier und da ein rahmiges Wachstum auftrat.
Konstant zeigten ein trockenes faltiges Wachstum die beiden
bei 35“ und der bei 37“ wachsende Stamm.
Das flhumane^ Wachstum des Friedmannstammes bei 37®
darf demnach nicht als Beweis fflr die nahen Beziehungen zu
menschlicher Tuberkulose herangezogen werden.
Die Friedmannbazillenkulturen zeigen also im ganzen,
ebenso wie die 36 Stamme Webers und Tautes, einen
von der Art des Nahrbodens und der Zuchtungstemperatur
und von der Angewdhnung abhangigen hochgradigen
Polymorphismus. Man darf dieses Verhalten wohl
als einen Ausdruck dafdr auffassen, daB es sich
nicht um eine festgewordene Art handelt.
Damit im Einklang stehen die Unterschiede zwischen
den Friedmannstammen I, II und III hinsichtlich Temperatur-
werte und Verhalten im Tierkbrper und die Beeinflussung '
des III. Stammes durch die jahrelange Fortziichtung mit
kUrzesten Verimpfungszwischenraumen.
Wenn mehr oder weniger ahnliche Verhaltnisse bei fast
alien Bakterien bestehen, so sind sie im vorliegenden Falle
doch besonders au sgepragt. Schon diegroBeTem-
peraturbreite allein spricht unseres Erachtens fur eine
mehr „saprophytische Natur“ im Gegensatz zu vielen
an den Korper der Warmbliiter angepaBten „Pathogenen“.
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN - -
Ueber das Friedmannsche Tuberkulose-Schutz- und -Heilsernin. 289
3. Das mikroskopisohe Verhalten des Mittels
und der Beinkulturen.
In nach Ziehl (Differenzierung mit 3-proz. Salzsfiure-
alkohol) gefarbten Ausstrichen aus den Annpullen 2 und 4
fanden sich mittellange, gerade oder leicht gebogene sSure-
feste Stabchen, die ziemlich haufig an einera Ende leicht
kolbig verdickt waren und ein dunkleres Kbrnchen aufwiesen.
(Bei AmpuUe 4 waren im ersten Ausstrich einige den roten Stabchen
an Gestalt ganz gleiche, jedoch blau gefarbte Stabchen vorhanden. Bei
Wiederholung des Ausstriches mit besonders sorgfaltiger und intensiver
Farbung waren alle Stilbchen saurefest.)
Bei der Farbung nach Much (II. Methode) sind fast alle
Stabchen gleichmailig durchgefarbt, nur einige wenige zeigen
im blassen, kaum gefarbten Leib 1—2 dunkle Kornchen.
In den Ausstrichen aus dem Ampulleninhalt war von einer Ver-
unreinigung nichts zu bemerken; man hat durchaus den Eindruck, eine
Reinkultur vor sich zu haben.
Ueber die Beobachtungen an den Ausstrichen aus den
verschiedenen Beinkulturen sei zusammenfassend berichtet.
Irgendwelche Unterschiede zwischen den aus den beiden Am-
pullen gewonnenen Kulturen traten nicht auf.
Dagegen war eine fast durchgangige Verschiedenheit fest-
zustellen, je nachdem die Bazillen auf glyzerinhaltigen Oder
glyzerinfreien Nahrboden gewachsen waren.
Auf Glyzerinserum oder Agar — und zwar gleicbgiiltig, ob bei 37®
Oder 20“ gewachsen — sieht man meist ziemlich lange, oft leicht gebogene
Oder gekriimmte Stabchen, nur wenige davon kolbig verdickt oder mit
Kornchen. Die auf glyzerinfreien Nahrboden gezuchteten Stabchen sind
fast immer kiirzer, mehr gerade und etwas dicker und zeigen auflerdem
in der Mehrzahl oder mindestens recht haufig 2 endstandige Kornchen.
In gewbhnlicher Bouillon und auf Gelatine bei Zimmer-
temperatur sind die Einzelformen zart und dflnn, die in
Bouillon langer als die in Gelatine (vgl. die Bemerkung fiber
die Friedmannsche Abbildung von Stamm I p. 279 unten).
Bei der Farbung nach Much fiel es auf, daU auch
in solchen Ausstrichen eine homogene Farbung der ganzen
Stabchen ohne Kornchen vorlag, wo in gleichzeitig angefer-
tigten, nach Ziel gefarbten, Parallelausstrichen deutliche und
reichliche Kornchen zu sehen waren ^). Die dunklen Kfirnchen
1) Steht im Einklang mit den Beobachtungen von Fitschen (23),
s. Anm. p. 280.
Digitized by Google
Originaifrom
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
290
Ludwig Lange,
Digitized by
der Friedmannbazillen bei Ziehlfarbung haben also rait den
Muchschen Kornchen nichts zu tun.
Im Gegensatz dazu steht folgende Beobachtung.
In Ausstrichen aus einer 11 Tage alten, bei 37® bebruteten Bouillon-
kultur (TuberkelbazillenbouUlon) finden sich nach Ziehlfarbung mittellange,
manchmal leicht gebogene aiiiirefeste Stabchen, die ofters an einem Ende
keulenfbrmig verdickt sind und nur Andeutung von Kornchen zeigen.
Im nach Much gefilrbten Parallelausstrich dagegen finden sich an einigen
Stellen die Bazillen im ganzen dunkelblau gefarbt und groOer erscheinend,
wahrend an diinneren Stellen des Ausstriches deutliche Kdrnelung, das
Auftreten von Kornchenreihcn mit oft ganz blassen Bazillenleibem
zu bemerken ist*).
Aus dem geschilderten mikroskopischen Verhalten lassen
sich nur geringe Unterschiede gegeniiber den echten Tuberkel-
bazillen entnehmen. Am meisten ware noch das Auftreten
von Keulenformen schon in nur wenige Tage alten Kulturen
heranzuzieben, und die meist homogene Farbung nach
Much. Von durchgreifender Bedeutung sind aber
diese Unterschiede naturlich nicht.
4. Tierversuohe mit dem Originalmittel an Meersohweinohen
and Eaninchen.
Mit dem Inhalte der am 14. XL 1914 bezogenen Am-
pullen No. 2 „schwach“ und No. 4 „stark“ wurden sofort je
6 Meerschweinchen und Kaninchen geimpft.
Die Konzentration der Aufschwemmungen war damals nicht bekannt
Erst spater erfuhren wir, da6 No. 2 einer Aufschwemmung von 1:200,
No. 4 einer solchen von 1:100 (in sterilisiertem Leitungswasser) entspricht.
Fiir die Aufschwemmung 4 wurde von uns aus dem Grade der Triibung
gleich eine Verdimnung 1:100 vermutet und dementsprechend die Dosie-
rung vorgenommen.
Die Meerschweinchen wurden samtlich subkutan, die
Kaninchen alle in die Vene geimpft.
Da die Virulenz des Mittels gepriift werden sollte, wkhlten wir
beira Kaninchen den Einverleibungsweg, auf dem bei Verwendung echter
Tiil)erkelbazillen eine weit gcringere Menge geniigte, um typische Bilder
in die Erscheinung treten zu lassen. Gibt man doch bekanntlich bei der
Typenbestimmung den Kaninchen 0,00001 g Tuberkelbazillen intravenos
gegenuber 0,01 g subkutan.
Fiir die Meerschweinchen andererseits ist es ja bekannt, daB durch
die subkutane Impfung noch minimale Mengen von Tuberkelbazillen nach-
gewiesen werden konnen.
1) Eine Bestatigung der Piorkowskischen Angaben (vgl. p. 280)
liefern unsere Befunde nicht.
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Ueber das FriedmanoBche Tuberkulose-Schutz- und -Heilserum. 291
•
Das Gewicht der Tiere wurde nicht besonders festgestellt.
Bei alien Tieren handelte es sich urn solche vom Mittelgewicht,
das bei den Meerschweinchen etwa 300—400 g, bei den Kanin-
chen um 2000 g betrug.
Die Versuche sind in der folgenden Tab ell e II zu-
sammengestellt.
TabeDe II.
d
No. der
Ohrmarke
Erhalt
Aus
Ampulle
Bazillen
Lebte
Tage
nach der
Infektion
Ergebnis
A. Meerschweinchen, am
14. 1. 1914 subkutan in6ziert.
1
2066
0,2 ccm
(2,0 ccm d. Verd.
1:10)
No. 2
0,001 g
201 get.
Vollig normal.
2
2067
desgleichen
„ 2
0,001 g
201 get.
Desgleichen.
3
2073
0,2 ccm
(1,0 ccm d. Verd.
1:5)
„ 4
0,002 g
92 get
Keine tuberkulSsen Ver-
anderungen (s. Text).
4
2074
desgleichen
„ 4
0,002 g
201 get.
Vollig normal.
5
2075
0,1 ccm
(0,5 ccm d. Verd.
1:5)
» 4
0,001 g
196
Keine tuberkulosen Ver-
anderungen (s. Text).
6
2076
desgleichen
» 4
0,001 g
63
Desgleichen.
Weiterimpfungen
:
3a
3b
1
2774
2775
{Milz Bubkutan
\ a. Mw. 2073
\ = No. 3
—
—
107 get.
107 get
jBefund vOllig normal.
B. Kaninchen, am 14. I. 1914 intravenos infiziert.
2065
0,2 ccm
(2,0 ccm d. Verd.
1:10)
No. 2
0,001 g
201 get
Befund vollig normal.
2068
0,5 ccm
(2,5 ccm d. Verd.
1:5)
4
0,005 g
201 get.
Desgleichen.
2069
0,2 ccm
(1,0 ccm d. Verd.
1:5)
>1 4
0,002 g
201 get.
2070
desgleichen
„ 4
0,002 g
201 get
}t
2071
0,1 ccm
(0,5 ccm d. Verd.
1:5)
„ 4
0,001 g
201 get.
fj
2072
desgleichen
» 4
0,001 g
83
Starkste Beuche in Brust-
und Bauchhohle. Keine
tuberk. Veranderungen.
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
292
Ludwig Lange,
Digitized by
Von den 5 Meerschweinchen verendete als erstes Tier No. 6
nach 63 Tagen. Es hatte am vorhergehenden Tage 2 tote Junge geworfen,
und zeigte bei der Bektion beginnende Beuche in der Bauchhdhle. Beide
UteruBhornerhyperamisch. Organe samtlich frei von tuberkulosen
Veranderungen').
Dieses Tier fallt fur die Beurteilung, da interkurrent gestorben, aus;
immerhin iet das Freisein der Organe von tuberkelartigen Enoten
bemerken swert.
Tier No. 3 wurde am 18. IV. 1914 im Hinblick auf eine am
20. IV. 1914 festgesetzte Kommissionssitzung getotet. Die Bektion
ergab vbllig normalen Befund. Nichtsdestoweniger wurde die Milz
subkutan auf die beiden Tiere 3 a und 3 b verimpft. Beide Tiere erwiesen
sich bei der am 4. VIII. 1914 am 107. Tage nach der Infektion erfolgten
Tdtung als ganz frei von kranhaften Veranderungen.
Aus den Organen des Tieres No. 3 (Kniefaltendriisen, die nicht
vergrofiert waren, Lunge, Leber, Milz) wurden Ausstriche auf Glyzerinagar
und Serum angelegt und bei 37° bebriitet.
Wahrend die Leberausstriche sowohl auf Serum wie auf Agar und
die Milzausstricbe auf Agar steril blieben, wuchsen aus der Milz auf Serum
zitronen- und goldgelbe Kolonien (Staphyl. citreus und aureus), aus den
Driisen auf Agar und Serum nur Staphylococcus aureus, aus der Lunge
auf beiden Nsihrboden nur Coli aus.
Den letzten Befund kann man sich unschwer durch Aspiration bei
der Tbtung erklaren. (Inwieweit der iiberrasehende Befund der Kokken
mit einer Verunreinigung des Mittels zusammenhangt, mag dahingestellt
bleiben. Wie aus Tabelle I zu ersehen, war aus AmpuUe 4 auf Serum
bei Zimmertemperatur eine gelbe Kokkenkolonie aufgegangen.)
Von Wichtigkeit fiir unsere Frage ist nur, dafi sich saurefeste
Bazillen nicht nachweisen liefien und daH irgendwelche auch
nur tuberkuloseverdachtigen Erscheinungen an dem Tiere nicht fest-
gestellt werden konnten. (Dafi die kulturell nachgewiesenen Kokken
im Tier ein vollig saprophytisches Dasein gefiihrt haben, geht auch aus
der Tatsache hervor, dail die beiden rait Milz weitergeimpften Tiere ganz
gesund blieben.)
Das nach 196 Tagen am 29. VII. 1914 spontan verendete Tier No. 5
wurde wahrend meines Urlaubs seziert. Im Protokoll 6ndet sich nur die
Angabe: Tuberkulose makroskopisch und mikrc'skopisch negativ.
Die drei iibrigen Tiere No. 1, 2 und 4 erwiesen sich bei der am
4. VIII. 1914 (nach KriegsbeginnI) 6'/, Monate nach der Impfung vor-
genommenen Schlachtung vollig frei von Tuberkulose.
Als Ergebnis dieser Meerschweinchenreihe
muB ausgesprochen werden, daB das Friedmann-
*) Eine mikroskopische Untersuchung auf saurefeste Bazillen wurde
auf Grund der Befunde an den welter unten zu erwahnenden, mit Reiu-
kulturen inhzierten Meerschweinchen No. 8, 7 und 9, die nach bzw. 17,
25 und 46 Tagen untersucht wurden (vgl. p. 293, 295/96), unterlassen.
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Ueber das Friedmannsche Tuberkulose-Schutz- und -Heilserum. 293
ficheMittel inGabenvonlund2nig, diebeiechten
Tuberkelbazillen in 4—8 Wochen zum Tode ge-
fflhrt batten, bei subkutaner Verirapfung v6llig
unschadlich fflr diese Tiere war.
Von den 6 Kaninchen ging Tier No. 6 am 7. III. 1914 nach
83 Tagen spontan an stiirkster Seuche ein. Von tuberkulosen Verande-
rungen lieU sich, soweit die enorme Seuche uberhaupt ein Urteil gestattete,
nichts feststellen.
AlleiibrigenTiere botenbeiderT6tungam4.VIII.1914,
201 Tage = 67* Monate nach der Impfung, einen vdllig
normalen Befund dar.
Ergebnis der Kanin chenimpfung: Auf die
intravenSse Impfung von 1, 2 undbmgFriedmann-
bazillen, in Form der Originalaufschwemmungen,
traten bei keinem von 6 Kaninchen irgendwelche
tuberkuldsen Organveranderungen auf.
6. Tierversuohe mit aus dem Mittel herausgezuohteten
Beinkolturen.
A. Meerschweinchen.
Als Impfmaterial diente, wie bei den quantitativen Tuberkel-
bazillenimpfungen gebrauchlich, der Belag von Bouillonkulturen
(Tuberkelbazillenbouillon).
Zu der am 30. I. 1914 angesetzten 1. Reihe der mit Reinkultur
geimpften Tiere wurde eine 11 Tage alfc Bouillon kultur, zu der am 11. V.
angesetzten 2. Reihe eine 16 Tage alte Bouillonkultur verwendet.
Im Vergleich mit den bei der Prflfung der Original¬
aufschwemmungen angewandten Dosen waren die nunmehr
verimpften Mengen groBere.
Sie betrugen bei 2 Tieren der ersten Reihe 10 mg und bei alien
6 Tieren der zweiten Reihe 10—20 mg. Auch wurde neben der subkutanen
die intraperitoneale Impfung herangezogen.
Von den 6 am 30. I. 1914 geimpften Meerschweinchen
sind nicht weniger als 5 spontan in Zeitraumen zwischen 17
und 116 Tagen verendet.
Das schon nach 17 Tagen gestorbene Tier No. 8 bot folgenden
Sektionsbefund dar: Impfstelle geschlossen, an Bauchwand weder Schwellung
noch Rotung zu bemerken. Kniefaltendriisen beiderseits kauni vergroflert,
nicht Terkiist. Milz kaum vergroflert, etwas kornig und leicht hyperamisch,
d. h. etwas dunkler gefarbk Leber ohne makroskopische Veranderungen.
Zeltschr. f. linmunlt‘iUforBCtiuiig’. Orig. Bd. 82. 20
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
294
Ludwig Lange
Digitized by
to 00 -a
CO ro to
CO CO CO
Cx 3 CO
m CO CO
3 cw •
(O
»—»
o
o
o
"S:
«_w
Isg's E- ?
g-g:gg:= 3 2.
» P t5*» D
_ 1 . o
O'
a
t3
I IN'
-d H
cS
CD
SL
CD C“
t— 2
_ ^
h-» ^ W
opoooo o
C) O) o> g
' ^ ?
- ^ Si E3
" •* tr w
(W £
p
a
oq
00
05
o=^
CR a.
g J?
n
3:3
ETH.
oq »
p|
S »
s»
D
B
CD
D
1
CD
a
o
5
e.
a
C::
3
a
a
CD
COCO WH 4
I— O CD
CO CO CO CO
OOOQ
CD O) OD
O <D 00 ^
0 ^ -
CD
h-*
"o^
2S
O
"g=
►S
I I I I
<
o
D
5!
s.
B
s
ts
a*
g
E
CD
D
CT?
O:
CD
<
<D
erg
_00 ^ <35 en rf^ CO
CO CO CO ^ CO CO
QOQOOQ
05 05 05 05 05 05
05 CD« CO to •-*
a -<2
:: ciQ
to OCD 00«J
CO CO to CO CO to
CO CO CO to CO CO
CO coco to to CO
«<l 05 o CD 00 >-*
D.i-1
og •
tr
CD
CD
I-*
CD
h-*
> 1 ^
cn ogen
- 05
S’ S H
lei
fL
S"
•-I
to
o
o
p
o
oo
S:
= . 2g
•jg
oq n
M*
p
cn
►I "Z
5 S 3 o-
p
V
fr
h-* ^
oo»»^ d
^<<< P
D- t-*i • 1-^ Cl
Og i-H 1 -^
HH -<
^ 2
CD CD CD ®
t— H- ^ _
_^ “
•-I
GO GO 00 ®
^ -O Ot w
--CD
p-
„ o: P O; O'
= EhhE p
<N g W N
P*P ® S
o 3^0
= 3 |.3 P
e.p e. ■*
s %
i Es
3
3
CD
3
s
S’
org
CD
P
CD
g-
(D
P
i?
p
D
I I i I M
CO
^ 00
cr
CD
oo
oo
=: 82 .
H-
82
H-
oqoKs
og og
P‘
«...
, = g.
7
05
.. c=
- o'
^ 05 ^ 05 kP.
S 1-^ ^ l-H Hi
«• I • • r-- •
05
(?
CD CD CD CD CD
^ ^
iH iU>
- <w.5 5 I N I I I
s
<^
CD
P
D
CT
CD
P
D
P"
CD
P
S
CD CD CD CD
H-t I—* 1 -^
_ _
00 00 00 »-• 00
CJI O' Oi 4^- -<1 O'
, ^ O: P D O:
■ " c=^h,e:
oq'B 33^
M "O "P
o “‘i’g
- - 3 =ii
JS_CB
ee
(Ts.
Eg.
5 P
D CD
O -i
6 O
ft CD
I?
g-i
E 3
p •
gg g
S P
p
» ^
P O
n* cr
O p
• ft
wp
fD A
P 3
P.O.
S’
p
o 00 CO
P 05 4 ^ 05
pr
c <c/ia2
— ^ ft <D
e p:p*o
5 p: CD *
^ Og P'p
® 5
^ S
hrt B
s- ^
S-
B
p
p
p
O'
s
CP
CD
P
_ H
h-* M eS
05 <1 O' ™
ff & I
CAP
. O A
S'-® w, w
P O 03 o
» s, g.
M E
S §-p. §
§-1 5 -
o ? ;r
It i
E<j “
I?
ft p: 3.
P CD
CL ^
2 3
2 £
P B
P
? £
?P I
c
CD
P-
CD
5
'8
Lfd. No.
No. der
Ohrmarke
a.
A
»-1
3^
*pog
p
p
erg
p
og
ft
Art der
ImpfuDg
5 S
^ dr
ft
P
H
ft
og
3|
Tage n. d.
ImpfuDg
S
Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Ueber das Friedmannsche Tuberkulose-Schutr- und -Heilaerum. 295
Die Lungen zeigen in beiden Oberlappen pneumonische, dunkel verfiirbte
Herde. Der linke Unterlappen ganz frei, im rechten einige kleine ver-
waachene Herde, die nicht wie Tuberkel ausaehen. Herz stark ausgedehnt.
Mikroskopisch liefien sich in keiner der Drusen und in
keinem der inneren Organe saurefeste Stabchen nachweisen;
dagegen fanden sich in den Ausstrichen aus der Lunge massenhaft
kokkenartige kleinste Doppelstabchen. Von den Verimpfungen
auf saueren Glyzerinagar blieben die Ausstriche aus der Leber steril; aus
Lunge, Milz (I) und Herzblut wuchsen gram-negatire feinste Doppelstabchen*
Nach dem ganzen Befund besteht voile Sicherheit, dafi
das Tier einer Seuche erlegen ist, deren tStlicher Ausgang
vielleicht durch die Impfung beschleunigt wurde (vgl. unten).
Auch das nachste 24 Tage nach der Impfung gestorbene Tier No. 11
gehort zu diesen Seuchenfallen. Sektionsbefund: Die rechte Kniefalten-
und Achseldriise sind etwas geschwollen und leicht blutig verfitrbt, die
BlutgefiiSe in der Umgebung erweitert. Leber von einem leicht abziehbaren
Fibrinbclag iiberzogen, Milz mit der Umgebung verwachsen und in Fibrin-
massen eingebettet. In der Milz ziemlich zahlreiche bis stecknadelkopf-
grofle — auch ein linsengroUes — gelbweiBe, iiber die Oberflache hervor-
ragende Knotchen. Lungen ohne Befund. Etwas Peritonealexsudat.
Mikroskopisch findet sich in Ausstrichen aus der Milz reichlicher Zell-
und Eernzerfall, von saurefesten Stabchen nichts zu sehen, doch
reichlich feine Doppelstabchen und auch vereinzelte feine blaue
Stabchen.
Von einer Zuchtung und Weiterimpfung wurde angesichts des ein-
wandfreien Seuchenbefundes abg^ehen.
Das am nachsten Tage eingegangene Tier No. 7 bot folgenden
Sektionsbefund dar;
Ort der Einspritzung nicht mehr feststellbar (obwohl das Tier 10 mg!
subkutan erhalten hatte). Keine deutliche Driisenschwellung, hochstens
linke Kniefaltendriise ganz leicht vergrofiert. Leber o. B., Milz nicht ver-
grofiert. Kaum sichtbure punktformige graue Knotchen, die ebensowohl
die etwas st&rker hervortretenden Milzfollikel sein kbnnen. In der Lunge
ganz wenige, ganz unverdachtige Stellen, wie sie auch bei normalen Tieren
vorkommen. Im ganzen also kein fafibarer Befund. Mikroskopisch
nirgends saurefeste Stabchen zu finden. Im Milzausstrich-
priiparat in einigen Zellen Kemzerfall, so daQ kokkenartige Bilder ent-
stehen. Aus dem Herzblut des Tieres wuchsen auf Agar coliartige Kolonien,
die bei weiterer Untersuchung als Coli fcstgestellt wurden.
Bei dem am 17. HI. 1914, 46 Tage nach der Infektion, gestorbenen
Tiere No. 9 war ebenfalls beginnendc Seuche vorhanden. In Leber
und Milz je ein stecknadelkopfgroficr Herd; namentlich der Milzherd war
makroskopisch von tuberkuloseu Herden nicht zu unterscheiden. Lunge
und Drusen ohne Befund.
Mikroskopisch im Leber- und Milzherd keine saure-
festen Stabchen nachweisbar, dagegen in beiden Ausstrichen diinne
20 *
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
296
Ludwig Lange
Digitized by
blaue Eurzstabchen zu finden, die im Leberherd zwischen Detritus-
massen liegen, w^rend im MilzherdauBstrich die Zellen gut erhaJten Bind.
Auf den angelegten Kulturen auB Leber und Milz wuchaen auf
samtlichen Bobrchen reichlich coliartige Kolonien aus, die sicb mikro-
skopisch als aus feinsten gram-n^ativen diplokokkenartigen Eurzstabchen
beetehend erwieeen.
Bei dem Tier No. 9 haben wir es also mit einem typischen Fall
von Pseudotuberkulose raaSigen Grades zu tun.
Eine Weiterimpfung wurde, wie bei der Niederschrift mit Bedauem
bemerkt wurde, unterlassen. Es ist jedoch nach reichlichen inzwischen
gesammelten Erfahrungen nicht zu bezweifein, daB sie das Bild der Pseudo-
tuberkulose in noch ausgepragterer Weise ergeben hatte.
Jedenfalls ist man angesichts des eindeutigen mikro-
skopischen wie kulturellen Befundes nicht berechtigt, die
bei Tier No. 9 vorgefundenen Organveranderungen auf die
Wirkung der ein verleibten Friedm annbazille n zuriick-
zuf iihren.
Tier No. 10 ging 116 Tage nach der Impfung ein. Die 8ektion
ergab das Vorliegen einer akuten hochgradigen Sepsis. Bauchdecken
verhartet, Dunndarme teilweise leuchtend orangerot. Milz etwa 4mal ver-
groBert; in der Bauchhohle alles verwachsen, ganze Lunge zersetzt und
alles von Blut durchtrankt.
Von einer weiteren Verarbeitung des Tieres wurde abgesehen. Tier
No. 12, das letzte der 6 Tiere dieser Reihe, wurde Anfang August ge-
tdtet und erwies sich als vbllig normal.
Bei dieser ersten Versuchsreihe mit Reinkultur ist das
Ergebnis durch dieinterkurrentenSeuchentodesfaile
sehr beeintrSchtigt worden. Nun findet sich auch bei
den Autoren, die mit anderen siurefesten StSmmen, wie den
Milch-, Butter- und Timotheebazillen gearbeitet haben, die
Angabe, daU sie groCe Tierverluste durch Seuche hatten, z. B.
Klemperer (59), ferner Lindner (78), der 6 von seinen
lOTieren durch „Diplokokkensepsis“ verier. Auch Boehneke-
Ehrlich (22) gibt 40 Proz. Verlust durch Seuche an.
Man wird hierdurch zur Vermutung gefflhrt,
daB der Ausbruch der Seuche durch die Fried-
mannimpfung begQnstigt wird (vgl. p. 298).
Es bestcht kein Zweifel, daB die sogenannte „Meerschweinchen-
seuche“ durch verschiedene Bakterien hervorgerufen werden kann.
(Friiher fanden wir haufig Pneumokokken.) Eine dieser Bakterienarten
erzeugt an den Organen der Tiere Veranderungen, die als makroskopisch
aufierst tuberkuloseahnlich zu bezeichnen sind, so daB man direkt von
Pseudotuberkulosebazillen spricht (Saisawa, 104)*)■
1) Im Gesundheitsamt hat Joetten neuerdings seine Aufmerksamkeit
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Ueber daa Friedmannsche Tuberkulose-Schutz- und -Heilmittel. 297
Fflr unsere Versuche ist das Hereinspielen derartiger
Infektionen von besonderer Bedeutung.
So sei besonders betont, daB an den vorzeitig eingegangenen
Tieren, naraentlich bei Tier No. 11, tuberkulosefihnliche und
zum Teil recht verdSchtige Knotchen in einzelnen Organen
gefunden warden. Diese Erscheinungen boten unseres Er-
achtens bei wenig kritischer Betrachtung eine groBe Ge-
fahr, sie in ursachlichen Zusammenhang mit der
Impfung zu bringen. Die mikroskopische und vor allem
die kulturelle Weiterverfolgung lieferte aber den Be-
w e i 8, daB bier nichts anderes alsPseudotuberkulose
mit ihren bekannten Erregern vorlag.
Ueber Beobachtungen, dafi auch durch Paratyphus B-Bazillen beim
Meerachweinchen Krankheitsbilder vorkotnmen konnen, die makroskopisch
einer Tuberkuloee gleichen, berichten neuerdinga wieder Klopatock und
Seligmann ^65) und KShler (69).
Es ist selbstverstandlich, daB wir bei unseren Friedraann-
tieren mit peinlichster Sorgfalt nach auch nur andeutungs-
weise tuberkuloseverdkchtigen VerBnderungen gesucbt haben.
Der Sektionsbefund von Tier No. 7 (p. 295) mSge ein Beispiel
dafur sein. HStte man den gleichen Befund bei einem Tier
erhoben, das zur Feststellung von echten Tuberkelbazillen mit
einem tuberkuloseverdachtigen Material, z. B. Sputum, geimpft
worden ware, so hatte man keinen Augenblick gezweifelt, den
Befund als glatt negativ zu bezeichnen^).
auf aolche, zeitweise besondera gehauft auftretende und in geradezu kata-
atrophaler Weiae die Tierverauche atSrende Falle gewandt. Ueber aeine
Befunde, die von una durchaua beatatigt werden konnten, wird er andem-
orta berichten.
1) Da wir zur damaligen Zeit achon aeit Monaten mit Unterauchungen
liber daa Vorkommen von Tuberkelbazillen im atromenden Blut
beachaftigt waren und bei den zahlreichen zu dieser Arbeit verwendeten Tieren,
von dem Qedanken an eine Virulenzabschwachung auagehend, ebenfalla auf
die geringaten nur eine Spur verdachtigen Eracheinungen achteten, batten wir
eine gewiaae Erfahrung iiber die verachiedenen makroakopiachen Bilder, die
man bei oberflachlicher Betrachtung oder bei Unkenntnia deaaen, was man
auch bei normalen Tieren aehen kann, fiir tuberkuloa verdachtig bezeichnen
konnte. Bei den Blutunterauchungen batten wir una zum Grundaatz ge-
macht, jede auch nur entfernt verdachtige Stelle auf weitere Tiere zu ver-
impfen. An dem iiberwiegend negativen Auafalle dieaer Weiterimpfungen
konnten wir aehen, wie haufig aich aolche „achwachverdachtige“ Verande-
rungen finden, die mit Tuberkuloee nichta zu tun haben.
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
298
Ludwig Lange,
Digitized by
Jedem Bakteriologen sind Falle von spontanem Eingehen von Meer-
Bchweinchen, namentlich auch von Versuchatieren bekannt, bei denen der
Sektionabefund nur ala v611ig negativ (daa bekannte: ohne Refund) zu be-
zeichnen iat. (Vgl. hierzu das auf p. 275 Geaagte.)
Der Fall dea Tierea No. 7 gehort auch gewiaaermafien hierher und
er kdnnte mit aeinem poaitiven Colibefund im Herzblut vielleicht eine ge-
wiaae Stiitze fiir Nahrunga- bzw. Darmtraktuaschaden abgeben, auf die
bei derartigen Fallen, wie erwahnt, unaer Verdacht hingelenkt wurde.
Wo wir starker tuberkuloseahnliche Befunde erhoben,
haben wir, um es zu wiederholen, nach unseren mikro-
skopischen und kulturellen Befunden nichtden geringsten
Zweifel, daB bier nicht die Friedmannbazillen das
fitiologische Moment abgeben oder hdchstens in der ge-
schilderten „indirekten“ Weise.
Man kann den Verdacht nur schwer unter-
drflcken, es mdchten vielleicht doch in dem oder
jenem Falle von angeblicher KnStchenbildung
durch den Friedmannbazillus auch jene anderen
Erreger mit im Spiel gewesen sein^).
Betrachtet man das Ergebnis der 1. Reihe darauf bin, ob
nicht doch vielleicht mittelbare Zusammenhange
zwischen Impfung und Tod der Tiere bestanden haben konnen,
so ist also, wie erwkhnt, daran zu denken, daB die Friedmann*
impfung bei den Tieren die Bereitschaft zum Aus*
bruche der Seuche gesteigert hat. Das wSre aber auch
das einzige, was gefolgert werden kann, da im iibrigen sinn-
gemSBe Beziehungen zwischen GroBe der Infektionsdosis und
Zeitpunkt des Todes*) nicht bestehen.
1) Gerade fiir die erate B o eh n eke ache Meerschweinchenserie triffl,
wie wir gestehen rniiaaen, dieaer Verdacht zu. Bei einigen der Tiere, z. B.
246 und 747 mit ihren vereinzelten Knotchen, ist ea, aoweit die Boehn cke-
Bchen Angaben vorliegen, doch nicht ala ganz auageachloasen zu betrachten,
dafl beginnende Paeudotuberkulose vorlag. Wie unaere Befunde dartun,
braucht ea ja durchaus nicht immer zum Bilde der ausgeaprochenaten,
hochgradigaten Seuche zu kominen. Und die gramnegativen, bei Ziehl
blauen Seucheerreger sind so fein und klein, da6 man aie, namentlich
wenn im iibrigen „Detritu8“ vorliegt, doch unter Umatiinden iiberaehen
konnte.
2) Ob man gerade fiir die Friedmannbazillen aolche „8inDgemkfie Be¬
ziehungen" fordem darf, eracheint allerdings einigermaHen fraglich. Aber
durch die Unaicherheit und Regellosigkeit ihrea pathogenen Verhaltens —
und das bei erheblichen Impfdoaen! — wenn man ein aolchea an-
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Ueber das FriedmanDsche Tuberkulose-Schutz- und -Heibnittel. 299
So starb bei den subkutan geimpften Tieren das mit 10 mg infizierte
Tier No. 7 zeitlich so ziemlich in der Mitte zwischen den beiden Tieren
No. 8 und 9, die nur je 1 mg erhalten batten, und zeigte auch nur einen
fiufierst geringen Grad von Organveranderungen.
WQrde man angesichts dieses Befundes an eine Toxin-
wirkung denken, so mQBte man fGr eine solche erst recht
quantitative Beziehungen fordern mGssen.
An Bolchen fehlt es aber, und zwar nicht nur bei den subkutan,
sondern noch mehr bei den intraperitoneal gespritzten Tieren. Bei den
letzteren darf nicht daran voriibergegangen werden, dafi sich bei den beiden
Tieren No. 10 und No. 11 fibrinose Verwachsungen in der Bauchhdhle
fanden. Fur ihr Entstehen kdnnte eine Beizung des Peritoneums
durch die eingebrachten Friedmannbazillen angenommen werden. Aber
auch fiir diese Annahme bleibt es schwer verstandlich, dafi das mit 1 mg
geimpfte Tier No. 11 3 Monate fruher als das mit der 10-fachen Menge
gespritzte Tier No. 10 unter den Folgen dieser erhohten Beizbarkeit ein-
g^angen sein soil.
Jedenfalls darf von einem unmittelbaren Zu-
sammenhang der Todesftllle mit den Impfungen
nicht gesprochen werden.
Unsere erste Meerschweinchenreihe fiel in die ungflnstigste
Jahreszeit, in der alle diejenigen, die mit vielen Versuchs-
tieren, besonders Meerschweinchen, zu tun haben, unter den
so haufigen interkurrenten Erkrankungen ihrer Versuchstiere
zu leiden haben.
Bei der 2. Reihe der mit Reinkultur gespritzten Meer¬
schweinchen No. 13—18, die in gflnstigere Jahreszeit fiel,
waren denn auch, obwohl durchweg hbhere Dosenge-
geben wurden, keine Ausfaile an Tieren zu verzeichnen.
Bei dieser 2. Bei he wurden ebenso wie aus der gleich zu erwahnenden
3. Beihe 2 Tiere nach 7 bzw. 14 Tagen getotet, um etwaige rasch auf-
tretende und im Verlaufe von mehreren Wochen wieder verschwindende
Veranderungen festzustellen.
DajQ die Infektionsdosen hoher genommen wurden, als bei der 1. Beihe,
ist schon erwahnt.
Gleichzeitig und parallel wurden in einer 3. Beihe 4 Tiere mit Frosch-
tuberkelbazillen infiziert, die aus gleichalten Kulturen auf gleich-
artige Bouillon iiberimpft gleichlange Zeit, jedoch — da sie bei 37® nicht
wuchsen — bei Zimmertemperatur gezuchtet worden waren.
nehmen woUte, unterscheiden sie sich dann eben von den echten Tuberkel-
hazillen, bei denen derartige Schwankungen nur bei Verimpfung minimaler
Dosen eintreten, grundlegend.
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
300
Ludwig Lange.
Digitized by
Das nach 7 Tagen getStete Tier No. 14 der 2. Reihe er-
gab folgenden Sektionsbefund :
An der Impfstelle ein kleinbohnengroQer Knoten, der mit kaaigen
Massen gefiillt war. Die Leistendriisen beiderseits kaiim rergrdfiert. Im
ubrigen Organbefund v5Uig normal. Mikroskopisch im Impfabszefi
reichlich saurefeste Stabchen in Nestern und einzein liegend, mit be-
ginnenden Zerfallserscheinungen; die meisten Bazillen phagozjtiert. In
beiden Leietendriisen (I); Milz, Leber und Lunge keine saure-
feeten Btabchen*). Aus der Impfstelle und den erwahnten Driisen
und inneren Organen wurden Kulturen auf Glyzerinserum, alkalischem
und saurem Glyzerinagar angelegt. Alle Kulturen blieben steril, mit
Ausnahme des mit Material von der Impfstelle beschickten Glyzerinserum-
rdbrchens, auf welchem sich erst nach mehr als 6 Wochen (!), nachdem
das Rohrchen auf Zimmertemperatur gestellt worden war, zahlreiche weiB-
glanzende Kolonien entwickelten, die mikroskopisch aus saurefesten Stabchen
bestanden ’).
1) Auch eine erneute besonders vorsichtige Durchmusterung der noch
vorhandenen Objekttrager-Organausstriche ergab ebenso wie bei Tier No. 15
8. u. einzig und allein bei dem Impfstellenausstrich das Vorhandensein
saurefester Stiibchen.
2) Diese Kultur fand sich bei der Niederschrift dieser Arbeit noch
vor. Sie war wiihrend der ganzen Jahre, mit Paraffin verschlossen, zu
hinterst in einem tiefen Schranke gestanden, also vor LichteinfluB fast
vbllig geschiitzt. Die weiBlichen knopfartigen Kolonien hatten im Innern
eine ziemlich weiche Konsistenz. Die auf die Oese gebrachten Massen
knistem beim Abgliihen (Wachshiillel). Im mikroskopischen Bild fanden
sich zarte, nach Ziehl schwach rosa gefarbte Stabchen mit sehr deutlich
erkennbaren dunkelroten Kornchen.
Die Weiterimpfung auf Glyzerinserum, bei Zimmer¬
temperatur gehalten, ging, nach 6 Jahren (I), noch an. Der
Stamm wachst jetzt wieder auf alien Nahrbfiden in gleicher Art und Ueppig-
keit wie damals, auch bei 37°.
Bei Weber und Taute (122) findet sich auf S. 165 die Angabe,
daB Terre seinen Fischtuberkulosebazillus noch nach 5 Jahren mit Er-
folg uberimpfen konnte.
Fur echte TuberkclbaziUen ist eine derartige lange Lebensfahigkeit
auf kiinstlichen Niihrbbden nicht bekannt.
Nach Weber (120), der hierin fiber die ausgedehnteste Erfahrung
verffigen dfirfte, betrug bei ParaffinverschluB die langste Uebertragbarkeit
des Typus humanus 11, des Typus bovinus 20 Monate = 1 Jahr 8 Mo-
natc, bei zugeschmolzenen Kulturrohrchen steigen die betrefienden Zahlen
auf 12 bzw. 20 Monate an.
Dieser enormeUnterschiedzwischeiiFriedmannbazillen
einer- und den Tuberkelbazillen audererseits spricht un-
seres Erachtens ebenfalls gegen eine nahe Verwandtschaft
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Ueber das Friedmannsche Tuberkulose-Schutz- und -Heilmittel. 301
Material von der Impfstelle, an der das massenhafte Vorkommen der
Friedmannbazillen beinahe den Verdacht einer Vermehning hervorrufen
konnte, wurde am 18. V. 1914 auf 2 Meerschweinchen, 15 a und b (3181
und 3182), subkutan verimpft. Beide Tiere ergaben bei der am 4. VIII.
1914 nach 71 Tagen erfolgteu Tdtung vdllig normalen Befund.
Eine Verbreitung der Bazillen im K6rper hat sich also
nicht nachweisen lassen ^).
und weist die Friedmannbazillen ganz nach der Seite der
Kaltbliitertuberkel bazillen bin.
(Von nicht saurefesten Bazillen — von den Sporenbildnern natiir-
lich abgcsehen — durften sich die Pestbazillen am langsten in Kulturen
iibertragungsfahig erhalten, so nach N. K. Schultz 4 Jahre in Bouillon
und nach Uriate 47, Jahre auf festem Niihrboden, s. Dieudonnd
und Otto (19)1)
Auch neuere Beobachtungen haben in Uebereinstimmung mit den
damaligen Ziichtungsbefunden bei Tier No. 14 und 15 ergeben, dafi die
Friedmannbazillen aus tierischen Organen am sichersten auf Serum-, haupt-
sachlich Glyzerinserum-Nahrbdden, herauszuzuchten sind, wogegen Gly-
zerin agar versagte.
Ob bei der Kultur, die sich nach fast 6 Jahren noch lebend und
hbertragungsfahig erwies, das mitubertragene tierische Gewebe (die kasig-
eitrigen Massen an der Impfstelle) von EinfluB war, laBt sich schwer sagen.
Jedenfalls halten sich die Bazillen an der Impfstelle am langsten. Das
diirfte mit dem Mangel oder der geringen Menge von losenden Fermenten
zusammenhangen.
In den Organen Leber und Milz. die schon physiologisch eine Re¬
sorptions- und Auf- und Umbaurolle, wozu eben zunachst „Abbau“ ge-
hort, spielen, unterliegen die Bazillen einem rascheren Zerfall. Dagegen
in den reinen Sekretionsorganen, Milchdriise, Hoden, Samenblasen, wo
zum mindesten keine lipolytischen Fermente anzunehmen sind, halten sie
sich langer. Diese „Theorie“ wiirde ein gewisses Licht auf den „Menschen-
fall“ Schmitz-Fromme, aber auch auf den Befund von Orth am
Meerschweinchen 7 (s. p. 257) werfen.
Inwieweit in den betreflenden Organen auch chemisch besonders zu-
sagende Bedingungen vorhanden sind (Lipoidreichtum I), mag zunachst nur
angedeutet sein. Man wird auch sofort sehen, welche theoretischen Aus-
blicke sich hinsichtlich Eutertuberkulose und dem Zusammenhang zwischen
Schwangerschaft und Tuberkulose — zunachst allerdings noch vom grauen
Nebel der Theorie beeintrachtigt — eroffhen.
In diesem Zusammenhange sei noch folgendes erwahnt: Barnes (6)
fiel es auf, daB unter 83 behandelten Mannern nur 4 = etwa 5 Proz., da¬
gegen unter 47 Frauen 24 = etwa 51 Proz., also lOmal so viele Impf-
abszesse bekamen.
1) Der alleinige Befund der Friedmannbazillen an der Impfstelle,
und zwar schon nach 7 Tagen — und ebenso nach 14 Tagen, s. Tier
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
302
Ludwig Lange,
Digitized by
Bei dem 14 Tage nach der Infektion getSteten Tie re
No. 15 war der makroskopische Refund ein noch spHrlicherer.
Die EinspritzungsBtelle war kaum mehr zu finden, nur eine klein*
linsengroOe Verdickung im Unterhautzellgewebe, ohne jede Eiteransamm-
lung, wies auf sie bin. Der iibrige Behind war volbg normal.
Von den Organausstricben aus Milz, Lunge, Leber und Nieren
entbielt keiner saurefeste Stiibcben. Im Ausstricb von derimpf-
stelle fanden sicb dagegen massenbaf te saurefeste Stabcben, von denen
sebr viele frei lagen. Durcb das Feblen von Leukozyten waren keine
Pbagozytoseerscbeinungen aufgetreten.
Bei diesem Tier miissen die eingebracbten Bazillen nicbt einmal als
geniigender Beiz zur Eiterung gedient baben. An den Zellen fallt die
guterbaltene Form auf, im Gegensatz zum Befunde der Verkasung beim
Tier No. 14.
Die Verimpfung von Impfstelle und Organen auf Nabrbbden
erfolgte wie bei Tier No. 14. Aucb bier blieben alle Eulturen steril, bis
auf eine Glyzerinserumkultur aus der Impfstelle, auf der sicb nacb
etwa 5 Wocben eine einzige verdacbtige Kolonie vorfand, die sicb mikro-
skopiscb als aus Baurefesten bestebend erwies.
Also ist auch bei diesem Tiere der Nachweis der Bazillen
nur an der Impfstelle zu erbringen gewesen. — Die
flbrigen vier Tiere der2. Reihe(No. 13, 16—18) er-
wiesen sich bei der nach 85 Tagen = fast 3 Monaten
erfolgten TOtung als vbllig normal.
No. 15 — scbeint mir aucb nacb inzwiscben ad boc angestellten neueren
Versucben zu den „r^ularen“ zu geboren.
Boebncke (22) konnte bei dem Meerscbweincben No. 244 am 23. Tag
„im Quetscbpraparat aus einer erbsengroBen Driise an der Injektionsstelle“
zabireicbe scblanke saurefeste Stabcben nacbweisen. Es ist nicbt obne
weiteres verstandlicb, wie an die Injektionsstelle eine „Druse“ binkommt
Oder umgekebrt. Falls die Injektion unmittelbar in die Eniefalte gemacbt
wurde, ware der Befund erklarlicb. Das Tier war mit 5 mg subkutan ge-
impft worden.
Lindner (78) macbte bei seinen Einspritzungen von Timotbeebazillen
eine der unseren abniiebe Beobacbtung. Nur bei den 2—4 Tage nacb der
Infektion (subkutan bis intraperitoneal) gestorbenen Tieren gelang der
mikroskopiscbe Nacbweis siiurefester Stabcben, aber nicbt mebr bei 2 am
11. und 27. Tage gestorbenen und bei den spater getbteten Tieren.
Bei dem bekannten einen, mit 2 mg Kultur subkutan gelmpften Meer-
Bcbweincben von Rubinowitscb (100), mit der „individuellen Disposition",
gelang sogar nacb 3 Monaten nocb der mikroskopiscbe und kulturelle
Nacbweis der Friedmannbazillen aus Impfstelle und Organen. Das Tier
ist aucb biernacb als singuliire Ausnabme zu bezeicbnen.
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Ueber das Friedmannsche TuberkuloBC-Schutz- und -Heilmittel. 303
Eine mikroskopiBche Untersuchung und Ziichtung konnte damals
{am 4. VIII. 1914) aus aufieren Qriinden nicht auBgefiihrt warden. Be-
merkenBwert erscheint dieser Tollig negative Befund besonders bei Tier
No. 18, das 20 mg intraperitoneal erhalten hatte.
Die ganze 2. Reihe ergab demnach eindeutig,
dafi unter den gewfihlten Versuchsbedin gun gen
nichts von irgendeiner pathogenen Wirkung der
Friedmannbazillen auf die Meerschweinchen
festzustellen war.
Ana der 3. (VergleichB-)Reihe iat Tier No. 20 das Gegenstiick zu
Tier No. 14 der 2. Beihe. Bei der Tdtung nach 7 Tagen land eich an der
Impfstelle ein Strang von 1,5 cm Lange und dem Umfang etwa eines
dunnen Taschenbleistiftes vor, der mit kasigem Eiter erfiillt war. Driisen
und innere Organe vSllig normal Mikroskopisch wurden nur an der
Impfstelle Baurefeste Stabchen gefunden. Die Ziichtung blieb ohne
Erfolg.
Von seinem Paralleltier No. 14 unterscheidet sich Tier No. 20 also
nur dadurch, daS bei ihm auch aus der Impfstelle eine Ziichtung nicht
gelang. Die Froschbazillen mit ihrem wesentlich niedrigeren Temperatur-
optimum Bind eben auf die Verhaltnisse im Warmbliiter viel weniger ein-
geetellt, als die bei 37“ wachsenden Friedmannbazillen.
Die drei iibrigen Tiere der Reihe 3, unter denen wieder Tier No. 22
— mit 20 mg intraperitoneal gespritzt — hervorgehoben zu warden ver-
dient, waren bei der TStung am 4. VIII. 1914, 85 Tage = fast 3 Monate
nach der Impfung, alle vollig frei von irgend welchen Organ-
veranderungen.
B. Kanincben.
Ueber die Befunde an den vier mit Reinkultur (11 Tage
alter Bouillonkultur) infizierten Kanincben No. 7 —10(siehe
Tabelle III) kann rasch berichtet werden.
10 mg intravenos — wShrend man zur Typenbestimmung
Vioo rog Tuberkelbazillen gibt — und 80 mg subkutan gegeben,
wurden glatt und obne irgendwelche tuberkuloseartige Ver-
Snderung ertragen.
Dafl bei Kanincben No. 9 an der am Riicken befindlichen Impf-
Btelle ein pflaumengrofies Infiltrat nach 186 Tagen vorhanden war, kann
unseres Erachtens nicht als Ausdruck liir eine pathogene Wirkung £in-
gesprochen werden. Der Befund steht mit vielen iihnlichen Feststellungen,
bei der Verirapfung des fiir das Kanincben nicht pathogenen humanen
Typus, wonach sich ebenfalls haufig Abszesse am Riicken der entsprechend
geimpften Tiere fanden, wiihrend die am Bauch mit der gleichen Dosis
infizierten Tiere frei von derartigen Abszessen waren, in Ueberemstimraung
und weiet nur darauf hin, dafi die ResorptiouBverhaltnisse am Rucken —
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
304
Ludwig Lange,
Digitized by
wohl auch infolge des Mangels der am Bauche stets mehr Oder weniger
vorhandenen „Mas8agewirkuDg“ — schlechtere sind.
Man kann also zusammenfassend sagen, dad
sich auch bei Kaninchen koine pathogene Wir-
kung dor Friedmannbazillen nachweisen lieU.
Dieser Befund steht mit den in der Literatur vorliegenden
in Uebereinstimmung (s. 1. Toil p. 276).
C. Weifie Miuse.
Zur Verwendung gelangte die gleiche 11 Tage alte Tuberkel-
bazillenbouillonkultur, die auch zur Impfung der ersten Meer-
schweinchenreihe gedient hatte. Mengen von 0,1 und 1,0 mg
wurden subkutan und intraperitoneal verimpft (s. Tabelle IV).
Tabelle IV.
Verirapfung der Reinkultur auf Mause.
(11 Tage alte Bouillonkultur.)
d
Bezeichnung
Tag der
Impfung
1
Menge
g
Art der
Impfung
Tier
gestorben
Lebte Tage
nach der
Impfung
Ergebnis
1
A weiS
|30. I. 14
0,001
subk.
6.11. 14
! 7
Kokkeninfektion
2
A rot
1
0,0001
?>
18. HI. 14
47
0. B.
3
B weifi
0,0001
18.11. 14
19
1
Interkurrent t. Eeine
tu berkulosen V erande-
rungen
4
B rot
>>
0,001
+0,001
suEk.
1
wann ?
lebte An-
fang Au¬
gust noch
> 181
Keine Angaben vor-
handen
5
C weiB
0,0001
ip.
2.11. 14
3
Diplokokkeninfektion
6
C rot
>7
0,0001
30. V. 14
119
BluterguS in d. Bauch-
hohle
Die erstgestorbene, intraperitoneal geimpfte, schon 3 Tage nach der
Impfung eingegangene Mans No. 5 zeigte leicht vergrSflerte, etwas dunkel-
braunrot gefiirbte Leistendriisen; auf der Leber ein weifilicher Belag, die
Milz deutlich vergrdBert, doch ohne Knbtchen, Lunge sehr blutreich.
Mikroskopischer Befund: Der Belag auf der Leber bestand aus einer
Reinkultur von feinsten gramnegativen kokkenartigen Kurzstiibchen. Auch
in der Leber die gleichen Formen in kleinen Haufchen zu sehen.
In mikroskopischen Ausstrichen, die nach Ziehl und nach Much
gefarbt wurden, waren nirgends saurefeste Stabchen zu finden. Im Aus-
Btrich aus einer Leistendriise an einer einzigen Stelle ein kleines Haufchen
von kurzen, spiefiartigen, im Zerfall begriffenen roten Stabchen. Bei ge-
Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAI6N
Ueber das Friedmannsche Tuberkulose-Schutz- und -Heilmittel. 305
nauer Einstelluag bemerkt man, dafi dieses Haufcben eine Spur hdher als
die auBgestricbene Gewebsscbicbt liegt, so dafi der Befund nicbt ganz ein-
wandfrei ist.
In der Lange sebr reicblicb mittellange, ziemlich dicke Stiibcben,
gramnegativ.
Auf den aus den Organen angelegten Eultnren wacbsen nur Proteus,
Cob und die erwabnten feinen Kurzstabcben.
Die Mans ist also einer Miscbinfektion interkurrent erlegen. Es ist
auffallend, dafi naeb so kurzer Zeit keine Friedmannbazillen mehr festzu-
stellen waren, rom Befund in der Leistendruse, der zudem nicbt ganz sicber
zu verwerten ist, abgeseben.
Da6 die Miscbinfektion mittelbar durcb die Friedmannimpfung aus-
geldst Oder begiinstigt wurde, ist nacb Erfabrungen bci Impfungen von
Mausen mit anderen Infektionsstofifen, z. B. Trypanosomen, immerbin
mbglicb. Von einer Ausbreitung oder einem Haften der Friedmannbazillen
kann jedenfalls keine Rede sein.
Die nachstgestorbene Maus No, 1, die 7 Tage nach der
subkutanen Impfung mit 1 mg einging, ergab folgenden
Sektionsbefund:
Von Impfstelle nicbts zu seben, Leistendriisen beiderseits etwas ge-
scbwellt, dunkel. Der ganze linke Leberlappen bellgelblicb-nekrotiscb, Miiz
deutlicb vergrobert, im ganzen blafl, Lungen o. B.
In Leberausstricben massenbaft feinste Kokken, zum Teil in groSten
Nestem, volliger Zellzerfall. Milz vereinzelte, nicbt mit Sicberbeit als solcbe
feststellbare Kokken, da reicblicber Zellzerfall. Lunge sebr reicblicbe, feinste
kleine Kokken, aucb in Haufcben. Aucb in den Leistendriisen massenbaft
feinste Kokken. Nirgends saurefeste Stabcben zu finden.
Kulturell wurde au6er den Kokken nocb ein auf Drygalskiplatten
blau wacbsender, coliartiger Stamm isoliert, der jedocb mit keinem der
in Betracbt kommenden Sera (Ty, Paraty, Gartner, Kubr) eine Aggluti¬
nation gab.
Wir haben also aucb bei dieser Maus eine interkurrente
Infektion mit Kokken vor uns, fiir deren mittelbaren Zu-
sammenbang mit der Friedmannimpfung das soeben bei Maus 5
Gesagte gelten kann,
Aucb bei der am 19. Tage eingegangenen Maus No. 3
lag eine interkurrente Infektion vor.
Sektionsbefund: Leber o. B., keine Knbtcben, Milz leicbt vergrbfiert,
Lungen etwas byperiimiscb. In mikroskopiscben Ausetricben nur in der
Milz allerkleinste blaue Stabcben zu seben, nirgends saurefeste
Gebilde.
Ausstricbe von Milz, Lunge und Leber auf Drygalskiagar lieBen
iiberall Diplokokken, daneben aus Milz sparlicbe, aus Leber reicblicbe Coli-
kolonien aufgeben.
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
306
Ludwig Lange,
Digitized by
Maus No. 2, die nach 17 Tagen einging, hatte ebenfalls
einen ganz uncharakteristischen Sektionsbefund :
Driisen kaum vergrofiert, heU, Milz leicht vergroBert, aber ohne
Knotchen, Lunge und Leber o. B. Mikroskopisch nirgends saurefeste
Stabchen, auch sonstige Bakterien nicht mit Sicherheit zu erkennen. Auf
den Kulturen feine Kokkenkolonien gewachaen, die nicht weiter verfolgt
wurden.
Maus No. 6 starb 119 Tage nach der Impfung,
Befund: BliiterguB in die Bauchhohle. Leber fettreich, hell, ohne
Knotchen, Milz etwa auf das Doppelte vergroflert, Lunge o. B. Mikro-
skopisch nirgendwo etwas von Bakterien zu sehen. Keine Kulturen an-
gelegt.
In Anbetracht der langen, seit der Impfung verflossenen Zeit darf
der intraperitoneale Blutergufl mit dieser wohl kaum in Verbindung ge-
bracht werden.
Ueber Maus No. 4 fehlen in meinen Aufzeichnungen Angaben.
Angesichts der iibereinstimmenden Befunde an den iibrigen 5 Mausen —
iibereinstimmend, was bei der gewahlten Infektionsart das Verhalten und
die Wirksamkeit der Friedmannbazillen im Mausekorper anlangt — kann
man den Ausfall dieses Tieres mit in den Kauf nehmen.
Zusamraenfassend laBt sich iiber die vorgenommenen
Mauseversuche sagen, daB bei subkutaner und intraperitone-
aler Infektion eine Infektiositat der Friedmann¬
bazillen fur die Maus nicht besteht. Ob nicht durch
toxische Wirkung die Disposition zu interkurrenten Erkran-
kungen erhoht wird, mag dahingestellt bleiben. Jedenfalls
stehen den 3 bald nach der Infektion gestorbenen Mausen,
fflr welche allein eine solche toxische Wirkung in Frage kame,
3 Tiere mit langer Lebenszeit gegenflber, und eine Beziehung
zwischen Menge der Einspritzung und Verlauf, wie eine solche
gerade fur Toxine, deren Menge urn das lO-fache schwankte,
gefordert werden raiiBte, ist nicht in die Erscheinung ge-
treten.
Friedmann (27) erhob bei 2 mit Lungenstiickchen der Ausgangs-
Bchildkrdte (1. Stamm) subkutan geimpften Mausen einen vollig negativen
Befund. Bei einer 3. ebenso infizierten Maus, die nach 7 Tagen ein-
gegangen war, berichtet er iiber das Vorkommen von blau gefiirbten, aber
in Gestalt den Tuberkelbazillen gleichen Stabchen an Impfstellen, im Peri-
tonealcxsudat und in einem kleinen HalsabszeB.
Inwieweit es sich bei den von mir in der Milz von Maus 3 gesehenen
feinsten blauen Stabchen um etwas ahnliches handelt, ist nachtraglich
nicht mehr zu entscheiden.
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Ueber das Friedmannsche Tuberkulose-Schutz- und -Heilmittel. 307
D. Versuche an Ratten.
Vier Ratten wurden mit 10 und 1 mg subkutan, mit 1,0
und 0,1 mg intraperitoneal geimpft (s. Tabelle V).
Tabelle V.
Versuche an Ratten.
(11 Tage alte Bouillonkultur.)
d
52;
Bezeichnung
Tag der
Impfung
1
Menge
1
Art der
Impfung 1
1
1
Tier
gestorben
1 0)
tC (h he
H-a §
S-g a
Ergebnis
1
Hweifi
0,01
8ubk.
1
1. V. 20
91
!
An Diplokokkeninfekt.
eingegangen. 2. V. 14
Lunge auf Mw. 2882
subk. t 8. V. 20 0 . B.
2
II rot
dgl.
0,001
unbekannt
(nach dem
3. VIII.)
> 185
3
il weifi
»
0,001
ip.
dgl.
> 185
—
4
I rot
0,0001
i
3. VI. 20
I 124
1 Vollig 0 . B.
Ratte No. 1 ging 91 Tage nach der Impfung ein. Die Irapfstelle
war nicht mehr zu erkennen. Keine Drusenschwellung. Leber, MLlz und
Nieren o. B. Die rechte Lunge stiirkst aufgebliiht; vbllig durchsetzt von
durchscheinenden, stecknadelkopfgroHen, mit Eiter, teilweise auch mit
zahem Schleim gefullten Herden. Im Unterlappen der linken Lunge einige
aiif Tuberkel schwach verdachtige Knotchen. Mikroskopisch in Leber,
Milz und Nieren keinerlei Mikroorganismen zu seben. Sowohl im dicken
Eiter als im fadenziehenden Eiter, wie er sich mehr an der rechten Lungen-
wurzel vorfand, auch in den Herden der linken Lunge, sind massenhaft
feinste, schmale Doppelstiibchen oder Doppelkokken vorhanden, die sich
bei Ziehlfarbung blau, nach Gram violett farben. Saurefeste Stabchen
nirgends zu seben,
Aus der Lunge wird auf Drygalskiagar, Glyzerin und gewohnlichem
Agar ausgestrichen, auSerdem wird am 2, V. 1914 ein Stiickchen der
rechten Lunge auf Meerschweinchen No. 2882 subkutan verimpft.
Die bei 37“ gehaltenen Kulturausstriche aus der Lunge bleiben samtlch
steril (1).
Meerschweinchen 2882 stirbt schon am 8. V,, also nach 6 Tagen.
Sektionsbefund: Kniefaltendriisen leioht vergroSert, Milz leicht
vergrbfiert, dunkel gefarbt, die Lungen etwas aufgebliiht, im iibrigen o. B.
Mikroskopisch in Leber und Milz reichliche, in den Driisen
vereinzelte grampositive Diplokokken, die wie Pneumokokken aussehen;
Lunge frei von Mikroorganismen. Ziichtungsversuch aus Drusen, Milz
und Lunge wiederum negativ (I).
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
308
Ludwig Lange,
Digitized by
Es steht deranach fest, dafi Ratte 1 einer interkurrenten
Infektion, wahrscheiulich mit einer den Pneumokokken nahe-
stehenden Kokkenart, die sich leider nicht in Kulturen er-
halten lieB, erlegen ist. Von einer auf die Infektion mit den
Friedraannbazillen zurflckzufflhrenden Verfinderung war nichts
zu bemerken.
Vollig negativ war der Sektionsbefund bei der nach
124 Tagen eingegangenen Ratte No. 4.
Aufler einem Coccidioseblaschen an der Leber wurde an keinem
Organe ein vom normalen abweichendes Verhalten gefunden. Von einer
weiteren Untersuchung wurde, da der Befund hinsichtlich der Fragestellung,
ob die Friedmannbazillen pathogen sind, eindeutig war, abgesehen.
Ueber die beiden Katten No. 2 und 3 kann bier nur berichtet
werden, dall sie Anfang August, also '/» Jahr nach der Impfang, noch
am Leben waren. Nach dem Ergebnis an den Ratten 1 und 4 darf mit
Sicherheit angenommen werden, dafi sie ebensowenig wie diese beiden Tiere
spezifische, durch die eingefiihrten Bazillen hervorgerufene Veranderungen
in ihrem Korper gehabt haben.
Wenn man auch den an Zahl geringen und durch auBere
Umstande beeintrachtigten Rattenversuchen nicht mit dem
gleichen Gefuhl der Sicherheit gegeniiberstehen kann, wie den
Versuchen an den bisher erwahnten Tieren, so darf doch das
eine mit Bestimmtheit festgestellt werden, daB ihr Ausfall
keinen Anhalt fiir einekrankheitserregendeWir-
kung der Friedmannbazillen ergeben hat.
Hinsichtlich einer etwaigen Tuberkuloseahnlichkeit wflrden
ja Rattenversuche tiberhaupt kaum in Betracht kommen.
Von 8 tanle 7 Griffith (49) wird die Ratte der „re 8 istant group"
zugeziihlt. A o k i (1 u. 2), der 80 Ratten mit je 2 mg teils intraperitoneal, teils
intravenbs intiziert hatte, berichtet, dafi 51 der Ratten nach 2—3 Alonaten
eingegangen sind, wiihrend der Rest nach 3—4 Monaten getotet wurde.
Von 34 mit bovinen Tiiberkelbazillen geimpften Tieren wurden 9, von
46 mit humanen Tuberkelbazillen infizierten Ratten 40 tuberkulos. 8 o-
wohl bei deu intraperitoneal als bei den intravenbs geimpften Ratten
lokalisierte sich die Tuberkulose makroskopisch nur in den Lungen in
Form von miliaren und submiliaren Knbtchen, in denen man Tuberkel-
bazilien leicht durch Ausstrichpriiparato nachweisen konnta
Da, wenn iiberhnupt, fiir den Friedmann bacillus auf Grund seines
Wachstums nur Beziehungen zum humanen Typus in Frage kommen, so
kann die Unschadlichkeit fiir Ratten vielleicht als ein Beurteilungsmerkmal
mitherangezogen werden.
Nach Galli-Valerio (47) ist allerdings in der Ratte keine Diffe-
renzierung des humanen und bovinen Typus mbglich.
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN ^
Ueber das FriediDannsche Tuberkulose-Schutz- und -Heilmittel. 309
E. Versuche an Huhnern.
Am 30. I. 1914 wurden mit der 11 Tage alten Bouillon-
kultur schlieBlich auch noch 4 Hiihner infiziert (s. Tabelle VI).
Tabelle VI.
6
12 ;
Far be
Tag der
Impfung
Menge
Art der
Impfung
Glestorben
(getdtet)
am
fl
H'l
u
.31
Befund
1
weiB
30.1. 14
0.001 g
intrav.
8 . V. 14
!
98
Frei von tuberkuldsen
Veranderungen
2
goldgelb
dgl.
0,001 g
J)
6 . VIII. 14
getdtet
188
Vdllig normal
3
braun
ff
0.01 g
ip.
dgl.
188
Desgleichen
4
Bchwarz
0,01 g
t)
188
t}
Das 98 Tage nach der Impfung eingegangene Huhn No. 1 wies
reichlichen Fettgehalt an Bauch und Hals auf. Der Kropf war mit grau-
triiber Fliissigkeit gefiillt. Leber stark verfettet, im ubrigen samtliche
inneren Organe vollig normal.
Die 3 anderen Huhner wurden am 6. VIII. 1914 getotet und wiesen
silmtlich einen durchaus normalen Befund auf.
Die Fried in annbazillen sind demnach fflr
Huhner ganzlich avirulent, ein Befund, der nicht
weiter flberraschend ist, wenn man die hohe Kdrpertemperatur
des Huhnes in Betracht zieht.
Friedmann verwendet ja auch sein Mittel neuerdings
reichlich zur BekSmpfung der Hiihnertuberkulose, und zwar,
wie er sagt, mit gutem Erfolge. Bei einer Virulenz der
Bazillen fQr diese Tiere wkre eine derartige Impfung von
vornherein ausgeschlossen.
Diesen beztiglich einer Schadlichkeit fiir das Huhn nega-
tiven Befunden gegeniiber sind die Ergebnisse von 2 Huhner-
inipfungen des I. Stammes [Friedmann (27)J von beson-
derem Interesse.
Bei einem mit Lungenknotchen der Ausgangsschildkrote intraperi-
toneal geimpften und nach 2 Monaten getoteten Tiere fanden sich in der
Leber cinige Kndtchen, die saurefeste Stabchen enthielten.
Ein 2., mit etwa 2 mg Reinkultur intraperitoneal geimpftes Hubn starb
plotzlich nach 26 Tagen, wies fibrinose Peritonitis mit kasigen peritonealen
Schwarten, namentlich am Netz, sowie fibrinds-kasige Belage und ganz ver-
einzelte saurefeste Bazillen enthaltende Kndtchen auf der Leberoberflache auf.
ZaiUchr. I. ImmonlUitslonchUDg. Orig. Sd. 32. 21
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
310
Ludwig Lange,
Digitized by
Makroskopiech in den verkasenden Netzabechnitten sehr grofie, meist
fibriis abgekapselte Herde mit enormen Massen von nach Form und Lage-
rung den Vogeltuberkelbazillen gleichenden ,,leuchtend roten“ Stabchen.
Friedmann weist auf die Ununterscheidbarkeit der Netzherde von eben-
falls verk^nden Netzkonglomerattuberkeln einer spontan an Vogcltuber-
kulose eingcgangenen Taube, die er kurz vorher untereuchen konnte, bin.
Ein 3., ebenfalls mit Reinkultur intraperitoneal gespritztea Huhn war
nach miudeatens etwa 4 Monaten, zur Zeit dea Arbeiteabschluases, noch
am Leben.
Falls nicht, woran man unseres Erachtens denken milBte,
bei deni 2. Hnhne eine spontane Tuberkulose mit im Spiele
war, wflrde dieser Befund auf eine Verwandtschaft der Fried-
mannbazillen zu den Vogeltuberkulosebazillen, fdr die im
flbrigen nicht der geringste Anhaltspunkt vorliegt, hindeuten.
F. Versuche an FrSschen.
Nachdem sich die Friedmannbazillen in unseren Versuchen
den gepriiften Warmblfltern gegenuber als nicht pathogen er-
wiesen batten, sollten sie mit einem anerkannten Kaltbldter-
tuberkelbazillus in ihrer Wirkung auf Frosche verglichen werden.
Zum Vergleiche wurde ein von Herrn Reg.-Rat. Prof.
Dr. KUster giitigst flberlassener Froschtuberkulose-
stamm herangezogen. Dieser zeigte bei 37® kein Wachs-
tum; seine bei Zimmertemperatur gewachsenen Kulturen
wiesen insofern Erscheinungen von Polymorphie oder Mutation
auf, als auf den gleichen NShrbodenarten (Agar und Glyzerin-
agar) teils mehr trockene, mattere, gekrtluselte, teils mehr
feuchtglSnzende Belage auftreten. Bei der ZOchtung auf
Tuberkelbazillenbouillon glich den Friedmannbazillen die
trockene Varietat mehr. Deshalb wurde sie gewahlt.
Zur Impfung wurden die Bazillenmassen von je 2 gleich-
alten Bouillonkulturen —.vom 27. IV. 1914 und 11. V. 1914 —
genommen. Die Kulturen der beiden Stamme unterschieden
sich nur darin, daB, wie erwahnt, die Froschbazillenkultur bei
etwa 20®, die Friedmannkultur bei 37® gewachsen war.
Die Versuche sind in Tabelle VII (p. 311) kurz zusammen-
gestellt.
Die Impfung erfolgte bei den Frbschen 1—6 etets in den Eucken-
lymphsack. Die Frosche gehorten der Gattung Rana esculenta an.
Von dem schon im Laufe des 2. Tageseingegangenen Frosch No. 5
darf -abgesehen werden. Immerhin erscheint es auffallig, daO in der Leber
noch keine Froschtuberkelbazillen nachzuweisen waren.
Google
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Ueber das Friedmannsche Tuberkulose-Schutz- und -Heilmittel. 311
TabeUe VII.
Verauche an Frttachen vom 19. VI. 1914 (Impfung in den Riickenlymphsack).
Tier j
No. 1
Infektions-
dosis
f am
1
Tage n. d.
Impfung
Befund
Friedmannbazillen
1
0,01 g
1. VII. 1914
12 1
Makroskopisch obne Befund
2
0,005 g
24. VI. 1914
5
Makrosk. o. B. Mikrosk. in
Leber u. Milz einige Saurefeste
3
0,001 g
1. Vn. 1914
12
Negativ
7
8 1
iDas Wasser
1 im Glas wird
|mit 0,01 g
1 infiziert
22. VII. 1914
dgl.
33
33
\ Makroskopisch und mikro-
j skopisch obne Befund
Froschtuberkelbazillen
4
0,005 g
24. VI. 1914
5 1
1
Leber: Saurefeste 4- + + ,
Lunge und Milz + +
5
0,001 g
12iy22VI.1914
1
IV,
Leber: Froschtuberkelbazillen
mikroskopisch —
6
0,0001 g
24. VI. 1914
5 :
Lunge aufgetrieben, sonst Or-
gane o. B. In Leber, Lunge
und Milz saurefeste Stabchen
9
10 1
IDas Wasser
[im Glas wird
1 mit 0,01 g
j infiziert
1
9. VII. 1914
' nach dem
1. V1IL1914
30
1 42
1*
Makroskopischer und mikro-
skopischer Befund negativ
■
Am 5. Tage gin gen die drei Frdsche No. 2, 6 und 4 (letzterer erst
nachmittags) ein.
Der mit 5 mg „Friedmann“ geimpfte Frosch No. 2, ein mannlichea
Tier, zeigte in alien Organen makroskopisch vdllig normalen Befund; in-
sonderheit waren nirgends Kndtcben zu aehen. Mikroskopisch in der
Leber vereinzelte kleine Hdufchen von Saurefesten, ganz selten aiich
grofiere. Die Stabchen Bind kiirz, gerade, mit deutluhen dunkleren
Kdmchen. Viele macben den Eindruck beginnenden Zerfalles. In der
Lunge keine Saurefesten, dagegen viele andere Bakterien. In der Milz
einige Haufcben Friedmannbazillen, knrze Formen.
Daa Gegenstiick zu Tier No. 2, Fro sc b No. 4, liifit makroskopisch
ebenfalls keine Organverariderung erkennen (in der rechten Seite dea
Abdomens ein mit Fliissigkeit gefiillter Sack [??], Ovarium daneben vor-
banden). Mikroskopisch linden sich in der Leber sehr zablreiche
lange, gewundene, horaogen gefarbte, also keine Kornchen enthaltende
rote Stabchen, an denen manchmal Bilder, die an eine Verzweigung deiiken
lassen, gesehen werden. Oft liegen sie in dicken Nestern vereinigt. In
der Lunge teilweise die gleichen Haufcben. In der Milz ahnliche, aber
spilrlichere Haufcben wie in der Leber.
21 *
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
312
Ludwig Lange
Digitized by
Der am gleichen Tage gestorbene Frosch No. 6 wies aufier einem
enormen Emphysem der rechten Lunge keine krankhaften Organ verande-
rungen auf. Mik roskopisch in der Leber rniiSig zahlreiche Einzel-
Btabchen und kleine Neater von Froschtuberkelbazillen. Die Bazillen sind
lang und schlank, gewunden, ohne Ebrnchen. Daneben viele blaue plumpe
Stabchen. In der Lunge ganz vereinzelte mittellange, durchgefarbte rote
Stabchen, aufierdem aehr zahlreiche hlaugefarbte Bakterien: feine Kui:?-
atabchen und kleinate Kokken. Reichlich Paraaiteneier (Trematoden).
Milz; Einige wenige Zellen mit phagozytierten Saurefeaten, die deutlichen
Zerfall zeigen (aie aehen wie angenagt aua).
Von den drei FrSachen No. 2, 4 und 6 wurden aua Leber und Lunge
Kulturen auf Glyzerin- und auf Tuberkuloaeagar angelegt. Ueber daa Er-
gebnia kann aua den eingangs der Arbeit erwahnten Qriinden (Kri^-
beginn)_leider nichta berichtet werden.
Die bei Zimmertemperatur gehaltenen Kulturen aus
den Froschen 4 und 6 sind zur Zeit der Niederschrift noch
vorhanden, aber infolge stSrkster Austrocknung iSBt sich
an ihnen nicht mehr viel feststellen. Von Interesse ist es,
daB sich aus einer aus der Leber von Frosch No. 6 angelegten
Kultur jetzt noch im Ausstrich reichlich zopfartige und band-
fbrraige Massen von einzelnen langen, gewundenen, roten
Stabchen, die auf einem blauen Untergrunde mit dunkleren
Kbrnchen ruhen, nachweisen lassen. Die Bazillenforra ist bei
bei den roten Stabchen und Faden deutlicher zu erkennen,
als bei dem blauen Untergrunde.
Aber auch ohne daB der Befund an der Kultur vorliegt,
allein aus dem mikroskopischen Ergebnis ist ein deutlicher
Unterschied zwischen dem Verhalten der Friedmannbazillen
beim Frosch 2 einerseits und dem der Froschtuberkelbazillen
bei den Froschen 4 und 6 andererseits unverkennbar. Dort
nur wenige kleine Haufchen von Bakterien, die fast durchweg
sichere Zeichen des Zerfalles oder der Schadigung aufweisen,
hier reichlichere Bazillen, die nach ihrer Farbbarkeit und ihrer
Gestalt einen vollkraftigen Eindruck machen. Als Erklarung
fiir diesen Unterschied diirfte anzunehmen sein:
Durch die fortgeaetzten Kulturpaaaagen bei 37 " haben die Friedmann¬
bazillen den Charakter ala Kaltbliiterbazillen mehr oder weniger eingebiiUt.
Dazu kommt, da6 die verwendeten Friedmannkulturen, wie erwahnt, bei
37® geziichtet waren. Solche bei Bruttemperatur genachaenen Bazillen
wurden vcrwendet, weil das Friedman nmittel atets aua bei 35—37®geziich-
teten Kulturen hergestellt wird.
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBAWA-CHAMPAIGN ' '
Ueber das Friedmannsche Tuberkulose-Schutz- und -Heilmittel. 313
Die beiden nach 12 Tagen eingegangenen FrOsche No. 1 und 3
ergaben weder makroskopisch noch mikmakopisch irgendelnen positiven
Befund hinsichtlich der Friedmannimpfung.
Desgleiehen ist der Versuch mit der Impfung dee Wassers an den
Froflchen 7—10 ganziich negativ verlaufen.
Der nach 20 Tagen gestorbene Frosch 9 zeigte keinerlei makro-
skopische Veran derun gen. Mikroskopisch waren Leber und Milz frei von
saurefesten und anderen Bakterien. In der Lunge fanden sich reichlichat
Bakterien verschiedenster Art, besonders ziemlich plumpe, mittellange Btab-
chen und Ketten von zarten Diplokokken.
Die Frosche 7 und 8 wurden am 22. VII. 1914 von Herrn Dr. Booa
seziert und untersucht. Im Protokoll findet sich eingetragen:
Makroskopisch sowie in Ausstrichpraparaten aus Leber und Lunge
ohne Befund.
Ueber Frosch 10, der nach dem 1. VIII. 1914 eingegangen sein
mufi, fehlen mir die Angaben.
Im ganzen laUt sich sagen, dah die Friedmannbazillen,
wenn flberhaupt, dann hdchstens eine toxische Wirkung auf
die Frdsche ausiibten und sie filr sekundare Infektionen an-
falliger machten. Zu einer Vermehrung im Frosch-
korper oder zur Bildung spezifischei* Organver-
anderungen kam es bei unseren allerdings wenig zahl-
reichen Versuchen nicht. Im Gegenteil deuten die beobach-
teten Zerfallserscheinungen darauf bin, dafi der Friedmann-
stamm im Frosche keinen ihm zusagenden Wirtsorganismus
findet.
Zu den sekundaren Infektionen sei noch bemerkt, daB schon am
12. VI. 1914, als die Frosche im Vorrat gehalten wurden, eines der Tiere
spontan eing^angen war, und aus Leber und Lunge Bakterienkolonien
verschiedener, jedoch nicht saurefester Art gewachsen waren. Auch mikro-
skopisch war die Leber frei von Saurefesten.
6. Versuohe mit einem aus Friedmannbazillen hergesteUten
Tuberkulin.
Nach den gebrauchlichen Vorschriften wurde aus zwei
Bouillonkulturen vom 12. III. 1914 und 5 vom 23. III. 1914
am 23. IV. 1914 ein Tuberkulin hergestellt. Dieses hatte
eine etwas hellere Farbe, als die meisten echten Tuber-
kuline aufweisen.
Die mit dem „Friedmanntuberkulin“ angestellten Versuche
sind in folgender Tabelle VIII zusammengestellt. Die In-
jektion erfolgte subkutan.
Digitized by Google
Origiuai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
314
Ludwig Lange,
TabeUe VIII.
Digitized by
o
Datum
c
$ a
S'S
Se
U
No.
War
infiziert
EhO^
III
O) '
bC
a
•4^ .
03
i-l'
E
a>
r.| O'
.2 a
"'■S
be C3
E^rgebnis
A. Tuberkuloaefreie Meerschweinchen.
1
11. V.
14
1827
19. xn.i3
143
0
4.0
2
11. V.
14
1781
16. XII. 13
146
0
2,0
3
13. V.
14
2049
13.1. 14
120
0
2,0
4
11. V.
14
1788
16. XII. 13
146
0
1,5
5
11. V.
14
1785
16. XII. 13
146
0
1,0
6
13.V.
14
2091
15.1. 14
118
0
1,0;
Negativ. Samtliche Tiere bei
der am 6. VI. 14 erfoigten
Totung voUig normu
B. Tuberkuloseverdachtige und tuberkulbse Meer-
Bchweinchen.
7
13. V.
14
2050
13.1.
14
120
r. +
2,0
8
19. VI.
14
1365
17. X.
13
245
r. dL
1,0
9
dgl.
2641
28. III.
14
84
r. ±
0,8
10
y)
2605
14. III.
14
99
+ + +
0.5
11
ii
2712
9. IV.
14
71
+ +
0.5
12
j)
2731
11. IV.
14
69
+ + +
0,2
13
w
2867
29. IV.
14
51
+ + +
0,2
14
If
2783
21. IV.
14
59
+ + +
0,1
15
>y
3053
11. V.
14
39
+ +
0,1
Negativ. 6. VI. 14 getotet;
r. Leistendruse bohnengrofi,
verkast, sonst o. B.
Negativ.\4. VIII. 14 getotet;
„ / o. B.
1 Positiv. Beide Tiere am
r 20. VI. 14 t
Negativ
Aus deu Versuchen ergibt aich, daS das Friedmanntuberkulin fiir
gesunde Tiere selbst in der Doeis von 4,0 cem subkutan ungiftig ist.
Hierzu ist zu bemerken, dafi von gesunden Meerschweinchen 2 com Alt-
tuberkulin vertragen werden.
Die Priifung an tuberkulosen Meerschweinchen ergab einen Titer
von 0,5.
Bei dem TierNo. 10 war dieTuberkulinwirkung an den stark ver-
grofierten und verkasten Kniefaltendriisen deutlich, wenn auch nicht sehr
hochgradig. Sehr deutlich ausgesprochen war sie dagegen an der Lunge,
und ebenso zeigten Leber und Milz starke herdformige Hyperamien.
Bei Tier No. 11 war die Wirkung ebenfalls sehr deutlich: Hyperiimie
der Haut, Driisen, Leber und Milz. Die von miliaren Tuberkeln durch-
setzte Lunge zeigte die typischen Veranderungen in geringerem Grade,
aber eine Wirkung war auch hier unverkennbar, namentlich am linken
Unterlappen.
Von den mit hoheren Dosen, aber mit negativem Ergebnis gespritzten
Tieren No. 7 — 9 interessiert vor allem Tier No. 7. Bei der Totung
am 6. VI. 1914 wies es als einzigen krankhaften Befund eine bohnengrofie
Schwellung der rechten Kniefaltendriise mit Verkasung auf, eine in An-
betracht der 144 Tage langen Lebensdauer nach der Infektion so gering-
gradige Erscheinung, daB man den negativen Ausfall der Tuberkulin-
Google
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Ueber das Friedmannsche Tuberkulose-Schutz- und -Heilmittel. 315
impfung damit einigermafien erklaren kaun, Ein mit der‘Eniefaltendruse
am 6. VI. 1914 subkutan infiziertes Meerschweinchen No. 3293 wurde am
4. VUI. 1914 getotet und erwies sich als frei von jeglichen tuberkulosen
Erecheinungen. Desgleichen ergab die Totung der beiden Tiere No. 8
und 9 am 4. VIII. voUiges Freisein von Tuberkulose, so dafi auch fiir
diese Tiere die negative Tuberkulinreaktion erklarlich ist.
Ftir verschiedene Alttuberkuline schwankt der Titer nach
den Angaben von Weber nnd Dieterlen (121) zwischen
0,4 und 0,02. Wie aus den Aufschriftzetteln auf den ver-
schiedenen jetzt noch vorhandenen Tuberkulinen aus jener
Zeit zu entnehmen ist, war der Titer fflr die weitaus Qber-
wiegende Mehrzahl der PrSparate 0,1 und 0,2, nur recht
wenige batten einen solchen von 0,3, und die Angabe von 0,4
fehlt Qberhaupt, wobei aber sofort beizufOgen ist, daB bei
einer grOBeren Anzahl der Aufschriften Angaben fiber die
Titerhfihe fiberhaupt fehlen.
Jedepfalls ist das Friedmanntuberkulin als
ein gegenfiber der Mehrzahl der Alttuberkuline
wesentlich schwficher wirksames PrSparat zu be-
zeichnen.
Dieser Befund stimmt mit den Angaben in der Literatur
fiber Tuberkuline aus sonstigen sfiurefesten Bakterien fiberein,
wonach sich alle (das Farcin de boeuf von Feistmantel aus-
genommen) als weit weniger giftig als das Alttuberkulin er-
wiesen [s. Loewenstein (79), p. 625].
Nach Bam on d und Ravaut (102) reagierten tuberkulose Meer¬
schweinchen auf 0,5 ccm aus Fischtuberkelbazillen hergestellte Tuberkuline;
sie starben jedoch selbst auf die Einspritzung von 1,0 ccm hin nicht.
Auch Ledoux-Lebard stellte eine viel geringere Wirkung des „Fi8ch-
tuberkulins" gegenuber dem Kochschen Tuberkulin feet.
Wahrend Ramond und Ravaut angeben, dafl mit Fischtuberkel¬
bazillen infizierte Tiere auf Eochsches Tuberkulin reagieren, sind nach
Elopstock und Seligmann (65) mit Fischtuberkelbazillen infizierte
Frosche gegen Fischtuberkulin, und mit den gleichen Bazillen infizierte
Meerschweinchen sowohl gegen Fischtuberkulin wie gegen Alttuberkulin
(intrakutan 0,02 bzw. subkutan 0,5) nicht iiberempfindlich. Tuberkulose
Tiere haben die letztgenannten Autoren nicht gepriift.
Bei einem Vergleiche unserer Befunde mit dem von
Ramond und Ravaut an tuberkulosen Meerschweinchen
mit Fischtuberkulin erhobenen ergibt sich fur das Friedmann¬
tuberkulin immerhin eine gesteigerte Wirksamkeit, indera wir
durch 0,5 ccm tuberkulfise Tiere toten konnten.
Digitized by GoL'gle
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
316
Ludwig Lange,
Digitized by
Dieses Verhalten der Friedmannbazillen stellt sie den
echten Tuberkelbazillen etwas naher, als die Froschbazillen.
Wenn man aber mit in Rechnung zieht, daB das Friedmann-
tuberkulin aus bei 37 ® bebrflteten Bazillen, bei welcher Tempe-
ratur doch andere Stoife in die Bouillon abgegeben werden
diirften, als bei 20®, so fragt es sich, ob man angesichts des
Umstandes, dafi nach Feistmantel [zitiert bei Loewea¬
st ein (79]) ein aus Farcin de boeuf bereitetes Tuberkulin in
Dosen von nur 0,01 mg tuberkulose Meerschweinchen in 12
bis 14 Stunden totete, aus unseren Befunden irgendwie weiter-
gehende Schlusse ziehen darf^). Der Abstand zum echten
Tuberkulin, wenigstens zur Mehrzahl der gepruften Praparate,
ist doch ein nicht ganz unbetrSchtlicher.
Carapelle (15) gibt an, dafi Tuberkuline aua Tuberkelbazillen
menschlichen Typs, Hiihnertuberkelbazillen und Fischtuberkelbazillen bei
damit immunisierten Meerschweinchen die Bildung von Agglutininen iind
komplementbindenden Ambozeptoren hervorrufen, die sich den 3 Tjrpen
gegeniiber gleichartig verhielten, wahrend mit Rabinowitschtiiberkulin ab-
weichende Ergebnisse erhalten wurden. Er schiiefit daraus auf eine
nahe biologische Verwandtschaft von Menschen-, Vogel- und Fisch-
tuberkelbazillen.
Das Fischtuberkulin stand allerdings hinsichtlich der einfachen tdd-
lichen Dosis (die Zahlen sind leider nicht angegeben) hinter den beiden
anderen Tuberkulinen zuruck, lieferte aber die relativ besten Ergebnisse
bei der Schutz- und Heilbehandlung tuberkuloser Meerschweinchen,
III. Zusammenfassung der Ergebnisse.
Die in der vorliegenden Arbeit besprochenen mannig-
fachen Einzelbeobachtungen und Befunde lassen sich in groBen
Zflgen in ihren wichtigsten Ergebnissen folgendermaBen zu-
sammenfassen :
I. Literarischer Tell.
1) Fiir die Annahme, der 1. SchildkrStentuberkulose-
stamm Friedmanns stelle einen umgewandelten, „wunder-
sam mitigierten" humanen Bazillus dar, fehlt der Beweis.
a) Die von Friedmann angegebenen Griinde fiir eine
solche Annahme sind nicht durchgreifend. Sowohl fiir das
kulturelle Verhalten des Stammes— wobei von Friedmann
das Hauptgewicht auf die Wachstumsfahigkeit bei 37 ° gelegt
1) Die Frage des Friedmanntuberkulins wird von uns weiterverfolgt.
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
UR^NA-CHAMPAIGN_ .
Ueber das FriedmaDnsche Tuberkulose-Schutz- und -Heilmittel. 317
wird — als fflr das Verhalten im Tierkorper, finden sich
Analogien bei anderen saurefesten Stammen, die
mit den humanen Tuberkelbazillen sicher nichts zu tun haben.
So sei hier nur auf den von Weber und Taute aus der
Leber eines Vorratsfrosches gezUchteten, ebenfalls bei 37 ®
wachsenden Stamm von „Saurefesten“ hingewiesen. Als be-
sonders maBgebend erscheinen uns in dieser Beziehung die
Beobachtungen von Weber und Taute an Schildkrbten, die
sie mit sfiurefesten Bazillen, aus dem Schlamm von SdBwasser-
becken (in denen die in Salzwasser gehaltenen Friedmann-
schen Schildkrbten niemals waren) geimpft batten. Die Dar-
stellung Friedmanns fiber das V^erhalten seines Stammes
in Kultur und im Tierversuch mfissen wir daher als subjektiv
beeinfluBt ansehen und kbnnen in Uebereinstimmung mit den
genannten Forschern darin nichts derartig Besonderes und
und Wunderbares erblicken, wie es nach Friedmanns An-
gaben erscheinen konnte. So geht, um nur eines zu erwfihnen,
Friedmann fiber den so augenffilligen Unterschied gegenfiber
den echten Tuberkelbazillen hinsichtlich der Schnelligkeit und
Ueppigkeit des Wachstums seiner Bakterien fast vbllig hin-
weg.
b) Als Grfinde, die gegen die Friedmannsche Um-
wandlungsannahme sprechen, werden von uns angeffihrt
einmal diezeitlichen Verhaltnissebei der ersten Schild-
krbte, ferner der Umstand, daB eine kfinstliche Umwandlung
trotz verschiedener darauf gerichteter Versuche noch nicht ge-
glfickt, geschweige denn einwandfrei bewiesen ist,
2) Die Befunde von Orth sind als seltener Aus-
nahmefall anzusehen.
3) In der Folgezeit hat Friedmann einen 2. Stamm aus
einer seltenen Schildkrbtenart herausgezfichtet, der bei Brut-
temperatur nicht gedieh. Bezfiglich seiner Beziehungen zum
Menschentuberkelbazillus hat sich Friedmann nicht geauBert.
Ffir den III., jetzt zum Friedmannschen Heilmittel
verwendeten Stamm wird der humane Ursprung von
Friedmann selbst abgelehnt.
Dieser III. Stamm unterscheidet sich vom I. in kultureller
Beziehung fiberhaupt nicht, bezfiglich des Verhaltens im Meer-
schweinchen nur in geringem MaBe in quantitativer Hinsicht.
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
318
Ludwig Lange,
Digitized by
Durch lange fortgesetzte Zfichtung auf kflnstlichen NShr-
b6den hat er nach Friedmann die letzten Spuren von Viru-
lenz verloren.
4) Es erscheint beachtlich, daC unter alien Kaltblfltern
und Poikilothermen, bei denen bis jetzt sHurefeste Bakterien
als sogenannte Tuberkuloseerreger festgestellt warden, die
Schildkrbten dem Menschen im zoologischen System
am nachsten stehen. Auf die besonderen physiologisch-physi-
kalischen Verhaitnisse in der Schildkrotenlunge wird hin¬
ge wiesen.
5) Wenn diq Schildkrbtentnberkelbazillen die einzigen
saurefesten Bazillen waren, die kulturell und nach ihrem Ver-
halten im Tierkbrper (Meerschweinchen) den echten Tuberkel-
bazillen in dem von Friedmann behaupteten Mafie nahe-
stehen, so wtirden die unter 4) erwahnten Umstande vielleicht
als Erkiarung mitherangezogen werden kbnnen. Es gibt aber
(vgl. I. 1 a) eine Reihe von anderen Saurefesten, die sich zura
mindesten auBerst ahnlich verhalten.
6) Durch spezifische, immunobiologische Re-
aktionen haben sich nach der Mehrzahl der Forscher die
sogenannten Kaltbliitertuberkelbazillen, ebenso wie die sicher
saprophytischen „Saurefesten“ nicht von echten Tuberkel-
bazillen abtrennen lassen; nach anderen Autoren linden sich
Unterschiede. So sind die Angaben von Sobernheira, der
allerdings die Friedmannbazillen nicht untersucht hat, be-
sonders bemerkenswert. Er konnte durch Agglutination mit
einem hochwertigen Tuberkulosepferdeserum die Blind-
schleichentuberkelbazillen scharf vom Typus humanus und
bovinus abtrennen. Ganz ebenso verhielten sich aber die
Hiihnertuberkelbazillen, der Mistpilz und der Butterpilz Ra-
binowitsch.
7) Geht man von dem Gedanken aus, daB alle sogenann¬
ten Kaltbliitertuberkelbazillen nur verschiedene, im
Laufe der Jahrtausende an bestimmte Tiergattungen
angepaBte Varietaten einer und derselben Art von
saurefesten Bazillen sind, so darf fflr die Kaltbliitertuberkel¬
bazillen der gleiche Anspruch einer scharfen Abtrennung hin-
sichtlich der Pathogenitat fiir den Menschen erhoben werden,
wie er fiir die an die wesentlich hoheren Temperaturen der
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CBAMPAIGN
Ueber das Friedmannsche Tuberkulose-Schutz- und -Heilmittel. 319
Vdgel angepaBten Gefliigeltuberkelbazillen iBngst als berech-
tigt anerkannt ist.
8) Die flberwiegende Mehrzahl der Forscher hat fiir das
Mittel Friedmanns, bzw. die aus ihm heraus gezflchteten
StBmme, und ebenso fQr die aus Impfabszessen beim
Menschen gewonnenen Kulturen teils Qberhaupt keine,
teils hochst geringe Pathogenitat gegeniiber dera Meerschwein-
chen festgestellt. Bei Stamraen, die l&ngere Zeit im
menschlichen KSrper verweilt haben, ist ein der-
artiger negativer Befund von besonderer Be¬
de u t u n g.
Fine Minderzahl der Forscher hat bei den erstgeimpften
Meerschweinchen mehr oder weniger tuberkuloseShnliche Be-
funde, meist jedoch nur in geringem Grade, erhoben. Bei
Weiterverimpfung der verSnderten Organe auf ein 2. Meer¬
schweinchen hatte aber auch von diesen Forschern die Mehr¬
zahl negative Ergebnisse.
9) Fine Ausnahme bilden nur die Beobachtungen von
Kaufmann und namentlich die beachtenswerten Versuche
von SchrSder. Die Bedenken und Einwande gegen diese
Feststellungen werden angefiihrt.
10) Selbst wenn unter extreraen Bedingungen
hinsichtlich Infektionsdosis allmahlich eine hochgradige Steige-
rung der Meerschweinchenvirulenz zu erzielen ware, so wtirde
das fOr die Gefahrlichkeit des Mittels fflr den Menschen uicht
allzuviel besagen, da ja Weiterverimpfung des Stammes von
Mensch zu Mensch — und nur so kbnnte die „Rflckanpassung“
an den Menschen zustande kommen — als ausgeschlossen zu
bezeichnen ist.
II. Eigene Untersuchungen.
1) Die Angaben Friedmanns und der Gbrigen Forscher
fiber das kulturelle Verhalten der Schildkrotentuberkel-
bazillen wurden bestatigt.
2) Der Polymorphism us der Kulturbeiage, ab-
hangig von der Zflchtungstemperatur, die Erscheinung der
Temperaturgewfihnung lassen auf eine mehr saprophy-
tische, „noch nicht als Krankheitserreger festgewordene^
Art schlieBen.
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
320
Ludwig Lange,
Digitized by
3) Das „Mittel“ erwies sich in Dosen, die das Hundert-
und Tausendfache der bei echten Tuberkelbazillen zum Tode
fuhrenden Mengen betrugen, gegeniiber Meerschweinchen
und Kaninchen, abgesehen von der gelegentlichen Bildung
von Abszessen, als vollig apathogen.
4) Die aus dem Mittel gezflchtete Kultur zeigte
gegenUber den gepriiften Tieren folgendes Verhalten:
a) Meerschweinchen. Eine Pathogenitat konnte nicht
festgestellt werden. Erscheinungen von Marasmus nach
der Injektion waren hochstens bei einem Tier und auch nur
in angedeuteter Weise zu beobachten.
Es hat aber den Anschein, als ob die Einspritzung der
Friedmannbazillen bei Tieren, die durch Meerschweinchen-
seuche gefShrdet (Stallgenossen!) Oder vielleicht schon mit ihr
latent infiziert sind, den Ausbruch der Seuche begiinstigen
wiirde. Witterungs- (Jahreszeit-) Einfliisse spielen dabei eine
unverkennbare Rolle. Ueberall, wo wir tuberkuloseverdachtige
VerSnderungen fanden, glauben wir stets den einwandfreien
Beweis erbracht zu haben, dah hier Seuche vorgelegen hatte.
Es ist zu vermuten, dad die Befunde einiger anderer
Autoren durch dieses Hereinspielen von Seuche beeinfluBt
wurden.
Die von uns gewShlten Dosen (bis zu 20 mg sub-
kutan und intraperitoneal) waren, wenn auch nicht so hoch
wie die mancher anderen Autoren, so doch derart, daB sie das
Millionenfache der bei echten Tuberkelbazillen noch krank-
heitserregenden und den Tod der Meerschweinchen herbei-
fiihrenden Mengen betrugen.
Die eingespritzten Bakterien waren vom 7. Tage ab nur
mehr an der Impfstelle nachweisbar (mikroskopisch und durch
ZQchtung).
b) Ftir Kaninchen erwies sich die Kultur ganz avirulent
(bis zu 80 mg subkutan).
c) Weder in der Mans (1 mg subkutan oder intraperi¬
toneal) noch in der Ratte (60 mg subkutan) werden durch
die Kultur krankhafte Veranderungen hervorgerufen.
d) Ebenso avirulent erwies sich die Kultur gegeniiber
Huhnern (vgl. hierzu 1.6, Uebereinstimmung im agglutina-
torischen Verhalten betr., p. 318).
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Ueber daa Friedmannsche Tuberkulose-Schutz- und -Heilmittel. 321
e) Bei an FrSschen angestellten Parallelversuchen mit
Froschbazillen zeigte sich ein deutlicher Unterschied der
Friedraannbazillen gegeniiber jenen. Die Verbreitung
im Froschkorper war eine viel geringere (wohl infolge der
Angewohnung an hohere Teraperatur).
5) Ein von uns dargestelltes Friedmanntuberkulin
erwies sich als fiir normale Tiere in groCen Dosen unschkd-
lich. Bei tuberkulSsen Tieren war es wohl wirksam, aber erst
in deutlich hoheren Dosen, als es fur die Mehrzahl der aus
echten Tuberkelbazillen hergestellten Tuberkuline festgestellt ist.
(Das Froschtuberkulin ist nach vorliegenden anderweitigen
Angaben noch weit weniger wirksam, als das Friedmann¬
tuberkulin.)
6) Wir erblicken in den Friedmannschen
Schildkrbtentuberkelbazillen eine Bakterienart,
die den sogenannten Kaltbliitertuberkelbazillen
wie den saprophytischen Sfiurefesten weit nSher
steht, als den echten Tuberkelbazillen.
7) Wir tragen kein Bedenken, sie auf Grund
der von uns und von der Mehrzahl der. anderen
Autoren festgestellten Unschadlichkeit fiirMeer-
schweinchen — die anderen Laboratoriumstiere
kommen hierfur nicht in Betracht — als fiir den
Menschen nicht schSdlicher zu halten, als alle
anderen sicher saprophytischen saurefesten Bak-
terien.
IV. Benutzte Literatur.
1) Aoki, K., Zeitflchr. f. Hyg., Bd. 75, 1913, p. 62.
2) — Centralbl. f. Bakt., 1. Abt., Ref., Bd. 7, Beiheft, p. 298*.
3) Aronson, H., Deutsche med. Wochenschr., 1914, No. 10, p. 487.
4) Aujesky, A., Centralbl. f. Bakt., 1. Abt., Orig., Bd. 42, 1906, p. 397.
5) Bacmeister, Tuberculosis, 1913, p. 335.
6) Barnes, Lee Harry, The Prov. Med. Journ., Nov. 1913, Sonder-
abdruck.
7) Baumann, Deutsche med. Wochenschr., 1914, No. 24, p. 1216.
8) ' Beck, M., Tub.-Arb. a. d. Kaiserl. Gles.-Amt, Heft 3, 1907, p. 145.
9) V. Betagh, Centralbl. f. Bakt., 1. Abt., Bd. 58, p. 3.
10) Bezan 9 on et Philibert, Rev. de la tub., 15. VIII. 1905.
11) Biermann, Deutsche med. Wochenschr., 1914, No. 17, p. 839.
12) Bischoff und Schmitz, Med. Klinik, 1914, p. 1135.
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
322
Ludwig Lange,
Digitized by
13) Brauer, L., Deutsche med. Wochenschr., 1914, No. 17, p. 833.
14) — ebenda. No. 20, p. 1019.
15) Carapelle, E., Biochim. e Terap. sper., Vol. 3, 1912, p. 357. (Ref.
Zeitschr. f. Immunitiitsf., Ref., 1912, p. 874.)
16) Dean, G., Centralbl. f. Bakt, 1. Abt., Orig., Bd. 34, 1903, p. 222.
17) Deilmann, O., Zeitschr. f. Immunitatsf., 1. Abt., Orig., Bd. 10, p. 421.
18) Dostal, H., und Ender, Fr., Wiener klin. Wochenschr., 1913, p.ll21.
19) Dieudonn4 und Otto, Artikel Pest. Kolle-Wassermanns Handbuch,
2. Aufl., 1913, Bd. 4, p. 175.
20) Draehter, R., Deutsche med. Wochenschr., 1914, No. 28, p. 1422.
21) Duhrssen, A., Munch, med. Wochenschr., 1919, No. 40, p. 1150.
22) Ehrlich, Min.-Bl. f. Medizinalangelegenheiten, 1919, No. 32 vom
6. VIII. 1919.
23) Fitschen, Eicon ore, Centralbl. f. Bakt., 1. Abt., Orig., Bd. 80, p. 29.
24) Fraenkel, C., Hyg. Rundschau, 1907, p. 1112.
25) Friedmann, F. F., Deutsche med. Wochenschr., 1903, No. 2, p. 25.
26) — Zeitschr. f. Tub., Bd. 4, 1903, Heft 5, p. 439.
27) — Centralbl. f. Bakt., 1. Abt., Orig., Bd. 34, 1903, p. 647.
28) — Deutsche med. Wochenschr., 1903, No. 26, p. 464.
29) — ebenda, 1903, No. 50, p. 953.
30) — ebenda, 1904, No. 5, p. 166.
31) — ebenda, 1904, No. 12, p. 431.
32) — ebenda, 1904, No. 46, p. 1673.
33) — ebenda, 1904, No. 49, p. 1816.
34) — ebenda, 1905, No. 5, p. 184.
35) — Berl. klin. Wochenschr., 1912, No. 47, p. 2214.
36) — Diskussion: a) ebenda, 1912, No. 47, p. 2241—46; b) ebenda. No. 49,
p. 2329-35.
37) — Disk. z. Vortr. Westenhofer, ebenda, 1913, No. 25, p. 1178.
38) — ebenda, 1913, No. 44, p. 2070.
39) — (mit Schleich, Muller, Thalheim, Friedmann u. Kraus)
ebenda. No. 45, p. 2073.
40) — Deutsche med. Wochenschr., 1914, No. 13, p. 655.
41) — ebenda, 1914, No. 18, p. 901.
42) — ebenda, 1914, No. 25, p. 1265.
43) — Berl. klin. Wochenschr., 1914, No. 30, p. 1410.
44) — Deutsche med. Wochenschr., 1918, p. 1307.
45) Fritzsche, E., Arch. f. Hyg., Bd. 65, 1908, p. 181.
46) From me, Med. Klinik, 1914, p. 1136.
47) Galli-Valerio, Schweizer Korrespondenzbl., 1919, No. 35.
48) Gengou, Berl. klin. Wochenschr., 1906, No. 48, p. 1531.
49) Griffith Stanley, Final report of the Royal Commission, Part.11,
Ap., Vol. 1, p. 12.
50) Gottstein, E., Hyg. Rundschau, 1905, p. 281.
51) V. Gyergyai, Beitr. z. pathol. Anat. u. allgem. Pathol., Bd. 22, 1908,
Heft 3. (Ref. Centralbl. f. Bakt., 1. Abt., Ref., Bd. 43, p. 59.)
52) Herzog, U., Centralbl. f. Bakt., 1. Abt., Orig., Bd.34,1903,p. 535 u. 675.
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Ueber das Friedmannsche Tuberkulose-Schutz- und -Heilmittel. 323
53) Hierocl^s, Hyg. Rundschau, 1898, p. 67.
54) Jakobitz und Kayser, Munch, med. Wochenschr., 1910, p. 1172.
55) Jansco und Elfer, Brauers Beitr., Bd. 18, 1911, Heft 2.
56) Kaufmann, K., Beitr. z. Klinik d. Tub., Bd. 32, 1914, p. 249.
57) — Deutsche med. Wochenschr., 1914, p. 1430.
58) Kirch, E.,* Archiv f. Hyg., Bd. 78, 1913, p. 327.
59) Klemperer, F., Zeitschr. f. klin. Med., Bd. 48, 1904, p. 250.
60) — Therapie d. Gegenwart, Jahrg. 54, 1913, p. 28.
61) — ebenda. Heft 12, p. 557.
62) — Tuberculosis, Bd. 56, Heft 3 u. 4.
63) Klimmer, Centralbl. f. Bakt., 1. Abt, Ref., Bd. 43, 1909, p. 10.
64) K lops took, F., Deutsche med. Wochenschr., 1919, No. 46, p. 1269.
65) — und Seligmann, Zeitschr. f. Hyg. u. Infektionskrankh., Bd. 76,
1914, p. 77.
66) Koch, R., Deutsche med. Wochenschr., 1901, No. 48, p. 829.
67) — Schiitz, Neufeld und Miessner, Zeitschr. f. Hyg., Bd. 51,
1905, p. 300.
68) — M., und Rabinowitsch, L., Virchows Arch., Beiheft z. Bd. 190.
1907, p. 246.
69) Kdhler, 0., Deutsche med. Wochenschr., 1915, No. 3, p. 76.
70) Kraus, F., Deutsche med. Wochenschr., 1914, No. 19, p. 9C7.
71) — R., und Volk, R., Zeitschr. f. Immunitatsf., Bd. 6, 1910, p. 683.
72) Krause and Baldwin, Publ. Health Rep., Vol. 29, 1914.
73) Kruse, W., Deutsche med. Wochenschr., 1918, No. 6, p. 147.
74) Kiister, E., Zeitschr. f. Tub., Bd. 8, 1906, Heft 3 u. 4, p. 287 (hier
umfangliche Literaturangaben), und Miinch. med. Wochenschr., 1905,
No. 2, p. 57.
75) Ledoux-Lebard, Corapt. rend. Soc. biol., 1898, p. 601.
76) Libbertz und Ruppel, Deutsche med. Wochenschr., 1905, No. 4,
p. 139, und No. 5, p. 182.
77) Lindeman n, E. A., Deutsche med. Wochenschr., 1912, No. 41, p. 1921.
78) Lindner, Arb. a. d. Kaiserl. Gesundheitsamt, Bd. 48, 1915, p. 112.
79) Lowenstein, E., KoUe-Wassermann, 2. Aufl., Bd. 5, 1913, p. 549.
80) Meinicke, E., Deutsche med. Wochenschr., 1914, No. 27, p. 1372.
81) Mindes, Leo, Centralbl. f. Bakt., 1. Abt., Grig., Bd. 77, p. 113.
82) Moeller, A., Zeitschr. f. Tub. u. Heilst.-Wes., Bd. 5, 1904, p. 206.
83) — Deutsche med. Wochenschr., 1904, No. 12, p. 431.
84) — Tuberculosis. Bd. 12, 1913, p. 465.
85) — Therapie d. Gegenwart, Bd. 54, 1913, Miirzheft, p. 125.
86) Moilers, B., Zeitschr. f. Tub., Bd. 31, 1909, Heft 3.
87) Moriya, Centralbl. f. Bakt., 1. Abt., Grig., Bd. 45, 1908, p. 294.
88) Muller, H., Centralbl. f. Bakt., 1. Abt., Grig., Bd. 84, 1920, p. 256.
89) Neumann, W., Wiener klin. Wochenschr., 1914, p. 731.
90) Gettinger, Zeitschr. f. Hyg. u. Infektionskrankh., Bd. 60,1908, p. 557.
91) Grth, J., Berl. klin. Wochenschr., 1906, No. 20, p. 645.
92) — ebenda, 1907, No. 33, p. 1056.
93) — und Rabinowitsch, L., Virchows Arch., Beiheft z.Bd.l90,1907, p. 1.
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
324 Lange, Das Friedmannsche Tuberkulose-Schutz- u, -Heilmittel.
Digitized by
94) Philibert, A., Les pseudo-bacilles acido-r^sistants. Paris (E. Steinbeil)
1908.
95) Piorkowski, M., Deutsche med. Wochenschr., 1914, p. 840.
96) Polak, Daniels L., Nederl. Tijdschr. v. Geneesk., 30. X. 1910. (Ref.
Zeitschr. f. Immunitatsf., Ref., 1909, p. 778.)
97) Rabinowitsch, Lydia, Deutsche med. Wochenschr., 1906, No. 22,
p. 866.
98) — Virchows Archiv, Beiheft z. Bd. 190, 1907, p. 196.
99) — Disk.-Bem. z. Vortr. v. Westenhofer, Berl. klin. Wochenschr.,
1913, No. 25, p. 1178.
100) — Deutsche med. Wochenschr., 1914, No. 14, p. 686.
101) — ebenda, p. 904.
102) Ramond et Raraut, Compt. rend. Soc. biol., 1898, p. 587.
102a) Rdmer, P., Berl. khn. Wochenschr., 1909, No. 18, p. 813.
103) Ruck, K. V., The Lancet, Clinic, 1. III. 1913.
104) Saisawa, K., Zeitschr. f. Hyg., Bd. 74, 1913, p. 353.
105) — ebenda, Bd. 74, p. 401.
106) Schmitz, K. F. F., Zeitschr. f. Hyg. u. Infektionskrankh., Bd. 80,
1915, p. 457.
107) Schroder, G., Deutsche med. Wochenschr., 1919, No. 41, p. 1124.
108) de Schweinitz, Med. News, 8. XIL 1894.
109) Seligmann, E., und Klopstock, F., Beitr. z. Klinik d. Tuberk.,
Bd. 42, Heft 1, p. 45.
110) Siebert, C., Deutsche med. Wochenschr., 1914, p. 535.
111) Sion, V., CentralbL f. Bakt., 1. Abt., Grig., Bd. 27, 1900, p. 710.
112) Sobernheim, G., Zeitschr. f. Immunitatsf., Bd. 5, p. 349.
113) Sorgo, J., Wiener klin. Wochenschr., 1907, No. 38, p. 1126.
114) — und Suess, CentralbL f. Bakt., 1. Abt., Grig., Bd. 43,1907, p. 422.
115) Stefansky, W. K., CentralbL f. Bakt., 1. Abt., Grig., Bd. 33, No. 7,
p. 481.
116) Tsukiyama, K., Inaug.-Diss. GieBen, 1908.
117) Vulpius, G., und Laubenheimer, C., Deutsche med. Wochen-
schrift, 1914, No. 10, p. 501.
118) — — (s. No. 40), ebenda, 1919, No. 13, p. 655.
119) Weber, A., Arb. a. d. Kaiserl. Gesundheitsamt, Bd. 19, 1902, p. 251.
120) — CentralbL f. Bakt., 1. Abt., Grig., Bd. 64, 1912, p. 240.
121) — und Dieterlen, Tub.-Arb. a. d. Kaiserl. Gesundheitsamt, Heft 10,
p. 217.
122) — und Taute, M., ebenda. Heft 3, 1905, p. 110.
123) — und Titze, ebenda, Heft 7, 1907, p. 1.
124) Westenhofer, Berl. klin. Wochenschr., 1913, No. 27 (27. VIL),
p. 1245.
125) Windrath, Med. Klinik, 1914, No. 22, p. 926.
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
H. Belter, Ueber dae Wesen der Tuberkulinreaktion.
325
Nachdruck vcrboten.
[Aus dem Hygienischen Institnt der Universitat Kdnigsberg.]
Ueber das Wesen der Taberknllnreaktloii ^).
Von Prof. Dr. H. Seller.
(Eingegangen bei der Bedaktion am 3. Februar 1921.)
Die Tuberkulinreaktion, die heute fflr die Diagnose einer
tuberkulSsen Erkrankung als unentbehrliches und allgemein
anerkanntes Mittel gilt, ist uns in ihrem Zustandekommen
noch ganzlicb unbekanot. Dabei stellt die Tuberkulinreaktion,
abgesehen von ihrer diagnostischen und therapeutischen Be-
deutung, auch insofern eine der wicbtigsten Erscbeinungen
der Medizin dar, als sie zweifellos aufs innigste mit der
Tuberkuloseimmunitat zusammenbangt, und eine Erkiarung
der Tuberkulinreaktion aucb einiges Licbt in das dunkle
Gebiet der TuberkuloseimmunitSt werfen wflrde. Die Tuber¬
kulinreaktion wird meist als AntikSrperreaktion aufgefaBt,
indem im KSrper des mit Tuberkelbazillen infizierten Organis-
mus gebildete Antikdrper mit dem Tuberkulin in eine Ver-
bindung treten sollen. Nacb Wassermann und Bruck*)
soil es sicb um AntikSrper von Ambozeptorencbarakter bandein,
die sicb mit dem Tuberkulin unter Bindung von Komplement
vereinigen und eine EntzOndung und Einscbmelzung des tuber-
kulQsen Gewebes (Herdreaktion) bervorrufen. Pickert und
LSwenstein®) wolleni derartige Antikorper, die sie Anti-
kutine nennen, im Serum von mit Tuberkulin bebandelten
tuberkulbsen Patienten nacbgewiesen baben. Wurde dieses
Serum mit Tuberkulin im Reagenzglas vermiscbt, und diese
Miscbung einem positiv reagierenden Menscben intrakutan
injiziert, so blieb die Reaktion aus, ein Zeichen, daB das
1) Die vorliegenden Untersuchungen wurden mit Mitteln der Robert
Koch-Stiftung auegefiihrt.
2) Wassermann und Bruck, Deutsche med. Wochenschr., 1906,
p. 2396.
3) Pickert und Lowenstein, Ebenda, 1908, p. 2262.
ZdUchr. f. ImmaDfUUforKhuDff. Orig;. Bd. 32. 22
Digitized by Gocgle
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
326
H. Belter,
Digitized by
Tuberkulin durch das Serum neutralisiert war. Die Versuche
von Pickert und LOwenstein sind aber eindeutig von
Aronson*) und Sorgo*) widerlegt worden. Diese Forscher
sehen in der Tuberkulinreaktion iiberhaupt keine AntikSrper-
reaktion im Sinne der Ehrlichschen Anscbauungen, da das
Tuberkulin einraal nicht als Antigen wirkt, und es nicht
gelingt, die TuberkulinQberempfindlichkeit durch das Serum
passiv zu libertragen. Uebrigens konnte auch Lbwenstein
selbst die fiir tuberkulSse Meerschweinchen tbdliche Tuber-
kulindosis durch groBe Dosen Serum von mit Tuberkulin
behandelten Menschen nicht beeinflussen. Zwar kann nicht
bestritten werden, daB im Serum tuberkuloser Organisraen
Antikorper, z. B. Agglutinine, Prazipitine, komplementbindende
usw. vorkommen, von denen aber zweifelhaft ist, ob sie fiir
die Tuberkuloseimmunitat eine Rolle spielen. Der Nachweis
humoraler gegen das Tuberkulin gerichteter Antikorper kann
heute wohl als im negativen Sinne erledigt angesehen werden.
Eine neue Stiitze bekani die Antikbrpertheorie der Tuber¬
kulinreaktion durch die Untersuchungen von Bail**), dem es
gelang, durch Uebertragung von tuberkulosem Gewebe auf
gesunde Meerschweinchen diese gegen Tuberkulin flber-
empfindlich zu machen. Nach Bail entsteht im Organismus
durch die Ansiedlung des Tuberkelbacillus das tuberkulose
Gewebe, in welchem sich die Rezeptoren der Ehrlichschen
Theorie befinden, die das Tuberkulin verankern. Nun soil
entweder das im tuberkulosen Herde festgehaltene Tuberkulin
zu einer sehr giftigen Modifikation umgewandelt werden, welche
als solche in den Kreislauf gelangt und die scUweren All-
gemeinerscheinungen der Reaktion bewirkt, oder das Tuber¬
kulin bleibt ungeBndert, findet aber eine sehr groBe Angriflfs-
flBche nicht nur im erkrankten Gewebe, sondern auch iiber
das Gewebe hinaus. Wahrend die Bailschen Versuche von
On aka*) bestStigt wurden, kamen Joseph®), Kraus,
1) Aronson, Berl. klin. Wochenschr., 1912, p. 2310, und Archiv f.
Kinderheilkunde, Bd. 60 u. 61, 1913.
2) Sorgo, Wiener klin. Wochenschr., 1913, p. 1837.
3) Bail, Zeitschr. f. Immunitatsf., Bd. 4, 1910, p. 470.
4) On aka, Zeitschr. f. Immunitatsf., Bd. 7, p. 507.
5) Joseph, Beitr. z. Klinik d. Tuberk., Bd. 17, p. 461.
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Ueber da8 VVesen der Tuberkulinreaktion.
327
Lowenstein und Volk*)* sowie Neufeld und Dold*)
zu negativen Resultaten. Gegen diese letzten wandte Bail®)
in neuen Versuchen, die dasselbe Ergebnis wie seine ersten
batten, ein, daB die Autoren mit zu geringen Mengen gear-
beitet batten, und daB das zu verwendende Organ durch und
durch tuberkulQs sein miisse. Da die Versuche Bails in
der Folge von anderen Forschern, wie Bessau und Fried*
berger, als maBgebend angesehen wurden, nahm ich Ver-
anlassung, sie noch einmal unter zum Teil geanderten Bedin-
gungen zu wiederholen. Wurde Bail mit seiner ersten An-
schauung recht haben, daB im tuberkulosen Gewebe sitzende
Antikorper mit ihren Rezeptoren das Tuberkulin an sich
reiBen und in eine giftig wirkende Substanz umwandeln,
dann miiBte diese Veranderung auch auBerhalb des Korpers
beim Vermischen von tuberkulosem Organbrei und Tuberkulin
zu erwarten sein, so daB die Einspritzung dieser Mischung
sofort tQdlich wirken mUBte, Weiterhin muBte es dann auch
mbglicb sein, durch Auswaschung dieser Mischung festzu-
stellen, ob das Tuberkulin wirklich an das tuberkulose Gewebe
gebunden war, wenn die AuswaschflQssigkeit sich als tuber-
kulinfrei erwies. Hieriiber sollten eigene Untersuchungen Auf-
schluB geben. Zu diesem Zwecke wurden von einem stark
tuberkulosen Meerschweinchen ein Teil der vollstandig tuber-
kul6s durchsetzten Leber und die Milz (10 g schwer), zusammen
20 g, unter Zusatz von 16 g Kochsalzlosung verrieben, und
der Brei in zwei gleiche Teile geteilt. Dem einen Teil wurden
2 ccm Alttuberkulin zugesetzt, dem anderen Teil 2 ccm Alt-
tuberkulin und 2 ccm frisches, normales Meerschweinchen-
serum, urn auch die Rolle des Komplementes, das ja in dem
tuberkulosen Gewebe zum groBten Teil verbraucht sein konnte,
zu untersuchen, Dasselbe wurde mit der Leber eines gesunden
Meerschweinchens angestellt. Die 4 Rohrchen mit Organbrei
blieben eine Stunde im Wasserbad bei 37 °, dann wurde zentri-
fugiert, das Filtrat abgenommen, der aus Zellsubstanz be-
stehende Bodensatz mit Kochsalzlosung gewaschen und mit
1) Kraus, Lowenstein und Volk, Deutsche med. Wochenschr.,
1911, p. 389.
2) Dold, Zeitschr. f. Immunitatsf., Bd. 10, p. 53.
3) Bail, Ebenda, Bd. 12, p. 451.
22 *
Digitized by Google
Origiaai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Digitized by
*-
328 H. Selter,
dieser LSsung wieder bis zur frflheren Verdtinnung versetzt.
Von den Filtraten und Organemulsionen wurden je 5 ccm
intraperitoneal an gesunde und tnberkulbse Meerschweinchen
verimpft.
Me. 1. 225 g, gesund, erhalt 5 ccm Filtrat von tuberkuldsem Organ
-f AlttuberkulinI Eeine Wirkung. Dae Tier geht nach 18 Tagen an
deutlicher Organtuberkulose ein.
Me. 2. 405 g, tuberkulos, erhalt 5 ccm Filtrat von tuberkulSaem
Organ + Alttuberkulin. Temperatur nach 2 8td. 38,4°; nach 3 Std. 39,6®.
Stirbt in der Nacht. Sektion zeigt starke Organtuberkulose.
Me. 3. 225 g, gesund, erhalt 5 ccm Emulsion von gewaschenem,
tuberkulosem Organ + Alttuberkulin. Eeine Wirkung. Geht nach
14 Tagen an starker Organtuberkulose ein.
Me. 4. 530 g, tuberkulos, erhiilt 5 ccm Emulsion von gewaschenem,
tuberkulosem Organ + Alttuberkulin, Eeine Wirkung. Temp, nach
2 Std. 36,7®; nach 3 Std. 36,5®. Wird nach 18 Tagen getotet Starke
Organtuberkulose, bei der sich nicht beurteilen lafit, ob sie durch die In>
jektion mit Organbrei beeinfluSt ist. Die Milz ist mit Eiter bedeckt, was
vielleicht darauf zuriickgefuhrt werden kann.
Me. 5. 325 g, gesund, erhalt 5 ccm Filtrat von tuberkuldsem Organ
+ Alttuberkulin + Eomplement. Eeine Wirkung. Stirbt nach 3 Tagen
an eitriger Peritonitis.
Me. 6. 525 g, tuberkulos, erhalt 5 ccm Filtrat von tuberkulosem
Organ + Alttuberkulin + Eomplement. Temperatur nach 2 Std. 37,1®;
nach 3 Std. 37,7®. Stirbt in der Nacht. Starke Organtuberkulose.
Me. 7. 265 g, gesund, erhalt 5 ccm Emulsion von gewaschenem,
tuberkulosem Organ + Alttuberkulin + Eomplement. Eeine Wirkung.
Wird nach 18 Tagen getotet. Leichte Organtuberkulose.
Me. 8. 520 g, tuberkulos, erhalt 5 ccm Emulsion von gewaschenem,
tuberkuldsem Organ + Alttuberkulin + Eomplement. Eeine Wirkung.
Temperatur nach 2 Std. 37,5®; nach 3 Std. 39,1®. Stirbt nach 9 Tagen.
Starke Organtuberkulose.
Me. 9. 550 g, tuberkulds, erhalt 5 ccm Filtrat von normalem Organ
+ Alttuberkulin. Temperatur nach 2 Std. 38,6®; nach 3 Std. 39,8®. Stirbt
in der Nacht. Starke Organtuberkulose.
Me. 10. 570 g, tuberkulds, erhalt 5 ccm Emulsion von gewaschenem,
normalem Organ + Alttuberkulin. Eeine Wirkung. Temperatur nach
2 Std. 37,1®; nach 3 Std. 39,2®. Wird nach 18 Tagen getdtet. Deutliche
Organtuberkulose.
Me. 11. 560 g, tuberkulds, erhalt 5 ccm Filtrat von normalem Organ
4- Alttuberkulin + Eomplement. Eeine Wirkung. Temperatur nach
2 Std. 39,4®; nach 3 Std. 39,6®. Wird nach 3 Monaten getdtet. Starke
Organ tuberkulose.
Me. 12. 335 g, tuberkulds, erhalt 5 ccm Emulsion von gewaschenem,
normalem Organ + Alttuberkulin + Eomplement Eeine Wirkung.
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Ueber das Wesen der Tuberkulinreaktion.
329
Temperatur nach 2 Std. 37,2®; nach 3 Std. 39,4®. Wird nach 2 Monaten
getotet. Schwache Organtuberkulose.
Aus diesen Versuchen kdonen folgende Schllisse gezogen
werden:
1) Weder die Filtrate noch die Emulsionen
aus tuberkulOsen Organen in Verbindung mit
Alttuberkulin und Komplement Qben auf gesunde
Meerschweinchen eine Wirkung aus, ein Zeichen,
daB durch die tuberkulbsen Gewebszellen, auch
nicht in Verbindung mit Komplement, aus dem
Tuberkulin ein Gift nicht abgespalten wird.
2) Auf tuberkulSse Meerschweinchen wirken
nur die Filtrate, ein Beweis, daB das Tuberkulin
nicht an die tuberkulosen Gewebszellen ge*
bunden wird, sondern frei bleibt. Die Wirkung ist
dieselbe wie bei der gewohnlichen intraperitonealen Injektion.
Es kann also nicht aus dem Tuberkulin durch Vermischung
mit tuberkuldsem Gewebe eine wirksamere Modifikation des
Tuberkulins gebildet sein, da diese dann eine schnellere
Wirkung hBtte austlben mtissen.
Eine Ausnahme macht Tier No. 11, bei dem eigentlich
der Tod hatte eintreten mtissen. Es ist aber bekannt, daB
tuberkulose Meerschweinchen durch eine intraperitoneale In¬
jektion von 0,5 ccm Alttuberkulin nicht mit absoluter Sicher-
heit getbtet werden. Es handelt sich bei diesen Tieren auch
um solche, die vor etwa 7 Monaten mit einer sehr geringen
Menge Tuberkelbazillen infiziert waren, wobei nicht aus-
geschlossen ist, daB gerade bei diesem Tier die Tuberkulose
in schwficherer Weise angegangen war. Das Tier wurde erst
nach 3 Monaten getotet und zeigte dann eine starke Organ¬
tuberkulose.
Es sollten nun welter die Angaben Bails bezQglich der
passiven Uebertragbarkeit der Tuberkulinreaktion nachgeprtift
werden, wozu eine groBe Zahl von Tieren verwandt wurde.
Entsprechend der Forderung Bails wurde nur stark tuber-
kulbses Gewebe von Leber und Milz benutzt, das im Morser
verrieben und durch sterile Leinwand getrieben wurde ^). Die
1) Die in den Tabellen I—III zusammengestellten Versuche wnrden
mit Hilfe meines ABsistenten Dr. Wauschkuhn ausgefuhrt.
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
330
H, Belter,
Digitized by
Organemulsion wurde durch Zusatz von 4 ccm Kochsalz-
Ifisung auf etwa 16 g Organmasse verdfinnt. Diese Emul¬
sion wurde intraperitoneal gesunden Tieren eingespritzt und
17—21 Stunden spSter auf demselben Wege 0,5 ccm Alt-
tuberkulin gegeben’ Zur Kontrolle wurden einige Tiere mit
normalem Organbrei vorbehandelt. In mehreren Versuchen
geschah die Vorbehandlung mit tuberkulosem Organbrei,
der eine Stunde bei 37° mit Alttuberkulin in Beriihrung
gewesen war.
Die mit Organbrei injizierten Tiere zeigten fast durchweg
folgende Krankheitserscheinungen, die teils schwerer, teils
leichter verliefen. Nach der Injektion sank die Temperatur
meist urn 2—3°, stieg aber, wenn das Tier am Leben blieb,
am anderen Morgen wieder an. Nach der Tuberkulininjektion
dann wieder starker Abfall; bei den eingehenden Tieren hielt
der Temperaturabfall bis zum Tode an und ging bis auf etwa
34° herunter. Bei den die Tuberkulininjektion liberlebenden
Tieren fiel die Temperatur oft um 3—4®, stieg aber nach
2—3 Stunden wieder an. In den nachstehenden Tabellen ist
bei einzelnen Tieren der Temperaturverlauf angefflhrt. 1 bis
2 Stunden nach der Organinjektion traten die ersten sicht-
baren Krankheitserscheinungen auf; die Tiere fressen nicht
und sitzen unbeweglich in eine Ecke gedruckt, die Haare ge-
straubt, der Bauch sehr druckempfindlich; in schweren Fallen
kommt es zu krampfhaften Zuckungen. Ein Teil der Tiere
geht schon nach der Organinjektion nach 16—20 Stunden zu-
grunde. Die (Iberlebenden Tiere haben sich bis zum anderen
Morgen fast vollstandig wieder erholt, werden munter und
fressen. 1—2 Stunden nach der Tuberkulininjektion treten
im wesentlichen dieselben Krankheitserscheinungen auf. Bei
der Sektion sieht man die Darme stark injiziert, die ein-
gespritzten Organmassen haben sich an das Netz und die
Milz dicht angelegt, in der Bauchhohle befindet sich rbtliches
Exsudat. Erfolgt der Tod einige Tage spater, dann sieht
man die Milz deutlich vergrofiert. Lungenbiahungen wurden
in keinem Fall beobachtet. Von alien eingegangenen Tieren
wurden aus dem Bauchhohlenexsudat Kulturen angelegt. War
ein Tier an eiteriger Peritonitis eingegangen, so wurde der
Versuch nicht verwertet.
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Ueber das Wesen der Tuberkulinreaktion.
331
Tabelle I.
Meer- i
sohw. j
Orran-
iojektion
intra-
peritoneal
1
Verlauf
1
Tuber-
kulin-
injektion
Verlauf
Temperaturmessungen
o :
1
4^ '
•§ 1
JP
a
O ,
Zeit n.
1. Inj.
&
a
. s
1
465
4 com normal
wird leicht
20
0,5
wirdleicht
2 Std. n. Organinj. —36,5®, n.
1
Organ
krank, erholt
1 '
,
krank, er¬
4 8td. — 35,7 “, am and. Morgen
+ 1 ccm
sich aber bis
holt sich
— 36,1 “, nach Tuberkulin: n.
NaCl
zum andern
1
wieder u.
1 8td. —35,8®, 2 Std. —35,5®,
1
Morgen voll-
bleibt am
3 8td. —34,2®, 4 8td. — 35,6®,
1
standig
1
Leben
5 Std. —33,6®, 8 Std. —37,2®
2
445
dasselbe
dasselbe
20 '
0,5
dasselbe
nach Organinj. u.n. 2 Std. — 37,8®,
1
n. 4 Std. — 35,8®, am and. Morg.
— 37,0®, nach Tuberkulin: n.
1
1 Std. - 36,9®, 2 Std. — 38,2®,
3 Std. — 39,3 ®, 4 Std. — 39,1 ®,
1
5 Std. —38,7®, 8 Std.— 39,2®
3
270
5 ccm normal;
wird schwer
1
.
nach Organinj. n. 1 Std. — 34,5®,
Organ
krank, stirbt
1
n. 3 Std. —34,5®
+ IccmNaCl
in der Nacht
4
445
4 ccm normal
wird leicht
: 20
1 0,5
1
' dasselbe |
1 nach Organinj. n. 2 Std. — 34,7 ®,
Organ
krank, erholt
1
1
n. 4 Std. 36®, am and. Morgen
+ 1 ccm
sich aber bis
— 37,5 ®, nach Tuberkulin: n.
NaCl
zum niichsten
1 Std. —36,6®, 2 Std. -35,5®,
0,5 Tuber¬
Morgen voll-
3 Std. - 36,6®, 4 Std. —36,7®,
kulin *)
standig
1
5 Std. —38,5®, 8 Std. -37,8®
5
420
dasselbe
dasselbe
' 20
0,5
iihnlicher Verlauf
*) Die Mischung bleibt 1 8td. bei 37“ im Brutschrank.
Aus den Versuchen der Tabelle I ersieht man, daU auch
normale Organe nicht harmlos fflr die Meerschweinchen sind;
in dem Fall No. 3, bei dem etwas groBere Mengen injiziert
wurden, kam es sogar zu schweren Krankheitserscheinungen
und zum Tode. Die Mischung Organbrei + Alttuberkulin wirkt
nicht anders, als der gewbhnliche Organbrei. Die Temperatur
sinkt nach der Organinjektion, steigt aber in der Nacht wieder
an, ohne daB es zu Fieber kommt. Nach der Tuberkulin-
injektion beobachtet man zuerst Sinken der Temperatur, nach
einigen Stunden aber erhohte Temperatur.
In Tabelle II sind 35 Versuche zusammengestellt, bei
welchen eine Vorbehandlung mit Organbrei von tuberkulosen
Meerschweinchen geschah. Bei den Tieren 32—35 wurde der
Organbrei mit Tuberkulin versetzt und die Mischung 1 Stunde
bei 37® im Brutschrank gehalten, was jedoch gegeniiber den
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
332
H. Selter
£
<e
H
a
^ a
cQ 3
*S ^
IS
"S
3 .
■g«2
lO
o'
05
iJ
at
ja
o
o a
a a
03 a
■fi -S
•o
§
*£4
' t3«
iM *3
,CV3
1
0) -a
l.n
; o
® p^
n3
; ^
s
1 fl
•g
o
•a a
Ih 4)
0) ^
S -
2 I
o> :2
^ O)
®-o
b fl
a _
® H 'U:
o
J3
•‘^ r-
Q C
J|
s a
“S Cj
4)
H c8
_5?
-O
T3
fl
S
pi^
O
a
0)
pM c
C V
d -O
S
ja ^
Ui pO
a .
S-rt
.^O
'S-'
pW 'S
a 2
Ij.
%* S
<D ^
_S 2
S -2
CC 03
® a
if
'O
fl
'3
'O
fl
0
o
.a
&
a fl
g^ 0
■So^
a
TSpS
'S
St 3
in
o
in
o'
m
o'*
in
o
in
o
m
o"
in
o
o
in in
o' o’*
o
(M
O
(M
(M
8 S 8
in^4-
in
+
O +
o^
-+
Q.+
crT
CO
CD
Ol
o
“s
lO
:s!
Dl
O
“in
o
in
o'
in
CO
o
CO
“o
Cl
m
CO
s
o
CO
s
OQ
D1
or
fivi
c\)
CV3
D1
C^J
OJ
<M
Cl
CJ
CJ
CO
C3
CO
CD
[>
00
o
O
oi
CO
in
CD
l>
00
o>
p
tH
CO
rH
i-H
1-^
1^
?-H
r-H
rH
rH
CQ
Cl
CJ
Digitized by
Google
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Ueber das Wesen der Tuberkulinreaktion.
333
ho
§
o
1
e2
•3
0)
►
In
B
g
a
a
V
bO
"o
n a
" 1.2
0)
bC
a
0)
M §
a> w
p“C
3 os
Kn In
6.9
•Mao
•OK
o
a
M
a
o U3 a ® ® ® ®
c> U ^f-c-^COO
CO,2 ••<0*00000
COS c COcoc?5 c?5
i-d^l II I I
a.M
03 0« 3 ’
OJ m 00
d ®
,, Ct^ rt ^
• iA<^ C C*«* kC^iC^Q. Q^
fl CO cd ^c^t^iTosCO
■— d CO CO CO CO ,
I I '
I' “
.dS CO
fl
I 'dl
•fl 04 N
02 a.S
N
p 05 a
■2 I fl
• o o e
i-H^iO CO
CO <0*00
CO CO 55 CO
I I I I
2 : 2 -si
03 02 00®
03 00 1^
o*‘o*‘o'‘o ^
0,0 0.0^
«0 lOC^ 2 05
C«5 05 Cf5 £’5 I
■Mil'
^-21
OcOod'S^’SfliM
^ CO qq ^ ^ CD
ed fl
d
o<o
^ CO id ^ 03
oSgsS'gSl
j3^05-
lp I
d
QQOQCD^^
o<o
I-H CO lO 1-H 03
o
^2
2;:^
•s CO
lO
o'
0
M S
C d
£3
^ •a
d
O fl
(C
'S'S
Id
o'"
a
c d
Qd N
In
M ,«
•oS
g ^
-g^
bC ®i
l-g _
I'Sj
■§■21
•g o fl
&
In
. O
,S
M p
a a
g
M .2
•fl lo
d d
-S^ g)
Sj ®
-^:§ P
1"l
d ,
?r ^
bC (s
go
<j .-H
O +
•fl -fl
Id Id
o'* o
o
03
**■ 0.2
■fl ^ .2
fcj -a
■3
I
•r 4j c
IP
09
•V
^2
s ^
■a’S-s
■*^ jd ^
Ui !§ 03
^ 02 id
J « Jfl
H g f
T) g-S
•&J 3 e
CD
CD
i5 rt fl
o-S g
fees
3 o
i-M
d Z3
N O
>
■s
XI
CO
§-
a ^'
ed
In
^ .2
lo a hJ
In 63
I S o ^
l-is g
’H'i s
•g to m
!§
fl .
?S be
be m
Iq.
o ,-1
0 +
l£5
■i
0
Id
<0
S
Id
03
Id
rH
CO
CO
CO
CO
CO
Id
<0
CO
Ci
03
03
03
03
03
03
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Tabelle II (Fortsetzung).
Digitized by
334
H. Belter,
0
08
t
9
08
IM
a
B
.2 S
a
^ q
a> -g
*2 ^
S;-§
o-=
)
I U
(M fH
s q
I T3^
•q 08 ^
ro
(M ca a
cJ
□ CO o8
§ I :
OcOo
O . I
« a I
fi
O iO
ss
I I
■2 *2
ooco
CO lO lO
CO CO
coco
222
o M) a ® ® ® ®
30^ CQ ‘O
t>,5 ..iftqood"t>
CO S fl CO coc ?5 CO
lTi| MM
I
CO E QDCOCO
“IfH O) Tj. 00 3
fl *
• •'^-■a lO
.q.go o cn m
q q m l^Todoo «
•d I ccocortrt I
14 "-' I' li
ocoS^:S2||
ja-'S'aOj/joQco'"
C» . I OCO
fl fl I f-H CO lO 1-H CO
fl
s ®
s
M ^T3
I a®
u i.®
S^ja
q a
M
V
^3 »-t
fl
N
(h
S
4-» -4^
CC OQ
2
«
g as
i2^co
- s'®
5 = ^
"jq 3 5
C
s a
•q.B a
.H
te “ ®
qa-B
q q
<I>
®3
5e X)
-§
02
'Sii
•g ®
CO
o"
o
o'
lO
o"
8
o
eg
fl
a>
M
s
1
:fl
o
43
02
fl
4^ S
fl s
1
2
b£i
fl
fl
Uc
►
fl
fl N
(H
>
fl
.2
M
2
fl
4«i .2
T3 Ifl
fl
'S
,n
0)
p
to
4 /
02 bi
0)
tJO
O
cc
V<i
o
fl
1.4
■S-S
(m
0
C
0)
C./
00
rt
s
M
bxj
••0
tH
4=1
tM
P
V qa
^ u
%
J3
fl
ja
0)
00
'S
2
fl
2
QO
43
g
M
0
U3
■d
•4.J
rj
:3-S
0
^■5
fl
s
cn .
43
.s°
0
fl
Ui
i4
^3
u
-fl
02
CJ
:fl
fl
cc
u
f-H
■q J3
b <"■
■g 0
02
G
2
O)
x>
a
OC 02
o:f
So,
C^ r~(
O-f
UO
"S
w
s
fl s
'^!li
"S ® -S
JoM
C.- I— ( iC
.O
~v
B
u
q
o_ +
+
M
ll®
■^Ho
•q 3 2
g o
•o^ S
?--S5
■g « «
iO kO
o o
o o
eg eg
£ ^
2 *5
00 S
s s
-o -a
lO
t'-
0
a>
8
lO
t>
CO
CO
CO
CD
•ON
0
CO
CO
SVJ
CO
fO
CO
40
CO
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
[Jeber daa Wesen der Tuberkulinreaktion.
335
anderen Tieren keinen Unterschied ergab. Nach der nach
20 Stunden erfolgten Tuberkulininjektion gingen von diesen
Tieren 2 ein, 2 blieben am Leben. Die tuberkulbsen Organe
scheinen fQr gesunde Meerschweinchen noch bedeutend giftiger
zu sein, als normale Organe. So gingen von den 31 Tieren,
die mit Organbrei vorbehandelt waren, 8 Tiere innerhalb
20 Stunden ein, aber auch von den anderen Tieren zeigten
sSmtliche Krankheitserscheinungen, die vortibergehender Natur
waren, und bis zum anderen Morgen wieder vollstfindig ver-
schwanden. Von den 23 flberlebenden Tieren gingen nach
der Tuberkulininjektion nur 4 ein; die flbrigen wurden fast
durchweg schwer krank, erholten sich aber wieder und blieben
am Leben. Der Tod erfolgte bei diesen dann meist nach
1—4 Wochen. Der Temperaturverlauf sowohl nach der In-
jektion des Organbreis wie nach der des Tuberkulins iSilt
keine allgemeingiiltigen Schliisse zu und unterscheidet sich
nicht wesentlich von den in Tabelle I aufgefuhrten Tieren.
Es wurde dann noch ein Versuch angestellt mit Organen
von tuberkulbsen Tieren, die durch intraperitoneale Injektion
TabeUe III.
Meer -1
Bchw.
i:a
1
Organ-
injektion
1
Krankheits-
erschei-
Tuber- ]
kulin-
injektion
d
2;
O ,
4)
o
nungen
1
1
Zeit n.
1. Inj.
Menge
Folgen
Temperaturverlauf
36 236
37
250
38 288
39 275
4 ccm wird deutlich i 20 0,5
tub. Org.'krank.erholtsichj
+ 1,0 com! aber bis zum ^ i
NaCl inachsten Morgen
vollatandig
daaselbe { dasselbe
20
20
j wird schwer
ikrank und stirbt
! nach 18 8td.
0,5
0,5
wird schwer
krank, stirbt
nach 16 Std.
wird sehr
krank, stirbt
nach 9 Std.
wird schwer
krank, erholt
sich aber und
bleibt leben
nach Organinj.; n. 4 Std. — 35,5®,
n. 6 Std. — 34,1 ®, am and. Morg.
— 38,7®, nach Tuberkulin: n.
1 Std. —36,6", 2 Std. —34,2®,
3 Std. - 34,6®, 4 Std. —35,5®,
5 Std. -34,1®, 11 Std. —34,8®
nach Organinj.: n. 4 Std. — 34,8 ®,
n. 6 Std. — 36,0®, am and. Morg.
— 38,7 ®, nach Tuberkulin: n.
1 Std. —36,4®, 2 Std. —35,2®,
3 Std. —38.4®, 4 Std. —38,2®,
5 Std. —38,1®, 11 Std. —39,1®
Digitized by Gocgle
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
336
H. Selter,
Digitized by
von 0,8 ccm Alttuberkulin getStet waren. Die Organe wurden
sofort nach eingetretenera Tode herausgenommen und ver-
arbeitet. Wenn eine Verbindung mit tuberkulosem Zellgewebe
moglich ware, oder die Bildung eines Giftes aus dem tuber-
kulosen Gewebe oder dera Tuberkulin erfolgen wiirde, so
mOBte man diese innerhalb des lebenden Korpers erwarten.
Die Wirkung hatte dann bei der Einspritzung dieses Organ-
breies bei den gesunden Tieren sofort zutage treten milssen.
Wie uns aber Tabelle III zeigt, ist das nicht der Fall. Die
Tiere werden schwer krank, unterscheiden sich aber nicht
von den Tieren der Tabelle II. Ein Tier geht ein, aber auch
erst nach 18 Stunden. Die nach 20 Stunden injizierte Tuber-
kulindosis fiihrt bei 2 Tieren zura Tode; das dritte wird
typisch krank, erholt sich aber wieder und bleibt am Leben.
Die in Tabelle I — III aufgefiihrten Versuche
sprechen nicht fiir eine passive Uebertragbarkeit
der Reaktionsstoffe, welche die Tuberkulin-
reaktionbedingen. In Bestatigung der Untersuchungen
von Kraus, Lbwenstein und Volk, sowie Neufeld
und Dold fanden auch wir, daB schon bei normalen Tieren
derartige groBe Organmengen, wie sie Bail iibertragen hat,
eine recht betrSchtliche krankmachende Wirkung haben. DaB
die tuberkulSsen Organe starker wirken, ist wohl erkiarli'ch;
durch die Untersuchungen von Matthes^) wissen wir, daB
in tuberkulosen Herden ein Abbau von EiweiB eintritt, und
daB diese EiweiBabbaustoffe Krankheitserscheinungen hervor-
rufen konnen. Die bei der spateren Tuberkulininjektion noch-
mals eintretenden Krankheitserscheinungen, auch den Tod,
konnte man sich in der Weise zustande gekommen denken,
daB die eingespritzte Tuberkulinmenge auf das in der Bauch-
hbhle liegende tuberkulose Zellmaterial einwirkt und hier
einen weiteren Abbau von EiweiB verursacht. Mit einer
passiven Uebertragbarkeit der Tuberkulinuberempfindlichkeit
hatte aber auch dieser Vorgang nichts zu tun, da ja nicht
das fremde Tier uberempfindlich fiir Tuberkulin geworden
ware, sondern nur durch Resorption anderen Ortes hergestellter
Stoffe geschadigt wiirde.
1) Matthes, Deutsches Arch. f. klin. Med., Bd. 54.
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Ueber das Wesen der Tuberkulinreaktion.
337
Mehr AnhSnger als die Antikorpertheorie im Sinne der
von Wassermann und Bruck, Wolff-Eisner u. a. ver-
tretenen Anschauungen hat die Auffassung gewonnen, daB es
sich bei der Tuberkulinreaktion um einen anapbylaktischen
Vorgang handelt. Daneben spielt noch die Albumosen- und
ProteinkSrpertheorie eine Rolle, die davon ausgeht, daB die
Tuberkulinreaktion (iberhaupt keine spezifische Reaktion sei,
sondern daB sie lediglich auf der Wirkung von unspezifischen
EiweiBabbauprodukten beruht, die auf den tuberkulbsen
Organismus empfindlicher als auf den normalen einwirken.
Als einer der ersten konnte Matthes, spSter in Verbindung
mit KrehP), zeigen, daB Deuteroalbumosen, in geringen
Mengen tuberkulSsen Meerschweinchen eingespritzt, den Tod
der Tiere verursacben. In gleicher oder noch stSrkerer Weise
wirkte echtes Pepton im Sinne Kflhnes. Gesunde Meer¬
schweinchen reagierten nur bei grSBeren Dosen dieser Prtl-
parate. Bemerkenswerterweise konnten Tiere durch vorher-
gehende untertodliche Mengen gegen die todlichen geschiltzt
werden. Krehl beobachtete auch, daB tuberkulose Meer¬
schweinchen nach Injektion von steriler Milch eingingen. Bei
gesunden Tieren trat Teniperaturerhohung, bei tuberkulSsen
Tieren nach untertodlichen Dosen Fieber, bei tbdlichen starker
Temperaturabfall ein. Bei der Sektion zeigten sich Ent-
ziindungserscheinungen an den tuberkulbsen Herden (Herd-
reaktion). Matthes glaubt deshalb, daB die Tuberkulin¬
reaktion wenigstens zum Teil eine Wirkung der Albumosen
sei. Die Untersuchungen von Matthes und_ Krehl wurden
aber durch Matthes’ Schfller Kirchheim und Tuczek*)
spater wesentlich eingeschr&nkt. Ich muB auf diese etwas
nSher eingehen, da die Untersuchungen von Matthes und
seinen Schiilern fiber die Albumosenwirkung bei tuberkulosen
Tieren die Grundlage ffir die Proteinkfirperreaktion und
-therapie bilden, die neuerdings durch Schmidt^) eifrig ver-
treten wird. Besonderes Interesse haben ffir uns die intra-
venfisen Einspritzungen der Versuche von Kirchheim und
Tuczek. Durch eine lO-proz. Deuteroalbumosenlosung
1) Krehl und Matthes, Arch. f. exp. Path. u. Pharm., Bd. 36.
2) Kirchheim und Tuczek, ebenda, Bd. 77.
3) Bchmidt, Deutsches Arch. f. klin. Med., Bd. 131.
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
358
H. Selter,
Digitized by
warden gesunde Meerschweinchen bei einer Dosis bis herunter
zu 1,2 ccm unter den typischen Erscheinungen eines ana-
phylaktischen Shoks nach wenigen Minuten getotet. . Pepton
war noch etwas giftiger, wirkte aber sonst in gleicher Weise.
Bei tuberkulosen Tieren waren noch Dosen bis herunter zu
0,6 ccm todlich; der Tod erfolgte aber nur bei den grSBeren
auch fflr das gesunde Tier akut tSdlichen Mengen sofort, bei
den geringeren erst nach 28 Stunden und langer. Die Em-
pfindlichkeit der tuberkulosen Tiere gegenflber den Albumosen
war also nur unerheblich gesteigert. Die Sektion erwies bei
diesen Tieren im Vergleich zu den durch Tuberkulin getoteten
insofern ein verschiedenes Bild, als die Lokalreaktion (ver-
standen wird hier Herdreaktion am tuberkulosen Herd) bei
der Albumosenvergiftung nur inkonstant aufgetreten war and
auffallende graduelle Unterschiede zeigte, Man wird nach
diesen Erscheinungen die Albumosenvergiftung kaum noch mit
der Tuberkulinreaktion in Parallele setzen konnen. Schmidt
geht im wesentlichen von der Herd- und Allgemeinreaktion
bei tuberkulSsen Kranken aus und schlieBt aus dem Auftreten
von Entzundungserscheinungen am tuberkulosen Erkrankungs-
herd auf die fast vollkommene Kongruenz, welche hinsichtlich
der klinischen Reaktionskomplexe nach Milch- und Tuberkulin-
injektionen bestehe. Beide, sowohl die Allgemeinreaktion wie
die Herdreaktion des Kranken, sind aber langst als unspezi-
fische Vorgange bekannt und konnen zum Beweis nicht heran-
gezogen werden. Viel sicherer ist beim Menschen die Lokal¬
reaktion auf Oder in der Haul. Diese soil sich nacb Schmidt
Milch gegentiber auch gleich verhalten, wobei er allerdings
damit rechnet, daB eine Umstimmung des Hautgewebes gegen
Tuberkulin, Milch und andere EiweiBkorper gericbtet, gelegent-
lich auch aus anderen Griinden, die mit einer Tuberkulose-
infektion nichts zu tun haben, sich ergeben konnte. Er beruft
sich auf Sorgo^), der eine unspezifische Allergie angenommen
habe. Sorgo hat dieses jedoch nicht in dem von Schmidt
ausgelegten Sinne gemeint; er bekam eine positive Intrakutan-
reaktion bei Injektionen von Diphtherie- und Dysenterietoxin,
aber nur bei mit Tuberkulose infizierten Menschen, und betont
1) Sorgo, DeutBche med. Wochenschr., 1911, No. 22.
Google
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Ueber das Wesen der Tuberkulinreaktion.
339
ausdrflcklich, daB nicht tuberkulds Infizierte weder auf Tuber-
kulin noch diese Toxine reagiert haben. Sorgo zweifelt also
keineswegs an der Spezifitfit der Tuberkulinreaktion, glaubt
nur, daB diese Reaktion auch durch andere Korper hervor-
gerufen werden kSnne. Ltidke und Sturmerhielten bei
Verwendung von Typhusbazillen-, Dysenteriebazillen- und
Streptokokkenextrakt bei tuberkuldsen Menschen niemals eine
positive Kutanreaktion; dieselben Patienten zeigten auch selbst
auf Dosen bis zu 100 mg, die von diesen Extrakten ein-
gespritzt wurden, weder Fieber noch Herdreaktion. Weih-
rauch*) prflfte bei 23 tuberkulosen Patienten das Verhalten
der Konjunktivalreaktion nach Eintraufelung von 10-proz.
DeuteroalbumosenlOsung, sah aber nur in einem einzigen
Falle eine schwache Reaktion. Das Aufflammen oder Ein-
treten der Reaktion bei nachfolgender subkutaner Injektion
von Albumosen wurde nie beobachtet. Gegen die Anwendung
der Kutanreaktion kann man vielleicht einwenden, daB sie
nicht empfindlich genug ist; einwandfreier fflr Zwecke ver-
gleichender Prflfung ist sicherlich die Intrakutanreaktion.
Neuerdings gibt Klemperer®) an, daB er durch Milchinjek-
tionen bei tuberkulOsen Patienten iiberhaupt keine Intrakutan¬
reaktion erhalten habe; ein Aufflammen abblassender Pirquets
wurde nach Milchinjektionen nie beobachtet.
Die Albumosen- oder Proteinkorperreaktion gehSrt wohl
zweifellos in das Gebiet der Anaphylaxie. Bei der Unter-
suchung der Frage nun, ob die Tuberkulinreaktion als Ana-
phylaxiereaktion aufzufassen sei, bedient man sich am besten
der intravenosen Einspritzung des zu prufenden Materiales
bei tuberkulosen Meerschweinchen, und der intrakutanen An¬
wendung beim Menschen. Die intrakutane Injektion beim
Meerschweinchen ist zwar sowohl bei der Tuberkulose als
bei der Anaphylaxie empfohlen worden. Ich selbst war frflher
auch davon Gberzeugt, daB sie fflr den tuberkulosen Meer-
schweinchenversuch eine groBe diagnostische Bedeutung hStte,
habe aber inzwischen auf Grund zahlreicher Meerschweinchen-
versuche erkennen konnen, daB sie nur eine verhaltnismSBig
1) Ludke und Sturm, Miinch. med. Wochenschr., 1912, No. 37.
2) Weihrauch, Miinch. med. Wochenschr., 1909, No. 30.
3) F. Klemperer, Berl. khn. Wochenschr., 1920, No. 45.
Digitized by Google
Origioai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
340
H. Belter,
Digitized by
grobe Reaktion ist, die erst bei vorgeschrittener Organtuber-
kulose auftritt, and auch dann nicht gleichraaBig veriauft.
Die intravenSse Verabreichung des Tuberkulins ist zweifellos
eine viel empfindlichere Methode zum Nachweis einer tuber-
kulSsen Infektion beim Meerschweinchen. So zuverlSssig wie
die intrakutane Injektion am Menschen ist sie aber auch nicht,
wie die in Tabelle V aufgefQhrten Versuche beweisen.
Es sollte zuerst an tuberkulSsen Tieren geprQft werden,
wie sie bei fallenden Mengen von Alttuberkulin and anderen
TuberkulinprSparaten reagieren. Von groBer Wichtigkeit ist
bei den hier verwandten Tieren natflrlich der Sektionsbefund,
der uns wohl allein angibt, wie weit die Tuberkulose bei dem
Tier vorgeschritten, und ob eine solche flberhaupt zu er-
kennen war, Bekanntlich ist eine angehende Tuberkulose-
infektion beim Meerschweinchen auBerordentlich schwer fest-
zustellen, zumal selbst bei subkutaner Injektion Drflsen-
schwellungen fehlen kbnnen, und oft nur eine VergroBerung
der Milz als einziges pathognomisches Symptom fflr Tuber¬
kulose spricht. Die Tiere, welche die Tuberkulininjektion
ilberlebten und keine Krankheitserscheinungen zeigten, warden
dann getotet. Der Sektionsbefund ist in den folgenden
Tabellen vorangestellt, da er fiir den Ausgang der Tuberkulin¬
injektion entscheidend ist. Die verwandten Tiere waren zum
grSBten Teil fflr andere Zwecke vor einer Reihe von Monaten
mit geringen Mengen humaner Bazillen infiziert.
Bei keinem der Tuberkulintiere traten Krflmpfe oder
Lflhmungen auf; die Tiere zeigten flberhaupt nur geringe
Krankheitserscheinungen; anfangs waren sie ganz munter,
spater saBen sie still, ohne zu fressen. Der Tod erfolgte erst
nach einigen Stunden. Bei der Sektion wurde niemals eine
Lungenblahung beobachtet. Bei Kirchheim und Tuczek
ging ein tuberkulflses Meerschweinchen nach Einverleibung
von 0,5 ccm Alttuberkulin nach 4*/* Stunden ein, Wenn man
sieht, daB in meinen Versuchen 0,005, also der hundertste
Teil von 0,5 ccm Alttuberkulin noch prompt tfldlich wirkt,
dann hatte man erwarten konnen, daB, falls die Tuberkulin-
vergiftung mit der Anaphylaxie- oder Albumosenvergiftung
identisch ware, auf groBe Dosen des Alttuberkulins ein akuter
Tod unter den Erscheinungen des anaphylaktischen Shocks
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Ueber das Wesen der Tuberkulinreaktion.
341
TabeUe IV.
Tuberkalininjektion bei stark tuberkulbsen Meer-
schweinchen.
d
Gew. b. Tode
Sektions-
befund
Intravenos
injizierte
Tuberkulin-
menge
Verlauf
Temperaturverlauf
nach InjektioD
1
510
Starke
Organ-
tuberkulose
0,33 ccm
Alttuberkulin
t n. 9 8td.
nach “1. Std.: — 36,3 n.
2 Std. —39,4“, n. 5 Std.
-37,8“, n. 7 Std. —35"
2
465
dasselbe
0,2 ccm
Alttuberkulin
t n. 6 Std.
•
3
450
0,1 ccm
Alttuberkulin
t n. 14 Std.
nach 1*/, Std.: —36,9®, n.
4 Std. —38,2“, n. 7 Std.
-36,5“
4
375
9)
0,02 ccm
Alttuberkulin
t n. 11 Std.
•
5
320
••
0,005 ccm
Alttuberkulin
t n. 11 Std.
•
6
385
1 mg lebende,
wenig virulente,
humane Bazillen
t n. 6'/, Std.
nach 10' —34,9“, n. IV, Std.
-39,0“, n. 4V, Std. —
38,7“, n. 6 Std. —35,7“
7
550
91
0,2 mg lebende,
wenig virulente,
humane Bazillen
t n. 24 Std.
nach 5' — 38,5 “, n. 2 Std.
— 39,3®, n. 6 Std. —37,7“
8
470
99
0,1 ccm Neu-
tuberkulin Koch
keine
Wirkung
•
9
450
91
1 mg lebende
Friedraannbaz.
dasselbe
nach 5' — 35,1 “, n. 2V, Std.
- 38,3 “,n. 6 Std.—35,1“
10
550
99
0,5 ccm
Friedmann-
tuberkulin')
11
nach 1 Std.: —36,4®, n.
3 Std. —40,6®, n. 7 Std.
— 39,6“
11
500
99
0,5 ccm auf ‘/io
bei 80“ einge-
engte Glyzerin¬
bouillon
11
nach 10' — 36,7®, n. 2 Std.
-39®, n. 6 Std. —36,4“
eingetreten wSre. GroBere Mengen als 0,5 warden nicht an-
gewandt, da nach den Untersuchungen von Kirchheim und
Tuczek Gaben von 1 ccm schon das gesunde Tier schwer
schadigen, was diese Forscher auf den Glyzeringehalt zurtick-
fiihren konnten. Insofern ist iiberhaupt das Alttuberkulin fiir
1) 14-tagige Glyzerinbouillon mit Friedraannbazillen wurde 1 Stunde
bei 60“ im Wasserbad extrahiert, dann filtriert und bei 80" auf den 10. Teil
eingeengt.
Zvttschr. f. ImmnalUUfortcbun;. Ohg. Bd. 88. 23
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
342
H. Belter,
Digitized by
unsere Versuche nicht ganz einwandfrei, well darin Glyzerin
und die EiweiBstoflfe der Bouillon vorhanden sind, welche in
grSBeren Mengen stSrend wirken kdnnen, Auch kennt man
nicht die Menge der spezifisch wirkenden Tuberkulinstoffe,
und kann infolgedessen nicht genau auf diese dosieren. Besser
sind in der Beziehung die Tuberkelbazillen selbst, die in
unseren Versuchen von dera Rasen einer eiweiBfreien Kultur-
fliissigkeit (Salzlosung nach Lockemann) nach Abpressen
der Flussigkeit genommen wurden. 1 mg, ja sogar noch 0,2 mg
einer nur wenig virulenten humanen Kultur verursachten den
Tod unter denselben Erscheinungen. Friedmannbazillen und
ein aus diesen Bazillen hergestelltes Tuberkulin, ferner un-
geimpfte eingeengte Gljzerinbouillon waren wirkungslos. Die
Messung der Temperaturen ergab keinen besonders typischen
Verlauf. Kurz nach der Injektion des Tuberkulins sank die
Temperatur etwas, stieg dann nach einiger Zeit wieder an,
um vor dem Tode nochmals zu sinken, aber nicht bis auf
Kollapstemperaturen (Me. No. 6). Auch hierdurch unter-
schieden sich die vorliegenden Versuche von der Albumosen-
vergiftung.
Zum Beweis, dafi die intravendse Einspritzung des Alttuberkulins
nicht jede tuberkulose Infektion der Meerschweinchen erkennen laflt, seien
in Tabelle V noch einige Versuche aufgefiihrt ron Meerschweinchen, die
etwa 6 Monate vorher mit einer kleinen Menge wenig virulenter humaner
Bazillen subkutan infiziert waren. Obwohl deutliche Zeichen einer an-
gegangenen Infektion yorhanden vraren, ergab die XuberkulininjektioD
doch keine Wirkung. Das Meerschweinchen scheint sich demnach ganz
anders zu verhalten als der Mensch, bei dem schon eine geringe Infektion,
die nicht zu sichtbaren Krankheitserscheinungen zu fiihren braucht, eine
Umstimmung seines ganzen Korpergewebes hervorruft, die sich schon bald
nach der Infektion durch eine positive Tuberkulinreaktion zu erkennen
gibt. Auch der Verlauf der tuberkulosen Infektion des Meerschweinchens
ist wesentlich verschieden von der des Menschen, wie ich in jahrelangen
Untersuchungen iiber die Immunitatsverh^tnisse der Tuberkulose des Meer¬
schweinchens immer deutlicher erkannt habe.
Um fiber die Natur der im Tuberkulin wirksamen Stofife
weiter AufschluB zu erhalten, wurden stark tuberkulose Meer¬
schweinchen mit Alttuberkulin behandelt, das verschiedenen
Temperaturen ausgesetzt war. Es wurde zu diesera Zwecke
Alttuberkulin 1:2 mit Kochsalzlosung verdfinnt, 10 Minuten
in kochendes Wasser gebracht, ferner im Autoklaven auf
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Ueber das Wesen der Tuberktdinreaktion.
343
Tabelle V.
Wirkung des Alttuberkulins auf schwach tuberkuldse
Meerschweinchen.
H
^ -
O
Sektionsbefund
cS-S
Intra-
venos
injiziertes
Alt¬
tuberkulin
Verlauf
12 600
iDjektionsstelle nichts. Ing.-Drusen bei-
derseits hireenkorngrofi. Leber ohne
Befund. Milz keine Knotchen. Lunge
4 kleine Perlknotchen. Bronch.-Dr.
nicht vergroflert
0,8 g
0,5 ccm
keine
Wirkung
13470
Injektionsstelle nichts. Ing.-Drusen r.
bohnengrofi, 1. erbsenno^. An innern
Organen kein Befund
0,4 g
0,5 ,,
dasselbe
14 410
Injektionsstelle vernarbt. Ing.-Driise r.
iinsengroO. Leber ein Eiterknoichen,
Lunge 3 kleine Perlknotchen. Bronch.-
Dr. klein
0,8 g
0,5 ,,
abends
krank, erholt
sich in der
Nacht
15 390
Injektionsstelle nichts. Ing.-Drusen klein.
Lunge vereinzelte kleine Perlknotchen.
Bronch.-Dr. klein
0,7 g
0,2 „
1
t n. 6 Std.
16420
Unter Bauchhaut kleines Eiterknotchen.
Ing.-Driisen beiderseits klein. Lunge
3 kleine graue Knotchen. Bron ch.-Dr.
klein
0,8 g
0,2 „
keine
Wirkung
17 600
Injektionsstelle nichts. Ing.-Driisen bei¬
derseits hirsenkerngroS. Lunge ein
kleines graues Knotchen. Bronch.-Dr.
klein
0,8 g
0,2 „
dasselbe
18 375
Injektionsstelle nichts. Ing.-Drusen 1.
erbsen-, r. hirsenkorngrofi. Lunge an
beiden Oberlappen mit Pleura ver-
wachsen, sonst keine Veriinderungen
0,4 g
0,2 „
iy
110®, 120® und 150® erhitzt. Durch Maximumthermometer
wurde bestatigt, daB die gewflnschte Temperatur auch in dem
Tuberkulin erreicht war.
Man sieht aus den in Tabelle VI zusaramengestellten Ver-
suchen, daB selbst eine Erhitzung auf 150° das Tuberkulin
kaum schadigt. Diese Widerstandsfahigkeit der wirksamen
Substanz des Tuberkulins spricht nicht dafflr, daB es sich bei
der Tuberkulinreaktion um eine Reaktion nach Art der an-
aphylaktischen handelt. Zwar sollen sich durch erhitztes Eiweifi
Tiere sensibilisieren lassen. Dagegen kann nach Besredka
23*
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
344
H. Selter,
Digitized by
Tabdle VI.
Wirkung bei verschiedenen Graden erhitzten Alttuberkulina
auf stark tuberkuldse Meerschweinchen.
No.
Gewicht
beim
Tode
Sektione-
befund
Intravenos
injizierte
Tuberkulin-
menge
Verlauf
Temperaturverlauf
19
415
Starke Organ-
tuberkuiose
0,33 ccm
10' 100"
t n. 3Vt Std.
nach V* Std. —35 “,
n. 2 Std. -34,9“
20
390
deutliche
Organ-
tuberkulose
0,2 ccm
10' 100“
t n. 6 Std.
•
21
420
Starke Organ-
tuberkulose
0,1 ccm
10' 100“
t n. 5 Std.
nach V, Std.—37,7",
n. 3 Std. —36,2“
22
330
dasselbe
0,02 ccm
10' 100“
t n. 11 Std.
•
23
500
0,005 ccm
10' 100“
abds. krank,
erholt sich
wieder
•
24
320
schwache
Organ-
tuberkulose
0,33 ccm
10' 110”
tinderNacht
•
25
320
deutliche
Organ-
tuberkulose
0,33 ccm
10' 120“
keine Wirkg.
am selben
Tage; stirbt
nach 2 Tgn.
26
i
250
dasselbe
0,33 ccm
10' 120“
t n- 3 Std.
•
27
325
1)
0,33 ccm
10' 12U“
' f n. 4 Std.
n ach 7. Std. — 34,9 “,
n. 2 Std. —36,6"
28
300
yf
0,33 ccm
10'150"
t n. 4 Std.
nach '■/, Std. — 36,8",
n. 2 Std. —37,7“
die AuslSsung der anaphylaktischen Reaktion uur durch thermo-
labile Stoffe erfolgen, eine Anschauung, welcher Friedberger
beipflichten muB, obwohl er sich sonst gegen die Trennung
des EiweiBes in zwei Komponenten, eine thermostabile sen-
sibilisierende und eine thermolabile auslosende, ausspricht.
Es seien dann noch einige Versuche fiber die Einspritzung
von MilcheiweiBprfiparaten angefflhrt. Da die Tiere nicht
reagierten, wurde ihnen nach 2 Tagen Alttuberkulin intra-
venfis eingespritzt, um zu sehen, ob die Tiere durch die vorher-
gehende Behandlung gegen die tfidliche Dosis Tuberkulin ge-
schfitzt seien, wie Matthes beobachtet hatte. Zum Vergleich
warden Tiere mit untertodlichen Dosen Alttuberkulin vor-
Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Ueber das Wesen der Tuberkulinreaktion.
345
behandelt und diesen nach 2 und 1 Tag die tddliche Dosis
verabreicht.
Me. No. 29. 300 g, deutliche Organtuberkulose, erhalt intraperitoneal
2 com lO' gekochte Milch. Keine Wirkung. Nach 2 Tagen intravenos
0,2 ccm Alttuberkulin. Stirbt nach 5 Stunden.
Me. No. 30. 265 g, deutliche Organtuberkniose, erhalt intravenos
1 ccm Caseosan. Keine Wirkung. Nach 2 Tagen intravenos 0,2 ccm
Alttuberkulin. Stirbt nach 5 Stunden.
Me. No. 31. 295 g, deutliche Organtuberkulose, erhalt intravenos
0,2 mg lebende schwach virulente humane Bazillen. Keine Wirkung.
Nach 2 Tagen intravenos 0,3 ccm Alttuberkulin. Stirbt in der Nacht.
Me. No. 32. 310 g, geringe Organtuberkulose (Milz 0,5 g. Lunge
vereinzelte kleine Perlknbtchen, Ing.-Driisen rechts erbsengrofi, sonst kein
Befund), erhalt intravenos 0,2 mg lebende schwach virulente humane
Bazillen. Keine Wirkung. Nach 2 Tagen intravenos 0,1 ccm Alttuberkulin.
Stirbt nach 12 Stunden.
Me. No. 33. 470 g, starke Organtuberkulose, erhalt intravenos 0,1 ccm
Neutuberkulin-Koch. Keine Wirkung. Nach 1 Tag intravenos 0,1 ccm
Alttuberkulin. Stirbt nach 11 Stunden.
Unsere Untersuchungen konnen zn folgenden Schltissen
fiihren:
1) Die nach der Injektion von Tuberkulin bei
tuberkulSsen Meerschweinchen auftretenden
Vergiftungserscheinungen entsprechen nicht der
Anaphylaxie- und Albumosenvergiftung.
2) Die Tuberkulinreaktion ist spezifisch und
laBt sich schon durch sehr kleine Mengen Tuber¬
kulin auslSsen^), dagegen nicht durch Friedmann-
bazillen*), eingeengte Bouillon und Milchprtlparate.
3) UntertSdliche Dosen Tuberkulin, ebenso
P r 0 1 e i n k 0 r p e r tiben keine schiitzende Wir¬
kung a us.
1) Die Annahme von Sorgo, dafi bei tuberkulos inBzierten Menschen
eine Tuberkulinreaktion auch durch erhitztes Diphtheric- und Dysenterie-
toxin ausgelost wird, konnte im Tierversuch nicht nachgepriift werden, da
diese Gifte hei intravenSser Injektion schon gesunde Tiere in kleinen Mengen
toten. Bessau gibt aber an, daS nach seinen Versuchen die mit irgend-
welchen bakteriellen Giften erzeugte Lokalreaktion sich dadurch von der
Tuberkulinreaktion unterscheidet, daB sie bei spaterer Einspritzung von
Tuberkulin nicht aufflammt.
2) 8. Belter, Deutsche med. Wochenschr., 1920, No. 24.
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
346
H. Selter,
Digitized by
Das Fehlen einer Katanaphylaxie spricht ebenfalls gegen
Anaphylaxie und Albumosenreaktion. Zwar hat P. Th.Mtiller^)
tuberkulose Meerschweinchen durch untertSdliche Dosen Alt-
tuberkulin und lO-proz. „Witte“-Peptonl6sung schfltzen konnen.
Diese Beobachtungen stehen aber mit denen anderer Forscher
und den Erfahrungen am Menschen (s. unten Bessau) so in
Widerspruch, dafi man wohl iiber sie hinwegsehen darf. Die
Tuberkulinreaktion gehdrt also nicht in das Ge-
biet der Anaphylaxie und ist flberhaupt nicht als
Antikdrperreaktion aufzufassen.
Zu demselben Schluil kommt Bessau*) auf Grund seiner
intrakutanen Prflfung an tuberkulos infizierten Kindern. Er
hat in vorbildlichen Versuchen an demselben Menschen zu
gleicher Zeit wiederholt Einspritzungen von Tuberkulin und
Rinderserum vorgenommen. Es zeigte sich hierbei, dad die
Serumuberempfindlichkeit sehr bald erlischt (Katanaphylaxie),
wahrend die Tuberkulinreaktion erhalten blieb. DaB nach
immer wiederholten und steigenden Tuberkulindosen allmahlich
eine Unempfindlichkeit eintritt (bekanntlich das Ziel der Tuber-
kulintherapie), ist eine andere Frage, die hier jetzt nicht er-
6rtert werden soil. Ein weiterer Unterschied bestand nach
Bessau darin, daB die lokalen Tuberkulinreaktionen auf
erneute Zufuhr von Tuberkulin aufflammten, die Serumreaktion
bei Serum- und Tuberkulininjektion dagegen niemals. Bessau
folgert aus seinen Untersuchungen, daB eine einheitliche Genese
der beiden Ueberempfindlichkeitsphanomene so gut wie aus-
geschlossen sei.
Zu beriicksichtigen ist noch, daB es eine Tuberkelbazillen-
eiweiBanaphylaxie gibt, die durch Einspritzung von grSBeren
Mengen Tuberkelbazillen zustande kommt und von Fried-
berger und Mita®), Doerr^), Neufeld und Do Id®) und
anderen Forschern untersucht worden ist. Diese muB, wie
auch Bessau hervorhebt, streng von der Tuberkuliniiber-
1) P. Th. Mtiller, Zeitschr. f. Immimitatsf., Bd. 8.
2) Bessau, Jahrb. f. Kinderheilkunde, Bd. 81, 1915.
3) Friedberger und Mit a, Zeitschr. f. Immunitatsf., Bd. 10, p. 477.
4) Doerr, AUergie und Anaphylaxie im Handbuch der pathogenen
Mikroorg. v. Kolle-Wassermann, 2. Aufl., Bd. 2, p. 947.
5) Dold, 1. c.
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
U RBANA- CHAMPAI6N ^
Ueber das Wesen der Tuberkulinreaktion.
347
«mpfindlichkeit unterschieden werden, da sie ganz den Ge-
setzen der Bakterienanaphylaxie folgt. Ihre Erscheinungen
berflhren sich in manchen Punkten, und hierauf ist zurflck-
zufQhren, dafi die Phanoniene so oft durcheinauder geworfen
und verwechselt warden. So miissen meines Erachtens auch
die Versuche von Sata^), der durch Vermischen von Anti-
tuberkuloseserum vom Pferde und Alttuberkulin bei gesunden
Meerschweinchen durch intravenSse Injektion Tod und typische
anaphylaktische Erscheinungen (Shock, LungenblShungen) er-
hielt, in das Gebiet der Anaphylaxie gerechnet werden; auch die
von ihm erzeugte passive Uebertragbarkeit der Tuberkulose-
(Ibererapfindlichkeit durch Pferdetuberkuloseserura ist an-
scheinend nichts anderes, worauf schon die von Sata auf-
gefQhrten Erscheinungen — stflrmischer Temperaturabfall,
heftige KrSmpfe, plStzlicher oder innerhalb einiger Stunden
eintretender Tuberkulintod (gemeint ist wohl Lungenblahung)
— hindeuten.
Unsere und Bessaus Untersuchungen berechtigen zu
dem SchluB, daB die Tuberkulinreaktion keine AntikSrper-
reaktion ist und mit der Anaphylaxie und Albumosenreaktion
nichts zu tun hat. Bevor ich nun darauf eingehe, als was wir
die Tuberkulinwirkung auffassen konnen, muB ich noch einen
Punkt besprechen, der fflr die Immunitfitsverhaitnisse der
Tuberkulose von groBter Wichtigkeit ist. Auch ich vertrete, wie
Hamburger, R6mer, Klemperer u. a., den Standpunkt,
daB die Tuberkulinempfindlichkeit mit den Immunitatsverhalt-
nissen der Tuberkulose beim Menschen in unmittelbarstem
Zusammenhang steht, und daB das Auftreten der Tuberkulin¬
empfindlichkeit nach erfolgter Infektion Tuberkuloseschutz
bedeutet. Bisher war man allgemein der Ansicht, daB im
menschlichen KQrper die Umstimmung des Gewebes, deren
Ausdruck die positive Tuberkulinreaktion ist, der allergische
Zustand nach v. Pirquet, nur durch die Wirkung von viru-
lenten lebenden Tuberkelbazillen erworben werden kann. Diese
Ansicht kdnnte durch neuere Untersuchungen erschuttert er-
scheinen, in denen es gelungen sein soli, auch durch Ein-
spritzung von toten Tuberkelbazillen eine Ueberempfindlichkeit
1) Sata, Zeitschr. f. Immunitiitsf., Bd. 17, p. 62, 75, 84.
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
348
H. Belter,
Digitized by
zu erzielen. Wenn es sich um eine wirkliche Tuberkulin-
flberempfindlichkeit handeln sollte, so wiirden diese Versuche
eine ungeheuere Bedeutung haben, da sie den Weg einer
aktiven Imraunisierung des Menschen gegen Tuberkulose weisen
kOnnten, Alttuberkulin wirkt nicht als Antigen und vermag
infolgedessen im Korper auch keine Immunisierung herbei-
zufiihren; darin sind alle Forscher wenigstens einig. Dagegen
wollen Much und Leschke^) bei Meerschweinchen, die mit
dem Filtrat einer Tuberkelbazillenauflosung vorbehandelt waren,
eine durch die Intrakutanreaktion erkenntliche Tuberkulin-
flberempfindlichkeit beobachtet haben. Meerschweinchen, die
mit alien in den aufgelosten Tuberkelbazillen enthaltenen
Stoffen, den verschiedenen Partialantigenen, vorbehandelt waren,
sollten auch gegen nachfolgende Infektion mit virulenten
Tuberkelbazillen immun sein. Diese Versuche liegen lange
zuriick und waren nur an wenigen Tieren ausgefiihrt. In
spkteren Untersuchungen sahen Much und Leschke'^), daU
die gelungene Immunisierung mit Partialantigenen doch nur
Ausnahmen darstellte, daB im allgemeinen weder mit den
einzelnen Partialantigenen noch mit ihrem Gemisch eine
Immunisierung moglich war. Danger*) hat bei einzelnen
Tierversuchen (die Protokolle sind nicht angegeben) gesehen,
daB die Vorbehandlung mit dem Tuberkelbazillenrflckstand,
dem M.Tb., eine gewisse Verzogerung des Krankheitsbildes
bei nachfolgender Infektion herbeifUhrt. Mit den einzelnen
Partialantigenen und auch mit ihrer kflnstlichen Mischung ist
eine solche Immunisierung nicht gelungen. Die Untersuchungen
Muchs sind demnach noch mit MiBtrauen aufzunehmen, wie
ja auch seine Theorien keineswegs allgemeine Anerkennung
gefunden haben. Bessau®) hat bei Meerschweinchen durch
Impfung von 1—15 rag in verschiedener Weise abgetoteter
Tuberkelbazillen eine TuberkulinUberempfindlichkeit durch
intrakutane Priifung nachweisen konnen, allerdings nur bei
einem Teil der Tiere; die besten Resultate ergab die intra-
peritoneale Einverleibung von schonend (2 Stunden bei 65°)
abgetoteten Tuberkelbazillen. Bei intravenoser Injektion blieb
1) Much und Leschke, Beitr. z. Klin. d. Tuberk., Bd. 31.
2) Zit. nach Danger, Zeitschr. f. Kinderheilkunde, Bd. 25, Heft 4/6.
3) Bessau, Berl. klin. Wochenschr., 1916, p. 801.
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Ueber das Weseu der Tuberkulinreaktion.
349
bei alien Tieren der Erfolg aus. Eine Allgemeinempfindlichkeit
hatte sich nicht ausgebildet; so vertrugen die Tiere bei sub-
kutaner Injektion selbst 2 ccm Alttuberkulin ohne nennens-
werte Krankheitserscheinungen. Mehrmals wurde ein „Auf-
flammen“ Slterer Intrakutanreaktionen beobachtet. Gegen
diese Versuche ist einzuwenden, daB Bessau sich nur der
intrakutanen PrQfung bedient hat und nicht der fiir das Meer-
schweinchen weit empfindlicheren intravenbsen Einspritzung
des Tuberkulins. Die Intrakutanreaktion ist heute ja auch
ein beliebtes Mittel, um eine Anaphylaxie in einem sensibili-
sierten Meerschweinchen auszulosen, wobei es in gleicher Weise
wie bei der Intrakutanreaktion mit Tuberkulin zu Schwellungen,
ja sogar zu Nekrosen konimt. Die Unterscheidung zwischen
einer anaphylaktischen und einer echten Tuberkulinreaktion
ist deshalb auBerordentlich schwer, und es kann der Gedanke
nicht von der Hand gewiesen werden, daB es sich bei den
Bessauschen Versuchen um eine TuberkelbazilleneiweiB-
anaphylaxie gehandelt hat. Vollkommen einwandfrei, was die
Durchfflhrung der Versuche als auch die GroBe des ver-
wandten Tiermaterials angeht, sind die Untersuchungen von
Ungermann^). Dieser behandelte Meerschweinchen sub-
kutan, intraperitoneal und intravenSs mit Bazillen, die im
Dampf 2 Stunden abgetbtet waren, ferner mit dem Loffler-
schen Impfstoff (Bazillen, welche im Exsikkator getrocknet und
dann 7* Stunde im Trockensterilisator bei 150° abgetbtet waren)
und dem Zeunerschen Oelseifenimpfstoff (Tuberkelbazilleu
werden in einer Oelseifenlosung 6 Tage hindurch im Schiittel-
apparat bei 37° digeriert, dann 1 Stunde auf 70° erwarmt
und darauf nochmals 3 Tage bei 37° geschtittelt; es wurden
sowohl die Bazillenleiber als auch die mit Bazillenprodukten
beladene Oelseifenlosung benutzt). Die Nachprflfung der mit
dem letzten Impfstoff behandelten Tiere ergab im wesentlichen
negative Resultate. Durch die beiden ersten Impfstoffe lieBen
sich die Tiere sensibilisieren; eine sichere Wirkung trat aber
nur bei den Tieren ein, die mit 100 mg Bazillenmasse (also
enorme Mengen) vorbehandelt waren. Zur Auslosung der
Reaktion, die friihestens nach 15 Tagen, meist erst erheblich
1) Ungermann, Arb. a. d. Kaiserl. Gesundheitsamt, Kd. 48, p. 381
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
350
H. Belter,
Digitized by
spSter, vorgenommen wurde, waren wieder grdBere Mengen,
100 mg lebende oder abgetdtete Bazillen, erforderlich; in
wenigen Versuchen gelang sie mit 20 und 25 mg, zweimal mit
10 mg; kleinere Dosen waren ganzlich wirkungslos. Bei intra-
venoser Verabreichung von Alttuberkulin trat in einigen Fallen
auf Dosen von 0,5 und 0,1 ccm der Tod ein. In 4 Fallen
verlief die Reaktion unter den akuten Formen des anaphylak-
tischen Shocks. In den meisten Fallen trat der Tod erst nach
20 Stunden ein. Die Auslosung einer Reaktion der mit Alt¬
tuberkulin vorbehandelten Meerschweinchen gelang in keinem
Fall, eine Bestatigung unserer oben ausgesproclienen Ansicht,
daC Alttuberkulin nicht als Antigen wirkt. Halt man fest, daB
eine Sensibilisierung nur durch groBe Mengen Bazillensubstanz
mSglich ist, und daB zur Auslosung der Reaktion wiederum
fast gleich groBe Mengen erforderlich sind, so wird man zu
der Ansicht kommen, daB auch bei den Ungermannschen
Versuchen nur eine TuberkelbazilleneiweiBanaphylaxie vor-
gelegen hat. Die Versuche von Bessau und Ungermann
konnen mich deshalb nicht in meiner Ansicht irre machen,
daB die echte Tuberkulinreaktion nur in einem durch lebende
Bazillen infizierten KSrper zustande kommt. HSchstens kame
bei einem durch abgetdtete Bazillen sensibilisierten K6rper
eine gewisse unspezifische, stark abgeschwachte Allergie in
Frage, die aber einen wirksamen Tuberkuloseschutz nicht mit
sich bringen wird. Die Immunisierung eines noch nicht in¬
fizierten Menschen mit abgetotetem Tuberkelbazillenmaterial
hat deshalb keine begrflndete Aussicht.
Wir kommen nun zu dem wichtigsten Teil unserer vor-
liegenden Erorterungen, in welcher Weise wir uns denn die
Entstehung einer Tuberkulinreaktion denken. Wenn man zu
einer Losung dieser Frage kommen will, so muB man den
Mut haben, sich einmal vollig von den Anschauungen der
Ehrlichschen Theorie frei zu machen. Zweifellos findet die
Tuberkulinreaktion in dem Gewebe statt, und zwar nicht nur
in dem die eingedrungenen Tuberkelbazillen umschlieBenden
Gewebe, dem eigentlichen Krankheitsherd, sondern im ge-
samten Kbrpergewebe; es muB sich um eine rein zelluiare
Eigenschaft handeln. Weiter wissen wir, daB die Tuberkulin¬
reaktion eine Entzflndung darstellt, mit der das tuberkulin-
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Ueber das Wesen der Tuberkulinreaktion.
351
empfindliche Gewebe auf die Einwirkung des Tuberkulins ant-
wortet. Schwierig ist aber zu sagen, wie diese Entzflndung
zustande kommt. Die oben erwahnte Ansicht Bails, dall
das Tuberkulin im tuberkulQsen Gewebe festgehalten, dort zu
einer giftigen Modifikation umgewandelt wird und jetzt eine
entziindende Wirkung ausflbt, glaube ich durch meine Ver-
suche widerlegt zu haben. Diese sprechen mehr fflr die zweite
Theorie Bails, daB das Tuberkulin unverandert bleibt, aber
eine sehr groBe Angriflfsflache findet, nicht nur ira erkrankten
Gewebe, sondern im gesamten Organismus. Bessau stellt
sich das Tuberkulin als ein ziemlich tief abgebautes EiweiB-
produkt, als ein Polypeptid vor. Trifft das Tuberkulin auf
tuberkuloses Gewebe, so soil ein Giftkbrper entstehen, der
lokal Entzflndung, in den Kflrper gelangend Fieber erzeugen
soli; die lokale Reaktion der Haut soil der Ausdruck dafur
sein, daB der Organismus die Fahigkeit besitzt, auf Tuberkulin-
injektion tuberkulflses Gewebe zu bilden. Die Lokalreaktion
ware dann die Folge der Reaktion zwischen dem neu gebil-
deten tuberkulosen Gewebe und dem Tuberkulin. Bessau
geht von folgender Anschauung aus: Gewisse Gewebselemente
der tuberkulosen Entzflndung konnen mit Tuberkulin in spe-
zifischer Weise reagieren. Diese Elemente werden als Tuber-
kulozyten bezeichnet und sollen mit den Epitheloidzellen im
Tuberkel identisch sein. Eine spezilische, in den Tuberkel-
bazillen und dem Tuberkulin enthaltene Substanz reizt den
Organismus zur Bildung von Epitheloidzellen. Aus der Reaktion
zwischen Tuberkulin und den gebildeten Epitheloidzellen (den
Tuberkulozyten) entsteht eine Giftwirkung, welche eine ein-
fache Entzflndungsreaktion auslost. Um die Epitheloidzellen-
schicht gruppiert sich eine Rundzellenschicht. Wie aus dem
Zusammenwirken von Tuberkulin und Tuberkulozyten die gif-
tige Komponente gebildet wird, darflber weiC Bessau vor-
laufig nichts zu sagen.
Gegen die Bessauschen Erwflgungen sprechen meine
Versuche in Tabelle III, in welchen auf gesunde Meer-
schweinchen die tuberkulflsen Gewebe flbertragen wurden,
die im lebenden Organismus mehrere Stunden mit Tuber¬
kulin in Berflhrung gewesen waren, wo also doch die
giftige Komponente hatte entstehen konnen. Ebenso sind die
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
352
H. Belter,
Digitized by
Versuche 32—35 in Tabelle II in demselben Sinne zu ver-
werten. Meines Erachtens kommt man weiter, wenn man sich
(ias Tuberkulin nur als Reizstoff vorstellt, der mit dem em-
pfindlichen Gewebe in Beruhrung kommt und es zur EntzUn-
dung bringt, ohne selbst dabei gebunden oder verandert zu
warden. Es wiirde dann nach Art eines Katalysators wirken,
in ahnlicher Weise, wie sich jetzt Feldt^) die Wirkung der
GoldprSparate denkt, nur dafi diese eine viel grobere ist, die
das ausgebildete tuberkulbse Gewebe in unspezifischer Weise
zur Entziindung bringt. In derselben Art wirken vielleicht
auch andere StofFe, wie z. B. die Albumoson oder Protein-
kbrper. Die Reizwirkung macht sich aber nur in einem durch
eine Tuberkelbazilleninfektion verSnderten Organismus bemerk-
bar; im Gewebe des nicht infizierten Korpers findet er keine
Angriffsflache. Kommt plQtzlich eine groBe Menge Gift in das
Blut, wie bei einer iniravenosen Einspritzung von Tuberkulin
beim tuberkulosen Meerschweinchen, dann wird auf einmal
das gesamte Gewebe in Reaktion versetzt. Hierdurch warden
aber die lebenswichtigen Funktionen der Zellen gestbrt, die
Temperatur sinkt, und der Tod tritt ein, bevor es zu einer
anatomisch sichtbaren Entzflndung kommen konnte. DaB sei¬
ches nicht nur bei tuberkulSsen Meerschweinchen eintritt,
sondern auch beim Menschen, zeigt ein von v. Hayek*) be-
schriebener Fall. Ein junger Mediziner sollte bei einem in
ein Kriegslazarett eingelieferten kranken Soldaten eine sub-
kutane diagnostische Tuberkulininjektion machen und spritzte
1 cem konzentriertes Alttuberkulin ein. Der Kranke ging
nach kurzer Zeit unter Temperaturabfall zugrunde.
Die Fahigkeit des Korpergewebes, in einen spezifischen
Entzundungszustand versetzt warden zu konnen, muB als eine
fiir den Korper sehr gunstige Einrichtung aufgefaBt warden
und entspricht dem Tuberkuloseschutz des infizierten Orga¬
nismus. Ueber die Entstehung des Tuberkuloseschutzes wflrde
ich mir folgende Vorstellungen machen: die Tuberkelbazillen
dringen auf irgendeine Weise in den menschlichen Korper,
bleiben in Lunge, DrQsen, Milz oder Knochenmark liegen,
1) Feldt, Miinch. med. Wochenschr., 1920, No. 52.
2) V. Hayek, Das Tuberkuloseproblem, Berlin 1920.
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Ueber das Wesen der Tuberkulinreaktion.
353
fangen dort an, sich zu vermehren und Gift auszuscheiden.
Dieses Gift gelangt in das Blut und versetzt allm^hlich das
ganze Korpergewebe in einen verinderten, fflr das Tuberkel-
bazillengift empfindlichen Zustand. Die fertige Ausbildung
dieses Zustandes erkennen wir an dem Auftreten der Lokal-
reaktionen, von denen zuerst die feinere Intrakutan- oder
Subkutanreaktion (Stichreaktion) positiv wird, etwas spSter
die Pirquetsche Hautreaktion. Diese Veranderung, die
Allergie v. Pirquets, macht die Zelle jetzt zur Abwehr
fahig. Neue, von aufien eindringende Tuberkelbazillen, oder
auch deren Gifte (Tuberkulin), vermbgen zwar das Gewebe
noch etwas zu reizen und unter Umstanden auch in Entzdndung
zu versetzen (wenn es sich, wie bei einer Tuberkulinanwendung,
um grSSere Mengen Gift handelt), bleiben aber auBerhalb der
Zellen liegen, gehen zugrunde und werden als lastige Fremd-
kSrper vom Organismus ausgeschieden oder abgebaut. Nnr
die bei der ersten Infektion in den KOrper gelangten Tuberkel¬
bazillen bleiben an der Ablagerungsstelle lebend. Um sie
herura hat sich durch Entstehung eines Tuberkels ein Schutz-
wall gebildet, der eine doppelte Funktion hat, naralich ein-
mal die eingeschlossenen Bazillen vor den Einwirkungen des
Kbrpers zu schfltzen, dann aber auch die Tuberbelbazillen
ira Innern festzuhalten (latentes Stadium), solange das Korper¬
gewebe sich, sagen wir mal, in einem normalen reaktions-
fahigen Stadium befindet. Der AbschluB ist aber nicht so
vollkommen, daB die eingeschlossenen Bazillen nicht immer
wieder von neuem Reize (Gift) ins Blut abgeben kbnnen,
welche die Allergie unterhalten. Es muB also eine Wechsel-
wirkung zwischen den eingeschlossenen Bazillen und dem
Korper bestehen, deren Faden wir noch nicht kennen. Nur
so lange sich die lebenden Bazillen im Korper befinden, ist
letzterer abwehrbereit oder immun gegen neue Infektion.
Wurde es, vielleicht mit Hilfe der Chemotherapie, gelingeii,
die lebenden Bazillen im Kbrper vollstandig zu vernichten,
dann wflrde damit wahrscheinlich auch der Tuberkuloseschutz
verschwunden sein. Wir wiirden demnach ahnliche Verhalt-
nisse wie bei der Syphilis des Menschen haben. Ob diese
von mir angedeutete Theorie stimmt, muB durch weitere
Untersuchungen, die von uns durch Kombination des Meer-
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
354 H. Belter, Ueber das Wesen der TuberkulinreaktioD.
Digitized by
schweinchenversuchs mit der intrakutanen loipfung am tuber-
kulos infizierten Menschen vorgenoramen werden sollen, ge-
klart werden. Wflrde die Theorie richtig sein, dann wflrde
sie auch die Tuberkulintherapie nicbt unbeeinflufit lassen. Auf
diese Frage soil in einer spSteren Arbeit eingegangen werden.
Zusammenfassung.
1) Die Tuberkulinreaktion ist keine Antikbrperreaktion,
da sicb im Korper eines tuberkuldsen Organisnius keine Anti-
stoffe nachweisen lassen, die mit dem Tuberkulin in Ver-
bindung treten.
2) Das Tuberkulin wirkt als Reizstoff, ohne dafi es im
Kdrper verandert zu werden braucht. Seine Wirkung geht
durch Erhitzung auf 150® nicht verloren.
3) Das Tuberkulin ist kein Antigen und vermag keine
immunisierende Wirkung auszullben. Vorbehandlung tuber-
kuloser Tiere mit untertbdlichen Dosen schUtzt diese nicht
vor den tbdlichen Mengen.
4) Die Tuberkulinempfindlichkeit ist passiv nicht flber-
tragbar. Sie ist nicht nur an dem Krankheitsherd, sondern
an das gesamte KOrpergewebe des durch eine Tuberkelbazillen-
infektion umgestimmten, allergischen Korpers gebunden. Das
Tuberkulin bringt dieses Gewebe in spezifischer Weise zur
Entzflndung; in unspezifischer Weise wirken andere Bakterien-
gifte und Proteinkdrper.
5) Die Tuberkulinempfindlichkeit wird nur durch eine
Infektion mit lebenden Tuberkelbazillen bervorgerufen, nicht
durch abgetotete Bazillen. Letztere erzeugen in groBen Dosen
eine Tuberkelbazilleneiweifianaphylaxie, die aber mit der
Tuberkulinempfindlichkeit nichts zu tun hat.
6) Die Tuberkulinempfindlichkeit entspricht dem Tuber-
kuloseschutz des infizierten Kfirpers. Neu eindringende
Tuberkelbazillen versetzen wie das Tuberkulin die Zellen in
einen spezifischen Entziindungszustand; sie werden dadurch
abgewehrt und unschadlich gemacht. Die Tuberkulinempfind¬
lichkeit Oder Allergic ist als Abwehrmechanismus demnach
fiir den Kdrper eine sehr niitzliche Einrichtung.
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Nagasawa, Experim. Untersuchungen fiber Milzbrandinfektiou. 355
Naehdruck verboUn.
[Ans dem Hygiene-Institut der Universitfit Zfirich (Direktor:
Prof. Dr. W. Silberschmidt).]
Experimentelle Untersnchungen ttber Mllzbrandinfektion.
Superinfektion nnd Depresslonsiuimnnitdt.
Von Dr. D. Nagasawa.
(Eingegangen bei der Rcdaktion am 25. Februar 1921.)
Robert Koch hat sich zuerst rait der wichtigen Frage
der wiederholten Infektion bei der Tuberkulose des Meer-
schweinchens befaBt; nach ihm haben Behring, R6mer,
Joseph, Hamburger u. a. dieses Problem weiterbearbeitet.
SpSter haben Landsteiner und Finger die Superinfektion
bei der Syphilis eingehend verfolgt. Durch diese und andere
Arbeiten ist die Superinfektion zu einem wichtigen und inter-
essanten Gebiet der Immunitatsforschung geworden.
Besonders wichtig ist die Frage des zeitlichen Verlaufes
der Immunitatsreaktion; nur durch umfangreiche experimen¬
telle Arbeiten kann es uns gelingen, Licht auf dieses dunkle
geheimnisYolle Gebiet zu werfen.
Es kann sich niemand dem Eindruck verschlieBen, daB
sich ein ungemein groBer und bedeutungsvoller Komplex von
Tatsachen, der bisher meistens als biologische Reaktionen, wie
Phagozytose, Agglutination, Prftzipitation, Bakteriolyse, Kom-
plementablenkung usw. betrachtet wurde, sich als nichts anderes
erweist, als die Folgeerscheinung der schon stattgefundenen
Reaktion.
Der von Morgenroth, H. Biberstein und
R. Schnitzer (1) verOffentlichte Aufsatz unter dem Xitel
nDepressionsimmunitat^ ist eine bedeutungsvolle Arbeit der
neuen Richtung.
Die Frage erschien mir so interessant, daB ich Versuche
unternahm, um die Milzbrandimmunitat von diesem Stand-
punkte aus zu verfolgen.
Digitized by Google
Origioai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
356
D. Nagasawa,
Digitized by
V ersuchsanordnung.
M e t h 0 d i k.
Zu meinen Versuchen benutzte ich zuerst zwei virulente
Milzbrandstamrae des Hygiene-Instituts, spater warden noch
die aus dem Institut Pasteur in Paris bezogenen Milzbrand-
Vakzins I und II gepruft.
In RShrchen schrSg erstarrter Weizenagar wurde mit
Milzbrandmaterial geimpft und ira Brutschrank bei einer
Teniperatur von ca. 30® C wahrend einiger Tage bis zur aus-
giebigen Sporenbildung aufbewahrt. Dieser Weizenagar-
nahrboden wurde zum erstenmal von Maurer 1920 an-
gewandt, und zwar nach folgender Vorschrift:
500 g Weizengriefi und 1 Liter Wasser zusammen 12—24 Stunden
etehen lassen, dann durch ein Tuch gieflen; dem Filtrat wird 1 Prozent
Pepton, */, Proz. Kochsalz zugesetzt, */, Stunde im Wasserbad erhitzt und
neutralisiert. Nach weiterem Zusatz von 1'/, Proz. Agar wird 1 Stunde
auf 115“ im Autoklav erhitzt, filtriert, in sterile Kohrchen abgefuUt, im
Autoklav 20 Minuten auf 110“ sterilisiert.
Die Angaben von Maurer kann ich bestatigen, die
Sporenbildung von Milzbrandkulturen auf Weizenagar ist
schon nach wenigen Tagen reichlich.
Die flppig gewachsenen Kulturen wurden mit wenig sterilem
Wasser aufgeschwemmt und diese Aufschwemraungtiber feinsten,
sterilen Meersand gegossen, der in einer grofien Doppelschale
gleichmaBig verteilt war. Der Sand wurde bei einer Teniperatur
von ca. 35° autbewahrt und war nach 24 Stunden ganzlich
trocken; darauf wurde er in kleineren Portionen in sterilem
Morser zerrieben. Der auf diese Weise schon ziemlich gleich¬
maBig mit Sporen durchsetzte Sand kam noch fur einige
Stunden in einen elektrischen Schiittelapparat, um die Sporen-
verteilung noch zu vervollstandigen.
Das Material kam in eine zylindrische GlasrShre, deren
unteres Ende mit einem Gummi- oder Korkpfropfen ver-
schlossen war; auf dem Pfropfen befand sich eine dflnne
sterile Watteschicht, auf welche eine 3—4 cm hohe Schicht
geglOhtes Chlorkalzium folgte. Dariiber kam eine zweite
diinnere sterile Watteschicht, darauf das Sporensandmaterial;
es folgte eine neue Watteschicht, und das obere Ende des
Rohres wurde schlieBlich noch mit einem Gummizapfen luft-
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Elxperimentelle Untersuchungen fiber Milzbrandinfektion usw. S57
dicht verschlossen. Die Rohrchen wurden im Ktihlraum bei 4° C
aufbewahrt und blieben mehr als ein halbes Jahr unverandert.
Um die Sporenzahl in einer gewissen Menge Sandes zu
bestimmen, wurden z. B. 10 mg Sand abgewogen, in 10 ccm
sterilem Wasser aufgeschwemmt und nach Bedarf verdtinnt.
Je 1 ccm der verschiedenen VerdQnnungen wurden in
verflflssigten Agar gebracht und dieser darauf zu Flatten ge-
gossen; nach 24 Stunden wurden die Kolonien gezahit.
Bei verschiedenen Z&hlungen stimmten die Zahlen nicht
immer absolut flberein; doch sind die Unterschiede nicht allzu
groB und werden desto kleiner, je kleiner die Sporenzahl in
der betreffenden VerdOnnung ist.
Auf diese Weise konnten wir zShlen:
In 10 mg Sand 158 Sporen in 5 mg Sand 70 Sporen
» t ,, ,, 27 ,, ,, 0,5 ,, ,, 14 ,,
i» >i )i 3 tj » 0,05 ,, „ 1 Spore
Daraus ergibt sich die Moglichkeit der Dosierung von
Sporen schon vor ihrer Einverleibung. Bei jedem Versuch
habe ich eine Halfte von der zu gebrauchenden Sporen-
aufschwemmung injiziert und von der anderen Agarplatten
gemacht und dann die Kolonien am nfichsten Tage gezahlt.
Man muB jedoch auch eine eventuelle Fehlerquelle beriick-
sichtigen; ein Teil der Sporen kann nSmlich an den WSnden
der Spritze haften bleiben. Zur Feststellung derselben wurde
die Spritze zu wiederholten Malen nach der Injektion mit
sterilem Wasser geftillt und iiber die Agarplatten gespritzt
Doch erwiesen sich diese Kulturen als steril.
Als Versuchstiere verwendeten wir hauptsSchlich weiBe
MSuse, weiBe Ratten von 120—240 g und Meerschweinchen
von 300—450 g Gewicht.
Die Injektionen wurden subkutan und intraperitoneal vor-
genommen, bei den Meerschweinchen am Bauch, bei den
Mausen oberhalb der Schwanzwurzel. Es erfolgte eine tagliche
Untersuchung auf lokale Reaktion.
AnschlieBend an jede Sektion haben wir zwei mikro-
skopische PrSparate vom Herzblut bzw. Milzsaft angefertigt
und aus beiden eine Agarkultur angelegt.
Die oben erwShnte Methode der Sandaufschwemmung
wurde schon von Dr. med. Willy Mar chew (2) am hiesigen
ZelUchr. f. ImmnnlUitoforschang. Ori^. Bd. 32. 24
Digitized by GoL'gle
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
358
D. Nagasawa.
Digitized by
Institut bei der Untersuchung fiber die Mindestzahl der zur
tfidlichen Infektion ausreichenden Milzbrandsporen und fiber
Superinfektion angewandt.
Verhalten der einzelnen Tiere.
I. Mfiuse.
Mause sind hochempfindlich gegen Milzbrandsporen; die
Infektionsdauer bis zum Exitus war nicht imraer proportional
der injizierten Sporenmenge; im Gegenteil! So erlagen zu
Beginn unserer Versuche die Tiere bei subkutaner Injektion
von 2 Sporen schon nach 3—4Tagen, bei 30—142 am 4. bis
7. Tage und bei 850 Sporen am 5. Tage. Bei spfiteren Ver-
suchen, mit 5 Monate lang aufbewahrtem Sandmaterial, starben
sie bei nur 1—2 Sporen nach 7 Tagen.
Nach intraperitonealer Injektion von 50 Sporen starben
die Tiere nach 33 Stunden.
Wenn auch, wie oben erwahnt, kein genaues VerhSltnis
zwischen der Krankheitsdauer und der injizierten Sporenmenge
bestand, gingen doch alle Mfiuse ausnahmslos am 3.—8. Tage
zugrunde. Die Menge von 2 Sporen genfigte, um die Mfiuse
sicher zu toten.
Die Versuche, die mit aus dem Institut Pasteur bezogenem
Milzbrandvakzin I und II ausgeffihrt wurden, ergaben hin-
gegen, daU die direkt mit 0,1 ccm Milzbrandvakzin I injizierte
Mans am Leben blieb; die mit 0,5 ccm desselben Vakzins I
injizierte starb nach 12 Tagen; die mit 0,1 ccm Vakzin II in¬
jizierte starb nach 4 Tagen und die mit 0,5 ccm Vakzin II
nach 4 Vj Tagen an Milzbrand.
II. Ratten.
Ratten sind im allgemeinen ziemlich widerstandsfahig
gegen Milzbrandsporen. Eine kleine Ratte von 110 g Gewicht
erlag der Infektion am 5. Tage nach einer subkutanen Injektion
von 188 Sporen; eine groBere (Gewicht 240 g), mit 70 Sporen
injiziert, ging erst nach 10 Tagen zugrunde. Die Kulturen
jedoch, die ich von der letzteren aus Herzblut und aus Milz-
saft anlegte, haben sich als steril erwiesen. Ebenso konnte
ich von einer mit 600 Sporen intraperitoneal injizierten und
nach 3 Tagen gestorbenen Ratte keine Milzbrandbazillen
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAiGt']—
Experimentelle Untersuchungen iiber Milzbrandinfektion ubw. 359
ztichten. Die iibrigen rait 600 Sporen subkutan oder intra-
peritoneal injizierten Tiere erlagen der Infektion nicht.
III. Meerschweinchen.
Meerschweinchen reagieren im Vergleich zu den beiden
vorhergenannten Tieren viel konstanter. Mit 850 Sporen,
welche subkutan injiziert wurden, erfolgte der Tod nach
2 Tagen 6 Stunden, mit 125—400 Sporen nach 2 V 2 —3 Tagen,
mit 2 Sporen nach 4—5 Tagen.
Bei der Sektion konnte ich ausnahmslos ein typisches
sulziges subkutanes Oedem an der Injektionsstelle und typische
VergroBerung und Dunkelverfarbung der Milz nachweisen,
mit enormen Mengen von Milzbrandbazillen in der Milz und
geringeren im Herzblut,
Neben diesen ziemlich einheitlichen Resultaten gibt es
gelegentlich auch Versager; unter den ca. 40 Versuchstieren
haben 10 mit 2—300 Sporen subkutan injizierte Meer¬
schweinchen die Infektion iiberstanden.
Ein Meerschweinchen (280 g Gewicht), das mit 1,0 ccm
Milzbrand-Pasteur-Vakzin I infiziert wurde, blieb am Leben,
ein anderes (270 g Gewicht), mit 1,0 Pasteurvakzin II infiziert,
starb am 2. Tage.
Superinfektion mit verschiedenen Mengen und in versohiedenen
Zeitraumen. Depressionsimmunitat P
Zum Zweck der Feststellung der Reaktionsresultate bei
den verschiedenen Versuchstieren durch Superinfektion mit
verschiedenen Mengen von Milzbrandsporen in verschiedenen
ZeitrBumen stellte ich ipehrere umfangreiche Versuchsreihen an.
Versuche mit Sporen von Milzbrandstamm II an
Mausen.
Die infizierte Sporenzahl betrug 2—850 in Zwischenrtlumen
von 2—5 Tagen.
Zur Uebersicht habe ich meine Versuche in 4 Reihen
eingeteilt, von denen Reihe I a), b), II, III a) und IV a)
subkutan. III b) teils subkutan, teils intraperitoneal und IV b)
nur intraperitoneal injiziert wurden.
Eeihe I a) tiiglich 1 Injektion, 3 Tage lang (subkutan)
t*) )) t )) 5 „ ,, ,,
24*
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
360
D. Nagasawa,
Beihe 11 am 1. Tage 2 InjektioneD, am 2., 3., 4. Tage je 1 Injektion
(subkutan)
Reihe III a) taglich 2 iDjektionen, 3 Tage lang (subkutan)
b) am 1. Tage 1 Injektion 8 a. m. (subkutan)
„ 1. „ 1 „ 6 p. m. (intraperitoneal)
„ 2. und 3. Tage 2 Injektiqpen 8 a. m. und 6 p. m. (intra¬
peritoneal)
Beihe TV a) taglich 3 Injektionen 8 a. m., 2 p. m., 6 p. m., 2 Tage lang
(subkutan)
b) taglich 3 Injektionen, im ganzen 6 Injektionen, 8 a. m.,
2 p. m., 6 p. m. 2 Tage lang (intraperitoneal)
Die Resultate unserer Versuche sind in nachstehender
Tabelle zusammengestellt:
Tabelle I.
Superinfektion. Mause. Sporen vom MilzbrandbaziUenstamm IL
- •
1 1
S o
Q 1
So
a
Tod nach
1
S-s !
Milzbrand-
c
No.
Injektion am
^ !
0)
C6 4^ '
M \
2i
erster 1
letzter
o 9 1
I
bazillen im
S §:
o 1
Cu !
S
Injek-1
Injek-
M ^
Herzbl.
S3 <
j
OQ
o
tion 1
tion
Milzs. 1
1
! 9. IX.
142
I sk.
1
17
10. „
142
+
12/13. IX.
4 Tage
2 Tage
typisch
-f-
+
-1-
1
i 11. „
142
1
1
9. „
142
1
18\
10. „
142 1
1 ”
+
4 „
2 „
+
+
+
1
. 11. „
142
1
1
' 9. „
5
1
1
19
1 10. „
5
r»
-t-
14/15. IX.
6 „
'4 „
+
+
+
1
i 11. „
5
1
1
2 o|
1 Q
i 10. „
! 11. „
5
5
5
}■'
+
99
6 „
4 „
Milz
klein
1
—
Kokken
Kontr.
i 9. „
142
>9 '
+
99
6 „
.
typisch
+
+
+
Kontr.
1 9. „
5
9)
+
16/17. IX.
8 „
.
99
+
+
+
I
' 6. X.
2
43
tt
8. „
9.
2
2
2
‘ 99
+
14/15. X.
9 „
5 „
nicht
typisch
—
—
—
1
10.
2
1
(
6. „
2
7. „
2
44(
8. „
2
^ 99
+
11. X.
5
1 Tag
typisch
+
+
+
1 9. „
2
i
1
10. „
2
(
6. „
125
r
7. „
125
45{
8. „
125
> „
+
10/11. X.
5 „
1 »
+
+
-1-
, 9. „
125
1
10. „
125
I
Digitized by Google
Origioai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Experimentelle Untersuchuiigen iiber Milzbrandinfektion ubw. 361
Tabelle I (Fortsetzung).
No.
InjektioD am
a
S
a •
Art aer
njektioD
1--'
M
Q 03 1
4) 1
restorben
am
Tod nach
erster 1 letzter
Injek-I Injek-
Sektions-
befund
Milzbrand-
bazillen im
Kulturen
Agar
QQ
1
^ 1
tion
tion 1
Milzs. 1
Herzbl.|
6. X.
125
7. „
125
46|
8. „
125
>sk.
+
11 / 12 . X.
6 T.
2 Tage
typisch
+
+
+
9. „
125
10. „
125
f
6. „
400
47
i::
400
400
”
+
9/10. X.
4 „
ITag
+
+
+
1
9. „
4001
1
6. „
4001
48j
7. „
400‘
+
8/9. X.
3 „
1 ,,
ft
+
+
+
8. „
400
1 ”
1
Kontr.
6. „
2
ff
+
12/13. X.
7 „
.
tf
+
+
+
Kontr.
6. „
125
tf
+
7 „
.
tf
+
+
+
Kontr.
6. „
400
•J
+
10/11. X.
5 „
•
ft
+
+
+
■
T Y i9 a. m.
3 J
3
1 T.
35 ]
2. ,, 9 a. m.
3 1
+
4/5. X.
4 „
tt
+
+
+
3. „ dgl.
3 1
ft
3 ,
1
, /9a,m.
■ ” \5p. m.
3 1
)
3 1
2V.
aeJ
2. „ 9 a. m.
3
> „
+
6. X.
5V,
tf
+
+
+
3. „ dgl.
3
4
ft ft
3
J
, 19 a. m.
■ ” \5p.m.
140
\
140
377
2. „ 9 a. m.
140
+
3. X.
2>„ „
1 „
tt
+
+
+
3. „ dgl.
140
/ »»
4
V ft
(-)
J
j
1 , f9a.ra.
1 ■ ” l5p.m.
140
1
i
38^
140
”
+
2/3. X.
2 „
1 „
tt
+
+
+
1
2. „ 9a,m.
140
1
1
, 19 a. m.
1 ■ ” \5 p. m.
2. „ 9 a. m.
!850
1
39 ^
;850
'850
1”
+
3/4. X.
3 „
1 ,,
tt
+
+
+
1
3. „ dgl.
1850
)
, 19 a. m.
” \5p. m.
2. „ 9 a.m.
1850
4ol
850
850
+
4. X.
3
1 „
tt
+
+
+
3. „ dgl.
,850
Kontr
1. „ 9 a.m.
3
tf
+
6/7. X.
6 „
.
tt
+
+
Kontr
dgl.
140
ft
+
j 6/7. X.
6 „
.
tt
+
+
+
Kontr
• ft
1850
ft
+
5/6. X.
js „
1 •
tt
+
+
+
Digitized by
Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
362
D. Nagasawa,
TabeUe II.
Superinfektion. Mause. Sporen von Milzbrandbazillenstamm II.
1 !
N
^ .0
c
-^.2
ca
.s
Tod nach j
•
Milzbrand-
a
« .
^ b
No.
Injektion am
§ ‘
M
Co ^
5i
erster 1
letzter|
0 2
ts 1
bazillen im
a c«
s.,
s s
S
Injek-1
Injek¬
^ a>
1
1
1
1
i
OQ 1
1
0
tion
tion
Milzs. 1
Herzbl.
20.IX.j
'8 a. m.'
6 p. m.
40V
25/
I
23.x. ^
1
1
!
1
23
21. „ i
z
2.51
40/
■sk.
1
+
3V.T.;
1 T.
typisch
-1-
+ 1
+
22 1
1 —
431
1 • ” i
[ —
43/
1
,*■ "i
21 J
f —
401
1
24]
^ —
25/
251
1 ”
+
21,^22. IX.
2 „
1 ,,
Milz
groS
—
—
—
1
[ —
40/
J
20. „ j
f -
40
25
ip.
1
25-
21. „ j
251
40/i
■+
24/25. IX.'
5
3 „
typisch
+
+
-f
22. „ j
[ -
[ -
431'
43/!
1 **
261
20.IX.j
21. „ j
1 —
1 -
40
25
251
sk.
ip.
K
,21/22. IX.
2 „
1
1 T.
Peri ton.
acuta
+
+
+
[ —
40/
>»
J
Kontr.
20. „
40
sk.
+
25/26. IX.
6 „
.
typisch
+
+
+
Kontr.
20. „
40
}i
+
>»
6 „
.
tf
+
+
+
1
[8 a. m.
50
27
2p. m.
50
29.
1
1
[6 p. m.
f —
50
50
sk.
+
1. X.
4 „
3 „
ft
+
+
+
28. „
1
50
1
1 -
50
1
r —
50
27. „ 1
1 _
50
30.
1
i -
1 —
50
50
ft
+
2/3. X.
6 „
5
ft
+
+
+
28. „ .
1
k
50
1
1 -
50
1
1 —
50
' 27. „ 1
1
k
50
31.
1
1 -
( -
50 i
50
ip.
1
28/29. IX.
2 „
V,
Peri ton.
acuta
+
+
+
28. „
1
50 '
j 1
l - ■
50 ;
f -
50 '
' 27. „ ^
1
1
50
32.
28. „ .j
[ -
1 -
i —
50
50 i
50 1
(-)
50 1
1
—
28. IX.
IV, „
3 Std.
typisch
+
+
+
Kontr.
'27.
sk.
+
4. X.
^ ”
tt
+
+
-b
Kontr.
27. „
50 1
ip.
—
28. IX.
i33 Std.
•
If
+
+
+
Digitized by
Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAI6N
Experimentelle Untersuchungen iiber Milzbrandinfektion usw. 363
Reihe la. Von den mit 5—142 Sporen tSglich einmal
subkutan injizierten MSusen starben 2 am 4. Tage und 2 am
6., die Kontrollen am 6. und 8. Tage.
InReihelb hatte die subkutane Injektion von 2 Sporen
tSglich, 5 Tage lang, den Tod eines Tieres schon am 5. Tage
zur Folge; die Kontrolle starb am 7. Tage, eine andere Maus
starb am 9. Tage; dieser Fall ergab keine Milzbrandbazillen.
Die wiederholte Injektion von 125 Sporen verursachte bei
einer Maus am 5. Tage den Tod, bei einer anderen am 6.,
bei der Kontrolle am 7. Tage. Bei Injektion von 400 Sporen
gingen 2 Tiere wShrend des Versuches zugrunde, das Kontroll-
tier am 5. Tage.
Reihe II. Von den mit je 3 Sporen am 1. Tage 2mal,
am 2., 3. und 4. Tage je einmal subkutan injizierten M^usen
starb eine am 4. Tage, eine andere nach bVs Tagen, die Kon¬
trolle am 6. Tage. 2 MSuse, die mit 850 Sporen wie oben
injiziert wurden, erlagen gleichzeitig schon am 3. Tage der
Infektion, die Kontrolle nach 5 Tagen.
Reihe Ilia. Nach subkutaner Injektion von 25 bis
40 Sporen, taglich 2mal, 3 Tage lang, starb ein Tier nach
3 V 2 Tagen, ein anderes schon am 2. Tage, die Kontrolle am
6. Tage.
Reihe Illb. Am 1. Tage wurden subkutan 8 a. m.
und intraperitoneal 6 p. m. 25—40 Sporen injiziert; am 2.
und 3. Tage 2 intraperitoneale Injektionen 8 a. m. und 6 a. m.
ausgefiihrt, wonach eine Maus schon am 2. Tage, eine andere
am 5. Tage zugrunde ging, die Kontrollen am 6. Tage.
Reihe IVa. 50 Sporen 3mal tSglich. 8 a. m., 2 p. m.,
6 p. m., 2 Tage lang, subkutan injiziert, tdteten eine Maus
am 4. Tage und eine am 6., die Kontrollen erst am 7. Tage.
Reihe IVb. Nach intraperitonealer Injektion, genau
wie a) ausgefiihrt, erlag eine Maus schon nach IV 2 Tagen,
eine andere am 2. Tage der Infektion, die Kontrolle nach
33 Stunden.
Trotzdem obige Versuche nicht geniigend umfangreich
sind, um ein abschliefiendes Urteil zu geben, kdnnen wir doch
folgendes daraus entnehmen:
In alien Versuchsreihen erlagen die wieder-
holt in kurzen ZwischenrSumen mit Milzbrand-
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
364
D. Nagasawa,
sporen infizierten MSuse etwas friiher der In-
fektioD, als die nur einmal mit der einfachen
Sporenmenge geimpften Kontrolltiere. Bei relativ
virulentem Milzbrandmaterial gelang es nicht, mittels kurz
nacbemander ausgefiihrter Injektion eine Immunit&t zu er-
zielen, im Gegenteil!
Versuche mit Sporen von Milzbrandstamm II
an Meerschweinchen.
Zur Uebersicht teile ich diese Versuche auch in vier
Reihen ein:
Beihe I mit 2—400 Sporen taglich einmal 5 Tage lang (eubkutan).
Reihe II mit 3—850 Sporen am 1. Tage 2mal, am 2., 3. und 4, Tage
je einmal (subkutan).
TabeUe I.
Superinfektion. Meerschweinschen. Sporen von Milzbrandbazillenstamm II.
i
1
1 o
o
1
,
i Milz-
1
1
1 *. a
Sporenzahl
1
1
Tod nach
1 brand-
Ic:
6 g
^ 'io
1^9
Injektion am
Art
er Injek
1
«
o
13
M
Gestorben
am
erster
Injek-
letzter
Injek-
j .2
.2
M
bazillen
im
OD 1 ^
S
Kultnre
Agar
1
' 1
1 ^
3
1
tion
tion
1 ^
1 ^
: a
26, 340!
6. X.
2
1 sk.
„
2
+
8.- 9. X.
3 T.
1 T.
typ.
+
+
+
1
8. „
2
!
6. „
2
1
27 300
7. „
2
1
1 ”
+
8. X.
2V. »
V, »
+
+
+
1
8. „
2
1
6. „
125
1
1
28 280*
7. »
125 1
f ”
+
8.-9. X.
3 „
1 „
1
+
+
+
8. „
125
1
29 32o!'
6 . „
125
1
1- »
125 i
1 ”
+
1
00
3 „
1 „
+
+
+
1:
8. „
125 j
1
1
1
30 280{
6 . „
7. „
88
}"
+
00
49Std.
1 Std.
+
+
+
l'
6 . „
400
1
1
31,290j'
1- ”
400
\
1
+
dgl- 1
54 „
6 „
+
+
+
8. „
400
1
(
K„.S!34o|
6 . „
2
1
a ;
+
blieb am Leben
Kontr.j360 ■
6 . „
125
”
+
1
2% T.j
typ.
+
+
+
Kontr.'400 '
6 . „
400
» 1
+ 1
” 1
2'4 „l
J)
+
-1-
+
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Experimentelle Untersuchungeu iiber Milzbrandinfektion usw. 365
Beihe III. An Meerechweinchen, die schon eine Infektion mit 4—24 Sporen
iiberstanden batten, wurden 23 Tage nach der 1. Infektion fol-
gende Superinfektionen ausgefiihrt:
a) am 1., 2. und 3. Tage 2mal tiiglich 8 a. m., 6 p. m. (sub-
kutan),
b) am 1. Tage 8 a. m. nur einmal (subkutan), 6 p. m. (intra-
peritoneal), am 2. und 3. Tage 8 a. m., 6 p. m. (intra-
peritoneal).
Reihe IV. a) Meerechweinchen, die schon eine 2malige subkutane Infek¬
tion mit 2—274 Sporen iiberetanden hatten, wurden 3mal
mit 14—300 Sporen in 7-tagigen Zwischenraumen injiziert
(subkutan).
b) 4 Meerechweinchen wurden nach einmal iiberetandener In¬
fektion von 2—194 Sporen und 2 nach 5mal iiberetandener
von 2—300 Sporen nochmals mit nur 22 Sporen injiziert.
Tabelle II.
Superinfektion. Meerechweinchen. Sporen von Milzbrandbazillenstamm II.
o
2 i
a
js s
I 2
,uO
Injektion am
■9
N
c
a
o
Oi
cc
' a
a I .2
o
•13
< a ;
0)
Gestorben
am
Tod nach
■a
p
a
(D
a
o
ereter letzter
Injek-1 Injek-!
tion i tion
Milz-
brand-
bazUIen
im
DO I "S
rs I a>
g 1 m
a
B Si
■3‘<
18425(
19-
20 35(K
.33K
22 39
2342C
1 .
1 .
1 .
^•1
9 a. m.
5 p.m.
i|
9 a, m.
sk.
4-
dgl.
3
17
3’
9 a. m.
3)
”
5 p. m.
9 a. m.
71
4-
3. X.
dgl.
3>
[ 9 a. m.
1401
1
”
5p. ra.
9 a. m.
1401 '
140
”
4-
dgl.
dgl.
140
J
[ 9 a. m.
1401
1
” ■
[ 5 p. m.
140 (
4-
9 a. m.
140
1 ”
71
dgl.
140
J
9 a. m.
8501 1
1
5 p. m.
9 a. m.
8501
850
”
4-
3.-4. X.
dgl.
800
J
9 a. m.
8501
1
”
5 p. m.
9 a. m.
850/
850
1”
4-
3. X.
dgl.
800
J
blieb am Leben
2V, T.;7 Std.
2‘/, „
2‘/o ,, '6 „
3 „ '1 T.
2 '/. „
6 Std.l „
typ.i 4-
+
+
+ ' +
+
4-
4-
4-
4-
4-
4 -
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
366
D. Nagasawa,
Tabelle II (Fortoetzung).
-
Q
(3
0
'tS
Milz-
- a
3
0
M
Tod nach
s
brand-
a
d
■s i
• cq
is i
Iniektion am
N
c
■e:"
Gestorben
am
03
bazilleD
im
5 a
5 tc
uO
s,
03
^ 1 —1
Ui
erster
Injek-
letzter
Injek-
,0
M
(S
N
3
eg
'3<
i
0
tion
tion
CD
1
w
24
Kontr.
jsoo
U.X.
1
9 a. m.
3
1
8k.
i
blie
3 am I
jcben
Kontr.
310
dgl.
140
>»
+
3.-4. X.
3 T.
.
typ.
+
-t-
+
Kontr.
315
850
+
3. X.
2V, „
•
>>
+
+
-1-
30. VIII.
24(1)
22. IX..
'8 a. m.
6 p. m.
2171
350 f
10
15o|
23... ;
—
350(
isk.
+
24.—25. IX.
26 „
1 Std.
„
+
+
+
1. -
160(
'24. „ 1
—
1301
-
130/
30. VIII.
24(1)
22. IX.
f 8 a. m.
6 p. m.
2171
350(
11
365
23
-
3501
+
24. IX.
25 „
5
+
+
+
„
. -
160/
24. „
-
-
130
(-)
30. VIII.
4(1)
1
[ 22 . IX.
8 a. m.
6 p. m.
217
350
1 '
12
365
23. „
-
-
350
160
ip.
' +
24. IX.
25 „
5 „
+
+
■f
'24. „
-
130
J
(-)
”
-
(-)
30. VIII.
4(1)
jsk.
\
;22.IX.
8 a. m.
6 p. m.
217
350
13
415 ]
OQ —
350
+
26.—27. IX.
28 „
3 T.
-1-
+
+
-
160
ip.
24. „
-
-
130
130
1
Kontr.
370
22. „
217
sk.
+
24.—25. IX.
3 ..
■f
+
-f-
Kontr.
430
dgl.
217
+
24. IX.
27, „
11
4-
-1-
-1-
Zur Eriauterung obiger Tabellen mochte ich noch folgende
Angaben niachen:
Zu Reihe I. Von den mit taglich einmal 2 Sporen sub-
kutan injizierten Meerschweinchen ging das eine schon nach
2V2 Tagen, ein anderes am 3. Tage zugrunde; die Kontrolle,
nur mit 2 Sporen injiziert, blieb gesund. Von den mit
125 Sporen injizierten Tieren starben 2 gleichzeitig am 3. Tage,
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Eiperimentelle Untersuchungen fiber Milzbrandinfektion usw. 367
TabeUe III.
Superiufektion. Meerschweinchen. Sporen vom Milzbrandbazillenstamm I(i) und II.
1
Gestorben
am
Tod nach
erster letzter
Injek- Injek-
tion tion
Sektiousbefund
25.-26. IX.
41 T.
4 T.
typ.
3.-4. IX.
12 „
3 „
91
18. IX.
26 „
3 „
11
I
o
Le
■cl n
o 9
i I- Injektion
I q
am
M
a
a
p
a
o
'■w
C.
a:
CO I
a
o
s
I
d)
Milz-
brand- q
bazilleu i £ ^
im ' B Sd
■ I 3 '3**^
"n
fe
W
Kontr.j/
+
+
+ 1 +
+
+ ' +
blieb am Leben
dgl.
7. XI.
76 T.3'„ T.
typ. 1
i
+ '
+ ' +
1
6 . XI.
59‘/, „ 2>/, „
1
” 1
+
+ +
,-7. XI.
60 „ 3 „
+
+ ' +
1
,-7. XI.
37 „ 3 „
J’
1 +
1
+ +
!
7. XI.
1
i 1
37 ., :3'/, „
99
+
1
1 + +
7. XI.
|32 „ 3‘/, ,,
19
+
+ ' +
Kontr.
blieb am Leben
4. XII. *30 „|2 „,typ.
+ I + +
Digitized by
Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
368
D. Nagasawa,
Digitized by
d. h. mehrere Stunden spater als die Kontrolle (Kontrolle
nach 2Vj Tagen); die mit 400 Sporen injizierten starben nach
49 Stunden und nach 2^2 Tagen, die Kontrolle nach Tagen.
Zu Reihe 11. 2 Meerschweinchen (No. 18 und 19) er-
hielten ganz kleine Mengen, 3 Sporen, subkutan, und zwar
zweimal am 1. und einmal an den 2—4 nachsten Tagen. Das
eine Tier starb schon am 2. Tage, das zweite blieb am Leben.
2 weitere Meerschweinchen wurden mit groBen Sporenmengen,
850, injiziert; das eine starb vor der 5. Injektion, gleichzeitig
mit dem Kontrolltier, das andere einige Stunden spater.
Zu Reihe III. Superinfektion in Zwischen-
raumen von 8 und mehr Tagen. Zu diesen Versuchen
dienten 4 Meerschweinchen. Das eine (No. 6) erhielt am
23. VIII. 1920 subkutan 30 Sporen, nach 8 Tagen, am 1. IX.,
274 Sporen und starb 3 Tage nach dieser 2. Injektion; ein
anderes Meerschweinchen (No. 9) erhielt am 23. VIII. 2, am
1. IX. 274 (wie das vorherige), am 8. IX. 14, am 15. IX. 300
und am 22. IX. 223 Sporen; nach der 1. und nach der 2. In¬
jektion war die lokale Reaktion deutlich. Wahrenddem diese
5 Injektionen gut ertragen wurden, fuhrte die 6., am 4. XI.,
d. h. 5 Wochen spater ausgefuhrte Infektion mit nur 22 Sporen
zum Tode, das Kontrollmeerschweinchen (420 g schwer, wie
das vorherige) ertrug dieselbe Sporenmenge anstandslos.
Ein weiteres, ahnlich vorbehandeltes, 370 g schweres
Meerschweinchen (No. 7) ertrug 3 Injektionen in 8-tagigen
Zwischenraumen, ging aber 3 Tage nach der 4. Injektion an
Milzbrand zugrunde; das 4. Meerschweinchen dieser Serie
(No. 4) starb 4 Tage nach der 5. Injektion von 223 Sporen,
nachdem es in Zwischenraumen von 14 und 8 Tagen die sub-
kutane Injektion von 100,11, 194 und 300 Sporen ertragen hatte
und die zwei ersten Male mit einer lokalen Schwellung reagierte.
Zu Reihe IV a. Ich mdchte noch dazu bemerken, dafi
das Meerschweinchen (No. 9), das im ganzen mit 813 Sporen
auf 5mal in 7-tagigen Zwischenraumen wahrend 30 Tagen in¬
jiziert wurde, die Infektion flberlebte; ebenso wurde sie auch
von beiden Kontrollen (I mit 194 Sporen und II mit 14 Sporen
subkutan) Uberstanden.
IV b. 4 Meerschweinchen tiberlebten eine einmalige In¬
fektion (No. 14 mit 194 Sporen, No. 15 mit 14, No. 24 mit 3
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Experimentelle Untereuchungen fiber Milzbrandinfektion usw. 369
und No. 32 mit 2 Sporen, subkutan); davon wurden No. 14
und 15 am 47. Tage, No. 24 am 34. Tage und No. 32 am
29. Tage nochmals mit 22 Sporen superinfiziert. Es starben
No. 14 nach 27*, No. 15 und 18 nach 3 und No. 24 und 32
gleichzeitig nach 37* Tagen. Die Kontrolle blieb am Leben.
Zwei weitere Meerschweinchen ertrugen eine 5malige In-
fektion (No. 9 mit 2—300, No. 18 mit je 3 Sporen) und gingen,
nachdem sie wieder mit 22 Sporen superinfiziert wurden
(No. 18 am 31. Tage, No. 9 am 43. Tage nach der letzten In-
fektion). No. 18 am 3. Tage und No. 9 nach 37* Tagen zu-
grunde.
Diese Versuche beweisen, daB bei groBeren Meerschweinchen
eine GesetzmaBigkeit im Verhalten gegenflber der Superinfek-
tion mit Milzbrandbazillen nicht besteht. Die einen Tiere er-
tragen eine Sporenmenge, die fUr andere tddlich wirkt.
Auch in bezug auf die Sporenmenge besteht keine Gesetz-
mSBigkeit; es kommt vor, daB ein Tier, das mehr Sporen sub¬
kutan injiziert erhielt, am Leben blieb, wahrenddem ein gleich¬
zeitig mit wenigen Sporen derselben Aufschwemmung infizier-
tes Meerschweinchen an Milzbrand zugrunde geht.
Besondere Erwahnung verdient der Umstand, daB es uns,
bei wiederholter Vorbehandlung mit virulentem Material, in
keinem einzigen Falle gelungen ist, bei grSBeren Meerschwein¬
chen eine dauernde Immunitat gegen Milzbrand zu erzeugen.
Versuche an Ratten mit Sporen des Milzbrand-
stammes II.
Diese Versuche teile ich in zwei Reihen.
Reihe 1. 6 Ratten werden in verschiedenen Intervallen mit 2—387 Sjwren
Bubkiitan infiziert.
Reihe II. Infektion von 8 Ratten in bestimmten Intervallen mit 30—70
Bporen Bubkutan, und zwar:
a) 2 Ratten taglich 2mal 3 Tage lang,
b) 2 Ratten taglich Imal 6 Tage lang,
c) 2 Ratten Imal jeden 2. Tag 6 Tage lang,
d) 2 Ratten Imal jeden 3. Tag 6 Tage lang.
Es wurden eine groBere Anzahl von Versuchen an Ratten
ausgeffihrt in der Absicht, bei diesen spontan milzbrand-
resistenten Tieren eine erhohte Immunitat zu erzeugen. Die
Versuche sind in beifolgender Tabelle zusammengestellt.
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
370
D. Nagasawa,
Tabelle IV. Superinfektion. WeiSe Ratten.
Sporen vom Milzbrandbazillenstaram I (i) und II.
o
60
B
ja
u
o
Injektion am
1
N
0
a
a
QQ
>- S
I o
Gestorben
am
Tod nach
ereter letzter
Injek-1 Injek¬
tion tion
-o
B
£
93
c
.2
Milzbr.- :
Bazillen b
im g 53
§
K
O
a
1
3
9
12
15
145(1
20 .
240 ^ 1 ®-
20 .
VIII.
190|’
30.
29.
2io(i 30-
29.
240
16 210
17 175
18 120
19 1S5
13.
14.
15.
30.
13.
14.
15.
30.
13.
14.
15.
16.
17.
18.
29.
24.
13.
14.
15.
16.
17.
18.
29.
24.
13.
15.
17.
19.
21 .
23.
30.
29.
X.
VIII.
X.
/8 a.
IX.
6p.
m.
m.i
|8 a.
” 16 p.
X.
XI.
IX.
X.
XI.
IX.
X.
387
350
100
!i13
I 24(1):
1600
I 4(1)'
;600
401
40/
501
50/
501
43/
600
401
40 (
50
50
50
43/
600
40
50
50
40
40
5U
300
350
40
50
50
40
40
50
300
350
40
50
40
50
I 40
I 50
600
300
!j sk.
+
-f
+
ip.
sk.
ip.
-f
-f
I I
23. VIII. I 7 Tg.| 3 Tg.
25/26. VIII. 110 ,
4. XI. ;66 „ i 5V,
I 1/2. XI.
64
15/16. X. ;33
getotet am 29. XI.
getotet am 29. XI.
getotet am 18. XI.
16 „
typ.
24. X. 41 „ 124 „ I
I I
Milz
grofl
dgl.
-I-
+
-f
4-
+ ; +
+ ^ - 1 -
+ : +
I I
+ ; + ■ +
+ I + , +
' Bteril
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN ■
Experimentelle UntereuchuDgen iiber Milzbrandmfektion usw. 371
Tabelle IV (Fortsetzung).
I
.a I
O 1 S i
I
'S I
lU I
o
Injektion am
N
a
<v
u
a
cc
l§l
I' 2 3
-o ’iS s
S!
Tod iiach
Gestorben
am
ereter
Iiijek-
tion
letzler
Injek¬
tion
■o
a
Milzbr.-
Bazillen
im
o
M U
^ tc
20,15(X
13. IX.
40
15. „
50
17. „
40
19. „
50
21 . „
40
23. „
50
30. .,
600
29. X.
300
29 250
29. X.
24. XI.
sk. -fl getbtet am 18. XI.
600
350
ip.
sk.
ip.
+ 1
getbtet am 4. XII.
Milz
grofi
dgl.
eterii
Es sollte gepruft werden, ob die wiederholte Injektion
von geringen Mengen Milzbrandsporen bei Ratten eine er-
hohte Widerstandsfahigkeit gegenflber stirkeren Dosen er-
zeugt. Zu diesem Zwecke wurden gleiche Mengen — 40—50
Sporen — den einen Tieren 2mal innerhalb 24 Stunden, den
anderen jeden 2. resp. 3. Tag injiziert. Die Versuche sind
nicht zahlreich genug zu einem endgflltigen Urteil. Iinmer-
hin verdient die Tatsache Beachtung, daB diejenigen Ratten,
welche 2mal taglich injiziert worden waren, nach 16 Tagen
einer Injektion von 600 Sporen erlagen, wShrenddem diejenigen
Versuchstiere, welche dieselbe Menge Sporen in groBeren
ZwischenrSumen injiziert erhielten, am Leben blieben.
Die Virulenz unserer Milzbrandsporen scheint innerhalb
kurzer Zeit abgenommen zu haben; im August starben zwei
Ratten nach 2maliger Injektion von je 350 resp. 100 Sporen,
wahrenddem einen Monat spater noch groBere Mengen er-
tragen wurden.
Die intraperitoneale Injektion von Milzbrandsporen wird
von den Ratten ziemlich gut ertragen; es waren grSBere
Mengen (600 Sporen) erforderlich, urn die Tiere an Milzbrand
zu to ten,
Eine Erhohung der Widerstandsfahigkeit gegenuber Milz-
brandinfektion durch wiederholte Vorbehandlung mit Milz¬
brandsporen war in unseren Versucheii nicht sicher nachzu-
weisen wegen der angeborenen Milzbrandimmunitat der Ratte.
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
372
D. Nagasawa,
Digitized by
Depressionsimmunitat.
Versuche mit Milzbrandsporen an MS.useD und
Meerschweinchen.
Die von Morgenroth entwickelten Gesichtspunkte fiber
Immunitat unter dem Titel „Depressionsiraraunitat“ haben uns
dieses Gebiet in einem neuen Lichte gezeigt. Den Kernpunkt
seiner Theorie faBt er, wie folgt, zusammen:
„Die Immunitfit findet also ihren Ausdruck darin, daB
die bei nicht vorinfizierten Mfiusen akut todliche Superinfektion
in eine chronische Infektion verwandelt wird, die im wesent-
lichen den Charakter der chronisch verlaufenden Vorinfektion
trSgt. Es findet eine Depression der Virulenz statt — De-
pressionsinimunitat.“
Morgenroth stellt auch fiber den zeitlichen Verlauf der
Immunitat bestimmte Gesetze auf, daB sie namlich bereits
24 Stunden nach der Vorinfektion voll ausgebildet und schon
nach 6 Stunden in nachweisbarer Entwicklung begriflfen sei.
Nach ihm ist der chronische Verlauf der Vorinfektion selbst
durch die sofort mit dieser eihsetzenden Depressionsimmunitat
bedingt. Die Depressionsimmunitat ist also nicht das Ergebnis
einer chronischen Infektion: das Chronischwerden einer akuten
Infektion ist vielmehr die Folge der Depressionsimmunitat.
Meine nachstehenden Versuche sollen dazu dienen, obige
Angaben durch Infektion mit genau dosierten Milzbrandsporen
hauptsachlich an Mausen und Meerschweinchen nachzuprfifen.
Ver8uch I mit Sporen vom Milzbrandstamm II an weiBen
Man sen.
Es wurden 5 Versuchsreihen mit jc 4 weiBen Mausen ausgefiihrt; am
11. X., 12. X., 13. X., 14. X. und 15 X. wurden je 4 Tiere, im ganzen
20 Mause, mit 30 Milzbrandsporen subkutan infiziert. Von diesen 20 Ver-
suchstieren starben 4 vor der 2. Infektion und fallen weg. Die iibrigen 16
wurden am 15. X., gleichzeitig mit 4 Kontrollmausen, mit 650 Sporen zum
zweitenmal infiziert. Die Tiere der ersten Serie wurden am 4., diejenigen
der 2. Keihe am 3. Tage, diejenigen der 3. Reihe am 2. Tage, diejenigen
der 4. Reihe am 1. Tage, die 5. Reihe 6 Stunden nach der ersten Infektion
svperinfiziert.
15. X. 1920:
Reihe I
Reihe II
Reihe III
Reihe IV
Reihe V
nach 4 Tagen
» 3 „
j> 2 „
„ 1 Tage
„ 6 Stunden
N achinfektion mit 650 Spo-
) ren vom Milzbrandbazillen-
stamm II.
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAI6N
Experimentelle Untersuchungen iiber MilzbrandiDfektion usw. 373
Am 16. X. atarben 3 Mause aus der I., 2 aus der IV. Reihe. Am
17. X. waren 2 Mause aus Reihe II, 3 aus III, 2 aus IV und eine aus V
tot. Am 3. Tage nach der Superinfektion (18. X. 1920) verzeichnen wir
folgendes Resultat:
Reihe I (Superinfektion nach 4 Tagen) alle tot
Reihe II ( „ ,. 3 „ ) „ ,.
Reihe III ( „ „ 2 „ ) „ „
Reihe IV ( „ .,1 Tage ) „ „
Reihe V ( „ » 6 Stund.) 2 Mause tot, 2 am Leben.
Von den KontroUen sind 2 tot, 2 am Leben; am 4. und 5. Tage
stirbt je eine EontroUe, am 6. Tage eine Mans aus Reihe V, eine ist noch
am Leben. Die gestorbenen Mkuse haben alle wie die Kontrolltiere in
Milz und Herzblut reichlich Milzbrandbazillen. Am leben geblieben ist
eine Mans aus Reihe V, welche erst am 13. Tage zugrunde geht. Dieses
ist zwar der einzige Fall, doch bemerkenswert, well bei alien unseren Ver-
Buchen alle Mause ausnahmslos innerhalb 8 Tagen gestorben sind.
Aus diesem Versuche geht hervor, dafi von den 20 Ver-
suchs- und von den 4 Kontrolltieren samtliche mit einer
einzigen Ausnahme innerhalb 6 Tagen nach der 2. „Super“-
Infektion gestorben sind. Nur eine Mans blieb 13 Tage,
d. h. 7 Tage langer als alle flbrigen Versuchstiere, am Leben
und starb ebenfalls an Milzbrand.
Versuch II rait Sporen von Milzbrandstamm II an weiflen
Mausen.
Hier wurde der Versuch mit einer noch geringeren Zahl von Milz-
brandsporen ausgefiihrt.
19.X.1920 Reihe I 4
19. „ 4
20. „ „ Reihe II 4
21.) 4
20. „ „ Reihe III 4
21. „ Reihe IV 4
22. „ „ Reihe V 4
Mause mit 5 Sporen subkutan
it
tt
if
If
it
5
7
8
7
8
8
ii
if
it
11
it
11
it
*1
11
11
li¬
lt
Am 22. X. erhalten samtliche Mause, gleichzeitig mit 4 KontroUen,
130 Sporen subkutan. Der Zwischenraum zwischen der ersten und der
letzten Injektion betragt bei Serie I und II 3, bei Serie III 2, bei Serie II
1 Tag und bei der letzten Serie nur 6 Stunden.
Am 1. Tage waren eine Maus aus Reihe II, am 2. Tage 2 aus Reihe I,
je 1 aus Reihe II, IV und V, 3 aus Reihe III tot; am 3. Tage gingen je
2 aus Reihe I und II, 1 aus Reihe V und auch alle 4 KontroUen zugrunde.
Am 3. Tage nach der Superinfektion (25. X. 1920) zeigt der Versuch
folgendes Bild:
ZtiUchr. f. ImmuDiUtiirorschun^. Orif. Bd. 32. 25
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
374
D. Nagasawa
Digitized by
Reihel (Superinfektion nachSTagen) alle tot
Reihe II ( [wiederholt]
R€ihelll( „
Reihe IV ( „
Reihe V ( „
I ^ I) ) II II
„ 2 ) SMausetot. 1 amLeben
1 Tage) 1 Maus tot, 3 „ „
6 Stand.) 2 Mause tot, 2 „ „
Kontrollen; alle 4 Manse tot.
Alle 4 Kontrollen gingen am 3. Infektionstage zugrunde, von denen
2 Diplokokken (Mischinfektion). 2 Milzbrandkulturen zeigten. Am 4. Tage
Btarb 1 Maus aus Reihe IV, 2 aus Reihe V; am 5. Tage je 1 aus Reihe III
and IV; am 6. Tage kam schlieSlich die letzte Maus aus Reihe IV ad
exitum. Die Kulturen von alien Miiusen erwiesen sich als positiv. In
diesem Versuche starben von den 20 Versuchstieren 6 Miiuse spater als
die Kontrollen.
Versuch III.
In diesem Versuch werden nur 2 Sporen injiziert.
2. XI. 19’20 Reihe I 4 Mause) subkutan mit 2 Sporen vom Milzbrand-
3. „ „ Reihe II 4 „ f bazillenstamm II.
3. „ „ Reihel nach 24 Stunden \ Nachinfektion mit 10 Sporen vom
Reihe II „ 6 „ ( Milzbrandbazillenstamm II.
Gleichzeitig werden 4 Kontrollmause mit nur 10 Sporen infiziert.
Am 3. Tage ist zuerst 1 Kontrolle tot, am 4. Tage 3 Miiuse aus Reihe II
und 2 Kontrollen. Am 5. Tage stirbt je 1 Maus aus Reihe I und die
iibrigen Kontrollen; am 6. Tage 2 aus Reihe I, am 7. Tage 1 aus Reihe II.
Schliefilich ging die letzte Maus aus Reihe I. und zwar erst am 19. Tage
zugrunde; sie iiberlebte also die Kontrollen 15 Tage lang. Die Kulturen
von alien gestorbenen Miiusen ergaben Milzbrandbazillen in Reinkultur.
Versuch IV.
Da unser Milzbrandstaram II zu virulent war, versuchten wir die
Vorbehandlung mit etwas weniger virulentem Material, und zwar mit aus
dem Institut Pasteur bezogenen Milzbrandvakzin II. Fiir die Super¬
infektion wurde unser friiherer Stamm verwendet.
22. XI. 1920 Reihe I
23.
26.
3 Miiuse subkutan mit 2 Sporen vom Pasteur-
Milzbrandvakzin II
Reihe II 3 Miiuse mit 10 Sjwren Milzbrandvakzin
Reihe 111 3 „ „ 2 „ „ II
Reihe I naeh 4 Tagen mit 115 Sporen
vom Milzbrandstaram II
Reihe II nach 3 Tagen mit 1 Spore vom subkutan
Milzbrand.stamm II ( nachinfiziert
Reihe III nach 3 Tagen mit 10 Si)oren
vom Milzbrandstaram II
Gleichzeitig wurden je 2 Kontrollmause mit 115, 10,1 Sporen infiziert
Am 7. Tage der Superinfektion (3. XII. 1920) war das Resultat
folgendes:
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Experimentelle Untersuchuiigeii iiber Milzbrandinfektion new. 375
Reihe I (Superinfektion nach 4 Tagen) alle Miiuae tot
Reihe II ( „ 3 „ ) 1 Mans tot, 2 am Leben
Reihe III ( „ .,3 „ ) 3 Mause tot
3 Kontrollen starben am fi. Tage, die anderen 3 am
7, Tage. Alle gestorbenen MSuse nebst alien Kontrollen
zeigten typischen Sektionsbefund und Milzbrandbazillen in
Reinkultur. Zwei tlberlebende Mkuse aus Reihe I warden am
28. Tage getotet; keine Milzbrandbazillen nachweisbar.
Versuch V.
Zur 1. Infektion dienten Sporen von Pasteurvakzin I; die 2. Infek-
tion erfolgte mit Sporen vom Milzbrandatanim II.
29. XI. 1920, Reihe I 3 Mause
30. „ „ II 3 „
1. XII.
2 . „
3.
29. XI.
30. „
1. XII.
2 . „
3. ..
„ Ill 3
,, „ IV 3
„ „ V 3
1920, Reihe I
,• II
„ HI
„ „ IV
V
3 MiiUHc
3 „
3
3 „
3
Bubkutan mit 40 Sporen
von Pasteurs Milzbrand- ) Reihe A
vakzin 1
Bubkutan mit 5 Sporen
von Pasteurs Milzbrand- ^ Reihe B
vakzin I
Samtliche 30 Miiuse erhalten gleichzeitig mit 3 Kontrollen 200 Sporen
vom Milzbrandstamme II subkutan am 3. XII.
Am 4. Tage nach der Superinfektion (7. XII. 1920) war
das Versuchsbild folgendes:
Reihe A
1 Reihe B
I (Superinf. am 4. Tage)
1 Ms. tot, 2 am Ijeben 1
2 Ms. tot, 1 am Leben
H (
>1 )> 3. ., )
1
77 77 2 ,, ,,
alle 3 Ms. ., „
HI(
>1 » 2. ,, )
1
,7 7 . 2 ., .,
1 Ms. tot, 2 „ „
IV (
„ nach 24 Std.)
2
77 77 I 77 *7
alle 3 Mause tot
V (
») >7 ® 7 ) )
1
alle 3 Mause tot
1 Ms. tot. 2 am Leben
Alle Kontrollen starben am 4. Tage.
Am 5. Tage gingen aus Reihe A je 2 Mause aus Reihe II
und III, eine Maus aus Reihe IV zugrunde; am 7. Tage starb
eine aus Reihe I, eine blieb am Leben. Am 5. Tage waren
aus Reihe B alle Mause tot.
Die letzte fiberlebende Maus aus Reihe A wurde am
21. Tage getotet; keine Milzbrandbazillen.
Versuch VI an Meerschweinchen.
1. Infektion mit Sporen von Pasteurs Milzbrandvakzin I, 2. Infektion
mit Sporen vom Milzbrandstamm II.
2 .'i*
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
376
D. N agaaa w a,
Digitized by
29.
XI.
1920,
No. 38,
Gew. 450 g
»•
n
„ 39
„ 430 ,,
30.
>•
»
„ 40
415 „
subkutan mit 40 Sporen von
11
„ 41
,. 415 „
Pasteurs Milzbrandvakzin I
1.
XII.
»»
42
,, 385 „
»?
„ 43
„ 390 „
Am
2. XII. 1920
1
No. 38 nach 3 Tagen
,.40 ,.2 „
42 „ 1 Tage
No. 39 nach 3 Tagen
„ 41 „ 2 „
„ 43 „ 1 Tage
Nachinfektion mit 364 Sporen vom Milzbrand-
Btamm II
Nachinfektion rait 187 Sporen vom Milzbrand-
stamm II
Bei diesem Versuche warden gleichzeitig 1 Kontroll-
meerschweinchen (465 g) mit 364 Sporen, ein anderes (440 g)
mit 187 Sporen subkutan infiziert.
Am 3. Tage starben 2 Tiere und die Kontrollen, die
anderen 4 (No. 38, 39, 40, 43) blieben am Leben. Am 4. Tage
gingen No. 39 und 40 zugrunde. No. 43, das nach 1 Tage
superinfiziert wurde, starb erst am 18. Tage. Die Sektion
zeigte geringe MilzvergroBerung bei geringer DunkelverfS.rbung
und sterile Kultur. Ein iiberlebendes Meerschweinchen wurde
am 22. Tage getotet. Milz inittelmaBig groB, wenig verfarbt,
die Kulturen sind steril.
Wie aus den oben mitgeteilten 6 Versuchen zu entnehinen
ist, lebten 26 superinfizierte Mkuse und 2 Meerschweinchen
linger als die Kontrolltiere, und zwar:
bei Superinfektion nach 6 Stunden 6 Maime (1-8 Tage),
„ ., „ 1 Tage 7 „ (1—15 Tage, 1 iiber 17 Tage),
„ „ „ 2 Tagen 5 „ (1-2 Tage),
„ „ „ 3 „ 7 „ (1 Tag, andere 2 als Aus-
nahrae iiber 25 Tage),
„ „ „ 4 ,. 1 .Maus (1 Tag).
Wenn auch uber den zeitlichen Verlauf der Immunitat
bei unseren subkutanen milzbrandkranken Tieren noch keine
GesetzmaBigkeit aufzustellen ist, so wurde doch nur die An-
deutung der Tatsache beobachtet, daB die Immunitat schon
24 Stunden, sogar schon 6 Stunden nach der 1. Infektion
eintrat.
Ebenso merkwiirdig ist auch das rasche Abklingen der
Immunitat. Wahrend, wie der Versuch zeigt, am 4. Tage noch
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Experimentelle Untereuchungen iiber Milzbrandinfektion usw. 377
maBiger Schutz (lurch die Erstinfektion vorhanden ist, sind
die MSuse am 5. Tage nach derselben fflr die Nachinfektion
veil empfanglich, und am 6. Tage tlberlebte kaum eines der
vorbehandelten Tiere die Kontrollen.
Ein nicht weniger interessanter Punkt ist, dafi der zeit-
liche Verlauf dieses Abklingens in Morgenroths Super-
infektionsversuchen mit chronischen Streptokokken an MSusen
mit unseren Versuchen fast tibereinstimmt.
Zusammenfassung.
1) In vorliegender Arbeit wird ein Verfahren zur genauen
Dosierung von Milzbrandsporen mittels Aufschwemmen und
Verinischen von Meersand angegeben.
2) Die Zahl der fiir den Tod des Versuchstieres erforder-
lichen Milzbrandsporen ist je nach den einzelnen Milzbrand-
stammen und Tiergattungen verschieden. Wahrend fdr einige
Meerschweinchen eine ganz geringe Sporenzahl von unserem
Milzbrandstamm geniigte, urn sie nach 4 oder 5 Tagen sicher
zu tbten, konnten andere 2—300 Sporen desselben Stammes
ertragen. Die Ergebnisse sind bei Mausen unregelmaUiger
als bei Meerschweinchen; ein Parallelismus zwischen injizierter
Sporenzahl und Lebensdauer nach der Infektion war nicht
vorhanden; doch gingen alle Versuchsmause ausnahmslos inner-
halb 8 Tagen zugrunde.
3) Bei Ratten war eine Erhohung der Widerstandsfahig-
keit gegenuber Milzbrandinfektion durch wiederholte Vor-
behandlung mit Milzbrandsporen in unseren Versuchen nicht
sicher nachzuweisen wegen der angeborenen Milzbrandimmuni-
tat derselben.
4) Die mehrmals wiederholten Superinfektionen mit ge-
ringer und mittlerer Sporenzahl bei Mausen und bei Meer¬
schweinchen hatten in unseren Versuchen keine Immunitat
zur Folge. Die Versuchstiere starben gleichzeitig oder frilher
an Milzbrand als die Kontrolltiere. Das Ueberstehen einer
einmaligen und sogar einer fiinfmaligen Infektion hat bei
Meerschweinchen keine dauernde Immunitat bedingt.
5) Wahrenddem die mehrmals wiederholte Infektion mit
Milzbrandsporen keine Immunitat zur Folge hatte, gelang es
uns bei nur zweimaliger Infektion, d. h. bei Superinfektion
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
378 Nagasawa, Experim. Untereiichungen iiber Milzbrandinfektion.
Digitized by
innerhalb kurzer Zeit, eine gewisse ErhShung der Widerstands-
Ifihigkeit nachzuweisen. Unsere Versuche zeigten, daB die
Immunitat ihren Ausdruck darin findet, daB die bei Kontroll-
mausen akut oder subakut tbdlich verlaufende Infektion in
eine raehr chronische verwandelt wird.
6) Die Befunde Morgenroths und seiner Mitarbeiter
fiber den zeitlichen Verlauf dieser ImmunitSt warden durch
unsere Versuche nicht bestinimt besfatigt. Die VerhSltnisse
sind allerdings beim experimentellen Milzbrand andere als bei
der Streptokokkeniufektion.
7) Die wichtige Annahrne Morgenroths, daB die Phano-
mene der natfirlichen Immunitat, die spontanen Heilungsvor-
gange bei Infektionskrankheiten, die Heilung von Infektions-
krankheiten durch Vakzination usf. der Depressionsimmunitat
unterzuordnen sein dfirften, muB jedoch noch durch weitere
Untersuchungen nachgewiesen werdeu.
Es gereicht niir zur Ehre, auch an dieser Stelle Herrn Prof. Dr.
Silberschniidt meinen aufrichtigsteii Dank fiir die vielfachen An-
regungen und Untcrstiitzuugeu auszusprechen, die er mir erwiesen hat.
Llteraturverzeiehnis.
1) Morgenroth, Biberstein, Schnitzer, Die Depressionsimmuni¬
tat. Studien iiber Superiufektion mit Streptokokken. Deutsche med.
Wochenschr., 1920, No. 13.
2) Willy Marchew, Experimentelle Untersuchungen fiber die Mindest-
zahl der zur todlichen Infektion ausreichenden Milzbrandsporen und
fiber Superinfektion. Inaug.-Diss. Zfirich, 1918.
3) Berliner und Citron, Zur Frage der Depressionsimmunitat. Studien
fiber Superinfektion mit Hiihnercholerabazillen. Deutsche ined. VV'^ochen-
schrift, 1920, No. 36.
4) Fukuda, Experimentelle Untersuchungen fiber Milzbrandinfektion
bei Ratten. Centralbl. f. Bakt., Abt. I, Orig.. Bd. 84.
5) Landsteiner und Finger, Ueber Immunitat bei Syphilis. Cen¬
tralbl. f. Bakt., 1906, Ref., 38. Anh,, p. 107.
6 ) Hall, On the immunity possessed by white rats against anthrax.
Centralbl. f. Bakt., Abt. I, Orig., Bd. 66, 1912.
7) Bertarelli und Bocchia, Experimentelle Untersuchungen fiber die
Zahl der Keime und die Infektion. Centralbl. f. Bakt,, Bd. 76, 1915,
Heft 2/3.
8 ) Kolle und Wassermann, Handb. d. pathog. Mikroorganismen,
2. Aufl., Bd. 1 und 2, 1913.
FTOinmnonsche Buchdrucke ei (Hermann Pohioi in Jena. — 4B18
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Zeitschriit t Inunimititsforscliimg. Originala Bi 32. Ha 5,
Naehdruek verboten.
[Aus dem Pathol. Institnt des Krankeohauses Mttnchen-Schwabing
(Prof. Oberndorfer).]
Zar Frage dcr Stelgerung des Agglutinlntlters
darch grofie Blutentziehungen.
Von Dr. Richard Trommsdorff.
(Eingegangen bei der Redaktion am 11. Februar 1921.)
In einer in dieser Zeitschrift verSffentlichten Arbeit von
Hahn und Danger^) war fiber Versuche berichtet worden,
in denen bei Kaninchen eine ungeheure Vermehrung der
Immunagglutinine durch tSglich wiederholte Aderlfisse erzielt
worden war. Es waren in 4 Versuchen (mit Typhus-, Para-
typhus- und Dysenteriebazillen) Steigerungen des Agglutinin-
titers bis zum 2500(X)-fachen Wert des Anfangstiters (bis zu
einem Titerwert von 3—128 Millionen) beobachtet worden.
Diese Angaben muBten, abgesehen von dem theoretischen
Interesse, das sie boten — es wurde nur eine Vermehrung
der Immunagglutinine, nicht aber der PrSzipitine und Hfimo-
lysine beobachtet — vor allem den Praktiker interessieren.
Bei Nachprfifungen, soweit solche bisher veroffentlicht wurden,
konnten aber die Resultate nicht bestfitigt werden.
Landau') priifte die Methode in Versuchen mit Cholera-, Para-
typhus B- und Dysenteriebazillen bei 7 Kaninchen, ohne dafi es in einem
Falle gelang, den Agglutinationstiter durch Blutentziehungen zu erhbhen;
zumeist sank derselbe vielmehr, namentlich nach den ersten Blutentnahmen.
Und zu denselben negativen Ergebnissen kam Klinger'), der genau nach
der Angabe von Hahn und Danger bei 6 mit Typhus- uud Paratyphus-
bazillen immunisierten Kaninchen verging. Auch ihm gelang es in keinem
Falle — obwohl er verschieden alte Tiere (zwischen 3 und 6 Wochen) be-
nutzte und mit den Blutentziehungen nach verschieden gewahlten Pausen
<3—6 Wochen) nach der Immunisierung einsetzte — eine Titersteigerung zu
1) Zeitschr. f. Immunitatsf., Bd. 26, 1917, p. 199.
2) Zeitschr. f. Hyg. Bd. 86, 1918, p. 260.
3) Zeitschr. f. Immunitatsf., Bd. 27, 1918, p. 532.
ZeiUchr. f. lmmunltiiUft)nchun(^. Orl^. Bd. 32. 26
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
380
Richard Trommsdorff
Digitized by
erzielen; ea trat vielmehr, wie bei den Versuchen von Landau, auch hier
meist eine zwar geringfugige, aber deutliche Abschwiichung dea Agglutinin-
gehaltea ein.
Bei diesem Stand der Dinge dflrfte es daher, da ich
ebenfalls, kurz nach der Veroffentlichung der Arbeit von
Hahn und Langer, die von diesen Autoren angegebene
Methode der Agglutinintitersteigerung versuchte und meine
Versuche eine gewisse BestStigung der Ergebnisse von Hahn
und Langer ergaben, berechtigt sein, diese, obwohl es sich
nur um 2 Versuche handelte, zu verdffentlichen.
Ea handelte aich bei meinen Verauchen um Gewinnung agglutinierender
Sera gegen Diphtheriebazillen, rait denen es bekanntlich nur achwer gelingt,
hochwertige agglutinierende Sera zu gewinnen, eine Methode, den Titer zu
ateigern, alao achr zu begriiBen geweaen ware. Verwendet wurden zur
Iramuniaierung bei 56” abgetotete Bacillen, die intravenos verabreicht
wurden. Bei beiden Verauchen erhielten die Tiere innerhalb 4 Wochen
4 Immuiiiaierungsdosen, und 10 Tage nach Verabreichung der letzten
wurde mit den Blutentnahmen begonnen. Die Priifung der Agglutination
geachah makroskopiach in Blockschalchen.
Versuch I.
Diphtheriestanim 2. Immuniaierung am 4., 13., 22. II. und 1. III. 1918.
11. III. nachm. 20 ccm Blut entnommen. Titer 160 +, 320 Spur.
12.111. „ 15 „ „ „ „ 2500+, 5000 achwach+.
13. lU. „ 10 „ „ „ „ 2500 +, 5000 „ +.
14. III. „ 30 „ „ „ „ 1250+, 2500 Spur.
15. III. vorm. */,9 Uhr (in Agone) Blutentnahme. Titer 1250 +, 2500 Spur.
Versuch II.
11 .
12 .
13.
14.
15.
16.
Diphtherieatamm 6. Imrnunisierung am 1., 13., 22. II. und 1. III. 1918.
III.
III.
UI.
ill.
III.
III.
nachm. 18 ccm Blut entn.
15 ,, ,, ,,
20 „ „ „
20 „ „
20 „ ,, „
Blutentnahme.
Titer 01
„ 160 +, 320 achw. +, 640 Spur.
„ 160+, 320 ,. +,640 „
„ 640 +, 1250 +.
„ 640 +, 1250 „ +.
„ 640 achwach +, 1250 Spur.
Bei dem Versuch I wies also das 10 Tage nach der letzten Immuni-
sierung entnommene Blut einen Titer von 1:160 (320) auf, der am niichsten
Tag auf 1:2500 stieg, iiber welche H6he er allerdings auch nach weiteren
Blutentnahmen nicht mehr stieg.
Bei Versuch II zeigte das 10 Tage nach der letzten Immuniaierung
entnommene Blut noch den Titer 0, am niichsten Tag aber bereita 1:160
(320, [640]), nach dcr 3. Blutentziehung 1:640 (1250), welcher Titer sich
dann auch bei weiteren Blutentnahmen nicht mehr erhohte.
In den beiden Versuchen ist also zweifelsohne eine be-
trachtliche Steigerung des Agglutinationstiters eingetreten;
Google
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Steigening des Agglutinintiters durch grofie Blutentziehungen. 381
besonders auffallend ist dabei der Versuch II, bei dem der
Agglutioationstiter 10 Tage nach der 4. Immunisierungsdosis
noch 0 war, und erst gewissermaBen durch die Blutentziehung
hervorgelockt wurde.
Die mitgeteilten Versuche bestStigen also die von Hahn
und Danger veroffentlichten Ergebnisse, daB durch groBe
Blutentziehungen eine betrSchtliche Vermehrung des Aggluti-
nationstiters herbeigefiihrt werden kann. Wodurch es be-
dingt ist, daB dies nicht regelmSBig eintritt, bedarf weiterer
Erforschung.
Zusammenfassung.
In 2 Versuchen mit Diphtheriebazillen konnte die von
Hahn und Danger mitgeteilte Tatsache namhafter ErhShung
des Titers der Immunagglutinine bei Kaninchen durch groBe
Blutentziehungen bestatigt werden.
Naehdruck verboten.
[Aus dem Hygienischen Universitats-Institut zu Marburg a. L.
(Direktor: Geh.-Rat Prof. Dr. Bonhoff).]
Beitrfige zur Theorie und Praxis der Sachs^Georgl- und
Wasscrmann-Reaktion.
Von Dr. Joseph Tannenberg.
(Eingegangen bei der Redaktion am 5. Marz 1921.)
In der Mflnch. med. Wochenschr., 1920, No. 43, bringt
Pesch (33) eine Zusammenstellung von 31000 Fallen, in
denen von 30 Autoren die von Sachs und Georgi an-
gegebene Reaktion ausgeftihrt worden ist. Dabei ergibt sich
eine Uebereinstimraung mit der Wassermann-Reaktion,
der Standard-Reaktion aller Duesreaktionen, wie sie Sachs
nennt, in 89,6 Proz. bei 10,4 Proz. Divergenz. Die Ueber-
einstimmung mit der Wa.R. ware jedenfalls noch groBer,
wenn man nur die Untersuchungen berucksichtigt hatte, die
nach der spater angegebenen Brutschrankmethode ausgefUhrt
worden sind. Wenn auch der Wert einer Duesreaktion, wie
viele Autoren hervorheben, nur an ihrer Uebereinstimmung
26*
Digitized by Google
Origioai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
382
Joseph Tannenberg
Digitized by
mit den Befunden des Klinikers gemessen werden kann, so
wird dock die weitgehende Uebereinstimmung der Reaktion
mit der Wa.R. bei einer solch groBen Anzahl von Fallen der
S.-G.R., bei ihrer groBen Einfachheit der Ausfflhrung, den
Eingang in alle serologischen Untersuchungsstatten sichern.
Es erhebt sich nun die Frage, ob die Reaktion durch die-
selben Korper hervorgerufen wird, die auch die Komplement-
inaktivierung bei der Wa.R. herbeifiihren, oder ob im Luetiker-
serura noch andere Kbrper vorhanden sind, die dann offenbar
ebenso spezibscb flir Lues sein miissen.
Sachs (35) fiihrt eine Reihe von Tatsachen an, welche
seine Ansicht, daB es sich bei beiden Methoden primar um
das gleiche Prinzip der Reaktionsfahigkeit des Syphilitiker-
serums mit Lipoidgemischen von geeignet kolloid-chemischer
Beschaffenheit handelt, stfltzen, wie z. B. derselbe EinfluB der
Extraktverdilnnung auf die Empfiudlichkeit der Reaktion, die
gleichsinnige Bedeutung des Cholesterinzusatzes, der gleich-
sinnige EinfluB der Reaktion des Mediums, die gleichsinnige
Bedeutung thermischer Einfliisse bei beiden Reaktionen. Diese
experimentell erharteten Tatsachen sind in Verbindung mit
der weitgehenden Uebereinstimmung beider Verfahren eine
Starke Stiitze fiir diese Auffassung. Auf gewisse Divergenzen,
die zwischen der Wa.R, und der S.-G.R. bestehen, weist Sachs
bereits selbst hin, so auf das abweichende Verhalten der
aktiven Sera bei beiden Reaktionen, das aber damit erkiart
wird, daB im aktiven Serum infolge der hoheren Labflitat der
Globuline, die mit Organextrakten zwar andersartig wie das
Syphilitikerserum, aber auch im Sinne einer Komplement-
inaktivierung reagieren, eine positive W’^a.R. erzeugt wird,
ohne daB es notig ware, daB der Vorgang bis zur sichtbaren
Prazipitation fortschreitet.
Sachs (35) halt die Globulinveranderungen in „statu
nascendi'* fiir den giinstigsten Augenblick fur die Komplement-
inaktivierung bei der Wa.R., und er erkiart die Tatsache, daB
dieser Vorgang sich nicht stets bis zur sichtbaren Prazipitation
fortsetzt, durch die hemmende Wirkung des aktiven Meer-
schweinchenserums, das ja bei der Wa.R. ein integrierender
Bestandteil ist. Diese Erkiarung scheint tiberzeugend, denn
neuere experimentelle Untersuchungen Felkes (5) sprechen
Google
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
_URBANA-CHAMPAIGN- -
Theorie und Praxis der Sachs-Georgi- und Wassermann-Keaktion. 383
in demselben Sinne. Sachs (35) geht sogar so weit, daB
er annimmt, der Zusatz des Meerschweincbenserums konnte
der Grund sein, daB bei Luetikerserum die Wa.R. infolge die-
ser hemmenden Wirkung negativ ausfalie, wahrend die S.-G.R.,
wobei diese Hemmungsquelle fehlt, positiv sei. Aus experi-
mentellen Untersuchungen Neukirchs (31) wird weiterhin
die Auffassung von Sachs gestiitzt, daB die erste Phase des
Zusammenwirkens zwischen Extrakt und Patientenserum fiir
die Komplementinaktivierung die gdnstigste ist, und daB die
Bedingungen, je mehr sich dieser Vorgang der sichtbaren
Prazipitation nahert, um so ungflnstiger fiir die Komplement-
inaktivierung werden. So werden einleuchtend die bestehen-
den Unterschiede in den Ergebnissen der Wa.R. und der
S.-G.R. erkiart.
Neuerdings veroflFentlicht Wendtlandt (46) experimen-
telle Untersuchungen, die in dem Sinne gedeutet werden, daB
ein enger Zusammenhang zwischen beiden Reaktionen nicht
bestehe. Wendtlandt stellte vergleichende Untersuchungen
zwischen S.-G.R. und Wa.R. an:
1) Bei Serum von Pferden, Rindern, Hammeln, Ziegen,
Kaninchen und Meerschweinchen;
2) Prflfte er die Hitzebestandigkeit der Kdrper, welche
die Wa.R. und die S.-G.R. auslbsen, durch nochmaliges Er-
hitzen der Sera auf 56® 60° 64® und 68® nach vorherigem
VerdQnnen derselben mit physiologischer KochsalzlSsung im
Verbal tnis 1:5.
Bei der ersten Untersuchungsreihe findet der Verfasser
keinen Parallelismus zwischen den beiden Reaktionen, bei der
zweiten stellte sich heraus, daB die Wa.R. nach Erhitzen der
verdflnnten Sera noch ausgelbst wird, wahrend die S.-G.R.
frOher negativ wird. Aus diesen Untersuchungen zu schlieBen,
daB es verschiedene Kbrper sind, welche die beiden Reaktionen
auslbsen, halten wir nicht ffir notwendig; denn die positive
Wa.R. bei Tierseris laBt sich verstehen, wenn man als Ursache
eine gewisse Labilitat der Globuline anspricht, die zwar im
Sinne einer Komplementinaktivierung wirkt, aber nichts mit
der echten Wa.R. im Luetikerserum gemein hat. Ebenso
werden auch von Gloor und Klinger (12), Nathan (29)
u. a. die unspezifische Wa.R. im Serum von Infektionskranken
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
384
Joseph Tannenberg,
Digitized by
und die durch kflnstliche Einflflsse wie Zusatz von Bakterien-
aufschweramung, Kaolin und durch andere ZusStze hervor-
gerufene, positive Reaktion in negativen Seris durch die An-
nahme erklart, daB entweder eine grSBere LabilitSt der Glo-
buline besteht, oder eine Alteration derselben durch diese
Zustande geschafFen wird, die zum Komplementschwund fflhrt.
Daraus, daB ein nur ira Erfolg gleicher, in den Ursachen
aber verschiedener Vorgang sich abspielt, darf man nicht
ohne weiteres die positive Wa.R. in Tierseris mit der echten
Wa.R auf eine Stufe stellen und verlangen, daB ein Vorgang,
die S.-G.R., welche nur die gleichen Ursachen mit der echten
Wa.R. gemein haben kann, auch positiv ist, wenn eine auf
anderen Griinden beruhende, positive Wa.R. eintritt. Umgekehrt
konnte man vielmehr aus dem negativen Ausfall der S.-G.R.
der Tiersera schlieBen, daB es sich im Falle der positiven
Wa.R. bei ihnen um andere Korper handelt als um die, welche
die echte Wa.R. geben. Ebenso spricht die zweite Versuchs-
reihe Wendtlandts nicht zwingend ffir seine Ansicht. Dafiir,
daB die Wa.R. noch nach hoherem Erhitzen positiv bleibt als
die S.-G.R., ergibt sich eine ErklSrung aus der Annahme von
Sachs, daB der Vorgang der Dispersitatsvergroberung nicht
unbedingt stets bis zur sichtbaren Prazipitation fortschreiten
muB. Andererseits ist auch aus den Untersuchungen Wendt¬
landts (46) sowie Stillings (42) ersichtlich, daB bei hoherem
Erhitzen sowohl Wa.R. wie S.-G.R. an Positivitat abnehmen,
letztere nur in starkerem Grade. Man konnte also direkt von
einem Parallelismus bis zu einem gewissen Grade bei beiden
Reaktionen sprechen.
Auch Mandelbaum (23) fflhrt Forschungsergebnisse an,
die nicht im Sinne eines Parallelismus beider Reaktionen ge-
deutet werden. Zunflchst stellte er fest, daB es nicht an dem
Komplementgehalt des aktiven Serums liegt, wenn damit die
S.-G.R. gar nicht oder schwflcher auslosbar ist, als mit in-
aktivierten. Es zeigte sich namlich, daB nach der Komplement-
vernichtung durch 24-stflndiges Bebrflten der Sera bei 37®
die S.-G.R. noch ebenso schwach ausfiel wie im aktiven Serum.
Es ist also oflfenbar nicht die Aktivitat, wenn man darunter
die komplettierende Kraft des Serums begreift, welche den
Reaktionsvorgang hemmt, sondern Eigenschaften, die den
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Theorie und Praxis der Sachs-Georgi- und Wassermann-Reaktion. 385
nicht durch Hitze stabilisierten Globulinen zukommen, wie
Gloor und Klinger (12) und neuerdings Felke (5) gezeigt
haben. Weiterhin failteMandelbaum (23) aus aktivem Serum
die Globuline durch KohlensSure aus, nach fiinifacher Ver-
dunnung des Serums mit Aqua dest., und konnte durch Zu-
satz einer der Serummenge gleichen Menge physiologischer
Kochsalzlbsung in dem so wieder aufgelSsten Globulin auch
nach ErwSrmen auf 56° keine charakteristische S.-G.R. an-
stellen, wShrend er damit nach ErwSrmen auf 56° wohl die
Wa.R. mit charakteristischen Resultaten anstellen konnte.
In der zurflckbleibenden und wieder zu einem Kochsalzgehalt
von 0,85 Proz. aufgesalzenen Restfliissigkeit konnte er stets
die charakteristische S.-G.R. anstellen. Mandelbaum zieht
aus der Tatsache, daB in der Restflflssigkeit noch die S.-G.R.
anstellbar ist, die Folgerung, daB dabei nicht Globuline, die
ja nicht mehr vorhanden sein konnen, sondern nur Lipoid-
gemische ausflockten.
Diese Annahme in Verbindung mit Farbenuntersuchungen
Meiniekes (24), die damit scheinbar im Widerspruch stan¬
dee, veranlaBten uns zu einer Nachpriifung der Ergebnisse.
Meinicke hatte Extrakte mit Sudan IV geffirbt und damit
Versuche seiner Methode angesetzt, und zwar mit steigend
verdftnnten Serummengen bis zu einer Verdiinnung von 1:320
und 1:640, und erhielt nach Bebrflten von 24 Stunden bei
37° einen Niederschlag, der in den hohen Verdflnnungen oft
massiger als im unverdilnnten Serum war, und in deu hohen
Verdflnnungen einen rein rot gefarbten Niederschlag aufwies
bei farbloser, freier P'lflssigkeit, wflhrend der Niederschlag im
unverdflnnten Serum nur ganz schwach rosa gefflrbt war bei
tiefrot gefSrbter, opalisierender, darflberstehender Flflssigkeit.
Meinicke nimmt nach diesen Versuchen an, daB die Flocken
des unverdflnnten Serums, welche sich nur schwach fflrbten,
aus einer kochsalzlSslichen Globulinkomponente und einer
kochsalzbestfindigen Lipoidkomponente bestehen, und er hfilt
weiter den gutgefflrbten Niederschlag in den stark verdflnnten
Seris fflr reine Lipoidflocken. Er erklflrt sich diesen massigen
Niederschlag dadurch, daB die geringe Serummenge bei den
genannten hohen Verdflnnungen nicht mehr genflgend als
Schutzkolloid fflr die Extraktlipoide dienen konne, und daB
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Digitized by
386 Joseph Tannenberg,
diese infolgedessen auf Kochsalzzusatz besonders leicht aus-
fielen.
Der Widerspruch, der zutage tritt zwischen der Annahme
Meinickes, welcher in dem Niederschlag bei seiner Reaktion
Flocken sieht, die aus einer Lipoid* und Globulinkomponente
bestehen, und der Annahme Mandelbaums, der nur Lipoid-
flockung anerkennt bei der S.-G.R., die offenbar als eine
Modifikation der zweizeitigen Meinicke-Reaktion ihrem
Wesen nach aufgefaBt werden kann, veranlafite uns zu fihn-
lichen Untersuchungen in beiden Richtungen.
Inaktivierte Wassermann- und Sachs-Georgi-Reaktion, po¬
sitive und negative Sera warden 1:5 mit Aqua dest. verdiinnt, und durch
durchgeleitete Kohlensaure wurden die Qlobuline ausgeflockt. Es wurde
zentrifugiert, die Restfliissigkeit wurde mit der Pipette abgesaugt, die Glo-
buline wurden dreimal mit Aqua dest. gewaschen. Darauf wurden die GIo-
buline aus 1,0 Serum mit 1,5 phys. Kochsalzlosung versetzt, aufgelOst und
iiber Nacht bei Zimmertemperatur stehen gelassen. Am nachsten Morgen
wurden die Rohrchen wieder scharf zentrifugiert, um unbedingt eine klare
LOsung zu erhalten, in welcher nichts mehr suspendiert war, und mit je
0,5 dieser GlobulinlOsung, sowie je 0,5 der durch entsprechenden Zusatz
einer 10-proz. Kochsalzlosung wieder isotonisch gemachten Restflussigkeit
wurden die Wa.R. und die S.-G.R. angesetzt.
Bei den sowohl stark Wa.R. wie S.-G.R. positiven Seren
war die S.-G.R. sowohl in der GlobulinlOsung wie auch in der
Restflussigkeit
GlobulinlOsung
Vollserum
1
S.-G.R.
1 Wa.R.
j S.-G.R.
Wa.R.
S.-G.R.
i Wa.R.
Stark
Wa.R. u.
}l22
' + +
Deutliche
Hemmung
1
1 Deutliche
Hemmung
++
-f
S.-G.R. +
Sera
Jl55
Deutliche
Hemmung
+ +
Deutliche
Hemmung
-f
Schwach
Wa.R. u.
|i36
—
—
+
1 Merkl.
! Spur
Hemmung
-f
-1-
S.-G.R. -f-
UOQ
J i
-1-
Spur
dgl.
' -U J-?
1 Extr.-|-
Sera
Hemmung
1 » -
S.-G.R. u.j
154 i
—
—
—
' -
—
—
Wa.R.
• 148|
—
—
—
—
—
—
—Sera J
1351
—
—
—
—
—
—
S.-G-R. -Ml]
Wa.R. Eigen- [ 128
hemmung | I
+ -f
Kompl.
Hemmung
—
+ + +
—
Eigen-
hem mg.
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Theorie und Praxis der Sachs-Georgi- und Wassermann-Reaktion. 387
Restflflssigkeit positiv, wenn auch in beiden schwacher als
ursprflnglich im Vollseruni. Ebenso ergaben beide Fraktionen
der Sera beim Anstellen der Wa.R. deutliche Heramung der
Hamolyse.
Bei den schwach positiven Seren 105 und 109 war die
S.-G.R. in der GlobulinlSsung einmal negativ (105), sonst
schwach positiv (109). In der RestflQssigkeit war sie bei 105
positiv angedeutet, bei 109 negativ. Die Wa.R. ergab in der
GlobulinlSsung noch eine merkliche Spur Hemmung, wahrend
in der Restflflssigkeit nur bei Serum 109 noch Hemmung
vorhanden war.
Die negativen Seren 154, 148 und 135 ergaben in beiden
Fraktionen weder positive S.-G.R. noch positive Wa.R. —
Ein S.-G.R. stark positives und bei der Wa.R. Eigen-
hemmung zeigendes Serum ergab in der Globulinlflsung so-
wohl ein negatives Ergebnis bei der Wa.R. wie bei der S.-G.R.,
aber in der Restflflssigkeit eine positive S.-G.R. und aus-
gesprochene Hemmung der Hamolyse.
Bei Wiederholung des Versuches mit Seren, die etwa 14
Tage bis 3 Wochen gelagert batten, unter den gleichen Ver-
suchsbedingungen, ergab sich das gleicbe Resultat.
UrspriiD;
ira Vo
d. Reakt.
Userum
Vollserum
1
Restfliissigkeit
Globtilinlosung
!
Wa.R.
, S.-G.R.
Wa.R.
S.-G.R.
Wa.R.
S.-G.R. 1
Wa.R. ’
S.-G.R.
1
-T
+ + +
-F-F-f
Korapl.
Hemmg.
-F4-;-f-f-f'
Kl. Spur
Hemmg.
+
140j
Wa.R. u.
o.
-f + + -f
I -f
|-F + + +
i Kompl.
1 1 III 1 1
Kompl. j
-F-f/+-F+
29j
S.-G.R.
Hemmg.
1
Hemmg.
stark
-1-
-I- + -I-
j -4-
-F-F +
Kompl.
Hemmg.
Kompl.
Hemmg.
+ :
137*
1
-F Sera
1
+
+ + +
; Kompl.
Hemmg.
■i-
Kompl.
Hemmg.
-F
9^ 1
|Wa.R. u.
1 S.-G.R.
schwach
+
-1—1-?
schwach
-F
+ --F?
Kompl.
Hemmg.
+ +
i
i
-F?
96*1
1 schwach
{ -f Sera
—
?
—
—
—
—
-F
114
Wa.R. 11 .
—
—
Spur
Hemmg.
i
-F*
—
—
Spur
Hemmg.
+
163*
S.-G.R.
—
- 1
1 -F*
- 1
1
+
161
negativ
—
-F*
—
—
—
+
161
Sera
—
—
—
?♦
—
—
—
167
* Auch die Alkoholkontrolle war -|—?.
Digitized by Google
Originalfrom
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
388
Joseph Tannenberg,
Digitized by
In der Restflflssigkeit zeigten alle positiven Seren eine
komplette Hemmung der Hamolyse bei der Wa.R. und gleich-
falls einen mehr weniger starken positiven Ausfall der S.-G.R.
Die GlobulinlSsung ergab bei drei stark nach beiden Re-
aktionen positiven Seren eine positive S.-G.R., aber schwicher
als in der Restflflssigkeit. Bei der Wa.R. zeigte nur ein Serum
keine Hemmung, die beiden anderen eine deutliche, aber nicht
ganz komplette Hemmung.
Die Globulinlflsung der schwach-positiven Sera ergab ein-
mal positive S.-G.R. und komplette Hemmung bei der Wa.R.,
beim letzten Serum fragliche S.-G.R. und Hflmolyse.
Die negativen Seren zeigten alle in der Restflflssigkeit
eine negative S.-G.R. und negative Wa.R., in der Globulin-
losung ergaben alle eine leiclit positive S.-G.R. und ein Serum
auch eine Spur Hemmung der Hflmolyse.
Bei den positiven Seren zeigte sich hiernach sowohl in
der Restflflssigkeit wie in der Globulinlosung beim Anstellen
der Wa.R, und der S.-G.R. ein strenger Parallelismus. In der
zweiten Versuchsreihe zeigte sich bei den negativen Seren
noch ein interessanter Nebenbefund: in fast alien Seren war
in der Globulinfraktion bei der Wa.R. eine leichte Hemmung
eingetreten. Die gleichzeitig angesetzte S.-G.R. mit dem Voll-
serum ergab sowohl mit dem Lipoidextrakt wie in der Alkohol-
kontrolle positive bis zweifelhafte Reaktion. Es ist von Inter-
esse, festzustellen, daB diese unspezifischen Reaktionen, welche
auf das langere Lagern des Serums zurflckgefflhrt werden,
sich nur in der Globulinfraktion abspielten. Dieser Befund
deckt sich nut den bereits erwShnten Ergebnissen Gloor
und Klingers (12) und Nathans (29).
Mit Mandelbaum stimmen unsere Ergebnisse flberein,
soweit es sich urn die Restflflssigkeit, die Albuminfraktion
handelt. Allerdings gibt Mandelbaum nicht an, ob er auch
damit die Wa.R. angestellt und charakteristische Ergebnisse
erhalten hat. Im Gegensatz stehen unsere Untersuchungs-
ergebnisse in der Globulinfraktion mit denen Man delbaurns,
denn auch hier konnten wir einen sogar recht engen Paral¬
lelismus zwischen Wa.R. und S.-G.R. feststellen. Gloor und
Klinger (12) konnten in Uutersuchungen an groBerem Ma¬
terial erweisen, daB die Globuline nicht wie bisher, besonders
Google
Origmal from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Theorie und Praxis der Sachs Georgi- iind Wassermann-Reaktion. 389
nach den Untersuchungen von Ulrich Friedemann (8),
Sachs’ (35) und seiner Schuler, angenommen wurde, allein die
Trager der Wa.R. sind, sie wiesen nach, daU die Globuline allein
die Trfiger der fUr Lues nicht charakteristischen Wa.R. seien,
wie sie bei aktiven Seren, bei manchen Infektionskrankheiten,
durch kiinstliche Eingriffe etc. auftreten, und sie konnten zei-
gen, daB diese nicht spezifische Wa.R. nach der Ausfallung
der Globuline verschwindet. Sie stellten weiter fest, daB die
Globuline auch die echte Wa.R. leichter geben als die Albuniin-
fraktion und halten sie ffir besonders wichtig zur Verstarkung
bei den Flockungsreaktionen, die sie bei der Alburainfraktion
nur mit einzelnen stark positiven Seren anstellen konnten.
Sie sehen das Wesen der echten Wa.R. in der Anwesenheit
von Teilchen, die durch besondere chemische AffinitSten zu
den Extraktoberfladien ausgezeichnet sind. Diese AffinitM soil
wahrscheinlich dadurch zustande kominen, daB bei den durch
Spirochaten bedingten Zellveranderungen Abbauprodukte auf¬
treten, und indein diese sich an die kolloidalen Oberfladien
der EiweiBteilcheu des Blutes binden, sollen sie eine Affinitat
dieser Teilchen zuni Extrakt schaffen.
In einer eben erschienenen Arbeit berichtet Felke (5)
dariiber, daB er in den Albuminfraktionen ohne Globulin nicht
wesentlich schwadiere S.-G.R. erhielt als in den inaktivierten
Vollseren. Felke sieht auf Grund seiner Untersuchungen
den Sitz der spezifischen Luesreagine tlberhaupt nur in den
Albuminen, wenn auch die Globuline einen Teil derselben
beini Ausfallen mitreiBen, wie er anninimt.
Gleichzeitig mit den Untersuchungen der Globulin- und
Albuminfraktion wurden nach deni Vorbild Meinickes bei
seiner zweizeitigen Methode auch bei der S.-G.R. Farben-
versuche angestellt.
Es wurde von Sudan III eine heifigesiittigte alkoholische Losung
hergestellt. Mit 0,2 cctn dieser Losung wurden die Reaktionsgemenge von
positiven Seren versehen im Volumen von 1,5 com. — Ebenso wurde 0,2 ccm
der Losung zu 1,5 ccm eines nach Art des Meinickeschen Vorversuches*)
zur Feststellung der Brauchbarkeit eines Extraktes hergestellten Gemenges
aus 0,75 ccm Organextrakt mit 0,75 ccm physiol. KochsalzlGsung hinzu-
gesetzt. Nach Einwirkung der Farbe von mebreren Stunden wurden die
Rohrchen zentrifugiert.
1) Cf. weiter unten.
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
390
Joseph Tannenberg,
Digitized by
Es ergab sich nun in zahlreichen Fallen,. daB bei den po-
sitiven S.-G.R.-Gemengen am Boden des Rbhrchens sich ein
fast ungefarbter, hbchstens blaBrosa gefarbter Niederschlag
befand, wahrend die dariiber stehende Flfissigkeit tiefrot ge-
farbt war. Der entsprechende Versuch mit dem Extrakt-Koch-
salzlosung-Gemenge ergab das umgekehrte Bild: am Boden
des Rohrchens befand sich hier ein dicker, tiefroter Nieder¬
schlag, wahrend die Flilssigkeit darflber fast entfarbt war.
Diese Farbenversuche, die immer gleiche Resultate gaben, war¬
den zunachst so gedeutet, daB wir in dem Extrakt-Kochsalz-
losungsrQhrchen den tiefrot gefarbten Niederschlag f(ir einen
reinen und deshalb gefarbten Lipoidniederschlag hielten, in
den Serumrohrchen den Niederschlag dagegen als ein Gemisch
von Globulinen und Lipoiden ansahen. Um nun exakt den
Globulingehalt in den S.-G.R.-Flocken festzustellen, wurde
versucht, mit den abzentrifugierten und mehrmals mit phys.
Kochsalzlosung gewaschenen Flocken eine EiweiBreaktion an-
zustellen. Um eine grOBere Quantitat dieser Flocken zu er-
halten, warden an verschiedenen Versuchstagen alle positiven
S.-G.R.-Gemenge gesammelt, abzentrifugiert und in dem ver-
bleibenden Niederschlag, der mehrmals gewaschen wurde, wurde
nunmehr versucht, eine EiweiBreaktion zu erhalten. Die Biuret-
reaktion, die Xanthoproteinreaktion, die Bleiazetatreaktion
warden an einer groBeren Anzahl derart gesammelter „Glo-
buline“ versucht, stets mit negativem Erfolg, wahrend die Re-
aktionen in der fiber dem Zentrifugat stehenden Flilssigkeit,
mit dem sie zur Kontrolle angeseizt warden, prompt stets
den EiweiBnachweis lieferten. Ebenso war der EiweiBnach-
weis stets positiv in durch KohlensBure ausgefallten und mehr¬
mals gewaschenen Globulinen.
Um endgiiltig iiber die Natur der Flocken bei der
positiven S.-G.R. AufschluB zu erhalten, wurde nun mit
2 Seris, und zwar mit der 90-fachen Menge des urspriing-
lich angegebenen Serumquantums in den gleichen Ver-
diinnungsverhaitnissen und Mischungsverhaitnissen wie bei
der Originalmethode die S.-G.R. angesetzt. Nach 48 Stunden
Aufenthalt im Brutschrank bei 37° warden die Flocken
abzentrifugiert, mit einem Teil der 5mal gewaschenen
Flocken die Biuretreaktion versucht, die ein negatives Ergeb-
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Theorie und Praxis der Sachs-Georgi- rind Wassermann-Reaktion. 391
nis hatte, und init dem Rest, der feucht gewogen 340 mg er-
gab, wurde eine Stickstoflfbestimmung nach Kjeldahl aus-
gefflhrt, die ergab, daB keinerlei Stickstoff darin enthalten war.
Nachdem es durch den stets negativen Ausfall der EiweiB-
reaktionen schon zweifelhaft geworden war, daB flberhaupt
EiweiB in den Flocken enthalten sei, rauBte nunniehr end-
gQltig angenommen werden, daB die Flocken bei der S.-G.R.
weder Globuline noch Albuinine enthalten, sondern nur aus
Lipoidstoffen bestehen').
Wenn man l*proz. alkoholische CholesteriniSsung mit Farb-
stofT versieht und ebenso in heiBem Alkohol goISste Butter
und zu der CholesterinlSsung eine Spur einer Kochsalzlbsuug
hinzusetzt, so entsteht ein dicker Niederschlag von Cholesterin.
LaBt man absetzen oder zentrifugiert mao, so erscheint am
Boden des ROhrchens ein schneeweiBer Cholesterinniederschlag,
und darflber steht die tiefrot gefarbte Flilssigkeit. Ebenso
erscheint ein weiBlicher Niederschlag der Butter aus der Emul¬
sion in dem erkalteten Alkohol, und daruber steht eine tief-
rote FlQssigkeit.
Setzt man dagegen zu in heiBem Wasser gelbster Butter
Sudanlosung hinzu und l^Bt langsam erkalten, dann sammelt
sich die Butter iiber dem Wasser, wird fest und hat aus dem
Wasser alien Farbstoff mit in die Hbhe genommen.
Die Farbenversuche in den positiven S.-G.R.-R5hrchen
und in den Extrakt-Kochsalzlosungsinengen lassen sich also
so verstehen, daB die bei der S.-G.R. ausgefallenen Lipoid-
1) Aus einer nach AbschhiB der Arbeit in der Miinch. med. Wochen-
schrift, 1921, No. 2, erschienenen VcrbflTentlichung von K. Scheer aus
der Frankfurter Kindorklinik ergibt sich, dafi eine Aetherextraktion der
S.-G.-Flocken den Anteil der Lipoide an den letzteren zu 42—73 Proz.,
im Mittel 63 Proz. feststellen konnte, wahrend aus reinen Globulinflocken
nur 5—10 Proz., im Durchschnitt 6,7 Proz. durch Aether extrahierbare
Stofle gewonnen wiirden. Scheer sagt, daB die Flocken bei der S.-G.R.
„zum groBeren Teil aus Lipoiden bestehen”. Die Aetherextraktion dauerte
etwa 20 Minuten. Nach unserer Ansicht wiirde man bis zu 100 Proz.
Lipoidstoffe nachwei.sen konnen, bei noch langerer Extraktionszeit und
unter Verwendung eines Ueberschusses von Aether oder bei Venvendung
von Chloroform. Denn es ist bekannt, und hat sich auch bei uns in ent-
sprechenden Versuchen gezeigt, daB Cholesterin, bzw. seine Ester durch
Aether nur schwer und langsam auflosbar sind.
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
392
Joseph Tannenberg,
Digitized by
flocken — als etwas anderes kOnnen wir sie nach unseren
Versuchsergebnissen jetzt nicht mehr ansehen — nicht intensiv
rot gefarbt sind, weil der Farbstoflf an die in der daruber
stehenden Flflssigkeit noch sehr reichlich enthaltene Menge
Yon Lipoidstoffen gebunden ist und diese Flflssigkeit dadurch
tiefrot gefflrbt ist. Bei den Extrakt-Kochsalzlipoidgemengen
aber werden durch das Kochsalz alle Oder fast alle Lipoide
gefallt. Nicht die ausgefallenen Lipoide sind nun aber an
sich gefarbt, sondern sie reiBen den im Wasser nicht mehr
loslichen und daher jetzt gleichfalls ausfallenden Farbstoflf
mit sich und sehen deshalb tiefrot gefSrbt aus, wShrend die
Flflssigkeit entfUrbt ist. Kontrollversuche mit Wasser, denen
auf 1,5 ccm 0,2 ccm Farblosung zugesetzt war, ergaben gleich¬
falls nach dem Absetzenlassen einen Farbenniederschlag und
eine farblose Flflssigkeit.
Noch eine weitere Versuchsanordnung wurde vorgenommen,
uin die Beziehungen zwischen S.-G.R. und Wa.R. naher zu
erkennen. Wenn die Annahme richtig ware, daB die S.-G.R.
und die Wa.R. durch verschiedene Korper ausgelflst wflrde,
wie dieses von einzelnen Autoren angenommen wurde, dann
muBte es moglich sein, in demselben Serum die S.-G.R. und
Wa.R. hintereinander anzustellen.
Mit drei Serumproben: 122, 119, 137 wurde die S.-G.R.
angestellt, und zwar in der Weise, daB statt der von Sachs
angegebenen Serummenge von 0,1 ccm auf 1,0 ccm Verdflnnung
mit physiologischer Kochsalzlosung 0,3 ccm Serum auf 1,0
verdflnnt wurde und mit 0,5 ccm 6-fach verdflnntem Organ-
extrakt digeriert wurde. Diese Serummenge wurde gewahlt,
urn in 0,5 ccm des Reaktionsgemisches 0,1 Serum zu haben,
die Menge, mit der im hiesigen Institut gewflhnlich die Wa.R.
angesetzt wurde. Vom Serum 122 wurde auch noch die
Reaktion mit 0,2 ccm auf 1.0 ccm Verdflnnung und die ge-
brauchliche Verdflnnung zur S.-G.R. 0,1 zu 1,0 angesetzt.
Die Rflhrchen blieben flber Nacht im Brutschrauk bei 37
Am anderen Tage wurden die Flocken abzentrifugiert, und
mit 0,5 der flberstehenden Flflssigkeit wurde die Wa.R. mit
zwei Extrakten angesetzt, wobei diese Flflssigkeit so behandelt
wurde, als sei sie reine Serumverdflnnung. Es ergab sich,
daB die Wa.R. noch positiv ausfiel. In alien Rohrcheu trat
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Theorie und Praxis der Sachs-Georgi- und Wassermann-Reaktion. 393
eine komplette Hemmung der Hfimolyse ein, nur im Rohr-
chen 122, 0,1 Serum zu 1,0 VerdQnnung, war die Hemmung
nicht ganz vollstSndig. Hieraus kSnnte man leicht eine Be-
statigung der Auffassung herauslesen, daB es sich bei beiden
Reaktionen um verschiedene Korper handelt, aber es zeigte
sich weiterhin, daB man in dem Serum, in dem die S.-G.R.
angestellt war, und in dem nach dem Abzentrifugieren noch
die Wa.R. positiv wurde, daB in diesem Gemisch durch Zu-
satz weiterer 0,5 ccm Extraktverdilnnung sich die S.*G.R. ein
zweites Mai anstellen lieB. Es waren also nach Beendigung
der ersten Reaktion in dem Gemisch noch genugend Reagine
zu einer zweiten Reaktion vorhanden. Es war sogar moglich,
in den Serumgemischen, mit denen zuerst die S.-G.R., dann
die Wa.R. positiv geworden war, ein zweites Mai die S.-G.R.
anzustellen. Um nicht durch Spuren von Blutkbrperchen
eine Vortauschung der S.-G.R. zu erhalten, wurde das Wa.R.-
Geraisch scharf zentrifugiert, dann 1,0 ccm mit der Pipette
entnommen und damit die S.-G.R. angestellt. Gleichzeitig
wurde mit einer weiteren Anzahl von Seren, mit denen die
Wa.R. angestellt war, in demselben Gemisch die S.-G.R. an¬
gestellt, indem 1,0 ccm des Gemisches mit 0,5 ccm des 6-fach
verdunnten Extraktes digeriert wurde. Bei alien stark A\a.R.-
und S.-G.R.-positiven Seren erhielten wir auch hier noch eine
mittelstarke Ausflockung, bei schwhcher reagierenden Seris
war die Reaktion 6fter nur schwach bis zweifelhaft. Bei
weiteren Versuchen wurde angestrebt, im S.-G.R.-Gemenge
die Ausflockung moglichst vollstandig vor sich gehen zu lassen,
ehe in denselben Gemischen die Wa.R. angesetzt wurde. Des-
halb wurden die Rohrchen, nachdem sie 24 Stunden im Brut-
schrank bei 37® gehalten waren, weiterhin 2mal 24 Stunden
bei Eisschranktemperatur gehalten (2—10° C) nach den An-
gaben von Neukirch (31). Erst dann wurde nach Abzentri¬
fugieren der Flocken die Wa.R. angestellt. Zur S.-G.R. war
die gebrauchliche Menge von 0,1 ccm Serum auf 1,0 ccm \er-
dflnnung verwandt worden. Auch in dieser Versuchsreihe
trat bei den stark positiven Seren noch deutliche Hemmung
der HSmolyse auf, wahrenct die schwlicher positiven nur noch
eine Spur Hemmung zeigten.
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
394
Joseph Tannenberg,
Digitized by
In einer weiteren Versuchsreihe wurde zuerst die Wa.R.
angestellt, dann in 1,0 ccm des Reaktionsgemenges die S.-G.R.,
und nachdem diese positiv gewesen war, wiederum in dem-
selben Reaktionsgemenge die Wa.R., welche nunmehr voile
HSmolyse ergab.
Weiterhin warden S.-G.R.-positive und Wa.R.-positive
Seren in folgender Weise zur S.-G.R. verwandt:
1) Nach dem von Sachs und Qeorgi angegebenen Modus 0,1 ccm
Serum auf 1,0 ccm Verdiinnungsfliissigkeit mit 0,5 ccm Extraktverdiinnung.
2) Zu derselben Serumverdiinnung wie bei 1) wurde 1,0 Extrakt-
verdiinnung hinzugegeben, also die doppelte Menge Extrakt.
3) 0,2 ccm Serum wurde auf 1,0 ccm verdiinnt und mit 0,5 Extrakt-
verdiinnung digeriert.
4) 0,2 ccm Serum wurde auf 1,0 verdiinnt und mit 1,0 Extrakt-
verdiinnung digeriert.
Nach 24 Stunden Brutschrank bei 37° waren alle Ge-
mische stark positiv, aber bei den Rbhrchen mit der doppelten
Extraktmenge erschien eine stSrkere Flockung gegenflber
denen mit einfachen Extraktdosen.
Mit 0,5 ccm dieser Reaktionsgemenge wurde nunmehr die
Wa.R. angestellt mit folgendem Ergebnis:
Die ursprQnglich mit 0,1 Serum versehenen Reaktions-
gemische wiesen nur eine geringe Hemmung der Hfimolyse
auf, dabei war aber deutlich ersichtlich, daU die Hemmung
in den Rohrchen, die bei der S.-G.R. mit doppelter Extrakt¬
menge versehen waren, noch geringer war als in den flbrigen.
Die mit 0,2 Serum angesetzten Gemenge ergaben eine kom-
plette Hemmung der HSmolyse, soweit ihnen 0,5 Extrakt-
verdunnung zugesetzt war. Die Rohrchen mit der doppelten
Extraktmenge zeigten auch hier eine etwas abgeschwkchte
Hemmung der HSmolyse.
Aus diesen Untersuchungen ergibt sich, daB es offenbar
dieselben Kbrper sind, welche die S.-G.R. und die Wa.R. aus-
losen, denn es zeigte sich deutlich, daB unter gleichen Be-
dingungen die Wa.R. schwtlcher wird, wenn vorher die
S.-G.R. starker war, wenn also mehr Reagine bereits ver-
braucht sind. Weiterhin ergibt sich, daB bei stark nach der
S.-G.R. und Wa.R. positiv reagierenden Seris in denselben
Reaktionsgemengen, in denen die Wa.R. angestellt war, noch
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Theorie und Praxis der Sachs-Georgi- und Waasermann-Reaktion. 395
eine S.-G.R. durch Hinzufflgen von Extraktverdiinnung mSg-
lich ist, trotz der Anwesenheit des aktiven Meerschweinchen-
serums, das allerdings hinreicht, die Reaktion bei scfawkcher
reagierenden Seris zu hemmen. Welcher Art nun die Reagine
sind, die beide Reaktionen hervorrufen, ist schwer zu ent-
scheiden. Die Ansicht von Sachs (35), daB die genannten
Reaktionen auf einer Dispersitatsveranderung oder grSBeren
LabilitSt der Globuline im Syphilitikerserum beruhe, scheint
uns nach den Untersuchungsergebnissen von Gloor und
Klinger (12), sowie neuerdings von Felke (5) und den
eigenen Ergebnissen nicht mehr ausreichend zur Erklarung
zu sein. Gloor und Klinger vertreten die Auffassung, daB
die Wa.R. und die S.-G.R. bedingt seien dadurch, daB die
EiweiBteilchen des Luetikerblutes durch besondere chemische
Affinitaten zu den Extraktoberflachen ausgezeichnet sind. Sie
nehraen an, daB diese Affinitat der EiweiBteilchen dadurch
zustande kommt, daB bei den durch Spirochaten bedingten
Zellveranderungen Abbauprodukte auftreten, welche sich an
die kolloidalen Oberflachen der EiweiBteilchen des Blutes
binden. Nach unseren Untersuchungen, die ergaben, daB sich
in den Flocken der S.-G.R. Uberhaupt kein Stickstoff, mithin
auch kein EiweiB nachweisen lieB, kSnnen wir uns auch dieser
Auffassung nicht anschlieBen. Wir radchten auch annehmen,
daB die Abbauprodukte, welche bei den durch Spirochaten
bedingten Zellveranderungen auftreten, den Hauptfaktor beim
Zustandekommen der Wa.R. und S.-G.-Reaktionen bilden, aber
die Rolle, welche die EiweiBteilchen des Blutes bei den
Reaktionsvorgangen spielen, mflssen wir uns in anderer Weise
vorstellen. Wir kdnnen uns vorstellen, daB die genannten
Abbauprodukte im Luetikerblut an die EiweiBteilchen locker
angelagert, nicht aber etwa durch chemische Bindung fest
verankert sind. Physikalische Momenta, Oberflachenspannung
insbesondere, mdgen die Ursache dafflr sein. Die Tatsache,
daB diese Abbauprodukte oder, kurz gesagt, Reagine beim
Ausfallen der Globuline durch Kohlensaure zum Teil mit-
gerissen warden, konnte fflr diese Auffassung sprechen,
wahrend in den S.-G.-Flocken auch EiweiB nachweisbar sein
mflBte, wenn eine starkere chemische Bindung etwa zwischen
^en Reaginen und den Globulinen bestande. Man konnte
Z«it9chr. f. ImmunlUtsforschuDg, Oricf. Bd. 38. 27
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
396
Joseph Tannenberg,
Digitized by
sich schlieBlich auch vorstellen, daU die Reagine ebenso wie
die Eiweifikorper des Blutes sich in kolloidaler L6sung be-
fanden, ohne mit ihnen irgendwie verbunden zu sein. Es
ware auch so verstandlich, dafi bei der Ausfaiiung der Glo-
buline ein Teil der Reagine mitausfailt, entweder dadurch,
daB sie einfach mechanisch mitgerissen werden, oder infolge
Aenderung der physikalischen Bedingungen innerhalb der
kolloidalen Lbsung gleichfalls ausfallen.
Es erhebt sich nun weiter die Frage, ob die Flocken bei
der S.-G.R. nur aus Extraktlipoiden bestehen oder aus Lipoid-
bestandteilen des Serums und Extraktes. Man kbnnte sich
vorstellen, daB die Abbauprodukte der Zellen infolge der
Einwirkung der Spirochaten, die Reagine also, stickstoffhaltige
Korper wBren. Dann miiBte man annehmen, daB sie beim
Zusaramenwirken des Serums mit Extraktlipoiden in kochsalz-
haltigen Medien die Wirkung der Serumbestandteile als Schutz-
kolloide fflr die Extraktlipoide aufheben wiirden. Eine Wir¬
kung der Serumbestandteile als Schutzkolloid hat Meinicke,
wie bereits oben erwahnt, nachgewiesen durch Flockungen,
die er erhielt, wenn er seine Reaktion mit Serumverdflnnungen
1:320 und 1:640 ansetzte, wahrend dasselbe Serum in
schwacher Verdflnnung flberhaupt keine oder nur schwache
Ausflockungen bei der Reaktion ergab. Es erscheint uns aber
nicht sehr einleuchtend, daB stickstoffhaltige EiweiBabbau-
produkte die kolloidale Schutzwirkung der EiweiBstoffe des
Blutes herabsetzen sollten. Zwangloser erscheint uns die An-
nahme, daB die S.-G.-Flocken aus Lipoidbestandteilen des
Serums sowohl wie des Extraktes bestehen. Unsere Versuche
haben ergeben, daB die Ausflockungen beim wiederholten An-
stellen der S.-G.R. mit derselben Serummenge, aber unter
Hinzufiigen neuer Extraktbestandteile schwacher waren als
beim ersten Male. Wenn man annimmt, daB die Reagine nicht
mit in die Flocken iibergehen, sondern nur die Wirkung des
Serums als Schutzkolloid beeintrachtigen, so laBt sich diese
Tatsache nicht verstehen, denn die Wirkung als Schutzkolloid
muBte doch bei der Verdflnnung des Serums an und fflr sich
abnehmen und so die 2. und 3. Reaktion stflrkere Flocken
aufweisen, wie beim ersten Male. Sehr verstandlich ist es
aber, daB die Flockung bei der 2. und 3. Reaktion schwacher
Google
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA^CHAMPAIGN ^
Theorie und Praxis der yachs-Georgi- und Wassermann-Reaktion. 397
ist, wenn man annimmt, daB die Reagine des Serums mit in
die Flocken flbergehen, also diese aus einer Serum- und einer
Extraktkomponente bestehen. Wie die Flockung nun zustande
kommt, ob infolge einer chemischen Affinitat der Serumlipoide
zu den Extraktlipoiden, Oder ob bier nur rein physikalische
Momente, Aenderungen in der Oberflachenspannung bei den
kolloiden Lbsungen von EinfluB sind Oder beide Momente mit-
spielen, das wagen wir nicht zu entscheiden.
11 .
Die S.-G.R. wurde an den im Untersuchungsamt von den
benacbbarten Krankenanstalten und praktiscben Aerzten aus
der Umgebung eingebenden Seren ausgefflbrt. Unser Unter-
sucbungsmaterial setzte sicb aus Seren zusamraen, die von
Patienten aus alien Stadien der Lues stammten, bebandelten
und unbebandelten, aus Seren von Infektionskrankheiten, wie
Tuberkulose, Typbus, Dysenterie, Malaria, sowie von Nerven-
und Geisteskranken. Wenn es als Vorteil angeseben werden
kann, daB Sera aus alien Stadien der Lues und den ver-
schiedensten Infektionskrankheiten sowie von Gesunden
(Ammenuntersuchungen) zur Beurteilung der S.-G.R. heran-
gezogen werden konnten, so stehen dem andererseits auch
wieder Nachteile entgegen. Die eingesandten Sera konnen
nicht so frisch zur Untersuchung kommen wie solche, welche
aus einer Klinik stammen, und es gelang im allgemeinen
nicht, die S.-G.R. innerhalb der ersten drei Tage nach der
Entnahme des Blutes anzustellen, wie das von eiuigen Autoren
verlangt wird. Andererseits ist es aber auch von praktischer Be-
deutung, zu erproben, wie lange ohne Schaden fiir die Spezifit&t
einerseits und fiir die Intensitat der Reaktion andererseits nach
der Entnahme die S.-G.R. noch anstellbar ist. Die meisten
Sera gelangten bei uns etwa 6—8 Tage nach der Entnahme
zur Untersuchung. Vielleicht ist damit zu erklaren, daB wir
bei einer verhaltnismaBig groBeren Anzahl von Seren in der
Alkoholkontrolle Flockung bekamen, und daB bei den Wa.R.
eine groBere Zahl der Sera Eigenhemmung aufwies. Aber
mit diesein Nachteil mussen mehr oder weniger alle Unter-
suchungsamter rechnen, welche auf Samineluntersuchungen
angewiesen sind.
21 *
Digitized by Gocigle
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
398
Joseph Tannenberg,
Digitized by
Die S.-G.R. wurde bei uns neben der Wa.R, angestellt,
aber die Resultate derselben, ebenso wie die klinischen
Diagnosen, warden erst nachtrfiglich eingeholt, um eine un-
gewollte Beeinflussung zu verhindern.
W ir stellten die S.-G.R. zunachst nach der alten Methode an, bei der
die Rbhrchen 2 Stunden im Brutschrank bei 37 “ gehalten wurden und
nach Stehcn von weiteren 24 Stunden bei Zimmerteinperatur beurteilt
wurden. Wir befolgtcn dabei genau die von Sachs und Georgi gegebene
Vorschrift und benutzten zur Ablesung das Agglutinoskop von Kuhn und
Woite. Zunilchst stand uns nur ein nach der Vorschrift von Sachs
und Georgi von uns hergestellter und cholesterinierter Extrakt aus
Rinderherz zur Verfiigung, der spiiter bei vielen Verglcichsversuchen rait
den uns von Herrn Prof. Sachs liebensvvurdigerweise iibersandten Extrakt-
proben 31 und 27 im wesentlichen iibereinstimmte Diese Versuche sind
in der vorliegenden Arbeit nicht beriicksichtigt. Spiiter stellten wir die
Versuche nach der Brutschrankmethodc an. Wir untersuchten stcta gleich-
zeitig mit drei Extrakten und einer Alkoholkontrolle. Die Methodik war
die von Sachs und Georgi angegebene und besonders in der Arbeit im
Heft 10 der Arbeiten aus dem Institut fiir experimcntelle Therapie und
dem Georg - Speyer - Hause zu Frankfurt a. M. ausfiihrlich dargestellte.
0,1 cem Serum wird mit moglichst frischer, steriler, unmittelbar vor dem
Gebrauch filtrierter, 0,85-proz. Kochsalzlosung auf 1,0 verdiinnt und dazu
0,5 der 6-fachen Extraktverdiinnung mit physikalischer Kochsalzlosung
hinzugegeben. Die Extraktvcrdiinnuug wurde derart hcrgestellt, daS zu-
niichst zu der abgemessenen Menge Extrakt die gleiche Mengephysiologischer
Kochsalzlosung sehnell hinzugegeben wurde. Nach kurzem Umschiitteln
wurde sofort die 4-fache Menge Kochsalzlosung weiter sehnell hinzugegeben.
Die so bereitete Extraktverdiinnung wurde sofort zum Gebrauch verwendet.
Zur Kontrolle auf eventuelle Eigenflockung des Extraktes wurde ein
Kontrollrohrchen mit 1,0 physiologischcr Kochsalzlosung und 0,5 cem der
Extraktverdiinnung den Versuchen beigegeben. Nach Zugabe des Extraktes
zu den Serumverdiinnungen kamen die Rohrehen nach kurzem Umschiitteln
etwa 24 Stunden in den Brutschrank. Danach wurde das Resiiltat mit
dem Agglutinoskop abgelescn. Bei stark positivem Serum war es uns fast
immer moglich, den positiven Ausfall der Reaktion sehon mit bloBera
Auge zu koustatieren. Nicht so be<inem, aber ebenso sicher wie mit dem
Agglutinoskop ist die Beurteilung der Reaktion mit ciner guten Lupe
moglich. Wir machten die Erfahrung, daB in vielen Fallen die Beurteilung
der Stiirke der Reaktion besser moglich war, wenn man die Rohrehen im
Agglutinoskop ansieht, ohne sie vorher aufziischiitteln.
Wie sehon Sachs betont, ist Wert darauf zu legen, daB die ver-
wandte Kochsalzlo.sung moglichst frisch bercitet ist, und daB sie vor Gebrauch
filtriert wird. Wir erhielten an einem Versuchstage cinmal in alien Seruni-
gemengen, sowie auch in den Alkoholkontrollen Floekungen, die wahr-
scheinlich einer nicht mehr sterilen, iilteren Kochsalzlosung zur Last zu
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Theorie mid Praxis der Sacha-Gcorgi- und Wassermann-Keaktion. 399
legen aind. Ebonao iat unaerer Erfahning nach darauf zu achten, dafi die
ReagenzrShrehen im Trockenachrank gut ateriliaiert aind, um heraraende
Einfliiaae von 8aure oder Alkalircaten aowie anderen Btofieu, die zufailig
in den Kdhrchen aich befinden konnen, auazuachalten.
Das Patientenaerum wurde eine halbe Stunde bei 55—66® inaktiviert,
ehe ea verwandt wurde. Zahlreiche hamolytiache Sera, ebenao auch eine
Anzahl chyloser wurden verwandt, nnd aofern aie klar waren, erhielten
wir nie einen Unterachied gegenuber den anderen. Ebenao wurde die
Reaktion in einer Keihe von Fallen mit der Hiilfte der von Sacha und
Georgi angegebenen Doaen angeatellt. Dabei wurde aber dasaelbe Ver-
haltnis der Reaktionabeatandteile gewahrt wie in der Originalmethode. Wir
bemerkten infolgedesaen auch niemala eine Abschwiichung der Reaktion bei
halben Doaen. Ala Vergleichsreaktion wmrde die ^Va.R. auagefiihrt, welche
bei una gleichfalla mit mehreren Extrakten angesetzt wurde. Wenn wir
auch im folgenden unaere Ergebniaae bei der S.-G.R. mit denen der Wa.R.
vergleichen, eo aind wir una doch dabei im klaren, dafi die Wa.R. nur
ein unaicherer Wertmeaaer iat, und wir legen mit vielen anderen Autoren
den grofiten Wert darauf, die Ergebniaae der S.-G.R. mit den Befunden
dea Klinikera zu vergleichen.
Im ganzen wurden auf diese Weise 374 Sera untersucht.
Es zeigt sich, daB die Ergebnisse mit denen bei der Wa.R.
in 88,77 Proz. iibereinstimmen, in 11,23 Proz. divergieren.
Am besten stimmen die Reaktionen bei Fallen von Tabes
fiberein, ein Urastand, der sich jedenfalls aus der geringen
Zahl der Untersuchungen — nur 9 — erklfirt, bei denen keine
Divergenz vorkam. Eine gute Uebereinstimmung zeigen auch
die Reaktionen bei Fallen von Lues II. Nur 9,82 Proz. Diver¬
genz bei 112 Untersuchungen! Ebenso zeigt die Rubrik Varia
eine gute Uebereinstimmung. Hier handelt es sich einmal
um Falle, in denen eine klinische Diagnose nicht in Erfahrung
gebracht werden konnte, dann um die Sera bei Infeklions-
krankheiten, Tuberkulose, Typhus, Dysenterie, Scharlach,
Malaria, Grippe, Encephalitis lethargica, Ulcera mollia, Neuri-
tiden, Tumoren, Syphiliphoben, Nervenkrankheiten, nichtlue-
tische Geisteskrankheiten, Ammenuntersuchungen, Gicht, Irido¬
cyclitis, Falle von Apoplexie und arteriosklerotischen Ver-
anderungen.
Nicht ganz so gut stimmen die Reaktionen tiberein bei
der Lues latens und Lues III. — Wie sich bei Besprechung
der divergierenden Falle zeigen wird, war die S.-G.R. bfters
starker bei Fallen, welche kurz nach einer spezifischen Behand-
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
400
Joseph Tannenberg,
Digitized by
lung untersucht warden. Es ware wiinschenswert, auch unser
Material nach den Gesichtspunkten: bebandelte und unbelian-
delte Lues zu ordnen. Aber um bier exakt zu trennen, feblen
uns in einer Anzabl von Fallen die genauen klinischen An-
gaben, und man kSnnte daber leicbt zu falscben Scbliissen
verleitet werden, Es folgt nun die Tabelle mit der Ueber-
sicbt der nacb Lues I, II, III, Lues latens. Lues hereditaria.
Tabes, Paralyse, Varia geordneten Untersucbungen, aus der
die Zabl der Qbereinstimmend positiven, sowie die Anzabl
der nur Wa.R.-positiven oder nur S.-G.R.-positiven Sera bei
den einzelnen Kategorien ersicbtlicb wird. Zweifelbafte Reak-
tionen warden stets den negativen zugerecbnet, da praktiscb
aus solcben Reaktionen keinerlei Scbliisse auf eine vorbandene
Lues gezogen werden dUrfen.
Gesamtzahl
+ -t-
1
Wa.R. -
S.-G.R.-
Wa.R. +
S.-G.R. -
Wa.R. -
S.-G.R. +
1
Ueberein-i
stimmend
in Proz. !
1
Divergenz
in Proz.
Lues I
34
1 7
23
1 i
3 ,
88,24
11,76
,, II
112
1 38
63
2
1 9
90,18
9,82
„ III
22
8
11
1
* 2
85,72
14,28
latens
71
16
46
2
7
87,33
1 12,76
,, hereditaria 10
6
0 .
1
1 90,00
! 10,00
Tabes
9
' 3
6
0
0
1 100,00
Paralyse
8
4
2
1
1
1 75,00
! 25.00
Varia
108 16
1 81
5
1 6
i 89,82
10,18
Insgesamt
374
95
1 238
1 12
1 29
; 88,77
11,23
Wir kommen zur Besprecbung der divergierenden Faile.
Lues I: Nur Wa.R. positiv bei negativer S.-G.R. war
ein Fall.
Es handelt sich um eine vor 7 Wochen erfolgte luetische Infektion-
S.-G.R. positiv bei negativem Wassermann waren 3 Faile.
1) 110. Infektion vor 6 Wochen. Die S.-G.R. war mit 3 E.xtrakten
positiv, mit eincm Extrakt negativ.
2) 146. Luetische Infektion vor 2‘/t Monaten. Vor 5 Wochen war die
Wa.R. positiv, seither war der Fall spezifisch behandelt worden. Die
S.-G.R. war nach 24 Stunden schwach positiv. Das Resultat verstiirkte
sich aber nach wciteren 24 Stunden.
3) 25. Die klinische Diagnose lautete: Gonorrhoe und Luesverdacht.
Die S.-G.R. war mit einem Extrakt zweifelhaft, mit den iibrigen positiv.
Es baudelt sich also bei den divergierenden Fallen imraer
um klinisch sichere Lues bis auf Fall 25, in dem nur eine
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Theorie und Praxis der Sachs-Georgi- und Wassermann-Reaktion. 401
Gonorrhoe festgestellt und der Verdacht auf Lues ausgesprochen
ist. In einem Falle war die Wa.R. also frflher positv, in den
anderen die S.-G.R. — WShrend bei einem dritten Falle die
Wa.R. schon infolge der Behandlung wieder negativ geworden
war, war die S.-G.R. noch positiv.
Lues II: Nur Wa.R. positiv waren:
1) 164. Die S.-G.R. war nach 24 Stunden Brutschrank fraglich, ebenso
nach weiteren 24 Stunden Zimmertemperatur.
2) 50. Es war eine spezifische Behandlung vorausgegangen.
Nur S.-G.R. positiv.
1) 482. Luetische Infektion .Tuni 1917. Oflenbar behandelt.
2) 107. Es handelt sich um eine Frau, deren erstes Kind tot geboren
wurde, und deren zweites Kind luetische Hauterscheinungen aufwies.
3) 108. Wiederum eine Frau, deren erstes Kind eine Totgeburt war,
und deren zweites Kind luetische Hauterscheinungen aufwies. 2 Extrakte
gaben dabei eine stark positive Reaktion, 2 weitere negative bis zweifel-
hafte Reaktionen.
4) 109. Lues seit 1915. Offenbar ist Behandlung vorausgegangen.
5) 75. Infektion vor einem Jahr. Es ist eine Behandlung erfolgt. Es
ist zweifelhaft, ob spezifische Symptome vorhanden sind.
6) 171. Infektion vor •/, Jahren. Erste spezifische Kur soeben beendet.
Nach 24 Stunden Brutschrank ist die Reaktion zweifelhaft, nach weiteren
5 Stunden Eisschrank positiv.
7) X. Spezifische Kur beendet. Die Wa.R. zeigt Eigenhemmung.
8) Y. Lues ohne niihere Angabe. S.-G.R. mit alien Extrakten stark
positiv.
9) 405. Lues, oflenbar nach der Behandlung.
Lues III: Nur Wa.R. positiv.
1) 423. Lues III. Infektion 1918 (423).
Nur S.-G.R. positiv.
1) 521. Luetische Infektion vor 8 Jahren. Ein Extrakt ergab zweifel-
hafte, die iibrigen positive Reaktion.
2) 161. Lues III. Nervensymptome, spezifische Kur vor einigen Wochen
beendet
Bei den divergenten Fallen von Lues II und III handelt
es sich stets um klinisch sichere Lues, die teils vor, teils
nach der Behandlung sich befand.
Lues latens.
Nur Wa.R. positiv.
1) 127. Lues fraglich. Infektion vor einem Jahr.
2) 163. Infektion vor 2 Jahren. Lues latens.
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
402
Joseph Tannenberg,
Digitized by
Nur S.-G.R. positiv.
1) 146. Lues? Infektion vor Jahren.
2) 174. Mit alien Extrakten stark positiv. Es handelt sich urn den
Vater eines hereditiir luetischen Kindes.
3) 128. Es handelt sich um eine Frau, deren Ehemann seit 8 Jahren
an Paralyse leidet. Die Wa.R. zeigte Eigenhemmung.
4) 184. Vor 2 Monaten bestanden spezi6sche Symptorae. Seither be-
handelt. Die Wa.R. zeigte Eigenhemmung.
5) 15. Nephritis und Luesverdacht. Alle Extrakte reagierten positiv.
6) 16. Die klinische Diagnose lautet: Lues?
7) 165. Klinische Symptome? Im September 1919 Salvarsanbehand-
lung. Es handelt sich um eine Schizophrenie.
Bei den divergenten Fallen war die Wa.R. allein nur in
klinisch sicheren Fallen positiv, bis auf Fall 127, in denen
die augenblicklichen klinischen Erscheinungen fraglich, aber
eine Luesinfektion vor 1 Jahr gesichert war. Die S.-G.R. war
in 3 klinisch sicheren Fallen positiv. In 2 Fallen bestand
sehr wahrscheinlich Lues. Bei 2 weiteren Fallen ist es frag¬
lich, ob die S.-G.R. ein spezifisches Resultat ergeben hat.
Lues hereditaria.
Die S.-G.R. war in einem Falle allein positiv. Es handelt
sich um ein 15-jahriges Kind, das von Jugend an krank ist.
Paralyse.
Die Wa.R. war in einem Falle allein positiv. Die Zeit
der Infektion ist unbestimmt, aber die klinische Diagnose:
Paralyse gesichert. Ebenso handelt es sich bei dem nur
S.-G.R-positiven Fall um eine klinisch gesicherte Paralyse.
Varia.
Nur Wa.R. positiv.
1) 520. Wa.R. ergab mit einem Extrakt Hemmung. Die S.-G.R. war
mit alien Extrakten negativ.
2) 480. Keine niihere klinische Diagnose zu erfahren.
3) 1550. Klinisch Encephalitis lethargies. Die S.-G.R. vollkommen
negativ.
4) und 5) 160 und 186. Diagnose? S.-G.R. war in beiden Fallen
zweifelhaft.
Nur S.-G.R. positiv.
1) Z. Nahere Angaben fehlen.
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Theorie und Praxis der Sachs-Georgi- und Wa8serraaDn-ll4?aktion. 403
2) 481. \Va.E. negativ, aber deiitliche Heramung erkennbar. 8.-G.R.
mit 2 Extrakten fraglieh und negativ.
3) 148. Ulcus moUe, Lues fraglieh.
4) 80. Wa.R. zeigt Eigenhemmung.
5) 13. Hemiplegie. Eine friihere Gonorrhoe wird zugegeben.
6) 30. Keine niiheren Angaben.
Bei den divergenten Fallen hat die Wa.R. einiual moglicher-
weise unspezifisch reagiert. Die S.-G.R. vielleicht ebenfalls
einmal. Es ist schwer, zu entscheiden, ob die dbrigen diver¬
genten Faile auf unspezifischen Reaktionen bernhen, weil dafilr
die naheren klinischen Angaben fehlen.
Wenn wir unser Ergebnis zusammenfassend beurteilen,
mussen wir feststellen, daB die S.-G.R. uns ira allgemeinen
spezifische Resultate lieferle, daB sie ini allgemeinen in alien
Stadien der Lues prozentual niehr positive Resultate ergab,
wie die Wa.R., besonders bei behandelten Fallen. Es kann
sich allerdings erst im Laufe der Zeit ergeben, ob die posi-
tiven Reaktionen bei behandelten Fallen als fflr Lues charak-
teristisch aufzufassen sind, wie das von einigen Autoren bereits
jetzt angenommen wird, Oder ob sich hier ein schwerer Nach-
teil der S.-G.R. offenbart.
Ein weiterer Punkt ware bei deni Vergleich zwischen
beiden Reaktionen noch zu berflcksichtigen.
Bei der Wa.R. hatten wir im ganzen 5,35 Proz. Eigen¬
hemmung. Bei der S.-G.R. wurde in 8,28 Proz. der Faile
die Alkoholkontrolle positiv. Diese hohe Zahl der positiven
Kontrollen erkiart sich einmal aus dem verhaitnismaBig langen
Aufbewahren der Sera, wie auch daraus, daB wir an einem
Versuchstage, wie schon erwahnt, nur positive Kontrollen er-
halten hatten. DaB das Lagern der Sera von EinfluB auf die
S.-G.R. ist, wurde in einer besonderen Versuchsreihe erwiesen.
Eine grSBere Anzahl von Wa.R. und S.-G.R. positiven und
negativen Seren wurde 14 Tage, 3 Wochen und 4 Wochen
nach dem ersten Ansetzen der Reaktion wiederum untersiicht.
Dabei konnten wir kaum eine Abnahme der Intensitat der
positiven Reaktion beobachten, sondern wir sahen sehr oft,
daB bei diesen Wiederholungsuntersuchungen vorher negative
Sera positive Resultate ergaben. Derselbe Befund konnte auch
bei Wa.R. geniacht werden.
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
404
Joseph Tannenberg,
Digitized by
Liquoruntersuchungen.
Lumbalfliissigkeiten standen uns nur in beschrankter An-
zahl zur Verfiigung. Die meisten stammten aus der Landes-
heilanstalt zu Marburg, und ich raochte auch an diesser Stelle
dem Oberarzte der Anstalt, Herrn Dr. Giese, fOr freund-
liche Ueberlassung der klinischen Diagnosen meinen verbind-
lichsten Dank aussprechen. Insgesamt wnrden 15 Lurabal-
fliissigkeiten untersucht. 8 stammten von Paralytikern, davon
reagierten 6 nach beiden Reaktionen positiv, bei einer ver-
sagte die Wa.R., bei einer die S.-G.R. — 7 Liquores waren
negativ, darunter befanden sich Falle von Schizophrenie (2),
Scharlach mit meningitischen Erscheinungen (1), Psycho¬
pathic (1), Tabes dorsalis (1), Encephalitis lethargica (1); die
Liquores wurden nach der von Sachs-Georgi angegebenen
Methode untersucht. Nach 5—10 Minuten langem Inaktivieren
wurden 0,5, 0,25, 0,15 und 0,1 ccm unverdiinnt mit 0,5 ccm
6-fach verdflnntem Extrakt versetzt. Wenn wir die Punktate
ohne vorheriges Inaktivieren untersuchten, wie sie zur Wa.R.
verwandt wurden, so konnten wir keine wesentlich anderen
Resultate erzielen. Aufftlllig war uns die verhaltnismSBig hohe
Zahl der nicht einwandfreien Alkoholkontrollen, welche die
Beurteilung der Reaktion sehr erschwerten. Wir hatten bei
der geringen Anzahl unserer Untersuchungen einmal eine
positive Alkoholkontrolle, und 3mal wurde die Kontrolle als
zweifelhaft bezeichnet.
Neuerdings gibt F. K. Georgi (10) an, daB bei Steigerung
der Untersuchungsmenge auf das Dreifache die Resultate mit
der Ausflockungsreaktion besser werden, als mit der Wa.R.
Wie von einer groBen Anzahl von Autoren betont wird,
bildet eine der hauptsachlichsten Fragen bei der S.-G.R. wie
bei der W'a.R. die Frage der Extraktbereitung. Nach den
eingehenden Untersuchungen von Sachs und vieler anderer
Autoren wird heute wohl angenommen, daB ein optimales
Gemisch von verschiedenen Lipoiden das Wesentliche ist, was
den Extrakt als „Antigen“ als geeignet erscheinen laBt. Wir
selbst stellten uns zunfichst nach der Vorschrift von Sachs
und Georgi fiir unsere Versuche Rinderherzextrakt her,
welcher nach geeigneter Cholesterinierung sich auch als brauch-
Google
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
_URBANA-CHAMPAIGN- -
Theorie und Praxis der Sachs-Georgi- und Waseermann-Reaktion. 405
bar erwies. Da in dem Lipoidgehalt der Extrakte das Wesent-
liche erblickt wurde, glaubten wir, annehmen zu dilrfen, in
Extrakten aus Gehirn, welches dock bekannterniaBen sehr
reichlich Lipoide enthSlt, brauchbare Extrakte zu finden. Es
wurden also aus Rinderhirn Alkoholextrakte hergestellt nacli
derselben Vorschrift, die Sachs fOr die Herstellung von
Extrakt aus Rinderherz gibt. Die dergestalt hergestellten
Extrakte wurden im VerhSltnis 1:1, 1:2 und 1:3 niit Alkohol
verdiinnt. Und ebenso wurde den einzelnen Verdilnnungen
noch ein Cholesterinzusalz in steigender Menge geben.
Auch nach der Vorschrift fOr Extraktbereitung von
Meinicke (24c) wurden aus Rinderhirn Extrakte hergestellt.
Ebenso wurde ein Extrakt daraus nach Art von Lessors(20a)
Aetherextrakt bereitet.
Alle Versuche jedoch, die wir niit Extrakten aus Rinder¬
hirn anstellten, hatten kein brauchbares Ergebnis. Die Rinder-
hirnextrakte erwiesen sich in jeder Form und Verdtlnnung als
ungeeignet dadurch, daB sie einmal bei stark positiven Seren
versagten, und auf der anderen Seite bei negativen Seren
Flockungen ergaben.
Vor der Verwendung der Extrakte wurde die Extrakt-
vorprobe, welche Meinicke (24c) zur Prtlfung der Brauch-
barkeit eines Extraktes fiir seine Reaktion und fiir die Wa.R.
angibt, auch zur Vorpriifung von Extrakten fiir die S.-G.R.
angewendet. Wir verfflgten nur iiber wenig Material, al)er
bei den wenigen Vorversuchen, die wir anstellten, ergab sich,
daB die Meinickevorprobe auch zur Extraktbeurteilung fflr die
S.-G.-R. brauchbar zu sein scheint. Wir stellten den Versuch
zunachst mit den Extrakten an, die sich bei uns in vielen
Untersuchungen bereits bewShrt hatten und erhielten dabei
Bilder, die den Angaben Meinickes in der Zeitschr. f.
Immunitatsf. u. exp. Therapie, Bd. 27, Heft 6, p. 513, ent-
sprechen. Wir verfuhren dabei folgendermaBen:
Von physiologischer Kochsalzlosung wurden Verdiinnungen 1:2, 1:4
und 1:8 bereitet. In 5 Rdhrchen komnien 0,5 ccm des zu untersnchenden
Extraktes. In Rohrchen I werden dazu 0,5 ccm Aqua dest. hinzugesetzt.
In R5hrchen II 0,5 ccm der Kochsalzverdiinnung 1:8, in III 0,5 ccm der
Verdiinnung 1:4, in IV 0,5 ccm der Verdiinnung 1:2, und in V 0,5 ccm
der physiologischen Kochsalzlosung. Nach dem schnell ausgefiihrten Pipet-
tieren werden alle Rohrchen gut geschiittelt und bleiben 1—2 Stunden bei
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
406
Joseph Tannenberg,
Digitized by
Zimmertemperatur stehen. Bei einem branchbaren Extrakt soil das Wasser-
rohrchen leicht getriibt erscheinen und einen hellgrauen Farbenton haben.
Das Kdhrchen mit der Verdiinming 1:8 ist wesentlich starkergetrubt und
hat einen ins Gelbliche spielenden Farbenton. Die drei anderen Eohrchen
sollen dichte Triibung aufweisen.
Wir konnten im allgemeinen schon sofort nach dem
Mischen des Extraktes in dem Rohrchen mit der Koclisalz-
liisung dieses charakteristische Geprage wahrnehmen, aller-
dings deutlicher nach einigen Stunden. Wir versuchten anch
mit unseren verschiedenen Rinderhirnextrakten die Meinicke-
vorprobe und erhielten dabei gleichfalls mit alien Modifikationen
ein anderes Aussehen der Versuchsrohrchen, als bei den
brauchbaren Extrakten. Das Rohrchen mit Aqua dest. wies
gewbhnlich eine viel hellere Triibung auf, als bei den brauch¬
baren Extrakten, und alle Rohrchen der Kochsalzverdunnung
hatten denselben weiBlichen, nicht ins Gelbe spielenden Farben¬
ton, der sonst auftrat. Die Untersuchungen im Sachs-Georgi-
versuch ergaben dann auch ein unspezifisches Verhalten der
Extrakte, wie schon erwahnt. Die Meinickemethode der Extrakt-
priifung verdient also auch nach unseren geringen Erfahrungen
bei der Neuerprobung von Extrakten fiir die S.-G.R. zur vor-
Ihufigen Orientierung uber die Brauchbarkeit angewandt zu
werden.
In einer Untersuchungsreihe wurde auch die Methode der
fraktionierten Extraktverdiinnung, die Sachs empfiehlt, zur
Verfeinerung der Brutschrankmethode angewandt. Es wurde
so verfahren, daB die S.-G.R. auBer mit mehreren nach der
gewohnlichen Methode verdiinnten Extrakten auch mit einem
Extrakt angesetzt wurde, der nach dem Vorschlag von Sachs
erst mit dem gleichen, dann nach etwa 10 Minuten mit dem
4-fachen Volumen einer physiologischen Kochsalzlosung ver-
setzt war. Es zeigte sich auch bei uns, daB auf diese Weise
eine V'^erfeinerung der Methodik moglich ist. Aber es muBte
auch konstatiert werden, daB nicht alle Sera in gleicher Weise
mit dem fraktioniert verdiinnten Extrakt starker reagieren.
224 Sera warden auf diese Weise untersucht. Dabei waren
mit beiden ExtraktverdQnnungen 62 Fdlle positiv, 147 negativ,
einmal war die Reaktion mit gewohnlich verdiinntem Extrakt
allein positiv, 3mal die mit fraktioniert verdiinntem, 2mal
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Theorie und Praxis der Sachs-Georgi- und Wassermann-Reaktion. 407
ergab die Reaktion mit gewohnlicher Extraktverdunnung frag-
liche Reaktion, 9mal die mit fraktioniert verdiinntem. Von
den genieinsamen positiven Fallen reagierte der gewohnlich
verdilnnte Extrakt 9inal, der fraktioniert verdUnnte 37mal
starker. Beim Vergleich der mit denf fraktioniert verdflnnten
Extrakt positiven Reaktionen mit den Wa.-R. ergab sich, daB
einmal die Wa.R. positiv, 2mal die Wa.R. negativ war.
In Heft 10 der Arbeiten aus dem Institut fur experimen-
telle Therapie und dem Georg Speyer-Hause zu Frankfurt a. M.
berichtet P. Neukirch (31) tiber den verstarkenden EinfluB
von Eisschranktemperatur auf den Ausfall der S.-G.R. nach
vorherigem Aufenthalt der Versuchsrohrchen im Brutschrank
bei 37®. Wir wandten auch diese Methode zur Verfeinerung
der Ergebnisse der Brutschrankmelhode an, und zwar ins-
gesamt in 137 Fallen. 32mal batten wir sowohl nach 24 Stunden
Brutschrank wie nach 5 Stunden Aufbewahren der Rohrchen
bei Eisschranktemperatur und weiter nach 24 Stunden Auf¬
bewahren bei Eisschranktemperatur genieinsam positive Ergeb¬
nisse. 96mal gemeinsam negative Ergebnisse, 4mal erhielten
wir nach 5 Stunden Stehen der Rohrchen bei Eisschrank¬
temperatur zweifelhafte Ergebnisse in vorher negativen Reak¬
tionen, und 3mal steigerten sich diese zweifelhaften Ergeb¬
nisse nach 24 Stunden Eisschranktemperatur zu positiven.
Mit der Wa.R. verglichen, ergab sich, daB die Wa.R. bei den
in Frage koramenden Seris nur einmal positiv war. In einem
Falle handelte es sich zweifellos uni eine unspezifische Reaktion
bei der Eisschrankmethode. Die klinische Diagnose zu diesem
Falle lautete: Typhus oder Dysenterie. Bei 5 FSllen ergab
die Eisschrankmethode positive Resultate in vorher negativen
Reaktionsgemengen. Auch hier handelt es sich in 2 FMlen
urn unspezische Reaktionen bei Typhus und Dysenterie, in
einem Falle war klinisch eine Lues festgestellt, die aber eine
spezifische Behandlung erhalten hatte.
Zusammenfassung.
Zusamraenfassend konnen wir feststellen, daB sowohl die
Methode der fraktionierten Extraktverdunnung, wie die Eis¬
schrankmethode dazu dienen konnen, die S.-G.R. zu verfeinern.
Allerdings wSchst damit die Gefahr der unspezifischen Reak-
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
408
Joseph Tannenberg,
Digitized by
tionen. Einen wcsentlichen Unterschied zwischen der Ablesung
nach 5 Stunden und 24 Stunden Aufbewahrung bei Eisschrank-
temperatur konnten wir nicht feststellen. Sehr oft sahen wir
nach 24 Stunden Brutschrank Reaktionen mit dem fraktioniert
verdiinnten Extrakt schon positiv, die mit dem einfach ver-
dflnnten Extrakt erst nach Aufbewahrung bei Eisschranktem-
peratur positiv wurden, Diese Reaktionen mbchten wir nach
unseren Erfahrungen fflr spezifisch halten und daher empfehlen,
neben den nach der ursprtinglichen Methode verdiinnten Ex-
trakten auch stets einen fraktioniert verdunnten Extrakt an-
wenden und neben der Ablesung nach 24 Stunden Brutschrank
eine zweite Ablesung vorzunehmen nach Aufbewahrung der
Reaktionsgemenge bei 2—10° C.
Am Schlusse mochte ich nicht verfehlen, deni Direktor des Hygienischen
Institutes, Herrn Geheimrat Prof. Dr. Boohoff, fiir die weitgehende For-
derung meiner Arbeit meinen verbindlichsten Dank auszusprechen.
LIteraturverzeiclinis.
1) Baumgartel, Munch, med. Wochenschr., 1920, No. 15, 26, 36.
2) Blumenthal, Med. Klinik, 1919, No. 31.
3) Eicke, Med. Klinik, 1919, p. 1314.
4) — und Eose, ebenda, 1920, No. 36.
5) Felke, Miiiich. med. Wochenschr., 1920, No. 45.
6) — und Wetzel, ebenda, 1919, p. 1347.
7) Fraenkel, Miineh. med. Wochenschr., 1919, p. 1047; Deutsche med.
Wochenschr., 1919, No. 37.
8) Friedemann, Ulrich, Zeitschr. f. Hyg., Bd. 67. 1910.
9) Georgi, W., Zeitschr. f. Ininiunitiitsf. u. exp. Therapie, Bd. 27, 1918;
Biochem. Zeitschr., Bd. 93, 1919; Dermatolog. Wochenschr., Bd. 68,1919.
10) — F., Miineh. med. Wochenschr., 1920, No. 46.
11) Gaethgens, Miineh. med. Wochenschr., 1919, No. 33.
12) Gloor und Klinger, Zeitschr. f. Immunitatsf. u. exp. Therapie,
Bd. 22, Heft 5.
13) Hauck, Miineh. med. Wochenschr., 1919, No. 49; 1920, No. 13.
14) Hertz, Inaug.-Diss. Bonn, 1919.
15) Hinzelraann, Munch, med. Wochenschr., 1920, No. 14.
16) Hiibschmann, Miineh. med. Wochenschr., 1920, No. 9.
17) Kafka, Miineh. med. Wochenschr., 1918, No. 50.
18) Keining, Inaug.-Diss. Marburg, 1920; Dermatol. Zeitschr., Bd. 30.
19) Konitzer, Med. Klinik, 1919, No. 14.
20) Lesser, Berl. klin. Wochenschr., 1909, No. 21; 1919, No. 10; Miineh.
med. Wochenschr., 1918, No. 32.
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Theorie und Praxis der Sachs-Georgi- und WaUernmnn-Reaktion. 409
21) Lipp, Med. Khnik, 1918, No. 50; Munch, med. Wochenschr., 1918,
p. 1200.
22) Loens, Deutsche med. Wochenschr., 1913, No. 21.
23) Mandelbaum, Miiuch. med. Wochenschr., 1918, No. 11, 43; 1920,
No. 33, 43.
24) Meinicke, Miinch. med. VV'ochenschr., 1918, No. 49; 1919, No. 19;
1919, p. 932; Deutsche med. Wochenschr., 1919, No. 7; 1919, p. 660;
1920, p. 13; 1920, No. 37; Zeitschr. f. Immunitatsf. u. exp. Therapie,
Bd. 27, Heft 6, p. 513; Bd. 28, 1919, p. 2; Berl. klin. Wochenschr.,
1918, No. 4, p. 83.
25) Merzweiler, Deutsche med. Wochenschr., 1919, No. 46.
26) Messerschmidt, Deutsche med. Wochenschr., 1920, No. 6.
27) Meyer, Med. Klinik, 1919, No. 11.
28) Meyeringh, Zeitschr. f. Immunitatsf. u. exp. Therapie, Bd. 30, 1920,
Heft 1.
29) Nathan, Zeitschr. f. Immunitatsf. u. exp. Therapie. Bd. 29, Heft 1
u. 6; Med. Klinik, 1918, No. 41.
30) — und Weichbrodt, Miinch. med. Wochenschr., 1918, No. 46.
31) Neukirch, Arb. a. d. Inst. f. exp. Therapie Frankfurt a. M., Heft 10;
Med. Klinik, 1920. p. 69; Zeitschr. f. Immunitatsf. u. exp. Therapie,
Bd. 29.
32) Papamarkii, Med. Klinik, 1920, No. 36.
33) Pesch, Munch, med. Wochenschr., 1920, No. 43.
34) Plant, Zeitschr. f. d. ges. Neurologic, 1919, No. 52.
35) Raabe, Berl. klin. Wochenschr., 1919, p. 1012.
36) Reich, Deutsche med. Wochenschr., 1919, No. 7.
37) Sachs, Deutsche med. Wochenschr., 1920, No. 3; Zeitschr. f. Immuni-
tatsforschung u. exp. Therapie, Bd. 26,1917, Heft 5; Berl. klin. Wochen-
Bchrift, 1916, No. 52; Kolloid. Zeitschr., Bd. 24, Heft 4.
38) — und Georgi, Med. Klinik, 1918, No. 33; Miinch. med. Wochen-
schrift, 1919, No. 16; 1920, No. 3; Arb. a. d. Inst. f. exp. Therapie
Frankfurt a. M., Heft 6 u. 10.
39) — und Rondoni. Berl. klin. Wochenschr., 1908, No. 44.
40) Scheer, Miinch. med. Wochenschr., 1919, No. 32; Zeitschr. f. Immuni¬
tatsf orschung u. exp. Therapie, Bd. 30, Heft 2.
41) SchSnfeld, Miinch. med. Wochenschr., 1920, No. 14.
42) Somoggi, Miinch. med. Wochenschr., 1920, No. 43.
43) Schriider, Med. Klinik, 1919, No. 21.
44) Stilling, Arb. a. d. Inst. f. exp. Therapie Frankfurt a. M., Heft 10,
p. 32 u. 70; Med. Klinik, 1920, No. 2.
45) Weichard und Schrader, Med. Klinik, 1919, No. 6.
46) Wendtlandt, Zeitschr. f. Immunitatsf. u. exp. Therapie, Bd. 30, 1920,
Heft 2.
47) Wodtki, Miinch. med. Wochenschr., 1920, No. 15.
48) Wolf fen stei n, Berl. klin. Wochenschr., 1919, No. 47.
49) Zurkelle, Dermat. Zeitschr., Bd. 28, p. 179.
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
410
I. Tsukahara
Digitized by
Nachdruck verbolen.
[Aus dem Institut zur Erforschung der lufektionskrankheiten in
Bern (Direktor: Prof. Dr. G. Soberiiheim).]
Vcrlaaf dcr Agglatiiiinbildung bei liifektioii normaler
iiiid iiuiuiiiiisiertcr Ticrc.
V^on Dr. I. Tsukahara.
Mit 22 Abbildiingen im Text.
(Eingegangen bei der Eedaktion am 10. Miirz 1921.)
I.
Die Agglutinine, die nach dem Ueberstehen einer Infektions-
krankheit in dem Blute des Menschen zuriickbleiben, sind, wie
bekannt, oft noch wochen- und monatelang nachweisbar. Be-
sonders beim Typhus sind diese Verbaitnisse genauer studiert
worden, weil bier die Aggliitinationsprufung in der Form der
Widalschen Probe ein wichtiges diagnostisches Hilfsmittel
darstellt.
Schon von Anfang an war man sich der Fehlerquelle be-
wufit, mit der die Serodiagnostik des Typhus infolge der
langeren Persistenz der Agglutinine im Blute der Genesenen
unter Umstanden zu rechnen hat. Bei einer neberhaften Er-
krankung zweifelhaften Charakters ist ein positiver Ausfall
der Widal schen Reaktion eben nicht beweisend, wenn der
Betreffende einige Zeit vorher einen Typhus tiberstanden hat.
Will man Trugschliissen begegnen, so ist die Anamnese des
Falles sorgfaltig zu erheben und zu beriicksichtigen.
In den Kriegsjahren sind nun aber weiterhin erhebliche
Schwierigkeiten dadurch entstanden, daB die Armeen der
kriegfiihrenden Lknder in groBtem Umfange der Typhus-
schutzimpfung unterzogen worden sind, und daB auch unter
der ZivilbevSlkerung sowie in anderen Landern vielfach Schutz-
impfungen vorgenommen wurden. Da das Blut schutzgeimpfter
Personen ebenso wie Kranken- und Rekonvaleszentenblut eine
positive Widalsche Reaktion gibt und diese Eigenschaft noch
iSngere Zeit nach der Impfung bewahrt, so war unter solchen
Verhaltnissen der diagnostische Wert der Agglutinationsprobe
Google
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
UMANA-CHAMPAIGN
Verlauf d. Agglutininbildung bei Infekt. norm, u, immunis. Tiere. 411
auBerordentlich herabgesetzt und eigentlich ganz in Frage
gestellt. Einen befriedigenden Ausweg zu finden, ist nicht
geglflckt. Es ist im gegebenen Fall nicht sicher zu entscheiden,
ob ein positiver Widal bei Schutzgeimpften, die von einer
fieberhaften Erkrankung befallen werden, auf diese Erkrankung
zu beziehen ist oder aber auf die frQhere Schutzimpfung.
Weder die StSrke der Agglutination noch das Ansteigen des
agglutinatorischen Titers iin Verlaufe der Krankheit bieten
eine sichere Gewfihr daftir, daB der Reaktion eine patho-
gnomonische Bedeutung zukommt.
Inwieweit die Mitagglutination von Paratyphus A-Bazillen, wie eie
von Braun und Liefi empfohlen worden Ut, eine vbllige LSsung der
Schwierigkeiten ermoglicht, durfte noch nicht geniigend klargestellt sein
(vgl. Schafer, Schiirer und Goldschmidt). Das gleiche gilt von der
Mitagglutination des B. enteritidis, auf die Dawson die Aufmerksamkeit
gelenkt hat. Auch die Angabe von Dreyer und Walker, dafi bei
Typhus das Maximum der Agglutinationswirkung stets zwischen dem 16.
und 24. Tage der Erkrankung erreicht werde, was bei andersartigen In-
fektionen nicht der Fall sei, lafit sich wohl in der Praxis nicht immer
leicht verwerten.
Die Frage wird fernerhin dadurch kompliziert, dafi schlummernde
und Bcheinbar verschwundene Agglutinine unter dem Einflufi
einer beliebigen fieberhaften Infektion offenbar wieder neu erweckt
werden konnen. Durch Reifi, Zinfier und Kathe u. a. wurde auf
diese Verhaltnisse aufmerksam gemacht, besonders haben dann aber
Conradi und Bieling systematische Untersuchungen angestellt. Sie
fanden, dafi bei Miliartuberkulose, Fiinftagefieber, Y-Ruhr, Malaria, Pneu-
monie, Erysipel, Weil scher Krankheit, Mandelabszefi die Typhusagglutinine
deutlich in die H5he gingen, zum Teil auf das 3-fache des Ausgangswertes,
wenn es sich um schutzgeimpfte Personen handelte. Zu den gleichen Er-
gebnissen gelangte Fleckseder, der in 70 Fallen fieberhafter Erkrankung
eine Mobilisierung alter Typhusagglutinine feststellen konnte. Meistens
riihrten die Agglutinine von einer friiheren Schutzimpfung her, teilweise
auch von einem vor langerer Zeit uberstandenen Typhus. Weitere Beob-
achtungen zeigen, dafi iihnliche Verhaltnisse auch bei anderen Krankheiten
vorzuliegen scheinen. So kSnnen beispieisweise Ruhrgenesene, auch wenn
ihre Erkrankung Ikngere Zeit zuruckliegt, spaterhin im Verlaufe einer
Typhus-, Paratyphus-, Fleckfieberinfektion usw. einen ausgesprochenen
Ruhr-Widal zeigen. Die positive Wassermannsche Reaktion, die gelegent-
lich bei Fleckfieberkranken nachweisbar ist, beruht zum Teil auf un-
spezifischer Nebenwirkung, zum Teil hilngt sie aber wohl auch mit friiher
uberstandener Syphilis zusammen. Die Literatur fiber derartige Beobach-
tungen ist namentlich in den Kriegsjahren sehr umfangreich geworden,
und es liefie sich noch eine ganze Reihe ahnlicher Beispiele anffihren.
Zeittchr. f, ImmunltiiUforfchun^. Ori«. hd. 32- 28
Digitized by Google
■ Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
412
1. Tsukahara,
Digitized by
Es leuchtet ein, da& das wissenschaftliche Interesse,
das diese Frage bietet, fast noch groGer ist, als ihre prak-
tische Bedeutung. Inwieweit der Serodiagnostik fflr die Zu-
kunft Schwierigkeiten erwachsen werden, mufi sich zeigen,
sobald die Zeit der umfangreichen Schutzimpfungen und der
Durchseuchung groBerer Menschenmassen erst weiter zurflck-
liegt. Fiir die Auffassung der Immunitatsreaktionen aber,
sowie Uberhaupt fdr das ganze Iminunitatsproblem bei ge-
wissen Infektionskrankheiten sind die erwahnten Erfahrungen
von auBerordentlichem Werte. Wenn auch die Agglutinine
vielleicht nicht unmittelbar als eigentliche Schutzstoffe an-
gesehen werden dflrfen, so geben sie doch unzweifelhaft einen
MaBstab ab fiir die Abwehrreaktion und die ReaktionsfShigkeit
des Organismus. Findet man also, daB der Korper, der nach
dem Ueberstehen einer Infektionskrankheit immun geworden
und geblieben ist, auch wenn die Schutzstoffe bzw. Agglutinine
aus seinem Blute wieder verschwunden sind, auf einen neuen
unspezifischen Reiz hin diese Schutzstoffe in grSBeren
Mengen neu zu produzieren und an das Blut abzugeben ver-
mag, so erkennen wir damit ohne weiteres seine veranderte
Reaktionsfahigkeit.
So hat es denn nicht an Arbeiten gefehlt, die sich bemiiht
haben, auch auf experimentellem Wege, im Tierversuch,
das Problem weiter zu klaren. Zum besseren VerstSndnis ist
es aber nbtig, zunadist zu beriicksichtigen, wie sich flberhaupt
die AntikSrperbildung und das Auftreten von Anlikorpern im
Blute immunisierter Tiere entwickelt.
Schon Brieger und Ehrlich haben wohl als die ersten fiir das
Tetanusantitoxin diese Verhiiltnisse studiert und graphisch dargestellt. Sie
priiften den Antitoxingehait der Milch einer mit Tetanusgift immunisierten
Ziege und konnten zeigen, dafi das Auftreten des Antitoxins wellenformig,
und zwar in ganz gesetzmafliger Weise verlauft. Fiir das Diphtheric-
antitoxin gelangten dann Salomonsen und Madsen zu iihnlichen Fest-
stellungen. Bei ihren Untersuchungen, die an diphtherieimmunisierten
Pferden vorgenommen wurden, ergab sich, dafi bei wiederholter Toxin-
injektion auf die einzelne Einspritzung zuniichst ein starker Abfall des
Antitoxingchaltes folgte, und dafi alsdann der Antitoxinwert iiber die ur-
spriinglich vorhandene Grenze in stctiger Zunahme anstieg. Der H6he-
punkt wurde nach etwa 9—12 Tagen erreicht. Im Gegensatz hierzu bcob-
achtete Morgenroth, dafi bei Ziegen nach wiederholter Injektion von
Lab der Antilabgehalt der Milch wieder rascher ansteigt und schon
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Verlaiif d. Agglutininbildung bei Infekt. norm. u. immiinis. Tiere. 413
nach 1 — 3 Tagen den Hohepunkt erreicht, ohne dafi es vorher zu einem
Abfall des Antikorpergehaltes kommt. Fiir die hamolytischen Autikbrper
liegen Untcrauchungen von Ehrlich und Morgenroth, Schutze und
Scheller, Bulloch u. a. vor, die zum Teil nicht ganz iibereinBtimmende
Ergebtiisse lieferten und zeigcn, daB die Injektionsdosis, die Art der In-
jektion und die Individualitat der Versuchstiere wohl von Bedeutung sind.
Nach intravenoser und intraperitonealer Injektion von Rinderblut fand
Bulloch bei Kaninchen vom 4. Tage an einen kritiachen Eintritt dea
Hiimolyaina in die Blutbahn und ein Maximum nach wenigen Tagen.
Eine erneute Injektion bewirkte zunachat Abfall dea Hamolyaingehaltea,
der aber gewbhnlich nach 24—36 Stunden wieder auageglichen iat; dann
folgt haufig ein Anatieg uber den vor der Injektion vorhandenen An-
fangawert.
Verauche, die v. Dungern hinaichtlich der Bildung von Priizipi-
tinen gegeniiber Maja- und Octopuaplaama vornahm, betreifen apeziell
die Frage, inwieweit die Antikorperkurve bei eratmalig injizierten Tieren
aich von der Antikorperkurve bei wiederholten Injektionen unteracheidet.
Er konnte featatellen, daB normale Kaninchen nach intravenOaer Ein-
apritzung von Majaplaama erat vom 5. bia 6. Tage an Prazipitin im Serum
aufweiaen. Der Prazipitingehalt nimmt dann raach zu und erreicht achon
nach ungefiihr 2 Tagen die hSchate Stiirke. Fiir Octopuaprazipitin war
daa Verhalten ganz analog, nur daB das Prazipitin achon nach 4 Tagen
nachweiabar war und nach 6 Tagen aeine atarkate Konzentration erreichte.
Demgegeniiber eracheint bei apezifiach vorbehandelten Kaninchen der
prazipitierende Antikorper nach erneuter intravenoaer Einfiihrung von
Majaplaama fruhor ala bei eratmalig injizierten Kaninchen. Beaitzen die
Tiere im Augenblick der erneuten Injektion noch einen hohen Antikorper-
gehalt, ao folgt aofort auf die Einapritzung zunachat ein raacher Abfall
der Prazipitine. Wichtig iat aber die weitere Beobachtung, daB auch
aolche Kaninchen, welche in ihrera Blute gar keine AntikSrper
mehr beaitzen und aich daher vom gewohnhchen Kaninchen anacheinend
nicht mehr unteracheiden, auf die Einverleibung dea Antigena ebenfalla
mit abgekiirzter Latenzperiode reagieren und zugleich mit deutlich
veratarkter Antikdrperbildung. Daa Prazipitin laBt aich in aolchen
Fallen achon am 3. Tage nach der Einapritzung im Blute nachweiaen.
Der anaphylaktiache Antikorper entwickelt aich nach Fried-
berger und Mit a beim vorbehandelten Tiere, wie aich mit Hilfe der
Fieberreaktion nachweiaen liiBt, achon aehr friihzeitig, und zwar bereita
24 Stunden nach der Antigenzufuhr. Auch daa „InkubationBBtadium“
verrat also durch den Temperaturanatieg die Antikbrperentwicklung, ob-
wohl wir dieae durch die gewohnliche Unteraiichungatechnik der Antigen-
AntikSrperreaktion in vitro zuniichat noch nicht zur ainnlichen Wahr-
nehmung zu bringen vennogen. Die Antikorperbildung vollzieht aich ao-
mit nicht kritiach, sondern allmiihlich. Die Beeinduaaung der Korper-
jemperatur durch das artfremde EiweiB iat im ubrigen beim vorbehandelten
Tier ganz enorm geateigert im Vergleich zum norraalen Tier.
28*
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
414
I. Taukahara,
Digitized by
Den biaher angefiihrten Unterauchungsergebniasen entsprechen im
wesentlichen auch die Resultate, die man bezuglich der una bier im be-
Bonderen interesaierenden Agglutininbildung erhalten hat. Wie
Joergenaen und Madaen, Joergenaen, Staubli u. v. a. fanden,
verlauft bei einer einmaligen Injektion (Typhua, Cholera, B. coli uaw.)
die Aggliitininkurve in der Regel so, dafl nach einem Latenzatadium von
2—3 Tagen ein Anstieg erfolgt, mit einem Maximum etwa um den 9. Tag,
woraiif aich der Abfall langeam und kontinuierlich iiber liingere Zeit voU-
zieht. Die Frage, in welcher Weiae daa vorbehaudelte Tier auf eine er-
neute Bakterieneinverleibung mit Aggliitininproduktion reagiert, iat dem-
gegeniiber nur vereinzelt gepriift worden, wenigatene soweit es aich urn den
Fall handelt, daS die eratmalig erzengten Agglutinine wieder vollstandig
Oder doch groStenteils ana dem Blute verschtvnnden aind. Verauche dieser
Art hat achon vor liingerer Zeit Cole auagefiihrt. Dieser Autor machte
es aich zur Aufgabe, an typhusimmuniaierten Tieren (Kaninchen), deren
Agglutinationstiter wieder stark zuriickgegangen war, die Reaktionsfahigkeit
gegeniiber einer zweiten Injektion von Typhuabakterien festzustellen. Die
von ihm gewahlte Verauchsanordnung bestand darin, daS nach einmaliger
Vorbehandlung der Kaninchen und Abainken dea Agglutinationstiters eine
geringe Menge lebender Typhuskultur von neuem injiziert wurde, und
zwar die kleinste Doaia, die nach Vorversuehen gerade noch auareichte,
um bei normalen Tieren einen Auaschlag im Serum zu erzielen. Bei einem
Kontrolltier bewirkte die Injektion einer solchen Bakterienmenge Oese)
nur einen Agglutinationstiter von 1:50, wiihrend die vorbehandelten Tiere,
deren Serum nur noch 1:100 bzw. 1:200 agglutinierte, auf die Injektion
der gleichen Dosis ein agglutinierendes Serum von 1:900 lieferten. Es
ergibt sich zugleich aus den der Arbeit beigegebenen Kurven, dafi die Ent-
wicklung der Agglutinine aich bei den reinjizierten Iramuntieren in lang-
samem Anstieg vollzog und nach ca. 8—10 Tagen ihren Hohepunkt
erreichte. Die Reaktion war also gegenuber der Norm zwar deutlich ver-
etarkt, aber nicht beschleunigt.
Es wurde achon darauf hingewiesen, dafi namenllich fiir die Deutung
der Typhusimmunitiit derartige V^ersuche erheblichen Wert liesitzen. Auch
heute noch bestehen ja Meinungaverachiedenheiten uber daa Wesen der
Typhusimmunitiit, und wahrend man auf der einen Seite die spezifischen
Schutzstoffe, inabesondere die Pfeifferschen Baktcriolysine, ala die Ur-
sache der Immunitiit betrachtet, nehmen andcre eine beaondere Gewebs-
immunitat an. Die letztere Anschauung geht von der Tatsache aus, dafi
liei Menschen, die einen Typhus iiberstanden haben und damit fiir lange
Jahre, vielleicht fiir das ganze Ixiben typhusimmun geworden sind, der
Immunitatszustand anscheinend nicht gebunden iat an die Anwesenheit
der Immunatoffe des Serums. Auch wenn das Serum liingst frei von
Agglntininen und Bakteriolysinen geworden iat, besteht die Immunitiit des
Individuums noch fort.
Es ist klar, tlalJ dieser SchluB kein zwingender ist, und
es ist wohl mit Recht die Moglichkeit in Betracht gezogen
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-^AMPAIGN
Verlauf d. Agglutininbildung bei Infekt. norm. u. immunis. Tiere. 415
worden, daB auch nach deni Verschwinden der Schutzstoffe
aus dem Blute der immunisierte Organismus doch noch eine
erhShte Schlagfertigkeit bewahrt hat, d. h. bei einer neuen
Infektion sofort in verstSrktem und beschleunigtem MaBe mit
spezifischer Antikorperbildung zu reagieren vermag.
Diese Auffassung ist neuerdings wieder voii Bessau stark betont
und erlautert worden. Die Coleschen Versuche stiitzen sie. Ihr treten
auf Grund von grbfieren Beobachtungsreihen v. Liebermann und Ac(51
entgegen. Sie haben ihre Versuche an Meerschweinchen angestellt und
neben anderen Fragen vor allem zu entscheiden gesucht, wie es sich mit
dem erneuten Auftreten von Abwehrstoffen ini Blutserum verhalte unter
dem EinfluB einer Reinjektion bei Tieren, die schon vor langerer Zeit gegen
Typhus immunisiert wurden und tatsachlich immun sind, in ihrem ISerum
aber keine bemerkenswerten bakteriziden usw. Eigenschaften mehr besitzen.
Es zeigte sich in ihren Versuchen, daB ein Wiedererscheinen von spezifischen
Antikdrpern (Agglutininen und Bakteriolysinen) zwar stattfindet, aber erst
nach mehreren Tagen, also so spat, daB sie fiir die Abwehr nicht mehr in
Betracht kommen. Bie lehnen demgemaB fiir den von ihnen studierten
Fall der Typhusimmunitat die entscheidende VVirkung der spezifischen
Berumstoffe ab und sprechen sich zugunsten einer rein zellul^n oder
Gewebsimmunitiit aus.
Hier sind nun aber auch alle jene Beobachtungen rait-
heranzuziehen, die lehren, daB immunisierte Tiere selbst durch
eine unspezifische Nachbehandlung, insbesondere durch
Nachimpfung mit andersartigen Bakterien, zur Neuerzeugung
der alten Immunstoffe gebracht werden konnen.
Diese Frage ist spezLell fiir die Agglutininbildung von Dreyer und
Walker naher untersucht worden. Bie haben Kaninchen mit abgetoteteii
Eulturen von B. coli immunisiert und dann einige Zeit spiitcr, nachdem
der Agglutinationstiter wieder stark heruntergegangen war, Nachimpfungen
mit Staphylokokken oder Friedlanderbazillen und Streptokokken vor-
genommen. Das Resultat war, daB diese Nachimpfungen den Aggluti¬
nationstiter fur B. coli auBerordentlich steigerten. Die Agglutininproduk-
tion volizog sich dabei teils in fast unmittelbarem AnschluB an die Neu-
impfung, teils nach einem Stadium des Stillstandes bzw. eines mehr oder
minder starken Sturzes der Agglutinationswirkung. Schon vorher hatte
Verney bei Immunisierung von Tieren mit mehreren Bakterienarten in
einzelnen Versuchen eine ahnliche wechselseitige Beeinflussung gefunden.
Fleckseder hat neuerdings am Menschen Beobachtungen angestellt und
zugleich gezeigt, daB auch nichtbakterielle, fiebererzeugende Substanzen,
wie Deuteroalbumose und Nukleinsaure, imstande sind, eine „Ausschwem-
mung“ von Agglutininen in die Blutbahn zu bewirken. Das entspricht
den alteren Angaben von Dicudonn4 (Hetol) u. a.
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
416
I. Tsukahara,
Digitized by
Es Bind dann vonConradi und Bieling weitere eingehende Unter-
suchungen iiber die Wirkung eines unspezifischen Bakterienreizes bei vor-
behandelten Tieren vorgenomraen worden. Sie impften Kaninchen zu-
nachst mit abgetoteten Typhusbazillen (intravenos) und spritzten ihnen
einige Tage spiiter, nach Abfall des agglutinatorischen Titers, lebende Coli-
bazdlen bzw. Ruhrbazillen (Shiga-Kruse) oder Diphtberiebazillen ein.
In jedem Falle erhielten sie einen betrachtlichen Wiederanstieg der Typhus-
agglutinine. Auch umgekehrt liefl sich durch die Nachbehandlung mit
abgetoteten Typhusbazillen bei einem prunar mit Paratyphus A-Bazillen
immunisierten Kaninchen eine starke Vermehrung der Paratyphusaggluti-
nine herbeifiihren. In diesem Falle, wie auch bei der Reaktivierung der
Typhusagglutinine durch Ruhrbakterien, folgte der Anstieg des Aggluti-
nationstiters fiir die primiLre Bakterienart dem Anstieg des Titers fur die
sekundiir injizierten Bakterien. Dies sei im Hinblick auf die folgeiiden
Untersuchungen von Biel in g sehon hier hervorgehoben. Conradi und
Bieling haben das Phanomen des Wiederauflebens von Agglutininen
unter der Eiiiwirkung einer neuen unspezifischen bakteriellen Infektion mit
der sehr treft'enden Bezeichnung der „anamnestischen Serumreak-
tion“ belegt.
Die weitere von Bieling vorgenommene Analyse der Vorgange bei
Reinjektionen beriicksichtigt neben der Einspritzung fremder Bakterien-
arten auch die Reinjektion der gleichen Art. Seine Versuche, die er eben-
falls an Kaninchen ansteUte, beziehen sich auf Ruhrbazillen (Typus Shiga-
Kruse und Y) und Typhusbazillen und gipfeln in dem Resultat, dafi die
Agglutininkurve der anamnestischen Reaktion sich grund-
satzlich von einer gewohnlichen Agglutininkurve unter-
Bcheidet. Nach seinen Beobachtungen ist die anamnestische Reaktion
dadurch charakterisiert, dafi die vermehrte Agglutininbildung ohne In-
kubation, sofort nach der Injektion, beginnt und in den meisten Fallen
einen wellenformigen Verlauf mit zwei Gipfeln zeigt. Sie liiBt sich aber,
wie erwiihnt, nur durch einen unspezifischen Reiz erzielen, d. h. wenn die
Nachbehandlung mit andersartigen Bakterien vorgenommen wird. Die
Kurve, die dem Antigen der Nachbehandlung entspricht, zeigt das gewohn-
liche Verhalten, also einen allmahlichen Anstieg, der erst einige Zeit nach
der Injektion einsetzt. Entgegen den Angaben von Conradi und Bie¬
ling wiirde hiernach die sekundare Agglutininkurve der primiiren folgen,
nicht umgekehrt. Bemerkenswert ist ferner, daS nach den Untersuchungen
Bielings eine Nachbehandlung mit der homologen Bakterienart zwar
ebenfalls einen Wiederanstieg der Agglutinine bewirkt, aber nicht nach
dem Typus der anamnestischen Kurve, sondern in langsamer Entwicklung,
ahnlich wie bei erstmalig injizierten Tieren.
Schon diese kurze Literaturiibersicht, die keineswegs den
Anspruch auf Vollstandigkeit macht, iSBt erkennen, daU in
einer Reihe von Punkten die Feststellungen der Autoren aus-
einandergehen. DaB die Reinjektion des homologen Antigens
Google
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Verlauf d. Agglutininbildung bei Infekt, norm. u. immunis. Tiere. 417
in der Regel eine verstSrkte Reaktion zur Folge hat, wird
zwar meistens anerkannt, doch trifTt dies anscheinend nur
dann zu, wenn der AntikSrpergehalt vorher nicht wieder voll-
stSndig zur Norm abgesunken war. In dem letzteren Falle
wollen, wie erwahnt, z. B. v. Liebermann und Ac61 einen
Unterschied zwischen einer prirnSren und sekundaren Re¬
aktion nicht beobachtet haben. Auch hinsichtlich der Art und
Weise, wie sich die sekundSre Antikbrperkurve, im besonderen
die Agglutininkurve, entwickelt^ findet man widersprechende
Angaben. Teils soil der erneute Anstieg rasch und unmittel-
bar einsetzen, so daB schon hierin ein wesentlicher Unterschied
gegeniiber der Reaktion eines normalen Tieres liegen wiirde,
teils wird angegeben, daB auch die Reinjektion ganz wie eine
erstmalige Impfung die Antikbrper (Agglutinine) erst nach
einem gewissen Inkubationsstadium im Blute auftreten IftBt;
und endlich zeigt sich in einer Reihe von Fallen, daB die Re¬
injektion erst nach der bekannten „negativen Phase^, also
einem vorflbergehenden Absturz der Antikorper, zu einem er-
neuten und verstarkten Anstieg fuhrt. Es ist klar, daB neben
individuellen Besonderheiten des einzelnen V’’ersuchstieres die
Bakterienart, die Dosierung, der Infektionsmodus und vor
alien Dingen der Zwischenraum zwischen den einzelnen In-
jektionen von groBter Bedeutung sein niQssen und vermutlich
die eben berflhrten WidersprOche zum groBen Teil erklaren.
Auch die „anamnestische“ Reaktion erscheint nach den
vorliegenden Verbffentlichungen noch nicht vollig gekiart. Ins-
besondere zeigen die hierdurch bedingten Agglutininkurven
(anamnestische Agglutininkurven) mancherlei UnregelmaBig-
keiten und Widersprflche. Ich babe es daher gern unter-
nommen, diese Frage zum Gegenstand eigener experimenteller
Prflfung zu machen.
II.
Meine eigenen Versuche beschaftigen sich mit der Frage,
wie vorbehandelte Tiere auf die Injektion der gleichen
Oder aber einer anderen Bakterienart mit Antikbrperbildung
reagieren. Als MaBstab wurde die Agglutininbildung
genommen. Es sollte nach Moglichkeit erstrebt werden, die
Reinjektion erst dann vorzunehmen, wenn der durch die erste
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
418
I. Tsukahara,
Digitized by
Einspritzung bedingte Agglutiningehalt des Blutes winder voll-
standig verschwunden war. Leider lieBen sich die Versuchs-
bedingungen in dieser idealen Weise meist nicht erfflllen, in-
dem die Tiere selbst nach monatelangem Zuwarten immer
noch eine*verhaitnismaBig starke Agglutinationskraft des Serums
von 1:100, 1: 200 und selbst noch raehr aufwiesen. Obwohl
die Vorbehandlung immer nur in einer einmaligen Einspritzung
einer relativ kleinen Dosis bestand, waren die Folgen der Re-
aktion oft noch lange Zeit nachweisbar. Auch kam hinzu,
daU durch unvorhergesehene Zwischenfaile (Stallinfektion) viele
der Ikngere Zeit aufbewahrten Tiere wahrend des Versuches
eingingen. Immerhin war es uns mSglich, bei einer An-
zahl von Versuchstieren die Beobachtung in der gewtinschten
Weise durchzufuhren.
Die Versuche warden an Kaninchen vorgenommen. Vor jedem
Versuch und ebenso vor jeder Neueinspritzung wurde das Serum des Tieres
auf seine agglutinierenden Eigenschaften gepriift. Die Kulturen, die zur
Verwendung gelangten, waren ein Typhusstamm (Typhus Str.), femer
drei Stamme von Y-Ruhrbazillen (Sttlmme Fr., B., Brg.), sowie ein
Cholera- und ein Paraty phusstamm. Zur Impfung der Tiere dienten
Aufschweramungen frischer Agarkulturen in physiologischer Kochsalzlosung,
die teils lebend, teils abgetdtet injiziert wurden. In dem letzteren Falle
wurde die Abtbtung durch einstiindiges Erhitzen auf 70“ im Wasserhad
vorgenommen; vor der Verwendung der Aufschwemmung wurde die Sterili-
tat durch Verimpfung eines grofien Tropfens auf Nahrbouillon kontrolliert.
Die Einspritzungen erfolgten stets intravenhs, und zwar so gut wie aus-
nahmslos mit der stets gleichen Bakterienmenge von Oese.
Es wurde mit Absicht sowohl zur Vorbehandlung als
auch zur Nachbehandlung diese stets gleichbleibende relativ
kleine Bakteriendosis gewahlt, weil sich einmal gezeigt hatte,
daB hierdurch auch schon beim normalen Tier relativ starke
Ausschlkge zu erhalten sind und weil es uns ferner, speziell
fur die Nachbehandlung, erwiinscht schien, khnlich wie Cole,
Bieling u. a. gerade die Wirkung geringer Bakterienmengen
zu studieren. DaB uberdies bei erstmalig gespritzten Tieren
die Hoffnung bestand, nach Anwendung kleiner Dosen die
Agglutinine wieder rasch aus dem Blute verschwinden zu
sehen, wurde bereits vorher erwahnt.
Die Zeit zwischen Vor- und Nachbehandlung schwankte
zwischen 4 Wochen und 6 Monaten. NSheres dariiber ist aus
den einzelnen Versuchen zu ersehen.
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Verlauf d. Agglutininbildung bei Infekt. norm. u. immunis. Tiere. 419
Die Agglutinationspnifung vollzog sich so, dafi den Versuchstieren
im Anschlufi an die 1. oder 2. Irapfung t&glich kleine Blutproben aus der
Ohrvene entnommen warden, am 1. Tage zwei Proben, und zwar 2 Stunden
und 6 Stunden nach der Impfung. Die Blutentnahme wiirde bis zu 2 und
3 Wochen nach der Impfung fortgesetzt. Bei der Anstellung der Aggluti¬
nation, die sich stets auf die sechs genannten Bakterienstiimme bezog,
wurde in der ublichen Weise verfahren. Die Kbhrchen warden zunachst
2 Stunden im Brutschrank bei 37° und alsdann noch ca. 20 Stunden bei
Zimmertemperatur gehalten, das Resultat makroskopisch untcr Lupen-
kontrolle bei elektrischem Licht feetgcstellt und sowohl nach 2 Stunden
ala auch nach 24 Stunden notiert. Bei dem Typlnisatamm und bei ein-
zelnen Ruhrat&mmen ergab sich gelegentlich bei 24-stundiger Beobachtung
ein hoberer Agglutinationatiter, doch waren im allgemcinen die Unterschiede
in den Ergebnissen der 2-8tundigen und 24-stundigcn Beobachtungsdauer
nicht sehr wesentlich.
ZunSchst sollte ermittelt werden, wie sich die Agglnti-
ninbildung bei normalen Kaninchen vollzieht, unter
Verwendung unserer Stamme und nach intravenOser Injektion
unserer Gebrauchsdosis von ‘/lo Oese. Der erste Versuch
wurde mit dem Typhusstarain angestellt. Den Verlauf ver-
anschaulicht Fig. 1.
0 1 2 3 4 5 fl 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20
Fig. 1. Eaninchen 2, 1400 g. Behandlung: Typhus (Str.) 14. XL
1919. ‘/,j Oese, lebend, intravenbs.
Es geht daraus hervor, daB das Serum des Tieres zu Be-
ginn des Versuchs vollkommen frei von Typhusagglutininen
war und erst vom 3. zum 4. Tage nach der Impfung einen
erkennbaren Agglutiningehalt aufwies. Der HShepunkt wurde
am 8. Tage erreicht. Die Agglutinationskraft des Serums er-
hielt sich bis zum 11. Tage in gleicher Starke und blieb noch
weiterhin bis zum 19. Tage ebenfalls hoch, urn dann an-
Digitized by
Goirgle
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
420
I. Tsukahara,
scheinend abzusinken. Also offenbar der gewohnliche, auch
sonst meist beobachtete Verlauf. Bemerkenswert ist hochstens,
daB die einmalige Einspritzung einer so geringen Menge
lebender Kultur schon einen Agglutinationstiter von 1:8000
hervorbrachte. Was uns aber von besonderer Bedeutung er-
scheint, sind die gleichzeitig miteingetragenen Kurven der
Ruhragglutinine. Hier ist es namentlich der Stamm Fr., der
eine ziemlich starke Mitagglutination erkennen laBt. Aof
diese Tatsache sei schon hier verwiesen, weil, wie wir spater
sehen werden, die Beriicksichtigung der Mitagglutination un*
erlSBlich ist, wenn man bei vorbehandelten Tieren iiber die
Frage der sekundaren Reaktion
bzw. der anamnestischen Reaktion
ins klare kommen will. In der
bisherigen Literatur scheint uns
diesem Umstand nicht immer in
erforderlicher Weise Rechnung ge-
tragen zu sein.
Ein zweiter Versuch, unter
den gleichen Bedingungen vor-
genommen, nur mit dem Unter-
schiede, daB statt lebender Bak-
terien eine abgetotete Typhus-
kultur Verwendung land, lieferte,
wie Fig. 2 lehrt, ganz uberein-
stimmende Ergebnisse: Auch hier
vom 3. zum 4. Tage Auftreten der
Typhusagglutinine und ziemlich
betrSchtliche Mitagglutination des Stammes Y-Ruhr Fr. Wegen
friihzeitigen Todes des Versuchstieres konnte die Beobachtung
nicht iiber den 7. Tag hinaus fortgesetzt werden, doch gibt
der Verlauf bis dahin schon den gewunschten Ueberblick.
Wie vollzieht sich nun die Agglutininbildung bei
erneuter Injektion von Typhusbakterien? Hierfiir
sei als Beispiel Fig. 3 angefiihrt. Der Versuch betrifft ein
Kafiinchen, das mit lebender Typhuskultur (Vio Oese) gespritzt
worden war, einen Agglutinationstiter von 1 :8000 erlangt
hatte, dann wieder in seinem Agglutiningehalt bis auf 1:200
heruntergegangen war. An diesem Zeitpunkt, und zwar mehr
Paratyphus und Cholera nicht
agglutiniert.
Fig. 2. Kaninehen 11, 1650 g.
Behandlung: Typhus (Str.)
8. I. 1920. Vio Oese, abgetotet,
intravenos.
Digitized by Goi.>gle
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAI5N _
Verlauf d. Agglutininbildung bei Infekt. norm. u. immunis. Tiere. 421
als 6 Monate seit der ersten Einspritzung, wurde die zweite
Impfung vorgenoininen. Der erneute Anstieg und der ganze
Verlauf, wie ihn Fig. 3 zeigt, ist durchaus charakteristisch fUr
die Reaktiou, wie wir sie auch sonst bei Typhus, Ruhr und
anderen Bakterienarten iminer wieder gesehen hahen und
spSter noch weiterhin kennen lernen werden. Es unterscheidet
sich eben diese sekundare Kurve in keiner nennenswerten
Weise von einer primSren Agglutininkurve bei erstmalig in-
jizierten Tieren. Die Agglutination ist zwar, wenn sie zum
Cholera nicht beeinfluflt, Paratyphus bis 1:200 raitagglutiniert.
Fig. 3. Kaninc.hen 4, 1800 g.
Vorbehandlung: Typhus (Sir.) 22. V. 1919. '/to Cese, lebend, intravenos.
Nachbehandlung: Typhus (Str.) 1. XII. 1919. ‘/,a Oese, lebend, intravenSs.
Anm.: Die mit a, b, c bezeichneten Rubriken geben an: den Titer
vor Beginn der Behandlung (a), den hochsten Agglutinationstiter, der nach
der ersten Injektion erreieht wurde (b), und den Titer am Tage vor der
zweiten Impfung (c).
Hohepunkt gelangt, eine etwas weitergehende (1:32000) als
nach der ersten Einspritzung (1 :8000), doch iSGt sich dieser
starkere Ausschlag wohl ohne weiteres darauf zurfickfiihren,
daB der Titer des Serums schon im Augenblick der Reinjek-
tion 1:200 betragen hatte. Jedenfalls findet auch bei der
Reinjektion das Auftreten der Agglutinine erst nach einem
Latenzstadium von 2—3 Tagen statt, und wenn auch in dem
hier vorliegenden Beispiel das erste Auftreten der Aggluti¬
nine und der Gipfelpunkt der Kurve um je 1 Tag frilher zu
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
422
I. Tsukahara
verzeichnen waren als z. B. in Versuch 1, so handelt es sich
doch offenbar nur um Zufalligkeiten ohne prinzipielle Be-
deutung. Das zeigt der Vergleich niit manclien der spateren
Kurven. Eine starkere Mitaggiutination des Ruhrstammes Fr.,
entsprechend dem hSheren Titer des Serums, ist wiederum zu
beobachten.
In gleicher Weise wurden nun die Verhaitnisse gegen-
iiber Ruhrbakterien geprfift. Zur Behandlung des Tieres
wurde der Stamm B. gewahlt. In Fig. 4 sind die 3 Aggluti-
nationskurven fur die Y-Ruhrstamrae B., Fr. und Brg. wieder-
gegeben. Auch
hier haben wir
etwa den gleichen
Verlauf wie bei
der Typhuskurve,
d. h. nach einem
Inkubationssta-
dium von 3 bis
4 Tagen ziemlich
steilen Anstiegder
Agglutinine mit
Typhus. Paratyphus und Cholera nicht agglutiniert. einem Hohepunkt
Fig. 4. Kaninchen 24, 2000 g. Behandlung: vom 7. bis 9. Tage,
Ruhr Y (B.) 30. I. 1920. V,o Oese, abgetdtet, intra- ginen weiteren
vends.
Hochstand vom
10. bis 14. Tage und folgendes Absinken. Die Agglutinations-
kurve ist fflr alle 3 Ruhrstamme ungefahr die gleiche. Der
Stamm Fr. zeichnet sich also nicht etwa durch eine besonders
leichte Agglutinierbarkeit aus.
Versuch 5 betrifft die Wirkung der Reinjektion von
Ruhrbakterien bei einem fruher mit Ruhrbakterien vor-
behandelten Tier. Fur beide Einspritzungen wurden lebende
Bakterien verwendet. In diesem Falle war vor der Reinjektion
der Agglutinationstiter von 1:2000 auf 1:50 abgesunken, also
wieder nahezu vollstandig verloren gegangen. Hierzu hatte
es einer Zeit von fiber 5 Monaten bedurft. Die erneute Ein-
spritzung von Ruhrbakterien ffihrte nun aber, wie Fig. 5 lehrt,
zu einer besonders intensiven Erzeugung von Agglutininen,
so daft das Serum schlieSlich einen Titer von 1:16000 auf-
I 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 10 15
Digitized h
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
—URBANA-CHAMPAIGN ^
Verlauf d. Agglutininbilduiig bei InFekt. norm. u. immunis. Tiere. 423
wies. Unzweifelhaft hat hier bei dem vorbehandelten Tier die
Einverleibung der gleichen Bakterienmenge eine ungleich stSr-
kere Agglutininproduktion angeregt, als ursprQnglich bei dem
normalen Tier. Die ReaktionsfShigkeit war in diesem Falle
gegenflber der Norm sicher sehr erheblich verstSrkt, was wohl
nur auf den durch die erste Injektion veranderten Zustand
des Organismus zuruckgefUhrt werden kann. Im iibrigen ist
aber auch bier eine beschleunigte AntikSrperbildung nicht
deutlich erkennbar. Im wesentlichen ontwickelt sich die Agglu-
tininbildung bzw. das Auftreten der Agglutinine im Blutserum
a be 1 2 3 4 5 e 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17
Fig. 5. Kaninchen 1, 2050 g.
Vorbehandlung: Ruhr Y (B.) 22. V. 1919. Vio Oese, lebend, intravenos.
Nachbehandlung: Ruhr Y (B.) 3. XI. 1919. Oese, lebend, intravenbs.
in der Zeit vom 3.—8. Tage. Das plotzliche Aufschnellen
des Agglutinationstiters am 1. Tage, sebon 2 Stunden nach
der Einspritzung, dem aber gleich wieder ein Absinken folgt,
kann kaum als beschleunigte Reaktionsfabigkeit gedeutet
werden. Es sei schon hier bemerkt, dali diese Kurvenzacke
eine gewisse Aehnlichkeit besitzt mit dem von B i e 1 i n g
fOr die anamnestische Kurve f(ir charakteristisch gehaltenen
Verlauf.
In den nachsten Versuchen wurde weiterbin gepriift, wie
sich die Agglutininbildung gestaltet, wenn nicht die homologe,
sondern eine andersartige Bakterienart zur Nacbbe-
handluug verwendet wird. Es dienten hierzu die beiden
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
424
I. Tsukahara,
gleichen Stamme, die wir bisher gesondert betrachtet haben,
namlich Typhus Str. und Y-RuhrB. Die Versuchsanord-
nung bestand darin, daB einige Tiere zuerst mit Typhus und
spater mit Ruhr behandelt wurden, andere Tiere umgekehrt
zuerst mit Ruhr und spaterhin mit Typhus. Wir fflhren als
Beispiele 5 Versuche an.
Die beiden Versuche, die sich auf den Fall der Vorbe-
handlung mit Typhus und Nachbehandlung mit Ruhrbakterien
beziehen, sind in mehrfacher Hinsicht von Interesse. Bei
dem eiuen Tier (Fig. 6) war der Agglutinationstiter von 1:4000
wieder heruntergegangen auf 1:1000, und zwar im Verlauf
von 2 Monaten. Als nun eine Einspritzung von Ruhrbakterien
vorgenominen wurde, zeigte, abgesehen von einem kurzen Ab-
Fig. 6.
Kaiiinchen 37, 2000 g.
Vorbehandlung: Typhus
(StrA 1. IV. 1920.
*/,o Oese, abgetotet,
intravenos.
Nachbehandlung: Ruhr
Y (B.). 3. VI. 1920.
Vio Oese, abgetotet,
intravenos.
Paratyphus und Cholera
nicht beeinflufit.
sinken am 1. Tage, die Agglutininkurve bis zum 5. Tage
keinerlei Veriinderung, stieg dann langsam an, um am 9. Tage
wieder den Titer von 1:4000 zu erreichen.
Wir sehen also auf den unspezifischen Reiz der
Ruhrbakterien hin auch die Typhusagglutinine wieder zu-
nehmen, jedoch nur in mSBigem Grade und in einer Form,
die sich kaum unterscheidet von dem Verlauf einer primSren
Agglutininkurve. Sie ist insbesondere charakterisiert durch
ein Latenzstadium, das sogar linger ist als gewShnlich,
und zeigt nicht den unmittelbaren Anstieg am 1. oder 2. Tage,
wie ihn Bieling als ein Charakteristikum der anamnesti-
schen Kurve beschrieben hat. Der Vergleich mit der Ruhr-
agglutininkurve ist in dieser Hinsicht besonders lehrreich
insofern, als der Verlauf beider Kurven im groCen und ganzen
der gleiche ist und die „anamnestische“ Kurve (Typhuskurve)
Digitized b
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Verlauf d. Agglutininbildung bei Infekt norm. u. immunia. Tiere. 425
sich von der Kurve des 2. Antigens (Ruhrkurve) ganz gewiB
nicht wesentlich unterscheidet. Auffallend ist nur, daB die
Injektion von Ruhrbakterien in diesem Falle eine verhSltnis-
mSBig schwache Agglutininreaktion zur Folge gehabt hat, und
man konnte daran denken und die Frage aufwerfen, inwieweit
etwa umgekehrt die vorausgegangene Typhusbehandlung die
Wirkung des sekundaren Antigens beeinduBt. Es gewinnt
bei diesem Versuch fast den Anschein, als reagierte ein mit
Typhusbakterien vorbehandeltes Tier auf die Einverleibung
von Ruhrbakterien nicht raehr in gleicher Weise mit Agglutinin¬
bildung, wie ein nonnales Tier. DaB dem aber doch nicht so
ist, ergibt sich aus dem folgenden Beispiel.
Hier (Fig. 7) zeigt sich, daB das vorbehandelte Tier nach
Reinjektion mit Ruhrbakterien betrachtliche Mengen von Ruhr-
Fig. 7.
Kaninchen 27, 1800 g.
VorbehandluDg; Typhus (Str.) 30.1.
1920. Vio Oese, abgetotet, intra-
TCnOB.
Nachbehandlung: Ruhr Y (B.) 5. III.
1920. ‘/lo Oese, abgetotet, intra-
venfts.
agglutininen bildet, die dem Serum einen Titer von 1 :2000
Oder vielleicht noch hoher verleihen. Sonst scheint dieser
Versuch, der durch frflhzeitigen Tod des Tieres am 6. Tage
abschloB, etwa die gleichen VerhSltnisse zu ergeben, wie der
vorige. Die anamnestische Kurve zeigt auch hier erst vom
4.-5. Tage an einen Anstieg zu der friiheren H6he. Eine
sofort am 1. Tage erkennbare, am 2. Tage aber wieder ver-
schwundene Zunahme der Agglutinine ist bemerkenswerter-
weise nicht nur fiir die anamnestische Typhuskurve, sondern
auch fiir die sekundare Ruhrkurve zu verzeichnen.
Die folgenden 3 Versuche betreffen den umgekehrten Fall,
als die beiden zuletzt besprochenen, namlich Vorbehandlung
mit Ruhrbakterien und Nachbehandlung mit Typhusbazillen.
Die 3 Kaninchen, fast genau von der gleichen GroBe, genau
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
426
1. Tsukahara,
rail der gleichen Bakteriendosis geimpft, genau nach der
gleichen Zeit, namlich nach fast 3 Monaten, reinjiziert und
auch diesmal wieder genau init der gleichen Bakterienmenge,
lieferten ziemlich ahnliche, aber doch nicht v6llig iiberein-
stimmende Resultate.
Wie zunachst aus Fig. 8 hervorgeht, war bei dem ersten
Tier infolge der Ruhrimpfung (Y B.) der Agglutinationstiter
fOr Ruhrbakterien bis zu dein Titer von 1:2000 angestiegen,
dann aber bis auf 1 :100 abgefallen. Die alsdann vorgenora-
mene Nachimpfung mit Typhusbakterien bewirkte an den ersten
Tagen geringe Auf- und AbwSrtsbewegungen der Ruhraggluti-
nationskurve, dann einen starkeren Anstieg mit dera Gipfel-
Fig. 8. Kaninchen 42, 2300 g.
Vorbehandlung: Ruhr Y fB.) 1.IV. 1920. ‘/.g Oese, abgetStet, intravenSs.
Nachbehandlung: Typhus (Str.) 23. VI. 1920. 7,oOe8e, abgetotet, intravends.
punkt am 8. Tage (1 : 1000) und weiter anschlieBend ira wesent-
lichen ein Gleichbleiben des Titers bis zum 16. Tage, wo der
Abfall wieder einsetzte. Die Kurve der Typhusagglutination
bietet das gewbhnliche Bild: Auftreten von Agglutininen am
4. Tage, steiler Anstieg bis zum Hdhepunkt am 6. Tage,
Abfall vom 16. Tage an. Die anamnestische Ruhrkurve unter-
scheidet sich also auch hier nicht grundsStzlich von der dem
2. Antigen (Typhus) entsprechenden Kurve, denn die kleinen
voriibergehenden Erhebungen an den beiden ersten Tagen
konnen kaum als bedeutsam angesprochen werden, und die
Wiederzunahme der Agglutinationswirkung eilt jedenfalls der
Digitized h
/ Google
tarr
Origiuai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
_ U RBANA-CH AMPAIGN
Verlauf d. Agglutininbildung bei Infekt. norm. u. immunis. Tiere. 427
Typhusagglutination nicht voraus. Im Gegenteil, der H6he-
punkt wird erst spater erreicht als der der Typhuskurve.
Bemerkenswert ist auch der Vergleich mit der Agglutinin-
kurve fflr den Y-Ruhrstamm Fr., also einen Ruhrstamm, der
nicht zur Vorbehandlung benutzt worden war, aber, wie frtlher
mehrfach hervorgehoben, durch seine starke Mitagglutination
durch Typhusserum ausgezeichnet ist. Hier vereinigt sich
also die Wirkung der anamnestischen Reaktion mit der Mit¬
agglutination, und man sieht, daB der Titer des Serums, der
fOr diesen Stamm bei dem mit Y-Ruhr B. vorbehandelten
Tiere wieder auf 0 abgesunken war, infolge der Nachbehand-
lung bis auf 1 :2000 anstieg. Trotz der besonders gflnstigen
ParatTphuB und Cholera nicht beeinfluBt.
Fig. 9. Kaninchen 41, 2300 g.
Vorbehandlung: RuhrY (B.) 1.IV. 1920. V.o Oese, abgetotet, intrarends.
Nachbehandlung: Typhus (Str.) 23. VI. 1920. Oese, abgetdtet, intravendB.
UrastILnde, die gerade hier Besonderheiten der anamnestischen
Kurve hatten zutage treten lassen miissen, sehen wir, daB
von einem beschleunigten Anstieg keine Rede ist. Nur am
ersten Tage findet eine geringe Erhebung statt bis auf 1:50,
dann wieder Abfall, und der Hbhepunkt wird erst am 7. Tage
erreicht, spater als der der Typhuskurve.
Auch das 2. Tier (Fig. 9) bestatigt im wesentlichen diesen
Refund. Eine Andeutung von rascherer Entwicklung der Ruhr-
agglutinine als Ausdruck der anamnestischen Reaktion ist
zwar vorhanden, aber auch die Typhusagglutinine treten
schon etwas friiher im Blut auf als gewohnlich. Die Kurve
Zeittchr. f. ImmtinlUUforsohnnc. Orig. BA. 32. 29
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
428
1. Tsukahara,
Digitized by
des heterologen Ruhrstammes (Y-Ruhr Fr.) verlSuft jedoch
auch hier so, daR sie in ihrer Entwicklung und ihrem
Anstieg bis zum Gipfel der Typhuskurve folgt, nicht ihr
vorauseilt.
In dera 3. Falle endlich (Fig. 10) ist die anamnestische
Reaktion fQr den homologen Ruhrstamm (B.) iiberhaupt sehr
wenig ausgepragt. 2 kleine Zacken am 1. und 2. Tage, spater'
bin eine Erhebung vom 8.—13. Tage von dem Ausgangstiter
1 :200 auf 1 :500 ist alles, was sich konstatieren iSBt. Der
andere, leicht raitagglutinable Ruhrstamm (Fr.) zeigt scheinbar
einen betrachtlichen Wiederanstieg der Agglutinationskurve,
Fig. 10. Kaninchen 45, 2200 g.
Vorbehandlung: RuhrY (B.) 1. IV. 1920. */,„ Oese, abgetotet, intravenSs.
Nachbehandlung: Typhu8(Str.)23. VI.1920. ‘/loOese,abgetotet,intravends.
doch ist hier eben nicht allein eine anamnestische Reaktion,
sondern zugleich auch der Faktor der Mitagglutination in
Betracht zu ziehen. Jedenfalls aber hinken beide Ruhrkurven
der Typhuskurve nach.
Bei den Besonderheiten, die der Y-Ruhrstamm Fr. auf-
wies, wurde nun weiterhin absichtlich gerade mit dieser Kultur
eine Reihe von Versuchen angestellt. Es war ja denkbar,
dafi bei Vor- Oder Nachbehandlung der Tiere mit einer Kultur,
die hinsichtlich der Agglutinierbarkeit sich offenbar von den
anderen Ruhrstammen unterschied, das Auftreten und die Ent¬
wicklung der Agglutinine nach einem anderen Typus erfolgen
kOnnte, als in den bisherigen Versuchen.
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Verlauf d. Agglutininbildung bei Infekt. norm. u. immunu. Tiere. 429
In Fig. 11 ist zun&chst die agglutinierende Serumwirkung
eines Tieres dargestellt, das eine einmalige Einspritzung ab-
getbteter Ruhrbakterien in der flblichen Weise erhalten hatte.
Die Kurve zeigt das bekannte Bild, und zwar ziemlich gleich-
mSfiig far alle 3 Ruhrstftrame, mit dem einzigen Unterschied,
daB der homologe Stamm Fr. bis zu dem Titer von 1:8000,
die beiden Qbrigen Stfimme nur 1:2000 bzw. 1:4000 agglu-
tiniert werden. Ungewdhnlich stark ist die Mitagglutination
des Typhusstammes, bis 1:1000, wfihrend der Y-Stamm B,
wie wir sahen (cf. Fig. 4 und 5), nur Ruhragglutinine erzeugt
ohne jede Mitagglutination von Typhusbazillen. Umgekehrt
Paratyphua und Cholera unbeeinflufit.
Rg. 11. Eaninchen 39, 2950 g.
Behandlung; Ruhr Y (Fr.) 1. IV. 1920. ‘/lo Oeae, abgetotet, intrarends.
wird ja auch durch Typhusserum vorzugsweise der Stamm Fr.
mitagglutiniert (cf. Fig. 1 und 2). Es besteht also offenbar
zwischen unserem Typhusstamm und dem Ruhrstamm Fr.
eine weitgehende Rezeptorengemeinschaft. Daneben spielen
vielleicht die individuellen Besonderheiten des Versuchstieres
eine Rolle, wie der nSchste Versuch zeigt.
Hier (Fig. 12) handelt es sich um die Reinjektion von
lebenden Ruhrbakterien (Fr.) bei einem Tiere, das auf die
1. Injektion lebender Ruhrbakterien einen Titer von 1:4(X)0
geliefert hatte, dann aber wieder, und zwar nach mehr als
6 Monaten, in seinem Titer auf 1:500 heruntergegangen war.
Die sekundSre Ruhrkurve ist, wie gewohnlich, durch einen
haheren Anstieg gekennzeichnet, verlauft sonst aber genau
29*
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
430
I. Tsukahara,
Digitized by
wie bei einem erstmalig injizierten Tier, d. h. erst vom 4. Tage
an laBt sich eine Vermehrung der Agglutinine nachweisen,
die bis zum 7. Tage weiterhin zunimmt. Die Typhuskurve,
die miteingetragen ist, ist in diesem Falle selbstverstlindlich
durch nichts anderes bedingt, als durch Mitagglutination. Sie
erreicht bei weitem nicht die H6he, wie bei dem vorigen
Tier, nainentlich nicht im AnschluB an die 1. Injektion, und
wiirde, wenn man von der Eigentiimlichkeit des Fr.-Stammes
nichts wUBte, ganz den Eindruck einer anamnestischen Reaktion
machen.
Cholera und Paratyphua nicht beeinfluBt.
Fig. 12. Kaninchen 3, 2100 g.
Vorbehandlung: Ruhr Y (Fr.) 22. V. 1919. ‘/lo Oese, lebend, intravenSs.
Nachbehandlung: Ruhr Y (Fr.) 3. XII. 1919. ‘/joOrae, lebend, intrarends.
Die beiden folgenden Tiere wurden zuerst init Typhus
und spaterhin mit Ruhr geimpft. Bei dein einen Tier lag
zwischen Impfung und Wiederinipfung ein Zeitraum von vier
Wochen, bei dem anderen ein solcher von rund 2 Monaten.
In dem ersten Fall wurde durch die Typhusimpfung, wie
Fig. 13 zeigt, ein Titer von 1:2000 erreicht, der dann wieder
auf 1:200 absank und nunmehr durch die Reinjektion mit
Ruhrbakterien nur unbedeutend beeinfluBt wurde. VerhSltnis-
mSBig spat gingen die Typhusagglutinine von 1:2(X) auf 1:5(X)
hinauf, an einem einzigen Tage bis auf 1 :1000, und zeigten
weiterhin Schwankungen zwischen 1: 200 und 1 : 500. Wenn
man berticksichtigt, welche starke Mitagglutination das Y-Ruhr-
serum (Fr.) sonst unter Umstanden auf Typhusbakterien aus-
(ibt, so kann man bier eigentlich kaum von einer anamnesti-
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Verlauf d. Agglutiniiibildung bei Infekt. norm. u. iromunis. Tiere. 431
schen Reaktion sprechen, so daB bemerkenswerterweise die
Nachimpfung niit Y-Ruhrbakterien des Typus Fr. bei einem
mit Typhusbazillen vorbehandelteii Tiere Qberhaupt kein
Wiederaufleben der alien Typhusagglutinine bewirkt hat.
EigentOmlich ist flbrigens auch der Verlauf der Ruhrkurve.
Obwohl in dem ersten Stadium des Versuches das Typhus-
serum des Tieres den Ruhrstamm stark mHagglutiniert hatte,
(1:5(X)), bringt die Nachimpfung mit Ruhrbakterien nur einen
relativ geringen Agglutinationstiter hervor (1 : 1000), so daB
der schon in einem vorangegangenen Versuch gewonnene Ein-
druck bestatigt wird, daB unter UmstSuden die mit einer
heterologen Bakterienart vorbehandelten Tiere auf ein neues
Fig. 13. Kaninchen 12, 1800 g.
Vorbehandlung: Typhus (Str.) 8.1.1920. '/lo Oese, abgetCtet, intravenOs.
Nachbehandlung: KuhrY(Fr.) 5. II. 1920. '/loOese, abgetbtet, intravenos.
Antigen nicht mehr in gleicher Weise mit Agglutininproduktion
reagieren, wie normale Tiere. Der nSchste Versuch lehrt
jedoch, daB bier nicht von einem allgemeingflltigen Gesetz
gesprochen werden kann, sondern daB die Reaktionen von
Fall zu Fall wechseln.
Das andere, in ganz ahnlicher Weise behandelte Tier
(Fig. 14), liefert bei der Reinjektion mit Ruhrbakterien eine
hochansteigende Ruhragglutininkurve, daneben aber auch
wieder eine betrSchtliche Zunahrae der Typhusagglutinine,
die nach der primaren Impfung mit Typhusbakterien vom
Titer 1:4000 inzwischen auf 1 :2(X) abgesunken waren. Die
Typhuskurve unterscheidet sich in ihrem Verlaufe von der
Ruhrkurve nicht wesentlich, der Anstieg setzt bei beiden un-
gefahr urn die gleiche Zeit ein, erreicht etwa an dem gleichen
Tage den Hochststand und ISllt ungefShr zur gleichen Zeit
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
432
I. Tsukahara,
wieder ab. Es ist auch in diesem Falle natfirlich nicht zu
entscheiden, welcher Anteil der Typhusagglutination auf eine
anamnestische Reaktion oder auf einfache Mitagglutination zu
beziehen ist.
— - typhus - Ruhr Y (Fr.)
Paratyphus bis 1:50 mitagglutiniert, Cholera nicht heeinfluflt.
Fig. 14. Kaninchen 40, 2200 g.
Vorbehandlung: Typhus (Str.) 1. IV. 1920. Vio Oese, abgetotet, intravenos
Nachbehandlung: Ruhr Y (Fr.) 3. VI. 1920. ‘/lo Oese, abgetotet, intravenos.
In dem nfichsten Versuch (Fig. 15) endlich wurde in uiu-
gekehrter Weise verfahren, indent ein mit Ruhrbakterien (Fr.)
vorbehandeltes Tier nach 4 Wochen eine Reinjektion von
Typhusbakterien erhielt. Die Typhuskurve steigt bis zum
Ruhr Y (B.) kaum heeinfluflt, Ruhr Y (Brg.) zeigt, am 5. Tage be-
ginnend, Agglutinationsanstieg von 1: 50 auf 1:200. Cholera und Para-
typhus unb^influflt.
Fig. 15. Kaninchen 17, 1700 g.
Vorbehandlung: Ruhr Y (Fr.) 9.1. 1920. Oese, abgetotet, intravenos.
Nachbehandlung: Typhus (Str.) 5. II. 1920. '/m Oese, abgetdtet, intravends.
Digitized by Gougle
■ Originaifrom
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Verlauf d. Agglutininbildung bei Infekt norm. u. ini munis. Tiere. 433
Gipfel von 1:40(X), der am 6. Tage erreicht wird, und parallel
init ihr geht auch die Ruhrkurve vom 4.-6. Tage in die
H6he. Schon vorher ist bei beiden Kurven ein leichter An-
stieg zu verzeichnen. In diesem Falle kann die starke Wir-
kung des Serums auf Ruhrbakterien gewill nicht einfach als
Mitagglutination betrachtet werden, wenngleich ja das Typhus-
serum Ruhrbakterien des Stammes Fr. mitbeeinfluBt. Dafflr
spricht auch das Verhalten des Stammes Y Brg. Wir haben
es offenbar zum Qberwiegenden Teil mit einem Wiederauf-
flammen der schlummernden Ruhragglutinine zu tun, also
mit einer eigentlichen anamnestischen Reaktion, wobei aber
wiederum bemerkenswert ist, daB sich der Verlauf der ana¬
mnestischen Kurve von der Agglutininkurve des sekundkren,
heterologen Antigens nicht grundstitzlich unterscheidet.
Fig. 16. Kaninchen 30, 1600 g.
Vorbehandlung: Paratyphu8(B) 8.1.1920. ‘/lo Oeee, abgetotet, intraveniis.
Nachbehandlung: Ruhr Y (Fr.) 5. U. 1920. Vio Oese, abgetOtet, intravenSs.
Die Untersuchungen wurden weiterhin noch auf einige
andere Bakterienarten ausgedehnt, und zwar auf Paratyphus-
und Cholerabakterien. Diese Bakterienarten wurden speziell
auch deshalb herangezogen, weil sich gezeigt hatte, daB hier
fast jede Spur einer Mitagglutination fehlt. Es kann schon
im voraus bemerkt werden, daB die Resultate im groBen und
ganzen mit den bisher berichteten flbereinstimmten. ZunEchst
sei ein Beispiel angeftihrt, das sich bezieht auf den Fall der
Vorbehandlung mit Paratyphus B-Bazillen und Nachbehandlung
mit Ruhr Y, Stamm Fr. (Fig. 16). Die erste Einspritzung
lebender Paratyphusbakterien hatte den Titer des Serums auf
1:500 gebracht, und nach 4 Wochen war diese Wirkung
wieder bis auf den letzten Rest verschwunden. Die Nach-
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
434
1. Tsukahara,
impfung mit dem Y-Stamm Fr. bewirkte eine starke Reaktion
sowohl gegenflber Ruhr- als Paratyphusbakterien. Der Agglu¬
tination sti ter fflr Paratyphusbakterien ging vom 3.—8. Tage
auf 1:500 in die Hohe, also auf den alten Titer, wie er nach
der ersten Einspritzung von Paratyphusbakterien erreicht
worden war. Da das Ruhr Fr.-Serum nicht die geringste
Mitagglutination auf unseren Paratyphusstamm ausiibt (vgl.
Fig. 11), so handelt es sich hier unzweifelhaft um eine rein
anamnestische Reaktion. Die Agglutinationskurve dieser Reak¬
tion zeigt bei Vergleich mit der Ruhrkurve, daB, abgesehen
von der geringen Hohe, der Anstieg spater einsetzt und sich
langsamer vollzieht. Die Ruhrkurve steigt vom 2.—6. Tage
steil zum Gipfel auf.
In den beiden nSchsten Versuchen wurde der Verlauf der
Agglutininbildung gegenflber Cholerabakterien sowohl
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15
Kuhr Y (B.), Ruhr Y (Brg.), Typhus und Paratyphus nicht agglutiniert.
Fig. 17. Kaninchen 26, 1800 g.
Behandlung: Cholera 30. I. 1920. Vio Oese, abgetOtet, intravenoa.
bei einmaliger als bei wiederholter Injektion geprflft. Auf-
fallend ist, daB die durch Choleravibrionen ausgeloste Reaktion
im allgemeinen schwflcher ausfiel, als bei anderen Bakterien-
arten. Obwohl die allgemein verwendete Dosis von Vio O^se
abgetoteter Kultur auch hier zur Anwendung gelangte, stieg der
Titer bei dem einen Tier (Fig. 17) nur auf 1:500, bei dem
anderen Tier (Fig. 18) sogar nur auf 1:200. Im flbrigen ent-
wickelten sich die Agglutinine ganz nach dem gewflhnlichen
Typus vom 4.—7. Tage und erst vom 13. Tage ab machte
sich ein Abfall bemerkbar. Eine Mitagglutination war bei
Kaninchen 26 (Fig. 17) lediglich fflr den Y-Ruhrstamm Fr. in
geringem MaBe zu beobachten, wobei allerdings zu bemerken
ist, daB das normale Serum dieses Tieres den Stamm bereits
Digitized by
Goo gle
Origioai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
__URBANA-CHAMPAIGN
Verlauf d. AgglutininbUdung bei Infekt. norm. u. immunis. Tiere. 435
bis 1:50 beeinfluBt hatte. Sonst (ibte das Choleraserum keines
Tieres eine Wirkung auf andere Bakterienarten (Ruhr, Typhus,
Paratyphus) aus. Die Reinjektion der gleichen Choleradosis
4 Wochen spSter hatte, wie Fig. 18 zeigt, eine auBerordentlich
Starke Reaktion zur Folge. Der Titer des Serums, der vor-
her auf 1:100 abgesunken war, stieg auf 1:40(X) in die H6he,
aber ebenfalls erst in der Zeit vom 3.—7. Tage, also ohne
jede nennenswerte Verkflrzung des Inkubationsstadiums. Ein
vorflbergehendes Aufschnellen des Titers am 1. Tage von 1:100
auf 1:200 ist fflr unsere Betrachtungen belanglos. Es zeigt
sich somit auch bier eine ganz bedeutend ver-
a b c 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15
Bei der Nachbehandlung zeigt nur Typhus eine schwache Mitaggluti-
nation (1:50), alle iibrigen Stamme, auch Ruhr Y (Fr.), reagieren nicht.
Fig. 18. Kaninchen 28, 2000 g.
Vorbehandlung: Cholera 30. I. 1920. ‘/lo Oese, abgetotet, intravenos.
Nachbehandlung: Cholera 27. II. 1920. V,o Oese, abgetotet, intravends.
stSrkte, wenn auch nicht beschleunigte Wirkung
der Reinjektion des gleichen Antigens. Gegen die
Deutung und Bewertung dieses Versuchs iSBt sich hbchstens
der Einwand erheben, daB der Agglutiningehalt des Serums
im Augenblick der Reinjektion noch nicht vollkommen ver-
schwunden war, sondern immer noch einen Titer von 1:1(X)
aufwies.
Nachdem sich gezeigt hatte, daB die einmalige Injektion
von Vio Oese unserer Cholerakultur gewohnlich nur einen
schwachen Agglutinationstiter hervorzurufen vermochte, die
Reinjektion dagegen von iiberraschend starker Wirkung war,
muBte es interessant sein zu prufen, wie sich die Wirkung
einer Nachimpfung mit Choleravibrionen auBert bei einem mit
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
436
I. Tsukahara,
einem anderen Antigen vorbehandelten Tiere. Die Ant wort
gibt der nachste Versuch (Fig. 19). Hier hatte das Tier zu-
nSchst eine Einspritzung von Ruhr Y (Fr.) erhalten und wurde
nach ca. 1 Monat mit Choleravibrionen nachgeimpft. Die
Choleraagglutination erreichte nur eine Wirkungsgrenze von
1:200 und entwickelte sich in der Zeit vom 3. bis zum 8. Tage.
Auf das Verhalten der Ruhragglutinine iibte die Cholera-
nachimpfung bemerkenswerterweise so gut wie gar keinen
EintluB aus. Die Ruhragglutinine, nach der 1. Ruhrimpfung
den Titer von 1:500 erreichend, waren itn Augenblick der
Nachbehandlung wieder auf 1:100 abgesunken und hielten
sich unter Schwankungen zwischen 1:50 und 1:100 bis zum
10. Tage nach der Choleraimpfung auf gleicher H6he. Erst
Ruhr Y (B.), Ruhr Y (Brg.), Typhus und Paratyphus wurden durch
die Nachimpfung nicht beeinflufit.
Fig. 19. Kaninchen 18, 1670 g.
Vorbehandlung: Ruhr Y (Fr.) 9.1.1920. Oese, abgetdtet, intravenSs.
Nachbehandlung: Cholera 5. II. 1920. V|o Oese, abgetbtet, intravenos.
dann konnten an einzelnen Tagen Agglutinationswerte von
1:200 erhalten werden, was aber nach friiheren Beobachtungen
auch auf eine Mitagglutination des Stammes Fr. bezogen
werden kbnnte und jedenfalls so geringfugig ist, daU von einer
wirklichen anamnestischen Reaktion gar nicht gesprochen,
werden kann.
Die bisherigen Versuche, und namentlich die zuletzt be-
sprochenen Ergebnisse mit Choleraimpfungen, legten den
Gedanken nahe, daB zur Erzielung einer ausgesprochenen
anamnestischen Reaktion die Do sis des Antigens der Nach¬
behandlung vielleicht sehr stark sein muB. Obwohl wir ja
gerade mit Absicht bei unseren Untersuchungeu die Impfung
der Tiere mit recht geringen Bakterienmengen vorgenommen
hatten, wShlten wir in einer letzten Versuchsreihe wesentlich
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMEAIGN_ .
Verlauf d. Agglutininbildung bei Infekt. norm. u. iramunis. Tiere. 437
hShcre Dosen. Es war denkbar, daU in der Tat ein u n -
spezifischer Reiz erst dann latente Agglutinine wieder
manifest werden laBt, wenn dieser Reiz von besonderer In-
tensitat ist. Es sei fiber 3 Versuche dieser Art berichtet.
Sie betreffen Tiere, die zunfichst mit Ruhrbakterien und
Typhusbakterien behandelt worden waren und nun nach Ifingerer
Zeit mit Choleravibrionen nachgeimpft wurden. Die Cholera-
dosis betrug in alien Fallen t Oese, also das 10-fache der
frOher verwendeten Bakterienmenge. Zwei Tiere batten, bei
fast gleichem Kfirpergewicht, die gleiche Vorbehandlung er-
fahren. Sie waren zunfichst mit Ruhr Y (B.), dann nach
ca. 3 Monaten mit Typhus geimpft worden und wurden nach
weiteren 5 Monaten mit Cholera infiziert. Das dritte Tier
Fig. 20.
Kaninchen 45, 2200 g.
Vorbehandlung:
a) Ruhr Y (B.) 1. IV.
1920. Vio Oeae, abge-
tStet, intravenos.
b) Typhus 23.VI. 1920.
V,o Oese, abgetotet,
intravenOs.
Nachbehandlung:
Cholera 16. XI. 1920.
1 Oese, abgetfitet,
intravends.
hatte umgekehrt erst eine Einspritznng von Typhusbakterien,
dann nach 2 Monaten eine solche von Ruhrbakterien (Stamm Fr.)
erhalten; die Nachimpfung mit Cholera erfolgte hierauf
5Vt Monate spfiter.
Die Resultate dieser Versuchsreihe sind ungleichmfiBig.
Zunfichst zeigt uns das 1. Tier (Kaninchen 45, Fig. 20) einen
Verlauf der 3 Agglutininkurven in einer charakteristischen
Form, wie wir sie bei keinem der frfiheren Versuche beob-
achtet hatten. Die Choleraagglutinine treten zuerst vom 3.
zum 4. Tage im Serum des Tieres auf, erreichen am 6. Tage
den hochsten Grad von Wirksamkeit (1:1000) und bleiben
weiterhin auf derHohe; also der gewfihnliche Verlauf. Dem-
gegenfiber besitzen die beiden anamnestischen Kurven, die
Ruhrkurve und die Typhuskurve ein ganz anderes Geprfige.
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINols AT
URBANA-CHAMPAIGN
438
I. Tsukahara,
Digitized by
Schon am 1. Tage und weiterhin am 2. Tage nahm die
Agglutinationswirkung zu, und zwar bei Typhus von 1 ;500
auf 1:2000, bei Ruhr von 1:100 auf 1:500 und war damit
an dem Hbhepunkt angelangt. Der Titer fflr Typhus- und
Ruhrbakterien hielt sich dann bis zum Ende des Versuchs
(10. Tag) auf der gleichen Hohe. Wir haben in diesem Falle
ein Beispiel, das der von B i e 1 i n g gegebenen Charakteristik
der anamnestischen Kurve entspricht: Der Anstieg der
bei den anamnestischen Kurven setztunmittelbar
im AnschluB an die Nachbehandlung ein und er-
reicht wesentlich frflher als bei der dem Antigen
Fig. 21. Kaninchen 42, 2300 g.
Vorbehandlung: a) Ruhr Y (B.) 1. IV. 1920. ‘/m Oese, abgetotet, intravenos.
b) Typhus 23. VI. 1920. '/lo Oese, abgetotet, intravenos.
Nachbehandlung: Cholera 16. XL 1920. 1 Oese, abgetotet, intravenos.
der letzten Impfung entsprechenden Kurve den
Gipfel. DaB aber in dieser Beziehung nicht von einem
gesetzmaBigen Verhalten gesprochen werden kann, zeigt der
nachste Versuch (Fig. 21).
Obwohl Kaninchen 42 genau die gleiche Behandlung er-
fahren hatte wie Kaninchen 45, treten die charakteristischen
Eigentiimlichkeiten und Unterschiede der Kurven keineswegs
mit solcher Deutlichkeit hervor, wie in dem vorhergehenden
Falle. Die Kurve der Choleraagglutinine weist in ihrem Ver-
lauf eine geradezu verblilffende Uebereinstimmung auf mit
der des oben besprochehen Versuches. Dagegen sind die
anamnestischen Kurven der Ruhr- und Typhusagglutinine
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Verlauf d. Agglutiiiinbildung bei Infekt. norm. u. immunis. Tiere. 439
untereinander verschieden und stimmen auch mit den ent-
sprechenden Kurven von Kaninchen 45 (Fig. 20) keineswegs
flberein. Zwar ist bei der Typhuskurve schon bald nach der
Choleranachiinpfung ein leichter Anstieg zu verzeichnen, ein
weiterer Anstieg bis zu dem Hohepunkt folgt aber erst in
der Zeit voin 7.—8. Tage. Auch die Ruhrkurve erhebt sich
schon etwas friiher als die Cholerakurve, jedoch langsam und
stufenweise, und erst am 8. Tage, d. h. zu der gleichen Zeit
wie die Typhuskure, erreicht sie ihren Gipfel. Beide ana-
mnestischen Kurven (Typhus und Ruhr) beginnen also mit
Fig. 22. Kaninchen 40. 2200 g.
Vorbehandlung: a) Typhus 1. IV. 1920. ‘/lo Oese, abgetotet, intravenos.
b) Ruhr Y(Fr.)3. VI.1920. '/loO^se, abgetotet, intravenos.
Nachbehandlung: Cholera 16. XI. 1920. 1 Oese, abgetStet, intravenos.
dem Anstieg frflher als die Cholerakurve, der Anstieg voll-
zieht sich aber viel weniger steil, so daB Typhus- und Ruhr-
agglutinine zur Titergrenze spater gelangen als die
Choleraagglutinine.
Ein letzter Versuch (Fig. 22) steht mit seinen Resultaten
etwa in der Mitte zwischen den beiden eben besprochenen
und gibt damit wieder ein anderes Bild. Die Cholerakurve
steigt zu betrachtlicher Hohe an (1:4000), die am 8. Tage
erreicht und bis zum 15. Tage mit geringen Schwankungen
gehalten wird. Die beiden anamnestischen Kurven verlaufen
einander ziemlich ahnlich. Auch hier, wie in Versuch 20, in
unraittelbarem AnschluB an die Nachimpfung, eine geringe
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
440
I. Tsukahara,
Digitized by
Steigerung, dann aber wieder Abfall und nun ein zweiter und
eigentlich erst in das Gewicht fallender Anstieg bis zur Hbchst-
grenze von 1:1000 fflr die Ruhragglutinine und 1:8000 fflr
die Typhusagglutinine. Die Gipfelpunkte der ananinestischen
Kurven liegen bin ter dera Gipfel der Cholerakurve (Typhus)
Oder fallen mit ihm zusammen (Ruhr Fr.). Obwohl also auch
hier eine Andeutung einer beschleunigten anainnestischen
Reaktion vorhanden ist, folgt andererseits doch wieder der
maUgebende Anstieg dem der Kurve des Antigens der SchluB-
behandlung, und vor alien Dingen ist auffallend, dafi bei einer
so starken Reaktion, wie sie durch den Agglutinationstiter
fur Choleravibrionen gekennzeichnet ist, das Wiederaufleben
der alten Agglutinine sich innerhalb relativ bescheidener
Grenzen halt.
SchluBbetrachtungen.
Wenn wir die Gesamtheit unserer Ergebnisse, wie wir sie
an der Hand der Kurven erltlutert haben, noch einmal zusammen-
fassen, so fiihrt uns dies zu folgenden SchluBbetrachtungen:
Normale Kaninchen, denen eine der von uns geprflften
Bakterienarten einverleibt wird, sei es in lebendem Oder ab-
getotetein Zustande, reagieren mit der Bildung von Agglutininen
in einer Weise, wie sie den in der Literatur niedergelegten
Angaben entspricht. Nach einem Inkubationsstadium von
3—4 Tagen lassen sich in der Regel zum erstenraal Agglutinine
ini Blutserum des Tieres nachweisen, die dann rasch eine
weitere Zunahme erfahren. Die Agglutininkurve geht steil
in die Hohe und pflegt um den 6.-8. Tag die Titergrenze zu
erreichen. Wie lange das Serum seinen Titer halt, ist von
individuellen Eigentiimlichkeiten der Versuchstiere abhkngig,
man kann aber im allgemeinen feststellen, daB das Serum 10,
14, auch 20 Tage lang unverminderte Agglutinationswirkung
aufweist. Erst dann sinkt der Titer allmahlich wieder ab.
Es dauert jedoch unter Umstanden sehr lange Zeit, bis die
einmal erzeugten Agglutinine wieder bis auf die letzte Spur
verschwunden sind. Eine Abnahme des Titers von 1:4000,
1:8000 und daruber auf 1:500, 1:200 und selbst 1:100 haben
wir wiederholt erreichen konnen, ein vblliges Verschwinden
der Agglutinine aber nur in ganz vereinzelten Fallen. Be-
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Verlauf d. Agglutininbilduog bei Infekt. norm. u. immunis. Tiere. 441
merkenswert ist dabei, dad die Zeit an sich otfenbar nicht so
sehr von Bedeutung ist, als die individuelle Besonderheit des
Versuchstieres. So haben wir mitunter selbst nach 5 und
6 Monaten immer noch einen Agglutinationstiter von 1:200
feststellen kSnnen, in anderen Fallen war ein gleiches Ab-
sinken schon nach viel kflrzerer Zeit (4—6 Wochen) ein-
getreten und unter Umstanden sogar die Agglutinationskraft
so gut wie vollstandig erloschen (vgl. Fig. 5, 16).
In diesem eigentQmlichen Verhalten lag fUr unsere Ver-
suche eine gewisse Schwierigkeit, insofern als es uns ja eigent-
lich darauf ankam, eine Reinjektion bei vorbehandelten, also
iniinunisierten Tieren mSglichst erst dann vorzunehmen, wenn
das Serum mit ganzlicheni Verlust der Agglutinationswirkung
scheinbar seine normale Beschaffenheit wiedererlangt hatte.
Der gleiche Unistand ist es auch, der gegen die Mehrzahl
anderer wissenschaftlicher Verbffentlichungen zu Einwendungen
Veranlassung gibt, weil eben die Reinjektion ineist zu einem
zu frflhen Zeitpunkt vorgenommen worden ist.
Wird ein mit einer beliebigen Bakterienart vorbehandeltes
Tier nach gewisser Zeit, und zwar nach Absinken seines Ag-
glutinationstiters, von neuem mit der gleichen Bakterienart
nachgeimpft, so ist diese Reinjektion von einer wesentlich
starkeren Reaktion gefolgt (vgl. Fig. 3, 5, 18). Unsere Er-
gebnisse stimmen in dieser Hinsicht durchaus tiberein mit den
Erfahrungen anderer Autoren, insbesondere mit den Angaben
von Cole, v. Liebermann und Ac61, Conradi, Bie-
ling u. a., sie stimmen mit ihnen aber auch darin flberein,
daB es uns in keinem einzigen Falle gelungen ist,
eine beschleunigte Antikbrperbildung zu konstatiereu.
• Das Inkubationsstadium war genau wie bei erstmalig geimpften
Tieren stets vorhanden, es war auch von gleicher Dauer und
die Entwicklung der Agglutinine vollzog sich durchaus nach
demselben Schema. Die gesteigerte Reaktionsfahigkeit, die
ein Tier durch die immunisierende Vorbehandlung erwirbt,
gelangt nach unseren Beobachtungen also einzig und allein
in der Form zum Ausdruck, daB der Organismus auf eine
erneute Einverleibung desselben Virus erheblich groBere
Mengenvon Antikorpern (Agglutininen) liefert. Wor-
auf es zuriickzufiihren ist, daB eine stiirkere Reaktion sich
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
442
1. Tsukahara,
Digitized by
nicht auch durch ein beschleunigtes Auftreten von Ag-
glutininen kundgibt, bleibe zunSchst unerortert. Es ware ja
denkbar, daB ein Teil der Autikbrper anfanglich durch die
neu eingespritzten Bakterien gebunden und damit dera Nach-
weis entzogen wird. Mit anderen Worten, bei der Reinjektion
werden die Agglutinine vielleicht rascher gebildet als bei
einem normalen, erstmalig injizierten Tier, ihr Nachweis ge-
lingt aber in dem ersten Stadium noch nicht.
Der Kurventypus ist soinit bei homologer Reinjektion
ganz der gleiche wie bei der Erstimpfung normaler Tiere:
Anstieg am 3. - 4. Tage, Erreichung des Hbhepunktes am
6.—8. Tage, Verweilen auf gleicher Hohe 1—2 Wochen, spater-
hin beginnender Abfall. Gerade auf die letztere Tatsache
mSchte ich noch besonders hinweisen insofern, als es nach
unseren Beobachtungen scheint, daB die durch die Reinjektion
der gleichen Bakterienart bewirkte Neuerzeugung von Ag-
glutininen keinen wesentlich langeren Bestand hat, als die
primar hervorgerufene Agglutinationskraft des Serums. Unsere
Versuche sind zwar nicht immer so lange ausgedehnt worden,
urn den endgiiltigen Ablauf der zweiten Agglutiniukurve be-
obachten zu konnen, immerhin aber zeigen eine Reihe von
Kurven, daB der hohe Titer, der durch die Reinjektion viel-
fach erreicht wird, auch nach relativ kurzer Zeit wieder ab-
zusinken beginnt (vgl. Fig. 3, 12, 18).
Es wurde in unseren Versuchen zur 1. und 2. Impfung
absichtlich eine kleine Bakteriendosis gewahlt. Ich habe
zwar nicht, wie Cole, die geringste iiberhaupt noch reaktions-
auslfisend wirkende Bakterienmenge ausgepriift, sondern mich
darauf beschrankt, mbglichst geringe Bakterienmengen zu in-
jizieren, die andererseits aber doch ausreichten, um bei nor- •
malen Tieren mehr Oder minder krSftige Antikorperbildung
anzuregen. Man konnte daran denken, daB bei Vornahme
der Wiederimpfung mit recht groBen Bakterienmengen der
Verlauf der sekundSren Agglutininkurve vielleicht geandert
wiirde. Wir habeu dies absichtlich nicht getan, weil damit
einmal etwas ungewShnliche Versuchsbedingungen gesetzt
worden waren und weil es uns ferner ja gerade darauf an-
kam, die Wirkung der gleichen, kleinen Dosis bei normalen
Tieren und bei vorbehandelten Tieren zu prufen.
Google
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Verlauf d. Agglntininbildung bci Infekt norm. u. immunis. Tiere. 443
Der andere Teil unserer Untersuchungen, bei denen die
vorbehandelten Tiere nicht mit der gleichen, sondern mit einer
anderen Bakterienart infiziert warden, hat zu dem Ergebnis
gefflbrt, dafi die Frage der Mitagglutination sorg-
ffiltiger Berflcksichtigungbedarf. Typhus- und Ruhr-
st&rarae, mit denen wir gearbeitet haben und die auch von
anderen Autoren zu ihren Untersuchungen herangezogen
worden sind, kbnnen unter Umst^nden durch das heterologe
Serum wechselseitig mitagglutiniert werden. Insbesondere hat
einer unserer Ruhrstfimme (Ruhr Y Fr.) dieses Ph&nomen in
ausgesprochener Weise gezeigt; sein Serum flbte auf unseren
Typhusstamm eine starke Mitagglutination aus, und umgekehrt
wurde er durch Typhusserum leicht und stark beeinfluBt.
Diesen Verhiiltnissen ist, wie uns scheint, nicht immer ge-
niigend Rechnung getragen worden. Es kann vorkommen,
daB z. B. bei Erstinjektion eines Tieres mit Ruhrbakterien
und Nachinjektion mit Typhusbakterien nun im AnschluB an
diese letztere Impfung mit der Kurve der Typhusagglutinine
auch die der Ruhragglutinine wieder stark in die H6he geht.
Man hat also zunfichst den Eindruck einer anamnestischen Reak-
tion und doch handelt es sich mbglicherweise um nichts anderes,
als um eine einfache Mitagglutination, wie sich daraus ergeben
wflrde, daB auch nor male Tiere, die in gleicher Weise nur
mit Typhusbakterien geimpft werden, eine vorgetfiuschte „ana-
mnestische“ Ruhrkurve liefern (vgl. Fig. 1, 2, 3, 11, 12). Ehe
man sich also nicht tiber die Frage der Mitagglutination bei
den zur Verwendung gelangenden Bakterienarten uud Bak-
terienstammen durch Kontrollexperimente vergewissert hat, ist
das Untersuchungsergebnis nur unter Vorbehalt zu deuten.
Was nun die Wirkung einer heterologen Reinfek-
tion anbelangt, so konnte in einer Reihe von F&llen eine
deutliche Reakti v ier u n g der verschwundenen
Oder stark verminderten Agglutinine nicht nach-
gewiesen werden. Es ergibt sich schon hieraus die wich-
tige Tatsache, daB der unspezifische Reiz, wie er durch eine
fremde Bakterienart ausgeiibt wird, unter sonst gleichen Be-
dingungen wesentlich unsicherer und schwadier wirkt hinsicht-
lich Erweckung schlummernder Agglutinine als die Neuinjek-
tion der gleichen Bakterienart.
ZeiUchr. f. ImmuulUUfonchuoK. Orig. Bd. 32. 30
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
444
I. Tsukahara,
Digitized by
Immerhin lieB sich bei einer Anzahl von Tieren
die Tatsache der anamnestischen Reaktion be¬
st atigen (vgl. Fig. 6, 7, 8, 16, 20 u. a.). Es wird also in
diesem Falle die stark abgesunkene Agglutinationskraft des
Serums durch Nachimpfung des Tieres mit einer heterogenen
Bakterienart wieder neu belebt. Zum Teil kann diese sekun-
dare Agglutinationskurve eine betrachtliche Hbhe erreichen,
was freilich nur vereinzelt beobachtet wurde. Im librigen aber
hat sich ein besonderer, deranamn estischen Kurve
eigentfimlicher Verlauf, der sie etwa von der
durch das homolpge Antigen hervorgerufenen
Kurve unterscheiden lieUe, aus unseren Beob-
achtungen nicht ergeben. Insbesondere wurde bei der
gewohnlichen Versuchsanordnung, die sich zur 2. Impfung der
gleichen Bakteriendosis bediente wie bei der Erstimpfung, das
Inkubationsstadium genau wie bei einer primaren Kurve be¬
obachtet. Eine Abkiirzung war nicht festzustellen, vielmehr
meist umgekehrt eine Veriangerung. Daraus ergibt sich, daB
im allgemeinen die anamnestische Kurve, ganz wie in
den Versuchen von Conradi und Bieling, der Aggluti-
ninkurve des sekundaren (heterologen) Antigens
folgt. Zwar machte sich hin und wieder sehr bald nach der
2. Injektion, schon im Verlauf des 1. Tages Oder auch am
2. Tage, ein kurzer Anstieg der anamnestischen Kurve be-
merkbar, jedoch so unbedeutend und so vorubergehend und
so unregelmaBig, daB daraus kaum besondere Schliisse ge-
zogen werden konnen. Dies urn so weniger, als ahnliche
Kurvenzacken auch unter anderen Bedingungen gelegentlich
beobachtet warden. Es kann also nicht gesagt werden, daB,
im Sinne der spateren Auffassung Bielings, die ana¬
mnestische Kurve allgemein und grundsStzlich verschieden ist
von der Agglutininkurve, die dem Antigen der Nachbehand-
lung entspricht. Sie zeigt in der Regel keinen plbtzlichen
und unvermittelten Anstieg der Agglutinine, sie ist aber
auch, wie hinzugefugt sei, in ihrem weiteren Verlauf von Shn-
lichem Charakter, wie jede andere primare Oder sekundare
Agglutininkurve.
Umgekehrt hatte es in einzeluen Fallen den Anschein,
als wiirde die Agglutininkurve des sekundaren Antigens durch
die Wirkung des primaren Antigens beeinfluBt (Fig. 13). In
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Generated on 2019-01-13 01:11 GMT / http://hdl.handle.net/2027/uiug.30112027689659
Public Domain in the United States, Google-digitized / http://www.hathitrust. 0 rg/access_use#pd-us-g 00 gle
Digitized by
Gocigle
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
446
I. Tsukahara,
Digitized by
Immuaitat bei gewissen Infektionskrankheiten besitzt. So
wfirde die Tatsache, daB die TyphusimmunitSt des Menschen
auch iiach dem vblligen Verschwinden der spezifischen Anti-
kbrper aus dem Blute noch lange Jahre fortbesteheu kann,
trotzdem mit der Antikorpertheorie der Typhusimmunitat in
Einklang zu bringen sein, wenn sich nachweisen lieBe, daB
der immune Organismus immer noch eine verstarkte spezi-
fische Reaktionsfahigkeit bewahrt und imstande ist, bei einer
Neuinfektion sofort und in besonders reichem MaBe spezifische
Antikorper zu produzieren. Dieser Ansicht, die, wie wir sahen,
vielfacli vertreten wird, haben unsere Untersuchungsergebnisse
keine Stiitze zu geben vermocht. Es hat sich nur zeigen
iassen, daB immunisierte Tiere auf eine Reinjektion im all-
gemeinen mit verstarkter Antikorperbildung (Agglutinin-
bildung) reagierten. Dabei ist freilich auch zu berQck-
sichtigen, daB in dem Augenblick der Reinfektion der Anti-
korpergehalt des Blutes gewohnlich nicht wieder ganz zur
Norm abgesunken war, sondern immer noch eine gewisse Er-
hbhung aufwies. Aber auch unter diesen Bedingungen konnten
wir immer nur eine verstarkte, nicht eine beschleunigte Anti-
kOrperbildung feststellen. Wir mochten nicht so weit gehen,
in diesen Beobachtungen nun direkt einen Gegenbeweis gegen
die Bedeutung der Antikorper fiir die Typhus- Oder Ruhr-
immunitat zu erblicken. Schon deshalb nicht, weil ja auch
eine verstarkte Produktion dieser Stoffe dem Organismus einen
verstarkten Schutz gewahrt. Ebenso notigt, wie wir glauben,
die Tatsache der anamnestischen Reaktion zu einer vorsich-
tigen Stellungnahme. Es lieB sich zwar nicht erweisen, daB
durch einen unspezifischen bakteriellen Reiz schlummernde
Antikorper besonders rasch und reichlich wieder zum
Vorschein gebracht werden kSnnen; aber allein die Fest-
stellung, daB iiberhaupt der Organismus die erlernte Fahig-
keit, AntikSrper zu produzieren, auch dann noch besitzt, wenn
der geringe Antikbrpergehalt oder selbst die Antikbrperfreiheit
des Blutes dieses nicht mehr vermuten Iassen, ist jedenfalls
ein bedeutsames Phanomen.
Zusammenfassung.
1) Kaninchen, die eine einiualige Einspritzung einer
kleinen Dosis lebender oder abgetoteter Typhus-, Ruhr-, Para-
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Verlauf d. Agglutininbildung bei Infekt. norm. u. immunis. Tiere. 447
typhus- und Cholerabakterien erhalteu, reagieren mit der Bil-
dung von Agglutininen in der bekannten Weise. Die Agglutinine
treten etwa am 3. Tage im Blute auf und vermehren sich weiter-
hin, um am 6. bis 8. Tage den Hdhepunkt zu erreichen. Nach
ca. 14Tagen beginnt die Agglutinationskraft des Serums wieder
abzunehmen, dock kann es viele Monate dauern, ehe die
Agglutinine bis auf den letzten Rest verschwunden sind.
2) Wird ein Kaninchen nach Ablauf der 1. Reaktion und
Verschwinden bzw. starker Abnahme der Agglutinine seines
Blutes von neuem mit der gleichen Bakterienart und
gleicher Dosis infiziert, so kommt es zu einer erneuten, meist
verstSrkten Agglutininbildung. Die Agglutininkurve zeigt im
flbrigen aber ganz den gleichen Verlauf wie die Kurve eines erst-
malig geimpftenTieres. Das Inkubationsstadium ist unverandert,
eine beschleunigte AntikSrperbildung tritt nicht ein.
3) Wird ein mit einer der von uns gepriiften Bakterien-
arten vorbehandeltes Kaninchen nach langerer Zeit (Ablauf
der Reaktion) mit einer heterologen Bakterienart nach-
geimpft, so werden Agglutinine gegen das erste und gegen
das zweite Antigen gebildet. Die Agglutininproduktion
gegen das zweite Antigen (Antigen der Nachbehandlung) tritt
regelmaBig ein und veriauft wie bei normalen Tieren. Gegen
das erste Antigen werden ebenfalls haufig, wenn auch nicht
regelmaBig, Antikorper gebildet. Diese durch unspezifischen
Reiz bedingte ^anamnestische Reaktion“ liefert eine
Agglutininkurve, die den gewohnlichen Charakter der Anti-
korperkurven zu besitzen pflegt.
4) Die anamnestische Kurve zeigt also in der Regel auch
ein Inkubationsstadium von mehreren Tagen, geht lang-
sam in die H6he und failt, nachdem sie langere Zeit auf der
Hohe geblieben ist, allmahlich wieder ab. In Ueberein-
stimmung mit Conradi und Bieling folgt nach unseren
Beobachtungen die anamnestische Kurve in ihrer Entwicklung
der Kurve des sekundaren Antigens.
5) Nur ausnahmsweise wurde ein anderer Typus der
anamnestischen Kurve wahrgenommen: schneller Anstieg, ohne
Latenzstadium, in fast unmittelbarem AnschluB an
die Nachimpfung. Ein besonders starker und spezifischer
Reiz (hohe Bakteriendosis bei der Nachimpfung) schien dies zu
begQnstigen, doch waren auch bier die Resultate ungleichmaBig.
Digitized by Goc'gle
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
448
I. Tsukahara, Verlauf der Agglutininbildung iisw.
Digitized by
6) Soweit unsere Versuche es gestatten, zu der Anti-
korpertheorie der Iinmunitat (TyphusiinmunitSt, Ruhriminuni-
tat) Stellung zu nehmen, bieten sie keinen Anhalt dafiir, dali
der imniunisierte Organisinus auch nach Verschwinden der
spezifischen Serumstoffe die Fahigkeit erworben hat, diese
Stoffe bei neuerfolgender Infektioii mit besonderer Beschleu-
nigung zu produzieren. Die Antikdrperbildung erfolgt an-
scheinend nur in verstarktera MaBe.
Immerhin weist die Tatsache der anamnestischen Re-
aktion auf eine veranderte und gesteigerte Reaktionsfahigkeit
des Immuntieres hin.
Ltteratur.
Bessau, Deutsche med. Wochenschr., 1916.
Bieling, Zeitschr. f. Inimunitatsf., Bd. 28, 1919.
Braun, Miinch. med. Wochenschr., 1918.
Brieger und Ehrlich, Zeitschr. f. Hyg., Bd. 13, 1893.
Bulloch, Centralbl. f. Bakt., Bd. 29, 1901.
Cole, Zeitschr. f. Hyg., Bd. 46, 1904.
Conradi und Bieling, Deutsche med. Wochenschr., 1916.
Dawson, Brit. med. Journ., 1915.
Dieudonn^, Habil. lSchrift Miinchen, 1898.
Dreyer and Inman, Lancet, 1917.
Dreyer and Walker, Journ. of Pathol, and Bacteriol., Bd. 14, 1910.
-Lancet, 1917.
V. Dungern, Die AntikSrper. Jena, G. Fischer, 1903.
Ehrlich und Morgenroth, Berl. klin. Wochenschr., 1900.
Fleckseder, Wiener klin. Wochenschr., 1916.
Friedberger und Mita, Zeitschr. f. Immunitatsf., Bd. 10, 1911.
Goldschmidt, Zeitschr. f. Hyg., Bd. 91. 1920.
Joergensen, Centralbl. f. Bakt., Bd. 38, 1905.
Joergensen und Madsen, Festschr. d. staatl. Seruminstit. Kopen-
hagen, 1902.
y. Liebermann und Ac61, Deutsche med. Wochenschr., 1918.
Liess, Munch, med. Wochenschr., 1918.
Morgenroth, Centralbl. f. Bakt., Bd. 26, 1899.
Reiss, Miinch. med. Wochenschr., 1915.
Salomonsen et Madsen, Ann. Pasteur, 1897, 1898, 1899.
Schafer, Miinch. med. Wochenschr., 1919.
Schiirer und Goldschmidt, Berl. klin. Wochenschr., 1920.
Schiitze und Scheller, Zeitschr. f. Hyg., Bd. 36, 1901.
Staubli, Centralbl. f. Bakt., Bd. 36, 1904.
Verney, Centralbl. f. Bakt., Bd. 32, 1902.
Zinsser und Kathe, Med. Klinik, 1916.
Google
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Arthur Lange, Hitzebestandigkeit der gebundenen Antikorper. 449
Naehdruck verboten.
[Alls dem Hygiene-fnstitut der Universitht Greifswald
(Direktor: Prof. Dr. E. F r i e d b e r g e r).]
Zar Frage der HttzebestSndigkelt der gebundenen Anti-
kdrpcr.
Von Arthur Lange.
(Eingegangen bei der Redaktion am 16. Marz 1921.)
Im Jahre 1907 hat E. Friedberger^) die nierkwflrdige
Tatsache beobachtet, daB spezifische Prfizipitate wenigstens bis
zu 14 Wochen faulnisresistent sind*). Da ein besonderes Ver-
halten der Fflulnisbakterien in den Prazipitataufschwemniungen
dafQr nicht verantwortlich gemacht werden konnte, so wurde
angenommen, daB das mit dem PrSzipitin verankerte EiweiB-
molekiil den von den Bakterien gebildeten, die Fftnlnis be-
dingenden Fermenten keinen Angriffspunkt mehr bietet. Sei
es nun, daB der EiweiBkoniplex eine derartige molekulare Um-
lagerung erfahren hat, daB er nicht mehr durch die Fermente
des Bakteriums zerlegbar ist, sei es auch nur, daB diejenige
Gruppe des EiweiBmolekflls, in welche das Ferment gewohn-
lich eingreift, nunmehr durch das PrSzipitin verstopft ist.
FQr letztere Annahme bestanden bereits Analoga in der
Chemie und in der ImmunitStslehre. So fflhren z. B. L.Schwarz
die Resistenz des formalinisierten EiweiBes, Pick und
Joachim®) die der PrSzipitate gegenfiber der tryptischen
und peptischen Verdauung darauf zurflck, daB die Gruppe des
EiweiBmolekuls in die fflr gewohnlich das Ferment eingreift,
hier durch das Formaldehyd bzw. das PrSzipitin besetzt ist.
1) E. Friedberger, Centralbl. f. Bakt., Abt. I, Orig., Bd. 43, 1907,
p. 490.
2) Dieee Faulniaresistenz erstreckt sich, wie wir jetzt wiesen, auf
wenigstens uber 12 Jahre, denn Prazipitate, die Herr Professor Fried¬
berger im Juni 1908 durch Zusammenwirkung von Antikaninchenserum
einer Zi^e und Kanincheneiweifi dargestellt hat, sind ohne jegliche asep-
tische Kautelen in unserem Laboratorium aufbewahrt noch heute geruchlos.
3) E. Pick und J. Joachim, Wiener med. Wochenschr., 1903,
p. 1399-1403.
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
450
Arthur Lange,
Digitized by
Die Richtigkeit dieser Vorstellung vorausgesetzt, mufite
es durch ZerstSrung des verankerten Prazipitins gelingen, den
Niederschlag faulfahig zu machen.
Jedoch erwiesen sich gekochte ‘Prazipitate in gleicher
Weise resistent gegentiber der Faulnis wie ungekochte. Da-
nach muBte die voraufgehend erdrterte Vorstellung falsch sein
Oder Prazipitine, deren relative Thermolabilitat von Kraus
und Pirquet') festgestellt war, muBten durch die Veranke-
rung an das Antigen hitzebestandiger werden, wie ja auch
Eisenberg die Hitzebestandigkeit getrockneter Prazi¬
pitine nachgewiesen hat.
Bald darauf haben Friedberger und Pinczower*) in eigens
darauf gerichteten Versuchen mittels Agglutininen die Frage der Thermo-
resifltenz der an die Antigene gebundenen Antikorper zum Glegenstand
einer besonderen Unterauchung gemachk Sie zeigten, daO mit Agglutininen
voUig beladene Typhusbakterien auch nach ‘/^ Stunde langem Erhitzen
auf 100“ einem homologen Immunserum nicht wiederum Agglutinin ent-
ziehen.
Das war nur unter der Annahme verstandlich, dafi die einmal an die
Bakterien gebundenen Agglutinine im Gegensatz zu den freien im Serum
in ahnlicher Weise hitzebestiindig geworden sind, wie das Eisenberg fiir
die getrockneten Antikorper gezeigt hat.
Drei Jahre spater unterzog Bessau") in einer gleichfalls aus dem
Pfeifferschen Institut hervorgegangenen Arbeit die Versuche von Fried¬
berger und Pinczower einer Nachpriifung und kam zu einem dia¬
metral entg^engesetzten Ergebnis.
Schon durch kurz dauemde Erhitzung auf 80 ° sah er eine Zerstorung
des homologen gebundenen Antikorpers.
Angesichts dieses Widerspruchs hat Kumagai*) die Versuche von
Friedberger und Pinczower nochmals nachgepriift. Er weist darauf
hin, dafi die Mehrzahl der Versuche von Bessau fiir die ganzen Fragen
belanglos sind, weil sie nicht mit Agglutininen, sondern mit Bakteriolysinen
angestellt sind, bei denen neben der haptophoren, auch den Agglutininen
eigenen Funktion noch die komplementophile eine Rolle spielk
1) Kraus und Pirquet, Centralbl. f. Bakt., I. Abt., Bd. 32, 1902,
p. 60.
2) E. Friedberger und Pinczower, Ueber die Thermoresistenz
der an die Antigene gebundenen Antikorper (Centralbl. f. Bakt., Abt. I,
Orig., Bd. 45, 1908, p. 352).
3) G. Bessau, Zur Frage der Hitzebestandigkeit der gebundenen
AntikSrper (Centralbl. f. Bakt., Abt. I, Orig., Bd. 60, 1911, p. 363).
4) Kumagai, Zur Frage der Hitzebestandigkeit der gebundenen
Antikorper (Zeitschr. f. Immunitatsf., Bd. 14, 1912, p. 269).
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Zur Frage der HitzebesUindigkeit der gebundcnen Antikdrper. 45I
Auch die Versuche Bessaus iiber die Antigenqualitat der vdllig be-
ladenen gekochten Bakterien im Giegensatz zu den bcladenen ungekochten
konnen bier aus iihnlichen Griinden als Beweismaterial nicht herangezogen
werden, wie das Kumagai a. a. O. ansfuhrlich auseinandergesetzt hat.
W'as nun die mit den von Friedberger und Pinczower allein ver-
gleichbaren Versuche anlangt, so waren auch sie nach Kumagai nicht
einwandfrei.
Die Bakterien waren, wie Kumagai nachgewiesen hat, niir un-
genugend beladen (Bessau, Tabelle VI). Die Differenzen zwischen sensi-
bilisierten erhitzten und nicht sensibilisierten erhitzten Bakterien waren
ferner so geringfueig, dafi sie als innerhalbder Versuchsfehlergrenzen liegend
zu bctrachten sind.
In seinen eigenen Versuchen konnte Ku magai zunachst die Angabe
von Bessau, wonach erhitzte Bakterien schlechter Agglutinine binden als
frische, nicht bestatigen. Es zeigte sich vielmehr das Verhalten im selben
Sinne, wie es fruher Scheller'), sowie Friedberger aus dem gleichen
Institut festgestellt batten, namlich ein zum mindesten gleich starkes
Bindungsvermbgen der gekochten Bakterien.
Weiterhin lieferten Kumagais Versuche eine Bestatigiing der Er-
gebnisse von Friedberger und Pinezower.
Neuerdings sucht nun Bessau’) den Unterschied zwischen seinen
und Friedbergers Ergebnissen auf ein verschiedenea Verhalten der von
beiden Autoren benutzten Typhusstiimme zuriickzufiihren. Der 1911 von
Bessau benutzte Stamm „Bock“ werde durch Kochen in seinem Agglutinin-
bindungsvermdgen „8chwer geschiidigt", wiihrend der von Kumagai be¬
nutzte Stamm „Giefien“ in Bestatigung von Fried be rger und Pinezower,
sowie Kumagai und die von Scheller untersuchten Stiimme ihr Bin-
dungsvermSgen beim Erhitzen bewahren.
Weiter gibt Bessau an, in Versuchen mit dera Stamm „GieSen“,
deren Anordnung genau der von Kumagai entsprach, nach dem Erhitzen
der vftllig abgesattigten Bakterien ein Wiederauftreten der Agglutinin-
bindungsfahigkeit gesehen zu haben.
Den Widerspruch mit den Ergebnissen Kumagais erkliirt Bessau
durch Fehler in der Versuchstechnik Kumagais; er vermutet, dafi dieser
nicht genug Sorgfalt auf das Verteilen der beladenen gekochten Bakterien
in dem Immunserum gelegt habe, worauf das abweichende Ergebnis
Kumagais zuruckzufiihren sei.
Auf Veranlassung von Herrn Professor Friedberger
und unter seiner Leitung habe ich erneut nunmehr an einer
groBen Anzahl von Typhusstdinmen
1) R. Scheller, Experimentelle Beitrage zur Theorie der Aggluti¬
nation. Die Agglutinine der Typhusimmunsera und ihre Beziehungen zur
agglutinogenen Typhusbazillenleibessubstanz (Centralbl. f. Bakt., Abt. I,
Grig., Bd. 36, 1904, p. 694).
2) Bessau, Centralbl. f. Bakt., Abt. I, Grig., Bd. 83, 1919, p. 344.
Digitized by Gougle
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
452
Arthur Lunge,
Digitized by
1) die Frage nachgepruft, ob tatsachlich, wie Bessau
angibt, so wesentliche Unterschiede im Antigen der Typhus-
bazillen gegeniiber dem Kochen bestehen, daU durch die
Teinperatur von lOO^eininal das AgglutininbindungsvermQgen
schwer geschadigt wird (Bessau, Stamrn „Bock“), das andere
Mai vollig erhalten bleibt (Friedberger und Pinczower,
Kumagai-Stamm nGieUen^) Oder sogar noch etwas erhbht
wird (Scheller).
2) Wurden mit den gleichen und weiteren Typhusstamnien
die Versuche von Friedberger und Pinczo wer wiederholt.
Es standee uns 10 erneut auf ihre Identitat durchgeprflfte
Typhusstamme der Greifswalder Sammlung, die samtlich aus
Stuhl, Urin oder Blut Typhuskranker iin Untersuchungsamt
des Instituts gezuchtet worden waren, zur Verfugung, ferner
auch der frflher benutzte Stamm „GieBen‘‘ und der Bessausche
Stamm nBock^, der anderweilig dem Institut freundlichst
uberlassen worden war.
Besonders achteten wir bei alien Versuchen noch einmal
ausdrQcklich darauf, daB die beladenen und gekochten Bak-
terien aufs sorgfaitigste verrieben wurden, well Bessau in
dieser Richtung bei Kumagai eine Fehlerquelle, allerdings
wohl zu Unrecht, verrautete. Der Autor beherrschte die
einschlagige Technik vollkommen, Auf solche elementare
Dinge war naturlich auch bei den frhheren Arbeiten unseres
Instituts geachtet worden.
Zunachst prflften wir nun also, ob Typhusstamme durch
Vi’Stflndiges Erhitzen auf 100° im Gegensatz zu Scheller,
Friedberger-Pinczower, Kumagai in ihrem Agglu-
tininbindungsvcrmogen schwer geschadigt werden, wie es
Bessau bei dem Stamm „Bock“ gefunden hatte.
Nach den neueren Untersuchungen von Weil und Felix
wissen wir zwar, daB speziell bei den X-Stammen thermo¬
stabile neben therraolabilen Rezeptoren vorkommen, doch sind
die Differenzen selbst bei den X-Stammen nicht so eklatant,
urn die auffallenden Befunde Bess aus gerade mit dem Stamm
„Bock“ gegenuber anderen zu erkiaren, und bei Typhus ist uber-
haupt eine derartige regelmaBige Verteilung im Rezeptoren-
apparat wie bei X-Stammen noch nicht beobachtet worden.
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Zur Frage der Hitzebestandigkeit der gebundenen Antikorper. 453
Docli haben wir es gerade mit Rflcksicht darauf besonders
begruBt, daB uns die St&mnie „GieBen“ und „Bock“ neben
den anderen zur Verfiigung standen, und wir baben uns
wegen dieser neuen Befunde aucb entscblossen, die Ver-
sucbe nocb auf die 0- und H-Form des Bazillus X 19 aus-
zudebnen.
Wir lassen nun zunScbst die Agglutinationsversucbe mit
erbitzlen und unerbitzten Typhus- und X 19-Stammen folgen.
Wir beginnen mit vergleichenden Versuchen flber die
StSmme ^GieBen“ und „Bock“.
Sechs 24-Btundige Schriigagarkulturen vom Stamm „Giefien“ werden
in 8 ccm physiologischer Kochsalzloeung aufgeschwemmt und diirch ein
grobes Papierblter gegossen.
Das Filtrat wird in zwei gleiche Teile geteilt, der eine Teil im Wasser-
bad bei 1(X3® */« Stunde erhitzt. Darauf werden beide Teile scharf zentri-
fugiert, die abzentrifugierten Bakterien mit 5 ccm Typhusimmunserum
1:100 versetzt und 2 Stunden im Brutschrank bei 37“ unter haufigem
Umschiitteln gehalten. •
Ferner werden sechs gleich stark gewachsene 24-stundige Schriigagar¬
kulturen vom Stamm ,,Bock“ in 8 ccm physiologischer Kochsalzlosung auf¬
geschwemmt und genau so behandelt wie Stamm „GieBen“.
Zu den Abgiissen, die mit gekochten und nicht gekochten „Gie6en“
und „Bock“ 2 Stunden in Kontakt waren, wird neue Kultur vom Stamm
,,GieSen“ resp. „Bock“ hinzugesetzt.
Tabelle 1.
Agglutination durch Immunserum
vorbehandelt mit
§
O '
! e
§
\
s
g
9
O
o
0 *
9*
I
i
gekochtem „Giefien“
-1-
_ 1
l_
__
_
. .
-
—
_
nicht gekochtem „Giefien“
-f
—
1
1 _
. -
—
—
—
—
—
gekochtem „Bock'‘
-1-
-1-
+
—
—
—
—
—
—
nicht gekochtem „Bock“
+
+
— ■
—
—
—
—
—
unvorbehandel- (versetzt mit „Gie6en“
+
-b
+
+
-f-
+
1 +
+
—
—
tes Senim i versetzt mit „Bock‘‘
, +
+
+
1 +
+
+
-t-
+
—
—
Derselbe Versucb wird nocb einmal wiederbolt, nur daB
diesmal zu den Abgfissen, die mit gekochten und ungekochten
„GieBen“ in Kontakt waren, neue Kultur vom Stamm „Bock‘‘
hinzugefQgt wird und umgekehrt zu den Abgfissen, die mit
gekochtem und ungekochtem „Bock“ in Kontakt waren, neue
Kultur vom Stamm „GieBen‘‘.
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
454
Arthur Lange,
Digitized by
Tabelle II.
Agglutination durch Immunserum
vorbehandelt mit
o 1
c 1
1
c
ct
o
e
1 9 1 o
-J
o
o
ex
_«
o
9
1
! °
oc
e*
e
o
1 (0
la
1
C
oS
52;
gekochtem „GieGen“
+ 1
_
_
1_'
_
_
__
_
nicht gekochtem „GieBen“
+
—
—
— 1 —
—
—
—
—
—
gekochtem ,,Bock“
+
+
+
1 1
—
—
—
1 —
nicht gekochtem „Bock“
+
+
_ 1
—
—
—
1 -
—
unvorbehandel-1 versetzt mit „GieBen“
+
+ 1
+
+1 +
+
+
+
1 -
1 —
tes Serum \versetzt mit „Bock“
+
+ 1
+
+ i +1
+
+
+
—
—
Diese Versuche zeigen in Uebereinstimmung mit Fried-
berger nnd Pinczower, Kumagai und Bessau, daB
der Stamm „GieBen“ durch V 4 -stundiges Kochen in seinem
Agglutininbindungsvermogen nicht geschiidigt wird.
Aber im Gegensatz zu Bessau konnten wir feststellen,
daB auch der Stamm „Bock“ durch Vi'Sthndiges Erhitzen auf
100® in sbinem Bindungsvermogen keineswegs, wie Bessau
angibt, „sch\ver geschadigt wird“, wenn auch dieser Stamm,
auf 100® erhitzt, allerdings etwas schlechter bindet als nicht
gekocht.
Auch bei den 11 tibrigen StSmmen haben wir derartig
betrSchtliche Unterschiede, wie sie Bessau zwischen „Bock“
und „GieBen‘‘ im Gegensatz zu unseren Befunden gesehen
hat, nicht beobachtet.
Diese Versuche wurden in analoger Weise angestellt wie
die mit „GieBen“ und „Bock‘‘.
Ee wurden von jedem Stamm zwei 24-8tundige Schragagarkulturen
in 8 ccni physiologischer Kochsalzlosung aufgeschwemmt, dann in 2 Por-
tionen geteilt, die eine ‘/i Stunde im kochenden Wasserbade erhitzt, die
andere unerhitzt gelassen.
Darauf wurden beide Teile zentrifugiert und mit je 5 ccm Typhua-
immunserum in der Verdunnung 1:100 2 Stunden in Kontakt gehxssen.
Das durch Zentrifugieren von den Bakterien befreite Serum wurde in
fallenden Verdiinnungen mit frischer Kultur desselben Stammes versetzt
und 2 Stunden im Brutschrank bei 37® gehalten.
Nach dieser Zeit wurde das Ergebnis abgelesen (siehe
Tabelle III).
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Zur Frage der Hitzebestandigkeit der gebundenen Antikorper. 455
Tabelle III.
Agglutination dutch Immunserum
:• s
G.a
’ T
9
e
H 75
1
2051
4-
4-
b) unvorbehandwt
1
4-
16452
4-
-h
b) unrorbehandelt
1
+
\ u u j 1 .1 mitgekochten Bakt.
a) vorbehandelt ( ^„gekochten Hakt.
1 897
4-
4-
b) unvorbehandelt
)
4-
a) vorbehandelt | g^kochten Bakt
1 15
4-
4-
b) unvorbehandelt
1
4-
•)'»bch.„dol.|
4-
4-
b) unvorbehandelt
1
1
4-
a) vorbehandelt (gekochten Bakt.
' t mit uiigekochten Bakt.
IsOSQ
4-
4-
b) unvorbehandelt
1
4-
a) vorbehandelt ( "“J g^kochten Bakt.
^ ( mit ungekochtcn nakt.
13416
4-
-b
b) unvorbehandelt
1
4-
a) vorbehandelt { ^ekoehten Bakt.
’ t mit ungekochten Bakt.
13076
4-
4-
b) unvorbehandelt
1
4-
a) vorbehandelt ( "“Ij ‘I**
’ \ nut ungekochten Bakt.
ll719
4-
4-
b) unvorbehandelt •
1
4-
a) vorbehandelt ( gekochtcn Bakt.
( mit ungekochten Bakt.
1 36
:
b) unvorbehandelt
1
4-
8
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
4-
+
+
+
4-
4-
4-
4-
8 8 8 I
« •« 5: M
8
•’i Si
1 ^
r-;Z
4-
4-j +
+ +
4-'4-
4-14-
4-
+ 1 +
l-l-
4-
4-'4-
4-
4-
4-
-t-'-f-
4- 4-
4-1-
4-
4-4-
4- -h
4-'4- 4-'-!
.L
4-,4-^-1-^-
4-4-
4-'-f!-f-bi4-
4-
4-
4-’4-
-f'-i-
l4-|-f 14-
4- 4-
4- 4- 4-'4- ±:
4-l4-i4-,4-
Aus diesen Versuchen ergibt sich folgendes:
4 Stamnie (6452, 897, 43, 1719) verlialten sich in ihrem
Bindungsverniogen gekocht und ungekocht vollkominen gleich
wie Stamm „GieBen“,
4 andere StSmine (2051, 3416, 3076, 36) binden gekocht
etwas schlechter als ungekocht Shnlich dem Stamm „Bock‘‘,
2 Stamme (15, 3089) verhalten sich, wie es Scheller
gefunden, sie binden gekocht etwas besser als ungekocht.
Die DifTerenzen sind aber in jedem Fall gering und gehen
nicht weiter als eine Verdilnnung.
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
456
Arthur Lange,
Digitized by
Analoge Versuche wurden noch mit dem Proteusstamm
Weil-Felix angestellt, und zwar mit den beiden von diesem
Stamm bekannten Formen, mit der H-Form und der 0-Form.
1 Agarplatte mit 24-8tundiger Kultur der H-Form wird in 8 ccm
physiologischer Kochsalzlosung aufgeschweramt, die Aufschwemmang in
zwei gleiche Teile geteilt. Die eine Quote wird in kochendem Wasserbade
Stunde erhitzt. Dann werden beide Teile zentrifugiert, die Bakterien mit
je 5 ccm Kaninchenimmunserum in der Verdunnung 1:20 versetzt und
2 Btunden unter haufigem Umschiitteln bei 37° in Kontakt gelassen.
Dann wird zentrifugiert und der AbguO in fallenden Verdunnungen
mit neuer Kultur derselben Form versetzt. Nach 2 Stunden im Brut-
schrank wird das Resultat abgelesen.
Dcrselbe Versuch wird in derselben Anordnung mit der 0-Form
angestellt.
TabeUe IV.
Agglutination durch Immunserum
Proteus-
form
tl s
5 IP
® 2 os
• p-z
ai vorbehandelt I gekochten Bakt.
a) voroenanaeit ^ ungekochten Bakt.
b) unvorbehandelt
al vorl)ehandelt[ m't gekochten Bakt.
aj voroenanaeit I „i,gekochten Bakt.
b) unvorbehandelt
H-Form
0-Form
-f
+
-t-
H-! +
-f'+
Diese Versuche zeigen, daB auch die beiden Formen des
Proteusstammes Weil-Felix durch Vi-sthndiges Erhitzen
im kochenden Wasserbade'in ihrer Agglutininbindungsfahig-
keit nicht wesentlich verandert werden; der gekochte Teil
bindet ebenso wie der ungekochte ‘).
Wir sehen also, daB von den untersuchten 14 StSinmen
keiner durch V 4 -stundiges Kochen in seinem Agglutininbindungs-
vermogen inerklich geschadigt wird.
1) Diese Ergebnisse stehen zunachst scheinbar im Widerspruch zu den
wohlfundierten, allgemein bcstatigten Angaben von F. Schiff (Deutsche
raed. Wochenschr., 1917, No. 41) sowie Sachs (Deutsche med. Wochenschr.,
1918, No. 17), wonach die 0-Rezeptoren der Bakterien bedeutend hitze-
bestiindiger sind als die H-Kezeptoren. Da6 dieser Unterschied bei uns
weniger hervortritt (nur in dem stiirkeren Bindungsvermogen der unge¬
kochten H-Form), durfte wohl auf die Versuchsanordnung zuriickzufiihren
sein, vor alien Dingen auf die starken Serumkonzentrationen, mit denen
die Ausfiillung bewirkt wurde. Von einer Differenzierung der Agglutination
in „grob“ und „fein“ wurde bei diesen Versuchen abgesehen.
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Zur Frage der Hitzebestandigkeit der gebundenen Antikorper. 457
Nachdem festgestellt war, daB zwischen den untersuchten
12 Typhusstammen auch zwischen den beiden Proteusformen
ein nennenswerter Unterschied im Bindungsvermogen zwischen
erhitzten und unerhitzten nicht bestand, haben wir nunmehr
mil samtlichen Stainmen die Versuche von Friedberger
und Pinczower, Kumagai und Bessau wiederholt. Diese
Versuche waren namlich seither tiberhaupt nur niit den beiden
Stammen ^GieBen^ und „Bock“ angestellt. Es erschien uns
aber wichtig, sie auf eine groBe Zahl von Stammen auszu-
dehnen, urn dadurch vielleicht die Dilferenzen zwischen
Bessaus und unseren eigenen Befunden zu erklaren.
Bei diesen Versuchen haben wir den grSBten Wert darauf
gelegt, so wie es schon frOher auch Friedberger und seine
Mitarbeiter getan haben, daB die Beladung der Bak-
terien vor der Erhitzung wirklich eine vollstan-
dige war. Das ist aber keineswegs einfach und es bedarf
einer immer wiederholten Beladung, um sicher alle hapto-
phoren Gruppen der Bakterien zu besetzen. Wissen wir doch
aus den alteren Untersuchungen von Pfeiffer und Fried¬
berger, wie auBerordentlich groB die Zahl der Rezeptoren
am Bakterienleib offenbar ist und wieviel mehr Antikdrper
gebunden werden kdnnen, als zur Bakteriolyse oder Aggluti¬
nation an sich ausreichend sind. Die vollige AbsSttigung
aller Gruppen aber scheint uns notwendig, um einwand-
freie Resultate zu erzielen, denn sonst kdnnen natiirlich nach
dem Kochen an die nnbesetzt gebliebenen thermostabilen
Rezeptoren ohne weiteres Antikorper verankert werden, und
es kann dadurch eine Zerstorung der gebundenen Antikorper
vorgetauscht werden.
Es war eine 9 — llmalige Ausfiillung und Aus-
schleuderung notwendig, um die Bakterien vollig abzusSttigen.
Wir lassen zunSchst die Versuche mit dem Stamm „GieBen“
und ^Bock^ folgen.
Zwei 24-8tundige Schriigagarkulturen vom Stamnie „Gie6en“ wurden
in 8 ccm physiologischer Koohsalzlosung aufgesehwemmt und durch ein
grobes Papierfiltcr filtriert. Darauf wurde zentrifugiert und die Bakterien
vdllig mit Agglutinin abgesiittigt, indein sie zusammengebracht wurden
4mal mit 10 ccm Immunserum (Titerhohe 1:12600) in der Verdiinnung
1:100, 2mal mit 10 ccm Immunserum 1:50 und noch 3mal mit 10 ccm
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
— URBANA-CHAH PAIGN
458
Arthur Lange,
Digitized by
1:100. Jedesmal wurden die Bakterien mdglichst fein verteilt. Erst bei
den bciden letzten Abgiissen ergab sich die vSllige Absattigung.
Dann wurden die Bakterien noch 2mal niit physiologischer Kochsalz-
losung gewaschen, in 10 ccm Kochsalzlbsung aufgeschwemmt und in zwei
Portionen geteilt.
Die eine Portion wurde im Wasserbade '/« Stunde gekocht, die andere
ungekocht gelassen.
Dann wurden beide Teile zentrifugiert und die zentrifugierten Bak-
terieu mit je 5 ccm Immunserum 1:100 aufgeschwemmt. Die gekochten
und ungckochten beladenen Bakterien verteilten wir jedesmal moglichst
sorgfaltig, so dafi eine gleichmiiflig triibe Aufschwemmung vorhanden war.
Nach 2-stundigem Aufenthalt ira Brutschrank, unter hiiufigem Um-
schiittelu, wurde wieder zentrifugiert und die Abgiisse in fallenden Ver-
diinnungen mit frischer Kultur desselben Stammes versetzt. Nach weiteren
2 Stunden bei 37“ lasen wir das Kesultat ab.
Nach derselben Versuchsanordnung wurde der Stamm „Bock“ ge-
priift.
Tabelle V.
Agglutination durch Immunserum '
1
Typhus-
stamm
9
e
1 o
e
c
o
c
1 s
1 e
1 s
1 o| s
2 S
r
S
! §
i"* i
p
1 oS
2;
a) vorbehandelt / gekochten Bakt. 1
' +
+ '
'+1
+
+
—-
mit beladenen 1 ungekocht. Bakt. j >
,,GieSen“ ;
1
+
' +
+
+
■i"i —
—
b) un vorbehandelt J
+
+
+i
+
!+
+i+
—
a) vorbehandelt f gekochten Bakt. |
mit beladenen 1 ungekocht. Bakt. !
t-f-
'+
+ 1
+
+!±
_i
„Bock“
1+
'+1
+
+
+
1+
—
—
b) un vorbehandelt |
' +
+1
+
+ !
+
i+
+1+
—
—
Derselbe Versuch wurde dann nach genau derselben Ver¬
suchsanordnung mit den 10 anderen Typhusst^mraen an-
gestellt.
Als Immunserum wurde fiir die Stiimme ^Bock^, nGieBen",
897, 1687, 6452, 43,3089 das Serum eines Antityphuskaninchens
No. 483 des Institute benutzt, wahrend die letzten 5 Stamme
(15, 36, 1719, 3076, 2051) mit dem Immunserum vom Tier 492
behandelt wurden (siehe Tabelle VI).
Das Ergebnis der vorstehenden Versuche mit den 12
Typliusstammen ist ein vollkommen eindeutiges und stimmt
mit den Befunden von Friedberger und Pinezower so-
wie Kumagai genau iiberein. Das an die Bakterien ge-
bundene Agglutinin erweist sich bei geniigender Bindung
als hitzebestandig. Bei einigen Stammen „GieBen“, 6452, 15,
3076 und 43 haben allerdings die gekochten Bakterien eine
Google
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Zur Frage der Hitzebest&ndigkeit der gebundenen Antikorper. 459
Tabelle VI.
Agglutination durch Immunserum
Typh.-
Stamm
c
e
s
_«
s
J
j
i
— J
1
s
a.
*<
g
«
4a
1
-
o
09
12;
a) rorbcbandelt / gekochten Bakt.
1
+
+
+
+
+ +
+
i
_
—
mit beladenen \ ungekochten Rakt.
897
+
+
+
+
+ +
+
i
—
—
—
b) unvorbehandelt
)
+
+
+
+
+ +
+
+
—
—
—
a) vorbehandelt / gekochten Bakt.
1
+
+
+
+
+'+
+
_
—
_
_
mit beladenen i ungekochten Bakt.
1687
+
+
+
+
+
+
±
—
—
—
_
b) unvorbehandelt
1
+
+
+
+
+
+
+
+
—
—
—
a) vorbehandelt ) gekochten Bakt.
1
+
+
+
+
+
+
±
_
—
_
mit beladenen 1 ungekochten Bakt.
6452
+
+
+
+ +
+
+
—
—
—
b) unvorbehandelt
1
+
+
+
+
+
+
+
+
—
—
—
a) vorbehandelt J gekochten Bakt.
1
+
+
+
+
+
+
_
_
_
mit beladenen ^ ungekochten Bakt.
\
+
+
+
+
+
+
+
—
—
—
—
b) unvorbehandelt
1
+
+
+
+
+
+
+
+
—
—
—
a) vorbehandelt f gekochten Bakt.
]
+
+
+
+
+
—
—
_
_
__
mit beladenen ^ ungekochten Bakt.
^3089
+
+
+
+
+
—
—
—
—
—
—
b) unvorbehandelt
1
+
+
+
+
+
+
—
—
—
—
a) vorbehandelt f gekochten Rakt.
1
+
+
+
+
+
+
+
+
_
mit beladenen \ ungekochten Bakt.
15
+
+
+
4“
+
4-
+
+
+
—
b) unvorbehandelt
1
+
+
+
+
+
+
+
+
+
—
—
a) vorbehandelt ) gekochten Bakt.
1
+
+
+
+
+
+
+
+
+
_
_
mit beladenen ( ungekochten Bakt.
} 36
+
+
+
+
+
+
+
—
—
b) unvorbehandelt
1
+
+
+
+
+
+
+
+
+
—
—
a) vorbehandelt f gekochten Bakt.
1
+
+
+
+
+
+
+
+
+
_
mit beladenen \ ungekochten Bakt.
U719
+
+
4-
+
+
+
+
4*
+
—
—
b) unvorbehandelt
1
+
+
+
+
+
+
+
+
+
dt
—
a) vorbehandelt ( gekochten Bakt.
1
+
+
+
+
+
+
_
- -
mit beladenen [ ungekochten Bakt.
^3076
+
+
+
+
+
+
_
_
b) unvorbehandelt
1
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
—
a) vorbehandelt f gekochten Bakt.
1
+
+
+
+
+
+
+
+
_
_
mit beladenen \ ungekochten Bakt.
2051
+
4"
+
+
+
+
+
+
+
—
—
b) unvorbehandelt
1
+
+
+
+ ] +
+
+
-t-
+
—
Spur mehr entzogen, indem das eine Mai in der Endver-
diinnung die Agglutination +, das andere Mai + war. Doch
liegen diese geringen Ditferenzen sicher innerhalb der Ver-
suchsfehlergrenzen. Denn bei Stamm 1687 und 36 haben wir
gerade das umgekehrte Verlialten. Dazu kommt noch, daB z. B.
Stamm 15 an sich schon gekocht etwas starker band als un-
gekocht.
Bereits Kumagai hatte bei seinen Untersuchungen mit
dem einen Stamm „GieBen“ gefunden, daC die erhitzten be-
ladenen Bakterien immer noch geringe Mengen von Agglutinin
Zeitwhr. f. ImmunlWtsforschiing. UriK. ltd. 3». 32
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
460
Arthur Lauge,
Digitized by
entziehen, denn das native Serum wirkt an sich starker agglu-
tinierend, als der AbguB von den gekochten beladenen Bakterien.
Er fflhrt das darauf zuriick, daB bei der Prozedur des Waschens
und Kochens vielleicht ein Teil der gebundenen Agglutinine
wieder abspaltet.
Bei unseren Untersuchungen mit zahlreichen Stammen
erwiesen sich aber diese DifTerenzen als so gering und auBer-
deni nicht gleichsinnig, daB wir nicht einmal diese Erkiarung
Kumagais auf Grund der Untersuchungen an einem ein-
zigen Stamm als unbedingt zu Recht bestehend bezeichnen
mbchten.
Jedenfalls haben wir dieTatsache, daB die mit
Agglutinin vSllig beladenen, dann gekochten
Bakterien kein Agglutinin mehreutziehen, wahrend
B e s s a u eine quantitative vollige Wiederbindungsfahigkeit nach
dem Kochen und damit totale Zerstorung des gebundenen
Agglutinins annimmt.
Um auch das Verhalten anderer Bakterienarten in dieser
Richtung zu untersuchen, haben wir dann noch entsprechende
Versuche mit der 0- und H-Form des X 19 Weil-Felix an-
gestellt.
Je eine Agarplatte mit 24-Btundiger Kultur der beiden Formen wurde
mit 8 com physiologischer NaCl-Losung abgeschwemmt und zentrifugiert.
Die Bakterien wurden mit Agglutinin vollig gesattigt, indem sie zueammen-
gebracht wurden 3mal mit 8 com Immunserum 1: 40 und 7mal mit 8 ccm
Immunsenim 1 : 20 .
Darauf wurde 2mal mit physiologischar NaCl-LSaung gewaschen
und in 2 gleiche Teile geteilt. Denn einen Teil kochten wir im Wasserbade
V 4 Stunde, den anderen liefien wir ungekocht. Dann wurde zentnfugiert
und die Bakterien in je 5 ccm Immunserum 1:20 aufgeschwemmt und 2
Stunden unter haufigem Schiitteln im Brutachrank gelaasen. Auch hierbei
achteteu wir genau dsu'auf, daQ die gekochten und ungekochten Bakterien
im Immunserum moglichst fein verteilt wurden, was bei dem Proteusstamm
schwerer zu erreichen war ale bei den Typhusstammen. Nach 2 Stunden
wurde abermals zentrifugiert und der AbguB in fallenden Verdunnungen
mit frischer Kultur derselben Form versetzt.
Das Resultat lasen wir nach 2 Stunden Aufenthalt im
Brutschrank ab und fanden es nach 24 Stunden durch Ab-
setzen der Bakterien in den positiven ReagenzglRschen be-
statigt.
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Zur Frage der Hitzebestfindigkeit der gebundenen Antikdrper. 461
TabeUe VU.
Agglutination duch Immunserum
Froteus-
form
e
e
e
cc
s
o
3
3
•>
5
e«
z
a) vorbehandelt ( gekochten Bakterien
1
-1-
-f-
-f
-1-
+
.
mit beladenen / ungekochten Bakt.
> H-Form
+
+
-t-
-fi
-1-
+
—
—
b) unvorbehandelt
1
-1-
-t-
-1-
-1-
+
+
±
—
a) vorbehandelt I gekochten Bakterien
1
-f'
+
-1-
-1-
±
_
mit beladenen J ungekochten Bakt.
/ 0-Form
-1-
-f
-f
-t-
-1-
—
—
b) unvorbehandelt
1
1 +
+
-1-
+
1 + 1 +
—
—
Auch das Resultat dieser Versuche stimmt vollkommen
mil dem bei den Typhusstammen gefundenen tiberein. Die
beladene H-Form entzieht im gekochten und ungekochten Zu-
stand dem Immunserum kein Agglutinin mehr, wkhrend der
gekochte Teil der 0-Form nur noch eine Spur entzieht.
Diese geringe Differenz im Verhalten zwischen 0 und H
mag mit der verschiedenen Thermoresistenz der Rezeptoren
zusammenhangen. Der Unterschied zwischen gekochter und
ungekochter 0-Form aber liegt wohl innerhalb der Versuchs-
fehlergrenzen.
Das Ergebnis unserer Arbeit ist also das folgende:
1) V 2 'Stiindiges Erhitzen auf 100® beraubt die Typhus-
bakterien nicht der Bindungsfahigkeit fflr Agglutinin.
2) Die mit Agglutinin vbllig gesattigten Bakterien ent-
ziehen nach dem Erhitzen dem Serum kein Agglutinin mehr.
Es fragt sich nun, wie sind mit diesen Befunden die
nach beider Richtung hin abweichenden von Bessau zu
erkiaren. Speziell beziiglich des Stammes „GieBen“ hat dieser
Autor ja die Thermoresistenz der Rezeptoren bestatigt, aber
erneut darauf hingewiesen, dafi bei ihm der Stamm „Bock“
in seinem Agglutinin-Bindungsvermbgen durch das Erhitzen
schwer geschadigt werde. Davon kann nun keine Rede sein.
Der Stamm „Bock“ bindet zwar nach dem Kochen etwas
schlechter, und ebenso verhalten sich die Stamme 3076,
36 und in geringem Grade 3416. Aber dieser Unterschied
ist doch sehr unerheblich.
„GroBe Unterschiede‘‘ (Bessau) zwischen verschiedenen
Typhusstammen obwalten nach unseren Untersuchungen an
12 Stammen jedenfalls nicht, und wir kSnnen Bessau darin
31*
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
462
Arthur Lange
Digitized by
iiicht beipflichten, claB „dieser Differenzpunkt mit Fried-
berger befriedigeud geklart“ ist.
Noch schwieriger gestaltete es sich zunachst, in der
zweiten Frage eine befriedigende Erklftrung fiir die Unterschiede
zu finden.
Bisher waren die Versuche, die zu so abweichenden Er-
gebnissen gefiihrt haben. mit nur je 1 bzw. 2 Typhusstammen
ausgefiihrt worden. Nachdem ich aber mit 12 verschiedenen
Typhusstammen und einem anderen Bakterium die gleichen
Resultate wie Friedberger und Kumagai friiher mit
einem Typhusstamm erhalteu babe, einerlei, ob ein Typhus-
stamm gekocht etwas raehr oder weniger Agglutinin bindet
als ungekocht, muB ich trotz der entgegenstehecden Befunde
von Bessau mit dem Stamm „GieBen‘‘ und „Bock“ daran
f e s t h a 11 e n, d a B mit 1 m m u n s e r u m v 611 i g b e 1 a d e n e
gekochte Bakterien dem Serum kein Agglutinin
mehr entziehen.
Bemerkenswert ist es nun in diesem Zusammenhang, daB
Bessau tatsachlich in seiner ersten 1911 erschienenen Arbeit
mit dem Stamm „Bock“ zu von Friedberger und seinen
Schiilern gar nicht so erheblich abweichenden Resultaten ge-
kommen ist, wie es seine damaligen SchluBfolgerungen und
seine spateren Arbeiten erscheinen lassen. In jener Arbeit
geht die Agglutination des Immunserums, das mit dem be-
ladenenen ungekochten „Bock‘‘ in Kontakt war, nur eine
Stufe weiter als in dem Serum, das mit den beladenen ge-
kochten Bakterien zusammen war. Es hat also hier der be-
ladene gekochte „Bock‘‘ keiue nennenswerten Mengen Agglu¬
tinin entzogen. Da aber Bessau annahm, daB der native
^Bock" durch Vi'Stiindiges Erhitzen auf 100" in seinem Agglu-
tininbindungsvermbgen schwer geschadigt wird, legt er sein
Versuchsergebnis ganz anders aus.
Nachdem wir nun aber festgestellt haben, daB durch das
Kochen des Stammes „Bock“' sein Agglutininbindungsvermogen
keineswegs eine erhebliche Schadigung erleidet, sind wir wohl
berechtigt, den Versuch Bessaus durchaus in unserem Sinne
zu deuten und seine damaligen wie die jetzigen SchluBfolge¬
rungen zuriickzuweisen.
Mit Recht weist Bessau darauf hin, daB „hier nicht ein
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Zur Frage der Hitzebestiindigkeit der gebundenen Antikdrper. 463
mit Fried berger und seinen Mitarbeitern iibereinstimmen-
des Resultat vorliegt, das nur verschiedener Deutung zug^ng-
lich ware“, sondern dalJ „die Versuchsergebnisse in eklatanter
Weise differieren“. ^Bei dieser Diflferenz ist es unabweislich,
daU auf der eineii Seite ein Versuchsfehler oder eine irgend-
wie nicht einwandfreie Technik vorliegt^ (Bessau, a. a. 0.).
Bessau ist geneigt, die „nicht einwandfreie Technik^ in
den Arbeiten Friedbergers und seiner Schiller zu ver-
inuten, und denkt daran, daB wir, vor allem Kuinagai, die
beladenen gekochten Bakterien im Iinmunseruni niangelhaft
verteilt batten. Das war aber wohl nicht der Fall, und
ich babe in nieinen Versuchen noch besonders darauf ge-
achtet.
Es fragt sich nur noch, konnen wir unsererseits eine Er-
klSrung fur das so vollig abweichende Verhalten bei einer an
sich doch nicht sehr schwierigen und klaren Versuchsanord-
nung geben?
Wenn wir daraufhin die Protokolle der vorliegenden
Arbeiten durchsehen, so fSllt es auf, daB in den Arbeiten
aus unserein Institut die Beladung bis zur vSlligen Ab-
sSttigung offenbar eine viel intensivere war, als
bei den anderen Autoren. Bei Fried berger und Pinczo-
wers kurzen Arbeit fehlen genaue Angaben, doch ist aus-
drflcklich hervorgehoben, daB die Bakterien bis zur vollstandigen
Beladung wiederholt niit Imnmnserum in Kontakt waren.
Bessau hat zu dieseni Zweck in seiner ersten Arbeit 3-4-
mal, in der zweiten 3- bzw. 6mal die Bakterien mit dem
Serum je eine Stunde in Kontakt gelassen. Kuniagai hat
7-, 8- bzw. llmal beladen, ich selbst 9- und lOmal hinter-
einander, wobei Serum und Bakterien mindestens 1—2 Stunden
unter wiederholtem Aufschiitteln in Beriihrung blieben. Es
dauerte bei uns etwa 6—7mal, bis die Bakterien nach der an
sich ja rohen Versuchsanordnung annShernd ganz abgesattigt
erschienen, aber auch dann haben wir noch einige Male aus-
gefailt. Erst dadurch war es wohl moglich, die Bakterien mit
Sicherheit vollig zu beladen.
Es erscheint nicht ausgeschlossen, daB auch erst bei dieser
wiederholten und langdauernden Beladung jene Verfestigung
des Agglutinins eingetreten ist, die zur Irreversibilitat und
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
464
Arthur Lange,
Digitized by
zur HitzebestSndigkeit fflhrt. Hierfur haben wir aucb Ana-
logien im Verhalten der Toxine zu den Antitoxinen.
Zusammenfassung.
1) Verschiedene Typhusstfimme binden nach dem Erhitzen
auf 100° Agglutinine quantitativ annShernd in gleicher Weise
wie unerhitzt, und zwar in der Mehrzahl der Ffille gleich gut,
in anderen etwas besser, in anderen etwas weniger. Wesent-
liche Unterschiede, wie sie Bessau zwischen den Typhus-
Btammen „GieBen“ und „Bock“ angegeben hat, konnteu wir
bei keinem der von uns untersuchten Stamnie, insbesondere
auch nicht bei den Originalstanimen „GieCen“ und „Bock“
feststellen.
2) An die Bakterien gebundene Agglutinine sind nach
unseren Untersuchuugen mit 14 verschiedenen Stamnien, dar-
unter 12 Typhusstdmmen, in Uebereinstimmung mit Fried-
berger und Pinczower sowie Kumagai und im Gegen-
satz zu Bessau, sofern die Bindung und Ver-
festigung eine vollstandige ist, hitzebestandig. Als
Ursache fur die Differenz wird eine ungenflgende Verfestigung
der Antigen-Antikorperverbindung bei den Versuchen Bes-
saus angenommen,
Nachtrag bei der Korrektur.
In einer soeben im Centralblatt f(ir Bakteriologie, Bd. 86,
Heft 3, erschienenen Arbeit kommt Spat zu einem mit Bessau
Obereinstimmendem und den Versuchen von Friedberger
und Pinczower, Kumagai sowie meinen eigenen entgegen-
stehenden Ergebnis. Er hat seine Versuche mit komplement-
bindenden AntikSrpern und Normalagglutininen angestellt.
BezQglich der Komplementbindungsversuche gilt zunachst das,
was Kumagai schon gegeniiber den bakteriolytischen Ver¬
suchen Bessaus betont hat, dafi namlich hier im Gegensatz
zu Agglutination neben der haptophoren Gruppe noch die
vielleicht empfindlichere zytophile interveniert. Allerdings
glaubt Spat durch seine Versuche auch die Thermolabilitat
der haptophoren Gruppe des komplementbindenden Anti-
kbrpers gezeigt zu haben.
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Zur Frage der Hitzebestandigkeit der gebundenen Antikfirper. 465
Wenn man die Versuchsprotokolle Spats durchsieht, so
fallt auf, daB er Imal, hOchstens 2mal bis zu Vj Stunde bei
37° sensibilisiert hat, und wenn er auch unter diesen Be-
dingungen einmal bei neuem Zusatz des Immunserums keine
weitere AntikSrperadsorption gesehen hat, so lassen sich doch
diese Versuche bezOglich der Dauer und des Grades der Ab-
sattigung nicht mit den unserigen vergleichen, wo bei der
bis zu lOmal wiederholten, langdauernden Adsorption sicher
eine ganz andere Beladung der Bakterien und Verfestigung
der AntikSrper eingetreten war als dort.
Bei den Agglutinationsversuchen hat Spat ilberhaupt nur
mit Norraalrinderserum anscheinend Imal (!) beladen. Hier
gelten also die gleichen Einwendungen, abgesehen davon, daB die
Spuren von normalen Antikbrpern, die so von den Bakterien
adsorbiert worden sind, nicht mit den Mengen von Immun-
agglutininen in unseren Bindungsversuchen verglichen werden
kbnnen. Im Ubrigen sind wir durchaus in Uebereinstimmung
mit Spat der Meinung, daB „die bei Normalantikbrpern nach-
gewiesenen Verhaitnisse nicht ohne weiteres auch auf die
Immunantikorper tlbertragen werden diirfen“.
Diese Versuche Spats kSnnen also mit den unserigen
nicht verglichen werden und scheinen mir als Beweismaterial
fflr das vorliegende Problem nicht verwendbar.
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
466
Walter Bieber
Digitized by
Nachdruck verboUn.
[Aus dem Hygienischen Institut der Universitat Marburg
(Direktor: Geh.-Rat Bonhoff)].
Experimcntelles znr DIphthcrIeprophylaxe.
Von Walter Bieber.
(Eingegangen bei der Bedaktion am 17. April 1921.)
Im Jahre 1912 publizierte Petruschky eine Arbeit, die
den Xitel trSgt: „Erfolgreiche Versuche zur Entkeimung von
Diphtheriebazillentragern.“ Er berichtet dort von 7 Fallen
hartnackiger Diphtheriekeimtrager, die er mit abgetoteten Di-
phtheriebazillen, und zwar in der Hauptsache mit dem eigenen
Stamm, also Autovakzinen, subkutan und perkutan (1 Fall)
behandelt hat. Selbstverstandlich wfire das Gelingen einer
aktivenimmunisierung gegen dieBazillen selbst
von groBter Bedeutung fur die ganze Diphtherieprophylaxe,
nicht nur weil durch die Entkeimung von Bazillentragern
Quellen filr Infektionen beseitigt wflrden, sondern auch weil
dann auf demselben Wege eine erfolgreiche Schutzimpfung
gesunder Individuen moglich wSre, wie Petruschky selbst
im 2. Teil seiner Arbeit hervorhebt. Ich unterzog mich der
Aufgabe, die MSglichkeit der Diphtherieimmunisierung nach
Petruschky experimeniell nachzuprufen, weil mir die ftir
Arzt und Patienten bequeme „Einreibungsmethode“ geeignet
scheint, schnell popular zu werden, und damit gegebenenfalls
filr die Durchfflhrung einer Diphtherieprophylaxe viele Hemm-
nisse fallen wiirden. Auf Veranlassung und nach Angabe
Petruschkys haben die Behringwerke ein Linimentum anti-
diphthericum hergestellt, das sowohl aus Diphtheriebazillen
wie aus Strepto- und Staphylokokken besteht, die bei hoher
Temperatur abgetotet sind. Dem giltigen Einverstandnis von
Herrn Professor Petruschky verdanke ich die Ueberlassung
einer Probe des Impfstoffs filr meine Versuche.
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Experimentelles zur Diphtherieprophylaxe.
467
Als Versuchstiere wShlte ich Meerschweinchen. Nach der
Behandlungsart teilte ich sie in 8 Serien zu 3 Tieren,
Serie I: Behandliing iiber 2 Monnte mit langsam steigenden Mengen
(von0,05—0,5ccm)Linimeiitum antidiphthericum Petruschky durchEinreiben
in die rasierte Bauchhant. Wahrend der ganzen Zeit der Behandlung
zeigten sich keinerlei Reaktionserscheinungen an der Haut. Die Tiere
blieben munter und nahmen an Gewicht zii.
Serie II: Behandlung lOraal in 18 Tagen (0,05—0,2 ccm) wie bei
Serie I.
Serie 111: Behandlubg lOmal in 18 Tagen mit steigenden Doscn
(0,05—0,2 ccm) eines Liniments, das ich aus im Vakuum getrockneten Di-
phtheriebazillen, Glyzerin und etwas Alkohol herstellte. Die Bazillen waren
nicht vollig abgetdtet, sondern nur in ihrem Wachstum stark gehemmt:
auf Loff lersches Serum gebrachtes Material zeigte erst nach zweitagigem
Verweilen im Brutschrank spiirliches Wachstum; an der enthaarten Haut
der Tiere waren keine Veranderungen infolge der Behandlung fest-
zustellen.
Serie IV: Behandlung in 20 Tagen mit 9 subkutanen Injektionen
einer Emulsion von vakuumtrockenen Diphtheriebazillen in Kochsalzlosung.
Anfangsdosis: 0,32 g Diphtheriebazillen-Trockensubstanz/lOO Millionen
Kochsalzlosung; Enddosis: 0,5 g Diphtheriebazillen-Trockensubstanz/l(X)000
Kochsalzlosung. Auch hier konnten keine Schadigungen im Verlaufe der
Implzeit gesehen werden; es kam auch nicht zur Infiltratbildung an den
Injektionsstellen. Herabgesetzte Wachstumsfahigkeit des Impfmaterials
war wie vorher festgestellt.
Serie V: Der Bodensatz von einer 8 Tage gut gewachsenen, urn-
geschiittelten Diphtheriebouillonkultur wurde mit der gleichen Menge Gly¬
zerin und etwas Alkohol gemischt, im Vakuum bei Zimniertemperatur auf
etwa die Hiilfte des Volumens eingeengt, davon steigende Mengen von
0,05—0,2 ccm in 19 Tagen 8mal den Meerschweinchen in die rasierte Bauch-
haut eingerieben. Auf Lofflersches Serum gebracht, erwies sich der
Impfstoff als steril, was wohl auf die langere Einwirkung des Glyzerin-
alkohols zuruckzufuhren ist. Nach der Einreibung von 0,1 ccm trat eine
Rdtung der eingeriebenen Hautstelle auf, die nach einigen Tagen wieder
verschwand.
Serie VI: Behandlung perkutan mit Diphtheriegift, das mit der
gleichen Menge physiologischer Kochsalzlosung und der doppelten Menge
Glyzerin verdunnt wurde. 1 ccm des Liniments enthielt also 0,25 ccm
Diphtheriegift. Davon wurden zunachst 0,02 ccm eingerieben. Am
nachsten Tage Entziindung, dann Nekrose und Verschorfung; der ganze
ProzeB dauerte bis zur Abheilung etwa 10 Tage. Die Impfung wurde im
ganzen 3mal vorgenommen, zuletzt mit 0,1 ccm. Die Erscheinungen waren
jedesmal ungef&hr dieselben. 30 Tage nach Beginn der Behandlung bekam
ein Tier eine diphtherische Lahmung, an der es einging.
Digitized by Gougle
Originaifrom
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
468
Walter Bieber,
Digitized by
Serie VII: Gegen Diphtheriegift aktiv immunisierte Meerschweinchen
mit 5 Antitoxineinheiten in 1 ccra Serum. Auf die Vorbehandhing dieser
Tiere werde ich spiiter zuruckkommen.
Serie VIII: Nicht vorbehandelte Kontrolltiere.
10 Tage nach cler letzten Behandlung wurden die Tiere
mit der todlichen Menge Diphtheriebazillen infiziert. Zur In-
fektion wahlte ich einen frisch von einer Rachendiphtherie
reingeziichteten Stamm, von dem 0,05 Platinose in 2 Tagen
todlich wirkte, was ich durch Vorversuche genau ermittelt
hatte. Ich schwemmte 1 Platindse einer 24 Stunden auf
Lofflerschem Serum gewachsenen Kultur in 20 ccm Koch-
salzldsung auf, zerteilte die Bazillen gleichinaBig durch Schfltteln
und gab dann davon 1 ccm jedem Meerschweinchen (aus-
genommen Serie VII) subkutan. Serie VII erhielt gleichzeitig
die 10-fach todliche Dosis = 0,5 Platinose Diphtheriebazillen-
kultur in 1 ccm KochsalzlSsung. Am Tage nach der Infektion
hatten alle Tiere bis auf die Serie VII ein deutlich fiihlbares
Infiltrat an der Injektionsstelle. Die giftimmunen Tiere
(Serie VII) zeigten keine Veriinderungen. Am 2. Tage (inner-
halb 48 Stunden) waren der Infektion erlegen: die unvor-
behandelten Kontrolltiere (Serie VIII) und die mit dem Lini-
mentum antidiphthericum Petruschky vorbehandelten Meer¬
schweinchen (Serie I und II). Bei der Sektion wiesen alle die
Zeichen des akuten Diphtherietodes auf: braunrote Verfarbung
der Nebennieren, Transsudat in der Brusthohle. Subkutan star-
kes Infiltrat, das fast fiber die ganze Bauchgegend reichte. Der
Refund war bei alien Tieren gleich. Audi darin stimmte er
vfillig fiberein, daB im infiltrierten Gewebe und in der Um-
gebung massenhaft Diphtheriebazillen nachgewiesen werden
konnten. Etwa 66 Stunden nach der Infektion waren die
Tiere aus den Serien V und VI gestorben. Der Sektions-
befund war derselbe wie bei den'zuerst eingegangenen. In
den folgenden Tagen war bei den Tieren aus Serie III und IV
eine Gewichtsabnahme zu verzeichnen. 6 Tage nach der In¬
fektion, teilweise etwas frfiher, gingen auch diese Tiere ein.
Bei der Sektion sah man unter der Bauchhaut eine fiber die
ganze BauchfiSche ausgedehnte fidematose Entzfindung mit
reichlichem Diphtheriebazillenfund. Die Zeichen des akuten
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
ExperimentcIleH zur Diphtherieprophylaxe.
469
Diphtherielocles waren nicht so ausgesprochen wie bei den
frQher sezierten Tieren. Das Transsudat in der Brusthohle
fohlte, die Nebennieren waren kaum gerbtet. Wahrend alle
diese Versuchstiere der Infektion bereits erlegen waren, blieben
die Meerschweinchen aus Serie VII unverandert inunter. Nun-
inehr gab ich einem Meerschweinchen davon die 100-fach t6d-
liche Dosis Diphtheriebazillenkultur = 5 PlatinQsen in 1 ccra
Kochsalzlosung (wieder vom LSfflerserum). Am Tage darauf
ein winziges Infiltrat an der Injektionsstelle, das nach 2 Tagen
nicht mehr filhlbar war. Das Tier blieb weiter gesund und
hat bis heute keine Erscheinungen von Kranksein gezeigt. Es
ist also auch mit dieser Bazillenmasse gut fertig geworden.
Ziehen wir nun das Fazit aus unseren Versuchen,
Was das Linimentuin antidiphthericum Pe-
truschky angeht, so haben die Versuche leider
keinen Anhaltspunkt daftir ergeben, daB seine
Anwendung die Diphtheriecrkrankung verhUten,
ja auch nur ihren Verlauf mildern konnte. Der
Tierorganismus erscheint durch die Vorbehandlung gegeiiiiber
der Diphtherie v611ig unbeeinfluBt; denn die vorbehandelten
Versuchstiere verhielten sich absolut so wie die unvorbehan-
delten Kontrollen, auch in bezug auf den Bazillenfund, nach-
dem sie der Infektion erlegen waren. Das Vorhandensein
bakterizider Stoffe, deren Bildung doch beabsiclitigt war, hatte
sich im Verlauf der Infektion irgendwie beinerkbar inachen
intissen. Es ist auch unwahrscheinlich, daB eine weiter niodi-
fizierte Behandlung an dem Endresultat etwas geSndert hatte,
DemgemaB kSnnen wir auch kaum hoffen, eine Entkeimung
von Bazillentragern auf die von Petruschky angegebene
Weise zu erreichen. Die Mitteilungen von Petruschky
selbst enthalten nichts absolut Beweisendes, da die Kontrollen
fehlen. Die betreffenden Patienten sind flberdies trotz der
Behandlung zum Teil erst nach recht langer Zeit ihre Bazillen
losgeworden, was wohl ebenso ohne Behandlung hatte eintreten
kSnnen. NeiBer und Gins prflften das Petruschkysche
Verfahren an klinischem Material nach. Sie vakzinierten
30 Diphtheriepatienten mit abgetSteten Bazillen und konnten
dabei kein auffallend schnelleres Verschwinden der Bazillen
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
470
Walter Bieber,
Digitized by
beobachten, als bei den nicbt vakzinierten. So konnen wir
das Problem der Diphtlierieentkeimung und aktiven Inimuni-
sierung durch die antidiphtberischen Linimente Petruschkys
leider als nicbt gelost anseben.
Der von den Kontrollen verscbiedene, langsaraere Verlauf
der Infektion bei den Tieren in den Serien III und IV be-
recbtigt uns nicbt zu der Hoffnung, daB scblieBlicb auf diesem
Wege docb nocb etwas zu macben wSre. GewiB ist auch bier
die Vorbebandlung mit Bazillen erfolgt. Jedocb entbiclt der
Impfstoff lebende, wenn aucb abgescbwacbte Keime, die
ini Tierkorper Toxine bildeten, welcbewiederum
zur Bildung von Antitoxinen fuhrten. Diese gelang
es mir aucb tatsacblicb vor der Infektion ini Blutserum nacb-
zuweisen, und zwar fand icb in 1 ccni etwa Vsoo Antitoxin-
einbeiten.
Nocb in anderer Hinsicbt war mir diese Feststellung be-
merkenswert. v. Bebring bezeicbnete Individuen mit Vioo*
bis ‘/ 20 -facb normalem Blute als geniigend gegen Dipbtberie
gescbiitzt, „Es kommt freilicb bier und da vor, daB aucb bei
einem Gebalt von mebr als V 20 Antitoxineinbeit in 1 ccm Blut
eine durcb das Dipbtberievirus bedingte Erkrankung der Hals-
organe beobacbtet wird ; diese bat dann aber durcbaus lokalen
Cbarakter und verlSuft abortiv obne Anzeicben der Mitbetei*
ligung innerer Organe am dipbtberiscben ProzeB, was so zu
erklaren ist, daB nur solche Teile der Halsorgane, die vom
Blutkreislauf niebr oder weniger vollstandig ausgescbaltet sind,
des Diphtberiescbutzes entbebren.“ Wir saben, daB bei den
Tieren mit Vsoo Aiititoxineinbeiten in 1 ccm Blutserum die
Infektion zwar einen langsameren Verlauf nabm, daB sie
scblieBlicb aber dock zum Tode fiibrte. Andererseits konnten
wir feststellen, daB ein Tier mit einem Antitoxingebalt von
5 Einheiten in 1 ccm (Serie VII) die 100 facb todlicbe Dosis
vertrug, und nur ein schnell voriibergebendes, minimales In-
filtrat an der Injektionsstelle entstand. Recbnet man auf die
einfacb todlicbe Dosis Bazillenkultur uni, so wiirde V20 Anti-
toxineinheit danacli ibre schadlicbe Wirkung aufheben konnen.
Es ist sehr gut nioglich, daB ein Antitoxintiter von Vioo Ein¬
heiten ini Kubikzentimeter Blut im allgemeinen die Lebens-
Google
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Experiraentelles zur Diphtherieprophylaxe.
471
gefahr beseitigt, als sicher inochte ich nacli diesen Versuchen
annehmen, daU Vxo'fach normales Blut vor ernsterer Erkran-
kuug auch bei schwerer Infektion schiitzt, so daB auch bier
V. Behrings Annahme eine gewisse Bestatigung fande, zu
der er selbst auf Grund von Erfahrungen gekonimen war,
die man in der Praxis bei der passiven Imniunisierung
niit dem vom Pferde staramenden Diphtherieheilserum ge-
inacht hat.
Nun war von Interesse filr niich, zu erinitteln, ob urul wie
weit eineaktivelintnunisierung auf perkutanem Wege nibglich ist.
VVir wissen, daB die Ilaut gegenUber deni Diplitherievirus relativ
unenipfindlich ist, Lawon und Reinhardt fanden in weiter
Umgebung von diphtherischen Wunden die Haut niit Di-
phtheriebazillen behaftet, ohne Veranderungen aufzuweisen.
Dagegen gelingt es, wie schon Kolle und SchloBberger
u. a. nachgewiesen haben, durch Einreiben virulenter Bazillen
lu die rasierte Bauchhaut von Meerschweinchen bestimmte
pathologische Veranderungen an ihr hervorzurufen. Hetsch
und SchloBberger inachen niit Recht darauf aufmerksani,
daB genau derselbe KrankheitsprozeB auch durch Einreiben
von bakterienfreiem Dijilitheriegift erzeugt wird. Dasselbe
konnte ich'beobachten. Glciche Versuclie niit toten Bazillen
und niit dem nach der Lustigschen Methode aus den Di-
phtheriebazillen gewonnenen Nukleojiroteid, das nach v. Groer
undKassowitz bei der Seinekschen Probe die haufig auf-
Iretende paradoxo Reaktion ausloseii soil, haben negative Re-
sultate gefbrdert und dainit weiterhin bewieseii, daB nur das
Diphtherietoxin allein die Ursache der Ilautveranderuiig sein
kann. Ich untersuchte ferner, welche Giftineiigen erforderlich
sind, um bei perkutaner Applikation deutliche Reaktionen an
der Haut zu erzielen, und kani zu sehr hohen Zahlen. Wahrend
intrakutan init ganz geringen Giftmengen (0,5 M) eine deul-
liche Reaktion (Rotuiig und Infiltrat) erhalten wird, ist bei
subkutaner Injektion 8nial so viel Gift erforderlich, uni ein
fflhlbares Infiltrat an der Iinpfstelle zu erzeugen; bei per¬
kutaner Verimpfung inuBte ich ein viel nielir als lU(.X)mal
starkeres Gift wahlen, uin eine Entzundung der Haut zu ver-
ursachen, eine Menge also, die die tbdliche Dosis bei sub-
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
472
Walter Bieber
Digitized by
kutaner Injektion weit iibersteigt. Demnach bildet die Haut
einen kraftigen Schutzwall des Kdrpers gegen die Diphtherie-
vergiftung. Ganz nahe dein Reaktionswert liegt jedoch der
Todwert. Das ist auch verstandlich: denn, ist einmal die
schiitzende Epitheldecke zerstbrt, so kann das Gift unge-
heramter in den Organismus eindringen. Behandelt man Meer-
schweinchen mit der reaktionserzeugenden Menge Diphtherie-
toxin perkutan, wie es bei den Tieren in den Serien V und VI
geschehen ist, so tritt keine nennenswerte Antitoxinbildung
ein. Das beweist das Schicksal der Tiere nach der Infektion
mit der tddlichen Dosis Bazillenkultur; es gelang mir auch
nicht, Antitoxin im Blutserum der Tiere nachzuweisen. Hier
scheint es sich urn einen der natiirlichen Diphtherieerkrankung
verwandten ProzeB zu handeln, nach der der Organismus auch
antitoxinfrei gefunden wird. Anders verhalten sich bei gleicher
Behandlung bereits subkutan Oder intrakutan vorimmunisierte
Tiere. .S Tieren (Serie VIII) mit gut Vso Antitoxineinheit in
1 ccm Serum rieb ich die fQr unvorbehandelte Tiere reaktions-
erzeugende Menge Toxin in die Haut. Wohl kam es zu einer
Epithelschilferung; die Entziindung blieb jedoch aus. Nach
mehrmaliger Wiederholung der Impfung mit steigenden Dosen
untersuchte ich von neuem das Blut auf seinen Antitoxingehalt.
Es war 5-fach normal! Die Tiere erhielten dann die 10-fach
bzw. lOO-fach todliche Menge Diphtheriebazillenkultur. 4 Wochen
nach dieser Infektion wiederholte ich die Serumpriifung und
konnte ein weiteres Steigen des Antitoxintiters nachweisen.
Hier sehen wir das Merkwurdige und fiir die Praxis tiberaus
Wichtige, daB eine Infektion, die dem nicht immunen
Organismus schadlich und gefahrlich ist, einem
immunisiertenindividuum geradezu zumVorteil
g ere ich t. In der Praxis konnte ich Beobachtungen machen,
die auf einen gleichen Vorgang schlieBen lassen. Bei einigen
Personen, die im Jahre 1913 mit dem v. Behringschen „TA“
geimpft worden waren, fand ich noch nach iiber 6 Jahren einen
sehr hohen Antitoxintiter (1 Antitoxineinheit und mehr in 1 ccm
Serum I Gerade diese Personen waren besonders stark der
MSglichkeit einer Infektion mit dem diphtherischen Virus aus-
gesetzt; es handelte sich um Krankenhauspersonal und um
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Experimentelles zur Diphtherieprophylaxe.
473
Individuen, in deren Familien in der Zwischenzeit Diphtherie-
erkrankungen vorgekommen waren.
Es blieb niir noch zu untersuchen, wie sich die intakte
Haut frischer Meerschweinchen schwachen Giften gegenuber
verhait. 1st sie absolut undurchlassig? Fiir die menschliche
Schleimhaut kann man dieTe Frage verneinen. Denn wie
kommt sonst das Antitoxin in das Blut gesunder Dipbtherie-
bazillentrager, das mehrfach nachgewiesen wurde (v. Behring,
Otto u. a.)? Ebenso fanden Hoffmann, Bieber und
Dietrich das unverletzte Granulationsgewebe von Wund-
dipbtberiebazillentragern fiir das Diphtherietoxin durchlSssig.
Um die Frage der Durchlassigkeit normaler Haut zu erklaren,
verimpfte ich perkutan sehr verdtinntes Gift in allmahlich
steigenden Dosen Meerschweinchen in die Bauchhaut. Selbst
nach langer Behandlungszeit waren nur Spuren Antitoxin in
ihrem Blute. Einer subkutanen Impfung mit der todlichen
Toxindosis erlagen sie. Das spricht dafflr, daB durch die nor-
male Haut nur verschwiudend geringe Giftmengen resorbiert
werden. Demnach ist die perkutane Applikation zur Vor-
immunisierung ungeeignet.
Sollten die Versuche mit perkutaner Nachbehandlung vor-
immunisierter Meerschweinchen, auf den Menschen iibertragen^
zu gleich guten Resultaten fiihren, was noch zu untersuchen
bleibt, so ware eine Dauerimmunitat diphtheriegefahrdeter
Kinder unschwer zu erreichen.
Zusammenfassung.
1) Auf Grund tierexperimenteller Untersuchungen mit
dem von Petruschky angegebenen Linimentum anti-
diphthericum kann dieses zur prophylaktischen Vorbehand-
lung gegen Diphtherieerkrankung und zur Entkeimung
von Diphtheriebazillentragern nicht als geeignet angesehen
werden.
2) Yao Diphtherie-Antitoxineinheiten in 1 ccm Blutserum
schiitzen im Tierexperiment vor tbdlicher Erkrankung an
Diphtherie.
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
474 I* Petruachky, Bemerkung zu der Arbeit Dr. Biebers.
Digitized by
3) Wahrend die reaktionserzeugende Dosis von Diphtherie-
toxin bei intrakutaner Impfung 0,5 + M, bei subkutaner 8mal
inelir betragt, ist bei perkutaner Applikalion ein viel niehr
als lOOOmal starkeres Gift erforderlicli, un» die erste Reaktion
zu erreichen.
4) Werden intrakutan odef subkutan vorimmunisierte
Meerschweinchen mit starken (perkutan reaktionserzeugenden)
Giften perkutan nachbehandelt, so erreicht man ein schnelles
Steigen des Antitoxintiters im Blut.
Nachdruck verboten.
Bemerkung zu der iiiir frcuiidlichst zugestellten Korrektur
der Arbeit Dr. Biebers.
Von I. Petruachky.
(Eingegangen bei der Redaktion am 25. Juli 1921.)
So interessant die berichteten Versuche Biebers an sich
auch sind, scheinen mir dock Tierversuche fiir die Be-
urteilung von Schutzbehandlung des Menschen nicht ausschlag-
gebend zu sein. Nainentlich weil die natiirliche lufektion des
Mensclien init wenigen Keinien auf die Schleimhautoberflache
(Diphtlierie) durchaus nicht vergleiclibar ist mit der Ein-
spritzung einer todlichen Dosis toxinhaltiger Bazillen.
Die Schutzbehandlungsversuche iniilUen an einer grofien
Anzahl von Menschen angestellt werden in ahniicher Weise,
wie die Schutzbehandlungsversuche Dietriclis mit Ruhr-
vakzin und Ruhrliniment (Med. Klinik, 1919, No. 35), welche
sehr groBe Ausschlage zugunsten der Schutzbehandelten gaben.
Z. B. konnte zurzeit einer Diphtherieepidemie in den Klassen
einer ganzen Schule ein Teil der Schuler der — als unschad-
lich erwiesenen — Einreibung mit Diphtherieliniment unter-
Google
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
EL Putter, Zur Technik der Herzpiinktion beini Meerschweinchen. 475
zogen werden, die anderen (nanientlich diejenigen, deren Eltern
den Versuch ablehnen) ohue Schutzbehandlung bleiben. Es
wQrde dann die Zahl der vorkoramenden Diphtherieerkran-
kungen und TodesfSlle bei beiden Gruppen zu zahlen sein.
Auch die Entkeimung von Keimtragern mit Vakzin aus
Bazillenemulsion dilrfte weiterer Versuche wert sein, nanient-
lich bei Dauerkeiintragern. Es ist ja mbglicb, dad der per-
kutane Weg der Schutzbehandlung bei Diphtherie weiiiger
geeignet ist als bei Ruhr und Kokkeninfektion, aber die vor-
liegenden Versuche sind meines Erachtens nicht ausreiclieiid,
dies filr den Menschen zu beweisen.
Saclidruck I'erbvttn.
[Aus dem Hygiene-Insiitut der Univeisitat Gieifswalcj
(Direktor: Prof. Dr. E. Fr i ed b e r g e r).]
Zur Tcchiiik der Herzpuiiktioii helm Meersclnveiiieljen.
Von Dr. E. Putter,
Assistcnt iim Institiit.
Mit 1 Abbildung im Te.xt.
(E^ingcgangen bei der Redaktioii am 2. Mai 11121.)
Die Koinplementgewinnung beim Meerschweinchen geschah
vor dem Kriege wohl allgemein durch die vollige Entblutung
der Tiere aus der Carotis oder der Femoralis (M o r g e n r o t h)
Rechuet man, wie iiblich, V 25 <les Kdrpergewichts als Hochst-
menge des zu gewiunenden Serums, so entspricht das je iiach
GroBe der Tiere 10—12 ccm Komplement. Bei einem Markt-
preis von 1,50—2,00 M. fiir das dOO g-Tier stellte sich also
der Kubikzentimeter auf 15 Pf. Heute kosten Meerschweinchen
von 300 g 15—20 M. Der Kubikzentimeter Komplement be¬
ll Morgenroth, Ges. Arb. zur Iram.-Forsch., Berlin 1904.
Zftitsfhr. f. imniaiilMt«kl(ir9chan^. Onir. Hd. 3X, 32
Digitize^ by Google
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
476
K. Putter
Digitized by
rechnet sich demnach auf 1,50—2,00 M., also das 10-fache des
Friedenspreises.
Bei dem beschrankten Etat der Universitatsinstitute lieB
sich diese Tierverschwendung natiirlich nicht mehr durchfiibren.
Es ergab sich deshalb von selbst, daft man nach Mittein suchte,
den Komplementbedarf auf rationellere Art zu decken.
Von alien Methoden hat sich die Herzpunktion mit Recht
am nieisten eingebilrgert. Die Blutentnahme aus der Carotis
bietet keinen wesentlichen Vorteil gegeniiber der volligen Ent-
blutung. Abgesehen davon, dafi das Verfahren iinmerhin etwas
uinstandlich ist und ziemlich viel Zeit erfordert, iSBt es sich
doch am selben Tier nur einige Male durchftihren, wobei man
dem Meerschweinchen jedesmal 5 ccm Blut unbeschadet ent-
nehmen kann, namentlich wenn durch subkufane Kochsalz-
injektionen der Fliissigkeitsverlust sofort ersetzt wird. Ist die
eine Carotis nicht mehr verwendbar, so muB man zur volligen
Entblutung schreiten, da die Tiere eine beiderseitige Unter-
bindung der Halsschlagader in manchen Fallen nicht vertragen.
Demgegenuber bedeutet dieZahnsche Sangpumpe^), die
spSter vonReich'^) in etwas abgeiinderter Form erneut emp-
fohlen vvurde, zweifellos einen Fortschritt auf dem Wege der
Komplementgewinnung. Immerhin hat sie manche Nachteile.
Bei vielen Tieren gelingt es infolge schwacher Venenausbildung
am Ohr nur bei starkerem Saugen groBere. Mengen Blut zu
gewinnen. Saugt man aber kraftig, so lassen sich Schadigungen
des Gleichgewichtsapparates und oft genug auch ernstere Ver-
letzungen des inneren Ohres nicht vermeiden. Die Tiere zeigen
nach der Prozedur einen ausgesprochenen Nystagmus, Kriim-
mung des Kdrpers, Kopfnicken, Rollbewegungen, Krarapfe und
andere Gleichgewichtsstorungen, die sich zwar im wesentlichen
in den nachsten Tagen zurtlckbilden, gar nicht selten aber auch
persistieren und schlieBlich zum Tode fiihren. Der Tierverlust
ist also bei dieser Methode keineswegs unbedeutend. Zudem
dauern die notwendigen vorbereitenden Handgriffe unddieEnt-
nabme selltst doch eine betrachtliche Zeit, die in Instituten mit
1) A. Z;ihii, Miuich. med. Wocheuschr., 1‘J12, No. 16, p. 861.
2) F. Reich, Deutsche med. Wochensehr., 1917, No. 4, p. 111.
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAI6N
Zur Technik der Herzpiinktioii beini Metrbchweinchen. 477
groBein Koniplementbedarf bei dem Mangel an geschultem
Hilfspersonal nur schwer aufzubringen sein wird. Die Geduld
wird auf eine harte Probe gestellt, die sie oft genug nicht be-
steht, so daB man schlieBlich doch zuin Messer greift, urn
durch die Entblutung des Tieres die notwendige Serummenge
zu gewinnen.
Also bleibt nur die Herzpunktion iiber, die sich bis vor
dem Kriege nur wenig eingebiirgert hatte, wenn es sich darum
handelte, Komplement zu gewinnen, die vielmehr nur zum
Zweck der Injektion in die Blutbahn durchgeftihrt wurde.
Franzosische Autoren haben sie viel geflbt‘)'^) ®). In Deutsch¬
land hat sie hauptsachlich Morgenroth^)®) eingefiihrt.
Die Herzpunktion hat der Zahnschen Methode gegen-
flber zweifellos eine Reihe von Vorteilen. Erstens laBt sie
sich mit einem Minimalaufwand an Zeit durchfiihren. Gelingt
sie gut, so ist sie fiir die Tiere vollig gefahrlos und keines-
wegs angreifend. Die Meerschweinchen konnen immer wieder,
sofern man ihnen zwischen den einzelnen Punktionen genflgend
Erholungszeit gonnt und die entnommene Blutmenge jedes-
mal durch Kochsalzlosung ersetzt, zur Blutentnahme heran-
gezogen werden, ohne daB das Komplement etwa in seiner
komplettierenden Kraft oder Deviabilitat beeintrachtigt wird.
Aber auch die Herzpunktion hat ihre Schattenseiten. Sie
erfordert sicherlich mehr Geschick und Uebung von seiten des
Operateurs als die Zahnsche Methode. In der Hand des
Geiibten wird sie dann aber gewiB in den meisten Fallen zum
Ziele Kihren und der Tierverlust sich auf ein Minimum redu-
zieren lassen.
Allerdings ist er bei der bisher geiibten Technik nicht
vollig auszuschalten, so daB das eine oder andere Tier doch
durch intraperikardiale oder intrapleurale Blutung ad exitum
kommen kann. Auch ist es bei dem beschrankten Diener-
1) Ray band et Hawthorn, Compt. rend, de la Soc. de Biol.,
1903, T. 55,'p. 815.
2) Camus, ibid. p. 825.
3) Nicolle et Ducloiix, ibid. p. 904.
4) Morgenroth, Zeitschr. f. Hyg. n. Inf., Bd. 48, 1904, p. 195.
5) Morgenroth, Berl. klin. Wochenschr., 1904, No. 20.
32*
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
478
E. Putter,
Digitized by
personal nicht unwesentlich, daB man zur Durchfuhrung der
Herzpunktion einen oder zwei Heifer notwendig hat. Iin
allgemeinen wird das Tier von zwei Gehilfen gehalten, wie es
z. B. BauingUrteP) machen laUt. Aber auch init einein ge-
wandten Diener wird man auskommen konnen (Morgen-
roth). Belanglos erscheint es mir, ob das Tier auf einem
Brett fixiert wird, ob man es auf dem Scholl halten laBt,
ob man es in senkrechter Lage, in Riicken- oder Seiten-
haltung punktiert, ob man mehr von vorne neben dem Sternum
nach der Morgen rot hschen Vorschrift, oder mehr seitlich,
etwa in der Medioklavikularlinie eingeht. Das ist Sache der
Uebung und Gewohnheit.
Ich mochte dagegen auf eine Kleinigkeit aufmerksam
machen, die, so unbedeutend sie auch auf den ersten Blick
zu sein scheint, doch auBerst wichtig ist fiir die ungestorte
Durchfiihrung der Herzpunktion, und durch deren Beachtung
allein man die meisten Tierverluste vermeiden kann.
Ueberall werden wohl die Rekordkaniilen verwandt. Zu
enge Hohlnadeln eignen sich nicht, da das Blut nur schwer durch
das feine Lumen hindurchtritt und man infolgedessen auBerst
langsam aspirieren muB. Die weiteren Kaniilen aber, wie sie
gewohnlich gebraucht werden (ungefahr 1 mm Durchmesser),
haben einen groBen Nachteil. Sie besitzen eine sehr lang aus-
gezogene, schreibfederartig zugeschliffene Spitze (siehe Figur).
Man muB infolgedessen die Nadel sehr tief in das Herziumen
einfuhren, um die birnformige Miindungsflache der Kaniile
vollig in die Blutfliissigkeit zu versenken. Dabei besteht aber
die groBe Gefahr, die gegeniiberliegende Aorten- oder Pulmonal-
wand anzuritzen, was unfehlbar den Tod des Tieres durch
Selbsttamponade des Herzens zur Folge hat. Die LSnge des
schreibfederartig ausgezogenen Teiles der Rekordkanule betrligt
ungefahr 4 —5 mm. GroBer aber dilrfte der Durchmesser des
Ventrikels eines Meerschweiuchenherzens, zumal wiihrend der
S 3 'stole, nicht sein. Ritzt man mit der Nadelspitze die inter-
ventrikulare Septum wand, so wird das gewbhnlich ohne Belang
sein, da die Muskelbiindel des Septums die Oeffnung ver-
I) Ha 11 ni gii rt cl, C.Vntrulbl. f. Bakt., Bd. 85, 1920, Heft 4, p. 281.
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Zur Techfiik der Herzpiinktion beim Alecrschweinoheii. 479
schlieBen, schliinmstenfalls eine kleine Kommunikation zwischen
linkem und rechteni Herzen gescliaffen wird. Liegt jedoch die
Nadel zuffillig so, daB sie mit ihrer Spitze auf die Aorta oder
Pulmonalis weist, dann wird das GeiaB SuBerst leicht per-
foriert, was die Verblutung des Tieres in den Herzbeutel mit
Sicherheit nach sich zieht. TatsSchlich babe ich in alien Fallen,
in denen die Punktion verunglQckte und den Tod des Tieres
zur Folge hatte, stets eine derartige GefaBverletzung bei der
Sektion nacliweisen konnen.
Es ergibt sich also, daB die kauflichen Rekordkanillen
zur Herzpunktion ungeeignet sind. Man muB deshalb Hohl-
nadeln verwenden, bei denen der ganze schreibfederartige Teil
fehlt und nur eine ganz schwach ovale, beinahe kreisfSrmige
Milndungsflache besteht (siehe Figur)'). Eine kleine scharfe
Spitze niuB naturlich erhalten bleiben, damit man leichter die
Brustwand durchclringen kann und das Herz vor der Nadel
nicht ausweicht.
Bei Befolgung dieses kleinen KunstgrifTes wird man Tier-
verluste durch die Herzpunktion zu den seltensten Vorkomm-
nissen rechnen konnen.
Zum SchluB mag noch ein HandgrifT Erwahnung linden,
mit dessen Hilfe man die Punktion ohne jede Assistenz durch-
fflhren kann, ohne das Tier auf ein Operationsbrett aufspannen
zu miissen, ahnlich wie ihn Friedberger'^) fiir die intra-
peritoneale Injektion angegeben hat. Man legt das Meer-
schweinchen mit der Riickenseite auf den SchoB, die Hinter-
beine nach den Knien zu gerichtet, den Unterkorper bis zum
1) Diese Herzpunktionsnadein sitid zu beziehen von der Firms Paul
Altniann, Berlin NW., LuisenstraBe 47.
2) Friedberger, Centralbl. f. Bakt.. Bd. 39, 1905, Heft 6, p. 718.
f
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Digitized by
480 Putter, Zur Technik dcr Herzpunktion beita Meergchweinchcn.
Rippenbogen bringt man zwischen die Oberschenkel und fixiert
ihn in dieser Haltung durch leichten Druck der Beine. Mit
dem kleinen Finger der linken Hand h< man den linken, mit
dem der rechten Hand den rechten Vorderfufi kopfwarts zuriick.
Das Tier liegt in dieser Situation ganz ruhig. Mao behklt so
die flbrigen Finger beider Hande frei, um die Nadel einzu-
fiihren und die Blutentnahme anzuschlieBen.
Zusammenfassung.
Es wird eine neue Nadel zur Meerschweinchenherzpunktion
empfohlen, bei der tSdliche Verletzungen des Herzens vermieden
werden kbnnen.
Ffrimibannschp Buehdrut^kcrei (Heriuaan Pohle) la Jeua. ^ 4919
Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Zeitschrift [ LmnumitUrscliimg. Originale. fid. 32. No. B.
Naehdruck vtrboUn.
[Aud dem Institut zur ErforscLung der Infektionskrankheiten in Born
(Direktor: Prof. Dr. G. Sobernheim).]
Experimentelle Beltritgo zur Yakzinelmuiunitnt.
Von Dr. mod. Kunio Sato.
(Eingegangcn bei der Redaktion am lU. Marz 1921.)
InhaltBverzeichnis: I. Einleitung. — II. Versuchstechnik. Ver-
lauf der Irapfung. — III. Ergebnis der zweiten Impfung: 1) Schutzt die
kutane Infektion gegen die lolgende kutane Infektion? 2) Schutzt die
Korneainfektion gegen die folgendc Korneainfektion ? 3) Erzeugt punkt-
formige Impfung der Kornea totale Immunitiit dereelban? — IV. Beziehung
der Hornhaut zur allgemeinen Immunitiit: 1) Schutzt die kutane (aub-
kutane) Infektion gegen die folgende Korneainfektion? 2) Schiitzt die
Korneainfektion gegen die folgendc kutane Infektion? 3) Schutzt Infektion
einer Komea aucS die andere? — V. Serumveranderung durch die Vakzine-
impfung: 1) Ist die kutane Impfung mit spezilischer Serumveranderung
verbundien? 2) Ist die Korneainfektion mit spezifischer Serumveranderung
verbunden? 3) Wird die Serumveranderung durch wiederholte Impfung I
geateigert? Ist hierzu Reaktion erforderlich oder nicht? — VI. Zur Ver-
erbung der Vakzineimmunitat. - VII. Schlufifolgerungen; 1) Ueber die
Theone der Variolavakzineimmunitiit 2) Zur Wirkung der Revakzination.
— VIII. Zusammenfassung. — Literaturverzcichnis.
I. Einleitung.
Die Anschauungen tiber das Wesen der Vakzineimmunitat
haben manche Wandlung durchgemacht. Seitdem man auf
experimentellem Wege, vor allem mit Hilfe des Kaninchen-
experiments, der Frage nkher getreten ist, ist dieses auch
heute noch viele Ratsel bietende Phanomen doch wesentlich
geklart worden. Wahrend aber anfanglich der Vakzineimmunitat
rein histogener Charakter zugeschrieben und eine Antikdrper-
wirkung zum mindesten als unerheblich betrachtet wurde, hat
allmahlich die Antikorpertheorie der Vakzineimmunitat auf
Grund der seit einigen Jahren beigebrachten Befunde immer
mehr an Boden gewonnon. Namentlich war es die verraeint-
liche Sonderstellung der Kornea gewesen, welche der Lehre
von dem histogenen Charakter der Vakzineimmunitat eine
Sttitze lieh, sodann aber hatte man das regelmaiJige Auf-
ZeiUchr. f. Imruunltaifcforschung^. Orig. Bd, 32. 33
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
482
Kunio Sato,
treten spezifischer Antikorper in dem Serum vakzinierter
Menschen und Versuchstiere nicht sicher feststellen kSnnen.
Es haben sich indessen die Mitteilungen und Beweise geraehrt,
wonach von einer volligen Sonderstellung der Kornea hin-
sichtlich der Immunitatsverhaltnisse keine Rede mehr sein
kann, und auch der Nachweis virulizider Antikorper im Ge-
folge der Vakzineinfektion ist mit Hilfe verbesserter Unter-
suchungstechnik iminer regelmaBiger gegliickt.
Dennoch sind die Zusammenhange keineswegs schon vollig
klar und eindeutig. Ich babe es daber unternommen, micb
durcb eigene Experimente fiber die vorliegende Frage zu
unterricbten. Insbesondere erstrecken sicb die Versucbe auf
die Beziehungen zwiscben Haut- und KorneaimmunitSt, auf
das Verbalten der antivirulenten Serumstoflfe nacb Stfirke und
Dauer ibrer Wirksamkeit, auf Fragen der Vererbung, sowie
auf die Revakzination und ibren EinfluB auf den Antikorper-
gebalt des Blutes.
In dem vorstebenden Uebersicbtsplan sind die Frage-
stellungen im einzelnen wiedergegeben, die als Grundlage
der Versucbsanordnung dienten.
n. Verauchstechnik. Verlauf der Impfung.
Als Impfmaterial ffir diese Vakzinestudie stand immer
die virulente Glyzerinlympbe des scbweizeriscben Serum- und
Impfinstitutes zu meiner Verffigung.
1. Kutane Impfung.
Zu diesem Zwecke babe icb ausscblieBlicb Kaninchen be-
uutzt. Die Braucbbarkeit des Kanincbens zum Studium der
experimentellen Vakzine zu erortern, erflbrigt sicb, seitdem
durcb die Mitteilungen von Gailleton (1889), Bard und
Leclerc (1891) und spfiterbin durcb zablreicbe andere Unter-
sucbungen, besonders neuerdings durcb die umfangreicbe
Arbeit von Gins (1), diese Tatsache fiber jeden Zweifel
sichergestellt ist.
Hinsicbtlicb der Impftechnik empfablen Voigt (58) und
L. Pfeiffer (59), den Kaninchenrficken zu rasieren und
darauf direkt ohne Skarifikation die Lympbe einzureiben;
allerdings konne man nocli ein besseres Resultat erwarten.
Digitized by
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMRAI«4—
Experimentelle Beitrage zur Vakzineimmunitat.
483
wenii man die rasierte PMache mit Sandpapier abreibe. An-
statt des Rasierens werden neuerdings chemische Epilations-
inittel vielfach bevorzugt.
Bei meinen eigenen Versuchen wurden nur anfanglich
chemische Mittel gebraucht, spSter aber habe ich die Haut
immer rasiert, weil ich dieses Verfahren ebensogut und
weniger umstandlich gefunden habe. Zuerst wird dabei das
Haar beider Flankeii mdglichst kurz geschnitten und der
Impfbezirk griindlich eingeseitt. Die rasierte FlSche wird
dann samt der Umgebung mit warmem Wasser gut abge-
waschen und von der Seife befreit. Darauf folgt Alkohol-
betupfung. Vor der Impfung muB der Alkohol wieder voll-
standig verdunsten. Das Ritzen der Epidermis versuchte ich
mit einer Lanzette, wie sie fur die Vakzination benutzt wird,
und fand sie sehr zweckentsprechend, so daB ich mich danach
immer ausschlieBlich dieses Instrumentes bedient habe. Das
Ritzen geschieht in der Richtung der Korperachse, von vorn
nach hinten, in Parallelstrichen. Die Vakzinelymphe wird mit
einem sterilen Glasstab gut eingerieben und man wartet ab,
bis die geimpfte Flache trocken geworden ist, ehe man das
Tier vom Fixierbrett lost. Mit dieser Methode habe ich fast
immer befriedigende Resultate erzielt.
Die Konzentration der Lymphe wurde in den einzelnen
Versuchsreihen vielfach variiert. Teils gelangte unverdUnnte
Lymphe zur Verwendung, teils wurden Verdunnungen mit
physiologischer Kochsalzldsung hergestellt, im Verhaltnis von
1:10, 1:50, 1:100. Naheres findet sich in den entsprechendeu
Tabellen angegeben.
Der Verlauf ist dann der folgende:
Am Tage nach der Impfung treten die geritzten Haut-
striche deutlich hervor und es zeigt sich diffuse leichte Rotung.
Am 3. Tage erscheiueu die Impfstriche starker gerotet, wobei
sie auch gleichzeitig leistenartig anschwelleu. Gewohnlich er-
folgt die Pusteleruption am 4. Tage nach der Impfung auf
der Kuppe der Leisten, um in der Regel 2 Tage lang zu be-
stehen. Die Pusteln sind meistens klein und haben nur ge-
ringen Inhalt. Mit dem Riickgang der Rote geht Eintrocknung
und Borkenbildung Hand in Hand. Bereits nach wenigen
Tagen beginnen weiterhin die dicken, harten Borken abzu-
33*
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
484
KudIo Sato,
Digitized by
fallen, und etwa 2 Wochen nach der Irapfung tritt die ein
wenig schuppende Haut wieder zutage.
Nur ganz ausnahnisweise verlief die Reaktion nicht so
■vollkommen und typisch; es kam in solchen Fallen einfach
zu einer Papeleruption mit nachheriger Krustenbildung, oder
lediglich zur Krastenbildung. Diese Wirkung soil nach Voigt,
Sflpfle (4), Gins (1) etc. nicht nur von der schwachen
Virulenz der benutzten Lyniphe abhangen, soudern auch vom
Alter der Tiere. DaB es sich dabei tatsachlich um eine
spezifische Reaktion handelt, geht aus deiu Verlauf einer
2. Iinpfung hervor, die nach ineinen Beobachtungen genau
so negativ ausfSllt, wie bei stark und typisch reagierenden
Tieren (vgl. Tabelle I, No. 71). Aber, wie gesagt, diesen ab-
geschwSchten und unvollkommeneu Impfeffekt habe ich bei
erstmalig geimpften Kaninchen nur recht selten feststellen
kbnnen, iin ganzen unter zahlreichen Iinpfungen 2—3inal.
Bei der negativen Reaktion, wie wir sie beiiinmuui-
sierten Tieren beobachten, inacht sich hauptsachlich diffuse
Rdtung als einfache Wundreaktion bemerkbar, und eine lokale
Rotung an den Impfstricheu tritt hochstens andeutungsweise
auf. Weder Infiltration noch gar Pusteleruption niacheu sich
bemerkbar. Das Abfallen der geringen Kruste sowie die Ab-
nahme der Rotung erfolgen .schneller als bei der positiven
Reaktion.
Was die Korpertemperatur anbetrifft, so laBt sich, wie
Siipfle (4) schon beinerkt hat, daraus nichts Bestinmites
schlieBen. Ich habe eine Zeit lang regelmaBige Messungen
an geimpften Tieren ausgefiihrt, wobei ganz ungleichmaBige
Resultate erhalten wurden. Die Temperatur war zwar nieistens
erhoht, in einer Reihe von anderen Fallen aber wieder nicht,
und namentlich war die Temperaturerhohung oft nur gering.
Es wird vielfach angegeben, daB das Albino am ineisten
einpfanglich sei. Leider konnte ich nicht immer genilgend
Tiere dieser Art erhalten, so daB ich alle Kaninchen, welche
zur Verfiigung standen, welcher Farbe sie auch sein mochten,
zu Inipfzwecken verwendete. Wie Gins (1) hervorgehoben
hat, laBt sich an pigmentierten Hautstellen wegen des be-
sonders schnellen Haarwuchses das Resultat nur mangelhaft
beurteileii; daher habe ich solcho Stellcn immer vermieden.
Google
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Experimeiitclle Bcithige zur VakzineimmuDitiit.
485
2 . K 0 r n e a i m p f u n g.
Das Kaninchenauge wird zuerst durch Eintraufeln von
2-proz. KokainlOsung in den Konjunktivalsack unempfindlich
geniacht. Als Ritzinstrument taugt am besten die sterile spitze
Nadel, und zwar eine etwas dickere Spritzennadel, dagegen
ist eine Lanzette bier unzweckmUBig, weil man damit leicht
die Bindehaut und Nickhaut verletzen kann. An der Kornea
werden gitterformige Ritzungen vorgenommen und hierauf
mit der PlatinSse das Impfmaterial eingerieben. Manchmal
babe ich noch die Einreibung mit dem glatten abgerundeten
Ende eines Glasstabes folgen lassen, doch scheint es mir
flberflussig zu sein, weil ich keinen besonderen Erfolg davon
gesehen babe.
Die Symptome der spezifischen Keratitis sind ganz cha-
rakteristiscb und bei v. Wasielewski (60), Paschen (6),
V. Prowazek (10), und Gins(I) sehr eingehend und genau
beschrieben. Ich gebe die Beobachtungen der Autoren, die
sich mit meiuen eigenen Wahrnehmungen decken, im folgenden
kurz wieder.
Die Impfung mit einer stark virulenten Lymphe veriauft
unter stiirmischen Erscheinungen. Am 2. Tage erscheinen an
den Impfstrichen kleine kugelige Vorwblbungen, welche durch
Epithelwucherung bedingt sind und perlschnurartig hinter-
einandergereiht stehen. Schon bemerkt man eine leichte peri-
korneale Injeklion. Am 3. oder 4. Tage werden die inzwischen
noch gewachsenen Epithelverdickungen abgestoBen und es
kommt zur Geschwiirsbildung, welche mit Korneatrtibung
einhergeht. Dazu hat sich noch eine Konjunktivitis gesellt.
Diese Geschwiirsbildung und Triibung schreitet immer fort,
so daB die Geschwilre sehr ausgedehnt werden und die ganze
Hornhaut infolge der starken Triibung diffus milchig-weiB
aussieht. Dabei wird die Konjunktivitis auch iutensiv und
verursacht Starke Hyperamie und Anschwellung, starke fibrinos-
eiterige Sekretion und oft Ektropium der Lider. Diese hef-
tigen Symptome dauern bis zum 8. oder 9. Tage, urn dann
allmahlich abzuklingen und in 3—4 VVochen in Heilung tiber-
zugehen,
Wenn man eine weniger virulente oder eine verdiinnte
Lymphe zur Impfung beniitzt, was bei der vorliegenden Arbeit
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
486
Kunio Sato,
Digitized by
meistens der Fall war, so verzogert sich das Eintreten der
obengenannten Veranderungen. Ich habe in der Regel beob-
achtet, daU die Kornea am 3. oder 4. Tage, eventuell iioch
spater, je nach der Virulenz bzw. der Verdiinnung, bier und
da fazettiert aussieht und im weiteren Verlauf in Geschwiirs-
bildung verfallt. Alle anderen Symptome verlaufen hierbei
milder. Auf Guarnierische Korperchen habe ich bei ver-
schiedenen Tieren in Schnitt- und Ausstrichpraparaten unter-
sucht und ihr regelmafiiges Vorkommen bei positiven Impf-
effekten festgestellt.
Ferner hatte ich Gelegenheit, in gleicher Weise auch
Augen von Meerschweinchen zu impfen. Dabei zeigte
es sich, daB immer die ganze Kornea triib wurde und Unter-
schiede der Reaktionsstarke kaum bemerkt werden konnten,
woran wahrscheinlich die Kleinheit der Kornea und vielleicht
auch die starkere Empfindlichkeit die Schuld trug. So habe
ich Meerschweinchen zu Untersuchungszwecken ungeeignet
gefunden und mich nur auf cine eiiizige Versuchsreihe (Tab. V)
beschrankt.
Fflr die Korneaimpfungen wurde in der Regel verdiinute
Lyuiphe (1: 10, 1:50, 1 :100) verwendet, nur ausnahmsweise
eine starkere Konzentration.
3. Der virulizide Versuch,
In einer groBeren Zahl von Fallen wurde die virulizide
Kraft des Serums gegeniiber dem verwendeten Virus gepriift.
Bezflglich der Beschreibung dieses V'erfahrens verweise ich,
urn Wiederholungen zu vermeiden, auf das Kapitel V, wo sich
die Einzelheiten der Technik, im Zusammenhang mit der bis-
herigen Literatur, angegeben finden.
III. Ergebnis der zweiten Impfung.
Wird ein Kaninchen einmal in die Haut oder in das Auge
goimpft, so wird das betreffende Organ, also die gesamte Haut-
decke oder das Auge, nach etwa einer Woche immun und
reagiert auf die 2. Impfung nicht mehr, Diese Tatsache steht
heutzutage fest und ist keiner weiteren Erbrterung mehr be-
diirftig. Da ich aber im Laufe meiner Untersuchungen viel-
fach ebenfalls Gelegenheit hatte, ihr die einwandfreie Bestkti-
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Ekperiraentelle Beitriige zur Vakzineimmunitat.
487
guDg zu geben, so mochte ich hier die diesbeztiglichen Er-
gebnisse kurz erwahnen.
1. Schiitzt kutane Infektion gegen die folgende
kutane Infektion? (Tabelle I.)
Frtiher gab es in bezug auf diese Frage zwar auch wider-
sprechende Befunde, doch kam man bald zu einem flberein-
stimmenden Resultat, so daB sie nun schon lange als in posi-
tivem Sinne entschieden angesehen werden kann.
Zur 2. Impfung babe ich anfangs absichtlich die bei der
1. Impfung verschonten Stellen gewkhlt. Da ich mich jedoch
bald iiberzeugte, daB das Resultat der 2. Impfung regelmBBig
negativ ausfiel, ganz unabhSngig von der Impfstelle, so
babe ich spSter auf diese Verhkltnisse keine Riicksicht mehr
genommen. Die Erstimpfung erfolgte bei alien Tieren mit
Tabelle I.
Priifung auf Hautimmunitat nach kutaner Impfung.
•o a 1
4) 1
1
_rt
1. Impfung 1
2. Impfung
So
• .5 1
ill
Farbe
O
o
Datum
Impf- 1
material
Grofie
der Impf !
fliiche
Reak-
tion
Datum
1
Intervall
der 1. u. 2.
Impfung
Impf-
material
1
C
o
9S
4>
X
1
weifi,
1385
9.
VII. 1919
unver-
ca. 56qcra|
Pustel-
14.
X. 1919
96 Tagej
1: 3 ver-'
schwarz
1
diinnte
bildung
diinnte
gefleckt
Qlyzerin-
i
Glyzerin-
bt'
c
1
lymphe
lymphe
s
2
braun
1995'
dgl.
dgl.
dgl.
16.
y«
yy
98
yy
dgl.
5
silbergrau 1267
30.
X. „
.1 49 „ 1
yy
23.
I. 1920
84
yy
unver-
u
3
1
1
diinnte
a
1
Glyzerin-
c
1
lymphe
o
6
weifi,
1277'
dgl.
,. 91 „ 1
1 yy
1 4.
II.
yy
96
yy
dgl.
a
Schwarz
1
, V
gefleckt
1
s.
15
braun
2286
»>
„ 91 „
»>
!
dgl.
96
»y
yy
1 ^
i
weifi,
Schwarz
gefleckt
2565
25.
III. 1920
i)) II
1
Papel-
eruption
i 1.
XI.
yy
220
yy
yy
! ■
72
dgl.
,2560
dgl.
65 „
Pustel-
30.
X.
yy
218
yy
V
1 ^
1
bildung
QD
101
schwarz
2362
28.
VI. „
y)
„ 50 „
dgl.
3.
VIII.
yy
35
yy
yy
^ P-1
102
braun
2574
8.
VII. „
yy
>1 50 „
yt
dgl.
25
yy
y»
1
. .s
107
schwarz
2175
22.
VII. „
yy
„ 60 „
yy
12.
VIII.
yy
20
yy
1
1 V
1 w
108
silbergrau
2613
dgl.
yy
60 „
yy
3.
yy
yy
11
yy
1 y*
1
109
;2708
»y
,, 60 „
1 yy
dgl.
11
i yy
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
488
EuDio Sato,
Digitized by
unverdiinnter Lymphe, auch fflr die Nachimpfung wurde,
mit Ausnahme von 2 Fallen, in denen ich eine Verdflnnung
(1:3) wahlte, die konzentrierte Lymphe verwendet. Zu jedein
Versuche wurde mindestens 1 Kontrolltier mitheran-
gezogen.
Das Ergebnis (vgl. Tabelle I) ist klar und eindeutig. Die
vorbehandelten Kaninchen, die saratlich auf die 1. Infektion
mit spezifischen Erscheinungen reagiert batten, verhielten
sich bei der Nachimpfung vOllig refraktar. Dabei
betrug der Zeitraum zwischen beiden Impfungen zum Teil
mehr als 3 Monate, bei 2 Tieren sogar 218 bzw. 220 Tage.
Es kann hinzugefQgt warden, daB ein Kaninchen (No. 5) nach
einem weiteren Intervall von 282 Tagen einer 3. Impfung
mit unverdiinnter Lymphe unterworfen wurde, wobei abermals
jede Reaktion ausblieb (vgl. Tabelle X). Ganz gleich ging es
mit einem anderen Tier (No. 15), welches 154 Tage nach der
2. Impfung eine 3. Impfung (unverdQnnte Lymphe) ebenfalls
mit negativem Ergebnis erhielt.
So sieht man, daB bei Kaninchen die durch Vakzination
erworbene Hautimmunitat 7 Monate und langer erhalten
bleiben kann und selbst durch die vollvirulente Lymphe nicht
gebrochen wird.
Der Termin des Eintretens der Immunitat wird gewbhn-
lich auf 7—9 Tage nach der Impfung angegeben. Bei zwei
Fallen, wobei ich am 12. Tage die Nachimpfung ausfflhrte,
erhielt ich ein vollkommen negatives Resultat, so daB ich mich
von der bereits eingetretenen Immunitat iiberzeugen konnte.
Schon bier sei darauf hingewiesen, daB auch die sub-
kutane Impfung eine Hautimmunitat hervorzurufen vermag.
3 Kaninchen, welche 0,75 ccm Lymphe in 5 subkutanen In-
jektionen erhalten batten, reagierten auf die spatere kutane
Infektion mit unverdtinnter Lymphe v611ig negativ (vgl.Tab. IV).
2. Schtitzt dieKorneainfektiongegendiefolgende
Korneainfektion?
Die einmal mit Vakzine geimpfte Kornea wird, ganz gleich
der Kdrperhaut, immun und verhait sich gegen die zweite
Impfung refraktar. Diese Tatsache gilt ebenfalls schon seit
langem als erhartet. Deshalb iibergehe ich die nahere Be-
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
ik.-No.
Experimentclle Beitrfige zur Vakzineimmunitfit.
489
Tabelle II.
Priifung auf Korneaimmunitiit nach kornealer Impfung.
■s
k
1. Impfung
2. Impfung
Da¬
tum
ge- '
impfte
Kornea
i
Impf material'
1
Reaktion
Da¬
tum
Interrall
der 1. u. 2.
Impfung
Impfmaterial
Reaktion
8. VII.
r.
'/oo Lymphe
!<chr Btarke
Keratitis
6. XII.
150 Tage
!■/.
1
Lymphe
negativ
II
1.
?I
maSige Ke¬
ratitis
30. X.
i 113
1
II
1
1
■'10
•1
1. leiohte Ke¬
ratitis
r. starke Ke¬
ratitis
»
1
r.
1
1
1
1
Starke Ke¬
ratitis
II
1
113
1
II
1
1 10
II
1
r. leichte Ke¬
ratitis
1. starke Ke¬
ratitis
15. X.
! 1.
•I
sehr Starke
Keratitis
7. I.
83
I>
1
V.
»I
1
1. negativ
r. starke Ke¬
ratitis
i ”
r. u. 1.
I>
starke Ke¬
ratitis
II
83
II
!
V.
1
” 1
r. u.l. negativ
•>
1.
11
sehr starke
Keratitis
II 1
83
II
V.
II
1. negativ
r. starke Ke¬
ratitis
25. XI.
1
r. u. 1.
11
i
r. schwache
Keratitis
I. miiQigeKe-
1 ratitis
6. IV.
132
i
II
1
Vso
i
•> i
r. schwache
Keratitis
1. negativ
|2. UI.
r. u. I.
II
starke Ke¬
ratitis
30. VII
149
1
II
7.0
II
r. u.l. negativ
1
511267
I
6 1277:
12
13
1415:
schreibung der Versuche und verweise nur auf die Tabelle II.
Es geht daraus hervor, dad die erste Impfung, stets mit einer
Lymphverdflnnung Vso vorgenommen, in alien Fallen eine
deutliche, meist starke Reaktion zur Folge hatte. Demgegen-
flber fiel die Nachimpfung, 83-150 Tage spater, mit un-
verdiinnter oder verdiinnter (1:10, 1:50) Lymphe entweder
ganzlich negativ aus oder gab nur einen abgeschwachten Impf-
efiFekt in Form leichter Keratitis. In dem letzteren Falle war
also die Immunitat keine vollkommene und absolute, und es
verdient betont zu werden, dafi diese Erscheinung (No. 5, 6, 25)
weder durch die Lange des Intervalls zwischen erster und
zweiter Impfung noch durch die Virusdosis bei der Nach¬
impfung erkiart werden kann. Die anderen Tiere, die zum
Teil wesentlich spater (No. 4, 58) oder mit stark konzentrierter
Lymphe (No. 4, 11, 12, 13) der Kontrollirapfung unterworfen
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
490
Kunio Sato,
Digitized by
wurden, blieben glatt, und eigentiimlicherweise betraf eine —
wenn auch milde — Reaktion nur Falle, in denen starker
verdflnnte Lymphe (1:10. 1:50) verwendet worden war. Auch
der Grad der prirnSren Impfreaktion scheint nicht allein ent-
scheidend zu sein, denn eines der auf die Nachimpfung leicht
reagierenden Tiere (No. 6) hatte im AnschluB an die erste
Infektion gerade eine starke Keratitis bekommen. Gins ver-
tritt die Ansicht, daB eine schwache Iinmunitat durch sehr
virulente Lymphe gebrochen werden konne. Inwieweit das
fiir unseren Fall zutrifft, bleibe zundchst dahingestellt. Diese
Verhaitnisse sollen bei Untersuchung der Beziehungen der
Kornea- zur allgeraeinen Immnnitat spSter erbrtert werden.
Jedenfalls ist das eine richtig und bei alien diesen Versuchen
zu beriicksichtigen, daB der Virulenzgrad und die Virulenz-
unterschiede der verwendeten Lymphen einen nicht leicht
zu bestimmenden EinfluB ausiiben. Wir haben trotzdem von
einer besonderen Virulenzpriifung unserer Lymphe im Einzel-
fall abgesehen.
3. Erzeugt punktfSrmige Impfung an der Kornea
totale Immunitat derselben?
V. Prowazek (10), welcher die histogene Theorie der
Vakzineimmunitat begriindet hat, behauptete seinerzeit, daB
die Immunitat der Kaninchenkornea rein lokal und histogen
sei und daB sogar die entfernteren, von der ersten immuni-
sierenden Reaktion nicht betroffenen Stellen der gleichen
Kornea in einzelnen Fallen auf die Einbringung des Vakzine-
virus reagieren. Man muB bei dieser auffallenden Angabe
die quantitativen Verhaitnisse der Immunitat im Auge be-
halten und an die Mdglichkeit denken, daB, wenn die erzeugte
Immunitat nur schwach ist, sie unter Umstanden durch eine
zweite Impfung niit hochvirulenter Lymphe gebrochen werden
und eine leicht positive Reaktion eintreten lassen kann. Solche
Beobachtungen habe ich bei anderen Versuchen sehr haufig
gemacht und deswegen mich veranlaBt gesehen, die Angabe
von v. Prowazek einer Nachpriifung zu unterziehen.
Die erste Impfung wurde ungefahr in der Mitte zwischen
dem Korneazentrum und dern unteren bzw. oberen Kornea-
rand in Kreuzform von 1 mm Lange vorgenommen. Nach
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Ex peri men telle Beitrage zur Vakzineimmunitat.
491
Tabelle III.
Priifung auf Totalimmunitiit der Kornea nach punkt-
formiger kornealer Impfung.
4' 1
1. Impfung
2. Impfung
ll 1 1 Sm frapfetelle
Impfmaterial
Reaktion
Da-
Inipfstelle Impfmal^rial
Reaktion
741502 14.IV. r.u. hunt.
Partie
761973 dgl.
77 1820 „ r. ii. I. ob.
Partie
^ 'Uo Lymphe
>1
r. u. 1. kleincs Ge-
schwiir, leichte,
i lokaleTriibung,
1 leicht. Injektion
dgl.
1.
r. nicht ange-
gangen
27. V,r.u. I. ob.
Partie
1
,, dgl.
„ r.u. hunt.
1 Partie
Vso Lymphe
ff
r. u. 1. negativ
dgl.
1. negativ
r.Geachwiir.Tru-
buug, niaQige
konjunktivale
Injektion
(leni Verschwinden der akuten Erscheinungen wurde die
zweite Impfung zwischen dem oberen bzw. unteren Kornea-
rand und dem Korneazentrum ausgefiihrt.
Die Resultate der Nach impfung an 5 An gen
(vgl. Tab. Ill) sind sSmtlich negativ ausgefallen, so
dad man annehmen muB, dad auch durch eiiien sehr kleinen
Impfeffekt die Immunisierung der ganzen Kornea erfolgt und
solche Falle, wie sie v. P r o w a z e k beschrieb, wohl sehr seltene
Vorkommnisse sein diirften.
rv. Beziehung der Homhaut zur allgemeinen Immunitat.
Die Sonderstellung der Kornea bei der Vakzineimmunitat
der Kaninchen ist von vielen Autoren hervorgehoben und als
eine sehr interessante, der Vakzine eigenartige biologische Er-
scheinung angesprochen worden. Es wurde zuerst 1903 von
Paschen (6) experimentell festgestellt, dad kutan geimpfte
Kaninchen fur eine nachtragliche Korneaimpfung empffinglich
bleiben und dad auch umgekehrt durch die Impfung einer
Kornea weder eine Immunitat der Haul noch eine solche der
anderen Kornea erzielt werden kann. Weiter gelang es Kraus
und Volk (8) 1906 zu zeigen, dad die Kornea der Kaninchen
weder durch subkutane noch durch intraperitoneale, auch nicht
durch intravenose Injektion immun wird. Eigenartig verhalt
sich nach ihren Untersuchungen die Aflfenkornea, deren Immuni-
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
492
Kunio Sato,
Digitized by
sierung zwar (lurch siibkutano lujektion, nicht aber durch
Hautimpfung nianchmal gelingt.
V. Prowazek (10) fand, daB das Kammerwasser vakzi-
nierter Kaninchen auf aktive Lymphe nicht virulizid wirkt,
und so war auch er der Ansicht, daB die allgemeine Immunitat
nicht auf die Kornea iibergeht. Ferner konstatierte er, daS
man ein Kaninchen, dem das eine Auge mit Erfolg geiinpft
wurde, kutan oder korneal (am anderen Auge) in positivera
Sinne vakzinieren kann, wahrend nach der Impfung des einen
Ohres nach 15 Tagen das andere Ohr nicht mehr infizierbar
ist. Stipfle (14) 1909 sprach sich ebenfalls auf Grund seiuer
Experimente entschieden fiir diese Sonderstellung der Kaninchen-
kornea aus. Somit schien die von Paschen begriindete An-
schauung zunSchst durchaus zu Recht zu bestehen und (lurch
die Nachprilfungen iibereinstimmend bestatigt zu sein.
Im Gegensatz zu den bisher genannten Autoren vertrat
nun aber 1910 Gruter (12) den Standpunkt, daB auch die
Kaninchenkornea an der allgemeinen Vakzineimmunitfti Anted
nimrat. Er immunisierte Kaninchen durch mehrmalige sub-
kutane oder intravenbse Injektionen bzw. durch ausgedehnte
kutane Impfung. Zur Korneaimpfung benutzte er dann stark
(1:1000) verdQnnte Lymphe und wies den wesentlichen Unter-
schied des klinischen Verlaufes zwischen den immunisierten
Tieren und Kontrollen nach, so daB er auf eine partielle
Korneaimmunitat schlieBen konnte. Silpfle und Eisner (5)
schlossen sich teilweise dieser Meinung an, behaupteten aber,
durch die gewohnliche, regelrechte Kutaninfektion komnie
keine Korneaimmunitat zustande. Hingegen hatte B 61 i n (55)
beobachtet, daB nach ausgiebiger Hautimpfung eine Immunitat
der Hornhaut eintrat. v. Prowazek (11) immunisierte
zwecks Nachprufung dieser Frage Kaninchen auf subkutanem,
intraperitonealem und intravenosem Wege durch einmalige
Infektion. Nach Feststellung der allgemeinen Immunitat
(Hautimmunitat) iinpfte er, nach dem Intervall von hochstens
7 Wochen, mit der unverdunnten Lymphe die Kornea. und
fand jedesmal eine starke Reaktion mit Auftreten von
Guarnierischen Korperchen. Bei den bereits einmal mit
dem virulenten Material geimpften Augen konnte er diese
Korperchen bei Nachimpfung nicht mehr finden. v. Prowazek
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAI6N
Experimentellc Beitragc ziir Vakzineimmunitiit. 493
bestreitet deingemafi nach wie vor einen Zusammeiiliang
zwischen Haut- und KorneaiinmunitSt.
Gins (1) fand 1916 auf Grund umfangreicher Unter-
suchungen, daB die Imraunitat der Hornhaut spater als die-
jenige der Haut auftritt und abhSngig ist von der Menge der
Antikorper im Organismus. Auf diese Tatsache Riicksicht
nehmend, konnte er das Zustandekominen der Korneaiinniunitat
nach der Kutanimpfung oder der intravenosen Injektion und
uingekehrt die der Hautimniunitat nach der virulenten Kornea-
impfung nachweisen.
Wir seheu also, daB die neueren Forschungsergebnisse
uns zwingen, die fruheren Anschauungen einer Revision zu
unterziehen, indem die Kornea inehr oder weniger an der
allgemeinen Iinmunitat beteiligt zu sein scheint. Iniinerhin
bedarf diese Frage entschieden noch weiterer experimenteller
Klarung, weil auch da, wo sich bei den Autoren prinzipielle
Uebereinstimmung findet, (Iber viele wichtige Einzelheiten die
Arigaben dock zum Teil weitgeheiid diiferieren.
Durch das Studium der einscbliigigen Arbeiten wird man
jedenfalls gewisser Versuchsbedingungen inne; diese sind:
1) moglichst kraftige Immunisieruug des Organismus, wie
alle Autoren es empfehlen;
2) inehr oder weniger starke Verdiinnung der Lymphe
fQr die folgende Korneaiinpfung, wie Gruter und
Siipfle und Eisner betonen, und
3) ein gewisser Zeitabstaud zwischen dem Immunisierungs-
verfahren und der Priifung der KorneaimmunitSt, wie
Gins zuerst fand.
Diese letzte Bedingung von Gins scheint die Hauptrolle
zu spielen; denn seine Resultate sind am meisten einheitlich,
obgleich er sich zur Korneaimpfung einer viel weniger ver-
diinnten Lymphe bedient hat.
1. Schutzt die kutane(subkutane)Infektiongegen
die folgende KorneainfektionV
Die Tabelle IV umfaBt diesbeziigliche Versuche an Ka-
ninchen. Fast alle Tiere habe ich mit kutan er Impfung auf
einer Fl&che von ca. 60 qcm immunisiert. Nur bei 3 Tieren
(No. 96, 97, 98) wurden s u bku tane Injektionen vorgenommen.
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
494
Kunio Sato
Tabelle IV.
Friifung auf KorneaimmuDitiit nach kutaner (subkutaner) Impfung.
o
ja I
Erstimpfung
^ ! (kutan)
Resultat
I'OJ} I
a g bc
« 3 0^1
N S
O’
N-2
jQ
NacMmpfung
(Kornea)
Resultat
Bemerkung
lil385 9. VII. 7i Gly-jPustelbildung
^ zerinlymphe [
2 1995 9. VII. dgl.
dgl.
96 T.I14. X. Gly-
152286-
I j
7i! 2565;25. III. dgl.
30. X. dgl.
4. II. dgl.
I Pustelbildung
keine Reaktion
98 „
2011
!l04/„
72 2560 25. lU. dgl.
73;2095 25. III. dgl.
j
101 2362 28. VI. dgl.
. I 3. VIII. dgl.
102;2574 8. VII. dgl.
! 3. vin. dgl.
107 2175 22. VII. dgl.
12. VIII. dgl.
108 2613 22. VII. dgl.
Pustelbildung i 62
Vll. dg
;. VIII. di
igl-
109 2708 22. VII. dgl.
I I 3. VIII. dgl.
110,2815 22. VII. dgl.
dgl.
dgl.
i Pustelbildung
j keine Reaktion
Pustelbildung
keine Reaktion
geringe Pustel¬
bildung
keine Reaktion
Pustelbildung
keine Reaktion
I Pustelbildung
I keine Reaktion
1 Pustelbildung
62 „
24 „
!1331 „
97^,
1231 „
I 97/.,
Starke Keratitis,
Verlauf kurz,
Haut nichts
Starke Keratitis,
Verlauf kurz,
Haut negativ
zerinlymphe in
r. Kornea, Haut
Vs Lymphe
16. X. V,o Gly-
zcrinlymphe in
r. Kornea, Vs
Ijrmphe in die
Haut
19. V. Vso Gly^-'keine Reaktion
zerinlymphe in|
r. Kornea |
27. V. Vjo Gly-deichte Keratitis,
zerinlymphe inj schnell geheilt
beide Kornea j
I,
27. V. dgl.
19. IV. dgl.
keine Reaktion
Imafiige Keratitis
9. XI. Hornhaut Kornea u. Haut
I 88 ) „
I
'l09\ „
97/ „
109) „
i 97/ „
ll09 „
r. Vso Lymphe,
1- V„„ „
Haut*/, „
9. XI. dgl.
9. XI. dgl.
9. XI. dgl.
9. XI. dgl.
jg. XI. dgl.
keine Reaktion
dgl.
vollige allgemeihe
Inimunitat, An-
deutungv. Horn-
hautimmunitiit
dgl.
Hornhautimmuni-
tiit
deutliche Horn-
hautimmumtat
Hornhautlmmuni-
tat
schwache Horn-
hautimmunitut
vollige allgemeine
Inimunitat und
Hornhautimmu-
nitiit
dgl.
Hornhaut vollige allgemeine
schwacheKera- Inimunitat, ma-
titis, Haut ne- 6ige Homhaut-
gativ immunitiit
Kornea u. Haut vollige allgemeine
keine Reaktion j Immunitat und
Hornhautimmu-
nitiit
dgl.
!dgl.
dgl.
dgl.
i 1 (subkutan)
96 2760^12. VI.-IO. VIII.
j im ganzen 0,75
I ccin Lymphe in
I 5 Injektionen
97 2615 dgl.
98 2335 dgl.
128 T.19. X. Hornhaut;beiderseits ma-
1 i r- '/bo Lymphe,{ flige Keratitis,
128
I 1- '/lOO
Haut Vi
19. X. dgl.
65 „ 17. Vlll. dgl.
Haut negativ
jr. negativ, 1. ma-
i fiige Keratitis,
j Haut negativ
r. Starke Kera-
I titis, 1. negativ,
I Haut negativ
vollige aUgemeiue
Immunitat,
schwache Horn-
hautimmunitat
dgl.
dgl.
Digitized by Gougle
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Experimentelle Beitrage zur VHkzineiramnnitat. 495
Auch intravenose Injektionen hatte ich versucht, leider aber
vertrugen alle diese Kaninchen (7) die kleine Menge Lymphe
von 0,2 ccm nicht und gingen meistens schon nach der ersten,
einige andere nach der zweiteu Injektion zugrunde, ausnahms-
los unter den Erscheinungen des Marasmus. So konnte ich
nicht unihin, auf die intravenose Iinmunisierung zu verzichten.
Bei der Nachimpfung, ob es sich uin die Hornhaut handelte
Oder urn die Haut, warden auch bei dieser Versuchsreihe
stets gleichzeitig Kontrollimpfungen an normalen Tieren aus-
gefhhrt, die samtlich stark positiv ausfielen. Im Anfang babe
ich fflr die Nachimpfung nur Vio verdiinnte Lymphe verwendet;
da aber dieses Virus vielleicht noch zu konzentriert war und
mit der Moglichkeit gerechnet werden muBte, dafi eine schwache
Immunitat durch zu Starke Lymphe gebrochen und ihre Er-
kennung dadurch erschwert wiirde, so habe ich spater die Ver-
diinnung bis V 50 und Vioo erhoht. Als Intervall zwischen der
Erst- und Nachimpfung habe ich nach Gins fast stets 2 Mo-
nate und mehr genommen. Bei einer Reihe von Tieren war
inzwischen noch eine zweite Kutanimpfung vorgenommen
worden, die durchweg vollig reaktionslos verlief, also das Be-
stehen einer ausgesprochenen Hautimmunitat bestatigt hatte.
AuBerdem wurde zu gleicher Zeit mit der Nachimpfung an
der Kornea in jedem Falle auch eine kutane Kontrollimpfung
ausgefflhrt. Da diese letztere bei samtlichen Tieren wirkungs-
los blieb, war damit der Beweis erbracht, daB die Tiere im
Augenblick der kornealeu Infektion eine starke Hautimmunitat
besaBen.
Hinsichtlich des V'erhaltens der Kornea bei der Nach¬
impfung lassen sich meine Ergebnisse in zwei Gruppen scheiden,
indem entweder jede Reaktion ausblieb Oder aber eine mehr
Oder weniger starke Keratitis auftrat. Im ganzen haben von
meinen kutan immunisierten Kaninchen 7 aufdiekorneale
Infektion gar nicht reagiert, die iibrigen 5 zeigten
spezifische Veriinderungen. Ueber die mit Keratitis verlaufenen
Falle seien hier noch einige Bemerkungen gemacht. In der
Regel stellte sich die Reaktion bei den vorbehandelten Tieren
spater als bei den Kontrolltieren ein und war weiterhin
meistens durch leichteren und schnelleren Verlauf gekenn-
zeichnet. Bei No. 1 und 2 hatte sich zwar eine ziemlich
heftige Keratitis entwickelt, aber ungeachtet dieser Intensitat
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
496
Kunio Siito,
Digitized by
der Erscheinungen heilte der ProzeB viel schneller ab als bei
den Kontrolltieren. Es geht daraus jedenfalls hervor, dafi
auch in den positiv reagierenden Fallen ein ge-
wisser Grad von Hornhautimniunitat vorhanden
war. Diese schwache Immunitat reichte nicht aus, um jede
Reaktion zu verhindern, hat aber unzweifelhaft den Verlauf
dor Infektion boeinfluBt und geinildert.
DaB der Grad der allgemeinen bzw. Hautimmunitat einen
entscheidenden EinfluB auf das Zustandekoniinen der Horn-
hautimmuuitat ausiibt, ist ja eigentlich von voriiherein anzu-
nehmen und scheint auch aus meinen Beobachtungen hervor-
zugehen. Kaninchen No. 107, 108, 109 und 110 wurden an
einem Tage unter gleichen Bedingungen kutan geinipft. Bei
der Reaktion war zu bemerken, daB No. 107 eine deutlich ge-
ringere Pusteleruption als die anderen drei bekoniinen hatte.
Eine nach einiger Zeit vorgenomniene zweite Kutanimpfung
hatte negatives Ergebnis. Nach etwa 4 Monaten wurden dann
alle 4 Tiere, wieder an einem Tage, unter ganz gleichen Be¬
dingungen an der Kornea geimpft. No. 107 bekam an beiden
Augen leichte Keratitis, wBhrend die 3 anderen keine Reaktion
zeigten. Die mangelhafte Pusteleruption bei No. 107 war also
ausreichend gewesen, um eine Hautimmunitat zu bewirken,
hatte aber fiir das Zustandekommen der Hornhautimmunitat
nicht ganz genugt. Durch die Nachimpfung trat der Unter-
schied des Immunitatsgrades gegeniiber den anderen Tieren
deutlich zutage.
Seinerzeit behaupteten SUpfle und Eisner (5), daB man
nur durch die intravenose oder subkutaiie Injektion, nicht aber
durch kutane Impfung die Hornhautimmunitat hervorrufen
konne. Diese Behauptung ist durch die Versuche von B61in
(55), Gins (1) und nun auch durch meine eigenen als nicht
zutreffeud erwiesen worden. Immerhin zeigt diese Verschieden-
heit im Ausfall der Versuche, wie schwierig sich die Horn-
hautiinmunitat auf allgemeinem Wege erzielen laBt.
Die Kaninchen No. 96, 97, 98 wurden durch subkutane
Injektionen mit im ganzen je 0,75 ccm Lymphe vorbehandelt.
Hinsichtlich der Technik sei bemeikt, daB die Injektionsstelle
vor der Einspritzung und nachher mit Alkohol grundlich ab-
gerieben wurde, um eine kutane Infektion zu vermeiden.
Google
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Experimentelle Beitrage zur VakzineimmuniUit.
497
Dieses Verfahren hat sich als ausreichend erwiesen, denn in
keineni einzigen Falle ist es bei den subkutan geimpften
Tieren zu Erscheinungen an der Haut (Pusteleruption usw.)
gekommen. Durch Nachimpfung der Haut konnte man die
vollige allgemeine ImmunitSt (Hautimmunitat) nachweisen, da-
gegen entwickelte sich an der Kornea bei alien 3 Tieren eine
leichte oder inailig starke Keratitis, in 2 Fallen freilich nur
an eineni Auge; das andere reagierte nicht. Unzweifelhaft
war also auch in diesen Versuchen eine gewisse Hornhaut-
immunitat nachweisbar. Ira Vergleich mit No. 101, 102, 108,
109, 110, welche durch kutane Impfung immunisiert worden
waren und auf Nachimpfung gar nicht reagiert hatten, be-
saU aber die Kornea der drei subkutan geimpften Kaninchen
Tabelle V.
(Meerschweinchenvereuch.)
Priifung auf Korneairamunitat nach subkutauer Impfung.
i j
- — -
• --- - _
•o
° 1
^ 1 t
1
Erstimpfung
(subkutan) |
Resultat
itabstan
zur Nai
ipfung ‘
Nach¬
impfung Resultat Bemerkung
(Kornea)
^ 1
1
1 ^ jO
l'
540
20. V.—10. VI.
im ganzen 0,45
Lymphe in 3 In-
jektionen
■—
11 T.
21. VI.
‘/,,o Lymphe
starke Kera¬
titis ’)
Kornea-
immunitat
nur an-
gedeutet
2
615
dgl.
—
11 „
dgl.
dgl.
dgl.
3
495
20. V.-9. VIII.
1,35 Lymphe in
6 Injektioncn
93 „
10. XL
‘ so Lymphe
>1
J’
4
595
10. VI.-9. VIII.
1,0 Ljrmphe in
5 Injektionen
93 „
dgl.
”
r
5
595
dgl.
—
93 „
»»
6
610
..
—
93 ,.
7
530
—
93 „
X
»»
8
580
—
93 „
tr
1) Der Zeitabstand
ist vom
AbsehluO der Vorbehandlung
an ge-
rechnet.
2) Bei Vereuch No. 1 und 2 war die Keratitis ix;im Kontrolltier etwas
stiirker und liinger anhaltend. Bei den anderen 6 Tieren waren die Pym-
ptome im Vergleich mit den Kontrolltieren (2 Kontrolltiere) deutlich leichter,
aber in bezug auf ihre Dauer konnte man fast gar keinen Untersehied
merken.
Zl'iUchr. f. lmniunitl>tslnr*ohun?. Orijt. lid. 32. 34
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
498
Kunio Sato,
Digitized by
(96—98) nur eine schwache Immunitfit. Diese Beobachtung
stebt mit der allgemeinen Erfahrung im Einklang, dafi sich die
regelrechte Hautimpfung, bei welcher das Antigen zu starkerer
Vermehrung gelangt, besser bewahrt als die subkutane Me-
thode. Selbstverstandlich ist, dafi die Gr5I5e der Impfflache
sowie die Zahl und Dosis der Injektionen auch von Bedeutung
Bind. In nieinem Falle hat sich gezeigt, dafi selbst die ein-
malige Impfung einer etwa 60 qcm groCen Hautflache zur Im-
munisierung der Kornea wirksamer ist, als die fiinfmalige sub¬
kutane Injektion einer im ganzen 0,75 ccm betragenden
Lymphmenge.
Ich habe zu dieser P'rage auch mit Meerschweinchen
Versuche angestellt, wie in Tabelle V gezeigt wird. Hier habe
ich mich ausschlieUlich der subkutanen Injektion bedient.
Bei der meist 3 Monate spater vorgenommenen Nachimpfung
konnte nur eine Andeutung von Hornhautimmunitat festgestellt
werden. Diese Versuchsreihe lallt sich vielleicht ebenfalls als
Beweis dafttr betrachten, daB bei der Vakzination die subkutane
Impfung keine Starke Wirkung entfaltet.
Aus alien diesen Versuchen geht hervor:
1 ) Die durch kutane Impfung erzeugte Im-
munitat erstreckt sich auch auf die Hornhaut.
2) Die Hornhautimmunitat ist in diesem Falle von
schwankender Starke. Sie kann so vollstandig sein,
daB die Hornhautimpfung vollig reaktionslos veriauft, auBert
sich in anderen Fallen aber nur darin, daB die Kornea auf
die Impfung in verzbgerter und abgeschwachter Form reagiert.
3) Der Grad der allgemeinen Immunitat (Haut-
immunitat) scheint fiir die Hornhautimmunitat von Bedeutung
zu sein.
4) Durch kutane Impfung laBt sich die Hornhautiramuni-
tat besser erzielen als durch subkutane.
2. Schiitzt die Korneainfektion gegen die kutane
Infektion?
Bei dieser Untersuchung muB man immer auf die Tatsache
Riicksicht nehmen, daB die Konjunktiva, welche ja bei Kera¬
titis stark entzundlich wird, gleichzeitig mitinfiziert werden
kann. So sind die Falle, wo an der Konjunktiva verdachtige
Google
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
_ UI^ANA:^H^Ai5li_ _ -
Experimentelle Beitrage zur Vakzineimmunitat.
499
Tabelle VI.
Prufung auf Hautimmunitat nach Kornenimpfung.
d i
!2;
1
GewicAt '
Erstimpfung
(Kornea)
Keaultat
T3 ja
C ^ tUL
c
a
5 si*!
Nach- '
impfung '
(Haut) j
Resultat
Bemerkung
5
1267
8. VII.
1. ‘/so Lymphe
miiQige Kera¬
titis
11.3 T.
30. X.
7, Lymphe
Pustel¬
bildung
keine allgcmeine
Immunitat
6
1277
8. VII.
r- Vso Lymphe
Starke Kera¬
titis
113 „
1 dgl.
dgl.
dgl.
24
1930,25. XI. r. u. 1.
1 Vso Lymphe
dgl.
70 ,.
4. 11. dgl.
1 negativ
vollige allgemeine
Immunitftt
58
1752
2. III. r. 11 .1.
‘/so Lymphe
dgl.
1
30. VII. dgl.
f*
dgl.
113
1638
7. IX.
r. '/so Lymphe
1
dgl.
' 77
'24. XI. r. FI.
',50 Lymphe,
1. Flanke
'/, Lymphe
r. F'lanke ue-
gativ,
1. Flanke
jBchwach pos.
deutliche allge¬
meine Immunitiit
Erscheinungen auftreten, natiirlich nicht beweiskraftig und
demnach auszuschlieUen. Meine eigenen Untersuchungen zu
dieser Frage sind nicht zahlreich, und die Resultate erscheinen
auf den ersten Blick untereinander nicht dbereinstimmend. Die
kutan nachgeinipften Tiere haben teils keine Spur von Reaktion
gezeigt, teils mit typischerPustelbildungreagiert. Und dochergibt
sich bei naherer Betrachtung ein einheitliches Verhalten. Wenn
man ins Auge fafit, dall eine schwache Immunitat (lurch Impfung
mit sehr stark virulenter Lyinphe unter Uinstanden gebrochen
werden kann, so konnte man die Pustelbildung bei No. 5
und 6 eben fiir einen solchen Fall halten, well die betreflfen-
den Tiere nur einseitig am Auge geimpft worden waren
und weil zur Nachimpfung unverdiiniite Lymphe verweiidet
wurde. In dieser Ilinsicht scheint mir das Verhalten des
Tieres No. 113 besonders lehrreicli, wenn man das Resultat
der Nachimpfung mit unverdiinnter Lymphe auf der einen und
mit Vso verdilnnter Lymphe auf der auderen Seite des Tieres
naher betrachtet. Hier ist die Impfreaktion bei dem gleichen
Tiere verschieden, je nach der fiir die Kutaninfektion ver-
wendeten Dosis: die rechte Flanke (Vso Lymphe) verhalt sich
vollig refraktiir, die linke Flanke (unverdiinnte Lymphe) zeigt
deutliche, wenn auch abgeschwachte Hautreaktion (Papel-
M*
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
500
K u n i 0 Sato,
Digitized by
bildung). Da, wo aber durch beiderseitige Korneaimpfung
und Keratitis von vornherein eine st^rkere Immunitat geschaffen
war, blieb, wie No. 24 und 58 lehren, die kutane Nachimpfung
selbst mit unverdiinnter Lymphe unwirksain.
Bei dieser Betrachtungsweise enthalten meine Unter-
suchungsergebnisse keine Widersprtiche. Man kann sie viel-
niehr als vollkommen einheitlich annehmen, indem sie die An-
sicht von Gins bestatigen, daU von der Kornea aus
auch eine allgemeine Immunitat entstehen kann.
Diese Immunitat ist stark ausgepragt, sobald eine beiderseitige
Keratitis vorangegangen ist, sie ist schwacher im AnschluB an
eine nur einseitige Keratitis.
3. Schiitzt Infektion einer Kornea auch die andere?
(Tabelle VII.)
Meine diesbeziiglichen Untersuchuiigen haben, wie die
Tabelle VII zeigt, eindeutig zu einem negativen Ergebnis
gefiihrt. Dieses Resultat ist auffallend. Wir hal)en soeben
gesehen, daB die allgemeine Immunitat auch von der Kornea
aus erzielt werden kann, und fernerhin gefunden, daB um-
gekehrt bei kutan immunisierten Tieren nach und nach eine
Korneaimmunitat zustande kommt. Von dieser Erfahrung aus
miiBte man schon erwarten, daB nach Impfung der einen
Kornea mit der Zeit auch die andere immuu werden konne.
M’irklich konnte Gins (1) diese Mdglichkeit experimentell er-
weisen. Wie ich schon friilier bemerkt babe, ist jedoch ein
hoher Immunitatsgrad notwendig, um bei allgemeiner Immuni¬
tat auch eine erkennbare Korneaimmunitat zustandekommen
zu lassen, und das gleiclie gilt fur die allgemeine Immunitat,
welchc von der geimpften Kornea aus ausgclbst wird. Somit
sind auch die Bedingungen fiir den Uebergang der Immunitat
von der einen Kornea auf die andere gewiB erschwcrt, und
man konnte sich fragen, ob in meinen Versuchen das vollige
Versagen der wechselseitigen Korneaimmunisieruiig uicht viel-
leicht aus quantitativen Verhaltnissen zu erklaren sei. Also:
Bestehen einer schwachen Immunitat, die durch Verw'endung
einer hochvirulenten Lymphe gebrochen und damit verdeckt
worden ist. Ich glaube nicht, daB eine solche Deutung ohue
weiteres berechtigt ist. Nur bei 2 Kaninchen (No. 5 und 6)
Google
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBi^AjCHAMP^GN
Experimentdle Beitriige zur Vakzineimmunitiit.
501
Tabelle VII.
Prufung auf Uebergang der Imraunitiit von einer Kornea auf die andere.
Prot.-No.
Gewicht
Erstimpfung
Resultat
-a js 1
=
-2 - a'
•5 ^.§
:
Nachimpfung
1
Resultat ;
i
i
Bemerkiiiig
5
1
1267
8. VII.
j L '/io Eyntiphe
miiOige
Kerutitia
ll.'lTg.
'30. X.
r. ' Lymphe
jr. Starke Kera-|
titis, 1. schwache
Keratitis f
Immunitat der r. Kor¬
nea nicht nachweis-
bar
6
1277
dgl.
1
1
Btarke
KenititiB
113 „
i
dgl.
’dgl.
dgl.
11
1902
15. X.
1 ‘ 60 Lymphe
sehr
Btjirke
Keratitis
83 „
7. I.
r. 7i Lymphe
1*
r. Starke Kera¬
titis, 1. negativ
13
1316
dgl.
dgl-
83 .,
dgl.
dgl.
»»
Junges
2
19. V.
r. V/jo Lymphe
Starke
Keratitis
1 VI „
.30. VII.
r. ' Lyrpphe
J* M V
r. negativ. 1. star-
ke Keratitis ,
Immunitat der 1. Kor¬
nea nicht naehweis-
bar
113
1638
7. IX.
r- ‘,50 Lymphe
1
dgl.
i
77 ,.
24. XI.
r- '/so Lymphe
1- V 'T
r. negativ 1
1. Starke Kera¬
titis !
dgl-
durch Hautimpfiing
deiitliche allgemeine
Immunitat nachge-
wiesen
kame dieser Gesichtspunkt in Frage, denn es sind das die
gleichen Tiere, die nach Impfung der Kornea auch keine deut-
liche allgemeine Hautimmunitat erworben batten (vgl. Tab, VI).
Ueberdies hatte eines von ihnen (No. 5) auf die erste Kornea-
irapfung nur relativ schwach reagiert und demgem&B nicht
einmal fUr diese Kornea sichere ImmunitSt erlangt. Sonst
aber finden wir in unseren Versuchen keinen bestimmten An-
haltspunkt fiir die obeu angedeutete Auffassung. Die Tiere
haben auf die erste Impfung mit starker oder sehr starker
Keratitis reagiert, die Zeit bis zur Nachimpfung betrug 71 bis
113 Tage, die Infektion der anderen Kornea erfolgte zwar teils
mit unverdiinnter, teils aber auch init stark verdiinnter (1:50)
Lyinplie, und die erstgeimpfte Kornea. die zur Kontrolle auch
bei der Nachimpfung immer wieder mitinfiziert wurde, erwies
sich stets als immun, selbst gegeniiber der konzentrierten
Lymphe. Im Hinblick auf die von anderer Seite veroffent-
lichten positiven Befunde (G i n s) laCt sich der Uebergang der
Immunitat von einer Kornea auf die andere niclit allgemein
in Abrede stellen, er erfolgt nach meinen Beobaclitungen aber,
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
502
Kunio Sato,
Digitized by
wenn iiberhaupt, nur auBerst selten und schwer, jedenfalls
wesentlich schwerer als der der HautimmunitSt auf die Kornea
und umgekehrt.
V. Serumveranderung durch die Vakzineimpfang.
Der Frage, ob der Organismus auf die Infektion mil
Vakzinelymphe oder Variolavirus mit der Bildung spezifischer
Antikorper reagiert, ist in vielfachen Untersuchungen und auf
verschiedene Weise nachgegangen worden.
Prazipitinreaktion wurde zuerst von Tanaka (14)
1903 bei Menschen konstatiert und danach auch von Freyer
(15), Casagrandi (16), Toniarkin und Sudrez (18) und
Torikata (66) u. a. bestStigt. Als Antigen wurde entweder
filtrierte oder nicht filtrierte Lymphe oder auch Lyraphextrakt
verwendet, v. Prowazek bezweifelte demgegentiber, daB es
sich bei den Beobachtungen uin spezifische PrSzipitation ge-
handelt babe, und v. Pirquets Versuche (19) fielen sogar
negativ aus. Die Resultate und Deutung der Untersuchungen
gehen also noch auseinander.
Ich habe auch diese Reaktion mit dem Serum kutan ge-
impfter Kaninchen versucht. Das Antigen bestand in einem
Auszug der frischen Kuhlymphe, der durch griindliches Ver-
reiben mit physiologischer Kochsalzldsung und folgende Fil¬
tration gewonnen wurde. Auch bei den stark virulizid wir-
kendep Seren konnte keine als positiv anzusehende Reaktion
beobachtet werden. Meine Resultate waren also durchweg
negativ.
Aehnlich liegen die Verhdltnisse bezuglich des Nachweises
von kom piemen f bin denden Stoffen. Job ling (20) er-
hieltl907 positive Komplenientbindungsreaktion mit dem Serum
vakzinierter Kalber. Dieses Resultat wurde von Casagrandi
(17), Dahm (22) (Variola), Sugai (24) (Variola und Vakzine)
und Beintker (26) (Variola und vakzinierte Kaninchen),
also bei verschiedenen Versuchsobjekten konstatiert. Dagegen
kamen Heller und Tom arkin (21) (vakzinierte KSlber),
Berm bach (23) (vakzinierte Menschen und Kaninchen) und
Moses (27) (Variola) zu uegativen Ergebnissen. Wkhrend
somit diese alteren Untersuchungen einander widersprechen.
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
JJRBANA-XBAMPAIGN
Experiraentelle Beitrage zur Vakzineimmunitat.
503
haben die neueren Arbeiten, namlich von Shiga und Kii (28)
(Variola und vakzinierte KSlber), Hallwachs (29) (lapini-
sierte Kaninchen), Kryloff (30) (Variola und Variolois),
Bizzarri und Palm as (67) (Variola), Tes si er und Gas tin el
(68) (Variola und Vakzine), Klein (70) (Variola), Konschegg
(71) (Variola) und Habetin (72) (Variola), ausgenommen
Arzt und Kerl (69) (Variola), alle die Frage einstimmig in
positivem Sinne beantwortet. Es scheint, als spiele die Ver-
suchstechnik, insbesondere die Wahl und Darstellung des ge-
eigneten Antigens, eine ausschlaggebende Rolle (vgl. Klein,
Konschegg und Habetin).
Von besonderem Interesse sind sodann die Untersuchungen
auf Stoffe, welche, analog den bakteriziden ImmunkSrpern, auf
das Virus abtStend wirken.
Daftir wurde zuerst die Methode der passiven Iramuni-
sierung angevvandt.
Die ersten Versuche in dieser Richtung fielen bei den
ineisten Autoren, namlich Chauveau (31), Raynaud (32),
Jan son (33), Cramer und Boyce (34), Landmann (35),
R e m b 0 1 d (36), B e u m e r und P e i p e r (37) etc. v6llig negativ
aus. Auch die positiven Resultate, fiber die Str au s, Chambon
und M6nard (38) 1890 berichteten, wurden von Jan son
mit dem Einwand angefochten, dad es sich dabei nicht urn
eine passive Immunisierung, sondern im Gegenteil urn aktive
Immunitat gehandelt habe.
Hlava und Honl (41) waren die ersten, welche 1895
im Blutserum eines wiederholt vakzinierten Kalbes eine gewisse
Schutzkraft nachweisen konnten. Nachst ihnen gelang es 1896
B6clfere, Chambon und M6nard (39), durch eine groBere
Versuchsreihe festzustelleu, daB das Blutserum ausgiebig ge-
impfter Kaiber mehr oder weniger immunisierende Eigen-
schaften besitzt. Immerhin war diese schfitzende Kraft des
Serums von sehr geringem Grade: eine Serummenge von
1:100 Gewicht genfigte kaum, um die weitere Entwicklung
einer soeben erfolgten Impfung mit Vakzine vollstandig zu
kupieren.
Ganz im Einklang mit diesen Ergebnissen fand auch
Zagari (42), daB sich im Blut von Pockenrekonvaleszenten
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
504
Kunio Bato,
Digitized by
Oder von Tieren, die mit Pockenraaterial mehrmals behandelt
waren, Antikorper bilden, jedoch in zu kleiner Menge, um
irgendeine therapeutische Wirkung auslbsen zu konnen.
Wahrend T e d e s c h i (43), sowie C h a u m i e r und R e h n s
(44) wiederum zu negativen Resultaten kamen, konnte Risel
(45) die positiven Ergebnisse von B del fere, Cham bon und
Mdnard bestStigen. Nach seinen Beobachtungen soli indessen
die Wirkung des Immunserums auf den Verlauf der Impfung
keine ausgesprochene sein.
- Aus alien diesen Angaben geht jedenfalls hervor, daB im
Serum von vakzinierten bzw. variolisierten Individuen wohl
Immunkbrper auftreten, die sich aber mit der Methode der
passiven Immunisierung nur schwer und nur unter giinstigen
Versuchsbedingungen nachweisen lassen. Deshalb erscheint
diese Methode zum Studium der Frage wenig geeignet.
Ganz im Gegensatz zu diesen schwankenden Ergebnissen
haben die Untersuchungen mittels des sogenannten „viruli-
ziden Versuchs“ zu einem iibereinstimmend positiven
Resultat gefuhrt, so daB man das Vorhandensein irgend-
welcher auf das Virus der Lymphe abtStend wirkender Korper
im Immunserum mit Sicherheit behaupten kann.
Der wesentliche Unterschied zwischen beiden Methoden
besteht darin, daB bei dem viruliziden Versuch das Serum
direkt zur Einwirkung auf das Vakzinevirus gebracht wird,
indem man das Serum in vitro mit virulenter Lymphe ver-
mischt. Die Verimpfung dieses Gemisches schaltet alle Ein-
fliisse aus, die sonst, bei getrennter Verwendung in Form der
passiven Immunisierung, von seiten des tierischen Organismus
ausgeiibt werden und das Resultat offenbar leicht truben. Diese
Art der Priifung wurde zuerst 1892 von Sternberg (46)
eingefiihrt und nachher von Kinyon (47) 1894 empfohlen.
Aber erst durch die Arbeit von Beclfere, Chambon und
Mfenard (40) gelangte die Methode zur vollen Wiirdigung.
Die folgenden Untersuchungen anderer Autoren, nSmlich
Courmont und Montagard (48), Martins (49), Freyer
(15), Risel (45), Siipf 1 e (4), v. Prowazek (10) und Gins (1)
sind ohne Ausnahme positiv ausgefallen, wodurch das bestSn-
dige Vorkommen der Schutzstoffe und zugleich die Sicherheit
dieser Methode bestatigt wurde.
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
_URBAI^JLtlAI»l£ALQN , - -
Esperi men telle Beitriige zur Vakzineimmunitat.
505
Ehe ich auf meine eigenen Resultate eingehe, iflSchte ich
flber die Technik des viruliziden Versuchs eiiiige Angabeu
vorausschicken. DaB das Mischungsverfahren ini Vergleich
mit anderen Methoden bei der Untersuchung auf V^akzine-
immunitfit am sichersten ist, geht schon aus dem Gesagten
zur Genflge hervor. Zwar laBt sich der ImmunitStsgrad und
die virulizide Kraft des Serums kaum so exakt bestimmen,
wie etwa bei manchen Fallen antibakterieller Immunitat, da
ein schwaukender Faktor in dem Charakter der Lymphe vor-
liegt, deren Virulenz man weder durch Kultur noch durch
Tierpassage zu reguliereu imstande ist. Vielleicht hilft die
von Groth angegebene, neuerdings von Haendel, Gilde-
meister und Schmitt (83) weiter studierte und empfohlene
Methode der Virulenzbestimmung der Lymphe fiber die
Schwierigkeiten hinweg. Dennoch lassen sich bei entsprechen-
der V'ersuchsanordnung auch in quantitativer Beziehung befrie-
digende Resultate gewinnen. Ich habe mich bei den vor-
liegenden Untersuchurigen hauptsSchlich an die Angaben von
Gins (1) gehalten. Die Versuchsanordnung gestaltete sich
folgendermaBen:
Die gewohnliche glyzerinierte Lymphe wird mit steriler
physiologischer Kochsalzlosung Vso verdiinnt und sorgfaltig
vermischt, worauf man die Lymphe im Reagenzglas 2 Stunden
lang bei Zimmertemperatur stehen iSBt, damit die groberen
Gewebspartikelchen sich absetzen. Dann wird vom oberen
Teil dieser Flussigkeit ein kleines Quantum vorsichtig heraus-
pipettiert und mit dem zu untersuchenden Serum gemischt.
Die Lymphe, statt durch einfaches Sedimentieren, mittels
Zentrifugierens von den groben Partikelchen zu befreien, habe
ich im allgemeinen entbehrlich gefunden. Von Gins wird
dieses Vorgehen, und zwar schon fUr die unverdiiniite Lymphe,
empfohlen, weil die etwa in der Lymphe zuriickbleibenden
Partikel von dem Immunserum nicht geniigend durchdrungen
werden konnen und manchmal das Resultat verwirren. Mir
schien auf der anderen Seite die Gefahr vorzuliegen, durch
Zentrifugieren die Lymphe zu stark zu klSren und in ihrer
Virulenz zu beeintrSchtigen. Mit langerem Sedimentieren und
vorsichtigem Abpipettieren habe ich ziemlicit gleichintlBige
Resultate erhalten und daher diesen Weg bevorzugt. Nur in
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
506
Kuiiio Sato
Digitized by
einigen N^ersuchen wurde von inir die Lymphe nach Ver-
diinnung mit Kochsalzlosung auch zentrifugiert, speziell, wenn
es sich um Sera von geringer Wirksamkeit handelte, dock
habe ich keinen Unterschied gegenflber der Sedimentierung
beobachtet. Den viruliziden Titer des Serums habe ich durch
die Verwendung von Serumverdiinnungen, und zwar ViO! ViO»
Vsoi Viooi V200 zu erkennen versucht.
Nach meiner Erfahrung ist ein hochwertiges Immunsermn
fast ohne Ausnahme imstande, bis Vioo Verdunnung die Vso
Lymphe fiir die Kornea vollstSiidig unwirksam zu machen.
Je 0,2 ccm der Serum- und Lympheverdflnnung wird gut
gemischt, 2 Stunden laug im Brutschrank (37® C) gehalten
und dann in die Kaninchenkornea eingeimpft. Zur Kontrolle
des Virus in der Lympheverdtinnung diente ein gleichbehan-
deltes Gemisch von 0,2 ccm Lympheverdtinnung und 0,2 ccm
physiologischer Kochsalzldsung. Gins hat zum Zweck der
Kontrolle normales Serum benutzt. Da jedoch nach seinen
Angaben die Unwirksamkeit des norm*alen Serums auf viru-
lente Lymphe als sicher anzusehen ist, so habe ich anstatt
des Normalserums in der Regel physiologische Kochsalzlosung
verwendet. Ueberdies habe ich fast stets das Serum der Tiere
vor der Impfung gepriift und dabei bestatigen konnen, daS
normales Kaninchenserum eine virulizide Wirkung auf die
Vakzinelymphe nicht ausiibt. AuBerdem haben mir auch die
Falle, in denen das Serum immuner Tiere ohne jeden EinfluC
blieb, eine gewisse Kontrolle gewahrt.
Die Tabelle auf p. 507 zeigt an einem Beispiel den Verlauf
eines viruliziden Versuchs in ubersichtlicher Form.
Die genaue Bestimmung dieser Reaktionsgrade stieU
manchmal auf Schwierigkciten, weil die Syinptome nicht immer
so regelmaBig und scharf abgegrenzt erscheinen und in ihrer
Intensitat gewisse Uebergangsformen aufweisen konnen. Immer-
hin hat sich die schematische Charakterisierung der Reaktions-
starke gut durchfiihren lassen. Die Starke der viruliziden
Kraft eines Immuuserums laUt sich hiernach einigermaBen
einschatzen, indent man die Resultate der einzelnen Serum-
verdiinnungen mit dem der Kontrolle vergleicht und feststellt,
bis zu welcher VerdUnnung eine virulizide Einwirkung noch
erkennbar ist.
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANAiCHAMPAIGN
Rrperiinentelle Beitrage zur Vakzineimmunitat.
507
Serum
0,2 cem
Lymphe
1 0 ^ cem
Bin- 1
dungs-
dauer
1 i
Geimpfte Hornhaut!
1
Resultat
1
Bemerkung
V.o
*/bo
2 Stunden
Kaninchen No. 10
_ 1
Virulizide Kraft:
bei 37“ C
r. Kornea
stark
dgl.
dgl.
Kaninchen No. 10
—
i dgl.
1. Kornea
1
’/lO.
Kaninchen No. 11
+
maQig
r. Kornea
0,2 cem
i
Kaninchen No. 11
physiolog.
NaCl-
)
1. Kornea
I^idsung
Die Beiirteilung iind Aufzeichnung der an der Kornea beol)achteten
Beaktion ist nach dem folgenden Schema erfolgt:
1) ,.^<egativ'‘ ( —): keine nennenswerten Symptome.
2) ,,Schwach positiv' ( + ): ganz kleines Geschwiir oder Fazetten;
geringe Triibung, Bchwache konjunktivaJe und perikorneale Injektion.
3) „Mafiig Btark positiv" ( + +): etwas groficre Geschwiire, an den
Geschwiiren lokalisierte stiirkere und miifiige Triibung, starke Injektion,
vermehrte Sekretion.
4) ,,Stark positiv* (+ + +): ausgcdehnte Geschwiire, diffuse starke
Oder mafiige Triibung, starke Injektion, vermehrte fibriniis-eiterige Sekretion.
Falle, in denen die „8tark jx)8itive“ Reaktion ungewohniich intensiv war
und auch sehr lange andauerte, habe ich noch besonders gekennzeichnet
(+ + + +).
1. 1st die kutaneimpfungmitspezifischer Serum-
veranderung verbundenV
Die Versuche, die in Tabelle VIII zusanimengestellt sind,
beddrfen einer naheren Betrachtung. Es sei von vornherein
bemerkt, daU bei einer Reihe von Tieren die PrOfung des
Serums nur einmal vorgenommen wurde, so dali die Ent-
wicklung der spezifischen Blutveranderungen nicht immer bei
dem gleichen Individuum verfolgt werden konute. Zum Teil
lag dies daran, daB die Tiere fiir weitere Impfungen verwendet
werden sollten und daB zunkchst ja nur die Frage in Betracht
kam, inwiew’eit eine einzige Hautimpfung, die zu sicherer
Immunitat fuhrt, die Entstehung virulizider Stoffe zur Folge
hat; auBerdem aber haben wir leider gerade in dieser Ver-
suchsperiode viele Tiere infolge von Stallinfektionen verloren.
Sodann befinden sich unter den in der Tabelle verzeichneten
Kaninchen einige, die nicht eine reine Kutanimpfiing erhalten
Digitized b*/ Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
508
K u nio Sato,
Tlibelle VIII.
Priifung des Serums kutan immunisierter Kaninchen auf virulizide Kraft.
d
2 i
Intervallzw.
Virulizider Versuch
Virulizide
.2 Datum der ku-
derimpfung
KrgebnU
an der
Kon-
trolle
o
f, 1 tanen Inipfung
und Blut-
Immunserum + Lymphe
\\5rkung
£
o 1
entnahme
Hnrnh&ut
43
16981 17. I.
22 Tage
0,2 cem V,o
0,2 ccin V'so
44 4
ziemlich stark
[ Vi Lymphe
y.o<,
dgl.
+
/soo
»
4-4-
46
1465 23. I.
14 „
y,o
+
444
schwach
' ' /, Lymphe
VlOO
+ +
1111
/200
»
1 1 1 1
61
'U
V.oo
'1,0
—
444
stark
24
1930: 4. II.
3 Wochen
4 4
deutlich
'/, Lymphe
1 1
liOO
+++
49
2010 , dgl.
26 Tage
1 ,
JO
++
4-444
angedcutet
1 /
'100
+++
1
1385 9. VII.
3 Monatc
1
]
„
—
444
keine nennens-
'/, Lymphe
1
+-f +
werte Wirkung
1
'r.o
+++
2
1995 dgl.
3
1 /
/ 1
if
444
keine nennens-
h
• to
If
•f-f-i-
werte virulizide
V
ItiO
+++
Wirkung
7]
2665 25. III.
5
1
30
J1
++
444
schwach
Lymphe
1/
hoa
+++
(Augenimpfuiig
6
1/
>90
yf
_
444
deutlich
negativ)
/lOO
+++
72
2560; dgl.
5
V
Im
If
444
»*
'iioo
4 -++
6 „
'1,0
444
'l 100
-i--f
5
1267 30. X.
14 Tage
^10
>•
—
44
8 chr stark
Lymphe
1 /
/6i>
ff
—
(Kornea beider-
1
lUO
—
1 scits geimpft)
[ 1-200
-f
1
.
Uoo
++++
10 Wochen
1 /
to
I
++
444
angedeutet
1
^'100
V
++
/too
+-f-i-
6
1277 dgl.
14 Tage
Vio
1 /
44
sehr stark
GO
100
—
V
^'too
4-
'^400
4-4-
12 Wochen
Vto
ff
4--f
444
angedeutet
1
lUU
44-4
15
2286 30. X.
14 Tage
1
1 0
ff
—
4 4
sehr stark
' , Lymphe
(r. Kornea ge¬
> /
■GO
>/
/ 100
impft)
1/
/too
ff
4 4 4
! too
ff
+ 4"
13 Wochen
>/
/to
444
schwach
1/
/ lOO
44
1
9UO
44
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
_ URB^A^OIAMEAIG^_
Esperimentelle Beitriige zur Vakzineimraunitat
509
batten, sondern gleichzeitig von der Kornea des einen Auges
bzw. beider Augen aus infiziert worden waren. Diese letzteren
(No. 5, 6,15) weichen also hinsichtlich der Versuchsbedingungen
von den flbrigen etwas ab und beriihren schon die in dein
nachsten Abschnitt zu erorternde Frage der spezifischen
Serumwirkung nach kornealer Infektion und Immunitat.
Alle Tiere batten auf die kutane bzw. korneale Iinpfung
in typiscber Weise reagiert und, wie spSterbin durcb kutane
(korneale) Nacbimpfung konstatiert wurde, voile ImniunitSt
erworben. Die Prdfung auf Virulizidio wurde stets mit deni
friscbgewonnenen Serum ausgefiibrt.
Die Resultate sind nicbt einbeitlicb. Immerbin gestatten
sie gewisse ScbluBfolgerungen. So gebt zunacbst daraus ber-
vor, daB 2—4 Wocben nacb der Hautimpfung ge-
wSbnlicb eine Virulizidie des Serums nacbgewiesen
werden kann(No.43, 40,49,24). Die Serumverdiinnungen
1:20 zeigen meist eine starke, zum Teil vollkommene Ab-
tStungskraft, aber die weitergebenden Verdiinnungen veruiogen
die Wirkung der Lyrnpbe gar nicbt oder nur unbedeutend
abzuscbwadien. Die virulizide Serumwirkung ist also nicbt
immer sebr ausgesprocben. Nur in einem Falle (No. 43)
konnte eine energiscbere Abtotungskraft festgestellt werden.
Aucb wenn man beriicksichtigt und sicb immer wieder vor
Augen bait, daB die Virulenz der Lyrnpbe bei alien diesen
Prufungen einen scbwankenden Faktor darstellt und daB bei
Verwendung eines bocbvirulenten ImpfstoflFes unter Umstandeii
scbwacbere Serumwirkungen der Beobacbtung entgeben, so
beeinfluBt das die Bedeutung der Ergebnisse nur wenig: Es
ist eben zu einer Zeit, in der die Immunitat scbon zur vollen
Entwicklung gelangt ist, nicbt immer eine entsprecbend hobe
virulizide Fabigkeit des Serums vorbanden.
In einem spateren Stadium entwickeln sicb die Dinge
aucb nicbt ganz gleicbmaBig. Hier baben wir in einem Falle
(No. 40) eine erheblicbe Steigerung der viruliziden Serum¬
wirkung feststellen kOnnen, und zwar 2 Monate nacb der
Impfung; das Serum totete nocb in der Verdiinnung 1:100
(mebr wurde nicbt gepriift) das Virus vollig ab. Sonst aber
war nacb V'erlauf einiger Monate das Verbalten ganz ver-
scliieden. Bei 2 Tieren (No. 1 und 2) auBerte das Serum
eine recbt geringe Wirksamkeit, wahrend 2 andere Tiere
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
510
Kunio Sato,
(No. 71 und 72) nach 5 und 6 Monaten eine iramerhin deut-
liche Virulizidie noch zu erkennen gaben. Gleichwohl will
es scheinen, als ob die viruliziden Stoffe in dem Blute der
durch einmalige kutane Infektion inimunisierten Tiere im
allgemeinen innerhalb der ersten 2—4 Wochen ihre starkste
Entwicklung findeu, wenn auch in ungleichmaUigera Grade,
und in den folgenden 2—3 Monaten wieder abnehinen, Nur
ausnahmsweise wurde noch nach 2 Monaten eine gesteigerte
Virulizidie des Serums gefunden.
Dieser Ablauf der spezifischen Serumverfinderung gelangt
in besonders deutlicher Weise zura Ausdruck bei den Tieren,
die gleichzeitig in Haut und Kornea geimpft worden waren
(No. 5, 6, 15). Schon 14 Tage nach der Iinpfung besaB das
Serum die Fahigkeit, bis zur Verdilnnung 1:100 und selbst
1:200 das Virus vollkommen oder nahezu vollkommen ab-
zutSten. Wir lassen es dahingestellt, ob diese sehr betracht-
liche Virulizidie ausschlieBlich auf Rechnung des Serums
und einen hohen Immunitatsgrad der vorbehandelten Tiere
zu setzen ist oder nicht auch noch dadurch unterstiitzt wurde,
daB die zur Priifung verwendete Lymphe, nach Ausweis der
Kontrollen, nur von mSBiger Virulenz war. Jedenfalls zeigte
sich in diesen Fallen das Serum auBerst wirksam, und es ist
wohl das nachstliegende, die Ursache hierfur in der voraus-
gegangenen kombinierten Infektion — Hautreaktion und beider-
seitige Keratitis — zu erblicken. Trotzdem gingen die virus-
tbtenden Eigeuschafteu dem Serum allmahlich wieder verloreu,
so daB das Serum nach 10 bzw. 12 und 13 Wochen nur noch
schwach wirkte.
Wir behalten uns vor, auf diese Verhaltnisse spater noch
einmal zuruckzukommen.
Das Ergebnis der in Tabelle VIII niedergelegten Ver-
suche laBt sich in folgenden Satzen zusammenfassen:
1) Nach kutaner Impfung erscheinen im Blute
der Tiere in der Regel virulizide Stoffe.
2) Diese Stoffe sind 2 — 4 Wochen nach der
Impfung mehr oder minder deutlich vorhanden.
Sie konnen nach ca. 3 Monaten fast ganz ver-
schwuuden sein, aberunterUinstanden auch noch
nach 5 und 6 Monaten nacligewiesen werden.
Digitized by
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
JIRBANACBAMRAIGN - -
Esperiraentelle Beitriige zur V’^nkzineiramunitiit. 511
3) Durch kombinierte kutane und korneale.
Infektion scheint eine verstarkteVirulizidie des
Serums erreicht werden zu kflnnen. Die Wirk-
samkeit des Serums nur Imal kutan infizierter
Tiere ist gewdhnlich schwacher,
2,Ist die Korneainfektion mil spezifischer Seruni-
verSnderung vorbunden?
Da die Korneainfektion auch eine a 11 ge m e i n e Immunitat
hervorrufen kann, wie vvir schon im vorigen Abschnitt fest-
gestellt haben, so miiBte man von vornherein annehmen, daB
hierbei virulizide Stoffe gebildet werden, da ja wohl als Ueber-
mittler der Immunitat das Blutserum anzusprechen ware.
Allerdings laBt sich schon ohne weiteres vermuten, daB diese
Serumveranderung nur sehr geringfflgig sein wird, denn die
Immunitat, die man gegentlber der Kutanimpfung von der
Kornea aus zu erzielen vermag, pflegt ja schwach zu sein.
Jedoch kommt dieser Theorie noch keine weitere Be-
deutung zu, solange man ihr nicht experiinentell nachgegangen
ist. V. Prowazek (10) war bisher wohl der einzige, welcher
sich mit dieser Frage beschaftigt hat. Seiner Angabe nach
inaktiviert das Serum der korneal geimpften Kaninchen die
Lymphe uberhaupt nicht.
Bei meinen eigenen Versuchen habe ich eine Anzahl von
Kaninchen in die Kornea geimpft, fast ausnahmslos beiderseits,
und nach Ablauf der spezifischen Keratitis das Serum der
Tiere in der gewdhnlichen Weise auf virulizide Antikorper
gepriift. Die Priifung erfolgte ineist 3—4 Wochen nach der
Augenimpfung, vereinzelt auch friiher Oder spater. Zum Teil
wurden die Tiere w'iederholt geimpft, wobei die zweite
Korneaimpfung stets reaktionslos verlief, also die Immunitat
der Kornea anzeigte. Die Impfungen wurden sowohl mit
stark verdiinnter Lymphe (1:100), als auch mit unverdunnter
Lymphe ausgefiihrt. Hinsichtlich der Technik des viruliziden
Versuchs sei hervorgehoben, daB bei diesen Experimenten
vielfach eine Kontrolle mit normalem Serum vorgenommen
wurde, um die moglicherweise nachweisbaren schwachen Serum-
wirkungen sicher als spezifische erkennen zu konnen.
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
512
Kunio Sato,
Tabelle
Priifung aiif virulizide Stoffe
Digitized by
o
a;
J3
o
A
56,1920
I
I
1392130
140il840
Vorbehandlung und ihr Ergebnis
j Intervall !
zwischeii derj
Impfung und;
j Priifung j
Impfung mit V,oo Eymphe beiderseits; starke Keratitis 42 Tage
dgl.
dgi.
27
I 27
4jll95i8. VII. Impfung d. r. Kornea mit Lymphe;' 148
' Starke Keratitis '
12jl415
130!2055
131
1810'
13612635
137
2420
6 . XII. Impfung d. r. Kornea mit Lvmphe; keine
Reaktion
14
15. X. Impfung mit Lymphe beiderseits; starke,48 Tage nach)
Keratitis. jd.2. Impfung;
7. I. Impfung mit V, Lymphe; keine Reaktion j |
Impfung beider Augen mit '/loo Lymphe; beiderseits 22 Tage nach-
ma6ig Starke Keratitis. Xach 43Tagen 2. Impfung d. 2. Impfungi
mit Lvmphe; beiderseits keine Reaktion I ^
dgl.
dgl.
Impfung beider Augen mit '/i Lymphe; beiderseits'
Starke Keratitis
dgl.
28 Tage
28
13812915!
dgl.
28
Die Ergebnisse, die an 10 Kaninchen gewonnen wurden,
finden .sicli in Tabelle IX znsaniniengestellt. Es geht darans
bervor, daB das Serum der kornea! infizierten
Google
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA^CHAMPAION-
Experimentelle Beitrage zur Vakzineimmunitat.
IX.
nach der Korneaimpfung.
513
Virulizider Versuch
Virulizide Kraft
des Senims
Serum +
1 Ergebnis
Lymphe j an der
Homhaut
Kontrolle
0^ com Vi '
0^ ccm Vm
_
+ +
stark
V
/so
dgl. 1
—
(NaCl-Ldsung)
Aoo !
))
—
M
+
4* + +
gering
(Normal-Serum)
*/,
1
+ +
-f + +
kaum vorhanden
(Normal-Serum)
V.
+ -!-
+ + + +
kaum angedeutet
■/.o
M
+ + +
(NaCl-Ldsung)
V.0
>>
+ + + +
V.
+
+ + + -l-
dgl.
V.O
»»
+ + +
(NaCl-Losung)
V.0
+ + +
1/
+ + +
+ + + -f-
nicht sicher nach-
V.OO
>1
+ + +
(NaCl-Losung)
gewiesen
V.
»)
+
+ + + -b
ganz eering
V.o
>>
+ + + +
(Normal-Serum)
1 ,
/90
V
+ -i +
b'l
+
+ + + +
dgl.
v.o
»»
+ + +
(Normal-Serum)
■/,«
+ + +
-1= ^fv.
+ + +
+ -t- +
Vor der Impfung kein
V.o
1)
+ + +
(NaCl-Losung)
Unterschied gegen-
+ + 4-
iil)er NaCl-Losung;
^ 1 Voo
!
+++
4 W'ochen nach der
v‘
iJ
—
-i- +
Korneaimpfung dent-
V,0
+ +
(Normal-Serum)
lich erkennbar, aber
schwach
IS «f‘/,
1
+++
4~ 4- 4“
dgl.
P g J /lO
+++
(NaCl-LQsung)
v,„
1
+++
- 1 Vso
M
4- + -f
1 /
/l
+
+ + +
V,0
1
+ +
(Normal-Serum]
iS «[■/.
»»
+++
+ -l- -l-
dgl.
E-Jsl ‘A,
M
+ + "h
(NaCl-Ldsung)
it-"I- V,o
ff
1 +++
"1 V 50
V
i + 4- -f
V,
—
4" 4“ 4"
Voo
i ”
++
(Normal-Serum]
Tiere im allgem einen schwache, oft gerade
nur angedeutete virulizide Eigenschaften be-
s i t z t.
ZelUchr. f. ImmunttflUforschung:. Orj^. B(i. S2. 35
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
514
Kunio Sato,
Digitized by
Von 3 Tieren, die einmal beiderseits mit Vioo Lymphe
geimpft worden waren und mit starker Keratitis reagiert batten,
lieferte nur eines ein hochwirksames Serum; noch in der Ver-
dilnnung 1:100 totete dieses Serum das Virus vollkommen
ab (No. 56). Dabei istjedoch zu bemerken, daB es sich offen-
bar urn eine nicht allzu virulente Lymphe handelte, denn auch
das Kontrolltier bekam nur eine inkBige Keratitis. Die beiden
anderen Kaninchen (No. 139 und 140) zeigten demgegeniiber
eine SuBerst geringe Viriluzidie des Serums, indem selbst das
unverdiinnte Serum nicht mehr als eine Abschwachung, die in
dem einen Fall sogar zweifelhafter Natur war, hervorzurufen
vermochte.
Ganz ahnlich sind die Ergebnisse bei einigen anderen
Tieren, denen wir durch wiederholte Impfung eine ver-
starkte Korneaimmunitat und damit vielleicht auch eine stSrkere
allgemeine Immunitfit zu verleihen suchten, in der Erwartung,
daB sich unter diesen Bedingungen eine Vermehrung der viru-
liziden Stoffe des Serums erreichen lieBe. Das ist aber nicht
der Fall gewesen (vgl. No. 4, 12, 130, 131). Nur das kon-
zentrierte Serum der revakzinierten Tiere, 14 bzw. 22 und
48 Tage nach der 2. Impfung gewonnen, ubte eine ab-
schwadiende Wirkung auf das Virus aus, wogegen Ver-
dilnnungen von 1:10 bzw. 1:20 ohne erkennbaren EinfliiB
auf die Virulenz der Lymphe waren. Die Wiederimpfung war
bei den Tieren nach IVj, 3 und 5 Monaten vorgenommen
worden, und zwar mit unverdflnnter Lymphe, und hatte an der
Kornea keinerlei Reaktion bewirkt. Auch erwies sich, wie in
einem Fall (No. 4) besonders festgestellt wurde, schon zur Zeit
der kornealen Wiederimpfung und volligen kornealen Immuni-
tat das Serum des Tieres als so gut wie antikorperfrei. Die
Blutprobe war hier 2 Tage vor der 2. Impfung entnommen
worden. Die Beweiskraft dieser Beobachtung diirfte durch
den Umstand, daB das Tier nur einseitig geimpft worden war,
kaum beeintrSchtigt werden. Vor allem aber mochte ich in
diesem Zusammenhang und im Hinblick auf die spSter zu be-
sprechenden Versuche mit kutaner Revakzination die Tat-
sache nochinals unterstreichen, daB die reaktionslos verlaufende
Wiederimpfung der Kornea anscheinend keine vermehrte Anti-
korperbildung im Blute zur Folge hatte.
Origmal from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
__U^ANAi:hlAMFAiaN_-
Experimentelle Beitr^e zur VakziDeiminunitiit.
515
Die flbrigen Tiere (No. 136, 137, 138) waren von vorn-
herein mil unverdUnnter Lyinphe beiderseits geiinpft worden
und batten mit starker Keratitis reagiert. Ihr Serum fiuBerte
nach 28 Tagen deutliche, wenn auch nicht allzu starke viru-
lizide Kraft. In unverdilnntem Zustande vermochte es das
Virus Yollkoramen oder nahezu vollkoramen abzutSten, in der
Verdiinnung 1 :20 rief es nur noch eine unbedeutende Ab-
schw5chung des Virus hervor.
Wir kbnnen somit das Resultat dieser Versuchreihe dahin
zusammenfassen:
1 ) Die Korneaimpfung bei Kaninchen l&Bt in dem
Blutseruin der Tiere virulizide Stoffe auftreten.
2) Die spezifische virustbtende Kraft des Se¬
rums ist aber im allgemeinen nur schwach und bisweilen
selbst in Verdflnnungen von 1:10 kaum noch nachweisbar.
3) Auch bei Verimpfung unverdUnnter virulenter
Lymphe auf die Kornea halten sich die nachweisbaren spezi-
fischen Blut verSnderungen innerhalb enger
Grenzen.
4) Die kornealeRevakzination, mit reaktionslosem
Verlauf, ruft keine nachweisbare Vermehrung der
viruliziden Antikorper im Blutserum hervor.
3. Wird dieSerumverfinderungdurchwiederholte
kutane Impfung gesteigert? Ist hierzu Reaktion
erforderlich oder nicht?
FrUher glaubte man, daU bei Pocken die Immunisierung
des Gesamtorganismus nur von der Haut aus durch Pustel-
bildung zustande kommen konne. Versuche einer Immuni¬
sierung auf anderem Wege als durch Hautimpfung wurden im
Laufe der Zeit viel ausgefUhrt. Den Weg der subkutanen
Injektion schlugen Senfft (61), Zagari(42) und Paul (62)
ein, aber mit negativem Resultate. Dagegen gelang es Fr5h-
lich (63), Chauveau (64), Warlomont (65), B6 clfere,
Chambon und M6nard.(39), Ted es chi (43), KUlber und
Pferde durch subkutane Injektion zu immunisieren. Dieses
positive Resultat wurde 19<16 von Kraus und Volk (8) bei
Affen, spftter auch von v. Prowazek (10) und Casagrandi
(16) bestUtigt. Unsere eigenen Beobachtungen. iiber die an
35*
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
616
Kunio Sato,
frtlherer Stelle berichtet worden ist, sprechen in gleicliein
Sinne.
Nach den Versuchen von Nobl (51) und Knopfel-
macher (52) erwies sich auch bei Menschen diese Tat-
sache als gflltig. Immerhin spielen bei der subkutanen In-
jektion lokale Vorgange mit, weil die an der Injektionsstelle
sich bildenden Infiltrate einigermallen zu den Hautpusteln in
Parallele gesetzt werden konnen.
Hingegen lieBen sich solche lokale Veranderungen ganz
vermeiden, indem man zur intravenSsen Methode (iber-
ging. C h a u V e a u hat zuerst beim Pferd festgestellt, Straus,
Cham bon und M4nard (38) haben beim Rind nachgewiesen,
daU nach intravenoser Injektion von Vakzinelymphe Immuni-
tat erreicht werden kann. In neuerer Zeit ist namentlich
durch Gins diese Tatsache auch fur das Kaninchen bestatigt
worden. 1901 studierten Calmette und Gu6rin (53) die
Frage bei Kaninchen und fanden, daC keine spontanen Pusteln
entstanden, daB auch der biologische Nachweis des Kontagiums
in den inneren Organen 24 Stunden nach der Injektion nie-
mals gelang und daB die Tiere sich dennoch am 5, Tage als
vollig immun erwiesen. Sie konstatierten ferner, daB die intra-
venos geimpften Kaninchen auf die (sterile) Skarifikation der
Haut innerhalb 24 Stunden nach der Iinpfung mit Pustel-
eruption reagierten, wShrend spSter ausgefiihrte Hautritzungen
reaktionslos blieben. An der Hand dieser Experimente haben
sie also festgestellt, daB das Vakzinevirus nach intravenoser
Injektion im Organismus spatestens nach 24 Stunden zu-
grunde geht (vgl. hierzu auch die Versuche von Gins und
Weber [73]).
Diese Feststellung gab zu dem Versuche AnlaB, mit ab-
getotetem Virus Immunitat hervorzurufen. Zwar nahm
Jan son (33) schon friiher derartige Experimente vor, aber
ohne Erfolg. 1907 gelang es Kraus und Volk (9), sowie
V. Prowazek (10), mit abgetotetem Virus Affen auf sub-
kutanera Wege zu immunisieren. SOpfle (4) konnte bei
Kaninchen den gleichen Erfolg erzielen und hielt diese Tat¬
sache vom theoretischen Standpunkt aus fiir sehr interessant,
weil das schon lange herrschende bakteriologische Gesetz da-
mit auch beim Pockenerreger Geltung gewoniien babe.
Digitized by
Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
_UF^ANA-C HAMPAI6N ^
Experimentelle Beitriige zur Vakzineimmunitat.
517
In diesein Zusainmenhang sei endlich noch auf die Be-
obachtung von Kraus und Volk (8) hingewiesen, die fanden,
daB bei kutaner Infektion eines Affen Immunitat eintritt, auch
wenn die Pustelbildung durch vorzeitige Exzision der geimpften
Stelle unmSglich gemacht wird.
Wenn man alle diese Ergebnisse berflcksichtigt, so geht,
trotz niancher Widersprttche im einzelnen, daraus jedenfalls
das eine hervor, daB sich die allgemeine ImmunitSt (Haut-
immunitat) auch dann entwickeln kann, wenn die erste Ein-
verleibung des Virus nicht zu einer sichtbaren Lokalreaktion
gefUhrt hat. Insbesondere ist Pusteleruption an der Haut
nicht unerlaBliche Vorbedingung ftir das Eintreten der Haut-
immunitat, wenngleich sich durch kutane Infektion unzweifel-
haft die Imrauuisierung des Organismus am sichersten und
leichtesten bewirken laBt. Die mit starker Vermehrung des
Virus einhergehende spezifische Hautreaktion setzt die gfln-
stigsten Bedingungen. Auf subkutanem oder intravenosem
Wege laBt sich Aehnliches eben nur bei Verwendung relativ
groBer Virusmengen erreichen.
Bleibt bei einem normalen Individuum, also bei erst-
maliger Impfung, im AnschluB an die kutane Infektion jedo
Reaktion aus, so kommt es, wie wir wissen, auch nicht zur
Immunitat. Das kann sich ereignen, wenn die Lymphe zu
wenig virulent war oder das Virus aus sonst irgendeinem
Grunde nicht haftete. Anders aber liegen die Dinge, wenn
der immunisierte Organismus sich gegenfiber einer er-
neuten kutanen Infektion mit virulentem Impfstoft als refraktfir
erweist. Hier handelt es sich um eine spezifische Abwehr-
reaktion, und man konnte sich sehr wohl vorstellen, daB unter
die sen Bedingungen, trotz des Ausbleibens auBerlich er-
kennbarer Hautveranderungen, eine Steigerung der Immunitat
eintritt. Die Frage ist auch in praktischer Hinsicht von groBer
Bedeutung. Sie lauft darauf hinaus, ob Menschen, die der
Revakzination unterworfen werden und die Impfung ohne
Pustelbildung fiberstehen, nun eine weitere Steigerung ihrer
an sich schon hohen Immunitat erfahren oder nicht. Ver-
schiedene Autoren (v. Pirquet, Paul, Gins u. a.) haben
hierzu neuerdings Stellung genonimen und die Frage verneint.
Sie erblicken in dein Ausbleiben der Hautreaktion nur ein
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
518
Kunio Sato
s u
c OJ
C
«=-s
So®
- S*-
u no
3 « g
j'2
a a=§
«s
a bc
a o ’n '3
§
« ^ ti£
CV3 ^
cfi ^
•- .2 «
S "O "o
= .2
3 = "S
•«- « ®
O. 3 u
E S’S
—• 5; K
0 CO ^
oS ^ ^
” ja im
w
»-H ^
« o c
c-c 3
43 C-O
*« 's
33 'ts c
fc* f3 *1^
« c4 ►
>
^ 43
bca u u
O " O at
3 §^-S
O ** OJ
4< g-O
^ 1=
3
N 43 0)
55Ci:i:
^ ^ -3
3 ««
.2
3 w 4-< ^
3-“ ^
« C5 05 pi
C .3 O
O N "3
23 p
SI §
^ sc
■W .2 „
.2-0 S
hc-“ iS
3— -5
3 g ®
0) u
g it v
3‘^,£
at . at
1—1 ® *-
u d
i-S.I
O a>
■“ *>cj
I j ^
OS 4S s
C .2
43 C
-^-5 _
a "O
«. 2 n
£- 03 :
+ , 1 +
+ + 11 + I + +
+ +
00S8S c§d
~ «3 •*— ** ^ .
1 ”
1
j
Datum 1
1
c
1
to
0
4 ^
! a
a
$
*0-
a
' .9
! 1
c8
; a
s
eS
Q
'ox--^ojj
-i! S
(N
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-€HAMPAIGN—
++
++
+ +
I I I ++ I I +
+ +
+
I +11+1-1-
+
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
aber deutlich.
520
Kunio Sato,
Digitized by
diagnostisch verwertbares Symptom, das uns fiber den Im-
munitatszustand des betreffenden Individuums Auskunft gibt,
und sind der Ansicht, daB eine Steigerung der Immunitat, eben
wegen der fehlenden Reaktion, damit nicht verbunden sei. So
wurde also der Wert der Revakzination fiir die betreffenden
Personen ein illusorischer sein.
Mit Hilfe der spezifischen Serumreaktion muBte sich ein
Einblick in die biologischen Vorgange der in Rede stehenden
Art gewinnen lassen. Ich babe es versucht, im Tierexperiment
Klarheit zu erlangen. Damit komme ich noch einmal auf die
frUheren Versuche zurOck.
Wenn man Kaninchen kutan mit Vakzine impft, so wird,
wie wir sahen, nach ca. einer Woche die Haut gegen die Wieder-
impfung immun und nach etwa zwei Wochen erwirbt das Blut-
serum virulizide Kraft. Es kommt dann ein Zeitpunkt, wo diese
die virulizide Kraft abnimmt oder ganz verschwindet, wahrend
Hautimmunitat in unverminderter Starke erhalten bleibt. Die
Dauer der Immunitat ist offenbar eine recht lange. Nach
Gins (1) beobachtet man selten vor Ablauf von 5 Monaten
eine Abnahme der Immunitat, und nach meinen eigenen Unter-
suchungen erweisen sich die vakzinierten Tiere noch nach
7 Monaten selbst gegeniiber einem starken Virus als immun
(vgl. Tabelle I und X). Demgegeniiber ist die Zeit, wahrend
der sich Schutzstoffe im Blutserum nachweisen lassen, viel
enger begrenzt. Etwa 2—3 Monate nach der Impfung war
in einigen meiner Versuche das Serum der Tiere wieder ohne
nennenswerten Gehalt an viruliziden Stoffen. Auch Martins
(49) fand beim Kalb, daB das virulizide Vermogen nach
3 Monaten stark abnimmt. Jedenfalls kann als feststehend
gelten, daB die virulizide Kraft des Serums schneller als die
Immunitat verschwindet, und wenn wir gerade in einer solchen
Periode das Kaninchen nachimpfen, so bleibt dabei, trotz
Fehlens virustbtender Antikbrper, die vakzinale Reaktion aus.
Es entsteht nun die Frage, ob durch eine solche
Nachimpfung die Antikorperproduktion erneut
angeregt wird oder nicht.
Die Wirkung der reaktionslos verlaufenen Wiederimpfung
auf das Blutserum wurde bisher nicht speziell gepriift. Unser
Untersuchungsplan war der folgende: Das Kaninchen wird
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Experimentelle Beitriige zur Vakzineimmunitat.
521
auf breiter Hautflache mil Vakzine geirapft und nach Ablauf
der Reaktion weiterhin so lange unbehandelt gelassen, bis man,
nach einigen Monaten, die Abschwachung oder das Ver-
schwinden der virnliziden Kraft des Serums konstatieren kann.
Dann wird die Wiederimpfung vorgenommen. Failt sie, wie
anzunehmen, uegativ aus, so ist durch eine erneute Unter-
suchung festzustellen, ob diese reaktionslose Wiederimpfung
eine Serumveranderung im Sinne gesteigerter virulizider Wir-
kung bedingt hat.
Die Tabelle X umfaBt die Resultate bei 6 Tieren. Ich.
hatte, dem Zweck entsprecliend, noch eine groCere Anzahl
vorbereitet, alle anderen aber gingen leider an interkurrenten
Erkrankungen ein. Dennoch ist das Ergebnis so eindeutig,
daB es wohl zu allgemeinen SchluBfolgerungen berechtigt.
Hier sei, besserer Orientierung halber, an einem Beispiel das
vollstandige Uebersichtsprotokoll eines Versuches beigefiigt.
Protokoll von Kaninchen No. 5. Korpergewicht 1267 g.
8. VII. 1. Augenimpfung beim virnliziden Versuch. Resiiltat: r. —, 1. + +.
30.x. 1. kiitane Impfung mit unverdiinnterGlyzerinlvmphe (Inipf-
flache 49 qcin). Resultat: + + + (reichliche Pusteleruption).
2. Augenimpfung: Resultat: r. + + +, 1. +.
13. XI. Untersuchung auf virulizide Kraft des Serums (2 Wochen nach
derletzten Impfung). Resultat: starke virulizide Kraft (wirksanie
Serumverdiinnung bis 1:200).
9.1. Untersuchung auf virulizide Kraft des Serums (ca" 2 Monate
nach der Impfung). Resultat: deutliche, starke Abschwachung.
Serum 1:20 hebt Wirkung des Virus nicht auf.
23.1. 2. k u tane Impfung mit un verdunn ter Glyzerinlymphe (Impf-
fliiche 25 qcm). Resultat: —. (Die Impfung verlief nur mit
leichter Rotung.) (Kontrollimpfung + + + •)
6. II. Untersuchung auf virulizide Kraft des Serums (2 Wochen nach
der Wiederimpfung). Resultat: deutliche Verstiirkung trotz des
negativen Impferfcdges. Serum 1:200 ist noch wdrksam.
24. II. Virulizide Kraft des Serums noch stark, etwa wie am 6. II.
27. V. Dgl.
14. VII. Dgl.
7. IX. Dgl. (7‘/, Monate nach der Wiederimpfung.)
18. X. Deutliche Abschwachung der Serumwirkung wird konstatiert
(9 Monate nach der Wi^erirapfung).
23.x. Das Resultat ist gleich dem vorigen. Serum 1:20 totet Virus
ab, 1:100 vollig unwirksam.
1. XI. 3. kutane Impfung mit un verdiinnter Lymphe. Resultat:—.
(Kontrollimpfung + + + •)
22. XI. Untersuchung auf virulizide Kraft des Serums ergibt eine deut¬
liche Verstiirkung derselben trotz der negativen Impfreaktion.
Serum wirkt 1:100 vollkoramen virulizid.
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
622
Kunio Sato,
Digitized by
Der Verlauf des V’^ersuches bei diesem Tier ist ganz
typisch und sei daher kurz besprochen. Im Anschlufi an
Kutan- und Korneaimpfung erwirbt das Serum stark virulizide
Fahigkeiten, wie durch eine 14 Tage spSter vorgenommene
Prflfung festgestellt wurde. Danu sinkt die Abtotungskraft
des Serums in den folgenden 2 Monaten ab und SuBert sich
nur noch ganz schwach. Im AnschluB an eine nunmehr
wiederholte Kutanimpfung; die reaktiouslos verlSuft, aber bei
einem Kontrolltier starke Pusteleruption hervorruft, treten von
neuem virulizide Stoife in erheblicher Menge auf, indem das
Serum noch in 200-facher Verdiinnung virulente Lymphe
nahezu unwirksam macht. Erst nach 9 Monaten macht sich
abermals eine deutliche Abschwachung der Virulizidie des
Serums beraerkbar. Auf eine 3. Kutanimpfung geht, wie die
nach 21 Tagen ausgefOhrte PrQfung erweist, die Serumwirkung
alsbald wieder in die Hohe.
Schon hiernach ist es klar, daB bei einem immunisierten
Tier auch durch die reaktionslos verlaufende Nachimpfung
dieverloren gegangenen oderstarkabgeschwach-
ten viruliziden Krafte des Serums neu geweckt
werden konnen. Ja, es scheint fast, wenn man das Ver-
halten des Serums nach der 2. Impfung bei diesem Tiere be-
rucksichtigt> als werde durch die Nachimpfung zugleich auch
die Pers’istenz der viruliziden Fahigkeiten ver-
1 a n g e r t.
Ganz gleichartig sind aber auch die bei den flbrigen Tieren
erhobenen Befunde. Sie zeigen Ubereinstimmend, daB die
Wiederimpfung, wenn sie auch ohne Reaktion verlaufen ist,
wie es immer der Fall war, doch eine Serumveranderung im
Sinne einer Verstarkung der viruliziden Kraft hervorruft.
Diese Verstarkung erfolgt in solchem Grade, daB die Serum¬
wirkung sich zum mindesten nicht als schwacher erweist, als
nach der 1. Impfung. Ein Vergleich zwischen Tabelle X und
Tabelle VIII laBt dies ohne weiteres erkennen. Und daB die
Serumveranderung auch nicht fluchtiger Natur, sondern ebenso
lange Oder vielleicht noch langer haltbar ist, wie die nach
Impfung mit Pusteleruption, dOrfte sich aus den Versuchen
No. 5, No. 71 und No. 72 ergeben.
Meine Resultate weiclien etwas von den Beobachtungen
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Expcrimentelle Beitr^e zur Vakzineimmunitat.
523
von B6cl6re, Charabon und M4nard (40) ab, welche
beschrieben, daU das Blutserum mancher revakzinierter
Menschen nur wochen- oder hochstens monatelang, bei ein-
zelnen Individuen sogar nur tagelang Oder auch gar nicht
sich antivirulent zeigte. Diese Differenzen konnten jedoch,
nieiner Meinung nach, von der Verschiedenheit in der Aus-
fUhrung des viruliziden Versuches herrflhren.
Man wird jedenfalls nach dem Ausfall meiner Versuche
zu dem Schlusse berechtigt sein, daB die Nachimpfung imniuni-
sierter Individuen doch eine tiefergreifende Wirkung auBert,
als aus dem reaktionslosen Verlauf und dem vollig refrak-
tkren Verhalten der Haut zunSchst hervorzugehen scheint.
BezQglich der nicht unwichtigen Beziehung dieses Ergeb-
nisses zu der Frage der Revakzination verweise ich auf das
letzte Kapitel, wo eine eingehende Besprechung darUber statt-
hnden soil.
Die Ergebnisse dieses Abschnittes lassen sich in folgende
Sktze zusammenfassen:
1) Werden Tiere, die durch eine erste (kutane)
Impfung immunisiert worden sind, aber ihre
viruliziden Serumstoffe wiederganz odergrbBten-
teils verloren haben, einer Nachimpfung unter-
worfen, so wird durch diese Wiederimpfung die
virulizide Kraft des Serums von neuem verstSrkt,
obwohl die Impfung reaktionslos verlSuft.
2) Diese wieder gesteigerte Abtbtungskraft
des Serums ist ebeuso wirksam gegen das Vak-
zinevirus und auch mindestens ebenso dauer-
haft wie die durch die erste Impfung erzeugte.
VI. Zur Vererbung der Vakzineimmunitat.
VVahrend der vorliegenden Untersuchungen gebar ein
immunisiertes Weibchen 2Junge und verschaifte mir die Ge-
legenheit, auch die Frage der Vererbung der Vakzine-
immunitSt nUher zu prtifen.
Nach den langjShrigen Erfahrungen der Vakzination kommt
die Vererbung dieser Immunitat sehr selten vor; nur 0,08 Proz.
der Erstimpflinge verhalten sich gegen die Impfung vollig
refraktSr (Pfeiffer, 74). Da das Vakzinevirus gewohnlich
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
524
Kunio Sato,
Digitized by
nicht in den allgemeinen Kreislauf ubergeht, die Impfung der
Mutter iiberdies ja auch nicht wahrend der GraviditUt vor-
genommen zu werden pflegt, konnte es sich in diesen hochst
seltenen Ausnahmefallen wohl nur um die Vererbung einer
passiven Immunitat handeln. Es ware dann aber weiterhin
mit der Moglichkeit zu rechnen, daB sich die Verbung einer
solchen Immunitat haufiger nachweisen lieCe, wenn man die
Kinder schon bald nach der Geburt impfte, ehe die spezi-
fischen Antikorper wieder ausgeschieden sind, bzw. im frflhen
Sauglingsalter, und wenn die Mtitter gerade wahrend der
Graviditat der Vakzination unterworfen wurden. Die bis-
herigen Experimente in dieser Richtung verliefen allerdings
ungleich. So z. B. fiel die Impfung der Neugeborenen bei
Wolff (75) stets positiv aus, obgleich die Schwangeren
meistens mit vollkommenem Erfolge geimpft worden waren,
Oder es schlug die Erstimpfung nach Behm (76), Palm (77)
etc. nur in einem geringen Prozentsatz fehl. Kir stein (84)
fand neuerdings gleichfalls die neugeborenen Kinder frisch
a. p. revakzinierter Mutter fiir die Impfung empfanglich.
Andererseits konnte z. B. Mensching (85) feststellen, daB
Neugeborene in einem hohen Prozentsatz gegen die Wirkung
der Vakzine unempfanglich sein konnen, wenn die Mfltter
wahrend der drei letzten Monate ihrer Schwangerschaft ge¬
impft wurden. Die Versuche von Silpfle(78) bei Kaninchen
fiihrten zu dem Ergebnis, daB die Vererbung der Vakzine-
immunitat hochstens ausnahmsweise vorkommt und fast stets
nur einen partiellen und voriibergehenden Schutz bedingt.
Was nun meinen Fall anbetrifft, so zeigt er gewisse Be-
sonderheiten, die ihn eines naheren Berichtes wert erscheinen
lassen (vgl. Tabelle XI).
Tabelle XI.
Vererbung der Vakzineimmu n itat.
I’rotokollauszug.
1) Kaiiiiiclien No. 15, Korpergewicht 2286 g.
30. X. 1. kutane Impfung mit unverdiinnter Lymphe (Impffliiche 60 qcm).
liesultat:
1. Korneaimpfung am rechten Auge mit ‘/,o Lymphe. Residtat:
-|- -f- -b.
13. XI. Untersuchung auf die virulizide Kraft des Serums (2 VV'ochen
nach der kutanen Impfung). Kesultat: starke virulizide Wirkimg
( 1 : 100 .
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Kx peri met) telle Beitriige zur VakziDeimmunitat.
525
29.1. Virulizide Wirkung des Seimms schwacher (1:20) (3 Monate
nach der Hautimpning).
4. II. 2. kutane Impfung mit unverdiinnter Glyzerinlymphe. Resultat: —
(KontroUimpfung: + + +).
9. IL 2 Junge geboren.
23. II. Virulizide Kraft dea Serums wieder sehr stark, mindestens 1:200
(ca. 3 Wochen nach der 2. kutanen Impfung).
15. IV. Untersuchung auf die virulizide Wirkung der Milch.
Resultat: unverdiinnte Milch ein \tenig wirksam, dagegen 1:10
verdiinnt keine Wirkung mehr.
27. V. Virulizide Kraft des Serums stark abgenommen; 1:20 ganz un-
wirksara.
8.VII. 3. kutane Impfung mit unverdiinnter Lymphe. Resultat: —
(KontroUimpfung; + + +).
21. VII. Virulizide Kraft des Serums auffallend starker gewordcn, 1:100
bis 1:200.
2) Juuges No. 1.
5. III. 1. kutane Impfung mit unverdiinnter Glyzerinlymphe (1 Monat
nach der Geburt). Resultat: — [KontroUimpfung'): + + +).
1. Korncaimpfung am rechten Auge mit ‘/,o Lymphe. Resultat: —
(KontroUimpfung: + + +).
Virulizide Kraft des Serums (vor der Impfung gewonnen) schwach.
Verdiinnungen 1:20 und 1:100 bewirken nur Abschwiichung,
koine Abtotung dea Virus.
6. IV. Starb an Pneuraonie.
3) Juuges No. 2.
5. III. 1. kutane Impfung mit unverdunntcr Glyzerinlymphe. Resultat: —.
1. Korncaimpfung des rechten Augcs mit Lymphe. Re¬
sultat: —.
Virulizides Vermogen des Serums schwach, Verdiinnung 1:20
bewirkt Abschwiichung des Virus.
19. V. 2 Korncaimpfung am rechten Auge mit Lymphe. Resultat:
-f-H- (KontroUimpfung: 4--f-f-)-
25. V. 2. kutane Impfung mit unverdiinnter Lymphe. Resultat: —
(KontroUimpfung: + + +).
30. VII. 3. kutane Impfung mit unverdiinnter Lymphe. Resultat: —
(KontroUimpfung: -1--I--1-)-
3. Korncaimpfung an beiden Augen mit * Lymphe. Resultat:
rechts: —, links: +-f-|- (KontroUimpfung: -f--l-4-).
17. VIII. Starb an Pneumonic.
Das Muttertier wurde am 30. Okt. 1919 zum ersten Male
an beiden Flanken breit geimpft und bekain nach 3 Tagen
eine reichliche Pusteleruption. Gleichzeitig erfolgte Kornea-
inipfung, die mit sehr starker keratitischer Reaktion verlief.
Nach 2 Wochen konstatierte ich eine erhebliche virulizide
Kraft des Serums, welche sich aber nach 3 Monaten wieder
1) Als Kontrolltier haben wir ein nur wenig alteres Kanincheujunges
gebraucht.
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
526
Kunio Sato
Digitized by
als abgeschwacht erwies. Am 4. Febr. 1920 (also 3 Monate
nach der 1. Impfung) wurde das Tier zum zweiten Male, mit
negativera Erfolge, kutan geimpft. 5 Tage nachher (9. Febr.)
gebar es 2 Junge. 1 Monat nach der Geburt stellte ich durch die
kutane Impfung mit der unverdflnnten Glyzerinlymphe fest,
dafi die beiden Jungen vollkommen imraun gegen
dieVakzination waren; auch dieHornhaut(rechtes
Auge) verhielt sich gegen die Impfung der 1:50
verdtinnten Glyzerinlymphe unempfanglich. Dabei
gingen die Kontrollimpfungen an einem etwa gleich alten
kleinen Kaninchen alle stark an. Am 6. April ging das Junge
No. 1 ein. Die Korneaimpfung mit 1:50 verdilnnter Glyzerin¬
lymphe bei No. 2, rechts, 19. Mai, und links, 30. Juli, verlief
unter dem Bilde einer starken Keratitis. Dagegen schlugen
wiederholte kutane Impfungen, am 25. Mai und 30. Juli,
immer fehl.
Von Interesse ist das serologische Verhalten der Jungen
und des Muttertieres. Das Serum der beiden jungen Ka¬
ninchen, am Tage der 1. Impfung — aber vor der Impfung
— gepruft, zeigte eine deutliche, wenn auch schwache viruli-
zide Wirkung. In dem miitterlichen Serum wurden 19 Tage
nach der 2. Impfung (14 Tage nach der Geburt der Jungen)
die vorher stark zuruckgegangenen viruliziden Antikorper
wieder in betrSchtlicher Menge nachgewiesen. Die virulizide
Kraft der Milch des Muttertieres erwies sich als ganz gering
und SuBerte sich nur bei der unverddnnten Milch durch eine
abschwachende Wirkung. Allerdings wurde diese Prflfung
erst ca. 2 Monate nach dem Wurf ausgefulirt.
Es muB nach dem Ausfall dieser Versuche wohl an-
genommen werden, daB die Vererbung der Immunitat sich
auf dem Wege passiver Immunisierung vollzogen hat.
Natiirlich ist auch daran zu denken, daB ein Uebergang des
Vakzinevirus in die Blutbahn eine aktive Immunisierung der
Jungen zur Folge gehabt haben kdnnte, und die besonderen
Umstande des Fades legen eine solche Moglichkeit und Ver-
mutung sogar nahe: Impfung des trachtigen Muttertieres
wenige Tage vor der Geburt der Jungen, vollige Hautimmunitat
des einen Jungen (No. 2) noch nach 6 Monaten. Dennoch
aber ist der Zusaminenhang wohl ein anderer, wie speziell
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHjyJIPAIGN _
ExperimenteUe Beitrage zur Vakzineimmunitat. 527
das Verhalten der Kornea bei No. 2 zu beweisen scheint.
Die erste Hornhautimpfung ist bier — wie auch bei dem bald
darauf eingegangenen Jungen No. 1 — vollig reaktionslos
verlaufen, wogegen spdtere Impfungeu (ca. 3Vj bzw. 6 Monate
nach der Geburt) zu typischer starker Keratitis fUhrten, also
die Hornhaut wieder so empfanglich fanden wie die eines
norinalen Tieres. Diese kurze Dauer der ImmunitSt spricht
gewiB sehr zuguusten ihres passiven Charakters! Das Ver¬
halten der Haut bei dem gleichen Tiere steht mit einer solcheu
Auffassung nicht in Widerspruch. Die wiederholten kutanen
Impfungen sind zwar niemals angegangen, auch nicht nach
b Monaten, doch ist hierdurch keineswegs der Beweis fiir die
Dauerhaftigkeit der ererbten Immunitat geliefert. Sie kdnnte
nur vorgetauscht sein, und gerade die in frilheren Abschnitten
mitgeteilten Beobachtungen fUhren zu einer anderen Deutung.
Nachdem wir festgestellt haben, daB der reaktionslose
Verlauf der kutanen Iinpfung bei eineni schon immunisierten
Tiere eine gesteigerte Virulizidie d«s Blutes und damit wahr-
scheinlich auch eine Verstfirkung der Immunitat zur Folge
hat, kann das Hautexperiment in dem vorliegenden Falle nicht
als rein augesehen werden. Es ist sehr wohl mOglich und
sogar in hohem MaBe wahrscheinlich, daB das Junge (No. 2)
ursprflnglich nur iiber eine Serumimmunitat verfiigt und daher
die 1. Kutanimpfung, ca. 1 Monat nach der Geburt, nicht
mit spezifischer Hautreaktion beantwortet hat, durch diese
Impfung aber zugleich nun aktiv immun geworden ist. Des
weiteren besteht die Moglichkeit, daB die inzwischen wieder
ausgefiihrte und positiv ausgefallene Korneaimpfung eineu
EinfluB auf den Verlauf der 2., zurn mindestens der 3. Kutau-
impfung im Sinne aktiver Immunisierung ausgeubt hat. Auf-
fallend ist es andererseits aber, daB die Hautimmunitat, die
sich bei jeder Impfung als vollkominen erwies, die EmpfMug-
lichkeit der Kornea nicht im geringsten beeintluBte.
Wenn auch zugegebeii werden kann, daB der von uns
angenommeiie Zusammenhang durch die vorliegenden Ver-
suche nicht vollig einwandfrei bewiesen ist, so war ja ein
solcher Beweis iiberhaupt kaum experimentell zu fiihren. Man
konnte sich eben auch vorstellen, daB die Jungen des im-
munen Muttertieres ihre Immunitat auf aktivem Wege intra-
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
528
Kunio Sato,
Digitized by
uterin erworben batten und daB diese — relativ schwache —
Immunitfit in der Haut iSnger erhalten blieb als in der Kornea.
Doch trSgt diese Deutung, wie uns scheint, den Einzelheiten
der vorliegenden Beobachtung nicht gendgend Rechnung.
Aus dieser kurzen Beobachtung geht jedenfalls hervor:
1) Die Vererbung der Vakzineimniunitat bei
Kaninchen ist mSglich.
2) Sie wurde festgestellt bei den 2 Jungen
eines durch kutane und korneale Impfung im-
munisierten Muttertieres.
3) Die ererbte Iniinunitat erstreckte sich auf Haut und
Kornea.
4) Im Serum der immunen Jungen konnten
nur schwache virulizide Krdfte nachgewiesen werden.
5) Das Serum des Muttertieres besaB stark
virulizide Eigenschaflen, die Milch nur geringe Wir-
kung.
6) Die Hornhautimmunitat des jungen Kaninchens
war nach SVj Monaten erloschen, die Hautimmunitfit
bestand fort.
7) Die ererbte Immunitat ist vermutlich eine passive
I m m u n i t a t.
VII. Schlufifolgerungen.
1. UeberdieTheorie der Variola-Vakzineimmunitat.
Die von v. Prowazek begriindete histogene Theorie
der Variola-Vakzineimmunitat fand am meisten Anhanger.
Den antivirulenten Substanzen im Serum wurde keine
aiisschlaggebende Bedeutung zugesprochen, weil die friiheren
Untersuchungen ergeben batten, daB zunachst ihr Auftreten
durchaus kein regelmaBiges Vorkommnis darstellt, daB sie
ferner im Vergleich mit der Immunitat sehr rasch aus dem
Blut verschwinden und daB schlieBlich auch die Immunitat
sich bereits in vollem MaBe entwickeln kann, bevor die anti¬
virulenten Substanzen im Serum nachweisbar sind. Dazu
schien noch die Sonderstellung der Korneaimmunitat ein un-
fiberwindliches Hindernis fiir die Annahme einer Serum-
immunitat zu bilden.
Origmal from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAI6N
Experimentelle Beitrige zur VakzineimmuDitat.
529
Wie wir gesehen haben, kann nach neueren Beobachtungen
das selbstandige Verhalten der Kornea gegenflber der Vakzine-
infektion und VakzineimmunitSt nicht mehr in vollem Um-
fange aufrechterhalten warden, und auch filr die Bedeutung
der spezifisch viruliziden AntikSrper des Blutserunis haben
sich immer mebr Anhaltspunkte gewinnen lassen. Es ist
namentlich das Verdienst von Gins, diese Verhaitnisse in
einer Reihe grflndlicher Untersuchungen naher verfolgt zu
haben. Auch raeine eigenen experimentellen Studien, flber
die in der vorliegenden Arbeit berichtet worden ist, bestStigen
im wesentlichen diese Auffassung und sprechen dafflr, daU
zwischen KorneaimmunitM und HautimmunitSt doch sicher
Wechselbeziehungen bestehen, die oflFenbar durch die viruli¬
ziden Wirkungen des Imraunserums vermittelt werden ^). Die
Tatsache, dafi wir virulizide Stoffe im Blute der kutan ge-
impften Kaninchen in der Regel auftreten sahen, zum Teil in
betrachtlicher Menge, und daU auch bei kornealer Infektion
das Blutserum einen gewissen, meist allerdings schwachen
Gehalt an solchen Antikbrpern aufwies, gibt der hunioralen
Theorie der Vakzineimmunitat jedenfalls eine StQtze. Da
ferner die Mfiglichkeit einer passiven Immunisierung nach
unseren friiheren Darlegungen als erwiesen gelten kann und
wir selbst in einem Falle angeborener Immunitat bei 2 jungen
Kaninchen mit grSBter Wahrscheinlichkeit auf eine passive
Immunisierung wShrend des intrauterinen Lebens durch das
immune Muttertier schlieCen durften, ist wohl an der Be¬
deutung der viruliziden Serumstoffe fUr die Vakzineimmunitat
kaum mehr zu zweifeln. Daher mbchte ich glauben, daB man
mit Gins wohl anzunehmen berechtigt ist, „daB die anti-
virulenten Substanzen bei Vakzine und Variola dieselbe
Bedeutung fflr das Vorhandensein der ImmunitSt haben,
wie die bei anderen Infektionskrankheiten bekannten Anti-
kbrper auch“.
1) Auch fiir das ViruB des Herpes febrilis ist durch Doerr und
VOchtiiig (86) gezeigt worden, diifi die vermeintliche Sonderstellung der
Kornea in VV'ahrheit nicht vorhanden ist. Die Wechselbeziehungen zwischen
Allgemeininfektion und Korneainfektion weisen eine weitgehende Ueber-
■einstimmung mit den Verhaltnissen bei der Vakzineiufektion auf.
Zeltfchr. f. Immuntilitsfonchung. OrtK, Bd. 3t. ’ 36
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
530
Kunio Sato,
Digitized by
Das, was einer rein humoralen, auf der Virulizidie des
Blutes beruhenden ErklSrung der Pockenimmunitat Schwierig-
keiten bereitet, ist die zwischen dem Immunitfits-
zustand des Individuums und dem AntikSrper-
gehalt seines Blutes in vielerHinsichtbestehende
Diskrepanz. Freilich ist der sichere Nachweis der viruli-
ziden Antikorper und vor allem eine genaue Auswertung des
viruliziden Serums aus den mehrfach dargelegten Griinden
keineswegs einfach. Die technischen Schwierigkeiten sind
bier ungleich groSer als etwa bei Bestimmung des anti-
toxischen, bakteriolytischen, agglutinatorischen usw. Titers
eines Immunserums. Vor allem spielt die schwankende Viru-
lenz der Lymphe eine storende Rolle. Das ist wohl auch die
Ursache, weshalb die Angaben fiber das Auftreten virulizider
Stoffe so sehr auseinandergehen. Mit Recht hat Gins auf
diesen Umstand nachdrficklichst hingewiesen. Dennoch aber —
und daffir finden sich ja auch in seinen eigenen Versuchen
Beweise — kann man sagen, daB die viruliziden Stoffe selbst
bei hochimmunen Tieren mitunter nur in geringer Menge
vorhanden sind und im Abtotungsversuch nur eine maBige
Wirkung auBern. Es kommt hinzu, daB die antivirulente
Kraft des Serums der Immunitat des Tieres keineswegs
parallel geht. Wir fanden, in Bestfitigung anderweitiger Be-
obachtungen, daB das Serum seiner viruliziden Fahigkeiten
in der Regel nach mehreren Monaten grfiBtenteils wieder ver-
lustig geht, wfihrend die Immunitat noch anscheinend unver-
mindert fortbesteht. Aehnlich liegen die Dinge ja auch z. B.
bei der Typhusimmunitfit, und es fragt sich eben hier wie
dort, ob wir berechtigt sind, eine Immunitat, die noch lange
nach dem Verschwinden der spezifischen Antikorper wirksam
bleiben kann, einzig und allein mit der spezifischen Serum-
verfinderung zu erklSren.
In dem Verhalten der Kornea mochten wir an sich, mit
Gins, keinen zwingenden Gegengrund gegen die Antikorper-
theorie der Vakzineimmunitfit erblicken, soweit es sich
um die erschwerte, schwachere und auch ver-
spatete Beteiligung dieses Gebildes an der all-
gemeinen Immunitat handelt. Nur eine besonders
kraftige Immunisierung mit Hilfe einer virulenten Lymphe
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Experimentclle Bcitriige zur Vakzinciramunitat.
531
laBt (lie KorneaimmunitSt auf die Haul ilbergehen und um-
gekehrt. Die ungUnstigen Blutversorgungsverhaitnisse der
Kornea lassen jedoch diesen Zusaniinenhang einigermaBen
begreifen. So scheint es uns auch von Interesse zu sein,
daB die Immunisiening der einen Kornea durcb die andere
nach unseren Beobachtungen nur sehr unvollkomraen und
jedenfalls wesentlich schwerer gelingt als die wechselseitige
Kornea- und Kutaniminunisierung. In diesem Falle sind eben
die Zirkulationsschwierigkeiten in beiden Korneae zu iiber-
winden. Wenn man weiterhin aber bedenkt, daB die Iin-
munitat der Kornea iin AnschluB an eine Kutaninipfung nicbt
einfach etwas spater, sondern erst nach Monaten eintritt,
so ist das voin Standpunkt rein serologischer Betrachtungs-
weise schon weniger zu verstehen. Denn um diese Zeit sind
die viruliziden Autikorper, wie wir nachweisen konnten, meist
schon stark in der Abnahnie begriffen oder selbst ganz ver-
schwunden.
Es bedarf also wohl noch weiterer PrUfung, ob die
Vakzineimmunitat in der Tat ausschlieBlich durch serologisclie
Veranderungen und spezitisch virulizide Antikbrperwirkung
erkiart werden kann.
2. Zur Wirkung der Revakzination.
Die Frage nach Wirkung und Wert der Revakzination
wird neuerdings wieder lebhaft erortert. Insbesondere er-
heben sich Stimmen, welche einen EinduB der Revakzination
auf die Verstarkung der Iinmunitat bezweifeln, fiir den Fall,
daB die Wiederimpfung ohne Pustelbildung ver-
lauft. Diese Zweifel grQnden sich zuin Teil auf epidemio-
logische Beobachtungen, wonach jugendliche Personen relativ
kurze Zeit nach der Revakzination gelegentlich von Pocken
befallen werden konnen, zum Teil auf wissenschaftliche Er-
wagungen. Wenn die Wiederimpfung mit regelrechter Pustel¬
bildung veriauft, so ist eine Erneuerung und Verstarkung der
Vakzineimmunitat wohl ohne weiteres anzunehmen. Denn die
Pustelbildung zeigt die reichliche Vermehrung des Virus an
der Impfstelle an, die eine Gegenwirkung auslost und infolge-
dessen die Immunisierung des Organismus weiterfiihrt. Wo
aber keine Vermehrung des Virus statttindet, kommt es,
36*
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
532
Kunio Sato,
Digitized by
wie man auf Grand der Untersuchungen v. Pirquets fiber
vakzinale Allergie anzunehmen pflegt, auch nicht zu einer
Erneuerung der Immunitfit. Man ist der Meinung, die aller-
gische Frfihreaktion and alle anderen nicht init ausgesprochener
Pustelbildung einhergehenden Impfreaktionen bei Wieder-
iinpflingen seien nichts weiter als ein „Iraniunitats*
phanomen“, das lediglich den Immunitatszustand des be-
treffenden Individuums anzeige, nicht aber eine erneute Stei-
gerung der Immunitfit bedinge. Das infiBte natfirlich die
Stellungnahme zu der Frage der Revakzination schwerwiegend
beeinflussen. Zum mindesten warden die Kriterien, die bis-
her fUr die Beurteilung des Impferfolges bei Revakzinierten
mafigebend waren, einer Revision bedflrfen, and Gins (56)
zieht auch tatsachlich diese Konsequenz. Aelinlich auBert
sich Paul (57).
Von anderer Seite ist trotzdem an dem Wert der Re¬
vakzination auch bei reaktionslosem Verlauf festgehalten
worden (Pa sc hen). Dies geschah aber nur auf Grand all-
gemein biologischer und praktischer ErwSgungen. Eine experi-
uientelle Bearbeitung hat die Frage nicht gefunden.
Meine tierexperimentellen Untersuchungen geben nun, wie
ich glaube, auf die vorliegende Frage eine unzweideutige Ant-
wort. Sie haben gezeigt, daB eine Wiederimpfung,
auch wenn sie vollig reaktionslos verlief, in be-
zug auf die Produktion von Schutzstoffen im
Blutserum ebenso wirksam ist wie eine erfolg-
reich vollzogene Erstimpfung. Kaninchen, die durch
Kutanimpfung vollkoinmen hautiminun geworden waren, ihre
viruliziden Antikorper aber ganz oder groBtenteils wieder
verloren batten, reagierten auf die negativ verlaufende kutane
Nachiinpfung ausnahmslos mit der Neuerzeugung stark wirk-
sainer virulizider Antikorper. Mag man nun diese Stotfe als
ausschlaggebend ffir die Vakzineimmunitiit ansehen oder nicht,
so enthalten unsere Versuchsergebnisse doch wohl den sicheren
Hinweis darauf, daB die Revakzination, selbst bei
Ausbleiben jeder Hautveranderung, eine Steige-
rung der Immunitfit bewirkt. Denn auch ffir den Fall,
daB man etwa die viruliziden Stoffe nur als eine Begleit-
erscheinung, als ein Symptom der Immunitat ansprechen
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
_ URBANA-OHAMP-AK3N - - '
ExperimenU^llc Beitr^e zur Vatczineimmunitat.
533
wollte, so zeigt ihr erneutes vermehrtes Auftreten eben doch
an, dafi der Organismus die Kutaninipfung mit einer Abwehr-
reaktion beantwortet hat. Diese letztere mit einer Steige-
rung der ImmunitSt zu identifizieren, ist gewifi berechtigt.
Inwieweit die Erfalirungen des Tierexperimentes auf den
Menschen Obertragen werden dflrfen, wird sich erst durch
Untersuchungen am Menschen erweisen. Es kdnnte sein,
dafi die Dinge hier ganz gleich Hegen, dafi also auch bei
Menschen die ohne Pustelbildung verlaufende Revakzination
eine vermehrte AntikSrperbildung und damit eine gesteigerte
Immunitat zur Folge iiat.
VIII. Zusammenfassoiig.
1) Durch Kutanimpfung wird bei Kaninchen eine
sichere und fiber viele Monate sich erstreckende Haut-
iinmunitfit, durch Korneaimpfung eine Starke Im-
inunitat der geimpften Kornea erreicht.
2) Subkutane Impfung kann ebenfalls zur Hautimmunitfit
ffihren; Korneaimmunitat wird auf diese Weise nur unvoll-
kommen erzielt.
3) Die punktffirinige Impfung der Kaninchen-
kornea verursaclit ihre totale Iramunitfit.
4) Nach der Kutaninsertion wird auch die Kornea
immun; ihre Sonderstellung bei der Vakzineimmunit&t zeigt
sich lediglich darin, dafi die KorneaimmunitSt viel
spater, sowie ineistens in schwacherem Mafie auf-
tritt als die allgem eine Immunitat. Sie kann aber -
auch vollkommen sein. Der Grad der allgemeinen
Immunitat scheint den Immunitatsgrad der Horn-
haut zu bedingeii.
5) Durch die Korneaimpfung kann umgekehrt eine
allgemeine Immunitat (Hautimmunitfit) hervorgerufen
werden. Auch hier ist der Erfolg offenbar von der Starke
.der Reaktiou (Keratitis) abhangig. Beiderseitige Hornhaut-
impfung wirkt sicherer als nur einseitige. Die Hautimmunitat
entwickelt sich nach kornealer Impfung schwacher und lang-
samer als die Hornhautimmunitat oder als die Hautimmunitat
nach kutaner Impfung.
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
634
Kiinio 8ato.
Digitized by
6) Durch Impfung einer Kornea laSt sich Immunitat
tier anderen Kornea nur schwer erzielen,
7) Nach kutaner Vakzineimmunitat treten so gut wie
regelmaBig antivirulente Substanzen ini Blute der
geeinipften Tiere (Kaninchen) auf. Sie sind von wechselnder
Starke. Bisweilen auBert das Imniunserum noch in Ver-
dflnnungen von 1:100 und 1:200 sicliere AbtOtungskraft
gegeniiber hochvirulenter Lymphe.
Die virulizide Wirkung des Blutes ist nach einigen Mo-
naten (ca. 3) gew6hnlich wieder stark gesunken oder ganz
verschwunden.
8) Auch nach kornealer Impfung treten virulizide Stoffe
im Blute der Kaninchen auf, aber iin allgemeinen weniger
regelmaBig und weniger wirksam als nach kutaner Impfung.
Beiderseitige Keratitis scheint gunstigere Bedingungen zu
geben als einseitige.
9) Kaninchen, welche durch Kutanimpfung immun ge-
macht sind und spaterhin, nach Verschwinden der viruliziden
Antikbrper aus dem Blute, einer erneuten Kutanimpfung
unterworfen werden, bekommen im AnschluB hieran wieder
■ein stark virulizides Serum. Dabei ist die Wieder-
impfung wegen der noch fortbestehenden Immunitat von keiner
sichtbaren Reaktion gefolgt.
10) Es wurde in einem Fall die Vererbung der Im¬
munitat beobachtet. Das immune Muttertier hatte 5 Tage
vor dem Wurf eine erneute kutane Impfung erhalten. Die
beiden Jungen zeigten sich 4 Wochen nach der Geburt gegen-
flber kutaner und kornealer Impfung immun. Bei dem einen
Jungen (das andere starb bald) war die korneale Immunitat
nach 37* Monaten wieder erloschen. Die Analyse des Falles
sprach mit groBer Wahrscheinlichkeit dafur, daB es sich um
eine Vererbung der Immunitat auf passivem Wege
handelte.
11) Die viruliziden Antikorper spielen bei der.
Vakzineimmunitat eine wesentliche Rolle.
12) Die Sonderstellung der Kornea, bisher viel-
fach als Beweis fiir den rein histogeneu Charakter der
Pockenimmunitat angesprochen, kanu in dem bisherigen
Google
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Experimentelle Beitrage zur Vakzineimmunitat.
535
Sinne nicht aufrecht erhalten werden. Die
Schwierigkeit der wechselseitigen Haut- und Kornea-
immunisierung sich durch die mangelhafte Blutversorgung
der Kornea erklfiren, wodurch die Uebertragung der viruli-
ziden AntikSrper nach beiden Richtungen behindert ist.
13) Da der Gehalt des Blutes an viruliziden
Stoffen der Immunit&t des Tieres nicht immer
parallel geht, weder nach Menge noch nach Persistenz
der AntikSrper, so ware die Frage weiter zu prflfen, ob die
spezifische Serumveranderung die ausschlieBliche Ur-
sache der Vakzineimmunitat darstellt.
Aebnliche Verhaitnisse sind allerdings auch bei anderen
Iiifektionskrankheiten bekannt, wo man die erworbene Im-
munitat, trotz des mangelnden Parallelismus, auf den Anti-
korpergehalt des Blutes zurUckfflhrt (z. B. Typhus).
14) Die Tatsache, daU bei den durch kutane Impfung
immunisierteu Tieren durch die reaktionslos ver-
laufende Wiederimpfung regelmafiig eine erheb-
liche Anreicherung der vorher ganz oder teil-
weise verschwundenen viruliziden Antikdrper
erzielt werden konnte, kann als Beweis dafQr betrachtet
werden, daB unter diesen Umstanden auch eine weitere
Steigerung der Immunitat eintritt. Es ware mbglich,
daB beim Menschen ahnliche Verhaitnisse vorliegen, daB also
auch die ohne Pustelbildung verlaufende Revak-
zination die bestehende Immunitat nicht nur anzeigt,
sondern zugleich verstarkt.
Llteratunrerzeiehnls.
1) Gins, Zeitschr. f. Hyg. u. Infektionskrankh., Bd. 82, 1916.
2) — Berl. klin. Wochenschr., 1914, No. 9.
3) — ebenda, 1920, No. 12.
4) Supfle, Arch. f. Hyg., Bd. 68, 1909.
5) — und Eisner, Centralbl. f. Bakt., Orig., Bd. 60, 1911.
6) Paschen, Kraus-Levaditi, Handbuch der Technik u. Methodik der
Immunitiitsforschung, 1. Erg.-Bd.
7) — Deutsche med. Wochenschr., 1920, No. 49.
8) Kraus und Volk, Wiener klin. Wochenschr., 1906, No. 21.
9) — — Bericht der Kais. Akad. in Wien, Bd. 117, Abt. Ill, 1907.
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
536
Kunio Sato,
Digitized by
10) V. Prowazek, Arb. a. d. Kais. Ges.-Amt, Bd. 22, 1905; Bd. 23, 1906;
Bd. 26, 1907.
11) — Centralbl. f. Bakt., Orig., Bd. 72, 1914.
12) Griiter, Bericht iiber die 36. Vers, der Ophthalm. Ges., Heidelberg 1910.
13) — Arch. f. Augenheilk., Bd. 70, 1911.
14) Tanaka, Centralbl. f. Bakt., Orig., Bd. 32, 1902.
15) Freyer, Centralbl. f. Bakt., Orig., Bd. 36, 1904.
16) Casagrandi, Centralbl. f. Bakt., Ref., Bd. 39, 1907.
17) — zitiert nach Siipfle.
18) Totnarkin und 8u4rez, Zeitschr. f. Immunitatsf., Bd. 26, 1917.
19) y. Pirquet, Wiener klin. Wochenschr., 1906, No. 47.
20) Jobling, Journ. of exper. Med., Vol. 8, 1906.
21) Heller und Tomarkin, Deutsche med. Wochenschr., 1907, No. 20.
22) Dahm, Centralbl. f. Bakt., Orig., Bd. 51, 1909.
23) Berm bach, Centralbl. f. Bakt., Orig., Bd. 49, 1909.
24) Sngai, CentralbL f. Bakt., Orig., Bd. 49, 1909.
25) Xylan der, Centralbl. f. Bakt., Orig., Bd. 51, 1909.
26) Beintker, Centralbl. f. Bakt., Orig., Bd. 48, 1909.
27) Moses, zitiert nach Tomarkin und Carrifere.
28) Shiga und Kii, Zeitschr. f. Immunitatsf., Ref., 1910.
29) Hallwachs, Zeitschr. f. Hyg. u. Infektionskrankh., Bd. 69, 1911.
30) Kryloff, Centralbl. f. Bakt., Orig., Bd. 60, 1911.
31) Chauveau, Compt. rend. Acad. d. sc., T. 66, 1868.
32) Raynaud, Compt. rend. Acad. d. sc., T. 74, 1877.
33) Janson, Centralbl. f. Bakt., Bd. 10, 1891.
34) Cramer and Boyce, Brit. med. Journ., 1893, p. 183. Ref. Centralbl.
f. Bakt., Bd. 15, 1894.
35) Landmann, Zeitschr. f. Hyg. u. Infektionskrankh., Bd. 18, 1894.
36) Rem bold, Centralbl. f. Bakt., Bd. 18, 1895.
37) Beumer und Piper, Berl. klin. Wochenschr., 1895, No. 34.
38) Straus, Cham bon et M4nard, La Semaine m4d., 1890, No. 57.
39) B6cl6re, Chambon et M4nard, Annal. Pasteur, T. 10, 1896.
40) -— Annal. Pasteur, T. 13, 1899.
41) Hlava und Honl, zitiert nach Siipfle.
42) Zagari, Ref. Centralbl. f. Bakt., Bd. 22, 1897.
43) Tedeschi, Centralbl. f. Bakt, Ref., Bd. 31, 1902.
44) Chaumier et Rehns, Compt. rend, de la soc. biol., 1903, No. 10.
45) Risel, Hyg. Rundschau, Jahrg. 15, 1905.
46) Sternberg, Centralbl. f. Bakt., Bd. 19, 1896.
47) Kin yon. Ref. Hyg. Rundschau, Jahrg. 5, 1895.
48) Courmont et Montagard, Ref. Hyg. Rundschau, Jahrg. 12, 19
49) Martins, Arb. a. d. Kais. Ges.-Amt, 1900, No. 17.
50) Arndt, Centralbl. f. Bakt., Orig., Bd. 47, 1908.
51) Nobl, Wiener klin. Wochenschr., 1906, No. 32.
52) Knopfelmacher, Berl. klin. Wochenschr., 1906, No. 44.
53) Calmette et Gu4rin, Annal. Pasteur, T. 15, 1901.
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Experimentelle Beitrage zur Vakzineimmunitat.
587
54) Sobernheim, Ck)rr.-Blatt f. Schweizer Aerzte, 1919, No. 49.
55) B41in, Revue intern, de la vaccine, 1910. Centralbl. f. Bakt, Bd. 50,
Ref., 1911.
56) Gins, Hyg. Rundschau, Jahrg. 29, 1919.
57) Paul, Wiener med. Wochenschr., 1915, No. 15.
58) Voigt, Hyg. Rundschau, Jahrg. 15, 1905.
59) Pfeiffer. Hyg. Rundschau, Jahrg. 16, 1906.
60) V. Wasielewski, Zeitschr. f. Hyg. u. Infektionskrankh., Bd. 38, 1901.
61) Sen f ft, Berl. klin. Wochenschr., 1872, No. 17.
62) Paul, zitiert nach Supflc.
63) FrShlich, zitiert nach Siipflc.
64) Chauveau, zitiert nach Siipfle.
65) Warlomont, zitiert nach Siipfle.
66) Torikata, Koktoprazipitinogene und Koktoimmunogene. Bern 1917.
67) Bizzarri und Palmas, Zeitschr. f. Immunitatsf., Ref.. Bd. 5, 1912.
68) Tessier et Gastinel, C. r. soc. de biol., T. 73, 1912.
69) Arzt und Kerl, Wiener klin. Wochenschr., 1913, No. 20.
70) Klein, Miinch. med. Wocdienschr., 1914, No. 47.
71) V. Konschegg, Miinch. med. Wochenschr., 1915, No. 1, und Wiener
klin. VV'ochenschr., 1915, No. 17.
72) Habetin, Wiener klin. Wochenschr., 1916, No. 22.
73) Gins und Weber, Zeitschr. f. Hyg. u. Infektionskrankh., Bd.82, 1916.
74) Pfeiffer, Zeitschr. f. Hyg. u. Infektionskrankh., Bd. 43, 1903.
75) Wolff, Virchows Archiv, Bd. 112, 1888.
76) Behm, Berl. klin. Wochenschr., 1882, No. 29, p. 453.
77) Palm, Archiv f. Gynakol., Bd. 62, 1901.
78) Supflc, Centralbl. f. Bakt, Grig., Bd. 54, 1910.
79) V. Prowazek und Miyaji, Centralbl. f. Bakt, Bd. 75, 1915.
80) Tomarkin und Carribre, Kolle-Wassermann, Handb. der pathog.
Mikroorganismen, 2. Aufl.
81) Camus, Journ. de physiol, et pathol. g6n4r., T. 10, 1918.
82) Henseval et Convent, Bull, de I’lnst Pasteur, T. 10, 1912.
83) Haendel, Gildemeister und Schmitt, Centralbl. f. Bakt, Orig.,
Bd. 85, Heft 6/7. (8. Tagung der Mikrobiol. Vereinigung.)
84) Kirstein, Deutsche med. Wochenschr., 1921, No. 12.
85) Mensching, Arch. f. Kinderheilk., Bd. 68, 1920.
86) Doerr und Vochting, Rev. g6n<5r. d’ophthalmol., T. 34,1920, No. 10.
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
538
Erich Putter,
Nnchdruck verboten.
[Au8 dem bakteriologischen Laboratorium des Stadt. Krankenhauses
am Urban, Berlin (Leiter: Prof. Dr. L. Michaelis).]
Untersnchungcn liber Bakterleiikataphorese.
Von Dr. Erich Putter,
Assistent am Hygiene-Institut der Universitat Greifswald.
Mit 1 Abbildung im Text.
(Eingegangen bei der Rcdaktion am 10. Mai 1921.)
Die von dem russischen Physiker R e u s s entdeckten
Erscheinungen der Kataphorese und Elektrosmose sind schon
seit mehr als 100 Jahren bekannt. Dock erst Quincke*) hat
1861 durch umfassende systematische Versuchsreihen die ver-
wickelten Zusainmenhange erkannt, die ihre exakte raathema-
tische Formulierung durch v. Sinolochowski®) vor wenigen
Jahren erhalten haben.
Die Methode der kataphoretischen Untersuchung hat von
Jahr zu Jahr zunehniende Bedeutung erlangt. Denn sie ist in
hohem MaBe geeignet, Einblicke in das Wesen der organisierten
und nicht organisierten Materie zu gewahren. Besonders in der
Kolloidchemie hat sie zu wertvollen theoretischen wie prak-
tischen Ergebnissen geftihrt.
MichaelisO konnte mit ihrer Hilfe die Ladung und den isoelek-
trischen Punkt der Fermente und einer lleihe anderer chemisch und bio-
logisch wichtiger Substanzen ermitteln. Svedberg und Andersson*)
erforschten die qualitativen und quantitativen LadungsgroSen hochdisperser
KoUoide. Ellis') untersuchte das kataphoretische Verhalten von Oel-
emulaionen. In neuerer Zeit hat v. Szent-Gyorgyi") eine Reihe von
1) M^moires de la Soc. imp^r. des naturalistes de Moscou, 1807. T. II,
p. 332; 1808, T. II, p. 327.
2) Annal. der Phys. u. Cheraie, Bd. 113, 1861, p. 513.
3) Gratz, Handbuch der Elektrizitat u. des Magnetismus, Bd. 2,
1912, p. 382.
4) Literatur crschopfeiid in Michaelis, Die Wasserstoffionenkonzen-
tration, Berlin 1914.
5) Kolloidzeitschrift, Bd. 24, 1919, p. 156.
6) Zeitschr. f. phys. Ohemie, Bd. 78, 1911, p. 321.
7) Biochem. Zeitschr., Bd. 110, 1920, p. 116 u. 119; Bd. 113, 1921,
p. 29 u. 36.
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Generated on 2019-01-13 01:14 GMT / http://hdl.handle.net/2027/uiug.30112027689659
Public Domain in the United States, Google-digitized / http://www.hathitrust. 0 rg/access_use#pd-us-g 00 gle
Digitized by
Gocigle
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
540
Erich Putter,
Digitized by
licher Qeschwindigkeit. Nur die Kaninchenblutkorperchen wandern in
Kochsalzlosung kathodisch, in Zuckerldsung ebenfalls anodisch. Hamo-
lytiaches Immunserum entladt die Blutkorperchen, Normalserum ist ohne
EinfluQ auf die Ladung.
Wenn trotz der zahlreich vorliegenden Untersuchungen
die Bakterienkataphorese nochmals zum Gegenstand einer
Untersuchung gemacht werden soil, so geschieht es deshalb,
weil bei den meisten bisherigen Arbeiten der EinfluB der
Wasserendosmose und eine Reihe anderer Momente, die weiter
unten Erwahnung fiiiden werden, nicht genugend berflcksichtigt
zu sein scheint.
Auf Anregung von Herrn Professor Michael is, unter
seiner Leitung und Unterstutzung, fiir die ich ihm zu be-
sonderera Danke verpdichtet bin, habe ich die folgenden Unter-
snchungen durchgefiihrt.
Die Eigenschaften kolloidaler Lbsungen und grbberer
Suspensionen gehen ganz allniMilich ineinander iiber. Alle
Erscheinungen, die man an den ersteren studieren kann, ver-
inag man mil gewissen Modifikationen auch an den letzteren
nachzuweisen. Die Technik der Versuche ist um soahnlicher,
je bestandiger eine solche Suspension ist. Werden die Teilchen
sehr grob, so verschleiert der starke EinfluB der Schwere
die Erscheinungen durch die schnelle spontane Sedimentierung.
Es lassen sich also Aufschwemmungen von Bakterien mit den-
selben technischen Hilfsmitteln untersuchen wie kolloidale
Lbsungen. So entsprechen, um ein Beispiel zu nennen, die
Agglutinationen den Flockungen. Auf der einen Seite sind
speziflsche Immunsera das wirksame Agens, auf der anderen
Schwermetallionen Oder H-Ionen. Auch die elektrische Kata-
phorese lliBt sich in beiden Fallen analog durchfUhren, wenn
die Suspensionen einigermaBen stabil sind, wie das z. B. bei
den roten Blutkbrperchen der Fall ist; allerdings kommt hier
schon als stbrendes Moment die leichte SedimentierungsfShig-
keit hinzu. Richtet man die Versuchsanordnung jedoch so
ein, daB die einzelnen Versuche nur kurze Zeit dauern, so
kann man von ihr absehen. Prinzipieller Natur ist aber der
Unterschied gegeniiber den kolloidalen Suspensionen nicht.
Denn auch bei ihnen tritt eine spontane Sedimentierung ein,
die allerdings nicht zu einer so weitgehenden Absetzung fiihrt.
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMEAIGN -
Untereuchungen ubcr Bakterienkataphorese. 541
sondern zu einer Gleichgewichtslage der Verteilung (Perrin,
S V e d b e r g).
Eine der auffSlligsten Erscheinungen dieser Suspensionen
in weitestem Sinne ist die elektrische Ladung der dispersen
Phase gegen das Dispersionsraittel. Zur Erkennung des
Ladungssinnes und seiner GrdCe gibt es zwei Methoden, die
Elektrophorese und die Elektroendosmose. Die Resultate beider
Methoden sind in alien Fallen, in denen sie beide andwendbar
sind, identisch. Wandern die freischwebenden Teilchen zur
Anode, so wandert das Dispersionsmiitel bei uubeweglichen,
als Diaphragma wirkenden Teilchen zur Kathode. Nach den-
selben Prinzipien laBt sich auch die Ladung ganzer lebender
Zellen, wie BlutkSrperchen, Bakterien, Korperzellen, gegen
das Suspensionsniittel untersuchen. Die endosmotische Ver-
suchsanordnung ist hier jedoch nur selten anwendbar. Ini
allgemeinen wird man auf die Kataphorese angewiesen sein.
Bei der Kataphorese sind eine makroskopische und eine mikro-
skopische Technik zu unterscheiden. Die makroskopische hat
einen beschrankten Anwendungsbereich. Sie findet ihre Grenze
an der StabilitSt der Suspensionen. Fiir Bakterienaufschwem-
mungen ist sie unter gewissen Bedingungen noch brauchbar,
fiir Blutkorperchensuspensionen kaum. Denn die Zeitdauer
der einzelnen Versuche ist so groB, daB hier schon die spontane
Sedimentierung das Versuchsergebnis in stbrendem MaBe ver-
schleiert. Ferner erfordert sie so viel Material, daB sich
systematische Versuchsreihen meistens nicht werden durch-
fQhren lassen. Man wird vielmehr nur gelegentlich als Kontroll-
versuch auf sie zuriickgreifen. In diesen Fallen ist man also
auf die mikroskopische Technik angewiesen.
Das Prinzip der mikroskopischen Methode besteht darin,
daB man in eine zur mikroskopischen Beobachtung geeignete
Kammer die zu untersuchende Suspension hineinbringt und
nun ihre Wanderungsrichtung unter dem EinfluB eines elek-
trischen Feldes verfolgt. Statt des einfachen Mikroskops kann
man natOrlich f(ir kleinere Objekte Ultramikroskop, bezw.
Dunkelfeld benutzen.
Die Einrichtung einer geeigneten Apparatur erfordert
eine genaue theoretische Ueberlegung der zu erwartenden
Vorgange. Folgende Punkte sind dabei von Bedeutung: 1) Zu-
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
542
Erich Putter,
Digitized by
fUhruDg des Stromes unter Vermeidung cheinischer Ver-
anderungen der Flilssigkeit an den ziifiihrenden Elektroden,
besonders Saure- und Alkalibildung; 2) EinfluB der Glaswand
auf die Bewegungserscheinungen.
1. Ueber die Art der Stromzufuhr.
Es handelt sich als Wichtigstes darum, daB alle Polarisations-
erscheinungen ausgeschaltet werden. Da, wie wir sehen werden,
die Wanderungsrichtung von dem Gehalt an Elektrolyten, be¬
sonders Sauren und Laugen, stark abhangig ist, darf sich an
Anode oder Kathode keine Saure oder Alkali entwickeln. Man
konnte zwar Metall-(Platin-)elektroden wahlen und sie so weit
vom Beobachtungsort entfernt in die zu untersuchende Sus¬
pension tauchen, daB die entstehenden elektrolytischen Produkte
wahrend der kurzen Beobachtungszeit des einzelnen Versuches
nicht an den Beobachtungsort selbst hingelangen konnten.
Und tatsachlich hat Svedberg bei seiner Versuchsanordnung
mit auBerst kurzer Beobachtungszeit und photographischer
Registrierung der Ergebnisse solche Elektroden verwandt.
Doch fur eine iSngere Versuchsdauer, wie sie bei der Be-
obachtung mit dem Auge notwendig ist, sind die Metall-
elektrodeu nur ein schlechter Notbehelf. Denn die hydrolytische
Spaltung ist mit einer Entwicklung von Gasblasen verbunden,
durch deren fortwahrendes Entstehen und ZusammenflieBen
dauerud Erschiitterungen bewirkt werden, die die StrQmungs-
richtungin unkontrollierbarer Weise beeinflussen. Unpolarisier-
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Cntersuchungcn iU)er Bakterienkataphorese.
543
bare Elektroden sind deshalb entschieden vorzuziehen. Wir
benutzten als solche gebogene GlasrShren (siehe Figur), die
mit einer 3-proz. Agargallerte gefilllt waren. Die Agargallerte
wurde mit KCl gesattigt. Die zu Spitzen ausgezogenen Enden
der GlasrShren tauchten in die zu untersuchende Fliissigkeit,
die die mikroskopische Kainmer beiderseits urn Deckglasbreite
iiberragte, mSglichst weit vom Beobachtungsort entfernt. Das
andere Ende der GlasrShre tauchte in eine Flascbe mil ge-
sSttigter Kaliumchloridlosung. Diese Flascbe wurde durch
einen Shnlichen Kaliunichloridagarheber mit einer zweiten ver-
bunden, die 10-proz. Kupfersulfatlbsung enthielt. In die Kupfer-
Ibsung wurde ein Kupferdraht als zuftihrende Elektrode ein-
getaucht. Als Stromquelle diente der Leitungsstrom von
110 Volt Gleichstrom. Gelegentlich wurde fiir einzelne Unter-
suchungen, flir die das Potentialgefalle zu stark erschien, die
Kupfersulfatlosung stark verdiinnt und als Vorschaltwider-
stand benutzt. Zur VervollstAndigung der Apparatur ist
nur noch ein Stromwender und ein Stromschlflssel erforder-
lich. (Figur aus Michaelis, Praktikum der physikalischen
Chemie, Berlin 1921, p. 101.)
2. Der EinfluB der Glaswand auf die Bewegungs-
erscheinungen.
Audi die Wand der mikroskopiscben Kammer, ob sie
nun aus Glas oder Quarz besteht, hat einen EinfluB auf die
Bewegungserscheinungen. Wie alle festen Teile, so zeigt auch
die Wand des Glases im allgemeinen eine Potentialdifferenz
gegen die Losung, deren GroBe und Sinn mit der Natur des
Losungsmittels, mit seinem Gehalt an gelSsten Stoflfen variiert.
Im allgemeinen hat Glas gegen eine wlisserige Losung eine
negative Ladung. In sehr stark sauren Losungen sinkt sie
nahezu auf 0. Bei Gegenwart dreiwertiger Kationen, wie
A1 • • •, La • • •, wird der Ladungssinn umgekehrt, also positiv.
Wir konnen uns heute die Ursache dieser Ladung in folgender
Weise erklaren: Die Obertlache des Glases adsorbiert lonen,
und zwar im allgemeinen nur Kationen, Die den adsorbierten
Kationen aquivalente Menge Anionen wird elektrostatisch in
der Nahe der adsorbierten Kationenschicht festgehalten. So
bildet sich eine elektrische Doppelschicht, die zur Halfte aus
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
544
Erich Putter,
Digitized by
den an der Glasoberflache fest adliSrierenden Kationen besteht,
zur anderen Halfte aus den elektrostatisch festgehalienen An-
ionen der Losung, die in der Randzone des Wassers liegen.
Wird nun tangential zur Glasoberflache ein fiuBeres Potential-
gefaile angelegt, so daB z. B. das rechte Ende des Deckglases
positiv gegen das linke Ende ist, so wird ein Zug auf die
Doppelschicht ausgeiibt, und zwar so, daB der auBere Beleg
der Doppelschicht, die am Glas adhtlrente Kationenschicht,
tangential nach dem rechten Objekttragerende gezogen wird.
Sie kann aber diesem Zug nicht nachgeben, da sie als so
fest adhSrent vorzustellen ist, daB sie von der Glaswand nicht
gel6st werden kann. Die innere Auionenschicht aber, die in
der Randzone des Wassers sich befindet, wird tatsachlich in
Bewegung gesetzt, und zwar in uragekehrter Richtung.
Nun kann sich irgendein korpuskulares Gebilde im
Wasser nicht bewegen, ohne die umgebenden Teile des Wassers
mitzunehmen, eine Folge der molekularen Attraktion. Speziell
fflr die lonen ist es bekannt, daB sie inehr oder weniger fest
mit den umgebenden Wassermolekiilen verbunden sind. Man
spricht von einer Hydratation der lonen. Sie ist fQr ver-
schiedene lonenarten verschieden groB. Dieses Hydratwasser
wird also von den lonen mitgeschleppt; seinerseits reiBt es
wieder mehr oder weniger von den angrenzenden Wasser-
molekQlen infolge der Molekularkohiision mit, eine Erscheinung,
die wir als innere Reibung des Wassers bezeichnen. Bei einem
gewbhnlichen Ueberfflhrungsversuch einer wasserigeu SalzlSsung
in offenem U-Rohr bemerkt man naturlich nichts von dieser
Verschiebung, denn der hydrostatische Druck machl sie in
jedem Augenblick wieder rflckgangig. Wenn wir in einem
ofifenen U-Rohr einen Strom durch eine Salzsiiurelosung
schicken, so muB das anodisch wandernde Chlorion, als das
starker hydratisierte, mehr Wasser zur Anode schleppen, als
das H-Ion zur Kathode. Das Wasser miiBte demnach an der
Anode in die H6he steigen. In einem offenen U-Rohr ist das
natilrlich nicht moglich. Ebensoviel Wasser, wie in jedem
Augenblick aufsteigt, flieBt im selben Moment auch wieder
zuriick und macht durch diese rOckltiufige Bewegung die
Wanderung des Chlorions zum Teil ruckgtingig. Daraus
resulliert eine Bewegungshemmung der starker hydratisierten
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Untersuchungen uber Bakterienkataphorese.
545
lonen gegenOber den schwacher hydratisierten, hier waren es
Cl-Ion und H-Ion. Wir nennen sie die „geringere Wanderungs-
geschwindigkeit“ der Cl-Ionen im Vergleich mit den H-Ionen.
Mit dieser an die elektrolytischen Vorgange gebundenen
Wasserbewegung darf also die oben erwahnte Elektroendosmose
nicht verwechsell werden, die man auch in einem offenen
U-Rohr sehr wohl sichtbar machen kann. Unterwirft man
nanilich, wie Ellis es getan hat, eine feindisperse Oelemulsion
der Kataphorese in einem offenen U-Rohr, so bemerkt man
folgendes: Die ganze Oelsaule verschiebt sich nachdem positiven
Pol, da die negativ geladenen Oelkflgelchen nach der Anode
wandern. Das gegen die Glaswand positiv geladene Wasser
hat aber im Bereich der auBeren Begrenzungsschichten der
FlQssigkeitssaule die Tendenz, nach der Kathode zu wandern.
Infolge dessen ist der Fliissigkeitsspiegel an der Anodenseite
nicht, wie man es bei einer Oelemulsion erwarten sollte, konkav,
sondern konvex. Auf der anderen Seite dagegen liegen die
Verhaitnisse genau entgegengesetzt. Hier hat das Oel die
Tendenz, sich von der Kathode fortzubewegen, die Rand-
schichten des Wassers aber strSmen der Kathode zu. Deshalb
sieht man hier einen konkaven Meniskus, der eine starkere
HShlung noch dadurch erhalt, daB die am Rande kathodisch
stromenden Wassermassen in der Achse des Rohres wieder
zurtickflieBen konnen und sich auf die anodische Wanderung
der Oelkilgelchen auflagern.
In einer mikroskopischen Kammer, ob sie nun horizontal
Oder U-f6rmig gestaltet ist, liegen die Verhaitnisse nun ebenso,
treten sogar noch viel deutlicher in Erscheinung. Denn man
kann hier die endosmotische Bewegung des Wassers, die ja
nur in der Randschicht zur Wirkung komraen kann — die
Wassersaule wird gewissermaBen „an ihrer Oberfladienhaut
durch das kapillare Rohr gezogen“ (v. Sm olochowski) —
direkt im Mikroskop beobachten. Wenn die Kammer allseitig
geschlossen ist, so muB das elektrosmotisch wandernde Wasser
auch hier in der Mitte der Kammer zuriickstromen. Ist die
Kammer offen, so liegen die Verhaitnisse aus folgendem Grunde
ahnlich: Der beiderseits sich iiber das Deckglas hinaus aus-
breitende Fliissigkeitstropfen benetzt den Objekttrager, wenn
ZelUchr. f. Imiiionlt«Ufor«chung. Orig. Bd. S2. 37
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
546
Erich Putter,
Digitized by
es sich um Wasser als Dispersionsmittel handelt, natflrlich un-
vollkommen, er kriecht also nicht iiber die ganze Oberflache
des Objekttragers bin, sondern bleibt als halbkugliger Tropfen
stehen. Wird diesera Tropfen nun durch die elektrische End-
osmose von der Schicht unter dem Deckglas neue Flflssigkeit
zugeftihrt, so vergrSBert er sich im wesentlichen nicht dadurch,
daB er weiter iiber den ObjekttrSger sich ausbreitet, sondern
indem er sich hochwolbt. Der entstehende hydrostatische
Ueberdruck setzt aber der VergroBerung des Tropfens eine
Grenze. Nach deren Erreichung muB das Wasser nach der
Stelle des geringsten Widerstandes ausweichen, und das ist
natflrlich die unter dem Deckglas befindliche mittlere Flflssig-
keitsschicht. Dieser Wasserstrom muB nun seinerseits wieder
kleine, in ihm befindliche Partikelchen mitreiBen. Es kommt
also zu einer Bewegung der Teilchen, die mit ihrer Eigen-
bewegung relativ gegen das Wasser interferiert.
Fflr den Bewegungsvorgang in einer mikroskopischen
Kammer, z. B. in dem Spalt zwischen Objekttrflger und Deck¬
glas, in dem sich eine Suspension, etwa von Bakterien, be-
findet, und durch den wir einen elektrischen Strom schicken,
ergibt sich also folgendes Bild: Unter der Annahme, daB die
Bakterien gegen das Wasser eine negative Ladung haben und
das Wasser gegen das Glas eine positive Ladung, d. h. also,
daB das Wasser sowohl gegen Bakterien wie gegen Glas
positiv geladen ist, werden die Bakterien in eine Bewegung
versetzt, die die entgegengesetzte Richtung haben muB, wie
das Wasser. Kleine Teilchen, die nun im Wasser suspendiert
sind, werden mit der gleichen oder annflhernd der gleichen
Geschwindigkeit raitgerissen. Die endosmotische Geschwindig-
keit des Wassers nimmt nun mit steigender Entfernung von
der Glaswand ab und kehrt sich in der Mitte in den oben
erwflhnten Gegenstrom um. Die nun wirklich zur Beobach-
tung gelangte Geschwindigkeit eines Bakteriums ist also die
algebraische Summe zweier Geschwindigkeiten, 1) der eigent-
lichen Bewegung der Bakterien infolge ihrer Ladung gegen
das Wasser, 2) der an der betreffenden Stelle gerade herr-
schenden endosmotischen Wanderung des Wassers infolge
seiner Ladung gegen die Glaswand, die, wie oben erwShnt,
mit zunehmender Entfernung von der Glaswand immer ge-
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Untereuchiingen iiber Bakterienkataphorese.
547
ringer wird, den Wert 0 erreicht, urn schlieBlich in der Mitte
in die entgegengesetzte Strdmungsrichtung umzukehren,
Wir beobachten also init dera Auge nicht die uns allein
wissenswerte Relativbewegung der Bakterien gegen das Wasser,
sondern die Relativbewegung gegen den Objekttisch.
Denken wir uns die ganze Dicke der Rammer in sehr
feine Lamellen zerlegt, so haben die innerhalb jeder Lamelle
suspendierten Teilchen die gleiche Geschwindigkeit. Aus den
hydrodynamischen Grundgesetzen IfiBt sich nun die Geschwin¬
digkeit der Wasserteilchen in jeder Lamelle berechnen, wenn
wir die Geschwindigkeit an der Grenzflache und die Tiefe der
Rammer kennen. Es laBt sich auch die wahre Geschwindig¬
keit der suspendierten Teilchen aus der Geschwindigkeit in
zwei verschiedenen Lamellen in bekanntem Abstande von der
Randschicht und aus der Tiefe der Rammer herleiten. Der-
artige Versuche hat zuerst Ellis^) mit einer Suspension von
Oeltropfchen in Wasser ausgefiihrt. Seine teilweise noch
empirischeRechnungsart wurde daun von v.Smolochowski*)
theoretisch genau begrundet, von S v e d b e r g erweitert und
durch experimentelle Untersuchungen bestatigt. Von den Re-
sultaten v. S in o 1 o c h o w s k i s ist folgendes fiir unsere Zweeke
von besonderer Wichtigkeit: Bezeichnen wir die Tiefe der
Rammer mit d, die Entfernung eines Teilchens vom oberen Rande
der Rammer mit x, so gibt es zwei Werte fiir x, bei welchen
die Bewegung der Wasserteilchen gleich 0 ist, nSmlich bei
X = d (Vg ± y “g), d. h. in einer Tiefe von etwa 0,2 d und 0,8 d.
Die Beobachtung in diesen Tiefen zeigt also die wirkliche Ge¬
schwindigkeit und Richtung der Bakterien relativ zum Wasser
an. Hier liegt der 0-Punkt der endosmotischen Wasser-
bewegung. Hier kehrt der Randstrom gerade in den zentralen
Gegenstrom um. Auf diese Weise haben wir also eine ein-
fache Moglichkeit in der Hand, die wahre Rataphorese der
Bakterien direkt mit dem Auge zu beobachten.
Die Rammer, in der wir die Beobachtungen durchftihrten,
war folgendermaBen gestaltet; Zwei Glasleisten von etwa Deck-
1) 1. c.
2) 1. c.
3) 1. c.
37*
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
548
Erich Putter
Digitized by
glasdicke und Rechteckform warden mit Kanadabalsara auf
einen Objekttrager so aufgeklebt, daB die langen Seiten der
Glasleisten mit den Langsseiten des Objekttragers in der
gleichen Linie verliefen und eine ca. 1 cm breite Rinne zwischen
sich frei lieBen. Nach volligem Trocknen des Balsams wurden
eventuell tibergequollene Tropfen sorgfaitig entfernt und der
Objekttrager grundlich gereinigt. Man legt nun ein Deckglas
auf die so entstandene Glasbrucke und lafit die zu unter-
suchende Suspension aus einer Kapillarpipette unter das auf-
gelegte Deckglas flieBen, was infolge der kapillaren Attraktion
der Flussigkeit durch die Glaswande leicht gelingt. Es emp-
fielilt sich, das Deckglas mit etwas Vaseline auf den Glasleisten
festzukleben, damit es durch den Tropfen nicht von der Unter-
lage abgehoben wird; andernfalls andert sich die Dicke der
Kammer bei jedesmaliger Fiillung. Tiefere Kammern sind
aus optischen Griinden nicht geeignet, da man sie mit starkeren
VergroBerungssystemen nicht durchdringen kann. Spaltformige
Kammern, bei denen das Deckglas ohne Stutze auf der Flflssig-
keit schwimmt, sind Jedenfalls schlecht zu brauchen, da in
ihnen vollig unkontrollierbare unregelmaBige Strbmungen ent-
stehen, die zu den schwersten IrrtQniern AnlaB geben konnen.
Auch wird mit jeder Bewegung der Frontlinse des Mikroskops
nach oben oder unten die Spaltdicke verandert, so daB sich
Beobachtungen in bestimmten Tiefen uberhaupt nicht durch-
fiihren lassen.
Die Dicke der Kammer wurde durch die Umdrehungen
der Mikroineterschraube des Mikroskops gemessen, die not-
wendig waren, urn die Bildscharfe von dem oberen nach dem
unteren Kammerrand zu verlegen. Die Wanderungsgeschwin-
digkeit der Bakterien wurde in der Weisc festgestellt, daB mit
einer Stoppuhr die Zeit gemessen wurde, die verstrich, bis
ein bestimmtes Bakterium die Entfernung von einem Strich
des Mikrometerokulars bis zu einem willkiirlich gewahlten
zweiten zuruckgelegt hatte. Der stationare Zustand stellt sich
nach dem StromschluB in sehr kurzer Zeit ein, so daB man
die zeitlich aufeinanderfolgenden Beobachtungen durchaus ver-
gleichen konnte.
Die Versuche unter Zugrundelegung einer derartigen
Technik gestalteten sich folgendennaBen:
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Untersuchungen uber Bakterienkataphorese.
549
Von einer 24-stQndigen Schragagarkultur wurde eine
Normalose in etwa 1 ccm Flussigkeit gleichniafiig verrieben,
so dafi man eine triibe Suspension erhielt. Von dieser Bak-
terienaufschweminung wurde init einer Kapillarpipette so viel
auf den zur Kanimer umgestalteten Objekttrager gebracht,
daB der Rauin unter dein Deckglas v611ig luftblasenfrei aus-
gefflllt war. Der Kanal zu beiden Seiten des Deckglases wurde
ebenfalls mit der Flussigkeit gefflllt. In diese liberragenden
FKissigkeitsschichten wurden in der oben beschriebenen Weise
die unpolarisierbaren Elektroden eingetaucht und nunniehr iin
Mikroskop beobachtet. Sobald die Stromung, die zuerst noch
fur eine kurze Zeit sichtbar blieb, bis der hydrostatische Druck
iiberall ausgeglichen ist, zur Rube gekoramen war, wurde der
elektrische Strom geschlossen und nach dem Verlauf einiger
Sekunden, sobald der Stromungszustand stationSr erschien, die
Messung durchgefiihrt.
Es sei besonders hervorgehoben, daB es notwendig ist,
nach StromschluB einige Sekunden zu warten, bevor mit der
Protokollierung der Beobachtungsresultate begonnen wird. Das
hat seinen Grund in folgenden Verhaltnissen. Man schlieBe
den Strom fiir einige Zeit, bis man eine stationSre Stromungs-
geschwindigkeit in den eiuzelnen Karamerschichten konstatieren
kann. Jetzt Sflfne man den Strom. Im selben Augenblick stehen
die RandstrSme still, die riicklaufige Mittelschicht aber erfahrt
momentan eine erhebliche ruckartige Beschleunigung ihrer Be-
wegung in der bisherigen Richtung. Erst allmahlich erlischt die
Bewegung der Mittelschicht und es dauert haufig mehrere
Sekunden bis zu einer halben Minute, bis vbllige Ruhe ein-
getreten ist. Ganz dementsprechend ist nun das Bild, das
man bei der Stromwendung beobachtet. Iin Augenblick der
Stromwendung kehren die endosmotischen Randstroinungen
sofort ihre Richtung urn und erreichen sofort ihre alte Ge-
schwindigkeit, nunmehr in entgegengesetzter Richtung. Die
Mittelschicht dagegen erfahrt wieder, wie bei der einfachen
Stromoffnung, dieselbe ruckartige Beschleunigung in der ur-
spriinglichen Richtung. Ganz allmahlich wird die Stromungs-
geschwindigkeit der Mitte geringer, bis sie ffir einen Augen¬
blick zura Stillstand kommt, uin dann langsain in eine Be¬
wegung der entgegengesetzten Richtung umzuschlagen, die
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
550
Erich Putter,
Digitized by
nach einigen weiteren Sekunden ihre definitive StSrke erreicht.
Dieser Zustand bleibt dann fiir die ganze Dauer des Strom-
schlusses stationer, bis sich das Spiel von neuem wiederholt,
sobald der Strom wieder geofiFnet, bzw. gewendet wird.
Zur ErklSrung dieser Erscheinungen ist folgendes zu
bedenken. Die Randschichten stehen unter reiner endosmo-
tischer Kraftwirkung. Ihre Bewegung setzt infolgedessen
jedesmal sofort mit StromschluB ein und mit Stromoffnung
aus. Die Bewegung der Mittelschicht dagegen setzt sich aus
zwei Komponenten zusammen, einnial dera oben erwShnten
Riickstrom des am Rande endosmotisch fortbewegten Wassers,
zweitens aus der inneren Reibung der beiden duBeren Stro-
mungsschichten gegen die entgegengesetzt flieBende Mittel¬
schicht. Diese innere Reibung wird also auf die Bewegung
der Mittelschicht bremsend wirken. Die Bewegung wird ver-
langsamt. Im Augenblick der Stromunterbrechung aber failt
die Bremswirkung der nunmehr stillstehenden AuBenschichten
fort und es kann jetzt die Mittelschicht mit ihrer eigentlichen
RflckfluBgeschwindigkeit weiterflieBen, eine Bewegung, die in-
folge der Tragheit noch eine gewisse Zeit andauert, bis sie
schlieBlich zum Stillstand kommt. Entsprechend liegen die
Verhaltnisse bei der Stromwendung. Ihre Erklarung ergibt
sich nach dem eben Gesagten von selbst.
Unter Berflcksichtigung der geschilderten Verhaltnisse
also ergaben sich die in folgender Tabelle zusammengestellten
Resultate (siehe p. 551).
Man sieht aus dieser Zusammenstellung, daB tatsachlich,
wie man es der Theorie gemaB erwarten sollte, die Richtung
und Geschwindigkeit der Bakterien von der Kammertiefe ab-
hangig ist. In fast alien Fallen bewegt sich die Mittelschicht
der Randschicht entgegengesetzt. Der theoretisch richtige
Wert zur Beurteilung der Bakterienkataphorese liegt bei Vs
und Vs dfir Kammertiefe. Die Theorie erfordert, daB in diesen
beiden Schichten die Bewegungsgeschwindigkeit gleich sei.
Annahernd ist es auch in Wirklichkeit der Fall. Die Ab-
weichung von diesem richtigen Wert in den anderen Kammer-
schichten hangt von den Versuchsbedingungen ab. Wie be-
reits erwahnt, haben im allgemeinen Glas und Bakterien eine
Ladling gleichen Sinnes gegen das Wasser, und zwar in
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Untersuchungen iiber Bakterieukataphorese.
551
Bak-
terien-
art
BuspeDaioDsfl&BBigkeit
imertiefe
mm
100
BewcgungBrichtuDg und -Gle-
Bchwindigkeit in Sekunden
in den Kammertiefen
gluti-
nation
^ S ^
0,1 d
0,2 d
0,5 d
0,8 d
0,9 d
BactcolilNaCl 0,85 ®/o
24
k 7
a 5
a 3
a 5
k 6
0
Itrpi
♦ , ,, IQQQ
24
k 4
a 2
a 1
a 2
k 5
+ + +
—
» »> 10
24
0
0
0
0
0
+
>1 »>
1000
24
k 10?
a 2,5
a 1
a 2
0
±
m
i» 100
24
?
a 3
a 2
a 4
0
0
»> »»
m
*> 10
24
k 25?
a 12
a 8
a 12
k 10?
0
11 11
m
1 * T
24
0
0
0
0
0
+ + +
11 11
m
iooooo
24
k 5
.3
a 1
a 3
?
+
11 11
m
'» rooob
24
k 5
a 3
a 2
a 4
k 7
+ +
fi n
m
» iooo
24
a 3
k6
k 4
k 6
a 3
+ + +
11 11
» 100
24
?
k 4
k 3
k 4
a 8
+ + +
11 11
H-SO, in.
24
»
0
0
0
0
+ + +
11 11
CH,COOH ~
24
?
a 2
a 2
a 3
k 25?
+ + +
11 11
m
» 10
24
a 5?
a 4
a 3
a 5
0
+ +
11 11
in
11 T ■
24
0
a 6
a 5
a 10
a 50?
+ +
11 11
GaH.,(NO,),OH jQ,)
24
0
a 8
a 5
a 9
k 15
+ + +
11 11
NaCl 0,85% + Pepton
24
k 7
a 4
a 2
a 4
k 8
0
11 11
CH,COOH” + Pepton
24
a 20
k 5
k 3
k 8
a 25
+ +
m
” 10 ”
24
a 5
k 3
k 1,5
k 3
a 6
+ +
a = anodisch, k = kathodisch.
alkalischen und schwach sauren Losungen negative Ladling,
die bei steigender H-Ionenkonzentration geringer wird, bis
schlieBlich Entladung eintritt. Bei Peptongegenwart lassen
sich die Bakterien durch Sauren umladen. Dreiwertige Kat-
ionen drehen den Ladungssinn auch ohne Peptongegenwart
um, Wie sich aus der Tabelle ferner ergibt, pflegt die Ge-
schwindigkeit in der Kammerraitte nicht wesentlich von der
in den theoretisch richtigen Schichten abzuweichen, bleibt ent-
gegen unserer Annahme sogar hinter dieser etwas zurtick.
Man wird also fflr die erste Annaherung rait richtigen Werten
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
552
Erich Putter,
Digitized by
rechnen kSnnen, wenn man die Beobachtung auf die Mitte der
Kammer beschrilnkt. Die Geschwindigkeit der auBersten Rand-
zonen zahlenm^Big anzugeben, ist sehr schwer, die erhaltenen
Zahlen sind sehr unzuverlftssig. Denn ihre GrQBe Sndert sich
zu stark mit den geringsten Unterschieden der Beobachtungs-
tiefe. Die Untersuchung wird auch dadurch erschwert, daB
sich in der allerobersten Schicht nur sehr wenig Bakterien
befinden auBer denen, die am Deckglas angeklebt sind. Am
Kammerboden tritt diese Neigung der Bakterien zum Ankleben
noch deutlicher in Erscheinung. Die ersten zahlenmaBigen
Angaben fQr die Randzonen betreffen deshalb etwa eine Be-
obachtungstiefe von Vjo~*/ 2 o der Gesamtkammertiefe.
Bei Gegenwart von Pepton werden nicht nur die Bak¬
terien durch SSuren umgeladen, sondern auch die Glaswand.
Beide Oberfl&chen heladen sich offenbar mit Pepton und nehmen
seine Eigenschaften an. Sie verhalten sich also dann wie ein
amphoterer Elektrolyt. In dieser Beziehung besteht eine weit-
gehende Analogie mit den Eigenschaften des Kollodiums, dessen
negative Ladung zwar durch Sfiuren, wie Jacques Loeb^)
und Gyemant*) gezeigt haben, vermindert, aber nie um-
gekehrt wird. Ein Unterschied besteht dagegen ira Verhalten
gegeniiber dreiwertigen Kationen, die Bakterien und Glas um-
zuladen vermogen, nicht aber Kollodium. Bei Gegenwart von
EiweiB jedoch, z. B. nach Durchtr^nkung des Kollodiums mit
EiweiBlSsungen, auch mit Gelatine, laden sowohl SSuren wie
dreiwertige Kationen um. Die Analogie mit Kaolin geht aber
noch weiter als mit Kollodium, indem das Kaolin, wie Bakterien
und Glas, auch ohne EiweiBgegenwart von dreiwertigen lonen
umgeladen werden kann.
Da man bei den auf den gebrSuchlichen Nahrboden ge-
wachsenen Bakterien geringe Spuren von Pepton mit Sicher-
heit nie ausschlieBen kann, so ist ihre Umladbarkeit durch
dreiwertige Kationen mSglicherweise doch auf die Pepton-
gegenwart zurflckzufflhren.
Wenn ein Kolloid geflockt bzw. agglutiniert wird, so ffillt
das Flockungsoptimum immer in den Bereich der vSlligen
1) Journ. of general Physiology 1, 1918.
2) Kolloidzeitschrift, 1921.
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Untereuchungen uber Bakterienkataphorese.
553
Entladung der elektrischen Potentialdifferenzen. Ob umgekehrt
bei Entladungeu auch jedesmal Flockungen resp. Agglutina-
tionen eintreten, laBt sich a priori nicht voraussagen. So
fallen z. B. die globulinartigen Substanzen im isoelektrischen
Punkt aus, die albuininahnlichen nicht. Aus der oben zu-
samniengestellten Versuchsreihe mit Bact. coli ergibt sich, dali
in der Tat in den meisten Fallen Agglutinationen auftreten.
Da wir uns aber hier in einem relativ hohen Konzentrations-
gebiet der Elektrolyte befinden, darf der antagonistische Cl-
loneneinfluB nicht unberiicksichtigt bleiben. Deinentsprechend
ist auch die Uebereinstimmung zwischen den kataphoretisch
gefundenen isoelektrischen Punkten und dein Agglutinations-
optimum zu bewerten.
2) Bacterium typhi.
Aus Griinden der Raumersparnis unterlassen wir es, hier
die Versuchsergebnisse fur Typhusbazillen ebenfalls in tabel-
larischer Zusammenstellung zu bringen. Ihr Verhalten ist
nSmlich mit dem des Bact. coli vbllig identisch. Was die
Agglutination angeht, so scheinen verschiedene TyphusstSmme
verschiedeu zu reagieren, denn sie werden nicht alle agglu-
tiniert.
Im iibrigen sind die erhaltenen Resultate eine erneute
Bestatigung der fruheren Untersuchungen von Michael is 0
und Beniasch*), nach denen das Agglutinationsoptimum der
Typhusbazillen bei einer Wasserstoffionenkonzentration von
etwa 4-10~® keinem singularen Punkt in der elektrischen
Ueberfiihrung entspricht. Vielmehr zeigen die Typhusbazillen
im Bereich ihres Agglutinationsoptimums ebenso negative
Ladung wie oberhalb und unterhalb dieser H-Ionenkonzen-
tration. Das von uns gefundene 2. Agglutinationsoptimum bei
einer wesentlich hSheren H, namlich zwischen 10“® und 10“*,
dem auch ein Stillstand der elektrischen Wanderung, bzw.
eine deutliche Abnahme der Wanderungsgeschwindigkeit ent¬
spricht, befindet sich durchaus in Uebereinstimmung mit den
Arbeiten Arkwrights®), der aus den Typhusbazillen zwei
1) Deutsche med. VVochenschr., 1911, No. 21, p. 969.
2) Diese Zeitschr., Orig., Bd. 12, 1912, p. 268.
3) Diese Zeitschr., Orig., Bd. 22, 1914, p. 396.
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
554
Erich Putter,
Digitized by
Substanzen isolieren konnte, von denen die eine (namlich die
raehrmals mit destilliertem Wasser gewaschenen Bazilleu) im
Bereich ihres Agglutinationsoptimums bei 1,1 *10"^ einen
Wanderungsstillstand, bei weiterer Zunahme der H-Ionen so-
gar eine kathodische Wanderung zeigte, wahrend die zweite
(der klare wSsserige Bazillenextrakt) keine Unikehr der Wan-
derungsrichtung im Agglutinationsoptimum bei 3,6-]0~® er-
kennen lieB.
- 3) Staphylokokken.
Auch bier lieB sich ein Unterschied gegenflber dem Ver-
halten des Bact. coli nicht nachweisen, weshalb die Anfiihrung
der Protokolle ebenfalls unterbleibt. Agglutination trat in
gleicher Weise bei den entsprechenden Wasserstoflf-Ionen-
konzentrationen ein.
4) Bact. proteus X 19 Weil-Felix.
Kein Unterschied gegenflber dem Verhalten der Coli-
bazillen. Agglutination auch hier prompt.
Alle untersuchten Bakterien zeigen also immer negative
Ladung. Nur durch allerhflchste Saurekonzentrationeu werden
sie schlieBlich entladen. Umgeladen werden sie nur durch
dreiwertige Kationen, in Gegenwart von Pej)ton auch durch
Sauren.
Die Bakterien verhalten sich also wie ausgesprochen
elektronegative Substanzen, die selbst unter extremen Be-
dingungen kaum eine elektropositive Eigenschaft zeigen. Da-
mit stimmt auch ihr Verhalten gegenflber Farbstofifen flberein.
Sie fflrben sich ja nur mit basischen, nicht mit sauren Farb-
stoffen an. Man kann aber durch vorhergehende Beizung eine
Anfflrbbarkeit auch fflr saure Farbstoffe erzielen. Behandelt
man einen Bazillenausstrich mit Aluminiumchlorid, so beladen
sich die Bazillen mit Al-Ionen und nehrnen dann, als elektro¬
positive Substanzen, Eosin- Oder Kongorotlflsung an.
Zur Sicherstellung dieser Ergebnisse erschien es uns er-
wflnscht, mit der Technik der mikroskopischen Kataphorese
auch Substanzen zu untersuchen, deren Ladungen schon aus
anderen Versuchsanordnungen bekannt sind. Dazu schienen
uns Albumin- und Kaseiulosungen geeignet. Die Versuche
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Untersuchungen iibcr Bakterienkataphoresc.
555
mit Albumin fflhrten zu keinem Ergebnis. da der von uns be-
nutzte Spiegelkondensor von Leitz kolloidale Albuminldsungen
im Bereich ihres isoelektrischen Punktes nicht aufloste. Die
Kaseinversuche dagegen bestStigten unsere obigen Ergebnisse,
wie aus folgender Tabelle hervorgeht.
Rdhrchen
I
Ill
IV
■■
HQI
■ vm '
IX
Na.-Azetat ^ + Ka-
sein
1.0
1,0
1,0
1.0
1,0
1,0
1,0
1,0
1.0
Eeaigsaure
0,62
1,25
—
—
—
—
—
—
m
” lo
—
—
0,25
0,5
1,0
2,0
4.0
8.0
—
m
” T
—
—
—
-
—
—
—
1,6
Aq. dest.
8,38
7,75
8,75
8,5
8,0
7,0
5,0
1.0
7,4
U-lonenkonzentrat.
1,2-10-"
2,5-10-“
5-l0-«
110-“
2-20-“
4-10-“
8-10 “
1,6-10-*
3,2-10-*
TriibungsCTad
Optischesv crh alien
klar
leer
T
leer
-|-
gerade
“1“ "1"
dcutllch
-f-f-b
grobe
+ -f
grobe
-f 4-
deutlich
4"
gerade
klar
leer
erkenn-
erkenn-
F18ck-
Flbck-
erkenn-
erkenn-
bare
bare
chen
chen
bare
bare
Partikel-
Partikel-
Partikel-
Partikel-
Wanderungsrichtg.
chen
chen
chen
chen
—
—
anodisch
anodisch
8till-
Still-
katbo-
katho-
—
Bland
Bland
disch
disch
Die Versuchsanordnung lehnte sich an die in Michael is,
Die Wasserstoffionenkonzentration, p. 189, an. Statt der dort
genannten Kaseinkonzentration von 0,4 Proz. wurde nur eine
0,2-proz. Kaseinldsung verwandt, uin die Ausflockung im iso¬
elektrischen Punkt zu verringern und zu verzogern, weil
durch zu groBe Flocken die Beurteilung unklar wird.
Die Beobachtung der unteren Schichten der Hammer ist
bei der Untersuchung im Dunkelfeld dadurch erschwert, daB
wir bei jeder Senkung des Tubus einen Druck auf das Deck-
glas austlben. Denn die Entfernung der Frontlinse von der
zu beobachtenden Schicht erreicht fiir die Ultrakondensor-
beleuchtung gerade die Grenze des technisch Mbglichen. Es
entsteht jedesmal ein kleiner Strudel, der aber in wenigen
Sekunden verschwindet, um dann wieder die kataphoretische
Flflssigkeitsbewegung, bzw. die Wasserendosmose, die durch
die Wirkung des Stromfeldes hervorgerufen ist, hervortreten
zu lassen.
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
556
Erich Putter,
Digitized by
Wir sehen aus diesen Versuchen, daB der isoelektrische
Punkt des Kaseins sich ganz in Uebereinstimmung niit den
frflher aus inakroskopischen Ueberfflhrungs- und Flockungs-
versuchen bestinimten Entladungspunkt befindet. Eine In-
kongruenz der Befunde, wie sie v. Szent-Gy6rgyi be-
richtet, konnten wir nicht feststellen. Seine abweichenden
Ergebnisse beruhen wohl darauf, daB er niit einer uugestiitzten
Karamer gearbeitet und die Abhkngigkeit der Bewegungs-
richtung von der Kammertiefe nicht geniigend beriick-
sichtigt hat.
Die makroskopischen Ueberfflhrungsversuche von Bak-
terien in dem von Michael is inodifizierten U-Rohr nach
Landsteiner-Pauli haben zu eindeutigen Ergebnissen in
den meisten Fallen nicht gefiihrt. Da die Versuche fOr viele
Stunden hindurch angesetzt werden iniissen, wenn man deut-
liche Ausschlage wahrnehinen will, so kommt es infolge der
Agglutination der Bakterien zu einer raschen Sedimentation,
die das Bild verschleiert. Man kann hier vielleicht eher zum
Ziele gelangen, wenn man sich des Apparates bedient, den
KOsaka und Seki^) bei ihren Blutkorperchenuntersuchungen
angewandt haben, mit dessen Hilfe sie nicht die Blutkorperchen-
kataphorese, sondern die Elektroendosmose des durch das
Blutkorperchendiaphragma hindurchtretenden Wassers be-
obachteten. Ueber eigene derartige Versuche soli spater
berichtet werden.
Uebrigens ist man bei der Beobachtung der Blutkorperchen-
wanderung im mikroskopischen Praparat keineswegs so leicht
Versuchsfehlern ausgesetzt, wenn man sich nicht an die rich-
tigen Kammertiefen halt, wie bei der Untersuchung kleinerer
Gebilde. Denn sie sedimentieren so rasch, daB die obere
Gegenstromung gewohnlich gar nicht sichtbar wird. Ab und
zu sieht man einzelne oder zusammengeklumpte Erythrozyten
an der unteren Deckglaswand festkleben. Einerseits wohl
weil das Blutkbrperchen iiberhaupt klebriger ist als ein Bak-
terium, andererseits weil das schwerere Blutkorperchen mit
seiner geringeren spezitischen Oberfladie vom Wasserstrom
weniger leicht fortbewegt wird. In der unteren Schicht nun
1) loc. cit.
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Untereuchungen uber Bakterienkataphorese.
557
sieht man besonders zahlreich sedimentierte, an der Objekt-
tragerwand festsitzende Blutkbrperchen. Nur die mittlere
Schicht zeigt eine deutliche Bewegung, und sie allein konimt
ja nur filr die Beurteilung des Ladungssinnes in Frage.
Zusammenfassung.
Mit Hilfe der Methode der niikroskopischen Kataphorese
wurde eine Reihe von Bakterien untersucht. Sie zeigten alle
eine ausgesprochene Negativitat und einen fast volligen Mangel
an Umladbarkeit. Durch starke Sfi.urekonzentrationen lassen
sie sich entladen, durch dreiwertige Kationen allein uniladen.
Gegenwart von Pepton macht sie auch durch Sauren um-
ladbar. Sie verhalten sich demnach wie Kaolin nach den
Untersuchungen von Gyemant. Von den Elementargebilden
des hbheren Organismus scheinen nur die Zellkerne gleiche
elektrische Eigenschaften zu haben.
Unter der Voraussetzung, daB die durch die Wasser-
endosmose verursachten GegenstrSmungen genfigende Bertick-
sichtigung finden, bildet die mikroskopische Kataphorese-
untersuchung eine sehr zuverl5.ssige Methode, wie an einem
Beispiel mit KaseinlSsung gezeigt wird. Sie ist wegen ihrer
Einfachheit, der Schnelligkeit ihrer Durchffihrbarkeit, der
minimalen Menge des zur Untersuchung notwendigen Materials
fiir viele F&lle der makroskopischen Methode im U-Rohr
(Iberlegen.
*
Digitized by Google
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
558
G. Bessau,
*
Digitized by
Zur Entstehung der paradoxen Diphtherlebonillonreaktion
belm Menschen.
Entgegnung auf die Mitteilung von Groer und Kassowitz:
Ueber das Wesen und die Bedeutung der paradoxen Hautemp-
findlichkeit auf intrakutane Einverleibung von Diphtherietoxin.
Diese Zeitschrift, Bd. 30.
Von G. Bessau (Marburg).
(Eingegangen bei der Redaktion am 29. Juli 1921.)
Ich habe die Aiifmerksamkeit auf die Tatsache gelenkt,
daB beira Menschen die intrakutane Diphtheriebouillonreaktion
durch Antitoxin oft wenig, manchmal gar nicht beeinfluBt wird.
Schick und seine Mitarbeiter haben diese Reaktionsweisepara¬
dox genannt. In Gemeinschaft niit Frl. Dr. Schwenke^) habe
ich das Wesen der paradoxen Reaktion weitgehend geklart:
„der nicht neutralisierbare Anteil der Diphtheriebouillonreaktion
kann nicht als Toxinwirkung aufgefaBt werden: er beruht auf
einer hitzebestSndigen Substanz der Diphtheriebouillon. Mit
grSBter Wahrscheinlichkeit handelt es sich urn Diphtherie-
endotoxinwirkung: Versagen der Antitoxinwirkung, Empfind-
lichkeit gegen gekochte Diphtheriebouillon und Empfindlichkeit
gegen Diphtherieendotoxin, das koktostabil ist, gingen annahernd
parallel (SchluBsatz 3 und 4 unserer Arbeit).
V. Groer und Kassowitz 2) kommen nuninehr zu einer
ini wesentlichen vollstandigen Bestatigung unserer Versuche,
halten sich aber fiir berechtigt, unsere Folgerungen als
.,zweifellos unrichtig“ hinzustelleu. Sie schreiben: „Versteht
man unter den Endotoxinen spezifische Giftstoffe, welche im
Bazillenleib praformiert sind und auch spezifische Reaktionen
auszulOsen befahigt sind, so ist die Annahme von Bessau und
Sell wen ke zweifellos un rich tig. Sonst zeigen aber auch
ihre Versuche, daB das Auftreten der paradoxen Reaktion auf
Anwesenheit hitzebestandiger Diphtheriebazillenbestandteile in
der Toxinbouillon beruht.“
1) Monatsschr. f. Kinderheilk., Bd. 13, 1915, p. 317.
2) ZeitBchr. f. Immunitiitsf., Bd. 30, 1920, p. 154.
Google
Origmal from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Ziir Entetehiing der paradoxen Diphtheriebonillonreaktion ubw. 559
Warum unsere Annahme ^zweifellos unrichtig“ ist, wird
nicht gesagt; die Kritik fsllt aber vollig zusaramen durch die
eigenen SchluBfolgerungen der Autoren. Sie schreiben un-
mittelbar vorher:
V. GrSer und KasBOwitz.
,.Die auf intrakutaiie Injektion
auBg^Iicbener Diphtherietoxin-ADti-
toxingemiBche auftretende entziind-
liche Keaktion, ebenso wie die positive ^
Diphtherietoxinreaktion bei serum-
immunen Individuen, kommt durch
nicht Btreng spezifische Ueberemp-
findliohkeitmancherlndividuengegen ,
BakterieneiweiB zustande'). Sie wird
hochstwahrscheinlich durch alkali- I
losliche Diphtheriebazilleuleiber-Be-
Btandteile, welchein der gewohnlichen '
Toxinbouillon enthalten sind, ausge- I
lost ’). Da nun diese Ueberempfind-
lichkeit erst gegen das Ende des
ersten Lebensjahres aufzutreten be- ■
ginnt und erst im Schulalter hiiufiger j
wird ’), so ist ein gewisser Zueain men- 1
hang zwischen ihrem Auftrcten und '
den im Laufe der Kindheit stattge- I
fiindenen Infektionen nicht unwahr-
scheiniich. Wir Btellen uns vor, daC i
die vorangehenden Infektionen — i
namentlich die unspezifischen ■*) —
bei erapfindlichen Individuen sensi-
bilisierend wirken konnen. Die nun i
Bpater auf intrakutaneEinverleibung j
aller mdglichen BakterieneiweiBstoffe i
— und vielleicht auch manoher Ei- |
weifistoffe bzw. -Bpaltungsprodukte I
nicht-bakterieller Provenienz — auf- I
tretenden Ueberempfindlichkeitser- |
Bcheinungen an der Haut wiiren als |
Folge dieeer Sensibilisierung anfzu-
fassen *). Es ist aber auch in Betracht ,
zu ziehen, daS Biimtliche hierbei
wirksamen Substrate gewisee primare
Toxizitat Ijesitzen und daB daher die
bei der Hauhgkeit des Vorkommens
der genannten Erscheinungen auf- I
tretenden individuellen Unterschiede !
Kritik:
1) Wir warncn vor dem ver-
waschenen Begriff der „nicht streng
spezifischen Ueberempfindlichkeit“.
Alle individuellen Differenzen in der
Giftempiindlichkeit konnen bo be-
zeicbnet, keine so geklart werden.
Tatsachlich handelt es sich nicht um
„L eberempfindlichkeit**, sondern um
verschiedene Grade von Empfind-
lichkeit.
2) Dafl nennen wir Endotoxine.
3) Dies gilt nicht nur fiir die
Diphtherieendotoxin-, sondern auch
fiir die Typhusendotoxinreaktion.
Vielleicht ist es ein allgemeines Ge-
setz, daB ganz junge Kinder auf
Endotoxin wenig ansprechen.
4) Doch vollig unbewieseni
5) Alles vollig unbewiesen. Ich
habe bei Sensibilisierung mit ver-
schiedenen Antigenen nacheinander
niemals eine derartige unspezifische
Sensibilisierung gesehen. EineUeber-
emphndlichkeit gegen Endotoxin gibt
es uberhaupt nicht; die Vorbehand-
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
560 Bessau, Entstehung der paradoxen Diphtheriebouillonreaktion.
Digitized by
auch nur quantitativer Natur sein
konsen.
lung eines Individuutns mit einem
Endotoxin fiihrt zur Produktion
endotoxinabbauender Immunkorper,
demnach etets zu einem Zustaude
herabgesetzter Empfindlichkeit (aus-
gedehnte, bisher nicht veroffentbchte
Beobachtungen bei der Typhusim-
munisierung des Menechen).
Der letzte Satz deckt sich vollstandig mit unseren An-
nahmen. Es handelt sich urn eine individuell verschiedene,
auch zu verschiedenen Lebenszeiten verschiedene Empfind¬
lichkeit gegen eine primer toxische Substanz des Diphtherie-
bazillenleibes, die wir eben — der in der Immunitatsliteratur
iiblichen Nomenklatur folgend — als Diphtherieendotoxin be-
zeichnet haben. v. Groer und Kasso witz kommen zu einer
vollinhaltlichen Bestatigung unserer Auffassung, erklSren die-
selbe aber als „zweifellos unrichtig“.
Die Autoren stellen auch einen gewissen Parallelismus
zwischen der paradoxen Diphtheriebouillonreaktion und der
^Typhin^reaktion fest. Ihre Typhinreaktion ist im Prinzip
nichts weiter als eine Reaktion auf das toxische Prinzip der
Typhusbazillensubstanz, also des „Typhusendotoxins“. WSren
die Autoren bei der alten bewahrten Nomenklatur geblieben,
so hatten sie selbst erkannt, daC ihre Ergebnisse die denkbar
beste Bestatigung unserer bereits vor 5 Jahren festgelegten
Auffassung sind.
Ein Unterschied besteht nur in der Bezeichnung — die
unserige hat nicht nur die Tradition fQr sich, sondern ist auch
klarer und prkziser. Wenn es aber v. Groer und Kasso witz
vorziehen, das Wort „Endotoxin“ zu verraeiden, so erwachst
ihnen daraus kein Recht, die sachlich iibereinstimmenden, aber
mit der alten Bezeichnung belegten Ergebnisse aiterer Autoren
als „zweifellos unrichtig** hinzustellen.
Die Streitfrage, ob „Endotoxin“, d. h. eine primar giftige
Bazillensubstanz, oder Ueberempfindlichkeit gegen eine primar
ungiftige Bazillensubstanz die paradoxe Reaktion bedingt, wird
von meinem friiheren Mitarbeiter Opitz weiter untersucht.
Opitz (Jahrb. f. Kinderheilk., Bd. 94, p. 258) ist bisher zu Er-
gebnissen gelangt, die meine Auffassung durchaus bestatigen.
Frommnnnwhe Uuchdtuc'ierei (Hermann Pohlei In Jena. — 4920
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
OKITCitSiirw ILLIRBIS LlbhAl^^-'-^
Viz
No €
Zeltschrift
DEC 1 'i itj21
fOr
Immunitatsforschung
und experimentelle Therapie
I. Teil: Originale
CM
IT
UuLer Milwirkuug von
M. Aseoli, Catania, V. Babes, Bukarest, 0. Bail, Prag, B. F. Bashford,
l^ondon, S. Belfantl, Mailand, A. Breinl, Liverpool, A. Diendonn^, Muncben,
R. Doerr, Basel, H. Dorset, Washington, E. v. Dnngern, Hamburg, M. Ficker,
Berlin, 8. Flexner, New York, IJ. Friedeniann, Berlin, P. Froscb, Berlin,
H. Ton Grnber, Miinchen, L. llaendel, Berlin - Dahlem', M. Hahn, Frei¬
burg i. Br., A. IleRter, Berlin, L. llektoen, Chicago, M. Jacoby, Berlin,
C. 0. Jensen, Kopenhagen, K. Kifikalt, Kiel, 8. Kitasato, Tokio, W. Kolle,
F'rankfurt a. M., W. Kruse, Leipzig, K. Landsteiner, Haag, C. LcTaditi, Paris,
L. Ton Llebermann, Budapest, Th. lUiidsen, Kopenhagen, C. J. Martin, iLondon,
L. Miehaelis, Berlin, Miefiner, Hannover, G. Moreschl, Bassari, J. Morgenroth, Berlin,
B. Hair, Glasgow, M. Nelsser, Frankfurt a. M., F. Neufeld, Berlin, F. Nuttall,
Cambridge, R. Ton Ostertag, Berlin, R. Otto, Berlin, R. Paltaaf,Wien, A. Pettersson,
Stockholm, R. PfeilTer, Breslau, E. P. Pick, Wien, C. J. Balomonsen, Kopenhagen,
A.j8ehBttenfroh, Wien, Cl.8ebllliiig, Berlin, P. Sehmidt, Halle a. 8., Th.8niith, Boston,
G. 8obemhelm, Bern, V. G. yaiighan, Ann Arbor, A. T. Wassermann, Berlin,
W. Weichardt, Erlangen, E.Well, Prag, A. WladimirolT, St Petersburg, A. E. Wright,
London, D. Zabolotny, 8t Petersburg
berausgegeben von:
E. FRIEDBERGER R. KRAUS H. SACHS P. UHLENHUTH
(Greifswald.) iSao Paolo.) (Heidelberg.) (Marburg a. L.)
32. Hand, Ueft 6.
Mit 1 Abbildung im Text.
Jena
Verlag von Gustav Fischer
1921
Ausgegeben am 20. Oktober 1921.
#*•
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Zeltschr. f. Immunltatsf. u. exp. Therapie. 1: Oii^. Bd. 82. Heft 6
I n h E 111 Sell e
Sato, Kanio, Experimentelle Beitrage zur Vakzineimmunitat.481
Putter, Erich, UntersuchuiigeD iiber Bakterienkataphorese. Mit 1 AbbilJung
im Text. 538
Bessau, G., Zur Entstehung der paradoxen Diphtheriebouillonreaktion beim
Menschen. Eatgegnung auf die Mitteilung von Order und Kassowitz:
Ueber das Wesen und die Bedeutung der paradoxen Hautempfindlichkeit
auf intrakutane Einverleibung von Diphtherietoxin. Diese Zeitschrift,
Bd. 30 . 558
Titel und Inhalt zu Bd. 32.
JHe aufierordentlich hohen Korrekturkosten zwingen,
unSf die Herren Mitarbelter zu bitten, Hire Manuskripte
gut leaerlich abzufassen und vor Elnreichung genau
durchzusehen, d. h. druckfertig abzuschliefien, so dafi
sachliche Aenderungen soweit als nur irgend moglich
vermieden werden.
Die Herausgeber. Die Verlagsbuchhandlung,
MeersGliweiDGhen, EaniiiGheii, bimte Batten, weiBe Manse, FrdSGlie I
liefert jeden Posten I
A. Seyer, Berlin N. 54, AckerstraBe 19 I
Export — Import I
--,
Trockennahrhoilen „BRAM“
hergestellt nach patentiertem Verfahren in Pulverform
aus Fleisch, Pepton „Witte“ u. Agar-Agar.
Ab Lager in jeder Menge lieferbar: .
Mhp-Bouillon, Mlir-Agar, Nahr-Gelatiiie
und die melsteii SpezialndlirbOdeii.
Die Trockennahrbdden ergeben nacb vor-
scbriftsmaBigem Auflosen in Wasser den
gebraucbsfertigen Nabrboden.
Chem. Fabrik u.Seruminstitut.BRAM"
G. m. b. H.
OELZSCHAU bei Leipzig.
^
Digitized by Gougle
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Verlag Ton &nstaT Fischer In Jena.
Dir nngegrbenm Preise rind die im Nov. 1921 giiltigen; /Ur das Ausland erhSIten rie sick
dutch den vorgeschriebenen Valuta-Zuschlag.
Soeben erschien:
Verhandlungen
der Deutschen pathologischen Gesellschaft.
Achtzehnte Tagung
gehalten in Jena am 12. bis 14. April 1921.
Im Auftrage des Vorstandes heraviiigegeben von dcm derzcitigen Schriftftihrer
M. .Simmonds in ilaml)urg.
Ergftnzungsheft zum „CentralbI. fiir allgem. Pathologic u. pathol. Analoniie“, Rd. 31.)
Mit 79 Abbild. im Text. 1921. (X, 354 S. gr. 8®.)
Prels; 60 Mark,
ftir Abonnenten des Centralbl. f. Pathologie 46 Murk.
Fruhere Verhandlungen:
6. Tagnng, gehalten in Kassel vom 21.—25. Sept. 1903.“ Mit 7 Abbild. im Text u.
7 Tafeln. (V, 272 S. gr. 8®.) 1904. Mk 40.—
7. Tagung, gehalten in Berlin vom 26.-28. Mai 1904. (IV, 267 S. gr. 8®.)1 Zwei
8. Tngung, gehalten in Breslau vom 18.—21. Sept. 1904. (IV'. 194 S. gr. 8®.) j Ilefte
Mit 42 Abbild. im Text, 1 Textkurve und 9 Tafeln. 1904/05. Mlf 80.—
9. Tagong, gehalten in Meran vom 24.-27. Sept. 19(5. Mit 18 Abbild. im
Text und 15 Tafeln. (VII, 360 S. gr. 8".) 1<(06. Mk 76.—
10. Tagung, gehalten in Stuttgart vom 17.—21. Sept. 1900. Mit Gesamtreglstcr
zu Tagung 1—10. Mit 13 Abbild. im Text u. 9 Tafeln. (VIII, 344 S. gr. 8".)
1907. Mk 56.—
11. Tagung, gehalten in Dresden vom 16 —19. Sept. 1907. Mit 33 Abbild. im
Text und 9 Tafeln. (VIII, 386 S. gr. 8®.) 19()8. Mk (M.—
12. Tagung, gehalten in Kiel vom 23.-25. April 1908. Mit 27 Abbild. im Text u.
2U Taf. (VIII, 334 S. gr. 8") 1908. Mk 04.-
18. Tagung, gehalten in Leipzig vom 15.—17. April 1909. Mit 55 Abbild. im
Text und 32 Tafeln. (X, 436 S. gr. 8®.) 1!»09. Mk 72.—
14. Tagung, gehalten in Erlangen vom 4.—6. April 1910. Mit 40 Abbild. im
Text und 21 Tafeln. (X, 386 S. gr. 8®.) 1910. Mk 56.—
16. Tagung, gehalten in StrnBburg vom 15.-18. April 1912. Mit Generalreglster
zu Tagung 11—16 (1907—1912). Mit .54 Aobild. im Text und 28 Tafeln.
1912. Mk 80.—
16. Tagung, gehalten in Marburg vvm 31. Mftrz-2. April 1913. Mit 163 Abbild.
im Text und 9 Tafeln. 1913. Mk 60.—
17. Tagung, gehalten in MUnehen vom 23.-25. Mflrz 1914. Mit 157 Abbild. im
Text und 16 Tafeln. (X, 619 S. gr. 8®.) 1914. Mk 96.—
. , Kriegspathologisehe Tagung in Berlin am 26. u. 27. April 1916. Mit
2 Abbild. im Text und 1 Tafel. (IV, 81 S. gr. 8“.) 1910. Mk 12.—
Vorzugspreis ftir 6.-17. und kriegspathologisehe Tagung:
Mark 667.— (statt Mark 7i>6.—)
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Verlasf ron Gustav Fischer in Jena.
Die angegebenen Preite sind die im Nov. lOtl giilligen; fiir das Autland erhohen sie sieh
ditrch den vnrgeschriebenen Valtitn-Zosehlag.
Veroffentlichungen aus der Kriegs- und
Konstitutionspathologie.
Mil Uiiterstiitzung rles Kcichsarbeitstninisteriums
hcrautigofrrbcn von
L. Aschoff, Freiburg i. Br., M. Borst, Miinchcn, M. B. Schmidt, Wurzburg,
L. Pick, Berlin
gelcilet von
V7. Koch, Rogiernngsinedizinnlrat, Voratcher tier kricgH- und konstitutioui^palho-
logi^ehcn .iammlung der Kaiser Wilhelras-AKademie, Berlin.
1 . Ueft: Skorbut. Von L. AsclinfY, Goneralobcrarzt und W. Koch, Stabsarzt. .Mil
() Abbildungcn im Text und 13 Tufeln. (VIll, 1‘21 S. gr. 8®.) lUl'J. Mk 08.—
2. Heft: Zup Ftage der ..Aorta angu8ta“. Ein Beitrag zu den Nornialnialien
des Aortensyslems. Von Luisc KHiifmaiiii. (34 S. gr. 8".) 1919. Mk 0.80
3. Heft: Die Thrombose nach Kriegsverletzungen. Von Professor Dr.
A. Dietrich, Direktor des nnlliologisclien Instituts der Universitftt KOln. Mit 0 Ab-
hildnngiin im Text nnd 2 Tufeln. (8n S. gr. 8".) 1920. Mk 27.—
4. Heft; Beziehungeo zwischen Nebennieren und m^nnlichen Keim-
driisen. Von l>r. Erust Leuiiold, Privatdozent, Pro.«cklr)r und 1. Assisient am
pathol. Inst, iler Universitiit Wiirzburg. (Ill, 02 8. gr. 8®.) 1920. Mk 12.—
Die bishcrigen Unler.-<uchungcn und Bcobachtungen laasen Beziehungen zwischen
Nebennieren und Keinidruscn nur vermuton. Die Arbeiten des Verfns.sers versuchen,
eine sichero atiatomische Basis fiir die Frage zu schaffen, ob Nebennieren und
Keimdriiaen in bestimmtem Verhiiltni.s zu einandcr stohen.
5 . Heft; Die Khegsverletzungen des Herzens. Von Dr. iians-Waither
Giercke, Berlin. Mit 14 Abbildungen im Toxi. (83 S. gr. 8".) 1920. Mk 27.—
Soeben sind orschienen;
6. Heft; UnterSUChungen iiber die „Norm“. Ihre lledeutung und ihre Be-
stimmung. Von Privatdozent Dr. nied. et phil. Ilerni. Rautmann, Assistent der
medizinischen Hniversitate-Klinik in P'reiburg i. Br. Mit 9 Abbildungen im Text
und 6 Tabellonbeilagen. (X, 115 S. gr. 8®.) 1921. Mk 3U.—
7. Heft; Uober die russisch-rumanische Kastratensekte der Skqpzen.
Von Privatdozent Dr. Waller Koch. Berlin. Mit 33 Abbildungen auf 12 Tafcln.
(39 S. gr. 8«.) 1921. Mk 27.—
8. Heft; Die Unterbindung am Hoden und die „Pubert&t8dru8enlehre“.
Von Dr. Hans Ticdjc, Freiburg i. Br. Mit 1 Tafel und 1 Hehema. (26 S. gr. 8®.)
1921. Mk 10.-
9. Heft; Beitrag zur Atrophie des menschlichen Hodens. Von Dr.
K. Guette, P'reibnrg i. Br. (\'l, 28 S. gr. 8®.) 1921. Mk 7..50
'•'T'-Tr.m *ari"Cb^ Btirhflr (Ecrmann Ixs Ico i
Digitized by
Originai from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Generated on 2019-01-13 01:14 GMT / http://hdl.handle.neV2027/uiug.30112027689659
Public Domain In the United States. Google-digitized / http://www.hathitrust,org/access_use#pd-us-google
Digitized by Goi.)gle
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Generated on 2019-01-13 01:14 GMT / http://hdl.handle.neV2027/uiug.30112027689659
Public Domain In the United States. Google-digitized / http://www.hathitrust,org/access_use#pd-us-google
• 1
_r Digitized by
Goi.)gle
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Generated on 2019-01-13 01:14 GMT / http:;/hdl.handle.net/2027/uiug.30112027689659
Public Domain in the United States, Google-digitized / http://www.hathitrust. 0 rg/access_use#pd-us-g 00 gle
(LievEf/i-CTu^sf D[LioIi;sii
3 0112 027689659
pri9i|>al from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
T URBANA-CHAMPAIGN