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Full text of "Zeitschrift für Bücherfreunde N.F. (ser. 2) vol. 4 pt. 1 (1912-13)"

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BOUGHT WITH THE INCOME OF THE 

SAGE ENDOWMENT FUND 

THE GIFT OF 

HENRY W. SAGE 

1891 


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ZEITSCHRIFT FÜR BÜCHERFREUNDE 


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ZEITSCHRIFT 

FÜR 

BÜCHERFREUNDE 

ORGAN DER GESELLSCHAFT DER BIBLIOPHILEN (E. V.) 
DES VEREINS DEUTSCHER BUCHGEWERBEKÜNSTLER (E.V.) UND DER 
WIENER BIBLIOPHILEN-GESELLSCHAFT 

BEGRÜNDET VON FEDOR VON ZOBELTITZ 

NEUE FOLGE 

HERAUSGEGEBEN 


CARL SCHÜDDEKOPF und GEORG W1TKOWSKI 


VIERTER JAHRGANG 
ERSTE HÄLFTE - 



VERLAG UND DRUCK VON W. DRUGULIN IN LEIPZIG 

1912 


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Inhaltsverzeichnis, 


I. Hauptblatt. 

Seite 

Bogeng, Dr. G. A. Erich: Die Biblioth&que du Louvre.159 

Buchwald, Dr. Reinhard: Lessing und Ernestine Christine Reiske.164 

Collin, Ernst: Die künstlerischen Ideale von William Morris. 60 

Ebstein, Dr. Erich 1 Die Amtmänner Bürger und Scheufier.181 

FeldhauSyfranz M.: Eine Kupferdruckpresse von 1617. 56 

Heine, Heinrich: Ein unvollständiges Gedicht. 30—32 

Hiinich, Dr. Fritz Adolf: Neue Goetheana. 91 

— Neue Wertheriana.183 

Konrad, Dr. Karl: Angekettete Bücher. 21 

Leitzmann, Prof. Dr. Albert: Neues von Lichtenberg.75, 123, 172 

Löffler, Dr. Karl: Eine schwäbische Bibliophilenfamilie aus dem XVII. Jahrhundert und ihre 

Sammlung. 69 

Osbora, Max: Deutsche Buchkünstler der Gegenwart. V. Emil Rudolf Weiß.133 

Schaaffs, Dr. Georg: Zwei unbekannte Briefe von Bürger. 57 

Schleinitz, Prof. Freiherr Otto von: Walter Crane als Buchillustrator. 97 

Schmidt, Dr. Adolf: Aus den Kreisen des Jungen Deutschlands.104 

Schölte, J. H.: Johann Jacob von Grimmelshausen und die Illustrationen seiner Werke. Mit 

20 Abbildungen und drei Tafeln.1, 33 

Sembritzki, Johannes: Einige Ergänzungen zu der Trenck-Bibliographie von Gugitz und 

v. Portheim.180 

Steig, Prof. Dr. Reinhold: Die Brüder Grimm und die Weimarische Bibliothek . . 25—30, 33 
Uzanne, Octave: Die Bibliotheken der Zukunft. 65 


Abbildungen. 

Seile 


Beernhäuter, Holzschnitt aus dem Ersten (1670). Nach 

dem Original in der Universitätsbibliothek Göttingen 9 
Crane , Walter: Amsterdamer Bibel. Adam und Eva 

nach der Vertreibung aus dem Paradies .... 99 

— „Die lustigen Weiber von Windsor 4 * .... ioi, 103 

— Erinnerungsmedaille für den Kongreß zur Ver¬ 
brüderung aller Völker. Vorder- u. Rückseite . . 100 

— Gedächtnisblatt zur Centenarfeier des Dichters 

Browning. 98 

— Programm zu einem Weihnachts-Kinderfest . . . 105 

— Selbstporträt, den Ufficien in Florenz gestiftet . 17 

„Ertzbetrügerin und Landstörtzerin Courasche** (1670), 

Kupfertitel der. Nach dem Original in der Her¬ 
zoglichen Bibliothek in Meiningen (*/1 Gr.) ... 52 

„Ewigwährenden Kalenders“ (1670 u. 1677), Kupfertitel 
des. Nach dem Original in der Großherzoglich. 

Bibliothek in Weimar (*/i Gr.). 46 

Felszecker, Wolff Eberhard: Porträt von Johann Alex. 

Böner (1647—1720). Nach dem Original im Ger¬ 
manischen Museum in Nürnberg (*/t Gr.) .... 19 


Seite 


Kupferdruckpresse von 1617. 56 

„Rathstübei Plutonis“, (1672) Kupfertitel des. Nach 
dem Original im Besitz von Dr. A. Bechtold, 

Freiburg i. Br. (*/ x Gr.). 54 

Reiske , Ernestine Christine: Silhouette aus Geislers 


„Galerie edler deutscher Frauenzimmer**. Vierfarb. 165 
„Simplicissimus", Ausgabe A (1669), Kupfertitel des. 

Nach dem Original in der Königlichen Hof- und 
Staatsbibliothek in München ( r /i Gr.) ...... 50 

„Simplicissimus* 4 , Ausgabe B (1669), Kupfertitel des. 

Nach dem Original in der Herzoglichen Biblio¬ 
thek in Wolfenbüttel p/i Gr.) . ..49 

„Simplicissimus**, Ausgabe C (1670), Titelkupfer zum. 

Nach dem Original in der Groß herzoglichen Biblio¬ 
thek in Weimar (*/ x Gr.) . . .*. 43 

„Simplicissimus**, Ausgabe D( 1671), Radierung aus dem. 

Nach dem Original in der Herzoglichen Biblio¬ 
thek in Meiningen (*/i Gr.) . 34, 35, 36, 37, 38, 39 


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Inhaltsverzeichnis. 


VI 


Seile 

„Simplicissimi wunderlicher Gauckel-Tasche" (1670), 
Holzschnitt aus. Nach dem Abdruck in der „Ersten 
Gesamtausgabe (1683/1684) (1/1 Gr.) . . 12, 13, 14, 15 


„Verkehrten Welt'*, Titelkupfer zur (1672). Nach dem 
Original in der königlichen Bibliothek in Berlin 

(Vx Gr.). 3 

„Verkehrten Welt“, (17. Jahrh.) Bilderbogen der. Nach 
dem Original in der Kartensammlung der König¬ 
lichen Bibliothek in Berlin (i/ x Gr.).. 4, 5 

„Viridarium Historicum" (um 1670), Titelkupfer zum. 

Nach dem Original in der Großherzoglichen Biblio¬ 
thek in Weimar (1/1 Gr.). 47 

Weiß, E. R.: Doppeltitel zuGiordano Bruno, Gesammelte 

Werke (Eugen Diederichs, Verlag). Zweifarbig . 137 

— Einbandzeichnung zu Otto Julius Bierbaum Gu¬ 
geline. Dreifarbig.135 

— Einbandzeichnung. Chinesische Geister- u. Liebes¬ 
geschichten (Literarische Anstalt Rütten & Loening) 144 

— Einbände für den Verlag S. Fischer.148 

— Einband für die Geschenkausgabe der Tempel- 

klassikcr. Goethe, Westöstlicher Divan .... 146 

— Einband für die Geschenkausgabe der Tempel¬ 
klassiker. Goethe, Gedichte.146 

— Einbandzeichnung zu Richard Delimel, Lebens¬ 
blätter (Schuster & Loeff ler, Verlag).136 

— Einbände für den Verlag von Eugen Diederichs 136 

— Einband. Goethe, Liebesgedichte.153 

— Einband. Goethe, Wilhelm Meisters theatralische 

Sendung (J. G. Cotta) ..153 

— Einbandzeichnung zu G. Hauptmann, Ratten (S. 

Fischer, Verlag).143 

— Einband. Hugo von Hofmannsthal (Insel-Verlag) 152 

— Einbände für den Insel-Verlag.149 

— Einbandzeichnung Lao Tse, Die Bahn und der 

rechte Weg (Insel-Verlag).144 

— Halblederband der Tempelklassiker. Goethe, Werke 147 

— Hamletausgabe für Eugen Diederichs . . • . . 157 

— Kopfleiste aus der Zeitschrift „Pan' 1 1895, Jahrg. II X33 

— Leinenband der Tempclklassiker. Schiller, Sämt¬ 
liche Werke. 147 

— Leinbände für den Tempel-Verlag.158 


Seite 

Heiß, E. R.: Luxusbände der Tempelklassiker ... 159 

— Signet Julius Bard, Verlag.156 

— Signet Georg Dr. W. Callwev, München .... 156 

— Signet Eugen Diederichs, drei verschiedene . . 156 

— Signet S. Fischer, Verlag, sieben verschiedene . . 156 

— Signet Reimar Hobbing, Verlag.156 

— Signet Kaiser Friedrich-Museum, Berlin .... 156 

— Signet Rütten & Loening, Frankfurt a. M. . . . . 156 

— Signet Hermann & Friedrich SchafTstein, Cöln . . 156 

— Signet Schuster & Loeffler, Verlag. Für Alfred 

Mombert, Werke.156 

— Signet Tempel-Verlag.156 

— Titel. Hans Bcthge, Die Chinesische Flöte (Insel- 

Verlag). Zweifarbig.139 

— Titel. Die Geschichten des Rabbi Nachmann, nach¬ 

erzählt von Martin Huber (Literarische Anstalt 
Rütten & Loening). Zweifarbig ..140 

— Titel. Grimmelshausen, Simplicissimus (Insel-Ver¬ 
lag, Leipzig). Zweifarbig.141 

— Titel zu Leonardo da Vinci (Eugen Diederichs). 

Zweifarbig.134 

— Titel. G. Hauptmann, Gabriel Schillings Flucht 

(S. Fischer, Verlag) . ..150 

— Titel. G. Hauptmann, Die Ratten (S. Fischer, 

Verlag). Zweifarbig.151 

— Titel. Moritz Heimann, Der Feind und der Bruder 

(S. Fischer, Verlag).151 

— Titel. Helene Voigt-Dicderichs, Dreiviertel Stund 

vor Tag (Eugen Diederichs Verlag). Zweifarbig . 138 

— Titel. Helene Voigt-Diederichs, Schleswig Hol¬ 
steiner Landsleute (Eugen Diederichs Verlag). Zweif. 138 

— Titel. Emil Rudolf "Weiß, Der Wanderer (Julius 

Bard, Verlag). Zweifarbig.139 

— Umschlagzeichnung, Der Ciceron (Verlag Klink* 

hardt cS: Hiermann).I42 

— Umschlagzeichnung für den Insel-Verlag. Zweifrb. 143 

— Umschlagzeichnung, Der Lindenbaum (S. Fischer, 

Verlag).145 

— Vorsatz zu Otto Julius Bierbaum,Gugeline. Zweifrb. 135 

— Weiß • Fraktur. Probeseite aus den Tempel¬ 
klassikern .. . . 154, 155 


Beilagen. 


Seite 

Bilderbogen der „Verkehrten Welt** (17. Juhrh.). Nach 
dem Original in der Kartensammlung der König¬ 
lichen Bibliothek in Berlin (x/ x Gr.). 7 

Crane , Walter: „Der mit weitaufgerissenem Maule gäh¬ 
nende, watschelnde Frosch' 1 . Titelblatt. Zweifarbige 
Tafel.. . 112, 113 

— „Eins, zw ei. Du schnalle meine Schuh". Titelblatt 

Zweifarbige Tafel.104, 105 

— „Eins, zwei, Du schnalle meine Schuh 1“ Vorrede 

zu seinem Kinderbuch. Zweifarbig.107, 109 

— „König Arthurs Ritter", Sir Ceraint und Lady Enid 

in der verlassenen römischen Stadt Vierfarb.Taf. 100,101 

— „König Arthurs Ritter". König Arthur versichert 

dem jungen verwundeten Ritter Owen, der ihm 
das Leben gerettet, seine ständige Gnade. Vierfarbige 
Tafel.108, 109 


Seite 

Flugblatt der „Wunderbarlichen Werkstatt des Welt¬ 
streichenden Artzts Simplicissimi" (17. Jahrh.). 

Nach dem Original in der Marienbibliothek zu 

Halle a. S. (Vi Gr.). 21 

Flugblatt der „'Wunderbarlichen Werkstatt des Welt¬ 
streichenden Artzts Simplicissimi" (17. Jahrh.), 

Nach dem Original im Königlichen Kupferstich- 

babinett in Berlin (i.'i Gr.). 21 

Weiß, E. R?: Umschlag. Goethe, Liebesgedichte (Insel- 

Verlag) Tafel mit aufgelegtem Umschlag . . 144, 145 

— Umschlag. MartinBuber,DieLegende desBaalschem. 

Golddruck auf Originalkarton.136, 137 

— Weiß-Fraktur. Titelseite, auf Tafel aufgelegt. 

Zweifarbig.132, 133 

— Weiß-Fraktur der Bauerschen Gießerei. Tafel mit 

aufgelegter Probe.X 40, 141, 148, 149 


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Inhaltsverzeichnis. 


VII 

II. Beiblatt 

Gesellschaft der Bibliophilen. 

Seite I, 131, 132. 

Wiener Bibliophilen-Gesellschaft. 

Seite 2, 91. 

Briefe. 

Seite Seite 

Amsterdamer Brief von M. D . Henkel 12, 49, 98, 136, 187 New Yorker Brief von Ernst Eiselc .17, 52, 139 

Kopenhagener Brief von Victor Madseti ...... 186 Pariser Brief von Otto Grautoff . . . 4, 41, 91, 132, 173 

Londoner Brief von 0 . v. Schleinitz . 6 , 43, 93, 134/ 178 Römischer Brief von Ewald Rappaport . 10, 47, 96, 184 

Moskauer Brief von Arthur Luther . 15 Wiener Brief von Hans Feigl .8, 45, 95, 181 

Rundschau der Presse. 

Von Prof. Dr. Adalbert Hortzschansky. 

Seite 19, 53, 101, 140, 213. 

Von den Auktionen. 


Seite 


Boeroer, C. G., Leipzig . 23 

Breslauer, Martin, Berlin .104 

Burckhardt, Max.105 

Galerie Helbing, München . 23 

Heller & Co., Hugo, Wien .. 105 

Neue erschienene und 

Seite 

Alexander II. und sein Hof.145 

Alte Glasgemälde im Schloß Hohenschwangau. Eine 
Sammlung König Maximilians II. von Bayern. 
Herausgegeben von Oskar Zettler. Bearbeitet von 

J. S. Fischer.153 

Altfränkische Bilder 1912 von Dr. Theodor Henner . 209 

Altmeister der Kunst (W. Spemann, Stuttgart 1912) . 65 

Aucassin et Nicolette. Herausgegeben in 250 nume¬ 
rierten Exemplaren von Georges A. Toumoux . 148 

Bach, Max: Die Stammburg Wirtenberg.196 

Bachem, Karl: Josef Bachem und die Entwicklung der 

katholischen Presse in Deutschland.202 

Böhler , Eduard: Lebenserinnerungen. Herausgegeben 

und ergänzt von Eduard Bähler ..212 

Baggesens, Jens: Parthenais. Eine literarhistorische 

Untersuchung von Otto Zürcher.114 

Bayros , Franz von: Separatabdruck aus Annuario della 

Societä fra gli amatori de Ex-Libris.111 

Benz, Richard: Die deutschen Volksbücher. 23 

Bergmann , Dr. Emst: Die Begründung der deutschen 
Ästhetik durch Alex. Gottlieb Baumgarten und 
Georg Friedrich Meyer (Verlag v. Röder & Schunke, ■ 

Leipzig 1911). 70 

Berühmte. Kunststätten. Basel von Martin Wackemagel. 

Mit 127 Abbildungen.150 

Berühmte Kunststätten. Ulm von Ludwig Fischer. Mit 

130 Abbildungen. 150 


Beschreibung der ägyptischen Sammlung des Nieder¬ 
ländischen Reichsmuseums der Altertümer in Lei¬ 
den. Die Denkmäler des Neuen Reiches. I. Abt 
Gräber von Dr.P. A. A. Böser (Mart Nyhoff, Haag) 58 
Bibliographie Verlainienne. Contribution critique ä 
l’ötude des littöratures ötrang&res et comparees 
par Georges A. Toumoux. Pröface de F. Piquet 151 
Bibliotheca Germanorum Erotica et Curiosa .... 110 


Seite 

Hoe-Sammlung. 57 

Perl, Max, Berlin .23, 105 

Sotheby, Wilkinson & Hodge, London .104 

Steiner, Franz, Meran . 57 

Stroehlin, Dr. Emst, Genf .144 

angekündigte Bücher. 

Seite 

Bibliothek Stroehlin.144 

Biedermann, Flodoard von: Goethes Gespräche ... 201 

— Heinrich von Kleists Gespräche.201 

Bierbaum, Otto Julius: Gesammelte Werke.112 

Bilderatlas zur Musikgeschichte (Schuster & Loeffler, 

Berlin 1912). 74 

Bogeng, G. A. E.: Jahrbuch für Bücherkunde und -Lieb¬ 
haberei . 110 

Bohnenblust, Gottfried: Gedichte.210 

Börnes Werke (Bong & Co., Verlag). 24 

Boy-Ed, Ida: Charlotte von Kalb. Eine psychologische 

Studie.. . . . . 108 

Brandi, Prof. Dr. Karl: Unsere Schrift.107 

Brentanos sämtliche Werke (Georg Müller, München) . 24 

Breydenbach, Bernhard von, and his joumey to the 

Holy Land 1483—1484.203 

Briefe über einen deutschen Roman. Julius Rodenberg 
an Enrica von Handel-Mazzetti. Mit einem An¬ 
hang : Die Schlußkapitel der armen Margarete nach 

dem Erstabdruck.149 

Büchner, Eberhard: Das Neueste von gestern. Kultur¬ 
geschichtlich interessante Dokumente aus alten 

deutschen Zeitungen ..109 

Buonarroti, Michelagniolo: Dipte af— iUdvalg ogOver- 

saettelse ved Johannes Dam.108 

Buse, Dr. Bruno: Wie studiert man neuere Sprachen? 197 

Byrons Werke.192 

Cagliostro, Graf: Der König der Kuppler und Schwarz¬ 
künstler, seine magischen Operationen von ihm 

selbst erzählt.113 

Catalogus van boeken in Noord-Neederland versehenen 

van den vroegsten tyd tot op hedenj VHI. Kunst 145 

Catalogus van boeken in Noord-Nederland versehenen 
van den vroegsten tijd tot op heden. (Martinas 
Nijhoff, 'S Grevenhagen). 26 


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VIII 


Inhaltsverzeichnis. 


Seite 

Clemen , Otto: Zwickaucr Faksimiledrücke.in 

— Handschriftenproben aus der Reformationszcit . 111 
Dantes poetischeWerke (Herdersche Verlagsbuchhandlng.) 25 


Davenport , Cyril: Cameo book-stamps fignred and 

described by.105 

Der bnrgundische Paramentenschatz des Ordens vom 
Goldenen Vließe (Verlag von Anton Schroll & Co., 

Wien 1912). 66 

Der lose Vogel (Demeter-Verlag, Leipzig). 70 

Deutsche Schrifttafeln des IX. bis XVI. Jahrhunderts 
aus Handschriften der Königlichen Hof- und Staats¬ 
bibliothek in München. Herausgegeben von Erich 

Petzet und Otto Glauning.199 

Duret, Theodore: Die beiden Napoleons und die Napo¬ 
leonlegende (Paul Cassirer, Berlin 1911) . . . . 62 

Eckermann, Gespräche mit Goethe (Tempel-Verlag) . 25 

Ehrenberg , Hans: Die Geschichte des Menschen un¬ 
serer Zeit.14 7 

Ehrenstein, Albert: Der Selbstmord eines Katers . . 149 

Elisabeth und ihr deutscher Garten (Julius Zeitler, Leipzig) 71 

Ernst, Paul: Das Buch der Liebe.202 

Essig, Hermann: Furchtlos und treu.113 

Ezuers, Hanns Heinr.: Alraune, die Geschichte eines 

lebenden Wesens (Georg Müller, München) ... 67 

Festschrift zur Feier des 25 jährigen Bestandes des fach¬ 
technischen Klubs der Beamten und Faktoren der 
Kaiserlich und Königlichen Hof- und Staats¬ 
druckerei 1886/1911.114 

Flake , Otto: Schritt für Schritt. Roman. 155 

F/auberts , Gustav: Jugenddichtungen (J. C. C. Brnns 

Verlag, Minden) .. 26 

Fouqul , Friedrich Baron de la Motte-, Auswahl seiner 

Werke (Bongs Goldene Klassikerbibliothek) . . 24 

— Undine. Eine Erzählung. Mit 15 farbigen Voll¬ 
bildern und Buchschmuck von Arthur Rackham. 197 

Franziskus von Assisi, Die Blümlein des (Insel-Verlag, 

Leipzig 19II). 72 

Frankel, Jonus: J. V. Widmann.211 

Freiligraths Gedichte und Übersetzungen in Auswahl 

von Paul Zannert.193 

Ganz, Paul: Hans Holbein der Jüngere.194 

Gardlhausen, Victor: Das Buchwesen im Altertum und 

im byzantinischen Mittelalter (Veit & Co., Leipzig) 62 
Geschichte der öffentlichen Bibliothek der Stadt Boston 73 
Gleichen-Rußwurm, Alexander von: Freundschaft. Eine 

psychologische Forschungsreise.206 

Goethe , Neu eröffnetes moralisch-politisches Puppenspiel 23 

— Propyläenausgabe (Georg Müller, Verlag) ... 24 

Go%h, Vincent van: Teekeningen . . . .198 

Greinz, Rudolf: Hin ist hin! Lustige Marterln ... ic6 

Grillparzer-Ausgabe der Stadt Wien.191 

Grillparzers Liebesroman. Die Schwestern Fröhlich. 

Roman aus Wiens klassischer Zeit von Joseph 

Aug. Lux.193 

Grimm, Ludwig Emil: Erinnerungen aus meinem Leben 109 
Hamerlings sämtliche Werke (Max Hesse, Verlag) . . 23 

Hanrieder, Norbert, in seinen Dichtungen. Studie von 

Georg Bruder.200 

Hart, Hans: Kupidos Bote. Eine frohe Rokokogeschichte 
vom Rhein. Mit vier Vollbildern und Buchschmuck 

von Franz von Bayros.150 

Harimann, Alma von: Zwischen Dichtung und Philo¬ 
sophie (Verlag DeutscheBücherei,OttoKools, Berlin) 61 
Ilaußtmann, Carl: Nächte (Ernst Rowohlt, Verlag, 

Leipzig 1912). 69 


Seite 


Ilausradt, Der. Ein Baseler Gedicht vom Jahre 1569. 

In Faksimiledruck herausgegeben von Dr. E. Major 150 

Hel-lei', Friedrich: Säkular-Ausgabe. 194 

Hebel Johann Peter: Seine Werke (Tempel-Verlag) . 25 

Hecht, Georg: Der neue Jude (Gustav Engel, Verlag, 

Leipzig 1911). 67 

J/einicke, Samuel: GesammcPe Schriften.Herausgegcben 

von Georg und Paul Schumann.2GO 

Heine, Heinrich: Gesamtausgabe (Insel-Verlag) ... 25 

Ilelsingör. Text von Laurits Pcdersen. Zeichnungen 

von Kr. Kongsiad.148 

Helvetische Revolution im Lichte der deutsch-schwei¬ 
zerischen Dichtung von Dr. Ernst Trösch . . . 209 

Henckell , Karl: Im Weitergehn (Verlag Die Lese, 

München 1911). 73 

Herzog , Oswald: Die stilistische Entwicklung der bil¬ 
denden Künste.197 

Höcker, Paul Oskar: Die lachende Maske. Roman . 154 

Hof)mann, E. T. A.: Sämtliche Werke (Georg Müller, 

München ). *5 

Heliand, Dr. H.: Moritz von Schwind (Allgemeine Ver¬ 
einigung für ehr. Kunst, München 1911) . . . , 64 

Holländer, Eugen: Plastik und Medizin (Verlag von 

Ferdinand Enke, Stuttgart). 64 

Horst, Karl: Barockprobleme.210 

Hourtiq, Louis: Geschichte der Kunst in Frankreich 

(Verlag Julius IIofTmann, Stuttgart 1912) . . . . 64 

Heus man, Laurence: Blinde Liebe. Eine Geschichte 
aus den höchsten Kreisen, sehr frei nach dem 
Englischen übersetzt von Richard Dehmel . . . 202 

Immermann, Werke.I92 

jackson, E. Nevill: The history of Silhouettes . . . 148 

Jegerlehner, Johannes: Marignano.211 

Kern, G. J.: Karl Blechen, sein Leben und sein Werk 193 
Klassiker der Kunst, Bd. XX (Deutsche Verlagsanstalt, 

Stuttgart 1912). 66 

Klaußmann, Oskar: Oberschlesien vor 55 Jahren und 

wie ich es wiederfand.199 

Kraeger , Heinrich: Vortrage und Kritiken (Schulzesche 
Hofbuchhandlung und Hofbuchdruckerei, Rudolf 
Schwartz, Oldenburg und Leipzig) ...... 6l 

Kresse, Oskar: Die Überwinder des Todes.208 

Krieg der Fünfkäser und Bierhengste, Der. Der Wild- 
und Rheingraf Karl Magnus vom Magister Lauk- 
hard. Herausgeben von Dr. Viktor Petersen . . 196 

Kudrun : Hvperion-Verlag Hans von Weber, München 26 
Kügelgen, Wilhelm von: Die Jugenderinnerungen eines 

alten Mannes.109 

Kurz, Hermann: Fortunatus.211 

Lagerlöf, Selma: Gesammelte Werke.195 

Lambert, Andrö: Aus dem alten Rom. 23 

Larsson, Karl: Das Modell. III 

Leitzmann, Else: Zwölf Nächte. Märchen ....". 106 

Lenau, Nikolaus: Sämtliche Werke (Insel-Verlag) . . 25 

Lenau-Ausgaben von Eduard Castle.195 

Lezy, Hermann: Die stille Frau (Bruno Cassirer, Berlin) 68 
Lichtzuark, Alfred: DeutscheKönigsstädte(BrunoCassirer, 

Berlin 1912). 6l 

Liliencron, Detlev von: Gesammelte W r erke.152 

Li sauer, Emst: Der Strom. Neue Geschichte ... 112 

Literarischer Ratgeber für die Katholiken Deutschlands. 
Herausgegeben von Dr. Max Ettlinger (Verlag 

Jos. Kösel, Kempten und München). 63 

Literaturgeschichte der deutschen Stämme und Land¬ 
schaften von Josef Nadler .......... 199 


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Inhaltsverzeichnis. 


IX 


Seite 


JJtzmann : Heft I. VII. Jahrgang 1912 ....... 154 

Malerisches aus Salzburg (Hermann Kerber, k. u. k. 

Hofbuchhändler, Salzburg). 73 

Meyers Konversationslexikon.109 

Mielke , Helmuth: Der deutsche Roman.206 

Molifres sämtliche Werke (Max Hesse. Verlag) ... 24 

Morikes sämtliche Werke (Tempel-Verlag). 25 

Nas reddin : Der Hodscha. Gesammelt und herausgegeben 

von Albert Wesselski.108 

Neumann, Balthasar: Briefe von seiner Pariser Studien¬ 
reise 1723 146 

Neuwirth, Josef* Illustrierte Kunstgeschichte .... 112 
Nordische Dichtung, übersetzt und eingeleitet von Her¬ 
mann Neumann.209 

Pauli , Gustav: Max Liebermann.194 

Rabelais , de Francois: Oeuvres. Edition critique . . 107 

Rauth, Leo: Tänze.. 

Raschers Jahrbuch für Schweizer Art und Kunst. Heraus¬ 
gegeben von Konrad Falke.211 

Reuter , Fritz: Hanne Nüte un de lütte Pudel ’ne Vagel¬ 
und Minschengeschicht. Privatdruck.112 

Richter, Ludwig: Lebenserinnerungen eines deutschen 

Malers.109 

Sage, Le: Der hinkende Teufel, übersetzt von G. Fink. 

Neu herausgegeben und eingeleitet von O. Flake 147 
Sassa yo yassa, Text von Bernhard Kellermann (Paul 

Cassirer, Verlag, Berlin). 68 

Schackgalerie, Die, von Fritz Burger.147 

Schäfer , Wilhelm: Karl Stauffers Lebensgang (Georg 

Müller, München 1912). 69 

Scharfenstein, Helene: Aus dem Tagebuch einer deut¬ 
schen Schauspielerin.209 

Schendel, Artur von: Shakespeare (Amsterdam, W. Ver- 

sluys 1910). 59 

Schiller : Horenausgabe (Georg Müller, München) . . 24 

Schlegels Briefe an Frau Christine von Stransky^ Heraus¬ 
gegeben von M. Bottmanner.207 

Schoeler, Heinrich von: Rafael von Urbino. Kunst- 

geschichtlicher Roman.197 

Schroeder, Leopold von: Die Vollendung des arischen 
Mysteriums in Bayreuth (J. F. Lehmanns Verlag, 

München 1912). 65 

Schulenburg , Werner von der: Die Gastronomie oder 

der Gutsherr bei Tische. Nach dem Französischen 196 
Schweizerischen Eidgenossenschaft, Politisches Jahr¬ 
buch der. Begründet von Dr. Carl Hiltz, fort¬ 
gesetzt von Dr. W. Burckhardt.212 


Seite 

Sentroul, Charles: Kant und Aristoteles (Verlag Kösel, 

Kempten und München). 63 

Sienhiezvicz, Henryk, Lebenswirbel (Verlag der Jos. 

Köselschen Buchhandlung, Kempten und München) 71 
Smith , Alphonso: Die amerikanische Literatur ... 192 
Soldan-Heppe, Geschichte der Hexenprozesse .... 204 
Sorge , Wolfgang: Des scharfsinnigen Junkers Don Qui¬ 
xote Leben und Heldentaten. Bearbeitet von . . 205 
— Die Abenteuer des Chevaliers von Faublas. Be¬ 
arbeitet von.205 

Springer , Anton: Handbuch der Kunstgeschichte . . 200 
Stelzhammers , Franz, ausgewählteWerke. Herausgegeben 

und mit Einleitung versehen von Leopold Hörmann 201 
Storch , Willy F.: Vom Geist moderner Schriftkunst 

(Heidelberger Zeitung). 62 

Stretcwels, Styn.: Het Kerstekind (Amsterdam van Veen) 60 
Stuttgarter Bibliothekenfuhrer. Herausgegeben von Carl 

Lange (W. Kohlhammer, Stuttgart 1912) .... 60 

Suckier, Wolfram: Gottscheds Korrespondenten ... 155 
Sudhoff, Karl: Graphische und typographische Erstlinge 

der Syphilisliteratur ..194 

Tolstoi, Leo: Die lebende Leiche. Drama in zwölf Bil¬ 
dern. Berechtigte Übersetzung von Dr. Adolf Heß 151 
Tschudi, In memoriam Hugo von. Die Reden bei der 

Bestattung (Insel-Verlag, Leipzig 1911) .... 63 

Turi t Johan: Das Buch der Lappen. Herausgegeben 


von Emilie Demant.205 

Tyll Vienspiegel, zwölf Holzschnitte zu de Costers 

Vienspiegel von Walther Klemm.111 

Uhland ', Ludwig: Sammelband fliegender Blätter aus 
der zweiten Hälfte des XVI. Jahrhunderts. Heraus¬ 
gegeben von Emil Karl Blüml.196 

Uhlen, G. v.: Träumers Lieder.106 

Unger , Arthur W.: Die Herstellung von Büchern, Illu¬ 
strationen, Akzidenzen.198 

Vergessene Lieder und Verse. Mit Zeichnungen von 

Alphons Woelfle.109 

Voigt, Julius: Goethe und Ilmenau.204 

Wackenroder, Wilhelm Heinrich (Eugen Diederichs, Jena) 26 
Weidling, Friedrich: Schaidenreißers Odyssea .... 208 

Widmann, Josef Viktor: Gedichte.210 

Zimmermann, Heinrich. Watteau.194 

Zürichs Vergangenheit, Aus. Von F. Schultheß-Meyer, 

J. Hardmey er-Jenny, Konrad Eschcr, Olga Amberger 211 


Kleine Mitteilungen. 


Seite 


Alicke, Paul: Antiquariatskatalog 110. 78 

Antike Schriftstücke in Ober-Ägypten gefunden ... 29 

Aus einem Bethaus in Leipzig ein altes Notenbuch ge¬ 
stohlen . 29 

Ausstellung von Schülerarbeiten der Akademie der 

graphischen Künste und Buchgewerbe. 27 

Bibelkatalog der British and Foreign Bible Society . 219 
Bibliographische Gesellschaft, englische. Neue Publikation 224 

Bibliophiliana.221 

Bibliotheken im Staate New York. 76 

Boerner, C. G., Leipzig. 77 

Bostoner öffentliche Bibliothek, 60. Jahresbericht . . 225 
Buchdruck, Die Kunst im neueren englischen .... 116 
Buchdruckausstellung in London. 162 


Seite 


Bücherrangierung an Bibliotheken.161 

Bücherei Maiandros. 77 

Bücherfreunde in Hamburg, Gesellschaft der .... 115 

Bücherfreunde, Zur Geschichte der.118 

Cohen, Der neue.226 

Deutscher Verlegerverein gegen Ausbeutung von Schrift¬ 
stellern und Dilettanten.159 

Düsseldorf Artists Album, The: Ein Unikum? ... 161 

Ehmcke, F. H.: Die drei Ausdrucksformen der deutschen 

Schrift: Textur-Schwabacher-Fraktur.161 

Einbandstoffe, Bekanntmachungen der Kommission für 119 

Elsässische Literaturgesellschaft.225 

Englische, auf dem Kontinent gedruckte Bücher in der 

Reformationszeit.160 


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CORNELL UNÜVERSm 1 























































X 


Inhaltsverzeichnis. 


Seite 


Ganymedes-Presse.115 

Germanisches Nationalmuseuni. Nürnberg. 28 

Gesellschaft für clsässische Literatur, Straßburg ... 77 

Gilhofer & Ranschburg, Wien. 77 

Gutenberg-Gesellschaft . ..224 

Hayn , Hugo: Bibliotheca Germanorum Erotica ... 77 

Humboldts, "Wilhelm von, Bibliothek gefunden ... 29 

Huthsammlung, New York. 28 

Internationale Ausstellung für Buchgewerbe und Graphik, 

Leipzig 1914.U 5 . 157 , 22$ 

Jahrbuch für Bücherkunde und Liebhaberei (Max Harr- 

witz, Nikolassee). 77 

Kassel, Tausendjahrfeier der Residenz — im Sept. 1913 116 

Kleistx Penthesilea, tschechich. 77 

Königliche Graphische Sammlung in München ... 27 

Kunst* und kulturgeschichtliche Ausstellung zur Jahr¬ 
hundertfeier der Freiheitskriege in Breslau ... 77 


Literatur 

Seite 


Alberts , O. A.: „Manicure“, beschlagnahmt.120 

Allgemeine Gesichtspunkte für die Verteidigung in 

Sachen des S 184,1 des Strafgesetzbuches ... 122 

„Amerika beim Erziehen“, beschlagnahmt.121 

„Andachtsübungen des Herrn Heinrich Roch und der 

Frau Herzogin von Condore“, beschlagnahmt. , 30 

„Aus dem Tagebuch eines Homosexuellen“ (Bernhards 

Verlag, Stuttgart) beschlagnahmt. 29 

„Ausgang, Der“, beschlagnahmt. 78 

Beng, Irene: „Amor Imperator“, beschlagnahmt . . 229 
Bemard , Tristan: „Zwei Frauenfreunde“ (G. Grimm, 

Budapest) beschlagnahmt. 29 

Beschlagnahmungen, Verschiedene.163, 164 

Blei, Franz: „Das Lustwäldchen“.164 

Boccaccio, Giovanni: „Dekameron“, in Leipzig beschl. 78 
Bombach , Kurt: „Meine grausame süße Reitpeitsche“, 

beschlagnahmt .....' .121 

Bremms , A 16 ra: „Le Journal d'une Flagcl6e“, beschl. 229 
„Briefe der kleinen Gräfin“, beschlagnahmt .... 29 

Bröhmek, R.: „Fräulein Lehrerin“, beschlagnahmt . . 120 

— „Gefährliche Buße“, beschlagnahmt . . . . 120, 229 

— „Qualvolle Stunden“, beschlagnahmt.120 

„Curiosa der Weltliteratur“, beschlagnahmt. 30 

„Cythere“, beschlagnahmt. 29 

„Das Handwerkszeug des Schriftstellers“.164 

„Denkmäler des Geheimkults der römischen Damen“, 

beschlagnahmt. 29 

„Der Komet“, München Nr. 4, beschlagnahmt ... 29 

„Der Mann in Purpur und anderes“ (G. Grimm, Buda¬ 
pest), beschlagnahmt. 29 


„Der Tarif der Dirnen von Venedig“, beschlagnahmt 30 
Die Beschlagnahme des Romans „Die Gräfin“ von A. 

Kupin (Georg Müller, München) wurde aufgehoben 30 


„Die Posteriora und die Priora“, beschlagnahmt ... 30 

„Die Schönheit der Frauen“. Neue Folge. 1. Lief. 

(Hermann Schmidt, Berlin), beschlagnahmt ... 29 

Dolorosa, „Ihr Herr“, beschlagnahmt.229 

„Durchtollte Nächte“, beschlagnahmt. 78 

Essle, Feodor, beschlagnahmt.229 

„L’Etude Acadömique“, beschlagnahmt.121 

„Eva im Paradies“, beschlagnahmt.120 

Faschingsnummer der „Berliner Blauesten Nachrichten“, 

beschlagnahmt. 29 


Seite 


Maximilian* Gesellschaft E. V.220 

Mißstände im Betriebe und bei der Benutzung der 

Königlichen Bibliothek in Berlin.115 

Niederdeutsche Bibliographie.115 

Persische Miniaturen. 74 

Plakalfrcunde, Verein der.224 

Rousseau*Ausstellung in der Pariser Nationalbibliothck i6l 

Knulandson, Thomas: Im Buchgewerbemuseum Leipzig 26 

Schundliteratur.221 

Schur, Ernst f. 28 

The Revival of Printing. A bibliographical Catalogue 
of Werks issued by the chief modern english 
presses with an introduktion by Robert Stelle . . 117 

Theater-Museum, Ein amerikanisches.15S 

Vulgata-Kommission, Die Arbeiten der.156 

Wcrthcr-Schriften zum Verkauf ausgeboten. 77 


und Justiz. 

Seite 


„Flagellations-Erfahningcn“, bcschagnahmt.121 

„Der Floh“, beschlagnahmt. 78 

„Der Floh“, auf zwei Jahre verboten. 78 

„Francisco Delicado“, beschlagnahmt. 30 

Kose, Woldcmar: „Liebe und Schönheit“, beschtagn. 229 

„Le Frou-Frou“, Nr. 597, beschlagnahmt. 78 

„Geschichten aus Aretino“, beschlagnahmt. 30 

„Geschlechtsleben in Glauben, Sitte, Brauch und Ge¬ 
wohnheit der Japaner“ vor Gericht.121 

„Gestalt des Menschen und ihre Schönheit, Die“, beschl. 121 

„Glühlichter“, beschlagnahmt. 78 

„G’schamige, Die“, beschlagnahmt.229 

Hirsch, K. H. : „Ein alter Mordskerl“ (G. Grimm, Buda¬ 
pest), beschlagnahmt. 29 

Hoya, Hans: „Cliaine anglaise“ (G. Grimm), besclilagn. 29 
Hummer, W.: „20 weibliche Aktstudien“, bcschlagn. 120 
Hy an , Hans: Beschlagnahme des Romans „Die Ver¬ 
führten“ aufgehoben.121 


Inhaber eines Dresdner Verlages wegen Verbreitung 

eines Prospektes verurteilt. 78 

„Jean qui rit“, 5. Nov. 1911 beschlagnahmt .... 78 

„Jean qui rit“, Nr. 587 beschlagnahmt ....... 229 

„Jean qui rit“, Witzpetarde (G. Grimm, Budapest) beschl. 29 
Johnson , J.: „Memoiren der Schwester Angelika“, beschl. 121 

„Kaviar-Kalender 1901“, beschlagnahmt.120 

Keller , Alexander: „Die Liebe im Altertum“, beschl. 120 

„Komtesse Marga“, beschlagnahmt.120 

„Künstlerakt, Der“, beschlagnahmt.121 

Landgericht Berlin I sprach Dr. Herbert Eulenberg, 
den Redakteur Herzog und den Verleger Paul 

Cassirer frei. 31 

Lassac , Dr.: „Sanatorium Birkenheide“, beschlagnahmt 121 
Laurent , E.: „Sexuelle Verirrungen usw.“, beschlagn. 78 

„Le Frou-Frou“, Nr. 589, beschlagnahmt. 29 

„Liebesbrief, Ein origineller“, beschlagnahmt .... 229 

„Lillis Schelmenstreiche“, beschlagnahmt.120 

Londoner Behörden gegen Schmutzliteratur.165 

„Madonna Nero von R. B.“, beschlagnahmt .... 229 

„Mathilde, Die schone“, beschlagnahmt. 78 

Moloch, A.: „Das Menschensystem“ wieder freigegeben 164 
— „Das Paradies der Liebe und Ehe“, wieder freigegeb. 164 
„Nackte Schönheit“, 1., 4., 5., 11. Lief, (Hermann 

Schmidt, Berlin) beschlagnahmt. 29 


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Original ffom 

CORNELL UNiVERSITV 



























































Inhaltsverzeichnis. 


XI 


Seite 


„Nackte Schönheit“, beschlagnahmt.120 

Neumann, E.: „John Bull beim Erziehen“, beschlagn. 121 
Pariser Staatsanwaltschaft geht strenger gegen die Buch¬ 
händler vor, die mit pornographischen Werken 

handeln. 32 

Prozeß gegen den Verlagsbuchhändler Karl Wilh. Stern 

hat begonnen. 30 

„Pschütt“, beschlagnahmt. 30 

„Pschütt“, Nr. 10, beschlagnahmt. 78 

Rod: „Miss. John Bulls Erziehung“, beschlagnahmt . 229 
Riesenlager unsittlicher Bücher beschlagnahmt ... 78 

Rüdiger, Anton: „Aus harter Jugendzeit“, beschlagnahmt 121 

„Ruf an die Frauen“, beschlagnahmt. 78 

Sadow, M.: „Die Prügelzucht in der Türkei und im 

Orient“, beschlagnahmt.121 


SaUmrg , Edith: „Wenn Könige lieben“, beschlagnahmt 29 
Schneider , M.: „Farbige Freilichtakte“, beschlagnahmt 120 
Schlichtegroll, C. F. von: „Ein Sadist im Priesterrock“, 

beschlagnahmt.121 

Sckloemp, Felix: „Der perverse Maikäfer“, beschlagn. 120 
„Schönheit der Frauen, Die“, beschlagnahmt .... 120 
„Schönheit, In paradiesischer“, beschlagnahmt ... 78 

„Sekt“, zahlreiche Nummern des 6. bis 8. Jahrgangs 

beschlagnahmt.29, 78, 120 

„Sekt“ IX, 28, beschlagnahmt.120 

Stern , Carl Wilhelm.165 

Sudermann : „Heimat“, in Tokio verboten.164 

„Tagebuch eines Flohs“, beschlagnahmt.229 


Seite 

Taylor, William: „Als Quarteronen verkauft“, beschl. 121 

— „Am Abgrunde der Schande“, beschlagnahmt. . 121 

— „Das Tagebuch des Sklavenhalters“, beschlagnahmt 121 

— „Der Schrecken von Cavemo“, beschlagnahmt . 121 

— „Die Sklavinnen der Indianer“, beschlagnahmt . 121 

— „Die stolzen Herrinnen von Western-Port“, beschl. 121 

— „Im Hause des Sldaven-Reverend“, beschlagnahmt 120 

— „In der Schule der Demut“, beschlagnahmt . . 121 


— „Quengnezza“, beschlagnahmt.121 

— „Sklavenliebe“, beschlagnahmt.120 

— „Unter der Peitsche Donna Isabellas“ beschlagn. 121 

— „Unter Maronnegem“, beschlagnahmt.121 

Tralow , Joh.: „Kain der Heiland“ (Concordia, Berlin) 

beschlagnahmt. 29 

Ungewitter , Richard: „Kultur und Nacktheit“, beschl. 229 
Unzüchtige Bilder und Schriften beschlagnahmt ... 122 
„Venus Rosenkränzlein“, beschlagnahmt. 29 


Versteigerung von Zeichnungen Fölicien Rops verboten 31 
„Vie en Culotte rouge, La“, Nr. 510, beschlagnahmt 78 
„Vie en Culotte rouge, La“, auf zwei Jahre verboten 121 
Waldagun, Pierre: „Die Lehren Lisbeth Lottias“ (G. 


Grimm, Budapest), beschlagnahmt. 29 

„Wiener Akt, Der“, beschlagnahmt. 78 

„Wiener Karikaturen“, Nr. 68 beschlagnahmt ... 29 
„Wiener Karikaturen“, Nr. 10, beschlagnahmt ... 78 
„Wiener kleines Witzblatt“, 1911, 23—28, 35, 36,38, 

39» 4L 43—52; 1912, 1—9, beschlagnahmt . . 78 

Willy: Pimprenette“ (G. Grimm, Budapest), beschlagn. 29 


Kataloge. 


Seite 

Alicke, Paul, Dresden .122 

Baer & Co., Joseph, Frankfurt a. M .32, 79, 165 

Beyers Nachf., Ed., Wien I .122 

Boemer, C. G., Leipzig ..32, 79 

Dieterichsche Universitätsbuchhandlung, Becker & Eid- 

ner, Göttingen .32, 79 

Eytelhuber, Victor, Wien VIII11 . 79 

Flandria, Courtrai . 79 

Fock G. m. b. H., Gustav, Leipzig .122 

Foth, W., Nachf. Max Engel, München .165 

Gamber, J., Paris IVe .123, 166 

Geering, Adolf, Basel .79, 166 

Gilhofer & Ranschburg, Wien I .79, 123, 166 

Göttinger Antiquariat, Dr. Friedr. Wecken, Göttingen 123 

Götz, Max, München .32, 79 

Graupe, Paul, Berlin .. 32, 79, 166 

Gsellius, Berlin W .8 .79 

Harrassowitz, Otto, Leipzig .32, 80, 123 

Harrwitz, Max, Nikolassee bei Berlin .80, 123 

Haschke, F. W., Leipzig . 80 

Hauptvogel Nachf., M., Leipzig . 123 

Heartman, Chas. Fred., New York City .166 

Heims, Wilhelm, Leipzig . 80 

Heß, B., München . ..32, 80 

Hiersemann, Karl W., Leipzig .80, 123, 166 

Hönisch, Rud., Leipzig .32, 80, 123 

Hueber, Max, München .123 

Hugendubel, Heinrich, München ... 32, 80, 123, 166 

Jaeckel, Max, G. m. b. II., Potsdam .. 32, 80 

Jolowicz, Joseph, Posen . 80 


Seite 

Junk, W., Berlin W. 15 .123 

Kampffmeyer, Th., Berlin S.W. 48 .32, 80, 123 

Klincksieck, C., Paris VII .123 

Klüber, Friedrich, Passau .166 

Klübers Nachf., Fr., Nähr & Funk, München ... 33, 80 

Koebnersche Buchhandlung, Breslau I .123 

Lehmann, F., Frankfurt a. Al. . 80 

Lcvi, R., Stuttgart .123 

Limburger Antiquariat und Verlag, Limburg a. d. Lahn 166 

List & Francke, Leipzig .123 

Lommer, Hans, Gotha . 80 

Lorentz, Alfred, Leipzig .33, 80, 123 

Lüneburg, Dr. H., München .123 

Mayer & Müller, Berlin N W .33, 81, 166 

Meyer, Edmund, Berlin W. 35 .123 

Meyer, Friedrich, Leipzig .33, 81, 124, 166 

Meuel & Co., Charles, London WC. . 81 

Mueller, J. Eckard, Halle a. S. ...... . 33, 81 

Mulot, J. B., Paris . 81 

Neumayer & Co., F. B„ London WC. .166 

Nijhoff, Martinas, La Haye .8r, 124 

Olschki, Leo S., Florenz .8l, 124 

Quaritch, Bernhard, London .81, 124 

Ragoczy, F., Freiburg i. B. .124 

Rappaport, D. E., Rom .81, 124, 166 

Rauthe, Oskar, Friedenau bei Berlin ...... 33, 81 

Rheinisches Buch- und Kunst-Antiquariat Dr. E. Nolte, 

Bonn .33, 81, 124 

Rosenthal, Ludwig, München .. 33» 81 

Scheible, J., Stuttgart . 81 


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Original from 

CORNELL UNIVERSUM 











































































XII 


Inhaltsverzeichnis. 


Seite 

Scheltema & Holkema, Amsterdam . 81 

Schoder, G., Turin .124 

Schönhuth, Ottomar, Nachf., München .33» 81 

Schöningh, Heinrich, Münster i. W. .166 

Schweizer & Mohr, Berlin IV. 35 . 81 

Seligsberg, L., Bayreuth .81, 124 

Skopnik, Conrad, Berlin NW. .124 

Solovieff, N., St. Petersburg . 8l 

Stargardt, J. A., Berlin l V. 3$ . 81 

Stark, Ludwig, München .. . Si, 124 


Seite 

Streisand, Hugo, Berlin W. 50 .33, 82, 124 

Strohmetz, R., Ulm a. D . 82 

Süddeutsches Antiquariat, München .166 

Süßenguth, Heinrich, Berlin .82, 166 

Teufen’s Nachfolger, C., Wien 11 '1 .82, 124 

Waldau, F., Fürstemvalde a d. Sy ree . 82 

Weigel, Adolf, Leipzig .33» 82, 124 

Weiter, H., Paris .124, 166 

Zahn, v., & Jaensch, Dresden .124 

Ziegert, Max, Frankfurt a. M. .33, 82 


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CORNELL UNIVERSUM 






















Namen-Register 

zur 

Zeitschrift für Bücherfreunde 

Neue Folge. Vierter Jahrgang. 1912/1913 

Band I. 


Die kursiv gedruckten Zahlen verweisen auf das Beiblatt. 


A 

A—Q-Verlag 14S. 

Abbt. Frau Felizitas geb. Knecht 

Abbey, E. A. 18. 

Abt, Karl Friedrich 173. 
Achenwall, Gottfried 125. 

Adam, Carl 11. 

Adam. Paul 92. 

Adam, Victor 136. 

Adams. Joseph A. 18. 

Adler. Dr. Friedrich 9. 

Aegidius, P. 99. 

Aesop 7a. 

Alfiere, F. iqr. 

Agrate. Marco d* 64. 

Aquiuo, Thomas von 70. 

Aimee, Henri 43. 

Aitstnger, M. igu. 

Aken, Jan van ;,v. 

Albalat, Antoine 43. 

Albert. K. K. Prof. A. 114. 
Alberts, O. A. jjo- 
Ale an rtf. 

Alden, H. M. 18. 

Alesinsky, Gregor 133. 
Alexander, J. W. j8 . 

Alfons II 14 5. 

Alicke, Paul 78. 

Allard, Roger 9 3 
Allen, J. L. 13. 

Alliaco, Peter de 70. 

Allis, W. W. 33. 

Allorge, Henri 5, 41 , 92. 

Alsinn 91. 

Altdorfer, Albrecht 7. 

Alton, d* 183. 

Alxinger 184. 

Amadis 72. 

Amberger, Olga 211. 

Ambrevillc, d’ 161. 

Ameilhon, Hubert Pascal iöx. 
Amelung, Heini 24, 87. 

Amiel, Denys 42. 

Amiet, Cuno 133. 

Amman, Jost 9, 10, ia, 14, 15, 
16, 17. 

Amorbach. Joh. de 190- 
Andeard, Maurice 92. 

Andeoud ji. 

Änderte, Fr. 8. 

Andersen, Waldemar roS, 150. 
Andler, Prol Charles 30. 
D*Annunzio 8. 12. 

Ansorge, Wolfgang 113. 

Anun iSj. 

Anweil, Stallmeister von 7 2. 
Apel, Paul 0. 

Apollinaire, Guillaume 6. 

Aquino, Thomas de roo. 

Arbois de Jubainville 122. 
Archer, William 130 . 

Arcos, Rene 4, 41, 4 , 43. 


Ardeche, Laurent de V 134. 
Arendt, Antiquar 26 
Aretino ij. 

Aretino, Pietro 163. 

Ariosto 06 . 

Ärgerer, A. C. 114. 

Atmbruster, Karl 43. 

Arndt h.3. 

Arnim 2=f. 

Arnim, Bettina von 193. 

Arnim, Frau von 30. 

Arnold, Christ, 190. 

Arnold, Edward 103. 

Arnz & Comp. 147. 

Aron 103. 

Ashbee, C. R. 117. 

Ashburton, Lady 136. 

Asper, Hans 144. 

Association modern Historie Re¬ 
cords 139. 

Atherton, G. 19, 

Aubert 174, 193. 

Audubon rj<>. 

Auernheiiner, Raoul 96. 

Auguste, Philippe 5. 

St. Augustine 9. 

Aurel 03. 

Aureviliy, Barbcy d’ 13j. 
Avenarius, Eduard 208- 
Avenarius, Ferdinand 109. 
d’Avril, Rene 43. 


B 

Bach, Max 196. 

Bachem, J. P. 202. 

Bachem, Josef 202. 

Bachem. Karl 202. 

Baciocchi, Felix 134. 

Backmann, Reinhold 191. 

Bacon 38. 

Baener, J. A. 19. 

Baer & Co., Josef m;jr, 57, 
163. 

Bagge 186. 

Baggesen, Jens 114. 

Bahler, Eduard 212. 

Bahr, Hermann 2, 95, 103. 
Baillin, Pieter de 137 
Bakst, Leon :j;. 
ßalbis, Johannes de 57. 
Baidinger 90 

Baidinger, Prof. Ernst Gottfried 
89. 

Baldinger-Stuttgart, v. 23. 
Baldinuccis. Filippo q8. 

Baidung, Hans 7, 139, 137. 
Balfour, A. J. 1S0. 

Ballenstedt 13. 

Balzac, Honore 5. < 5 , 42, 134, 136. 
Band & Co., H. 119. 

Bang, Herman 42 , 6j. 

Banks, Joseph 176. 


Barbier, Antoine Alexander 161. 
Barbier, Louis 161. 

Barclay, Sir Thomas 180. 

Bard, Julius 139, 156. 

Barnstein, A. I 1 . v 22. 

B.uoccio 98. 

Barre, Andre 4. 

Barrcs, Maurice 42. 92, 93- 
Bartholomaeus de Cremona 190. 
Bartholome 174. 

Bartolommeo, Fra 98. 

Bartsch, Rudolf Hans 133, 193. 
Basedow 205. 

Basile, G. B. 27. 

Baskerville, John 116. 

Bataille, Henry 42. 

Bates, Joshua 73. 

Batzer. Dr. Ernst 11. 

Baudelaire, Charles /2, 134, 132. 
Baudissin, Wolf, Grafen 24. 
Baudouin, S. K. 191. 

Bauer 152. 

Bauer, Franz i8r. 

Bauer, Gebr. 148. 

Bauer, Marius 99. 

Bauer, Max 204- 
Bauernfeld 9. 

Bauernfeld, Eduard v. 1S2. 
Bauernfeld, Josef Edler v. 182. 
Baumgarten, Alex. Gottlieb 70, 
162, 204 . 

Baur, Pfarrer 176. 

Bauzonnet 134. 

Bayer, Josef 183. 

Bayros, Franz von nr, 13t. 
Bazaillas, Albert 276. 

Bazainc 43. 

Bazoljette jr. 

Beaconsfield, Graf S. 

Beate, John 38. 

Beardsley, Aubrey 124; 139, 163. 
Beauduin, Nicolas 4. 
Beaumarchais 160; 8, 03, T34. 
Beaumont 58. 

Bechtold 10. 

Bechtold. Christian von 122. 
Bechtold, Dr. A. 40. 

Becker 14. 16. 18, 83. 

Becker, Jakob 194. 

Becker, Dr. Philipp August 24. 
Beethoven, L. v. 02, 104, 182. 
Beham, Hans Sebald 4; 77 /» /j 6 . 
Behmer, Marcus 163. 

Behr, B. 104. 

Behrens, C. Erich /<,6. 
Belgioioso, C. 49. 

Bell & Sons 102. 

Bellaert 190. 

Bellenger 174. 
Bellery-Dcsfontaines 174. 
Belli-Oontard, Marill tu 9, 

Belot, Jean 144. 

Belotto 9 6. 

Bemcke, Fr. A 1S9. 


Benard, J. M. 93. 

Benecke 25. 

Benorett, Arnold 19. 

Benz, Richard 23. 

Beranger 5, 5 , 134, 177. 
Berchem, N. 98 . 

Berchoux, Joseph 196. 

Berenson 66. 

Berer, A. van 162. 

Bergmann, Dr. Ernst 70, 190. 
Bergson 176. 

Berkeley 48. 

Berlage, H. B. 100. 

Berlioz, Hektor 43, 133 , 177. 
Bernard, Jean Marx 93. 
Bernhard, Lucian 223. 

Bemoulli, Johann 176. 

Bernstein, Simon 108. 
Bersancourr, Albert de 4, 93. 
Bertelli, Ferdinando 8. 

Bertini. G. 49. 

Bertuch 26 
Besnard, Albert gj. 

Besold 74, 75. 

Besson, jac. 190. 

Bethge, Hans 149, 154. 

Bethmann Hollweg 103. 
Bettelheim, Anton 9. 

Beurmann, Eduard in. 

Beuth, Geh. Finanzrat 193. 
Beuve, St. 93. 

Bianchi, Mose 49. 

Bicken, Philipp von 203. 
Biedermann, Freiherr Flodoard 
von 201. 

Bielschowsky 13. 

Biennoury 160. 

Bierbaum, Otto Julius 135; 112. 
Bierce, Ambrose 79. 

Billy, Andre 6 . 

Binding, Rudolf G. 72. 

Binz, Prof. Dr. 223. 

Birkedal 209. 

Bjerregaard 209* 

Björkman, Edwin 79. 

Bjömson 20 9. 

Black, A. & C. 9 4. 

Black, Joseph 129. 

Blakes, William 139. 

Blades, William 22. 

Blaesch, Hans 212. 

Blaeu 57. 

Blauw, D. & C. 167, 170. 

Blaze, H. 6 . 

Blechen, Karl 193. 

Blei, Franz 163, 7o. 164- 
Bloch, Jean Richard 41, 42, 92. 
Blond, Le 131. 

Blondel, J. F. 134, 797. 

Bloß, Marcus, Fulda 20. 
Blumenbach, Johann, Friedrich 
177. 

Blümmel, Emil Karl 796. 
Bobertag 39. 


. Digitized by 


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Original fro-m 

€fxWEtl U Nl VERS 1TY 



II 


Namen-Register 1912/13. Band I. 


Boccaccio 12, 136, 148. 
Boccamazzo 12. 

Böcklin, Arnold 148, 151; 124, 

103. 

Bocquet, T34. 

Bodmer i 02. 

Bodoni, 116. 

Bodoni, Giambattista 1S6. 
Boekenvogen, Dr. G. J. 4, 5. 6. 
Boer, T. J. iou. 

Boerncr, C. G. 23, 31, 77. 

Boesch, H. 2. 

Boeser, Dr. P. A. A. 3S. 

Boethius 790. 

Boffrand 14 p. 

Bogeng. Dr. G. A. Erich 159—164 ; 

pl, 1IO, 2 20 . 

Böhmer, Georg Ludwig 124. 
Böhmer, Dr. Johann Franz Wil¬ 
helm 1^8. 

Böhmer, Ludwig Bcchtold 124. 
Bohncnblust, Gottfried 2.10, 
Bohse, Äugest (Talander) 59. 
Boie, Heinrich Christian 78, 79 
„ I2 4 - 

Bodleau 4, 134. 

Bois, Michel du 144. 

Boilc, Wilhelm 779. 

Bolte, J. 4. 

Bombach, Kurt 120. 

Bonaparte, Jeröme 43. 

Bonaparte, Pauline 134- 
Bonard gö. 

Bonazzi, Giuliano 4S. 

Böner, Johann Alexander 18, 19, 

42. 

Bong, Richard 103. 

Bong & Co. 24, 792. 

Bonifacius VIll r< t o. 

Bonjean, Louis Bernard 43. 
Bonnet, Abbe Joseph 3. 

Bonn.er, Albert //;. 

Bonz, A. ny>. 

Borchüug, Prof. Dr. 113. 

Bordes, Ad. / %<. 

Bordes, Charles 5. 

Borghini g8. 

Borgia, Alexander 143. 

Bormann, Edwin i,<>. 

Born, Ignaz Edier von 173. 

Börne 24. 

Borne, Theodoricus de 188. 
Borngraber, Wilhelm 113, 103, 

IÖ4, 202. 2! '. 

Bornstedt, Adalbert von zu, zi2. 
Bosso 6 . 

Bossuet 162. 

Both, Giovanni gS. 

Botticelli, Sandro gS. 

Boucher 6 , 134. 

Boulenger, Jacques 107. 

Boulle 133. 

Bourgeois, Leon 43. 

Boussut, N. de 99. 

Boutroux, Emile ijj. 

Bowie, t'. 7 ,*9- 
Bowker, K. K. 33. 

Boy-Ed, Ida lor, 

Boysen, C. 204. 

Boz t;j. 

Bracke 93. 

Bradley, William Aspenwall 140. 
Brahe. Tycho 187. 

Brahm, Otto Og. 

Bramante 24. 

Brandenburg, Hans 112. 
Brandenburg. Hildprand igo. 
Brandes, E. 185. 

Brandes, Georges ry. 
Brandlmayr, K. K. Prof. Georg 
114. 

Brandi, Prof. Dr. Karl 107. 
Brant, Sebastian 15; /, 77, 194, 
225. 

BraitmuUer, Wilhelm 96. 

Braun qr. 

Brechtei, Dr. Martinus 23. 
Brederodc 5; 138. 

Bredt, Dr. 27. 

Breidenbach 72. 

Breitinger 162. 

Brenner, Gabriele 1(3. 

Brentano, Clemens 25, 24, 183, 
207. 

Brenz 72. 

Breslauer, Martin 104. 

Breu, J-jrg 777, 134. 

Breuel. Karl 1 >o. 

P.rcughel der Alter'* 98. 
Breydenbach, Bernhard von 203. 
Lridgman, Mr. H. L- 13g. 

Brie, Friedrich igj. 


Brill, Paolo 98. 

Brill, Matteo 0 8. 

Brink & de Vries, ten iSg. 
Brjussow, Valer 17. 

Brockhaus, F. A. 109. 181. 
Brockhaus-Jefron 17. 

Brockmann, Johann Fran* Hie¬ 
ronymus 78. 

Brodier, Henri 144. 

Broersz, Joost igo. 

Breihmek, R. 120, 163. 

Brown 44. 

Brown, A. A. 4 2. 

Brown, Ferd. Madox 63. 
Browning, Robert 93, 104 • 
Brücke, E. 04. 

Bruckner, Amon 182. 

Brügge, 14. 

Brunet 133, igo. 

Brüning, Br. Walter von 220. 
Bruno, Giordano 47 , 48, 137. 
Bruns Verlag. J. C. C. 26. 
Büchner, Eberhard 10g, 

Büchner, K. 105. 

Büchner, Ludwig 10. 

Büchner, Wilhelm 119. 
Buchwald, Dr. Reinhard 34, 104 
bis 171. 

Budge. E. A. Wallis 9g. 

Buff. Ix»tte :So- 
Buisson, Ferdinand 5. 

Bunse, Dr. Bruno 797. 

Buusen, Christian Karl Josias 
Freiherr von 108, 120; 212. 
Buonarroti, Michelagmolo 108. 
Busching 202. 

Büttner, Christian Wilhelm 172. 
Büttner, Prof. 133. 

Burckhard, Hofrat Max 43, 95, 

I03, 2U2. 

Burckhardt, Daniel 703. 
Burckhardt, Dr. W. 212. 

Bürdet 6. 

Burgault-Desmarets 162. 

Burger, Fiitz 148. 

Burger, Gottfried August 57—59, 
87, 89, 123. 178, 181. 182. 
Burgesdyk & Niermans 14 
Burgkniair, Hans in, 7.7, 134. 
Burgoyue, John 77. 

Burkmair 7. 

Burley 70. 

Burmer. L. 6. 

Burn, Robert 33. 

Burne-Jones, Edward 60, 63, 98. 
Bums, Robert 28 . 

Butler, Nicholas Murray 102. 
Byron, Lord 77, 7-92. 


c 

Cabe, Joseph Mc. 133. 

Cable, G. W. 79. 

Caesar 72. 

Caflfarelli 7 84. 

Cagliostro, Graf 113. 

Calame 6. 

Caliari, Gabriele 64. 

Callet, Auguste 5. 

Callor, Jacques gS, 137. 

Callwey, Georg I). W. 156. 

Ca man-Levy, Verlag 31; 7 33. 
Cahier, Ch. O. 43. 

Calvin 144. 

Caualctto i 6. 

Cauet, Louis 43. 

Capra, F. 48. 

Caprin, Giulio 97. 

Caraociolo 12. 

Carducci 4g. 

Carlsen, Julie von 122. 

Carlyle, Thomas 108, 120; 33, 
(11. 93, 11g, 136. 

Carnegie 131. 

Carolsfeld, Schnorr von 797. 
Carrel, August Armand 111. 
Cars, Laurent 6. 

Casanova 77, 113. 

Cases, Las 134. 

Caslon, William ri6. 

Caspaccio gS. 

Cassel und Co. 100, 102. 
Cassirer, Bruno 6:, 68, 103. 
Cassirer, Paul 62, öS. 113 , 136. 
Castell, Alexander 212. 

Castelli, T. F. 1S3. 

Castiaux. Paul 4, 5, 43, gj. 
Castle, Eduard 23. 795 
Caston 95. 


Cattie 13. 

Cavalcaselle 66. 

Cavendish, Thomas 13. 

Caxton, William 44, 43, 37, 103. 
1S0. 

Cecchi, E. 48. 

Celhus, Prof. Kberhardus 70, 73. 
Cercean, Du 133. 

Cervantes 114, 148. 

Chadel, Judith 9 2. 

Chalupt. Rene 4. 

Chambers, R. W. 79, 

Chamisso 92. 

Champion, H. 92, 107. 
Champollion 6, 1S0. 

Champs 93. 

Chapelain, Jean 5. 

Charlet 134. 

Charron 66. 

Chastillon igo. 

Chateaubriand 42, 177. 

Chatelain, Emile 43. 

Chatelier, A. le 42. 

Chaito & Windus 9,/. 

Chemnitius, Andreas 7t. 
Chennevicres, G. 55 41, 42. 
Chevigne, Comte de 134. 

Childe, Henry 93. 

Chodecha, Malheo di igo. 
Chodowiecki, Daniel 7, 79; 17, 

*2. I2J. 

ChotTard 0. 

Choiseul 134. 

Chomjakew. A. S. 76. 

Chouet, Jacques 144. 

Christen, Adu 46. 

Christensen, Dr. Marius 187. 
Christie 8. 

Christoph, Herzog von Württem¬ 
berg 7 . 73. 

Chronicle, San Francisco 18. 
Chrysandcr, Fr. 164. 

Church.ll Winsion 79. 

Cian, Vittorio 97- 
Cicero 6 1, 72. 

Claprolh, Justus 127. 

Claudel, Paul 3, 42. 

Clayton, Hami'ton 140. 

Cleef, M. v. 8. 

Clemen, Prof. Otto ui. 
Clemenceau 92. 

Clement-Jaiiiu 173. ' 

Clonard, Henri 93. 

Clorio, Giulio 44. 

Clou^ot, Henri 107. 

Cochin. Dcnys 43. 

Cock, Simon 187. 

Cohn, Albert 27, 182. 

Coing 114 • 

Cole, Miss L- Aveuill 32. 

Colin 174. 

Collaert, Adr. 137. 

Collas, Georges 3. 

Collata, Graf 73. 

Colle 162. 

Coilctet, Guillaume 162. 

Collin, Ernst 6 >—64. 

Comparelii, Prof. H4. 

Concourt, Bruder 795. 

Concourt, Jules 41. 

Condivi, Hornes von 7. 

Conlay, James de <14. 

Conrad, Michael Geurg 14, 1:2, 
Cook, James 84, 176; 0 >. 

Cooper, Frederic Eaber ;9. 
Copeau, lacques 5. < j. 

Coppee, Francois 5. 

Coren, Paul gj. 

Corneille 66. 

Cornelisz, Jacob 99. 

Comwallis West, George 44. 
Corot 44. 

Correggio o 5 . 

Corver, Eimon 1S8. 

Cosimo, Piero di 9 8. 

Coston William im. 

Cotta. J. G. 153; 79/. 

Cotte, Robert de 147. 

Cottinet, Emile 02. 

Courtoys, Gyrou ie igo. 
Couvray, Louvet de 203. 

Coya 6. 

Coypel 6. 

Craddock, C. E ig. 

Craig, Edward Gordon 13g. 
Cramer, Carl Gottlob 770. 
Cramer, Karl Friedrich 124; 114, 
Cranach. Lucas 7, 772, 184. 
Crane, Waltez 97 — 104. 

Crawford, Graf von 8. 

Credaro 48. 

Crespin, Jean 144. 


Creuziger 169. 

Croce, B. 48. 

Crosby. Sir E. 136. 

Crowc 06. 

Crawford Marion ig. 

Cruikshank 77, 13g. 18g. 

Crusms, Martin 73, 

Curmer 134. 

Curtis, G. W. 75. 

Cuzm 93, 134. 13g. 

D 

Daelen, Ed. 120. 

Dahl 16. 

Dahlmann 29. 

Dahn, Felix 8. 

Dahze, Rene ö. 

Dam, Johannes 108; 1S6. 
Damasus 740. 

Darnpier, W. 14. 

Danesi 10. 

Dante Alighieri zi, 19, 25, 6b, 

Danzel 164 ; 762 . 

Darlow, T. H. 21g. 

Darly 32. 

Darwin 13. 

Dautnier o. 

Dauthendey 63; 7/2. 

Davenport, Cyril 103. 

Davies Hugh Wo. 203. 

Day, Lewis F. 63. 

Debancourt, P. JL. 6- 
Decourdcmanche, J A. lug. 
Deetjen, Werner 792. 

Dehmel, Richard 12, 17, 68, 1364 

Deibel, Franz 25 
Delacroix 5, o, 93, 95, Z51. 
Dciagrave 134. 

D-h 41 e jjj. 

L»cltf, Wiltcm Jacobsz 736. 
Deloche 174. 

Delurme, Marion 163. 

Delphin-Verlag Z484 134. 

Delpy 6. 

Demainbray, Stephen Charles 
Triboudet 89. 

Demant, Emilie 203. 

Demeter 70. 

Demosthenes 6 j. 
Dencke-Wachtcr, Hedwig 71. 
Dcnnig, Fmk & Comp. zzo. 
Dcnon, Vivant 753. 

Denuelle 160. 

Deram, Andre 41. 

Derome 177. 

Descartes xz, 48,6b. 

Descharrnes, R. 9 3 
Desclee & Co. 1S3. 

Dc»emie 134. 

Dcsvoyes. Albert o,\ 

Deutsch, O E. 182. 

Deutsche Verlags-Anstalt 194. 
Deveria 6; 134. 

Devnent 78. 

Dewcy, Admiral 13g. 

Dibdins 180. 

Dickens 10, 18, 53, zo8; 13g. 
Dickinson 9 4. 

Diederichs, Fugen 33, a6, 72, 
zo6, 108, 112, Z34, 137, 142) 

156. 157, 158. 

Diederichs, Helene Voigt- 138. 
Dicffenbach 5. 

Dierx, Leon 132, 173. 

Dieterich, Fredcrike 87. 
Dieterich, Jos. Chr. 75, 78, 82, 
864775, 125. 

Dieterich-Weicher 14g. 

Dietrich, August 59, 79, 8o‘ ; 133. 
Dietrich, Georg W. 797. 

Dietzgen iou. 

Dillmann, Dr. 2?. 

Dickmut, Conr. /90. 

Disraeli 7. 

Doesborch. Jan van 984 187. 
Dogdon, Campbell 90. 

Dohm 78. 

Dohm, H. R. 120. 

Dolorosa 763. 

Dominique, F'romentin 6. 

Donald gö. 

Donnay if^- 
Donop. L. von 79J. 

Dorat 95 ; igo. 

Dor£, G 134 ; 6. 

Dores, Gustav 205. 

Dorpe. Koiant van den 759. 
Dorveaux, Paul 107. 


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Original from 

CORNELL UNSVERSITY 





Namen* Register 1912/13. Band I. 


III 


Dorvigny 234. 

Dossi, Dosso )8. 

Double, L. z6o. 

Doudan, Ximenes 136. 

Douglas, Wiggin Kate 79. 
Drackhen, Frantz 72. 

Drake, Francis 13. 

Drescher 4. 

Dresser 8. 

Drngulin 8, 77, xio, 152, 161. 
Duckworth & Co. 7. 

Duff, E. Gordon 94, 

Dufour, Franz 03. 

Dufour, Theopktle 144. 
Dugekinck 18. 

Duhamel, Georges 4 ,5, 41, 2; 92. 
Dumas 113 . 

Dumesnil, R. 93. 

Dumur, Louis 136. 

Duncan, Andreas 129. 

Duncker, Alexander 108. 
Duncker 134. 

Duncker & Humblot 160. 

Dunk, J. H. 57. 

Dunki 134. 

Düntzer 173, 

Dupont, Mm. Emile 238. 
Dupont, Pieter 99; 133. 

Dürer. Albrecht 6, 7, 23, 73, 96, 
98. na, 136, 137, 140,144; 184. 
Dürer, Theodore 62. 

Dutailiy 6. 

Dybeck 209. 

Dyck, van 147} 149- 
Dytenbergii-Johan 160. 


E 


187- 


Ebell 87. 

Eberhard der Greiner 71. 
Eberhard im Bart 70, 71. 

Eben, F. A. 707. 

Ebstein, Dr. Erich 59, 64. 87, 90. 

149, i8x. 182, 194. 

Ebstein, W. 64. 

Eckard, Br. 63. 

Eckehard 156. 

Eckermann 17, 201; 25. 

Eckert van Homberch, Henrick 
98; 790. 

Eckstein, Richard 720. 
Ecorcheville, J. 176. 

Eder, Hofrat Dr. 

Effert 777. 

Egenolph, Christian uz. 

Egidy, Christoph Moritz von 16 6, 
169, 170. 

Eggimann, Ch. 41. 

Ehmke, F. H. 26; i6r. 
Ehrenberg, Hans 148. 
Ehrenstein, Albert 130. 

Ehrle, Francisco zo- 
Ehrle, P. zo. 

Ehrmann 59, 182. 

Eibl, Hans 8. 

Eichendorff 9. 

Eichert 47. 

Eichthal, Eugene d’ 5. 

Eisele. Ernst 79. 

Eisen Z34. 

Eisenstein, J. 3. 

Eider & Co., Paul z8. 

Eliason, Eduord in 
Elliot, George August 123. 
Elshciiuer, Adam 97; 7. 

Eigner, Fanni 9. 

Elster 31. 

Emont, Marcillus zoo. 

Emerson 61; rj9. 

Emmerich, Katharina 207. 

Engel. Gustav 67. 

Engel-Reimers, Charlotte 209. 
Engelhorn. Kommerzienrat 776. 
Enke, Ferdinand 64. 

Ennenckel, Freiherr 73. 

Enschede en Zonen 26; Z49. 
Epstein, J. H. zzg. m 
Erens, Frans 12; 30. 

Ernesti, D. i 63 . 

Ernesti, J. H. G. 20. 

Ernst, Otto 206. 

Ernst, Dr. Paul 202. 

Ernst, W. 183; 96. 

Escher, Konrad 21z. 

Espagnat, George d’ gi. 


Essig, Hermann 223- 
Estaing, Charles He 


■ector Graf d’ 


Etienne, Jacques 174. 
Ettlinger, Dr. Max 36. 


Eucken Z33. 

Eulenberg 63. 

Euripides 66. 

Evans, Sir Artur 779. ; 
Evers, H. H. 204. 

Ewald, Johannes 187. 
Ewers, Hans Hein 07. 165. 

F 


Fabri 747. 

Fabri, Felix 70, 203. 

Fabritius, Care! 1S9. 

Fagnet, Emile 5; 43. 

Faipoult Z34. 

Fasquelle 7j2. 

Faublas 136, 705. 

Faure, Gabriel 776. 

Fazy, Hewey 224. 

Feder, Prof. Johann Geofg Hein¬ 
rich 80, 82. 

Federer, Heinrich 2/0. 

Fedorow, Iwan z6. 

Feichtinger 7 82. 

Feigl, Hans 2, 3, 10, 47, 91, 96. 
184; 797. 

Felszecker, Adam Jonathan 20. 
Felßeckcr, Wolff Eberhard, Nürn¬ 
berg 10. x 7 , x8, 19, 33, 43, 45, 
47 . 56 , 57 - 
F£nelon 66. 

Foe, De 32. 

Fernow 27. 

Ferrari, Gundenzio 98. 

Fern. P. N. 98. 

Fessard 7 33. 

Fichte 48. 

Ficinus. Marsiliut 70. 

Ficker, Johannes 777. 

Figniere. Eugine 42; 92. 

Fillion, Johann 45, 49. 

Fink, E. Z48. 

Finot, Jean 5, 93; 133. 

Fischart 4. 

Fischer,. G. 143, 145, 148, 150, 
* 54 » 156; 

Fischer, Johann Heinrich 124. 
Fischer. J. L, 151; 7 34. 

Fischer, Ottokar 37. 

Fischer. Theodor 7 32. 

Fitch, Georg Hamlin zS. 
Fitzgerald 33. 

Flaischlen, Cäsar 206. 

Flake, Otto 1485 756. 

Flammarin, Camille 6, 4z , 43. 
Flaskamp, Christoph 63. 

Flat, Paul 776, 

Flaubert 6, 26, 43, 93. 

Flayder. Prof. 74. 

Fletcher 38. 

Florian, Ernest Z74. 

Fontaine, La 6, 95, zoo, Z33. 
Fontane zro , 293. 

Fonteyne, Jules 60. 

Forgan, Andre 93. 

Förster, Georg 123, 125, X27.130, 


* 74 . * 77 - 

Förster, Johann Georg Adam 84. 
Förster, Johann Reinhold 84, 
125. 

Förster, Richard 105, 165, 167, 
171. 

Fort, Paul 4, 3, 4z, 92, 93, 173. 
Foscolo, Upolo 98. 

Foth, Nachf. Max Engel in 
München W. 766. 

Foucquet 43. 

Fouque, Friedrich Baron de la 
Motte 1054 797. 

Fox 760. 

Fradeletto, Antonio 97. 

Fraesi, Robert 277. 

Fragonard 6. 

Francais 234. 

France Anatole 92; 273, 274. 
Franck, Henri 41, 43; 776. 
Francke, A. 272. 

Frangenheim 64. 

Frangipani, Graf 73. 

Frankel, Jonas 25; 22z. 

Frankel, Dr. Johann Kaspar 85. 
Frankel, Ludwig xix. 

Frantzen, Dr. 188. 

Franz, G. 31. 

Franziskus, Amadeus 263. 
Frauenfeld, Huber & Co. 220- 
Fridcric 274 . 

Freiligrath 1x9, X47, 193; 294. 
Freudenberger 234. 

Freund, Dr. Sigmund 183; 46. 
Friedrich 293. 


Friedrich, Herzog von Württem¬ 
berg 71. 

Friedrich, Paul 205. 

Frischlein 72. 

Fritsch. Dr. Gustav 220. 
Frohnknecht, Felix 129. 

Froment 174. 

Fromentin 3. 

Fry, Francis 279. 

Fryxell 209. 

Fues, L. F., Tübingen 21. 

Füeüli, H. 47. 

Füssli, Oreu 222. 

Fust 72. 


G 

Gaal, Jac. Cornelius 137. 
Gabelentz, Georg von der 220. 
Gaddi 98. 

Gage 77. 

Gaiffe, Adolphe 144. 

Gaillard, E. 42. 

Gainsborough 44. 

Gaismaier Prof., Wien 9. 

Galilei, Galileo 77. 

Galliua, Gallo 49. 

Gallus & Simon de Luca, Udalri- 
cus 790. 

Galsworthy, John 79. 

Gamba, Carlo 98. 

Gamber, Paris, J. 266. 

Garnier 233, 234. 

Gammelli, Dr. Lorenzo 284. 
Gamurrini 283. 

Ganz, Paul 66, 194, 293. 
Gardano, Antonio 287. 

Gardner, E. G. 240. 

Gardthausen, Victor 62. 

Gargano, G. C. 97. 

Gargiulo, A. 48. 

Garibaldi 98. 

Garrick, David 128. 

Gärtner, Wilhelm 194. 

Gasquet, Abbey 756. 

Gatine 6. 

Gatterer, Johann Christoph 27, 



263. 

Gaurtcus 22. 

Gauthier, Jean 93. 

Gauthier, Th. 160; 277. 

Gautier. Houssage Theophile 134. 
Gavarai 224. 

Gebauer, Joh. Jac. 91. 

Geering in Basel, Adolf 166. 
Geiger 24, 96, 166. 

Geiler von Kaisersperg 15. 
Geisler, Adam Friedrich 166. 
Geißler, Karl Heinrich 131. 
Geliert 162. 

Gelmo, Dr, Paul 224. 

Genlis, de 162. 

Gensei, Walter 25. 

Genta 9. 

Gentile, G. 48. 

Genzsch & Heyse 188. 

Georg IIl von England 78. 
George 63. 

George, Stefan 72. 

Gerard 160. 

Gerber, Hedwig 8- 
Gerlach, D. F.. Halle 5. 
Gennain, A. de Saint 276. 
Gerold 46. 

Gerold, Carl 8 . 

Gerson, Johannes 2S7. 

Gerstung, Wilhelm 222. 

Geßner 72. 

Geymüller 9 8. 

Ghelen, Jan von 288. 

Ghendt 6. 

Ghenn 236. 

Gh&on, Henri 42, 276. 

Ghil, Ren6 5. 233. 

Gides, Andre 42. 

Gilbert 162. 

Gilbert, Henry 104. 

Gilbert, Sir John 77. 

Gildemeister 797. 

Gilder, R. W. 79. 

Gignoux, Jean 234. 

Gilhofer & Ranschburg 77, 766. 
Gillot, Marguerite 42. 

Giltonin, Reni 93. 

Gioberti 48. 

Giorgione 63. 

Giotto 72. 

Giovanni della Casa 240. 


Digitized by 


Gck igle 


Girsch, F. xo8. 

Gobhard, Tobias 82. 

Göbhard 77. 

Godet, Pierre 233. 

Godfrey. Walter H. 239. 
Godspeed Co., Ch. 33. 

Goedeke 770. 

Goekingk, Leopold Friedrich 
Günther von 130. 

Goethe 1, 5. 6, 17, 25. 64, 91—96. 
151, 152, 154. 173. 174. 175, 

X78, 189. 192, I93. 201} 6, 72 , 

r 3 * 24. 23, 49 , 5 1 » 52. 6z, 75. 78, 

208, 223. 224, 129, I33, 133, 7 ,' Ö , 

238, 248, 249, l66, 179, 284, 

201, 20J. 

Goethe, Ottilie von 23 . 

Götz, Max 31. 

Goetzc 4. 

Gogh, Vincent van ko, 198. 
Goldfriedrich. Dr. H. 223. 
Goldmann, Halm 10. 

Goldoni 77. 

Goldsmith 136. 

Goldsmith, O. 38. 

Goldsmith, von 33. 

Golland 5«. 

Goltzius, Hendrik 237. 

Goncourt, Edmond de 164. 

Gonin 48. 

Görres, G. 283. 

Gossez, A. M. 4. 

Gotendorf, Alfred N. 770. 
Gotendorf, Dr. 77. 

Götter, Luise 17 4. 

Gottlieb, Dr. Tn. 3. 8. 

Gottsched 70, 263. 
Gottsched-Verlag 762. 

Gourbould 134. 

Goya, Francisco 233. 

Glasgow, Ellen 19. 

Glauning, Otto 299. 
Gleichen-Rußwurm, Alexander 

V. 2 ü 9 . 

Gleim 80. 

Glossy. Carl.797. 

Glück, Guido 47. 

Glück, Gu>tav 96. 

Gmelin, Prof. 175. 

Graf-Freiberg. Oskar 73. 

Graff, Anton 7, 224. 

Grandville 6. 

Granet, Frangois Maria 42. 

Grant. General 239. 

Graphische Sammlung München, 
Königliche 27. 

Grasset, 174. 

Graupe. Paul 32, 166. 

Grautoff, Otto 6, 30, 43 • 9 2, 93 • 
r 34 , i/8- 
Gray 139. 

Green, B. 220. 

Green, Valentin 94- 
Greenaway. Kate xoo. 

Grceve, Dr. H. E. 243. 
Greifenhagen. Walter M. / 04. 
Greinz, Rudolf 206. 

Greshoff, J. zS8. 

Griffin 92. 

Griffin, Vielle 132. 

Grillparzer 9, 47, 292, 293. 

Grimm 8. 123, 1755 184■ 

Grimm, Dorothea 29. 

Grimm, Ferdinand 709. 

Grimm, Gustav 720. 

Grimm, Jacob 25—30; 709. 
Grimm, Ludwig 25—30; 209. 
Grimm, Wilhelm 25—30; suq. 
Grimmelshausen, Johann Jacob 
Christoph von 1 — 21. 33—56. 
Grimm-Sachsenberg. R. 1:3. 
Grisebach, Eduard 2, 82, 282. 
Grober Club 17, 3$. 

Gronau, G. 63. 

Grote, G. 210, 222. 

Grothaus, Nicolaus Anton Hein¬ 
rich Julius von 78. 

Grober, L. 9. 

Groel 03. 

Grondtvig. Svend 1S7. 

Gronewaid, Matthias 772. 
Grüninger, Johannes 790. 
Grünspeck, Joseph 294. 
Grünstein, Leo 249. 

Grünwald, Mathias 7. 

Grüwel, Dr. G. A. 3. 

Gruyter, Dr. Volter de 220. 
Guardi 96. 

Guirin, Charles 4. 

Gugitz, Gustav x8o, x8i; 2S3. 
Guhraner 164. 

Guiffrey, Jeaxt 42. 


Original from 

CORNELL UNfVERSSTV 



IV 


Namen-Register 1912/13. Band I. 


Guignard, Alfred 176. 

Guise. Herzog von 71. 
Guist'hau 776. 

Güldenapfel, Prof. 27. 
Gulliver* Reisen 79. 
Gumprecht, Moses 124. 
Gutekunst, H. G. 23. 
Gutenberg z8z. 

Gutenberg, Gesellschaft 223. 
Gutzkow, Karl X04 ; 110, 122. 
Gwinuer, A. von /So. 
Gyldendal jSö, iS7. 
Gyldendalske Boghandel 14g. 


H 

Habbel, J. igg. 

Hackel 13. 

Hadank, O. W. H. 202. 

Haecht, W. 8- 
Haessel, H. 1/4, 20g. 

Hagedorn, Senatssekrctiir Dr. 775. 
Ha zemann, G. A. 1S7. 

Haid, Johann Elias 86. 

Hain 207. 

Halbe, Max 63. 

Haller, Albrecht von 82; 114. 
Halley, Edmund 1x7. 

Halm, Friedrich 4?. 

Halsey, Rosalie J. 5 3 . 
Hamburger, G. Chr. 57. 
Hamelsveld, Y. van 52. 

Hamin, Wilhelm 121. 

Hampe, Theodor 18, 21. 
Handcl-Mazzetti, Enrica von 1 50, 
1S3. 

Hanneken 166. 

Hanotaux, Gabriel 9,\ 

Hanrieder, Norbert 200. 

Hansen, D. 163. 

Han yü 43. 

Haper 52. 

Harancourt, Edmond 43. 

Hardie, Martin 94. 

Hardmeyer-Jenny, J. 211. 
Hardonyn, Gennanus igo. 

Hardy. W. J. 7. 

Harper, James 18. 

Harper, 1 . Henry 77. 

Harper & Brothers 17. 
Harrassowitz, Otto 3c, 123. 
Harris, Joel Chandier ig, 192. 
Harrwitz, Max 110. 

Hart, Hans 75/. 

Hart, Hilda gr. 

Hart, Julius 163. 

Harte, Bret 9g. 

Hartmann 131. 

Hartmann, Alma von 61. 
Hartmann, Eduard von 61. 
Hartmann, Hugo 7/5. 

Hartmann, Johann Friedrich 79. 
Harwey. G. rS. 

Hasenclever ig4. 

Hasius 12. 

Hauff, Wilhelm 70g, 183. 

Haug 59, 182. 

Hauptmann, Carl f.g. 

Hauptmann, Gerhart 143, 149,150, 
151 ; 7 o< 5 , 201. 

Hanrcade, Olivicr 03. 
Ilausbuchmeister 65. 

Hause, Carl 795. 

Hawey, Col. 52. 

Haydn, Josef 9, 1S2. 

Hayen, Laurens /SS. 

Haycu, von der 202. 

Hayn, Hugo 77, 1/0. 

Hayne 221. 

Health, J. 52. 

Heartmann, Chas. Fred 14S, 166. 
Heatb, W. Robinson 95. 

Hebbel, Friedrich 138, 183, 104. 
Hebel 152. 

Hebel, Johann Peter 25. 

Hubert 100. 

Hecht, Etienne 30. 

Hecht, Georg 67. 

Hecker, Friedrich 14. 

Hedin, Swen von 135. 

Heermann, E. 8. 

Hegel 3t; 48, 100. 

Heiberg, Tunnar 42. 

Heilmayer, Joseph A. 114. 

Heim 9 3. 

Heimann, Moritz 150. 

Heine, Heinrich 30—32, 106,110, 
X£2, 154; 25. 184. 

Heinemann, Emst //o. 

Heinicke, Samuel 200. 

Heinrich II. 73. 


Heinrich III. 71. 

Heinrich IV. 71. 

Heinrich, Herzog von Mayenne 73. 
Heinrichs, 1 udwig 63. 

Heitz, J. H. 757. 

Helbing. Galerie 23. 

Heller, Hugo 04. 

Heller & Cie., "Wien. Hugo 46, 
/05. 183. 

Henckel, Karl 73. 

Henkel. M. D. 

> 4 - 5 -> 59 • 6o » 

/3s, zgz. zgo , 22g. 

Henner, Dr. Theodor 209. 
Henning, Hans z/g. 

Henrici 181. 

Henry, O. zg. 

Heppe, Heinrich 204. 
Hepplewhite & Co., A. zgo. 
Herbart 4S. 

Herder 6 1; /;, znz- 
Herdersche Verlagsbuchhandlung 

Hermann, Prof. Johann /j. 
Hermann, J. M. zgz. 

Hermann, Karl Z14. 

Herold, Ferdinand 5. 

Hcrp, Henricus 790. 

Herpin, E. 42. 

Herrick. Robert zg. 

Herschel, Friedrich Wilhelm 88, 
89. 126. 129. 

Herz. Roderich z6 j. 

Herzfeld, Marie 14z. 

Herzl, Theodor 90. 

Herzog, Oswald 795. 

H.-siod 174. 

Heß, Dr. Adolf 132. 

Heß, B. 7z. 

Heß, J. J. 2i2. 

Hesse, B. 23. 

Hesse, Max 58, 182. 

Hesse & Becker 24 , zog, 201. 
Heurck, van 4, 6. 

Heußler, Leonhardt, Nürnberg 10. 
Hevesi 183. 

Heyden, Jan van der iSg. 
Heymel, Alfred Walter 135. 
Heyne 177. 

Heyne, Prof. Christian Gottlob 80, 

82. 

Heyne, Karl 177. 

Heyne, Therese 177. 

Heyse, J. G. 96. 

Hieronymus 1^7. 

Hiersemann, Rarl W. z66. 
Higden 157. 

Hill, G. F. oj. 

Hilty. Dr. Carl 212. 

Himmelbaur, Dr. zSz. 

Hinchley, J. F. 33. 

Hipocrates 12. 

Hirsch, Emil 181. 

Hirschberg, Leopold 1/2. 
Hirsching 166. 

Hirth, Dr. Paul 120. 

Hirth, Fr. 47. 

Hirtb. Georg. München 10. 

Hi*. Eduard 795. 

Hitschmann, Dr. Eduard 46. 
Hobbes 4S. 

Höcker, Paul Oskar 754. 
Hodges, Charles Howard Z37. 
Hoe, Robert n, 22z. 

Hofer, Conrad 24. 

Hoffmann, E. T. A. 25. 

Hoffmann, Camill 46. 

Hoffmann, Julius 64, 206. 
Hoffmannswaldau Z4. 

Höfkcn, R. v. S. 

Hofmannsthal, Hugo von 154; 8. 
Hofstaetter 78. 

Hogarth, William 126; 52. 
Holbein, Hans 7, S. 131. 

Holbein d. J., Hans 60, 133, 194, 
i<>S- 

Holbing, Reimer 156. 

Hölderlin 156; 108. 

Holland, Dr. H. 64. 

Holländer, Eugen 64. 

Holm, Viggo V. z86. 

Holmes Z37. 

Holroyd, Charles 7. 

Holt & Co., Henry 79. 
Hoinberch, II. Eckert van 790. 
Homer 66, 72. 

Homer, Dr. E. 182. 

Homer, Winslow z8. 

Honig & Zoonen. J. 168. 
llöniger. Nicolaus 15. 

Hönisch, Rud. J7. 

Honrath, G. 779. 

Hoochstraten, Michael van 95. 


llooft. C. G. ’t zSg. 

Hoogcndyk Z37. 

Hopfner. 1 ‘rofessor 178. 

Hopfner. Dr. L. J. F. 179. 
lloraz 66, 88. 

Hörmaun, Leopold 207. 

Horn, W. I) von 3z. 

Hornby, C. H. St. John 7/7. 
Horny / 03. 

Horrwitz, Max 77. 

Horst, Carl 2/0. 

Hoseman 124. 

Houben in, 122. 
Houdmont-Carbonez, Josef 00. 
Houghton Miflhn & Co. 98; 32, 33. 
Hourticq, Louis 64. 

Hoursman, Laurence 202. 
Houssaye, Henri z33. 

Houston, Richard 7,-6. 

Howe, Admiral Richard Z23 
Howell, William Dean z8, 32. 
Howitt, Mrs. Mary 147. 

Hübbe, J. H. 3:. 

Hübner. Oberstleutnant 44. 
Huch, Woldeinar 779. 

Huchs 63. 

Huet 93, Z34. 

Hugendubel, Heinrich 31, röö- 
Hugford 98. 

Hugo, Victor 4, 6, 62, 93, 773. 
Hülle, A. van zgo. 

Humboldt, Wilhelm von 29. 
Hume 48. 

d’Humieres, Robert 42. 

Hummel, Rektor 23. 

Hummer, W. Z2 n 
Hünich. I)r. Fritz Adolf 91—96, 
183—188; TO 9- 
Hunt, Holinan 9S. 

Hupfuff, Matthias zu, 790. 

Huth 28, 38. 104. 

Hyan, Hans /2l. 

Hybemensis, Th. A. 790. 

Hyde 52. 

Hynck, Alois Z20. 
Hyperion-Verlag 26. 


I 


Ibsen 42, 20g. 

Ihm, R. 779. 

Immermann 792. 

Ingres 44. 

Insel-Verlag 12, 13, 14,15, 34, 136, 
141. 143, 144, 149. 152, 153, 154 
23. 63, 72, 131, Z03. 

Iohannot, Tonny 6. 

Ippel 29. 
lrdand 73%, 

Iribe 97. 

Isabey 760. 

Ischer 86. 

Irvine, William 129. 


J 

Jabionski, Pierre Charles 92. 
Jack, T. C. Z04. 

Jackson, E. Nevill 149. 

Jacob, Max 4z. 

Jacobi, Charles T. 777. 

Jacobs, Monty 23. 

Jacobsen. Jens P. 63. 

Jacobsson 5. 

Jacquemont 3. 

Jaeckel. G. m. b. H., Max 3:. 
Jaggard, John 38. 

Jahn. Hermann Eduard 7 63. 
Jakob, Julius z8i- 
James, William 79. 

Jammes, Francis 41, 97. 
Janowitz. Friedrich von 74. 
Jasper, Friedrich Z14. 

Jasykow, D. 76 . 

Jeffcrson 792. 

Jegerlehner, Johannes 27/. 

Jckyll, Dr. 52. 

jensen, Johannes V. 6z. 

Jensen, Wilhelm xo. 

Jenson, N. 57, zgo. 

Johann Friedrich, Herzog von 
Württemberg 71. 

Johannesson. Prof. Dr. Fritz 72. 
Johannot, T. 32. Z34. 

Johnson. J. 720. 

Johnson, Samuel 128. 

Jombert, Ch. A. 134. 

Jonson, Richard gg. 

Jordan, Wilhelm Z04. 

Josi, C. 146. 


Jouve, J. J. 5. 
Jouve, P. J, 9 3. 
Jouve & Cie. 4. 
Jovio, P /•).<>. 
Juch, Ernst cs. 
Junker, Karl 40. 
Justi 66. 

Juvenal 172. 


K 


Kahlbeck, Max 26. 

Kahn, Gustave 5. 

Kahmveiler, Henry, Verlag, 41. 
Kang-Hsi 44. 

Kainz, Joseph znj. 

Kaisersperger 72. 

Kalb, Charlotte von 10S. 
Kalckreuth, Graf 134. 

Kalischer, Erwin 24. 

Kaltcnnofer 76. 

Karner, Jann 42. 

Kammei 165. 

Kampfmeyer, Th. 3 . 

Kant 43., zuo. 

Kanth, Gustav 74. 

Kaplan, Leo 183. 

Karl August 1S0. 

Karl V. 71. 

Kasanova zzo. 

Kästner, Prof. Abraham Gotthelf 
81, 83, 130. 

Kate. J. J. L. Ten 30. 

Kaufmann, Dr. Karl Maria 29. 
Kayser, Albrecht Christoph 92, 


Keats 98; z;q. 

Keene, Charles 98. 

Keller, Adelbcrt von 21, 40. 
Keller, Alexander 72 u. 

Keller, Gottfiied 69, 1S4. 20z. 
Kellermann, Bernhard 08. 
Kellner, L .eon 77. 

Kempe, Hermann 114. 

Kempen, Aruoldus zSS. 
Kemperheide, Rene 93. 

Kempis, Thomas a zSg. 
Kennerly, Mitchel 79. 

Kenyon, F. G. 44. 

Kerber, Hermann 73. 

Kern, G. J. 193. 

Kerr, Alfred 2zz. 

Keyser. Pieter de i'-S. 
Keyserling, Graf 63. 

Kießner. Johannes 204. 
Kiepenheuer, Gustav /gg. 
Kipling, Rudgard 42, 9 3. 
Kirchner, Joseph 
Kirchner, Raph. Eugen 76?. 
Kisselew, N. P. 77. 

Kiyonobu 44. 

Klaars, Alfred 24. 

Klarmann zuS. 

Klaußmanu, Oskar 799. 

Kleiner, S. 790. 

Kleist, Heinrich von 157, 154; 

77 . zj8, 20z, 

Klemm, Walther 7/7. 

Klenkens 790. 

Kley, Heinrich 05. 

Klimu, Dr. Anton 9 3. 

Klindworth 177. 

Klinger, Julius 223 , 

Klinger, Prof. Max 34; 96. 
Klingspor, Karl zz3. 

KUnkhardt & Iiicrmann 14t. 
Klinkhofer, Karl zjg. 

Klopstock 124, 165; 77. 

Klotz 165. 

Klüber, Friedrich 769. 

Knapp, Wilhelm 798. 

Knigge 92. 

Kobeko, D. 13. 

Koberger, Ant. 72; z<.o. 

Koch, Alexander 207. 

Koch, Max 792, 793. 

Koch, Rudolf 772. 

Koegler, Hiyis /, 795. 

Koeln, Wigand Z44. 

König. Eva 164. 

Körner /05, 1/4. 

Körte 80; 13. 

Kösel 1^0. 

Kösel, Jos. 63. 

Köselsche Buchb., Jos. 71. 
Kösel, Verlag 63. 

Kohlbrugge 7 3. 

Kohlhammer, W. 60. 

Kohut, Adolph /' ?. 

Kokoschku, Oskar 7 30. 

Kolbe, Georg 64. 


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Original from 

CORNELL UNIVERSITY 






Namen-Register 1912/13. Band I. 


V 


KollofT. Eduard 112. 

Komegen, Karl 183. 

Konewka 17. 

Kongs t ad, kr. 7^9, 186. 
Konrad, Dr. Karl ai—25. 
Konto, Dr. Alexander 139. 
Koobs, Otto 6/. 

Kopelke Dr 163. 

Kosch, Wilhelm 313. 

Koßmann r3. 

Kotiebue 93; 70 <- 
Kraeger, Heinrich 6r. 

Krahl, E. 8. 

Krais, Kommerzienrat r/6. 
Krahk, Richard v. 2. 

Kraus, Baronin 181. 

Krauß, Dr. Friedrich ist. 
Kresse, Oskar 308. 

Kretzer, Max 110. 

Kroeber, Hans Timotheus 14g. 
Kroker ij<). 

Krüger 13. 

Krünitz 6. 

Kudrun 26. 

Kubatz, E. J. /oo. 

Kügelgen, Anna von 109. 
Kügelgen. Wilhelm von 709. 
Kugler 151; 6. 193. 

Kuhn, Karl 104 , 799. 

Kuisner, Michael 190. 
Kulenkamp, Prof. Luder 78. 
Kümel, Dr. Heinrich 104. 
Kürnberger 47. 96. 

Kurz, Heinrich 9, 34. 

Kurz, Hermann 211. 


L 

Labiche, J. B. 159. 

Laclos 17. 

Lacsoi, Paul 707. 

Lafayette $3. 

Lafond, Paul 133. 

Lafontaine C6; 136. 

Lagerlöf, Selma 795. 

Lairesse 146. 

Lalande, Joseph Jerome de 177. 
Lalli, Roger 6. 

Lamarck 13. 

Lamartine, Alphonse de 134. 
Lamb, Charles <3. 

Lambert, Andreaj. 

Lambos, P. 122. 

Lambs, Charles 8. 

Lamennais 777. 

Lami, Eug. 134. 

Lamprecht, Dr. 223, 

Lamprecht, Karl 799. 

Landauer, J. 779. 

Landier 12. 

Lange 13. 

Lange, Karl 60. 

Lange, L. 4/. 

Langen, Albert 709, 795. 
Langhlans. Mac 96. 

Langlois. N. 133. 
Lanken-Wakenitz, von 39. 

Laune, Adolphe 93. 

Lantö 6. 

Lapis. A. 43. 

Larisch, v. 18t. 

Larsson, Carl 777, 196. 

Lassac, Dr. 120. 

Laßberg, Christel von 183. 
Laterza e Figli 48. 

Laube, Heinrich 797. 

Lauchert 89, 130, 172. 

Laukhard 178; 795. 

Lautensack, Heinrich 77. 
Lautrec 96. 

Lavater 77, 80. 

Lavedan, Pierre 42. 

Lavery 44. 

La wies s 98. 

Lawrence, Mr. 183. 

Layus, M. Lucien 138. 

Lebeau, Ch. 799. 

Leblond, Any 92. 

Lebesgue, Phileas 4, 42. 

Leconte de Lisle 775. 

Leech, John 98. 

Leer. L. van 39. 

Lefebre 134. 

Lefranc, Abel 107. 

Legrand Chabrier 5. 

Legrand, E. C. A. 6. 

Legrand, L. 97, 134. 

Lehmann, J. F. 63. 

Leibi 79/. 

Leibniz 48. 

Leidinger, Dr. Georg 28. 


Leighton, J. and J. 203. 
Leitzmann, Prof. Dr. Albert 75— 
9 L U*. i;a—180 j 23. 
Leitzmann, Eise 706. 

Lemaitre, Jules 133. 

Lemercier 147. 

Lemon, Ernest 176. 

Lenau, Nikolaus 23, 47. 

Lenthe, Albrecht Friedrich von 

80. 

Lenz 86. 

Lepape 97. 

Lepötre 160. 

Leplcii 6 . 

Löpreux, G. 43. 

Leonhardt, Dr. jur. W. 121, 
Leonhart, Carl 58. 

Leopold, Kaiser 73. 

Lcriche 64. 

Leroux 174. 

Lesage 134. 

Leß, Prof. Gottfried 81. 

Lessing 78, 79, 164—171, 175; 61. 
Lessing, Karl 164. 

Letellier 134. 

Lctourneur 160. 

Lcttersnider, Jan 7^9 
Lettersnyder, Hendrik Pieters 
zoon iSS. 

Leuthold 210. 

Levi, Dr. Giacomo 184. 

Levi, Pierre Marcel 41. 

Levy, Herman 68. 

Leyden, Lucas van 137. 

Leyen, Friedrich von der 26. 
Lhotzky, Dr. Alphons 96. 
Lichtenberg 58, 75—91, 123 bis 
1«, 172—180. 

Lichtenberg, Friedrich Christian 
128. 

Lichtenberg, Georg Christoph ti8. 
Lichtenberg, Ludwig Christian 86. 
Lichtwark, Alfred 61. 

Licio, Robertus Caracciolus 790. 
Liebermann, Max 63, 194. 

Lilford 8. 

Liliencron, Detlev von 7-y. 
Limburger Antiquariat & Verlag 

166. 

Lindau : 10. 

Linke. Richard 760. 

Linschoten. Jan Huygen van 14. 
Linton, William James 97. 
Lipperheide 7.?. 

Lippi, Filippino 98. 

Liscow, Christian Ludwig 18, 175, 
Lisle. l.ecomte de 134. 

Lissauer, Ernst 112. 

Liszt 777, 183. 

Liw, Jean 176. 

Lochner 63. 

Loeber, G. z88. 

Loeper 32. 

Loeser, ‘Carlo 98. 

Löffler, Bibliothekar Dr. Karl 69 
— 75 - 

Lohmeyer, Karl 147. 

Löhr, Maja 24. 

Lombardo-Radice, G. 48. 
Londres, Albert 5. 

Longftllow ijn. 

Longmans & Co. X02. 

Looy, Jac. van 30, 31. 

Löper, Gotthelf Albrecht Fried¬ 
rich 166. 

I orrain, Claude 98. 

Lorani. Aldo 97. 

Lorenzoni, Giovanni 189. 
Losacco, M . 48. 

Lote, Georges 3. 

Lotto, Lorenzo 44. 

Loubier, Prof. Dr. Jean to r . 119, 
220. 

Louys, Pierre 163. 

Louis XVL 134. 

Louis, Paul 43. 

Louvet 136. 

Löwenthal, Sophie 795. 

Löwy, J. i 49 . 

Luca, Pasquale de 48. 

Ludwig, Herzog von Württem¬ 
berg 71, 73. 

Ludwig von Württemberg 70. 
Ludwig Friedrich, Herzog von 
Württemberg 71. 

Ludwig, Dr. Rudolf x8o. 

Ludwig, Dr. Vincenz Oskar 96. 
Ludwig & Mayer, Frankfurt a. M. 
181. 

Luft aus Marburg. Hans 760. 
Lukaschewitsch, Iwan 16. 
Luppenberg, J. M. 775, 


Luppenberg, J. M. 7/5. 
Luther, Arthur 7^; 77, 184. 
Luther, Dr. Martin 72; ni. 
Lutz, Robert 199, 209. 

Lux, Joseph Atig. 103. 


M 

Maassen, Carl Georg von 23. 
Maassen, Henry 4. 

Mac Langhlans 96. 

Macmillan & Co. 117. 

Madan, Falconer 7. 17S. 

Madsen, Victor 1S7. 

Maeterlinck 67. 

Magellan, Joao Hyacinte de 14, 
126. 

Magnus Albertus 70. 

Maillard, F. 107. 

Maistre, Joseph de 42. 

Majoli 98. 

Maj jor, Dr. E. 747. 

Mallarme, Stephan 4, 12, 232, 

Maflet, Gilbes 161. 

Maltzhahn 2. 

Malvezzi 98. 

Man, Wolfgang von nt. 
Mandeville, Ritter von 70. 

Manet, 194. 

Mansart 133. 

Manzoni 48, 4 9. 

Mardons, Lucie Delame 92. 
Mare, Andre qr. 

Margueritte, Victor 163. 

Marie Amalie, Königin 134. 
Marie-Antoinette 134. 

Mariette 98, 111, H4- 
Mariliier /90. 

Marinetti, Fr. T. 92, 

Marius 92. 

Marot 133. 

Martial 72. 

Marlin, E. 122. 

Marsand, Prof. Antonio 162. 
Mascart, Jean 43. 

Mascha, Dr. Ottokar 3. 97. 
Mascras, Alphonse 177. 

Mask, the 139. 

Masqueller 1^4. 

Masson, Paul Marie 176. 
Matham, Adr. 14. 

Mathews, Elkin 102. 

Mathien, Heinrich Friedrich 
Leopold 80. 

Matthews, Brander 138. 
Ma-Tuanlin 44. 

Maupassant, 100. 137. 

Maurer, Franz 1/4. 

Maurier, Du 98 1 18. 

Maury, Lucien 5. 

Mauthner uo. 

Max, Joseph 03. 

Mayer & Müller 166. 

Mayer, Alfred Richard 77. 
Maync, Harry 192. 

Mazzini 98. 

Meame, Samuel 704. 

Mediavilla, Kichardus de 190. 
Medici, Leopold dei 9?. 

Meer, Jac. jacs. van der 190. 
Meier-Gräfe, Julius 63. 

Meijer. Joh. 19. 

Meiner 88. 

Meiner«, Prof. Christoph 89, 82. 
Meisenbach, Riffarth & Co. 1S9. 
Meissonier 6. 134. 

Meister, Albrecht Ludwig Fried¬ 
rich 90. 

Melanchthon 12. 

Memorandum 40. 

Mendelssohn, Moses 79. 

Mengs, Anton Raphael 7. 

Menzel 151 t 90, 124. 193. 
Mercereau, Alexandre 42. 
Mercier, Sebastian 65; 03, 134. 
Merck, Johann Heinrich 108; 
779. 

Merck!in, Ludwig 64. 

Meredith 7^9. 

Mlrimee 6, 177. 

Merrill, Stuart 4. 

Messer & Co., Karl 120. 
Metternich 9. 

Metz. Friedrich 122. 

Metzinger, Jean 42. 

Meunier 134. 

Meusebach. Frau von 29. 

Meyer, C. F. 270. 

Meyer, Dr. N. 96. 

Meyer, F. L. W. 58. 


Meyer, Friedrich 706. 

Meyer, Georg Friedrich 70. 
Meyer, Richard M 133, 189. 
Meyer & Jessen 40. 

Michaelis 166; 200. 

Michaelis, Christian Friedrich 
12p 

Michaelis, Johann David 124, 132. 
Michacllis. Karolinc 174. 
Michalek r8r. 

Michand 196. 

Michel, Gaspard 93. 

Michel, Marius qr. 

Michelangelo 7, 44 , 98, 132. 
Michclozzi q8. 

Mielke, Hellmuth 206. 

Mikhael, Ephraim 4. 

Milani, Prof. 7^5. 

Miliani ir. 

Millais 98. 

Miller, Johann Martin 187. 

Millet 44. 

Milton 66; 19, 33, rjg. 

Minlos, W. J. 180. 

Minor, Hofrat Prof. Dr. Jakob 
2. 

Mirabeau, Oktave < 9 , 720. 

Moja 49. 

Moliere 6. /;, 24, 42. 133. 134. 
Molmcnti, Pompeo <r/. 

Mombert 12. 

Monboddo, Burnet 13. 

Mond, Frau Ludwig 1S0. 

Mond, Sir Alfred /So. 

Monnier 38, 134. 

Monnier, Gavarni 6. 

Monnier, H. 6. 

Montaigne 66. 

Monten, D. 790. 

Montesquieu 134. 

Montfort, F. Ä. de 133. 
Montjermont 134. 

Montgolficr, Joseph Michel 174. 
Moreas, Jean 72, 9 3. 133, 173- 
Moreau 160 ; 0, 134. 

Morel, Eugene 5. 

Morellet 162. 

Morelli. 66 . q$. 

Morgan, Augustus de 7/0. 
Morgan, J. Pierpont 33, 137. 
Morghen, F. 5/. 

Möricke 152; 24. 

Morlierö, Angola 163. 

Morosini. Francesco 96 . 

Morris, Marshall, Faulkner & Co. 

63. 

Morris, William 60—64, 97; 49 
n6. 117. 201. 

Morrison, George 125. 

Mortier 100. 

Moser, Max 24. 

Mosher, Thomas B. 7/7. 

Motley, H. L. 18. 

Motte Fouque, Friedrich Baron 
de la 24. 

Mottelcy, Ch. 163. 

Mouilleron 147. 

Moureu 176. 

Moule, H. F. 270 . 

Mozart 1S2. 

Mozart, Leopold 104. 

Mozart, W. A. 104- 
Muccio 1S3. 

Mühlau 4. 

Müller, August 111, 166. 

Müller, Carl Hermann 166. 
Müller, Felix, Referendar 166, 
170. 

Müller, Dr. Friedrich 166. 

Müller & Co. Frederik 13, 137, 
189. 

Müller, Georg 180; 24, 24. 67, 
6q, 77, no, 112, 120, 14S, 130, 

iSj. 202, 2QJ- 
Müller, Gottlieb 166. 

Müller, Niklas 111. 

Müller, Kommerzienrat Wilhelm 
2. 

Müller, Wilhelm, Kaiserlicher 
Rat 114. 

Multscher 130. 

Mumbauer 6 3. 

Munch 200. 

Murer, Christoph 134. 

Murer, Josias 134. 

Murner, Thomas irr. 

Mürzcl. Prof. Dr. 775. 

Musaget 77. 

Musgrove, E, R. 13 
Müsset 6, 177. 

Muth, Karl 1S2. 

Muther 777. 


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Original from 

CORNELL UNIVERSITY 




VI 


Namen-Register 1912/13. Band I. 


N 

Nadler, Josef 799. 

Napoleon 134 
Nasreddin, Hodscha roS. 

Nast, Th. 18. 

Nathell, Paul 8. 

Naudin, Bernhard 9/, 92. 

Naue, Julius 123. 

Navarra, Margarethe v. 134. 
Nekrassow, K. F 77. 

Nelsen, Rudolf 120. 

Nerval, Gerand de 32, 134. 

Nesi, Prof. Amedeo 11. 

Netter & Eisig 7/9. 

Neumann, Balthasar 147. 
Neumann, Ernst 120, r>3 , 223. 
Neumann, Hermann 20g. 
Neumann, J. J. N. 189. 
Ncumayer & Co., F. B. i 65 . 
Neuwirth, Josef 112. 

Nicard, Pol 777. 

Nicolai, Christoph Friedrich 78, 
79. 128. 

Nicolini, F. 48. 

Niebuhr, C. 170. 

Niebuhr, Karsten 125. 

Niemeyer, A. H. 31. 

Nietzsche 12, 61, 14$* igS. 
Nikolai 80. 

Nitzsch 166. 

Nodier, Charles 770, 134. 
Nodnagel, August 106. 
Nolthenius, Tutein 18p 
Noot, Thomas van der 99. 
Norbert, M. 77. 

Nordhausen, H. 14. 

Nörrenberg, Dr. Constantia 147. 
Norris, Frank 79. 

Norvius 134. 

Nostitz, l 3 r. Quem von 114. 
Notre, Le 113. 

Nouet, Noel5. 

Noulhac 134. 

Novalis 61. 

Novay, Lorenz 1S2. 

Nyhoff. Martinus 14. <8, 187. 
Nyhoff, W. 9„v. 

Nyon 16a. 


o 

Oastzannen, Jacob Cornelis van 
' 37 - 

Ochsenbach, Friederich 74. 
Ochsenbach. Johann Friedrich 74. 
Ochsenbach, Johann Hermann 73. 
Ochsenbach, Schloßhauptmann 
Nikolaus 69—75. 

Odile, Claude 41, g2. 

Oehl, Wilhelm 24. 

Oehmigcke, Ferdinand 187. 
Oldenburg, Graf Anton Günther 
von 136. 

Olrik, Axel 1S7. 

Olschki, Leo //. 07. 

Okinczyc, Georgis de 6. 

Opdam 125. 

Opizzoni diTorra, Luigi Amadeo 
Rati in. 

Ortolf 70. 

Orvieto, Angelo 1S4. 

Orvisto, Angido 97. 

Osann, Dr. 87. 

Osborn, Dr. Max 133—159; 200. 
Osbourne, K. D. 32. 

Ostini, Freiherr von m. 
Ostrowski 16. 

Oswald, Eugen 1S0. 

Ostwald, Wilhelm 11S. 

Ottmann, Victor 770. 

Otto, J. G. 185. 

Ouillard, Pierre 4, 5. 

Ovid 66, 72; 72, 134. 


P 

Paalzow, Prof. Dr. 779. 
Pabst, Johann 181. 

Padora /97. 

Paffraet, Albert 18S. 

Pa ? e. Th. N. 79. 

Painlevi 174. 

Palezieux, Eugenie von 122. 
Palladius, Petrus 187. 
Panckoucke 162. 

Pan der 13. 

Panizzi 98. 

Pannartz 777. 


Pannigianino 9 8. 

Pan-Verlag 122. 

Panzer 12. 

Paris, Ix>uis 162. 

Parson 757. 

Pascoli, Giovanni 4g, 97. 
Passavanti 12. 

Pas~e, Crispin de 790. 

Passo 143. 

Passow, W. A. 18. 

Passy, Georg 46. 

Passys. Frederic 13t. 

Paszkowski, W. 79.». 

Pattberg /So. 

Paul, Emile 42. 

Paul, Jean 70,*?, 201. 

Paul, Prof. D. C. 167. 

Pauli, Gustav 104. 

Pautre, Jean de 790. 

Pautre, l.e 133, 100. 

Payer v. Thum, Dr. 2. 3. 
Peabody, Robert Swain 13g. 
Peary, Admiral 749. 

Peckitt, W. H. S. ‘ 

Pedersen. Laurits 749. 

Pellegrini S. 

Pclletan, Emile 77.?, 174. 

Peoril of the Peak 7#. 

Pcrcier ico. 

Perl, Max 23, 103. 

Pernerstorfer, Engelbert 2. 

Perot, Francis 776. 

Perreau, Eugene 5. 

Perrichon 174. 

Perrin & Cie. 5, 92, 722. 

Perrisin 6. 

Perugino 44. 

Petersen, Julius 25. 

Petersen, Lauritz *i 86. 

Petersen. Dr. Viktor ig6. 

Pether, William 137. 

Petit & Michel le Noir, Jehan 

790. 

Petrarca 162. 

Petrie, Flinders 779. 

Petrucci iSr. 

Petzet, Erich 22; 799. 

Petzold, Alfons 9. 

Pezzl. J. 18 ?. 

Pfaff 9. ' 

Pfaff-Bader, C. 7?. 

Pfeffel, J. A. 790. 

Pfenninger, Otto 106. 

Pfister, Alexander 212. 

Phalangc 3. 

Philadelphia, Jakob 82. 

Philipp. D. G. 70. 

Phihppi, Adolf 200. 

Philipps 44. 

Phönix-Verlag 799. 

Photorin, Konrad 77. 

Piacentini, Marcello 48. 

Picart 7oo. 

Pichler, Karoline /S3. 

Pico della Mirandolia 140. 
Piersons Verlag, E. 160. 
Pigoncet, Philippe iSS. 

Pilcher 9 4. 

Pimmer, V. H. 77. 

Pinelli, B. 4g. 

Pinero, A. 13g. 

Pinwell q8. 

Piquet, F. 752. 

Pissarro, Lucien 777. 

Pistelli, Prof. 1S4. 

Pitollet, Camille /y. 

Pius X. 757 
Plan. P. P. 131 
Plantin 14g, ist, igo. 

Plato 06 . 

Plattard, Jean 107. 

Play-Making 13g. 

Pleyel 182. 

Ploegsma, J. 14. 

Ploycr. Barbara 182. 

Pion & Cie. 5. 

Plutarch 66, 72. 

Plutargue 6. 

Podrccca, Prof. Vittorio 47. 

Poe 02. 

Poe, Edgar ico. 134, 792. 
Poelemburg, C. t/8. 

Poeschel & Trcpte 4 0, 220. 
Poetry, the White Hills in 13g. 
Poggi. Giovanni gS. 

Pomcare, H. 43. 

Poirel, Dominique 133. 

Pollainolo gS. 

Pollajuolo, Antonio 44. 

Pollard, A.W. 44 , 760. 

Poncet 64. 

Pontotormo g8. 


Pope 66. 

Pope, Alex. 5?. 

Popen 172. 

Pordemone gS. 

Portheim, v. 180. i8r. 
Posadowsky, Graf iSo. 

Pottcr. Paul 137, 

Poussin, Nicolas 44. 

Powers, L. M. 70. 

Poynter öS. 

Prader, Georg 200. 

Preetorius, Emil 148, 163. 
Preller, Fritz 185. 

Previati 48. 

Prevost, Abbe 134. 

Prezzolini, G. 48. 

Price, James 175. 

Priestley, Joseph 129. 
Primaticcio r,S. 

Primer, J. 2:0. 

Prochaska, Karl 201. 
Piocope-Leronx /y. 

Proctor, Robert 117. 

Prcclß, Johannes 122. 
Prudhomme, Sully 5. 

Puchstein. O. 122. 

Pujol, Abel de 160. 

Pultz von Carlsen. Ulrich 122. 
Puschkin, Alexander 75, 77. 
Puttkammer & Mühlbrecht 160. 
Pyle, Howard 18. 


Q 

Quaritch 8, 43. 9 4. 1S0. 
Quaritch, ßeräard 37. 
Quanten 200. 

Querelles, de 6. 
Quintilius 66 . 


R 

Rabelais, Francois 107. 162; 136. 
Rabenlechner, Michael Maria 1,21. 
Machilde 92. 

Racine, Jean 5, 43, 66, 174. 
Rackhain, Arthur 797. 

Raffael 60. 

Raffaelo 0 8. 

Raffet, Auguste 134, 137. 

Rahlfs 136, 137. 

Raimund 9. 

Rambcrg, Gerhard 8. 

Ramberg, Johann Daniel 77, 79. 
Rambcrg, Johann Heinrich 77, 

Ramler 178. 

Ramsay. Prof. Sir, W. M. 133. 
Rank, Otto 46, 183. 

Raphael 44. 

Rappaport, Ewald 12. 4g, 9 S, r66, 
iS 6. 

Rasscnfosse 13 /. 

Rascher & Co. 277. 

Ratdolt 12. 

Rathcry, E. J. B. 159. 

Rauth. Leo m. 

Rehoul, Jean 176. 

Redoute 16z. 

Regmer, Henri de 3, 41. 13 ?, 775. 
Rcguier Laclos, Henri de gj. 
Rehberg, August Wilhelm 128. 
Reich, Philipp Erasmus 82. 
Reichstadt. Herzog v. 134. 
Reifferscheid, A. 722. 

Reinecke, Assessor Dr. 775. 
Reinecke, Otto 114. 

Reinhardt 103. 

Reinhart, C. S. iS. 

Reinhold, Christian Ludolf 130. 
Reiske, Ernestine Christine 164 
bis 171. 

Reiske, Johann Jakob 164, 165. 
Reißner, Carl 200. 

Rembrandt 10, 23, i Q g. 
Remington. Frederic 18. 

Renan 4. 

Renard, Jules 133. 

Renner, Fr. iqo. 

Renoir 133 , 104. 

Rentsch, Eugen 209, 21c, zu. 
Reß, Superintendent 79. 

Rest, Dr. S. 23. 

Reuß, Jeremias David 124. 
Reuter, Fritz 772. 

Reuwich, Erhard 203. 

Review. North American 79. 
Reynold 5, 44, 124. 

Ricard 133. 


Richard. Jules 100. 

Richardson 66. 

Kichelicux 750. 

Richepins. Jean 174. 

Richter, August Gottlob 124. 
Richter, Ludwig 10g, 124, 147, 
i< 3. 

Ricketts. Charles 117. 

Ridinger, Johann Elias 32. 137, 

707 . 

Riemenschneider 30. 

Riemer *9. 

Rico, Marcel 92. 

Riepenhausen 59; 136. 

Rigaud, Stepheu Louis 89. 
Ritscher, Christian 92. 

Ri viere, Jacques 42, 43, >13. 
Roberts, J. 38. 

RochegroßeT Georges 6. 

Rod, Edouard 3. 

Rodenberg. Julius /50 
Roder & Schunke 70, m. 

Rodm i)2, ry. 

Rodocanachi, Einst 11. 
Roedervon Diersburg,Freiherr 11 . 
Roethe, Professor Dr. 165. 
Römhildt-Heilbronn 779. 

Rogers, Mr. 7/7. 

Roinard 4. 

Roldes. Maxence 03. 

Rolland, Romain 5, 92, 9J, 132, 

Rofmer, 1 ucien 6 . 

Romain, Jules 4, 3, 41, 42, 4 3, 

9 2, Qj. 

Romauin 97. 

Romano. Giulio 163. 

Rommel, Otto 47. 

Rondeau, Gaetan 43. 

Ronsard r34. 

Roos, S. H. de 40. 

Roos & Cie., C. F. 57. 

Rops, Felicicn 163. 

Rosegger 200. 

Rosenthal 133. 

Rosier, Jean Francois Pilatre de 

* 77 - 

Rosny, J. H. 133. 

Ross, E. Aisworth 140. 
Roßbergsche Buchhandlung 777. 
Rossetti, Gabriel 63. 

Rossi, Alessandro 0 4. 

Rossi, De 10 , 12. 

Rossi, Vittorio 97. 

Rosso, Del 183. 

Rostand, Edmond 4 , 02. 
Rothschild, Baron Alfred 180. 
Rottmanner, M. 207. 

Rousseau. Jean Jacques 66; 43. 

'3s< 'M* 7 r/- 

Roussct, F.mile 6. 

Roux. Saint Paul 4. 

Roville. E. igo. 

Rowlandson, Thomas 26, 13g. 
Rowohlt, Ernst 60, /29, 132. 
Royaards, Willem 13S, iSg. 
Royere, Jean 43. 

Ruban 04. 

Rubens 44. 

Rückert 103. 

Rüdiger, Anton 720. 

Rudloff, Wilhelm August 29, 131. 
Ruest, Dr. Anselm 77. 

Rüger, Georg Conrad, Altenburg 
20. 

Rugges, Heinrich von 709. 

Rühle von Lilienstern 1S0. 
Rumpf-Potsdam, Fritz 23. 
Runeberg 20g. 

Runge iQi. 

Ruskin, John 60, 97; 67, 7j6. 
Fuß, Rudolf 1S1. 

Rütten & Loening 133, 140 , 144, 

136, 203. 

Ruysdael, Jac. /So. 

Ruyter, Michiel Adriaanszoon de 

i*5- 

Ryba, Adolf 96. 

Ryland. Mr. 133. 


s 

Saar, Ferdinand v. 182. 

Sabin S. 

Sachs, Dr. Hans 46, 223. 

Sachs, Hans 4; 40, 72, 134 , rSj. 
Sade, Marquis de 163. 

Sadger, Dr. J. 1S3. 

Sadow, M. 720, 163. 

Sage, Le ij8. 

Sagredo 97. 


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Original from 

CORNELL UNiVERSITY 



Namenregister 1912/13. Band I. 


VII 


Said-Ructe, Rudolf 180. 

Sain£an, Lazare 207. 

Sainte Beuve 777. 

Saint-Genie 16a. 

Saint-Pierre, B. de 134. 

Saint-Point, Valentine de 92. 
Salle, La 134. 

Sallust 72. 

Salmon, Andre 6. 

Salten, Felix o, 47, 202. 

Salviati, Ceccnino 98. 

Salxer, Eugen 21z. 

Sambucus. J. igo. 

Sand, George 43. 

Sandersen, T. J. Cobden 117. 
Sandrart, Jacob 236. 

Sandys 98. 

Sansot & Cie., E. 5, 42, 132. 
Santarelli, Emüio 98. 

Saphir, M. E. 47. 

Sardi, S. 19z. 

Sarto, Andrea del 9S. 

Sattler, Joseph 220. 

Sauer. August zgz. 200. 

Sauer, Prof. 2. 

Sauerländer, Johann David 105, 
zu. 

Sauter, Constantin 25. 

Sauter, Ferdinand 46. 

Savoldo 98- 
Savonarola 143. 

Scaicchi, Gotufrcdo zo, 

Schaaffs, Dr. Georg 57—59. 181. 
Schäfer, Wilhelm 69. 

Schaffner 75/. 

Schaffsteiu, Hermann & Friedrich 
156- 

Schapire, Dr. Rosa Z93, 293. 
Scharfenstein, Helene 209. 
Schäufelin, Johann zzx. 
Schauenburg, Freiherr von 11. 
Schauenburg, Hans Reinhard von 
11. 45 

Schauenburg. Legationsrat Frei¬ 
herr Dr. Rudolf von xi. 
Schaukal 67. 

Schawenburg, Hanß Re nhard von 


Schedel 184. 

Scheffel 7 84. 

Scheffler Z94. 

Scheibe, Hermann ZZ4. 

Schellig, Konrad Z94. 

Schelling 48. * 

Scheiternd, C. S. Adama van 30, 

Scfiencker 6. 

Schcndel, Artur van 59. 
Schenkendorf 103. 

Scherlestein. Baron von z8$. 
Schernhagen, Johann Andreas 75, 
8ü, 124. 

Scheuffler, Amtmann 57. 
Scheufler 181, 182. 

Scheuren, C. Z47. 

Bchiffmann, Dr. Konrad 95, 
Schiller, Friedrich von 59, 95, 
15 *. 154 i / 4 . 17» 5 *> 6/ > 

104, zo8, ZS4, Z92. 

Schinnerer, Dr. 224. 

Schlegel, August Wilhelm 128. 
Schlegel, Dorothea 203. 

Schlegel, Friedrich 77, 202, 207. 
Schlägel. J. E. 762. 

Schleich, Christine Freiin von 207. 
Schleierniacher 795. 

SchlciniU, Prof. Otto von 97—104; 

8, 48 , 95 * *3(>. r86. 
Schhchtegroil, Karl Felix von zio, 
ZÖ4. 

Schloemp, Felix Z20. 

Schlosser, Julius v. 66. 

Schlözer, August Ludwig 172. 
Schmidt 13, 

Schmidt, Dr. Adolf 104—193. 
Schmidt-Degener, F. Z89. 
Schmidt, Expeditus 63. 

Schmidt, G. J. zo. 

Schmidt, Heinrich Alfred 795. 
Schmidt, Hermann 720. 

Schmidt, Otto 727. 

Schmidt, W. 18; 66. 
Schmidtbonn 772. 

Schneider. E. 727 . 

Schneider, M. Z20. 

Schnell. Karl 2x2. 

Schnitzler 9. 

Schock, P. Josef 8. 

Schoder, G. ///• 

Schoeler, Heinrich von 797. 
Schölte, Prof. J. H. t-21, 33- 
58,* / 88 - 


Schönborn. Erzbischof Johann 
Philipp Franz von Z47. 
Schönfeld 187. 

Schongauer, Martin 7, 65, Z34. 
Schönherr z8z. 

Schönholz 283. 

Schöningh, Heinrich z66. 
Schönlein 64. 

Schönsperger d. Jung., Hans zzz. 
Schopenhauer roo, 133. 

Schorn, Dr. H. T. 44. 

Schreiber, H. 23. 

Schreyvogel. Josef 797. 

Schroeder, Leopold von ö 5 - 
Schroll & Co., Anton 66. 

Schröter-Dresden, E. 23. 

Schrott, Dr. Paul K. von ZZ4. 
Schubart, Dr. J. H. Chrn. 28, 59, 
182. 

Schuchlin 232. 

SchüddekopL Prof. Dr. Carl 58, 
75. 178. 182; 7, 2, 24, 25. 
Schulenburg. Werner von der 79Ö. 
Schüler, Christian izi. 
Schultheß-Mcyer, F. 2/7. 

Schultz, Prof. Franz 77. 

Schultz, Wilhelm 44. 

Schulze & Co. 752, 797. 
Schulzesche Hofbuchhandlung u. 

Hofbuchdruckerei 6z. 
Schumann, Georg 200. 

Schumann, Paul 200. 

Schumann, Robert 43. 

Schur, Ernst 28, zzz. 

Schüssler, Johannes 7.99. 

Schuster & Loefflcr 135, 158; 74, 

Schwab, G. <7. 

Schwaiger, Hans Z83. 

Schwamm, L. Z47. 

Schwanz. Rudoll 6z. 
Schwarimaier 70. 

Schwenke, Dr. Paul 320. 
Schwerin, John 20$. 

Schwerins 793. 

Schwind 224 

Schwind. Moritz v. 64, 182. 

Scott, Walter 60. 

Seche, Alphonse 132. 

Seemann, E. A. 730, 200. 

Scgny, Rene 3. 

Seiht, Wilhelm 16. 

Selchow, Prof. Johann Heinrich 
Christian von 89. 

Sembritzki, Johannes 180, 181. 
Semler, J. S. 24. 

Semper zog. 

Senftl, Ludwig 737. 

Serre, Joseph 93. 

Sentroul, Charles 63. 

Seversen, Jan 790. 

Sevin, Graf 73. 

Seybold, Fr. 1x8. 

Shakespeare 66; 8 , 77, 7 8, 44, 
45 * 5 °* 53 , 58, 59* 94 - 117, Z33, 
139 , 15b* I 97 ‘ 

Sharp, Granville 220. 

Shaw, G. Bernard 9, 42. 43t 96, 
139 ■ 

Shelley 7J9. 

Siebmacher. J. 790. 

Sienkiewicz, Henryk 77. 

Silber, Eucharius 38. 

Silhon, Jean de 43. 

Silvestre, Israel 790» 

Simeon, G. 790. 

Simmel, Georg zoo. 

Simmen, Johann Hermann 88. 
Simoneau, Jules 32. 

Simonnean 790. 

Simonnet 6. 

Simons, Anna 163. 

Singer, Dr. Hans 6. 

Singer, J. 96. 

Slevogt Max 93, 96. 

Smalian, Hermann 124- 
Smith 760. 

Smith, Alphonso 792. 

Smith, Orrvin 97. 

Senecas Morals z8. 

Snob 77. 

Soden. Professor von 165. 
Sodoma 18. 

Soldau Heppe 204. 

Solms-Mintzerberg, Graf Johann 

von 203. 

Somxnanva. Giorgio 294. 

Sommering, Samuel Thomas 76, 
„ 174 . * 7 > 

Somoff. Constantin Z63. 

Sonntag; Carl 77. 

Sophokles 66; 12. 


Sophie Charlotte von Mecklen- 
burg-Strelitx 78. 

Sorel, Cecile 6. 

Sorge, Wollgang 205, 

Soter 767. 

Sotheby 8, 44, 95, 7 02, 104, Z76. 
Soussain, A. 76. 

Souza, Robert de 4 , 5. 
Spampanato, v. 47, 48. 
Spangenberg 72. 

Speckter. Otto 775, Z24. 

Speidel 96. 

Spemann, W. 63. 

Spencer 133. 139. 

Speyer, Sir Edgar zSo. 

Spingarn, J. E. 140, 

Spire, Andre 5, 4z , 42. 

Spitta. August 779. 

Spitteler, Carl 2x4, 21z. 

Sprengel, Prof. Matthias Christian 
78. 82. 

Springer, Anton 200. 

Springer. Max 282. 

Staakmann, L. 706, 73/, 210. 
Stägemann 703. 

Stahl, Fritz zzz. 

Stanley, Th. 7 40. 

Stapfer, Albert 6. 

Stauffer, Karl 69. 

Stead, Mr. 136. 

Stead. W. P. 95. 

Stechard, Maria Dorothea 87. 
Steele, R. 760. 

Steen, Jan 93. 138. 

Steffamno della Bella 98. 

Steig, Prof. Dr. Reinhold 25—30. 
Stein, Charlotte von 126, 174. 
Stein, Fritz von X74. 

Stein, Leo 8 . 

Stein, Dr. Ludwig z8o. 

Steiner, Franz 37, 183. 

Steinlcin, Stephan 194. 

Steinlen 9;, .37 174. 

Stelle, Robert 777. 

Stelzhammer, Franz 46, 20z. 
Stendhal 3, 6 , 9. 

Steppuhn, Dr. Friedrich 77. 
Stern, Adolf zcq. 

Stern, Carl Wilhelm 165. 
Stevenson, Robert Louis 32, 139. 
Stieler, Karl 22. 

Stockum, van 13. 

Stoffiet. Jean Nicolas 43. 

Stoll. Prof. Adolf 109. 

Stoop, Dirk Z37. 

Storck, A. 57. 

Storck, Willy F. 62. 

Stradann xjj. 

Stradanus 137. 

Stransky, Frau Christine von 207. 
Stransky, Otto von 207. 

Strauß, D. F. 59. 

Strauß, Emil 25. 

Strecker. Johann Ludwig 108. 
Street. G. E. 60. 

Strentz, Henri 4. 

Strenvels, Styn 60. 

Strindberg 79, Z40. 

Strodtmann 31, 58, 59, 181. 
Stroehlin, Prot 6. 

Stroehlin, Dr. Ernst 244. 
Stromboli, Prof. 284. 

Studniczka, Prof. 64. 

Stülpnagel, Ernst 283. 

Suar&s 3. 

Suchier, Wolfram 762. 

Suchtelen, Nico von zjS. 
Sudermann 164. 

Sudhoff. Dr. 223. 

Sudhoff, Karl 294. 

Suhro, P. F. 169. 

Sun 28. 

Suphan 797. 

Suschitzky, Gebr. 9. 

Süßenguth, Heinrich 766. 
Susterman, G. 98. 

Svoboda, Prof. Milan 77. 
Swanevelt, H, 98. 

Sweynheym 7/7. 

Sweynheym & Pannartz 37. 

Swift 134. 

Symonds, Arthur 240. 

Syrlin 737. 


T 

Tachauer, Heinrich 2. 

Taft, Präsident 32. 

Talander (August Bohse) 59. 
Talma, Francois 43. 


Tarkington, Booth 79. 

Tascherau 163. 

Tasso 66. 

Tauler 72. 

Tauer. Johann 43. 

Tausche 13. 

Tausig, Paul 9, zSj. 

Taylor, William 120, 222, 264. 
Teichner 26. 

Teissedre, Gustav 64. 

Tempel-V erlag 146, 147, 158; 25. 
Tempesta, Antonio 737. 

Teniel 98. 

Teniers, D. 289. 

Tennyson 97. 

Terenz 70, 72. 

Teuffel, Andreas 73. 

Teupken, J. E. 797. 

Thakeray 139» 17. 33. 

Tharaud, Jean 3. 

Tharaud, Jerome 5. 
Theophilaktoff. H. 263. 

Theramo, Jacques de 790. 
Thibaron 144. 

Thibaudet, Albert 93. 

Thieme 18. 

Thieme, G. J. 49. 

Thoma, Hans X34. 

Thouvemn 134. 

Ticknov, George 73. 

Tieck, Ludwig 792. 203. 

Tiemann. Prof. Walter 3^; 49. 
Tiepen, C. Harms 49. 

Tiepolo 44. 

Tiersort, J. 276. 

Tilgbcr, A. zz, 48. 

Tinayre 247. 

Tintoretto 98. 

Tissot, Ernest 3. 

Tissot, J. 8. 

Tittmaun, Julius 9, 14. 

Tizian 98. 

Tobler 203. 

Tocco, Felice 47. 

Toelken, Prof. 203. 

Tolstoi, Leo 76, 42, 6z, 132. 232. 
Tonstall, Cuthbert 7. 

Töpffer 6 . 

Toiaiu 97. 

Tortorel 6. 

Tory, Geoffroy 289. 

Toulmin, H. A. 79. 

Toumes, Jean de 6. 

Tournes, Samuel de 244. 
Tournaux, Georges A. 249, 232. 
Toussaint, Maurice 93. 

Träger, Albert 43. 

Trapp, Hede v. 8. 
Trautz-Bauzonnet 38. Z44. 
Trebitzsch, Siegfried 9. 

Trenck, Friedrich Fre.herr von 
Z04, 180 — 181. 

Trenkwald, Prof. 283. 

Treßlcr 8 . 

Trevieres, Pierre de 0?. 

Troilo von Lessot, Johann Gott¬ 
fried 77. 

Troll-Borostyani, Irma v. 9. 
Tromlitz, A. 57. 

Tromp, Cornelis Graf von 125. 
Trösch, Dr. Ernst 209. 

Triibncr & Co. 147. 

Tschudi, Hugo von 63. 
Tschu-Hsi 44. 

Tshien-Lung 44. 

Tudesq, Archri 6. 

Tünger, Augustin 70, 

Turgenjew / 6 . 700. 

Turi, Johan Olafson 205. 

Turner 17; 203. 

Turrecremata, Johannes de 289. 
Twain, Mark z8. 

Tyndale 760. 


u 

Uccello, Paolo 98. 

Uhl, Wilhelm 208. 

Uhland, Ludwig 152, 154; 196. 
Uhlen. S. v. 206. 

Ullmann, F. zzz. 

Ulrich, Herzog von Württemberg 
7*. 

Ulsenius 294. 

Unger, Arthur W. 198. 

Unger, K. K. Prof. Artur W. 214, 
z8z. 

Updike, Mr. 777. 

Ursula, Herzogin 71. 

Utino, Leonardus de igu- 
Uzanne, Octave 65—69. 


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Original from 

CORNELL UNIVERSUM 




VIII 


Namen-Register 1912/13. Band I. 


V 

Vaccari 8. 

Vachon, Marius 159, 163. 
Vaganay, Hugues 43, 

V.ullat, Leandre 02. 

Valentin, Wilh. iiq. 

Valentiner, Wilhelm R. 74. 
Valery 161. 

Valette, Alfred 132. 

V all es, Jules 93. 

Valli, Luigi 97. 

Vandenhoeck und Ruprecht 107. 
Vanderkmdere, L. 123. 

Vanvitelli, Gaspare 9S. 

Variot, Jean 93. 

Varlct, Theo 5, 42, 43. 

Varogmc, Jacobus de 95. 
Varrentrapp 138. 

Varthema 12. 

Vasari 9*. 

Vasse 6 . 

Vattemare, Alexander 73. 
Vauvenargue 162. 

Veen, L. J. 795. 

Veen, van 60. 

Veit & Comp. 6 2. 

Velde, J. v. 14(3. 

Venne, A. v. d. 190. 

Veranzio, Fausto 56. 

Vergennes, Charles Gravier Graf 
von 91. 

Verhaeren, Emile 4, 5, 92, 112, 
132, 18 9. 

Verlaine, 12 , 137, 132. 

Verne, Jules 63; 208. 

Vernet. Carle 0. 137. 

Veronese, Paul 44 • 

Verrocchio, Andrea del 9S. 
Versluys, W. 59. 

Veyssie, Robert 92. • 

Vibert 174. 

Vico 48. 

Victoria von England 134. 

Vidier, A. 

Vidossich, G. 48. 

Viebig, M. Ernst Traugott 170, 
171. 

Viele-Griffin, Francis 5, 42, 93. 
Viennot, W. 92. 

Vierge 174. 

Vieweg, friedrich 180. 

Vigne, Pietro della 113 . 

Vignon, Claude 160, 163. 

Vigny, Alfred de 6. 43. 177 - 
Vildrac, Charles 42, 43; 4, 41 , 
9 2. 

Vdlon, F. 92 , 174. 

Vincentius, B. 191. 

Vinci, Leonardo da 9S. 
Vincigucrra, M. 48. 

Violet, Wilhelm 197. 
Viollet-Le-Duc 163. 

Visan, T. de 93. 

Visconti 160. 

Vitelli, G. 97. 


Vitelli, Prof. 184. 

Vito, Ettore 97. 

Vitruv 72. 

Vogelweide, Walter von der 50. 
Voigt 13. 

Voigt, Julius 204. 

Voigt, Geheimer Rat von 26. 
Voirol, Sebastian 42. 

Voisin, Joseph 5. 

Volkmann, Dr. Lt 113, 416, 1S1. 
Volpi, Giuseppe 97. 

Voltaire, 5, 43. 66, 134, 160 , 162. 
Voogs, C. G. N. de ico■ 
Voragine, Jacobus de 190 . 
Vorsterman, Willem öS. 

Voß, Johann Heinrich 123. 125; 

114, 209. 

Voß, Julius 93. 

Vossen 59. 

Vredeman de Vriese 190. 

Vries, R. W. P. de 5 t. 

Vulpius 26. 


w 

Wachenrodei, Wilhelm Heinrich 

’ 26. 

Wackernagel, Martin 131. 
Wadiin, Horace G. 73. 
VVagenvoort, Maurits 100. 
Wagner, Richard ./j, 104 , 184. 
Waldman. Dr. Emil 02, 95. 
Walker, Emery 64; 117. 

Wallis, W. 92, 94. 

Walhshausser, Joh. B. 43. 
Walpurgis Verlag 23.] 

Walser, Karl öS, 202. 

Waller, Bernhard 70, 

Walther, Oskar 7. 

Walther, Pater Paul 203. 

Walton 8, 33. 

Walton, J. s 8. 

Walzel, Prof. Dr. Oskar F. 1/4, 

209. 

Ward. A. W. /So. 

Ward. L. 8. 

Warner & Co., F. 44. 

Warner, Philip Lee 117. 
Waroquicr <//. 

Warton, Edith ;o. 

W r assermann, Jakob 9. 

Watson, J. 94. 

Watteau 194. 

Watts 98. 

Weber, Hans von 26, 1S9. 
Weuer, K. M. von 43. 

Wecken, Dr. Friedr. 123. 
Wedckind, Prof. hx. 

Weidling, Friedrich 208. 
Weidlmeyer-Woipswede, Carl 72. 
Weidmann ;n2. 

Weidmannsche Buchhandlung 72. 
Weigel, Adolf 124. 


Weilin, Prof. Dr. Alexander 
Ritter von j. 

Weilen, Josef v. 191. 

Weilen, Prof. R. v. 3. 

Weinmann, J. G 32. 

Weinstein, Joseph 779. 

Weiß, Emil Rudolf 133—159; 23, 
70, 

Weiß, Dr. Otto 31. 

Weitenhiller, M. v. 8. 

Wekherlin, Wilhelm Ludwig 83. 
Welhaven 209, 

Wells 5. 

Weiter, H. 4. 

Wenck 178. 

Wendeier, Camillus 4. 

Wendt, Dr. Gustav 43. 
Wengerow, S. A. 17. 

Wenner 178. 

Wergeland 209. 

Wermuth, Wirkl. Geh. Reg. Rat 
/So. 

Werner, Hofrat Prof. Dr. Richard 
M. 2. 3, 1 qj. 

Wernsdorf it6. 

Wertheimslein, Franzi von 1S2. 
Wesselski, Albert 10S. 
Wessenberg, J. H. v. 92, 93, 94, 
95 - 

Weule, Br. 121, 223. 

Weyerman, J. Campo 190. 
Weygandsche Buchhandlung 92. 
Weyhe, Hans 192. 

Whistler 98. 

Whitmann 41. 

Whitmayr, Walt 4. 

Whittier 139. 

Whittingham, Charles nö. 
Wickersheimer, Dr. Ernst 43. 
Widmann, Josef Viktor 210, 211. 
Widner. H. Elkins 739. 

Wicgandt, Ernst 200. 

Wiel & Co., G. van der /SS. 
Wieland 52, £'■>, 797. 

Wiclsen, Dr. Grüner 187. 

Wierix. A. 8. 

Wiener, Hicronimus 137. 
Wigand, Otto m { 10 9. 

Wihl. Ludwig 110. 

Wildbrett. Carl 119. 

Wilkcn, F. 23, 24, 25. 

Wilkinson 104. 

Willette 7 74. 

Wilson, John 28. 

Wimphcling, Konrad 194. 
Winckclmann J. 31. 

Winkelmann, Otto 7/7. 

Winkler, Dr. Arnold 1S2. 
Witkowski, Prof. Dr. Georg 2, 
JOS, iSq. 206, 2uS , 2uq, 223. 
Wir, Fred de 57. 

Witscn 31, 99. 

Witte, Em. de 189. 

Wittekindt, Johann Georg Emst 
185 186, 188. 

Wittmaun, Hugo 2. 


Wittner, Otto 7^3. 

Witz, Konrad 04, 75/. 
Wisselingh, E. J. v. 99. 

Wi'ter, Owen 79. 

Woelfle, Alphons 709, 706, 202. 
Woerden, Hugo Jansz van 99, 
1 SS. 


Wohnackher, Dr. Paul xi. 
Wojenski, K. 7 s,. 

Wolfram von Eschenbach 27. 
Woltmann 194. 

Wolf. Chr. 1Ö2. 

Wolf, Hugo iS2. 

Wolff 77, 131, 175; 776. 20 9. 
Wolff, J)r. Hans 27. 

Wolff. Kurt 113. 

Wolff-Metternich, Graf Paul 7, 


Wonsam. Anton ror. 

Wurzbach, Dr. Alfred v. 182; 10 
Wycliffe 44. 

Wyß K. J. 272. 


X 


Xenien- Verlag 204. 


Y 


Young 66, 165. 


z 

Zainer, Joh. 190. 

Zaracke 15. 

Zaunert, Paul 193. 

Zehmen, Oberleutnant von 167. 
Zeitblom 7 3t- 
Zeitler, Julius 7/. 

Zeitlin, Leon 24. 

Zeltler, Oskar 134. 

Ziehen. Konrad Siegmund 127. 
Ziesemer, Walther 24- 
Ziffcrer, Paul 26. 

Zimmermann 80, 82, £6. 
Zimmermann, Christian Heinrich 
, x 7^* 

Zinunermann, Ernst 178. 
Zimmermann, Johann Georg 78. 
Zimmermann, Heinrich 797. 
Zimmermann, Leutnant von 75, 
178. 

Zietz, Chr. 31. 

Zobcltitz, Fedor von 7/2. 

Zola, Emile 07, 173. 

Zoozmann, Richard 23. 

Zschock, Louise Charlotte von 
182. 

Zuloaga, Ignacio 92. 

Zürcher, Otto 114. 

Zwart, W. de 99. 

Zweiniger, Artur 64. 


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CORNELL UNfVERSSTV 



. Schlagwort-Register 

zur 

Zeitschrift für Bücherfreunde. 

Neue Folge. Vierter Jahrgang. 1912/1913. 

Band I. 


Die kursiv gedruckten Zahlen verweisen auf das Beiblatt. 


A 

Amateur d* Autographes, L’ 3. 

Akademie der Wissenschaften, 
Berliner 29. 

Alexander VI. und sein Hof 143. 

.Allgemeines Lexikon der bilden¬ 
den Künstler von der Antike 
bis zur Gegenwart 180. 

America, changing 140 - 

America, Studies in contempary 
r 39 - 

Angekettete Bücher 21—85. 

Anglo-Sächsische Chronik 168. 

Antiqua oder Fraktur 107. 

Art decoratif, L* gj, 133. 

Art et les Artistes 133. 

Artiste* et Penseurs 174. 

Art und Decoration gj. 

Arzneibücher 70. 

Ashendene-Press T17. 

Athenäum 4$. 

Ausstellung für Buchgewerbe und 
Graphik in Leipzig 1914, Inter¬ 
nationale 137. 

Autographen 134. 


B 

Ballartyne-Press 7/7. 

Batidcaux d’or 4, 177. 
Bauernfeld-Stiftung 9. 

Berliner Akademie igi. 
Berühmte Besucher Badens 183. 
Bibelkatalog der British and 
Foreign Bible Society 21g. 
Bibliographische Gesellschaft, 
Engysche 224. 

Bibliographisches Institut iq2. 
Bibliophilenfamilie, Eine schwä¬ 
bische 69—75. 

Bibliophilcn-Gesellschaft, Wiener 

TO, Ol. 

Bibliophiliana 22/. 

Biblioteca Vittorio Emanuele 48. 
Bibliotheka Spenccriana 180. 
Bibliotheken der Zukunft 65—69. 
Bibliotheken im Staate New York 
t6. 

Bibliothek.Königliche zu Berlin, 2; 

1:3, 192 ■ 

Bibliothek Stroehün 144. 
Bibliotheque du Louvre 159—164. 
Bodleian Library, Oxford 57. 
Bong. Goldene Klassikerbiblio¬ 
thek 24. 

Book, An architekts sketch 13g. 
Bookman, 52, 140. 

Bostoner öffentliche Bibliothek 

223. 

Breviarium, Gnmmant 134. 
British and Foreign Bible Society 

sjg. 


British Museum 43, 134, 
Buchdruckausstellung in London 

167. _ 

Bucheinbände 15a; 52. 
Bücherauktionen 133I134,136 , 144. 
Bücherei Maiandros 77. 
Bücherformate 118. 

Buchgewerbe 187. 
Buchgewerbeausstellung, Inter¬ 
nationale, Leipzig 1914 j8t , 224. 


c 

Cabinet Gaiffe T44. 

Cahiers du Centre, Les 5, 92, 176. 
Cambridge University Press 117. 
Canterbury Tales 180, 

Caslon Type 117 . 

Catalogus van boeken in Noord- 
Neederland versehenen van den 
vroegsten tydtotop heden /^5. 
Chinesische Flöte 159. 

Choisir 176. 

Chronike von Brabant 189. 
Chronique de Sb Denis 180. 

Cid 170. 

Clarendon-Press 7, 

College, University 178. 

Comfort found in cood old books 

t8 . 

Confession de la foy 144. 

Crusoe, Robinson 19, 52. 
Cuala-Press 117. 

D 

Daniel-Press 117. 
Denkwürdigkeiten aus Alt-Öster¬ 
reich 183. 

Deutscher Werkbund 16 /. 

Didot Tarne, P. 6. 

Dieterichsche Universitäts-Buch¬ 
handlung 31. 

Discours eupon Love, A Platonick 
140. 

Divina Comedia 180. 

Don Quixote iq, 180 
Doves Press 117. 

Drouot, Hotel 133. 

Düsseldorf Artists Album, The 
147. 

E 

Eckermann,Gespräche mit Goethe 
17, 201 ; 25. 

Effort 41. 

Einbände 38, 117, 134. 
Einbandstoffe 119. 

Emporium 48 . 

Endeavourtype 117. 

Erogny-Press 117. 


Essex-House-Press 117. 
Eulenberg, Der Dramatiker 755. 
Exlibris igo. 


F 

Faust 30. 

Fechtbuch 72. 
Federgrotesk 1S1. 
Fell-Type 117. 

Feu, Le 133. 

Florence Press 117. 
Fraktur oder Antiqua 107. 


G 

Gallery, Leicester 44. 
Ganymedes-Presse 7/5. 

Germ, The 102. 

Germanisches Museum, Nürn¬ 
berg 2. 7, 18. 19. 

Gesellschaft für biblische Ar¬ 
chäologie 133. 

Gid i2. 

Gil Blas 137. 

Goetheana 91—96. 

Goethe-Gesellschaft, englische 
1S0. 

Goethe-Society 24 
Goethe und die Französische Re¬ 
volution 1S0. 

Good Words 98. 

Grande Revue 5. 42, 03, 133. 
Graphischen Künste, Die 95. 
Grillparzer-Ausgabe 191. 
Grimmelshausen-Illustrationen 1 
bis 21 

Grimms Wörterbuch 5. 
Groot-Nederland 100. 

Gugeline 135. 

Gymnasium zu Ingolstadt 70. 


H 

Hamerlings-Werke 23. 
Handschriften igg. 

Harpers Bazar 18. 

Harpers illustrated Family Bible 

t8. 

Harpers Magazine 18. 

Harpers Weckly 18. 
Heidelberger Zeitungen 62. 
Heimat 164. 

Hellenistische Gesellschaft 133. 
Hetärengespräche des Lucian, Die 
163. 

Hexenprozesse 204. 

Hochland 182. 

Hoe-Sammlung 57. 

Hofbibliothek zu Stuttgart 6g. 


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Hof- und Staatsdruckerei, K. u. K., 
Wien 114. 

Holländische Lettern 4g. 
Holzschnitt 97, m. 

Homes du jour, Les 6. 
Huth-Bibliothck 44, 180. 


I 

Illustrastrated, London News 97. 
Imago 46. 

Independance, L* gj, 177. 
Inkunabel 72, 184, 18g. 

Institution chretienne 144. 
Internationale Ausstellung für 
Buchgewerbe und Graphik in 
Leipzig 19x4 113. 


J 

Januspresse 4g. 

Japanese painting, on the laws of 

tjn* 

Jensontype 117. 

Journeys to Venice and to the 
Low Countries 140. 

Jugend 137. 


K 

Kalender, 1. 

Kaiser Friedrich-Museum 156. 
Keimscott Press 63, 64, 102 ; 116, 

117. 

Kings Library 47. 
Klassiker-Ausgabe, Meyers ig2. 
Klassiker-Bibliothek, Goldene 

IQ 2 . 

Kunkelbriefe 5. 

Kunst en Kunstleven 4g. 
Kupferdruckpresse 56. 
Kupferstichkabinett, Königliches, 
Berlin 2. 

Kürschners Nationalliteratur 2. 


L 

Landesbibliothek, Fulda 69. 
Landesbibliothek, Stuttgart 69. 
Languet and Sir Philip Sidney 
Correspondence, Hubert 140. 
Leder 11g. 

Legend of Robert Duke of Nor¬ 
mandy, Tragicali 180. 

Legenda aurea igo. 

Leiht üotheken 43. 
Lenau-Ausgabe 795. 

Lese, Die 73. 
l.iasons dangereuses 17. 
Literarischer Verein 207. 


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X 


Schlagwort-Register 1912/13. Band I. 


Literaturgeschichte der deutschen 
Stamme und Landschatten 799. 
Livre. Le 173. 

Lucinde 77. 

Lustwäldchen, Das 164. 


M 

Magazyn voor Schilder en teeken- 
kunst ij<y. 

Malerei, Deutsche 133. 
Manualdruck 777. 

Marzocco 47, 97. 

Maske, Die lachende 775. 
Maximilian-Gesellschaft, E. 1. 220. 
Medici Society Ltd., London 777. 
Meister, Wilhelm 17. 

Mer eure de France 4, 41 , 9^. 132, 
ijji 77^, 1S2. 

Merrymount-Press 777. 

Meyers Klassiker-Ausgaben 792. 
Miniaturen, Persische 74. 
Modernes Verlagsbureau, Kurt 
Wigand 760. 

Monatsschrift für Bücherfreunde 

7 tfii. 

Mondflecken 132. 

Mosher Press 777. 
Musenalmanach, Göttinger 87. 
Musikgeschichtliche Denkmäler 

l8r. 

Musiknotendruck 777. 


N 

Narrenschiff /, 75, 77, 225. 
Nation, The 136, 160. 
Nationalbibliothek, Pariser 162. 
Neue Rundschau 63. 

New Forest, The 98. 

New York Public Library 759. 


Nieuwe Gids 30, 700. 

North American Review 52. 
Nouvellc Revue Fran^aise 5, 42, 

<> 3 - 


o 

Office de la Sainte Vierge 777. 
Oldstyle 77. 

Onze Kunst 4g. 

Ostraka 29. 

Otter Type 777. 

Our mutual friend 18. 


P 

Pablo de Sigovie 174. 

Pan 134; 5. 9/ 

Papier 7/9. 

Passion, La 174. 

Pergament 210. 

Pentateuch 700. 

Persisches Manuskript 134. 

Petit Parisien, Le 4. 

Phalange 43, 133. 177. 

Plejade, La 4 
PrärafFaeliten 60. 

Press, The early Oxford 178. 
Preßvereinsdruckerei 200. 
Province, La 13}. 

Punch 9$. 

Puppenspiel von Goethe, Neu¬ 
eröffnetes moralisch-politisches 

*?• 


R 

Raschers Jahrbuch 277. 

Revue bleue 3, 42, 9 3, 133, 176. 
Revue Francalse, Nouveile 777. 


Revue. Grande 779. 

Revue du Temps present 4, 5. 
Review, North American /8- 
Riccardi Press 777. 

Riverside Press 52, 777. 
Rockenbrief 5. 

Rom, Aus dem alten 23. 
Rousseau Ausstellung 162. 

Royal Society of Literature 133. 
Rubayat ijg. 

Rudolfinische Drucke 772. 
Ruxners Turnierbuch 70. 


s 

Schai-kgalerie 14S. 

Schattenriß 140. 

Schillers Werke 24. 

Schrifttafeln des IX. bis XVI. 

Jahrhunderts iqq. 

Schritt für Schritt 7 36. 
Schundliteratur 182. 

Schund- und Schmutzliteratur 43, 
220. 

Seels World’* Press 7. 

Seidlitz-Pilgramshain u. Främbs- 
Neuwied, von 23. 

Silhouetten 14t). 

Simplizissimus 137. 

Süddeutsches Antiquariat 7 66. 
South Kensington Museum 44. 
Speculum Sapientiae 7> . 
Springer» Kunstgeschichte 200. 
Stadtbibliothek Nürnberg 18. 
Stundenbuch 18’g. 

Subiaco-Type 777. 


T 

Tempel-Ausgaben 149, 154, 155, 
158. 15 9i 62. 

Teuerdank 72. 


Theatermuseum, Amerikanisches 

7 38. 

Trachtenbuch 72. 

Tristan und Isalde 23. 


u 

Universalhistorischer Atlas 1S0. 
Universitätsbibliothek Tübingen 
21. 


V 

Vale Press 117. 

Verzeichnie der wichtigsten Mi¬ 
niaturenhandschriften d. könig¬ 
lich. Hof- und Staatsbibliothek 
München 28. 

Vogel, Der lose 70. 

Vulgata 136. 


w 

Wappenbuch 72. 

Weißfraktur 148, 149 154. 155; 62. 
Wertheriana iB;-x88. 

Wiener Bibliophilen-Gesellschaft 

7 5 7. 

Wiener Graphische Gesellschaft 

iS 7. 

Witte mier. De iS$. 

Wockenbrief 3. 


z 

Zauberring, Der 24. 

Zeitschrift des Vereins für Volks¬ 
kunde 4. 

Zwiebelfisch 188. 


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Johann Jacob Christoph von Grimmelshausen 
und die Illustrationen seiner Werke. 


Von 

J. H. Schölte in Amsterdam. 

Mit 7 Abbildungen und 2 Tafeln. 

L 

W orte und Bild sind Korrelate, die sich immerfort suchen, wie wir an Tropen und Gleich¬ 
nissen genugsam gewahr werden. So von jeher, was dem Ohr nach innen gesagt 
oder gesungen war, sollte dem Auge gleichfalls entgegen kommen. Und so sehen 
wir in kindlicher Zeit in Gesetzbuch und Heilsordnung, in Bibel und Fibel, sich Wort und Bild 
immerfort balanciren.“ Dieses Balancement zwischen Wort und Bild, von dem Goethe spricht, 
diese gegenseitigen Beziehungen zwischen dem geschriebenen beziehungsweise gedruckten Text 
und der bildlichen Vorstellung ist in hohem Grade für Johann Jacob Christoph von Grimmelshausen 
bezeichnend; nicht bloß, daß er fortwährend bemüht ist, durch „wol inventirte Kupfferstück“ die 
Wirkung seiner Schüderungen zu heben, sondern manchmal geht auch von einer plastischen 
Vorstellung der Impuls zu einer Auseinandersetzung oder Schilderung aus. Eine Erzählung aus 
seinem „Ewigwährenden Calender“ — dieser fiir die Grimmelshausenforschung so bedeutungs¬ 
vollen Schrift — möge das verdeutlichen: „dieweÜ ich den Abend zuvor“ — so erzählt der 
Verfasser eine Geschichte aus seinem Leben — „etlichen glatthärigen jungen Schwämen zu gefallen 
mit meinem Hauswirth in eine Kunckelstuben zu Liecht gangen war, und (in) der alleranmuhtigsten 
Dime-Kunckel ein Kupfferstück auf einem Bogen Papier gefunden, worüber ich mich eben so 
sehr ab über die liebliche Spinnerin selbst vemarrete; Denn weü ich noch kein solches Exem¬ 
plar gesehen, kam mirs so frembd vor, und nachdem ichs mit Consens seiner Possessorin 
herab genommen, setzte ich mich darhinter, und carresirte an statt der schönen Spinnerin 
in jhren Kunckel-Brieff, und lobte bey mir selbst die artliche Invention des Autoris, indem 
mich bedünckete, die verkehrte Welt könte sinnreicher, kürtzer und besser nicht abgemahlet 
werden, als sie auff selbigem Brieffe entworffen war; Ja, ich bildete mir die Sach so steiff 
ein, daß mir auch darvon träumte, dann da kam mir vor, wie der Ochse dem Metzger 
metzelte, das Wild den Jäger fällete, die Fisch den Fischer frassen, der Esel den Menschen 
ritte, der Lay dem Pfaffen predigte, das Pferd den Reuter tummelte, der Arme dem Reichen 
gäbe“ — nicht „gace“, wie Kurz in seiner Grimmelshausenausgabe, Band IV, Seite 214, nach 
der ersten Ausgabe des Calenders abdruckt und als „g’ätzte, das heißt zu essen gab, speiste“ 
erklärt — „der Bauer kriegte und der Soldat pflügte“ (Ausgabe 1677, Seite 108.) 

Es ist deutlich, daß sich die mitgeteilte Stelle auf die Entstehung von Grimmelshausens 
phantastisch-satirischer Sittenschilderung von der Verkehrten Welt bezieht: „Des Abenteuerlichen 
Simplicü Verkehrte Welt, Nicht, wie es scheinet, dem Leser allein zur Lust und Kurtzweil: 
Sondern auch zu dessen aufferbaulichem Nutz annemlich entworffen von Simon Lengfrisch 
— er meint „Leugfrisch“ — von Hartenfels.“ Die Schrift war bis vor verhältnismäßig kurzer 
Zeit nur in der Fassung der Gesamtausgaben bekannt — noch Bobertag schreibt in seiner 
z. f. B. 1912/1913. 1 


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2 Schölte, Johann Jacob Christoph von Grimmelshausen und die Illustrationen seiner Werke. 


Ausgabe von Grimmelshausens Werken (Kürschners National-Litteratur), Band HI, Einleitung 
Seite 13: „Eine Einzelausgabe scheint nicht bekannt zu sein" — es findet sich aber jetzt ein 
Exemplar in der Kgl. Bibliothek in Berlin, dessen Titelkupfer ich nebenstehend wiedergebe. 
(VgL auch „Zeitschrift flir Bücherfreunde" Jahrgang H Seite 149). Man sieht, daß fast alle 
Vorstellungen des Kupfertitels uns schon aus der Beschreibung im Calender bekannt sind: 
der Ochs und der Metzger, das Wild und der Jäger, der Bauer und der Soldat, der Arme 
und der Reiche. Die Erklärung des Titelkupfers hält sich natürlich eng an das in Rede 
stehende Bild: 

Der Hirsch den kühnen Jäger legt. 

Der Ochs manchmahl den Metzger schlägt, 

Der Arm dem Reichen Steuer trägt, 

Zur Arbeit der Soldat sich regt, 

Der Bauer in Waffen sich bewegt, 

Solch Ding die Welt zu üben pflegt 

Ist es also nicht im geringsten zweifelhaft, daß die Erzählung von dem „Kunckel-Brieff 
der schönen Spinnerin" in Grimmelshausens Calender zu seiner „Verkehrten Welt" in Beziehung 
gebracht werden muß, so erhebt sich jetzt eine andere Frage, nämlich, ob wir für die Er¬ 
zählung auch Beziehung zur Wirklichkeit vorauszusetzen haben. Da ist nun zweierlei zu unter¬ 
scheiden: erstens ob wir annehmen müssen, daß die Anregung zu Grimmelshausens „Verkehrter 
Welt" tatsächlich von einem Kupferstich ausgegangen sei, zweitens ob die Umstände, unter denen 
er das Kupferstück aufgefunden haben will, mit der Wahrheit übereinstimmen. Daß Grimmels¬ 
hausen mit seiner Erzählung eine bewußte Anspielung auf seine „Verkehrte Welt" machte, kann 
man nicht bezweifeln; wenn man dabei weiter beachtet, daß der Calender überhaupt viel 
Persönliches und auch Kontrollierbar-Wahres enthält, wenn man bedenkt, daß ähnliche Kupfer¬ 
blätter von der „Verkehrten Welt" auch zu seiner Zeit nicht selten waren und sich fürs XVIL 
Jahrhundert ein paar starkverwandte Darstellungen nachweisen lassen, dann ist die Annahme 
berechtigt, daß eine bildliche Vorstellung von der „Verkehrten Welf 1 bei Konzeption oder Aus¬ 
führung der Grimmelshausenschen Schrift eine Rolle gespielt haben wird. Die andere Frage, 
ob man den näheren Umständen, unter denen der Fund geschehen sein soll, auch Glauben bei¬ 
messen darf, scheint mir äußerst zweifelhaft; der humoristische Gegensatz zwischen dem leb¬ 
haften Interesse des jungen Mannes für das tote Bild und der Vernachlässigung der schönen 
Besitzerin weist hier meines Erachtens auf eine rein-literarische Einkleidung hin. Nur ist es 
möglich, daß Grimmelshausen für die Lokalisierung seiner anekdotenhaften Erzählung in einer 
Spinnstube eine bestimmte Veranlassung hatte. Die Bezeichnung „Kunckel-Brieff“ könnte uns 
da den Weg zeigen. 

Über dieses Wort „ Kunckel-Brieff* findet sich an der Stelle, wo man zunächst sich zu 
orientieren geneigt ist — dem vorzüglichen K-Band des großen deutschen Wörterbuchs — 
leider nichts. Es läßt sich aber wohl etwas darüber nachweisen. Eine zweite Stelle, aus der 
mir das Wort bekannt ist, bildet zu der Grimmelshausenschen Erzählung eine erwünschte Er¬ 
gänzung, da es da wirklich als Bezeichnung eines Kupferstichs — eine richtigere Vorstellung 
bekommt man vielleicht durch das Wort Bilderbogen, wenn man nur nicht außer acht läßt, daß 
es sich um ein in Kupfer gestochenes Blatt handelt — verwendet wird. Von diesem „Kunckel- 
Brieff“ ist sowohl in dem Germanischen Museum in Nürnberg als im Königlichen Kupferstich¬ 
kabinett in Berlin ein Exemplar vorhanden; er enthält in vier Reihen sechzehn kleine Bilder, 
die durch die Unterschriften genügend charakterisiert werden: 

Ein dorff in einem Bauren saß, 

Der gerne leffel mit milch aß, 

Sampt einem grossen Wecke, 

Vier häuser hat sein Ecke, 

Vier wagen spandt er für sein pferdt, 

Sein küch stunde mitten in dem herd, 


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Titelkupfer zur „Verkehrten Welt" (1672). Nach dem Original in der Königlichen Bibliothek in Berlin. ('/1 Größe.) 


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4 Schölte, Johann Jacob Christoph von Grimmelshausen und die Illustrationen seiner Werke. 


Vol stadel war sein hewe, 

Sein hoff lag in dem strewe, 

Sein stall stundt mitten in dem Roß, 

Sein offen in das brod er schoß, 

Auß keß macht er gutt Milche, 

Von Juppen war sein zwilche, 

Er schlug die haw auß der gruben, 

Vnd Feldacker auß den Rüben, 

Mitt garben Tröscht er Flegel, 

Auff der spitz stellt sein kegeL 

Auch hier handelt es sich, wie man sieht, um eine Art „Verkehrte Welt“, wenn auch die 
Art der Vorstellungen eine ganz andere ist Der Titel dieses Blatts, von dem sich eine Nach¬ 
bildung bei H. Boesch, Kinderleben in der deutschen Vergangenheit, 1900, Tafel zu Seite 72, 
und in dem neuerdings erschienenen reichhaltigen Werk von Van Heurck und Boekenoogen: 
Histoire de PImagerie Populaire Flamande et de ses Rapports avec les Imageries £trangires, 
Bruxelles, 1910, p. 609, findet, lautet: „Ein Newer Kunckelbrieff Die widersinnige Weldt genandt“. 

Diese „widersinnige Welt“ hat eine literarisch interessante Vorgeschichte; derselbe Gegen¬ 
stand findet sich nämlich schon in stark übereinstimmender Form bei Hans Sachs in dem Ge¬ 
dicht: „Der verkert pawer“, 1531. 

Ein dorf in einem pauren sas, 

Der geren müch vnd loffel as 
Mit einem grosen wecke; 

Vier wegen spant er an ein pfert. 

Sein küch stant miten in dem hert, 

Vier haws so het sein ecke; 

Wol vmb sein zaun so ging ein hof, 

Aus kes macht er vil milich, 

In das prot schos er sein packof; 

Von gippen war sein zwilich. 

Miten in seinem offen stand sein stueben, 

Feit grueb er aus den rueben, 

Vol stadel lag sein hay, 

Aß zwey pad auf ein ay. 

Das Gedicht besteht aus drei Strophen und findet sich in der Ausgabe von Goetze und 
Drescher: Sämtliche Fabeln und Schwänke von Hans Sachs, im dritten Band unter Nummer 23. 
Ob eine zeichnerische Vorlage dieses Stoffs zu Hans Sachsens Zeit schon existierte, ist nicht 
nachgewiesen; denkbar ist es immerhin, daß Hans Sachs in einem humoristischen Holzschnitt 
Anregung für sein Gedicht gefunden hat, sicher ist es jedenfalls, daß umgekehrt der Wortlaut 
des Hans Sächsischen Gedichts die bildliche Darstellung dieser „Widersinnigen Welt“ beeinflußt 
hat Daß das oben beschriebene Kupferblatt aus dem XVII. Jahrhundert auf eine ältere Vor¬ 
lage zurückgeht, kommt mir in diesem Zusammenhang wahrscheinlich vor. (Vgl. auch ,Bilder¬ 
gedichte des XVn. Jahrhunderts, gesammelt von Camillus Wendeier“, nach dem Tod Wendelers 
veröffentlicht in der „Zeitschrift des Vereins flir Volkskunde“ von J. Bolte, XV. Jahrgang, Seite 
27fr. und Seite 150fr.) 

Aus den beiden Kunkelbriefen aus dem XVII. Jahrhundert, die wir oben kennen gelernt 
haben, geht also mit Gewißheit hervor, daß Bilderbogen in der Spinnstube eine bestimmte Ver¬ 
wendung fanden; aus Grimmelshausens Erzählung ergibt sich weiter, daß der Kunkelbrief 
irgendwo befestigt war, denn er sagt: „nachdem ichs mit Consens seiner Possessorin herab ge¬ 
nommen“. Woher er es genommen hat, sagt er nicht; er durfte das bei seinen Lesern als 
bekannt voraussetzen. Wir, die wir über so vieles, was Sitten und Gebräuche der Spinnstube 
betrifft, trotz Beham und Fischart, trotz Scherzgedichten und Kupferstichen, nur unvollständig 
orientiert sind, stoßen bei der genauen Deutung dieses Wortes auf Schwierigkeiten. Das Wort 
„Brief 11 kann zur Verdeutlichung des Begriffs nur wenig beitragen; es ist etymologisch be- 


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Schölte, Johann Jacob Christoph von Grimmelshausen und die Illustrationen seiner Werke. 5 


kanntlich die germanische Entwicklung einer gedehnten Form des lateinischen „brevis“ (zu 
ergänzen etwa „libellus“) und heißt ursprünglich „kurzes Schreiben, Urkunde“; durch Begriffs¬ 
erweiterung wird es dann für „Geschriebenes“ überhaupt verwandt, und daneben auch für 
„Gezeichnetes“ respektive „Gestochenes“; Grimms Wörterbuch gibt dafür folgende Umschrei¬ 
bung: „bemahltes pergament oder papier, 1 wie im mittelalter große buchstaben und Ver¬ 
zierungen zu der schrift gemahlt wurden, und die Wörter mahlen und schreiben sich 
berühren.“ — Mehr Stütze haben wir von dem bestimmenden Teil des Kompositums zu er¬ 
warten; „Kunkel“ ist bekanntlich für den südwestlichen Teil von Deutschland die gewöhnliche 
Bezeichnung für den zu spinnenden Flachs mit oder ohne Kunkelstock oder auch für den Stock 
selbst also derselbe Begriff, der in andern Gegenden Deutschlands durch „Rocken“ und in 
einem kleineren Teil von Niederdeutschland durch „Wocken“ angedeutet wird. Für „Kunkel¬ 
brief* darf man also auch „Rockenbrief* bezw. „Wockenbrief* — beide Formen finden sich — 
einsetzen und das eine durch das andere erklären. Das Wort „Rockenbrief* ist mehrfach be¬ 
legt; in Diefenbachs Glossarium latino-germanicum, Frankfurt a. M., 1857 wird es mit „coli- 
folium“ übersetzt und in Jacobssons Technologischem Wörterbuch, Berlin 1781-1795 findet 
man eine Erklärung; man hat darunter ein Blatt steifes Papier zu verstehen, welches um den 
Flachs am Spinnrocken gebunden wurde, um ihn vor dem Zerzausen zu bewahren. (Vgl. 
Grimms Wörterbuch L v. Rockenbrief, Rockenpapier, Rockenfell, Rockenblatt.) Daß das 
Wort „Rockenbrief“ auch mit Bezug auf büdliche Darstellungen in der Spinnstube ge¬ 
braucht worden ist, kommt mir wahrscheinlich vor, um so mehr als mir für das Wort 
„Wockenbrief* eine beweiskräftige Stelle bekannt ist „Dieses Wockenbriefchen bestes Kind 
wird Dir heut zugeschickt; Nimmst Du ihn gütig auf, so bin ich ganz beglückt**, so heißt es 
auf einem mit Rosen- und Blättergirlanden geschmückten Blatt, das im Anfang des XIX. 
Jahrhunderts in der Offizin von D. F. Gerlach in Halle a. S. gedruckt wurde. Es handelt sich 
hier um eine ganz andere Art Arbeit und die Verwendung dieses „Wockenbriefchens“ wird auch 
eine ganz andere gewesen sein, aber bei der Erklärung der Bezeichnung „Wockenbriefchen“ wird 
man die Bedeutung des Wortes „Kunkelbrief** nicht vernachlässigen dürfen. Von dem „Wocken¬ 
brief** aus dem Verlag Gerlach werden vermutlich noch viele Exemplare bewahrt sein; mir liegt 
eins vor aus der reichen Sammlung Bilderbogen von Dr. G. J. Boekenoogen in Leiden (Holland); 
die Beschreibung findet sich in dem oben zitierten Werk von Van Heurck und Boekenoogen, 
L’Imagerie Flamande, Seite 614 und 626. Es wäre erwünscht, wenn Gelehrte und Sammler 
über die Begriffe „Kunkelbrief, Rockenbrief, Wockenbrief** Näheres zur Veranschaulichung 
unserer Vorstellung beibringen könnten, daß sie im Anschluß an das obenstehend Mitgeteilte 
ihre Ergänzungen veröffentlichten. 

Zur Verdeutlichung des Begriffes „Colifolium“ erlaube ich mir noch ein paar Stellen aus 
der Beschreibung der Spinnstube zu zitieren, die sich in Goethes Wilhelm Meisters Wandeijahren 
(Drittes Buch, fünftes Kapitel, Lenardos Tagebuch) befinden: „Die Spinnende sitzt vor dem Rade, 
nicht zu hoch; Mehrere hielten dasselbe mit über einander gelegten Füßen in festem Stande, 
Andere nur mit dem rechten Fuß, den linken zurücksetzend. Mit der rechten Hand dreht sie 
die Scheibe und langt aus, so weit und so hoch sie nur reichen kann, wodurch schöne Be- 


1 Aach im Holländischen hat das Wort „brief“ dieselbe Entwicklung durchgemacht; das „Woordenboek der 
Nederlandsche Taal“ sagt darüber ungefähr Folgendes: „Die allgemeine Bedeutung: beschriebenes oder bedrucktes Blatt 
Pergament oder Papier konnte auch auf Kupferdruck angewandt werden; so scheint „brief 4 * früher überhaupt in der Be¬ 
deutung Bild, sei es Kupferstich, Holzschnitt oder Radierung, sei es farbig oder schwarz, sei es mit oder ohne Unter¬ 
schrift in Buchdruck, gebraucht worden zu sein. Das Wort wurde mithin für diejenigen Bilder respektive Bilderbogen 
gebraucht, die von alters her unter dem Volk verbreitet waren und als Wandschmuck benutzt wurden; ob es auch für ein 
Gemälde auf Leinwand oder Holz angewandt wurde, läßt sich aus den erhaltenen Stellen nicht ermitteln. 44 Das genannte 
Wörterbuch zitiert unter anderem eine Stelle aus Bredero (1585—1618): „Maer watte moye brieven heb gy hier! 
jemy, dit is ien reyn taferiell 44 — Als deutsche Parallele könnte man daneben folgendes Beispiel aus Paulis „Schimpf 
und Ernst 44 stellen: „da knüwt sie nider für ein brieff, da was ein crncifix an gemalt 44 — Vgl. auch die in der Kultur¬ 
geschichte so bekannte Bezeichnung „Briefmaler“, wofür ich nachstehende Stelle aus Fischarts Gargantua anführe: „eben 
wie ein predigkauzischer briefmaler malet und dicht 44 


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6 Schölte, Johann Jacob Christoph von Grimmelshausen und die Illustrationen seiner Werke. 


wegungen entstehen und eine schlanke Gestalt sich durch zierliche Wendung des Körpers 
und runde Fülle der Arme gar vortheilhaft auszeichnet; die Richtung besonders der letzten 
Spinnweise gewährt einen sehr malerischen Kontrast, so daß unsere schönsten Damen an wahrem 
Reiz und Anmuth zu verlieren nicht furchten dürften, wenn sie einmal anstatt der Guitarre das 
Spinnrad handhaben wollten. . . . Dem beschriebenen Rädligam ist jedoch das Briefgam 
vorzuziehen. Hiezu wird die beste Baumwolle genommen, welche längere Haare hat als die 
andere. Ist sie rein gelesen, so bringt man sie, anstatt zu krämpeln, auf Kämme, welche aus 
einfachen Reihen langer stählerner Nadeln bestehen, und kämmt sie; alsdann wird das längere 
und feinere Theil derselben mit einem stumpfen Messer bänderweise (das Kunstwort heißt ein 
Schnitz) abgenommen, zusammengewickelt und in eine Papierdüte gethan, und diese nachher an 
der Kunkel befestigt Aus einer solchen Düte nun wird mit der Spindel von der Hand ge¬ 
sponnen; daher heißt es aus dem Brief spinnen, und das gewonnene Garn Briefgam.“ 

Ich möchte nun für die Ausdrücke „Kunkelbrief“, „aus dem Brief spinnen **, „Briefgam?* 
folgende Bedeutungsentwicklung vermuten. Die ursprüngliche Bezeichnung fiir die Düte am 
Kunkelstock mag „Kunkelblatt* oder „Kunkelpapier**, vielleicht auch „Kunkelband** oder 
„Kunkelschnur** gewesen sein, und die Bezeichnung „Kunkelbrief** wird erst dann aufgekommen 
sein, als man für die Düte nicht beliebiges Papier, sondern vorzugsweise bezeichnetes oder be¬ 
drucktes verwandte. War zunächst also der Begriff „Brief* der hinzukommende Bestandteil, 
so wird allmählich vermutlich das Wort „Kunkelbrief* die gewöhnliche Bezeichnung geworden 
sein, wobei das Kennzeichen des Bemalten nicht mehr als wesentlich empfunden wurde; 
so gewöhnlich wurde die Bezeichnung „Kunkelbrief*, daß man in gewissen Verbindungen 
den bestimmenden Teil fortlassen und einfach „aus dem Brief spinnen** ohne Furcht vor 
Mißverständnis sagen konnte, so daß das aus dem Brief gesponnene Gam den Namen 
„Briefgam** erhielt Die Weiterentwicklung, daß der „Brief* dann auch fiir die Quantität 
des Gams gebraucht wurde, findet vielleicht eine Fortsetzung in dem Ausdruck „ein Brief 
Stecknadeln**, es sei denn, daß man hier Anlehnung an die alltägliche Bedeutung von 
Brief mit besonderer Beziehung auf das Gefaltetwerden annehmen will. Es braucht wohl 
kaum bemerkt zu werden, daß das vom Kunkelbrief Gesagte sich mutatis mutandis auch 
auf Rockenbrief respektive Wockenbrief anwenden läßt, und daß Ausdrücke wie die von Goethe 
erklärten sich ebensowohl in einem Gebiet, wo man von Rocken oder Wocken sprach, ent¬ 
wickelt haben können, als in den Gegenden, wo Kunkel die gewöhnliche Bezeichnung war. 

Die oben angeregte Frage, woher der junge Mann in „der alleranmuhtigsten Dime-Kunckel“ 
den Kunkelbrief genommen habe, läßt sich also jetzt mit großer Wahrscheinlichkeit dahin 
beantworten, daß er ihn von dem Kunkelstock herabnahm. Weitere Fragen, wie der Kunkel¬ 
brief an dem Kunkelstock befestigt war, und wie man es sich vorstellen muß, daß der Kunkel¬ 
brief trotz der Dütenform genau zu betrachten war, vermag ich nicht zu beantworten. Auch 
über die interessante Frage, ob der Kunkelbrief nicht auch, wie so manches in der Spinnstube, 
in dem Verkehr zwischen den jungen Mädchen und den jungen Männern, eine besondre Be¬ 
deutung gehabt hat, wäre mehr Licht erwünscht. Denkbar ist es, daß ein hübsch gezeichneter, 
ein witzig entworfener Kunkelbrief ein beliebtes Geschenk fiir eine begünstigte Spinnerin gewesen 
ist; die spätere Entwicklung des „Wockenbriefchens“, die ich oben andeutete, und bei der wir 
sehen, daß sich der junge Mann auf dem Wockenbrief an die Spinnerin richtete, sei es, um 
sich Einlaß fiir die Spinnstube zu erbitten, sei es, um seine Liebe zu erklären (Van Heurck 
und Boekenoogen, a. a. O. Seite 626), läßt es vermuten. 1 

z Zu obenstehender Vermutung stimmt die Erklärung des Wortes Spinnrockenblatt aus Krimi tz’ „Ökonomisch¬ 
technologischer Encyclopädie“, 159. Theil, Berlin 1833, Seite 99: „ein Blatt Papier, welches entweder nur einfarbig ist, 
oder mit verschiedenen bunten Schnörkeln, Figuren etc. ist bemalt worden, und um den Flachs etc. anf dem Rocken 
gewunden und mit einem Bande befestiget wird. • . dergleichen Rockenblätter werden auch wohl mit Leinwand gefuttert 
und mit farbigem Bande rund herum eingefaßt So wie man sie ehemals auch mit Gold, Silber, Flittem etc. verziert 
fand, an deren Stelle jetzt eine einfache Malerey getreten ist; obgleich es auf dem Lande noch hin und wider sehr bunte 
und mit Silber und Gold geschmückte Rockenblätter giebt, welche den Spinnerinnen von ihren Freunden und Geliebten 
verehrt werden.“ 


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Schölte, Johann Jacob Christoph von Grimmelshausen und die Illustrationen seiner Werke. 7 


Es wäre interessant, wenn sich ein Exemplar des Kunkelbriefs, den Grimmelshausen in 
der Stelle aus seinem Kalender beschreibt, auffinden ließe. Kurz sagt mit Bezug darauf: „Bilder¬ 
bogen, auf denen die „Verkehrte Welt“ dargestellt wird, wo zum Beispiel das Schwein den 
Metzger schlachtet, das Kind den Greis wiegt usw. kommen schon früh vor, doch kann ich 
leider Näheres nicht nachweisen.“ (Band IV, Seite 442). Das Germanische Museum in Nürn¬ 
berg bewahrt ein Blatt aus dem XVII. Jahrhundert, das unter seinen 25 Einzelbüdem einige 
von den von Grimmelshausen erwähnten enthält; ein jüngerer und in Einzelheiten etwas 
abweichender Druck dieser „Verkehrten Welt“ mit dem Stechervermerk: „Paulus Fürst excudit“ 
ist im Besitz des Herzoglichen Museums in Braunschweig und wird von Bolte in der oben 
zitierten Veröffentlichung von Wendelers hinterlassener Studie über die „Bildergedichte des 
XVII Jahrhunderts“ beschrieben; ein drittes Exemplar befindet sich in der Kartensammlung in 
der Königlichen Bibliothek in Berlin. Nach diesem Exemplar ist das Faksimile angefertigt 
worden, das als Beilage I dieses Heft begleitet. Wenn es auch nicht auf dasselbe Exemplar 
zurückgeht, das Grimmelshausen Vorgelegen haben mag, so gibt es doch von dem Blatt, 
das ihn so stark interessierte, eine annähernd richtige greifbare Vorstellung. 

Außer der „Verkehrten Welf* bewahrt das Germanische Museum in Nürnberg noch zwei 
Blätter, die offenbar desselben Ursprungs sind: „Die Widerwertige Welt“ und „Die Torechte 
Welt“. Die „Widerwertige Welt“ zeigt, wie aus nachstehender Mitteüung der Unterschriften 
genügend hervorgeht, mit der „Verkehrten Welt“ stofflich eine große Übereinstimmung: 

1. Ein zigainerin last ihr warsagen. 

2. Der glehrte thut den bauren fragen. 

3. Ein alter thut wol kindisch thaten. 

4. Das Kind dem alten gibt auf zurathen. 

5. Der knecht sicht zu, der Herr arbeit. 

6. Der Esel seinen meister reitt. 

7. Die Fraw der magdt folgt vnd serviert. 

8. Der baur der pflügt, der Ochs regiert. 

9. Die Kuh dem Esel auflf hoviert 

10. Der wagen hie die Ochsen füert 

11. Die Saw dem Metzger sengt vnd plagt 

12. Der Esel seinen Meister zwagt. 

13. Auff dissem Meer dieser hie Mäht 

14. Auff grüner heidt zu Fisschen geht. 

15. Der Fisch den fisscher offt erlangt. 

16. Das hun den Hünerfänger fangt 

17. Ein hauß auff dem Eijß dieser bawt 

18. Ein grub er in dem waßer hawt. 

19. Der Han den Fuchsen überlist 

20. Die Mauß der Katzn ein falstrick rüst. 

21. Das hun hie nach dem Habicht flücht (zu lesen: fleucht). 

22. Die Daube nach dem Falken steigt 

23. Der hund vorm Haasen forchtsam laufft 

24. Der Raab sich mit dem Adler Raufft 

25. Daß königlein ihn auch erschreckt. 

26. Die Geiß den Löwen hart anbleckt 

27. Der Amboß fleugt nun unverhofft. 

28. Der mülstein schwimt empor gar offt 

29. Der thura hie in der klocken schwanckt. 

30. Der Galgen an dem diebe hangt. 

Ein späterer, etwas abweichender Druck befindet sich in dem Herzoglichen Museum in 
Braunschweig und wird von Wendeler-Bolte a. a. O. beschrieben. Das Kupferblatt von der 
„Torechten Welt“ hat einen ausgesprochen satirischen Charakter und geißelt die verschiedenen 
Torheiten der Menschen. 

Vermutlich werden die bildlichen Darstellungen der „Verkehrten Welt“ wohl noch 
weiter als in den Anfang des XVH Jahrhunderts hinein zurückgehen; wie wir gesehen haben, 


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8 Schölte, Johann Jacob Christoph von Grimmelshausen und die Illustrationen seiner Werke. 


wird in der Literatur (Hans Sachs) das Thema schon viel früher in mannigfaltiger Ausarbeitung 
behandelt — Einzelzüge lassen sich noch viel weiter zurückverfolgen, vgl. Bolte, Zeitschrift des 
Vereins für Volkskunde, Jahrgang XV, Seite 158fr. —; und in anderen europäischen Ländern 
haben sich Darstellungen aus dem XVI. Jahrhundert bewahrt Für Holland kenne ich ein Bild 
aus dem Jahre 1579, welches das „Prentenkabinet“ des Reichsmuseums in Amsterdam besitzt 
und das bei Drugulin im „Atlas Historique“ unter Nr. 563 verzeichnet wird. Es hat nicht die 
charakteristische bilderbogenartige Einteilung der besprochenen Bilder, sondern enthält eine 
Komposition, eine Satire auf den religiös-politischen Zustand in Holland; Heuchelei und Despotismus 
haben die Weltkugel (mit dem Jahr 1567) umgestürzt, Treue und Liebe schlafen, in der Feme 
sieht man eine Landschaft auf den Kopf gestellt. Das Blatt hat die Bezeichnungen: M. v. Cleef 
nv., W. Haecht comp., A. Wierix sc. — Auch in Italien greifen die Darstellungen der „Ver¬ 
kehrten Welt“ bis in das XVI. Jahrhundert zurück; das Königliche Kupferstichkabinett in Berlin 
besitzt einen großen Kupferstich von Ferdinando Bertelli mit der Überschrift: II mondo alla 
riversa, auf dem sich fünf Reihen Bilder, unter anderem der reitende Knecht und der 
gehende König befinden. Und Van Heurck und Boekenoogen machen auf einen Katalog der 
Firma Vaccari aus dem Jahr 1614 aufmerksam, in dem auch eine Darstellung der „Verkehrten 
Welt“ Vorkommen soll. 

Eine viel größere Entwicklung haben die Darstellungen' der „Verkehrten Welt“ 
natürlich nach dem XVII. Jahrhundert erfahren; im XVIIL Jahrhundert sind sie in allen 
europäischen Ländern häufig; sie haben dann schließlich die Wandlung durchgemacht, 
welche alle Kupferstiche und Holzschnitte dieser scherzhaften Gattung über sich haben 
ergehen lassen müssen, daß sie nämlich das Interesse der Erwachsenen auf die Dauer nicht 
mehr zu fesseln vermochten, und nur noch zur Unterhaltung der heranwachsenden Generation 
als KinderbÜderbogen ihren Zweck erfüllten. In dieser Gestalt lebten die Vorstellungen von 
der „Verkehrten Welt“ noch in der zweiten Hälfte des XIX. Jahrhunderts, sind sie vielleicht 
noch nicht ausgestorben oder werden sie sonst leicht wieder aus zeitweiliger Vergessenheit 
auferstehen. 

Ist also der Einfluß dieser Vorstellung von der „Verkehrten Welt“ auf die Grimmels- 
hausensche Schrift unzweifelhaft, so soll damit nicht gesagt sein, daß sich der Inhalt dieser 
Schrift ohne weiteres aus diesen Vorstellungen entwickelt hätte; im Gegenteil bin ich mehr ge¬ 
neigt, anderen Einflüssen, zum Beispiel dem Moscherosch’s, größere Bedeutung in dieser Hinsicht 
einzuräumen; daneben enthält die Schrift auch Motive, die sich in Grimmelshausens Erstlings¬ 
werken, den satirischen Gesichten und Traumgeschichten, finden. Die Verknüpfung mit den 
bildlichen Darstellungen der „Verkehrten Welt“ scheint mir also eine sekundäre zu sein; ob der 
Zufall, daß ein bestimmtes Kupferblatt dem Dichter während seiner Arbeit an dieser Schrift 
unter die Augen gekommen sein mag, dabei modifizierend eingegriffen hat, oder ob von vorn¬ 
herein eine seitliche Berührung mit diesem Stoff geplant gewesen ist, läßt sich schwer ent¬ 
scheiden; bezeichnend bleibt jedenfalls, daß der Titel eine bewußte Anlehnung an die Dar¬ 
stellungen von der „Verkehrten Welt“ ausdrückt. Wie also einerseits die bildliche Darstellung von 
der „Verkehrten Welt“ die Grimmelshausensche Schrift der Einkleidung nach beeinflußt hat, so 
hat der Dichter andrerseits die Wirkung dieser Einkleidung durch sein charakteristisches Titel¬ 
kupfer mit der Seite 2 mitgeteilten Erläuterung zu heben gesucht. Mit diesem Titelkupfer der 
„Verkehrten Welt“ (Faksimile-Reproduktion Seite 3) und den dazu gehörigen Versen ist also 
der Ring geschlossen. 

n. 

Eine ähnliche korrelative Beziehung findet sich bei einer früheren Schrift „Der Erste 
Beemhäuter“, einer Erzählung über das bekannte Motiv von dem Mann, der sich infolge 
eines Versprechens jahrelang nicht reinigen darf. Dieses weitverbreitete Sagenmotiv, das seine 
bekannteste Bearbeitung wohl in Grimms „Kinder- und Hausmärchen“, Nr. 100 und 101, ge¬ 
funden hat, wird von Grimmelshausen an die Schlacht bei Nikopoüs (1396) angeknüpft. Er 


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Schölte, Johann Jacob Christoph von Grimmelshausen und die Illustrationen seiner Werke. 9 


erzählt, wie ein aus dieser Schlacht entronnener Landsknecht so arm geworden sei, daß er 
sich dem Teufel ergeben und versprochen habe, ihm sieben Jahre zu dienen, dadurch daß er 
sich während dieser Zeit nicht reinige, niemals bete, jede Nacht in der Gespensterstunde eine 
Stunde Schildwache stehe und eine Bärenhaut als ausschließliche Kleidung und als Bettzeug 
gebrauche. Der Bärenhäuter hält sein Versprechen und wird dafür am Ende der sieben 
Jahre belohnt. Ein vornehmer Herr besitzt drei schöne Töchter, die sich so ähnlich sehen, 
daß sogar die Mutter sie oft nicht zu unterscheiden vermag. Wenn es dem Bärenhäuter 
gelingt, sie auseinanderzukennen, soll er eine zur Frau wählen dürfen, wo nicht, so soll er 
samt seinem Eigentum dem betreffenden Herrn mit Leib und Leben verfallen sein. Der 

unerkannt, zwischen die 
zwei ältesten Töchter 
gesetzt: er gibt sich 
aber zu erkennen und 
heiratet zur Enttäu¬ 
schung der zwei älteren 
die jüngste Tochter. 

Grimmelshausen 
will durch diese Er¬ 
zählung den „Ursprung 
des Namens Beern- 
häuter“ aufgedeckt 
haben, wie sich aus 
der Einleitung seiner 
Erzählung zeigt: „Aber 
auff demSchloß Hohen- 
Roth hat sich ein uhr¬ 
altes Gemähld gefun¬ 
den, davon auch bey- 
gefügtes Bildnüß copirt 
worden, mit nach¬ 
folgendem Bericht, wo¬ 
raus dieser Name ent¬ 
sprungen“. Über die 
Deutung dieses„Hohen- 
Roth“ sind die Mei- 

__1 _r._• ui* U „ „ Holischnitt aus dem „Ersten Beernhäuter** (1670). 

nerschaft reichlich aus- Nach dcm 0riginal in der umvcrsität*bibiiothek-Göumgen. nungen sehr geteilt, 
statten. Darauf kommt (Jost Ammans Kartenspielbuch. 1588. Blatt 5a) Heinrich Kurz, Simpli- 

er zurück und wird, ( /l Grolic ' ) dänische Schriften IV, 

Seite 454, fragt: „Ist es das Dorf Hohenrod ein Hannover, Landdrostei Hildesheim, oder das Dorf 
gleichen Namens in Kurhessen, Landgerichts Rinteln, oder Hohenroth in Bayern, Provinz Unter¬ 
franken, Landgerichts Neustadt?“ — Julius Tittmann sagt, Simplicianische Schriften I, Seite 247: „Sollte 
eine bestimmte Örtlichkeit gemeint sein, so ist dieselbe in der Nähe des Rheins zu suchen; ein kleines 
Dorf des Namens liegt in Nassau, Amt Herborn“. — Professor Gaismaier aus Wien, der in einer inter¬ 
essanten folkloristischen Studie „Die Bärenhäuter-Sage“ (Jahresberichte des K. K. Staatsgymnasiums 
Ried für 1903/04) auf Grund von Pfaffs Ausgabe von Arnims „Trösteinsamkeit“ (Freiburg i. B, 
zweite Auflage 1890, Seite 218) noch eine neue Lokalisierung, eine Burg „Hohinrot“, bei 
Obrigheim, gegenüber Neckarelz, anführt, sagt mit Bezug auf diese Lokalisierung: „Mit der 
Ortsangabe Grimmelshausens läßt sich kaum viel anfangen, wenn man nicht überhaupt viel¬ 
mehr annehmen muß, daß man es hier mit einer Fiktion zu tun habe. Denn es ist ja keine 
Seltenheit, daß gerade in der volkstümlichen Literatur die Autoren vorgeben, ein Buch oder 
eine Handschrift in irgendeinem Schlosse gefunden zu haben, das sie nun an den Tag brächten“. 

Z. f. B. 1912/1913. 2 


3Dce crffcn Berobflutere Bifomid 


Original fro-m 

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io Schölte, Johann Jacob Christoph von Grimmelshausen und die Illustrationen seiner Werke. 

Daß die Angabe Grimmelshausens, wenigstens teilweise, fiktiv ist, wird durch die Tat¬ 
sachen bestätigt: „bey gefugtes Bildnüß“, welches einen Landsknecht darstellt, der in der rechten 
Hand eine Pistole hält, während er die linke erhebt, ist keineswegs eine Kopie eines uralten 
Gemäldes auf Schloß Hohen-Roth, sondern ein Holzschnitt von dem bekannten Nürnberger 
Zeichner Jost Amman (1539—1591). Im Jahre 1588 war im Verlag von Leonhardt Heußler, Nürn¬ 
berg, ein Werk erschienen: „Künstliche vnd wolgerissene Figuren in ein new Kartenspiel, durch 
den Kunstreichen vnd weitberümten Jost Amman, Burger in Nürnberg 4 *. Von diesem Kartenspiel¬ 
buch, auf das wir bei einem andern Werke Grimmelshausens noch zurückzukommen haben, 
gab Georg Hirth in München im Jahre 1880 in seiner „Liebhaber-Bibliothek alter Illustratoren 
in Facsimile-Reproduction“ eine Neuausgabe: „Jost Amman's Kartenspielbuch 44 . Blatt 50 dieser 
„künstlichen vnd wolgerissenen Figuren 44 ist das obenerwähnte Landsknechtsbild; von demselben 
Holzstock, von dem dieses Kartenspielblatt genommen wurde, stammt „Des ersten Bemhäuters 
Büdnus 44 (Reproduktion S. 9), womit der Verleger, ohne Zweifel Wolf! Eberhard Felßecker in 
Nürnberg, die Grimmelshausensche Schrift illustrierte. 

Ist damit nachgewiesen, daß die Angabe über das „uhralte Gemähld 44 auf Schloß Hohen-Roth 
als eine Täuschung anzusehen ist, so bleibt es immerhin möglich, daß Grimmelshausen fiir die 
Lokalisierung seiner Erzählung auf Schloß „Hohen-Roth 44 bestimmte Gründe hatte. Welches Schloß 
„Hohen-Roth 44 von Grimmelshausen gemeint wurde, dürfte jetzt nach den reichem Kenntnissen, 
die wir, dank den Funden in Schauenburgischen Familien- und Badischen und Bayrischen 
Landesarchiven (zu vergleichen diese Zeitschrift, Neue Folge, II. 2, Bechtold, Grimmelshausen- 
Urkunden) besitzen, kaum mehr zweifelhaft sein. Wissen wir nun doch, daß Grimmelshausens 
Leben aufs engste mit der mittelbadischen Gegend: Offenburg, Oberkirch, Renchen verknüpft 
ist. 1 Unweit dieser Ortschaften erheben sich die Trümmer einer Burg, von welcher Wilhelm 
Jensen in seinem bekannten Werk „Der Schwarzwald 44 (dritte Auflage, Seite 141) folgende 
Schilderung gibt: „Die Hornisgrinde fällt steil ab, dann erhebt sich ihr gegenüber wieder eine 
mit gewaltigem Granitgeblöck überdeckte Berghöhe bis zu 762 m, die auf schroffem Fels 
den letzten kargen Überrest der ehemaligen Burg Hohenrode, gewöhnlich „das Brigitten¬ 
schloß 44 genannt, aufragen läßt Es war wohl die höchst belegene Burg des gesamten 
Schwarzwaldes, mit Ausnahme solcher, die sich auf dem südlichen Hochlande desselben da und 
dort auf geringen Angipfelungen finden. Von Achem aus gesehen, ragt sie mächtig, wie fast 
zu der Hornisgrinde, empor. — Hohenrode gilt als die älteste Stammburg des Geschlechts der 
Roeder (wohl schon im XI. Jahrhundert erbaut), das, ursprünglich im Elsaß seßhaft, wo noch 
die Namen Rödern, Rodern, Hohenrodem, Rodersdorf daran erinnern, später mehrere Schlösser 
in der alten Ortenau besaß. Jedenfalls war Hohenrode ein Felsenhorst frühester, ursprüng¬ 
lichster und unzugänglichster Art. Kaum ist zu begreifen, wie die Bewohner selbst einen Zu¬ 
gang gefunden, es sieht aus, als könne fast nichts als ein Bergfried auf der Schroffe Platz ge¬ 
habt haben-. Natürlich umkreist die Sage die wolkenhoch ragenden alten Trümmer mit 

besonderer Vorliebe, und zwar die zwiefache von einer Brigitte, einer guten und einer bösen; 
daher der Name „Brigittenschloß 14 . Die Burg lag danach zu Anfang drunten am Fuß des 
Berges, als Eigentum einer Zauberkünste betreibenden Edelfrau Brigitte, welche Gewitter, Über¬ 
schwemmungen und Seuchen veranlaßte und, deshalb von den Umwohnern bedroht, sich durch 
Teufelskunst mitsamt ihrem Schloß auf die Felsenspitze emporhob. — Die zweite Brigitte war 
die Frau des letzten Burgherrn von Hohenrode, die er aus Liebe zu einem schönen Edelfräulein 
Gertrud von Bosenstein ermorden zu lassen befahl. Doch wie seine Trauung mit der letzteren 
stattfinden sollte, trat die nur Totgeglaubte plötzlich inmitten der Hochzeitsgäste zwischen sie, 
so daß ihr Gatte, starr vor Schreck, überwältigt ihr zu Füßen fiel und ihre Vergebung erflehte. 
Diese gewährte sie, doch blieb sie nicht mehr bei ihm, sondern ging in ein Kloster, wo sie, 
nach ihrem Tode wie eine Heilige verehrt, starb, während er gleichfalls den Rest seines 
Lebens bei einem Klausner in der Waldeinsamkeit verbrachte. 44 

* Näheres über diese Beziehungen findet man in meinem Werk: „Probleme der Grimmelshausenforschung*', Band I, 
Groningen 1912. 


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Schölte, Johann Jacob Christoph von Grimmelshausen und die Illustrationen seiner Werke. 11 


Dieses von der Sage „mit besonderer Vorliebe" umkreiste „Hohen-Roth" wird Grimmels¬ 
hausen gemeint haben: es lag nur einige Stunden von den Örtern entfernt, wo er den größten 
Teil seines Lebens verbrachte, so daß es fiir diese Gegend ohne Zweifel das Schloß Hohen- 
Roth Kat ££°X^1 V war; außerdem hatte Grimmelshausen zu den Besitzern von Hohen-Roth, den 
Freiherren Roeder von Diersburg, durch seine Brotherren, die Freiherren von Schauenburg, 
persönliche Beziehungen gehabt Das Freiherrlich von Schauenburgische Familienarchiv in 
Gaisbach, fiir dessen Benutzung ich Herrn Legationsrat Freiherm Dr. Rudolf von Schauen¬ 
burg in Palermo zu verbindlichstem Dank verpflichtet bin, enthält unter anderem eine von 
Grimmelshausen geschriebene Urkunde, die als Beilage zu einem Lehensgesuch von Hans 
Reinhard von Schauenburg 1 aus der Luxemburger Linie bestimmt war, und in welchem 
die Ausbezahlung eines Lehens beantragt wird, das die Freiherren von Schauenburg und 
die Freiherren Roeder von Diersburg durch Vererbung eine Zeitlang gemeinschaftlich be¬ 
saßen. Die von Grimmelshausen auf Grund älterer Rechnungsauszüge aufgesetzte Urkunde 
hatte den Zweck, die Verpflichtung der Markgrafschaft Baden darzutun, den Freiherren 
von Schauenburg jährlich 50 fl. Manngeld zu bezahlen und die Verwirrung zu lösen, die mit 
Bezug auf die Ausbezahlung dieses Manngelds zwischen der Baden-Badenschen und der Karls- 
burgschen Landschreiberei existierte. Die Ursache dieser Verwirrung war nach Grimmels¬ 
hausens, respektive Von Schauenburgs Angabe, daß am Ende des XVL Jahrhunderts aus Be¬ 
quemlichkeit ein Tausch bei der Ausbezahlung stattgefunden habe; auf der einen Seite stehen 
da die Freiherren von Schauenburg, die für 50 fl. und die Freiherren Roeder von Diersburg, 
die für 10 fl. an der Ausbezahlung beteiligt sind, auf der andern Seite die Erben eines Dr. Paul 
Wohnackher, die zusammen 60 fl. jährlich zu fordern hatten; da nun „die von Schawenburg und 
Röderische den oberbadischen Landtschreybereyen Näher gesessen", und andrerseits eine Familien¬ 
beziehung zwischen dem unterbadischen Landschreiber und Dr. Paul Wohnackhers Erben 
bestand, sei der Lehenszins „ad interim" ausgetauscht worden; nach dem Tod des unterbadischen 
Landschreibers sei die Auswechslung „wider cassirt" worden, so daß — so lautet die Beweis¬ 
führung Hans Reinhard von Schauenburgs beziehungsweise die seines Schaffners Von Grimmels¬ 
hausen — nun „Die Schawenburgischen und Röderischen 60 fl." wieder „von Carolspurgischen 
gefellen zu entrichten vnd selbiger Landtschreyberey-Rechnung einzuverleyben" seien.* 

Darf man also mit Bezug auf den angeblichen Fund des Bärenhäuterbildnisses auf 
Schloß Hohen-Roth zwei Fragen als gelöst betrachten, nämlich die: welches Hohen-Roth 
gemeint sei, und die: was der Ursprung des beigefugten Bildes sei, so muß eine dritte Frage, ob 
Grimmelshausen eine besondere Veranlassung gehabt habe, seine Erzählung zu dem Schloß der 
Roeder von Diersburg in Beziehung zu bringen, noch offen bleiben. Vielleicht dürfte 
die Parallele zwischen dem Auffinden des fliegenden Blatts von der „Verkehrten Welt" und 
dem angeblichen Auffinden des Bärenhäuterbildnisses zu der Hypothese fuhren, daß Grimmels¬ 
hausens Technik es mit sich brachte, bei der Erzählung der Veranlassung seiner Schriften 
möglichst konkret zu sein; bei der „Verkehrten Welt" könnte man, wie gesagt, die Begründung 
der fiktiven Lokalisierung in dem humoristischen Gegensatz erblicken, daß der junge Mann, der 
bei einer „lieblichen" Spinnerin „zu Liecht geht", mehr Interesse für das tote Blatt, als für die 
„alleranmuhtigste Possessorin" zeigt; bei der Lokalisierung der Bärenhäutersage wäre es leicht 
denkbar, daß der Renchener Schultheiß und frühere Schauenburgische Schaffner ohne spezielle 
Veranlassung das ihm so bekannte, durch seine Lage imponierende und außerdem die Volks¬ 
phantasie beschäftigende Schloß Hohen-Roth im Achertal als Ausgangspunkt seiner Bären¬ 
häutererzählung auswählte. 


* Vgl. Dr. Emst Batzer: „Johann Reinhard von Schanenbnrg der Jüngere**, Die Ortenau 1910/11, Seite 103—114. 

• Von Schanenburgisches Familienarchiv in Gaisbach, Corp. V., Fase. 15, „Badisch Lehen, der 50 fl. Manngeld 
betreffender Bericht von dessen Beschaffenheit**, 1652—1658; die hier vorhandenen Angaben werden durch Urkunden 
vervollständigt, die sich im Großh. Bad. General-Landesarchiv in Karlsruhe befinden: „Activlehen von Schauenburg**, 
1636—1659. 


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12 Schölte, Johann Jacob Christoph von Grimmelshausen und die Illustrationen seiner Werke. 


III. 

Der „Erste Beemhäuter“ erschien zusammen, wie es die Titelangabe dieser Schrift beweist 
und uns die erhaltenen Exemplare (vgl. meine „Probleme der Grimmelshausenforschung“ I, 
Seite 44) bestätigen, mit der „Gauckel-Tasche“. Auf dem Titel des beide Schriften enthaltenden 
kleinen Bandes aus dem Jahre 1670 heißt es nämlich: „Der Erste Beernhäuter, Nicht ohne 
sonderbare darunter verborgene Lehrreiche Geheimnus, so wol allen denen die so zuschelten 
pflegen, und sich so schelten lassen, als auch sonst jedermann (vor dißmal zwar nur vom 
Ursprung dieses schönen Ehren-Tituls) andern zum Exempel vorgestellet, Sampt Simplicissimi 
Gauckeltasche. Von Illite rato Ignorantio, zugenannt Idiota“, wobei dann die an zweiter Stelle 
genannte Schrift noch den besondern Titel führt: „Simplicissimi wunderliche Gauckel-Tasche, 
Allen Gaucklern, Marckschreyern, Spielleuten, in Summa allen denen nöhtig und nützlich, die 
auf offenen Märckten gern einen Umbstand herbey brächten, oder sonst eine' Gesellschaft lustig 

durch „anrichtete“. 
Eine Schilderung, 
wie das Buch ge¬ 
braucht werden 
kann, eine Volks¬ 
menge zeitweilig zu 
beschäftigen, gibt 
Grimmelshausen im 
siebenten Kapitel 
seines Springinsfeld. 
Überhaupt hängt die 
„Gauckel - Tasche“ 
mit letztgenannter 
Schrift in auffälliger 
Weise zusammen: 
zuerst benutzt Sim- 
plicissimus das Buch 
in der Ausübung 
seines damaligen Be¬ 
rufs als Straßenver¬ 
käufer, dann schenkt er es dem Springinsfeld in der Hoffnung, ihn durch die guten Lehren, 
die er ihm dabei gibt, innerlich zu bessern, und schließlich sehen wir, wie Springinsfeld dann 
das Buch einem Dritten erklärt, und dabei zeigt, daß er den Gebrauch richtig erfaßt und sich 
die Lehren, die Simplicissimus damit verband, zu Herzen genommen hatte. Vermutlich sind „Beem¬ 
häuter“ und „Gauckel-Tasche“ einerseits und „Springinsfeld“ andrerseits ungefähr gleichzeitig ent¬ 
standen; eine Bestätigung dafür könnte man in dem Umstand sehen, daß der Dichter die Aus¬ 
drücke, „auf der faulen Bärenhaut liegen“, „ein geringer Bärenhäuter sein“ (die überhaupt zu seinen 
Lieblingsausdrücken gehören) im Springinsfeld mit einer gewissen Vorliebe anzuwenden scheint. 
Auch die Stellen, wo Springinsfeld sagt, daß er in seiner Jugend von seinem Vater „mit einer 
Gauckeltaschen“ ausgerüstet worden sei und später, daß er „zu seiner Gauckeltaschen etliche 
Puppen“ bekommen habe, während Springinsfeld sich nach Jahren den Gebrauch der „Gauckel¬ 
tasche“ noch erklären lassen muß, zeigen, wie die „Gauckel-Tasche“ fortwährend in den 
„Springinsfeld“ hineinspielt. Auch die angebliche Entstehung der gedruckten Ausgabe dieser 
Schrift bestätigt den innigen Zusammenhang mit dem Springinsfeld; Grimmelshausen läßt den 
sogenannten Autor von „Courasche“ und „Springinsfeld“ nach der Erklärung der Gauckel¬ 
tasche, der er beigewohnt hat, sagen, daß er so gut zugesehen habe, als Simplicius dem Spring¬ 
insfeld das Buch zeigte, daß er auch imstande sei, eine Gauckeltasche zu fabrizieren, „wie ich 
dann“, so fährt er fort, „etliche Tage hernach thät, um solche Simplicianische Gauckeltasch 


zu machen haben. 
Verwunderlich und 
lustigzusehen. Ent- 
worffen durch obi¬ 
gen Autorem. Ge¬ 
druckt imjahr, 1670“. 
Diese „Gauckel- 
Tasche“ ist ein mit 
Holzschnitten ge¬ 
schmücktes Buch, 
das der „Weltbe- 
ruffene Abentheur- 
liche Simplicissi¬ 
mus“, dem Vorwort 
zufolge, „wie einer 
Gau ckel-T aschen 
gebraucht hat“, aus 
der er dem Volk 
wahrsagte und man¬ 
che Kurzweil da- 



Holzschnitt aus „Simplicissimi wunderlicher Gauckel-Tasche** (1670). 
Nach dem Abdruck in der „Ersten Gesamtausgabe“ (1683/1684). 
(Jost Amman's Kartenspielbuch, 1588, Blatt 6.) 

Klischee des Insel-Verlags in Leipzig. 

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Schölte, Johann Jacob Christoph von Grimmelshausen und die Illustrationen seiner Werke. 13 


der gantzen Welt gemain zu machen“. So wirft meines Erachtens dieses Hineinspielen der 
„Gauckeltasche“ in Springinsfelds Lebensgeschichte ein interessantes Streiflicht auf Grimmels¬ 
hausens Arbeitsweise; überhaupt scheint mir der Springinsfeld durch den stofflichen Zusammen¬ 
hang mit der „Courasche“ und dem „Simplicissimus“ einerseits, mit dem „Vogelnest“ andrerseits^ 
wie auch durch das viele Persönliche, das wir sowohl in der Milieuschilderung im Anfang, wie 
in der Erzählung von Springinsfelds letzten Erlebnissen im Dreißigjährigen Krieg bei Wasser¬ 
burg, einer Festung auf einer Insel im Inn, annehmen dürfen, für die Kenntnis von Grimmels¬ 
hausens schriftstellerischer Technik von großer Wichtigkeit. 

Die Art, wie Simplicissimus auf dem Marktplatz einer größeren Stadt — ich habe in meinen 
Problemen I, Seite 175, den Nachweis zu führen versucht, daß Grimmelshausen dabei wohl an Stra߬ 
burg gedacht hat — durch Vorzeigung seiner „Gauckeltasche“ die Umstehenden zu ergötzen 

cissimus die Menge 
an: „Ihr Herren, ich 
bin kein Schreyer, 
kein Storger, kein 
Quacksalber, kein 
Arzt, sonder ein 
Künstler! Ich kann 
zwar nit hexen, aber 
meine Künste seynd 
so wunderbarlich, 
daß sie von vilen 
vor Zauberey ge¬ 
halten werden; daß 
aber solches nit wahr 
sey, sonder alles 
natürlicher weis zu¬ 
gehe, ist aus gegen¬ 
wertigem Buche zu 
ersehen, als worin¬ 
nen sich genügsame 
glaubwürdige Ur¬ 
kunden und Zeug- 
nussen dessentwe¬ 
gen befinden wer¬ 
den“. Wie er, der „Artifex“, dem Publikum sein Zauberbuch zeigt, läßt er nur die weißen Blätter 
sehen. Darauf läßt er zwei Stutzer in das Buch hineinblasen, von denen der eine offenbar 
den Krieg, der andre die Liebe liebt. Für ersteren ist das Doppelblatt „Die Soldaten und 
Kriegs-Gurgeln betreffend“ bestimmt, für letzteren das Doppelblatt „Die Courtisanen und 
Jungfern-Knechte betreffend“. Von den zwei „kriegerischen“ Bildern enthält das eine eine 
Zusammenstellung damals gebräuchlicher Waffen: eine Kanone, Gewehre, Morgensterne, eine 
Hellebarde, eine Lanze, Schwerter und in der Mitte ein paar Pauken; das andre zeigt eine 
Gruppe von Zelten mit den Überschriften „Venus, Firbas, Stet, Ere, Trüw, Abenthür, Scham, 
Gut, Zucht, Liebe“. Von beiden Bildern sind mir die Vorlagen unbekannt, ersteres dürfte 
speziell für diese Ausgabe geschnitten worden sein, für letzteres ist der Holzstock wohl 
von einer früheren Ausgabe her im Besitz des Verlegers gewesen. Die zwei „galanten“ 
Bilder stammen, wie das Bild des „Ersten Beernhäuters“, aus dem schon erwähnten Karten¬ 
spielbuch Jost Ammans; das erste Bild (Kartenspielbuch Blatt 5) stellt einen Spielmann mit 
Pfeife und Handtrommel neben einem Liebespaar vor; auf dem andern Bild (Kartenspielbuch 
Blatt 29) nimmt ein Herr zu Pferd Abschied von einer Dame; in der Gesamtausgabe 1683—84 
ist das Bild mit dem Liebespaar durch ein anderes Spielmannsbild (Kartenspielbuch 


suchte, um nachher 
an ihnen kauflustige 
Abnehmer seiner 
Ware zu finden, gibt 
eine kulturhistorisch 
interessante Schilde¬ 
rung und zu gleicher 
Zeit eine gute Be¬ 
schreibung der be¬ 
treffenden Schrift. 
Nachdem derSpring- 
insfeld durch Geigen 
und Singen, durch 
Nachahmung von 
„allerhand Thierer 
Geschrey, von dem 
lieblichen Waldge¬ 
sang der Nachti¬ 
gallen an bis auff 
das fürchterlich Ge¬ 
heul der Wölffe“ 
mehr als 600 Men¬ 
schen beisammen 
hatte, redet Simpli- 


^'PXE'b 



Holzschnitt aus „Simplicissimi wunderlicher Gauckel-Tasche“ (1670). 
Nach dem Abdruck in der „Ersten Gesamtausgabe“ (1683/1684). 
Klischee des Insel-Verlags in Leipzig. 

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14 Schölte, Johann Jacob Christoph von Grimmelshausen und die Illustrationen seiner Werke. 


Blatt 19) ersetzt; die Gründe dafür lassen sich wohl nicht mehr auffinden. — Nach den Stutzern 
läßt Simplicissimus einen angesehenen Bürger hineinblasen, der auf eine bedeutende Erbschaft 
hofft; „hernach umblättert er das Buch und wise ihm und dem Umstand lauter Thaler und 
Ducaten“. Die betreffenden Bilder stammen vermutlich aus einem numismatischen Werk; es 
wäre schwierig und wenig lohnend, nach der Vorlage zu suchen. — Dem Geldgierigen folgt 
der Spieler, dem „eitel Würffel und Karten“ erscheinen. Die beiden Bilder „die Gauckler, 
Spitzbuben und Spieler betreffend“ stammen, was den untern Teil betrifft, wieder aus Ammans 
Kartenspielbuch (Blatt 8 und 45): „Eine Frau“ — so beschreibt Becker in seinem bekannten 
Werk „Jost Amman, Zeichner und Formschneider, Kupferätzer und Stecher“, Leipzig 1854, 
das eine Bild — „kauft von einem Manne einen Hahn, während hinter ihrem Rücken ein Knabe 
ihr den Geldbeutel abschneidet“, das andre Bild zeigt zwei Männer beim Brettspiel. Bezeichnend 
ist es, daß zu Grimmelshausens Zeit das Gefühl für die ursprüngliche Bedeutung der Amman¬ 
schen Spielkarten- auf die Verwendung 

blätter völlig ver- 85 -ftfW S® für die Gauckel- 

loren gegangen war; ggc jgg Tasche, so abge- 

es wurde nämlich ^ xra schnitten worden 

für nötig gehalten, waren, daß die spe- 

auf der obern Hälfte \ jpj* ziehen Spielkarten¬ 
des Bildes die da- ***** andeutungen weg¬ 
malsgebräuchlichen ^ gefallen und nur 

Figuren zweier Spiel- (§§ , die bildlichen Dar¬ 
karten (Eichel und B8 Stellungen übrig ge- 

Herz) hinzuzufügen. ßg&j ~T/ J blieben waren. Bei 

Wir dürfen hieraus ggj den ®^ ern » wo die 

vielleicht den Schluß R?) Bezeichnung des 

ziehen, daß die 01 1 J' flr && Spielkartenwertes 

Ammanschen Holz- ' lA ^ iT noch als integrieren- 

stöcke, die zu Grim- m ^ W- -*4 der Teil des Bildes 

melshausens Zeit jgg \\ vorhanden war, — 

den obern Teil, wel- jrjgc zum Beispiel der 

eher in der Regel ~~ JV^f" ^ iqoi „Humpen“, über den 

die Angabe des ßS —7 . , ■ ßon der „Beernhäuter“ 

Karten Wertes ent- Holzschnitt aus „Simplicissimi wunderlicher Gauckel-Tasche“ (1670). hinWegSChreitet (Vgl 

Nach dem Abdruck in der „Ersten Gesamtausgabe“ (1683/1684). . 

hielt, nicht mehr be- ( j ost Ammans Kartenspielbuch, 1588. Blatt 44.) die Reproduktion 

saßen, schon früher, Klischee des insei-veriags in Leipzig. au f Seite 9), die 

also ohne Beziehung ( ' GroL,e * zwe i „Becher“, die 

der Koch auf dem Bild „An die Umstehenden“ bei sich hat —, hat man damals offenbar diese 
Andeutung nicht mehr verstanden. Bei einem der Bilder „die Possenreißer und Schalcks- 
Narren betreffend“ sind in der Originalausgabe der Gauckel-Tasche die zwei „Druckerballen“ 
noch beibehalten; als die Holzstöcke für die Erste Gesamtausgabe (1683/84) aufs neue verwendet 
wurden, hat man offenbar versucht, die Druckerballen zu entfernen; die Abtrennung ist aber 
nicht gut gelungen, so daß die untern Teile als störende Objekte noch auf dem Holzschnitt 
sichtbar sind (vgl. die Reproduktion auf Seite 12). Zur Erklärung füge ich hier hinzu, daß 
Amman die vier Farben des Kartenspiels durch „Buchdruckerballen“, „Bücher“, „Becher“ und 
„Humpen“ vorgestellt hat. 

Nach dem Spieler läßt Simplicissimus, der Erzählung im Springinsfeld zufolge, einen 
Mann hineinblasen, den er als Narren hinstellen will; er schlägt das Doppelblatt „die Possen¬ 
reißer und Schalcks-Narren betreffend“ auf. Das erste schon oben angedeutete Bild zeigt, wie 
ein Narr von einer nackten Frau in eine Badewanne gezogen wird. Es ist unbegreiflich, wie 
Tittmann, Simplicianische Schriften I, Seite 262, hierfür die Erklärung geben kann: „Ein nackter 
Ma?in auf dem Rand einer Badewanne sitzend, der einen bekleideten Narren mit Kappe hinein- 


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Schölte, Johann Jacob Christoph von Grimmelshausen und die Illustrationen seiner Werke. 15 


zwängt“; wenn ihm das Bild nicht deutlich genug war (vgl. die Reproduktion auf Seite 12), 
so hätte doch das erklärende Gedicht zu Ammans Spielkartenblatt ihn eines Bessern belehren 
können: 

Gleich wie ein vnuernünfftig Thier, 

Seins Bulen Schönheit oder Zier 
Gar nicht thut achten, sondern sich, 

Eim jedem macht vnterthänig. 

Also auch ein ehbrechrisch Weib, 

Ihren geraden stoltzen leib 
Wie dise Figur zeyget an, 

Oflft eim Narren macht vnterthan. 


sehen Wert, aber gg 

eine um so inter- rjgx 

essantere Vorge- gg* 

schichte. Im Jahre 
1494 gab Sebastian 
Brant sein „Narren- ßSS 

schiff“ heraus, „das 83 

Werk“, wie Zarncke 83 

in der Einleitung es 

seiner Ausgabe sagt, 

„welches nach jahr- es 

hundertlangem ver- 83 

fall die deutsche gg* 

poesie wieder zu xj« 

achtung im in- und 

auslande erhob“; _ __ Diesen Holz¬ 
unter den Holz- schnitt hat sich ein 

schnitten, womit die MS wenig geübter Zeich- 

Erstausgabe dieses ^ §|k «l|l ner zur Vorlage ge- 

Werkes geschmückt %_ nommen und so das 

war, und die teil- Bild gezeichnet das, 

weise ZU den schön- Holzschnitt aus „Simplici»imi wunderlicher Gauckel-Tasche“ (1670). Vermutlich erst in 

sten des XV. Jahr- Nach dcm Abdruck in der ..Ersten Gesamtausgabe“ (1683/1684). zweiterVerwendung, 

. (Jost Amman's Kartenspielbuch. 1588. Blatt 42.) . ® 

hunderts gehören, Klischee des Insei-Veriags in Leipzig. in der „Gauckel- 

stellt einer einen (,/l Gröfte * ) Tasche“ Aufnahme 

fand: alle Einzelheiten des ursprünglichen Holzschnitts, die drei Vögel, die Haltung des 
Narren, das größere Tor zur Rechten, das kleinere zur Linken, die Häuser im Hintergrund, 
finden sich, vergröbert, auf dem Bild der „Gauckel-Tasche“ wieder. Bezeichnend ist dabei der 
Umstand, daß der Nachzeichner „Cras“ in „Crab“ verändert; genauere Kenntnisse von dem 
Narrenschiff scheint er also nicht gehabt zu haben, sonst hätte die betreffende Stelle des 
Textes ihn vor diesem Irrtum bewahrt. Die Erklärung desselben wird wohl darin zu suchen 
sein, daß er das Schluß-s respektive ß für b angesehen hat, und die ihm vermutlich geläufige 
dialektische Bezeichnung „Krabben“ respektive „Krappen“ für Raben die Idee eines Irrtums gar 
nicht in ihm aufkommen ließ. Eine andere Deutung dieser veränderten Inschrift, eine absicht¬ 
liche Veränderung in „crab, crab, crab“, wofür dann wohl „grab, grab, grab“ zu lesen wäre 
— in Anlehnung an Geiler von Kaiserspergs Ausführung dieser Stelle: „dum juvenis est, 
cantat tibi: cras cras; dum senex est, cantat: grap, grap“ — scheint mir kaum annehmbar, 
um so weniger, als auch die Ausgabe Nicolaus Hönigers von Tauber-Königshoffen, die 
den Versen Brants jedesmal den Kommentar Geilers beifügt, auf dem betreffenden Bild, 


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16 Schölte, Johann Jacob Christoph von Grimmelshausen und die Illustrationen seiner Werke. 


das in der Vorstellung erheblich von dem Original abweicht, die Inschrift „Cras, cras, cras“ 
beibehält. 

Nachdem Simplicissimus die Umstehenden über die Stutzer, den Geizhals, den Spieler und den 
Narren hat lachen lassen, zeigt er dann einem unter ihnen die Bilder, die „Weinschläuch und Bier- 
Brüder betreffend“, zwei schöne und interessante Ammansche Holzschnitte, deren Reproduktionen 
sich auf Seite 14 und 15 befinden. Das linke Bild auf Seite 14 (Ammans Kartenspielbuch Blatt 44) 
zeigt Bacchus auf einer Tonne stehend, daneben steht links ein Weinbauer, der ihm Trauben anbietet, 
rechts ein Satyr; auf dem andern Bild (Kartenspielbuch Blatt 42) sieht man links eine Frau, die 
aus einem Humpen trinkt, rechts einen Mann, der ein „Zwiebelglas“ in der Hand hält Über 
dieses Bild und die Verwendung des „Zwiebelglases“ macht Wilhelm Seibt, der erste, der über 
die lange Zeit unbekannte Originalausgabe der „Gauckel-Tasche“, wovon er ein Exemplar besaß, 
genau berichtet, auch auf die Beziehung zu Jost Ammans Kartenspielbuch aufmerksam macht, 
in Nummer 230 der „Frankfurter Zeitung“ vom Jahre 1876 interessante Bemerkungen. Von 
den fünf Humpen als Kartenzeichen sind auf dem linken Bild zwei übrig geblieben; auf dem 
rechten Bild sind sämtliche Humpen weggefallen; die Ranken, die sie umgaben, sind gleichfalls 
geschickt von dem Holzstock abgetrennt. 

Der letzte, den Simplicissimus in sein Buch hineinblasen läßt, ist ein junger Student; da 
zeigen sich „lauter Schriften“. Darauf muß sich wohl das Bild beziehen, das einen Gelehrten 
zeigt, der von Grillen geplagt wird, ein Holzschnitt aus dem Kartenspielbuch Blatt 17; fiir die 
Beschreibung des Bildes zitiere ich das mehrerwähnte Buch von Becker: „Ein Gelehrter am 
Schreibtisch unter Büchern, mit einem Fliegenwedel in der Hand, um die Mücken (Grillen) ab¬ 
zuwehren; neben ihm auf einem Tisch ein großer Humpen mit Buckeln und ein Apfel“. Das 
Bild hat für die „Gauckel-Tasche“ offenbar nicht dieselbe Bedeutung als die andern, es hat keine 
poetische Unterschrift, sondern bildet eine Illustration zu dem Vorwort: „Der Autor an den 
Käuffer und sonst Jederman“, in dem er sagt, daß er früher seine „Gauckel-Tasche“ dazu be¬ 
nutzt habe, „das Voick dardurch zu seinem Stand zu bringen“, daß er aber jetzt, als man ihm 
„in die Karte gesehen“ und er „nunmehr solche seine Profession abgelegt“ habe, auf Zureden 
guter Freunde „dieses sein wunderbarliches Gauckelbuch“ herausgegeben habe, „damit sich auch 
ohne ihn ehrliche und lustige Köpffe in ihren Zusammenkünften mit einander dardurch ergetzen 
könten“. 

Noch einige Bilder des interessanten Werkchens sind im Obenstehenden nicht be¬ 
rücksichtigt worden. Außer dem Bildnis des „ersten Beemhäuters“ hat diese Schrift auf dem 
Titelblatt noch einen Holzschnitt: drei Musikanten mit Flöte, Baß und Harfe; das Bild ist 
ein Abdruck des Holzstocks, der zu Blatt 28 von Ammans Kartenspielbuch gedient hatte. 
Das Titelbild der „Gauckel-Tasche“, einen Jäger mit vier Hunden darstellend, hat denselben 
Ursprung (Blatt 32). Nach dem oben schon beschriebenen Bild des Gelehrten folgt dann das 
Blatt „An die Umstehenden“, auf dem ein Koch, umgeben von Küchengeräten, zu sehen ist 
(Ammans Kartenspielbuch, Blatt 33); die Beziehung dieses Bildes zum Text ist nicht sehr 
deutlich, man wird dabei wohl an den Vergleich zwischen geistiger und körperlicher Nahrung 
zu denken haben: wie ein Koch Speisen hat, die mehr oder weniger gut gefallen, so hat auch 
die Gaukel-Tasche Bilder, die einem mehr oder weniger angenehm sein können. — Es folgt 
dann eine Vorrede: „Gebrauch dieses Buches, so in der linken Hand gehalten werden soll“ 
Die zwei Holzschnitte am Anfang und am Ende der Vorrede sind die untern Teile von 
Blatt 7 und 4 von Ammans Kartenspielbuch: „ein Mann mit einem Korb in der Linken be¬ 
droht eine Frau, welche abwehrend den Arm gegen ihn ausstreckt, mit einem Prügel, den er 
in der Rechten hält“ und „zwei Männer mit einer Tragbahre mit einem Ballen Papier; darauf 
ein großer Humpen mit Buckeln“; die Bedeutung des ersten Holzschnitts scheint mir eine ähn¬ 
liche zu sein, wie das Bild „an die Umstehenden“, während der zweite Holzschnitt wohl nur 
die Entstehung des Buches andeuten soll. — Am Schluß des Buches steht dann noch auf 
dem Blatt „Des Autoris poetische Erinnerung an den Leser“ ein Holzschnitt (Kartenspielbuch 
Blatt 20), auf dem eine Dame die Orgel spielt, wobei ein Knabe die Bälge zieht. 


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Schölte, Johann Jacob Christoph von Grimmelshausen und die Illustrationen seiner Werke. 17 


Die Gedichte unter den verschiedenen Figuren der „Gauckel-Tasche“ sind durchweg recht 
mangelhaft; was uns die Schrift interessant macht, ist, von kulturhistorischem Gesichtspunkt 
aus, die naive Art, wie sich die Umstehenden mit solchem Büchlein amüsierten, und daneben, 
vom kunstgeschichtlichen Standpunkt, die überraschende Weise, wie die Holzstöcke, die 
zu Jost Ammans Kartenblättern gedient hatten, hier, fast ein Jahrhundert später, wohl gleich¬ 
falls in Nürnberg — es liegen genügend Gründe vor, Wolff Eberhard Felszecker für den 
Verleger zu halten — ihre Verwendung fanden. Eine interessante Frage ist dabei die, ob 
man annehmen muß, daß die Bilder die Gedichte der „Gauckel-Tasche“ veranlaßt haben, oder 
ob sie nur als Illustrationen aufzufassen sind. Ich glaube nicht, daß Grimmelshausen seine 
Unterschriften im Anschluß an die Bilder verfaßt hat, er würde dann mehr auf Einzelheiten 
der Vorstellung eingegangen sein; es würden auch nicht so starke Diskrepanzen zwischen Wort 
und Bild Vorkommen; dies fällt um so mehr ins Auge, wenn die Gebrauchsanweisung der „Gauckel- 
Tasche“ und die Schilderungen im Springinsfeld zum Vergleich herangezogen werden. Danach hätte 
man bei den Narren, statt der oben besprochenen und reproduzierten Bilder, „lauter Haasen-, Esels¬ 
und Narrenköpfe“ erwarten dürfen; auch die Unterschriften stehen zu den Narrenbildern in keinem 
innigen Verhältnis; ähnlich ist es mit den Bildern „Die Weinschläuch und Bier-Brüder betreffend“: 
die Gebrauchsanweisung und die Erzählungen im Springinsfeld sprechen hier von „sonst 
nichts als Trinckgeschirr“, die Bilder stimmen hierzu nicht; der Verleger hat dann, um eine 
etwas bessere Beziehung herzustellen, noch zwei Gefäße unter dem einen Bild abdrucken lassen 
(Vgl. die Reproduktion auf Seite 15). Zu beachten ist dabei ferner, daß diese Diskrepanz sich 
nicht bei den Bildern findet, auf denen keine Personen Vorkommen, die nämlich nicht auf eine 
bestimmte Vorlage zurückgehen und sich nicht durch eine interessante Vorvergangenheit 
auszeichnen, zum Beispiel auf den Bildern der Waffen und Münzen. Auch in der schon 
herangezogenen Stelle aus dem Springinsfeld, wo gesagt wird, daß er „zu seiner Gauckel- 
taschen etliche Puppen bekommen“ habe, liegt eine Bestätigung dieser Ansicht. Natürlich 
darf man dies auch auf das Bärenhäuterbildnis ausdehnen, so daß man auch darin nur eine 
nachträglich zu der Erzählung ausgesuchte Illustration zu sehen hat. 

Der Verleger von Grimmelshausens Werken fand die Ammanschen Holzstöcke für die 
Illustrierung der Grimmelshausenschen Schriften offenbar sehr geeignet; denn in mehreren 
Werken bringt er sie an: Blatt 21 aus Ammans Kartenspielbuch, ein Mann und eine Frau, aus 
einem Notenblatt singend, fand sogar zweimal Verwendung: auf dem Titelblatt der „Verkehrten 
Welt“ (1672) und auf dem Titelblatt einer Ausgabe des „Keuschen Joseph“ (1671). Geradezu 
humoristisch ist die Verwendung des Blattes 24, das einen angehenden Studenten vorstellt und 
als Porträt des „treuen Josephs-Schaffners“ Musai dienen mußte. 

IV. 

Für die Beziehung zwischen Bild und Wort kommen bei Grimmelshausen auch die Unter¬ 
schriften in Betracht, die er für die Bilder vornehmer Herren verfaßt zu haben scheint. Das 
geht wohl aus einer Stelle aus der „Reiß-Beschreibung nach der obem neuen Monds-Welt“ 
(Erste Gesamtausgabe Band III, Seite 801) hervor: „Ich halte dennoch viel von einem 
guten Poeten, der eben so selten zu finden ist als ein guter General, denn er wehlet ihm einen 
Herrn zu loben, der es würdig ist und wann je ein jeder nicht allerdings wäre, wie er ihn be¬ 
schreibt, so bedeut er ihn doch, wie er seyn solte; des Poeten Belohnung ist, daß er das Lob 
wol gestellt hat und ist vergnügt in ihm selbst, daß seine Lobung gelobet wird. Ich habe 
meines Tags dergleichen viel geschrieben, und bin allezeit meines Zwecks theilhafftig worden, 
daß ich nichts bekommen, weil ich nichts begehrt habe; wann es mancher auch dahin stellete, 
so würde er zwar nicht reicher werden, aber auch über niemand zu klagen haben, weil man 
ihme nicht mehr giebt als er begehret“. Von diesen Unterschriften ist uns eine bewahrt ge¬ 
blieben, sie steht unter dem Bild seines Verlegers „Wolff Eberhard Felszecker von Bamberg, 
gebom A. 1626 den 8. 18. JanuariL Buchdrucker in Nürnberg“, und lautet: 

Z. f. B. 1912/1913. 3 


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iS Schölte, Johann Jacob Christoph von Grimmelshausen und die Illustrationen seiner Werke. 


Der vieler Nahmen Ruhm durch manche Welt geschicket, 

Des Nahm und Bildous wird auf diesen Blat erblicket, 

Du, Neider, neide nur! Ihn fehlts an Sorgen nie: 

Was Gott Jhn gönnt, das kommt durch Wachsamkeit und Müh. 

Zu stets beharrlicher Gunst Bezeugung aufgesetzt von 

Joh. Jacob Christoff von Grimmelshausen. 

Die erste Nachricht von der Existenz dieses für die Grimmelshausenforschung so 
interessanten Kupferstichs ist schon von W. A. Passow erbracht worden, in einem Nachtrag 
zu seinen verdienstlichen Aufsätzen „Christoffel von Grimmelshausen, der Verfasser des Aben¬ 
teuerlichen Simplicissimus“ in den Blättern für literarische Unterhaltung, 1843, Nr. 259, 260, 
26 r, 262,263, 264. Der erste Nachtrag, der das obenerwähnte Bild bespricht, findet sich im Jahrgang 
1844, Nr. 119; ein zweiter über die Renchener Mühlenordnung und die Todeseintragung im 
Renchener Kirchenbuch, Jahrgang 1847, Nr. 273 Von dem Bild selbst befinden sich Exemplare 
im Germanischen Museum und in der Stadtbibliothek in Nürnberg; da es in weiteren Kreisen 
Interesse erregen dürfte und auch als Porträt nicht ohne Verdienst ist, lasse ich eine Reproduktion 
desselben folgen (vgL S. 19). 

Den Namen des Stechers, in diesem Falle wohl auch des Zeichners, findet man rechts 
unten: I. A. Böner. Der Träger dieses Namens, der Nürnberger Kupferstecher, Radierer und 
Zeichner Johann Alexander Böner (1647—1720) war ein außerordentlich produktiver, talent¬ 
voller, aber manchmal etwas handwerksmäßig schaffender Künstler, dessen bekannteste Arbeiten 
die reichhaltigen Prospektenfolgen „Des heiligen Römischen Reichs Stadt Nürnberg Zierdte, etc.“ 
(erste Ausgabe ohne Jahr, zweite 1702, dritte 1708, vierte 1722); die Trachtenbilder „Wahre 
Abbildung derer Trachten und Handwercks-Umbzügen in .... Nürnberg“ (erste Ausgabe 1688, 
zweite 1689, dritte 1690, vierte 1700) und „Neu-Figuren ABC-Büchlein, mit Nürnberger Kleider¬ 
trachten gezieret“, (Nürnberg, ohne Jahr), sind. Daneben hat er eine große Anzahl Porträte 
berühmter Nürnberger Zeitgenossen gestochen. (Näheres in dem Artikel von W. Schmidt im 
dritten Band der Allgemeinen Deutschen Biographie, Seite 122; und in dem sachkundigen 
Aufsatz im vierten Band des Allgemeinen Lexikons der bildenden Künste von Thieme und 
Becker, Leipzig 1910, Seite 203, gez. Th. Hampe ) Das vorliegende Porträt Böners stammt aus 
seiner ersten Künstlerzeit; da aus den hinzugefügten Versen hervorgeht, daß sie für die Ver¬ 
breitung des Bildes als Kupferstich bestimmt waren, und wir also für die Entstehung der Versr 
zeilen und des Stichs ungefähr dieselbe Zeit annehmen dürfen, besitzen wir in dem Tod des 
Dichters einen Terminus ante quem. Grimmelshausen starb bekanntlich am 17. August 1676; 
das Bild Felszeckers muß also aus den zwanziger Jahren des Künstlers stammen. — Inwieweit 
Böner sich an der Illustrierung der in Felszeckers Verlag erschienenen Grimmelshausenschen 
Werke beteiligt hat, läßt sich schwer ermitteln, da die Stiche, beziehungsweise Radierungen, 
— beide Arten finden sich — durchweg keine diesbezügliche Angabe enthalten. Es ist aller¬ 
dings möglich, daß Böner sich an der Herstellung der ersten Gesamtausgabe (1683—1684), 
deren Bilder künstlerisch höher stehen als die der Einzelausgaben, beteiligt hat; jedenfalls 
stammt das Titelkupfer des ersten Bandes von seiner Hand. Es ist ein Doppelkupfer; auf dem 
linken Blatt sieht man die fünf Medaillonporträte des alten Simplicissimus, des Knans und der 
Meuder, des jungen Simplicissimus und des frommen Ursule, weiter die bekannten Symbole: 
Helm mit Kalbskopf, Wappenschild mit den drei Masken, Degen und Dreschflegel, Zirkel, 
Rosenkranz, Tintenfaß und Feder, und unten die Verse: 

Simplicius sein Sohn sein Knan, und die Meuder stehen, 

Samt der frommen Ursel hie wie sie Natural aussehen; 

das rechte Blatt zeigt zwischen symbolischen Figuren und Schnörkeln den Gesamttitel des 
Werkes: „Deß Teutschen Simplicissimi Redi-vivi Lust- und Lehr-reicher Schrifften-Marck. Ver- 
legts Joh. Jonathan Felszecker.“ Es ist bedeutend besser ausgeführt als das entsprechende 
Titelkupfer der Simplicissimus-Ausgaben C und D und hat ausnahmsweise eine Bezeichnung 


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Schölte, Johann Jacob Christoph von Grimmelshausen und die Illustrationen seiner Werke. 19 


des Künstlers: J. A. Baener fec. Neben Baener und dem gewöhnlichen Boener findet sich auch 
Bonner. Daß man nicht alle Kupfer dieser Gesamtausgabe dem Stecher des Titelkupfers zu¬ 
schreiben darf, geht schon daraus hervor, daß sich im dritten Band ein Kupfer findet, das 
die Bezeichnung Joh. Meijer fecit trägt. — Jedenfalls darf es als ein Zeichen der besondern 



Porträt Wolff Eberhard Felszeckers von Johann Alexander Böner (1647—1720). 
Nach dem Original im Germanischen Museum in Nürnberg. 


Sorgfalt für die erste Gesamtausgabe der Grimmelshausenschen Schriften betrachtet werden, 
daß der Verleger den damals schon angesehenen Künstler Johann Alexander Böner dafür zu 
verpflichten suchte. 

Es bleibt mir jetzt noch übrig, in diesem Zusammenhang etwas über den Mann zu sagen, 
„des Nahm und Bildnus auf diesen Blat erblicket wird“. Wie das obenerwähnte Bild angibt, 
wurde Wolff Eberhard Felszecker im Jahre 1626 geboren; seine Offizin in Nürnberg gründete 


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20 Schölte, Johann Jacob Christoph von Grimmelshausen und die Illustrationen seiner Werke. 


er, wie ich aus einem Werk über Nürnberger Buchdrucker, „J. H. G. Emesti: Die wol-einge¬ 
richtete Buchdruckerey, Nürnberg, 1724“, Blatt g 4 verso entnehme, im Jahre 1658. Grimmels- 
hausensche Werke, die seinen Verlegernamen tragen, sind: Dietwald und Amelinde, 1670; 
Ratio Status, 1670, wo er auch als Drucker bezeichnet wird; Joseph, 1670; id. 1671; id. 1675*, 
Simplicissimus 1671 D und id. J. Daß es auch vorkam, daß der Verleger Felszecker anderswo 
drucken ließ, geht aus der Andeutung am Schluß des „Ewigwährenden Calenders“ hervor; in 
der ersten Auflage, 1670, heißt es daselbst: „In Nürnberg verlegt und zu finden bey Wolf 
Eberhard Felszecker, Gedruckt in der Fürstlichen Residentz-Stadt Fulda bei Marcum Bloß“ 
und in der zweiten, 1677: „In Nürnberg verlegt und zu finden bey Wolff Eberhard Felszecker, 
gedruckt zu Altenburg bei Georg Conrad Rüger“. Es ist nicht mit Sicherheit festzustellen, 
warum Felszecker bei diesem Werk andere mit dem Druck beauftragte, aber die Vermutung 
liegt nahe, daß für diesen komplizierten sechsspaltigen Druck mit den vielen Zeichnungen und 
astronomischen Zeichen Felszeckers Druckerei nicht eingerichtet war. In meinen „Problemen 
der Grimmelshausenforschung“, I, Seite 62 flg. habe ich ausführlich zu begründen gesucht, warum 
ich die Angabe Emestis: „Wolff Eberhard Felszecker starb Anno 1670, und hinterließ die Offizin 
mit allem wol versehen, wie auch den Buchhandel, seinem Sohn Johann Jonathan, welcher 
Anno 1693 das Werk auf seine Söhne und Erben vererbete, bis Anno 1710 der annoch lebende 
Sohn Adam Jonathan Felszecker dasselbe zu besorgen übernommen“ mit Bezug auf den Tod 
des Wolff Eberhard für nicht zuverlässig halte; ich kann mich also hier auf die Mitteilung 
beschränken, daß meine dahin zielenden Untersuchungen als Resultat ergeben haben, daß wir 
als das Todesjahr Wolff Eberhard Felszeckers nicht 1670, sondern 1680 anzunehmen haben. 
Daneben habe ich die Vermutung ausgesprochen, wie es allerdings möglich wäre, daß Emestis 
Angabe, daß im Jahr 1670 in der Offizin Felszecker eine Firmenänderung stattfand, nicht völlig 
unbegründet sei, insoweit, als vielleicht in diesem Jahr der Sohn Johann Jonathan Felszecker in 
die Firma mit aufgenommen wurde; wenigstens scheint mir das Buchdruckerzeichen, das in 
einigen von seinen Ausgaben, nicht in allen, aber zum Beispiel in Dietwald und Amelinde 1670, 
Ratio Status 1670 und Calender 1670 und 1677, vorkommt, darauf hinzuweisen, daß damals 
der Sohn, wenn er auch nicht auf dem Titelblatt genannt wird, mit an der Firma beteiligt war. 
Das Buchdruckerzeichen zeigt ein aufgeschlagenes Buch, auf dem fünf Buchstaben stehen: in 
der Mitte ein F, darunter und darüber ein W und ein E, links und rechts ein J; was man 
doch wohl als: Felszecker, Wolff Eberhard und Johann Jonathan zu deuten hat Das Figürchen, 
das man über dem E erblickt, halte ich für eine Andeutung des Begriffs „Eck“, um so eher, 
als der Hintergund, gegen den das Buch ruht, ohne Zweifel als ein „Fels“ anzusehen ist Zu 
beiden Seiten des Mittelstücks sieht man, gleichsam als Schildhalter, zwei Frauenfiguren als 
Symbole buchhändlerischer Tugenden und über dem Mittelstück das „Vigilantia et labore“, 
womit auch Böner das Porträt Felszeckers gekennzeichnet hat — Auch später haben die 
Felszecker zur Verbreitung von Grimmelshausens Werken viel beigetragen: der schon erwähnte 
Johann Jonathan Felszecker veranstaltete die erste und auch wohl die zweite Gesamtausgabe 1 ; 
dessen Sohn, Adam Jonathan Felszecker, ließ die drei stattlichen Bände der Gesamtausgabe 
1713 noch einmal wieder in die Welt hinauswandern. Aber am wichtigsten bleibt für die 
Grimmelshausenfreunde der erste Felszecker, zu dem Johann Jacob Christoph wohl in persön¬ 
licher Beziehung gestanden haben mag; und es ist ein interessantes Dokument, das Böners 
Kunst in dem Seite 19 reproduzierten Kupferstich auf die Nachwelt vererbt hat, indem er die 
Züge des Verlegers und die Worte des Dichters auf einem Blatt vereinigte. 

Eine anders geartete Verbindung von Bild und Text auf einem Blatt finden wir bei dem 
Flugblatt: „Abbildung der wunderbarlichen Werckstatt des Weltstreichenden Artzts Simplicissimi, 
Darinnen Er als ein landstörtzender Vagant aus eigener Experientz und Practic zuvememen 
gibt, Wie etlicher Leute imaginirte Haupt-Kranckheiten zu Curiren seyn möchten. Allen Sorg- 


1 Über das Verhältnis der posthumen Gesamtausgaben zueinander verweise ich .auf meine mehrerwähnten „Pro¬ 
bleme der Grimmelshausenforschung“, Band I, S. I—57. 


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Flugblatt Oer „WunDerbarlicben Wercffktt Oes Welt 
tTacb Dem (Drtginal im Königlichen K 


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B 1912 1913, i, zu Seite 2X. 


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CORNELL UNtVERSITY 










































wUMib Pradricjuivcrmmcngibt / tlOic etlicher Saite imaginirce 
«täflen Amt&XMttem unb i^uömuttcni vor ib« j&u ibet tmb 
W»t> flcilüg jttßcbwwclKW. 


C 


_ - M. > «Sun* JCc&dAi (Mihaiw) 



r^eicbcnbcn 2(r^t8 öitnpltaffum" (17. 3abrbtm0ert), 
,?apfcrflicbl:abmctt irr -SerIm. (*/, (Srofje.) 


Di Zu Scholte£jo}0, J; 


istoph von Grimmelshausen und die Illustrationen seiner Werke. 

CQRNELL UNIVERSITY 







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Konrad, Angekettete Bücher. 


21 


faltigen Haus-Vättem und Hausmüttern, vor ihre Kinder und Gesinde höchstdienlich, Sinnreich, 
nützlich und fleißig zugebrauchen.“ Die erste Nachricht über dieses Flugblatt verdanken wir 
Adelbert von Keller, der ein Exemplar in der Universitätsbibliothek in Tübingen vorfand, und 
den Text — leider ohne das Bild 1 — im Jahre 1862 in Broschürenform herausgab: „Simpli- 
cissimus als Arzt, ein Flugblatt von Grimmelshausen“, gedruckt bei L. F. Fues in Tübingen. 
Das Tübinger Exemplar ist seitdem, wie sich mir aus einer Korrespondenz mit der Bibliothek 
ergab, abhanden gekommen; es findet sich aber im Kupferstichkabinett in Berlin ein Flugblatt 
mit genau demselben Titel, das man wohl als identisch ansehen darf. Daß der Text des 
Flugblatts zweifelsohne von Grimmelshausens Hand herrührt, geht besser noch als aus der 
Erwähnung des Simplicius Simplicissimus, aus der Tatsache hervor, daß sich der Text, gleich¬ 
falls ohne Bild, als Nachtrag zu den Continuationen des Simplicissimus am Ende der Simpli¬ 
cissimus-Ausgabe D aus dem Jahre 1671 unter dem Titel „Zugab des wunderbarlichen Welt¬ 
streichenden Artzts Simplicissimi“ findet und als solcher auch in den Ausgaben von Kurz 
(II, Seite 309), Bobertag (II, Seite 345) und Keller (II, Seite 1043) abgedruckt wurde. In der 
Tat gehört der Inhalt des Flugblatts mit den Kontinuationen, überhaupt mit Simplicissimus’ 
Tätigkeit als landfahrender Arzt, Theriakkrämer und Kalenderverkäufer, zusammen. Auf dem 
Kupferstich erblickt man die Verschönerungs Werkstatt des Wunderarztes, in deren Mitte der 
große „Distilir-Ofen“ alle „Würm, Mucken, Grillen, Dauben“ aus dem Kopf heraus „gleichsam 
wie Rauch, Nebel und Wolcken“ verschwinden läßt; darum herum sieht man Schleif-, Hobel¬ 
und Streckapparate, wodurch alle möglichen körperlichen Fehler radikal beseitigt werden. 
Über die Entstehung des Stiches ist weiter nichts bekannt; der hinzugefügte Text bezweckt 
eine Verspottung der Wunderkuren landfahrender Charlatane und herumziehender Quacksalber. 
Das fliegende Blatt scheint mir für das Bild von Grimmelshausens literarischer Tätigkeit außer¬ 
ordentlich bedeutend; wenn wir auch nicht mehr glauben, daß Grimmelshausen selbst ein land¬ 
fahrender Storger gewesen ist, so liegen genug Anzeichen dafür vor, daß er den „Fahrenden 
Leuten“ seinerzeit ein außergewöhnliches Interesse entgegentrug; ich halte es sogar für wahr¬ 
scheinlich, daß er bestimmte Typen persönlich gekannt, vielleicht sogar studiert hat. Dies hängt 
mit meiner Auffassung zusammen, daß man Grimmelshausen immer weniger als Abenteurer, 
immer mehr als Literaten betrachten muß; wenn sich die Fäden, die ich in meinen „Problemen“ 
anzuknüpfen versucht habe, weiter fortspinnen lassen, so glaube ich, daß neben dem vielen 
Autobiographischen und Entlehnten in den Grimmelshausenschen Schriften, sich eine ziemlich 
selbständige Abenteurerfigur herausschälen läßt. Nicht bloß für Grimmelshausens literarhistorische 
Stellung, sondern auch für die kulturhistorisch so bemerkenswerte Erscheinung des Vagabunden¬ 
tums des XVII. Jahrhunderts scheint mir die „Abbildung der wunderbarlichen Werckstatt des 
Weltstreichenden Artzts Simplicissimi“ von allgemeinerem Interesse zu sein. Eine Faksimile- 
Reproduktion begleitet als Beilage diese Arbeit. (Schluß folgt.) 


Angekettete Bücher. 

Von 

Dr. Karl Konrad in Breslau. 

I n Schankstuben niederer Gattung ist es üblich, Messer und Gabeln durch Ankettung vor 
Entwendung zu sichern. In alten Bibliotheken hielt man dieselbe Schutzmaßregel dem 
geistigen Tischgerät gegenüber für angebracht. Ursprünglich bewahrte man die Bücher in 
Kästen und Truhen sorgfältig verschlossen auf. Später, als etwa um die Mitte des XIV. Jahr- 

1 Umgekehrt veröffentlicht Theodor Hampe das Bild ohne Text in seinem interessanten Werk: „Fahrende Leute“, 
Band X der Monographien zur deutschen Kulturgeschichte, Leipzig 1902, Seite 106. 


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22 


Konrad, Angekettete Bücher. 


hunderts einzelne Kirchen durch Fürsten und Bischöfe mit Büchern beschenkt wurden, schuf 
man besondere Bibliothekssäle und stellte die Werke unter Kettenschutz. Noch heut läßt sich 
aus den Beständen einzelner Büchereien erkennen, welche Bücher so an die Kette gelegt waren. 
Meist ist freilich diese selbst nicht mehr da, sondern nur noch deren Schlußstück am Ein¬ 
banddeckel. Oft fehlt auch dieses, und nur die zurückgebliebenen Rostspuren und Löcher am 
Einband zeigen an, wo früher die Ketten befestigt waren. Nicht nur Handschriften (wie zum 
Beispiel in der Königlichen Universitätsbibliothek zu Breslau) und Inkunabeln (so zum Beispiel 
in der Hof- und Staatsbibliothek in München und in der Stadtbibliothek in Breslau), sondern 
gelegentlich sogar spätere Drucke lassen auf diese Weise die alte Übung erkennen, die für die 
Besucher der Bibliotheken alles andere als bequem gewesen sein muß. — Ganz eigene Ge¬ 
danken beschleichen uns, wenn wir die rostigen Zeugen der Vergangenheit durch unsere Hände 
gleiten lassen. Hallende Büchersäle, die ob ihrer dicken Mauern und kleinen Fenster fast den 
ganzen Tag in kühler Dämmerung liegen, steigen vor unserm Innenauge auf. Wir sehen, wie 
ernste Mönche, so Martin Luther, hinter deren Stirn sich unirdische Gedanken ballen, über die 
angeschmiedeten Bücher gebeugt sitzen, wie bleiche Gelehrte in Talar und Barett sich in 
die alten, so seltsam behüteten Folianten einbohren, wie die Sabbatstille nur da und dort 
durch ein knisterndes Blättern unterbrochen wird, wie die Wogen des Alltags vergeblich um 
diesen friedlichen Hafen branden. Tempi passati... 

Zwei Gründe mögen, soweit die spärlich rinnenden Quellen es erkennen lassen, die ge¬ 
schilderte Maßnahme veranlaßt haben. Das Streben, wertvolle Werke zu schützen und die Not¬ 
wendigkeit, bestimmte Werke der allgemeinen Benutzung vorzubehalten, für eine Präsetizbibliothek 
zu sorgen. Vor der Erfindung der „Schwarzkunst“ waren die Bücher zu wertvoll, als daß sie jeder 
Bildungsbeflissene erwerben konnte. Lieh man zum Beispiel ursprünglich in den englischen Colleges 
die Bücher für ein Jahr an die Studenten aus, so sah man sich in Kürze aus Billigkeitsgründen 
veranlaßt, mit Hilfe der Ankettung die wissenschaftlichen Werke jedem Interessenten zugänglich 
zu machen. Daß noch andere Erwägungen mit hineingespielt haben, ist wahrscheinlich, läßt sich 
aber nicht immer mit Sicherheit erschließen. Karl Stieler (Gartenlaube 1878, S. 662) erzählt, 
daß im Kloster Benediktbeuren(Bura) in den bayrischen Voralpen der Codex buranus „strenge 
verschlossen“ gewesen sei und an einem „eisernen Kettlein“ gehangen habe. Er schwelgt 
dabei in der romantischen Vorstellung, wie in der weltentlegenen Möncherei die lebensprühenden 
Lieder unter Schloß und Riegel gehalten werden mußten, etwa wie ein Plautus im Nonnen¬ 
kloster oder Dr. Fausti Hollenzwang, damit nicht jeder unberufene Neuling darin blättere und 
seine Seele mit sündigen Vorstellungen fülle, und wie nur die würdigen Alten, denen der Teufel 
nicht mehr so leicht ein Garn stellen konnte, in lauer Sommernacht manch köstlich Stündlein 
damit vertaten. Eduard Grützner-Stimmung — aber Poesie ohne Wirklichkeit. Schon A. P. 
v. Bämstein (Carmina burana selecta, 1879, S. 3 A.) hat in den ihm zugänglich gewesenen 
reichen Quellen nichts hierüber gefunden. Und auf eine Anfrage bei der Leitung der Königlichen 
Hof- und Staatsbibliothek in München, die jetzt den Hort der wunderbaren Vagantendichtung 
herbergt, erhielt ich durch den Vorsteher der Handschriftenabteilung Erich Petzet den Bescheid, 
daß sich jene Behauptung durch nichts erweisen lasse; der Einband sei viel neueren Datums 
und könne mit jener alten Sitte der Ankettung nichts zu tun gehabt haben. 

Was die Technik des Ankettens anlangt, so hat William Blades in zwei Heften seiner 
„Biographical Miscellanies“ (Nr. 2—5, London, July und August 1890) „Books in chains“ wert¬ 
volle Aufschlüsse in Wort und Bild gegeben. Die Ketten bestehen aus „rod-iron“ (Stabeisen), 
die einzelnen Glieder in Form einer 8, das eine Ende der Verstärkung wegen um die Mitte 
gebogen. Jede Kette (es handelt sich zumeist nur um englische Bibliotheken) ist ungefähr drei 
Fuß lang und hat an einem Ende einen Ring nach Art eines Gardinenringes, der, an einem 
Eisenstabe gleitend, beträchtlichen Spielraum gewährt. So kann man jedes Buch von seinem 
Standplatze zu einem Pulte in einer kleinen Entfernung nehmen und es benutzen, ohne es fort¬ 
schaffen zu können. An dem Buche ist die Kette an einer Seite des mit einem Eisenplättchen 
beschlagenen Einbandes befestigt Vorteile und Nachteile stehen sich bei dieser Methode 


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Konrad, Angekettete Bücher. 


23 


gegenüber: Wenn die Werke auch kaum entwendet werden konnten, so litten sie doch, wie 
der Augenschein lehrt, durch die Wucht des unverhältnismäßig schweren Anhängsels. Während 
die Catenaten der englischen Bibliotheken übereinander in mehreren Reihen auf Bücherbrettern 
standen, was den Gebrauch unbedingt erschwerte, so geht aus den Abbildungen der Universitäts¬ 
bibliothek in Leyden und der Laurentiana in Florenz die praktischere Methode hervor, daß 
nur eine Reihe vorhanden war, die sich unterhalb der Pulte befand. 

Die Vorschriften über die alte bibliothekstechnische Gepflogenheit bieten manche wert¬ 
volle Belehrung. 

In der Bibliothek des „Spitals zum heiligen Geist“ in Nürnberg bestand zum Beispiel nach 
dem zugehörigen „Laitbuch“ während des XV. Jahrhunderts die Verordnung: „So sol der 
Spitalmeister die slüzzel behalten zu den do die pücher an den keten hangen“. 

Von besonderem Interesse sind hier einige Einzelheiten aus der Geschichte der Universitäts¬ 
bücherei in Freiburg i. B. H. Schreiber erwähnt in seiner „Geschichte der Alb.-Ludw.-Universität“ 
(1857) eine (ungedruckte) Rede des Rektors Hummel aus dem Jahre 1460, worin auch der 
Bibliothek gedacht wird: „Und damit Niemand einen Andern bei der Benutzung störe, liegen 
die kostbaren Werke an Ketten, umgeben von Tischen und Bänken“. Es ist nicht leicht, sich 
einen solchen Zweck der Ankettung vorzustellen, so daß wir wohl füglich annehmen dürfen, es 
handle sich hier um eine sophistische Verbrämung der alten durch die Besorgnis vor Ent¬ 
wendung diktierten Schutzmaßregel. — Die Artisten (Philosophen-) fakultät hatte von ihrer 
Stiftung an eine eigene Bibliothek gegründet, einen Magister aus ihrem Rate mit der Aufsicht 
betraut und schon im Jahre 1462 für Bücherei und Instrumentensammlung ein Zimmer in ihrer 
Burse ausgemittelt Der Bibliothekar war streng angewiesen, keins der wichtigeren angeketteten 
Bücher nach auswärts zu verleihen, „nur minder wichtige durften regierenden Fakultäts-Mit¬ 
gliedern, in gleicher Weise durfte auch nur solchen der Schlüssel zur Bibliothek gegen eine 
Gebühr von acht Pfennigen eingehändigt werden“. Die hier angezogenen Stellen aus den 
Satzungen der Artistenfakultät vom Jahre 1467 lauten (wie mir der Bibliotheksassistent Dr. 
S. Rest gefällig mitteilt — ich gebe der Einfachheit halber gleich die Übersetzung): „Es wurde 
zum zweiten beschlossen, daß der Bücherwart zwei gleiche rottuli (Rädchen-Verzeichnisse?) 
anfertigen sollte, die alle Bücher enthielten, ob angekettet oder nicht, wovon das eine dem 
Bücherwart, das andere dem Prodekan der Fakultät ausgehändigt werden sollte. — Zum dritten 
wurde beschlossen, daß der Bücherwart fürder keinem mehr ein angekettetes Buch aus der 
Bibliothek leihen, hergeben oder auf irgendeine Weise entfernen dürfe, ohne ausdrückliche Ge¬ 
nehmigung der Fakultät, andere aber, die nicht angekettet sind, kann er gegen Bürgschein 
herleihen“. — Leider ist es Dr. Rest bis heute nicht gelungen, diese geheimnisvollen „Rottuli“ 
aufzufinden, die wohl gezeigt hätten, welche Bücher zur Präsenzbibliothek gehören sollten, ob 
es besonders wertvolle oder aber Handbücher waren. 

In den Rechnungen des Syndikus fand sich (gleichfalls durch Nachforschen Dr. Rests) zu dem 
Jahre 1495/96 eine Stelle, aus der hervorgeht, daß „um 60 Kattenen zü den buocher doctoris Rot- 
pletz (der seine Bibliothek der Universität vermacht hatte) 2 fl.“ in Gold ausgeworfen wurden. 

Auch die Geschichte der Heidelberger Büchersammlungen (über die F. Wilken 1817 
gehandelt hat) bietet uns mehrere bemerkenswerte Beispiele. Wir erfahren, daß die Codices, 
die nicht in Schränken aufgestellt, sondern auf Pulten ausgelegt waren, dadurch vor Entwendung 
geschützt wurden, daß sie im Bereiche jedes Pultes durch eine Kette verbunden waren, die 
wahrscheinlich durch ein Schloß an dem Pulte befestigt war (Wilken S. 174 f.). Bei Gelegen¬ 
heit einer Sitzung der philosophischen Fakultät im Jahre 1545, die aus Anlaß einer Bücher¬ 
schenkung tagte, wurde beschlossen (ich gebe wieder gleich die Verdeutschung): „Und da die 
Bücher, die D. Martinus Brechtei, der Theologie Licentiat, durch Gelehrsamkeit und Unbescholten¬ 
heit gleicherweise berühmt, der Fakultät geschenkt hatte, noch nicht durch Ketten angeschlossen 
waren, beschloß man einstimmig, dem Manne, der unserem Gemeinwesen so sehr geneigt war, 
ehestens zu willfahren“ (Wilken S. 90). — Die ältere Bibliothek der Heil. Geistkirche in Heidel¬ 
berg war in derselben Weise geordnet. In der Vermächtnisurkunde hatte Kurfürst Ludwig III. unter 


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24 


Konrad, Angekettete Bücher. 


anderem bestimmt, „daß die erwähnten Bücher alle ... in der Bücherei der Kirche z. h. G. aufgestellt 
und zusammengekettet werden sollten und, so zusammengekettet, ständig in der gen. Bücherei 
zu bleiben hätten“. — Auch in der 1524 von Eberbach gestifteten Büchersammlung der Neuen 
Burse war eine Vorschrift des Inhalts: „... deßhalb sollen diesilbigen Bücher, der er (der Schüler 
des Stipendiums) nit nottdürftiglich bedarff, Inn das klein liberey kemmerlein Inn der newen 
bursch an Ketten gelegt, damit sie nit verendert oder verloren werden vnd die Regenten den 
Schlüssel darzu haben biß der Schüler derselbigen nottürftig sey“ (Wilken S. 145 f. A.). 

Besonders waren es Kirchen - und Klosterbibliotheken, die ja in der älteren Zeit fast aus¬ 
schließlich als Büchersammlungen in Frage kommen, die des Kettenschutzes sich bedienten. 
So stammen auch die libri catenati der Universitätsbibliothek in Rostock, meist Inkunabeln, in 
der Regel aus alten Kirchenschätzen. Und in der Kirchenbibliothek zu Goldberg in Schlesien, 
die in einem Turmstübchen der alten Stadtkirche untergebracht ist, sind die meisten Bücher, 
einst ihrer Seltenheit wegen an Ketten gelegt, noch jetzt zu sehen. Auch zahlreiche englische 
Kirchenbibliotheken rufen durch ihre mit schweren Ketten an Gestelle angeschlossenen Bücher 
noch heut die Erinnerung an die Vergangenheit wach. Blades berichtet, daß, wenn einer 
mittelalterlichen Bibliothek ein Buch gestiftet ward, zuerst eine Kette dazu gekauft wurde und, 
wenn es besonders wertvoll war, ein paar Haken. Dann wurde der Schmidt bestellt, es anzu¬ 
schmieden, und zuletzt ein Maler, um Titel und Rubrum auf den Schnitt zu schreiben. Zahl¬ 
reiche Kirchen weisen die Spuren des ehemaligen Usus noch heut auf, desgleichen die meisten 
Colleges. Blades bringt ein Verzeichnis sämtlicher ihm erreichbarer Catenaten, das für den 
Bibliophilen hohen Wert hat. In den Rechnungen vieler Colleges finden sich noch heut Posten 
über Ketten und Eisenstäbe, Ringe und Schmiedelohn. (Vergleiche auch Arch. d. Vereins f. d. Gesch. 
d. Herzogt. Lauenburg VII, S. I28f.) Die Kathedrale zu Hereford vor allen, die um 1100 in 
Bau genommen wurde, enthält 2000 meist theologische Werke, darunter sehr seltene Manuskripte, 
und 26 Ausgaben der Bibel in verschiedenen Sprachen. Desgleichen waren in der sogenannten 
„Gärbekammer“ (Sakristei) der Kirche zu Mölln im Lauenburgischen früher zahlreiche Bücher 
unter Kettenverschluß, großenteils aus der Bücherei des nahen Brigittenklosters Marienwold 
dahin geschafft, kurz bevor das Kloster um die Mitte des XVI. Jahrhunderts zerstört wurde. 

Die zur Rede stehende Art der Sicherung läßt sich, wie schon erwähnt, hie und da auch 
aus neuerer Zeit nachweisen. So spricht zum Beispiel der Haifische Theologe J. S. Semler in seiner 
Lebensbeschreibung (1781, I, 15) davon, daß in der Schulbücherei in Zelle bei Suhl aus der 
Zeit des Klosters noch viele Bücher mit kleinen Ketten verwahrt seien. Zur Zeit des Streites 
zwischen Nominafisten und Realisten waren, wie er aus seinen Beobachtungen schließt, oft 
Bücher der einen Partei durch Kettensicherung geschützt, — vermutlich wohl, um sie gegen 
Entwendung oder Unbrauchbarmachung durch die Gegner zu wahren. 

In England wurde im XVI. Jahrhundert in jeder Kirche — eine interessante Einzelheit in 
der Geschichte des Bibellesens — ein Exemplar der Bibel von Coverdale großen Formats auf¬ 
gelegt, um den Gläubigen Gelegenheit zu geben, sie zu lesen; Eduard VI hatte nach einer 
Visitation von 1547 die Anweisung gegeben, daß binnen drei Monaten jede Gemeinde dafür zu 
sorgen hätte, daß binnen zwölf Monaten die „Paraphrasis“ von Erasmus in gleicher Weise zu¬ 
gänglich gemacht werden sollte. Wenngleich auch von einer Ankettung in diesem Erlasse so¬ 
wie dem der Königin Elisabeth von 1559 nicht die Rede ist, so werden doch die Kirchenvorsteher 
von selbst die allgemeinübliche Methode, das Büchereigentum zu schützen, angewandt haben. 
Während ursprünglich nur die Bibel und die „Paraphrasis“ den Pfarrkindem, die des Lesens 
kundig waren, zur Einsicht dargeboten wurden, kamen mit der Zeit noch Fox* „Book of 
Martyrs“ sowie die verschiedenen Werke des Bischofs Jewel und anderer Theologen hinzu. 

Daß auch die Sage durch den geschilderten Usus Nahrung erhielt, geht aus einer drolligen 
Anekdote hervor, die sich (nach Blades a. a. O. II, 10) an die Kirche von St. Wallberg bei 
Zütphen in Holland knüpft Dort befindet sich eine große Sammlung von Büchern, die ur¬ 
sprünglich seltsamerweise ohne Kettenschutz waren und ob ihrer religiösen Richtung den Zorn 
des — Teufels erregten, der zu öfterenmalen Zutritt gewann und die besten von ihnen stahl 


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Steig, Die Brüder Grimm und die Weimarische Bibliothek. 


25 


Der Tatbestand war unbestreitbar, denn die Spuren seiner Klauenfüße auf den Fliesen ließen 
deutlich nicht nur die Persönlichkeit des Diebes erkennen, sondern auch den Weg, den er bei 
seinen gotteslästerlichen Besuchen eingeschlagen hatte. Die Sache war ernst, denn keiner 
konnte sagen, wie die Plünderungen aufhören würden. Deshalb wurde Rat gehalten und der 
Beschluß gefaßt, den ganzen Rest durch Ketten zu sichern, die mit Weihwasser besprengt waren, 
worauf Seine Satanische Majestät Sich vorsichtig femhielt. Und seitdem sind die Bücher dort 
verblieben, ohne daß sie jemand, die allgegenwärtigen Reisenden ausgenommen, gestört hätte ... 

Von einer derartigen handgreiflichen Büchersperre ist jetzt nicht mehr die Rede, so daß 
wir nicht mit Musander („Der Studente in seinen Probejahren“ 1739) darüber zu klagen brauchen, 
daß „die Bücher wie arme Gefangene an unmenschlichen großen Ketten liegen oder mit eisernen 
Gegittem so scharff verwahret werden“. Die fortschreitende Geistesbüdung hat im Verein mit 
der Buchdruckerkunst die Ketten gesprengt; ein allgemein zugängliches Buch ist nach Blades’ 
treffendem Vergleich ein starker Mann, ein angekettetes ist wie Simson unter den Philistern. 
Trotzdem wären die Eisenbande gegenüber den Büchermardem, die nach wie vor in unseren 
Lesesälen nisten, recht wohl noch am Platze. Der Überwachungsdienst hat aber mildere 
Formen angenommen. Mutatis mutandis ist die alte Sitte freilich auch heut noch im Schwange; 
zensurierte und konfiszierte Schriftsteller werden mit einem Seitenblick auf den Herrn Staats- 
anwalt bestätigen, daß „nicht alle frei sind, die ihrer Ketten spotten“. 


Die Brüder Grimm und die Weimarische Bibliothek. 

Von 

Professor Dr. Reinhold Steig in Berlin. 

D ie Brüder Grimm sind ihr Leben hindurch unübertroffene Bücherfreunde gewesen, nicht 
nur als Gelehrte, sondern auch als Sammler eigener Bücherschätze und als Verwalter 
öffentlicher Bibliotheken. Es hat etwas Rührendes in ihren Jugendbriefen zu lesen, 
wie sie schon als Studenten mit schmalen Mitteln planvoll sich Bücher anschafften, die sie unab¬ 
lässig dem Gange ihrer Studien gemäß vermehrten. Ihr eigener Vorrat an Büchern wäre 
aber fiir ihre Arbeiten nicht ausreichend gewesen, hätten ihnen nicht zugleich die Bibliotheken 
in Kassel und Göttingen, an denen sie zusammen, Jacob 30, Wilhelm fast 25 Jahre als Biblio¬ 
thekare angestellt waren, zu unbeschränkter Verfügung gestanden. Nach der früheren Art der 
Bibliothekare betrachteten sie sich nicht nur als Hüter der ihnen amtlich anvertrauten Bücher, 
sondern zugleich auch als ihre vorzüglichsten Benutzer. Ihre Schriften weisen aus, was ihnen 
die Bibliotheken zu Kassel und Göttingen an Wissens- und Arbeitsstoff geboten haben. Mit 
der Kasseler Bibliothek waren sie von Anfang an gleichsam verwachsen, mit der zu Göttingen 
trat Jacob schon in der westfälischen Zeit als Staatsratsauditor und Bibliothekar des Königs, 
besonders durch Benecke, in Verbindung. Seine amtliche Stellung erleichterte ihm die An¬ 
knüpfung mit der Bibliothek in Heidelberg durch Wilken und die mit den Bibliotheken zu 
Weimar und Jena durch Goethe. Sie alle enthielten gedruckte und handschriftliche Bücher, 
die die Brüder für ihre Arbeiten brauchten. Es wären in diesem Zusammenhänge auch wohl 
noch andere Bibliotheken geringerer Bedeutung zu nennen. Aber um Goethes willen, unter 
dessen -Schirm die Brüder Grimm ihre literarischen Anfänge stellten, den sie auch nach seinem 
Tode als den Stern der deutschen Dichtung verehrten, wird eine Darstellung ihrer Beziehungen 
zur Weimarischen Bibliothek während und nach der Goethezeit gerechtfertigt sein. 

I. 

Als erster von den drei Brüdern Jacob, Wilhelm und Ludwig Grimm erschien Wilhelm 
in Weimar. Sie waren sämtlich durch ihre Brentano-Amim-Savignysche Freundschaft Goethe 
wohl empfohlen, und Wilhelm sah sich 1809 von ihm und den Seinigen recht gut aufgenommea 
Z. f. B. 1912/1913. 4 


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Steig, Die Brüder Grimm und die Weimarische Bibliothek. 


Er galt als ein angehender junger Gelehrter, der schon in den Heideibergischen Zeitschriften 
Proben seines Wissens und Könnens abgelegt hatte, und dem die königlich westfälische Dienst¬ 
stellung seines Bruders Jacob ebenfalls eine Art beamtenmäßigen Rückhalts gab. Er besuchte 
auch in bestimmter Arbeitsabsicht die Bibliothek in Weimar, der Goethes Schwager Vulpius 
Vorstand. Indessen fand er keine Bücher, die er mit Jacob brauchen konnte, dagegen zwei 
Manuskripte, eins mit Fabliaux und Erzählungen von Teichner und andern, sowie eine Samm¬ 
lung Lieder, unter denen es auch dem ersten Anschein nach an guten Minneliedem nicht fehlte. 
Aber die Benutzung machte Schwierigkeit Die Bibliotheksordnung gestattete nicht, die Hand¬ 
schriften mit in die Wohnung zu nehmen, und Wilhelm hätte verzichten müssen, wenn nicht 
durch Goethes Vermittelung die Übersendung der Handschriften ermöglicht worden wäre. Der 
Akt ging aber in streng formeller Weise vor sich. Jacob, nicht Wilhelm mußte ein Gesuch 
einreichen. Goethe befürwortete es beim Geheimen Rat von Voigt, nicht allein aus Teilnahme 
an den jungen Grimms, sondern auch aus Politik, da ihm von Göttingen aus alle und jede 
Bücher auf sein Verlangen bis auf die neuesten Zeiten (das heißt bis auf die königlich westfälischen 
Zeiten) mitgeteilt worden seien, wogegen er dorthin (das heißt nach dem Königreich West¬ 
falen) auch etwas Freundliches zu erzeigen wünsche. Das Gesuch wurde genehmigt. Unter 
Goethes persönlicher Bürgschaft und mit einem Begleitbriefe von ihm (Goethe und die Brüder 
Grimm Seite 64) gingen die Handschriften am 19. Januar 1810 nach Kassel an Jacobs dienst¬ 
liche Adresse ab. Dem früher gelieferten Nachweise, wie und wo die Brüder Grimm in ihren 
Büchern von den weimarischen Handschriften Gebrauch gemacht haben, namentlich in der 
Schrift über den altdeutschen Meistergesang und in den Altdeutschen Wäldern, füge ich noch die 
Mitteilung hinzu, daß sich in ihrem Nachlasse auch eine von Wilhelms Hand gefertigte Abschrift 
der wichtigeren Inhaltsstücke vorgefunden hat. 

Die Rückgabe dauerte Goethe aber zu lange. Selbst abgeneigt, die Empfänger zu 
mahnen, übertrug er dies unangenehme Geschäft dem Bibliothekar Vulpius. Im Begriff, nach 
Karlsbad zu reisen, schrieb er diesem am 13. Mai 1810 (Weimarer Ausgabe IV 21,293): 
„Sollte Herr Staatsratsauditor Grimm in Cassel jene ihm zugesendeten Manuskripte zur rechten 
Zeit nicht zurückschicken, so erinnern Sie solche höflich und beziehen Sich darauf, daß ich nicht 
gegenwärtig bin“. Das letzte Sätzchen beweist, daß Goethe auch die kleine Kunst verstand, 
das Fatale einer Sache, das er sich femhalten wollte, einem nachgeordneten Beamten aufzulasten. 

Ehe aber eine Mahnung erlassen wurde, kamen die Handschriften von Kassel zurück, mit 
folgendem Briefe an Vulpius (dessen Mitteilung ich Herrn Max Kahlbeck in Wien verdanke): 

Wohlgeborener # Cassel, am 8. Jun. 1810. 

Hochgeehrtester Herr. 

Ew. Wohlgeboren übersende ich hierbei die beiden Manuscripte zurück, mit der Bitte, mir den richtigen 
Empfang derselben, nur mit ein paar Worten, zu bescheinigen. Zugleich ersuche ich Sie, die Einlage an 
S. Excellenz abgeben zu laßen. 

Mit vollkommener Hochachtung 

Ew. Wohlgeb. gehors. D(iene)r W. C. Grimm. 

Die Einlage ist das ausführlichere Schreiben Wilhelm Grimms vom gleichen Tage an Goethe 
(Goethe und die Brüder Grimm, Seite 67); hätte Vulpius schon gemahnt und Goethes Ab¬ 
wesenheit erwähnt, so würde Grimm nicht eine Einlage an Goethe beigeschlossen haben. 

Im Sommer des nächsten Jahres machte Jacob Grimm aus persönlichem Anlaß eine 
sächsisch-thüringische Studienreise und berührte Weimar. Über seinen dortigen Aufenthalt be¬ 
richtete er Wilhelm aus Dresden am 5 * Juni 1B11*: „In Weimar war Göthe schon vierzehn Tage 
fort, der Herzog soeben, Madame Schopenhauer verreiste noch denselben Tag, daher ich nicht 
hinging; andere wie Majer, Schütz und Falk mochte ich nicht besuchen. Bios der alte Bertuch 
war da, der mir ganz im Stil seines Sohns erzählte, daß dieser nach Dessau gegangen wäre, 

* Diese Briefstelle, die dem Grimmschen „Briefwechsel ans der Jugendzeit“ fehlt, gebe ich hier nach dem Original; 
über des faßreisenden Antiquars Arendt Verhältnis zu Weimar darf ich auf „Goethe und die Brüder Grimm**, Seite 42, 44, 
▼erweisen. 


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Steig, Die Brüder Grimm und die Weimarische Bibliothek. 


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um seine gute Frau zu holen. Vulpius ist sehr fatal, war aber neben einer gewissen Ein¬ 
bildung, womit er an seine planlosen Excerpte und sein rühmliches Gedächtnis denkt, äußerst 
höflich. Von Arendts wunderbarer Gelehrsamkeit in allen Fächern hat er mir viel erzählt, die 
ganze Göttinger Bibliothek ist nach Arendt eine bloße Lumperei gegen Upsala. Übrigens ist 
sein Codex der Edda wirklich auf Pergament und also keine schlechte Copie, schreib doch 
dem Rask darüber, wie mag er wohl dazu gekommen sein?“ Er hatte sich aber von der 
Weimarer Bibliothek eine bestimmte Ausgabe des Pentamerone von Basile geborgt, die er unter¬ 
wegs durchzulesen und auf der Rückreise abzugeben gedachte. Er und Wilhelm bedurften der 
Ausgaben des Basile fiir ihre Märchen, und im dritten Bande (1822 Seite 276) kann man einen 
Bericht über die Weimarischen, von Femow auf die dortige Großherzogliche Bibliothek ge¬ 
brachten Ausgaben lesen. Aber anstatt des Buches empfing Vulpius folgenden Brief (dessen 
Abschrift ich Herrn Albert Cohn verdanke): 


An/ Herrn Bibiiothecar/ Doctor Vulpiusj Wohlgeb./ Weimar, j frei. Gotha am 26 , en xgu 

Auf meiner Rückreise von Dresden kam ich bei Nacht und so schnell über Weimar, daß es mir nicht 
erlaubt war, Ihnen, hochgeschätzter Herr Bibiiothecar, aufzuwarten und Ihnen eine kleine Bitte vorzulegen, 
welche ich nun, weü ich in Gotha einige Tage raste, nicht einmal bis nach Caßel verschieben will. Sie ist: mir 
das güdgst geliehene Buch: ü Pentamerone del cavalier G. B. Basüe, overo lo cunto de li cunte. Napole 1714. 
12®° noch einige Zeit zu laßen; ich dachte es in Dresden auszulesen, habe aber dort so viel zu thun gefunden, 
daß ich gar nicht daran kommen konnte; Ihre gefällige Verstattung, dieses nicht gemeine, und mir in mehr als 
einer Hinsicht merkwürdige Buch zu gebrauchen, würde also keinen Erfolg für mich haben, wenn Sie nicht 
den Termin prorogiren wollten; welches wohl um so statthafter ist, da Sie noch eine andere Ausgabe in neapo¬ 
litanischem und dazu eine in bolognesischen Dialect auf der Bibliothek besitzen. Die letztgenannte würde mir 
leichtlich minder Schwierigkeit beim Verständnis machen, als es der neapolitanische Text thut, besonders ohne 
Galianis vocabulario; um welches ich jedoch, der bekannten Bibliotheksregel eingedenk, nicht zu bitten wage. 

In Jena konnte ich mich umgekehrt erst bei meiner Rückkunft verweilen und Herr Färber hat mir die 
Schloßbibliothek, die wirklich im glottischen und botanischen Fach recht schöne Sachen enthält, bereitwilligst 
gezeigt. Freilich hat mich die Universitätsbibliothek mehr beschäftigt, deren neuer Verwalter, Prof Gülden¬ 
apfel, mir äuserst gefällig und behüflich war. 

Wenn sich Gelegenheit zeigen sollte, wo ich Ihnen, hochgeehrtester Herr, mit meinem geringen Dienst 
an Hand gehen kann, so rechne ich darauf, daß Sie mich nicht verschonen. Ich habe die Ehre mit besonderer 
Hochachtung zu seyn Ew. Wohlgeb. gehors. D(iene)r Grimm. 

N. S. 


Sollte Ihnen gelegentlich das mir vorgezeigte, von einer Bücherdecke abgelöste Pergamentblatt Vor¬ 
kommen, welches ich gleich für eine altdeutsche Bearbeitung des trojan. Kriegs erkannte und das mit den 
Worten angeht: 


Daz buch kan auch mer sagen 
eyn konig sant den ersten wagen pp 

so wünschte ich sehr zu wißen, (denn ich habe mir in der damaligen Eüe nur die 23 ersten Zeilen copirt) ob 
bald darauf ein neuer Abschnitt folgt, etwa mit folgenden Worten: 

Ecuba vil sorgen pflag 
do si bi hertzeliebe lag 
an Priamo irem werden man 
gros wunder twingen do began 
das wunderschöne süße wib 
so das ir kusch er süßer lib 
von schrecken jamers not gewan 
sy ducht ein vackel wunnesan 
wer ir gewachsen an der stunt ppp. 

In diesem Fall wäre das Fragment bestimmt aus dem Wolfram-Eschenbachischen troj. Krieg. Ich nehme obige 
Stelle aus der Dresdner Abschrift des alten codids gotwicens., der etwa 26,000 Reimzeüen hat, so daß Ihnen 
manche Blätter fehlen. Merkwürdig aber wäre, daß Ihr Fragment gerade noch einige Vorworte aufbewahrte, 
denn jene Handschrift hebt gleich mit: Ecuba vil pp an. 

Sehr erbaut scheint Vulpius von Jacob Grimms neuerlichem Überschreiten der Leihfrist 
nicht gewesen zu sein. Die Antwort lautet ziemlich kurzsilbig: 

Weimar, d. 9. Jul 1811. 

Wenn Ew. Wohlgeboren von den Mscpt. Blättern die ereteren 23 Verse kopirt haben, so heißt der 24ste, 
25ste nicht Ecuba vÜ sorgen pflag, 


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Steig, Die Brüder Grimm und die Weimarische Bibliothek. 


sondern Syn schon Wip hiz Ekkuba 

Die was reyne vnd kusch da. 

Eynes nachtez die frauwe enslif 
Eyn troum in ir herze lif u. s. w. 

Sie werden die Gefälligkeit haben des Basile Pentamerone zurückzusenden, so bald es Ihnen möglich ist 

Ew. Wohlgeboren gehors. Diener Vulpius. 

Aber Jacob Grimm sandte den Basile sobald doch nicht zurück; wahrscheinlich am Jahres¬ 
schlüsse gemahnt, suchte er um weitere Verlängerung der Leihfrist nach, unter Mitsendung 
eines neuen Leihscheines. Worauf er von Vulpius das folgende ärgerliche Schreiben zurück¬ 
erhielt: Weimar, den 26. Febr. 1812. 

Ich sende Ihnen hierbei Ihren alten Schein über des Basile Pentamerone zurück, und habe freilich nicht 
geglaubt daß Ihnen das Buch so lange nöthig wär, da Sie es nur auf einige Wochen verlangten. Nun freilich 
ist es etwas lange, von vier Wochen her, daß Sie daßelbe noch x / 2 Jahr zu behalten wünschen, ich muß es 
also Ihnen überlassen, mir daßelbe so bald als es Ihnen möglich ist zurückzusenden, denn wenn es noch ein* 
mal von einem andern verlangt wird, so bin ich der Gefahr ausgesetzt, daß ich Verantwortung habe, da Sie nicht 
wie ich Ihnen rieth, den gesetzlichen Weg einschlugen, und Ihr Gesuch schriftlich der Bibliotheks-Commission 
vortrugen, weil Sie, wie Sie sagten, das Werk so bald wieder zurückgeben wollten. Ich überlasse daher alles 
Ihrer eigenen Ansicht und Einsicht, da der Fall mir noch nicht vorgekommen ist, auch nicht wieder Vorkommen 
durfte. Mich bestens empfehlend Dero ergebenster Diener Vulpius. 

Hiermit endigen die nachweisbaren, unmittelbaren Beziehungen zwischen Vulpius und den 
Brüdern Grimm. Grimms Arbeiten konnten auch aus Weimariscjien Büchern und Handschriften 
keine Nahrung mehr ziehen, und der „Bibliothekar des Romantisch-Wunderbaren“, wie ihn Wil¬ 
helm 1817 öffentlich bezeichnete, war ihnen persönlich nicht besonders ans Herz gewachsen. 


n. 


ln Goethes allerletzte Lebenszeit fiel die Übersiedelung der Brüder Grimm von Kassel an 


die Bibliothek zu Göttingen. Er war fünf Jahre tot, als die sogenannten Göttinger Sieben, darunter 
die Brüder Grimm, aus politischen Gründen ihrer Ämter entsetzt wurden. Die großartige Teil¬ 
nahme, die sich allenthalben für die Göttinger Sieben kund tat, fand auch in der Weimarischen 
Gesellschaft ihren Widerhall. Goethes Schwiegertochter erklärte sich öffentlich für sie. 

Im Grimmschen Nachlasse befindet sich ein (soviel ich weiß) imbekanntes Gedicht der 
Frau Ottilie von Goethe, das Jacob, als er 1838 amtlos in Kassel lebte, von Dr. J. H. Chm. 
Schubart, dem nachmaligen Kasseler Bibliothekar, zugeschickt bekam. „Auf der letzten 
Maskerade in Weimar“, schrieb ihm dieser am 30. April 1838, „circulirte beiliegendes Gedicht, 
fiir dessen Verfasserin Fr. v. Göthe gehalten wird. Da ich glaubte, daß dasselbe fiir Sie von 
einigem Interesse sein könnte, habe ich es mir geben lassen, um es Ihnen mitzutheilen.“ Das 

Gedicht lautet: ~ ~ . .. , c . , 

Traurige Geschichte der Sieben. 

(In Weimar auf einer Maskerade ausgetheilt) 


Kingleku, ich glaub in China, 

Wo man stets gar sehr bemüht, 

Daß kein Saamenkom Gedanke 
In dem Kopfe Funken sprüht, 
Dachte drauf, des Reichs Gesetze 
Umzustoßen keck und frei, 

Daß sein unumschränkter Wille 
Künftig ohne Fessel sei. 

Des Confucius große Seele 
War schon längst der Erd* entflohn, 
Doch noch liebt er seine Brüder, 
Nahte sich des Fo-to Thron, 

Fleht um Segen fiir sein Land, 

Und des Fo-to hohe Gottheit 
Reicht gewährend ihm die Hand: 
„Als den Lohn für hehre Tugend 


Sollst du wirken fort auf Erden; 

Sieben deiner weisen Lehren 
Sollen plötzlich Menschen werden.** 

So entstanden sieben Männer 
Reich an Muth und Kraft und Wahrheit, 
Standhaft und voll hoher Mäß’gung, 
Feurig, doch voll milder Klarheit 
Aber Kingleku verblendet. 

Hat sie aus dem Reich vertrieben, — 

Ist ihr Wirken dort geendet, 

Sind sie doch der Welt geblieben, — 
Hat verbannt die Götterfunken, 

Die in Form der Menschen kamen, 

Und es deckt nun seinen Namen 
Stets mit Schmach Historia. 1 


* Jacob Grimm hat über das erste Wort geschrieben: „Kinglefu“, und unter das ganze Gedicht: „verfaßt von Frau 
von Göthe“. — Ein Einzeldruck (1 Blatt 8°), mit andern Maskengedichten zusammengebunden, befindet sich im Goethe- 
Schiller-Archiv. (D. Red.) 


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Der Meinung dieses weimarischen Gedichtes entspricht auch eine briefliche Mitteilung des da¬ 
mals jugendlichen RudlofF aus Berlin, 12. August 1838 (ungedruckt), an die Frau Dorothea 
Grimm, die Frau v. Meusebach rate Jacob und Wilhelm, bis die Berufung nach Berlin erfolgen 
könne, zu interimistischem Aufenthalte in Jena: „Sie wissen wohl, wie die Großfürstin von Weimar 
— oder Großherzogin, wenn man nicht Berlinisch reden will — im Sommer den Sieben das 
Wort geredet hat; sie ist eine gescheute Frau und gewiß nicht abgeneigt, ihr kleines Land 
durch Deutschlands erste Gelehrte noch einmal zu verherrlichen." Wie eine etwaige Verwen¬ 
dung der Brüder Grimm im Weimarischen Staatsdienste gedacht war, konnte nicht zweifelhaft 
sein. Nach Vulpius war Riemer, Goethes ehemaliger Sekretär und ständiger Hausgast, Biblio¬ 
thekar in Weimar geworden. Träte der Fall ein, daß seine Stelle neu zu besetzen wäre, worauf 
man schon damals zu rechnen schien, so sollten die Brüder Grimm an die Bibliothek berufen 
werden. Muße zu eignen Arbeiten würden sie dann im Überfluß haben und in dieser Hinsicht 
viel besser als in Göttingen, ja in Kassel gestellt sein. 

Diese Aussicht schien sich schnell zu verwirklichen. Am 24. Januar 1840 schrieb Dahl¬ 
mann aus Jena an Jacob (Ippel 1, 375): „Vor ein paar Tagen ist Riemer in Weimar gestorben. 
Sie können sich denken, wie mir der alte Plan durch den Kopf geht, Sie beide durch diesen 
Anlaß nach Weimar versetzt zu sehen. Blutwenig Amtsgeschäfte und eine doch immer acht¬ 
bare Bibliothek zu Ihrem Gebrauche; der eigentliche Gehalt ist freilich nur 800 Taler; Riemer 
hat auf anderem Wege mehr gehabt. Der Kanzler Müller tut gewiß das Äußerste dazu. 
Weisen Sie, wenn er kommen sollte, was doch nicht unmöglich ist, es doch ja nicht ab, und 
lassen Sie mich gleich von etwanigen Anstößen wissen." Die Todesnachricht war jedoch 
verfrüht, und Jacob bemerkte darauf launig: ,Riemern wollen wir von Herzen das längste Leben 
gönnen." Riemer hatte im Gegenteil noch Leben genug, ein neues Buch, die „Mittheilungen 
über Goethe", herauszubringen, worin mit alter Mißgunst Bettina wegen ihres neuen Buches 
„Goethes Briefwechsel mit einem Kinde" hergenommen war, die sich darüber bei Jacob Grimm 
beklagte. Ein guter Scherz ist es von Jacob, wenn er daraufhin Dahlmann schreibt: „Wäre 
ich vor zwei Jahren nach seinem Tode Bibliothekar in Weimar geworden, so hätte das ihr 
wahrscheinlich den Ärger erspart." Die Stelle darf eben nur als Scherz, nicht wörtlich (wie 
geschehen ist) verstanden werden. 

Riemer starb wirklich am 20. Dezember 1845. Es ist verwunderlich genug: während er 
seinem Unbehagen gegen die Frau von Arnim Luft machte, stand der Erbgroßherzog Karl 
Alexander in vertrautestem Verkehr und Gedankenaustausch mit ihr. Wäre dergleichen Un¬ 
stimmigkeit wohl zu Goethes Lebzeiten möglich gewesen? Die Frau von Arnim hatte sich 
früher offenbar auch dem Erbgroßherzog gegenüber ihrer Freunde Grimm mit Eifer angenommen. 
So kam es, daß er ihr am 19. Januar 1846 einen (ungedruckten) Brief schreiben konnte, in dem 
er zweimal in bedeutsamer Weise der Brüder Grimm erwähnte. Erstens: er lasse ein dickes 
Buch über die Geschichte der Wartburg schreiben. Es solle seinen Restaurationsarbeiten auf 
seinem alten Stammschlosse ab Supplement dienen. Die Geschichte der Minnesänger werde 
dabei natürlich nicht fehlen, und eifrig lasse er Notizen über dieselben und ihre Werke sammeln: 
„wo könnte ich aber mehr Nachrichten einsammeln, wo leichter zu meinem Zwecke kommen, 
als bei dem gefeierten Brüderpaar Grimm, die so rühmlich sich auch gerade mit diesem Theile 
unserer Litteratur beschäftigt haben, und an deren bloße Namen sich die ganze weite Welt 
der Phantasie und der Träume des Mittelalters zu knüpfen scheint. Da Sie die beiden Herrn 
Grimm wohl kennen, ich denselben aber fremd bin, so bitte ich Sie, so gütig sein zu wollen, 
mir zu meinem Zwecke zu verhelfen und die Herrn zu ersuchen, ob und welche Werke dieser 
Zeit der Minnesänger nicht publicirt, ob und welche Notizen, auf die alten Meister bezüglich, 
den schon bekannten Nachrichten nachzutragen, anzunehmen seien." 

Und zweitens schreibt der Erbgroßherzog: „Durch den Tod des Oberbibliothekars Riemer 
haben wir einen Verlust erlitten, dem Sie auch Ihren Antheil gewiß nicht versagt haben werden, 
da das Leben des Verstorbenen sich an das Goethes knüpfte. Von Herzen hoffe und wünsche 
ich, daß die beste Wahl, die dem Namen Weimars würdigste, den Verlust ersetzen könnte. 


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Ein unvollständiges Gedicht von Heinrich Heine. 


Wie wünschte ich die Gebrüder Grimm in Weimar. Mit aufrichtigster Anerkennung und Liebe 
sollten und würden sie aufgenommen werden “ So war hier der lange gepflegte Plan, die 
Brüder Grimm an die Weimarische Bibliothek zu ziehen, von höchster Stelle des Staates an¬ 
genommen und zu entschiedenem Ausdrucke gebracht worden. 

Die Anfrage des Erbgroßherzogs kam, wenn man die damalige Lage der Brüder Grimm 
ins Auge faßt, zu spät für sie. Sie waren nun schon seit sechs Jahren in Berlin angesessen; 
ihre Berufung faßten sie immer als einen persönlichen Akt des Königs Friedrich Wilhelm IV. 
auf, dem sie sich treu verpflichtet fühlten. Sie konnten sich daher nicht zur Annahme 
des Weimarischen Rufes entschließen. Bettina hat den Auftrag des Erbgroßherzogs 
ausgerichtet; Beweis dafür ist, daß Jacob Grimm sich mit eigener Hand eine Abschrift des 
erbgroßherzoglichen Briefes genommen hat, die der Nachlaß aufbewahrt Das Ergebnis der 
für Grimms gewiß nur kurzen Überlegung entnehme ich einem (ungedruckten) Briefe Bettinens 
an ihren ältesten Sohn, dem sie mitteilte: „Gestern schrieb mir der Erbgroßherzog von Weimar 
(d. h. empfing ich den Brief des Erbgroßherzogs von Weimar), mit der Bitte, den Grimm den 
Antrag zu machen, in Weimar den Platz als Oberbibliothekare anzunehmen. Es ist doch 
selten, daß immer mir die Chancen ihrer Geschicke in die Hände kommen. Sie haben in 
Gnaden abgeschlagen mit der Bemerkung, vor sechs Jahren würden sie es mit Dank ange¬ 
nommen haben, aber jetzt seien sie zu sehr an den König attachirt.“ 

Damit sind der Brüder Grimm Beziehungen zur Weimarischen Bibliothek zu Ende. Ver¬ 
übelt hat man ihnen an maßgebender Stelle ihre Haltung nicht, ebensowenig Herrn an Grimm, 
als der Versuch mißlang, ihn in jungen Jahren in den weimarischen Dienst zu ziehen. Im Gegen¬ 
teil sind die weimarischen Herrschaften bis zuletzt gegen ihn von persönlichem Wohlwollen 
beseelt gewesen und haben in vielen wichtigen Fragen, die Dinge wie Personen betrafen, seine 
Ansicht eingeholt und ihre Entscheidung danach getroffen. 


Ein unvollständiges Gedicht von Heinrich Heine. 

(Nachdruck verboten.) 

D urch die liebenswürdige Vermittlung von Herrn Charles AndUr , Professor an der Sorbonne 
in Paris, sind wir in der Lage unsem Lesern ein bisher nur als Fragment bekanntes Heinesches 
Gedicht vollständig mitzuteilen, welches er, gemeinsam mit unserm Mitarbeiter Herrn 
Otto Grautoff, im Besitze der Witwe des Herrn Etienne Hecht in Paris (Boulevard Haussmann 
140) entdeckte. Das Manuskript besteht aus zehn Blättern von verschiedenem Format, voll¬ 
ständigen Blättern in Großquart und halben, zerrissenen in Oktav; die Verse sind mit Bleistift 
in einer bis zu den letzten Worten festen und schönen Schrift geschrieben. Der Anfang des 
Gedichtes ist unter dem Titel „Zur Teleologie“ seit Strodtmanns Ausgabe der „Letzten Gedichte“, 
Hamburg 1869, Seite 140, bekannt, vgl Elsters Ausgabe II, 75, Tempel-Ausgabe II, 151. Unser 
Manuskript enthält als Schluß 45 bisher unveröffentlichte Verse; daneben aber eine große 
Anzahl von Streichungen und Korrekturen, durch die Heine nach seiner auch sonst bekannten 
Art den ersten Entwurf veränderte und die in unserm Abdruck buchstabengetreu wiedergegeben 
sind. An einigen Stellen erkennt man, daß der Dichter mit dem Radiermesser Worte aus¬ 
gekratzt hat, um die Verbesserungen darüber zu schreiben. Das Manuskript gehörte ursprünglich 
dem Verlagshaus Calman-Levy; auf verschiedenen Blättern findet sich der Name des früheren 
Chefs von Calman-Levys eigener Hand eingetragen. 

Die Verse 105 ff. enthalten, nach gütiger Mitteüung des Herrn Dr. Otto Weiß in Weimar, 
eine offenbare Anspielung auf die Hegelsche Philosophie, welche gerade durch die Vereinigung 
polar entgegengesetzter Funktionen die höhere Stufe und somit den Sinn der Teleologie erklärt 
So weist Hegel zum Beispiel in seiner Naturphilosophie (Encyklop. ed. Mich. II, 585) auf den Gegensatz 


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Ein unvollständiges Gedicht von Heinrich Heine. 


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der animalen und ideellen Funktion des Mundes (Essen, Trinken und Lachen, Sprechen, Küssen) 
und der Augen (Sehen und Weinen) hin. Auch diese Beziehungen dürften die Mitteilung der 
bisher unbekannten Schlußverse rechtfertigen. 


[Blatt 1] Beine hat uns zwey gegeben 

Gott der Herr, um fortzustreben, 

Wollte nicht daß an der Scholle 
Unsre Menschheit kleben solle. 

5 Um ein Stillstandsknecht zu seyn 
Gnügte uns ein einzges Bein. 

Augen gab uns Gott ein Paar 
Daß wir schauen rein und klar; 

Um zu glauben was wir lesen, 

10 War ein Auge g’nug gewesen. 

Gott gab uns die Augen beide, 

Daß wir schauen und begaffen 
Wie er hübsch die Welt erschaffen 
Zu des Menschen Augenweide; 

15 Doch beim Gaffen in den Gassen 
Sollen wir die Augen brauchen 
Und uns dort nicht treten lassen 
Auf die armen Hühneraugen, 

Die uns ganz besonders plagen 
20 Wenn wir enge Stiefel tragen. 

Gott versah uns mit zwey Händen 
Daß wir doppelt gutes spenden. 

Nicht um doppelt zuzugreifen 
Und die Beute aufzuhäufen 
25 In den großen Eisentruhn, 

Wie gewisse Leute thun — 

(Ihren Namen auszusprechen 
Dürfen wir uns nicht erfrechen, — 
Hängen würden wir sie gern 
30 Doch sie sind so große Herrn, 
Phüantropen, Ehrenmänner, 

Manche sind auch unsre Gönner, 

Und man macht aus deutschen Eichen 
Keine Galgen für die Reichen.) 


35 Gott gab uns nur eine Nase 
Weü wir zwey in einem Glase 
Nicht hineinzubringen wüßten, 

Und den Wein verschlappem müßten. 

[Blatt 2] Gott gab uns nur einen Mund 
40 Weil zwey Mäuler ungesund. 

Mit dem einen Maule schon 
Schwätzt zu viel der Erdensohn. 

Wenn er doppeltmäulig wär 
Fräß* und lög’ er auch noch mehr. 

45 Hat er jetzt das Maul voll Brey 
Muß er schweigen unterdessen, 

Hätt’ er aber Mäuler zwey, 

Löge er sogar beim Fressen. 

[Blatt 3] Mit zwei Ohren hat versehn 

50 Uns der Herr. Vorzüglich schön 
Ist dabey die Symetrie. 

Sind nicht ganz so lang wie die, 

So er unsern grauen braven 
Kameraden anerschaffen. 

55 Ohren gab uns Gott die beiden, 

Um von Mozart, Gluck und Haiden, 
Meisterstücke anzuhören — 

Gäb es nur Tonkunst-Kolik 
Und Hämorrhoidal-Musik 
60 Von dem großen Meyerbeer 
Schon ein Ohr hinlänglich wär! 

[Blatt 4] Als zur blonden Teutolinde 
Ich in solcher. Weise sprach, 

Seufzte sie und sagte.* Achl 
65 Grübeln über Gottes Gründe, 
Kritisiren unsern Schöpfer, 


2 um nach gestrichnem damit 

10 Darnach gestrichen: 

Mit den beiden <über Ueberi> Augen <beiden> jetzt 
Bücken <uber Schauen > wir in weite Ferne aus bis 
<nach> in den Himmel <in die lVeiie> 
Und am Himmel uns ergötzt 
Sonne, Mond und auch die Sterne. 

Die endgiltige Fassung von V. 11—20 auf einem besondern 
halben Blatt 

11 Nach gestrichnem: Augen gab uns Gott die beide 
15 Nach gestrichnem: <Ganz> In den Kopf setzt er 

Gant besonders hat er Augen 

{Die des Kopfes ) U ns geg<eben /> 

Be 

23 Nach gestrichnem: 

Nicht um doppelt einzustecien 
Fremde Hab in unsren Säcken. 

{Diesen Missbrauch beider Hand 
Rügt das neue <über alte> Testament, 

Und es sagt uns, dass <über das neue sagt :> der Frommen 
Linke <für Rechtey Hand niemals erfahre <nach erfahre 
Was die rechte Hand genommen nie> 

Weiß nicht, ob ich recht zitire <nach Ich citierey.) 

Die endgiltige Fassung von Vers 23—34 auf einem be- 
sondem halben Blatt 

23 Nicht nach gestrichnem Um zuzugreifen nach ge¬ 
strichnem einzustecken 


31 Philantropen nach gestrichnem Si<nd?> 

45 Hat nach gestrichnem Hott 

48 Hier folgt die gestrichne Strophe: 

Gleichfalls nur ein einiges Glied 
Gab dem Menschen Gott damit 
Er fortpflanze seine Rage 
Und zugleich sein Wasser lasse. 

56 Gluck und nach gestrichnem Haendel, dieses über 
Gluck u.; darauf folgt: 

Anzuhören die Musik 

Gäb es nur die Gluck, R und Weber die Musik 
<Einge> Alle Tage anzukören 
Gäb* es nur der Meyerbeere 
Anzu<Jiöreri> Tonkunstwerke 

59 Hemeroihdal-Musik 

62 Nach gestrichnem: So zur blonden Teutotindc 
Sprach ich 

65 Zuerst: Wunderbar sind Gottes Gründe 
Wenn der <Wahrlich wenn der> 

Seh ich wie der <über ein> Menschenkopf 
Kriäsiret <so> unsern Schöpfer 
Seh ich einen <über wie der> Menschenkopf 
Krisisiren <.d> unsern Schöpfer, 

Welcher kritisirt d<jeri> 

<Wenn> Doch der arme Menschenkopf 
Kritisiret unsern 

65 Grübeln über für gestrichnes Kritisieren 


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CORNELL UNIVERSUM 






32 


Ein unvollständiges Gedicht von Heinrich Heine. 


Achl das ist ab ob der Topf 
Klüger seyn wollt als der Töpfer! 

Doch der Mensch fragt stets: Warum? 
70 Wenn er sieht daß etwas dumm. 

Blatt 5] Freund ich hab dir zugehört 
Und du hast mir gut erklärt 
Wie zum wehesten Behuf 
Gott dem Menschen zwiefach schuf 
75 Augen, Ohren, Arm’ und Bein, 
Während er ihm gab nur ein 
Exemplar von Nas’ und Mund — 
Doch nun sage mir den Grund: 

Gott der Schöpfer der Natur 
80 Warum schuf er einfach nur 
Das skabröse Requisit 
Das der Mann gebraucht damit 
Er fortpflanze seine Race 
Und zugleich sein Wasser la§se. 

85 Theurer Freund, ein Duplikat 
Wäre wahrlich hier von Nöthen 
Um Funkzionen zu vertreten 
Die so wichtig für den Staat 
Wie für’s Individuum, 

90 Kurz fürs ganze Publikum. 

Eine Jungfrau von Gemüth 
Muß sich schämen, wenn sie sieht 
Wie ihr höchstes Ideal 
Wird entweiht so trivial! 

95 Wie der Hochaltar der Minne 
Wird zur ganz gemeinen Rinne! 


Psyche schaudert, denn der kleine 
Gott Amur der Finstemiss 
Er verwandelt sich beim Scheine 
100 Ihrer Lamp’ — in Mankepiss. 

Abo Teutolinde sprach, 

Und ich sagte ihr: Gemach! 

Unklug wie die Weiber sind, 

Du verstehst nicht, liebes Kind, 

105 Zwei Funkzionen die so gräulich 
Und so schimpflich und abscheulich 
Mit einander kontrastieren 
Und die Menschheit sehr blamieren. 
[Blatt 6] Gottes Nützlichkeitssystem, 

110 Sein Oekonomie-Problem 

Ist daß wechselnd die Maschienen 
Jeglichem Bedürfniß dienen, 

Den prophanen wie den heilgen, 

Den pikanten, wie langweilgen, — 

115 Alles wird simplifizirt; 

Klug ist alles kombinirt: 

Was dem Menschen dient zum Seichen 
Damit schafft er Seinesgleichen. 

[Blatt 7] Auf demselben Dudelsack 
120 Spielt dasselbe Lumpenpack. 

Feine Pfote, derbe Patsche, 

Fiddelt auf derselben Bratsche 
Springt und singt und gähnt ein jeder, 
Und derselbe Omnibus 
125 Führt uns nach dem Tartarus. 


67 Ach! nach gestrichnem Als 
69 Doch nach gestrichnem Aber ya 
71 Freund nach gestrichnem Ja 
74 Zuerst: Gott in der b/o<ß /> uns 

Gott der Schöpfer doppelt schuf 
Augen, Ohren , Arm u. Beine 
Das mag <:xuährend er nur> 

Gott der Schöpfer der Natur 
Zwiefach, doppelfaltig schuf 

78 Zuerst: Doch nun sage mir — der Schöpfer der Natur, 
Sage mir 

82 Zuerst: Das der Mann 

Das dem Manne dient 
85 Zuerst: Ach , es war ein dugplicaO 

O, mein W Wahrlich , 0 mein 
88 Zuerst: Die zugleich wie für den Staat 
92 Muss nach gestrichnem Schämt 

97 kleine nach gestrichnem Gott 

98 Zuerst: der ein, dann: Ihrer süssen Finsl<erniß> 

101 Teutolinde nach gestrichnem Th 
105—107 Zuerst: Und dabey 

Zwey Funktionen , die gleichzeitig 
Sich blamieren beiderseitig , 

Durch den schnödesten Contrast! 


105 so graulich nach gestrichnem zugleich 
108 Und nach gestrichnem Dass wir sehr nach ge¬ 
strichnem höchst über fast 

111 Ist dass wechselnd für gestrichnes Wo abwechselnd <dic 
einfachsten > Maschinen 

112 Zuerst: Zu verschieden Zwecken , dann: Combin<irten>, 
endlich: Ganz verschiednen Zwecken dienen 

n 3 wie über und 

114 Den Pikanten wie aus Amüsanten und 

115 simplifizirt nach gestrichnem so 
117—125 Nach gestrichnem 

Menschen zeugt man , urinirt 

Auf derselben Violine 

Spielt J'anofka, Paganini 

Mozart und den ßären-Meyer 

Gleichfalls auf derselben Leyer <zuerst ßühne> 

Spielt man Meyerbeer, Rossini, 

Alles musizirt <über komponirfy und fiddelt 
Die Extreme sind vermittelt 
Und derselbe Omnibus 
Führt uns nach dem Tartarus. 

122—123 Hier scheint ein Vers (mit dem Reim auf jeder ) 
zu fehlen. 




Johann Jacob Christoph von Grimmelshausen 
und die Illustrationen seiner Werke. 


Von 

J. H. Schölte in Amsterdam. 
Mit 13 Abbildungen. 


V. 


S tand bei den obenerwähnten Schriften das Bild-entweder im ersten Plan oder übertraf es 
den Text an Bedeutung, — in der Regel ist dem Dichter Grimmelshausen natürlich das 
Wort Hauptsache und bildet das Kupfer nur eine Zugabe. Deutlich ist das beim „Simpli- 
cissimus“; nachdem einige Drucke eine rasche Verbreitung gefunden hatten, kamen Verfasser 
und Verleger überein, durch das Aufnehmen von „20 anmuthigen Kupffem“ den Vertrieb des 
Werkes noch zu fördern. Es ist dies der „gantz neu eingerichtete, allenthalben viel verbesserte 
Abentheuerliche Simplicius Simplicissimus“, der im Jahre 1671 bei W. E. Felszecker in Nürn¬ 
berg erschien, eine für die Textkritik der Simplicissimusdrucke höchst wichtige Ausgabe, eben 
wegen der erwähnten zwanzig Kupfer. „Gibt mich dannoch nicht Wunder“, sagt Grimmelshausen 
mit Bezug auf diese Bilder in seinem Wunderbarlichen Vogelnest (Erster Theil, Kapitel 11, Aus¬ 
gabe des Litterarischen Vereins zu Stuttgart, Band III, Seite 413), „daß der alte Simplicissimus 
in alle Kupfferstück, so sich in seiner Lebens-Beschreibung befinden, gesetzt Hat: Der Wahn 
betrügt, vomemlich wann ich mich erinnere, daß ich auf dieser Reise einsmals seinen Sohn beym 
Leben erhalten, weßwegen er dann diesen Spruch vielleicht so oft andet und vor sein Symbolum 
erwehlet hat, als nemlich ein Eyfersichtiger Hanrey ihn und sein eigen Weib Ehebruchs halben 
anklagte, welche Histori dann, wie unten folgen wird, meine obige Meinung von Ursach der 
Menschlichen Urtheil Betrug bezeugen wird“. Dieser Passus bildet eine vorläufige Hindeutung 
auf die Ereignisse, die Grimmelshausen im 14. und 15. Kapitel des Vogelnests erzählt, wo der 
junge Simplicius zweimal einem unschuldigen Verdacht anheimfällt, zunächst, als er von 
eifersüchtigen Mönchen im Kloster angeschwärzt wird, dann, als ein unbegründeter Argwohn 
eines eifersüchtigen Gatten ihn in große Schwierigkeiten bringt. Die Episode im Kloster 
hat vermutlich einen historischen Hintergrund, weswegen dem Verfasser die Erzählung und 
der dabei ausgesprochene Grundgedanke so besonders wichtig sind. Schon Tittmann 
machte darauf aufmerksam, als er in der Einleitung seiner „Simplicianischen Schriften“ 
(Band II, Einleitung Seite 11) sagt: „Das Schicksal des jungen Simplicius im Kloster, die 
verleumderische Verdächtigung desselben durch neidische Mönche, scheint auf einem that- 
sächlichen, den Vater tief berührenden Ereigniß zu beruhen. Für eine Erfindung wäre sie 
. an sich zu unbedeutend. In der Scene mit der Wirthin und deren Folgen hätten wir dann 
eine burleske Illustration des Gemeinplatzes zu erblicken, daß für den schwersten Verdacht 
der leichteste Anhaltspunkt genügen kann“. Und Bechtold geht noch einen Schritt weiter, 
wenn er die Episode in Allerheiligen im Schwarzwald zu lokalisieren versucht 1 , und im An¬ 
schluß daran die Vermutung ausspricht, daß Grimmelshausens Sohn das Gymnasium des 
Klosters besucht haben wird. 

Aus der dem Vogelnest Kapitel 11 entnommenen Stelle geht zweierlei mit Sicherheit 
hervor: erstens, daß die Bilder mit der Inschrift „Der Wahn betreügt“ einer von Grimmels- 

* „Zeitschrift für Bücherfreunde“, N. F. II, Seite 58. 

Z. f. B. 1912/1913. 5 


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Gck igle 


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CORNELL UNÜVERSm 1 




34 Schölte, Johann Jacob Christoph von Grimmelshausen und die Illustrationen seiner Werke. 


16), wo er sagt: „Auch die 
Bilderder Originalausgaben 
verdienten nicht, wieder¬ 
holt zu werden“. Vom 
künstlerischen Standpunkt 
vertragen diese Behauptun¬ 
gen keinen Widerspruch: 
als Buchschmuck steht 
ein Titelblatt von Walter 
Tiemann ungleich höher, 
an eine Ver- 


VtrOVahn fictrtußt' 


dar! man 

gleichung der unbeholfenen 
Radierungen einer offen¬ 
bar nicht berufsmäßigen 
Hand und der vollendeten 
Radierungen eines Klinger 
(„Intermezzi“) gar nicht den¬ 
ken. Die Bedeutung der 
Simplicissimus-Bilder liegt 
eben nicht in ihrer Aus¬ 
führung, sondern in ihrer 
Idee. Sie hängen unmittel¬ 
bar mit dem Text zusam¬ 
men und sind aus denselben 
Anschauungen erwachsen, 
aus denen derText entstand. 
Es ist eine an sich äußerst interessante Aufgabe, zu verfolgen, wie der Illustrator seine Bilder zu 
gleicher Zeit als Ergänzungen des Textes und als aus dem Text geschöpfte Begründungen seines 
Grundsatzes „der Wahn betrügt“ hat dienen lassen. Sie verraten ein so intimes Vertrautsein mit 
dem Text, ein so inniges Versenken in die Gedanken- und Gefühlswelt des Dichters, daß dies allein 
schon die Herausgeber hätte stutzig machen sollen. Untenstehende Andeutungen mögen die Zu¬ 
sammengehörigkeit mit dem Werke wie mit dem Grundsatz „der Wahn betrügt“ begründen. 

Liber i, caput 6 : Simplicissimus, der von seinem Knan eine Beschreibung des Wolfes ge¬ 
hört hat, hält den beteyiden Einsiedler, dem er das Leben verdankt und dem er noch vieles zu 
verdanken haben wird, für einen Wolf: 




Radierung aus dem ..Simplicissimus**. Ausgabe D (1671). 
Nach dem Original in der Herzoglichen Bibliothek in 
Meiningen, ('/i GrößeJ 


Der Thor sucht Trost in Eitelkeit 
Der Klug in Gott die Himmlisch freud. 


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CORNEIL UN1VERSITY 


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Schölte, Johann Jacob Christoph von Grimmelshausen und die Illustrationen seiner Werke. 35 


Liber 1, caput ig: Simplicissimus hält den Offizier , dem er in Hanau Rede und Antwort 
stehen muß, seiner Kleidung und Barttracht wegen für einen Hermaphroditen (eine Reproduktion 
des zeichnerisch und kulturhistorisch interessanten Bildes findet sich auf Seite 34): 

Alßdan dein Vrtheil am Ehisten Leügt, 

Wan dich deines Nechsten Kleidung betreügt. 



Liber 2, caput 7: Simplicissimus, der von seiner Umgebung für einen Harren gehalten 
wird , benutzt die Gelegenheit, den Anwesenden harte Wahrheiten zu sagen und sich über sie 


lustig zu machen: 

Zusehender, gebe dein Vrthel 
hervor; 

Wer ist vnder diesen der 

gröseste Thor. 

Liber 2, caput 77: 
Simplicissimus nähert sich 
zwei Holzhauern, um ihnen 
von einer erbeuteten Geld¬ 
summe eine Ha?idvoll Du¬ 
katen zu geben , aber diese 
entfliehen , weil ihnen die 
Sache nicht geheuer ist: 

Vmbs holde Golt wagt man¬ 
cher Leib und Leben 
Vnd diese gehn durch da ichs 
Ihn wolt geben. 

Liber 2, caput 22: 
Der junge Hertzbruder wird 
in große Schwierigkeiten 
gebracht, dadurch daß ein 
vergoldeter Becher, der zum 
Zweck der Verdächtigung 
von dem bösen Olivier ge¬ 
stohlen worden war, bei 
ihm wiedergefunden wird 
(vgl. nebenstehende Repro¬ 
duktion) : 

Die vnschuld wird mit 

Straff belegt, 
Wo sich der Neid und 

Mißgunst Regt. 


- iß ' 


Radierung aus dem „Simplicissimus“. Ausgabe O (1671). 
Nach dem Original in der Herzoglichen Bibliothek in 
Meiningen. (*/» Größe.) 


Diese Szene, wo aus 
„Neid und Mißgunst“ der 
junge Hertzbruder in un¬ 
schuldigen Verdacht gerät, 
hat eine gewisse Ähnlich¬ 
keit mit der Seite 33 be¬ 
sprochenen Episode aus 
dem Vogelnest, wo aus 
Neid und Mißgunst zwei 
Mönche den jungen Sim¬ 
plicissimus verdächtigen, 
der deswegen aus dem 
Kloster fortgeschickt wird. 

Liber 2, caput 31: 
Simplicissimus als „Jäger 
von Soest“ rettet sich 
beim „Speckdiebstahl“ aus 
einer mißlichen Lage, da¬ 
durch daß er den Teufel 
spielt: 

Die Fromkeit ist balt 

Zubetriegen 

Wann die Boßheit anfängt 

Zulügen. 

Liber 3, caput 2: 
Simplicissimus, der „Jäger 
von Soest“, überlistet den 
bösen Olivier, der ihm als 
der „Jäger von Werle“ un¬ 
erlaubte Konkurrenz macht 
und läßt ihm von seinen 


Gesellen, die sich als Teufel vermummt haben , eine derbe Abstrafung geben: 


Wiltu dein Listigen Feinde besiegen, 

So mustu Ihn auch mit Lüsten bekriegen. 


Liber 3 , caput 8: Bei der Bestürmung eines Städtchens und der darauffolgenden Durch¬ 
suchung eines Hauses bekommt Simplicissimus einen großen Schrecken, als er in einem Trog 
einen Mohren entdeckt, den er zuerst für den „Lucifer selbst“ ansieht: 

Der Nackent Erschreckte, Erwachent vom Schlaffen, 

Erschrecket mit Zittern die Sighaffte Waffen. 

Liber 3, caput 21: Ein Obrist-Leutnant, der begreiflicher- aber doch irrtümlicherweise 


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CORNELL UNIVERSUM 









36 Schölte, Johann Jacob Christoph von Grimmelshausen und die Illustrationen seiner Werke. 


meint , Simplicissimus habe seine Tochter verführt , läßt das junge Paar stehenden Fußes im 
jungfräulichen Bette, wie die Reproduktion auf dieser Seite zeigt, kopulieren: 

Offt mancher Verboster, der nur denckt Zuschertzen, 

Muß endlich mit ernste Es meinen von Hertzen. 


Was darflf es mit Waffen Zu 
dingen ZuZwingen, 

Darnach doch so mancher 
von selbsten thut Ringen. 

Liber 4 , caput jo: 

Simplicissimus, der mit 
seinen Gefährten einRhein- 
schijf plündern wollte , ge¬ 
rät ins Wasser (vgl. die 
Abbildung auf Seite 37) 
und wird in äußerster 
Lebensgefahr von der 
Bemannung eben dieses 
Schiffes unter großen 
Schwierigkeiten gerettet; 
um sein Leben zu er¬ 
halten, sucht er durch 
lügnerische Erzählungen 
das Mitleid der Beman¬ 
nung zu erregen: 

Schaw! denen ich wolt nach 
dem Ihrigen Streben, 

Dieselbe erhalten mir Jetzund 
das Leben. 

Liber 4, caput 22: 

Olivier erzählt, wie er, 
um die Forderung seiner 
Maitresse zu erfüllen und 
zu gleicher Zeit „eine treff¬ 
liche Kurtzweil“ ZU haben, Radierung au» dem „Simplicissimus“, Ausgabe D (1671). das ander thut nur SChertzen. 

Tr . . TT . Nach dem Original in der Herzoglichen Bibliothek in Meiningen. r , . 

eine Katze den Hunden (1/l GröDe) Liber 5, caput 7. 

preisgegeben habe; die Simplicissimus hält das 

Mädchen im Sauerbrunn für ein unschuldiges, sprödes , einfaches Landmädchen ; zu spät bemerkt 
er, daß er sich eine lockere, verschwenderische Dirne ins Haus geholt hat: 

Begierde der Augen betrüben die Hertzen, 

Erregen nachrewen, Geberen nur Schmertzen. 

Liber 5, caput 8: Simplicissimus, der Kavalier im Sauerbrunn, begegnet einem Bauern, der 
eine Ziege zu verkaufen hat; es stehen sich unerkannt der reich gewordene Bauernjunge und 
sein armer Pflegevater aus dem Spessart gegenüber: 

Die Zeit verändert vns, das Kind Macht sie Zum Mann, 

Einen bringt sie vom Glück, den anderen bringt sie dran. 

Liber 5, caput 18: Simplicissimus, der durch die Zauberkraft des Mummelseeprinzen auf 


1 

iUuVcni'HU'bnuttmtli’O-mnuc wnijft'fv 


Original ffom 

CORNELL UNiVERSITY 


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Schölte, Johann Jacob Christoph von Grimmelshausen und die Illustrationen seiner Werke. 37 


einem ihm fremden Grundstück einen Sauerbrunnen aus der Erde erweckt hat, will ihn den 
erstaunten Bauern schenken, aber diese verschmähen seine Gabe , die ihnen doch zum Woldstand 
hätte verhelfen können : 

Wo Einig Mißtrauen die Leuthe vergifftet, 

Da wird weder Freundtschafft noch Glücke gestiflftet. 

Liber 6, caput 18: Simplicissimus , der in Ägypten von arabischen Räubern gefangen ge¬ 
nommen worden ist, ivird von diesen Räubern als „wilder Mann“ den Menschen gezeigt'. 

Zusammensetzung von 
zwei Vorstellungen ist; 
oben sieht man einen 
Tisch mit Büchern und 
dahinter auf einer Bank 
den Verkäufer, umgeben 
von Zuschauern; der un¬ 
tere Teil des Bildes zeigt 
eine Gespenstererschei¬ 
nung in einem Stall. 
Das obere Bild bezieht 
sich auf eine Stelle aus 
der ersten Continuatio , 
wo Simplicissimus von 
seiner Tätigkeit als Kalen¬ 
dermacher und Kalender¬ 
verkäufer erzählt: „Wie 
nun der angeneme Tag 
erschienen war, daran ich 
meiner Sache eine löbliche 
Probe thun solte, da be¬ 
flisse ich mich nicht anders, 
als ein Meistersänger, 
meine Kähle hell und ge- 
lauffig außzurüsten, zu dem 
Ende mir dann mein Wirth 
mit einem Paar Kannen 
Bier trefflich behülflich 
war. Also ausgestaffiret 
und wol versehen machte 
ich mich im Namen Mer- 
curii des Gottes aller Quacksalber und Leutbetrüger auf den Marckt, legte meine herrliche 
Autores auf das zierlichste aus, verfügte mich auf meine Banck als auf einen Predigstuhl und 
machte solche Minen mit Hin- und Herstreichung meines Barts, der meinen Mund und Kühn 
als ein vestes Pollwerck umschantzet hatte, daß auch die meisten vorüber gehenden Leute nur 
demselben zu gefallen stille stunden, um zu sehen, was ich doch endlich nach langem reuspern 
anfangen und verrichten würde. Die Anzahl Zuschauer gemahnte mich nicht anders als ein 
grosser Hauffe Fliegen um einen Milchtopff. Als ich nun meine Nachtigallen Stimm annehm¬ 
lich und hell genug erschallen Hesse, da fieng einer unter dem Hauffen, seines Handwercks ein 
Schlotfeger, also von Hertzen über meine liebliche Stimme an zu lachen, daß er das Maul aus 
der Gabel brachte und also nicht mehr zusammen bringen konteV Diesen Schlotfeger sieht 

x Man vergleiche hiermit die parallellaufende Schilderung im siebenten Kapitel des Springinsfeld, auf welche 
Episode ich in dieser Arbeit schon einmal, gelegentlich meiner Besprechung der „Gauckel-Tasche“ (Seite 12), hingewiesen 
habe. Da ist es Springinsfeld, der „allerhand Thierer Geschrei, von dem lieblichen Waldgesang der Nachtigallen an 


Gewinnsucht mit betrug, waß 
thut doch diese nicht, 
Sie macht dich gantz Zu 
nichts vnnd ein Schelmstück 
außbricht. 




Radierung aus dem ..Simplicissimus“, Ausgabe D (1671). 
Nach dem Original in der Herzoglichen Bibliothek in 
Meiningen. (*/» Größe.) 


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CORNELL UNIVERSUM 


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mm 


38 Schölte, Johann Jacob Christoph von Grimmelshausen und die Illustrationen seiner Werke, 


man links im Vordergrund des Bildes und auf ihn beziehen sich die unter dem Bild befind¬ 
lichen Verszeilen: 

Simplicissimus kan machen 
Daß man unerhört mus Lachen 
Ein Schlotfeger ob den Dingen 
Kan das Maul nicht mehr Zubringen. 

Die untere Hälfte dieses Bildes, das Gespenst im Stall, bezieht sich auf eine Stelle aus 
der zweiten Continuatio. Simplicissimus, als fahrender Arzt oder vielmehr Quacksalber, kommt 

in die Nähe von Frank- _ Haar regten sich meinem 

furt, wo er für sein Nacht- f| I l V Beduncken nach auf dem 

lager in einem Stall vor- I Kopflf, als wolten sie 

lieb nehmen muß. „Da lebendig werden, oder als 

es aber nach Mitternacht Äl ^ wann mir ein Haufifen 

würde, erweckte mich ^ Würm darauf herum krie- 

ein Gerümpel, welches JxT/ chen; die Pferdte hupfiften 

die Pferdte machten, und ' ' *'' zuruck und machten neben 

als ich die Augen auf- ihren Reuspern ein groß 

thät, erschreckte mich Gerappel mit den Ketten, 

ein Geist eines dicken H.. ^ daran sie gebunden wa- 

Corpulenten Weibsbildes, m ^&L V\A\vnVi I ren“. Dies alles sieht 

welches ein dunckelbren- man auf dem Bild, das 

nende Kertze in der Hand f die Unterschrift hat: 


Simplicissimus beij Nacht 
Hört, daß poltern wird ge¬ 
macht, 

Ein gespenst Er vor Ihm 

siehet, 

Morgens Er den Schatz heim 
Ziehet. 


<ci«t wlt:. n<\ Wl* (?,-<& l^c*>cr«Vi6ui r$<rt/" 


Radierung aus dem „Simplicissimus“. Ausgabe D (1671). 
Nach dem Original in der Herzoglichen Bibliothek in 
Meiningen. (*/i Größe.) 


bis aufT das forchterlich Geheul der Wölffe, beydes inclusive“ nachahmt und so den erwünschten „Umstand“ herbeilockt. 
Mit Bezug auf meine Seite 21 ausgesprochene Behauptung, daß Grimmelshausen bei seiner Schilderung des Vagabunden¬ 
tums bestimmte Typen im Auge hatte, scheint mir dieser gemeinsame Zug bei Simplicissimus und Springinsfeld äußerst 
wichtig. In diesem Zusammenhang zitiere ich aus meinen „Problemen der Grimmelshausenforschung“ Folgendes: „Der 
landfahrende Storger und Leutebetrüger, Theriakkrämer und Steinschneider, Zeitungssinger und Kalenderverkäufer war 
für den Schriftsteller Grimmelshausen eine scharf geschaute und in Handlungen und Eigentümlichkeiten genau begrenzte 
Figur, die er planmäßig und bewußt für seine schriftstellerische Tätigkeit verwertete“ (Seite 249). In diesem Licht 
wird das reproduzierte Fliegende Blatt: „Abbildung der wunderbarlichen Werckstatt des Weltstreichenden Artzts Simpli- 
cissimi“ für das Bild von Grimmelshausens literarischer Arbeitstechnik noch bedeutungsvoller. 


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CORNELL UNIVERSITY 


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mm 


usw. 


Schölte, Johann Jacob Christoph von Grimmelshausen und die Illustrationen seiner Werke. 39 


Bobertag bezieht in seiner Grimmelshausen-Ausgabe in der deutschen National-Litteratur dieses 


CoutC. 


Kupfer, wie es die Reihen¬ 
folge seiner Bilder beweist 
— er setzt das Bild zwi¬ 
schen die Kupfer Liber 5, 
caput 18 und Liber 6, ca- 
put 18 auf Seite 195 seines 
zweiten Bandes — auf 
den Anfang des Sechsten 
Buchs, offenbar auf fol¬ 
gende Stelle: „Daselbst* 
hat der geliebte Leser 
verstanden, daß ich wie¬ 
derum ein Einsidler wor¬ 
den, auch warum solches 
geschehen: gebühret mir 
derowegen, nunmehr zu 
erzehlen, wie ich mich 
in solchem Stand ver¬ 
halten.“ . „Eins¬ 

mahls faullentzte ich unter 
einer Thanne im Schatten, 
und gab meinen unnützen 

Gedancken Gehör. 

Womit einer wachend 
handieret, damit pflegt 
einer gemeiniglich auch 
traumend vexirt zu wer- 

, , ., Pteuiu iiimlt . .»•-nuirlvi! 

den, und solches wider- — _ 

fuhr mir damals auch ; Radierung aus dem „Simplicissimus“, Ausgabe D 
dann SO bald ich die N.ch d.m Ori*in.l m der H'r.oglichen Biblioh« 

Meiningen, ('/i Große.) 

Augen zugethan hatte, 

cissimus umgeben, direkt an teuflische Vorstellungen erinnern 


tntJHiruiumi** Mt 1 

Vidittnei 

*P*e.U/»n '• Ivit^f-rtiarlv 


Radierung aus dem „Simplicissimus“, Ausgabe D (1671) 
Nach dem Original in der Herzoglichen Bibliothek in 
Meiningen. (*/i Größe.) 


sähe ich in einer tieffen 
abscheulichen Grufft das 
klingende höllische Heer 
und unter denenselben 
den Groß-Fürsten Lucifer 
zwar auf seinem Regi- 
ments-Stul sitzen, aber mit 
einer Ketten angebunden, 
daß er seines Gefallens 
in der Welt nicht wüten 
könte: die viele der hölli¬ 
schen Geister, mit denen 
er umgeben, begnügten 
durch ihr fleissiges Auf¬ 
warten die Grösse seiner 
höllischen Macht. Als ich 
nun dieses Hof-Gesind be¬ 
trachtete, kam unver¬ 
sehens ein schneller Postil¬ 
lion durch die Lufilt ge¬ 
flogen, der ließ sich vorm 
Lucifer nider und sagte“ 


Für Bobertags Auf¬ 
fassung spricht, daß im 
Text wie in der Unter- 
. 1 schrift vom Einsiedler¬ 

tum des Simplicissimus 
>«) die Rede ist, und daß 

die Gestalten, die den 
ausgestreckten Simpli¬ 
lm übrigen widerspricht sich 


manches. Das Bild zeigt weder eine höllische Gruft — die Ausgabe E, die an dieser Stelle in 
auffälliger Weise von der obenstehenden nach D respektive A zitierten Lesart abweicht, spricht 
von einer „tieffen abscheulichen Klingen“ (Talschlucht), welche Fassung ich für die ursprüng¬ 
lichere halte — noch die Tanne, unter der Simplicissimus eingeschlafen ist. Auch die Be¬ 
schreibung des höllischen Großfürsten stimmt nicht, da keiner von den Geistern auf einem 


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* Das heißt im Fünften Buch des Simplicissimus. Die hier zitierte Stelle findet sich im ersten Kapitel des 
Sechsten Buchs, Ausgabe Kurz II Seite 125, beziehungsweise Bobertag II Seite 194, beziehungsweise Keller II Seite 826; 
die Fortsetzung im zweiten Kapitel des Sechsten Buchs, Kurz II Seite 127, beziehungsweise Bobertag II Seite 197, 
beziehungsweise Keller II Seite 830. 


Das bisher noch nicht erwähnte Bild (vgl. die Reproduktion auf dieser Seite) erfordert 
eine ausführlichere Besprechung, da die Beziehung zum Text keineswegs feststeht. Es zeigt 
einen kleinen von Bäumen umgebenen Platz, eine liegende menschliche Gestalt und einige 
stehende und sich bewegende höllische Figuren. Die Unterschrift lautet: 


Simplicissimus ist worden 
Ein glied im Einsiedler Orden 
Sieht viel ungeheure Sachen 
Die Ihm angst und bange machen. 










40 Schölte, Johann Jacob Christoph von Grimmelshausen und die Illustrationen seiner Werke. 


„Regiments-Stul“ sitzt, noch einer durch eine „Kette“ in seinen Bewegungen gehemmt wird. 
Alles zusammengenommen, glaube ich, daß Bobertags Auffassung von diesem Bild eine falsche 
ist, weshalb ich sie durch eine befriedigendere Deutung ersetzen möchte. 

„Als ich einsmals ungefähr auf einer Insul, deren ich gleichsam wie im Schlauraffenland gelebt, 
mich mit Fischen um etwas zu viel bemühet und nach eingenommenem Trunck Palmwein 
meiner Gewonheit nach unter einen lustigen Baum in Schatten schlaffen gelegt hatte,“ — so 
fängt Grimmelshausen die andere Continuation seiner Simplicianischen Wundergeschichten an — 
„da weckten mich sechs abscheuliche Männer mit grosser Ungestümme ohnversehens auf, welche 
ich ihrer heßlichen Gestalt wegen, die so wol in ihren Angesichtern, als der Proportion ihrer 
Leiber erschiene, anfänglich vor böse Geister hielte und dessentwegen wol 1000 Creutz vor 
mich machte/* Hier stimmt die Szenerie besser als bei der oben zitierten Beziehung, die 
Landschaft hat einen südländischen Charakter; auch manche von Grimmelshausen beschriebene 
Einzelheit, „sie kollerten mit mir und unter sich selbsten eine Sprache daher, wie erzömete 
Kalekuttische Haanen“, gaben mir „ungeheure Rippstösse“, korrespondiert mit der Vorstellung auf 
dem Kupfer; das Auffällige ist bloß, daß der Illustrator nicht die Wirklichkeit zum Gegenstand des 
Bildes genommen hat, sondern daß er die subjektive Vorstellung, die Simplicissimus im Moment 
des Erwachens von den Männern bekommt, auf dem Bild zum Ausdruck bringt In Wirklich¬ 
keit wird Simplicissimus nicht von Teufeln, sondern von Wilden überfallen; er hält sie aber, 
wie er sagt, anfänglich für böse Geister, und diesen Moment hält der Zeichner fest Diese 
Auffassung findet in den äußeren Umständen mehr als eine Stütze. Die Bilder haben rechts 
oben, über oder in dem Kupfer, eine Andeutung, zu welchem Buch und Kapitel sie gehören; 
die Angabe auf dem in Rede stehenden Bild ist wohl nicht anders als als „ 2 . Continuatio“ zu 
deuten. Auch durch das Fehlen des Leitmotivs „Der Wahn betreügt“ gehört <ias Bild mehr 
mit dem Doppelbild der ersten und zweiten Continuation zusammen, als daß man anzunehmen 
hätte, daß die Reihe der oben beschriebenen achtzehn Bilder dadurch hätte unterbrochen werden 
sollen. Schließlich weicht auch der Charakter der Unterschriften der zuletzt beschriebenen Bilder 
von den achtzehn zuerst beschriebenen ab; die achtzehn Bilder haben als Unterschriften die mit¬ 
geteilten Reimpaare mit jambischem Versmaß; die drei Unterschriften auf dem Doppelbild und 
dem Bild, das ich auf den Anfang der zweiten Continuation beziehen möchte, sind trochäische 
Vierfüßler; alle drei Strophen fangen mit dem metrisch bezeichnenden Wort Simplicissimus 
an, während in den andern Unterschriften der Name des Helden nicht vorkommt; im 
Gegenteil sind diese möglichst allgemein gehalten. Alles in allem scheint es mir nicht 
zweifelhaft, daß die zwei zuletzt beschriebenen Bilder unter sich eng zusammengehören. 
Auch Adelbert von Keller, der sich sonst um die Kupfer sehr wenig kümmert, hat es 
in unbefangen - richtiger Auffassung mit dem Doppelbild in Zusammenhang gebracht, wie 
aus Seite 1005 seiner Simplicissimus-Ausgabe hervorgeht — Ich vermute, daß die zu den 
Continuationen gehörigen Bilder später als die andern entstanden sind; vielleicht erst in dem 
Augenblick, wo der Dichter sich entschloß, die drei Continuationen, für die er anfänglich wohl 
eine andre Verwendung im Auge hatte, (vgl meine „Probleme der Grimmelshausenforschung** I, 
Seite 249) seiner Simplicissimus-Ausgabe beizufügen. 

Der innige Zusammenhang, welcher bei den achtzehn zuerst besprochenen Bildern zwischen 
Text und Bild einerseits und andrerseits zwischen den Bildern unter sich mit Bezug auf den 
gemeinschaftlichen Grundgedanken besteht, fuhrt mich zu der Hypothese, daß der Dichter an 
der Illustrierung seines Werkes einen intensiven Anteil genommen habe, daß sicher die 
Konzeption der Bilder, vielleicht aber auch ein Teil der Ausführung derselben von ihm stamme. 

Daß Grimmelshausen sich als Sekretär des Offenburgischen Regiments zeichnerisch 
betätigt habe, hat Dr. A. Bechtold in dieser Zeitschrift (Neue Folge II, Seite 59) wahrscheinlich 
zu machen gesucht. Es handelt sich um vier Zeichnungen, die unter den Akten des Dreißig¬ 
jährigen Krieges im Reichsarchiv zu München in Tom. 576 unter Nr. 30 und 31, 53 und 54 
bewahrt werden; sie bilden Beilagen zu der Korrespondenz des Obersten Hans Reinhard von 
Schauenburg an den Kurfürsten Maximilian Emanuel von Bayern (1573—-1651), den Gründer 


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Schölte, Johann Jacob Christoph von Grimmelshausen und die Illustrationen seiner Werke. 41 


der katholischen Liga. Als Kommandant von Ofifenburg hatte der Oberst von Schauenburg 
dem Kurfürsten regelmäßig Kriegsberichte zu senden; diese von dem Obersten Unterzeichneten 
Kriegsberichte sind, wie die Schriftvergleichung unwiderleglich bezeugt, von seinem Sekretär Johann 
Jacob Christoph von Grimmelshausen geschrieben. Wieweit wir hier einfaches Diktat oder größere 
Selbständigkeit des Sekretärs anzunehmen haben, bedarf noch einer nähern Untersuchung. 

In einem Schreiben vom 25. Januar 1645 bespricht der Oberst den Stand der Fortifikation der 
Festung Offenburg und Verbesserungsvorschläge für dieselbe; die zwei Beilagen, von denen die 
erste von Walter in seiner „Geschichte der Stadt Offenburg“ (1880 flg.), dann von Wingenroth in 
den „Kunstdenkmälem des Kreises Offenburg“, auch von Bechtold in dieser Zeitschrift (N. F 
II, Beilage zum zweiten Heft) und schließlich von Batzer in der „Ortenau“ (1910/11) ver¬ 
öffentlicht wurde, sind zunächst ein „Abriß hießigen Postens, wie derselbe Sich anietzo be¬ 
findet“, und sodann ein „Abriß, wie ermelter Posten meines geringfüegigen erachtens vollents 
Zue fortificirn were.“ Die zwei andern Zeichnungen, von denen erstere gleichfalls von 
Wingenroth und Bechtold an den erwähnten Stellen der Öffentlichkeit übergeben wurde, 
sind Ansichten von Hohengeroldseck, das auch zum Schauenburgischen Regimentskommando 
gehörte.* 

Die von Wingenroth angedeutete und von Bechtold näher ausgeführte Hypothese, 
daß die Zeichnungen von Grimmelshausens Hand herrühren, hat eine große Wahrscheinlich¬ 
keit fiir sich. Die Schrift der Briefe wiederholt sich in den Erklärungen auf den Zeichnungen: 
auch Tinte und Federführung weisen auf den Zusammenhang mit dem von Grimmelshausen 
geschriebenen Text hin. Für den Plan von Offenburg scheint der Zeichner eine ältere 
Vorlage benutzt zu haben; verschiedene Teile der Zeichnung sind, was perspektivische 
Richtigkeit und überhaupt zeichnerisches Talent anbelangt, durchaus nicht gleichwertig; die 
Teile, wo der Zeichner die Vorlage verläßt, besonders offenbar auf der Kinzigseite, im 
Westen, haben für die Kenntnis von Grimmelshausens Zeichenkunst den meisten Wert. 
Daß der Plan von einem Dilettanten gezeichnet respektive nachgezeichnet wurde, geht ja zur 
Genüge aus dem Schreiben an den Kurfürsten Maximilian von Bayern, wozu die Zeichnung eine 
Beilage bildet, hervor. Da der bis jetzt unveröffentlichte Brief in mancher Hinsicht interessant 
ist, teile ich ihn in extenso mit: 

Durchleüchtigster Churfürst, Gnedigster Herr, 

Ew. Churfürstl. Durchl. an mich abgelassen Gnedigstes rescript auß München vom 13. Januarij dißes 
negst angetrettenen 1645. Jahres hab Jch Vnderthenigst empfangen, Vnnd darauß dero Gnedigstes Gesinnen 
Gehorsambist vernommen; Jenem dan Zue schuldigstem folg Ew. Churfürstl. Durchl. Jch hiebeij durch 
vnderschidliche beijlagen, alß mit lit. A den Abriß hießigen Postens, wie derselbe Sich anietzo 
befindet, so guet Es alhier gemacht werden könden; So dan mit Lit. B wie ermelter Posten meines 
geringfüegigen erachtens vollents Zue fortificirn were; mit Lit. C waß ane Stückh vnnd munition 
Vorhanden, waß dauon der Röm. Kaijs. Maij., wie auch Ew. Churfürstl. Durchl. vnnd dann auch hießiger 
Statt Offenburg Zuegehörig, vnnd mit Lit D eine specification alhießiger Guarnison Gnedigst begehrtermassen 
Gehorsambist überschickhe; da nun Ew. Churfurstl. Durchl. Gnedigste Intention in Ein' oder anderem Jch nicht 
erreichen solte, Erwarte Jch dero fernere Gnedigste information vnnd befelche, deme alß dan gleichfahls von mir 
Gehorsambist nach gelebt werden solle; 

Sonsten erfordert dießer an Sich selbsten zimblich weitläuffiger Posten Zue seiner nothwendigen besatzung 
auf begebende Occasion (wan sonsten alle Übrige requisiten Vorhanden) weniger nicht als Ein taußent Mann, 
Vnd kan Ew. Churfurstl. Durchl. Jch Vnderthenigst Versichern, daß, so lang Jch alhier commandire, die Not- 
turfften Vnd abgang ermelten Postens beij dem Kaij. hoff gleichsamb ohne Vnderlaß nicht allein durch 
schrifftliche remonstrationes sondern auch Zue mehrmahlen durch Vnderschidliche mit meinen großen Costen 
dahin abgeschickte Officier (allermassen Sich der Vrsachen nach auf diße Stundt Ein hauptman meines Regi¬ 
ments darunder aufhalten vnnd eijffrig sollicitiren thuet) mündtlich aller- Vnd Vnderthenigst Vortragen lassen, So 
hat jedoch, solches alles biß dahero wenig unterfangen mögen, dahero der Posten gleichsamb continuirlich, 
sonderlich aber beij ietziger Ew. Churfurstl. Durchl. negsthin Vnderthenigst Überschribener beschaffenheit, in 
höchster gefahr; Zuemahlen Ew. Churfurstl. Durchl. auß denen beijlagen F und G Gnedigst Zue ersehen. 


1 Ausführlichere Angaben bezüglich des Schauenburgischen Regiments finden sich in meinen „Problemen der 
Grimmelshausenforschung** I, Seite 23lfigg. 

Z. f. B. 1912/1913. 6 


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42 Schölte, Johann Jacob Christoph von Grimmelshausen und die Illustrationen seiner Werke. 


waA mir vod einem Vertrawten correspondenten auA StraAburg feindtshalber notificirt worden, Welches von 
dero GeneralVeldtmarschalckh, Freijberren Von Mercij, Jch auch also bald berichtet; Vnnd demnach Jch der 
Post Eins vnnd anders aufTzuegeben bedenckhens getragen, A 1 A hab Ew. Churfürstl. Durchl. solches durch 
aigenen Gehorsambist übersenden, vnnd Zuegleich demselben Zue Churfürstl. Hulden und Gnaden mich Vnder- 
thenigst empfehlen sollen. 

Offenburg, den 25. Januarij Anno 1645. 

Ew. Churfürstl. Durchl. 

Vnderthenigster vnd Gehorsambster 

HanA Reinhard von Schawenburg. 

P. S. 

Auch Gnedigster Churfürst vnnd Herr. 

Gleich nach Verfertigung diAes, werde Jch per Expressum von Meinem Correspondenten auA StraAburg 
berichtet, daß der duc d’Anguin mit 12000 Mann in HerauAmarch bereits vor seine Persohn beij Thues Vnnd 
die Vortrappen beij Pfaltzburg angelangt, were aber ohn Vorsehens contramandirt worden, stehet also die Ge- 
wiAheit Eins oder ander mit nechstem Zue vememmen. 

Dem Schreiben sind außer den beiden Plänen von Offenburg samt einer „Außlegung der 
in dießen Abrissen mit lit. A. und B notirter Ziffer“ eine Spezifikation der Mannschaft von 
Offenburg und zwei Extrakte aus Schreiben der „Vertrawten Persohn aus Straßburg“ beigefügt 
Alles ist von Grimmelshausen geschrieben worden, mit Ausnahme der Unterzeichnung Hanß 
Reinhard von Schawenburg und der drei vorhergehenden Worte. Da der Kommandant von 
Offenburg bei den Plänen besonders hervorhebt „so guet Es alhier gemacht werden könden“, 
ist es wohl sicher, daß sie im Bureau des Kommandanten entstanden sind. Die Möglichkeit, 
daß der Kommandant selbst die Zeichnungen verfertigt haben könnte, fällt schon dadurch weg, 
daß die Federführung Hans Reinhards eine viel spitzigere und ungelenkere ist als die, welche 
die Zeichnungen verraten. 

Bechtold hat auf Seite 60, Jahrgang II der Neuen Folge dieser Zeitschrift, Fußnote, darauf 
hingewiesen, daß Grimmelshausen seinem Simplicissimus und damit wohl sich selbst Ingenieur¬ 
kenntnisse nachrühmt Besonders beweiskräftig scheint mir hier die Stelle im vierten Kapitel 
des Fünften Buchs, wo die Lokalisierung in Bad Griesbach, damals oft „der Schawenburgische 
Brunnen“ genannt, stark auf persönliche Erlebnisse des Helden hinweist („Probleme I“ Seite233flgg.). 
Simplicissimus wird da folgendermaßen charakterisiert: „er sei nit allein ein guter Soldat, der Pulver 
riechen könte, sondern auch ein zimlicher Reuter, ein perfecter Fechter, ein trefflicher Büchsenmeister 
und Feurwercker und über diß alles einer, der einem Ingenieur nichts nachgeben würde** Daneben 
dürften auch die Stelle Buch I, Kap. 21 (Ausg. Keller I, Seite 127), wo Grimmelshausen mehr 
als oberflächliche Kenntnisse von Malertechnik zeigt, und die Stelle Buch V, Kap. 12 (Ausg. 
Keller II, Seite 740), wo Grimmelshausen seinem Helden geometrische Fertigkeit zuschreibt, ins 
Gewicht fallen. Schließlich scheint mir in diesem Zusammenhang das Titelkupfer mit den Me¬ 
daillonporträten von Bedeutung zu sein, welches ich bei meiner Besprechung von J. A. Böner auf 
Seite 18 erwähnte, und das sich in ursprünglicherer Form in den Simplicissimus-Ausgaben C und D 
findet. Außer den fünf bekannten Medaillons sind auf diesem Stich folgende Wappen und 
Embleme abgebildet: links oben ein geschlossener Helm und über diesem eine Figur ohne Arme, 
deren Kopf von der Haut eines Kalbskopfes mit langen Ohren eingehüllt ist, so daß nur das 
Gesicht zu sehen ist; rechts oben ein in drei Felder eingeteiltes Wappen mit je einer Maske; 
in der Mitte ein Schwert und ein Dreschflegel kreuzweis gelegt, welche da, wo sie sich berühren, 
durch einen Rosenkranz gezogen sind; über demselben der Kalbskopf, aber hohl und ohne 
Gesicht; zwischen Dreschflegel und Schwert unten Tintenfaß und Federkiel, oben ein aus¬ 
gespannter Zirkel. (Eine Reproduktion dieses Bildes folgt nebenstehend auf Seite 43.) Aus 
zwei Elementen setzen sich diese Wappenzeichen und Embleme zusammen: Scherz und Emst. 
Die „drey rothen Larven in einem weissen Feld“ und auf dem Helm das „Brustbild eines jungen 
Narm in Kälbernem Habit, mit einem paar Hasen-Ohren“ (Simplicissimus, Buch I, Kap. 11, 
Ausgabe Keller I, Seite 437) vertreten das scherzhaft-närrische Element; der Degen und der 
Dreschflegel, Federkiel, Tinte und Zirkel verdienen eher ernst genommen zu werden: von 


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•*<.* • 


Schölte, Johann Jacob Christoph von Grimmelshausen und die Illustrationen seiner Werke. 43 


Alle diese Er¬ 
wägungen drängten 
mich zu der Annahme, 
daß die Radierungen 
der Simplicissimus- 
Ausgabe D für unsre 
Kenntnis vonGrimmels- 
hausens Persönlichkeit 
eine größere Bedeutung 
haben, als man ihnen 
bisher beigemessen hat. 

Liegt nicht die Ver¬ 
mutung nahe, daß der 
Mann, der, wie wir an¬ 
nehmen dürfen, im¬ 
stande war die Briefe 
seines Kriegsherrn 
nötigenfalls mit Zeich¬ 
nungen zu versehen, 
wovon die Reproduk¬ 
tionen in dieser Zeit¬ 
schrift (Neue Folge II, 

Seite 57 und Beilage 
zum zweiten Heft) ein 
Bild geben, auch für 
sein Hauptwerk Feder 
und Zirkel, Schreib¬ 
und Zeichenkunst ver¬ 
einigt habe? 

Die Vergleichung 
der vier handschriftlich 

überlieferten Zeichnun- Nilch caput 3 : (Bobertag I, 

genausdemMünchener (V* Größe.) Seite 199) mit mehre- 

Reichsarchiv mit den ren perspektivischen 

Fehlern. Im allgemeinen darf man ruhig behaupten, daß die zeichnerische Fertigkeit bei 
mehreren Simplicissimus-Radierungen — daß sie mit der Radiernadel verfertigt sind, kann 
nicht zweifelhaft sein, wenn auch hier und da besonders markante Striche mit dem Grabstichel 
nachgraviert wurden — nicht höher zu stellen sei als die Münchener Zeichnungen. Und 
da Felszecker sonst für seine Ausgaben über gute Zeichner und Stecher verfügte (man denke 
nur an die Gesamtausgabe und die Beteiligung Böners an derselben), ist man versucht, in 
mancher Unzulänglichkeit der Bilder die Dilettantenhand des Verfassers zu sehen. Vielleicht 
dürfte auch das Fehlen jeder Namenszeichnung auf den Bildern mit ins Gewicht fallen, wie 
ferner der Umstand, daß der Verleger bei der Herstellung der obenerwähnten posthumen 
Gesamtausgabe die Radierungen ausnahmslos durch völlig andre ersetzte. Im Zusammenhang 


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44 Schölte, Johann Jacob Christoph von Grimmelshausen und die Illustrationen seiner Werke. 


damit hat der Herausgeber der Gesamtausgabe die oben zitierte Stelle aus dem Vogel¬ 
nest I, Kap. ii geändert: „Gibt mich dannoch nicht Wunder, daß der alte Simplicissimus 
Jiiebevor in seinen ersten Exemplaren“ — dem Herausgeber waren die Ausgaben A und B, 
welche der illustrierten Ausgabe vorangingen, offenbar nicht bekannt — „in alle Kupfferstück so 
sich in der Lebens-Beschreibung befinden, gesetzt hat: Der Wahn betreugt.“ Schließlich darf 
man nicht unbeachtet lassen, daß diese Worte, auch rein plastisch betrachtet, mit dem Stich 
so sehr eine Einheit bilden, daß man an ein späteres Hinzufügen nicht denken kann; Text, 
Grundgedanke und Ausführung sind so innig verschmolzen, daß man sie gern auf einen Mittel¬ 
punkt zurückfuhren möchte. 

Da drängt sich uns denn unwillkürlich die Frage auf, ob Grimmelshausen sich nicht über 
sein Verhältnis zu diesen Radierungen ausgesprochen habe, und zwar zunächst, ob sich aus der 
Seite 33 angeführten Stelle: „Gibt mich dannoch nicht Wunder, daß der alte Simplicissimus in alle 
Kupfferstück, so sich in seiner Lebens-Beschreibung befinden, gesetzt hat: Der Wahn betrügt“ 
nicht bestimmtere Anhaltspunkte gewinnen lassen. Wenn man sich bei der Erklärung dieser 
Stelle an den Buchstaben hält, dann allerdings, denn dann enthielte die Stelle die direkte Aus¬ 
sage, daß der Verfasser selbst diese Worte in die Bilder hineingesetzt, also auch die Bilder 
wohl eigenhändig komponiert hätte. Dennoch möchte ich auf diese Deutung nicht allzu großen 
Wert legen. 

Eine andre Stelle, die in diesem Zusammenhang zu analysieren ist, findet sich in der 
,,Wolgemeinten Vorerinnerung an die Großgünstige Leser“, womit Grimmelshausen die Aus¬ 
gabe D, die erste, welche die „20 anmuthigen Kupffer“ enthält, einleitet. „Hiermit erscheinet 
meine Neue gantz umbgegoßne, mit schönen von mir, meinem Knan, Meuder, Ursule und Sohn 
Simplicio inventirten Kupfferstücken ausgezirte, Lusterweckende und sehr nachdenckliche Lebens- 
Beschreibung, worzu mich ein kühner und recht verwegner Nachdrucker veranlasset, in dem er 
meinem Herrn Verleger seine höchstruhmwürdige Mühe und Unkosten, Fleis und Arbeit, die er 
in erster Einrichtung und annemlicher Vorstellung dieses meines ihme allein mitgetheilten 
Werckleins, und den daraus erhobenen geringfügigen Gewinn, weiß nicht ob aus selbst eignem 
neidischen Hertzen, oder, wie ich eher darvor halte, aus tollkühner Anreitzung etlicher Miß- 
gonner verwegner weiß sich unterstanden, aus den Händen zu reissen, und gantz unrechtmässig 
ihme selbst zuzueignen.“ Theoretisch sind zwei Erklärungen der in Betracht kommenden Worte 
möglich. Man könnte die „schönen von mir, meinem Knan , Meuder , Ursule und Sohn Simplicio 
inventirten Kupfferstücke“ auf die fünf Medaillons des Titelkupfers beziehen; „von“ hieße dann 
ungefähr soviel wie „über“, und „inventirt“ hieße einfach „gezeichnet“. Es wäre dafür zu sagen, 
daß die fünf genannten Personen gerade den fünf Medaillons des Titelkupfers entsprechen; dagegen 
möchte ich anführen, daß diese Deutung sich mit meinem Sprachgefühl weder für das jetzige 
noch für das damalige Deutsch verträgt; weiter, daß die Bezeichnung „Kupfferstücke“ für ein 
Kupfer, sei es denn auch mit fünf Medaillons, doch weniger passend ist, und endlich, daß die Be¬ 
zeichnung „schöne“ in dieser Anwendung doch viel weniger Berechtigung hat — voni Standpunkt 
des Autors wohlverstanden — als wenn man dieses Wort auf die zwanzig Radierungen bezieht. 
Letztere Erklärung scheint mir denn auch annehmbarer; sprachlich ist nichts dagegen einzuwenden, 
denn der Urheber der Handlung wird bei Grimmelshausen fast noch häufiger mit „von“ als mit 
„durch“ bezeichnet, und inventieren war bekanntlich der technische Ausdruck, dessen sich der 
Zeichner bediente, umseine Arbeit im Gegensatz zu der des Stechers anzudeuten; allerdings findet 
sich „invenit“ auch neben „delineavit“ auf demselben Blatt, und hat man dann also den „Ent¬ 
werfer“ dem „Zeichner“ gegenüberzustellen; dies hat aber auf die Wahrscheinlichkeit der Deutung 
keinen Einfluß, wohl natürlich auf die Konsequenzen, die man, diese Deutung einmal angenommen, 
für Grimmelshausens Anteil daraus ziehen kann. Daß zu der Zeit „inventieren“ oft einen 
bedeutenden Teil der technischen Ausübung in sich schloß, geht zum Beispiel daraus hervor, 
daß das Titelblatt des Wunderbarlichen Vogelnests in der Gesamtausgabe 1683/1684 (Band II, 
Seite 281 und Seite 437) von den „Kupffer-Inventiones“ spricht, womit das Buch geschmückt 
ist. Nimmt man also für die in Rede stehende Stelle die zuletzt besprochene Deutung an, so 


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Schölte, Johann Jacob Christoph von Grimmelshausen und die Illustrationen seiner Werke. 45 


ist sie eine nicht zu unterschätzende Stütze für die Hypothese, daß Grimmelshausen für die 
Radierungen seines Simplicissimus die Zeichnungen selbst hergestellt habe . Es könnte vielleicht 
befremdend erscheinen, daß Grimmelshausen nicht bloß seinem Haupthelden, sondern der ganzen 
Simplicissimusfamilie die Urheberschaft der Zeichnungen zuerkenne; indessen scheint mir das 
Hcranziehen der vollzähligen Simplicissimusfamilie auch hier ein bewußter Kunstgriff zu sein, 
die Zusammengehörigkeit des Werkes mit allem, was zur Simplicissimusfigur gehört, zu ver¬ 
anschaulichen. (Vgl. zum Beispiel Springinsfeld Kapitel 9 und die Einkleidung vom Erfinder 
des Calenders.) Es hat auch etwas Humoristisches und zugleich etwas Rührendes an sich, 
wenn man sich die ganze Simplicissimusfamilie um den Familientisch vereinigt vorstellt, Bilder 
zeichnend für das Buch, um mit gemeinsamen Kräften den „Nachspickern“ das Handwerk zu 
legen. So macht auch die Mitarbeiterschaft des Sohnes, der im Dienste derselben guten Sache 
seine „Nägelbeschneidung“ verfaßt, einen ähnlichen Eindruck. — Als Argument dafür, daß 
Grimmelshausen mit den „von mir usw. inventirten Kupfferstücken“ nicht das Titelkupfer, sondern 
die zwanzig „anmuthigen Kupffer“ meint, möchte ich noch anführen, daß, wo es ihm offenbar 
darum zu tun ist, seine Ausgabe herauszustreichen, er doch auch an dieser Stelle nicht versäumen 
würde, auf die zwanzig Illustrationen, die er auch auf dem Titelblatt besonders erwähnt, aufmerksam 
zu machen. Schließlich weise ich noch darauf hin, daß das Titelkupfer mit den fünf Medaillon¬ 
bildern sich nicht bloß in der Ausgabe D, sondern auch in der Ausgabe C befindet; wenn man 
mit mir der Meinung ist, daß diese Ausgabe C nicht als unberechtigter Nachdruck, sondern als 
rechtmäßige und frühere Ausgabe — vgl. „Probleme“ I, Seite 245 — angesehen werden muß, 
so wird man es für undenkbar halten, daß Grimmelshausen bei der ziveiten Veröffentlichung 
dieses Titelkupfers und der ersten Veröffentlichung der zwanzig Radierungen, dieses Titelkupfer 
wohl und die Radierungen in seinem Vorwort nicht erwähnen sollte. 

Alles zusammenfassend, was ich im Vorhergehenden über die Radierungen der Simpli¬ 
cissimus-Ausgabe D gesagt habe, ergibt sich für mich die größte Wahrscheinlichkeit, daß Grimmels¬ 
hausen mehr als die Angabe des Grundgedankens allein geliefert hat, daß wohl die Zeichnung, 
die dem Stecher vorlag, vom Autor, vielleicht unter Zuhilfenahme älterer Vorlagen, hergestellt 
worden ist 


VI. 

Als Schlußabschnitt dieser Arbeit habe ich über die wichtigsten Titelkupfer, womit die 
Grimmelshausenschen Originaldrucke geschmückt sind, noch einige Worte zu sagen. Von 
seinem Hauptwerk, dem Simplicissimus, ausgehend, erinnere ich zuerst an das Seite 42 flgg. 
beschriebene und Seite 43 reproduzierte Bild: 

Simplicissimus sein Sohn, Sein Knan und die Meuder, stehen, 

Sambt der frommen Ursel hier, wie sie Natural aussehen. 

Dieses Kupfer findet sich in den zwei Ausgaben: „Der Abentheurliche Wiederum gantz neu 
umgegossene Und Mit seinem ewigwehrenden wunder-barlichen Calender, auch anderen zu seinem 
Lebens-Lauff gehörigen Neben-Historien, vermehrte und verbesserte Simplicissimus Teutsch. 
Mompelgart, Gedruckt bey Johann Fillion, Im Jahr 1670.“ (Ausgabe C), und: „Gantz neu ein¬ 
gerichteter allenthalben viel verbesserter Abentheurlicher Simplicius Simplicissimus. Gedruckt bey 
Johann Fillion, Nürnberg zu finden bey W. E. Felszeckern.“ (Ausgabe D). Es ist für mich nicht 
zweifelhaft, daß die Kupfer, die ich aus C- und D-Exemplaren unter den Augen gehabt habe, 
von derselben Platte genommen worden sind und die Platte bei den D-Kupfern einen ab¬ 
genutzteren Eindruck macht Für die Frage nach den Beziehungen zwischen den verschiedenen 
Simplicissimus - Ausgaben — eine Frage, die ich in dieser Arbeit nur gelegentlich streife — 
sind natürlich die Verhältnisse der Titelkupfer unter sich von Bedeutung; allerdings ist es bei 
diesen verwickelten, so schwankenden und vielfach falsch beleuchteten Verhältnissen geboten, 


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Kupfertitel des ..Ewigwahrenden Calendcrs" (1670 und 1677). Nach dem Original in der Großherzoglichen Bibliothek in Weimar, ('/i Größe.) 


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Schölte, Johann Jacob Christoph von Grimmelshausen und die Illustrationen seiner Werke. 47 


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definitive Schlüsse erst dann zu ziehen, wenn mehrere — innere und äußere — Merkmale überein¬ 
stimmend zu dem Schluß berechtigen. 

Dieselben Medaillons und Embleme finden sich in stark verwandter Ausführung, aber anderer 
Anordnung auf dem Seite 46 reproduzierten Titelkupfer des „Ewigwährenden Calenders“. Die 
Schlange auf der unteren Hälfte des Bildes ist ein Symbol derZeit; die vier Figuren auf ihr repräsen¬ 
tieren natürlich die vier Jahreszeiten, links und rechts oben Frühling und Sommer, links und rechts 
unten Herbst und Winter. In dem Kreis fällt als Hauptfigur der junge Simplicius auf, der auf einen 
großen Stoß Kalender hinweist. Den übrigen Raum des Kreises füllt eine bunte Menge Gestalten, 
unter denen der Knan und meinesErachtens besonders 

die Meuder, König und 
Kaiser, Krieger und Mönch, 

Mohr und Muselmann usw. 
zu erkennen sind. Für die 
Deutung der Embleme kann 
ich nach dem oben Mit¬ 
geteilten verweisen, wobei 
ich bloß erwähnen möchte, 
daß der Zirkel, den ich 
oben argumentierend her¬ 
vorgehoben habe, auf dem 
Titelkupfer des Calenders 
nicht vorkommt, also auf 
diesem fortgelassen be¬ 
ziehungsweise auf dem des 
Simplicissimus hinzugefügt 
worden ist. Dies stellt uns 
vor die Frage, welche An¬ 
ordnung wir als ursprüng¬ 
licher anzusehen haben. 

Legt man die zwei Kupfer 
nebeneinander, so läßt es 
sich eher denken, daß aus 
der größeren Komposition 
reduzierend und arrangie¬ 
rend das kleinere entstan¬ 
den ist, als daß das kleinere 
Kupfer der Ausgangspunkt Titelkupfer zum „vtndanum Hittoricum** (um 1670). auf dem Calender-Kupfer 

1 <=»01 Nach dem Original in der Großherioglichen Bibliothek . 

für die größere Komposition in Weimar. (■/» Größe.) die Originalgruppierung 

gewesen wäre; dabei fällt durchblicken lassen. 

Die fünf Medaillons, die also wohl zunächst für den Calender gedient haben, die dann für 
die Simplicissimus-Ausgabe C und D in anderer Gruppierung verwertet wurden, die später von 
Böner auf dem mehrfach erwähnten Titelkupfer des Ersten Bandes der Gesamtausgabe 1683/1684 
mit herübergenommen werden sollten, haben eine merkwürdige Weiterentwicklung gehabt. Das 
auf dieser Seite reproduzierte Kupfer, wo man auf dem obern Teil die fünf Medaillons und das 
Wappen, auf dem untern den im Lenötreschen Stil angelegten Lustgarten sieht, ist das Titel¬ 
kupfer eines Werkes: „Viridarium Historicum das ist Historischer Lustgarten, aus welchem An 
statt heilsamer, frischer Menschen und Vieh erquickender Gewächse, hundert außerlesener Geist- 
Hertz und Gemüth erfreuender Geschichten Mit höchstanmuhtigem Wachsthum hervor kommen, Und 
sich einem jeden Historien-Liebhaber mit sonderlicher Belustigung praesentiren durch Vorschub 
und Anleitung, deß weit und breit Berühmten Simplicii Simplicissimi. zu finden bey Wolff 
Eb. Felszecker/* Die fünf Medaillons und das Wappen mit den drei Masken samt dem mehr- 


S im f lt» lo» muk tnylUch 

*»i» fU~.lt Ur ktwCTtfrt« 


ins Gewicht, daß die An¬ 
ordnung des Wappens 
„drey rothe Larven in einem 
weissen Feld und auff dem 
Helm ein Brustbild eines 
jungen Narrn in Kälbernem 
Habit, mit einem paar 
Hasen-Ohren, vornen mit 
Schellen geziert“ (vgl. oben 
Seite 42) auf dem Kupfer 
des Calenders als die natür¬ 
liche Form, die Trennung 
des Helmes vom Wappen¬ 
schild auf dem Simplicissi- 
mus-Kupfer als eine not¬ 
gedrungene Teilung anzu¬ 
sehen ist; auch beim Zirkel 
läßt es sich eher denken — 
und ist es zugleich be¬ 
zeichnender — daß er er¬ 
gänzend hinzugefügt wird, 
als daß er aus einem 
vermutlich wohlüberlegten 
Arrangement nachträglich 
entfernt worden wäre. Auch 
dürfte die geschmackvollere 
Anordnung der Medaillons 




48 Schölte, Johann Jacob Christoph von Grimmelshausen und die Illustrationen seiner Werke. 


fach beschriebenen Helm sind offenbar unter dem Bestreben nachgezeichnet, die Ähnlichkeit mit 
dem Vorbild, dem Titelkupfer des Simplicissimus oder wahrscheinlicher dem des Calenders, soviel 
wie möglich festzuhalten; der untere Teil des Kupfers stellt den Zusammenhang zwischen dem 
Bild und dem Titel des Buches dar. Die Verwendung der fünf Medaillons und des Simplici- 
anischen Wappens (Simplicissimus Buch III, Kapitel 11, Ausgabe Keller I, Seite 437) auf dem 
Titelkupfer des „Viridarium“ muß offenbar mit der Titelerwähnung „durch Vorschub und An¬ 
leitung deß weit und breit Berühmten Simplicii Simplicissimi“ parallel laufen. Es fragt sich also 
zuerst, in welcher Beziehung mag dieses „Viridarium Historicum“ zum weit und breit berühmten 
Simplicissimus, das heißt zu Grimmelshausen stehen? Hat der Inhalt der Schrift etwas Simplici- 
anisches an sich, oder darf man in dem Autor sogar Grimmelshausen selbst vermuten? Wie 
ich in meinen „Problemen der Grimmelshausenforschung“ (Seite 118 ft.) ausführlich nach¬ 
gewiesen habe, liegen genügend Gründe vor, anzunehmen, daß die Schrift weder mit den Simplici- 
anischen Schriften noch mit Grimmelshausen irgend etwas zu schaffen habe. Auffallend bleibt 
es bei diesem Resultat, daß das Titelblatt den „Vorschub“ und die „Anleitung“ des weit und 
breit berühmten Simplicii Simplicissimi erwähnt und das Titelkupfer sogar das Wappen des 
Simplicissimus, sein Bild und die seiner nächsten Verwandten bringt Denkbar wäre es, daß 
Grimmelshausen einem Schützling, Bekannten oder Verwandten, Anleitung und Vorschub in 
schriftstellerischer Arbeit gegeben hätte, aber höchst unwahrscheinlich bleibt es denn doch, daß er 
diesem die Verfügung über das Wappen und das Bild seines Haupthelden, über die Abbildungen 
von dessen nächsten Anverwandten, unter Hinzufiigung ihrer so charakteristischen Bezeichnungen, 
eingeräumt haben sollte. Eher glaube ich, daß wir die Lösung des Rätsels in dem Namen 
des Verlegers zu suchen haben, mit andern Worten, daß Felszecker einen buchhändlerischen 
Vorteil darin sah, diese Anekdotensammlung mit der Bezeichnung „durch Vorschub und An¬ 
leitung deß weit und breit Berühmten Simplicii Simplicissimi“ und mit einer Erinnerung an das 
besprochene Kupfer des Simplicissimus und des Calenders auszustatten. Inwieweit dies im Ein¬ 
verständnis mit dem geistigen Vater der Simplicissimusfamilie geschehen sein mag, läßt sich 
nicht mehr erforschen. In diesem Sinne ausgelegt ist das Titelkupfer und das Titelblatt des 
„Viridarium“ ein kräftiger Beweis für die buchhändlerische Bedeutung des Grimmelshausenschen 
Simplicissimus; zu gleicher Zeit wirft es ein interessantes Streiflicht auf die Art, wie im XVII. Jahr¬ 
hundert — in nicht allzu feinfühliger Weise — Reklame gemacht wurde. Jedenfalls mag man 
in dem Titelblatt und dem Titelkupfer dieser Schrift eine direkte Anlehnung an die Grimmeis - 
hausensche Simplicissimusfigur erblicken, und hat die Schrift für die Fortführung einer etwaigen 
ständigen Simpliciusfigur , für die ich Seite 218 meiner „Probleme“ einige Linien gezogen habe, 
keinen selbständigen Wert. 

Bekannter als das Titelkupfer mit den fünf Medaillons ist der Kupfertitel des Simplicissimus 
geworden, der dieses Buch in allen uns überlieferten vollständigen Originalexemplaren begleitet 
Er findet sich mit zweierlei Überschrift: „der Abenteüerliche Simplicissimus Teütsch“ und 
„Abenteuerlicher Simplicissimus“, und entsprechend mit in kleinen Abweichungen systematisch 
verschiedenen Versen, die ich zur Vergleichung nebeneinander abdrucke: 


der Abenteüerliche 
Simplicissimus Teütsch 

Ich wurde durchs Fe wer wie Phoenix geborn. 

Ich flog durch die Lüffte! wurd doch nit verlom, 
Ich wandert durchs Wasser, Ich raißt über Landt, 
in solchem Umbschwermen macht ich mir bekandt, 
was mich offt betrüebet und selten ergetzt, 
was war das ? Ich habs in diß Buche gesetzt, 
damit sich der Leser gleich wie ich itzt thue, 
entferne der Thorheit und lebe in Rhue. 


Abenteuerlicher 

Simplicissimus. 

Ich ward gleich wie Phoenix durchs Feuer geboren 
Ich flog durch die Lüftte ? ward doch nicht verloren 
Ich wandert im waßer ich streiffte Zu Land, 
in solchem Umschwermen macht ich mir bekant 
was oft mich betrübet und selten ergetzet. 
was war das? Ich habs in dies Buch hier gesetzet, 
Damit sich der Leser gleich wie ich itzt thu, 
entferne der Torheit, und Lebe in Ruh. 


Der Kupfertitel „der Abenteüerliche Simplicissimus Teütsch“ (Ich wurde usw.) findet sich 
in den Ausgaben: „Der Abentheurliche Simplicissimus Teütsch“ Mompelgart, Gedruckt bey 


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Schölte, Johann Jacob Christoph von Grimmelshausen und die Illustrationen seiner Werke. 49 


Johann Fillion, Im Jahr 1669 (Ausgabe B), und in den oben angeführten Ausgaben C und D, 
und zwar, wie ich auf Grund von vielerlei Anzeichen — Anzahl der Schraffierungsstriche in einem 
bestimmten Teil, abgebrochene Striche, unregelmäßige Zwischenräume zwischen den Buchstaben 
und ähnliches — konstatiert habe, stets von derselben Platte. Eine Faksimile-Reproduktion 
begleitet diese Arbeit auf dieser Seite. Der Kupfertitel „Abenteuerlicher Simplicissimus“ (Ich 
ward usw.) findet sich in der Ausgabe „Neueingerichter und vielverbesserter Abentheurlicher 
Simplicissimus“, Mompelgart, Gedruckt bey Johann Fillion, Im Jahr 1669 (Ausgabe A). Der 

hat in ihrer Häßlichkeit 
etwas sehr Typisches, 
ist aber in Einzelheiten 
schwer zu deuten. Aus¬ 
gehend von der seit 
alters beliebten Phan¬ 
tasiebetätigung, die aus 
Vertretern der ver¬ 
schiedenen Tierklassen 
Zwitterwesen bildete, 
hat der Inventor dieses 
Bildes — ob Grimmels¬ 
hausen eine detaillierte 
Ideenangabe oder gar 
eine Zeichnung zu die¬ 
sem Stich geliefert hat, 
wird sich schwer er¬ 
mitteln lassen — Kör¬ 
perteile von Teufel und 
Mensch (sowohl Mann 
wie Frau), Vogel und 
Fisch zu einer grotesken 
Gestalt zusammenge¬ 
setzt, wobei er sich 
wohl von der IdeeJiat 
leiten lassen, daß sein 
Geschöpf gleichsam in 
allen vier Elementen 
zu Hause ist: durchs 
Feuer geboren, fliegt 
es durch die Lüfte, 
wandert es durchs 
Wasser, reist es übers 
Land. Was dieses 

der Welt gesehen und erlebt hat, zeigt uns das hingehaltene Buch. Die 


'licislimws 


Kupfertitel des „Simplicissimus", Ausgabe B (1669). 

Nach dem Original in der Herzoglichen Bibliothek in Wolfenbüttel. 
(V* Größe.) 


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50 Schölte, Johann Jacob Christoph von Grimmelshausen und die Illustrationen seiner Werke. 


die Vorstellung des Wickelkindes (Buch V, Kapitel 9), der Salbenbüchse (Buch IV, Kapitel 8) 
und der Narrenkappe (Buch II, Kapitel 3) scheinen darauf hinzuweisen; dann wäre der 
Baum wohl nach Buch I, Kapitel 16 zu deuten, die Stadt könnte Hanau sein, in dem Schiff 
hätte man das Rheinschiff von Buch IV, Kapitel 10 zu sehen, oder, wenn man auch das 
sechste Buch zur Deutung mit heranziehen wollte — was ich, da das Kupfer sich auch schon 
in der fünf Bücher enthaltenden Ausgabe B findet, lieber nicht tun möchte — das Schiff, auf 
dem er im Großen Ozean Schiffbruch leidet. Bei dieser Erklärungsweise liegt eine bestimmte 
Schwierigkeit meines Erachtens bloß vor mit Bezug auf die Figur rechts unten, die ich für einen 


gebratenen Vogel halte, 
ohne daß ich damit für 
die Spezialerklärung et¬ 
was Befriedigendes an¬ 
zufangen wüßte. Die 
andern Figuren sind 
auch episodisch leicht 
zu deuten. Auf die weit¬ 
absagende Stimmung 
und die menschliche 
Torheit verachtende 
Tendenz des Werkes 
weist vielleicht in der 
Zeichnung der Umstand 
hin, daß Masken von 
der Figur zertreten wer¬ 
den, womit in dem er¬ 
klärenden Gedicht die 
Schlußverse harmonie¬ 
ren : 

damit sich der Leser gleich 
wie ich itzt thue, 
entferne der Thorheit und 
lebe in Rhue. 

Was nun dieFrage 
der Priorität der Titel¬ 
kupfer betrifft, so bietet 
die Deutlichkeit der 
Vorstellungen wenig 
oder keine Anhalts¬ 
punkte; allerdings sind 



Kupfertitcl des „Simplicissimus“, Ausgabe A (1669). 
Nach dem Original in der Königlichen Hof- und Staatsbibliothek 
in München (*/» Größe.) 


bei dem Titelkupfer, 
das wir noch nicht in 
Einzelheiten beschrieben 
haben, dem mit dem 
Titel „Abenteuerlicher 
Simplicissimus“, auf dem 
Blatt rechts einige Fi¬ 
guren anders dargestellt. 
An der Stelle der Stadt 
sieht man einen Zauber¬ 
ring; der Komplex von 
Salbenbüchse und Baum 
stellt sich hier als Brenn¬ 
stoff enthaltendes Gefäß 
mit emporschlagender 
Flamme dar. An und 
für sich ist es ebenso 
gut denkbar, daß das 
brennende Gefäß und 
der brennende Ring das 
Ursprüngliche sind, als 
daß man sie als Über¬ 
arbeitung anzusehen hat; 
allerdings scheinen mir 
für die Spezialerklärung 
die Vorstellungen auf 
dem rechten Blatt des 
Buches beim „Abenteüer- 
lichen Simplicissimus 
Teütsch“ etwas cha¬ 
rakteristischer. 


Mit Sicherheit läßt sich aus den Kupferstichen allein die Prioritätsfrage derselben kaum 
lösen; die bessere Raumverteilung auf dem Bild „Simplicissimus Teütsch“, zum Beispiel der 
Abstand zwischen Schwanz und Schulter und Schwanz und Kopf, die richtigere Zuspitzung des 
Flügels, verleihen diesem Kupfer eher den Anschein der Ursprünglichkeit; entsprechend erregt 
auch die Plazierung der Einzelgegenstände auf den Blättern des Buches die Vorstellung, als ob 
beim „Simplicissimus“ ein Nachzeichner die Gegenstände etwas vergröbert und dabei dem Raum¬ 
verhältnis hier und da geschadet hätte: die Figuren auf dem Buch des „Simplicissimus Teütsch“ 
sind alle durchgängig frei von einander, auf dem Buch des „Simplicissimus“ scheinen sie sich 
zu drängen. Wenn ich meiner Argumentierung in dieser Hinsicht auch nicht allzugroße Beweis¬ 
kraft zuschreiben möchte, so scheint es mir doch eher annehmbar, daß der Kupferstich „Simpli¬ 
cissimus Teütsch“ für den andern die Vorlage abgegeben hat, als umgekehrt. 

Von den Titelblättern der andern Schriften, die ich nicht vorhabe, alle in Einzelheiten zu 


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Schölte, Johann Jacob Christoph von Grimmelshausen und die Illustrationen seiner Werke. 51 


besprechen, möchte ich als allgemeines Charakteristikum hervorheben, daß sie ein besonderes 
Vertrautsein mit dem intimen Geist der Schilderungen verraten und durchgängig mit treffendem 
Scharfblick aus dem Verlauf einer Erzählung den bezeichnendsten Moment herausgreifen. Dies 
scheint mir darauf hinzuweisen, daß der Verfasser selbst die Frage nach der für die Titelkupfer 
geeigneten Vorstellung in sich erwogen und durch eine detaillierte Ideenangabe, vielleicht gar 
durch Lieferung einer Skizze, sich an der Herstellung der Titelkupfer beteiligt hat Daß ich 
bei der Herstellung dieser Titelkupfer dem Verfasser nicht denselben Anteil zuschreiben möchte, 
wie bei den zwanzig Radierungen des Simplicissimus Ausgabe D, liegt daran, daß die Titel¬ 
kupfer im allgemeinen eine gleichmäßig bessere Technik verraten. In sehr hohem Maße gilt 
das zum Beispiel von dem schön komponierten, Seite 52 mitgeteilten Titelbild der „Landstörtzerin 
Courasche“, das in Vorwurf und Ausführung flüchtig an die Callotschen Zigeunerbilder erinnert. 
Es stellt die „Courasche“ als Zigeunerkönigin dar, wie sie von dem „Schreiber“, den sie „dem 
weit und breit bekanten Simplicissimo zum Verdruß und Widerwülen“ ihre Schicksale aufschreiben 
läßt, geschildert wird; die Stelle findet sich im „Springinsfeld“, wo der erwähnte junge Mann, 
der lebenskundige Simplicissimus und der immer mehr heruntergekommene Springinsfeld sich zu¬ 
sammenfinden, und der Schriftsteller, aus dessen Feder sowohl der „Simplicissimus“ wie der 
„Trutz-Simplex“ geflossen waren, das Fazit zieht, ob dem männlichen oder dem weiblichen Haupt¬ 
helden der Sieg auf dem Gebiet der Intrige gebühre. Wir erfahren da, wie der Schreiber 
„negstverstrichnen Herbst“ unter einen Zigeunertrupp geraten und mit der „Courasche“ bekannt 
geworden sei; „sihe“, so fahrt der junge Mann fort, „da kam ein prächtige Zigeinerin auf einem 
Maulesel daher geritten, dergleichen ich mein Tage nicht gesehen noch von einer solchen gehöret 
hatte, Wessentwegen ich sie dann, wo nicht gar vor die Königin, doch wenigst vor eine vor¬ 
nehme Fürstin aller anderer Zigeunerinnen halten muste. Sie schiene eine Person von ungefehr 
sechzig Jahren zu seyn, aber wie ich seithero nachgerechnet, so ist sie ein Jahr oder sechs älter. 
Sie hatte nicht so gar, wie die andere, ein bechschwartzes Haar, sonder etwas falb, und dasselbe 
mit einer Schnur von Gold und Edelgesteinen wie mit einer Cron zusammen gefasst, an dessen 
Statt andere Zigeunerin nur einen schlechten Bendel oder, wanns wol abgehet, einen Flor oder 
Schleyer oder auch wol gar nur eine Weide zu brauchen pflegen. In ihrem annoch frischem 
Angesicht sähe man, daß sie in ihrer Jugend nicht heßlich gewesen. In den Ohren trug sie ein 
par Gehenck von Gold und geschmeltzter Arbeit mit Diamanten besetzt und um den Hals eine 
Schnur voll Zahl-Perlen, deren sich keine Fürstin hätte schämen dörffen. Ihre Serge war von 
keinem groben Teppich, sonder von Scharlach und durchaus mit grünem Plisch-Samet gefüttert, 
Nebenher aber, wie ihr Rock, der von kostbarem grünem Englischen Tuch war, mit silbernen 
Pasamenten verpremt Sie hatte weder Brust noch Wams an, aber wol ein par lustiger Polnischer 
Stifel; ihr Hemd war Schneeweis, von reinem Auracher Leinwath, überall um die Näthe mit 
schwartzer Seiden auf die Böhmische Manier ausgenehet, woraus sie hervor schiene, wie eine 
Heidelbeer in einer Milch. So trug sie auch ihr langes Zigeuner-Messer nicht verborgen underm 
Rock, sondern öffentlich, weil sichs seiner Schöne wegen wol damit prangen liesse; und wann 
ich die Wahrheit bekennen soll, so bedunckt mich noch, der alten Schachtel seye dieser Habit 
zu Esel (hätte schier: zu Pferd gesagt) überaus wol angestanden, wie ich sie dann auch noch 
bis auf diese Stund in meiner Einbildung sehen kann, wann ich will.“ (Springinsfeld Kapitel IV.) 
Mit dieser lebhaften, fast enthusiastischen Beschreibung der alternden, aber auch jetzt noch reiz¬ 
vollen Abenteurerin steht das Titelbild in völligem Einklang. 

Auf dem Bild erregt weiter eine Nebenfigur, ein phantastisch gekleideter, lebenslustiger 
junger Zigeuner unsre Aufmerksamkeit; es ist wohl der „Leutenant“, mit dem die Courasche 
als Zigeunerkönigin zusammenlebt. Der vom Zeichner festgehaltene Moment, wo sie aus ihrem 
Mantelsack Toilettengegenstände wie Puderquasten und Spiegel, Brennscheren und Kämme, Schmink¬ 
töpfe und Salbenbüchsen herausstreut, entspricht ihrer Äußerung im 27. Kapitel ihrer Lebens¬ 
beschreibung: „Und in dem ich bey ihnen einen Leutenant antraffe, der gleich meiner guten 
Qualitäten und trefflichen Hand zum stehlen, wie auch etwas Geldes hinter mir wahr nam, samt 
andern mehr Tugenden, deren sich diese Art Leuth gebrauchen, Siehe! so wurde ich gleich sein 


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Kupfertitel der „Ertzbetrügei 


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und Landstörtzerin Courasche“ (1670). Nach dem Original in der Herzoglichen 
Bibliothek in Meiningen, (’/i Größe.) 


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Schölte, Johann Jacob Christoph von Grimmelshausen und die Illustrationen seiner Werke. 53 


Weib, und hatte diesen Vortheil, daß ich weder Oleum Talei noch ander Schmirsel mehr bedorffte, 
mich weiß und schön zu machen, weil so wohl mein Stand selbsten als mein Mann die jenige 
Coleur von mir erforderte, die man des Teuffels Leibfarb nennet“ Dazu stimmt die „Erklärung 
des Kupffers Oder die Den geneigten Leser anredende Courage: 

Ob ich der Thorheit Kram hier gleich herunter streue, 

So wirft" ichs drum nicht weg, umb daß es mich gereue, 

Daß Ich Ihn hiebevor geliebet und gebraucht, 

Sondern dieweil Er jetzt zu meinem Standt nichts taugt. 

Haar-Puder brauch ich nicht, noch Schminck, noch Haar zukräusen. 

Mein gantzer Anstrich ist nur Salbe zu den Läusen. 

Tracht sonsten nur nach Gelt und mach mir das zu nutz 
Und was Ich möge thun dem Symplid zu Trutz.“ 

Der Hintergrund des Bildes zeigt vereinzelte Gruppen wandernder Zigeuner, die vor einer 
hügeligen Landschaft vorbeiziehen. Das den oberen Teil des Kupfers im Halbkreis füllende und 
das Spruchband umgebende fliegende Getier, Basilisken und Insekten, Fledermäuse und Eulen, 
zur Seite ein Hirschgeweih, soll die Lebensführung der Courasche, ihre unlauteren Gedanken, 
ihr unbefriedigtes Gemütsleben, ihr nagendes Gewissen vorstellen. 1 

Das von uns beschriebene und Seite 52 reproduzierte Titelkupfer findet sich in beiden Aus¬ 
gaben der „Courasche“. Es gibt nämlich, ähnlich wie vom „Springinsfeld“, zwei stark überein¬ 
stimmende Ausgaben, beide aus dem Jahr 1670, und nicht wie Keller, Kurz und Bobertag 
meinten, vom „Springinsfeld“ zwei, und von der „Courasche“ nur eine Ausgabe. Bei der Unter¬ 
suchung verschiedener Grimmelshausen-Originale, die ich zum Zweck der vorliegenden Arbeit 
vomahm*, zeigten sich mir zwischen dem Exemplar der „Courasche“ aus der Universitätsbibliothek 
Göttingen (Fab. Rom. 6, 1755) und einem Exemplar der Herzogi. Sachsen-Meiningischen Bibliothek 
(Dd 484) trotz der großen Übereinstimmung so zahlreiche Unterschiede, die durch das ganze 
Buch hindurchgehen, daß ich darin Vertreter zweier von Haus aus verschiedenen Drucke zu 
sehen hatte. Neben zahlreichen orthographischen Verschiedenheiten, von denen einige mit auf 
die Priorität des Göttinger Exemplars hinzuweisen scheinen, und einigen fehlerhaften Kustoden, 
von denen der auf H 7a (Seite 177) in der Meininger Ausgabe auf Nachdruck aus der durch 
das Göttinger Exemplar repräsentierten Vorlage hindeuten könnte, unterscheiden die Ausgaben 
sich durch falsche Paginierung auf Bogen K und L: beim Göttinger Exemplar springt die Seiten¬ 
zählung von 232 auf 239; beim Meininger Exemplar findet man hier eine grillige Paginierung: 
2 3 i» 232, 233, 234, 241, 236, 243, 244 usw., die sich nur dadurch erklären läßt, daß zwei Prinzipien: 
das Bestreben , richtig zu paginieren (also auf Seite 232, Seite 233 und Seite 234 folgen zu lassen) 
und die unbewußte Anlehnung an das falsch paginierte Original (wodurch auf Seite 234 plötzlich 

* Ich mache hier auf die verwandte Vorstellung auf der „Abbildung der wunderbar liehen Werckstatt des Welt¬ 
streichenden Artzts Simplicissimi“ aufmerksam. Bezüglich dieser „Abbildung** ist noch nachzuholen, daß dem Aprilheft 
dieser Zeitschrift nicht bloß ein Faksimile des dort erwähnten Berliner Exemplars, sondern auch eine Reproduktion nach 
einem Exemplar aus der Marienbibliothek zu Halle a. S. beigegeben worden ist. Es war dies erwünscht, da beide 
Blätter sich gewissermaßen ergänzen: das Hallenser Exemplar zeigt eine etwas lädierte und mangelhaft ausgebesserte 
Stelle in der Ecke links oben, dem Berliner Exemplar fehlt aber der für dieses Blatt so wichtige Text wie die hübsche 
Randverzierung. Im Zusammenhang damit muß die Angabe zu Anfang meiner Arbeit lauten: „Mit 20 Abbildungen und 
3 Tafeln**; gleichzeitig berichtige ich ein paar Druckfehler im Aprilheft, die sich im letzten Augenblick eingeschlichen 
haben: Seite 8 Zeile II ist für „nv*‘ zu lesen „inv“, Seite 9 Zeile 39 „in** für „ein**, Seite 13 Zeile 17 „Artzt** für „Arzt“. 

* Außer den an betreffender Stelle genannten und besonders auch den unter den Abbildungen erwähnten öffent¬ 
lichen Bibliotheken, Archiven, Museen und Privatsammlungen sind noch folgende Anstalten meinen Untersuchungen förder¬ 
lich gewesen: Universiteits-Bibliotheek Amsterdam, Koninklijke Bibliotheek ’s Gravenhage, Hof- und Landesbibliothek 
Karlsruhe, Universitäts- und Landesbibliothek Straßburg i. E., Germanisches Museum Meiningen, Universitätsbibliothek 
Leipzig, Stadtbibliothek Leipzig, Königliche Landes-Bibliothek Stuttgart, Stadtbibliothek Ulm, Stadtbibliothek Frankfurt a. M.; 
Großherzoglich Badisches General-Landesarchiv Karlsruhe, Bezirksarchiv Straßburg i. E., Königlich Bayerisches Kreis¬ 
archiv Nürnberg, Kaiserlich und Königliches Haus-, Hof- und Staatsarchiv Wien, Kaiserlich und Königliches Kriegs¬ 
archiv Wien, Biblioth&que Royale de Belgique Brussel. Für das meinen Untersuchungen von so verschiedener Seite 
erwiesene Entgegenkommen fühle ich mich zu bleibendem Dank verpflichtet. 


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Kupfertitel des „Rathstübel Plutonis“ (1672). Nach dem Original im fiesitz von Dr. A Bechtold, Freiburg i. Br ('/» Grö&e.) 


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Schölte, Johann Jacob Christoph von Grimmelshausen und die Illustrationen seiner Werke. 55 


Seite 241, auf Seite 236 plötzlich Seite 243 folgt) in Kollision kamen. Ist es meiner Meinung 
nach auf Grund dieser Beweisführung nicht zweifelhaft, daß dem Druck des Göttinger Exemplars 
der „Courasche“ die Priorität zuerkannt werden muß, so bin ich überzeugt, daß das Verhältnis 
zwischen den „Springinsfeld“-Ausgaben, die in beiden Exemplaren mit den angedeuteten Aus¬ 
gaben der „Courasche“ zusammengebunden sind, dasselbe ist; aus zahlreichen Einzelheiten des 
Druckes, besonders aus der Anwendung bestimmter Drucktypen, ist mit Sicherheit folgende 
Proportion aufzustellen: 

Springinsfeld Meiningen : Springuisfeld Göttingen — Conrasche Meiningen : Courasche Göttingen. 

Ich komme hier zu dem entgegengesetzten Resultat als Kurz, der das Münchener Exemplar (Wm), 
womit nach seiner Wiedergabe zu urteilen das Meininger Exemplar übereinstimmt, für das 
ursprünglichere hält. Beim „Springinsfeld“ an sich läßt sich diese Frage nur durch Argumente 
der inneren Kritik entscheiden; Kurz’ Hauptargument (Band III, Einleitung Seite 11), die Tat¬ 
sache, daß die Gesamtausgabe 1683 nach Wm druckt, beweise die Priorität dieser Ausgabe, ist 
nicht stichhaltig, denn wenn man beide Ausgaben als rechtmäßige Drucke betrachtet — wofür 
meines Erachtens alles spricht — läßt sich dieser Umstand mit ebenso viel Berechtigung dafür 
anftihren, daß Wm die letzte rechtmäßige Ausgabe sei, daß nämlich, ähnlich wie beim „Simpli- 
cissimus“ auch beim „Springinsfeld“ die letzte und nicht die erste rechtmäßige Ausgabe dem 
Text der Ersten Gesamtausgabe zugrunde gelegt worden ist. Auf die hier angeregte Prioritäts¬ 
frage werde ich noch an geeigneterer Stelle, nachdem ich sämtliche bekannte Ausgaben soviel 
wie möglich in den Kreis meiner Untersuchungen hineingezogen habe, ausführlich zurückkommen. 
Zur Stütze meiner Ansicht, daß wir es sowohl beim „Springinsfeld“ als bei der „Courasche“ mit 
zwei rechtmäßigeti Drucken zu tun haben, hebe ich noch hervor, daß das Titelkupfer von beiden 
Ausgaben zweifellos auf je dieselbe Kupferplatte zurückgeht 

Ungefähr so, wie die Courasche auf dem oben reproduzierten Titelkupfer festgehalten wird, 
erscheint sie auch in einer späteren Grimmelshausenschen Schrift, wo sich die wichtigsten 
Simplicianischen Figuren zusammenfinden, und zu welcher Gesellschaft auch die Courasche als 
alte Zigeunerin auf ihrem Maulesel dahergeritten kommt; sie nimmt teil an der Versammlung, 
in der wir außer ihr als alte Bekannte den Simplicissimus selbst mit Knan und Meuder und 
den Springinsfeld antreffen. Der Titel lautet: „Rathstübel Plutonis Oder Kunst Reich zu 
werden, Durch vierzehen underschiedlicher namhafften Personen richtige Meynungen in gewisse 
Reguln verabfasset, und auß Simplicissimi Brunnquell selbsten geschöpfft, auch auffrecht Simpli- 
cianisch beschrieben Von Erich Stainfels von Grufensholm, Sambt Simplicissimi Diseurs, Wie 
man hingegen bald auffwannen: und mit seinem Vorrath fertig werden soll. Getruckt in Samarien, 
Jm Jahr 1672“. Die dieser Schrift beigegebene Kupfertafel stellt die vierzehn Personen, die an 
den Verhandlungen übers Reichwerden teilnehmen, unter einem Baum sitzend dar. Eine 
Faksimile-Reproduktion dieses wegen der Zusammenstellung der Personen wichtigen Kupfers 
findet sich auf Seite 54. Den Vorsitz führt ein reicher Kavalier Martius Secundatus (I); ihm 
zur Rechten sitzen seine Gastgeber Alcmaeon Atheniensis (2), dessen Frau Cidona Corinthia (3) 
und Tochter Jungfraw Spes (4). Neben ihr sitzt „Der Satyrice Gesinnte“ abentheurliche Simpli¬ 
cissimus (5), als alter Mann mit grauem Bart vorgestellt Er vertritt in diesem Kreis das 
abgeklärt - philosophische Element und wird sowohl durch eine bezeichnende Handbewegung 
wie durch den ihn begleitenden Folianten als gedankenvoller, wissensreicher Mann ge¬ 
kennzeichnet. Dann folgt ein Handelsherr Collybius (6), als Repräsentant des Kaufmannsstandes 
und darauf der alte Knan (7), hier der typische altmodische, kleinlich-sparsame Bauer. Die 
folgende Figur (8), die uns den Rücken zukehrt, ist der angebliche Verfasser dieses „Tractätels“. 
Neben ihm sitzt die an ihrem schönen offenen Haar und Band, sowie ihrer gestreiften „Serge“ 
(vgl. Seite 51) kenntliche Courasche (13); als Nachbarn hat sie auf Anordnung des Vorsitzenden 
ihren alten Kumpan, den Stelzfuß Springinsfeld (14). Es folgt dann als Vertreter des Handwerker¬ 
standes ein gewisser Laborinus (9); darauf die alte Meüder (10), eine Komödiantin Coryphaea (11) 


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56 


Feldhaus, Eine Kupferdruckpresse von 1617. 


und endlich Aaron, „ein sechtzig jähriger Jud“ (12), womit der Kreis geschlossen ist. Die vier¬ 
zehn Mitglieder des Kreises verhandeln zuerst über die Mittel, reich zu werden und dann über 
die Arten, wie man in angenehmer Weise sein Geld wieder los werden kann; der Verfasser 
findet dabei Gelegenheit, die Einseitigkeit der Standesinteressen zu schildern und dabei sowohl 
den Golddurst wie die Verschwendungssucht satirisch zu beleuchten. 

Wie im „Rathstübel Plutonis“ sich die wichtigsten Gestalten der Simplicianischen Schriften, 
mehr oder weniger ungesucht, zu der oben angedeuteten Beratung zusammenfinden, bei der 
jeder in der Stellung, die er zu einer wichtigen sozialen Frage einnimmt, sich selbst charakterisiert, 
so bringt auch die besprochene Kupfertafel noch einmal eine Zusammenstellung mehrerer Haupt¬ 
personen, die man auf anderen Titelbildern getrennt (Courasche, Springinsfeld) oder gruppen¬ 
weise vereinigt (Medaillonbilder zum Simplicissimus und Calender) abgebildet findet. 


Eine Kupferdruckpresse von 1617. 

Von 

Franz M. Feldhaus in Friedenau. 

I n einem höchst merkwürdigen und heute äußerst seltenen Buch über Maschinen findet sich 
eine Kupferdruckpresse angegeben, deren Grundgedanke wesentlich von dem der gebräuch¬ 
lichen Pressen abwich. Man findet sie in dem Buch „Machine Novae“, das ums Jahr 1617 
von dem Italiener Fausto Veranzio in Venedig erschien. Die sechsundvierzigste, sehr große 
Kupfertafel dieses Buches zeigt eine Vorrichtung, die gewissermaßen als älteste, rotierende 
Presse gelten kann. Veranzio, der seinen Namen im Titel in der lateinischen Form Verantius 
schrieb, gab den neunundvierzig Kupfertafeln seines Werkes alle Erklärungen sowohl in franzö¬ 
sischer wie deutscher, spanischer, italienischer und lateinischer Sprache bei. Man kannte aber 
damals in Venedig recht schlecht die transalpinische Sprache und verfügte auch nicht über 



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Schaaflfs, Zwei unbekannte Briefe von Bürger. 


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deren eigentümliche Typen. Besonders fehlte dem Setzer der Buchstabe W. Es kam dadurch 
zu unserer Abbildung folgender merkwürdige Text zustande: 

EIN RAD FVER DIE KVPFERDRVCKER. 

Ich hab offt gesehen, wie so wol die Buchdrucker, alf die, so manicherlei gestochene 
Kupfer auff daf papier drucken, solchef mit grosser muehe verrichte, und doch solche nit alzeit 
gleich, sondern ietz boesser, ietz übler gerathe wegen der unstaetigkeit der instrument, und 
vngleicheit der krefften Hab dero wege ein Rad zu diesem ende sehr tauglich erfunden, 
welche so manf inf werk richtet, auch wn ieden Knaben kan getriben werden, und daf ef 
auch die bilder allezeit gleich wirfft. 


Zwei unbekannte Briefe von Bürger. 

Mitgeteilt von 

Dr. Georg Schaaffs in St Andrews. 

I. An Scheufier. 

Ein Doppelblatt in fol., weißen Papieres mit einem von Arabesken umgebenen hängenden Horn als 
Wasserzeichen, im Besitz der Bodleian Library zu Oxford: Ms. Montagu d. 20. 

P. P. 

Madame □, welche hier nicht so gute zärtliche Pflege, als zu Wittmarshof gefunden, hat sich bald wieder 
aus dem Staube gemacht. Von der rothen Ruhr ist auch alles längst bis auf meinen Schwager wieder befreiet. 
Dieser aber ist so auf das äuserste gebracht, daß wol nicht mehr die Frage ist: Ob er wieder auf kommen, 
sondern wie lange er es noch treiben könne ? Wenn Sie hätten kommen wollen, so hätten Sie es hübsch eher 
thun sollen. Denn nun scheint es ja vor künftigem Sommer gar nicht wieder aufhören zu wollen, mit Stürmen 
und Schlackern. Das sind höchst trübseelige Aspecten für diejenigen, die noch Gromt und Haber draußen haben. 

Das Politische Journal erfolgt anbei zurück. Kann ich nicht die Folge davon bekommen? Von den 
übrigen ist mir die hessische Medicinal Ordnung am nächsten bei der Hand, die also auch zurückerfolgt. Ich 
habe einen ganzen Verschlag Bücher seit ich in Appenrode bin noch nicht ausgepackt, worunter vielleicht die 
übrigen fremden Schäflein mitstecken werden. Vossens Übersezung der 1001 Nacht habe ich nicht mehr bei 
der Hand. Was soll ich auch damit, da sie nichts ist, als eine wörtliche nur in besserm deutsch abgefaßte 
Übersetzung der französischen. Dafür liest sich die in dem alten Saalbaderteütsch viel anmuthiger. 

Hole der Henker das 1001 Bescheid machen. Ich kan jetzt beinahe keine Citation mehr ausgeben, 
ohne zu borgen und hernach die 3 ngr. terminsweise bezahlt zu nehmen. Dafür lobe ich mir Versmachen, 
Musenalm. und Tausendeine Nacht. Dafür sezt es denn doch Louisdore. Es hat sich schon eine hübsche 
Anzahl Subscribenten auf 1001 Nacht gemeldet, die ja leicht irgend ein oder anderes Excitatorium poenale 
[leicht] übertragen können. 

Wissen sie schon, daß wir nun endlich unsem Leonhartschen ErbschaftsPrceß gewonnen haben ? Da¬ 
durch werde ich dem Himmel sey Dank! eines großen Theils Mühe und Sorgen quit. 

V&lefacio 

tibi 

G A Bürger. 

A. d. 27 Septer 
1781. 

[vitrte Seite des Doppelblatts •* Reste des Siegels, darunter die Adresse:] 

An 

Herrn Amtmann Scheufier 
Hochedelgebn 

Wettmarshof 

Z. f. B. 1912 1913. 8 


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Schaaffs, Zwei unbekannte Briefe von Bürger. 


II. An ? 

Ein weißes Blatt in 4 0 , ebenfalls in Oxford. 

Lieber Freund 

Jeder Tag, den ich hier verlebe, gibt dem Wunsche, der so allgemein geliebten und verehrten Frau 
Herzoginn persönlich aufwarten zu dürfen, neue Nahrung und Stärke. Ich möchte nicht gern das Land ver¬ 
laßen, und genöthigt seyn, mir selbst den Vorwurf zu machen, daß ich nicht alles mögliche versucht hätte, die 
liebenswürdigste Fürstinn näher kennen zu lernen. Bisher hat sichs immer nicht fügen wollen, mich mündlich 
hierüber mit Ihnen zu besprechen. Verzeihen Sie mirs daher, daß ich Sie mit der schriftlichen Rathfrage be¬ 
hellige: Auf welche schickliche Art ich mir wohl die so sehnlich gewünschte Erlaubniß auswirke? — Ist sonst 
noch etwas hierbey zu beobachten, so schmeichle ich mir, daß Ihre Freundschaft, welcher ich vertraue, mich 
nicht unbelohnt laßen wird. 

Immer und ganz 

St. d. 7. October 1790. der Ihrige 

G A Bürger. 

Der Briefe an Scheufier, die sich erhalten haben, sind nur wenige, es müssen viel mehr ge¬ 
wesen sein: Bei Strodtmann stehen neun; von einem zehnten gab Schüddekopf Euphorion 
3. Erg. 130 Nachricht, er wird einer der letzten gewesen sein, die Bürger überhaupt geschrieben 
hat Scheufier war kurfürstlich hessischer Amtmann auf Wittmarshof, dem am Fuß der Gleichen 
im Gartetal gelegenen Gute. An Jahren und Erfahrung weit älter, ist er dem jugendlichen 
Kollegen in der Nachbarschaft häufig mit gutem Rat zur Seite gestanden, hat ihm auch mehr¬ 
fach, wenn er in finanzieller Verlegenheit war, mit größeren oder kleineren Summen ausge¬ 
holfen. Im Tarock und L’hombre sind sie manchen Taler aneinander losgeworden. Ihr Ver¬ 
hältnis scheint immer gleich gut geblieben zu sein. Briefe Scheuflers an Bürger haben sich 
offenbar überhaupt nicht erhalten. — Der oben, so viel ich weiß, zum erstenmal bekannt werdende 
läßt uns tief in die Sorgen und Schmerzen hineinblicken, die der unbesonnene Mann mit dem 
Eintritt in die Familie Leonhart auf sich genommen hatte. Deren Verhältnisse waren, wie die 
seiner eigenen, von vornherein durchaus günstig gewesen: erst im Laufe der Zeit änderten sie 
sich infolge schlechten Wirtschaftens aller Beteiligten, und als der alte Leonhart 1777 starb 
und Bürger das Oberhaupt der Familie wurde, sah er sich einer überaus kompliziert gewordenen 
Lage gegenüber, die durch den Vormundschaftsprozeß noch unangenehmer wurde. Seine Be¬ 
endigung war ein Lichtblick in den trüben Tagen, die das Haus sah, als der Brief geschrieben 
wurde: Carl Leonhart, der älteste Sohn der Familie, nur wenig jünger als Bürger, starb schon 
zwei Tage darauf, die epidemisch auftretende Krankheit, von der wir hier hören, hatte dem 
Lungenkranken den Rest gegeben. Auch die Schwierigkeiten und der Ärger, die das Amt mit 
sich brachte, waren nicht geringer geworden: paßte Bürger mit seiner Gutmütigkeit überhaupt 
schlecht zum Exekutivbeamten, so verstanden die Gerichtseingesessenen sie gehörig auszunutzen. 
Daß die dichterische Produktion und die Herausgabe des Almanachs lukrativer waren als die 
amtliche Tätigkeit, hat er auch sonst oft ausgesprochen. Wider alles Erwarten war der ersten 
Gedichtsammlung ein glänzender Erfolg beschieden gewesen, die bloße, nur von einer kleinen 
Probe begleitete Anfrage an das Publikum, ob es einen solchen Homer haben wolle, hatte in 
Weimar zu einer beträchtlichen Sammlung geführt, die Herausgabe des Musenalmanachs bot 
jahraus jahrein und in bedeutender Höhe eine sichere finanzielle Basis für den Hausstand. 
Wären nur auch alle Unternehmungen mit eben der Sicherheit ausgeführt, mit der sie ange¬ 
kündigt worden! Dem deutschen Homer war die Vollendung nicht beschieden gewesen, obwohl 
die Weimarer Louisd’ors eingelaufen und längst ausgegeben waren; aus der Modernisierung von 
Rollenhagens „Froschmäuseler“ schien auch nichts werden zu wollen, und ebenso sollte es dem 
Unternehmen ergehen, das im Mai des Jahres 1781 in Lichtenberg und Försters Göttingischem 
Magazin mit dem üblichen Stimmaufwand angekündigt war, und auf das unser Brief Bezug 
nimmt: der Bearbeitung von Gollands Übersetzung der „Arabischen Nächte“. Eure Stärke be¬ 
stand zon jeher in Ankündigungen, schrieb ein paar Jahre später F. L. W. Meyer, als er wieder 
einmal eine solche in die Hände bekommen hatte. — Die Ankündigung von „Tausend und 
einer Nachf' ist, so viel ich weiß, nur in Max Hesses Ausgabe (3, 184) wieder abgedruckt 


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Schaaffs, Zwei unbekannte Briefe von Bürger. 


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worden: dort finden sich Angaben, die zur Erläuterung von Einzelheiten des Briefs dienen. 
Vossens Übersetzung erschien in sechs Bänden von 1781 an: auf den ersten bezieht sich 
Bürgers Bemerkung; Scheufier wird ihn um den Band gebeten gehabt haben. Mit der in dem 
alten Saalbaderteütsck — man beachte die Schreibung des Wortes und vergleiche Grimm Wb. 8, 
1682 — vorliegenden Übersetzung ist die von dem Liegnitzer August Bohse unter dem Pseu¬ 
donym Talander in sechs Bänden von 1730 ab herausgegebene gemeint Daß Bürger in seiner 
Ankündigung behauptet hatte, der erste Band seiner Bearbeitung — bald in Versen bald in 
Prosa / — sei schon unter der Presse, war natürlich, trotz der Verwahrung, es solle damit 
Vossens Arbeit durchaus nicht der Markt verdorben werden, nichts als eine Finte gewesen: 
Man wollte Voß wahrscheinlich überhaupt von seinem Unternehmen abbringen. Solche Dinge 
kommen ja auch heute noch vor. Wäre wirklich ein Band schon fast fertig gewesen und 
dann infolge von Bürgers Lässigkeit doch nicht vollendet worden: Was würde er alles und wie 
oft von Dietrich zu hören bekommen haben! Aber nicht ein Wort davon findet sich in dem 
Briefwechsel — Wer mit der zu Anfang erwähnten Dame gemeint ist, weiß ich nicht. 

Auch der zweite Brief wird willkommen sein: Er bietet uns einen charakteristischen, wenn 
schon wohlbekannten Zug in Bürgers Art und zugleich ein paar Einzelheiten von der verhängnis¬ 
vollen Stuttgarter Reise, von der wir so wenig Nachricht haben. Denn der Brief, der sie ge¬ 
wiß in größerer Fülle geboten hat, am 11. Oktober an Dietrich gerichtet — vgl Strodtmann 
4, 83; es hätte den Wert von Ebsteins Sammlung erheblich erhöht, wenn auch die nicht 
erhaltenen Briefe namhaft gemacht wären — dieser Brief scheint nicht mehr vorhanden oder 
wenigstens nicht bekannt zu sein. Bürger ist bekanntlich zweimal in Stuttgart gewesen, im 
März und April 1790 zur Brautschau, im September und Oktober zur Hochzeit: kurz nach 
letzterer ist der Brief geschrieben. Aber an wen? Man denkt zuerst an Schubart. Mit dem 
war er schon im April intim bekannt geworden, wie aus D. F. Strauß, Schubarts Leben in 
seinen Briefen (— Gesammelte Schriften, 9. Band) 2, 281 f., zu ersehen ist: Bürger war nur 
einige Tage hier-, doch sprach ich ihn täglich ein paar Stunden . Er gewinnt noch durch per¬ 
sönliche Bekanntschaft\ und man sieht es wohl, daß er das ätherische Dichtergepräge habe — 
jenes umuidersteldiche Feuer, das im Auge spricht, auf den Wangen blinkt, und den Dichter - 
hanch zur Loh macht? Bürgers Brief an Riepenhausen vom 11. Oktober (Str. 4,83) beginnt: 
Umflüstert von den Freuden der Liebe, umrauscht von den Freuden des Weins kann ich deiner 
zwar täglich gedenken. . . ..- Wer denkt da nicht an Schubarts nach der Befreiung beginnendes 
Trinkleben, das jeden Besucher in seine Kreise zu ziehen bemüht war! Ferner hatte ein paar 
Tage vorher, wenige nach der Hochzeit, Schubart an seinen Sohn geschrieben: Komm so bald 
als möglich ist ; dein Lieblingsdichter Bürger ist noch hier, und erwartet dich mit Sehnsucht 
(2, 286), und Ludwig traf ihn, wie ungefähr schon aus Strodtmann 4, 83. 84 verglichen mit 
Schubart 2, 288, mit Sicherheit aber aus Strodtmann 4, 212 hervorgeht, wirklich noch in Stuttgart 
an. a Anderseits standen die Schubarts in gewissen Beziehungen zum Hof. Aber beweisen kann 
das alles nicht, daß Schubart der Mann gewesen ist, an den sich Bürger mit der Bitte um Ein¬ 
führung bei der Herzogin gewendet hat: es könnte gradeso gut Ehrmann oder Haug gewesen sein. 

* Merkwürdig verschieden lautet eines andern Schwaben Urteil, der ihn zwar nicht als glücklichen Bräutigam, 
aber auch in gehobener Stimmung und ein Jahr vorher, kennen gelernt hatte: Bürger war vor einigen Tagen Mer und 
ich habe die wenige Zeit, die er da war , in seiner Gesellschaft angebracht ,. Er hat gar nichts austeichnendes . . . der 
Karakter von Popularität, der in seinen Gedichten herrscht, verleugnet sich auch nicht in seinem persönlichen Umgang, und 
hier, wie dort, verliert er sich zuweilen in das Platte . Das Feuer der Begeisterung scheint in ihm zu einer ruhigen Arbeits¬ 
lampe herabgekommen zu seyn. Der Frühling seines Geists ist vorüber und es ist leider bekannt genug, daß Dichter am 
frühesten verblühen. Man vergleiche die beiden Stellen Wort für Wort: Sieht es nicht aus, als ob Schubart Schillers 
Urteil im Sinne habend jedem einzelnen Zuge darin widersprechen wolle? Aber es sieht eben nur so aus. 

3 Am XI. Oktober schreibt Bürger an Riepenhausen, er treffe wahrscheinlich auf den 26. schon in Güttingen 
ein. Aber am 20. ist das Paar erst in Heidelberg angelangt, kann also am 26. noch nicht nach G. gekommen sein. 
Vielleicht hat Bürger auf den jungen Schubart in Stuttgart eigens gewartet Am 23. October schreibt der Alte an 
Wenn er in Frankfurt: Mein Sohn, der würklich hier ist . .. Ludwig Schubarts Brief an Bürger vom 5. September 1792 
beginnt: Auch ohne die Ehre Ihrer persönlichen Bekanntschaft hätte ich keine andere Anrede für Sie finden können ... 


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Die künstlerischen Ideale von William Morris. 


Von 

Ernst Collin in Berlin. 


W enn wir auf die Spanne Zeit zurückblicken, die zwischen heute und dem Tode von William Morris 
vergangen ist, so sehen wir eine Zeit, die reich an Kämpfen und Wandlungen auf dem Gebiete der 
Kunst und des Kunstgewerbes ist, aber zugleich auch reich an Fortschritten und Errungenschaften. 
Man ist zwar, namentlich was das Kunstgewerbe anbetrifft, nicht immer auf den Spuren von Morris 
gewandelt, sondern hat andere Wege eingeschlagen. Und wenn auch die Richtigkeit der von Morris verfolgten 
Ziele nicht immer unbestritten blieb, so hat sich doch eines erhalten und in dem Kunststreben der letzten Zeit 
deutlich bemerkbar gemacht, nämlich die Ideale, die Morris vorgeschwebt haben, die sein Schaffen befruchtet 
und ihn zu dem größten Kunstreformator aller Zeiten gemacht haben. 

Und wenn wir uns diese Ideale näher betrachten, dann werden wir nicht nur gepackt von den tiefen 
und ehrlichen Gedanken, die diesen Mann beseelten, sondern wir fühlen uns mehr vielleicht noch angezogen 
von seiner Persönlichkeit. Wir sehen dann, wie seine künstlerischen und kunstgewerblichen Aspirationen aus 
seinem Charakter und vor allem aus seinen sozialen Ansichten heraus geboren wurden. 

Männer von der Art William Morris’ hat die Welt immer nur wenige gekannt; denn aus der Zahl der 
Genies und Talente, die die Welt zu Tausenden erzeugt, ragen sie hervor als mächtige Kolosse, vor deren 
Größe wir erstaunt stehen, und deren Schaffen wir mit unseren Sinnen kaum begreifen. Ein Merkmal dieser 
Größten unter den Großen ist unzweifelhaft ihre Vielseitigkeit. Bewundernd müssen wir stehen vor den mannig¬ 
faltigen Interessen dieses Mannes, vor seinem tiefgehenden Verständnis und vor seiner wunderbaren Persönlich¬ 
keit, die gleichsam die Folie für seine Ideale bildet. 

Das Hervorstechendste an dem Wirken von Morris ist seine ausschließliche, man kann ruhig sagen, ein¬ 
seitige Vorliebe für die Kunst des XV. Jahrhunderts. Alles, was mit dieser Zeit zusammenhängt, findet er nach¬ 
ahmenswert, die Kunst, die Sprache und die Arbeitsweise, und alles geht ihm in Fleisch und Blut über. Seine 
Entwürfe tragen sämtlich den Stempel jener Zeit, wenn er selbst auch hoch über dem Verdachte steht, nur 
nachgeahmt zu haben. Eine Folge dieser Vorliebe für das Mittelalter, „die Periode, in der die Kunst allen 
Menschen gemeinsam war“, ist seine Verachtung des gegenwärtigen Zeitalters, das ihm häßlich und kunstlos 
erscheint. Zwischen dem Mittelalter und der heutigen Zeit kennt er keine Kunstform, die Wert hat Es kommt 
ihm vor, als ob wir einer Vernichtung aller Kunst und Schönheit entgegengingen, und entsetzt steht er dabei 
mit dem heißen Bestreben zu helfen nach seinen Kräften und den Verfall aufzuhalten, wenn das noch mög¬ 
lich ist. 

Die mannigfachen Anregungen, die Morris für seine Ideen fand, müssen bei ihm auf einen besonders 
fruchtbaren Boden gefallen sein. Von den Romanen Walter Scotts fühlt er sich mächtig angezogen, ein Werk 
John Ruskins über gotische Architektur bestärkt ihn in seiner Vorliebe für diese. Er nimmt Unterricht in der 
Architektur bei dem Gotiker G. E. Street, den er aber vor Ablauf der vereinbarten Zeit verläßt, um eigene 
Wege zu gehen. Seine Studienzeit in Oxford fällt mit der von Edward Burne-Jones zusammen, mit dem ihn 
bald eine enge Freundschaft verbindet, die sein ganzes Leben hindurch währt Beide, beseelt von den gleichen 
Ideen, haben sich gegenseitig angeregt, und es ist sicher, daß ein nicht geringer Teil von dem, was jeder ge¬ 
leistet hat, der Einwirkung des Freundes zu verdanken ist 

Durch Burne-Jones kommt er mit den Präraffaeliten in Berührung, jener Künstlerschar, die auf den 
Spuren der Maler vor Raffael wandelte. Daß Morris und die Präraffaeliten zusammenpaßten, ist selbstver¬ 
ständlich, und daß sie zusammenkamen, mutet uns ganz natürlich an. Auch sie lieben das Mittelalter so, wie sie 
es sich zurechtgelegt haben, wenn es auch von dem der Wirklichkeit weit abwich. Morris, der Dichter, schreibt 
seine Gedichte in demselben Stile, wie die Präraffaeliten ihre Bilder malten. Die Illustrationen der Präraffae¬ 
liten zu den Dichtwerken von Morris sind das Ergebnis eines künstlerischen Gedankens. 

Die Beschäftigung Morris’ mit der Architektur war keine zufällige. Er wollte das Kunstempfinden der 
Zeit heben und die Wohnungen der Menschen verschönern. Deshalb mußte sein Schaffen von der Architektur 
ausgehen, die für ihn die Grundlage und die Krone aller Künste war. Und es zeigt das tiefe und allseitige Ver¬ 
ständnis von Morris, das ihn über seine Freunde und Zeitgenossen erhob, wie ihn sein Forschen von der Archi¬ 
tektur zu all dem führte, was er zur Verschönerung des menschlichen Lebens und zur Besserung der bestehenden 
Zustände für notwendig hielt Auch auf dem Gebiete der Architektur bedeutet ihm die heutige Zeit nichts, er 
findet sie gedankenlos, da sie nur pedantische, häßliche Nachahmungen klassischer Architektur kenne. Für ihn 
ist der gotische der erste und letzte aller architektonischen Stile, den er für schön hält Nach seinen eigenen 


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Collin, Die künstlerischen Ideale von William Morris. 


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Worten ist die gotische Architektur die vollendetste Kunstform, die die Welt gesehen hat. Hand in Hand damit 
geht natürlich seine Vorliebe für alte Bauten. Auf seinen Reisen ziehen ihn die kleinen, alten Kirchen, die über 
das ganze englische Land verstreut sind, besonders an. So hat er sein ganzes Leben lang der englischen Ge¬ 
sellschaft zum Schutze alter Bauten sein regstes Interesse gewidmet. Er ist ihr Geschäftsführer gewesen, hat 
Vorträge gehalten für sie, kurz, er hat in seinem arbeitsreichen Leben nie die Sorge für diese Gesellschaft ver¬ 
gessen und hat ihr in seinem wundervollen Buche „Nachrichten von Nirgendwo" (News from nowhere) ein 
Denkmal der Liebe gesetzt. „Als," so berichtet einer der Bewohner von Nirgendwo im Jahre 2003, „einige von 
uns die Parlamentsgebäude niederreißen wollten, da war, so erzählt man mir, so eine sonderbare antiquarische 
Gesellschaft, die manches Gute in vergangenen Zeiten getan hatte. Die protestierte dagegen und war so ener¬ 
gisch und wußte so gute Gründe anzuführen, daß man die Gebäude stehen ließ." 

Diese Liebe zur Architektur ist die Wurzel seiner Ideen und seines Wirkens geworden. Es kennzeichnet 
Morris, daß er eine einmal gefaßte Idee logisch weiter dachte und nach ihr sein Schaffen einrichtete. So er¬ 
scheint es uns, wenn wir die Gedanken dieses Mannes verfolgen, ganz selbstverständlich, daß ihn seine künst¬ 
lerischen Bestrebungen zum Sozialismus führten. Morris war ein Enthusiast, und in diesem Enthusiasmus, der 
sich aus kühler Überlegung ergibt, und der vor den äußersten Konsequenzen nicht zurückscheut, war er ein 
echter Sohn seines Landes. 

Nun kommt Morris weiter zu der Forderung, daß alle Kunst, also auch die Architektur, ornamental sein 
muß. Der Präraffaelit spricht aus ihm, wenn er sagt, daß kein Gemälde vollkommen sei, wenn es nicht etwas 
mehr sei als eine bloße Darstellung der Natur oder der Erzähler einer Geschichte, d. h. wenn es nicht orna¬ 
mental sei. In seiner Vorliebe für reiche Dekoration, die sich in allen seinen Werken ausspricht, folgt er wieder 
eng den alten Meistern. Es ist bezeichnend für seine Liebe zum Mittelalter, daß er der vornehmen, an Orna¬ 
menten armen griechischen Architektur völlig ablehnend gegenüberstand. Er haßt das Schmucklose und sieht 
in ihm eine Gefahr für die Menschheit. 

Die Begriffe Schönheit, Kunst und Dekoration verschmelzen sich bei ihm. Es spricht selbst von Schön¬ 
heit als von Dekoration im besten Sinne des Wortes. Um sein Verlangen nach Dekoration und damit sein Ver¬ 
langen nach Kunst deutlich zu machen, wollen wir ihn selbst sprechen lassen: „Der Zweck, Kunst bei den nütz¬ 
lichen Dingen anzuwenden," führte er einst in einem Vortrage aus, „ist zweifach, erstens, die Werke der Men¬ 
schen zu verschönern, die sonst häßlich sein würden, und zweitens, der Arbeit selbst Freude hinzuzufügen, weil 
sie sonst qualvoll und verächtlich wäre. Nun, als ersten Zweck habe ich angeführt, daß das Erzeugnis unserer 
Arbeit ohne Anwendung von Kunst häßlich wäre, und ich gebrauche das Wort häßlich (ugly), als das stärkste 
und deutlichste Wort der englischen Sprache. Denn die Werke der Menschen können nicht eine bloße Ver¬ 
neinung der Schönheit (a mere negation of beauty) sein. — Denn wenn wir aufhören würden, Kunst bei unsern 
Gebrauchsgegenständen anzuwenden, dann werden es nicht bloße Gebrauchsgegenstände sein, sondern solche, 
die in sich denselben Schaden tragen, wie Bettdecken, behaftet mit Pocken oder mit Scharlach. Jeder 
Schritt in solchem materiellen Leben und jeder Fortschritt würde zum intellektuellen Tod der menschlichen 
Rasseführen." 

Diesen intellektuellen Tod fürchtet er, wie ein anderer eine Krankheit furchtet. Aus dieser Furcht heraus 
lassen sich denn auch sein Enthusiasmus und seine nie ermüdende Arbeitskraft erklären. Auf mannigfache Weise 
sinnt er darüber nach, der Menschheit die Schönheit zu erhalten. „Wenn eine Eisenbahn", so meint er, „von 
einem Ort zum andern fahren müsse, dann sollte es selbstverständlich sein, daß dabei so wenig wie möglich 
natürliche Schönheit beschädigt werde, selbst wenn die Strecke dadurch teurer käme." 

Dem Kampf für die Schönheit und für die Wiedereinsetzung der Künste und des Kunstgewerbes hat er 
sein Leben geweiht Mit einem Enthusiasmus, der von Fanatismus nicht weit entfernt ist, hat er seine Ideen ver¬ 
fochten. Dieser Kampf für seine Ideale macht ihm das Leben lebenswert Man merkt, mit welcher Energie er 
zu Werke gegangen ist, wenn man die Worte liest: „Was ist denn wert auf der Erde gesehen zu werden? 
Alles. Dieses zu lieben und zu fördern, jenes zu hassen und zu vernichten." Dadurch, daß er sich auf einen 
Kunststil festgelegt hat, wird er einseitig in seinem Urteil „Was wir nicht schön finden, ist häßlich", erklärt er, 
„und was nicht schön ist, hat kein Recht zu existieren." 

Diese Einseitigkeit berührt uns aber nicht imangenehm, sondern wir verstehen sie als einen Teil seines 
sympathischen Wesens, als etwas Selbstverständliches an dieser Stürmer- und Drängematur. 

Den hauptsächlichsten Grund an dem Niedergange unseres Schönheitsideales sieht er in den heutigen 
sozialen Zuständen, in der Abhängigkeit des Arbeiters vom Unternehmer und in der Gewinnsucht des 
letzteren. 

Es ist oft bemerkt worden, daß alles, was Morris schuf und alle seine Interessen, der reinste Ausdruck 
seiner Persönlichkeit sind, und daß der Dichter in ihm nicht vom Handwerker, und der Handwerker nicht vom 
Sozialpolitiker zu trennen ist Wenn wir hören, daß er für seine sozialistischen Ideen durch Schriften, Vorträge 
und Reden auf offener Straße eingetreten ist, so finden wir das ganz selbstverständlich. Denn ebenso, wie er für 
seine Ansichten über Kunst und Handwerk mit Worten und Taten eintrat, mußte er es auch für seine politischen 
Interessen tun. — Es ist ja auch ganz klar, daß einen Menschen wie Morris, der stets nach Schönheit begehrte, 
und sie allen mitzuteüen suchte, das Elend und die Unsauberkeit, wovon er sich umgeben sah, zum Nachdenken 
und zum Verlangen nach Abhilfe reizen mußten. 


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Collin, Die künstlerischen Ideale von William Morris. 


An mehr als einer Stelle hat er seinem Hasse über unsere Gesellschaftsordnung Ausdruck gegeben. Er 
behauptet, daß ein allgemeines Verlangen nach den Künsten nicht eher eintreten werde, bis wir der Zivilisation 
andere Lebensformen gegeben haben. Die Tyrannei des Staates hat nach Morris auch unser heutiges kommer¬ 
zielles System im Gefolge. Das unsinnig viele Produzieren von nutzlosen, häßlichen Dingen haßt er, da er doch 
verlangt, daß jeder Gegenstand mit Liebe gefertigt werde. 

„Es ist nicht diese oder jene bestimmte Maschine,“ meint er, „von der wir uns befreien wollen, sondern 
die große, unfaßbare Maschine kaufmännischer Tyrannei, die unser aller Leben bedrückt — Denn dieses mecha¬ 
nische und grausame Produktions-System, das ich verurteilt habe, ist so innig verwachsen mit der Gesellschaft, 
von der wir alle einen Teil bilden, daß es manchmal ihre Ursache, manchmal ihre Wirkung zu sein scheint“ 
Aus seinem Kampfe für Schönheit und Kunst heraus ergibt sich sein Kampf gegen die heutige Gesellschafts¬ 
ordnung. 

Die große Änderung der Dinge, wie er sie ersehnte, hat er vorausgeahnt, in seinen „News from nowhere“, 
in denen er sich eine Welt schafft, wie er sie haben will, und Menschen, wie er sie lieb hat Alle Armut und 
alle Feindschaft sind verschwunden. Arbeit ist Vergnügen, und Vergnügen Arbeit geworden. — Die Zivilisation 
des XIX. Jahrhunderts ist vernichtet und vergessen. Keine Maschinen sind zu erblicken. Was verfertigt wird, 
sind Kunstwerke. Geld existiert nicht mehr, ein jeder nimmt sich, ohne zu fragen, das aus den Läden, wonach 
er Bedarf hat. — Aus seinem Buche spricht der Volksfreund und der Dichter, und nicht zuletzt der Künstler. 
Und seltsamerweise! die Menschen aus „Nowhere“ wissen nicht viel vom XIX. Jahrhundert und dem, 
was es geleistet hat Sie schätzen das Mittelalter und sind in ihrer Kunst und in ihrer Arbeitsweise zu ihm 
zurückgekehrt 

Wir sehen hier, wie konsequent Morris ist; er kann sich eine zukünftige Gesellschaft gar nicht anders 
vorstellen, als auf den Wegen des XV. Jahrhunderts. Vorbildlich ist ihm auch die Arbeitsweise des Mittelalters, 
in der jeder Gebrauchsgegenstand mit künstlerischem Verständnis gefertigt wurde. 

Bei dieser Liebe für alles, was mittelalterlich ist, und bei seinem Vorurteile gegen alles Neuzeitliche be¬ 
fremdet uns sein Haß gegen die Maschinen durchaus nicht. Der Fanatiker spricht aus ihm, wenn er sagt: 
„Lehnt Euch auf, soviel als möglich gegen alle Maschinenarbeit. Aber wenn Ihr dafür zu entwerfen habt, laßt 
an Eurem Entwürfe deutlich sehen, wofür er ist Macht ihn mechanisch aus Rache und gleichzeitig so einfach 
wie möglich.“ 

Wenn wir hier einen Augenblick verweilen und einen Rückblick auf Morris’ Ideale werfen, die uns bisher 
begegnet sind, so können wir sie kurz zusammenfassen: Liebe für gotische Kunst und mittelalterliche Arbeits¬ 
weise, Widerwillen gegen die moderne Kultur, die Sehnsucht nach einer neuen Kunst auf der Grundlage des 
XV. Jahrhunderts. 

Es ist klar, daß Morris hier in Vielem geirrt hat, und daß er in seinem Urteile oft recht einseitig gewesen 
ist Sein Abscheu gegen alles Moderne und namentlich gegen die Maschinen, die er allerdings nicht ganz ab- 
schaffen will, entbehrt nicht einer gewissen Naivität. Wir werden ihm nicht beistimmen können, daß ein auf der 
Maschine hergestellter Gegenstand nicht schön sein kann. Es kommt uns ferner ganz sonderbar vor, daß ein 
geistig so hochstehender Mensch wie Morris gar keinen Sinn hatte für die modernen Errungenschaften, und daß 
er sich von vornherein feindselig gegen alles verschloß, was das XIX. Jahrhundert geleistet hat. Es ist über¬ 
flüssig zu beweisen, daß eine Arbeitsweise wie die des Mittelalters nicht mehr für unsere Zeit paßt und nie ein¬ 
zuführen sein wird. Aber wenn wir auch Morris nicht immer beipflichten können, so müssen wir doch aner¬ 
kennen, daß eben seine Irrtümer ihn zu dem großen Künstler und Reformator gemacht haben. Seine Einseitig¬ 
keit — es ist sonderbar, daß man bei einem so vielseitigen Genie von Einseitigkeit reden muß — hat seine 
Werke so vollendet gemacht. 

Und noch etwas, das in manchen Punkten unsem Widerspruch herausfordem wird, soll hier erwähnt 
werden. Seine sozialistischen Ideen ließen ihn den Reichen verachten und in dem Unbegüterten, dem Arbeiter, 
den Menschen der Zukunft sehen, der die Kunst der Welt wiedergeben soll. In einem Vortrage „Art and its 
Producers“ läßt er sich darüber folgendermaßen aus: 

„Ich habe es soeben gesagt, und ich wiederhole es mit all dem Nachdruck, dessen ich fähig bin, daß die 
besten Arbeitgeber, oder sagen wir Kunden der Arbeiter, die Arbeiter selbst sind; wenn sie keine Kunden 
weiter hätten, würde ich völliges Zutrauen haben, daß sie nur beschäftigt wären, nützliche Dinge zu erzeugen. 
Heute müssen sie ihre Arbeitskraft auf folgende Weise verschwenden: erstens unwürdige Dinge zu fertigen, die 
sie infolge ihrer unwürdigen Lage verwenden müssen, zweitens solche Waren herzustellen, die die reichen 
Klassen nicht zum Gebrauch verlangen, und für die ebenfalls keine Nachfrage sein sollte. Das heißt, daß bei 
einer gerechteren Verteilung der Güter keine Nachfrage für wertlose Dinge sein würde und ebenfalls nicht für 
so viele Gegenstände des Luxus. Die Arbeiter würden zuerst Waren für ihren eigenen Gebrauch herstellen und 
für die Reichen würde nicht viel Zeit übrig bleiben. Und wenn wirklich die Nachfrage nach diesen nutzlosen 
Dingen so groß sein sollte, dann würden sie sehr teuer kommen.“ — Hiergegen ist einzuwenden, daß dieses un¬ 
bedingte Vertrauen in den Geschmack der Arbeiter durch nichts begründet ist. Es ist natürlich, daß bei einer 
gerechteren Verteilung der Güter auch viele häßliche und wertlose Dinge verschwinden würden, ebenso wie 
dann die Menschen nicht mehr gezwungen wären, in menschenunwürdigen Wohnungen zu hausen. Daß aber 
diejenigen, die früher Arbeiter waren, und die dann die Herren sein würden, gleich jene hohe Kultur hätten, 


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Collin, Die künstlerischen Ideale von William Morris. 


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um auf unsem Geschmack bestimmend wirken zu können, das glaube ich nicht Auch gerät Morris hierbei in 
den Fehler, den alle Sozialisten machen, nämlich gegen die Dinge des Luxus zu Felde zu ziehen und sie als 
überflüssig hinzustellen. Das ist schon deshalb verfehlt, weil eine Unterscheidung zwischen nützlichen und luxu¬ 
riösen Dingen niemals gemacht werden kann. — Morris hätte Gelegenheit gehabt, seinen Glauben an die Arbeiter 
zu beweisen, aber er nutzte diese Gelegenheit nicht aus. Er hatte verlangt, daß die Arbeiter, die jetzt Maschinen 
sind, Künstler seien, wie unscheinbar sie als solche auch sein mögen. Als Herausgeber von Büchern hätte er 
dem Volke viel Kunst geben können. Aber seine Bücher, die er auf der Kelmscott-Press druckte, erschienen 
nur in beschränkter Auflage. Lewis F. Day, einer seiner Freunde und Biographen, bemerkt sehr richtig hierüber: 
„Auch hier, gleichsam wie durch ein eisernes Verhängnis gezwungen, arbeitete er für die Wenigen. Er hatte 
nicht Vertrauen genug zum großen Publikum, um etwas anderes als beschränkte Ausgaben zu veranstalten. 
Es ist nur zu sehr zu bedauern, daß gerade beim Buchdruck, wohl dem leichtesten Wege, das intellektuelle 
Leben der Millionen zu heben, der Sozialist nicht den Mut fand, seinem Ideal der Kunst für das Volk 
treu zu bleiben/ 1 

Das ist wirklich zu bedauern, um so mehr als die Nachfolger Morris' auf denselben engherzigen Wegen 
wandelten und das „book beautiful“, für das sich Morris und die um ihn so begeisterten, bis heute noch nicht 
in die Hütten der Arbeiter gedrungen ist 

Bei unserer Kritik dürfen wir aber nicht vergessen, daß seine Liebe zum Volk und das Verlangen, den 
Armen durch die Kunst emporzuheben, der Impuls zu alledem gewesen ist, was er geleistet hat Er baut darauf, 
daß die Kunst für das Volk, die er erstrebt, einmal kommen wird, und er weiß von ihr zu sagen: „Sie wird 
nicht nach der Person fragen, sondern alle können an ihr teilnehmen, gelernte und ungelernte; und sie wird 
eine Sprache reden, die wir alle verstehen können. Sie wird der Tod sein der Unwissenheit, Unehrlichkeit und 
Tyrannei“ 

Um ein vollständiges Büd zu geben von der Persönlichkeit dieses Mannes und von seinen Idealen, die 
aus seinem reichen Erleben heraus beurteilt werden müssen, haben wir uns mit dem Handwerker Morris zu 
beschäftigen. Denn auf allen Gebieten des Kunsthandwerks, denen er sein Interesse zugewandt, ist er selbst 
tätig gewesen und hat auch hier Unübertreffliches geleistet. Erstaunt fragen wir, die wir wissen, was er alles in 
den 62 Jahren seines Lebens geleistet hat, wie es ihm möglich war, so viel zu tun. Er hat alle Handwerke, mit 
denen er sich beschäftigt, selbst gelernt und hat in kürzester Zeit begriffen und gemeistert, wozu ein anderer 
jahrelange Praxis brauchte. „Ihr hättet ihn eines Tages auf der Straße treffen können,“ sagt Lewis F. Day, „mit 
farbigen Händen, denn er war ein geborener Arbeiter, niemals besorgt, seine Hände nicht zu beschmutzen. 
Und er war viel zu lebhaft, um zuzusehen, wie jemand an etwas herumbastelte, was er selbst besser machen 
konnte, um ihm nicht zu zeigen, wie es besser zu machen sei.“ 

Nichts war ihm verhaßter, als untätig zu sein: ,,zu leben wie ein gentleman — das heißt nichts zu tun.“ 
Und er spricht von der Bitterkeit, die einen ungeduldigen Mann manchmal befallt, wenn er fühlt, wie wenig er 
tun kann für die Sache, die ihm am Herzen liegt. 

Wenn wir sehen, wie Morris sich mit den einzelnen Handwerken beschäftigt, und welche Prinzipien ihn 
dabei leiteten, erhalten wir Beweise für die Ehrlichkeit und den praktischen Idealismus, die sein Schaffen kenn¬ 
zeichnen. Seine Liebe zum Handwerk kommt in das richtige Fahrwasser, als er 1863 mit einer Anzahl von Freunden, 
unter denen sich Dante, Gabriel Rossetti, Ford Madox Brown, Edward Bume-Jones befanden, eine Fabrik 
gründete zur Herstellung bemalter Fliesen, Glasmalereien, Webereien, Möbel, Gläser und Papiertapeten. Die 
Firma führte den Namen Morris, Marshall, Faulkner & Co. Das Ganze war ursprünglich eine Art Verein, in dem 
jeder seine Entwürfe zu liefern hatte, und in dem der Nutzen, wenn es einen solchen gab, unter die Mitglieder 
verteilt wurde. Was Morris nun in dieser Firma geleistet hat, — er war wohl das rührigste Mitglied — das hat 
ihn zu dem hervorragendsten Kunsthandwerker gemacht 

Zuerst zog ihn die Keramik an, denn „alle Völker, selbst die barbarischsten, haben sich mit ihr beschäf¬ 
tigt Aber keines hat jemals verfehlt, sie nach richtigen Grundsätzen auszuführen und keines hat so gemeine 
und häßliche Formen geschaffen, wie die moderne Zeit Es scheint, als sei häßliche Keramik eine der bemerkens¬ 
wertesten Erfindungen unserer Zivilisation.“ 

Trotzdem er ein ausgesprochener Feind der Maschine ist, sieht er doch ein, daß Papiertapeten nur auf 
mechanischem Wege hergestellt werden können, und er verlangt, daß diese Maschinenarbeit auch im Entwürfe 
sichtbar sei 

Durch einen sonderbaren Zufall, der den offenen Blick dieses Mannes zeigt, ist er dazu gekommen, sich 
mit der Weberei zu beschäftigen. Er sah einen Mann in der Straße, der Webstühle als Spielzeug verkaufte. 
Das interessierte ihn, und er verschaffte sich einen richtigen Webstuhl, an dem er selbst seine Versuche be¬ 
gann. Der Webstuhl stand in seinem Schlafzimmer, und in seinen schlaflosen Stunden arbeitete er an ihm. Das 
Weben brachte ihn aufs Färben, denn er brauchte Seide von einer bestimmten Färbung, und da er diese nir¬ 
gends bekommen konnte, machte er sich selbst daran, sie sich herzustellen. Er brachte es im Färben zur Voll¬ 
endung, und mit Stolz sagte er einmal von sich bei einem Vortrage, daß er als Färber von Beruf spreche. „Die 
Kunst des Färbens“, meinte er, „brachte mich natürlich auf die niedrige, aber nützliche Kunst des Bedruckens 
von Stoffen.“ Die Herstellung von Teppichen interessierte ihn ebenfalls, und er fing mit einem regelrechten 
Studium eines alten persischen Teppichs an, dessen Herstellung er nach allen Seiten hin durchforschte. Er 


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Collin, Die künstlerischen Ideale von William Morris. 


ruhte nicht eher, als bis er es selbst zum Teppichwirker gebracht hatte. Wenn wir nun noch hinzufugen, daß 
er auch die Glasmalerei zu einem Felde seiner Tätigkeit gemacht hat, dann bekommen wir einen ungefähren 
Begriff von seinem Fleiße und seinem nimmermüden Genie. 

Morris war nicht nur der geborene Künstler, er war auch der geborene Handwerker. Seine Hände, die 
schon, als er Knabe war, stets eine Beschäftigung suchten, haben während seines ganzen Lebens nicht geruht 

Die Sehnsucht seines ganzen Lebens inmitten all der Beschäftigung mit den Handwerken war, die Kunst 
des alten Buchdrucks wieder aufleben zu lassen und dem damiederliegenden Buchgewerbe neue Bahnen zu 
weisen. Es konnte einem Menschen wie Morris, der selbst Bücher schrieb, nicht entgangen sein, daß hier noch 
fast alles ?u tun blieb, und daß er hier ein unendliches Feld zur Betätigung seiner Kunst fand. Schon im Jahre 
1866 planten er und seine Freunde eine Ausgabe des „Earthly Paradise“. Man kam nicht weiter als bis zur 
Anfertigung der Holzschnitte, von denen der größte Teil von Morris gezeichnet war. Diese ersten Versuche 
zeigen schon ganz deutlich, daß Morris die Idee mit sich herumtrug, die frühesten Drucke wieder aufleben zu 
lassen. Im Jahre 1888 lernte Morris durch einen Zufall Emery Walker kennen, der selbst ein erfahrener Buch¬ 
drucker war. Angeregt durch ihn griff nun Morris die Idee des Buchdrucks wieder auf, und sie gründeten 
beide die Kelmscott-Press, von der aus Morris die Bücher in die Welt sandte, die das ganze moderne Buch¬ 
gewerbe aufgerüttelt und es zu dem gemacht haben, was es heute ist. Morris sammelte mit Eifer alte wertvolle 
Drucke, an denen er studierte, und vom Jahre 1890 an hat er sein ganzes Wirken seiner geliebten Kelmscott- 
Press geweiht Er hat 52 Werke in 66 Bänden auf der Handpresse gedruckt und hat 384 Initialen für diese 
Bücher entworfen. Aber mehr noch als die Zahlen sprechen die Prinzipien, die ihn geleitet haben, und die uns 
einen Einblick in die Werkstätte seines Geistes gewähren. — 

Mit der ihm eigenen Genauigkeit und Ehrlichkeit denkt er die einzelnen Teile des Buches durch. Er 
fängt an beim Papier, von dem er das Prinzip aufstellt, daß es mit der Hand gearbeitet sein muß, und daß er 
genau nach der Arbeitsweise der Papiermacher des XV. Jahrhunderts herstellt, Er geht dann weiter zu den 
Typen über, studiert die Kalligraphie des Mittelalters, schreibt unablässig einzelne Buchstaben nach und bildet 
dann selbst neue Typen, die ihre Bedeutung bis heute behalten haben. Die Anordnung des Drucks auf der 
Seite, der Abstand der einzelnen Buchstaben, Wörter und Zeilen von einander, alles macht er zum Gegenstand 
seines Nachdenkens, und für alles findet er mustergültige Lösungen. Er entwirft die Umrahmung zu den 
Büchern und schafft Kunstwerke hierin. In diesen letzten sechs Jahren seines Lebens, die der Kelmscott-Piess 
gehörten, ist der Traum seiner Jugend, selbst Bücher zu drucken, zur Wahrheit geworden. Was er in der 
Kelmscott-Press geschaffen, das bedeutet die Krönung seines Lebensw^erkes, denn hier strömen noch einmal alle 
seine Fähigkeiten zusammen. Sein geliebtes Mittelalter hat er sich auch hier zum Vorbild genommen, und er 
ist hier mehr als in seinen andern Werken über dasselbe hinausgewachsen. Heute ist vieles, w'as er gewollt hat, 
überwunden, und wir drucken unsere Bücher meist anders als er. Das vermindert seinen Wert nicht, weil er ja 
Wegweiser und Bahnbrecher gewesen ist In der Kelmscott-Press lebte Morris noch einmal all die Ideale durch, 
die das Schaffen seines ganzen Lebens bestimmt haben, und wir werden ganz unbewußt, wenn wir sein Wirken 
verfolgen, zu dem Menschen Morris geführt, vor dem jede Kritik verstummt, dessen Liebe und Begeisterung 
aus allen seinen Werken strömt. Bei allem, was wir ihn tun sahen, haben wir seine Überzeugungstreue kennen 
gelernt. 

Was er sprach, waren seine Gedanken und was er tat, war das, wozu ihn seine Gedanken führten. Deshalb ist 
es auch überflüssig, noch einmal aufzuzählen, dies und das waren seine Ideen, jenes hat er geleistet Da ist eins 
nicht von dem andern zu trennen. Bei Morris gab es nichts Wichtiges und weniger Wichtiges. Alles was er 
wollte, erschien ihm gleich notwendig für die Menschheit und das Fehlschlagen der einen Idee genau so be¬ 
klagenswert wie der anderen. In seiner Künstlerschaft und in seiner Vielseitigkeit glich er dem größten Deut¬ 
schen: Goethe. Er ist einer von den Wenigen, auf die das Goethesche Wort paßt: „Den lieb ich, der Unmög¬ 
liches begehrt“ 


Alle Rechte Vorbehalten. — Nachdruck verboten. 

Für di« Redaktion verantwortlich Prol. Dr. Carl SchüdcUkop y - -Weimar. Cranachstr. 38. Druck u. Verlag von IV. DrugNlin Leipzig, Königzur 10. 


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Die Bibliotheken der Zukunft. 


Von 

Octave Uzanne in Paris. 

D ie Bibliophilen sind den Weisen zuzurechnen; das „morgen“ scheint sie kaum zu be- 
| unruhigen. Nur in großen Zwischenräumen beschäftigt sie der Gedanke an den Tod, 
an die Auktion nach ihrem Ableben, an das Geschick der Bücher, die sie gesammelt 
haben. Sie gleichen Epikureern, welche sich nicht den Genuß des Augenblicks durch die 
Furcht des Kommenden trüben wollen. Es bedeutet schon viel, wenn die Eitelkeit des Besitzes 
sie treibt, die ehrenvollsten Bedingungen auszukalkulieren, unter denen die seltensten Exemplare 
fortgegeben werden könnten; Exemplare, die sie im günstigen Moment erworben und durch 
den besten Handwerker haben einkleiden lassen, ehe dieser in der Mode war und sich seine 
Einbände mit gleich schweren Kassenscheinen zahlen ließ. 

Der Bibliophile lebt also vergnügt zwischen seinen Büchern, festlich gestimmt, wie ein 
Liebhaber in den Armen seines Schatzes; er liebt es, dieser Zukunft, diesem „morgen“ gegenüber 
blind zu sein, während unruhigere Seelen scharf hinäugen und ihre Geheimnisse zu enthüllen 
suchen. Aber selbst auf das Risiko hin, Glückliche — Beati possidentes — aufzustören aus 
ihrem hypnotischen Traum und Nachtwandler zu wecken, welche, gleich allen Sterblichen, sich 
hart am Rand unsichtbarer Abgründe bewegen, ist es uns erlaubt, zu fragen, was die Nachwelt 
mit unsren lieben derzeitigen Büchern Vorhaben wird und welchen Empfang die Veröffentlichungen 
dieses fin-de-si^cle von unsern Kindeskindem zu gewärtigen haben werden. 

Viele Liebhaber werden antworten: „Was geht das uns an? Nach uns der Untergang 
des Buches! Kümmern wir uns um das Schicksal des Glases, aus dem wir Champagnerrausch 
schlürften 

Wir können ihnen diese herrliche Sorglosigkeit nicht zum Vorwurf machen und diese 
Uneigennützigkeit, welche wir übrigens teilen. Aber uns treibt dennoch die Neugier, die quälende 
Gefährtin unsrer Einbildungskraft, uns auszumalen, wie wohl der edle Sport der Bibliophilie in 
ungefähr hundert Jahren, so um 1980, beschaffen sein könnte. — Es ist dieselbe Sache, wie 
die Geschichte der Mauer, welche uns den Weg versperrt; während kurzer Minuten suchen 
wir zu erfahren, was wohl hinter diesem steinernen Wall geschehen mag. So ist auch unsere 
geistige Kleinigkeitskrämerei. 

» # 

# 


Sebastian Mercier, der Verfasser des „Tableau de Paris“, der merkwürdigste Vorläufer 
unsrer heutigen Ideen, sah in einer außerordentlich klaren Vision unsre Sitten und Gebräuche. 
Er versuchte vor schon 135 Jahren, 1775, in einem phantastischen Buch, das interessanter ist 
ab alle Werke Jules Vernes zusammen, unsre Art und Weise im XXV. Jahrhundert nach 
Christus zu schildern. Das Buch heißt „L'An deux mille quatre cent quarante“. 

Ein Kapitel der alten Scharteke ist besonders interessant; es behandelt die Bibliothek 
des Königs, die heutige Biblioth&que Nationale, wo sich Exemplare sämtlicher an jedem Tage 
erschienener Bücher und Zeitungen anhäufen. In seinem Traum gelangt Mercier an die Tore 
unseres literarischen Ruhmestempeb. Er bereitet sich vor, endlose Galerien zu durchwandern, 
starke, vielfach übereinander gereihte Bücherkolonnen zu durchblättem, und sieht zu seinem 
z. f. b. 1912/191 3. 9 


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Uzanne, Die Bibliotheken der Zukunft 


großen Erstaunen ein bescheidnes kleines Gebäude an Stelle des mächtigen Palastes. Er tritt 
ein und findet in der Mittelhalle nur fünf kleine vergitterte Schränke. Weiter nichts. Im 
ersten werden die alten Griechen, darunter Homer, Sophokles, Euripides, Demosthenes, Plato 
und Plutarch, aufbewahrt. 

Im zweiten Schrank konstatiert er die Anwesenheit von Virgils und Plinius’ sämtlichen 
Werken, von Titus Livius und von zahlreichen Fragmenten Ciceros, Ovids, Horaz’ und Quintilius’. 

Die dritte Bibliothek trägt die Flagge Englands; in ihr findet er alle Philosophen, welche 
der kriegerischen, handelsreichen und politischen Insel entsprossen waren: Milton, Shakespeare, 
Pope, Young und Richardson. 

Das vierte Abteil gehörte der italienischen Literatur und er unterschied neben Ariosto, 
Tasso und Dante viele große Lyriker dieses philosophischen, träumerischen und politischen Volkes. 

Das fünfte Spind — man errät es — beherbergte die französischen Schriftsteller und zwar 
war ihre Anzahl nicht groß: Descartes, Montaigne und Charron, ferner F&iäon, Corneille, Racine, 
Moliere; Lafontaine und Voltaire in skelettartig reduziertem Zustand und einen tüchtig zusammen¬ 
gestrichenen Rousseau. 

Da ruft Sebastian Mercier aus: „Aber was ist mit den Tausenden von Schriftstellern, den 
Millionen von Büchern geschehen, die zu meiner Zeit und vorher veröffentlicht wurden, unbe¬ 
schadet derjenigen, welche zwischen 1775 und 2440 das Licht der Welt erblicken mußten? Wo 
sind die vielen Ausgaben unserer berühmten Männer? Wo die, die ich kannte; wo die, die 
mir noch fremd sind?“ 

Und der Bibliothekar spricht ernst: „Zu Eurer Zeit schrieb man zuerst und dachte dann; 
unsere Schriftsteller befolgen das entgegengesetzte Prinzip — wir haben alle Autoren geopfert, 
welche ihre Gedanken unter einem Schwall von Worten und unnützen Phrasen verbargen. 
Nichts erschwert so das Einverständnis, als die Menge der Bücher. Eine zahlreiche Bibliothek 
ist ein Tummelplatz der größten Extravaganzen und steter Wiederholungen; da unserer Tage Zahl 
aber beschränkt ist und wir sie nicht in splintisierender Philosophie auf brauchen wollen, so 
haben wir unter allgemeiner Zustimmung alle frivolen, nutzlosen und gefährlichen Bücher in 
einer großen Ebene angehäuft, haben eine Pyramide, so hoch wie der Turm zu Babel, daraus 
geformt und haben diese entsetzliche Menge angezündet, als Sühneopfer der Wahrheit, dem 
gesunden Menschenverstand und dem rechten Geschmack.“ 

# # 

« 

Glaubt Ihr, daß diese Hypothesen, alle durch die Menschen geschriebenen Dummheiten 
und Leichtfertigkeiten mittels der Flammen zu zerstören, ganz wahnsinnig und unglaublich seien? 
Glaubt Ihr nicht, daß, weil der Platz zur Aufbewahrung fehlen wird, unaufhaltsam der Tag 
naht, an dem wir alle Druckwerke zerstören müssen, noch ehe zwei Jahrhunderte beendet sind? 

Und selbst wenn man es nicht täte, wie wenige der Werke, die uns heute entzücken, 
würden des Überlebens würdig befunden werden. Die Vergessenheit aber ist schon das zer¬ 
störende, ausgleichende Element 

Revolution ist in allem; sowohl auf der Erdoberfläche, als in den Varianten der Ästhetik, 
welche unsere Geister lenkt Die heutige Generation wird durch die folgende verlacht werden. 
Ebenso wie wir die Literatur unserer Vorfahren verhöhnen, ebenso werden unsere Nachfolger 
ausgiebig über die unsere spotten, wenn sie nämlich noch Muße genug haben, sich mit uns zu 
beschäftigen, was uns ziemlich fraglich scheinen muß, wenn wir es recht bedenken. 

Haben wir eine Ahnung davon, was morgen sein wird? 

Unsere Bücher, die wir für Meisterwerke halten, die wir mit eitler Freude schmücken und 
sorgfältig in unseren Behausungen aufheben, haben nicht mehr Bedeutung und Dauer als wo¬ 
selbst. Widerstehen sie der Zeit, so gehen sie in die Hände folgender Generationen über als 
seltene Bibelots, die man flüchtig durchblättert, aber nicht liest. 

* * 

» 


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Uzanne, Die Bibliotheken der Zukunft 


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Wie werden sich die künftigen Bibliophilen amüsieren? Welches werden ihre bevorzugten 
Spielereien sein? In welche neue Eitelkeitssauce werden sie ihre Leidenschaft für das Buch 
tauchen? Möge es uns gefallen, diese Punkte schnell ins Auge zu fassen. 

Um materiell zu sprechen, bieten sich zwei Hypothesen: die erste gestattet die Abschaf¬ 
fung des Druckes durch bewegliche Typen und die bisher gemeingültige Form des gedruckten 
Buches in bestimmter Größe gefaltet und geheftet 

Die zweite Hypothese läßt uns an eine Fortdauer der Typographie mit jetzt schon vor¬ 
gesehenen Verbesserungen für Abzug und Bildschmuck glauben. 

In beiden Fällen wird die Bibliomanie fortexistieren. Das Buch wird späterhin so gut wie 
heute kollektioniert werden, und selbst eine Änderung des typographischen BÜdes würde nur 
die Suche nach schönen Druckexemplaren vom Ende des XIX. Jahrhunderts eifriger machen, 
denn man würde sie von da ab gleich wie seltene Bibelots und die letzten Beweise einer ver¬ 
schwundenen Kunst achten. Man hat die Inkunabeln gesammelt, das heißt die Wiegenleistungen 
der Druckerkunst; man wird nicht weniger leidenschaftlich die „Funebralen“, das heißt die 
Exemplare des Todeskampfes der Rotationspressen sammeln, die Exemplare, die die letzten 
Drehungen der beweglichen Rollen mitmachten. 

Andererseits werden die Weisen die Zuflucht des „Home“, die Thebaide der Bibliothek, 
die zurückgezogene, wenig ausgebende und wenig Kraft verlangende Lebensweise desto höher 
schätzen, als das Zukunftsleben fieberiger, kampfreicher, beschäftigter, schwerer zu erhalten und 
zu erarbeiten sein wird. 

Für diese phüosophischen Verehrer geistigen Rausches, für diese neugierigen Rückwärts¬ 
blicker wird es schwer sein, eine Wahl zwischen den grausigen Trümmern von Werken zu 
treffen, welche das XIX. Jahrhundert von Frankreich, England, Deutschland und Amerika aus 
auf den literarischen Markt an aller Welten Enden geworfen hat Millionen oder gar Milliarden 
von Werken werden um die Aufmerksamkeit der Nachwelt kämpfen. Wenn es auch einen 
Malthus gab, der — unwissentlich scheints — auf die Produktion der Rasse verheerend wirkte, 
so fand sich doch bisher kein Priester der die Abstinenz gegen geistige Erzeugnisse verteidigte, 
und niemand hat auch nur die kleinste Sperre über Bücher verhängt Deshalb wurde auch 
das Wort der Heiligen Schrift: „Wachset und vermehret Euch!“ mit Übertreibung von den 
Scharen zwitterhafter Schriftsteller befolgt, der Blaustrümpfe gar nicht zu gedenken. 

Wir glauben, daß die Bibliotheken der Zukunft nur eine sehr weise Auswahl an Büchern 
enthalten werden. Da gibt es keine Romane, wenig Gedichtsammlungen, einzelne Geschichts¬ 
leitfäden, zahlreiche Biographien, ganze Reihen von Spezial-Diktionären; und Auskunftsbücher 
so zahlreich als möglich. Diesem notwendigen Kapital wird man eine Apotheke der Seele 
beifugen, das heißt eine Auswahl „Black and White“-Moralisten, Optimisten und Pessimisten, 
welche der inneren Erleuchtung entsprechend gelesen werden sollen. Auch richtet sich die 
Lektüre nach dem Thermometerstand der Psyche, dem Niveau des Trübsinns und der wüden 
Freude. 

Auf ewig werden die Romane verbannt werden, diese Täuscher der EinbSdungskraft und 
Verschwender der Zeit. Theaterstücke wird man wohl noch dargestellt sehen, aber man wird 
sie nicht mehr lesen. Der zum Praktiker gewordene Bibliophile wird alsdann seine Bibliothek 
als eine enorme Zentrale aller Literaturen ansehen, als einen Führer durch die allgemeinen 
Kenntnisse der Bibliographie, als eine klare Quelle aller nur erdenklichen literarischen Mitteilungen. 

Man wird Indexe und Diktionäre aller Art sammeln; gedrängte Enzyklopädien, Glossarien 
zu Worten und Dingen, Kompendien moderner Wissenschaften, damit man in einem behaglichen 
Kämmerlein so recht zur Hand eine Bibliothek habe, die als Auskunftsbureau für alle Literaturen 
der Welt diene. Die Bücher werden gut gebunden und auf dem Rücken mit Allegorien oder 
Symbolen versehen sein, um schnell herausgefunden zu werden. 

Mir scheint, daß kein Bibliophile der Zukunft mehr diese lästigen Mengen von Büchern 
besitzen wird, welche um so weniger leicht Auskunft geben, als ihnen der notwendige Schlüssel, 
Inhaltsangaben und Indexe, fehlt 


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Uzanne, Die Bibliotheken der Zukunft 


Aber da Wißbegierde, Liebe zum Studium, Leidenschaft für Kunstschriften nicht ganz 
verschwinden werden, wird der Gelehrte des XX. oder selbst XXL Jahrhunderts Mitglied irgend¬ 
eines großen Vereins sein, einer Art „Polybiblion-Club“, wo er je nach Wunsch in prächtigen 
stillen Sälen oder zu Hause bei sich alle die Werke lesen kann, deren Existenz die Indexe ihm 
verraten haben. Um diese „Polybiblion-Clubs“ zu gründen, würde das Kapital von zwei oder 
dreitausend Mitgliedern genügen, welche, um der Ruhe und auch der Ersparnis willen, — nach¬ 
dem sie die enormen Preise berechnet haben, welche ihre Schwartenliebe sie in Freiheit dressiert 
kosten würde — es nicht übertrieben finden werden, einen alljährlichen Beitrag von tausend 
Franken einzuzahlen. So würde man diesem Tempel des Wissens die Rente von zwei bis drei 
Millionen schaffen, die zum Ankauf und zur Pflege der Bücher und zur Entschädigung der An¬ 
gestellten notwendig ist 

# * 


Man begreift, welche Erleichterung es fiir den Bibliophilen sein wird, der Sorge um eine 
große Bibliothek enthoben zu sein. Er erhält telephonisch von seinem Verein alle Aufschlüsse 
und beim leisesten Wunsch die Sicherheit, die Bücher gesandt zu erhalten. Er bedarf nur eines 
einzigen Schrankes, der das Material zum Spornen seines Geistes auf allen denkbaren Gebieten 
der Literatur, der Geschichte, der Wissenschaft, der Theologie oder der Reisebeschreibungen 
enthält. 

In Anbetracht dessen, daß die Liebe zum Buch dem Wunsch des Besitzens eng verbunden 
ist so es dem „Polybiblion-Club Fellow“ Vorbehalten bleiben, in seltenen Fällen Kunstwerke 
von Büchern zu erwerben. Von diesen werden etwa ioo Exemplare abgezogen werden, der 
Band zu 500 bis 1000 Fr., welche das Höchste darstellen sollen, was moderner Geschmack in 
der Wiedergabe durch erstklassige Künstler in der feinsten bibliotechnischen Ausführung zu 
leisten vermag. 

Um nun die jungen Künstler und Anfänger unter den Herausgebern zu unterstützen, 
könnte man diese Ausgaben als Wettbewerbe ausschreiben. Man wählt verschiedene Sujets 
aus den augenblicklich berühmten Werken; erfolgreiche und bekannte Künstler sind aus¬ 
geschlossen. Der Zweck ist einen genialen Verschönerer des Buches aus seinem Dunkel hervor 
in die aristokratische Gesellschaft geschmackvoller Leute zu ziehen. 

Diese zeitgenössischen Leistungen, echte Schreine der Kunst werden nicht die Bibliothek 
des Zukunftsmenschen überlasten. Im ganzen Jahre werden höchstens zwei oder drei für würdig 
gehalten werden, auf den Gestellen aus kostbaren Hölzern Platz zu finden. So bildet sich aus 
einzelnen Persönlichkeiten langsam eine Schmuckkette. 

* * 


Aber unsere heutigen Bücher, die wir lieben und hätscheln, die wir in Maroquin mit Mo¬ 
saiken binden lassen, durch Autographen und Originalzeichnungen bereichern, deren Ränder 
hübsche Aquarellen und deren Exlibris so hohe Namen ehemaliger Besitzer schmücken, unsere 
lieben Bücher vom Ende dieses Jahrhunderts, was wird aus ihnen werden? 

Wehe, bis auf wenige Ausnahmen fürchten wir ihr Schicksal zu erraten! — Die Zeit wird 
ihren schlechten Bestandteilen Gerechtigkeit widerfahren lassen; das Baumwollpapier, die schlechte 
Schwärze weiht sie einem schnellen Untergang. So wie es in den Prophezeiungen heißt: 
Tausende und Abertausende werden zu Staube werden, ganze Ausgaben werden verschlungen 
werden. Von allen unseren Romanen, von all unserer Tagesliteratur und Ausschußware wird 
nichts übrig bleiben als etwa ein paar große, farblos gewordene Japanpapiere und gewisse 
„Holländer“, die zwar scheußlich vergilbt, aber doch noch präsentabel sein werden. 

Kaum kann man annehmen, daß die Luxusausgaben viel mehr Widerstandskraft besitzen; 
das wenige, was bleibt, wird zerstreut werden, den Bewegungen sozialer Revolutionen oder den 


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Löffler, Eine schwäbische Bibliophilenfamilie aus dem XVIL Jahrhundert und ihre Sammlung. 69 


Veränderungen der Zivilisationszentren folgend. Berlin, Paris, Leipzig, London, das sind die 
heutigen „Bibliopoleis“. Doch wo wird die Bibliopolis des Jahres 1995 oder 2000 liegen? 

In mehr oder weniger ferner Zeit wird die französische eine tote Sprache sein, welche 
nur noch von einigen keltisch gebliebenen Geistern mit Genuß gelesen wird, welche sich noch 
dem unerbittlichen und logischen Druck der Anglo-Saxonen entzogen haben. O, das wären 
schöne Zukunftsbilder für unsere geliebten Bücher! 

Doch wir sind zu kurz gesichtet, um mit Schärfe so weit hinaus zu blicken! 


Eine schwäbische Bibliophilenfamilie aus dem XVII. Jahrhundert 

und ihre Sammlung. 

Von 

Bibliothekar Dr. Karl Löffler in Stuttgart 

U nsere Zeit ist vielleicht geneigt, die Bibliophilie als eine neuere Erscheinung anzusehen, 
besonders eine gewisse Richtung in ihr, die mehr zur Bibliomanie hinüberzielt und die 
die natürliche Freude am Buch, an seinem Inhalt wie an seiner äußeren Form, ge¬ 
legentlich umwandelt zur Gier nach möglichst vielen Büchern und besonders solchen, die durch 
Seltenheit oder sonstige Merkwürdigkeit vor andern reizen. Solche Büchersammler werden 
gerne zu Raritätensammlem, und ihr Sammlertrieb wird meist nicht allein nach Büchern jagen. 
Derartige Liebhaber gab es aber auch schon in früheren Jahrhunderten, und wir finden im 
Schwabenland an der Wende vom XVL zum XVII. Jahrhundert gleich eine ganze Familie, 
Großvater, Vater und Sohn, die eine solche Sammlerneigung hatten, freilich in der Hauptsache 
innerhalb der Grenzen einer gesunden, erfreulichen Liebhaberei. Sie brachten eine Sammlung 
von Büchern und von merkwürdigen und seltenen Gegenständen zusammen, bei deren Anblick 
unsem Bücherfreunden, Altertümersammlem und Raritätenjägem heute noch das Herz im Leibe 
lachen würde. Und dabei ist es fast als eine Ironie anzusehen, daß der Hauptstock der Samm¬ 
lung nicht etwa von einem Bücherwurm oder Studierstubenhocker, sondern von einem unruhigen 
abenteuerlustigen Kriegsmann angelegt worden ist. 

Doch bevor wir uns den Persönlichkeiten der Sammler zuwenden, wollen wir zunächst 
einmal ihre Sammlung selbst etwas näher ansehen. Sie ist freilich nicht mehr schön beisammen 
in einem Ausstellungsraum bequem zu bewundern. Anderthalb Jahrhunderte blieb sie unberührt, 
allerdings auch fiir die weitere Öffentlichkeit fast verborgen; dann aber führte sie die Säkulari¬ 
sation größeren öffentlichen Sammlungen zu. So sind heutzutage die Handschriften und Bücher 
in den zwei Stuttgarter Bibliotheken, der Hofbibliothek und der Landesbibliothek, einiges wenige 
auch in der Ständischen Landesbibliothek in Fulda zu finden; die übrigen Teile der alten Samm¬ 
lung werden wohl in der Staatssammlung vaterländischer Altertümer und dem Naturalienkabinett 
in Stuttgart zu suchen sein. In diesen Sammlungen sind natürlich die einzelnen Stücke getrennt 
unter die übrigen Bestände eingereiht, und es wäre keine leichte Aufgabe sie herauszusuchen 
und so die alte Sammlung wiederherzustellen. Doch gibt es glücklicherweise ein einfacheres 
Mittel ein Bild von ihr zu entwerfen. Derjenige, der den größten Teil der ganzen Sammlung 
zusammengebracht hat, der Tübinger Schloßhauptmann Nikolaus Ochsenbach, hat nämlich selbst 
am Ende seines Lebens eine genaue Aufnahme derselben vorgenommen, der er den Titel gegeben 
hat: „Beschreubung meiner Rüstcamer wie ich dieselbig Anno 1625 bey handen gehabt“. Dieses 
eigenartige Inventarbuch, in seiner überlangen schmalen Form einem Wirts- oder Haushaltungs 


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70 Löffler, Eine schwäbische Bibliophilenfamilie aus dem XVH. Jahrhundert und ihre Sammlung. 


buch nachgebildet, bewahrt die Stuttgarter Landesbibliothek auf; es ermöglicht uns auf ein¬ 
fachem Wege eine Vorstellung davon zu gewinnen, was für Schätze in dieser Ochsenbach- 
Sammlung aufgespeichert waren. 

Wenden wir uns zuerst dem in erster Linie interessierenden Teil der Sammlung, der 
Bibliothek, zu, so finden wir zunächst eine Handschriftensammlung von ganz achtbarem Umfang 
vor, allerdings keine Stücke von besonders hohem Alter. In der theologischen Gruppe ist die 
älteste Handschrift aus dem XIV. Jahrhundert eine Schrift von Thomas von Aquino wider die 
Ketzer. Zwei weitere gehören dem XV. Jahrhundert an; die eine, aus dem Kloster Tegernsee 
stammend, hat kirchengeschichtlichen Inhalt, der sich zum Teil auf das Konstanzer Konzil be¬ 
zieht, die andere enthält Erbauungsliteratur. Im XVI. Jahrhundert entstand ein Sammelband 
mit Stücken von Peter de Alliaco, Felix Fabri und anderen, und zwei Gebetbücher. Das Fach der 
Philosophie ist vertreten durch eine Handschrift von Burley, über die Philosophie, aus dem 
XV. Jahrhundert; aus der gleichen Zeit stammt de secretis mulierum von Albertus Magnus, und 
aus dem XVII. Jahrhundert Hessii et Studionis prophetica. Dieser Gruppe schließen sich einige 
Chroniken an, aus dem XV. und XVI. Jahrhundert: eine Chronik der Kaiser und Päpste, 
Reisachs Kaiserchronik, eine solche von Nürnberg und Bamberg. Weiterhin sei hier genannt 
Rüxners Tumierbuch, die Reisebeschreibung vom Ritter von Mandeville, und endlich eine Be¬ 
schreibung der Merkwürdigkeiten von Florenz, die aber erst aus dem XVII. Jahrhundert stammt 
Zwei Arzneibücher, eines davon das bekannte von Ortolf, gehören noch dem XV. Jahrhundert 
an. Mehr urkundliches Interesse haben Schreiben von Schwarzmaier, dem Rat des Kardinals 
Andreas von Österreich, juristische Miszellen von Bernhard Walter, einem hohen österreichischen 
Richter des XVI. Jahrhunderts, Kaufbriefe vom Kloster Schamhaupt, Streitschriften aus Alt- 
Ötting vom XVI. und die Statuten des Gymnasiums von Ingolstadt vom XV. Jahrhundert. So¬ 
gar eine Klassikerhandschrift hat sich in die Sammlung verirrt, die Komödien des Terenz, aus 
dem XIV. Jahrhundert Für Württemberg haben besonderes Interesse zwei Handschriften mit 
bemaltem Widmungsblatt, die Eberhard im Bart verehrt waren, die Vergleichung der Sonne mit 
Gott, von Marsilius Ficinus, und die Fazetien von Augustin Tünger. Aus dem gleichen Grund 
sei hier noch angereiht ein Titularbuch, das für den Prinzen und nachmaligen Herzog Ludwig 
von Württemberg geschrieben worden war. Sind diese 27 Handschriften, vielleicht mit Aus¬ 
nahme von Tüngers Fazetien, nach ihrem Inhalt nicht gerade von besonders hoher Bedeutung, 
so stellen einige schöne Stammbücher eher Wertstücke der Handschriftensammlung dar. Sie 
stammen alle aus der Sammlerfamilie selbst und sind in besonderem Maße Zeugnisse des 
Sammlerfleißes, der es sich nicht verdrießen läßt, überall Unterschriften, Einträge und Büder zu 
erbitten und erbetteln; sie mögen darum noch etwas näher betrachtet werden. Das schönste 
davon gehörte dem Hauptvertreter der Familie, dem schon genannten Nikolaus Ochsenbach. In 
den vorderen Deckel hat er sein Wappen gemalt und darüber das Spruchband geschrieben: 

Certandum est, nulli veniunt sine Marte triumphi. 

Et non certanti nulla corona datur. 

1597 . 

Unter dem Wappen steht der deutsche Wahlspruch: 

In Unglück hab ains löwen muet 
Vertrau gott, es würdt werden guet 

Niclas Ochsenbach Haubttman auff Tüwingen. 

Dann folgt, nach einem gedruckten Lebensgang des Besitzers, den der Tübinger Professor 
Eberhardus Cellius in lateinischen Distichen gedichtet, sein Brustbild, das Ochsenbach offenbar 
selbst mit Aquarellfarben bemalt hat Auch weiterhin zeigt das Stammbuch viele Proben davon, 
daß die Hand, die so lange das Schwert geführt hatte, auch den Pinsel des Malers wohl zu 
handhaben wußte. Ochsenbach hat in den ersten Teil des Stammbuchs, offenbar nach Stichen 
oder Bildern der Zeit, eine ganze Reihe von fürstlichen Zeitgenossen und deren Vorfahren ein- 


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Löffler, Eine schwäbische Bibliophilenfamilie aus dem XVII. Jahrhundert und ihre Sammlung. 71 


gemalt. Da prangen zunächst Glieder des Württembergischen Fürstenhauses, Herzogin Ursula, 
Eberhard der Greiner, Eberhard im Bart und seine Gemahlin Barbara, Herzog Ulrich, 
Herzog Christoph mit einem darunter geklebten eigenhändigen Namenszug, der irgendwo 
weggeschnitten worden war, und zuletzt Herzog Ludwig. Aber auch Karl V. findet sich, 
dann Heinrich IIL und Heinrich IV. von Frankreich, und endlich der Herzog von Guise 
mit einem Dolch durch den Hals. Den Ehrenplatz unter den eigentlichen Einträgen nimmt, 
wie sich gebührt, der Eintrag des zur Zeit der Anlegung des Stammbuchs regierenden württem¬ 
bergischen Fürsten ein; Herzog Friedrich hat unter sein Bild seine eigenhändige Unterschrift 
gewidmet Ihm folgt sein Sohn, Herzog Johann Friedrich mit Bild und Unterschrift. Dessen 
Bruder, Herzog Ludwig Friedrich, hat, mit seinem Namenszug versehen, ein sehr interessantes 
Bild gestiftet; es zeigt einen feierlichen Tumierfestzug, und darin eine große Anzahl von Teil¬ 
nehmern an dem Turnier, das an Fastnacht 1605 auf der Rennbahn des Collegium IUustre zu 
Tübingen abgehalten worden war. Auch sonst birgt das Stammbuch noch gar manche Er¬ 
innerung an diese Tübinger Fürstenschule. Eine ganze Reihe von Fürstlichkeiten und adligen 
Herren haben als Zöglinge des Collegium Illustre ihren Tribut ins Ochsenbachische Stammbuch 
zahlen müssen; wir finden da einen Landgrafen von Hessen, einen Markgrafen von Brandenburg, 
einen Herzog von Braunschweig, einen Pfalzgrafen zu Rhein, einen'Grafen von Hohenzollem, und 
viele andere Mitglieder des hohen und niederen Adels jener Zeit. Natürlich fehlen auch Tü¬ 
binger Professoren und andere Notabein des damaligen Württemberg nicht So ist dieses 
Stammbuch, ein Denkmal aus der Blütezeit des Collegium Illustre, ein Gegenstück zu dem 
Stammbuch des Andreas Chemnitius, das jetzt im Besitz des Hamburgischen Museums für 
Handel und Gewerbe sich befindet, und es ist für Württemberg um so wertvoller, als es dem 
Heimatland erhalten geblieben ist N 

Noch ein weiteres Zeugnis für die künstlerische Neigung des Tübinger Schloßhauptmanns 
haben wir in seinem zweiten Stammbuch. Er hat darein Brustbilder von Fürsten aus seinem 
heimatlichen Herrscherhaus eingeklebt, die er wohl nach Vorlagen selbst gemalt oder gezeichnet 
hat. Im zweiten Teil des Buches finden wir Bilder von Schlössern und Burgen der Heimat, wie 
Urach, Neufen, Württemberg, Teck, Tübingen, Zollern, oder auch der Fremde, wie Richmond, 
Windsor, Louvre, und andere; endlich auch sonst interessante Denkmale, die Ochsenbach auf seinen 
Reisen und Kriegsfahrten gesehen hat Von der wechselvollsten dieser Soldatenfahrten, dem 
Feldzug in Frankreich während der Jahre 1589—93, hat er selbst ein interessantes Tagebuch 
hinterlassen, das durch seine kulturgeschichtlich sehr wertvolle Schilderung vielleicht das wich¬ 
tigste Stück dieser ganzen Handschriftensammlung darstellt 

Ein ähnliches Denkmal, ein kleines dickes Notizbuch in ganz kleinem Format mit allen 
möglichen Einträgen stammt von seinem Vater. Eine schöne Ergänzung zum Stammbuch von 
Nikolaus Ochsenbach endlich bildet dasjenige seines Sohnes. Wir finden darin wieder viele In¬ 
sassen des Collegium Illustre vertreten, die ein Menschenalter nach jenen ersten das Tübinger 
Studentenleben genossen; manchmal treffen wir hier den Sohn, dessen Vater wir bei Nikolaus 
kennen gelernt hatten. Viele Einträge weisen aber auch über Tübingen hinaus; sie hatte sich 
der jüngere Ochsenbach auf seinen großen Reisen verehren lassen. Von Wien fuhren uns Ein¬ 
träge nach Paris, andere nach Rom, und mancher berühmte Name aus der ersten Hälfte des 
XVIL Jahrhunderts grüßt uns aus diesen Blättern und zeugt vom weiten Bekannten- und 
Freundeskreis, dessen sich der Stammbuchbesitzer in der damaligen Gelehrtenwelt erfreuen 
durfte. 

Gehen wir von den Handschriften, unter denen ja wohl die von der Sammlerfamilie selbst 
geschaffenen mit die wertvollsten sein werden, weiter zu den gedruckten Büchern, so erzählt 
uns darüber Nikolaus Ochsenbach in seinem Inventarbuch stolz, daß er deren über 600 besessen 
habe, „darunder Deüttsch, Latinisch, Griechisch, Hebreüsch, Spannisch, Italianisch, Französisch, 
Arabisch, Syrisch, Englisch und Türckisch“. Wir sind hier mehr auf sein Verzeichnis angewiesen, 
als bei den Handschriften, die — bei Ochsenbach übrigens nicht besonders aufgeführt — wegen 
ihrer kleineren Anzahl, durch bestimmte Einträge gekennzeichnet, sich leichter in ihren jetzigen 


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72 Löffler, Eine schwäbische Bibliophilenfamilie aus dem XVH Jahrhundert und ihre Sammlung 


Standorten zusammenfinden ließen. Leider nennt das Verzeichnis weder Erscheinungsort, noch 
-jahr der Bücher, und scheidet natürlich noch nicht nach Inkunabeln und späteren Drucken. 
Nur ein Buch ist hervorgehoben: „Nota ain Bergamentin Buech von dem ersten Exemplar so 
getruckt worden, und zwar Cicero, De officüs et paradoxis. Fust, Mainz 1465“. Diese Inkunabel 
befindet sich heute in der Landesbibliothek in Fulda. Andere besitzt die Stuttgarter Landes¬ 
bibliothek, z. B. den Ulmer Druck von 1485, Buch der Weisen, die Koberger Bibel von 1483 
mit einem eingemalten Bild von Eberhard im Bart. Dagegen läßt sich nicht mehr feststellen 
die von Ochsenbach aufgefiihrte „Bibel in Median, illuminiert Hertzog Christoph zu Württem¬ 
berg“. Im ganzen zählt das Verzeichnis 24 Bibeln, lateinische, griechische, deutsche und franzö¬ 
sische ; ein arabisches Neues Testament wird noch besonders aufgefiihrt Den Bibeln folgt eine 
große Anzahl von Postillen und sonstige theologische Literatur, von Luther, Melanchthon, Brenz, 
Tauler, Kaisersperger, Spangenberg und vielen andern; dabei steht auch ein türkisches Gebet¬ 
büchlein. Dann kommen Chroniken von allen möglichen Ländern, weiterhin Münsters Cosmo- 
graphie, Reisebücher, besonders Reisen zum heiligen Grab, aber auch z. B. nach Indien; unter 
den Reisebüchem fehlt natürlich Breidenbach nicht Es folgt ein Planetenbuch, dem sich medi¬ 
zinische Werke anschließen, weiterhin Geßners Tierbuch, mit dem Zusatz von Ochsenbach: „daran 
ich selber zwei Jahre illuminiert“. Juristische Bücher führt das Verzeichnis nicht viele auf; 
Ochsenbach bemerkt dazu, er habe sie seinem Sohn übergeben. Da später die beiden Biblio¬ 
theken überhaupt vereinigt wurden, so können wir diese juristischen Werke hier natürlich 
auch unter die Bestandteüe der besprochenen Sammlung einreihen. Im Gebiet der 
schönen Literatur finden wir Hans Sachs, Frischlein, Teuerdank; ferner die Gesta Romanorum 
und von Amadis allein 24 Bücher in größerem und 26 in kleinerem Format. Die Klassiker 
sind zahlreich vertreten, zum Teil in mehreren Ausgaben und Formaten, vielfach auch in deut¬ 
scher Übersetzung: Homer, Plutarch, Ovid, Cicero in einer Ausgabe, die aus dem Besitz von 
Eberhard im Bart stammte, Caesar, Sallust, Terenz, Martial, Aesop, Vitruv. Endlich finden 
wir noch ein Trachtenbuch, und eine Reihe von Wappenbüchem und Fechtbüchem. 

Das war gewiß fiir eine Büchersammlung eines Privatmannes aus jener Zeit ein recht 
kostbarer Schatz; und doch mochte wohl das Herz des Besitzers mehr an dem andern Teil 
seiner Sammlung gehängt haben. Er führt in seiner „Rüstkammer“ seine Bücher erst am 
Schluß auf und bringt, wie ja schon der Titel des Verzeichnisses erraten läßt, an erster Stelle 
seine Waffensammlung. Stolz beginnt da der alte Kriegsmann mit einem Ehrenstück: „Erstlich 
mein Fenlin so ich in Franckhreich alß fendrich getragen, darauff der spitz von süber vergult 
alß ein durchgebrochener heim darauff ein französisch Lilien“. Dann folgt ein ganzes Arsenal: 
21 Dolche aus allem möglichen Material, darunter 2 chinesische; 30 Seitenwehren, von denen 
14 vergoldet waren und 6ine besondere Bedeutung hatte, da sie von Kaiser Karl V. stammte; 
21 Stücklin auff Reder sambt den Bölem; viele Kürasse und Rüstungen, alte Ritterschilde, 
Spieße und Partisanen, endlich 28 Handrohre, Pistolen und Büchsen mit 14 Pulverfläschchen. 
Aus der Waffenkammer kommen wir weiter zur Sammlung der Kuriositäten. Da gibts zunächst 
allerlei Meersachen: „ain Obermaul von einem großen meerfisch daran 28 große Zähn alß Wolf¬ 
zähn, welches Stuckh mier Herzog Joan Fridrich zu Württemberg verehrt im beisein deß her- 
zogs von Braunschweig und dreuer herzoge von Saxen“; weiterhin einen Meerhund, Meerdrachen, 
Meerigel, Meerkrebs, Meerroß, Meerstem, Meerspinnen, sogar einen Meerfisch, was etwas ganz 
Besonderes gewesen sein muß, da er ausdrücklich aufgefiihrt wird, endlich eine ägyptische Eid¬ 
echse, die von Jerusalem mitgebracht worden war, und zum Schluß 2 große Meerschnecken, 
damit die Indianer an statt glokhen zu Kirchen blassen. Zu diesen „Meersachen“ gehörte 
auch „ein Stuckh von deß Frantz Drackhen Schif damit er die gantz weltt umfam, welches Herr 
Stallmeister von Anweil mit aigner Hand vom schiff gesegt und mir geschenkt“. Diesen Natur¬ 
wundern folgte eine schöne Sammlung von Werken menschlicher Kunst aus allerlei wertvollem 
Material, hauptsächlich aus Elfenbein: eine Truhe, viele Becher, Löffel und Messer, darunter ein 
Messer, dessen Heft den Jonas, dessen Scheide den Walfisch darstellte; 26 Kruzifixe, geschnitzte 
Figurentafeln und alle möglichen figürlichen und plastischen Darstellungen und Altertümer. Von 


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Löffler, Eine schwäbische Bibliophilenfamilie aus dem XVII. Jahrhundert und ihre Sammlung. 73 


eigentlichen Bildern und Porträts zählt das Verzeichnis 30 auf; unter den Stücken befanden sich 
viele Dürerwerke. Dann gabs aber auch noch einen ganzen Kasten voll von Kannen, andern 
Trinkgefaßen, Schalen und Büchslein, und noch verschiedene „Ledlin“ mit Medaillen, Miniaturen, 
Schmuckgegenständen und dergleichen. Im einzelnen wird nicht alles aufgeführt, und noch we¬ 
niger könnte es hier genannt werden. Zum Schluß sei nur noch als besonderes Kuriosum er¬ 
wähnt: „ain Striegel, damit ain Kauffmann ain andern, so mit seinem weib gebadt, zu todt ge¬ 
striegelt; ist ainer vom adel gewest“ 

Als über 60 Jahre nach Aufnahme des Verzeichnisses Pregizer die Sammlung von Kurio¬ 
sitäten sah, war noch manches hinzugekommen, was offenbar der Sohn von Nikolaus gesammelt 
hatte; z. B. der Säbel, mit dem der jüngere Graf Sevin dem Kaiser Leopold nach dem Leben 
getrachtet habe; ein paar ungarische Pantoffeln, in denen Graf Frangipani zu seiner Richtstätte 
gegangen sei; und sogar das Schwert, mit dem Petrus dem Malchus das Ohr abgehauen haben 
soll. Diese besonderen Heiligtümer waren dabei, seit die ganze Sammlung ihre Heimat in einem 
schwäbischen Kloster gefunden hatte, wovon nachher noch die Rede sein solL 

Wer hat nun alle diese Schätze gesammelt? Wie schon eingangs angedeutet wurde, haben 
wir es mit einem ganzen Sammlergeschlecht, der Familie Ochsenbach , zu tun. Hauptvertreter 
ist der schon öfters genannte Tübinger Schloßhauptmann Nikolaus Ochsenbach. Aber schon 
sein Vater, Johann Hermann Ochsenbach, hatte den Grund zur Sammlung gelegt. Schon 
dieser älteste Ochsenbach stammte aus Tübingen, wo er sich seine wissenschaftliche Ausbildung 
und den Grad eines licentiatus juris erwarb. Dann aber wendet er sich der militärischen Lauf¬ 
bahn zu, ficht in Frankreich und Belgien, wo er sich auszeichnet und es bis zum Obersten 
bringt Nach dem Tod von Heinrich II. kehrt er in die Heimat zurück und findet ein Plätz¬ 
chen in der Tübinger Burg des Herzogs Christoph, der ihn bald darauf zu seinem Burgvogt er¬ 
nennt Dieses Amt behält er auch bei unter Herzog Ludwig, bis ihn der Tod in der ersten 
Hälfte des letzten Jahrzehnts vom XVI. Jahrhundert abberuft. Jedenfalls war er Vertrauensper¬ 
son bei den Herzogen gewesen, denn im Auftrag seines Fürstenhauses hatte er sich in die ge¬ 
heimen Kreise des Tridentiner Konzils eingeschlichen. Als Tübinger Burgvogt hatte er natürlich 
auch Beziehungen zur Tübinger Gelehrtenwelt, und durfte sich eines schwungvollen Hymnus 
erfreuen aus der Feder von Martin Crusius, eines Hymnus, den dieser Vertreter der griechischen 
Sprache an der Württembergischen Universität nicht bloß in lateinischer, sondern parallel auch in 
griechischer Sprache zu dichten sich verpflichtet fühlte. Crusius hatte vielleicht besondere Be¬ 
ziehungen zu Ochsenbach, denn er erzählt uns, daß dieser ihm die Benützung der griechischen 
Handschriften von der Tübinger Bibliothek vermittelt habe, die ja dann später nach München 
geraubt wurden. Daß dieser älteste Ochsenbach schon als Sammler tätig gewesen wäre, ist 
nirgends berichtet. Aber jedenfalls kamen einige Stücke der Sammlung schon aus seiner Hand, 
z. B. das oben erwähnte Titularbuch für württembergische Fürsten und außerdem hat er ja durch 
sein Notizbuch selbst einen Beitrag zur Sammlung gestiftet. 

Ein ähnliches Bild, nur in größeren Verhältnissen, bietet das Leben seines Sohnes Nikolaus, 
des Hauptsammlers, bei dem aber die soldatische Seite zunächst noch mehr in den Vorder¬ 
grund tritt Geboren 1562, war Nikolaus in Tübingen ausgebildet worden, wo unter anderem 
der Professor Cellius, der Hofdichter der Universität, zu seinen Lehrern gehörte. Noch in 
jungen Jahren ging er nach Österreich und bekam dort vom Freiherm Ennenckel, von dem ein 
Sohn in Tübingen studierte, das Ritterschwert Dann begann er seine Kriegsfahrten in dem 
deutschen Fähnlein des Freiherm Andreas Teuffel gegen die Türken, ließ sich aber nach vier 
Jahren als Landsknecht für die Liguisten anwerben, als in Frankreich zwischen ihnen und der 
königlichen Partei Krieg ausbrach. Tapfer kämpfte er als Fähnrich mit zuerst unter dem Grafen 
Collata, dann unter dem Herzog Heinrich von Mayenne. Ein lebensvolles Bild dieser Zeiten 
entwirft sein Tagebuch, alle Seiten des rauhen und rohen Söldnerlebens zeigend, wie man auf 
seinen Sold warten muß, jubelt, wenn er kommt, ihn gleich verspielt, sich durch Beutemachen 
schadlos hält Auch gefangen wurde Ochsenbach einmal, doch konnte er wieder entfliehen, 
freilich nur um bald darauf, bei der Belagerung von Paris, den Hungertod in nächster Nähe zu 

z. f. B. 1912/1913. 10 


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74 Löffler, Eine schwäbische Bibliophilenfamilie aus dem XVII. Jahrhundert und ihre Sammlung. 


sehen. Alle diese Leiden und Freuden des Soldatenlebens hatten ein Ende, als Herbst 1593 
der Krieg aufhörte. Auf dürrem Klepper mit leichtem Beutel ritt Ochsenbach heim und kam 
aus dem wilden Kriegsleben wieder in die akademische Luft der Heimatstadt Ob er seinen 
Vater noch am Leben getroffen, ist unsicher; jedenfalls war auf dem Posten des Burgvogts ein 
anderer. Auch sein Bruder Friederich, der fast nie daheim gewesen war und auch immer auf 
Kriegsfahrten, zuerst in den Türkenkriegen, dann im Mansfeldischen, sich herumgeschlagen hatte, 
scheint damals schon tot gewesen zu sein. Aber vom Herzog Friedrich wurde der Heim¬ 
kehrende gnädig aufgenommen; daß er früher gegen das ausdrückliche Verbot des Landes- 
fiirsten in fremde Kriegsdienste getreten war, wurde ihm nicht nachgetragen. Der Herzog 
schätzte den tüchtigen Kriegsmann, und daß dieser zugleich Freude an Kunst und Wissenschaft 
hatte, wie sich bald herausstellte, war jedenfalls seinem Herrn nicht unangenehm, der ja selbst 
auch solche Neigungen hatte. 

Es wurde Ochsenbach die Tübinger Schloßvogtstelle in Aussicht gestellt und ein paar 
Jahre darauf, 1596, wurde er auch wirklich zum Schloßhauptmann bestellt. Nun hatte er 
den Posten seines Vaters inne, und konnte alle die alten Beziehungen zur Tübinger Universität 
und zum Collegium ülustre, die ja früher schon bestanden hatten, wieder anknüpfen. Und 
sie wurden natürlich auch für seine Sammlungen ausgenützt Daneben brachte die Ver¬ 
trauensstellung vom Herrscherhaus viele Zuwendungen. Von verschiedenen Stücken seiner 
Sammlung berichtet ja Ochsenbach selbst in seinem Verzeichnis, er habe sie von den Herzogen 
erhalten. Andere waren jedenfalls nachweislich früher in ihrem Besitz; ob freilich alle, wie z. B. 
die Handschriften von Ficinus und Tünger, auf dem geraden Wege des eigentlichen Geschenkes 
sich in der Sammlung eingefunden hatten, könnte doch fraglich erscheinen. Der Württem- 
bergische Rat Friedrich von Janowitz, der in einem dichterischen Nachruf für Nikolaus die 
Sammlung selbst auch besingt, weist halb scherzhaft darauf hin, wie dieser mit allen Mitteln seine 
Bücher gesammelt habe, mit List und Bitten. Janowitz selbst hatte z. B. der Frau von Niko¬ 
laus eine seltene Bibel geschenkt. Andere Seltenheiten, z. B. die Ciceroausgabe von 1465, 
stammte von Ochsenbachs Verwandten Besold, der selbst ein großer Gelehrter war. Besonders 
viel aber bekam Ochsenbach durch den Verkehr mit all den hohen Herrn des Collegium ülustre, 
die ihm gar manches Stück verehrten, was er oft erwähnt Gelegentlich ließ er sich auch auf 
Tausch oder Kauf mit ihnen ein, z. B. will ein Herzog von Sachsen ein Buch mit Kupferstichen 
von alten Meistern für 50 Gulden abkaufen, worauf aber Ochsenbach in diesem Fall nicht ein¬ 
geht Die Sammlung war natürlich allmählich in Tübinger Kreisen wohl bekannt geworden und 
mancher Gelehrte hat sie in mehr oder weniger schwungvollen Hymnen besungen. Ja einzelne 
Gegenstände daraus fanden eigene Dichter, so hat der Tübinger Professor Flayder auf das Stück 
von Drakes Schiff acht Distichen verbrochen. 

Alles, was Nikolaus Ochsenbach so an Büchern sammelte, konnte er ja freilich nicht mehr 
lesen, doch hat er offenbar als Tübinger Burgvogt seine geistige Ausbildung eifrig weiter geför¬ 
dert Besonders scheint er sich da der theologischen Literatur zugewandt zu haben, obgleich er 
seinerzeit als Protestant kein Bedenken getragen hatte, für die katholische Sache zu fechten. 
Aber später, in der Grabrede seiner Witwe, wird vom Geistlichen gerühmt, daß Nikolaus die 
Bücher Luthers ganz durchgelesen habe; „dieser Soldat mag wohl uns Prophetenkinder, studiosis 
theologiae, den Trotz bieten“. 

Als Nikolaus 1626, im Alter von 63 Jahren, starb, ging die Sammlung in die Hände seines 
Sohnes Johann Friedrich über. In ihm scheint das Soldatenblut der Familie ganz zu fehlen; 
er widmete sich ganz gelehrter Ausbildung und wird als „linguarum callentissimus“ gerühmt 
Er hatte einen regen und ausgedehnten Verkehr mit Gelehrten seiner Zeit und brachte einen 
großen Teil seines Lebens auf weiten Reisen zu. Hauptsächlich scheint er seine Studien dem 
juristischen Gebiet zugewandt zu haben. Schon im Bücherverzeichnis von Nikolaus ist ge¬ 
sagt, daß die juristischen Bücher dem Sohne übergeben worden seien. Aber jedenfalls hat auch 
Johann Friedrich Ochsenbach die Familiensammlung emsig vermehrt, und zwar nicht bloß die 
Bibliothek. Besonders was von Österreich stammt, scheint von ihm beigesteuert worden zu sein, 


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Leitzmann, Neues von Lichtenberg. 


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der zum Habsburgerstaat mancherlei Beziehungen hatte. Gegen Ende seines Lebens ist Johann 
Friedrich Ochsenbach zur katholischen Konfession übergetreten, vielleicht beeinflußt von seinem 
Vetter Besold, der selbst den gleichen Schritt getan hatte. Einige Jahre vor seinem Tode hat 
er dann, müde von seinen Reisen, im Kloster Weingarten eine Ruheplätzchen gesucht, und hat 
1658, als er starb, seinen ganzen Besitz und damit auch die große Ochsenbachische Sammlung 
diesem Kloster vermacht Hier blieb nun die ganze Sammlung, die Bibliothek unter die alte 
Klosterbibliothek eingereiht, die übrigen Teile der Sammlung gleichfalls in den Räumen der 
Bibliothek aufbewahrt, bis im Jahre 1812 alles mit der Klosterbibliothek selbst den staatlichen 
Sammlungen Württembergs einverleibt wurde mit Ausnahme von wenigen Stücken, die 1802 
nach Fulda geschafft worden waren. 


Neues von Lichtenberg. 

Mitgeteilt von 

Professor Dr. Albert Leitzmann in Jena. . 

I. 

S eit Carl Schüddekopf und ich die bis dahin bekannten Briefe des berühmten Göttinger Satirikers 
und Professors der Physik gesammelt haben (drei Bände, Leipzig 1901—4), sind hie und 
da vereinzelte Schreiben des merkwürdigen Mannes, auch wohl einmal eine kleinere 
Gruppe an denselben Adressaten gerichteter Briefe aufgefunden und veröffentlicht worden, 
ohne daß man hoffen durfte, der zusammengebrachte Schatz, dessen Lücken uns Herausgebern 
natürlich am besten bekannt waren, aber nach menschlichem Ermessen schwerlich ausfüllbar 
erschienen, werde sich noch erheblich vermehren. Hatten wir doch eine ganze Reihe von 
Wegen, auf denen man zu unbekannten Manuskripten zu gelangen annehmen konnte, bis 
zum Ende verfolgt und waren dabei teils vor ebenso kurzsichtig wie beharrlich verschlossene 
Türen gekommen, teüs zu der Überzeugung gelangt, daß alles Suchen vergeblich bleiben mußte, 
da das Gesuchte aller Wahrscheinlichkeit nach, mit oder ohne Absicht, vernichtet worden war. 
Um so mehr war ich überrascht, vor einigen Wochen von Herrn Leutnant von Zimmermann 
in Hannover die Nachricht zu empfangen, daß sich im Besitze seiner Familie über anderthalb- 
hundert Briefe Lichtenbergs an Schemhagen befänden, deren wissenschaftliche Durchsicht und 
Verwertung man mir gern überlasse. Für diese Liberalität spreche ich Herrn von Zimmermann 
auch an dieser Stelle meinen herzlichsten Dank aus, dem sich alle diejenigen gewiß anschließen 
werden, denen Lichtenberg, der Mann, der nach Goethes Wort ein wahres Studium wie wenige 
verdient und der es wie wenige belohnt, in seinen Schriften und Briefen ans Herz gewachsen ist 
Wer war der Adressat der Briefe, aus denen die literargeschichtlich, psychologisch und 
kulturgeschichtlich wichtigen und interessanten Abschnitte im folgenden mitgeteilt werden? 

Johann Andreas Schernhagen war Klosterregistrator und später Geheimer Kanzleisekretär 
in Hannover. Bei Gelegenheit eines Besuchs, den Lichtenberg als junger Professor in der 
Landeshauptstadt machte, lernte er ihn und seine Frau in den letzten Tagen des Dezember 1771 
kennen und war gleich sehr von dem ernsten und doch freundlichen Manne angetan. An seinen 
Freund Dieterich schrieb er damals (Briefe 1,16): „Er ist einer von den liebreichsten und zutunlichsten 
Leuten, die ich kenne, und besitzt in mechanischen und astronomischen Dingen Einsichten, worüber 
ich erstaunt bin.“ Als er dann im Frühjahr und Sommer 1772 zu längerem Aufenthalt nach Han¬ 
nover kam, um die geographische Lage der Stadt genauer zu berechnen, traf er häufiger mit 
Schemhagen zusammen, auf Besuchen wie auf gemeinsamen Spaziergängen, ohne daß doch die 
Beziehungen damals schon, wie es scheint, aus dem Stadium der guten Bekanntschaft in das 


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76 


Leitzmann, Neues von Lichtenberg. 


der Freundschaft übergegangen wären. Daß beide Männer aber schon damals der geistigen Be¬ 
rührungspunkte immer mehr hatten und bekamen, geht aus den Worten hervor, mit denen Lichtenberg 
am 14. Mai einem andern Göttinger Freunde, dem Universitätszeichenmeister Kaltenhofer, einen 
bevorstehenden Besuch Schemhagens in der gemeinsamen Heimat ankündigt (ebenda 1, 47): „Wenn 
die Witterung mir günstiger wird als bisher, so hohe ich dem Ruf der Nachtigallen Ihres Gartens 
etwa zu Anfang des Julius zu folgen, da ich Ihnen, vermutlich in Gesellschaft des Herrn Ge¬ 
heimen Sekretär Schemhagens, aufwarten werde. Er will mit mir gehen, wenn ihn nichts Wich¬ 
tiges abhält, um alle die Leute persönlich kennen zu lernen, von denen er schon so viel gehört 
hat Sie werden in ihm einen wahren Freund kennen lernen, einen Mann von einer jetzt un¬ 
gewöhnlichen Ehrlichkeit, einen Kenner von Künsten, der kein Wort braucht, das er nicht versteht, 
und dabei geradeweg ist, wenn Sie mir es nicht übelnehmen wollen, so setze ich hinzu, der so 
ist wie Sie/ 4 Nach seiner Rückkehr nach Göttingen erhielt Lichtenberg die Weisung, seine 
astronomischen Ortsbestimmungen in Osnabrück und Stade fortzusetzen, und ging, nach¬ 
dem er im August 1772 wieder ein paar Wochen in Hannover Station gemacht hatte, im 
September des Jahres ins Land der Schinken und des Pumpernickels, nach Osnabrück, wo er 
bis zum Februar 1773 blieb, um dann, wieder über Hannover, Göttingen und abermals 
Hannover, im Mai nach Stade sich zu wenden. Ob schon während der Osnabrücker Zeit 
ein Briefwechsel zwischen ihm und Schemhagen bestanden hat, ist nicht sicher: erhalten ist 
davon nichts. Der erste der erhaltenen Briefe Lichtenbergs an den hannoverschen Freund ist 
aus Stade vom 19. Juli 1773 datiert und beschreibt seine ergötzliche Fahrt im Segelboot nach 
Helgoland (ebenda 1, 146). 

Lichtenbergs Briefe an Schemhagen sind leider nur sehr lückenhaft erhalten: aus Stade 
haben wir nur zwei, von der großen englischen Reise, die vom September 1774 bis Ende des 
Jahres 1775 sich erstreckte, nur einen einzigen, obwohl zweifellos mehr geschrieben worden sind. 
Nach der Rückehr aus England setzt dann mit dem Jahre 1776 ein sehr reger Briefwechsel beider 
Männer ein: Lichtenberg hat die folgenden Jahre hindurch kaum einen Posttag vorübergehen 
lassen, ohne kürzere oder längere Schreiben, wenn auch oft nur von einer oder einer halben 
Großquartseite, nach Hannover abgehen zu lassen, d. h. er schrieb die Woche zwei- oder drei¬ 
mal, im Jahre durchschnittlich etwa 100—125 mal Der Kreis dieser oft sehr summarischen 
Nachrichten ist so weit, als man sich nur vorstellen kann, zumal ja in jenen Tagen der freund¬ 
schaftliche Brief vielfach auch die Rolle der Zeitung vertreten mußte: Personalien aus der Stadt 
und Universität Göttingen wechseln mit politischen Nachrichten oder Gerüchten, Wetternotizen 
mit Berichten über eigene Arbeiten oder Experimente, Urteile über Lektüre und Menschen mit 
kleinen Anekdoten, wie sie etwa ein Lokalblatt unter der Rubrik „Vermischte Nachrichten“ zu 
bringen pflegt, Aufträge aller Art mit ernsten oder satirischen Betrachtungen. Der trotz der 
häufigen Korrespondenz streng festgehaltene Kurialton der Anrede und Schlußformel darf uns 
nicht an der Intimität der Freundschaft irre machen. So ist fast ein Dezennium in regstem Ge¬ 
dankenaustausch verflossen, ohne daß beide Männer sich öfter als gelegentlich und auch dann 
nur ganz kurze Zeit wiedergesehen hätten: Lichtenberg hat Göttingen auch in den akademischen 
Ferien nur äußerst selten verlassen und Schemhagen wurde schon durch sein Amt an längeren 
und häufigeren Reisen verhindert 

Lichtenbergs Briefe sind jahrgangweise oder halbjahrgangweise abhanden gekommen. 
Wir kannten bisher, von vereinzelten Briefen abgesehen, in ziemlich zusammenhängender Folge 
seine Briefe aus dem Juli und August 1776, Oktober 1776 bis Februar 1777, Juni bis Oktober 
1778, Oktober bis Dezember 1779, Juni, Oktober und November 1780, im ganzen gerade 
hundert Nummern. Dazu treten nun Briefe, wiederum von vereinzelten Stücken abgesehen, 
aus dem Januar bis Mai 1778, Juli bis Dezember 1782 und aus dem ganzen Jahre 1783, im 
ganzen 170 Nummern. 

In den letzten Tagen des Februar 1785 ist Schemhagen plötzlich nach nur fünftägiger 
Krankheit an einem bösartigen Gallenfieber gestorben, alle seine zahlreichen Freunde in tiefer 
Trauer zurücklassend. Lichtenberg widmet ihm am 7. März in einem Briefe an Sömmerring 


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Leitzmann, Neues von Lichtenberg. 


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folgenden Nachruf, der noch einmal das sympathische Bild des ehrenfesten, gütigen Mannes 
vor Augen stellt (Briefe 2, 212): „Denken Sie um Gotteswillen hin, unser vortrefflicher Schem- 
hagen ist tot, der Mann, der 13 Jahre hindurch mein Freund so mit der Tat war, daß ein 
Vater an mir weniger hätte tun können, ohne sich eines Mangels an Liebe schuldig zu machen... 
Der Verlust für mich und vielleicht für die Universität ist unersetzlich: er tat bei letzterer eine 
unzählige Menge Gutes, welches niemand von ihm fordern konnte; weil die Minister seines 
ganz unbescholtenen Betragens und seiner edeln und unermüdeten Tätigkeit wegen, wobei auch 
nicht ein Funke von Interesse hervorleuchtete, vieles von ihm gesagt annahmen und unter¬ 
stützten, was sie andern vielleicht abgeschlagen hätten, so ward vieles durch ihn zu Stand ge¬ 
bracht Jedoch ich sage nichts weiter: es wird mir schwer, ohne Tränen fortzufahren.“ Am 
gleichen Tage schreibt er an Wolflf, einen gemeinsamen hannoverschen Freund (ebenda 2,214): 
„Ich will und kann Ihnen nicht beschreiben, wie sehr mich unsres Schemhagens Tod affiziert 
hat, weil ich es nicht ohne die schmerzhaftesten Tränen könnte. Bleiben Sie nur mein Freund, 
so lange wir zusammen leben.“ 

Von seinen Briefen fürchtete Lichtenberg nach dem Tode seines Freundes, daß sie in un- 
rechte Hände fallen und zu Indiskretionen benutzt werden könnten. Gleich nach Empfang 
der Todesnachricht schreibt er an den gemeinsamen Freund Ramberg am 28. Februar (Briefe 
2, 212): „Sie wissen, was für eine Korrespondenz ich und der Selige geführt haben. Ich habe 
mich zwar sehr in acht genommen, indessen haben mich selbst seine Fragen öfters zu Freiheiten 
verleitet, die ich nicht gern bekannt wünschte ... Reden Sie es mit der Frau Geheimdesekretär ab, 
daß meine Briefe verbrannt werden, wenigstens nicht unter die Leute kommen. Mein Verlust 
ist ohnehin groß genug.“ Dies vom Autor gewünschte Autodafe hat, wenn es überhaupt statt¬ 
fand, jedenfalls nur für einen Teil der Briefe stattgefunden: was uns heute noch fehlt, kann aber 
auch auf andrem Wege in Verlust geraten sein oder sich noch irgendwo im verborgenen ver¬ 
stecken. Der Gedanke einer Indiskretion braucht uns Spätgeborene, die wir sie ja zu Lichten- 
bergs ehrendem Gedächtnis begehen, nicht zu bedrücken. 

1778. 

12. Jenner. 

Von meiner Physiognomick 1 ist die Einleitung 9 bereits abgedruckt Gefallt mir aber nun gar nicht mehr. 
Derb ist sie allemal. Ich glaube es geht mir mit den 30000 Bauern die gegen mich sind, wie dem General 
Burgoyne.J Allein so lange die General Adjutanten Photorin und Eckard* noch leben furchte ich keine 
Schwärmer. Ew. Wohlgebohren und HErr Kriegs-Sekretär* sollen gleich ein Exemplar bekommen, so bald alles 
fertig ist. 

* Der von Lichtenberg herausgegebene „Göttinger Taschenkalender 11 brachte in dem im Herbst 1777 erschienenen 
Jahrgang 1778 seine gegen Lavaters physiognomische Bestrebungen und ihre gedankenlose Nachbetung bei vielen Gebil¬ 
deten gerichtete Abhandlung „Über Physiognomik 11 . Von dieser veranstaltete er dann „auf Verlangen von Personen von 
allerlei Stand und Einsicht vom Minister durch den Professor durch bis zum Verleger 11 (Briefe 1,289) einen vermehrten 
Abdruck unter dem den Titel von Lavaters Werk parodierenden Titel „Über Physiognomik wider die Physiognomen, zu Be¬ 
förderung der Menschenliebe und Menschenkenntnis“ (Vermischte Schriften 4, 3); der Druck hatte nach Neujahr begonnen. 
Eine Geschichte seiner physiognomischen Fehde gibt Lichtenberg in einer erst aus dem Nachlaß bekannt gewordenen, 
ursprünglich gleichfalls für die Öffentlichkeit bestimmten Arbeit aus dem Jahre 1779 (ebenda 4, 75); vgl. auch meine 
Darstellung Aus Lichtenbergs Nachlaß S. 219. 

2 Diese „Einleitung“ (Vermischte Schriften 4, 7), die Lichtenbergs persönliche Stellung zur Physiognomik vor der 
Fehde mit Lavater und seinen Anhängern beleuchtet, ist erst in der Buchausgabe der Abhandlung beigefugt worden. 

3 John Burgoyne (1722—92), englischer General, seit 1774 auf dem amerikanischen Kriegsschauplatz zur Unter¬ 
stützung des Generals Gage, mußte am 17. Oktober 1777 bei Saratoga mit 5000 Mann vor den Amerikanern kapitulieren, 
was ihm nach seiner Rückkehr heftige Angriffe zuzog. 

4 Diese beiden Pseudonyme hatte Lichtenberg bei früheren satirischen Schriften verwendet, Konrad Photorin 1773 
im „Timorus“ (Vermischte Schriften 3,79), Friedrich Eckard 1776 in den beiden gegen den Nachdrucker Göbhard gerich¬ 
teten Episteln (ebenda 3, 139. 163). 

5 Der Kriegssekretär Johann Daniel Ramberg in Hannover, der Vater des bekannten Malers Johann Heinrich 
Ramberg, war seit Lichtenbergs längerem Aufenthalt im Frühjahr 1772 einer seiner besten Freunde dort, an den er eine 
große Anzahl Briefe gerichtet hat 


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Leitzmann, Neues von Lichtenberg. 


78 


19. Jenner. 

Gestern als am Geburts-Tag der Königin 1 2 3 4 5 hat HErr von Grotthaus * ein Souper für 36 Personen gegeben, 
ich war auch mit dabey, es gieng ziemlich bunt zu. Es waren auch einige Damen aber lauter ausländische, 
ich meine von Nordheim und Weende. Die übrigen waren alle Officiere und Engländer, von der Universität 
waren Kulenkamp,* ich und Sprengel s die eintzigen. WeÜ es sehr glatt war, und, ausser dem, bey einigen die 
Seele etwas nachlässig regierte, und sich um so entfernte Provintzen als die Füße wenig mehr bekümmerte, so 
legten sie sich beym nach Hause gehen hin, wo sie sonst kaum hingetretten hätten, ln der That waren wir 
sehr vergnügt, auch wurde viel Weißheit gelehrt, hauptsächlich über den Amerikanischen Krieg, den wir sicher¬ 
lich ins Reine gebracht hätten, wenn die Punsch Bowle und die Uhr nicht in die Quere gekommen wären. So 
kam es zu nichts entscheidenden und wir mussten die Sachen lassen wie wir sie gefunden hatten. 

Haben Ew. Wohlgebohren auch gelesen was man von HErm Brockmann 6 7 von Berlin aus schreibt, ich 
mögte ihn doch wohl ein mal sehen, nicht aus Zerstreuungs-Liebe sondern blos als Philosoph. Wir haben sonst 
die Freude doch alle 10 Jahr hier gehabt. Warum schenckt man sie uns nicht einmal wieder? 

Nunmehr sind 3 Bogen von der Physiognomick abgedruckt und doch bin ich erst auf der I2ten Seite 
des Calenders. Ew. Wohlgebohren sehen also daß die Zusätze beträchtlich an der Zahl sind, wenn sie es auch 
nur an Gewicht wären. 


22. Jenner. 

Heute ist der 4te Bogen der Physiognomick fertig geworden. Heute über acht Tage dencke ich sie 
Ew. Wohlgebohren wohl übersenden zu können, wenn sich nicht neue Hindernisse ereignen. Zuverlässig aber 
doch mit der darauf folgenden Post 

26. Jenner. 

Im Januarius des Museums 7 ist doch nichts wider mich erschienen, sie warten vermuthlich auf den 2ten 
Abdruck, der nun meines Übeln Befindens wegen auch ein wenig geruht hat Der fünfte Bogen ist indessen 
auch bald gesezt. Nikolai in Berlin 8 hat wieder einen Transport Calender kommen lassen. Dieses freut mich 
hauptsächlich Dietrichs 9 wegen. Er wird künfftiges Jahr 10000. drucken, und ich genieße auch Vortheil wenn 
es gut geht Wir haben dieses Jahr dem Lauenburger und Gothaer ein wenig auf den Kopf gekniet sie rüsten 
sich alle sehr starck und vermuthlich wird uns im Jahr 1779 auf den Kopf gekniet werden. Am Ende schadets 
nicht Deutschland profitirt doch dabey. 


29. Jenner. 

Wenn es möglich ist so will ich Ew. Wohlgebohren die Exemplare von der Physiognomick künftigen 
Dienstag schicken. Gewiß kan ich es aber nicht versprechen, weil es bisher allerley Aufschub gegeben hat 
HErm Zimmermanns Avertissement 10 habe ich gelesen. Der erste Absatz sieht ihm so recht ähnlich. 


1 Sophie Charlotte von Mecklenburg-Strelitz, Gemahlin Georgs IQ. von England. 

2 Nicolaus Anton Heinrich Julius von Grothaus (1747—1801), damals Oberadjutant in Hannover, der durch sein 
abenteuerliches und projektenreiches Leben viel Aufsehen erregte, begegnet auch mehrfach in Goethes Leben (Werke 33, 
26; Briefe 4, 56). 

3 Orte in der unmittelbaren Nachbarschaft von Göttingen. 

4 Luder Kulenkamp (1724—94), Theologe, Professor der Philosophie in Göttingen. Eine Charakteristik von ihm 
aus Lichtenbergs Feder ist in den Briefen I, 404 gedruckt. 

5 Matthias Christian Sprengel (1746—1803). Historiker, Professor der Philosophie in Göttingen, später in Halle. 

6 Johann Franz Hieronymus Brockmann (1745—1812), einer der bedeutendsten deutschen Schauspieler, seit 1771 
bei Schröders Truppe in Hamburg, hatte um Neujahr 1778 auf der Durchreise nach Wien in Berlin unter größtem Enthu¬ 
siasmus den Hamlet gespielt (Devrient, Geschichte der deutschen Schauspielkunst 1, 460). 

7 Die von Boie und Dohm seit 1776 herausgegebene Monatsschrift „Deutsches Museum“; ihre Geschichte hat Hof- 
staetter in seiner Schrift „Das deutsche Museum (1776—88) und das Neue dentsche Museum (1789—91)“ (Leipzig 1908) 
eingehend behandelt. 

8 Der bekannte Buchhändler und Schriftsteller Christoph Friedrich Nicolai (1733—1811), der Freund Lessings, der 
Gegner der klassischen und romantischen Dichter. 

9 Johann Christian Dieterich (1722—1800), Buchhändler in Göttingen, Lichtenbergs intimer Freund und Hauswirt, 
war der Verleger der Antiphysiognomik und der meisten andern Schriften Lichtenbergs. 

xo Johann Georg Zimmermann (1728—95) Leibarzt in Hannover, bildete das Hauptstichblatt des lichtenbergischen 
Witzes seit der physiognomischenFehde: eine besondere vernichtende Schrift gegen ihn, die geplant war und deren Druck 
schon begonnen hatte, ist freilich niemals erschienen und kann auch aus den reichen im Nachlaß erhaltenen Materiahen 
nicht als Ganzes rekonstruiert werden (vgl darüber meine Darstellung Aus Lichtenbergs Nachlaß S. 225), aber seine 
Briefe und besonders die Aphorismenbücher (meine auf den Handschriften beruhende chronologische Ausgabe erschien 
Berlin 1902—8) geben ein klares Bild der Stimmung, die bei Lichtenberg immer, wenn auch schwankend im Grade ihrer 
Heftigkeit, gegen ihn herrschte. Welches Avertissement Zimmermanns hier gemeint ist, habe ich nicht feststellen können. 


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Leitzmann, Neues von Lichtenberg. 


79 


Er sucht selbst Ehre in der Schande ehmals vorzüglich schlecht geschrieben zu haben. Ich verspreche mir 
auch von dieser seiner künftigen Arbeit nicht viel. Er hört sich selbst so gern in allen seinen Schriftten. 

Haben Ew. Wohlgebohren schon Leasings Harmonie der Evangelisten gelesen? Es ist arg. Er wird 
vielen Schaden damit thun. Was ich meine ist unter dem Titul Duplick gedruckt. 1 

2. Februar. 

Mit der fahrenden Post werden Ew. Wohlgebohren entweder schon erhalten haben, oder doch gewiß 
erhalten, 3 Exemplare von meiner Physiognomick. Ich hatte eine Menge Titul dazu beysammen, und jezt, da 
alles abgedruckt ist, kommt mir es vor, als wenn ich gerade den schlechtesten gewählt hätte. In meinen Ge- 
dancken solte der Titul so klingen als zE. Ueber Astronomie wider die Astrologen. Doch das thut nichts, 
wenn nur das übrige taugt. HErr Boie schreibt mir nun, daß der Contra-Aufsatz in den März des Museums 
kommen würde. Er muß sehr grob seyn, weil selbst Boie Entschuldigungen deswegen macht, daß ich es ihm 
nicht übel nehmen würde, weil er es nicht hätte abschlagen können. Ich habe ihm geantwortet:^Er solte es 
ja einrücken lassen, weil, wenn ich je etwas gutes schriebe, es gewiss alsdann wäre, wenn ich auf Empfindlich¬ 
keiten antwortete. 

Ich habe das Werk Dietrichen dedicirt, um ihm, durch die Dedicadon, die cur von Bagatelle wieder zu 
geben, die es mit dem Calender Titul verlohren hat, ohne ihn durch etwas anderes zu ersetzen. 3 

5. Februar. 

Die Physiognomick fängt schon hier an einigen Lärmen zu machen, der theils wider mich, gröstentheils 
aber für mich ist. Ich bin begierig, wie sie von den Auserwählten und den Semidtis aufgenommen werden 
wird. Ich werde nun alles stille und gelassen abwarten, und wenn sie glauben sie hätten gesiegt, so will ich 
mit gutem Vorbedacht, so kernhafft und so witzig als meine gantzen Kräffte zulassen, mit meinem Nahmen auf 
dem Titulblatt, losschlagen, und ich hoffe es soll Ew. Wohlgebohren alsdann gefallen. Und jenes allein will ich 
für die Gegenschrift! erkennen. 

Sie haben sehr recht darin, dass Sie solche Sachen nicht lesen, wie Lessings Duplick. Ich lese sie blos 
als Professor, und bin überhaupt seit langer Zeit so gewiß überzeugt, dass man jeden Satz, der sein Geschlecht 
nicht in recia descendcntc vom Euclid ableitet, zweifelhaft! machen kan, daß mich dieses wenig irre macht; auch 
lehrt mich mein Gefühl, daß, wenn mir heute jemand demonstrirte, alle Christliche Religion wäre falsch, ich gewiß 
eben so forthandeln würde, wie bisher, und mich immer bemühen mich nicht von Leidenschafften hinreisen 
zu lassen. 

8. Februar. 

Daß Mendelssohn 3 der Verfasser der Museum Schrift! seyn soll, ist wohl wieder ein feiner Streich unsers 
gemeinschaftlichen guten Freundes*, dessen Muthwillen ich gantz darin erkenne. Wenn er künfttig meine Fabrick 
nicht ungestört läßt, so will ich ihm einmal einen muthwilligen Streich von meiner faqon spielen. Ich will nem- 
lich machen, daß Hartmann 5 mit einem Anti-Ramberg auftritt. Indessen, solte es an dem seyn, daß Mendels¬ 
sohn Lavaters Judenstreich gegen ihn 6 mit einem Christlichen erwidern solte, so werde ich dem ohngeachtet 
nicht stille schweigen. 

* Lessings gegen den Superintendenten Reß gerichtete Schrift „Eine Doplik“ erschien Braunschweig 1778 (Sämtliche 
Schriften 13, 19) ond behandelt die Widersprüche in den Berichten der Evangelisten über die Auferstehungsgeschichte. 

* Lichtenberg schreibt ganz ähnlich am 15. Februar an Nicolai (Briefe I, 291) : „Durch die Zueignungsschrift an 
Dietrich habe ich dem Werkchen die Miene von Bagatelle wiederzugeben versucht, die es mit dem seidenen Band (der 
Kalenderausstattung) zugleich verloren hatte“. Die Widmung „An den Verleger“ selbst beginnt mit den Worten: „Dir, 
guter Mann, führe ich hier auf dein Verlangen zum zweitenmal ein Geschöpf vor, das dir in seiner Kindheit viel Vergnügen 
gemacht hat Du kleidetest es damals in Gold und Seide und so gefiel es: jetzt, etwas mehr erwachsen, aber noch nicht 
viel weiser, hat es jenen Flitterstaat abgelegt und wird schwerlich mehr gefallen“ und verspricht für den „nächsten Be¬ 
such“ den „vorteilhaftesten Putz“ von Chodowieckis Hand (Vermischte Schriften 4, 5). 

3 Moses Mendelssohn (1729—86), der bekannte Philosoph und Freund Lessings. Das Gerücht, daß er mit einer 
Abhandlung in den physiognomischen Streit eingreifen werde, entsprach, wie sich dann bald zeigte, der Wahrheit An Nicolai 
schrieb Lichtenberg noch am 15. Februar (Briefe 1, 290): „Jemand ans Hannover hat mir gemeldet, daß Herr Men¬ 
delssohn etwas gegen mich deswegen schreiben würde. Ich kann es kaum glauben: wahrhaftig die Abhandlung ist seiner 
Aufmerksamkeit nicht würdig“. 

4 Ramberg. 

5 Johann Friedrich Hartmann war Registrator in Hannover; Lichtenberg ironisiert mehrfach seine physikalischen 
Schriften und legt ihm den Spitznamen Johannes Electrophorus bei (Briefe I, 305. 306. 361. 369. 2, 293. 3, 348). 

$ Lavater hatte in seiner 1770 erschienenen Schrift „Zueignungschreiben des Herrn Lavaters in Zürich an Herrn 
Moses Mendelssohn in Berlin“ Mendelssohn aufgefordert, entweder Bonnets Beweise für die Wahrheit des Christentums 
zu entkräften oder Christ zu werden, worauf Mendelssohn im gleichen Jahre mit seinem „Schreiben an den Herrn 
Diakonus Lavater zu Zürich“ ablehnend antwortete (Gesammelte Schriften 3, 37). Auf diese Angelegenheit bezog sich 
Lichtenbergs Satire „Timorus“. 


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Leitzmann, Neues von Lichtenberg. 


Ich schreibe heute auch dem muthwiiligen Mann, werde aber nichts von der Mendelssohnschen Historie 
sagen, und übergebe das Schwerdt der Gerechtigkeit gegen ihn Ew. Wohlgebohren. 

io. Februar. 

Ob ich gleich gestern erst geschrieben habe, so schreibe ich doch schon wieder. Der Anfang von HErra 
Lavaters Fragmenten 1 ist nun zum Theil heraus, und der Schauplatz ohne weitere Vorrede wird mit mir eröffnet, 
und zwar widerlegt er den Calender auf 38 Seiten in 4*° und mehreren Kupfertafeln, er lobt grob und tadelt grob. 
Er hat nicht gemerckt, daß mein Hauptsatz ist, daß man aus gewissen gegebenen Leidenschafften ein Gesicht 
zeichnen könte, aber aus einem so gegebenen Gesicht nicht rückwärts schließen könte. So bald ich den Fehler 
an ihm bemerckte, so habe ich wegen andrer Arbeit die genauere Prüfung auf 14 Tage verschoben. Zuweilen 
habe ich mich über den sonderbaren Mann recht herzlich satt gelacht Er nennt mich bald einen tiefsinnigen, 
würdigen Mann, von hinreisender Beredsamkeit, und unwiderstehlichem Witz, gegen welchen dieses sein Werck 
ob es gleich die Wahrheit für sich habe eine elende Figur machen müsse, einen durchdringenden Beobachter, 
und bald darauf einen Wizler, den man so wenig packen könne, als einen Aal am Schwantz, einen Mann der 
Dinge spricht, wobey die Phüosophie errröthet, der nicht weiß wo er hindenckt, sich überall widerspricht, und 
so giebt er durch das ganze Stücke mit der lincken Zuckermandeln, und mit der rechten besprüzt er mich. 
Meine Antwort darauf wird nun unmittelbar an HErrn Lavater gehen. 3 

12. Februar. 

Herr Prof. Feder* hat mir gerathen, anstatt das Werckgen über die Physiognomick schon jezt umzu¬ 
arbeiten, lieber Nachträge dazu zu liefern, und dieses will ich thun, es wird also vielleicht noch vor Ostern ein 
zweytes Fragment erscheinen, und darin will ich auch Arbeiten anderer aufnehmen, wenn sich welche finden. 4 

HErr Gleim hat mir eine unvermuthete Ehre gethan, er hat einen Saal in seinem Hause den er den 
Musentempel nennt, worin er Bildnisse von Gelehrten aufhängt* Für diesen Tempel werde ich auf HErrn 
Gleims Kosten hier von HErrn Mathieu 6 gemahlt Gleiche Ehre aber mit ungleich gröserm Anspruch darauf 
haben HErr Hof Rath Heyne, 7 HErr Meiners 8 und HErr Feder erhalten. Es wird eine kostbare Tapete werden. 

15. Februar. 

Es freut mich sehr, daß es doch mit dem HErrn Cammerpräsidenten 9 noch nicht so weit ist, als ich 
gefürchtet habe, auch ist mir der Beyfall der HErrn Geheimde Räthe kein geringes Vergnügen bey dem Krieg 
mit Lavatern, der wahrscheinlicher Weise noch erst recht angehen wird. 

Ich dächte nicht, daß Mendelsohn die Abhandlung einiger Aufmerksamkeit gewürdigt haben würde, die 
wenigstens in manchen Stellen drüber hin geschrieben ist. Dietrich gewinnt bey der Afiaire und seine 8000 Ca* 
lender sind bis auf sehr wenige alle fort. Es sind sogar welche von Lausanne verschrieben worden. 

Hier schicke ich Ew. Wohlgebohren meine Silhouette, sie ist mit vieler Sorgfalt gemacht Daß man sie 
nicht gleich erkennt, rührt daher weil bey meinem Gesicht das Charakteristische nicht im Umriß des Profils liegt 

* Der vierte, 1778 erschienene Band von Lavaters „Physiognomischen Fragmenten zur Beförderung der Menschen¬ 
kenntnis und Menschenliebe“ beginnt mit „Anmerkungen zu einer Abhandlung über Physiognomik im Göttinger Taschen¬ 
kalender aufs Jahr 1778“ (S. 3), die eine schwache, viele Mißverständnisse enthaltende und den Hauptpunkt verfehlende 
Polemik gegen Lichtenberg enthalten. Die lobenden Bemerkungen über ihn stehen in den einleitenden Absätzen als eine 
ziemlich plumpe Captatio benevolentiae, die ausfallenden Wendungen mehr gegen das Ende: „Ein Witzler, der alle Er¬ 
fahrungen mit verschlossenem Blicke vorübergeht“ (S. 31); „Witz mit Vernunft beantworten, sagt ein witziger Schrift¬ 
steller, heißt einen Aal beim Schwänze festhalten wollen“ (S. 32); „Philosophie, errötest du nicht bei dieser unbe¬ 
greiflichen Vergleichung?“ (S. 30). 

2 Am 15. Februar schreibt Lichtenberg an Nicolai (Briefe 1,290): „Ich werde ihm vor der Mitte des Sommers 
nicht antworten, aber alsdann soll es auch mit aller der Kraft geschehen, deren mein schwaches Nervensystem fähig ist, und 
alsdann will ich auch tun, was ich bisher noch nicht getan habe, und mich gegen sein Werk selbst wenden, in welchem 
hier und da zwar, wie Sie werden gefunden haben, etwas gutes steht, aber worin auch solche Rasereien Vorkommen, daß 
mir um des guten Mannes Verstand täglich banger wird“. Dieser Gedanke einer polemischen Schrift gegen Lavater 
selbst kam dann nicht zur Ausführung (vgl. aber Vermischte Schriften 4, 99 und Aus Lichtenbergs Nachlaß S. 94). 

3 Johann Georg Heinrich Feder (1740—1821), Professor der Philosophie in Göttingen. 

4 Auch dieser Plan wurde dann durch die Gegenpublikationen Zimmermanns im März- und Aprilstück des Deut¬ 
schen Museums in den Hintergrund gedrängt 

3 Über des Dichters Gleim Musentempel, in dem schließlich 118 Porträts bedeutender Zeitgenossen vereinigt 
waren, berichtet Körte in Gleims Leben S. 437. Bilder von Feder und Meiners sind dort (S. 449) verzeichnet, 
nicht aber solche von Lichtenberg und Heyne. 

6 Heinrich Friedrich Leopold Mathieu (1750—78), Porträt- und Historienmaler. 

7 Christian Gottlob Heyne (1729—1812), klassischer Philologe und Altertumsforscher, Professor der Philosophie in 
Göttingen, war eine der größten Berühmtheiten der Universität; neben seiner Professur war er auch beständiger Sekretär 
der Sozietät der Wissenschaften und Redakteur der Göttingischen gelehrten Anzeigen. 

8 Christoph Meiners ( 1747 —1810), Professor der Phisosophie in Göttingen. 

9 Albrecht Friedrich von Lenthe. 


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Leitzmann, Neues von Lichtenberg. 


81 


Wir gehen am Rande groser Entdeckungen herum. Künftigen Sonnabend werde ich in Königlicher 
Societät über meine Versuche vorlesen, nicht blos eine Liste sondern ich werde eine brauchbare Anwendung 
machen. Wenn meine Versuche erst unter andere Leute kommen, die mehr Geld, mehr Zeit und mehr Uebung 
haben, als ich, so wird manches entdeckt werden, denn ich glaube dadurch einen gantz neuen Weg eröffnet zu 
haben die Beschaffenheit und Bewegung der elecktrischen Materie zu untersuchen. Ich dencke immer ich tappe 
an etwas sehr grosem nahe herum und versuche zuweilen des Sonnabends und Sonntags von Morgen bis in die 
Nacht, daß ich so müde bin, ab wenn ich von der Fuchsjagd käme. 

23. Februar. 

Am vergangenen Sonnabend habe ich vorgelesen, 1 ich hatte wenige Personen invitirt, allein die Menge 
wurde so gros am Ende, daß auch die Catheder voll stunden. Ew. Wohlgebohren werden abo leicht erachten, 
daß nicht alle Experimente gelingen konten, da das Wasser von den Fenstern förmlich floß. Indessen da mir 
die hauptsächlichsten alle gelangen, so bin ich völlig zufrieden. Ab ich sagte ich wolte nun, in einem Zug, ein 
GR schreiben, das selbst Francklin respeckdren würde, da hätten Sie sehen sollen, wie alles drückte, und ab es 
mir ohne Anstoß gelang, so legten einige die Hände vor Verwunderung zusammen. 

Kästners 2 Nahmen nemlich nur das K mit einem Krantz durch Elecktridtät geschrieben habe ich ihm 
hinter Glas in einer goldenen Rahme geschenckt, er war gantz auser sich darüber. Ich kündigte ihm nachher 
an, daß ich über die hauptsächlichsten Capitel der Physick öffentlich künfftigen Sommer lesen würde, hierauf 
sagte er er wolte zwar selbst die Physick künffdgen Sommer lesen, allein wenn ich sie künffdg lesen wolte, 
so wolte er mir sie gantz abtretten, übrigens hätte er nichts dagegen, daß ich über einige Capitel künffdgen 
Sommer läse. Ihnen erlaube ich dieses, aber eine unmathematische Physick müssen wir hier nicht mehr auf- 
kommen lassen. Was sagen Ew. Wohlgebohren dazu ? 

26. Februar. 

HErr Mathieu bt eben, da er mich für den Musentempel mahlen solte, tödlich kranck geworden, und bt 
fast ohne alle Hofhung.3 Ich werde also dieses mal nicht in das Heiligtum eingehen. 

Seit dem ich Kästnern seinen Nahmen gegeben, habe ich das elecktrische Schreiben zu einem viel großem 
Grad von Vollkommenheit gebracht, und Ew. Wohlgebohren Nähme wird daher vermuthlich besser ausfallen. 
Ich schreibe auch nun auf eine gantz eigne Art mit negativer Elecktridtät, welches sich herrlich ausnimt und 
nicht wie Equisetum ♦ sondern wie Perlenschnure aussieht. 

Hat man denn auch Furcht vor dem grosen Cometen in Hannover, hier hat das Gerücht so sehr über 
Hand genommen, daß ich endlich die Feder dagegen ergriffen und einen Aufsatz in das hiesige Intelligentz- 
blatt eingerückt habe*. Man hat es mit Fleiß in das Intelligentzblatt und nicht in die Nebenstunden 6 7 
eingedickt, weU die leztern schon voraus abgedruckt sind, und abo die Sache nicht geschwind genug bekannt 
geworden wäre. Einige Nachrichten, die ich gebe, werden Ew. Wohlgeboren nicht unangenehm seyn. Denn 
so wie auch hinter dem blindesten Lärmen etwas steckt, so steckt auch hinter diesem Gerücht etwas, aber sehr 
wenig. Ich habe den Aufsatz in der grösten Eile geschrieben, und Sie werden über die Wendungen lachen. 
Ein Vierthel spotte ich, 3 / 4 bin ich ernsthaft von No. 1 und 4 5 3 / 4 ernsthaft von No. 2., ich meine andächtig. Ich 
fange nemlich an wie Liscov ,7 fahre fort wie ein Magister Philosophiae und schließe wie Dr. Less. 8 * * 

1 Am 21. Februar hatte Lichtenberg in der Sozietät der Wissenschaften seine erste Abhandlung „Di neva methodo 
naturam ac motum fluidi ilectrici investigandi ft gelesen, die dann im achten Bande der Kommentarien der Sozietät ge¬ 
druckt wurde; eine deutsche Übersetzung findet sich in den Physikalischen und mathematischen Schriften 4,47. Die 
elektrischen Schreibversuche sind darin nicht besprochen. 

2 Abraham Gotthelf Kästner (1719—1800), Mathematiker, Professor der Philosophie in Göttingen. Bei aller Hoch¬ 
schätzung, die er für seinen jüngeren Fachkollegen Lichtenberg empfand, kam es doch nie zwischen beiden zu einem 
längere Zeit ungetrübten Verhältnis, da Kästner maßlos eitel, ungeheuer leicht verletzlich und Einflüsterungen sehr zu¬ 
gänglich war. Lichtenbergs Briefe und viele Stellen seiner Aphorismenbücher beleuchten die Beziehungen beider Männer 
sehr deutlich und zeigen, wie Lichtenberg sich vergeblich bemühte, jene Einflüsse zu paralysieren. 

3 Ein späterer Brief meldet den Tod des jungen Malers. 

4 Schachtelhalm: Lichtenberg selbst vergleicht einige seiner elektrischen Figuren damit (Physikalische und mathe¬ 
matische Schriften 4, 75). 

5 Lichtenbergs Aufsatz „Etwas über den fürchterlichen Kometen, welcher einem allgemeinen Gerücht zufolge um 
die Zeit des ersten Aprils unsre Erde abholen wird 11 erschien in den Göttingischen Anzeigen von gemeinnützigen Sachen 
vom 28. Februar (Vermischte Schriften 5, 144), 

6 Die Zeitschrift „Göttingische Nebenstunden“ wurde 1777 von Professor Wedelrind herausgegeben, der am 
12. Januar gestorben war. 

7 Der Satiriker Christian Ludwig Liscow (1701—60) war Lichtenberg wohlbekannt und ist auf seine eigene sati¬ 
rische Schriftstellerei von nachhaltigem Einfluß gewesen, wie besonders aus Stellen der Aphorismenbücher sich ergibt; eine 
genauere Untersuchung wäre sehr zu wünschen. 

8 Gottfried Leß (1736—97), Professor der Theologie in Göttingen, wird von Lichtenberg fast immer wie hier mit 

starker Ironie genannt (vgl. Aus Lichtenbergs Nachlaß S. 204). 

Z. f B. 1912/1913. II 


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82 


Leitzmann, Neues von Lichtenberg. 


9. März. 

Nun haben Ew. Wohlgebohren wohl die Einleitung des Schweitzer-Tölpels zu Mendelsohns Abhandlung 
gelesen. 1 Ich wolte 10 gegen eins wetten der Schweizer Corporal, der sich mit der Hellebarde vorangestellt 
hat, hat sie nicht verstanden. Mendelsohn hat blos deutlich entwickelt, was ich nicht durch 1) 2) 3) entwickeln 
konte und durfte, sonst wären Dieterich 3000 Calender liegen geblieben. Ich werde nun gewiß Zimmermann 
ohne alle Zurückhaltung behandeln, und mit innigem Vergnügen seinen Nahmen dem ehrwürdigen Nahmen von 
Göbhard 2 3 4 und Philadelphia 3 beyfügen. 

xi. März. 

Bey dem Fehlen groser Leute fällt mir der grose Zimmermann wieder ein. Ich bin nun fest entschlossen 
nichts gegen ihn drucken zu lassen. Er ist mir in der That zu grob. Vielleicht erbarmt sich ein fremder über 
mich, ich habe schon so etwas flüstern hören. 

15. März. 

Es ist mir gewissermaßen leid, daß die HErm Minister mir grose Bescheidenheit gegen Zimmermann be¬ 
fehlen. Er hat mich ohne Ursache sehr grob beleidigt, und ein solcher stoltzer Dummkopf verdient die nachdrück¬ 
lichste Züchtigung, und was mir fast nahe geht, ist, daß HErr Heyne in Verteidigung der Billigkeit des Zimmer- 
mannischen Verfahrens gegen mich neulich auf einem Bai sehr weit gegangen seyn soll. Ich bin in der Sache 
noch nicht recht unterrichtet, und es bleibt ein Geheimniß, mich wundert dieses sehr von einem Mann der mich 
neulich, da ich gegen einige Mitglieder in der Societät schrieb, die einen Vorschlag wegen der Zeitung gethan 
hatten, der ihr Untergang gewesen wäre, schriftlich und ziemlich verstehend gelobt hatte.* Alle Leute hier 
sind für mich. HErr Heyne versteht die Sache also wohl nicht und ist außerdem ein blinder Verehrer von 
Reich in Leipzig. 5 

18. März. 

Man hat meine Silhouette ohne mein Vorwissen nicht sehr glücklich in Kupfer gestochen. 6 Hier komt 
ein Exemplar. Meiners ist mit mir eins daß Zimmermanns Einleitung und Mendelsohns Eintheüung beyde sehr 
absurd sind. Ich glaube er schreibt dagegen. 7 

19. März. 

Ich werde einen kräftigen Aufsatz gegen Zimmermann in unserm Club 8 vorlesen, um dessen wichtige 
Meinung darüber zu hören. Alle glauben er verdiene gar keine Schonung, da sein gantzer Ruhm sich mehr 
auf glückliche Connexionen als Verdienste gründet Mendelsohns Aufsaz ist gar nicht wider mich, obgleich der 
armseelige Hamburger Zeitungsschreiber es glaubt, so bald er nur eingesteht es gebe häufige Collisionen, so ist 
meine Sache gewonnen. Ich sage ja ausdrücklich: wenn es keine Collisionen gäbe (ich nenne es in reiner 
Himmels Luft erzeugt seyn) 9 * * * * so wäre Physiognomick wahr: so daß Zimmermanns Einleitung nicht allein, was 
alle zugeben, eine Probe von eminenter Impertinenz, sondern auch von imerhörter Unwissenheit ist, dieses 

1 Mendelssohns Abhandlung „Über einige Einwürfe gegen die Physiognomik and vorzüglich gegen die von Herrn 
Lavater behauptete Harmonie zwischen Schönheit and Tugend“ (in den Gesammelten Schriften fehlt der Aufsatz) erschien 
im Märzstack des Deutschen Museams (I, 193), eingeleitet durch eine längere anonyme Vorrede Zimmermanns. Lichten¬ 
berg nennt diesen den Schweizertölpel, da er aus Brugg im Kanton Bern gebürtig and längere Zeit vor seiner Berufung 
nach Hannover dort Stadtphysikos gewesen war. 

• Tobias Göbhard war ein Nachdracker in Bamberg, gegen den Lichtenberg 1776 eine satirische Epistel verfaßt 
hatte (Vermischte Schriften 3, 137). 

3 Jakob Philadelphia war ein berühmter Taschenspieler, den Lichtenberg bei seiner Anwesenheit in Göttingen im 
Janoar 1777 durch den „Anschlagzettel im Namen von Philadelphia 14 (ebenda 3, 181) verspottet hatte. 

4 Über die nach dem Tode Albrecht von Hallers hervorgetretenen mannigfachen Vorschläge zu einer Reform der 
Göttingischen gelehrten Anzeigen orientiert kurz Roethe in der Historischen Festschrift der Göttinger Gesellschaft der 
Wissenschaften S. 66 $. Um welchen Vorschlag es sich hier speziell handelt, ist mir nicht bekannt. 

5 Philipp Erasmns Reich war Verlagsbuchhändler in Leipzig and Lavaters Verleger. 

6 Über die Bilder, die wir von Lichtenberg besitzen, orientiert Grisebach in seiner Ausgabe der Briefe Lichtenbergs 
an Dieterich S. 128. 

7 Das ist nicht geschehen. 

8 Im Winter 1776 hatte Lichtenberg zusammen mit Feder, Meiners und Spreugel einen Klab gestiftet, der sich 
alle Freitag abend zam Abendessen mit folgender Unterhaltung versammelte and auch Gäste zuließ (Briefe I, 271). 

9 „Entwickelten sich unsre Körper in der reinsten Himmelsluft, bloß durch die Bewegungen ihrer Seelen modifiziert 

und durch keine äußere Kräfte gestört, und bequemte sich die Seele wiederum rückwärts mit analogischer Biegsamkeit 

nach den Gesetzen, denen der Körper unterworfen ist, so würde die herrschende Leidenschaft und das vorzügliche Talent, 

ich leugne es nicht, bei verschiedenen Graden und Mischungen verschiedene Gesichtsformen hervorbringen, so wie ver¬ 

schiedene Salze in verschiedene Formen anschießen, wenn sie nicht gestört werden 44 heißt es in der Antiphysiognomik 

(Vermischte Schriften 4, 22; vgl. auch Aus Lichtenbergs Nachlaß S. 92). 


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werde ich ihm hauptsächlich beweisen, und das mag ihn wohl am meisten kräncken, denn bey den Schweitzern 
ist ein kleiner Strich von Grobheit noch immer ein Zeichen von Republikanischer Artigkeit, und ihnen das vor¬ 
zuwerfen, kränckt sie nicht mehr, als wenn ich einem englischen Makaroni 1 vorwerfe er habe sich parfumirt 

Von Mösern aus Osnabrück habe ich, ohne an ihn zu schreiben, einen vortrefflichen Brief wegen meiner 
Physiognomick erhalten, darin er mich in meiner Meinung noch durch ein gantz neues Argument bestärckt, 2 
das ich Ew. Wohlgebohren zu einer andern Zeit schreiben will, und dieses ist ein Mann der mehr werth ist, als 
alle die jezt in der gantzen Schweitz für die Presse schreiben. 

So eben geht Prinz Carl von Hessen 3 unter meinem Fenster weg in einem Gedränge von Menschen wie 
ich auf Helgoland nach der Bibliotheck und der Societät, wo HErr von Grothaus* vorlesen wird. 

26. März. 

HErr von Grothaus hat etwas de re militari vorgelesen, den eigentlichen TituI weiß ich nicht, denn ich 
war nicht gegenwärtig, den eben erwähnten hat er mir in einer Gesellschafft angegeben. Es soll etwas sehr 
braves gewesen seyn, er will, die Soldaten sollen hauptsächlich laufen und schwimmen lernen. Stehen wäre 
besser. Indessen werden Sie über folgende Nachricht erstaunen. Durch Empfehlung des ErbPrintzen von 
Braunschweig hat Grothaus einen Ruf nach Berlin vom König erhalten eine Legion zu errichten, welche Legio 
Grothusiana (besser wäre es Caji Pomponii Grothus) heisen wird, er hat schon seit einigen Wochen im Accord 
gestanden, und nun hat man ihm alles verwilligt, die Soldaten werden fast römisch gekleidet gehen, nur 
2 Hemden haben und die Nase mit den Fingern putzen, wie HErr von Grothaus thut Im Ernst, das leztere 
steht mit unter den Artickeln. Die Legion wird aus 1300 Mann bestehen und er soll alle Officier selbst 
ernennen. Morgen früh geht er ab. In dem Brief des Erbprintzen stehen die Worte et aprls la Campagne so 
daß es also wohl zu Schlägen kommen wird. Was sagen Ew. Wohlgeboren zu diesem Vorfall? Gewiß ist alles, 
darauf können Sie sich verlassen .5 

Zu dem neuen TituI des HErra Zimmermann 6 werde ich ehestens noch ein Paar zufugen und mit Be¬ 
soldung, die ihm vielleicht nicht so angenehm seyn werden, als der von London erhaltene. 

6. April. 

Meine künftige Addrese an HErrn Zimmermann wird im May des Museums erscheinen. Ich wünsche, 
daß sie ihm bey seinen Capereyen in Pyrmont 7 wohl bekommen möge. Ich habe doch nicht umhin gekonnt 
auch HErra Mendelsohn verstehn zu gehen, wie viel mehr ich von ihm erwartet als gefunden hätte. Auch 
fürchte ich für HErrn Zimmermann daß ihm Kästner etwas abgeben wird, bey der ersten Gelegenheit Er kan 
sich in acht nehmen, wenn ihm der eines seiner Mühlsteinschweren Sinngedichte an den Hals hängt, so ist er 
▼erlohren. 8 

Wenn Ew. Wohlgebohren ein Buch: Anselmus Rabiosus Reise durch Oberdeutschland 9 in Hannover 
finden können so lassen Sie es sich geben. Es ist vortrefflich geschrieben, und wenn der Verfasser auch nicht 
immer die Wahrheit sagt, so ist doch sein Muth zu verehren. Es ist nichts empfindsames, sondern gantz poli¬ 
tisch und giebt gute Nachrichten aufs kräffrigste ausgedruckt Ich habe mich des herzlichsten Lachens nicht 
erwehren können, wo er eine ernstliche Schwäbische Verordnung anfuhrt, worin demjenigen eine grose Be¬ 
lohnung versprochen wird, der ein Gespenst, todt oder lebendig, liefern würde. Von Bayern sagt er, daß da die 
Landstrasen mit Galgen bepflanzt wären, wie an andern Orten mit Maulbeerbäumen. Es soll wahr seyn. 


* Geck, Stutzer. 

* Dieser Brief Mosers an Lichtenberg ist leider nicht erhalten. Am 23. April schreibt Lichtenberg ganz ähnlich 
an Boie (Briefe I, 292): „Möser stimmt meinem System ganz bei und bestätigt es mit neuen Beweisen und dieser ist mir 
mehr wert, zumal da ich sein Urteil gar nicht eingeholt habe, als alle Physiognomen zusammengenommen“; auch im 
Aphorismenbuch F 889 dürfte er gemeint sein. 

3 Karl Landgraf von Hessen-Kassel ( 1744 —1836), ein Freund und Verehrer Lavaters, war dänischer Feldmarschall 
und lebte in Schleswig. 

4 Vgl. oben S. 78 Anm. 2 Einen ausführlichen Bericht über die bald darauf auch im Druck erschienene Rede von 
Grothaus (,,Oratio de re militari ") enthalten die Göttingischen gelehrten Anzeigen vom 16. April (S. 369). 

5 In einem späteren Briefe berichtet Lichtenberg, daß durch einen königlichen Kurier die geschehene Berufung 
nach Berlin wieder rückgängig gemacht worden sei. 

6 Zimmennann war „in Betracht seiner besonderen Geschicklichkeit und leistenden ersprießlichen Dienste“ vom 
König Georg III. von England zum Hofrat ernannt worden (Ischer, Zimmermanns Leben und Werke, S. 162). 

7 Zimmermann besuchte sehr häufig das Bad Pyrmont, wo er natürlich viele neue Bekanntschaften schloß und da¬ 
durch auch neue Konsultationspraxis erhielt. 

8 Über Zimmermanns Fehden mit Kästner orientiert Ischer, Zimmermanns Leben und Werke S. 319 (vgl. auch 
Aus Lichtenbergs Nachlaß S. 225). Kästners Epigramme auf Zimmermann, die natürlich nicht ausblieben, bespricht 
jetzt erschöpfend Becker, A. G. Kästners Epigramme, Chronologie und Kommentar S. 183. 

9 Der Verfasser dieses Salzburg und Leipzig (eigentlich Nördlingen) 1778 erschienenen Buches, das sofort vom 
Augsburger Magistrat als Pasquill konfisziert wurde, ist Wilhelm Ludwig Wekhrlin (Ebeling, Wekhrlin S. 13; Böhm, 
Ludwig Wekhrlin, S. 73). 


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Leitzmann, Neues von Lichtenberg. 


9. April. 

Meine Addresse an HErrn Zimmermann 1 * 3 4 5 wird hoffentlich im May des Deutschen Museums erscheinen, 
aber dem ungeachtet noch besonders gedruckt werden. Ich fange darin ironisch an und auf eine Art, die, ohne 
Zimmermann zu erbittern, ihn schmertzen muß. Einiges habe ich vorgelesen, es wird ungewöhnlich approbirt, 
jemand hat gesagt ich hätte noch nichts geschrieben, das diesem gleich käme. Ich glaube es aber nicht Es 
gefällt nur, weil Zimmermann hier niemand gut ist, als einige Leute die sich mehr durch vermeintliche Politesse 
als Wahrheitsliebe leiten lassen. 

12. April. 

Im April des Museums, in welchem Lavaters Aufsatz gegen mich abgedruckt ist, sind Noten, die, wie ich 
höre (allein noch nicht gesehen habe), wieder mit der Hellebarte geschrieben sind.* Sie sollen ärger seyn als 
alles. Der Schweitzer ladet schwere Gewichte auf sich, die nicht ausbleiben werden. Meine Schrifft gegen ihn 
wird selbst das Göbhardische Tracktament* übersteigen. Allein vor ein Paar Stunden habe ich etwas gehört, 
das mich in Erstaunen gesezt hat. Ein Mann, den ich für meinen besten Freund hielt,* hat, wie ich von 
sicherer Hand weiß, ein Billet, das ich an ihn wegen Zimmermann geschrieben habe, an Zimmermann geschickt 
Können Sie sich eine solche Niederträchtigkeit dencken? Ich mercke wohl, es wird in diesem Streit gehen 
wie in Amerika, er fangt mit Thee an und endigt in Königreichen. Hiervon bald mehr. Es ist alles Neid. 

Der jüngere Förster hat sich gegen seine Göttingischen Recensenten geregt und mir das Manuscript zu¬ 
geschickt, es drucken zu lassen.* Ich muß es thun, aber um nicht als Feind der Societät zu scheinen werde ich 
eine Copie davon an HErrn HofRath Heyne schicken, ehe ich etwas unternehme. 6 7 

15. April 

Nunmehr habe ich auch den April des Museums gelesen, und ich habe dem guten Boie Unrecht gethan. 
Der Brief, den er von mir eingerückt hat ,7 ist nicht der, den ich erwartete, es sind nur einige litterariscbe 
Nachrichten von Förster, mit denen mag er meinetwegen machen, was er will Aber was sagen Sie zu den 
Noten von Zimmermann? Sie sind in der That nicht übel, ich habe über das Niedersitzen neben dem Teufel 8 
würcklich so herzlich*gelacht, als irgend über etwas im Vademecum. 9 Was die Grobheit angenehm ist, wenn 
sie nicht witzig ist Und gar über den Studentenbeyfall 10 Ich glaube in der That es hat sich nie jemand 
weniger drum bekümmert, als ich, das wissen hier zum Unglück für den Schlucker alle Leute, ich kan Ew. 
Wohlgebohren aufrichtig versichern, daß er hier sogar bey allen Anhängern Lavaters, auch in Gotha den Credit 
verlohren hat. Denn sie haben alle geglaubt Zimmermann sey ein Mann, der wenigstens seine und ihre 
Schwachheiten mit beisender Satyre vertheidigen könne, und nun finden sie, daß ihr gantzer Vertheidiger aus 
einem Tropf besteht, der eben so elend ist, als sie selbst Zimmermann glaubt vielleicht nicht, daß ich ihm so 
begegnen würde, als ich ihm begegnen werde. Meine Schrifft wird apart gedruckt, 11 sie würde zu groß für das 

1 Ein Stück dieses dann unterdrückten Aufsatzes ist erhalten und Aus Lichtenbergs Nachlaß S. 84 abgedruckt; 
er sollte den Titel fuhren „Wider Physiognostik, eine Apologie“. 

* Im Aprilstück des Deutschen Museums erschien (1, 289) ein Auszugaus Lavaters oben S. 80 Anm. x erwähnter Polemik 
gegen Lichtenbergs Antiphysiognomik auf Betreiben Zimmermanns, der Lavater dazu überredet hatte und seinerseits eine 
Reihe anonymer bissiger und beleidigender Anmerkungen beifügte, die sehr unvorteilhaft von Lavaters verhältnismäßig 
ruhigem Stil abstechen. 

3 Vgl. oben S. 82 Anm. 2. 

4 Wer hiermit gemeint ist, habe ich nicht feststellen können. 

5 Johann Georg Adam Förster (1754—94)# der bekannte Naturforscherund politische Schriftsteller, hatte mit seinem 
Vater Johann Reinhold Förster den Kapitän James Cook 1772—75 auf seiner zweiten Reise um die Welt begleitet und eine Be¬ 
schreibung dieser Reise London 1777 in englischer (später, Berlin 1778—80 auch in deutscher) Sprache erscheinen lassen. 
Gegen die Rezension dieses Werks in den Göttingischen gelehrten Anzeigen (1778 Zugabe S. 148. 177) wendet sich 
seine „Antwort an die Göttingischen Rezensenten“, die Göttingen 1778 im Druck erschien. 

ü Lichtenbergs Brief an Heyne vom 12. April, mit dem er ihm Försters Manuskript überschickte, ist erhalten 
(Briefe 1, 291). 

7 Vgl. Deutsches Museum 1778 1, 382. Der Brief ist vom 9. März datiert. 

8 „Durch Sittsamkeit und Sanftmut solltest du (Lavater) dir deinen heißatmenden Gegner zum Freunde machen: 
und weißt du, daß er sich eher zum Teufel freundschaftlich hinsetzen würde als zu dir?“ (S. 317 Anm.). 

9 Das „Vademecum für lustige Leute* * (Berlin 1764—92) war eine von Lichtenberg öfters zitierte Anekdotensammlung. 

xo „Er ist dein ungewinnbarer Feind, nicht etwa, weil er dich haßt, sondern weil ein Einfall, worüber sechs Stu¬ 
denten lachen, für ihn ebenso wichtig ist als für dich alle Glückseligkeiten des künftigen Lebens** (S. 317 Anm.). 

xx Diese Schrift führte den Titel: „Konrad Photorin an Tobias Göbhard, des letzteren Einleitung zu einer Mendels- 
sohnischen und Noten zu einer Lavaterischen Abhandlung in den stürmischen Monaten des Deutschen Museums betreffend**; der 
Druck wurde im Mai begonnen, aber dann wieder kassiert, so daß das vollendeteStück erst aus dem Nachlaß Lichtenbergs 
ans licht trat (Vermischte Schriften 4,84). In diesem Zusammenhang ist auch Lichtenbergs Brief an Boie vom 23. April 
(Briefe 1, 292) zu beachten, der Zimmermanns Charakter und Handlungsweise einer ausführlichen ebenso schonungslosen wie 
gerechten Beurteilung unterzieht; der Abdruck an dieser Stelle, so wünschenswert er wäre, verbietet sich durch seine Länge. 


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Museum, und vielleicht doch nicht in den May kommen. Außerdem mag ich nicht mehr an einem Journal 
arbeiten, in welchem solchen alten Knaben erlaubt ist solchen Schmutz nach mir zu werfen. 


23. April 

Ich glaube wohl, daß Zimmermann schon triumphirt, du gerechter Gott, wenn alle meine Feinde so 
schrieben wie er, so könte man sie schon mit Stillschweigen widerlegen. Meine Schrifft ist fertig, es fehlt ihr 
nur die lezte Hand, und weil doch nun die neuen Noten erschienen sind, so müssen einige Zusätze gemacht 
werden, woran ich nicht gerne gehe. Allein je später je schwerer für ihn. Hier sagt jederman, daß man sich 
so etwas elendes unter Zimmermann nicht gedacht hätte, und man findet es wunderbar, wie er sich bey einer 
solchen Anlage so lange dort habe erhalten können. Sein Vorwurf, daß ich Studentenbeyfall zu erschnappen 
suchte, klingt fast wie Ironie, ob er es gleich ernstlich meint. Ich bin wie jederman weiß Studenten ausge¬ 
wichen, und als ich öffentlich laß habe ich meine Vorlesung nie mit einem bon mot entehrt — Allein er wird 
gezüchtigt werden, daß er gewiß daran gedencken wird so lange er lebt. Ich fürchte nur ich gehe zu weit und 
deswegen laß ich das Bier ein wenig über den Hefen stehen um sich zu setzen. Alsdann will ich das feinste ab¬ 
zapfen, das aber immer noch bitter genug schmecken soll. Im May des Museums ist wieder etwas wider mich, 
wegen der Zuschrifft an Dieterich. 1 Lavaters Schrifft war schon 3 mal gedruckt, ehe sie einmal recht ge¬ 
lesen war. 

27. April. 

Am vergangenen Freytag erhielt ich einen unerwarteten Brief von Nikolai in Berlin, darin ist eine Stelle, 
die mir nicht wenig Vergnügen gemacht hat, und also Ew. Wohlgebohren ebenfalls machen wird. Ich schreibe 
sie ab ohne einen Buchstaben zu verändern. Ich erinnere dieses deswegen, weil sie öffentlich erscheinen wird, 
aber mit etwas veränderten Buchstaben: 

„Die Abhandlung von HErrn Moses, die in einem der lezten Stücke des deutschen Museums stehet, ist 
nichts weniger als gegen Sie geschrieben, obwohl der Thor (: Nikolai weiß nicht daß es Zimmermann ist, das 
macht die Sache desto lustiger:) der einen Vorbericht dazu gemacht hat, einen solchen Winck giebt Diese Ab¬ 
handlung entstand schon vor anderthalb Jahren, ehe der Dietrichsche Calender herauskam, bey Gelegenheit 
meiner Unterredungen mit HErrn Moses über diese Materie: Er berichtigte nach seiner gewöhnlichen präcisen 
Art meine Zweifel über Lavaters Geschwäz von der Schönheit. Ich glaube übrigens es sey diese Abhandlung 
gar nicht wider Sie, sondern widerlege vielmehr Lavaters Gedancken über die Schönheit physiognomisch be¬ 
trachtet auf das completeste; denn wenn man HErrn Moses Sätze in ihrer Präcision annimmt, so sieht man, 
daß Lavater hierin würklich radotirt hat pp.“ a 

Was sagen Ew. Wohlgebohren hierzu? Ich werde gewiß Gebrauch davon machen, doch ohne die Wörter 
Nikolai , Thor , Geschwäz und radotirt zu gebrauchen damit ich mir nicht mehr Feinde mache .3 

Heute hatte ich einen närrischen Vorfall. Dr. Fränckel, 4 einer von den Juden, die Lavater getauft hat, 
kam auf seiner Reise nach Petersburg zu mir. Man hatte ihm gesagt, ich hätte meine Mettwürste s gegen ihn 
gehackt. Ich versicherte ihm aufrichtig, sie wären für Leute gesaltzen worden, deren er sich schämen würde, 
und die hier bekannt genug wären. So wurden wir gute Freunde. Er schenckte mir seine Dissertation, und er 
ist in der That ein wackerer Kerl, der wahren bon sens hat Er saß auf 4 Stunden bey mir. Merckwürdig ist, 
er war bey Lavatern, ab er meinen Calender zum erstenmal laß, und erzählte mir einige Aneckdoten. Lavater 
ist würcklich ein wohlmeinender Mann, nur nicht recht gantz klug. Zimmermann kennt er doch auch, so wie wir 

* In einem anonymen Aufsatz „Etwas Physiognomisches über Ausdünstungen* 4 im Maistück des Deutschen Museums 
(I, 447) findet sich der Satz (S. 448): „Wer kann über ein verliebtes Paar lachen, da die Ausdünstungen von zwei schönen 
Seelen sich wie die Seelen Lichtenbergs und Dieterichs oder wie die beiden Zipfel an dem Schoße eines Unterrocks in 
einander haken?** 

2 Nicolais Brief ist vom 15. April und vollständig in den Vermischten Schriften 8, 1x6 abgedruckt Daß Mendels¬ 
sohns Abhandlung mit der physiognomischen Fehde zwischen Lichtenberg, Lavater und Zimmermann von Haus aus 
nichts zu tun hat, geht auch aus Mendelssohns Brief an Zimmermann vom 12. Mai (Gesammelte Schriften 5, 546) klar 
hervor, in dem er ihm zugleich seine offene Mißbilligung seines Verhaltens anssprach: „Lichtenberg hat Ihren Freund, 
wenigstens öffentlich, gar nicht unglimpflich behandelt und die weise Mäßigung, mit welcher Lavater selbst ihm geantwortet 
hat, berechtigt seine Freunde auf keine Weise, den Streit durch ihre Dazwischenkunft erbittert zu machen. Sie haben 
also wirklich den ersten Schritt zum Zwiste getan und es geziemt Ihnen auf alle Weise, auch den ersten Schritt zur 
Wiederaussöhnung zu tun. Ihre Ehre kann unmöglich dabei verlieren und Ihre Ruhe nicht anders als gewinnen.** 

i In Lichtenbergs Abhandlung ist dieser Passus aus Nicolais Brief tatsächlich im vollen Wortlaut aufgenommen 
worden (Vermischte Schriften 4, 92), nur daß statt „Tor** „Mann (dieses Wort schiebe ich ein, denn es steht ein andres 
da, das sich nicht mit einem M anfangt, ich aber nicht lesen kann)**, statt „Geschwätz** „Behauptung**, statt „radotirt** 
„geträumet** gesetzt und Nicolai nicht genannt, sondern nur ab „ein berühmter berlinischer Gelehrter*' bezeichnet ist. 

4 Johann Kaspar Fränkel war Militärarzt in russischen Diensten. 

5 Lichtenbergs Satire „Timorus** hat den Untertitel: „Verteidigung zweier Israeliten, die, durch die Kräftigkeit der 
Lavaterischen Beweisgründe und der göttingischen Mettwürste bewogen, den wahren Glauben angenommen haben" 
(ebenda 3, 79). 


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Leitzmann, Neues von Lichtenberg. 


ihn kennen. Der Mann hat mir in der That viel Vergnügen gemacht Er ist ein tiefsinniger Mathematiker, und 
spricht so vom Stamm ohne Vorurtheü weg, daß ich glaube Ew. Wohlgebohren würden ihn approbien. 

30. April 

Jede rin an räth mir mit meiner Antwort nicht zu eilen, aus dreyerley Ursachen 1) weü man alles besser 
überlegt 2) weil die Leute sich immer je öffter sie Zimmermanns Noten lesen einen schlechtem Begrif von ihm 
machen und immer eine größere Receptabilität der Gegengründe erhalten und 3) weil es dem Zimmermann 
weit hefftiger auffallen muß, wenn er die Antwort zu einer Zeit unvermuthet erhält, da er bereits glaubt er wäre 
außer dem Schuß. Hier haben seine Noten grade das Widerspiel von dem bewürckt, was sie bewürcken solten, 
man hat mich dabey vergessen, und nennt Zimmermann, der sonst immer Leib Medicus hieß, und den der 
König zum Hof Rath gemacht hat, jezt blos Kerl. 

Jemand hat mir gesagt, daß die Noten vielen Beyfall unter einer gewissen Classe, zumal den gespaltenen 
erhalten haben sollen. 1 2 3 Ist das wohl wahr, für jeden Unterricht in dieser Sache werde ich Ew. Wohlgebohren 
sehr verbindlich dancken, da es immer gut ist zu wissen wo und mit wem man ficht 

5. May. 

HErrn Zimmermanns Ausfälle sind freylich so grob, daß ich noch gestern meiner Schlifft eine gantz neue 
Wendung gegeben habe, die, wenn sie nur nicht gar zu hefftig ist, Eindruck machen soll. Man wird diese Woche 
anfangen daran zu drucken, ich habe nur jezt so viel fremde Arbeit. Eins freut mich, meine Zeichnungen zu 
den Commentarien* sticht Heyd* selbst in Augspurg in schwartzer Kunst. Ich habe übrigens meinen Plan ge¬ 
ändert, und gebe in dieser ersten Abhandlung nur einige Versuche, die Muthmaßungen darüber und die Hypo¬ 
thesen werden in eine zweyte* kommen. 

Was sagen Sie zu Zimmermanns Abhandlung im neusten Stück des Museums, wo er den kleinen Mamsels 
öffentlich Anleitung giebt, wie sie sich soulaschiren sollen?* Die Aufseher über die Mamsels werden ohnehin 
schon seine Vorsorge gebraucht haben, also profitirt niemand als die Mamsels selbst dabey. 

14. May. 

Ein Bogen von meiner Schrifft ist gedruckt, nemlich gantz auscorrigirt, ich habe aber die lezte Correcktur 
noch bey mir, indem ich noch immer Bedencken trage sie so abdrucken zu lassen. Sie ist hier und da zu arg, 
wird sie aber auch so nicht abgedruckt, so sollen doch Ew. Wohlgebohren diesen Bogen über kurtz oder lang 
einmal sehen. 6 

HErr Wieland hat mir Reparation gemacht, im April des Merkur steht S. 80 eine Recension meines 
Büchelchens, die sehr starck gegen die im vorigen November läuft, wovon Lenz, ein eben so empfindsamer 
wortreicher Tropf als Zimmermann, der Verfasser ist 7 So schreibt ein Z. . . . und ein ... .z gegen mich. 

18. May. 

Er freut mich sehr für meine Sache, daß man in Hannover so sehr gegen den groben Mann ist Es freut 
mich indesssen auch daß ich mehr Empfindlichkeit für andere Leute besitze. Es geht mir in der That hart ein 

1 Diesen Satz vermag ich nicht zu erklären. 

2 Vgl. oben S. 81 Anm. 1. 

3 Johann Elias Haid (1739—1809), berühmter Kupferstecher. 

4 Lichtenberg las seine zweite Abhandlung „De nova mtthodo naiutarn ac motnm fluidi eUctrici investigandi“ am 
19. Dezember 1778 in der Göttinger Sozietät der Wissenschaften: sie erschien dann im ersten Bande der Kommentationen 
der Sozietät gedruckt, eine deutsche Übersetzung steht in den Physikalischen und mathematischen Schriften 4, 81. 

5 Zimmermanns Abhandlung im Maistück des Deutschen Museums (I, 452) führt den Titel: „Warnung an Eltern, 
Erzieher und Kinderfreunde wegen der Selbstbefleckung, zumal bei ganz jungen Mädchen“. Eine ausführliche Schilderung 
des Verfahrens der Onanie bei einer Fünfjährigen schließt hier mit dem Satze (S. 457): »»Die Kinder haben sich 
dadurch auch immer sehr sonlaschiert“. Mit Recht sagt Zimmermanns Biograph Ischer (Zimmermanns Leben und Werke 
S. 318): „Man begreift heutzutage nicht recht, wie ein derartiger Aufsatz in eine vorwiegend bellettristische Zeit¬ 
schrift kommt 41 . 

6 Wie Dieterich in einem nach Lichtenbergs Tode an seinen überlebenden Bruder Ludwig Christian gerichteten 
Briefe erzählt, ist es Schemhagen gewesen, auf dessen Anraten die Veröffentlichung der Schrift gegen Zimmermann 
unterblieb und die gedruckten Exemplare des ersten Bogens ausnahmslos vernichtet wurden (Briefe 3, 345). 

7 Die an der zitierten Stelle gedruckte, mit M. Unterzeichnete kurze Rezension der Antiphysiognomik ist nicht 
von Wieland, wie Lichtenberg glaubte („Herr Hofrat Wieland .... hat mir .... ganz unaufgefordert deswegen alle die Ge¬ 
rechtigkeit wiederfahren lassen, die ich von einem so einsichtsvollen und unparteiischen Manne verlangen konnte“ Ver¬ 
mischte Schriften 4, 79 Anm). Lenzens Aufsatz im Novemberstück des Teutschen Merkurs von 1777 (4. 106) trägt 
den Titel: „Nachruf zu der im göttingischen Almanach Jahrs 1778 an das Publikum gehaltenen Rede über Physiognomik 4 5 * 
Gesammelte Schriften 4, 270 Blei). Lichtenberg hielt, wie aus seiner kurzen Abfertigung in der Antiphysiognomik 
Vermischte Schriften 4, 16; vgl. aber auch S. 79) hervorgeht, Zimmermann für den Verfasser; doch steht Lenzens 
Autorschaft durch einen Brief Lavaters an Zimmermann fest (Lenz, Gesammelte Schriften 4, 395 )* 


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Leitzmann, Neues von Lichtenberg. 


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einem Mann, gegen den ich nie etwas öffentlich unternommen haben würde, nun grob zu begegnen. Es wird 
aber von einem andern geschehen, 1 und zwar so, daß selbst die ernstliche Belehrung ein Ansehen kriegt, als 
halte man ihn derselben kaum würdig. 

8. October. 

Bey der lezten langen Nacht der Juden,* da sie den Gottesdienst in ihren Sterbekleidem verrichten, 
wohnte ich demselben eine Stunde lang bey. Die Ceremonien hatten eine sonderbare Würckung auf mich, ich 
hätte bald lachen und bald weinen mögen, weil ich aber allein war, so kam es zu keinem von beyden. Unter¬ 
dessen gerührt hat es mich im gantzen doch. Man hörte die Weiber, die in einer besondem Rauchkammer 
saßen, zuweilen schluchzen, als ich nach Hause kam, war mir der Kopf wie umgedreht, und die gantze Nacht 
träumte ich und phantasirte ich von diesem Gottesdienst Wenn man so etwas früh genug in der Welt hört, so 
ist es kein Wunder, daß es einen hartnäckig dafür einnehmen muß, denn da verliehrt sich das Gefühl für das 
lächerliche darin gantz. 


1782. 

18. Julii. 

Unser ehrlicher, alter, eiserner Wagenmeister,* ein Mann von gantz eignem Charackter, der auch des¬ 
wegen das Glück gehabt hat silhouettirt zu werden, hat sich auf den Postwagen gesezt, der nach der Ewigkeit 
hier jezt fast täglich abgeht, und ist würcklich gestern früh abgefahren. Es sollte würcklich kein Posthorn in 
Deutschland blasen, diese gantzen 4 Wochen. Denn einen solchen Kerl bekommt das Departement nicht 
wieder. Sein Tod hat mich förmlich gerührt. 

8. August. 

Am Montag war es mir gäntzlich unmöglich Ihnen auch nur eine Sylbe zu schreiben und zwar aus Weh- 
muth über den Verlust einer Person, die ich vom n ten Jahre an erzogen und nun fast 3 Jahr bey mir hatte/ 
Was die Stadt auch von dieser Verbindung gedacht haben mag, so kan ich Ew. Wohlgebohren versichern, daß 
mir eine Person von der Sanfftmuth, der Sorgfalt in allen Verrichtungen, der Bescheidenheit, die selbst die 
häßlichste geziert haben würde, ob diese gleich von groser Schönheit war, nie vorgekommen ist. Ihre Kranck- 
heit war die Rose am Kopf, die vermuthlich durch Unwissenheit unsrer Aerzte zurücktrat, und ihrem Leben in 
8 Tagen ein Ende machte. Ich sah die Gefahr voraus, und warnte und bat Ich wurde aber ausgelacht. Sie 
wurde 17 Jahr und 39 Tage alt, war die Gesundheit selber und ist nie kranck gewesen, als an den Pocken. Am 
Mittewochen, als gestern Morgen wurde sie begraben, und kaum war sie 2 Stunden unter der Erde, so starb 
Mamsel Dieterich, 5 ein solches Leidhaus können Sie sich nicht dencken. Die gantze Stadt ist voll davon, daß 

* An wen Lichtenberg hier denkt, weiß ich nicht: tatsächlich hat sich öffentlich niemand seiner gegen Zimmer¬ 
manns beleidigende Angriffe angenommen. 

2 Lange Nacht oder langer Tag ist in manchen Gegenden die volkstümliche Bezeichnung des großen jüdischen 
Versöhnungsfestes, das am io. Tischri (Anfang Oktober) gefeiert wird. 

3 Des „vierschrötigen“ Wagenmeisters Bruns gedenkt Lichtenberg auch in einem späteren Aphorismenbuch (J 83), 
wo er sein „viereckiges Gesicht** mit dem seines kleinen Sohnes vergleicht, wenn er weint. Der Witz vom Postwagen 
kehrt ohne Beziehung auf Bruns auch in einem Briefe Lichtenbergs an Ebell vom 26. Oktober wieder (Briefe 2, 54): 
„Ich hatte auch auf dem großen Postwagen ein Plätzchen bereits bestellt und wäre wirklich hinabgefahren, wenn mich 
nicht ein geschickter Praktikus, Dr. Osann, auf der zweiten Station angehalten und wieder zurückgebracht hätte.** 

4 Seine seit 1777 datierenden Beziehungen zu der „kleinen Stechardin**, Maria Dorothea Stechard, der Tochter 
eines Göttinger Leinewebers, die er zuerst als blumenverkaufendes Kind sah und dann in sein Haus nahm, um sie im 
Schreiben und Rechnen zu unterrichten (vgl. Briefe 1, 294) und ihr dann die Pflege seines physikalischen Kabinetts anzu¬ 
vertrauen, schildert Lichtenberg selbst am eingehendsten in einem rührenden Briefe, den er Anfang des Jahres 1783 
seinem alten Schulfreunde Amelung geschrieben hat (ebenda 3, 291). Dort heißt es (S. 292): „Sie blieb von Ostern 
1780 an ganz bei mir. Ihre Neigung zu dieser Lebensart war so unbändig, daß sie nicht einmal die Treppe hinunter- 
kun, als wenn sie in die Kirche und zum Abendmahl ging; sie war nicht wegzubringen. Wir waren beständig bei¬ 
sammen. Wenn sie in der Kirche war, so war es mir, als hätte ich meine Augen und alle meine Sinnen weggeschickt. 
Mit einem Wort sie war ohne priesterliche Einsegnung (verzeihen Sie mir, bester, liebster Mann, diesen Ausdruck) meine 
Frau. Indessen konnte ich diesen Engel, der eine solche Verbindung eingegangen war, nicht ohne die größte Rührung 
ansehen. Daß sie mir alles aufgeopfert hatte, ohne vielleicht ganz die Wichtigkeit davon zu fühlen, war mir unerträglich. 
Ich nahm sie also mit an Tisch, wenn Freunde bei mir speisten, und gab ihr durchaus die Kleidung, die ihre Lage 
erforderte, und liebte sie mit jedem Tage mehr. Meine ernstliche Absicht war, mich mit ihr auch vor der Welt zu 
verbinden, woran sie nun nach und nach mich zuweilen zu erinnern anfing.** Ihres traurigen Todes gedenken auch 
Briefe Lichtenbergs an Meister und Wolff aus diesen Augusttagen (Briefe 2, 43. 44) und noch in seinen Tagebüchern der 
neunziger Jahre ist der Todestag jedesmal durch den meist mit griechischen Lettern geschriebenen Eintrag „Stechardin** 
bezeichnet Vgl. auch die Einleitung zu Ebsteins Schrift „Lichtenbergs Mädchen** (München 1907). 

5 Über Friederike Dieterichs Krankheit und ihren Tod haben wir einige schöne Trostbriefe Bürgers an den Vater, 
mit dem er eng befreundet war (Briefe von und an Bürger 3, 81. 82. 84. 91); Philippine Gatterer hat den trauernden 
Eltern ein Trostgedicht gewidmet, das im Göttinger Musenalmanach für 1783 erschien. 


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Leitzmann, Neues von Lichtenberg. 


zwey junge und gewiß der schönsten und gesündesten Mädchen die sehr viel auf einander hielten und täglich 
3 mal nach einander fragen liesen fast zu gleicher Zeit in die Ewigkeit gegangen sind. 

12. August 

Die Verwüstungen, die der Tod in unserm Hause angerichtet hat, sind der Gegenstand des allgemeinen 
Gesprächs. Hätte mir jemand im Julius gesagt, im August werden 2 Leute von den 42 begraben, die in deinem 
Hause wohnen, so hätte ich fürwahr auf diese beyden jungen blühenden Personen zulezt gerathen. Ich bin 
einsweilen auf eine andre Etage gezogen, und ich und HErr Dieterich schlafen auf derselben Stube. 

5. September. 

Ich sehe also doch daß der Tod seinen Charackter noch nicht verändert hat von den Zeiten her, da ihn 
Horatz schilderte. 

Aequo pulsat pede paupcrum tabemas 
Regumque turres . 1 

Zu deutsch: Wenn es ihm um einen Besuch zu thun ist, so ist für ihn St. James's* und Schmahlens Laden 3 
einerley. 

Hier habe ich die Ehre Ew. Wohlgebohren das äußerst gut getroffene Porträt eines Obersächsischen 
Original-Kopfe, als ein physiognomisches Räthsel zu übersenden. Wenn Ew. Wohlgebohren Lavaters 4 Quar¬ 
tanten 4 studirt haben, wie ich daran nicht zweifle, daß Sie dieselben verbotenus auswendig wissen, so werden Sie 
an dem Bug der Stirne nicht verkennen das hohe Dichter Genie des künffdgen Sängers der Independentz von 
Amerika, und erhabnen Schleichhändler-Talents. Ueber der Nase schwebt sichtbarlich Atmosphäre von 
Künstler-Drang und Zweckbohrender steifer Entschlossenheit. Im Auge liegt Flintenschloß Spannung wartend 
nur auf den Finger der Gelegenheit, der losdrückt. Gestochen ist schon. Nun was war der Mann? 

Ist er ein Erretter seines Volcks? 

Oder Volcksdichter? 

Oder Schwärmer? 

Oder Mörder? oder Longitudinist, oder Cirkulquadrirer, oder Urin- oder Silhouetten Beseher? Karren¬ 
gefangener oder Professor Philosophiae ? 

Die Auflösung liegt in versiegeltem Zettul bey 5 , den ich aber nicht eher zu eröffnen bitte, bis Ew. Wohl¬ 
gebohren etwas gerathen haben. 

9. September. 

In der Nacht vom Donnerstag auf den Freytag Morgens um 2 Uhr bin ich endlich so glücklich gewesen 
den neuen Planeten 6 zu finden .... Ew. Wohlgebohren können nicht glauben was dieser Anblick für einen 
Eindruck auf mich gemacht hat. Ich weiß gewiß, Thaies, Eratosthenes, Aristarch, Tycho, Copemikus, Galiläi und 
Newton hätten mir gewiß die Visite in diesen Nächten nicht abgeschlagen, wenn ich sie hätte einladen können. 

* Horaz, Oden I, 4, 13 (vorausgeht t pdüida mors “). Diese Stelle seines antiken Lieblingsdichters zitiert Lichten¬ 
berg sehr häufig. 

* Der königliche Palast in London. 

3 So hieß nach dem früheren Besitzer Dieterichs Haus, in dem Lichtenberg wohnte (Meiners, Kurze Geschichte 
und Beschreibung der Stadt Göttingen S. 133). 

4 „Physiognomische Fragmente zur Beförderung der Menschenkenntnis und Menschenliebe“ (Leipzig und Winter- 
thor 1775 — 1778 ). 

5 Dieser Beischluß enthält folgendes: „Johann Hermann Simmen, vormals Unterofficier in Preußischen Diensten 
wurde am vergangenen Freytag den 30. August in einem Städtchen bey Gotha von unten herauf gerädert, nachdem er 
9 verschiedener Mordthaten überfuhrt und wegen noch 4 anderer in Verdacht gewesen ist Den letzten Mord begieng 
er an seiner Frauen Schwester, deren Kind er, weil es rief, an einem Bein anfaßte und mit dem Kopf gegen den Ofen 
schlug und für todt liegen ließ, indessen das Kind kam wieder zu sich mit dem Verlust von einem Auge, welches ihm 
aus dem Kopf geflogen, und ist nun im Hospital zu Gotha. Der Hertzog hat ihn zeichnen und auch sein Leben auf¬ 
zeichnen lassen, welches gedruckt werden wird, bis dahin muß ich wohl die übrigen Nachrichten ruhen lassen, die ich 
habe, weil manches in den Sagen zwar ungewiß, aber doch so weit gewiß ist, dfß er einer der grösten Bösewichter 
und Mörder gewesen ist, deren man sich erinnert In der Silhouette sieht er aus wie der seelige Wagenmeister.“ Den¬ 
selben Scherz wie mit Schemhagen machte sich Lichtenberg auch mit Meister: das undatierte Billett an ihn, in dem er 
um eine physiognomische Beurteilung von Simmens Kopf mit ganz ähnlichen Wendungen wie hier bittet (lichtenbergs 
Mädchen S. 55), und die der unsrigen fast gleichlautende Aufklärung (ebenda S. 57) dürften daher wohl gleichfalls 
in die ersten Septembertage 1782 zu setzen sein. Über den seligen Wagenmeister vgl. oben S. 87 Anm. 3. 

6 Den Uranus, den als damals sonnenfemsten Planeten Herschel am 13. März 1781 entdeckt hatte. An Wolff 
schreibt Lichtenberg am 12. September (Briefe 2, 48): „Nunmehr haben meine Augen auch den neuen Planeten gesehen, 
ich habe ihn dreimal observiert. Was dieses für ein Dezennium ist! Man schmilzt Uhrfedern durch Elektrizität, man 
macht in England Gold, findet einen neuen Planeten und Bergschütz verbreitet das Licht der Metallschmelzung im 
Hannoverschen!“ 


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Leitemann, Neues von Lichtenberg. 


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16. September. 

Simmen ist ein rechter Probierstein für die Physiognomen. Hier sagte jemand die Stirne verrathe einen 
Dichter. Es ist sehr lustig. Einer hielte ihn gar für einen Herrnhuter. Ich fragte wo das Zeichen des Lammes 
wäre, er sagte hinten im Nacken und in dem seidenen sich einschmiegenden Haar. Ew. Wohlgebohren solten 
nur die Silhouette sehen, die ist noch viel ehrbarer, denn da fallen die langen Nasen Flügel weg und die Ober¬ 
lippe scheint im Schatten nahe an der Spitze der Nase zu liegen. 


26. September. 

Das sieht freylich dem Erz-Lufft Selchow 1 ähnlich. ... So viel ist gewiß, er ist ein unermüdeter Mann 
und von vortrefflichem Kopf, aber das erste Beyspiel in der Welt das mir bekannt geworden ist von einer 
Person die grose Kenn miß mit einem Grad von Windbeuteley verbindet, der glaube ich nur alle. 100 Jahr ge¬ 
sehen wird. Seine Lügen und Prahlereyen sind unerhört, und er spricht sogar von seinen Verdiensten mit 
seinem Barbier. Der Pursche rasirt mich auch und der hat es mir wieder erzählt, daß er ihm gesagt hätte es 
wäre ihm unmöglich es unter den Hotentotten, den hiesigen Professoren, auszuhalten; er habe schon 30 Vocationen 
gehabt, als Reichshofrath, als Cammergerichtsassessor, als Minister pp., ich sagte ich hätte gehört, daß er auch 
kürtzlich eben Ruf erhalten hätte, an die Stelle des ertrunckenen Admiral Kempenfeldt Wenn er dieses wieder 
erfahrt, so werde ich es bekommen. 

Es war mir ebe wahre Freude zu vernehmen, daß HErr Herschel* mehr Ruhe auf des Königs Obser- 
vatorio erhalten wird. Demabbray 3 ist todt, nachdem glaube ich sebe Seele schon 50 Jahre von ihm gewichen 
war. Ich hoffe auch HErr Herschel wird den bfamen Rigaud 4 die Observatoriums-Uhle 5 (denn er verstund 
nichts als Spbneweben abwischen) verdrängt haben. Nichts schmerzt mich mehr, als daß ich dem nichts¬ 
würdigen Franzosen nicht die Wahrheit gesagt habe. Ich habe würcklich von ihm ausgestanden. Auf des 
Königs Observatorio ereignet sich also diesesmal etwas, was man manchen Thronen von Europa b der Litaney 
zu erbitten suchen solte, daß nemlich eb gescheuter Mann ebem Hasenfuß succedirt 


3. October. 

Ich mache selten Sbngedichte 6 . allem bey Selchows Ruf konte ich es nicht unterlassen. 

Frage und Antwort bey einer neu liehen Vocation. 

Frage: Warum mag der Landgraf den Mann wohl vociren? 

Antwort: Sebe Grotte des Aeolus auszustaffiren .7 

Es ist nemlich ebe solche Grotte auf dem weisen Stern.® Vielleicht könte es nicht schaden die lectionem 
variantem hbzuzufügen die Männer vociren ? und den HErrn Hof Rath und Leibarzt Baldbger? auch noch mit 
hereinzubrbgen. 


x Johann Heinrich Christian von Selchow (1732—9$), Professor der Jurisprudenz b Göttingen, folgte 1782 
ebem Rnf als Geheimer Rat und Vizekanzler an die Universität Marburg. 

* Friedrich Wilhelm Herschel (1738 —1822), der berühmte Astronom, erhielt nach der Entdeckung des Uranus, den 
er nach König Georg III. von England Georgium sidus genannt hatte, von diesem eben Jahresgehalt, der es ihm 
ermöglichte, sebe Organistenstelle b Bath aufzugeben und sich ganz der Sternkunde zu widmen; er zog zunächst nach 
Datchet bei Windsor. An den königlichen Sternwarten b Greenwich und Kew ist er nicht angestellt gewesen. 

r 

3 Stephen Charles Triboudet Demabbray (1710—82), Astronom b Richmond 

4 Stephen Louis Rigaud, Direktor der Sternwarte in Kew. 

5 Uhle ■= langer Besen. 

6 Die b den Göttinger Musenalmanachen für 1784, 1785 und 1787 erschienenen Sinngedichte Lichtenbergs sind 
bei Lanchert, Lichtenbergs schriftstellerische Tätigkeit S. 186. 190 zusammen wieder abgedruckt worden, einige weitere 
bis dahb unbekannte habe ich Aus Lichtenbergs Nachlaß S. 121. 128. 129 veröffentlicht 

7 Vielleicht bezieht sich auf dies Epigramm, falls es unter denen war, die Lichtenberg Anfang Oktober an 
Dieterich schickte (Briefe 2, 49), Bürgers Urteil b sebem Briefe an Dieterich vom 12. Oktober (Briefe von und an 
Bürger 3, 98): „Ist mir kürzlich recht wahres Epigrammensalz vor die Nase gekommen, so sbd es die beiden Lichten- 
bergischen Einf älle. Ach, daß er doch nicht mehr dergleichen giebtt Denn sie kommen ihm wahrlich nicht saurer als 
das Ausspncken an und so oft er des Tags ausspuckt, so viel hat er auch solcher Ebfalle.'* 

8 Weißensteb hieß damals das jetzige Schloß Wilhelmshöhe bei Kassel. 

9 Ernst Gottfried Baidinger (1738—1804), Professor der Medizb b Göttingen, war 1782 ebem Ruf als Hofrat 
nnd erster Leibarzt des Landgrafen nach Kassel gefolgt. Er und sebe Familie hatten zu Lichtenbergs und Dieterichs 
Göttbger Freundeskreise gehört. 

Z. f. B. 1912,1913. 12 


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Leitzmann, Neues von Lichtenberg. 


io. October. 

Ew. Wohlgebohren werden mit Vergnügen gesehen haben was die schwimmenden Batterien ausgerichtet 
haben. 1 Diese Batterien sind sehr offt der Gegenstand sehr emsthaffter Unterredungen zwischen mir und HErm 
Prof. Meister* gewesen, und wir haben alles das vorausgesehn; denn HErr Prof Meister hat gewiß alles ge¬ 
lesen, was dahin gehört, und vollkommen inne, was nöthig ist ein solches Unternehmen zu beurtheilen. Es mag 
jetzt lächerlich klingen, aber versichern kan ich Ew. Wohlgebohren, daß wir das alles voraus gemuthmaset 
haben. Wir haben hier so ziemlich deutliche Ideen von Gibraltar und ich wolte wohl ein Publikum über dessen 
Festigkeit lesen, seit dem ich einen vortrefflichen Plan davon in Händen gehabt habe. 

14. October. 

Sie haben wohl recht, die schwimmenden Batterien sind leider gesuncken, und der Verlust soll dem von 
15 Kriegsschiffen gleichen, das ist ohngefehr so viel Geld, als Göttingen werth ist; die Leute nicht gerechnet, 
die Arme und Beine verlohren haben; und das um eines solchen Steinfelsens willen, Ich glaube immer, wenn 
der seelig wird, der so etwas angiebt oder auszuführen erlaubt, so wird der Teufel seelig. Es ist abscheulig was 
sich die Menschen mißbrauchen lassen, und ich glaube daß diese Erscheinungen in klügeren Zeiten, wenn sie 
je kommen, eben so aussehen werden, als daß sich in Indien die Weiber mit ihren verstorbenen Männern ver¬ 
brennen lassen. Es ist eine unbegreifliche Thorheit, die nur durch die Gewohnheit erträglich wird.-Die 

Geschichte mit den sinckenden Batterien haben wir hier längst voraus gesehen. Es ist eine schimpfliche Be¬ 
gebenheit für die Franzosen, die nicht einem Unglück sondern der schändlich schlechten und mit grober Un¬ 
wissenheit veranstalteten Einrichtung zuzuschreiben ist 

17. October. 

Man redet hier sehr viel von einem Ausfall des Elliot, der ebenfalls sehr übel für die Belagerer ausge¬ 
fallen seyn soll. Ich habe nun eine Abbildung der sinckenden Batterien gesehen. Es sind abscheulige Dinger, 
und es macht dem frantzösischen Genie, worunter ich hier blos die Ingenieurkunst verstehe, wenig Ehre daß 
das Unglück nicht sowohl besonderen Umständen, als vielmehr der schlechten Erfindung zugeschrieben werden 
muß. Die armen Tröpfe haben ebenfalls die gute Würckung, die ihre Batterien in den ersten Stunden hatten, 
sehr falsch erklärt, und nicht gemerckt, daß sie Elliot blos gewähren ließ, so lange bis alle fest saßen, denn hätte 
er die ersten gleich in Brand gesteckt, so wären die andern nicht gekommen. Dieses ist ein sehr gemeiner Griff 
bey Belagerungen, allein man sucht jezt frantzösischer Seits alles hervor um die Wunde zu salben, und weiß es 
vielleicht im Hertzen selbst besser. Mich verlangt nur jezt auf die englischen Nachrichten, da die Franzosen 
eben so wenig getreue Erzähler ihres Unglücks als ihrer Vortheile sind. 

Gestern war die Landgräfin von Cassel hier. HErr Selchow courte in Hessischer Uniform, grün mit roth, 
und er und sein Bedienter giengen Chapeau bas , wie ein Zahnarzt und sein Affen-Träger.* Es ist ein abscheu¬ 
licher Mensch. Dietrich behauptet noch immer steif und fest, er gienge nicht weg, und ich solte es fast auch 
nicht glauben. Er kan hier nicht weg, wegen Schulden, und wird also vielleicht dort Bedingungen von Vorschuß 
machen, die man nicht eingehen wird. Von Baidinger ist mir im Vertrauen gesagt worden, daß er schon Lust 
bezeigt habe, Professor in Marburg zu werden, das ist sehr böse, und daß man ihm die Reue von hier wegge¬ 
gangen zu seyn anmercken könne, das ist sehr gut. 

21. October. 

Dencken Sie ums Himmels willen, HErr Lavater hat sein Urtheil über Hermann Simmens Kopf gegeben 
und dieses Urtheil ist gedruckt. Er hält ihn für einen grosen Mann , aber vermißt innere Liebe bey ihm, und 
sezt hinzu: darff ichs wagen zu sagen, daß er vielleicht der Stiffter einer mir unbekannten Religiösen Seckte ist? 
Der Herausgeber von Simmens Leben ist ein gewisser HErr Stuß 4 , ein einfältiger Pinsel, der würcklich in dem 
Manne alles findet, was Lavater will, dencken Sie nur hin. Gut ists, daß diese Einfalt ihn verleitet hat uns 
Lavaters Urtheil im Druck zu liefern. Etwas muß indessen von meiner ehmaligen Nachricht subtrahirt werden. 
Sie war nicht von meinem Bruder 5 , der ist ein solcher antiphysiognomischer Misanthrope, daß ich nichts von 

* Die berühmte Belagerung von Gibraltar, das General Elliot verteidigte, dauerte von 1779—82. Im April und 
Mai 1781 beschossen die Belagerer die Stadt mit über 56000 Kugeln und über 20000 Bomben, die vielen Schaden 
anrichteten, aber die Festungswerke fast unversehrt ließen. 1782 hatten die Spanier in Algeciras bombenfeste 
schwimmende Batterien nach dem Plane des französischen Ingenieurs d’Arcon errichtet, die aber von den Engländern in 
Brand geschossen wurden. Trotzdem eröffnete der Befehlshaber des französischen Hilfskorps, der Herzog von Crillon, 
am 7. September einen Sturmangriff, der jedoch erfolglos war. Trotz aller zu Wasser und zu Lande herangezogenen 
Streitkräfte mußte die Belagerung Ende Oktober aufgehoben werden und Gibraltar blieb in englischen Händen. 

* Albrecht Ludwig Friedrich Meister (1724—88), Mathematiker, Professor der Philosophie in Göttingen, Lichten- 
bergs alter Lehrer und Freund. Eine Reihe Briefe Lichtenbergs an ihn hat neuerdings Ebstein in seiner Schrift 
„Lichtenbergs Mädchen“ (München 1907) herausgegeben. 

3 Träger des Instrumentenkastens? 

4 Die Schrift von Stuß „Über den hingerichteten Mörder Simmen“ erschien ohne den Namen des Verfassers 
Gotha 1782. 

5 Lichtenbergs Bruder Ludwig Christian (1739—1812) war Legationsrat in Gotha. 


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Hünich, Neue Goetheana. 


9i 


ihm hierüber erfahre. Gerichtlich sind eigentlich nur 3 Mordthaten erwiesen, die er an einem Abend verübt 
hat, sonst aber hat er sich in müßigen Stunden verlauten lassen, daß er mehrere mit dem Messer tracktirt 
habe, daher entstund das sehr glaubwürdige Gerücht, der empfindsame Hasenfuß macht sich aber dieses 
zu Nutz. 


28. October. 

Mit Baldingem soll es äußerst elend stehn. Das ist der Lohn für die Leute, die keine Liebe für eine Uni¬ 
versität haben, wo sie einmal waren. Ein rechtschaffener Mann verläßt keine Stelle um etwas fetter schmeltzen 
zu können. So etwas ist die Fracht nicht werth. 


31. October. 

Es sind doch wahrlich herrliche Leute die Frantzosen, ich liebe sie fürwahr, nur den Vergennes, 1 
d’Estaing*, Graf von Artois 3 und dann No. XV auf dem Thron* nicht. 


(Fortsetznng folgt.) 


Neue Goetheana. 


Von 

Dr. Fritz Adolf Hünich in Leipzig. 


N eue Beiträge zum Kapitel: Goethe im Urteile seiner Zeitgenossen kann ich in den 
folgenden Mitteilungen liefern. 

1. Einen Aufsatz „Ueber die weiblichen Charaktere in dem deutschen Trauerspiele, 
Göz von Berlichingen, mit der eisernen Hand“ brachte „Die Akademie der Grazien . Eine 
Wochenschrift zur Unterhaltung des schönen Geschlechts. Erster Theil. HALLE, bey J. J. 
Gebauers Witwe und Joh. Jac. Gebauer. 1774“ im 18. und 19. Stück von Seite 273—304. 

Er ist eine Abwehr der Behauptung des Rezensenten im „Teutschen Merkur“, wonach die 
Charaktere der Frauenzimmer dem Verfasser weniger geglückt seien, als die männlichen (Braun, 
„Goethe im Urtheile seiner Zeitgenossen“, Erster Band, Seite 19) und eine Begründung der 
entgegengesetzten Ansicht durch Belege aus dem Schauspiel. Ich gebe hier die abweichende 
Charakteristik der Elisabeth und Maria, wie auch die im wesentlichen übereinstimmende der 
Adelheid wieder. 


„Elisabeth ist, wie sie Göz selbst gegen den Bruder Martin nennt, „ein fürtrefliches Weib“. Sie besitzt 
gerade die Eigenschaften, die sich zu dem Charakter eines so muthigen, rastlosen, jeder Gefahr trotzenden und 
doch dabey großmüthigen und patriotischen Krie-[275]gers schicken. Sie ist von gesetzter Gemüthsart, voll von 
zärtlicher Liebe für ihren Gemal, und doch nicht so weichlich, daß sie sich nicht seiner Tapferkeit freuen sollte, 
wenn sie auch darüber seiner entbehren muß. Ihre Liebe ist auf wahre und dauerhafte Grundsätze weit mehr 
als auf Empfindung gebauet. Daher zeigt sie sich nicht in tändelnden oder girrenden Liebkosungen, sondern 
in wirklichen Thaten. Man sieht es, daß sie das Unglück ihres Gemals mehr schmerzt, weil Er, als weil sie zu¬ 
gleich mit unglücklich wird; auch macht ihr alles übrige Unglück weit weniger Bekümmemiß, als die Kränkung 
der Ehre, welche Berlichingen erfahren muß. Man kan sich, glaub ich, keinen bessern Charakter für die Frau 
eines Helden, wie Berlichingen war, denken, als den Charakter dieser Elisabeth. 


x Charles Gravier Graf von Vergennes (1717—87), Minister des Auswärtigen unter Ludwig XVI., schloß 1778 den 
Allianztraktat Frankreichs mit den Vereinigten Staaten und vereitelte 1779 mit Friedrich dem Großen Josefs II. Ab¬ 
sichten auf Bayern. 

* Charles Hector Graf d’Estaing (1729—94) befehligte die französische Flotte im amerikanischen Unabhängig¬ 
keitskriege. 

3 Der spätere König Karl X. von Frankreich (1757—1836), Bruder Ludwigs XVT. und XVIII., der geistig ziem¬ 
lich beschränkt und durch die frivole Atmosphäre am Hofe seines Großvaters Ludwig XV. verdorben worden war. 

4 König Ludwig XV. (1715—74-)- 


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92 


Hünich, Neue Goetheana. 


Marie hat ein natürlich gutes Herz; das jedem Eindrücke von Zärtlichkeit nachgiebt; aber es fehlt ihr 
dabey an der feinen Klugheit des Verstandes, die eine ächte tugendhafte Liebe, von der vorübergehenden 
Leidenschaft eines empfindsamen Bösewichts, zu unterscheiden weiß. Wie sie leicht bewegt wird, so vergehn 
auch die Spuren des Unglücks in ihrem Herzen sehr bald, wenn eine andre Ursach in ihm eine neue Be¬ 
wegung hervorbringt. Stärke der Seele besitzt sie nicht; allem bey aller Beweglichkeit ihres Herzens ist sie 
doch nur für moralische Güte empfindlich. Mit einem Worte, sie ist nicht unwürdig Gözens Schwester zu seyn; 
aber seine Gemalin zu seyn, hätte sie zu wenig von seinem Geiste gehabt 

Adelheid trägt in ihrem schönen Körper eine schwarze Seele. Sie ist stolz, herrschsüchtig, boshaft, [304] 
voll Ränke, treulos und falsch. Sie zieht Weislingen in ihr Netz, nicht weil sie ihn liebt, sondern weil sie ihn zu 
ihren Absichten zu brauchen gedenkt Mit geflissentlicher Verschlagenheit, weiß sie den Weislingen in die Enge 
zu treiben; ihm die Ritterpflicht lächerlich zu machen; ihm Gleichgültigkeit, Kaltsinn, Verachtung, und endlich 
Feindschaft gegen Berlichingen, seinen besten Freund, einzuflössen. Unterdessen fangt sie an einen Brief¬ 
wechsel mit dem kaiserlichen Prinzen Karl zu unterhalten. Sie braucht Weislingens Pagen, den Franz, zum 
Unterhändler. Dieser ist heftig in sie verliebt, und sie macht ihm Hoffnung. Sie zeigt sich überall als eine ver¬ 
schmitzte Buhlerin, bis sie endlich, da Weislingen aus Eifersucht, sie gern vom Hofe wegziehn will, und weil 
Bitten nichts verfangen, ernsthafte Vorstellungen braucht, das Maaß ihrer Bosheit voll macht, und Weislingen 
durch seinen Knaben mit Gift vergeben läßt. In den Scenen, wo sie vorkömmt, entwickelt sich ihr Charakter 
sehr natürlich.'* 

Über „Götz“ und seine Nachfolge schreibt Knigge („Ueber Schriftsteller und Schrift- 
stellerey. Hannover, bey Christian Ritscher, 1793.“ Seite 242—243): 

„Während der Zeit, da die Anglomanie unser Publicum ergriffen hatte, erweckte Göthens Götz von 
Berlichingen bey den Dichterlein unsrer Nation den Kitzel, altteutsche Geschichten, besonders aus dem mittlem 
Zeitalter, auf die Bühne zu bringen. Göthe hatte seinen Götz offenbar nicht in der Absicht geschrieben, daß er 
aufgefuhrt werden sollte; als dramatisch bearbeitete Geschichte zum Lesen aber war es ein Meisterstück, voll 
Darstellung, Kraft und Interesse. Allein, wie es denn den Nachahmern geht, es war leichter, Schauspiele zu 
schreiben, die an Unregelmäßigkeit jenem Stücke gleichkamen, ja! es darinn übertrafen, als mit Göthens 
Geiste aus einem so rauhen Stoffe ein theatralisches gutes Product für unser Zeitalter zu bereiten; und so er¬ 
schienen dann alle die unzähligen Ritter- und Spectakel-Stücke, womit wir seit einer Reyhe von Jahren sind 
beimglückt worden. Mein Widerwülen gegen diese Misgeburten ist größer, wie ich ihn zu schildern im Stande 
bin. Welchen Genuß, welchen Nutzen, welches sittliche Vergnügen kann wohl einem Volke, das auf einer so 
hohen Stufte von Cultur steht, wie das teutsche, [243] durch die Vorstellung solcher Scenen aus den Zeiten des 
Faustrechts, aus den finstern Jahrhunderten erwachsen, in welchen Pfaflferey, Adels-Vorurtheile, falsche Begriffe 
von Ehre und überall plumpe Rohheit herrschend waren? Und dabey noch die Ungeschicklichkeit in Anschlag 
gebracht, mit welcher die Herrn ein solches Süjet bearbeiten, ohne Einheit des Plans, welches auch der un¬ 
glücklich gewählte Stoff oft gar nicht gestattet; ein verwirrtes Durcheinanderlaufen einer unzähligen Menge un¬ 
bedeutender Personen! Und die Sprache, welche diese Menschen reden, die dann mehrentheils ein abge¬ 
schmackter Mischmasch von altem Ritter-Jargon und moderner Conversationssprache istl Ueberlegt man nun 
noch dabey, wie lächerlich es herauskommt, wenn auf unsera kleinen Theatern Belagerungen, Turniere, 
Fürsten-Versammlungen und dergleichen vorgestellt werden; so ist nicht abzusehn, wie Menschen von gesunder 
Vernunft an Schauspielen von der Art Geschmack finden, wie sogar diese Armseligkeiten die bessern regel¬ 
mäßigen Schauspiele und die altem Meisterwerke haben verdrängen können." 

Wenig anders äußert sich /. H. v. Wassenberg („Ueber den sittlichen Einfluß der 
Schaubühne. Zweite, sehr vermehrte und verbesserte Ausgabe. Konstanz, bei W. Wallis. 1825.“ 
Seite 99): 

„Die sogenannten Ritterspiele sind gewöhnlich nichts weniger, als Schulen der Urbanität. [Anmerkung:] 
Wie weit steht Courtoisie noch hinter Urbanität / Wie viele haben jene ohne diese / Wie viele prunken sogar 
mit schlecht bemäntelter Roheit! Selbst an Göthe’s Götz von Berlichingen, diesem sonst anziehenden Sitten¬ 
gemälde, klebt diese[r] Makel." 

2. Eine längere Analyse des „Clavigo“ enthalten A. Chr. Kaysers „Skizzen und kleine Ge¬ 
schichten. Von dem Verfasser der Adolfs gesammleten Briefe. Leipzig in der Weygandschen 
Buchhandlung. 178a“ von Seite 83—93. An sich von geringer Bedeutung, gewinnt sie doch 
dadurch an Wert, daß der Verfasser sich auf eine ebenfalls bisher unbekannte Anzeige in den 
„Bairischen Beyträgen zur schönen und nüzlichen Litteratur“ bezieht, die nach dem mitgeteilten 
Auszug wertvoller als seine eigene Betrachtung zu sein scheint und hiermit also zu weiterer 
Nachforschung preisgegeben sei 


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CORNELL UNiVERSmf 



Hünich, Neue Goetheana. 


93 


3. Ein auffällig absprechendes Urteil über „Egmont“ fällt /. H. v. Wessettberg a. a. O. 
Seite 21—25, nachdem er die Wirkung des „sublimirten, feinen Giftes“ von Kotzebues Dichtungen 
gezeigt hat: 

„Noch weit schmerzlicher ist es jedoch für den biedern Deutschen, wenn sein genialer Lieblings-Dichter, 
wenn Göthe seinem Helden für Recht, Wahrheit und Tugend unvermerkt mit einer seltsam holden Natürlich¬ 
keit die Lorbeeren vom Haupte pflückt und sie gegen Rosen von Paphos austauscht Wie erbärmlich figurirt 
sein Egmont mit der Liebe zu dem Bürgermädchen Klara, die noch dazu neben ihm einen andern Liebhaber 
hat, in dem Augenbücke, wo sein Volk ihn zur Befreiung von einer unerträglich gewordenen Tyrannei aufruft! 
Diese Darstellung ist in einem historischen Stücke umso auffallender, als sie in der Geschichte keinen Fuß hat, 
sondern reine Erfindung des [22] Dichters ist. Wozu diese Erniedrigung des Helden, der aufrichtig die Frei¬ 
heiten seines Vaterlandes zu erhalten wünschte? Der Dichter möchte zwar durch den Kontrast zwischen der 
unerschrockenen und unbedingten Hingebung des Mädchens für den von ihr geliebten Helden im Moment, 
wo seine Hinrichtung beschlossen scheint, mit dem zaghaften, unthätigen Kaltsinn der durch Alba einge¬ 
schüchterten Bürger von Brüssel, die ihn sonst und noch kurz zuvor als ihren Abgott feierten, das Interesse für 
Egmont erhöhen. Aber dient die Liebeständelei mit dem Bürgermädchen, die in Göthe’s Drama den [An¬ 
merkung:] Mit einer Pfalzgräfin am Rhein glückÜch verehlichten Egmont, den Vater vieler Kinder, in dem 
Zeitpunkt der höchsten Krise des belgischen Freiheitskampfes so unheldenmäßig beschäftigt, dem Kaltsinn der 
Bürgerschaft von Brüssel nach seiner Festnehmung durch Alba nicht vielmehr zu einer Entschuldigung? — Der 
Dichter nimmt seinem Helden Gemahlin und Kinder, und dem Zuschauer das rührende Bild eines Vaters, eines 
Hebenden Gemahls, das so trefflich hätte benutzt werden [23] können, um seinen Charakter zu heben, und 
Theilnahme für ihn zu erregen. Dafür legt er ihn in den Schoos der Geliebten eines braven Bürgersohns, dessen 
Glück dadurch zerstört wird. Und macht verbotene Geschlechtsneigung, als Triebfeder des Besten und Edel¬ 
sten dargestellt, nicht dieses selbst verdächtig, indem es darauf ein zweideutiges Licht wirft? Noch unge¬ 
ziemender ist, daß der Dichter das inzwischen am freiwillig genommenen Gift gestorbene Klärchen dem Eg¬ 
mont in der letzten Nacht vor seiner Hinrichtung im Traum erscheinen läßt, um ihm den künftigen Triumph 
der Sache der Freiheit, für die er sterben soll, zu verkünden. Oder soll etwa Klärchens verklärte Erscheinung 
in der Gestalt der Freiheit das PubUkum dafür entschädigen, daß die Scene, wo der Held der Freiheit in 
Klärchens Schoos ruhte und tändelte, den Enthusiasmus für ihn so unschicklich abgekühlt hat? — Dann wäre 
die Entschädigung beinahe noch ärger als der Schaden. — Warum legt denn der Dichter Schwäche über 
Schwäche seinem Helden bei, sowohl in seinem Benehmen als in seinen Reden? Warum läßt er ihm nicht ein¬ 
mal so viel Größe und Emst, als nöthig wäre, um den vielen Menschlichkeiten [24] das Interesse zu verschaffen, 
das die sogenannte Humanität an hochstehenden Personen einzuflößen pflegt? Durch welche strahlende That, 
durch welches große Verdienst erwirbt sich der Göthesche Egmont ein Recht auf Nachsicht? Von seinen Ver¬ 
diensten wird auf der Bühne nichts kund, als blos vom Hörensagen; seine Schwachheiten hingegen sehen wir 
mit unsem Augen. Alles weiset auf diesen Egmont hin, als auf die letzte Stütze der Nation, und was thut er 
eigentHch Großes, um ein so ehrenvolles Vertrauen zu rechtfertigen? . . Auch die so ernste Aufforderung Wü- 
helms von Oranien weckt bei ihm keinen andern Gedanken, als nach Zerstreuung beim Liebchen, um die 
sinnenden Runzeln von seiner Stirn wegzubaden. — [Anmerkung:] Vgl. Fr. Schiller über Göthds Egmont , in den 
kleinem prosaischen Schriften. Leipzig 1802 . IV. 24g — 267 . 

O wie wäre doch dieser Egmont mit seinem Klärchen, dieser Held ohne Größe, Würde und Anstand zu 
Athen ausgezischt worden 1 . . . Bei den Griechen fand es scharfe Rüge, wenn der Charakter selbst nur einer 
untergeordneten Person [25] auf der Bühne befleckt wurde, ohne daß der Dichter durchaus dazu genöthigt war. 
[Anmerkung:] Aristot. Poetik c. ij. Am wenigsten war es aber erlaubt, die Denkart und Sitten der Helden selbst 
herabzusetzen. Wie sehr ward es dem Euripides nicht verargt, als er die von schändücher Liebe zu ihrem 
Stiefsohn Hypolytus entbrannte Phädra aufe Theater brachte! Man hielt es für gefahrUch dem Laster die Unter¬ 
stützung großer Beispiele zu leihen. [Anmerkung:] Des Aristoph . Frösche v. 1052: „ Bergen muß , wer ein 
Dichter ist, das Bösartige, nicht hervorziehen, noch zur Schau stellen dem Volk . Denn sieh, unmündige Knäb- 
lein zu verständigen, sind Lehrmeister bestellt; den Erwachsenen aber die Dichter\ u Der rauschende Beifall, 
den Dramen im Geiste von Göthe’s Egmont bei uns erhielten, bezeugt nur eine gewisse Sympathie in der Denk- 
und Empfindungsweise der Zeitgenossen und des Dichters, oder vielmehr seiner Helden.'* 

4. Bemerkenswerte Äußerungen über „Torquato Tasso“ finden sich in den „Satyren und 
Launen die Zeit beachtend. Von Julius von Voß. Erstes — Zweites Bändchen. Breslau 1813. 
Kunst und Industrie-Comptoir. (Joseph Max und Comp.)“ Es heißt da im ersten Bändchen 
Seite 167 f.: 

„Neulich gab es daselbst [in Berlin] einen kritischen Spaß. Torquato Tasso wurde gegeben. Nun, jubelte 
ein Rezensent, ist der junge Morgen eines edlen Kunstsinns endlich angebrochen. Die vorige Generation war 
einer solchen Darstellung nicht werth, verstand sich nicht darauf, doch Heil der Kirnst, sie Hegt im Grabe. 
Weil demungeachtet aber die Zeitgenossen nicht häufig sich einfanden, und manche darunter vermeinten, das 


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Hünich, Neue Goetheana. 


Stück habe ein schon seit dreißig Jahren anerkanntes, hohes poetisches, doch ein nur geringes dramatisches 
Verdienst, also, daß Torquato Tasso bald wie-[i68]der zur Ruhe ging, so ist der jetzt lebenden Generation 
zu Berlin, falls sie jenem Rezensenten huldigen will, nichts anderes zu rathen, als daß sie — ihn selbst und seine 
ähnlich empfindende Freunde ausgenommen — sich aufhängt, und einem kunstsinnigeren Geschlechte Platz 
macht. Der Thiergarten wird eben Bäume genug dazu enthalten.“ 

Im zweiten Bändchen Seite 138: 

„. ... ist doch auch, obgleich schon dreißig Jahre seit seiner Verfertigung entflohen sind, in der großen 
Stadt Berlin, nur erst ein einziger hoher Geist zu finden, der das Schöne in Göthens Tasso so recht begreift, wie 
man's begreifen muß. Die andern 180000 können es immer noch nicht wegkriegen.“ 

5. Aus I. H . v. Wessenbergs Versuch „Ueber den sittlichen Einfluß der Romane“ (Con- 
stanz bei W. Wallis. 1826) sind zwei Urteile über „Wilhelm Meisters Lehrjahre“ heranzuziehen: 

Seite 142f.: „Wer die Unarten und Bizarrerien einer Gesellschaft wandernder Schauspieler und ihr phan¬ 
tastisches Treiben will kennen lernen, der lese mit einem Rückblick auf die frühem Schilderungen des Le Sage 
den ersten Theü von Wilhelm Meisters Lehrjahren. Es ist ein Gemälde von Meisterhand, zu welchem dieser 
Roman noch manche köstliche Seitenstücke aufstellt, die jedoch nur derjenige ganz zu würdigen versteht, der 
die hohem Stufen der Ausbildung schon erstiegen hat Ueber das Gebiet des [143] Schönen verbreitet die eben 
so sehr didaktische als erzählende Dichtung Blitze des Genie’s.“ 

Seite 150f.: „Auch Göthe [wie Walter Scott] scheut in seinem Wilhelm Meister den Reiz des Geheimniß- 
vollen nicht. Er gebraucht ihn aber mit vielem Scharfsinn, nur als untergeord-[i5i]netes Mittel, — ob jedoch 
zu einem hohem Ziel, als einer inner den Schranken der Sinnlichkeit sich bildenden Weisheit? darüber läßt 
uns der Dichter ungewiß. Das große Räthsel in des Menschen Brust zu lösen — diese Aufgabe schien ihm 
wohl zu hoch. Doch scheint er mancherlei Schlüssel zu diesem Behuf zu probieren.“ 

6. In diesem Zusammenhang darf ich wohl auf meine Bekanntmachung der „Fragmente 
über Recensenten-Unfug“ von Kotzebue (Seite 147 des Beiblattes vom II. Jahrgang dieser 
Zeitschrift) mit ihren offenen und versteckten Ausfällen gegen Goethe hinweisen, wozu ich 
um so mehr Recht zu haben glaube, als der neueste Bearbeiter des Themas*. Goethe und 
August von Kotzebue, Gerhard Stenger, in seiner Darstellung (22. Band der „Breslauer Bei¬ 
träge zur Literaturgeschichte“) der Bezüge mit keinem Worte gedacht hat. 

7. In jedem Betracht merkwürdig und als das Erheblichste des von mir hier Beige¬ 
brachten erscheint mir, was I. H. v. Wesscnbcrg auf Seite 75—78 seines Versuchs „Ueber 
den sittlichen Einfluß der Schaubühne“ von „Faust“ sagt: 

„Die Sage von Doktor Faust ist mehrmal [Anmerkung:] Von Maler Müller, von Klinger und Andern; 
aber wenig befriedigend. Ueber Müllers und Klingers Faust enthält Treffendes Franz Horn: Die Poesie und 
Beredsamkeit der Deutschen. Berlin 1824. III. 303 und 312. Jetzt , heißt es, wollen Maria v. Weber und 
Rossini sich für die Oper auch an dem Faust versuchen. Ueber Klingemanns Faust , für die [76] Bühne 
bearbeitet , lese man ihn selbst in Kunst und Natur. 1819. I. 23 fg. [76] für die Bühne bearbeitet worden. Sie 
ist aber für sie weniger geeignet, als für das dialogisirende und erzählende Lehrgedicht. An Schauerlichem ist 
die Sage allerdings reich. Aber was soll der Teufel auf der Bühne? — Von Göthe’s Faust kann hier nur in so 
ferne die Rede seyn, als der Geist dieses alle Schranken kühn überfliegenden Drama’s auf manche Werke, die 
die Bühne betreten, Einfluß erhielt. Geist und Herz allen Lockungen zur Verirrung und zum Bösen blosgestellt 
und ihnen unterliegend, dies ist der Gegenstand des Stücks. Alles, was darin vorgeht, entsteigt dem Abgrund 
der finstern Mächte. Mephistopheles (das böse Prinzip) herrscht darin mit Allgewalt. Die Züge satanischer 
Virtuosität und menschlicher Schwäche sind mit Witz und Scharfsinn meisterhaft gezeichnet, und neben ein¬ 
ander gestellt Aber dies ist auch Alles. Von einer Erhebung des guten Prinzips über das böse, von der 
bessern, höhern Kraft im Menschen, von der Macht seines Willens, von seiner Verwandschaft mit Gott zeigen 
sich nur zuweüen leise [77] Spuren; aber gleich werden sie wieder verwischt. Daher schreibt eine geistreiche 
Frau: [Anmerkung:] Mad. de Stael-Holstein de IAllemagne. T. I. ch. 23. p. 487. „Die ganze Schöpfung er¬ 
scheint hier als ein schlechtes Werk, zu dessen Zensor der Teufel sich aufwirft.“ Uebrigens sind die Erbärm¬ 
lichkeiten der Zeitgenossen darin mit treuer Wahrheit abgespiegelt. Schade, daß das Gute, Wahre und Rechte 
darin nirgend mit wahrem Emst in Schutz genommen wird! Indessen wird der tiefer Forschende im Faust 
eine Bestätigung finden, daß alles Wissen und alle Kultur bei völligem Mangel an Demuth und Glauben zu 
nichts führe, als allen Täuschungen des Geistes der Lüge zu überliefern. — Wird Beaumarchais Hochzeit des 
Figaro als Seitenstück zu Göthe’s Faust betrachtet; so muß freÜich dieser auch in sittlicher Hinsicht sehr ge¬ 
winnen. Selbst in der Heimath der Frivolität, die bis zur ruchlosen, abgefeimten, alles Heilige und Edle kalt 


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Hünich, Neue Goetheana. 


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verhöhnenden Schlechtigkeit ausartet, ist Nichts erschienen, das diese arge, gleißende Verruchtheit mit so 
leichtem Witz sieg-[78] reich über die Pedanterie der Tugend und Ehrlichkeit dargestellt hat. In Göthe's Faust 
wird mehr die ernste Tiefe, in Beaumarchais Figaro die gefällig heitere Aussenseite der äussersten Verdorben¬ 
heit zur klaren lebendigen Anschauung gebracht“ 

8 . Endlich sei aus dem Versuch „Ueber den sittlichen Einfluß der Romane“ von L H. 
v. Wessenberg das Urteil über die „Wahlverwandtschaften“ angeführt: 

„Der Lebensgeist achter Sittlichkeit und Tugend scheint aber Vielen noch mehr [als durch die Briefe 
der Ninon de Lenclos und die Liaisons dangereuses des Laclos] gefährdet durch die weit züchtigem Wahl¬ 
verwandtschaften, einem der Form nach klassischen Roman von Göthe, wo mit großem Talent und gewandter 
Kunst der Mensch als bloßes Clavicordium, ein unfreies Saitenspiel dargestellt wird, auf welchem die äussere 
Welt und die Umstände die Harmonien und Disharmonien hervorlocken, die das Gewebe des Lebens bilden 
und ihm den Namen eines [110] guten oder schlechten, tugend- oder lasterhaften verschaffen. Nach dieser 
Theorie, die man in dem Roman des Dichters von Herrmann und Dorothea, diesem einfachen, reinen Gemälde 
deutschen Bürger- und Vaterlandssinns und des holden Familienlebens, nur ungern gewahrt, zeigt sich die 
Tugendkraft, besonders des weiblichen Geschlechts, in einem sehr zweifelhaften Lichte, und das Band der Ehe 
wird äußerst locker. Ihr unerwünschtes tragisches Schicksal verdienen die in dem Roman spielenden Personen 
gar wohl. Oder was Besseres gebührt denn solchen Menschen, die, sich selbst genügend, in’s Blaue hineinleben, 
und die reichen Gaben, womit sie begünstigt sind, nur insofern beachten, als ihr Herz einzig einen ruhlosen 
Wunsch fühlt, sich das Leben recht behaglich und angenehm einzurichten; einen Wunsch, dem alles andere 
untergeordnet wird? Nur das bessere Wesen Ottiliens erhebt sich darüber. Obgleich auch sie in der äusseren 
Erscheinung, man weiß nicht recht, in der Schwäche oder in der Sophistik, untergeht. Sonst zeigt sich nirgend 
der Morgenschein eines edlem Bedürfnisses, einer höhern Sehnsucht; vielmehr sind die Hauptpersonen stets 
mehr zum abergläubischen Wahn als [m] zum frommen Glauben geneigt. Indessen will der Dichter uns Mit¬ 
leid zu den durch ihre Schuld Verlornen einflößen, indem er ihr Schicksal, ihre Gemüthsstimmung, ihre Liebe 
lediglich als das Ergebniß der Verhältnisse zwischen den Individuen und den Umständen erblicken läßt Auch 
sieht man es ihnen an, daß das Heiligste in ihrem Herzen ein Windfähnlein sey. Ein geistreicher Kunstrichter 
[Anmerkung:] Franz Horn , Poesie und Beredsamkeit der Deutschen. III. 251. möchte zwar dem Roman einen 
weit edleren Gesichtspunkt abgewinnen. „Derselbe male uns“, sagt er, „sowohl den Unfrieden und die Unklar¬ 
heit, als die reine Himmelsluft und die schöne Tugend, die sich der Mensch aneignen kann; er zeige uns, daß, 
was Leben hat, auch Leben werde, und was den Tod und die Sünde aufgenommen, sey es auch die zarteste 
und feinste, sterben und untergehen müsse" Diese Deutung, an sich höchst erfreulich, läßt sich auch aus dem 
Gange der Begebenheit herausnehmen. Denn die geschilderte Denk- und Lebensweise enthält den Keim des 
Todes in sich, und da das Herz die Quelle des wahren Lebens ist; so ist es sehr [112] erklärbar, daß, wer es 
nicht behütet, zu Grunde gehe. [Anmerkung:] Sprüchw. IV. 23. Matth. XV. 18. Aber, läge auch diese Deutung 
im Sinne des Dichters, läßt sich wohl erwarten, daß viele Leser dieselbe auffassen und anerkennen werden? 
Werden nicht bei weitem die meisten eine bequeme Entschuldigungslehre in Göthe’s chymischen Wahlverwandt¬ 
schaften der Seelen finden? — Ein enthusiastischer Freund der Göthe’schen Muse behauptet zwar; daß es kaum 
eine größere und durchgreifendere Vertheidigung der Ehe gebe, als gerade die Wahlverwandtschaften, in denen 
ihr alle Helden und Heldinnen des Stücks (wegen Verletzung ihres heiligen Bandes) zum Opfer gebracht werden. Für 
den tiefem Forscher allerdings, und zwar eben so, wie Machiavells Buch vom Fürsten ein Gegengift der Tyrannei 
werden kann. Was Mittler (der von keinem Theil beachtete Sonderling) über die Ehe sagt, ist eben so wahr 
als schön. Aber was frommen alle diese Lehren, wenn der menschliche Wille wie eine Drahtpuppe von der 
Macht der Umstände gegängelt wird? Wohl kommt auch in diesem Roman, dem in Hinsicht des ausgebildeten 
Styls [113] der Preis gebührt, manches Goldkom schätzbarer Wahrheit zum Vorschein, so wie mancher feine 
Blick tiefer Menschenkunde. Wie war’ er sonst ein Werk von Göthe? Aber der sittliche Eindruck geht in 
dem Geiste des Ganzen, der die Quelle aller Moral verdächtig macht, verloren. Am klarsten spricht sich 
dieser Geist in einer Aeusserung Charlottens (Thl. II., S. 262) aus: „Es sind gewisse Dinge, die sich das 
Schicksal hartnäckig vomimmt, vergebens, daß Vernunft und Tugend, Pflicht und alles Heilige sich ihm in den 
Weg stellen; es soll etwas geschehen, was ihm recht ist, was uns nicht recht scheint; und so greift es zuletzt 
durch, wir mögen uns gebärden, wie wir wollen.“ Hiernach erscheint das Leben, wie Frau von Stael [An¬ 
merkung:] De tAllemagne. Paris 1820. II. 92. in ihrer Beurtheilung dieses Romans bemerkt, als etwas 
ziemlich Gleichgültiges, es werde wie immer hingebracht; traurig, wenn man es tief ergründet, ziemlich ange¬ 
nehm, wenn man darüber weggleitet; sittlichen Krankheiten unterworfen, die man heilen muß, wenn man kann, 
an denen man aber sterben muß, kann man nicht davon genesen. — Bei so geistreichen [114] Schriften, wie die 
von Göthe, kommt indessen sehr viel auf die Sinnesart und die Sehweise des Lesers an. Für den, dessen Seele 
von erprobter Weisheit geläutert und gekräftigt ist, können sie nur belehrend und bildend seyn. War* es aber 
deshalb der moralischen Kritik erlaubt, ihr Gefährliches für andere Seelen zu verhehlen? [Anmerkung:] 
Uebrigens möchte man fast wünschen , daß, wer den Göthe sehen Roman zu lesen sich vomimmt, sich vorher 
über dessen erbauliche Deutung bei Eckermann , in seinen scharfsinnigen Beiträgen zur Poesie mit besonderer 
Hinweisung auf Göthe (Stuttgard 1824), Raths erhole. 


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Hünich, Neue Goetheana. 


II. 

Die „Gedichte von Dr. N. Meyer . Bremen, gedruckt bei J. G. Heyse. 1814.“ enthalten 
auf Seite 305f. eines mit der Überschrift: „Der Adler. An A. v. G.“ das allen seinen Be¬ 
zügen nach (Nikolaus Meyer stand, wie man weiß, dem Goethischen Hause sehr nahe*) an 
keinen andern als an August von Goethe gerichtet sein kann. Überdies bedient sich der Ver¬ 
fasser desselben Bildes, das er für seine Eintragung in Augusts Stammbuch verwendet hatte 
(siehe Ludwig Geiger, „Goethe und die Seinen“, Seite 121). Die Außerordentlichkeit des Zu¬ 
sammenhanges und die Seltenheit des Buches, auf das bisher vermutlich so gut wie gar nicht 
geachtet worden ist, rechtfertigen wohl den erneuten Abdruck des Gedichtes, der hier folgt: 

Der Adler. 

An A. v. G. 

Hoch von des Felsen höchster Spitze 
Erhob ein Adler seinen Flug, 

Der ihn zum Sitz der Götter trug. 

Er schwang die Flügel; gleich dem Blitze 
Durchschnitt er leicht die gröbre Luft, 

Daß ihn der Erde feuchter Duft 

Nicht mehr umfieng. Die Schwingen malen 

Sich purpurn von der Sonne Strahlen; 

Doch schaut er noch, mit liebevollem Blick, 

Nach seinem Horst, den er verließ, zurück. 

Hier lag sein Sohn, ein junger Aar, 

Der zwar noch jung, doch schon an Muthe 
Dem Vater, wie an edlen Blute, 

In allem zu vergleichen war. 

„Ha! rief der, schlagend seine Schwingen: 

Warum ist mir nicht auch die Kraft verliehn, 

Gleich ihm zur Sonne hinzudringen? 

Glüht sie denn nur allein für ihn? 

Warum muß ich auf dieser Erde weilen, 

Soll ich nicht auch des Lichtes Strahlen theilen, 

Und dem Olymp entgegen diehn? — 

[306] Der Adler hört mit Lust des Sohnes Klagen, 

Senkt seinen Flug, und ruft ihm tröstend zu: 

„Verweile noch, mein Sohn, in deiner Ruh, 

Bald wird auch dich der reine Aether tragen. 

Die Sehnsucht, die dir jetzt den Busen füllt, 

Wird oben nur, und nirgend sonst gestillt! 

* Das „Verzeichniß der Subscribenten“ fuhrt unter Weimar auch die Frau Geheime Räthin von Göthe und den 
Herrn Kammer-Assessor von Göthe, Offizier bei den freiwilligen Jägern [!] auf. — Nikolaus Meyer übersendet ein Velin¬ 
exemplar seiner Gedichte, das sich noch in Goethes Bibliothek befindet, am 25. April 1814 (Eingegangene Briefe 1814, 168); 
Goethe dankt erst am 18. Januar 1815 (Briefe XXV, 162). D. Red. 


Alle Rechte Vorbehalten. — Nachdruck verboten. 

Für die Redaktion verantwortlich Prof. Dr. Carl ScKüddekop /*Weimar, Cranachstr. 38. Druck u. Verlag von IV. DruptU*- Leipzig, Köuigtur. 10. 


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Walter Crane als Buchillustrator. 


Von 

Professor Freiherr Otto von Schleinitz in London. 

Mit io Abbildungen und 4 Tafeln. 


W alter Crane sagt scherzweise von sich selbst: „Ebensogut wie das Schicksal Leute 
mit einem silbernem Löffel in dem Mund zur Welt kommen läßt, ebensogut mag es 
möglich sein, daß ich mit Bleistift und Papier geboren bin. Jedenfalls, da ich der 
Sohn eines Malers bin, kann ich mir meine Jugendjahre nicht anders in Erinnerung bringen 
als durch jene zum Zeichnen nötigen Requisiten!“ 

Schon 1859, im Alter von vierzehn Jahren beschäftigte sich Crane damit, Tennyson’s 
„Lady of S/ialott“ durch ein koloriertes Blatt zu illustrieren, eine Arbeit, die bald darauf Ruskin 
und William James Linton zu Gesicht kam. Beide lobten nicht nur die Zeichnung des jungen 
Künstlers außerordentlich, sondern Linton war derartig von letzterer entzückt, daß er Crane 
sofort auf drei Jahre zur Hilfeleistung in seinem Atelier engagierte. Linton zeichnete sich aus 
als Holzstecher, Drucker, Poet, Schriftsteller und Politiker. Seit 1842 wurde er Geschäftsteil¬ 
haber der sehr bedeutenden Firma Orrin Smith, mit der er gemeinsam interessante Arbeiten 
in den „ Illustrated London News?* veröffentlichte. Linton erlangte nach und nach den Ruf als 
ein erster Meister im Holzschnitt, so namentlich durch die Illustrationen in dem Blatte „Pen 


and Pencil der Bü¬ 
cher „ A History of 

I I ood engraving**, 
„Practical Hbits on 

II ood engraving“ und 
„A Manuel of the Art 
of Wood engraving“, 
sämtlich Werke, die 
als mustergültig gel¬ 
ten und bis zur heuti¬ 
gen Zeit viel von 
Fachleuten benutzt 
werden! Linton war 
der Vertreter einer 
Schule, die noch in 
tatsächlicher alter 
Manier die Tradition 
aufrecht erhielt, und 
in diesem Stile den 
Holzschnitt ausführte. 
Die ganze Atmo¬ 
sphäre und das künst¬ 
lerische Milieu, in dem 
Crane sich hier be¬ 
fand, drängte ihn zur 

Z. f. B. 1912/1913. 



Abb. 1. Walter Crane’s für die Uffizien in Florenz gestiftetes Selbstporträt. 


Beschäftigung mit der 
Buchillustration. Er 
besaß die Gelegen¬ 
heit in dem Atelier 
Linton’s den gedach¬ 
ten Kunstzweig vom 
damaligen englischen 
Mittelpunkt aus ken¬ 
nen zu lernen. Außer 
dem gehörte Ruskin 
zu seinen Vorbildern 
und William Morris 
zu seinen Freunden. 
Das von ersterem ver¬ 
faßte Buch „ Elements 
of Drawing“ schätzte 
Crane besonders 
hoch. Dann wirkte 
der Maler Turner 
mächtig auf des jun¬ 
gen Künstlers Phanta¬ 
sie, so vornehmlich 
durch sein y ,Liber Stu¬ 
diorum** y eine Samm¬ 
lung von Stichen, 
U 


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von Schleinitz, Walter Crane als Buchillustrator. 


Radierungen und Schwarzkunst¬ 
blattern. Jedenfalls hat Walter Crane 
in Turners Werken stets den Reich¬ 
tum der Komposition, Erfindung und 
Motive bewundert. 

Den ersten Beitrag für das 
im Jahre 1859 ins Leben gerufene 
illustrierte Journal „Chice a Weeh“, 
lieferte Crane 1861, also mit sechzehn 
Jahren. Was diese Tatsache aber 
zu bedeuten hatte, wird leicht be¬ 
greiflich wenn man erfährt, daß die 
angesehensten Künstler ihrer Zeit 
Mitarbeiter für das envähnte Blatt 
waren. So nenne ich nur von un¬ 
gefähr: Du Maurier, Houghton, Hol- 
man Hunt, Charles Keene, John 
Leech, Lawless, Millais, Pinwell, 
Poynter, Sandys, Teniel und Whist¬ 
ler. Teniel und Leech repräsentierten 
unbedingt den alten, die übrigen 
Illustratoren mehr den neuen, moder¬ 
nen Stil in der englischen Buch¬ 
dekoration. 

Im Jahre 1861 ist die Lehrzeit 
Cranes bei Linton beendet, mit dem 
er aber in dauernder naher Beziehung 
weiter verblieb. Er hatte bei ihm die 
Technik des Schnittes und Druckes 
bis in die kleinsten Details kennen 
gelernt, ein Umstand, der ihm später 
zu großem Nutzen gereichte. Zu 
den Freunden des Lintonschen Hau¬ 
ses gehörten außer Mazzini und 
Garibaldi noch drei italienische, 
politische Flüchtlinge: Ugolo Foscolo, der Vater Rossettis und der nachmals so berühmt ge¬ 
wordene Oberbibliothekar im British Museum Panizzi. Durch diese wurde Walter Crane mit 
den italienischen Klassikern bekannt gemacht, namentlich aber auf das Studium Dantes hin¬ 
gewiesen. 

Mit siebzehn Jahren lieferte Crane Illustrationen für „Good llords“, „Punch“ und „The New 
Forest“. 

In jener Epoche sind es unter den englischen Dichtern hauptsächlich Tennyson und 
Keats, die den Jüngling anziehen. Im Gegensätze zu seinem Freunde Burne-Jones, der ein ge- 
borner Pessimist war, huldigt Walter Crane dem gleichen Optimismus wie Tennyson selbst 
Dieser, Watts und Crane stehen sowohl in ihren Ansichten als Menschen wie in ihrer künst¬ 
lerischen Ausdrucksweise Burne-Jones insofern gegenüber, als es ihnen Bedürfnis gewesen ist 
in künstlerischer Form ihre Weltanschauung zu verkünden und ihr Glaubensbekenntnis abzu¬ 
legen, das unter Verwerfung jeder dogmatischen Gestaltung den reinen ethischen Kern aller 
Religionen wiederspiegelt Sie wollen vor allem Apostel der Humanität sein und die Sache für 
die leidende Menschheit führen, und es steckt in ihnen ein gut Stück von Herderschem 
Universalismus und Schleiermacherscher Religionsphilosophie. 



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Abb. 3. Adam und Eva nach der Vertreibung aus dem Paradies. Illustration Cranes für die Amsterdamer Bibel. 


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von Schleinitz, Walter Crane als Buchillustrator. 




Abb. 4. 


Erinnerungs-Medaille für den Kongreß zur Verbrüderung 
aller Völker. Vorderseite. 


Von 1865 bis 1876 entstanden von Crane’s 
Hand etwa durchschnittlich in jedem Jahre 
zwei oder drei illustrierte Bilder-, Kinder-, Mär¬ 
chen und ABC-Bücher. Diejenigen unter ihnen, 
die bis auf den heutigen Tag ihren Zauber 
und Reiz für die Jugend unvermindert erhalten 
haben, sind: „7 he Song of Sixpence“, „Blaubart“ % 
„Baly's own Alphabet „ The sleeping Beauty “ 
(Dornröschen), „Babys Opera“ und „ Babys 
Bouquet '. „Schon früh“, so erzählt Walter 

Crane inbezug auf diese Werke in seiner Auto¬ 
biographie, „beklagten sich die Buchhändler, 
dal) meine Farben nicht das seien, woran man 
sich gewöhnt habe, d. h. sie wirkten nicht 
lebhaft genug! Die damaligen Käufer suchten 
Giftgrün und Scharlachrot, was sie bei mir und 
meinen Freunden nicht fanden. Wir hielten 
uns aber, und jetzt, fürchte ich, sind unsere 
frühesten Bilderbücher vielleicht sogar allzu¬ 
kräftig und barbarisch für ein Publikum, das 
durch die lange Reihe der Verfeinerungen 
der mir persönlich so nahe stehenden, lieben Kollegen Randolph Caldecott und Kate Greenaway 
verwöhnt worden ist.“ 

Ferner besitzen die beiden nachstehenden, 1870 erschienenen Bücher ein Anrecht nicht 
in Vergessenheit zu geraten: „ The Merrie Heart\ eine Sammlung von Kinderstubreimen und 
„King Gab i( (Cassel und Co.). Von dem unerschöpflichen Phantasiereichtum des Künstlers er¬ 
hält man eine Vorstellung, wenn man erwägt, daß kurz hintereinander die illustrierten Bücher 
mit folgenden Titeln veröffentlicht wurden: „ 77 /A little Big went to Market ‘ und „ King Luckie 
boy “ („Dies kleine Schwein ging zu Markte“ und „Das Glückskind“). Als eine der humorvollsten 
Erzählungen muß endlich genannt werden: n The House that Jack built* (das von Hans erbaute 
Haus) „Frau Trot und ihre komische Katze “ und „Rotkehlchen“ . Die Figuren in diesen Büchern 
sind mit kräftigen Strichen, scharf begrenzt 
und meist so groß gezeichnet, wie es der Raum 
nur irgend gestattet, ohne die Gesetze der 
Perspektive zu verletzen. Allgemein gesprochen 
kann man behaupten: die Harmonie der Illustra¬ 
tion mit dem englischen Buche, und dies als 
ein einheitliches Ganzes dargestellt, und vor¬ 
bildlich in dieser Beziehung gewirkt zu haben, 
ist das Verdienst der Praeraphaeliten. Vor 
allem aber gebührt Burne-Jones, Morris und 
Walter Crane in der Entwickelung und Ge¬ 
schichte des illustrierten Buches ein unvergäng¬ 
liches Ruhmesblatt. Walter Crane urteilt in 
seinem Essay: „ The English Revival of deco- 
rative Art“ wie folgt über die Praeraphaelitische 
Bewegung: „Um den Ursprung in unserer 

Renaissance zu bezeichnen, müssen wir bis 
auf die Tage der Praeraphaelitischen Vereini¬ 
gung zurückgehen .... Sie fügten ihren Werken 

ö . ai i • 1 Abb. 5- Erinnerungs-Medaille für den KongreD xur Verbrüderung 

die Macht der modernen Analyse hinzu und aller Völker. Rückseite. 


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Tafel 4. „König Arthur’s Ritter*. Sir Ceraint und Lady Enid in der verlassenen römischen Stadt. 



Z. f. B. IV. Ja! 

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Zu „Walter Craneaijs l'uchillustrator“. 

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Abb. 6 . Aus „Die lustigen Weiber ton Windsor“, Akt. III, Srene 3. 


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FAx-STAFr 1 love fhee: lieln m« away; lef me crcep 

HP** in. taere ; l’Jl never- — 1^—, AcTui. <Jt 








































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von Schleinitz, Walter Crane als Buchillustrafbr. 


schenkten ihre Aufmerksamkeit ebensosehr allen Zweigen der Zeichnung wie der Malerei!“ 
Obgleich die formelle Gründung des Praeraphaelismus im Jahre 1848 stattfand, so datiert Crane 
seine künstlerische Geburt doch erst auf den Beginn des Jahres 1850, das heißt, seit dem Erscheinen 
der illustrierten Zeitschrift „ The Germ“ (der Keim). Heute ist ein vollständiges Exemplar der, 
meiner Ansicht nach, denn doch etwas zu hoch eingeschätzten Zeitschrift „ The Germ“ nur sehr 
schwer zu bekommen. Richtig bleibt es ja allerdings, daß es bis zu jener Zeit niemand ein¬ 
gefallen war, die äußere Gestalt eines Buches, oder einer Zeitschrift mit ihrem Inhalt und ihren 
Illustrationen, sowie durch den Druck harmonisch zu gestalten. 

Walter Crane ist in seiner Behandlungsweise des Buches viel biegsamer wie Morris, das 
heißt, liegt ein antiker, klassischer Gegenstand vor, so fällt das Werk auch äußerlich und in der 
Illustration so aus, wie zum Beispiel in „Eckoes of Hellas “, oder wenn umgekehrt ihm die Auf¬ 
gabe gestellt wird, eine Arbeit wie „Book of Wedding Days “ (Longmans & Co.), einen Notiz¬ 
kalender für Hochzeiten herzustellen, so ist die Randzeichnung, dem modernen Gegenstand ent¬ 
sprechend, auch in freieren Zügen gehalten. Ein wirkliches Problem löste der Künstler in seinem 
„ Wonder Book * 1 

Nachdem der Meister 1886 die Vorlagen für „ The Baby's own Aesop“ gezeichnet hatte, 
entstand eine Serie von sehr beliebten Büchern, so unter andern: „ A Romance of Three R*s tt , 
die eine Phantasie über die Motive des Lesens, Schreibens und Rechnens darstellen. Dann folgt: 
„Legends for Lioneil“ und 1889 durch die Verlagsfirma Cassel & Co. „Flora's Feast\ ein Werk, 
in dem die Blumen personifiziert auftreten, etwa eine Art von Illustration wie in „Les fleurs 
animees “. Die bezüglichen Probedrucke kolorierte Crane dann selbst als Vorlage für den Bunt¬ 
druck. Es ist ein Buch, das sich als Liebling auch des erwachsenen Publikums erwiesen hat 

Gleichfalls kam 1891 „Renascence“ bei der Verlagsfirma Elkin Mathews heraus. Die 
geistige Urheberschaft dieser metrischen Dichtung nebst ihrer Illustration gehört Crane ganz 
allein. Rossetti, der Maler-Poet, kann sich überhaupt einen Maler gar nicht anders vorstellen, 
als daß er zugleich auch ein Dichter sein muß. Crane bezeichnet den Genannten als den ein¬ 
zigen Praeraphaeliten unter den Malern jener Epoche, der dekorative Anlage besaß. Hinsicht¬ 
lich des dichterischen Talents gleichen beide Künstler William Morris, mit dem Crane ebenso 
in diesem Jahre „The glittering Plain“ illustrierte. Der letztere zeichnete die eigentlichen Bilder, 
während Morris die ornamentalen Randleisten, das Titelblatt und die Initialen entwarf. Gedruckt 
wurde das Buch in der „ Keimscott Press“. Auf einer Auktion bei Sotheby wurde das Werk 
mit 2280 Mark bezahlt. Es war dies der höchste Preis für ein aus der genannten Druckerei 
hervorgegangenes Buch. Trotzdem nun die bezügliche Illustration so gelungen ausfiel, zog 
Morris ihren Urheber doch zu keiner ähnlichen Arbeit mehr heran, vielmehr trat Bume-Jones an 
seine Stelle. Zur Erklärung dieses Umstandes sagt Crane offen genug: „Ich glaube, ich war 
Morris zu wenig gotisch veranlagt!“ 

Zu Weihnachten 1895 wurden „Aschenbrödel“ und „Puss in Boots“, vermehrt, in einer 
Neuausgabe verlegt, beides Werke, die an das Kinderherz nicht vergebens appellierten. Eine 
der wichtigsten Arbeiten Crane’s erschien 1898 bei Bell & Sons „ The Bases of Design“ (die 
Grundlagen der Zeichenkunst), und hat sich diese namentlich für Kunstgewerbe-Schüler als un¬ 
entbehrlich erwiesen. In demselben Verlage kam 1900 „Line and Form“ heraus, in welchem 
der Künstler hochinteressante Auseinandersetzungen über Naturalismus, Realismus und Idealis¬ 
mus in allgemein verständlicher Weise vorträgt Unterbrechungen erleiden alle diese Werke 
durch Herstellung von Malereien, Zeichnungen und kunstgewerblichen Objekten. 

Im Aufträge der Bibelgesellschaft in Amsterdam, fertigte Crane für eine in vier Sprachen 
erscheinende Bibel, die hier zur Ansicht gebrachte Federzeichnung an: „Adam und Eva nach 
der Vertreibung aus dem Paradiese “ (Abb. 3). In derselben Manier wurde die Illustration zu 
Shakespeare’s „Die lustigen Weiber von Windsor“ ausgeführt. Als Proben folgen hier die beiden 
Blätter aus Akt III, Szene 3 und 4. In der ersteren sagt Falstaff zu Frau Page: „Ich liebe 
dich, — hilf mir nur weg! laß mich da hinein kriechen!“ Szene 4 enthält Anna’s Ausspruch: 
„Wer weiß, er hat wohl Recht?“ (Abb. 6 und 7). 


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Schmidt, Aus den Kreisen des Jungen Deutschlands. 


Gleichfalls in Schwarz und Weih ist ein Gedächtnisblatt zur Centenar-Feier des Dichters 
Browning gehalten (Abb. 2), und ferner eine Erimterungs-Medaille für den Kongreß zur Ver¬ 
brüderung aller Völker (Abb. 4 und 5), sowie endlich ein hübsch entworfenes und gezeichnetes 
„Programm zu entern Weihnackts-Kinderfest“ (Abb. 8). 

Von den kürzlich mit farbigen Illustrationen erschienenen, reizenden, humoristischen Bilder¬ 
büchern, erwähne ich vor Allem: „One, /wo , buckle my Shoe <( (Abb. 9 und Tafel 1 ugd 2) und „A Gap- 
mg- Wide-Mouth Waddling Frog* i (Abb. io). Eins der wundervollsten, je in Farben von Crane 
illustrierten Büchern, betitelt sich: „King Arthur's Knights, by Henry Gilbert. With 16 Illu¬ 
strations hi Colour by Walter Crane. Edinburgh & London: T. C. & E. C. Jack. ign u . Die 
beiden hier wiedergegebenen Illustrationen stellen die Szene dar ,young Owen appeals to the 
King“ (Tafel 3) und „Sir Gerat nt and the Lady Enid in the deserted Roman Towti “ (Tafel 4). 
Dies ist ein so schönes Werk, dah nicht nur Knaben und Mädchen, für die es ursprünglich 
gedacht und verfaht wurde, sondern auch die Gelehrtesten der Gelehrten ihre wahrhafte Freude 
daran haben! Das hier zur Illustration gelangte Selbstporträt fertigte Crane infolge einer Auf¬ 
forderung der Uffizien in Florenz für dies Institut an, eine bekanntlich jeden Künstler mit Stolz 
erfüllende hohe Auszeichnung und Ehrung. 

Walter Crane schafft auch heute noch unentwegt in alter Tatkraft fort, so daß uns 
in nicht gar ferner Zeit wiederum einige prachtvolle Werke beschieden werden sollen! 


Aus den Kreisen des Jungen Deutschlands. 

Von 

Hofbibliotheksdirektor Dr. Adolf Schmidt in Darmstadt. 

I m Jahre 1837 hatte ein junger Darmstädter, Dr. Heinrich Künzel, der, am 28. Dezember 1810 
geboren, sich dem Studium der Theologie, Philosophie und Literatur gewidmet hatte und 
dann einige Jahre in seiner Vaterstadt als Lehrer an Instituten und als Hilfsarbeiter an der 
Großherzoglichen Hofbibliothek tätig gewesen war, den Plan gefaßt, eine Sammlung von 
Musterbeispielen deutscher Prosa von den ältesten Zeiten bis zur Gegenwart zu veranstalten, in 
deren Anhang er kurze biographische Mitteilungen über die aufgenommenen Schriftsteller mit 
knapper Würdigung ihrer Leistungen bringen wollte. Um bei lebenden Schrifstellem hierfür 
zuverlässige Unterlagen zu gewinnen, hatte er den praktischen Weg eingeschlagen, jene selbst 
um die nötigen Angaben zu bittten. Eine Antwort ist erhalten und zwar die Karl Gutzkows, 
die folgendermaßen lautet: 

Herrn Dr. Küntzel in Darmstadt. 

Geehrter Herr! 

Für die Auszeichnung, mit der Sie mich bedenken wollen, sehr verpflichtet, sag’ ich Ihnen gern, daß ich 
am 17. März 1811 das Licht dieser trüben Welt erblickt habe. 

Von den Napolconiden sollten Sie manches über Bord werfen, da es nur biographischer und Notizen¬ 
ballast ist. Einzelne Parthien aus den Off. Charakteren z. B. Einleitung zu Mehemet Ali, einige Stellen 
aus Martinez della Rosa und dazu Einiges aus den Napoleoniden Hürde, glaub’ ich, besser für mich zeugen, als 
ein ganzes Stück. 

Bei dieser Gelegenheit erlaub’ ich mir die Voraussetzung, daß Sie in Darmstadt den Herrn K. Büchner 
kennen und bitte Sie, in betreff der Waden , in welche er mir gern zu beißen pflegt, ihm doch gefälligst zu 
sagen, daß das junge Deutschland vor einigen Tagen trotz dieser Waden das erste Ei zur Welt gebracht hat: 
einen kräftigen Knaben nämlich, von dem meine Frau entbunden ist. 

Mit der Bitte, mir diesen Auftrag nicht übel zu nehmen und dem Wunsche, Ihrem verdienstlichen Werke 
bald als Kritiker begegnen zu dürfen 

Frankfurt, d. 1. Mai 37. Ihr ergebenster Gutzkow. 


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LONDON: JOHN LANE 
THEBODLEYHEAD 
NEW YORK; JOHNLANE COMPX 

Tafel i. „Eins, zwei. Du, schnalle meine Schuh!" Titelblatt. 


Z. f. B. IV. Ji 

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fahrgang 1912/1913. 

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Zu „Walter Crane als Buchillustrator". 

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Schmidt, Aus den Kreisen des Jungen Deutschlands. 


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CHRISTMAS • FAIR.Y- FETE 
FOK- CH1LDKEN. ■ OF ALL' AGES 
HOTEL' CECIL JAKUAKf-5-1911-3 td7p« 

PRO GRAMME 

Abb. 8. Ein von Walter Crane entworfenes Programm zu einem Weihnachts-Kinderfest. 


Künzels Werk ist im folgenden Jahre bei Johann David Sauerländer in Frankfurt a. M. 
unter dem Titel „Drei Bücher deutscher Prosa in Sprach- und Stylproben von Ulphilas bis auf 
die Gegenwart“ in drei Teilen erschienen und von der Kritik gut aufgenommen worden. 1868 
erschien eine zweite (Titel-)Ausgabe als „Hausschatz deutscher Prosa vom Entstehen bis auf 
die Gegenwart“. Von Gutzkow hatte Künzel im dritten Bande gebracht: „Der Styl Göthes“ 
und „Die Bedeutung Göthes für die deutsche Literatur“ (beide aus dem Werk „Über Göthe im 
Wendepunkt zweier Jahrhunderte“. Berlin 1836), sowie „Die Napoleoniden“ (aus „Öffentliche 
Charaktere“. Hamburg 1835. Erster Teil). 

Der Justizrat Karl Büchner in Darmstadt, an den Künzel einen Auftrag Gutzkows aus- 
richten sollte, hatte sich mit Gutzkow zuerst in einem in der Hamburger Zeitschrift „Literarische 
und Kritische Blätter der Börsen-Halle“ Nr. 1138— 1141 vom 23. bis 30. Dezember 1835 er¬ 
schienenen Aufsatz „Die Menzel-Gutzkowsche Fehde“ beschäftigt, der ziemlich unbefangen Ent¬ 
stehung und Entwickelung dieses Streites darstellte. Gutzkow antwortete gereizt im „Tele¬ 
graph“ und warf Büchner vor, er beschäftige sich bald im „Phoenix“, bald in der Hamburger 
Z. f. B. 1912/1913. 14 


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Schmidt, Aus den Kreisen des Jungen Deutschlands/ 


„Börsen-Halle“ damit, alle nur möglichen Gerüchte, die über ihn in die Welt ausgegangen seien, 
zu registrieren und eine laufende Literaturchronik aus Klatschereien eusammenzusetzen. Die 
beiden Gegner erhitzten sich immer mehr und ließen sich auch zu ziemlich kleinlichen persön¬ 
lichen Stichen herab, zu denen auch Büchners Anspielung auf Gutzkows dürftige Waden ge¬ 
hörte, die in den „Blättern“ Nr. 1295 vom 24. Dezember 1836 recht an den Haaren herbei¬ 
gezogen war. Büchners Rechtfertigung in Nr. 1323 vom 27. Februar 1837, in der er die 
Angelegenheit nochmals mit Behagen breit tritt, war auch nicht gerade geeignet, Gutzkow zu 
besänftigen. 

Im Frühjahr desselben Jahres begab sich Künzel, der schon größere Reisen in Deutsch¬ 
land, der Schweiz und Oberitalien gemacht batte, nach Paris, wo er mit vielen dort weilenden 
deutschen Landsleuten und ausgezeichneten französischen Gelehrten und Künstlern in Be¬ 
ziehungen trat. Der Aufenthalt in der Hauptstadt Frankreichs sagte ihm aber auf die Dauer 
nicht zu, er wandte sich daher im Jahre 1838 nach London, das er durch einen früheren 
kürzeren Aufenthalt schon kannte. Bei seiner Abreise von Paris schrieb ihm Heinrich Heine in 
sein Stammbuch die Verse: 

Du reißt dich los von braunen Hälsen, 

Du fliehst die gallischen Brünetten, 

Doch hinter Albions weißen Felsen 
Schon harren deiner blonde Ketten I 
Leb wohll Erlaubt’s die neue Herrschaft drüben, 

Bleib eingedenk der Freunde, die dich lieben. 

Paris, den 29. Januar 1838. Heinrich Heine. 

Wie sehr Heine ihn schätzte, ergibt sich auch aus einem kurzen Schreiben, leider dem 
einzigen, das sich bei Künzels handschriftlichem Nachlaß, der sich jetzt in der Großherzoglichen 
Hofbibliothek in Darmstadt befindet, erhalten hat. Künzel selbst hatte schon manche Briefe 
berühmter Zeitgenossen als Autographen verschenkt, und nach seinem Tode scheint noch mehr 
abhanden gekommen zu sein. 

Liebster Künzel! Paris, den 18. Mey 1838. 

Ich weiß nicht wann Ihnen diese Zeilen zu Gesicht kommen und will Ihnen daher bloß die nächste Ver¬ 
anlassung derselben wissen lassen. Sie sollen nemlich als Empfehlungschreiben für eine junge Dame dienen, 
die nach London reist um dort für ihre Talente eine verdientere Wirksamkeit, als Paris ihr bisher geboten, zu 
suchen. Sie will Unterricht geben, namentlich in der Musik. Sie sind gewiß dort schon so bekannt, daß Sie 
ihr Stunden verschaffen und ihr überhaupt in dieser Beziehung nützlich seyn können. Es ist ein gutes Werk 
und Sie werden sich leicht selbst überzeugen, daß die Person Ihre Theilnahme und Verwendung verdient — 
Ich habe sie zu gleicher Zeit an Moscheies empfolen. 

Da ich Ihnen dieser Tage per Post schreibe, so will ich diesem Briefe nichts mehr hinzusetzen als die 
Versicherung meiner herzlichsten Freundschaft Seyen Sie überzeugt, daß ich an wenige Landsleute mit so 
großer Freude denke, wie an Sie, lieber Künzel! Bewahren Sie mir Ihre liebreiche Gesinnung. 

Heinrich Heine. 

Die empfohlene junge Dame hat unter diesen Brief am 13. Juni 1838 folgendes ge¬ 
schrieben: La date de cette lettre est bien ancienne, n'est-ce pas, Monsieur? ü y a effectivement 
long tems que je Tai entre les mains, mais il n'y a que dix jours que j’ai quitt£ Paris et lors- 
que je suis partie Mr. Heind soufirait tant de ses yeux et de sa tete, que les m&decins lui 
avaient d£fendu d’6crire et de lire, ce qui fait qu’il n’a pas pu renouveller sa recommandation 
pr£s de vous en ma faveur. — Der Rest dieses Zusatzes, in dem die Dame, Fräulein I. du- 
Motet, Künzel bittet, sich für sie zu verwenden, ist hier ohne Interesse. 

Einige Jahre nach seinem Pariser Aufenthalt hat Künzel die Eindrücke, die er im persön¬ 
lichen Verkehr von Heine als Mensch empfangen hatte, in einem ausführlichen Schreiben an 
August Nodnagel in Darmstadt zusammengefaßt, das ohne Nennung seines Namens in Nod- 
nagels Werk „Deutsche Dichter der Gegenwart“ (Darmstadt 1842, Seite 248—250) abgedruckt 
ist. Die für Heine sehr günstige Würdigung schließt mit den von Nodnagel weggelassenen 
Worten: Heine ist, wie jeder Mensch, ein Produkt seiner Verhältnisse und seiner Zeit. Wie er 


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Schmidt, Aus den Kreisen des Jungen Deutschlands. 


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S -ELL,I raust buckle to,anb put 2 t^oobface/ 
'(-pre-face) on the matter as I have to introbuce- 
, me latest abbition to the almaby consiberable^ 

. family of Grane-reprint*. « 

Here we have those beli^htful r^marolcs ONE,TWO, 

BUCKLE m SHOE GAPlRGWIDEMoA 


^ADDLINGFROG* but whafit may be askeb, bMY 

MOTHER. \>wd in 6ucb Company ? 1 jhreubly 5 us= 
•pect, if we knew the fruth, that she is really the author oF 
both. It is probable., however, that both le^enbs have been 
transmitteb through a lon*£ line cf motherc, a#i 5 t&,per= 
*haps, by nurses, but 1 hab fhem birect from my Kölner. 


. A pleasin^ romance of bomestic incibent Tuns Ihroiefa 
One,'fco,buckle my shoe’’ vchilethe “ Wabblind Frogcp 
Shows a ridi arib sumptuous ima^ination, if aflittle in? 
coRse^uenir^except numtricaJly ; but ifhe set* tu atfhpe with 
astonishmeat, nis own Wibe-T'X.outh’seems capacious^ 
enough to swallow all the matvels by lanb or 5ea whick 
he ejuimerates. 


The-se two art c^uitc early Cfanet - almost pre-histeme 
Cplease notice.houjever, the up-to-baie. abbilions): 

rWFioihvr is mib-Victoriari r)ust after crinolines 
häo gone, out-but mothers are always in Fashion, 


Abb. 9. Vorrede Walter Crane's zu seinen Kinderbüchern: „Eins, zwei. Du, schnalle meine Schuh!** 
„Der mit weit aufgerissenem Maule gähnende, watschelnde Frosch**. 


sich oft in seinen Liedern in seligen Träumen wiegt, dann aber plötzlich aus seinem Himmel 
sich selbst hinabstürzt und sich dem bittersten Hohn, überläßt, das alles hat er als Mensch 
durchfiihlt und durchlebt. Trägt er aber auch oft die Hölle in seiner Brust, so kann er sich 
doch stets auch wieder den Himmel aufschließen, denn in allen Stürmen und Lagen seines 
Lebens ist er Dichter geblieben. 

In London, wo er nun einen längeren Aufenthalt nahm, der dann und wann durch eine 
Reise in die Heimat unterbrochen wurde, gelang es Künzel rasch, als Lehrer und Mitarbeiter 


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Schmidt, Aus den Kreisen des Jungen Deutschlands. 


angesehener deutscher und englischer Blätter eine angenehme, einträgliche und geachtete 
Stellung zu erwerben. Auch hier kam er mit den ausgezeichnetsten Staatsmännern, Geist¬ 
lichen, Gelehrten und Schriftstellern in vielfache Berührung, die er zu einer Vermittelung zwischen 
deutschem und englischem Geistesleben nutzbar zu machen sich bemühte. Von großem Vor¬ 
teil dabei waren ihm namentlich seine freundschaftlichen Beziehungen zu dem späteren 
preußischen Gesandten Christian Karl Josias Freiherm von Bunsen und sein Verkehr in 
dessen gastlichem Hause. Ich kann es mir nicht versagen, hier aus jenen Tagen wenigstens 
zwei Briefe hervorragender Engländer mitzuteilen, von denen der eine durch seinen Inhalt 
gerade heute wieder zeitgemäß geworden ist, da in England und in Deutschland einzelne Per¬ 
sönlichkeiten wie zu diesem Zweck gegründete Vereinigungen sich bemühen, die Entfremdung 
zwischen beiden Nationen zu beseitigen. Wenn wir in einem Schreiben des Deutsch-Englischen 
Verständigungs-Komitees an die Anglo-German Friendship-Society in London die Worte lesen: 
„Als eines der vornehmsten Ziele erscheint uns die Verbreitung einer besseren und aus¬ 
giebigeren gegenseitigen Kenntnis der beiden Länder“ (vgl. „Frankfurter Zeitung“ vom 
13. Februar 1912. Erstes Morgenblatt Seite 1), so begegnen uns darin dieselben Gedanken, die 
vor mehr ab siebzig Jahren auch Dr. Künzel bei seinen Bestrebungen geleitet haben, und die 
ihren Widerhall finden in einem schönen Briefe eines damaligen Freundes deutschen Wesens in 
England, des großen Schotten Thomas Carlyle. 


Dear Sir. 


Newby, Annan, N. B. 12 Aug*, 1841 — 


Your letter with the Portrait of Merck has found me here. I have often heard of the sardomc Merck, 
have read some of his letters; but never had any likeness of bis face before. 1 return you thanks for this view 
of him. 

It is not very clear to me what benefit my good wishes for your new international literary jouraal, the 
Britannia , can bring you: but, at any rate, without volition of mine, you have them. Such enterprises may be 
conducted with all degrees of merit, with all degrees of faithfulness, openmindedness and insight; but with almost 
any degree, their tendency is sure to be useful. 1 t will give me real pleasure to hear that you succeed. He that 
honestly interprets between his own country and another, that makes his own country widerstand another, is 
doing in all manner of senses, a good Service. 1 t is with Nadons as with men: if they knew each other, if each 
clearly saw what the other meant, there could be no hosdlity among them, they would find that at bottom they 
were all cooperating. Heartily wishing you good speed, Yours very truly T. Carlyle. 


Born 4* December 1795 in the village of Ecclefechan, Dumfriesshire, Scotland; of Peasant parents in 
tolerable circumstances, and distinguished, both of them, for faculty and worth. Educated at Edinburgh Uni- 
versity, with a view first to the church, but quitted that; then to the law, but quitted that also: quitted several 
things; came at last to literature. Had leamed German (a very rare language in England then) about 1820, 
from a comrade who had been to Göttingen. Published etc. etc. Thanks Goethe and certain other Germans 
always for much. Has nearly quitted all study of German these seven years and altogether quitted all Verbreitung 
of it, or speak about it, seeing that go on fast enough without him. Has written two Book«: Sartor Resartus ; 
and The French Revolution ; — which two let any one that wants to know him see. T. Carlyle. 


Bei Künzels Nachlaß fanden sich noch zwei Abzüge des Bildnisses Johann Heinrich Mercks in 
dem Stiche von F. Girsch nach der im Großherzoglichen Museum in Darmstadt befindlichen Hillschen 
Kopie des 1772 durch den hessischen Hofmaler Johann Ludwig Strecker gemalten Ölbildes. Es 
ist daher wahrscheinlich, daß Künzel Carlyle dieses Blatt geschenkt hat, zu dessen Anfertigung 
der junge 1838 im Alter von 17 Jahren von Friedberg nach Darmstadt gekommene Künstler 
vielleicht durch Künzel selbst veranlaßt worden ist Dafiir spräche auch, daß dieser um die¬ 
selbe Zeit sein eigenes Bildnis durch Girsch in Kupfer hat stechen lassen. Girschs Merck wäre 
in diesem Falle zwischen 1838 und Sommer 1841 entstanden. 

Die biographischen Angaben auf einem besonderen, dem Briefe beigelegten Blatt hat Carlyle 
offenbar auf eine an ihn gerichtete Bitte Künzels als Grundlage für einen Zeitungs- und Zeit- 
schriften-Aufsatz geschrieben. Demselben Streben nach Genauigkeit verdanken wir einen aus¬ 
führlichen Brief von Charles Dickens über sich selbst, der zwar jetzt keine sonst unbekannten 
Angaben über des Dichters Leben bringt, den man aber doch im Jahre der hundertsten Wieder- 


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Tafel . „Kon g Arthur's Ritter“. Titelblatt. 

König Arthur xeritchcrt <!em ning- n, verwundeten Kitter Owen, der ihm das Leben gerettet, seine ständige Gnade 


Z f. B. IV. Jahrgang 1912 1913. 


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Zu „Walter Graue als Buchillustrator". 

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Schmidt, Aus den Kreisen des Jungen Deutschlands. 


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tless them,- anbyou aho.^cardiilbmr,vvhdh£r of„ 
the olb or tht nzxv \worlb, who,liavin^ chosen. youir^ 
IpzvexAs wisely, Have become passessors oFihls ooolc 
riiay^your sh.oc3 mvcr want buddin^, anb iTby a? 
•iw Tni5chancc youshoulb louc ont,Tn^ GoobLucK 
alwayj finb a spare one fbr you/arib so sdryou on, 
your fed: a^knx. ' 



Abb. 10. Vorrede Waller Crane’s xu seinen Kinder-Bilderböchem » JEiss, zwei. Du, schnalle meine Schuh!** 
»Der mit weit aufgerissenem Maule gähnende, watschelode Frosch**. 


kehr seines Geburtstages mit Vergnügen lesen wird Den Herausgeberinnen der „Letters of 
Charles Dickens. Edited by his sister-in-law and his eldest daughter. In three volumes. London 
1879—1880“ ist er entgangen. Wie viele Dickensbriefe jener Zeit ist auch dieser sorglos nur 
durch Wochentag und Tageszeit datiert, daß er aber 1838 und in London geschrieben ist, 
ergibt sich aus dem Inhalt Künzel hat ihn gleich zu einer kurzen Lebensbeschreibung und 
einer hübschen Würdigung des Dichters verwertet, die er am 18. September 1838 an den Ver¬ 
leger Brockhaus in Leipzig geschickt hat; sie ist im ersten Bande des Brockhaus'schen „Kon- 


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HO 


Schmidt, Aus den Kreisen des Jungen Deutschlands. 


versations-Lexikons der Gegenwart. In vier Bänden“. Seite 1034—1036. Ende 1838 gedruckt 
worden. Die beiden ersten Sätze des Briefes beziehen sich offenbar auf ein Probeheft dieses 
Lexikons, über das Künzei Dickens* Urteil erbeten hatte. 


My Dear Sir. 


Doughty Street Monday Evening 


Pray keep the English authors as long as you please. I only wish the collection were a more comprehen- 
sive and interesdng one. 

I am ashamed to confess that — in the hurry of many engagements — I have quite forgotten your request 
That I may forget it no longer, I will teil you „all 1 know“ at once. 

I was born at Portsmouth, an English seaport town principally remarkable for mud, Jews, and Sailors, 
on the 7 * of February 1812 . My father holding in those days a Situation under Government in the Navy Pay 
Office, which called him in the discharge of his duty to different places, I came to London a child of two years 
old, left it again at six, and then left it again for another Sea Port town — Chatham, where 1 remained some 
six or seven years, and then came back to London with my parents and half a dozen brothers and sisters, where- 
of I was second in seniority. 

I had begun an irregulär rambling education under a clergyman at Chatham, and I finished it at a good 
school in London — tolerably early, for my father was not a rieh man, and 1 had to begin the world. So 1 
began it in a Lawyers Office — which is a very little world, and a ve»y dull one — and leaving it at the expi- 
ration of two years, devoted myself for some time to the acquirement of such general literature as 1 could pick 
up in the Library of the British Museum, — and to the study of Short Hand, with a view to trying 
what 1 could do as a reporter — not for the Newspapers, but legal authorities in our Ecclesiastical Courts. I was 
very successfull in this pursuit — was induced to join the Mirror öf Parliaroent, a publicaüon which was at that 
time devoted solely to the Debates — and afterwards to attach myself to The Morning Chronide where I remained 
until the four or five first numbers of the Pickwick Papers had appeared, and in the columns of which Journal 
most of my shorter Sketches were originally published. Some few appeared in the old Monthly Magazine. I may 
teil you that I was considered very remarkable at the Chronide, for an extraordinary facility in wridng and so 
forth — that I was very liberally paid during my whole connection with the paper — and that when I quitted it, 
Pickwick was rapidly approaching the zenith of its fame and popularity . 1 

The rest of my career up to this time, you know. I may add for your guidance in any little notes you may 
throw together of my „Life and adventures" that 1 was a great reader as a child, being well versed in most of 
our English Novelists before I was 10 years old — that I wrote tragedies and got other children to act them 
— that 1 won prizes at school; and great fame — that I am positively assured I was a very clever boy — that 
I am now married to the eldest daughter of Mr. Hogarth of Edinburgh, a gentleman who has published two 
well known works on music and was a great friend and companion of Sir Walter Scott's — and that, being 
now in my twenty seventh year, I hope with God’s blessing to retain my health, spirits, fancy, and perseverance 
(such as they are) for many years to come. 

As to my means of Observation they have been pretty extensive. 1 have been abroad in the world from 
a mere child, and have lived in London and travelled by fits and Starts through a great part of England, a little 
of Scotland, and less of France, with my eyes open. Heaven send that some kind wind may ere long blow me 
to Germ any I 

There — 1 have said more about myself in this one note than 1 should venture to say elsewhere in twenty 
years. If you can make anything of such a jumble of matter, and — more than all — interest anybody in it, your 
ability my dear Sir will have exalted your subject 

Believe me 

Very truly yours 
Charles Dickens. 


D. Küenzel. 

If it be any consolation to the German Ladies to know that I have two children, pray teil them so. 


Aus der Zeit von Künzels Londoner Aufenthalt in den Jahren 1838 und 1839 stammen 
einige fiir die Geschichte des Jungen Deutschlands nicht uninteressante Briefe Ludwig Wihls, 
mit dem Künzei in Paris ganz besonders, befreundet gewesen zu sein scheint Ludwig Wihl 
(1807—1882), der ursprünglich orientalische Philologie studiert hatte, dann aber, weil er als Jude 
auf eine Professur in seinem Vaterlande Preußen nicht hoffen durfte, sich der Dichtkunst und 
Schriftstellerei zugewandt hatte, ohne es aber auf beiden Gebieten zu hervorragenden Leistungen 
zu bringen, stand damals in engen Beziehungen zu Gutzkow und Heine und seinen redseligen 


1 The Sketches, I should have told you, had been previously collected and published with amazing success, 
and have since gone through many editions. 


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Schmidt, Aus den Kreisen des Jungen Deutschlands. 


in 


Briefen an Künzel verdanken wir manche Mitteilung über beide Dichter. Die Freundschaft mit 
diesen ging bald darauf in die Brüche, und Heine, der durch einen biographischen Artikel Wihls 
über ihn in Gutzkows „Telegraph“ schwer gekränkt war, äußerte sich in sehr scharfen Worten 
über den ehemaligen Freund, wie man in Englers Abhandlung in der „Vierteljahrschrift für 
Literaturgeschichte“ 1892. 5,322 und in Ludwig Fränkels Darstellung in der „Allgemeinen 
Deutschen Biographie“ 42, 471 nachlesen mag. 

Wihls Briefen schicke ich ein paar Worte voraus über den darin erwähnten Kreis junger 
Deutscher in Paris und London, deren Sammelpunkt in Paris das Lesekabinett der Herren Baer 
und Ebbinghausen gewesen zu sein scheint Es gehörten ihm an die beiden Darmstädter Alters* 
genossen Künzels, der Zeichner und Lithograph Christian Schüler (geboren 1811) und der Mu¬ 
siker August Müller (geboren 1810, gestorben 1867 als Hofkonzertmeister zu Darmstadt), der 
als der bedeutendste Virtuos seiner Zeit auf dem Kontrabaß galt. Niklas Müller (1809 zu 
Langenau bei Ulm geboren, gestorben 1875 zu New York) war Buchdrucker und ein begabter 
Liederdichter, er hielt sich damals zu seiner weiteren Ausbildung längere Zeit in London und 
Paris auf. Künzel stand auch noch später in Beziehungen zu ihm. Elson ist der Violinspieler 
und Komponist Eduard Eliason (geboren 1811 zu Frankenthal), der sich nach einem längeren 
Aufenthalt in England und Frankreich 1842 als Musiklehrer in Frankfurt a. M. niederließ. Mit 
dem Pariser Advokaten Pol Nicard (geboren 1805) waren diese jungen Deutschen jedenfalls 
durch seine deutschen Sprachstudien, die er später als Übersetzer verwertete, bekannt geworden. 
Wihl vermittelte die Bekanntschaft mit dem berühmtesten Deutschen in Paris, Heinrich Herne, 
der, wie Künzel sagt, „stets half, wo er konnte, und in das Lebensschicksal vieler Landsleute in 
der Fremde wohltätig eingriff.“ Niklas Müller schrieb an Künzel im Juni 1838, als er auf der 
Rückreise von London sich in Paris aufhielt: „Wihl hat mich wirklich recht freundlich auf¬ 
genommen, auch Heine, mit dem er mich bekannt gemacht hat, und dem ich Ihren Brief 
gegeben.“ 

Zu den deutschen Schriftstellern, die sich damals in Paris aufhielten, gehörten auch einige 
zweifelhafte Persönlichkeiten, wie der in dem ersten Briefe Wihls erwähnte Adelbert von Bom- 
stedt. Dessen Gegner Eduard Beurmann war aber gerade am wenigsten befugt, ihm die deut¬ 
schen Regierungen geleisteten Spitzeldienste vorzuwerfen, denn er selbst lieferte dem öster¬ 
reichischen Ministerium sogenannte „Konfidentenberichte“ über das Junge Deutschland. (Vgl. 
Houben, Jungdeutscher Sturm und Drang. Leipzig 1911. Seite 156, 161.) 

Künzels frühere Beziehungen zu Bornstedt werden für das Jahr 1836 durch zwei Briefe 
von dessen Hand an „Monsieur le Dr. Künzel, Rddacteur du journal le Phönix. Darmstadt.“ 
bezeugt. In dem einen gibt der Schreiber Künzel einige Winke für eine Besprechung seiner 
1836 bei O. Wigand in Leipzig erschienenen „Pariser Silhouetten“, der zweite handelt von dem 
auf Künzels Vermittelung durch den Verleger des „Phoenix“, J. D. Sauerländer in Frankfurt, 
übernommenen Verlag eines 1837 daselbst unter dem Titel „Basreliefs“ erschienenen Werkes 
Bomstedts. Die Briefe sind in verschiedenen Beziehungen von Interesse; ganz modern erscheinen 
z. B. Bomstedts Anschauungen von einer guten Buchausstattung und seine Abneigung gegen 
Blümchen und Schnörkel. 


Frankfurt, den 2i tw> Juli 1836. 


Mein weither Herr. 

Ihrer Erlaubnis zufolge erlaube ich mir, Ihnen einige Notizen hier zu übersenden, und bäte Sie recht sehr, 
von meinem Buche in den nächsten Nummern zu sprechen. Sie würden mich verbinden, wenn Sie ein Capitel 
auszögen und in einer Anmerkung hinzufugten: 

i°, daß diese 2 te Lieferung als Vervollständigung der Schilderung des Pariser Lebens mit der i ten ver¬ 
bunden ein wohlgenügendes Buch für den Reisenden nach Paris ist, 


2°, daß ich eine Spezialität in der Literatur erwählt habe, die Schüderung des französischen Lebens, Sie 
mögen selbst beurtheilen, in wie fern es mir gelungen, 

3°, daß mein Buch in Österreich verboten worden ist, warum. 

4° Was nun die Haussuchung anno 1835 betrifft, so liegt diese gar nicht in Verbindung mit dieser 2 Un Liefe¬ 
rung, hingegen hatte ich im Anfang August Armand Carrel, Redacteur des National einen Brief aus Berlin 


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112 


Schmidt, Aus den Kreisen des Jungen Deutschlands. 


vom 22 l “ Juli mitgetheilt, worin von Fieschi’s Attentat die Rede war, und worin eine bedeutende Person aus 
Berlin schrieb: Man furchte in Preußen zum Julifeste ein Attentat auf des Königs Leben. Carrel druckte mit 
meiner Erlaubniß das Schreiben ab, und als die Pairskammer erfuhr, daß Herr v. Bornstedt einen solchen Brief 
erhalten, wurde eine Haussuchung bei ihm vorgenommen. Die Polizei hatte selbst den bewußten Brief in Händen, 
konnte jedoch den deutschen Inhalt nicht lesen, und Herr v. Bornstedt erklärte, ihn verbrannt zu haben, um 
seinen Correspondenten nicht zu compromittiren. Das Manuscript der Pariser Silhouetten hingegen mit den 
vielen französischen politischen Namen schien der Polizei staatsgefahrlich. Später sahen sie den Irrthum ein, 
und obgleich sie einen Agenten gewählt hatten, der deutsch zu verstehen vorgab, war die französische Polizei 
dennoch von dem jungen Deutschen höchlichst mystifizirt worden, und deren mesaventure zirkulirte mit allerlei 
Spottversen in allen Pariser Salons. 

Beurtheilen Sie mich, weither Herr Redacteur, mit Christfreundschaftlicher Schonung und nehmen Sie 
nur in Paris bei Ihrer Ankunft meine Localkenntniß gehörig in Anspruch. 

Könnten Sie durch Ihre Verbindungen mit andern deutschen Zeitungen und durch ein Paar Worte an 
Gutzkof mir nützlich sein und zur Bekanntmachung meines Buchs etwas beitragen, so wäre ich Ihnen vielfach 
verbunden. Somit mich Jhnen angelegentlichst empfehlend, habe ich die Ehre zu sein 

Ihr ganz ergebenster A. v. Bornstedt 


Dem Briefe lag eine Vollmacht bei, die Herrn Doktor Künzel, Redakteur des „Phönix“ 
ermächtigte, sämtliche für Herrn Adelbert von Bornstedt bei der Post in Frankfurt a. M. 
anlangenden Briefe in Empfang zu nehmen. 


Mein werther Dr. KünzeL 


Paris, den 1$*** Dezember 1836. 


Erst heut beantworte ich Ihr freundliches Schreiben. Den von Ihnen Unterzeichneten Contrakt nehme ich 
natürlich an, jedoch muß ich betreffs der Zahlung der 540 Gulden folgendes ausmachen: H. Sauerlaender stellt 
mir zwei Wechsel aus, der erste 14 Tage nach Ablieferung des Mpts zahlbar, der zweite den 15**® Mai. Diese 
beiden von H. S. auf ein Pariser Banquierhaus gezahlten Wechsel übersendet mir Herr Sauerlaender sogleich 
nach Empfang des Manuscripts. Ich will nämlich die Wechsel hier auf dem Platz gleich negoziren, und wenn 
ich auch an dem auf 5 Monate gestellten etwas verliere, so ist mir das gleich. Diese beiden Wechsel müssen 
aber in aller Handelsform je payerai ä M. de Bornstedt ou ä son ordre von einem soliden Banquierhause in 
Frankfurt auf ein solides in Paris, z. B. Rougemont et Löwenberg oder Mailet fr&res. 

Ich verlange diese Wechsel also, weil ich am i Un oder i$ tem April Paris für den ganzen Sommer und 
Herbst verlasse und mein Geld nöthig habe. 

Zweitens muß ich 25 Exemplare statt 12 portofrei nach Paris und ein Exemplar per Post portofrei sogleich 
nach dem Erscheinen des Buches erhalten. Da Herr Sauerlaender mir kein Honorar im Phönix zahlt, so wird 
er deshalb keine Schwierigkeit machen, um so mehr, da ich diese Exemplare nur zum Besten des Buches nach 
Genf, Bern, Dijon und hier in Paris vertheilen will. 

Übrigens, hoffe ich, wird H. S. das Buch elegant ausstatten, nicht so gemein und eng drucken, wie das 
in Deutschland gewöhnlich geschieht, hübsches Papier; den Umschlag ohne alle Zierrath und blos mit gothischer 
Schrift: Basreliefs von Adelbert von Bornstedt Das Titelblatt Basr. aus Frankreich, der Schweiz und Deutschland 
v. A. v. B. Bei Leibe keine Blümchen und Schnörkel auf dem Umschläge, man kann so ein Buch wie meine 
Silhouetten mit dem Kreuzchen ist, hier keiner Dame geben, weil es so gemein und geschmacklos gedruckt, 
wenig weissen (Rand) und kein weisses Blatt bei den Kapiteln hat. In 3 Wochen hoffe ich das Mpt. abgeschrieben 
zu haben, eine Höllenqual für mich den noch immer Kranken und wenn auch Ausgehenden doch Mißmuthigea. 
Legen Sie Sauerlaender die Sauberkeit der zwei Bände recht ans Herz. Es wird sehr viel Material darin sein 
und auch einige Imaginazion. Alle Verse habe ich ausgemerzt 

Herrn Kollow (Eduard Kolloff) habe ich nicht besuchen können, da ich nicht gerne meine Bekanntschaften 
ausdehne, er hat einem meiner Freunde schon oft gesagt, er werde zu mir kommen, hat sich aber noch nicht 
blicken lassen. 

Im April werde ich Ihrer Kritik zu Folge mich auf dem Lande concentriren und 7 Jahre in Frankreich 
oder sonst etwas Reelles arbeiten. 

Uebrigens bin ich sehr unglücklich, ich habe Niemand, der sich in Deutschland für mich interessirt und 
mir dazu behüflich ist, etwas in Ruf zu kommen. Ich denke, Sauerlaenders Verlag hilft dazu. Weder Herr 
Carovl, noch das Hamburger Blatt, noch die elegante Welt, noch Gutzkow haben ein freundliches Wort über 
meine Silhouetten gesagt, und ich lebe doch nun in Paris von meiner Arbeit ohne Hülfe von meiner nicht wohl¬ 
habenden Verwandtschaft. 

Adieu — Herrn Duller grüßen Sie verbindlichst von mir. 

Sie sind glücklich, Sie haben eine Familie und dürfen von Deutschland nach Frankreich nach Belieben 

reisen. 

Adieu — ich bin zur Correspondenz untauglich. 

Ihr dankbar ergebener A. v. Bornstedt 26, rue Feydeau. 


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A 

GAPING- 

AVIDE-MOUTH- 



THE BODLEY HEAD. 

NEW YORK:JOHN-LANE/ COMPX 

Tafel 2 . „Der mit weit aufgerissenem Maule gähnende, watschelnde Frosch”. Titelblatt. 


Z. f. B. IV. Jahrgang 1913/1913. 

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Zu ..Walter Crane als Buchillustrator*. 

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Schmidt, Aus den Kreisen des Jungen Deutschlands. 


ii 3 


Wihls Briefe lauten: 

Paris Ostersonntag den 15. April 1838. 

Liebster Freund. Leider muß ich meine erste Antwort schon mit einer Entschuldigung anfangen. Es 
ist mir mißlich, aber die Umstände haben es nicht anders gewollt. Seitdem du Paris verlassen, fühle ich die¬ 
selbe Vereinsamung, die dir den hiesigen Aufenthalt so unangenehm gemacht hat Mir fehlt der Freund, dem 
ich mich wie ich denke, fühle und handle ohne Rückhalt mitteüen kann. Wie oft habe ich mit gemischter 
Empfindung, mit frohem und traurigen Herzen an dich gedacht. Freuen müßte es mich wohl, daß du dich 
heimisch und glücklich in London fühlst, aber auch betrüben, daß du das Alles nicht in der Nähe finden 
konntest Du weißt, daß ich hier mit keinem andern Deutschen, als mit Heine in naher Beziehung stehe. Diese 
Beziehung hat sich immer mehr gefestigt, aber dennoch ist unsre Individualität zu verschieden, als daß sich hier 
ein tieferes Herzensverhältnis gestalten könnte. Zu diesem Gefühle der Verlassenheit kommen noch mancher¬ 
lei andre Verdrießüchkeiten hinzu, und meine Antwort würde gar zu unangenehm mit deinem lieben Schreiben 
contrastirt haben. Das hielt mich ab, und du wirst mich entschuldigen, wenn ich einen in dieser Rücksicht 
günstigeren Augenblick habe abwarten wollen. Vergebens, auch heute bin ich nicht frei und du mußt mich 
doch zuletzt nehmen, wie ich eben bin. Du hattest Recht, Freund, daß du dich von dem H“* v. Bornstedt sobald 
zurück zogst; du weißt aber auch, daß der Mensch sich mir aufgedrungen. Ich habe mich aufrichtig gegen 
ihn über seine schlechten Arbeiten ausgesprochen; das mochte ihn mit der Länge der Zeit verdrießen. Er nahm 
wahrscheinlich in Folge davon Anlaß, mich auf eine pöbelhafte Weise zu verletzen. Ich habe, da ich mich mit 
einem Menschen, von dem man das Schlimmste sagt — Beurmann hat ihn jetzt sogar öffentlich einen 
Mouchard genannt, dem er zu widersprechen nicht einmal den Muth hat — nicht schlagen konnte, ihn verklagen 
wollen, aber die Deutschen haben mich gebeten, die Sache nicht zur Öffentlichkeit zu bringen. Der einzige, 
negative, doch bedeutende Gewinn bei der Geschichte, ist, daß ich den Menschen vom Halse habe. — Eine 
andre Verdrießlichkeit war die, daß mein mattre d’hötel mich um einige 50 frcs. betrügen wollte. Ich habe frei¬ 
lich den Prozeß gewonnen, aber es bleibt immerhin fatal und macht mir den Aufenthalt nicht angenehmer. 
Mein Hamburger Freund hat mir inzwischen, ahnte, einen aufmunteraden Brief geschrieben (auch dieser ist noch 
unbeantwortet), den ich dir mit Ausnahme einer Stelle, welche zwei andre Persönlichkeiten betrifft, wörtlich hier 
einschalten will, da ich weiß, daß dir der Inhalt und die Art und Weise der Abfassung, Zusagen wird. „Liebster 
Wihl, ich wünschte fast, Ihre Briefe enthielten keine Beyträge für den Telegraphen, denn da diese selten 
kommen, so kommen auch Ihre Briefe selten, was mich ärgert, da ich sie so gern lese. Ihr „Spiegel“, 
in dem Sie sich aber zuviel selbst erblikken, nämlich in der Abfassung, die ich gestrichen, hat allge¬ 
mein angesprochen; Ihre neue Mittheilung wird Ihnen die erworbenen Freunde erhalten. Der kleine Artikel ist 
wohlthuend zu lesen, höchstens wehethuend für Goldhammel und Götze, die mir, wenn er in diesen Tagen zum 
Drucke kömmt, nach 14, wo ich in Frankfurt seyn werde, vielleicht zu Leibe rücken. Einer dieser meisterhaften 
Kniestücke, Götze, ist glaub' ich, Abonnent des Telegraphen. Les' ich darum Joumäller, um mei eigen Schand’ 
tl erblicke. Sie sind ein böser Mensch, Wihl! — Wissen Sie, daß heut mein Geburtstag ist, daß ich 27 Jahr 
alt bin u. Sie im vorigen Jahre die kochkünstlerischen Versuche meiner Frau verzehren halfen an ,,'ner große 
Familietafel, wie d’ Frankforter sagge“ oder wie Bettina sagt, denn die spricht ärger als eine Bockenheimerin. 
Wihl, hätte ich Sie hier, welche Freude! Umgang gnug, aber wenig Poesie darunter. Literaten und Journalisten 
gnug, aber mehr Vieh, als Mensch, geschweige Dichter! Vagabondirende Lokalskribler, bankerotte deutsche 
Flüchtlinge, die mit dem Londoner Dampfschiff unter falschem Namen sich her wagen in ein neutrales Gebiet 
und den Beutel „der guten Sache" wegen brandschatzen, einige kahlköpfige alte Burschenschäftler, die sich mit 

kalten Phrasen und heißem Grog am Leben erhalten, selbst mit etc. etc.-, so wüßt' ich nur Sie, 

den ich gern bei mir hätte, und sollt' es Ihnen in Paris zu schlecht gehen, sollten sich keine dauernden Ver¬ 
bindungen, die Ihnen die Zukunft sicher stellen, eröffnen, so gehen Sie nach Havre und kommen her, es soll 
sich schon Rat finden. — Daß Sie an Heine halten, ist Recht. So hätt* ich mir gewünscht, 4 Wochen meines 
Lebens mit Börne zubringen zu dürfen. Große Männer strömen ein Arom aus, das sich gar nicht definiren läßt. 
Die deutsche Zeitung wäre nach so vielen gescheiterten Versuchen eine Thorheit. Böme's Balance konnte dicht 
an der französischen Grenze, wo ihr eigentliches Terrain war, nicht reüssiren; wie viel weniger ein Journal, das 
Heine herausgiebt, Heine, der mehr in Ungarn als in Rheinbayem sein Publikum hat. Wenn Heine von 
Preußen eine Concession bekommen kann, so soll er sie lieber für seine sämmtl Schriften als für ein Journal 
benutzen. Ich denke auch, der Plan ist nur eine Scheinposition, die Heine einnehmen will, um seine in 
Deutschland sich mehrenden Gegner zu schrecken. Diese Gegner sind allerdings deshalb beachtenswerth, weil 
es keine Professoren und Beamte, sondern junger literar. Nachwuchs sind; doch dienen sie lediglich nur, um 
Heine als objektiver und langer Abhandlungen würdige Erscheinung zu fixiren. Der Gewinn ist viell. größer als 
der Nachtheil u. H. hätte den besten Vertheidiger, wenn er etwas Gescheites einmal wieder los ließe und nicht 
wahr würde, was ich zum Scherz in mein Ihnen wohlbekanntes NotizenfoÜo geschrieben habe: 

Heines Salon N£. 4 wird bringen: erstens ein Dutzend 

Lieder, das einmal bereits stand im Salon N£. 1. 

Dann die Gellert’schen Fabeln und Anekdoten von Müchler, 

Ferner ein klein ABC für den Schulengebrauch; 

Z. f. B. 1912/1913. 15 


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Schmidt, Aus den Kreisen des Jungen Deutschlands. 


114 


Endlich zuletzt ein Excerpt aus Bröders lateinischer Grammatik, 

Mensa durchdeklinirt — Alles zusammen, damit 

Man die Censur auch vermeide, auf 20 Bogen 1 — nicht drunter! 

Möchte sich auch vielleicht eignen zum Weihnachtsgeschenk! 

Über das, was Sie von A. v. B. schreiben, erstaun’ ich. Der Mensch ist mir so widerlich, daß ich gegen 
ihn eine Polemik eröffnen lassen werde, die, es thut mir leid, ihn vielleicht um s. Stellung an der A. Z. bringt. 
Mögen dort andere ankommen, die es nöthiger haben und nicht den Vorzug voraus, daß sie Preußen bezahlt 

Ich bin zu gut honorirten Artikeln für ein Convers. Lexikon aufgefordert; ich habe nicht Zeit, werd’ es 
ablehnen und Sie vorschlagen. In 14 Tagen bin ich nicht mehr hier. Ich hole Weib und Kind u. bleibe 4 Wochen 
von hier fort Adressiren Sie also Ihren nächsten Brief nach Ffurt Leben Sie wohl u. bleiben Sie treu Ihrem 
Gutzkow. Hamb. 17. März 1838.“ — 

An meinem Artikel hat G. weniger ausgelassen, als ich befurchtet hatte. Alles macht sich recht gut und 
ich wünschte, daß du ihn als deutsche Stilprobe mit aufnehmen möchtest Dein Buch findet verdienten Anklang. 
Im Phönix ist dasselbe von Nodnagel u. v. Genzel im Freimüthigen mit Liebe und Anerkennung besprochen. 
Mein zweiter in G. Brief erwähnter Artikel: Träume aus der Heimat in Paris, wo ich den H“* D r - Goldhammel 
(Advokat D r - Goldschmid) und den Banquier Moses Götze (Moritz Getz) porträtirt habe, ist mir in manchem 
Betracht noch lieber als mein ersterer, da er mit Humor und Phantasie abgefaßt ist Ich würde dir gern beide 
Artikel mittheilen, wenn ich sie abgeschrieben oder einen Abdruck derselben hätte. Du willst ohnehin Gutzkow 
mancherlei Mittheilungen über Paris machen, ich habe ihm bereits davon Anzeige gemacht, lasse dir dieselben 
mit Buchhändlergelegenheit kommen. In meiner Mißstimmung schreib* ich wenig, an Größeres darf ich nicht 
denken; vor einigen Tagen beim Anblick des ersten Grüns im Tuileriengarten — heute ist klägliches Winter¬ 
wetter — sind folgende 3 Lieder entstanden. Ich theile sie dir allein mit, du mögest daran sehen, was du mir 
gilst Der heutige Phönix bringt auch 9 Gedichte von mir. 


I. 

1. Ein ungestümes Sehnen 
Zieht mich zum grünen Wald, 

Als müßt’ im Wald ich finden 
Der Liebsten Aufenthalt! 

2. Bei jedem Blätterrauschen 
Rauscht es in mich hinein: 

Sie kommt daher gegangen, 

Es muß die Liebste sein! 

3. Bei jedem süßen Tone, 

Der aus der Ferne klingt, 

Denk’ ich das sind die Grüße, 

Die mir die Liebste bringt. 

II. 

1. Ach, wie lang muß ich mich sehnen 
Nach dem schönen andern Ich, 

Daß es mit der Liebesfülle 
Liebevoll ergänze mich. 

2. Meine Jugend wird, ach, schwinden, 
Immer steh’ ich noch allein, 

Hab’ mein Theü noch nicht gefunden, 
Wessen Schuld mag es wohl sein. 

III. 

Wo ruhen die Gebüde aus 
Die unserm Geist entsteigen, 

Fliegen sie zum Himmel auf 
In der Sterne Reigen ? 

Fliegen sie zur Erde hin 
Als Blumen zu erblühen? 

Ich denke her und denke hin, 

Weiß nicht, wohin sie ziehen? 


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Schmidt, Aus den Kreisen des Jungen Deutschlands. 


“5 


Theile mir nächstens recht viel über deine schriftstellerischen Arbeiten mit. Ich brauche es dir wohl 
nicht erst zu sagen, wie sehr es mich freut, daß du so viele u. schöne literär. Anknüpfungspunkte hast Elson 
grüße mir oft, warum hat er kein freundliches Wort bisher an mich gerichtet Von Sabel sagst du mir gar 
nichts; er wird dir auch recht Zusagen. Sehr lieb ist es mir, daß sich Frau Moscheies noch meiner mit Anhäng¬ 
lichkeit erinnert. Grüße diese Familie herzlich. Ich bitte dich, von Zeit zu Zeit auch meine Verwandte zu be¬ 
suchen, vielleicht legen sie einige Zeilen an mich deinem nächsten Schreiben bei. — Müller und Schüler-haben 
sich sehr mit Allem, was ich ihnen von dir mitgetheilt, gefreut Schüler wird erstens schreiben, Müller möchte 
wissen, welche Aussichten sich ihm darbieten, wenn er nach London kommen würde u. ob du ihm wohl sehr 
förderlich sein könntest Dein Zusammenkommen mit Niklas Müller ist mir erwünscht; ich hatte es vergessen, 
dir einige Zeilen für ihn mitzugeben. Sage ihm, daß ich mich sehr freuen würde, ihn bald hier zu sehen. Doch 
wer weiß? Verläßt der Unmuth mich nicht bald, thue ich, wie Gutzkow es wünscht und kehre nach Deutsch¬ 
land zurück, nicht nach Frankl, sondern nach Hamburg. 

Heine will schreiben, ich habe ihn sehr oft daran erinnert. Es geht ihm wie mir, aber er meint es sehr 
gut mit dir. Die Post geht ab u. länger wül ich mich dir nicht entziehen. Thue mir die Liebe u. schreibe gleich 
nach Empfang; du hast jetzt mancherlei auf dem Herzen. Doch Eins noch, das ist fast vergessen hätte. Pol 
Nicard hat mich erst vor etwa 8 Tagen zu seinen Eltern zum Abendessen eingeladen. Er hatte sich inzwischen 
verheirathet. Dieses Geschäft hatte ihn in Anspruch genommen. Ich habe seine Frau nichts weniger als schön 
gefunden und er hat sie, wie es mir vorkam, auch nicht mit besonderer Neigung den Abend behandelt 
H. Chotaski ist sehr krank; ich glaube nicht an seinem Aufkommen, er verläßt das Bett nicht und so nützt ihm 
die Bekanntschaft mit Verwandten Mr. Nie. nicht Die Post geht ab, daher schließe ich mit der innigsten Bitte 
mir umgehend so ausführlich als möglich über alles dich Betreffende zu schreiben. 

Dein Freund L. Wihl. 


Gutzkow hat das in den obigen satirischen Versen ausgesprochene Urteil über Heines 
damaliges Schaffen nicht nur seinem Tagebuch und dem Freunde anvertraut, sondern auch in 
einem am 6. August 1838 an Heine gerichteten Briefe diesem selbst gegenüber kein Hehl 
daraus gemacht, daß es ihm im eigensten Interesse Heines nicht recht gefallen wolle, wenn der 
beliebte Dichter der „Reisebilder“ sich immer nur aus schon abgelegten Sachen neue Kleider 
zurechtschneide, statt mit wirklich neuen Werken hervorzutreten, die auf der Höhe seiner 
früheren Leistungen stünden. (Houben, Jungdeutscher Sturm und Drang. Leipzig 1911. 
Seite 165.) Das Epigramm „Heines Produktivität“ ließ er später mit geändertem Schluß im 
„Telegraph fiir Deutschland“, Juli 1839, Nr. 108 abdrucken, es ist auch in seine „Ge¬ 
sammelten Werke“ 1845 I, 269 und 1872 I, 317 aufgenommen worden. (Vgl. dazu Houben 
a. a. O. Seite 173.) 


Havre 19. Mai 1838. 


Herzgeliebter Freund. 

Nur einen Sprung über Meer und ich wäre bei dir. Das ist nun aber, leider, dem Briefe, nicht mir ver¬ 
gönnt Möge er dir statt meiner meine herzlichsten Grüße hinüber tragen. 

Ich habe endlich der wiederholten Aufforderung meines Freundes Gutzkow gefolgt und eile diesen Nach¬ 
mittag 5 Uhr mit dem Dampfschiff nach Hamburg. Welch frohes Wiedersehn. Für heute begnüge dich mit 
diesen wenigen Notizen. Niel. Müller hat mir deine beiden lieben Briefe überbracht. Ich habe ihm, so viel ich 
konnte, meine letzten Augenblicke vor der Abreise gewidmet Ich kann dir nicht sagen, wie freundlich sich die 
H n Bär u. Ebbinghausen mir bewiesen haben. Sie haben mir vorgestern ein sehr großes Abendessen — Bordeaux 
u. Champagner war die Hülle u. Fülle — gegeben. Ein schöner Kreis Deutscher, unter andern auch Müller, 
war zugegen. Es war ein schöner Augenblick für mich. 

Du kannst denken, wie sehr ich mich freue, recht bald einen Freund wieder zu sehen, den du jetzt nicht 
nur als einen der bedeutendsten Schriftsteller, sondern auch als Menschen nach Gebühr zu würdigen verstehst. 
Schade, daß ich nicht die Zeit habe, dir seinen jüngsten Brief abschriftlich mitzutheilen. 

Elsons Briefe u. das dem ersten an mich beigelegte Gedicht haben mir viele Freude verursacht Bin 
ich an meinem neuen Bestimmungsorte, sollen seine Briefe auf das Freundschaftlichste erwiedert werden. 

Bär u. Ebbinghausen werden dir erstens die Grammatik schicken. Von Hamburg aus erhältst du meine 
Gedichte. 

In Eile dein L. Wihl. 


Warum erfahre ich von H n Sabel nichts? Frage doch Elson einmal. 


Hamburg 1. October 1838. 


Liebster Freund. 

Ich hätte dir, wärst du bei mir, tausenderlei zu sagen; die Feder aber ist für mich eine schlechte Ver¬ 
mittlerin. Ach, brauche ich dir das erst zu sagen; hast du es nicht tief empfinden müssen und werde ich mein 


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ii 6 


Schmidt, Aus den Kreisen des Jungen Deutschlands. 


Stillschweigen entschuldigen können. Ich habe mehr dabei gelitten als du glaubst, aber ist man einmal ins 
Stocken gerathen, weiß man nicht, wie und wo anzufangen. Ich glaube an deine Freundschaft; nimm den 
Freund wie er ist 

Fühlst du dich noch so glücklich wie im Anfang ? Du kommst von einer Reise. Elson schrieb es mir, 
daß du London für 6 Wochen verlassen hättest, ohne zu sagen, wohin dich die Füße oder der Wagen, oder das 
Dampfschiff getragen. Ich bitte um baldige ausführliche Mittheilung. Du hast gewiß manches Interessante 
liegen, willst du es veröffentlichen, schicke es nur für den Telegraphen. 

Ich muß mich eilen und bin kurz, die Gelegenheit drängt. Schreibe baldmöglichst Antwort, beschäme 
michl — Bald erhältst du ausführliche Nachricht u. Gedichte. Dein Freund L. Wihl 

Einige Proben neuerer Gedichte. 

I. 

Ein frisches Leben haucht der Fluß stets ein 
Von Berg und Thal und Kluft und Stein; 

Er spiegelt treu den Himmel wieder, 

Indeß ich traurig blicke nieder. 

Ich bin gebannt in engen Raum, 

Ich sehe schwarz den Himmelssaum; 

Der Menschen Thun ist mir zuwider, 

Drum blick' ich traurig vor mir nieder. 

Gibt’s irgendwo ein beß’res Land? 

Was hilft’s, ich bin ja festgebannt; 

Die alte Hoffnung kehrt nicht wieder, 

Ich blicke traurig vor mir nieder. 

Ein grünes Blatt fällt in den Fluß, 

Wer weiß, wo es verwelken muß? 

Ein solches Blatt find ich nicht wieder, 

D'rum blick’ ich traurig vor mir nieder. 

II. 

Ruft mich nicht! 

Füllt die hohen Goldpokale 
Mit Johannesberger an, 

Labt euch an dem feinsten Mahle 
Was man nur bereiten kann, 

Fehlt die Eine bei der Freude, 

Die mit Liedern mich erfreut, 

Ruft mich nicht, in meinem Leide 
Blüht mir größ’re Seligkeit! 

Nein, ich bleibe still zu Hause 
Ohne Goldpokal und Wein, 

Wartend bis in meine Klause 
Sie geräuschlos tritt herein. 

Was so arm und eng für beide 
Wird uns plötzlich reich und weit, 

Ruft mich nicht, in meinem Leide 
Blüht mir größ’re Seligkeit! 

Spurlos schwinden dem die Stunden, 

Den die Hohe nicht bekränzt, 

Nur der Wein kann mir recht munden, 

Den mir ihre Hand kredenzt. 

Nein, das bleibt nur eine Haide, 

Wo sie keine Rosen streut; 

Ruft mich nicht, in meinem Leide 
Blüht mir größ’re Seligkeit 


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Schmidt, Aus den Kreisen des Jungen Deutschlands. 


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III. 

Gefühle der Unsterblichkeit. 

Es weht mich an ein Frühlingshauch 
Aus herbstlich gelben Blättern, 

Wie meiner Jugend Wonne auch 
Mir lacht aus Sturmeswettem; 

Auch in der Nacht gewahr* ich Licht, 
Es hüllt sich ein, doch stirbt es nicht! 

O welchen Trost gewährt das mir! 

Ich lebe fort im Staube, 

Wo ist das Jenseits, wo das Hier, 
Stärkt mich ein solcher Glaube? — 
Auch in der Nacht gewahr ich Licht, 
Eis hüllt sich ein, doch stirbt es nicht! 


IV. 

Beim Meeresleuchten. 

Liebe Namen schrieb ich gern in’s Meer, 
Goldhell flammten sie hervor. 

Doch betrübte mich’s gar sehr, 

Daß die Spur sich bald verlor. 

Fester ist die Schrift gelegt 
In des Herzens Ebb’ und Fluth, 

Manche Welle sich bewegt, 

Wo sie ungestört noch ruht 


Grüße bestens die liebe Familie Moscheies. Mit ihren hiesigen Verwandten steh’Tch in freundschaftlicher 
Beziehung. Theile vorstehende Gedichte mit, vielleicht ist Herr Moscheies geneigt, eins oder das andere zu 
componiren. 


Hamburg 29. Febr. 1839. 


Treuer, herzgeliebter Freund. 

Brauche ich dir wohl zu sagen, wie sehr mich dein Brief, den ich nach langem Harren und Warten 
empfangen habe, erfreut hat! Wenn auch diese meine Antwort über Gebühren lang verbleibt, so schreibe diese 
Verspätung dem selben Grunde zu, warum ich die deinige so lang entbehren mußte. Erst vor einigen Tagen 
sind mir deine lieben Zeilen zu Gesicht gekommen. Ob die Gelegenheit, womit dieselben geworden, oder die 
schlechte Jahreszeit, die stürmische Witterung schuld daran ist, kann ich mir ebensowenig als du erklären. So 
sind wir beide durch Zufälligkeiten lange Zeit um einen Genuß gekommen, den wir beide nicht gering anschlagen. 
Hunderte Mal habe ich an dich gedacht und auch mit meinen hiesigen Freunden von dir gesprochen; aber 
immer vergebens auf eine Kunde von dir gewartet. Mein Herz ist dir immer gut geblieben; du weißt es, ich 
bin selbst ein zu langsamer, träger Schreiber, als daß ich Briefversäumnisse nicht mit Nachsicht ertragen könnte 
und müßte — nur damals wußte ich mich nicht zurecht zu finden, als du an Gutzkow schriebst und an mich 
keine Zeile beilegtest Leider hatte ich selbst zu spät deinen zweimonatlichen Aufenthalt in Darmstadt erfahren, 
sonst würde ich mich dahin an dich gewandt haben. 

Gutzkow’s Antwort folgt hierbei; du siehst aus ihr, daß er sich dir mit Liebe zu wendet So ist kein Grund 
vorhanden, daß du mit deinen Beiträgen zum Telegraphen länger hinter dem Berge hältst. Über Duller schweigt 
er. Glaube mir, ich habe dein Gesuch in Betreff des letztem auf das Dringendste unterstützt, aber vergebens. 
Gutzkow stellt Duller als Schriftsteller zu tief, als daß es zwischen beiden jemals zu einem Verständniß kommen 
könnte. Unter solchen Umständen ist, wie du leicht einsiehst, alles Zureden überflüssig und erfolglos. — Von 
Gutzkow wird nächstens ein bühnengerechtes Drama: König Saul bei Hoffmann und Campe erscheinen, das ich 
in jeder Beziehung für ausgezeichnet und vollendet halte. Alles ist Leben und Handlung, Fleisch und Blut, 
reine ungetrübte Poesie, aus derselben Quelle geschöpft, aus welcher Shakespeare und Göthe ihre unvergäng¬ 
lichen Welten hervorgezaubert haben. 

Doch bevor ich eine Zeile weiter schreibe, meinen herzlichst innigen Dank für die Freundschaft, womit 
du mir neben Heine — letzterer wird dir das gewiß recht übel aufnehmen — die treffliche Novelle Adolph 
gewidmet hast. Gestern ist das artig ausgestattete Büchlein bei Hofim. & Campe eingetroffen: Die „Fliegenden 
Blätter" scheinen noch nicht ausgegeben. Sollte Sauerländer mir dieselben nicht zuschicken, will ich deiner 
Aufforderung nachkommen. Ich gedenke diese Erscheinungen im Hamburger Correspondenten zu besprechen 
und dadurch einigermassen deine Liebe zu erwiedern. — Der Beifall, den du meinem dichterischen Streben mit 


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Schmidt, Aus den Kreisen des Jungen Deutschlands. 


so vieler Wärme ertheilet, ist mir wohlthuend und erwünscht. Dieser Tage ist auch: Deutsche Sagen und 
Legenden hrsgegeben von A. Nodnagel hier angekommen. Die Sammlung bringt dein Theophrastus Paracelsus; 
von mir „Prinzessin Ilse“, „der dankbare Zwerg“ und „die blasse Jungfrau“. Deine „Drei Bücher deutscher 
Prosa“ haben sich eines allgemeinen Beifalls zu erfreuen und haben deinem Namen einen schönen Klang gegeben. 

Über deine Aussichten hast du mir nur Mancherlei flüchtig und unbestimmt angedeutet; jetzt sage mir 

— in der Zwischenzeit hat sich wahrscheinlich Eines oder das Andre entschieden — wie es um deine Hoffnungen 
steht und worin sie sich namentlich concentriren. — Ich — du fragst nach mir — befinde mich insofern in 
heiterer, glücklicher Stimmung, als meine Leistungen von Tag zu Tag immer mehr Theilnahme finden. Das 
sehe ich aus Beurtheüungen und Zuschriften. Was soll ich es dem theilnehmenden Freunde verschweigen; meine 
literarischen Streifzüge im Hamb. Correspondenten, mein Gedicht: Die Juli-Opfer und meine polemischen 
Artikel gegen Gervinus im Jahrbuch der Literatur haben mir den Weg zum Herzen des grossem Publikums 
eröffnet Was sind wir arme Schriftsteller — und namentlich ein vom Staat verstossener, ein Paria wie ich — 
ohne) diesen Anhaltspunkt? — Du bist und bleibst mir ein treuer Herzensfreund, darum auch sollst du dich mit 
mir freuen. Ich will dir sogar die Mühe nicht ersparen dir das Urtheil von Carl Gödeke über meine Juli-Opfer im 
gestr. Hamb. Correspond, hier abzuschreiben: „Einer der strebungsvollsten Dichter aus der sogenannten jungen 
Schule ist der Verfasser der bezeichneten Dichtung. Mit grosser Wärme, glücklicher Gestaltungskraft und Viel¬ 
seitigkeit der Auffassung wählt er sich vorzugsweise Fragen der Gegenwart und die Quellen, aus denen jene 
Fragen hervorströmen, zu Stoffen seiner Poesie. Eine schon vor längerer Zeit von ihm veröffentlichte Gedicht¬ 
sammlung legt hierüber das redendste und erfreulichste Zeugniß ab. Jene liebevolle Hingebung an die großen 
Gedanken in der neuen Zeit, jenes Anschmiegen, das dem Stoffe indeß die Ruhe des Beherrschens nicht zum 
Opfer bringt, offenbart sich widerum in den „Juli-Opfem“. In festumgränzten Gestalten verkörpert der Poet 
hier seine Betrachtungen über die Bedeutung der Julitage; während er anscheinend absichtslos einzelne Indi¬ 
viduen aufgreift, erfasst er in ihnen, die sich bald zum festen Kreise zusammenrunden, den tiefen Grund der 
Erscheinungen, und indem er Wesen mit eigentümlicher Physionomie vor uns handeln und leiden lässt, schafft 
er jene Empfindungen in uns, die nur das unmittelbare Ergebniß eines kräftigenden, poetischen Genusses sein 
können. Vor der gewaltigen Kraft des Gedankens, aus dem die drey Tage welthistorischer Bedeutung hervor¬ 
gingen, des Gedankens der Freiheit und der Würde der Nation, verschwinden die Fesseln, welche an die ver¬ 
härteten Vorurtheile des Ranges (sich) knüpften; die Schwäche des Geschlechtes erstarkt zu bewunderungs¬ 
würdigem Muthe, und mitten in der Verwirrung der Verhältnisse, aus welcher, wie aus der eingerissenen Scholle 
die Saat, eine neue gesunde Ordnung hervorwächst, vermag die Liebe ihre sanften, wohlthätig versöhnenden 
Bande zu schlingen. Die gesonderten Kreise der bürgerlichen Gesellschaft lösen sich, um sich zu einem großen 
Alles umfassenden Ringe zusammenzuschließen; die spröde Härte, die beschränktere Heimatliebe, idyllisches 
Genügen — sie gehen alle in schöner Liebe zu dem Träger des Hauptgedankens geistig auf, und alte einfache 
und neue feurige Regungen, früher feindlich einander gegenüberstehend, versöhnen sich in gemeinsamer Glut. 

— Aus diesen Gesichtspunkten haben wir die Gestalten und Scenen dieser Dichtung betrachtet u. möchten den 
Genuß, den wir selbst davon hatten, auch bei Andern erwecken. Die Form zeigt zwar mitunter Rauheit, allein 
wir halten diese Rauheit für die des Edelsteines, den die Zeit schleifen wird. Die nicht durch Zufall eingefloch¬ 
tenen, sondern durch eine innere Nothwendigkeit bedingten Lieder machen in ihren einfachen Weisen, deren 
Musik wir durchklingen hören, den Eindruck tiefer Wehmuth, wie ihn der Dichter zu erwecken beabsichtigte." 

— Nicht wahr, das ist eine ermunternde Kritik u. was mir das Liebste ist, eine wahre mir auch bei der Auf¬ 

fassung vorschwebende Auffassung. Leider bin ich schon bis zur letzten Seite gekommen und es fallt mir 
schwer, abbrechen zu müssen. Gern würde ich dir manches Neuere schicken. Ich sitze jetzt über einer 
Geschichte der deutschen National-Literatur von ihren ersten Anfängen bis auf unsre Tage. Die ersten 8 Bogen 
sind zum Druck bereit u. werden erstens bei Campe erscheinen. Ganz neue Resultate, du sollst sie bald über 
Meer erhalten. Schreibe gleich nach Empfang recht ausführlich. Auch von Elson, dem ich die Hand schüttle 
erwarte ich einige Details. Siehst du Moscheies und Frau? Grüsse sie. Wenn er will, schicke ich ihm einige 
Lieder zur Composition. Die Componisten beissen jetzt an. Mein „Trauernder Rabbi“ wird jetzt zum 3 ten Male 
componirt erscheinen. Nebenbei ein Cyklus anderer Lieder hierselbst bei Böhme, Auch meinen Verwandten 
für heute nur einen Gruß. Noch einmal reiche ich dir Hand und Herz dein L. Wihl. 

Auf die leere Rückseite des seinem Briefe beiliegenden Schreibens Gutzkows schrieb Wihl: 

Hierbei noch ein Frühlingsbild von Ludwig Wihl. 

Schon reget in den Bäumen 
Ein junges Leben sich; 

Schon flüstert’s in den Keimen 
Gar süß und wunderlich. 

Es ist, als ob aus Banden 
Die Erde sich befreit 
Und grünende Guirlanden 
Sich windet um ihr Kleid. 


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Schmidt, Aus den Kreisen des Jungen Deutschlands. 


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Die Ströme sind berauschet 
Von jungem Lebensmuth, 

Aus tausend Wellen lauschet 
Der Fische muntre Brut 

Es kommt aus fernem Süden 
Das Schwalbenvolk gemach 
Und suchet Glück und Frieden 
Am ländlichstillen Dach. 

Es dringt in mich das Leben 
Mit Wonnefülle ein: 

Wer solch ein Werk kann weben, 

Der muß ein Meister sein. 

Hamb. 4. Febr. 1839. 

Ich erbitte mir dein Urtheü über dieses Gedicht u. m. Aufsatz im Jahrbuch. Vielleicht ist Moscheies 
geneigt, jenes zu componiren. 

Wihls „Geschichte der deutschen National-Literatur“, die nach der Ansicht des von sich 
selbst sehr eingenommenen Verfassers „ganz neue Resultate" bringen sollte, erwies sich als ein 
gänzlich minderwertiges und verfehltes Machwerk, das mit Recht der verdienten Vergessenheit 
anheimgefallen ist Aus späterer Zeit ist nur noch ein Brief erhalten, den der nach Paris 
zurückgekehrte Wihl am 26. Juni 1852 an Künzel gerichtet hat. Der Versuch, mit dem alten 
Freunde wieder anzuknüpfen, dürfte nicht zu neuem Verkehr beider geführt haben, da Künzel 
Wihls Bitte, ein von ihm verfaßtes Drama durch seine Beziehungen zu hervorragenden Schau¬ 
spielern zur Bühne zu bringen, wohl nicht erfüllen konnte oder wollte. 

Zur Erläuterung von Wihls Brief vom 29. Februar 1839 fuge ich noch bei, daß Künzel 
die darin erwähnte Novelle „Adolph", Frankfurt 1839, nac ^ dem gleichnamigen Werke Benjamin 
Constants übersetzt hatte, und daß seine Gedichtsammlung „Fliegende Blätter" ebenda 1839 
erschienen ist. Über Gutzkows Zerwürfnis mit Duller, das bei ihrer gemeinsamen Herausgabe 
des „Phoenix" entstanden war, vergleiche man Houbens „Zeitschriften des Jungen Deutsch¬ 
lands" 2, 413—417. 

Das dem Briefe Wihls beigelegte Schreiben Gutzkows lautet: 

Lieber Herr Künzell 

Ich hätte Ihnen längst auf Ihren freundlichen und inhaltreichen Brief aus Darmstadt antworten sollen; 
doch haben Sie gewiß mit meiner vielfach in Anspruch genommenen Zeit Nachsicht und nehmen vorlieb mit 
diesen wenigen Zeilen, die ich Ihnen als Boten eines freundschaftlichen Grußes sende I Ihr Buch über die Prosa 
hab’ ich im Telegr. angezeigt, mit der Hoffnung, daß Sie mir die kleinen Rügen, die ich mir hier und da er¬ 
laubte, nicht verübeln werden. Sie stellen Mundt zu hoch und führen mir Stylmuster auf, die keine sind, mit 
Leuten, die wie z. B. Bacherer, Adrian, die verschiedenen fürstlichen Personen nie in Betracht hätten kommen 
sollen. Deßgleichen gehören Stellen aus Dramen nicht in eine Beispielsammlung für die Prosa und den Styl. 
Ich weiß nicht, lesen Sie in London den Telegraphen? Der Plan mit einem German Review ist vortrefflich 
und wünsch’ ich Ihnen Ausdauer dazu, ihn ins Werk zu setzen. Die Deutschen sind so abhängig vom Auslande, 
daß man daheim erst anerkannt wird, wenn die Fremde von einem gesprochen. Darum müßten Sie aber auch 
die Theilnahme deutscher Schriftsteller am Review sehr verborgen halten; sonst imponirt das Unternehmen uns 
nicht mehr. Sie versprechen mir, meiner in einem Englischen Blatte Erwähnung zu thun. Ich würde Ihnen sehr 
dafür danken müssen, dann aber auch bitten, mir die betreffende Zeitschrift zukommen zu lassen. Gern würd* 
ich Ihnen, wenn dies ernstlich Ihre Absicht ist, Materialien schicken. Ihren versprochenen Beyträgen für den 
Telegr. seh’ ich mit Vergnügen entgegen. Könnt’ ich nicht von Ihnen einen ausführlichen und gründlichen 
Artikel erhalten: Deutsche Literatur in England? Sie sehen, daß die Möglichkeit zu mancherlei Beziehungen 
zwischen uns da ist und wünsch’ ich nur, daß Sie sie mit soviel Theilnahme ergreifen mögen wie 

Hamburg 29. Febr. 39. Ihr aufrichtig ergebener Gutzkow. 

Künzel hatte sich schon im Jahre 1838, wie sich aus einem Briefe Freiligraths vom 
4. Oktober (Wilhelm Büchner, Ferdinand Freiligrath. Lahr 1882. I, 288) ergibt, mit dem Ge- 


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Schmidt, Aus den Kreisen des Jungen Deutschlands. 


danken getragen, in London eine Zeitschrift „German Review“ herauszugeben, die in England 
die Kenntnis von deutscher Literatur und deutschem Leben verbreiten sollte. Der Plan fand 
bei deutschen Schriftstellern, um deren Mitarbeit er warb, vielen Beifall, wie auch aus Gutzkows 
Brief zu ersehen ist; da Künzel aber auf die Dauer das englische Klima nicht vertrug und 
trotz glänzenden Anerbieten in die Heimat zurückkehrte, mußte er auf die Ausführung ver¬ 
zichten. Bei seiner großen Verehrung englischer Literatur suchte er nun seine Absicht, zwischen 
beiden Nationen zu vermitteln, gerade auf umgekehrtem Wege zu erreichen, indem er in 
Deutschland eine Zeitschrift herauszugeben beschloß, deren Zweck und Inhalt der Titel 
„Britannia, eine Wochenschrift für englische Literatur und englisches Gesamtleben“ zum Aus¬ 
druck bringt Es gelang ihm, in der Buchhandlung Dennig, Fink & Comp, in Pforzheim einen 
Verlag und in Ferdinand Freiligrath einen Mitherausgeber zu finden, der, seit langem mit eng¬ 
lischer Literatur vertraut, den Gedanken, der ihm eine gesicherte Zukunft zu eröffnen schien, 
mit Freuden aufgriff und zur Förderung der Sache im Mai 1841 sogar seinen Wohnsitz nach 
Darmstadt verlegte. Im Sommer dieses Jahres reiste Künzel wieder nach England, um dort 
mit hervorragenden Schriftstellern persönlich über ihre Mitarbeit zu verhandeln, seine Pläne 
fanden auch in England wie in Deutschland vielen Anklang, wie der oben abgedruckte Brief 
Carlyles beweist Bunsen schrieb ihm am 6. Oktober 1841: „Dem Erscheinen der Britannia 
sehe ich mit Ungeduld entgegen“. Aber im letzten Augenblick, die erste Nummer lag Ende 
November schon zur Ausgabe bereit, verloren die Verleger den Mut und traten zurück. In der 
„Beilage zur Augsburger Allgemeinen Zeitung“ vom 27. Januar, Seite 214 mußten Künzel und 
Freiligrath dem Publikum die Mitteilung machen, daß der so vielversprechende Plan endgültig 
aufgegeben sei. (Vgl. auch Büchner a. a. O. Seite 387 ff.) 

Der „freundschaftliche Gruß“, den Gutzkow am 29. Februar an Künzel gesendet hatte, 
scheint zu näheren Beziehungen zwischen beiden geführt zu haben, deren Spuren aber leider 
in Künzels Nachlaß nicht erhalten sind. Später muß eine langjährige Unterbrechung ihres 
Verkehrs eingetreten sein, erst im Jahre 1864 trafen sie sich auf einer Reise Gutzkows per¬ 
sönlich wieder und schlossen sich nun enger aneinander an als vorher, wie wir aus einem am 
3. Sptember aus Weimar geschriebenen Briefe Gutzkows an Künzel ersehen, dessen Anfang 
folgendermaßen lautet: 

Theurer Freund I 

Nach der herzlichen Anknüpfung unsres Jetzt an unser Einst drängt es mich wahrhaft, dich zu ver¬ 
sichern, daß mir der Austausch des brüderlichen Namens an jenem schönen Tage wie eine NothWendigkeit 
erschienen ist. Der Strom der Zeit eilt dahin; was können wir im Vergänglichen als Bleibendes festhalten, wenn 
nicht die Befriedigung der Regungen des Gemüths? Die Stimmung, die mich ergriff, als ich dich nach sovielen 
Jahren wiedersah, erhöhte sich durch den Hinblick auf deine treffliche Gattin, die einer mit Wehmuth abge¬ 
schlossenen Zeit meines Lebens so nahe stand! 

Der Brief schließt mit den Worten: 

Laß mich auch zuweilen etwas von deinen literarischen Unternehmungen hören u. gieb mir überhaupt 
die Aussicht, daß ich recht oft in dein inneres u. äußeres Leben blicken darf. 

In treuer herzlicher Gesinnung dein Gutzkow. 

Es war die Zeit von Gutzkows Kämpfen mit dem Verwaltungsrat der Schillerstiftung. 
Von diesem Zerwürfnis, das den reizbaren Mann körperlich und geistig aufrieb, handelt der 
übrige Inhalt dieses Schreibens und dreier weiterer vom 16. September bis zum 13. Oktober 
geschriebenen Briefe, deren Schriftzüge schon die ganze Aufregung des verzweifelt um die Er¬ 
haltung der ersehnten Lebensstellung kämpfenden Mannes erkennen lassen. Der Briefwechsel, 
soweit er hier noch vorhanden ist, klingt in einem ergreifenden Briefe aus, den der nach der 
schrecklichen Katastrophe in Friedberg langsam genesende Gutzkow kurz vor seiner Entlassung 
aus der Irrenanstalt dankerfüllt an Künzel gerichtet hat, als Antwort auf dessen freundliche 
Einladung, zu ihm nach Darmstadt zu kommen und sich dort an Vorträgen zu beteiligen, die 
auf Künzels Veranlassung von einer Reihe einheimischer und auswärtiger Gelehrten im Anfang 


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Schmidt, Aus den Kreisen des Jungen Deutschlands. 


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des Jahres 1866 gehalten werden sollten. Wir erfahren aus dem Briefe, daß Künzel auch 
David Friedrich Strauß, der im Jahre 1865 seinen Wohnsitz in Darmstadt genommen hatte, 
fiir seinen Plan zu interessieren gewußt hat. An den Vorträgen hat Strauß aber nicht mitge¬ 
wirkt Der Schluß des Briefes bezieht sich auf den Bruder der Frau Künzel, Wilhelm Hamm, 
der 1820 zu Darmstadt geboren war und 1880 als Ministerialrat und Chef des Departements 
fiir Landwirtschaft in Wien gestorben ist Damals war er Besitzer einer Fabrik für landwirt¬ 
schaftliche Geräte und Maschinen in Eutritzsch bei Leipzig. 

Theuerster, vergieb, daß ich dir erst heute auf deine so überaus freundlichen Zeilen antworte. Bin ich 
auch im vollen Zuge, mich wieder wie in alter Zeit mit meben Angehörigen, mit der guten Julie, die sich mir 
wie die treueste Schwester erweist, durch Correspondenz zu verständigen, so wird mir doch die erstmalige 
Wiederanknüpfung an die Freunde immer schwer. Denn jedem glaube ich dann die Schilderung des Erlebten, 
die Darlegung dessen, was ich noch glaube vom Leben erwarten zu dürfen, schuldig zu sein; Schmerz und 
Wehmuth übermannen mich beim Vergleiche von Sonst und Jetzt. Es giebt m der Freundschaft kern Maaß, 
das für alle paßt, sonst würde ich mir fast möchte ich sagen durch ein Formular der Wiederbegrüßung helfen. 
Wie die Freundschaft nur die Verknüpfung des Individuellsten in zwei Seelen ist, so wird sich das Aussprechen 
von Freud und Leid auch jedesmal individuell anders bedingen — vollends bei solchem Infandum, wie ich er¬ 
lebte, und so hab’ ich mich denn, deber großen Güte und mir so schnell wieder gewonnenen Herzlichkeit gegen¬ 
über, nicht alsbald sammeb können. 

Daß ich nicht gewillt seb durfte, der ehrenvollen Aufforderung, mich dem Kreise anzuschließen, der 
diesen Wbter b Darmstadt eb so schönes Vorhaben ausführt, Folge zu leisten, sagtest du dir wol selbst, lieber 
Freund, nachdem du die Umstände näher erwogen. In einer Stimmung, wie sie Lessbg bezeichnet, wenn er 
den Prinzen b Emilia Galotti zu Marbelli sagen läßt: „Gehe hb, dich auf ewig zu verbergen/ 1 kann ich nicht 
vor die Menge treten. Noch habe ich, wenn ich nur allem an mebe Friedberger Verzweiflungsnacht denke, 
die Scheu, es müßte Jedem, der mir begegnet, zu Muth seb, wie Macbeth, wo er Banquos Aussehen an seber 
Tafel schildert — Theater, Conzerte, Vorlesungen, alles das wird noch auf lange, wenn ich eb Lange mit mebem 
angegriffenen, wo nicht zerstörten Körper erlebe, an meb Ohr tönen wie b nächtlicher Stille das dumpfe Hallen 
der fernen Meeresbrandung. Wie aus ebem so trübe bedbgten Verhältnis zum wiedergewonnenen Daseb, ja 
ich bekenne es fast mit Beschämung zum wiedergewonnenen Behagen am Dasein, die alte Thätigkeit sich ent- 
wickeln soll, vor allem die nur allem durch Rückkehr zur gewohnten Arbeit gegebene Bürgschaft für die Er¬ 
haltung meber Familie, ich weiß es noch nicht Ich höre von Theatervorstellungen u. Sammlungen, die mir die 
ersten Lebenssorgen abnehmen sollen; man verfahrt aber damit, vielleicht um mir die Beschämung zu ersparen, 
so geheimnißvoll, daß ich nicht einmal weiß, wem ich außer Dawison und Devrient b specie zu danken habe. 
Man weiß, denke ich, seit Wochen, daß ich nun den hiesigen Aufenthalt verlassen soll u. bis zur Stunde bb ich 
noch von den unter sich unebigen Bewahrern des Gesammelten ohne Aufklärung oder ermunternden Zuspruch. 
Die Wirkung davon auf mich ist trübe genug. 

Willst du dir, lieber Freund, und durch deine Überredung auch debe treffliche herzige Frau den Glauben 
erhalten, daß sich durch das traurige Dunkel mebes labyrbthischen Irrgangs eb Lichtstrahl hbdurchzieht, der 
den Freunden die alte Gesinnung erhalten darf, so danke ich dir innig dafür. 

Erfreulich überrascht hat mich die Straußische Mitwirkung bei deinem Plan. Ich will dir bei dieser Ge¬ 
legenheit über Strauß etwas mittheilen, was dir vielleicht neu ist. Solltest du ihn ebmal zu Mittag an deben 
gastlichen Tisch laden, so theile ich dir und deber lieben Frau mit, daß er nicht blos eb Liebhaber, sondern 
eb leidenschaftlicher Liebhaber ebes der schwersten Gerichte ist — Aal. Daß seb Magen viel verdauen kann, 
hat er seit sebem „Leben Jesu“ bewiesen I Er ißt Aal nicht nur als 2tes oder 3tes Gericht, sondern Aal im 
ersten u. im zweiten u. im dritten Gange, nach allen Variationen der Zubereitung, gebraten, geräuchert, ge¬ 
kocht, au gratb, ä la tartare, en matelotte, wie nur eb gutes Kochbuch vorschreibt Vielleicht entsinnt er sich 
ebes bescheidnen Mittagsmahls, das ihm ebmal in annähernder Weise mebe Frau b Dresden bereitete. Von 
Mitgeladenen konnte leider nur eb orthodoxer Jude kommen, den ich auf die Berühmtheit, die er bewunderte, 
ebgeladen hatte. Aber gerade den Aal hat Moses nächst den bekannten andern fetten Quadrupeden seben 
Gläubigen aufs strengste verboten, wodurch sich dann zwischen Appetit hier und absoluter Abstinenz dort der 
komischste Contrast ergab. Ich las dieser Tage ebe Erinnerung an eben Besuch, den Strauß b Weimar und 
Jena machte. Als ich nach Weimar kam, war gerade die Stelle eines Oberbibliothekars vakant u. ich gbg b 
direkter Eingabe an den Großherzog, er möchte die Stelle Strauß und damit eb schönes Beispiel von Vorurtheils- 
losigkeit geben. Der Großherzog drückte mir mit einem aufrichtig schmerzlichen „Zu spät“ seb Bedauern aus. 
Die Stelle war schon an Schöll vergeben. 

* Du siehst mich ins Plaudern kommen, gerade als säße ich schon b debem schönen Thurm, b den du 
mich einladest. Den unheimlichen Gast wird deb Haus aber so bald nicht beherbergen können. Eher möchte 
ich wünschen, dich b der Schweiz zu sehen, wenn du dir dahb ebe Frühlbgsferienreise gestatten könntest 
Jedenfalls erhalte mir die freundliche Gesinnung, der ich auch diese treugemebte Einladung zu verdanken habe. 

Z. f. B. 1912/1913. 16 


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Schmidt, Aus den Kreisen des Jungen Deutschlands. 


Gruß deiner lieben Gattin (vor einigen Wochen brummte hier im Dorf eine die stolze Firma ihres Bruders 
tragende Dreschmaschine — aber das Brummen soll auf die immer so freundliche liebe Freundin — beileibe I — 
ohne alle Bezüglichkeit sein — I!) u. unserer Julie, der ich morgen schreibe. 

ln Liebe Dein vielgeprüfter 

St Gilgenberg 7. Dez. 65. Gutzkow. 

Die treue Freundin in Darmstadt, deren Gutzkow in diesem Briefe gedenkt, war Julie 
von Carlsen. In Darmstadt am 25. März 1817 geboren, hatte sie als Tochter des Obersten und 
Regimentskommandeurs in Offenbach Ulrich Pultz von Carlsen die Bekanntschaft von Amalie 
Klönne, der Pflegetochter des schwedischen Generalkonsuls Freinsheim in Frankfurt, bei den regen 
gesellschaftlichen Beziehungen zwischen beiden Mainstädten wohl schon früher gemacht und 
nach Amaliens Heirat mit Gutzkow die Freundschaft auch auf diesen übertragen. (VgL Houben, 
Gutzkow-Funde. Berlin 1901. Seite 363.) Der Verkehr dauerte auch fort, als ihr Vater im Oktober 
1837 als Stadtkommandant nach Darmstadt versetzt wurde, wo er neunzigjährig als General¬ 
leutnant erst am 15. April 1863 gestorben ist Ihre literarischen Neigungen und ihre Vorliebe 
für das Theater brachten Julie von Carlsen hier auch in Beziehungen zu Künzel und seiner Frau. 
Meine Nachforschungen nach dem Verbleib der von Gutzkow an sie gerichteten Briefe ergaben, 
daß diese Schriftstücke nach Juliens am 18. April 1880 erfolgten Tode in Verwahr ihres Bruders 
Hermann von Carlsen verblieben, und, als dieser am 15. Mai 1887 ebenfalls unverheiratet starb, 
in Besitz eines Verwandten, des Majors a. D. Christian von Bechtold in Darmstadt, gekommen 
sind, der sie dem ihm befreundeten Johannes Proelß, dem Verfasser des Werkes „Das junge 
Deutschland“, Frankfurt 1891, überlassen hat Aus dessen Nachlaß hat H. H. Houben die Gutz¬ 
kow betreffenden Schriftstücke erworben, die Briefe an Julie befanden sich aber nicht darunter. 
Da nicht anzunehmen ist, daß Proelß sie vernichtet hat, und da sie, wenn er sie irgend sonst wohin 
gegeben hätte, unterdessen wohl schon einmal wieder zum Vorschein gekommen wären, dürfen 
wir annehmen, daß sie noch an einer verborgenen Stelle bei den Proelßschen Papieren liegen 
und gelegentlich wieder auftauchen. Hoffentlich noch frühe genug, um für Houbens Gutzkow- 
Biographie nutzbar gemacht werden zu können. 

Major von Bechtold war durch Julie von Carlsen ebenfalls mit Gutzkow bekannt geworden 
und hatte ihn, als er nach dem Selbstmordversuch in Friedberg, seiner damaligen Garnison, 
im Krankenhaus lag, dort besucht In seinem Besitz befindet sich noch ein Stammbuchblatt, 
das Gutzkow seiner Braut, Fräulein Eugenie von Paldzieux aus Vevey, gewidmet hat und das 
folgendermaßen lautet: Wer in einer schönen und reichen Natur lebt, wird leichter lernen, das 
wahre Glück zu erkennen und zu verbreiten. K(esselstadt). 9. Nov. 66. Karl Gutzkow. 

Ein paar Worte über das spätere Leben und Wirken Heinrich Künzels, an den die 
meisten hier abgedruckten Briefe gerichtet waren, mögen diese Mitteilungen beschließen. Als 
er aus England in seine Heimat zurückgekehrt war, fand er im Jahre 1842 eine Anstellung an 
dem Gymnasium zu Worms, 1843 wurde er an die Höhere Gewerbeschule zu Darmstadt, die 
Vorläuferin der heutigen Technischen Hochschule, versetzt An dieser Anstalt wirkte er als 
Lehrer der Geschichte und Literatur bis zu seiner am 2. Mai 1869 auf sein Nachsuchen 
erfolgten Versetzung in den Ruhestand. Sein hübsches poetisches Talent, das zuerst in seinem 
mit Friedrich Metz herausgegebenen „Musenalmanach für 1833“ und in der in dem Briefe 
Wihls vom 29. Februar 1839 erwähnten Gedichtsammlung „Fliegende Blätter“ zum Ausdruck 
gekommen war, benutzte er später fast nur zu Gelegenheitsdichtungen bei Festlichkeiten im 
Familienkreise und bei öffentlichen Angelegenheiten, sowie vor allem im Dienste des Frei¬ 
maurerordens und der Darmstädter Loge, der er schon in jungen Jahren beigetreten war und 
lange als Meister vom Stuhle Vorstand. Maurerischen Angelegenheiten galten auch viele seiner 
Veröffentlichungen, die sich im übrigen hauptsächlich auf dem Gebiete der Geschichte, nament¬ 
lich seines Heimatlandes Hessen, bewegten. Eine reiche gemeinnützige Tätigkeit entfaltete er 
in seiner Vaterstadt auch auf dem Gebiete der Wohltätigkeits- und Bildungsvereine. Seine 
Vorliebe für England veranlaßte ihn zu wiederholten Reisen dorthin und zu manchen Unter- 


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Leitzmann, Neues von Lichtenberg. II 


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nehmungen literarischer und künstlerischer Art, zu denen vor allem das im Juni 1852 von ihm 
geleitete Gastspiel hervorragender deutscher Schauspieler in London, das einen glänzenden 
Erfolg hatte, gehörte. Künzel starb plötzlich am 11. November 1873. Sein Leben bis zum 
Jahre 1843 hat er selbst in H. E. Scribas „Biographisch-literärischem Lexikon der Schriftsteller 
des Großherzogtums Hessen“, Darmstadt 1843, 2, 421—424 beschrieben, nach seinem Tode hat 
sein Schwager Wilhelm Hamm unter dem Titel „Ein Pionier deutscher Kunst“ in der „Garten¬ 
laube“ 1875 Seite 368—371 einen Nachruf veröffentlicht 


Neues von Lichtenberg. II 

Mitgeteilt von 

Professor Dr. Albert Leitzmann in Jena. 

[Fortsetzung.] 

11. November. 

Das Magazin und zwar 2 Stücke auf einmal werden ehestens fertig. 1 Ich habe dem Schlüffel 2 Voß darin 
auf fast 4 Bogen geantwortet, und die gantze Sache in ihr gehöriges Licht gestellt 3 Ew. Wohlgebohren werden 
daraus sehen, was das für ein Früchtchen ist, dieser Voß. . . . Die Wahrheit zu sagen meine kräncklichen Um¬ 
stände haben mich öffters abgeneigt gemacht an die Widerlegung des Pedanten zu gehen. 

14. November. 

Das ist freylich mit Howe 4 eine herrliche Sache. Ich kan ohne Vergnügen nicht an Elliot 5 gedencken, 
ob ich eben sonst gleich kein Bewunderer von Helden bin, wenigstens von Conqueranten nicht Ich glaube 
dem Mann muß sterben so viel seyn, als mir zur Ader lassen. Ich habe neulich einen Brief von einer Dame 
aus Gibraltar gelesen, es ist gantz fürchterlich, was da für Auftritte passiren. Sie wurde unter andern in einen 
Thurm gerettet, was dort retten heißt, nemlich zwischen ihr und dem Tod war nur ein Fuß Zwischenraum, da 
vorher 2 Zolle waren. Als sie in den Thurm kam, roch es entsetzlich, sie fragte was das wäre, und ein gut- 
hertziger Kerl sagte ihr so eben wäre eine Kugel durchgeflogen und hätte einen Kerl mitten von einander ge¬ 
nommen. Aus diesem Thurm muste sie wieder heraus unter ein Zelt; auf dem Weg dahin, da die Bomben um 
sie her flogen, hielt sie ihr Kind in die Höhe und bat Gott, er möge sie doch zu gleicher Zeit wegnehmen, wenn 
er sie wegnehmen wolte. In das benachbarte Zelt von ihr flog eine Bombe und zerschlug eine gantze Famüie. 
Endlich nach vielem Probiren entkam sie glücklich nach England. 

HErr Dieterich wird mit Amtmann Bürger nach Celle und Hamburg gehen 6 und also bey Ew. Wohlge¬ 
bohren zusprechen. 

17. November. 

Ich bin fast noch nie mit jemanden so umgegangen als mit Voßen, selbst Göbhard? ist noch gelinder 
tracktirt, denn das Rindvieh hat mir meine Meinungen angedichtet, blos um sie widerlegen zu können, förmlich 
angedichtet. 

* Von dem von Lichtenberg in Gemeinschaft mit Georg Förster seit 1780 heransgegebenen „Göttingischen Magazin 
der Wissenschaften und Literatur" erschienen damals das erste and zweite Stück des dritten Jahrgangs. 

2 Schlüffel = grober, ungehobelter Mensch (vgl. Grimm, Deutsches Wörterbuch 9, 810). 

3 Seit 1781 war Lichtenberg mit dem Homerübersetzer Johann Heinrich Voß in einer literarischen Fehde, die 
von beiden Seiten recht derbe Formen annahm: ursprünglich von einer Diskussion über die Aussprache des griechischen 
rj ausgehend, kam sie bald zu einer gegenseitigen herben Verunglimpfung der Charaktere und endete in unerfreulicher 
Resultatlosigkeit Lichtenberg selbst gab später zu, im Ton sich vergriffen zu haben, wenn er auch sein sachliches Recht 
stets verteidigte (Briefe 2,210.219). Oben ist sein zweiter gegen Voß gerichteter, im ersten Stück des Magazins 
erschienener Aufsatz „Über Herrn Voßens Verteidigung gegen mich im März (Lenzmonat) des Deutschen Museums 1782" 
(Vermischte Schriften 4, 266) gemeint 

4 Dem englischen Admiral Richard Howe (1726—99) war es gelungen, das von den Franzosen und Spaniern be¬ 
lagerte Gibraltar zu verproviantieren. 

5 George August Elliot (1712—90) war Gouverneur von Gibraltar. 

* Diese bald nach dem 10. November unternommene Reise dauerte eine Woche und tat dem Dichter nach den 
Aufregungen des Sommers sehr wohl (Wurzbach, Gottfried August Bürger S. 188). 

7 Vgl. oben S. 82 Anm. 2. 


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Leitzmann, Neues von Lichtenberg. II 


Wir haben ja einen neuen Professor Fischer 1 * 3 erhalten. Ich kenne ihn nicht blos persönlich, sondern 
sehr genau. Er ist ein sehr feiner, subtiler Mensch, ich glaube er sezt am Ende alle unsere Prackticos aufs 
Brett Er hat Physic und ein Publikum über physische Astronomie bey mir gehört, und hat mich neulich besucht 
ob er gleich nur 24 Stunden hier war. 

HErr Reuß* ist noch nicht da. Daß der junge Michälis^ Professor geworden ist, ist wohl nicht an dem, 
weil an dem nichts ist Richter 4 5 verreißt schon wieder nach Mayntz. Das ist nicht recht 

21. November. 

Die Stücke von HErm H. RambergS sind sehr artig. Mich hat etwas sehr gerührt, das vermuthlich 
keines Menschen Aufmerksamkeit auf sich ziehen wird, und das waren die Häuser mit der eigenen Art von 
Schornsteinen. Es that mir ordentlich mein Hertz weh, und ich dachte ich wäre nun wieder an dem Ort, an 
dem ich allein zu leben und zu sterben wünschte. 6 7 8 9 10 Bey den Knaben müssen sich nun Ew. Wohlgebohren 
dencken, daß einige ihre Gesichter Himmelblau anmahlen und die Backen weiß schmincken und dabey mit 
Goldpapiemen Borten reich besezte Kleider und Hüte tragen. Die reitende Dame ist recht erzenglisch. 
Mit Ihrer gütigen Erlaubniß will ich sie nur einigen Freunden zeigen und alsdann mit dem verbindlichsten Danck 
zurücksenden. 

25. November. 

Ich begreife nicht wie der alte Böhmer 7 so etwas verlangen kan. Er wird doch nicht die gantze Univer¬ 
sität mit Böhmeris besetzen lassen wollen. Er scheint mir überhaupt in Söhnen nicht so glücklich gewesen zu 
seyn, als in Töchtern und Compendiis. 

Es wird heule am lezten Blatt des Magazins gesezt. Jezt da ich fertig bin finde ich hundert Dinge, die 
ich noch hätte sagen können. Ich habe auch dem jungen Cramer , Boien und dem Medecin de Ventre de sa 
Majestd zu Hannover etwas abgegeben. Es war nicht zu vermeiden.® 

Heute Morgen hatten wir Schlitten, es waren aber noch nicht die rechten Nachtvögel, die flogen; 
sondern von den braunen Tagvögeln die geschwind herauskommen und deren Flügel sogleich in Gumprechts? 
Cabinet aufgespieset werden. 

2. December. 

Tausend Danck für die schönen Zeichnungen. Ich habe über die Carricaturen gantz laut gelacht, und 
ich sehe, daß der kleine Raphael schon ein wahrer Engländer ist; die frantzösischen Courierbeine sind wahrer 
englischer National Geschmack, so gut als das Gesicht des Grafen d’Estaing. 19 Sie sind sehr schön. Ich habe 
mich mit einigen meiner Freunde recht ergözt daran, und die hiesigen Engländer walfahrten recht darnach. 
Frey lieh ist die Original Zeichnung von dem Milchmädchen besser als die Copie. Man kan in lezterer sogar 

1 Johann Heinrich Fischer (1759—1814) hatte nach seiner Göttinger Promotion 1781 eine längere gelehrte Reise 
nach Holland und Frankreich unternommen, während welcher er zum außerordentlichen Professor der Medizin ernannt 
wurde, eine Stellung, die er jedoch erst 1785 nach Abschluß seiner Reise antrat. 

* Jeremias David Reuß (1750—1837), Unterbibliothekar in Tübingen, war als Kustos der Universitätsbibliothek 
und außerordentlicher Professor der Philosophie nach Göttingen berufen worden. 

3 Christian Friedrich Michaelis (1754—1814), ein Sohn des berühmten Göttinger Orientalisten Johann David 
Michaelis, stand als Arzt bei den hessischen Truppen in Nordamerika und wurde nach seiner Rückkehr Professor der 
Medizin in Kassel. 

4 August Gottlob Richter (1742—1812), Professor der Medizin in Göttingen, war ein berühmter Arzt und Operateur. 

5 Johann Heinrich Ramberg (1763—1840), der Sohn des mit Lichtenberg und Schemhagen befreundeten Kriegs¬ 
sekretärs in Hannover (vgl. oben S. 77 Anm. 5), bildete sich dann auf der Londoner Malerakademie unter Reynolds aus und 
lebte nach einer längeren italienischen Reise als geachteter Historien- und Genremaler in seiner Vaterstadt. Lichtenberg 
und seine andern hannoverschen Freunde haben ihn, den „kleinen Rafael“ (Briefe 1, 275. 284. 314. 328. 2, 184), wohl 
stark überschätzt 

6 Welcher Ort ist das? England? 

7 Georg Ludwig Böhmer (17 1 5— 97 )» Professor der Jurisprudenz in Göttingen, war eine der Berühmtheiten der 
Universität. Er hatte sieben Söhne, von denen damals bereits drei Dozenten in Götüngen waren: hier handelt es sich 
wohl um Just Ludwig Bechtold Böhmer, der juristischer Privatdozent war und 1783 als Hof- und Kanzleirat nach 
Hannover kam. 

8 In dem oben S. 98 Anm. 3 nachgewiesenen Aufsatz Lichtenbergs gegen Voß findet sich ein Stich auf Klopstocks 
Panegyristen Karl Friedrich Cramer (1752—1807) und sein weitläufiges Werk (Vermischte Schriften 4, 305) sowie gegen 
den Schluß eine längere Stelle gegen Voßens Schwager Heinrich Christian Boie (1744—1806), in dem ihm besonders 
zum Vorwurf gemacht wird, daß er Angriffe Zimmermanns gegen seinen Freund und Mitarbeiter Lichtenberg („einige 
Zeüen Medianprose, die jemand zur Zeit des roten Kamms geschrieben hatte“) in seine Zeitschrift aufnahm (ebenda S. 329). 

9 Der Schutzjude Moses Gumprecht betrieb in Göttingen den größten Geld-, Wechsel- und Tauschhandel (Meiners, 
Kurze Geschichte und Beschreibung der Stadt Göttingen S. 197). 

10 Vgl oben S. 91 Anm. a. 


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fehlerhafte Richtungen im Schatten entdecken. Das flüchtigste unter allen: die Schlacht bey Rosbach hat 
mich sicherlich nicht am wenigsten gefreut Man glaubt es schneyte Frantzosen und büzte Preußen. Das ist 
Recht Die Hartz Prospeckte sind vortrefflich. Ich werde sie mit erster Post wieder zurückschicken. 

Der Uhu auf den Schmeltztiegeln ist doch wohl das Leichhuhn das auf der Goldversprechenden 
Physiognomick ruht? 

12. December. 

Mich wundert nur noch, daß die Scharfrichter wenigstens zuweilen gut machen. Denn ich weiß es, was 
es heißt, einen schweren Versuch in Gegenwart von vielen Menschen zu machen, und ich kan doch noch vorher 
probiren, aber mit Menschenköpfen lassen sich keine Versuche anstellen, und dabey ist es doch immer ein sehr 
verschiedener Fall ob ich einen Kohlkopf spalte, oder einem Hund den Kopf abhaue oder einem Menschen. 
Daß die Aerzte in ihren Executionen so glücklich sind wundert mich gar nicht, das thut alles die güldne Praxis. 

19. December. 

Es ist freylich vieles in dem Anti-Vossenius, z das etwas hart ist, allein es ist nicht anders möglich bey 
einem solchen Menschen. Er wird mich dafür schon wieder nach seiner Art zusammen nehmen, 2 allein ich 
werde seine Schrifft gar nicht lesen. Unter der Zeit des rothen Kamms 3 verstehe ich den Augenblick des 
rothen Kamms, ich meine er habe es in einem Anfall von Physiognomisch-patriotischer Hitze geschrieben, denn 
der Mann denckt alle Stunden anders. 

23. December. 

HErr Gordon allhier hat auch Nachrichten aus London, daß es mit dem Universal-Frieden nicht so nahe 
ist, als man sich wohl geschmeichelt hat. Artig wäre es wenn die Amerikaner einen Separat Frieden ein- 
giengen. 4 Ich glaube da würden wir Wunder hören: Martinique und die Havannah mögten wohl die ersten 
Früchte davon seyn. Daß die Spanier die Independentz nicht anerkennen wollen freut mich sehr. Der seeiige 
Achen wall 5 prophezeyhte, als ich die Staaten-Geschichte bey ihm hörte, dem Spanischen Reich in Amerika den 
Untergang durch die Colonien. Der Zeitpunckt scheint mercklich näher zu rücken, und dieses scheinen die 
Spanier wohl zu fühlen. Sie sind gewiß verlohren, so bald die Amerikaner sich zu fühlen anfangen. Ein 
kriegerisches, abgehärtetes, emsiges Volck das zwar Lebensmittel, aber keine edle Metalle hat, und neben einem 
faulen, sklavischen wohnt, das durch edle Metalle faul geworden ist, muß sich am Ende zum Meister des andern 
machen. Lächeln Ew. Wohlgebohren nicht zuweilen auch über Myn Heer den Holländer, dessen gantze Thätig- 
keit sich jezt auf den Fähndrich de Wytt und den Gärtner van Brackei einzuschräncken scheint? Was diese 
Nation herunter gekommen ist, wenn man den jezigen Krämer mit dem zur Zeit der Ruyter, Tromp und 
Opdam 6 vergleicht! Ich mögte wohl wissen was die Ursache ist 

Der alte Förster 1 ist ein gäntzlich unverträglicher Mann .... Es scheint sein Vergnügen zu seyn sich 
mit allen seinen Freunden zu Überwerfen, am Ende aber furchte ich wird er nichts mehr haben womit er sich 
Überwerfen kan. 

26. December. 

Wird denn der junge HErr Ramberg noch lange in London bleiben, oder wird er nicht einmal eine 
Tour nach Italien oder Dresden machen? Er müßte von London nach Livorno gehen und wenn er anders 
nicht in der Nacht vorbey käme uns eine Zeichnung von Gibraltar liefern in seiner Hartz Manier. Die im Nie- 
buhr 8 ist aus einer gar zu grosen Feme gemacht Ich habe eine gesehen, die der General Morrison ,9 ein ge- 
bohmer Zeichner, der die Leiche des Hertzogs von Yorck von Monaco nach England führen half und in 
Gibraltar anlegte, gemacht Sie war in Farben, leicht verwaschen und ich erinnere mich mit Vergnügen daran, 
sie war in einem Boot entworfen, etwa an dem Ort in dessen Nadir jezt ein Theil der sinckenden Batterien 

* Gemeint ist die zweite, oben S. 98 Anm. 3 nachgewiesene Abhandlung Lichtenbergs gegen Voß. 

2 Voß antwortete tatsächlich noch einmal mit dem Aufsatz „Ehrenrettung gegen den Herrn Professor Lichten- 
berg*', der im Aprilstnck des Deutschen Museums 1783 (I, 340) erschien (vgl. auch Herbst Johann Heinrich Voß 1,246). 

3 Die Stelle seines Aufsatzes, auf die Lichtenberg hier anspielt geht gegen Zimmermann und ist oben S. 124 
Anm. 8 im Wortlaut mitgeteilt 

4 Die Präliminar-Fricdensardkel zwischen England und den als unabhängig anerkannten amerikanischen Kolonien 
wurden am 30. November vereinbart während der definitive Friede am 19. April 1783 in Versailles abgeschlossen wurde. 

5 Gottfried Achenwall (1719—72), Historiker und Statistiker, war Professor der Jurisprudenz in Göttingen gewesen. 

6 Michiel Adriaanszoon de Ruyter (1607—76) und Comelis Graf von Tromp (1629—91), die beiden berühmtesten 
Admirale der holländischen Flotte in dem Jahrhundert ihrer größten Seegeltung. Über Opdam habe ich nichts ermitteln können. 

7 Johann Reinhold Förster (1729—98), der Vater Georg Försters, Cooks Begleiter auf seiner zweiten Reise um 
die Welt, war seit 1780 Professor der Naturgeschichte in Halle. Seines „Verdrusses über den alten Förster«* gedenkt 
Lichtenberg auch in einem undatierten BUlett an Dieterich aus dem Herbst 1782 (Briefe 2, 48). 

8 Eine Ansicht von Gibraltar ist als erste Kupfertafel Karsten Niebuhrs „Reisebeschreibung nach Arabien und 
andern umliegenden Ländern * 4 (Kopenhagen 1774) beigegeben. 

9 George Morrison (1704—99) geleitete im Jahre 1767 die Leiche des Herzogs von York von Monaco nach London. 


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Leitzmann, Neues von Lichtenberg. II 


eingewässert liegt Es ist ein seltsamer Anblick. Was wir jezt haben ist meistens vernürnbergtes Zeug in der 
Gänsespiel Manier. 1 

Haben wohl Ew. Wohlgebohren Lavaters Pontius Pilatus 2 gelesen? Etwas abscheulicheres läßt sich für- 
wahr und in Ehren nicht gedencken. Selbst die, die sonst noch was von dem Manne hofften, zweifeln jezt ob er 
seine gesunde Vemunfft bis an sein Ende fortschleppen wird. Das Werck ist nicht blos schwärmerisch, sondern 
im höchsten Grad kindisch und die Symptomen des nach und nach schwindenden bon sens finden sich auf 
allen Seiten. 

30. December. 

In den Brief an den HErra Herschein würde ich einen gantz dünnen an den berühmten Magellan* legen, 
der mir, ohne daß ich je mit ihm gesprochen, zugleich mit Herschels Gesehenck alle seine Schrifften zu¬ 
geschickt hat mit einem ex dono auctoris dabey geschrieben .... Wie ich zu diesen angenehmen Geschencken 
komme sehe ich kaum ein, da ich immer dachte, daß einen Büchsenschuß über die deutsche Gräntze kein 
Mensch, meine Freunde ausgenommen, an mich dächte. 

Ew. Wohlgebohren lege ich hier einen Kupferstich bey der, wenn Sie ihn noch nicht gesehen haben, 
Ihnen doch einiges lächeln ablocken wird. Er ist zwar auch im Stil der Gänsespiele* allein ein gantz 
schlechter Mensch hat ihn doch nicht gemacht Man muß grade so aussehen wie der Richter um nicht durch 
das flehen der armen Teufel gerührt zu werden. Das Süjet ist übrigens eines Hogarths 6 oder des HErm 
Rambergs nicht unwürdig wenn nur die Ideen Sammlung nicht mit so vieler Gefahr verbunden wäre. Das 
darauf gemachte Lied schicke ich blos der beyden lezten Zeilen wegen mit, woraus man sieht was man in Wien 
drucken darf, denn dieses Zeug wird in Wien öffentlich verkauft Der Kayser hatte einen sehr guten Einfall bey 
einer ähnlichen Gelegenheit Als er die Preß Freyheit gestattete kam gleich gantz abscheuliches Zeug in 
Menge zum Vorschein. Der Minister fragte ihn was zu thun wäre. O, sagte er lächelnd, unsere Pressen haben 
so lange Obstruktionen gehabt daß es kein Wunder ist wenn das erste das weggeht, nachdem ich Lufft 
gemacht habe, unverdautes garstiges Zeug ist Freylich muß man dieses Gleichniß nicht so genau nehmen 
(omne simile claudicat) sonst mögte man, auch nach der Genesung, nicht viel sonderliches von den Wiener- 
ischen Pressen zu gewarten haben. Er müste denn blos die Verstopfung der Schnepfen pp. gemeint haben. 

Solte es mit der Independentz von Amerika seine Richtigkeit haben, so wünsche ich die Folgen zu er¬ 
leben. Es wird eine förmliche Völcker-Wanderung dorthin geschehen. Vielleicht erleben wir noch Vocationen 
Göttin gisch er Professoren nach der Alma Philadelpkica und sehen Philadelphische Buchhändler auf der Leip¬ 
ziger Messe. 


1783. 

2. Jenner. 

Wenn Sie den Pontius Pilatus selbst nicht lesen wollen, so wolte ich bitten, wenigstens die Recension 
davon in der allgemeinen deutschen Bibliotheck zu lesen, sie ist vortrefflich.? 

9. Jenner. 

HErr Förster aus Cassel meldet mir, daß er wieder neue Hoffnung habe nach Italien zu gehen. Er ist 
nach Bologna eingeladen, ob er aber gehen wird ist noch nicht gewiß. 8 


z Es gab damals mehrere Gesellschaftsspiele, die den Namen Gänsespiel trugen: bei allen war eine Spieltafel mit gemalten 
Gänsen und andern Malereien auf dem Spieltisch ausgebreitet, zum Spielen dienten Würfel oder Rechenpfennige (Grimm, 
Deutsches Wörterbuch 4, 1, 1278). Lichtenberg erwähnt das Spiel auch zweimal in den Aphorismenbüchem (D 378, J 399). 

2 Lavaters „Pontius Pilatus oder die Bibel im kleinen und der Mensch im großen“ erschien in vier Bändchen Zürich 
1782—85. Eine längere, scharf ablehnende Charakteristik des sonderbaren Werkes gibt Goethe in einem Briefe an Frau von 
Stein vom 6. April) Briefe 5, 299) und in zwei Briefen an Lavater selbst vom 29. Juli und 9. August 1782 (ebenda 6, 20. 37). 

3 Lichtenbergs erster Brief an Herschel vom 12. Januar 1783, in dem er sich für die Übersendung seiner astro¬ 
nomischen Abhandlung über die Parallaxe der Fixsterne bedankt, vom Uranus spricht, den Adressaten um eine kurze 
Übersicht seiner wichtigsten Lebensereignisse für das Göttingische Magazin bittet und schließlich sein Bedauern aus¬ 
spricht, ihn 1775 m Bath nicht besucht zu haben, ist erhalten (Briefe 2, 64). 

4 Joao Hyacinte de Magellan (1722—90), Physiker, war eins der berühmtesten Mitglieder der Londoner Gesell¬ 
schaft der Wissenschaften. 

3 Vgl. oben Anm. I. 

6 William Hogarth (1697—1764), der berühmte englische Genremaler, dessen Kupferstiche Lichtenberg in einzelnen 
Aufsätzen des Göttinger Taschenkalenders seit 1784 und dann in ausführlicherer Art in Buchform seit 1794 erläutert hat. 

7 Diese Rezension der Allgemeinen deutschen Bibliothek (51, 99), die nicht unterzeichnet ist, sieht in Lavaters 
Werk „den besten Kommentar zur Fabel vom gebärenden Berge“ (S. 101) und schließt mit den Worten (S. 113): 
„Rezensent fugt nichts hinzu, als daß er bedauert, daß Herr Lavater sich in dieser kleinen Schrift auf einer so nachteiligen 
Seite gezeigt hat, und wünscht, daß er sich durch die Fortsetzung dieses elenden Geschreibs oder andre Schriften dieser 
Art nicht ganz um die Achtnng des vernünftigen Teils der Lesewelt bringen möge.“ 

8 Aus dieser Reise Georg Försters nach Italien ist so wenig etwas geworden wie aus einem ähnlichen drei Jahre 
zurückliegenden Plane, als Begleiter eines Berliner Arztes Fliess nach dem Süden zu gehen (Briefwechsel mit Sömmerring 
S. 231; Lichtenbergs Briefe I, 351. 353). 


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Zum Pontius Pilatus gratulire ich. Da müssen sich Ew. Wohlgebohren ein Pfeifgen dazu anmachen, es 
ist würcklich stärckender als der beste Porter, so etwas zu lesen. 

27. Jenner. 

Ich glaube dem guten Mann [Gatterer] 1 verdreht seine meteorologische Physiognomick* noch endlich 
den Kopf auch, und er wird einen Pontius Pilatus gebähren. 

30. Jenner. 

Die Nachricht von HErra Claproths Erhöhung 3 hat mich ebenfalls sehr gefreut Er ist würcklich ein 
sehr nützlicher'und vortrefflicher Mann in aller Rücksicht, ich glaube Leute von der Rechtschaffenheit und dem 
Hertzen hier in Göttingen lassen sich wohl alle um einen Caffeetisch setzen. 

Ich glaube der Mann [Gatterer] ist etwas gegen mich aufgebracht, denn ich habe nunmehr Ursache zu 
vermuthen, daß er der Mann war, der schrieb er habe an Ziehen ♦ gedacht als es vor ein Paar Jahren stürmte, 
und daß sich Ziehen nur in dem Ort geirrt habe. 

6. Februar, 

Freylich verdient ein Mann wie Gatterer nicht, daß man ihn um etwas anspricht Er ist ein gantz ab- 
scheuliger Pedant, und auf seinen meteorologischen Wirrwarr so stoltz, als Voß auf sein bäh .5 Er glaubt die 
Lage des Sonnen Aequators gegen die Ecliptic habe einen Einfluß auf unsere Atmosphäre, das ist würcklich 
abscheulig, und dieser Satz allein hat gemacht, daß ich das übrige nicht lesen mogte. Es ist gar ein elender 
Gedancke. 

Stellen sich Ew. Wohlgebohren vor was Baidinger gemacht hat. Er läßt im neusten Stück seines Maga¬ 
zins für Aerzte, ohne mich zu fragen , meine Schwantz-Physiognomick, 6 und wie seine Frau mir selbst zu ver¬ 
stehen giebt aus Rache gegen Zimmermann abdrucken. Gottlob mein Nähme steht nicht drunter. Ohne zu 
lächeln werden sie Ew. Wohlgebohren wohl schwerlich lesen, allein ich bitte doch Ew. Wohlgebohren Dero 
Freunden zu sagen, daß ich keinen Antheü an der Publicirung habe, daß ich es anno 1777 geschrieben habe, 7 
wo der Spott noch taugte, der jezt zu spät kommt, und das 3*«“ vieles sehr verdruckt ist Es ist in der That 
jezt so wie es da steht zugleich eine Satyre auf Baldingers Magazin und auf Hallern dessen in Baldingers Ein¬ 
leitung Erwähnung geschieht 8 Er sagt ich habe vor langer Zeit die Publicirung erlaubt Ich entsinne mich 
dessen nicht Da aber Baidinger nicht vorsätzlich lügt, so kan es seyn, daß ich in der lustigen Gesellschafft, für 
die ich es geschrieben, einmal sagte, ich mache mir nichts daraus, wenn es gedruckt würde.* Zimmermann 
wird vermuthlich sehr scheel darauf herab sehen. 

Ich bin ernstlich gewilligt, die Briefe über Garrick 10 besonders herauszugeben, nicht allein weil ich von 

* Johann Christoph Gatterer (1727—99), Historiker nnd Geograph, Professor der Philosophie in Göttingen. 

* Seine meteorologischen Anschauungen hatte Gatterer in seiner Abhandlung „De anno meieorobgico fundamentale " 
(Göttingen 1780) niedergelegt; eine weitere Ausführung seiner dort behandelten Ideen ist nicht erschienen, scheint aber 
nach den obigen Worten geplant gewesen zu sein. 

3 Justus Claproth (1728—1805), Professor der Jurisprudenz in Göttingen, war zum Hofrat ernannt worden. 

4 Konrad Siegmund Ziehen (1727—80), Hauptprediger in Zellerfeld am Harz, hatte sich durch sonderbare Weis* 
sagungen nahe bevorstehender großer Erdrevolutionen einen Namen gemacht, gegen die Lichtenberg schon 1780 einen 
Aufsatz „Über die Weissagungen des verstorbenen Herrn Superintendenten Ziehen zu Zellerfeld“ in die Göttingischen 
Anzeigen von gemeinnützigen Sachen geschrieben hatte (Vermischte Schriften 5, 3). 1782 folgte dann im zweiten Jahr* 
gang des Göttingischen Magazins „Noch ein Wort über Herrn Ziehens Weissagungen“ (ebenda 5, 14): dort findet sich 
(S. 24) die Stelle zitiert, die von einem „profunden Gelehrten zu Göttingen“ berichtet, was Lichtenberg oben anfuhrt. 

5 Lichtenberg hatte im Motto seines oben S. 123 Anm. 3 nachgewiesenen zweiten Aufsatzesgegen Voß dessen Ansicht, 
das griechische r\ sei wie unser ä ausgesprochen worden, durch das witzig veränderte Hamlet-Zitat „To bah or not b bah , 
that is the question“ verspottet (Vermischte Schriften 4, 266). 

6 Lichtenbergs „Fragment von Schwänzen“ erschien im fünften Bande von Baldingers „Neuem Magazin für Ärzte“» 
den es eröffnet (Vermischte Schriften 4, 109). 

7 Daß dieser Lichtenbergsche Scherz in so frühe Zeit gehören müsse, war immer vermutet worden; einen ur¬ 
kundlichen Beleg dafür brachte, worauf ich im Euphorion 15, 66 hingewiesen habe, zuerst ein Billet Lichtenbergs an 
Hindenburg aus dem Januar 1778 (Ebstein, Aus Lichtenbergs Korrespondenz S. 41)» zu dem nun dieser zweite, ganz 
unzweideutige hinzukommt 

8 Baldingers einleitende Worte sind bei Lauchert, Lichtenbergs schriftstellerische Tätigkeit S. 90 wieder abge* 
druckt: der Schlußsatz weist darauf hin, daß selbst Haller in seiner großen Physiologie die Physiognomik als einen Teil 
dieser Wissenschaft ansehe (vgl. Elementa physiobgiae corporis hutnani 5, 590. 591). 

9 „Der Verfasser erlaubte schon längst daß seine Einfalle gedruckt würden“ heißt es in Baldingers Vorbericht. 
Die „lustige Gesellschaft 41 , für die Lichtenberg den Scherz niederschrieb, ist wohl der bei Dieterich verkehrende Freundes¬ 
kreis, zu dem auch Baidingerund seine Frau gehörten. 

m> Lichtenbergs die englische Bühne behandelnde „Briefe aus England 44 , ursprünglich im Herbst 1775 aus London 
an Boie gerichtet, waren im Deutschen Museum im Juni und November 1776 und im Januar und Mai 1778 erschienen 
(Vermischte Schriften 3,197); den größten Raum nimmt darin die Charakteristik David Garricks ein, des größten Schau* 
Spielers, den London damals besaß. 


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einigen vortrefflichen Männern dazu ernstlich aufgefordert bin, sondern, weil mir mein Darmstädtischer Bruder 1 
vor etwa x / 2 Jahr schrieb, daß ein Franckfurdscher Buchhändler willens wäre, sie so grade weg abzudrucken, 
und diesem Unternehmen vorzubeugen habe ich die Versicherung in dem Aufsatz gegen Voß 2 ausgestellt 

17. Februar. 

Ew. Wohlgebohren habe ich die Ehre hierbey Baldingers Magazin (mein eignes mir von der Frau 
Professorin selbst geschencktes Exemplar) zu überreichen. Es steht Ew. Wohlgebohren gantz zu Diensten, ich 
habe einige Druckfehler corrigirt und der lächerlichen Vorrede einige Anmerckungen beygefugt Der Mann 
kan nicht 3 Zeilen Zusammenhängen ohne einfaltige Streiche zu machen. 

3. März. 

Ich glaube, daß HErr Rehberg 3 gut wird, wenn er nicht für Geld schreiben muß. Der Brief von 
Nikolai 4 ist sehr interessant .... Förster thut gar nichts fürs Magazin. Was der junge Dr. Böhmer* für ein 
Glück gemacht hat, er ist aber auch der beste unter seinen Geschwistern, ein würcklich vortrefflicher Mensch 
von Kopf und von Hertzen. 

Dietrich druckt jezt die vortreffliche Johnsohnsche Ausgabe von englischen Dichtem in 68 Bändchen 
mit den Lebensbeschreibungen 6 nach, die Muster einer feinen Critick sind, und zwar fast um ein Spottgeld, das 
zumal nur nach und nach aus dem Beutel kommt .... Ich habe die lezte Revision übernommen, die mir 
wenig Mühe macht. Der Druck ist vortrefflich und soll gewiß so correckt werden als möglich. 

6. März. 

Es ist besonders wie die Schwantz Physiognomick gefallen muß, mit jedem Posttag muß Dietrich welche 
verschicken. Man sieht daraus was man thun muß um Applausum zu haben. Gottlob, daß ich es nicht nöthig 
habe mir ihn auf diese Weise in meinen Collegiis zu verschaffen, ich ziehe die Purschen nicht an ihren 
eignen Schwäntzen herein, und noch viel weniger an Sauschwäntzen. Dieterich sagt immer ich könte einen 
Buchhändler glücklich machen, aber mich zugleich unglücklich pflege ich ihm zu antworten. Mir ist immer 
bange, daß ehestens einmal noch so etwas von mir erscheint, das ich ebenfalls um jene Zeit geschrieben habe, 
und das war eine Physiognomick der 12 Bilder in den l’hombre Karten/ die auch nicht mehr in meinen 
Händen ist. Solte es mir möglich seyn, sie wieder zu bekommen, so will ich sie Ew. Wohlgebohren mittheilen 
um Ihnen vielleicht eine angenehme Vierthelstunde zu machen. Ich ziehe sie der Schwantzphysiognomick vor, 
weil es zugleich eine Satyre auf die Leute ist die mit Winckelmannischer Phraseologie Kunstwercke beurtheilen, 
wovon sie nichts verstehen. Ich dancke Ew. Wohlgebohren recht sehr, daß Sie den Leuten meinen Unwillen 
kund thun, wenn ich solche Dinge wolte gedruckt haben, so hätte dieses im Hause geschehen können, wo ich 
gewiß für jeden Sauschwantz den Werth eins Schweins hätte erhalten können (die kleinen ffeylich nicht 

* Lichtenbergs Bruder Friedrich Christian (1734—90) war Geheimer Tribunalrat in Darmstadt. 

* „Sie (die Briefe aus England) haben hier und da einen für mich schmeichelhaften Beifall erhalten und ich bin 
Willens, sie auf vielfältiges Verlangen vermehrt und hie und da geändert dem Publikum noch einmal vorzulegen“ Ver¬ 
mischte Schriften 4, 307. Dieser Plan ist nicht zur Ausführung gekommen, obwohl Lichtenberg des geplanten Frank¬ 
furter Nachdrucks auch sonst gedenkt (Briefe 2, 211. 225. 231). 

3 August Wilhelm Rehberg (1757—1836), der sich später als politischer Schriftsteller einen Namen gemacht hat, 
hatte eben zwei Aufsätze im Göttingischen Magazin erscheinen lassen, ein „Leben des Kaiser Rudolf von Habsburg 4 * 
( 3 » 453 ) und „Aus einem Schreiben an Professor Lichtenberg 4 ' (3, 576)» das letztere, vom 28. Februar datiert, bezieht 
sich auf den in der folgenden Anm erkung nachgewiesenen Brief Nicolais. Früher hielt Lichtenberg sehr wenig von Reh¬ 
berg (Briefe 1, 327). 

4 Von Nicolai erschien im Göttingischen Magazin (3, 387) ein „Schreiben an den Herrn Professor Lichtenberg 
in Göttingen“, datiert vom 29. Weinmonat 1782, über die Literaturbriefe und seinen Anteil daran, in dem er ein Ver¬ 
sehen in einem früheren Aufsatze von Rehberg über die deutsche Literatur (ebenda 2, 157) berichtigt. Lichtenberg 
schreibt ihm am 21. November 1782 (Briefe 2,57): „Das Ganze ist äußerst interessant und in dieser Rücksicht ist es mir 
auch nicht leid ein kleines Versehen begangen zu haben; ich wünsche, daß nicht oft Fehltritte von mir solche Vorteile 
für das Publikum veranlassen, ich möchte mich sonst leicht solcher Dinge befleißigen“. 

5 Hier ist wohl Johann Franz Wilhelm Böhmer (1757—88) gemeint, ein Sohn des juristischen Professors (vgl. 
oben S. 124 Anm. 7), der als erster Gatte von Karoline Michaelis, der späteren Frau August Wilhelm Schlegels und Schellings, 
bekannt ist. 

6 Von diesem Nachdruck von Samuel Johnsons „ Works of the english poets with prefaces biograpkical and criiical“ 
(London 1779—81) sind nur zwei Bände Milton erschienen. Diesem Werke Johnsons hatte Lichtenberg schon früher 
seine im dritten Jahrgang des Göttingischen Magazins erschienene „Nachricht von Popes Leben und Schriften“ (Ver¬ 
mischte Schriften 5, 33) entnommen, die er mit den Sätzen einleitete: „Wenig Werke sind in den neusten Zeiten in 
England mit dem Beifall aufgenommen worden, womit man Johnsons Leben von englischen Dichtem durchaus aufge- 
nommen hat. Dieses Glück werden sie überall haben, wo man gesunde Kritik, in bündigem, präzisem, wohlklingendem, 
also fast vollkommenem Ausdruck vorgetragen, zu schätzen weiß. Unstreitig ist dieses das herrlichste Produkt dieses 
außerordentlichen Mannes“ (vgl. auch Briefe 2, 81). 

7 Diese physiognomische Satire scheint leider gänzlich verloren gegangen zu sein. 


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rechnet). In einer gelehrten Zeitung soll, wie mir gesagt worden ist, stehen daß dieses Fragment einem Frauen¬ 
zimmer zu gefallen geschrieben worden sey dem es viel Vergnügen gemacht hätte, dieses ist vortrefflich und 
ein derber Hieb auf Madame Baidinger, 1 wofür ich wohl dem Verfasser dancken mögte, wenn ich ihn kennte. 
Denn es ist wahr, und sie hat allein am Druck schuld. 


10. März. 

Man sagt hier gantz allgemein daß der Edinburgische Duncan* hier Professor werden wird. Ist das wohl 
an dem? Er ist ein vortrefflicher Mann. ... Ich wünschte mir in der Welt keinen besseren Gesellschafter. 
Er ist ein Schüler von Priestley 3 und ein Freund von Irwine ♦ und Black 5 . Ich würde gantz neu aufleben, wenn 
so ein Mann hieher käme. Ew. Wohlgebohren können nicht glauben, was hier die Gesellschaft elend ist. 
Lauter Stoltz, Besoldungsvermehrung und Büchergeschwätz; keiner verwendet etwas auf Versuche, Louisd’or 
und Kopfzeug für ihre Weiber, und Vorzug durch Kleidung auf Bällen und Assembleen ist alles was die meisten 
suchen. Wenn ich mir ein Instrument für 20 Thaler anschaffe, so schaudert ihnen die Haut, das wäre viel Geld. 

13. März. 

Mit der lezten englischen Post habe ich einen sehr verbindlichen Brief von dem Planeten Entdecker 
Herschel aus Datchet bey Windsor erhalten, worin er mir eine Nachricht von seinen hauptsächlichsten und 
interessantesten Lebensumständen giebt, mit der ausdrücklichen Erlaubnis sie in unserm Magazin bekannt zu 
machen. Er schreibt englisch und zwar gantz ohne Widerrede vortrefflich, ich habe seinen Brief diesen Morgen 
übersezt und er ist schon im Druck. 6 

Ich glaube ich werde mich endlich genöthigt sehen eine Schwantz Physiognomick für das Frauenzimmer 
zu schreiben, denn eine für Kinder wäre wohl zu früh. Indessen sollen doch dencke ich die Kinder endlich so 
klug werden, daß sie auch so was vertragen können. Ich habe Herschels Brief dem Hof Rath Kästner zuge¬ 
schickt Sie können nicht glauben was der Mann stichelt Es ist unerträglich. Er will haben ich soll einige 
Noten dazu machen, wovor mich der Himmel bewahre. Herschel scheint etwas eitel zu seyn, aber Kästner ist 
es viel mehr. Doch ich lege sein Billet bey. Kästner kränckelt starck, und ich fürchte er macht es nicht mehr 
lange. Die ewigen Kränckler kränckeln ewig, allein die sonst gesunden öffters nur kurtze Zeit 

20. März. 

Was das für ein Unterschied ist zwischen unsem Aerzten und solchen Leuten. Wenn man sie spricht, so 
ist die Unterhaltung Stadtgeschichten oder Vademecum’s Histörchen .7 Es ist wenig oder nichts zu lernen. 

Was Kästnern wohl am meisten verdrossen hat, ist daß ihm Herschel seine Schriften nicht zugeschickt 
hat. Bedencken Ew. Wohlgebohren wenn ich Herschels wohlgemeinten Brief mit Anmerckungen herausgegeben 
hätte. Man kan sich nichts abscheuligeres dencken, aber Kästner hat sich auch nur dieser Wendung be¬ 
dient um seine Anmerckungen anzubringen. Im Emst kan kein vernünftiger Mensch so etwas vom andern 
verlangen. 

3. April. 

Ich hoffe, daß Ew. Wohlgebohren mit der Dienstags Post das Magazin 8 erhalten sollen. Mannigfaltig¬ 
keit ist diesesmal genug darin. Fast alles von mir, und an mich. Förster thut nichts und ich werde ihn glaube 
ich abdancken müssen. 


* Friederike Baidinger, die Fran des oben S. 89 Anm. 9 genannten Arztes, hat anch sonst anregend anf Lichtenbergs 
schriftstellerische Tätigkeit eingewirkt: ein Brief an sie, datiert vom 19. und 20. Februar 1777» ist, wie sich aus den 
Aphorismenbüchern (F 439. 464. 662) ergab, der aus dem Nachlaß hervorgetretene Aufsatz „Über die Macht der 
Liebe“ (Vermischte Schriften 2, 234), der sich gegen gewisse Anschauungen der Genieperiode richtet 

• Andreas Duncan (1744—1828) war ein berühmter Arzt und Professor der Medizin in Edinburgh; seine Berufung 
nach Göttingen war nur ein Gerücht, dessen Lichtenberg auch in einem Briefe an seinen Neffen Friedrich August vom 
29. März gedenkt (Briefe 2, 72). 

3 Joseph Priestley (1733—1804), Pastor einer Dissentergemeinde in Birmingham, der bekannte Entdecker des 
Sauerstoffs, Ammoniaks und Kohlenoxyds, gleich hervorragend als Physiker und Chemiker wie als Philosoph und 
Theolog. 

4 William Irvine (1743—87), Professor der Chemie und Medizin in Glasgow. 

5 Joseph Black (1728—99), Professor der Chemie in Edinburgh, war der Entdecker der Kohlensäure und der 
latenten Wärme. 

6 Herschels Brief an Lichtenberg ist vom 15. Februar datiert: der autobiographische Teil desselben ist unter dem 
Titel „Nachricht von den Lebensumständen Herrn Wilhelm Herschels, des Entdeckers des neuen Sterns, aus einem Send¬ 
schreiben desselben an Professor Lichtenberg“ im Göttingischen Magazin 3, 584 abgedruckt 

7 VgL oben S. 84 Anm. 9. 

8 Gemeint ist das vierte Stück des dritten Jahrgangs, dessen Inhalt Lauchert, Lichtenbergs schriftstellerische Tätig¬ 
keit S. 84 verzeichnet. 

Z. f. B. 1912/1913. 17 


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Leitzmann, Neues von Lichtenberg. II 


14. April. 

Den Verfasser des Gedichts von Gibraltar 1 weiß ich mit Gewißheit nicht anzugeben, die meisten glauben 
es sey Bürger 2 , dieser lobt zwar das Gedicht sehr, und recitirt es allen Leuten, wirft auch sonst die Sache nicht 
sehr von sich weg, hat aber doch Dietrichen im Vertrauen gesagt er sey es nicht. Andere halten HErm 
GöckingJ für den Verfasser. Sobald ich etwas davon erfahre werde ich es Ew. Wohlgebohren sogleich melden. 
Was mich hauptsächlich freut, ist, daß dieses Stück im gantzen durchgängig Beyfall erhält Was Förster thut 
weiß der liebe Himmel, er übersezt, glaube ich, oder macht Gold, daß es ihm mit dem erstem glückt, daran 
zweifle ich nicht, allein an dem leztem zweifle ich sehr, und habe die gröste Ursache dazu.* 

17. April. 

Ew. Wohlgebohren müssen sich indessen mit den unglücklichen trösten, die ihr schwer erworbenes Geld 
offt durch den Banckrot von vermeintlichen Freunden verliehren. Meine arme Mutter hat durch einen solchen 
Fall 1200 Thaler, welche bey weitem dengrösten Teü unseres Vermögens ausmachten, verlohren, und das durch 
einen Mann, dem es niemand in der Welt angesehen hätte, ja der auch zuverlässig mehr unglücklich als nieder¬ 
trächtig war, und der die Interessen bey Lebzeiten püncktlich entrichtete. Dieses war ein Riß den wir sogar 
bis auf unseren allzeit mäßigen Tisch verspürten. Wir sind jezt Gottlob alle versorgt, die mehrsten im HimmeL 
und die andern auf der Welt so, daß sie mit Recht nicht klagen können. 

21. April. 

HErr Amtmann, Bürger, den ich selbst in diesen Tagen gesprochen, läugnet das Gedicht rund ab, ver¬ 
sichert aber heüig, daß er sich dessen gar nicht schämen würde und wünschte es sogar gemacht zu haben. 
Er weiß gar nicht auf wen er in der Welt rathen soll, kennt auch die Hand nicht, da er wegen seines Musen¬ 
almanachs die Hände der meisten deutschen Dichter kennt. 

12. May. 

Magister Reinhold 5 wird sich freuen, daß man ihn und Bürgern für den Verfasser eines und eben des¬ 
selben Gedichts hält Allein ich habe in den Gothaischen Zeitungen, oder in einer andern gesehen, daß HErr 
Reinhold an einem Heldengedicht auf die Belagerung von Gibraltar arbeite. Dieses hat vermuthlich zu diesem 
Misverständniß Anlaß gegeben. 

19. May. 

Ich will es also nur Ew. Wohlgebohren gestehen, daß ich das Gedicht gemacht habe. 6 Weil es eine 
Spielerey ist, die blos aus meinem unbändigen Eifer über die scandaleuse Geschichte und frantzösische Wind- 
beuteley entstanden ist, so habe ich es niemanden sagen wollen. Auch habe ich viel zu wenig Zeit darauf ver¬ 
wendet. Ich habe einmal in 2 Stunden vor Tag 14 Strophen gemacht, wäre es ausgearbeiteter so hätte ich mich 
eher dazu bekannt 

25. May. 

Daß der Bischof! 7 dem Potsdamer Groß Auge gefallen würde, daran habe ich nie gezweifelt Die Nach¬ 
richt wird viel Freude in St James’s® machen, auch wird der Bischoff gewiß Dinge sehen, die er in Hydepark 
nicht leicht sehen wird. 


s Das eben genannte Stuck des Göttingischen Magazins brachte (S. 615) auch ein anonymes satirisches Gedicht 
mit dem Titel: „Simple, jedoch authentische Relation von den curieusen schwimmenden Batterien, wie solche anno 1782 
am 13. und 14. Septrmbris unvermutet zu schwimmen aufgehört, nebst dem, was sich auf dem Felsen Calpe, gemeinig¬ 
lich der Fels von Gibraltar genannt, und um denselben sowohl in der Luft als auf dem Wasser zugetragen, durch 
Emanuelem Candidum, candidat en polsie allemande , ä Gibraltar“ (Vermischte Schriften 5, 113; zur Sache vgL oben 
S. 90 Anm. 1). Verfasser dieses Gedichts war Lichtenberg selbst. 

a So schreibt zum Beispiel Biester an Burger am 2. September (Briefe von und an Börger 3,120): „Warum 

hast du uns nicht dein Gibraltar gegeben?* 4 Ein briefliches Urteil Börgers über Lichtenbergs Gedicht ist mir nicht bekannt» 

3 Leopold Friedrich Günther von Goeldngk (1748—1828), Kanzleidirektor in Ellrich, bekannt besonders durch 
seine „Lieder zweier Liebenden 44 und andre Gedichte. 

4 Georg Förster gehörte jahrelang dem Rosenkreuzerorden in Kassel an, der sich unter andern mit der Konstruktion 
des Steins der Weisen und mit Versuchen zur Synthese des Goldes beschäftigte, löste sich aber gerade in dieser Zeit 
aus dem Geheimbund los. 

5 Christian Ludolf Reinhold (1737—91), Professor der Mathematik am Gymnasium in Osnabrück, war schon zu 
Lichtenbergs Osnabrücker Zeit ein Gegenstand seiner Satire (Briefe I, 100. 103. 183. 283). Sein Heldengedicht 
„Gibraltar und die Karibischen Inseln 44 erschien mit der Ortsangabe „London und Paris 44 im Jahre 1785—86. 

6 Am I. Mai schreibt Lichtenberg an Wolff (Briefe 2, 76): „Was Sie für ein Mann sind! Sie haben nicht allein 

den Verfasser des Gedichts erraten, sondern auch das Lied, das ich mir nebst einem andern, welches nicht im hiesigen 

Gesangbuch steht, seit jeher zum Muster bei Mordgeschichten gewählt habe. Das letztere fangt sich an: Erschrecklich ist 
es, daß man nicht der Höllenqual betrachtet .... Ew. Wohlgeboren sind so gütig und sagen nicht, daß ich es Ihnen 
eingestanden. Ihr Beifall ist mir indessen ganz unschätzbar gewesen. 44 

7 Prinz Friedrich von England (1763—1827), Bischof von Osnabrück, ein Sohn Georgs III. von England, reiste 
damals nach Potsdam zu Friedrich dem Großen. 

8 Name des Königlichen Palasts in London. 


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Leitzmann, Neues von Lichtenberg. II 


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29. May. 

Von dem Schreiben der Königin an HErm Hof Rath Heyne habe ich hier nichts gehört, und war mir 
also sehr angenehm etwas davon von Ew. Wohlgebohren zu vernehmen. Es verräth sehr viel Achtung der 
Königin für die Deutschen, denn ich glaube doch, daß, trotz unsres entsezlichen Eifers aus den Kindern Engel 
zu machen, die Engländer uns in dieser Art Schrifften, zumal was den Vortrag betrifft, sehr überlegen sind. 

Am Sonntag besuchte mich HErr Amtmann Bürger, und sagte mir, daß er, nun, da das Gedicht auf die 
schwimmenden Batterien durch die Leipziger Messe mehr in den Umlauf gekommen, fast Posttäglich Gratu- 
latdons- und Dancksagungs-Schreiben wegen des vortrefflichen Gedichtes erhielte. HErr Dieterich gesteht nun, 
daß er es dem HErm Hof Rath Rudloff 1 verrathen. 

2. Junii. 

Haben Ew. Wohlgebohren wohl des Cantzley-Direcktor Göckmgks Plan zu einem neuen Journal* gelesen? 
Es ist der Mühe werth, daß sich Dieselben den Plan vom Intelligentz Comtoir holen lassen, man kan sich 
nichts rasenderes dencken. Wenn ich so was lese, so dencke ich immer an HErm Kriegssekretärs 3 5 tÄ Facultät 
die sens commun lehren soll. Mir ist es unbegreiflich wie solche unüberlegte Köpfe Cantzleyen dirigiren können. 
Aber wer weiß auch wie jene Cantzleyen dirigirt werden. Nicht meine Küchenrechnung die sich des Viertel¬ 
jahrs auf 25 Thaler banco belauft, wolte ich einem solchen Direcktor zur Direcktion geben. 

9. Junii. 

Es freut mich sehr, daß Ew. Wohlgebohren HErm Göckingks Avertissement eben so wie ich gefunden 
haben. Es ist gantz abscheulig. 

Daß HErr Duncan nicht kommt, bedaure ich doch. HErm Geißler* habe ich nun kennen lernen, es 
ist ein gar vortrefflicher Mann, in allen Stücken, gründliche Gelehrsamkeit angenommen, das Gegentheil von 
seinem lufftigen Vorgängers. 

12. Junii. 

Gestern Abend habe ich in Gesellschafft des HErm Hof Rath Kästner mit Madame Baidinger bey HErm 
Dietrich gespeiset, sie scheint denn doch im Emst Göttingen dem Cassel vorzuziehn. Kästner ist unglaublich um 
die Frau her. Bey einem Paar andern Personen würde die Chronique scandaleuse ohnstreitig schon allerley erzählen. 

19. Junii. 

Am Montag wurde ich in meiner Schreibstunde von einigen fremden Cavalieren überfallen, die sogar 
eine Dame im Amazonen Habit mitbrachten, welches für mich in meinem zerrissenen Schlaf Rock das aller- 
abscheuligste ist, was mir begegnen kan. Da war also an kein Schreiben zu gedencken. Es waren vortreffliche 
Leute. Gestern brachten sie die Zeit von 6 bis 10 Uhr des Abends bey mir auf Zwieback, Kirschen, süßen 
Wein, Stincklufft, elecktrische Stöße, dephlogistisirte Lufft, geschmoltzenen Stahl pp. zu. 

Was die Menschen verschieden über dieselben Dinge dencken, Voß hat sich über meine Theorie der 
Mondsflecken lustig gemacht 6 und in der allgemeinen deutschen Bibliothek wird von meinem Gedancken gesagt, 
er sey sehr wichtig und könte künfftig vielleicht in der Lehre von der Beschaffenheit des Mondes Epoche machen.? 
Da nun HErr Voß von der Sache grade nichts versteht, so wird er doch sein Gesicht ein wenig hierbey verziehen. 

In dem nächsten Stück des hiesigen Magazins werden Ew. Wohlgebohren eine Correspondenz zwischen 
mir und dem HErm Ritter Michälis 8 finden, die auf sein ausdrückliches Verlangen gedruckt wird. Der Mann 

* Wilhelm August Rudloff (1747—1823) war Geheimer Sekretär und Archivar in Hannover. 

* Goeldngks „Journal von und für Deutschland“ begann 1784 zu erscheinen. Mit Lichtenbergs Urteil vergleiche 
man die eingehenden Ausführungen Burgers in seinen Briefen an Goekingk vom 6. und 19. Juni (Vierteljahrsschrift für 
Literaturgeschichte 3, 440. 442), der das Projekt herrlich findet, aber an dem Stil der Ankündigung allerhand auszusetzen hat. 

3 Ramberg. 

4 Karl Heinrich Geißler (1742—89) war als Professor der Jurisprudenz von Marburg nach Göttingen berufen 
worden, das er aber schon im nächsten Jahre verließ, um einem Rufe nach Wittenberg zu folgen. 

5 Selchow (vgl. oben S. 89 Anm. 1). 

* Seine Theorie über die Mondfiecken, im wesentlichen des Inhalts, daß man sich die Entstehung der Mondberge 
wegen ihrer ringförmigen Gestalt ähnlich wie die der ganz ähnlich geformten Vulkane der Erde vorzustellen habe, hatte 
Lichtenberg in einem Aufsatz „Einige Betrachtungen über die Mondsflecken“ im zweiten Jahrgang des Göttingischen 
Magazins auseinandeigesetzt, in dem er eine ältere, im Göttingischen Taschenkalender für 1779 erschienene Arbeit „Ein 
paar Neuigkeiten vom Monde“ mit Zusätzen wiederholte (Physikalische und mathematische Schriften I, 204). Voßens Spott 
über diese Theorie findet sich in seiner Gegenschrift „Verteidigung gegen Herrn Professor Lichtenberg 4 *, die im März¬ 
stück des Deutschen Museums 1782 (I, 213) erschien, worauf wieder Lichtenberg replizierte (Vermischte Schriften 4, 299). 

7 Die Allgemeine deutsche Bibliothek gedenkt der Theorie Lichtenbergs gelegentlich (48, 482) in einer Rezension; 
doch stimmt der Wortlaut nicht zu dem obigen Zitat und Lichtenberg dürfte eine andre gelegentliche Erwähnung im 
Sinne haben, die ich aber nicht habe finden können. 

* Johann David Michaelis (1717—91), der berühmte Orientalist, war Professor der Philosophie in Göttingen. Im 
fünften Stück des dritten Jahrgangs des Göttingischen Magazins erschien der „Briefwechsel zwischen dem Herrn Ritter 
Michaelis und Herrn Professor Lichtenberg über die Absicht oder Folgen der Spitzen auf Salomons Tempel 44 (Physikalische 
und mathematische Schriften 3,251); Michaelis war geneigt, sie für Gewitterableiter zu halten. 


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Leitzmann, Neues von Lichtenberg. II 


schweift würcklich in seinen Theorien und Bibel Erklärungen aus, aber durch alle seine Possen schimmert 
immer, wie mich dünckt, der grose Mann durch. Er scheint mir außerordentlich gewogen zu seyn. Auch 
von Kästnern kommt etwas in dieses Stück 1 , so daß es also diesesmal auch in einer andern Rücksicht 
Göttingisch seyn wird. 

26. Junii. 

Eins der Gewitter, wovon ich Ew. Wohlgebohren neulich erzählt, hat zu Einbeck eingeschlagen, aber 
keinen Schaden gethan. Wenn man einmal, so wie man eine Gesellschafft de Propaganda fide hat, eine de 
avertendo fulmine stillten wolte, so müste man sie zu Einbeck etabliren, ich glaube nicht daß der Ort im 
Hannoverschen seines gleichen in Blitz-Sachen hat 

Wer weiß ob nicht die Asche des Vesuvs zuweilen bis zu uns kommt. Diese aufzufangen wäre ein Ver¬ 
such, den ich einmal dem Magister Eberhard* vorschlagen will, man müste ein Paar Tischtücher auf dem Ham¬ 
berge ausbreiten, und alsdann den Staub darauf chemisch und mikroskopisch untersuchen. 

Die reisenden Sächsischen Cavaliere haben mich bey ihrer Retour von Cassel noch einmal besucht, und 
einer darunter ließ sich auf einer von ihm selbst verfertigten Harmonika bey mir hören. Was das für eine 
Musik war! Er griff Accorde, die mir durch die gantze Seele giengen. Die Glocken waren alle inwendig mit 
Gummilack gefirnißt, um den allzu grosen Nachklang zu hemmen, und die Semitonia inwendig auf dem Rande 
vergoldet, welches der Maschine auch ein schönes Ansehen gab. Ich muß gestehen, ich habe nie in meinem 
Leben etwas anmuthigeres gehört Ueberhaupt kan ich Ew. Wohlgebohren nicht sagen, was für vortreffliche 
Leute dieses sind. Sie haben sehr grose Kenntnisse und eine außerordentliche Wißbegierde, führen einen 
Mahler bey sich blos um Prospeckte zu zeichnen, und in der Laußnitz sollen ihre Güter rechte Muster von vor¬ 
trefflichen Einrichtungen seyn. Ich habe mich auch noch einmal 4 Stunden hinter einander recht angegriffen, 
und mit Vergnügen das Geständniß nicht blos von ihnen gehört, sondern auch in ihren Augen gelesen, daß, 
wenn man gleich Dresden Leipzig und Halle auswendig kan, man doch immer in Göttingen noch etwas 
lernen könne. 

Der Sieben und achtzigjährige Holl mann, 3 und Senior der gantzen Universität wie er sich selbst nennt, 
hat kürtzlich ein Buch über die Barometer und Thermometer drucken lassen ,4 worin er einen gantz abscheuligen 
Ausfall auf Kästnern thut, und ihm auf eine verdrießliche Weise den fireylich grosen Mayer 5 entgegensezt, und 
ihn dabey einen mathematischen Charlatan und Mikromegas 6 nennt Die Orthographen und Wetterpropheten 
kriegen es auch recht derb zugezählt, und dieses, wie mich dünckt, nicht so gantz mit Unrecht. Es ist zum 
Erstaunen was der Mann noch für Feuer hat. Neulich fragte jemand den alten berühmten Schauspieler 
Macklin7 in London: wie alt er sey? worauf er antwortete: ich bin in diesem Jahrhundert nicht gebohren, und 
dencke auch nicht darin zu sterben. Hollmann hat würcklich Munterkeit genug so etwas nicht allein zu sagen, 
sondern auch zu thun, ein Mann dem anno 66 ein Lungengeschwür aufbrach wobey ihm der Eiter Quartierweise 
aus dem Hals ströhmte. 


* Das eben genannte Stuck des Göttmgischen Magazins enthält zwei Aufsätze von Kästner, die „Erläuterung der 
Theorie von Herrn Herschels Lampenmikronieter 41 (3, 637) und eine „Nachricht, was zur Beobachtung der Mondfinsternis 
den 18. März 1783 auf der göttmgischen Sternwarte getan worden** (3, 655). 

a Johann Paul Eberhard (1723—95), Mathematiker, war Privatdozent der Philosophie in Göttingen. In einem 
Briefe an Kaltenhofer vom 17. Oktober 1773 sagt Lichtenberg (Briefe 1, 179): „Der gute Magister Eberhard ist mit 
seinen Entdeckungen für mich jederzeit ein herrliches Gericht bei meinen Gedankenfesten, wie Herr Moser sagt, gewesen**. 

3 Samuel Christian Hollmann (1696—1787), Physiker, war Professor der Philosophie in Göttingen seit Gründung 
der Universität, kurz vor deren fünfzigjähriger Jubelfeier er starb. Eine köstliche Probe des Stils und der Sprache seiner 
Vorlesungen, in denen die Experimente in der Regel mißlangen, gibt Lichtenberg in einem Briefe an Blumenbach vom 
Ende des Jahres 1787, dem auch prächtige Skizzen seines Kopfes in verschiedenen Gemfitsstimmungen beigegeben sind 
(Briefe 3, 252). 

4 Hollmanns Schrift „Nötiger Unterricht von Barometern und Thermometern nebst zuverlässiger Nachricht von den 
seit 1743 und 1752 in Göttingen verfertigten beiden Arten** erschien Göttingen 1783. 

5 Tobias Mayer (1723—62), der berühmte Astronom und Herausgeber der Mondstafeln, war Professor der Philo¬ 
sophie in Göttingen gewesen. 

6 Klemer Gernegroß: diesen Namen fuhrt eine satirische Erzählung Voltaires. Hollmanns anonymer Ausfall gegen 
Kästner findet sich S. 105 Anm., wo er von Tobias Mayer sagt: „Er hat auch nie sogenannte Sinn-(Schimpf- 
und Schmäh*)gedichte, selbst auf seine Kollegen, verfertiget und solche heimlich und öffentlich, schriftlich und gedruckt 
in der Welt überall ausgestreuet, alle diejenigen auch nie mit einiger Verachtung angesehen, die nicht von der Rechnung 
des Unendlichen (einem wahren Spiel des Witzes) ein groß Geschrei gemacht, wo man mit andern bekannten mathe¬ 
matischen Gründen auskommen können. Ebendadurch hat er aber auch bei seinen vielen tiefen Einsichten verhütet, daß 
man ihn für keinen mathematischen Charlatan und Mikromegas zu halten Urs ach gehabt hat 4 * 

7 Charles Macklin (1697—1797), berühmter englischer Schauspieler, besonders als Shylock; Lichtenberg charakterisiert 

ihn in den Briefen aus England (Vermischte Schriften 3, 266). [Schluß folgt.] 


Alk Rechte Vorbehalten . — Nachdruck verboten . 

Für die Redaktion verantwortlich Prot Dr. Carl SthHddtkepj- Weimar, Cranachstr. 38. Druck u. Verlag von W. Drvgnim Leipzig, JCönigstr. za 


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Leipzig, i o. September 1911 

Rönig|?rd|je io 






An unsere Abonnenten! 

t ■ 

Mit diesem Heft fchließt dos zweite Quartal der „Zeitfchrift 
für Bücherfreunde". Ich bitte Sie deshalb mir den Betrog für 
dos nödi|te Quortol möglich (f bald auf mein Poftfchedckonto 
Leipzig No. 10434 einzuzahlen. Wenn Sie |idi des Po|t|diecks 
am Schluffe diefes Heftes bedienen, hoben Sie kein Porto zu 
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nidit eingegangen |ind, werde idi mir erlauben am 24.September 
per Niadinahme zuzüglich Spesen von 40 Pf. zu erheben unter 
gleichzeitiger Benachrichtigung durch Postkarte. 

Hodiachtungsvoll 

V. DRUGUÜN 

VERLAG 




























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CQRNELL IJNWE RSITY 



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'Jranffurt am QKam und QSarcelona 

Gegründet im Joljre 1837 



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Kopf Uiste 
aus der 
Zeitschrift 
Pan II i8g$ 
SeiU 88 


Deutsche Buchkünstler der Gegenwart. 

V. Emil Rudolf Weiß. 

Von 

Dr. Max Osborn in Berlin. 

Mit 57 Abbildungen und 5 Tafeln. 

E s scheint, als hätten wir uns durch die kilometerdicke Kunstbreimauer, die das Land der 
deutschen Zukunftskultur, ähnlich wie die Hirsebreimauer das Schlaraffenland, umgibt, nun 
bald durchgebissen. Wenigstens haben einige Leute mit besonders kräftigen Zähnen und 
übernormalen Verdauungsorganen schon Bresche gegessen, und wenn die Wege, die sich damit 
ins Innere ergeben, auch noch eng sind und nicht viel Nachrückende in kurzer Frist durch¬ 
lassen können, so ist doch der erste Anfang der mühevollen Eroberungsarbeit immerhin geleistet. 

Der Unkunst wollten wir entfliehn und glitten in die Überkunst, aus der es jetzt zur 
Kunst gelangen heißt. Aus dem Ungeschmack taumelten wir in eine Orgie des Geschmacks, 
der sich damit selbst wieder auf loste; denn diese feinste Kulturblüte wird durch Hypertrophie 
erdrosselt. Wir hatten zu Schmuck und Gebrauch gleichgültige, unsinnige und häßliche Dinge. 
Nun sollten sie gleich alle bedeutungsvoll, sinnreich und schön sein und sollten das noch dazu 
möglichst laut betonen. Dabei wurde im Einzelnen Ausgezeichnetes geleistet; aber der Gesamt¬ 
eindruck ringsum war der einer Überfülle, eines beengenden, luftraubenden Allzuviel und einer 
peinlichen Bewußtheit, die das Selbstverständliche eines wirklichen Geschmacksregiments nicht 
aufkommen ließ. 

Diese Übergangszeit — die wir trotzdem nicht schmähen wollen; da sie uns eine be¬ 
glückende Fülle von Anregungen und Genüssen gebracht — neigt sich langsam ihrem Ende 
zu. Feste Gesetze beginnen sich herauszubilden, die ein Arsenal von Formen begründen. 
Von weitem leuchtet uns auf, was man die Objektivität kunsthandwerklicher Blüteepochen 
nennen könnte, wenn das Subjektive der einzelnen künstlerischen Mitstreiter vor der allgemeinen 
Zeitkonvention (im eigentlichen und höchsten Sinne des Wortes) verschwindet. Das „persön¬ 
liche Sofa“, das „individuelle Eckschränkchen“ stirbt aus. Dafür meldet sich zum Wort, oder 
läßt sich wenigstens ankündigen: der Stil der Epoche, den nicht Menschen von Fleisch und 
Blut, sondern ein Abstraktum, die Gegenwart selbst, geschaffen zu haben scheint. 

Z. f. B. 1912/1913. 18 


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Original fro-m 

CORNEIL UNIVERSITY 





MIM 

■MzWk&s. 


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ml 


Osborn, Emil Rudolf Weiß 


Die moderne deut¬ 
sche Buchkunst spiegelt 
diese Wandlung viel¬ 
leicht am klarsten wieder. 
Schon weil in dieser 
Provinz besonders zweck¬ 
bewußt und erfolgreich 
gearbeitet wurde. Nir¬ 
gends sind festere, greif¬ 
barere R esultate erreicht. 
Und der Künstler, dem 
diese Betrachtungen gel¬ 
ten, faßt abermals alles, 
was hier gesucht und 
angestrebt wurde, in sich 
zusammen. Die Wand¬ 
lungen, die er durch¬ 
gemacht, demonstrieren 
beispielmäßig die Ge¬ 
samtentwicklung seit 
fünfzehn Jahren. 

Der Maler Emil 
Rudolph Weiß , 1875 zu 
Lahr in Baden geboren, 
sitzt auf der Akademie in 
Karlsruhe und schwingt 
als Schüler des Grafen 
Kalckreuth und Hans 
Thomas den Pinsel. Er 
gehört nach Abstam¬ 
mung und Art zu den 
Süddeutschen, die in 
den neunziger Jahren, 
im Gegensatz zu den 
norddeutschen Impres- 
von stilisie- 


Titel für 
Eugen 

DiederichSy 


Verla .■ 


11EONÄRDO 
iS DAVINCI 

DER/DENKER/FOR 

SCHER/UND/POET. 

NÄCH/DEN/VEROEFFENT. 
LICHTEM/HANDSCHRIFTEN 
ÄUSWAHL/ÜBERSETZUNG 
8EINLEITUNG/VON/VAÄ 
RIE/HERZFELD/3.UMGE? 
ARBEITETE/AUFL./JEMÄ 1911 
EUGEMMEDERICHS/YERIAG 


sionisten 

E R 'X ' 

renden Tendenzen erfaßt 

wurden. Das führte zunächst in der Malerei selbst zum Stimmungsmäßigen, Lyrischen, aber dann 
aus der Malerei heraus zu einer auf Erneuerung des gesamten äußeren Lebens gerichteten Reform¬ 
arbeit im Großen. Der junge Badenser nimmt leidenschaftlichen Anteil an dieser Bewegung 
und gerät, wie viele in der Mitte der neunziger Jahre, vor allem auf das Nachbargebiet der 
graphischen Zierkunst. Namentlich der „Pan“ gab damals allen diesen Wünschen einen Brenn¬ 
punkt, und es ist bezeichnend, daß Weiß, in dem literarische Neigungen mit künstlerischen 
stritten, und der so mit der Redaktion des „Pan“ in Verbindung kam, durch die schöne Dis¬ 
position seiner Handschrift auf Briefbogen und Adressen die Aufmerksamkeit Otto Julius Bier¬ 
baums erregt, der ihn mit klugem Blick auf die Buchkunst weist 

Unter „Buchkunst“ aber verstand man damals, durchaus im Sinne der allgemeinen Zeit¬ 
bewegung: künstlerische Verschönerung des Buches. Umschlag, Titelblatt, Einband, Zierleisten, 
Vignetten, Kopfstücke, kurz Bildmäßiges — darum bemühte man sich. Nicht die Gestaltung: 
die Ausstattung des Buches war das Wichtigste. Diese Anschauung bestimmte auch die Art, 
in der sich E. R. Weiß beteiligte. Das gedruckte Buch war vorhanden: nun sollte es geschmückt 


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CORNELt UNiVERSSTY 


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Vorsatz zu 

Bierbaum 

GUGELINE, 

Schuster 

Loeffler, 

Berlin, 

und unten 

Einband 



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Go gle 


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136 


Osbom, Emil Rudolf Weiß. 


Einbände 
für Eugen 
Diederichs, 
Verlag, Jena 



6oct§es 

grifft 

cn 

Cjjariott* 

oonötrin 


6öi’tf)«s 

Griffe 

an 

Charlotte 

tvnetrin 


6 oct§fs 

^Briefe 

an 

Gjarlotti 


werden. Gewiß bemühte man sich schon, zwischen dem Objekt der Ausschmückung und der Aus¬ 
schmückung selbst einen Einklang herzustellen. Man begann auf „anständigen Satz“, guten Druck, 
wohlbedachte Gestaltung des Seitenbildes zu achten. Doch das geschah im Grunde noch unsyste¬ 
matisch, ohne Plan und Gefühl für die Gesetzmäßigkeit des Geschmacks, der hier zu walten hätte. 

Aber Weiß gehörte von vornherein zu denen, die auch in diesem ersten Stadium der 


, , modernen deutschen Buch- 

Emband- ... n 

Dehnung kunst bereits mit großer 
für den Verlag Klarheit den notwendigen 
Schuster 6 ° Weg erkannten: den Weg 
Lo'ffkr» des Holzschnitts. Das war 

Berlin ^ uns n j c j lt g erac J e eine 

neue Entdeckung; schon die 
englischen Präraffaeliten 
hatten auf ihn gedeutet. 
Aber, ganz abgesehen von 
ihren gemäldehaften Bild¬ 
einfügungen und ihrer sü߬ 
britischen Sentimentalität: 
sie vermengten die eckig¬ 
spitzige Gotik, von der sie 
nicht loskommen konnten, 
mit xylographischen Linien¬ 
vorstellungen, und das gab 
Mißklänge. Gotik ist die Zeit 



der Feder und der Schreib¬ 
kunst, der Miniatoren und 
Illuminatoren. Irgendwo gibt 
es eine unauflösbare Disso¬ 
nanz, wenn man sie mit 
Holzschnitt und Buchkunst 
zusammenbringt,die in jedem 
Winkelchen Erzeugnis der 
Renaissance sind. Sie hän¬ 
gen mit ganz andern Begriffen 
zeichnerischenSchmuckes zu¬ 
sammen. Gotik ist: Schlank¬ 
heit, Ragendes, Aufwärts¬ 
strebendes. Renaissance ist: 
sicher Ruhendes, erdhaft 
Gefestetes, Kraft, Fülle, 
Reichtum und Fruchtbar¬ 
keit. Dort ist etwas Speku¬ 
latives, Geistiges; hier etwas 


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CORNELL UNfVERSiTY 









































































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MARTIN BUBER 

DELEGENDE 

DESBAAb 

SCHEM 



LITERARISCHE ANSTALT/ 

RHTTENJJND loemng 

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CORNEIL UNIVERSITY 




















































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SSetia und £? \%\%/x^o5. 









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Titelzeichnun g 
für den Insel- 
Verlag t Leipzig 
und für Julius 
Bard, Verlag, 
Berlin 


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CORNELL UNfVERSmf 


140 


Osborn, Emil Rudolf Weiß. 


Titelfür die 
Literarische 
Anstalt 
Riitten 6° 
Loening, 
Frankfurt a.M. 


DIE GESCHICHTEN 
DES 

RABBI 

NÄCHMÄN 

1HV\NACHERZ£HLTVQN 

MARTIN BUBER 


i m imwtj'avj Kt «i i stavki ry h i 


Körperliches, Sinnliches. Die ganze 
Art des Striches und der zeichne¬ 
rischen Vereinfachung wird von diesen 
Unterschieden berührt. 

Weiß wandelte nach kurzenÜbungen 
im blumenfrohen „Jugendstil“ sofort auf 
Bahnen der Renaissance. Hinzu kamen 
die japanischen Anregungen, die damals 
überall luftreinigend wirkten. Hier wie 
dort ward er auf eine Behandlung des 
Holzschnitts und der Holzschnittart ge¬ 
wiesen, die kurzerhand in den Kern 
dieser Kunstübung führte. So entstan¬ 
den seine ersten Bucharbeiten. Kräftige 
Linien, klare, energisch gegeneinander 
abgehobene Flächen in ausdrucksvollen 
Lokalfarben, entschlossene Umrisse. 
Alles in einer schnell übersehbaren 
Einfachheit gehalten und so individuell 
im Vortrag, daß der Anschluß an die 
großen Muster, die ihm vorschweben 
mochten, nirgends zur Nachahmung, 
sondern immer zu einer inneren Ver¬ 
arbeitung und Modernisierung aus eignem 
Geist wurde. 

Wichtig aber war von Anfang 
an, daß hier als Helfer der Verfasser 
und Verleger ein Künstler auftrat, der 
selbst ein persönliches Verhältnis zu 
ihren Werken hatte, und aus ver¬ 
ständnisvollem Mitempfinden befähigt 
war, dem Buche sein Kleid zu schaffen. 
Man merkt überall, daß ein feinfühliger, 
kultivierter Mensch an der Arbeit war, 
der sein Amt nicht von außen her 
anfaßte, sondern durch die Lektüre seine Anregungen erhielt. So schlossen sich die ersten 
Sachen von Weiß, die allgemein auffielen, eng dem Charakter der modernen Dichtungen 
an, die ihm anvertraut wurden. Ich denke da etwa an den Umschlag zu Bierbaums „Gugeline“: 
ein dekoratives Bildblatt, in drei Farben (schwarz, grün, gelb) gedruckt, in geschlossener Form 
mit weichen Konturen; Holzschnittvögel, die aufeinander zu schießen; kapriziös verteilte ovale 
Flächen für die Schrift; auf der Rückseite eine stilisierte Baumgruppe, von gelbem Flatterband 
wie ein Bukett zusammengehalten, während ein Vogel in das Grün der Baumflächen hineinfliegt 
— eine besonders reizende, famos geschlossene Komposition. Man sprach dabei von „absicht¬ 
licher Primitivität“. Aber Weiß hatte nur den dekorativen Ausdruck für Bierbaums Dichtung 
gegeben, die ganz von einer bewußten volkstümlichen Einfachheit, einer reichlich preziösen, wenn 
auch anmutigen Stilisierung lebte. Auch die Ankündigung des Buches deutete außerordentlich 
geschickt auf diese Art hin. Man war damals im allgemeinen noch zu sehr an den völlig bild¬ 
haften Umschlag gewöhnt, wie ihn die Franzosen darboten, und wie er in Deutschland in jenen 
ersten Zeiten der „Jugend“ vielfach akzeptiert wurde. Daher fühlten sich manche durch Weiß’ 
strenge Auffassung befremdet. In Wirklichkeit aber führte gerade diese herbere Manier den 
Künstler auf den richtigen Weg. 



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— 29 — 


An einem Sonntagmorgen im Slonat 3 Jtai erhob fid) 
Cmanuel Quint oon feiner ßagerftätte auf dem QSoden 
dee Beinen £)ütt ebene, dae der Sater mit fel>r geringem 
Otedjt fein Cigen nannte. Cr wufd) fid) mit Barem ©e* 
birgemaffer draußen am Steintrog, indem er die bohlen 
£)ände unter den friftallenen Strahl hielt, der auo einer 
bö^emen, oermorfd)ten und bemooften Qtinne flofj. Cr 
batte die 9 tad)t faum ein menig gefdjlafen und fcbritt 
nun, ohne die Seinen 3U wedJen, oder etmae 3U fid) 3U 
nehmen, in der 9 tid)tung gegen Qfteicbenbad). Cin altee 
QDefb, dae auf einem Feldweg ihm entgegenfam, blieb 
fteben, ale fie oon fern feiner anffd)tfg wurde. Senn 
Cmanuel ging mit feinem langen, wiegenden Schritt und 
in einer fonderbar würdigen Haltung, die mit feinen un» 
befleideten Jüfcen, feinem unbedeckten Kopf, fowie mit 
der Armfeligfeit feiner <8eflef düng überhaupt im QDider* 
fprud) ftand. Ale er oorüber Cam, ging fie ein fleinee 
Stücf, blieb wiederum fteben und fab ih m nad). ^ie 
gegen die elfte Stunde hielt Cmanuel fid) fern non den 
Stenfdjen in den Feldern auf. Aledann überfdjritt er die 
Beine £)ol3brücfe, die über den QSach führte, und ging 
gerade3u bie 3um Starftplatj dee Beinen $le<fene, der 
fehr belebt war, weil die proteftantifd)e Kirche fich eben 
leerte. Ser arme Stenfd) ftieg nun auf einen Stein, wobei 
er fid) mit der Cinfen an einem Catemenpfahl fefthielt, 
und nachdem er fich f° und durch 3efd)en der Stenge 
bemerflid) gemacht batte und allee erftaunt, beluftigt 
oder neugierig bequfam oder wenigftene non fern brr» 


WÜpPraAtätBauerscken Giiß*r&,. 




































Titelzeichnung 
für den Ittsel- 
Verlag , Leipzig 


%-♦> 4 L i it '&i w -jf'i* m 


4* & 4 4 & % b & ör-'i 

©etabenteueE 
UclxSlmplldijl 
muö - /toßänbctv 

etftttßünb.rdpjiq 

imjtif^lücrloq— 

mcratnu ' 


Z. f. B. 1912/1913. 


19 


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142 


Osbom, Emil Rudolf Weiß. 


So gelangte er zu einer 
nun immer entschiedeneren Re¬ 
naissancehaltung. Am klarsten 
wird das beim Titelblatt eines 
Werkes, das selbst aus der 
Renaissancewelt stammt: bei 
Marie Herzfelds Ausgabe von 
Leonardos schriftlichem Ver¬ 
mächtnis im Verlage von Diede- 
richs (1904). Es ist ein pracht¬ 
volles Schriftviereck, das in 
schönen, sich verjüngenden 
Lettern aufsteigt. Ein fester 
Rahmen zieht sich herum. Aus 
dem Schwarz leuchtet ein Ini¬ 
tial L rot heraus. Von nun an 
spielen renaissanceartige Holz¬ 
schnitt-Textstellen und -Bild¬ 
stücke eine große Rolle. Man 
sieht Leisten,Vignetten, Schlu߬ 
stücke, rein dekorative Flächen, 
gedrängtes Blätterwerk,Blumen, 
oft Rosen, Girlanden, alles in 
festen, kräftig vereinfachenden 
Linien, von Hause aus für den 
Druck und nur für den Druck 
gedacht, aus dem Wesen des 
Buches hervorgewachsen. Sie 
ergeben ein schönes Spiel stili¬ 
sierender Zeichnung fürs Auge 
und einen ungemein wirksamen 
Kontrast zu der benachbarten 
weißen oder farbigen Papierfläche. Namentlich bekannt wurden die Weißschen Blumen- und 
Fruchtkörbe — Spätrenaissancemotive, die dann bald einen barocken, bald einen rokokohaften 
Charakter annehmen, bald zu dem Neubarock und Neurokoko um die Mitte des XIX. Jahr¬ 
hunderts Beziehungen unterhalten, und die doch immer ganz modern empfunden sind. Sie 
lassen schon die jüngsten allgemeineren kunstgewerblichen Tendenzen anklingen, die wieder 
auf reichere Fülle, kokette Üppigkeit und undoktrinäre Heiterkeit der Ziermotive ausgehen. 
Daher agiert auch die Rose hier eine so maßgebende Rolle. 

Aber immer wichtiger wird für Weiß nun das Streben zum Allerwichtigsten, zum „Eigent¬ 
lichsten“ der Buchkunst: zur Gestaltung der Schrift, des Satzes, der Lettern, des Seitenbildes, 
des Einbandes. Man übertreibt nicht, wenn man sagt, daß er hier zum Führer in Deutschland 
wurde und schon bis heute eine Kulturarbeit geleistet hat, die höchsten Preises wert ist. Jetzt 
ging er den Weg vom Persönlich-Künstlerischen zum Typisch-Geschmackvollen, wobei das In¬ 
dividuum des Künstlers zurücktritt So entstehen nun unter seiner Hand und unter seiner Auf¬ 
sicht Bücher über Bücher, bei denen man gar nicht fragt: wer hat dies gemacht?, sondern nur 
sagt: wie schön ist dieses Buch — das Endziel jeder kunsthandwerklichen Leistung. 

Bei den geschriebenen Texten der Titelblätter und Kapitelüberschriften entwickelte er 
sich zum Beherrscher der Buchstaben. Mit der Freude alter Mönche an kalligraphischer Klein¬ 
kunst ging er daran, in Fraktur-, noch lieber in monumentalen Antiqualettern Kopfseiten zu 
entwerfen, die Deutlichkeit der sachlichen Mitteilung mit schöner Klarheit der Liniendisposition, 


Umschlagfür 
den Verlag 
Klink har dl 
& Biermann, 
Leipzig 


DER. 

QCERCNE 

HALBMONATSSCHRIFT 
FUrTDIE INTERESSEN DES 
KUNSTFORSCHERS 
UND SAMMLERS 



EIAHRGANG-HEFT 5^=—-—-MÄRZ 1910 
VERLAG KIJNKHARlTrCrBIERMANNLEIPZIG 


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Umschlag - 
Zeichnung für 
den Insel-Ver¬ 
lag, Leipzig 
unten 
Einband¬ 
zeichnung 
für S. Fischer 
Verlag, Berlin 



art £>aupfmann 


mann 




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DIE BAHN 


UND 


DER RECHTE WEG 


Einbandzeich¬ 
nung für die 
literarische 
Anstalt Rütten 
<5° Loening, 
Frankfurt a.M. 
und unten für 
den Insel-J 'er¬ 
lag, I^eipzig 


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CORNELLUNIVERSITY 


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Umschlagteichnung für den Verlag S. Fischer, Berlin 






























Einbände der 
„Geschenk - 
ausgabe *' 
der Klassiker 
des „ Tempel - 
Verlags 
Leipzig 




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Leinen - und 

Halblederband 



der Klassiker 



des „Tempel • 













148 


Osborn, Emil Rudolf Weiß. 


Bucheinbände 
aus dem Verlag 
S. Fischer, 
Berlin 



niptmiinnl 


der Flächenanordnung, der Verteilung aller Einzelheiten im Raume des Seitenrechtecks ver¬ 
binden. Zugleich gewann Weiß ein immer näheres Verhältnis zu den gedruckten Lettern. Er 
studierte mit der Leidenschaft eines fanatischen Bibliophilen die kostbaren Bücher des XVIII. 
und aus dem Beginn des XIX. Jahrhunderts. Die Ungerschen, die Didotschen, die Altschwa¬ 
bacher Schriften entzückten ihn; sie fanden Aufnahme in den Büchern, die ihm anvertraut wurden. 
Bis er selbst sich reif genug fühlte, in den Reigen der alten Offizinmeister einzutreten. Und aus 
jahrelanger mühevoller Arbeit ging nun seine „ Weiß-Fraktur 11 hervor, die diesen Teil seiner bis¬ 
herigen Lebensarbeit krönen sollte. 

Diese Frakturschrift, zu deren Herstellung sich Weiß mit der Schriftgießerei von Gebrüder 
Bauer in Frankfurt a. M. verband, sucht die charakteristische Eigentümlichkeit der uns geläufigen 
Letternform mit der Klarheit und den sonstigen Vorteilen der Antiqua zu verbinden. Das Ziel 
war vor allem: alles Preziöse, Gezierte, allzu Individuelle zu vermeiden, aber zugleich auch das 
Gewöhnliche, Harte und Deformierte der landläufigen Systeme. Der Druckbuchstabe soll gewiß 
nicht alle Unarten bewahren, die er im Laufe vieler geschmackloser Jahrzehnte angenommen 
hat. Aber er darf auch seine Wohlgeformtheit nicht allzu aufdringlich betonen, darf sozusagen 
nicht „zu schon“ sein. Es handelt sich darum, daß er seine natürlichen Elemente in möglichst 
harmonischer Zusammenstellung aller Teile und Teilchen, Winkel und Liniendistanzen präsentiert. 
Macht er das anspruchsvoll und hyperselbstbewußt, so vergißt er sein Amt: dem Text 


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Dopprlcicero (04 Panfte). 

©as PDaüfanifctte fAcdE>io 
OQTateric und Gedächtnis 
©üffeldotfet DKaletfdjuIe 
Sllnion Verlags=J\nftalt 
©as 2Defcn der ^Religion 

Doppdmittel (00 Ponttc). 

3umiUen=©ibliotbe? 
£He £ebre uom Glücf 
fandet und öctocrbc 
£)eutfcf)er QDDerfbund 
Q3alladen und Rieder 
fAnderfens CQtärcbeu 
Vvritif der Pbttofopbic 







Osborn, Emil Rudolf Weiß. 


149 


Bücher aus 
dem Insel- 
Verlag, 
Leipzig 



STEFAN 
j ZWEIG 

EMILE 

hüRHÄREK 


BEDIER 


bescheidentlich zu dienen. Der Leser kann über den gar zu schönen Druck genau so gut stolpern 
wie über den häßlichen. Sein Auge will, mit dem Unterbewußtsein, eine dekorative Schwarz- 
Weiß-Anordnung von angenehmen Verhältnissen zu genießen, über die Lettern hingleiten. 

Mir scheint, die Weiß-Fraktur wird diesen Forderungen mit wunderbarer Treffsicherheit 
gerecht und ihre Grundgestalt bewährt sich ausgezeichnet durch alle Grade. Daneben ver¬ 
bindet sie eine niemals, auch im Nonpareille nicht versagende Lesbarkeit mit der Möglichkeit 
eines festen Zusammendrängens der Typen, wodurch das einzelne Wort als ein festes 
und geschlossenes Ganze erscheint, das sich von seinen Nachbarn wirksam abhebt. In den 
„Tempel“-Ausgaben der Klassiker hat die Fraktur ihre Probe glänzend bestanden. Noch schöner 
freilich als hier, wo wir sie nur in stereotypiertem Satz kennen lernen, wirkt sie im Handsatz; 
man vergleiche dazu etwa eine Seite aus Gerhart Hauptmanns „Emanuel Quint“. Es ist 
anzunehmen, daß die ursprüngliche Zeichnung der Schrift sich noch feiner und ausgeglichener 
präsentierte; denn irgend etwas wird auf dem Wege von der Künstlervorlage über den Stempel¬ 
schneider bis zum Guß immer verloren gehen. Aber auch die erzieherische Arbeit, die Weiß hier 
geleistet hat, verdient einen besonderen Hinweis: wie er sich mit unermüdlicher Energie seine 

Z. f. B. 1912/1913. 20 


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CORNELL UNIVERSITY 















































































Osbom, Emil Rudolf Weiß. 


150 


handwerklichen Helfer heranbildete, um sie 
ganz seinem Zweck gefügig zu machen und 
mit dem Sinn seiner Absichten zu erfüllen. 

In dieser Art ging Weiß nun auch an 
die Arbeit, als es sich darum handelte, flir 
die Anwendung der Satzspiegel bei Titeln, 
Kopfstücken und fortlaufendem Text zu festen 
ästhetischen Normen zu gelangen. Man spürt 
hier deutlich wieder den Einfluß der guten 
deutschen Bücher aus der Rokoko- und 
Klassizistenzeit. Namentlich in den Bänden, 
die Weiß jetzt in immer steigender Zahl für 
den Insel-Verlag in Leipzig besorgte, spielt 
dies große Vorbild eine entscheidende Rolle. 
Er studierte mit leidenschaftlicher Inbrunst 
die Künste, die damals allen Buchdruckern 
im Blute lagen, die sie instinktiv anzuwenden 
wußten, ohne daß sie sich anzustrengen brauch¬ 
ten, und ohne daß sie ein besonderes Verdienst 
für sich in Anspruch nahmen: die Organisation 
der Flächen, der großen Zwischenräume und 
kleinen Spatien, die unschematische, sinnvoll 
empfundene Achsenanordnung. Das sind die 
Fundamente, auf denen die wundervolle No¬ 
blesse jener alten Bände beruht Man darf 
getrost sagen, daß niemand sie in unserer 
Zeit mit so systematischer Zähigkeit und so 
glücklichem Gelingen zu erneuen strebte wie 
E. R. Weiß. 

Die Seiten eines Korrekturbogens aus 
der herrlichen Hamletausgabe des Verlags 
Eugen Diederichs in Jena (siehe Abbildungen 
Seite 157) mögen als Beispiel dienen für die grübelnde, fanatische Unermüdlichkeit, mit der hier der 
Drucker zur denkbar besten Leistung erzogen, gezwungen wurde. Unwillkürlich denkt man an die 
Korrekturdrucke von Menzels Holzschnitten zum Kugler und zu den Werken Friedrichs des Großen, 
welche die Nationalgalerie aufbewahrt. Zwei Zeitalter grüßen sich hier. Das der „illustrierten 
Ausgaben“, wo der Begriff des Bücherschmucks sich mit dem Bildschmuck erschöpfte, und das 
der reinen Buchkunst, die ihre Aufgabe in der Veredelung des Handwerklichen sieht und 
kaum drüber hinaus denkt, jedenfalls alles andere erst in zweiter Linie in Betracht zieht. Die 
beiden Welten treffen dann zusammen in der unvergleichlichen Publikation des Insel-Verlages, die 
Goethes italienische Reise mit den Zeichnungen des Dichters selbst und seiner Freunde bringt, 
wie in der Faustausgabe, die der gleiche Verlag jetzt vorbereitet: mit Delacroix’ Lithographien. 
Hier wie dort herrscht Weißens reifste Sicherheit im durchgeführten typographischen Arrange¬ 
ment. Ich wüßte dabei tatsächlich kein Detail, das man sich anders denken und wünschen 
könnte. Die große Boccaccioausgabe mit der monumentalen Linearaufteilung des Titelblattes 
gliedert sich würdig an. 

Zur Druckschrift gehört auch das Arsenal der typographischen Zierstücke, das Weiß 
seiner Fraktur beigefügt hat, die schlichten, zusammensetzbaren Sternchen und Röschen, Schluß- 
und Kopf- und Eckstücke, bei denen wieder Rokoko-, klassizistische und frühe Biedermeiererinne¬ 
rungen auftauchen. Ein Riesenvorrat, der hier dem Drucker zu freier Verwendung dargeboten 
wird. Und es gehört dazu ferner ein Kursiv-System — für Fraktur eine kniff liehe Aufgabe — 


Titel für 
S. Fischer , 
Verlag , Berlin 


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CORNELL UNIVERSUM 



DER FEIND 


Zwei Titel 
für S. Fischer , 
Verlag , Berlin 



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CORMELL UNIVERSITY 


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152 


Osborn, Emil Rudolf Weiß. 



über das sich der Künstler eben jetzt mit den Stempelschneidern von Gebrüder Bauer den Kopf 
zerbricht. 

Zur reinen Buchkunst aber gehört auch der Einband. Wieder ein besonderes Ressort 
Weißscher Tätigkeit. Hier hat der Maler in ihm dem Buchkünstler genützt und ihn zu den 
delikatesten Farbenzusammenstellungen befähigt, die der moderne Markt kennt. Ganz streng 
aber wird auch hier das Handwerkliche als einziger Faktor respektiert, von dem Vorschriften 
angenommen.werden. Die sachgemäße Verarbeitung des Leders, wozu neben der Behandlung 
der glatten oder leicht geprägten, aufgerauhten Oberfläche die Färbung gehört, beherrscht 
den Band. Klare Prägung der Rückenschrift in Gold zwischen den organisch eingefügten 
Bünden, kleine, scharf und fest geschnittene Stempel, die feine, den Kenner sofort orientierende 
Symbole zeigen — so etwa bei der Goetheausgabe je nach dem Bandinhalt wiederkehrende 
winzige Masken, Lyren, Helme, Capitolsäulen, Ahrenbündel, Denksteine, Flügelrösse und so fort 
— kommen hinzu, ordnen sich aber jenen wichtigeren Elementen unter. 

Man stelle sich einmal eine Anzahl von Weißschen Luxusbänden der Tempelausgabe 
nebeneinander, und man hat ein Stilleben von einem farbigen Reiz, daran man sich als an 
einem seltenen Augenschmaus ergötzt. Goethe: dunkelblaues Leder mit braunem Rückenschild¬ 
chen. Schiller: rot mit grün. Heine: schwarzgrün mit gelb. Kleist: braun mit dunkelblau. 
Möricke: gelb mit hellblau. Hebel: ein leise marmoriertes Braun mit rot. Uhland: violett-bordeaux¬ 
rot mit grünschwarz. Das Nibelungenlied: gelblich weiß mit dunkelblau. Eine köstliche Reihe .. . 


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Original from 

CORNELL UNIVERSUM 






C V eS* c > e/* 



Einband 
für die 
f. G. Cottasche 
Buchhandlung 
Stuttgart und 
für den 
Insel-Verlag, 
Leipzig. 



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Original ftom 

CORNELL UNIVERSITY 






































154 


Osbom, Emil Rudolf Weiß. 


Probeseite aus €ntfd)uldigung 

den Um J >el ' Vu Dcröagcft das QDetb, fic fdjmanfe oon einem 3um andern l 
wsef'tln ^ Q< ^ e f* e n *4)t: fic fud)t einen beftandigen TRann. 

/1 eißfraktur 

VerCblnefe in ^otn 

Ginen Cbinefen fab id> in Qtom: die gefamten Gebäude 
Alter und neuerer 3 e ^ febienen ibm läftig und fd)roer. 
„Ad)l" fo feuf 3 t’er, „die Armen! i<b hoffe, fiefollenbegreifen, 
QDie erft Säulcben oon §ol 3 tragen dee Vacbee Ge 3 elt, 
Vafc an hatten und Pappen, Gefcbnit) und bunter Vergoldung 
Sieb dee gebildeten Auge feinerer Sinn nur erfreut." 
Siebe, da glaubt’ id) im Q3ilde fo manchen Scbmdrmer 3 U flauen, 
Ver fein luftig Gefpinft mit der foliden 3latur 
Groigem Teppich ucrgleicbt, den echten reinen Gefunden 
Kran? nennt, dafe ja nur Cr beifee, der Kraute, gefund. 

Spiegel der Ulufe 

Si<b 3 « fcbmtUfen begierig, oerfolgte den rinnenden Q3acb cinft 
Jrüb die THufe hinab, fie fuebte die rubigfte Stelle. 
Cilend und raufd>end indee oer 3 og die febroanfende $läcbc 
Stete das bemeglicbe Q3ild; die Göttin wandte fid> 3 ömend. 
Vod) der Q3ad) rief hinter ihr drein und höhnte fie: „freilich 
lllagft du die QDabrbcit nicht febn, roie rein dir mein Spiegel 
fie 3 eiget!" 

Aber indeffen ft and fie febon fern, am QDinfel dee Seeee, 
3bccrGeftalt fid) erfreuend, und röcfte den Kran 3 ficb 3 ured)te. 

Pböboe und bermee 

Veloe’ emfter Vebcrrfcbcr und Tftajae Sohn, der gewandte, 
hechteten heftig, ee toünfd)t’ jeder den herrlichen Preie. 
§ermce oerlangte die £eier, die £eier oerlangt’ auch Apollon, 
Vod) oergeblicb erfüllt Hoffnung den beiden dae §er 3 : 
Venn rafcb dränget ficb Aree heran, getoaltfam entfd>eidend, 
Schlägt dae goldene Spiel mild mit dem Cifen ent 3 toei. 

7 


Einflußreicher aber noch sind die 
einfacheren Einbände: die Leinendeckel 
der Tempelausgabe und die ganz billigen, 
aber durchaus soliden und in der Wirkung 
vorzüglichen Pappbände der billigen Bände 
des Inselverlages mit den ovalen Rücken¬ 
schildchen in anderer Farbe. Dazu die 
schlichten Schnitte, die mit den Ein¬ 
bänden einen schönen Zweiklang von 
sorgsam abgestimmten Lokalfarben er¬ 
geben : bei jenen Leinenbänden des „Tem¬ 
pel“, die alle die gleichen feinen Omament- 
bänder des Rückens und das ovale Ver¬ 
lagssignet als Stempel des Deckels in 
Golddruck zeigen: Schiller rot mit bläu¬ 
lichem Schnitt, Heine grün mit hellbraun, 
Kleist braungelb mit grün, das Nibelungen¬ 
lied dunkelblau mit grün, Uhland braun 
mit grün. Oder bei den Pappbänden: 
beim Volks-Goethe (Insel-Verlag) hell¬ 
braunes Papier, hellbrauner Schnitt, rot¬ 
braunes Rückenschild; bei Hofmannsthals 
prosaischen Schriften — in S. Fischers 
Verlag, der als bedeutsamer Auftrag¬ 
geber Weißens hinzukommt — gelbe 
Pappe, weißes Schild, roter Schnitt; in 
Hartlebens gesammelten Werken (eben¬ 
dort) grüner Pappband, weißes Schild mit 
schwarzem und rotem Aufdruck, gelber 
Schnitt Die aparten Seidenbändchen für 
einzelne lyrische Schriften zeigen schon 
von außen an, daß hier eine besondere 
Zierlichkeit des Inhalts sich birgt. 

Nicht vergessen sei daneben die 
Hans Sachs-Ausgabe des Inselverlags: 
die Bände in braunem Schweinsleder mit 


Blinddruck auf dem Rücken; das Vorsatzpapier ein kräftig stilisiertes Blumenmuster in Holz¬ 
schnitt, von zwei Stöcken braun, Ton in Ton, gedruckt; im Buche selbst zwischen prächtig 
schwarzem Satz alte Holzschnitte, handkoloriert. 

Oder es melden sich wieder andere Stücke. Wie feinfühlig ist der grüne Band des „West¬ 
östlichen Divan“ gehalten, der an die Farbentönungen persischer Poterien denken läßt. Welche 
Zartheit vereint sich in dem Bande „Goethes Liebesgedichte“: rotes Leder, leichte, klassizistisch 
gestimmte Ranken und eine schwebende Amorette als Stempel auf dem Deckel, auf dem Rücken 
ein blaues Lederschildchen. Wie präludiert ein ernstes Schwarzgrün mit sparsamem Golddekor 
der Stimmung in Hofmannsthal „Tor und Tod“. 

Gewiß hat auch der Zeichner Weiß in seinen späteren Buchkunstarbeiten nicht geschwiegen. 
Der zarte Hofmannsthal-Band, der soeben genannt wurde, enthält in der Luxusausgabe drei 
delikate kleine Radierungen von seiner Hand. Hans Bethges „Chinesische Flöte“ trägt auf dem 
Titel die entzückende Gestalt einer graziösen Tochter des Reichs der Mitte, die in den 
sparsamen Linien eines ostasiatischen Holzschnitts wie eine feine, verwehende Erscheinung, und 
doch ganz unbildlich, ganz als Vignette, als Ornament in die Schrift des Blattes gestellt, 


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CORNELL UNIVERSITY 





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gesetzt in 
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CORMELL UNIVERSITY 





S. Fischer, Verlag, Berlin 



S. Fischer, Verlag, Berlin 



S. Fischer, Verlag, Berlin 



Hermann & Friedrich 
Schaffstein, Cöln 


Signet für die Werke Alfred Momberts 
Schuster & Loeffler Verlag. Berlin 



Reimar Hobbing 
Verlag, Berlin 



Meister Eckehard bei 
Eugen Diederichs, Jena 



Tempel-Verlag, 

Leipzig 



Rütten & Loening, 
Frankfurt a. M. 



Julius Bard, Verlag, Berlin 



Publikation des Kaiser-Friedrich- 
Museums bei Julius Bard, Berlin 



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von Eugen 
Diederichs , 
Jena 



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158 


Osbom, Emil Rudolf Weiß. 


Leinenband 
der Tempel • 
ausgaben 



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vorüberschwebt. Auch die Renaissanceart in festen, energischen Holzschnittstrichen taucht 
gelegentlich wieder auf, wenn das Thema dazu reizt. Von allen Kunstwelten und Kulturen 
strömen Anregungen herzu, die willig empfangen und genutzt werden. Doch das alles erscheint 
nun doch mehr und mehr als Nebenwerk. Der Schwerpunkt ruht in dem großen reformerischen 
Wirken für die wesentlichen Formprobleme des Buches als eines gewerblichen Erzeugnisses, die 
ohne Aufhebens in natürlichem, organischem Gang in die Sphäre eines von aller Unruhe und 
Effektsucht befreiten Geschmacks emporgeführt werden. So steht E. R. Weiß der Buchkünstler 
zugleich vor uns wie ein lächelnder Repräsentant der letzten Wünsche, die wir an alles knüpfen, 
was uns die Kultur des Sichtbaren, die redliche künstlerische Veredelung unserer gesamten 
Außenwelt heute und morgen zu geben hat. 


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CORNELL UNÜVERSrTf 


















Bogeng, Die Bibliothcque du Louvre. 


159 



Luxusbänae 
der Tempel' 
klassiker 


Die Bibliothcque du Louvre. 

Von 

Dr. G. A. Erich Bogeng in Berlin. 

D ie Büchersammlung des Louvre 1 ist nur eine Erinnerung. In der Nacht vom 23. zum 
24. Mai 1871 haben die Brandstifter der Commune, nachdem sie die Tuilerien und das 
Palais Royal angezündet hatten, ihre unheiligen Flammen auch in die im XIX. Jahr¬ 
hundert weltberühmt gewesenen Büchersäle des alten Pariser Königsschlosses getragen. Am 
Morgen, zwischen vier und fünf, loderte das dem Barbaren Freiheit geweihte Opferfeuer auf. 
Als es erloschen war, ließ es nur ein paar beschmutzte und halbverbrannte Bücherreste auf 
großen Aschenhaufen zurück, die mit ein paar zufällig entfernten, ausgeliehenen oder zum 
Buchbinder gegebenen Bänden in die Bibliothek des Arsenals gebracht wurden und dort als 

* Über sie handeln: E. J. B. Rathery, Notice historique sur Pancien Cabinet du Roi et sur la bibliotheque 
imperiale du Louvre. Paris 1863 (S. A. Bulletin du Bibliophile); M. Vachon, La Bibliotheque du Louvre et la 
Collection bibliographique Motteley. Paris 1879; ferner: J. B. Labiche, Notice sur les d£pöts litt^raires. Paris 1880. 


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CORNELL UNIVERSITY 

















Bogeng, Die Biblioth&que du Louvre. 


, 6o 


Überrest der Louvrebibliothek vorläufige Unterkunft fanden. Ferner blieben noch einige andere, 
zur Louvrebibliothek gehörende, aber in änderen Räumen des Louvre aufbewahrte Cimelien er¬ 
halten. Als man nämlich das Musee des Souverains einrichtete, suchte man in allen öffent¬ 
lichen Sammlungen dem Besitze französischer Herrscher entstammende Gegenstände. So ge¬ 
langten auch ein paar Bände aus der Bibliotheque du Louvre in dieses Museum (und wurden 
dadurch gerettet) das berühmte Heures de Charlemagne genannte Evangelienbuch, eine Pracht¬ 
handschrift, die der Kaiser gelegentlich der Taufe seines Sohnes Pipin der Abtei de Saint-Semin 
in Toulouse zum Geschenk gemacht hatte und die die Stadt Toulouse 1811 Napoleon L kurze 
Zeit nach der Geburt des Königs von Rom überreicht hatte; die Profession de foi des cotnman- 
deurs de Vordre du Saint-Esprit, mit einigen Zeilen Heinrichs III. und den Unterschriften der 
Ordensmeister von 1578 bis 1789 (beide heute in der Bibliotheque nationale); Le Sacre de 
Napoleon /. mit den Originalzeichnungen von Isabey, Percier und Fontaine und die Ouvres 
d’Ossian, die Übersetzung von Letourneur in dem Napoleon I. überreichten Exemplar, das da¬ 
durch merkwürdig ist, daß es eine Zeichnung Isabeys nach einem von König Karl Johann von 
Schweden erworbenen, aber mit dem Transportschiffe untergegangenem Gemälde G^rards enthält 1 

Der repräsentativen Bedeutung der Bibliotheque du Louvre entsprach ihre Ausstattung. 
Über eine prachtvolle, mit Skulpturen von M me Claude Vignon geschmückte Freitreppe gelangte 
man in die der allgemeinen Benutzung zugänglich gemachten Lesesäle, von denen der erste 
mit Brünes die neun Musen darstellendem Deckengemälde verziert war. Der große Saal, in drei 
Schiffe geteilt, wurde im Mittelraume von zwölf großen Pfeilern getragen, während die beiden 
durch eichenhölzerne Scheidewände abgeteilten Nebenräume die Bücherwände bildeten. Seine 
allegorischen Deckengemälde, von Biennoury, Theologie — Jurisprudence — Sciences et Arts — 
Litt^rature e? Poesie — Geographie et Histoire — Histoire gönerale versinnbildlichend, ent¬ 
sprachen den der Einteilung des Bibliothekskataloges. Von Denuelle stammende Medaillon¬ 
bildnisse berühmter Schriftsteller verbanden sich mit ihnen zu dem weiteren malerischen Schmuck 
dieser Galerie, an die ein großer, auf die Cour Napoleon hinausgehender Ehrensaal stieß, dessen 
Deckengemälde eine Wiederholung des von Abel de Pujol 1819 für die große von Percier und 
Fontaine aufgeführte, später von Visconti niedergelegte Freitreppe des Louvre gemalten Freskos 
war. Über den beiden prachtvollen, in Holzbildhauerei von Lepetre ausgeführten Kaminen 
waren Heberts Bildnisse von Napoleon I. und Napoleon III. angebracht, die noch durch die 
ausführliche Beschreibung, die Th£ophile Gautier von ihnen in seinem Salon de 1866 gab, be¬ 
rühmt sind. 

Der Inhalt der Bibliotheque du Louvre zeigte, bei aller äußeren Abrundung, nicht den Zu¬ 
sammenhang, den sonst Büchersammlungen ihres Umfanges zu haben pflegen, weil sowohl die 
Entstehung wie die Vermehrung und die besonderen Zwecke der Louvrebibliothek fiir sie nicht 
die Grundlage eines allgemein feststehenden Planes geben konnten. Begründet wurde die 
Bibliotheque du Louvre eigentlich erst in der Zeit nach der Restauration, wenn auch ihre 

» Es ist oft aber irrtümlich berichtet worden, Petroleummänner hätten vor der Brandlegung einige Kostbarkeiten 
der Bibliotheque du Louvre „gerettet**. Daß die Legendenbildung bei dem Untergang zahlreicher Bücherschätze durch 
die Aufdeckung von allerlei „Spuren“ einen Bibliophilentrost suchte, ist erklärlich. In diesem Zusammenhänge muß 
deshalb auch kurz die Geschichte des berühmten, in Quarto auf holländischem Papier gedruckten Exemplares der Kehler 
Ausgabe der Oeuvres Voltaires erwähnt werden, dem Beaumarchais die Zeichnungen Moreaus hatte einbinden lassen, um 
es der Kaiserin Katharina II. von Rußland zu überreichen. 1860 von dem Pariser Altbuchhändler Fontaine wieder ent¬ 
deckt, war es von diesem für 18000 Franken an den bekannten Sammler B<>“ L. Double verkauft worden und bei der 
Versteigerung von dessen Büchersammlung für 10000 Franken ausgeboten und für die Kaiserin Eugenie erworben 
worden. Der Baron hatte allerdings die Absicht gehabt, das Exemplar zurückzukaufen: da aber niemand aus Galanterie 
gegen die Kaiserin bieten wollte und der Versteigerungsleiter den Wunsch B on Doubles vergessen hatte, gelangte das 
Exemplar in die Tuilerien, um mit ihnen zu verbrennen. Vergeblich bot ein Sammler nach dem 4. September 40000 
Franken für das verschwundene Unikum. Zwar macht Jules Richard (L’art de former une bibliotheque. Paris 1883. 
Seite 35) die geheimnisvolle Andeutung: „Je crois savoir qu’un communard soigneux, pr£voyant l’incendie, avait soustrait 
le Voltaire des imperatrices Catherine II. et Eugenie et que gräce ä lui il figure aujourd’hui dans une illustre biblio¬ 
theque de Berlin“, aber leider hat sich üiese immerhin nicht uninteressante Vermutung bisher nicht bewahrheitet und die 
siebzig angeblich bei Seite geschafften kostbaren Quartanten sind seit 1871 von niemanden wieder gesehen worden. 


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CORNELL UNIVERSUM 



Bogeng, Die Biblioth&que du Louvre. 


161 


eigentlichen Anfänge etwas weiter zurückreichen. Ihre Vorgängerinnen, die alten im Louvre 
aufgestellt gewesenen Büchersammlungen, waren aus ihm längst entfernt, 1 als man um die 
Wende des XVIII. Jahrhunderts im Louvre, das seit 1793 das nationale Hauptmuseum in Paris 
war, die geeignete Stelle für die Unterbringung einer größeren Bibliothek erkannte. 

A. A. Barbier 2 ist der eigentliche Begründer der Louvrebibliothek. Er hatte mit Hubert 
Pascal Ameilhon seit 1798 die Ordnung und Verwertung der deponierten Bücher als Mitglied 
der Section de bibliographie geleitet, in welcher Eigenschaft er die dann zum größten Teil 
nach dem 18. Brumaire unter den Consuln geteilte Bibliotheque du Directoire und dann aus 
den Überbleibseln dieser Sammlung die Bibliotheque du Conseil d’Etat gebildet hatte, deren 
Katalog er 1803 in zwei Bänden veröffentlichte. Die ursprünglich in den Tuilerien unterge¬ 
brachte Büchersammlung des Staatsrats wurde 1807 zum größten Teile nach Fontainebleau ge¬ 
schafft und der zurückgebliebene Rest bildete den eigentlichen Grundstock der Bibliotheque du 
Louvre. A. Barbier hatte 1807 ein Magazin für die kaiserlichen Bibliotheken gegründet, wohin 
auch die in den Besitz des Kaisers übergegangene Sammlung eines Herrn d’Ambreville ge¬ 
kommen war, der es verstanden hatte, sich aus dem Depot de la Culture Saint-Catherine eine 
kostbare Liebhaberbücherei auszusuchen. So entstand in der Zeit der Restauration mit Be¬ 
nutzung der Bücher dieses Magazins, die den Grundstock der Bibliotheken Napoleons I. gebildet 
hatten, der Bibliotheque du Conseil und der Bibliotheque particuliere du Roi, die nun wieder 
mit dem alten Namen als Bibliotheque du Cabinet du Roi bezeichnete Sammlung. Unter der 
Regierung des Bürgerkönigs wurde sie dann abermals umgetauft und hieß nun Bibliotheque du 
Louvre. In dieser Zeit wurde sie auch in den nach der Wasserseite gelegenen Räumlichkeiten 
des Louvre untergebracht. Ihre starke Vermehrung sowohl durch Erwerbungen und Geschenke 
der Könige und des Kaisers Napoleon III. wie durch Ergänzungen aus dem Bestände anderer 
Bibliotheken (der Tuilerien-Bibliothek, der Elys6e-Bibliothek usw.) hatte die nach dem 4. Sep¬ 
tember den Mus^es du Louvre angegliederte Büchersammlung, die damals (und bis zu ihrer 
Vernichtung) von dem Sohne A. A. Barbiers, Louis Barbier, verwaltet wurde, auf rund 100000 
Bände anwachsen lassen. 

Ursprünglich eine Amtsbibliothek, dann die große Privatbibliothek der Könige Louis XVIII., 
Karl X. und Louis-Philippe sowie des Kaisers Napoleon III., die vor allem auch die großen, 
umfangreichen Veröffentlichungen aufzunehmen hatte, traten zu dem in der Hauptsache aus 
geschichts- und rechtswissenschaftlichen Büchern gebildeten durch Staatsschriften und ähnliche 
offizielle Publikationen ergänzten Grundstöcke die kostbaren Galeriewerke und ihnen ähnliche 
Veröffentlichungen über Kunst, Festlichkeiten usw. Unter Louis XVIII. waren, der Vorliebe 
dieses Königs entsprechend, zahlreiche lateinische und französische Klassiker hinzugekommen, 
die Kaiser Napoleon I. und III. sowie mehrere Prinzen des Hauses Orleans hatten das Zustande¬ 
kommen einer reichen kriegswissenschaftlichen Abteilung gefördert Endlich hatte die persön¬ 
liche Teilnahme einiger Bibliothekare die besondere Pflege einzelner Abteilungen begünstigt. 
So war durch Valery die. schon in der Zeit des ersten Kaiserreiches sehr beträchtliche Ab- 


* Schon Karl V., der Gelehrte (gestorben 1380), hatte seinen sehr reichen, fast 1000 Bände umfassenden, 1373 
von Gilles Mailet verzeichneten Bücherbesitz im später Tour de la.librairie genannten Tour de la Fauconnerie des Louvre 
untergebracht. Sowohl diese erste Louvrebibliothek wie auch eine spätere, das noch nach der Begründung der Biblio¬ 
theque du Roi fortbestehende und erst in der Revolutionszeit ganz aufgelöste Cabinet des livres du Louvre haben ein 
sehr wechselvolles Schicksal gehabt. 

a Antoine Alexandre Barbier, am 11. Januar 1765 zu Coulommiers geboren, war zuerst Geistlicher gewesen und 
1794 nach Paris gekommen. Seitdem war er als Bibliothekar tätig, zunächst als Mitglied der Kommission, die die in 
den aufgehobenen Klöstern und Schlössern befindlichen Gegenstände der Kunst und Wissenschaft sammeln sollte, dann 
als Aufseher der von ihm gebildeten Bibliothek des Staatsrats (1798), als Bibliothekar und literarischer Vertrauensmann 
Napoleons. Nach Napoleons Sturz wieder Bibliothekar der Bibliothek des Staatsrats wurde er mit deren Umbildung in die 
Bibliothek des Königs betraut. Seitdem Verwalter der Königlichen Privatbibliotheken starb er am 6. Dezember 1825, 
nachdem er 1822 wegen eines Streites mit einem Minister seiner Stellung enthoben worden war. Einen Namen erwarb 
sich Barbier auch als Bibliograph, insbesondere durch sein Hauptwerk: Dictionnaire des ouvrages anonymes et pseudo¬ 
nymes. Paris 1806—8. IV. u. ö. 


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CORNELL UNfVERSSTV 



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Bogeng, Die Bibliotheque da Louvre. 


teilung der italienischen Literatur besonders erweitert und nach seinem Tode auch mit einer 
Auswahl italienischer Bücher aus seiner Privatbibliothek vermehrt worden. 

Unter den Handschriften und Druckwerken der Louvrebibliothek befand sich eine große 
Zahl von Kostbarkeiten, die, teils wegen ihres Inhaltes, teils wegen ihrer Ausstattung unersetz¬ 
lich waren. Ihre Aufzählung würde hier zu weit führen und nur einige Originale sollen kurze 
Erwähnung finden, weil sie noch häufig genannt werden. Mit der Louvrebibliothek gingen ver¬ 
loren der Briefwechsel und die Manuskripte von Vauvetiargues (die glücklicherweise noch Gilbert 
seiner Paris 1852 in zwei Bänden erschienenen Ausgabe der Oeuvres dieses Philosophen zu 
Grunde gelegt hatte), und die Vies des poetes francais par ordre chronologique depuis 120g jus 
qtien 1647, P ar Guülaume Colletet , fünf Quartbände Handschrift des Verfassers. (Neuerdings 
hat unter Benutzung einer Handschrift und sonstiger auf das verlorene Original zurückgehender 
Quellen A. van Bever die Restitution von 212 der 442 Vies unternommen und beginnt seine 
Ausgabe in fünf Bänden herauszugeben.) Der Verlust des Rabelais in vier Duodezbänden, den 
der Abb6 Morellet mit zahlreichen Anmerkungen bereichert hatte und der gegen einige 
Dubletten der Louvrebibliothek von Herrn Burgault-Desmarets überlassen worden war, wird von 
manchen Forschern ebenso beklagt, wie von vielen Kunstfreunden der Verlust der großen, 
repräsentativen Prachtwerke bedauert wird, an denen die Bibliotheque du Louvre besonders 
reich war und von denen sie viele in einzigartiger Ausstattung, mit beigefügten Original¬ 
zeichnungen vermehrt, besaß. Gerade diese Werke (unter denen sich zum Beispiel fast alle 
Veröffentlichungen von Redoute in der eben erwähnten Ausstattung befanden) würden eine sehr 
lange melancholische Liste liefern. Daß die für diese Prachtwerke gemachten Aufwendungen 
zum Teil ganz außerordentliche gewesen sind, erweist schon der von Karl X. für das Perga¬ 
mentexemplar der bei Panckoucke in 27 Bänden erschienenen Victoires et conquetes des Francais 
gezahlte Preis, rund 55000 Franken. Das von Louis Paris veröffentlichte unvollständige Ver¬ 
zeichnis der Handschriften der Bibliotheque du Louvre umfaßt 348 Nummern, unter denen ab 
von besonderem bibliophil-literarischen Interesse wenigstens einige hervorgehoben seien, wie 
das Handexemplar der 1671 in zwölf Abzügen hergestellten edition originale dite d’amis von 
Bossuets Exposition de l'eglise catJiolique , Les Huit Herbiers der M mg de Genlis, ein Quartant 
mit Originalzeichnungen (über den ausführlicher M me de Genlis selbst im fünften Bande ihrer 
Memoiren berichtet), die Archives du grand maitre des ceretnonies; correspondatices et proces - 
verbaux des ceremonies et audiences diplomatiques depuis 1805 jusqu'en 1813 , 14 unter Louis- 
Phüippe aus der Bücherei des comte de Segur, des grand maitre des edrdmonies am Hofe 
Napoleons I. erworbene Quartanten, das Journal kistorique et litteraire de CoÜe (1748—1772) 
in neun Bänden. 

Unter den verschiedenen in die Bibliotheque du Louvre aufgenommenen Sondersamm¬ 
lungen waren die bemerkenswertesten die folgenden. Zunächst die Collection de Saint-Genis, 
aus dem Besitze der zum Parlamentsadel gehörenden Familie dieses Namens und des Rechts¬ 
gelehrten Gillet — eine von 305—1789 reichende Urkundensammlung zur französischen Ge¬ 
schichte, die teils, besonders für die Zeit bis etwa 1650 aus ausführlichen Quellennachweisen, 
teils aus Zusammenstellungen von Drucken und Handschriften gebildet rund 800 Sammelbände 
und Sammelkästen umfaßte, deren bequeme Benutzung ein über 85 Bände sich verteilendes 
Register erlaubte. Sodann die 1826 von Karl X. erworbene Petrarcabibliothek des Professors 
Antonio Marsand mit 736 Werken in 862 Bänden, darunter auch einige wichtige Handschriften. 
Ferner die als Recueil A bezeichnete Sammlung, die von dem Buchhändler Nyon begründet 
und von den Bibliothekaren der Louvrebibliothek auf 1000 Bände gebracht worden war. Sie 
enthielt Drucke geringeren und geringsten Umfanges über die verschiedensten Materien und 
war eine Art Flugschriften-, Dissertationen-, Einblattdruck-Auswahl und sowohl wegen der vielen 
Drucke ephemeren Charakters, die sie enthielt, als auch wegen ihrer etwas bunten Zusammen¬ 
stellung ein wertvoller Fundort allerlei verlorener Nachrichten. Endlich der Recueil sur la Re¬ 
volution, 768 Sammelbände und Sammelkästen, eine ungemein vollständige Aufhäufung von 
Revolutionsschriften, über die bis ins Einzelne gehende Nachweisungen im Kataloge vorhanden 


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Bogeng, Die Biblioth&que du Louvre. 


163 


waren und die durch das 131 Sammelbände umfassende von Viollet-Le-Duc erworbene soge¬ 
nannte Theätre revolutionnaire ergänzt wurde, das aber neben sehr zahlreichen Bühnen¬ 
dichtungen der Jahre 1788 bis 1825 auch andere kleine Drucke mannigfachen Inhalts der 
gleichen Zeit enthielt Neben diesen mehr als verloren gegangene wissenschaftliche Werte zu 
beklagenden Sondersammlungen barg die Biblioth&que du Louvre aber noch eine als Ganzes 
erhaltene Bibliothek, die zu den bedeutendsten französischen in der ersten Hälfte des XIX. Jahr¬ 
hunderts gebildeten Liebhaberbüchereien gehört hat, die Collection Motteley. 

Motteley war ein Elzevieromane und auch als Schriftsteller anerkannte Elzevierautorität, 
der seine in vierzigjährigen, ihn durch ganz Europa führenden Bücherreisen zusammengebrachte 
Elzeviersammlung so eingeteilt hatte: I. Authentische Elzevierdrucke mit oder ohne Drucker¬ 
bezeichnung, der Zeit nach und nach Druckereien (Amsterdam, Leiden, Utrecht) geordnet 
IL Falsche Elzevierdrucke aus verschiedenen Werkstätten Hollands, Belgiens, Deutschlands und 
Frankreichs. III. Nachahmungen der Elzevierdrucke. — Kostbare Handschriften, wertvolle Ein¬ 
bände, berühmte Provenienzen waren seine anderen hauptsächlichen Sammelgebiete, und unter 
den 2000 Bänden seiner bibliographischen Kollektion, wie er sie nannte, waren fast alle Kabinett¬ 
stücke, die bei seinen immerhin bescheidenen Vermögensverhältnissen in seinen Besitz zu 
bringen ein unermüdlicher Sammeleifer, das Ausspüren der guten Gelegenheiten und vor 
allen Dingen seine Zeit, in der Kostbarkeiten dieser Art noch billig waren, ihm ermöglicht 
hatten. Leider ist ein gerade bei einer derartigen Zusammensetzung der Sammlung unentbehr¬ 
liches ausführliches beschreibendes Verzeichnis nicht vorhanden, die von Marius Vachon auf 
Grund einiger Aufzeichnungen Motteleys zusammengestellte Bücherliste kann nur ungefähr über 
den Inhalt der Kollektion Motteley unterrichten. 

Als Motteley 1856 starb, hinterließ er diese Verfügung über seinen Bücherbesitz: Je donne 
de mon vivant, et en cas de mort pr£matur£e je l&gue ä la nation frangaise, sons les auspices 
de M. le pr&ident de la Republique, ma remarquable biblioth&que ä condition: 

l°. Que le gouvernement la fera placer dans une galerie ou salon portant cette inscription: 
Mnsee bibliographiqne forme par le bibliophile Ck. Motteley ; 

2°. Qu’il n’y sera introduit d'autre livre ou manuscrit que ceux que le donateur y pourra 
ajouter de son vivant; 

3 0 . Qu’il sera construit, dans le local, ou eile sera ötablie, une longne montre en acajou, 
avec glaces, propre ä recevoir le plus nombreux et le plus beau musee de reliures ex^cutees 
depuis Louis XII. et Anne de Bretagne, jusqu’ä nos jours, qu’il y ait bien certainement en 
Europe. 

* * 

* 

Quant ä moi ou ä ma famille, je laisse ä la g£n6rosit£ du gouvernement d'agir comme 
il Tentendra, lui offirant en outre, autant que mon age et mes forces me le permettront, 
d’etre le conservateur honoraire de ce musöe, jusqu’ä mon d£c&s, mais avec l’aide d’un employe 
ou sous-conservateur, retribu£, qui pourra me suppiger au besoin. 

Da die Annahme des Legats aus irgendwelchen Gründen von dem damaligen Leiter der 
Biblioth&que nationale Herrn Taschereau abgelehnt worden war, wurde die Kollektion Motteley 
zunächst vorläufig in einem Saale des Louvre untergebracht und sodann die Bestimmung ge¬ 
troffen, daß sie dem Wunsche des Sammlers gemäß unter Erhaltung ihrer Selbständigkeit der 
Biblioth^que du Louvre einzugliedern sei; Cimelienvitrinen wurden nach Motteleys Willen aufge¬ 
stellt und eine (von M me Claude Vignon in Marmor ausgeführte) Büste zum Mittelpunkt der 
Schausammlung gemacht, die nur noch wenige Jahre die Augen der Bibliophilen entzücken 
sollte. Die Sammlung Motteleys, die er als Ganzes erhalten wollte, ist als Ganzes unter¬ 
gegangen. Man hat den Verlust ihrer vielen Schätze immer wieder beklagt, hat immer wieder 
hervorgehoben, daß das traurige Schicksal der Kollektion Motteley ihr erspart geblieben wäre, 
wenn sie, in einer glänzenden Versteigerung aufgelöst, sich in anderen, ihr ähnlichen Lieb¬ 
haberbüchereien mit jedem einzelnen Bande das von dem Sammler ersehnte Gedenken seines 


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IÖ 4 


Buchwald, Lessing und Ernestine Christine Reiske. 


Namens gesichert hätte. Das ist eine Auffassung, die Edmond de Goncourt in die schönen 
Worte gekleidet hat: Ma volonte est, que mes dessins, mes estampes, mes bibelots, mes livres, 
enfin les choses d’art qui ont fait le bonheur de ma vie n’aient pas la froide tombe d’un mus£e, 
et le regard bete du passant indifferent, et je demande qu’elles seront toutes £parpill£es sous 
les coups de marteau du commissaire-priseur et que la jouissance que m’a procur£e l’acqui- 
sition de chacune d’elles, soit redonnöe, pour chacune d’elles, ä un heritier de mes gouts. 

Und doch, mag auch Ehrgeiz, ja Eitelkeit Ch. Motteleys Bestimmungen über das Weiter¬ 
bestehen seiner Sammlung veranlaßt haben, seine Absicht, sie der Allgemeinheit zu erhalten, 
soll nicht vergessen sein, wenn auch die Kollektion Motteley selbst vergessen ist 


Lessing und Ernestine Christine Reiske. 

Ungedruckte Dokumente. 

Mitgeteilt von 

Dr. Reinhard Buchwald in Leipzig. 

D as erste der Dokumente, die ich hier der Öffentlichkeit übergeben darf, Lessings Brief 
I an die Reiskin vom 18. Dezember 1777, kann als eines der charakteristischsten Beispiele 
Lessingischer Briefkunst gelten und erhellt zugleich zum ersten Male eine sehr 
merkwürdige Episode im Leben - des Dichters. Kurz vor Eva Königs Tode findet zwischen 
ihm und der zweiten Frau, die sein Herz hatte gewinnen wollen, diese Auseinandersetzung 
statt, die freilich ein endgültiger Bruch nicht gewesen zu sein scheint. Allerdings die „von ihm 
selbst aufgesetzte Lebensbeschreibung“ Johann Jakob Reiskes, um die sich der Streit bewegt, 
hat die Gattin selbst herausgegeben, mit eigenen kurzen Ergänzungen statt der stattlichen 
Supplemente, die Lessing in Aussicht gestellt hatte; sie selber verfaßte auch das Verzeichnis der 
hinterlassenen Handschriften, in dessen Anlage wir auch nach unserer neuen Quelle, die mit 
der Reiskeschen Vorrede zur „Lebensbeschreibung“ fast wörtlich übereinstimmt, des Freundes 
Hand zu erkennen haben. Jedoch erschien dieses Werk erst 1783 im Buchhandel, und wir 
werden annehmen müssen, daß Frau Reiske Ende 1777 zwar die arabischen und griechischen 
Manuskripte, wie Lessing ihr in seinem Brief mitteilte, zurückerhielt, aber auf die Dokumente 
Sur Biographie sogleich verzichtet hat, sie vielmehr in Wolfenbüttel beließ. Die Manuskripte 
wurden ja schon 1779 nach Dänemark verkauft (vgl. das dritte der hier veröffentlichten Schrift¬ 
stücke); auf die letztere Hypothese dagegen führt uns der als Nr. 2 gedruckte Brief, den Karl 
Lessing nach dem Tode seines Bruders an Frau Reiske richtete und der mit dem von Fr. 
Chrysander zuerst bekannt gemachten aktenmäßigen „Verzeichnis der Lessingischen Manuskripte“ 
zusammen gehalten werden muß („Westermanns Monatshefte“, Dezember 1856 = Danzel- 
Guhrauers Lessing II 679, 2. Auflage). Wir nehmen also an, daß sich Lessing und die Reiskin 
auf eine Arbeitsteilung für die Reiske-Biographie einigten; ihm fiel der biographische, ihr der 
bibliographische Teil zu; aber Fragmentenstreit, Nathan und Krankheit hinderten ihn, auch diese 
beschränkte Aufgabe zu erfüllen. An einen unheilbaren Bruch zwischen den beiden großen 
Menschen zu denken, verbietet uns endlich auch die auf den 13. März 1778 datierte Vorrede 
zu der Reiskin Buch „Hellas“ (Erster Band, Mitau 1778), die folgendermaßen beginnt: „Den 
Titel dieser Übersetzungen werde ich nicht besser rechtfertigen können, als wenn ich sage, daß 
er ihnen von meinem werthen Freunde, dem Herrn Hofrath Lessing, gegeben worden,“ und 


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1 66 


Buchwald, Lessing und Ernestine Christine Reiske. 


Ich kenne Youngs Schönheiten; aber ich liebe ihn nicht, wenigstens liebe ich ihn in den Nacht¬ 
gedanken nicht Doch ich vergesse meinen Motanabbi darüber gar. Ein Dichter also, der, 
seiner großen Fehler ungeachtet, dennoch ganz Feuer, ganz Gedanke ist, der hat sich schon 
von manchen Gefühl- und Gedankenlosen, an deren Thüre er anklopfte, verschmähen und ab¬ 
weisen lassen müssen!“ Das hat Reiske in dem Jahre geschrieben, da Goethe.als Student 
nach Leipzig kam, wohl ohne ihm hier zu begegnen; in den Noten zum Divan tut er ihn 
später ziemlich kurz, in einem Satze mit seinem Gegner Michaelis, ab. 

All das fordert auch für die Reisldn ein größeres Interesse, als ihr bis heute, trotz Geigers 
fast nur auf Försters Briefsammlung beruhender Biographie („Dichter und Frauen“, Neue Samm¬ 
lung, Berlin 1899, Seite 226 ff.), zuteü geworden ist Förster läßt seiner Sammlung der Reiske- 
Briefe mit Recht einen Anhang von Briefen der „geschickten Freundin“ (diesen Ausdruck 
braucht auch ihr Gatte) folgen; durch einen sehr glücklichen Zufall kann ich demnächst die 
42 geschäftsmäßigen und meist unpersönlichen Stücke, auf die Förster sich beschränken mußte, 
durch drei wesentlich lebendigere Briefe ergänzen. Diese gehören jedoch nicht zu den Reiske- 
Dokumenten aus dem Egidyschen Nachlaß, die hier geschlossen auftreten und die freilich mehr 
zur Kenntnis ihres äußeren Lebensganges beitragen; auch verlangen diese letzteren, um nach 
ihrem Werte geschätzt zu werden, den Vergleich mit den wenigen Quellen, die bisher in bezug 
auf die Alterstage der merkwürdigen Frau für uns flössen. Teilweise sind sie sogar genealo¬ 
gischen Inhalts und erhellen bloß die Müllersche Familiengeschichte — Frau Reiske war eine Tochter 
des Kemberger Superintendenten Augustus Müller. Diese genealogischen Stellen gebe ich gekürzt 
wieder; ganz unterdrücken mochte ich sie jedoch nicht, weü auch die Müllerschen Verwandten, 
die Nitzsch, Hanneken, Wernsdorf, keine geringe Rolle in der Kulturgeschichte ihres Zeitalters 
gespielt haben und weil das Interesse für diese Dinge Reiske und seine Frau in hervorragendem 
Grade beherrscht hat. Zur Reiskeschen Hochzeit ließ Ernestine Christines Bruder Gottlieb 
Müller, Probst und Superintendent zu Kemberg, seines Vaters Nachfolger, ein Quartheft „Die 
Geschichte seiner Vorältem“ drucken (Leipzig, gedruckt bey Gotthelf Albrecht Friedrich Löper 
[1764; 20 S.]), das heute nicht mehr vollständig aufzuflnden ist; von den zwei vorhandenen 
Exemplaren enthält das der Universitätsbibliothek zu Leipzig die Seiten 1—16, das zweite, 
im Besitz des Königl. Bibliothekars Dr. Friedrich Müller in Berlin, das Titelblatt und die 
Seiten 17—20. Beide hat ein heute lebender Nachkomme des Verfassers, Referendar Felix 
Müller, kombiniert und das vollständige Faksimile der von ihm verfaßten vorzüglichen Familien¬ 
geschichte beigegeben (Nachrichten über die Familie Müller vonn der Neustadt auff der Heide. 
Berlin 1911 bei Carl Hermann Müller). Von Frau Reiske erzählt ihr Bruder in der Vorrede 
dieser seiner Gratulationsschrift, sie habe „bisher unter anderen Wissenschaften insonderheit zur 
Genealogie eine große Neigung gehabt, und eine nicht gemeine Stärke darinnen erlanget“ — 
(ähnliche Angaben in Adam Friedrich Geislers Gallerie edler deutscher Frauenzimmer II 1785, 
woher auch unser Bild entnommen ist, und in Hirschings Historisch-literarischem Handbuch IX 2, 
Seite 48 ff.) — und als sichtbarer Beweis können uns ihre Anmerkungen zu ihres Gatten 
„Lebensbeschreibung“ gelten. 

Die fast lückenlose Mitteüung der folgenden Nummern I bis VI hat jedoch noch einen be¬ 
sonderen Zweck. Wir können nämlich aus ihnen den ziemlich zwingenden Beweis fuhren, daß 
wir in Lessings Brief (Nr. 1) den einzigen Rest seiner Korrespondenz mit Ernestine Christine 
Reiske besitzen. Der glückliche Fund dieses Schriftstückes fuhrt uns nicht auf die Fährte nach 
dem Verstecke der übrigen, sondern verschafft uns vielmehr die Gewißheit, daß sie von einem der 
Egidyschen Erben, wahrscheinlich von der Reiskin Adoptivsohn Christoph Moritz von Egidy, 
vernichtet worden sind. 

Es ergibt sich dies daraus, daß sich diese sechs Schriftstücke mit anderen ganz persönlichen 
Papieren, zum Beispiel Hochzeitsgedichten, Universitätszeugnissen, Verzeichnissen von Schmuck¬ 
gegenständen zusammen als Packet verschnürt auf Schloß Kreinitz bei Strehla im Königreich 
Sachsen, einem Egidyschen Gute, vorfanden. Und es kann kein Zweifel darüber bestehen, 
daß sie mit dem vollen Bewußtsein ihres Wertes ausgewählt und gemeinsam aufgehoben worden 


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Buchwald, Lessing und Ernestine Christine Reiske. 


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sind. Dem Verhältnis zu Lessing gelten die ersten beiden Reliquien; aber vielleicht waren sie 
dem Aufbewahrer noch wichtiger als Dokumente flir die Geschichte des Nachlasses Johann 
Jakob Reiskes, auf den sich das dritte Schriftstück bezieht Das vierte betrifft die Anstellung 
Egidys im sächsischen Staatsdienst, ein auf das Leben von Adoptivmutter und Sohn gleich 
einflußreiches Geschehnis. Es folgt eine noch von Reiske selbst eingeholte Auskunft über 
mütterliche Verwandte seiner Frau in Norddeutschland; und endlich das Begleitschreiben bei 
der Übersendung ihres Nachlasses an Egidy, mit Notizen über Angehörige im heimatlichen 
Kemberg. 

Es ist durchaus möglich, daß die Briefe Lessings sowie ihre eigenen an Lessing, die sie 
nach seinem Tode zurückforderte (vgl. außer unserem Brief Nr. 2 noch Förster a. a. O. Seite 912 
und Danzel-Guhrauer II Seite 679f., 2. Auflage), von Frau Reiske mit der einzigen Ausnahme 
unserer Nr. I selber vernichtet worden sind; es besteht aber auch die Möglichkeit, daß sie sich 
noch unter den in Nr. VI erwähnten Skripturen befanden und mit denen in Egidys Besitz 
gelangten. An der Hand von Nr. VI hätte dieser die Sendung ausgepackt und sofort oder bei 
einem Wechsel seines Wohnsitzes, wie er ihn mehrfach in seinem Leben vomahm, beseitigt, 
was ihm unwichtig schien. Nach Kreinitz scheint unser Konvolut erst unter dem letztver¬ 
storbenen Herrn von Egidy, zu dessen persönlichen Besitz es gehörte, gelangt zu sein. 

Aber dem sei wie ihm wolle: die Hoffnung auf den Lessing-Reiske-Briefwechsel werden 
wir aufgeben müssen. FreÜich hat sich noch ein zweiter Brief Lessings an sie erhalten (vom 
27. März 1777); doch glaube ich, kann diese Tatsache unsere Schlußfolgerungen nicht erschüttern. 
Denn nicht nur in Kreinitz hat sich nichts weiter gefunden, sondern ebensowenig auch auf an¬ 
deren Gütern, die der Drost von Egidy bewirtschaftet hat und über die mir auf meine Anfragen 
die bestimmtesten Auskünfte erteilt worden sind; es sind dies Campen bei Braunschweig, Lösnig 
bei Mühlberg, Naunhof (wo er starb) und Otterschütz, dessen Stelle heute ein Truppenübungs¬ 
platz einnimmt Der gegenwärtige Besitzer dieser Schriftstücke ist Herr Oberleutnant von Zehmen 
in Borna; die erste Kenntnis von ihnen erhielt ich durch Herrn Missionsdirektor Professor 
D. C. Paul in Leipzig, damals Pfarrer in Lorenzlrirch bei Strehla. 

I. 

Gotthold Ephraim Lessing an Ernestine Christine Reiske. 1 * 3 

Madame, 

Ich habe freylich sehr unrecht gethan, daß ich allezeit mein Versprechen nach meinem 
guten Willen blos eingerichtet; u. Sie köiien auch nicht dafür, daß Sie sich von meiner gegen¬ 
wärtigen Lage keinen Begriff machen köiien, in welcher ich an vier Orten wohne, ohne an 
Einem zu wohnen. — 

— Hierbey folgt also die erste Kiste der Mss, u. das übrige körnt über acht Tage gewiß. — 
Ob ich sie so gebraucht habe, wie ich sie zu einem umständlichen Verzeichnisse, das ich unseres 
Freundes* Leben unter meinem Namen beyfiigen könte, gebraucht zu haben wünschte? Nein. — 
Aber ich will lieber von diesem Vorhaben ganz abgehen, als mir von Ihnen noch einen solchen 
Brief zuziehen, als der letzte. 

Ob Ihr Vertrauen auf meine Rechtschaffenheit Thorheit war: kan ich nicht sagen. Aber 
meine Rechtschaffenheit soll sicherlich zu allen Zeiten 3 u. in allen Stücken Rechtschaffenheit 
bleiben: des bin ich gewiß. 

Das Buch oder das Blat, welches ich wissendlich von den mir an vertrauten Mss behalte: 


1 Ein Bogen in Kleinfolio, 4 Seiten, 19,2 cm breit, 23,8 cm hoch; davon die zwei ersten beschrieben; anf der vierten 
eine rote Färb- oder Siegelspar. Wasserzeichen: D & C Blauw. 

* unseres Freundes über gestrichenem seinem. 

3 Z aus S. 


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Buchwald, Lessing und Ernestine Christine Reiske. 


(welche, wenn ich damit nach Ihrem ersten Willen gehandelt hätte, jetzt weder mehr in Ihren 
noch in meinen Händen wären) soll mir ewig auf der Seele brenen. 1 

So auch der Pfenig! — Sie haben mir nach u. nach an die 900 && baar Übermacht. 
Hierzu körnen die Interessen von dieser Summe auf bisherige zwey* Jahr u. verschiedne Bücher *: 
so daß ich alles auf 1100 ^ baar rechne. 4 Über diese eilfhundert Thaler will ich Ihnen, auf 
Ihre erste Antwort, eine Obligation senden, und Ihnen das Kapital jährlich zu 5 proct verinterissen*. 
Es ist mir sehr leid, daß ich in diesem Augenblicke nicht mehr thun kan: auch genöthigt seyn 
werde, die Obligation selbst auf einige Jahre zu stellen. — 

Freylich werde ich auch so noch Ihnen grosse Verbindlichkeit haben; u. so grosse, daß 
ich sie nie würde übemomen haben, wenn ich voraus hätte sehen könen, was ich nun wohl 
begreiffe, das Sie selbst nicht vorausgesehen haben. 

Was in beykomender ersten Kiste sich befindet, ist auf beyliegenden Bogen specificirt, 
den ich mir nach richtigem Empfang, quittirt wieder zurück erbitte. Aus ein Paar andern 
Blättern, die ich beyschliesse, werden Sie ersehen, wie ich ohngefähr mein umständliches Ver¬ 
zeichniß eingerichtet hatte, daß ich eben aufs Reine zu schreiben im Begriff war, als ich dero 
letzten Brief erhielt 

Injleß, meine Freundin — den so will ich Sie doch noch imer nenen, troz 6 Ihrer sich so 
bescheiden zurückziehenden Titulatur des Hofraths — wenn es Ihnen scheinen sollte, als ob ich 
aufgebracht sey, als ob ich diese Gelegenheit ergreiffen wolle, mit Ihnen zu brechen: so irren 
Sie sich wiederum in mir. — Wenn wir von dieser Seite, von der ich sehr betauere, daß jemals 
zwischen uns die Rede davon gewesen, mit einander in Richtigkeit sind: so wird es nur von 
Ihnen abhangen, ob ich noch künftig eine Stelle unter Ihren Freunden haben soll. 

Wolfenb. den i8*£? December 1777. 

Gotth. Ephr, Lessing. 


II. 

Karl Lessing an Ernestine Christine Reiske. 7 

Wohlgebome Frau, 

Hochzuehrende Frau Doktorinn, 

Ew. Wohlgebom Verlangen, die Schriften, so mein verstorbner Bruder zur Lebensbeschreibung Ihres 
seeligenGemals gehabt, wieder auszuliefem finde ich sehr billig. Sie sind in einer besonderen Kommode verwahrt, 
und allen, so bey meiner Anwesenheit in Wolfenbüttel mit inventiren halfen, habe ich es ausdrücklich gesagt. Ich 
hoffe, daß man auch von Gerichtswegen keinen Anstand nehmen wird, sie Ihnen, Madam, verabfolgen zu lassen; 
so bald Sies verlangen. Sollte es aber wegen der versiegelten Stube, worinn sie sich befinden, für jetzt nicht 
geschehen können: so können Sie sich doch in 2 Monaten, als der Zeit, da ich mich mit meinem Geschwister 
erklären muß, ob ich die Erbschaft antreten will oder nicht, darauf Rechnung machen. 

Mit Dero Briefen an meinen Bruder würde es eben so gehalten werden können, wenn solche nicht erst 
aus den übrigen Briefschaften herauszusuchen wären. Jetzt sind Sie nebst meines Bruders übrigen Schriften in 
einer großen Kiste, die ich dem Herrn von Döring 8 versiegelt übergeben habe, weü ich sie vor der Neugierde 
in seiner alten Wohnung, wo die übrigen Sachen aufbewahrt worden, nicht sicher genug hielt Ich gebe Ihnen 

* Erklärt sich vielleicht aus den folgenden Sätzen der „Lebensbeschreibung“ (Seite 144): „Er [Reiske] hatte den 
Hofrath Lessing zu Wolfenbüttel von ganzem Herzen geschätzt, und dieser berühmte Gelehrte war auch sein warmer 
inniger Freund. Ihm vertrauete ich also die so theuera Papiere an, als ich, krank am Leib und Gemüthe, mir das Grab 
nahe dachte. — Kaum waren sie in dieses Freundes Händen, als sich D. Emesti gegen mich erbot, sie in Verwahrung 
zu nehmen, und für ihren vortheilhaften Verkauf besorgt zu seyn. Meine Antwort, daß ich sie nicht mehr hätte, raubte 
mir auf einmal die väterliche Fürsorge, die er mir nur so eben angetragen hatte.“ — Lessings Wunsch, einiges zurück 
zu behalten, in seinem Brief vom 27. März 1777. 

* z aus Z. 

3 Vgl. die Bibliotheksakten: Serapeum 1844, Seite 233 und Danzel-Guhrauer 2 II, 677 f. 

4 Danach gestrichen Dief oder Daf. 

5 So deutlich, obwohl man „verinter^ssen“ vermutet. 

6 Über gestrichenem ohne. 

7 Kleinfolio, 4 Seiten, davon zwei beschrieben; breit 18,8 cm, hoch 23,2 cm; Wasserzeichen: J. Honig & Zoonen. 

8 Danzel-Guhrauer II, 598 und 679, 2. Auflage. 


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Buchwald, Lessing und Ernestine Christine Reiske. 


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mein Wort, Madam, daß Sie niemand als Sie selbst erhalten soll; noch weniger soll ein Gebrauch davon, ohne 
Ihren Wissen und Bewilligen, gemacht werden. 

Von Dero Aufsatz: der Weiberfeind, können Sie die Auslieferung mit den übrigen Sachen erwarten. 

Für das gütige Anerbieten Ew. Wohlgeborn, mir Briefe, so mein Bruder an Verschiedene geschrieben, 
verschaffen zu wollen, danke ich recht sehr; und ich werde mich desselben bedienen, so bald ich davon etwas 
herauszugeben anfangen möchte. Ich habe mir dabei zur Hauptregel gemacht, ohne Bewilligung der Verfasser 
nicht eine Zeile davon drucken zu lassen. 

Zu Dero neuer Ortveränderung 1 gratuliere ich Ihnen von ganzem Herzen, und wünsche Ihnen alles 
daraus gehofftes Vergnügen: mit der größten Hochachtung, die ich für eine so verdiente Dame, als Sie, allzeit 
gehegt, verharrend 

Breslau Ew. Wohlgeboren 

den io !55 Mäji ganz gehorsamster 

1781 Lessing. 


m. 

Kaufvertrag. 2 

Ich Peter Fridrich Subm Ihro Majest des Königs von Dänemarck Norwegen etc. bestellter Kamerherr 
gebe hiemit der Frau Doctorin E. C. Reiske die völlige Versicherung: daß Sie für den hinterlassenen und von 
mir erstandenen Handschriften Ihres N: Mannes jährlich, so lange Sie lebt die Sume 200 Rth Sächsischen 
Courant, schreibt zweyhundert Reichsthaler, von mir, und falls ich mit den Tode abgehen solte, von meinen 
Erben erhalten werde, so: daß erwähnte Sume Ihr in 2 Terminen nehml. zum uüü? Juni und December 
jedesmahl hundert Reichsthaler durch Anweissung auf ein in Leipzig für süffisant erachtetes Handlungs Contoir 
ausbezahlt werden. Und soll, falls die Frau Doctorin Reiske binnen zehn Jahren stürbe, d. Hr. Christoph Moritz 
v. Egidy aus dem Hause Ottersitz noch zehn Jahren von Ihrem Tode gerechnet, die obenerwähnte zweyhundert 
Reichsthaler Sächsischen Courants behalten, und Ihm solche auf vorgedachter weise ausbezahlt worden. 

Diese auf gestempeltes Papier ausgefertigte und mit eigenhändiger Unterschrift und Pittscbaft versehene 
Versicherung wird von mir, und wenn ich binnen der Zeit sterben solte, von meinen Erben unverbrücklich [ 1 ] ge¬ 
halten, und der Frau Doctorin Reiske sowohl als dem Herrn Egidy zu völliger Sicherheit wegen Empfangs der 
obenerwähnten Summe dienen. 

Kopenhagen d. i 81 S 5 Maj P F Suhm 

1779 [Siegel] 


IV. 

Creuziger an Egidy. 3 4 

H och wohlgebohrener, 

Hochgeehrtester Herr, 

Die drey Fragen, welche Euer Hochwohlgeboren geehrteste Zuschrift vom i8!2? dieses enthält, kan ich 
freylich so vollständig nicht beantworten, als ich zu Ihrer eigenen Befriedigung wünschte. Folgendes ist alles, 
was ich darüber zu sagen weis.* 

[Die Entscheidung über seine Bewerbung um eine „Assessur auf das adlige Latus“ könne erst nach den 
Ferien fallen; wann, das lasse sich nicht sagen. Von Hindernissen sei nichts bekannt; in Absicht der Priorität 
würde die Verzögerung nicht schädlich sein.] 

Ich fühle das Unangenehme, das der Verzug der endlichen Resolution für Euer Hochwohlgebohren haben 
muß, gar sehr; u. werde mich eben so sehr freuen, wen dieser Verzug nicht lange mehr dauert. Für Ihr geneigtes 
Andenken an meine Frau dankt Ihnen diese verbundenst, u. empfiehlt sich nebst mir der Frau Doct. Reiske 
gehorsamst. Mit vieler Hochachtung verbleibe ich 

Dresden Euer Hochwohlgebohren 

am 16. März gehorsamster Diener 

1780 Creuziger. 

1 Von Dresden nach Bornum bei Braunschweig. 

* I Foliobogen mit folgenden amtlichen Bezeichnungen: Nr. 11968. No. 4. [Wappen]. Fire og Tyve Skilling. 
1779. Müller. E Tome. 

3 4 Seiten Kleinfolio, davon zwei beschrieben; breit 19 cm, hoch 26 cm; Wasserzeichen: Dolch, gekreuzt mit 
Scheide; auf Seite 4 Adresse: An des Herrn von Egidy Hochwohlgebohren in Leipzig. 

4 Über Egidys Anstellung, sowie die Aufgabe der juristischen Laufbahn und seinen Übergang zur Landwirtschaft: 
Frau Reiske d. 29. VIL 1782 (Förster, Seite 904). 


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Buchwald, Lessing und Ernestine Christine Reiske. 


V. 

Carsten Niebuhr an J. J. Reiske . 1 

[Entschuldigt sich, daß er seine Zurückkunft nach Kopenhagen 2 noch nicht angezeigt habe, da ihm drei 
Wochen darnach seine Frau „eine junge Tochter gebracht habe“. Sodann sei er auf seiner Rückkehr nicht 
durch Lübeck gekommen und habe einen Brief an Herrn Köhler 3 nicht abgeben können. Er will ihn sogleich 
hinschicken.] „Den Zettel des H. K. worauf er mir den 3. Band von Hudsons Geographie geben sollte, werde 
ich an einen Freund in Lübeck senden, der den erwähnten Band fodern soll, und wenn er ihn nicht erhält, so 
werde ich den Zettel bey Gelegenheit wieder zurück senden. 

Sodann Seite 2 Mitte: 

Des Dr. Münters Frau Mutter aus Lübeck ist jetzt hier. Bey dieser habe ich mich nach den Anver¬ 
wandten Dero Frau Liebsten erkundigt, allein sie hat mir keine hinlängliche Nachricht davon'geben können. Ihr 
Mann hat keine Schwestern gehabt, aber seines Vaters Bruder war Prediger in der Nähe von Lübeck, und 
dieser hat einige Töchter hinterlassen, wovon sie nicht weiß wohin sie verheyrathet worden. Vielleicht war also 
eine von diesen die Grosmutter♦ der Frau Doctorin. Sie ist wahrscheinlich auch von der Familie eines ehe¬ 
maligen Bürgermeisters Müller in Lübeck; denn dieser war nahe mit dem Superintendenten Hankenius ver¬ 
wandt. Der Bürgermeister Müller hat zwey Töchter nachgelassen, die verheyrathet worden, aber gestorben sind, 
doch Kinder hinterlassen haben. Auch in Hamburg ist ein Dr. Hankenius. Der Münter den die Frau Doctorin 
in Wittenberg gekannt hat, ist ein Halbbruder des hiesigen Doctor Münters. Er ist Prediger in Stockholm ge¬ 
wesen, lebt aber jetzt in schlechten Umständen in Lübeck. 

Wenn die Frau Doctorin sich noch einiger Umstände von Ihren Verwandten in Lübeck erinnert, so bitte 
ich, sie mir zu schreiben, ich habe einen Freund in Lübeck der sich gerne darnach weiter erkundigen wird. 

Zu Hannover hörte ich daß zu Uslar ein Prediger und zu Nordthausen ein Kaufmann gewesen die Münter 
geheißen haben. Von diesen hatte der hiesige Dr. Münter gar keine Nachricht. 

[Seite 3 Mitte bis Schluß: Bitte, durch den Dr. Eck in Leipzig, der da die Subskribenten zu Klopstocks 
Gelehrten-Republik gesammelt, dasselbe für seine Beschreibung Arabiens tun zu lassen.] 

Ihrer Frau Gemahlin bitte ich mich vielmal zu empfehlen und verbleibe mit der größten Hochachtung 
und Anwünschung einer besseren Gesundheit 

Deroselben 

Kopenhagen ergebenster Diener 

d. 31. August 1774. C. Niebuhr 


VL 

E. T. Viebig an E. M. v. Egidy.s 

Hochwohlgebohrener Herr, 

Gnädiger Herr u. Gönnerl 

Ew. Hochwohlgeb. Gnaden gütigem Auftrag gemäß habe ich mit Beyhülfe des Herrn Walters die sämmt- 
liehen Bücher u. Scripturen so gut u. sorgfältig eingepackt, als mirs nur imer möglich war. Und da der noch 
übrige Raum des Kastens mit Brettern ausgefüllt worden ist, so hoffe ich, daß alles was in diesem Kasten be¬ 
findlich ist, zu Ihrer Zufriedenheit bey Ihnen ankomen wird. Die Briefschaften sind ungelesen aus den Behält¬ 
nissen, wie sie seit der Versieglung gelegen haben, zusamen gesucht u. über u. unter die Bücher gelegt worden. 
Es ist aber auch nun gewis kein einziges Blatt Pappier das nur den geringsten Werth hatte, außer den Kauf¬ 
briefen, zurückgeblieben, sondern alles auf das sorgfältigste zusamen gesucht u. mit eingepackt worden. Die 
Kaufbriefe sind zusamengepackt u. in die Schreibekomode gelegt worden. Ganz in der obersten Schicht Bücher 
werden Ew. Hochwohlgeb. ein in Pappe gebundenes mit blauem Pappier überzogenes Büchlichen finden, in 
welchem, wie ich gesehen, die Fr. D. R. ihren Bücher Kauf u. Verkauf annotirt haben; dieses könnte vielleicht 
wegen noch außenstehender Reste u. dergl. Bemerkungen einer vorzüglichen Aufmerksamkeit werth seyn u. 
wollte nur Dieselben beym Auspacken im voraus darauf aufmerksam machen. Noch muß ich in Ansehung der 
Bücher bemercken, daß Sie in der obersten S[ch]icht unter andern 3 diverse Bände von Gellerts Schriften finden 
werden; die fehlenden Bände hat die sei. Fr. D. R. meiner ältesten Tocher 6 , der sie auch einigen Unterricht 
im Nähen gegeben, nach u. nach zum Lesen gegeben; Besonders die Fabeln, einen Band von der Moral, den 


* I Bogen Kleinfolio, 4 Seiten, 18,9 cm breit, 23,1 cm hoch, Wasserzeichen: D & C Blauw. Links nnten: Herr 
Dr. Reiske in Leipzig. 

* Über seinen Aufenthalt in Leipzig: Reiske 8. Oktober 1767 (Förster Seite 755) und C. Niebuhr, Beschreibung 
von Arabien, Kopenhagen 1772, Seite XXV (Exzerpt aus einem Brief Brief Reiskens) und Seite 96. 

3 Prof, in Kiel, später in Königsberg (Lebensbeschreibung 105)? 

4 Catharina Eleonora von Nitzsch geb. Hanneken? Vgl Gottlieb Müller, Geschichte seiner Vorältem, Seite 18. 

5 4 Seiten Folio. 

6 Die sämtlichen vorkommenden Personen sind in dem angeführten Buch von Felix Müller zu finden. 


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Buchwald, Lessing und Ernestine Christine Reiske. 


171 


sie vermuthlich für das Mädchen am schicklichsten gehalten. Als ich es einmahl erinerte, als uns die sei. Fr. 
D. R. besuchte, daß wir noch einige Theile von Gellerts Schriften hätten, so sagte die sei. Fr. D. R. sie kößen 
sie behalten, die übrigen sollen sie auch bekomen. Da dieses aber nicht geschehen ist, da es kurz vor ihrem 
Ende war, u. ich sie auch nicht wieder daran erinert habe, u. beym Einpacken diese übrigen Bände auffand, so 
entschloß ich mich Ihnen solches umständlich zu benachrichtigen u. die besagenden Bände mitzuüberschicken 
— u. es Dero gütigem Ermessen ganz zu überlassen, ob dieselben solche behalten um das Werk ganz zu haben, 
oder ob Sie die noch fehlenden nebst den beykomenden meinem Kinde schenken wollen. Auf alle Fälle wollte 
ich doch nicht, daß dieselben unter diesen Umständen ein unvollständiges Werk haben sollten. Wollen Sie es 
aber meinem Kinde unter diesen Umständen die der Wahrheit gemäß sind, wie ich sie Ihnen offenherzig ge¬ 
schrieben habe, vollständig oder etwas anderes an dessen Statt gnädigst schenken, so nehme ichs von Ihnen mit 
eben der Dankbarkeit an, als ich es von der sei. Fr. D. Reiske angenomen habe. Sonst ist mir nicht bekannt 
daß die sei. Tante hier jemanden ein Buch geschenkt, noch weniger verborgt hätte, welches sie gewöhnlich gar 
nicht that Sie müssen also alle, so wie sie sind inventirt worden, in der Kiste befindlich seyn. So ist auch von 
den ungebundenen Büchern auch nicht ein Blatt verrückt worden. Mit der Lebensbeschreibung des sei. D. R. 1 
habe ich die Seitenwände des Kastens belegt, damit sich die Bücher nicht rücken sollen. Kurz, ich habe es 
nicht besser zu machen gewußt, als wir es gemacht u. eingepackt haben; Und sollte mich freuen, wenn es mit 
Dero Zufriedenheit beehrt würde. Von den noch übrigen Sachen wäre der neue Besitzer Mstr. Paanier nun- 
mehro so bald als möglich gerne befreyt, damit er sich mit seiner zahlreichen Familie einrichten kann, da die 
Fr. M. Wilmersdorfin in die obere Stube, da sie in der ganzen Stadt kein schickliches Logie finden konnte, da 
ich selber für sie nach einer Miethe herum gelaufen bin, nolens volens, zur Miethe ziehen u. 10 jährl. Miethe 
geben muß. Ich wiederrieth es ihr sehr, diese große Stube wegen der vielen Miethe u. des noch weit kost¬ 
bareren Holzes zu beziehen; Sie hat sich auch alle Mühe nach einem kleineren u. wohlfeileren Stübchen gegeben 
u. ich habe es ebenfalls nicht mangeln lassen; Aber vergebens. In ein ganz schlechtes u. abgelegenes Loch konnte 
u. wollte sie doch nicht ziehen u. die kleine Stube die sie jezt bewohnt, braucht der Wirth zur höchsten Noth. 
Ich wollte sehr wünschen u. habe es schon hundertmahl gewünscht, daß die gute sei. Tante die alte Funkin a 
nicht veranlaßt hätte ihr Häußchen zu verkaufen, da die Miethen hier jährlich theurer u. bey der zunehmenden 
Volcksmenge rarer werden; denn das Logie u. Holz wird die arme Wilmersdorfin am meisten drücken. [Egidy 
möge als Haupterbe mehrere von derReiskin für ihre Angehörigen bestimmte Legate abändern und verbessern.] 
So hat mir auch die Fr. M. Müllerin, auf meine Vorstellung, gemeldet, daß wen ich glaubte, daß Ew. Hochwohlgeb. 
an ihr, als einer alten Wittwe, die seit 10. Jahren sehr vieles zugesezt hätte u. nur nothdürftig zu leben hätte, 
oder an ihren Kindern, oder Kindeskindern, wie ich ihr versichert großmüthig u. wohlthätig handeln würden, 
sie von ihrer (ohne unser Vorwissen durch einen Advocaten gemachten) Forderung in dieser Rücksicht abgehen 
u. es Dero Großmuth überlassen wollte, was Sie ihr als ein Andenken an ihre leibliche Schwester, gütigst mit¬ 
theilen wollten und in dieser Rücksicht ihre gemachten Ansprüche zurücknehmen. Es hat die gute alte Mutter 
sehr gekränkt, daß sie von Ihnen keiner Antwort ist gewürdiget worden u. daß sie die einzige Schwester der 
sei. Fr. D. R. auch nicht das kleinste Andenken haben sollte. Diesen Vorstellungen habe ich durch Versicherung 
ihrer geäußerten großmüthigen Gesinnungen möglichst, soweit sichs bey einer alten Frau von 80. Jahren thun 
läßt, schriftlich zu be[ge]gnen gesucht, daß sie nun auf Dero Gnade u. Wohlwollen das beste Vertrauen hat. Die 
gute alte Mutter hat, in ihrem hohen kumervollen Alter durch den plözlichen Todt ihres Sohnes des Superint. 
Wachßmuths, der eine starke unversorgte Familie in bekümerten Umständen verläßt, vor wenig Wochen einen 
großen Schreck gehabt. Gott gebe nur daß meine Schwiegermutter, die Fr. Superint Kranoldin, die auch schon 
lange Wittwe ist, noch lange lebt; bey dieser hält sich die Frau M. Müllerin, als ihrer noch einzigen Tochter 
auf Unsere ganze Familie ist, außer dem H. P. M. Müller in Segresen, arm u. jede Unterstüzung die wir von 
Dero Großmuth erhalten wird Ihnen Gott gewis belohnen; denn ich wißte auch nicht einen einzigen Bemittelten 
in unsrer ganzen Famiüe, die meisten sind arm, haben viel FamiÜe, oder doch nur ihr höchst nöthiges Aus- 
komen. Doch ich wÜl nicht klagen, noch weniger Ew. Hochwohlgeb. länger damit unterhalten. Ich habe das 
unbegrenzte u. sicherste Vertrauen Sie werden an mir u. meinem Kinde gewis, nach Dero Versprechen so 
handeln, daß wir mit Dero Billigkeit zufrieden seyn können. Ich empfehle mich u. die Meinigen zu Dero u. Fr. 
Gemahlin Gnade u. Wohlwollen und bin mit der größten Ehrerbietung Lebenslang 

Kemberg, Ew. Hochwohlgeb. 

am 29. Maji ganz gehorsamster Diener 

1799. M. Ernst Traugott Viebig. 

1 Gemeint ist das Manuskript, das ebenfalls verloren zu sein scheint. Im Druck sind, wie die R. angibt, „einige 
wenige Stellen abgekürzt, einige zu starke Ausbrüche der Hypochondrie, oder vielmehr der Unzufriedenheit, bey Er¬ 
innerung der erlittenen Ungerechtigkeiten, weggestrichen.“ 

* Der Reiske Schwester Eleonora Catharina; über sie Felix Müller und Reiskes Brief bei Förster Nr. 296, Seite 642. 


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Neues von Lichtenberg. UI 

Mitgeteilt von 

Professor Dr. Albert Leitzmann in Jena. 

[Schluß.] 

7. Juiii [1783]. 

Es ist unglaublich was ich überlaufen werde. Kaum habe ich noch jezt Zeit an Sie zu schreiben. Die 
fremden Professoren schwärmen jezt wie die Schnepfen, und ob ich mich gleich gar nicht auf den Anstand 
stelle, so kommen sie mir doch immer in den Schuß. 

HErr Büttner* soll gewiß von hier gehen. Schlötzer* hat die Nachricht mitgebracht, ob aber nach Jena 
oder nach Weimar, weiß ich nicht. Ich habe es sehr lange schon gewußt und immer vergessen zu schreiben. 
Indessen mit ein Paar guten Groschen Zulage wäre er wohl zu halten. Denn er geht doch ungern weg, er hat 
hier viele Freunde, die ihm seine Schwächen zu gute halten, wo er sich erst wieder festsetzen muß, könte es ihm 
mislingen. In den Jahren muß man locum nicht mehr mutiren, es fallt gemeiniglich so aus wie das verpflantzen 
alter Bäume. Hora ruit. 


10. Juiii. 

Heute Morgen ist hier ein Courier von Berlin durchpassirt, der die Nachricht nach Cassel bringt, daß 
den König von Preußen der Schlag gerührt habe, andere Umstände sind nicht bekannt 


4. August 

Es passiren in unsrer Nachbarschafft die fürchterlichsten Donnerwetter, wovon wir, dem Himmel sey 
Danck, nur den kühlenden und erquickenden Regen haben. Diesen Morgen um 5 Uhr sah ich einen gantz 
fürchterlichen Strahl grade hinter Clausberg herunter fahren. Ich zählte 14 Secunden bis zum Donner und 
doch war dieser so hefftig, daß die Dielen unter meinen Füßen zitterten. Es war unbeschreiblich majestätisch 
und das blasen vom Thurm: Nun dancket alle Gott pp. nahm sich sehr gut dabey aus. 

In den heutigen Göttingischen Zeitungen wird mein satirisches Gedicht, 3 das vor den schwimmenden 
Batterien * steht, denen von Juvenal und Pope an die Seite gesezt .5 Das ist süßer Weyhrauch. Auch die 
schwimmenden Batterien kriegen ihr Lob. 6 


* Christian Wilhelm Büttner (1716—*1801), Natur- und Sprachforscher, Professor der Philosophie in Göttingen, 
siedelte 1783 nach Jena über, wo seine große Bibliothek nach seinem Tode mit der Universitätsbibliothek vereinigt 
wurde; vgl. darüber Goethes ergötzlichen Bericht in den Annalen von 1802 (Werke 35, 130). Eine Charakteristik des 
sehr eigenartigen Mannes von Lichtenberg ist in den Briefen 1, 403 abgedruckt. 

2 August Ludwig Schlözer (1735—1809), der berühmte Historiker und Publizist, war Professor der Philosophie in 
Göttin gen. 

3 Am Schlüsse seines Aufsatzes „Professor Lichtenbergs Antwort auf das Sendschreiben eines Ungenannten über 
die Schwärmerei unsrer Zeiten“, der im vierten Stück des dritten Jahrgangs des Göttingischen Magazins erschien (Ver¬ 
mischte Schriften 5, 87), steht ein längeres satirisches Gedicht in Alexandrinern, das Lichtenberg einem bescheidenen 
Freunde zuschreibt, das aber von ihm selbst verfaßt ist (vgl. Lauchert, Lichtenbergs schriftstellerische Tätigkeit S. 87). 

4 Vgl. oben S. 90 Anm. I. 

5 In den Göttingischen gelehrten Anzeigen vom 2. August heißt es in einer Kritik des betreffenden Stucks des 
Göttingischen Magazins (S. 1230): „Die Gemälde der herrschenden Torheiten unsrer Literatur in alexandrinischen 
Versen stellen den unbekannt sein wollenden Verfasser neben Juvenal und Popen; mit ihrer Fortsetzung würden sich die 
Herausgeber um sachkundige Leser sehr verdient machen“. 

6 Über dies Gedicht urteilt dieselbe Kritik (ebenda): „Den Beschluß dieses Stücks macht ein echt komisches Ge¬ 
dicht über die verunglückten schwimmenden Batterien, dessen Verfasser unsres Bedünkens mit völligem Rechte auf die in 
der Vorrede erwähnte Erweiterung im Plane des Magazins Anspruch machen konnte“. Diese Vorrede beginnt: „Wir 
haben dem dringenden Verlangen einiger Herren Subskribenten sowohl als des Herrn Verlegers diesesmal weiter nachge¬ 
geben . . . und nicht allein mehrere minder ernsthafte Stücke, sondern sogar diese in Versen aufgenommen. Der Ge¬ 
schmack der Zeiten scheint dieses zu erfordern. Ein ernsthaftes Journal, und wäre es auch vom reichsten Gehalt, lieferte 
es auch lauter gediegenes wissenschaftliches Gold, würde nur desto geschwinder sinken: also was kann es schaden, daß 
man ihm zuweilen etwas spezifisch Leichteres anknüpft, um es flott zu erhalten, wenn es nur nicht immer Kork und 
Windblasen sind?“ 


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Leitzmann, Neues von Lichtenberg. III 


173 


14. August. 

O! Etwas! Gestern haben sich bey mir schon 2 Pursche zur Physic auf den Winter aufgeschrieben, ich 
konte mich kaum des lächelns enthalten. Ein Student, dem ich es heute aus Schertz erzählte, sagte mir, er 
glaube endlich würden bey mir noch Pursche für ihre künfftigen Kinder belegen. 


1. September, 

In Wien ist eine verhenckerte und sehr sinnreiche Schrifft herausgekommen, die heißt: Specimen 
Motiachologiae methodo Linnaeana ,. Der Verfasser sezt die Mönche zwischen die Menschen und Affen und 
beschreibt sie mit Linnaeischen Ausdrücken. Es ist eine herrliche Satire; der Verfasser soll der berühmte 
HErr von Born seyn. 1 


4. September. 

Von HErm Professor Büttner höre ich, daß ihm in Weimar außerordentliche Ehre wiederfährt, und daß 
er noch ungewiß ist, wie bald er wiederkommen wird. 2 3 Da er einen sehr guten Appetit hat, hier aber meistens 
Cartoffel und wohlfeiles Obst genießt, und höchstens eine Gans die in der Judenschule zurecht gemacht wird, 
wo die Köchin die Bratpfanne mit solcher Ruhe aus der Gosse spühlt, als wäre es der Jordan oder der Bach 
Kidron, so wird er sich am Hofe gewiß brav mästen. 


15. September. 

Ich weiß nicht, ich bin schon seit 8 Tagen mit entsezlichen Kopfschmertzen in dem lincken Nacken 
Knochen geplagt, die zuweilen so zunehmen, daß ich mich gar nicht zu fassen weiß, und dann habe ich wieder 
etwas Ruhe. Zum Glück fällt diese Zeit in die Mitte des Nachmittags, so daß es mich an meinen Vorlesungen 
nicht hindert Was daraus werden will, kan ich in Wahrheit nicht sagen. Es ist gar besonders, ich schlafe 
gut, mein Appetit ist auch nicht schlechter als sonst, nur mercke ich daß ich starck abnehme. Sehr sonderbar 
ist es ebenfalls, daß mein Gedächtniß sich völlig verjüngt hat, es sind mir Nahmen von gantz unbeträchtlichen 
Menschen beygefallen, die ich offt um mein Gedächtniß zu üben, wenn ich nicht schlafen konte, vergeblich 
gesucht habe, und zwar fielen sie mir so leicht bey, als wenn sie mir eingegeben würden. Diesen lezten Um¬ 
stand wolte ich gerne ertragen t wenn nur diese Empfindlichkeit nicht mit so grosen Schmertzen verbunden wäre .3 

18. September. 

Gestern ist die gute Madam Abbt die Schauspielerin allhier gestorben, sie war recht zu bedauern; ihr 
Leben war ein wahres Trauerspiel auf die lezt 4 5 ^ 

22. September. 

Ja! warten Ew. Wohlgebohren nur. Ich werde Sie auch einmal überfallen oder überfallen lassen, weil 
Sie mir niemals meine Hospites anmelden und zwar noch dazu solche nicht mit so grosen Augen wie der leztere, 
der mir gradezu ins Gesicht sagte, daß er sich hätte in meinem Collegio in einen Winckel setzen und hernach 
auslachen wollen. Hätte ich es aber vorher gewußt, so hätte ich contrasappirt,* und eine elecktrische Mine 


1 Ignaz Edler von Born (1742—91), Bergrat in Wien, war ein Hauptvertreter der josefinischen Aufklärung. Sein 
Wien 1783 unter dem Pseudonym Johannes Physiophilus erschienenes Buch erwähnt Lichtenberg auch sonst mehrfach 
(vgl. meine Anmerkung zum Aphorismenbuch I 1 147 )- 

* Büttner, der seit Anfang Juni in 'Weimar war und im herzoglichen Schlosse wohnte (Düntzer, Goethe und Karl 
August S. 192), kam nicht mehr nach Göttingen zurück, sondern siedelte sich im Laufe des Sommers in Jena an. 

3 Ich habe diese Stelle darum aufgenommen, weil sie die älteste ausführliche Notiz über die krankhaften Zustände 
Lichtenbergs ist, die im letzten Jahrzehnt seines Lebens ihm so stark zusetzten und deren genaue Beobachtung und 
Schilderung in seinen Tagebüchern einen so breiten Raum einnehmeu. Ebstein faßt die Krankheit, die Lichtenberg ge¬ 
wöhnlich „Nervenkrankheit“ nennt und deren Symptome in den verschiedensten Formen auftraten, in einem kürzlich 
erschienenen Artikel („Süddeutsche Monatshefte“ vom Dezember 1911 S. 354) im wesentlichen als „Folge einer ihachi- 
tischen Wirbelsäulenverkrümmung“ auf, betont allerdings, daß Lichtenberg stark hypochondrisch veranlagt gewesen ist, 
was mit den Jahren natürlich mehr zu- als abnahm. 

4 Felizitas Abt, geb. Knecht (1746—83), hatte als Gattin Karl Friedrich Abts ein ruheloses Wanderleben 
geführt und sich, schwindsüchtig wie sie war, ohne sich je Schonung leisten zu können, früh zu nichte gearbeitet. Zu 
diesen Anstrengungen war seelischer Kummer hinzugekommen, da ihr Gatte, zwar ein vortrefflicher Schauspieler, aber 
ein sittenloser und im höchsten Grade leidenschaftlicher und leichtsinniger Mensch, sie fast zu Tode gequält hatte. Sie 
war der erste weibliche Hamlet Ein Bild von ihr ist der Lebensskizze Steins beigegeben (Deutsche Schauspieler I, l). 

5 Eine Gegenmine gegraben. 

Z. f. B. 1912/1913. 23 


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*74 


Leitzmann, Neues von Lichtenberg. III 


unter seinem Platz springen lassen, denn würcklich lasse ich nicht mit mir schertzen. Künftig soll mir der 
Thorschreiber allemal melden, wenn jemand mit einer Habichts Nase und grosen Augen zum Thor herein 
kommt 


29. September. 

Am Sonnabend Abend habe ich einer sehr illüstren Gesellschaft ein Collegium gelesen. Dem alten 
Grafen von Hardenberg (der mir ein sehr kluger Kopf zu seyn schien) 2) seiner Gemahlin 3) seiner Tochter und 
ihrem Gemahl 4) der Gräfin Reventlau 5) und 6) zweenen Grafen von Moltke, und den 7 ten rathen Sie wohl 
nicht, dem berühmten HErrn Göthe, nunmehr HErm Geheimden Rath von Göthe aus Weimar, der noch 
2 junge Leute bey sich hatte. 1 2 3 4 5 Ich konte es nicht abschlagen, es kostet mich aber in der That etwas. Indessen 
macht die Sache Aufsehen, denn ich erkläre jedesmal alles nach dem Verstand der Gesellschaft, und ihren 
Fähigkeiten; daß ich der dephlogistisirten Luft* nicht geschont habe werden Ew. Wohlgebohren daraus sehen, 
daß ich 36 Quartier verbraucht habe. 

Künftigen Sonntag kommen die HErren Prof. Förster und Sömmering J zu mir auf 10 oder 12 Tage, das 
soll mir eine recht hertzliche Gesellschaft seyn, Sömmering ist ein sehr heller Kopf. Sie logiren bey Dieterich 
und essen bey mir, wenn sie sonst niemand invitirt 


9. October. 

HErr Prof. Förster empfiehlt sich Ew. Wohlgebohren gehorsamst, er und Sömmering sind nun schon 
seit Sonntag bey mir. Wir haben schon außerordentlich starck auf Montgolfiers Erfindung* gearbeitet, und 
grose Blasen angefangen, die zwar nicht von selbst steigen, aber doch in die Höhe geblasen werden konten wie 

Seifenblasen .5 


12. October. 

Was sagen Ew. Wohlgebohren zu dem infamen Urtheil der Londonschen Societät über Montgolfiers 
Versuch? 6 Das ist nichts als englisch hochmütige Societäts-Cabale; sie schämen sich, daß sie die Sache nicht 
erfunden haben, und das illüstre Corps will nicht gern etwas nachmachen, was die Frantzosen diese damned 
physical blackguards on the other side of the Channel zuerst gemacht haben. Ich respecktire Urtheile von 
solchen Societäten sehr, wenn sie sich auf unwidersprechliche Versuche gründen, allein w enn die Londonsche 
Societät sagt: Montgolfiers Versuche können keinen Nutzen haben, so hat das bey mir nicht mehr Gewicht als 
wenn die Nürnberger Honigkuchen Becker-Gilde das sagte. Kein vernünftiger Mann wird je sagen: diese Er¬ 
findung hat keinen Nutzen. Wir sind hier unermüdet beschäftigt den Versuch zu machen, die gantze seriem 
meiner Bemühungen, die würcklich etwas kostbar sind, sollen Ew. Wohlgebohren in Zeit von 8 Tagen hören. 
Ich habe seit gestern eine gantz eigne Meinung von des Herrn Montgolfiers Versuch, wovon ich ebenfalls 
künftig etwas melden will. Ich glaube gar nicht, daß er infiammnable Luft gebraucht hat. 


1 Goethe hatte Anfang September mit dem jungen Fritz von Stein (wer der zweite junge Mann in seiner Be¬ 
gleitung war, habe ich nicht feststellen können) eine Harzreise unternommen, die ihn auf dem Rückweg über Göttingen 
und Kassel führte. Am 28. September schreibt er aus Göttingen an Charlotte von Stein (Briefe 6, 202): „Ich habe mir 
vorgenommen, alle Professoren zu besuchen, und du kannst denken, was das zu laufen gibt, um in ein paar Tagen 
herumzukommen'*. Nach seiner Abreise berichtet Karoline Michaelis am 30. September ihrer Freundin Luise Götter 
(Karoline 1, 312): „Jedermann ist zufrieden mit ihm und alle unsre schnurgerechten Herren Professoren sind dahin ge¬ 
bracht, den Verfasser des Werther für einen soliden, hochachtungswürdigen Mann zu halten/* 

2 Unter Phlogiston verstand man nach der damals geltenden chemischen Theorie einen hypothetischen Bestandteil 
der brennbaren Körper, der bei der Verbrennung oder Oxydation entweicht. Dephlogistisierte Luft entspricht etwa dem, 
w as wir heute reinen Sauerstoff nennen (vgl. Lichtenberg, Anfangsgründe der Naturlehre 6 S. 203). 

3 Samuel Thomas Sömmerring (1755—1830), der berühmte Anatom, war Professor am Carolinum in Kassel und 
Georg Försters intimster Freund. 

4 Joseph Michel Montgolfier (1740—1810), Papierfabrikant in Annonay, hatte soeben in Gemeinschaft mit seinem 
Bruder Jacques Etienne (1745—99) den ersten durch erwärmte Luft zum Steigen gebrachten Luftballon konstruiert, der 
erste öffentliche Aufstieg hatte am 5. Juni stattgefunden. 

5 Über die damaligen gemeinsamen Versuche der drei Freunde mit kleinen Luftballons, die sie dann getrennt in 
Kassel und Göttingen fortsetzten, berichten auch Briefe Försters (Briefwechsel 1, 349. 356). 

6 Einen Abdruck des Urteils der Londoner Gesellschaft der Wissenschaften über Montgolfiers Versuche habe ich 
nicht auffinden können; auch die Geschichten der Aerostatik von Cavallo und Kramp erwähnen es mit keinem Worte. 


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Leitzmann, Neues von Lichtenberg. KI 


*75 


Der Goldmacher Price hat seine Haupt Retorte zersprengt, nemlich sich selbst mit Lorbeer Wasser- 

vergifftet, und so ist die Comödie aus. 1 


23. October. 

Ich weiß nicht, ob ich Ew. Wohlgebohren schon HErrn Prof. Försters und Sömmerings Empfehlungen 
gemeldet habe, die sie mir wiederholtemale aufgetragen haben. Dieses sind 2 vortreffliche Leute. Förster hat 
sich gantz geändert, 2 und ist einer der arbeitsamsten Menschen, die ich kenne. Sömmering ist quoad anaiomiam 
ein ungewöhnlicher Kopf. Ew. Wohlgebohren können sich einen solchen Besuch wie den nicht vorstellen, wir 
haben den gantzen Tag disputirt, experimentirt, anatomirt pp. ohne Ende. Einmal stund eine Schüssel mit 
Hecht gekocht auf dem Tisch, während an der Ecke die Gehörnerven an dem noch rohen Kopf demonstrirt 
wurden, und auf dem Camin Feuer ein Firniß kochte. 

Ich sehe mein Brief fängt an überzukochen und daher muß ich mich Ew. Wohlgebohren und allen 
Freunden gehorsamst empfehlen. 


27. October. 

Heute habe ich einige Kupferstiche gesehen, die Montgolfiers und Roberts 3 Versuche vorstellen. Es sind 
erstaunliche Anstalten. Einer darunter ist sehr schön und fast Hogarthisch. Er stellt die Bauern von Gon esse 
vor, wie sie sich der herabgefallenen Kugel des Robert bemächtigen. Es sieht grade aus, als fänden einige 
Neu Seeländer ein Kriegsschiff. Sogar die Sanctissima Ecclesia steht da und predigt Philosophie, die nicht viel 
mehr werth sein mogte, als der Bauren ihre, nur verbrämter. Mehrere halten die Nasen zu und das ist nicht 
unrecht, und zeigt wie viel weiter der Trieb geht als der Verstand, etwas vernünfftigeres wäre unmöglich zu 
thun. Die Nase gieng ihren Gang richtig und sicher, die Philosophie schlegelte.* 


30. October. 

Ich habe nun 2 Personen gesprochen die Montgolfiers und Roberts Versuch mit angesehen haben, nem¬ 
lich das Aufsteigen des Cörpers. Es verbreitete sich ein Geruch von gebranntem Stroh und als der Cörper auf¬ 
flog, stieg ein dicker Dampf nach. Das ist es grade was ich wolte. Der gute Mann muß seine Körper groß 
machen, im kleinen geht es bey ihm nicht, denn kleine Körper erkalten ihm zu geschwind. Man schäzte die 
Zuschauer auf 300000 (schreibe eine 3 mit 5 Nullen). Von Morgens 6 Uhr an bis um halb 1 war die Strase 
von Paris nach Versailles mit Menschen bedeckt. Er stieg nicht höher als 293 Toisen, da der andere mit 
inflammabler LufftS durch die Wolcken drang und gantz verschwand. Da hätte man wohl die Engelchen 
können singen hören. 


3. November. 

Hier lege ich ein schönes Bildchen von Montgolfier’s Maschine im Augenblick ihrer Entbindung bey. 
Unten an hängt der Korb mit dem Hammel, Hahn und Ente. Die Maschine war 60 Fuß hoch und 40 hatte 
sie im Durchmesser, sie war blau gemahlt und der Nähme des Königs und die Festons waren Gold. 

20. November. 

Endlich ist es uns hier gelungen eine außerordendiche grose Schweinsblase, 14 Zoll hoch und 10 Zoll 
weit, zum steigen zu bringen. Als sie gefüllt war, stieg sie mit solcher Schnelligkeit auf, daß sie einen grosen 


* James Price (1752—83), Arzt in Guildford, hatte im Jahre 1782 eine Reihe von erfolgreichen Versuchen ange¬ 
stellt, ans Quecksilber Gold herzustellen, die von wissenschaftlichen Autoritäten als einwandsfrei erklärt wurden, und darüber 
eine Schrift veröffentlicht; eine genaue Darstellung dieser Angelegenheit gibt Lichtenberg in einem Briefe an Wolff 
vom 14. Oktober 1782 (Briefe 2, 52). Mit diesen Versuchen, die eine Weile lang sehr ernst genommen wurden, be¬ 
schäftigen sich zwei Aufsätze im Göttingischen Magazin: „Vom Goldmachen des Dr. Price, ein Auszug des Herrn 
Professor Gmelin aus des Doktors Schrift“ (3, 410) und „Auszug eines Schreibens aus London an Professor Lichtenberg, 
worin eine Nachricht vom Goldmacher Price vorkommt“ (3, 579). Der energischen Aufforderung, seine Versuche unter 
wissenschaftlicher Kontrolle zu wiederholen, entzog er sich im August 1783 durch Selbstmord: einen ihm aus England 
darüber zugegangenen Bericht veröffentlichte Lichtenberg wiederum im Magazin unter dem Titel „Schreiben an Pro¬ 
fessor Lichtenberg, Dr. Prices Tod betreffend“ (3, 886; vgl. auch Försters Briefwechsel 1, 348), in dem es gleichfalls 
heißt (S. 889) „Finiia l la comcdia, aber w r er wird hier sagen: vos plaudite?‘\ 

• Seit seiner definitiven Loslösung vom Rosenkreuzerorden, dem er in Gemeinschaft mit Sömmerring eine Reihe 
von Jahren angehört hatte (vgl. oben S. 130 Anm. 4). 

3 Über Roberts Versuche vgl. Kramp Geschichte der Aerostatik I, 10. 

4 Schlegeln = fehlen, sich irren (Grimm, Deutsches Wörterbuch 9. 345 )* Lichtenberg hat den Ausdruck, der 
übrigens auch bei Lessing und Goethe belegt ist, vielleicht den Satiren Liscows (vgl. oben S. 81 Anm. 7) entnommen. 

5 Unter inflammabler Luft verstand die damalige chemische Theorie ungefähr das, was wir jetzt reinen Wasser¬ 
stoff nennen. 


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176 


Leitzmann, Neues von Lichtenberg. III 


Korck und einen 16 Fuß langen starcken Seidenfaden mit sich fortriß, und dem ohngeachtet keine 2 Secunden 
brauchte an die Decke zu kommen, an welche sie so starck anstieß, daß sie fast Handbreit zurückprallte, wieder 
anstieß, und so fort bis sie endlich festsaß. Es ist ein gantz unglaublich schöner Anblick. Nach */ 4 Stunden 
wurde ihr der Korck zu schwer und sie sanck langsam wieder bis der Korck aufsaß und so stund sie 2 x / a Stunde 
etwa 8 Fuß über dem Boden, denn 8 Fuß des Fadens waren um den Korck gewickelt Ew. Wohlgebohren 
können sich nichts schöneres dencken als dieses, bey dem geringsten Hauch oscillirte sie langsam .... Dieses 
ist das majestätischste Elecktroskop, das ich in meinem Leben gesehen habe. Am Ende wurden ihr auch diese 
8 Fuß Faden zu schwer, sie sanck also, allein kaum ruhte ein kleines Theilchen von dem Faden an der Erde 
so stand sie wieder still. Sezte sich eine Fliege darauf so sanck sie und wenn die Fliege wegflog, stieg sie 
wieder, 1 als sie nun nach einer gantzen Stunde etwa bis auf 2 Fuß nach der Erde gekommen war schnitte ich 
den Seidenfaden kurtz vor der Blase ab, und in 3 Secunden saß sie wieder an der Decke, endlich kam sie auch 
da herab, bis zu diesem Augenblick von dem ersten aufsteigen an waren grade 4*/ a Stunde verflossen, und doch 
war sie weder gefirnißt noch geölt. Auf der Erde gab es noch ein vortreffliches Schauspiel, wenn ich mit 
meinem Schlafrock an ihr etwas schnell vorbey gieng, so hob sie sich gleich wieder und folgte mir. Ueber- 
haupt schlich sie auf eine so seltsame Weise in der Stube herum gantz ohne zu rollen, bald an der Erde 
hüpfend bald wieder gantz schwebend, so wie sie ein Zug Lüfftchen traf, immer mit der Spitze nach der Erde 
gekehrt, daß allen Leuten, die es sahen, nothwendig ein Gespenst einfallen muste, und ich glaube man könte 
jemanden, der ein Nachtlicht brennte und furchtsam wäre, mit einem solchen Ding den Tod an Hals schrecken. 
Da ich keinen festen Schranck habe, der für ein solches zartes aufgeblasenes Ding Raum hatte, so hieng ich sie, 
um sie vor Mäusen zu sichern, grade von der Decke herab auf, auch da zeigte sie, daß sie nicht zum piebs 
vesicarum gehörte, sondern hieng auf eine eigene Weise da, die mich würcklich lachen machte, nemlich nicht 
wie die Canaille von Schweinsblasen thut, sondern horizontal. Ich konte nicht abzwarten, wann sie gantz 
herunter kommen würde, und legte mich nieder, um 2 Uhr stund ich auf, da hieng sie grade herab. Auf die 
lezt schrumpfte sie starck zusammen, denn die inflammable Luflft dringt durch das dünne Häutchen durch ohne 
die äußere Lufft hinein zu lassen. Wohnten Ew. Wohlgebohren nur eine Meile von hier, so hätte ich den Schertz 
gespielt und Ihnen eine in einer Schublade zugeschickt, die dann gleich bey Eröffnung des Deckels nach der 
Decke geflogen wäre. So wie die Sachen jezt stehen, geht es nicht; was aber die gefirnißten thun werden, will 
ich mit der Zeit sehen. Bey dem ersten stillen Tag, wo gar kein Lüfftchen weht, wül ich eine etwas angemahltc 
im freyen steigen lassen, sie wird gewiß ehe 2 Minuten vergehen aus dem Gesicht seyn. 

O wenn Sie doch eine solche Blase könten zu Stande bringen, sie würde Ihnen doch gewiß eine grosc 
Unterhaltung gewähren. Morgen gedencke ich den Versuch im Collegio zu machen. 


27. November. 

In Cassel hat man 300 Thaler für einen Ballon subskribirt. Ich habe heute einen Expressen mit meiner 
Anweisung hinüber geschickt, aber ernstlich angerathen entweder meinen Versuch abzuwarten, oder einen im 
kleinen zu unternehmen. Ich lege HErrn Försters Brief bey* woraus Sie das abscheulige Ürtheil von Banks* 
lesen werden. Es ist blos Nationalhaß, das beste ist, daß sich kein Mensch, der selbst denckt, um die Urtheile 
neidischer Societäten bekümmern wird. 


1. December. 

Ums Himmelswillen lassen sich Ew. Wohlgebohren doch ja den eilften Band von Bernoulli’s Reisen 
Sammlung * geben, darin steht ein Brief über die SÜberstufe, der abscheulig ist Bernoulli ist ein wahrer 


* In einem undatierten Briefe an Wolff aus dem November über denselben Ballonversuch schreibt lichtenberg 
(Briefe 2, 59; der Brief ist dort irrtümlich ins Jahr 1782 gesetzt worden): „Lustig ist es alsdann Zusehen, wie sie durch 
die Luft gesteuert werden und zwar von wem? von den Fliegen. Hier habe ich gesehen, daß unter den Fliegen das 
weibliche Geschlecht, bis jetzt wenigstens, beherzter ist als die Damen in Frankreich, denn sie setzten sich ungescheut auf 
die Blase. Dieses war leicht auszufinden: ich habe es aus gewissen Vorfällen geschlossen, die ich nicht erzählen mag 
aus Furcht Ew. Wohlgeboren keusche Ohren zu beleidigen. Bei jeder verübten Unzucht sank die Blase in den Abgrund. 
O, wenn es doch mit unserm Erdball ebenso wärel so würde doch endlich dem leidigen Huren und Buben, mit Respekt 
zu sagen, endlich gesteuert werden.'* 

2 Dieser Brief Försters an Lichtenberg ist nicht erhalten. 

3 Joseph Banks (1743—1820), der berühmte Naturforscher, Cooks Begleiter auf seiner ersten Reise um die 
Welt, w f ar Präsident der Londoner Gesellschaft der Wissenschaften und Verfasser des oben S. 174 Anm. 6 erwähnten 
Gutachtens gegen Montgolfier. 

4 Johann Bernoulli (1744—1807), Astronom der Berliner Akademie der Wissenschaften, entstammte einer berühmten 
Baseler Mathematikerfamilie. In seiner Sammlung kurzer Reisebeschreibungen 11, 422 findet sich ein „Auszug zweier 
Briefe aus Göttingen", vom Februar und April datiert, in denen von dem viel Aufsehen erregenden Diebstahl einer 
großen Silberstufe aus dem dortigen Museum erzählt, in ziemlich gehässiger Weise dem Konservator der Anstalt, Blumen¬ 
bach, sträfliche Nachlässigkeit vorgeworfen und auch der Regierung eine Rüge deswegen erteilt wird. 


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Leitzmann, Neues von Lichtenberg. III 


i /7 


Halluncke. Er ist der erste dieses Nahmens, der mit unnützen Aneckdoten trödelt, und zur Ehre dieses 
Nahmens vertnuthlich der lezte. Es wird viel skandaleuses gegen Göttingen gesagt: Alle Kunstsachen würden 
elend verwahrt. Wenn Blumenbach* nicht Heynes Schwager wäre so hätte (der Mann, der den Brief schreibt) 
er nicht mit ihm theilen mögen. Er thue jezt (er will sagen, statt gestraft zu werden) eine Reise wozu noch 
Königliche Regierung sogar die Kosten hergebe.* Ist das nicht abscheulig? Es wird dem guten Blumenbach 
sein Kindbett* sehr versaltzen. Alles beneidet jezt Göttingen. Heyne hat seinen Sohn 4 nach Cassel geschickt, 
dieses macht viel Aufsehen. Man ist dort eifrig dran, die sehr gute Medicinische Facultät zu heben, und sobald 
der junge Michälis 5 aus Neu-York kommt, wird die Charitd daselbst noch verbessert werden. 


ii. December. 

Von dem jungen Friederichs habe ich einen angenehmen Brief aus Paris gelesen. Er hat den Versuch 
mit angesehen, da Pilatre de Rosier 6 und der Marquis d’Arlandes durch die Lufft flogen und 5000 Toisen in 
etwa 24 Minuten zurücklegten. Wie sie etwa 300 Fuß hoch waren ließ ihr starcker Schwindel nach, und als sie 
bey der Retour wieder in diese Höhe kamen kam auch der Schwindel wieder. Die Sache läßt sich leicht 
erklären, nachdem sie nemlich Häußer, Menschen, Kirchspitzen wieder erkennen konten auf die sie fallen 
konten mußte nothwendig die Furcht wieder aufwachen. Eine gantz vortreffliche Bemerckung ist, als sie in der 
grösten Höhe waren, verspürten sie ein sehr starckes Echo, wenn sie nur redeten. Ist das nicht herrlich? Wenn 
Ew. Wohlgebohren einige recht grose Schweinsblasen zu Hannover habhafft werden könten, so geschähe mir 
damit ein außerordentlicher Dienst.? Hier ist nichts mehr. Die Leute brauchen sie, anstatt sie zu Montgolfier* 
sehen Versuchen herzugeben, lieber zu terrestrischen Metwürsten. 


15. December. 

Meine Kugel ist schon seit 8 Tagen fertig 8 . Allein der Anstalten wegen muß ich alles auf die Weyhnachts 
Ferien versparen. Ich habe keinen Raum, als mein Auditorium, und das kan ich vor Schluß des Collegii zu 
solchen Operationen nicht gebrauchen.... Hätte ich mehr Raum gehabt, so wäre ich doch der erste in Deutsch¬ 
land gewesen, der es zu Stande gebracht hätte, vielleicht bin ich es noch. Sind das nicht abscheuliche Ge¬ 
schichten? Mit der lezten Maschine zu Paris wolte de La Lande? in die Höhe fliegen. Er unterließ es aber. 
Halley xo versuchte so die Taucher Glocke, eine weit gefährlichere Operation, und an Halley’s Leben war mehr 
gelegen als an de La Lande's. Sie flogen 9 frantzösische Meilen weit, das ist weiter als Calais von Dover. 


18. December. 

Ew. Wohlgebohren können nicht glauben was meine aerostatische Maschine für ein prachtvolles Ding ist. 
Sechs Fuß hoch und 4 dick; wenn sie aufgeblasen ist, hat sie eine herrliche Form, denn die Böden runden sich 
ab .... Ich muß zum füllen mein Auditorium frey haben. 

Ehe Ostern oder Pfingsten herbey kommen, soll Göttingen vermuthlich etwas sehn. Klindworth** ist ent¬ 
schlossen mit in die Höhe zu gehen. Gantz gewiß kam das Echo von der Erde. 


* Johann Friedrich Blnmenbach (1752—1840), der berühmte Anthropolog, war Professor der Medizin in Göttingen. 
Seine und Heynes Frau waren Schwestern, Töchter des Universitätskurators Brandes in Hannover. 

* Blumenbach befand sich damals auf einer w issenschaftlichen Reise nach der Schweiz, auf der ihn Therese Heyne, 
Heynes Tochter, die spätere Frau Georg Försters, begleitete. 

3 Frau Blumenbach hatte kurz vorher eine Tochter geboren. 

4 Karl Heyne studierte Medizin. 

5 Vgl. oben S. 124 Anm. 3. 

6 Jean Francois Pilatre de Rosier (1756—85) ein junger Pariser Physiker, beteiligte sich mit kühnem Wagemut an 
den aeronautischen Versuchen, indem er als erster Mensch mit einem Ballon auffuhr, und verunglückte bald darauf bei 
dem Versuch über den Kanal nach England zu fliegen. Seinen hier erwähnten Aufstieg vom 27. November schildert 
Cavallo, Geschichte und Praxis der Aerostatik S. 57. 

7 Dieselbe Bitte kehrt auch in gleichzeitigen Briefen Lichtenbergs an Wolff wieder (Briefe 2, 58. 60). 

* An Wolff schreibt Lichtenberg am Ende des Monats (Briefe 2, 61): „Schon seit einigen Wochen ist meine große 
aerostatische Maschine fertig. Sie kostet mich am Ende über 40 Taler. Ich wäre der erste in Deutschland gewesen, 
der so etwas zu stand gebracht hätte, allein ich habe hier keinen Platz und mußte die Ferien abwarten, um mein Audi¬ 
torium beim Füllen zu gebrauchen“. 

9 Joseph Jerome de Lalande (1732 — 1807) war Professor der Astronomie am College de France in Paris. 

10 Edmund Halley (1656—1742), der berühmte Astronom und Kometenentdecker, war Direktor der Sternwarte in 
Greenwich gewesen. 

11 Uhrmacher und Mechaniker in Göttingen, Lichtenbergs Gehilfe bei der Konstruktion von Apparaten und bei 
Experimenten. 


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Leitzmann, Neues von Lichtenberg. III 


II. 

Diesen bunten Mitteilungen aus ungedruckten Briefen Lichtenbergs möge noch ein Hinweis 
auf eine gedruckte Schrift angereiht werden, die Schüddekopf und mir unbekannt geblieben war; 
den Hinweis darauf und die Einsicht verdanke ich gleichfalls Herrn Leutnant von Zimmermann. 
Nachforschungen nach den Originalen der hier erwähnten Briefe Lichtenbergs in der Familie 
des Adressaten, die auf meine Bitte angestellt worden sind, haben leider nicht zu dem ge¬ 
wünschten Resultat geführt: es entgehen uns damit die schönen Urkunden einer intimen Jugend¬ 
freundschaft des großen Gelehrten, die er in wehmütiger Anhänglichkeit bis ans Ende ge¬ 
pflegt hat. 

Die folgenden Stellen sind Ernst Zimmermanns Schrift „Lebens- und Charakterschilderung 
des verstorbenen großherzoglich hessischen Superintendenten Christian Heinrich Zimmermann in 
Darmstadt“ (Darmstadt 1807) entnommen, einem pietätvollen Denkmal, das ein Neffe dem 
verehrten Oheim gewidmet hat 1740 als siebentes von 21 Kindern eines Gerichtssekretärs in 
Darmstadt geboren, zeichnete sich Zimmermann schon als Schüler des dortigen, unter Wencks 
Leitung blühenden Gymnasiums durch vielseitige Wißbegierde, die sich in gleicher Weise auf 
die alten Sprachen und Literaturen wie auf die mathematischen und historischen Wissenschaften 
erstreckte, und durch ein nicht geringes dichterisches Talent aus, zu dessen Pflege der Direktor 
Wenck eifrig aufzumuntem sich zur Aufgabe gestellt hatte. Auf der Universität Gießen, die er 
1759 bezog, schloß er bald einen innigen Freundschaftsbund mit zwei andern ebenso strebsamen 
und vielseitig interessierten Jünglingen, dem aus Goethes Leben bekannten späteren juristischen 
Professor Höpfnen, auf dessen gründliches Wissen und feines Benehmen er bei Gelegenheit einer 
Stipendiatenprüfung aufmerksam geworden war, und dem späteren Gießener Superintendenten 
Müller. Die drei Freunde waren unzertrennlich: sie gingen stets zusammen spazieren, lasen 
miteinander die Meisterwerke der griechischen und römischen, deutschen und englischen Literatur, 
phüosophierten und disputierten zusammen und verbrachten die Sonntage in gemeinsamen reli¬ 
giösen Übungen, Vorlesungen und Gesprächen. Von der rohen und unmoralischen Haltung der 
Gießener Akademiker, wie sie uns aus Laukhards Schilderungen geläufig ist, hoben sie sich 
durch tadelloses Auftreten und Sinn für höhere Kultur des Geistes und Herzens aufs vorteil¬ 
hafteste ab, so daß man behauptete, es habe mit ihnen in der Kulturgeschichte Gießens eine 
neue Epoche begonnen. Speziell galt Zimmermann für eine Zierde der Universität und viele 
Studenten suchten bei ihm wie bei einem Professor Rat und Belehrung in wissenschaftlichen 
Angelegenheiten. Als Mitglieder der kürzlich begründeten Deutschen Gesellschaft schrieben die 
Freunde gemeinsam das Gießener Wochenblatt, in dem also auch Zimmermanns Jugendarbeiten 
in Versen und Prosa enthalten sind. 1765 berief man ihn unter Verzicht auf die übliche und 
von ihm selbst gewünschte Prüfung als Informator der fürstlichen Edelknaben nach Darmstadt 
zurück, eine Stellung, in der er auf die Seelen der seiner Aufsicht anvertrauten jungen Adligen 
mit dem sichtbarsten Erfolge bildend einwirkte. Nach dem Tode des Landgrafen Ludwig VIII. 
wurde ihm 1768 die Erziehung des Prinzen Friedrich übertragen, die er aber nur ein Jahr lang 
leitete. 1769 ging er als Prediger nach Allendorf an der Lumda, verheiratete sich dort mit der 
Tochter des verstorbenen Pfarrers Baur in Bessungen, wurde aber schon 1770 nach Bickenbach 
an der Bergstraße versetzt, wo er, seit 1784 auch noch mit dem Inspektorat der Diözesen 
Zwingenberg und Seeheim betraut, den größten Teil seines Lebens in reichgesegneter Wirksam¬ 
keit verbracht hat Literarisch trat er 1783 mit einer metrischen Übersetzung der vorzüglich¬ 
sten Sinngedichte seines Lieblingsdichters Martial hervor, die Ramler beinahe ganz der Auf¬ 
nahme in seine Auswahl der martialischen Epigramme würdigte. Als ein Schüler des großen 
römischen Epigrammatisten zeigt er sich auch in seinen eigenen Sinngedichten, deren er all¬ 
mählich mehr als dreihundert verfaßte: einzelne davon erschienen im Bürgerschen Musenalmanach 
für 1783 (vgl. Briefe von und an Bürger 3,76) und in andern poetischen Sammlungen der 
Zeit, andere teilt der Neffe in seiner Gedenkschrift (Seite 43—47) mit, die meisten blieben 
urigedruckt. Außerdem hat er in der bei Varrentrapp und Wenner in Frankfurt seit 1778 


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Leitzmann, Neues von Lichtenberg. III 


179 


erschienenen „Deutschen Enzyklopädie“ die ästhetischen Artikel bearbeitet sowie vereinzelte 
Predigten und geistliche Lieder im Darmstädter Schlosskirchengesangbuch drucken lassen. Im 
Jahre 1800 erhielt er auf seine Bitte, da seine stark angewachsene Familie eine Verbesserung 
seiner äußeren Lage gebieterisch forderte, die erledigte Pfarrei Pfungstadt, hatte sich aber dort kaum 
eingelebt, als ihn sein Landesvater 1802 zum Superintendenten des Fürstentums Starkenburg und 
zum Mitglied des Kirchen- und Schulrats ernannte, was seine Übersiedelung nach Darmstadt 
im Gefolge hatte. Obwohl ihm seine Gesundheit und seine Lebensweise noch einen langen und 
reichen Lebensabend zu versprechen schienen, starb er nach kurzer Krankheit schon im 
August 1806. 

In Lichtenbergs Briefen wird die Persönlichkeit dieses intimen Jugendfreundes nirgends 
erwähnt: um so dankbarer müssen wir fiir die Nachrichten sein, die an den folgenden drei 
Stellen der Gedächtnisschrift uns über die Verbindung Lichtenbergs mit Zimmermann gegeben 
werden, zumal zwei davon längere Sätze aus Briefen Lichtenbergs enthalten: 

(Seite 17.) Im Jahr 1761 mußte sich mein Oheim von seinen Freunden Müller und Höpfher auf ein 
halbes Jahr trennen, weil ihn sein Vater der kriegerischen Unruhen wegen von Gießen zurückberufen hatte. 
Aber die Freundschaft Lichtenbergs, des nachher so berühmt gewordenen Göttinger Professors, ließ ihm die 
Tage dieses Semesters wie Augenblicke verschwinden. Dieser außerordentliche Jüngling befand sich damals 
noch in Darmstadt Von seiner frühesten Jugend an war er der innigste Freund meines Oheims. Diese Freund¬ 
schaft wurde nie unterbrochen und die unten folgenden schätzbaren Briefe des großen Mannes werden den 
Leser von der Wärme derselben auf die rührendste Weise überzeugen. Zimmermann verlebte den Winter, den 
er in Darmstadt zubringen mußte, mit Lichtenberg auf eine Art, die ihm immer unvergeßlich blieb. Es verging 
kein Abend, den jener nicht in meinem großväterlichen Hause bei meinem Oheim zugebracht hätte. Sie be¬ 
schäftigten sich besonders mit Homer und mit der Mathematik. In dem ersteren machte mein Oheim, in der 
letzteren Lichtenberg den Professor. Die beiden Jünglinge lernten sich unendlich viel ab und die soliden Kennt¬ 
nisse, die Zimmermann in der Mathematik schon besaß, wurden durch den Umgang mit Lichtenberg aus¬ 
nehmend erweitert 

(Seite 34.) Lichtenberg in Göttingen, obgleich weiter [als Hopfner] von ihm getrennt, blieb meinem 
Oheim stets mit der herzlichsten Liebe zugetan. Alle seine Briefe, die er an Zimmermann schrieb, atmen die 
zärtlichste Freundschaft In einigen derselben spricht er mit einer Empfindung, die das Herz jedes gefühlvollen 
Lesers in Darmstadt bis zur Wehmut schmelzen und noch für den Schatten des edeln, freundschaftlichen, außer¬ 
ordentlichen Mannes mit inniger Hochachtung erfüllen muß. „Träum' ich mich hin zu dir in deines Herrn 
Vaters Haus in der Schloßgasse“, schreibt er in einem Briefe vom Jahr 1793*, »»° dann höre ich das Glockenspiel: 
O Mensch, bewein dein Sünden groß usw. und ich beweine die Flucht jenes güldenen Alters unsers Lebens, 
jener Tage und Stunden in deiner Gesellschaft, die mir das Gold unsers Königs nicht aufwiegen könnte; ich höre 
das Feiergeläute am heüigen Christabend und den heftigen, unvergeßlichen Klang der großen Glocke. Welch 
ein Zug eröffnet sich da vor meiner Phantasie von Freunden und Gespielen unsrer Jugend 1 — So und in dieser 
Stimmung habe ich deinen neulichen herrlichen Brief gelesen und wieder gelesen und durchgeträumt mit einer 
unbeschreiblichen Empfindung, die ich Wehmut nennen möchte, wenn sie nicht so viel reizendes für mich hätte.“ 

Lichtenberg interessierte sich für alles, was meinen Oheim betraf. „Großer Gott! was habt ihr indessen 
dort erlebt!“ heißt es in einem andern Briefe vom Jahr 1796. „Eine vollständige Erzählung von dem, was du 
vermutlich erlitten hast, erwarte und wünsche ich nicht einmal von dir: du würdest mein Herz zu tief verwunden. 
Allein dürfte ich wohl nur um ein paar Hauptzüge bitten, wenn einmal deine innere Ruhe verstauet, eine kleine 
Gedankenreise durch die hoffentlich nun ganz zurückgelegte Wüste zu unternehmen? Wie oft habe ich an dich, 
an dein Bickenbach und an Seeheim, an Darmstadt und an die Schloßgasse gedacht! Du warst immer die 
Person, die sich meine Phantasie wählte, wenn ich die Angst und alles Leiden, das mein armes Vaterland be¬ 
troffen haben muß, meinem Herzen so nahe als möglich legen wollte.“ 

Im Jahr 1797 schrieb ihm Lichtenberg seinen letzten Brief, dessen überaus rührenden Schluß man fast 
auf Abschied und Ahndung eines baldigen Todes deuten möchte: „Wie lebst du denn, mein bester, mein un¬ 
vergeßlichster Freund? Gieb mir doch eine kurze Geschichte, bloß in Aphorismen, von deinem Leben in diesem 
Jahre. Was interessiert mich von dir nicht? — Schwebt ihr denn da draußen noch immer zwischen Furcht 
und Hoffnung? Wir fangen leider! jetzt erst recht an zu schweben. — Der Tod unsers guten Höpfners* ist 
mir, auch selbst schon um deinetwillen, sehr nahe gegangen. Wer in der Welt hätte denken sollen, daß ich 
ihn überleben würde, ich? Die Wenckische Schrift 3 ist wirklich gut geschrieben. Mit großer Rührung habe 

z Der einzige in Lichtenbergs Tagebüchern erwähnte Brief an Zimmermann ist vom 26. November 1793. 

* Höpfner war am 2. April 1797 gestorben. 

3 Leben and Charakter des verstorbenen hessen-darmstädtischen geheimen Tribunalrats Dr. L. J. F. Höpfner 
(Frankfurt 1797). 


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180 Sembritzki, Einige Ergänzungen zu der Trenck-Bibliographie von Gugitz und v. Portheim. 


ich die schönen Zeilen von dir darin gelesen. — Lebe wohl, mein bester, mein ältester Freund 1 Lebe wohl! 
Wir sehen uns in diesem Leben nicht wieder: aber mein letzter Pulsschlag schlägt noch für dich, und wenn ihn 
mein Arzt verstände, er müßte bezeugen, daß er noch für dich geschlagen hätte. Adieu! Adieu!“ 

(Seite 47.) Lichtenberg und Zimmermann unterhielten sich in ihren Zuschriften oft über Gegenstände der 
Literatur und belachten und bemitleideten die in so viele Fächer derselben ein geschlichenen Albernheiten und 
Abgeschmacktheiten. Besonders beklagte Lichtenberg die Philosophie, die Poesie und die deutsche Sprache. 
„Das tät und tut, wozu sich einige der jetzigen Dichter emporschwingen 1 ’, schrieb er einst meinem Oheim, 
„verdient eine Satire. Verfertige mir doch ein Sinngedicht gegen diese Schuster - und Schneiderelegans. Ich 
werde, wenn du mirs erlaubst, irgendwo Gebrauch davon machen.“ Mein Oheim schickte ihm bald darauf 
folgendes Epigramm, zu dessen Erfindung ihn Lichtenbergs eben angeführte unterstrichene Bemerkung veran¬ 
laßt zu haben scheint: 

Die Handwerkspursche im Deutschen Reich contra einige neuere Dichter . 

Bekanntlich war das Tät, das Tut und Tun im Reden 
längst unser Eigentum: 

Nun suchen in dem Tun so manche Herrn Poeten 
gar sonderbaren Ruhm. 

Wenns fort so gehen tut, wer mag in unsern Zeiten 

Uns Handwerkspursche tun von Dichtem unterscheiden? 


Einige Ergänzungen 

zu der Trenck-Bibliographie von Gugitz und v. Portheim. 

Von 

Johannes Sembritzki in Memel. 

D ie Herren Verfasser dieser sehr dankenswerten Bibliographie 1 meines ostpreußischen Lands- 
Cannes haben sie, zu bescheiden, nur einen Versuch genannt, der auf absolute Voll¬ 
ständigkeit keinen Anspruch machen wolle; sie werden daher gewiß gern gestatten, daß 
ich mir erlaube, hier einige Ergänzungen dazu zu veröffentlichen, die den Trenck-Freunden vielleicht 
willkommen sein dürften und nur der Sache selbst dienen wollen. 

4. hat 12 Blatt, 296 Seiten. 

Verschieden von 4 ., 5. tmd 6. ist folgende Ausgabe (mein Exemplar stammt aus dem Besitz 
von W. J. Minlos): 

Friedrich Freyherm von der Trenck merkwürdige Lebensgeschichte. Berlin, bey Friedrich 
Vieweg dem älteren. 1787. 8°. 

Erster Theil. Flectere si nequeo Superos Acheronta movebo. Neue mit Zusätzen 
vermehrte und verbesserte Auflage mit Kupfern. Mit Königl. Preuß. allergnädigstem 
Privilegio. (9 Blatt, 254 Seiten.) 

Mit zwei Kupfern: G. & P. 18a (als Titelkupfer) und 22 (hinter dem Vorbericht). 
Zweiter Theil. Tandem bona causa triumphat. [Privileg-Vermerk fehlt] (237 Seiten 
und eine Seite „Erklärung der Fesseln und des Kerkers“.) 

Dritter und letzter Theil. Mit allergnädigsten Privilegiis. (11 Blatt, 330 Seiten.) 
Die Widmung dieses Bandes „An Se. Königl. Majestät von Preußen Friedrich Wilhelm II.“ 
ist vom 1. August 1787 datiert 

Die Seitenzahl im ersten und zweiten Teile ist dadurch geringer geworden, als in 4 ., daß 
zum Teil kleinerer Druck gewählt ist (der „Vorbericht“ umfaßt zum Beispiel in 4. 3 x / 4 Seite, 
hier nur gerade 2 Seiten), große Stücke des Textes in 4. hier als in Petit gedruckte Fußnoten 
gebracht und endlich einzelne unwesentliche Stellen fortgelassen sind. Der Text ist vielfach 

1 Erschienen im Verlag von Dr. Rudolf Ludwig in Wien (1912). Zugleich hat G. Gugitz bei Georg Müller in 
München einen ausgezeichneten Neudruck von Trencks „Lebensgeschichte“ in zwei Bänden herausgegeben, auf den wir 
noch zurückkommen werden. 


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Ebstein, Die Amtmänner Bürger und Scheufier. 


181 


verbessert, zum Beispiel steht in 4. im Vorbericht: „wo ich wirklich den Tod suchte, und ver¬ 
zweifelnd ^//schloß“, hier dagegen richtig: „^schloß“. 

14 . Mein Exemplar hat ein Titelkupfer und zwar G. & P. 16. 

16. und 153 . Mein Exemplar hat zwei Titelblätter. Der Haupttitel ist der unter 16. wieder¬ 
gegebene; der Name lautet auf ihm „Friedrichs Freiherm von der Trenk“ [sic], auch hat er 
das Motto: „Flectere si nequeo superos, Acheronta movebo“. Der Sondertitel lautet wie unter 
153, nur hat er „jungedlichen [sic] Brauseköpfen“, „tükischen [sic] Höflingen“ und „Trenk“ [sic]. 
(2 Blatt, 124 Seiten). 8°. Das „Alphabetische Verzeichnis der Romane und Schauspiele“ 
(Leipzig 1819; Abdruck aus dem allgemeinen Bücher-Lexikon) gibt Seite 82 an: „Geniestreich 
aller Geniestreiche etc. (ist Leben des Frhm. Fr. v. d. Trenk 5r.) 8. Bautzen , Arnold , 796.“ 

j8. Der Titel lautet: „Friedrichs Frhm. von der Trenck KaiserL Königl. Obristwacht¬ 
meisters Samlung [sic] vermischter Gedichte welche in seinem zehnjährigen Gefängnis in 
Magdeburg geschrieben wurden. Flectere si nequeo superos, Acheronta movebo. Franckfurt 
und Leipzig, 1769“. Hat 20 Blatt und 279 Seiten. 

ui. Im Titel heißt es „Guardian“, „Menschen-Verstandes“ und „Fryh.“ statt „Freyh“. Mein 
Exemplar hat 76 Seiten, und da Petzhol dt ebensoviel angibt, dürfte „46“ wohl ein Druckfehler sein. 


75. Meusel hat im Titel: „Charakterzüge des berüchtigten Freyherrn“ und „Entlarvung des 
Poltrons t{ und als Impressum: Leipzig 1793. Vielleicht hat der Verfasser das Buch zuerst im 
Selbstverläge 1793 herausgegeben, und als 1794 die Rengersche Buchhandlung in Halle den 
Vertrieb übernahm, diese den Titel gemildert. — Endlich erwähnt Meusel (5. Auflage, IV, 300) 
noch folgenden Aufsatz: „Trenk in der Unterwelt, ein Todtengespräch in Lucianischer Manier, 
von Joh. Nicolaus Kümpel\ im „Zuschauer und Moqueur“, Band 4, St 21, 1794“. — (Maltzahns 
Bücherschatz III, 2338 führt unter „Frd. von Trenk“ auf: „Die Seelen-Mörder, oder Die Jesuiten 
bey dem Portugiesischen Königs-Mord, Ein Trauer-Spiel in drey Handlungen, von einem Preußen. 
1759“, 86 S. 8°, o. O. Ich besitze ein Exemplar aus der Bibliothek von Ph. Nathusius. D. Red.) 


Die Amtmänner Bürger und Scheufier. 

Von 

Dr. Erich Ebstein in Leipzig. 

torg Schaags schreibt in seiner letzten Arbeit im Maiheft dieser Zeitschrift Seite 58, daß der Briefe von 
Bürger an Scheufier nur wenige sind, die sich erhalten haben. Bei Strodtmann (4 Bände, 1874) zählt er 


neun, ich elf. Es sind: 

1. Strodtmann 

1.138 ... . 

vom 22. August 1773. 

2. 

f> 

1,217 .... 

vom 16. November 1774. 

3 . 

11 

I. 273 ... • 

vom 1. Februar 1776. 

4 - 

it 

1,328 ... . 

vom Sommer 1776. 

5 - 

>1 

1,338 ... • 

vom 10. September 1776. 1 

6. 

n 

11,335 ••• • 

vom (?) Januar 1779. 

7 - 

n 

II, 339 • • • • 

vom 17. Januar 1779. 

8. 

n 

11,343 . . . . 

vom 30. Januar 1779. 

9 . 

n 

III, 112 . . . . 

vom 13. April 1783.* 

IO. 

n 

III, 116 . . . . 

vom 26. Juni 1783. 

11. 

n 

III, 164 ••• • 

vom 10. Januar 1786.* 


* Ist zuletzt bei Henrici in Katalog IX, Nr. 57 [1912] wieder aofgetaucht. 

a Das Original, das ich dank der Freundlichkeit des Herrn Emil Hirsch in München einsehen konnte (ein Blatt 
beschrieben, Folio), hat die Adresse: „An den HErm Amtmann Scheufier in Wittmarshof“, und nach dem ersten Ab¬ 
satz bei Strodtmann ist einzuschalten: yy Die Stücke , welche sich von dem politischen Journal hier ßnden, überkommen 
hierneben “. In dem von Schaags mitgeteilten Briefe wird „das politische Journal“ auch erwähnt. 

3 Von mir neu kollationiert mit dem Original bei Brockhaus. 

Z. f. B. 1912/1913. 2 4 


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Ebstein, Die Amtmänner Bürger und Scheufier. 


Dazu kommt als zwölfter ein von mir aufgefundener und bisher unbekannter Brief, der der Diederichschen 
Sammlung entstammt und sich auf der Bibliothek in Amsterdam befindet, wo ich ihn 1909 selbst kopiert habe: 

P. P. 

Mein hochzuehrender Herr Nachbar. 

Nachdem ich die Geiliehäusischen Kirchen acten nachgesehen, so hat sich nichts gefunden, daß Eggert 
meiner Kirche etwas schuldig wäre; dahero Sie denn keine weitere Notiz davon zu nehmen brauchen. 
Immittelst statte ich den verbindlichsten Dank für die gütigst deshalb getragene Sorge und Mühe ab; die ich 
gern jederzeit zu reciprocixtn beflißen seyn werde.- 

Von den nächtlichen Gängen des Wolfs im Schafskleide habe ich zwar noch nichts vernommen, aber 
seine böse Tücken und Ränke kann ich mir lebendig genug vor Augen stellen. Daher will ichs nicht abschwören, 
daß er einen Einfall projectixz . Mit so vieler reeller Freundschaft ich ihn auch immer unterstützet und ver- 
theydigt habe, so wird mich doch endlich seine Undankbarbeit zwingen, meine Stimme mit derjenigen zu ver¬ 
einigen, welche mit wohlverdienten Knitteln hinter ihm her sind und das Zetergeschrcy: Schlagt sie tod, die 
Bestie, die nichts als Unheil anstiftet! über ihr erheben.- 

Der Wink, den Sie mir mit Ihrer Nachricht gegeben, soll mir ein Zeugniß Ihrer aufmerksamen Freund¬ 
schafft, die ich jederzeit dankbarlich erwiedem werde, seyn und bleiben. 

Vale faveque 

W[öllmershausen] d. 14. Jan. 1775. Tuo 

G. A . B. 

Als ij. erhaltener Brief figuriert der vom 16. März 1778, worin Bürger die Geburt von Marianne Friederike 
anzeigt. (Vgl. Erich Ebstein, „Süddeutsche Monatshefte“, 1907, Sonderabdruck Seite 6.) 

Als 14. Dokument des Verkehrs kommt in Betracht die bisher ungedruckte Empfangsbestätigung Bürgers 
vom 8. März 1780, die sich auf der Göttinger Bibliothek befindet: 

Heute habe ich Endesunterschriebener von dem Herrn Amtmann Scheufier Anlehensweise gegen Ver¬ 
zinsung von 5 P. Cent auf vier bis fünf Monath empfangen 
Zwanzig Stück Carolinen 
Neunzig Stück französische Laubthaler 

welches bis zu Ausstellung eines förmlichen Schuldscheines hiermit bescheinigt wird. 

Wittmarshof, den 8 een März 1780. Gottfried August Bürger . 

Desgleichen habe ich noch zwei und zwanzig Reichstaler in Courant Münzen empfangen. Wittmarshof, 
den 8 ten März 1780 Gottfried August Bürger . 

Als Nr. is kommt hinzu der von Bolte im Archiv für Literaturgeschichte Band 14, Seite 65 mitgeteilte 
Brief vom 21. Juli 1781 aus Appenrode, der sich in der Biblioth&que de Bourgogne in Brüssel befindet, wo ihn 
Herr Dr. Fritz Norden seiner Zeit für mich kopiert hat, da er ihn für unbekannt hielt. 

Nr. 16 wäre der von Schaaffs (a. a. O.) mitgeteilte vom 27. September 1781 . 

Was nun den von Schüddekopf notierten Brief anlangt (im Euphorion 3. Ergänzungs-Heft Seite 130), so 
meint Schaaffs: „er wird einer der letzten gewesen sein, die Bürger überhaupt geschrieben hat“. Wie Schaaffs 
zu diesem Ausspruch kommt, kann ich mir nur durch einen Irrtum erklären. Da Bürger am 8. Juni 1794 starb 
und die Noti* von Schüddekopf einwandfrei lautet: Bürger „an Scheufier, undatiert (i x / a Seite Folio) Cohn’s 
Auktionskatalog vom 22. Mai 1894. Nr. 9", so hat Schaaffs flüchtig gelesen, und daher: der sogenannte letzte 
Brief Bürgers 1 

Von der allgemeinen „Landplage der Ruhr“ redet Bürger auch am 3. September 1781. (Vgl. Strodt- 
mann III, Seite 58.) — „Stürmen und Schlackern“ erinnert mich an Bürgers Macbeth-Übersetzung, zuerst in 
der „Berliner Literatur- und Theaterzeitung“ vom 21. Oktober 1780 abgedruckt. (Vgl. E. Ebstein, „Zeitschrift 
für Bücherfreunde“ III, Seite 398 fr.) — Bürger’s Ankündigung von „Tausend und einer Nacht“ druckte zuerst 
Eduard Grisebach (Bürger, fünfte Auflage) 1894, Seite 304—308 ab, und nicht W. v. Wurzbach in Max 
Hesse's 1902 erschienenen Ausgabe, wie Schaaffs sagt (a. a. O. Seite 58). 

Zu dem Brief Bürgers an einen unbekannten Freund 1 (wobei Schaaffs an Schubart, Ehrmann oder Haug 
denkt), erwähne ich die zehn Tage später (Stuttgart, den 17. Oktober 1790) gemachten Einträge von Bürger und 
Frau Elise in das Stammbuch der Frau Louise Charlotte von Zschock („Süddeutsche Monatshefte“ 1907 a. a.O. 
Sonderabdruck Seite 18). 

* „Zeitschrift für Bücherfreunde“ a. a. O. Seite 58. 


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Neue Wertheriana. 

Andere Folge. 

Von 

Dr. Fritz Adolf Hünich in Leipzig. 


I. 


Tf €r *h er und das Frauenzimmer. Ich will hier nicht das Bekannte wiederholen: etwa die rührende 
1 / 1 / Geschichte von den Leiden der jungen Fanny von Ickstadt, oder das beklagenswerte Schicksal der 
Christel von Laßberg — Katastrophen, wie sie sich vor- und nachdem oft vollzogen haben, ohne durch 
eine besondere Verkettung von Zufällen der Geschichte anzugehören: ich will vielmehr ganz allgemein und an 
der Hand einiger neuen Zeugnisse aus der Zeit die Voraussetzungen schildern, unter denen der Wertherroman 
als tragisches Motiv in das Leben der Frauen eingriff. Für die einfachste der dabei aufzu werfen den Möglich¬ 
keiten, den weiblichen Werther, werden die eingangs gestreiften Tragödien als Beispiele genügen; komplizierter 
im seelischen Problem sind die Fälle, in denen der Wertherroman auf verheiratete, enttäuschte Frauen traf, die 
seinen Helden zum Gegenstand ihrer Vergleiche und Wünsche machten (nicht bedenkend, daß Werther als 
Ehemann in dem Maße erkalten würde, als er einst Glut war). Wir wissen nicht viel über die aufrührerische 
und zerstörende Wirkung des Romans in den Ehen. Darum ist vielleicht die folgende Mitteilung doppelt will¬ 
kommen. In dem „Bildungsjournal für Frauenzimmer zur Beförderung des Guten für beide Geschlechter. 
Zweiter Band. Julius bis December 1787. Zittau und Leipzig, bei Johann David Schöps, Buchhändler“ fand 
ich unter der Rubrik „Eheliches Fach“ einen Brief von Albertine von S— an Emilie von G—, aus dem ich die in 
dieser Beziehung wichtigsten Stellen heraushebe: „Meine Liebei Also hast Du mir es in der That angesehn, 
daß ich auf dem lezten Picknick mißvergnügt war? ja, meine Beste! ich war es im höchsten Grade — und 
wenn Du vergnügt bleiben willst, so rathe ich Dir, heirathe ja nicht. Ach was sind die Männer für wider- 
sinnische Geschöpfe! wie sind sie doch so veränderlich! — Vor unserer Verbindung mit ihnen die gefälligsten 
zärtlichsten Liebhaber mit dem wärmsten gefühlvollsten Herzen, ganz wie wir sie wünschen! — aber nachher 
kalt, finster, unachtsam, und was weiß ich mehr — Warum bin ich doch nicht so glücklich gewesen, einen 
Gegenstand zu finden, wie ihn die Verfasser der Romane abbilden 1 Wie grausam sind diese Leute gegen uns, 
daß sie uns in ihren Schriften vollkommene Gemälde vorstellen, nach denen wir nothwendig lüstern werden 
müssen, und dessen Urbild wir doch bei dem ganzen männlichen Geschlechte nicht finden. Wie glücklich wäre 
ich gewesen, wenn ich einen Werther, oder seines Gleichen zum Manne bekommen hätte. — Ich sage Dir, 
meine Liebe, wirf den Plunder aus Deiner [368] Bibliothek alle ins Feuer, er taugt nichts, als uns unglücklich 
zu machen. Welche süsse Bilder entwarf ich mir sonst von gleichgestimmten Seelen, von sympathisirenden 
Herzen, wie dachte ich an der Hand eines feurigen Jünglings die sanfte Rosenbahn zu wallen, und an seinem 
Busen nur in zärtlichen Gefühlen hinzuschmelzen — Aber wie betrogen bin ich! Mein unempfindlicher Gatte 
weiß von alle diesen wonnereichen Empfindungen nichts; dagegen fängt er schon an, mir von Pflichten, die wir 
einander schuldig wären, ja selbst die wir dem Staate leisten müssen, vorzupredigen. Seine Geschäfte gehen 
ihm vor der zärtlichsten Unterhaltung mit mir vor, und wenn ich glaube, daß ich ganz meine süssen Phantasien 
in seine Seele ergießen könnte, so sizt er kalt und nachdenkend da, oder lacht mich aus, und schilt mich ein 
tändelndes Wesen . . . [369] . . . Seine Sprache vor dem Besiz meiner Person ist himmelweit von seinem 
jezigen Betragen [370] verschieden. Zwar scheint er mich noch zu lieben, aber wie selten sagt er mir dies, wie 
oft erwiedert er mir die zärtlichsten Liebkosungen kalt und mit Zerstreuung; auf meine Klagen über seine 
Frostigkeit weiß er nichts als seine überhäuften Geschäfte zur Entschuldigung anzuführen, und daß überhaupt 
die Zeit zum Tändeln verstrichen sei — traurige Aussicht in die ZukunftI — ... Wie langweilig, wie einförmig 
wird nun mein Leben seyn! — ... Ach, meine Liebei nur in den Stunden, die ich der Lektüre eines solchen 
Buches widmen kann, welches für empfindsame gefühlvolle Seelen geschrieben ist, werde ich mir selbst leben; 
nur alsdenn, wenn ich im Schauplazsaal die rührendsten Vorstellungen eines zärtlichen aber vielleicht unglück¬ 
lich liebenden Paares sehen werde, wird mein schlafendes Gefühl aufwachen, und mein empfindsames Herz 
wieder lauter klopfen; ich werde dann meine Thränen in die ihrigen mischen, und so die süssen Schmerzen der 
Liebe noch einmal schmeckenl . . . [371] Nun, meine Liebe! eile doch, mich zu trösten, Du allein bist im 
Stande, meine harte Lage mit zu fühlen . . . Ich erwarte Dich mit der größten Sehnsucht, und bin zeitlebens 
Deine ewig ergebene Albertine von S“ 

Es ist hier nicht meine Aufgabe, die Bilder auszumalen, die diese Klagen einer mehr unverständigen als 
unverstandenen Frau von dem Zustande der Gesellschaft entwerfen, deren Vertreterin Albertine von S. war. 
Genug, daß wir aus dem Nachwort erfahren, wie sie endlich doch noch eine vernünftige Frau geworden ist, 


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Hünich, Neue Wertheriana. 


dem Herausgeber diesen Brief zur Warnung ihrer Mitschwestem einschickt und ihnen zuruft: „Fliehet, meine 
Theuren, alle Gesellschaften, alle Bücher und Schauspiele, die eure Empfindsamkeit zu sehr reizen können . . . 
Beschäftigt euch mit ernsthaften und niizlichen Arbeiten, Langeweile ist die Mutter mancher Thorheit! aber 
überspannet eure Erwartungen in der Ehe nicht, zu große Forderungen zerstören euer wahres Glück, und 
würden euch zu so thörichten Klagen verleiten, als ich in vorstehendem Briefe geführet habe . . .“ Mit viel¬ 
fach gleichen Worten lesen wir dieselbe Warnung in den „Moralischen Vorlesungen über die Pflichten der 
Keuschheit und des ehelichen Vertrags, vomämlich von Seiten ihrer Wichtigkeit für junges Frauenzimmer be¬ 
trachtet“ von Friedrich August Fritsch (Altenburg, in der Richterschen Buchhandlung. 1795): „Vor allen fliehen 
Sie, warum ich Sie oft so inständig bitte, die Lektüre romanhafter Bücher, und ich möchte noch hinzusetzen, 
anakreontischer Dichter! 1 Sie lernen aus ihnen durchaus nichts, als die mögliche Zusammensetzung einer 
bilderreichen Einbildungskraft, die keinen andern Zweck hat, als angenehm zu täuschen. . . [52] . , , Der Un- 
erfahrne, der den Kopf mit solchen Bildern angefüllt hat, sucht nun überall zu viel oder zu wenig im Menschen, 
und erschwert sich die wahre Kenntnis desselben. Aber das Schlimmste ist, man verstimmt seine Einbildungs¬ 
kraft und verzärtelt sein Herz; man gewöhnt seine Vorstellungen an dergleichen Ueberspannungen, die man für 
wahr und für schön hält; man fängt an sie in der Wirklichkeit zu erwarten; man bildet sich ein hohes Ideal von 
Menschenwerth und Menschenglück; das Gewöhnliche ist uns zu einförmig, zu schleppend, zu ermüdend, die 
Begebenheiten schleichen einen unerträglichen Schneckengang; man will fortgerissen seyn in der Welt, wie im 
Buche; man will den geglaubten Fehler verbessern und wird ein* Hitzkopf; man sucht alles um sich [53] her zu 
elektrisiren, daß Schlag auf Schlag kommt, und wird unerträglich. Der Mensch, der uns gefallen soll, muß ein 
Grandison seyn, wir lassen den ehrlichen Puff stehen und rennen in die Arme des Herrn Selten. 9 Wer uns hier 
mit seinem kalten Vernünfteln in den Weg tritt, der ist ein Altagsmensch und unser Feind. Es ist ja so schön 
Werthers Lotte zu seyn! . . 

Prophylaktische Mittel sind es also, die angewandt werden, um einer nach zu hoch gespannten Er¬ 
wartungen unausbleiblichen Enttäuschung zu steuern; dieselben Absichten liegen zugrunde, wenn dem Werther- 
fieber verfallene Mädchen der Lächerlichkeit preisgegeben werden, wie in dem folgenden Romane, der sich 
auch bisher aller Forschung entzogen hat Er ist betitelt: 

Lebenslauf meiner Tochter Therese von Silberbach. Teutschlands edelsten Töchtern gewidmet. 
Erster — Zweiter und lezter Theil. [Vignette.] Berlin, bei Friedrich Maurer. 1782—1783. 

und unter Fiktion der Autorschaft des Vaters der Heldin nach Kaysers Büch er-Lexikon von Joh. Jak. Nath. 
Neumann verfaßt. Zu Anfang des zweiten Teiles wird der Besuch der Silberbachs bei einem alten Freunde der 
Familie, dem Amtsrat Heufeld, geschildert, der mit seinen beiden Töchtern in Bleienbrück wohnt Er hat mit 
ihnen seine liebe Not, denn sie sind, angesteckt von seinem Aktuarius mit dem bezeichnenden Namen Winsel ,3 
zu Wertherschwärmerinnen geworden, die ihrem Abgott in der Mitte eines grünen Grasplatzes ein Denkmal 
mit der Inschrift „Dem edeln, lieben Dulderl“ errichtet haben und dort seinem Andenken ihre Tränenopfer 
darbringen: 

„Ach! . . hier wollen wir unsre Tage in süsser Wollust verweinen: schluchzte Juliane. Schon die 
Morgensonne find’ uns hier in Thränen!“ 

„Und der Abendstern hör’ uns stets, wie heute, um ihn jammern, um den edeln Dulder,“ fuhr Fried- 
rike fort — 

Der Verfasser kontrastiert nun diese beiden überspannten Geschöpfe mit der gesundempfindenden Therese 
von Silberbach, die auch die „Leiden des jungen Werthers“ gelesen hat, aber als „eine der besten Warnungen 
vor den Thorheiten beyder Geschlechter“ betrachtet. Nach einer eindringlichen Vermahnung, die ihnen durch 
den Herrn von Silberbach zuteil wird, schließt die Persiflage, nicht ohne vorher noch den Erfolg«dieser wohl¬ 
tätigen Einflüsse wenigstens auf eine der Schwestern sichtbar gemacht zu haben, denn als Herr Winsel wieder 


1 Das Gegenstück dazu bildet Alxingers Gedicht „An den Unbestand“ (Sämmtliche Gedichte. Erster Theil. 1788. 
Seite 54—57), worin anakreontische Flatterhaftigkeit als Schutz gegen wertherisch-unglückliche Liebe empfohlen wird; 
Seite 56: 


Du bringst beklemmten Herzen Oft hast du Giftphiolen 

Zufriedenheit und Ruh, Verschüttet und den Hahn 

Du linderst ihre Schmerzen, Auf 'Werthrischen Pistolen 

Heilst ihre Wunden zu. Oft in die Ruh gethan. 

2 In „Sophiens Reise von Memel nach Sachsen“. 

3 Der Amtsrat charakterisiert einmal diese Wertherkarikatur so: „Er führt recht den Namen mit der That; denn 
das Winseln ist sein Element. Sonst ist er doch auf der Welt Gottes zu nichts nütze. Alle Arbeit läßt er liegen. Sie 
ist gar nicht für ein fühlendes Herz, spricht er. Und wenn er nicht über seinen Büchern brütet: so klettert er dort auf 
unsem Bergen herum und plaudert mit sich selber. Mögt 1 er doch bis an den jüngsten Tag über seinen B.üchem brüten 
und mit sich selber plaudern, und meinetwegen quengeln, so viel er wollte, wenns ihm so gefallt 1 Aber so hat er mir 
auch meinen armen unschuldigen Kindern den Kopf mit verrükt gemacht; und mein Unstern muß ihn mir ins Haus ge¬ 
führt haben. Kaum war er mit den Mädchen unter einem Dache, so hatt’ er sie auch wie behext.“ 


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Hünich, Neue Wertheriana. 


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einmal vor den Bildnissen Werthers und Lottens zu jammern anfängt: „Ausgelitten hast du, ausgerungen' , , , 
nimmt Juliane die Kupferstiche von der Wand und entgegnet auf seinen erstaunten und verwunderten Einwand: 

„Was kan das helfen, Herr Winsell daß wir Werthem nur immer beklagen? Wir thun besser, wir 
hüten uns, daß wir nicht in seine Thorheiten verfallen,“ 

Der lehrhafte Zug solcher absichdichen Zerrbilder ist augenscheinlich, und wenn auch ihr künstlerischer Ge¬ 
halt außerhalb jeder Diskussion steht, so darf doch der Nutzen, den sie als Korrektiv der Empfindungen ausge¬ 
übt haben mögen, nicht zu niedrig veranschlagt werden. 

Nach allem bisher Gehörten muß das folgende Urteil befremden. Man findet es auf Seite 167—168 
des Buches: 

Ueber die Weiber. Leipzig, bey Weidmanns Erben und Reich. 1787.* 

Es lautet: 

„Der Werther ist, nachdem seine Modeperiode vorüber gegangen, nun gar nicht für Weiber. Werthers 
Empfindungen können sie durchaus nicht nachempfinden. Wie könnten sie die Stärke, die Heftigkeit des 
Naturgefühls begreifen! Es ist gut, daß er sich, ihrer Meynung nach, nur aus Liebe erschießt, sonst wäre 
er gar ein Ungeheuer, weil man sich nur aus Liebe umbringen darf, und immer auch nur aus [168] Liebe 
zum Selbstmörder wird. Wie klein erscheint nicht meistens Lotte in ihren Augen, weil sie nur eine so 
untergeordnete Rolle spielt und ihr Charakter nur um etwas veredlete Natur ist?“ 

II. 

Neue Wertheriaden. Hauptsächlich durch Anwendung der von mir im fünften Abschnitt der ersten Reihe 
meiner Mitteilungen 3 aufgestellten Kriterien und überhaupt bei einiger Spür- und Aufmerksamkeit war es nicht 
schwer, eine Anzahl von Romanen aus den Jahren 1782 bis 1792 der Gefolgschaft des Wertherromans zuzuweisen. 
Ich halte es umsomehr für notwendig, in jedem einzelnen Falle den Beweis der Zugehörigkeit zu erbringen, als 
man in der letzten Zeit bei der Durchsicht von Antiquariatskatalogen wiederholt die Beobachtung machen 
konnte, daß aus merkantüem Interesse beliebigen Romanen zwischen 1775 und 1825 der Charakter von 
Wertheriaden ohne Berechtigung dazu beigelegt worden war. Andererseits aber ist ebensowenig einzusehen, 
warum die Zahl der Wertheriaden mit den (zumeist aus Appells Buche) bekannten erschöpft sein solle. Um 
eines Großen wülen, dessen Banne sie verfallen waren, werden Kleine wichtig, ihre Werke nach einem Jahr¬ 
hundert noch dem Dunkel entzogen, begehrt und hoch bezahlt: so wunderlich spielt das Schicksal mit Menschen 
und Büchern. 

Die erste der nun zu besprechenden Wertheriaden ist betitelt: 

Friz Preller, ein Liebesroman, wie sich noch täglich unterm Mond welche zutragen 4 
und wurde schon öfters mit meinem Texte in Katalogen ausgeboten, ja sogar bereits in die dritte neu bearbeitete 
Auflage von Goedekes Grundriß aufgenommen (Vierter Band. III. Abteilung. Erstes Heft. Seite 189. 
Nummer 68), nachdem eine Dublette meiner Sammlung inC. G. Boemers hundertster Auktion als Nummer 198 
versteigert worden war. Irgendwo scheint noch ein Verlagsrest zu lagern. Habent sua fata libelli! 

Der Roman ist in Briefen abgefaßt; dieses ist sein Inhalt: Friz Preller, ein Jenenser Student, wird, der 
Not gehorchend und einer Neigung folgend, Schauspieler in K— (Kassel?), wo er sich in eine sechszehnjährige 
Kollegin, namens Sophie, verliebt; aber nicht wie früher, da jedes rosenwangige Mädchen Eindruck auf ihn 
machte, jeder volle Busen, jedes knappe Füßchen ihn in Flammen setzte: „reine keusche Flammen", schreibt 
er an seinen Freund Schröder, „haben buhlerisches Feuer verdrängt; seitdem ich Werthers Leiden und Sieg- 
warts Geschichte gelesen habe, bin ich ganz umgestimmt. Jeden sanften Eindrücken offen, geniese ich mit 
meiner Sophie die Schönheiten der Natur; jede aufkeimende Rose, jede holdschlagende Nachtigall kan unsera 
Busen mit Wonne anfüllen; jedes welkende Blümgen, jedes fallende Blatt kan uns zum wehmüthig-feierlichem (!) 
stimmen.“ Ihrer Liebe drohen jedoch Hindernisse in Gestalt von Sophiens Vater, dem ein früherer Kommilitone 
Friz Prellers dessen Burschenleben in Jena, „das freilich etwas lokker und ausschweifend war,“ geschildert hat 
und der nun gegen ihn aufgebracht ist Daneben erschüttern ihn (begründete) Gerüchte von der Untreue seiner 
Geliebten im Glauben an sie, und er ist nahe daran, eine Wertherische Geschichte zu spielen. „Es muß ein 
herrlich sanfter Tod seyn, die Adern aufzureisen, unds Blut an die Decke sprizen zu sehen, das ganz vor den 
Engel zu fließen bereit war." Auch von Erhängen, Erschießen, Ersäufen schreibt er. Zuletzt faßt er den Ent¬ 
schluß, mit Sophie zu entfliehen. Die Flucht mißlingt, doch hat er dabei Gelegenheit gehabt, mit der Geliebten 
in sehr nahe Beziehungen zu treten. Er verläßt K— und geht nach M— (Mannheim) zu einer anderen Schau- 

* Das vielgestmgene Lied „Lotte bei Werthers Grabe“ ist von Johann Heinrich (nach anderen Carl Emst) 
Freiherm von Reitzenstein gedichtet. (Abgedruckt in Gustav Wustmanns Liederbuch „Als der Großvater die Großmutter 
nahm“ 4 , Seite 288—289.) 

* Nach Kayser von E. Brandes, nach Holzmann-Bohatta von Georg Friedrich Brandes verfaßt 

3 Siehe „Zeitschrift für Bücherfreunde“ N. F. II. Seite 299 f. 

4 Enthalten in: Ganymed für die Lesewelt. Dritter Band. Eisenach, bei Johann Georg Emst Wittekindt 1782. 
Seite 1—96. Verfasser ist, nach Holzmann-Bohatta, J. G. Otto. 


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Hünich, Neue Wertheriana. 


Spielergesellschaft. Wie die Aufenthaltsorte, so wechselt er die Gegenstände seiner Neigung, die aber diesmal 
unerwidert bleibt. Sophie, deren Liebesverhältnisse Folgen haben, reist ihm nach und bittet ihn flehentlich, sie 
nicht der Schande preiszugeben. Ein Zufall führt ihn mit einem Freunde zusammen, der, als Werber ausgesandt, 
ihm rät, wie er eine Stelle an Basedows Philantropin in Dessau anzunehmen; er willigt ein, und so werden am 
Ende Friz und Sophie doch noch ein Paar. Die Wertherischen Züge des Romans liegen am Tage: der Held 
ist von Wertherempfindsamkeit und, wenn er unglücklich liebt, von Wertherfieber befallen. Dem Anschein nach 
sind tatsächliche Geschehnisse ohne viel Verschleierung wiedergegeben, aber es verlohnt sich nicht, den Spuren 
bis auf die wahren Namen und Zusammenhänge zu folgen. 

Ganz ähnlich verhält es sich mit dem folgenden Romane desselben Verfassers: 

Hans von Metebach eine interessante Geschichte aus dem Jahre 1781. Eisenach, in der Witte- 
kindtischen Hofbuchhandlung. 1782. 

Der Notwendigkeit, seinen Inhalt nachzuerzählen, bin ich dadurch überhoben, daß er eigentlich keine 
Wertheriade ist; ich erwähne ihn hier nur deshalb, weil an einer Stelle (im zwölften Briefe) von einem neuen . 
Werther die Rede ist, der sich entleibt, nachdem er noch das Fest der Vermählung seiner Geliebten mit dem 
ihr aufgezwungenen Manne mitgefeiert hat Die Schilderung fallt schließlich ganz in den Ton von Goethes 
sachlichem Bericht über die letzten Stunden Werthers: 

„Am Abend tanzte er noch mit ihr, und schien übertrieben lustig zu seyn. Nach zwölfen gieng er 
nach Hause, wo er seine Stube zu heizen hinterlassen hatte, er fand sie warm. Er suchte seine Papiere 
zusammen, siegelte sie und addressirte sie an P—, einen eben so starken Kopfhänger. Werthers Leiden war 
jederzeit sein Lieblingsbuch, und in diesen hatte er auch noch einige Seiten gelesen und sich darauf ent¬ 
leibt, ob mit einer Pistole, oder Degen, das hat man nicht erfahren können.“ 

Ich übergehe einige in andere Briefe eingestreute Äußerungen, die sich gegen die Nachbeter und Nach¬ 
ahmer Werthers in Dichtung und Leben richten und ohne Zweifel die Meinung des Verfassers darstellen, da 
sie mit der gesunden Tendenz seiner Romane übereinstimmen, und wende mich zu dem dritten der mir vor¬ 
liegenden Werke, hinter dessen Titel: 

Auguste und Friedrike oder die zwo Kusinen. Ein Bilderbuch für alle Stände. Nach der Zeichnung 
eines pommerschen Junkers. Erster — Zweiter TheiL [Vignette.] Küstrin, bey Ferdinand Oehmigcke. 1786. 1 
wohl niemand eine Wertheriade vermuten würde. Auch der erste Teil verspricht noch nichts. Er ist nur Vor¬ 
bereitung: wir lernen in dem Herrn von Abendschein den Typus des natürlich empfindenden und gerade-. 
denkenden Landjunkers kennen und lesen von seiner Bekanntschaft mit Friedrike (von Blühwangen auf Lilien¬ 
kelch), die später seine Frau wird, und mit dem Predigtamtskandidaten Moritz Frank, der seiner toten Geliebten, 
Philippine Auguste Baronesse von Hochgefühl, Friedrikens Kusine, nachtrauert. Den Herzensroman dieser 
beiden Liebenden, der Hauptsache nach in Briefen und Aufzeichnungen Augustens und ihres Vetters, des Herrn 
von Vielmark, enthält der zweite Teil.* Nur um zu tändeln und sich zu unterhalten, ist die Baronesse auf die 
Annäherungsversuche des jungen Theologen eingegangen. Der Funke aber wird zur Flamme und diese immer 
stärker entfacht, als er fern von ihr und sie mit dem Hauptmannn von Florian vermählt ist, der sie als Vierzehn¬ 
jährige verführt und zur Mutter gemacht hatte, nun aber, nach fünf Jahren, nur ihren Reichtum begehrt und 
sie als seine Frau in gemeinster Weise beschimpft. Sie nährt ihre Leidenschaft für den Geliebten, den auch der 
Vetter auf dem Laufenden erhält, durch heimliche Briefe an ihn und betreibt indessen die Scheidung, in die der 
Hauptmann erst widerstrebend, dann anscheinend einwilligt. Es gelingt ihm aber, Auguste auf das Jagdschloß 
eines Freundes nach Polen zu entführen, wo sie der Vetter mit vieler Mühe aufspürt, nachdem er dem Böse¬ 
wicht die Beute schon auf dem Wege dahin beinahe abgejagt hätte. Der Hauptmann, bei diesem Überfalle 
schwer verwundet und nun dem Tode nahe, bereut und sträubt sich nicht länger gegen die Scheidung. Er er 
holt sich wieder, Auguste aber stirbt, dem Übermaß des ihr beschiedenen Leides und den Strapazen nicht ge¬ 
wachsen, die sie während der Entführung hatte ausstehen müssen. „Dießmal war/* so schreibt der Herr 
von Vielmark am Schlüsse des Briefes, in dem er Frank den Tod der Geliebten berichtet, „die Art des 
Ausgangs aus der Welt ausgenommen, das Schiksal des liebenden Mädchens, was einst, wie ich irgendwo ge¬ 
lesen habe, das Schiksal des liebenden Jünglings war. Damals sang der Dichter * 

Jeder Jüngling wünscht sich, so zu lieben, 
jedes Mädchen, so geliebt zu seyn. 

Das sang der Mann den Jünglingen und Mädchen ganz aus der Seele.“ 

Hiernach werden die An- und Gleichklänge im Wortlaut, die Ähnlichkeiten und Entsprechungen in 
Situationen, denen der mit „Werther“ vertraute Leser wiederholt begegnet, nicht weiter überraschen. Über die 
Absichten des Verfassers ließe uns der Name der Heldin keinen Augenblick im Unklaren, wenn wir nicht schon 
durch die häufigen Ausfälle des ersten Teiles gegen alles empfindsame Wesen unterrichtet wären. Friedrike nun 

* Von J. J. N. Neumann. 

* Frank hat die Papiere dem Herrn von Abendschein, seinem künftigen Patron, übergeben, um ihn in sein 
Schicksal einzuweihen. 


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Hünich, Neue Wertheriana. 


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ist ihrem Empfinden nach als Gegensatz zu der jungen Wertherin gedacht, der Herr von Abendschein als 
Kontrast zu Frank: in diesem Sinne lauten auch die Worte, mit denen er in einer Schlußbemerkung zur Wider¬ 
legung der Ansicht des Herrn von Vielmark sein Liebesverhältnis charakterisiert: 

„Seitdem Werthers Geist in unserm deutschen Vaterlande umgeht, wünschte, Gott sey’s geklagt! wohl 
mancher Jüngling und manches Mädchen so zu lieben und geliebt zu werden, daß es dabei wakker zu leiden 
und zu jammern giebt und wenn’s übergenug zu leiden und zu jammern gegeben hat, ein oder das andre Theil 
hofnungslos niedersinkt und ein gar schmähliches Ende nimmt; aber, Gott sei's gedankt! bei weitem nicht jeder 
und jedes. Nur von meiner hinterpommerschen Wenigkeit zu sagen, so kan ich heilig schwören, daß der¬ 
gleichen mir nie mit einer Sylbe eingefallen ist Ich liebte meine Friedrike . . . gewiß warm und innig; ohn- 
geachtet ich nicht von mir rühmen kan, daß mir davon das Innerste zerschmolzen und das Hirn wirrig geworden 
wäre. Hätt' ich aber gewußt, sie sei bereits das rechtskräftige Eigenthum eines andern, wenn schon dieser andre 
nicht eben ein Edler meines Gelichters gewesen wäre: so würde ich ihretwegen keinen Finger gereget haben. 
Meine ganze Ruhe hätt* ich in keinem Fall aufs Spiel gesetzt, um zu ihrem Besitz zu gelangen. Wie ich mich 
fühle, wird ich auch sicher nie mein Lebenslicht weder selbst mir ausgeblasen, noch der Gefahr, von jemand 
anderm mit ausblasen zu werden, blosgestellet haben, wenn meine warme innige Liebe schlechterdings nicht 
gekrönt werden sollen. Meine Friedrike denkt mit mir gleichförmig. Und, wie mich dünkt, befanden wir uns 
beide dabei um desto besser." 

Auch eine Wertheriade, ohne daß der Name Werther fiele, aber ohne dieses Vorbild nicht denkbar, ist 
ein anderer Roman desselben Verfassers, die Geschichte von der Liebe eines schwärmerischen Mädchens zu 
einem Offizier, der am Ende eine andere heiratet, worüber die Verlassene den Verstand verliert: 

Mamsell Fiekchen und ihr Vielgetreuer. Ein Erbauungsbüchlein für gefühlvolle Mädchen. Küstrin, 
bei Ferdinand Oehmigcke. 1785. 

Hier verrät schon der Titel die Gegnerschaft, und es fehlt auch fernerhin nicht an Spott über die Verstiegen¬ 
heiten eines durch die Lektüre von „Siegwart", „Adolfs gesammleten Briefen" 1 und ähnlichen Sentimentalitäten 
verzärtelten Gemütes. Auffällig ist dabei die gleiche Bewertung der Gefühlswelt dieser Romane mit der von 
Goeckingks „Liedern zweier Liebenden" und Klamer Schmidts Elegieen — Dichtungen gewiß voll überschwäng¬ 
licher, doch aus unverdorbenen Instinkten entsprungener Liebe. 

Nach dieser Abweichung von der Chronologie aus sachlichen Gründen kehre ich mit dem folgenden Roman 
eines unbekannten Autors zu ihr zurück: 

Karl und Elise, oder die schwachen Mädchen. [Motto.] Leipzig, in der von Schönfeldschen Hand¬ 
lung. 1787. 

Ich muß ihn trotz seines kolportagehaften Titels und krausen Inhalts eine Wertheriade nennen. Der 
Held ist ein unglücklich Liebender: Intriguen eines Rivalen und dessen Schwester, die ihn zu besitzen trachtet, 
vereiteln die Vereinigung mit der Geliebten. Eben als alles sich günstig für ihn zu entscheiden scheint, fallt 
ihn die Kugel, die die Verschmähte der Nebenbuhlerin bestimmt hatte. Mehr aber noch als durch sein Schick¬ 
sal, ist er durch seine Briefe an die Geliebte und einen Freund in die Nähe Werthers gerückt. Ich teile daraus 
einige der Stellen mit, in denen Werthers Tonfall am vernehmlichsten nachklingt: 

„Die Gegend allhier ist herrlich, ganz zur Schwärmerey und für ein gefangenes Herz gebildet, da ist kein 
Thal, kein Hügel, den ich nicht schon durchstrichen, und wenn ich so Felsen und Berge hinangeklettert bin, 
sink ich auf eben Stern hin, und freue mich des Sumsens und Lebens der Geschöpfe unter einander, und wenn 
ich ausgeruht, da schleich ich endlich b eb ausgehöhltes Ebgeweide ebes alten grauen Bruchstückes, dessen 
moosigtes Haupt mir meb erkohrtes Lieblbgsplätzchen so schaurig und finster schattirt, daß selten der Fuß 
ebes Wanderers sich daher wagt; da bb ich ebsam, hohe Eichen und Buchen versagen der mittägigen Sonne 
den Zutritt, welche im wallenden Grase Tausendschön und Vergißmeinnicht um- [m] kränzen; Petrarch, Ossian 
leisten mir Gesellschaft — Acht könntest du, du [die] mir alles, das Ziel aller meber Wünsche, meber Hoffnungen 
ist, könntest du mich da ebmal b mebem süssen Taumel belauschen! . . 

„Den nämlichen Abend, als ich b der Stadt ankam, gieng ich, um nicht ganz die schwarze Melancholie 
zu nähren, bs Schauspielhaus Wie ward mebem gepreßten Herzen leichter, als ich b[s] Parter trat,und Elisen 
erblickte . . . [125] . . . Die Komödie gieng an, und ich setzte mich b ebe Ecke des Parters Elisens Loge 
gegenüber ... Du hättest mich sehen sollen, was ich für alberne Figur machte; ich hörte und sah von dem 
ganzen Schauspiele nichts. ..." 3 

„Karl, sagte Elise, unsere Gemüther bedarfen(l) Stärkung, unsere Seelen Erholung — ich will dir was 
Vorspielen. 

Damit führte sie mich an ihr Zimmer, und schlug mebe Lieblbgsstücke am Fortepiano; meb Geist ver¬ 
sank ganz b den Strom [148] von Empfindungen, den ihr auf den Flügeln der Phantasie aufwallender Geist über 
mich ausgoß . . ."♦ 


* „Siegwart“ von Johann Martb Miller. „Adolfs gesammlete Briefe“ von Albrecht Christoph Kayser. 

* Vgl. hierzu „Weither“ (I. Ausgabe), Seite 7—9. 

3 „Werther“, Seite 63. 

* „Werthei 4 *, Seite 43. 


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188 


Hünich, Neue Wertheriana. 


Auch dieser Roman will nicht nur unterhalten, sondern vor allem belehren und warnen: „man stelle ein 
Mädchen, einen Jüngling her,“ so sagt die Vorrede, „die eine sorgfältige Erziehung tugendhaft und gut bildete/ 
man entdecke und bezeichne jeden Schritt, der sie der Verführung nahe bringt, schildere mit starken Zügen die 
verderblichen Folgen; welches Herz, das nicht äußerst vergiftet, und verdorben ist, wird nicht zurücke beben, 
nicht Lehren für sein künftiges Leben daraus ziehen?“ 

Satirisch-komischer Art und darum zu der Gattung Wertherkarikaturen gehörig ist der Roman: 

Adölfgen, Frizgen und die Parforcepeitsche. Eine Wahrheit für manchen Jüngling geschrieben. 1 

Er behandelt, um einmal das Ende vorauszunehmen, die Heüung des Wertherschwärmers Adolf Werner, 
eines der Medizin und Weltweisheit beflissenen jungen Mannes, von seiner Krankheit durch die Hetzpeitsche 
des Vaters in dem Augenblicke, als er sich zum Weggang aus der Welt anschickt, da ihm Frizgen untreu ge¬ 
worden ist. (Frizgen Kroseck ist die Zofe der Baronesse von Tiefenwald.) Am Anfang ihrer Bekanntschaft war 
die kleine Kokette nicht so herzlos gewesen, wenn auch da schon ungleich in ihrem Verhalten, sodaß er in 
seinem Tagebuche wertherisch klagte: 

„Könntest du, lieblicher Traumgott 1 wenn sie von sanftem Schlummer eingewiegt, ruht, mich ihr vor¬ 
stellen, wie ich ihrentwegen leide und traure!!“ 

„Wie ich mich quäle, wie ich unglücklich bin!“ 

Bald fühlte er, daß Frizgen sich immer mehr von ihm ab wandte; das Leben wurde ihm zur Last und er 
drohte der Kaltsinnigen, sich zu erschießen: eine Drohung, die er wahr zu machen gedachte, als er die Unge¬ 
treue im Arm des Neffen der Baronesse „gesättigt vom Vollgenuß der Liebe“, überrascht hatte. Er erinnerte 
sich, daß eine Freundin Frizgens von ihrem Vater, einem Regimentschirurgus, zwei Pistolen geerbt habe und 
bat sich von ihr das Mord Werkzeug aus: 

„Wollen Sie mir wohl, sprach er, bis übermorgen ihre Pistolen leihen? ich habe eine kleine Reise vor, es 
bangt mir vor dem Wald, den ich passiren muß; sollt ich unglücklich seyn, so bezahlt sie ihnen mein Vater. 
Willig reichte das Mädgen das Mordgewehr — Adolf drückte die Hand, die sie ihm reichte, und bat den Staub 
von dem Gewehr abzu—wischen. Leben Sie wohl, sagt’ er: mit verstellter zitternder Stimme. Leben Sie recht 
wohl! — Noch einmal wand’ er sich in der Thür um, noch einmal sagt’ er ein warmes Lebewohl, — und noch 
einmal! — sollt sie nun nichts merken? — Leben Sie wohl! die Pistolen will ich holen lassen. (Mitnehmen 
dürft' er sie nicht, da wäre die Idee nur halb ausgeführt gewesen.)“ 

Nach Hause gekommen, schrieb er als treuer Schüler Werthers das folgende Billet: 

„Wollen Sie mir nicht zu einer kleinen Reise ihre Pistolen leihen? Sie sollen sie unverlezt zurück erhalten. 
Leben Sie recht wohl 1 — recht wohl! Ihr A. W. 

An Jgfr. Hanette Preller.“ * 

Er hegte dabei den stillen Wunsch, daß Frizgen es am nächsten Tage bei einem Besuche der Freundin 
finden und lesen möchte. Dann nahm er in einem herzzerreißenden Briefe Abschied von seinem „theuresten 
unvergeßlichsten — auch jenseit des Grabes ewig geliebten Mädgen“, versäumte jedoch nicht, in einer Nach¬ 
schrift Zeit und Ort der Ausführung seines Entschlusses genau anzugeben: 

„Morgen Abend 9 Uhr befreit mich in der kleinen Lindenallee im Park eine barmherzige Pistole von 
aller Erdenlast“ 

Weniger leicht fand er den Ton für den Brief an seinen Vater, vor dem er „nicht empfindsam, sondern 
wie ein Mann, gesezt und trotzig erscheinen“ wollte. Am andern Morgen ließ er nur den Brief an Frizgen sofort 
bestellen, der, während sie ihn las, dem glücklicheren Nebenbuhler in die Hände fiel und von da an die 
Baronesse gelangte, die den Vater von dem Vorhaben des Sohnes in Kenntnis setzte. Von dem Ausgang sind 
wir schon unterrichtet; die Kur hat geholfen; aus dem Affen Werthers wird „durch die Erinnerung an seine 
vorigen Thorheiten — ein vernünftiger — glücklicher Mensch.“ 


x Ebenfalls in der Sammlung: Ganymed für die Lesewelt Vierzehnter Band. [Motto.] Eisenach bey Job. 
Georg Ernst Wittekindt. 1792. Seite 3—144. 

2 „Werther“, Seite 213. 


Alle Rechte Vorbehalten. — Nachdruck verboten. 

Für die Redaktion verantwortlich Pro L Dr. Carl Schiiddtkepf- Weimar, Cranachttr. 38. Druck u. Verlag von W. Drupdin Leipsig, Königstr io. 


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BEIBLATT DER 

ZEITSCHRIFT FÜR BÜCHERFREUNDE 


NEUE FOLGE 

IV. Jahrgang. __ Heft , 

Herausgegeben von Prof. Dr. Georg Witkowski, Leipzig-Gohlis, Ehrensteinstr. 20, Manuskripte an diesen erbeten. 
Inserate direkt an den Verlag W, Drugulin , Leipzig, Königstraße 10. 


Inseratbedingungen: 
V» Seite 60 Mark x / 4 Seite . 

l / 2 Seite.30 Mark */ 8 Seite . 


15 Mark 
8 Mark 


Kleine Anzeigen (Desiderata und Angebote): die gespalt. Petitzeile 50 Pf., für Mitglieder der Gesellschaft der 
Bibliophilen 30 Pf. — Beilagegebuhr 25 Mark. — Insertionsschluß für Heft 2 am 13. April. 


Gesellschaft der Bibliophilen. 

Als neue Mitglieder sind der Gesellschaft für das Jahr 1912 beigetreten: 


I. Stadtbibliothek , Danzig. 

8. Treptow-Sternwarte (Direktor Dr. Friedrich Archenhold), 
Berlin-Tieptow. 

II. Georg Ed. Marwitz , stud. jur., Dresden-A., Reißiger Str. 4. 

147. Dr. Walter Riezler, Direktor des Städtischen Museums, 
Stettin. 

172. Dr. jur. Waller Heun, Kgl. Kammergerichtsreferendar, 
Berlin NW. 21, Perlebergerstr. 36 aW. 

288. Dr. Walter Grundig, Landrichter, Bochum, Bergstr. 125. 

292. August Lattmann, Hamburg, Harvestehuder Weg 39. 

297. Fritz Dümling (i. Fa. J. G. Dümling), Schönebeck 
a. d. Elbe, Böttcherstr. 57. 

302. Hermann Volkmann, Bremen, Contrescarpe 120. 

323. Dr. med. Willy Kuhnemann , Cöln-Bayenthal, Golt- 
steinstr. 26. 


331. Dr. med. Paul Wolg, Assistenzarzt, Berlin N. 65, Ru¬ 
dolf Virchow-Krankenhaus. 

440. Karl R. Fischer, k. k. Konservator und Bürgerschul¬ 
lehrer, Gablonz a. N., Böhmen, Gebirgsstr. 45. 

504. Max Niderlechner , Buchhändler (i. Fa. Joseph Baer 
& Co.), Frankfurt a. M., Weberstr. 65 K. 

556. Dr. jur. Carl Kastan, Gerichtsassessor, Berlln-Wilmers- 
dorf, Xantenerstr. 20. 

557. Wilhelm Halberstam, Berlin W., Ranke Str. 7. 

558. Dr. Hermann Kellermann , Verlagsbuchhändler (i. Fa. 
Alexander Dunckers Verlag), Weimar, Luisenstr. 13, 

692. Frau Elisabeth Steche, Gaschwitz b. Leipzig. 

729. Arthur Zweiniger, Bildhauer, Dresden-Gruna, Boden¬ 
bacher Str. 12. 

869. Georg Polzschusler, Kgl. Postsekretär, Bamberg, Katha- 
rinenstr. 17. 

897. Dr. Paul Trmius, Berlin W., So, Marbuger Str. 6. 


Außer den bereits angekündigten beiden Publikationen für 1912 hat der Vorstand noch 
eine dritte als Jahresgabe an die Mitglieder zu verteilen beschlossen; es ist uns gelungen, dafür 
das neueste ungedruckte Drama von Dr. Paul Emst , „Ariadne auf Naxos“, zu gewinnen. — Die 
Versendung sämtlicher Publikationen wird voraussichtlich Ende September und Anfang Oktober 
erfolgen. 

Ein Prospekt über die Sonder-Publikation für 1912, „Sebastian Brants Narrenschiff“, 
in Faksimile - Reproduktion nach der ersten deutschen Ausgabe, Basel 1494, herausgegeben 
von Hans Koegier, wird unsem Mitgliedern demnächst zugehen. 

Der Vorstand der Gesellschaft der Bibliophilen 
WEIMAR, Cranachstr. 38. I. A. 

Prof. Dr. Carl Schiiddekopf. 


Z. f. B. 1912/1913. 


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2 


Wiener Bibliophilen-Gesellschaft 


Wiener Bibliophilen-Gesellschaft. 

Nach langen, sorgfältigen Vorbereitungen ist in Wien Anfang März eine neue große lite¬ 
rarisch-bibliophile Vereinigung ins Leben getreten: Die Wiener Bibliophilen-Gesellschaft. Ursprüng¬ 
lich war geplant, auch in Wien nur eine Art Tochtergesellschaft oder Zweigvereinigung unserer 
Muttergesellschaft ins Leben zu rufen; doch erwies sich gleich bei den ersten Schritten der 
Rahmen zu enge. Dazu kam, daß auch die österreichischen Vereinsgesetze einem mehr losen 
Zusammenschlüsse, wie anderwärts, im Wege standen. So ergab sich denn, gleich nachdem 
der erste von den Herren Hofrat Professor Dr. Jakob Minor , Kustos Dr. Payer v. Thum, den 
Schriftstellern Engelbert Pemerstorfer und Hans Feigl gezeichnete Aufruf an Wiener Biblio¬ 
philen ergangen war, die Notwendigkeit, den Gedanken, den Kreis der zukünftigen Vereinsmit¬ 
glieder auf die Zugehörigkeit zur Weimarer „Gesellschaft der Bibliophilen“ zu beschränken, 
fallen zu lassen. 

Am 3. März konnte endlich die konstituierende Generalversammlung der unter dem Namen 
„Wiener Bibliophilen-Gesellschaft“ ins Leben tretenden neuen Vereinigung stattfinden. Sie wurde 
im Saale des Wissenschaftlichen Klubs abgehalten und war sehr gut besucht Zum Beitritt 
hatte sich eine überraschend große Anzahl Mitglieder gemeldet, die entweder persönlich in der 
Versammlung erschienen waren oder durch Begrüßungsschreiben ihren Anschluß an die Gesell¬ 
schaft erklärten, darunter viele bekannte namhafte Wiener und auswärtige Gelehrte, Schriftsteller, 
Professoren usw., so Hofrat Minor, Hermann Bahr, Hugo Wittmann, Professor Sauer (Prag), 
Richard v. Kralik , Professor Dr. Georg Witkowski (Leipzig), Professor Dr. Carl Schüddekopf 
(Weimar) und viele andere mehr. Auch unsere hervorragendsten öffentlichen Bibliotheksinstitute, 
die Hofbibliothek, die Universitätsbibliotheken in Wien, Prag, Graz, die kaiserliche Familienfidei- 
kommißbibliothek usw. traten der Vereinigung bei und hatten in die Versammlung Delegierte 
entsendet. Ebenso sah man in der Versammlung die Inhaber unserer angesehensten Verlags- und 
Buchhandlungsfirmen, die gleichfalls in stattlicher Anzahl ihre Mitgliedschaft anmeldeten, darunter 
sowohl der Vorstand des Gremiums der Buchhändler Heinrich Tachauer als auch der Vor¬ 
sitzende des Vereines der österreichisch-ungarischen Buchhändler Kommerzialrat Wilhelm Müller. 

Nach einer kurzen, beifällig aufgenommenen Eröffnungsansprache des zur Leitung der 
Versammlung gewählten Hofrates Universitätsprofessors Dr. Richard M. Werner, der betonte, 
daß Wien stets eine Stätte der Bibliophilie gewesen sei und daß sich auf Wiener Boden in 
allen Gesellschaftsschichten — vom Kaiser Franz bis zum berühmten Wirt von Margareten, dem 
Gastwirt Haydinger — von jeher eifrige Bibliophilen betätigt haben, erstattete namens der 
Proponenten Schriftsteller Hans Feigl das Referat über die Ziele und Zwecke der Gesellschaft. 
Er legte von vornherein Verwahrung gegen den in letzter Zeit von pornographischen Spekulanten 
geübten Mißbrauch ein, zur Täuschung des Publikums den alten angesehenen Namen der Biblio¬ 
philie für unsaubere Geschäfte als Deckmantel zu benützen. Die Bibliophilie, insbesondere die 
deutsche, sei mehr als eine bloße Bücherliebhaberei oder ein bloßer Sammelsport. Immer sei 
es ein Ruhmestitel der deutschen Bibliophilie gewesen, die Männer wie Maltzhahn, Eduard 
Grisebach und viele andere zu ihren eifrigsten Bekennem zählen durfte, zur Förderung der 
Literaturwissenschaft Erhebliches geleistet zu haben. Die Wiener Bibliophilen-Gesellschaft werde 
sich wohl alle Zweige der Bibliophilie angelegen sein lassen, daher auch der Kunst des äußeren 
Buchwesens ihr Augenmerk zuwenden. Form und Inhalt eines Buchwerkes müßten aber in 
einem richtigen Verhältnis stehen, nur ein gediegener Inhalt verdiene ein künstlerisches Gewand. 
Insbesondere werde man sich hüten müssen, in den Fehler zum Beispiel der französischen 
Bibliophilie zu verfallen, die sich leider stark in Äußerlichkeiten verloren habe. Jedes Jahr werde 
die Wiener Bibliophilen-Gesellschaft an ihre Mitglieder eine nicht im Buchhandel erscheinende , 
würdig ausgestattete und inhaltlich wertvolle Publikation zur Verteilung bringen, wobei sie vor¬ 
nehmlich aus dem Gebiete des deutsch-österreichischen Schrifttums schöpfen’ wird, außerdem 


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Wiener Bibliophilen-Gesellschaft 


i 

Vorträge und regelmäßige gesellige Zusammenkünfte veranstalten. Eine der nächsten Aufgaben 
der Vereinigung werde darin bestehen, die Weimarer Gesellschaft der Bibliophilen, die heuer 
ihre Haupttagung zum erstenmal außerhalb des Deutschen Reiches, und zwar Ende September 
in Wien abhalten wird, einen würdigen Empfang zu bereiten. 

An das Referat schloß sich eine lebhafte Debatte, an der sich die Herren Dr. G. A . Crüwel, 
Dr. Gottlieb (Vertreter der Hofbibliothek), Hofrat Professor Dr. Werner, Hugo Thimig ; Professor 
R. v. Weilen , Dr. v. Payer, J. Eisenstein, Professor Dr. Rabenlechner, Dr. Mascha und der Be¬ 
richterstatter beteiligten. Es wurde beschlossen, die den Proponenten vorgelegten und genehmigten 
Statuten dahin abzuändem, daß die alle Jahre stattfindende Generalversammlung über die Höhe 
des Jahresbeitrages der ordentlichen Mitglieder Beschluß zu fassen hat. ‘ Der Jahresbeitrag 
für 1912 wurde mit Kr . 7.— festgesetzt . Stifter wird, wer einen Beitrag von 1000 Kr. auf 
einmal oder durch fünf Jahre hindurch je 200 Kr., Mitglied auf Lebenszeit, wer mindestens 
200 Kr. bezahlt Auch außerhalb Wiens und Österreich - Ungarns Wohnhafte können Mitglieder 
der Gesellschaft werden . Vorläufig ist an eine Beschränkung der Mitglieder zahl nicht gedacht . 

Die'einstimmig unter lebhaftem Beifall vorgenommenen Vorstandswahlen hatten folgendes 
Ergebnis. Es wurden gewählt: zum ersten Vorsitzenden Hofburgschauspieler Hugo Thimig, zum 
zweiten Vorsitzenden Schriftsteller Hans Feigl, weiter die Herren o. ö. Universitätsprofessor 
Dr. Alexander Ritter von Weilen (Schriftführer), Dr. Ottokar Mascha (Schatzmeister), Kustos 
Dr. Payer R. v. Thum, Schriftsteller und Vizepräsident des österreichischen Abgeordnetenhauses 
Engelbert Pemerstorfer , Professor Dr. Michael Maria Rabenlechner , o. Universitätsprofessor 
Hofrat Dr. Richard Maria Werner und außerdem — als sinnfälliges Zeichen der ideellen Ge¬ 
meinsamkeit mit der „Gesellschaft der Bibliophilen" (Weimar) — der Sekretär dieser Gesellschaft 
Professor Dr. Carl Schüddekopf vom Goethe- und Schillerarchiv in Weimar. Von besonders 
lebhaften Beifallskundgebungen begrüßt, übernahm sodann Hugo Thimig den Vorsitz, um in 
einer kurzen, warm aufgenommenen Ansprache für seine Wahl zum ersten Vorsitzenden zu 
danken. 

Am 12. März fand unter dem Präsidium des stellvertretenden Vorsitzenden eine Vorstands¬ 
sitzung statt, an der sämtliche in Wien wohnende Vorstandsmitglieder mit Ausnahme des 
gerade auswärts weilenden ersten Vorsitzenden teilnahmen. Nach Erledigung zahlreicher 
geschäftlicher Angelegenheiten wurde der Beschluß gefaßt, die „ Zeitschrift für Bücherfreunde“ 
zum Organ# der Wiener Bibliophilen Gesellschaft zu bestimmen. Die Verständigung mit den 
Herausgebern lag bereits vor. Es folgte sodann die Einsetzung eines literarischen Arbeits¬ 
ausschusses , dem die beiden Vorsitzenden Hugo Thimig und Hans Feigl, sowie die Herren 
Dr. v. Payer, Hofrat Professor Dr. Werner und Professor Dr. v. Weilen angehören. Die weitere 
Beratung galt der Vorbereitung der Ende September 1912 in Wien stattfindenden General¬ 
versammlung der „Gesellschaft der Bibliophilen". Um einen stärkeren Besuch Wiens seitens der 
auswärtigen Gesellschaftsmitglieder zu erwirken, soll früher als sonst eine Propaganda für die 
Wiener Tagung eingeleitet und zu diesem Zwecke an den Sekretär der Gesellschaft Prof. 
Dr. Carl Schüddekopf mit geeigneten Vorschlägen herangetreten werden. Der erste gesellige 
Abend der Wiener Bibliophilen-Gesellschaft wurde für den 16. April festgesetzt. 

Bis Anfang März hatten sich bereits^ ungefähr 140 Mitglieder zum Beitritte gemeldet; 
täglich laufen weitere Beitrittserklärungen ein. 

Alle Zuschriften, Beitrittserklärungen sind an den zweiten Vorsitzenden der Gesellschaft 
Hans Feigl, Schriftsteller, Wien IV, Johann Straußgasse 38 zu richten. 

Der Vorstand der Wiener Bibliophilen-Gesellschaft 

I. A.: Hans Feigl 

stellvertretender Vorsitzender. 


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Pariser Brief 


Pariser 

Der Dichter Charles Gutritt, dem im vorigen Jahre 
in seinem Geburtsorte Lunöville ein Denkmal er¬ 
richtet wurde, hat seit seinem am 17. Juni 1907 er¬ 
folgten Tode für französische Verhältnisse eine immer¬ 
hin nicht gewöhnliche Popularität gewonnen. Selbst 
Volkszeitungen wie „Le Petit Parisien“ feierten ihn im 
vorigen Sommer und druckten Gedichte von ihm 
nach, was auch dem Absatz seiner lyrischen Samm¬ 
lungen wesentlich zustatten kam. Ein jüngerer Kri¬ 
tiker Albert de Bersaucourt hat dem früh verstorbenen 
Dichter, dessen zweites und drittes Gedichtbuch übri¬ 
gens 1894 in München erschien, eine Gesamtdarstel¬ 
lung gewidmet, die soeben im Verlage der „Revue 
du Temps present“ in Buchform erschien. Francis 
Jammes, einer der nächsten Freunde und begeisterter 
Verehrer Guörins, hat dem Buch ein kurzes Vorwort 
vorangestellt. Mit eindringendem Verständnis und 
freundschaftlicher Liebe hat Bersaucourt das Leben 
und die Werke Gudrins analysiert Er war ein un¬ 
ruhiger, am Leben leidender Mensch, dessen erste 
Anfänge stümperhaft waren und nicht die Erfüllung 
ahnen ließen, die seine spätere Lyrik brachte, die im 
„Mercure de France“ erschien. Aus der Bitterkeit 
schwerer, schmerzensreicher Jahre rettete er sich in 
die Religiosität, die ihm Friede und Ruhe von seiner 
Zerrissenheit brachten. Die Faksimilereproduktionen 
zweier Manuskripte, die Bersaucourts Buch beigegeben 
sind, zeigen, wie schwer und mühselig der Verstorbene 
arbeitete, wie vielfach er seine Gedichte durchfeilte. 

Am 6. März ist ganz unerwartet der Dichter und 
Kritiker für Lyrik im „Mercure de France“, Pierre 
Ouillard , gestorben. Er wurde am 14. Juli 1864 in 
Paris geboren, gründete nach Beendigung seiner Stu¬ 
dien mit Ephraim Mikhael und Saint Paul Roux „La 
Pldjade“, lebte längere Zeit als französischer Lehrer 
in Konstantinopel, wurde Kriegskorrespondent der 
„Illustration“, gründete nach seiner Rückkehr nach 
Frankreich eine Zeitschrift „Pro Armenia“, trat für die 
Finnländer ein und wurde endlich Mitarbeiter des 
„Mercure de France“, als welcher er in seinen monat¬ 
lichen Betrachtungen über die französische Lyrik das 
Bedeutendste leistete. Er hat mehrere griechische 
Tragödien ins Französische übersetzt, ein Mysterien¬ 
spiel: „La fille aux mains coupöes“ und seine Ge¬ 
dichte in einem Bande unter dem Titel „La Lyre 
höroique et dolente“ vereinigt. 

Ich glaube, es wird gegenwärtig in keinem Lande 
soviel über die Lyrik theorisiert und ästhetisiert wie 
in Frankreich. Jeder Monat bringt neue Bücher über 
dieses Thema. Im Jahre 1910 hielt Philtas Lebesgue 
in der Gesellschaft für moderne Malerei einen Vor¬ 
trag über Walt Whitman, A. Al. Gossez einen Vortrag 
über le dynanisme poetique: Verhaeren, Romains, 
Duhamel, Vildrac usw. und Henri Strentz einen Vor¬ 
trag über den normannischen Dichter Roinard. Diese 
drei Vorträge sind jetzt unter dem Titel: „Essai d’ex- 
pansion d’une esthötique 1 ' in 250 Exemplaren mit 
Porträtbeilagen in „Le Havre aux ödidons de Ia Pro- 
vince“ erschienen. Die eingehenden drei Studien 


Brief. 

bieten im großen und ganzen wenig Neues. Im ein¬ 
zelnen sind einige neue Hinweise, neue Namen und 
Gedanken von Interesse. Die Studie über Roinard 
ist die umfassendste, die je über diesen Dichter 
erschien. 

In Li£ge erschien in den „Edirions de la sautereile 
verte“ von Henry Maassen eine Studie über Nicolas 
Beauduin und la po^sie paroxyste, deren erster Ein¬ 
druck recht vorzüglich ist Man glaubt einen neuen 
Dichter und neue Kunst kennen zu lernen, bis dem 
Leser bei weiterer Lektüre allerhand Erinnerungen 
und Anklänge auffallen. Und in der Tat man hat es 
mit einem geradezu beispiellosen Plagiator zu tun. 
Der „Mercure de France“ im August 1911 und die 
„Bandeaux d’or“ im Januar und Februar 1912 haben 
Beauduin etwa hundert Plagiate aus Boileau, Hugo, 
Renan, Rostand, Paul Fort, Renö Arcos, Paul Castiaux, 
Stöphan Mallarmd und A. nachgewiesen. Aus diesem 
Brei hat dieser gemütvolle Provinzler sich eine „neue“ 
Kunst zusammengerührt. 

Robert de Sousa hat im Verlage von H. Weiter 
seine Studien über die Lyrik unter dem Titel „Du 
rythme en fran^ais“ vereinigt Leider verrennt dieser 
begabte Kritiker sich mehr und mehr in eine törichte 
Einseitigkeit. Einst zählte de Souza zu den führenden 
Kritikern seiner Zeit Aber seitdem er seine Kritik 
bis in die Lautbildung und die physikalische Wirkung 
der Schallwellen zu vertiefen versucht, erweist sich 
seine mangelnde Kenntnis fremder Sprachen, die für 
derardge Studien vergleichsweise herangezogen wer¬ 
den müssen, als hemmend. Und zu oft versucht Ro¬ 
bert de Souza mit seinen Theorien die Güte seiner 
eigenen Lyrik zu beweisen. Leider ist er aber ein 
recht schlechter Dichter, den man mit den Führern 
und Talenten der zeitgenössischen Dichtkunst in 
Frankreich nicht in einem Atem nennen kann. 

Ein in Frankreich naturalisierter Slave Andrt 
Barre hat eine 700 Seiten umfassende Doktorthese 
über den Symbolismus verfaßt: „Le Symbolisme, essai 
historique sur le mouvement symboliste en France de 
1885 h. 1900 suivi d’une Bibliographie de la poösie 
symboliste“ (Jouve & Cie, Paris 12 Francs). In diesem 
umfassenden Werke ist zum ersten Male der Versuch 
gemacht worden, die Entwicklung des Symbolismus 
historisch darzustellen. Das Buch enthält manche 
wertvolle Einzelheiten, gibt aber im allgemeinen ein 
unzulängliches und lückenhaftes Bild dieser weit ver¬ 
zweigten Geistesströmung. Da der Verfasser aus dem 
ungeheueren Material von Büchern, Flugschriften, 
Tageszeitungen und Zeitschriften eine willkürliche und 
unkritische Auswahl getroffen hat, auf der er seine 
These aufgebaut hat, ist er mehrfach zu schiefen und 
einseitigen Urteilen verführt worden, die dem Ent¬ 
wicklungsgang dieser Bewegung nicht gerecht werden. 
Willkürlich und ungerechtfertigt ist auch die Be¬ 
schränkung der Darstellung auf die Jahre 1885 bis 
1900. In einigen Kapiteln merkt der aufmerksame 
Leser die wörtliche Verwertung von Informationen 
aus den Dichterkreisen, die kritisch gelesen natürlich 


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Pariser Brief 


5 


wertvoll sind. Daß diese Informationen aber nicht 
selbständig und kritisch von Barre verarbeitet worden 
sind, ersieht man, wenn man die Kapitel Rend Ghil 
(zwölf Seiten), Emile Verhaeren (vier Seiten und fünf 
Seiten Zitate) und Gustave Kahn (15 Seiten) vergleicht 
Vor Verhaeren versagte Barre völlig, während er den 
Ghilschen und Kahnschen Theorien einen über die 
Gebühr breiten Platz einräumte. Paul Fort und Paul 
Claudel fehlen in dem kritischen Teile des Buches 
gänzlich, weil Faguet dem Doktoranden nicht erlauben 
wollte, diese beiden Dichter mit aufzunehmen. Auch 
die Bibliographie ist leider unzulänglich. Wert hat 
nur die Bibliographie der Dichter selbst. Die in 
Frankreich erschienenen kritischen Arbeiten über den 
Symbolismus sind nur teilweise aufgenommen worden. 
Ganz unzulänglich ist die ausländische Bibliographie. 
Barre bat nur aufgenommen, was der Zufall ihm zu¬ 
trug. Unter den deutschen Aufsätzen sind beispiels¬ 
weise zwei Aufsätze von mir verzeichnet, die ich nie 
geschrieben, ja niemals zu schreiben beabsichtigt habe. 
Diese Angaben können nur von dem ehrgeizigen 
Rend Ghil ungeprüft übernommen worden sein, der 
die Literatur über ihn gerne umfangreicher machen 
wollte. Dieses Detail ist charakteristisch für das ge¬ 
samte Werk. 

Georges Collas hat im Verlage von Perrin & Cie. 
eine umfassende Biographie Jean Chapelains (1593 
bis 1674) herausgegeben, die sich auf die 1884 und 
1894 herausgegebenen Briefe und auf bisher unver¬ 
öffentlichte Dokumente des Dichters stützt, das Privat¬ 
leben Chapelains behandelt, eine kritische Wür¬ 
digung seiner Werke und eine räsonierende Biblio¬ 
graphie enthält. Das 477 Seiten enthaltende Werk 
bringt außer Einzelheiten kaum etwas Neues, und 
der Verfasser gelangt auch zu keinem anderen Urteil, 
wie Mühlau es vor 25 Jahren in Deutschland über 
diesen mittelmäßigen Dichter gefällt hat. 

Ein junger Dichter Noel Nouet hat im Verlag der 
„Revue du Temps prdsent“ unter dem Titel „Le 
Coeur avide d’infini“ eine Sammlung begabter Dich¬ 
tungen herausgegeben, die für die Zukunft Hoffnungen 
erwecken. 

„La marche ä l'etoile“ eine zusammenhängende 
Dichtung von Albert Londres (Sansot & Cie.) ist 
ein Gemisch von gereimten Niedlichkeiten und Bana¬ 
litäten. 

Henri Allorge hat unter dem Titel „L’essor dtemel“ 
im Verlage von Pion & Cie. eine neue Gedichtsamm¬ 
lung herausgegeben, in der viele Gedichte durch ihre 
blumige Sprache gefallen. Allorge ist ein differen¬ 
ziertes Temperament, das mit schöner Begabung 
Empfindungen in Verse zu transponieren weiß. Allorge 
ist den begabtesten Dichtem jenes Kreises zuzu¬ 
rechnen, der in traditionellen Geleisen Sully Prud- 
homme und Francis Coppde nacheifert. 

Aus der Zeitschriftenliteratur ist vor allem die- 
Veröffentlichung eines unbekannten Manuskriptes von 
Jean Racine hervorzuheben, das der Abbö Joseph 
Bonnet in Petersburg entdeckte, wo es sich seit 1796 
befand, nachdem es zwischen 1716 und 1724 von dem 
Prälaten Zalusky von Paris nach Rußland verkauft 


war, Die interessanten Aphorismen und Maximen 
erschienen in der „Revue“. In der gleichen Zeit¬ 
schrift veröffentlichte Jean Finot eine psychologische 
Studie über die sexuellen Fragen unserer Zeit; ferner 
von Emile Faguet „La Societe ffan$aise au temps 
de Philippe Auguste“, Briefe von Fromentin usw. 

In der „Grande Revue“ erschien von Ferdinand 
Buisson eine Studie über die Jugenderziehung, von 
Robert de Souza eine kritische Würdigung Henri de 
Regniers anläßlich seiner Aufnahme in die Akademie, 
von Ernest Tissot eine Studie über Edouard Rod, 
sowie unbekannte Briefe von Voltaire . 

„La Nouvelle Revue fran^aise“ beendete den Ab¬ 
druck des neuen Dramas von Paul Claudel „L’annonce 
faite ä Marie“ und veröffentlichte eine Studie von 
Jacques Copeau über Suarös, der kürzlich zum Ritter 
der Ehrenlegion ernannt wurde; von Legrand-Chabrier : 
„Le Loisir de Cagliari“, von Jerome et Jean Tharaud*: 
„La Fete Arabe“, eine farbenreiche Schilderung aus 
Tripolitanien. 

In der „Phalange“ widmete Ren/ Chalupt dem 
kürzlich verstorbenen Charles Bordes, einem bedeuten¬ 
den Förderer und Freunde der Kunst und Bibliophilie 
einen ausführlichen Nachruf. Ferner veröffentlichte 
dort Georges Lote wertvolle und tief schürfende Stu¬ 
dien zur Prosodie: „Le numdrisme et 1 ’egalite nu- 
merique des vers“, Stuart Merrill widmete seinem 
Freunde, dem verstorbenen Dichter Pierre Ouillard, 
einen Nachruf. In der gleichen Nummer neue Lyrik 
von Verhaeren, Viel/-Griffin, Spire und de Sousa. 

Die „Bandeaux d’or“ brachten neue Lyrik von 
Georges Duhamel, Paul Castiaux, Jules Romains , 
eine Studie von Theo Varlet über den Haschisch so¬ 
wie eine Studie von J. J ’. Jouve über G. Chenneviörcs 
Printemps. 

Im „Mercure de France“ erschien eine ausführ¬ 
liche Biographie Pierre Ouillards von Ferdinand 
Hörold, eine Studie über Wells von Ren/ Segny, ein 
unbekanntes Manuskript von Reynolds: „La direction 
des talents“ sowie die Jahresbilanz des Büchermarktes 
in Frankreich mit ausführlicher Statistik und kritischer 
Würdigung von Eugdne Morel. — Aus der „Revue 
bleue“ ist hervorzuheben: eine Studie über Stendhals 
politische Ökonomie von Eugene d' Eichthal, ein un¬ 
bekannter Brief Sully Prudhommes über die italie¬ 
nische Malerei, sowie eine eingehende Würdigung von 
Romain Rollands letztem Roman von Luden Maury . 
„Les Cahiers du Centre“ haben als vorletzte Lieferung 
von Eug/ne Perreau: „Dirigeables et aöroplanes“ und 
als letzte unter dem Titel „Entre Loire et Allier“ die 
kurze Geschichte einer Halbbauernfamilie veröffent¬ 
licht, die von Joseph Voisin, einem jungen, bourbon- 
näsischen Bauernsohn «indringlich und in schönem, 
klarem Stil geschrieben worden ist. — Die erste Num¬ 
mer des neuen Jahrgangs des „Pan“ brachte eine 
alte, berühmte Studie zur Sprachwissenschaft von 
Auguste Callet „Etudes et mdditations linguistiques“ 
(1853) zum Wiederabdruck. — „L’amateur d'Auto- 
graphes“ veröffentlichte bisher unbekannte Briefe von 
Stendhal von Jacquemont, Delacroix, Balzac und 
B/ranger. Die gleiche Zeitschrift widmete ihrem 


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CORNELL UNIVERSITY 



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Londoner Brief 


Mitarbeiter, dem in Rom verstorbenen Autographen¬ 
sammler Delpy, einen längeren Nachruf. — „Les Ho- 
mes du jour“ veröffentlichten letzthin Bildnisse und 
Biographien von Camille Flammarion, Cöcile Sorel 
und Emile Rousset. — In den letzten Monaten ist 
eine lange Reihe neuer, kleiner Zeitschriften begründet 
worden. Aus dieser Überfülle seien hervorgehoben: 
„Les Soiröes de Paris“ herausgegeben von Guillaume 
Apollinaire, AndrI Billy, RenI Dalize, Andrl Salmon 
und AndrI Tudesq; ferner „La Flora“, herausgegeben 
von Georges de Okinczyc, Luden Roltner und Roger 
Lallt. Diese drei Herren wollen in ihrem Blatt die 
Grazie pflegen. 

Im letzten Monat fanden eine Reihe interessanter 
Auktionen statt, von denen bei der Überfülle an Ma¬ 
terial hier nur die bedeutendsten charakterisiert wer¬ 
den können. 

Die Bibliothek E. C. A. Legrand, die anfangs 
Februar im Hotel Drouot versteigert wurde, brachte 
insgesamt 228715 Fr. ein. Von einzelnen Verkäufen 
notieren wir: Goya, Caprichos, Madrid 1799: 1555 Fr. 

— Ilero et Leandre, par le Chevalier de Qulretles, 
mit kolorierten Stichen von P. L. Debaucourt, P. Di- 
dot l’aine 1801: 1300 Fr. — La Fontaine, Contes et 
Nouveiles. P. Didot l’alne 1795, zwei Bände, mit 
Fleurons von Choftärd und Figuren nach Fragonard: 
2120 Fr. — La Fontaine , Werke, 1803. (Bozerian): 
1001 Fr. — Möllere, Werke, Paris 1734, sechs Leder¬ 
bände aus der Zeit, mit Porträtstich nach Coypel von 
Lepicie und 33 Illustrationen nach Boucher gestochen 
von Laurent Cars: 1400 Fr. — Balzac, Contes Drola- 
tiques, illustriert von G. Dore, 1855: 360 Fr. — BI- 
ranger, Chansons, Vignetten von Deveria, kolorierte 
Zeichnungen von H. Monnier: 900 Fr. — Daumier, 
Robert Macaire, Galerie morale des voleurs, sp^cula- 
tcurs, dupeurs, tireurs, divers: 1200 Fr. — Les Fran- 
$ais peints par eux-memes, Zeichnungen von Gavami 
Monnier, Meissonier, Daumier usw. L. Burmer, 1840 
bis 1841. Le Prisme. Gravures hors texte en deux etats: 
980 Fr. — Kugler, Geschichte Friedrichs des Großen: 
500 Fr. — Goethe, Faust, französische Übersetzung 
von Albert Stapfer, Porträt Goethes und Zeichnungen 
nach einzelnen Szenen von Delacroix: 889 Fr. — Le 
Faust de Goethe, Übertragung von H. Blaze, illustriert 
von Tonny Iohannot (Mercier): 260 Fr. — Goethe, Les 
souflrances du jeune Werther (Cuzin). Illustrationen 
von Moreau, gestochen von Ghendt und Simonnet: 
400 Fr. — Goethe, Les souflrances etc. Mit vier Zeich¬ 
nungen von Tonny Iohannot; gestochen von Bürdet 
Vor der Schrift, auf China montiert: 435 Fr. — Grand- 
ville, Les Metamorphoses du jour. Bulla 1829; 1600 Fr. 

— La Mösang£re. Le bon Genre. Observations sur 


les modes et les usages de Paris pour servir d'expli- 
cadon aux 115 caricatures publiöes sous le ritre de 
Bon Genre, depuis le commencement du dix-neuvi&me 
si£cle. Dessinö par Carle Vemet, Bosio, Lantö, Du- 
tailly usw., et gravö par Gadne et Schencker. 1827. 
Zeiteinband. Eine vollständige Sammlung der 115 
Tafeln, handkoloriert: 4550 Fr. — Töpffer, Voyages 
en zigzag, illustriert vom Autor und Calame: 1000 Fr. 
— Vemet (Carle ), Les cris de Paris: 1500 Fr. — 
Flaubert, Hdrodias. Komposidonen von Georges 
Rochegrosse, gestochen von Champollion: 1330 Fr. — 
Balzac, Beatrix ou les amours forcös, 1840, gebunden: 
216 Fr. — Balzac , Physiologie du mariage, Canel 
1830, gebunden: 395 Fr. — Barbey dAureville, L’En- 
sorcelee Cadot 1855: 750 Fr. — Fromendn Dominique, 
1863, broschiert auf holländisch Bütten, mit Widmung 
an Cazin: 1560 Fr. — V. Hugo, Le Rhin, 1842, geb.: 
245 Fr. — Merimle , Carmen 1846, geh.: 510 Fr. — 
Müsset , La Confession d’un enfant du siöcle 1836, 
geb.: 1150 Fr. — Müsset, Les deux Matcresses. Frd- 
deric et Bemerette 1840, geb.: 1100 Fr. — Müsset, 
Un spectacle dans un fauteuil, Eug. Reudnel, 1833 und 
1834, acht Bände: 1800 Fr. — Stendhal, La chartreuse 
de Parme 1839, zwei Bände: 1355 Fr. — Vigny (A . de), 
Servitude et grandeur militaires 1835: 1355 Fr. 

V on der Aukdon der vorwiegend theologischen Bücher¬ 
sammlung des Genfer Universitätsprofessors Stroehlin, 
(Hotel Drouot, 12.—16. Februar) mit denfi Gesamt¬ 
ergebnis von 151314 Fr. seien erwähnt: Biblia sacra 
ladna 1542, Lyoner Einband des XVI. Jahrhunderts: 
3400 Fr. — Manuale ad usum Lausanensem, Genf, 
Jean Belot 1500, mit Holzschnitten: 2000 Fr. — Latei¬ 
nisches Livre d’heures, Ms. des XV. Jahrhunderts auf 
Velin, mit Miniaturen: 2060 Fr. — Albrecht Dürer, 
Marienleben, 19 Blätter, Nürnberg: 1550 Fr. — Dürer , 
Kleine Passion, Nürnberg 1511, 36 Holzschnitte: 
3650 Fr. — 990 „Album amicorum de Jean Durant“ 
1583—1592, die Seiten mit dem Rahmen des Jean de 
Toumes zu Ovids Metamorphosen geschmückt; über 
100 Autographen berühmter Persönlichkeiten des XVI. 
Jahrhunderts: 3000 Fr. 

Am 22. Februar wurde eine anonyme Sammlung 
alter Manuskripte und Bücher versteigert, die, 400 
Nummern umfassend, 29342 Fr. erbrachte. Eiqzeln 
seien hervorgehoben: Vass /, Carmita ladna. Manu¬ 
skript des XVI. Jahrhunderts mit Handzeichnungen 
und zwei Miniaturen 600 Fr. — Tortorel und J. Per- 
risin, 40 Holzschnitte und Radierungen, Szenen aus 
französischen Kriegen, Ermordungen und Revolten in 
Frankreich darstellend 500 Fr..— Plutarque, les vies 
des hommes par Vascosan 1657, 7 Bände, 330 Fr. 

Paris, Anfang März. Otto Grautoff. 


Londoner Brief. 


Gerade in letzter Zeit erschienen in England eine 
ganze Reihe von interessanten und gehaltvollen 
Werken, von denen ich hier an erster Stelle nament¬ 
lich erwähne: „Stories of the German Artists by Pro¬ 
fessor Dr. Hans Singer, with Illustrations. London. 


Chatto and IVindus*'. Das vorliegende schön aus¬ 
gestattete und reich illustrierte Buch stützt sich vor¬ 
nehmlich auf Sandrarts Werk „Teutsche Akademie“. 
Letzteres wird aber nicht nur ergänzt, sondern in 
einzelnen Teilen wesentlich überholt durch die ge- 


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CORNELL UNiVERSITY 



Londoner Brief 


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schickte, von hoher^Sachkenntnis zeugende, 'vom 
Autor vorgenommene Gruppierung und Sichtung des 
Stoffes, dem eine Menge Neues von Belang hinzugefügt, 
Minderwertiges fortgelassen, vor allem aber tatsächliche 
Irrtümer berichtigt wurden. Dr. Singer hat das ge¬ 
waltige Material sachgemäß wie folgt gegliedert: die 
kölnische Schule, Martin Schongauer und Albrecht 
Dürer. Diesen außerordentlich interessanten und für 
alle Kunstforscher wissenswerten Kapiteln schließt sich 
an: Burkmair, Hans Baidung und Mathias Grünwald. 
Eine Fülle zum Teil bisher so gut wie unbekannter, 
aber nicht nur für die Spezialkunstgeschichte, sondern 
auch für die allgemeine historische Epoche, wichtiger 
Details enthalten die Abschnitte: Albrecht Altdorfer 
und die Nürnberger Kleinmeister, die beiden Cra- 
nachs, die beiden Holbeins und Adam Elsheimer. 
Den vortrefflichen Schluß bilden dann die Bemer¬ 
kungen über das künstlerische Schaffen und Privat¬ 
leben von Anton Raphael Mengs, Chodowiecki und 
Anton Graff. Die Bordüre zum Titelblatt des Buches 
besteht in einer verkleinerten Reproduktion der Titel¬ 
seite nach Holbein: „De Arte Supputandi“ von 
Bischof Cuthbert Tonstall, anno 1522. Alles in 
allem haben wir ein höchst bemerkenswertes Werk 
vor uns. 

Eine neue und tatsächlich sehr verbesserte Auflage 
von „Michelangelo , by Sir Charles Holroyd London. 
Duckworth &• Co“ (5 Shilling net) wurde ebenfalls kürz¬ 
lich publiziert Der Verfasser hatte den Vorteil, sich auf 
die neue Übersetzung Homes von Condivis „Leben 
Michelangelo Buonarrotis“ beziehen zu können, und 
ihm standen außerdem als Direktor der „National 
Galery“ in Trafalgar Sqare zu dem gedachten Zweck 
noch manche andern Hilfsmittel zur Verfügung. Für 
die kritische Objektivität von Sir Charles Holroyd 
spricht es sicherlich, daß er seine Schrift auch da¬ 
durch zu einem wirklichen Musterwerke erhob, indem 
er sich entschloß, die „Leda“ seiner eigenen Galerie 
nicht mehr zu den authentischen Arbeiten Michel¬ 
angelos zu zählen. Dagegen hat er den verbürgten 
Werken des letzteren die unvollendete Pietä, die sich 
noch bis vor kurzem zu Rom im Hofe des Palastes 
Rondini befand, hinzugefügt. 

Vollständig erfüllt hat auch der zweite Teil des 
nachstehenden Buches die auf dasselbe gesetzten 
Erwartungen:' Oxford Books: A Bibliography of 
printed Works relating to the University and City of 
Oxford, or printed or published there, with Appen - 
die es, Annah and Illustrations. Vol. II. Oxford 
Literaiure, 1450—1640, and 1641—50. By Falconer 
Madan . Oxford Clarendon Press.“ Im ganzen 
wurden in dem genannten Buche <2065 Eintragungen 
näher behandelt, die einen ungemein hervorragenden 
Beitrag zur Geschichte der Universität Oxford liefern. 

Über den heutigen Stand des englischen Journa¬ 
lismus gibt uns genaue Auskunft: „Seels Worlds Press** 
in dem Kapitel „Journalis as a Career, Old Styl and 
New“. Ferner in den Abschriften der anekdotischen 
Geschichte der britischen Presse, in dem „Leben 
Disraelis“ und in dem über die „Times“ handelnden 
Aufsatz. Augenblicklich erscheinen in England 2890 


Zeitungen, von denen allein in London 735 veröffent¬ 
licht werden. 

In dem „Public Record Office' 4 , dem Staatsarchiv 
Englands, wurden vor nicht allzu langer Zeit hoch¬ 
interessante Dokumente entdeckt, die zugleich einen 
wichtigen Aufschluß darüber geben, welche von 
den ersten englischen Königen und Prinzen von Ge¬ 
blüt überhaupt schreiben konnten und wie deren 
Handschrift beschaffen war. Das Resultat der be¬ 
züglichen Untersuchungen bildet ein mit der Repro¬ 
duktion zahlreicher Schriftproben der Regenten ver¬ 
sehenes und in Faksimile wiedergegebenes Hand¬ 
schriftenwerk, betitelt: „The Handwriting of the Kings 
and Queens of England. By W. f. Hardy. The 
Religious Tract Society“. Der Verfasser ist der An¬ 
sicht, daß die „Magna Charta“, der große englische, 
von den Baronen dem König Johann abgetrotzte Frei¬ 
brief, nicht des letzteren eigene Unterschrift aufweist, 
sondern daß diese vielmehr zuvor von einem Geist¬ 
lichen angefertigt wurde. Die erste hier wirklich als 
beglaubigt anzusehende Namensunterschrift ist die des 
Schwarzen Prinzen. Heinrich VIII. Handschrift 
wechselte in den verschiedenen Phasen seines Lebens 
und gewährt den Graphologen ein ebenso umfang¬ 
reiches Studium wie Napoleons Handschrift, auf 
Grundlage derer allein der Abbö Michon eine Lebens¬ 
geschichte des Kaisers schrieb. Von sämtlichen 
Frauen Heinrich VIII. liegen Schriftproben vor. Die 
Königin Victoria unterschrieb ihren ersten Brief im 
Alter von vier Jahren. Als ein frühzeitiges Handels¬ 
genie erwies sich der zehnjährige Sohn der Prinzessin 
Beatrice, der sich an die Königin Victoria mit dem 
Gesuch um einen Zuschuß von einem Pfund für sein 
Taschengeld wandte, aber abschläglich beschieden 
wurde. Darauf gelangte Zug um Zug folgendes 
Schreiben an die Königin: „Liebe Großmama! Ich 
danke dir sehr für deinen Brief. Es war wirklich 
sehr nett, mir so zu schreiben. Ich habe den Brief 
sofort für vier Pfund zehn Schilling an einen Hand¬ 
schriftensammler verkauft. Dein getreuer Enkel.“ 

Die uralte Kathedrale von Peterborough besitzt 
eine schöne und sehr wertvolle Bibliothek von etwa 
8000 Bänden, unter denen sich Inkunabeln und Werke 
seltenster Art befinden. Durch Zufall wurde vor 
einigen Tagen die bedauerliche Entdeckung gemacht, 
daß ein junger Mann etwa 80 der bedeutendsten 
Werke entwendet und nach verschiedenen Seiten hin 
verkauft hat Eine Warnung vor Ankauf befindet sich 
in den englischen Blättern und die gerichtliche Ver¬ 
folgung ist bereits im Gange. 

Aus der dramatischen Welt ist zu berichten, daß 
der hiesige deutsche Botschafter, Graf Paul Wolff- 
Mettemich, das besondere Protektorat über die Fest¬ 
vorstellung von ,Alt-Heidelberg“ übernommen hat, 
die zum Besten des Deutschen Wohltätigkeits-Vereins 
am 31. dieses Monats in dem „New Princes-Theatre“ 
stattfinden wird. Die Ausführung liegt in der Hand 
des „Deutschen Bühnen-Vereins London“. Derselben 
Privatgesellschaft steht Sonntags zu dramatischen 
Aufführungen das „Court Theater“ zur Verfügung. 

| Hier wurde „Das Opferlamm“ von Oskar Walther 


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CORNELL UNIVERSUM 



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Wiener Brief 


und Leo Stein, unter Mitwirkung von Herrn Paul 
Nathell vom Berliner Schiller-Theater gegeben, in 
dessen Händen sich die Hauptrolle befand. 

Am i. Mai dieses Jahres wird in Margate zur 
Feier des 50jährigen Bestehens der Philatelischen Ge¬ 
sellschaft, der Philatelische Kongreß Großbritanniens 
tagen. Hierbei wird eine Ausstellung von Brief¬ 
marken vorgesehen, und soll außerdem alles nur auf 
den Gegenstand Bezügliche von Druckwerken, Kata¬ 
logen und Zeitschriften zur Stelle sein, kurzum, die 
gesamte betreffende Literatur lückenlos zur Vertretung 
gelangen. Ferner läßt der Kongreß eine Erinnerungs¬ 
marke drucken. Der Präsident der Gesellschaft, der 
Graf von Crawford, der zugleich der bedeutendste 
Sammler Englands ist, hat seine Kollektion, mit Aus¬ 
nahme der englischen und amerikanischen Marken an 
Mr. W. H. Peckitt, London, 47. Strand, verkauft. 

Unter den von der Firma Sotheby veranstalteten 
Bücherauktionen sind mehrere zu verzeichnen, die 
sehr günstige Resultate aufweisen. So wurden unter 
anderen folgende Preise gezahlt: „Dresser „Birds of 
Europe“ acht Bände. 1871—81, 750 M. IJlford 
„Birds of the British Jslands“, acht Bände, 1891—7, 
1000 M., Holbein „Historiarium Veteris instrumenti 
Icones", 1538, 1020 M. Ein Psalter auf Velin, ein 
schön illuminiertes Manuskript aus dem XIII. Jahr¬ 
hundert, hergestellt von einem vlämischen Künstler, 
15000 M. (Sabin). „Leben der Heiligen“, deutsch, ein 
Manuskript aus dem XV. Jahrhundert, 1S00 M. 
Beaumarchais Original-Handschrift von „Le Mariage 
de Figaro“, 2020 M. (Sabin). „Book of Martyrs“, 


Bunyans Exemplar, 12000 M. Für das einzig bekannte 
intakte Exemplar von Charles Lambs „King and Queen 
of Hearts“, zahlte Mr. Sabin den Rekordpreis von 
7000 M. Eine unvollständige erste Folio-Ausgabe 
Shakespeares erstand Quaritch für 10000 M. Die erste 
Ausgabe von Waltons „Compleat Angler“ erreichte 
15000 M. Eine Sammlung autographischer Briefe 
Mirabeaus erwarb Mr. Hornstein für 1560 M. 

Bei Christie fand Anfang März eine Auktion von 
Original-Zeichnungen statt, die von 1869—1S99 als 
Vorlagen zur Illustration von „Vanity Fair“ gedient 
hatten. Folgende Porträts wurden am höchsten be¬ 
wertet: Pellegrinis Porträt vom Grafen Beaconsfield“ 
(Disraeli) 540 M. L. Ward „Lord Randolph Chur¬ 
chill“ 500 M. L. Ward „Joseph Chamberlain“ 
360 M. J. Tissot „Der fähigste Staatsmann in Europa“ 
(Bismarck) 300 M. Tissot „Darwin“, 200 M. und 
Pellegrini „Der Herzog von Connaught“ 150 M. 

Die englische Tages- und periodische Presse 
brachte dem verstorbenen Felix Dahn einen sehr 
ehrenden Nachruf. In der Meinung der hiesigen 
Kritik steht sein Buch „Der Kampf um Rom“ am 
höchsten, und wird ganz besonders sein Patriotismus 
allseitig gerühmt und anerkannt. Viele englische 
Autographensammler wandten sich an Dahn um seine 
Handschrift zu besitzen; einigen davon gelang es 
auch, sein Autograph in der von ihm beliebten Form 
zu erhalten: „Der größte Schatz des Mannes ist sein 
Vaterland!“ 

London, Anfang März. 

O. v. Schleinits. 


Wiener Brief. 


Das soeben erschienene IX. Jahrbuch (1911) der 
tr e ff lieh geleite ten Österreichischen Exlibris - Gesellschaft 
macht einem wieder Freude. Es präsentiert sich, wie 
stets, in vornehmem Gewände, und ist außerdem 
diesmal in besonders starkem Umfange erschienen. 
Aus dem reichen Inhalte möchte ich vor allem den 
warm empfundenen Nachruf erwähnen, den R. v. 
Höfken dem verstorbenen Präsidenten der Öster¬ 
reichischen Exlibris-Gesellschaft M. v. Weitenhiller 
widmet Dem schließt sich ein Aufsatz E. Krahls an, 
der Weitenhiller als Künstler würdigt Der verstor¬ 
bene Präsident der Österreichischen Exlibris-Gesell¬ 
schaft war nicht allein auf dem Gebiete heraldischer 
Kunst und Wissenschaft hervorragend tätig, sondern 
auch als Zeichner, Radierer usw. auf landschaftlichem, 
architektonischem, figuralem und auf dem Gebiete 
der Exlibris-Kunst. Den beiden Aufsätzen sind eine 
Porträtradierung von E. Heermann und 14 Abbil¬ 
dungen beigegeben. Es folgen dann Artikel über die 
Supralibros des Stiftes Seitenstetten (von P. Josef 
Schock), über drei alte Bucheignerzeichen Trients 
(von J. Anderle), über drei alte Bücherzeichen (von 
Dr. Th. Gottlieb), ein Aufsatz über das „Eigenblatt“ 
als Tauschobjekt (von Alfred Coßmann), Würdigungen 
über die Exlibriskünstlerinnen Hedwig Gerber und 
Hede v. Trapp, über Hans Eibl und Treßlers Girardi¬ 
blatt (aus der Feder des Jahrbuch-Redakteurs Gerhard 


Ramberg), über Neuerscheinungen österreichischer 
Exlibris (von Fr. Anderle) usw. Das Jahrbuch, das 
von der Buchdruckerei Carl Gerolds Sohn in Wien 
VIII hergestellt wurde, ist mit Abbildungen, ein¬ 
geklebten Beilagen, farbigen Kunstblättern, Rötel- 
drucken, Zweifarbendrucken, Heliogravüren usw. ver¬ 
schwenderisch ausgestattet. Man muß sich fast wun¬ 
dem, daß die Gesellschaft um den geringen Jahres¬ 
beitrag von 10 Kr. eine so prächtige Gabe an die 
Mitglieder unentgeltlich verteilen kann. Die Öster¬ 
reichische Exlibris-Gesellschaft nimmt auch außerhalb 
Österreichs Ansässige als Mitglieder auf. 

Ein Schildbürgerstückchen schlimmster Art hat 
sich kürzlich ein Wiener Lese- und Bibliotheksverein 
geleistet. DAnnunzios Schmähgedicht gegen Öster¬ 
reich und dessen Herrscher (siehe den Wiener Brief 
im Märzhefte d. J.) hat in Wien nicht allein Dichter 
wie Hugo v. Hofmannsthal zu energischer Abwehr 
veranlaßt, sondern auch bei mehr oder weniger be¬ 
rufenen Personen eine zum Teil recht im verständliche 
Aufregung verursacht. Auch der Verein „ Wiener 
Zentral Bibliothek“ (das größte Wiener Lese- und Aus¬ 
leihe-Institut) glaubte mit seiner patriotischen Empö¬ 
rung nicht Zurückbleiben zu müssen und faßte in der 
Generalversammlung den Beschluß, Gabriele dAnnun - 
zios Werke aus den Listen der Bibliothek zu streichen. 
So wird in Österreich mitunter in Patriotismus ge- 


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CORNELL UNIVERSUM 




Wiener Brief 


9 


macht Es wäre noch verständlich, wenn die Herren 
der Zentralbibliothek das strittige Pamphlet aus den 
Beständen des Institutes verbannt hätten. (Das aber 
haben sie wahrscheinlich nie zu Gesichte bekommen.) 
Nein, der ganze d’Annunzio wird verbrannt. Daß 
sich der italienische Dichter selbst in den letzten 
Jahren manchmal in recht bedenklicher Weise zum 
Herold der Gassenstimmungen herabgewürdigt hat, 
berechtigt noch niemand, über seine Werke als 
Ganzes den Stab zu brechen. Trotz dem häufigen 
Schwulst der Sprache, die gerne in gesuchtestem 
schweren Brokat einherschreitet, ist d’Annunzio auch 
ohne die ausdrückliche Bestätigung der Herren von 
der Zentralbibliothek ein Dichter. In der erwähnten 
Generalversammlung fand sich wenigstens ein Mitglied, 
das die Dummheit nicht mitmachen wollte. Freilich, 
dessen Proteste gegen die himrissige Aktion fanden 
nur taube Ohren. 

Stendhal - Verehrer seien auf einen Aufsatz auf¬ 
merksam gemacht, (Literaturblatt d. „N. Fr. Presse“ 
vom 3. März Nr. 17072,) in dem Anton Bettelheim 
bisher unveröffentlichte Mitteilungen über Stendhal- 
Beyles Triester Konsulat bringt. Sie sind aus öster¬ 
reichischen Polizei - und Zensurakten geschöpft. 1830 
wurde Stendhal zum Konsul in Triest ernannt. Metter¬ 
nich versagte ihm das Exequatur. In den von Bettel¬ 
heim veröffentlichten Polizeiberichten werden Stendhals 
Persönlichkeit und Werke polizeikritisch beleuchtet. 
Ergebnis: den „Atheisten“ und „Ketzer“ Stendhal 
kann man als Generalkonsul nicht brauchen. — Die 
Veröffentlichung der gesamten darüber handelnden 
Akten soll in den „Süddeutschen Monatsheften“ er¬ 
folgen. 

Das Kuratorium der Bauemfeld-Stiftung hat fol¬ 
genden Schriftstellern Ehrengaben im Betrage von 
1000 Kr. erteilt: Paul Apel in Wolfgang in Graubün¬ 
den für sein Traumspiel „Hans Sonnenstößers Himmel¬ 
fahrt“, dem Novellisten Felix Salten und dem Roman¬ 
schriftsteller Jakob Wassermann in Wien, dem Lyriker 
Dr. Friedrich Adler in Prag und Siegfried Trebitzsch 
für seine Novelle „Des Feldherm erster Traum“. 

Der letztgenannte Wiener Schriftsteller ehrte sich 
überdies dadurch, daß er die Hälfte seiner Ehren¬ 
gabe dem in gedrückten Verhältnissen lebenden, außer¬ 
dem kränklichen, aus Proletarierkreisen stammenden 
Dichter Alfons Petzold zukommen ließ, dessen eben 
in geschmackvoller Ausstattung erschienener neuer 
Skizzenband „ Memoiren eines Auges “ (Anzengruber- 
Verlag, Brüder Süschitzky t Wien X) allseits große 
Beachtung findet Schon die erste Gedichtsammlung 
des 1882 geborenen Alfons Petzold „ Trotz alledem" 
hat man mit tiefer Bewegung gelesen. Ein hartes 
Proletarierleben war bisher sein Los. Als Lehrling 
in einer Metallschleiferei begann er, um nacheinander 
Kellner, Packer, Fensterputzer, Geschäftsdiener, Bau¬ 
arbeiter usw. zu werden. Seine Mutter brach sich 
eines Tages bei der Arbeit beide Hände. Petzold, 
der oft posten- und brotlos war, erkrankte überdies 
vor einigen Jahren an einer schweren Lungenentzün¬ 
dung, die ihn arbeitsunfähig machte. Nun nahmen 
sich endlich Freunde, die seinen dichterischen Wert 
Z. f. B. 1912/1913. 


erkannten, seiner an. Gewiß soll die Bedeutung des 
Dichters nicht überschätzt werden, vieles ist noch 
ungefüge, ungelenk, allzu qualvoll und unrein im 
künstlerischen Sinne. Auch die Tendenz, so sehr sich 
Petzold vielleicht auch Mühe geben mag, sie zu unter¬ 
drücken, schlägt allzu oft noch durch. Allein ein 
dichterische Kraft ist dieses Proletarierkind, dessen 
Verse und Skizzen aus dem Leben des Arbeiters ent¬ 
nommen sind, unzweifelhaft. 

Ein grünes Heft liegt vor mir im altmodischen 
Format der Liederhefte, wie sie zur Zeit Schuberts 
üblich waren. Den Umschlag ziert ein Faksimile der 
ersten Takte eines Kanons auf einen den meisten 
Wienern wohlbekannten Ausflugsort, nämlich die 
Krainerhütte bei Baden. Das Heft trägt den Titel 
„Berühmte Besucher Badens “ und stellt die fleißige 
Arbeit eines Badener Lokalchronisten, Paul Tausig, 
dar, der an der Hand der Kurlisten des alten und 
vielbesuchten Schwefelbades Baden sich die Mühe 
nicht hat verdrießen lassen, uns genau über Aufent¬ 
haltsdauer und Zweck des Besuches der Heilquellen 
seitens berühmter Künstler, Dichter, Musiker usw. 
zu unterrichten. Von den vielen Fürstlichkeiten ganz 
abgesehen, marschiert natürlich fast das gesamte vor¬ 
märzliche Wien und Österreich auf, soweit es auf 
irgendeinem Gebiete der Kunst oder Wissenschaft 
Ruf besaß. Namen hier aufzuzählen, hieße alle Be¬ 
rühmtheiten der Zeit nennen. Natürlich weilte auch 
Eichendorff hier, Fanni Elßner, Gentz, Raimund» 
Grillparzer, Bauemfeld usw. Von späteren sei L. Gru- 
ber erwähnt, der hier um 1867 als Statist im Stadt¬ 
theater auftrat, um später als Ludwig Anzengruber 
in ganz anderer Weise am Theater beschäftigt zu 
sein. Auch der Enkel Goethes, Legationsrat Goethe, 
befindet sich in der alphabetisch geordneten Liste, 
die kurz und trocken eigentlich nur reine Daten ver¬ 
zeichnet. Man sollte gar nicht glauben, was findige 
Chronisten mehr oder weniger berühmter Orte (in 
Baden spielt ja größtenteils auch Schnitzlers „Weites 
Land“) mit Kur- und Fremdenlisten alles anzufangen 
wissen. Das hübsche Heft, das sich als Beitrag zur 
Stadtgeschichte Badens bezeichnet, ist nur in einer be¬ 
schränkten Auf läge von hundert Exemplaren erschienen. 

Die Originalpartitur von Josef Haydns Oratorium 
t Jl ritomo di Tobia", zweiter Teil, ist durch die Gesell¬ 
schaft der Musikfreunde für deren berühmte Samm¬ 
lung von Handschriften der großen Meister der Ton¬ 
kunst käuflich erworben worden. Der kostbare Band 
besteht aus hundert von Haydn mit seiner zierlichen 
und deutlichen Notenschrift bedeckten Blättern und 
war zu Haydns Zeiten im Besitze einer Marchioneß 
of Bute, einer Dame aus der Familie des bekannten 
englischen Staatsmannes dieses Namens. 

In Salzburg ist Mitte Februar die Schriftstellerin 
Irma v. Troll-Borostyani gestorben. Fast niemand 
hat vom Tode dieser Frau Notiz genommen. Und 
doch war die Verstorbene einmal eine vielgenannte 
Schriftstellerin. In der Sturm- und Drangperiode der 
Frauenbewegung trat sie mit zahlreichen, heute freilich 
ziemlich überholten Schriften für die „ Gleichstellung 
der Geschlechter " ein, wie sich ihr Hauptwerk nannte, 

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Römischer Brief 


zu der Ludwig Büchner das Vorwort schrieb. Auch 
auf dem Gebiete der Novelle und des Romans hat 
sich die ihrer Zeit viele Anhänger besitzende Schrift¬ 
stellerin nicht ohne Begabung versucht. In den letzten 
Jahren war ihr Name ganz verschollen. 

Im Dorotheum fand in den Tagen vom 5. bis 
zum 10. Februar die Versteigerung der Kupferstich* 
Sammlung des Kunsthistorikers Dr. Alfred v. IVurz - 
bach statt, die eine beträchtliche Anzahl vorzüglicher 
und höchst seltener Blätter aller Schulen, vornehmlich 
der niederländischen Maler und Radierer des XVII. 
Jahrhunderts enthielt. Der darüber seinerzeit aus¬ 
gegebene Katalog verzeichnet ungefähr 500 Blätter 
der Werke Rembrandts und seiner Schüler, ferner 
eine Anzahl von Blättern des berühmten Rembrandt- 
stechers G. J. Schmidt (40 Blätter), ein reichhaltiges 
Ostadewcrk usw. Ich verweise bei der nachfolgenden 
Anführung der Aukuonsergebnisse auf die Nummern 
dieses durch die -Firma Halm 6 t 3 Goldmann ausge¬ 
gebenen Kataloges. Die wichtigsten Ergebnisse waren 
nachstehende: 

Nr. 28 — Kr. 35; Nr. 33 — Kr. 90; Nr. 56 — 
Kr. 85; Nr. 57 — Kr. 360; Nr. 68 — Kr. 42; Nr. 69 

— Kr. 60; Nr. 94 — Kr. 46; Nr. 98 — Kr. 47; 
Nr. 102 — Kr. 56; Nr. 192 — Kr. 44; Nr. 220 — 
Kr. 62; Nr. 276 — Kr. 62; Nr. 277 — Kr. 62; Nr. 278 

— Kr. 62; Nr. 333 u. Nr. 334 — je Kr. 50; Nr. 366 


— Kr. 130; Nr. 419 — Kr. 100; Nr. 444 — Kr. 110; 
Nr. 445 — Kr. 185; Nr. 564 — Kr. 82; Nr. 596 — 
Kr. 140. 

Nr. 663 — Kr. 64; Nr. 926, 927 — Kr. 70; Nr. 938 

— Kr. 42; Nr. 960 — Kr. 50; Nr. 974 — Kr. 62; 
Nr. 1077 — Kr. 68; Nr. 1083 — Kr. 50; Nr. 1086, 1087 

— Kr. 59; Nr. 1088, 1089 — Kr. 54; Nr. 1093 — 
Kr. 51; Nr. 1095 — Kr. 70; Nr. 1098 — Kr. 62; 
Nr. 1101 — Kr. 50; Nr. 1108 — Kr. 90; Nr. 1113 — 
Kr. 58; Nr. 1114 — Kr. 68; Nr. 1133, 1134, 1135 — 
Kr. 150; Nr. 1158 u. 1159 — Kr. 110; Nr. 1160 — 
Kr. 84; Nr. 1162 — Kr. 145; Nr. 1176, 1177 — 
Kr. 260; Nr. 1197 — Kr. 90; Nr. 1200 — Kr. 100; 
Nr. 1208, 1209, 1210 — Kr. 140; Nr. 1211 — Kr. 325; 

Nr. 1255 — Kr. 175; Nr. 1256 — Kr. 75; Nr. 1257 

— Kr. 110; Nr. 1281 — Kr. 95; Nr. 1282 — Kr. 205; 
Nr. 1286 — Kr. 70; Nr. 1287, 1288 — Kr. 70; Nr. 1290 

— Kr. 70; Nr. 1294 — Kr. 160; Nr. 1349 — Kr. 120; 
Nr. 1350 — 100; Nr. 1352 — Kr. 280; Nr. 1377 — 
Kr. 85; Nr. 1387 — Kr. 315; Nr. 1416 — Kr. 135; 
Nr. 1417 — Kr. 450; Nr. 1427 — Kr. 270; Nr. 1452 

— Kr. 70; Nr. 1461 — Kr. 150; Nr. 1473, 1474 — 
Kr. 78; Nr. 1475 — Kr. 72; Nr. 1575, 1576 — Kr. 75. 

Über die Gründungsversammlung der Wiener 
Bibliophilen-Gesellschaft wird an anderer Stelle dieses 
Beiblattes berichtet. 

Wien, am 8. März 1912. Hans Feig 1 . 


Römischer Brief. 


Zu den beiden wichtigen Werken über die 
Bibliographie der Topographie von Rom De Rosst', 
Plante iconografiche e prospettiche di Roma anteriori 
al secolo XVI und Rocchi, Piante di Roma nel 
secolo XVI, wird sich in kurzem ein drittes be¬ 
deutendes Werk aus der Feder des P. Ehrle, des 
wegen seiner Kenntnisse allgemein geachteten Biblio¬ 
thekars der Biblioteca Vaticana, gesellen. Diese 
großartig angelegte Publikation wird in der Kunst¬ 
anstalt von Danesi in Rom hergestellt und wird den 
Titel führen: „Le piante maggiori dei secoli XVI e 
XVII, riprodotte in fototipia a cura della Biblioteca 
Vaticana Sie wird folgende Bände umfassen, von 
denen der erste und zweite bereits erschienen sind: 
1. Roma al iempo di Giulio III. — La pianta di 
Roma de Leonardo Bufalini del 1551, riprodotta per 
la prima volta dalla stampa originale. Roma, 1911 
(Preis Lire 20,—). 2. Roma prima di Sisto V. — La 
pianta di Roma Du Pt?rac-Lafrery del 1577. Contributo 
alla storia del commercio delle stampe a Roma nel 
secolo XVI e XVII. Roma, 1908 (Preis Lire 15,—). 
3. Roma al ternfo di Paolo V. — La. Pianta di An¬ 
tonio Tempesta dei 1606 (in Vorbereitung). 4. Roma 
al te?npo di Urbano VIII. (1623—1644). — La pianta 
di Roma Maggi-Maupin-Losi, di quarantotto fogli, 
riprodotta da uno dei tre esemplari completi, fin 
adesso conosciuti. 5. Roma al tempo di Urbano VIII. 
(1623—1644). — La Pianta di Roma pubblicata da 
Goert van Schaych (Gottifredo Scaicchi) nel 1630 (in 
Vorbereitung). 6. Roma al tempo di Innocenso XL — 
La pianta di Roma di Giovanni Batt. Falda del 1676 


(in Vorbereitung). — Zu diesen sechs Bänden werden 
dann noch zwei Supplementbände kommen: 1. La 
grande veduta Maggi-Mascardi (1615) del Tempio e 
del Palazzo Vaticano, stampata coi rami originale e 
con introduzione di Francesco Ehrle, S. J. Roma 1911. 
2. La pianta della Campagna Romana del 1547, in sei 
fogli, riprodotta in fototipia dalla copia Vaticana, 
unica finora, con introduzione di Tommaso Ashby 
(in Vorbereitung). 

Professor Guido Busdco hat zu seiner Alfieri- 
Bibliographie nunmehr ein Supplement erscheinen 
lassen: Supplemento alla bibliografia di Vittorio 
Alfieri. Domodossola , Tipografia Orsolana, 1911. 
36 Seiten. 8°. Dies Supplement ist in zwei Teile ein¬ 
geteilt: 1. Bibliografia delle opere dell Alfieri und 
2. Bibliografia della Critica, in denen zusammen 712 
Nummern aufgezählt und beschrieben werden. 

Im Jahre 1910 wurden — wie aus dem Bollettino 
della proprietä intellettuale hervorgeht — im ganzen 
883 Werke bei dem italienischen Ministerium für 
Ackerbau, Industrie und Handel hinterlegt Hiervon 
waren 770 Originale, 88 Übersetzungen und 25 Werke 
in fremden Sprachen. Diese Statistik weist ein be¬ 
deutendes Mehr gegen die Vorjahre auf: Im Laufe 
von zehn Jahren hat sich die Zahl der hinterlegten 
Werke nahezu verdoppelt. Von jedem in Italien 
erscheinenden Buche muß ein Exemplar bei dem ge¬ 
nannten Ministerium deponiert werden. 

In Genua ist der 100. Geburtstag Charles Dickens 
festlich begangen worden. Das Haus, in dem der 
Dichter im Jahre 1844 gewohnt hatte, schmückt eine 


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kdmischer Brief 


tt 


# Marmortafel; am 7. Februar begab sich nun der 
Bürgermeister mit einer Abordnung des Gemeinde¬ 
rates dahin, um an dieser Tafel einen ehernen Kranz 
anzubringen. Die Tafel trägt die Inschrift: In questa 
Villa dal prisco rosso delle sue mura „Pink Jail" ebbe 
gradita dimora Carlo Dickens geniale e profondo ri- 
velatore del sentimento moderno* 4 (In dieser Villa, die 
nach dem alten Rot ihrer Mauern den Namen „Pink 
Jail" führt, verlebte Charles Dickens, der geniale und 
tiefe Envecker des modernen Empfindens, einst an¬ 
genehme Tage). Auf dem Kranze stehen die Worte: 
„Genova a Carlo Dickens , 7. febbraio 1912 Im Ge¬ 
meinderat hielt dann der Bürgermeister bei Eröffnung 
der Sitzung eine ausgezeichnete kurze Gedächtnisrede, 
die von der Versammlung und dem Publikum mit 
lebhaftem Beifall aufgenommen wurde. 

Einer der letzten Bände der bedeutenden bei 
Laterza in Bari erscheinenden Sammlung „ Classici della 
filosofia m oder na“ enthält zum ersten Male in italieni¬ 
scher Übersetzung die beiden philosophischen Haupt¬ 
schriften Reni Descar tes '.- „Discours de la mit ho de 
pour bien conduire sa raison et chercher la viriti 
dans les Sciences" und „Meditationes de prima philo- 
sophia Über diese wichtige Neuerscheinung lese 
ich in der Nuova Antologia: A. Tilgher hat eine ge¬ 
treue und mit gelehrten Anmerkungen versehene 
Übersetzung von Descartes’ Discorso sul metodo und 
Meditaxioni filosofiche besorgt, denen er eine Ein¬ 
leitung über die Entstehung und Geschichte dieser 
für die Entwickelung des modernen philosophischen 
Gedankens so hervorragend wichtigen Werke voraus¬ 
schickt Die Arbeit Tilghers ist durch die vor kurzem 
vollendete Nationalausgabe der Werke Descartes’ und 
durch die Biographie des Philosophen von Carl Adam 
sehr erleichtert worden; aber das nimmt der Ver¬ 
öffentlichung Tilghers nichts von ihrem Wert und ihrer 
Bedeutung für das gegenwärtige Wiederaufleben der 
philosophischen Studien in Italien. Diese Werke 
Descartes’ waren tatsächlich noch niemals vollständig 
ins Italienische übersetzt worden und wurden von den 
wenigen Philosophen von Fach im Urtext, das heißt 
französisch — wie der Discorso — oder lateinisch — 
wie die Meditaxioni — gelesen, und so war ihre Auf¬ 
nahme in die Sammlung Laterza, in italienischer 
Übersetzung, ein sehr verständiges Unternehmen. 
Besonders der Discorso ist von grundlegender Wich¬ 
tigkeit für die Geschichte der modernen Philosophie 
und der mathematischen Wissenschaften. Tilgher 
hat auf Grund genauer Berechnungen festgestellt, 
daß sich Descartes mit den mathematischen Ideen, 
die er darin niedergelegt hat, im Winter 1619—20 vor¬ 
nehmlich beschäftigte; das ist um die gleiche Zeit, 
als man in Rom seinen großen Zeitgenossen Galileo 
Galilei ’, den Umstürzer des Aristotelischen Systems, 
verurteilte. 

Emst Rodocanachi , dem wir schon so manche 
treffliche Arbeit über die italienische Renaissance 
verdanken, hat bei Hachette in Paris ein neues, 
prächtiges Werk veröffentlicht: tt Rome au temps de 
Jules II, et de Lion X" Der Verfasser untersucht 
mit seltener Kenntnis die so merkwürdige und kom¬ 


plizierte römische Gesellschaft der Renaissance, die 
Zusammensetzung des heiligen Kollegs, die wirtschaft¬ 
lichen Verhältnisse der Kardinäle, ihr öffentliches und 
privates Leben, das Leben der beiden größten Re¬ 
naissancepäpste, ihre Reisen, Vergnügungen, Jagden, 
Bankette usw. Von besonderem Interesse ist das 
Kapitel über die Veränderungen der Stadt Rom unter 
Julius II. und Leo X., das, wie das ganze Werk, sehr 
reich mit ausgezeichneten auf Originale zurückgehen¬ 
den Abbildungen illustriert ist. 

Wenn auch infolge verschiedener Umstände ein 
wenig verspätet, so soll doch auch an dieser Stelle 
auf die Ende vorigen Jahres bei Olschki in Florenz 
erschienene Monumentalausgabe von Dantes Divina 
Commedia gebührend hingewiesen werden. Diese 
Ausgabe ist mit einem ungeheuren Aufwand von 
Mühe, Zeit und Geld hergestellt und verrät sachlich 
wie typographisch die reichen Kenntnisse und den 
sicheren Geschmack des Herausgebers. Wer jemals 
in Italien Druckwerke herzustellen hatte und weiß, 
mit welchen Schwierigkeiten man zu kämpfen hat, 
besonders, wo es sich um nicht ganz alltägliche Ar¬ 
beiten handelt, wird dieses große, mühevolle Druck¬ 
werk noch ganz besonders zu würdigen wissen. Und 
das muß rückhaltlos anerkannt werden — mag auch 
der oder jener dies oder das nicht gutheißen, der 
Geschmack ist ja nun mal ein gar persönliches Ding 

— die typographische Ausführung ist hervorragend, 
und nach meiner Überzeugung wird jeder, der über¬ 
haupt von dem Geist alter und der Technik moderner 
Drucke ein wenig versteht, wenn er alles nur in allem 
nimmt, diese neue Dante-Monumentalausgabe als eine 
Publikation allerersten Ranges ansehen müssen. 

Das Papier ist eigens für diese Ausgabe von der 
Firma Miliani in Fabriano hergestellt worden und 
zeigt als Wasserzeichen das Porträt Dantes und das 
Signet des Verlegers. Der Druck — schwarz und 
rot — ist in zwei Kolonnen angeordnet, von denen 
die eine den Text, die andere (in kleinerer Schrift) 
den Kommentar enthält, und ist mit schönen Initialen 
geschmückt. Die Gesänge, deren Text nach den 
neusten Ergebnissen der Danteforschung gewissenhaft 
korrigiert ist, sind außerdem von prachtvollen Holz¬ 
schnitten begleitet, getreuen Nachbildungen der 101 
Figuren, die die berühmte Venezianer Ausgabe von 
1491 illustrieren. Der Band umfaßt 600 Seiten 
in großem Folioformat und ist in einer einmaligen 
Ausgabe von 300 Exemplaren hergestellt, die fort¬ 
laufend und mit dem gedruckten Namen des Sub¬ 
skribenten versehen sind. Der Einband ist aus 
braunem Leder gearbeitet, mit reichen Blindpressun¬ 
gen geschmückt und mit Schließen und Bronze¬ 
beschlägen an den Ecken und in der Mitte versehen 

— das Bronzemedaillon in der Mitte der Einband¬ 
decke zeigt das Porträt Dantes. — Außer den 300 
Exemplaren auf Papier sind sechs auf Pergament 
abgezogen worden, in denen die Initialen zu Anfang 
eines jeden Gesanges und die Namen oder das 
Wappen oder Ex-libris des Subskribenten von dem 
Florentiner Miniator Professor Amedeo Nesi in Gold 
und Farben miniert sind. Diese Miniaturen sind in 


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12 


Amsterdamer Brief 


Anlehnung an die Ornamente in den Handschriften 
in der Laurenziana in Florenz ausgeführt. Die Ein¬ 
bände dieser Exemplare sind mit Schließen und Be¬ 
schlägen in massivem Silber versehen. Die Ausgabe, 
der eine Vorrede von Gabriele dAnnunzio vorangeht, 
ist dem König von Italien gewidmet Der Preis be¬ 
trägt 600 Lire, für das Pergamentexemplar 3000 Lire. 

Die an Versteigerungen arme Saison wurde 
durch eine zehn Tage dauernde Auktion bei Rossi 
auch nicht sonderlich belebt Immerhin bot der 
erste Tag — die folgenden neun waren wenig inter¬ 
essant — manch’ wichtiges und viel umworbenes 
Stück. Ich gebe nachstehend eine kleine Auswahl 
der erzielten Preise: Gauricus, De sculptura Florenz, 
Junta, 1504. L. 42.—. Ofßciutn S.Januarii. Neapel, 
1525. L. 42.—. Sophocles, Tragodiae. Venedig, Aldus, 
1502. L. 95.—. Donatus, In Ovidium fabulae. s. 1 . n. d. 
(wahrscheinlich: Louvain, Johannes de Westphalia, 
XV. Jahrhundert) L. 125.—. Theobaideo, Sonetti, 
capitoli e rime chiamate opere datnore. Modena, 
Dom. Rocociolo, 1498. L. 82.— . Boccaccio , Deca- 
merone. Firenze, Junta, 1527 (der sehr seltene Ori¬ 
ginaldruck). L. 150.— . Boccamazzo, Trat tato della 
caccia. Roma 1548, L. 250. —. Passavanii, Specchio 
di vera penitentia. Firenze 1495, L. 230.— . Chariteo. 
Opere. Neapel, Sigism. Mayr, 1509. L. 100.— . Hasius, 
In artem chiromanticam. Augsburg 1509. L. 78.—. 
Landino , Formulario di lettere . s. 1 . n. d. (Florenz 


cirka 1490). L. 22a—. Hipocrates , Opusc. reper- • 
torii in mutationes aeris etc. Venedig, Ratdolt 1485. 
L. 52.—-. Pescatore , Vendetta die Ruggiero. Venedig 
1557. L. 75.—. Alchabitius, Ubellus ysagogicus . 

Venedig, Ratdolt, 1685. L. 69.-—. Demi, Orlando 
innamorato. Venedig 1545. L. 56.—. Biblia lat in a. 
Venedig, Junta, 1511. L. 150.—. Caracciolo, De 
timore divinorum judiciorum. Venedig 1475. L. 120.—. 
Oliva, Ucelleria. Roma 1622. L. 53.—. Primo libro 
de Don Polindo. Toledo 1526. (Außerordentlich 
seltener Ritterroman.) L. 1210.—. Sabadino, Libro 
di Novelle, intitol. Le Porretane . Bologna, Henr. de 
Colonia, 1483. L. 315.—. Varthema , Itinerarium. 

s. 1 . ni. d. (Mailand 15 ii). L. 165.—. Itinerarium 
Portugallensium e Lusitania in Indiam etc. (Mailand 
1508). L. 600.—. Faber , Arithmetik2. Paris 1496. 

L. 195.—. Aristoteles, Organon (graece). Venedig, 
Aldus, 1495. L. 320.—. Panzer , Annales typographici. 
XI Bände. L. 525.—. Ovid, Metamorphosen. Ve¬ 
nedig 1509. (Mit prächtigen Holzschnitten). L. 335.—. 
Ramusio , Navigationi et viaggi. 1583—1606. L. 150.—. 
Tasso, Gerusalemme liberata. Venedig 1745. Grob- 
Folio mit vielen Figuren. L. 170.—. 

Vom 18. bis 20. März kommt bei der gleichen 
Firma eine wertvolle Sammlung alter Werke über 
Fechtkunst und Duell zur Versteigerung. 

Rom, Anfang März 1912. 

Ewald Rappaport. 


Amsterdamer Brief. 


Im Dezemberheft des „Gids u schreibt Franz Erens 
über Stefan George und einiges andere mehr; deshalb 
hat er als Titel „Mymmeringen“ (Träumereien) ge¬ 
wählt Den Ausgangs- und Endpunkt seiner Be¬ 
trachtungen bildet die letzte Gedichtsammlung von 
Stefan George „Der siebente Ring". Als eine der 
Haupteigenschaften der Georgeschen Muse bezeichnet 
Erens hier den Stolz, den geistigen Hochmut der 
zwischen den wenigen Eingeweihten und der großen 
dumpfen Menge so streng scheidet, und er vermißt 
die Liebe. Er charakterisiert dann die Kunst Ge¬ 
orges als eine intellektuelle, die Reflexion hat die 
Oberhand, ohne daß jedoch irgendwie „moderne“ Ge¬ 
danken ausgesprochen werden, wie bei Mombert oder 
Dehmel. Denn das Streben nach Tageserfolg, den 
die Behandlung moderner Probleme so leicht erzielt 
ist George fremd. Er findet auch Verwandtschaft 
mit Nietzsche, besonders mit dem Zarathustra „wo 
die Ideen in herrlichen Salvos von Farbe und Glanz, 
aber auch in Verwirrung auf- und abwogen.“ Dann 
streift Erens das Verhältnis Georges zu anderen Er¬ 
scheinungen der neueren Literatur, zu Mallarmi und 
Verlaine. Er meint, daß George sich mit Mall arm I 
in seiner Flucht vor dem Alltag, vor dem Banalen 
und Konventionellen im Gefühlsleben und im sprach¬ 
lichen Ausdruck berühre. Aber bei dem Franzosen 
ist weniger Selbstüberhebung und weniger Absicht¬ 
lichkeit. Von der Bescheidenheit Verlaines findet 
sich bei George keine Spur. Verlaines Gedichte sind 
wie eine große, ganz in Demut abgelegte Beichte und, 


weil nichts als die Liebe zur Frau sein Leben erfüllte, 
durchströmt all seine Verse eine Wärme, die wir bei 
George vergebens suchen. Verlaine hatte nicht nötig, 
sich über andere zu erheben. Er klagte in Einsam¬ 
keit und sang seinen Schmerz aus in einer großen 
Ruhe. Mallarmi und Morias , ja auch Baudelaire 
haben den Hochmut besungen und ihr eigenes Ich 
ins Ungemessene gesteigert, wie neben Dehmel in 
Deutschland besonders George. Ganz anders empfan¬ 
den Goethe und Schiller, die ihr Ich mit der ganzen 
Menschheit verfließen ließen. Trotzdem versagt aber 
Erens dem Dichter nicht seine höchste Bewunderung, 
und er ist geneigt, ihn von allen lebenden deutschen 
Dichtern für die bedeutsamste Erscheinung anzusehen. 
Neben manchem Anregenden und Treffenden enthält 
der Artikel von Erens auch viel Schiefes und Ober¬ 
flächliches, und der Autor wiederholt sich öfters; ich 
habe die Hauptgedanken deshalb in einer anderen 
Reihenfolge wiedergegeben, Jedenfalls ist es aber 
für den in Holland herrschenden Geschmack typisch, 
daß diesem in Deutschland nur von einer kleinen, 
etwas abseits stehenden Gemeinde verehrten Dichter 
in einer so konservativen Zeitschrift wie „De Gids" 
ein so ausführlicher und anerkennender Aufsatz ge¬ 
widmet wird. 

In demselben Heft des „Gids“ setzt Kohlbrugge 
seine Studien über den Naturforscher Goethe fort: 
„ War Goethes Naturbetrachtung eine teleologische oder 
eine mechanischeP* Der erste Artikel war im Juliheft 
erschienen. (Vergl. unser Referat im Oktoberheft, 


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Amsterdamer Brief 


13 


Seite 252.) Kohlbrugge sucht in dieser Fortsetzung, 
gestützt durch ein umfangreiches Material, den Be¬ 
weis zu erbringen, daß die seiner Ansicht nach heute 
herrschende Meinung, als ob Goethe einer mechani¬ 
schen Weltanschauung gehuldigt habe, falsch sei. Mit 
Bielschowsky, der schrieb: „Die Welt war in teleolo¬ 
gische Denkweise verfallen, nur Goethe nicht", ist er 
nicht eins. Wohl aber stimmt er mit Lange , dem Ver¬ 
fasser der Geschichte des Materialismus überein, und 
mit Magnus (Goethe als Naturforscher), den er aber 
sonst wenig zuverlässig findet. Mit einer mechani¬ 
schen Welterklärung scheint ihm der Pantheismus 
Goethes im Widerspruch zu stehen, der in den Ge¬ 
sprächen mit Eckermann sogar zum Teil ganz christ¬ 
liche Formen annimmt. Aber auch in seinen natur¬ 
wissenschaftlichen Schriften, und darauf kommt es in 
erster Reihe an, hat sich Goethe von teleologischen 
Gedanken nicht freizuhalten gewußt. Wogegen er 
sich allein wandte, war die ganz platte teleologische 
Betrachtungsweise, nach der alles zum Gebrauche des 
Menschen geschaffen ist und eine Erscheinung „er¬ 
klärt“ war, wenn der Nutzen für den Menschen nach¬ 
gewiesen war. Dann kommt Kohlbrugge auf Goethe 
und den Darwinismus zu sprechen. Nachdem er 
kurz dargelegt, daß die Grundgedanken Darwins 
schon vor Darwin zu Goethes Lebzeiten von ver¬ 
schiedenen Naturforschern verfochten wurden, prä¬ 
zisiert er die Frage nach dem Verhältnis Goethes zu 
Darwin dahin: Glaubte Goethe an die Abstammungs¬ 
theorie in einem weiteren Sinn? Diese Frage verneint 
Kohlbrugge. Häckel hat darauf bekanntlich bejahend 
geantwortet, aber Häckel ist schon längst von Koss - 
mann, Schmidt und Cattie widerlegt. — Man hat die 
evoludonisdschcn Ideen, die sich bei Goethe finden, 
durch den Einfluß Herders zu erklären versucht, das 
scheint Kohlbrugge verkehrt. Er sieht vielmehr in 
dem seit 1768 in Straßburg wirkenden Professor Jo¬ 
hann Hermann den geistigen Urheber solcher Ge¬ 
danken. Das Werk, in dem Hermann seine Ent¬ 
wicklungstheorie zuerst vor einem größeren Leser¬ 
kreise auseinandersetzt, erschien allerdings nach 
Goethes Straßburger Aufenthalt, im Jahre 1783. 

Eine Zeidang schien es, als ob Goethe eine ge¬ 
meinsame Abstammung von Tier und Mensch für 
möglich halte. Das war besonders in der Periode, 
wo er sich mit dem Zwischenkieferknochen beschäf- 
tigte (1784). Interessant ist es, daß in demselben 
Jahre auch die deutsche Übersetzung des Werkes des 
Schotten Bumet Monboddo, der prädarwinistische Ge¬ 
danken vertrat, mit einer Vorrede von Herder erschien. 
Daß Goethe sich aber von der Deszendenztheorie 
bald ab wandte, bringt Kohlbrugge mit seinem ein¬ 
gehenderen Studium Kants und dem Einflüsse des 
Kantianers Schiller in Zusammenhang. Die später 
erscheinenden Schriften anderer Vertreter dieser 
Theorie blieben ohne Einfluß auf Goethe, so die 
„Zoonomia “ des alten Darwin, die Werke Lamarcks, 
und die Aufsätze von Ballenstedt, Krüger, Tausche, 
Körte , die vergleichende Osteologie von Pander &■* 
dt Alton 1821—1828. Nur in der Besprechung Goethes 
der zuletzt genannten Schrift findet sich ein Satz, der 


| als eine Anerkennung der Veränderlichkeit der Gattung 
gedeutet werden könnte; aber derselbe bezieht sich 
nur auf die Klasse der Nagetiere. Auch die prädar- 
winistischen Ideen Voigts gingen spurlos an Goethe 
vorüber, obwohl Goethe seine Werke bespricht. 
Goethe hielt an dem Dogma der UnVeränderlichkeit 
der Gattungen (species) fest. Kohlbrugge kommt zu 
dem Schluß, daß Goethe als Naturforscher nicht auf 
der Höhe seiner Zeit stand. Er spielte ebensowenig 
eine führende Rolle, außer darin, daß er einer der 
Begründer der ungesunden, unnatürlichen Natur¬ 
philosophie war. 

Von wichtigen Katalogen, die in der letzten Zeit 
erschienen sind, verdienen zwei besondere Erwähnung, 
Der eine ist von van Stockums Antiquariat im Haag, 
Prinsegracht 15, herausgegeben und handelt über 
Flugschriften, die Bezug haben auf die Geschichte 
der Vereinigten Niederlande, besonders ihre Handels¬ 
und Kolonialpolitik von 1588 bis zum Ende der Re¬ 
publik. {A catalogue of pamphlets relating to the 
United Netherlands, their history, commerce , wars 
at sea and on /and, 60 pag.) Eine der interessantesten 
Nummern des Katalogs ist eine vollständige Samm¬ 
lung von 38 Flugschriften, die in den Jahren 1607 
bis 1608 gegen den Frieden mit Spanien veröffentlicht 
wurden, und die wertvolles Material für die Geschichte 
des frühen Handels der Holländer mit Amerika ent¬ 
halten; die merkwürdigsten sind von W. Usselincx, 
dem Begründer der holländischen Westindischen 
Compagnie verfaßt (Nr. 15, Preis 500 fl.). Von drei 
andern wichtigen Stücken sind die Titelblätter in dem 
Katalog reproduziert. Ein sehr seltenes Dokument 
ist der Abdruck eines Patents, an der Westseite des 
Amazonenstromes bis an den Orangefluß eine Kolonie 
zu gründen, das die Generalstaaten 1689 einem ge¬ 
wissen Jan Reeps verliehen (Nr. 278, Preis 250 fl.), 
das Titelblatt ist reproduziert. 

Der zweite, umfangreichere und schön ausgestattete, 
auf rauhes Papier mit breitem Rand gedruckte Ka¬ 
talog ist von der Amsterdamer Firma Fred. Müller 
6r* Co. herausgegeben. ( Catalogue annuel de livres 
et de documents sur la cartographie, la gfographie, 
les voyages XV — XIX. siedest) Derselbe enthält auf 
184 Seiten 1230 Nummern. Das kostbarste Buch 
dieser Sammlung ist eine 14S6 in Ulm gedruckte 
lateinische Ausgabe der Geographie des Ptolomäus 
mit 32 Karten; es ist die vierte Ausgabe dieses 
Werkes, das für die Geschichte der Kartographie 
vom größten Interesse ist. Während nämlich in den 
italienischen Ausgaben .des Ptolomäus die Karten auf 
Kupfer gestochen und nicht koloriert sind, sind sie in 
dieser deutschen Ausgabe in Holz geschnitten und 
koloriert Das Exemplar befindet sich noch in 
dem alten mit Schweinsleder überzogenen Holzband 
(Nr. 5001, Preis 1200 fl.). Die erste lateinische Aus¬ 
gabe des Wagenaar , Speculum nauticum, Leiden 1386, 
in einem modernen Einband, ist für 250 fl. käuflich 
(Nr. 5008); die elf bändige Cosmographie von J. Blaeu 
in lateinischer Sprache aus den Jahren 1662—1665 für 
750 fl. (Nr. 5019). Der Preis der Reisebeschreibung 
von Thomas Cavendish und Francis Drake (Nr. 5149, 


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CORNELL UNÜVERSm 1 



14 


Amsterdamer Brief 


600 fl.) mit holländischem Text, zwei Jahre vor der 
englischen Ausgabe, 159S von Cornelis Claeß in 
Amsterdam veröffentlicht, ist wohl für amerikanische 
Käufer berechnet. Die englische Ausgabe der Reisen 
des Jan Huygen van Linschoten nach Ost* und West¬ 
indien (Nr. 5155) von 1398 ist mit 900 fl. verzeichnet. 

— Deutsche wird es interessieren, daß sich in den 
Katalog auch drei Lithographien mit Abbildungen aus 
dem Leben des einst so populären, jetzt aber ganz 
in Vergessenheit geratenen badischen Revolutions¬ 
helden Friedrich Hecker verirrt haben; sie werden 
unter dem Schlagwort Illinois , wo sich Hecker nach 
seiner Flucht ansiedelte, für 40 fl. angeboten (Nr. 5221). 

— Ein Werk, das für die früheste Geschichte des 
spanischen Amerika von großer Wichtigkeit ist, die 
erste Originalausgabe der vollständigen Abhandlungen 
von Bartolomeo de Las Casus (Nr. 5309) ist für 1000 fl. 
käuflich; dasselbe enthält die ersten genaueren Mit¬ 
teilungen über die Eingeborenen der spanischen 
Kolonien und gibt ausführliche Schilderungen der von 
den Spaniern bei der Eroberung verübten Greuel 
Es sind im ganzen neun Teile in einem Band, 1332 
bis 1333 in Sevilla erschienen. Ein unverhältnismäßig 
hoher Preis, 350 fl., wird gefordert für Nr. 5384: 
Barlaeus , Rcrum per octo-ennium in Brasilia et alibi 
nuper gestarum, sub praefectura Cornitis I. Mauritii 
Nassaviae . . . liistoria, Amsterdam , I. Blaeu 1647, 
unverhältnismäßig, auch wenn man berücksichtigt, daß 
es eine Ausgabe auf großem Papier und in reichem 
Einband ist und die Tafeln und Karten koloriert sind. 
Dasselbe Werk erzielte auf einer Auktion bei R. W. 
P. de Vries im Juni 1911 den bescheidenen Preis von 
62 fl. Die Originalausgabe der Reise um die Welt 
von Magellan in lateinischer Sprache 1323 in Rom 
erschienen, in rotem Maroquineinband (Nr. 5579) 
kostet 1200 fl. Erwähnung verdienen dann noch 
Nr. 5640, eine Ansicht des Palastes des Sultans von 
Marokko, ein Stich von Adr. Matham (259,5 X 53) 
300 fl.; Nr. 5654, der erste Bericht von der Expedition 
Kaiser Karls V. nach Tunis , 1535 in Nürnberg heraus¬ 
gegeben, 8 Seiten in 4 0 50 fl.; Nr. 5805, W. Dampier, 
Neue Reise um die Welt, Leipzig 170S, 8°, nicht 
erwähnt in der Bibliographie von Mendelssohn, 30 fl., 
und Nr. 6077, Epistola . . . Emanuelis Regis Por¬ 
tugals . . . De victoriis habids in India & Malacha 
[Rome?], 1513, die Originalausgabe der ersten Be¬ 
schreibung der Expeditionen Albuquerques nach Ost¬ 
indien von 1510—1512, 500 fl. 

Die Justiz, die sich hier in Holland gegenüber 
obszöner Literatur bisher immer sehr tolerant gezeigt 
hatte, scheint sich jetzt auf Grund eines neuen Sitt¬ 
lichkeitsgesetzes, das aber nur den Zweck hat, die 
Jugend vor Verführung zu schützen, verpflichtet zu 
fühlen, auch auf die auf Auktionen vorkommenden 
Bücher ihr Augenmerk zu richten. Sie betritt damit 
ein sehr schwieriges Feld, besonders wo es sich um 
ältere Literatur handelt, die man nicht mit der eng¬ 
brüstigen Moral unserer Tage messen kann. In den 
„Weisheitstempel'* des bekannten Leidener Anti¬ 
quariats von Burgesdyk Gr* Niermans (das Haus 
führt den Namen Templum Salomonis) hat die Po¬ 


lizei schon einen Einfall getan und sie hat eine ganze 
Reihe Werke, die im Aukuonskatalog vom 4.—14. De¬ 
zember 1911 unter der Rubrik „Facdties" vorkamen, 
Nr. 5036 und 5070—5100) vorläufig beschlagnahmt 
Die Mehrzahl sind französische Bücher aus dem 
XVIII. Jahrhundert die in den Anmerkungen des 
Katalogs als „libre“ oder „piquant" bezeichnet werden. 
Die Ironie des Schicksals will es nun, daß sich auch 
einige Bücher darunter befinden, die in Holland in 
früheren, weniger strengen Zeiten herausgegeben sind, 
wie Histoire dEloise et dAb/lard avec la lettre 
passionle quelle lui Icrivit. La Haye 1694, 12. (Nr. 5072) 
und ( Heinsius , N.) L'avanturier Hollandais ou la vie 
et les avantures divertissantes et extraordinaires dun 
Hollandais. Amsterdam 1767, 12. (Nr. 5081). Ein 
anderes durfte 1786 in Maastricht erscheinen (Nr. 5001). 
Aber die Zeiten ändern sich. Auch vor ein paar 
deutschen Werken wollte die Obrigkeit die reinen 
Gemüter ihrer Untertanen bewahren: den Dichtungen 
und Gesprächen des Göttlichen Aretino , in der Be¬ 
arbeitung von Conrad, 1904. und man staune, vor der 
von H. Nordkausen , Berlin 1905 herausgegebenen 
Ars amandi, von Hoffmannswaldau bis Schiller. 

Die im Verlag von Marrinus Nyhoflf seit 1903 
erscheinende holländische Zeitschrift „ Tydschrift voor 
Boek - en Bibliothcehuezen '' wird seit dem neuen Jahre 
unter einem andern Titel und in einem handlicheren 
Format herausgegeben. Sie heißt jetzt: „Het Boek'\ 
und ist aus einer Vierteljahrsschrift eine Monatsschrift 
geworden; nur in den Monaten August und September 
pausiert sie. Die Zeitschrift präsentiert sich äußerlich 
jetzt viel besser als früher, und macht einen an¬ 
genehmen Eindruck; Redaktion und Mitarbeiter sind 
dieselben geblieben. Infolge des häufigeren Er¬ 
scheinens soll künftighin auch über aktuelle Er¬ 
scheinungen, neue Ausgaben, Kataloge und Auktionen 
berichtet werden. Auch die andere holländische, dem 
Buch- und Bibliothekswesen dienende Zeitschrift „De 
Boekzaal“, die jetzt ihren sechsten Jahrgang beginnt, 
hat ihr Programm vergrößert und erscheint in sorg¬ 
fältigerer Ausstattung; der Druck ist größer geworden, 
die Seite ist nicht mehr in Spalten geteilt, aber dafür 
mit einem breiten Rand umgeben, wodurch der Ge¬ 
samteindruck ein vornehmerer geworden ist; das einzelne 
Heft hat fast den doppelten Umfang von früher; neu 
sind die sehr ausführlichen Rubriken Bücher- und 
Zeitschriften, Musik- und Kunst-Rundschau. Redakteur 
und Verleger (J. Ploegsma in Zwolle) sind dieselben 
geblieben. 

Zum Schluß möchte ich noch die für holländisches 
Kunstleben interessierten Leser auf die sehr nützliche 
französische Zeitschrift „Repertoire dart et dar ehi- 
ologie u , Paris, 19 Rue Spontini, aufmerksam machen, 
die seit einiger Zeit eine fast vollständige Übersicht 
über den Inhalt der wichtigsten holländischen Zeit¬ 
schriften gibt, soweit sie Aufsätze über Kunst ent¬ 
halten; besonders für moderne holländische Kunst ist 
das Repertoire eine wahre Fundgrube; es ist auch stets 
angegeben, ob der Artikel illustriert ist 

Amsterdam, Mitte Februar. M. D. Henkel 


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CORNELL UNIVERSITY 



Moskauer Brief 


iS 


Moskauer Brief. 


In Rußland bereitet man sich eifrig zur Jahrhun¬ 
dertfeier des „vaterländischen“ Krieges gegen Na¬ 
poleon vor. In Moskau soll ein „Museum des Jahres 
1812“ eröffnet werden und fast täglich bringen die 
Zeitungen Nachrichten über neue Stiftungen für dieses 
Museum. Viele der gespendeten Gegenstände sind 
auch für den Bibliophilen von nicht geringem Inter¬ 
esse, — so verschiedene französische Landkarten, deren 
sich die Führer der großen Armee zur Orientierung 
bedienten, und die als Beutestücke in die Hände der 
Sieger gerieten. Eine Zusammenstellung sämtlicher 
auf den Franzosenkrieg bezüglicher Beiträge russischer 
Zeitschriften von 1811 bis 1911 bringt K. Wojenski 
im „Bibliophile Russe“ — eine nicht genug zu lobende, 
ungemein gewissenhafte Arbeit Die Direktion der 
russischen Hof bühnen hat schon im vorigen Jahr ein 
Preisausschreiben für das beste Drama aus dem Jahre 
1812 erlassen — ob es viel Erfolg haben wird, mag 
dahingestellt bleiben; vorläufig hört man noch nichts 
von zu erwartenden dichterischen Großtaten. Es kann 
immer noch passieren, daß die eine oder die andere 
Bühne das Gedächtnis an die große Zeit durch eine 
Aufführung der „Madame Sans-G6ne“ ehrt. 

Denn die Zeiten haben sich gewaltig geändert. 
Als erste Erinnerung an das Jahr 1812 haben wir 
vorläufig in Petersburg eine „Jahrhundertausstellung 
französischer Malerei von 1812—1912“, deren Zu¬ 
standekommen der Redakdon der ausgezeichneten 
Kunstzeitschrift „Apollon“ und dem „Institut Frangais 
de St. Petersbourg“ zu danken ist. Von David und 
Delacroix bis zu Felix Valloton und Odilon Redon 
sind alle bedeutenden französischen Künstler in muster¬ 
gültiger Weise vertreten. Vieles ist aus Frankreich 
herübergebracht, vieles von dem Schönsten stammt 
aber auch aus russischem Privatbesitz. Ob wir jemals 
eine derartige Ausstellung deutscher Kunst in Rußland 
erleben werden? Ein paar Versuche sind in frühem 
Jahren ja gemacht worden, aber die dokumentierten 
sich so deutlich als rein geschäftliche Unternehmungen, 
daß von ihnen keinerlei tiefere künstlerische Wir¬ 
kungen ausgehen konnten. 

Auch in einer andern Sache haben wir Deutschen 
uns von den Franzosen überholen lassen. Zwischen 
Frankreich und Rußland ist im Dezember eine lite¬ 
rarische Konvention abgeschlossen worden, die den 
Schriftstellern beider Länder das Eigentumsrecht auf 
ihre Werke im fremden Lande für die Dauer von 
zehn Jahren sichert Das Zustandekommen dieser 
Vereinbarung ist ausschließlich ein Verdienst der fran¬ 
zösischen Schriftsteller, die die Frage immer, wieder 
aufwarfen und keine Ruhe gaben, als bis sie erreicht 
hatten, was sie wollten. In Rußland hat man sich 
gegen die Konvention aus allen Kräften gesträubt 
und da sie nun doch abgeschlossen werden mußte, 
fließen die Krokodilstränen in Strömen. Wir aber 
fragen wieder: wo bleibt Deutschland? Es wird in 
Rußland ungleich mehr aus dem Deutschen übersetzt, 
als aus dem Französischen, und man wird jetzt, 
wo Frankreich die Grenze abgesperrt hat, sich erst 


recht auf die deutschen Bücher werfen. Über das 
Wie der Übersetzungen möchte man lieber gar nicht 
reden, besonders die Verfasser populärwissenschaft¬ 
licher Schriften müssen sich, ohne etwas davon zu 
ahnen, oft ganz Unglaubliches gefallen lassen. Dabei 
verstehen es die populären russischen Schriftsteller, 
deren Namen auch im Auslande einen guten Klang 
haben, sehr wohl, die Lücken der deutschen Preßgesetz- 
gesetzgebung zu ihren Gunsten auszunutzen. Es ist 
ja am Ende auch nicht schwer, das Titelblatt seines 
Romans in Berlin drucken und ein paar Exemplare 
des Buches in den Schaufenstern deutscher Buch¬ 
handlungen auslegen zu lassen. 

Eine Ausstellung für Buch- und Plakatkunst — 
wenn ich nicht irre, die erste dieser Art in Rußland 

— fand im Dezember in Petersburg im Anschluß an 
den Künstlerkongreß statt. Die Petersburger Aka¬ 
demie der Wissenschaften hatte der Ausstellung eine 
ganze Reihe wertvoller alter Bücher aus ihrem Besitz 
zur Verfügung gestellt. Unter den Erstdrucken konnte 
man hier auch die Apostelgeschichte von 1564, das 
erste in Moskau gedruckte Buch, sowie die ostroshsker 
Bibel von 1581 sehen — beides aus der Bibliothek 
der Akademie; von Büchern des XVIII. Jahrhunderts 
fand sich hier unter anderem ein Lehrbuch der Arith¬ 
metik aus dem Jahre 1728, das eigens für den jungen 
Zaren Peter II. verfaßt und gedruckt worden war, 
und sehr interessante illustrierte Schilderungen der 
Krönungsfeierlichkeiten zu Ehren der Zarinnen Anna, 
Elisabeth und Katharina II. (aus Privatbesitz). 

Im Oktober 1911 waren hundert Jahre seit der 
Eröffnung einer der berühmtesten Lehranstalten Ru߬ 
lands verflossen — des Kaiserlichen Lyzeums in Zars¬ 
koje Selo (das heute als „Alexanderlyzeum“ — Gym¬ 
nasium mit daran gegliederten juristischen Hochschul¬ 
kursen— noch in Petersburg fortbesteht). Aus dieser 
Anstalt sind eine ganze Reihe bedeutender Männer 
hervorgegangen, vor allem Schriftsteller und Gelehrte. 
Selbstverständlich denkt man, wenn vom Lyzeum die 
Rede ist, zu allererst an Alexander Puschkin , der mit 
den ebenfalls rühmlichst bekannten Dichtem Delwig 
und I Hitschewski, dem späteren „Dekabristen“ Küchel¬ 
bäcker und anderen zum ersten Coetus der Schule 
gehörte; doch hatte das Lyzeum auch späterhin noch 
manchen Zögling aufzuweisen, der ihm Ehre machte 

— so den Sprachforscher Jakob Grot, den Dichter 
Mey und viele andere. Eine Geschichte des Ly¬ 
zeums in seiner Glanzzeit von 1811—1843, verfaßt von 
dem greisen russischen Historiker D. Kobeko, der 
selbst einst „Lyzeist 1 * war, ist soeben erschienen. Der 
553 Seiten starke, typographisch und buchkünstlerisch 
musterhafte Band ist weit mehr als eine bloße „Fest¬ 
schrift“, er enthält eine Fülle oft mit großer Mühe 
zusammengetragenen, fleißig gesichteten und muster¬ 
haft verarbeiteten kultur- und literaturgeschichtlichen 
Materials. Mit vollem Recht greift der Historiker 
dort, wo es sich um die hervorragendsten Zöglinge 
des Lyzeums handelt, über die Grenzen der Anstalts¬ 
geschichte hinaus und skizziert auch das spätere Leben 


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CORNELL UNIVERSUM 



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Moskauer Brief 


und Wirken der einzelnen Personen, so daß wir in 
Summa ein ganz bedeutendes Stück russischer Geistes¬ 
geschichte durch diese schöne und gründliche Arbeit 
kennen lernen. 

Noch eine andere Jahrhundertfeier brachte der 
verflossene Winter — das Jubiläum der Moskauer 
„Gesellschaft von Freunden der russischen Literatur“, 
der ältesten unter den bestehenden literarischen Ver¬ 
einigungen des Zarenreiches, iS11 wurde die Gesell¬ 
schaft an der Moskauer Universität zu dem Zweck ge¬ 
gründet, „die Kenntnis der Regeln und Muster eines 
gesunden Schrifttums zu verbreiten und dem Publikum 
wohlbearbeitete Werke in Versen und Prosa zu ver¬ 
mitteln.“ Im ersten Jahrzehnt ihres Bestehens trugen 
die Bestrebungen der Gesellschaft einen durchaus 
konservativen Charakter, erst Ende der zwanziger 
Jahre finden wir auch jüngere Dichter wie Puschkin 
und Baratynski unter ihren Mitgliedern, die sich da 
aber scheinbar nicht sehr wohl gefühlt haben. In 
den dreißiger Jahren fristet die Gesellschaft nur noch 
ein Scheindasein. Neues Leben kommt in den er¬ 
schlafften Organismus erst durch die 1858 erfolgte 
Wahl des bekannten slawophilen Dichters und Philo¬ 
sophen A. S. Chomjakow zum Vorsitzenden. Chom- 
jakows Bestreben war, aus der Gesellschaft eine „freie 
Akademie" im Gegensatz zu der „offiziellen" in Peters¬ 
burg zu machen. Zu diesem Zweck wurden die 
Satzungen der Gesellschaft 1866 bedeutend erweitert. 
In diese Zeit fallen auch die wichtigsten literarisch- 
wissenschaftlichen Publikationen der Gesellschaft, wie 
zum Beispiel das große Wörterbuch der russischen 
Sprache von Dahl. Turgenjew, Ostrowski, Tolstoi — 
kurz alles, was Rußland damals an hervorragenden 
Schriftstellern aufzuweisen hatte, gehörte in den sech¬ 
ziger und siebziger Jahren zu den Mitgliedern der 
Gesellschaft. Den Bemühungen der Gesellschaft ist 
auch die Errichtung der beiden Dichterdenkmäler 
Moskaus zu danken — des 1881 enthüllten Puschkin¬ 
denkmals, und des Gogoldenkmals, dessen Enthüllung 
1909, zur ioö. Geburtstagsfeier des Dichters, stattfand. 
In den neunziger Jahren hatte auch diese Gesellschaft 
die unvermeidlichen Kämpfe mit Polizei und Zensur 
auszufechten, die oft ein schlimmes Ende zu nehmen 
drohten. So wäre die Gesellschaft 1899 wegen einer 
Festrede zur Puschkin-Zentenarfeier beinahe aufge¬ 
löst worden. Harmloser schon erscheint ein eben¬ 
falls in den 1890 er Jahren erfolgtes Verbot der Poli¬ 
zei: es dürfe in den Sitzungen der Gesellschaft nichts 
von oder über Leo Tolstoi und Wladimir Soiowjow 
verlesen werden. 

Zur Hundertjahrfeier ist eine Geschichte der Ge¬ 
sellschaft und ein von dem Moskauer Universitäts¬ 
bibliothekar D. Jasykow mit großem Fleiß zusammen¬ 
gestelltes Lexikon der Mitglieder der Gesellschaft 
von 1811 bis 1911 erschienen, welch letzteres 
mit seinen reichen und genauen bibliographischen 
Angaben sehr wohl einen vorläufigen Ersatz für das 
noch immer ausstehende russische Schriftsteller-Lexi¬ 
kon bieten kann. Von besonderm Interesse sind die 
autobiographischen Mitteilungen der gegenwärtigen 
Mitglieder der Gesellschaft 


Wie es um das Bibliothekswesen in Rußland be¬ 
stellt ist, wird durch folgende Tatsache illustriert: 
das Moskauer Rumjanzew-Museum, das die zweit¬ 
größte öffentliche Bibliothek Rußlands besitzt, ist in 
diesem Winter endlich mit der Ordnung und Auf¬ 
stehung der in den siebziger (!) Jahren erworbenen 
Büchersammlung des kleinrussischen Bibliophilen 
Iwan Lukasche witsch fertig geworden. Ein gutes 
Vierteljahrhundert haben die Bücher in wirrem 
Durcheinander in den Bodenkammern des Museums 
gelegen. Dabei enthält die Sammlung so gut wie 
alle russischen Erstdrucke, die der bekannte Iwan 
Fedorow einst auf seiner Handpresse anfertigte; fer¬ 
ner eine Fülle Moskauer Bücher aus der ersten 
Hälfte des XVII. Jahrhunderts in alten slawischen 
Lettern, an deren Stehe unter Peter dem Großen 
die neuen, der Antiqua angenäherten Typen traten, 
zahlreiche altslawische und altrussische Handschrif¬ 
ten usw. usw. 

Die ausgezeichnet redigierte russische Zeitschrift 
für Bücherfreunde „Le bibliophile russt* habe ich 
schon in meinem letzten Moskauer Briefe erwähnt. 
Aus der Menge wertvollen Materials, die die jüng¬ 
sten Hefte bringen, sei auf die sehr interessanten 
Mitteilungen des Novemberheftes über ein Pracht¬ 
werk hingewiesen, das die polnischen Jesuiten dem 
falschen Demetrius überreichten und das sich gegen¬ 
wärtig in der Bibliothek der St Petersburger katho¬ 
lischen geistlichen Akademie befindet Es ist eine 
reich illustrierte Beschreibung Jerusalems in drei 
Foliobänden. Der volle Titel lautet: „Tomi tres 
apparatus urbis ac templi Hierosolymitani Joannis 
Baptistae Villalpandi Cordubensis e sodetate Jesu 
collato Studio cum H. Prado ex eadem sodetate. 
Romae. Superiorum permissu. Typis IUefonsi Ciac- 
coni, excudebat Carolus Vullietus anno Domini 
MDCIIII.“ 

Gebunden sind alle drei Bände in rotes Maro¬ 
quinleder. Vorder- und Rückseite des Deckels sind 
mit reicher Goldpressung geziert — und zwar zeigt 
die Mitte den russischen zweiköpfigen Adler mit der 
Kaiserkrone, darüber einen Christuskopf, unten ein 
Kruzifix, rundherum die Symbole der Evangelisten, 
zehn polnische Adler, das Monogramm des Jesuiten¬ 
ordens JHS, zwei Pelikane und in den vier Ecken 
die Gestalt des Hl. Georg zu Pferde. Um den 
äußern Rand eines jeden Einbandes läuft eine Wid- 
mungsinschrift, und zwar bei dem einen Bande in 
russischer, dem andern in lateinischer, dem dritten 
in griechischer Sprache. Der lateinische Text lau¬ 
tet: „Serenissimo et inclitissimo monarchae Demetrio 
Joannis JDei gratia imperatori et magno duci totius 
Russiae et omnium Tatarium regnorum et aliorum 
plurimorum dominiorum monarchiae Moscoviticae 
subjectorum Domino et Regi patres sosietatis (!) Jesu 
Roma dono mittunt“ Das Titelblatt des ersten Ban¬ 
des trägt den Vermerk: „Inscriptus catalogo libro- 
rum Collegii Wilnensis Societatis Jesu, anno D-ni 
1606.“ 

Bekanntlich'* war der falsche Demetrius in Polen 
zur römischen Kirche übergetreten und soll auch die 


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New Yorker Brief 


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Absicht gehabt haben, sein Volk zum Katholizismus 
zu bekehren. Die römische Geistlichkeit suchte sich 
auch sonst ihm gegenüber liebenswürdig zu erweisen; 
so wissen wir von einer lateinischen Bibel, die ihm 
der Nuntius Rangoni zugleich mit der Mitteilung über 
die Wahl Pauls V. zum Papst schickte. Die Hoff¬ 
nungen der Jesuiten auf eine Bekehrung Rußlands 
wurden aber durch den schnellen Sturz des Usur¬ 
pators vereitelt. 

Aus dem Januarheft der Zeitschrift sei ein hüb¬ 
scher Aufsatz über Daniel Chodowiecki hervorgehoben, 
dem die beigegebenen Illustrationen noch einen be- 
sondem Reiz verleihen — es sind nämlich fast aus¬ 
schließlich Stiche des Meisters, die sich auf Rußland 
beziehen. So das große Blatt von 1758 „Russische 
Gefangene“ und eine Menge kleiner Bildchen zur 
Geschichte Peters des Großen aus dem „Göttinger 
Taschenkalender“ von 1790. 

Auf einige angekündigte Neuerscheinungen möchte 
ich noch hinweisen. Der Petersburger Verlag Brock- 
haus-Jefron plant eine große russische Moliere-Aus¬ 
gabe, die sich den vom selben Verlage gebrachten 
großen Ausgaben der Werke Shakespeares, Schillers, 
Byrons und Puschkins anreihen soll. Die Leitung 
soll auch diesmal wieder in den Händen des ver¬ 
dienten Literarhistorikers 5 . A. Wengerow liegen. Da 
ist nun wohl zu erwarten, daß wir durchaus korrekte 
Texte und ausgezeichnete literarhistorische Einleitun¬ 
gen und Kommentare bekommen werden. Dagegen 
dürfte die Illustrierung den Bibliophilen wohl wenig 
erfreuen — wenn nämlich an dem Prinzip der vorher¬ 
gegangenen Ausgaben festgehalten wird. Dort wollte 
man vor allem durch die Fülle des Iilustradons- 
materials imponieren — und man brachte in buntem 
Durcheinander alles, was man nur erlangen konnte. 
So sah man denn etwa in der Schiller-Ausgabe Vig¬ 
netten und Titelbildchen der Erstausgaben neben den 
Illustrationen aus der „Prachtausgabe“ der Deutschen 


Verlags-Anstalt, in der Shakespeare-Ausgabe die ganze 
Boydelsche Sammlung neben den Zeichnungen Sir 
John Gilberts, Konewkas Silhouetten zum Sommer¬ 
nachtstraum neben Schauspielerporträts aus Leon 
Kellners Shakespeare-Biographie und allerlei moder¬ 
nen Kitsch in tadelloser phototypischer Wiedergabe. 
Hoffentlich weiß man bei Moliöre mehr Maß zu 
halten. 

Ein Beweis, daß das Intejesse für ältere Lite¬ 
ratur in gefälligen Ausgaben auch in Rußland in 
stetem Wachsen ist, sind die neuen Unternehmungen 
einiger junger Verlagsgesellschaften, so des an dieser 
Stelle schon einmal erwähnten Moskauer „ Musaget 
Er kündigt eine russische Ausgabe von Friedrich 
Schlegels „Lucinde“, mit Einleitung von Dr. Fried¬ 
rich Steppuhn, „Wilhelm Meisters theatralische Sen¬ 
dung“ und eine Auswahl provcnzalischer Lyrik des 
XII. und XIII. Jahrhunderts an, die ein sehr be¬ 
gabter junger Neuphilologe, N. P. Kisselew, besorgt. 
Ein eben erst gegründeter Verlag, K. F. Nekrassow 
in Moskau, plant eine Serie von Literaturwerken des 
XVIII. Jahrhunderts in guten russischen Übersetzun¬ 
gen mit literarhistorischen Einleitungen. Zuerst sollen 
Laclos’ „Liaisons dangereuses“, eine Auswahl fran¬ 
zösischer Lyrik (übersetzt von Valer Brjussow), einige 
Komödien Goldonis, Casanovas Memoiren im Aus¬ 
zuge (eine vollständige Übertragung ist in Rußland 
nicht möglich), sowie ein paar Werke der deutschen 
Stürmer und Dränger erscheinen. Derselbe Verlag 
bringt auch die gesammelten Werke Richard Dek - 
tnels in autorisierter Übersetzung auf den Markt Er¬ 
schienen ist vorläufig ein Band Novellen, der einen 
sehr guten Eindruck macht. Wenn es dem Heraus¬ 
geber gelänge, für die Lyrik Dehmels geeignete Über¬ 
setzer zu finden, so wäre sowohl dem russischen Lese¬ 
publikum, als dem deutschen Dichter ein nicht un¬ 
erheblicher Dienst geleistet. 

Ende Februar 1912. Arthur Luther. 


New Yorker Brief. 


In den Räumen des Grolier Club findet zurzeit 
eine Ausstellung aus Anlaß der Jahrhundertfeier von 
IV. M. Thackeray statt, die durch die Mitwirkung der 
Mitglieder und ihrer Freunde sehr umfangreich Und 
wertvoll wurde. Alle Werke von Thackeray sind in 
Erstausgaben vertreten, von den ersten Versuchen im 
„Snob“ aus seiner Studienzeit in Cambridge bis zu 
den „Adventures of Philip on his way through the 
World“, dem letzten Werk, das zu seinen Lebzeiten 
veröffentlicht wurde. Manches Original-Manuskript 
war darunter und viele Originalzeichnungen von 
Thackeray und G. Cruikshank, der einzelne seiner 
Werke illustrierte; außerdem eine Sammlung Briefe 
und Zeichnungen, die noch nirgends veröffentlicht 
wurden. Den Schluß der Ausstellung bildete eine 
kleine Auswahl Schriften und Aufsätze über Thackeray. 

Die Jahresversammlung des Grolier Club fand am 
25. Januar statt; unter andern wurden dabei zwei 
Exemplare von „Notable Printers of Italy in the 
fifteenth Century“ auf Japanpapier zu 55 Dollars und 
Z. f. B. 1912^1913. 


50 Dollars verauktioniert; die Longfellow Plakette 
des Clubs in Silber brachte 50 Dollars. 

Selten genug kommt es vor, daß ein Verlagshaus 
hier 100 Jahre im Besitz einer und derselben Familie 
bleibt, hier in Amerika ist es nur eine Firma, die in 
einer kurzen Spanne Zeit ihr ioojähriges Bestehen 
feiern darf: Harßer &* Brothers. Eine Gedächtnis¬ 
schrift, die soeben von einem der jetzigen Mitinhaber 
und Enkel eines der Gründer, J. Henry Harßer, unter 
dem Titel „The House of Harpers. A Century of 
Publishing in Franklin Square“ veröffentlicht wurde 
und den stattlichen Umfang von beinahe 700 Seiten 
hat, dürfte in weiteren Kreisen Interesse erregen; ist 
doch die Verlagstätigkeit dieses Hauses, das während 
des ganzen Jahrhunderts eine führende Rolle gespielt 
hat, innig mit der Entwicklung der amerikanischen 
Literatur des XIX. Jahrhunderts verbunden. Ein 
Überblick über den Verlagskatalog der Firma und 
über die Liste ihrer Mitarbeiter an den verschiedenen 
periodischen Druckschriften beweist dies zur Genüge. 

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New Yorker Brief 


Im Rahmen dieses Briefes kann der Wert des 
Buches nicht genügend gewürdigt werden; es mögen 
daher nur einige Perioden oder spezielle Momente 
herausgegriffen werden, um so mehr, als das Buch voll 
persönlicher Erinnerungen an die Autoren und Mit¬ 
arbeiter des Hauses ist, wobei ihnen meist ein schönes 
Denkmal der guten wechselseitigen Beziehungen ge¬ 
setzt wird. 

Mit einer einzigen Handpresse fing James Harper 
im Jahre 1817 eine eigene Druckerei an; als erstes 
Werk druckte er „Seneca's Morals“ für den Buch¬ 
händler Duyckinck; als erstes eigenes Verlagswerk 
Lockcs „Essay upon the human understanding“ aller¬ 
dings erst, nachdem ihm eine Anzahl Sortimenter 
durch Vorausbestellungen die Kosten der Auflage ge¬ 
sichert hatten. Durch diese Vorausbestellungen 
erwarben sie sich nach damaligem Brauche das Recht 
als Mitverleger auf dem Titelblatte genannt zu werden. 
Dieselbe Vertriebsart wurde noch für eine Reihe 
weiterer Veröffentlichungen beibehalten. Nach und 
nach bis zu dem Jahre 1825 haben sich seine Bruder 
John, Joseph Weslcy und Fletcher zu ihm gesellt und 
jeder hat in der tatkräftigsten Weise am Ausbau des 
stetig wachsenden Geschäftes mitgeholfen, so daß im 
Jahre 1853, wo eine Feuersbrunst das Werk so vieler 
Jahre in wenigen Stunden zerstörte (die Gebäulichkeiten 
der Firma umfaßten damals insgesamt elf aneinander 
stoßende Häuser), die Verlagsliste insgesamt 1349 
Werke in 2028 Bänden aufführte, wovon 722 Original¬ 
werke und 827 Nachdrucke. 

Interessant sind die Berichte über die Zeit, da es 
noch kein schützendes Copyright gab, wo es jedem 
freistand, das einmal anderswo Gedruckte frei nach¬ 
zudrucken; fast unmögliche Kunststückchen wurden da 
ausgeführt, um den Rivalen den Rang abzulaufen. So 
wurde z. B. „Peveril of the Peak“ aus den Waverley 
Novels Scotts vollständig gedruckt und geheftet inner¬ 
halb 21 Stunden nach Empfang des Londoner Ab¬ 
drucks auf den Markt gebracht; schließlich wurden 
aber die Kosten für solche Unternehmungen durch 
die Konkurrenz so in die Höhe und der Preis so 
herabgctricben, daß die meisten Nachdrucker ihr Ge¬ 
schäft des geringen Gewinnes wegen aufgeben mußten. 
Die unerquicklichen Zustände, die durch das Fehlen 
eines Urheberrechtsschutzes hier für lange Jahre 
herrschten, ziehen sich wie ein roter Faden durch 
das Buch, von den Versuchen Charles Dickens’ bis zu 
den neuesten Gesetzesvorlagen, und manch wichtiges 
Dokument zur Geschichte des Urheberrechts in 
Amerika kann darin gefunden werden. 

In die Blütezeit des Plauses fällt die Gründung 
von drei periodischen Druckschriften, welche alle zu 
seinem Erfolg viel beigetragen haben; Harpers „Ma¬ 
gazine", im Juni 1850 gegründet; Harpers „Weekly" 
im Januar 1857; und Harpers „Bazar*' im November 
1867. Die ersten beiden spielten eine große Rolle im 
geistigen Leben der zweiten Hälfte des vorigen Jahr¬ 
hunderts; fast jeder Schriftsteller von Bedeutung hat 
zu der einen oder andern Zeit Beiträge zu ihnen ge¬ 
liefert; besonders verdient gemacht haben sich G. 
W. Curtis, Th. Nast und //. M. Alden. Harpers 


„Weekly“ hat einerseits die Rolle eines unbeteiligten 
wöchentlichen Berichterstatters (mit Bildern) gespielt, 
andererseits hat es aber auch eine direkte politische 
Richtung verfolgt und infolgedessen manchen harten 
Kampf zu bestehen gehabt. Nach dem Bürgerkrieg 
fiel infolge der polirischen Anschauungen, die das 
Blatt vertrat, die Abonnentenzahl so, daß es beinahe 
aufgegeben worden w ärc, und nur die Veröffentlichung 
von Dickens’ „Our mutual friend“, der in Serien im 
Weekly erschien, soll die Abonnentenzahl wieder auf 
die alte Höhe gebracht haben. Bei einer anderen 
Gelegenheit in den siebziger Jahren war es das 
„Weekly“ und ganz speziell der Zeichner Th. Nast , der 
durch seine Karikaturen das Publikum derart auf- 
rüttehc, daß es aufstand und den bekannten Tweed- 
Ring, der den Stadtsäckel um Millionen jährlich durch 
Ämter - Verschacherung usw. erleichterte, zu Fall 
brachte. 

„Harpers Bazar“, im Verein mit dem Lipper- 
heideschen „Bazar 4 * herausgegeben, war das erste 
Modejoumal in Amerika. In den Jahren 1879—1899 
veröffentlichte die Firma noch eine Wochenschrift für 
Kinder, und seit 1899 erscheint eine weitere Monats¬ 
schrift, die North American Review , bei ihr. 

Harpers haben es verstanden, sich mit einem 
guten Stab von Künstlern zn umgeben und sich tech¬ 
nisch immer auf der Höhe der Zeit gehalten. Ein 
Monument künstlerischer Illustrationen ist „ Harpers 
illustrated Family Bible" mit Holzschnitten von Joseph 
A. Adams, welche in großen Quantitäten verbreitet 
w urde. Andere Künstler im Dienste der Firma waren 
der im vorigen Jahre verstorbene Howard Pyle , 
C. S. Reinhart , E. A. Abbey, der unter andern 
Shakespeares Werke illustrierte, /. IV. Alexander, 
Winslo’iv Homer, Frederic Renting ton, durch seine 
Bilder aus dem Indianerleben berühmt geworden, 
Du Maurier und andere mehr. Von den Schrift¬ 
stellern aus dem Harperschen Verlage ist Mark Twain , 
der mit dem Geschäft aufs innigste verbunden war, 
am besten bekannt. 

Das Buch schließt mit einem Überblick über die 
neueste Phase des Geschäftes unter der Leitung von 
G. Han>ey , der seit einer Reihe von Jahren seine 
Geschicke bestimmt und die Traditionen der Gründer 
hochhält. 

Das hochinteressante Buch ist ausgestattet mit 
den Porträts der Gründer und einer Anzahl anderer 
Mitarbeiter und Autoren wie Mark Twain, W. D. Ho- 
wells, J. L. Motley, G. W. Curtis usw. Ein Sach¬ 
register erhöht seine Brauchbarkeit als Nachschlage¬ 
werk. 

Ein hübsch ausgestattetes Büchlein über Bücher 
kommt mir eben aus San Francisco unter die Augen. 
Die Firma Paul Eider & Co. hat einen Teil der 
Beiträge von George Hamlin Fitch, dem literarischen 
Kritiker des San Francisco Chronicle, unter dem Titel 
„Comfort found in good old Books“ gesammelt und 
in einem handlichen, sehr schön und geschmackvoll 
gedruckten und recht passend illustrierten Bändchen 
herausgegeben. Es ist ein angenehmes Plaudern von 
schönen alten Büchern, die einen bleibenden Einfluß 


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Rundschau der Presse 


19 


auf die Welt gehabt haben; von der Bibel, von den 
alten Klassikern, von 1001 Nacht, St. Augustin und 
Don Quixote, Robinson Crusoe und Gullivers Reisen, 
Dante und Milton und anderen Grüben der Welt¬ 
literatur; das Büchelchen dürfte mit zum Besten ge¬ 
hören, was je in dieser Art geschrieben wurde, um 
die Freude an schönen und guten Büchern in weitere 
Kreise zu bringen. 

Edwin Björkman , ein literarischer Kritiker schwe¬ 
discher Abkunft, der schon viel zum Verständnis der 
nordischen Schriftsteller in Amerika beigetragen hat, 
bringt zurzeit eine Übertragung der Werke Strind- 
bergs ins Englische heraus, zugleich mit einer gründ¬ 
lichen Studie über Strindberg; eine Sammlung Essays 
von Björkman ist soeben bei Mitchell Kennerly er¬ 
schienen unter dem Titel „Is there anything new 
under the sun". Er beschäftigt sich da unter anderm 
mit G. B. Shaw, John Galsworthy und William James. 

Eine gute Übersicht über die moderne ameri¬ 
kanische Erzählungsliteratur bietet das bei Henry 
Holt & Co. erschienene Buch von Frederic Taber 
Cooper , Some American Story Tellers. Es ist eine 
Sammlung kritischer und biographischer Skizzen nach¬ 
stehender erfolgreicher amerikanischer Schriftsteller 
und ein wertvolles Supplement zu allen einschlägigen 
Literaturgeschichten: MarionCrawford, Robert Herrick, 
Ellen Glasgow, R. W. Chambers, G. Atherton, Win- 
ston Churchill, Kate Douglas Wiggin, D. G. Philipps, 
Frank Norris, O. Henry, Owen Wister, Booth Tar- 
kington, Edith Warton und Ambrose Bierce. Eine 
Abhandlung über fünf andere moderne amerikanische 


Schriftsteller — Th. N. Page, C. E. Craddock, G. 
W. Gable, J. L. Allen und J. C. Harris — hat H. 
A. Toulmin unter dem Titel Social Historians bei 
Badger in Boston veröffentlicht. 

Bei dem Brande des Equitable-Gebäudes wurde 
die Bibliothek der Gesellschaft, die eine der wich¬ 
tigsten Sammlungen rechtswissenschaftlicher Werke 
war, schwer beschädigt. Zirka 4000 Bände wurden 
Zeitungsberichten zufolge fest zusammengefroren aus 
dem Eis herausgehackt, und es soll nach den An¬ 
gaben der Buchbinderei, welche es unternommen hat, 
die Bände wiederherzustellen, mindestens zwei Monate 
dauern, bis die Werke aufgetaut und nachher vom 
Wasser gereinigt werden können, doch hofft man 
auf diese Weise noch die meisten retten zu können. 

Aus der periodischen Literatur wären folgende 
Aufsätze zu erwähnen: „North American Review 4 *, Fe¬ 
bruar)': Arnold Bennett , The Future of the American 
Novel; „Forum“, February: E. Björkman , A. Strind- 
berg; „Book News Monthly“, February: vollständiger 
Bericht über die Gedenkfeier für R. IV. Gilder in 
Philadelphia; „TwendcthCentury Magazine", February: 
L. M. Poiuers, Superior Civilization of Germany. 

Der Aukdonsmarkt ist recht lebhaft zurzeit und 
wurden für gute Sachen im allgemeinen gute Preise 
erzielt, obwohl viele umfangreiche Sammlungen in 
den letzten paar Wochen auf den Markt kamen. 
Der dritte Teil der Sammlung Hoe kommt im April 
zur Versteigerung. 

New York, Ende Februar 1912. 

Ernst Eisele. 


Rundschau der Presse. 

Von Professor Dr. Adalbert Hortzschansky in Groß-Lichterfelde. 

Die nachfolgende Übersicht versucht, die wichtigeren in Zeitschriften und Zeitungen enthaltenen Aufsätze und Abhandlungen zu 
verzeichnen, soweit sie für die Leser unserer Zeitschrift in Betracht kommen. Zusendung von Sonderdrucken und Ausschnitten an die Adresse 
des Bearbeiters in Groß-Lichterfelde bei Berlin, Moltkestr. 40, erbeten. 


Schrift-, Buch- und Bibliothekswesen. 
Allgemeines. 

Behrend, F., German manuscripts ofthe middle ages. 
(Bericht über die Deutsche Kommission.) 

Library Association Record, 14. 1912. S. 47—49. 

Brandsma, T., De Miniaturen van den Kruisheer 
Joannes van Deventer. 

Het Boek. 1. 1912. S. 1—18 mit 1 Taf. 
■Cowley, A., Another unknown language from eastem 
Turkestan. 

Journal of the R. Asiatic Society. 1911. S. 159 
—166 mit 4 Taf. 

Gauthiot, R., Note sur la langue et Tdcriture in- 
connues des documents Stein-Cowley. 

Jourual of the R. Asiatic Society. 1911. S. 497 
—507 mit Abbild, i. T. 

Helßig, R., Der Erwerb des Codex Utinensis und 
einer anderen Julianhandschrift durch Gustav Hänel. 

Zentralblatt für Bibliothekswesen . 29. 1912. S. 
97—116. 


Hoernle, A. F. R., The „unknown languages“ of 
eastem Turkestan. II. 

Journal of the R. Asiatic Society. 1911. S. 447 
—477 mit 6 Taf. 

Hopkins, L. C., Chinese writing in the Chou dynasty 
in the light of recent discoveries. 

Journal of the R. Asiatic Society . 1911. S. 1011 
—1034 mit 6 Taf. 

Kluge, Th., Mitteilungen von einem photographischen 
Handschriften-Untemehmen im Kaukasus. 

Zentralblatt für Bibliothekswesen. 29. 1912. S. 
117—122. 

Lindsay, W. M., The Abbreviation-Symbols of ergo, 
igitur. 

Zentralblatt für Bibliothekswesen. 29. 1912. S. 
56—64« 

Prinet, M., Un armorial des minnesinger conservä 
ä la Bibliothdque nationale. 

Bibliographe moderne. 15. 1911 (1912)- S. 9— 19 * 
Rousset, A., Les recueils lithographiüs d'autographes 
publids ä Lyon. 

LAmateur dautographes. 45. 1912. S. 46—58. 


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20 


Rundschau der Presse 


Serafini, A„ Ricerche sulla miniatura Umbra (secoli 
XIV-XVI). 

LArte di Adol/o Venturi. 15. 1912. S. 41—66 
mit 16 Abbild. 

Bibliophilie. Exlibris. 

Anderle, J., Alte Bucheignerzeichen Trients und 
seiner Umgebung. 

Österreich. Exlibris - Gesellschaft. Jahrbuch. 9. 
1911 (1912). S. 31—37 mit 3 Abbild., 1 Tabelle. 
Axon, W. E. A., An appreciation of the „Bibliotheca 
Lindesiana“. 

Library Association Record. 14. 1912. S. 4—13. 
Corwegh, R., Hanns Bastanier. (Exlibris.) 

Xenien. 5. 1912. S. 71—75 mit 7 Exlibris. 
Ehrenfeld, Hansi. Das Sammeln. (Von Exlibris.) 
Österreich. Exlibris • Gesellschaft. Jahrbuch. 9. 
1911 (1912). S. 100—102. 

Nyare Svenska Exlibris. 

Svensk Exlibris-Tidskrift. 1. 1911. S. 67—69. 
83 mit 17 Abbild, i. T. und 5 Taf. 

G--k, Hede von Trapp. 

Österreich. Exlibris - Gesellschaft. Jahrbuch. 9. 
1911 (1912). S. 68—75 mit 17 Abbild., 1 Taf. 
Gottlieb, Th., Drei alte Bücherzeichen. (Aus der 
Wiener Hofbibliothek: Hieronymus Winckclhofer 
•j* 1538; Bischof Georg Slatkonia 1503—1513; Niko¬ 
laus von Haunoldt f 1612.) 

Österreich. Exlibris - Gesellschaft. Jahrbuch. 9. 
1911 (1912). S. 38—59 mit 9 Abbild., 1 Taf. 
Höfken, R. v., Moritz von Weitenhillcr 7. 

Österreich. Exlibris - Gesellschaft. Jahrbuch. 9. 
1911 (1912). S. 1—9 mit 1 Taf. 

Hübner, E. F., (Fragment aus einem Trinkspruch 
von Dr. L.) 

Österreich. Exlibris - Gesellschaft. Jahrbuch. 9. 
1911 (1912). S. 63—65 mit 2 Abbild., 1 Taf. 

Krahl, E., Wcittenhiller als Künstler. 

Österreich. Exlibris - Gesellschaft. Jahrbuch. 9. 
1911 (1912). S. 10—16 mit 15 Abbild. 

Rbg., Vier neue Blätter von Ernst Krahl. 

Österreich. Exlibris - Gesellschaft. Jahrbuch. 9. 
1911 (1912). S. 97—99 mit 3 Abbild., 1 Taf. 

Rbg., Allerlei neue Exlibris. 

Österreich. Exlibris - Gesellschaft. Jahrbuch. 9. 
1911 (1912). S. 84—89 mit 4 Abbild., 2 Taf. 

Rbg., Arthur Kurtz. 

Österreich. Exlibris - Gesellschaft. Jahrbuch. 9. 
1911 (1912). S. 92—96 mit 2 Abbild., 1 Taf. 

Ross, A., Hedwig Gerber. 

Österreich. Exlibris - Gesellschaft. Jahrbuch. 9. 
1911 (1912). S. 66—67 mit 4 Abbild. 

Rudbeck, J., Om biblioteksmärken. 

Svensk Exlibris- Tidskri ft. i. 1911. S. 73—75 
mit 8 Abbild. 

Schock, J., Die Supralibros des Stiftes Seitenstetten. 
Österreich. Exlibris * Gesellschaft. Jahrbuch. 9. 
1911 (1912). S. 17—30 mit 6 Abbild. 


Sobotka, G., Sechs Exlibris von Walther Sobotka 
(Wien). 

Österreich. Exlibris - Gesellschaft. Jahrbuch. 9. 
1911 (1912). S. 76—80 mit 3 Abbild., 3 Taf. 

Symmachos, Hans Eibl. (Exlibris.) 

Österreich. Exlibris - Gesellschaft. Jahrbuch. 9. 
1911 (1912). S. 81—83 mit 3 Abbild., 1 Taf. 

Bibliothekswesen. 

Behrens, E., II movimento pro biblioteche popolari 
in Inghilterra. 

Collura popolare. 2. 1912. Nr. 1 — 3. 

Braun, J., Das Buch in der Volksbücherei. 

Bücherwelt. 9. 1911/12. S. 87—90. 

Coerper, F., Leser-Beiräte für volkstümliche Biblio¬ 
theken. 

Monatshefte der Comenius - Gesellschaft. 1912. 
Februar. S. 7—10. 

Delisle, L., Le Catalogue coilectif des bibliothöques 
de Paris. 

Bibliographe moderne. 15. 1911 (1912). S. 5—8. 

Erlaß betreffend die Befähigung zum wissenschaft¬ 
lichen Bibliotheksdienst bei der Königlichen Biblio¬ 
thek zu Berlin und den Königlichen Universitäts- 
Bibliotheken. 

Zentralblatt für Bibliothekswesen. 29. 1912. S. 
75 — 78 . 

Fawtier, R., La biblioth^que et le tresor de l’Abbaye 
de Saint-Evre-Les-Toul ä la fm du Xl c siede d’apres 
le manuscrit latin 10292 de Munich. 

Memoires de la Socictc d'archt { ologie lorraine. 61. 
1911. S. 123—156 mit 3 Taf. 

Gebhard, A. C., Studie afdeeling van de Centrale 
Verceniging van Openbare Leeszalen en Biblio¬ 
theken. De Boekzaal. 5 * 19 11 * S. 3 * 3 —3*6. 

Hadley, Ch., The State Library Association. 

Public Libraries. 17. 1912. S. 1—4. 

Ilulme, E. W., Principles of book Classification. 
(Forts.) 

Library Association Record. 14. 1912. S. 39—46. 

Jast, L. St., Address to the Northern counties Library 
Association on brancli work. 

Library Association Record. 14. 19*2. S. 19—27 

Jast, L. St., The library outlook: an address to 
municipal library assistants. 

Library Association Record. 14. I9 12 - S. 28— 3 &- 

Kirschner, A., Aus dem Leben des Bibliothekars 
Daßdorf. Zu seinem hundertsten Sterbetage am 
28. Februar. 

Sachsen-Post. Nr. 282 vom 28. Februar 1912. 

S. 2 “ 3 - 

Koch, Th. W., Suggested readings for library assi¬ 
stants in the new Encyclopaedia Britannica. 

Library Journal. 37. 1912. S. 63—69. 

Ladewig, P., Volksbüchereien. Vom Werdegang der 
Volksbücherei. 

Vossische Zleitung. 1912. Nr. 133 vom 13. März. 

Leijonhufvud, K. K., Kongl. Södermanlands rege- 
mentes officerskars Bibliotek. 

Svensk Exlibris-Tidskrift. 1. 1911. S. 75—79 
mit 2 Abbild. 


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Rundschau der Presse 


21 


Mattem, J., Serienwerke, Regierungspublikationen 
und internationale Kooperation. 

Zentralblatt für Bibliothekswesen. 29. 1912. S. 
49—56. 

Proceedings of the 34. annual mccting of the Li¬ 
brary Association. Held at Perth, 4 to 8 September, 
1911. 

Library Association Record. 13. 1911. Supple 
ment. S. 497 — 539 - 

Putnam, H., The Service of books in a democracy. 

Library Journal. 37. 1912. S. 59—63. 

Die erste Tagung der westfälischen Bibliothekare. 
(Schluß.) 

Westfälisches Magazin. N. F. 3. 1911/12. S. 

187—197. 

Zimmer, H. O., Kinderlesezimmer und Jugendpflege 
in der Stadt. 

Blätter für Volkskultur. 1912. März 1. S. 98 

—100. 

Buchdruck und -Gewerbe. 

Clouzot, H., La tradition du papier peint en France 
au XVI I e et au XVIII e siede. 

Gazette des beaux-arts. 1912. Februar. S. 131 
—143 mit 10 Abbild. 

Enschede, J. W., De Leidschc Elscviers en hun 
meesterknecht P. Heemskcrk, overleden in 1654. 

Het Boek. 1. 1912. S. 25—31. 
Gulyäs, P., Aus dem Wanderbuch eines ungarischen 
Buchbindergesellen. (1660—62.) 

Zentralblatt für Bibliothekswesen. 29. 1912. S. 

122—123. 

Hölscher, G., Neue Veröffentlichungen der Guten¬ 
berg-Gesellschaft. 

Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel. 1912. 
S. 1795—96- 1961—62. 

Huck, Th. W., Johann Gottlob Immanuel Breitkopf, 
the printer, 1719—1794. 

Library Association Record. 14. 1912. S. 14—18. 
Schinnerer, J., Das Deutsche Buchgewerbemuseum. 
Archiv für Buchgewerbe. 49. 1912. S. 25—28. 

Schottenloher, K., Beiträge zur Geschichte der In¬ 
kunabelkunde in Franken. 

Zentralblatt für Bibliothekswesen. 29. 1912. S. 

64-75. 

Buchhandel. 

Cercle de la librairie. AssemblSe g<*n< 5 rale annuclle du 
23 Fdvrier 1912. 

Bibliographie de la France. 1912. Chronique. 
S. 37 — 52 - 

Friemar, Billige Ausgaben. 

Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel. 1912. 
S. 2754—2756. 

Huth, F., Brauchen wir eine Deutsche Autoren- und 
Verleger-Kammer? 

Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel. 1912. 
S. 2437—2439. 


Zeitungswesen. Pressrecht. Zensur. 

Funck, A., Le Joumalisme au Luxembourg. Pages 
retrospectives. 

Les Marches de fEst. 3. 1911/12. S. 594—608 
mit 2 Abbild. 

Ein Presse prozeß aus dem Jahre 1648. Von R. 
(Augsburger Zeitung betreffend.) 

Bayerland. 23. 1912. S. 193—194. 

Bibliographie. 

Corns, A. R., Bibliotheca imperfecta. (Englische 
Werke, die nicht vollendet wurden.) 

Book-Auctions Records (Karlslake). 9. 1912. S. 
I—VI. (Wird fortges.) 

Tourneux, M., Salons et expositions d'art ä Paris 
(1801—1900). Essai bibliographique. (Suite.) 

Bibliographe moderne. 15. 1911(1912). S. 32—63. 
(Wird fortges.) 

Literaturgeschichte, Allgemeines. 

Ackerknecht, E., Neue Erzählungkunst. 

Eckart. 6. 1911/12. S. 327—335. 

Benzmann, H., Die Ballade und Romanze der Ro¬ 
mantiker. Eckart. 6. 1911/12. S. 298—313. 

Boer, R. C., Uit de jongste Noonvccgsche littera- 
tuur. I. De Gids. 1912. März 1. S. 509—526. 

Dreyer, A., Der Münchener Dichterbund der „Kro¬ 
kodile“. 

Bayerland. 23. 1911/12. S. 189—192. 210—214. 
258—261. 279-^281. 295—298. 322—325. 340—344. 
364—366. 382—384. 403 - 405 mit 13 Abbild. 

E in stein, C , Brief über den Roman. 

Pan. 2. 1912. Nr. 16. S. 477—482. 

Franck, H., Neue deutsche Dramen. (VI.) 

Eckart. 6. 1911/12. S. 313—327. 

Ibsen, S., Literarische Erotik. 

Mord und Süd. 1912. Märzh. 1. S. 532—539. 

Kettner, Altdeutsche Literatur im Städtischen Archiv. 

Mühlhäuser Geschichtsblätter. 12. 1911/12. S. 

106—130. 

Kosch, W., Vom Realismus Hebbels zum Naturalis¬ 
mus Gerhait Hauptmanns. Eine Studie. 

Konservative Monatsschrift. 1912. Februar. S. 
506—519. 

Kruse, G. R., Die Beziehungen Elisas von der Recke 
und Tiedges zum Nicolaihause. 

Vossische Zeitung. 1912. Sonntagsbeilage Nr. 10 
vom 10. März. 

Me chelhäuser, J., Hanswurst und Possenreißer auf 
der alten Bühne. 

Über den Wassern. 5. 1912. S.iio— 113. 146—151 
mit 14 Abbild. 

Einzelne Schriftsteller. 

Arndt: Rassow, Ein deutscher Mann. Ungedruckte 
Briefe von E. M. Arndt an Dr. Trinius in St. Peters¬ 
burg. 

Tägliche Rundschau. 1912. Unterhaltungsbeilage 
Nr. 52 — 55 vom 1. 2. 4. 5. März, 


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22 


Rundschau der Presse 


Auerbach: Auerbach, K. B., Benhold Auerbach. 

Nord und Sud. 1912. Märzh. 1. S. 540—544. 

— : Geiger, L., Auerbach und Wolfsohn. (Aus unge¬ 
druckten Briefen.) 

Vossische Zeitung. 1912. Sonntagsbeilage Nr. 9 
vom 3. März. 

Bang: Barch an, P., Bangs Maske. 

Neue Rundschau . 1912. März. S. 431—333. 

—: Poppenberg, F., Bang der Künstler. 

Neue Rundschau. 1912. März. S. 420—426. 

Björnson: Remusat, M., Lettres de Björnstjerne Björn- 
son d sa fille. 

La Revue. 1912. Februar 15. S. 527—533. 

De Foe: Pi Ion, E., Daniel de Foe. 

Nouvelle Revue fran^aise. 1912. Februar. S. 
141—217. 

Dethlefs: Spiero, H., Sophie Dethlefs. Eine ver¬ 
gessene Dichterin. 

Konservative Monatsschrift. 1912. März. S. 645 
—648. 

Dickens: N. G., Charles Dickens. 

Nieuwe Gids. 1912. März. S. 490—498. 

—: Ludwig, A., Charles Dickens. 

Eckart. 6. 1911/12. S. 287—297. 

Droste: Gotthard, J., Neues über Annette von Droste 
und ihren Freundeskreis. Mit ungedrucktem Material. 
V. VI. 

Westfalisches Magazin. N. F. 3. 1912. S. 159 

—166. 1 73 — 1 79 - 

Ettlinger: Josef Ettlinger. 

Literarisches Echo. 1912. März 1. Sp. 739—746 
mit 1 Portr. 

Eulenberg: Deibel, F., Ein „Enkel" der Romantik. 
(Herbert Eulenberg: Katinka die Fliege.) 

Literarisches Echo. 1912, März 1. Sp. 761—765. 

Falke: Biese, A., Der Lyriker Gustav Falke. 

Konservative Monatsschrift. 1912. Februar. S. 
530 — 533 - 

Fontane: Herwig, F., Fontane. (Schluß.) 

Überden Wassern. 5. 1912. S. 114— 11S. 

Frenssen: Storck, K., Der neue Frenssen. 

Der Türmer. 1912. März. S. 863—867. 

Goethe: Steig, R., Von August v. Goethe als Heidel¬ 
berger Studenten. 

Vossische Zeitung. 1912. Sonntagsbeilage Nr. 10 
vom 10. März. 

—: Stockmann, A., Goethe im Lichte der Biblio¬ 
graphie. 

Stimmen aus Maria-Laach. 1912. H. 3. S. 298 
•—304. 

Greif: Ko sch, W., Martin Greif, die österreichische 
Neutralitätserklärung und Napoleon III. 
Westermanns Monatshefte. 1912. März. S. 48-52. 

Jacobi: Wilhelm Jacobi. Ein hessischer Arzt und 
Dichter. 

Hessenland. 26. 1912. S. 56-58. (Schluß folgt.) 

Kellermann: Puetzfeld, K., Die Romane Bernhard 
Kellermanns. 

Mitteilungen der literarhistorischen Gesellschaft 
Bonn. 6. 1911. S. 193—213. 


Keyserling: Bang, H., Graf Eduard Keyserling. 

Neue Rundschau . 1912. März. S. 427—430. 

Kierkegaard: Wien, A., „Jener Einzelne“. Zur Ein¬ 
führung in das Studium Kierkegaards. 

Der Zeitgeist. Beiblatt zum Berliner Tageblatt 
1912. Nr. 8 vom 19. Februar. 

Kleist: Minde-Pouet, G., Epilog zur Feier des 100. 
Todestages Heinrich von Kleists. 

Westfälisches Magazin. N. F. 3. 1912. S. 153 
— ! 57 - 

— : Wipp ermann, F„ Heinrich von Kleist. 

Bücherwelt. 9. 1911/12. S. 83—87. (Wird 

fortges.) 

Knnad: Grobe-Wutischky, A., Paul Kunad f. 

Xenien. 5. 1912. S. 67—70. 

Meyer: Weland, K., Auf Conrad Ferdinand Meyers 
Spuren. Eine Reiseskizze. 

Grenzboten. 1912. Nr. 7. S. 334—340. 

Meyrink: Scheller, W., Gustav Meyrink. 

Pan. 2. 1912. Nr. 13. S. 391 — 395 - 

Mörike: Klöß, H., Eduard Mörike. 

Die Karpathen. 5. 1912. S. 305—312. (Schluß 
folgt.) 

—: Windegg, W. E., Aus Eduard Mörikes Braut¬ 
zeit. Mit einem neu aufgefundenen Gedicht Mörikes. 

Westermanns Monatshefte. 1912. März. S. 123 
—124 mit 1 Portr. 

Nietzsche: Faguet, E., Nietzsche et les femmes. 
Revue des Deux Mondes. 1912. März 1. S. 81—95. 

—: Strecker, K., Nietzsches Deutschtum. 

Tägliche Rundschau. 1912. Unterhaltungsbeilage 
Nr. 44 vom 21. Februar. 

Rolland: Le Cardonnel, G., Ein jungfranzösischer 
Roman. (Romain Rolland; Der brennende Busch.) 

Pan. 2. 1912. Nr. 14. S. 410—414. 

Rosenow: Schmidt, C., Emil Rosenow. 

Literarisches Echo. 1912. März 15. Sp. 819—824. 

Schiller: Müller, E., Die inneren Beziehungen von 
Schillers „Kabale und Liebe“ und „Don Carlos“. 

Vossische Zeitung. 1912. Sonntagsbeilage Nr. 7 
vom 18. Februar. 

Schmidt: Dreyer, A., Ein bayerischer Volksdichter. 
Zum 80. Geburtstage Maximilian Schmidts (25. Fe¬ 
bruar 1912). 

Bayerland. 23. 1911/12. S. 428—430 mit x Por¬ 
trät. 

Shakespeare: Miller, A. E., Die erste deutsche Über¬ 
setzung von Shakespeares „Romeo and Juliet“. 

Journal of English and Germanic Philology. 11. 
1912. S. 30—60. 

Stenb: Dreyer, A„ Ludwig Steub als belletristischer 
Schriftsteller. Zum 100. Geburtsfeste des Dichters 
(20. Februar 1912). 

Bayerland. 23. 1911/12. S. 407—409. 426—428 
mit 1 Porträt. 

StOim: Böhme, F., Vergessene Geschichten Theodor 
Storms. 

Westermanns Monatshefte. 1912. März. S. 116 
—128. 


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Von den Auktionen — Neu erschienene und angekündigte Bücher 


23 


Tolstoi: Heimann, M., Tolstois Nachlaß. 

Neue Rundschau. 1912. März. S. 434—439. 

-: Poppenberg, F., Tolstois Nachlaß. 

Literarisches Echo. 1912. März 15. Sp. 811—815. 
—: Schumann, W., Tolstoi und sein Nachlaß. 

Kunstwart. 1912. H. 12. S. 364—381. 


Yerhaeren: Franck, H., Zu Verhaerens Deutschlands¬ 
reise. 

Gegenwart. 41. 1912. S. 149—152. 
Wells: Seguy, R., H.-G. Wells et la pensee contem- 
poraine. 

AI er eure de France. 1912. Februar 16. S. 673—699. 


Von den Auktionen. 


Ende April versteigert Max Perl in Berlin die 
Bibliothek eines bekannten Wiener Bibliophilen, An¬ 
fang Mai die Ex-libris-Sammlung Dr. Dillmann f, 
Wien, alte deutsche Ex-libris vom Jahre 1470—1900, 
deutsche, englische, amerikanische, französische und 
Schweizer Ex-libris des XVII.—XIX. Jahrhunderts, 
deutsche Ex libris aus dem XIX. und XX. Jahrhundert 
in Holzschnitt, Lithographie und Radierung von ersten 
Künstlern in meist signierten Abdrücken. 


Vom 20. bis 25. Mai kommen bei C. G. Boemer 
in Leipzig unter den Hammer die kostbaren und um¬ 
fangreichen Kupferstichsammlungen des Kammerherm 


von Seidlitz-Pilgramshain und Främbs-Neuwied, kost¬ 
bare Kupferstiche vom XV.—XVIII. Jahrhundert, 
deutsche und italienische Inkunabeln, Dürer und Rern- 
brandt usw. 

Am 2. April verauktioniert die Galerie Helbing in 
München alte japanische Farbenholzschnitte, vom 
6.—11. Mai H. G. Gutekunst in Stuttgart die Samm¬ 
lungen Hofmarschall v. Baidinger-Stuttgari, E.Schröter- 
Dresden, Fritz Rumpf Potsdam, II. Teil: Kupferstiche, 
Holzschnitte und Radierungen alter Meister, dabei 
bedeutende Werke von Dürer und Rembrandt, Original¬ 
radierungen, Handzeichnungen des XIX. Jahrhunderts. 


Neu erschienene und 

Die deutschen Volksbücher, herausgegeben von 
Richard Benz. Band 3: Tristan und Isalde. Jena bei 
Eugen Diederichs 1912. 

Als Fortsetzung der früher (siehe Beiblatt Juli 1921, 
S. 155) angezeigten schönen Benz’schen Volksbücher 
erscheint dieser dritte Band, der den ältesten Druck 
der Historie von Tristan und Isalde, erschienen bei 
Anton Sorg in Augsburg 1484, geschickt erneuert. Der 
Rhythmus der Sprache ist mit feinem Ohr aufgefangen 
und wiedergegeben. Die äußere Erscheinung unter¬ 
stützt den suggestiven Eindruck, der mit soviel Bewußt¬ 
sein dem primitiven und naiven Wesen dieser alten 
Geschichten angenähert ist, die aus der Zierkunst der 
Ritterepen das starke menschliche Stützwerk bewun¬ 
dernswert herauszuschälen wußten. In der Drugulin* 
Fraktur und dem schönen, wie die gesamte Ausstattung 
von dem Herausgeber entworfenen Einband zählen 
diese Bücher zu dem Besten, was wir jetzt an echter, 
formreiner Buchkunst haben. G. W. 


Neu eröffnetes moralisch-politisches Puppenspiel 
von Goethe. Et prodesse volunt Et delectare poetae. 
Walpurgis-Verlag, Schierke am Brocken. 

Einer der überflüssigsten unter allen überflüssigen 
Neudrucken. Der Pferdefuß guckt am Schlüsse heraus, 
wo die Bruchstücke und das Personenverzeichnis von 
„Hanswursts Hochzeit " an gehängt sind. Die über¬ 
mütigen Derbheiten sollen offenbar die Käuferscharen 
locken; es ist nur zu wünschen, daß diese Absicht, mit 
der ein neuer Verlag sich nicht eben rühmlich einführt, 
erfolglos bleibe. A—s. 

Aus dem alten Rom. Zwölf Aquarelle von AndrI 
Latnbert. Stuttgart, J. Hoffmann. 

Hier ist ein Maler, der uns einreden möchte, daß 


angekündigte Bücher. 

im alten Rom die Sonne nicht geleuchtet und darum 
auch das Wasser nicht geglänzt, der Marmor nicht ge¬ 
spiegelt, der Purpur nicht gestrahlt habe. Die Menschen 
aber waren so: sie hatten aschfahle Leiber und regel¬ 
mäßig geschnittene, ausdruckslose Gesichter; stumm, 
dumpf und träg brachten sie ihr Leben dahin; die 
Gottheit, zu der sie beteten, hieß Venus, war aber 
nicht die Göttin glühender Sinnlichkeit oder verzehren¬ 
der Leidenschaft, sondern matter Lüsternheit. Männ¬ 
lein und Weiblein, Freier und Knecht zeigten sich im 
Haus wie draußen gern nackt oder halbnackt; auch 
verstanden sie sich darauf, die Gewänder in Verruf zu 
bringen, indem sie durch knittrigen kleinlichen Falten¬ 
wurf die Schönheit selbst der kostbarsten Stoffe ver¬ 
darben; ihre Bewegungen litten an einer seltsam kon¬ 
trakten Steifheit, die von Würde weiter noch entfernt 
war als von Anmut. Dies alles möchte ein gelehrter 
Maler (unterstützt von einem wirklich vortrefflichen 
Drucker) uns einreden: wir aber glauben ihm nicht. 


Neue Klassikerausgaben. 

In der Reihe der Hesseschen Klassiker sind Hamer- 
lings sämtliche Werke in 16 Bändchen erschienen, mit 
einem Lebensbild und Einleitungen, herausgegeben von 
Michael Maria Rabenlechner. Es bedeutet keinen 
Mangel, daß von den zahlreichen Zeitschriftenaufsätzen 
nur ein Teil und von der „Atomistik des Willens“ ein 
einziges Kapitel aufgenommen wurde; bietet doch die 
Ausgabe ein vollständig genügendes Gesamtbüd des 
Schaffens und der Eigenart dieses starken Talents, das 
mit dem „Ahasver in Rom“ und der „Aspasia“ den 
Beweis lieferte, wie antike Motive im Gegensatz zum 
archäologischen Professorenroman dichterisch befruch¬ 
tet werden könnten. Das Zeitalter Schopenhauers und 


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Neu erschienene und angekündigte Bücher 


Eduard von Hartmanns hat sich nirgends reiner nieder¬ 
geschlagen als in der Poesie Hamerlings und des 
scheinbar so unähnlichen Wilhelm Busch. Hamerlings 
„Stationen meiner Lebenspilgerschaft“ und die übrigen 
autobiographischen Schriften strotzen freilich zu aus¬ 
schließlich von Poeteneitelkeit, als daß sie dafür zeugen 
könnten. Er sagt, der Widerwille gegen das Unwahre, 
gegen Ungenauigkeit, Schönfärberei und Phrasentum 
in der biographischen Literatur sei es hauptsächlich 
gewesen, der den Entschluß in ihm reifen ließ, die 
„kurze“ Schilderung seines eigenen Lebens (303 Diuck- 
seiten) in Angriff zu nehmen. Aber hier heißt Leben 
von dem Werden des ersten Buches an wirklich nicht 
mehr als Schreiben, Druckenlassen, Rezensiertwerden 
und jedes Wort des Lobes und Tadels begierig auf¬ 
fangen. So ist in dieser Selbstbiographie kaum etwas 
zeitgeschichtlich Wichtiges zu finden, höchstens die 
Schilderung des Jahres 1S48, das der „grüne Dichter- 
jiingling“ als Mitglied der akademischen Legion in 
Wien erlebte. Es versteht sich ja von selbst, daß der 
Dichter nicht sich selbst sub specie aeterni erblicken 
kann, aber es bleibt doch auffallend, wie literatenhaft 
Hamerling die Welt betrachtete. Auch die Biographie 
des Herausgebers ordnet das Schaffen Hamerlings 
nicht in einen größeren historischen Zusammenhang ein 
und hält allzu unkritisch den Ton unbedingter Lob¬ 
preisung fest. Der Druck der Ausgabe ist klar und 
scharf, freilich, ebenso wie der Einband, von keinem 
Hauch buchkünstlerischen Empfindens gestreift. 


In demselben Gewand bringt der Verlag Hesse 
Becker in Leipzig auch Moli eres sämtliche Werke in 
sechs Bänden, übersetzt von Wolf Grafen Baudissin , 
(durch neue Übersetzungen ergänzt), herausgegeben 
von Professor Dr. Philipp August Becker. Unter den 
drei neuen deutschen Moliercau -gaben ist diese inhalt¬ 
lich die gediegenste. Sie ist die erste vollständige, aufs 
sorgsamste kommentiert und cingeleitet unter vollstän¬ 
diger Benutzung der gesamten Literatur, mit allen Bei¬ 
gaben Molieres zu den Originaldrucken ^ausgestattet. 
Die Übersetzungen Baudissins, deren feinfühlige Eigen¬ 
art von jeher anerkannt wurde, haben durch die Über¬ 
arbeitung des Herausgebers noch gewonnen. Das 
Fehlende ist durch ihn selbst, Max Moser und Maja 
Lohr hinzugefügt worden. 

Unter den Begriff der Klassiker fällt jetzt jeder 
Dichtemame älterer Zeit, der mit noch so schwachem 
Klange in die Gegenwart fortlebt. Friedrich Baron de 
la Motte Fouque verdankt es wohl ausschließlich der 
„Undine“, daß er außerhalb des Kreises der Literar¬ 
historiker noch nicht ganz vergessen ist; und schwer¬ 
lich wird die neue reichliche Auswahl seiner Werke in 
Bongs Goldener Klassikerbibliothek den veralteten gro¬ 
ßen Roman „Der Zauberring“ mit seinem fabelhaften 
Rittertum wieder erwecken. Leichter genießbar als er 
sind die kleinen Erzählungen, namentlich „Das Galgen¬ 
männlein“, und manche der Gedichte des Vielschreibers 
bezeugen, daß ihm nur die Sammlung fehlte, um Wert¬ 
volleres zu schaffen. Auch einzelne Partien in der ersten 


Dramatisierung der Nibelungensage, die das XIX. Jahr¬ 
hundert hervorbrachte, gleich den späteren von Wag¬ 
ner und Hebbel eine Trilogie, betitelt „Der Held des 
Nordens“, bleibt schon um der Nachfolger willen be¬ 
achtenswert, wenn auch von dem Helden Sigurd immer 
das witzige Urteil Heinrich Heines gelten wird: „Er 
ist so stark wie die Felsen von Norweg und ungestüm 
wie das Meer, das sie umrauscht Er hat so viel Mut 
wie hundert Löwen und so viel Verstand wie zwei Esel“. 
Der Herausgeber Walther Ziesemer waltete seines 
Amts gewissenhaft und ohne die so häufige Verblendung, 
wenn er auch, wie recht und billig, alles vorbringt, was 
zugunsten des übernommenen Mandats sprechen kann. 
Man freut sich doch, in dem sorgsam und klar ge¬ 
druckten, dabei auch äußerlich recht gefälligen Bande 
von über 900 Seiten für den bescheidenen Preis von 
M. 2.50 nun auch diesen Dichter bequem zur Hand zu 
haben. 


Groß ist die neue historisch-kritische Ausgabe 
von Bornes Werken angelegt, die, ebenfalls im Verlag 
von Bong Co. t von Ludwig Geiger in Verbindung 
mit anderen besorgt wird. Sie will die erste wissen¬ 
schaftliche sein und auch die Briefe darbieten. Bis 
jetzt sind drei Bände erschienen, auf dem Titel des 
ersten prangen nicht weniger als vier Bearbeiter: ab¬ 
gesehen von der Einleitung Alfred Klaars — Ludwig 
Geige?, Leon Zeitlin und Erwin Kalischer. Er ent¬ 
hält die Jugendschriften und den ersten Teil der drama¬ 
turgischen Blätter, die in dem zweiten Bande beendigt 
sind. Plier beginnen dann die reizvollen vermischten 
Aufsätze und werden im dritten Bande fortgeführt. Die 
Ausgabe erweckt in jeder Beziehung einen günstigen 
Eindruck. 


Die erstaunliche Energie des Verlags Georg Müller 
in München läßt neben einander eine ganze Reihe von 
Gesamtausgaben schnell fortschreiten. Der Propyläen - 
Goethe , dessen Schönheit wir schon des öfteren rühmten, 
steht bereits beim zwölften Band, der in der bekannten 
chronologischen Anordnung Erzeugnisse der Jahre 1798 
und 1799 bringt. Die Horenausgabe von Schillers 
Werken gelangte mit dem fünften Bande bis zu den in 
Weimar 1788 und in Jena vor Schillers schwerer Krank¬ 
heit entstandenen Schöpfungen. Den größten Teil füllt 
die „Geschichte des Abfalls der Niederlande“. Zum 
Glück ist jetzt auch endlich mit dem schlechten Grund¬ 
satz der Anonymität gebrochen worden. Der befähigte 
und gewissenhafte Herausgeber Conrad Hofer wird 
genannt und trägt mit der Verantwortung auch die 
Ehre seiner außen und innen gediegenen Leistung. 


Von Clemens Brentanos sämtlichen Werken , die 
Carl Schüddekopf für Georg Müller besorgt, liegen 
wieder zwei neue Bände vor. Der 13., enthaltend 
die „spanischen Novellen“ und den „Goldfaden“, 
geschmückt mit den alten Holzschnitten, wurde von 
Heinz Amelung und dem Herausgeber selbst bearbeitet. 
Die Frage, ob Brentano oder seine Gattin Sophie die 
spanischen Novellen geliefert habe, wird dahin entschie- 


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Neu erschienene und angekündigte Bücher 


25 


den, daß Sophie einige der Novellen ganz oder teilweise 
wortgetreu übertragen, und daß Clemens den so entstan¬ 
denen Text überarbeitet hat. Sehr nützlich ist die Zu¬ 
sammenstellung aller Zeugnisse für die Aufnahme des 
von den Gegnern der Romantik heftig befehdeten 
Buches. Der erste Teil des 14. Bandes bringt, besorgt 
von Wilhelm Oehl und CarlSchüddekopf, den Anfang der 
religiösen Schriften. In der umfangreichen Einleitung 
Oehls zu der wenig beachteten, aber bedeutsamen 
Schrift „Die Barmherzigen Schwestern in bezug auf 
Armen- und Krankenpflege“ sei bemerkt, daß Dohmke 
(S. VII) ein Femininum ist Das „Lebenswerk“ des 
katholischen Brentano, die Passionsgeschichte der Anna 
Katharina Emmerich, hat als Erbauungsbuch weit über 
das deutsche Sprachgebiet hinaus gewirkt und verdient 
deshalb wohl die Bezeichnung als „ein europäischer 
Kulturfaktor von unübersehbarer ästhetischer und ethi¬ 
scher Bedeutung“. Das einseitig ablehnende, zum 
großen TeÜ wohl befangene Urteil der zünftigen Lite¬ 
raturgeschichte über dieses merkwürdige und bedeu¬ 
tende Buch wird zu revidieren sein. 


Auch von E. T. A. Hoffmanns sämtlichen Werken, 
die Carl Georg von Maassen bei Georg Müller mit dem 
höchsten buchtechnischen und wissenschaftlichen Auf¬ 
wand ediert, ist wieder ein Band, der sechste, er¬ 
schienen. Er entspricht dem zweiten Teil der Serapions- 
Brüder; der erste mit der Gesamteinleitung wird erst 
am Schlüsse geliefert werden. Hohe Anerkennung 
verdient auch hier die Sorgfalt der Textkritik und die 
Fülle der erläuternden Beigaben. 


Immer weiter gestaltet der Tempel-Verlag seine 
Klassikerreihe aus. Der Schiller ist zu Ende geführt 
worden, und gleichzeitig liegen schon Mörikes sämt¬ 
liche Werke in Franz Deibels Redaktion vollständig 
vor. Vielleicht hat sich die Weiß-Fraktur noch keinem 
der Dichter dieser Sammlung so stilgerecht ange¬ 
schmiegt wie diesem romantischen Vorläufer der Mo¬ 
derne. Auch der Halbpergamentband wirkt durch den 
Farbenzweiklang Weiß-Blau besonders anmutig. Fein 
ist auch der Akkord des einzigen braungelben Bandes 
mit rotem Schnitt, in dem die Tempel-Klassiker Johann 
Peter Hebels Gedichte und das „Schatzkästlein des 
Rheinischen Hausfreundes“ darbieten. Emil Strauß, 
einer der besten unter den heutigen alemannischen 
Dichtern, hat den Druck überwacht, und unter dem be¬ 
scheidenen Titel „Hebel in seinen Briefen. Mit Erläu¬ 
terungen“ eine anmutige Biographie gegeben. Auch 
Eckermanns Gespräche mit Goethe durften unter den 
Tempel-Klassikern nicht fehlen. Monty Jacobs fügt zu 
ihnen aus dem Nachlaß Eckermanns die Äußerungen 
über den zweiten Teil des „Faust“ und Proben aus 
Sorets „Conversations avec Goethe“, die erst jüngst im 
französischen Urtext zugänglich wurden. Das Nach¬ 
wort wird dem Verdienste Eckermanns völlig gerecht 
und gibt ihm doch nicht mehr als ihm zukommt. Auch 
die Entstehung der „Gespräche“ unter den Auspizien 
des Meisters ist richtig dargestellt, ihr künstlerisches 
Z. f. B. 1912/1913. 


Wiedergeben von Goethes Tonfall mit Recht gerühmt. 
Ein reichhaltiges Register erhöht den Wert der schönen 
Leistung. 


Der Insel-Verlag in Leipzig bot den zweiten und 
dritten Band von Nikolaus Lenaus sämtlichen Werketi 
und Briefen in sechs Bänden, herausgegeben von 
Eduard Castle . Der zweite Band enthält die epischen 
Dichtungen: „Faust“, „Helena“, „Savonarola“, „Die 
Albigenser“ und das „Don Juan “-Fragment; eine schöne 
Silhouette Lenaus und ein vortrefflich wiedergegebenes 
Blatt der Fausthandschrift schmücken ihn. Der dritte 
Band bringt den ersten Teil der Briefe, bis zum März 
1836 reichend. Der Brief an die Mutter und das schöne 
Knabenbildnis des Dichters sind sehr erfreuliche Zu¬ 
gaben. Über das Äußere dieser schönen Ausgabe 
haben wir schon bei Gelegenheit des ersten Bandes 
gesprochen (vergleiche Beiblatt, April 1911, Seite 28). 
Der Druck in der Unger-Fraktur macht sie zu einem 
würdigen Seitenstück unseres besonderen Lieblings, 
des Insel-Kleist, und in dem schönen, von E. R. Weiß 
gezeichneten Lederbande erhielt sie ein besonders 
prächtiges Gewand. Soweit ohne den kritischen Appa¬ 
rat, den erst der sechste Band bringen soll, geurteilt* 
werden kann, entspricht die Sorgfalt der Bearbeitung 
diesem Gewände. 


Ebenso liegt von der neuen Gesamtausgabe Hein¬ 
rich Heines, die Oskar Walzel für den Insel- Verlag be¬ 
sorgt, als Fortsetzung der zweite, sechste, siebente und 
neunte Band vor, jeder zu dem bÜligen Preise von 
M. 3.—, solide in Halbpergament gebunden. Band 2 
bringt die „Neuen Gedichte“, „AttaTroll“ und „Deutsch¬ 
land“; der sechste und siebente den Anfang der Pariser 
Prosa, der neunte die „Lutezia“ und eine Anzahl klei¬ 
nerer Aufsätze. Die Arbeit der Herausgeber, zu denen 
Jonas Fränkel, Walther Gensei, Albert Leitzmann und 
Julius Petersen zählen, erweist sich als gründlich und 
geschmackvoll, zumal durch die außerordentliche 
Knappheit des Kommentars. Wenn das Folgende, wie 
nicht zu bezweifeln ist, dem ersten Drittel entspricht, 
wird sich diese Ausgabe durch ihren streng wissen¬ 
schaftlichen Charakter die erste Stelle neben der von 
Elster erringen, während sie durch ihre Ausstattung 
ohne Zweifel allen früheren überlegen ist. 


Die Herdersche Verlagshandlung in Freiburg im 
Breisgau brachte in zweiter umgearbeiteter Auflage 
Dantes poetische Werke in vier Bänden. Der italienische 
Text ist der formschönen und als meisterhaft allgemein 
anerkannten Übertragung Richard Zoozmanns Seite für 
Seite gegenüber gestellt, was neben der Vollständigkeit, 
die keine frühere deutsche Danteübersetzung bot, dem 
großen Unternehmen schon allgemeinen Beifall sichern 
wird. Die feinsinnigen, vor allem vom ästhetischen 
Standpunkt aus die Werke würdigenden Einführungen 
Constantin Sauters und die ausführlichen Anmerkungen 
und Register sind die willkommensten Zugaben. Buch¬ 
technisch interessant ist die Art, wie der Kommentar 
den Bänden eingefügt wurde. Er bildet in jedem der 

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Kleine Mitteilungen 


Bände ein Sonderheft, das durch einen starken Lein¬ 
wandfalz mit dem Außenrande des hinteren Buchdeckels 
verbunden ist und herausgeklappt werden kann. So 
wird dem Leser alles lästige Vor- und Zurückblättem 
erspart und er kann den Blick mit Leichtigkeit von dem 
Text auf die Erläuterungen hinüberlenken. Neben allen 
andern vortrefflichen Eigenschaften dieser Ausgabe 
muß auch ihr sehr mäßiger Preis (M. 20.— in Leinen, 
M. 30.— in Pergament für vier starke Bände) gerühmt 
werden. 


Bedingt darf in die Reihe der Klassiker auch der 
jung verstorbene Wilhelm Heinrich Wackenroder auf¬ 
genommen werden. Man weiß, daß von den „Herzens¬ 
ergießungen eines kunstliebenden Klosterbruders“ und 
den „Phantasieen über die Kunst“ Wirkungen ausge¬ 
gangen sind, die sich über das gesamte Kunstbereich 
der folgenden Zeit erstreckt haben, und daß der von 
Wackenroder inspirierte Roman Ludwig Tiecks, „Franz 
Stembalds Wanderungen“ die Grundlage des Nazarener- 
tums in der Malerei wurde. Wackenroder hat nicht 
nur den Begriff der „Kunstfrömmigkeit“ geprägt, er ist 
nicht nur der Entdecker Nürnbergs, er wußte auch die 
Sprache als Künstler zum Ausdruck feinster Innerlich¬ 
keit zu formen und in ihr das Bild seiner reinen, weh¬ 
mütigen Jugend abzuprägen. Wir danken Friedrich 
von der Leyen und dem Verlag Eugen Diederichs in 
Jena für die zwei zierlichen Bände, in denen sie uns die 
Werke und Briefe Wackenroders gegeben haben; wie 
man es bei den Ausgaben des Verlags Diederichs ge¬ 
wohnt ist, ohne alle gelehrten Zugaben, jedoch mit 
jener gewissenhaften Sorgfalt, zu der das Amt des lite¬ 
rarischen Testamentsvollstreckers in jedem Falle ver¬ 
pflichten sollte, und mit der Liebe, die nur aus innigem 
Einfühlen in den Gegenstand erwachsen kann. 


Ein wenig von der Blindheit jeder echten Liebe 
darf auch dem Herausgeber zugestanden werden und 
am meisten, wenn es eine erste Liebe ist. Von solcher, 
aus zärtlicher Anbetung und dem heimlichen Stolz des 
beglückten Anbeters gemischten Empfindung zeugt die 
schwungvolle Einleitung Paul Zifferers zu seiner Über¬ 
setzung der Jugenddichtungen Gustav Flauberts. Zum 
ersten Male werden wir mit den Anfängen des großen 
Romancier^ beschenkt, und erstaunt entdecken wir 
nichts von jener impassibiliU t die seinen reifen Werken 
oberstes Gesetz war. Ein leidenschaftliches Feuer tobt 
sich in der grellen Theatralik historischer Szenen aus, 
für die der ältere Alexander Dumas und Victor Hugo, 
Vitet und M^rimde die Muster hergaben. Auf der 
Bühne erblickt man diesen Stil nur noch im „Trouba¬ 
dour“ und den Opern Meyerbers, in der Erzählungs¬ 
kunst ist er ganz verschwunden. Aber der Kinemato- 
graph lockt durch ihn die Massen (und nicht nur die 


künstlerisch Unempfindlichen) in unseren Tagen von 
neuem mit unwiderstehlichem Reiz. So wird auch dieser 
starke Band in seinem ersten Teil, den „Historien und 
Legenden“, jetzt wieder vielen Lesern als eine die Ner¬ 
ven spannende Unterhaltungslektüre willkommen sein, 
nicht minder der zweite, „Erzählungen und Visionen“, 
der, voll stärkeren persönlichen Gehalts, in die dunklen 
Pfade Edgar Poes und Baudelaires einlenkt. Als ein 
glänzendes Virtuosenstück sei hier namentlich die Novelle 
„Bücherl“, die Tragödie eines Bibliomanen, hervorge¬ 
hoben. J. C. C. Bruns ' Verlag in Minden , dem wir die 
große Gesamtausgabe Flauberts verdanken, hat diesen 
Band unter der Leitung von F. H. Ehmke auf ein schö¬ 
nes van Gelder-Bütten drucken und in einen Halbfranz¬ 
band mit ungewöhnlich dekorativem Rücken binden 
lassen. 


Als Seitenstück zu der monumentalen Ausgabe des 
Nibelungenliedes hat der Hyperion-Verlag Hans von 
Weber in München bei EnschecU en Zonen in Haar¬ 
lem die Kudrun drucken lassen. Dieselbe wundervolle 
Gotisch, dieselbe typographische Schönheit, frei von 
jeder ornamentalen Beimischung, und dieselbe Würde 
des Gesamteindrucks machen diesen Band zu einem 
ebenso unentbehrlichen Besitz für den Bücherfreund 
wie seinen Vorgänger. P—e. 


Catalogus van boeken in Noord - Nederland ver¬ 
sehenen van den vroegeten tijd tot op heden. Samen- 
gestelt door deTeutoonstellings-Commissie der nationale 
Teutoonstelling van het boek, juni—augustus 191a 
Uitgave van de vereeniging ter beoordering van de 
belangen des boekhandels. 'S Gravenhage, Martinas 
Nijhoff, 1911. Wie der Titel angibt, ist dieser um¬ 
fangreiche Gesamtkatalog der niederländischen Lite¬ 
ratur (im heutigen Sinne) eine Frucht der Buchaus¬ 
stellung , die bei Gelegenheit des internationalen 
Verlegerkongresses im vorigen Jahre in Amsterdam 
veranstaltet wurde. Die Einteüung ist dem sogenannten 
Dezimalsystem entlehnt und innerhalb jeder Rubrik 
chronologisch. Für häufiger erschienene Bücher werden 
nur die ersten Ausgaben genannt So empfangt man 
für aUe Wissenschaftsgebiete ein Bild ihrer Entwicklung 
in Holland von der Erfindung der Buchdruckerkunst 
bis 1910, wenn auch kleinere Gelegenheitsschriften, 
Schulbücher, alle Zeitschriftenaufsätze und Sonderab¬ 
drücke fehlen. Als Grundlage einer späteren allgemeinen 
niederländischen Bibliographie und als Nachschlage- 
buch verdient das Werk, das durch Zusammenwirken 
zahlreicher Kräfte entstanden ist, Dank. Noch nütz¬ 
licher würde es freilich sein, wenn die Abteilungen nicht 
einzeln paginiert wären, und wenn ein Generalregister 
der Namen die zehn Personenregister zusammenfaßte. 
Der Preis beträgt M. 30.— G. W. 


Kleine Mitteilungen. 


Im Buchgewerbemuseum zu Leipzig ist eine reiche 
Auswahl aus dem Karikaturenwerk des englischen 
Zeichners Thomas Rowlandson (1756—1827) ausgestellt. 
Sie stammt aus dem Besitz des bekannten Sammlers 


und Schriftstellers Eduard Fuchs. Bei dem Nebenein¬ 
ander so vieler Blätter merkt man doch, daßRowlandsons 
Ausdrucksfähigkeit ziemlich beschränkt war, daß es 
nur eine einzige Seite des vielgestaltigen Lebens war, 


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Kleine Mitteilungen 


2 7 


deren äußerliche Komik ihn reizte. Er war kein Satiriker, 
kein Ankläger, sondern ein gutmütiger Humorist, und 
dabei oberflächlich, leidenschaftslos, nur neugierig, so 
wie seine Helden, die sofort das Fernrohr zur Hand 
haben, wenn es „etwas zu sehen' 1 gibt. Seine Kunst 
erschöpft sich in der Modelaune und dem öffentlichen 
Gebahren seiner Zeit. Man liebte große körperliche 
Üppigkeit, die man freimütigst zur Schau trug. Hier 
setzt Rowlandson ein. Er komponiert schreckliche oder 
ulkige Geschichten, lächerliche Situationen, um seine 
Nacktheiten dokumentieren zu können. Und es macht 
ihm Spaß, dem Beschauer auch, denn er beleidigt nicht, 
er ist wie gesagt innerlich harmlos. Schon die Verall¬ 
gemeinerung seiner Typen enthebt seine Darstellung 
einer eindringenderen, spezielleren Charakteristik. Es 
ist immer wieder der komische Alte mit der unter¬ 
setzten Statur, dem großen Kopf, der bizarren Nasen- 
und Mundform, sein Typus des Genießers, dann die 
junge, hübsche Frau mit der quellenden Leibesfülle 
und dazu ein paar Statisten. Seine künsderischen Aus¬ 
drucksmittel sind im gleichen Maße reduziert. Seine 
Linie an sich spricht nicht, sie dient nur zur Bestimmung 
und Begrenzung einer Fläche, deren leuchtende 
Färbung die sinnlichen Eindrücke vermitteln soll. Da¬ 
her bevorzugt Rowlandson die Aquatintamanier, die in 
seiner Behandlung stets auf Kolorierung Bedacht 
nimmt. Am höchsten aber könnte man seine formale 
Gestaltungskraft einschätzen, die die schwierigsten Be- 
wegungsmodve zu meistern versteht. Seine Fleisch¬ 
massen sind immer in Aufruhr; ein ewiges Drängen, 
Stoßen, Fallen verleiht seinen Darstellungen eine köst¬ 
liche Lebendigkeit. 

Aus Rowlandsons Stoffgebiet seien einige Haupt¬ 
momente gegeben. Selbst das schrecklichste Unglück 
faßt er immer von der komischen Seite an und benutzt 
es nur als Vorwand. Eine Feuersbrunst bietet ja Ge¬ 
legenheit genug, die Menschen im Nachthemd zu 
zeigen. Manche schöne Jungfrau wird heldenmütigst 
gerettet, manche muß aber auch eine Leiter herunter¬ 
steigen, die eifrig von zwei glotzenden Kerlen gehalten 
wird. Oder der sehr bekannte Absturz von der steilen 
Treppe, exhibition Stare case, wo es in der Begeisterung 
des Zusehens den Herren natürlich nicht einfällt, den 
halbnackten Schönen wieder aufzuhelfen. Trotz der 
heiklen Situation ist die Darstellung so grotesk, daß 
man es als das nimmt, was es sein soll, als einen 
Scherz in rein künstlerischer Behandlung. Den kleineren 
Fährlichk eiten des menschlichen Lebens gewinnt 
Rowlandson auch immer die pikant humoristische Seite 
ab. Frauen, die aus einem Wagen fallen oder mit dem 
Rock hängen bleiben, bieten in ihrem Unglück den 
Zuschauern immer Stoff zum Lachen. Alles rennt her¬ 
bei, um sich ja nichts von dem Anblick entgehen zu 
lassen. An den Haaren muß die Gattin ihren über¬ 
eifrigen Mann fortzerren. Unter dem Wagen kauern 
die guten Leute, um einer Frau beim Einsteigen zuzu¬ 
sehen. 

Die Modetorheiten, an denen die damalige Zeit 
sehr reich war, boten auch gegnügend Stoff dem 
witzigen Schilderer. The bum shop, beim Steißschneider, 
karikiert sehr treffend, welchen Verunstaltungen man 


seinem Körper schuldig zu sein glaubte^ Es gibt sehr 
viele Blätter Rowlandsons, die dieses Gebiet in allen 
seinen Unglaublichkeiten behandeln. Es gelingt ihm 
auch manche hübsche Szene genrehafter Art Reizend 
ist die junge Frau, die ihrem tölpelhaften Gatten beim 
Rasieren den Spiegel hält. Zum Schlüsse mag noch 
auf ein Blatt hingewiesen werden, das einen Schlächter 
darstellt, wie er einem Stück Vieh die Eingeweide 
ausnimmt. Dieser brutale Kerl mit dem Messer im 
Maule—die Hände braucht er zur Arbeitsverrichtung — 
hat etwas von der typischen Größe und Kraft, die die 
Kunst eines Daumier vorausahnen läßt 

In den unteren Räumen des Buchgewerbehauses 
zeigt die Königliche Akademie für graphische Künste 
und Buchgewerbe ihre Schülerarbeiten. Man gewinnt 
den bestimmten Eindruck, daß den jungen Leuten 
lebendige Kunstwerte vermittelt werden, daß sie nicht 
in akademischem Formalismus großgezogen und von 
den Anschauungen und Forderungen unserer Zeit fern- 
gehalten werden. Es genügt schon, die Studien der 
vorbereitenden Klassen anzusehen, die Akt- und 
Porträtzeichnungen, die Tempera- und Ölmalereien, 
die im Farbenauftrag und in der Verwendung reiner, 
leuchtender Farben sich ganz bewußt den neuen 
künstlerischen Zielen anschließen. 

Das eigentliche Arbeitsfeld liegt aber in den Werk¬ 
stätten, wo alle Zweige der Graphik und des Buch¬ 
gewerbes mit besonderer Berücksichtigung und Sorg¬ 
falt ihrer technischen Herstellung gelehrt werden. Die 
ausgestellten Arbeiten geben einen guten Überblick 
über die Mannigfaltigkeit der Unterrichtsgegenstände 
und über die erfolgreiche Tätigkeit des künstlerischen 
Nachwuchses. Dr. Hans Wolff. 


Die rührige Direktion der Königlichen Graphischen 
Sammlung in München hat durch Dr. Bredt einen 
Sachkatalog der reichen Sammlung hersteilen lassen, 
der ein Muster von Klarheit und Bequemlichkeit, und 
der wirklich imstande ist, jedem in Schnelligkeit zu 
dem Material der Sammlung zu verhelfen, das er gerade 
nötig hat Wie nützlich ein solcher Katalog speziell in 
München ist, wo zahllose Kunststudierende und Kunst¬ 
interessenten, aber auch die Handwerker vielfach auf 
die Schätze der Königlichen Graphischen Sammlung an¬ 
gewiesen sind, braucht wohl nicht hervorgehoben zu 
werden. Dr. Bredt hat einen Stichwort-Katalog verfaßt, 
der in 300 Stichwörtern alles das kategorisiert, was in 
der Sammlung enthalten ist Wie sehr diese Ein¬ 
teilung ins Detail geht, mögen solche Stichwörter, wie 
„ Akrobaten ", „ Apokalypsen“, „Autosport 11 , „Backfische“, 
„Clat'robscur“, „Korpsstudenten“ % „Kostümfeste“, „ Wa¬ 
gen“, „ Wahrsagen aus Karten „ Wasserspeier “ und 
andere mehr dartun. Diese Stichwörter verweisen auf 300 
Zettel-Abteilungen, die in zwölf nach Gruppen geordneten 
undüberschriebenen Zettel-Kästen verteilt sind; daneben 
aber findet sich auch noch an den Wänden aufgehängt 
eine Zeit- und Stiltafel, die wiederum auf die einzelnen 
Abteilungen verweist Dabei sind die Zeiten oder 
Perioden durch eine Anzahl die Länge der Tafel herab¬ 
laufende Periodenbezeichnungen aufgeteilt, die von 
„vorgeschichtlich“ bis ins „XX. Jahrhundert“ führen. 


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28 


Kleine Mitteilungen 


Die Breite der Tafel entlang laufen die Kunstarten, wie 
Zeichnung, Kupferstich, Holzschnitt usw. Zeit- und 
Stiltafel und Stichwort-Katalog reichen sich dann wieder 
die Hände, indem zum Beispiel im Stichwortkatalog 
bei Stilbezeichnungen wie Altchristliches, Byzantinisches 
und dergleichen auf die Zeittafel verwiesen ist, wo 
alle Katalogabteilungen auf einer Zeile genannt sind, 
die hierfür in Betracht kommen. Außerdem steht noch 
ein Führer durch die Graphische Sammlung zur Ver¬ 
fügung, der die Materialien der aufgestellten Kataloge 
und der 15 Spezialkataloge resümiert. — Ebenso 
nützlich ist ein soeben erschienenes Verzeichnis der 
wichtigsten Miniaturhandschriflen der Königlichen Hof- 
und Staatsbibliothek München , das der Vorstand der 
Handschriftenabteilung, Dr. Georg Leidinger , herge¬ 
stellt hat. Das Verzeichnis ist hervorgegangen aus 
dem Katalog, der gelegentlich des zu München tagen¬ 
den IX. Internationalen kunsthistorischen Kongresses 
im September 1909 für die in der Hof- und Staats¬ 
bibliothek eingerichtete Ausstellung zur Geschichte der 
Miniaturmalerei von Dr. Leidinger abgefaßt wurde. 
Der Katalog ist nunmehr in dem vorliegenden neuen 
Verzeichnis stark vermehrt und verbessert und enthält 
die Beschreibung von 252 der wichtigsten Miniatur¬ 
handschriften aus einem nicht gezählten, aber wohl 
aus 1000 minderten Handschriften bestehenden Mün¬ 
chener Besitz. Dem Verzeichnis ist noch ein Register 
der Signaturen der beschriebenen Handschriften bei¬ 
gefügt, in welchem außerdem die Nummern der photo¬ 
graphischen Einzelaufnahmen vermerkt sind, welche 
in einer Anzahl von vielen Tausenden Einzelblättem 
bereits von dem Hofphotograph Teufel aufgenommen 
sind. Dieser Katalog ist nicht allein ein ausgezeichneter 
Führer für die Besucher der Staatsbibliothek selbst, 
sondern wird, namentlich auch durch das angefügte 
Register, den auswärtigen Gelehrten bedeutende Dienste 
leisten können, die sich nach diesem Katalog mit 
Leichtigkeit die betreffenden Teufelschen Photo¬ 
graphien aussuchen und bestellen können. M. 


Zu den vielen wertvollen Schätzen der Samm¬ 
lung Huth in New York gehörte auch ein Exemplar 
der ersten Ausgabe der Gedichte von Robert Bums, 
die schon seit Jahren zu den größten Seltenheiten 
des Büchermarktes gerechnet wird. Exemplare die¬ 
ser Ausgabe, und besonders gut erhaltene Exemplare 
sind in der Tat so selten, daß der kleine und dünne 
blau-weiße Oktavband, den John Wilson in Kilmar- 
nock im Jahre 1786 druckte, heute fast ein kleines 
Vermögen darstellt. Das Bändchen wurde, wie die 
New Yorker „Sun“ mitteilt, damals vom Verleger 
zum Preise von 72 Cents angesetzt Die Gesamt¬ 
zahl der Auflage betrug 612 Stück, und der Dichter 
mußte sich nach Abzug aller Kosten für Druck, Pa¬ 
pier und Einband mit dem bescheidenen Ertrag von 
96 Dollars begnügen. Noch um die Mitte des neun¬ 
zehnten Jahrhunderts konnten Exemplare davon ge¬ 
legentlich für 25 Cents erworben werden; in der 
Mitte der siebziger Jahre dagegen begann gerade 
bei diesem Buche ein gewaltiger „Boom“ einzusetzen, 


der seinen Preis auf das 3000- bis 7ooofache des ur¬ 
sprünglichen Verlagspreises trieb. Der höchste Preis, 
der bisher für das Buch bezahlt worden ist, waren 
wohl die 4800 Dollars, für die im Jahre 1909 die 
Trustees des Bums-Hauses das besterhaltene da¬ 
malige Exemplar erwarben; über die übrigen Höchst¬ 
preise seit dem Beginn der siebziger Jahre gibt die 
nachfolgende Übersicht Auskunft: 


Unbenanntes Exemplar, Edinburg 1874 

19 

£ 

Laings, 

Sotheby 1879 

90 

99 

Craigs, 

„ 1888 

in 

M 

Unbenannt, 

„ 1890 

107 

„ 

Gaisfords, 

„ 1890 

120 

„ 

Youngs, 

„ 1890 

100 

*1 

Auchinlecks, 

.. 1893 

102 

„ 

Baronets, 

„ 1896 

121 

„ 

Lambs Nr. 1, 

Edinburg 1898 

572.5 

.. 

Veitchs, 

1903 

ioeo 

»» 

Van Antwerps, 

1907 

700 

„ 


Die Geschichte dieser Bücher in ihrer Wande¬ 
rung von Besitzer zu Besitzer zu erforschen, wäre 
gewiß eine interessante, aber kaum sehr lohnende 
Aufgabe; denn die weitaus überwiegende Mehrzahl 
derselben ist jedenfalls unwiederbringlich verloren, 
und man darf sehr zweifeln, ob heute von der ein¬ 
stigen Auflage von 612 Stück noch mehr als 30 oder 
40 vorhanden sind. Das Britische Museum besitzt 
zwei Exemplare dieses Buches, von denen das eine 
insbesondere darum wertvoll ist, weil es zusätzliche 
Verse und sonstige schriftliche Eintragungen von 
Bums Hand enthält (Börsenblatt) 


In Lichterfelde verschied am 7. März im Alter 
von 36 Jahren unser verehrter Mitarbeiter Emst 
Schur. Er war ein Dichter und Kunstkenner von 
seltener Feinheit und diese Eigenschaften bewährten 
sich namentlich in den zahlreichen, stets gehaltvollen 
Bücherbesprechungen, die er zur „Zeitschrift für Bücher¬ 
freunde“ beigesteuert hat 


Das Germanische Nationalmuseum in Nürnberg 
hat im letztverflossenen Jahre für seine Bücherei eine 
Anzahl sehr wertvoller alter Stammbücher erworben, 
über die Herr Dr. H. Höhn demnächt in unserm 
Hauptblatt N äheres mitteilen wird. Die meisten stammen 
aus der berühmten Sammlung des Geh. Rats Fried¬ 
rich Wamecke und wurden auf einer Versteigerung 
in Leipzig erstanden aus Mitteln, die der Opfersinn 
alter Nürnberger Patrizierfamilien zur Verfügung gestellt 
hat Als die wertvollsten Stücke seien angeführt: das 
Stammbuch des Predigers an der Spitalkirche Nürn¬ 
berg Georg Werner, das Einträge von Nikodemus 
Frischlin, Johann Praetorius, Hans Leo Häßler (eine 
kleine Komposition) usw., dazu auch eine von Melanch- 
thons Sohn beglaubigte Aufzeichnung Luthers enthält, 
ferner das auch künstlerisch ausgestattete Stammbuch 
des Ulrich Johann Starck und dasjenige des Hieronymus 
Kreß mit einer Eintragung Wallensteins aus dessen Alt¬ 
dorfer Studentenzeit und verschiedenen Darstellungen 
aus dem Studentenleben in Aquarellmalerei Diese 
drei Bücher gehören noch dem XVI. Jahrhundert 


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Literatur und Justiz. 


29 


an. Aus dem XVII. Jahrhundert wären hervorzuheben 
zwei Harsdorffersche Stammbücher sowie die des 
Marcus Carl Tücher, Leonhard Grundherr, Paulus 
Christoph Gugel und des Gebhard Gerdner, eines 
Altdorfer und dann Jenenser Studenten mit großem 
Bekanntenkreise, aus dem XVIII. Jahrhundert end¬ 
lich ein Stammbuch des Nürnberger Theologen Fried¬ 
lich Kordenbusch, des Altdorfer Studenten Georg 
Dehler und insbesondere das reichhaltige Stamm¬ 
buch des Karl Friedrich Treuttel, eines jungen Stra߬ 
burgers, der in den Jahren 1788—1791 eine große 
Reise durch Deutschland machte und bei dieser Ge¬ 
legenheit zu den Berühmtheiten der verschiedenen 
Städte in Beziehung trat. Dieses letztere Stamm¬ 
buch, in das sich auch Wieland, Goethe, Schubart, 
Pfeffel, Salzmann, Uz, Joh. Reinhold Förster u. a. 
eingetragen haben und das auch künstlerisch reich 
ausgestattet ist, wurde nicht auf der Auktion War¬ 
necke, sondern anderweitig erworben. 


Ein überaus reicher Fund von antiken Schrift¬ 
stücken aus Ton, sogenannte Ostraka, ist von dem 
bekannten Gelehrten Dr. Karl Maria Kaufmann in 
Ober-Ägypten gehoben und für die Frankfurter An¬ 
tikensammlung bestimmt worden. Dieser literarische 
Schatz besteht aus 700 Schriftstücken, in fünf ver¬ 
schiedenen Sprachen. Neben talmudischen, griechi¬ 
schen und koptischen Texten, die in der Mehrzahl 
vorhanden sind, kommen aramäische und arabische 
vor. Nach dem Ergebnis der ersten wissenschaft¬ 
lichen Prüfung befinden sich unter anderem Material 
private und kaufmännische Korrespondenzen, litera¬ 


rische Texte, Rechnungen und andere kulturhistorische 
und sprachwissenschaftlich wertvolle Dokumente. 

(Berlintr Tageblatt) 


Anfang Februar ist aus einem Bethause in Leip¬ 
zig ein altes handschriftliches Notenbuch mit latei¬ 
nischen und hebräischen Kompositionen in schwarzem 
Ledereinband gestohlen worden, das auf dem Deckel 
mit dem Namen „M. Wach “ bezeichnet ist und 500 M. 
Wert besitzt Der Altertumswert beziffert sich jedoch 
bedeutend höher. Der Dieb wird in einem unbe¬ 
kannten Menschen vermutet, der sich am 4. Februar 
in der betreffenden Andachtsstätte aufgehalten hat 
Er ist 30—35 Jahre alt, 1,70 Meter groß, schmächtig, 
hat länglich-blasses Gesicht, Anflug von schwarzem 
Schnurrbart und hat dunklen Anzug, schwarzen Über¬ 
zieher und ebensolchen steifen Hut getragen. 


Auf Günthersdorf bei Neusalz ist jetzt im Besitze 
des Herrn von der Lancken-Wakenitz die Bibliothek 
Wilhelm von Humboldts aufgefunden worden. Hum¬ 
boldt hatte sie ursprünglich auf seinen Sohn Her¬ 
mann vererbt. Der Fund forderte ein bisher ver¬ 
loren geglaubtes Werk Humboldts zutage, die bis 
zur Widmung ganz druckfertige Schilderung der bas- 
lrischen Reise, die Humboldt im Jahre 1801 unter¬ 
nommen hat Dank dem Entgegenkommen des 
Herrn von der Lancken-Wakenitz wird die Hand¬ 
schrift in dem für Supplemente bestimmten 13. Bande 
der von der Berliner Akademie der Wissenschaften 
herausgegebenen „Gesammelten Schriften Wilhelm 
von Humboldts“ erscheinen. 


Literatur und Justiz. 


Im Laufe der letzten Wochen wurden folgende 
Beschlagnahmen verfugt, bezw. durch gerichtliches 
Urteil bestätigt: 

Faschingsnummer der „Berliner Blauesten Nach¬ 
richten“; 

Aus dem Tagebuch eines Homosexuellen (Bernhards 
Verlag, Stuttgart); 

Johannes Tralow , Kain der Heiland (Berlin, Concordia); 
Wiener Karikaturen Nr. 6, 8; 

Willy , Pimprenette (Budapest, G. Grimm); 

Pierre Waldagun , Die Lehren Lisbeth Lottias 
(Budapest, G. Grimm); 

Tristan Bernard, Zwei Frauenfreunde (Budapest, 
G, Grimm); 

K. H. Hirsch, Ein alter Mordskerl (Budapest, G. 
Grimm); 

Hans Hoya , Chaine anglaise (Budapest, G. Grimm); 
Jean qui rit, Witzpetarde (Budapest, G. Grimm); 

Der Mann im Purpur und anderes (Budapest,C. Grimm); 
Die Schönheit der Frauen, Neue Folge, 1. Lief. 

(Berlin, Hermann Schmidt); 

Nackte Schönheit, 1., 4., 5., ix. Lief. (Berlin, Hermann 
Schmidt); 

Der Komet (München) Nr. 4; 


Sekt, zahlreiche Nummern des 6.—8. Jahrgangs; 

Le Frou-Frou Nr. 589; 

Edith Salburg, Wenn Könige lieben (Leipzig, W. 
Elischer Nachf.), für Österreich; 

„Cythere“ (2 Bände), 1. Band: „Amors Fabeln“ von 
seinen Jüngern gesammelt und an das Licht dieser 
liebesfrohen Welt gestellt im Jahre 00478500; 
2. Band: „Nymphen und Satyrn“ Geschichten und 
Begebenheiten aus Amors Reich, getreu der Wahr¬ 
heit nacherzählt im Jahre 2438; 

„Venus Rosenkränzlein“, für die galante Welt ge¬ 
druckt zu Cythere im Jahr, da gut zu heben war; 

„Bilder aus dem Privatleben der römischen Cäsaren.“ 
Auf Capri bei Sabellus 1780. Deutsche Ausgabe 
gedruckt für Heinrich Conradt und seine Freunde; 

„Denkmäler des Geheimkults der römischen Damen“. 
Fortsetzung der Bilder aus dem Privatleben der 
römischen Cäsaren. Auf Capri bei Sabellus 1784. 
Deutsche Ausgabe gedruckt für Alfred Semerau 
und seine Freunde. 

„Die Briefe der kleinen Gräfin.“ Gesammelt, heraus¬ 
gegeben und übertragen von Professor Konrad 
Eppach . Mit Einleitung und Anhang von Dr. 


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30 


Literatur and Justiz — Anzeigen 


Alfred Sem*rau. Ein Beitrag zur Sittengeschichte 
des XVIII. Jahrhunderts. Brüssel 1908. 

Francisco Delicado: „Die hübsche Andalusierin“. Zum 
ersten Male und vollständig aus dem Spanischen 
übertragen und mit acht Vollbildern von Choisy le 
Conin geschmückt. Nicht im Handel, Privatdruck 
des Herausgebers; 

„Der Tarif der Dirnen von Venedig 4 *. (XVI. Sec.) 
London 1908; 

„Die Andachtsübungen des Herrn Heinrich Roch und 
der Frau Herzogin von Condore“. Von dem ver¬ 
storbenen AbbJ von Voisenon. Mit einem Fronti- 
spice von Felicien Rops. 1908. Nicht im Handel; 

„Curiosa der Weltliteratur**. Eine Sammlung seltener 
galanter Werke aller Völker. Herausgegeben von 
Dr. Georg Cordesmühl. 3. Band. Dr. Alfred 
Semerau: „Das Reich der Kypris“. Zum ersten 
Male ins Deutsche übertragen. 1906. Privatdruck: 

„Geschichten aus Arerino“. Mit 15 Bildern von Choisi- 
Nerac. Nicht im Handel. Gedruckt für Heinrich 
Conradt und seine Freunde. Siena 1907; 

„Die Posteriora und die Priora**. Physiologisch¬ 
historisch - philosophisch - literarische Abhandlungen 
von Adam Theobald Pruzum. Vermehrt um des 
Herrn Swift Grand Mistere oder das große Ge¬ 
heimnis und die Kunst, Betrachtungen über den 
Abtritt anzustellen. Buslar 1794. 


Die weitere Verbreitung der Zeitschrift „Pschütt" 
wurde auf zwei Jahre verboten. 


Die Beschlagnahme des Romans „Die Gräfin** 
von A. Kuprin (München, Georg Müller) wurde auf¬ 
gehoben. 


Am 27. Februar begann vor dem Schwurgericht 
unter dem Vorsitz des Landesgerichtsrates Dr. Alt¬ 
mann der für drei Tage anberaumte Prozeß gegen 
den Verlagsbuchhändler Karl Wilhelm Stern (Z.. 
Rosners Verlagsbuchhandlung) wegen Vergehens 
gegen die öffentliche Sittlichkeit, begangen durch die 
Herausgabe und den Vertrieb erotischer Literatur. 
Die Staatsanwaltschaft Wien hat den Vertrieb von zwölf 
im Stemschen Verlag erschienenen Druckwerken unter 
Anklage gestellt. Wie erinnerlich, wurden im Januar 
1910 die Verlagswerke Sterns in großen Massen konfis¬ 
ziert. Ungefahr 30000 Bände wurden damals mit Beschlag 
belegt und ins Landesgericht geschafft. Die Vor¬ 
untersuchung gegen Stern wurde schon im Jahre 
1909 eingeleitet, so daß der Prozeß seit zweieinhalb 
Jahren anhängig ist. Das Aktenmaterial ist ein 
enormes, da im Laufe des sogenannten subjektiven 
Verfahrens 1100 Personen in allen Teilen von Öster¬ 
reich und des Deutschen Reiches verhört wurden. 
Der Untersuchungsrichter hatte eine Korrespondenz 
von 5000 Briefen — die ganze Geschäftskorrespondenz 
des Verlages während der lefzten drei Jahre — zu 
studieren. Das sogenannte objektive Verfahren, in 
dem einzelne der Verlagswerke Sterns für verboten 


Soeben erschien und wird gratis versandt: 

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Testaments mit 182 Reproduktionen von Kunst¬ 
werken des Meisters in Photogravüre und Fak¬ 
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Literatur und Justiz — Anzeigen 


31 


erklärt und ihre Weiterverbreitung untersagt wurde, 
hat zu zahlreichen Einspruchsverhandlungen Anlaß 
gegeben, in denen die Verlagsbuchhandlung den Stand¬ 
punkt vertrat, daß die beschlagnahmten Druckschriften 
Erzeugnisse von wissenschaftlichem und künstlerischem 
Wert seien. Dieser Anschauung hat bezüglich des 
Buches von Eduard Fuchs: „L’eldment drotique 
dans la caricature'* auch das Oberlandesgericht Wien 
beigepflichtet 

In dem städtischen Hottl des Ventes in Paris 
wollte der Schriftsteller Edmond Harancourt Mitte 
Februar seine bekannte Sammlung von Zeichnungen 
von Filicien Rops versteigern lassen. Der Staats¬ 
anwalt verbot aber kurz vor der Versteigerung die 
öffentliche Ausstellung einer Anzahl dieser Zeichnun¬ 
gen, weil sie ihm anstößig erschienen. Daraufhin 
unterblieb die Versteigerung, zu der auch Kauflustige 
aus Deutschland gekommen waren. 


Das Landgericht Berlin I sprach unlängst den 
Schriftsteller Dr. Herbert Eulenberg, den Redakteur 
Herzog und den Verleger Paul Cassirer von der 
gegen sie erhobenen Anklage aus $ 184 des Straf¬ 
gesetzbuchs frei, da der der Anklage zugrunde 
liegende, in der Zeitschrift „Pan“ veröffentlichte Auf¬ 
satz Eulenbergs: „ Brief eines Vaters unserer 2 teit" 
nicht ab unzüchtige Schrift anzusehen sei, vielmehr 
ab ein Beitrag zur Lösung eines schwierigen sexu¬ 
ellen Problems von hohem ethbchen Wert bezeichnet 
werden müsse, frei von jeder Unsittlichkeit, Lüstern¬ 
heit oder verführerischen Tendenz und geeignet, der 
Jugend eine bessere Kenntnb und höhere Achtung 
des weiblichen Geschlechts zu vermitteln. So hatten 
die Sachverständigen, Professor Gurlitt ab Pädagoge, 
Universitätsprofessor. Simmel ab Ethiker und Ge¬ 
heimer Medizinalrat Dr. Eulenburg ab Mediziner, 
ausgeführt, und das Gericht schloß sich ihrer Ansicht 
an. Gegen diese Entscheidung legte die örtliche 
Staatsanwaltschaft Revision beim Reichsgericht ein, in 
der sie Verletzung des materiellen Rechts rügte. Der 
höchste Gerichtshof verwarf indessen am 20. Februar 
das Rechtsmittel in Übereinstimmung mit den An¬ 
trägen des Reichsanwalts und der Verteidigung ab 
unbegründet. Die Ausführungen der Staatsanwalt¬ 
schaft in der Revisionsbegründung enthielten großen- 
teib tatsächliche Angriffe auf die Bewebwürdigung. 
Das Untergericht habe rechtsirrtumfrei festgestellt, 
daß die Wirkung des Aufsatzes keine derartige sei, 
daß das Scham- und Sittlichkeitsgefühl eines normalen 
Menschen irgendwie verletzt werden könne. Auch 
mit Rücksicht auf die Art der Verbreitung der Zeit¬ 
schrift „Pan“ könne nicht angenommen werden, daß 
der Aufsatz dadurch zu einem unzüchtigen werde. 
Der Vertrieb des „Pan“, der nur von gebildeten 
Leuten besserer Krebe gelesen werde, sei nicht auf 
die gleiche Stufe zu stellen mit dem der Tageszeitun¬ 
gen. Daß die betreffende Nummer des „Pan“ ge¬ 
gebenenfalb auch in unberufene Hände gelangen 
könne, liege so fern, daß die Angeklagten mit dieser 
Möglichkeit nicht hätten zu rechnen brauchen. Alle 


Jahrbuch für Bücher-^ 

KUNDE UND LIEBHABEREI 

HERAUSGEGEBEN VON G. A. E. BOGENG 

Die Drucklegung führte die Offizin von W. 
Drugulin in der Oldstyl, einer vorzüglichen engl. 
Renaissancetype, aus. Abgesehen von 50 numer. 
Exemplaren auf echtem holländ. geschöpften Bütten 
wurden 750 Exemplare und zwar auf einem breit¬ 
randigen Original India Paper hergestellt, sodaß er¬ 
wartet werden darf, daß dieser vierte Jahrgang die 
Wünsche der Bibliophilen in jeder Hinsicht befriedigt 

Inhalt des vierten Jahrganges: 

Die Vente Fortsas. 

Mit dem Katalog der Bibliothek des Cte. J. N. A. 
de Fortsas. 

Prof. Dr. E. Wolter, Petersb., N % M. Lis- 
sowski, ein russischer Biichersanimier. 

Mit einem Bildnis und zwei Büchereiansichten. 

August de Morgan. On the Difficulty of 
correct Description of Books . 

Die Handhabung der Bücher . Allerlei Zweck¬ 
mäßiges. 

Grangerising. Ästhetisches. Historisches . 

Technisches. 

Das Sammeln moderner Bücher . 

Katalog und Zetteldrucke der Kgl. Biblio¬ 
thek Berlin. 

Bücherei-Zettel. Mit Beispielen auf 14 Tafeln 
(zugleich als Typen-Vorlagen einiger deutscher 
Schri ftgieß e reien). 


VERLAG VON MAX HARRWITZ 

NIKOLASSEE-BERLIN 


NEUE 

ANTIQUARIATSKATALOGE: 

THEATRALIA: Katalog 102, I. 
DRAMATISCHE LITERATUR: Katalog 102,11 
SACHSEN-KÖNIGREICH: Katalog 107, IX. 
SACHSEN-PROVINZ: Katalog 107.x. 
THÜRINGEN: Katalog 107, XL 
VARIA, RARA, CURIOSA: Katalog io6,II.u.m. 
Die Kataloge 103, 104, 105 u. 106 1 . sind vergriffen 

Katalog 101 (Deutsche Literatur) ist (6 Teile) noch 
in 2 Quartbänden broschiert oder gebunden erhältlich. 
Derselbe ist durch die zwei beigegebenen um¬ 
fangreichen Register über Autoren, Illustratoren und 
Komponisten von dauerndem Wert 

ANTIQUARIAT MAX HARRWITZ 

NIKOLASSEE-BERLIN 


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32 


Kataloge — Anzeigen 


diese Erwägungen seien auch vom Untergericht an¬ 
gestellt worden, und wenn daraus auf Freisprechung 
erkannt werde, so sei dies rechtlich nicht zu bean¬ 
standen. (Aktenzeichen: 2 D. 52/12.) 

Die Pariser Staatsanwaltschaft hat sich zu einem 
energischen Vorgehen gegen jene Buchhändler ent¬ 
schlossen, die mit pornographischen Werken Handel 
treiben. So wurde vor einigen Tagen der Buch¬ 
händler Charles Hirsch, der in der Rue des Pyramides, 
einer der elegantesten Geschäftsstraßen des Tuilerien- 
viertels, etabliert ist, wegen des Vertriebes porno¬ 
graphischer Bücher verhaftet. In seiner Wohnung 
entdeckte man in einem nur durch eine Geheimtür 
zugänglichen Appartement ein ganzes Lager von por¬ 
nographischen Werken und Photographien. Auf 
mehreren Wagen wurde das gefundene Material in 
das Depot der Staatsanwaltschaft gebracht Mit 
Hirsch wurde auch der Geschäftsführer eines anderen 
Buchhändlers, der mit Hirsch in Geschäftsverbindung 
stand, in Haft genommen. 


Kataloge. 

Zur Vermeiduni; von Verapitungon werden alle Kataloge an die Adresse 

des Herausgebers erbeten. Nur die bis sum 20. jeden Monats ein¬ 
gehenden Kataloge können für das nächste Heft berücksichtigt werden. 

Joseph Baer &• Co. in Frankfitrt a. M. Nr. 599. 
Periodica. Zeitschriften, Zeitungen, Sammelwerke, 
Publikationen gelehrter Gesellschaften. 1716 Nm. 

C. G. Boerrur in Leipzig. Nr. 35. Radierungen, Holz¬ 
schnitte, illustrierte Werke von Moritz von Schwind, 
Ludwig Richter und andern Künstlern der Zeit 
563 Nm. 

Dieterichsche Universität*-Buchhandlung Becker & 
Eidner in Göttingen. Nr. 40. Wissenschaftliche 
Theologie. 3494 Nm. 

Max Götz in München. Anzeiger Nr. 952. Varia. 
Neuerwerbungen. 944 Nm. 

Paul Graupe in Berlin W. jj. Nr. 60. Deutsche 
Literatur und Übersetzungen. 958 Nm. 

Otto Harrassowitz in Leipzig. Nr. 348. Klassische 
Philologie und Altertumskunde, enthaltend unter 
anderem die Bibliotheken von Professor O. Gilbert 
in Halle und Professor L. Jeep in Königsberg. Ab¬ 
teilung II: Zeitschriften. Altertumskunde. Archaeo- 
logie. Numismatik. Grammatik und Lexikographie. 
2515 Nm. 

B. Heß in München. Nr. 25. Albrecht Dürer. Original- 
Kupferstiche und Holzschnitte. 192 Nm. 

Rud. Hönisch in Leipzig. Nr. 4. Napoleon I. und 
seine Zeit. Politische, Kultur- und Literatur-Geschichte 
1740—1850. 1307 Nm. 

Heinrich Hugendubel in München. Nr. 59. Kultur¬ 
geschichte. Teil i: Allgemeines. Das geistige Leben. 
1464 Nm. — Nr. 60. Kulturgeschichte. Teil 2: 
Häusliches und privates Leben. Nr. 1465—3110. 

Max Jaeckel, G. tn. b. H. in Potsdam. Nr. 45. Deutsche 
Literatur. 840 Nm. 

Th. Kampffmeyer in Berlin S. IV. 48. Nr. 474. Theo¬ 
logie und Philosophie. 


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Teubnerstraße 16 • Fernsprecher Nr. 10718 

I Neue Kataloge 

Nr. 106: Bücher mit Kupfern, Literatur, 
Goethe, Theater, Allgemeine; 
Geschichte usw. | 

Nr. 105: Literatur, Musik, Philosophie, 
Heer u. Flotte, Kultur, Soziales, 
Theologie. 

Nr. 104: Allgemeine Sprachwissenschaft. 
Nr. 103: Klassische Philologie. 

Interessenten werden gebeten, meine Kataloge zu i 
verlangen. — Zusendung unberechnet und postfrei. 

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Janus, Zeitschrift von Wahner. ; - 
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Zeitschriften, Kataloge 
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sich bei Auswahl des Papieres 
von seinem Drucker auch unsere 
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33 


Fr. Klübers Nachf. Nakr &• Funk in München. An¬ 
zeiger. Nr. 6. Neueste Erwerbungen und Anderes. 
604 Nrn. — Nr. 181. Deutsche Literatur bis 1850. 
(Enthaltend viele Erstausgaben aus der Zeit der 
Klassiker und Romantiker.) 2111 Nrn. 

Alfred Lorentz in Leipzig. Nr. 212. Kunst. 3011 Nrn. 

Mayer &* Müller in Berlin N. W. Nr. 265. Klassische 
Philologie. Bibliotheken des f Professors H. van Her¬ 
werden in Utrecht und des f Regierungs - Rats 
Direktor Arnoldt in Altona. 

Friedrich Meyer in Leipzig. Nr. 106. Bücher mit 
Kupfern und Vignetten, illustrierte Werke, deutsche 
Literatur, Goethe, Theater, Kunst, Werther, allge¬ 
meine Geschichte, Zeitschriften usw. 372 Nrn. 

J. Eckard Mueller in Halle a. S. Nr. 154. Klassische 
Philologie. Enthält unter anderem die Bibliotheken 
des + Professor Dr. Ad. Greef, Göttingen, und des 
f Professor Dr. Rob. Peppmüller, Halle a. S. 2488 
Nrn. 

Oskar Rauthe in Berlin'Friedenau. Nr. 36. Kunst. 

Rheinisches Buch- und Kunst'Antiquariat Dt. E.Nolte, 
Inh. G. A. Wolff in Bonn. Nr. 64. Katholische 
Theologie. 2430 Nm. 

Ludwig Rosenthal in München. Nr. 145. Zur Ge¬ 
schichte der Kunst 3308 Nm. 

Ottmar Schönhuth Nachf. in München. Nr. 32. Illu¬ 
strierte Bücher des XIX. und XX. Jahrhunderts. 
Bücher für Bibliophilen. 540 Nm. — Nr. 33. Mo¬ 
derne Dichtung. Erstausgaben und Seltenheiten der 
deutschen Literatur seit Nietzsche 483 Nm. 

Hugo Streisand in Berlin IV. 50. Nr. 29 a. Interessante 
W T erke aus allen Gebieten. 1094 Nm. — Nr. 33 a. 
Erstausgaben deutscher Literatur. Nr. 342—1015. 

Adolf Weigel in Leipzig. Mitteilungen für Bücher¬ 
freunde. Dritte Folge. 47.—48. Stück. Eine Anzahl 
geschätzter Bibliothekswerke. N eueste Erwerbungen. 
Friedrich der Große. Interessante Neuerscheinungen; 
japanische Farbenholzschnitte. Neue Doves Preß- 
Drucke. Gesuchte Bücher. Nr. 4516—4767. 

Max Ziegert in Frankfurt a. M. Nr. 17. Städte« 
Ansichten in schönen und seltenen Farbstichen, 
kolorierten Kupferstichen, Radierungen und Litho¬ 
graphien, sowie in Aquarellen und Handzeichnungen 
von Künstlern des XVI. bis XIX. Jahrhunderts. 
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ARETINO, Gespräche, 2 Bände. 
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der Zeitschrift für Bücherfreunde erbeten. 


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15.—24. April 1912 
Reich an Erstdrucken von Nietzsche, Schopen¬ 
hauer, Goethe; vieles von Chodowiecki und 
den Romantikern; ein merkwürdiges Sil¬ 
houetten-Album aus der Wertherzeit, usw. — 
Schöne Francofurtensien. 2900 Nummern. 

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Buch- und Kunst-Antiquariat. 
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Auf Verlangen versende ich: 

Katalog Nr. XV: BIBLIOGRAPHIE. Biographies. 
Histoire de rimprimerie des biblioth&ques et des 
acaddmies. Paläographie. Descriptions et cata- 
logues de manuscrits. Calligraphie usw. Collection 
importante ayant appartenu ä fen M. Niccolo 
Anziani ancien prüfet de la Bibliot&queMddiceo- 
Laurendenne de Florence. 

Katalog Nr. XVII: INCUNABULA TYPOGRA¬ 
PH ICA ex Italiae officinis provenientia diligenter 
descripta notisque bibliographicis illustrata. Mit 
vielen Abbildungen. Preis Mk. 2.— 
KatalogNr.XX: ARS MEDICA PERSAECULA. 
Hervorragende Sammlung von Büchern zur Ge¬ 
schichte der Medizin. Mit vielenAbbildungen. 
Katalog Nr.XXII: AEROSTATION. 1670—1890. 
(Bücher und Gravuren). Mit vielen Abbild. 

Außer diesen Spezialkatalogen, veröffentliche ich ein 
zweimonatliches Bulletin, den nunmehr im 6. Jahrgange 
erscheinenden BIBLIOFILO ROMANO, der jeweils meine 
neuesten Erwerbungen enthält. Augenblicklich stehen 
fünf verschiedene Hefte zur Verfügung. 

Für Mitteilung von Sammelgebieten und Desideraten 
bin ich stets dankbar und sichere deren sorgfältigste 
Beachtung zu. 

-:—:-'n 

Für eme Arbeit, die den 

ZAHNSTOCHER 

in kunstgewerblicher und kulturgeschichtlicher Hin¬ 
sicht berücksichtigen soll, suche ich Literaturangaben, 
in denen der Zahnstocher erwähnt wird. Ich bitte 
alle diejenigen, die mir hier mit Quellenangaben 
dienen könnten, um freundliche Nachricht und danke 
im voraus jedem bestens dafür. 

Dr. HANS SACHS, BERUN-CH. 2, 
Schillerst!*. 2. 

V___ 

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CORNELL UNiVERSlTT 













34 


Anzeigen 


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Von nnserm großem Antiquariats-Katalog 

Kulturgeschichte (ioooo Nm.) 

erscheint in einigen Tagen der dritte Teil: 
Soziales, etwas später Teil IV: Religiöses. 
Fertig sind bereits 

Teil I: Allgemeines. Das geistige Leben und 
Teil II: Häusliches und privates Leben. 

In Vorbereitung: 

Teil V: Die Frau und Teil VI: Curiosa. 

Wir bitten Interessenten um frdl. Angabe ihrer Adresse. 

HEINRICH HUGENDUBEL, MÜNCHEN 

Abteilung: Antiquariat Salvatorstr. 18. 


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Archäologie und Kunst — Nu¬ 
mismatik. 

Aeronautik — Astronomie — 
Elektrizität — Hydraulik — 
Kräuterbücher — Mnemotech¬ 
nik — Optik — Sonnenuhren — 
Tabak usw. usw. 

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schaften. 

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ca. 2000 Nm. Preis M. 1.—). 
Ober-Italien. 


Ich bitte die Herren Sammler um Angabe ihrer Inter • 
essengebiete und Mitteilung von Desideraten, denen ich 
dauernd aufmerksame Beachtung zusichere. 


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Soeben erschienen KATALOG IV: 

AUSWAHL VON BÜCHERN AUS 
VERSCHIEDENEN WISSENSGEBIETEN 

(Almanache, Alpina, ausländ. Literatur, Bavarica, 
Buchhandel, Curiosa, deutsche Geschichte, deutsche 
Literatur, alte Drucke, schöne Einbände, Folkloristik, 
Frau-Ehe-Liebe, Genealogie, Heraldik, Humoristika, 
Illustr. Bücher, Juden, Kunst, alte Medicin, Namen¬ 
kunde, Napoleon I, Plantindrucke, Reisen, Saxonica, 
Selbstmord, Silhouetten, Stammbücher, Studentica, 
Thuringicausw.) Städteansichten — Porträts. 

Katalog uhisonst HANS LOMMER, Antiquariat 
und postfrei Gotha, Hauptmarkt 14. 


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für M. 1400 — 


Soeben erscheint: 

Katalog 145 

Zur Geschichte der Kunst 

3 300 Nummern. Derselbe enthält unter anderen: 
Künstler-Biographien / Künstler-Lexika / Kunst¬ 
philosophie / Archäologie / Architektur / Kunst¬ 
denkmäler / Kunststätten / Galeriewerke / Graph. 
Künste / Buchschmuck / Miniatur-Malerei / Kalli¬ 
graphie / Karikaturen / Kostümkunde / Literatur 
über Bucheinbände / Ex-libris-Bibliographie / 
Faksimile-Reproduktionen / Gemmen und Me¬ 
daillen / Kartographie / Kunsttechnik / Mal- und 
Zeichen-Unterricht / Perspektive / Farbenlehre / 
Keramik und Glasmalerei / Omamentwerke / 
Papier- und Wasserzeichenkunde / Porträtkunst 
u. Porträtwerke / Silhouetten / Kunstsammlungs- 
Kataloge / Werke über Spielkarten / Literatur 
über den Totentanz / Kunst-Zeitschriften 

Dieser Katalog steht Interessenten auf Wunsch 
gratis und franko zur Verfügung. 

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Shakespeare Sonnets, Drugulin-Druck auf Per¬ 
gament (nur 6 Exemplare) M. 260.— 
Menzel Kinderalbum (vergriffen) M. 250.— 
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in Mappe auf Japan. 80 Expl. M. 45.—, 
Luxusausgabe M. 160.— (vergriffen). 
Goethe, Urmaster, Luxusausgabe M. 85.— 
Lemberger, Meister-Miniaturen aus 5 Jahr¬ 
hunderten, Geb. M. 30.—, Luxus M. 60.— 

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Verzeichnisse kostenlos. 

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Daves- and Medici-Press, über die Drugulin-Drucke 
und Hundert-Drucke bitte ich Offerten einzuholen« 


Soeben erschien: 

Katalog 62 

Freimaurer u. andere geh. Gesellschaften. 
(Mormonen, Shaker, Tempelherren, Rosen¬ 
kreuzer, Odd-Fellows usw.) 

Päpste und Jesuiten. Spiritismus. 
Alte Medizin. 

Seltene Utopien 


(Staats- und Zukunftsromane, Politische 
Schriften des XVI—XVIU. Jahrhunderts.) 


Geister, Gespenster, Hexen, Geistliche und 
weltliche Orden, Ehrenzeichen, Inquisition, 
Strafen, Flagellanten, Sitten und Bräuche, 
Hypnotism., Magnetism., Theosophie, Kuriosa, 
Karikaturen usw. usw. 

Auf Verlangen kostenlos. 

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bietet an sämtliche erschienene acht 

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Nr. 1: Histori von Herren Tristrant Nr. 5: Baudelaire, Les Fleurs du mal. 


und der schönen Isalden. In Maroquin gebunden. 

In Schweinsleder mit Schließen. Nr . 6; Nietzsche, Ausgewählte Gedichte. 

Nr. 2: Her Walther von der Vogelweide. i n Mar oquin gebunden. 

In Ganzpergament gebunden. # 

XT n . , ir 1 Nr. 7: Dehmel, Die Gottesnacht 

Nr. 3: Goethe, West-Östlicher Divan. , ' ^ , 

_ _ , , In Ganzpergament gebunden. 

In Ganzpergament gebunden. 

Nr. 4: Novalis, Hymnen an die Nacht. Nr. 8: Hölderlin, Hyperion. 

In Ganzpergament gebunden. In Maroquin gebunden. 


In Ganzpergament gebunden. 

Nr. 8: Hölderlin, Hyperion. 
In Maroquin gebunden. 


Die Einbände stammen aus der Werkstatt von CARL SONNTAG JUN., LEIPZIG. 

Der Preis für die acht Bände, die nur zusammen, unter keinen 
Umständen einzeln abgegeben werden, beträgt M. 1350.— 


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NEUE BLÄTTER 

HALBMONATSSCHRIFT 

erscheint am 5. und 20. jeden Monats im Format 
von 24:32 mit ein bis zwei Handzeichnungen zum 
Preise von 25 Pf., jährlich 550 Mark 

INHALT 

des ersten Heftes: 'MATISSE, Akt / CLAUDEL, Rezitation aus 
der Einsetzung des Ruhetages / DÄUBLER, Der Nachtwandler / 
PASCOLI, Der Taumel / PHILIPPE, Briefe / Heimliches 
Theater / JOURDAIN, Holzschnitt / LEHMBRUCK, Akt 

des zweiten Heftes: GENGWA HIEROMI, Chinesischer Holz¬ 
schnitt / CLAUDEL» Hymne des heiligen Sakraments / CLAU¬ 
DEL, Dialog aus der „Einsetzung des Ruhetages" / CLAUDEL» 

Pagode. 

des dritten Heftes, MATISSE: Landschaft / CIE, Neue 
Malerei / GIDE» Mopsus / RAY, Jules Romain 

des vierten Heftes: RODIN, Akt / PEGUY, Mysterium / LAR¬ 
BAUD, Bamabus / G M. EL, Anmerkungen. 

Spätere Nummern bringen Handzeichnungen von: 
RODIN / MÜNCH / PICASSO / BARLACH / RENOIR 

Probenummern werden umsonst nicht abgegeben 

Jede gute Buchhandlung wird zum Bezug der NEUEN BLÄTTER 
empfohlen. Wo diese Art des Bezuges auf Schwierigkeiten stößt, 
erfolgt der Versand gern durch den Verlag, der das Porto be¬ 
sonders berechnet 


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Ausstattung und Satzanordnung von Karl Köster 

3 o Exemplare auf Japan 
in handgebundenem, kostbarem Ganzlederband 

a 75 Mark 

170 Exemplare auf Yan-Gelder-Bütten 
in Pergament a 3 o Mark 

Die Preise sind Subskriptionspreise; 
sie werden nach Erscheinen des Werkes 
auf 100 Mark bzw. 4 ° Mark erhöht 

Der Druck erfolgt in einer schönen, strengen 
Antiqua; Papier und Einbandstoife sind von 
edelstem Material. Für mustergültigen Druck 
bürgt der Name der Reichsdruckerei. Eine Neu¬ 
auflage erscheint nicht. Bestellungen nehmen die 
gutenBuchhandlungen entgegen, sonst derVerlag 

Düsseldorf 24 ERNST OHLE 


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und Dokumenten am 29. und 30. April 1912. 


Größtenteils aus dem Besitz der verstorbenen Frau 


Sophie Schneider, Braunschweig-Wilhelmshöhe. 


Die Sammlung enthält u. a.: sehr schöne Hohenzollembriefe Friedrich des Großen, Wilhelm!, 
Wilhelm I!, der Königin Luise; unbekannte Tagebücher des Vaters der Königin Luise über 
ihre letzten Tage; frühe Papsturkunden; Briefe von Bismarck, Moltke, Roon, Napoleon L, 
Wallenstein, Wellington; unveröffentlichte Handschriften Schillers, Körners; Musikhandschriften 
und Briefe Beethovens, Mozarts u. a.; zahlreiche Briefe Richard Wagners, sowie sein un¬ 
veröffentlichtes vollständiges erstes Textbuch zum Lohengrin; Handschriften berühmter 
Amerikaner, Engländer und Franzosen usw. usw. 

Illustrierter Katalog kostenlos . — Ich bitte zu verlangen . 


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druck. kartoniert. 80.— 

BOCCACCIO, Dekameron. 3 Bde. Insel. Per¬ 
gament . 70.— 

DEHMEL, Gottesnacht. Hundertdruck, kar¬ 
toniert . 60.— 

GEORGE, Maximin. Pergament .... 80.— 

GOETHE, West-östlicher Divan. Hundert¬ 
druck. kartoniert. 75.— 

HAUPTMANN, Promethidenloos. Halbperga¬ 
ment . 75.— 

HÖLDERLIN, Hyperion. Hundertdruck, kar¬ 
toniert . 72.— 

Insel Jahrg. I-DL Orgbd. mit Mappe 160.— 


Kudrun. Monumentalausgabe. Hundertdruck. 

kartoniert. 60.— 

Der Nibelungen Not. Monumentalausgabe. 

Hundertdruck, kartoniert. 6a— 

NIETZSCHE, Ecce homo. Hlbpergmt 45.— 
— Gedichte. Hundertdruck, karton. 50.— 
NOVALIS, Hymnen an die Nacht. Hundert¬ 
druck. kartoniert. 45.— 

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de toutes les illustrations: Ex. Nr. 43. 

Tristrant und Isalde. Hundertdruck, karto¬ 
niert .140.— 

Walther von der Vogelweide. Hundertdruck, 
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Bibliophilen 30 Pf. — Beilagegebühr 25 Mark. — Insertionsschluß für Heft 3 am 18. Mai. 


Pariser Brief. 


Jeder, der zu Studienzwecken die französischen 
Staatssammlungen besuchte, hat Gelegenheit gehabt, 
sich von der Unvollkommenheit oder gar dem gänz¬ 
lichen Fehlen der Kataloge zu überzeugen. In Anbe¬ 
tracht dieser beklagenswerten Umstände verdient es 
besonders gewürdigt iu werden, daß zwei jüngere 
Kunsthistoriker, Jean Guiffrey und Pierre Marcel Levi, 
es unternommen haben, dfe Handzeichnungen des 
Louvre und des Museums von Versailles zu katalogi¬ 
sieren. Dieses Generalinventar, das vorläufig sich nur 
auf die 'Handzeichnungen der französischen Schule 
beschränkt, ist vor einigen Jahren schon begonnen 
worden und wird frühestens 1920 zu Ende geführt 
werden. Soeben ist in dem bekannten Verlage von 
Ch. Eggimann 106. Bouler St Germain (Librairie cen¬ 
trale d'art et d’architecture) der sechste Band erschie¬ 
nen, der wie die früheren Bände ein Beweis für die 
gründliche Arbeit der Herausgeber ist Da auch die¬ 
sem Bande wiederum nahezu 600 photomechanische 
Illustrationen in mustergültiger Reproduktion beige¬ 
geben sind, so kann dieses Werk der Aufmerksam¬ 
keit aller kunsthistorischer Institute und Biblio¬ 
theken aufs nachdrücklichste empfohlen werden; denn 
es gestattet das Studieren der Handzeichnungen auch 
in der Feme. Aus dem neuen Band, der die Buch¬ 
staben G—J umfaßt, ist als besonders bemerkenswert 
das Album mit Zeichnungen von Jules Goncourt, ein 
in Maroquin gebundenes Heftchen 20x13 cm, her¬ 
vorzuheben, das Erinnerungen von einer italienischen 
Reise im Jahre 1855/56 enthält und mit dem Ver¬ 
mächtnis Andöoud in den Besitz des Louvre gelangte. 
Außer diesen kostbaren Erinnerungen werden durch 
dieses Inventar auch die Zeichnungen von Frangois 
Marias Granet zum ersten Male einem größeren 
Publikum bekannt gemacht 

Unter neueren bibliophilen Publikationen ist ein 
neues Werk von Max Jacob, dem Buffon der lite¬ 
rarischen Avantgarde, hervorzuheben, „les oeuvres 
burlesques et mystiques de Frfcre Martorel Mort au 
Z. f. B. 1912/1913. 


Convent“ das mit zahlreichen Holzschnitten von Andrd 
Derain im Verlage von Henry Kahnweiler 28 rue 
Vignon erschien. 

„L’Effort“, die junge, von Jean Richard Bloch in 
Poitiers geleitete Zeitschrift, die in ideeller Kühnheit 
um die Anerkennung der jüngsten Literatur kämpft, 
hat als Märzsondernummer eine Anthologie heraus¬ 
gegeben, die die begabtesten Dichter aus dem Kreise 
der Verslibristen in markanten Proben kennen lehrt. 
Jeder, der sich für die Bewegung interessiert, die die 
alte französische Tradition zu sprengen und zu erwei¬ 
tern trachtet, greifen zu diesem Buche, in dem Paul 
Fort, Ren£ Arcos, G. Chennevi£re, George Duhamel, 
Henri Gh^on, Marguerite Gillot, Jules Romains, Andre 
Spire und Charles Vildrac mit neuen und charakte¬ 
ristischen Proben vertreten sind. Auch der verstorbene 
Henri Franck beteiligte sich noch an diesem Werk. 
An den Schluß sind einige Übersetzungen Whitmans 
von Bazalgette gestellt worden. 

Eine etwas ältere Gedichtsammlung von Henri 
Allorge verdient gerade jetzt genannt zu werden, da 
die Exzentrizitäten der Cubisten und Futuristen in aller 
Welt ein staunendes Echo finden. In „i’äme gdomdtri- 
que“, die von Camille Flammarion mit einem Vorwort 
versehen ist, liest man Gedichte, in denen alle geome¬ 
trischen Figuren, der Kreis, das Parallelogramm, die 
Diagonale, die Sinusoide, das Prisma, der Punkt, der 
Zylinder besungen werden. Vielleicht vermag diese 
Poesie den deutschen Expressimisten zu neuen Werken 
anzuregen. 

Henri de Rögnier, der erste aus dem Kreise des 
„Mercure de France“, der jüngst in die Acad&nie Fran- 
gaise einzog, hat einen neuen Roman herausgegeben, 
der infolge der offiziellen Anerkennung des Autors 
rasch acht Auflagen erlebte. „L’Amphisbdne“ ist sehr 
akademiefromm und von jener etwas welken Eleganz, 
die in den Akademiekreisen üblich ist. Mühsam ringt 
der Ausländer sich durch die verstaubte und müde 
Schönheit der 350 Seiten hindurch. Man muß schon 

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Pariser Brief 


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Franzose sein, um die inhaltsarme, aber feingeschliffene 
Sprachkunst dieses Buches ohne Ungeduld ertragen 
zu können. Es ist derselbe Ton, die gleiche Kühle, 
es sind ähnliche anämische Nuancen der Schwermut 
wie in den früheren Romanen Rögniers. Bei seiner 
feierlichen Aufnahme in die Akademie wurden Rdgnier 
vom General de Mun seine Jugendwerke als Sünden 
vorgehalten und mit versteckter Ironie getadelt; mögen 
sie den Akademikern ein Dom im Auge sein — uns 
und allen in der Gegenwart Lebenden werden sie 
wertvoller sein und bleiben als diese müden Dehnungen 
eines verblühenden Herzens. 

In dem Kreise der aufstrebenden Jugend, die mit 
frischer Unverbrauchtheit aus derWeltbetrachtung neue 
Bilder und Stilisierungen schöpft, debütiert der feurige 
Herausgeber des „Effort“, Jean Richard Bloch, mit 
einem Novellenband „Levy“ (Verlag der „nouvelle 
revue fran^aise'')» Der junge Autor beweist darin eine 
scharfe und intuitive Beobachtungsgabe, eine meistens 
klar disponierende Gestaltungskraft und eine beißende 
Ironie. Die Titelnovelle läßt Rollandschen Einfluß er¬ 
kennen. Andere eine Schulung durch Romains und 
Kipling. Am eigentümlichsten und stärksten wirkt die 
letzte Novelle „l'interview de Robert Dax“, in der 
eine ursprüngliche Begabung für sprachlichen Schwung 
am deutlichsten erkennbar wird. 

Ein andrer Debütant, E. Gaillard, hat im Verlage 
von Sansot & Cie. unter dem Titel „Portraits“ wie 
Jean Richard Bloch eine Reihe Novellen vereinigt, 
deren Vorwürfe aus dem Provinz- oder Landleben ge¬ 
nommen sind. Gaillard hat einen unmittelbaren, kurzen 
und harten Stil, dessen Plastizität in der Novelle „Jean 
Claude“ von frappierender Kraft ist. Zuweilen aber ist 
seine Komposition noch unsicher. Er vergreift sich in 
dem Mittel, so daß die einzelnen Valeurs sich nicht 
wirkungsvoll voneinander absetzen. 

Der sympathische Dichter Phil^as Lebesgue hat im 
gleichen Verlage eine linguistische Phantasie herausge¬ 
geben, die in der Form der Reise eines Eingeborenen von 
Counani zur Auffindung einer vollkommenen Sprache 
mit geistreichen Sarkasmen untermischt eine amüsante 
Kritik an der französischen Sprache darstellt. „Le 
Pölerinage ä Babel“ wird allen Sprachforschern eine 
wertvolle Lektüre sein. 

Jann Karner, der Kapitän eines Überseedampfers 
der französischen Gesellschaft des Messageries Mari¬ 
times, hat im Verlage von Sansot & Cie. eine Ro¬ 
manserie „La vie et lamer“ herausgegeben, in denen 
er die Herzensschicksale französischer Marineoffiziere 
erzählt Den Liebeskonflikten dieses neuen Pierre 
Lori dienen exotische Landschaften als Hintergrund. 

Ein jüngerer Kritiker und Mitarbeiter der „Nouvelle 
Revue fran9aise“, Jacques Rivi£re, der kürzlich durch 
die erste, grundlegende Studie über den Kubismus Auf¬ 
sehen erregte, hat im Verlage der gleichen Zeit¬ 
schriften eine Sammlung seiner Kritiken herausge¬ 
geben, die durch zwei tiefschürfende Würdigungen 
Andrö Gides und Paul Claudels besonders hohen 
Wert gewinnt. Ri vieres fein ziselierte, kritische Be¬ 
trachtungen zeichnen sich durch intuitive Methode aus, 
kraft derer, dieser junge Literat es versteht, schon 


durch die ersten, einleitenden Sätze ein Silhouette zu 
zeichnen, die er durch scharfe Logik, durch Vertiefung 
in Einzelheiten dann weiter mosaikartig zu einem Ge¬ 
samtbilde ergänzt 

Georges Duhamel gab im Verlage von Eugene 
Figui&re unter dem Titel „Propos cririques“ Einzel¬ 
betrachtungen der Dichter jenes Kreises heraus, in 
dem er selbst einer der bedeutendsten ist Romains, 
Arcos, Vildrac, Chenevieres, Spire und Varlet werden 
in ihrem Wollen und Werden mit eindringendem Ver¬ 
ständnis und kollegialer Liebe gewürdigt Wer über 
diese stärkste und zukunftskräftigste Bewegung in der 
französischen Lyrik sich Rechenschaft geben will, 
greife zu diesem Buch. 

Ein allgemeineres Buch über die Literatur unserer 
Zeit, das gleichsam die Bilanz der Jahre 1910 und 
1911 zieht, ist Alexandre Mercereaus „La Litterature et 
les sidees nouvelles“, das im gleichen Verlage erschien 
und mit umfassendem Blick der Dichtkunst dem 
Theater und dem Roman gerecht werden will 

Der kubistische Maler Jean Metzingcr widmete 
im gleichen Verlage Mercereau eine Sonderbetrachtung, 
aus der man vor allem die eifrige und sich auf¬ 
opfernde, agitatorische Kraft dieses jungen Literaten 
erkennt 

Denys Amiel stellte im Verlage von Sansot & Cie. 
eine Sammlung von Aphorismen von Henry Bataille 
zusammen, die unter dem Titel „Le r&gne införieur“ 
melancholische Impressionen und feine Ironien des 
begabten Dichters vereint. 

Maurice Barras hat im Verlage Emile Paul ein 
Buch über Gröco ou le secret de Dolide herausge¬ 
geben, das interessante kunstkritische Gesichtspunkte 
in einer gar zu salopp lüngeworfenen Form bietet 
Gleichzeitig mit diesem Buch erschien im „Mercure 
de France“ ein heftiger Angriff auf Barr&s, dem der 
größere Teil der französischen Jugend laut zujubelte. 

Aus der Zeitschriftenliteratur ist hervorzuheben: 
Im „Mercure de France“ von Pierre Lavedan „Balzac 
et Moleri ou le curieux dilemme“. Das Dilemma: ein 
als bisher unveröffentlichtes Werk ßalzacs neulich 
edierter Roman „l’Amour masquö ou Imprudence et 
Bonheur“ entstammt einer Novelle von Molöri (Hip¬ 
polyt-Jules Demoliere, geboren 1802 in Nantes). Bal¬ 
zac kommt trotzdem nicht in den Verdacht eines Pla¬ 
giators, weil seine Autorschaft an der genannten Er¬ 
weiterung aus stilkritischen Gründen abzulehnen ist. 
Francis Viöle-Griffin betont kritisch die „Delimination 
du Barrösisme“. Von E. Herpin: „Chateaubriand et sa 
Cousine Möre des Seraphins“. Ferner eine Studie 
Robert d’Humidres über den zurzeit in Frankreich 
aktuellen Beraard Shaw. — Gleichzeitig gelangt in 
der „Grande Revue“ der Briefwechsel zwischen Shaw 
und Tolstoi zum Abdruck. 

In der gleichen Zeitschrift Tunnar Heiberg! „mes 
rencontres et conservations avec Ibsen“. Hier widmet 
ferner Sebastien Voirol Herman Bang einen Ge¬ 
dächtnisartikel. — Die „Revue bleue“ veröffentlicht 
Briefe von Joseph de Maistre an G.-M. de Place. A. 
le Chatelier, Professor am College de France be¬ 
spricht unter dem Titel „Vers le congr&s des Universi- 


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Londoner Brief 


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tös" die besondere Aufgabe für den geplanten Kon¬ 
greß französischer Universitäten, den Einfluß des 
französischen Geisteslebens im Ausland zu organisieren 
und verweist auf deutsche Musterbeispiele. In der 
gleichen Zeitschrift von Antoine Albalat „comment il 
faut lire J.-J. Rousseau", ferner eine Darstellung der 
Flucht des Marschalls Bazaine, die den Staat zum 
mindesten vor einer fühlbaren Budgetbelastung be¬ 
wahrte, von Ch. O. Calder und von Paul Louis, eine 
Studie über den Kapitalismus im alten Rom. — 

In der „Phalange" die Gedächtnisreden auf den 
jungverstorbenen Henri Franck und Poesien von 
Gaetan Rondeau, Henri Aimöe, Renö d’Avril, Claude 
Odilö, Jean Royfcre. Neben der „Phalange" muß als 
Organ der jungen lyrischen Bewegung „les Bandeaux 
d’or" genannt werden, wo Jules Romains (mit fünf 
Oden), ferner Thöo Varlet, Paul Castiaux, Rend Arcos, 
Charles Vildrac vertreten sind. — Die „Revue" bringt 
zum siebzigsten Geburtstag Camille Flammarions eine 
gediegene Würdigung des Philosophen, Wissen¬ 
schaftlers und Literaten durch H. Poincard, Jean Mas- 
cart und Edmond Haraucourt Von Emile Faguet in 
der gleichen Zeitschrift eine Studie „George Sand et 
ses amis“, in der „Revue du temps prdsent" ein Es¬ 
say „la Morale de rironie". — In der „Revue d’Eu- 
rope et d’Amdrique" von Jacques Rividre eine prin¬ 
zipielle Auseinandersetzung mit dem „Cubisme" unter 
dem Titel „Sur les tendences actuelles dans la pein- 
ture"; Tendenzen, deren entwicklungstheoretisch logi¬ 
sches Dasein der Autor darzustellen versucht, wobei 
er sich freilich angesichts der Werke eingesteht, daß 
die meisten Parteigänger der Bewegung nicht ver¬ 
stehn, was sie gerade zu propagieren scheinen. — „Les 
Hommes du Jour" widmeten ihre jüngsten Nummern 
Denys Cochin, dem neulich unter der Kuppel Emp¬ 
fangenen, Bernhard Shaw und Ldon Bourgeois. — 


Die „Revue des Bibliothdques" beginnt die Veröffent¬ 
lichung eines von Emile Chatelain besorgten alpha¬ 
betischen Kataloges der Wappeneinbände auf der 
Bibliothöque de l’Universitd. Ferner in der gleichen 
Zeitschrift: Dr. Emst Wickersheimer, „un Erreur des 
Bibliographes mddiaux, Nicolaus Prepositi confondu 
avec Nicolaus Salemitanus" ,* Louis Canet, „Quelques 
remarques sur d’anciens Sacrementaires"; Hugues 
Vaganay, „un sonnet italien peu connu, quatre tra- 
ducdons du Stabat Mater du XVI.e sidcle: G. Ldpreux, 
„Contribudons ä l’Histoire de rimprimerie pari- 
sienne". 

„L’amateur des autographes" veröffentlicht Briefe 
des Präsidenten am Kassadonshof Louis Bemard Bon¬ 
jean, der unter der Commune als Geisel erschossen 
wurde, über diese Zeit Aus der ersten diesjährigen 
Autographen-Versteigerung (am 21. Februar im Hötel 
Drout) folgende Proben: 10. Berlioz 165 Fr. — 15. 
Jdröme Bonaparte 125 Fr. —20. Kaiser Karl V. 55 Fr. 

— 44. Flaubert 41 Fr. — 54. Heinrich IV. von Ca- 
sdlien und Leon 90 Fr. — 59. Johann II. von Casdlien 
und Leon 100 Fr. — 6a Johanna von Casdlien und 
Leon 185 Fr. — 75. Louis XIV. 75 Fr. — 76. Louis 
XVI. 60 Fr. — 82. Maria Theresia, Kaiserin 10 Fr. 

— 87. Massdna 152 Fr. — 97. Caroline Murat 115 Fr. 

— 99. 100. Napoleon I. 120 und 310 Fr. — 101. Na¬ 
poleon III. 20 Fr. — 102. Nelson 165 Fr. — 113. 
Rachel 123 Fr. — 124. Joseph Justus Scaliger 51 Fr. 

— 126. 127. Robert Schumann 65 u. 50 Fr. — 128. 
Jean de Silhon 235 Fr. — 131. Jean Nicolas Stofflet 
126 Fr. — 134. Francois Talma 81 Fr. — 138. Alfred 
de Vigny 55 Fr. — 139. Richard Wagner 112 Fr. — 
140. K. M. von Weber 92 Fr. 

Bücheraukdonen von Bedeutung fanden im März 
nicht statt. 

Paris, Anfang April. Otto Grautoff. 


Londoner Brief. 


In der „Kings Library ■ des British Museum fin¬ 
den zurzeit zwei hochinteressante Ausstellungen statt: 
Die eine gibt eine übersichtliche Darstellung der 
verschiedenen Entwicklungsstufen des chinesischen 
Drucks , die andere umfaßt eine zwar nur kleine, aber 
sehr repräsentative Sammlung des japanischen illu¬ 
strierten Buches . 

Das tatsächliche Datum der Erfindung des Druckes 
in China vermag mit absoluter Gewißheit nicht fest- 
gestellt zu werden, und welches Jahr man auch immer 
der ersten Anfertigung der Holzstöcke mit einge¬ 
schnittenem Text, den Blöcken anweisen will, so steht 
es doch fest, daß zur Zeit der „Tang-Dynastie", d. h. 
j6i8 —906 n. Chr., der Druck in China allgemein zur 
Anwendung gelangte.. Das älteste Beispiel eines sol¬ 
chen Frühdruckes gehört dieser Periode an und 
stammt aller Wahrscheinlichkeit nach aus dem IX. 
Jahrhundert. Der Text desselben besteht aus dem 
Fragment einer buddhistischen Zauber- oder Beschwö¬ 
rungsformel. Ob ein Buch im eigentlichen Sinne aus 
der gedachten Epoche sich bis auf unsere Tage hin- 
übergerettet hat, erscheint zweifelhaft. Selbst Bücher 


aus der bis 1260 reichenden „Sung-Dynastie" sind äußerst 
selten, aber um so höher ist der ideelle und materielle 
Wert eines indirekt, 1099 datierten Buches anzusetzen. 
Dieser Druck, somit überhaupt der älteste in den 
Beständen des British Museum, trägt nämlich die 
nähere Bezeichnung: „Im zweiten Jahre von Yuan-fu**, 
eine Angabe, die eben dem Jahre 1099 entspricht. 
Der Inhalt des Bandes besteht in einer chinesischen 
Übersetzung von Teil 28 der „Abhidharma-sästra". 
Das Werk ist vorzüglich erhalten und die Buchstaben 
nicht im geringsten verblichen, ein Umstand, der einer 
mit Kampher gemischten Tinte zugeschrieben wird. 
Es scheint, daß chinesische Buddhisten zuerst den 
Druck in Japan einführten. Drei von ersteren in die¬ 
sem Lande hergestellte Bücher sind mit dem Datum 
1157, resp. 1248 und 1283 versehen. 

Die Regierungszeit der nächsten Dynastie der 
Mongolen währte 80 Jahre, und besitzt das Institut 
aus dieser Periode zwei stark im Stile miteinander 
kontrastierende Drucke. Der eine enthält in einem 
Bande die gesammelten Werke Han yü’s, des großen 
Publizisten und Literaten zur Zeit der Tang-Dynastie 


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CORNELL UNIVERSUM 



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Londoner Brief 


und ist von einem nicht weniger berühmten Manne, 
dem 1200 verstorbenen Tschu-Hsi herausgegeben. 
Während die Kolumnen in diesem Buche, dem Stile 
der Epoche gemäß, eng gedrängt sind, zeigt das aus 
dem Jahre 1322 herrührende historische Werk große 
Buchstaben, und verschwenderische Freigebigkeit des 
Raumes. Der Höhepunkt des Druckes wurde unter 
der Ming-Dynastie erreicht, so z. B. in einer für den 
kaiserlichen Palast 1476 hergcstellten Geschichte Chinas. 
Schon 14S6 entstand das erste illustrierte Buch, das 
gleichfalls im Besitze der kaiserlichen Bibliothek war, 
und auf jeder Seite einen Holzschnitt, eine Darstellung 
aus dem Leben Buddhas, mit zugehörigemTcxt darunter 
aufweist. Ein Druck aus dem Jahre 1681 ist besonders des¬ 
halb für die Geschichte des Druckes und Holzschnittes 
wichtig, weil sich in demselben die Angabe befindet, daß 
die wiedergegebenen Holzschnitte genaue Reproduk¬ 
tionen sind, deren Originale bereits 1331 zur Illustration 
eines Werkes dienten. Der Gebrauch von beweglichen 
Typen in China vermag schon in dem elften Jahr¬ 
hundert nachgewiesen zu werden. Diese Art der 
Herstellung von Büchern vermochte sich aber nicht 
zu erhalten, da wegen der nichtalphabetischen Sprache 
Chinas zu viele Typen in Anwendung kommen mußten. 
Einigermaßen Fuß faßten die beweglichen Buchstaben 
in Korea. Die in der Ausstellung vorhandene, von 
Ma-Tuanlin in dieser Manier in Korea 1600 gedruckte 
Enzyklopädie kann man als ein Monumentalwerk be¬ 
zeichnen. Selbst chinesische Kaiser druckten und 
gaben Bücher heraus. So findet sich hier ein illu¬ 
striertes, über die Reis-Kultivation handelndes, von 
dem Kaiser Kang-Hsi herausgegebenes Werk, dem 
sein Enkel, der Kaiser Tshien-Lung, ein ähnliches über 
Baumwollen-Pflanzung folgen ließ. 

Bis vor kurzem war man der Ansicht, daß der 
Farbendruck zuerst von dem 1710-1729 blühenden 
Japaner Kiyonobu erfunden wurde. Diese Ansicht 
wird durch hier vorliegende Beispiele chinesischen 
Ursprungs nicht nur erschüttert, sondern tatsächlich 
die Priorität Chinas durch vielfarbige Einzelblätter 
bewiesen, die aus der Zeit von 1679—1701 herrühren. 

Endlich gewährt außerordentliches Interesse eine 
vermittelst 200000 Kupfertypen 1726 gedruckte Enzy¬ 
klopädie, reich illustriert, ein Riesenwerk, das etwa 
4000mal soviel Stoff enthält, als die neueste Ausgabe 
der ,,Encyclopaedia Britannica“. 

Das illustrierte japanische Buch ist hier in seiner 
chronologischen Reihenfolge von 1608 bis zu dem 
Ende des XVIII. Jahrhunderts so vollständig ver¬ 
treten, daß eine bessere Gelegenheit zum Studium des 
in Rede stehenden Spezialzweiges, kaum gedacht wer¬ 
den kann. 

Die berühmte, vor einiger Zeit durch Auktion auf¬ 
gelöste „Huth-Bibliothek“ wurde insofern auch für das 
British Museum von größter Bedeutung, als der ver¬ 
storbene Besitzer der Direktion des Instituts das Recht 
eingeräumt hatte, vor der bezüglichen Versteigerung 
50 Bände auszuwählen, um die Lücken der Bibliothek 
zu füllen. Mr. F. G. Kenyon , Direktor des British 
Museum hat nun einen hochwissenschaftlichen Kata¬ 
log des Huth-Vermächtnisses verfaßt, zu dem Mr. 


A. W. Pollard eine sehr interessante Vorrede lieferte. 
Unter den wertvollsten, dem Museum zugefallenen 
Büchern ist zu erwähnen: „Dicts or Sayings of the 
Philosophen»“, das erste von Caxton in England ge¬ 
druckte mit Datum versehene Werk. Dann sind drei 
Shakespeare Quartausgaben zu nennen: „Richard II.“ 
(1597), „Richard III.“ (1597) und die „lustigen Weiber, 
von Windsor" (1602). 

Zur bleibenden Erinnerung an einen in der „Albert 
Hall“ abgehakenen Ball, zu dem nur Personen in 
Shakespeare-Kostümen zugelassen wurden, ist bei 
F. Warner & Co. ein prachtvolles Album heraus¬ 
gekommen, das Porträts der hervorragendsten Teil¬ 
nehmer am Feste, nach Originalen erster Künstler 
wiedergibt. Das Titelbild stellt Mrs. George Com- 
wallis West als Gräfin Olivia in Shakespeares „Tweift 
die Night“ in einer farbigen Zeichnung Laverys dar. Das 
mit Text versehene, auch äußerlich prachtvoll aus¬ 
gestattete Album kostet fünf Guineen. Mrs. Corn- 
wallis West ist die bereits früher genannte Dame, die 
als die Seele der großen, vom Mai ab in Earls Court 
tagenden „Shakespeare-Ausstellung“ angesehen wer¬ 
den muß. 

Bis zum Oktober dieses Jahres w ird im South Ken- 
sington Museum, offiziell „Viktoria- und Albert-Museum“, 
eine umfassende Ausstellung aller nur erdenklichen, 
auf Dickens Bezug habenden Gegenständen statifinden. 

In der von den Herren Brown und Philipps ge¬ 
leiteten „Lekester Gallery “ befindet sich zurzeit eine 
Ausstellung einer wundervollen Sammlung auto¬ 
graphischer Briefe grosser Künstler , darunter solche 
von Antonio Pollajuolo, Bramante, Michelangelo, Peru- 
gino, Raphael, Veronese, Rubens, Nicolas Poussin, 
Tiepolo, Reynolds, Gainsborough, Ingres, Corot und 
MÜlet. Die fließendste Hand unter den zeitgenössischen 
Künstlern besitzt Gainsborough. Im allgemeinen kann 
die Beobachtung gemacht werden, daß diejenigen 
Künstler, die gute Zeichner sind, sich die beste Hand¬ 
schrift angeeignet haben. Der vorzüglichste Kalli¬ 
graph unter ihnen ist der Miniaturist Giulio Clovio. 
Die moderne Schrift erscheint zuerst in den Briefen 
Lorenzo Lottos und Paul Veroneses. „Schreiben“ 
als Kunst betrachtet, hörte im XVI. Jahrhundert mehr 
und mehr auf. Man begann zwar viel, aber weniger 
schön zu schreiben. 

Über die Kunst, Wissenschaft und Literatur pfle¬ 
genden Gesellschaften ist zu berichten, daß Ende 
März in der „ English Goethe Society “, durch Herrn 
Dr. H. T. Schorn eine sehr gelungene Vorlesung über 
„Faust“ stattfand, und daß in der „Deutschen Kolonial- 
Gesellschaft' (Abteilung London) unter dem Vorsitz 
ihres Präsidenten , Herrn Wilhelm Schultz, am 29. März 
der Oberstleutnant Hübner auf Grundlage seiner Rei¬ 
sen und seines kürzlich erschienenen Buches: „ Eine Pforte 
zum schwarzen Erdteil“, einen höchstinteressanten 
Vortrag über das Thema hielt: „ Marokko — Land 
und Leute“. 

In den Auktionen bei Sotheby begann die eigent¬ 
liche Saison günstig, und wurden im allgemeinen hohe 
Preise gezahlt. So erzielte Wycliffes „Prayers ot the 
Byble“ 5000 Mark (Pearson) und Ariostos „Orlando 


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CORNELL UNfVERSITY 



Wiener Brief 


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Furioso“, mit 53 Originalzeichnungen von A. Lapis, 3000 
Mark (Pearson). „The Golden Legend“, zusammen¬ 
gestellt und vervollständigt durch Caxstons erste und 
zweite Ausgabe des Werkes, 2700 Mark (Tregaskis). 
Racine , drei Bände, Napoleons Exemplar, 2C00 Mark 
(Dance). „Paul und Virginie“, von Saint-Pierre, 
erste Ausgabe, auf großem Papier, 7800 Mark (Besom- 
bes), Voltaires „Romans et Contes“, erste Ausgabe, 
drei Bände, bezahlte Quaritch mit 2560 Mark. Eine 
Sammlung von 130 auf Mirabeau Bezug habende 
Schriftstücke erreichten 1600 Mark. „ Holbein , Histo- 
riarum Veteris Instrumenti Icones“, 1538, brachte 
1020 Mark. Reproduktion des „Hortulus Animae“ in 
der K. Bibliothek in Wien, 1910, kam auf 360 Mark, 
„Antiphonale Romanum“, ein französisches Manuskript 
aus dem XV. Jahrhundert, 4420 Mark. „Die Bibel“, 
ein anglo-normannisches Manuskript aus dem X///. Jahr¬ 
hundert, 2760 Mark. „Psalter“, ein anglo deutsches 
Manuskript aus dem XIII. Jahrhundert, 1000 Mark. 
„Geschichte des Kaisers Babers“, ein persisches Ma¬ 


nuskript aus dem XVII. Jahrhundert, 5900 Mark. 
Shakespeare, dritte Folio-Ausgabe, 1663, wurde mit 
11000 Mark bezahlt. Foucquet „Die Krönung Alexan¬ 
ders des Großen“, ein Blatt aus einem illuminierten 
Manuskript, 2120 Mark. 

Hinsichtlich des Nekrologs für den vergangenen 
Monat ist zu bemerken, daß die englische Tages- und 
Fachpresse dem verstorbenen Albert Träger einen 
ehrenden Nachruf widmet. Das „Athenäum“ sagt: 
„Er war bekannt als der Poet der „Gartenlaube“ und 
seine Gedichte waren weit verbreitet. Viele lasen sich 
angenehm, im ganzen sind sie aber zu sentimental, 
um sich zu erhalten 1 “ Als die besten und muster¬ 
gültigsten Werke ihrer Art hebt die englische Presse 
einstimmig die Schriften des verstorbenen Dr . Gustav 
Wendt hervor, so namentlich: „Gymnasium und öffent¬ 
liche Meinung ", sowie „Didaktik und Methode des 
deutschen Unterrichts und der philosophischen Pro - 
pädeutik“. 

London, Anfang April. O. v. Schleinitz . 


Wiener Brief. 


Die österreichischen Behörden scheinen jetzt mit 
aller Kraft gegen Schund und Schmutz vorgehen zu 
wollen. Man hat gleich zwei Erlasse an die unter¬ 
geordneten Amtsstellen hinausgegeben, einer stammt 
aus dem Finanzministerium, der andere stellt sich als 
eine Verfügung des Ministeriums des Innern dar. Das 
Finanzministerium ist nämlich die oberste Behörde 
für unsere Tabakladen, die sogenannten k. und k. 
Tabaktrafiken, in denen natürlich nicht allein Zigarren, 
sondern alles mögliche an Papiersorten und Druck¬ 
erzeugnissen verkauft wird. Die Tabaktrafiken 
sollen nun in Zukunft hinsichtlich des Verschleißes 
der Preßerzeugnisse strenge überwacht werden usw. 
In ähnlicher Weise ist eine Verfügung des Ministe¬ 
riums des Innern an alle politischen Landesbehörden 
ergangen, in der auf die verderblichen Wirkungen 
der öffentlichen Ausstellung sinn- und sittenloser 
Preßerzeugnisse, und zwar insbesondere an Orten, 
die infolge der Nachbarschaft von Kirchen, Schulen. 
Erziehungsanstalten und dergleichen von Kindern und 
jugendlichen Personen besonders frequentiert werden, 
hingewiesen wird. Vornehmlich den Gast- und Schank¬ 
lokalen und der Ansichtskartenindustrie soll das 
Augenmerk zugewendet werden. Überdies, wird in 
den offiziösen Kundmachungen versichert, sei in Wien 
seit langer Zeit bereits jene Zentralstelle aktiviert, die 
gemäß der im Jahre 1910 in Paris abgehaltenen 
internationalen Konferenz zur Bekämpfung unsittlicher 
Preßerzeugnisse in jedem Staate zwecks wechsel¬ 
seitiger Benachrichtigung über die Umtriebe, Machen¬ 
schaften und höchst einträglichen Geschäfte mit ob¬ 
szönen Preßcrzeugnissen zu errichten die Verpflichtung 
bestand. Also gleich eine ganze Fuhre von Erlassen, 
Kundmachungen usw. Ob’s etwas nützt ? Wir zweifeln 
aus sehr vielen Gründen daran. Der Pornographie 
unten und bei Kindern wird „energisch“ an den Leib 
gerückt, die Pornographie bei Erwachsenen scheint 
sich aber sehr hoher Protektion zu erfreuen. Wenigstens 


geht in Wien das Gerücht, daß ein gewisser Prozeß, der 
seinerzeit großes Aufsehen erregte und kürzlich ver¬ 
tagt wurde, niemals mehr auf leben wird . . . Die Kund¬ 
schaft des angeklagten Händlers sei die „allererste“ 
gewesen. 

Mit dem kürzlich verstorbenen Hofrat Max Burck- 
hard, dem früheren Burgtheaterdirektor, ist auch, was 
nicht allgemein bekannt war, ein großer Bibliophile 
dahingegangen, der sich insbesonders auf theater- 
geschichtlichem Gebiete als eifriger Sammler betätigte. 
Wer je Gelegenheit gehabt hat, in die Bücherei Burck- 
hards Einblick zu nehmen, war entzückt von der muster¬ 
haften Ordnung, in der er seine Bibliothek hielt. We¬ 
nigstens bis zu den Jahren, bevor diesen tapferen, auf¬ 
rechten, famosen Menschen Krankheit anfiel, muß dies 
gelten. Burckhard hat den Erlös seiner großen Biblio¬ 
thek testamentarisch dem österreichischen Bühnen¬ 
verein vermacht, der die Bibliothek demnächst unter 
den Hammer bringen wird. 

Kürzlich erschien in einer Wiener Tageszeitung 
eine Betrachtung über die Wiener Leihbibliotheken , 
der wir folgendes entnehmen: Wien hat heute über 
dreißig private Leihbibliotheken, mehr als sechzig 
Leihbibliotheken, die von den Vereinen „Zentral¬ 
bibliothek“, dem Volksbildungsvereine und anderen 
Vereinen erhalten werden, Freilesehallen, Lehrlings¬ 
bibliotheken, Krankenhausbibliotheken usw. Vor genau 
hundert Jahren besaß Wien außer den Büchersamm¬ 
lungen des Hofes, der Behörden, Klöster, Schulen und 
einiger Adeliger sowie Bürger keine einzige sogenannte 
„Leihbibliothek“. Zu Beginn des Jahres 1812 eröff- 
nete der Wiener Buchhändler Karl Armbruster in der 
Singerstraße, in dem Eckhaus Nr. 1, Kärntnerstraße 
Nr. 3, das erst vor wenig Jahren demoliert wurde, die 
erste Leihbibliothek in Wien. Er hatte lange keinen 
Konkurrenten; erst beiläufig nach zehn Jahren etab¬ 
lierte Johann Tauer eine zweite Leihbibliothek im 
Schulhof, Joh. B. Wallishausser eine auf dem Hohen 


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Wiener Brief 


Markt und Georg Passy eine in der Dorotheergasse; 
die letztgenannte war nur für die katholische Theologie 
bestimmt und wurde später von den Mechitaristen in 
der Singerstraße übernommen, die aber schon im 
Jahre 1840 ihre Befugnis für eine Bücherleihanstalt 
nicht mehr ausübten. In diesem Jahre bestand nur 
mehr die Tauersche Leihbibliothek, im Jahre 1850 
hatte auch die Buchhandlung Gerold eine solche, gab 
sie aber bald wieder auf. Vor zirka dreißig Jahren 
gab es zweiundzwanzig gewöhnliche Leihbibliotheken 
und nur vier Freilesehallen. Seither hat die zähe Arbeit 
der Vereine auf diesem Gebiete wirklich viel geleistet, 
und neben der Zahl der Volksbibliotheken und Frei¬ 
lesehallen ist auch die Anzahl der von privaten Unter¬ 
nehmern geführten Bibliotheken sehr gewachsen. 
Freilich steigt auch das Lesebedürfnis immer mehr, 
so daß die Bibliotheken auch wirklich ausgenützt 
werden. Vor hundert Jahren war eine einzige Leih¬ 
bibliothek ein riskantes Geschäft, und der brave Arm- 
bruster, der im Jahre 1812 als erster ein solches 
Unternehmen wagte, verdient immerhin eine gelegent¬ 
liche Erinnerung. 

Der Redakteur der „Österreichisch-ungarischen 
Buchhändler-Korrespondenz“, Karl Junker, hat den 
Auftrag erhalten, zu dem seinerzeit von Einsle bearbei¬ 
teten Calalogus librorum in Austria prohibitorum ein 
Supplement zu verfassen, das die bis Ende des Jahres 
1911 verbotenen Druckschriften verzeichnet. 

Die österreichischen Autoren, Komponisten und 
Musikverleger haben sich sowohl an die russischen 
Behörden als auch an die russische Presse mit der 
Bitte um Schutz ihres geistigen Eigentums gewendet. 
Die Sache steht nämlich so, daß ausländische Autoren 
trotzdem im vorigen Jahre erlassenen neuen rus¬ 
sischen Autorengesetze, das die früheren rechdosen 
Zustände wenigstens milderte, nach wie vor schamlos 
ausgenutzt werden. Namenüich mehrere Operetten¬ 
komponisten und -Librettisten — deren wir in Wien 
bekanntlich nur allzuviele haben — fühlen sich arg 
geschädigt Es soll Vorkommen, daß ein und das¬ 
selbe Werk in russischen Städten gleichzeitig an drei 
Bühnen gespielt wird, von denen zwei kein Auf¬ 
führungsrecht besitzen. 

Seit März dieses Jahres erscheint bei Hugo Heller 
&* Cie . in Wien eine neue Zeitschrift: ,Jmagd\ Zeit¬ 
schrift für Anwendung der Psychoanalyse auf die 
Geisteswissenschaften, herausgegeben von Professor 
Dr. Sigmund Freud , redigiert von Otto Rank und 
Dr. Hans Sachs, Professor Freuds Theorien sind ja 
allgemein bekannt Dessen Lehre von der Deutung 
des Traumes hat in den letzten Jahren viel von sich 
reden gemacht. Freilich hat sie nicht geringe An¬ 
fechtung erlitten, insbesondere die Übertreibungen 
seiner Schule und seiner Schüler erfuhren oft scharfe 
Zurückweisung und waren nicht selten sogar der 
Gegenstand berechtigten Spottes. In der Einleitung 
zum ersten Hefte von „Imago“ heißt es unter anderm, 
daß nicht nur das Erzeugnis eines einzelnen Menschen¬ 
geistes, wie es der Traum und das ihm im Innersten 
verwandte Kunstwerk ist, eine wahre Seelenkunde zu 
durchleuchten imstande sein muß, auch was Dasein 


und Form dem Zusammenwirken einer unzählbaren 
Menge von Einzelseelen verdankt, die das Streben 
nach demselben Ziel zu einer geistigen Einheit ver¬ 
schmolzen hat, wie Sprache und Sitte, Religion und 
Recht, falle in ihr Bereich. Mit dem Schlüssel der 
psychoanalytischen Technik werden sich auch in 
vielen anderen Wissenschaften versperrte Türen öff¬ 
nen und Probleme ergründen lassen, so in der Ästhetik, 
Literatur- und Kunstgeschichte, Mythologie, Philologie, 
Pädagogik, Folklore, Kriminalistik, Moraltheorie, 
Religionswissenschaft. Aus dem ersten Hefte der 
Zeitschrift hebe ich den Aufsatz von Otto Rank über 
den „ Sinn der Griseldafabel*', den von Dr. Eduard 
Hitschmann „Zum Wesen des Romandichters“ (als die 
für die Leser unserer Zeitschrift interessantesten) 
heraus. Bemerkenswert ist eine am Schlüsse des 
ersten Heftes angefügte bibliographische Übersicht der 
bisherigen Leistungen der auf die Geisteswissenschaften 
angewandten Psychoanalyse (bis Ende 1911). Ganz 
besonders möchte ich hier unsere Leser auf die 9. Ab¬ 
teilung Biographik aufmerksam machen. „Imago“ wird 
vorläufig sechsmal jährlich im Gesamtumfange von 
ungefähr 30 Bogen erscheinen und kostet 15 Mark 
(18 Kronen) für den Jahrgang. Volle Anerkennung 
verdient die Druckausstattung der in Klein-Quart 
erscheinenden Zeitschrift. 

Camill Hoffmann, der selbst schon als Lyriker 
hervorgetreten ist, hat bei Meyer &• Jessen eine An¬ 
thologie deutscher Lyriker aus Österreich zusammen¬ 
gestellt: Deutsche Lyrik aus Österreich seit Grillparzer, 
„Deutsche Dichter sind in diesem Buche versammelt, 
Österreicher. Im großen Gefüge der deutschen Kultur 
haben die immer ihre Sonderheit besessen; sie waren 
immer die südlicheren Temperamente, die südlicheren 
Nationen, die musikalisch Empfindlicheren. Denkt man 
längst hingeblaßter Zeitläufe: Der Sänger von der Vogel¬ 
weide war Österreicher.“ So beginnt die schöne, herzens¬ 
warme Einleitung zu dem Bande. Fern sei mir die 
übliche Mäkelei an Anthologien. Hoffmann hat sich 
nicht allein viele Mühe gegeben, sondern auch in der 
Auswahl künstlerischen Sinn betätigt Immerhin ist 
es auffallend, daß er zum Beispiel von Ferdinand 
Sanier , diesem vormärzlichen liederreichen Boh&nien, 
dessen neben der „Grabschrift“ am meisten bekannt 
gewordenes Gedicht „Beherzigung 41 mit dem fast 
Goetheschen Ausklange: 

Eines doch bedenke jeder. 

Was er immer tut und treibt 
Ob mit Hammer oder Feder 
Brot er schmiedet oder schreibt 
Daß die Mühsal des Erwerbens 
Ihm sein Bestes untergräbt 
Und am Tage seines Sterbens 
Niemand weiß, ob er gelebt 

nicht bringt. So verdienstvoll es ist, das gewisse An¬ 
thologienschema zu vermeiden, so darf diese Sorge, 
in den gewöhnlichen Trott zu verfallen, nicht so weit 
gehen, Allerbestes, weil meist auch Allerbekanntestes, 
auszuscheiden, wie dies da und dort (Sauter, Ada 
Christen, Stelzhammer usw.) von Hoffmann geschehen 


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Römischer Brief 


47 


ist Auch berührt es sonderbar. Felix Salten unter den 
Lyrikern zu finden. Das hat nicht wenig Verwunderung 
hervorgerufen. Salten mag alles mögliche sein—seinem 
Kunstfleiße alle Achtung! — Lyriker, nein, dazu reichts 
nicht Das muß man, wie man bei uns sagt, von der 
Frau Mutter haben. H offmann beginnt mit Grill¬ 
parzer und reiht die anderen Dichter chronologisch 
an. Lob verdient der in der Sammlung durchgeführte 
Grundsatz, auch die sogenannten katholischen Dichter 
(wie Eichert und andere) zu Worte kommen zu lassen 
und sie dadurch einem größeren Kreise bekannt zu 
machen. Alles in allem macht einem das gut aus¬ 
gestattete, in Halbpergament gebundene Buch viele 
Freude . . . „Der Nachtigallen, der sind viel“. 

Verhältnismäßig rasch schreitet auch die hier 


schon des öfteren erwähnte, von Otto Rommel heraus¬ 
gegebene „ Deutsch-österreichische Klassikerbibliothek u 
fort, die bis zum 28. Bande vorliegt. Der 25. Band 
behandelt wieder Lenau , der 26. den zweiten Band 
der von Fr. Hirth ausgewählten und eingeleiteten 
Werke KUmbergers („Novellen“). Der 27. setzt die 
ausgewählten Werke von Friedrich Halm fort, der 
28. bringt den 1. Band von M. G. Saphirs ausgewählten 
Werken, die von Guido Glück herausgegeben und 
eingeleitet sind. Das handliche Format der kleinen 
Bände, die sorgfältig gedruckt sind, sei nochmals 
hervorgehoben. Dem Nichtösterreicher dürfte die nun 
bald in der ersten Serie ihrem Abschlüsse entgegen¬ 
gehende Sammlung manche Dienste tun. 

Wien, Anfang April Hans Feigl. 


Römischer Brief. 


Das Stadttheater von Rom, das sogenannte „Te- 
atro Argentina", hat das berühmte Lustspiel Giordano 
Brunos „II Candelajo u zur Aufführung gebracht, was 
hier allgemein als ein literarisches und theaterge¬ 
schichtliches Ereignis ersten Ranges angesehen wird. 
Der „Marzocco“ beschäftigt sich in der Nummer vom 
31. März eingehend mit dieser Aufführung. 

Im Theater Argentina zu Rom, heißt es da, haben 
wir ein ganz außergewöhnliches Schauspiel erlebt, eine 
Aufführung des ,,Candelajo“ Giordano Brunos, den 
Professor Vittorio Podrecca wieder ausgegraben und 
für die Bühne bearbeitet hat. Daß der Gedanke, dieses 
Stück aus dem XVI. Jahrhundert auf die Bühne zu 
bringen, glücklich war, beweist der Erfolg, den es ge¬ 
habt hat; daß es ihn verdient, dafür bürgt sein innerer 
Wert Vor etwa drei Jahren bemerkte einer der 
größten Kenner Brunos, Felice Tocco , gelegentlich einer 
Besprechung der prachtvollen Ausgabe des „Candelajo", 
die Spampanato veranstaltet hatte, wie merkwürdig 
es sei, daß wir von den beiden wichtigsten Komödien 
des Cinquecento die eine, die ,, Mandragola ‘‘, einem 
Staatsmann und ernsten Historiker {JNicc. Macchia - 
velli. E. R.), die andere einem Philosophen und großen 
Neuerer verdanken. Tocco stellte dabei scharfsinnige 
Betrachtungen über die Verwicklung der Handlung 
an, um zu zeigen, welcher Art deren Komik ist Diese 
Komödie des Bruno — meinte er — läßt vielleicht 
infolge der geringen Bühnenkenntnis des Dichters viel 
zu wünschen übrig, was den Knoten der Handlung 
anbelangt, der geschickter geschürzt sein sollte und 
könnte. Überdies fehlt dem Verfasser die wahre „vis 
comica*'. Er lacht nicht, sondern höhnt; er freut sich 
nicht an seinen komischen Gestalten, sondern er 
als erster verspottet sie und macht sie schlecht Die 
Komödie des „ Bruno Nolano academico di nulla 
accademia , detto il Fastidito (Brunos aus Nola, Aka¬ 
demikers keiner Akademie, genannt der Gelang¬ 
weilte) in tristitia hilaris, in hilaritate tristis, wie er von 
sich selbst sagte, konnte kein Meisterstück der Komik 
sein. In der Vorrede beschreibt Bruno sich selbst: 
„Der Verfasser, wenn ihr ihn kenntet, würdet ihr 
sagen, sieht ganz abwesend aus, als ob er sich dauernd 
in Betrachtung der höllischen Strafen befände, als ob 


er in der Presse gewesen wäre wie ein Barrett; einer der 
nur lacht weil es die andern tun, der aber für ge¬ 
wöhnlich gelangweilt, hartköpfig und grimmig ist der 
sich mit nichts begnügt, eigensinnig ist wie ein Alter 
von 80 Jahren, wie ein Hund, der 1000 Bisse bekom¬ 
men und Zwiebeln gefressen hat“. Wer die Welt mit 
solchen Augen sieht — bemerkt Tocco — kann ihr 
nicht die komische Seite abgewinnen, lacht nicht und 
wer nicht lacht, kann auch nicht lachen machen. Das 
Komische in dieser Komödie entsteht durch das über¬ 
dicke Aufträgen der Farben, — sie ist eigentlich mehr 
grotesk als komisch. Die Hauptpersonen sind ein 
Tölpel, namens Bonifacio, der sich mit seinen 45 Jahren 
mit einem schönen, blühenden, jungen Mädchen ver¬ 
heiratet hat und einfältig genug ist sich in eine Kur¬ 
tisane, Vittoria, zu verheben. Um sich den Weg zu ihr 
zu öffnen vertraut er sich einer Vermittlerin mit Namen 
Lucia an, die ihn betrügt und ihn nasführt und sich 
mit seiner jungen Frau ins Einvernehmen setzt, um 
ihn in die Falle zu locken, sowie einem Alchimisten 
Bartolomeo und dessen Schüler Consalvo, der ihn 
noch mehr als die Vermittlerin hintergeht ferner einem 
Schulmeister Manfurio, der sich immer in Latinismen 
und Etymologien ergeht, auch wo es gar nicht ange¬ 
bracht ist, und einen ganz närrischen Brief für Boni¬ 
facio abfaßt Die Figuren des Bartolomeo und Man¬ 
furio sind aus demselben Holz wie die Hauptfigur, 
ganz ebenso töricht und albern. Die einzigen, die 
Verstand und klaren Blick haben, sind die beiden Be¬ 
trüger (Luda und Consalvo), die sich als Schergen 
verkleiden, und der Maler Bemardo, dem es gelingt, 
den närrischen Bonifario durch diese Schergen fest- 
nqhmen zu lassen und das Herz seiner Gattin zu er¬ 
obern, die sich als Vittoria verkleidet hatte, um ihn 
zu überraschen, und an dem sie so doppelte Rache 
nimmt. Wenn das Lachen beim „Candelajo" etwas 
gewaltsam erzeugt wird, wenn die ästhetische Seite der 
Komödie auch ihre Mängel hat, so bleibt doch die 
historische wegen der dem Leben entnommenen Ein¬ 
zelheiten, wegen der Anspielungen auf wirkliche Ge¬ 
schehnisse der Zeit, wegen der Schlüsse die sich aus 
der Komödie auf Leben und Charakter des Autors 
selbst ziehen lassen, von größter Wichtigkeit 


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Römischer Brief 


Ich hatte in meinem vorigen Brief Gelegenheit, 
bei Besprechung der von Tilgker besorgten italieni¬ 
schen Übersetzung Descartes die Sammlung „Classici 
della, Filosofia tnodema“ zu erwähnen, die bei Laterza 
e Figli in Bari erscheint: Welche große Rolle der 
philosophische Gedanke im heutigen Italien spielt 
und welchen bedeutenden Anteil daran besonders die 
großen deutschen Philosophen nehmen, mag nach¬ 
stehende Zusammenstellung der bis jetzt erschienenen 
Bände zeigen: 

Berkeley. Principii della conoscenza e dialoghi tra 
Hylas e Filonous. Tradottida G. Papini. — Giordano 
Bruno. Opere italiane. Con note di G. Gentile I. Dia¬ 
loghi metafisici II. Dialoghi morali. III. Candelaio, 
Commedia con introduzione e note a cura di V. Spam- 
panato. — Fichte. Dottrina della scienza. Tradotta da 
A. Tilgher. — Hegel. Enciclopedia delle scienze .filo- 
sofiche in compendio. Tradotta da B. Croce. — Her¬ 
bart. Introduzione alla filosofia. Tradotta da G. Vidos- 
sich. — Hobbes. Leviatano. Tradotto da M. Vinciguerra. 
— Hume. Ricerche sull'intelletto umano — sui 
principii della morale. Tradotto da G. Prezzolini. — 
Kant. Critica del giudizio. Tradotta da A. Gargiulo. — 
Critica della ragion pratica. Tradotta da F. Capra. — 
Critica della ragion pura. Tradotta da G. Gentile 
e G. Lombardo-Radice. — Leibniz. Nuovi saggi sull' 
intelletto, umano. Tradotti da E. Cecchi. — Schilling. 
Sistema delT idealismo trascendentale. Tradotto da 
M. Losacco. — Vico. La scienza nuova. Con note di 
F. Nicolini. — Gioberti. Nuova protologia. Brani 
scelti da tutte le sue opere, a cura di G. Gentile. — 
Descartes. Discorso sul metodo e Meditazioni filoso- 
fiche. Traduzione di A. Tilgher. 

Der verdiente Direktor der Biblioteca Vittorio 
Emanuele in Rom, Giuliano Bonazzi , hat zusammen 
mit dem Architekten Marcello Piacentini einen Plan 
für einen Neubau der Bibliothek ausgearbeitet und 
ihn dem Unterrichtsminister Credaro unterbreitet. Die 
Frage eines größeren Neubaus ist bei dem ungeheuren 
Anwachsen der Bestände und der stets steigenden 
Zahl der Besucher dringend geworden, und es wäre 
zu wünschen, daß die Ausführung so bald wie mög¬ 
lich in Angriff genommen würde. Die Biblioteca Vit¬ 
torio Emanuele wurde im Jahre 1875-durch Vereinig¬ 
ung von 69 kleineren Bibliotheken aus säkularisierten 
Klöstern geschaffen und in einem Flügel des alten 
Jesuitenkollegs, des sogenannten Collegio Romano, 
untergebracht. Obgleich die alten Räume mit allen 
Mitteln hergestellt wurden, sind sie doch für den Zweck 
wenig geeignet; die Bücher sind durch die Etagen 
verteilt, die Regale stehen großenteils die unendlich 
langen Korridore endang, wodurch das Suchen der 
Bücher sehr langsam von statten geht, so daß die 
Leser sich oft beklagen. Als öffentliche Leseräume 
wurden ein Refektorium und eine Sakristei einge¬ 
richtet Zu dem Grundstock der alten Bücher kamen 
bald beträchtliche Sammlungen neuer Erscheinungen, 
und bei einem Zuwachs von etwa 10000 Bänden im 
Jahr kann es nicht wundemehmen, daß die Bibliothek 
nach 36jährigem Bestehen an der Grenze ihrer Aus¬ 
dehnungsfähigkeit angelangt ist Zu dem Platzmangel 


für die neuen Erwerbungen kommt die Unzulänglich¬ 
keit der Lesesäle, die viel zu wenig Sitze für die große 
Zahl der Besucher haben, und das trotz der kürzlich 
erfolgten Neueinteilung dieser Säle. — Der Typ der 
neuen Bibliothek ist als sogenannte „ Biblioteca riser - 
vata “ gedacht. Die Urheber des Plans gehen dabei 
von dem Gesichtspunkt aus, daß es absurd sei, daß 
ein Insdtut, das die gesamte Kultur repräsentiert, für 
alle Neugierigen und Tagediebe offen stehen soll. Für 
die Volksbildung sorgen die Schul- und Stadtbibliotheken, 
die in den verschiedenen Teilen der Stadt verteilt liegen 
sollten, und von denen eine in den Räumen der jetzigen 
Vittorio Emanuele untergebracht werden könnte. Mit 
dem Gedanken, dies neue große Institut den geistig 
höher Gebildeten zu reservieren, ist nicht beabsichtigt 
ein Monopol für wenige zu schaffen, sondern es sollen 
durchaus alle diejenigen zugelassen werden, die ge¬ 
wisse Garantien für ihren Ernst und ihre Zuverlässig¬ 
keit geben. Für eine solche Bibliothek mit „reservier¬ 
tem Charakter“ sind am besten Lesesäle, in denen 
die Besucher die notwendigen Nachschlagewerke und 
Bibliographien zur Hand haben. Bei dem Entwurf des 
Planes ist vor allem maßgebend gewesen, möglichste 
Bequemlichkeit für das Publikum mit Einfachheit und 
Schnelligkeit der Bedienung zu vereinigen. Diesen 
Wünschen entspricht am besten eine strahlenförmige 
Anlage, und so ist die neue Bibliothek als ein großer 
Rundbau gedacht, der in zwei Etagen eingeteilt ist, 
in deren unterer sich die Bücherbestände befinden 
sollen, während in der oberen der Katalog und die 
Lesesäle untergebracht werden würden. Der Katalog 
soll seinen Platz in der Mitte des Baues, in einer 
großen Rotunde bekommen, während in den strahlen¬ 
förmig von hier ausgehenden Flügeln, die nach Dis¬ 
ziplinen eingeteilten sieben Lesesäle einzurichten 
wären. Wenn die Bibliothek in dem großen Umfang 
und an dem beabsichtigten Platz — in der Nähe der 
altberühmten Fontana Trevi von Bernini — zur Aus¬ 
führung käme, würde Rom zwar um eine moderne 
Sehenswürdigkeit reicher und bekäme eine Bibliothek, 
wie sie zentraler und bequemer nicht liegen könnte, 
aber es würde diesen Plänen auch wieder ein gutes 
Stück der alten Stadt zum Opfer fallen müssen. 

Die in Bergamo erscheinende Zeitschrift „Empo¬ 
rium“ bringt in ihrem Märzhefte einen sehr inter¬ 
essanten illustrierten Aufsatz von Pasquale de Luca über 
Illustrationen zu Manzonfs Promessi Sposi: „Le, Illu- 
strazioni dei Promessi Sposi dal Gonin al Previati“. 
Die Arbeit ist gleich wichtig in bibliographischer Hin¬ 
sicht wie für die Gesichte der italienischen Bücherillu¬ 
strationen im XIX. Jahrhundert De Luca bespricht fast 
alle illustrierten Ausgaben, von denen er als erste die vom 
Jahre 1840 mit Zeichnungen von Gonin aufführt bis 
zu der Hoeplischen Ausgabe mit den Abbildungen von 
Previati, vom Jahre 1899. Es ist erstaunlich, welche 
Fülle wirklich hübscher Zeichnungen zu dem berühm¬ 
ten Roman dabei ans Licht kommt und bedauerlich, 
daß die italienische Bücherillustration aus der Mitte 
des vergangenen Jahrhunderts sowenig beachtet oder 
fast ganz vergessen ist. Zwischen Gonin, dem ersten, 
und Previati, dem neuesten Illustrator Manzonis, liegen 


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Amsterdamer Brief 


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B.Pinelli , Mo ja, Gallo Gallina, MoseBianhi, C. Bslgioi - 
oso , CP. Berlins, und manch anderer. Interessant ist die 
Feststellung de Lucas, daß die „ PromessiSpost u ‘ von 1827 
bis 1840 in Italien und im Ausland 65 mal gedruckt 
wurden, ohne dem Dichter irgendwelchen materiellen 
Nutzen zu bringen, da bei der politischen Zerrissen¬ 
heit Italiens in jener Zeit jeder Schutz des geistigen 
Eigentums fehlte. — Daß Goethe mit Manzoni enge 
freundschaftliche Beziehungen verbanden, und daß er 
das Hauptwerk des großen italienischen Erzählers sehr 
hochschätzte, ist wohl bekannt. 


Soeben verbreitet sich in Rom die mit allgemeiner 
Teilnahme und Trauer aufgenommene Nachricht von 
dem Tode Giovanni Pascolis. Pascoli war einer der 
bedeutendsten und beliebtesten Dichter Italiens der 
Gegenwart und Nachfolger Carducds auf dem Lehr¬ 
stuhl für italienische Literatur an der Universität 
Bologna. Er war im Jahre 1855 in San Mauro in der 
Romagna geboren. 

Rom, Anfang April 1912. 

Ewald Rappaport . 


Amsterdamer Brief. 


Eine wichtige Etappe in der Entwicklung der 
modernen holländischen Druckkunst bildet die in einem 
kürzlich von der Amsterdamer Lettergießerei „Amster¬ 
dam" versandten Prospekt angekündigte neue hollän¬ 
dische Letter, die erste von einem Holländer entworfene 
und in Holland ausgeführte moderne Letter überhaupt 
denn die bisher hier verwandten Lettersorten kamen 
alle aus dem Ausland. S. H. de Roos t der sich durch 
seine farbigen Steinzeichnungen und als Buchkünstler 
durch die schöne Ausstattung der holländischen Aus¬ 
gabe von William Morris, „Kunst en maatschappy" 
hier einen Namen gemacht hat, ist der Entwerfer. 

Die neue Letter, Holländische Mediaeval, nimmt 
neben den bekannten lateinischen Typen eine ganz 
selbständige Stellung ein; sie ist nicht so streng 
und einfach, wie etwa die Renaissance - Antiqua 
Pöschels, sie ist etwas unruhiger und nervöser und 
nähert sich mehr der Antiqua der Pöschel-Tiemann- 
sehen Januspresse, mit der Goethes Römische Elegien 
gedruckt sind. Scharfe Ecken, Zusammenstößen ge¬ 
rader Linien unter einem rechten Winkel sind ver¬ 
mieden; die Ecken sind abgestumpft. Die schmale 
Linie, auf der die Vertikale beim d zum Beispiel steht, 
bildet mit dieser keinen rechten Winkel sondern sie 
ist nach oben etwas umgebogen; so verläuft ferner 
der obere Teil des t, oberhalb des Querstrichs, nicht 
ganz geradlinig, sondern ist nach rechts etwas ge¬ 
schweift; und ähnliches mehr. Der Zweck und der 
Erfolg dieser schwachen Rundung ist, daß die ein¬ 
zelnen Buchstaben weniger schroff und abgesondert 
nebeneinander stehen, und sie mehr Fühlung miteinan¬ 
der bekommen, wie bei der Schreibschrift. Und diese 
scheint den Künstler auch etwas beeinflußt zu haben. 
In dem erwähnten Prospekte heißt es darüber: 

„Die Form der Buchstaben suchte der Künstler 
nicht durch reine Konstrukdon zu gewinnen. Das 
Linienschema, das bei größeren Buchstabenzeichnungen 
und monumentalen Inschriften für die Bestimmung 
der Verhältnisse fast unvermeidlich ist, steht einer 
freieren Formengebung im Weg. Beim Schreiben sind 
die Buchstaben entstanden und werden sie zu einer 
für unsere Zeit geeigneten Form entwickelt werden 
müssen, und dann wird nicht der einzelne, sondern 
der im Zusammenhang geschriebene Buchstabe als 
Grundlage zu nehmen sein.'* Durch diese, wenn auch 
diskrete Annäherung an die Schreibschrift kommt es 
wohl auch, daß diese neue holländische Letter ein 
Z. f. B. 1912/1913. 


wenig gotisch wirkt, cum grano salis zu verstehen. 
Bei dem Entwurf dieser Roos’schen Letter sind die¬ 
selben Kräfte am Werke, die seinerzeit von der An¬ 
tiqua zu der Fraktur führten. — Die Letter ist von 
mittlerer Stärke und auf dem Prospekt ziemlich eng 
gesetzt Der Gesamteindruck der bedruckten Seite ist 
verglichen mit dem einer Seite in dem kürzlich hier 
besprochenen „Drukkersjaarboek" etwas nüchtern, und 
man möchte sagen: bürgerlich. Durch die größere 
Raumverschwendung, die weiteren Intervalle zwischen 
den einzelnen Lettern und Worten, die fettere Letter 
selbst und den schwärzeren Druck wirkt das „Drukkers- 
jaarboek" vornehmer, und was doch von der größten 
Wichtigkeit ist, für das Auge weniger ermüdend. 
Aber das „Drukkersjaarboek" ist vielleicht mehr als 
eine Luxusausgabe zu betrachten und deshalb kein 
geeignetes Vergleichungsobjekt. Denn die neue Letter 
ist ja für das holländische Durchschnittsbuch bestimmt 
und soll dessen Niveau heben. Hoffen wir, daß das 
Streben des Künstlers von Erfolg bekrönt wird. Eine 
neue Auflage des Styn StreuveVschen Romans „De 
Valschaard soll, wie das „Nieuwsblad van den Boek- 
handel" berichtet, auf den Wunsch des Autors mit 
der neuen Letter gedruckt werden, die die Druckerei 
G. J. Thieme für diesen Zweck erworben hat. In der 
holländischen Presse ist die Letter einstimmig mit der 
größten Anerkennung beurteilt worden. 

Auf ein einjähriges Bestehen sieht im Mai eine 
holländische Kunstzeitschrift zurück, auf die hinzu¬ 
weisen ich bisher immer versäumt hatte; dieselbe 
verdient, weil sie wirklich eine Lücke in dem hol¬ 
ländischen Zeitschriftenwesen ausfüllt, auch außerhalb 
Hollands besondere Beachtung. 

Denn durch ihr gutes und reiches Abbildungs¬ 
material behält sie auch für solche, die den hollän¬ 
dischen Text nicht verstehen, ihren Wert Wenn man 
von kleineren Blättern absieht, gab es bisher über¬ 
haupt keine rein holländische Kunstzeitschrift Denn 
„Onxe Kunst ", eine zwar niederländisch geschriebene 
Monatsschrift, ist in den letzten Jahren mehr und 
mehr „verflämischt" und gibt von der modernen hol¬ 
ländischen Kunst daher kein getreues Bild. Und der 
holländischen Kunst alter sowie neuer, ist gerade diese 
neue Zeitschrift „Kunst en Kunstleven “ gewidmet, die 
im Haag von C. Harms Tiepen. Marconistraat 19, 
herausgegeben wird. Der Preis beträgt 6 fl. im Jahr; 
die auf jap anis ches Papier gedruckte numerierte 

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50 


Amsterdamer Brief 


Ausgabe kostet 25 fl. Außer Aufsätzen über einzelne 
Künstler bringt die Zeitschrift auch regelmäßig illu¬ 
strierte Berichte über Neuerwerbungen holländischer 
Sammlungen, über Ausstellungen in den Kunstzentren 
des Landes und über bevorstehende inländische 
Auktionen. Ausstattung, Papier, Druck und Anordnung 
der Reproduktionen verdienen alles Lob. Den mo¬ 
dernen holländischen Künstlern, die in den mir vorlie¬ 
genden Heften 5—8 behandelt werden, ist eine Neigung 
zum Verfeinerten gemeinsam; sie sind Luxusmaler, 
die für ein verwöhntes aristokratisches Publikum ar¬ 
beiten; sie stehen abseits von der aus Frankreich 
kommenden modernen Bewegung der letzten Jahre 
und sind auch von van Gogh unbeeinflußt; den Re¬ 
produktionen nach zu urteilen, haben manche ihrer 
Sachen ganz aparte und intime Reize. — Eine Er¬ 
gänzung zu der Monatsschrift bietet die von dem¬ 
selben Verlag herausgegebene Wochenschrift „Me¬ 
morandum“, die hauptsächlich dem Kunsthandel 
dient und über die auf holländischen Auktionen er¬ 
zielten Preise ausführlich berichtet; das Abonnement 
auf dieses Blatt beträgt jährlich 1 fl. 

Im Januarheft des „Nieuwe Gids“ erzählt Frans 
Erens von seinen Reiseeindrücken in den Maingegen¬ 
den', ziemlich ausführlich beschreibt er Würzburg, die 
Residenz und den Hofgarten, um zuletzt einen Hym¬ 
nus auf den Dichter anzustimmen, der in Würzburg 
begraben liegt: Walter von der Vogelweide. Erens 
ist jemand, der mit offenen Augen reist, nicht um die 
internationale Großstadtkultur, an die er von Zuhause 
gewöhnt ist, überall wieder zu Anden, und Land und 
Leute darnach zu bewerten, sondern er bleibt ganz 
naiv und unterläßt das leidige Vergleichen. Man 
merkt ihm an, daß er sich im Frankenlande wohl ge¬ 
fühlt hat, hauptsächlich, weil hier der Zusammenhang 
mit der Vergangenheit mehr gewahrt ist und der alles 
gleichmachende moderne Verkehr und die moderne 
Industrie bisher nur in bescheidenem Maße Eingang 
gefunden. Es sind eigentlich mehr als bloße Eindrücke, 
die uns Erens hier gibt, es sind Betrachtungen allge¬ 
meiner Art, die das in stiller Liebe Geschaute in ihm 
auslöst. Als Probe seiner Weise die Dinge zu sehen 
möchte ich einiges anführen, was er über den Men¬ 
schenschlag sagt: „Der einfache Mann, der uns hier 
auf der Straße entgegentritt, ist derselbe derbe, kräf¬ 
tige und breite Typus, wie ihn Riemenschneider dar¬ 
gestellt hat, nicht stolz und fein, wie in manchen Ge¬ 
genden von Tirol, wo die Männer den Adlern gleichen, 
sondern eine Figur wie Hans Sachs. Es sind keine 
Männer, die durch die Industrie klein, mager und 
unansehnlich geworden sind, keine schmächtigen 
Adepten des Sozialismus, die für die Gemeinschaft 
reif sind, keine Sklaven der Masse, die keine Sklaven 
mehr sein wollen, denen aber die drückende Tyran¬ 
nei der Volksmajestät den Stempel aufgedrückt hat, 
sondern es sind noch die stillen, individuellen Arbeiter 
von früher von bäurischem und vierschrötigem Wüchse. 
Die Frauen sind nicht schön, aber kräftig und tüchdg, 
nicht groß und nicht klein, doch mit sanftem Lachen 
und zartklingender Stimme“. Widerspruch weckt viel¬ 
leicht, was er über die Frömmigkeit des Volkes im 


Vergleich mit der des französischen Landvolkes sagt: 
„Die Frömmigkeit der Franzosen ist eine mehr inner¬ 
liche und hat einen tieferen Kern. In Süddeutschland 
ist sie wolkig und qualmig“. 

Im Februarheft derselben Zeitschrift Andet sich 
ein Aufsatz von Jac. van Looy, dem bekannten 
Schriftsteller und Maler, über das Übersetzen. Er po¬ 
lemisiert darin gegen C. S. Adama van Scheltema, 
den Übersetzer des Faust. (Siehe „Zeitschrift für 
Bücherfreunde“, Jahrgang 1911/1912, Seite 181/182). 
Scheltema hatte in seiner Vorrede als Grundsatz aufge¬ 
stellt, daß die Übersetzung eines dichterischen Werkes 
einer vergangenen Zeit sich in Stil und Diktion möglichst 
dem Geist jener Zeit anzupassen habe; und ausdrück¬ 
lich hatte er sich gegen solche modernisierte und sub¬ 
jektive Übersetzungen gewandt, die nicht aus dem 
Gefühl des Dichters wiedergeboren, sondern nach 
dem durch seine Zeit bedingten Geschmack und den 
persönlichen Neigungen des Übersetzers umgebildet 
und umgedichtet sind, was z. B. von der Faustüber¬ 
setzung des Amsterdamer Pfarrers J. J. L. Ten Kate 
(1878) gilt Durch diese prinzipiellen Erklärungen' 
fühlte sich nun auch van Looy getroffen, der in 
dieser Weise einige Shakespearesche Dramen über¬ 
tragen hatte. Scheltema ist bei seiner Übersetzung 
der Methode der modernen Literaturforschung gefolgt; 
er hat versucht das Werk aus der Persönlichkeit des 
Dichters und dem herrschenden Zeitgeist zu verstehen 
und sein Ziel war eine Kopie des Werkes in dem 
anderen SprachmateriaL Van Looy dagegen, dem 
alle Gelehrsamkeit und Wissenschaftlichkeit wider¬ 
strebt, verfährt beim Übersetzen ganz subjektiv und 
naiv. Er gibt sich ganz der Dichtung hin und läßt sich 
von ihr zu der schöpferischen Tätigkeit des Umdichtens 
inspirieren; er bedient sich dabei stets der Sprache, 
die heute gesprochen wird. Charakteristisch für seine 
Art zu arbeiten ist nach seinem eigenen Geständnis, wie 
er sich bei schwierigen Stellen bei seiner Shakespeare¬ 
übersetzung geholfen hat. Er griff dann nicht zu irgend¬ 
welchen literarischen Hilfsmitteln, sondern er holte 
sich lieber Rat bei völlig ungelehrten Menschen, einem 
Waterländer Bäuerlein z. B., „seiner Abstammung ge¬ 
treu und als Verehrer von Hals und Brederode“. Er 
rühmt diese seine Methode als die der Visionären, 
die Holland groß gemacht haben, ,.bevor es der All¬ 
macht der Pädagogik verfiel“. Da er aber der An¬ 
sicht ist, daß über den Wert einer Theorie schließlich 
doch die praktischen Resultate, die man damit erzielt, 
entscheiden, gibt er zum Schluß seines Aufsatzes eine 
Reihe von Proben seiner nach dieser seiner Methode 
entstandenen Faustübersetzung, die aber bis jetzt nur 
Fragment geblieben ist Übersetzt hat er den Prolog 
im Himmel, den Anfang von Fausts Monolog, den 
Osterchor der Frauen („Mit Spezereien . . .), den 
König in Thule, Meine Ruh ist hin und O, neige, du 
Schmerzensreiche. Daß ein echter Dichter hier bei der 
Übersetzung am Werke ist, der ein feines Gefühl für 
Klang und Rhythmus hat zeigt jede Zeile. Van Looy 
wäre wohl im Stande noch etwas Vollkommeneres zu 
leisten als Scheltema, wenn nur das dichterische Feuer 
so lange bei ihm anhielte und er nicht bei den philo- 


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Amsterdamer Brief 


51 


sophischen Teilen und anderen Stellen, die ihm weniger 
liegen, bald versagen würde. Zum Vergleich der beiden 
Übersetzungen lasse ich hier die van Looysche und 
Scheltemasche Version von Grethchens Gebet vor der 
Mater dolorosa folgen: 

van Looy Adama van Scheltema 

Moeder van smarte, er- Ach neig uw harte 
barm u, Gy ryk aan smarten, 

Neig ach, uw aanschyn Genadig tot myn droeven 
aan myn nood: nood 

Duizende smarten Met ’t zwaard doorstoken 

Doorvlymen u't harte Van smart gebroken 
Ziende uw zoon in pyn Ziet gy omhoog tot Jezus 
van dood. dood. 

Ten vader gy ziet Tot Gode blikt gy, 

Uw züchten gy liet En züchten snikt gy 

Tot hem, om zyne’ en Tot hem om zyne’ en 
uwen nood. uwen nood. 

Wie voelt Wie voelen 

Hoe het woelt Het woelen 

Door het ingewand my? Der pyn, waarom ik 

Wat myn arme hart hier ween? 

uitstaat, Wat myn arme hart komt 

Hoe het krimpt en wat klagen, 

er omgaat, Wat het beeft, wat het 

Dat weet enkel, enkel gy. komt vragen, 

Dat weet gy en gy alleen! 

Waar ik my loop ver- Waarheen ik my 00k 
treeen, wende, 

Zoo wee, zoo wee, zoo Eilende is’t, eilende, 

weee. Die myne borst beknelt 

Word’t in myn boezem Nauw zyn de menschen 
myl henen, 

En ben ik weer alleene Of weenen moet ik, 
Dan moet ik weenen, weenen, 

weenen. Dat my het harte smelt 

Het hart my breekt er by. 

De planten voor myn De bladeren voor myn 

venster venster 

Heb ik met tränen be- Besprenkelde ik met myn 

vocht, leed, 

Toen ik van morgen Toen ’k in den vroegen 

plukte ochtend 

De bloemen die 'k u Voor u die bloemen sneed. 

brocht 

Als’t eerste zonneschynen Toen met den lichten 
’t Licht in myn kamer morgen 

zendt, De zon naar binnen zag, 

Dan zit ik met myn pynen Zat ’k reeds met al myn 
Jn't bed al overend. zorgen 

Te wachten op den dag. 

Help. Red my toch van Help! red gy my van 
schände en dood. schände en dood! 

Erbarm U Ach neig uw harte, 

Moeder van smarten, er- Gy ryk aan smarten, 
barm u, Genadig tot myn droeven 

Neig, ach, uw aanschyn nood. 

aan myn nood. 


Van Looy ist meiner Ansicht nach hier ergrei¬ 
fender, seine Sprache ist anschaulicher und suggestiver, 
und der Schmerzensschrei Grethchens und ihr Bitten 
scheint mir flehentlicher und drängender als bei 
Scheltema. Jedenfalls kann uns der edle Wettstreit 
die große Dichtung in Holland einzubürgem nur mit 
freudiger Genugtuung erfüllen. 

Vom 5. bis zum 15. Februar wurde gemeinsam 
von der Firma R. W. P. de Vries und C. F. Roos &* 
Cie. in Amsterdam die 4587 Nummern zählende Biblia 
thek des Rotterdamer Buchhändlers J. H. Dunk 
versteigert. Die wichtigsten Preise lasse ich hier folgen: 

1057, der große Atlas von Blaeu, in 9 Bänden, 
Amsterdam 1664 180 fl. — 1059, der Atlas von 

de Wit , Amsterdam, mit 100 kolorierten Karten, 
Amsterdam, Fred de Wit, s. d. 35 fl. — 1119 

Scheeps en historisch Joumaal gehouden aan boort 
van ’s Land Fregat Briel 1778—1782; ein Manuskript 
mit zahlreichen Federzeichnungen 30 fl. 

1180. Hübbe (J. H.), Ansichten von Hamburg. 
Frankfurt 1824—28 mit Stichen; Chr. Zietx, An¬ 
sichten von Lübeck. Frankfurt 1822, mit Stichen 10 fl. 

1181. Das Königreich Bayern, in seinen altertüm¬ 

lichen usw. Schönheiten, München, G. Franz 1843—46, 
mit Stichen; und G. Schwab , Das malerische und ro¬ 
mantische Schwaben. Leipzig mit Stichen 4 fl. — 1186. 
Niemeyer (A. H.), Waamemingen op eene reize door. 
Westfalen en Holland in i 8 o 5 (Aus dem Deutschen) 
Haarlem 1824, und Brieven geschreven op eene wan- 
deling door een ged. von Duitschland en Holland in 
1809. Groningen 1809—101,75 fl.— 1193. Storck (A.), 
Ansichten der freien Hansastadt Bremen. Frankfurt 
1822 10 fl. — 1196. Tromlitz (A.), Romantische 

Wanderung durch die Sächsische Schweiz. Leipzig, 
s. a. mit Stichen. — W. D, von Horn , Der Rhein, 
Wiesbaden 1875, mit Stichen und L. Lange, Der Rhein 
und die Rheinlande, Darmstadt, 1847 5,50 fl. — 1286. 
F. Morghen , Raccolta di varie vidute di Pesto, Na¬ 
poli, Pozzuoli, Baia, Cume . . . incise in rama. Na¬ 
poli 1796, mit 70 Stichen 4 fl. — 1301. J. Winckel - 
mann , Sendschreiben von den Herculanischen Ent¬ 
deckungen. — Nachrichten an H. Füeßli aus Zürich. 
— Abhandlung von der Fähigkeit der Empfindung 
des Schönen in der Kunst Dresden 1762—64. Die 
Erstausgabe mit breitem Rand in schönem altem 
holländischem Ganzlederband 0,40 fl. — 1308. Witsen 
(N.), Noord en Oost-Tartarye . . . Zweite Auflage. 
Amsterdam 1705 40 fl. — 2022. Het verheerlykt 
Nederland of kabinet van hedendaagsche gezigten. 
AmsterdamTirion 1745—74. In 2 Bänden, mit 90oSdchen 
mit breitem Rand 53 fl. — 3274. Eine interessante 
Sammlung niederländischer Kinder - und Schulbücher , 
zum Teil mit Abbildungen, aus den Jahren 1830—1885, 
im ganzen 2800 Nummern 85 fl. 

3311. Almanach de poche de Goettwgue pour 
l’annee 1808. Göttingen, Dietrich und Kurmainzischer 
Hof- und Staatskalender iffl . Mainz. Und anderes 11 fl. 
3574. Hamburger , G. Chr ., Nachrichten von den vor¬ 
nehmsten Schriftstellern vom Anfänge der Welt bis 
1500. Lemgo 1756—64 4 Bände 1,75 fl. — 3598. Goethe, 
Hermann und Dorothea II. verbesserte Auflage mit 


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52 


New Yorker Brief 


den Chodowieckischen Kupfern, 1799 3 fl. — 3599. 
Propyläen. Eine periodische Schrift herausgegeben 
von Goethe. Tübingen 1798—1800, 3 Bände 35 fl. — 
3600. Goethe, Reinecke Fuchs. Berlin 1794, die Erst¬ 
ausgabe, ferner die zweite Auflage der Wahlver¬ 
wandtschaften, Tübingen 1810, fax westöstliche Divan, 
in der Ausgabe von Loeper, auf besseres Papier mit 
breiterem Rand als die gewöhnliche Hempelsche 
Ausgabe, und endlich der I. Band des Goethejahr- 
buches 5,50 fl. — 3602. Die französische Faustüber¬ 
setzung von G. de Nerval, Paris 1868, mit den Suchen 
von T. Johannot , sehr schöne Ausgabe 0,60 fl. — 3622. 
Schiller, Trauerspiele, Mannheim 1784, mit 6 Chodo¬ 
wieckischen Kupfern, enthaltend die Räuber, die Ver¬ 
schwörung des Fiesko, und die Erstausgabe von 
Kabale und Liebe 11 fl. — '3627. Wielands sämtliche 
Werke, Karlsruhe 1814—1818, 45 Halblederbände der 
Zeit; schöne Ausgabe 1,50 fl. 


Den höchsten Preis erzielte die Erstausgabe von 
Robinson Crusoe , ( De Foe), The life and stränge sur- 
prizing adventures of Robinson Crusoe, of York, Ma¬ 
riner. London. Taylor 1719: 970 fl. — 4024. J. G. 
Weinmann, Phteanthoza iconographia. Radsbonae, 

1737 — 1745t 4 Bände mit 1025 kolorierten Tafeln 45 fl. 
— 4236. Darly, ( M . A .), A compleat body of archi- 
tecture. London 1773; mit 98 Tafeln: 52*/ a fl. — 4419. 
J. E. Ridinger , Entwurf einiger Tiere. Augsburg 

1738— 54 60 fl. — 4432. The works of William Ho- 
garth, from the original plates restored by J. Health, 
London (1822) 51 fl. — 4444- Album amicorum von 
Y. vanHamelsveld, einem UtrechterTheologieprofessor 
und Polidker mit 64 Eintragungen aus den Jahren 1765 
bis 1810 100 fl., wurde von der Königlichen Bibliothek 
im Haag erworben. 

Amsterdam, Anfang ApriL M. D. Henkel 


New Yorker Brief. 


Am 1. März feierte der Nestor der amerikanischen 
Schriftsteller, William Dean Howell, seinen 75. Ge¬ 
burtstag und war bei dieser Gelegenheit Gegenstand 
vieler Ehrungen von Nah und Fern. Zu dem Bankett, 
das sein Hauptverleger, CoL Hawey» Leiter des Ha- 
perschen Verlags, ihm zu Ehren am 2. März gab, kam 
selbst Präsident Taft speziell von Washington nach 
New York und hob in einer Rede die besonderen 
Verdienste Howells um die amerikanische Literatur 
hervor. 

Howell ist ein fruchtbarer Schriftsteller; seine Er¬ 
zählungen spiegeln das amerikanische Volksleben aus¬ 
gezeichnet wieder und sind deshalb auch für den 
Ausländer, der sich über amerikanische Verhältnisse 
etwas orienderen will, von Interesse. Die bekanntesten 
Werke sind: „A Hazard of New Fortunes", „The Rise 
of Silas Lapham“, „The Lady of the Aroostock", alles 
ganz vorzügliche Charakterschilderungen; weiter erfolg¬ 
reich waren „A modern Instance", „The Ministers 
Charge*', sowie eine Sammlung venedanischer Er¬ 
zählungen, „Venedan Life**, die während seines Auf¬ 
enthalts als amerikanischer Konsul in Venedig ent¬ 
standen sind. Die „North American Review" April- 
Nummer und ,,Bookman" April-Nummer bringen inter¬ 
essante Beiträge von und über Howells, und ein aus¬ 
führlicher Bericht über das Ehrenbankett ist in Harpers 
Weckly vom 8. März erschienen. 

In den Ausstellungsräumen des Verlagshauses 
Houghton Mifflin 8 c Cie. waren in der ersten März¬ 
woche neben ihren früheren Arbeiten, die vor zwei 
Jahren an dieser Stelle erwähnt wurden, eine Anzahl 
neuer Bucheinbände der sehr talenderten Einband- 
künsderin Miß L. Averill Cole , der die künsderische 
Leitung der Buchbinderei der Riverside Preß an¬ 
vertraut ist, ausgestellt. Den Glanzpunkt der Aus¬ 
stellung bildete eine Sammlung von zwölf Bänden von 
Robert Louis Stevensons Werken, die für einen Biblio¬ 
philen aus San Franzisko, Mr. A. A. Brown, gebunden 
wurde. An diese Bände knüpft sich folgende inter¬ 
essante Episode, welche der kleinen Broschüre ent¬ 


nommen ist, die der jetzige Besitzer der Bände in 
kleiner Auflage für seine Freunde hat hersteilen las¬ 
sen. Nach langer Fahrt von seiner Heimat in Schott¬ 
land kam Stevenson im Sommer 1879 hungrig und 
heruntergekommen in San Franzisko an, nach einem 
kurzen Aufenthalt auf einer Farm kam er nach Mon- 
terey, wo er in einem kleinen, von einem Franzosen, 
Jules Simoneau, geführten Restaurant seine Mahlzeiten 
einnahm und mit dem Besitzer, zu dem er sich hin¬ 
gezogen fühlte, bald intim wurde. Ihre Freundschaft 
wurde tiefer, als Simoneau sich Stevenson während 
dessen Krankheit ganz opferte und ihm dadurch das 
Leben rettete. 

Stevenson blieb mit Simoneau immer in Ver¬ 
bindung, schrieb ihm sowohl englische als auch fran¬ 
zösische Briefe, und die Sammlung dieser Briefe, 
welche den 12. Band bildet, beweist, daß Stevenson 
sich auch in letzterer Sprache vorzüglich ausdrücken 
konnte. Die vorhergehenden Bände sind sämtlich 
Widmungsexemplare von Stevenson an Simoneau, 
teilweise mit sehr interessanten Widmungen. So zum 
Beispiel schreibt er in „Familiär Studies of Men and 
Books": „Vive Jules Simoneau et le temps jadisf " in 
„New Arabian Nights**: 

. Ce qu'il y en a de mes ouvrages , 
je ne trouve plus rien ä griffoner — 
n*oucliez pas - 

Robert Louis Stevenson 


II rioubliera pas 

Jules Simoneau. 

In „Strange Case of Dr. Jekyll and Mr. Hyde" 
schreibt er: „But the case of Robert Louis Stevenson 
and Jules Simoneau if the one forgot the other would 
be stranger stiillS 

Mit den Briefen vereinigt ist ein Essay im Manu¬ 
skript von K. D. Osboume über die Freundschaft 
zwischen Stevenson und Simoneau und die kleine 
Broschüre „Father Damien", die Stevenson nur in 100 
Exemplaren in Sydney im Jahre 1890 auf seine eigenen 
Kosten herstellen ließ. 


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Rundschau der Presse 


53 


Die Einbände sind ausgezeichnet gelungen; ein¬ 
fach gehalten, mit Lorbeer Blättern und -Früchten als 
sinnreicher Dekoration; auf dem Sammel-Bande eine 
kunstvolle Einlegearbeit, eine Landschaft an der Bay 
von Monterey darstellend. 

Andere bemerkenswerte Einbände waren drei ver¬ 
schiedene Exemplare von Josephine Preston Peabodys 
„The Piper 41 , an denen Miss Cole ihr dekoratives Ta¬ 
lent besonders zeigen konnte. 

Ein umfassendes Werk über das Urheberrechts- 
Gesetz in den Vereinigten Staaten hat R. R. Bowker , 
der Herausgeber von „Publishers Weekly", bei Hough- 
ton Mifflin & Cie. veröffentlicht unter dem Titel „Copy¬ 
right, its history and law 4 *. Bowker ist ein eifriger 
Kämpfer für einen gesunden Urheberrechtsschutz unter 
Berücksichtigung der Wünsche und Ansprüche aus¬ 
ländischer Schriftsteller und sein Werk dürfte die beste 
Quelle für den Forscher auf diesem Gebiet sein, um so 
mehr als es die Frucht langjähriger Studien ist. 

Eine interessante historische Studie über das 
Kinderbuch in Amerika in vergangenen Jahrhunderten 
ist Rosalie /. Halseys „Forgotten Books of the Ameri¬ 
can Nursery 44 (bei Ch. Godspeed Co. erschienen). Es 
ist eine gut dokumentierte Abhandlung mit Abbildungen 
aus den wichtigsten Werken, vom ersten Kinderbuch 
im Jahre 1641 bis zu den Büchern des vergangenen 
Jahrhunderts. 

Vom Auktionsmarkt ist die Versteigerung der Biblio¬ 
thek von W. W. Al Its von Milwaukee zu berichten, 


die am 24. und 25. März bei Anderson stattfand und 
deren Gesamterlös 53,594 ( war. Unter anderem wur¬ 
den folgende Preise erzielt: Erst-Ausgabe von Wal¬ 
tons Compleat Angler 3250 $; Shakespeare , Poems 
London 1640 2750 f; Erst-Ausgabe Charles Lamb, 
Essays of Elia, London 1621 und 1633, zwei Bände, 
1325 f; Erst-Ausgabe Milton, Paradise Lost, Lon¬ 
don 1669 624 $, Schedlers Chronik 1493 170 $; 
Thackeray, Second Funeral of Napoleon and The 
Chronicle of the Drum, 1. Ausgabe 560 $; Erst- 
Ausgabe von Robert Bums Poems, 1768 1650 $, 
ein Dedikationsexemplar von Ch. Dickens an Thomas 
Carlyle seiner American Notes von 1842 1050 $; 
Erst-Ausgabe von Dickens Nicholas Nickleby, 700 $; 
Sketches by Boz 400 f; andere Dedikationsexemplare 
von Dickensschen Werken brachten ähnliche Rekord¬ 
preise; Erst-Ausgabe von Fitzgeralds Omar Khayyam 
390 $; von Goldsmith , Vicar of Wakefield 475 f. 

Eine andere bedeutende Bibliothek die im ver¬ 
gangenen Monat zur Versteigerung kam war die des 
verstorbenen Kapitäns J. F. Hinchley, welche insgesamt 
37,144 | brachte; unter anderem wurde ein 60 Zeilen 
langes Gedicht von Thackeray im Originalmanuskript 
für 685 | verkauft. Mr. J. P. Morgan hat auf einer 
Auktion der American Art Galleries eine Sammlung 
von 63 Briefen von und an Lafayette erstanden — 
alles was zur Versteigerung kam — teilweise wichtigen 
Inhalts, sie brachten zwischen 30 und 240 f das Stück. 

New York, Anfang April 1912. Emst Eisele . 


Rundschau der Presse. 

Von Professor Dr. Adalbert Hortzschansky in Groß*Lichterfelde, 

Die nachfolgende Übersicht versucht, die wichtigeren in Zeitschriften und Zeitungen enthaltenen Aufsaue und Abhandlungen zu 
verzeichnen soweit sie für die Leser unserer Zeitschrift in Betracht kommen. Zusendung von Sonderdrucken und Ausschnitten an die Adresse 
des Bearbeiters in Groß-Lichterfelde bei Berlin, Moltkestr. 40, erbeten. 


Schrift-, Buch- und Bibliothekswesen. 
Allgemeines. 

Canet, L., Quelques remarques sur d'anciens sacra- 
mentaires. 

Revue des bibliothlques. 21. 1911(1912). S. 386 
— 392 . 

Durrieu, Comte P., Notes sur quelques manuscrits ä 
peintures d’origine fran^aise ou flamande conserves 
en Italie. Sdr. 1. Rome. Biblioth&que apostolique 
du Vatican. 

Bulletin de la sociiU franqaise de reproductions 
de manuscrits ä peintures . 1. 1911. S. 85—106. 

Durrieu, P„ Notice d’un des plus importants livres 
de pri&res du roi Charles V, les Heures de Savoie 
ou „Trfcs helles grandes Heures“ du roi. (1904 beim 
Brande der Turiner Bibliothek vernichtet) 

Bibliothique de ?£cole des Charles. 1911 (1912). 
S. 500 - 555 - 

Frati, L., I Codici di un medico inglese del sec. 
XIII; (Maestro Ugo d’Inghilterra.) 

II Libro e ta Stampa. N. S. 6. 1912. S. 1—4. 


Hevesy, A. de, Le Br^viaire de Sigismond de Luxem¬ 
bourg. (Wien, Hofbibliothek, ms. 1767.) 

Bulletin de la socidti/ranfaise de reproductions de 
manuscrits ä peintures. 1. 1911. S. 107—115, Taf. 
18—26. 

Löffler, K.. Blaubeurer Handschriften in Weingarten. 
Württembergische Vierteljahrshefte für Landes - 
geschichte. N. F. 20. 1911. S. 145—149. 

Olschki, L. S., Quelques manuscrits fort pr^cieux. 
(Forts.) 

Bibliofilia. 13. 1911/12. Dispensa 10/11 m. 4 Taf. 
Styger, P., Die Schriftrollen auf den altchristlichen 
Gerichtsdarstellungen. 

Römische Quartalschrift . 25. 1911. S. 148—159 
mit 1 Abbild. 

Bibliophilie. Exlibris. 

Bouland, L., Livres aux armes de monseigneur de 
Saunhac- Belcastel. 

Bulletin du bibliophile . 1912. S. 49—51 mit 2 
Abbild. 

Rud b eck, G., Nagra gamla svenska bokägaremärken. 
Svensk Exlibris Tidskrift. 2. 1912. S. 1—4 mit 
4 Taf. 


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CORNELL UNfVERSITY 





54 


Rundschau der Presse 


Bibliothekswesen. 

Baeumker, F., Beiträge zur Geschichte der Biblio’ 
thek des Kölner Priesterseminars 1750—1911. 

Pastoralblatt (Erzdiözese Köln). 46. 1912. Sp. 
97—103. 

Bonazzi, G., e Piacentini, M., La nuova sede per 
la Bibiioteca Vittorio Em. (In Rom.) Progetto. 
Giomale 1fltalia. 1912. April 5. Mit 3 Abbild. 
Braun, I., Katalogisierung des Bücherbestandes der 
Volksbibliothek. I. 

Büchenvelt. 9. 1911/12. S. 129—132. 
Buddecke, Die Bibliothek des Großen Generalstabes. 
Ihre Entwicklung und Neukatalogisierung. 

Vierteljahrshefte für Truppenführung und Heeres¬ 
kunde. 9. 1912. S. 103—117. 

The new Building of St. Louis Public Library. 

Public Libraries . 17. 1912. S. 53—56 mit 1 Taf. 
u. 3 Plänen. 

Burpee, L. J., Canada's National Library. (Library 
of Parliament, Ottawa.) 

Library Journal. 39. 1912. S. 123—124 mit 

2 Taf. 

Clarke, A. L., Reference, in its^elation to literature, 
to bibliography, to subject-indexes and to Systems 
of Classification. 

Library Association Record. 14. 1912. S. 73—95. 
Downey, M. E., Developing a public library. 

Library Journal. 37. 1912. S. 128—133. 
Fabietti, E., Le Biblioteche popolari milanese neU’- 
anno 1911. 

Coltura Pofolare. 2. 1912. S. 215—225. 
Föminisme et bibliothfcques. 

Revue internationale de lenseignement. 32. 1912. 

s. 143 — 145 * 

Fordham, H. G., Descriptive catalogue of maps. 

Transactions of the Bibliographical Society. 11. 
1909/n (1912). S. 135—164. 

George, C. A., Community libraries at Elizabeth, 
N. J. Public Libraries. 17. 1912. S. 75—77. 

Glasson, W. H., Methods of book reviewing. 

Library Journal. 37. 1912. S. 133—135. 
Hadley, Ch., State library associations. II. 

Public Libraries. 17. 1912. S. 37—39. 
Holek, W., Bibliothekare als Miterzieher. 

Der Bibliothekar. 4. 1912. S. 409—410. 
Kirby, S., Ought public libraries to advertise? 

Library World. 14. 1911/12. S. 230—232. 
Library of the Episcopal Theological School, Cam¬ 
bridge, Mass. 

Library Journal, yj. 1912. S. 135—137 mit 
1 Bl. Taf. 

Liesegang, E., Zur Frage der Ausbildung für den 
Dienst an den volkstümlichen Bibliotheken. 

Blatter für Volksbibliotheken und Lesehallen. 13. 

1912. s. 53—56. 

Lussich, A., Le Biblioteche popolari e comunali di 
Trieste neH’anno 1911. 

Coltura Popolare. 2. 1912. S. 269—272. 


Matteucci, L., Descrizione ragionata delle stampe 
popolari della Governadva di Lucca. 

II Libro e la Stampa. 5. 1911 (1912). S. 128—146. 
Noack, K., Charles Dickens und die deutschen Volks* 
bibliotheken. 

Blätter für Volksbibliotheken und Lesehallen. 13. 
1912. S. 50— 53 - 

Omont, H., Listes des recueils de fac*simil6s et des 
reproductions de manuscrits conservds ä la Biblio- 
thfcque nationale. 2. 

Bulletin de la socilti franfaise de reproductions 
de manuscrits ä peintures. 1. 1911. S. 116—167. 

Otten, B., Die erste Kinderlesehalle in Lübeck. 

Blätter für Volksbibliotheken und Lesehallen. 13. 
1912. S. 48—50. 

Palmgren, V., Om Betydelsen av bibliotek för barn 
och ungdom. 

Tidskrift för det svenska folkbildningsarbetet. 1. 
1912. S. 11—13. 

Plate, O., Über einige Drucksachen des Hamburger 
Bücherhallenbetriebes. 

Blätter für Volksbibliotheken und Lesehallen. 13. 
1912. S. 37 — 43 * 

Some urgent Reforms. I. The British Museum Li* 
brary. Library World. 14. 1911/12. S. 225—230. 
Ruepprecht, Organisation der Münchener Biblio¬ 
theken. 

Generalanzeiger der Münchener Neuesten Nach¬ 
richten. 1912. Nr. 158 vom 27. März. 

Schmid, F., Von den Württembergischen Biblio* 
theken. 

Zentralblatt für Bibliothekswesen. 29. 1912. S. 
162—170. 

Schultze, E., Die Entwicklung der Volksbibliotheken 
in England. Eckart. 1912. März. S. 383—390. 
Striem, S, Die Infektionsgefahr durch Bücher. 

Der Bibliothekar. 4. 1912. S. 410—411. 
Tilton, E. L., Architecture of small libraries. 

Public Libraries. 17. 1912. S. 40—44. 
Topley, W. W., Abstract of lecture, illustrated by 
lantern slides, on photographic survey and record 
work in its relation to public libraries. 

Library Association Record. 14. 1912. S. 69—72. 
Weinberger, W., Aus der Stiftsbibliothek Raigern. 
Zeitschrift des deutschen Vereines für die Ge¬ 
schichte Mährens und Schlesiens. 15. 1911. S. 

363—364. 

Woolston, W. P., The Utility of public libraries: a 
bookseller’s point of view. 

Library Association Record. 14. 1912. S. 121—126. 
Zimmer, H. O., Vom Bücherleihen. 

Die Hilfe. 1912. Nr. 10 vom 7. März. S. 153 
— 155 * 

Buchdruck und -bewerbe. 

Bekanntmachung der Kommission für Einband* 
Stoffe. 

Zentralblatt für Bibliothekswesen. 29. 1912. S. 
170—172. 

Cassuto, U., Incunaboli ebraici a Firenze. (Schluß.) 

Bibliofilia. 13. 1911/12. S. 384—393. 


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Rundschau der Presse 


55 


Chatelain, E., Les Reliures armorides de la Biblio- 
th&que de l’Universit6. (Article i.) 

Revue des bibliothbques. 21. 1911 (1912). S. 349 
— 377 . 

Collijn, J. f Der Drucker des Turrecremata in Krakau = 
Caspar Hochfeder. 

Zentralblatt für Bibliothekswesen. 29. 1912. S. 
159—161. 

De lalain, P., Un contrat d’im pression au XVI® sifccle. 
(1542.) Essai d’interpretation. (Jacques Regnault 
libraire parisien, Pierre Gromors imprimeur parisien.) 

Bibliographie de la France. 1912. Chronique. 
S. 73 — 76 . 78—80. 

Gusman, P., Un incunable et son histoire. (Bildliche 
Darstellung der Annunciatio Mariae.) 

Gazette des beaux-arts. 1912. April. S. 271—278 
mit 4 Abbild. 

Krauß, R., Die Buch- und Notendruckerei der Hohen 
Karlsschule. 

Württembergische Vierteljahrshefte für Landes - 
geschichte. N. F. 20. 1911. S. 209—234. 
Leonhardt, K. E., und Bossert, H. Th., Studien 
zur Hausbuchmeisterfrage. 

Zeitschrift für bildende Kunst. N. F. Bd. 23. 
1912. März. S. 133—138 mit 18 Abbild. 

Lepreux, G., Contributions ä l’histoire de l’imprimerie 
parisienne (3* suite) 7—9. 

Revue des bibliothbques. 21. 1911(1912). S. 402 
—412. 

Loubier, J., Bucheinbände der K. K. Hofbibliothek 
in Wien. 

Kunst und Kunsthandwerk. 15. 1912. S. 51—62 
mit 10 Abbild. 

Morin, L., LTmprimerie ä Troyes pendant la Ligue. 
Bulletin du bibliophile. 1912. S. 65—77 mit 
2 Abbild. (Wird fortges.) 

Novati, F., Ancora di Frä Filippo della Strada: un 
domenico nemico degli stampatori. (Kopist von 
Handschriften 1450—1500.) 

II Libro e la Stampa. 5. 1911. S. 117—128. 

Payne, J. F., English Herbais. (15.—17. Jahrhundert) 
Transactions of the Bibliographical Society. 11. 
1909/11 (1912). S. 299—310 mit 8Faksim. 
Redgrave, G. R., Daniel and the emblem literature. 
(Samuel Daniel, seit 1585.) 

Transactions of the Bibliographical Society. 11. 

1909/11 (1912)- ‘ S. 39 — 58 - 

De Roos, S. H., Joh. B. Smits. (Künstlerische Ein¬ 
bände.) 

Onze Kunst. 1912. 24 S. mit 22 Abbild., 3 Taf. 
Schlieper, K., Neuere deutsche Buchkünstler. 31. 
Heinz Keune, Hannover. 

Deutscher Buch ■ und Steindrucker. 18. 1912. 

S. 517—524 mit 34 Abbild., 1 Taf. 

Schottenloher, K., Buchgeschichtliche Funde aus 
der zweiten Hälfte des fünfzehnten Jahrhunderts. 
1. Würzburger Papier- und Pergamentbezüge aus 
den Jahren 1454/55. 2. Ulrich Geyfwinz der Heidel¬ 


berger „Drucker des Lindelbach" (1485—1489). 
3. Jörg Wirffel, Buchbinder und Pedell der Uni¬ 
versität in Ingolstadt. 

Zentralblatt für Bibliothekswesen. 29. 1912. S. 
145/146. 146/148. 148/159. 

Scott, S. H., The Scotts of Straßburg and their press. 
Transactions of the Bibliographical Society. 11. 
1909/11 (1912). S. 165—188. 

Serena, A., La stampa a Treviso. 

Miscellanea di storia Veneta. 3. Ser. 3. 1912. 

S. 127—149- 

Wilson, J. D., Richard Schilders and the English 
Puritans. (Druckerei seit 1567.) 

Transactions of the Bibliographical Society. 11. 
1909/11 (1912). S. 65— 134 mit 86 Faksim. 

Buchhandel. 

Spring Lines of the publishers and some of the men 
who will show them. 

Publishers Weekly. 1912. Vol. 1. S. 615—649 
mit 27 Porträts. 

Schaper, M., Der Kredit im Buchhandel. 

Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel. 1912. 
S. 4268—4272. 

Taeuber, R., Der Buchhändler als Kaufmann. 

Allgemeine Buchhändlerzeitung. 1912. Nr. 14 
vom 4. April. 

Wheatly, H. B., Dryden’s publishers. 

Transactions of the Bibliographical Society. 11. 
1909/11 (1912). S. 17—38. 

Zeitungswesen. Pressrecht. Zensur. 

Barwick, G. F., The Magazines of the nineteenth 
Century. 

Transactions of the Bibliographical Society. 11. 
1909/11 (1912). S. 237—249. 

Röthlisberger, E., Gesetz zur Abänderung und 
Kodifizierung der englischen Urheberrechtsgesetz¬ 
gebung. (Vom 16. Dezember 1911.) 

Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel. 1912. 
S. 3128—3131. 3189—91. 3244—45. 3299 — 33 01 * 
3370—72. 

Bibliographie. 

Mudge, J. G., Some reference books of 1911. 

Library fournal. yj. 1912. S. 125—128. 
Orlando, D., Relazione della IX. riunione della 
Societä Bibliografica Italiana tenutasi in Roma nei 
giorai 26—28 ottobre 1911. 

II Libro e la Stampa. 5. 1911 (1912). S. 183 
-215. 

Steele, R., Notes on English books printed abroad, 

1525-48. 

Transactions of the Bibliographical Society . 11. 
1909/n (1912). S. 189—236 mit 51 Faksim. 

Literaturgeschichte, Allgemeines. 

Deetjen, W., Literaturbericht 1910: Zeitgenossen und 
Nachzügler der Romantik. 

Zeitschrift für den Deutschen Unterricht. 26. 
1912. S. 118—125. 


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56 


Rundschau der Presse 


Driesmans, H., Vom „Kulturadel“ der deutschen 
Dichter. 

Österreichische Rundschau. 1912. April 1. S. 
17—25. 

Schmitz, G., Zur deutschen Briefliteratur. 

Bücherwelt. 9. 1911/12. S. 123—129. (Schluß 
folgt.) 

Schröder, Th., Die dramatischen Bearbeitungen der 
Don Juan*Sage in Spanien, Italien und Frankreich 
bis auf Moli£re einschließlich. 

Zeitschrift für romanische Philologie. Beiheft 36. 
1912. XV, 215 S. 

Zabel, E., Russische Lyrik. 

Westermanns Monatshefte. 1912. April. S. 205 
—216 mit 9 Porträts. 

Einzelne Schriftsteller. 

Arnim: Steig, R., Aus Achim von Arnims und Bettina 
Brentanos Brautzeit. 

Westermanns Monatshefte. 1912. April. S. 267 
—272 mit 2 Porträts. 

Anerbach: Ein Brief Berthold Auerbachs. 

Bühne und Welt. 1912. März-Heft 2. S. 504—506. 

Balzac: Frank, H., Balzacs Liebesroman. 

Vossische Zeitung. 1912. Nr. 154 vom 24. März, 

—: Lavedan, P., Balzac et Moleri, ou le curieux 
dilemme. 

Mer eure de France. 1912. März 16t S. 299—310. 

Dahn: Bethusy-Huc, V. Gräfin, Felix Dahn. 

Eckart. 1912. März. S. 353—357. 

Dickens: Benson, A. C., Charles Dickens. 

The North American Review. 1912. März. S. 
381—391. 

Droste: Gotthard, J., Neues über Annette von Droste 
und ihren Freundeskreis. Mit ungedrucktem Material. 
7. Annettes Beziehungen zu Heinrich Straube. {Forts.) 

Westfälisches Magazin. N. F. 3. 1912. S. 212 
—218. (Wird fortges.) 

—: Pinthus, K., Die Briefe Annettes von Droste- 
Hülshoff an Elise Rüdiger.« 1—6. 

Deutsche Rundschau . 1912. April. S. 34—55. 

(Forts, folgt.) 

Erckmann-Chatrian: Acker, P., Erckmann-Chatrian. 

Revue de Paris. 1912. März 15. S. 347—368. 

Fontane: Stammler, W., Blättchen von der Hand 
Theodor Fontanes. 

Vossische Zeitung. 1912. Sonntagsbeilage Nr. 15 
vom 14. April. 

Goethe: Fries, A., Stilistische Beobachtungen zu Wil¬ 
helm Meister. 

Berliner Beiträge zur germanischen und ro¬ 
manischen Philologie. German. Abt 31. 1912, VII, 
104 S. 

—: Heide, Die Grundidee in Goethes „Erlkönig“. 

Zeitschrift für den deutschen Unterricht. 26. 1912. 
S. 104—108. 

—: Jacobi, M., Goethes „Faust“ in der Musik. 

Vossische Zeitung. 1912. Sonntagsbeilage Nr. 15 
vom 14. April. 


Goethe: Joret, Ch., Lardligion du jeune Goethe (1755 
—> 775 )- 

Revue germanique. 8. 1912. S. 129—154. (Schluß.) 
—: Leppmann, F., Verkleidung, Inkognito und 
Mystifikation in Goethes Leben. 

Vossische Zeitung. 1912. Sonntagsbeilage Nr. 11 
vom 17. März. 

—: Poppel, G. van, Goethe's Faust. 1—5. 

De Katholiek. 161. 1912. S. 16—40. 106—131. 
(Schluß folgt) 

—: Pradez, E., Un duel pacifique. Goethe et 
Kestner. 

Bibliothbque universelle et revue suisse. 1912. 
März. S. 557 — 594 - 

—: Tutein Nolthenius, R. P. J., Wat Goethe niet 
zag in Sicilie. I. 

De Guts. 1912. April 1. S. 36—77. 
—: Zart, Die Übersetzungsszene im erstenJTeil von 
Goethes Faust 

Zeiischrißfür den deutschen Unterricht. 26. 1912, 
S. 98—104» 

Halm: Reinecke, Ch., Studien zu Halms Erzählungen 
und ihrer Technik. 

Sprache und Dichtung . 9. 1912*. VIII, 63 S. 
Hauptmann: Beckmann, J. H., Hauptmann and 
Shakespeare. „Schluck and Jau“ in relation to 
„The Taming of the Shrew“. 

Poet Lore . 1912. Nr. 1. S. 56—63. 
Hebbel: Bornstein, P., Aus Hebbels Studienzeit Un¬ 
gedruckte Briefe. 

Grenzboten. 1912. Nr. 13. S. 619—627. 
—: Werner, R. M., Aus Friedrich Hebbels Frühzeit. 
Ungedruckte Briefe. III. 

österreichische Rundschau. 30. 1912. S. 337—343. 
Hölderlin: Scheller, W., Pindar und Hölderlin. 

Das literarische Echo. 1912. H. 14. Sp. 966—970. 
Hugo: Sdchö, L., Autour de Victor Hugo. 

La Revue. 1912. April 15. S. 433—457. 
—: Sdchd, L., Le cönacle de „Joseph Delorme“. 
Victor Hugo et Louis Boulanger. Victor Hugo et 
Charles Robelin. 

Annales Romantiques. 9. 1912. S. x—26. 
Ibsen: Weber, H., Drei Ibsenpredigten. 

Bühne und Welt. 1912. März-Heft 2. S. 485—491. 
Immermann: Nieten, O., Immermann und Grabbe. 
Eine Parallele. 

Vossische Zeitung. 1912. Sonntagsbeilage Nr. 13 
vom 31. März. 

Karrillon: Rath, W., Adam Karrillon. 

Eckart . 1912. März. S. 357—364. 
Kleist: John, O., Zu Kleists „Germania an ihre 
Kinder“. 

Zeitschrift für den deutschen Unterricht. 26. 1912. 
S. 174—176. 

—: Klaar, A., Epilog zur Kleistfeier. I. Kämpfe, 
Niederlagen und Siege. 

Nord und Süd. 1912. April 1. S. 78—87. 
—: Wagner, K., Die Umstimmung des Kurfürsten 
in Kleists Prinzen von Homburg. 

Zeitschrift für den deutschen Unterricht. 26. 1912. 
S. 108—112. 


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Von den Auktionen 


57 


Kleist :Wippermann,F*,H einrich von Kleist. (Schluß.) 

Bücherwelt. 9. 1911/12. S. 108—in. 

Krane: Bind er, H., Anna von Krane. Literarische 
Skizze. Bücherwelt . 9. 1911/12. S. 101—108. 

Leisewitz: Kühlhorn, W., J. A. Leisewitzens Julius 
von Tarent. Erläuterung und literarhistorische 
Würdigung. 

Bausteine zur Geschichte der neueren deutschen 
Literatur. 10. 1912. XV, 84 S. 

Liliencron: Adelt, L., Die drei Romane eines Lebens. 

Xenien. 5. 1912. S. 152—164. 

Ludwig: Reuschel, K., Otto Ludwigs Frauengestalten. 

Eckart. 1912. März. S. 364—373. 

Marot: Philipot, E., Sur un amour de Cl&nent 
Marot. 

Revue dhistoire littdraire de la France. 19. 1912. 
S. 59-74. 

Meredith: Ellis, S. M., George Meredith and his 
relatives. 

Fortnightly Review. 1912. April. S. 625—633. 

MOllke: Kloß, H., Eduard Mörike (Forts.) 

Die Karpathen. 1912. März 1. S. 340—346. 

Moli&re: Martin, A., Moli&re et Madame de Sdvignd. 

Reiwe dhistoire littdraire de la France. 19. 1912. 
S. 30-39- 

Nestroy: Fried jung, H., Johann Nestroy. 

Österreichische Rundschau. 30. 1912. S. 263—270. 

Nietzsche: Förster-Nietzsche, E., Nietzsches Sol¬ 
datenjahr. 

Tägliche Rundschau. 1912. Nr. 162 vom 5. April, 
4. Beilage, 

Raimund: Klemperer, V., Raimund und Nestroy. 

Grenzboten. 1912. Nr. 9. S. 424—435. 

Recke: Kruse, G. R., Die Beziehungen Elisas von der 
Recke und Tiedges zum Nicolaihause. 

Vossische Zeitung. 1912. Sonntagsbeilage Nr. 11 
vom 17. März. 

Sand: Faguet, E., George Sand et ses amis. 

La Revue. 1912. März 15. S. 185—195. 


Von den 

Vom 9. bis 11. Mai wird im Dorotheum in Wien 
die Bibliothek des Herrn Franz Steiner in Meran 
versteigert, umfassend seltene Inkunabeln, darunter die 
vierte deutsche Bibel, Schedels Chronik 1493, Virgilius, 
Opera 1471, illustrierte Werke des XVI. und XVII. 
Jahrhunderts, Lutherbibeln, Klassiker-Erstausgaben, 
ferner ein prachtvolles Pergament-Manuskript des XV. 
Jahrhunderts mit herrlichen Miniaturmalereien usw. 

Die Ergebnisse der zweiten Versteigerung der Hoe - 
Sammlung , die vom 8. bis zum 19. Januar stattfand, 
sind wieder recht bedeutende gewesen, wie das nicht 
anders zu erwarten war. Das Papier-Exemplar der 
42-zeiligen Bibel ging für 27000 f (= rund 108000 M.) 
in den Besitz von Bernard Quaritch über, hat also 
etwas weniger eingebracht als das in der Huth-Auktion 
verkaufte. 

Es brachten ferner: Nr. 304: Johannes de Balbis , 
Catholicon, Mainz 1460 (nicht ganz vollständig) 1625 $ 
Z. f. B. 1912/1913. 


Schlegel: Pfleger, L., Friedrich Schlegel und Leopold 
Graf zu Stolberg. 

Historisch politische Blätter für das katholische 
Deutschland. 149. 1912. S. 495—504. 

Schnitzler: Gr ummann, P. H., Arthur Schnitzler. 

Poet Lore. 1912. Nr. 1. S. 25—41. 

Seidel: Seidel, H. W., Am Karlsbade elf. Erinnerungen 
an Heinrich Seidel. 

Tägliche Rundschau. 1912. Unterhaltungsbeilage 
Nr. 86 vom 12. April. 

Shakespeare : G e b h ar d, R., Shakespeare und Schopen¬ 
hauer. 

Jahrbuch der deutschen Shakespeare-Gesellschaft. 
47. 1911. S. 170—187. 

—: Lux, J. A., Shakespeares Seelenleben. Vom 
Standpunkt moderner Forschung für Schauspieler 
und Publikum dargestellt. 

Bühne und Welt. 14. 1912. Nr. 13. S. 1—11. 

—: Matthews, B., Shakespeare as an actor. 

North American Review. 1912. März. S. 392 
—403. 

Shaw: d*Humi£res, R., Le Cas Bernard Shaw. 

Mercure de France. 1912. April 1. S. 449—455. 

Tieck: Wüstling, F., Tiecks William Lovell. Ein 
Beitrag zur Geistesgeschichte des 18. Jahrhunderts. 

Bausteine zur Geschichte der neueren deutschen 
Literatur. 7. 1912. XI, 192 S. 

Vollmoeller: Coenraads, Ed., Over „Wieland“. 

Nieuwe Gids. 1912. April. S. 621—651. 

Wacken roden Schumann, M., Wilhelm Heinrich 
Wackenroder. 

Vossische Zeitung. 1911. Sonntagsbeilage Nr. 12 
vom 24. März. 

Walther V. d. Vogelweide: Wagner, A. M., Zur Würdi¬ 
gung der Poesie und dichterischen Persönlichkeit 
Walthers von der Vogelweide. 

Zeitschriftfür den deutschen Unterricht. 26. 1912. 
S. 81—90. 


Auktionen. 

(= 6500 M.); Nr. 500: Bonifacius VIII., Liber sextus 
decretalium. Mainz, Fust und Schoeffer, auf Perga¬ 
ment gedruckt, 3250 $ (= 13000 M., Ersteher: Joseph 
Baer & Co); Nr. 670: Caesar, Opera. Rom, Sweyn- 
heym & Pannartz 1469 1800 $ (=* 7200 M.); Nr. 790: 
Cicero, Epistolae. Rom, Sweynheym & Pannartz 1470 
1000 f (== 4000 M., Joseph Baer & Co.); Nr. 2703: 
Plinius, Historia natur. traducta di lingua latina in 
Fiorentina per Christoph. Landino. Venedig, N. Jenson 
1476, auf Pergament gedruckt, 1400 $ (== 5600 M.); 
Nr. 3360: Vergilius , Opera. Venedig, Aldus 1501. 
850 $ (= 3400 M.). 

Hohe Preise erzielten die alten englischen Drucke: 
Chaucers Canterbury Tales (Westminster, William 
Caxton 1477—1478) 50001 (= 20000 M.); das Exemplar 
hatte 17 faksimilierte Blätter. — Higdens Polycronicon. 
Westminster, William Caxton 1482, eins von acht voll¬ 
ständigen Exemplaren, brachte 8000 $ (*= 32000 M.). 
Nicht sehr hoch wurde The Chronicle of England (St. 

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58 


Neu erschienene und angekündigte Bücher 


Albans 1483) mit nur 900 $ (= 3600 M.) bezahlt, ein 
Preis, der weit hinter Hoes ursprünglichen Auf¬ 
wendungen (vermutlich zirka 6000 M.) zurückgeblieben 
ist. Übrigens ein seltener Fall, soweit alte Drucke in 
Betracht kommen. Ebenso enttäuschte die Communy- 
cacion betwene God and Man (London: Wynkyn de 
Wörde zirka 1499), die für 200 $ (=800 M.) fortging, 
während andere Erzeugnisse derselben Druckerei be¬ 
deutend höher bewertet wurden, wie Hieronymus , 
Vitae patrum (translat. in to English by William Caxton). 
Westminster (1495) mit 2300 $ (= 9200 M.) und Sermo 
pro episcopo puerorum (Westminster zirka 1496) mit 
1225.$ (= 4900 M.). 

Die Americana haben die Preise gebracht, die man 
ungefähr erwarten konnte: der Brief des Columbus 
(Epistola Christofori Colom), in Rom bei Eucharius 
Silber 1493 gedruckt, vier Blätter, 1650 $ (= 6600 M.) 
und seine lateinische Übersetzung, ein Jahr darauf in 
Basel bei Bergmann von Olpe erschienen, 450 $ 
(= 1800 M.). Das einzige verkäufliche Exemplar von 
Vespuccis „Lettera delle isole nuovamente trovate in 
quattri suoi viaggi“ in der ersten Ausgabe kam auf 
8000 $ (= 32000 M.) zu stehen, während für desselben 
,,Mundus novus“, den Bericht seiner dritten Reise, in 
Rom bei Eucharius Silber 1504 erschienen, 2500 | 
(« 10000 M.) und für einen deutschen Druck des 
gleichen Schriftchens — es handelt sich auch hier in 
beiden Fällen um je nur vier Blätter — 2300 $ 
(« 9200 M.) gezahlt wurden. Eine undatierte fran¬ 
zösische Übersetzung von Vespuccis Briefen aber, die 
auch noch die Reisen des Columbus und des Vasco de 
Gama enthält (Paris zirka 1515), brachte es auf 3500} 
(= 14000 M.). 

Bemerkenswert sind dann die Preise der Werke 
Shakespeares. Es erzielten: Shakespeare , Works. The 
second Folio. London 1632. 800 $ (■= 3200 M.). The 
third Folio. London 1664. 2600 $ (= 10400 M.). The 
fourth Folio. London 1685. 325 $ (=* 1300 M.). 

Die dritte Folioausgabe ist viel seltener als die 
zweite, weil in dem großen Londoner Brande im Jahre 
1666 die Mehrzahl der Exemplare zugrunde ging; sie 
erzielte bereits 1895 in London einen Preis von 7000 M. 
Es folgen: Shakespeare'. The merchant of Venice. 
London, J. Roberts 1600. 800 f (= 3200 M.). King 
Lear. London 1608 (die zweite Ausgabe). 660 f 
(= 2640 M.). Periclcs (zusammen mit „The whole 
contention“). London 1619. 710 $ (= 2840 M.). Venus 
and Adonis. Edinburgh 1627. 16° 3800 $ (= 15200M.). 
Der hohe Preis für die späte Ausgabe von Venus and 


Adonis von 1627, von der übrigens nur noch ein 
zweites Exemplar im British Museum existiert, wird 
erklärlich, wenn man bedenkt, daß der erste Druck 
von 1593 nur in einem Exemplar in Oxford, der zweite 
von 1594 nur in drei in London, Oxford und in New 
Haven bekannt ist, und daß von dem dritten von 1596 
augenscheinlich auch nur das eine Exemplar übrig ist, 
das im Jahre 1864 für 6300 M. in den Besitz des British 
Museum kam. 

Auch sonst sind die Summen, die für englische 
Literaturwerke gezahlt worden sind, sehr hohe ge¬ 
wesen, viel höhere als je vorher. So brachten: Bacon, 
Essaies. London, John Jaggard 1606. 675$ (= 2700 M.) 
gegen 2000 M. bei Huth. London, John Beale 1612. 
400 $ (■» 1600 M.) gegen 1400 M. bei Huth. Beau¬ 
mont and Bleicher : Comedies and Tragedies. London 
1647. 2°, die erste Ausgabe, zusammen mit „The 

wild-goose chase“. London 1652. 310 $. (= 1240 M.) 
gegen 1000 M. bei Huth. Goldsmith, O., An enquiry 
into the present state of polite leaming in Europe. 
London 1759. 710 $ (= 2840 M.). The Traveller. 
London 1765. 425 $ (= 1700 M.). The Vicar of 

Wakefield. London 1766, ein Dedikationsexemplar des 
ersten Druckes der ersten Ausgabe. 1450 $ (— 5800 M.). 
The deserted village. London 1770. 575 $ (=230oM.). 
The haunch of venison. London 1776. 635 $ (= 2540 M.). 
Pope , Alex., The Dunciad. Dublin a. London 1728, 
der erste Druck der ersten Ausgabe, deren ursprüng¬ 
licher Preis 6 d = 0,50 M. war, 1800 $ («= 7200 M.). 
Walton, J., The compleat angier. London 1653. Die 
erste Ausgabe. 2600 $ (« 10400 M.). 

Es bleibt nun noch übrig, einige der kostbaren 
Einbände zu erwähnen zusammen mit den Preisen, für 
die sie verkauft worden sind. Ein Einband aus 
Groliers Besitz, enthaltend Pontanus, Amorum libri 
(Venedig, In aedibus Aldi et Andreae soceri 1518), 
erzielte 3600 $ (« 14400 M.), ein anderer aus Majolis 
Bibliothek (Procopius, De bello Persico. Rom, Euch. 
Süber 1509) 3200 $ (= 12800 M.); für einen Mosaik- 
einband von Trautz-Bauzonnet , der im Jahre 1876 
hergestellt worden ist und den „Recueil gönöral des 
caquets de Taccouch^e“ (Paris 1623) umschließt, 
wurden 3700 $ (= 14800 M.) gezahlt und für einen 
ebensolchen von Monnier , dessen Deckel bildmäßig 
mit einer reichen chinesischen Szenerie geschmückt 
sind (Inhalt: Thomas a Kempis, L’imitation de Jösus- 
Christ Paris 1690), gar 5750 $ (■= 23000 M.). 

( Börsenblatt .) 


Neu erschienene und 

Beschreibung der ägyptischen Sammlung des Nieder¬ 
ländischen Reichsmuseums der Altertümer in Leiden. 
Die Denkmäler des Neuen Reiches. Erste Abteilung, 
Gräber von Dr. P. A. A. Boeser. Haag; Mart. Ny hoff 
iqii, Folio, Preis 30 Fl. 

Daß es in Holland auch eine wichtige Sammlung 
ägyptischer Altertümer gibt, wird den meisten Reisen¬ 
den, wenn sie nicht bei einem zufälligen Aufenthalt in 
Leiden durch den Bädeker gerade darauf gestoßen 


angekündigte Bücher. 

werden, wenig bekannt sein; daß ein Besuch dieses 
Museums, das zwar in den sehr bescheidenen Räumen 
eines Privathauses in der Breedstraat untergebracht 
ist, aber doch der Mühe wert ist, das zeigt dieser kürz¬ 
lich erschienene IV. Teil der wissenschaftlichen Be¬ 
schreibung der Sammlung, in dem die Grabdenkmäler 
des Neuen Reiches (1600—1100) behandelt werden, 
nur ein kleiner Teil der dort bewahrten Schätze. Das 
große Werk, das in einer deutschen und holländischen 


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59 


Ausgabe erscheint, wird von Martinus Nyhoff im Haag 
herausgegeben; der Text, der eine kurze Beschreibung 
und Erklärung der reproduzierten Stücke und Literatur¬ 
hinweise enthält, ist von dem Unterdirektor P. A. A, 
Boeser verfaßt. Die 34 Lichtdrucktafeln, der wertvollste 
Teil, sind von der Firma L, van Leer in Amsterdam 
ausgeführt, sie lassen an Schärfe nichts zu wünschen 
übrig, sie sind vorzüglich. Auf den ersten zwölfTafeln 
ist der untere Teil des Grabes des Pa-aten-m-heb, 
eines „Steinschneiders“ des Königs, in all seinen Details 
reproduziert. Das Grab stammt aus der Zeit des Königs 
Amenhotep IV. (um 1400). Die Innenseiten des Grabes 
zeigen auf Reliefs die bekannten Speise- und Trank¬ 
opferdarstellungen, die Figuren alle in Seitenansicht; 
besondere Beachtung verdient bei einer Opferszene 
eine Gruppe blinder Musiker durch ihre realistische 
Behandlung; der Ausdruck in dem Gesichte des Harfen¬ 
spielers zum Beispiel ist von erstaunlicher Wahrheit. 
Von großer Schönheit ist die dem Grabeingang gerade 
gegenüberliegende Stelle; dieselbe enthält zwei ver¬ 
schiedene Darstellungen; auf dem oberen Register 
sehen wir den Verstorbenen und seine Frau im Gebet 
vor dem sitzenden Osiris, sehr fein und expressiv ist 
die Bewegung des Mannes, er hat die Hände zum 
Gebet erhoben, elegant wirkt die kleinere Frau mit 
der engen Taille, die ein paar große Lotosblumen in 
der Hand hält. Auf den Tafeln 13—20 finden wir zwei 
hohe dreiteilige Wände aus dem Grabe des Vorstehers 
des Silberhauses in Memphis abgebildet. Dargestellt 
sind wieder Opferszenen, und außerdem der Leichen¬ 
zug des Verstorbenen mit Klageweibern. Für unser 
modernes Empfinden sind hier die Tiere am besten, die 
Rinder, Gazellen (?) und Gänse, die zur Opferung ge¬ 
führt werden, und ferner der Affe und die Katze, die 
unter dem Stuhl des Verstorbenen sitzen. Kultur¬ 
geschichtlich von Interesse sind die Darstellungen aus 
dem Leben des Verstorbenen, wie er die Feldarbeiten 
seiner Sklaven beaufsichtigt; wir sehen sie Flachs 
pflücken, Korn schneiden, beladene Esel zum Markte 
treiben, und wir sehen sie den Acker bestellen, das 
Land umhacken und mit einem Ochsengespann pflügen. 
Tafel 19 und 20 bringen dann noch einige in dem Grabe 
gefundene Statuetten. Auf den Tafeln 21—25 sind 
größere Fragmentpartien von Wänden aus dem Grabe 
des Königs Hor-em-heb (um 1380) abgebildet. Dieses 
Grab ließ sich Hor-em-heb bauen, als er noch nicht 
König war; die Abzeichen der königlichen Würde sind 
erst später hinzugefügt worden. Ein Relief zeigt uns 
den Verstorbenen, wie ihm von Beamten, Priestern 
und einem langen Zuge unterworfener Asiaten, die ge¬ 
fesselt herbeigeführt werden, gehuldigt wird. Vorzüg¬ 
lich charakterisiert sind die Gefangenen; die rohen 
Gesichtszüge, die langen Bärte, die großen Münder, 
die bei einigen offen stehen und die Zähne zeigen, 
lassen uns dieselben als Angehörige einer andern 
niedrigeren Rasse erkennen; die Ägypter, die sie her¬ 
beischleppen, erscheinen neben ihnen noch edeler und 
vornehmer als sonst Auf dem andern Relief sehen 
wir dieselben Asiaten vor Hor-em-heb als Schutz¬ 
flehende; ein Teil hat sich zu Boden geworfen, die 
andern knien oder stehen und haben ihre Arme in die 


Luft geworfen; das Ungestüme ihres Bittens ist außer¬ 
ordentlich wirkungsvoll wiedergegeben. Auf einem 
dritten Relief ist Hor-em-heb im Gebet dargestellt. 
Tafel 26—32 bringen Fragmente aus dem Grabe des 
Königsschreibers Ptahmes, vietmit Reliefs geschmückte 
Pfeiler in ihren vier Ansichten, den Teil einer Grab¬ 
wand, die den Verstorbenen im Gebet zeigt, und zwei 
Statuen des sitzenden Toten. Die letzten Tafeln 33—36 
enthalten das Eingangstor eines Grabes des obersten 
Bildhauers des Königs, die Gesamtansicht wie die 
einzelnen Teile, und auf Tafel 37 sind verschiedene 
Fragmente abgebildet, wovon ein kleines Stück einer 
Grabwand mit Darstellungen aus einer Zimmermanns¬ 
werkstätte von Interesse ist. 

Was den deutschen Text betrifft, so hätten da 
einige Härten und kleine Verstöße sprachlicher Art 
doch mit geringer Mühe vermieden werden können. 
Man sollte meinen, daß bei einem solchen Standard¬ 
werke, das so viel Geld gekostet hat, die kleinen 
Kosten, die eine Durchsicht des Textes durch einen 
Kenner der deutschen Sprache verursacht haben 
würde, nicht hätten gescheut werden dürfen. Hinter¬ 
ansicht, gekniet (statt kniend), Verwüst/ng, abgesagt 
(statt abgesägt), erbäuen usw. ist doch nicht deutsch. 
Von orthographischen Fehlem und nachlässiger Inter¬ 
punktion ganz abgesehen. M. D. Henkel. 


Artur van Schendel, Shakespeare . Amsterdam, 
W, Versluys , 1910, kl. 8°, 161 pag. 

Eine Lebensbeschreibung Shakespeares, fußend 
auf den Tatsachen, die die Wissenschaft zu Tage ge¬ 
fördert hat, aber umsponnen und umwoben von den 
Ranken dichterischer Einbildungskraft. Nicht nur die 
Entwicklung Shakespeares wird uns hier vor Augen ge¬ 
führt, sondern auch von dem geschichtlichen Hinter¬ 
grund wird uns ein farbenprächtiges, fein abgestimmtes 
Bild entworfen. Ein Dichter, der von einem andern 
Dichter erzählt; keine nüchterne Aufzählung und Ver¬ 
knüpfung von Geschehnissen, keine komplizierten 
Hypothesen oder scharfsinnigen Analysen, sondern ein 
Phantasieren über die Ereignisse, die für die Bildung 
des Künstlers Shakespeare bestimmend gewesen sind, 
und ein Ausmalen, ein sehr feinsinniges, einzelner 
wichtiger Situationen. Der eigenartige Zauber der 
Schendelschen Betrachtungs- und Darstellungsweise 
ist kaum zu definieren. Es ist nicht das Was, es ist 
das Wie, worauf es ankommt. Denn Neues bringt er 
nicht, will er auch nicht bringen. In seiner Sprache 
steckt ein wunderbarer Wohllaut und seine Bilder und 
Vergleiche sind von entzückender Zartheit. Der 
Charakter des Buches wird vielleicht am besten mit 
romantisch andeutet. Van Schendel ist kein klassisch 
klarer Geist. Wie ein feiner, dünner Schleier webt 
romantische Unbestimmtheit über seinen Schilderungen 
der Shakespearischen Persönlichkeit, wie er sie aus 
den paar Daten und seinen Werken, die er als Selbst¬ 
bekenntnisse im weitesten Sinne betrachtet, zu re¬ 
konstruieren versucht Mehr Plastizität, ja holländische 
Kleinmalerei finden wir dann aber bei seinen Dar¬ 
stellungen des historischen und lokalen Milieus. Die 


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beste Vorstellung von seiner eigenartigen Schreibweise 
bekommt man durch einige Proben. 

Nachdem van Schendel die ersten Stücke Shake¬ 
speares, Titus Andronicus, Loves Labour lost, The 
Gentlemen of Verona und The Comedy of Errors kurz 
besprochen hat, fährt er fort: 

„Die Tage unschuldigen Scherzes, ungetrübten 
Glückes waren vorbei. Es war eine Zeit, wie sie ein 
jeder in seiner Jugend gekannt hat, in der sich ent¬ 
scheiden sollte, ob er ein Dichter war oder künftig zu 
der unzählbaren Menge der jung verstorbenen Dichter 
gehörte, die als brave Männer und Frauen weiterleben. 
Der Weg des glänzenden Scheines der Poesie nahte 
seinem Ende. Wer entschied, wie und warum, das 
waren die ersten Rätsel, die er erblickte, als er die 
dunkele Welt der Seele betrat, die voll Elend und 
tränenreicher Freude ist. Tränen, viele Tränen sollte 
er fortan weinen, aber das waren die Tränen, die er 
verbarg, und ebenso wie auf dem Gesichte wirklich 
großer Menschen die Trauer ein Licht zurückläßt, so 
sprach er lächelnd von dem, was seine Liebe sah. ln 
jedem großen Gedicht ist das Gefühl der Ewigkeit 
anwesend, wie die Sterne an dem Himmel, jeder kennt 
dies Gefühl in den Augenblicken reinen Menschseins, 
die man bei seinen andern Geheimnissen in seinem 
Herzen bewahrt, und begreift, daß das schönste Ge¬ 
dicht aus des Dichters Andacht für das Geheimnis mit 
seinen unendlichen Gestalten geboren wird.“ Das 
Lustspiel „Much ado about nothing“ gibt van Schendel 
zu folgenden Träumereien Anlaß: „Das Stück hallt 
wieder von hellem Lachen aus vollem Halse. Aber 
die Lieblichkeit von Hero mahnte an das, was von 
Begierde noch unberührt in dem liebenden Gemüt 
schlummerte und in langen Nächten erwachte und in 
das Dunkle starrte, wo Gestalten mit dem Finger auf 
dem Mund staunend durch Tränen hindurch sichtbar 
wurden. Die Jugend selbst blühte wieder auf mit 
ihrem Schmachten, das in nichts als einem Traum ver- 
schwebte, einem Duft, einem Glanz, der die Traurig¬ 
keit vergoldete. Die Frau mit den roten Lippen, die 
er am Tage suchte, die er anreden und anhören 
konnte, für die er laute Verse des Vorwurfs und der 
Demut schrieb: 

„In faith, I do not love thee with mine eyes“ 
war sie nicht dieselbe, die er noch voriges Jahr begehrte? 
Wer war sie, wie hieß sie in der Einsamkeit der Nacht? 
Hatte sie braune Augen oder graue oder blaue? Aber 
die Luft, in der sie atmete, duftete von Süßigkeit, und 
jungfräuliche Wesen in ihren frischen Kleidern traten 
mit geräuschlosem Lachen aus den Nebeln, Lelia, 
Rosalind, Viola. Es w'ar eine stille sommerliche Zeit, 
wo der Lärm der Menschen wie eine alte Melodie aus 
der Ferne rauschte.“ 

Man sieht, van Schendel ist ein Dichter, und ein 
moderner Dichter, er betrachtet Shakespeare mit den 
Augen und der Einbildungskraft eines feinbesaiteten, 
sensibeln Nerven- und Stimmungsmenschen; und da¬ 
durch erscheint sein Shakespeare auch von derartigen 
weichlichen Empfindungen angekränkelt. Das ist die 
Schwäche der Schendelschen Auffassung. Shakespeare 
wirkt durch die Schendelsche Brille oft zu passiv und 


ätherisch; das Dämonische und Faszinierende, das 
einer solchen großen männlichen Persönlichkeit eigen 
gewesen sein muß, kommt nicht zu seinem Rechte, 
auch nicht das Englisch-Geschäftsmännische, das dem 
Mann, der seine Familie in die wohlhabende gentry 
erhob und Besitz und Wohlstand in seine Hände 
brachte, auch nicht fremd gewesen sein kann. Aber 
das tut dem Werkchen keinen Eintrag. Es bleibt 
durch die große Gabe der Anempfindung und die 
sprachliche Kunst des Autors ein kleines Meisterstück. 

M. D. Henkel 


Styn Streuvels, Het Kerstekind. Amsterdam , 
van Veen 1910, 4 0 . 

Eine Weihnachts- und eine Kindergeschichte; wie 
in einem Kindergemüt am Weihnachtstage das Märchen 
von dem Stern der Weisen aus dem Morgenland und 
dem Christkinde in der Krippe sich mit der Wirklich¬ 
keit, der Geburt eines Kindes in einer ärmlichen, abge¬ 
legenen Bauemhütte in wunderbarer Weise vermischt, 
das hat Styn Streuvels, der Schilderer des vlämischen 
Bauernvolkes, in treuherzig-schlichter Holzschnittmanier 
hier zur Darstellung gebracht Für die zarte Poesie 
und den tiefen Sinn der Weihnachtslegende, deren 
Zauber der mittelalterliche Mensch noch ganz empfinden 
und daher in den unzähligen Bildern der Christnacht 
zu einer künstlerisch reinen Darstellung bringen konnte, 
sind wir stumpf und unempfindlich geworden, und nur 
durch das Medium des Kindergemütes, das diese kind¬ 
liche Erzählung noch gerne und mit gläubigem Herzen 
vernimmt, können auch wir nüchternen und aufge¬ 
klärten, aber auch verarmten Menschen des XX. Jahr¬ 
hunderts zu ihr noch in ein Verhältnis treten; und 
diesen Weg schlägt eben Streuvels ein. Die Haupt¬ 
elemente der Weihnachtssage, wie sie sich wenigstens 
bei den nordischen Völkern ausgebildet hatte (man 
denke an den alten Breughel), die Stille und Einsam¬ 
keit einer schneebedeckten Winterlandschaft, der Stern 
am Himmel, die ärmliche Hütte, in der ein Kind ge¬ 
boren wird, und die Geschenke bringenden Könige, 
all das kehrt auch bei Streuvels wieder, aber ver¬ 
menschlicht, in die ganz reale Welt vlämischer Bauern 
versetzt, und geschaut durch die Augen eines Kindes, 
das diese Dinge erlebt. Aber daneben, in der Weih¬ 
nachtsschmauserei in einem großen Bauernhof, wo 
sich der Bauer mit seinem Gesinde an dem Schweine¬ 
essen, den Waffeln und dem warmen Herdfeuer gütlich 
tun, kommt auch das Irdische zu seinem Rechte. In 
beidem zeigt sich die große volkstümliche Kunst von 
Streuvels. Jules Fonteyne hat das in Brügge bei Josef 
Houdmont - Carbones schön und deutlich gedruckte 
Werk mit zehn Federzeichnungen geschmückt, die sich 
dem Geiste der Erzählung in diskreter Weise anpassen. 

M. D. Henkel 


Stuttgarter Bibliothekenführer. Herausgegeben von 
Karl Lange. Stuttgart, IV. Kohlhammer. 1912 (2 M.). 

Organisation der geistigen Arbeit ist in der Gegen¬ 
wart zu einer notwendigen Forderung geworden. Auch 
die Erleichterung, die ein Bibliothekenführer schafft, 
ist zu begrüßen, erübrigt er doch manche zwecklose 


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Anfrage und gibt vor allen Dingen schätzenswerte Aus¬ 
kunft über private Sammlungen. Dem vorliegenden 
darf man Übersichtlichkeit und Ausgiebigkeit nach- 
rühmen; willkommen werden vielen auch die allge¬ 
meinen Hinweise bibliographischer und bibliothe¬ 
karischer Art sein, die dem Büchlein vorangestellt 
sind. .o- 


Heittrich Kraeger, Vorträge und Kritiken. Olden - 
bürg und Leipzig . Schulzesche Hofbuchhandlung und 
Hofbuchdruckerei . Rudolf Schwartz. (4 M. geb. 5 M.) 

Um Sammlungen ist*s ein heikel Ding, ihrer warten 
andre Ansprüche, als bescheidene Tagesarbeiten sie 
erfahren. An ihrem Orte mögen die Kraegerschen 
Kritiken ganz angebracht gewesen sein, höheren Wert 
besitzen sie aber nicht. Sie berichten ganz trefflich 
über den Inhalt, bringen Zitate, manchmal auch zu 
reichlich, und im Urteil kann man meistens mit ihnen 
übereinstimmen. Methodisch ist dies aber doch nur 
Kärrnerarbeit. Wenn Schaukals Roman „Andreas von 
Balthesser“, um irgend etwas herauszugreifen, in seinem 
Detailwert gewürdigt und auch das Literatentum, das 
hinter alledem steckt, richtig erkannt ist, so hat die 
Rezension den Leser meist genügend unterrichtet. 
Probleme, die aus tieferen Schächten heraufgeholt 
werden müssen, fehlen aber doch; und das verlangen 
wir von einem Buche, daß es mehr bietet, als längst 
Bekanntes uns abermals mitzuteilen. Eine mäßige 
Inhaltsangabe der „Komödie der Irrungen“ als „Theater¬ 
einführung“ auszugeben, nützt nicht viel. In den Auf¬ 
sätzen und Vorträgen kommt der Verfasser über eine 
deskriptive oder bloß anekdotische Methode kaum 
hinaus. Zugestanden, daß auch wertvollere Stücke 
darunter sind, aber an anderen Sammlungen gemessen, 
war diese wirklich nicht nötig. Dr. N. 


Alma von Hartmann , Zwischen Dichtung und 
Philosophie. 1. Band Lessing, Herder, Schiller, 

2. Band Emerson, Ruskin, Maeterlinck, Novalis, Tolstoi, 

3. Band Carlyle, Nietzsche, Goethe, (Eduard von Hart¬ 
mann). Verlag Deutsche Bücherei, Otto Koobs , Berlin . 
Jeder Band 1 M., gebunden 1,40 M. 

„Die Sehnsucht, das Leben als Ganzes zu fassen, 
nimmt merklich zu.“ Insgemein heischen wir von der 
Dichtung ästhetische Befriedigung, Alma von Hartmann 
wendet sich darüber hinaus an Dichter, die zugleich 
auch ethische und religiöse Führer sein wollten. Denen, 
die nach Ganzheit der Lebensauffassung streben, will 
sie zu eigenem Denken forderlich sein, da sie aber 
kein bewußtes phüosophisches Studium erwarten darf, 
führt sie unsystematische Denker vor. Um ihre Wider¬ 
sprüche, die ja auch anregend sein können, kümmert 
sie sich deshalb wenig. Sie ist eine feinfühlige Frauennatur, 
voller Rezeptivität, die aber dabei ein starkes Eigen¬ 
empfinden hat. Sie unterbricht die Darstellung oft, 
wenn ihre Anschauungen den fremden zuwiderlaufen. 
Im Tolstoiaufsatz weiß sie über Ehe und Christentum 
gute Worte zu sagen, denkfördernde, mehr als zum 
Verständnis des Russen nötig wären. Und eine Gabe 


besitzt sie, die ihr Buch gerade für Laien so wertvoll 
macht, sie versteht es, Persönlichkeiten auf eine Formel 
zu bringen, die den Ausgangspunkt eigenen Nach¬ 
denkens bilden kann. So gehen ihr in der Einleitung 
Gedanken um Gedanken auf, die noch der Ausge¬ 
staltung harren. Sie denkt nur an, andern ist es Vorbe¬ 
halten, auszudenken. 

So sind die Essays doch wertvoll, wenn auch 
ihr Hauptwert nicht in der psychologischen Erfassung 
der Gesamtpersönlichkeit liegt. Die erstrebte Zu¬ 
sammenfassung scheint mir um der gesonderten Kon¬ 
zeption und der Inkongruenz der Behandlungsweise 
willen nicht wohl möglich zu sein. Warum auch System¬ 
lose unter ein System zwingen wollen! C. N. 


Alfred Lichtwark, Deutsche Königsstädte. Zweite 
Auflage. Bruno Cassirer, Berlin 1912 (3 M.). 

Alles in allem genommen, ists ein Reiseführer. 
Aus den wenigen Worten, die den Auftakt zur Schilderung 
Potsdams bilden, kann mans herauslesen, program¬ 
matisch an den Anfang ists natürlich nicht gestellt 
Aber dieser Stadt gegenüber, die vom Besucher meist 
nicht rechte verstanden wird, fühlt sich Lichtwark ange¬ 
regt, seine Absicht als Cicerone zu verdeutlichen. 

Der Organismus einer Stadt ist ein äußerst 
differenziertes Gebilde, und je stärker sich die Gegen¬ 
wartsentwicklung durchsetzt, um so dichterer Nebel 
verwehrt dem Nahenden den Durchblick. Nur ein 
Mensch tiefster Intuition, ich denke etwa an Johannes 
V. Jensen, vermag noch durchzudringen. Der erfaßt 
die Gesamtseele einer Stadt; Lichtwark tritt nur als 
Künstler an sie heran. Nicht aber als ein Kunstkritiker, 
der an Einzelwerke Baedekersteme austeilt, sondern er 
sucht aus dem Ganzen den städtebaulichen Kern her¬ 
auszuschälen. Den Geist, der diesen schuf, läßt er 
wieder erstehen, und wer einmal den Plan begriffen 
hat, mag sich Nichtausgeführtes hinzudenken. 

Nur Dresden ist fast ausschließlich in seinen 
modernen künstlerischen Bestrebungen gewürdigt. 
Sonst aber wird die Kunst der Fürsten, zum mindesten 
in ihrem Wollen, als das Triebhafte der Stadtentwick¬ 
lung betont Fürsten sind im Sinne des Absolutismus 
zu nehmen, als jhre Kultur die höchste der Zeit war. 
Darum konnten sie die Kunst noch lenken. Und diese 
war soviel sinnenfälliger, repräsentativer, unbeschadet, 
daß ihr die Innerlichkeit der Bürgerkunst italienischer 
Städterepubliken und unsrer süddeutschen Gemein¬ 
wesen abging. Sie konnte im Städtebau viel freier 
schalten als jene, die immer an Sparsinn und ökono¬ 
mische Bedürfnisse gebunden ist. Diese Betrachtungs¬ 
weise führt zu einer völlig anderen Bewertung. So 
verwandelt sich die Heterogenität Potsdams zu einer 
Wesenheit, die an einem Fürstengeschlecht empor¬ 
gewachsen ist. Dessen Wandlungen, die einzelnen 
Charaktere, haben sich in der Architektur der Residenz 
ausgeprägt 

Aus Vorträgen entstanden, haben die Ausführungen 
Lichtwarks einen starken persönlichen Einschlag. 
Daß sie „veraltet“ sind (sie liegen zum Teil fast zwei 
Jahrzehnte zurück), ändert an ihrem Wert oder Un* 


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wert nichts. In den Einzelheiten, in denen sie zurück¬ 
geblieben sind, liegt ja doch nicht ihre Bedeutung und 
was sie lehren wollen, lehren sie in Schönheit und 
beredt auch heute noch. C. N. 


Vom alten und neuen Buchwesen. 

Hier der Gelehrte, der ein Handbuch schreibt, der 
auf engem Raum das gesamte Wissen seines Gebietes, 
oft in epigrammatischer Kürze, zusammendrängt, dort 
der Essay ist, der wohl nicht weniger belehrend sein 
will, aber durch künstlerische Form seine erzieherischen 
Gedanken leichter aufzwingen kann. Ihm genügt vom 
Tatsächlichen das, was die Prinzipien stützt, die er 
propagieren will. Auf der anderen Seite dagegen 
herrscht Lückenlosigkeit, unparteüsch wird jedes Für 
und Wider erörtert; Probleme sollen ifreder aufgestellt 
noch gelöst werden, dafür die Möglichkeit geboten, 
selbst ihnen nachzuspüren. Kühl bis ans Herz hinan. . . 

Victor Gar dt hausen. Das, Buchwesen im Altertum 
und im byzantinischen Mittelalter. (Griechische Paläo¬ 
graphie, i.Band) Zweite Auflage. Leipzig, Veit Comp. 
1911 (8 M.). 

Es führt uns in die Zeit, da man Briefe auf Ostraka 
schrieb, die Tonscherbe das Medium eines Liebes¬ 
grases war. Mit den primitivsten Formen schrift¬ 
licher Fixierung, quellenmäßig belegt und durch Ab¬ 
bildungen veranschaulicht, wird begonnen. Das eine 
Kapitel handelt von den anorganischen Beschreibstoffen, 
den Mctallplatten, den Weihgeschenken und bleiernen 
Orakeltäfelchen, ein anderes von den organischen, vom 
Palmblatt an. Dann griff der Mensch zu den dauer¬ 
hafteren hölzernen und den leichter ersetzbaren Wachs¬ 
tafeln. Aber erst das Wort Papyrus zaubert uns das 
klassische Altertum herauf. In systematischer Folge 
wird seine technische Herstellung behandelt, die wirt¬ 
schaftlichen Verhältnisse der Fabrikation und endlich 
die Handhabung durch den Schreiber. Vom einzelnen 
Blatt, das aus dem scapus herausgeschnitten wurde, 
steigen wir auf bis zur gesiegelten Rolle, die als Re¬ 
quisit der bildenden Kunst jedem bekannt ist. Mit 
dem Papyrus konkurrierte das Pergament, das sich 
leichter zu Codices zusammenfügen ließ, bis endlich 
die Erfindung Chinas, das Papier, um seiner Billigkeit 
willen den Sieg davontrug. Auch von Tinten und 
Schreibzeugen und den ornamentalen Verzierungen 
weiß das Buch zu sagen. Spezielleres Interesse bean¬ 
spruchen die späteren Kapitel, die der buchbinderischen 
Technik und der Handschriftenkunde gewidmet sind. 

Jedem Frager wird Auskunft zuteil werden, ob er 
nun wissen will, wesgestalt die antiken Notizbücher 
waren, oder wann die Metallfeder erfunden wurde. 
Der Bibliophile aber kann nachlesen, wie seine Be¬ 
strebungen schon einmal zu hoher Blüte gelangt waren, 
um dann in kunstärmeren Altern wieder zu ver¬ 
kümmern. 

Willy F. Storch , Vom Geist moderner Schrift¬ 
kunst. Sonderabdruck aus „Literatur und Wissenschaft“. 
Monatliche Beilage der „Heidelberger Zeitung " 

Mit sicherem Formgefühl werden neben historischen 
Rückblicken die Bedingungen der modernen Schrift¬ 


kunst aufgestellt Ob sich das Prinzip der Verkettung 
von Architektur und Schriftkunst, das Storck sehr in 
den Vordergrund rückt, mit der tatsächlichen Ent¬ 
stehung unsrer Typen aus der Schreibschrift ganz ver¬ 
einigen läßt, mag dahingestellt bleiben. Victor Hugos 
kühnes Bild, das der Verfasser anfuhrt, ist eben mehr 
der Einfall eines Dichters. — Die Forderung akustischer 
Harmonie neben der optischen setzt freilich eine schon 
allzu raffinierte Kultur voraus. Indessen gelingt es 
Storck an Einzelheiten darzulegen, daß sein Empfinden 
für den „rhythmisch-melodischen Ausdruck des Schrift¬ 
bildes“ mehr als subjektiv ist. Nicht unterlassen ist 
selbstverständlich der Hinweis auf die nötige Anpassung 
der Schrift an den Buchinhalt. Da hätte über die Wei߬ 
fraktur der Tempelausgaben ein Wort mehr gesagt 
werden können. Ihre Zierhaftigkeit und Gleichheit der 
Druckführung, die man recht wohl „biedermeierisch“ 
nennen kann, machen sie meines Erachtens für Prosa 
wenig geeignet. Auch das Buchformat ist in seiner 
Überhöhung zweifellos für Gedichtbände passender. 
Wäre die Billigkeit nicht, müßte man sich gegen Aus¬ 
gaben-Sammlungen schlechthin verwahren. 

Zuletzt noch ein Lob der „Heidelberger Zeitung“ 
für so beachtliche Feuilletons 1 *0- 


Thdodore Duret. Die beiden.Napoleons und die 
Napoleonlegende. Deutsch von Dr. Emil Waldmann. 
Verlag von Paul Cassirer, Berlin 1911 (3 M., gebunden 
4 M). 

Ein Deutscher könnte das Buch nie und nimmer 
geschrieben haben. Statt mühsamer Mosaikarbeit, wie 
wir sie uns auf manchen Gebieten gar nicht anders 
denken können, die zum Vorhandenen eben noch ein 
paar neue Steinchen hinzu fügt, wird von dem Allzu¬ 
vielen hier gerade das Notwendigste geboten. Aus 
der Fülle des Tatsachenmaterials hebt der Franzose 
nur die Entwicklungsfaktoren heraus, Ereignisse, die 
jedesmal den Abschluß einer ganzen Reihe bedeuten, 
die Effekte sozusagen. Oft genug mag man auch ein 
Fragezeichen an den Rand machen, und doch beein¬ 
trächtigt keines den Wert des Ganzen. Der ist dispo¬ 
sitionell und ideell. Die Linienführung ist von durch¬ 
scheinender Klarheit; geistreich weiß der Verfasser 
mit den Gedanken zu spielen, sie dem Leser immer 
und immer wieder einzuprägen. Auch manch Apercu 
funkelt auf. Die Grundideen aber werden mit fast 
mathematischer Ausnahmslosigkeit durch Tatsachen 
bewiesen. Durets Wahrheitsliebe und seine Vorurteils¬ 
losigkeit in Dingen, die den Patrioten angehen, sind 
weitere Vorzüge. 

Psychische Kräfte, latent im Unterbewußtsein des 
Volkes, ermöglichten Napoleons Aufstieg, lehrt Duret 
Das Gefühl der Beängstigung gegenüber der neuen 
republikanischen Staatsform, das sich aus der langen 
monarchischen Vergangenheit heraus erklärt, ließ einen 
Helfer herbeisehnen, als es gar nichts zu helfen 
gab. Frankreichs Stellung war absolut gesichert, als 
Bonaparte den italienischen Feldzug begann. Aber 
jener Wesenszug der Franzosen, den Krieg um des 
Krieges willen zu lieben, wollte es so, ein Rausch 


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der Phantasie schuf den Imperator. Er war kein 
Franzose, war ein Lateiner, der letzte antike Krieger: 
Soldat und Organisator. Antik war auch sein imperi¬ 
alistischer Gedanke, der ihn stürzte, weil er nicht ge¬ 
lernt hatte, mit den ethischen Kräften der Gegenwart 
zu rechnen. Die Schnelligkeit seines Sturzes erregte 
die Phantasie, und aus dem Kaiser ward der Held, 
der Halbgott. Götter aber formen sich die Menschen 
nach ihren Wünschen, und so entstand die Napoleon¬ 
legende. Als der Neffe sich unterfing, das Erbe 
anzutreten, war sein Weg schon vorgezeichnet Er 
mußte den Gedanken der Vorherrschaft Frankreichs 
zu verwirklichen suchen und mußte Krieg führen. Er 
mußte, denn mit der Errichtung des neuen Kaiser¬ 
reiches war der Idealisierungsprozeß zu Ende, ein 
leibhaftiger Napoleon mußte durch Taten der Phantasie 
des Volkes neue Nahrung Zufuhren. Als er dazu 
außerstande war, gab es ihn auf. Der Legende aber 
ward die Möglichkeit wiedergegeben, die Herzen zu 
bestricken. Dr. N. 


In memoriam Hugo von Tschudt. Die Reden 
bei der Bestattung in Stuttgart am 27. November 1911. 
Leipzig, Inselverlag . 1911. (1 M.) 

Das Umschlagpapier und der Titel sehen gut aus. 
Trotzdem hab ich mich aber von der Notwendigkeit 
der 18 Seiten Druck nicht überzeugen können. Max 
Liebermanns, des Freundes, warmherziger Versuch, in 
hellen Farben und mit kräftigen Lichtem den Mann 
und Menschen zu konterfeien, ist das Beste. Er sei 
als das anerkannt, was er sein soll. Auch die dank¬ 
baren Worte eines treuen Mitarbeiters will ich hin¬ 
nehmen. Indes ich vermisse den tieferen, allgemeineren 
Wert, der über die Zufälligkeit des Nachrufs hinaus 
auch nur eine Zeile x von alledem gerechtfertigt hätte. 
Was aber ein Ministerialbeamter „im Aufträge“ zu 
sagen hatte, brauchte der Nachwelt wirklich nicht 
überliefert zu werden. Bleibt die Rede von Julius 
Meier-Graefe. Der beweist den Toten als „schaffenden 
Künstler“, als Christen „in weitem Sinne“ und preist 
die „schöpferische Kraft“ des Todes. Mein Geschmack 
ists freilich nicht, in einer Trauerrede Geistreichig- 
keiten auszubieten! — Tschudi scheute sich, viel 
drucken zu lassen, und drum ehrt man ihn, indem man 
so wenig drucken läßt. o- 


Literarischer Ratgeber für die Katholiken Deutsch¬ 
lands. X. Jahrgang. 1911. Herausgeber Dr. Max 
Ettlinger. Verlag Jos. Hösel, Kempten und München , 
Ob der Ratgeber die Stola trägt oder den Luther¬ 
rock, bleibt sich gleich, die Kunst nimmt immer Schaden. 
Wenn der Ruf nach katholischen Schriftstellern er¬ 
hoben wird, ist nichts dagegen einzuwenden, und wenn 
HerrMumbauer es bedauert, an „den nichtkatholischen 
nicht vorübergehen zu können", so glaube ich ihm das. 
Ich würde es sogar verstehen und nachsehen, wenn 
Dreiviertel unsrer Literatur unterdrückt würde, aber 
dann offen und ehrlich. Diesem Vorwurf ist begegnet 
Die meisten namhaften Dichter aus unsrer Zeit sind 
aufgenommen (George, Eulenberg, Dauthendey fehlen!), 


doch immer gerade mit uncharakteristischen Werken, 
die anscheinend als harmlos galten. Von den empfohlenen 
sind aber die meisten dann noch mit einem „b“ (= Brand¬ 
mal) versehen, das da heißt: „nur für durchaus gereifte 
Leser“! Vom Grafen Keyserling sind zum Beispiel 
nur die „Bunten Herzen“, natürlich mit einem „b“, 
verzeichnet, usw. Alle die einzelnen Urteile kann ich 
hier nicht wiedergeben, die Berater sind auch ver¬ 
schieden. Für Literatur un d Literaturgeschichte zeichnen 
Expeditus Schmidt und Dr. Eckardt, Epos und Lyrik 
behandelt Christoph Flaskamp, auf dem Gebiete der 
Belletristik aber glänzt besagter Herr Mumbauer aus 
Piesport. Daß er Bang verurteilt, und Jens P. Jacobsen, 
die Huchs, Max Halbe, die ganze Fischersche Biblio¬ 
thek zeitgenössischer Romane und die ,,Neue Rund¬ 
schau“, nur nebenbei. Dafür weiß er die Gründe 
für den Tiefstand der deutschen Kunst, erstens: —, 
zweitens: —, drittens: —. Man lese sie. 

Zum Schluß seinocherwähnt, daß auch alle anderen 
Gebiete der Geistestätigkeit berücksichtigt sind. 

C. N. 


Seutroul, Charles, Kant und Aristoteles. Ins Deut¬ 
sche übertragen von Ludwig Heinrichs. Von der 
Deutschen Kantgesellschaft gekrönte Preisschrift. Ver¬ 
lag Kösel , Kempten und München. 8°. XVI und 
368 Seiten. Geheftet 5 M., gebunden 6 M. 

Die philosophischen Arbeiten, deren Verfasser ein 
Katholik ist und streng auf dem Boden der offiziellen 
katholischen Weltanschauungslehre, des Neothomismus 
oder der Neoscholastik, steht, zeichneten sich bisher 
zumeist durch einen hohen Grad von Unsachlichkeit 
fremden Überzeugungen gegenüber aus. Von dieser 
Regel bildet das vorliegende Buch eine erfreuliche 
Ausnahme. 

Seutroul gibt in der Einleitung zu seinem Werke 
einen kurzen, aber klaren Überblick zuerst über die 
Kantische, sodann über die Aristotelische Erkenntnislehre 
und führt damit die völlig entgegengesetzten Wege 
der beiden Philosophen, die Wahrheit zu erfassen, klar 
vor Augen. Treffend charakterisiert er sie mit den 
Worten: „Aristoteles ist von der Metaphysik zur Kritik 
gelangt, Kant umgekehrt von der Kritik zur Meta¬ 
physik.“ (Seite 29.) In den folgenden Kapiteln werden 
die Hauptpunkte der beiden Systeme eingehend dar¬ 
gestellt und verglichen. Wohl tritt dabei beständig 
die Tendenz des Autors hervor, „die Überlegenheit 
des Aristoteles über Kant klar erstrahlen zu lassen“ 
(Seite VI); aber die Ausführungen bleiben stets vom 
Streben nach wissenschaftlicher Objektivität getragen, 
so daß sie über das N Verhältnis der Kantischen Lehren 
zu den entsprechenden des Aristoteles durchaus sach¬ 
lich unterrichten. 

Interessant ist die Verwandtschaft, die der Ver¬ 
fasser zwischen Kant und den Modemisten im Anhang 
zu seinem Buche aufzeigt: beide nehmen der Bibel 
gegenüber eine kritische Stellung ein, machen das 
Recht des denkenden Kopfes geltend, sich Gewißheiten 
zu erarbeiten, die außerhalb der Testamente liegen 
und den Maßstab für deren Wahrheitsgehalt abgeben. 
Für Seutroul freüich verknüpfen diese selbständigen 


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Philosophen nur „Fäden des Irrtums“ (Seite 359) — 
können nur zu Irrtum gelangen; denn die Wahrheit 
thront ja ewig und unerschütterlich, intellektuell faßbar 
und längst erfaßt über den Wolken. F. K. 


Eugen Holländer, Plastik und Medisin. Mit einem 
Titelbild und 433 Textabbildungen. Verlag von Ferdi¬ 
nand Enke in Stuttgart 1912. 376 Seiten. Hoch 4 0 . 
Karton 28 M. In Leinwand gebunden 30 M. 

1903 bescherte uns Holländer die „Medizin in der 
klassischen Malere 1“ und 1905 die „Karikatur und 
Satire in der Medizin“, zwei Werke, über die ein¬ 
stimmigalle Kritiker des Lobes voll waren. N un beschenkt 
uns Holländer von neuem — tres faciunt collegium 

— mit einem Standard-Work, wie ich gleich vorweg 
nehmen will. — Plastik und Medizin. — Ansätze zu 
dem Thema finden sich in dem prächtigen Büchlein des 
Physiologen E. Brücke „Schönheiten und Fehler der 
menschlichen Gestalt“, zweite Auflage 1893, das ich bei 
Holländer leidernicht erwähnt finde.— Vermißt habeich 
ferner die Erwähnung der Arbeit von Ludwig Mercklin 
„Die Talos-Sage und das Sardonische Lachen“, ein 
Beitrag zur Geschichte griechischer Sage und Kunst. 
(Mömoires des sav. Strang. T. VII. (1851). Seite 
35—125.) — Zu der Äsopbüste, die noch „einem Lysipp“ 
zugeschrieben, möchte ich bemerken, daß ich von 
einem Archäologen erfuhr, daß Professor Studniczka 
in Leipzig die Anfertigung der Büste weit früher an¬ 
setzt, und zwar in der römischen Kaiserzeit. Dafür 
spricht die Ausarbeitung der Augen, der Pupille usw. 
Ich habe mir daraufhin in Museen die Augen an Statuen 
angesehen und bestätigt gefunden, daß derartige Augen 
auf diese Zeit hinweisen, und nicht weiter zurückgehen. 
Wir haben es also bei Äsop vielleicht mit einem buck¬ 
ligen Spaßmacher aus der Kaiserzeit zu tun. Im übrigen 
verweise ich wegen der diagnostischen Erwägungen bei 
diesem Äsop (Holländer : Seite 317) auf W. Ebstein 
(Janus 1900, Seite 332 und Virchow’s Archiv, Band 193, 
Seite 519—545).—Mit Genugtuung habe ich gesehen, daß 
Holländer auch auf die Wiederherstellung der Gesichts¬ 
züge des lebendigen Homer, auf Grund der Totenmaske 
von Artur Zweiniger (1909), aufmerksam ge worden ist. — 
Daß der Klappschen Kriechkur—sozusagen—sich auch 
die moderne Plastik in dem kriechenden Mädchen 
von Georg Kolbe bemächtigt hat (Deutsche Ausstellung 
in Rom 1911), zeigt mir eine Abbildung in der „Kunst 
für Alle“ vom 1. September 1911, Seite 550. — Er¬ 
wähnenswert erscheint mir auch die Marmorstatue im 
Dom zu Mailand von Marco d , Agrate l mit der Unter¬ 
schrift: „Non me Praxiteles sed Marc finxit Agrate“, 
auf der ein gänzlich geschundener Mann seine Haut 
„als Toga“ umgehängt hat! — Bei den Buckligen fallen 
mir die beiden Figuren am linken und rechten Pfeiler 
von S. Anastasia in Verona ein, als deren Verfertiger 
Gabriele Caliari und Alessandro Rossi genannt werden. 

— Wegen der Chondrodystrophie in der Kunst ver¬ 
weise ich unter anderem auf Fraugenheim (Ergebnisse 
der Chirurgie, Band 4 (1912, Seite 114), der mit Recht 
den Versuch von Poncet und Leriche zurückweist, 
„alle uns bekannten noch lebenden oder geschichtlich 
überlieferten Zwergvölker, die Kobolde und Nibelungen 


unserer Sagen den chondrodystrophischen Zwergen“ 
zuzuzählen. (Revue de Chirurgie 1903): „Les nains 
d'aujourd’hui et les nains d’autrefois“.— Ich habe diese 
Miszellen an den Anfang gestellt, um die Anzeige des 
Werkes nicht damit zu beschweren, das sich in folgende 
große Abteilungen gliedert: Heilgötter — Exvotos — 
Allgemeine Körper dar Stellungen — Schwangerschaft — 
Krankheitsdarstellungen — Instrumentenkasten und 
Schröpf köpf — Heilhandlung ; Hygiene , Bad — Die 
Inkubationsheiligen und Patrone der Ärzte — Monu¬ 
mente , Embleme und Krankenhausschmuck. — Zu 
Figur 417 bemerke ich, daß sich das Original der 
Bronze von Schönlein im Besitz seiner noch lebenden 
Tochter befindet, wo ich sie vor kurzem gesehen habe. 
Für den Leserkreis der „Zeitschrift für Bücherfreunde“ 
bleibt mir nur übrig, auf die splendide Ausstattung des 
wissenschaftlich wie künstlerisch gleich hoch stehenden 
Werkes hinzuweisen, das nicht nur bei Ärzten, sondern 
auch bei vielen Kunstliebhabern, und deren gibt es 
unter den Bibliophilen nicht wenige, die richtigen Leser 
und Beurteiler finden möge. Erich Ebstein, Leipzig. 


Louis Hourticq , Geschichte der Kunst in Frank¬ 
reich. Deutsche Übersetzung von Gustav Teiss£dre. 
III. Band der „Ars una". 887 Abbildungen. Verlag 
Julius Hoflfmann, Stuttgart, 1912. Preis gebunden 6 M. 

Diese „Ars una“-Bücher sind in ihrer Art etwas 
ganz Ausgezeichnetes. Sie stehen in dem Reichtum 
und der geschmackvollen Form ihrer Darbietungen 
einzig da. Der Frankreich behandelnde Band schließt 
sich würdig seinen Vorgängern an. In Hourticq ist dem 
Thema ein Bearbeiter gewonnen worden, wie man ihn 
sich nicht besser wünschen kann. Wir lernen in dem 
französischen Gelehrten einen scharfsichtigen Kenner, 
einen geistvollen Ästheten und einen glänzenden 
Stilisten kennen. Das Werk ist von einem großzügigen 
Standpunkt aus geschrieben. Gleichsam von hoher 
Warte aus läßt uns der Verfasser in eine Epoche um 
die andere hineinschauen: in das barbarische Gallien, 
das unter den römischen Adlern in den Lichtkreis der 
antiken Welt trat, in die Kloster-, Ritter- und Städte¬ 
kultur des Mittelalters, wo Herr und Knecht „an Zug¬ 
tiers Statt“ die Steine zum Bau der märchenhaften 
Kathedralen schleppte, in die elegante Epoche Franz I., 
wo „die Renaissance in die flammende Gotik sich ein¬ 
schleicht“, in die galante Zeit des Rokoko, in den 
Klassizismus des ersten Kaiserreichs, in die Romantik 
und den Naturalismus der letzten hundert Jahre. Mit 
sehr kühlem Objektivismus urteilt der Verfasser über 
den Impressionismus. „Der französische Geist vermöchte 
sich . . . mit der Rolle eines bloßen Registrierapparats 
nicht lange zu bescheiden. Es sprechen heute viele 
Anzeichen dafür, daß er sich wieder zusammenrafft und 
die klassische Haltung wieder anzunehmen trachtet.“ 
Wenn man das in Deutschland sagt, erregt man tat¬ 
sächlich noch immer Aufsehen. M. E. 


Dr. H. Holland. Moritz v . Schwind. Nr. 7 der 
Serie „Die Kunst dem Volke“. Mit 56 Abbildungen. 
1.—25. Tausend. Allgemeine Vereinigung für ehr. Kunst, 
München, 1911. 


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Eines jener Volksbücher, das nicht auf die Schlag¬ 
worte „Volksbildung“, „ Massen erziehung“ und der¬ 
gleichen, womit sich heutzutage manche ärmliche 
Volkstümelei billig aufputzt, gemünzt ist. Nicht 
Förderung der Kultur gewisser Klassen, sondern jene 
der Herzensbildung, die sich an alle Stände wendet, 
scheint der innerste, grundlegende Gedanke dieser 
kleinen Schrift zu sein, deren Reiz darin liegt, daß man 
sie jedem, dem ästhetisch Gebildeten wie „dem Volk“, 
dem Erwachsenen wie dem Kinde in die Hand geben 
kann. Holland bringt uns in seiner mit geistreicher 
Schlagferiigkeit und tiefem sonnigen Herzenshumor 
würzig gemischten Sprache den Meister Schwind greif¬ 
bar nahe. Und zwischen den Zeilen schimmert traut 
Altmünchen auf. Wie in die Geschichte von den 
sieben Raben die Büsten von Schwinds Freunden her¬ 
niederblicken, so schauen uns aus diesem Text allerlei 
bekannte Gesichter an, die selbst eine Art Rand¬ 
glossarium zu des Meisters Kunst bilden. Es ist der 
Ton eines Chronisten, in dem uns Leben und Schaffen 
des von „Schwindel und Nervenspektakel“ nicht selten 
geplagten und doch eine so stillfrohe, ausruhsame 
Kunst wirkenden Meisters in einer Form, die uns auf¬ 
merken läßt, vorgeführt wird. Allerlei neue feine Be¬ 
obachtung drängt sich in die blühenden Schilderungen 
der Bilder. Der Stil sprudelt waldbachhell im richtigen 
Sekond zu Schwinds hohem Waldesrauschen. Eine 
köstliche Gabe ist dieses kleine auch hübsch illustrierte 
Schwindbuch, das mit der Erinnerung an jenes „traum¬ 
artig schön erfundene Maienspiel“ in Starnberg, das 
Münchener Künstler zum Gedächtnis Schwinds vor 
einigen Jahren feierten, stimmungsvoll schließt. 

M. E. 


Leopold von Schroeder, Die Vollendung des arischen 
Mysteriums in Bayreuth. 258 Seiten. 8°. J. F. Leh¬ 
manns Verlag München, 1912. Preis broschiert 5 M., 
gebunden 6 M. 

Das schöne, mit hinreißender Begeisterung ge¬ 
schriebene Werk entstand aus Vorträgen, die der be¬ 
rühmte Gelehrte im Winter 1910/11 an der Wiener 
Universität hielt. Die sprühende Kraft der Rede ging 
in das gesprochene Wort über. Das Buch ist aus 
streng wissenschaftlicher Forschung gewonnen, für 
Laien verfaßt. Man möchte ihm Verbreitung wünschen. 
Man möchte wünschen, daß auch die Jugend neben 
dem klassischen Studium auf solche Bücher aufmerk¬ 
sam gemacht werde. 

Schroeder zieht eine gewaltige Linie — von den 
ältesten Mythen der Arier bis zu der letzten großen 
Kulturschöpfung des Ariertums, dem Werk Richard 
Wagners. Die Ergebnisse sind sehr interessant Die 
Mythen- und Sagenstoffe: „Der Ring“, „Parsifal“, 
„Lohengrin“, „Tristan und Isolde“ werden auf ihren 
Ursprung untersucht Dieser Ursprung ist ein gemein¬ 
samer. Es ist der uralte arische Sonnen- und Mond¬ 
mythus. Die Übereinstimmung germanischer, grie¬ 
chischer und indischer Überlieferungen weist den Weg 
dazu. Sonne und Mond feiern Hochzeit. Im Indischen 
Suryä, die junge Sonne, mit Soma, dem Mond, im 
Griechischen Zeus mit Hera, im Lettischen, Esthnischen 
Z. f. B. 1912/1913. 


und Finnischen die Sonnentochter Saul es meita mit 
dem Mond, im Griechischen wiederum Ariadne und 
Dionysos, im Altdeutschen respektiv Nordischen Brün- 
hild und Siegfried. Diese alten Mysterien leben in 
Wagners Worttondichtungen neu auf. Sieglinde und 
Siegmund (Sonne und Mond) sind Geschwister und zu¬ 
gleich ihrem Wesen nach als Liebende füreinander 
bestimmt. Sieglinde erhält aber Hunding (Dunkel¬ 
mond) zum Gatten. Siegmund (Lichtmond) muß bei 
der Vereinigung mit ihr sterben, doch ersteht ihm ein 
Sohn, Siegfried (der neu erwachsende Lichtmond). 
Es entwickelt sich nun die Reihe der alten Mysterien, 
Siegfrieds Drachenstich und Horterbeutung, die Jung¬ 
frauenbefreiung und Liebesvereinigung mit Brünhild, 
der strahlenden Sonne. Siegfried ist Licht- und 
Vegetationsgott. Der Hort ist wiederum das Licht, 
Sonne, Mond, ebenso wie — der Gral. Schon Wagner 
selbst erkannte diese Identität. In den indischen 
Mythen erscheinen Sonne und Mond als Gefäße mit 
köstlichem, himmlischem Trank gefüllt. Die Ge¬ 
winnung dieses Trankes ist der Inhalt vieler Lieder. 
Ein nordisches Gegenstück dazu ist die Mythe von 
dem Kessel des Riesen Hymir, den Thor erbeutet 
Der himmlische Rauschtrank wird in der christlichen 
Sage zum göttlichen Blutwein. Den reinen Thoren 
finden wir im Indischen in Rischya cringa, im Ger¬ 
manischen in Siegfried wieder. Die Lohengrinsage 
hat ihre Parallele in dem Mythus von Urva^f und 
Pururavas, und, wie schon Wagner erkannte, jenem 
von Zeus und Semele. Übereinstimmungen endlich 
finden sich wieder in den Tristan- und Siegffiedsagen. 
Die Motive, die Wagner ethisch auf das Höchste 
steigerte, gewinnen Weihe und Wert durch ihr ehr¬ 
würdiges Alter und ihre tiefen Zusammenhänge mit 
den ältesten religiösen Vorstellungen der arischen Rasse. 
Dies, was vielleicht dem andächtigen Genießer der 
Schöpfungen Wagners als etwas unfaßbar Ergreifendes 
dunkel ins Bewußtsein dringt, wissenschaftlich begründet 
zu lesen ist höchst wertvoll. Und so muß man das 
geistvolle Werk mit Dank empfangen. M. E. 


Altmeister der Kunst. Heft I. Giorgione , von 
G. Gronau. Verlag W. Spemann, Stuttgart. 1912. Preis 
2,50 M. 

• Wieder eine neue Serie von Kunstheften. Sie hat 
den sympathischen Titel „Altmeister der Kunst“ und 
beginnt mit Giorgione. Beliebige, nicht systematische 
Folge dürfte danach das Programm sein, das hoffent¬ 
lich recht munter nach allen Richtungen hin vorwärts, 
rückwärts und seitwärts um Giorgione herum entwickelt 
wird. Besonders rückwärts möchte angelegentlichst 
empfohlen werden, denn von allen den vielen Serien¬ 
publikationen, die wir heute haben, hat sich noch keine 
an unsre großen Primitiven Lochner, Witz, Schongauer, 
Hausbuchmeister und so und so viel andere herange¬ 
wagt; Das Giorgioneheftist in Ausstattung und Charakter 
Spemanns Museum verwandt. Der Text bietet durch 
seinen Verfasser gute Gewähr. Gronau, dessen ein¬ 
gehende Giorgionestudien (Repertorium für Kunst¬ 
wissenschaft 1908) allseitige Anerkennung fanden, ist 

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ein zuverlässiger Forscher. Gerade Giorgione gegen¬ 
über ist es nicht leicht, die Grenze der Zuverlässigkeit zu 
halten. Man weiß von diesem Künstler verzweifelt 
wenig. Nur aus den vier letzten Jahren seines Lebens 
sind archivalische Notizen über ihn erhalten und in 
diesen heißt er Zorzi (Zorzo) da Castel franco. Der 
Name Giorgione taucht erst Jahrzehnte nach seinem 
Tode auf. Unsicher wie die romantischen Legenden 
seines Lebens sind auch die Ansichten über sein Werk. 
Während ihm Cook 45 Bilder zuweist, will Justi 
nur 25, Morelli 19, Berenson 17, Crowe und Cavalcaselle 
ii und W. Schmidt gar nur 7 als unbedingt eigen¬ 
händig gelten lassen. Gronau bringt, ohne sich in 
dieser für populäre Zwecke geeigneten Publikation auf 
die zahlreich schwebenden Einzelfragen um giorgione- 
verdächtigc Bilder einzulassen, 15 Abbildungen, darunter 
das Jugendwerk „Die Feuerprobe des Moses“, die 
lange als Kopie beleumundete „Judith“, die durch 
Morelli gesicherte, durch ihren tizianischen Geist 
interessante Madrider „Madonna“, das merkwürdig 
aufgeregt gemalte Budapcster Jünglingsporträt, das 
man einen in giorgioneskes Feuer übertragenen 
Sebastiano del Piombo nennen möchte, schließlich die 
Alterswerke, den dämonischen „Sturm“, der trotz 
Bordones Übermalungen ein echter Giorgione ist, und 
die „Kreuztragung Christi“ aus San Rocco in Venedig. 

M. E. 


Der burgundische Paramentenschatz des Ordens 
vom Goldenen Vließe. Im Aufträge des hohen Oberst¬ 
kämmereramtes Sr. Kaiserlich und Königlichen Aposto¬ 
lischen Majestät herausgegeben von Julius v. Schlosser . 
2 Tafeln in Farbendruck, 3 Doppeltafeln und 26 ein¬ 
fache Tafeln in Lichtdruck. Imper.-Folio in eleganter 
Mappe Preis 60 Kr. oder 50 M. Verlag von Anton 
Schroll & Co. in Wien, 1912. 

Das mit besonderer Sorgfalt ausgestattete Werk 
bedeutet für die Kunstforschung ein Ereignis. Es ist 
eine der wichtigsten Veröffentlichungen größeren Stiles, 
die in den letzten Jahren erschienen sind. Der bur¬ 
gundische Paramentenschatz stammt im wesentlichen 
aus der Zeit Philipp des Guten von Burgund, dem 
Gründer des Ordens vom Goldenen Vließ. Seit 1477 
findet er sich in den Inventaren des Ordens aufgeführt. 
Damals gelangte durch Erlöschen des burgundischen 
Mannsstammes das Großmeistertum des Vließordens 
an das Haus Habsburg und der Schatz befand sich 
seitdem im Ordensbesitz, bis er 1797 in die kaiserliche 
Schatzkammer, später in die Ambrassche Sammlung 
und endlich 1889 in das kunsthistorische Hofmuseum 
zu Wien kam, wo er noch heute bewahrt wird. Diese 
Paramente sind ersten, ja man darfsagen einzigen Ranges. 
Die mittelalterliche Stickkunst hat keine bedeutenderen 
Werke aufzuweisen. Ist schon die kunstgewerbliche 
Qualität eine außerordentliche, so liegt doch der 
Hauptwert der Stücke in den Persönlichkeiten, die die 
Zeichnungen entwarfen. Die Namen der Gebrüder 
Eyck werden genannt. Mag diese Zuweisung auch 
nicht stimmen, so charakterisiert sie doch den Rang 
der Kunstwerke. So viel sich bis jetzt feststellen läßt, 
handelt es sich um die Arbeit verschiedener Meister. 


Den ältesten Stil zeigen die beiden Antependien. In 
ihnen lebt noch etwas von der Sprache leidenschaft¬ 
licher und zugleich zierlich akzentuierter Gotik, wie sie 
bei uns in dem Zeitalter Karls IV. herrschend war. 
Doch gehört dieser burgundische Meister schon dem 
ersten Drittel des XV. Jahrhunderts an. In seinen 
Propheten und Aposteln flutet der schwungvolle kalli¬ 
graphische Stil der Miniaturkunst aus. Seine wunder¬ 
volle Dreieinigkeitsgruppe, ein früher Vorläufer des 
von Dürer zur höchsten Vollendung geführten Motives, 
atmet noch den hohen Geist der hochmittelalterlichen 
Mystik. Ein Meister vorgeschrittenen Stiles, wie schon 
die Behandlung der Perspektive verrät, ist der Künstler 
der drei Chormäntel. Einige Forscher wollen in diesen 
Werken verschiedene Hände sehen. Der Name Huberts 
van Eyck wird am meisten genannt. Die sehr be¬ 
deutende Künstlerpersönlichkeit scheint aber eher 
zwischen Hubert van Eyck und dem interessanten 
Meister von Flemalle zu stehen. Der thronende Christus 
in dem Clipeus des Christusmantels ist eine Figur, die 
sich dem Gedächtnis einprägt, wie dies nur erstrangige 
Kunstwerke vermögen. Er zeigt starke Verwandtschaft 
mit dem Gottvater des gleichzeitigen Genter Altar¬ 
werks. Sein Schöpfer muß den Genter Altar gekannt 
haben. Eine dritte respektiv vierte Persönlichkeit läßt 
sich dann in der Casula und den beiden Dalmatiken 
erkennen. Es ist jüngerer Stil, der über die Epoche 
des Eyck und des Roger van der Weyden hinausgeht. 
Schlosser verweist auf die Richtung des Hugo van der 
Goes. Aus dieser Zeit, oder wie Schlosser meint, noch 
später, dürfte wohl eine die Hauptdarstellungen der 
Casula umfassende Überarbeitung der Stickerei 
stammen. Im übrigen glaubt Schlosser in dem ge¬ 
samten Paramentenschatz, den Antipendien, den Chor¬ 
mänteln, den Dalmatiken und den älteren Teilen der 
Casula einen engen Werkstattzusammenhang zu er¬ 
kennen, und zwar sucht er diese Werkstatt nicht in der 
Genter Schule der Eyck, sondern in jener „stärker am 
Manierismus der französischen Spätgotik“ hängenden 
Richtung, die durch Campin, Daret und Rogier van der 
Weyden bezeichnet wird. Wie weit der Verfasser 
darin Recht hat, müssen weitere Forschungsergebnisse, 
die nun hoffentlich nicht zu lange auf sich warten lassen, 
zeigen. Jedenfalls ist der Hauptmeister der Paramente, 
der Meister der Chormäntel, eine in der Entwicklung 
der niederländischen Kunst hochwichtige Erscheinung, 
der künftig neben den bisher bekannten ersten Namen 
genannt werden muß. M. E. 

Klassiker der Kunst, Band XX: Hans Holbein d. J. 
Des Meisters Gemälde in 252 Abbildungen. Heraus¬ 
gegeben von Paul Ganz. Deutsche Verlagsanstalt, 
Stuttgart, 1912. 

Der Verfasser befindet sich als Konservator der 
öffentlichen Kunstsammlung zu Basel seinem Stoffe 
gegenüber in der glücklichen Lage, an der Quelle zu 
sitzen. Seine Publikationen der Handzeichnungen 
Holbeins und der Amerbachschen Inventare haben 
ihm als Holbeinspezialisten Achtung erworben. Das 
neue Werk zeichnet sich wiederum als eine vortreff¬ 
liche Arbeit exakter Forschung aus. Mit einer seltenen 


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Klarheit und Übersichtlichkeit ist Holbeins künst¬ 
lerischer Werdegang entwickelt. Besonders wichtig 
sind die Hinweise auf die oberitalienischen Einflüsse, 
die ja zum Teil bisher bekannt, aber noch nicht in 
dem Maße wie hier, grundlegend durchforscht wurden. 
Neben den Beziehungen zu Mantegna, Bramante und 
Leonardo da Vinci interessieren namentlich jene zu 
Luini und Gaudenzio Ferrari. Ganz gelangt zu dem 
Resultat, daß Holbein mit diesen beiden letzten Meistern 
in persönliche Berührung getreten sein müsse und zwar 
wahrscheinlich im Jahre 1518 in Como, wo beide im 
Dom arbeiteten. Beider Altarwerke daselbst, ebenso 
wie der dekorative Skulpturenschmuck der Domportale, 
das Werk der aus der Bramanteschule stammenden 
Brüder Rodari, wurden für Holbeins Stilentwickelung 
vorbildlich. (Man möchte in diesem Zusammenhang 
übrigens die Frage aufwerfen, ob der Lissaboner 
„Lebensbrunnen“, den Ganz wohl in Hinsicht auf eine 
gewisse Altertümlichkeit der Figuren dem älteren Hol- 
bein gibt, nicht doch dem jüngeren näher gerückt 
werden muß. Die Verwandtschaft der Architektur¬ 
einzelheiten mit architektonischen Motiven des Corner 
Domes, worauf schon Seemann [Z. f. b. K. XIV, 199] 
hinwies, überhaupt das stark italienische Gepräge — 
die Bordonefigur links des Thrones — führt uns von 
Holbein dem älteren weg.) Ferraris Einwirkung weist 
der Verfasser feinsinnig auch in der Madonna von 
Solothurn nach. Wieviel ungelöste Fragen im übrigen 
noch Holbein und seinen Kreis umschweben, beweist 
der „Anhang“ der zweifelhaften Gemälde. Es ist merk¬ 
würdig, daß über die neben Dürer populärste Gestalt 
der altdeutschen Kunst die Forschung eigentlich noch 
in recht vielem im Dunkeln geht. So steht zum Bei¬ 
spiel das Kapitel über Holbein als Miniator noch ganz 
im Bereich des Fragezeichens, obgleich der Meister 
allgemein traditionell als der Begründer der englischen 
Bildnisminiatur bezeichnet wird. Die Abbildungen, 
unter denen sich erfreulicherweise auch die zahlreichen 
untergegangenen Wandgemälde, zusammengestellt 
nach Originalentwürfen und Kopien, befinden, sind 
sehr gediegen. Der Band bildet für die in der letzten 
Zeit etwas eingerostete Holbeinforschung eine wert¬ 
volle Aufmunterung und für das kunstliebende Publi¬ 
kum eine ausgezeichnete Einführung in das Schaffen 
eines unsrer Größten. M. E. 


Georg Hecht, Der neue Jude. Leipzig 1911, Gustav 
Engel Verlag. 

Es war eine ungewollte Folge des Antisimetismus, 
daß ein Teil der Juden von der bisherigen Forderung, 
als Staatsbürger Gleichberechtigung mit den Anders¬ 
gläubigen zu erlangen, überging zu der Einsicht, die 
Juden seien eine geschlossene, den Ariern mindestens 
gleichwertige Rasse, und diese selbständige Rasse 
müsse eine eigene geschlossene Kultur und soziale 
Organisation erhalten. So wandelte sich die Juden¬ 
frage für die Juden selbst von der Abwehr- und Gleich¬ 
berechtigungsbestrebung zum Zionismus. Der Zionis¬ 
mus betonte nicht die jüdische Religion, sondern die 
jüdische Rasse, er setzte an Stelle der Kompromisse 
ein Entweder-Oder. Nach Herzls Tode zerfiel der 


Ziqnismus in Gruppen und Grüppchen und lähmte 
durch seine Zersplitterung die Kraft und Wirkungs¬ 
fähigkeit seines Grundgedankens. Die Gruppen schei¬ 
den sich nicht scharf von einander, aber man kann 
sagen, ein Teil der Zionisten hebt die praktische Frage 
der Wanderung nach Palästina hervor, während bei 
dem anderen Teil der Zionismus im wesentlichen eine 
Kulturfrage ist; er fordert eine einheitliche Kultur und 
eine internationale Organisation. Georg Hecht be¬ 
müht sich, zu vermitteln, doch neigt er mehr zu den 
Kulturzionisten. — Es ist hier nicht der Ort, für oder 
gegen die Tendenz des Werkes Stellung zu nehmen, 
sondern es ist zu fragen, ob das Buch die Erfüllung 
dessen ist, was der Autor wollte, und was der Leser 
erwartet. Hechts Buch will eine Grundlegung des 
neuen Judentums sein. Es ist als ein Versuch zu be¬ 
achten; daß es aber nur ein Versuch ist, eine An¬ 
deutung, eine dünne Zeichnung an Stelle eines kräf¬ 
tigen Umrisses, ist wohl auch dem jugendlichen Ver¬ 
fasser klar. Das Buch ist nicht einheitlich, nicht straff 
genug im Aufbau, Darlegung und Auffassung. Zuviel 
Angelesenes, Unwesentliches springt zwischen den sach¬ 
lichen Ausführungen umher. Es entstand eine Reihe 
Essays, statt daß diese Vorstudien zu einem zusammen¬ 
hängenden System verarbeitet worden wären. Wenn 
das Buch aber nur als Essaysammlung hatte gelten 
wollen, so durfte es nicht so hohe Ansprüche machen, 
so starke Forderungen erheben. Man wird sich freuen 
über die ehrliche Begeisterung Hechts für die zioni¬ 
stischen Ideen, man wird sich wundern über die Selbst¬ 
verständlichkeit, mit der er sagt: „Wir halten es für 
das Natürlichste in der Welt, die Judenfrage mit dem 
Zionismus zu beantworten." Aber das dünne Buch 
will zu viel g£ben; es gewährt ofe nur künstlich po¬ 
lierte Oberfläche, statt Tiefen, Kanten, Ausblicke. Die 
Tatsachen sind nicht genügend und zusammenhängend 
aufgezeigt, und die Folgerungen sind nicht scharf und 
eindringlich genug gezogen. Daher überzeugt das 
Buch nicht recht. Und wie es zumeist in zionistischen 
Schriften geschieht, die Theorie, die Reflexion erdrückt 
stets die praktischen Vorschläge, und es wird zu wenig 
erklärt, wie die „neue soziale Strukturierung derjuden- 
heit“, „die Regeneration, der Aufbau, die Erneuerung 
der jüdischen Gesamtheit“ vor sich gehen kann. P-s. 


Hanns Heinz Ewers, Alraune, die Geschichte eines 
lebenden Wesens. Georg Müller Verlag, München. 

Dies Buch wurde erzeugt aus zwei drängenden An¬ 
trieben. Ewers muß seine Phantasie spielen lassen, 
ungeheuerliche Geschehnisse muß er ersinnen, bum 
und eindringlich darstellen, kühn verknüpfen und alle 
Erscheinungen des Lebens ausnutzen, ins Groteske 
verzerren, ins Grausige, Quälende umgießen. Das 
Sonderbare, das ein Symbolisches, Unaussprechliches 
birgt, und die Wirkung ungekannter Mächte und 
Zusammhänge in phantastischen Offenbarungen will er 
gestalten. Zweitens aber weiß Ewers, daß seine Art 
heute beim Publikum „zieht“, er weiß allzu sicher, 
daß die Leser von ihm gerade das Phantastische, 
Grausige, Ungeheuerliche erwarten, daß er zu den 


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interessanten Autoren (in doppeltem Sinne) zählt Und 
so treibt er Wucher mit seiner Begabung, wird auf¬ 
dringlich, er wird Spezialist. Man hört aus den Seiten 
des Buches heraus, was der Autor sicherlich, als er es 
schrieb, still bei sich gedacht hat: So wollt Ihr es 
haben, so sollt Ihr es haben; seht einmal, wie inter¬ 
essante Dinge ich mir ausdenke; sicherlich wird dies 
einschlagen und davon wird man sprechen. — Und 
so ist dies Buch eins der ungeheuerlichsten, mon¬ 
strösesten Werke geworden, welche die deutsche Lite¬ 
ratur überhaupt aufzuweisen hat Es kommt kein an¬ 
ständiger Charakter in dem Werke „Alraune“ vor. 
Prächtige Ausgeburten der Hölle, der Unzucht, der 
Verzweiflung, der Nichtswürdigkeit, Unverschämtheit 
und Bosheit treiben in wildem Wirbel ihr Wesen. 
Dies Buch ist „schweinicht" in einem höheren Sinne. 
Und doch ist zu bewundern, wie sicher und atemlos 
die Erzählung dahinstürmt, wie die Erfindung — wenn 
sie auch oft gewaltsam ist — nie aussetzt, wie kol¬ 
portagehaft selbstverständlich, knapp, aufregend und 
rasch wechselnd die unerhörten Situationen dargestellt 
sind. Sicher und in grader Linie wird der Grund¬ 
gedanke durchgeführt: die schrecklichen, halb un¬ 
bewußten Wirkungen des Wesens Alraune zu schildern, 
das erzeugt ward aus dem Samen, den ein Mörder 
verlor, als er hingerichtet wurde, und aus dem Schoße 
einer unersättlichen Dime. Aus Verbrechen und Fri¬ 
volität wurde Alraune gezeugt, Verderben und Grauen 
stiftend geht sie durchs Leben und findet ihren Unter¬ 
gang im Liebeskampf mit dem, der sie ersann. 

K. P. 


Sassa yo yassa, Japanische Tänze. Text von 
Bernhard Keller mann. Lichtdrucke tmd Ätzungen 
nach Studien von Karl Walser . Berlin, Paul Cassirer 
Verlag. 

Bernhard Kellcrmann, den Liebe zum Volk der 
Japaner und ein Vorschlag des Verlegers nach Japan 
trieb, hat mit einfachen Worten voll Zartheit und An¬ 
mut aufgezeichnet, was er von japanischen Tänzen 
gesehen und erfahren hat. Er sagt, die Teehäuser 
und die lieblichen Tänzerinnen hätten ihn in so starker 
Weise angezogen, daß er sich vomahm, ,;ein Spezialist 
in Teehäusern und Tänzerinnen zu werden, möge es 
kosten, was es wolle“. Er habe sich auf Jahre hinaus 
finanziell vollkommen ruiniert, aber er mußte „dieses 
Schweben der schlanken Mädchen sehen, dieses Vi¬ 
brieren des Fächers, er mußte die Trommel hören 
und die kleinen drolligen Schreie der Tänzerinnen.“ 
Er wohnte in dem sauberen, zierlichen Gasthaus der 
kleinen Stadt, saß die Nächte mit seinem Wirt und 
dessen Großvater in den Teehäusem und beschaute die 
schwebenden Bewegungen der Tänzerinnen und das 
gesittete, höfliche, schwirrende Treiben der Einwohner 
und Besucher dieser Häuschen. Es trieb ihn, diese 
Tänze ganz und gar zu erforschen, er lud eine blinde 
Tanzlehrerin und einige Tänzerinnen in sein Gasthaus 
und ließ sich genau all die Balladen und Romane 
erzählen, aus denen das Volk der Impressionisten 
irgendeinen Moment herausgehoben hat, der durch 
die andeutenden Bewegungen des Tanzes dann ver¬ 


sinnbildlicht wird. Es sind also all diese 200 Tänze, 
die sich durch Generationen fortgeerbt haben, nicht 
zu verstehen ohne diese erläuternden Erzählungen, 
und doch erfaßt dieses Volk von Tänzern die feinen 
Gesten der Tänzerinnen, erlauscht aus der zitternden Be¬ 
wegung des Fächers, aus einer seltsamen Neigung 
des tanzenden Mädchens erschütternde und beseeli- 
gende Ereignisse. Wie die Ideogramme der japa¬ 
nischen Schrift sind diese Tänze erfüllt von Rätseln 
und Verschlingungen, die den Kenner in Entzückung 
versetzen. Und es ist für uns Europäer ein fast un¬ 
vorstellbarer Gedanke, daß ein ganzes Volk aus solchen 
Kenpem besteht, welche die Geheimnisse von Licht, 
Farben und bewegte Linie von Grund auf erkannt 
haben; denn dies Volk ist durch eine Kultur von 
Maß, Sitte und Harmonie durch Jahrhunderte einheit¬ 
lich geformt und gebildet wie kein anderes der 
Welt Kellermanns Aufzeichnungen bestätigen vieles, 
was wir bereits von der Kultur der Japaner wissen, 
sie erzählen manches Neue über den Inhalt und die 
Art dieser Tänze, welche man als den Höhepunkt des 
Impressionismus bezeichnen kann, in einer leichten, 
impressionistischen Art der Schilderung, die eindring¬ 
lich ist, ohne aufdringlich zu sein. Wenn Kellermanns 
Berichte der Wahrheit entsprechen, so kann man nicht 
glauben, daß die alte japanische Kultur schon so sehr 
von den Europäern aus Japan vertrieben sei, wie uns 
einige neuere Besucher des Landes glauben machen 
wollen. Und wir erkennen wieder mit Bewunderung 
dies uns oft geschilderte Volk, welches in den letzten 
20 Jahren ganz Europa liebgewonnen hat 

Das auf gutes Papier sorgfältig gedruckte Buch 
ist in ein buntbeblümtes Papier gebunden, zu dem der 
dunkelbraune Lederrücken ein wenig hart absticht 
Eine große Anzahl von Zeichnungen Karl Walsers ist 
dem Buche beigegeben, welche die Bewegungen ja¬ 
panischer Tänzerinnen mit Anmut und meistens mit 
großer Sicherheit wiedergeben, so daß wir bewundern, 
wie sich der Künstler in die Kultur des fremden 
Volkes eingefühlt hat. K. P. 

Hermann Levy, Die stille Frau. Verlag Bruno 
Cassirer, Berlin. 

Dies überaus schön gedruckte Heft von 32 Seiten 
ist ein merkwürdiges Werk. Der Dichter, der schon 
in dem Gedichtband „Orchideen“ zeigte, daß er eigenes 
inneres Erleben in eigene Form zu gestalten sich 
bemüht, versucht hier ein großes seelisches Abenteuer, 
einen Romanstoff in ein lyrisches Epos umzugießen. 
Auf ihm lastet fraglos der Einfluß von Dehmels „Zwei 
Menschen“: die Einteilung in zwei Zyklen zu je zehn 
lyrischen Romanzen, die oft dialogische Ausdrucksform, 
Verbindung des Landschaftlichen mit dem Seelischen 
sowie gewisse Wortbildungen zeigen dies deutlich. 
Übrigens wirken die allzu vielen Neuwortformungen — 
wie wild werde froh, Fragebeben, Klangvemehmensollen, 
Mondesrätselwacht — bisweilen störend und aufdring¬ 
lich. Levy ist zarter nnd stiller, oft auch knapper als 
DehmeL Das Problem der stillen Frau ist dasselbe 
wie in Dehmels „Zwei Menschen“, aber der andern 
Grundstimmung Levys entspricht die Losung. Der 


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Mann, der in der Ehe mit der stillen, selbstverständ¬ 
lich-ergebenen Frau kein Genüge fand, erlebt in 
schöner Seelandschaft ein kurzes Seelenglück im Zu¬ 
sammenleben mir der frischen, lebensvollen Frau eines 
anderen Mannes. Aber nicht in lustfrohem Sich- 
geniessen, in dauernder Hingabe führen die beiden 
verbunden ihr Dasein weiter, sondern sie fühlen sich 
schuldig; sie haben zuviel Kultur in sich, um ihre alten 
Lebenskreise zu zerstören, sie sehnen sich nach Ruhe; 
die Frau geht wieder zu dem ruhigen älteren Mann, 
und der Suchende hat durch seine kurze Leidenschaft 
Erlösung von der alten Schuld gefunden und kehrt 
liebend und beruhigt zu seiner stillen Frau zurück. 
Er hatte schon früher geahnt: „Wenn du sie läßt, 
wirst du sie wiederfinden.'* — In 20 Gedichten rollt 
sich dieser Roman ab als Ich-Erzählung. Handlung 
wird wenig gegeben; aus Dialog, Selbstbetrachtungen 
und Naturdarstellung setzt sich das Werk zusammen. 
Nicht plastisch und -klar formt sich das Geschehen, 
sondern aus den Impressionen dieser Darstellungs¬ 
elemente muß sich im Leser die Entwicklung selbst 
gestalten. Wie in den „Orchideen" findet sich noch 
manches Herkömmliche im Ausdruck; die freien 
Streckverse sind bisweilen schwerfällig und gezwungen. 
Aber eine Stille, eine seelische Vertiefung, eine 
schwebende Schwere geben dem Werke eine Einheit¬ 
lichkeit, die es beachtenswert erscheinen läßt -th.- 


Carl Hauptmann , Nächte. Emst Rowohlt Verlag 
in Leipzig 1912. 

Der einsame Rübezahl des schlesischen Erzgebirges, 
der vielgelobte und wenig gelesene Seelensucher, bie¬ 
tet in diesem Werk drei Erzählungen dar. Herb, 
hart in gedrungenen Sätzen wird hier erzählt, aber 
ein Feuer wühlt in den Gründen dieser Geschichten. 
Zwei tragische Schicksale rollen sich ab, und eins, das 
zur Erlösung führt. Die beiden in ländlicher Umgebung 
lebenden Helden der Geschichten „Claus Tienappel" 
und „Ein Später Derer van Dom" werden, als durch 
eine Liebesleidenschaft ihre Lebensfreude, ihr Ge¬ 
nießenwollen erweckt ist, zu elendem Untergang ge¬ 
führt. Umgewühlt wird das Gemüt des starken Forst¬ 
mannes durch die Treulosigkeit der leichtsinnigen Ge¬ 
liebten ebenso wie die Seele des jungen Pfarrers aus 
adligem Geschlecht, der, halb Asket, halb Ritter, trotz 
alles Sträubens die Liebe zu einer Dame von Weilt 
in seinem einsamen Fischerdorf in sich aufblühen 
fühlt, und in dem dann, als er seine Unterlegenheit 
in der Großstadt fühlt, alle Instinkte des verkommenen 
Raubrittertums ausbrechen und zur Tat werden, sodaß 
er später büßend zu Tode siecht Am bedeutendsten, nicht 
in der Technik — sondern durch die Wahl des Prob¬ 
lems und durch die Lösung erscheint die umfang¬ 
reichste Erzählung „Franz Popjels Jugend". Haupt¬ 
mann hat hier ^versucht ein Motiv zu formen, das zu 
den ungestaltbarsten gehört, weil es ganz imUnterbewuß- 
ten der menschlichen Seele gegründet ist Ein Sohn 
aus gutem Haus, von guten Menschen umgeben, sucht 
eine Form für sein Leben, aber da jeder fremde Zwang, 
jeder eigene Wille hinwegfällt, gewinnt das Unter¬ 


bewußte seiner Seele in ihm die Macht; halb Deka¬ 
denz-Kulturgeschöpf, halb Verbrecher taumelt er seiner 
selbst kaum bewußt durchs Dasein. Der schon fast 
dem Untergang Verfallene wird aber auf magische 
Weise gerettet Je näher die Mutter dem Tode 
kommt, um so gereinigter wird seine Seele, und als 
die Mutter stirbt ist er erlöst und zum klar bewußten 
Menschen geworden. Hart suchend und spröde ge¬ 
staltend hebt Hauptmann hier Stück für Stück Vor¬ 
stellungen und Taten aus einem verwirrten Leben 
heraus, und die Geschichte eines Krankseins wird die 
Geschichte einer Erlösung. — In allen drei Geschich¬ 
ten herrscht die Technik der graden Linie. Die mit 
schweren Worten dicht gefüllten Sätze stehen herb 
nebeneinander, und die Phantasie des Lesers wird 
reich dam itbeschäftigt, diese seelischen Impressionen 
und scharf gefühlten Vorgänge zu einen. -in- 


Wilhelm Schäfer ; Karl Stauffers Lebensgang. Eine 
Chronik der Leidenschaft. 1912, München und Leipzig 
bei Georg Müller. 

Diese Dichtung eines verwirrten und verfallenen 
Lebens hat auf mich erschütternder gewirkt als alle 
Romane, die ich in einem Jahre las. Man könnte 
sagen, dies Buch wirke so stark, weil es das wirkliche 
Leben eines wirklichen Künstlers enthält, dessen Schick¬ 
sal von allen Menschen, welche die Kunst lieben, 
immer wieder besprochen wird; weil Menschen darin 
auftreten, die noch unter uns wandeln, und weil Werke 
und Kämpfe geschildert sind, die wir alle kennen. 
Aber man versuche es, alle Namen durch gleichgültige, 
unbekannte zu ersetzen, man vergesse das wirkliche 
Geschehnis, sondern denke, diese Fabel sei vom Autor 
erfunden — und das Werk wird nichts von seiner Kraft, 
Einheitlichkeit, Folgerichtigkeit und Wirkung verlieren. 
Dies beweist, daß das Buch ein Kunstwerk ist. — 
Schäfer hat sich dadurch einen Namen gemacht, daß 
er allgemein bekannte Stoffe in straffer, künstlerischer 
Form neu erzählte. Dies Buch ist nach Inhalt und 
Form sein bedeutendstes Werk in dieser Art. Das 
Werk ist eine fingierte Selbstbiographie: man soll 
glauben, der Maler Stauffer-Bem habe vor seinem 
Selbstmord sein mißlungenes Leben aufgezeichnet, und 
diese Aufzeichnungen würden hier veröffentlicht Stauffer 
war ein Schweizer; Schäfer hat viel von Gottfried 
Keller gelernt; und so ist diese Chronik der "Leiden¬ 
schaft in einem breiten, kräftigen, farbigen Stil von 
plastischster Anschaulichkeit geschrieben. Zahlreiche 
Dokumente, die Berichte vieler noch lebender Personen 
standen Schäfer zur Verfügung, das Schönste aber und 
Kunstvollste hat er selbst hinzugefügt: die Aus¬ 
schmückung der Einzelheiten, das Zusammenfassen der 
einzelnen Erlebnisse durch die gewaltige Nach- 
Erdichtung eines schweren, schicksalsbelasteten Lebens, 
das fast zum Symbol wird. Und es ersteht die mächtige, 
eindringliche Gestalt eines Menschen, eines Künstlers, 
der so der Legende angehören wird, wie ihn hier 
Schäfer darstellt, wenn auch diese Schilderung ebenso 
wenig wie die Biographie Stauffers von Otto Brahm 
völlig den Tatsachen entspricht. Der Mensch, der hier 


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geschildert wird, weiß, daß er von den ersten Jahren 
seines Lebens an in Schuld verstrickt ist, daß eine 
Hand über ihn waltet, die ihn ins Verderben treibt. 
Aus Not und Verwahrlosung steigt er herauf und wird 
durch Wahn und Vergehen hinabgeschleudert in eine 
Tiefe, aus der es in unserer Gesellschaft keine Wieder¬ 
kunft mehr gibt. Doppelte Leidenschaft durchwühlt 
ihn: Leidenschaft zu seiner Kunst und Leidenschaft 
zum Leben. Die Grenzen seiner Begabung kennend 
ringt er auf jedem Gebiet der bildenden Kunst um 
Vollendung; kaum beherrscht er eine Kunst, läßt er sie 
außer acht und greift nach der nächsten. Man kann 
nicht sagen, ob er dereinst die Kunst bezwungen hätte, 
vielleicht hätte seine Leidenschaft ihm den Sieg ge¬ 
bracht. Aber die andere Leidenschaft zum Leben 
schlug ihn nieder: größenwahnsinnige Pläne, Liebe zu 
einer verheirateten Frau und Machtstreben ließen ihn 
handeln, daß man einen Verbrecher in ihm sah. Und 
in Not und Verwahrlosung schloß dies Leben, wie es 
begonnen hatte. — Schäfer hat die Fragmente dieses 
wirren Schicksals zu einem Kunstwerke ausgearbeitet; 
es ist nicht möglich, hier über Einzelheiten zu reden, 
aber ich glaube, dies Buch ist als ein Epos unserer 
Zeit anzusehen, als ein Epos, in dem wirkliches Ge¬ 
schehen und dichterische Kraft ein Kunstwerk gebildet 
haben, wie in den Epen aller anderen Zeiten. P-s. 


Der lose Vogel nennt sich eine seltsame Monats¬ 
schrift, deren erste Nummer im Demeter-Verlag, Leip¬ 
zig, erschien, ohne daß in dem 40 Seiten enthaltenden 
Heft der Name eines Herausgebers oder irgendeines 
Verfassers zu finden gewesen wäre. Wer aber den 
Herausgeber und seine Schriften kennt — es ist Franz 
Blei —, und wer die anonyme Ankündigung, welche 
dem ersten Hefte beiliegt, gelesen hat, erkennt sofort 
das Bestreben dieser neuen Zeitschrift gegen unsere 
Zeit. ,,Der lose Vogel“ soll sich gegen den Fortschritt, 
gegen die „in leere Phrasen verblasene allgemeine 
Aufregung revolutionärer Konventikel“, gegen das Un¬ 
wahre, oberflächlich Gebildete, gegen die Kunst¬ 
popularisierung wenden und für eine Kultur kämpfen, 
welche sich aus der Tradition entwickelt und den 
Menschen selbst ab höchsten Wert besitzt. An dieser 
Zeitschrift „sollen später Geschlechter erkennen, daß 
der Zeitlauf, über den sie richten, auch seinen Gegen¬ 
lauf hatte, dem, wenn auch der Erfolg, so doch der 
ehrliche und stolze Mut nicht fehlte“. Allerdings 
spricht „Der lose Vogel“ weniger gegen seine Gegner 
als für seine eigenen Meinungen und Absichten. Da¬ 
mit nicht das Interesse der Leser auf die Autoren ab¬ 
gelenkt werde, sondern nur bei der Sache verharre, 
sind sämtliche Beiträge anonym erschienen. — Für 
Bibliophilen ist „Der lose Vogel“ besonders zu be¬ 
achten, denn er ist sehr schön gedruckt. Den Umschlag 
eines jeden Heftes ziert ein phantastischer Rokoko- 
Vogel von E. R. Weiß. Ohne jeden Schmuck und ohne 
Typenabwechslung ist die Zeitschrift gleichmäßig fort¬ 
laufend in Antiqua gedruckt. Selbst die Überschriften 
sind nicht fetter gedruckt, sondern nur um einen Grad 
größer als die übrigen Typen und von zwei dünnen 


Linien eingerahmt. Die sonderbare typographische 
Anordnung verbreitet eine edle Ruhe; wenn auch der 
Fluß des Dargebotenen ein wenig eintönig dahinrinnt 
Es sollen hier nicht die einzelnen Beiträge selbst kriti¬ 
siert werden, sondern es war nur auf die Absicht und 
die Form dieser neuen Zeitschrift hinzuweisen. Man 
sollte dem „losen Vogel“ wünschen, daß er noch ein 
wenig bunter werden und ein recht langes Leben haben 
möchte. -th- 


Dr. Emst Bergmann: Die Begründung der deut¬ 
schen Ästhetik durch Alex. Gottlieb Baumgarten und 
Georg Friedrich Meyer. Mit einem Anhang: G. F. 
Meyers ungedruckte Briefe. Leipzig 1911, Verlag von 
Röder & Schunke. 

Man hat sich im allgemeinen mit der Geschichte 
der Ästhetik weniger beschäftigt als mit der Geschichte 
der übrigen philosophischen Disziplinen, und besonders 
die Entwicklung der deutschen Ästhetik vor Lessing 
ist noch stark in Dunkel gehüllt Ernst Bergmann hat 
mit Erfolg versucht, dies Dunkel zu erhellen, indem er 
die Anfänge der deutschen Ästhetik überhaupt, das 
heißt von „der Erkenntnis der Notwendigkeit einer 
philosophischen Fundierung der Poetik“ an, darlegt. 
Die Grundlage der deutschen Ästhetik ist von Baum¬ 
garten und von dem, der dessen Grundideen weiter 
ausbeutete und verbreitete (Baumgarten hat seine 
Ästhetik überhaupt nicht vollendet): von dem allzu¬ 
sehr vergessenen, in Halle a. S. lebenden Philosophen 
Georg Friedrich Meyer(i7i8—1777) geschaffen worden. 
Meyer war um die Mitte des XVIII. Jahrhunderts eine 
einflußreiche und bekannte Persönlichkeit, er entfaltete 
eine reiche Tätigkeit und verfaßte etwa 65 Publi¬ 
kationen. Die ästhetischen Schriften Meyers fallen 
fast sämtlich in die Jahre 1741—50. Als die Höhe¬ 
punkte seines Schaffens müssen seine Hauptschrift 
„Anfangsgründe aller schönen Wissenschaften“ 1750 
und sein energisches und begeistertes Eintreten für 
Klopstock gelten. Bergmanns Untersuchung sind zu¬ 
grunde gelegt die Schriften und Vorreden Meyers, die 
anonym erschienenen Abhandlungen und 28 bisher unge¬ 
druckte Briefe Meyers, die dankenswerterweise in 
einem Anhang abgedruckt werden. Diese Briefe sind 
fast alle an Bodmer und Gleim gerichtet und bilden 
ein bedeutsames, lebendiges Dokument für den Kampf 
der Schweizer gegen Gottsched und für die Aufblüte 
der deutschen Poesie um 1750. Bergmann gibt eine 
gründliche wissenschaftliche Darlegung der ästhetischen 
Hauptwerke Meyers, und ist stets bemüht, dessen 
Stellung in den künstlerischen und wissenschaftlichen 
Ereignissen seiner Epoche zu zeigen. Die Begründung 
der deutschen Ästhetik fällt zusammen mit dem Kampf 
gegen Gottsched; und dieser Kampf wurde seit 1741, 
einem Jahr nach dem Erscheinen der Hauptwerke 
der Schweizer, in Deutschland zunächst allein von 
Meyer geführt. Meyers erstes bedeutenderes Jugend¬ 
werk „Gedanken von Scherzen“ lenkte zuerst die Ä u ^ 
merksamkeit der Schweizer auf den Hallenser Philo¬ 
sophen, und seitdem blieb er der Verbündete der 
Schweizer und ihrer Anhänger. Seine zweite wichtigere 
Schrift, die „Abbildung eines Kunstrichters“, ent* 


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7 * 


hält die bei Baumgarten fehlende Geschmackslehre 
der Wölfischen Schule. Mit dem Jahre 1845, gerade 
als die erste Periode des großen Literaturstreites ihr 
Ende erreicht hatte, beginnt der eigentliche Krieg 
zwischen Gottsched und Meyer, der in der Literatur¬ 
forschung viel zu wenig beachtet worden ist. Meyer 
war befreundet mit Lange und schrieb zu dessen 
„Horazischen Oden“ die einflußreiche Vorrede „Vom 
Werte der Reime“, in der sich Meyer als der konse¬ 
quenteste Gegner des Reimes erzeigt. Seit 1746 be¬ 
ginnt in sechs Stücken die „Beurteilung der Gott- 
schedischen Dichtkunst“ zu erscheinen, seine Ab¬ 
rechnung mit Gottscheds Poetik. Eine Flut von Sonder¬ 
broschüren und Kritiken rief seine „Beurteilung des 
Heldengedichts der Messias“ hervor, da er in ihr als 
erster vor den Deutschen Klopstocks Werk begeistert 
pries. Unter den Gegnern Meyers befand sich damals 
auch Lessing, aber Meyer schwieg auf seine Angriffe 
und trat, ohne sich zu wehren, die Führung in der 
deutschen Ästhetik an den Größeren ab. -in* 


Elisabeth und ihr deutscher Garten, Verlag von 
Julius Zeitler, Leipzig 1911. 

Dies anonyme Buch einer aus England stammen¬ 
den Aristokratin über das Landleben in einem nord¬ 
deutschen Schloß, das von einem großen verwilderten 
Garten umgeben ist, erschien vor vierzehn Jahren in 
englischer Sprache und wurde eins der beliebtesten 
Bücher der neueren englischen Literatur. Die gute 
Übersetzung von Hedwig Deneke • W’ächter läßt 
vergessen, daß das Werk ursprünglich ein eng¬ 
lisches ist. Aber wer dies vortrefflich gedruckte 
Buch nicht nur ruhig genießend, sondern ein wenig 
psychologisch reflektierend liest, wird doch empfinden, 
daß es nur von einer englischen Dame geschrieben 
sein kann. Denn eine Deutsche hätte dies Thema 
nicht so ohne jede Sentimentalität und ohne reflektierende 
Bemerkungen schreiben können. Es ist keine Hand¬ 
lung darin: ruhig, kühl, überlegen, selbstverständ¬ 
lich schreibt eine Dame von ausgezeichneter Er¬ 
ziehung tagebuchartig auf, wie sie in ihrem einsamen 
Landschloß lebt mit dem „Mann des Zornes“, mit den 
Kindern und den Besuchern. Vor allem aber sagt sie, 
wie sie ihren Garten liebt und pflegt; denn dieser 
Garten erfüllt ihre klare Seele mehr als die Menschen. 
Mit Kühle, Distanz und Ironie spricht sie von allen, 
die in den Kreis ihres Daseins treten und erwärmt 
oder ereifert sich über den Gatten und die Kinder 
ebensowenig wie über den Gärtner oder die Gou¬ 
vernante. Alles Menschliche ist für sie selbstver¬ 
ständlich, und ein faux pas ist für sie ebenso un¬ 
möglich wie eine Emotion über menschliche Dinge. 
Sobald sie aber von ihrem Garten, von den Blumen, 
vom Leben in der freien Natur spricht, bricht aus ihren 
einfachen Worten ein Blühen und Strahlen hervor. All 
ihre Sinnlichkeit, ihre Liebe zum Leben und zu Erleb¬ 
nissen hat sich umgewandelt in das eine Gefühl: die 
Freude am selbstverständlichen heiteren Leben in der 
einsamen, freien Natur. Man wird ganz ruhig, wenn 
man dies Buch liest, in dem kein lauter Ton die klare 


Stille unterbricht, und man hat etwa das Gefühl, als gehe 
man durch einen klaren Wintermorgen oder empfände 
den feuchten, frischen Geruch eines Frühlingstages. 

K. P. 

Henryk Sienkiewicz, „Lebenswirbel". Roman* 
Autorisierte Übersetzung von M. Norbert. Kempten 
und München 1911. Verlag der Jos. Köselschen 
Buchhandlung. 

Dieses Werk ist zu den schwächeren Unter¬ 
haltungs-Romanen des erfolgreichen Polen zu rechnen. 
Ein dicker Band Lektüre, in dem nichts eigent¬ 
lich gestaltet ist, nichts plastisch hervortritt; ein Buch, 
das breit und schwerfällig einsetzt, immer flacher 
dahinfließt und schließlich versandet, wiewohl die vielen 
Fäden der Handlung noch lange Zeit hätten ver¬ 
knüpft und verwirrt werden können. Auf das Detail 
ist nirgends Sorgfalt verwendet, und das, was Ersatz da¬ 
für hätte bieten können: die starken, klaren Linien, die 
schöne Komposition, Herausarbeiten der Probleme— all 
das ist nicht zu finden. — Es ist leicht zu ersehen, was 
Sienkiewicz gewollt hat Er wollte das arme ver¬ 
wirrte Polen zeigen, das durch die sozialistische Be¬ 
wegung in Unruhe gebracht ist, dessen Adel, durch 
innere Konflikte und die äußeren Feinde geschwächt, 
die Führung des Volkes nicht mehr aufrecht erhalten 
kann. Aber das eigentlich Romanhafte erdrückt 
immer wieder die großen Absichten, und konventio¬ 
nelle Szenen in der Art der Familienblatt-Romane 
machen das Buch für anspruchsvollere Leser oft zu 
einer qualvollen Lektüre. Die Probleme werden eigent¬ 
lich nur gesprächsweise abgehandelt, die Masse der So¬ 
zialisten und des Volkes bleibt schattenhaft im Hinter¬ 
gründe, die Adligen sind Menschen ohne Kraft, Willen 
und Leidenschaft Auch am seelischen Problem, am 
„Roman-Sujet“, ist Sienkiewicz gescheitert, nicht nur 
weil dies Motiv gesucht, krampfhaft, romanmäßig ist, 
sondern weil die beiden Charaktere zu blaß, mensch¬ 
lich gleichgültig und kraftlos sind. Ein junger Aristokrat, 
der einst in einer dunklen Scheune ein armes Mädchen 
verführt hat, liebt eine aus England kommende, 
schöne und edle Dame. Er verehrt sie wie ein über¬ 
irdisches Wesen und ist glückselig, als seine Liebe 
erhört wird. Grade in dem Augenblick aber, als er 
seine Liebe gesteht, erfahrt er, daß diese Dame das 
dereinst verführte Mädchen ist. Dennoch will er sie 
ehelichen, aber der überirdische Schimmer ist hinweg. 
Das Gefühl, sich schon einmal in ganz anderen Um¬ 
ständen angehört zu haben, quält die beiden; und 
schließlich läßt sich der Held hinreißen, die Dame 
abermals verführen zu wollen. Nach diesem Aus¬ 
bruch der Leidenschaft verzichtet das einst arme, 
frohsinnliche, nunmehr vornehme und edle Mädchen 
für immer; schnell werden die zahlreichen Neben¬ 
handlungen durch einen Mord und andere plötzliche 
Ereignisse zu Ende geführt, und so nimmt der Roman, 
der sich den großen Vorwurf gewählt hatte, zu zeigen, 
wie die Menschen durch seelische Kämpfe und durch 
die Wirren einer Zeit umhergewirbelt, glücklich und 
unglücklich gemacht werden, ein schnelles und un¬ 
rühmliches Ende. K. P. 


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Ncn erschienene nnd angekündigte Bücher. 


Was sollen unsere Jungen lesen? Ein Ratgeber 
für Eltern, Lehrer und Buchhändler. Herausgegeben 
von Professor Dr. Fritz Johannesson. Berlin 1911, 
Weidmannsche Buchhandlung. 

Der Herausgeber dieses Buches war vom Mi¬ 
nisterium der geistlichen und Unterrichtsangelegen¬ 
heiten beauftragt, für die deutsche Unterrichtsaus¬ 
stellung in Brüssel eine Schülerbücherei für höhere 
Lehranstalten zusammenzustellen. Aus dem Ver¬ 
zeichnis dieser Bücherei im Katalog der Ausstellung 
ist dieses Werk entstanden, welches das große Ver¬ 
dienst hat, zum erstenmal in umfänglicher Weise allen 
guten Lesestoff zusammenzustellen, der für die männ¬ 
liche Jugend auf den verschiedensten Gebieten in 
den einzelnen Altersstufen in Betracht kommt. In 
einigen einleitenden Kapiteln setzt der Herausgeber 
kurz seine Ansichten auseinander über das Lesen der 
Knaben und Jünglinge und über die Grundsätze, 
welche ihn und seine Mitarbeiter bei der Auswahl 
der Bücher geleitet haben. Die Meinungen des Herrn 
Professor Johannesson sind freie und klare Ergeb¬ 
nisse und Überzeugungen, und auch der Nichtpädagoge 
kann sich mit seinen Ausführungen im ganzen ein¬ 
verstanden erklären, selbst wenn man nicht so durch¬ 
aus überzeugt ist, daß „Religion und Vaterlandsliebe 
für uns die unerschütterliche Grundlage sittlicher Er¬ 
ziehung bilden“. Man freut sich besonders, daß der 
Herausgeber nicht nur gegen die allgemein bekannte 
Schundliteratur kämpft, sondern daß er auch die 
Jugendbücher, welche allein erziehend und belehrend 
wirken wollen, ohne ästhetische Werte zu bieten, 
streng aus seiner Auswahl verbannt Er fügt ein be¬ 
sonderes Kapitel „Vom ästhetischen Wert der Jugend¬ 
lektüre“ und sogar eins „Von der Buchausstattung 4 ' 
ein. — Ein wenig eng erscheinen mir allerdings die 
Grundsätze, welche den naturwissenschaftlichen Mit¬ 
arbeiter des Buches leiten. Er fürchtet das „Gift“ 
der monistischen Weltanschauung, die „ebenso zu 
den Lehren der christlichen Religion wie auch zu den 
Grundsätzen unserer staatlichen und gesellschafdichen 
Ordnung in schroffem Gegensätze steht“; und so läßt 
er alle Bücher, welche von monistischen Autoren ver¬ 
faßt sind, aus dem Verzeichnis fort; es ist zum Bei¬ 
spiel kein einziges der schönen Bücher von Bölsche 
verzeichnet — An die theoretischen Auseinander¬ 
setzungen schließt sich das 200 Seiten umfassende 
Verzeichnis der empfehlenswerten Bücher an. Auf 
die Bücher „Für die Kleinen" und für die „Vorschule“ 
folgen in sechs Abschnitten die Werke für Sexta bis 
Unter-Sekunda nach den einzelnen Klassen geordnet, 
und den Beschluß macht der besonders sorgfältig aus¬ 
gearbeitete Katalog der Bücher, welche für die Ober¬ 
stufe (Obersekunda und Prima) geeignet sind. Inner¬ 
halb der einzelnen Stufen sind wieder die einzelnen 
Disziplinen der Lektüre eingeordnet. Weitaus am aus¬ 
führlichsten berücksichtigt ist stets die schöne Literatur, 
und für mein Gefühl ist diese Auswahl so umfassend, 
vourteilsfrei und von Kritik und Geschmack dikdert, 
wie es auf dem schwierigen Gebiete der Jugendlektüre 
nur irgend möglich sein kann. In knapperen, aber 
ebenfalls gut ausgeiVählten Verzeichnissen werden 


Bücher aus der Geschichte und Erdkunde, aus den 
naturwissenschaftlichen Disziplinen, aus Religionskunde, 
Philosophie, Tumsport und Kunst aufgeführt. — Es 
ist nunmehr ein Buch vorhanden, in dem Lehrer, 
Eltern, Buchhändler stets Rat und Auskunft finden, 
wenn sie Kindern Bücher geben oder schenken 
wollen. Aber ich glaube, daß die Eltern immer noch 
zu leichtsinnig und gleichgültig sind gegenüber der 
Lektüre der Kinder, und es wird nicht eher starke 
Besserung zu erwarten sein, als bis allen Eltern solche 
trefflichen Ratgeber umsonst ins Haus geschickt 
werden. -s 


Die Blümlein des heiligen Franziskus von Assisi. 
Im Insel-Verlag, Leipzig 1911. 

Wer jemals auf dem durch Franziskus für die 
Ewigkeit geheiligten Hügel von Assisi stand und auf 
die fruchtreiche Ebene Italiens hinabschaute, wer in 
der Unter- und Oberkirche die Fresken Giottos sah, 
die das Leben des Heiligen mit reiner und unab- 
gelenkter Innigkeit darstellen, der wird auch das 
Buch lesen wollen, dessen Geschichtlern diesem Lande 
entsprossen wie die Blumen dieser reichen Landschaft. 
Und wer empfunden hat, wie das Leben des Fran¬ 
ziskus — sein Tun und seine Rede — Nachdenken, die 
Taten, Seligkeit und eine neue Kunst erweckte, der 
weiß, warum dies Buch den Titel trägt „Die Blümlein 
des heiligen Franziskus“. Die „Fioretti“ sind in 
Italien in vielen Ausgaben verbreitet. In Deutschland 
ward der Reichtum und die Reinheit der Gestalt 
Franzisci erst seit einigen Jahren dem breiten Publi¬ 
kum bekannter, und nunmehr scheint die Kenntnis 
von seinem Leben und seiner Bedeutung für die 
italienische Kultur fast zur Mode zu werden; — die 
Fioretti aber haben nur wenige gelesen. Der teueren 
Ausgabe, die bei Diederichs vor einigen Jahren 
erschien, folgt nun eine schöne und sehr billige 
Ausgabe des Inselverlages. Sie ist von Rudolf 
G. Binding veranstaltet und enthält nach einem 
kurzen Vorwort die Blümlein des heiligen Fran¬ 
ziskus in einer klaren, kräftigen Übersetzung. Diese 
Übertragung ist so kunstvoll und vom Geist des 
alten Werks erfüllt, daß sie mir unübertrefflich 
erscheint Ohne altertümelnd, weitschweifig oder sal¬ 
badernd zu werden, sind die Sätze legendenhaft 
wuchtig und naiv gefügt wie ein altes deutsches Ori¬ 
ginalwerk. — Man möchte wünschen, daß einer solchen 
Ausgabe Abbildungen der Fresken Giottos und seiner 
Schüler beigefügt seien. Daß es aber fast ein Ding 
der Unmöglichkeit ist, diese nur schlecht erhaltenen 
Bilder in einer einfachen Ausgabe zu reproduzieren, 
zeigen mir die gänzlich mißlungenen Abbildungen in 
meiner italienischen Ausgabe. Dafür hat Carl Weide- 
meyer-Worpswede zu jeder Geschichte eine hübsche 
Initiale gezeichnet, welche in einfacher Holzschnitt¬ 
maniereinen Moment aus jeglichem Blümlein widergibt. 
Mit einer großen altertümlichen Type ist das Werk 
auf ein weiches, rauhes gelbliches Papier gedruckt, 
so daß wir hier in Form und Inhalt eine einheitliche 
Nachschöpfung jener Geschichten haben, welche uns 


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Neu erschienene und angekündigte Bücher. 


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die Wundertaten und Betrachtungen des Heiligen 
und seiner Jünger zur Ergötzung und Belehrung 
erzählen. Kurt Pinthus. 


Karl Henckelh „Im Weitergehn". Neue Ge¬ 
dichte, München 1911, Verlag „Die Lese“. 

Wären diese Gedichte 1880 erschienen, so müßte 
man ihnen Beifall zollen; in unsem Tagen werden 
die belanglosen, herkömmlichen, wenn auch frischen 
und lebensfreudigen Verse kaum auffallen, und die 
feingeschulten Liebhaber unserer Lyrik können die 
Poesie Henckells nicht hoch einschätzen. Breit und 
geschwätzig rinnen die Strophen dahin: alte Inhalte 
sind in alte Metren gegossen. Oft sind die Gedichte 
absichtlich nachlässig in der Form, oft unabsichtlich 
abgebraucht in Wort und Rhythmus. Man empfindet 
fast ein tragisches Gefühl, wenn man aus einigen 
Gedichten ersieht, daß der Dichter wohl weiß, die 
Zeit sei über ihn hinweggeschritten, die neueren 
Menschen liebte seinen Dichtungen nicht; aber da lacht 
er „der prunkhaft preziosen Pedanten/ Und Dichtkunst- 
geschmäckler vom Pli“, da äußert er auf die Angriffe 
seiner Gegner hin: „Das fördert just mir die Ver¬ 
dauung/ Und stärkt die lebenskräftige Weltanschau¬ 
ung.“ Aber dennoch werden Henckells Gegner recht 
behalten, denn diese Verse können nicht der höchsten 
Kunst zugezählt werden. Dies leicht hingeschmetterte 
Besingen des frohen, kräftigen Lebens hat oft etwas 
Krampfhaftes, golden Übertünchtes an sich, und die 
aktuellen und satirischen Gedichte sind weitschweifige, 
nachlässige Improvisationen. Es ist zu wenig von den 
Erscheinungen und vom Rhythmus unserer Zeit in 
Henckells Poesien — und grade dies möchte er gern 
geben; ein optimistisches, bramarbasierendes Sänger- 
tum bricht hervor, das nicht viel höher einzuschätzen 
ist als die grade von Henckell so bekämpfte Butzen¬ 
scheibenlyrik. Das rein Gedankliche, die Tendenz 
bleibt nicht nur die Hauptsache, sondern führt zur 
Vernachlässigung der Form und zur Banalisierung 
wirklich lyrischer Motive. — Anspruchslose Leser, die 
in der Poesie Erfrischung und kräftigen Zuspruch 
suchen, werden sich an Henckells Gedichten erfreuen, 
Menschen mit reiferen Gedanken werden sagen, dieser 
Dichter hat „im Weitergehn“ ein paar Lieder hin¬ 
gesungen, die er lieber den Winden hätte geben 
sollen als denen, die mit ihm wandern. — Eine sehr 
schwache Radierung ist dem Buche beigegeben, der 
Druck zu loben. -th- 


ln der „ Geschickte der öffentlichen Bibliothek der 
Stadt Boston “ hat ihr Bibliothekar Horace G. Wadlin 
die Entwicklung der ersten großen nordamerikanischen 
Bibliothek geschrieben, die als städtische Institution 
eingerichtet worden ist. Die Gründer dieser Bibliothek 
dürfen daher mit Recht als die Väter des öffentlichen 
Bibliothekswesens in Nordamerika gelten. Merkwürdig 
genug ist, daß das Interesse dafür durch einen fran¬ 
zösischen Schauspieler Alexander Vattemare erweckt 
worden ist, der seine Bühnenlaufbahn aufgab, um ein 
internationales Tauschsystem für Bücher und die Ein- 
Z. f. B. 1912/1913. 


richtung von öffentlichen Freibibliotheken und -Museen 
in allen möglichen Ländern anzubahnen. Mit diesem 
Endzweck im Auge kam er 1841 nach Boston und trug 
seine Pläne in einer öffentlichen Versammlung vor mk 
dem Erfolg, daß ein Komitee damit betraut wurde, 
die Ausführbarkeit seines Schemas zu beraten. Obwohl 
verschiedene führende Bürger für diese Bibliothek als 
einen Schlußstein in dem System der Volkserziehung 
plädierten, so haben es doch — wie George Ticknor, 
der Geschichtsschreiber der spanischen Literatur, er¬ 
wähnt — viele, deren Urteil und Einfluß nicht über¬ 
sehen werden durfte, als ein Experiment betrachtet, 
welches kaum wirklichen, gewiß aber keinen dauernden 
Wert für die Stadt erbringen würde. Erst nach mehr 
als zehn Jahren wurde der Widerstand überwunden 
und die Bibliothek wurde im Jahre 1852 durch die un¬ 
erwartete Stiftung von 50000 Dollars von Joshua 
Bates auf feste Basis gestellt. Der größte Teil des 
Buches „The Public Library of the City of Boston“ ist, 
wie wir „The Nation“ entnehmen, der Entwicklung der 
Bibliothek und der Aufzählung der hervorragenden 
Stiftungen in Geld und Büchern gewidmet; es enthält 
weiter biographische Notizen über die bei der Ver¬ 
waltung und Leitung der Bibliothek hauptsächlich be¬ 
teiligten Persönlichkeiten. Ein Schlußkapitel ist dem 
jetzigen Zustand der Bibliothek und der Art und Weise 
ihrer Führung gewidmet. Sie enthält ungefähr eine 
Million Bände und jährlich werden in der Haupt* 
bibliothek, ohne Zählung der Filialen, eineinhalb Milli¬ 
onen Bände benützt. Der erziehliche Wert der Biblio¬ 
thek zeigt sich zum Beispier in dem Umstand, daß in 
jüngster Zeit an einem Tage 477 verschiedene Bände 
von Studenten eines einzigen Colleges in Anspruch ge¬ 
nommen wurden. Wadlins Buch ist in der Druckerei 
der Bibliothek selbst hergestellt und mit Plänen und 
Abbildungen geschmückt. M. 


Malerisches aus Salzburg . Originalradierungen 
von Oskar Graf-Freiburg und C. Pf aff-Bader. 25 Blätter. 
Mit begleitendem Text Herausgeber und Verleger 
Hermann Kerber, Kaiserlich und Königlicher Hofbuch- 
händler, Salzburg. 

Für Sammler limitierter Drucke, sowie für Lieb¬ 
haber vornehmer Schwarzweißkunst wird das vor¬ 
liegende, nur in 200 numerierten Exemplaren ge¬ 
druckte Prachtwerk von besonderer Anziehungskraft 
sein. Der Name Salzburg ist an sich ein Programm, 
in dem sich deutsche Waldlandschaft, Kühnheit und 
Trutzigkeit des Alpenlands, Sonnigkeit und Linien¬ 
schönheit Italiens durchdringen und verschwistem. 
Mozart, der genius loci, hat deutsche Tiefe und Innig¬ 
keit mit romanischer Grazie zu einer höhem Einheit 
verbunden. Dieser Geist lebt sichtbarlich in der Stadt, 
die durch die gotische Strenge wie durch die spielerische 
Anmut des Rokoko mit allen dazwischen liegenden 
Stilperioden ihr Gepräge erhält und ihre fesselnden 
Reize entfaltet: Romantik an allen Ecken und Enden, 
in Natur, Kunst und Menschentum. Diesen romantischen 
Geist haben die beiden Künstler nicht nur mit schauen¬ 
den Augen und sicherer Hand, sondern vielmehr noch 

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Kleine Mitteilungen 


mit nachempfindender Seele in ihre Radierungen zu 
retten verstanden. Wäre das Werk nur eine Samm¬ 
lung von 26 Radierungen, so ginge sie lediglich die 
Kunst an. Aber die stimmungsvollen Dichtungen in 
Vers und Prosa von C. Pf aff-Bader, die launigen 
historischen und erzählenden Blätter, die aus R. 
v. Streles und Fürst Wredes Werken mit feinem Ver¬ 
ständnis für die malerischen Gassen, Winkel, Denk¬ 
mäler, Kirchen, für den von Lenau besungenen Fried¬ 
hof bei St Peter, für Muelln und die Lustschlösser 
Hellbrunn und Anif usf. ausgewählt sind, weisen dieses 
Prachtwerk doch auch der Literatur über Salzburg zu. 

Von den 26 Platten in Voll- und Teilblättem hat 
Oskar Graf 21 radiert; die übrigen fünf Platten und 
die Mehrzahl der Vignetten zu den Druckseiten des 
Textes gehören Cäcilie Pfaff-Bader, die es ausgezeichnet 
verstanden hat, das Architektonische in das Bildmäßige 
aufzulösen. Beide Künstler haben sich durch ihre 
sonstige Graphik, die landschaftliche, figurale und 
Porträt-Darstellungen, sowie feine Gebrauchsgraphik 
(Exlibris, Neujahrskarten usw.) umfaßt, einen Namen 
von gutem Klang errungen. In dem Werk „Salzburg“ 
findet sich eine neue Begründung dafür. 

Von den Remarquedrucken (Nr. 2—26) mit hand¬ 
schriftlicher Signatur sind nur noch wenige Exemplare 
zu 150 M. verfügbar. Von den Nummern 27—200, das 
Exemplar jetzt noch zu 35 M., kann aber gesagt 
werden, daß die Drucke dieselben Reize und Fein¬ 
heiten zeigen, wie die Vorzugsausgabe. Dr. Bgr . 


Bilderatlas zur Musikgeschichte. Herausgegeben 
von Gustav Kanth. Berlin, Schuster &* Loeffler , 1912. 
(VIII und 24&Seiten, Quer-Folio. In Leinenband 12 M.) 

Viele, die das in der Zeitschrift „Die Musik“ an¬ 
gesammelte Anschauungsmaterial zur Musikgeschichte 
kennen, werden sich statt der Menge im Durchein¬ 
ander schon oft eine Auswahl im Nebeneinander ge¬ 
wünscht haben. Denn die an sich sehr willkommene 
stetig vermehrte Fülle von Abbildungen wird mit der 
wachsenden Bändezahl dieser Zeitschrift auch für den 
Besitzer ihrer vollständigen Reihe einer bequemen, 
raschen Orientierung hinderlich. Der Wunsch ist nun 
erfüllt worden und man darf sowohl dem Herausgeber 
wie dem Verlage des „Bilderatlas zur Musikgeschichte“ 
für ihr schönes Unternehmen danken. Der billige 
Preis der Ikonographie (als welche man den Atlas be¬ 
zeichnenkann, obschon neben den Bildnissen berühmter 


Musiker auch andere Abbildungen zu ihrer Lebens¬ 
geschichte, insbesondere auch Nachbildungen wichtiger 
Handschriften und Drucke gegeben werden) ist selbst¬ 
verständlich nur dadurch möglich geworden, daß wohl 
die meisten der für sie gebrauchten Bilder unter den 
druckfertigen Stöcken aus dem Besitze des Verlages 
ausgesucht werden konnten. Deshalb soll man aber 
die Arbeit des Herrn Herausgebers nicht unterschätzen, 
der in sehr geschickter und sachkundiger Anordnung 
ein fast vollständiges Bildermuseum zur Musikgeschichte 
seit etwa 1700 geschaffen hat. Wer das Namen¬ 
verzeichnis durchsieht, wird wohl keinen bekannteren 
Namen vermissen; wo etwa für die ältere Zeit Lücken 
vorhanden sind, ließ sich ihre Ausfüllung nicht ermög¬ 
lichen, weil die Quellen versagten. Die Zusammen¬ 
stellung, die zeitliche Entwicklung durch Gruppierung 
Zusammengehörender verdeutlichend, wird durch die 
Bilder fortlaufend begleitende bio- bibliographische 
Anmerkungen erläutert. So kann der Atlas den 
Freunden der Musikgeschichte ein willkommenes 
Handbuch sein, so kann er, und zwar mehr noch als 
Ergänzung wie als Gegenstück, zum deutschen Literatur¬ 
atlas betrachtet werden. Auch der Sammler, sei er 
Autographile oder Bibliophile, wird vielfachen Vorteil 
von ihm haben. Allerdings sind die Büchersammler, 
die den Urausgaben der Werke der Tonkunst-Meister 
ihre Teilnahme widmen, weit weniger zahlreich als 
die bibliophilen Freunde der Dichtkunst, was ja inso¬ 
fern nicht weiter verwunderlich ist, als die Benutzung 
einer schönen Musikaliensammlung eine gewisse 
praktische und theoretische Musikbildung voraussetzt 
Immerhin aber ist eine solche unter den Bibliophüen 
nicht so selten, als daß sich nicht noch manche durch 
den Büderatlas zur Musikgeschichte anregen lassen 
könnten, zu dem einen oder dem anderen Komponisten 
auch als Sammler ein näheres Verhältnis zu gewinnen. 
Daß eine solche Sammlerarbeit ihre besonderen Reize 
hat, daß mit dem Zusammenbringen des Oeuvre selbst 
eines Kleinmeisters der Musik Genüsse verbunden sein 
können, die der Bibliophile heute noch nicht mit Gold 
aufzuwiegen braucht, sei nur nebenbei gesagt Aus¬ 
drücklich hervorgehoben werden soll aber der Nutzen 
solcher musikalischen Sondersammlungen für die All¬ 
gemeinheit, wenn sie dieser später an geeigneter Stelle 
(etwa in der deutschen Musikaliensammlung bei der 
Königlichen Bibliothek Berlin) erhalten bleiben. 

G. A. E. B. 


Kleine Mitteilungen. 


Persische Miniaturen . Die Sammlerkreise wenden 
sich neuerdings mit Eifer den orientalischen, nament¬ 
lich den persischen Miniaturen zu. So mag es 
interessieren, was eine Autorität auf diesem Gebiete, 
Wilhelm R. Valentiner, der Kurator der Abteilung für 
dekorative Kunst in dem New Yorker Metropolitan- 
Museum of Art, in dem letzten Bulletin dieses großen 
Museums über persische Miniaturen (meist im Anschluß 
an den Besitz des Museums) zu sagen hat 

Die Ähnlichkeit, die für den oberflächlichen Be¬ 
trachter zwischen der Kunst des nahen und des fernen 


Ostens, speziell zwischen der von Persien einerseits 
und von China und Japan andererseits, zu herrschen 
scheint, ist mehr eine scheinbare als eine wirkliche 
und beruht hauptsächlich in gewissen, beiden Kunst¬ 
gebieten gemeinsamen, ganz äußerlichen Konventionen. 
Die hauptsächlichste dieser Konventionen ist die 
Flächenkunst und die absichtlich unrealistische Art, 
in welcher die ganze östliche Kunst sich ausspricht 
Ein fast ebenso wichtiger Punkt ist die nahe Verwandt¬ 
schaft zwischen der orientalischen Kalligraphie und den 
mehr dekorativen und zeichnerischen Künsten. Der 


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Kleine Mitteilungen 


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östliche Künstler, der auf Kosten des Realismus Linie 
und flachen Ton vor allem im Auge hat, steht in 
direktem Kontrast mit dem typisch europäischen Ge¬ 
danken, daß die darzustellenden Gegenstände als wirk¬ 
lich existierend in Raum und Licht dargestellt werden 
müßten,und daß zu ihrer plastischen Modellierung und ver¬ 
schiedenartigen Farbe so viel Realität und Greifbarkeit 
gegeben werden müsse, wie überhaupt möglich ist. 
Deswegen ist der Osten, namentlich der nahe Osten, 
dem Westen in allen rein ornamentalen und dekorativen 
Künsten überlegen, bei denen, gemäß der Natur des 
Materials selbst, eine flache Oberfläche eines der ersten 
Requisite für den Erfolg ist, wie zum Beispiel bei der 
Teppichweberei, der eingelegten Arbeit, dem niederen 
Schnitzrelief und ähnlichem. Abgesehen von solchen 
weit verbreiteten Konventionen ist zwischen der Kunst 
Persiens und Chinas und Japans nicht mehr Gemein¬ 
sames, als zwischen denen in zwei weit voneinander 
abgelegenen europäischen Gebieten; die Wichtigkeit 
des chinesischen Einflusses auf Persien, die wir so oft 
in gemeinsamen Motiven, wie dem Drachen, dem 
Phönix und dem Wolkenband finden, ist viel zu sehr 
übertrieben worden. 

Die Miniaturen, mit denen die Perser ihre ausge¬ 
arbeiteten wundervollen Manuskripte illustrieren, ent¬ 
sprechen in ihrer Bedeutung den Panelen und Wand¬ 
gemälden Europas und den Kakemonos und Make- 
monos von Japan und China. Diese Miniaturen sind die 
einzige Kunstübung des nahen Ostens, in denen die Per¬ 
sönlichkeit des Künstlers wirklich hervortreten konnte; 
und auch hier geschieht dies in einem weit geringeren 
Maßstabe, als in der europäischen Malerei, da der 
östliche Künstler oder Handwerker durch den rein 
ornamentalen Zweck des Werkes gebunden ist. Die 
persische Kunst erhielt ihre Antriebe aus ganz anderen 
Motiven als die chinesische. Der Perser illuminiert 
und illustriert nicht religiöse Ideen wie der Chinese, 
sondern poetische und historische Werke, namentlich 
die bedeutendsten Monumente der persischen Literatur 
des XII. und XIII. Jahrhunderts, das heißt des Zeit¬ 
alters eines Firdusi, Omar Khayam, Sadi und Hafis. 
Es war ja doch verboten, den Koran mit irgendeiner 
Darstellung eines lebenden Gegenstandes auszu¬ 
schmücken. Deswegen war der Künstler gezwungen, 
die religiösen Schriften mit konventionellen Ver¬ 
zierungen allein zu zieren and seine malerische Tätig¬ 
keit auf weltliche Bücher zu beschränken. Dasselbe 
Gesetz, das den Gebrauch menschlicher Figuren und 
von Tieren in der Illumination des Koran verbot, wurde 
von einer großen muhammedanischen Sekte so ausge¬ 
legt, als ob die Darstellung eines lebenden Wesens in 
der Kunst überhaupt auszuschließen sei. Die ortho¬ 
doxeren Sunniten, zu welcher muhammedanischen 
Glaubensrichtung die Türken gehören, blieben fest bei 
dieser Ansicht, die Schiiten, zu denen die Perser und 
Inder gehören, interpretierten in liberalerer Webe, und 
so konnten dann die herrlichen Miniaturen zustande 
kommen, hinter denen die europäischen und ameri¬ 
kanischen Sammler jetzt so sehr her sind. — Die 
türkische Kunst hat aber eine rein ornamentale Deko¬ 
ration zustande bringen können, deren Konvention mit 


der natürlichen Vorliebe des Türken für geometrische 
Formen durchaus korrespondierte. Bei dieser natür¬ 
lichen Tendenz des Türken zur formalen Zeichnung 
wurden realbtbche Pflanzen- und Tiermotive, die man 
von Persien entlieh, in strenge, in höchstem Maße 
konventionalbierte geometrische und dem Leben fern¬ 
stehende Motive verwandelt 

Die Malerei im nahen Osten entsprang dem orien- 
talbchen Zweige der byzandnbch-ägypdschenKunst, die 
selbst aus der späteren griechischen Zivilbadon 
herausgewachsen bt Und auch die Wandmalereien 
des VII. und VIII. Jahrhunderts, die jüngst in Schlössern 
Syriens entdeckt worden sind, zeigen eine starke 
Ähnlichlichkeit mit den Fresken in Ägyptens koptbchen 
Kirchen, ein Beweb der nahen Verwandtschaft der 
Kunst dieser beiden Gebiete. Dieser byzantinische Ein¬ 
fluß ist noch stark zu erkennen in den Buchillustradonen 
der ersten Periode einer unabhängigen persbchen 
Kunst, wie sie sich in den Manuskripten des XII. und 
XIII. Jahrhunderts zeigen, die hauptsächlich Zentral¬ 
mesopotamien, dem Sitze aller nahe-östlichen Kunst 
im Mittelalter, entstammten. Ähnliche Morive Anden 
sich in gleichzeitigen Töpfereien aus Rhages und 
Veramin, wo der byzantinische Einfluß mit von den 
Mongolen entlehnten Formen sich verbindet, wodurch 
sich das Ganze in einen ganz ursprünglichen Stil von 
primitivem und schwerem Charakter umwandelte. Die 
in dieser Zeit dargestellten menschlichen Figuren sind 
immer kurz, dünn und im Typ durchaus mongolbch. 
Zu gleicher Zeit aber sind sie mit Nimbus und Halos 
(Glorienscheinen) dekoriert, die man von den Heiligen 
der byzantinbchen Kunst entlehnt hat Im Lauf der 
Zeit wurde diese eingeborene Kunst immer mehr ver¬ 
feinert, bis sie unter den ersten Safaviden im XV. und 
XVI. Jahrhündert ihren Gipfelpunkt erreichte, ab jene 
wundervollen seidenen Tierteppiche und jene blumen¬ 
geschmückten Töpfereien mit glänzenden Farben und 
feinem Lüster hergestellt wurden. In diesen Tagen 
des Friedens und des Reichtums erinnert sich Persien 
seiner großen Vergangenheit in Literatur, Kunst und 
als kriegerisches Land, und der allgemeine Stolz und 
der Optimismus der Zeit spiegeln sich in den Minia¬ 
turen wieder, deren glänzende Zeichnung gegen die 
Nüchternheit der gleichzeitigen chinesbchen Malerei 
stark kontrastiert. Hier Anden wir Szenen aus dem 
Leben einer Nation, die ein gefälliges Leben im 
Frieden und in hoher Kultur fuhrt: Liebesszenen in 
blumenreichen Gärten, Dichter, die vor den Hof¬ 
leuten ihre Poeme verlesen, mit Wein und Musik 
ergötzte Fürsten, Philosophen in der Wüste, Ballspiele 
und Polowettspiele, alles mit reichen Zutaten darge¬ 
stellt, die Wände aus farbigen Ziegeln, mit prächtig 
gemusterten Teppichen, goldglänzenden Trachten, das 
Ganze mit dem vollen Eindruck eines großartigen Luxus. 
Selbst die Schlachtzenen in ihren glänzenden Farben 
und blauem Himmel scheinen nicht grausam. Noch 
Andet man Ausgeburten einer Religion, die ihre 
Gläubigen durch schreckhafte Dämonen und durch 
phantastbebe und groteske Monstren zur Tugend 
zwingen will, und hier liegt der größte Unterschied 
zwbchen persbeher und chinesbcher Malerei, denn in 


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Kleine Mitteilungen 


der letzteren geben die häufigen Darstellungen grau¬ 
samer und wütender Gottheiten der ganzen Art der 
Tempelmalerei einen schrecklichen und düsteren Cha¬ 
rakter. Und wie die Kunst der beiden Nationen im 
dargestellten Gegenstand differiert, so tut sie es auch 
in der Technik; während der Chinese in Tempera 
malt, wodurch natürlich ein dumpfer Ton hervorge¬ 
bracht wird, und zwar auf eine leicht braune Lein¬ 
wand, gebraucht der Perser leuchtende und glänzende 
Gouachefarben, wodurch er fast ebenso brillante 
Wirkungen hervorbringt, wie sie die Ölmalerei er¬ 
reicht. In chinesischen Gemälden spielt der glatte 
Ton des Hintergrunds, auf dem sich die Komposition 
abhebt, eine wichtige Rolle in dem allgemeinen Effekt, 
während in der persischen Malerei der Hintergrund 
über und über mit ausgearbeiteter Dekoration bedeckt 
ist, im Gegensatz zu welcher die Hauptfiguren wie 
verhältnismäßig kleine ausgesparte Räume erscheinen. 
Den gleichen Unterschied finden wir auch zwischen 
persischen und chinesischen Teppichen. Bei den 
ersteren ist der Grund vollständig mit glänzend 
kolorierter Dekoration erfüllt, während bei den letzteren 
wenige wichtige Motive auf einem ausschließlich bräun¬ 
lichen Hintergrund erscheinen. 

Die Miniaturkunst beginnt im XVII. Jahrhundert 
in Persien von ihrer Größe herabzusteigen, obwohl im 
Beginn dieser Periode noch ein so bedeutender Künst¬ 
ler wie Riza Abbasi zu finden ist. Er machte von der 
breiteren und mehr persönlichen Technik Gebrauch, 
die damals da aufkam, wo breite, komplizierte und 
glänzend kolorierte Kompositionen durch Außenlinien¬ 
zeichnungen in grauer Monochromie ersetzt wurden, 
wobei meistens Einzelfiguren mit der Absicht, ein 
strenges Porträt zu geben, dargestellt wurden. Mit 
dieser Hinneigung zum Individualismus kommt die 
persische Kunst der europäischen näher, und das ist 
auch ein Grund, warum Riza Abbasi von europäischen 
Sammlern so gut verstanden wird; aber dadurch ver¬ 
liert die persische Kunst das meiste von ihrem originalen 
asiatischen Charakter nach einer kurzen Kompromi߬ 
periode. Riza Abbasi lebte am Hofe des Schah Abbas 
des Großen und war ebenso berühmt als Kalligraph 
wie als Maler. Seine Porträts zeigen die große Tra¬ 
dition, die hinter ihm steht und eine vollständige 
Meisterschaft über die Form. M. 


Bibliotheken im Staate New York. Der Jahres¬ 
bericht über die Bibliotheken des Staates New York 
ist als solcher vorbildlich, wie das amerikanische 
Bibliothekswesen selbst, namentlich das im Staate 
New York, von Europa aus mit Bewunderung, ja mit 
Neid betrachtet werden muß. Der große Jahres¬ 
bericht beruht, wie wir „The Nation“ entnehmen, auf 
den Ausweisen von 1390 verschiedenen Bibliotheken 
des Staates New York, deren Bücherbestand insgesamt 
9718899 Bände umfaßt, welche im letzten Berichts¬ 
jahre eine Zirkulation von 2i*/a Millionen Büchern 
hervorgebracht haben. Es sind in dem Berichtsjahre 
45 Bibliotheken mehr verzeichnet als im Vorjahre. 
Der Bücherbestand als Ganzes hat trotz gewaltiger 


Zugänge durch den Brand der New-Yorker Staats¬ 
bibliothek im verflossenen März um 350000 abge¬ 
nommen. Seit 1893 hat die Anzahl der Bibliotheken 
im Staate New York sich verdoppelt, die Anzahl der 
Bücher verdreifacht und die Zirkulationsziffer ver¬ 
siebenfacht Für jeden Haushalt des Staates New 
York werden im Jahre 10 Bücher durchschnittlich von 
den Bibliothekgestellen genommen, für jede Einzelper¬ 
son 2,2 Bücher, — Von den 1390 berichtenden Biblio¬ 
theken gehören 845 Hochschulen und Akademien 
und bieten daher dem allgemeinen Publikum eine nur 
beschränkte Benützungsmöglichkeit; 53 sind nur für 
bestimmte Institutszwecke zu benützen; 51 sind Sub¬ 
skriptions- oder Zirkulationsbibliotheken, die von dem 
Erziehungsdepartement des Staates New York unab¬ 
hängig sind und 440 sind freie öffentliche Bibliotheken, 
für welche der Staat Zuschüsse gibt — Die Gesamt¬ 
zirkulation von 21 1 /2 Millionen Büchern wird zum 
größten Teil von den 440 Freibibliotheken und zwar 
mit einer Zirkulation von 20 Millionen Bänden ge¬ 
stellt. — Die Staatsbeiträge für die öffentlichen Biblio¬ 
theken betrugen im ganzen nur 31600 Dollar, dagegen 
haben die einzelnen Gemeinden durch lokale Steuern 
fast 1600000 Dollar dafür aufgebracht 299 öffent¬ 
lichen Bibliotheken werden durch solche Steuern 
unterstützt und erhalten, 190 Freibibliotheken werden 
dagegen auch allein von lokalen Unterstützungen und 
freiwilligen Beiträgen erhalten. — Selbstverständlich 
sind die Städte, was Unterstützung und Ausdehnung 
der Bibliotheken betrifft gegenüber dem offenen 
Lande am weitesten vorangeschritten, so daß, während 
die Städte nur 74% der Bevölkerung des Staates New 
York beherbergen, sie S$°/ 0 der Zirkulation und 
96% der gesamten Zusteuem für Bibliotheken auf¬ 
bringen. Nichtsdestoweniger ist der Fortschritt auf 
dem Lande ein höchst bemerkenswerter und ermuti¬ 
gender. Diese Landbevölkerung von 2400000 Ein¬ 
wohnern besitzt in ihren Bibliotheken fast i J / t Milli¬ 
onen Bücher mit einer Zirkulation von 3100000 Bän¬ 
den. — Die jährlichen Zuschüsse der Städte für die 
Bibliotheken variieren von mehr als I Million Dollars 
(New York) bis zu ganz kleinen Summen; Buffalo 
zahlt 100000, Syrakus 40000, Utica 24000 Dollars usw. 
Für jeden in Zirkulation befindlichen Band des letzten 
Jahres zahlte die Stadt New York 19 Cents, Buffalo 
10 Cents, Syrakus 14 Cents, Urica 13 Cents. — 45 
Bibliotheken des Staates New York wurden das letzte 
Jahr durch Schenkungen unter Lebenden oder im 
Todesfall bedacht Darunter sind für Rochester und 
New Rochelle Schenkungen von 100000 Dollar, für 
Washingtonville von 50000 Dollar usw.; natürlich rührt 
das meiste Geld von Carnegie her. Eine ganze Reihe 
Bibliotheken des Staates New York haben im letzten 
Jahre neue, teilweise prächtige Gebäude beziehen 
können, darunter mehre Bibliotheken in der Stadt 
New-York selbst. Die Mittel zu den Neubauten wurden 
teils von Carnegie, teils durch lokale Subskriptionen, 
teils aber auch durch städtische Anleihen herbeige¬ 
bracht. Im ganzen Staate New York sind 34 Bibfio* 
theken allein auf Carnegies Kosten erbaut worden, 
120 andere wurden von anderen Einzelsriftem er- 


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Kleine Mitteilungen 


77 


richtet. — Die. im ganzen Staate New York allem zu 
Bibliothekszwecken existierenden Gebäude sind 288 
an der Zahl und repräsentieren einen Wert von fast 
50 Millionen Dollars. M. 


Im Frühjahr 1912 erscheint Kleists „Penthesilea*' 
in der tschechischen Übersetzung Ottokar Fischers in 
bibliophiler, von Maler V. H. Brunner besorgter Aus¬ 
stattung (schwarzer und roter Druck, Format 145: 
200 mm, englische Mediaevalschrift, Titelzeichnung, 
Vignetten). Subskriptionspreis: 4.50 Kr. broschiert, 
8 Kr. in Pergament gebunden, 20 Kr. auf Japan. Be¬ 
stellungen zu richten an den Herausgeber Prof. Milan 
Svoboda, Prag, Weinberge fi/j. 


Die Bücherei Maiandros betitelt sich eine neue 
Zeitschrift ^Ton 60 zu 60 Tagen, die ab 1. Oktober dieses 
Jahres von Heinrich Lautensack, Alf red Richard Mayer 
und Dr. Anselm Ruest herausgegeben wird. Diese 
Zeitschrift bietet für Deutschland insofern ein Novum, 
als jedes Heft außer einer literarischen Umschau ein 
völlig in sich abgeschlossenes Buch ist, bald eine No¬ 
velle, einen ästhetischen Dialog, einen philosophischen 
Essay, eine lyrische Anthologie, gelegentlich auch eine 
Schwarz-Weiß-Folge enthaltend. 


Die rühmlich bekannte Antiquariatfirma Gilhofer 

Ranschburg in Wien bietet den Sammlern mit 
ihrem Katalog 100 eine auserlesene Reihe von Manu¬ 
skripten , xylographischen und typographischen In¬ 
kunabeln, im ganzen 266 Nummern. Der größte Teil 
entstammt - der Sammeltätigkeit eines schlesischen 
Bibliophilen des XVII. Jahrhunderts, Johann Gottfried 
Troilo von Lessot. Nach dessen um 1650 erfolgtem 
Tode gelangte seine Bibliothek in den Besitz des Her¬ 
zogs Julius Heinrich von Sachsen-Lauenburg, später 
an die Gattin des Octavio Piccolomini, Prinzessin 
Benigna von Sachsen-Lauenburg, und schließlich an 
das Piaristen-Kollegium in Schlackenwerth, dessen 
Bibliothek auch von dem Markgrafen Ludwig Wilhelm 
von Baden, dem Türkenbesieger, reich bedacht wurde. 

Die Schätze, die so in Schlackenwerth vereinigt 
wurden, sind in der Tat seltenster Art und es erscheint 
kaum möglich, hier einzelnes besonders zu rühmen. 
Jeder unserer Leser wird selbst zu dem Katalog greifen 
müssen, um sich in diese Fülle der Gesichte zu ver¬ 
senken, um so mehr, da der große Quartband auch 
dem genußreich und anregend sein wird, der auf den 
Erwerb der darin verzeichneten Kostbarkeiten ver¬ 
zichten muß. Die Handschriften und Drucke sind mit 
anerkennenswerter Exaktheit beschrieben und biblio¬ 
graphisch charakterisiert, die Ausstattung mit 96 Text- 
illustrationen, 5 farbigen und 11 schwarzen Tafeln 
macht ihn zu einer belehrenden Augenweide und zu 
einem dauernd wertvollen Besitztum. 

Noch stattlicher stellt sich der 21. Katalog von 
C. G. Boemer in Leipzig dar, enthaltend kostbare 
Bucheinbände des XV. bis XIX. Jahrhunderts, be¬ 
schrieben von Carl Sonntag jun., mit 9 farbigen und 
43 schwarzen Tafeln. Eine warmherzige Einleitung 
des Herausgebers verleiht dem schönen Bande sogleich 


einen Stempel eigener Art. Er beklagt, daß die Gegen¬ 
wart statt des Sinnes für Buchschönheit nur die Jagd 
nach dem Seltenen und Kostbaren kennt, vielleicht 
doch wohl zu schwarz sehend, was aber freilich gerade 
dem Künstler-Buchbinder zu verzeihen ist Dann folgt 
die Aufzählung und Beschreibung von 230 schönen 
Bänden, darunter als Prachtstücke ein Grolierband von 
erlesener Schönheit (16500 M.), der schon 1815 bei 
der Versteigerung der Bibliothek James Edwards mit 
43 £ bezahlt wurde, und ein herrlicher Maioliband 
(15000 M.). 


In Straßburg ist eine Gesellschaft für elsässische 
Literatur begründet worden, Jahresbeitrag 10 M., 
Beitrittsmeldungen an die Kaiserliche Universitäts- und 
Landesbibliothek in Straßburg. Als erste Publikation 
soll Sebastian Brants „Narrenschiff 4 , herausgegeben von 
von Professor Franz Schnitz, erscheinen, obwohl es 
bekannt ist, daß die Gesellschaft der Bibliophilen als 
Sonderpublikation für 1912 ein Faksimile desselben 
Werkes herausgeben wird. 


Der IV. Jahrgang von Bogengs vortrefflichem 
„Taschenbuch des Bücherfreundes“ wird, befreit von 
dem in der Tat unnötigen Kalendarium, als , Jahrbuch 
für Bücher-Kunde uud -Liebhaberei" erscheinen, wie 
bisher im Verlag von Max Härrwitz in Nikolassee. 
Künftig soll namentlich die Geschichte der Bücher¬ 
liebhaberei und der Sammlerpraxis berücksichtigt 
werden, wovon schon das vielverheißende Inhalts¬ 
verzeichnis des neuen Jahrgangs Zeugnis gibt. Den 
Druck besorgt W. Drugulin in der Oldstyle, einer 
vorzüglichen englischen Renaissancetype. 50 Exemplare 
auf holländischem Bütten kosten je 15 M., 750 auf 
Original India-Papier je 8 M. 


In der Göttinger Zeitschrift „Der Sammler“ Nr. 5 
vom 1. März 1912 wird eine hervorragende Reihe von 
Werther-Schriften zum Verkauf ausgeboten: Original- 
Ausgaben und Nachdrucke, Übersetzungen, Nach¬ 
ahmungen und Streitschriften, im ganzen 56 Nummern, 
darunter große Seltenheiten. 


Von Hugo Hayns „Bibliotheca Germanorum Erotica “ 
beginnt der Verlag Georg Müller in München eine 
dritte, stark vermehrte Auflage, bei deren Heraus¬ 
gabe Hayn von Herrn Dr. Gotendorf in Dresden unter¬ 
stützt wird. Der Umfang wird drei bis vier starke 
Großoktavbände betragen, der Subskriptionspreis für 
jeden Band 15 M., gebunden zirka 18.50 M„ in der 
Luxusausgabe (100 Exemplare auf Van Gelder in 
Ganzleder) zirka 40 M. Alljährlich sollen, nur für die 
Käufer des Hauptwerks, Supplemente erscheinen. 


Eine große kunst- und kulturgeschichtliche Aus¬ 
stellung zur Jahrhundertfeier der Freiheitskriege ver¬ 
anstaltet die Stadt Breslau , die Stadt des „Aufrufi An 
mein Volk“, im Jahre 1913 von Mitte Mai bis Ende 
Oktober unter dem Protektorate des Kronprinzen des 
Deutschen Reichs. Die Ausstellung, mit der die Stadt 
ein ständiges Ausstellungsgebäude im Scheitniger 


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7» 


Literatur und Justiz. 


Parke eröffnet, ist den Fürsten, Heerführern, Staats¬ 
männern, Dichtern, Künstlern und bedeutenden Frauen 
jener Zeit gewidmet, umfaßt das damalige Heeres¬ 
wesen und vor allem Bilder der Ereignisse, als Rahmen 
aber die Kunst und das Kunstgewerbe der Zeit vor 
ioo Jahren. Ein Aufruf, den eine große Zahl von be¬ 
kannten Größen der Politik, der Wissenschaft und 
Kunst, des Handels und der Industrie, hohe Staats¬ 
und Gemeindebeamte und Nachkommen von Helden der 
Freiheitskriege aus ganz Deutschland als Mitglieder 
des Ehrenausschusses unterzeichnet haben, erbittet 
Leihgaben für die Ausstellung nicht nur aus Deutsch¬ 
land, auch aus den mit Preußen damals verbündeten 


Staaten und aus Frankreich. Die Geschäftsstelle der 
Ausstellung befindet sich im Schlesischen Museum für 
Kunstgewerbe und Altertümer in Breslau, dessen 
Direktion die Gesamtleistung übertragen worden ist 


Im Antiquariatskatalog iio von Paul Alicke in 
Dresden A. steht zu lesen: 

559a Grimm, J. und W., Deutsches Wörterbuch. Alles, 
was davon bis heute erschienen. Die zwölf kom¬ 
pletten Bände in Halbfranzband, der Rest in 
Lieferungen. Sehr schönes Exemplar 235.— 
560-, Pantheon-Ausgabe, Original - Pergament¬ 
band (4.—) 2.50 


Literatur und Justiz. 


In den letzten Wochen wurden folgende Beschlag¬ 
nahmen verfügt, bezw. durch gerichtliches Urteil be¬ 
stätigt : 

Der Floh 1911, Nr. 38—39; 

Sekt, Jahrgang 6, Nr. i, 3, 16, 37, Jahrgang 7, Nr. 6 , 
9, 28; 

Wiener Karikaturen Nr. 10; 

Jean qui rit vom 5. Nov. 1911; 

Pschütt Nr. io; 

Ruf an die Frauen (Berlin, W. Kästner); 

Wiener kleines Witzblatt 1911 Nr. 23—28, 35, 36, 38, 
39, 4L 43—5 2 v 1912 Nr. 1—9; 

Die schöne MathÜde oder Leben und Abenteuer einer 
jungen Modistin; 

Durchtollte Nächte, durchjubelte Tage, der Roman 
einer Berliner Lebedame; 

Der Ausgang. Eine romantische Episode nach dem 
Leben geschildert und unterstützt mit 16 vortreff¬ 
lichen Illustrationen. Herausgegeben zum Ansporn 
und zur frohen Muße für alte Herren; 

Glühlichter 1910 Nr. 20, 1911 Nr. 6, 7, 17; 

La Vie en Culotte rouge Nr. 510; 

In paradiesischer Schönheit Farbige Freilichtakte 
nach künstlerischen Aufnahmen des Kunstmalers 
M. Schneider, Lieferung 1 und 2 (Berlin, Richard 
Eckstein Nachfolger); 

Le Frou-Frou Nr. 597; 

E. Laurent, Sexuelle Verirrungen, Sadismus und Maso¬ 
chismus, autorisierte deutsche Ausgabe von Dolorosa 
(Berlin, Barsdorf); 

Der Wiener Akt, photographische Aufnahmen nach 
der Natur, gestellt von Kunstmaler Eduald Büchler, 
aufgenommen von Johann Riediger, Serie 1. 


Die Verbreitung der Wiener Zeitschrift „Der Floh“ 
wurde auf zwei Jahre verboten. 


Die Verurteüung der beiden Inhaber eines Dresdner 
Verlags wegen Verbreitung der Prospekte einer nicht 


erschienenen Übersetzung von „Briefe eines Provenzalen 
an seine Frau“ wurde vom Reichsgericht bestätigt. 


Nach Meldung der Tageszeitungen wurde in Leip¬ 
zig von Beamten der zur Bekämpfung der Schmutz- 
und Schundliteratur beim Polizeiamt bestehenden Ab¬ 
teilung 4 wieder einmal „GiovanniBoccacciosDekameron 
oder die 100 Erzählungen “ auf Grund des $ 184 Ziffer 1 
des Reichsstrafgesetzbuchs in einem größeren Posten 
beschlagnahmt Um welche Ausgabe es sich dabei 
handelt, geht aus der Notiz nicht hervor. 


Ein Riesenlager unsittlicher Bücher , Bilder, Akt¬ 
studien und der zu deren Herstellung benutzten Platten 
wurde durch die Zentralpolizeistelle zur Bekämpfung 
unzüchtiger Bilder und Schriften bei einem alten Herrn 
im Westen Berlins beschlagnahmt. Seit längerer Zeit 
tauchten bei kleinen Zeitungs- und Buchhändlern, die 
Nick Carter, Sherlock Holmes, Nat Pinkerton und 
andre Detektivromane vertreiben, unsittliche Bilder und 
Schriften auf, die die Polizei immer wieder beschlag¬ 
nahmte. Es gelang aber lange Zeit hindurch nicht, 
die Betriebsstelle dieser anstößigen Sachen ausfindig 
zu machen, bis diese jetzt nach langen Nachforschungen 
bei einem biederen alten „Rentner“ in Berlin W. er¬ 
mittelt wurden. Die Beamten der Zentrale nahmen 
daraufhin eine Durchsuchung der Wohnräume des 
Mannes vor, die wider Erwarten eine Unmenge dieser 
Bilder und Bücher zutage forderte. Nicht weniger als 
46 große Pakete wurden beschlagnahmt und dem Ge¬ 
richt zur vorläufigen Begutachtung übergeben. Aus 
den Korrespondenzen des Mannes ersah man, daß 
dieser nicht nur ganz Berlin, sondern auch viele andere 
deutsche Städte und sogar das Ausland mit diesen 
Sachen überschwemmt und natürlich einen sehr ge¬ 
winnbringenden Handel getrieben hat. Einige der 
beschlagnahmten Bilder und Aktstudien sind vielleicht 
an sich nicht unzüchtig, doch werden sie dadurch an¬ 
stößig, daß sie durch die bezeichneten kleinen Händler 
der heranreifenden Jugend für geringes Geld zugäng¬ 
lich gemacht werden. 


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Kataloge — Anzeigen 


79 


Kataloge. 

Zur Vermeidung von Verspätungen werden alle Kataloge an die Adresse 

des Herausgebers erbeten. Nur die bis zum 20. jeden Monats ein* 

gebenden Kataloge können für das nächste Heft berücksichtigt werden. 

Joseph Baer Co. in Frankfurt a. M. Nr. 597. 
Bibliotheca Philologica Classica enthaltend unter 
anderem die Büchersammlungen von Johann Tobias 
Krebs, Verfasser von „Observationes in N. T. e 
Flavio Josepho“ usw.; Johann Philipp Krebs, Ver¬ 
fasser des bekannten „Antibarbarus der lateinischen 
Sprache“ usw. usw.; Geheimrat Dr. Emst Schulze, 
weiland Direktor des Gymnasiums zu Homburg v.d.H., 
Verfasser von „Skizzen hellenischer Dichtkunst“, 
„Übersicht über die griechische Philosophie'* usw. 
1 . Auctores Graeci Originaltexte, Übersetzungen 
und Erklärungsschriften griechischer Klassiker. 5277 
Nrn. — Nr. 599. Periodica, Zeitschriften, Zeitungen, 
Sammelwerke, Publikationen gelehrter Gesellschaften. 
1716 Nrn. 

C. G. Boerner in Leipzig. Nr. 21. Kostbare Buchein¬ 
bände (siehe unten Seite 77). — Liste Nr. 35. Ra¬ 
dierungen, Holzschnitte, illustrierte Werke von 
Moritz von Schwind, Ludwig Richter und anderen 
Künstlern der Zeit 563 Nrn. 

Dieterichscke Universitäts-Buchhandlung in Göttingen . 
Nr. 40. Wissenschaftliche Theologie. 3494 Nrn. 

Victor Eytelhuber in Wien VIIIj it. Anzeiger Nr. 46. 
Neueste Erwerbungen. 

Flandria in Courtrai. Histoire et Sciences auxiliaires 
— archives, manuscrits et autographes — Sciences 
exactes, Sciences naturelles — literatures. 922 Nrn. 
Incunables. — Impressions rares et ilhiströes du 
15. au 19. si&cle. — Art et archdologie. — Musique. 
— Bibliographie et histoire de rimprimerie. — 
Anciens catalogues de vente. 690 Nrn. 

Adolf Geering in Basel. Nr. 348. Jugend- und Volks¬ 
schriften, über 7500 Bände größtenteils zu ermäßigten 
Preisen. 3028 Nrn. — Nr. 351. Theologie. V. Prak¬ 
tische Theologie. Christliche Unterhaltungsliteratur. 
Nr. 9934—12755. — Nr. 352. Nationalökonomie. 
Staats- und Sozial Wissenschaft. Politik. Statistik. 
Jurisprudenz. Enthält unter anderem die Bibliotheken 
des *j* Zürcher Dozenten J. M. Boesch, sowie einen 
großen Teil der Bibliothek des -J* Prof. Dr. Carl 
Hilty, Bern. 1523 Nrn. 

Gilhofer &* Ranschburg in Wien I. Nr. 100. Manu¬ 
skripte und Inkunabeln. 266 Nrn. (siehe unten Seite 77). 
— Nr. 103. Viennensia. Zum Teil aus den Biblio¬ 
theken der *|* Herren Ludwig Hevesi und Archiv¬ 
direktor Dr. Albert Starzer 2031 Nrn. 

Max Göts in München. Anzeiger Nr. 952 und 953. 
Varia. Neuerwerbungen. 944 und 1004 Nm. 

Paul Graupe in Berlin W. jj. Nr. 60. Deutsche 
Literatur und Übersetzungen. 958 Nm. 

Gsellius in Berlin W. 8. Nr, 347. Kriegsgeschichte 
und Militaria. 


GOETHE. 

WEIMARISCHE ZEITUNG, Nummer 2. 
Sonnabend, 7. April 1832. 4 Seiten. 4 0 . 

Die Nummer, die zweite der von Legationsrat Panse 
damals eben gegründeten Zeitung, ist von Anfang bis 
Ende Goethe gewidmet u. enthält neben allgemeinen 
biographischen Daten »ausführliche Berichte über die 
letzten Stunden Goethes u. die Begräbnisfeierlichkeiten. 

HEINRICH HUGENDUBEL, MÜNCHEN 

Abteilung: Antiquariat Salvatorstr. 18. 


ff * Stets Ankauf ganzer Bibliotheken und Kunstsammlungen 
sowie einzelner Werke, Kupferstiche, Handschriften usw. 


BÜCHER-AUKTION 

IM 

DOROTHEUM IN WIEN 

Die Bibliothek des Herrn FRANZ STEINER 
in MERAN, umfassend seltene Inkunabeln, 
darunter die IX. deutsche Bibel, Schedels 
Chronik 1471, Virgilius Opera 1471, dann 
illustrierte Werke des 16. und 17. Jahrhun¬ 
derts, Lutherbibeln, Klassiker, Erstausgaben, 
Kuriosa, ferner ein prachtvolles Pergament- 
Manuskript des 15. Jahrhunderts mit herrlichen 
Miniatur-Malereien gelangt am 9. Mai 1912 
und die folgenden Tage im Dorotheum, 
Wien I, Spiegelgasse 16, zur Versteigerung. 
Der Katalog (700 Nummern) wird auf Ver¬ 
langen gratis durch das Dorotheum oder durch 
HALM & GOLDMANN, Buch- und Kunst- 
Antiquariat, Wien I, Opernring 19, versandt 


^Soeben erschien: ~ 

Katalog 350 
Deutsche Literatur 

vom Ausgange des Mittelalters bis zur Neuzeit 
enthaltend 

die Bibliothek eines französischen Bibliophilen zumeist 
in hübschen französischen Einbänden. 

85 Seiten, 1975 Nummern, 

der Interessenten gern gratis und franko zur Verfügung steht. 

Vorher erschien: Katalog 349 „ Deutsche Altertums¬ 
kunde und Kulturgeschichte, Deutsche Sprache und Li¬ 
teratur bis tum Ausgange des Mittelalters 4t , 

K OTTO HARRASSOWITZ, LEIPZIG j 


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8 o 


Kataloge — Anzeigen 


Otto Harrassowitz in Ltipzig. Nr. 348. Klassische 
Philologie und Altertumskunde, enthaltend unter 
anderem die Bibliotheken von Professor O. Gilbert 
in Halle und Professor L. Jeep in Königsberg. II. 
Zeitschriften. Altertumskunde. Archaeologie. Numis¬ 
matik. Grammatik und Lexikographie. 2515 Nm. — 
Nr. 349. Deutsche Altertumskunde und Kultur¬ 
geschichte. Deutsche Sprache und Literatur bis 
zum Ausgange des Mittelalters. 1333 Nm. — Nr. 350. 
Deutsche Literatur vom Ausgange des Mittelalters 
bis zur Neuzeit, enthaltend die Bibliothek eines 
französischen Sammlers, zumeist in hübschen fran¬ 
zösischen Einbänden. 1945 Nm. 

Max Harrwitz in Nikolassee bei Berlin. Nr. 106. Ver¬ 
mischtes. Nr. 936—1263. 

F. W. Haschke in Leipzig. Nr. 6. Kunst, Musik, Lite¬ 
ratur usw. 897 Nm. 

Wilhelm Heims in Leipzig. Nr. 19. Vermischtes. 
950 Nm. 

B. Heß in München. Nr. 25. Albrecht Dürer, Original- 
Kupferstische und Holzschnitte. 192 Nm. 

Karl W. Hiersemann in Leipzig. Nr. 408. Völker¬ 
kunde. Enthaltend unter anderem den Handapparat 
eines bekannten Anthropologen und Forschungs¬ 
reisenden. 1526 Nm. 

Rud. Hönisch in Leipzig. Nr. 2. Slavica — Slavische 
Philologie. 1437 Nm. 

Heinrich Hugendubel in München . Nr. 59, Kultur¬ 
geschichte. Teil 1: Allgemeines. Das geistige Leben. 
1464 Nm. — Nr. 60. Teil 2: Häusliches und privates 
Leben. Nr. 1465—3110. 

Max Jaeckel in Potsdam. Nr. 45. Deutsche Literatur. 
840 Nm. 

Joseph Jolowicz in Posen. Nr. 180. Philosophie. Frei¬ 
maurerei. 2604 Nm. 

Th. Kampffmeyer in Berlin S. W. 48. Nr. 474. Theo¬ 
logie und Philosophie. 

Fr. Klübers Nach/. Nähr 6r* Funk in München. Nr. 
181. Deutsche Literatur bis 1850. (Enthaltend viele 
Erstausgaben aus der Zeit der Klassiker und Roman¬ 
tiker.) 2111 Nr. — Anzeiger Nr. 6. Neueste Er¬ 
werbungen und anderes. 604 Nm. 

F. Lehmann in Frankfurt a. M. Nr. 4. Monatliche 
Liste der Neuerwerbungen. Nr. 764—1156. 

Hans Lommerm Gotha. Nr. 4. Auswahl von Büchern 
aus verschiedenen Wissensgebieten. 772 Nm. 

Alfred Lorentz in Leipzig. Nr. 212. Kunst I. Ge¬ 
schichte der Kunst und Malerei; 2. a) Baukunst — 
Architektur, b) Plastik, Skulptur, 3. Kunstgewerbe; 
4. Buchillustration, Karikatur, Bibliophilie; 5. Kupfer¬ 
stiche, Originalradierungen, Handzeichnungen. 3036 
Nrn. 


JAHRBUCH FÜR BÜCHER-^ 
KUNDE UND LIEBHABEREI 

HERAUSGEGEBEN VON G. A. E. BO GENG 


Die Drucklegung führte die Offizin von W. 
Drugulin in der Oldstyl, einer vorzüglichen engl. 
Renaissancetype, aus. Abgesehen von 50 numer. 
Exemplaren auf echtem holländ. geschöpften Bütten 
wurden 750 Exemplare und zwar auf einem breit¬ 
randigen Origmai India Paper hergestellt, so daß er¬ 
wartet werden darf, daß dieser vierte Jahrgang die 
Wünsche der Bibliophilen in jeder Hinsicht befriedigt 

Inhalt des vierten Jahrganges: 

Charles Nodier. Le Bibliomane. 

Mit Nachwort des Herausgebers. 

Die Vente Fortsas. 

Mit dem Katalog der Bibliothek des Cte. J. N. A. 
de Fortsas. 

Prof. Dr. E. Wolter, Petersb., N. M. Lis- 
sozuski, ein russischer Bücher Sammler. 

Mit einem Bildnis und zwei Büchereiansichten. 

August de Morgan. On the Difficulty of 
correct Description of Books . 

Die Handhabung der Bücher . Allerlei Zweck¬ 
mäßiges. 

Grangerising. Ästhetisches. Historisches . 

Technisches. 

Das Sammeln moderner Bücher . 

Katalog und Zetteldrucke der Kgl. Biblio¬ 
thek Berlin . 

Bücherei-Zettel. Mit Beispielen auf 14 Tafeln 
(zugleich als Typen-Vorlagen einiger deutscher 
Schriftgießereien). 


VERLAG VON MAX HARRWITZ 

NIKOLASSEE-BERLIN 

ANTIQUARIATSKATALOGE: 

THEATRALIA: Katalog 102, L 
DRAMATISCHE LITERATUR: Katalog 102,H 
SACHSEN-KÖNIGREICH: Katalog 107, EX. 
SACHSEN-PROVINZ: Katalog 107.x. 
THÜRINGEN: Katalog 107, XL 
BAIERN: Katalog 107, XD. 

VARIA, RARA, CURIOSA: Katalogio6,n.uJIL 

Die Kataloge 103, 104, 105 u. 106 L sind vergriffen. 

Katalog 101 (Deutsche Literatur) ist (6 Teile) noch 
in 2 Quartbänden broschiert oder gebunden erhältlich. 
Derselbe ist durch die zwei beigegebenen um¬ 
fangreichen Register über Autoren, Illustratoren und 
Komponisten von Wert 

ANTIQUARIAT MAX HARRWITZ 

NIKOLASSEE-BERLIN 


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Kataloge — Anzeigen 


8 l 


Mayer &* Müller in Berlin NW . Nr. 265. Klassische 
Philologie. Bibliotheken des 7 Prof. H. van Her¬ 
werden in Utrecht und des f Regierungsrats Direktor 
Arnoldt in Altona. 

Charles Meuel &• Co. in London IV. C. Nr. 22 English 
and foreign books. 593 Nrn. 

Friedrich Meyer in Leipzig. Nr. 106. Bücher mit 
Kupfern und Vignetten, illustrierte Werke, deutsche 
Literatur, Goethe, Theater, Kunst, Werther, allge¬ 
meine Geschichte, Zeitschriften usw. 372 Nrn. 

J. Eckard Mueller in Halle a. S. Nr. 154. Biblio- 
theca Philologica Classica. Enthält unter anderem 
die Bibliotheken des *j* Prof. Dr. Ad. Greef, Göttingen 
und des Prof. Dr. Rob. Peppmüller, Halle a. S. 
2488 Nrn. 

/. B. Mulot in Paris (V* 1 ). Nr. 46. Vermischtes. 1457 
Nrn. 

Martinas Nijhoffm La Haye. Nr. 387. Ethnographie. 
Voyages. II. Asie. 931 Nm. 

Leo S. Olschki in Florenz , Nr. 82. Choix de livres 
anciens rares et curieux. Nr. 3643—3746. 

Bernhard Quaritsch in London . Nr. 313. Vermischtes. 
1022 Nm. 

C. E. Rappaport in Rom. Nr. 23. Ars. Technica. 
428 Nm. 

Oskar Rauthe in Berlin-Friedenau. Nr. 36. Kunst 

Rheinisches Buch- und Kunst-Antiquariat Dr. E. Nolte, 
Inh. G. A. Wolff in Bonn. Nr. 64. Katholische 
Theologie. 2430 Nm. 

Ludwig Rosenthal in München. Nr. 145. Zur Ge¬ 
schichte der Kutist. 3308 Nm. 

J. Scheitle in Stuttgart. Nr. 368. Katalog für Biblio¬ 
philen. Vermischtes. 865 Nrn. 

Scheltema &* Holkema in Amsterdam. Nr. 22. Ver¬ 
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strierte Bücher des XIX. und XX. Jahrhunderts. 
Bücher für Bibliophilen. 540 Nm. — Nr. 33. Moderne 
Dichtung. Erstausgaben und Seltenheiten der deut¬ 
schen Literatur seit Nietzsche. 483 Nm. 

Schweizer &• Mohr in Berlin W. 35. Nr. 13. Deut¬ 
sche Literatur bis zur Gegenwart. Übersetzungen. 
Nr. 1561—3244. 

L.Seligsbergm Bayreuth. Nr. 302. Österreich-ungarische 
Monarchie. 1753 Nm. 

N. Solovieff in St. Petersburg. Nr. z 14. Beaux-arts, 
architecture, costumes. 903 Nm. 

/. A . Stargardt in Berlin W. 33. Nr. 230. Auto¬ 
graphen und Urkunden. 627 Nm. 

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matik, Astronomie, Schiffahrt, Luftschiffahrt, 
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phischen Anmerkungen, 30 Abbildungen und 
Autorenregister. 

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gern unberechnet und portofrei zu Diensten. 

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bin ich stets dankbar und sichere deren sorgfältigste 
Beachtung zu. 


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den mit reizenden Vorsatzpapieren. 
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Erstausgaben deutscher Literatur. 1015 Nm. 

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logie und Altertumskunde. Enthaltend unter anderem 
Bibliothek des f Geheimrat Professor Dr. Chr. 
Muff, Direktor der Kgl. Landesschule Pforta. 5258 
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Heinrich Süßenguth in Berlin N. 24 Nr. 15. Schöne 
Wissenschaften. 4369 Nrn. 

C. Teufens Nach/, in Wien IVji. Anzeiger Nr. I. 
1912. Vermischtes. 

F. Waldau in Fürstenwalde. Anzeiger Nr. 7. Ver¬ 
mischtes. 322 Nm. 

Adolf Weigel in Leipzig. Mitteilungen für Bücher¬ 
freunde. Dritte Folge, 47— 48. Stück. Nr. 45 16 
—4767. 

Max Ziegert in Frankfurt a. M. Nr. 17. Städte- 
Ansichten in schönen und seltenen Farbstichen, 
kolorierten Kupferstichen, Radierungen und Litho¬ 
graphien, sowie in Aquarellen und Handzeichnungen 
von Künstlern des XVI. bis XIX. Jahrhunderts. 1546 
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Gesucht Porträts von: 

G. C. Heer, Paul Keller, Anna v. Bonin (Hans Werder) 
Ingeborg Maria Sick. Off. an W.Drugulin H. F. 10. 


Im Juli 1912 erscheint 

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Folio. 32 :44 cm (also breitrandige Exemplare) 

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Subscr.-Preis bis zum 15. Juni fiir das 
kartonierte, unbeschnittene Exemplar 
Mk. 45.— (später Mk. 60.—). 

Das Werk enthält 

I. Kurse histor.-bibliographische Übersicht. 


2. Auf 34 Seiten d. Origin. Text in moderner Antiqua. 


3. Auf 63 einseitig und zweifarbig gedruckten Seiten 


den Text des Originals mit den li6 Holzschnitten. 


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tigen u. interessanten Denkmals der Buchdruckerkunst. 
Großquart-Prospekt mit einer reprod. Seite unbereehnet. 


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Die Rosenkreuzer 

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Werke. 

„ XVI. Archäologie und Kunst — Nu¬ 

mismatik. 

„ XV. Aeronautik — Astronomie — 

Elektrizität — Hydraulik — 
Kräuterbücher — Mnemotech¬ 
nik — Optik — Sonnenuhren — 
Tabak usw. usw. 

„ XIV. Bibliographie und Hilfswissen¬ 
schaften. 

„ XI. Mittel-Italien. 

„ X. Rom. (Reichhalt Spezialkatalog 

ca. 2000 Nm. Preis M. 1.—). 

„ VII. Ober-Italien. 


Ich bitte die Herren Sammler um Angabe ihrer Inter¬ 
essengebiete und Mitteilung von Desideraten, denen ich 
dauernd aufmerksame Beachtung zusichere. 


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DEHMEL, R., Die Gottesnacht Ein Erleb- 

nis in Träumen. 100-Druck des Jahres 

1912. Nr. 69. M. 80.— y^J^ & 


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GOETHE, WilhelmMeisters ^^A^^J^^^jockbücher. Einer der schön- 

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Leder. Nr.397/''''^ v^.^^-^/Zeichnungen v. L. Wolf. In der erst. Fassung v. 
M. 80.— yy$^ -N^V^/Frühjahr 1819 mit Angabe der Änderungen vom 
y\Sy y' Frühjahr 1820. Herausgegeben von H. v. Müller. 
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Nr. 2: Her Walther von der Vogelweide. 

In Ganzpergament gebunden. 

Nr. 3: Goethe, West-Östlicher Divan. 

In Ganzpergament gebunden. 

Nr. 4: Novalis, Hymnen an die Nacht. 

In Ganzpergament gebunden. 


Nr. 5: Baudelaire, Les Fleurs du mal. 
In Maroquin gebunden. 

Nr. 6: Nietzsche, Ausgewählte Gedichte. 
In Maroquin gebunden. 

Nr. 7: Dehmel, Die Gottesnacht. 

In Ganzpergament gebunden. 

Nr. 8: Hölderlin, Hyperion. 

In Maroquin gebunden. 


Die Einbände stammen aus der Werkstatt von CARL SONNTAG JUN., LEIPZIG. 

Der Preis für die acht Bände, die nur zusammen, unter keinen 
Umständen einzeln abgegeben werden, beträgt M. 1350.— 


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j ten u.f.w.au0erordentÜ<fy oiel j 

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In Kürze erscheint: 

DAS MÄRCHEN VON GOCKEL, HINKEL 
UND GACKELEIA 

von 

CLEMENS BRENTANO. 

Einmalige Auflage in 300 handschriftlich numerierten Exemplaren mit 18 
ganzseitigen Illustrationen von JOSEF VON DIVEKY und einem Nachwort 

von Dr. Hans Effenberger. 

No. 1—50 Luxusausgabe auf kaiserlichem Japanpapier in Ganzpergament 
von der Wiener Werkstätte gebunden M. 50.— 

No. 51 — 300 in Ganzleder gebunden M. 30.— 

Im Voijahre sind erschienen: 

KLEIN ZACHES, genannt Zinnober 

Ein Märchen von E. T. A. Hoffmann. Eingeleitet von Prof. Dr. Eduard Castle. 

Einmalige Auflage in 500 numerierten Exemplaren mit 20 Illustrationen 
und Buchschmuck von Josef von Diveky. 

Die Luxusausgabe ist vergriffen. — Von der gewöhnlichen in Leder gebundenen Ausgabe, 
welche M. 25.— kostet, sind noch 60 Exemplare vorrätig. 

JOHANN FAUST 

Ein allegorisches Drama von fünf Aufzügen. 
Faksimiledruck der Prager Ausgabe vom Jahre 1775. 

Einmalige Auflage in 500 numerierten Exemplaren. Preis M. 12.— 

Im April 1912 erschien: 

DER RUF Ein Flugblatt an junge Menschen. 
Herausgegeben vom Akademischen Verband für Literatur und Musik in Wien. 

FRÜHLING 

Mit Beiträgen von Emil Verhaeren, Hermann Bahr, Carl Bleibtreu, Wilhelm 
Schmidbonn, Karl von Levetzow, Paul Stefan, Robert Müller, Ludwig Ullmann, 
Leo Heidrich, Franz Schrecker, Alfons Petzold, Siegfried Trebitsch, Else 
Lasker-Schüler, F. Th. Csokor u. a. — Mit Zeichnungen von Josef von Diveky. 
Preis M. —.75. Illustrierte Verzeichnisse auf Verlangen kostenfrei. 

Brüder Rosenbaum, Wien VIIIA. 


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In französischen Ausgaben liegen vor: 

PAUL VERLAINE 

VERS 

Herausgegeben von Prof. Georges A. Tpumoux 

Pappband M. 12.—, Halblederband M. 16.—, Ganzlederband M. 25.—, Vorzugsausgabe 
auf Strathmore in 100 Exemplaren, Handband von Carl Sonntag jr. M. 50.— 


CHARLES BAUDELAIRE 

LES FLEURS DU MAL 

Herausgegeben von Prof. Georges A. Tournoux 

Pappband M. 8.—, Halblederband M. 12.—, Ganzlederband M. 18.—, Vorzugsausgabe 
auf Strathmore in 100 Exemplaren, Handband von Carl Sonntag jr. M. 50.— 


URTEILE DER PRESSE über die Verlaine-Ausgabe, in deren gleicher Ausstattung 
soeben Baudelaire erschien: 

Die DEUTSCHE MONTAGSZEITUNG: Eine kleine Blamage für die französischen Verleger 
ist die von dem Liller Professor Dr. Georges A. Tornoux besorgte französische Verlaine- 
Ausgabe. Aber einen Genuß nicht alltäglicher Natur bedeutet das Erscheinen für alle, die 
in Verlaine den tiefsten Dichter des verflossenen Jahrhunderts lieben. Nun erscheinen diese 
Verse endlich in einem ihrer Schönheit würdigen Gewände! MAX MELL in den GRENZ¬ 
BOTEN: Es ist klar, daß alle möglichen anderen Gedichte eher übersetzt werden können 
als die Verlaines. Denn sie in die deutsche Sprache bringen, heißt einen Eingriff in die 
künstlerische Existenz eines solchen Gedichtwesens machen. Die Verlaineschen Gedichte 
müssen ins Französische verzaubert bleiben. Da ist es in tieferem Sinne kein Zufall sondern 
Gerechtigkeit, wenn in Deutschland eine schöne französische Ausgabe von Verlaines Gedichten 
die häßlichen französischen Editionen zu verdrängen sucht. Mit besonderer Freude schlagen 
wir diesen schlichtprächtigen, anständigen Band auf, in seiner trefflichen Auswahl erneuern 
wir alten vertrauten Umgang. SÜDDEUTSCHE MONATSHEFTE: Der schönste französische 
Gedichtband, den wir kennen, eine erst nach langen Verhandlungen dem französischen Ver¬ 
leger abgerungene Ausgabe, aus allen Bänden Verlaines ausgewählt Eine Satzanordnung 
von erlesener Vornehmheit. 


MAN VERLANGE AUSFÜHRLICHE PROSPEKTE 


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CORNELL UNSVERS1TY 












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DIE EINBANDDECKEN 

FÜR DEN ZWEITEN HALBJAHRSBAND DER 

ZEITSCHRIFT FÜR BÜCHERFREUNDE 

sind jetzt fertiggestellt und durch jede Buch¬ 
handlung oder direkt vom Verlag zu beziehen. 

Die Einbanddecken sind aus bestem Leinen nach 
Entwurf von Professor Walter Tiemann hergestellt 
worden. Der Preis ist auf M. 2.50 festgesetzt. 

Wir bitten diejenigen unserer Les^*, die noch nicht 
bestellt haben, ihre Bestellung sofort aufzugeben. 

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führt. Jßr intereffanter Charakter, ihre klare form 
unö leichte Meßbarkeit taffen ße auf Öen erften Dlick 
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etc. geeignet erfcheineiu. Die Probe jeigt öie Schrift 
in ^ahlreidien Deifpielen im merk- unö ^kjiöenjfaß, 
auch öer halbfette Schnitt iß in ftmpenöungen por- 
geführt. ftn Jntereffenten geben mir die Probe gratis 

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Die Meisterwerke der Weltliteratur in Einzelausgaben zu billigsten Preisen 
bei vorzüglichster Ausstattung. Es erschienen bis zum Frühjahr 1912: 


Goethe, Tasso 
Goethe, Iphigenie 

Pappband je M. 3.80, Pergamefitband AI. 9 .— 

Platen, Venezianische Sonette 
Platen, Sonette an Freunde 

Pappband je AI, 2 .—, Pergamentband AL 3.— 

Die Brief-Gedichte des jungen Goethe 

Pappbd. M. 2.So, Leinettbd. AI. 3.80, Sckiveinsleder Al. 12 .— 

Verlaine, Vers 

Pappbd. AI. 12.—, Halblederbd. M. 16 .—, Ganzlederbd. 
M. 2 5.—, Vorzugsausgabe in Gans-Maroquin geb. AL 50.— 

Molifere, Les Precieuses Ridicules 

Lebten M. 3-—, Seide M. 3 .— 

Shakespeare, Sonnets 

Pappband M. 3.80 


Herbert Eulenberg, Deutsche Sonette 

Halbpergamentband AL 6.30, Luxusausgabe M. 33 .— 

Baudelaire, Les fleurs du mal 

Pappband AL 8. —, Halblederband AL 12 .—, 
Ganzlederband M. 18 .—, Vorzugsausgabe in 
Ganz-Maroquin gebunden AL 30 .— 

Anakreontische Oden und Lieder 

Pappbd. AI. 3 .—, Halblederbd. M.3.—, Ganzlederbd. M. 13 .— 

Kleist, Anekdoten 

Pappbd. AI. 2. —, Halblederbd. AI.4 .—, Ganzlederbd. ALS.— 

Prövost, Manon Lescaut 

Pappband M. 6.30, Halblederband M. 8.30, 
Ganzlederband von C. Sonntag jr. M. 23. — 


Ausführliche Prospekte bitte zu verlangen. 


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die Interessenten gratis zur Verfügung stehen: 


Nr. 4. Theater und Musik. 3024 Nrn. 

„ 6. Literaturgesch., Belletristik. 5490 Nrn. 

„ 7. Kunst und Kunstgewerbe. 2034 Nrn. 

„ 8. Rechts- und Staatswissenschaften. 
940 Nrn. 

„ 9. Deutsche Literatur von Gottsched 
bis zur Neuzeit (darunter viele Erst¬ 
ausgaben, Frühdrucke, Zeitschriften 
und Almanache). 1430 Nrn. 


P Nr. 10. Deutsche Literatur vom Mittelalter 
bis zur Neuzeit (Supplement zu 
Katalog 9). 1092 Nrn. 

11. Philosophie, Psychologie u. verwandte 
Geisteswissenschaften. 3791 Nr. 

12. Geschichte, Geographie, Reise¬ 
beschreibungen. 1187 Nrn. 

13. Geschichte, Geographie Deutsch¬ 
lands. 1372 Nrn. 


In Bearbeitung: 

Nr. 15. Jurisprudenz I. — Nr. 16. Nationalökonomie. — Nr. 17. Varia (Alte Drucke, Holz¬ 
schnittwerke, Inkunabeln, Kunst, Musik, Theater, Tanz, Curiosa usw.) — Nr. 18. Jurisprudenz ü. 


Z. f. B. 1912/1913. 


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Die erflc beutfdje Überfettung 6er ©byffee wirb fyier 3 um erften 2Ttate in 
einem Heubrucf oorgelegt. <£s ift eine auffaüenbe ©rfdjeinung, baft bas treff= 
lidje IDerf bes ZtTünchener Stabtfd?reibers Simon Sdpaibenreiffer einer unrerbienten 
Dergeffenfyeit anheimgefallen ift. Die frifd^e Hatürlidjfeit feiner Übertragung, ihre 
treuhe^ige, fräftige, ja braftifdje Sprache ift non feinem Spateren, aud? non 
Dojt nicht, übertroffen worben. Der fyanblidje Heubrucf wirb, befonbers bei ber 
Seltenheit bes alten ©riginals, nid)t nur non allen ©ermauiften, Sprad?forfchern 
unb f}omerfreunbeu, fonbern aud) non ben Bücherliebhabem gewift lebhaft begrübt 
werben. Der Citel, fowie bie I)ol 3 fchnitte ber ©riginalausgabe ftnb in Repro* 

buftionen beigefügt. 


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BEIBLATT DER 

ZEITSCHRIFT FÜR BÜCHERFREUNDE 

NEUE FOLGE 

[V. Jahrgang. _Heft 3. 

Herausgegeben von Prof. Dr. Georg Witkowski, Leipzig - Gohlis, Ehrensteinstr. 20, Manuskripte an diesen erbeten. 
Inserate direkt an den Verlag W, Drugulin , Leipzig, Königstraße 10. 


Inseratbedingungen: 


x / x Seite.60 Mark 

x / 2 Seite.30 Mark 


V 4 Seite.15 Mark 

x / 8 Seite. 8 Mark 


Kleine Anzeigen (Desiderata und Angebote): die gespalt. Petitzeile 50 Pf., für Mitglieder der Gesellschaft der 
Bibliophilen 30 Pf. — Beilagegebühr 25 Mark. — Insertionsschluß für Heft 4 am 17. Juni. 


Wiener Bibliophilen-Gesellschaft 

Auf verschiedene Anfragen und Ansuchen um Ausfolgung des Mitgliederverzeichnisses 
der Wiener Bibliophilen-Gesellschaft sei mitgeteilt, daß diesem Ansuchen derzeit nicht statt¬ 
gegeben werden kann. Es sei auf den in Aussicht genommenen im Druck erscheinenden Jahres¬ 
bericht verwiesen, der auch die Mitgliederliste enthalten wird. 

Die Veröffentlichung des Beschlusses über die erste Jahrespublikation unserer Gesellschaft 
wird demnächst an dieser Stelle erfolgen. 

Der Mitgliederstand bezifferte sich mit Anfang Mai auf ungefähr 230 Mitglieder. 

Alle Geldsendungen (Jahresbeitrag für 1912 7 Kr., auch flir Auswärtige,) sind an den 
Schatzmeister der Gesellschaft, Herrn Dr. Ottokar Mascha , Wien XIIIjg Wambachergasse 14, 
zu richten, alle sonstigen Zuschriften, Beitrittserklärungen usw. an den Unterzeichneten. 

Der Vorstand der Wiener Bibliophilen-Gesellschaft 

WIEN, 2. Mai 1912. I. A.: Hans Feigl 

stellvertretender Vorsitzender. 

Wien IV, Johann Straußgasse 38. 


Pariser Brief. 


Die Pariser Frühjahrsausstellungen haben für die 
Bibliophilie wenig Interessantes gebracht Unter den 
üblichen Einbänden von Alsina, Hilda Hart, Marius 
Michel, Waroquier usw. im Frühjahrssalon der „Soddte 
nationale“ des Beaux-Arts findet sich nichts Hervor¬ 
ragendes. Dagegen verdienen die schönen, farben¬ 
frohen Bucheinbände von dem hier schon mehrfach 
erwähnten Andrö Mare besondere Erwähnung. Dieser 
begabte junge Künstler eröffnet mit seiner reichen 
dekorativen Phantasie der Buchausstattung neue Mög¬ 
lichkeiten, die vielversprechend erscheinen, weil sie 
aus einer Beherrschung des Materials und einer viel¬ 
fach geübten Kenntnis der Techniken herauswachsen. 

Der sechste Salon des Humoristes im Palais de 
Glace fiel in diesem Jahre sehr ab gegen die jüngere 
Z. f. B. 1912/1913. 


Konkurrenzgründung, dem zweiten Salon de la Socidt^ 
des Dessinateurs-Humoristes, unter deren Ägide sich 
in der neuen Galerie de la Boetie alle hervor¬ 
ragenden Zeichner Frankreichs vereinigten. Neue 
Zeichnungen von Forain, Steinlen, Iribe, Lepape, Le¬ 
grand und George d’Espagnat bildeten den Clou dieser 
Ausstellung. Auch Bernhard Naudin, einer der kom¬ 
menden Schwarz-Weiß-Künstler Frankreichs war in 
dieser Ausstellung vertreten. Der fünfunddreißigjährige 
Radierer, dessen einzelne Blätter in den großen Salons 
bisher immer in versteckten Winkeln schwer auffindbar 
waren, bereitet für.den November dieses Jahres eine 
größere Kollektivausstellung im Pavillon Marsan vor, die 
zum ersten Male einem größeren Publikum Gelegenheit 
geben wird, den köstlichen Reichtum dieses genialen 

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Pariser Brief 


Künstlers abzumessen. „Le Cahiers du Centre" haben 
ihre letzte Lieferung Bemard Naudin gewidmet Das 
gut gedruckte Heft enthält 18 Reproduktionen nach 
Naudinschen Handzeichnungen und eine Biographie 
des Künstlers von seinem Landsmann Paul Coren. 
Durch diese wertvolle Publikation wird Naudins geist¬ 
reiches Verhaeren-Porträt, der erste Versuch zu seinem 
Beethoven-Bildnis, einem breiteren Kreise bekannt¬ 
gegeben. Im nächsten Jahre sollen in rascher Folge die 
Illustrationen, die Naudin in den letzten iehn Jahren zu 
Chamissos „Peter Schlemihl", zu Verhaerens „Campag¬ 
nes hallucin^es", Villons „Grand et petit Testament" und 
Poes „Goldkäfer" geschaffen hat, in Luxusausgaben 
erscheinen. Es ist erfreulich, daß das Berliner Kupfer¬ 
stichkabinett jüngst zwei Radierungen des jugendlichen 
Meisters erworben hat und es ist zu wünschen, daß 
die verdienstvolle Publikation der Cahiers du Centre, 
die in seiner eigenen Heimat erscheinen und ein wir¬ 
kungsvolles Propagandamittel für den Künstler be¬ 
deuten, nachhaltige Verbreitung finden. 

Rodin hat sich, wie auch schon in Deutschland 
bekannt geworden ist, in hochherziger Weise bereit 
erklärt, seinen ganzen Besitz an Kunstwerken, etwa 
300 Antiken, 50 Skulpturen der romanischen, gotischen 
und Renaissance-Periode, ferner alle seine im eigenen 
Besitz befindlichen Werke, Skulpturen, Gipsabgüsse 
und Handzeichnungen dem französischen Staat zu ver¬ 
machen, wenn die Regierung ihm das Palais Biron 
für Lebenszeit als Wohnsitz überläßt und sich bereit 
erklärt, nach seinem Tode das Palais Biron als Rodin- 
Museum einzurichten. Um die Verwirklichung dieser 
Idee zu betreiben, hat Judith Cladel einen Aufruf 
erlassen, an dem sich mehrere Minister, Cl^menceau, 
Paul Adam, Maurice Barras, Edmond Rostand, Ana- 
tole France, Otto Grautofi, Francis Jammes, Marins, 
Any Leblond, Rachilde, Romain Rolland, Ignacio Zu- 
loaga und andere beteiligt haben. Dieser Aufruf ist 
im Privatdruck kürzlich den Freunden Rodins über¬ 
reicht worden. 

Fr. T. Marinetti, der Erwecker und Begründer 
der Futurismus, hat kürzlich im Verlage der „Poesia“ 
im bombastischen Stil eine Beschreibung der Schlacht 
von Tripolis am 26. Oktober 1911 erscheinen lassen, 
der er beiwohnte. In dieser von unfreiwilliger Komik 
übersprudelnden Schilderung wird die italienische 
Armee als eine futuristische Soldateska gefeiert. 

„La Renaissance contemporaine“ hat eine 340 
Seiten umfassende Anthologie jungfranzösischer Lyrik 
zusammengestellt, die nicht die Namen derer enthält, 
die in diesen Blättern als charakteristisch für die Be¬ 
wegung unserer Zeit häufiger genannt wurden. Es 
handelt sich vielmehr um den Kreis derer, die, dem 
neuen Weltempfinden feindselig gegenüberstehend, 
die alten französischen Konventionen erhalten wollen 
und der Sprengung der lateinischen Form, die Ver- 
haeren, Griffin, Jammes, Romains und Vildrac ein¬ 
leiteten, entgegenzuarbeiten. Es spricht für den Wert 
derer, die sich um Verhaeren sammeln, daß ihnen 
eine so voluminöse Anthologie entgegengehalten wird. 
Ihr Inhalt ist leichter, gefälliger, spielerischer als die 
Anthologie Jean Richard Blochs, die ich im vorigen 


Heft hier anzeigen konnte. Unter den 26 Dichtem* 
die diese neueste Anthologie enthält, sind lediglich 
Henri Allorge, Emile Cottinet, Lucie Delarne Mardons, 
Valentine de Saint-Point und Robert Veyssi6 von Be¬ 
deutung. Allorge hat in seinem früher erschienenen 
Gedichtband „Le Clavier des Harmonies" einen feinen, 
musikalischen Sinn, tiefe Einfühlung in das geistige 
Leben großer Komponisten bewiesen und Robert 
Veyssid hat in seinem soeben erschienenen drama¬ 
tischen Gedicht „Les ailes ouvertes" idealen seelischen 
Schwung und eine besondere Gestaltungskraft drama¬ 
tisch verschlungener Gefühle gezeigt 

Aber immerhin stärker und erfrischender wirkt die 
neue Folge französischer Balladen, die Paul Fort im 
Verlage von Figuifcre unter dem Titel „Month&y. La 
Bataille" herausgegeben hat Auch diese neuesten Ge¬ 
dichte Paul Forts sind wie vorüberziehende Düfte, die 
das Konkrete nur ahnen lassen. Er malt keine Schick¬ 
sale, sondern nur ihren Widerschein, ihre Schatten. 
Er ist leise und zart wie Gesichte im Schlaf. Dabei 
schäumt er über wie die Allmutter Natur, deren ganzer 
Reichtum in ihm konzentriert erscheint Paul Fort 
ist unter den vielen Dichtem einer der wenigen, von 
denen man heute schon sagen kann, daß ihre Werke 
bleiben werden. 

Im Verlage der „nouvelle revue frangaise" hat Geor¬ 
ges Duhamel einen neuen Gedichtband „Compagnons" 
herausgegeben, in dem die markige und entschiedene 
Kraft des begabten Dichters sich in neuer, gereifter 
Form entfaltet. Duhamels herbe Männlichkeit hat hier 
musikalischere Weisen geschaffen als es ihm früher ge¬ 
lungen ist. 

Die Bücherhochflut die in den Frühjahrsmonaten 
in Frankreich stärker schwillt als in den 'Winter¬ 
monaten, hat weiter eine unübersehbar hohe Zahl 
neuer Lyrikbände an die Oberfläche gebracht Hier 
seien nur kurz einige starke Talentproben eines jungen 
Debütanten, Pierre Charles Jabionski, genannt der im 
Verlage von Eugene Figuifcre zwei Bände: „Lueurs" 
und „Au r&veil de la vie“ herausgab, in denen er sich 
zur Verhaerenschen Gefolgschaft bekennt Claude 
Odild gab im Verlage der „Phalange" einen Band 
Gesänge heraus, die Mallarm£sche Einflüsse erkennen 
lassen. Eine Reihe sympathischer Prosagedichte hat 
Marcel Rien unter dem Titel „M&mdres" (Eugene 
Figui£re) vereinigt. Löandre Vaillat hat im Verlage 
von Perrin et Cie. ein kulturgeschichtliches Bild Sa¬ 
voyens herausgegeben, in dem zum ersten Male die 
künstlerischen und literarischen Beziehungen zwischen 
Savoyen und Frankreich zusammenfassend dar¬ 
gestellt sind. 

Im Verlage von H. Champion hat W. Viennot 
einen Katalog der Liebhaberausgaben und der moder¬ 
nen Bucheinbände herausgegeben, die Maurice An- 
döard gesammelt und nach seinem im Jahre 1907 
erfolgten Tode der Pariser Nationalbibliothek ver¬ 
macht hat. Die etwa 500 Nummern umfassende 
Sammlung ist eine der bedeutendsten Stiftungen, die 
im Laufe der letzten Jahrzehnte der Nationalbibliothek 
überwiesen worden sind. Sie umfaßt Erstausgaben in 
numerierten Liebhaberexemplaren fast aller bedeuten- 


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Londoner Brief 


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deren Werke aus den Jahren 1870 bis 1905; und jedes 
Buch ist in einem kostbaren Einband von einem der 
bedeutendsten französischen Buchbinder wie Gruel, 
de Champs, Cuzin, Mercier, Michel und Ruban gefaßt. 
Der Bibliothekar A. Vidier hat zu diesem wertvollen 
Katalog, der gleichzeitig eine Übersicht über die fran¬ 
zösischen Luxusausgaben der Neuzeit wie auch über 
die moderne Buchbindekunst bietet, ein Vorwort ge¬ 
schrieben, in dem er die Entstehung und Geschichte 
der Sammlung Andöard behandelt hat. 

Aus den periodischen Publikationen ist vor allem 
anzumerken, daß Fra^is Viölö-Griffins auch hier 
erwähnter Aufsatz gegen Barrös in den Freundes¬ 
kreisen des Dichters ein lautes Echo gefunden. Im 
„Mercure de France" ergreifen Henri Clonard und 
Jean Max Beraard das Wort Barrös zu verteidigen; 
in der „l’Indöpendance“ tritt Jean Variot energisch für 
Barrös ein und mehrere Kritiker singen in der „nou- 
veile revue frangaise“ (Albert Thibaudet) in der „l’In- 
döpendance“ (Andrö Forgan) gelegentlich des neuen 
Werkes: „Gröco et le secret de Tolöde“ das Lob des 
umstrittenen Meisters. In dieser literarischen Fehde 
stehen sich die Nationalisten und politisch Indifferenten, 
international Gesinnten feindlich gegenüber. — In der 
„Grande revue“ veröffentlichte Pierre de Tröviöres 
einen interessanten Artikel: „Les erreurs de Salammbö“, 
in dem er einer Überschätzung Flauberts entgegen¬ 
tritt und in ruhiger Form Flauberts stilistische und 
kompositionelle Schwächen bespricht In der gleichen 
Zeitschrift veröffentlichte Aurel eine kulturkritische 
Betrachtung: „La mort de lä conversation“. — Die 
„Revue“ von Jan Finot brachte neue Dokumente über 
die letzten Lebensjahre Flauberts zur Veröffent¬ 
lichung, die, von R. Dumesnil und R. Descharmes 
aufgefunden, wertvolle Aufschlüsse aus den Arbeits¬ 
plänen des Dichters bieten. Die gleiche Zeitschrift 
veröffentlichte ferner bisher unbekannte Dokumente 
aus dem Kreise Victor Hugos, insbesondere betreffend 
seine Beziehungen zu Delacroix, Heim, Huet und 
St. Beuve. — In der „nouvelle revue fran^aise“ er¬ 
schien eine kritische Würdigung Jean Moröas als 
tragischer Dichter von Renö Gillonin sowie eine 
energische und intelligent begründete Absage an den 
Kubismus von Jaques Riviöre. — ,,L’Indöpedance“ 
widmete dem Dichter Paul Fort eine eingehende Be¬ 
trachtung aus der Feder Jean Variots und Jules Val¬ 
lös, dem halb vergessener Romandichter, eine von 
Begeisterung getragene Würdigung, für die Maurice 


Toussaint als Verfasser zeichnet. — Eine hoch¬ 
bedeutende historische Studie: „Le cachet de Louis XVI.“ 
(Documents sur la quesdon Louis XVII.) ist in der 
„revue du Temps prösent“ von Adolphe Lanne ver¬ 
öffentlicht worden; in der gleichen Zeitschrift eine 
literar-historische Betrachtung über die Zeitgenossen 
von Beaumarchais von Albert de Bersancourt. — 
Im „Pan“ und in „Les Bandeaux d’Or“ erschien neue 
Lyrik von Jean Gauthier, Albert Desvoyes, P. J. Jouve, 
Paul Casdaux und Gaspard Michel.—In der „revue bleue“ 
veröffentlichte Romain Rolland eine kritische Studie 
„Le jeune Mozart ä Mannheim“, die von neuem zeigt, mit 
welchem defen Verständnis der geniale Schriftsteller 
sich in das Werden eines großen Meisters einzufühlen 
versteht. In der gleichen Zeitschrift widmete Henri 
de Rögnier Laclos einen Artikel, in dem er in feinen 
Linien den Charakter dieses geistreichen Spätlings 
des XVIII. Jahrhunderts zeichnete. „Les Hommes 
du Jour“ widmeten ihre letzten Artikel Gabriel Hano- 
taux, Bracke und Maxence Roldes, auch veröffent¬ 
lichten sie eine Biographie Garibaldis von Jan Steene. 
— Aus der im vorigen Jahre neu begründeten 
Zeitschrift: „Les marches de l’ouest“ ist eine neue, 
umfassendere Revue, hervorgegmigen, die unter dem 
Titel: „La revue de France et des pays fran^ais 
les marches du Nord, de l'Est, du Sud-Ouest, de 
l’Ouest, du Sud“ in sich vereinigt. Der Direktor 
dieser Zeitschrift Olivier Hourcade, ein begabter junger 
Dichter und energischer Organisator, treibt in allen 
französischen Provinzen eine großzügige Propaganda, 
um das Bürgertum zu künstlerischen Interessen zu 
erziehen. Die ersten Nummern dieser Zeitschrift ent¬ 
halten : Roger Allard, Le salon des Indöpendants, Renö 
Kemperheide, La Quesdon du Frangais en Belgique, 
Franz Dufour, la philosophie catholique de Joseph 
Serre, J. M. Bemard, Le thöatre de Jules Romains, 
T. de Visan, La personnalitö littöraire de F. Viölö Grif¬ 
fin usw. — „Art et Döcoradon“ veröffentlichten in ihrer 
letzten Nummer einen reich illustrierten Artikel über 
Albert Besnards indische Reise von Jaques Copeau. 
„L’art döcoratif“ veröffentlichte in ihrer zweiten April¬ 
nummer einen Aufsatz über die städtische Pariser 
Buchgewerbeschule „l’öcole Estienne“. Vor allem die 
Illustrationen dieses Aufsatzes werden die bibliophilen 
Kreise interessieren. 

Bedeutende Auktionen fanden auch im letzten 
Monat nicht statt 

Paris, Anfang Mai Otto Grautoff. 


Londoner Brief. 


Die Literatur Englands steht momentan unter 
dem Zeichen von Robert Browning. Anknüpfend an 
die Wiederkehr seines hundertsten Geburtstages, be¬ 
nutzt die Tages- und Fachpresse die Gelegenheit um 
den Heimgegangenen als Propheten, Philosophen und 
Dichter zu besingen. 

Wenngleich die Bewunderung für seine Werke 
die größeren und tieferen Schichten des Volkes weder 
erreicht noch durchdrungen hat so muß doch die 
Tatsache eingeräumt werden, daß er in einem klei¬ 


neren Kreise eine glühende Verehrung besitzt. Als 
das wichtigste Ergebnis und als die Aufsummierung 
seines Schaffens — so will es mir wenigstens dünken 
— kann man die, in formvollendeter, innerer und 
äußerer Schönheit zum Ausdruck gebrachte unver¬ 
gleichlich optimistische Weltanschauung betrachten. 

Ein anderer, aber von schwer düsterer Lebensauf¬ 
fassung beseelter Barde ist Rudyard Kipling. Sein 
neues Gedicht „ Ulster *“ beginnt mit den Worten „In 
der dunklen, elften Stunde“, und prophezeit, daß wenn 


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Londoner Brief 


„Home Rule" für Irland bewilligt wird, der Bürger¬ 
krieg auf der Grünen Insel unvermeidlich erscheint 
Ganz abgesehen von der Erörterung politischer Fragen 
und dem vorgetragenen Pessimismus, muß ich leider 
bekennen, daß das Gedicht als rein literarisches Pro¬ 
dukt sehr schwach ist 

Kürzlich wurden in England eine erhebliche An¬ 
zahl bibliographischer Werke herausgegeben, die für 
den Fachmann Interesse besitzen möchten, von denen 
aber hier nur zwei mit ihren Titelüberschriften ge¬ 
nannt werden können: 

„ Transactions of the Bibliographical Society“ Vol - 
XI. October igog bis März igu und ferner: „ The 
Revival of Printing. A Bibliographical Catalogue of 
Works issued by the Chief Modem English Presses. 
Macmillan. London 

Als das Fazit eines langen und mühsamen Fach¬ 
studiumsist anzusehen; „ The English ProvincialPrin¬ 
ters, Stationers and Bookbinders to 1557 By E. 
Gordon Duff. M. A. Cambridge University Press. 
4 s. net“. Bis zur Regierung Wilhelms III. wurde nur 
ausnahmsweise außerhalb Londons in der Provinz 
gedruckt und unter Heinrich VIII. entstanden nicht 
mehr wie in sechs Provinzialstädten Drucke: Oxford, 
Cambridge, St. Albans, York, Tavistock und Abingdon. 
Wahrend der Epoche Eduard VI. setzte es die protestan¬ 
tische Geistlichkeit durch, daß auch in Ipswich und 
Worcester Druckereien errichtet wurden, aber unter der 
Herrschaft der blutigen Maria hörte das Herstellen 
von Büchern in der Provinz gänzlich auf. Kaum mehr 
als 100 Druckwerke erschienen damals. 

Der Text eines altkoptischen Papyrus-Manuskripts, 
das als eines der wichtigsten Bibeldokumente von nun 
ab gelten wird, erschien soeben in der Druckform: 
„ Coptic Biblical Texts in the Dialekt of Upper Egypt 
edited by E. A. Wallis Budge. S°. Sold at the 
British Museum , Longmans, Quaritch, Asher and 
Henry Frowde. /j s. net“. Es betrifft das „Deutero¬ 
nomium“, Buch „Jonas“ und die „ Apostelgeschichte“ 
nebst kritischen Vergleichen mit jüngeren Manu¬ 
skripten und Parellelen. Der Papyrus stammt aus 
der Mitte des vierten Jahrhunderts, und die Sach¬ 
verständigen sind der Ansicht, daß nach dem Vatika¬ 
nischen Text der vorliegende der wichtigste sei. Es 
handelt sich nicht um einen Originaltext, wohl aber 
hat man Grund zu der Annahme, daß die Abschrift 
von einem aus dem dritten Jahrhundert herrührenden 
Codex geschah. Ankniipfcnd möge die Bemerkung 
gestattet sein, daß eine revidierte Lesart des neuen 
Testaments sich in Vorbereitung befindet. 

In der „British Academy ‘ hielt Mr. G. F. Hill 
einen später zum Druck gelangten Vortrag über den 
Kultus in Palästina während der griechisch-römischen 
Epoche. Hauptsächlich 'waren es zur damaligen Zeit 
im Lande gangbare Münzen, die zur Erklärung des 
Kultur herangezogen wurden'. Besonders interessant er¬ 
scheint der Nachweis über die Vermischung respektive 
Verschmelzung der heimischen mit den gräco-römischen 
Gottheiten. 

Die „ Society of Biblical Archaeologie“ lenkte die 
Aufmerksamkeit durch eine Vorlesung Mr. Pilchers 


auf sich, der über den Einfluß sprach, welchen die 
persischen, babylonischen, ägyptischen, und andere 
auswärtige Normalgewichte auf den Handel Palästinas 
ausübten und schließlich eine Abwandlung der alt¬ 
jüdischen Gewichte hervorriefen. 

Unter den neu herausgekommenen Nachschlage¬ 
werken erwähne ich folgende: „The Ofßctal year 
Book op the Church of England“', „The Shipping 
World year Book?', weiter „The Fleet Annual and 
Naval year Book't\ ferner „The Constitutional year 
Book“ und endlich „The Commercial Handbook of 
Canada“. 

Eins der erfreulichsten, neuerschienenen Werke 
ist zweifellos „The Life of Bret Harte, with some 
account of the California Pioneers. By Henry 
Childe, Merwin. Chatto dr* Windus, London. 10 s. 
6 d. net.“ Dies ist die beste bisher veröffentlichte 
Lebensbeschreibung Bret Hartes. 

Die Firma A. &* C. Black verlegt ein neues, 
unter der Redaktion von Mr. Martin Har die erschei¬ 
nendes Serienwerk, betitelt „Artisis Sketch-Books“. 
Jeder Band bringt 24 Bleistiftskizzen von Städte¬ 
ansichten. 

Der Herzog von Argyll leitete eine Gesellschaft, 
die der höchsten Beachtung und des allgemeinsten 
Interesses wert erscheint: „The National Lending 
Library for the Blind“, deren Ehrenvorsitzende der 
Herzog von Westminster und die Prinzessin Louise 
sind. Die Blinden, die die in Frage stehende Leih¬ 
bibliotheken benutzen, sind in London allein 6000 an 
der Zahl. Der Bücherbestand hat sich von ursprüng¬ 
lich, im Braille-System, d. h. mit erhabenen Buch¬ 
staben gedruckten 7000 Bänden, im letzten Jahre auf 
18000 erhöht 

Wie alljährlich, so fanden auch diesmal im April 
mehrfach Festaufführungen von Shakespeares Dramen 
in Stradford-on-Avon statt. Was nur irgend geschehen 
kann, um seine Werke mustergüldg zur Darstellung zu 
bringen, wird die große Shakespeare-Ausstellung in 
„Earls Court" in Szene setzen. Alles auf den Poeten 
Bezügliche ist hier vertreten und auch eine möglichst 
naturgetreue Kopie des „Globe-Theaters" errichtet 

Außer den bereits früher genannten Personen hat 
sich auch besonders noch Mr. James de Conlay um 
das Zustandekommen der Ausstellung verdient ge¬ 
macht. Aus der dramatischen Welt ist ferner zu be¬ 
richten, daß Zolas „Thlrlse Raquin“ für die. Bühne 
bearbeitet in englischer Sprache im „Court Theatre" 
zur Aufführung gelangte. 

Auf dem Auktionsmarkt brachten namentlich 
seltene und schöne Kupferstiche ungewöhnlich hohe 
Preise. So erreichten zum Beispiel Blätter aus der 
Richard Jonson-Sammlung nach Gemälden von Rey¬ 
nolds folgende Summen: „Gräfin Salisbury", von 
Valentin Green , erster Plattenzustand, 10200 M. 
(Agnew). „Lady Bampfylde von Watson . zweiter 
Plattenzustand 9450 M. (Colnaghi), „Mrs. Pelham", 
von Dickinson , erster Plattenzustand 9440 M. (Sabin). 
„Gräfin Carlisle" von Watson, erster Plattenzustand 
6190 M. (Colnaghi). 

Manuskripte und Bücher wurden auf den letzten 


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Wiener Brief 


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Auktionen bei Sotheby gleichfalls gut honoriert. Die 
Standesamtsakten von Gretna-Green aus den Jahren 
1825—54, kamen auf 8400 M. Carlyle, „A Dis- 
course on the Death of Marshai Keith“ 1060 M. 
(Quaritch); History of Frederick II ofPrussia“ 720 M. 
„Boccaccio“ 1360 M. Caxton, „Chronicles of Eng¬ 
land“, 1482, zweite Ausgabe, imvollständig 2300 M. 
,,Nümberger Chronik“, 1493, erzielte 800 M. Dorat 
„Fables Nouvelles“, 1773, 620 M. La Fontaine 
„Contes et Nouvelles“, 1762, zwei Bände, 840 M. 
„Roman de la Rose“, Manuskript aus dem XV. Jahr¬ 
hundert, 1200 M. St. Pierre , „Paul et Virginie“ 
1806, mit mehreren Autographen des Autors, 7800 M. 
Ein Blatt der „Mazarin-Bibel, 820 M. Jacobus de 
Voragme „Golden Legend“, von Caxton 1484—87 


gedruckt, 2700 M. Racine, 1801—1805, gebunden von 
Bradel-Derome für Napoleon I, 2600 M. 

In dem Nekrolog ist leider das Ableben von Mr. 
IV. P. Stead zu verzeichnen, der sowohl als Mensch 
wie als Schriftsteller, durch seine hohen geistigen 
Gaben und seine persönliche Liebenswürdigkeit sich 
viele Herzen erwarb. Für Deutschland erscheint sein 
Tod als ein besonders zu beklagender Verlust, da 
er ein aufrichtiger Freund unseres Vaterlandes war. 
Am meisten ist Mr. Stead in letzterer Zeit bekannt 
geworden durch seine Tätigkeit als Redakteur der 
„Review of Reviews”. Ein merkwürdiges Faktum bleibt 
es, daß der von höchstem Intellekt geleitete Schrift¬ 
steller ein überzeugter Spiritist war. 

London, Anfang Mai O. v. Schleinitz\ 


Wiener Brief. 


Der verstorbene^ehemalige Hofburgtheaterdirektor 
Max Burckhard, von dessen Bibliothek ich im letzten 
Wiener Brief Mitteilung gemacht habe, war auch ein 
eifriger Sammler von Zeitungsausschnitten insbesondere 
auf dem Gebiete der Theatergeschichte. Davon 
zeugen auch die 53 Foliobände dieser Sammlung, die 
er, wohl geordnet, hinterlassen und nach einer letzt¬ 
willigen Verfügung der Wiener Hofbibliothek ver¬ 
macht hat. Die Bücherei Burckhards wird im Herbst 
zu Gunsten des österreichischen Bühnenvereins ver¬ 
steigert. Auf Grund einer testamentarischen Bestim¬ 
mung wird der von Burckhard selbst angelegte Ma¬ 
terienkatalog als Auktionskatalog in Druck gelegt, zu 
dem Hermann Bahr ein Vorwort schreiben wird. 
Die 7000 Bände enthalten nur Gutes. Burckhard hat 
wiederholt seine Bibliothek entlastet und Unbedeuten¬ 
deres ausgeschieden. Was also jetzt zur Auktion ge¬ 
langen wird, darf als ausgewähltes Gut bezeichnet 
werden. Nach den Angaben des Buchhändlers Hugo 
Heller, der die Versteigerung vornehmen wird, gibt 
es kaum ein Gebiet des menschlichen Wissens, von 
den Kirchenvätern bis zur Medizin, das in Burckhards 
Bibliothek nicht in repräsentativen Werken vertreten 
wäre, wobei ihr Besitzer auch den Einbänden und der 
Schönheit der Ausgaben große Sorgfalt zugewen¬ 
det hat. 

In der „Wiener Abendpost“ wird von einer Reihe 
von interessanten Funden und Erwerbungen Mittei¬ 
lung gemacht, die der unter der Leitung Dr. Kon - 
rad Schiffmanns stehenden Linzer Studienbibliothek 
geglückt sind. Unter anderem handelt es sich um 
Wiederauffindung verloren geglaubter Teile eines im 
Stiftfe Baumgartenberg angelegten Thesaurus , der in 
seinem Inhalte und auch äußerlich zu den wertvollsten 
Urkunden gezählt werden dürfte. Ein zweiter Fund 
betrifft ein etwa 32:26 Zentimeter großes Papier¬ 
blatt, das in schwarzen und roten Missale-Typen ein 
Dankgebet, das Vaterunser, Ave Maria und das 
Glaubensbekenntnis, sämtliche in deutscher Sprache 
enthält. Nach dem Charakter der Typen im Ein¬ 
blattdruck gehört das Blatt dem Anfänge des XVI. 
Jahrhunderts an und hat für ein Heft, das ein Ver¬ 
zeichnis des Ungeldes enthielt, als Umschlag gedient. 


Es ist jedenfalls vor dem Jahre 1533 hergestellt und 
dürfte der älteste Salzburger Druck sein, der bisher 
bekannt ist 

Nicht unerwähnt möge hier ein Vortrag bleiben, 
den unlängst Dr. Anton Klima in der Wiener „Ura¬ 
nia" über das Thema „ Karikatur und Satire in der 
Technik" hielt. Eine wirklich technische Karikatur 
finde sich erst mit Beginn des XIX. Jahrhunderts, das 
die Entfaltung technischen Lebens gebracht habe. 
Der graphischen Satire biete sich mit dem Eindringen 
technischer Worte in den Sprachgebrauch, mit den 
großen Fortschritten des Verkehrslebens usw. eine 
Fülle neuer Stoffe und neuer Wirkungen dar. Ins¬ 
besondere die neuere Zeit weise graphische Künstler 
auf, die das Rüstzeug technischen Wissens derart 
meistern, daß sie fast selbstschöpferisch aufzutreten 
vermögen. Der Vortrag war von der Vorführung 
eines sehr reichen Bildermaterials begleitet, das eine 
Übersicht der technischen Karikatur vom XVI. Jahr¬ 
hundert bis in die Gegenwart bot In diesem Zu¬ 
sammenhänge seien drei Namen der jüngsten Zeit 
vorzüglich zu erwähnen: der verstorbene Wiener 
Emst Juch , der Münchener Heinrich Kley und der 
Engländer W. Robinson Heath . 

Die kürzlich ausgegebene zweite Lieferung des 
35. Jahrganges der im Verlage der Gesellschaft für 
vervielfältigende Kunst in Wien (VI. Luftbadgasse if) 
erscheinenden Zeitschrift „ Die graphischen Künste?* 
erfreut wieder durch Inhalt und Ausstattung. Vor 
allem sei auf die gehaltvolle, mit reichen Bildbeigaben 
versehene Studie Emil Waldmanns über Max Slevogt 
als Illustrator aufmerksam gemacht: („Die ganz 
großen Künstler haben aus diesem Dilemma, diesem 
Widerstreit zwischen Kunst und Kunstgewerbe zwei 
Auswege: Entweder sie illustrieren außerhalb des 
Textes, wie Delacroix den Faust... Oder sie kümmern 
sich einfach gar nicht oder nur pro forma um das 
Problem. Sie zeichnen die Vorstellung, die sie sich 
bei der Lektüre gemacht haben, auf, in aller Lebendig¬ 
keit, und fügen sie dann in den Druckspiegel ein*. . . 
Die wirklich guten Illustrationen des XIX. und XX. 
Jahrhunderts sind kein Buchschmuck. Ein Biblio¬ 
phile reines Wassers muß Menzels Geschichte Frie- 


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96 


Römischer Brief 


drichs des Großen schrecklich finden, Klingers Eros 
und Psyche ebenfalls . . . Aber darauf kommt es 
nicht an. Wer wirklich die Kunst liebt um ihrer selbst 
willen und um des Lebens willen, das sie ausdrückt, 
dem ist |das bibelot gleichgültig. Der greift, wenn 
er Buchillustrationen genießen will, zu den Seltenen... 
eben zu Menzel und zu Klinger, manchmal zu Bon- 
nard und Lautrec. Und neuerdings mit einer größeren 
Freude zu Max Slevogt.“) Das Heft enthält überdies 
einen Aufsatz Gustav Glücks über Dürers Gemälde 
des heiligen Hieronymus im Museum zu Lissabon, 
eine Würdigung der Radierungen Donald, Shaw, 
Mac Langklans aus der Feder Campbell Dogdons usw. 
und ist außer den Textillustrationen mit Kunstbeilagen 
geschmückt. 

Theodor Herzls „Feuilletons " liegen jetzt mit einer 
Vorrede von Raoul Autrnheimer in zweiter Auflage 
vor (J. Singer & Co. Berlin, zwei Bände). Wir haben 
uns alle seinerzeit an diesen Plaudereien des welt¬ 
männisch abgeschliffenen Zionistenführers, der zu¬ 
gleich das Amt eines Feuilletonredakteurs der „Wiener 
Neuen Freien Presse“ versah, ergötzt, die feine Kunst 
seiner Kinderstuben-, seiner Reiseskizzen gerne auf uns 
wirken lassen, nicht zuletzt uns herzlich an den Schwän¬ 
ken seines famosen Lokalreporters erfreut Auch 
die sprachliche Eleganz war vielen Tagesschriftstellem 
Vorbild und Muster. Herzl aber, wie es Auem- 
heimer tut mit Speidel, ja mit Kürnberger in eine 
Linie zu stellen, geht denn doch zu weit Speidel war 
gewißlich nur Feuilletonist, dies aber in klassischer 
Form» dessen Kunst überdies von einer umfassenden 
Weltbildung durchsättigt war. Kürnberger war vor 
allem ein mächtiges Temperament, das, alles in 
allem genommen, gegen die Zeitung und die Zei- 
tungsffon rebellierte. Herzl aber ist und bleibt, wie 


sehr sich auch sein Verehrer Auemheimer gegen 
dieses Wort sträuben mag, doch nur ein „Zeitungs¬ 
plauderer 4 ', einer freilich, der's kann, der’s gut kann, 
dessen Weise vornehm, amüsant und elegant ist 
dessen gesammelte Aufsätze aber kaum, wie das 
Vorwort glaubt, zu einer Bedeutung in der neueren 
deutschen Literaturgeschichte gelangen dürften. Der 
ehemaligen Unterschätzung des Feuilletonisten scheint 
jetzt eine Überschätzung des besseren Tagesschrift¬ 
stellers zu folgen. 

Das Jahrbuch des Stiftes Klosterneuburg, heraus¬ 
gegeben von Mitgliedern des Chorherrenstifters, liegt 
nunmehr in seinem vierten Jahrgange vor.* (Wilhelm 
Braumüller, Wien und Leipzig, 345 Seiten und 7 Tafeln.) 
Dr. Aiphons Lhotzky schreibt über die Teilnahmeder 
Begnadeten an Gottes Natur gemäß 2. Petr, I. 4., Dr. 
Ferdinand Schönsteiner über Religion und Kirche im 
josephinischen Zeitalter, Dr. Vincenz Oskar Ludwig 
über Probst Georg II. Hausmanstetter usw. Im Ver¬ 
gleiche zu früheren Jahrgängen ist das diesmalige 
Jahrbuch ein wenig einseitig geraten. Es wäre sehr 
schade, wenn diese Publikation des Chorherrnstiftes, 
die bereits einen ansehnlichen Freundeskreis um sich 
zu versammeln verstanden hat, nur dem Gebiete 
des Religiösen oder Religionsgeschichtlichen und 
ähnlichen Themen sein Interesse zuwendete. Wie 
reich und anregend war noch der dritte Jahrgang! 

Schließlich möchte ich noch aus dem reichen In¬ 
halte des 8. Heftes der Monatsschrift „Deutsche Ar¬ 
beit " (Prag, I) die zwei Beiträge: Prag im Spiegel der 
deutschen Dichtung von Adolf Ryba und Gefangnis- 
erlebnisse von Prager Studenten in den Jahren 1849 
bis 1852 II. Teil von W. Ernst hervorheben. 

Wien, Anfang Mai. Hans Feigl. 


Römischer Brief. 


Die Einweihung des neuerbauten Campanile der 
Markuskirche in Venedig ist durch eine historische 
Ausstellung, die „Mostra del Campanile“ besonders 
gefeiert worden. Die außerordentlich anziehende und 
interessante Ausstellung ist in den würdigen Räumen 
des Dogenpalastes untergebracht Im ersten Stock 
begegnen wir zunächst den Dokumenten, die sich auf 
die letzten Jahrzehnte des Campanile und auf seinen 
Einsturz beziehen. Hier fällt besonders ein großes 
Modell des Markusplatzes auf, das in den Jahren 
1855—1867 von den Brüdern Gilbert von Winckels 
mit erstaunlicher Geduld und peinlicher Genauigkeit 
in Holz geschnitzt worden ist, und das das Museum 
von Verona ausgestellt hat Im anstoßenden Saale 
finden sich hingegen in eigentümlichem Kontraste die 
Dokumente und Zeugnisse aus der ältesten Zeit. Noch 
die modernen Tageszeitungen mit den Berichten über 
den Einsturz vor Augen begegnen wir hier dem archäo¬ 
logischen Material, wie es in den Trümmern gefunden 
wurde. Die uralten Ziegelsteine mit den Fabrikzeichen 
darauf, mit Darstellungen von Menschen und Tieren, 
den Resten alter Bauten; Basreliefs, Säulen und Ka¬ 
pitalen, Stücken von Steinen, die auf beiden Seiten 


bearbeitet sind und die Spuren der verschiedenen 
Kunstepochen tragen, Mustern der ersten Pfahlbauten 
und — etwas unzusammenhanglos — eine Wieder¬ 
herstellung der Madonna des Sansovino. In dem an¬ 
stoßenden sogenannten Saal „Quarantia Civil Vecchio,“ 
verkündet eine Anzahl neuer Gemälde den Ruhm des 
Campanile. Im ersten Saale des obem Stockes thront 
im Hintergrund der Löwe von Sant Marc9 von Caraccio, 
außer einer Anzahl historischer Trophäen und Waffen 
aus der Geschichte Venedigs sind hier Gemälde von 
Canaletto, Guardi und Bclotlo ausgestellt, die das 
Venedig des XVIII. Jahrhunderts zeigen. Im Nebensaal, 
inmitten von 333 alten Kürassen — wird der Ruhm 
Francesco Morosinis des aus den Türkenkriegen be¬ 
kannten venezianischen Admirals verherrlicht: inmitten 
der drei Schiflfslaternen, die er von türkischen Galeeren 
erbeutet hat, steht die Büste des großen Seehelden. 
Hier sind einige Gemälde alter Meister gesammelt, 
unter denen die zwei des Bonifasio, die der Königliche 
Hof hergeliehen hat, sowie das Gemälde, das be¬ 
stimmt war, in Toleutimo das Wunder der Auslöschung 
des berühmten Brandes des Dogenpalastes zu weihen, 
besonders hervorzuheben sind. Im letzten Saal ist 


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Römischer Brief 


97 


die im eigentlichsten Sinne historische Abteilung der 
Ausstellung vereinigt. Hier finden sich die Urkunden 
und Abbildungen, die die Geschichte des Gebäudes 
erzählen, dessen Wiederaufrichtung Venedig in diesen 
Tagen festlich begangen hat. Die älteste Urkunde 
reicht bis ins Jahr 1152 zurück, und in jener ersten 
Zeit vermischt sich fast drei Jahrhunderte hindurch 
die Geschichte des Campanile mit den Sagen, die den 
merkwürdigen Boden Venedigs umweben. Wie oft 
hat es zu allen Zeiten den Anschein gehabt, als hätten 
sich die Naturkräfte gegen die „ Mole di Venezia“ 
verschworen. Die Geschichte des Campanile ist die 
Geschichte von Erdbeben, Bränden und zündenden 
Blitzen. Hier begegnen wir Abbildungen in Repro¬ 
duktionen nach Gemälden, Miniaturen, Holzschnitten 
in Inkunabeln, in den merkwürdigsten und über¬ 
raschendsten Formen; Zu einem bestimmten Zeitpunkt 
erscheint die „Cella“ zum erstenmal: Der Prokurator 
von San Marco, Grimani, betrachtet mit Wohlgefallen 
die prachtvolle Zeichnung eiiler Bekrönung aus Mar¬ 
mor, deren bedeutende Kosten durch die Republik 
aufgebracht wurden, und zwar durch Verkauf gewisser 
Kleinodien aus dem Schatze von San Marco und 
durch Reduzierung der Gehälter für die Geistlichen 
auf drei Jahre. Daneben die verwickelte Geschichte 
der „Logetta“: Von der ursprünglichen Form an, wie 
sie Sansovino erdacht hatte, bis zu den Änderungen 
des Longhena, mit Erinnerungen an die verschiedenen 
Ämter, für die sie gedient hat Dann folgen ver¬ 
schiedene historische Dokumente, von ganz eigenem 
Wert und Reiz. Die letzte Rechnung der Republik 
Venedig über Ausgaben für den Campanile aus dem 
Unglücksjahre 1797 (Ende der Republik infolge Ein¬ 
nahme der Stadt durch Bonaparte); Berichte über 
Umschmelzung der Glocken und Wiederaufrichtung 
des Engels vom Jahre 1822; aus einer Urkunde vom 
4. April 1849 erfahren wir, daß von den Glocken die 
österreichischen Adler abgefeilt wurden, schließlich 
zeigen die Bilder von der Niederlegung der alten 
Holzläden, die früher um den Turm herumstanden, 
den Campanile, wie er bis zum 14. Juli 1902 zu sehen 
war. Die Ausstellung schließt mit einer wertvollen 
Sammlung alter Kupferstiche und Holzschnitte aus 
dem „ Museo Civico“, die Zeremonien, Feste, Pro¬ 
zessionen, merkwürdige Gebräuche usw. auf dem 
Markusplatz und seiner unmittelbaren Umgebung in 
ihren charakteristischsten Zügen wieder aufleben lassen, 
r Das „Giomale della Libreria“ bringt einen Brief 
zum Abdruck, den eine der bekanntesten Persönlich¬ 
keiten Venedigs, Giuseppe Volpi, aus Anlaß der Ein¬ 
weihung des neuerbauten Campanile an den Bürger¬ 
meister von Venedig, Conte Grimani, gerichtet hat: 
„An diesem Tage von Sant Marco, der durch die Voll¬ 
endung des neuerbauten Glockenturmes so überaus 
feierlich für uns ist, wünschen drei Gesellschaften, die 
einen guten Teil ihres Gedeihens dem Boden ver¬ 
danken, über dem noch immer die Erinnerung des 
heiligen Löwen schwebt, unserer Stadt eine Gabe dar¬ 
zubringen, und lediglich, weil ich die Anregung ge¬ 
geben habe, bin ich ausersehen worden, Ihnen, der 
Sie eine unauslöschliche Liebe für unsere Geschichte 


hegen, die Mitteilung hiervon zu machen. Die Gabe 
soll in einer Geschichte der Republik Venedig bis zu 
ihrem zweiten Ende (1848) bestehen und die Geber 
sind: die Venezianische Schiffahrtsgesellschaft, die 
Gesellschaft für Wasserkräfte in Venezien und die 
Adriatische Elektrizitätsgesellschaft . Gewiß existieren 
vollständige Geschichten von Venedig, aber sie sind 
zu umfangreich und meist nicht mehr zu bekommen; 
auch fehlt es an recht schätzbaren neueren Hand¬ 
büchern nicht. Es existieren erschöpfende Arbeiten 
über die Sitten und Gebräuche sowie über das Leben 
der Stadt, aber wie uns schien, vereinigt kein Werk 
in gewählter Fassung und in einem handlichen Bande 
die wunderbare politische und bürgerliche Geschichte 
einer Größe von fünfzehn Jahrhunderten. Und so 
wünschen wir, daß unsere schon so reiche Literatur 
über Venedig um einen solchen Band bereichert werde, 
der mit 100 Tafeln ausgestattet werden soll, und möch¬ 
ten das fertige Werk am Sankt Markustage des kom¬ 
menden Jahres in 2000 Exemplaren der Stadt zum 
Geschenk machen. Hervorragende Kenner unserer 
Geschichte und Kunst wie Pompeo Molmenti, Antonio 
Fr adele tto, Vittorio Rossi, Ettore Vito und Vittorio 
Cian , alle Venezianer, haben sich bereit erklärt, dem 
Redaktionskomitee dieser neuen Geschichte Venedigs 
beizutreten, und diesen Männern gehört unsere tiefste 
Anerkennung, daß sie zu einem Werke beitragen 
wollen, welches, von ihnen mit den Mitteln und in 
der Form ausgeführt, die ihnen am geeignetsten 
erscheinen, zweifellos so ausfallen wird, wie es der 
Stadt würdig ist.** Und Pompeo Molmenti, der her¬ 
vorragende Verfasser der „ Vita privata dei Veneziani“, 
hat den Vorsitz des Komitees übernommen. Kaum 
glaublich, aber es existieren nur zwei Geschichten der 
Republik Venedig: die von Romanin und die kürzer 
gefaßte von Sagredo\ aber beide sind veraltet, wenig 
geeignet für die Bedürfnisse des modernen Studiums 
und weit entfernt von den neuen Methoden der 
Forschung und Geschichtsschreibung. — Der Ge¬ 
danke Volpis wird sicherlich in Venedig den Beifall 
aller Gebildeten haben und es ist zu hoffen, daß er 
außerhalb Venedigs unter finanziellen und industriellen 
Gesellschaften nicht nur Bewunderer, sondern auch 
Nachahmer finde. 

Der „Marzocco" widmet seine Nummer vom 
14. April dem Andenken des kürzlich verstorbenen 
Dichters Giovanni Pascoli. G. S. Gargano würdigt in 
einem eingehenden Aufsatz den Dichter und den 
Menschen. Dann kommen Beiträge von Angiolo Or ■ 
visto, Luigi Valli; eine interessante Arbeit von 
G. Vitelli über Pascoli als lateinischen Dichter; ferner 
spricht Aldo Lorani über den Glauben Giovanni Pas- 
colis; Giulio Caprin über „Giovanni Pascoli und die 
Kritik“. Dazu kommen eine ganze Anzahl kleiner Artikel, 
persönlicher Erinnerungen, Abdrucke von Briefen, 
Faksimiles von Autographen und anderes. Von be¬ 
sonderem Interesse ist auch eine Zusammenstellung 
von Arbeiten, die der Dichter unveröffentlicht oder 
unvollendet hinterlassen hat. 

Bei Leo S. Olschki in Florenz beginnt in diesen 
Wochen unter dem Titel „/ Disegni della R. Galleria 


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Amsterdamer Brief 


degli Uffiz?* eine ganz hervorragende Publikation zu 
erscheinen. Die Herausgabe der Handzeichnungen 
der Uffizien in getreuem Faksimile ist bei der Zahl 
und Qualität der dort vereinigten Sammlungen ein 
ebenso verdienstvolles wie kühnes Unternehmen, das 
die Anerkennung und Förderung aller Kunstkenner 
und Freunde der ganzen Welt verdient In dem Pro¬ 
spekt, den zu lesen wegen seiner prachtvollen typo¬ 
graphischen Ausstattung eine Freude ist, heißt es: 
„Die Sammlung der Handzeichnungen, die in dem 
Kabinett der Königlichen Uffizien zu Florenz aufbewahrt 
wird, kann als einzigartig bezeichnet werden, sowohl 
wegen des Alters ihres Ursprungs, wie wegen ihres 
Umfangs (zirka 45000 Stücke) sowie wegen der Qua¬ 
lität der Blätter. Bei dem lebhaften Interesse, das 
man in Florenz seit der Renaissance allen Zweigen 
der Kunst entgegenbrachte, entstanden frühzeitig 
Sammlungen von Handzeichnungen, wie die berühm¬ 
ten des Vasari und Borghini , die dann, zum großen 
Teil von dem Kardinal Leopold Dei Medici ', auf Rat 
Filippo Baldinuccis vereinigt worden und den Grund¬ 
stock des Kabinetts der Uffizien bildeten. Die nach¬ 
folgenden Großherzöge erweiterten die Sammlung mit 
beständiger Fürsorge: durch Erwerbungen von den 
Adelsfamilien Gaddi und Michelozzi und aus den 
Sammlungen Hugford und Mariette. Eine bedeutende 
Bereicherung erfuhr die Sammlung auch durch Schen¬ 
kung der Zeichnungen Emilio Santarellis, sowie durch 
Erwerbungen und Geschenke aus den Kollektionen 
Geymüller, Morelü und Malvezzi. Diese reichen 
Schätze sind sehr wenig bekannt, da die Publikatio¬ 
nen, die bisher — und nur von einer geringen Zahl 
von Zeichnungen — erschienen, fragmentarisch und 
unzulänglich sowohl in der Auswahl wie in der Qua¬ 
lität der Reproduktionen sind. Es hat sich daher das 
Bedürfnis fühlbar gemacht, eine neue Publikation zu 
veranstalten, mit der Absicht die künstlerisch wich¬ 
tigsten Stücke weiteren Kreisen bekannt zu machen. 
Nicht allein Studienzwecken sollen diese Blätter 
dienen, sondern auch Liebhabern und Künstlern will 
man die schönsten Muster der Zeichenkunst ver¬ 
gangener Jahrhunderte in einer mit den modernen 
Mitteln vollendeten Wiedergabe zugänglich machen. 


Zu diesem Zwecke hat sich ein Komitee gebildet, dem 
P. N. Ferri t Inspektor des Handzeichnungskabinetts 
der Uffizien, Carlo Gamba, Ehreninspektor der Mo¬ 
numente von Florenz, Carlo Loeser und Giovanni 
Poggi, Generalintendant der Galerien und Museen 
der Toskana, beigetreten sind. Die Absicht ist, fünf 
Jahre hindurch jährlich 100 Tafeln zu veröffentlichen, 
die in der Größe der Originale nur solche vor den 
besten Blättern wiedergeben sollen, deren Echtheit 
außer allem Zweifel steht Die Blätter werden von 
dem „Instituto Micrografico italiano“ ausgeführt. 

Die 100 Tafeln, die jährlich erscheinen sollen, 
werden in Lieferungen von 20—30 Blatt herausgegeben 
werden, deren jeder eine kurze Einleitung beigegeben 
wird. Jede Lieferung wird die Zeichnungen eines 
Künstlers enthalten, oder aber mehrerer, die durch 
Schule oder Richtung miteinander verwandt sind. Die 
Herausgabe jeder Lieferung soll im allgemeinen einem 
der Komiteemitglieder übertragen werden, doch be¬ 
hält das Komitee sich vor, in besonderen Fällen auch 
andere Fachgelehrte von Ruf zur Mitarbeit heran¬ 
zuziehen. Die vier Lieferungen des ersten Jahrganges 
werden folgenden Künstlern gewidmet sein: 1. Ponto- 
tormo. — 2. Tizian und Tintoretto. — 3. Einigen Floren- 
tinischen Quattrocentisten (Paolo Uccello — Pollai- 
nolo — Andrea del Verrocchio — Sandro Botticelli). — 
4. Fremden Landschaftsmalern in Italien (Matteo 
Brill — A. Elzheimer — Paolo Brill — Claude Lor- 
rain — H. Swanevelt — N. Berchem — G. Suster- 
man — Jacques Callot — C. Poelemburg — Gio¬ 
vanni Both — Gaspare Vanvitelli). Die folgenden 
Serien werden enthalten: Venezianische Meister des 
Quattrocento — Lombardische und Emilianische Künst¬ 
ler des Quattrocento — Florentiner und Bolognesen 
des Seicento — Piero di Cosimo — Filippino Lippi — 
Leonardo da Vinci — Michelangelo — Raffaelo — 
Sodoma — Caspaccio — Savoldo — Pordemone — 
Dosso Dossi — Gaudenzio Ferrari — Correggio — 
Parmigianino — Fra Bartolommeo — Andrea del 
Sarto — Cecchino Salviati — Baroccio — Primaricdo 
— A. Dürer — Breughel der Ältere — Steffanino 
della Bella — Callot usw. . 

Rom, Anfang Mai 1912. Ewald Rappaport, 


Amsterdamer Brief. 


Die kürzlich erschienene 13. Lieferung des 
Werkes von W. Ny hoff, „Lart typographique dans 
les Pays-Bas (1500—1540) enthält zwei neue Blätter 
mit Reproduktionen nach Holzschnitten und Schrift¬ 
proben des Antwerpener Buchdruckers Jan van Does- 
borch; zwei der Bücher sind englische Ausgaben, 
eins ist betitelt: „The fifteen tokens“ (c. 1505), das 
andere ist eine Übersetzung des Eulenspiegel; der aus 
letzterem abgebildete Holzschnitt ist eine Kopie nach 
dem Holzschnitt aus der ursprünglichen holländischen 
Ausgabe, die 1512 in Antwerpen bei Michael van 
Hoochstraten erschien; dargestellt ist der Streich, den 
Eulenspiegel in Lübeck dem Weinhändler spielt; der 
Holzschnitt in der englischen Ausgabe steht künstle¬ 
risch etwas höher als das derbe Vorbüd; doch sind 


die Unterschiede minimal; vielleicht ist sogar der alte 
Holzstock benutzt. Von anderen hier reproduzierten 
Arbeiten aus der Doesborchschen Offizin sei noch 
hervorgehoben ein Holzschnitt aus „Die Reyse van 
Lissebone 1508“. Aus der Werkstatt eines anderen 
Antwerpeners, des Hendrik Eckert van Homberch, 
der schon durch acht Blätter vertreten war, bringt 
das neue Heft einen großen Titelholzschnitt aus 
„Voragine, Passionael. Het winter stuck 1516“. Die 
freie und sichere Technik, die besonders bei der 
Zeichnung der Gesichter und der Hände auffallt ver¬ 
rät die Hand eines Meisters der Holzschnittkunst. 
Dann kommen vier Blätter des Antwerpener Druckers 
Willem Vorsterman, zuerst zwei noch sehr rohe Holz¬ 
schnitte aus (Petrus) Coloniae, „Ars memorativa“ (1510), 


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Amsterdamer Brief 


99 


dann aus der „Triomphante entrde de Ferdinand ä 
Stoel Wittenburch(Stuhlweißenburg) 1527“, ein technisch 
viel fortgeschrittenerer Holzschnitt, die Vorhut des 
Zuges mit Trommler und Pfeifer darstellend, und eine 
Schriftprobe in kleiner Fraktur; kräftiger und schöner 
ist die gotische Letter aus dem „Missale itineranrium", 
von dem sich auf demselben Blatt eine Probe findet; 
von den andern hier veröffentlichten Arbeiten Vorster- 
mans sei noch ein in der Wiedergabe der Bewegung 
zweier fechtender Männer ganz gelungener Holzschnitt 
erwähnt, der sich in „La noble Science des joueurs 
despee“ von 1538 findet Zwei Blätter sind dem Brüsseler 
Thomas van der Noot gewidmet das eine bringt den 
Titelholzschnitt aus Ximenes de Prexano, Dat licht der 
Kerste 1518 (beschrieben bei Moes Amsterdamische 
Drukkers I, Seite 36); dargestellt ist Christus als Welt¬ 
heiland in einem Strahlenkranz. Sehr große Ver¬ 
wandtschaft, sowohl in der Technik wie in dem Christus¬ 
typus zeigt dieser Holzschnitt mit den Arbeiten des 
Jacob Cornelisz; besonders auffallend ist die Ähnlich¬ 
keit mit dem auferstandenen Christus auf dem Rund 
aus der großen Passion (Wurzbach Nr. 13). Der 
Christus in dem reproduzierten Titel ist offenbar eine 
Kopie nach Jacob Cornelisz. Daß wir es hier nicht 
mit einer eigenen Arbeit des Künstlers zu tim haben, 
dagegen spricht die schwächere Ausführung; wo sich 
zum Beispiel auf dem ursprünglichen Blatt, zwei oder 
mehr Linien finden, sind dieselben in der Kopie oft 
in eine einzige dicke Linie zusammengeflossen. 

Von Thomas van der Noot sind außerdem re¬ 
produziert zwei Holzschnitte und eine Schriftprobe 
aus.* „Een schoone contemplacie op de psalm Mi¬ 
serere mei Deus" (zirka 1516) und das Signet des 
Druckers aus dem „Spiegel der behoudenisse“ (zirka 
1510): ein gewappneter Ritter, dessen Leib in einen 
Fischschwanz endigt. Diesesselbe Druckerzeichen ist 
übrigens schon einmal in einer der früheren Abliefe¬ 
rungen reproduziert (Blatt Nr. III des van der Noot), 
es ist da aber einem anderen Buch, „Olivier de la 
Marche, Den triumphe ende Apalleersel der vrou- 
wen" (zirka 1514) entnommen. —Dann kommen noch 
zwei Blätter, die aus zwei Offizinen der alten Univer¬ 
sitätsstadt Löwen gewählt sind. In beiden Fällen 
sind es gelelute Werke, ein juristisches: P. Aegidius, 
„Summae sive argumenta legum“ eine Arbeit von 
Theodoricus M artinus Alostensis, von dem das von 
einer schweren plumpen Umrahmung von Renaissance¬ 
motiven eingefaßte Titelblatt abgebildet ist, und ein 
medizinisches: N. de Boussut, „Trium questionum 
definitio“, von dem die Darstellung des Sündenfalles 
durch die sonderbare Versammlung oben in dem Baum 
eines gewissen naiven Reizes nicht entbehrt Das letzte 
Blatt bringt die Arbeiten eines Amsterdamer Buch¬ 
druckers, des Hugo Jansz. van Woerden; es ist ein 
kleines mit primitiven Holzschnitten geschmücktes An¬ 
dachtsbüchlein : „Lyden Jesu dat d. H. Vrou wen Birgitten 
geopenbaert was" (zirka 1510); das einzige bekannte 
Exemplar dieses Buches, wie der meisten anderen in 
diesem Hefte publizierten Bücher, befindet sich im 
British Museum zu London. 

Einen schönen Katalog über moderne holländische 
Z. f. B. 1912/1913. 


Radierer hat die Amsterdamer Kunsthandlung, E. J. 
v. Wisselingh Rokin 78—80, herausgegeben, der 
durch die große Anzahl der Illustrationen für die Ge¬ 
schichte der modernen Radierung von bleibendem 
Werte sein wird. (Illustrated Catalogue of original 
etchings.) 

Die Titel und Maße der Blätter sind holländisch 
und englisch angegeben. Es sind im ganzen nur 
vier Künstler, zum Teil von ganz entgegengesetzten 
Neigungen, von denen hier Reproduktionen gebracht 
werden. Marius Bauer , (geboren 1867) steht ganz im 
Bann der märchenhaften Pracht der Welt des Orients 
und sucht den eigenartigen Zauber, den das bunte 
vielköpfige Leben in den islamitischen Ländern und als 
Hintergrund die bizarre Architektur der Moscheen 
und Minarets ausübt, mit der nervösen Radiernadel auf 
der Kupferplatte festzuhalten. Es ist die Welt von Tau¬ 
sendundeiner Nacht, die er in einem magischen Hell¬ 
dunkel, in all ihrem Reichtum und ihrem Glanz vor uns 
erstehen läßt Bauer ist in dem Katalog am zahlreich¬ 
sten vertreten. Der zweite Künstler ist der leider zu 
früh verstorbene Pieter Dupont (1870—1910), der sich in 
der hier gebotenen Auswahl hauptsächlich als Tier¬ 
darsteller, und noch spezieller als Pferdeliebhaber 
präsentiert; daneben lernt man ihn auch als Radierer 
feiner Stadtansichten und kleiner Landschaftsaus¬ 
schnitte schätzen; die meisten seiner Arbeiten sind 
Radierungen, nur einiges ist mit dem Grabstichel ge¬ 
stochen. In dem dritten Graveur, in W. Witsen (geboren 
1860), der hier quantitativ gleich nach Bauer kommt, 
tritt uns ein meisterhafter Interpret des eigenartigen etwas 
melancholischen Reizes von Alt-Amsterdam und Alt- 
Dordrecht entgegen; Winter oder Herbst ist es auf 
diesen feinen Radierungen, ein grauer Himmel hängt 
über der Stadt und kahle Bäume heben sich fein von 
der Luft ab. Witsen ist es nur um den malerischen 
Effekt des Stadtbildes zu tun, das Straßenleben inter¬ 
essiert ihn nicht, Figuren ^erscheinen auf Stadtan¬ 
sichten nur ganz vereinzelt; gerade durch das Men¬ 
schenleere bekommen diese Sachen so etwas Fried¬ 
volles und man möchte sagen Abgeklärtes. Daß 
Witsen aber auch ein tüchtiger Figurendarsteller ist, 
zeigen eine Reihe anderer Radierungen von ihm, wo 
die menschliche Gestalt im Innenraum bei der Arbeit 
oder auf dem Feld bei landwirtschaftlicher Tätigkeit 
abgebildet ist; auf diesen Blättern, wie dem „Dorf¬ 
schmied“ oder den „zwei strickenden Frauen", die bei 
Sonnenuntergang über das Land wandern, ist die 
Figur sogar die Hauptsache und die Umgebung 
bloßer Rahmen. Abgebildet in dem Katalog sind 
auch ein paar farbige Radierungen, die im Hafen 
liegende Torfschiffe darstellen. Der vierte der in 
dem Katalog vertretenen Künstler ist W. de Zwart, 
(geboren 1862) der mehr die reine Landschaft pflegt; 
Wiesen mit weidenden Kühen, der Waldesrand mit 
einem vereinzelten Bauemgefahrt, ein unter Bäumen 
verstecktes Gehöft oder Boote im Hafen bei ein¬ 
brechendem Abend sind die Themata, die er in seiner 
geistreichen Manier, die mit einem Gewirr feiner 
zitteriger Linien ihre Wirkungen erzielt, mit Vorliebe 
variiert 

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Amsterdamer Brief 


Auf zwei kürzlich in Zeitschriften erschienene 
meisterliche kleine Erzählungen möchte ich an dieser 
Stelle hinweisen. An sich haben sie nichts Gemein¬ 
sames, aber durch die knappe, nur das Wesentliche 
hervorhebende Kunst der Darstellung, die sich nicht 
in langatmige Kleinmalerei verliert, zeichnen sie sich 
vor vielen anderen Erzeugnissen moderner holländi¬ 
scher Prosa vorteilhaft aus. Die eine umfangreichere 
Arbeit erschien im Dezemberheft von „Groot-Neder- 
land" und hatte einen Schriftsteller der älteren Gene¬ 
ration zum Verfasser: Marcellus Emans (geboren 1847), 
der in der scharfsinnigen Analyse von Seelenzuständen, 
der Plastizität seiner Schilderungen und dem pessi¬ 
mistisch-skeptischen Grundton an Maupassant und 
Turgenjeff erinnert; der modernen „Wortkunst“, der 
durch Klang und Wort malenden Poesie ist er in der 
Theorie wie in der Praxis gleich abgeneigt Die „ Uit 
vrees '* (aus Furcht) benannte Novelle behandelt das 
eigenartige Problem der Furcht vor dem Tode oder 
vielmehr vor dem Sterben. Sehr fein ist die Genesis 
dieser Furcht erzählt; sie datiert von dem Zeitpunkt an, 
wo die betreffende Person zum ersten Male, als Schul¬ 
knabe, einen Toten erblickt; dieses Bild prägt sich mit 
allen zufälligen Einzelheiten dem jungen, empfindlichen 
Gemüt unauslöschlich ein. Es ist ein Schopen¬ 
hauerscher Gedanke, der hier in einem bestimmten In¬ 
dividuum Fleisch und Blut geworden ist und mit 
Folgerichtigkeit durchgeführt wird: der Tod an sich 
schon als Einwand und Urteil über den Wert des 
Lebens empfunden. Daß nur jemand, der von keiner 
materiellen Not oder Sorge gequält wird, sondern im 
Gegenteil durch nichts behindert sein Dasein ausleben 
kann, sich für ein solches Experiment eignet, ist klar. 
Nur die völlige Freiheit von allem Zwang, was 
Schopenhauer die Langeweile nennt, ist ein günstiger 
Nährboden für solche Reinkulturen eines einzigen 
beherrschenden Gedankens. Das Problem findet seine 
Lösung darin, daß der Kranke, der aber im übrigen 
ein ganz normaler und intelligenter Mann ist — er ist 
eben zu intelligent —, um die quälende Vorstellung los 
zu sein vom Tode oder von einer zum Tode führenden 
Krankheit überrumpelt zu werden und dann vielleicht 
in einem Hospital, umgeben von fremden, gleich¬ 
gültigen Menschen sein Dasein endigen zu müssen, aus 
freien Stücken und mit vollem Bewußtsein auf einer 
Vergnügungsfahrt im Mittelmeer in einer schönen 
Sommernacht ins Wasser springt. — Die andere Er¬ 
zählung, die ihren Hauptreiz der abenteuerlichen 
Handlung verdankt, ist von Maurits Wagem/oort, 
einem jungen Journalisten, und wurde im Märzheft 
des „Nieuwe Gids“ veröffentlicht „De gevilde aap " 
(der gehäutete Affe) ist der Titel. Hier haben wir 
keine tiefgehende Analyse einer komplizierten Per¬ 
sönlichkeit sondern die lebendige Schilderung eines 
Reiseabenteuers im Innern von Englisch-Indien. Eine 
unheimlich drohende Stimmung liegt über dem Ganzen, 
Der Reisende setzt in der Dämmerung als einziger 


Europäer auf einer Fähre über den Ganges; mit ihm 
viel Eingeborene, darunter ein Derwisch mit gezähm¬ 
ten Schlangen und ein indischer Fakir mit einem 
zähnefletschenden heiligen Affen, in welcher Gesellschaft 
der Reisende sich nichts weniger als behaglich fühlt 
Da sein Reiseziel zu weit entfernt liegt um es noch 
vor Anbruch der Dunkelheit zu erreichen, sieht er sich 
genötigt in einem elenden Posthaus in dem kleinen Ort 
am andern Ufer zu nächtigen. Aber an Schlaf ist nicht 
zu denken; der Raum, in dem sein Nachtlager auf¬ 
geschlagen ist, ist nicht verschließbar, sein Moskitonetz 
kann er nicht befestigen; er geht also ins Freie. Er 
lenkt seine Schritte nach einem kleinen Häuschen in 
dem Garten, und da wird er Zeuge einer grausigen 
Szene. Wie ein beklemmender Fiebertraum wirkt 
die Schilderung derselben; der Derwisch hat den 
Falrir durch ein Getränk betäubt, hat den Affen ge¬ 
tötet, um sich zu Quacksalberkünsten seine Leber an¬ 
zueignen und ist, selbst blutüberströmt, gerade damit 
beschäftigt dem toten Tier langsam, als ob er ein 
Kleid auftrennt, das Fell abzuziehen; während dessen 
kommt der durch Datura vorübergehend gelähmte 
Falrir wieder zu sich, stürzt sich vor Wut rasend auf 
den Mörder seines Tieres und es beginnt zwischen 
den beiden „Heiligen" ein Kampf um Leben und Tod, 
in denen beide verbluten. Die Darstellung, die sich 
durch große Anschaulichkeit und sicheres Gefühl für 
die Grenzen der erzählenden Kunst auszeichnet — kein 
Wort darin ist zu viel —, könnte eines Edgar Poe 
würdig sein. Von andern Zeitschriftenartikeln wird 
deutsche Leser ein Artikel von F. J. Kubatz in dem 
ersten diesjährigen Heft der Zweimonatsschrift „ Bouw - 
ktinst“ interessieren; mit großer Anerkennung wird 
darin das Tietssehe Warenhaus in Düsseldorf % das 
Olbrichsche Meisterwerk, besprochen. Der Verfasser 
vergleicht es mit dem Messelschen Wertheimbau in 
Berlin und er sagt darüber: „Wertheim ist vielleicht 
schöner, Tietz ist kräftiger* und zeigt einen entschie¬ 
deneren Willen und ein größeres Können*'. 

In der Januamummer der „ Beweging“ ergreift 
C. G. N. de Vooys das Wort zu der Rechtschreibungs¬ 
frage', den von uns Heft x des vorigen Jahrganges 
Seite 9 besprochenen Aufsatz über dieses Problem 
nennt er eine „Mischung von unverdauter Schulweis¬ 
heit und Laienanschauungen, die von einer betrügeri¬ 
schen Schicht moderner Sympathien bedeckt ist**. 
Die Nummer enthält ferner von H. B. Berlage, einem 
der führenden holländischen Architekten, einen mit 
vielen Zitaten aus Kant, Hegel, Semper und — Dietz- 
gen (!) gespickten Artikel über die Grundlagen und 
die Entwicklung der Architektur. In demselben Heft 
macht T. J. de Boer das holländische Publikum mit 
der Sammlung Aufsätze des großen Berliner Dialek¬ 
tikers Georg Simmel über „Philosophische Kultur 4 * 
bekannt. 

Amsterdam, Anfang Mai. M. D. Henkel 


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Rundschau der Presse 


IOI 


Rundschau der Presse. 

Von Professor Dr. Adalbert Hortzschansky in Berlin-Lichterfelde. 

Die nachfolgende Übersicht versucht, die wichtigeren in Zeitschriften und Zeitungen enthaltenen Aufsätze und Abhandlungen zu 
verzeichnen, soweit sie für die Leser unserer Zeitschrift in Betracht kommen. Zusendung von Sonderdrucken und Ausschnitten an die Adresse 
des Bearbeiters in Berlin-Lichterfelde, Moltkestr. 40, erbeten. 


Schrift-, Buch- und Bibliothekswesen. 
Allgemeines. 

Cumont, F., Les manuscrits coptes de la Biblioth&que 
Morgan. 

Acadimie r. de Belgique. Bulletins de la classe 
des lettres. 19112. Nr. 1. S. 10—13. 

Durrieu, P., Un artiste frangais miniaturiste en titre 
du Pape, ä Rome dans la premi&re moitid du XVI e 
si&cle. Article i. 

Journal des savanls. 1912. April. S. 145—147. 

Olschki, L. S., Quelques manuscrits fort prdcieux. 
(Forts.) 

Bibliofilia. 13. 1911/12. Dispensa 12 m. 4 Taf. u. 
6 Abbild. i. T. 

Serafini, A., Ricerche sulla miniatura Umbra (secoli 
XIV—XVI. Forts.). 

LArte di Adolfo Venturi. 15. 1912. S. 99—121 
mit 18 Abbild. 

Szentivdnyi, R., Der Codex Aureus von Lorsch, 
jetzt in Gyulafehdrvär. (Batthyänische Bibliothek in 
Karlsburg.) 

Studien und Mitteilungen zur Geschichte des 
Benediktinerordens . N. F. 2. 1912. S. 131—151, 

3 Taf. 

Wolkan, R., Aus österreichischen Handschriften¬ 
katalogen. II. Aus den Handschriften des Domini¬ 
kanerklosters in Wien. 

Zeitschrift des Österreichischen Vereinesfür Biblio¬ 
thekswesen. 3. 1912. S. 14—19. 

Bibliophilie. Exlibris. 

Bouland, L., Livres aux armes du Cardinal L-I.-X. 
D’Isoard. 

Bulletin du bibliophile. 1912. S. 184—187 mit 
2 Abbüd. 

Dujarric-Descombes, A., Belsunce, littdrateur et 
bibliophile. 

Bulletin de la socidtd hist, et archdol . du Pdrigord. 
39. 1912. S. 180—185 mit 2 Taf. 

Evers, G. A., Fotografische exlibris. 

De Boekzaal. 6. 1912. S. 21—26 mit 11 Abbild. 

Grangerising. Ästhetisches. Historisches. Tech 
nisches. 

Jahrbuch für Bücher-Kunde und -Liebhaberei. 4. 
1912. S.81—100. 

Die Handhabung der Bücher. Allerlei Zweck¬ 
mäßiges. 

Jahrbuch für Bücher-Kunde und -Liebhaberei. 4. 
1912. S. 73—79. 

Nodier, Ch., Le Bibliomane. 

Jahrbuch für Bücher-Kunde und -Liebhaberei. 4. 
1912. S. 1—24. 


Über das Sammeln moderner Bücher. 

Jahrbuch für Bücher-Kunde und -Liebhaberei. 4. 
1912. S. 101—139. 

Wolter, E., Nicolai Michailovitsch Lissowski. Ein 
russischer Büchersammler und Bibliograph. 

Jahrbuch für Bücher-Kunde und - Liebhaberei. 4. 
1912. S. 43—46 mit 2 Taf. 

Bibliothekswesen. 

Adville, M., Bibliothdcaire en chef de laville d’Angers 
(1780—1871). 

LAnjou historique. 12. 1911/12. S. 246—249. 
Beresteyn, E. van, Het nieuwe gebouw der Openbare 
Leeszaal te Utrecht. 

De Boekzaal. 6. 1912. S. 131—138 mit 5 Abbild. 
Le Biblioteche per i marinai. Per V. B. N. . 

Rivista delle biblioteche e degli archivi. 23. 1912. 

5. 25—30. 

Les Bibliothdques modernes. 

Bulletin de f Association desbibliothdcairesfran^ais. 

6. 1911. S. 14—19. (Wird fortges.) 
Bücherei-Zettel. 

Jahrbuch für Bücher-Kunde und -Liebhaberei. 4. 
1912. S. 145—147, Taf. 3—16. 

Konrad Burger+. 

Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel. 1912. 

5. 5210—5214. 

Cap et, E., La Ventilation des salles de lecture. 

Bulletin de V Association des bibliothdcairesfrangais. 

6. 1912. S. 19—20. 

Fick, R., Aus Norddeutschland. Berliner Brief. 

Zeitschrift des österreichischen Vereines für Biblio¬ 
thekswesen. 3. 1912. S. 28—36. 

Gifts and bequests to American libraries, 1911. 

Bulletin of the American Library Association. 6. 
1912. S. 24—33. 

Glauning, Otto, Aus Süddeutschland. Münchner 
Brief. 

Zeitschrift des österreichischen Vereines für Biblio¬ 
thekswesen. 3. 1912. H. 1. 

Greve, H. G., Een nieuwe wijze van aanbrengen der 
signatuur op bibliotheekbanden. 

De Boekzaal. 6. 1912. S. 67—69 mit 2 Abbild. 

Heine, E. W., Principles of book Classification. 
(Forts.) 

Library Association Record. 14. 1912. S. 174—181. 
Jones, H., The Newsroom. 

Library Association Record. 14. 1912. S. 182—190. 
Kaiser, J. B., The special library and the library 
school. Library Journal. 37. 1912. S. 175—179. 
Kirby, S., The question of censorship. 

Library World. 14. 1911/12. S. 257—259. 


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102 


Randschau der Presse 


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Kukula, R., Für die Erhöhung der Dotationen der 
österreichischen Universitätsbibliotheken. 

Zeitschrift des österreichischen Vereines für Biblio¬ 
thekswesen. 3. 1912. S. I—10. 

Madsen, V., Dänisches Bibliothekswesen 1911. 

Zeitschrift des österreichischen Vereines für Biblio¬ 
thekswesen. 3. 1912. s. 55—59. 

Morgan, A. de, On the difficulty of correct descrip- 
tion of books. 

Jahrbuch für Bücher-Kunde und -Liebhaberei . 4. 
1912. 47—72. 

Rawlinson, G. V.,The Useofthe hbraryin thegrades. 

Library Journal. 37. 1912. S. 163—169. 

Regels voor den alphabetischen Katalogus. 

De Boeksaal. 6. 1912. S. 158—164. 

Sayers, W. C. B., and Stewart, J. D., Card catalogue. 
IV. V. 

Library World. 14. 1911/12. S. 265—270. 290 
—298. (Wird fortges.) 

Schultze, E., Die Entwicklung der Volksbibliotheken 
in England. (Forts.) 

Eckart. 6. 1911/12. S. 454—461. (Schluß folgt.) 

Schulze, E., Der Lebensnerv der Volksbibliotheken. 

Zeitschrift für Philosophie und Pädagogik. 19. 
1912. S. 332 — 339 - 

Smith, M. A., What the librarian needs from the 
schools. Library Journal. 37. 1912. S. 169—174. 

Smither, R. E., Modern methods of book storage. 

Library World. 14. 1911/12. S. 259—264. 

Spectator, Viennensia. 

Zeitschrift des österreichischen Vereines für Biblio¬ 
thekswesen. 3. 1912. S. 21—23. 

Veth, C., Jongensboeken. 

De Boekwaal. 6. 1912. S. 9—20. 70—76. 

Viola, O., Italienischer Brief. (Aus dem Ms. des Verf 
von R; Wolkan.) 

Zeitschrift des Österreichischen Vereines für Biblio¬ 
thekswesen. 3. 1912. S. 44—48. 

Wilson, L. R., A constructive library platform for 
southem schools. 

Library Journal. 37. 1912. S. 179—185. 

Wolter, E., Russische Bibliotheken. St. Petersburger 
Brief. 11 . Die großen wissenschaftlichen Bibliotheken 
Rußlands. 

Zeitschrift des österreichischen Vereines für Biblio¬ 
thekswesen. 3. 1912. S. 48—55. 

Buchdruck und -Gewerbe. 

Avena, A., Per la storia delle cartiere e deU'arte dei 
cartai in Verona. 

II Libro e la Starnpa. 6. 1912. S. 33—49. 

Breest, E., Der Herausgeber der „Halberstädter 
Bibel“ von 1522. (Curt Drake.) 

Theologische Studien und Kritiken. 1912. S. 478 
—488. 

Hessels, J. H., The so-called Gutenberg documents. 
(Forts.) 

Library . 3. Ser. 1912. S. 195—220. (Wird fortges.) 


Leonhardt, K. F., und Bossert, H. Th., Studien 
zur Hausbuchmeisterfrage. (1. Forts.) 

Zeitschrift für bildende Kunst. 47. 1912. S. 19 t 
—197 mit Abbild. 19—33. (Wird fortges.) 

Mägr, A. S., Posener Drucke in der Universitätsbiblio¬ 
thek zu Upsala. 

Historische Monatsblätter für die Provinz Posen. 
13. 1912. S. 70— 71 - 

Morin, L., L’Imprimerie ä Troyes pendant la Ligue. 

Bulletin du bibliophile. 1912. S. 151-167 mit 
2 Abbild. (Wird fortges.) 

Poel man, H. A., Eenige bijzonderheden aangaande 
het werk van den Amsterdamschen boekdrukker 
Doen Pietersz. (1520/21.) 

Het Boek. 1. 1912. S. 123—127. 

Schleimer, H., Zur Frage der Wiegendruck-Inven¬ 
tarisierung in Österreich. 

Zeitschrift des Österreichischen Vereines für Biblio¬ 
thekswesen. 3. 1912. S. 10—14. 

Scholderer, J. V., Albrecht Pfister of Bamberg. 

Library . 3. Ser. 3. 1912. S. 230—236. 

Venturi, R., A proposito della rilegatura da biblio- 
teche. 

Rivista delle biblioteche e degli archivi. 23. 1912. 
S. 20—24. 

Werth er, H., William Caxton, der erste englische 
Buchdrucker. 

Allgemeine Buchhändlerxeitung. 19. 1912. S. 209. 

Buchhandel. 

Aus der guten alten Zeit. Einige Lesefrüchte zur Er¬ 
quickung und zum Trost 

Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel. 1912. 
S. 4913—4916. 

Streißler, F., Sortimenter und Kommissionär. 

Allgemeine Buchhändlerzeitung. 19. 1912. S. 203 
—209. 

Die Vente Fortsas. 

Jahrbuch für Bücher-Kunde und -Liebhaberei. 4. 
1912. S. 25—41. 

Zeitungswesen. Pressrecht. Zensur. 

Les Alamanachs Angevins (1690—1802). 

LAnjou historique. 12. 1911/12. S. 568—580. 

La Presse Bonapartiste ä Angers sous la 3 C Repu* 
blique. 

LAnjou historique. 12. 1911/12. S. 661—664. 

Literaturgeschichte. Allgemeines. 

Geßler, A., Der Göttinger „Hain“ im Stammbuch 
eines Gothaer Studenten. 

Euphorion. 18. 1911/12. S. 682—691. 

Korr0di, E., Schweizerische Lyrik. 1. 2. 

Eckart. 6. 1911/12. S. 430—445. 

Schmitz, G., Zur deutschen Briefliteratur. (Schluß.) 

Bücherwelt. 1912. Mal S. 149—156. 


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Rundschau der Fresse 


103 


Einzelne Schriftsteller. 

Anzengruber: Wies er S., Ludwig Anzengruber. 

Bücherwelt . 1912. Mai. S. 145—149. 

Arnim: F reib erg, G. von, Bettinas Ekstasen. Persön¬ 
liche Erinnerungen. 

Vossische Zeitung . 1912. Sonntagsbeilage Nr. 17 
vom 28. April. 

Baggesen: Zürcher, O., Jens Baggesens Parthenais. 
Eine literahistorische Untersuchung. 

Untersuchungen zur neuem Sprach ■ und Lite¬ 
ratur-Geschichte . N. F. 11. 1912. 140 S. 

Brentano: Stremmer, E., Clemens Brentano in West¬ 
falen. Nach seinen Briefen. 

Westfälisches Magazin. N. F. 3. 1912. S. 227 
—230. 

Browning: Figgis, D., Robert Browning. 

North American Review. 1912. Mal S. 577—593 
mit 1 Portr. 

—: Lemmermayer, F., Robert Browning. (Zu seinem 
hundertsten Geburtstag.) 

österreichische Rundschau. 1912. Bd. 31. H. 3. 
S. 217—226. 

—: Minchin, H. C. Browning und Wordsworth. 

Fortnightly Review. 1912. Mai. S. 813—824. 

—: Nicoll, W. R., Robert Browning's Father. 

Bookman. 1912. Mai. S. 63—70. 

—: Saintsbury, G., Robert Browning. 

Bookman. 1912. Mai. S. 57—63 mit 28 Abbild, 
und 1 Taf. 

—: Weidenmüller, Robert Browning. 

Vossische Zeitung. 1912. Sonntagsbeilage Nr. 20 
vom 19. Mai. 

Casanova: Gufcde, Les Iditions des mdmoires de Ca 
sanova. 

MerCure de France. 1912. April. 16. S. 708—727. 

Droste: Gotthard, J., Neues über Annette von Droste 
und ihren Freundeskreis. Mit ungedrucktem Material. 
8. Annettes Beziehungen zu Heinrich Straube. (Forts.) 

Westfälisches Magazin. N. F. 3. 1912. S. 238 
—241. (Wird fortges.) 

—: Pint hus, K., Die Briefe Annettes von Droste- 
Hülshoff an Elise Rüdiger. 7—12. 

Deutsche Rundschau. 1912. Mai. S. 276—297. 
(Forts, folgt.) 

Enlenberg: Wolff, K., Der Dramatiker Herbert Eulen¬ 
berg. 

Mitteilungen der literarhistorischen Gesellschaft 
Bonn. 7. 1912. Heft 1/2. 58 S. 

France: Platzhoff-Lejeune, E., Anatole France. 

Grenzboten. 1912. Nr. 18. S. 232—241. 

Freytag: Rosenthal, F., Die erste Bühnenausgabe 
von Freytags „Journalisten“. 

Literarisches Echo. 14. 1912. H. 16. Sp. 1110—1116. 

Geliert: Eiermann, W., Gellerts Briefetil. 

Teutonia. 23. 1912. XI, 153 S. 

Goethe: Bode, W., Ein Brief Friedrich v. Steins an 
Goethe. Aus der Handschriftensammlung der Kgl. 
Bibliothek zu Berlin. 

Stunden mit Goethe. Bd. 8. H. 2. 1912. S. in 
— 123 - 


Goethe: Bode, W., Myrons Kuh. 

Stunden mit Goethe. Bd. 8. H. 2. 1912. S. 127 
—136, 1 Taf. 

—: Bode, W., Tolstois Urteile über Goethe. 

Stunden mit Goethe. 8. 1912. H. 1. S. 1—8. 

—: Briefe der Frau v. Stein an Knebel. 5. Reihe. 

Stunden mit Goethe . 8. 1912. H. 1. S. 9—30. 

—; Denecke, A., Goethe und Plautus. 

Liierarisches Echo. 14. 1912. H. 15. Sp. 1034 
—1040. 

—: Eber wein, K., Goethe als Theaterdirektor.' 

Stunden mit Goethe. 8. 1912. H. 1. S. 31—44. 

—: Feuchtwanger, L., Die Quellen des „Faust“- 
Vorspiels. 

Vossische Zeitung. 1912. Nr. 226 vom 4. Mai. 

—: Hallbauer, E., Graf Görtz und Goethe. 

Stunden mit Goethe. Bd. 8. H. 2. 1912. S. 83 
— 9 °- 

—: Köster, A., Wilhelm Meisters theatralische Sen¬ 
dung. 

Zeitschrift für den deutschen Unterricht. 1912, 
H. 4. S. 209—233. 

—: Pfordten, O. von der, Der Doktor Marianus in 
Goethes Faust. 

Eufhorion. 18. 1911/12. S. 722—725. 

—: Quincke, W., Die Bühnen weit in Wilhelm Mei¬ 
sters „Theatralischer Sendung“. 

Stunden mit Goethe. Bd. 8. H. 2. 1912. S. 91 
—ixo. 

—: Rosenhagen, G., Wilhelm Meister. 

Germanisch-romanische Monatsschrift . 4. 1912. 

S. 189—201. 

—: Thalhofer, F. X., Goethe als Pädagog. 

Pharus. 3. 1912. Mai. S. 411—420. 

—: Tutein Nolthenius, R. P. J., Wat Goethe 
niet zag in Sicilie. II. 

De Gids. 1912. Mai S. 257—304. 

—: Warneeke, F., Goethes Gedicht: „Groß ist die 
Diana der Epheser“. 

Euphorion. 18. 1911/12. S. 707—722. 

Grabbe: Bergmann, A. Ein Nachtrag zu Grabbes 
Werken. Euphorion. 18. 1911/12. S. 746—751. 

Grandison: Hordorff, A., Untersuchungen zu „Edward 
Grandisons Geschichte in Görlitz“. (Anonyme Schrift 
der Schweizer gegen Gottsched und Schönaich.) 
(Forts.) 

Euphorion. 18. 1911/12. S. 634—657. (Wird 
fortges.) 

Greif: Jacoby, D., Martin Greif. 

Deutsche Literaturzeitung. 33. 1912. Sp.837—843. 

Groth: Mahl, H., Ungedruckte Briefe von Klaus Groth. 

Vossische Zeitung. 1912. Sonntagsbeilage Nr. 19 
vom 12. Mai. 

Gfinderode: Neck er, M., Die Lebenstragödie der 
Karoline von Günderode. 

Über den Wassern. 5. 1912. S. 285—289. 330 
—335- 

Halbe: Grummann, S. H., Max Halbe. 

Poet Lore. 23. 1912. S. 125—138. 


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104 


Von den Auktionen 


Hamann: Ebstein, W., Die Krankheit des Magus im 
Norden. 

Süddeutsche Monatshefte. 1912. Mai. S. 162—178. 

Hearn: Grierson, H., Lafcadio Heam. 

Dublin Review. 1912. April. S. 271—285. 

Heine: Hofstaetter, W., Heine und das junge 
Deutschland. Literaturbericht 1911. 

Zeitschrift für den deutschen Unterricht. 1912. 
H. 4. S. 274—278. 

—: Kricker, G., Aus Heinrich Heines Werdezeit. 

Über den Wassern. 5. 1912. S. 277—282. 

Hölderlin: Montgomery, M., Hölderlin and „Dio- 
tima“. 

Modem Language Review. 7. 1912. S. 193 
—207. 

Keller: Simon, Ph., Gottfried Kellers „Gerechte Kamm¬ 
macher' 1 . 

Vossische Zeitung. 1912. Sonntagsbeilage Nr. 16 
vom 21. April. 

Kleist: H irzel, B., Briefe von Christian Ewald von Kleist 
an Johann Kaspar Hirzel. 

Euphorion. 18. 1911/12. S. 658—679. (Schluß 
folgt.) 

Liliencron: Adelt, L., Die drei Romane eines Lebens. 
(Schluß.) Xenien. 5. 1912. S. 199—205. 

Lingg: Port, F., Hermann Lingg in den Revolutions- 
jahren. Nach ungedruckten Dokumenten. 

Süddeutsche Monatshefte . 1912. April. S. 14—28. 

Mörike: Uhde-Bernays, H., Briefe Mörikes über 
Schwind. 

Süddeutsche Monatshefte. 1912. April. S. 49—58. 

Oeser: Hesselbacher, K., Zum Gedächtnis an Her¬ 
mann Oeser. Eckart. 6. 1911/12. S. 417—430. 

Raabe: Everth, E., Wilhelm Raabe. 

Xenien . 5. 1912. S. 228—231. (Wird fortges.) 


—: Lange, R., Ein letzter Besuch bei Wilhelm Raabe. 

Mitteilungen für die Gesellschaft der Freunde 
Wilhelm Raabes. 1912. Nr. 1. S. 1—8. 

Schiller: Kluckhohn, P., Zur Textgeschichte von 
Schillers historischen Schriften. Aus den Vorstudien 
zu einer Ausgabe. 

Euphorion. 18. 1911/12. S. 692—707. 

—: Piquet, F., Le caractöre de Don Cdsar dans la 
„Fiancde de Messine“. 

Revue germanique. 1912. Nr. 3. S. 266—279. 

Schlegel: Muckermann, F., Friedrich von Schlegel. 
IV. Der „Trommelschläger der Romantik“. 

Der Gral. 1912. Mai. S. 489—497. (Forts, folgt.) 

Schopp: Lerche, O., J. B. Schupp. Eine Zusammen¬ 
fassung. Euphorion. 18. 1911. S. 581—610. 

Shakespeare: Brown, C., Shakespeare und the horse. 

Library. 3. Ser. 3. 1912. S. 152—180. 

—: 0*Connor, E., A possible source of Shakespeares 
culture. Poet Lore. 23. 1912. Nr. 2. S. 114—124. 

—: Sarrazin, G., Shakespeare als Landmann. 

Vossische Zeitung. 1912. Nr. 207 vom 24. April. 

—: Wilson, J. D., Martin Marprelate and Shake¬ 
speares Fluellen. 

Library. 3. Ser. 3. 1912. S. 113—151. (Wild 
fortges.) 

Shaw: Minor, J„ Bernard Shaws „Cäsar und Cleo¬ 
patra. 

Österreichische Rundschau. 31,2. 1912. S. 142—148. 

Widmann: Eschmann, E., Joseph Victor Widmann. 
20. Febr. 1842—6. Novbr. 1911. 

Eckart. 6. 1911/12. S. 445—454. 

Zedlitz: Kohut, A., Joseph Christian Freiherr von 
Zedlitz. (Zu seinem 50. Todestage, 16. März. ds. Js.) 

Die Donau. 4. 1912. S. 21—24. 


Von den 

Am 29. und 30. April wurden bei Martin Breslauer 
in Berlin eine Anzahl wertvoller Autographen verstei¬ 
gert. Die Hauptpreise waren: Friedrich der Große an 
seine Schwester, die Königin Ulrike v. Schweden 175 M. 
Aus den letzten Lebenstagen der Königin Luise 2060 M. 
Königin Luise an den Herzog von Sachsen-Hildburg- 
hausen 125 M. Kaiser Wilhelm II. an seine Gro߬ 
mutter Augusta 120 M. Bulle Papst Clemens III. 
425 M. Bulle Papst Leo X. 125 M. Brief Blüchers 
an seinen Verwalter Schwenke 230 M. Brief des Gene¬ 
rals Seydlitz 100 M. Wallenstein an den Fürst zu An¬ 
halt 115 M. Brief Bismarcks 115 M. Vittorio Alfieri 
an Marchese di Barolo 180 M. Briefe des Pädagogen 
Friedrich Fröbel aus der Zeit der Freiheitskriege 510 M. 
Grillparzer an den Verlagsbuchhändler Vieweg, Braun¬ 
schweig 190 M. Wilhelm Hauff an die Redaktion der 
Blätter für literarische Unterhaltung 120 M. Wilhelm 
fordan , Albumblatt 755 M. Schiller, Vme aus Wilhelm 
Teil 900 M. Eigenhändiges Manuskript L. van Beet¬ 
hovens 3000 M. Beethoven an Schuppanzig 485 M. 
Ungedruckter Kanon Beethovens 1000 M. Beethoven 
an Mr. Neale in englischer Sprache 220 M. Beethoven 
an den Freiherm von Türkheim 620 M. Leopold 


Auktionen. 

Mozart mit Nachschrift W.A. Mozarts 750 M. Manu¬ 
skripte W.A. Mozarts 350 M., 250M., 250 M. und Rondo 
für Klavier in D-dur 2600 M. Richard Wagner an 
Freiherrn von Biedenfeld in Weimar 145 M. Richard 
Wagner an den Violinisten A.Wilkoszewski in München 
110 M. Handschriftensammlung aus dem Besitze Jo¬ 
seph Kainz ’ 105 M. Napoleons I. Bescheid auf eine 
Eingabe der Primaballerina am Thdätre des Arts 265 M. 
Napoleons I. Brief an Francois de Neufchateau 200 M. 
Eingabe an den Großherzog von Berg mit eigenhän¬ 
diger Randbemerkung Napoleons 145 M. Dokument 
über die Verhandlungen und die Hinrichtung des 
Fr. Ravaillac 140 M. Friedrich Freiherr von Trenck 
an den Bruder Friedrich des Großen Prihz Heinrich 
von Preußen 145 M. Briefe, Gedichte und Handschriften 
zum großen Teil zur Zeit der Freiheitskriege aus dem 
weiteren Goethekreis an Ferdinand Heincke gerichtet 
230 M. 

Die Versteigerung des zweiten Teiles der berühmten 
Huth-Bibliothek wird von der Firma Sotheby , Wilkin- 
son and Hodge am 9. Juni und den folgenden sieben 
Tagen, die Samstage ausgeschlossen, abgehalten wer- 


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Neu erschienene nnd angekfindigte Bücher 


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den. Dieser zweite Teil, der an „livres uniques“ wo¬ 
möglich noch reicher ist als der erste, bringt die Ver¬ 
steigerung im Katalog bis zum Ende des Buchstaben D; 
es dürften somit wohl noch sechs weitere Auktionen 
folgen« so daß sich die Versteigerung der ganzen Samm¬ 
lung über ein paar Jahre erstrecken wird. Besondere 
„Nummern“ der bevorstehenden Auktion sind sechs 
Caxton-Drucke, alle die ersten und die meisten der 
späteren deutschen und lateinischen Ausgaben von De 
Brys „Voyages“, eine aus 193 Stücken bestehende 
Sammlung der Werke De Foes, verschiedene erste 
Cervantes- und Dante-Ausgaben, die erste lateinische 
Ausgabe von Fernando Cortez „Praeclara“, die drei 
ersten Ausgaben der „Cosmographia“, eine schöne 
deutsche Chronik-Handschrift in gereimten Versen aus 
dem Ende des XIV. Jahrhunderts, volle 860 Folioseiten 
und illustriert mit 204 äußerst merkwürdigen Malereien. 


Max Burckhardt hat eine weit über 7000 Bände 
umfassende Bibliothek hinterlassen, die zum großen 
Teil in seinem Häuschen in Lueg, zum Teil in Wien 
sich befindet. Es war seinem Freundeskreise bekannt, 
mit welcher Liebe Burckhardt diese Bibliothek pflegte, 
die in jedem einzelnen Buch Zeugnis ablegt, von dem 
feinen Europäertum und dem universellen Geiste ihres 
Besitzers, in den Äußerlichkeiten, den Einbänden und 
der Schönheit der Ausgaben aber auch den echten 
Bibliophilen zeigt Es gibt kaum ein Gebiet des mensch¬ 


lichen Wissens, von den Kirchenvätern bis zur Medizin, 
das in dieser Bibliothek nicht in repräsentativen Wer¬ 
ken vertreten wäre, und auch das lebendige Interesse 
das der ehemalige Direktor des Wiener Hofburg¬ 
theaters der dramatischen Produktion und dem Theater 
überhaupt bewahrte, findet in der Struktur der Biblio¬ 
thek seinen Ausdruck. Max Burckhardt hat testamen¬ 
tarisch die Versteigerung der Bibliothek zugunsten des 
Österreichischen Bühnenvereins verfugt und mit deren 
Durchführung die Buchhandlung Hugo Heller Cie. in 
Wien betraut. Einer letzt willigen Verfügung Burckhardts 
entsprechend wird der von ihm selbst angelegte Ma¬ 
terienkatalog der Bibliothek als Auktionskatalog in 
Druck gelegt Hermann Bahr hat sich bereit gefunden, 
zu diesem Katalog eine Elinleitung zu schreiben. 


Am 8. Juni versteigert Max Perl in Berlin die 
Sammlung Aron. Sie enthält deutsche Literatur der 
Jahre 1813—1815 mit ihren Vorläufern und umfaßt 
Aufrufe und Verordnungen. — Literatur (Patriotischer 
Gesang, Kriegs-, Sieges-, Dank-, Jubel- und Soldaten¬ 
lieder, Satiren und dramatische Stücke). — Musikali¬ 
sche Kompositionen, — Porträts und Schlachtenbilder, 
worunter sich viele Seltenheiten, teilweise sogar Unika 
befinden. Besonders hervorzuheben wären die vielen 
anonymen patriotischen Flugblätter, sowie die seltenen 
Originaldrucke von Arndt, Schenkendorf, Körner, 
Kotzebue, Stägemann, Rückert, Fouquö, Förster und 
anderen Gelegenheitsdichtem dieser Zeit. 


Neu erschienene und 

Cameo book-stamps figured and described by Cyril 
Davenport . London , Edward Arnold, 1911. Gr. 8*. 
XVI und 208 Seiten. Gebunden 21 j. 

. Dem Bibliothekar am British Museum Cyril Daven¬ 
port verdanken wir bereits eine Reihe wertvoller Mono¬ 
graphien zur Geschichte des Bucheinbands: Royal 
English bookbindings(i896),English embroidered book- 
bindings(i899), Thomas Berthelet(i9oi), Samuel Meame 
(1908), English heraldic book-stamps (1909). Bei seinem 
neuesten Buche „Cameo book-stamps“ befremdet uns 
zunächst der Titel, nach dem wir etwas anderes erwarten 
müssen, als das Buch uns gibt Denn unter Cameo 
book-stamps faßte man bisher die kleine Gruppe von 
vergoldeten oder bemalten Reliefpressungen zusammen, 
die sich auf Einbänden der italienischen Frührenaissance 
finden, Lederpressungen, die im Charakter der Ab¬ 
drücke von Kameen oder Medaillen gehalten sind, wo¬ 
von die beiden ovalen Reliefpressungen der sogenannten 
Canevari-Einbände die bekanntesten sind. Aber diese 
kameenartigen Pressungen machen nur einen kleinen 
Teil des Buches aus. Von den 151 Stempelpressungen, 
die darin abgebildet und beschrieben werden, sind nur 
11 Cameo-stamps in der bisherigen Bedeutung dieses 
Ausdrucks, nämlich die Abbildungen 6, 11, 12, 18, 23, 
51, 53, 54, 56, 81, 90. Alle übrigen Stempelabdrücke, 
die das Buch behandelt, sind figürliche Stempel zumeist 
rechteckig oblonger Form im Renaissancecharakter, 
die in Blindpressung (vereinzelt in Goldpressung) in die 
Lederbände des XVI. Jahrhunderts als Mittelstücke 


angekündigte Bücher. 

eingepreßt wurden. Nur zwei (Nr. 17 und 19) sind einem 
spätgotischen Einband vom Ende des XV. Jahrhun¬ 
derts entnommen. Der weitaus größere Teil des Daven- 
portschen Buches behandelt also die blindgepreßten 
größeren Stempel oder Stöcke, die wir als Platten¬ 
stempel zu bezeichnen pflegen, und die man in England 
gewöhnlich „panel-stamps“ nennt 

Das zweite, was uns an dem Buche befremdet, ist 
die Art der Wiedergabe der Stempelpressungen. Daven¬ 
port hat von den Stempelpressungen Abreibungen ge¬ 
macht, diese auf Pauspapier nachgezeichnet und von 
diesen Nachzeichnungen Strichätzungen anfertigen 
lassen, ebenso wie früher in seinen „English heraldic 
book-stamps“. Da er nun im Zeichnen Dilettant ist, 
sind seine Zeichnungen Karikaturen der Originale ge¬ 
worden, die von den zum Teil sehr gut geschnittenen 
Plattenstempeln, — die besten Arbeiten haben die deut¬ 
schen Stempelschneider geliefert —, wirklich keine Vor¬ 
stellung mehr geben. Solche Nachbildungen sind, selbst 
wenn die Zeichnungen besser und richtiger wären, im 
Zeitalter der Photographie und der photochemischen 
Reproduktion nicht mehr zu ertragen. Der Verfasser 
sagt in der Einleitung, Blindpressungen seien sehr schwer 
zu photographieren, die Photographien würden in den 
meisten Fällen fast unerkennbar werden wegen der 
Farbeneinwirkung des hellbraunen Kalbleders oder des 
dunkelbraunen Schweinsleders. Davon kann aber, wenn 
sie bei der Aufnahme gut belichtet, und wenn farben¬ 
empfindliche Platten genommen werden, nicht die Rede 


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CORNEIL UNiVERSITY 



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Neu erschienene und angekündigte Bücher 


sein, wie die Abbildungen von Blindpressungen in allen 
neueren Abbildungswerken von Bucheinbänden dartun. 

Nach seinem Inhalt gibt das Buch kein vollstän- 
diges Bild von seiner Materie. Denn die rein ornamen¬ 
talen Plattenstempel sind fortgelassen, an heraldischen 
gibt es nur einige englische als Nachträge zu Daven- 
ports Buch „English heraldic book-stamps“. Aber auch 
die figürlichen Plattenstempel sind nicht annähernd 
vollständig, schon deshalb, weil der Verfasser sein Ma¬ 
terial nur von Einbänden im Britischen Museum ent¬ 
nimmt; hinzugenommen sind nur vier Stücke aus eng¬ 
lischen Privatbibliotheken und eins aus Abbeville. Auch 
sind alle Abbildungen nur mit einem einzigen Nachweis 
belegt. Schon aus den bisher erschienenen Tafelwerken 
von Einbänden lassen sich, trotzdem die Abbildungen 
von Einbänden mit Plattenstempeln darin im Verhält¬ 
nis zu dem vorhandenen Reichtum spärlich sind, die 
von Davenport gegebenen Abbildungen um viele Stücke 
bereichern und außerdem die von ihm abgebildeten 
Platten mit manchen anderen Einbänden belegen. 

So bleibt trotz dieses neuen Werkes der Wunsch 
bestehen, die Plattenstempel der deutschen, französi¬ 
schen und niederländischen Einbände des XVI. Jahr¬ 
hunderts in einer umfassenden Publikation in guten 
photographischen Nachbildungen zusammenzustellen. 
Und erst, wenn die Nachweise der vorkommenden 
Abdrücke der gleichen Plattenstempel reichhaltiger 
sind, und statt der bloßen Plattenabdrücke, wenigstens 
bei charakteristischen Stücken, die ganzen Einbände 
abgebildet werden, läßt sich eine zuverlässigere Da¬ 
tierung und Zuweisung an Herstellungsorte und Werk¬ 
stätten ermöglichen. Jean Loubier. 


Else LeitMtnann . Zwölf Nächte. Märchen. Ver¬ 
legt bei Eugen Diederichs, Jena. 1911. (3 M., ge¬ 

bunden 4M.) 

In leuchtendem Rot stellen sich Märchen dar. 
Fühlen und Wollen der Menschen liest eine Dichterin 
aus der unbelebten Natur oder sucht es bei den Tieren. 

Die Mondstrahlen, die über den Berg herabsteigen 
und das Meer silbern glänzen lassen, sind Reiter, die 
im Firnschnee die Silbertaler auf lesen und übers Wasser 
streuen, Luftschlössertaler, für die sich die Menschen 
bauen können, was sie wollen. Die Nüchternen schelten 
es Mondschwärmerei. Noch lieber aber sind dem König 
Berg die kosenden Umarmungen der Sonnenjungfrauen, 
auf die er sich von Tag zu Tag wieder freuen kann. 
Und die Blitze, die trockenen Junggesellen, ärgern sich, 
wenn der Frühling kommt, über die Menschlein da 
unten, diese Liebesnarren, und treten nach ihnen mit 
ihren spinnedürren Beinen. Die w eißen Schäfchen aber 
am Himmel sind voller kleiner törichter Tröpfchen, 
die neugierig nach der großen dunklen Wolke hin¬ 
streben, wo es eitel glitzert Wenn sie dann im Regen 
auf dem harten Stein zerschellen, steigt ihr letzter 
Seufzer als Bläschen auf. Schnurr, schnurrI wie ist das 
schönt Gurr, gurr! wie ist das fein! singt der junge 
Hummeldichter Burro. Dieser Gerhart Hauptmann des 
Hummelreiches hat auch ein Drama geschrieben, das die 
Antifurienbewegung zum Siege führen soll. So heißt 


nämlich, ins Hummelische übertragen, der Kampf gegen 
den AlkoholteufeL . 

So stehen sie bunt durcheinander, wie von Kindern 
zur gleißenden Perlenkette geflochten. Zeitenlauf und 
Menschenlos, Werden und Welken ist ihr tieferer Sinn, 
der Rhythmus des Lebens ist in die Einfachheit des 
Märchens gefaßt Mitten in unserer literatenhaften Zeit 
quillt hier ein ganz ursprüngliches dichterisches Talent 
Da ist nichts Zerfaserndes und nichts ist ausgeklügelt. 
Die Sprache ist einfach, von der gesprochenen glück¬ 
lich beeinflußt; sie kann der Bilder entbehren, denn im 
Bild schaut ja die Dichterin den Inhalt. Die Frische 
des Entstehens liegt noch über dem Buche und zugleich 
tiefe Ruhe, wie wenn eine Mutter spricht und Kinder¬ 
gläubigkeit ihre Phantasie sich immer weiter tasten 
läßt. In der Dämmerung muß man es lesen, wenn im 
Kamin die vorw itzigen Buchenzweiglein von den Flam¬ 
men umleckt werden, oder in den zwölf Nächten, wenn 
die Beelzebübchen, von ihrer Urgroßmutter in die 
Erdenferien geschickt, draußen Unfug treiben, wenn 
Äste knacken und der Wind saust 

Als literarischer Stoff mag „Gefion“, eine Neu¬ 
schöpfung eddischer Sage, erwähnt sein, das Märchen 
von Asinclli und Garisenda dürfte wohl ebenfalls eine 
Vorlage haben. Rein äußerlich ist die Buchausstattung, 
wie zu erwarten war, überaus trefflich. Die Weißfraktur 
fand ich fast nirgends besser am Platze als hier. 

Warten wir der zweiten Auflage oder eines neuen 
Buches von Else Leitzmann, genug, wir warten. 

C. N. 


„Träumers Lieder “ steht auf dem wunderlichen 
grünen Büchlein obenauf. Der Umschlag grün, zart¬ 
grün, ist wde ein Backfischballkleid; das Papier, das Vor¬ 
satzblatt dagegen schwarz mit kringeligen Arabesken. 
In Rhythmen nur darf die Kritik sich nahen, Originali¬ 
tät kann Gegengabe heischen. Noch keines strotzte so 
davon wie dieses Buch. Den Titel aber kann man 
lesen. Gesonnen ist es und geziert und auch verlegt von 
Einem: — in Zürich sei man stolz auf Otto Pfenninger. 
Des Traums verzeihÜche Verworrenheit in Bildgestam¬ 
mel aufgelöst, ein Wort ein Vers, zwei Zeilen ein Ge¬ 
dicht . . . 

„Bersten muß- 

wo werden will — ■—“ 

Hier beugt, auf Seite dreiundvierzig, sich der Kritikus 
dem Dichter. 

Jetzt muß ich wieder bare Prosa reden. 

Denn ein jungerDanziger hat auch Gedichte drucken 
lassen: — S.v. Uhlen, Lebensklänge. Danzig. -o- 


Rudolf Greinz. Hin ist hin! Lustige Marterln. 
Verlag von L. Staackmann, Leipzig 1912. (2 M., ge¬ 

bunden 3 M.) 

Man kann den Tod nicht gleich zweihundertmal 
zum besten haben, kann nicht ein ganzes Buch voll 
lauter Marterln dichten. Witz ist nicht dehnbar. Es geht 
mir schlechterdings nicht ein, daß an einem Marterl¬ 
stock für eine Nitroglyzerinfabrik Reklame gemacht 
werden könnte, um noch mehr russische Generale ins 


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Jenseits zu befördern. Und daß man dankbar die 
Wursthandlung namhaft macht, deren köstliche Erzeug¬ 
nisse der Schwiegermutter eine selige Urständ bereitet 
haben, entspricht auch nicht ganz dem Tiroler Volks¬ 
charakter. Rudolf Greinz vermag ihn als Künstler zu 
schildern, gewiß, Volksdichtung aber entsteht nie druck* 
bogenweise. Indessen, einmal sei keinmal. Hin ist hin! 

C. N. 


Prof. Dr. Karl Brandt, Unsere Schrift. Drei Ab¬ 
handlungen zur Einführung in die Geschichte der Schrift 
und des Buchdrucks. Göttingen, Vandenhoek und Rup¬ 
recht 1911. (2.60 M.) 

In dem erregten Streit der Meinungen über die 
Reform unsrer Schreib- und Druckschrift, in dem von 
Berufenen und Unberufenen mit oft recht wenig scharf 
geschliffener Waffe gekämpft wird, fährt jetzt auch die 
Wissenschaft schweres, und wie mir scheint, treffsiche¬ 
res Geschütz auf. Einer der besten Kenner der Ge¬ 
schichte unserer Schrift beleuchtet in drei in knappster 
Form gehaltenen, reich mit Anschauungsmaterial aus- 
gestattenen Abhandlungen zuerst in kulturhistorischer 
Betrachtung den Zusammenhang des Werdens der 
Schrift- und Druckformen mit der Entwicklung der all¬ 
gemeinen Kulturverhältnisse und als deren Nieder¬ 
schlag; dann die Geschichte der einzelnen Buchstaben¬ 
formen, wieder in kulturgeschichtlich orientierter Be¬ 
trachtungsweise; um endlich in tief ein dringender Unter¬ 
suchung den verborgenen Zusammenhängen zwischen 
Schriftzweck und Stilgesetzen nachzugehen: wobei er 
durch die intimste Kenntnis heute in bibliophilen 
Drucken gebrauchter Formen vor allem diejenigen 
überraschen dürfte, die sich von der Vorstellung eines 
Witzblattypus des weit- und gegenwartsfremden Ge¬ 
lehrten, vor allem des so gearteten Historikers, nicht 
losreißen können. 

Mit den Schlagworten von nationaler und inter¬ 
nationaler Schrift wird vor allem in der ersten Abhand¬ 
lung gründlich aufgeräumt: eben die Mannigfaltigkeit 
der heutigen Druckschrifttypen, „das frische Leben, 
das gerade bei uns im Typenschnitt wie in der Buch¬ 
kunst allgemein erwacht ist“, wird mit Begeisterung als 
Zeichen einer unendlich reicher Weiterentwicklung 
fähigen Gegenwart begrüßt. „In dieses sprossende 
Frühlingsleben mit der Despotie eines Schriftgesetzes 
einzugreifen, würde doch wohl nahe an die Barbarei 
hingehen!“ Wer aber auch nicht gleich dem Referenten 
dieser Barbarei sein Anathema entgegenschleudem, wer 
an dem von Brandi, wie mir scheint, radikal beseitigten 
Entweder-Oder zweier Typenklassen festhalten möchte, 
auch der wird aus der Lektüre des Büchleins zum min¬ 
desten reiche Belehrung schöpfen und es als das Zeichen 
eines raschen und energischen Geistes und einer selte¬ 
nen Gabe, zugleich plastisch-anschaulich und in höch¬ 
ster Konzentration schwieriger Probleme Herr zu werden, 
aufs freudigste begrüßen. A. D. 


Oeuvres de Francois Rabelais. Edition criiique pu¬ 
blice parAbelLefranc, Jacques Boulenger, Henri Clouzot\ 
Paul Dorveaux , Jean Plattard , et Lazare Sain/an. 
Tome Premier: Gargantua. Prologue. ChapitresI-XXII. 
Z. f. B. 1912/1913. 


Avec une introduction , une carte et un portrait. Paris , 
Champion. igi2 . (1100 Abzüge, von denen Nr. 1—28 
auf Japan, 29—83 auf Van Gelder, 84—1100 auf Papier 
vergö.) 

Die editio definitiva des Rabelais. Daß sie bisher 
fehlte, wird niemanden erstaunen, der die Abneigung 
der Franzosen gegen eine allzu philologische Behandlung 
ihrer Klassiker kennt. Erst die neufranzösische literatur- 
wissenschaftliche Schule hat (ähnlich wie übrigens auch 
in Deutschland) die Forderung vertreten und durch¬ 
geführt, daß, wenn überhaupt kritische Ausgaben der 
Werke eines großen Schriftstellers als wissenschaftliches 
Bedürfnis empfunden und veranstaltet werden, diese Aus¬ 
gaben dann auch wirklich kritische sein müßten, metho¬ 
disch angelegt und durchgeführt. Abgesehen von den hel¬ 
lenischen und römischen Klassikern, sowie von denjenigen 
Schrifttumsdenkmälern, die in ähnlicher Weise wie die 
Werke jener aus der Handschriftenüberlieferung durch 
ausgebüdete wissenschaftliche Verfahren gewonnen 
werden mußten, hat man bei dem Wiederdruck der 
von ihren Autoren in den Druck gegebenen Bücher 
eigentlich erst in der zweiten Hälfte des XIX. Jahr¬ 
hunderts die für den Abdruck von Handschriften schon 
übliche kritische Sorgfalt zu beobachten begonnen. Auch 
in Frankreich, wo doch die (von F. A. Ebert so genannte) 
angewandte Bücherkunde zu Hause ist. Und gerade 
hier hatten in einem gewissen Gegensatz zu der deut¬ 
schen schulmeisterlichen Düntzerei, die doch wenigstens 
gründlich sein wollte, gerade die berühmtesten Editoren 
sich mehr als Pr&aciers gefühlt, die ihr eigenes Licht 
nicht unter den Scheffel stellen wollten und die womög¬ 
lich die Textbesorgung der von ihnen geleiteten Ausgabe 
dem Drucker (Jouaust!) überließen. Von den Ausgaben¬ 
fabrikanten wie etwa dem Bibliophilen Jacob (Paul 
Lacroix) nicht zu reden, die mit ebenso erstaunlicher 
Leichtigkeit wie Leichtfertigkeit arbeiteten. Wer hier 
nach Beispielen sucht, sei auf die etwas morosen Ausfüh¬ 
rungen F.Maillards (Les Passionnes du livre. Paris 1896) 
verwiesen. 

Und ebenso wie in Deutschland die wissenschaftlich 
ausreichenden (d. h. die verschiedene Bedürfnisse des 
wissenschaftlichen Gebrauches befriedigenden) Gesamt¬ 
ausgaben bedeutender Schriftsteller erst in den letzten 
Jahrzehnten (man könnte fast sagen) im letzen Jahr¬ 
zehnt erschienen sind und zu erscheinen fortfahren, so 
haben sich die editiones definitivae der Meister und 
Meisterwerke des französischen Schrifttums erst in 
neuester Zeit zu mehren begonnen. Erst jetzt werden 
uns Montaignes Weisheiten in der endgültigen Fassung 
ihres Urhebers zugänglich gemacht (durch die Edition 
Municipale der Essais) und des großen Lachers ernste 
Wahrheiten beginnen nun in einer Ausgabe zu er¬ 
scheinen, die ein wertvolles Gegenstück zu der Mon¬ 
taigne-Edition der Stadt Bordeaux sein wird. 

Die Aufgabe, die für Rabelais’ Schriften zu lösen 
ist, ist ungleich schwieriger als die, die die Herausgabe 
von Montaignes Essais stellt. Denn Montaigne hat eine 
fertige Druckvorlage hinterlassen, ein Handexemplar 
der Ausgabe letzter Hand seiner Essays, das er mit 
druckfertigen Verbesserungen und Zusätzen für eine 
neue Auflage versehen hatte. Bei Rabelais dagegen 

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CORNELL UNfVERSSTV 



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sind nach der Feststellung der wirklich auf ihn zurück¬ 
gehenden Texte zunächst alle diejenigen Drucke zu be¬ 
stimmen gewesen, die deren endgültige Fassungen ent¬ 
halten. Dazu kommt dann noch, daß Rabelais’ Schriften 
nur durch umfassende sachliche und sprachliche Er¬ 
läuterungen dem wirklichen Verständnis des modernen 
Lesers zu erschließen sind. 

So hat die im Jahre 1903 in Paris begründete So- 
cidtd des Etudes Rabelaisiennes sich die Vorbereitung 
einer wissenschaftlichen Rabelais-Ausgabe zum Ziel ge¬ 
setzt, deren erster Band dank der hochherzigen För¬ 
derung durch die Marquise Arconati Visconti, die dem 
Unternehmen 50000 Franken zur Verfügung stellte, un¬ 
erwartet rasch erscheinen konnte. 

An dieser Stelle die Bedeutung der neuen Rabelais- 
Ausgabe ausführlich darzulegen, kann nicht die Absicht 
einer kurzen Anzeige sein, die lediglich die deutschen 
Büchersammler und Rabelaisfreunde darauf aufmerk¬ 
sam machen möchte, daß, wenn die folgenden Bände das 
halten, was der erste verspricht (und man kann hinzu¬ 
setzen: verbürgt) diese Ausgabe die für die weitere 
Rabelais-Forderung grundlegende sein wird. 

G. A. E. B. 

Gyldendalske Boghandel Nordisk Forlag Kopen¬ 
hagen kündigt eine neue Liebhaberausgabe an: Digte 
af Michelagniolo Buonarroti i Udvalg og Oversaettelse 
ved Johannes Dam, 

Das Buch (ungefähr 7 Bogen Umfang) mit einem 
Bildnisse, Faksimiles, Zierbuchstaben und Zierleisten 
von Waldemar Andersen, gedruckt bei Simon Bern¬ 
steen, wird in 250 Abzügen auf holländischem Papier 
(zu 5 Kronen) und 25 Abzügen auf japanischem Papier 
(zu 10Kronen) in den Handel gebracht. G. A. E. B. 


Ida Boy-Ed , Charlotte von Kalb. Eine psycholo¬ 
gische Studie. „Das heißt: ich bin kein ausgeklügelt 
Buch. Ich bin ein Mensch in seinem Widerspruch.“ 
Mit 8 Abbildungen. Verlegt bei Eugen Diederichs, 
Jena 1912. 

Frau Boy-Ed behauptet, noch habe kein Literar¬ 
historiker sich daran gewagt, Charlotte von Kalb in 
der Totalität ihrer Erscheinung (deutsch!) darzustellen. 
Sie meint, einem Manne müßte rasch die Erkenntnis 
kommen, nur eine Frau könne diese Frau verstehen. 
Als ob das psychologische Vermögen von den äußeren 
Geschlechtsmerkmalen bedingt wäre, als ob nicht 
hundertfach männliche Artung in weiblichem Körper 
zu erkennen wäre und umgekehrt Aber es ist richtig, 
wir besitzen noch keine Gesamtdarstellung der Seelen¬ 
geschichte dieser Frau, die als Freundin Schillers, 
Goethes, Hölderlins und Jean Pauls mitten in dem engsten 
Kreis der Großen unseres klassischen Zeitalters steht, und 
die Jean Paul im „Titan“ und in seinen Briefen als ein 
Weib wie keines, mit einem allmächtigen Herzen, mit 
einem Helden-Ich geschildert hat. Mit dem Namen 
„Die Titanide “ lebt sie fort. In dieser Schilderung 
aber wird aus der Titanide ein begehrendes Weibchen. 
Zum Verlangen gesellt sich keine Willenskraft, die der 
Umwelt trotzte und den Geliebten an sich risse oder, 
wie Frau Boy-Ed das geschmackvoll ausdrückt: „Sie 


hatte eine heiße Phantasie, aber keinen heißen Schoß.“ 
Dadurch ging ihr Schüler verloren, wie uns seine Ge¬ 
dichte „Freigeisterei der Leidenschaft“ und „Resigna¬ 
tion“ bezeugen, und sie bot sich Jean Paul erst an, als 
es zu spät war. Die Psychologie der Frau Boy-Ed be¬ 
steht darin, daß sie dieses höchst differenzierte Einzel¬ 
wesen auf allgemeine Formeln der Weiblichkeit zu 
bringen sucht, was immer Halbwahrheiten zutage bringt. 
Halbschürig ist das Buch auch im Tatsächlichen. Es 
weiß von wichtigsten Quellen nichts: Charlottens Briefe 
an Goethe (im 13. Bande des Goethejahrbuchs) und 
Klarmanns Geschichte der Familie von Kalb auf Kalbs¬ 
rieth, mit besonderer Rücksicht auf Charlotte von Kalb 
und ihre nächsten Angehörigen (Erlangen 1902). Gleich 
das Geburtsjahr der Heldin ist falsch (1791 statt 1761), 
und auf derselben ersten Seite steht der weitere Fehler, 
vor Charlotte habe die Mutter dem Gatten ein Söhn- 
chen geschenkt, während es zwei waren. Auch weiter¬ 
hin wimmelt der Druck von Fehlem, besonders störend 
in Namen und Jahreszahlen (S. 13 Pranger statt Pfranger, 
S.52f. 1888 und 1889 statt 1788 und 1789). Ein zitierter 
Brief Schillers enthält auf 13 Zeilen 9 Fehler. Die An¬ 
gaben der Selbstbiographie wurden nicht genügend 
nachgeprüft, und dadurch verliert das Buch vielfach 
an Zuverlässigkeit. Durch alles das ist die Porträtähn¬ 
lichkeit, nicht nur in kleinen Zügen, verwischt, und ich 
meine, es wäre doch besser gewesen, wenn ein Literar¬ 
historiker mit seiner dürftigen männlichen Psychologie 
sich an das Unternehmen herangewagt hätte. Am 
Ende hätte er dieses erschütternde Frauenleben doch 
wahrer dem großen Romandichter, dem Schicksal, 
nacherzählt als die beliebte Romandichterin. 

Georg Witkowski. 


Der Hodscha Nasreddin. Türkische, arabische, 
berberische, maltesische, sizilianische, ka lab rische, 
kroatische, serbische und griechische Märlein und 
Schwänke. Gesammelt und herausgegeben von Albert 
Wesselski. Zwei Bände. Alexander Duncker Verlag 
Weimar 1911. 

Man hat den Hodscha Nasreddin als Hofnarren 
des großen tatarischen Eroberers Timur und anderer 
Sultane, dann als Perser ausgegeben. Sein angebliches 
Grab in Akscheair zeigt eine Zahl, die spätestens 
das Jahr 1285 unserer Zeitrechnung bezeichnet Wie 
dem auch sei, — in Wahrheit wird es sich mit allen 
den historischen Daten ähnlich verhalten wie bei 
unserm Till Eulenspiegel. Sicher ist der Hodscha, 
den das Volk zu einem Heiligen machte, noch heute 
für die Türken der glanzvollste Vertreter ihres Volks¬ 
witzes, und sicher ist auf seine Persönlichkeit alles 
zusammengeflossen, was an Schwänken verwandter 
Art in Arabien und dem übrigen Orient von Mund 
zu Mund ging, vor allem die Erzählungen von dem 
arabischen Dschoha, von dem fast dieselben Geschich¬ 
ten erzählt wurden. Sie wanderten hinüber nach Nord¬ 
afrika, nach Sizilien und Toskana und bereicherten 
sich anderseits auch aus abendländischen Quellen. 
Goethe hat durch seinen orientalischen Berater, den 
Prälaten von Diez, für die Anmerkungen zum west¬ 
östlichen Divan fünf Schwänke Nasreddins erhalten 


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CORNELL UNIVERSUM 



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und ihrer in den Noten und Abhandlungen zum Divan 
Erwähnung getan, ehe 1837 die erste Ausgabe des Volks¬ 
buches erschien. Eine deutsche Übersetzung kam in 
Triest 1857 heraus, eine Auswahl auch in Nr. 2735 
von Reclams Universalbibliothek, die beste europäische 
Ausgabe war die französische von J. A. Decourde- 
manche (Bruxelles 1878). Nun übertrifft Wesselski 
durch die Vollständigkeit der Schwänke und der ver¬ 
gleichenden sagengeschichtlichen Untersuchungen alle 
Vorgänger und gibt uns neben dem reichen Schatz 
orientalischer Schnurren ein sehr wertvolles Hilfs¬ 
mittel zur Sagen- und Literaturgeschichte, indem für 
jede Erzählung die gesamte frühere Forschung zitiert 
und zum großen Teil die Fortbildung der Motive 
verfolgt wird. Die Sammlung, die mit den früher von 
uns angezeigten Schwänken Arlottos so verheißungs¬ 
voll begann, wird in den vorliegenden zwei Bänden 
aufs würdigste fortgesetzt. Dem Verleger Alexander 
Duncker und der Druckerei Otto Wigand in Leipzig 
gebührt für die solide Ausstattung und die Sorgfalt 
des schwierigen Satzes besonderes Lob. 

G. W. 


Der Verlag Hesse & Becker in Leipzig beschert 
uns in sehr gefälliger Ausstattung zu billigstem Preise 
(in Leinenband M. 3.—, in Geschenkband M. 4.—, 
in Liebhaber-Halbfranzband M. 5.—) drei Selbst¬ 
biographien deutscher Künstler. Zwei davon behaup¬ 
ten bereits seit langer Zeit unter ihresgleichen die 
ersten Stellen: die „Jugenderinnerungen eines alten 
Mannes“ von Wilhelm von Kügelgen, die hier Adolf 
Stern herausgegeben und Anna von Kügelgen mit 
einem biographischen Nachwort und einer Auswahl 
der Briefe vermehrt hat, und Ludwig Richters Lebens¬ 
erinnerungen eines deutschen Malers mit einer sehr 
unbedeutenden und phrasenhaften Einleitung von 
Ferdinand Avenarius. Als neue dritte Gabe gesellt 
sich würdig hinzu: Erinnerungen aus meinem Leben. 
Von Ludwig Emil Grimm, Maler und Radierer, 
1790—1863 (Bruder von Jacob und Wilhelm Grimm). 
Herausgegeben und ergänzt von Adolf Stoil, Professor 
am Kgl. Friedrichs-Gymnasium zu Kassel. Mit 34 
Bildnissen, 5 Abbildungen und einer Kartenskizze 
sowie einem Verzeichnis von Grimms Werk, mit 
Briefen von Jakob, Wilhelm, Ferdinand und Ludwig 
Grimm und andern Beiträgen zur Familiengeschichte. 
Das neue Buch wird, so hoffen wir zuversichtlich, sich 
seine Stelle neben den beiden verwandten erobern. 
Denn es teilt mit ihnen den Reiz der einfach innigen 
lebensvollen Wiedergabe des mit Maleraugen Ge¬ 
sehenen, den aus innerstem Gemüt quellenden Humor 
und die einfache Anmut des Stils, der hier dem ge¬ 
sprochenen Wort noch näher steht als bei den Vor¬ 
gängern. Gemeinsam ist auch allen drei Büchern die 
Eigenschaft, daß sie mit einem Jugendleben ein Stück 
deutscher Kulturgeschichte von hohem Wert vereinen. 
Das Ende des XV 11 I. Jahrhunderts und der Beginn 
des XIX. spiegelt sich jedesmal verschieden ab, bei 
Grimm in dem seligen Behagen der kleinstädtisch¬ 
ländlichen Steinauer Existenz, in die auch der grimme 
Schulmeister Zinkhan, eine Gestalt von wundersamem 


Humor, keine trüben Schatten zu werfen vermochte. 
Der Herausgeber Adolf Stoil leistet das letzte Mög¬ 
liche im Beibringen und Zusammenfassen der Erläu¬ 
terungsmittel und macht dadurch das Buch auch für 
jeden wissenschaftlichen Zweck im höchsten Grade nutz¬ 
bar. Indessen hätten wir gewünscht, daß diese wert¬ 
vollen Anmerkungen am Schlüsse ständen und nicht 
unter den Seiten, wo sie das ruhige Genießen vereiteln. 

Alle drei Bücher sind sehr hübsch und klar auf 
gutem Papier gedruckt und mit trefflichen, zum Teil 
in Dreifarbendruck ausgeführten Bildern geschmückt. 
Aber unter den Einbänden kann nur der bessere 
Leinenband berechtigten Ansprüchen einigermaßen 
genügen. A-s. 


Eberhard Büchner. Das Neueste von gestern. 
Kulturgeschichtlich interessante Dokumente aus alten 
deutschen Zeitungen. Erster Band: Das XVI. und 
XVII. Jahrhundert. Albert Langen, München. 

Wer alte Zeitungen und Zeitschriften zu irgend¬ 
einem Zwecke liest, dem wird die unwillkürliche, oft 
belustigend wirkende Abweichung von unsem heutigen 
Denk- und Fühlweisen leicht den Wunsch nahelegen, 
solche gemeinhin als Kuriosa bezeichneten Einzelheiten 
zu sammeln. So hat es früher einmal in einem zu 
wenig beachteten Buche Frau Maria Belli-Gontard 
versucht, und so versucht es nun von neuem in einer 
auf vier Bände angelegten Sammlung für das deutsche 
XVI.. XVII. und XVIII. Jahrhundert Eberhard Büch¬ 
ner. Mit dem Jahre 1513 setzt er, unseres Erachtens 
etwas spät, ein, und schon auf Seite 23 gelangt er an 
die Schwelle des folgenden Jahrhunderts. Dieses zieht 
nun in Hunderten von Notizen an uns vorüber, so 
lebensvoll, so reich an merkwürdigen Menschen und 
Ereignissen, daß diese Barockzeit schwerlich schon 
irgendwo mit solcher unmittelbaren Lebendigkeit zu 
erfassen war. Wir freuen uns auf die folgenden drei 
Bände, aus denen sicher wieder (gemäß der Behaup¬ 
tung in dem frischen, als Einleitung vorangestellten 
Dialog), die Zeit selbst, ganz direkt, ganz unmittelbar, 
sprechen wird. A-s. 

Vergessene Lieder und Verse. Mit Zeichnungen 
von Alphons Woelfle. Albert Langen, München 1911. 

Zum zweiten Male in kurzer Zeit wird den kleinen 
deutschen Lyrikern des absterbenden Rokoko eine 
liebenswürdige Auferstehung zuteil. Die kleine Samm¬ 
lung von Hünich in den Drugulindrucken hatte noch 
etwas von jenen gelehrten und halbgelehrten Toten¬ 
erweckungen; jetzt ist es nur die Künstlerfreude an 
der zierlichen Artigkeit alter Scherz- und Liebespoesie, 
die sich sogleich in eine höchst reizvolle Folge von 
Büdern desselben Stils umsetzt Woelfle trifft diese 
Mischung empfindsamer und, lüsterner Stimmung wie 
kein anderer, und so ist sein Buch ein ganz ge¬ 
schlossenes, höchst erfreuliches kleines Kunstwerk ge¬ 
worden. P-e. 


Als 23. Band von Meyers großem Konversations- 
Lexikon erschien das Jahres-Supplement 1910—1911 
im Verlage des Bibliographischen Instituts in Leipzig. 


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CORNELL UNIVERSUM 



IIO 


Neu erschienene und angekündigte Bücher 


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Dieses vortreffliche Jahrbuch erfüllt neben der ersten 
Aufgabe, das Hauptwerk auf der Höhe zu erhalten, 
die andere, immer neue Wissenszweige dem gewaltigen 
Baume aufzupfropfen. So erscheinen auch jetzt neben 
den üblichen Ergänzungen und Jahresübersichten, von 
denen besonders die literarischen der Hauptkultur¬ 
völker für uns von Interesse sind, neue wertvolle 
Artikel und Illustrationen, zum Beispiel englische und 
französische Dichter der Gegenwart, Marmor (mit 
zwei vortrefflichen Farbentafeln), Schmucksteine, eben¬ 
falls mit zwei Tafeln, Selbstbildnisse mit 45 kleinen, 
aber scharfen Autotypien, Stadtbahnen, Tierpsychologie 
usw. Im ganzen überwiegen diesesmai die technischen 
und naturwissenschaftlichen Artikel gegenüber denen 
zur Kunst und Literatur. Doch wird auch hier sorg¬ 
sam nachgetragen und zumal in den biographischen 
Daten jede wichtige Veränderung angemerkt. A-s. 


Seit 1909 gab G. A. E. Bogeng sein Jahrbuch für 
Bücherkunde und Liebhaberei in der Form des 
Taschenbuches heraus. Die länglichen Bände ge¬ 
mahnten an den Pegasus im Joche. Ein Notizbuch, 
zusammengekuppelt mit einer ausgezeichneten, durch 
alle drei Jahrgänge laufenden Fachkunde für Bücher¬ 
sammler und anderen literarischen Gaben von 
Wert, das gab kein passendes Gespann. Nun ist das 
Jahrbuch in seinem vierten Jahrgang, der wieder im 
Verlag von Max Harrwitz in Nikolassee bei Berlin 
erschien, der allzu lästigen Schwere des Nützlichkeits¬ 
zweckes ledig geworden. Der Titel bedeutet jetzt 
nicht mehr den Almanach, nur eine regelmäßige Folge 
von Sammlungen bibliophiler Aufsätze. Die erste uns 
vorliegende Reihe erweckt das günstigste Vorurteil. 
Durch das Ganze herrscht die Auffassung der Biblio¬ 
philie als einer fröhlichen Wissenschaft, nicht als 
dilettantisches kenntnisloses Spiel mit den Büchern 
und Bibliomanie. Dieser gilt das erste in dem statt¬ 
lichen Bande enthaltene Stück, die Novelle Charles 
Nodiers, Le Bibliomane, mit einem nach allen Seiten 
erläuternden Nachwort des Herausgebers. Aus dem 
folgenden sei dann hervorgehoben der wertvolle Auf¬ 
satz von Augustus de Morgan On the difficulty of 
correct description of books. Eine Menge gute Rat¬ 
schläge sind in kleineren Artikeln, wohl durchweg vom 
Herausgeber, erteilt, darunter so manches, was dem 
ernsten, geübten Sammler weniger, um so mehr aber 
dem Anfänger von Nutzen sein wird. Am Anhang 
stehen, zugleich als Satz- und Schriftproben einer An¬ 
zahl moderner Schriftgießereien, 14 Tafeln mit Nach¬ 
bildungen alter Büchereizettel. Der Druck ist von 
W. Drugulin in Leipzig in der Old style-Type her- 
gestellt. Die Auflage beträgt 800 Exemplare, darunter 
die ersten 50 auf holländischem geschöpften Bütten, 
die folgenden auf Indiapaper. G. W. 


Bibliotheca Germanorum Erotica et Curiosa. Ver¬ 
zeichnis der gesamten deutschen erotischen Literatur 
mit Einschluß der Übersetzungen, nebst Beifügung der 
Originale. Herausgegeben von Hugo Hayn und Al¬ 


fred N. Gotendorf, zugleich dritte, ungemein vermehrte 
Auflage von Hugo Hayns „Bibliotheca Germanorum 
erotica“. Band I (A-C). München 1912. Verlegt bei 
Georg Müller. 

Unser alter unentbehrlicher Helfer, der „Hayn", 
der zuletzt 1885 hervorgetreten war, kommt in neuer 
jugendlicher Gestalt ans Tageslicht Dieser erste Band 
mit seinen 716 Seiten entspricht den ersten 55 Seiten 
der zweiten Auflage; selbst wenn man den weit 
größeren und klareren Satz in Rücksicht zieht eine 
gewaltige Vermehrung. Sie wird zum beträchtlichen 
Teil der Erweiterung verdankt, die auch der Titel 
mit dem Zusatz Curiosa andeutet Dieses schwer ab¬ 
zugrenzende Gebiet wäre wohl besser einer Sonder¬ 
bibliographie überlassen worden. Was hat man davon, 
wenn zum Beispiel einer von den unzähligen „Be¬ 
richten“ über Wundergeburten verzeichnet wird? Wie 
früher werden unter Stichworten, namentlich Stadt¬ 
namen, größere Reihen zusammengefaßt, die längste 
in diesem ersten Bande betrifft Berlin. Schon früher 
erwiesen sich'diese Zusammenstellungen als unvorteil¬ 
haft. Man weiß häufig nicht, ob ein Titel unter dem 
betreffenden Städtenamen oder unter dem Autor 
beziehungsweise dem Stichwort des Titels zu suchen 
sei, zumal wenn die betreffende Stadt oder der Gegen¬ 
stand der Zusammenstellung nur gelegentlich darin 
erwähnt ist. Für den Sucher entsteht noch eine wei¬ 
tere kleine Unbequemlichkeit dadurch, daß die leben¬ 
den Kolumnentitel diese zusammenfassenden Artikel 
nicht berücksichtigen, so daß also mitten im B plötz¬ 
lich das ganze Alphabet an den Köpfen der Seiten 
durchläuft. Häufig haben die Herausgeber doch dem 
Zufall, der ihnen die Titel zuwehte, allzu bequemes 
Spiel gelassen. Von den Berliner Romanen Max 
Kretzers werden einige genannt, andere weggelassen, 
dagegen nichts von Fontane, Mauthner, Lindau. Wo¬ 
hin hätte es auch führen sollen, wenn der moderne 
Berliner Roman vollständig verzeichnet werden sollte? 
So hätten auch die wenigen Titel Kretzers ruhig 
fortbleiben können. Dagegen ist es gewiß berechtigt, 
daß Bildersammlungen, wie die Berliner Pflanze von 
Ernst Heilemann, aufgenommen werden, freilich nur 
ohne die beigefügte ruppige Reklame. Sehr sorgsam 
ist wie früher schon der Artikel Casanova bearbeitet 
und bis zur neuesten Zeit ergänzt. Wenn Victor Ott- 
manns bekannte Biographie als ein schönes Werk des 
talentreichen Verfassers bezeichnet wird, so wollen 
wir weder der Schönheit noch dem Talent wider¬ 
sprechen, müssen aber doch solche subjektive Mei¬ 
nungsäußerungen in der Bibliographie als überflüssig 
bezeichnen. Zu einem eigenen, sehr stattlichen Artikel 
von über 16 Seiten hat sich das Verzeichnis der 
Romane Carl Gottlob Cramers ausgewachsen, eine 
sehr willkommene Ergänzung zu dem weit knapperen 
Artikel in Goedeckes Grundriß 5, 509. So bemerkt 
man überall bei dem Vergleich mit der zweiten Auf¬ 
lage den außerordentlichen Fortschritt, der auch in 
dem Äußeren des Buches, des Druckes, des Papiers 
und des Einbandes bemerkbar wird. G. W. 


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Neu erschienene und angekündigte Bücher 


III 


Der Graphiker Leo Rauth hat im Kommissions¬ 
verlag der Rossbergschen Buchhandlung Röder 6° 
Schunke in Leipzig eine Mappe „Tänze“ erscheinen 
lassen. Es sind acht handkolorierte Blätter, die als 
Wandschmuck eleganter Junggesellenzimmer dienen 
können, von starkem Farbenreiz, zwischen grotesker 
und etwas süßlicher Anmut tändelnd, Die technische 
Ausführung ist vortrefflich, der Preis von 25 M. ver¬ 
hältnismäßig gering. B—n. 

Im Januar dieses Jahres ist ein liebenswürdiges 
Bild Carl Larssons, des großen Schweden, von einem 
Leipziger Staatsanwalt beschlagnahmt worden. Das 
Bild stellt ein schreibendes Malermodell dar und 
kann auch auf unreife Gemüter schwerlich die in 
§ 184 des Strafgesetzbuchs vorausgesetzte Wirkung 
üben. Der Fehlgriff wurde denn auch nach kurzem 
durch den Freispruch des Leipziger Landgerichts be¬ 
richtigt, nachdem der übliche Entrüstungsrummel in 
der Presse getobt hatte. Jetzt nimmt der Verlag 
Albert Bonnie’r in Leipzig und Stockholm das Ereignis 
zum Anlaß, um unter dem Titel „Das Modell" eine 
Mappe mit vier Dreifarbendrucken nach Aquarellen 
Larssons herauszubringen, begleitet von einem Ab¬ 
druck mehrerer Artikel, die dem selbstverständlichen 
Protest der Kunstkritik wegen jenes Fehlgriffes 
Ausdruck geben. Was da von Fritz Stahl, dem 
Freiherm von Ostini, Ernst Schur und anderen ge¬ 
sagt wird, ist alles ganz richtig, zumal das Wort 
unseres trefflichen, allzu früh dahingeschiedenen 
Schur: „Aber man darf solche Dinge nicht zu tragisch 
nehmen,“ • B—n. 


Eine Publikation von ganz seltener künstlerischer 
Größe bedeutet die Mappe Tyll Vienspiegel, zwölf 
Holzschnitte zu de Costers Vienspiegel von Walther 
Klemm. Der Sinn der großen vlämischen National¬ 
legende wird in diesen Blättern an ihren unendlich 
reichen Wurzeln erfaßt: der volkstümliche Humor, der 
Ingrimm gegen die spanischen Bedrücker und der 
Glaubenszwang, der zähe listenreiche Kampfesmut, 
die stille, in allen Leiden ausharrende Siegesgewißheit 
Die Holzschnitte vereinen Weichheit und Kraft. Mit 
einfachen Mitteln sind schwierige zeichnerische Pro¬ 
bleme gelöst, anknüpfend an die besten Überliefe¬ 
rungen der ersten Blütezeit der Technik und doch 
von völlig modernem Geiste durchdrungen. In der 
Verwendung hellerer Einfärbungen kommen diese 
Handdrücke dem Besten gleich, was japanische 
Meister geleistet haben. Die Mappe darf ohne 
Zweifel als Gewähr hohen Könnens des Künstlers und 
als eines der glänzendsten Denkmäler zeitgenössischer 
Graphik eingeschätzt werden. P—n. 


Seit zwei Jahren gibt der bekannte Kenner der 
Reformationsliteratur, Professor Otto Clemen, unter 
dem Titel „Zwickauer Faksimiledrücke“ 'im Verlag 
von F. Ullmann in Zwickau eine Sammlung von 
Reproduktionen alter Illustrationswerke heraus, denen 


die reichen Schätze der dortigen Ratsschulbibliothek 
und der Münchener Hof- und Staatsbibliothek die 
Vorlagen lieferten. Bis jetzt erschienen Hans Sebald 
Behams Holzschnitte zum alten Testament nach der 
1537 bei Christian Egenolph in Frankfurt erschienenen 
Ausgabe: „Biblicae historiae artificiosissime depictae“ 
(M. 3.60); Thomas Murner, „die Mühle von Schwin¬ 
delsheim“ (Straßburg, Matthias Hupfuff 1515), nach 
dem in Zwickau befindlichen einzigen vollständigen 
Exemplar (M. 4.20); die Holztafeldrucke der „Ars wo- 
riendi" IVD und des „Canticum Canticorum “ (je 
4.50 M.), endlich Wolfgang von Män, „Das Leiden 
Jesu Christi unsere Erlösers“. (Augsburg, Hans 
Schönsperger d. J. 1515 M. 10.50) mit den Holzschnitten 
Hans Burgkmaire, Johann Schäufelins und Jörg Breus, 
deren Zuteilung hier von neuem gegenüber Muther 
nachgeprüft und mit besseren Gründen berichtigt 
wird. Die Leistung des Herausgebers entspricht, wie 
es bei Clemen nicht anders zu erwarten ist, allen For¬ 
derungen an umfassende Kenntnis der gesamten in 
Betracht kommenden wissenschaftlichen Literatur, 
Selbständigkeit und Zuverlässigkeit des Urteils. Der 
Manuldruck der Ullmannschen Offizin zeigt sich allen 
Schwierigkeiten der Wiedergabe dieser alten Denk¬ 
mäler bis zum letzten gewachsen und den ersten 
Leistungen ähnlicher Art mindestens ebenbürtig. Für 
den wissenschaftlichen Gebrauch und für den Samm¬ 
ler alter Drucke bietet sich so, bei sehr mäßigem 
Preise, ein höchst wertvolles Hilfsmittel dar, dem 
der verdiente Erfolg und eine dadurch gesicherte 
Fortsetzung aufrichtig gewünscht werden muß. 

In demselben Verlag beginnt ein neues Unter¬ 
nehmen Professor Clemens zu erscheinen, betitelt 
„Handschriftenproben aus der Reformationszeit“. 
Gegenüber den „Handschriftenproben des XVL Jahr¬ 
hunderts“, die Johannes Ficker imd Otto Winkelmann 
1902—1905 dargeboten haben, umschreibt Clemen 
einen weiteren Kreis, die Gesamtheit derer um Martin 
Luther, in der ersten Lieferung 67 Handschriftproben 
von 64 Schreibern darbietend. Die verschiedenen 
Zwecke, denen die Sammlung nützlich werden kann, 
— Seminarübungen zur Urkundenlehre und zur Re¬ 
formationsgeschichte, Forschung und Sammelsport 
auf diesem Gebiete — stellen dem Werke um so mehr 
eine vielfältige Benutzung in Aussicht, da der Manul¬ 
druck bei völlig getreuer Wiedergabe einen sehr 
mäßigen Preis ermöglicht hat G. W. 


Als Sonderabdruck aus dem Annuario del/a 
Societä fra gli amatori di Ex-Libris erschien in hun¬ 
dert Exemplaren (Verlag von G. Schoder in Turin) 
eine kurze Biographie des vielgenannten Zeichners 
Franz von Bayros , begleitet von einer Originalradie¬ 
rung und acht Reproduktionen in Strichätzung. Der 
Verfasser Luigi Amadeo Rati Opizzoni di Torra , 
rühmt, wie billig, seinen Helden und behauptet daß 
in dessen Illustrationen niemals etwas Unmoralisches 
in der eigentlichen Bedeutung des Wortes zu finden 
sei. In der Tat zeigen die beigefügten, relativ zah¬ 
men Blätter nichts der Art; aber daß Bayros auch 


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112 


Neu erschienene und angekündigte Bücher 


anders kann, weiß die Welt und bezeugt die beige- 
fügte Bibliographie durch die unter B aufgezählten 
Edizioni private. P—e. 


Wiederholt wurde bereits die neue „Illustrierte 
Kunstgeschichte“ von Josef Neuwirth {München und 
Berlin Allgemeine Verlags-Gesellschaft m. b. Hl) hier 
erwähnt Jetzt liegen die Lieferungen io—16 vor. Sie 
schildern die Entwicklung von der romanischen Zeit 
bis zur Kunst des XVI. Jahrhunderts, abschließend 
mit Albrecht Dürer, Lucas Cranach und Mathias 
Grünewald, ebenso knapp, klar und formschön wie 
die früheren Kapitel. Die Textabbildungen, bis jetzt 
967 an der Zahl, sind freilich vielfach im Format gar 
zu klein und könnten sorgsamer zugerichtet sein. Da¬ 
gegen leisten die beigefugten Tondrucke im großen 
Format und die meisten der Drei- und Vierfarben¬ 
drucke Ausgezeichnetes, und es bleibt erstaunlich, was 
hier für den geringen Preis von I M. für jede Liefe¬ 
rung geboten wird. A—s. 


HanneNUte un de lütte Pudel*ne Vagei - un Min - 
schengeschicht von Fritz Reuter . Gedruckt bei Wilhelm 
Gerstung, Offenbach a. M. (Privatdruck in 300 nume¬ 
rierten Exemplaren.) November 1911. 

Mit Reuters Hanne Nüte, als erstem Buch der soge¬ 
nannten „ Rudolfinischen Drucke ", hat obengenannte 
Firma eine vortreffliche Gabe geboten. Diese Drucke, 
die in zwangloser Folge, immer jedoch in der Zahl von 
300 numerierten Exemplaren erscheinen werden, sollen 
ein deutsches Analogon zu den aus englischen Privat 
pressen hervorgehenden bilden, dabei aber — unter 
Berücksichtigung der Verschiedenheit des Volkscharak¬ 
ters — von wesentlich anderen Voraussetzungen aus¬ 
gehen. Vielleicht betont der Verleger, der in Rudolf 
Koch einen hervorragenden Buchkünstler gefunden hat, 
das „Derbe“ im Charakter der Deutschen etwas zu 
stark; ein schwärmerischer, romantischer Zug ist ge¬ 
rade unserem Volke eigen, der, ohne in Sentimentalität 
auszuarten, sich mit dem Urwüchsigen und Kräftigen 
zu einem schönen Ganzen verbindet. Diese Vereini¬ 
gung vermissen wir auch bei Fritz Reuter keineswegs 
und namentlich der,,Hanne Nüte“ bietet dafür ein ekla¬ 
tantes Beispiel. 

Bei allen Sonderausgaben lauert das Gespenst des 
„Snobismus“, worauf schon Fedor v. Zobeltitz geistvoll 
warnend hingewiesen hat, im Hintergründe. Es ist ja 
lediglich eine Geldfrage, ob sich jemand die zum Teil 
ganz prachtvollen Privatdrucke anschaffen kann oder 
nicht. Daß sie mit der Zeit immer seltener werden und 
demgemäß im Preise steigen, liegt in der Natur der 
Sache. Eine solche Sammlung aber ist himmelweit 
verschieden von der wahren Bibliophilie. In Anbetracht 
der vorzüglichen Ausstattung ist der Preis von 20 M. 
für das vorliegende Buch als ein mäßiger und ein sol¬ 
cher zu bezeichnen, vor dem ein mäßig begüterter 
Sammler nicht zurückzuschrecken braucht. Es ist in 
Halbpergament mit handgedrucktem C berzugpapier 
und handgeschriebenem Rückentitel gebunden und 


macht äußerlich den Eindruck eines schönen alten 
Bibliotheksbandes. Druck und Papier genügen — bei 
aller Einfachheit — selbst dem verwöhntesten Ge¬ 
schmack. Leopold Hirschberg. 


Ernst Lissauer: Der Strom. Neue Gedichte. 
Verlegt bei Eugen Diederichs, Jena 1912. 

Dies zweite Gedichtbuch des noch nicht Dreißig¬ 
jährigen erscheint mir als das stärkste, wuchtigste 
lyrische Werk der letzten Jahre. Stark, breit, schwer 
schreitet hier einer über die Erde, sieht und fühlt alle 
Erscheinungen: die Städte, Wälder, Ströme, Meere, 
Bastionen, Häuser, Glockentürme, Arbeit, Musik, 
Liebe, und drängt all dies in harte, starke Verse voll 
schwerer, tönender, funkelnder Worte. Er fügt sich 
nicht den überlieferten Formen, sondern er läßt aus 
den Dingen und Gefühlen selbst jeweils sich den 
eigenen Rhythmus gestalten, der eben diesen Dingen und 
Rhythmen konform ist. Man hat das Gefühl, es gibt 
keine Erscheinung, keine Sdmmung, keine Vision, die 
dieser Dichter nicht gestalten könnte. Er ist knapper 
als Verhaeren, konzentrierter und härter als Dauthen- 
dey, bewußter und strenger als Schmidtbonn. Dieser 
Dichter fühlt mit tausend Sinnen; er verschließt dann, 
nachdem er die Erscheinung aufgenommen hat, sich 
selbst, und wenn er ganz erfüllt von dem Aufgenom¬ 
menen ist, prasselt mit ungeheurer Wucht das Ge¬ 
sammelte aus ihm heraus und fällt hart zu Boden in 
Formen, die sich selbst aus ihrem Inhalt geschaffen 
haben. Wie Klötze auf der Erde, wie monumentale 
Denkmäler stehen die Gedichte da, man kann nichts 
in ihnen ändern, keine Worte wegstreichen. Erstaun¬ 
lich ist der Wortreichtum des Dichters, noch erstaun¬ 
licher seine Beherrschung der Klangwerte. Aber nicht 
objektive Bewältigung der Umwelt und der Inwelt 
offenbart sich, sondern an allem ist etwas vom Wesen 
des Dichters hängen geblieben, der sich mit den 
Dingen mißt, dessen Seele durch die Welt geweckt 
wird. Licht und Kraft von einem Menschen, der 
glücklich über das Gefühl der Erfüllung ist, strömt in 
den Gedichten. Alttestamentarische Wucht rauscht 
aus den breiten Rhythmen der Hymnen; weltselige 
Gefühle breiten sich in großen Bildern und Worten 
aus; das Wesen gewaltiger Musiker wird in mächtigen 
Gleichnissen entfaltet, Gefühle des Volkes und volks¬ 
tümlicher Gestalten steigen zusammengepreßt aus 
knappen Gedichten empor. Das Schönste und Größte 
an seinem Buche ist, daß es von einem Dichter kün¬ 
det, der aller Erscheinungen aller Zeiten durch lyrische 
Kraft Herr wird, der mit den wenigen Ausdrucks¬ 
mitteln, die uns verliehen sind, durch Sprache und 
Rhythmus, neue Formen schafft. Man könnte immer 
weiter von diesem Gedichtbuche reden, wenn man 
nicht durch das Sprechen über das Buch alsbald Lust 
empfände, sogleich wieder in ihm zu lesen. K. P. 


Otto Julius Bierbaum : Gesammelte Werke in 
zehn Bänden herausgegeben von Michael Georg Con¬ 
rad und Hans Brandenburg. München, bei Georg 
Müller. 


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Erster Band: Gedichte. 

Es fragt sich, ob es schon an der Zeit war, eine 
große Ausgabe der Werke Bierbaums zu veranstalten, 
sicherlich aber ist es verdienstlich, daß diese Ausgabe 
nur das Beste aus den Dichtungen Bierbaums aus¬ 
wählen will. Und so hat Hans Brandenburg aus den 
allzu vielen Gedichten des Poeten etwa dreihundert 
in einem Band vereinigt. Der Herausgeber hat die 
Gedichte im wesentlichen chronologisch geordnet und 
geht in der Reihenfolge auf den ersten Druck in den 
einzelnen Gedichtsammlungen Bierbaums zurück. Es 
ist besonders zu loben, daß Brandenburg mit Be¬ 
wußtsein die spielerischen, unbedeutenden Gedichte 
fortgelassen hat und dafür das Hauptgewicht auf die 
Gedichte von eigenem Erleben und von kunstvoller 
Form gelegt hat. Es ergibt sich aus dem Lesen 
dieses guten Auswahlbandes alsbald ein wesentlich 
anderes Abbild Bierbaums, als man es sich bisher so¬ 
gleich beim Anhören seines Namens vor Augen hielt 
Eine Entwicklung zum Emst, zur Melancholie, Re¬ 
signation zeigt sich, und man erkennt, wie der Cha¬ 
rakter Bierbaums durchaus nicht so sehr an der 
Oberfläche hinspielend, sich in muntern Scherzen er¬ 
gehend war, wie man es meist annahm, wenn man 
seine zahlreichen Gedichtbände durchblätterte und 
allenthalben auf scherzhafte Tändeleien und Form¬ 
koketterien traf. 

Der Band von 380 Seiten ist sauber gedruckt und 
in einem dunkelbraunen Leinenband gebunden, der 
inmitten eines einzelnen goldgepreßten Rahmens den 
schöngeschnörkelten Namenszug des Dichters O. J. B. 
aufweist, jenes Signet, das, mit chinesischer Tusche 
groß geschrieben, alle die so oft gesehen haben, 
welche Briefe des Dichters zu erhalten pflegten. 

_ P—s. 

Hertnann Essig: Furchtlos und treu. Drama in 
fünf Akten. Verlegt bei Paul Cassirer, Berlin. 

Der Verfasser einiger scharfer Komödien und 
einer Tragödie versucht sich hier im historischen 
Trauerspiel. Es wird das Schicksal Peter a Venis 
(Pietros della Vigne) vorgeführt, der, im Konflikt mit 
seinem Kaiser Friedrich II., in den Verdacht geraten, 
aus Machtstreben den Herrscher vergiften zu wollen, 
seinen Untergang durch des Herrn Gebot fand. Ein 
älterer Dichter wurde wohl den stolzen Hohenstaufen¬ 
kaiser in den Mittelpunkt der Tragödie gestellt haben; 
aber es läßt sich beobachten, daß in den historisch¬ 
dramatischen Werken der letzten Jahrzehnte immer 
mehr die Herrschergestalten selbst, die früher durch¬ 
aus im Vordergrund standen, zurückgedrängt werden 
und eine andere Person, ursprünglich von nur episo¬ 
disch-tragischer Bedeutung, den Helden abgibt. Essig 
stellt den Kanzler Peter als ganz unschuldig dar; 
zwar ist der starke Mann von geringer Herkunft er¬ 
füllt vom Bewußtsein seiner Kraft und vom Streben 
Macht und Einfluß sich zu bewahren, aber er denkt 
niemals daran, seinen Kaiser zu verraten. Modernes 
und Altmodisches ist in Essigs Tragödie seltsam ge¬ 
mischt Er verzichtet auf ein Liebesmotiv, er macht 
den Gegenspieler Peters, den harten Ezzelino, nicht zu 


113 


einem böswilligen Intriganten; seine Sprache eilt herb 
und strack ohne ausmalende Bilder, ohne fest gepflegte 
Verse dahin, ohne Episoden rollt die Handlung 
sicher zum Ziel; aber hinwiederum wird der endgültige 
Untergang Peters schlechthin hervorgerufen durch 
die Intrige einer Frau des Kaisers; durch Blankas 
Bestreben den Kanzler beiseite zu schaffen, der 
ihrer Meinung nach das Hemmnis ist,welches hindert, 
daß ihr geliebter Sohn die Königskrone von Sizilien 
erhält. Man könnte das Drama eine Tragödie der 
Freundschaft nennen, denn in jeder Szene, manchmal 
fast allzu aufdringlich, bricht das stärkste Gefühl 
Peters hervor: seine Freundschaftsliebe zum Kaiser, 
durch die sogar sein Machtbestreben, niedergekämpft 
wird. Noch nach seinem Sturz durch den Kaiser, 
nach seiner Gefangenschaft und furchtbaren Blendung 
ist es sein höchster Wunsch, den Kaiser noch Freund 
nennen zu dürfen, und erst als ihm dies der Kaiser 
hart weigert, packt Verzweiflung den Mißverstandenen, 
Mißbehandelten, und er zerschmettert sein Haupt an der 
Kerkerwand. Der Kaiser ist schwankend in seinen 
Gefühlen; immer wieder mißtrauisch gemacht durch 
den derben, rauhen Ezzelino und die ehrgeizige Kai¬ 
serin wandelt sich seine ursprüngliche Liebe zu Peter 
durch den Verdacht des versuchten Giftmordes schlie߬ 
lich zu Abscheu und Verurteilung. Die Gestalt der Kai¬ 
serfrau Blanka ist für mein Gefühl zu plump intri- 
gantenhaft, die Kaisertochter Violanta aber gibt ein 
zartes Gegenbild zu ihr. Die drei ersten Akte fließen 
ruhig und nüchtern dahin, der vierte bringt die sehr 
bewegte Vergiftungsszene, und der fünfte das allmäh¬ 
liche Ende Peters im Kerker. Das Stück muß wohl 
bühnenwirksam sein, wenn die Kraft des Darstellers 
ausreicht, den fünften Akt, der fast ganz durch Reden 
Peters ausgefüllt ist, durchzuhalten. -in- 


Graf Cagliostro, Der König der Kuppler und 
Schwarzkünstler. Seine magischen Operationen von 
ihm selbst erzählt. Berlin, im Verlag „Neues Leben“, 
Wilhelm Bomgräber. 

Wolfgang Ansorge gibt in einem Auswahlbänd¬ 
chen die Erinnerungen des Mannes heraus, der es 
am besten verstand, aus den Kulturzuständen des 
Rokoko Kapital für sich zu schlagen und jahrzehnte¬ 
lang durch seine Betrügereien, denen er den Schleier 
des Geheimnisvollen gab, die Welt in Staunen und 
Bewunderung zu setzen. Durch die zahlreichen Nach¬ 
forschungen über das Leben und die Taten des 
Abenteurers und über die künstlerischen Bearbeitungen 
dieses dankbaren Motivs durch die Kaiserin Katharina II. 
von Rußland, durch Goethe, Dumas und einige Opern 
sind die Erinnerungen Blsamos selbst ein wenig in 
Vergessenheit geraten. Und es muß gesagt werden, 
daß diese Erinnerungen enttäuschen, daß sie weitab 
stehen von den unsterblichen Memoiren seines edleren 
und feineren Gegenstücks Casanova. Kunstlos und 
roh erzählt Cagliostro seinen Lebenslauf, nur gelegent¬ 
lich durch eine scharfe ironische Bemerkung über die 
Dummheit der Menschen oder die Verderbtheit derZeit 
die plumpe Darstellung seiner eigenen Erbärmlichkeit 
unterbrechend. 


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114 

Ich glaube, so schamlos ist noch niemals von 
einem Menschen die eigene Gemeinheit bloßgelegt 
worden, mit hämischem Grinsen werden die nieder¬ 
trächtigsten Streiche und die bald plumpen, bald raf¬ 
finierten Betrügereien erzählt; am widerlichsten aber 
wirken die immer sich wiederholenden Erzählungen 
von der Verkuppelung seiner eignen Frau. Doch all 
dieser Unverschämtheit fehlt die befreiende Ironie, 
das große Gelächter über die menschliche Dummheit, 
der Stolz des triumphierenden großen Gauners. Eigent¬ 
lich spielt Cagliostro meist eine erbärmliche Rolle, und 
am elendsten steht er als betrogener Betrüger in 
seiner Erzählung der berühmten Halsbandgeschichte 
da. Oft ermüdet man bei den Schilderungen; die 
dargestellten Menschen werden nicht lebendig, die 
Taten erscheinen nicht als großartig, sondern wie 
kleinliche nur auf augenblicklichen Erfolg berechnete 
Betrügereien. Und doch steigt uns ein Ahnen auf 
von der seltsamen Zeit, deren kultivierte Menschen 
sich durch einen ungebildeten Schwindler in Begei¬ 
sterung und Verwirrung setzen ließen. P—s. 


Jens Baggesens Parthenais. Eine literarhistori¬ 
sche Untersuchung von Otto Zürcher. (Untersuch¬ 
ungen zur neueren Sprach- und Literaturgeschichte. 
Herausgegeben von Prof. Dr. Oskar F. Walzel. N. F. 
ii. Heft.) H. Haessil Vertag in Leipzig 1912. 

Parthenais oder die Alpenreise, auch mit dem 
Untertitel; Der Jungfrauen Wallfahrt zur Jungfrau. 
Ein idyllisches Epos in neun, später zwölf Gesängen, 
von dem Dänen Jens Baggesen in deutscher Sprache 
gedichtet! Man findet das Büchlein ziemlich häufig 
in Antiquariats-Katalogen, ob es aber viel gelesen 
wird? Ein Seitenstück zu Goethes „Hermann und Do¬ 
rothea" und Vossens „Luise" wurde es bei seinem Er¬ 
scheinen genannt, in mancher Beziehung ist es ein 
Vorläufer von Spittelers „Olympischem Frühling", mit 
Hallers „Alpen" ist es nicht zu vergleichen. Eine 
idyllische Wanderung des Dichters Nordfrank mit drei 
schweizer Patriziertöchtem von Bern über den Thuner 
See nach Lauterbrunn, Wengernalp und auf den 
Tschuggen — Nordfrank allein besteigt auch den ragen¬ 
den Eckpfeiler des Jungfraustockes, den Eiger— ist ver¬ 
quickt mit einer Art von homerischer Mythologie, im 
Anschluß an Voß geschaffen. Der Verfasser zeigt die 
biographischen und literarischen Elemente auf, die 
bei dem Dichter wirksam gewesen sind, er gibt eine 
Textanalyse und kennzeichnet die Entwicklung in den 
verschiedenen Fassungen, er geht auf die von Baggesen 
gebildete Mythologie ein und prüft, was als Alpensage 
in das Epos Einlaß gefunden hat. Das Biographische 
läßt sich an Briefen und an den Reisebeschreibimgen 
prüfen, die in Baggesens Biographie von seinem 
Sohne August und in seine „Werker" aufgenommen 
sind. Die Dichterwanderung „Labyrinth" ist in fünf 
(nicht vier) Bänden von C. F. Cramer ins Deutsche 
übersetzt und durch einen Schwulst von Zusätzen un¬ 
genießbar gemacht, sie führt von Kopenhagen durch 
Deutschland nur bis nach Basel, ergibt also nichts für 
die Parthenais. Die Fortsetzung des Labyrinthes 


rührt in der Fassung der Werke zum größten Teil 
nicht von Baggesen her, sondern ist von anderer 
Hand nach seinen Briefen und Tagebüchern zusam¬ 
mengestellt. Es wäre wünschenswert, wenn diese 
Vorlagen einmal in der Urgestalt herausgegeben 
würden. Sie sind gar nicht durchaus dänisch, son¬ 
dern vielfach deutsch und erst für die Biographie und 
die „Vmrker" ins Dänische übertragen. Da die 
Reisen von Kopenhagen nach Kiel, Lübeck und 
Hamburg, durch die Lüneburger Heide nach Göttin¬ 
gen, Pyrmont und Hessen, Mainz, Mannheim und 
Straßburg, auf vielen Wegen durch die Schweiz, nach 
Paris, nach Weimar, Jena, Leipzig, Dresden (zu An¬ 
ton Graff und Körner) und schließlich nach Berlin 
führen und mancherlei bedeutende Männer besucht 
werden, dürfte eine solche Veröffentlichung sicher 
wertvoll sein. — Der Verlag hat die Schrift mit Titel¬ 
abbildungen nach den drei ersten Ausgaben ge¬ 
schmückt. H. S. 

Vor vielleicht einem Vierteljahr erschien in Wien ein 
Werk: „Festschrift zur Feier des 25 jährigen Bestandes 
des fachtechnischen Klubs der Beamten und Faktoren 
der Kaiserlich und Königlichen Hof- und Staatsdruckerei 
1886/1911“, welches, von dem Spezialbcrichterstatter 
bisher nicht erwähnt, einer näheren Besprechung mir 
wert erschien. Ausnahmsweise erbat ich dasselbe vom 
Klub, und ich habe es nicht zu bereuen. Die Aus¬ 
stattung ist prima primissima, und besser als das, was 
mir in letzter Zeit von unserer deutschen Reichsanstalt 
zu Gesicht gekommen. Der Inhalt schließt sich der 
Ausstattung an. Es wird eine gedrängte Übersicht 
auf fast allen Gebieten der graphischen Künste ge¬ 
geben, und bürgen für diese Behauptung die Namen 
der Mitarbeiter: K. K. Professor A. Albert, Kaiserlicher 
Rat A. C. Angerer, K. K. Professor Georg Brandl- 
mayr, Dr. Paul Gelmo, Joseph A. Heilmayer, Direktor 
Karl Hermann, Friedrich Jasper, Franz Maurer, Kaiser¬ 
licher Rat Wilhelm Müller, Hermann Scheibe, K. K. 
Oberingenieur Dr. Paul R. von Schrott, K. K. Professor 
Artur W. Unger, sämtliche aus Wien, Hermann Kempe 
aus Nürnberg, Kaiserlicher Oberfaktor Otto Reinecke 
und Hermann Smalian aus Berlin. Beim Artikel: „Über 
den Stand der deutschen Rechtschreibung“ wäre höch¬ 
stens der etwas zu hochgegriffene Ausdruck, „daß die 
orthographische Einigung aller deutschsprachischen 
Völker erreicht sei“ zu tadeln, denn so weit sind wir 
leider noch lange nicht und werden es wohl erst dann 
werden, wenn das von den deutsch österreichisch¬ 
schweizerischen Buchdruckern in Mainz beziehungsweise 
Konstanz auf der Generalversammlung des Deutschen 
Buchdrucker-Vereins verlangte „Sprachamt“ zur Tat¬ 
sache wird. Dieser Wunsch steht jetzt auf dem toten 
Gleise, und ehe nicht wieder einmal Schulbücher in 
xverschiedene Orthographien umgeändert werden, wird 
er wohl auch da stehen bleiben. Die Festschrift ist 
natürlich nur für einen beschränkten Kreis hergestellt, 
und, wie mir der Klub mitteilt, vergriffen und im Handel 
nicht mehr zu haben. Dr. Quem von Nostitz . 


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Kleine Mitteilungen 


115 


Kleine Mitteilungen. 


In Hamburg wird jetzt mit Unterstützung der 
Staatsverwaltung die niederdeutsche Bibliographie or¬ 
ganisiert und ein phonographisches Archiv für die 
niederdeutsche Sprache eingerichtet. Zur Deckung 
der Kosten hat der Hamburger Senat 15000 M. in 
das diesjährige Staatsbudget eingestellt, die jetzt von 
der Bürgerschaft mit genehmigt sind. In den Jahren 
1897—1904 hat bereits Professor Dr. Konrad Borch- 
ling im Aufträge der Göttinger Gesellschaft der 
Wissenschaften eine Inventarisation der niederdeut¬ 
schen Handschriften der älteren Zeit durchgeführt. 
Die für die langersehnte niederdeutsche Bibliographie 
erforderliche Arbeit läßt sich in Hamburg besonders 
gut organisieren, da die reiche Sammlung der Ham¬ 
burger Stadtbibliothek einen bequemen Ausgangs¬ 
punkt für die Katalogisierung und einen wertvollen 
Rückhalt auch für die Zeit der späteren Ausarbeitung 
bietet. Professor Borchling, der die Leitung dieser 
Arbeiteji übernommen hat, hat sich ferner die Auf¬ 
gabe gestellt, auch die lebenden niederdeutschen 
Mundarten Nordwestdeutschlands aufzunehmen, und 
zwar phonographisch und aus dem Munde der Spre¬ 
chenden. Die Arbeit erscheint für unsere bedrohten 
niederdeutschen Mundarten als eine absolute Not¬ 
wendigkeit. Eine nach wissenschaftlichen Gesichts¬ 
punkten ausgewählte Sammlung von phonographischen 
Reprodukdonen der wichtigsten Typen des nieder¬ 
deutschen Sprachstammes würde ein Archiv bilden, 
das Hamburg mit einem Schlag zum gegebenen 
Mittelpunkt der niederdeutschen Dialektstudien ma¬ 
chen würde. 


Eine Berliner Zeitungskorrespondenz machte Mit¬ 
teilung von einer Reihe von Mißständen im Betriebe 
und bei der Benutzung der Königlichen Bibliothek 
in Berlin. Auf Befragen äußerte sich die Direktion 
darüber folgendermaßen: „Es ist nicht zu leugnen, daß 
die Luft im Zeitschriftenlesezimmer sehr schlecht ist. 
Die Fenster nach der Dorotheenstraße können in der 
Tat nicht geöffnet werden, weil der von der Straße 
hereindringende Lärm die Besucher zu sehr belästigen 
würde. Nun ist zwar die Möglichkeit vorhanden, 
Fenster, die auf den Hof hinausgehen, zu öffnen, doch 
genügt diese Lüftung nicht Der an einem Fenster 
angebrachte elektrische Vendlator kann meistens nicht 
in Tätigkeit gesetzt werden, weil er zu geräuschvoll 
arbeitet. Dabei ist nun allerdings zu berücksichtigen, 
daß man es hier nur mit einem Provisorium zu tun 
hat. Im Jahre 1913 wird das Zcitschriftenlesezimmer 
nach dem Teil der Bibliothek verlegt, der die Front 
in der Straße Unter den Linden hat. Hier werden 
diese Übelstände nicht vorhanden sein. Aus dem 
Raum, der jetzt das Zeitschriftenlesezimmer beherbergt, 
werden eine Wohnung für den Kastellan und ein 
kleiner Restaurationsbetrieb geschaffen. Es muß 
weiter auch zugegeben werden, daß das Ausleihe - 
geschäft sich zu langsam abwickelt. Es könnte da 
eine Vereinfachung des Verfahrens eintreten, die wir 
bereits früher einmal versucht haben, die wir aber in 
Z. f. B. 1912/1913. 


den jetzigen Räumen nicht durchführen können. 
Außerdem sind auch zu wenig Beamte für das Aus¬ 
leihgeschäft vorhanden. Was nun schließlich die 
Beschwerden über das Verleihen von illustrierten 
Werken betrifft, so ist es nicht richtig, daß die gene¬ 
relle Vorschrift besteht: Bücher mit Illustrationen 
werden nur nach dem Lesesaal, nicht aber nach 
Hause verliehen. Diese Vorschrift bezieht sich nur 
auf Werke mit sehr wertvollen Abbildungen, weil es 
leider immer wieder vorkommt, daß die Illustrationen 
herausgerissen werden. Wenn aber jemand glaubhaft 
nachweisen kann, daß er ein solches Werk durchaus 
zum Studium zu Hause notwendig hat, dann wird ihm 
Erlaubnis dazu von der Direktion erteilt.“ 


Die Gesellschaft der Bücherfreunde in Hamburg 
gedenkt, das hamburgische Stadtrecht von 1497, die 
bedeutsamste Handschrift des Staatsarchivs, als Drei¬ 
farbenlichtdruck herauszugeben. Den einzelnen Ab¬ 
schnitten sind 18 Miniaturen vorangestellt, die das 
Hamburger Leben der alten Zeit darstellen und so 
frisch und leuchtend in den Farben erhalten sind, 
als seien sie erst gestern aus der Werkstatt des 
Künstlers hervorgegangen. Die im Jahre 1845 von 
J. M. Lappenberg herausgegebenen, lithographischen 
Nachbildungen nach Zeichnungen Otto Spechters ver¬ 
mitteln nur eine ganz unzulängliche Vorstellung von 
den Originalen. 

Eine dem Prospekt beigefügte Probetafel und 
Probeseite erwecken für die Publikation die besten 
Erwartungen, ihr wissenschaftlicher Wert wird durch 
die Namen der Herausgeber (Senatssekretär Dr. 
Hagedorn , Prof. Dr. Borchling , Assessor Dr. Reinecke') 
gewährleistet. Der Preis beträgt 100 M., die Auflage 
höchstens 300 Exemplare. Subskriptionen sind zu 
richten an den Publikationsausschuß der Gesellschaft 
der Bücherfreunde zu Hamburg zu Händen des Herrn 
Direktor Prof. Dr. Münzel , Hamburg , Stadtbibliothek. 


Eine neue Privatpresse ist unter dem Namen 
Ganymedes-Presse von dem Drucker Hugo Hartmann 
und dem Maler R. 6nw»f-Sachsenberg mit eigenen 
von diesem geschnittenen Typen errichtet worden. 


Internationale Ausstellung für Buchgewerbe und 
Graphik Leipzig 1914. Das lebhafte Interesse, das 
alle einschlägigen Kreise Deutschlands an dem Pro¬ 
jekt nehmen, bekundet sich neuerdings besonders da¬ 
durch, daß in den wichtigeren buchgewerblichen Orten 
lokale Versammlungen einberufen werden, um über 
die Art der Beteiligung der betreffenden Städte zu 
beraten. Am 20. April fand eine solche Versammlung 
unter dem Vorsitz des Herrn Karl Klingspor in Frank¬ 
furt a. M. statt, an der auch der Vorsitzende der 
Ausstellung, Herr Dr. L. Volkmann, teilnahm, um in 
großen Zügen ein Bild der Ausstellung und ihrer 
Organisation zu entwerfen. Am 22. April folgten zwei 

16 


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Kleine Mitteilungen 


116 


gleiche Versammlungen in Stuttgart, und zwar vor¬ 
mittags unter dem Vorsitz des Herrn Kommerzienrat 
Engelhorn für den Buchhandel und nachmittags unter 
dem Vorsitz des Herrn Kommerzienrat Krais für die 
graphischen Gewerbe. Beide Versammlungen waren 
zahlreich besucht und wurden durch die Teilnahme 
mehrerer Vertreter der Königlich Württembergischen 
Staatsregierung ausgezeichnet. Auch hier entwickelte 
Herr Dr. L. Volkmann in längerer Rede das eigen¬ 
artige und lebendig organisierte Programm der Aus¬ 
stellung, und fand dafür, wie schon in Frankfurt, die 
einmütige Zustimmung der Anwesenden. Es w’urde 
die Bildung von Ortsausschüssen beschlossen, die für 
würdige Beteiligung ihrer Kreise bemüht sein werden. 
— Auch in den zu Kantate in Leipzig stattgefundenen 
Hauptversammlungen der verschiedenen Vereinigungen 
des Buch- und Musikalienhandels stand das Thema 
.Ausstellung 1914“ auf der Tagesordnung; in Berlin 
fand dann am 14. Mai eine Versammlung der Inter¬ 
essenten im Papierhaus statt; in Breslau hat Herr Dr. 
L. Volkmann das betreffende Referat zu der am 2. Juni 
stattfindenden Hauptversammlung des Deutschen 
Buchdrucker-Vereins übernommen, und endlich hält am 
20. Juni der Deutsche Buchgewerbeverein selbst seine 
Hauptversammlung in München ab, wobei gleichfalls 
über die Ausstellung eingehend berichtet werden soll. 
So findet das bedeutsame Unternehmen schon jetzt 
überall im Reiche starken und freudigen Widerhall. 


Zur Tausendjahrfeier der Residenz Kassel im Sep¬ 
tember 1913 ist die Aufführung eines Festspiels in der 
neuen Stadthalle geplant. Der Stoff des Festspiels 
muß der Kasseler Geschichte entnommen sein, kann aber 
dichterisch frei gestaltet werden. Um geeignete 
Stücke zu gewinnen, wird ein allgemeines deutsches 
Preisausschreiben erlassen und ein Preis von 2000 Mark 
für die beste Arbeit ausgesetzt; der Ankauf weiterer 
geeignet erscheinender Manuskripte bleibt Vorbehalten. 
Die näheren Bedingungen des Ausschreibens versendet 
gebührenfrei das Stadtverkehrsamt Kassel (Rathaus). 


William Caxton, Englands erster Buchdrucker, ist 
für die Kunst im englischen Buchdruck nicht vorbild¬ 
lich gewesen. Wie alle Drucker der frühesten Zeit nahm 
er sich die Buchhandschrift zum Muster und die ihm 
besonders vertraute vlämische Schrift war keineswegs 
die vollendetste unter den gotischen Schriften seiner 
Zeit. Und auch die alten „black letter books‘\ die seit 
dem XVIII. Jahrhundert von den englischen Sammlern 
mit großem bibliophilen Enthusiasmus gesammelt wer¬ 
den, verdienen nicht als Buchkunstwerke ihre hohe 
Einschätzung. Erst im XVIII. Jahrhundert zeichnete 
William Caslon englische Druckschrift, die bewußt den 
künstlerischen Anforderungen an eine solche Schrift 
zu genügen versuchte (und deren „old-faced type“ 1844 
von Charles Wbittingham neu verwertet wurde), wäh¬ 
rend der englische Meisterdrucker dieser Zeit, John 
Baskerville , beispielgebend wurde für die notwendigen 


Bemühungen um die Druckschdnheit, die neben der 
schönen Type, der Auswahl geeigneter Druckfarben 
und Druckpapiere vor allem die Satzanordnung als die 
Schönheit eines Druckwerkes bedingend betrachten. 
Bemühungen, denen der um das Jahr 1800 unbestritten 
herrschende Bodonigeschmack entgegenstand. 

Das Verhältnis der beiden bedruckten Seiten eines 
aufgeschlagenen Buches zueinander, das der bedruckten 
zu der unbedruckten Fläche und die farbige Wirkung 
der Druckseite, die aus der Art, der Trennung, und dem 
Zusammenschluß der einzelnen Lettern wie der einzelnen 
Zeilen entsteht, sind für das Gelingen eines vollkom¬ 
menen Satzbildes entscheidend. Mehr ahnend als be¬ 
rechnend haben manche Meister der Wiegendruckzeit 
diese Vollkommenheit erreicht, mit Überlegung suchte 
man sie zuerst in England am Ende des XIX. Jahr¬ 
hunderts. Und das englische Revisal of Printing ist seit¬ 
dem auch für andere Länder, so auch für Deutschland, 
bedeutungsvoll geworden. Während allerdings in Eng¬ 
land (und Amerika) die Anregungen, die von den 
Musterdrucken der neuenglischen Buchkunstschule aus¬ 
gingen, immerhin schon da als w ertvoll aufgenommen 
wurden, wohin sie gelangen mußten, wenn die ganze 
Bewegung nicht steril bleiben, nicht l’art pour l’art- 
Tendenz haben sollte, bei der Herstellung der „gewöhn¬ 
lichen Bücher“ hat sich in Deutschland die neueste 
Entwicklung der Kunst im Buchdruck auf die Massen¬ 
herstellung von Liebhaberausgaben beschränkt Und 
eine gewisse Luxusbücherindustrie, der auch als ihr 
Gegenstück die billigen Prachtausgaben nicht fehlen, 
bleibt in vornehmer Abgeschlossenheit von der allge¬ 
meinen Bücherproduktion. Es sind zwei getrennte Ge¬ 
biete: auf dem einen kann die Nichtigkeit in kostbarem 
Putz erscheinen, auf dem anderen zeigt ein wertvolles 
Werk, eine wissenschaftliche Arbeit mit weitreichender 
Wirkung ihren inneren Gehalt durch die Verachtung 
„äußerlicher“ Buchformen, ästhetischen Buchanstandes, 
(nach Beispielen braucht man nicht zu suchen).— 

Und noch eine andere Unterscheidung (wenigstens 
der Anfänge in) der englischen und deutschen neuen 
Buchkunst muß gemacht werden. In England waren 
die Buchschönheitssucher zunächst nicht gezwungen ge¬ 
wesen, neben den ideellen Erfolgen auch auf die ma¬ 
teriellen Erfolge zu sehen, während in Deutschland 
schon die ersten Förderer und Urheber der neuen 
Kunst im Buchdruck bei den erheblichen Opfern, die 
sie ihrer Sache bringen mußten, wenigstens die Hoff¬ 
nung auch an einem gewinnbringenden Unternehmen 
zu arbeiten nicht entbehren konnten. 

Der Vater der neuen Kunst im Buchdruck, William 
Morris, hat für die Vorbereitungen zur Erreichung seines 
Zieles, wieder ein vollkommenes Buch wie die alten 
Meister zu drucken, Geld und Zeit im Überfluß auf- 
wenden können Man wird ihn den Romantiker unter 
den modernen Typographen nennen können, der Auge 
und Hand an den Nachbildungen alter Prachthand¬ 
schriften geschult, immer ein wenig in der gotischen 
Zeit geblieben ist, der für seine 1891 gegründete Keim - 
scott Press bis zu seinem Tode (1896), nachdem ihn Ver¬ 
suche belehrt hatten, daß unter den Bedingungen des 
modernen Handels Bücher wie er sie wollte, nicht zu- 


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Kleine Mitteilungen 


ii 7 


stände kommen konnten, so sehr die Forderungen einer 
Werkstattsarbeit, die nicht auf ihre Unkosten zu kom¬ 
men braucht, aufstellte, daß ihm seine Schüler auch 
darin nicht unbedingte Gefolgschaft leisten konnten. 
Denn obschon ganz unerwarteterweise* die Arbeiten 
der Keimscott Press sich durchaus bezahlt gemacht 
hatten, so war sie doch kein im eigentlichen Sinne 
gewinnbringendes Unternehmen gewesen, keine ge¬ 
schäftliche Anlage, auf die ein Mann seine Lebens¬ 
arbeit zu seiner Lebenserhaltung begründen konnte. 
(Die späteren hohen Liebhaberpreise der Keimscott 
Press-Drucke haben hier keine Bedeutung.) Und ihr 
Werkstattraum war bei allem, was er an Erfüllungen 
geben konnte, zu eng für die Verheißungen, die ihn 
entstehen ließen. 

Charles Ricketts, durch den doppelten Erfolg der 
Keimscott Press über die Notwendigkeiten guter Buch¬ 
arbeit und das allgemeine Verlangen nach solcher auf¬ 
geklärt, begründete 1896 seine bis 1904 bestehende 
Vale Press, deren Bücher unter seiner Leitung von der 
Ballantyne Press gedruckt worden sind. 

Die von Ricketts nach venetianischen Vorbildern 
des XV. Jahrhunderts gezeichnete Type benutzte auch 
Lucien Pissarro für die früheren Drucke seiner Eragny 
Press ( 1896), währender seit 1903 seine eigene „Brook“- 
type gebraucht. Die Eigenart der Eragny Press beruht 
zunächst auf der Selbständigkeit ihres Meisters, der 
allein, nur von seiner Gattin unterstützt, vom Zeichnen 
und Schneiden seine Holzstöcke bis zum Satz und 
Druck seiner Bücher, alle notwendigen Arbeiten aus¬ 
führt. Sodann in der Farbenfreudigkeit dieses Druckers, 
die er in der Handkolorierung der Holzschnitte, in der 
Vorliebe für mehrfarbigen Druck beweist. 

Die Ashendene Press, die sich C.H. St.John Hornby 
1895 aus Teilnahme für die Buchdruckkunst einrichtete, 
wuchs über ihre dilettantischen Anfänge sehr rasch 
hinaus, weil ihr Besitzer, ähnlich wie William Morris, 
ohne Gewinnabsicht ans Werk gegangen war. In der 
Auswahl der Typen Eklektiker, hatC.H.StJohn Hornby 
nacheinander die Caslon- und die Fell-Type benutzt, 
bis er mit einer Nachbildung der halbgotischen Subiaco- 
type von Sweynheym und Pannartz sein Meisterwerk 
schuf, den Dante-Folianten von 1909, der mit Ehren 
einen Platz an der Seite des Morris Chaucer behauptet. 

C. R. Ashbee, der nach der Auflösung der Kelm- 
scott Press aus ihr zwei Pressen, sowie einen Teil des 
verkäuflichen Typen Vorrates erworben hatte, begrün¬ 
dete damit seine Essex House Press , für die er 1901 
seine Endeavourtype, 1903 seine Prayer Book Type 
schneiden ließ. 

Die eigentlichen Erben von William Morris in 
einem höheren Sinne wurden aber zwei seiner da¬ 
maligen Mitarbeiter, Emery Walker und Cobden San - 
derson (der das, was William Morris für die Neube¬ 
lebung der Buchdruckerkunst leistete, neben ihm für die 
Neuerweckung der Einbandkunst geleistet hat). Diese 
beiden Meister, die sogleich die genauen Regeln für 
das „Ideal Book“ aufstellten und auch in der Gleich¬ 
mäßigkeit ihrer Erzeugnisse im Gegensatz zu dem ro¬ 
mantischen Morris wie Akademiker erscheinen, be¬ 


nutzten eine der Jensontype nachkonstruierte Druck¬ 
schrift Das erste Buch ihrer Doves Press, die seit 1909 
Cobden Sanderson allein leitet, erschien 1901. 

Die Veröffentlichungen aller dieser Privatpressen, 
allmählich sich zu einer großen Zahl schön gedruckter 
Bücher vereinigend, ließen noch Raum für ihnen ähn¬ 
liche englische Unternehmungen. In den Vereinigten 
Staaten von Amerika sind besonders die Merrymount 
Press (unter Mr. Updike) und die Riverside Press (unter 
Mr. Rogers) den bedeutendsten englischen Pressen in 
der Pflege der Kunst im Buchdruck gefolgt, während 
die Mosher Press von Thomas B. Mosher in Portland 
Maine in der Herstellung guter und schöner billiger 
Bücher einen eigenen Rang beanspruchen darf. 

Versuche, auch vorläufig noch weniger zugängliche 
Gebiete der Kunst im Buchdruck dienstbar zu machen, 
entstanden im Zusammenhänge mit den Arbeiten der 
neuenglischen Buchdruckerschule: des gelehrten Robert 
Proctor griechische „Otter“-Type, die ein wichtiges Ele¬ 
ment für den schönen Druck der hellenischen Klassiker 
schuf, Pissaros Musiknotendruck müssen unter diesen 
Versuchen besonders hervorgehoben werden. 

Die Ausstellung von Meisterwerken der neueng¬ 
lischen Kunst im Buchdruck, die im Oktober 1911, von 
der Medici Society Ltd. in London veranstaltet wurde, 
hat die. Herausgabe eines Buches veranlaßt, das zum 
ersten Male eine bibliographische Übersicht über die 
Leistungen der neuenglischen Buchdruckerkunst gibt: 
The Reviral of Printing. A bibliographical Catalogue 
of Werks issued by the chief modern english presses with 
an introduction by Robert Steele , imprinted in the Ric - 
cardi Press Fount by Charles T. Jacobi. With Facsimi - 
les of the types employed by other Presses. London , by 
Macmillan Co. Ltd, and Philip Lee Warner , Pu* 
blisher to the Medici Society Ltd. IQ12. 350 Abzüge 

auf Papier, von den3i5 in den Handel gegeben wurden 
(Boards 16 s, Limp Vellum £1 5 s) und 12 Abzüge auf 
Pergament (10 im Handel zu £15 15s). Nach einer 
vorzüglichen Einleitung, die ein sucrinctesCompendium 
der Druckästhetik ist, folgen Listen der Veröffent¬ 
lichungen folgender Pressen: Daniel Press, Keimscott 
Press, Vale Press, Eragny Press, Ashendene Press, 
Essex House Press, Doves Press, Cuala Press, Cam¬ 
bridge University Press (Cambridge-Type-Drucke), 
Merrymount Press (Boston), Florence Press, Riccardi 
Press, sowie eine Liste der bisherigen Drucke in der 
griechischen Type Proctors. Als Handlisten befleißigen 
sie sich einer bibliographischen Kürze und verzeichnen 
auch insofern nicht alle Drucke der behandelten 
Pressen, als nebensächliche Drucksachen wie Anzeigen 
und ähnliches, entweder nur zusammenfassend erwähnt 
oder ganz ausgelassen sind. Hierin wäre manchen 
wohl eine umständlichere Genauigkeit nicht unwill¬ 
kommen gewesen. So hätte immerhin, um ein Bei¬ 
spiel zu geben, ein Rundschreiben wie das von T. J. 
Cobden Sanderson über Shakespeares Punctuation 
(A Letter addressed to the editor of The Times. Octo- 
ber 26, 1911) nicht unerwähnt bleiben dürfen. 

G. A. E.B. 


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i iS 


Kleine Mitteilungen 


Zur Geschichte der Bücherformate . Vor kurzem 
wurde ich zufällig aufmerksam auf Wilhelm Ostwalds 
Publikation: Die Weltformate. I. für Drucksachen. 
1911. In Kommission bei Fr. Seybolds Buchhandlung, 
Ansbach. Die 16 Seiten starke Schrift stellt Nr. 10 der 
Schriften über „die Brücke“ dar, und ist ein Sonder¬ 
abdruck aus dem „Börsenblatte für den deutschen Buch¬ 
handel“ vom 18. Oktober 1911 Nr. 243, S. 12330. Da 
mir dieses Organ des deutschen Buchhandels nicht zu¬ 
gänglich ist, so weiß ich nicht, ob schon jemand in 
diesen Blättern zur Begründung der sogenannten Welt¬ 
formate durch Ostwald das Wort ergriffen hat. Beim 
Lesen des Titels der Ostwaldschen Schrift wurde ich 
gleich an einen kleinen Artikel im Göttinger Taschen¬ 
kalender (bei Jos. Chr. Dieterich) für das Jahr 1796 
erinnert. Er steht auf Seite 171—178, ist überschrieben 
„Über Bücher-Formate u und hat keinen Geringeren als 
Georg Christoph Lichtenberg zum Verfasser. Der kleine 
Aufsatz ist später in Lichtenbergs vermischten Schriften 
(Band 5. Göttingen 1803, Seite 511—520); und Aus¬ 
gabe von 1853. (Göttingen, Band 6, Seite 266—271.) 
und noch des öfteren zum Abdruck gebracht worden. 
Wenn ich es gleich vorwegnehme, so ist der Kernpunkt 
in Lichtenbergs und Ostwalds Aufsatze genau der 
gleiche. 

Für Lichtenberg entsteht im Jahre 1796 die Frage: 
„1. Könnte man nicht dem Papier eine solche Form 
geben, daß alle Formate einander ähnlich würden, und 
2. wäre ein solches Format bequem und schön? 

Die erste Frage wird jeder Anfänger in der Algebra 
beantworten können. Wir wollen die Auflösung her¬ 
setzen. Weil hier immer eine Seite des Bogens so groß 
angenommen werden kann, als man will, so wollen 
wir die kleinere wiederum a, die größere aber, die ge 
sucht wird, x nennen, so wäre also bei diesem Papier, 
die Patentform a: x und folglich, x gebrochen, gäbe 
für das 

Folio . . — x : a « x : 2 a wie oben. 

2 

Weil nun aber diese Formate einander ähnlich sein 
sollen, so ist a:x = x.2a; aus x* = 2a* und x=a]f^ 
So wäre also dies Verhältnis der Seiten beziehentlich 

der Patentform — a-.a ■= 1: \T^ bei Folio = Yjf • 1 
__ 2 

= 1: yT usw - ms Unendliche. Da nun bekanntlich das 

Verhältnis von 1 : \ff das Verhältnis der Seite des 
Quadrats zu dessen Diagonale ist: so kann sich jeder¬ 
mann sogleich ein Blatt von dieser Form schneiden. 
Vielleicht ergeht es ihm alsdann wie mir vor mehreren 
Jahren, da ich unvermutet gewahr ward, daß der Bogen 
Papier, den ich für das Beispiel zuschneiden wollte, 
schon die Form hatte, die ich ihm zu geben willens 
war. Unser gewöhnliches Schreibpapier in Klein-Folio 
hat nämlich hierzulande [das heißt in Göttingen] wirk¬ 
lich diese Form schon, und es war mir angenehm, zu 
finden, daß irgend jemand schon bei der ersten Büdung 
des Papiers, sogar die Figur desselben eines Gedankens 
gewürdigt hatte, also einer Ehre, die ihm nachher im 
Dienste selbst, bald beim Schreiben, bald beim Lesen 
nicht selten versagt wird. Wer dies Papier kennt, oder 


sich die Mühe nehmen will, ein solches Blatt zu schnei¬ 
den, wird finden, daß es ein sehr gefälliges und be¬ 
quemes Format ist. So viel zur Beantwortung der 
beiden Fragen . . .“ 

Ostwald , der offenbar ohne Kenntnis des Uchten- 
bergschen Artikels auf diese Bücherformate gelangt 
ist, entschuldigt sich fast, daß er, der ja „ursprünglich 
Chemiker“ gewesen, auf einen seinem Fache so ferne 
liegende Frage komme. Und Lichtenberg\sX von Hause 
aus Physiker und Mathematiker und Chemiker! Welch 
merkwürdiges Zusammentreffen! Zwei große Natur¬ 
forscher greifen zu verschiedenen Zeiten (1796 und 
1911) dasselbe Problem auf, das scheinbar ihrem Arbeits¬ 
gebiet fern liegt, und stellen es zur Diskussion, und er¬ 
ledigen es beide genau in der gleichen Weise. 

Ostwald ( 1 . c.) S. 7 stellt als erste Forderung auf: 

1. „Die Formate müssen aber untereinander in 
solcher Beziehung stehen, daß sie durch einfaches Fal¬ 
zen, das heißt durch Halbieren der Oberfläche auf¬ 
einander reduziert oder auseinander hergestellt werden 
können“. 

2. „Die so entstehenden verschiedenen Formate 

müssen untereinander geometrisch ähnlich sein. 

Diese Forderung läßt sich nur auf eine einzige Weise 
befriedigen, indem nämlich die beiden Seiten der For¬ 
mate sich verhalten, wie die Seite eines Quadrats xur 
Diagonale , oder mathematisch ausgedrückt wie 

■ : vv 

Da die Quadratwurzel aus 2 — 1,414 ... ist, so haben 
wir es ungefähr mit dem Verhältnis 7: 10 zu tun. — 

Zu diesen zwei Voraussetzungen, die sich völlig 
mit den Lichtenbergschen Deduktionen decken, fügt 
Ostwald noch eine dritte, daß die Formate auf das 
Zentimeter als Einheit bezogen werden müssen. Er 
stellt folgende Tabelle auf. 


i cm 

Weltformat 

Nr. 

L 4 i 

1 : 1.41 

I 

2 

1,41 : 2 

11 

2,83 

2 : 2,83 

III 

4 

2,83: 4 

IV 

5,66 

4 •• 5,66 

V 

8 

5,66: 8 

VI 

IL 3 

8 : I 1,3 

VII 

16 

11,3 : 16 

VIII 

22,6 

Iö : 22,6 

IX 

32 

22,6 :32 

X 

45,3 

32 : 45,3 

XI 

64 

45,3 : 64 

XII 

90,5 

64 : 90.5 

XIII 


In dieser stehen die einzelnen aufeinanderfolgenden 
Zahlen in dem Verhältnis von 1: y~z. Je zwei Zahlen, 
die aufeinander folgen in der Tabelle, erfüllen also 
die Bedingung der geometrischen Ähnlichkeit. 

Wie Lichtenberg oben von einem „sehr gefälligen 
und bequemen Formate " spricht, so Ostwald (l. c. Seite 10) 
von Nr. VIII (11,3:16 cm) von einem bequemen und 
hübschen Taschenformat .“ 

Es kann hier nicht der Platz sein, auf die weiteren 
von Ostwald gemachten Vorschläge einzugehen, da 
sie dem Bibliophilen wohl größtenteils bekannt sein 


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Kleine Mitteilungen 


werden. Ob diese mit dem Satze von Ostwald 
( 1 . c. S. n) einverstanden sind: „Man wird andrerseits 
das Gebiet der Buchausgaben für Bibliophilen, der 
künstlerischen Drucke und dergleichen ruhig den son¬ 
stigen „wilden“ Formaten überlassen können“, darauf 
kann ich hier auch nicht eingehen. 

Was mir als Mediziner besonders bei der Möglichkeit 
der Vereinheitlichung der Formate von besonderer Be¬ 
deutungerscheint, das ist vielleicht, in Zukunft in Aussicht 
zu haben, nicht mehr „eine zwecklose Formverschieden- 
heit“ von Sonderabzügen nebeneinander im Bücher¬ 
brett stehen zu haben, so daß sie kaum in demselben 
Einband vereinigt werden können. Erich Ebstein. 


Bekanntmachung der Kommission für Einband¬ 
stoffe. Als wir in Heft 7/8 des Zentralblattes von 1911 
die von dem Vereine Deutscher Bibliothekare beschlos¬ 
senen 'Vorschriften für Bibliothekseinbände mitteilten, 
ersuchten wir zugleich diejenigen Firmen, die sich be¬ 
reit erklären würden, gemäß den neuen Vorschriften 
Leder zu liefern oder Pergament, Webstoffe und Pa¬ 
pier herzustellen, sich an uns zu wenden, damit wir 
darüber im Zentralblatt für Bibliothekswesen eine Be¬ 
kanntmachung veröffentlichen könnten. Wir sind jetzt 
in der Lage solche Firmen zu nennen. 

I. Lederfabrikationen und Lederhändler. 

1. J. H. Epstein, Fabrik farbiger Leder in Frank¬ 
furt a. M.: für Ziegenleder. Vertreter für Leipzig: 
Hans Henning, Engelsdorfer Straße 15. Die Firma hat 
ein Farbensortiment von Kapziegen und deutschen 
Ziegen herausgegeben. 

2. R. Ihm, Fabrik gefärbter Leder in Mainz: fiir 
Ziegen-, Kalb- und Schafleder. Vertreter in Leipzig: 
Felix Frohnknecht, Leplaystraße 10. Die Firma hat 
ein Sortiment gefärbter deutscher Ziegenleder zusam¬ 
mengestellt, die sich als besonders lichtecht erwiesen 
haben. Aus diesem Sortiment haben die Unterzeich¬ 
neten auf Ersuchen der Firma acht Farbentöne aus¬ 
gewählt, die für Bibliothekszwecke besonders geeignet 
erscheinen, und die die Firma auf Lager halten will. 

3. August Spitta Söhne, Lederfabrik in Branden¬ 
burg an der Havel: für Schweinsleder, naturfarbig, und 
gefärbt. 

4. Wilhelm Bolle, Lederhandlung in Berlin S., Prin¬ 
zessinnenstraße 26: für Ziegen-, Kalb- und Schafleder. 

5. Wilh. Valentin, Buchbinderei-Materialien-Groß- 
handlung, in Berlin SW., Krausenstraße 37: für Kalb- 
Schaf- und Schweinsleder. 

II. Pergamentfabrikanten. 

1. Römhildt-Heilbrunn Söhne Aktiengesellschaft in 
Berlin NO., Keibelstraße 395 für Kalb- und Schafper¬ 
gament 

2. Carl Wildbrett in Augsburg-Pfersee: fiir Kalb-, 
Ziegen und Schafpergament. 

3. Joseph Weinstein in Eisenach: für Kalb-, Ziegen- 
und Schafpergament. 

4. H. Band & Co. in Brentford (England): für Kalb-, 
Ziegen- und Schafpergament. Vertreter für Deutsch¬ 
land: Waldemar Huch in Hamburg, Hirtenstraße 6. 


1 19 


III. Fabrikanten von Webstoffen. 

1. J. Landauer in Braunschweig: für Normal-Dop- 
peikaliko, Normal-Leinen leicht, Normal-Leinen schwer. 
Der Alleinverkauf für Berlin wurde der Firma G. Hon¬ 
rath in Berlin W., Charlottenstraße 62, der Alleinver¬ 
kauf für die Provinzen Pommern, Ost- und Westpreu¬ 
ßen der Firma Wilh. Valentin, Berlin SW., Krausen¬ 
straße 37 übertragen. 

2. Netter & Eisig in Göppingen: für Normal-Dop¬ 
pelkaliko. 

Die neuen Webstoffe Normal-Doppelkaliko, Nor¬ 
mal-Leinen leicht, Normal-Leinen schwer, sind in folgen- _ 
den Farben zu haben: schwarz, dunkelgrün, rotbraun, 
dunkelblau, lederbraun. 

IV. Papier. 

Die Verhandlungen wegen Herstellung von Nor- 
malbezugpapier sind noch nicht so weit gediehen, daß 
Firmen, die es herstellen, namhaft gemacht werden 
könnten. Doch hoffen wir binnen kurzer Zeit hierzu in 
der Lage zu sein, da jetzt eine Firma mit Versuchen 
beschäftigt ist. 

Wir erinnern daran, daß jedes Fell Leder und jede 
Haut Pergament den vorgeschriebenen Stempel tragen 
muß. Hierbei ist besonders darauf zu achten, daß der 
Fabrikant (oder bei Leder auch der Händler) mit 
seinem vollen Namen die Garantie übernimmt. 

Für Webstoffe war vorgeschrieben, daß der Stem¬ 
pel von dem Fabrikanten am Anfang und am Ende 
eines jeden Stückes aufgedruckt würde. Die unter 
Nummer III genannten beiden Firmen sind jedoch 
der Meinung, daß die Anbringung eines Stempels tech¬ 
nische Schwierigkeiten macht, und haben deshalb vor¬ 
läufig gedruckte Etiketts mit dem vorgeschriebenen 
Wortlaut am Anfang und Ende der Stücke aufgeklebt. 

Wir ersuchen bei Bestellung der neuen Webstoffe 
stets ausdrücklich Normal-Doppelkaliko, Normal-Leinen 
leicht oder schwer zu verlangen und sich, falls die 
Ware in kleineren Mengen durch den Zwischenhandel 
bezogen wird, die Firma des Fabrikanten angeben 
zu lassen. 

Wegen der Bezugsquellen, der Preise für die ver¬ 
schiedenen Arten von Einbandstoffen, der Lieferung 
von Proben und Mustern wolle man sich an die vor¬ 
genannten Firmen oder deren angegebene Vertreter 
wenden. Wir hoffen, daß die deutschen Bibliotheken 
von den neuen Einbandsstoffen ausgiebigen Gebrauch 
machen werden. Sollten noch weitere Fabrikanten 
sich zur Herstellung der vorgeschriebenen Einbands¬ 
stoffe entschließen, so wollen sie uns davon in Kennt¬ 
nis setzen, damit wir auch ihre Namen bekannt geben 
können. 

Berlin, den 6. März 1912, 

Professor Dr. Loubier , 

Kustos an der Bibliothek des Kunstgewerbe-Museums. 
Professor Dr. Paalxow, 

Abteilungsdirektor der Königlichen Bibliothek. 

{Zentralblatt für Bibliothekswesen .) 


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120 


Literatur und Justiz. 


Frieda Tiersch, eine junge Buchgewerblerin, hat 
im vergangenen Monat im Leipziger Buchgewerbe¬ 
museum eine größere Anzahl von Bucheinbänden aus¬ 
gestellt, die in der Hauptsache in London entstanden 
sind. Die Arbeiten von Frieda Tiersch stehen tech¬ 
nisch und künstlerisch durchaus unter dem Einfluß 
der englichen Buchbindekunst, wie sie etwa Cobden - 
Sanderson und in neuerer Zeit Sangovski in so hervor¬ 
ragender Weise pflegt Sie sind technisch sehr tüchtig 
gearbeitet, in der Hauptsache mit Handstempeln in 
Goldpressung und beweisen ebenso deutlich, daß die 
Künstlerin noch durchaus die Fähigkeit besitzt, die 
Entwürfe in selbständiger Weise zu fertigen. Einige 
Bände sind sehr geschmackvoll nur am Rücken mit 


Blattmustern dekoriert, bei den meisten sind aber auch 
die Decken mit Ornamenten aus florealen Motiven 
oder Bandverschlingungen häufig unter Benutzung von 
Lederauflagen geschmückt Naturgemäß tritt hier die 
englische Schulung am meisten in die Erscheinung. 
Trotz des großen Aufschwungs unserer deutschen 
Buchbindekunst sind uns die Engländer doch in man¬ 
cher Beziehung voraus, vor allem, was die Exaktheit 
der Durchbildung betrifft. Das gereicht auch den Ar¬ 
beiten von F. Tiersch zum Vorteil. Es wäre zu 
wünschen, daß der jungen Künstlerin Gelegenheit ge¬ 
boten würde, ihre Fertigkeiten noch im deutschen 
Buchgewerbe weiter ausbilden zu können. 


Literatur und Justiz. 


In den letzten Wochen wurden folgende Beschlag¬ 
nahmen verfügt, bezw. durch Gerichtsurteil bestätigt: 

Aus der Sammlung: „In paradiesischer Schönheit“. 
Farbige Freilichtakte nach künstlerischen Aufnahmen 
des Kunstmalers M. Schneider, Berlin W. 57, 
Richard Eckstein Nachfolger. Lieferung 3 und 9 
je ein Bild, Lieferung 1, 4, 5, 6, 7 und 8 je zwei 
Bilder, insgesamt 14 Stück; 

Aus der Sammlung: „Eva im Paradies". Weibliche 
Freilichtakte nach Aufnahmen für Künstler und 
Kunstliebhaber des Kunstmalers M. Schneider, 
Berlin W. 57, Richard Eckstein Nachfolger. 
4. Lieferung, die mit IV13, IV14. IV15 und 
IV16 bezeichneten Bilder, aus der gleichen 
Sammlung, II. Serie, 1. Lieferung, die mit Vi, V2, 
V3 und V4, 2. Lieferung, mit V7, 3. Lieferung, 
mit V9, V10, Vii und V 12, 4. Lieferung, mit V 13 
und V14 und 5. Lieferung, mit V17, V18, V19 und 
V20 bezeichneten Bilder; 

20 weibliche Aktstudien nach der Natur für Künstler 
und Kunstfreunde von W. Hümmer , München, ent¬ 
haltend 20 bildliche Darstellungen; 

„Im Hause des Sklaven-Reverend“, von William Tay - 
lor, Leipziger Verlag, G. m. b. H., Leipzig, (aus 
einer Sammlung: „Im Lande des Souldrivers", Ge¬ 
schichten aus den Sklavenstaaten Südamerikas von 
William Taylor Band 5). 

„Sklavenliebe", von William Taylor Leipzig, Leipziger 
Verlag, G. m. b. H. (aus der Sammlung wie zuvor); 

Sekt, Blätter für fröhliche Laune, Jahrg. 9, Nr. 28; 

Manicure, Couplet, Text von O.A.Alberts, Musik von 
Rudolf Nelson, Harmonie-Verlag, Berlin; 

„Nackte Schönheit", ein Buch für Künstler und Ärzte, 
herausgegeben unter Mitwirkung von Dr Gustav 
Fritsch , Stuttgart, Hermann Schmidt’s Verlag, und 
zwar; 3., 8., 9., 14., 15., 16., 17., 18., 19., 20., 22., 23., 
24., 25. Lieferung; 

„Die Schönheit der Frauen", wohlfeile Ausgabe, heraus¬ 
gegeben von Dr. Paul Hirth und Ed. Daelen , Ber¬ 
lin W. 30, Scbmidt’sche Buchhandlung; 

Prospekt „Die Schönheit der Frauen", wohlfeile Aus¬ 
gabe, herausgegeben von Dr. Paul Hirth und Ed. 
Daelen, Berlin W. 30, Schmidt’sche Verlagsbuch¬ 
handlung; 


Prospekt „Nackte Schönheit", ein glänzendes Pracht¬ 
werk, Hermann Schmidts Verlag, Berlin W, 30; 

Prospekte „Die Schönheit der Frau", a) und b) neue 
Folge, herausgegeben von Dr Paul Hirth und 
Joseph Kirchner Berlin W, 59, Hermann Schmidt's 
Verlag; 

Prospekt „Die Schönheit der Frauen", herausgegeben 
von Dr. Paul Hirth und Kunstmaler Ed. Daelen; 

Prospekt „Nackte Schönheit", herausgegeben unter 
Mitwirkung von Dr. Gustav Fritsch; 

„Komtesse Marga" von X. Y. Z. in zwei Bänden, Wien 
1909, Privatdruck; 

„Tagebuch einer Kammerjungfer" von Oktave Mirbeau, 
Wiener Verlag, Wien-Leipzig; 

„Der perverse Maikäfer** von Felix Schloemp, Verlag 
von Georg Müller, München und Leipzig, soweit 
es die Gedichte: „Das impotente Knickebein", Seite 
23, „Das Weihnachtsgeschenk", Seite 56 und 59, 
und die 4. Strophe des Gedichts „Moral**, Seite 73 
enthält, nebst dem vorderen Umschlag der Bro¬ 
schüre. 

„Die Liebe im Altertum" von Alexander Keller , Ver¬ 
lag Alois Hynek in Prag; 

„Lillis Schelmenstreiche**, enthaltend: 

a) „Lillis Schelmenstreiche* von Heisedal , Satyr-Ver¬ 
lag, Berlin SW., soweit das Buch die Abbildungen 
Seite 4, 5, 6, 7, 9, 17 oben enthält; 

b) „Kaviar-Kalender 1840“, Verlag von Gustav Grimm, 
Budapest; 

c) „Die Grazien", Verlag von Karl Messer & Co., 
G. m. b. H., Berlin W. 35; 

„Kaviar-Kalender 1901", Verlag von Gustav Grimm, 
Budapest; 

„Sekt** — Jahrg. 6, Nr. 3, nebst den in dem Umschlag 
eingelassenen Ansichtskarten; 

„Fräulein Lehrerin" von R. Bröhmek, Leipziger Ver¬ 
lag, G. m. b. H.; 

„Gefährliche Buße** von R. Bröhmek, Leipziger Verlag, 
G. m. b. H.; 

„Qualvolle Stunden" von R . Bröhmek, Leipziger Ver¬ 
lag. G. m. b. H., soweit sie die Erzählungen: „Die 
Rache der Gräfin", „Bestrafter Hofklatsch** und 
„Ungarische Hausjustiz" enthalten; 


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Literatur und Justiz 


121 


„Aus harter Jugendzeit“ von Anton Rüdiger , Leipziger 
Verlag, G. m. b. H.; 

„Memoiren der Schwester Angelika“ von J. Johnson 
Verlag von H. R. Dohm in Dresden; 

„John Bull beim Erziehen“ von E. Neumann, Neue 
Folge, 4. Band. Verlag von H. R. Dohm in Dresden. 

„Amerika beim Erziehen“. Band 1—3, Leipziger Ver¬ 
lag, G. m. b. H., bzw. Verlag von H. R. Dohm in 
Dresden; 

„Flagellations-Erfahrungen“, Leipziger Verlag, G. m. 
b. H. 

„Ein Sadist im Priesterrock” von C. F. von Schlichte- 
groll, Leipziger Verlag, G. m. b. H.; 

„Sanatorium Birkenheide“ von Dr. Lassac, Leipziger 
Verlag. G. m. b. H. ; 

„Meine grausame süße Reitpeitsche" von Kurt Hom¬ 
bach, Verlag von Hermann Hardeb in Preßburg; 

„Die Prügelzucht in der Türkei und im Orient“ von 
M. Sadow, Leipziger Verlag, G. m. b. H.; 

„Als Quarteronen verkauft“ von William Taylor, Leip* 
Verlag, G. m. b. H.; 

„Unter der Peitsche Donna Isabellas“ von William 
Taylor, Leipziger Verlag, G. m. b. H.; 

„Am Abgrunde der Schande“ von William Taylor, 
Leipziger Verlag, G. m. b. H.; 

„Unter Maronnegem“ von William Taylor, Leipziger 
Verlag, G. m. b. H.; 

„Das Tagebuch des Sklavenhalters“ von William Tay¬ 
lor, Leipziger Verlag, G. m. b. H.; 

„Die Sklavinnen der Indianerin“ von William Taylor, 
Leipziger Verlag, G. m. b. H.; 

„In der Schule der Demut“ von William Taylor, 
Leipziger Verlag, G. m. b. H.; 

„Die stolzen Herrinnen von Western Port“ von William 
Taylor , Leipziger Verlag, G. m. b. H.; 

„Der Schrecken von Caveraa“ von W. Taylor-Mus¬ 
grave, Leipziger Verlag, G. m. b. H.; 

„Quengueza“ von William Taylor , Verlag von G. R. 
Dohm in Dresden; 

Prospekt „Die Gestalt des Menschen und ihre Schön¬ 
heit“ von Otto Schmidt und E. Schneiden 

Prospekt „Der Künstlerakt“ von Otto Schmidt und 
E. Schneider ; 

„L'Etude Acaddmique“ Nr. 143, 144,146, 148, 149, 152, 
i54> 156, 163, 180, 181, 182; 

„Der Künstlerakt“ herausgegeben von Otto Schmidt 
und Emst Schneider, Verlag von ). Singer & Co., 
und zwar der Musterband; 

„Die Gestalt des Menschen und ihre Schönheit“ heraus, 
gegeben von Otto Schmidt und Emst Schneider- 
Berlin, Verlag von J. Singer & Co., und zwar Muster¬ 
band und 1. Lfg. 


Die Verbreitung der Zeitschrift „La Vie en Culotte 
rouge“ ist am 10. April auf die Dauer von zwei Jahren 
verboten worden. 


Die Beschlagnahme des Romans „Die Verführten“ 
von Hans Hy an (Pan-Verlag, Berlin) ist durch Gerichts¬ 
urteil vom 8. Mai aufgehoben worden. 

Der Hyansche Roman ist am 14. Mai auf Veran¬ 
lassung der Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht I 
von neuem beschlagnahmt worden trotz der Freigabe 
durch das Landgericht III. Das Buch unterliegt 
nämlich nach der Auffassung der Staatsanwaltschaft 
trotz der freisprechenden Entscheidung des Konfis¬ 
kation auf Grund eines Urteils vom Dezember vori¬ 
gen Jahres. Damals ist es durch ein längst rechts¬ 
kräftiges Urteil vom Landgericht I als imzüchtig ein¬ 
gezogen worden. 


Vor dem Landgericht Leipzig wurde im Oktober 
des vorigen Jahres in einem objektiven Strafverfahren 
über die Unbrauchbarmachung von Abbildungen in 
dem Werke „Das Geschlechtsleben in Glauben, Sitte, 
Brauch und Gewohnheitsrecht der Japaner “ verhandelt 
Das Gericht lehnte den Antrag des Staatsanwalts ab. 
Dieser legte gegen das landgerichtliche Urteil beim 
Reichsgericht Revision ein. Das Landgericht hatte 
bei der Beurteilung des genannten Werkes, das den 
unter den folklorisdschen Forschem wohlbekannten 
Dr. Friedrich Krauß zum Verfasser hat nicht zu der 
Überzeugung gelangen können, daß die Abbildungen 
aus dem Charakter dieses wissenschaftlichen Werkes 
herausfielen und daß es sich um eine Verbreitung von 
unzüchtigen Darstellungen handle. Zwar hatte der Sach¬ 
verständige Professor Dr. Weule in einem schriftlichen 
Gutachten sich zu ungunsten der Abbildungen aus¬ 
gesprochen. Das Gericht unterstellte diese Aussagen 
als wahr, gelangte aber zu der Meinung, daß die 
Bilder nur zu dem Zwecke dem Werke beigegeben 
seien, um darzutun, wie sich die Auffassungen der 
Japaner über das Geschlechtsleben in bildnerischen 
Darstellungen widerspiegelten, um auf diese Weise einen 
Beitrag zu der Kenntnis des japanischen Seelenlebens zu 
geben. Zu seiner Verteidigung, beziehungsweise zur 
Rechtfertigung seines Werkes konnte der Verfasser gel¬ 
tend machen, daß in den Prospekten von dem Werke 
ausdrücklich gesagt war, daß es nur unter strengstem 
Ausschluß der Öffentlichkeit für Forscher erscheine, 
die sich auf dem Gebiete der Anthropologie, Ethno¬ 
logie, Folklore, Jurisprudenz, Medizin. Kulturgeschichte, 
Religionswissenschaft oder Philologie wissenschaftlich 
betätigen, und daß neue Subskribenten gebeten seien, 
sich bei einer Bestellung als Gelehrte zu legitimieren, 
die die Werke nur zu Studienzwecken beziehen woll¬ 
ten. Ohne die vorherige Genehmigung des Heraus¬ 
gebers sollte der Verlag kein Exemplar verabfolgen. 
Auch der Bezugspreis des Werkes war in einer Höhe 
festgesetzt, daß es schwerlich in den Besitz Unberufener 
geraten konnte. Die Revision der Staatsanwaltschaft 
machte dagegen geltend, daß das vorgerichtliche 
Urteil zu viel Wert darauf lege, welche Absichten den 
Verfasser zur Herausgabe bewogen haben, und zu 
wenig darauf, ob es überhaupt möglich sei, diese Ab¬ 
sichten zu erreichen. Die Reichsanwaltschaft konnte 
demgegenüber in dem landgerichtlichen Urteil keinen 


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122 


Kataloge — Anzeigen 


Rechtsirrtum erblicken, und der Senat erkannte gemäß 
dem Anträge des Reichsanwalts auf kostenpflichtige 
Verwerfung der Revision. 


Das „Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel“ 
brachte in seiner Nr. 85 vom 13. April einen Aufsatz 
vom Rechtsanwalt I)r. jur. W. Leonhardt in Dresden, 
betitelt Allgemeine Gesichtspunkte für die Verteidi¬ 
gung in Sacken des § 1 Sg Ziffer 1 des Strafgesetzbuchs 
Wir empfehlen unsern Lesern, von dieser wertvollen, 
knappen Zusammenstellung Kenntnis zu nehmen. 


Drei hochbeladene Kraftdroschken mit unsittüchen 
Büchern und Bildern wurden am 10. April durch die 
Zentralpolizeistelle zur Bekämpfung unzüchtiger Bilder 
und Schriften bei einem alten Herrn im Westen 
Berlins beschlagnahmt. Seit längerer Zeit tauchten 
bei kleinen Zeitungs- und Buchhändlern, die Nick 
Carter-, Sherlock Holmes-, Nat Pinkerton- und andere 
Detektivromane vertreiben, unsittliche Bilder und Schrif¬ 
ten auf. Es gelang lange Zeit hindurch nicht, die Ver¬ 
triebsstelle dieser anstößigen Sachen ausfindig zu machen, 
bis sie jetzt bei einem biederen, alten „Rentner" in 
Berlin W. ermittelt wurde. 46 große Pakete wurden 
bei ihm beschlagnahmt und dem Gericht zur vorläu¬ 
figen Begutachtung übergeben. Aus den Korrespon¬ 
denzen ersah man, daß er einen sehr gewinnbringen¬ 
den Handel mit diesen Sachen getrieben hat. 


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des Herausgebers erbeten. Nur die bis zum 20. jeden Monats ein¬ 
gehenden Kataloge können Tür das nächste Heft berücksichtigt werden. 

Paul A/icke in Dresden. Nr. 110. Deutsche Literatur 
und Übersetzungen. Eine schöne Goethe-Sammlung. 
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Seltene Utopien. 1347 Nm. 

Gustav Fock G. m. b. H. in Leipzig. Nr. 409. Roma¬ 
nische Philologie und Literatur enthaltend, haupt¬ 
sächlich Werke aus den Bibliotheken der f Herren 
Professoren Arbois de Jubainville, Paris; H. Brey¬ 
mann, München. 5931 Nm. — Nr. 410. Germani¬ 
scher Bücherschatz, Teil 1. Enthaltend eine reiche 
Auswahl wertvoller Zeitschriften und Werke, beson¬ 
ders aus den Bibliotheken der Professoren E. Martin, 
Straßburg, und A.Reififerscheid, Greifswald. 5095 Nrn. 
— Nr. 418. Deutsche Literatur seit dem Auftreten 
Klopstocks bis zu Goethes Tode. Germanischer 
Bücherschatz, Teil 2. Nr. 6036—10432. — Nr. 419. 
Kunst und Kunstgewerbe, Malerei, Plastik, Archi¬ 
tektur. Enthaltend unter anderem Teile aus der Biblio¬ 
thek der f Professoren: O. Puchstein, Berlin ; P.Lam- 
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Vermischtes. Nr. 24670—25871. 

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Nr. 147. Geschichte I (Welt, Altertum, Europa). 
1673 Nrn. 

Otto Harrassowitz in Leipzig. Nr. 350. Deutsche 
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zeit, enthaltend die Bibliothek eines französischen 
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bänden. 1975 Nm.— Nr. 351. Europäische Länder¬ 
und Ortsgeschichte mit Ausnahme der slawischen 
orientalischen Völker, enthaltend unter anderem die 
reichhaltige Sammlung von f Professor L. Vander- 
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Rara Curiosa. Abteilung III. Nr. 937—1263. 

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Heraldik. Sphragistik. Numismatik. 535 Nrn. 

Karl W. Hiersemann in Leipzig. Nr. 409. Prähistorie. 
Frühe Archäologie und verwandte Gebiete, enthaltend 
die Bibliothek des *J* Professors Dr. Julius Naue, 

. München, Herausgeber der Prähistorischen Blätter. 
725 Nrn. 

Pud. Hönisch in Leipzig . Nr. 4. Napoleon I. und seine 
Zeit Politische Kultur- und Literaturgeschichte 
1740-1850. 1307 Nrn. 

Max Hueber in München . Aus allen Gebieten des 
Wissens. 946 Nm. 

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geschichte. Teil 3: Soziales. Nr. 3111—5047. — 
Nr. 62. Teil 4: Religiöses. Nr. 5048—7190. 

W. Junk in Berlin Was. Nr.43. Auctores Botanici ante 
annum 1800. Supplementum: Opera Botanica rara 
et selecta. 638 Nm. 

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sche, germanische und romanische Philologie. 

C. Klincksieck in Paris 7*. Nr. 5. Histoire de l’Europe. 
2421 Nm. 

Koebnersche Buchhandlung in Breslau I. Nr. 286. Für 
Jeden etwas. Gute Bücher aus verschiedenen Wissen, 
schäften. 915 Nm. 

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lung seltener und kostbarer Porträts aller Zeiten. 
2733 Nm. 

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und Literatur. 2888 Nm. 

Alfred Lorentz in Leipzig. Nr. 212. Kunst 3036 Nm. 

Dr. H. Lüneburg in München. Nr. 102. Vermischtes 
3095 Nm. 

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428 Nummern mit sorgfältigen bibliogra¬ 
phischen Anmerkungen, 30 Abbildungen und 
Autorenregister. 


Dieser Katalog steht Interessenten auf Verlangen 
gern unberechnet und portofrei zu Diensten. 

Für Mitteilung von Sammelgebieten und Desideraten 
bin ich stets dankbar und sichere deren sorgfältigste 
Beachtung zu. 


[FRIEDRICH MEYERS 

BUCHHANDLUNG • LEIPZIG 

Fernsprecher Nr. 10718 • Teubnerstraße 16 

Soeben erscheint: 

KATALOG Nr. 10.9 

BIBLIOTHEK 
AUG. WÜNSCH E-DRESDEN 

Hervorragende Sammlung 
zur Geschichte der deutschen 
Literatur von ihren Anföngen 
bis zur Gegenwart 

Kataloge unberechnet und postfrei. 

»7 


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CORNELL UNIVERSITY 






124 


Anzeigen 


Friedrich Meyer in Leipzig . Nr. 107. Deutsche Lite¬ 
ratur und Verwandtes. Zumeist Prachtexemplare 
mit reizenden Vorsatzpapieren, Privatdrucke. 236 Nm. 

Martinas Nijhoffm La Haye. Nr. 387. Ethnographie. 
Voyages. III. Indes Orientales Nderlandaises. — 
Australie. 1087 Nm. — Nr. 390. Botanique. Horti- 
culture et jardinage arbres et arboriculture. 1189 
Nm. 

Leo S. Olschki in Florenz, Nr. 78. Incunabula Typo- 
graphica. Nr. 767—845. 

Bernhard Quaritsch in London . Nr. 314. Rare and va- 
luable books. 1253 Nm. 

G. Ragoczy (Karl Nick) in Freiburg i. B . Nr. 34. 

Deutsche Literatur und Sprache, Folklore, Kultur¬ 
geschichte und Verwandtes. 1600 Nm. 

C. E. Rappaport in Rom. Nr. 24. Bibliofilo Romano. 
370 Nm. 

Rheinisches Buch - und Kunst-Antiquariat Dr. E.Nolte, 
Inh. G. A. Wolff in Bonn. Nr. 65. Neuerwerbungen: 
Deutsche Sprache und Literatur, Kunst, Rheinprovinz 
und Westfalen, Philosophie, Geschichte, Curiosa usw. 
624 Nm. 

G. Schoder in Turin . Nr. 22. Vermischtes. 295 Nm. 

L. Sc ligsberg m Bayreuth. Nr. 303. Paläontologie, Geo¬ 
logie, Prähistorik, Anthropologie und Ethnologie. 
Märchen und Sagen. Kultur- und Sittengeschichte 
Alte Medizin. Alte Rechtspflege. Alte Pädagogik, 
Gelehrten-, Studenten- und Universitätswesen. Han¬ 
del, Gewerbe und Verkehr. Volks- und Staatswissen¬ 
schaft 3289 Nm. 

Conrad Skopnik (A. Haller & W. Rau) in Berlin NW.J. 
Nr. 58. Deutsche Literatur und Übersetzungen, dar¬ 
unter viele erste und seltene Ausgaben. 2111 Nm. 

Ludwig Stark, Inh. Fr. Müller in München. Anzeiger 
Nr. 23. Vermischtes. 671 Nm. 

Hugo Slreisand in Berlin IV. 30. Nr. 40. Bücher für 
Bibliophilen. Werke mit Illustrationen von Menzel 
— Böcklin — Gavaroi — Beardsley — Chodowiecki 
— Ludwig Richter — Schwind — Hosemann — 
Speckter — Erstausgaben — Serien literarischer 
Zeitschriften usw. 270 Nm. 

C. Teufens Nachf. in Wien IV. Nr. 26. Vermischtes. 
1194 Nm. 

Adolf Weigel in Leipzig. Mitteilungen für Bücher¬ 
freunde. III. Folge. 49. Stück. Theater-und Musik¬ 
geschichte nebst einigen Beiträgen aus der deutschen 
und ausländischen dramatischen Literatur, zu meist 
bedeutend herabgesetzten Preisen. 576 Nm. - 

H. Weiter in Paris 4. Nr. 4 - Vermischtes. 

v. Zahn &• Jaensch in Dresden. Nr. 246. Deutsche 
Literatur der klassischen und romantischen Periode. 
Das junge Deutschland. Almanache. Voran eine 
Goethe-Sammlung. 2526 Nm. 


Über unser grobes Antiquariats Lager an 

Neuerer Deutscher Litteratur 

seit Goethes Tod bis zur Gegenwart veröffentlichen 
wir demnächst eine Reihe Verzeichnisse, deren erstes: 

Katalog 63: 

enth. Teil I. A—F 

in etwa 8 Tagen erscheint Gleichzeitig versenden wir 

Katalog 64: 

Neuerwerbungen aus allen Gebieten. 
HEINRICH HUGENDUBEL, MÜNCHEN 

Abteilung: Antiquariat Sahr a t o rs tr. 18. 

CHAS. FRED. HARTMAN 

147 East 22 Street New York City 

Bücherfreunde in Amerika 

finden stets interessante Werke in meinem Lager, 
auch kann ich jedes gewünschte Buch besorgen. 
Kataloge unberechnet 
Aus meinem letzten Katalog 
THE DÜSSELDORF ARTIST-ALBUM 
Only one other copy known, but not as complete 
as the above and with a few typographical variatsous 
in the Düsseldorfer Bibliothek, as described in the 
, »Zeitschrift für Bücherfreunde“ as a unique copy. 
From the library of Ferdinand Freiligrath, the 
German poet 

HEINE, (HEINRICH). REISEBILDER, (in french) 

2 vols. 8vo, blue-straigth gram morocco gflt, gilt 
edges, monogram on corners. Paris, Eugfene Ren- 
duel, 1834. 

Large paper. Very rar«. A beautiful copy from | 

the coltection of Robert Hoe with hu bookplat«. 

Elegien des Properz übersetzt von KnebeL Hand¬ 
exemplar des Übersetzers mit Papier durchschossen 
und Notizen u. Vorwort zu einer 2. Auflage versehen. 

Ankauf von seltenen alten Büchern, Manu¬ 
skripten usw. in nichtenglischer Sprache. 

1 -- 

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Soeben erschien: 

Würzburger Antiquariatsanzeiger Nr. 9 

Deutsche Literatur 
und Übersetzungen 

Erstausgaben, Almanache, Fremdsprachliche 
Literatur, Kunst, Dlustrierte Werke, 
Verschiedenes. 

Versand gratis and franko. 

J. FRANK’S ANTIQUARIAT 
, LUDWIG LAZARUS, WÜRZBURG. 


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125 


BÜCHERVERSTEIGERUNG - 17 .- 19 . JUNI 1912 
AMSTERDAM — FREDERIK MÜLLER & Co. 

SAMMLUNGEN: VAN LITH DE JEUDE — WURFBAIN 

Hervorragende Sammlung Inkunabeln und Holzschnittbücher (Dürer, Weiditz, 
Burgkmaier, Wechtelin, Beham, Cranach usw.) — Schöne illustrierte Werke aus 
dem XVIL und XVIIL Jahrh. — Künstlerische Einbände aus verschiedenen 
Epochen. — Hauptwerke der älteren Architektur und Gartenbau. — Omament- 
werke. — Wertvolle botanische und omithologische Bücher — Kostüme — 
Jagdwerke (Ridinger) — Atlanten — Reisewerke — Bibliographie — Englische 
und französische Kupferstiche (Morland, Ward, Reynolds, Singleton) usw. 

Illuminierte u. historische Handschriften_Autographen berühmter Personen usw. 

gfy * Der Katalog mit über 30 Reproduktionen wird auf Verlangen gesandt. 

Amsterdam, Doelenstraat, 16—18. Frederik Mllller & Co. 


©emndd# erfdjetat ein 'probefjeft Der Sntereffenten (iri)t bo§ §eftd)en gern 

HA VH V ' Der Jeher J. $. ®^m«e§ über ble 

Me ®tr fflr unfert ©u<0toruiletet gefijmttftn unb gtgefftn $abcn. bet JtflftUt. 

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Ulrich Putze Nachf. Hans Goltz, 

MÜNCHEN, Briennerstr. 8 
bietet an: 

Dante, La ComediaddDivino , AusgabeOlschki, 
Schweinsleder M. 450.— 

Shakespeare Sonnäs , Drugulin-Druck auf Per- 
gament (nur 6 Exemplare) M. 260.— 
Preäorius: Skizzen . 10 Originallithographien 
in Mappe auf Japan. 80 Expl. M. 45.—, 
Luxusausgabe M. 160.— (vergriffen). 
Godhe, Iphigenie, Doves-Press, in Pergament 
Hundert^Drucken Dehmel, Gottesnacht; 
Hölderlin, Hyperion. 

GOLTZBÄNDE 

Münchner Liebhaberbände in Handarbeit 
. Verzeichnisse kostenlos. 

Über die Bücher der Emst-Ludwig-, Pan-, Janus-, 
Daves- und Medici-Press, über die Drugulin- Drucke 
und Hundert-Drucke bitte ich Offerten einzuholen. 


Soeben erschienen: 

KATALOG V. 

Pergamentdrucke des 15. bis 
19. Jahrhunderts 

Mit 10 Tafeln u. 13 Abbildgn. im Text. 
Preis M. 2.50 

Zuvor erschienen: 

Katalog III: Wiegendrucke. M. 2.— 
Katalog IV: Supplement zu Katalog I 
(Seltene Bücher und Handschriften.) 
M. 1.50 

PAUL GOTTSCHALK, 

BERLIN W. 8, Unter den Linden 28. 


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126 


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[ERNST ROWOHLT VERLAG, LEIPZIG 

DRUGUL11' 

Die Meisterwerke der Weltliteratur ii 
bei vorzüglichster Ausstattung. Es 

Goethe, Tasso 

Goethe, Iphigenie 

Pappband je M. 3.80, Pergamentband Af. 9. — 

Platen, Venezianische Sonette 
Platen, Sonette an Freunde 

Pappband je M. 2 .—, Pergamentband Af. 3 .— 

Die Brief-Gedichte des jungen Goethe 

Pappbd. M. 2.80, Leinenbd. M.38Ö, Sckweinsleder Ai. 12 .— 

Verlaine, Vers 

Pappbd . M. 12 .—, Halblederbd. M. 16 .—, Ganslederbd. 
M. 25.— , Vorzugsausgabe in Gant*Maroquin geb. M. 50. — 

Moliere, Les Precieuses Ridicules 
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Leinen Af. 3 .—, Seide M. 3 .— 

Shakespeare, Sonnets 

Pappband M. 3.80 

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n Einzelausgaben zu billigsten Preisen 
erschienen bis zum Frühjahr 1912: 

Herbert Eulenberg, Deutsche Sonette 

Halbpergamentband M. 6.50, Luxusausgabe Ai. 33 .— 

Baudelaire, Les fleurs du mal 

Pappband M. 8 .—, HaJblederbastd Af. 12 .—, 
Ganslederband Ai. 18 .—, Vbrtugsausgabe in 

Gans-Maroquin gebunden M. 30 .— 

Anakreontische Oden und Lieder 

Pajpbd. M.3.—, Halblederbd. M. 3 .—, Ganslederbd. M. 13 .— 

Kleist, Anekdoten 

Pappbd. M. 2 .—, Halblederbd. M. 4. —, Ganslederbd. M.8 .— 

Prdvost, Manon Lescaut 

Pappband M. 6.30, Halblederband Af. 8.30, 
Ganslederband von C. Sonntag jr. M. 23 •— 

Atisjukrlieke Prospekte bitte tu verlangen. 


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(KARL NICK) FREIBURG I. BR., SALZSTRASSE 13 

Großes Lager seltener sonst nicht in den Handel kommender Drucke von Privatpressen, sowie Luxus¬ 
ausgaben aus dem Insel-Verlag, dem Hyperion-Verlag, von Diederichs, Müller, Rowohlt, Zeitler u. a. m. 


DER NIBELUNGE NOTH. Herausg. von Lachmann. 
Nr. 8 mit handkolorierten Initialen in Schweins¬ 
leder M. 60.—, Nr. 23 in Schweinsleder M. 46.—, 
Nr. 67 in Pergament ... 1.M. 35.— 

DER NIBELUNGE NOT. Herausg. von Lachmann. 
Hyperion-Ausgabe. In Leinen.M. 36.— 

DAS NIBELUNGENLIED. Übertragen v. K. Simrock 


(Bard). Pergament . . •.M. 40.— 

KUDRUN. Hyperion-Ausgabe auf Bütten. In Perga¬ 
ment (vergriffen)..M. 100.— 

Dasselbe in Leinen.M. 33.— 


GOETHE, DIE LEIDEN DES JUNGEN WERTHER. 
Doves-Press. Pergament (vergriffen) . . M. 50.— 

GOETHE, GÖTTER, HELDEN UND WIELAND. 
Faksimile-Wiedergabe.M. 35.— 


DIE INSEL. Herausgegeben von Bierbaum, Heymel 
und Schröder. Jahrgang I—III in 10 Bänden, mit 
Mappenwerk.M. 195.— 

BAYROS-MAPPE, I und II, mit 12 bezw. 20 Original¬ 
zeichen des Künstlers, pro Mappe ... M. 35 — 

DAUTHENDEY, SCHWARZE SONNE PHALLUS. 
(120 Exemplare).M. 25.— 

RABELAIS, GARGANTUA. 20 Holzschnitte von Max 
Unold (50 Exemplare).M. 120.— 

H. W. RATH, PIERROTS SONDERBARE EHE und 
Absterben. Ein tragikrotesk-pikanter Roman. Mit 
einer farbig, und signierten Originalradierung von 
Willy Geiger. Luxusausgabe (40 Exemplare) M. 28.—, 
gewöhnliche Ausgabe (200 Exemplare) • M. 10.— 

VIVANT DENON, EINE EINZIGE NACHT. Ober- 
tragen von Fr. Blei. Mit 12 Kupferst. v. K. Walser. 


(400 Exemplare).M. 30.— 

REUTER, HANNE NÜTE. (Erster Rudolfinischer 
Druck 300 Exemplare Nr. 2).M. 30.— 


HUNDERTDRUCKE Nr. 1—10 gebunden (nicht einzeln) M. 7400.— 


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CORNELL UNfVERSHT 













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127 


ERNST ROWOHLT VERLAG • LEIPZIG 


In französischen Ausgaben liegen vor: 

PAUL VERLAINE 

VERS 

Herausgegeben von Prof. Georges A. Toumoux 

Pappband M. 12.—, Halblederband M. 16.—, Ganzlederband M. 25.—, Vorzugsausgabe 
auf Strathmore in 100 Exemplaren, Handband von Carl Sonntag jr. M. 50.— 


CHARLES BAUDELAIRE 

LES FLEURS DU MAL 

Herausgegeben von Prof Georges A. Toumoux 

Pappband M. 8.—, Halblederband M. 12.—, Ganzlederband M. 18.—, Vorzugsausgabe 
auf Strathmore in 100 Exemplaren, Handband von Carl Sonntag jr. M. 50.— 


URTEILE DER PRESSE über die Verlaine-Ausgabe, in deren gleicher Ausstattung 
soeben Baudelaire erschien: 

Die DEUTSCHE MONTAGSZEITUNG: Eine kleine Blamage für die französischen Verleger 
ist die von dem Liller Professor Dr. Georges A. Tornoux besorgte französische Verlaine- 
Ausgabe. Aber einen Genuß nicht alltäglicher Natur bedeutet das Erscheinen für alle, die 
in Verlaine den tiefsten Dichter des verflossenen Jahrhunderts lieben. Nun erscheinen diese 
Verse endlich in einem ihrer Schönheit würdigen Gewände! MAX MELL in den GRENZ¬ 
BOTEN: Es ist klar, daß alle möglichen anderen Gedichte eher übersetzt werden können 
als die Verlaines. Denn sie in die deutsche Sprache bringen, heißt einen Eingriff in die 
künstlerische Existenz eines solchen Gedichtwesens machen. Die Verlaineschen Gedichte 
müssen ins Französische verzaubert bleiben. Da ist es in tieferem Sinne kein Zufall sondern 
Gerechtigkeit, wenn in Deutschland eine schöne französische Ausgabe von Verlaines Gedichten 
die häßlichen französischen Editionen zu verdrängen sucht. Mit besonderer Freude schlagen 
wir diesen schlichtprächtigen, anständigen Band auf, in seiner trefflichen Auswahl erneuern 
wir alten vertrauten Umgang. SÜDDEUTSCHE MONATSHEFTE: Der schönste französische 
Gedichtband, den wir kennen, eine erst nach langen Verhandlungen dem französischen Ver¬ 
leger abgerungene Ausgabe, aus allen Bänden Verlaines ausgewählt -Eine Satzanordnung 
von erlesener Vornehmheit. 


MAN VERLANGE AUSFÜHRLICHE PROSPEKTE 


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CORNELL UNfVERSITV 











128 


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HIMMELS- UND NATURERSCHEINUNGEN 

in Einblattdrucken des 15. bis 18. Jahrhunderts 

von 

Prof. Dr. WILHELM HESS, Bamberg 

mit 30 teds farbigen Abbildungen (brosch. M. 8.—) 

Im nächsten Jahre wird mit Unterstützung der Akademie der Wissen¬ 
schaften in München ein zweiter Teil erscheinen. 

Im 46. Jahrgänge der „ Vierteljahrschilft der Astronomischen Gesellschaft“ schreibt H. Ludendorff 
über das Buch: Das ... Werk ist zwar in erster Linie für den Kulturhistoriker bestimmt, verdient 
jedoch infolge der fesselnden Art, in der der Verfasser seht Utema zu behandeln weiß, und infolge der 
glänzenden Ausstattung mit Abbildungen, die die Verlagsbuchhandlung dem Buche hat zuteil werden 
lassen, auch das Interesse des Astronomen und Meteorologen in ungewöhnlichem Maße. . . . Ref. 
möchte erwähnen, daß die Darstellung äußerst anregend ist; der Leser gewinnt ein anschaukchcs Bdd 
von der Denkart jener Zeiten und wird dadurch befähigt, den Inhalt der Eiablattdruckc aus dieser 
Denkart heraus gerecht zu beurteilen. . . . 


^ W. DRUG ULIN • VERLAG • LEIPZIG • KÖNIGSTRASSE 10 j 


eine deutftye 6<fyriß | 

non Rudolf Ro<ß iß bei uns et» | 

ßßienen und ßot ß<ß in det Pur» j 

gen^eftdeoOeßebenaCingang 
in faß allen großen Drurferden 
oerjtyafft, wo ße jura Druden 
oon öödyern, feigen, piafa» 
len u. f. w. außerordentlid) viel 

oerwendet wird. | 

6ebr.Klmgfpor ♦(Dfcnbad) | 


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CORNELL UNIVERS1TY 




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129 


BOYLES VE, R., Les bains de Bade. Petit Roman d’Aventures 




galantes et morales, avec six gravures originales et des ornements 
divers par Arm. Rassenfosse. Cet ouvrage a et6 tire ä deux 
cents dxemplaires numerotds ä la presse No. 100. M. 50.— Die 

---'-- rfß'xps' IfnccA 

DEHMEL, R., Die Gottesnacht Ein Erleb-^e><^ ^^de S Johannes 
nis in Träumen. 100-Druck des Jahres ^Sekmdus. VUbt 


1912. Nr. 69. 


M. 8a— 


GOETHE, Wilhelm Meisters 
theatralische Sendung, ^ 
URMEISTER. 

Leder. Nr.397 






^ 3 ^/ßlockbücher. Einer der schön¬ 
sten Insel-Drucke. Vergr. 50.— 


Ausg. Nach Art der jap. 




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wahl. Eine berlinische Geschichte mit zwei 

—. ^7,yr r -\v» / Zeichnungen v. L. Wolf. In der erst. Fassung v. 

. 80.— ^VJ\/rrühjahr 1819 mit Angabe der Änderungen vom 

y/ßlxßß __^Frühjahr 1820. Herauseesreben von H. v. Müller. 


Herausgegeben 

2QoExpl. Vergr. Neudr. 10.— 


Lebensansichten des Katers Murr nebst fragmentarischer Biogra- 
P^ie des Kapellmeister Johann Kreisler in zufällig. Makulaturblättem. 
^.^/Herausg. von E.T. A. Hoffmann. Neudruck der Ausgabe von 1841. 8.— 

US 6X9^X96X9 SX9SXS6X96X96X9 SX96X90C96X96X96X9 8X9 6XS 1^ 


A. KÖLLNER 

GROSSBUCHBINDEREI, LEIPZIG-R. 

Weltausstellung Brüssel 1910 
Grand Prix für Verlagseinbände. 

Einbände und Einbanddecken in jedem Genre 
für Buchhandel, Bibliophilen und Bibliotheken. 




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CORNELL UNIVERSITY 







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in einem schönen Halbfranzbd.-Exemplar. Gebote erb. 

Durch meine periodisch stattfindenden AUKTIONEN 
finden einzelne wertvolle Werke, Kupferstiche, Dou- 
bletten aus Bibliotheken usw. beste Absatzgelegenheit. 





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großen beroorragender Druckereien einge* 

führt Jfir intereffanter Charakter, ihre klare form 
und leichte Meßbarkeit laffcn fte auf den erften Dticfc 
für den Druck non IDerken, ^eitfcfiriften, Profpekten 
etc. geeignet erfcheineiu. Die Probe ?eigt die 0chrift 
in jafilreidten Deifpielen ira U>erk= und ^k3iden?fab, 
auch der halbfette 0cfinitt ift in j^nroendungen uor= 
geführt. ^Tn Jntereffenten geben mir die Probe gratiß 

ßdiriftgteßccd 

3 >-Stempel/ Jl - ® 

■Frankfurt a.TTI. 




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CORNELL UNiVERSITY 













BEIBLATT DER 

ZEITSCHRIFT FÜR BÜCHERFREUNDE 

NEUE FOLGE 

IV. Jahrgang. Heft 4. 


Herausgegeben von Prof. Dr. Georg Witkowski, Leipzig-Gohlis, Ehrensteinstr. 20, Manuskripte an diesen erbeten. 
Inserate direkt an den Verlag W, Drugutin, Leipzig, Königstraße 10. 

Inseratbedingungen: 

’/i Seite.60 Mark */♦ Seite.15 Mark 

x / 2 Seite.30 Mark s / 8 Seite. 8 Mark 

Kleine Anzeigen (Desiderata und Angebote): die gespalt. Petitzeile 50 Pf., für Mitglieder der Gesellschaft der 
Bibliophilen 30 Pf. — Beilagegebühr 25 Mark. — Insertionsschiaß für Heft 5/6 am 14. September. 


An unsere Leser. 


Für die Monate August-September wird wieder, wie üblich, ein Doppelheft 
erscheinen. 


Redaktion und Verlag 
der Zeitschrift für Bücherfreunde. 


Gesellschaft der Bibliophilen. 

Die diesjährige Generalversammlung der Gesellschaft findet am Sonntag den 
29. September in Wien statt. Alles Nähere darüber wird den Mitgliedern durch 
besondere Einladung bekannt gegeben. 

Anträge für die Generalversammlung sind nach § 9 der Satzungen mindestens 
einen Monat vorher bei dem Unterzeichneten Sekretariat anzumfelden. 


Ab neue Mitglieder sind der Gesellschaft fiir das Jahr 1912 beigetreten: 


274. Fraa Just Kutscher , Hamborg, Tesdorpfstr. 19. 

388. Dr. Frans Mugdan , Freibürg i. B., Hauptstr. 5. 

448. Hugo Thimig, k. k. Hofborgschaospieler und Regisseur, 
Wien XIX, Gymnasiamstr. 47. 

465. Rolf von Hoerschelmann, München, Gedonstr. 8. 

472. University of Syracuse , Syracose, U. S. A. 

542. Dr. H Raubitschek, Sanitätsrat and Privatdozent an 
der Universität, Czernowitz. 

623. Stad. phil. Ludwig West, Czernowitz, Neae Weltgasse 36 e. 
635. Horst Stobbe , München, Schwanthalerstr. 2. 


661. August Glaser, Potsdam, Charlottenstr. 23. 

702. University of Illinois , Urbana, U. S. A. 

711. Alfred Bertram , cand. jur., Leipzig, Salomonstr. 9 II. 
805. Adolf Kohn, Verlagsbachhändler (i. Fa. Deutsch- 
Österreichischer Verlag), Wien I, Kfugerstr. 8. 

820. Dr. jur. Ernst Schlitzberger, Gerichtsassessor, Kassel, 
Enlenbargstr. 14. 

852. Dr. Walter Kantortrwicz , Arzt, Hamborg, Rothenbaum- 
chaassee 140. 

864. Frans Kaestner jr., Fabrikbesitzer, Erfurt, Richard 
Breslaostr. 9. 


Z. f. B. 1912/1913. 


18 


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CORNELL UNfVERSSTV 












132 


Pariser 1, Brief 


Als künftige Mitglieder sind vorgemerkt: 


Siegbert Cohn, Verlagsbuchhändler (i. Fa. Oesterheld & Co.), 
Berlin W. 15, Lietzenburgerstr. 48. 

Fräulein Frida Goetze, Rittergut Czychen in Ostpreußen. 
Reni Groenland , Berlin W. 30, Neue *Winterfeldstr. 32. 
Ckas. Fred. Heartman, Buchhändler, New York, 147 East 
22 nd Street. 

Arthur Kaufmann, cand. phil., Charlottenburg IV, Schlüter* 
Straße 54 I. 


Gustav Kiepenheuer , Verlagsbuchhändler, Weimar, Schiller¬ 
straße 15. 

Wilhelm Lennartz, Pfarrer, Heinsberg (Rhld.), Hochstr. 46. 
Dr. Wilh. J, Meyer, Unterbibliothekar, Bern, Schweizer 
Landesbibliothek. 

Fräulein Professor Dr. Marie Speyer, Luxemburg, Monterey- 
straße 4. 

Carl Weber, Fabrikant, Hannover. 


Der Vorstand der Gesellschaft der Bibliophilen 

WEIMAR, Cranachstr. 38. E A. 

Prof. Dr. Carl Schüddekopf. 


Pariser 

Im Mai war eines der größten Ereignisse die Ur¬ 
aufführung des lyrischen Dramas „Helena von Sparta“ 
von Emile Verhaeren, die im Chätelet-Theater im Zy¬ 
klus der Pariser Frühjahrsfestspiele stattfand. Es ent¬ 
sprach der ernsten und schönen Dichtung nicht, daß 
sie mit einem pomphaften Luxus ausgestattet wurde, 
wie er sich für Werke ziemt, deren innerer Wert ge¬ 
ring ist, deren sprachliche Schwächen vergessen ge¬ 
macht werden sollen. Andrerseits muß zugestanden 
werden, daß Löon Bakst eine wenn auch nicht stil¬ 
gerechte so doch farbig sehr schöne Ausstattung ge¬ 
schaffen hat; vor allem das Bühnenbild des 
zweiten Aktes war von einer farbigen Schönheit wie 
ein Gemälde van Goghs. Das luxuriöse Programm, 
das während der Festspiele verteilt wurde, enthielt 
mehrere Reproduktionen der Bühnenbilder und % gibt 
eine vortreffliche Vorstellung der Kunst des russischen 
Malers Löon Bakst. Leider waren die Schauspieler 
dieser Aufführungen nicht fähig, die herbe, männliche 
Musik Verhaerenscher Verse zur Geltung zu bringen. 
Die schöne Heldin, Ida Rubinstein, hat kein Talent 
zu dramatischer Diktion und der Held de Max verdarb 
die Ausführung durch seinen schauspielerischen Ma¬ 
nierismus. Da der Abend alles in allem nicht den 
Eindruck brachte, daß man der Darstellung einer 
großen Dichtung beigewohnt hätte, ist es zu begrüßen, 
daß am Tage darauf die Buchausgabe des Dramas 
erfolgte, das im Verlage der Nouvelle Revue fran9aise 
erschienen ist Erst die Lektüre des Werkes erweckte 
die Bewunderung und Begeisterung, die man im The¬ 
ater vergebens erwartet hatte. Die Dichtung ist von 
faustischer Kraft und gibt ein Symbol der Liebe, das 
mit mächtigem Schwünge in großen Zügen klar und 
ergreifend gezeichnet worden ist Wenn jemals wieder 
eine Bühne nach diesem Werke greift, sollte es in 
jener strengen Einfachheit dargestellt werden, die ihm 
eigentümlich ist 

Sonntag, den 9. Juni vereinigen sich die Verehrer 
Stephane Mallarmis unter Führung solcher, die noch 
zu seinem Freundeskreis gehörten, wie Löon Dierx, 
Alfred Valette, Vielte Griffin, um an dem Haus, wo 


Brief. 

der Dichter zuletzt gewohnt hat (89 rue de Rome) 
eine Gedächtnistafel zu weihen; Henri de Rignier wird 
die Rede halten. Wir erinnern bei dieser Gelegenheit 
daran, daß es heute, bei dem wachsenden Ruhm des 
Dichters, leider fast unmöglich geworden ist sich sein 
Gesamtwerk zu verschaffen. Die vollständige Ausgabe 
ist bei Deman in Brüssel erschienen, dem frühem 
Verleger Verhaerens, ehe dieser beim Mercure de 
France drucken ließ; in der gleichen wertvollen Aus¬ 
stattung, die die Versbücher des belgischen Dichters aus¬ 
zeichnet in einer schönen großen Italique, Buchschmuck 
und die Titel rot gedruckt Für diese Ausgabe werden 
heute hohe Liebhaberpreise bezahlt M allarm ös 
Wunsch, seine Werke dem profanum vulgus vorent¬ 
halten zu wissen, ist in Erfüllung gegangen; seine Fa¬ 
milie verweigert, um dieses Vermächtnis zu respek¬ 
tieren, ihre Beistimmung zu einem allen zugänglichen 
Neudruck. Dagegen plant Fasquelle, der schon die 
Prosawerke („Divagations”) verlegt hat mit ihrer Er¬ 
laubnis wiederum eine Liebhaberausgabe zu hohem 
Preis in ganz beschränkter Auflage herzustellen. Eine 
hübsche Auswahl bietet immerhin die Anthologie 
aus Mallarmös Werken ,,Vers et Prose" (bei Perrin). 

Im Verlage von E. Sansot & Cie. hat Alphonse 
Sick / eine Auswahl von Gedanken aus Romain Rol- 
lands Werken zusammengestellt Die meisten der 
Sentenzen sind Rollands zehnbändigem Roman „Jean 
Christophe“ entnommen, einige seinen musikalischen 
Schriften, einige seinen Büchern über Tolstoi und 
Michelangelo. 

Da die Auswahl mit vielem Geschick getroffen und 
markante Stellen aus dem gewaltigen Ideenwald Rol¬ 
lands notiert sind, kann diese kleine Broschüre aufs 
nachdrücklichste empfohlen werden; denn sie ist be¬ 
rufen, Rolland neue Anhänger zu erwerben. Beson¬ 
ders wertvoll erscheint es mir, die Deutschen auf diese 
kleine Propagandaschrift für den reichsten universalen 
Geist Europas aufmerksam zu machen, da Deutschland 
das einzige Land der gebüdeten Welt ist, in dem 
Rollands Namen noch keinen lauten Klang hat Dieser 
Blutenlese aus Rollandschen Schriften ist um so mehr 


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CORNELL UNIVERSUM 



Pariser Brief 


133 


bei uns nachhaltige Verbreitung zu wünschen, da für 
das nächste Jahr der Verlag von Rütten und Loening 
eine deutsche Ausgabe des „Jean Christophe“ vorbe¬ 
reitet, dessen zehn Bände in Frankreich bereits alles 
in allem in 150000 abgesetzt sind und auch in engli¬ 
scher, spanischer, russischer und italienischer Über¬ 
setzung einen großen Leserkreis gefunden haben. 

Von Jean Morias , dessen „Iphigenie“ kürzlich auf den 
Brettern der Comldie Frangaise erschien — gleich¬ 
zeitig mit Jules Renards liebenswürdigem „Poil de 
Carotte“, dem allein der Erfolg des Abends zu ver¬ 
danken war — liegt ein posthumer Kritikband vor: 
„Reflexions sur quelques pofctes“ (Mercure de 
France). Diese Bemerkungen eines Dichters über seine 
Kollegen (verschiedenster Zeiten) erregen unser Inter¬ 
esse, weil sie den Mann des Metiers reden lassen. 
Morias selbst interessierte sich aus dem gleichen 
Grund für jene Seiten aus Goethes Werken, die sich 
auf Shakespeare beziehen. Von einem seiner Zeitge¬ 
nossen sagt Mordas: er sei zwar ein schlechter Poet, 
aber immerhin verdiene er diesen Ehrentitel. Dieser 
Ausspruch enthüllt eine Literaturbetrachtungsweise, die 
auf ganz anderer Grundlage beruht, als die der objek¬ 
tiven, außenstehenden Kritik. Eine verwandte Er¬ 
scheinung ist uns vielleicht geläufiger: die der Maler¬ 
ästhetik. 

Ebenfalls im Verlag des „Mercure" erschien ein 
interessantes Buch über den Jubilar dieses Monats: 
,J. J. Rousseau racontd par les Gasettes de sott temps". 
Den vergilbten Zeitungsartikeln entsteigt die Wahr¬ 
heit in neuer Beleuchtung; es ist um so reizvoller, in 
diese Dokumente Einsicht zu nehmen, als sich eine 
Natur wie Rousseau der kritischen Darstellung durch 
ihre Problematik stets in irgendeiner Richtung ent¬ 
zieht Die Artikel umfassen die Zeit vom 9. Juni 1762 
bis 21. Dezember 1790 und wurden gesammelt und 
mit Anmerkungen herausgegeben von P. P. Plan. 

Bei Calman-Levy ließ Jules Lemaitre seine Vor¬ 
lesungen über Chateaubriand im Druck erscheinen. 
Doch Vorlesung, das Wort mit akademischem Klang, 
entspricht ebensowenig, wie den Konferenzen des 
letzten Winters diesen Blättern, in denen alle Spon¬ 
taneität, alle Verve des freien Vortrags wieder lebendig 
wird. Es ist als hörten wir den vortrefflichen Con¬ 
ferencier, der Lemaitre ist, zum versammelten Faubourg 
S. Germain sprechen. Lemaitre ist es gelungen, auf 
sehr geistreiche Art abfällig von Chateaubriand zu 
reden. Aber er fand auch ein hübsches Wort, ihn zu 
charakterisieren: Chateaubriand habe „inventö une 
nouvelle fagon d’6tre triste.“ 

Zum erstenmal übersetzt und eingeleitet von 
August Dietrich erschien bei Alcan Schopenhauers 
Fragment zur Geschichte der Philosophie. Dieser 
Verlag brachte kürzlich auch eine Übersetzung von 
Euchens „Sinn und Wert des Lebens“. 

Aus den Zeitschriften ist hervorzuheben: In der 
„Revue bleue“ Briefe Hektor Berlioz’ und der Rachel, 
Emile Boutroux ,, 1 ’Essence de la Religion“, eine An¬ 
sprache Fröderic Passys über seinen Werdegang. Eine 
Würdigung anläßlich seines 90. Geburtstages widmet 
Passy in der „Revue“ Jean Finot. In der „Grande 


Revue“: Georges Brandes „Emile Verhaeren Drama- 
turge", hier beginnt Gregor Alexinsky eine umfang¬ 
reiche Studie über russische Literatur. In der „Pha- 
lange" behandelt Camille Pitollet unter den Titel „Le 
Calvaire de Schopenhauer“ die anfänglichen Mühselig¬ 
keiten des unabhängigen Denkers um den Verlag 
seiner Werke, ,,Le Feu“ widmet eine Nummer jungen 
französischen Malern, die im Maisalon in Marseille 
mit Rodin und Renoir ausstellen. In „Art et les Ar- 
tistes“ behandelt Rosenthal als Fortsetzung seines 
längeren Aufsatzes über deutsche Malerei die Schule 
von Augsburg, Holbein d. J. und die erste Entwick¬ 
lung der Landschaftsmalerei. Anläßlich der Aus¬ 
stellung des Porträtisten Ricard erschien hier ein reich 
illustrierter Aufsatz über (äesen Maler des zweiten 
Kaiserreichs. „L’Art döcoratif': Paul Lafond, , 4 a ferron- 
nerie espagnole“ mit Abbildung. Pierre Godet (Neu- 
chätel) spricht über den Schweizer Maler Cuno Amiet 
„La Province“, eine gute kleine Monatsschrift für 
Dezentralisation, wie sie sich die Aufgabe vorschreibt, 
veröffentlicht 19. Mai ein Gedicht von Verhaeren 
„Allez-vous en . . .“, eine hübsche Bücherbesprechung 
von Renö Ghil und Prosa von J, H. Rosny, Procope- 
Leroux und Denis Guillot. 

Seit Mitte April fanden im HStel Drouot bedeu¬ 
tende Bücherauktionen statt, an denen besonders her¬ 
vorragende illustrierte Werke des XVIII. Jahrhunderts 
in großer Anzahl zum Verkauf kamen und gute Preise 
erzielten. Den höchsten Gesamtertrag etwa 160000 Fr. 
brachte die Versteigerung der Bibliothek Louis Garnier 
vom 15.—23. April. Wir notieren daraus folgende 
Verkäufe: 

176. Piganiol de la Force, „Description de la ville 
de Paris“ etc. mit Kupfern und Plänen, Paris 1765 
Desprez. 10 Bände 12° Exemplare mit dem Wappen 
des Grafen Du Barry, 365 Fr. — 222. F. A. de Mont¬ 
fort, „Histoire de l’andenne fondation et confrairie de 
N.-D.-de Boulogne s. Seine“. Paris, Lami 1634 mit 
Porträten d. Anna von Österreich und Ludwigs XV., 
Alter Einband mit Wappen d. A. von Österreich, 
1540 Fr. — 278. Brunei, „Manuel de libraire“ etc 
Firmin Didot 1860—1880, 9 Bände 8°, 346 Fr. 

310. Bartsch , „le peintre Graveur, Niederländ. 
Maler“. Wien-Leipzig, 1803—1843 22 Bände, 350 Fr.— 
358. „Chronicorum liber per Hartmannus Sc he de F, 1493 
Folio mit Holzschnitten, 365 Fr. — 391. Francisco 
Goya , „Caprichos“ etc. Madrid, Gegen 1799, 80 Tafeln 
mit dem Porträt, 1641 Fr. — 434. „Portraits des Grands 
Hommes, Femmes illustres et Sujets M^morables de 
France, gr. et impr. en Couleurs". Paris, Blin, 1786 
bis 1791, alter Einband, 1900 Fr. —- 476. Dominique 
Poirel, „Le triomphe de son altesse Charles III, duc 
de Lorraine". Nancy, 1664 (Cap6), 1705, Fr. — 483. 
„L’architecture ä la Mode“. Paris, N. Langlois. Tafeln 
von Le Blond, Le Pautre, Du Cerceau, Mariette, Le 
Notre, Marot, Bosse, Mansart, Boulle etc 3 Bände, 
2305 Fr. 

Die Bibliothek Henri Houssaye brachte in der 
gleichen Woche 95610 Fr. Davon einzeln „La Fon • 
taine, „fables choisies“ 1765, 6 Bände, Kupfer von 
Fessard, 3550 Fr. — Molhres Werke 1734 große 


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134 


Londoner Brief 


Kupfer von Boucher, 2250 Fr. (Auktion Garnier 
2100 Fr.) Ovid, „les mötamorphoses“ 1767 Kupfer 
von Moreau, Boucher, Eisen etc., 1355 Fr. — Quinze 
histoires d'Edgar Pot, Ausgabe der ,,Amis du Livre“ 
1897, Bilder von L. Legrand, 2000 Fr. — Baudelaire , 
„Les Fleurs du Mal” 1899, kolorierte Bilder v. Rassen- 
fosse, Ausgabe „des Cent Bibliophiles“, Einband von 
Meunier, 1680. (Versteigerung Garnier dasselbe Werk, 
700 Fr.). — „Napoldon homme de guerre, auf Japan“, 
900 Fr. — Barbey d'Aurevi/ly, „l’enfant ensorceld“ und 
„un pr£tre marid“, Original-Ausgaben, 920 und 1620 Fr. 

Fast ebensoviel wie Houssaye brachte die Ver¬ 
steigerung Montgermont , beendet am 11. Mai mit 
94350 Fr. Wir notieren von den hervorragenden illu¬ 
strierten Werken des XIX. Jahrhunderts, in denen 
hauptsächlich die hohe Bedeutung dieser Bibliothek 
bestand: Balzac , „Contes drolatiques*'. Illustriert von 
Dord, auf China, Einband von Cuzin, 3650 Fr. — 
Blranger, sämtliche Werke, farbige Lithographie von 
Monnier, 3600 Fr. — Cervantes , „Don Quichotte“, 
Vignetten von T. Johannot 3500 Fr. — Comte de 
Chtuignt, 3. Auflage, der „Contes rdmois“ mit den 
Zeichnungen von Meissonier auf China, 2500 Fr. 

Alphonse de Lamartine, Werke, Einleitung von 
Nodier. Paris Bocquet 1826. Abbildung von Desenne 
auf Chinapapier, Einband von Thouvenin, 4005 Fr. — 
La Salle , „Histoire et chronique du Petit Jehan de 
Saintr6“, 1830 in gotischen Typen, Abbildung. Eug. 
Lami, Einband von Bauzonnet, 1000 Fr. — Las Cases 
„Memorial von St Helena“. 1842. Zeiteinband, illu¬ 
striert von Charlet, 2600 Fr. — Laurent de VArdicke, 
„Histoire de 1 'Empereur Napoleon“ illustriert von H. 
Vemet Einband von Merder, 2350 Fr. — Le sagt, 
„Histoire de Gil Blas“, Vignetten auf Chinapapier von 
Jean Gignoux, Einband von Merder, 2370 Fr. — Les 
mille et unjours, contes orientaux, Bilder von Dövöria, 
1200 Fr. — Molibres Werke, Vignetten von Tony 
Johannot (1835—36), Einband von Merder, 2800 Fr. 
— Norvins , „Histoire de Napoleon“, Vignetten von 
Raffet, Ausgabe auf China, Original-Einband in russ. 
Leder mit dem kaiserlichen Adler, 6020 Fr. — B. de 
Saint-Pterre, „Paul et Virginie" (1828) Unicum auf 
Velin mit den Originalzeichnungen von Gourbould und 
den Stichen, 2000 Fr. — „Paul et Virginie“, Paris, 
Curmer, 1838, Zeiteinband, Vignetten von Meissonier, 
Frangais, Johannot: 4500 Fr. 

Auf einer anonymen Auktion am 22, Mai mit dem 
Ertrag von 44810 Fr. brachte die Originalausgabe von 
Baudelaire} „Fleurs du Mal“, in grün Maroquin Ein¬ 
band 270 Fr. (auf der Auktion Garmier in Einband 


von Noulhac 150 Fr.). Wir notieren ferner: 31. Mar¬ 
garethe v. Navarra „les Nouvelles“, Vignetten von 
Duncker und Figurinen von Freudenberger, 1520 Fr. 

— 54. Abbl Pr tuost, „Histoire de la Manon Lescaut, 
etc Ni^dr^e 1845. Kupfer von Coiny, 1665 Fr. — 58. 
Ronsards Werke 1567, 5 Bände, 1910. Fr. — Swift, 
„Voyages de Gulliver“ mit Kupfern von Lefebre und 
Masquelier, 2000 Fr. — 63. Voltaires sämtliche Werke 
in der von Beaumarcheis zur Herausgabe Voltaires 
eigens gegründeten Druckerd zu Kehl gedruckt, 70 
Bände, Kupfer von Moreau, auf feinstem Velin, die, 
Kupfer vor der Schrift, 8420 Fr. 

Von anderen anonymen Auktionen tragen wir 
nach: „Les Chansons de la Borde“, 1773, Kupfer von 
Moreau, 5500 (Bibi. C. de P. 7. Mai). — „Breviarium 
Grimmani“, Reprodukdon Delagrave, 1400 Fr. — 
Dorvigny , „Les battus payent“ etc Komödie 1779 mit 
kolorierten Kupfern von Huet 2400 Fr. — Etrennes 
historiques et galantes des Frangois, Jubert 1782, 32 0 
Titel und 12 Figuren goldgepreßter grüner Maroquin- 
band, 1900 Fr. 

Von einer Auktion von Architekturbüchern, Blon¬ 
dei, „l’architecture frangaise“ chez Ch. A. Jombert 
1752—56, 4 Bände, Folio. 500 Tafeln, 2620 Fr. — Ma¬ 
rie tte, „l’architecture frangaise“, Paris 1727, 3 Bände 
Folio, 1500 Fr. 

Autographen und Manuskripte . Auf der Auktion 
Houssaye Thtophile Gautiers „Niederschrift d. Mlle. 
Daphne* de Boisfleury“, 1000 Fr.— Gerard de Nerval 
Original Manuskript der Gedichte, 1680 Fr. — Le - 
comte de Lisle, Phalya Mani, 1110 Fr. — Heirats¬ 
kontrakt Letelliers, signiert von Louis XVI. Marie- 
Antoinette und verschiedenen Mitgliedern des Hofes, 
510 Fr. 

Aus einer Autographenauktion am 23. Mai mit 
10894 Fr. Einnahme nennen wir: 17. Boilern (Quittung) 
275 Fr. — 28. Pauline Bonaparte, „Kondolenzbrief an 
Felix Baciocchi beim Tod seiner Frau“, 210 Fr. — 
49. 36 Originalzeichnungen aus der Chat noir, 205 Fr. 

— 98. Montesquieu , „Brief a. M. de la Beaumelle“ 
310 Fr. — 105. Napollon, Brief an Faipoult, Gesandten 
in Genua, 390 Fr. — 108. Herzog v. Reichstadt, Ms. 
Juni 1825 in ital Sprache, 500 Fr. — 130. Rousseau , 
„Brief an Deleyre, Sekretär des Grafen Choiseul, Ge¬ 
sandten in Wien. Dat 10. November 1759 Mont- 
morency, 345 Fr. — 152. Königin Victoria von Eng¬ 
land. , 3 rief in französischer Sprache an Königin 
Marie Amölie dat Buckingham palace 29. I. 1840, 
245 Fr. 

Paris, Anfang Juni Otto Grautoff. 


Londoner Brief. 


Das British Museum erhielt kürzlich für seine 
Handschriftensammlung, eine wertvolle Zuwendung 
durch den nationalen Kunstfonds, in Gestalt eines alten 
illuminierten persischen Manuskripts . Der Inhalt be¬ 
steht in mystischer Poesie und Erzählungen, die das 
Aufgehen der Seele in die Unendlichkeit lehren. Die 
Illustration besteht zum Teil in vorzüglichen, ganzsei¬ 
tigen Malereien, tanzende Derwische und verschiedene 


Feste darstellend, zum Teil sind dekorative Elemente 
in den Text eingefügt 

Die Wichtigkeit des vorliegenden Werkes besteht 
vor allem darin, daß klassisch-persische Kunst weit 
früher angesetzt werden muß, als dies bisher im all¬ 
gemeinen geschah. Die Annahme bestand nämlich, 
daß die persische Kunst ursprünglich von der chinesi¬ 
schen geleitet worden sei, hier aber in dem in Rede 


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CORNELL UNfVERSITY 



Londoner Brief 


135 


stehenden, aus dem XIII. Jahrhundert herrührenden 
Manuskript fehlt jeglicher Einfluß Chinas. Will man 
überhaupt einen solchen anerkennen, so ist er indo¬ 
hellenistischer Natur. Griechische, nach Indien über- 
führte Kunst, paßte sich daselbst den heimischen 
Idealen an und wurde eine indisch-buddhistische, die 
dann durch Verbreitung des Buddhismus weiter nach 
Asien hineingelangte. Ob die hellenistische Kunst 
rein nach dem nahen Orient übertragen wurde, er¬ 
scheint zu mindesten zweifelhaft, da aller Wahrschein¬ 
lichkeit die Malerei und Illuminierung von Manu¬ 
skripten einem Zweige der byzantinisch-ägyptischen 
Kunst entsprang, die wiederum selbst aus der späteren 
griechischen Zivilisation herausgewachsen ist. Derartige 
Handschriften werden zurzeit in England und Amerika 
auch deshalb so hoch geschätzt und zu erwerben ge¬ 
sucht, weil die Erkenntnis sich Bahn brach, daß diese 
Art der Miniaturmalerei die einzige Kunstausübung 
des nahen Ostens verbleibt, in der die eigenartige 
Persönlichkeit des' Künstlers wirklich hervortreten 
konnte. Aber auch hier geschieht dies in weit gerin¬ 
gerem Maßstabe als in Europa, da der orientalische 
Illuminator oder Kunsthandwerker durch den vorwie¬ 
gend ornamentalen Zweck der Arbeit gebunden ist. 
Der Künstler des Ostens, der auf Kosten des Realis¬ 
mus Linie und flachen Ton vor allem im Auge hat, 
steht in direktem Kontrast mit dem typisch-europä¬ 
ischen Gedanken, daß die darzustellenden Gegen¬ 
stände als wirklich existierend in Raum und Licht ab¬ 
gebildet werden müßten, und daß ihrer plastischen 
Modellierung und verschiedenartigen Farbe so viel 
Realität und Greifbarkeit zu geben sei, wie überhaupt 
nur möglich. Deswegen ist der Osten dem Westen 
in allen rein ornamentalen und dekorativen Künsten 
überlegen, bei denen gemäß der Natur des Materials 
selbst eine flache Oberfläche eines der ersten Requi¬ 
site für den Erfolg ist, wie zum Beispiel bei der 
Teppichweberei, der eingelegten Arbeit, dem niederen 
Schnitzrelief und ähnlichem. 

In der „Hellenistischen Gesellschaft 4 hielt Professor 
Sir W. M. Ramsay eine für den Druck bestimmte 
Vorlesung „Der Altar des Gottes Min Askaenos in 
Pisidian Antiochia". Zu näherer Erklärung muß ein¬ 
leitend bemerkt werden, daß an Ort und Stelle vorge¬ 
nommene und im Laufe des Sommers fortzusetzende 
Ausgrabungen, mit ziemlicher Sicherheit den Schluß 
rechtfertigen, daß die Entdeckung des oben genannten 
und mehrfach von Strabo erwähnten Altars gelungen 
sei. Letzterer wird als ein großes Heiligtum bezeichnet, 
zu dem ein Theater und eine geweihte Quelle gehörten. 
Strabo beschreibt die Örtlichkeit genau und zitierte 
ferner an dem Altar angebrachte Widmungsinschriften. 
Professor Ramsay glaubt durch diesen Altar, die 
übrigens schon im allgemeinen nicht unbekannte Tat¬ 
sache nachweisen zu können, daß der Oberpriester 
des Sanktuariums, angetan mit dem Gewände des 
Gottes, nicht nur seine Namen führte und letzteren 
immittelbar vertrat, sondern mit der Gottheit selbst 
identifiziert wurde, und infolgedessen eine despotische 
Gewalt über die Bevölkerung ausübte. 

Die „Gesellschaftfür biblisch* Archäologie“ beschäf¬ 


tigte sich mit der Vorlesung von Schriften Mr. Rylands 
über den „Mithras-Ormudz- und Ahriman-Kultus". 
Nach seinen Forschungsresultaten will der Genannte 
„Mithras“ als die oberste Gottheit, die unendliche 
Zeit gesetzt wissen, der Ormudz, der Gott des 
Lichtes und Ahriman der Beherrscher der Finsternis 
entstammen. 

Licht und Finsternis wurden dann erst später 
symbolisch als das gute und böse Prinzip gedeutet, 
aber letzteres bleibt nach schweren Kämpfen, vor 
allem durch „Nichtwissen" der Besieger und Herrscher 
der Welt. Ich möchte persönlich hinzufügen, daß der 
Philosoph Spencer in seinem System der „Entwicke¬ 
lungs-Theorie", die Lösung des Problems vom Dua¬ 
lismus und damit zugleich das Schwinden des „Bösen" 
in dem wirklichen Erkennen erwartet Umgekehrt 
schreibt die Bibel die Vertreibung aus dem Paradiese 
dem Genuss vom Baume der Erkenntnis: der Unter¬ 
scheidung von „Gut 41 und „Böse 44 zu. Daß in letzter 
Instanz die Hoffnung auf ein Erkennen des Urgrundes 
aller Dinge nicht absolut ausgeschlossen erscheint, 
mag nachstehender Vergleich beweisen, der mit der 
Frage anhebt; Welche Stufe der Entwickelung war 
die schwierigere zu erreichen: Von Nichts zu Etwas 
— vorausgesetzt, daß es das erstere überhaupt gibt 
und das letztere kein Schein (Phaenomenalismus) ist, 
alsdann von anorganischen, zu organischer Welt, von 
dieser zu intellektueller, selbstbewußter Masse, und 
endlich von letzter nach Überwindung der verschie¬ 
denen Stufen des niederen Denkens bis zur wirklichen 
Erkenntnis ? 

Die englische Presse erhält aus Japan nachfol¬ 
gende interessante Mitteilung: „Der buddhistische 
Mönch Tashibana kehrte von einer zweijährigen 
Forschungsreise aus Zentral-Asien zurück. ... Er 
drang weiter vor als Swen Hedin und fand höchst 
wichtige buddhistische und Sanskrit-Schriften auf 
Pflanzenblättem, Pergament und Stein." 

In der „Royal Society of Literaturt“ gab Mr. 
Joseph Offord eine Übersicht der seit 20 Jahren ent¬ 
deckten Manuskripte altklassischer Literatur. Mit 
wenigen Ausnahmen, wie zum Beispiel einer verloren 
geglaubten Abhandlung des Archimedes, sind die wieder 
aufgefundenen Handschriften ägyptische Papyri: „The¬ 
aterstücke des Menander, die Oden des Bacchylides, 
Kommentare des Didymus zu den Philippicae des 
Demosthenes, einzelnes von Pindar, die Apologie des 
Antiphon und die Gedichte des Callimachus. Die 
Arbeit des Didymus ist besonders deshalb bemerkens¬ 
wert, weil er Auszüge aus den verloren gegangenen 
Werken bedeutender Historiker mitteilt, so über ein 
Buch des Livius berichtet, über Xenophons Hellenica 
und Timotheus von Milet die Schlacht von Salamis 
feiernd. 

Ein neues Werk über Goethe wird stets unser 
Interesse beanspruchen, und wenn das vorliegende Buch 
„Goethe: The Man and his Charakter. By Joseph 
Mc. Cab* (Nash) 15 Shilling net 44 auch gerade nicht 
bisher Unbekanntes aufklärt, so es ist immerhin lesens¬ 
wert. Der Autor besitzt den Mut klar zu sagen, wie 
nach seiner Ansicht Goethe das Verhältnis vom Mann 


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«36 


Amsterdamer Brief 


zur Frau verstanden habe, und wie er, der Verfasser 
über die Auffassungsweise des Altmeisters denkt! 

Wenn ich von einem Verstorbenen, dem Redak¬ 
teur der „Review of Reviews", Mr. Stead, nochmals 
spreche, so geschieht es um eine Mitteilung der eng¬ 
lischen Presse zu erwähnen, nach welcher jener der 
Erfinder des „Intereviews“ sein soll, eine Behauptung, 
die ich auf ihre Richtigkeit hin nicht nachzuprüfen 
im stände bin. 

Ferner ging der Tod von Edwin Bormann nicht 
ganz unbemerkt in der hiesigen Presse vorüber, da 
derselbe hier als der Hauptvertreter Deutschlands für die 
Aufrechthaltung der „Bacon-Shakespeare-Theorie" gilt. 

Unter den stattgehabten Bücher-Auktionen bei 
Sotheby nenne ich als hervorragend den Verkauf der 
Bibliothek von Lady Ashburton. Die interessantesten 
Werke und die dafür gezahlten Preise waren folgende: 
Carlyle, „Geschichte Friedrich des Großen" 6 Bände, 
1758—65, 500 M. — Audubon, „Birds of Amerika“, 
4 Bände, 1827—38, 10800 M. — Goethe, „Hermann und 
Dorothea", 1826, Dedikations - Exemplar mit einem 
autographischen Vers, 840 M. — Ruskin „Stones of 
Venice", Geschenkexemplar an Carlyle, 800 M. Aus 


anderen Auktionsverkäufen nenne ich folgende Re¬ 
sultate: Ireland, „Life of Napoleon Bonaparte", 
4 Bände, 1823—28, 1000 M. — Goldsmith „Vicar of 
Wakefield" 1817, 600 M. — Boccaccio „Decamerone" 
1757, 5 Bände, 400 M. — Lafontaine, „Fables et Nou- 
veiles, 1755—59, 4 Bände, gebunden von Ghenu, 
2700 M. — Louvet „Les Amours du Chevalier de 
Faublas", 1798,4 Bände, 1320 M. — Rabelais „Oeuvres" 
1741, 3 Bände, 1000 M. — Über die im Gange be¬ 
findliche, hoch bedeutende Versteigerung der wohl- 
bekannten Bibliothek Huth, soll im nächsten Briefe 
ausführlich berichtet werden. 

Der deutsche Botschafter, Graf Paul Wolff-Metter¬ 
nich, folgte am 6. Juni als Gast einer Einladung der 
„ Bibliotheks-Association** der City Korporation der 
Stadt London zu einer Abschiedsfeier in der „Guild- 
hall". Der Lord Mayor, Sir E. Crosby, Graf Metternich 
und der erste Sekretär der deutschen Botschaft, Herr 
von Riepenhausen, hielten von allen Seiten mit Bei¬ 
fall aufgenommene Reden, in denen der Wunsch 
betont wurde, daß England und Deutschland für 
immer in Frieden und Freundschaft leben möchten I 

London, Anfang Juni O. v. Schleinit m. 


Amsterdamer Brief. 


Eine interressante Ausstellung ist in den Monaten 
Juni, Juli und August in den Räumen des Kupferstich¬ 
kabinetts zu sehen: Het paard in de prentkunst. Die¬ 
selbe gibt eine Übersicht über ^die Darstellung des 
Pferdes in der graphischen Kunst von fünf Jahr¬ 
hunderten. Wir können hier die Entwicklung verfolgen, 
die das Pferd in seiner Verwendung und seiner Stel¬ 
lung zum Menschen im Laufe dieser Zeit durchgemacht 
hat Auf den älteren Blättern tritt uns das Pferd 
naturgemäß hauptsächlich als Streitroß entgegen, als 
der unzertrennliche Begleiter der Kriegerkaste und als 
Attribut des Adels, der ja zum Teil seinen Standes¬ 
namen (Ritter, Chevalier) dem Pferde verdankt In 
den meisten Fällen ist es da nur als Appendix des 
Reiters dargestellt; auch auf den beiden Dürerschen 
Blättern, dem großen und dem kleinen Pferd steht 
der Reitersmann wenigstens neben seinem Tier. Hans 
Baidung und Hans Sebald Beham sind hier in der 
Ausstellung die ersten, die das Pferd allein um seiner 
selbst willen abbilden. Später bei den holländischen 
Meistern des XVII. Jahrhunderts erscheint das 
Pferd dann mehr in seiner Funktion als Zug- und 
Arbeitstier, und die Holländer sind die ersten, die 
in ihrer alles umfassenden Naturliebe das Pferd als ein 
Stück beseelte und dadurch dem Menschen verwandte 
Natur in die Kunst einführen; sie schildern es als den 
treuen Freund und Helfer des Menschen. Auf den 
englischen Schabkunstblättem des XVIII. Jahr¬ 
hunderts figuriert das Pferd dann mehr als kostbares 
Prunkstück, um durch seine Rassigkeit und No¬ 
blesse seinem vornehmen Besitzer das nötige Relief zu 
verleihen. War es bei den Holländern oft ein arm¬ 
seliger Klepper, der schwer arbeiten mußte und wenig 
zu fressen bekam, so daß es oft unser Mitleid weckt, 
so ist es bei den Engländern ein gut genährtes und 


gepflegtes, etwas hochmütiges und launisches Roß, 
wie sein erlauchter Herr. Eine andere Kategorie, 
die in England jener Zeit aufkommt, ist dann das 
Rennpferd, für dessen ererbte Tugenden ein auf dem 
Stiche abgedruckter Stammbaum Gewähr leistet, wie 
zum Beispiel bei dem Porträt des Rennpferdes Mat- 
chem von Richard Houston. Die graphischen Blätter 
des XIX. Jahrhunderts, in der Mehrheit Litho¬ 
graphien, bringen kaum eine neue Note; höchstens 
als gelehriges Objekt der Kunstreiter entfaltet das 
Pferd einige neue Seiten seines Wesens, wie das eine 
Steinzeichnung des Franzosen Victor Adam in einer 
Reihe von Szenen in anschaulicher Weise zur Dar¬ 
stellung bringt. (Les exerdces de Franconi). 

Natürlich sind nicht alle der ausgestellten Blätter 
künstlerisch gleich bedeutsam. Manche sind nur von 
gegenständlichem Interesse, etwa durch die wie alle 
Kulturäußerungen dem Wandel und der Mode unter* 
worfene Aufzäumung und Frisur des Pferdes. Der 
gestutzte Schwanz und die beschnittene Mähne, die 
heute beim Pferde die Regel sind, kommen auf den 
alten Blättern nicht vor. Wegen der eigenartigen 
Frisur des Pferdes sei hier ein Stich von Jacob Sand- 
rart erwähnt, den Grafen Anton Günther von Olden¬ 
burg vorstellend; die lange Mähne ist in fünf dicke 
Zöpfe geflochten, die in der Mitte durch eine Schleife 
zusammengebunden sind und von da an wieder als 
ein langer Schweif fast bis auf den Boden herab¬ 
hängen. Eine ähnliche Pferdehaartracht finden wir 
auf dem Stiche von Willem Jacobse Delff „Proceres 
Nassoviae", eine Reihe von Oranierprinzen hoch zu 
Roß mit einer Meute Hunde zur Jagd ausziehend. 

Die beiden frühesten Blätter sind von dem so¬ 
genannten Meister des Amsterdamer Kabinetts, einem 
deutschen Künstler aus dem letzten Viertel des 


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Amsterdamer Brief 


137 


XV. Jahrhunderts, der, obwohl noch befangen in 
gotischer Steifheit, durch die Innigkeit seines Emp¬ 
findens und eine leise Melancholie wieder ganz modern 
anmutet Eins davon, der Heilige Martin mit dem 
Krüppel, ist ein Unikum, das andere, der türkische 
Reiter, findet sich auch in andern Sammlungen. Von 
Dürer hat man außer dem schon erwähnten großen 
Pferd und kleinen Pferd noch Ritter, Tod und Teufel 
ausgestellt. Von andern frühen deutschen Meistern ist 
noch Hans Burgkmair vertreten, von Holländern jener 
Zeit Lucas van Leyden und Jacob Comelisz van Oast- 
zannen, letzterer mit einer Folge von vier Blättern, 
auf denen die Könige von Juda, mit David an der 
Spitze, in einem langen Zuge dargestellt sind; neben 
zweien auch ausgestellten Blättern des Burgkmairschen 
Triumphzuges Kaiser Maximilians wirken diese Comelisz- 
sehen Holzschnitte durch den kräftigen, sicheren 
Schnitt körperlicher und malerischer, besonders in 
einiger Entfernung. Wir haben hier keine korrekte 
Parade, sondern infolge der Mannigfaltigkeit der 
Stellungen und Bewegungen der Reiter einen unge¬ 
zwungenen, lebendigen Aufzug. Auffallend ist die 
längliche Kopfbildung der Pferde, die überhängende 
Schnauze findet sich auch auf Blättern von andern 
Meistern jener Zeit. 

In den meisten Fällen sind die Pferde entweder 
ruhig stehend oder langsam schreitend dargestellt. 
Nur bei einigen Reiterporträts ist der Moment des 
Sichaufbäumens gewählt, so bei dem Stiche Callots, 
„Ludwig von Lothringen" und dem von Pieter de Bai Hin, 
„Albert Graf von Aremberg*' nach dem van Dyckschen 
Gemälde. In ungestümer Bewegung zeigt die Pferde 
der schon genannte Hans Baidung ; seine „Bekehrung 
des Saulus" mit den vor Angst zusammengebrochenen 
Tieren und seine wilden Pferde zur Brunstzeit, die im 
Kampf um das Weibchen in tierischer Wut entbrannt, 
sich ineinander verbissen haben, sind Szenen von 
großer dramatischer Kraft Auch Antonio Tempesta 
hat Pferde in ungezügelter Bewegung gut dargestellt; 
und den Kampf brünstiger Pferde hat auch Hendrik 
Goltsius nach einer Zeichnung von Stradanus zum 
Vorwurf genommen. Die letzteren Pferde gehörten 
zu dem berühmten Marstall des Don Juan d’Austria, 
aus dem hier noch mehr Tiere in Stichen von Adr . 
Collaert, Hendrik Goltzius und Hieronimus Wiericx 
zu sehen sind. Von eigentlichen Pferdeporträts kann 
man bei Stradanns noch nicht reden; er beschränkt 
sich darauf, die Haupttypen abzubilden. Erst der 
deutsche Stecher des XVIII. Jahrhunderts Johann 
Elias Ridinger stellt ganz bestimmte Pferdeindividuen 
dar, Tiere von selten vorkommender Färbung oder 
Musterung, mit genauer Angabe der Herkunft und 
ihres Besitzers. Künstlerisch sind diese Sachen wert¬ 
los, es sind bloße Kuriosa. Ihre eigentliche Blüte 
erlebt die Pferdeporträtkunst bei den Engländern. 
Eins der schönsten Schabkunstblätter dieser Art von 
Charles Howard Hodges stellt den Kopf eines Pferdes 
„The invincable horse" fast in Lebensgröße dar. Die 
ausgestellten englischen Stiche stehen künstlerisch 
überhaupt sehr hoch. Ein kleines Meisterwerk ist 
zum Beispiel der Stich von William Pether, „das Pferd 


in der Schmiede", das durch den Lichteffekt besonders 
reizvoll ist. Es ist Abend; über dem stehengebliebenen 
hohen Bogen einer gotischen Kirchenruine, an die 
die Schmiede angebaut ist, geht gerade der Mond 
auf, nur ein zartes Dämmerlicht versendend. Die 
Hauptlichtquelle ist das nicht sichtbare Feuer in der 
Schmiede, das das Innere derselben mit allen Einzel¬ 
heiten, wie dem Wandbrett mit Geschirr und den Huf¬ 
eisen an der abbröckelnden Mauer, und ferner die 
beiden Knechte aus der dunkeln Umgebung in greif¬ 
barer Körperlichkeit hervortreten läßt 

Von den holländischen Stichen des XVII. Jahr¬ 
hunderts seien besonders erwähnt die vier kleinen 
Radierungen von Jan van Aken, die von liebevoller 
Beobachtung zeugen, dann die Arbeiten von Dirk 
Stoop und last not least von Paul Potter, dessen Blatt 
mit der alten Mähre ein Meisterwerk- seelischer Ver¬ 
tiefung ist; abgemagert, daß man die Rippen zählen 
kann, und müde den alten Kopf herabhängen lassend, 
steht sie da und blickt traurig vor sich hin, gleich, als 
ob sie wüßte, daß ihrer bald dasselbe Los wartet, das 
ihren neben ihr auf dem Boden liegenden Gefährten 
schon getro ff en hat: als Aas ein Fraß der H unde zu werden. 

Die holländischen Stiche des XIX. Jahrhunderts 
stehen den Arbeiten ihrer Voreltern aus dem XVII. 
Jahrhundert viel näher, als zum Beispiel die Gemälde 
jener Zeit; treffliche Zeichner sind die Holländer immer 
gewesen. Eine Radierung wie die von Jac. Cornelius Gaal 
zum Beispiel, „Pferde und Füllen auf der Weide“ zeigt 
in der treuen Naturbeobachtung und dem warmen 
Empfinden die alten holländischen Rasseeigenschaften. 

Von andern Künstlern des XIX. Jahrhunderts 
müssen wir noch die Steinzeichnungen von Carle 
Vemet und Auguste Raffet nennen. Der letzte in der 
langen Reihe von Künstlern des Pferdes ist dann der 
Holländer Dupont, dessen großes Blatt „Pflügende 
Pferde" technisch eine hervorragende Leistung ist 

Von Versteigerungen der letzten Zeit ist bemerkens¬ 
wert die bei Fred. Müller am 21. Mai stattgehabte 
Auktion von 125 Zeichnungen von Steinten aus der 
Sammlung Hoogendyk. Steinlen nimmt unter den 
modernen Illustratoren unstreitig die erste Stellung ein. 
Ihm gebührt das Verdienst, in dem „Gil Blas" eine 
ganz neue Art des illustrierten Blattes geschaffen zu 
haben, das nur die ersten Künstler und Schriftsteller 
zu seinen Mitarbeitern zählte; Maupassant u. Verlaine 
haben hier manches veröffentlicht. Der „Gil Blas“ hat 
auch in Deutschland vorbildlich gewirkt; Blätter wie 
der „ Simplizissimus " und die % Jugend* sind ohne 
ihn undenkbar. Aber diese Zeitschriften schlugen 
bald andere Bahnen ein; der „Simplizissimus" zum 
Beispiel entwickelte sich immer mehr zum poli¬ 
tischen und sozialen Witzblatt; die Illustrationen 
machten sich unabhängig von der Erzählung und 
dienten nur der Satire. Steinlen, der Haupt¬ 
mitarbeiter der „Gil Blas" spottet nicht, er liebt 
Beides hat seine Berechtigung. — Wo heute schon 
alte Jahrgänge des „Gil Blas" so gesucht sind, darf es 
nicht verwundern, daß die Originalzeichnungen dafür 
ein ebenso begehrter Artikel sind. Dennoch hat in 
vielen Fällen der mechanische Abdruck mit der 


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13« 


Amsterdamer Brief 


Überschrift „Gil Blas 1 ' Schönheiten des Tones, die der 
Zeichnung abgehen. Am teuersten gingen zwei Zeich¬ 
nungen, die nicht im „Gil Blas" erschienen waren, wahr¬ 
scheinlich gerade deshalb; Nr. 268, ein Ballfest in 
einem Vorortlokal (Ball Musette), 210 fl. und Nr. 269, 
einige Frauen, die von Schutzleuten abgefiihrt werden 
(Sc£ne de la rue), 180 fl. Von den im „Gil Blas" ver¬ 
vielfältigten Zeichnungen brachten es zwei auf je 
170 fl.: Nr. 263, eine Pariser Boulevardszene mit 
zwei robusten Wäscherinnen im Vordergrund und 
einem Leichentransport (Gaitd parisienne) und Nr. 235, 
ein typisches Bild aus dem Pariser Nachtleben: zwei 
Herren, die auf der Straße mit einem ärmlich ge¬ 
kleideten, hutlosen Mädchen verhandeln, das sich in 
seinem offenbar neuen Berufe noch wenig wohl zu 
befinden scheint (Hirondelle de nuit). Den schönen 
Preis von 160 fl. erzielte das sehr dramatische Blatt 
„L’aumöne d’amour" (Nr. 237): die Mäherin, die 
ermüdet einen Augenblick in der Arbeit innehält, mit 
dem hinter ihr im Kornfeld herankriechenden Mann, 
der sie mit wilden, gierigen Blicken aus weitgeöffheten 
Augen verschlingt Auch die übrigen Preise hielten 
sich in respektabler Höhe: Nr. 192, „Entre fr&res", der 
alte Mann auf einer Bank, der sein karges Frühstück 
mit einem Hunde teilt, 145 fl. Nr. 210, ,,Permutantes", 
das kleine Mädchen, das vor einem leeren Theater¬ 
raum sein wahrscheinlich sehr wenig kindliches Koup- 
let probt, während die dicke Direktrice auf dem 
Klavier begleitet und der Direktor auf einer hinteren 
Parquetreihe prüfend zuhört 110 fl. — Nr. 245, „Ä. Pey- 
rabeühe", das Liebespaar, das sich in einer Mond¬ 
scheinnacht auf freiem Felde zärtlich umschlungen 
hält: 90 fl. — Nr. 226, „La conversion d’AngMe", die 
Kaffeehausszene mit dem Streit zwischen zwei Ko¬ 
kotten und dem Kreis von Gästen ringsherum, wo 
jede einzelne Figur von Leben vibriert: 140 fl. — 
Nr. 254, „Lamento", der Krankenhausbesuch: 75 fl. 

Als eine der letzten Nummern der „ Wereldbiblio- 
thefc' ist Kleists „Kätkchen von Heilbrontf 4 in hollän¬ 
discher Übersetzung erschienen. Der Übersetzer ist 
Nico van Suchtelen, der durch seinen vor einigen 
Jahren erschienenen, in Tagebuchform geschriebenen 
Roman „Quia absurdum" zu den bekanntesten .mo¬ 
dernen holländischen Schriftstellern gehört In diesem 
Werke, das auch ins Deutsche übersetzt ist, hat 
van Suchtelen eine feine psychologische Studie eines ty¬ 
pischen Dekadenten geliefert, der, ein moderner 
Werther, an seiner eigenen Überempfindlichkeit, im 
Bunde natürlich mit einer hoffnungslosen Liebe, zu 
Grunde geht Die Stärke dieses Romans liegt in den 
lyrischen Partien, den Schilderungen der fortwährend 
wechselnden Stimmungen dieses Dichteijünglings. 
Die Übersetzung des „Käthchens" ist eine tüchtige 
Leistung. Es erscheint mir nur recht fraglich, ob die¬ 
selbe hier Kleist neue Freunde gewinnen wird und 
ob van Suchtelen nicht vielleicht besser getan hätte, 
sein Talent an einem andern Werke Kleists zu ver¬ 
suchen. In „Käthchen" ist zu viel Übernatürliches 
und zu viel äußerliche Theaterromantik; der ganze 
Apparat von heimlichem Gericht, von Gottesurteil, 
von Überfällen und Erscheinungen, die strenge Schei¬ 


dung der Menschen in gute und böse Charaktere, 
oder vielmehr in Engel und Teufel, bei Käthchen 
alles Licht, bei Kunigunde alles Schatten, all das fallt 
einem modernen Menschen, dessen Sinn für die Wirk¬ 
lichkeit mehr als je entwickelt und geschärft ist, stö¬ 
rend auf die Nerven. Noch ferner liegt nun diese 
Ritterromantik mit deren Übertreibungen dem Hollän¬ 
der; das große Publikum, an das sich diese Ausgabe 
wendet, wird sich schwer in diese stofflich so fremde 
Welt hineindenken können; und speziell die hollän¬ 
dische Frau, die sich in der Regel durch größere 
Selbständigkeit und stärkeres Selbstgefühl von ihrer 
deutschen Schwester unterscheidet, wird sich für diese 
dienende Liebe, diese fast hündische Unterwürfigkeit 
unter den geliebten, nein abgöttisch verehrten Mann 
nicht erwärmen können; und mit der Hauptfigur fallt 
das ganze Stück; das Beiwerk wird es nicht retten 
können. Bei einer eventuellen Aufführung — und 
Verleger wie Übersetzer erhoffen eine solche — wird 
man es als ein echt deutsches Kuriosum über sich 
ergehen lassen; und damit ist es aus. Aber warum hat 
man gerade dieses Kleistsche Werk gewählt? Es ist 
vielleicht sein deutschestes, aber sicherlich nicht sein 
mächtigstes und ausgeglichenstes; das bleiben wohl 
die „Penthesilea" und „Prinz Friedrich von Homburg 4 *, 
die aber wiederum, das eine wegen des pathologischen 
Stoffes, das andere wegen des national-preußischen 
Gehaltes für eine Übersetzung ins Holländische 
weniger in Anmerkung kommen. Aber warum hat 
man nicht das Stück genommen, das nicht nur in 
Holland spielt, sondern dem auch holländische Klein- 
malerei und holländischer Humor einen holländischen 
Stempel aufdrücken: den „zerbrochenen Krug 4 *? Da 
stört nichts Überirdisches, keine Halluzinationen, keine 
perversen Gelüste, keine Megärenraserei, und auch 
keine räumliche und zeitliche Feme. Im Gegenteil, 
wir befinden uns da in der ganz realen Welt mit 
ihren Torheiten und Lastern, wie sie Brederode auf 
die Bühne und Jan Steen auf die Leinwand gebracht 
haben. Aber es ist sonderbar, die Redaktion der 
„Wereldbibliothek" hat in der Auswahl der deutschen 
Theaterliteratur, die sie für ihre Ausgabe hat über¬ 
setzen lassen, keine sehr glückliche Hand gehabt. 
Die Hebbelsche „Maria Magdalena** ist zu abstrakt und 
konstruiert, um zu packen; und Goethes „Iphigenie* 4 
und „Faust** sind das eine zu klassisch, das andere 
zu philosophisch, um hier beim größeren Publikum 
Boden zu fassen; und nur für das sind diese Über¬ 
setzungen bestimmt; die Gebildeten lesen die Sachen 
natürlich in der Ursprache. Das scheint auch die 
Royaards’sche Theatergesellschaft einzusehen, die Auf¬ 
führungen beider Goetheschen Werke angekündigt 
hatte, aber wahrscheinlich aus Furcht vor einem 
finanziellen Mißerfolg bis jetzt immer davon Abstand 
genommen hat Man sollte auch meinen, daß Goethes 
„Egmont" hier mehr Aussichten auf eine günstige Auf¬ 
nahme haben müßte als „Iphigenie** und „Faust". 
Aber „Egmont** ist noch nicht in der „Wereldbibliothek* 4 
erschienen. 

Amsterdam, Anfang Juni M. D. Henkel 


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New Yorker Brief 


»39 


New Yorker Brief. 


Habent sua fata libelli! Kauft sich da ein ameri¬ 
kanischer Händler ein Unikum von einem Rubayat 
in kostbarstem Gewände mit Perlen und Edelsteinen 
besetzt und bringt es nach New York; er rechnet 
ohne die Zollbehörde, die den von ihm in gutem 
Treu und Glauben angegebenen Ankaufswert nicht an¬ 
nimmt und den doppelten Zoll verlangt Der Händler 
verweigert die Annahme, das Exemplar kommt in 
London zum öffentlichen Verkauf, wird wieder von ihm 
erstanden und mit diesem Wert dokumentiert tritt es 
den Rückweg übers Wasser an, um nie sein Ziel zu 
erreichen. Das Meer hat mit der Titanic auch diesen 
Schatz verschlungen. 

Einer der jüngsten Bücherliebhaber Amerikas 
dem eine große Zukunft im Büchersammeln bevor¬ 
stand, da ihm unbeschränkte Geldmittel zur Ver¬ 
fügung standen, fand ebenso mit der Titanic ein früh¬ 
zeitiges Grab; Harry Elkins Widener, der Sohn des 
Philadelphier Multimillionärs I 5 . A. B. Widener, des 
Besitzers einer der schönsten Privat-Gemäldegalerien 
Amerikas, hat in den wenigen Jahren, während deren 
er sammeln konnte, eine schöne Privatbibliothek haupt¬ 
sächlich von englischer Literatur zusammengebracht 
und sie, wie eben gemeldet wird, seiner Alma Mater, 
der Universität Harvard, vermacht. Die Sammlung 
enthält nur Exemplare allerersten Ranges, Erst-Aus- 
gaben von Shakespeare, Milton, Spencer, Gray , Keats, 
Shelley, Dickens , Thackeray , Mereditk , Stevenson usw. 
viele Dedikationsexemplare oder Exemplare mit denen 
ein besonderes literarhistorisches Interesse verknüpft 
ist, unter anderem ein unveröffentlichtes Autogramm 
einer Autobiographie von Robert Louis Stevenson von 
22 Seiten — weiter kam er nicht 

Die Einleitung zu dieser Autobiographie mag viel¬ 
leicht von Interesse sein: 

„I have the more interest in beginning these me- 
moirs where and how I do, because I am living ab- 
solutely alone in San Francisco, and because ffom 
two years of anxiety, and, according to the doctors, a 
touch of malaria, I may say I am altogether changed 
into another character. After weeks in this dty, I 
know only a few neighboring streets; I seem to be 
cured of all my adventurous whims and even of hu¬ 
man curiosity: and am content to sit here by the fire 
and await the course of fortune. Indeed, I know my- 
self no longer; and as I am changed in heart, I hope 
I have the same chance to look back impardally on 
all that has come and gone heretofore. 

„There is, after all, no truer sort of writing than 
what is to be found in autobiographies, and certainly 
none more entertaining. As if any, it is fiedon of the 
higher dass which is the quintessence and last word 
both of veradty and entertainment A man is perhaps 
not very sure of his taste in matters that concejn him 
so nearly as the facts of his own career; he is not 
perhaps in a posidon to expand or broider: but where 
can he have so fine an opportunity of condensadon? 
I shall try here to be very dense and only to touch 
on what concernedme very deeply; for, as I am after 
Z. f. B. 191 2/1913. 


all a man, that must be to some degree the concem 
of mankind.“ 

Von sonsdgen Seltenheiten der Sammlung Widener 
jun. mögen noch erwähnt werden: eine Sammlung un¬ 
veröffentlichter Skizzen von Aubrey Beardsley ; unge¬ 
fähr 150 Zeichnungen von Rowlandson; eine große 
Anzahl Cruikshanks und William Blakes. 

Erst in neuerer Zeit fing Mr. Widener an, auch 
amerikanische Literatur im gleichen Maße wie die 
englische zu sammeln, und hätte er es da sicher auch 
weit gebracht, wenn der Tod seinem Sammeleifer nicht 
ein so jähes Ende bereitet hätte. 

Vergangenen Winter wurde in New York eine 
Gesellschaft inkorporiert, die es sich zur Aufgabe ge¬ 
sellt hat, von jedem lebenden Schriftsteller und 
Künsder eine kurze Erklärung über seine Lebens¬ 
aufgabe und ihre Erfüllung zu verlangen, auf unver¬ 
gänglichem Pergament mit unvergänglicher Tinte ge¬ 
schrieben. Präsident Taft ist Ehrenvorsitzender der 
Gesellschaft, die sich Modem Historie Records Asso¬ 
ciation nennt, Mr. H. L. Bridgman, der Vorsitzende, 
und der Gründer Dr. Alexander Konta haben eine große 
Anzahl Leute, welche im öffentlichen Leben Amerikas 
eine Rolle spielen, wie Admiral Peary, General Grant 
und andere mehr für die Sache zu interessieren ver¬ 
standen. Es ist beabsichtigt, die Handschriften in der 
New Yorker öffentlichen Bibliothek aufzubewahren, 
bis die Gesellschaft ein eigenes Gebäude errichten 
kann; sie sollen dem Original getreu reproduziert und 
veröffentlicht werden. Ferner soll der Kinematograph 
und Phonograph verwendet werden, 'um Dokumente 
der jetzigen Zeit der Nachwelt zu übermitteln. Von 
den ersten eingelaufenen Beiträgen, welche schon in 
der Presse veröffentlicht wurden, sind die von G. 
Beraard Shaw, Carnegie, A. Pinero, Admiral Dewey 
von Interesse. 

Von neuen Veröffentlichungen während der letzten 
Wochen mögen die folgenden erwähnt werden: 

Edward Gordon Craig (der Herausgeber von 
„The Mask“, einer in Florenz erscheinenden Zeitung, 
die sich zur Aufgabe gestellt hat, auf dem Gebiet des 
Theaterwesens vorbildlich zu wirken ohne Rücksicht 
auf Tradition oder Konvention), „On the art of the 
Theatre“ (Browne, Chicago) eine interessante Abhand¬ 
lung; William Archer, „Play-Making", a manual of 
craftsmanship (Small Magnard & Co. Boston), Henry 
P. Sowie, „On the laws of Japanese painting" (Paul 
Eider & Co., San Francisco); Robert Swain Peabody , 
„An architects sketch book“, eine außergewöhnlich 
gut ausgestattete Sammlung Essays mit künstlerischen 
Reproduktionen architektonisch interessanter Plätze 
hauptsächlich in England, Frankreich und Italien 
(Houghton Mifllin & Co.), ferner aus demselben Verlag 
in den „Riverside Preß" Veröffentlichungen eine von 
E. R. Musgrove herausgegebene Anthologie von Ge¬ 
dichten über die White Hills unter dem Titel „The 
White Hills in Poetry", welche die besten Natur-Ge¬ 
dichte der Dichter der Neu-England-Staaten enthält, 
unter anderem Whittier, Longfellow und Emerson. 

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140 


Rundschau der Presse 


Für den Forscher über das moderne Amerika ist 
E. Aisworth Ross, „Changing America. Studies in 
Contemporary America“ (The Century Co.) von Wert, 
insbesondere für das Verständnis der Verhältnisse im 
mittleren Westen, denen der größere Teil des Buches 
gewidmet ist. 

Die Merrymount Press in Boston teilt die für das 
Jahr 1912 beabsichtigten Bände der von Lewis Einstein 
herausgegebenen „Humanists’ Library“ mit, die nur 
in der Höhe der vor Veröffentlichung subskribierten 
Exemplare hergestellt werden: Hubert Languet and 
Sir Philip Sidney Correspondence, edited by William 
Aspenwall Bradley; Albrecht Dürer, Joumeys to Ve- 
nice and to the Low Countries, edited by Roger Fry; 
Pico della Mirandola, „A Platonick Discourse upon 
Love, translated by Th. Stanley and edited by E. G. 


Gardner“ und Giovanni della Cosa, „The Galateo — 
of manners and bchaviour, edited by J. E. Spingarn. 
Die Bände sind Kabinettsstücke der Buchdruckkunst 
und dürften auch fremde Bibliophilen interessieren. 

„The Bookman“ bringt in seiner Juni-Nummer 
einige Abbildungen aus dem Buchtrödler viertel auf 
der unteren Ostseite von New York, das für die Be¬ 
wohner, polnische und russische Juden, bei ihrem Bil¬ 
dungseifer eine große Rolle spielt, ferner einen Bei¬ 
trag von Clayton Hamilton über Strindberg in Amerika; 
„Book News Monthly“, (June): Recollections of Ame¬ 
rican Authors — William Gilmore Simms 1805—1870, 
der Fenimore Cooper of the South. „Bibelot“, (June): 
Casanova at Dux, an unpublished chapter of history, by 
Arthur Symons. 

New York, Anfang Juni 1912. Emst Eisele. 


Rundschau der Presse. 

Von Professor Dr. Adalbert Hortzschansky in Berlin-Lichterfelde. 

Die nachfolgende Übersicht versucht, die wichtigeren in Zeitschriften und Zeitungen enthaltenen Aufsätze und Abhandlungen zu 
verzeichnen, soweit sie für die Leser unserer Zeitschrift in Betracht kommen. Zusendung von Sonderdrucken und Ausschnitten an die Adresse 
des Bearbeiters in Beriin-Lichterfelde, Moltkestr. 40, erbeten. 


Schrift-, Buch- und Bibliothekswesen. 
Allgemeines. 

D’Ancona, P., II Liber celestium revelationum Sanc- 
tae Brigidae, illustrato da un miniatorc senese della 
prima metä del sec. XV. 

Bibliofilia. 14. 1912/13. S. 1—5, 2 Taf. 
Andres, A., La biblia visigoda de San Pedro de 
Cardcna. 

Boletin de la Real Academia de la Hisloria. 60. 
1912. S. 101—146 mit 1 Abbild. 

Danzel, W., Die Anfänge der Schrift. 

Beiträge zur Kultur- und Universalgeschichte . 
21. 1912. 219 S., 40 Taf. 

Esposito, M., Hibemo-latin manuscripts in the libra- 
ries of Switzerland, P. 2. Zürich (Stadtbibliothek) 
and Bern. 

Proceedings of the R. Irish Academy. Sect. C. 
30. 1912. 14 S. 

Lindsay ,'W. M., Breton Scriptoria; their Latin Ab- 
breviation-symbols. 

Zentralblatt für Bibliothekswesen. 29. 1912. 

5. 264—272. 

Bibliophilie. Exlibris. 

Fleury,B. f Un moine bibliophile am XV me si£cle. 
Le P. Jean Joly, cordelier de Fribourg. 

Zeitschrift für schweizerische Kirchengeschichte. 

6. 1912. S. 27—33. 

Bibliothekswesen. 

Urgent library reforms II. The Library Association. 

Library World. 14. 1911/12. S. 337—340. 
Beaulieux, Ch., Un Fragment de l’histoire de la 
Bibliotheque du College d’ Au tun ä Paris. Article 1. 
Revue des bibliothlques. 22. 1912. S, 62—103. 


Bostwick, A. E., Service Systems in libraries. 

Library Journal. 37. 1912. S. 299—304. 

Braun, J., Katalogisierung des Bücherbestandes der 
Volksbibliothek. II. 

Bücherwelt. 9. 1911/1912. Nr. 9—10. 

Bulloch, J. M., An ideal for the university library. 

Aberdeen University Library Bulletin. Vol. 1. 
Nr. 3. April 1912. S. 249—256. 

Carson, J. M., The childrens share in a public Li¬ 
brary. Library Journal. 37. 1912. S. 251—257. 

Dangibeaud, Ch., Les premifcres annies de la Biblio- 
thöque municipale de Saintes. 

Revue de Saintonge et dAunis. 32. 1912. S. 148 
— 162. 

Über die Entwicklung einer auf katholischer Grund¬ 
lage in Trier errichteten öffentlichen Bücherei. 

Bücherwelt. 9. 1911/12. S. 189—191. 

Fabietti, E., La classificazione razionale dei libri. 

Coltura popolare. 2.1912. S. 460—464. 

Giles, P., William Lawrence Taylor. 

Aberdeen University Library Bulletin. Vol. 1. 
Nr. 3. April 1912. S. 263—266 mit 1 Porträt. 

Greenman, E. D., State aid for public school 
libraries. 

Library Journal. 37. 1912. S. 310—316. 

Hortzschansky, A.,Die i3.Bibliothekarversammlung 
in München am 30. und 31. Mai. Zugleich I. Ver¬ 
sammlung der deutschen, österreichischen und 
schweizerischen Bibliothekare. Bericht über den 
äußeren Verlauf 

Zentralblatt für Bibliothekswesen. 29. 1912. S. 

260—264. 

Hortzschansky, A., Die preußische Diplomprüfung, 
die Volksbibliotheken und die wissenschaftlichen 
Bibliotheken. 

Zentralblatt für Bibliothekswesen. 29. 1912. S. 193 
— 201 . 


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Rundschau der Presse 


141 


Hulme, E. W., Principles of book Classification. 
Chapter 6. The Classification of Science and tech- 
nology. 

Library Association Record. 14. 1912. S. 216 
—221. 

Jones, G. M., Soule, C. C., Blackall, C. H., Salem 
Public Library. 

Library Journal. 37. 1912. S. 322—325 mit 4 Ab¬ 
bildungen. 

Kaisig, Der Verband oberschlesischer Volks¬ 
büchereien. 

Blätter für Volksbibliotheken und Lesehallen. 
13. 1912. S. 73—81. 

Lemaitre, H., Le fonctionnement du Copyright Of¬ 
fice ä Washington. 

Revue des bibliothlques. 22. 1912. S. 1—19. 

Leupp, H. L., The University of California Library. 

Library Journal\ 37. 1912. S. 259—262 mit 1 Plan 
und 1 Abbild. 

Leyh, G., Das Dogma von der systematischen Auf¬ 
stellung I. 

Zentralblatt für Bibliothekswesen. 29. 1912. 

S. 241—259. 

List, F., Das Recht der Bibliothek auf Freiexemplare 
(Straßburg i. E. betr.). 

Zentralblatt für Bibliothekswesen. 29. 1912. S. 211 
—218. 

Marcel, H., Rapport adressd au ministre de Tin- 
struction publique et des Beaux-Arts sur les Ser¬ 
vices de la Biblioth&que nationale pendant l’annöe 
1911. 

Revue des bibliothlques. 22. 1912. S. 120—132. 

Merrill, W. St., A code for classifiers. Its scope and 
its problems. 

Library Journal. 37. 1912. S. 245—251. 304—310. 

Paalzow, H., Die Abteilung der Bibliothekarinnen 
auf der Berliner Frauenausstellung. 

Blätter für Volksbibliotheken und Lesehallen. 
13. 1912. S. 91—93- 

Poelchau, K., Der sozial-pädagogische Zug im Volks¬ 
bücherwesen. 

Soziale Praxis und Archiv für Volkswohlfahrt. 
21. 1912. Nr. 19 u. 20. 

Putnam, H., The quick in the „dead“. (Veralten der 
Literatur betr.) 

Library Journal. 37. 1912. S. 235—245. 

Salaris, R., Gli incunaboli della Biblioteca comunale 
di Piacenza. 

Bibliofilia. 14. 1912/12. S. 20—26. (Wird fort- 
ges.) 

Troiani, F., La riorganizzazione delle sale di lettura 
per ragazzi nelle biblioteche popolari di America. 

Coltura popolare. 2 . 1912. S. 456—459. 

Vdrtesy, E. f Die Bibliothek der Gesellschaft der The¬ 
aterfreunde zu Szomolnok im Ungarischen National¬ 
museum T. 1. 2. 

Magyar Könyvszemle. N. S. 20. 1912. S. 9—18. 
134—152. 

Weißbrodt, E., Die Lemgoer Kirchenbibliotheken. 

Mitteilungen aus der Lippischen Geschichte. 9. 
1911. S. 184—208 f . 


Windsor, P. L., University of Texas Library. (Zu 
Austin.) 

Library Journal. 37. 1912. S. 325—327 mit 2 
Abbüd. 

Witte, H., Eine Aufgabe der Deutschen National¬ 
bücherei zu Gotha. 

Deutsche Erde. 11. 1912. H. 2. S. II—IV. 

Buchdruck und -Gewerbe. 

Benziger, C., Frühdrucke des 15. Jahrhunderts in 
der Berner Stadtbibliothek. 

Blätter für bemische Geschichte , Kunst und 
Altertumskunde . 8. 1912. S. 64—77 mit 3 Abbild. 

Bockmühl, P., Wo ist die erste Ausgabe des Werkes 
von Johannes Anastasius Veluanus: „Der Leeker 
Wechwyser“ im Jahre 1554 zuerst gedruckt? Ein 
Beitrag zur Kirchengeschichte des Niederrheins und 
der Weseler Drucke aus dem 16. Jahrhundert. 

Theologische Arbeiten aus dem Rheinischen Wissen¬ 
schaftlichen Predigerverein. N. F. 13. 1912. S. HO 
—128 mit 8 AbbÜd. 

Bonnet, E., Un livre peu connu de J.—C. Schaeffer 
sur l’emploi de divers v 6 g 6 taux pour la fabrication 
du papier (1767—1771). 

Bulletin de la Sociiti syndicale des pharmaciens 
de la Cote-d Or. 1911. 4 S. 

CI außen, B., Niederdeutsche Drucke im 16. Jahr¬ 
hundert. 

Zentralblatt für Bibliothekswesen. 29.1912. S. 201 
—209. 

Cornu, P., Les reliures du Mus 6 e des Ar» d 6 co- 
ratifs. 

Revue des bibliothlques. 22. 1912. S. 56—61 mit 
2 Taf. 

Gagyi, E., Contributions ä l’histoire de la seconde 
imprimerie de la Moldavie. 

Magyar Könyvszemle. N. S. 20. 1912. S. 59—64. 

Gulyäs, P., Les „republiques“ des Elzevier et les 
publications analog ues dans le Mus 6 e Nat. Hongrois. 
P. 1. 

Magyar Könyvszemle. N. S. 20. 1912. S. 110 

—134 mit 13 Abbüd. 

Marteil, P.. Zur Geschichte der Frankfurter Buch¬ 
binderzunft. 

Archiv für Buchgewerbe. 49. 1912. S. 52—53. 

Melich, J., Alte ungarische Drucke aus dem Jahre 
1527. 

Magyar Könyvszemle. N. S. 20. 1912. S. 97—109 
mit 5 Abbild. 

Rosenthal, E., Die Erstausgabe von Apulejus’ „gol¬ 
denem Esel", gedruckt durch Ludwig Hohenwang. 

Zentralblatt für Bibliothekswesen. 29. 1912. 

S. 273—278. 

Schinnerer, J., Einige Bucheinbände des 18. Jahr¬ 
hunderts aus der Sammlung Becher. 

Archiv f. Buchgewerbe. 49. 1912. S. 57—59 mit 
4 Abbild. 

Schinnerer, J., Alte Darstellungen von Papier¬ 
mühlen. 

Archiv f Buchgewerbe. 49. 1912 S. 90—91 mit 
1 Abbüd. 


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Original from 

CORNELL UNIVERSUM 


142 


Rundschau der Presse 


Spitzen pfeil, L. R., Die Grundformen neuzeitlicher 
Druckschriften. 

Archiv f Buchgewerbe. 49. 1912. S. 139—147 
mit 27 Abbild. 

Unger, A. W., Die Buchdruckerei während der letzten 
fünfundzwanzig Jahre. I. 

Archiv für Buchgewerbe . 49. 1912. S. 133—138. 

Westheim, P., Die Buchgewerbeklasse der Ham¬ 
burger Kunstgewerbeschule. 

Archiv für Buchgewerbe. 49. 1912. S. 130—133 
mit 7 Abbild. 

Wolff. H. f Die Baseler Buchornamentik. 

Archiv für Buchgewerbe. 49. 1912. S. 97—104 
mit 21 Abbild. 

Wolff, H., Die Ulmer Buchornamentik. 

Archiv für Buchgewerbe. 49. 1912. S. 38—41 mit 
10 Abbild. 

Buchhandel. 

The twelfth annual Convention of the American 
Booksellers Association. 

Publishers' Weekly. 81. 1912. S. 1600—1671 mit 
1 Abbild, und x Taf. 

Hölscher, G., Das Rezensionsexemplar von der 
anderen Seite. 

Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel. 1912. 
S. 6621-6623. 

Jentzsch, R., Der deutsch-lateinische Büchermarkt 
nach den Leipziger Ostermeß-Katalogen von 1740, 
1770 und 1800 in seiner Gliederung und Wandlung. 

Beiträge zur Kultur- und Universalgeschichte. 
22. 1912. XI, 404 S., 3 Tabellen. 

Scholz, W., Aus bestaubten Winkeln. (Völckers An¬ 
tiquariat in Frankfurt a. M.) 

Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel. 1912. 
S. 6465—67. 

Seippel, H., Der Bücherautomat. 

Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel. 1912. 
S. 6704—6706. 

Wald mann, £., Buchhändlerische Reiseeindrücke 
in Rußland. 

Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel. 1912. 
S. 6766—6768. 6813-6815. 

Zeitungswesen. Pressrecht. Zensur. 

Ebner, A., Bücherschutz in bezug auf Titel, Aus¬ 
stattung und Einrichtung, 

Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel. 1912. 
S. 6863—6865. 6912—6914. 

Hirth, F., Johann Peter Lyser. Der Dichter, Maler, 
Musiker. 

Der Zeitgeist. Beiblatt zum Berliner Tageblatt. 
1912. Nr. 21 und 22 vom 20. und 27. Mai 

Dänemark. Loi concemant le droit d’auteur sur les 
oeuvres de littdrature et d’art. (Du I er avril 1912). 

Droit dauteur. 25. 1912. S. 73—81. 

Mori, G„ Die Entwicklung des Zeitungswesens in 
Frankfurt a> M. I. 

Archiv für Buchgewerbe. 49. 1912. S. 147—151. 


Sevensma, T. P., Jets over l'Observateur hollandois. 
(Angeblich Leiden, in der Tat Berlin, 1744.) 

Het Boek. 1. 1912. S. 171—176, 

Bibliographie. 

Tedder, H. R., The projected bibliography of national 

history. 

Library Association Record. 14. 1912. S. 209—215. 

Literaturgeschichte. Allgemeines. 

Gottron, A., Goethes Faust und Dantes Commedia. 
Eine Untersuchung. 

Historisch-politische Blätter für das katholische 
Deutschland. 149. 1912. H. 12. S. 881—900. 

Klemperer, V., Grenzenlose Frauendichtung. 

Der Zeitgeist. Beiblatt zum Berliner Tageblatt. 
1912. Nr. 22 vom 27. Mai 

Kosch, W., Das deutsche Drama im Zeitalter der 
Romantik. 

Historischpolitische Blätter für das katholische 
Deutschland. 149. 1912. S. 721—743. 

Zur neuen schweizerischen Lyrik. (Von M. H.) 

Über den Wassern . 5. 1912. S. 398—404. 

Einzelne Schriftsteller. 

Anzengraber: Wieser S., Ludwig Anzengruber. 

Bücherwelt. 9. 1911/12. Nr. 8—10. 

Arndt: Steffens, W., Neues von E. W. Arndt 

Vossische Zeitung. 1912. Sonntagsbeilage Nr. 23 
vom 9. Juni. 

Beecber-Stowe: Frey, E., HarnetBeecher-Stowe. (Geb. 
12. Juni 1812.) 

Vossische Zeitung. 1912. Sonntagsbeilage Nr. 23 
vom 9. Juni. 

Brentano: Steinle, A. M. von, Clemens Brentano. Das 
Märchen vom „Fanferlieschen“ in seiner ursprüng¬ 
lichen Fassung. 

Der Gral. 1912. Juni. S. 534—552. 

Chateaubriand: Duparchy-Jeannez, M., Chateau¬ 
briand d’apr&s son dcriture. 

LAmateur dautögraphes. 45. 1912. S. 181—184 
mit 1 Taf. 

CoIHns: Compton-Rickett, A., Wilkie Collins. 

Bookman. 1912. Juni. S. 107—114 mit 26 Abbild, 
und 1 Taf. 

Dftnbler: Schlaf, J., Theodor Däubler. 

Der Zeitgeist. Beiblatt zum Berliner Tageblatt 
1912. Nr. 25 vom 17. Juni. 

Dehmel: Meschendörfer, A., Moderne Geister IX. 
Richard Dehmel. 

Die Karpathen. 5. 1912. S. 523—529. 

Dingelstedt: Francke, O., Ungedruckte Dokumente 
zu Franz Dingelstedts Leben. 

Vossische Zeitung. 1912. Sonntagsbeilage Nr. 22 
vom 2. Juni. 

DrOSte: Gotthard, J., Neues über Annette von Droste 
und ihren Freundeslcreis. Mit ungedrucktem Material. 
8. Annettes Beziehungen zu Heinrich Straube* (Forts.) 

Westfälisches Magazin. N. F. 3v 19SX S. 259 
—262. (Wird fortges.) 


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CORNELL UNÜVERSm 1 



Randschatt der Presse 


143 


Federen Antz, J., Vom prosaepischen Stil im allge¬ 
meinen und den Anfängen Heinrich Federers im 
besonderen. Eine Einführung. 

Bücherwelt . 9. 1911/12. S. 172—182. 

Fieldlng: Schulz-Labischin, G., Henry Fielding, der 
Erfinder des komischen Familienromans. 

Bühne und Welt . 14. 1912. Nr. 17. S. 194—198. 

Fontane: Schneider, H., Theodor Fontanes Briefe. 

Grenzboten . 1912. Nr. 15. S. 83—89. 

Foscolo: Levi, E., Un ritratto di Ugo Foscolo scono- 
sciuto in Italia. 

Biblioftlia . 14. 1912/13. S. 6—11 mit 1 Portr. u. 
1 Faksim. 

Goethe: Arnold. P. J., Goethes Novellenbegriff. 

Literarisches Echo . 1912. H. 18. Sp. 1251—1254. 

—: Kurrelmeyer, W., Zu den Doppeldrucken von 
Goethes Werken 1806—1808. 

Modern Language Notes. 1912. Juni. 

—: Ludwig, A., Goethe und Ilmenau. 

Vossische Zeitung. 1912. Sonntagsbeilage Nr. 21 
vom 26. Mai 

—: Thalhofer, F. X., Goethe als Pädagog. (Forts.) 

Pharus . 3. 1912. Juni S. 506—518. 

Gogol: Leger, L., Gogol en Suisse. 

Bibliothbque universelle et revue suisse. 67. 1912. 

S. 331—335- 

Gottsched: Vulliod, A., La femme docteur. M m *- 
Gottsched et son modele fran£ais. Bougeant ou 
jansdnisme et pidtisme. 

Ännales de I UnrversiU de Lyon. N. S. 2,23. 3 23 S. 

Hanptmann: Guilbeaux, H., Gerhart Hauptmann. 

Nouvelle Revue. 1912. Mai 15. S. 249—259. 

Heemstede: Junker, H., Leo Tepe van Heemstede. 
Zu seinem 70. Geburtstage (24. Juli 1912.) 

Bücherwelt. 9. 1911/12. S. 164—172. 

Keller: Dünne hier, H., Zu den „Mißbrauchten Liebes¬ 
briefen“ Gottfried Kellers. 

Literarisches Echo. 1912. H. 19. Sp. 1341—1345. 

Kleist: Meyer-Benfey, H., Sind bei Kleists „Käthchen 
von Heilbronn“ verschiedene Pläne anzunehmen? 
Bühne und Welt. 14. 1912. Nr. 17. S. 188—193. 

Lesslng: Petsch, Die Kunst der Charakteristik in 
Lessings „Minna von Barnhelm“. 

Zeitschrifl für den deutschen Unterricht. 26. 1912. 
S. 289—305. 

—: Rosenthal, G., Lessing und die niederländische 
Malerei 

Jahrbücher für das klassische Altertum. 29. 1912. 
S. 285—311. 

LOUVet: Poppenberg, F., Die Ahnen des Rosen¬ 
kavaliers. (Louvet, Chevalier Faublas.) 

Literarisches Echo. 1912. H. 18. Sp. 1254—1259. 

Mörike: Maync, H., Eduard Mörikes Peregrina. 

Internationale Monatsschrift für Wissenschaft 
Kunst und Technik . 1912. S. 965—994. 


Münchhausen: Spiero, H., Börries, Freiherr von 
Münchhausen. 

Literarisches Echo. 1912. H. 18. Sp. 1259—1265 
m. 1 Portr. 

Nestroy: Klinenberger, L., Johann Nestroy. Ein 
Gedenkblatt zum fünfzigsten Todestage. 

Bühne und Welt. 14. 1912. Nr. 17. S. 184—187. 

Novalis: Minor, J., „Der gefundene Schatz“ von No¬ 
valis. 

Germanisch-romanische Monatsschrift. 1912. Mai. 
S. 259—267. 

Raabe: Everth, E., Wilhelm Raabe. (Forts.) 

Xenien. 5. 1912. S. 282—290. (Wird fortges.) 

Ronsard: Vaganay, H., Pour l’ddition critique des 
ödes de Ronsard. 

Revue des bibliothbques. 22. 1912. S. 20—55. 

Roqnette: Petzet, S., Otto Roquette. 

Blätter f Votksbibl. u. Lesehallen. 13. 1912. S. 
98—91. 

Ronssean : Cah e n, L., Rousseau et laEvolution fran^aise. 

Revue de Paris. 1912. Nr. 12. S. 745—766. 

—: Gleichen-Rußwurm, A. v., Jean Jacques Rous¬ 
seau. Ein Wort zu seinem 200. Geburtstag. 

Vossische Zeitung. 1912. Sonntagsbeilage Nr. 25 
vom 23. Juni. 

—: Hervier, M., Les confessions de Jean Jacques 
Rousseau: leur gen&se. 

Revue du Midi. 1912. Nr. 6. S. 354—362. 

Schlegel: Muckermann, F., Friedrich von Schlegel. 
V. Friedrich von Schlegel und die romantische 
Schule in Jena. 

Der Gral. 1912. S. 522—531. (Forts, folgt) 

Schmidt: Walzel, O., Der Charakteristiker Erich 
Schmidt 

Literarisches Echo. 1912. H. 19. Sp. 1332—1336. 

Schnitzler: Weilen, A. von, Arthur Schnitzler. (Zum 
fünfzigsten Geburtstage.) 

Österreichische Rundschau. Bd. 31. 1912. H. 4. 
S. 294—300. 

Seidel: Elster, H. M., Erinnerungen an Heinrich 
Seidel. 

Tägliche Rundschau. 1912. Unterhaltungsbeilage 
Nr. 142 und 143 vom 19. und 20. Juli. 

Strindberg: Albert, H.. Auguste Strindberg. 

Mer eure de France. 1912. Juni 1. S. 476—484. 

—: Bab, J., Strindbergs Dramaturgie. 

Literarisches Echo. 1912. H. 19. Sp. 1336—1341. 

—: Book, F., Auguste Strindberg. 

Revue Bleue. 1912. Juni. 1. S. 689—692. 

—: Kienzl, H., Der sterbende Strindberg. 

Der Türmer. 1912. Juni. S. 390—394. 

—: Nexö, M. A., August Strindberg. 

März. 1912. Mai. 25. S. 281—287. 

—; Rath, W., Strindberg. 

Kunstwart. 1912. H. 18. S. 348—358. 

—: Samuel, H. B., August Strindberg. 

Fortnightly Review. 1912. Juni S. 1117—1131. 


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CORNELL UNIVERSUM 



144 


Von den Auktionen 


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Strifldberg: Stümcke, H., August Strindberg -}*. 

Bühne und Welt. 14. 1912. Nr. 17. S. 177—179 
mit 1 Portr. 

—: Wien, A., August Strindberg als Dramaturg. 

Bühne und Welt. 14. 1912.. Nr. 16. S. 138—143. 
—; Wien, August Strindberg. 

Westermanns Monatshefte. 1912. Juli. S. 751—760 
m. 1 Portr. 


Verhaeren: Meyer, R. M., Emile Verhaeren. 

Velhagen und Klasings Monatshefte. 1912. Juni. 
S. 272—275. 

Widmann: Beetschen, A. f Aus Briefen J. V. Wid- 
manns. 

Westermanns Monatshefte. 1912. Juni. S. 503—506 
mit 1 Port. 


Von den Auktionen. 


Auktion der Bibliothek Stroehlin. Der „Frank¬ 
furter Zeitung" wird geschrieben: Bibliophile und Bib- 
liomane zugleich, hatte der jetzt verstorbene Professor 
der Religionsgeschichte an der hiesigen Universität, 
Dr. Emst Stroehlin, in seinem Genfer Heim im Laufe 
der Jahre eine Bibliothek aufgestapelt, die reich an Schät¬ 
zen aus der modernen Literatur wie an Werken aus dem 
XVI. bis XVIII. Jahrhundert und an Handschriften des 
XIII. bis XV. Jahrhunderts war. Die Kostbarkeit seiner 
Sammlung bestand jedoch nicht bloß in der Seltenheit der 
Werke (zum Beispiel umfaßte die moderne französische 
und allgemeine Literatur eine Reihe längst vergriffener 
Luxus- und Originalausgaben), sondern auch darin, 
daß Stroehlin jedes Buch, mochte es selten oder we¬ 
niger bedeutend sein, mit den luxuriösesten Einbänden 
versehen ließ, für die ihm kein Preis zu hoch war. 
Die abwechslungsreiche Schönheit, die geschmackvolle 
Ausführung der Einbände, die der jetzt ebenfalls ver¬ 
storbene Genfer Buchbinder Hans Asper mit großer 
Kunstfertigkeit hergestellt hatte, läßt sich nicht be¬ 
schreiben. Als der erste Teil der „Bibliothek Stroeh¬ 
lin" vor zwei Jahren in Genf öffentlich versteigert wurde, 
erregten einzelne Einbände allgemeine Bewunderung, 
und die Werke wanderten von Hand zu Hand, von 
den Bibliophilen mit liebevollen Blicken betrachtet. 
Die hohen Preise, welche damals für die Bücher ge¬ 
zahlt wurden, sind allerdings für ihren Wert nicht 
maßgebend, da ein Teil der Bibliothek von den Erben 
zu jedem Preise zurückgekauft wurde, man also auf 
diese Weise eine künstliche Preissteigerung erzielte. 
— Die bedeutendere zweite und dritte Abteilung der 
Bibliothek gelangte kürzlich in Paris zur Versteigerung. 
Der Auktion wohnte eine große Zahl von Liebhabern, 
Bibliothekaren und Buchhändlern bei. Diese zweite 
und dritte Abteilung umfaßte kostbare Manuskripte 
aus dem XIII. bis XV. Jahrhundert, seltene Original¬ 
ausgaben, illustrierte Werke, Stammbücher, Werke 
aus dem XVI. bis XVIII. Jahrhundert und andere 
mehr. Den Grundstock dieser Bibliothek bildete 
neben Werken und Handschriften, die Stroehlin von 
Henri Bordier, seinem Schwiegervater, erhalten hatte, 
vor allem die Sammlung, welche er en bloc von dem 
bekannten Bibliophilen Adolphe Gaiflfe erworben hatte. 
Diese Sammlung, das sogenannte „Cabinet Gaiffe", 
ist hauptsächlich reich an Schriften der französischen 


Reformatoren, sowie an historischen und satirischen 
Broschüren des XVI. Jahrhunderts. Auch diese Werke 
sind in prachtvolle, antike und moderne Einbände 
gebunden, die aus den Werkstätten von Trautz-Bau- 
zonnet, Duru, Thibaron, Cuzin hervorgegangen sind. 
Der reich illustrierte Katalog des zweiten und dritten 
Teils umfaßt etwa 2800 Nummern mit 150 für den 
Bibliographen äußerst wichtigen erläuternden Noten, 
die aus der Feder des früheren Direktors der Genfer 
Stadt- und Universitätsbibliothek, des bekannten 
Rousseau-Forschers Theophile Dufour, stammen, der 
zugleich einer der besten Kenner der Schriften ist, 
welche auf die Reformation in den französischen Län¬ 
dern Bezug haben. Unter diesen Werken befinden 
sich sogenannte „Genfer Raritäten" ersten Ranges aus 
den Offizinen Genfer Drucker wie Wigand Koeln, 
Jean Belot, Michel du Bois, Jean Crespin, Jacques 
Chouet, Samuel de Toumes und andere. Es lag im 
Interesse der Genfer Bibliothek, diese Seltenheiten 
dem Lande zu sichern, und dank einem Fonds von 
20000 Franken, der durch freiwillige Subskription zu¬ 
stande gekommen, und einer Subvention des Bundes¬ 
rates im Betrage von 15000 Franken konnten die 
meisten davon für die Bibliothek angekauft werden. 
Im übrigen wurden auf der Auktion unter anderen 
folgende Preise erzielt: für mehrere Werke von Cal¬ 
vin, darunter das einzig bekannte Exemplar der „Con- 
fessions de la foy" (1537) 1600 Fr., für die französische 
Übersetzung von Luthers kleinem Katechismus 500 Fr., 
Calvins „Institution chretienne‘‘ (aus dem Jahre 1 54 1 ) 
2100, Dürers „Leben der Jungfrau", eine Folge von 
19 Holzschnitten, 1150, seine „Passio Christi" (36 Holz¬ 
schnitte, datiert 1510) 3650, der „Heptameron“ der 
Prinzessin Margarete von Valois 1650 Fr. Hohe 
Summen brachten auch wegen ihrer kostbaren 
alten Einbände: eine lateinische in Lyon 1542(43 ge¬ 
druckte Bibel (3600 Fr.), ein Psalter (Genf 1581) 
1505 Fr., die dritte Ausgabe von Calvins „Institutions 
chr&iennes" in prachtvollem Einband aus dem XVI. 
Jahrhundert 1905 Fr. Die Totaleinnahme für die 
zweite Abteilung der Bibliothek Stroehlin erreichte 
etwas über 150000 Franken: bescheidenere Preise 
wurden bei der Versteigerung der dritten Abteilung 
bezahlt. 


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CORNELL UNIVERSITY 



Neu erschienene und angekündigte Bücher 


145 


Neu erschienene und 

Alexander VI. und sein Hof. Nach dem Tagebuch 
seines Zeremonienmeisters Burcardus, herausgegeben 
von Ludwig Geiger. Verlag Rob. Lutz, Stuttgart 1912. 
Preis broschiert 6 M., gebunden 7 M. 

Eines der interessantesten Tagebücher, wenngleich 
aus der geistigen Froschperspektive einer Bedienten¬ 
seele geschrieben. Der Zeremonienmeister der päpst¬ 
lichen Kurie Alexander Borgias ist trotz plastischen 
Einfügungsvermögens in die wildkrasse Renaissance¬ 
sphäre eine Rokokofigur, zu der Puderperücke, Par¬ 
füm und geblümte oder flohfarbene — Flohbauch oder 
Floh im Milchfieber nannte man gern das amoureuse- 
dekadente Violettbraun!—Schößenröcke ä la Louis XVI. 
gehören. Um so toller der Anblick, dieses Menuett¬ 
männchen sich in dem grotesken Wirbel des Borgia- 
hofes gebaren zu sehen. Übrigens wirken die scheu߬ 
lichen Verbrechen wider Sitte und Natur, die wüsten 
Orgien und Gewalttaten, die damals das tägliche Pro¬ 
gramm der vatikanischen Geselligkeit bildeten, lapidar 
notiert in einem Atem mit Empfängen, Aufzügen, kirch¬ 
lichen Festen, Hochzeiten, Trinkgeldern, Zeremoniell¬ 
fragen zweifellos origineller, als mit dem Anhang mo¬ 
ralischer Kommentare späterer Auffassung. Herr Bur¬ 
cardus ist scheinbar ein unparteiischer Schwätzer, der 
sich mit weitläufiger Ausführlichkeit am liebsten in 
Zeremoniellschilderungen ergeht. Die Innehaltung der 
Rangordnung der Kardinäle, Legaten, Gesandten bei 
offiziellen Empfängen, die Wahl der vorgeschriebenen 
Kostüme, Gesänge, Gebete, tausend Dinge, die niemand 
beachtet, wenn sie sich in voller Ordnung vollziehen, 
bildeten seine Lebensaufgabe, der er sich mit völligster 
Hingabe seiner ganzen Persönlichkeit widmete. Man 
sieht ihn gleichsam vor sich, wie er bei allen offiziellen 
Angelegenheiten atemlos hin- und hereilt, wie er in 
grenzenlose Aufregung gerät, wenn in einer engen 
Gasse zwei gleichrangige Würdenträger statt neben-, 
hintereinander reiten, oder wenn, wie bei der Krönung 
Alfons II. von Neapel, der König während des Credo 
statt zu stehen sitzt, oder wenn der Gesandte X. rechts 
von dem Gesandten Y. geht statt links, und dergleichen 
mehr. Nicht verschweigen kann er auch seine Ent¬ 
rüstung, wenn ihm durch die Habgier der übrigen Be¬ 
amten sein Anteil an Geschenken, Gewändern, Maul¬ 
tieren, Kerzen entgeht. Zwischen diesen Nachrichten 
schlängeln sich die politischen Beobachtungen, soweit 
sie sich dem Vielbeschäftigten boten, durch, inter¬ 
essante Details der Affäre mit dem Prinzen Dschem, 
der französischen Beziehungen und besonders des 
Briefwechsels mit Savonarola. Zwischendurch auch 
gehen, wie oben gesagt, lakonische Berichte der täg¬ 
lichen Skandal vorfalle, Vergiftungen, Erdrosselungen, 
Ertränkungen, Der Tiber trägt beständig Leichen. 
Auch von Schlachtfesten der Justiz wimmelt es. Ein¬ 
mal baumeln 18 Gehenkte zugleich auf der Engels¬ 
brücke. Da die Galgen Umstürzen, werden sie eilig 
wieder aufgerichtet, damit die vom Vatikan kommen¬ 
den Kardinäle nicht um ihr Schauspiel kommen. Die 
Schamlosigkeit der öffentlichen Strafen übersteigt jene 
der geheimen Verbrechen. Sie wird nur noch von den 


angekündigte Bücher. 

Orgien im Vatikan übertroffen. Burcardus erzählt 
alles im gleichmütigsten Tone. Nur im letzten Kapitel 
über Alexander sinkt seine Schilderung auf den Ge¬ 
frierpunkt. Mit dem sterbenden Papst will er nichts 
mehr zu tun haben. Sicherlich überlegte er vor der 
Leiche, wie er sich am schnellsten dem nächsten Papst 
gefällig erwiese. M. E. 


Catalogus van boeken in Noord-NecUrland ver¬ 
sehenen van den vroegsten tyd tot op heden. VIII. 
Kunst. *sGravenhage 1911. 4 0 . Preis 2,25 fl. 

Auf das Gesamtwerk ist schon im Aprilheft dieser 
Zeitschrift hingewiesen worden; ich möchte mir hier 
nur einige Bemerkungen über eine Unterabteilung 
des Werkes erlauben, die wie jeder Unterteil einzeln 
käuflich ist Wie schon in einer holländischen Zeit¬ 
schrift „De Boekzaal“ von Dr. H. E. Greeve hervor¬ 
gehoben ist, haben wir es hier nicht mit einer von 
Fachleuten zusammengestellten streng wissenschaft¬ 
lichen Arbeit zu tun, sondern mit einer vom Buch¬ 
handel unternommenen Gelegenheitsschrift. Das Werk 
hat als Versuch unstreitig sein Verdienst, und es wird 
vor allen Dingen für das Ausland, das sich über die 
holländische Bücherproduktion, besonders in früheren 
Zeiten, bisher nirgends orientieren konnte, als Nach¬ 
schlagewerk vorläufig ein unentbehrliches Kompendium 
werden. Nur darf man sich ihm nicht zu blindlings 
anvertrauen, denn das Werk ist erstens unvollständig, 
doch das sei ihm verziehen, denn Vollständigkeit ist 
bei einem so riesigen Gebiet beim ersten Wurf bei¬ 
nahe eine Unmöglichkeit; man hat auch gar nicht 
darnach gestrebt. Nur die wichtigsten Original werke 
hat man berücksichtigt; von Übersetzungs-, Schul- 
und Jugendliteratur hat man von vornherein abgesehen. 
Daß man aber die Anzahl Originalwerke leicht hätte 
vermehren können, wenn man nur zum Beispiel die 
Kataloge der großen öffentlichen Bibliotheken des 
Landes benutzt hätte, wie den gedruckt vorliegenden, 
so übersichtlichen der Königlichen Bibliothek im Haag, 
das mögen die paar Werke beweisen, die mindestens 
ebenso wichtig sind, wie viele der aufgezählten, und 
die ich ohne viel Suchen in dem jedermann zugäng¬ 
lichen Katalog des Kupferstichkabinetts des Rijks- 
museums gefunden habe. 

Kunsituereld, Amsterdam, 1894. 

Magazyn voor Schilder- en teekenkunst, Dordrecht 
1828. 

On den Nieuws op het gebied van kunst- en kunst- 
nyverheid . . . door Taurel . . . 1889. gr. 4 0 . 

Nederlandsch Kunstblad f ’sGravenhage. 

Bakker (J.A.), Voorlezingen voer de geschiedenis 
der Beeidende Künsten by de oude volken. Rotter* 
dem 1828. 

Passo (Cr. del), Luce de depingere. Amsterdäm, 
1645—48, fol. 

Episcopius, Paradigmata graphices, Hagae 1671. fol 

Maaskamp (C.), Handleiding voor jonge kunste- 
naars. Amsterdam, 1823. 8°. 


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Neu erschienene and en gekündigte Bücher 


Lurasco (F. M.), Onze moderne meesters. Amster¬ 
dam, 1908. 8° obL 

Lairesse (G. de), Tafereelen ... in de Raadkamer 
van den hove van Justitie . . . Amsterdam, 1837. foL 

Poley (Jacob), Architectura civilis. Amsterdam, 
1770. 4 0 . Mit Atlas in fol. 

Lennep (J. van), enW. J. Hofdyk, Merkwaardige 
Kasteelen in Nederland. Leiden, II * druk, 1883—84. 8°. 

Eyck van Zuylichem (F. N. M.), Le style ogival 
des dglises du royaume des Pays-Bas . . . Utrecht, 
1863, fol obl. 

Meulen (R.J. van der). De Kerkgebouwen van 
protestantsch Nederland. Amsterdam, 1727. 4 0 . 

Porl (Mattys), Cabinet de l’art de sculpture par . .. 

Francis von Rossnit . . . Amsterdam, 1727. 4° 

Roelunds (D.), ’t Magazyn of t’ Pac-huys der Lof- 
delycker Pennconst . . . Vlissingen, 1616. 4 0 obl 

Halten wir uns nun an das, was der Katalog wirk¬ 
lich bietet Mit der Titelbeschreibung ist man sehr 
kurzsichtig verfahren und hat sich meistens mit dem 
Titelstichwort genügen lassen; leider hat man aber 
versäumt, durch Punkte anzudeuten, wo man gekürzt 
hat Artikel und Präpositionen, die dem eigentlichen 
Titel vorhergehen und Substantiva, von denen er ab¬ 
hängig ist, hat man in der Regel weggelassen; aber 
man hat es dabei an der nötigen Konsequenz fehlen 
lassen. Ist man einerseits reichlich knapp, so ist man 
bei anderen Gelegenheiten wieder zu weitschweifig, 
indem man in vielen Fällen auch den Namen des 
Verlegers angiebt, was bei neueren Werken von unter¬ 
geordneter Bedeutung ist; von einem System ist aber 
auch hier nichts zu merken. Daß sich in den Be¬ 
schreibungen selbst noch Fehler und Ungenauigkeiten 
finden, darf daher weiter nicht Wunder nehmen. Von 
Werken, die verschiedene Auflagen erlebt haben, gibt 
man nur das Erscheinungsjahr der ersten Auflage an, 
das heißt, wenn man es weiß, was aber nicht immer 
der Fall ist Das auf Spalte 4 beschriebene Werk 
J. v . d. Velde , Delidae variarum insigniumq. scriptura- 
rumq . . . erschien zuerst 1604, und nicht 1640. 
Brügge (G. ter), Verlichterie-kunde (auf Spalte 10) zu¬ 
erst 1616 und nicht 1670. Bid/ov (G.), Onüeeding des 
menschelyken lichaams (auf Spalte 10) zuerst 1685 mit 
lateinischem Text und nicht 1690. Daß man sich aber 
nicht einmal die Mühe gegeben hat das Erscheinungs¬ 
jahr der ersten Auflage eines so verbreiteten Werkes 
wie von Lairesse , Grondleginge der teekenkonst 
(1701, man gibt nur das Jahr der zweiten Auflage) 
zu ermitteln, zeugt doch von sehr geringem Eifer. 
Was nun die Einteilung und Anordnung des Stoffes 
betrifft, so lassen dieselben auch viel zu wünschen 
übrig, ja es hat fast den Anschein, als ob man Über¬ 
sichtlichkeit absichtlich vermieden habe. Denn warum 
findet sich eine Sammlung Aufsätze über Rembrandt 
(Z. van Deyssel , Rembrandtbundet) auf Spalte 3 unter 
den allgemeinen Werken über Kunst und nicht unter 
der Rubrik Monographien, der Katalog des Maurits- 
huis im Haag, das Werk von Moes und Biema über 
die Anfänge des Ryksmuseums, das von Haverkom 
van Rijswyck über das Museum Boymans in der Ab¬ 
teilung Malerei unter Geschichte und Biographien 


und nicht unter „Galeriewerken* 4 neben dem 
von Steentoff über das Rijksmuseum und Boele van 
Hensbroeck und Marius überdas Museum Mesdag, und 
endlich der Katalog der Sammlung, der Handzeich¬ 
nungen des Teyler-Museums wieder unter einer dritten 
Rubrik „Ikonographie**? Wozu ist überhaupt die Schei¬ 
dung zwischen Werken über einzelne Meister, in denen 
Reproduktionen Vorkommen, und solchen, in denen 
keine Vorkommen und der Text die Hauptsache ist, 
und was soll daneben noch die Rubrik Ikonographie, 
in denen das Werk des Künstlers beschrieben wird? 
Wer zum Beispiel wissen will, was über Rembrandt 
erschienen ist, der muß mindestens drei Rubriken 
Buch für Buch durchgehen, denn die Anordnung in 
einer Abteilung ist chronologisch und nicht etwa, wie 
man wenigstens von der Abteilung Biographien erwar¬ 
ten könnte, alphabetisch; das Werk von Vosmaer über 
Rembrandt und das von Jan Veth wird ebenso wie 
die von Hofstede de Groot veröffentlichen Urkunden 
über Rembrandt unter Malerei (Geschichte und Bio¬ 
graphien) genannt, die großen Publikationen von Hof¬ 
stede de Groot über die Rembrandtausstellungen in 
Amsterdam und London fallen unter die Rubrik Galerie¬ 
werke, Reproduktionen von Gemälden und Zeichnungen 
und der Oeuvre-Katalog von C. Jost und der Katalog 
der Handzeichnungen von Hofstede de Groot unter die 
Rubrik Ikonographie. Wieviel übersichtlicher wäre 
doch eine diese drei Abteilungen vereinigende 
Rubrik „Monographien** gewesen, natürlich in 
alphabetischer Anordnung nach den Namen der 
Künstler. Ein anderer Übelstand ist, daß in der Ab¬ 
teilung Malerei (Geschichte und Biographien) Gesamt¬ 
darstellungen ganzer Schulen mit Einzeldarstellungen 
einzelner Künstler und Werken über einzelne 
Meister bunt durcheinander gewürfelt sind, denn 
nur das Erscheinungsjahr ist für die Reihenfolge 
maßgebend. In diesem Wirrwarr finde man sich zu¬ 
recht, zumal das Such wort des Titels nie durch andern 
Druck hervorgehoben wird; nur der Name des Ver¬ 
fassers ist fett gedruckt 

Der Katalog umfaßt 79 Seiten. Wieviel Bücher 
beschrieben sind, ist leider nicht sogleich zu ersehen; 
gewiß, man kann sie ja zählen; aber einfacher wäre 
es doch gewesen, die Bücher durchlaufend zu nume¬ 
rieren. Auch das Aufsuchen eines bestimmten Werkes 
wäre dann weniger zeitraubend; so wird man im 
Register nach der betreffenden Spalte verwiesen, wo 
der Name vorkommt, und die muß man erst durch¬ 
gehen. Bis Spalte 59 reicht die Kunstliteratur im 
engem Sinne, dann kommt bis Spalte 152 die Musik¬ 
literatur, worunter auch Noten aufgeführt werden; 
einen großen Platz nehmen die Liedersammlungen 
ein; dann folgen auf den letzten 4 l / 2 Seiten die Werke 
über Tanz- und Schauspielkunst M. D, Henkel . 


Balthasar Neumanns Briefe von seiner Pariser 
Studienreise 1723. Mitgeteilt von Karl Lohmeyer. 
Verlag L. Schwann, Düsseldorf. 1911. Preis 1,20 M. 

Nicht bloß für Architekten, sondern auch als kultur¬ 
geschichtliche Dokumente sind diese zum ersten Male 
unverkürzt herausgegebenen Briefe interessant Sie 


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Neu erschienene und angekündigte Bücher 


147 


entrollen uns ein ziemlich ausführliches Bild des da¬ 
maligen Verkehrs der Fürsten mit den Künstlern. Der 
Reichsfürst und Würzburger Erzbischof Johann Philipp 
Franz von Schönborn verkörpert den Idealtypus des 
Mäzens. An seinen Ansprüchen bildet sich der für ihn 
arbeitende Künstler herauf. Es wird ein geistiges Zusam¬ 
menarbeiten. Schönbom sendet den noch jungen Neu¬ 
mann, dessen Genie er rasch erkennt, nach Paris, um die 
neueste und beste Kunst zu studieren. Neumann macht 
die Reise mit offenen Augen und folglich großem 
Nutzen. Und alles was er sieht, berichtet er nach 
Hause. Mannheim, Paris, Versailles. Trotz aller schul¬ 
digen Ehrerbietung gestaltet sich der Gedankenaus¬ 
tausch zu einem fast kollegialen. Glücklicher Künstler, 
der sich vor seinem Gönner über künstlerische Fragen 
alles vom Herzen reden kann, ohne furchten zu müssen, 
nicht verstanden zu werden 1 Fein zeichnet sich in den 
Berichten die Gestalt des berühmten Pariser Rokoko¬ 
architekten Robert de Cotte ab. Wir sehen den alten 
Herrn vor uns, wie er sich über den von Neumann 
mitgebrachten Bauriß des Würzburger Schlosses beugt 
und mit geübter Hand ein paar Bleistiftlinien hinein¬ 
zieht. Er will dem jungen Meister wohl und macht 
ihn auf mancherlei Verbesserungen aufmerksam! Auf 
ihn geht unter andern die große Flucht der Front zu¬ 
rück. Auch Boffrand — „mit dem ich freyer umgehe“ 
pflegt Neumann zu berichten — gibt seine Kritik zu 
dem Riß. Neumann sieht sich auch im Gewerbe um 
und nimmt sich die neuesten Modelle für Möbel, 
Leuchter, „Camin füß“ mit. Aber er läßt an allem nach 
seinen Angaben ändern, wie er auch schließlich über 
de Cottes Umzeichnungen seines Projektes urteilt: „Die 
risse werdten dienen umb den Hießigen gusto daraus 
zu nehmen.“ Neumann hat den Franzosen vieles ab¬ 
gesehen, um — ein deutscher Meister zu werden. — 
Das Buch ist außer seinem allgemeinen Wert, auch 
wegen verschiedenen bis jetzt noch nicht bekannten 
Notizen für die Spezialforschung wichtig. M. E. 


Die Schackgalerie von Fritz Burger. Mit 50 Ab¬ 
bildungen. Delphin-Verlag München 1912. 

Der Verfasser hat sich keine geringe Aufgabe ge¬ 
stellt. Er will mit seinem Führer durch die Schack¬ 
galerie zu München „das gebildete Publikum, den 
Kunststudierenden und den jungen Künstler in die 
künstlerischen Probleme der Bildwerke der Schack¬ 
galerie einfuhren.“ Solche Gedanken haben theoretisch 
immer etwas Anziehendes; aber in der Praxis bewähren 
sie sich nicht. Wer wird sich mit dem Buch in der 
Hand vor ein Bild stellen! Die drei obengenannten 
Kategorien, für die der Verfasser sein Buch schrieb, 
gewiß nicht. Wer lesend durch Galerien schreitet, 
lernt im Leben nicht BUder sehen 1 Auch scheint es 
mir bedenklich, an den Werken der Schackgalerie die 
Kunstentwicklung des XIX. Jahrhunderts demonstrieren 
zu wollen; denn Entwicklungsgeschichte zu entwickeln, 
war nicht die Absicht Schacks. Natürlich lassen sich 
verbindende Fäden ziehen und diese hat der Verfasser 
auch eifrig aufgegriffen und fleißig daran gedreht; 
aber es fragt sich, ob damit in die oft sehr schwierigen, 
angeschnittenen Probleme Klarheit gebracht wird. Ich 
Z. f. B. 1912/1913. 


glaube eher das Gegenteil. Urteile wie zum Beispiel 
jenes über Böcklin: „Klassizistische und romantische 
Ideen und Formen und daneben die Marseillaise der 
modernen Kunst Aber seine Moderne ist original“ 
haben doch weder dem Kenner noch dem Laien etwas 
zu sagen. Dabei berührt auch die Schnoddrigkeit des 
Stiles nicht angenehm. Leider trägt auch der ge¬ 
schmacklose Einband und die Undeutlichkeit der Ab¬ 
bildungen nicht dazu bei, den Wert des Buches zu er¬ 
höhen. M. E. 


Hans Ehrenberg, Die Geschichte des Menschen 
unserer Zeit A-Q- Verlage Heidelberg 1911. 

In diesem schöngedruckten Hefte legt ein junger 
Gelehrter dar, wie er sich die innere Entwicklung des 
Menschen in unsrer Zeit vorstellt. Er gibt nicht auf 
Tatsachen gestützt, induktiv vorschreitend, Geschichts¬ 
forschung, sondern philosophisch deduzierend baut er 
sich ein architektonisch gegliedertes System. Sicherlich 
sind viele ausgezeichnete Bemerkungen in der Schrift 
vorhanden, die in einer ruhigen, schweren, bilderreichen 
— bisweilen allzusehr akademischen — Sprache abge¬ 
faßt ist. Aber doch bleibt das Werk nur eine geist¬ 
reiche Konstruktion, die allein der verstehen kann, 
welcher die Geschichte unserer Zeit schon genau 
kennt. Ehrenberg geht von Nietzsche aus, und zwar 
von der Zweiteilung in den „Übermenschen“ und „die 
blonde Bestie“. Er zeigt, wie der Mensch, nachdem 
er Gott und die Welt zertrümmert hatte, nur auf sein 
Ich angewiesen dahinlebte. Ein Teil der Menschen 
wurde zum „höheren Menschen“, der feierlich, fern der 
Welt, seine Seele in Einsamkeit bildete. Die anderen 
Menschen, die „blonden Bestien“, suchten aus ihrer Ein¬ 
samkeit hinauszustürmen und in rastlosem Erobern 
die Welt zu überwältigen. Jede dieser beiden neuen 
Menschheitstypen geht durch drei Entwicklungsstadien, 
und im mittlem Entwicklungsstadium wendet sich jede 
von ihnen der feindlichen Richtung zu. Der weltlose höhere 
Mensch muß die — bisher mißachtete — Welt in seines¬ 
gleichen anerkennen, und die blonde Bestie, die sich 
selbst im Kampf mit der Welt verliert, kann die andern 
Ichheitennicht vertilgen. So kommen beide durch den An¬ 
prall an die anderen Individuen zur Selbstbesinnung, zur 
Ruhe, zur Beherrschung des innera Menschen und der 
Welt. Die Macht der Geschichte wird die Entzweiung 
des neueren Menschengeschlechts schließen, und aus 
der Vereinigung des subjektiven höheren Menschen, 
der nur in sich selbst lebte, und des Tatmenschen, 
der die ganze Umwelt sich unterwarf, wird der voll¬ 
kommenere Mensch der Zukunft erstehen. P-s. 


Le Sage, Der hinkende Teufel, übersetzt von 
G. Fink. Neu herausgegeben und eingeleitet von 
O. Flake. Einband, Titelzeichnungen und 21 Initialen 
von Emil Preetorius. Verlag Georg Müller, München 
1910. Preis gebunden 9 M. 

Das treffliche Werk, das ebenso wie der „Gil Blas“ 
des gleichen Verfassers gleich nach seinem Erscheinen 
1707 eines der gelesensten Bücher seines Jahrhunderts 
wurde, hat eine wohlverdiente Neuherausgabe er¬ 
fahren. Ein Medaillonbild, das den geistvollen Kopf 

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148 


Neu erschienene nnd angekfindigte Bücher 


des Verfassers im Profil zeigt, schmückt den geschmack¬ 
vollen Einband. Preetorius’ eleganter Humor glossiert 
in heitern Initialen die einzelnen Kapitel. Die witzige 
Anekdotenkette dieser reizvoll ersonnenen Rahmen¬ 
erzählung, der sich auch einige ernsthafte kleine No¬ 
vellen ein fügen, darf trotz der etwas breiten Sprache 
der Gunst des modernen Publikums sicher sein. Fängt 
man doch heute inmitten unsrer in impressionistische 
Wortklexerei ausgearteten Epik bereits an, nach der 
lapidaren Prosa der Renaissancenovelle, wie sie von 
Boccaccio bis Goethe dominierte, Sehnsucht zu emp¬ 
finden. Le Sage steht sprachlich nicht auf der Höhe 
eines Boccaccio oder Cervantes, aber dennoch ist er 
noch ansprechend genug. Er gehört zu den Autoren, 
die uns in allem, was sie erzählen, rasch zu fesseln 
wissen. Und die witzige Art, mit der er uns seine ga¬ 
lanten und ungalanten Histörchen — indem er durch 
den Titelhelden die Dächer der Häuser abdecken und 
uns überall hineinblicken läßt, vermittelt, ist eben eine 
literarische Köstlichkeit, die nie aus der Mode kommen 
kann. M. E. 

Aucassin et Nicolette . Herausgegeben in 250 nu¬ 
merierten Exemplaren von Georges A. Toumoux. 
Verlag Emst Rowohlt, Leipzig 1911. 

Jene französische Erzählung aus dem XIII. Jahr¬ 
hundert, die unter den eintönigen Chansons de geste und 
unter den. derben Fabliaux so lieblich und zart einsam 
blüht, hat der Verlag E. Rowohlt bei Enschedö en 
Zonen neu drucken lassen. Das Buch wirkt zunächst 
befremdlich und erweist sich sodann als eine sorgfältig 
ausgedachte Kostbarkeit fiir ruhige und geduldige Ge¬ 
nießer. Die Dichtung wechselt zwischen erzählenden 
Prosastücken und kurzen lyrischen Strophen ab, so daß 
auf jeden Prosaabschnitt ein diese paraphrasierender 
poetischer Exkurs folgt Die Prosastücke sind über¬ 
schrieben „Or dient content et fablent“ und die lyri¬ 
schen Stellen „Or se cante.“ Das ganze Werk ist auf 
van Geldem-Bütten abgezogen und zwar sind die 
lyrischen Stücke in einer mit der Feder gezeichneten 
Schrift aus seltsam spitzen, in Schnörkeln sich ergehen¬ 
den Buchstaben gedruckt, die der Drucker Plandn zu 
Antwerpen 1584 anwendete. Die Prosastücke hingegen 
sind in einer dicken flämischen Type des XVII. Jahr¬ 
hunderts aus dem Besitz der Gießerei van Dyck in 
Amsterdam gesetzt. Die Überschriften bestehen aus 
einer Antwerpener Schrift von 1575, die ähnlich der 
ist, aus welcher die lyrischen Stellen gedruckt sind. 
Eine kurze Bibliographie sowie ein Schlüssel fiir die 
Antwerpner Schrift ist beigefiigt. Und so kann der 
Liebhaber in stillen Stunden in den geschnörkelten 
Buchstaben die alte Geschichte von den beiden Kindern 
lesen, die sich so liebten, daß sie alle Hindernisse über¬ 
wanden und nach vielen bunten Abenteuern ein Paar 
wurden; und die altertümliche Schrift wird den Lieb¬ 
haber in den Wahn versetzen, er lese eine kostbare 
Handschrift aus längst gestorbenen Jahrhunderten. 

-th- 

E. Nevill Jackson, The history of Silhouettes. 
London: The Connoisseur 1911. (121 Seiten Text und 
LXXVI Seiten Silhouetten) Preis io l | 2 Schilling. 


Das im Beiblatt der Zeitschrift für Bücherfreunde 
Januar 1902, S. 2 seiner Zeit in Aussicht gestellte Werk 
von Karl Klinkhofer (Berlin) über die Geschichte der 
Silhouette ist, glaube ich, noch nicht erschienen. 
Seitdem sind zehn Jahre ins Land gegangen, und es 
sind bei uns in Deutschland drei schöne Silhouetten- 
Sammlungen erschienen: 1899 die von Kroker heraus¬ 
gegebene Silhouettensammlung. (Leipzig, Dieterich- 
Weicher), die von Leo Grünstein, betitelt: „Silhouetten 
aus der Goethe-Zeit“ Wien 1909 (Hof-Kunstanstalt J. 
Löwy), und zuguterletzt das prächtige Buch von Hans 
Timotheus Kroeber (Verlag von Gustav Kiepenheuer, 
Weimar 1911), »Die Goethezeit in Silhouetten", die 
besonders solche in „ganzer Figur*' berücksichtigt — 
Diesen deutschen Werken reiht sich ebenbürtig 
an Ausstattung und Inhalt an das 1911 in London 
erschienene Werk von E. Nevill Jackson, das in 
acht Kapitel eingeteilt ist In ihm ist die Stellung 
des Schattenrisses in Kunst Literatur und im sozialen 
Leben besprochen, und seine Geschichte ausführlich 
seit alter Zeit erörtert Besonders einige englische 
Silhouettenschneider erhalten eine eingehende Wür¬ 
digung, auch die Silhouette zur Verzierung von Por¬ 
zellan und Glas, und ihre Bedeutung auf dem Theater 
(Pocci). Sehr wertvoll ist die Liste der Silhouettisten, 
die fiir Deutschland noch einer genauen Ergänzung 
bedarf. Auch die Bibliographie mußte in einer neuen 
Auflage vermehrt und bereichert werden. — Die bei¬ 
gegebenen Tafeln, über 70 an der Zahl, geben ein 
gutes Bild, und die Gruppenbilder in ganzer Figur er¬ 
gänzen die Kroeberscht Sammlung auf das schönste. 
— Der Zweck dieser Anzeige ist der, die deutschen 
Leser auf das schöne englische Werk hinzuweisen, 
dem ich nur die weiteste Verbreitung und einen recht 
interessierten Leserkreis gönnen möchte. 

Erich Ebstein , Leipzig. 


Helsingör. Text von Laurits Pedersen. Zeich¬ 
nungen von Kr. Kongstad. Gyldendalske Boghandel, 
Nordisk Forlag. Kopenhagen /p/2. 

Gleichzeitig in dänischer und deutscher Sprache 
erscheint dieses „Touristen-Buch“, das in der Zeit der 
Ansichtspostkarten und sonstiger mit dem nächstbesten 
und nächstbilligsten photomechanischen Reproduk¬ 
tionsverfahren fabrizierten „Land und Leute-Bildem 
zur Erinnerung 4 ' dem Reisenden von Geschmack sehr 
willkommen sein wird. Als vor einem Jahrzehnt der 
dänische Touristenverein sein Buch über Kopenhagen 
und dessen nächste Umgebung, in die man die Bäder 
am Sund bis nach Helsingör hinauf einbegreifen muß, 
herausgab, fand die Idee, von den namhaftesten 
Schriftstellern und Dichtern des Landes seine Eigen¬ 
art, seine Schönheiten dem Fremden anzeigen zu 
lassen, auch in Deutschland allgemeinen Beifall. Das 
schmucke Heftchen, gutgedruckt, mit einer Reihe von 
Autotypien erläutert, ist jedenfalls vielen als ein der 
dauernden Aufbewahrung werter Bücherbesitz bekannt 
Sind doch die historischen und pittoresken Stimmungen, 
wie sie hier in den kleinen, weder unnötig belehrenden 
noch unnötig führenden Abhandlungen festgehalten 
sind, wohl geeignet eine gelegentlich auftauchende 


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Neu erschienene and angekündigte Bücher 


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Reiseerinnerung aufzufrischen und ihr neue Dauer zu 
geben. Das aber scheint mir die wichtigste Aufgaben des 
Touristenbuches, das für den flüchtig Reisenden, der 
in ein paar Tagen nur nach allgemeinen Eindrücken 
sucht, ein zu erhoffender Ersatz einer Reisebücher¬ 
literatur sein wird, die sich in mancher Hinsicht den 
gelehrten Kompendien nähern möchte, deshalb sogar, 
nach Anweisungen, was und wie man bewundern soll, 
ganze Museumskataloge fast in extenso abdruckend, 
als welche man doch meist, ausführlicher und besser 
um geringes Geld bei einem Besuche der Museen selbst 
erstehen kann. — 

Herr Pedersen hat in dem neuen Helsingör-Buche 
seine Aufgabe, auf etwa einem halben hundert Seiten 
zusammenhängend im Plaudertone alles Wissenswerte 
über das alte und neue Helsingör vorzutragen mit 
Sachkenntniss gelöst. 

Die Geschichte der alten Stadt am Sund, in man¬ 
cherlei Weise auch mit der deutschen verbunden, 
gibt das Verständnis für eine Wanderung durch das 
heutige Helsingör, wo im alten Sundzollviertel, im 
Kloster- und Kirchenviertel viele altertümliche Ge¬ 
bäude stehen, wo von der Kronborg den Dänen 
Holger Danske grüßt (den wir Deutschen aus dem 
Andersenschen Märchen kennen), die Besucher aus 
anderen Ländern aber Hamlet, wo in Marienlyst die 
Poesie der Sommernächte am Sund sich am herrlich¬ 
sten offenbart Der gut gedruckte Bericht läßt sich in 
einer halben Stunde überlesen und übersehen, er kann 
den Reisenden gründlicher vorbereiten als das Ver¬ 
gleichen vielfacher Verweisungen in wunderlich wech¬ 
selnden Schriftgraden, das die meisten Reisehand¬ 
bücher nötig machen, aus denen sich der eilige Rei¬ 
sende beim Frühstück auf das Tagespensum präpa¬ 
rieren möchte, wie der Schüler auf die leichtsinnig 
gestern nicht gelernten Vokabeln. 

Das schönste an dem Buche aber sind die Bilder 
des Herrn Kongstad. 21 Vollbilder und 32 im Text 
zerstreute, von denen die fünf in Farbendruck wie¬ 
dergegebenen vortrefflich gelungen sind, während 
manche der feinen Federzeichnungen durch zu 
schwarzen Druck leider ein wenig von ihrer Feinheit 
einbüßten, was um so bedauerlicher ist, weil Herr 
Kongstad einer der noch viel zu wenigen Künstler ist, 
die die überlegte Ausnutzung des billigen Klischee¬ 
druckes für populäre Illustrationswerke verstehen! 
Es sind architektonische Stimmungen hin und wieder 
durch die genauere Abbildung einer historischen 
(kunsthistorisch bemerkenswerten, wie man eigentlich 
sagen müßte) Einzelheit erläutert. Sie werden dem 
Besucher Helsingörs ebenso wie demjenigen, der 
die Stadt noch nicht kennen lernte, ein sich immer 
erneuerndes Vergnügen bereiten. Der Architekt 
kann sich hier ebenso Anregungen holen wie der 
Dichter, der die Geheimnisse einer alten, kleinen, 
stillen Stadt belauschen möchte. Vielleicht ist es 
kein Zufall, daß der Künstler die bekannteste „An¬ 
sicht** aus Helsingör, die Kronborg vom Sunde aus 
gesehen, nicht aufnahm. Denn es ist das Bild Hel¬ 
singörs,* das der mit dem Kursbuch in der Hand 


ankommende, der eilig vom Dampfer zum Bahnhof 
läuft, um seinen Zug nicht zu verpassen, mitzunehmen 
pflegt _ G. A. E. B. 


Briefe über einen deutschen Roman. Julius Roden - 
berg an Enrica von Handel-Mazzetti. Mit einem An¬ 
hang: Die Schlußkapitel der Armen Margaret nach 
dem Erstabdruck in der Deutschen Rundschau. Ver¬ 
lag Kösel , Kempten und München (2 M., gebunden 
3 M.). 

Mit seltenem Geschick hat es Rodenberg vermocht, 
jahrzehntelang die „Deutsche Rundschau“ auf einer 
sich immer gleichbleibenden Höhe zu erhalten. Mit 
welcher Kunst er dem Dichter nahezukommen weiß, 
zeigt diese Sammlung von Briefen, zu denen man 
gern die der Enrica von Handel-Mazzetti dazu gehabt 
hätte, um die sich gegenseitig fordernde Werkstatt¬ 
arbeit von Dichter und Berater noch eindringlicher 
verfolgen zu können. Aber nicht bloß die Dichtung 
wird uns näher gebracht, vor allem tritt uns auch 
Julius Rodenbergs Persönlichkeit aus den Briefen klar 
vor Augen: ein unverrückbarer Markstein auf dem 
literarischen Felde. Schon der Stil spricht es aus, ge¬ 
wisse sich wiederholende Wendungen zum Beispiel, 
selbst bis in die Schreibung hinein könnte man Vor¬ 
dringen. — Höchst willkommen wird der Anhang sein; 
die ursprüngliche Form des Romanschlusses läßt deut¬ 
lich dessen Entstehen erkennen. Dr. N. 


Albert Ehrenstein, Der Selbstmord eines Katers. 
München und Leipzig bei Georg Müller . 

Dies Buch könnte den gelehrten Untertitel erhalten 
„Die Ertötung der Gefühle durch die Erkenntnis ihrer 
selbst.“ Ein junger Mann, innerlich abgetrennt lebend, 
sich selbst und die Gefühle seiner Umwelt zergliedernd, 
erzählt hier frischweg, hart, bedrohlich auf uns ein¬ 
dringend allerlei Geschichten, Erlebnisse, Betrach¬ 
tungen. Und grade durch die äußerste Erkenntnis 
dieser Gefühle überwindet er sie — überwindet er sie 
nicht nur, sondern verhöhnt sie, — verhöhnt er sie 
nicht nur, sondern macht sie wertlos und erstickt sie. 
Er zerlegt nicht mit Sorgfalt und zergrübelnder Lang¬ 
samkeit die Gefühle, sondern schlicht und klar stellt er 
sie ruckweise, fast unvermittelt nebeneinander, schon 
im Ton des Vortrags sie kritisierend und niederschlagend. 
Denn nur dadurch, daß er die Gefühle niederschlägt, 
erreichtes dieser ironische Ekstatiker, daß er nicht durch 
sie niedergeschlagen wird. Er ist ein Expressionist, denn 
die Wucht des Ausdrucks ist das Zeugnis für sein Erleben 
und seine Kunst; er berechnet nicht die Impression 
auf die anderen, sondern legt schonungslos all seine 
Kraft in die Expression, um seiner Gefühle ledig zu 
werden. Es ist bezeichnend, daß sein erstes Buch von 
Oskar Kokoschka illustriert wurde. Von zweierlei Art 
ist die Ausdrucksweise Ehrensteins in diesem Buche. 
Entweder er erzählt tagebuchartig, derb, voll Grimm 
und ironischer Wut einfache Vorgänge aus seinem 
Leben, die, wiewohl eigentlich wenig kompliziert, grade 
durch die Offenheit, die Härte der Erzählung ins 
Groteske vergrößert und verzerrt erscheinen. So wird 
in der ersten Geschichte das uralte Motiv des Katers 


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verwendet, dessen Geschick in das Leben eines Men¬ 
schen verschlungen wird, dadurch, daß die Gefühle 
des Tiers anthropomorphisiert werden. Am schonungs¬ 
losesten schreitet die Geschichte „Begräbnis“ einher, 
die durch eine rücksichtslose Ertötung des Familien- 
geflihls wohl harmlose Seelen mit Entsetzen erfüllen 
wird. Am bezeichnendsten für den Autor ist die Schil¬ 
derung „Mitgefühl“, die zeigt, wie durch den Anblick 
des Vorstadtelends „ein Weltverbesserer starb.“ Die 
andere Art der Ausdrucksform Ehrensteins ist ein 
märchenhaftes, in orientalischen Situationen und Land¬ 
schaften sich' ausbreitendes Phantasieren. Traumhafte 
Visionen, mystische Zusammenhänge ziehen vorüber, 
die doch eigentlich Paraphrasen über alltägliche Erleb¬ 
nisse sind. Gleichsam um uns den Schlüssel für diese 
Ausdrucksform der Gefühle zu geben, erzählt er in„Tai- 
gin“ zunächst ein seltsames, sprunghaftes Märchen 
und gibt dann am Schluß an, wie dies Märchen ein 
kurzer Traum war, und aus welchen wirklichen Er* 
regungsmotiven dieser Traum erzeugt wurde. In diesen 
Visionen wird seine Kunst am buntesten und phanta¬ 
stischsten, von einer biblischen Wucht und Anschau¬ 
lichkeit Als Satirspiel aber fügt er Ansichten eines 
Jupiterbewohners über die Erde bei, und diese Schilde¬ 
rung scheint mir die kürzeste und niederschmetterndste 
Darlegung der Unsinnigkeit des irdischen Lebens zu 
sein. K. P. 


Der Hausradt. Ein Basler Gedicht vom Jahre 1569. 
In Faksimiledruck herausgegeben von Dr. E. Major 
(Drucke und Holzschnitte des XV. und XVI. Jahr, 
hunderts in getreuer Nachbildung. Nr. XIV.) J. H m 
Heit*, Straßburg 1912. (M. 2.50). 

Die beste Kenntnis des Hausrats unsrer Väter 
kommt uns aus solchen „Gedichten“. Alles, was im 
Hause gebraucht wurde, ist reimen weis aufgeführt 
Nicht um zur Gründung eines Hausstandes anzuleiten, 
wies sonst wohl üblich war, hats diesmal der Verfasser 
getan, der Schalk sitzt ihm im Nacken, er will davon 
abraten, weil alles gar zu teuer sei. Wir dürfen drum 
Vollständigkeit voraussetzen. Und da es sich um bäuer¬ 
liche Verhältnisse handelt, haben wir zu der Hampe- 
sehen Ausgabe (Drucke ... Nr. III), die den Patrizier 
und den Handwerker zu Worte kommen läßt, eine er¬ 
wünschte Ergänzung. Das Faksimile ist auch für 
Nichtphilologen leicht lesbar und ein Glossar gibt Auf¬ 
schluß über ungewohnte Bezeichnungen. Dr. N. 


Berühmte Kunststätten. Verlag E. A. Seemann, 
Leipzig. Band 56. Ulm von Josef Ludwig Fischer. 
Mit 130 Abbildungen. Band 57: Basel von Martin 
Wackemagel. Mit 127 Abbildungen. 

J. L. Fischer braucht nur den trefflichen Fabri, 
den Ulmer Dominikaner und ersten Geschichtsschreiber 
der Stadt (1488), anzuführen und er ist der Aufmerk¬ 
samkeit seiner Leser sicher. Der geistvolle Mönch 
weiß so anregend die Entwicklung Ulms vom sechsten 
bis fünfzehnten Jahrhundert zu schildern, daß man 
gerne lauscht. Es liest sich merkwürdig anschaulich, 
wenn er, anläßlich der Prachtliebe, die die Ulmer in 


ihren Kirchen entfalteten, lapidar glossiert: „Es waren 
nämlich die Ulmer Bürger reich und hielten sich sehr 
gut dem Göttlichen gegenüber“ oder wenn er das 
Wachstum der Stadt folgendermaßen skizziert: „Die 
Dörfer Offenhusen und Pfui rissen ihre Häuslein ein, 
führten sie nach Ulm und bauten sie dort wieder auf“ 
Ulm hat sich noch viel aus der guten alten Zeit be¬ 
wahrt. Das Hauptinteresse beansprucht natürlich der 
Dom mit seiner reichen, für die ganze Architektur des 
deutschen Mittelalters höchst wichtigen Baugeschichte, 
in der die edelsten Architektennamen, Parier vor allem, 
aufleuchten. An den Dombau knüpft sich auch die 
übrige künstlerische Blüte, die großartige Ulmer Plastik 
und die gleichlaufende Malerei, diese durch die Namen 
Multscher, Zeitblom, Schüchlin und Schaffner, jene 
durch Hartmann und Syrlin geadelt Fischer gibt 
treffende Würdigungen der einzelnen Persönlichkeiten, 
wie der allgemeinen Entwicklungen, auch jener der 
Profanarchitektur und des Kunstgewerbes, und schließt 
mit einem Hinweis auf den viel verheißen den Auf¬ 
schwung, den Ulms Architektur in ihrer neuesten Lei¬ 
stung, Theodor Fischers monumentaler Garnisonskirche, 
genommen hat 

In dem jüngst erschienenen Bande „Basel“ begrüßen 
wir in dem Verfasser die neue Generation einer ver¬ 
ehrungswürdigen Gelehrtenfamilie. Martin Wacker¬ 
nagel ist der Sohn des Verfassers der in ihrer Art ein¬ 
zigen, in der Städtegeschichtsschreibung wohl unüber* 
troffen bleibenden „Geschichte von Basel“. Wie weit 
es da leicht und wie weit es schwer war, in solcher 
Nähe wiederum ein Werk über Basel zu schreiben, 
läßt sich wohl begreifen. Mit um so größerer Freude 
muß man konstatieren, daß der junge Gelehrte seine 
schwierige Aufgabe glänzend gelöst hat Die vornehme 
Großzügigkeit der Gesamtauffassung, die das Werk 
belebt, läßt uns nicht die intimste Einfühlungsgabe in 
das Kleine und das Kleinste vermissen. Eine gründ¬ 
liche Materialkenntnis gibt die wohltuende Folie. Der 
reiche Stoff ist geschickt gegliedert Die beiden Haupt¬ 
epochen, die Zeit des Concils und die Zeit des Humanis¬ 
mus, kunstgeschichtlich durch die Namen Konrad 
Witz und Hans Holbein fixiert, sind naturgemäß am 
eingehendsten behandelt. Das Kapitel über die Malerei 
um 1400 bis um 1460, das sich insbesondere mit dem 
Baseler Altarwerk des Konrad Witz beschäftigt, ist 
auch für die Spezialforschung wichtig. Überhaupt sind 
durchgehend die neuesten Resultate verarbeitet. Dem 
Laien, der das herrliche Basel vielfach nur als Durch, 
gangsstation kennt, in dem er „zwischen den Zügen*- 
auf eine Stunde Holbein und Böcklin besucht, wird das 
Buch wohl eine ungeahnte Fülle von Überraschungen 
bieten: Köstliche Schätze der Architektur, Plastik, 
Malerei. Hoffentlich auch die Anregung diese Schätze 
bei Gelegenheit aufzusuchen. Man fährt ja daran 
vorbei. M. E. 


Hans Hart, Kupidos Bote. Eine frohe Rokoko¬ 
geschichte vom Rhein. Mit vier Vollbildern und Buch¬ 
schmuck von Franz von Bayros. Verlag von L.Staack- 
mann, Leipzig 1912 (2.50 M., gebunden 3.50 M.). 

Rokoko wird Mode. Schade drum. Denn es wird 


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doch bloß meist die unselige Manier geübt, in kuriosen 
Floskeln die uns verschlossenste aller Zeiten angeblich 
selbst reden zu lassen. Als ob eine Rumpelkammer 
lebendig werden könnte. Allerorten in der Kunst regt 
sich wieder der Historismus und tritt obendrein mit 
der törichten Prätension der Stilechtheit auf. Vom 
Flugzeug eilt der selbstbewußte Mensch des XX. Jahr¬ 
hunderts heim in sein Biedermeierzimmer und zählt 
dem Besucher die Vorbilder für die einzelnen Stuhl¬ 
beine auf. Auf literarischem Gebiete sind die bevor¬ 
zugtesten Sünden die Sprachkopie und die Neigung, 
den dichterischen Gestalten so ganz nebenbei historische 
Persönlichkeiten zuzugesellen. Als ob von ihnen ein 
Licht ausginge, das die andern erleuchten könnte. Die 
Erscheinung des Alten Fritz auf der Terrasse von Sans¬ 
souci ersetzt mir noch nicht den Hauch, der nun einmal 
über dem Rokoko liegt, wie ein Meltau, schön und 
ungesund, auf der Frucht. Doch soll auch nicht ver¬ 
gessen sein, daß Hans Hart sich von der üblichen 
Schablone femhält, die sich nur in Pikanterien erschöpft. 
Er erzählt eine fröhliche Geschichte, nichts weiter 
zwar, aber auch diese Muse hat ja ihre Jünger. 

Ein Freiherr vom Rhein, hochfdrstlicher Heirats¬ 
vermittler und Vater zahlreicher Töchter, soll mit allen 
Kniffen und Mittelchen der Kabinettsdiplomatie einen 
Duodezprinzen und eine dito Prinzessin zu günstiger 
Verbindung der beiden Häuser vermählen helfen. 
Halbwegs aber versagt seine sonst bewährte Kunst, 
weil sein eignes herzliebes Töchterchen den Prinzen 
gar zu sehr einnimmt, daß sich dieser plötzlich zu einer 
Mesalliance entschließt. (Die Liebschaft geschieht 
nach altem guten Rezept!) Sein Bruder tritt mit der 
Thronfolge auch die bewußte Prinzessin an, drei Hoch¬ 
zeiten in Aussicht, Segen und Glückwunsch, aus ist das 
Spiel. Daß der Prinz schon beinah ein „Kerl“ nach 
dem Geschmack der Stürmer und Dränger ist und sein 
Fiekchen sentimental über dem Werther schmachtet, 
taugt dem Rokoko schlecht 

1 Die Bayrosschen Bilder erhöhen den Geschenk¬ 
wert des Buches, man darf aber wohl einmal den 
Wunsch äußern, daß die Verlagshandlung im allge¬ 
meinen höheren Wert auf wirkliche Buchkunst legen 
möchte. C. N. 

Bibliographie Verlainienne. Contribution critique 
ä l’dtude des littdratures ötrang£res et compar&s par 
Georges A. Toumoux . Pr^face de F. Piquet. Leipzig 
1912, Librairie Emst Rowohlt. 

Der verdienstvolle Verlag, der bereits die schönen 
Ausgaben der Verse Verlaines und der „Fleurs du mal“ 
Baudelaires herausbrachte und diesen beiden Dichtern 
so ein Gewand gab, das das eigene Vaterland ihnen 
weigerte, beginnt mit einem neuen internationalen 
Unternehmen, das in der Verlagsgeschichte ein Unikum 
darstellt Es soll eine Reihe von Bibliographien er¬ 
scheinen, deren jede einen der typischen Vertreter der 
modernen Weltanschauungs- oder literarischen Rich¬ 
tungen behandeln wird. Jeder Band erhält ein Ver¬ 
zeichnis der Ausgaben des zu behandelnden Dichters 
und aller Bücher, Schriften, Aufsätze, die über ihn er¬ 
schienen sind; und zwar umfaßt dies Verzeichnis die 


ISI 

Veröffentlichungen in sämtlichen Sprachen nach Ländern 
geordnet. Diese Bibliographien sollen vor allem der ver¬ 
gleichenden Literaturgeschichte dienen, denn sie lassen 
am deutlichsten erkennen, welchen Einfluß der einzelne 
Dichter auf jedes Land gehabt hat, wie er von den 
einzelnen Nationen aufgenommen wurde, und welche 
seiner Werke man am meisten liebte und übersetzte. 

Die erste dieser Bibliographien behandelt den 
Dichter Paul Verlaine. Georges A. Toumoux von der 
Universität Lille hat mit einem wundersamen Fleiß in 
erstaunlicher Übersichtlichkeit alles zusammengestellt, 
was je und irgendwo über Verlaine geschrieben wor¬ 
den ist Ein kurzes Vorwort von Professor Piquet 
klärt über die Absicht und Bedeutung dieser biblio¬ 
graphischen Sammlungen auf. Dann wird in einem 
ersten Teü ein Verzeichnis sämtlicher Ausgaben Ver¬ 
lainescher Werke in Frankreich gegeben; auch seine 
nachgelassenen Werke, Vorworte zu den Werken 
anderer, Briefe und Auswahlsammlungen sind nicht 
vergessen. Der weit umfangreichere zweite Teil be¬ 
richtet über die Kritik und die Ausbreitung der Ver- 
laineschen Werke in allen Ländern; es sind vertreten 
Frankreich, Spanien, Catalonien, Portugal, Italien, 
Rumänien, Griechenland, Deutschland, England, Nie¬ 
derlande, Dänemark und Norwegen, Schweden, Ru߬ 
land, Polen, Böhmen, Ungarn. Gewissenhaft wird alles 
aufgeführt, was in diesen einzelnen Ländern an Büchern, 
Kritiken, Aufsätzen über Verlaine erschienen ist, jede 
Übersetzung wird verzeichnet und sogar die in den 
einzelnen Ländern in Musik gesetzten Gedichte Ver¬ 
laines und die Gedichte, welche andere zu seinem 
Ruhme schrieben, sind verzeichnet Schon eine flüch¬ 
tige Durchsicht fuhrt zu dem charakteristischen Ergeb¬ 
nis, daß Verlaine in den Ländern nichtromanischen 
Sprachstammes weit mehr beachtet worden ist als in 
den romanischen Ländern. Den größten Anteil — nächst 
Frankreich — hat Deutschland, dann folgen England, 
Rußland, Ungarn, Polen, Böhmen. In allen diesen 
Ländern haben grade die Dichter, die man der hohen 
Kunst zuzählt, und die selbst einen starken Einfluß 
auf ihre Nation ausübten, sich mit der Übertragung 
Verlaines beschäftigt. Der außerordentlich schwierige 
Satz des Buches ist mit musterhafter Sorgfalt und in 
einem trotz der wechselnden Typen schönen und eben¬ 
mäßigen Satzbild von der Offizin W. Drugulin ausge- 
fiihrt. P*s. 


Leo Tolstoi. Die lebende Leiche. Drama in zwölf 
Bildern. Berechtigte Übersetzung von Dr. Adolf Heß. 
Verlagsbuchhandlung Schulze &• Co., Leipzig 1912. 
(0.60 M., gebunden 1 M.) 

Die Gestalt Fedja Protassows wird den meisten 
Deutschen nicht eingehen. Ein Volk, das so ausgeprägt 
den Willen zur Moral hat, wird einen, dem beides 
mangelt, unter sich nicht anerkennen wollen. Denn 
man vergißt zu leicht, daß man im Leben wohl ein¬ 
seitig sein darf, die Kunst aber diese Schranken nicht 
duldet 

Fedja ist ein Mensch, der keine Bindung erträgt, 
ihn leitet einzig sein reines Gefühl. Darum floh er die 
Frau, die sich zu seiner grotesken Höhe nicht erheben 


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konnte. Ihre Liebe verstand wohl den Gatten, aber 
seine Passivität den Notwendigkeiten des bürgerlichen 
Lebens gegenüber war sie 211 teilen außerstande. In den 
Armen des jungen Zigeunerkindes, das alle diese Rück¬ 
sichten nicht kennt, nicht begreift, sie nie erfahren hat, 
bei den wilden Klängen der primitiven Musik der 
Zigeuner findet er die Harmonie seiner Gefühle. Er 
liebt das Mädchen rein und keusch, er will voller Güte 
auch die Gattin von sich befreien, um ihr den Weg 
zu bahnen, aber die Umwege, die zu einer grundlosen 
Scheidung führen, kann er nicht gehen, lieber will er 
sich ganz opfern. Dem Entschluß allerdings die Tat 
folgen zu lassen, gebricht ihm die Kraft des Willens. 
Er fingiert seinen Tod und lebt als Leiche weiter, die er 
für die Gesellschaft schon längst war. Durch diese Lüge 
zieht er das Unglück nach sich, er findet einen Ver¬ 
räter, und um im Prozeß Gattin und Freund zu retten, 
und um dabei die neue Lüge, die vielleicht dazu ver¬ 
helfen könnte, zu vermeiden, sühnt er durch freien Tod. 

Über das Drama, besonders die Charaktere ist 
eine überraschende Helle und Klarheit gebreitet, fast 
keine theoretische Erörterung stört die stark belebte 
Handlung. Anstatt von Problemen zu reden, sollte 
man eigentlich sagen, daß diese und jene Szene 
von besonderem dichterischen und dramatischen Wert 
sei, und von dem Zigeunermädchen und von Sascha, 
der prachtvollen Schwägerin, sollte man reden, die 
allein mitten in der konventionellen Umgebung zu 
Fedja hält. 

Im Auftrag der Tochter Tolstois ist das Drama 
aus dem Nachlaß herausgegeben worden. Was sollen 
wir fragen, warum es vom Dichter selbst so lange zurück¬ 
gehalten worden ist? Seien wir dankbar, es nun zu 
besitzen. Die billige Ausgabe der Verlagshandlung 
macht es ja leicht zugänglich. C. N. 


Detlev von Liliencron, Gesammelte Werke. Vierter 
Band : Dramen. Fünfter und Sechster Band: Romane. 
Berlin , Schuster &* Loeffler. (Jeder Band geheftet 
4 M., gebunden 6 M.) 

Über den Lyriker und Dramatiker Liüencron sind 
die Meinungen kaum noch geteilt, um so mehr über 
den Epiker. Auch die Zusammenfassung der drama¬ 
tischen Dichtungen des allgemein anerkannten Lyrikers 
im vierten Bande der schönen endgültigen Gesamt¬ 
ausgabe wird ihn kaum die posthume Herrschaft über 
die Bühne gewinnen lassen, die er sich mit dem fröh¬ 
lichen Hintergedanken an große und viele Tantiemen 
gewünscht hat. Damit soll nicht gesagt sein, daß 
Liliencrons Dramatik der poetischen Schönheiten ent¬ 
behrt. Im Gegenteil: der genießende Leser wird 
solche fast auf jeder Seite des Buches finden. Aber 
die Wirkungen des Bühnenstückes bleiben (heute mehr 
als je) davon abhängig, wie sie der geschickt auf 
dem theatralischen Gerüst herumklettemde Techniker 
für das Publikum abmißt, das er ebenso vor Augen 
hat, wie dieses sein Werk. Sicherlich eine banale 
Bemerkung, immerhin aber auch keine überflüssige, 
weil die Gesetze der Schaubühne von vielen, die sie 
kennen und befolgen möchten, deshalb übertreten wer¬ 
den, weü ihnen andere Gesetze mehr gelten. Dramatik 


ist die Kunst des Auslassens, das dramatische Talent 
hat den Mut, alles überflüssige fortzustreichen, um die 
Bühnenimpression mit den wenigen dazu gerade not¬ 
wendigen Andeutungen zu suchen, die das dramatische 
Genie intuitiv ohne alle Virtuosenkünste findet. Und 
Liliencron war viel zu sehr Dichter, um sich als dra¬ 
matisches Talent bewähren zu können. 

Der Lyriker Liliencron stand auch dem Epiker 
immer im Wege. Der Dichter, der um Formvollendung 
sich in unermüdlicher Arbeit mühte, der ein Meister der 
kunstvollen Erzählung war, büeb allzu gern am Weges¬ 
rand stehen, wenn er eilig einen Weg hinabwandem 
sollte, wie das die Form des Romans will. Allerdings 
darf man wohl überlegen, ob es überhaupt eine Form 
des Romans gibt, die klassische Geltung bean¬ 
spruchen und als Muster gewertet werden darf. Der 
sogenannte Unterhaltungsroman, der ja keineswegs 
künstlerisch oder technisch minderwertig zu sein braucht, 
hat sich allerdings eine, oder noch richtiger, mehrere 
übliche Formen geschaffen, die, ähnlich wie die Büh¬ 
nendichtung, auf die Bedürfnisse des Zuschauers, auf 
die des Herunterlesers Rücksicht nehmen. Das bietet 
aber je nach dem Umfange der Darstellung durchaus 
verschiedene Schwierigkeiten, deren Lösung durch die 
Form der Novelle und des Romans recht äußerlich 
zu unterscheiden wir heute allgemein gewöhnt sind, 
wobei wir dann in einer dieser beiden Hauptgattungen 
der modernen epischen Dichtung alles unterzubringen 
suchen, was wir nicht gerade als Lyrik werten möchten. 
Diese populären Maßstäbe (von denen man ohne 
weiteres zugeben kann, daß sie den fachwissenschaft¬ 
lichen nicht entsprechen) bestimmen ein Vorurteil: man 
mißt mit ihnen die Erzeugnisse der modernen Poesie 
ab und bestimmt, je nachdem der Maßstab paßt aber 
nicht, nach ihm deren Formlosigkeit oder Formvoll¬ 
endung, ohne darauf zu achten, daß der Dichter, 
seine Fähigkeiten falsch einschätzend oder aus ökono¬ 
mischen Rücksichten auf das geschlossene Buch, nur 
sein Werk falsch etikettierte. 

Detlev von Liliencron baute gern Luftschlösser, 
um sich in ihnen nach seiner Art bequem einrichten 
zu können. Da sparte er keine Kosten und hatte das 
auch nicht nötig. Seine unermeßÜchen Güter lagen 
im Monde und er bewirtschaftete diese Güter, wie 
man Güter, die im Monde liegen, zu bewirtschaften 
pflegt Wenn der Dichter sich seine Geldsorgen vom 
Herzen schreiben wollte, so gelang ihm das anschei¬ 
nend am besten, indem er sich in solche seiner Phan¬ 
tasiegestalten einzufühlen suchte, denen er unbegrenzte 
Mittel zur Verfügung stellte. In diesen und manchen 
ähnlichen Zügen zeigt die Arbeitsweise Detlev von 
Liliencrons eine merkwürdige Ähnlichkeit mit der 
Balzacs und wenn er dessen mit der Vituosität des 
einer literarischen Pariser Modegröße wohl verzeih¬ 
lichen Penny-a-linertums verbundene epische Kraft ge¬ 
habt hätte, so wäre vielleicht sein lyrisches Empfin¬ 
dungsvermögen, der Besitz des jungen Menschen, all¬ 
mählich in dem Gut des alten Menschen aufgegangen, 
das wir Weltweisheit nennen, weü er das angesam¬ 
melte Wissen der Menschheit ist, aus dem ein jeder 
die Farben und Linien seines WeltbÜdes wählt 


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Romane in des Wortes verwegener Bedeutung 
hat Detlev von Liliencron nur zweimal geschrieben 
(„Breide Hummelsbüttel", „Mit dem linken Ellenbogen") 
obschon das Romanschreiben sicherlich nicht seinem 
künstlerischen wohl aber seinem wirtschaftlichen Ehr¬ 
geiz entsprach. Denn es bieten sich ja dem modernen 
Dichter nur diese beiden Möglichkeiten, seine 
Phantasieschätze in viel gültiges Gold umzuprägen: 
er kann für die Schaubühne Stücke schreiben, die 
gefallen (was Liliencron nicht gelang), oder Romane, 
die „Anklang finden" (was ihm ebenfalls nicht gelang, 
wie zum Beispiel seine Erfahrungen mit dem „Ber¬ 
liner Tageblatt" beweisen). 

Aber auch wenn man das Unterhaltungsbedürfhis 
des durchschnittlichen Romanlesers nicht in Anrech¬ 
nung bringen will, kann man Liliencron nicht einen 
Romanschriftsteller nennen. Er war Novellist, ein 
Meister der kurzen Erzählung wie Maupassant. (So 
sind seine Kriegserzählungen ziemlich das einzige 
künstlerische Ergebnis, das die Jahre 1870/71 für 
Deutschland hatten und ihre beispiellose Frische hat 
ein Gegenstück nur in den psychologisch verfeinerten, 
deshalb episch abgeschwächten Geschichten des franzö¬ 
sischen Meisters.) Daß Sammlungen von Stimmungen 
und Stoff, aufgefüllt mit Lebens- und Leseerinnerungen 
vermischt mit kleinen Erzählungen in einen Band 
mäßigen Umfanges ohne äußere Abrundung, ohne 
innere Verbindung hineingepreßt, auf die bequeme 
Ausrede der Rahmengeschichte fast verzichtend oder 
sie vergessend, keine epische Form klar ausprägen 
können, wußte Dedev von Liliencron selbst. Wenn 
er trotzdem solche als Romane bezeichnete Aufzeich¬ 
nungen (wie die „Mergelgrube", „Der Mäcen", „Leben 
und Lüge") veröffentlichte, so wollte er sich kaum 
als den Sucher nach einer ihm gemäßen Form der 
Darstellung zeigen,* der jeder Dichter ist Ihn be¬ 
stimmten wohl eher wirtschaftliche Rücksichten. Die 
Notwendigkeit, Bücher zu schreiben. Und mit stolzer 
Naivität offenbarte er trotz alledem poetische Ge¬ 
heimnisse, die Geheimnisse eines Dichters, der uner¬ 
kannt unter den Alltagsmenschen lebt 

In seinen Auchromanen und in seinen Nicht¬ 
romanen erzählt Dedev von Liliencron, immer wieder 
die ausgleitende Feder ansetzend, die Geschichte eines 
menschlichen Herzens und eines menschlichen Augen¬ 
paares. Er selbst ist es, der in wechselnder Gestalt 
aus seinen verborgenen Zauberschlössern zu den 
Menschen herabsteigt, um zu sehen, daß ebenso wie 
auf seinen Tagen auch auf ihren die ironischen Lichter 
und auf ihren Nächten wie auf den seinen die melan¬ 
cholischen Schatten ruhen. Aber während er noch 
über die Frühlingswiesen ausschreitet unter denen er 
die Leichenfelder längst vergessener Schlachten sieht, 
zum Meer, über das auf Schiffen vergangener Jahr¬ 
hunderte deren Menschen ihm entgegen steuern, be¬ 
tritt dieser Meister der historischen Vision schon die 
Nebelbrücke, die ihn mit fernen Welten verbinden 
soll. Doch springt er immer zuletzt mit zwei kräftigen 
Füßen herab, um in der Wirklichkeit zu stehen; ihn 
reizt nun das Einfache, ja das Rauhe, selbst Rohe ge¬ 
wöhnlicher Lebenumstände, weil ihn deren Klarheit 


entzückt und das satte Behagen beglückt, das sich zur 
echt niederdeutschen Freude an kräftiger Speise und 
frischem Trank steigert. Die toten Prinzessinnen 
haben sich in lachende sehr lebendige Landmädchen 
verwandelt, an denen ihn die raschen Traber vor 
dem leichten Wagen durch die glitzernden Sonnen¬ 
strahlen des taufrischen Sommermorgens vorbeiführen. 
Er weiß daß er lebt, er fühlt den kräftigen Zug der 
Zügel in seinen Händen und mit einem Vorwärts ins 
Dasein, wendet er um die scharfen Ecken des Weges. 
Alles dieses und noch manches andere, Erschautes 
und Erkanntes, Empfundenes und Anempfundenes, 
aufrichtig Ernstes und ebenso aufrichtig nicht für Emst 
genommenes Leben und Lüge, aber nicht Wahrheit 
und Dichtung im Goetheschen Sinne, verwebt sich in 
diesen künstlich verlängerten Erzählungen. Es ist eine 
ungewohnte Mischung, die den Genießer, nicht den 
pedantischen Leser der Romane Deüevs von Lilien¬ 
cron erwartet. Aber es ist keine schlechte Mischung, 
eine Mischung, auf deren Geschmack mit der Zeit 
auch diejenigen kommen werden, denen ihre Buntheit 
noch ein wenig unbehaglich ist G. A. E. B. 


Alte Glasgemälde im Schloß Hohenschwangau . 
Eine Sammlung König Maximilians II. von Bayern. 
Herausgegeben von Oskar Zettler. Bearbeitet von 
J. L. Fischer. Delphin-Verlag München. 1912. Die 
ersten 50 Exemplare sind numeriert und nicht im Buch¬ 
handel zu haben. 

Die Glasmalerei hat sich bisher noch keiner üppigen 
Literatur zu erfreuen. Zu begrüßen ist deshalb die 
Begründung der in ihren bis jetzt erschienenen Num¬ 
mern einen sehr gediegenen Eindruck machenden 
„Zeitschrift für alte und neue Glasmalerei,“ Delphin- 
Verlag, München. Aus dem gleichen Verlag, der sich 
der literarischen Pflege dieses Kunstzweiges besonders 
liebevoll anzunehmen scheint, ging auch die vorliegende 
schöne Publikation hervor. Sie ist, das darf voraus¬ 
geschickt werden, für das Studium der Glasmalerei 
sehr wichtig. Die Sammlung, die der kunstliebende 
König Maximilian II. von Bayern schon in sehr jugend¬ 
lichem Alter begann und mit der er die von ihm 1832 
erworbene Burg Hohenschwangau ausschmückte, ist 
bis jetzt leider noch zu wenig bekannt. Sie umfaßt 
107 Nummern, aus der Zeit von etwa 1490—1680, über¬ 
wiegend Schweizer Arbeiten. Die treffliche Qualität 
der Scheiben gibt dem hohen Sammler ein glänzendes 
Zeugnis für seinen gebildeten, kunstsicheren Geschmack. 
Erfreulicherweise konnten auch über dreißig Künstler¬ 
namen ermittelt werden. Mit Ausnahme von drei 
Scheiben gehören sämtliche Stücke der sogenannten 
Kabinettsmalerei an, die um die Wende des XV. Jahr¬ 
hunderts beginnt Es ist die Zeit, in der die Kunst auf 
allen Gebieten nicht mehr überwiegend der Kirche 
“dient, sondern sich das Bürgerhaus erobert. Während 
sich die ältere Glasmalerei ausschließlich nur im Kirchen¬ 
fenster betätigt, setzt um 1500 die Mode ein, die Fen¬ 
ster der Profanbauten mit bunten Darstellungen zu 
schmücken, und in der Schweiz entstand die schöne 
Sitte sich mit „Kabinettscheiben“ zu beschenken. Be¬ 
sonders als offizielles Geschenk, Ehren- und Erinnerungs- 


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gäbe der Kantone und öffentlichen Ämter für Kirchen, 
Klöster, Zunfthäuser und einzelne Private gewann die 
Scheibe Bedeutung. Durch Wappen und Inschrift ver¬ 
ewigte sich in ihr der Geber. Unter den Schweizer 
Glasmalern stehen die Züricher obenan. Sie sind auch 
in der Sammlung am reichsten vertreten. Der bedeu¬ 
tendste Name ist der der Murer, der sich durch drei 
Generationen fortsetzt; Christoph und Josias Murer 
kommen für die Schöpfung und Ausführung des treff¬ 
lichen Scheibenzyklus ,,Vom verlornen Sohne* 4 in Be¬ 
tracht. Ein ähnlicher Zyklus befindet sich in der Samm¬ 
lung des Fürsten Leopold Friedrich Franz von Anhalt- 
Dessau, heute im „Gotischen Hause“ zu Wörlitz. 
Dieser umfaßt sechs Darstellungen; der Hohen- 
schwangauer, der allem Anschein nach aus der Tucher- 
kapelle von St. Lorenz in Nürnberg stammt, nur vier. 
Doch dürfte die Befürchtung, daß hier zwei Scheiben 
verloren gingen, unbegründet sein, da das Motiv in 
vier Darstellungen zusammengezogen ist. Sehr gute 
Stücke sind auch etliche frühe Ulmer und Augsburger 
Scheiben, die auf Stiche bezw. Vorzeichnungen Schon- 
gauers, Hans Burgkmairs des Älteren und Jörg Breu des 
Älteren zurückgehen. Mit dem Text von Fischer ist 
eine gründliche und wertvolle Arbeit geleistet worden. 
Ebenso muß man auch den vorzüglichen Wiedergaben, 
wie überhaupt der würdigen Ausstattung des Werkes 
Lob zollen. Die Hoffnung, die der Verfasser bescheiden 
in seinem Vorwort ausspricht, „der wissenschaftlichen 
Forschung etwas Brauchbares“ geleistet zu haben, 
dürfte sich sonach wohl reichlich erfüllen. M. E. 


Paul Oskar Höcker , Die lachende Maske. Roman, 
Stuttgart 1911. Verlag von J. Engelhoms Nachf 

Dies Buch kann als Typus des Unterhaltungs¬ 
romans in unserer Zeit angesehen werden. Man kann 
nicht sagen, daß etwas darin schlecht oder roh ist, 
aber niemand wird behaupten, daß dieser Roman als 
ein Kunstwerk zu gelten habe, oder als Zeugnis eines 
ernst arbeitenden, schwer ringenden Künstlers der 
hohen Kunst zuzurechnen sei. Der Unterhaltungs¬ 
roman unserer Tage unterscheidet sich ja wesentlich 
von dem der vergangenen Jahrzehnte; das Sentimen¬ 
tale, Allzu-Verlogene, die scharfe Trennung in edle 
und schlechte Menschen ist nach Möglichkeit zurück¬ 
gedrängt, und eine gewisse Vertiefung, das Ausbreiten 
eines unter der äußeren Handlung verborgenen Pro¬ 
blems, die Anw endung einer Art von Psychologie wird 
angestrebt Ein scheinbarer Realismus waltet vor, und 
Erscheinungen und Menschen unserer Zeit werden in 
die Handlung (oft recht aufdringlich) einbezogen, um 
eben die Vorgänge möglichst natürlich erscheinen zu 
lassen und ein Interesse zu erzeugen, das die Spannung 
in den Produkten der älteren Unterhaltungsromane er¬ 
setzen soll. Aber es fehlt diesen Büchern ein Etwas, 
dessen Mangel auch der Durchschnittsleser instinktiv 
fühlt Und grade dieser Mangel verursacht es, daß 
man diese Romane so leicht herunter liest und so 
wenig von ihnen behält 

Diese Worte enthalten eine Kritik der meisten 
Romane, welche unsere vielschreibenden Unterhaltungs¬ 
schriftsteller ohne große Mühe alljährlich anfertigen. 


So fabuliert auch Höcker munter darauf los, jede 
Vertiefung, jede Ausmalung der äußeren Vorgänge, 
der Umwelt, der seelischen Geschehnisse beharrlich 
vermeidend. Er erzählt von einer jungen, schönen 
Gesangsschülerin, die sich gleich nach ihrem ersten 
Auftreten in der Kroll-Oper mit dem tüchtigen natur¬ 
wüchsigen Dirigenten verlobt. Vorher aber hat dieser 
Kapellmeister einem alten Opernsänger, der sich der 
schönen Novize unsittlich nähert, ein Ohrfeige her- 
untergcschlagen, und als der alte Sänger sein Gehör 
verliert, strengt er einen Schadenersatzprozeß gegen 
den Dirigenten an. Ein Schriftsteller älterer Jahrzehnte 
hätte dies Buch „Die folgenreiche Ohrfeige“ betitelt, 
denn alle Not, in welche nun das junge Paar über 
300 Seiten gerät, erwächst aus den Folgen dieses 
Schlages. Der Kapellmeister, als Rowdie verschrien, 
verliert seine Stelle an einem kleinem Hoftheater (der 
Kundige erkennt sofort: es ist Dessau); wir erleben die 
beliebte Darstellung eines Schmierenlebens, die Sän¬ 
gerin geht zum Vari&£, das Paar verliert sein ganzes 
Vermögen, der Mann wird ins Gefängnis gesteckt, und 
die zurückgelassene Frau, die inzwischen niedergekom¬ 
men ist, wird Soubrette und beinahe die Geliebte 
eines Offiziers. Da kehrt, gänzlich gebrochen, der 
Kapellmeister zurück, er bleibt auch verbittert, als die 
Sezierung des inzwischen verstorbenen Sängers seine 
Unschuld erweist. Halb irrsinnig streift er umher und 
kehrt nach Wiesbaden zurück, als gerade seine unvoll¬ 
endete Oper von einem gutherzigen früheren Schüler 
und von einem kränkelnden, noch gutherzigeren Bruder 
mit der verlassenen Frau aufgefuhrt werden soll. Da 
erwacht die alte Kraft in dem Verzweifelten, der Tag 
der Premiere kommt, und weil wir wissen, daß jetzt 
alles gut wird, und da der Autor weiß, daß war ihn 
nicht mehr brauchen, tritt er zurück, schlägt den 
„Zarathustra“ auf und zitiert zum Schluß aus diesem 
Buche (wie symbolisch läßt sich dies Zitat auf den 
Roman anwenden!) die nicht mehr ganz unbekannte 
Stelle: „Das Lachen sprach ich heilig. Lernt mir lachen!“ 
Man wird ohne weiteres glauben, daß ich, nach den 
einleitenden Bemerkungen, nichts Kritisches mehr über 
dies Buch zu sagen habe. K. P. 


Kurt Wolfft Der Dramatiker Eulenberg. Mit¬ 
teilungen der Literarhistorischen Gesellschaft Bonn 
unter dem Vorsitz von Prof. Berthold Litzmann. Heft 1 
des VII. Jahrgangs 1912. 

Und er ist doch ein Dichter. So müßte jede Eulen¬ 
bergkritik beginnen, um dem Vielumstrittenen und 
Vielgeschmähten Land zu erobern, selbst ein Panegy- 
rikus rechtfertigte sich. Wolffs Buch ist zum mindesten 
eine Apologie. Durch die Negation dessen, was er als 
die Wesenszüge der deutschen Dramatik seit Hebbel 
erkennt, hebt er Eulenbergs Eigenart scharf hervor. Er 
erfaßt dessen Schaffen im Bilde einer Kugel, aus deren 
Zentrum eine treibende Kraft Massen auf die Ober¬ 
fläche ausstößt Qualitativ sind die Unterschiede nicht, 
verschieden sind nur die Intensität des Schöpferischen 
und die äußere Form. Der Dichter will keinen Aus¬ 
schnitt aus dem Komplex der Lebenserscheinungen 
geben, jedesmal wieder soll im Einzelschicksal ein 


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Neu erschienene nnd angekündigte Bücher. 


kosmisches Bild ausgeprägt werden. Er gießt in einen 
Menschen, seinen Helden, wenn man so will, alles, was 
an Gefühlen die Menschen überhaupt bewegen kann. 
Ihr Widerstreit, denn die Gefühle gehen nie glatt 
auf, steht im Gegensatz zu der gewohnten strengen 
Motivierung etwa der Hebbelschen oder Ibsenschen 
Dramatik. Eulenbergs Helden fallen über der „Ent¬ 
täuschung durch die Wirklichkeit“, wie Richard M. 
Meyer es formuliert hat. In ihrer Universalität brechen 
sie sich an den moralischen und sozialen Forderungen 
der Gesellschaft. 

Das Publikum wird dem so bald noch nicht nach- 
kommen können. Und dagegen Sturm zu laufen scheint 
mir mindestens so ungerecht, wie die einseitige Ver¬ 
steifung auf Prinzipien, unter die sich dann eine neue Kunst 
nicht zwingen läßt Um der Kunst eines einzelnen willen 
kann ein ganzes Volk nicht innerhalb zehn Jahren um- 
lernen. Es ist so leicht zu sagen: das Publikum ist 
durchgefallen. Dazu übersieht Wolff die Unmöglich¬ 
keit der dramatischen Sprache Eulenbergs. Von wem 
darf man verlangen, wer wagt es, von sich selbst zu be¬ 
haupten, daß er jeden Satz, der von der Bühne herab¬ 
gesprochen wird, verstehe? Die Bilder sind so neu, so 
kühn, daß der Leser sich wohl daran gewöhnt und an 
ihrer Schönheit erwärmt, sie überstürzen aber oft ein¬ 
ander so, daß keiner der Zuschauer zu folgen vermag. 
In der Sprache Eulenbergs einen Anfang zu sehen, 
kann ich mich nur verstehen, soweit ich ihre Innerlich¬ 
keit anerkenne, die Konzentration der Bildhaftigkeit 
indessen, glaube ich, überschlägt sich selbst. 

Der Vergleich Eulenbergs mit Shakespeare lag 
nicht fern, jeder weist auf die Mischung von Komik 
und Tragik hin; nur dem armen XIX. Jahrhundert 
vorzuwerfen, es habe die Sonderung vollzogen, stimmt 
wohl kaum. Auf die Besprechung der einzelnen Dramen 
hier einzugehen, gestattet der Raum nicht Es ließe 
sich noch manches Gute von dem Hefte sagen. 

C. N. 


Otto Flake, Schritt für Schritt. Roman. Verlegt 
bei Paul Cassirer, Berlin 1912 (5 M., gebunden 6.50 M.). 

Die Patenschaft Balzacs ist keine schlechte Emp¬ 
fehlung. An der Physiologie der Ehe, dem zugleich 
doktrinärsten und reizvollsten Buch, das es gibt, hat 
der junge Dichter die Frauen sehen gelernt. Er aber 
ist nicht doktrinär und er schreibt eine Dichtung und 
stellt sie hinein in sein elsässisch Land. Sein Hand¬ 
werkszeug, die Sprache, führt er spielend. Die kon¬ 
kretesten und schlichtesten Worte fügen sich ihm zu 
tief innerlichen Gebilden, deren Klarheit eine sonder¬ 
bar ergreifende oder auch überzeugende Wirkung be¬ 
sitzt. Der Stil ist großzügig, wiederum erinnert Flake 
an den Franzosen. Darum aber betone ich den 
dichterischen Wert, weil es doch eigentlich ein theo¬ 
retisches Buch ist. 

Vor achtzig Jahren war es eigentlich nur die Frau, 
in der man das Problem suchte, und jetzt kommt einer, 
der es unternimmt, eine Physiologie des erotischen 
Empfindens für den Mann aufzustellen. Das ist nicht 
minder eine Tat. 

Die Annäherung zweier Menschen, ihre Irrungen 
Z. f. B. 1912/1913. 


155 


und Wirrungen und endliche Vereinigung ist der In¬ 
halt dieses — wie fast jedes anderen Romans. Doch 
lenkt alles auf den Mann zurück. Er hat eine reiche 
Erfahrung (hier wird leider oft mit älteren Motiven 
hausgehalten), als er an die Frau, die noch unberührt 
ist, herantritt. Aus dieser Verschiedenheit des Ent¬ 
wicklungsstadiums leiten sich die Störungen her. Beide 
geben sich, äußerlich genommen, das Letzte und geben 
sich doch keine Befriedigung. Ehe sie sich in ihrer 
Sinnlichkeit nicht einander angeglichen haben, kann 
keine Gemeinschaft entstehen, die beiden genügt. Die 
Frau muß sich erst entfalten und kann es erst, wenn 
sie keiner Bindung irgendwelcher Art mehr unterliegt. 
Solche innere Freiheit findet sie hier, oder sagen wir 
normalerweise,' in dem äußeren Zwang der Ehe. Der 
Mann aber muß ihr zu dieser Entfaltung Zeit lassen, 
Schritt für Schritt nur darf er erwarten vorwärts zu 
kommen. In seiner Art erotischen Empfindens liegt 
es, daß er so oft dagegen fehlt. Denn er verbindet 
mit dem Gefühl einen Denkprozeß, der seine Erlebnisse 
klärt und sein Wollen rascher entwickelt. Aus dieser 
reflektierenden Tätigkeit erwächst ihm aber auch die 
Möglichkeit, die Linie zu erkennen, die die Frau zu 
ihm hinaufrührt. Dem muß er nachgeben, Herrentum 
wird keinem entwickelten Menschen auf längere Zeit 
genügen, die mangelnde Gleichheit hat den Überdruß 
im Gefolge. Das Endziel kann allein die bewußte 
gegenseitige Hingabe sein, in der jeder den andern 
als gleichwertig empfindet, ohne daß einer nur seine 
Selbständigkeit aufgibt 

Die Gestalten Ralph Wegeners und Ilses sind 
hervorragend klar gezeichnet Die beiden Ehen, zu 
denen Wegener in Beziehung tritt, geben eigendich 
die Gegenbeispiele zu dem neuen Ideale ab, die 
übrigen Menschen, die Frauen besonders, dienen nur 
der psychologischen Exemplifikation. 

Das Buch wird von sich reden machen, auf den 
Dichter aber wird man merken und ihm eine sichere 
Entwicklung wünschen. C. N. 


Wolfram Suchier, Gottscheds Korrespondenten. 
Alphabetisches Absenderregister zur Gottschedschen 
Briefsammlung in der Leipziger Universitäts-Bibliothek. 
Berlin, Gottsched-Verlag 1912. 

Der Verfasser hat sich der äußerst mühsamen Ar¬ 
beit unterzogen, für die Sammlung der zirka 4750 Briefe 
Gottscheds, die die Leipziger Bibliothek in 22 Folio¬ 
bänden besitzt, ein alphabetisches Register herzustellen. 
Das einzige bisher vorhandene Register der Briefe, 
das der Gottschedbiograph Danzel für sich selbst an¬ 
legte, liegt nur in dem Manuskript auf der Leipziger 
Bibliothek vor, wodurch besonders dem auswärtigen 
Forscher die Benutzung erschwert ist. Ein größerer 
Mißstand ist aber die chronologische Anordnung des 
Danzelschen Registers, die demjenigen, der die Briefe 
eines bestimmten Absenders sucht, die zeitraubende 
Arbeit auferlegt, die dort aufgeführten 4700 Nummern 
durchzugehen. So muß Suchiers Register dankbar 
begrüßt werden, einmal weil es leichter zugänglich ist 
als Danzels Handschrift, und dann vor allem, weil es 
alphabetisch angelegt ist und dadurch eine schnelle 

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CORNELL UNÜVERSm 1 



Kleine Mitteilungen 


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Orientierung darüber leicht ermöglicht, ob eine be¬ 
stimmte Persönlichkeit mit Gottsched korrespondiert 
hat. Indem Suchier bei den einzelnen Korrespondenten¬ 
namen Band- und Blattnummem der Sammlung auf- 
führt, erleichtert er bedeutend die Heranziehung der 
Originale. Die Beifügung der Daten ist recht wertvoll 
für den Forscher, der sich mit der Tätigkeit eines 
Zeitgenossen Gottscheds in einem bestimmten Jahre 
befaßt. Suchier ist mit großer Gewissenhaftigkeit 
besonders bei Feststellung der Namen vorgegangen 
und hat dabei Danzel einzelne recht grobe Versehen 
nachgewiesen. — Die bedeutende Stellung, die Gott¬ 
sched einst in der Literatur einnahm, brachte es mit 


sich, daß er eine reiche Korrespondenz hatte, in der 
die bedeutendsten Namen jener Tage vertreten sind 
wie Baumgarten, Bodmer, Breitinger, Geliert, J. E. 
Schlegel, Voltaire, Chr. Wolff und andere mehr. Die 
Briefe bilden eine unschätzbare Fundgrube für Literatur* 
und Kulturgeschichte, und mancher Biograph oder 
Familienforscher findet dort wertvolles Material Nur 
die Hindernisse, die der Benutzung bisher im Wege 
standen, haben die gebührende Ausbeutung der Briefe 
fast unmöglich gemacht Suchier hat das Verdienst, 
diese Quelle leichter zugänglich gemacht zu haben, 
und die Wissenschaft wird ihm dafür dankbar sein. 

Dr . Koptlke, 


Kleine Mitteilungen. 


Die Arbeiten der römischen Vulgata-Kommission, 
Gegen das Ende des Pontifikats Leo XIII. ist, wie be¬ 
kannt ist, eine Bibelkommission von dem Papst einge¬ 
setzt worden, woraufhin Pius X. im Mai 1907 eine 
Kommission für die Revision der lateinischen Vulgata 
mit dem Abbe Gasquet an der Spitze ernannt hat. 
Mehrere Berichte über die Tätigkeit dieser Vulgata- 
Kommission sind bereits veröffentlicht worden, die in 
einer der letzten Nummern von „The Nation“ zusam¬ 
mengefaßt werden. Weiteres entnehmen wir dem „Athe- 
naeum“. Der zur Zeit von der römischen Kirche auto¬ 
risierte Text der Vulgata ist die Rezension Klemens 
VIII. aus dem Jahre 1592, eine ausgezeichnete Arbeit 
für jene Zeit, die aber selbstverständlich im Lichte der 
gegenwärtigen Bibelwissenschaft nicht bestehen kann. 
Es muß zunächst betont werden, daß die Vulgata-Kom¬ 
mision keineswegs die Absicht hat, das Werk des hei¬ 
ligen Hieronymus zu kritisieren, welcher in den letzten 
Dekaden des IV. Jahrhunderts unter der Autorität des 
Papstes Damasus auf Grund seiner eigenen Forschun¬ 
gen einen Text herstellte, rier an die Stelle vieler da¬ 
mals existierender getreten ist. Allgemein ist anerkannt, 
daß der heilige Hieronymus nicht allein durch sein 
Wissen und seine Geschicklichkeit im höchsten Maße 
dafür prädestiniert war, sondern er hatte auch noch 
solche griechische und andersprachliche Manuskripte 
zur Verfügung und konnte solche andere Informations¬ 
quellen benützen, die seit Jahrhunderten verloren ge¬ 
gangen sind. Die* Manuskripten-Tradition, die ihm 
vorlag, ist viel älter als irgendeines unserer griechi¬ 
schen Manuskripte, von denen das älteste in die Mitte 
des III. Jahrhunderts zu datieren ist. Der Zweck und 
das Endziel der jetzigen, von Pius X. ernannten Kom¬ 
mission ist daher allein der, den Text des heiligen 
Hieronymus so gut wie möglich wieder herzustellen. 
Andere werden natürlich es dann auf sich nehmen, diese 
Version selbst zu kritisieren; denn wie Rahlfs (Göttingen) 
in seinen Septuaginta-Studien nachgewiesen hat, bedarf 
der Text des Hieronymus, selbst nach seiner besten 
Wiederherstellung und trotz der ihm zur Verfügung ge¬ 
standenen Manuskripte und Autoritäten, sehr stark der 
Verbesserung, so daß Rahlfs ihm Sorglosigkeit in der 
Herstellung des Textes hat vorwerfen können. 

Die Kommission hat ihren Sitz in Rom, in dem 
von Leo XIII. errichteten Kloster St Anselmo. Hier 


sind alle Kollationen, die die Mitglieder der Kommission 
selbst gemacht oder sich verschafft haben, unterge¬ 
bracht Um die Vorbereitung einer vollständigen 
Kollation zu erleichtern, ist der ganze clementinische 
Text in großen Bänden gedruckt worden und zwar ohne 
große Anfangsbuchstaben, ohne Paragraphierung und 
ohne Wortabteilung, so daß dieser Druck soweit als 
möglich einem Manuskript gleicht und die Revisoren 
besser in die Lage versetzt sind, mit den existierenden 
Manuskripten zu vergleichen; zwei Drittel der Seiten 
des Drucks sind für Varianten und Anmerkungen frei- 
gelassen. Für die Psalmen ist ein besonderer Druck 
angenommen worden, da Hieronymus drei Versionen 
der Psalmen zu verschiedenen Zeiten medergelegt hat, 
zwei auf der Basis der alten Itala-Übersetzung, die er 
mit Hilfe der Septuaginta korrigierte, und die dritte als di¬ 
rekter Übersetzer aus dem Hebräischen. Die beiden Itala- 
Texte der Psalmen sind in die Mitte der Seite gedruckt, 
die Varianten rechts und links durch einen Strich ge¬ 
trennt, während die dritte Übersetzung separat gedruckt 
worden ist — Eine der ersten Arbeiten der Kommis¬ 
sion war die Vorbereitung eines Katalogs aller lateini¬ 
schen Bibelmanuskripte, die in sämtlichen Bibliotheken 
Europas vorhanden sind, ein Katalog, der nicht allein 
für die gegenwärtige Arbeit der Revisoren, sondern 
für alle Zukunft für das Bibelstudium von Nutzen sein 
wird. Des weiteren ist schon in einer großen Anzahl 
von Bibliotheken die Bibelcodices untersucht worden 
und deren Inhalt beschrieben oder kollationiert. In 
verschiedenen Teilen Europas sind zurzeit 15 Mit¬ 
arbeiter mit solchen Manuskripten und anderen Doku¬ 
menten beschäftigt, die für die Konstituierung eines 
authentischen Textes von Nutzen sind. Um die Pro¬ 
venienz einiger Codices und die Einflüsse, denen sie 
unterworfen waren, festzustellen, ist die Wichtigkeit der 
Capitulae (Inhaltsangaben) allgemein anerkannt. Für 
das Sammeln und Vergleichen dieser Capitulae und 
als eine Unterlage einer Kollaüon derselben ist ein 
Exemplar hergestellt worden, das ihre bedeutendsten 
und typischsten Specimina enthält. 

Die Bedeutung dieser Revision für die Kritik des 
Neuen Testaments und die des Alten Testaments in 
der griechischen und der hebräischen Sprache, na¬ 
mentlich für die der Psalmen, liegt auf der Hand; denn 
der Psalter ist von Anfang an am meisten benützt und 


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Kleine Mitteilungen 


15 


daher auch am meisten publiziert worden, sowohl vor 
wie nach der Erfindung der Buchdruckerkunst. Schon 
Holmes und Parsons haben für ihre große Oxforder 
Ausgabe der Septuaginta (1795 bis 1823) mehr als 
hundert Manuskripte benützt und zurzeit sind mehrere 
Hundert Psalmen-Manuskripte bekannt Dabei ist von 
Interesse zu wissen, daß in Manuskripten der Psalter 
gewöhnlich allein erscheint und nur in ganz wenigen 
Exemplaren mit der ganzen Bibel oder mit dem Neuen 
Testament verbunden abgeschrieben wurde; und da 
man die allgemeine Ansicht hat, daß die Übersetzungen 
von größtem Nutzen für die Kritik der Septuaginta als 
ganzes sind — da mehrere Übersetzungen älter sind, 
als die ältesten griechischen Manuskripte und man 
noch dazu ihren Ursprung fast immer feststellen kann 
— so gilt dies um so mehr von dem Septuaginta-Psalter, 
von dem eine so außerordentlich große Anzahl von 
Manuskripten erhalten sind, ln lateinischer Sprache 
sind von den Psalmen npr eine größere Anzahl von vor- 
hieronymischen oder nichthieronymischen Texten er¬ 
halten; jedoch ist Hieronymus eigene Übersetzung für 
den Text der Septuaginta von großer Wichtigkeit, da 
er selbst zugestanden hat, daß seine Übersetzung nur 
eine eilige Revision der damals allgemein gebräuch¬ 
lichen lateinischen Übersetzung auf Grund der Septua¬ 
ginta gewesen ist — Die Revision der Vulgata ist, wie 
es bei den meisten derartigen Unternehmungen der 
Fall ist, eine viel kostspieligere Sache als man ur¬ 
sprünglich angenommen hat. Größere Fonds sind da¬ 
her erwünscht und werden gesucht. — Selbstverständ¬ 
lich ist die Photographie von der Kommission in wei¬ 
testem Maße benützt worden. Bereits sind 70 Manuskripte 
photographiert in ihrem Besitz. In demletztenBerichteist 
mitgeteilt, daß das Material aus 30 Manuskripten von Exo¬ 
dus gesammelt worden ist, welches die Revisoren instand 
gesetzt hat, gewisse definitive Manuskript-Gruppen her¬ 
zustellen. Zur definitiven Herstellung eines Textes 
müssen natürlich noch eine größere Anzahl Manuskripte 
konsultiert werden. — In den Bibliotheken Spaniens 
hat Dom Donatien De Bruyne die Manuskripte von 
Roda und von Urgel wiedergefunden, die als verloren 
gegangen gegolten haben. Dom De Bruyne betont 
ausdrücklich, daß er in den Bibliotheken Österreichs 
und Deutschlands die Schätze, nach denen er Umschau 
hielt, in sorgfältigster Weise aufbewahrt und katalogi¬ 
siert gefunden hat. Pierpont Morgan hat sein be¬ 
rühmtes Hamüton-Manuskript 251 der Kommission zur 
Kollationierung zur Verfügung gestellt gehabt. In dem 
letzten Bericht ist eine Liste der photographierten oder 
mit gedruckten Bibeln kollationierten Codices und eine 
Mitteilung über den gegenwärtigen Zustand der Ver- 
celli-Evangelien enthalten. -M. 


Internationale Ausstellung für Buchgewerbe und 
Graphik Leipzig 1914. Der Preßausschuß hielt am 
31. Mai im Sachsenzimmer des Buchgewerbehauses 
seine zweite Sitzung ab, in welcher unter anderem 
beschlossen wurde, zur Erlangung eines Plakates für 
die Ausstellung ein allgemeines Preisausschreiben 
ergehen zu lassen. Die Bedingungen für diesen Wett¬ 
bewerb sind aufgestellt und sie werden in kürzester 


Zeit zum Versand kommen. Es ist ein Preisgericht 
gebildet, das aus sieben deutschen Künstlern besteht 
An Preisen sind ausgeworfen für den ersten Preis 
M. 2000.—, für den zweiten Preis M. 1000.—, für den 
dritten und vierten Preis zusammen M. 1000.—. Die 
Plakatentwürfe sind bis 30. September an die Geschäfts¬ 
stelle der Ausstellung einzusenden. Es dürfte eine 
rege Beteiligung zu erwarten sein, um so mehr, als es 
sich um eine internationale Fachausstellung für die 
graphische Kunst und das gesamte Buchgewerbe 
handelt. Weiterhin beschloß der Presseausschuß, 
einstweilen eine Schriftsiegelmarke herstellen zu lassen. 
Zu diesem Zweck wird unter Schülern der Akademie 
für graphische Künste und Buchgewerbe in Leipzig 
ein engerer Wettbewerb stattfinden. Die Siegelmarke 
soll in kürzester Zeit in einer großen Auflage 
erscheinen. Später sollen neue Siegelmarken und 
zwar möglichst für jede an der Ausstellung beteiligte 
Gruppe ein besonderes Sujet, ausgegeben werden. 

Zwischen den „acta diurna“, den öffentlichen und 
regelmäßig durch Anschlag bekanntgegebenen Nach¬ 
richten Caesars, zu denen auch Parlamentsberichte d$s 
römischen Senats gehörten, und den „drahtlosen“ 
Bordzeitungen der Ozeandampfer unserer Tage liegt 
die Entwicklung der „Presse". Von den primitiven 
Holzschnitten des Mittelalters, die über Mord, Krieg 
und Pestilenz berichteten und zuweüen auch rein 
literarische und künstlerische Erzeugnisse in die breite 
Masse trugen, bis zu der photographischen Bericht¬ 
erstattung und den wundervollen farbigen Reproduk¬ 
tionen von heute — welch ein gewaltiger Fortschritt! 
Von den „Meßrelationen“ des XVI. und XVII. Jahr¬ 
hunderts, deren Herstellung und Vertrieb Wochen 
erforderte, bis zu unsem mehrmals am Tage erscheinen¬ 
den großen politischen Zeitungen, die für eine Aus¬ 
gabe Papier kilometerweise gebrauchen und zuver¬ 
lässige Nachrichten bringen über Vorgänge, die erst 
wenige Stunden vorher sich ereignet haben — welch 
ein fortwährendes Spiegelbild des politischen, geistigen 
und materiellen Lebens der Nationen; welch eine 
Fülle von Dokumenten der Kulturentwicklung der 
Menschheit bietet die Presse und ihre Geschichte! 

Um so seltsamer ist es, daß auf all den vielen 
Ausstellungen der letzten Jahrzehnte bisher noch nie¬ 
mals eine zusammenhängende, erschöpfende Dar¬ 
stellung des gesamten Zeitungswesens geboten worden 
ist, aus der seine gewaltige Bedeutung als Kultur¬ 
faktor und Spiegel der Kultur für jedermann ver¬ 
ständlich wurde. Zum erstenmaf wird die Presse als 
geschlossenes Ganzes auf der Internationalen 
Ausstellung für Buchgewerbe und Graphik in Leipzig 
1914 in umfassender Weise in Erscheinung treten. 
Hier wird in dem großen Rahmen dieser das gesamte 
Buchgewerbe und die graphischen Künste darstellen¬ 
den, von allen Kultumationen beschickten Ausstellung 
in einer eigenen großen Gruppe „ Das Zeitungs- und 
Nachrichtenwesen die Bekanntmachungs- und Werbe - 
mittet* zur Vorführung gelangen. In fünf Klassen 
gelangen zur Darstellung: Die Geschichte der Ent¬ 
wicklung des Zeitungs-, Nachrichten- und Bekannt¬ 
machungswesens, Tageszeitungen und Zeitschriften 


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Kieme Mitteilungen 


aller Art, Nachrichtendienst, Femschreib- und Fem- 
druckwesen, Illustrierte Zeitschriften, Fachpresse, Re¬ 
klamedrucksachen, Bekanntmachungs- und Werbe¬ 
mittel 

Da die Ausstellung unter der Mitarbeit erster 
Fachleute in Leipzig, der Hochburg des Buchgewerbes 
und des Buchhandels, stattfindet, so darf erwartet 
werden, daß, wie das gesamte Unternehmen in allen 
seinen Teilen, so auch das Zeitungswesen eine er¬ 
schöpfende Darstellung erfahren wird. Der Verband 
deutscher Zeitungsverleger hat der Ausstellungsleitung 
seine Sympathie ausgedrückt und ihr mitgeteilt, daß 
er die Ausstellung nach jeder Richtung hin unter¬ 
stützen werde. Es ist nun Aufgabe der Presse selbst, eine 
für Fachleute wie Laien belehrende und interessante 
Ausstellung des gesamten Pressewesens zu organisieren, 
und es darf nach den bereits vorliegenden Äuße¬ 
rungen aus ihren Kreisen angenommen werden, daß 
eine erschöpfende und glänzende Presseausstellung 
zustande kommen wird. 

Der Minister der auswärtigen Angelegenheiten 
der französischen Republik hat dem Direktorium der 
Internationalen Ausstellung für Buchgewerbe und 
Graphik Leipzig 1914 durch das französische Konsulat 
in Leipzig die offizielle Mitteilung zugehen lassen, daß 
die französische Regierung das Protektorat über die 
französische Abteilung der Internationalen Ausstellung 
Leipzig 1914 übernommen hat. Das französische Komi¬ 
tee hat inzwischen unter dem Vorsitz des President du 
Cercle de la libraire et du Syndicat des editeurs M. Lucien 
Layus seine Arbeit aufgenommen. Dem Komitee gehören 
weiter 26 Mitglieder an, unter anderm auch die Prä¬ 
sidenten des Comitö Fran^ais des Expositions ä 
l’Etranger: MM. Emile Dupont und Alphonse Pinard. 
Eine großzügige Beteiligung Frankreichs an der Aus¬ 
stellung Leipzig 1914 steht hiernach in sicherer Aussicht. 


Ein amerikanisches Theater-Museum. Herr 
Brander Matthews handelt in dem letzten „Columbia 
University Quarterly“ von dem Dramatischen Museum 
der Universität Columbia und stellt sich dabei auf den 
Standpunkt, daß weder in Amerika, noch in Europa 
etwas Ähnliches existiert. Er weiß also nichts von dem 
Münchner Theater-Museum, das bereits den gleichen 
Zweck erfüllt und später noch mehr zu erfüllen be¬ 
stimmt sein wird, wie das Dramatische Museum der 
Universität Columbia. Auch das Münchner Museum 
wird seinen zukünftigen Hauptzweck darin finden, 
Gegenstände der Gegenwart und der Vergangenheit, 
die mit der dramatischen Kunst in Zusammenhang 
stehen, aufzunehmen: bereits sind 25 Modelle von The¬ 
atern und eine reiche stets vergrößerte Bibliothek von 
Büchern und Abbildungen in dem Clara Ziegler-Haus 
an der Königinstraße in München vorhanden, die den 
durch das Geschenk der Stifterin anfangs in den Vor¬ 
dergrund getretenen Personalkult zugunsten des The¬ 
atergeschichtlichen und des aktuellen Theaters mehr 
und mehr zurückdrängen. — Im Jahre 1878 war in 
Frankreich der Beginn mit einer Art Theater-Museum 
auf der großen Pariser Ausstellung gemacht worden; 
diese Sammlung ist dann in die Bibliothek der Großen 


Oper übertragen worden. Ein von dem Ministerium 
des Unterrichts und der schönen Künste veranlaßter 
Katalog derselben ist von großem Wert. 

Unter anderem war damals die Rekonstruktion des 
römischen Theaters von Orange und das Modell der 
Szene des im Jahre 1547 in Valenciennes aufgeführten 
Mysterienspiels ausgestellt: links das Paradies, auf der 
äußersten Rechten die Hölle; einfache Strukturen 
führen von dem einen Teil zum andern, die Nazareth, 
den Tempel, Jerusalem, den Palast des Herodes, das 
Haus des Hohen Priesters, den See von Galiläa, das 
Goldene Tor und den Aufenthaltsort der Heiligen 
Väter vor der Hölle darstellten oder wenigstens ahnen 
lassen sollten. Ein genaues Duplikat dieses Modells 
des Mysteriums von Valenciennes wurde der Colum¬ 
bia-Universität übergeben; und von diesem ersten und 
einzigen Modell aus hat sich ein bereits für das Studium 
der dramatischen Kunst beachtenswertes Theater-Mu¬ 
seum entwickelt. Ein zweites Modell im Besitz des Co¬ 
lumbia-Museums stellt das im Jahr 1639 von Richelieu 
erbaute Pariser Palais-Royal-Theater vor. Nach und 
nach wurde Kupferstich- und Photographiematerial 
angeschafift; und vor einigen Jahren, als das Departe¬ 
ment für englische und vergleichende Literatur in das 
Philosophiegebäude der Columbia-Universität überführt 
wurde, wurde eine systematische Ausbildung des in 
zwei großen Räumen untergebrachten Theater-Muse¬ 
ums der Universität ins Werk gesetzt. Der eine Raum 
enthält eine spezielle dramatische Bibliothek von mehr als 
1000 Bänden. Nur was auf die dramatische Kunst Be¬ 
zug hat, ist hier untergebracht Dazu tritt eine Spezial¬ 
sammlung von 500 Stücken amerikanischer dramati¬ 
scher Autoren und 200 Bände, die speziell auf Sheridan 
Bezug haben. Der Bibliotheksraum führt direkt zu 
dem Modellraum, in dem außer den beiden genannten 
großen Modellen auch das Modell einer Aufführung 
der Episode der Arche Noah in einem Mysterienspiel 
der Schiffsbauergilde in einer mittelalterlichen engli¬ 
schen Stadt aufgestellt ist. Ferner besitzt man im Mo¬ 
dell den Hof von Tudor-Inn mit seinen herumlaufen¬ 
den Galerien, von denen Zuschauer auf eine Plattform 
blicken, auf der eine Moralität, the „Nice wanton“, 
spielt. Das fünfte Modell, das bis jetzt wichtigste im 
Besitz des Columbia-Museums, ist gemäß dem in 
Halliwell-Philipps „Outlines of the life of Shakespeare“ 
gedruckten Kontrakt hergestellt, den Allen und Hens- 
lowe einerseits und der Zimmermann Peter Street an¬ 
dererseits im letzten Jahre des XVI. Jahrhunderts für 
den Bau des Fortune-Theaters abgeschlossen haben. 
Zwei englische Autoritäten, der Architekt Walther H. 
Godfrey und der bekannte Theater-Schriftsteller William 
Archer, hatten schon früher Pläne und Querschnitte 
des Fortune-Theaters nach diesen Kontrakten ausge¬ 
führt und nunmehr ist von James P. Maginnis ein 
großes Modell hergestellt worden, das alle Details des 
Kontraktes aufgenommen hat und den Einblick in das 
Innere gewährt. Die hohe Bedeutung dieses Modells 
liegt darin, daß das Fortune-Theater dem Globe-The- 
ater, für das Shakespeare seine Stücke schrieb, durch¬ 
aus geglichen hat. Als weitere Modelle sind in Aus¬ 
sicht gestellt, aber noch nicht in Ausführung gebracht: 


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Kleine Mitteilungen 


1. das Dionysos-Theater in Athen, gemäß Dörpfeld, 

2. das römische Theater zu Orange nach der 

Restauration von Caristie, 

3. ein Madrider Theater aus der Zeit Lope de 

Vegas und Calderons, 

4. das sogenannte Antike Theater des Palladio zu 

Vicenza mit seinen illusionsreichen Straßen¬ 
perspektiven, 

5. der Bühnenapparat, den die italienische Masken- 

komödie gebrauchte, und 

6. das Dr-ury Lane-Theater in London im Jahre 

1795 bei der Erstaufführung von Sheridans 

„Lästerschule“. 

Zur Rekonstruktion der genannten Theater sind 
Abbildungen bereits gesammelt Auch für andere Sta¬ 
dien in der Entwicklung von Theaterbau und Bühnen¬ 
ausstattung sollen Modelle geschaffen werden, zum 
Beispiel von der erstmaligen Anwendung von wirklichen 
Wänden und Bedeckungen eines Zimmers in einem 
bürgerlichen Stück (Boucicaults „London assurance“ 
1841) oder von der Art, wie früher die Schauspieler, 
an der Rampe in einer Reihe stehend, miteinander 
konversierten, während sie jetzt, auf Szenerie und 
Bühneneinrichtungabgestimmt,sichinnatürlicherWeise 
bei der Konversation geben. Auch die Ursachen, wieso 
die Franzosen dazu gekommen sind, die italienische 
Theorie der Einheit des Schauplatzes anzunehmen, 
während gleichzeitig in Spanien und England der Sze¬ 
neriewechsel fast im Übermaße praktisch war, können 
durch ein Modell repräsentiert werden, welches auf der 
Pariser Ausstellung vom Jahre 1878 figurierte. Hardys 
Drama „La folie de Clidamant“, das im ersten Viertel 
des XVI. Jahrhunderts im Hotel de Bourgogne in Paris 
aufgeführt wurde, hielt noch an der mittelalterlichen 
Tradition fest, wonach alle Phasen einer Handlung 
zusammen ihren szenischen Hintergrund hatten. 
Hier sah der Zuschauer beständig und nebeneinander 
einen Palast im Hintergrund vor sich, auf dessen einer 
Seite ein großes Schiff im Meere zu schwimmen schien, 
von dem sich die Heldin in das Wasser zu stürzen 
hatte, und auf dessen anderer Seite ein großes Schlaf¬ 
gemach lag. Bei einer so wenig zusammenhängenden 
Bühnenausschmückung war es natürlich, daß sich das 
Publikum lieber mit der Einheit des Schauplatzes ab¬ 
fand. — Das graphische Material, das die ganze Ge¬ 
schichte des Theaters behandeln soll, ist ebenfalls bereits 
reich in dem Columbia Dramatic Museum enthalten. 
Man sieht Schauspieler in Kostümen der Periode, The¬ 
ateransichten von innen und von außen, Aufführungen 
in geschlossenem Raum und in freiem Licht, Masken, 
Porträts dramatischer Autoren usw. Speziellen Wert 
legt der Leiter des Museums noch darauf, Regie- und 
Souffleurbücher zu erhalten, die er für unschätzbar hält 
nicht allein wegen der darin enthaltenen spezifizierten 
Regieangaben, sondern auch wegen der Entwicklungs¬ 
geschichte in der Art der Aufführung, die sich aus 
solchen Regie- und Souffleurbüchem erkennen läßt. 
Denn diese Regiebezeichnungen sind oft von einem 
Schauspieler irgend einmal erfunden und dann von 
Generation zu Generation in ganz traditioneller Weise 
fortgepflanzt — Die „New York Public Library“, die 


159 

den Studierenden des ja ebenfalls in New York liegen¬ 
den Columbia Dramatic Museum bequem zur Ver¬ 
fügung steht, besitzt bereits durch das Legat des ver¬ 
storbenen George Becks dessen Sammlung von Regie- 
und Souffleurbüchern, die 3000 Exemplare umfaßt und 
zweifellos eine der größten existierenden derartigen 
Sammlungen ist, wenn wir von den Bibliotheken einiger 
deutschen Hoftheater absehen. M, 


Der Deutsche Verlegerverein hat auf seiner letzten 
Hauptversammlung Anfang Mai in Leipzig folgende 
Resolution angenommen, die sich gegen die Aus¬ 
beutung von Schriftstellern und DÜettanten durch ge¬ 
wisse Verleger wendet: „Die Hauptversammlung des 
Deutschen Verlegervereins teilt einmütig das im Jahres¬ 
bericht ausgesprochene Urteil über die in jüngster 
Zeit entschleierten Geschäftspraktiken seiner Mitglieder 
Richard Lincke in Firma E. Piersons Verlag in Dres¬ 
den und Kurt Wigand in Firma Modernes Verlags - 
bureau Kurt Wigand in Berlin und Leipzig und 
bittet seinen Vorstand auf Mittel zu sinnen, wie der 
Deutsche Verlegerverein solcher Mitglieder ledig wer¬ 
den kann.“ 

In einem offenen Briefe wendet sich Herr Kurt 
Wigand gegen diese Resolution. Offenbar in der 
Erkenntnis, daß sich seine Manipulationen nicht ver¬ 
teidigen lassen, zieht es Herr Wigand vor, die Ope¬ 
rationsbasis ein wenig zu verändern und den Angriff 
als gegen den Kommissionsverlag überhaupt gerichtet 
zu betrachten. Wie weit er sich damit von den zur 
Erörterung stehenden Fällen entfernt, ergibt der Wort¬ 
laut der in Frage stehenden Resolution, die sich in 
klaren, unzweideutigen Worten nur gegen die Geschäfts¬ 
praktiken der genannten Firmen, nicht aber gegen 
den Kommissionsverlag an sich wendet. Denn es 
gibt und hat immer Gründe gegeben, die es dem 
Verleger oder Autor wünschenswert erscheinen lassen, 
ihr geschäftliches Verhältnis auf eine andere Grund¬ 
lage als die eines regulären Verlags Vertrags zu stellen, 
und es hätte dps Hinweises auf zwei angesehene Ver¬ 
lagsfirmen wie Duncker & Humblot und Puttkammer 
& Mühlbrecht nicht bedurft, um diese Notwendigkeit 
darzutun. Aber auch wenn es richtig wäre, daß diese 
Firmen „fast alle ihre juristischen, nationalökonomischen 
usw. Monographien auf Kosten der Autoren verlegen“ 
— was wir entschieden bestreiten — so gilt doch ge¬ 
rade hier der Satz, daß, wenn zwei dasselbe tun, es 
noch lange nicht dasselbe ist. Nicht in dem Sinne, 
den Herr Kurt Wigand anscheinend unterstellt, daß 
man nämlich bei großen Firmen verzeihlich findet, 
was kleinen als Verbrechen angerechnet wird, sondern 
in der unterschiedlichen Art, wie diese Firmen ihr 
Verhältnis zu den Autoren auffassen und den von 
Herrn Wigand betätigten Geschäftsgrundsätzen. 

In seiner Jugend Maienblüte hat sich auch Herr 
Wigand, wie er schreibt, zu anderen Auffassungen 
als heute bekannt und sich erst dem Kommissionsverlag 
verschrieben, als seine dem Eigenverlag zugewandte 
Tätigkeit mit erheblichen materiellen Verlusten für ihn 
endigte. Das beweist immer eine gewisse Entwicklungs¬ 
fähigkeit und läßt den Schluß zu, daß auch seine 


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i6o 


Kleine Mitteilungen 


Erkenntnis von heute, die im Kommissionsverlag das 
Allheilmittel gegen geschäftliche Verluste sieht, nicht 
der Weisheit letzter Schluß ist- Denn wie das Schick¬ 
sal des Piersonschen Verlages zeigt, vermag auch der 
Kommissionsverlag weder Leibrenten zu gewähren, 
noch vor Verlusten zu schützen. Und wenn Wigand 
in seinem Zirkular die Frage aufwirft: „Wo wollen 
Sie angesichts des heutigen Existenzkampfes, dessen 
fortwährende beängstigende Steigerung wohl auch 
dem Blödesten verständlich wird, die Grenze machen (!) 
zwischen guten verlegerischen Sitten und dem Gegen¬ 
teil?“, so wird ihm sein eigenes Gewissen die rechte 
Antwort darauf geben, auch wenn er es mit falsch 
verstandenen volkswirtschaftlichen Phrasen einzulullen 
sucht und sich anstellt, als ob er so wenig wie ein 
anderer wisse, was man unter geschäftlichem Anstand 
versteht. Denn nicht den Kommissionsverlag macht 
man ihm zum Vorwurf, trotzdem er nicht wenig zu 
der „beängstigenden Steigerung“ und dem Tiefstand 
unserer literarischen Produktion beiträgt, sondern die 
Art und Weise, wie er ihn betreibt und dadurch 
seinen Beruf und seine Berufsgenossen in den Augen 
anderer herabsetzt. Ein solches Verhalten läßt sich auch 
dann nicht rechtfertigen, wenn es tatsächlich zu ge¬ 
schäftlichen Erfolgen führen sollte, was noch von 
keiner Seite bewiesen ist Kein Mensch wird von 
einem Verleger verlangen, daß er um seiner Ideale 
willen sich auf geschäftlich unrentable Unternehmungen 
einläßt aber ebensowenig wird man es billigen kön¬ 
nen, wenn von Einzelnen Anschauungen in einen Be¬ 
ruf hineingetragen werden, die als unvereinbar mit 
seinem Wesen angesehen werden müssen. Unverein¬ 
bar auch, weil sie nicht nur den eigenen materiellen 
Erfolg hintanhalten, sondern auch den Anderer be¬ 
einträchtigen müssen. Denn wenn Herr Wigand, der 
sich auf sein „realökonomisches Verständnis für kom¬ 
merzielle Geschehnisse“ so viel zugute tut, einmal 
etwas tiefer zu den Quellen hinabsteigen würde, aus 
denen auch im Verlagsbuchhandel der Erfolg fließt, 
so würde er Anden, daß die besten Verleger noch 
immer diejenigen gewesen sind, die über ihren eigenen 
Interessen auch die der Autoren und des Publikums 
nicht vergessen haben. In seine Sprache übersetzt: 
es ist nicht nötig, anständig zu sein um der Anständig¬ 
keit willen, sondern weil sie „das bessere Geschäft“ ist. 

( Börsenblatt ). 


Englische , auf dem Kontinent gedruckte Bücher in 
der Rejormationsseit. Eine der interessantesten noch 
zu lösenden Mystiflkationen auf dem Gebiete der Ge¬ 
schichte der Buchdruckerkunst ist die Frage nach dem 
wirklichen Ursprung einer Anzahl zwischen 1528 und 
1535 auf dem Kontinent publizierter englischer Bücher, 
welche aus der Presse des )y Hans Luft aus Marburg“ 
zu kommen vorgeben. Preserved Smith handelt dar¬ 
über im „The Nation“ vom 16. Mai. Hans Luft war 
einer der führenden Drucker zu Wittenberg. Aus 
diesem und anderen Gründen haben die Historiker der 
Reformationszeit die Ansicht gefaßt, daß die Araglichen 
Bücher, welche — wenn nicht alle, doch zum größten 
Teil — von Tyndale herrühren, weder von Hans Luft, 


noch zu Marburg gedruckt worden sein konnten. Aber 
ein sicherer Druckort war bis jetzt noch nicht nach¬ 
zuweisen, wenn auch jüngst R. Steele die Bücher mit 
der Kolonie englischer Reformatoren zu Antwerpen zu 
verknüpfen suchte. Pollard ist geneigt zu glauben, 
daß Fox recht hat, wenn er annimmt, daß eines dieser 
Bücher, Tyndales Übersetzung des Pentateuch, zu 
Hamburg gedruckt wurde, wohin die Typen von Ant¬ 
werpen verschickt sein sollten. Smith ist nunmehr der 
Ansicht, daß drei dieser Bücher „aus der Presse des 
Hans Luft“ in Köln gedruckt worden sind. Die Titel 
dieser Bücher sind: 

1. The obedience of a Christen man and how 
Christen rulers ought to ’governe . . . (Colophon:) At 
Marlborow in the lande of Hesse The seconde daye of 
October. Anno MCCCCC, xxvüj, by me Hans Luft, 

2. An Exhortation to the dUigent studye of scrip- 
ture made by Erasmus Roterodamus and translated 
into inglissh. An Exposition in to the seventh chaptre 
of the flrst pistle to the Corinthians. (Colophon:) At 
Marlborow in the londe of Hesse. MDXXIX. xx daye 
Junü. By me Hans Luft . 

3. A pistle to the Christian reader. The Revelation 
of Antichrist Anthithesis wherein are compared togeder 
Christus actes and our holye father the Popes. (Colo¬ 
phon :) At Marlborow in the land of Hesse, xij day of 
Julye Anno MCCCCC xxix, Hans Luft . 

Alle diese Bücher tragen einen auffälligen Holz¬ 
schnitt als Titelblatt, auf dem vier Gruppen von je 
drei Frauen, welche als die Grazien mit der griechischen 
Bezeichnung genannt sind, auftreten. Dieses Kunst¬ 
werk rührt von Anton Wönsam aus Worms her, der 
von 1518 bis 1541 zu Köln tätig war. Der Holzschnitt 
war zuerst in „Johan Dytenbergü theologi contra Mar¬ 
tini Lutheri de votis monasticis Judicium,“ soweit be¬ 
kannt ist, benützt, welches im Jahre 1523 durch Cervi- 
com (Hirschhorn) zu Köln publiziert wurde. In einer 
etwas geänderten Form, welche auf einen neuen Holz¬ 
schnitt schließen läßt, gebraucht ihn auch ein Antwer- 
pener Drucker im Jahre 1529. In seiner Originalform 
kömmt es weiter in folgenden Werken vor: 

1. A. Gellii.Noctes Atticae. Coloniae. 

Opera et Impensa Joannis Soteris. 1526. 

2. G. Budai« altera aedido annotadonum in Pan- 
dectas. Coloniae. J. Soter. Mense Februario. 1527. 

3. G. Budai Annotadones priores in Pandectas — 
J. Soter — Mense Aprile. 1527. 

Angesichts dieser Tatsachen ist es höchst wahr¬ 
scheinlich, dass die fraglichen drei englischen Bücher 
zu Köln und zwar durch Soter gedruckt worden sind. 
Durch eine Prüfung des Inhalts des zweiten der oben 
aufgeführten englischen Werke im Licht der damaligen 
Zeitgeschichte kann Bekräftigung für diese Ansicht ge¬ 
holt werden. Es ist eine Übersetzung von zwei ver¬ 
schiedenen Streitschriften, von des Erasmus „Para- 
clesis id est adhortado ad chrisdanae philosophiae 
Studium“ (1516, zuerst und dann häufig noch gedruckt) 
und von Luthers „Das siebend Capitel S. Pauli zu den 
Corinthem ausgelegt“ (Wittenberg 1523.) Dieses Werk 
rief in Köln eine solche Erregung hervor, daß die 
Universität einen ihrer Professoren Conrad Köllin mit 


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Kleine Mitteilungen 


seiner Beantwortung betraute. Der erste Teil der Re¬ 
plik wurde zu Köln 1527 unter dem Titel „Eversio 
Lutherani Epiihalamii“ gedruckt, der zweite Teil kam 
zu Tübingen 1530 als „Adversus caninas Martini Lu- 
theri nuptias“ heraus. — Es ist leicht möglich, daß 
dieses die Aufmerksamkeit des Übersetzers von Luthers 
Exposition erregte und daß gleichzeitig die feindselige 
Umgebung zu Köln ihn des Reformators Namen unter¬ 
drücken ließ. Ein zweiter Grund für Köln gegen Ant¬ 
werpen mag in dem Umstand liegen, daß die refor- 
matorische Bewegung in Antwerpen nach dem Reichs¬ 
tag von Worms durch die Inquisitoren niedergetreten 
wurde, welche die Führer der Bewegung, Probst und 
Grapheus, gefangen setzten. In Köln dagegen bestand 
eine starke protestantische Partei, welche sich für An¬ 
nahme des lutherischen Glaubens bereitmachte, und 
zu dieser gehörten mehrere Drucker, wie z. B. der¬ 
jenige, der Tyndales Neues Testament im Jahre 1525 
zu drucken begann. 

Die drei englischen Bücher verdienen ein genaueres 
Studium. Das erste rührt sicher von William Tyndale 
her und ist so durch und durch lutheranisch, daß es 
sich wie eine Übersetzung von Luthers eigenen Wor¬ 
ten liest, deren Original Smith aber noch nicht identi¬ 
fizieren konnte. Das dritte Buch, eine Adaptation von 
Luthers „Passional Christi et Antichrist“ 1521, ist eben¬ 
falls von Tyndale. Auch das zweite Buch ist ihm wohl 
zuzuschreiben, obwohl es manchmal als das Werk von 
Tyndales Genossen Friar Roy angenommen wurde. — 
Smith Schlüsse werfen viel Licht auf das dunkle letzte 
Viertel von Tyndales Leben, nämlich die Zeit, die er 
in Deutschland zubrachte. Es ist dann klar, daß er 
Teile der Jahre 1528, 1529 zu Köln in tiefes Studium 
der lutherischen Werke versenkt war. Smith hat-sich 
durch ein genaues Studium der allerdings nicht reich 
fließenden Quellen von Tyndales Leben überzeugt, daß 
die oft wiederholte Konstatierung, daß Tyndale jemals 
zu Wittenberg oder zu Marburg in Hessen geweilt hat, 
auf einem Irrtum beruht *M. 


Bücherrangierung an Bibliotheken . An vielen 
Bibliotheken liegen heute Bücher begraben, die an 
anderen entbehrt werden oder doch wenigstens ge¬ 
braucht werden könnten. Meines Erachtens läge es im 
Interesse des Bildungswesens, wenn die Bibliotheken 
das starre Eigentumsprinzip aufgeben und diese Bücher 
unter sich an die richtige Stelle'rangieren würden. Der 
Preis könnte abgeschätzt, Preisdifferenz und Unkosten 
könnten unter den Bibliotheken verrechnet werden. 

Auch für Schenkungen kommt dieses Rangierver¬ 
fahren in Betracht. Meines Erachtens sollte bei diesen 
jede Bibliothek nicht bloß das, was sie gebrauchen 
kann, sondern alles, was irgendeine am Rangierverkehr 
beteiligte Bibliothek gebrauchen könnte, annehmen 
und an die richtige Stelle befördern. Die Unkosten 
könnten entsprechend verrechnet werden. 

Die Bekanntmachung der Rangierbestände könnte 
in den Fachzeitschriften erfolgen. G. Heye (Erfurt). 


IÖI 


Bei der Tagung des Deutschen Werkbundes in 
Wien im Juni dieses Jahres überreichte die Offizin 
W. Drugulin in Leipzig den Teilnehmern einen Privat¬ 
druck, betitelt „Die drei Ausdrucksformen der deutschen 
Schrift: Textur — Schwabacher — Fraktur“. Der Ver¬ 
fasser F. H. Ehmcke gibt darin, unterstützt von zahl¬ 
reichen instruktiven Beispielen, eine Geschichte der 
Fraktur, die mit den merovingischen Königsurkunden 
einsetzt und bis zu dem neuesten Versuch, der neuen, 
für Drugulin geschaffenen Ehmcke-Fraktur reicht. Es 
versteht sich von selbst, daß das lehrreiche Büchlein 
in dieser malerischen und doch gut lesbaren Schrift 
gesetzt ist. 


The DüsseldorfArtisis Album: ein Unikum? Unter 
dieser Überschrift hat Herr Stadtbibliothekar Dr. 
Constantin Nörrenberg in Düsseldorf in dieser Zeit¬ 
schrift (N. F. II S. 371/2) über eine englische Variante 
des Düsseldorfer Künstler-Albums berichtet, die tat¬ 
sächlich von außergewöhnlicher Seltenheit sein muß. 
Interessierte Kreise werden sich über die Nachricht 
freuen, daß ich aus dem Nachlaß FerdinandFreiligraths t 
der von den Erben lediglich aus materiellen Gründen 
nach New York zur Versteigerung geschickt wurde, 
ein Exemplar dieses Albums erworben habe, das nun 
wahrscheinlich auch den Anspruch eines Unikums 
erhebt. Obwohl es sich nämlich um dieselbe Publi¬ 
kation handelt, sind doch Abweichungen zu konsta¬ 
tieren. Ich gebe eine genaue Kollation meines Exem- 
plares: 

Umschlagtitel, in Rot, Grün und Gold gedruckt) 
1854 

Düsseldorfs Artists-Album 
Poesie 
London 

Trübner & Co. 12 Patemoster-row. 


ln der Pariser Nationalbibliothek wurde eine 
Rousseau-Ausstellung eröffnet, die an die 200jährige 
Wiederkehr des Tages der Geburt des berühmten 
französischen Schriftstellers erinnern soll. Jean-Jacques 
Rousseau ist bekanntlich am 28. Juni 1712 geboren. 
Die Ausstellung dauert sechs Wochen und kann alle 
Montage und Donnerstage von zehn bis vier Uhr besucht 
werden. Sie umfaßt alle bibliographischen Schätze, 
die die Nationalbibliothek von Rousseau besitzt, Original¬ 
ausgaben seiner Werke, Manuskripte, Musikstücke, die 
er komponierte, sowie eine Anzahl Porträts und Zeich¬ 
nungen, die ihn darstellen. Unter den wertvollen 
Büchern sind besonders zu nennen eine Ausgabe des 
„Discours sur les Sciences et les arts", der im Jahre 
1750 von der Akademie in Dijon preisgekrönt wurde; 
ferner der „Nouveau Didale t% % das erste Werk Rousseaus, 
erschienen im Jahre 1742. Von dem ersterwähnten 
„Discours“ ist auch das Manuskript ausgestellt, das 
die Nationalbibliothek besitzt Von den Musikwerken 
Rousseaus ist das Manuskript von „ Daphnis et Chlof* 
eins der interessantesten. Erwähnt sei schließlich ein 
schönes Exemplar des „ Devin de village“, das der 
Königin Marie-Antoinette gehörte und deren Wappen 
trägt _ 


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1Ö2 


Kleine Mitteilungen 


Es folgt ein von Nörrenberg nicht erwähntes leeres 
Blatt, das unbedingt zum Exemplar gehört und jeden¬ 
falls im Düsseldorfer Exemplar nicht vorhanden ist 
Sodann ein weisses Titelblatt 

The Düsseldorf Artists Album 
Edited & Translated By 
Mrs. Mary Howitt, With Original 
Contributions by Various English Poets 
Düsseldorf Amz & Comp. 1854. 

Man vergleiche diesen weißen Titel mit dem von 
Nörrenberg am angeführten Orte beschriebenen des 
Düsseldorfer Exemplares und man wird folgende Un¬ 
terschiede finden. Es fehlt dort das „Mrs.“, ferner ist 
beim Düsseldorfer Exemplare das Wort „and“ vor¬ 
handen, bei meinem durch Zeichen markiert. Sodann 
ist in meinem Exemplar der Name des tatsächlichen 
Verlegers angegeben. Der dritte, bunte Titel meines 
Exemplars lautet. 

Düsseldorf Artists Album. 

Ganz unten in kleiner Schrift steht C. Scheuren fec. 
und darunter 

Litt. Inst, von Amz & Co. Düsseldorf. 

Auch in meinem Exemplare tragen vier Blätter 
links unten den Vermerk Mouilleron lith. und rechts 
Imp. Lemercier Paris. Auch trägt die letzte Seite den 
Druckvermerk. Es folgt dann wieder ein von Nörren¬ 
berg nicht erwähntes Blatt. In meinem Exemplar 
sind auch die Tafeln auf stärkerem Papier gedruckt. 
Vom Düsseldorfer Exemplar liegt darüber keine Notiz 
vor. Auch ist mein Exemplar fest geheftet und nicht 
lose eingelegt, doch befindet es sich unter allen Um¬ 
ständen im Originalzustande, ist wolil kaum je gelesen 
und ist, von einzelnen Stockflecken abgesehen, schön 
zu nennen, die Lithographien in scharfen Abdrücken, 
speziell das Richtersche Blatt. 

Es würde nun zu ermitteln sein: Woher stammt 
diese Seltenheit und wie kommt es, daß, nachdem 
nun endlich zwei Exemplare aufgetrieben sind, diese 
ebenfalls noch voneinander ab weichen. Ich glaube, die 
Antwort ist nicht schwer. Amz & Co. genossen ihrer 
Zeit einen bedeutenden Ruf und es ist zu erwarten, 
daß sie auch bestrebt gewesen sind, sich größere Ab¬ 
satzgebiete zu verschaffen. Mary Howitt, eine damals 
vielgelesene Dichterin, welche sich lange in Deutsch¬ 
land aufgehalten hat, wird die Düsseldorfer Albums 
wohl gesehen und dabei den Plan gefaßt haben, für 
England eine solche Publikation zu schaffen. Amz & 
Co. werden dazu bereit gewesen sein und haben, 
während der dritte Jahrgang des deutschen Albums 
erschien, an einer englischen Ausgabe gearbeitet. 
Während der Drucklegung sind voraussichtlich Schwie¬ 
rigkeiten entstanden, auch wohl Ratschläge erteilt 
worden (darauf lassen die verschiedenen Titel und 
die Angabe der Impr. Paris auf vier Platten schließen). 
Man hat infolgedessen nur wenige Probeexemplare her- 
steilen und diese der Herausgeberin und einzelnen 
Autoren zugehen lassen, zwecks Gutachten; das Werk 
auch wohl angekündigt, aber bald gemerkt, daß es 
kein Erfolg sein würde. So ungefähr denke ich mir 
den Hergang. Freiligrath war mit Howitts sehr intim 
befreundet, beide sandten ihm stets Exemplare ihrer 


Werke. Mary Howitts hat es also wohl auch in diesem 
Falle getan, und so ist das Exemplar erhalten geblieben. 
Daß die Publikation jemals in den Handel gekommen 
ist, halte ich für ganz ausgeschlossen, sonst hätte sich 
auch in der zeitgenössischen Buchhändler-Fachliteratur 
etwas darüber nachweisen lassen. Arnz & Co. haben 
später resolut die Impr. auf den vier Blättern weg¬ 
radiert und die deutsche Ausgabe veranstaltet — Mein 
Exemplar steht zum Verkauf. 

New York City Chas. Fred Heartmann. 

14 7 East 22. Street 


Buchdruckausstellung in London. Zur Zeit findet 
in London in der „Central School of Art and Crafts“ 
in Southampton Row eine Ausstellung statt, welche 
gemäß dem „Athenaeum 1 * einen vollständigen Erfolg 
eines der interessantesten Experimente im Gebiet der 
technischen Erziehung unserer Zeit bezeugt. Der Lon¬ 
doner Grafschaftsrat hat schon seit mehreren Jahren 
Kunst-Handwerkschulen für Tischlerei, Silberarbeit, 
Buchproduktion errichtet und hat jetzt, um den Handel 
zu interessieren und dem Publikum die Resultate der 
Erziehungsarbeit vorzulegen, eine Ausstellung der in 
diesen Schulen ausgeführten Bücherherstellung gemacht. 
Ausgestellt sind hauptsächlich Arbeiten von Abend- 
schülem im Drucken, Buchstabenzeichnen, Kalligraphie, 
Illustrationszeichnen und Buchbinderei; dazu kömmt 
eine kleine Sammlung von Beispielen besten Kunst¬ 
drucks, um als Kriterium und als Modell zu dienen. Typo¬ 
graphie und Druckerei-Handwerk werden in verschie¬ 
denen Schulen gelehrt; ebenso die Buchbinderei. Für 
Photogravüre und Lithographie ist eine eigene Schule 
vorhanden. Das „Athenaeum (< gesteht zu, daß diese 
Ausstellung durch das hohe Niveau der vorgelegten 
Arbeiten Erstaunen erregt Was Zeichnung und Aus¬ 
führung betrifft, erreichen die Schulen die Arbeit der 
besten englischen Drucker und einige sind vollendete 
Beispiele reiner Typographie, während die mehr ge¬ 
künstelten Drucke nicht so befriedigend ausgefallen 
sind. Ganz vorzüglich sind dagegen wieder die vor¬ 
liegenden Reproduktionen: Halbton, Lithographie, Kollo¬ 
typ usw. Die Buchbindereiklassen haben bereits ihren 
Einfluß auf den Londoner Handel ausgeübt. Die vor¬ 
gelegten Beispiele entsprechen den höchsten Anfor¬ 
derungen, wenn man sich erinnert, daß ganz junge Ar¬ 
beiter sie gefertigt haben und noch dazu unter teilweise 
ungünstigen Umständen. Sie mögen allerdings etwas 
stark mit Ornament überladen sein und es wäre viel¬ 
leicht besser, die schönen Eigenschaften der Leder¬ 
fläche selbst wirken zu lassen, als sie zu sehr mit Gold 
zu bedecken. 

Obwohl London das Verdienst gebührt, daß die 
Buchdruckkunst in der Neuzeit als wirkliche Kunst 
wieder aufgelebt ist, scheinen doch die Schriftgießereien 
als solche davon nicht viel profitiert zu haben. Um 
Schriftguß und Typen zu studieren, muß man nach 
Deutschland gehen. Eine der ersten Schülerinnen der 
englischen „Central School of Arts and Crafts“ im 
Lettemzeichnen war Fräulein Anna Simons, die nachher 
in Deutschland als Lehrerin angestellt worden ist, um 


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Liter»tur und Justiz. 


163 


die englischen Methoden dort zu lehren. Als ein Re¬ 
sultat dieser Schulung ist zu betrachten, daß eine ganze 
Anzahl deutscher Typengießereien neue Lettern, nach 
englischen Prinzipien gezeichnet, bestellten und damit 
so erfolgreich waren, daß eine der ältesten englischen 
Typengießereien die Vertretung dieser deutschen Fabri¬ 
kate übernommen hat 

Die Schule für Bücherproduktion ist ein Versuch, 
das Problem der Vereinigung des Lehrlingsystems mit 
dem Prinzip der technischen Erziehung zu fördern. 
Knaben werden im Alter von 13 Jahren vor Vollendung 
der Elementarschulen als Stipendiaten des Grafschafts¬ 
rats aufgenommen. Im ersten Jahr muß sich der Schüler 


zwei Drittel seiner Zeit den üblichen Schulzwecken 
widmen, ein Drittel bleibt für die technische Arbeit 
übrig. Er hat sich dann zu entscheiden, ob er sich der 
Buchdruckkunst oder der Buchbinderei widmet und 
wird provisorisch als Lehrling angenommen. Im zwei¬ 
ten Jahre bleibt für die übrigen Schulzwecke die Hälfte 
der Zeit, im dritten Jahre sind der technischen Er¬ 
ziehung zwei Drittel der Zeit zugewiesen. Nach drei 
Jahren wird der Schüler Gehilfe seines Meisters. Auf 
diese Weise soll die in den Elementarschulen gegebene 
Erziehung ergänzt und nützlich gemacht werden, um 
Knaben und Mädchen zu einer selbständigen Tätigkeit 
heranzuziehen. -M. 


Literatur 

Im Laufe der letzten Wochen wurden folgende 

Beschlagnahmen verfügt, beziehungsweise durch ge- 

richtÜches Urteü bestätigt: 

Vier Bändchen japanischer Erotik; 

15 Zeichnungen von Aubrey Beardsley, Fdlicien Rops, 
Constantin Somoff, Emil Pretorius , H. Theophilak - 
toff, Marcus Behmer ; 

Pietro Aretino, Die wollüstigen Sonnette. Deutsch 
von Dr. H. von Semmering , Berlin 1907; 

Giulio Romano , Zeichnungen zu den wollüstigen Son- 
netten des Pietro Aretino, Privatdruck der Ver¬ 
einigung deutscher und österreichischer Bibliophilen; 

Fleurettens Purpurschnecke, Erotische Lieder und Ge¬ 
dichte aus dem XVIII. Jahrhundert. Gesammelt 
und herausgegeben von Franziskus Amadeus 
M. A. Er. mit Zeichnungen von Franz Bayros. 
Paphos im Jahre der Cythere 5091, Privatdruck 
des Verlegers C. W. Stern, Wien; 

Die Hetärengespräche des Lucian. Deutsch von Frans 
Bleu Mit 15 Bildern von Gustav Klimt. Verlegt 
von Julius Zeitler, Leipzig 1907; 

Sechs Ansichtskarten, darstellend Maler und Modell. 
(Entkleidungsszenen). Verlagszeichen A. C. und C., 
Paris; 

Ein Blatt Miniaturen: Pöre, M£re et Fillette; 

Tutti-frutti für Liebhaber von saftigem Obst Rom 
und Paris. Gedruckt auf Kosten guter Freunde; 

Das Lustwäldchen, galante Gedichte aus der deutschen 
Barockzeit, gesammelt und herausgegeben von 
Frans Blei, Verlag Neues Leben Wilhelm Bom- 
gräber, Berlin W 30, Goltzstraße 7 (vergleiche unten 
Seite 164 f.); 

Jean qui Rit, Nr. 587; 

Die Schönheit der Frauen. Herausgegeben von Paul 
Hirtk und Josef Kirchner. Mit Kunststudien von 
Otto Schmidt, E. Schneider und anderen. Berlin, 
Hermann Schmidts Verlag. Neue Folge. Liefe¬ 
rung 1 und 2; 

Victor Margueritte, Die Prostituierten. Verlag G. Grimm, 
Budapest; 

Marquis de Sade, Die Geschichte der Juliette oder 
die Vorteile des Lasters, und die Geschichte der 
Justine oder die Nachteile der Tugend. Aus dem 
Französischen zum ersten Male ins Deutsche über¬ 
tragen von Dr. Martin Isenbiel, 1906, Privatdruck; 

Z. f. B. 1912/1913. 


und Justiz. 

Raph. Eugen Kirchner , Der moderne Don Juan. 
Über die Kunst, zu verführen. Leipzig, Maximilian 
Wendeis Verlag. 

Gabriele Brenner, Das Liebesieben des Francesco del 
Nero, Prag, Hynek; 

R. Bröhmek, Fräulein Lehrerin; — Fräulein Ober¬ 
lehrerin; — Fräulein Direktor; — Den Fuß im 
Nacken; — Herrin und Sklave; — Qualvolle Stun¬ 
den; — Der Sklave der schönen Despotin; — In 
Leibeigenschaft; — Gefährliche Buße; — Dämone, 
sämtlich Leipzig, Leipziger Verlag; 

Marion Deforme, Allerlei Fetische. Leipzig, Leipziger 
Verlag. 

Dolorosa , Tagebuch einer Erzieherin; — Korsett¬ 
geschichten, beide Leipzig, Leipziger Verlag; 

D. Hansen, Stock und Peitsche. Leipzig, Leipziger 
Verlag; 

Roderich Hers , In Sklavenketten. Leipzig, Leipziger 
Verlag; 

Hermann Eduard Jahn , Zur Naturgeschichte des 
Weibes. Budapest, G. Grimm; 

Adolph Kohut, Die Überweiber aller Zeiten. Buda¬ 
pest, G. Grimm; nur die Büder mit Ausnahme deren 
von Blatt 57, 73, 81, 85, 93; 

Pierre Louys , Aphrodite. Moeurs antiques. Paris, 
Librairie Borei; 

Klara M. % Das Tagebuch einer Masseuse, Budapest, 
G. Grimm; 

Morlüre , Angola, Deutsch von G. von JoanellL Prag, 
Hynek; 

E. Neumann, John Bull beim Erziehen; — dasselbe. 
Neue Folge Bd. I—IV; —Amerika beim Erziehen, 
sämtlich Leipzig, Leipziger Verlag; 

M. Sadow , Die Prügelzucht in der Türkei und im 
Orient; — Das prügelnde Rußland, beide Leip¬ 
zig, Leipziger Verlag; 

,H. Gaultier de Saint-Amand, Les Droits du seigneur. 
Paris, Librairie du Temple; 

Karl Felix von Schlichtegroll , Die Venuspeitsche. 
Novellen. Erster Band: Die Hexe von Klewan. 
Leipzig, Leipziger Verlag; 

22 


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164 


Literatur und Justiz — Anzeigen 


William Taylor , Als Quarterone verkauft; — Unter 
der Peitsche Donna lsabellas; — Am Abgründe der 
Schande; — Sklavenliebe; — Im Hause des 
Sklavenhalters; — Unter Maronnegern; — Das Tage¬ 
buch des Sklavenhalters; — Die Sklavinnen der 
Indianerin; — In der Schule der Demut. Sämtlich 
Leipzig. Leipziger Verlag; 

Walter M. Greifenhagen, Das Menschensystem oder 
das Geschlechtsleben in seinem ganzen Umfange. 
Dresden, Verlags- und Versandhaus Jungbrunnen. 


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mit den von Goethe radierten Titelblättern. Frankfurt 
and Leipzig 1783, in zwei Pappbänden, sehr gut erhalt. 
M. 150.—. Interessenten bei. Adresse unter „Ossian“ 
M. D. 6450 an Rudolf Mosse, Stuttgart. 


Mit einer Arbeit über den Stecher 


Das Schauspiel „ Heimat ‘ von Sudermann , das in 
japanischer Übersetzung in Tokio gegeben wurde, ist 
von der Theaterzensur daselbst verboten worden, weil 
das Stück geeignet sei, die Jugend gegen das Alter 
aufzuhetzen. 

Die Beschlagnahme der Bücher „Das Paradies 
der Liebe und Ehe“ von A. Moloch und „Das 
Menschensystem. Das Liebes- und Geschlechtsleben 
in seinem ganzen Umfange“ von Dr. Paul Artus, 
wurde vom Landgericht I in Berlin aufgehoben. 


Das Handwerkszeug des Schriftstellers. — Einem 
Berliner Schriftsteller war kürzlich ein Teil seiner 
Bibliothek gepfändet worden. Der „Schutzverband 
deutscher Schriftsteller“ erklärte, daß jeder Versuch, 
einem Schriftsteller Bücher zu enteignen, den Berufs¬ 
und Standesinteressen sowie dem sozialen Gefühl 
widerspreche, und protestierte deshalb gegen solches 
Vorgehen. Das Königliche Amtsgericht Charlotten¬ 
burg, Abt. 44, ist in seinem Urteil vom 25. April 1912 
allerdings anderer Meinung. Es billigt dem Schrift¬ 
steller den Schutz seines Handwerkszeuges (nach 
$ 811.5 ZPO.) nicht zu, „da das Gesetz unter den 
sonstigen persönlichen Leistungen nur die der Hand¬ 
arbeit nahestehende Erwerbstätigkeit versteht". „Des 
weiteren“, erklärt die Begründung, „fehlt die Voraus¬ 
setzung der Unentbehrlichkeit zur persönlichen Fort¬ 
setzung der Erwerbstätigkeit. Wohl mag die Bücherei 
einem Schriftseller zu seiner geistigen Anregung dien¬ 
lich sein, keineswegs ist sie ihm jedoch unentbehrlich, 
da die Tätigkeit des Schriftstellers im wesentlichen 
auf einem geistigen Gebiete liegt und schöpferisch 
aus sich heraus gestaltet“ 


HEINRICH SINTZENICH 

(Mannheim 1752, München 1812) 

beschäftigt, würde ich über Angaben unbekannterer 
Literatur sowie für leihweise Überlassung von Ra¬ 
dierungen und Stichen sehr verbunden sein. Referenz: 
Dresdner Bank, Berlin, Depositenkasse A, Französi- 
schestraße, wo für jedes geliehene Stück auf Wunsch 
eine Summe deponiert wird. Gefällige Angebote an 

ARTHUR KAUFFMANN, cand. phil. 

Charlottenburg, Schlüterstratte 54. 


Exlibris- 


Besitzer, welche ihre 
Sammlungen ganz oder 
teilweise zu veräußern 
beabsichtigen, werden gebeten nähere Angaben mit 
Preisforderung unter V. V. ioo an die Expedition der 
„Zeitschrift für Bücherfreunde“ gelangen zu lassen. 


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rungen findet dauernde Stellung in 
größerem Antiquariat der Schweiz. 
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Gehaltsansprüchen unter Chiffre 
G. W. IOO an die Expedition der 
„Zeitschrift für Bücherfreunde“. 


Um die im Verlag von Borngräber erschienene 
Sammlung „Das Lusiwäldchen“ von Franz Blei geht 
schon lange der Kampf zwischen Staatsanwalt und 
Verleger. Wie noch erinnerlich sein dürfte, wurde 
die vom Staatsanwalt angeordnete Konfiskation des 
Buches von der Strafkammer wieder aufgehoben, 
nachdem die damals gehörten Sachverständigen ein¬ 
stimmig sich dahin geäußert, daß von einem unsitt¬ 
lichen Charakter des Buches keine Rede sein könne. 
Darauf inserierte der Verleger das Werk im Buch¬ 
händlerbörsenblatt, und nun erhob der Staatsanwalt 
abermals Anklage. Die Strafkammer des Land¬ 
gerichts I Berlin beschäftigte sich am 7. Juni volle 
neun Stunden mit der hochnotpeinlichen Affäre. Auch 
jetzt bekundeten Sachverständige, wie Julius Hart, 


KATALOG 26 

ist erschienen 

Deutsche Literatur und Über¬ 
setzungen, 

darunter viele Erst-Ausgaben, Alma- 
nache, Kalender — Geographie, Reisen. 

WALTER ALLSTAEDT 

ANTIQUARIAT, BREMEN 


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CORNELL UNIVERSUM 






Kataloge — Anzeigen 


Hanns Heina Ewers und Professor v. Soden, daß von 
Unsittlichkeit keine Rede sein könne. Nur ein Sach¬ 
verständiger, von dem man es allerdings am aller¬ 
wenigsten erwartet hätte, Professor Dr. Roethe, be¬ 
hauptete, daß das Buch durchaus unsittlich sei. Dar¬ 
auf sprach das Gericht die Konfiskation aus. Der 
Verleger wird gegen das Urteil Revision einlegen. 


In London gehen die Behörden mit aller Strenge 
gegen die Verbreiter pornographischer Schriften und 
Bilder vor. Am n. Juni wurden vor dem Londoner 
Gerichtshof zwei Personen abgeurteilt, die angeklagt 
waren, auf der Straße unsittliche Ansichtskarten ver¬ 
kauft zu haben. Beide wurden zu der ungewöhnlichen 
Strafe von 25 Peitschenhieben und neun Monaten 
Zwangsarbeit verurteilt. Der Richter Lawrie bedauerte 
bei der Verkündung des Urteils, daß er die Ange¬ 
klagten nicht noch härter bestrafen könnte. 


Nach dreitägiger Verhandlung wurde am 31. Mai 
abends der Prozeß gegen den Wiener Buchhändler 
Carl Wilhelm Stern wegen Verbreitung pornogra¬ 
phischer Druckschriften zu Ende geführt Den Ge¬ 
schworenen wurden zwei Schuldfragen vorgelegt Die 
erste Frage ging dahin, ob Carl Wilhelm Stern durch 
den Vertrieb von elf in der Anklage namentlich an¬ 
geführten Werken die Sittlichkeit und Schamhaftigkeit 
auf gröbliche Art verletzt und dadurch das Vergehen 
gegen die öffentliche Sittlichkeit begangen habe. Die 
zweite Frage lautete auf unbefugte Verbreitung eines 
verbotenen Buches: „Memoiren einer Sängerin". Die 
Geschworenen beantworteten die erste Schuldfrage 
mit sieben Stimmen Ja gegen fünf Stimmen Nein, die 
zweite Schuldfrage mit acht Summen Ja und vier 
Sdmmen Nein. Auf Grund dieses Verdikts wurde 
Carl Wilhelm Stern von der Anklage wegen Vergehens 
gegen die öffentliche Sittlichkeit freigesprochen, da¬ 
gegen wegen Übertretung des § 24 des Preßgesetzes 
zu einer Geldstrafe im Betrage von 100 Kronen, 
eventuell zehn Tagen Arrests, verurteilt. 

( Österr .- Ungar. Buchhändler - Correspondens). 


Kataloge. 

Zur Vermeidung von Verspätungen werden eile Kataloge an die Adresse 
des Herausgebers erbeten. Nur die bis zum 20. jeden Monats ein¬ 
gehenden Kataloge können für das nächste Heft berücksichtigt werden. 

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logia Catholica, zum Teil aus den Bibliotheken von 
Franz Xaver Kraus, Friedrich Schneider, L. Dacheux 
und F. J. Scheuffgen. Zweiter Teil: Dogmatik, 
Scholastik und Apologetik. 1450 Nm. — Nr. 602. 
Bibliotheca Philologica Classica, enthaltend unter 
anderem die Büchersammlungen von Johann Tobias 
Krebs, Johann Philipp Krebs, Geheimrat Dr. Ernst 
Schulze. II. Auctores latini: Originaltexte, Über¬ 
setzungen und Erklärungsschriften lateinischer 
Klassiker. 4214 Nrn. — Frankfurter Bücherfreund, 
10. Jahrgang Nr. 2. Vermischtes. Nr. 4707—5200. 
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Schriftstellern, Musikern und Künstlern, 
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Gelehrtenhandschriften sind ausgeschlossen. 
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Böhmen 

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Italien 

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Italienische Literatur 

(besonders ältere Werke, Dante-Ausgaben und Erläute¬ 
rungen, Novellen, Ritterromane usw.). 1393 Nummern. 


Katalog 21: 

Oberitalienische Städtegeschichte. 

1795 Nummern. 


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Adolf Geering in Basel. Anzeiger Nr. 214. Deutsche 
Belletristik und Literatur. Französische Belletristik 
und Literatur. Naturwissenschaften. Helvetica. Al¬ 
pina. 1328 Nrn. — Nr. 355. Auswahl größerer, 
wertvoller, seltener, vielfach im Buchhandel ver¬ 
griffener Werke aus den Gebieten der Geschichte, 
Kulturgeschichte, Länder- und Völkerkunde; Kunst 
und Kunstgeschichte, Kunstgewerbe, Architektur 
und Technologie. 993 Nm. 

Gilhoferls*Ranschburg in Wienl. Anzeiger Nr. 100/101. 
Vermischtes. Nr. 24670—25871. — Nr. 105. Schab- 
kunstporträts XVII. bis XIX. Jahrhundert. 1000 Nm. 

Paul Graupe in Berlin W. jj. Nr. 61. Genealogie 
und Heraldik, Numismatik, Ordenswesen, Sport und 
Jagd. Militaria — Militärkostüme. Kalender und 
Almanache. 1100 Nm. 

Chas. Fred. Heartman in New York City. A short 
list of rare and old books in foreign languages, in- 
cluding a few fine prints, offered for cash only. 
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Karl IV. Hiersemann in Leipzig. Nr. 410. Kostüme. 
Uniformen. 573 Nm. 

Heinrich Hugendubel in München. Nr. 64. Neuer¬ 
werbungen. 429 Nm. 

Friedrich Klüber in Pas sau. Nr. 9. Vermischtes. 

948 Nm. 

Limburger Antiquariat und Verlag (Gebr. Steffen) in 
Limburga.d.Lahn. Nr. 23. Geschichte und Geographie 
(mit Ausnahme von Oesterreich Ungarn). Darin 
unter anderem eine größere Sammlung von Werken 
zur Landeskunde von Nordwestdeutschland. Nebst 
Anhang aus dem Gebiete der Naturwissenschaften 
und Medizin. 2977 Nm. — Nr. 25. Deutsche Literatur 
nebst einem Anhänge aus verschiedenen Wissen¬ 
schaften : Theologie — Kunst — Musik — Soziale Frage 
— Klassische Philologie. Wörterbücher alter und 
neuer Sprachen. 2720 Nrn. — Nr. 26. Alte Drucke, 
Seltenheiten, Kupfer- und Holzschnittwerke, Ex libris, 
Kostümkunde, Genealogie, Heraldik, Ordens¬ 
geschichte, Numismatik, alte Militaria, alte Rechts¬ 
wissenschaft, alte Medizin; Bibliographie; Erstaus¬ 
gaben der deutschen, französischen und italienischen 
Literatur. 917 Nm. 

Mayer Müller in Berlin NIV. Nr. 267. Klassische 
Philologie. Dritte Abteilung. Altertumswissenschaft. 

Friedrich Meyer in Leipzig. Nr. 109. Deutsche Philo¬ 
logie. 1994 Nm. 

F. B. Neumayer Co. in London JV. C. Nr. 22. French 
and German books. 579 Nm. 

D. E. Rappaport in Rom. Bibliofilo Romano Nr. 25. 
326 Nm. 

Heinrich Schöningh in Münster i. W. Nr. 96. Neueste 
Erwerbungen I. 1377 Nm. 

Süddeutsches Antiquariat in München. Nr. 146. Eine 
Sammlung bekannter Werke der Weltliteratur in 
deutschen Übersetzungen. 1194 Nm. 

Heinrich Süßenguth in Berlin N. 24. Nr. 17. Geo¬ 
graphie und Reisen, Kulturgeschichte. 2345 Nrn. 

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167 









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Ausstattung und Satzanordnung von Karl Köster 

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in handgebundenem, kostbarem Ganzlederband 

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170 Exemplare auf Yan-Gelder-Bütten 
in Pergament a 3 o Mark 

Die Preise sind Subskriptionspreise; 
sie werden nach Erscheinen des Werkes 
auf 100 Mark bzw. 4 ° Mark erhöht 

Der Druck erfolgt in einer schönen, strengen 
Antiqua; Papier und Einbandstoffe sind von 
edelstem Material. Für mustergültigen Druck 
bürgt der Name der Reichsdruckerei. Eine Neu¬ 
auflage erscheint nicht. Bestellungen nehmen die 
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in Einblairtdrucken des 15. bis 18. Jahrhunderts 


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Prof. Dr. WILHELM HESS, Bamberg 

mit 30 teils farbigen Abbildungen (brosch. M. 8.—) 

Im nächsten Jahre wird mit Unterstützung der Akademie der Wissen¬ 
schaften in München ein zweiter Teil erscheinen. 

Im 46. Jahrgange der „Vierteljahrschrift der Astronomischen Gesellschaft" schreibt H. Ludendorff 
über das Buch: Das .. . Werk ist zwar in erster Linie für den Kulturhistoriker bestimmt, verdient 
jedoch infolge der fesselnden Art, in der der Verfasser sein Ihema zu behandeln weiß, und infolge der 
glänzenden Ausstattung mit Abbildungen, die die Verlagsbuchhandlung dem Buche hat zuteil werden 
lassen, auch das Interesse des Astronomen und Meteorologen in ungewöhnlichem Maße. . . . Ref. 
möchte erwähnen, daß die Darstellung äußerst anregend ist; der Leser gewinnt ein anschauliches Bild 
von der Denkart jener Zeiten und wird dadurch befähigt, den Inhalt der Einblattdrucke aus dieser 
Denkart heraus gerecht zu beurteilen. ... 


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sind jetzt fertiggestellt und durch jede Buch¬ 
handlung oder direkt vom Verlag zu beziehen. 

Die Einbanddecken sind aus bestem Leinen nach 
Entwurf von Professor Walter Tiemann hergestellt 
worden. Der Preis ist auf M. 2.50 festgesetzt. 

Wir bitten diejenigen unserer Leser, die noch nicht 
bestellt haben, ihre Bestellung sofort aufzugeben. 

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Platen, Sonette an Freunde 

Pappband je M. 2 .—, Pergamentband M. g .— 

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Pappbd. M. 2.80, Leinenbd. M.3.80, Sckweinsleder M. 12 .— 

Verlaine, Vers 

Pappbd. M. 12 •—, Halblederbd. AI. 16 .—, Ganzlederbd. 
AI. 25 .—, Vorzugsausgabe in Ganz-Maroquin geb. AI. gO .— 

Molifere, Les Precieuses Ridicules 

Leinen AI. J .—, Seide M. g .— 

Herbert Eulenberg, Deutsche Sonette 

Halbpergamentband M. 6.50, Luxusausgabe AI. gg .— 

Baudelaire, Les fleurs du mal 

Pappband AI. 8.—, Halblederband M. 12 .—, 
Ganzlederband M. 18 .—, Vorzugsausgabe in 
Ganz-AIaroquin gebunden M. gO.— 

Anakreontische Oden und Lieder 

Pappbd. M. 3. —, Halblederbd. M. g .—, Ganzlederbd. M. lg .— 

Kleist, Anekdoten 

Pappbd. M. 2 .—, Halblederbd. AI. 4 .—, Ganzlederbd. M.8 .— 

Prdvost, Manon Lescaut 

Pappband AI. 6.gO, Halblederband M. 8.gO, 
Ganzlederband von C. Sonntag jr. M. 2g .— 

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Bibliophilen 30 Pf. — Beilagegebühr 25 Mark. — Insertionsschluß für Heft 7 am 16. September. 


Pariser Brief. 


Was Emile Pelletan , der kürzlich verstorbene Ver¬ 
leger für die Bücherfreunde geschaffen hat, ist Ken¬ 
nern wohlbekannt und auch von deutschen Sammlern 
geschätzt. Sein Werk bedeutet einen Markstein in 
der Geschichte der Buchkunst und für Frankreich — 
nach den langen Jahren buchkünstlerischer Öde — den 
Anfang neuen verdienstvollen Schaffens. Pelletans 
Auftreten mußte ruskinartig, gesetzgeberisch sein. Er 
hatte sich als Künstler — er war nicht zünftig im 
Buchgewerbe; kam aus dem Ministerium des Innern, 
als er seine idealen Pläne zu verwirklichen unternahm 
—, als Liebhaber eigene ästhetische Gesetze des luxu¬ 
riösen Buches zurechtgelegt, die er in einem Pro¬ 
gramm „Le Livre" (1896) zur Diskussion stellte. Darin 
bekannte er sich zu dem Axiom: ein Buch sei vor 
allem ein Text; das verdiente jenen Prachtwerken 
gegenüber in Erinnerung gerufen zu werden, die nichts 
als zufällige Bildersammlungen waren und um der 
Bilder willen geblättert wurden. Dem Text sollte die 
illustrative Ausstattung durchaus untergeordnet wer¬ 
den; Pelletan wollte sich wieder mit dem typographi¬ 
schen Charakter befassen, im Sinne der alten Druck¬ 
meister, mit der Schwarzweißwirkung des Satzspiegels. 
Allein er ging gleich einen Schritt weiter als diese mit 
seiner Idee den Text durch die typographische und 
bildliche Ausstattung zu „exteriorisieren", wie er es 
nannte. Ein Beispiel: Pelletan edierte die Erzählung 
von Anatole France „Le Procurateur de Judee". Der 
„Catalogue general annot^" der Pelletanschen Aus¬ 
gaben (1908), eingeleitet von Cldment-Janin, ein biblio¬ 
graphisch wertvolles Büchlein, dessen Beachtung wir 
Bücherfreunden angelegentlichst empfehlen, gibt über 
das Räsonnement der Ausstattung folgendermaßen 
Auskunft: 

Der Text des „Procurateur" ist trotz seiner 
geringen Ausdehnung ein „großer Text", denn es sind 
zwei Menschlichkeitstypen darin gezeichnet — Pontius 
Pilatus, der trotz seiner Beamtenintelligenz von der 
Bedeutung der ihn umgebenden Dinge keine Ahnung 
Z. f. B. 1912/1913. 


hat, und sein Gegenspieler Oelius Lamia, ein Skep¬ 
tiker, mit Sinn fürs Relative (beiläufig jene Figur, die 
wir in den meisten Romanen Anatole Ffances antreffen, 
als Silvestre Bonnard, als Dr. Socrate —-). Um diesen 
Text in seiner Größe zu exteriorisieren, war ein im¬ 
posantes Format und eine entsprechende Type zu 
wählen; um den Charakter als römische Erzählung 
wiederzugeben, mußte man auch in der Aufmachung 
„auf römisch" kommen. 

„Der ersten dieser Bedingungen glaubten wir zu 
genügen, indem wir die corps XIV Grandjean der 
Imprimerie Nationale und ein Format in 4 0 anwandten; 
der andere führte uns beim Abgleichen von Satz¬ 
spiegel und Illustrationen auf solide geschlossene 
Form; wir wollten jenen kubischen blockigen Ein¬ 
druck anstreben, den wir in römischen Bauwerken 
bewundern," Aus der Erzählung selbst ergibt sich 
die Teilung in zwei Hauptabschnitte: Die Begegnung 
von Pilatus und Lamia in Bajä, einem lateinischen, 
und die Ereignisse in Judäa, einem hebräischen. Diese 
Einteilung soll auch durch die Illustration zum Aus¬ 
druck gebracht werden. 

„Um die Teilung, der Verschiedenheit des Ortes, 
den zwiefachen Charakter. die dekorativen Elemente 
hervorzuheben, beginnt jeder Abschnitt mit einem 
Medaillon, das den Kaisern gewidmet ist, unter deren 
Herrschaft sich die Handlung abspielt: Tiberius in 
einem römischen, und Caius in einem hebräischen 
Dekor." — Der Farbigkeit der Länder Italien und 
Judäa ist durch bunte Holzschnitte Rechnung getragen. 

„Funerailles d’Emile Zola", die Rede, die Anatole 
France zum Gedächtnis des Dichters sprach, war 
weniger eine Grabrede, als eine Apologie und diesen 
apologetischen Charakter war Pelletan bemüht, 
dem starken und gerechten Wort auch in der äuße¬ 
ren Form des Buches zu erhalten. „Deshalb haben 
wir uns nicht gescheut", schreibt er, „die rote Farbe 
für Buchstaben zu verwenden, rot als Symbol einer 
Macht, die den Tod überdauert — —" 

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Pariser Brief 


Trotz dieser für eine gesunde Entwicklung der 
Buchkunst gefährlichen Logik, die moderne deutsche 
Buchkünstler vielleicht mit Achselzucken vernehmen, 
weil sie an den „Buchschmuck“ unseligen Andenkens 
erinnert, trotzdem sind Prachtwerke im guten Sinn 
des Wortes aus Pelletans Atelier hervorgegangen. 
Denn Pelletan hat den Komplex an Problemen, die 
ihm jedes Werk in der geschilderten Art stellte, mit 
künstlerischer Kraft und handwerklicher Gewissen¬ 
haftigkeit bewältigt und im übrigen seiner Verleger¬ 
tätigkeit den Grundsatz vorgeschrieben: Wahrer Luxus 
eines Buches besteht in der Superiorität des Autors, 
der Schönheit der Bilder, der Anpassung der Typo¬ 
graphie, Sorgfalt des Druckes, Qualität des Papiers 
und in der beschränkten Zahl der Exemplare. 

Solche Grundsätze können nur für eine Tätigkeit 
im Dienst zahlungskräftiger Liebhaberei gelten. Pelle¬ 
tan hat wohl auch Bücher herausgegeben, denen ein 
weiterer Kreis der Verbreitung zugedacht ist, so die 
Sammlung „Ardstes et Penscurs“ zu 5 Fr. der Band, 
die auch Romain Rollands Beethovenbiographie ent¬ 
hält. Seine Haupttädgkeit und -Sorge aber galt der 
Herstellung ganz kostbarer Buchindividualitäten von 
einem Luxus, wie man ihn in Deutschland kaum ge¬ 
wohnt ist. Auch hierfür sei ein Beispiel angeführt: 
„L’affaire Crainquebille'* mit den Bildern von Steinlen 
wurde in 4 0 und in 8° jösus, rot und schwarz auf der 
Handpresse gedruckt, in einer Auflage von 400 nu¬ 
merierten Exemplaren hergestellt Davon wurden ab¬ 
gezogen a) in Quarto: Ein Exemplar — Nr. 1 — auf 
Whatmanpapier, das alle Originalzeichnungen und eine 
doppelte Folge der Künstlerabziige auf Japan und auf 
China enthält. — Ein zweites Exemplar auf Whatman 

— Nr. 2 — mit einer Originalzeichnung auf jedem 
„faux-titre“ — eine alte französische Bibliophilensitte 

— nebst der doppelten Folge der Probedrucke wie 
Nr. 1. (Diese beiden Nummern haben keinen be- 
sdmmten Verkaufspreis.) — 25 Exemplare — von 
3 bis 27 — auf Altjapan oder Völin, ein Original¬ 
aquarell von Steinlen enthaltend nebst der Folge von 
signierten Künstlerabzügen auf Chinapapier zum Preise 
von 600 Fr. — b) in Oktavo: 30 Exemplare — von 
28 bis 57 — auf China zu 300 Fr. 343 Exemplare — 
von 58 bis 400 — auf Velin aus der Papierfabrik 
Marais mit dem Wasserzeichen Krqpa Eq a€t (der 
Verlagsdevise), zu 100 Fr. 

Einem reichen Bücherfreund — Ad. Bordes — in 
Freundschaft verbunden, der für seine Pläne offene 
Hand hatte, brauchte sich Pelletan nicht zu scheuen, 
alle diese kostspieligen alten Traditionen des Details 
wieder auf leben zu lassen: variierte Auflage, Initialen, 
Fleurons, farbige Kapitel und Ornamente, die den 
Titel zur Fassade, zur kostbaren Eingangspforte des 
Buches gestalten. Es mag als selbstverständlich 
erscheinen, daß er wieder auf die der Typographie 
am besten entsprechende Technik des Holzschnitts 
geführt wurde, und mechanische Vervielfältigung, wie 
es sich für vornehme Bücher auch geziemt, konse¬ 
quent verschmähend, die Originale von Steinlen, Gras¬ 
set, Vierge, Leroux, Willette und andern durch seine 
Graveure Frederic und Emest Florian, Bellenger, 


Tinayre, der beiden Froment, Dunki, Deloche, Bellery- 
Ddsfontaines, Perrichon, Vibert, Aubert, Colin stechen 
ließ. Bei der Edition Daniel Vierge des „Pablo de 
Segovie“, soweit wir überblicken, dem einzigen Werk, 
wo ein künstlicher Prozeß in Anwendung kam — 
hat, der Zeichner die Heliogravüren eigenhändig 
retuschiert. 

In den sechzehn Jahren seiner Arbeit hat Pelle¬ 
tan etwa sechzig Werke fertiggestellt, von denen wir 
hauptsächlich nennen: Die Balladen von F. Villon 
(Gerardin); „Theokrits Oaristys“ (Bellenger) und „Syra- 
cusaincs“ (Marcel Pillo); „Les Aventures du deraier 
Abencerage“ von Chateaubriand (Vierge): „Servitude 
et Grandeur Militaires“ von A. de Vigny (Dunki); 
„PrRre sur l’Acropole“ von Renan (B.-Desfontaines); 
Beaumarchais* „Barbier de Seville“ (Vierge); „Le Roi 
des Aulnes“, deutsch und französich, mit Schuberts 
Musik; „La chanson des Gueux au Palais“ von 
A. Christian (Steinlen), nicht im Handel; „Les Phi¬ 
lippe“ von Jules Renard (Paul Colin); Molieres „Mi- 
santhrope“ (Jeanniot), „Sur une Urne Gröque“ von 
Keats, englisch und französisch (B.-Desfontaines); dann 
die Werke des Anatole France, derenthalben heute 
der Spaziergänger auf dem Boulevard St Germain vor 
Pelletans Fenster stehen bleibt „L’affaire Crainque¬ 
bille“ mit 63 Kompositionen Steinlens; „le Procurateur 
de Judee" (Grasset); „la Rotisserie de la Reine Pedau- 
que“ (Leroux) und das letzte Werk, dessen sich Pelle¬ 
tan noch in seiner letzten Krankheit leidenschaftlich 
annahm: „Les Travaux et les jours“ nach Hesiod, 
verbunden mit „La Terre et l’homme“ von Anatole 
France. 

Die Festlichkeiten der zweiten Jahrhundertfeier 
von Jean-Jacques Rousseaus Geburt begannen am 
24. Juni in Ermenonvile, wo der Bürger Genfs im 
Sommer 1778 beim Marquis de Girardin Gastfreund¬ 
schaft fand und nach kurzem Aufenhalt starb. Der 
Denkmalsfeier im Dorf folgte ein ländliches Fest im Park 
des Prinzen Radziwill, des heutigen Schloßherm und 
Maires von Ermenonville, wobei Rousseaus Oper „Le 
Devin du Village“ von Pariser Künstlern aufgeführt 
wurde. Das offizielle Gedächtnis konzentrierte sich 
auf die Zeremonie im Pantheon, zur Weihe des von 
Bartholomd geschaffenen, pompösen Grabmals. Die¬ 
ses ist an einem der Vierungspfeiler errichtet worden. 
Es besteht aus einer Grabplatte mit dem Medaillon¬ 
bildnis, die allegorischen Gestalten, Rousseaus Musen: 
Philosophie, Wahrheit, Natur, Musik und Ruhm hul¬ 
digend umgeben. Bei Anwesenheit des Präsidenten 
der Republik sprachen Painlevd im Namen des Fest¬ 
komitees, Staatsrat Henry Fazy für die Genfer Re¬ 
gierung und Berard für den Minister des Innern. An 
den Vorabenden fanden Festversammlungen statt; 
eine feierliche Ehrensitzung der akademischen Kreise 
in der Sorbonne, unter der Leitung Jean Richepins, 
wurde durch das bekannte lümmelhafte Gebaren der 
Vertreter der „Action Frangaise“ in ihrer Feierlichkeit 
beeinträchtigt. Eine Galaaufführung Rousseauscher 
Dramatica im „Trocadero“ brachte neben der Wieder¬ 
holung der genannten Schäferidylle, die zuerst in 
Fontainebleau 1752 vor dem König gespielt wurde. 


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Pariser Brief 


i7S 


die lyrische Szene „Pygmalion“, Deklamationen, zeit¬ 
genössische Musik und zwei dramatisierte Lebens¬ 
episoden Rousseaus der dankbaren, vieltausend¬ 
köpfigen Volksversammlung zu Gehör. Die eine 
dieser Komödien, „Les Charmittes“, von Ldon Larg- 
nier, illustriert die Liebesgeschichte mit Mme. de War- 
rens, die andere, „L’Homme de la Nature“ von Jules 
Brincet behandelt eine Szene aus Jean-Jacques Leben 
in Montmorency. 

In der Nationalbibliothek ist eine Sammlung von 
Rousseauporträten und Bildern die auf Leben und 
Werke des Schriftstellers Bezug haben und der 
Vereinigung der Originalausgaben seiner Schriften zu 
sehn. Das Zentenarfeierkomitee ließ unter der Lei¬ 
tung P. P. Plans mehrere Nummern einer Festzeitung 
erscheinen. Auch in den meisten Zeitschriften sind 
Aufsätze zu lesen, die sich mit der künstlerischen 
Tätigkeit Rousseaus befassen oder objektiv biographisch 
einen Abschnitt seines Lebens erforschen oder den 
tiefen Wurzeln seines Wesens aus philosophischer 
Distanz nachspüren. 

Kaum, daß sich ein einziger dieser Aufsätze zu 
der bei Jubiläen sonst gewohnten, meist so frag¬ 
würdigen Nutzanwendung auf die Gegenwart versteigt, 
die um ihretwillen oft die Gegenwart verleugnet Die 
Gewohnheit Jubiläen an die Erfüllung astronomischer 
Perioden, unabhängig von jenen unstät menschlicher 
Entwicklung, zu knüpfen, läßt fatalerweise oft den 
richtigen Moment verpassen. Es kann sich um wenige 
Jahre handeln und zu spät sein, oder zu früh. 

Diesmal ist’s um einige Jahre zu spät, die in 
jungen Franzosen das naiv weltbürgerliche Revolutions¬ 
ideal getilgt und traditionenstolze Nationalisten ge¬ 
zeitigt haben. Solcher Geist der Zeit, auf Sammlung 
der Kräfte gerichtet, allen destruktiven Tendenzen 
abgeneigt — das schien man sich bei diesem Fest 
still einzugestehn oder pöbelhaft zu demonstrieren — 
verträgt sich nicht mit der Glorifizierung des Vaters 
und Apostels aller Anarchismen. Wo man jene wie 
tolle Hunde erschießt, die sich mit vollem Recht auf 
ihn berufen, wenn sie die Gesellschaft ungerecht und 
grundverdorben schmähn. Also argumentierte Mau¬ 
rice Barrfcs seinen Standpunkt, der als Deputierter in 
der Kammer gegen die Kreditbewilligung zu Rousseau¬ 
festen auftrat. 

Am ii. Juni starb der Lyriker Lion Dierx, Freund 
und Kunstgenosse Mallarmes und Leconte de Lisle. 
Er war, wie dieser, dem er besonders nahestand, auf 
der Röunion geboren — 1838 — früh zu dauerndem 
Aufenthalt nach Paris gekommen und veröffentlichte 
schon zur Zeit des zweiten Kaiserreichs seine haupt¬ 
sächlichen Gedichtsammlungen („Aspirations poödques“ 
1858; „Pommes et Poösies“ 1864; „les lövres closes“ 
1867), von denen besonders die letzte zur Hoch¬ 
schätzung seiner Künstlerschaft veranlaßte; kaum 
weitere Kreise, aber eine Elite, die seine hochgemute, 
doch nicht pamassisch marmorkalte Poesie um so 
lieber las, als sie sich von jener charakteristischen 
Eigenschaft der damaligen französischen Lyrik ent¬ 
fernte. Später folgten noch „Les paroles du vaincu“ 
vom schrecklichen Kriegsjahr inspiriert und „les 


amants" (1879); seither hat Dierx sein Schweigen 
kaum je unterbrochen. Dennoch blieb er den Jungen 
nicht vergessen; an Dierx erwies sich — im Gegen¬ 
satz etwa zum Ruhm eines Catulle Mendös — daß 
echte Begabung auch bei einer kleinen Gemeinde 
wohl aufgehoben ist. Daß er, ein Pamassier aus der 
unmittelbaren Gefolgschaft Victor Hugos, nicht als 
Fossil in die neue Zeit hineinragte, bewies die junge 
Generation, als sie ihm 1898, nach dem Tode Mal- 
larmös, zu ihrem „Prince des Portes“ erwählte. 

Nun ist ihm in dieser Würde, die vor ihm Ver¬ 
laine und Mallarmö bekleidet haben, Paul Fort nach¬ 
gefolgt. Nicht Richepin, nicht Henri de Rögnier, auch 
nicht Verhaeren, denn diese Würde ist inoffiziell, wie 
die der Königin der Micareme, so daß viele Zelebri- 
täten a priori ausgeschlossen sind. Bei Paul Fort aber 
bedeutet die Akklamation nur eines heimlichen König¬ 
tums Bestätigung, dessen höfische Zeremonien ver¬ 
mutlich in Bulliers Tanzlokal stattfinden, dessen Reichs¬ 
rat sich Dienstag Abend in der Closerie des Lilas ver¬ 
sammelt Dort saß der schöne Poet mit Moröas zu¬ 
sammen, dort präsidiert er, in Rembrandthut und 
schwarzseidener Halsbinde, die jungen Dichter des 
Quartier ladn und die Maler des Montparnasse. Ge¬ 
rade in den Tagen des Triumphes konnte er einen 
neuen Band seiner Verse erscheinen lassen. („Vivre 
en Dieu“, E. Figuiöre, Collection de „Vers et Prose“, 
ferner Verse, die er „Ballades Frangaises“ nennt; es 
ist davon die vierzehnte Serie). Er ist auch kürzlich 
in Deutschland durch die Übertragungen Erna Grau- 
toffs (E. Diederichs) bekannt geworden. Paul Fort hat 
die Eigentümlichkeit, Vers an Vers zu fügen, wie es bei 
der Niederschrift von Gedichten im Mittelalter üblich 
war. Doch diese Vershäuflein, die dem Auge zu nüchtern, 
aphorismenhaft erscheinen, schwellen an zu panthei- 
stischen Strophen, klingen zusammen zu hinreißenden 
Gesängen, die ein echter Poet in beglückendem Erken¬ 
nen seiner Schöpfergabe, zum Lob seiner eigenen 
Gottähnlichkeit anstimmt. Oder er dichtet den Früh¬ 
ling in der Fertö-Milon, Angelus-Motive, für die nur 
das raffinierte Großstadtkind ein Sensorium besitzt, 
mit tollen Literatenphantasien zusammen, mengt 
Landschaftsbilder mit der Erinnerung an Racine, bizarr, 
ironisch und träumerisch zugleich, etwas wie Feuille¬ 
tonismus, des Unterbewußtseins: Es ist eigentlich Prosa; 
aber sublime Prosa in bezaubernd-rhythmischen Versen 
vorgetragen. „L'aventure Etemelle“. Kindheits¬ 
erinnerungen, Erinnerungen an dichtende Freunde 
(Moröas) Träume, Kinderängste, erstes Liebeserlebnis. 
Paul Forts Sprache ist überaus klingend, man möchte 
seine Gedichte singen. Doch nicht allein die Sprach- 
gewalt zwingt uns in den Bann musikalischer Vor¬ 
stellungen, die ganze Art seines Fühlens, seines visio¬ 
nären Schaffens ist dem sublimen Ausdruck des „All 
und Eins sein“, der Musik aufs innigste verwandt. 

Darum beschränkt sich des neuen Prinzen Macht¬ 
bereich nicht, wie man aus der murgerhaften Tracht „d’un 
Hamlet de dix-huit-cent-trente" etwa schließen könnte, 
auf das Quartier latin, auch nicht auf Paris und die 
Banlieu, die sich seinem Königtum nur mit vollem 
Recht gebeugt haben. Paul Fort ist nicht etwa das 


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Pariser Brief 


Haupt irgendeiner montpamassischen Schule, son¬ 
dern ein echter Dichter, sein Reich ist Frankreich 
und jene Tracht eine Maske, darunter seine Freunde, 
den „d^mon familier“, den Pan der französischen 
Erde erkennen. — 

Das Gedächtnis eines andern, anders gerichteten, 
doch auch echten poetischen Talents hält „Nouvelle 
Revue Fran^aise“ fest, indem sie die Werke des kürz¬ 
lich ganz jung verstorbenen Henri Franck gesammelt 
herausgibt: „La Danse devant l'arche“ emgeleitet von 
der Komtesse de Noailles. Das große Gedicht, 
dessen Titel der Band entlehnt, ist vom Lob des 
Lebens, von Enthusiasmus für die Aktivität und In¬ 
telligenz erfüllt, obschon es in zwei Jahren ununter¬ 
brochener Krankheit geschaffen wurde. Franck ließ 
die Frühreife des Genies erkennen, war Philosoph, 
Schüler und Neffe Bergsons; ein starker jüdischer 
Einschlag kommt zum Ausdruck. Die beigefügten 
literarischen und philosophischen Essays überraschen 
durch ihre Reife. — Im gleichen Verlag erschien sein 
Volksstück „le Pain“ von Henri Ghöon, der mit Andrö 
Gide Leiterder „Nouvelle Revue Frangaise“ und einer 
der geachtetsten literarischen Kridker ist. — Von 
Fernand Divoires sind neue „Poemes de TUrbs“, 
„L'Amoureux“, in der „Belle Edition“ erschienen, 
einem Unternehmen, das gute Buchausstattung auch 
für das wohlfeile Buch anstrebt, und seinem preten- 
tiösen Namen nicht gerade Schande macht — Von 
den neuen Büchern der „Edirion du Temps prösent“ 
nennen wir die Romane „Choisir" von A. de Saint 
Germain und „La Passion“ von Jean Löw, eine dich¬ 
terische Darstellung der Stationen des Kreuzwegs, und 
die Poesien „L’humble retour“ von Pierre de la Ba* 
tut, ,,Heures d’Itali^s (Charpentier) und „Autour des 
lacs Italiens“ (Sansot) setzen die Reihe der Land¬ 
schaftsschilderungen fort, die wir Gabriel Faure ver¬ 
danken und wegen ihrer sympathischen Darstellung 
schätzen. Lob genug, wenn wir gestehen, 
an die Art Widmanns erinnert zu werden. — Wert¬ 
volle Beiträge zur Folklore Mittelfrankreichs bietet 
ein Büchlein, das im Verlag „Cahiers du Centre“ 
erschienen ist. Francis Perot hat Legenden, Volks¬ 
erzählungen und Volkslieder seiner Heimat gesammelt. 
Wie ja wohl auch einige deutsche, besonders Alpen¬ 
sagen an eine Absonderlichkeit der Natur anknüpfen, 
so finden wir in diesen französischen fast immer die 
phantastische, meist etwa billige Erklärung von selt¬ 
samen Bergformen, „Hexensteinen“ usw. Besonderes 
Interesse verdienen die „Chansons“ und „Noeis“, denen 
einige Notenbeispiele beigegeben sind. 

Aus der Rousseauliteratur der Zeitschriften nennen 
wir zuerst die tiefgründige Untersuchung Albert Ba- 
zaillas' über die subjektiven Quellen, daraus Rousseaus 
Schaffen floß („Rousseau Cröateur“), die an der Spitze 
der zweiten Juninummer des „Mercure de France“ 
steht. Im folgenden Heft gibt Hippolyte Buffenoir 
eine Geschichte der Büsten, die Houdon nach der 
von ihm angefertigten Totenmaske Rousseaus schuf. 
In der „Grande Revue“ behandelt Henri Toumier 
Jean-Jacques Aufenthalt in Mötiers-Travers. Frederica 
Macdonald bestreitet unter dem Titel ,,La Lögende des 


Enfants de Rousseau“ in der „Revue bleue“, daß 
Rousseau seine Kinder, wie er bekanntlich öfters, zum 
Beispiel in den Konfessionen, selber berichtet, dem 
Findelhaus übergeben hätte. In der von J. Ecorche- 
ville geleiteten, vielseitig anregenden und besonders 
auch über die deutsche Entwicklung, selbst die aller- 
jiingste, gut informierenden Musikzeitschrift „S. I. M.“ 
(von der Societe Internationale de Musique begründet) 
widmet Paul-Marie Masson dem Musiktheoretiker eine 
Studie („Lcs Idees de Rousseau sur la Musique“). 
In der gleichen Nummer steht ein Aufsatz über 
Rousseaus Kompositionen, davon viele Proben bei¬ 
gegeben sind, von J. Tiersot. Besonderen Hinweis ver¬ 
dienen die Seiten „De Jean-Jacques“, die Suar&s in 
der „Nouvelle Revue Fran^aise“ schreibt 

„Revue bleue“, die von Paul Flat geleitete ver¬ 
dienstvolle Wochenschrift der Akademiker, feierte 
jüngst mit ihrer Schwester, der „Revue Scientifique“ 
fünfzigjähriges Bestehn. In einer der Juni-Nummern 
finden w-ir die Reden vereinigt, die ihr bei dieser Ge¬ 
legenheit von Guist’hau, Donnay, Moureu, Flat und 
anderen gewidmet worden sind. Besonders wurde da¬ 
bei auch der Rolle gedacht, die der „Revue bleue“ 
beim Wiederaufleben der geistigen Interessen nach 
1870 zukam. In den letzten Nummern wurden Jugend¬ 
briefe von Ximenes Doutian veröffentlicht; ferner ist 
daraus zu erwähnen von A. Soussain „l’cxpansion du 
Bergsonisme et la Psychologie musicale“ und von 
Emest Lemon eine Würdigung der Botschaftertätig¬ 
keit von Marschalls in Konstantinopel, gefolgt von 
sauersüßen Betrachtungen über seine Londoner Zu¬ 
kunft. — Mit deutscher Politik befaßt sich auch der 
Leitartikel der „Grande Revue“, wo Alfred Guignard 
unter dem Titel „Le spectre allemand h Panama“ 
strategische Vorteile, die Deutschland durch diesen 
Kanal erwachsen, und andere Fragen der Schiffahrts¬ 
politik erwägt. 

„Mercure de France" veröffentlicht den Brief¬ 
wechsel der provcn^alischen Dichter Jean Reboul und 
Theodore Aubanel, dieser einer der Chefs der „F&i- 
bres“. Dem Genfer Schriftsteller Louis Dumur widmet 
Georges le Cardonnel eine eingehende Studie; dem 
verstofbenen Dierx an der Spitze der Julinummer 
Andre Fontaines ein schönes Wort der Würdigung, 
dem Andre Rouveyre, der Zeitgenossenzeichner des 
„Mercure“ ein ungewöhnlich lebendig charakteristisches 
Porträt des Dichters beigesteuert hat. 

„La Renaissance contemporaine" stellt sich be¬ 
sonders die Aufgabe, ein Schauplatz aktueller De¬ 
batten zu sein. Dort sind in den letzten Nummern 
Antworten auf eine Rundfrage über Wesen und Welt 
der zeitgenössischen Kritik gesammelt. Jacques Re¬ 
boul hat im Lauf des Jahrgangs eine Serie von be¬ 
merkenswerten Studien veröffendicht, die ihn zum 
Theoretiker des neuen französischen Nationalismus 
prädestinieren. Neuerdings wandte sich dieser Banner¬ 
herr des „Ccltisme“ im Namen der keltisch-mittel¬ 
alterlichen Tradition gegen die Panlatinisten. Mit einem 
klugen vermittelnden Artikel „Latins contre Fran^ais“, 
greift im Juniheft der Poet und Philologe Philöas- 
Lebesgue in die Diskussion ein. Aus der gleichen 


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Pariser Brief 


177 


Zeitschrift notieren wir den Aufsatz Jean Müllers „La 
Psychologie sociale et la Litterature". — In der 
„Nouveile Revue Fran^aise“ bespricht Henri Gh^on 
das Werden eines Walt-Whitmanschen Stils in der 
französischen Dichtung — „Le Whitmanisme“ — bei 
Anlaß einer vom Verlag des „Effort" herausgegebenen 
Anthologie jungfranzösischer Lyrik und neuer Bücher 
Duhamels („Compagnons"; „Propos critiques“). In 
der „Revue du Temps present" gibt der bekannte 
Ägyptologe Albert Gayet Kunde von seinen neuesten 
Ausgrabungen in Antinoe. Dokumente zur Frage 
Ludwigs XVII verspricht Ad. Lannes, der in der 
gleichen Zeitschrift eine kritische Prüfung der „Re¬ 
lation de Madame Royale" über die Ereignisse im 
„Temple" bis zu der Abreise Marie Theresiens nach 
Wien beginnt Es scheint auffallend, daß in dem 
Tagebuch Marie Theresie, die Tochter Ludwigs XVI. 
wohl das Schicksal von Mutter und Tante beklagt 
nie aber ein Wort vom Bruder verlauten läßt, der 
doch seit dem Tode ihres Vaters als Ludwig XVII., 
ihr König ist und der, wenn sie ihn auch nicht sehen 
kann, im gleichen Gefängnis lebt und leidet Die 
stilistische Fassung gewisser Stellen gibt zu Zweifel 
an der Vertrauenswürdigkeit dieser Erzählung Anlaß, 
(was Lannes mit der Wahl des Nebentitels: „Une 
officine royale de falsifications" andeutet). Dennoch 
wagt er zum Schluß die Vermutung, hauptsächlich 
angeregt durch den Brief Marie Theresiens an ihren 
Onkel Ludwig XVIII., darin sie um Gnade für die 
Franzosen bittet, obgleich sie ihr Vater, Mutter und 
Tante geraubt — wiederum ist der Bruder nicht ge¬ 
nannt! — ob vielleicht der Dauphin doch nicht im 
„Temple" verdorben, sondern geflüchtet worden sei 
— Alphons Maseras veröffentlicht in der gleichen 
Zeitschrift eine Studie über den katalanischen Dichter 
Ivan Maragal — Unbekannte Briefe von Chateau¬ 
briand, Lamennais, Müsset, de Vigny, Merimöe, Sainte 
Beuve, Böranger, Berlioz, Liszt, Th. Gauthier, Balzac, 
Michelet, und andere sind in der „Revue“ erschienen, 
mitgetciit von L. Söchd, der sie dem Album der Mme. 
Victor Hugo entnommen hat. In derselben Zeitschrift 
studiert Emile Faguet die „Theorien Paul Bourgets"; 
analysiert und würdigt Nicolas Sögur den neuen 
Roman von Anatole France „Les Dieux ont soif“, 
dessen philosophische Ironie diesmal auf dem Hinter¬ 
grund der Revolutionsschrecken erblüht In der 
neuesten Nummer der „Revue" ist von „Quelques 
Portes de la Jeune Allemagne" die Rede; Max Hoch¬ 
dorf spricht von dem „M^connus" Peter Hille und 
Else Lasker-Schüler, den „Ind^pendants" Dauthendey, 
Max Brod, Franz Werfel und Renö Schickele, und 
den „Dramatistes" Schönherr, Schmidtbonn, Wedelrind 
und Hofmannsthal. — In der „Inddpendance", die auch 
Maurice Barrös’ Kammerrede gegen eine Rousseau¬ 
feier abdruckt, zeichnet Guillaume Franville das Por¬ 
trät Gabriel Monods, der als ein Hauptvertreter des 
Prinzips: „Germanisons l’instruction h tous ses degrös"! 
die Geschichtsstudien nach dem Vorbild deutscher 
Universitätsmethodik reorganisierte und lange Zeit 
als Ratgeber, im Sinne des demokratisch-rationalisti¬ 
schen Ideals seiner Zeit, über großen Einfluß verfügte. 


In der „Phalange" gibt „Willy" unter dem Titel 
„le Krach beethovenien“ die Nachricht, daß sich Beet¬ 
hovens Ansehen vermindere — etwas voreilig in 
seiner Feststellung, wie uns scheint, da wenigstens im 
letzten Winter noch der Kultus des Meisters in Paris 
durch gute Aufführungen in höchster Blüte stand. 
Die Schuld an der Tendenz gibt der Artikel mit 
einem gewissen Recht der Verfälschung nicht nur Beet¬ 
hovenscher großer Werke durch die beliebten „Con- 
cers Rouge" usw., einer Art „Bouillon Duval" für 
Musik, auf deren Karte auch „Eroica" und „Neunte" 
zu finden sind, mittelst einer Kapelle von zwanzig 
beziehungsweise einem Chor von sechzehn Stimmen 
zubereitet. Beim Protest im Namen des „Besten, das 
ein Feind des Guten ist", sollte aber doch das Ver¬ 
dienst, das in solcher „Profanation" guter Musik liegt, 
nicht ganz übersehen werden. — Im „Pan" sind lite¬ 
rarische Croquis von Andrö Dupont, Aphorismen von 
Robert Scheffer und Verse von Canudo hervorzu¬ 
heben; in der „Ile Sonnante" ein vehementer Artikel 
von Charles Callet, „La litterature ä l’öpogue", darin 
er die doktrinäre litterarischer Systeme und — ismen 
auf Bergson verweist. „Les Bandeaux d’or" bringen, 
poetische Prosa von Francis Jammes, Paul Casdaux, 
Theo Varlet, „Le Beffroy" und „Flora", Verse von 
Mairie Deletanz, Andrd Lafon, Renö-Aiberc Fleury; 
Camille Mauclair, Abel Bonnard; „Les Marges" einen 
Aufsatz George le Cardonnels über Jules Romains als 
Romandichter. — Die Anthologie, die das letzte Heft 
des „Effort" füllte, ist inzwischen im Buchhandel 
erschienen. Diese kleine Zeitschrift, die in Poiriers 
erscheint, bezeichnet sich auf ihrer neuesten Nummer 
als „Effort libre"; wir noderen daraus eine Betrachtung 
von Jean Richard Bloch, bedtelt „de l'utilite en Art 
et pour en finir avec l’Art pour l’Art". — In „La Pro- 
vince" veröffentlicht Felix Blumstein eine reich do¬ 
kumentierte Arbeit über den Marschall Lefebvre und 
Mme. Sans-G£ne. 

„Revue des Biblioth£ques“ enthält: „Le fonctionne- 
ment du Copyright Office ä Washington" (Henri Le- 
maitre), „Pour l'ödition critique des Ödes de Ronsard 
(H. Vapanay), Les reliures du Mus^e des Arts d£co- 
ratifs" (P. Comu) (Abb.), „Un fragment de l'Histoirede 
la Biblioth&que du College d'Autun ä Paris" (Charles 
Beaulieux). Aus den „Amateur d'Autographes" 
heben wir hervor: „Les Frangais ä Rome", Briefe des 
Capitaine Laurent Niepce; eine graphologische Be¬ 
urteilung der Handschrift Chateaubriands, CI. Per- 
roud „Roland et Mme. Lafayette". — „Une Demande 
de Döbut au Theatre Fran^ais en l’an IX." 

Auf einer Bücherauktion, 21. Juni, erschien ein 
Exemplar der „Office de la Sainte Vierge" Paris, 
Impr. Royale 1757, zwei Duodezbände in altem Ein¬ 
band von Derome, das als Geschenk Ludwigs XV. 
für die Pompadour von Bouches mit acht Tusch¬ 
zeichnungen geschmückt wurde. Es kam auf 36000 Fr.; 
merkwürdiges Zusammentreffen, daß am gleichen Tag 
auf einer andern Auktion das gleiche Werk in der 
Ausgabe von 1749, ebenfalls mit dem Wappen der 
Marquise de Pompadour auf dem alten Einband, aber 
nur eine einzige Originalzeichnung von Boucher ent- 


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17 » 


Londoner Brief 


haltend, um 10050 Fr. versteigert wurde. Von dieser 
Auktion nennen wir noch folgende Preise: (Manu¬ 
skripte): „S. Gregorii, Magni Moralium in lob Libri 
XXXV“, ein Ms. in Halbunzial auf Pergament, viel¬ 
leicht VII. Jh., 5000 Fr. — „Horae ad usum ecclesiae 
Rothomagensis“, Ms., auf Pergament mit großen Mi¬ 
niaturen, XIV. Jh., 2170 Fr. — (Illustrierte Bücher): Mo- 
lieres Porträt nach Coypel von Ldpicid und kom¬ 
plette Folge der 33 Blätter nach Boucher von L. Cars, 
für die Ausgabe der „Werke“, Paris 1734, 805 Fr. — 
Racine, Werke, Paris 1760, alter Einband. Porträt von 
Daullö, Vignetten, Figuren, culs-delampe nach Söve 
gestochen von Aliamet, Baquoy, Lemire, Somique usw., 
3300 Fr. — Bossuet, „Histoire des variations des ögli- 
ses protöstantes“, Paris, Seb. Mabre-Cramoisy, 1688, 


Original-Ausgabe, wappengeschmückter alter Einband, 
820 Fr. 

Autographen, auf der gleichen Auktion; Drei 
Briefe Bossuets an M. de Fraucastel, 270, 300 und 
350 Fr. — Ein Brief Fenelons an den Abbe Dubos 
(Cambrai, 2a November 1713). 245 Fr. — Auf einer 
Autographenauktion, 15. Juni: Ein Brief Balzacs an den 
Musiker Chölard: 225 Fr. — Ein Brief von Alexander 
Dumas p£re an den Schauspieler Laferriere, den er 
für seine Interpretation der Rolle des „Antony“ be¬ 
glückwünscht, 175 Fr. — Ein Brief der Kaiserin Eu- 
gdnie an Bazaine (31. Mai 65); bezieht sich auf die 
mexikanische Expedition und schließt mit dem Glück¬ 
wunsch zu Bazain es bevorstehender Heirat, 106 Fr. 

Paris, Anfang Juli Otto Graut off. 


Londoner Brief. 


Die gesamte periodische und Tages-Presse Eng¬ 
lands feierte am x 1. Juli dieses Jahres das Millenium 
der Stadt Oxford, wenngleich kein Zweifel darüber 
waltet, daß der Ort selbst schon vor 912 bestand. 
Die jetzige Feier bezieht sich daher in Wirklichkeit 
nur auf die erste verbürgte historische Nennung 
Oxfords. In der ,, Anglo-Sächsischen Chronik** von 
912 heißt es nämlich: „Alfred des Großen Sohn, König 
Eduard der Ältere, nahm nach dem Tode seines 
Schwagers Ethelred, Grafen (Ealdorman) von Mercias, 
Besitz von Oxford und aller Ländereien, die ihm Ge¬ 
horsam schuldeten“. Aber bereits 872 war die älteste 
Unterrichtsanstalt höheren Charakters in der Stadt, 
das heutige, seit jener Zeit blühende „ University 
College ", ins Leben gerufen worden, das zur Univer¬ 
sität Oxford gehört. Gerade hierauf begründet das 
letztgenannte Institut seine Ansprüche, die älteste 
Universität in der Welt zu sein! Wenngleich schon 
unter Eduard dem Bekenner (1041—66) Oxford als 
Schule alter und frühzeitiger Gelehrsamkeit einen 
großen Ruf besaß, so wird es geschichtlich doch erst 
1201 als Universität verzeichnet. Allein sowohl die 
Tradition als auch die beglaubigten Nachrichten über 
Bologna weisen der dortigen Universität inbezug ihres 
Alters ein Vorzugsrecht an, da der Überlieferung 
nach Theodosius der Jüngere, diese 425 gestiftet haben 
soll, und die Rechtsschule dort bereits vor 1140 als 
berühmt galt. Auf ihre Universität war die Stadt 
Bologna so stolz, daß sie zur Regierungszeit Kaiser 
Friedrich I. (1152—1190) auf ihre Münzen den Wahl¬ 
spruch setzte: „Bononia docet“. 

Im Anschluß an die Milleniums-Feier Oxfords, 
erscheint es daher angezeigt, auf das verdienstliche 
Unternehmen der dortigen Universitätspresse aufmerk¬ 
sam zu machen, die eine Bibliographie aller über die 
Stadt und Hochschule handelnden, oder daselbst her¬ 
gestellten Druckwerke, anfertigen läßt Der erste Teil 
des groß veranlagten und 1895 begonnenen Werkes 
betitelt sich: „The early Oxford Press , a bibliography 
of printing and Publishing at Oxford 1468—1640 , by 
Falconer Madan“. 

Während die obige Arbeit sich nur mit solchen 
Büchern beschäftigt, die in Oxford selbst gedruckt 


oder verlegt worden sind, enthält der kürzlich heraus¬ 
gekommene zweite Band eine Bibliographie aller über 
Oxford berichtenden Werke, wo immer sie auch sonst 
bis zur Mitte des XVII. Jahrhunderts gedruckt sein 
mögen. Außerdem sind historische, allgemeine und 
sonstige Interesse bietenden Notizen in Gestalt von 
Supplementen noch hinzugefügt. Werke von hervor¬ 
ragender Bedeutung erhielten eine ausführliche Würdi¬ 
gung und vollständige Beschreibung, solche zweiten 
Ranges dagegen nur eine summarische Erwähnung 
und die übrigen wurden endlich in Registerform zu¬ 
sammengestellt. Auf diese Webe gewinnen wir eine 
gute Übersicht der gesamten Literatur bis um das 
Jahr 1650. 

Unter vielen interessanten in der Vorrede von 
Mr. Madan angegebenen Daten wird ein neu ent¬ 
decktes aus dem Jahre 1517 herrührendes Buch ver¬ 
merkt; ferner werden diejenigen Dramen Shakespeares 
genannt, die zur Lebenszeit des Dichters in Oxford zur 
Aufführung gelangten, und solche Einblattdrucke er¬ 
wähnt, die an die Tore von Colleges angeheftet 
wurden, welche die Königin Elisabeth mit ihrem Be¬ 
such beehrte. Sie sind, wie kaum anders zu erwarten, 
voll ihres Lobes. Einen andern Literaturzweig bilden 
die zahlreichen in Versen abgefaßten und für Trauer¬ 
feierlichkeiten bestimmten Schriften, die sogenannten 
offiziellen „Tränen“, die einen so hohen Ruf erlangten, 
daß sie allgemein zu jener Epoche „Lachrymae 
Oxoniensium“ genannt wurden. 

Eine der wichtigsten Perioden für Oxford bilden 
die Jahre 1642—46, in welchen König Karl I. während 
des Bürgerkrieges dort residierte, das Hauptquartier 
der Armee, und ebenso der gesamte Regierungs¬ 
apparat sich in der Stadt befand. Der Preb für 
jeden der beider» bb jetzt erschienenen Bände beträgt 
25 Schilling netto, für Abnehmer von Band I und II 
zusammen nur 36 Schilling netto. 

Wenn wir den über Oxford im Umlauf befind¬ 
lichen Legenden Glauben schenken wollen, daß unter 
ihrer Bodenoberfläche als Bewebe sich trojanische 
Reliquien finden sollten, so vermag die Stadt bald ihr 
dreitausendjähriges Stiftungsfest zu begehen, da sie 
von einem Enkel des Aeneas gegründet sein solL 


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Londoner Brief 


179 


Über altgriechiscbes Leben, Kultur, Kunst und 
Wissenschaft wurden von den ersten hiesigen Fach¬ 
autoritäten im Laufe des Monats Juni für den Druck 
bestimmte Vorträge in gelehrten Gesellschaften ge¬ 
halten. Der Präsident der „ Hellenischen Gesellschaft ", 
Sir Artur Evans, sprach über das Thema: „Die Be¬ 
harrlichkeit der kretischen und der mykenischen Eie - 
mente im hellenischen Leben Kl . Im voraus muß in Er¬ 
innerung gebracht werden, daß alles, was man sich 
von der kretischen Geschichte vor dem trojanischen 
Kriege erzählte, auf Minos, den alten mythischen 
König von Kreta, übertragen wurde. Namentlich gilt 
er für den Begründer der kretischen Seeherrschaft und 
der berühmten Gesetzgebung, in der er von Zeus unter¬ 
richtet sein soll. 

Sir Artur Evans führt zur Sache aus: Griechische 
Zivilisation kann nicht länger mehr als ein Wunder¬ 
kind betrachtet werden. Ihre Wurzeln liegen in der 
älteren eigenartigen kretischen und der späteren 
mykenischen Kultur. Entdeckung auf Entdeckung 
folgt und legt unzweifelhaft klar, daß die von den 
Griechen für sich selbst in Anspruch genommenen 
Kulturerrungenschaften ihren prähistorischen Vor¬ 
gängern zugewiesen werden müssen. Die mykenische 
Zivilisation in Griechenland ist in ihrem Ursprünge 
eine rein kretische Schöpfung. Dank den kürzlich ge¬ 
machten Entdeckungen deutscher Archäologen in 
Tiryns, bestehend in mykenischen Wandmalereien, 
vermag dieser Typus in allen früheren und späteren 
Palästen wieder erkannt zu werden. Dasselbe gilt für 
die religiöse Kunst, und hierfür liefern die Skulpturen 
des aufgefundenen frühdorischen Tempels in Korfu 
einen ebenso interessanten wie klassischen Beweis. 
Der Vortragende fragt weiter: „Wie kommt es, daß 
wir in den homerischen Gedichten die Spuren der 
Bekanntschaft mit den Palästen, der Dynasde und den 
Meisterwerken mykenischer Kunst finden?" Sir Artur 
Evans sucht endlich nachzuweisen, daß eine Reihe 
von epischen Stellen Homers bereits 500 Jahre vor 
ihm vorhanden waren. Die Episode der ein Boot 
angreifenden Scylla in Homers Gedichten ist schon im 
XVI. Jahrhundert vor Christi von einem mykenischen 
Kiinsder dargestellt. Das Gesagte gilt in noch er- 
höhterem Maße von aufgefundenen Münzen. — 
Ich selbst möchte persönlich noch hinzufügen, daß, 
um eine Basis zur Einigung über die vorgetragenen 
Ansichten zu gewinnen, zuvor eine Verständigung über 
den Zeitpunkt der Abfassung und die Art und Weise 
der Entstehung der Ilias und Odyssee erfolgen müßte! 
So namentlich darüber, ob die beiden Gedichte nicht 
längst vor ihrer Niederschrift im Volksmunde bekannt 
waren und sich mündlich, sozusagen lebend, von 
Generation auf Generation übertrugen. Daß aber über¬ 
haupt im allgemeinen die Spuren aller Zivilisation 
nicht nur hinsichtlich des Alters höher hinaufreichen, 
sondern auch mannigfaltiger verzweigt erscheinen, als 
bisher oft angenommen wurde, bestätigt wiederum 
der Inhalt des im Auszuge hier mitgeteilten Vortrages 
des Ägyptologen Flinders Petrie. 

Der Titel lautet: „ Die Bildung des Alphabets?'. 
Der Gelehrte ist vor allem der Ansicht, daß die Folge 


des in den letzten zwanzig Jahren gesammelten Stoffes, 
die alte Tradition von dem Ursprung des Alphabets, 
nach welcher dasselbe seine Entstehung den Phö¬ 
niziern verdanken soll, nicht mehr aufrecht zu halten 
ist. Schon vor den Phöniziern gab es eine Menge von 
ihrem Alphabet ganz unabhängigen Schriftzeichen. 
So befanden sich zum Beispiel die Indianer Nord¬ 
amerikas, die sogenannten Rothäute, unter denjenigen 
Völkerschaften, die mit am frühesten solche Zeichen 
anwandten. Demnächst gehören hierher Araber, Iberier, 
Karier und Berber. — Ich möchte diese Angaben da¬ 
durch vervollständigen, daß schon aus der Stein- und 
Renntierzeit Schriftzeichen erhalten sind. Mr. Flinders 
Petrie erörtert dann weiter: Ein vollständiges syste¬ 
matisches Alphabet hat sich überhaupt nicht auf einen 
Schlag, sondern vielmehr ganz allmählich entwickelt 
und seine Teile, etwa 80—100 Zeichen, sind, von den 
verschiedensten Nationen herrührend, nach und nach 
zusammengetragen. Viele alphabetische Zeichen auf 
ägyptischen Ziegeln und in Gräbern besitzen ein be¬ 
deutend höheres Alter als alles, was in der phö- 
nizischen, griechischen oder lateinischen Schriftsprache 
vorkommt. In Kreta waren geometrische Schrift¬ 
zeichen längst vor der Bilderschrift in Gebrauch. 
Schließlich siegten einige Dutzend Buchstaben über 
den Rest und wurden Gemeingut von Handelsvölkem 
an den Küsten des Mittelländi^hen Meeres. Das 
Prinzip der Anordnung des Alphabets bleibt zurzeit 
unermittelt. Mr. Flinders Petrie bemerkte zum Schluß, 
daß vor kurzem Funde von Töpferwaren mit Schrift¬ 
zeichen in Ägypten gemacht worden sind, die aus 
archaischer, prähistorischer Zeit stammen und weit 
früher als die ersten Hieroglyphen gesetzt werden 
müssen. — Die Richtigkeit der obrigen Angaben vor¬ 
ausgesetzt, zwingt sich jedem den Sachverhalt objektiv 
Beurteilenden der Schluß auf, daß in Ägyptens Kultur 
zeitweise ein bedeutender Rückschritt durch Verlust 
der Zeichenschrift und abermaligen Einführung der 
bildlichen Hieroglyphen eingetreten sein muß, da sich 
im Gegensatz zu jener die letztere als minderwertige 
Wort- und Begriffsschrift kennzeichnet Es bedarf nur 
meines kurzen Hinweises, um in Erinnerung zu 
bringen, daß die rationellste Anordnung des Alphabets 
das Sanskrit und die von ihm abgeleiteten Sprachen 
besitzen, da sie die Buchstaben nach den Sprach- 
organen zusammenstellen, mit denen die entsprechen¬ 
den Laute ausgesprochen werden: Kehllaute, Gaumen¬ 
laute, Zungen-, Zahn- und Lippenlaute. Die Sanskrit- 
Literatur besitzt außerdem die ältesten, wirkliche 
Schriftdenkmäler darstellende Werke, sie ist ferner 
diejenige Sprache, welche die Wortbildung am folge¬ 
richtigsten von den Wurzeln hemimmt, sodaß man 
wohl berechtigt ist, anzunehmen, daß längst vor den 
jetzt noch erhaltenen und bekannten Inschriften ein 
Alphabet vorhanden gewesen sein muß. Ob in dieser 
Beziehung Indien oder Ägypten die Priorität zukommt, 
läßt sich selbstverständlich nicht mit wenigen Worten 
entscheiden. 

Nicht uninteressant dürfte es sein, auf eine Äuße¬ 
rung Goethes über das alte Ägypten hinzuweisen, die 
um so mehr ins Gewicht fallt, weil der Altmeister 


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i8o 


Londoner Brief 


kaum anderwärts seine Stellung zu dem Gegenstände 
genommen hat. Der spätere Chef des preußischen 
Generalstabes, der General Rühle von Lilienstern , 
mein Großvater von mütterlicher Seite, war am Hofe des 
Herzogs Karl August von Weimar zuvor während 
mehrerer Jahre Erzieher seines Sohnes Bernhard ge¬ 
wesen und hatte den Franzosen Champollion in Aus¬ 
legung der Hieroglyphen verteidigt. Nachdem die 
Richtigkeit derselben von Alexander von Humboldt 
anerkannt worden war, gab er, mit erläuterndem Text 
versehen, nachstehendes für den damaligen Stand der 
Wissenschaft bedeutende Werk heraus: „ Univeral'■ 
historischer Atlas. Graphische Darstellungen zur 
ältesten Geschichte und Geographie von Äthiopien und 
Ägypten“. (Duncker & Humblot. Berlin 1827.) Als 
Rühle diese Arbeit an Goethe sandte, dem er während 
seines langjährigen Aufenthaltes in Weimar nahe ge¬ 
treten war, erhielt er von dem Dichterfürsten unter 
dem 12. August 1827 eine Antwort, die zum ersten 
Male nach dem Konzept in der Weimarer Goethe- 
Ausgabe, IV. Abteilung, Band 43, Seite uff. und nach 
dem Originalbrief in den „Papieren der Familie von 
Schleinitz" (E. Trewendt, Berlin 1905) gedruckt ist. 
Dieser Brief, in welchem Goethe seine Antipathie 
gegen das alte Ägypten auf das schärfste ausdrückt, 
befindet sich jetzt in der Autographensammlung der 
Frau Geheimrätin P^ttberg in Wiesbaden, einer Freun¬ 
din meiner Familie. 

Die englische Goethe-Gesellschaft vereinigte sich am 
25. Juni in London, um ihren neuen Präsidenten, Dr. 
A . W. Ward, zu bewillkommnen, der zu seiner An¬ 
trittsrede das Thema „Goethe und die Französische 
Revolution " gewählt hatte. Besonders interessant aber 
gestaltete sich die Sitzung durch die von Frau Lud* 
wig Mond ausgestellten Lotte Buff betreffenden Re¬ 
liquien. Die erstgenannte Dame gilt mit Recht als 
eine hervorragende Sammlerin aller auf Goethe und 
Schiller bezüglichen Dinge von wirklichem Belang. 
Die nachstehenden Gegenstände erwarb Frau Mond 
von dem 91 Jahre alten Fräulein Wilhelmine Buff, 
Lottes einziger überlebender Nichte: 

1. Ein von Lotte stets getragener Ring. 

2. Ein kleines goldenes Kreuz mit Granaten, das 
Goethe Lotte geschenkt hatte. 

3. Eine von Goethe an Lotte verehrte Tasse mit 
der Inschrift: „Sey immer glücklich". 

4. Eine Locke von Lottes Haar als Kind. 

5. Eine von Lotte gearbeitete Handtasche. 

6. Ein Lotte darstellendes Aquarell-Porträt. 

7. „Moses als Kind", Kreidezeichnung Lottes. 

8. Ansicht von Wetzlar, Aquarell, von Lottes Hand. 

Außer andern Reliquien befanden sich in der Aus¬ 
stellung noch wertvolle Kupferstiche, darunter „Karl 
August von Weimar von der Jagd zurückkehrend". 
In Begleitung des Herzogs befindet sich Goethe. 
Neben Frau Mond gebührt dem Sekretär der Gesell¬ 
schaft, Herrn Eugen Oswald , Dank für die vielfachen 
Bemühungen zur Förderung der Gesellschaft. — 


Großes Aufsehen erregten in London die Juni- und 
Juli-Hefte, die sogenannten „Deutsch-englischen Ver¬ 
ständigungs-Nummern der von Dr. Ludwig Stein 
herausgegebenen Zeitschrift „ Nord und Süd“. Auch 
der Sohn von Frau Mond, Sir Alfred Mond, Baronet 
und Mitglied des Parlaments, lieferte einen sehr be¬ 
merkenswerten Beitrag für das genannte Blatt Nicht 
minder gilt dies für die vortrefflichen Aufsätze vieler 
anderer hochbedeutenden Persönlichkeiten, so unter 
anderem von A. J. Balfour, Baron Alfred Rothschild, 
Professor Karl Breuel, Sir Thomas Barclay, Sir Edgar 
Speyer, A. von Gwinner, Graf Posadowsky, Wirklicher 
Geheimer Rat Wermuth und Rudolph Said-Ruete. 
Die Gattin des letzteren, Frau Therese Said-Ruete ist 
die hochverdiente Vorsteherin der „ Frauen-Ortsgruppe 
London ", die im Begriff steht, ein großartiges, 
praktisches Nachschlagewerk erscheinen zu lassen, das 
alles, was die deutsche Frau im Auslande, in „Haus 
und Beruf 1 betrifft, enthalten soll. 

Von den in Deutschland herausgekommenen Nach¬ 
schlagewerken und von der gesamten englischen 
Fachpresse namentlich günstig beurteilten nenne ich 
vor allem: „Allgemeines Lexikon der bildenden Künst¬ 
ler von der Antike bis zur Gegenwart *. Begründet 
von Ulrich Tkieme und Felix Becker, herausgegeben 
von Ulrich Thieme. Fünfter und sechster Band. 
(Leipzig. E. A. Seemann.) 

Unter den in letzter Zeit stattgehabten Bücher- 
Auktionen nimmt der Verkauf der „Huth-Bibliothek “, 
sowohl hinsichtlich des Wertes der dargebotenen 
Bücher, als auch der für sie gezahlten Preise, unzweifel¬ 
haft die erste Stelle ein. So wurden folgende Resul¬ 
tate erzielt: die sehr seltene „ Chroniques de St. Denis?*, 
ein illuminiertes Manuskript aus dem XIV. Jahrhundert, 
erwarb Mr. Quaritch für 33000 M. Ein mit 204 
Miniaturen versehenes deutsches Manuskript aus dem 
XV. Jahrhundert herrührend, gleichfalls eine Chronik 
wurde mit 7000 M. bezahlt. Der „Cid**, 1512, gedruckt 
in Sevilla, das letzte Blatt in Faksimile, 1600 M. 
(Quaritch). Eine deutsche Übersetzung des „Speculum 
Sapientiae “ 1200 M. (Leighton). Dante „Divina 
Commedia", 1472, Foligno, 9500 M. Dasselbe, 1481, 
Florenz, mit Illustrationen von Baldini nach Botticelli, 
36000 M. „Doctrinal of Sapience “, von Gaxton 1489 
gedruckt, aber zwei Blätter fehlen, 6200 M. (Quaritch). 
Für ein Exemplar von Dibdins „Bibliotheka Spen- 
ceriana" wurden von Ellis 260 M. gezahlt. „Tragi¬ 
call Legend of Robert Duke of Normandy ", das einzige 
bekannte Exemplar außer dem im British-Museum, 
2700 M. (Quaritch). „Don Quixote“, erster und zweiter 
Teil, Madrid 1605 und 1615, erwarb Mr. Sabin für 
29200 M. Caxton „Canterbury Tales" 19100 M. 
(Fergus). Im ganzen wurden in runder Summe 
folgende Resultate erreicht: für Autographen 262000, 
für Kupferstiche 300000, für den ersten Teil der Bücher 
1016000, für den zweiten Teil der Bücher 630000 M. 
In Summa 2208000 M. 

London, Anfang Juli. O. v. Schleinitz . 


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Wiener Brief 


181 


Wiener Brief. 


Die Wiener Graphische Gesellschaft hat sich dazu 
entschlossen, ihren Mitgliedern mit der Herausgabe 
eines Jahrbuches eine Gabe zu überreichen. Das 
erste Jahrbuch (für 1912), als dessen Redakteur Jo¬ 
hann Pabst zeichnet, liegt nunmehr vor (Verlag der 
Wiener Graphischen Gesellschaft). Ich will gerne die 
Mühe anerkennen, die der Herausgeber an die Redak¬ 
tion des Jahrbuches gewendet, auch die durchschnittliche 
Gediegenheit der darin enthaltenen Aufsätze sei willig 
zugegeben, allein dem Lobe der äußeren Erscheinung, 
das sich das Geleitwort, ziemlich freigebig, selbst aus¬ 
stellt, kann ich mich zu meinem Bedauern nicht an¬ 
schließen. Abgesehen davon, daß mir diese neueste 
Schrift, diese „Federgrotesk“ der Schriftgießerei Lud¬ 
wig & Mayer, Frankfurt a. M. nicht gefallt, war mir 
auch beim Lesen der ganze furchtbar kompresse 
Satz ein Greuel. Mir taten die Augen weh, die nir¬ 
gends fast einen Ruhepunkt fanden. Auch der Ein¬ 
band mit seiner Titelzeiclinung und seiner in ganz 
lichter Farbe gehaltenen Decke wird wohl kaum viel 
Gefallen erwecken. Aus den Aufsätzen sei hervor¬ 
gehoben der des Jahrbuch-Redakteurs Johann Pabst 
über das Leben Gutenbergs und zwar auf Grund der 
letzten Forschungsergebnisse, der aus der Feder des 
Professors A. W. Unger „Über den heutigen Stand 
der graphischen Künste"; ferner berichtet Rudolf Rufi 
über die moderne Reproduktionstechnik, Franz 
Bauer über die Fortschritte im Buchdruckmaschinen¬ 
bau, Julius Jakob über die Wandlungen in der deut¬ 
schen Rechtschreibung und anderes. Beigegeben sind 
den Jahrbüchern eine größere Anzahl von Druck¬ 
leistungen in Schwarz-weiß und in Farbendruck, die 
Überblick über die hauptsächlichsten Reproduktions¬ 
verfahren gewähren. Noch ein Wunsch für das 
nächste Jahr: weniger „Kunststücke“ und mehr Ein¬ 
fachheit, Natürlichkeit! Das Jahrbuch soll doch auch 
gelesen werden. 

Das österreichische Buchgewerbe hat jetzt schon • 
Schritte eingeleitet, um eine besondere Beschickung 
der im Jahre 1914 stattfindenden Internationalen Buch¬ 
gewerbeausstellung in Leipzig zu bewirken. Jüngst 
fand zu diesem Zwecke eine Versammlung von Ver¬ 
tretern der in Betracht kommenden Gewerbe statt, 
der auch eine Reihe von Fachgelehrten, Künstlern und 
andere beiwohnten, wie Hofrat Dr. Eder, Regierungs¬ 
rat v. Larisch, Direktor der Universitätsbibliothek, 
Dr. Himmelbaur, Michalek, Baronin Kraus (Vereini¬ 
gung bildender Künstlerinnen) und andere. Den 
unterrichtenden Vortrag hielt Dr. C. Volkmann aus 
Leipzig. Eine Reihe von Rednern befürwortete in 
warmer Weise die Beteiligung Österreichs an der 
Ausstellung, zumal die österreichische Buch-, Druck- 
und Reproduktionsindustrie in der Lage sei, ihre 
Ebenbürtigkeit auf vielen Gebieten zu erweisen. Auch 
die Wiener Bibliophilen-Gesellschaft dürfte sich dem¬ 
nächst schon mit dieser Angelegenheit befassen. Bei 
diesem Anlasse sei es gestattet, eine Bemerkung an- 
'zuknüpfen. Die Internationale Ausstellung für Buch¬ 
gewerbe und Graphik wird draußen im Reiche gemein- 
Z. f. B. 1912/1913. 


niglich kurz „ Bugra “ genannt Für unsere öster¬ 
reichischen und Wiener Ohren ist diese abkürzende 
Sprach Verhunzung ein Scheuei und Greuel. Als jüngst 
kulturwidrige Nachtreter für die Internationale Flug¬ 
ausstellung in Wien den gräßlichen Namen „Jfa“ auf¬ 
brachten, haben keine fünfzig Menschen in Wien das 
mitmachen wollen. Wenn man schon nicht den gan¬ 
zen langen Titel hersagen will, so weiß heute jeder 
dabei interessierte Mensch, was mit dem kürzeren 
Titel „Buchausstellung in Leipzig“ gemeint ist Wenn 
schon Zeit beim Sprechen erspart werden soll, so 
genügt das vollkommen. „Bugra“ und ähnliche .Ab¬ 
kürzungen“ sind ein abscheulicher sprachlicher Unfug. 

Zu Ehren der Ende Juni veranstalteten Wiener 
Musikfestwoche war in der Wiener Hofbibliothek eine 
erlesene Ausstellung von musikalischen Schätzen zu 
sehen. Diese Ausstellung musikgeschichtlicher Denk¬ 
mäler hat wieder gezeigt, welche reichen Kostbar¬ 
keiten unser altbewährtes Institut behütet. Zwei Jahr¬ 
tausende musikalischen Schaffens zogen in den zur 
Schau gestellten Folianten, Manuskripten, Bildern und 
Briefen usw. an unserem Auge vorüber. Gleich im 
ersten Pulte links vom Eingänge erblickte man einen 
kleinen, vergilbten, zerschlissenen Blattrest aus dem 
1892 gefundenen Papyrus Rainer, der einige Zeilen 
aus dem ersten Chorlied des Euripideischen „Orestes?* 
enthielt. Es ist ein Unikum, keine Bibliothek der 
Welt hat etwas Ähnliches aufzuweisen. Über den 
Versen sind die aus der griechischen Buchstaben¬ 
schrift entwickelten Singnoten angebracht, zwischen 
den Zeilen einige Instrumentalnoten für den Auleten, 
den Flötenbläser. Von der griechischen Musik sind 
ja nur ganz wenige Überbleibsel erhalten, das ge¬ 
nannte Papyrusblättchen ist alles, was wir von der 
Musik besitzen, die zum gemessenen Tanzschritt des 
Chors in den griechischen Tragödien erklang. Neben 
dem Papyrusfetzen ruht ein aus dem Jahre 1473 
stammender Wiegendruck von Johannes Gerson, dem 
wahrscheinlich frühesten Versuch des Notendruckes 
mit beweglichen Lettern. Große Folianten zeigen 
uns, was die berühmtesten Offizinen des XVI. Jahr¬ 
hunderts (Antonio Gardano in Venedig, Petrucci in 
Fossombrone, Plantin in Antwerpen) in der Kunst des 
Notendruckes hervorbrachten. Auch unter den aus¬ 
gestellten Lautenbüchem des XVI. und XVII. Jahr¬ 
hunderts erweckt manches Stück unser besonderes 
Interesse, so das Lautenbüchlein, das einer der be¬ 
rühmten Fugger, Herr Oktavian, sich spendete, als 
er, ein musikfroher Studiosus in dem Welschland „zu 
Bononia anno 1562 gestudiret“ hat. Ludwig Senftls, 
des Komponisten aus dem XVI. Jahrhundert hand¬ 
schriftliches Liederbuch, nebst Selbstbiographie in 
Versen und Musik enthaltend, gehört gleichfalls in 
dieses Gebiet Nun folgen Meisterwerke musikalisch- 
graphischer Kunst, so der Foliant der Kuttenberger 
Kantionale, mit bunten Miniaturen aus dem Leben 
des Silberbergwerkes geschmückt. Reichhaltig ist das 
habsburgische Erzhaus mit Kompositionen seiner Mit¬ 
glieder vertreten. Unter den gekrönten Komponisten 

*5 


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182 


Wiener Brief 


finden wir Ferdinand III., Leopold I., Karl VI., die 
letztgenannten mit eigenhändig geschriebenen Kom¬ 
positionen. Immer näher rücken wir neuen Zeiten, 
die Handschriften der klassischen Meister fesseln 
unser Auge. Wir erblicken Haydns erste endgüldge, 
mit sauberm Bleistift verfertigte Niederschrift der 
Volkshymne, Mozarts Partitur zu seinem letzten Werke, 
dem „Requiem**, ein Unterrichtsheft seiner Schülerin 
Barbara Ployer mit scherzhaften italienischen Glossen 
des Meisters, Briefe, Billette Mozarts an Vater, Gattin 
usw., ferner Notenhandschriften Beethovens (der an 
den Rand der Frühlingssonate in polterndem Jähzorn 
hinschrieb: „Der Kopist, der die drei und sechs hinein¬ 
gemacht hat, ist ein Esel“), das Stammbuch des 
großen Meisters mit den Einzeichnungen seiner Bon¬ 
ner Freunde, ferner — jüngste Vergangenheit — An¬ 
ton Bruckners Neunte Sinfonie und Hugo Wolfs 
„Corregidor“, die letztgenannte Handschrift von präch¬ 
tiger kalligraphischer Sauberkeit und von keinerlei 
Korrektur unterbrochen. Mit hohem Genüsse durch¬ 
schreiten wir diese Ausstellung musikgeschichtlicher 
Denkmäler, die sich ebenbürtig an die übrigen, von 
unserer Hofbibliothek in den letzten Jahren veran¬ 
stalteten, stets mit warmem Interesse aufgenommenen 
Schaustellungen reihte. 

Aus dem gleichen Anlaß der Wiener Musikwoche 
erschien der „Merker*' als Festnummer mit einer 
Reihe gehaltvoller Beiträge. Wir heben hervor: Ein 
unbekanntes Schubert-Gedicht Bauemfelds von O. 
JL Deutsch, Emans — ein kirchenmusikalisches Bay¬ 
reuth von Max Springer, Liszt und Madame Pleyel in 
Wien von Dr. Arnold Winkler und andere; unter den 
Beilagen: Ein unveröffentlichter Sonatensatz Beet¬ 
hovens. 

Wie aus Zeitungsberichten hervorgeht, rüstet man 
sich nun auch in Österreich, den Kampf gegen die 
Pornographie in aller Form aufzunehmen. Es bleibt 
abzuwarten, ob hiebei nicht über die Stränge ge¬ 
schlagen und ob nicht unkünstlerische Tölpelhaftigkeit 
da und dort gleichfalls am Werke sein wird. Als 
behördliche Zentralstelle, die nach dem internatio¬ 
nalen Abkommen in Paris 1910 den Kampf gegen die 
Pornographie dienen soll, ist für Österreich in der 
Wiener Polizeidirektion eine eigene Abteilung errich¬ 
tet worden, die nach Angaben einzelner Leiter 
ihr Augenmerk hauptsächlich auf solche ein¬ 
heimische Veröffentlichungen pornographischer Art 
richten wird, deren Export und deren Verbreitung 
im Auslände zu befürchten sei Es scheint, daß auch 
einzelne pornographische Händler besonders über¬ 
wacht werden sollen. Hoffentlich entwickelt sich da¬ 
bei nicht ein neues Polizeinaderertum. 

Von Franzi v. Wertheimstein , dieser hochherzigen, 
vor einigen Jahren verstorbenen Wiener Dame, in 
deren Hause die bedeutendsten künstlerischen Per¬ 
sönlichkeiten Wiens der letzten Jahrzehnte ein gast¬ 
liches Heim fanden, habe ich an dieser Stelle des 
öfteren Erwähnung getan. In diesem vornehmen 
Döblinger Landsitze, von niemand geringerem als 
Moriz v. Schwindt ausgeschmückt, dessen ' frühere 
Besitzer bereits reiche künstlerische Beziehungen 


pflogen, hat Eduard v. Bauernfeld lange ge¬ 
lebt, Ferdinand v. Saar seine besten Jahre zu¬ 
gebracht Franzi v. Wertheimstein hat ihren ganzen 
Besitz, die sogenannte Wertheimsteinvilla mit dem 
sie. umgebenden wunderschönen Wertheimsteinpark 
testamentarisch der Gemeinde Wien unter der Be¬ 
dingung hinterlassen, daß der Park öffentlich zugäng¬ 
lich gemacht und in die Villa eine Volksbibliothek 
eingerichtet werde. In den ersten Julitagen wurde 
nun die Volksbibliothek ihrer Bestimmung übergeben. 
Sie ist im Erdgeschoß der Villa untergebracht, für 
eine jährliche Büchergebühr von 20 Hellem 
kann hier jedermann Bücher lesen oder entlehnen. 
Die Bibliothek umfaßt ungefähr 7000 Bände und 
erfreut sich aller modernen äußerlichen und inneren 
Einrichtungen. Im ersten Stock der Villa ist ein 
Bauemfeld und ein Saar-Gedenkzimmer eingerichtet 
worden. Ein Beethoven-Zimmer soll noch folgen. 

Und da wir gerade Bauemfelds Erwähnung taten, 
mögen hier auch die neuesten Forschungen und Er¬ 
gebnisse über die mysteriöse Geburt des Lustspiel¬ 
dichters Platz finden, wie sie in den verschiedensten 
Organen der letzten Zeit zur Veröffentlichung gelangten. 
Bauemfeld selbst hat nie von seinen Eltern gesprochen, 
er barg ängstlich sein Geheimnis. Erst dem Wiener 
Literaturhistoriker Dr. E. Horner gelang es 1900 
einiges Licht in die recht dunkle Angelegenheit zu 
bringen, wenn auch er, wie es scheint, das Geheimnis 
nicht zu lüften vermochte. Nach Homers Forschungen 
ist Eduard v. Bauemfeld der Sohn einer illegitimen 
Verbindung, nämlich der noch jugendlichen Witwe 
Feichtinger mit dem etwa vier Jahre jüngeren 
Studenten der Medizin, Lorenz Novag, der später die 
einzige Tochter der Feichtinger zur Frau nahm und 
in dessen Familie der junge Bauemfeld als Ziehsohn 
aufgenommen wurde. Für die Öffentlichkeit galt 
daher die Witwe Feichtinger als Adoptivgroßmutter, in 
W'irklichkeit sei sie die Mutter des Dichters gewesen. 
Ganz bewiesen ist freilich auch das nicht, aber sehr 
triftige Dokumente entscheiden für die Annahme 
Horners. Wer war aber der Vater? Nach der 
neuesten Darstellung, die insbesondere durch Karl 
Muth im „Hochland “vertreten wird und zwar auf Grund 
neu aufgefundener Briefe, ist es nicht der Student und 
spätere Arzt Lorenz Novag, der nach der Annahme 
Homers die Tochter seiner Geliebten geheiratet hätte, 
sondern der eigene jüngere Bruder der Witwe Feichtinger, 
nämlich der Oberleutnant im Ruhestande Josef Edler 
v. Bauemfeld, der sich in einem von Muth im Wort¬ 
laute wiedergegebenen Briefe an seinen Bruder aus¬ 
drücklich zur Vaterschaft bekennt Danach würde 
man es also völlig begreifen, warum Bauemfeld das 
Geheimnis seiner Geburt so ängstlich hütete: er wäre 
ein Kind des Inzestes gewesen. Freilich, wenn auch 
jetzt die Vaterschaft des Lustspieldichters feststeht, 
die mütterliche Abstammung ist noch immer nicht 
ganz bewiesen, so daß auch Muth den inzestuösen 
Charakter der Herkunft noch in Frage stellt. 

Der literarische Streit über Schönherrs „Glaube 
und Heimat" ist noch in frischer Erinnerung. Man 
ging soweit, ihn förmlich eines Plagiates an einem 


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Wiener Brief 


183 


Romane der oberösterreichischen Dichterin Handel- 
Mazetti zu bezichtigen. Dazu verführten vornehmlich 
ganz bestimmte Wendungen, die sich in der „Armen 
Margarethe" der Handel-Mazetti und in „Glaube und 
Heimat" fast gleichlautend vorfinden. Kürzlich wurde 
berichtet, daß zum Beispiel schon in einer alten Bud¬ 
weiser Chronik ganz dieselben Redensarten enthalten 
sind. Die gemeinsame Quelle solcher und ähnlicher 
Redensarten ist, wie nunmehr sicher gestellt wurde, 
in der Gesetzgebung früherer Zeiten zu suchen. Nach 
Artikel 48 der Landesgerichtsordnung Ferdinand III. 
von 1656 für Österreich unter der Enns lautet die 
Verurteilung des Vierteilens folgendermaßen: „Der 
N. solle auf die gewöhnliche Richtstätte geführt, ihm 
alldortten anfangs wegen der begangenen unbarm¬ 
herzigen Tat sein lebendiges Herz herausgenommen, 
um das Maul geschlagen, sodann der Leib in vier 
Teile zerschnitten und die vier Vierteile an den 
Straßen, absonderlich aber das Haupt, Herz und 
rechte Hand zusammen müßiglich zum Abscheu auf¬ 
gehenkt werden". In den Redensarten des Volkes 
lebte dann, wie die Chroniken bezeugen, die Erinne¬ 
rung an dieses alte grausame Strafrecht fort. 

In Prag ist im Juni einer der originellsten Künst¬ 
ler Österreichs, der Maler und Zeichner Hans Schwab 
ger gestorben, der sich auch als Illustrator betätigt 
und imter anderem auch Hauffs Ratskellerphantasien 
illustriert hat. Er war, im Leben und in der Kunst, 
ein sehr sonderbarer Mensch, von grotesker Schrullen¬ 
haftigkeit. An der Akademie schon sagte Professor 
Trenkwald: „Der Dings hat Talent, aber, was er 
macht, ist sehr sonderbar." Wie Hevesi in seiner Ge¬ 
schichte der modernen Kunst in Österreich erzählt, 
waren in Schwaigers abenteuerlichem Holzhause in 
den mährischen Vorkarpathen Galgenmännlein und 
Alräunchen, Wassermänner und Ewige Juden jahre¬ 
lang der Verkehr. Er war ein ins XIX. Jahrhundert 
verschlagener spätgotischer Holzschnittmensch, der 
erst durch die Wiener Sezession einigermaßen zur 
Anerkennung kam. 

Nur anzeigen, mir eine besondere Kritik und 
Würdigung der ganzen Unternehmung vorbehaltend, 
will ich hier eine neue Sammlung, die unter der 
Marke- „ Denkwürdigkeiten aus Alt-Österreich" die 
Rettung literarischer Zeugen entschwundener und 
romantischer, bewegter Kulturabschnitte Österreichs 
bezweckt. Die Sammlung soll die Zeit von Maria Theresia 
bis 1848 umfassen, den zur Veröffentlichung gelangen¬ 
den Werken soll eine „übersichtlichere Form, eine beson¬ 
nenere, aber belebende Bearbeitung" zuteil werden. Als 
Herausgeber zeichnet Herr Gustav Gugitz, den Verlag 
hat Georg Müller in München übernommen. Die erste 
Publikation: Graf de la Garde-Gemälde des Wiener Kon¬ 
gresses 1814/15, Erinnerungen, F este, Sittenschilderungen, 
Anekdoten ist bereits in zwei äußerlich sehr schönen, 
mit zahlreichen Bildbeigaben geschmückten Bänden 
erschienen. Leider werden wir es hier wieder mit 
der in den letzten Jahren ziemlich häufig gewordenen 
Duplizität der Erscheinungen zu tun haben. Ein an¬ 
derer Wiener Verleger kündigt nämlich den Neu¬ 
druck desselben Werkes an, der, bis diese Zeilen den 


Lesern zu Gesichte kommen werden, sicherlich auch 
schon ausgegeben sein wird. So viel ich weiß, trifft 
den Münchener Verleger an dieser Duplizität keine 
Schuld. In den „Denkwürdigkeiten aus Alt-Österreich" 
sind als weitere Publikationen vorgesehen: Schönholz , 
Tradidonen zur Charakterisdk Österreichs, J. F. Ca¬ 
stelli, Memoiren meines Lebens, /. Pezzl, Skizze von 
Wien, Karoline Pichler, „Denkwürdigkeiten aus meinem 
Leben". Es wird sich Gelegenheit finden, auf den 
ganzen Plan der Sammlung eingehend und kritisch 
zurückzukommen. 

Aus Zeitschriften möchte ich nur kurz den lebendig 
geschriebenen Aufsatz Otto Wittners über den ver¬ 
storbenen Ästheten Josef Bayer im 9. Hefte des 
11. Jahrganges der „ Deutschen Arbeit " hervorheben, 
in dem auch die Fortsetzung der Gefängniserlebnisse 
von Prager Studenten in den Jahren 1849—1854 von 
W. Emst erschien. Die an dieser Stelle bereits 
schon einmal angekündigte Zeitschrift für Anwendung 
der Psychoanalyse auf die Geisteswissenschaften 
„Image?*, herausgegeben von Prof. Dr. Sigm. Freud, 
redigiert von Otto Rank und Hans Sachs, Verlag 
Hugo Heller 6 r* Co. (Wien), ist in ihrer zweiten Num¬ 
mer wieder sehr reichhaltig geworden und dürfte, wie 
immer man sich sonst zu den hier verfochtenen Theo¬ 
rien stellen mag, bei allen Literaturhistorikern starkem 
Interesse begegnen. Aus seinem Inhalte seien be¬ 
sonders zwei Aufsätze genannt; Leo Kaplan , zur 
Psychologie des Tragischen und Dr. J. Sadgen Von 
der Pathographie zur Psychographie. Vornehmlich 
der letztgenannte Aufsatz, von reichlicher Literatür¬ 
kenntnis zeugend, fesselt ungemein. Er behandelt 
unter anderem das Judithproblem Hebbels, wo¬ 
bei freilich die bekannte Traumdeutungstheorie und 
die anderen Lehren Freuds, dessen Schüler Dr. Sad- 
ger ist, wieder als Alleserklärer herhalten müssen. 
Anregungen aber schöpft man aus diesen Aufsätzen 
viel. 

Der im Aprilheft dieses Jahrganges von mir an dieser 
Stelle angezeigte Privatdruck „ Berühmte Besucher 
Badens?', ein grünes Heft im altmodischen Format 
der vormärzlichen Liederhefte, ist nunmehr auch in 
neuer Ausstattung mit 112 Illustrationen versehen bei 
Karl Konegen in Wien (Emst Stülpnagel) heraus¬ 
gekommen. Der Verfasser des mit vieler Sorgfalt 
ausgestatteten Werkes, Paul Tausig , der es auch an 
einer unterrichtenden Einleitung nicht fehlen ließ, hat 
nach seiner eigenen Angabe nicht weniger als zwölf 
Jahre zu dieser Arbeit aufgewendet Die vielen Bild¬ 
beigaben und Faksimiles machen das eigenartige 
Werk zu einer Art kulturhistorischen Bilderbuches. 

Im Wiener Dorotheum fand im Mai die Auktion der 
Bibliothek des verstorbenen Franz Steiner aus Meran 
statt Die Bücherei enthielt einzelne ungemein wert¬ 
volle Stücke nebst vielem ganz belanglosen zusammen¬ 
getragenen Zeug. Einzelne Ergebnisse seien im Nach¬ 
folgenden berichtet, wobei bemerkt wird, daß bei der 
Auswahl nicht die Preishöhe bestimmend war. 

Brentano, Clemens , „Die Märchen", zum Besten 
. der Armen. Herausgegeben von G. Görres. Kr. 22. — 

I Denon Vivant, „Voyage dans la Basse et la Haute 


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184 


Römischer Brief 


Egypte“. 2 Bände. Paris 1802. Kr. 63. — Dürer , 
Albrecht, „Underweysung der messung mit demzirkel 
un richtscheyt“. 1525. Kr. 140. — Goethes „Werke“. 
20 Bände. Gotha 1815—1819. Kr. 50. — Goethes 
Werke. „Vollständige Ausgabe letzter Hand“. Stutt¬ 
gart und Tübingen 1827—1842. Kr. 35. — Goethe, 
„West-östlicher Diwan“. 1819 (1. Ausgabe mit latei¬ 
nischen Lettern). 18 Kr. — Goethe, „Zur Naturwissen¬ 
schaft überhaupt, besonders zur Morphologie“. 1817— 
1822. Kr. 16. — Heine , „Sämtliche Werke“. Ham¬ 
burg 1861—1869. Kr. 50. — Inkunabeln, „Die neueste 
deutsche Bibel" mit 109 (16 handkolorierten und 93 
schwarzen) Holzschnitten, Schweinslederbänden mit 
Messingbeschlägen und Schließen. Nürnberg 1483. 
Kr. 750. — Schedel , „Das Buch der Chroniken und 
Geschichten“. Nürnberg 1493, Koburger. Kr. 325. — 
Schedel, „Liber Chronicarum“. Nürnberg 1493, Kr. 200. 
— Vergilius, „Opera Venetiis (Vindelinus de Spira)“. 
1471, fol Rom. Kr. 1800. — Keller , Gottfried, „Der I 


grüne Heinrich“. 4 Bände. Braunschweig 1854—1855. 
Vieweg & Sohn. Kr. 130. — Keller , Gottfried, „Sieben 
Legenden“. Stuttgart 1872. Kr. 20. — Luther , „Das 
Alte Testament, „Biblia“. Deutsch-Wittenberg, Hans 
Lufft, 1550; mit zahlreichen Holzschnitten von Lucas 
Cranach. Kr. 50. — Luther, „Biblia“, das ist die 
gantze Schlifft. Straßbuig 1630. Kr. 64. — Manu¬ 
skript'. „Livres d'heures“. Lateinische Pergament- 
Handschrift französischen Ursprungs aus dem Ende 
des XV. Jahrhunderts. 149 Bll. in 8°. Mit 6 großen 
prachtvollen Miniaturen. Kr. 1800. — Scheffel, „Ekke¬ 
hard“. Frankfurt 1855. Kr. 18. — Schiller , „Sämt¬ 
liche Werke“, herausgegeben von Chr. G. Körner. 
12 Bände. Kr. 30. — Wagner, Richard, „Der Ring 
des Nibelungen. Ein Bühnenfestspiel für drei Tage 
und einen Vorabend. Kr. 3.55. — Wagner, Richard, 
„Der Ring des Nibelungen. Leipzig 1863. Kr. 24. 

Wien, Mitte Juli Hans Feigl. 


Römischer Brief. 


Der beratende Ausschuß der italienischen Gesell¬ 
schaft für Papyrusforschung in Ägypten trat vor kurzem 
zu einer Sitzung zusammen, zu der die Professoren 
Comparetti, Vitelli, Pistelli, Stromboli, Dr. Giacomo 
Levi, der Advokat Anau, Dr. Lorenzo Gammelli und 
Angelo Orvieto erschienen waren. Professor Pistelli 
erstattete Bericht über die von ihm in Belmesa 
(Oxyrhynchos) in den Monaten Januar bis März dieses 
Jahres unternommenen Ausgrabungen. Er sprach 
über die verfolgte Methode, über die für die Aus¬ 
grabungen ausgewählten „ Kimärns u und über die er¬ 
zielten Resultate. Die Gesellschaft, die schon Papyri, 
Tonfragmente usw. besaß, um den zweiten Band ihrer 
Publikationen beginnen zu können, hat jetzt hin¬ 
reichend Stoff, um ihn abzuschließen und bereits 
weiteres Material um einen dritten anzufangen. Ge¬ 
nauere Angaben über die Papyri zu machen, die 
Pistelli aus Ägypten mitgebracht, ist vor der Hand 
unmöglich, da es dazu zuvor eingehender Studien be¬ 
darf. Aber immerhin hat er in der Sitzung einige 
bemerkenswerte Stücke vorgelegt, so eine schöne 
Seite aus dem Buche der „Richter“ in der Septua¬ 
ginta-Übersetzung; einen umfangreichen Papyrus, der 
moralische Ratschläge enthält, ähnlich denen des 
Isokrates an Demonikus, in einer bisher unbekannten 
Zusammenstellung und Fassung; schöne Dokumente 
aus dem III. und IV. Jahrhundert; einen wichtigen 
astrologischen Papyrus; zwei Blatt aus einem schönen 
Pergamentkodex, der über fünfzig vollständige Trimeter 
und viele Fragmente einer ganz unbekannten Komödie 
des „ Menander ", unter deren Personen — vielleicht 
als Hauptperson — sich die Smicrine befindet. Die 
Kosten der Expedition überstiegen aus verschiedenen 
Gründen diejenigen der vergangenen Jahre, doch sind 
sie nicht über die von dem leitenden Ausschuß fest¬ 
gesetzte Summe hinausgegangen. Wie Professor 
Pistelli berichtet, sei er und sein Begleiter, trotz der 
antiitalienischen Stimmung der Mohamedaner, in 
Behnesa als Gäste geachtet und mit aller Rücksicht 


behandelt worden. Auch von dem Museum in Kairo 
und allen den Altertümern Vorgesetzten Behörden gelte 
das gleiche. Bezüglich der Ausgrabungen des nächsten 
Winters 1912—13 glaubt Pistelli, daß in Behnesa nicht 
mehr allzuviel zu holen sei Er hat sich daher vor 
dem Verlassen Ägyptens an das Museum in Kairo 
gewandt, und außer Behnesa um Zuweisung noch eines 
anderen Plaues für Ausgrabungen gebeten, dessen 
Namen die Gesellschaft vorläufig geheim hält, damit 
ihr kein anderer zuvorkommt Die Direktion des 
Museums in Kairo hat denn auch mit Schreiben vom 
19. Mai den Bitten der „Societa Italiana per i Papiri' 
stattgegeben. 

Eine hübsche Geschichte berichtet die „ Revue des 
Pays Latins “, nach den Original-Dokumenten in dem 
französischen Staatsarchiv, von einem Neapolitaner 
Sänger, der im Jahre 1753 nach Paris an den Hof 
Ludwigs XV. berufen worden war. Ludwig XV. 

— heißt es da — ließ den Sänger Caffarelli durch 
Vermittlung seines Gesandten in Neapel Aach Paris 
kommen, damit er mit seiner Kunst der Kronprinzessin 
in den leuten Monaten ihrer Schwangerschaft einige 
Zerstreuung bereite. Der König ließ ihm gleich 800 
neapolitanische Dukaten als Reisekosten zahlen und 
wenige Tage nachher traf der Sänger in Paris ein. 
Hier wurde ihm auf Kosten des Königs eine schöne 
Wohnung angewiesen, die er bald darauf mit einer 
noch schöneren in Versailles vertauschte. Der Sänger 
lebte in Saus und Braus und ließ alle Rechnungen 

— große und kleine — an den Hof schicken — und 
der Hof zahlte. Der Herzog von Luynes erzählt, daß 
der König, der mit Caffarelli zufrieden war, ihm oft 
und gern goldene Tabakdosen und anderes schenkte, 
ihm 75 Franken täglich, einen Wagen mit zwei 
Pferden, einen Tisch zu sechs bis acht Gedecken und 
zwei Livreediener gab, und das alles außer der freien 
Wohnung. Caffarelli sang bei Hofe und anderswo, 
bei großen Zeremonien und bei privaten Gelegenheiten. 
Grimm erzählt in seiner literarischen Korrespondenz, 


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Römischer Brief 


85 


wie im Jahre 1753 der heilige Ludwig in der franzö¬ 
sischen Akademie gefeiert wurde und berichtet, daß 
Caffarelli dabei eine Motette von Buranello mit voll¬ 
endeter Kunst gesungen habe. Die zahlreichen ge¬ 
wählten Gäste beobachteten das defste Schweigen. 
Caffarelli sah, während er sang, bald nach dem Platz, 
wo eine Konkurrentin seiner Kunst, die bedeutende 
Sängerin Fel, saß, bald wandte er sich nach den 
Plätzen der Künstler, Kririker und Literaten, aller be¬ 
rühmten Männer der Nation, unter denen damals 
schon der Kampf über die Vorzüge der italienischen 
Musik gegenüber der französischen entbrannt war. 
Ein andermal ließ Caffarelli sich in einem geistlichen 
Konzert in den Tuilerien hören, wo er — wie ein 
Journal der Zeit berichtet — mit wunderbarer Weich¬ 
heit und stimmlicher Technik sang. Caffarelli ließ 
sich jedoch seine schöne, Stimme gut bezahlen und 
war nie zufrieden, weder mit dem Geld noch mit den 
Geschenken, die er empfing. Eines Tages, als man 
ihm ein goldenes Kästchen von Seiten des Königs 
überbrachte, rief er aus: „Was, der König von Frank¬ 
reich schickt mir das Ding da? Da sind dreißig 
solche, von denen das kleinste mehr wert ist als 
dieses hier. Wenn es wenigstens mit dem Porträt 
Seiner Majestät geschmückt wäre!“ „Mein Herr, der 
König von Frankreich schenkt sein Bildnis nur den 
Gesandten," antwortete der Überbringer. „Was, den 
Gesandten ? Gut, dann soll er die auch singen lassen!" 
Ludwig XV., dem diese Anekdote erzählt wurde, 
lachte sehr darüber und berichtete sie der Kron¬ 
prinzessin Marie Josephe von Sachsen. Sie ließ den 
ehrgeizigen Sänger zu sich kommen und schenkte 
ihm, ohne seine kritischen Bemerkungen irgendwie zu 
erwähnen, einen schönen Diamanten und einen Paß. 
„Er ist vom König unterzeichnet" — sagte sie — „und 
ist eine große Ehre für Euch, aber nutzt ihn ordent¬ 
lich aus, denn er gilt nur zehn Tage". — Es war eine 
regelrechte Entlassung. Caffarelli ließ sich das nicht 
zweimal sagen, packte seine Koffer, überschritt nach 
Hinterlassung einer großen Zahl unbezahlter Rech¬ 
nungen die Alpen und kehrte in seine Vaterstadt 
zurück. 

Das Bedürfnis, die etruskischen Ausgrabungen in 
Fiesoie bei Florenz in würdiger Weise unterzubringen, 
hat zu dem Entschluß geführt, dort ein Museum zu 
errichten. Die ältesten Entdeckungen wichtiger Reste 
wurden im Jahre 1814 gemacht, wo der Baron von 
Scherlestein das antike Theater auffand. Das Grund¬ 
stück, auf dem es stand, wurde dann 1875 von der 
Gemeinde erworben. Gamurrini und später Macdo 
sammelten sorgfältig alle einigermaßen wichtigen 
Stücke, die nun provisorisch in dem alten Prätoriums- 
palast untergebracht sind. — Die Vorhalle des neuen 
Museums soll mit den Ornamenten und Reliefs ver¬ 
ziert werden, die das Proszenium des antiken Theaters 
schmückten. Unter dem archäologischen Material 
das im Prätoriumspalast vereinigt ist, ist das inter¬ 
essanteste die Sammlung, die Del Rosso bei der 
Ausgrabung der Akropolis im Jahre 1815 zusammen¬ 
gebracht hat. Diese mit großem wissenschaftlichen 
Verständnis geordnete Sammlung, die im 20. Band 


der „Monumenti Anticbi dei Lincei" beschrieben ist, 
wird einen Glanzpunkt des neuen Museums bilden. 
Ein Ehrenplatz soll den Fragmenten der bronzenen 
Wölfin, die an die Kapitolinische in Rom erinnert, 
reserviert werden, sowie den Skulpturen aus den 
Termen, und dem kostbarsten Stück etruskischer 
Skulptur, der kürzlich von Mr. Lawrence der Ge¬ 
meinde Fiesoie geschenkten Stele mit Reliefs von 
Szenen aus dem Leben im Jenseits, die aus der 
Nekropolis in Fiesoie stammt. Das neue Museum ist 
darauf berechnet, daß noch weitere Stücke darin Platz 
finden können und daß die Ausgrabungen fortgesetzt 
werden. 

Bei dieser Gelegenheit sei auch auf den neuen 
Führer durch das archäologische Museum von Florenz 
von Professor Milani hingewiesen, von dem soeben 
der erste Band erschienen ist: Milani H. R., Museo 
Archeologico di Firenze. Vol I. 1912. 

Vor einiger Zeit hat der Papst den Direktor des 
Verlages des Heiligen Stuhls, Desclee & Co., in Audienz 
empfangen, um aus seinen Händen das „Neue refor¬ 
mierte Brevier* 4 in Empfang zu nehmen. Es ist in 
vier Bänden in einer sehr schönen Schrift gedruckt, 
das Widmungsexemplar für den Papst ist auf echtem 
indischen Papier abgezogen und in einen prächtigen, 
reichen Einband von weißem Maroquinleder gebunden. 
Nach Annahme des Geschenkes hat der Papst die 
Verlagsfirma zu ihrer großen Rührigkeit und der 
schönen Ausstattung ihrer interessanten Ausgaben be¬ 
glückwünscht und den Eigentümern, den Angestellten 
und allen Arbeitern seinen apostolischen Segen erteilt 

Die Gesellschaft „Augusta" in Turin hat ihr zwölftes 
graphisches Preisausschreiben erlassen: Es soll ein 
Briefbogen mit Kopf und entsprechendem Umschlag 
entworfen werden. Jedermann hat das Recht, an 
der Konkurrenz teilzunehmen: Künstler, Zeichner, 
Buchdrucker, Lithographen usw., Italiener wie Aus¬ 
länder. Die Entwürfe müssen auf Karton im Format 
23x29 ausgeführt sein und der Text des auszuführen¬ 
den Kopfes hat zu lauten: „ Comitato Italiano per le 
Onoranze centenarie a Giambattista Bodoni — Settern - 
bre — Novembre 1913, Torino, 39 Via Carlo Alberto'*. 
Auf demUmschlag.für den der Entwurf auf dem gleichen 
Karton einzureichen ist, genügt als Kopf: „Comitato 
per le Onoranze centenarie a Giambattista Bodoni — 
Torino". Der Bewerber kann die Aufgabe lösen, wie 
es ihm am besten scheint, sei es in einfacher Weise, 
sei es mit Ornamenten; er darf sich aber ausschlie߬ 
lich typographischen Materials bedienen. Die Arbeit, 
die nur durch Buchdruck hergestellt werden darf, soll 
auf nicht glänzendem Papier ausgeführt werden und 
darf die Maschine nicht öfter als dreimal durchlaufen; 
doch bleibt es frei gestellt, durch Übereinanderdrucken 
eine große Mannigfaltigkeit der Farben zu erzielen. 
Die Entwürfe, die auf der Rückseite ein Motto zu 
tragen haben, müssen sorgfältig in Aquarell ausgeführt 
und von einem Umschlag begleitet sein, der den Namen, 
Vornamen und die Adresse des Bewerbers enthält, 
und der von den Preisrichtern erst nach Ausspruch 
des Urteils geöffnet werden wird. Die Bewerber 
können auch mehr als einen Entwurf einreichen. Die 


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186 


Kopenhagener Brief 


nicht prämiierten Entwürfe bleiben Eigentum der Ge¬ 
sellschaft „Augusta“, falls sie nicht innerhalb von drei 
Monaten nach der Entscheidung zurückverlangt 
werden. Die Entwürfe müssen bis Mitternacht des 
31. Dezember 1912 bei der „Societa Augusta", Riparto 
Concorsi (Abteilung Preisausschreiben) eingeschrieben 
eintreflfen. Zur Verteilung kommen vier Preise zu 
100, 50, 30 und 15 Lire. Das Ergebnis der Konkurrenz 
wird im „Archivio Tipografico* zugleich mit der Ab¬ 
bildung der preisgekrönten Entwürfe veröffentlicht 
werden. Die Bewerber erhalten alsbald ein Exemplar 
der Entscheidung des Preisrichterkollegiums zugesandt 
Wie aus Vorstehendem hervorgeht, rüstet sich 
Italien zu einer würdigen Gedächtnisfeier für seinen 
größten Buchdrucker der neueren Zeit Giambattista 
Bodoni, gestorben am 29. November 1813, der sich 


durch seine typographisch hervorragend schönen Aus¬ 
gaben in der Geschichte des Buchdrucks einen un¬ 
sterblichen Namen gemacht hat Ich werde zur ge¬ 
gebenen Zeit noch des Näheren auf seine erstaunliche 
Tätigkeit zurückkommen. — 

Bei der Besprechung der neuen großen Publikation 
der Handzeichnungen der Uffizien (Florenz, Olschki) 
in meinem vorigen „Römischen Brief* ist leider durch 
ein Versehen vergessen worden, die Bezugsbedingungen 
mit anzugeben, und es sei mir daher gestattet, folgendes 
nachzutragen: Der jährliche Subskriptionspreis ist auf 
250 Lire festgesetzt; bei Erscheinen der letzten Liefe¬ 
rung eines jeden Jahrgangs wird der Preis auf 300 
Lire erhöht Einzelne Lieferungen werden nicht ab¬ 
gegeben. 

Rom, 13. Juli 1912. Ewald Rappaport. 


Kopenhagener Brief. 


Auf der jährlichen Frühjahrsausstellung der König¬ 
lichen Akademie für bildende Künste hat ein Buch 
des Künstler-Buchdruckers Kr. Kongstad in Fredens- 
borg ein gewisses Aufsehen erregt Das Buch „Hexeme" 
von Woldemar (Pseudonym des Verfassers Viggo 
V. Holm) ist nur in einem einzigen Exemplar gedruckt 
und wurde von der Königlichen Bibliothek in Kopen¬ 
hagen erworben. Es ist eine Novelle aus der Hexen¬ 
zeit und, wie alle Schriften des Verfassers, in alter¬ 
tümlicher Sprache geschrieben. Zur Aufnahme in 
einer Gemäldeausstellung berechtigt die ungewöhn¬ 
liche Art der Illustration. Sieben Aquarelle, von 
Kongstad gemalt, jedes eine volle Seite in Anspruch 
nehmend, schmücken das Buch, hinzu kommt noch 
eine passende Anwendung von Leisten und rot ge¬ 
druckten Initialen. Über den künstlerischen Wert der 
Aquarelle kann ich nicht urteilen, sie gefallen mir 
nicht durchweg, sie sind nach meiner Meinung nicht 
alle technisch gut ausgeführt; aber es scheint mir, 
daß die Herstellung eines Buches in einem Exemplare 
ein Mißverständnis ist Die Buchdruckerkunst ist eine 
Vervielfältigung, und die von Kongstad ausgeführte 
Idee ist deshalb an und für sich eine Absurdität. 
Soll ein einziges Exemplar angefertigt werden, so 
muß es geschrieben und nicht gedruckt sein. Dazu 
kommt noch, daß er beim Illustrieren einen großen 
Fehler gemacht hat. Die Aquarelle sind auf gewöhn¬ 
lichem Papier, nicht auf dem dazu speziell geeigneten 
Aquarellpapier gemalt und dann aufgeklebt und in 
einem Falle ist sogar dieses Papier auf der einen 
Seite bedruckt Das sieht häßlich aus. Er hat nicht 
gewußt oder hat nicht daran gedacht, daß auch ein 
Buch ein Organismus ist und ein Ganzes bilden soll. 

Viel glücklicher war dagegen Kongstad mit einem 
anderen Buche, das vor einigen Wochen erschienen ist: 
Launtz Petersen, Helsingör, vom Gyldendalschen Ver¬ 
lage herausgegeben und in Bagges Königlicher Hof- 
Buchdruckerei gedruckt (vgl Heft 4, Beiblatt, Seite 148). 
Hier tritt Kongstad nur als Illustrator auf und hat etwas 
Vorzügliches geleistet Das Werk liegt in zwei Aus¬ 
gaben vor, eine dänische zu 2 Kronen und eine deut¬ 
sche zu i*/ a Kronen, letztere in etwas verkürzter Form, 


aber mit demselben IUustrationsstoff. Es ist kein ge¬ 
wöhnlicher Reiseführer und ist doch für die Touristen 
bestimmt Ich glaube freilich, daß die meisten 
Touristen die nach photographischen Aufnahmen 
reproduzierten Bilder vorziehen werden, aber für die¬ 
jenigen, welche die kleine Stadt am Sunde nicht nur 
besucht, sondern auch gesehen haben, wird die Schrift 
ein schönes Andenken sein. Die Bilder sind teils in 
Ätzungen, teils in farbigen Holzschnitten wiedergegeben 
und voller Stimmung und Schönheit Helsingör birgt 
noch viele Erinnerungen aus der Zeit, wo die Stadt 
der zweite Handelsplatz Dänemarks war, wo reiche 
Kaufleute ihre Häuser bauten, wo die Schiffer, aus 
allen Gegenden der Welt kommend, 'zusammentrafen, 
um den berüchtigten Sundzoll zu bezahlen. Von 
älteren Gebäuden sieht man noch die St Olai-Kirche, 
das Karmeliterhaus und das Karmeliterkloster, die 
vor einigen Jahren beide restauriert worden sind, und 
jedermann kennt das Schloß Kronborg, wo der Sage 
nach Holger Danske (Ogier le Danois) schlafend an 
einer Tafel sitzt, um nur zu erwachen, wenn die 
größte Gefahr Dänemarks Existenz bedroht Der 
Verfasser gibt kurz die wichtigsten Punkte der Stadt¬ 
geschichte und eine Beschreibung sämtlicher Gebäude, 
die von Interesse sind. 

Zum ersten Male ist die Sonette Michel Angelos 
in dänischer Sprache herausgegeben worden. Der 
Rechtsanwalt Johannes Dam, der bisher nur Possen 
und Lieder geschrieben hat zeigt sich hier als ein 
dichterisches Talent, indem er die schwierigen Ge¬ 
dichte in vorzüglichster Weise wiedergegeben hat 
Das Buch ist gut gedruckt einzelne Exemplare auf 
Japanpapier. 

Während Deutschland, England, Schweden und 
andere Länder seit lange literarische Gesellschaften 
besitzen, die ältere Litcraturwerke in mustergültigen 
Ausgaben veröffentlichen, hat Dänemark erst jetzt 
begonnen, diese verdienstvolle Arbeit vorzubereiten. 
Die beim Jubiläum der Universität im Jahre 1879 ge¬ 
stiftete Gesellschaft, die früher erwähnte „ Universitets- 
jubiläets danske Sam/und * hat sich bisweilen damit 
beschäftigt und ist zum Beispiel Herausgeber der 


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Amsterdamer Brief 


187 


dänischen Werke von Petrus Palladius; die Geld¬ 
mittel und damit die Tätigkeit dieser Gesellschaft 
sind aber eng begrenzt. Man muß deshalb die 
Gründung einer neuen rein literarischen Gesellschaft 
mit Freude begrüßen. Am 29. April 1911 trat ein 
Kreis von dänischen Historikern und Sprachforschern 
zusammen, um „Det danske Sprog- og Utteratursel- 
skab u zu gründen, mit der Aufgabe, Dänemarks ältere 
und neuere wissenschaftliche, poetische und volkstüm¬ 
liche Literaturwerke in zeitmäßigen Ausgaben zu ver¬ 
öffentlichen. Bei der Herausgabe sollen diejenige, an 
welche dieselbe anvertraut ist, den genauesten philo¬ 
logischen Grundsätzen folgen. Jedes Werk wird von 
einem literarhistorischen, bibliographischen und sprach¬ 
lichen Kommentar begleitet Die Mitglieder, bei der 
Gründung 23, erhalten unentgeltlich ein Exemplar 
sämtlicher Publikationen. Wenn sie nicht selbst 
Herausgeber sind, sollen sie je nach ihren Studien 
die Arbeit kontrollieren, oder, wenn es nötig wird, die 
Herausgeber unterstützen. Die erste Publikation hat 
bereits das Licht erblickt. Es ist der erste Band 
einer Sammlung dänischer Lieder „Danske Viser '* 
aus der Zeit 1530—1630, nach Adclshandschriften und 
Flugblättern vom Dr. Grüner Nielsen herausgegeben. 
Das zu diesem Bande gehörende Kommentarheft wird 
im Herbst folgen, und das ganze Werk mit einem 
Wörterbuch vom Dr .Marius Christensen abgeschlossen 
werden. Die Herausgabe wurde nur dadurch ermög¬ 
licht, daß der frühere Direktor der polytechnischen 
Lehranstalt, Geheimrat G. A. Hagemann , alle Kosten 
bezahlt hat Der erste Band wurde denn auch am 
21. Mai, dem Geburtstage Hagemanns, dem Spender 
feierlich überreicht Die Ausgabe soll alle historischen 
und erzählenden Lieder, alle lyrischen Liebeslieder 
und moralisierenden Lieder aus dem oben genannten 
Zeiträume enthalten, und natürlich sind alle Volks¬ 
lieder, die in der großen von Svend Grundtoig und 
Axel Olrik besorgten Ausgabe der Volkslieder er¬ 
scheinen, ausgeschlossen. Der erste Band enthält nur 
historische Lieder, die keinen poetischen Wert haben, 
die aber doch von geschichtlicher, kultureller und 
sprachlicher Bedeutung sind. Das Buch ist schön ge¬ 
druckt auf gutem Papier, das in allen Publikationen 
der Gesellschaft angewandt werden soll, nur in 235 
Exemplaren hergestellt, von welchen 150 m den Handel 
kamen. Diese Anzahl war zu klein: nach drei Wochen 
war das Buch vergriffen und nur wenige Exemplare 
haben den Weg nach dem Auslande gefunden. 

Die Aufgaben, die sich die Gesellschaft sonst ge¬ 
stellt hat, sind zahlreich. Die meisten haben selbst¬ 
verständlich nur für Dänemark Wert Mit Unter¬ 
stützung des Carlsbergfonds, des Kultusministeriums, 


wissenschaftlicher Legate und Privatpersonen ist zum 
Beispiel eine Ausgabe der sämtlichen Schriften des 
von Lessing stark beeinflußten Dichters Johannes 
Ewald in Vorbereitung, auch eine vollständige Ausgabe 
der alten dänischen Gesetze. Aber auch für das Aus¬ 
land von Interesse ist die auf Kosten des Geheimrats 
Hagemann geplante Ausgabe der sämtlichen Werke 
und Briefe Tycho Brakes , von welchen der erste 
Band 1913 erscheinen wird. Zu diesem Zwecke wurde 
an alle Bibliotheken Europas ein Rundschreiben ge¬ 
sandt, um unbekannte Briefe, Handschriften und der¬ 
gleichen aufzuspüren. Eine gedruckte Schrift „Apo- 
logia contra Craigium de cometis. Uraniburgi 1571" 
hat man bisher nicht auffinden können, sie. existiert 
nur in einer Abschrift in der Königlichen Bibliothek. 

Die Königliche Gesellschaft für nordische Alter¬ 
tumskunde „ Det kgl. Nordiske Oldskriftselskab u hat 
ein erstes Heft des zweiten Bandes von „Nordiske 
Fortidsminder“ herausgegeben. Die Herausgabe ist 
durch einen archäologischen Fund von höchstem 
Wert veranlaßt. In der Nähe des Schlosses Juellinge 
auf der Insel Lolland hat man vier Grabstätten, aus 
dem II. oder III. Jahrhundert herstammend, gefunden 
und die Fundreste mit größter Sorgfalt gesammelt, 
präpariert und im Nationalmuseum aufgestellt Die 
Gräber enthielten vier Leichen von Weibern, die mit 
Halsketten, Goldnadeln, Hausgerät beerdigt waren. 
Diesen Fund, der schon von bedeutendem archäo¬ 
logischen Wert war, übertraf bei weitem ein anderer in 
Norwegen, der sogenannte Osebergfund, das Grabmal 
einer Königin aus der ersten Zeit der Vildngs, ge¬ 
funden bei Oseberg im südlichen Norwegen. Ein 
Hügel barg ein voll ausgerüstetes Schiff, in welchem 
die verstorbene Königin zum Reiche der Toten segeln 
sollte. Mit ihr war begraben ein Wagen mit Pferden, 
Schlitten, Kleidern, Stiefeln, allem Hausgerät, was zu 
einer Hofhaltung nötig ist, alles wohl bewahrt, viel¬ 
fach sehr kunstfertig geschmückt, mit einem Ge¬ 
schmack verfertigt, der von der hohen Kulturstufe 
der Vikings spricht Eine Publikation dieses herr¬ 
lichen Fundes ist jetzt in Vorbereitung und wird im 
Herbst erscheinen. Da die norwegischen Verleger 
die Herausgabe des Werkes abgelehnt hatten, er¬ 
klärte der dänische Gyldendalsche Verlag sich bereit, 
die Veröffentlichung zu übernehmen. Nach dem 
großen Erfolg der Ausstellung des Fundes im Reichs¬ 
museum erwachte der nationale Sinn der Norweger, 
und nach kurzen Verhandlungen wurde man darüber 
einig, eine offizielle Publikation bei einem nationalen 
Verleger in Norwegen und eine populäre in dem 
Gyldendalschen Verlage herauszugeben. 

Kopenhagen, Juli 1912. Victor Afadsen. 


Amsterdamer Brief. 


Die Lieferungen des Nyhoffschen Werkes „L’art 
typographique dans les Pays-Bas“ folgen einander 
jetzt in etwas schnellerem Tempo; erschienen ist 
kürzlich das vierzehnte Heft Was die Zahl der 
Blätter betrifft, so kommt hier Antwerpen als Druckort 
an erster Stelle. Der Offizin des Jan van Doesborch in 


Antwerpen wird in dieser Lieferung das sechste Blatt 
gewidmet; auf demselben sind verschiedene Initialen, die 
in die Figuren verflochten sind, und eine gotische Schrift¬ 
probe reproduziert, die letztere ist dem 1520 veröffent¬ 
lichten Werke „Der dieren palleys“ entnommen. Ein 
anderer Antwerpener Buchdrucker, Simon Cock, tritt 


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i 88 


Amsterdamer Brief 


mit zwei Blättern hier zum erstenmal auf den Plan; 
mit dem Titelholzschnitt und einer Holzschnittillustration 
aus der 1539 bei ihm verlegten „Cronycke van Vlaen- 
deren", rohen Arbeiten, präsentiert er sich nicht vor¬ 
teilhaft; schön ist dagegen die gotische Letter, mit 
der das Werk gedruckt ist Beachtenswert als die 
Leistung eines sein Fach beherrschenden Künstlers 
ist ein kleiner Holzschnitt aus einer anderen Ausgabe 
von 1535, den Apostel Paulus mit Schwert und Buch 
darstellend. Der dritte hier vertretene Antwerpener 
ist Jan van Ghelen , sein Buchdruckerzeichen ist recht 
roh; ganz gut dagegen ist ein Holzschnitt Christus mit 
den Marterinstrumenten; außerdem bringt das Blatt 
eine Schriftprobe in gotischen Lettern aus einer 
Taschenausgabe des „Nieuwe Testament". Von süd¬ 
niederländischen Druckorten kommt noch Gent zu 
Worte mit drei Arbeiten des Pieter de Keyser; reprodu¬ 
ziert sind ein Titel mit zwei vertikalen Randleisten, 
ein derber Holzschnitt, eine weibliche Figur mit 
einem Löwen neben sich vorstellend, die Beschirmerin 
der Stadt Gent und eine schöne gotische Schrift¬ 
probe. Von nordniederländischen Städten finden wir 
Hertogenbosch als Druckort des Laureus Hayen, 
dessen Leistungen hier zwei neue Blätter zeigen: die 
beiden Holzschnitte aus dem Werk des Iuvencus 
' Hispanus, Poema evangelicae legis — auf dem einen 
ist der Heilige Laurentius mit dem Rost, der Schutz¬ 
heilige des Verlegers, und neben ihm knieend dieser 
selbst, auf dem andern der Heilige Lambertus dar¬ 
gestellt — sind, besonders der erstere, etwas nüchterne, 
aber sorgfältig geschnittene Arbeiten, die Köpfe sind 
besser als die Hände. Von ungefähr gleicher Quali¬ 
tät ist der kleine Holzschnitt aus dem „Wonderlyk 
leven der gesellen van S. Franciscus" von 1514 mit 
der Stigmatisation des Heiligen in einer Landschaft. 
Unbeholfener und archaischer sind zwei Holzschnitte 
aus der Delfter Offizin des Hendrik Pietcrsxoon 
Lettersny der , Szenen aus der Passion, dem Werke 
„Die negen couden 1521" entnommen; dieselben sind 
Kopien nach den auf den Nyhoflfschen Blättern auch 
reproduzierten Illustrationen zu dem von dem Amster¬ 
damer Buchdrucker Hugo Jansz. van Woerden um 1510 
herausgegebenen „Lyden Jesu dat der H. vrouwen 
S. Birgitten geopenbaert was". Dann kommen noch 
zwei Drucker aus Deventer, Theodoricus de Borne 
mit einer Antiqua-Schriftprobe und zwei Holzschnitten 
recht handwerksmäßigen Arbeiten, aus Hieronymus, 
Epistola de fructu laboris, und Albert Paffraet ; das 
von letzterem abgebildete Titelblatt zu Erasmus, 
Stultidae laus 1520, ist deshalb nicht uninteressant, 
weil es zeigt, eine wie lange Zeit hindurch fremde 
Verzierungsmotive in der Buchausstattung auf der 
Wanderschaft waren; die rechte Leiste der Titel¬ 
umrahmung ist nämlich eine gegenseitige Kopie nach 
der Bordüre des Titels eines 1498 in Paris bei 
Philippe Pigoucet erschienenen Stundenbuches (Heures 
ä l’usage de Rome). Endlich seien noch zwei 
Drucker aus Zwolle erwähnt, die hier zum erstenmal 
vertreten sind: Simon Cotver, dessen durch häufigen 
Abdruck sehr verblaßte Titelumrahmung mit dem 
Renaissanceportal, in dem häßliche kahlköpfige Amo¬ 


retten ihr Wesen treiben, weder von Geschmack noch 
von Können zeugt, und Amoldus Kempen mit ganz 
schönen gotischen Schriftproben aus einer Reihe ge¬ 
lehrter Werke. 

Die Universität von Amsterdam, die keine staat¬ 
liche, sondern eine städtische Anstalt ist, hat jetzt 
endlich einen Lehrstuhl für deutsche Sprache und 
Literatur errichtet; nach der 1908 erfolgten Er¬ 
nennung des Dr. Frantzen, der hier jahrelang als 
Privatdozent für dieses Gebiet tätig gewesen war, 
zum Professor in Utrecht, bestand keine Gelegenheit 
zum Studium der deutschen Sprache an der hiesigen 
Universität; nicht besser war es hier aber mit der 
romanischen und englischen Philologie bestellt Die 
einzige Universität des Landes, an der Lehrstühle für 
moderne Sprachen bestanden, war Groningen. Nach¬ 
dem nun schon durch die Berufung von Frantzen nach 
Utrecht mit dem Groningenschen Monopol gebrochen 
war, ist jetzt Amsterdam dem Utrechter Beispiel ge¬ 
folgt. Der neuemannte Professor für deutsche Sprache 
und Literatur, der Grimmelshausenforscher J % H. 
Schölte, ist den Lesern dieser Zeitschrift kein Fremder; 
Schölte ist 1875 in Vlagtwedde in der Provinz Gro¬ 
ningen geboren, er studierte in Groningen und war 
zuletzt als Oberlehrer an einer hiesigen höheren 
Schule tätig. Hoffen wir, daß es dem jungen Professor 
gelingen wird, auch außerhalb des engeren Kreises 
seiner Schüler durch öffentliche Vorlesungen das 
Interesse für deutsches Geistesleben zu wecken. 

Eine nette kleine Monatsschrift für Bücherfreunde 
gibt seit kurzem der Herr J. Greshoff in Apeldoorn 
heraus „De wüte miet** (Die weiße Ameise). Das 
Programm, das dieselbe verfolgt, deckt sich ungefähr 
mit dem des deutschen „ Zwiebelfische . Die bisher 
erschienenen zwei Hefte (Mai und Juni) sind von 
einem handlichen schmalen Oktavformat; den weißen 
Umschlag ziert die Vignette einer stilisierten Ameise 
auf grün-, und auf dem zweiten Heft auf lila-ge¬ 
mustertem kleinem Spiegel, die jedoch nicht weiß, 
sondern schwarz ist, ein kleiner Scherz; darüber über 
drei Zeilen verteilt steht in schöner grüner, beziehungs¬ 
weise lila Antiqua-Kapital-Letter der Titel: DE WITTE 
MI ER. Druck und Aufmachung der Zeitschrift machen 
den angenehmsten Eindruck; die Firma G. van der 
Wiel & Co. in Amheim hat den Druck besorgt, die 
verwendete Type ist die Nordische Antiqua der 
Schriftgießerei Genzsch & Heyse in Hamburg; das 
schöne Papier (Holland verge) hat die Firma G. Loeber 
in Amsterdam verfertigt Das Hauptziel der Zeit¬ 
schrift ist, das Verständnis und die Liebe für das 
schöne Buch zu wecken und das Publikum über die 
neuesten Erscheinungen der Bücherwelt auf dem 
Laufenden zu halten, ohne literarisch-kritisch, pedan¬ 
tisch-dogmatisch und vor allen Dingen ohne langweilig 
zu werden. Die zwei bis jetzt erschienenen Hefte halten 
auch, was im Programm versprochen wird. Die 
Artikel, alle von geringem Umfang, sind flott und in 
einem angenehmen Plauderton geschrieben. Sie 
wollen nicht durch erschöpfende Behandlung irgend¬ 
eines Gegenstandes nichts mehr zum Denken übrig 
lassen, sondern durch Knappheit und mehr bloß 


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Amsterdamer Brief 


andeutend und hinweisend gerade zum eignen Nach- 
denken anregen. Das Maiheft enthält unter anderem 
eine Besprechung der Richard M. Meyerschen Aus¬ 
wahl aus Goethes Briefen von Fr. A. Bemcke, einen 
Aufsatz über die typographische Ausstattung des 
„Niederländischen Staatsblattes" mit einer Druckprobe 
aus demselben und einer anderen Probe, nach dem 
Entwürfe des Verfassers, die zeigen soll, wie eine 
Seite mit den einfachsten Mitteln zu einem über¬ 
sichtlichen und harmonischen Ganzen gestaltet werden 
kann. Ob aber die vorgeschlagene Anordnung und 
Typenwahl wirklich übersichtlicher ist, dürfte fraglich 
sein. — Das zweite Heft wird eröffnet mit einem 
kurzen Hinweis auf die Verdienste des holländischen 
Schauspielers Willem Royaards (desselben, der eine 
Aufführung der holländischen Faustübersetzung auf 
sein Programm gesetzt hat), dann folgen kleinere 
Artikel über Cruikshanks Aquarelle, über das bei 
Hans von Weber in München erschienene Werk 
„Die schönsten Heiligenlegenden in Wort und Bild", 
über die symptomatische Bedeutung einer Persönlich¬ 
keit, wie Emile Verhaeren, über Witkowski und sein 
neues Buch „Die Entwicklung der deutschen Literatur 
seit 1830"» über eine Ausstellung des Hagener Deut¬ 
schen Museums in Rotterdam und noch manches 
Interessante mehr. 

Die neue Jahresausgabe der „ Vereeniging tot 
bevordering van Beeidende Künsten" bringt sechs 
vorzügliche Photogravüren nach Gemälden des Mu¬ 
seums Boymans in Rotterdam mit einem begleitenden 
Text von dem Direktor der Sammlung F, Schmidt - 
Degener; die Reproduktionen sind von der Berliner 
Firma Meisenbach, Riffarth & Co. ausgeführl; der 
Text ist auf Büttenpapier von van Gelder Zonen ge¬ 
druckt. Aufgenommen sind das „Selbstbildnis" des 
Carel Fabritius, das „Kornfeld" von Jac. Ruysdael, der 
„Fischmarkt“ von Em. de Witte, eine „Wirtshausszene 
mit einem Gitarrespieler" von D. Teniers und der 
einzige Rembrandt des Museums, die „Allegorie auf 
die Eintracht des Landes". 

Eine hübsche kleine Publikation hat der Verein 
für die Geschichte der Stadt Amsterdam „ Amstelo - 
damum u herausgegeben: eine Sammlung Amsterdamer 
Stadtansichten in Lichtdrucken nach weniger bekannten 
Gemälden des Jan van der Heyden mit begleitendem 
Text von C. G . ' t Hooft , dem Direktor des Museums 
Fodor in Amsterdam. Der Preis des geschmackvoll 
gedruckten und gebundenen Werkchens beträgt 1,50FL; 
die Verleger sind ten Brink & de Vries in Amster¬ 
dam. — Die Aufsätze, die Tutein Nolthenius mit dem 
Titel „ Wat Goethe niet zag in Sicilie" im Gids dieses 
Jahres veröffentlicht, haben mit Goethe so gut wie 
nichts zu tun. Goethe dient ihm nur als Einleitung 
und Anknüpfungspunkt, was bei einem Besuche 
Siciliens nicht Wunder nehmen darf, da der Reisende 
dort auf Schritt und Tritt an Goethes Aufenthalt er¬ 
innert wird. Wovon Tutein Nolthenius hier in seiner 
geistreichen und lebendigen Weise erzählt, das hat 
Goethe überhaupt nicht sehen können, weil es damals 
noch nicht bestand; näher angedeutet wird nämlich 
der Inhalt des Artikels in dem Untertitel „Der Zug 
Z. f. B. 1912/1913. 


189 


nach dem Westen". Es sind die so eigenartigen volks¬ 
wirtschaftlichen Zustände, die uns der Verfasser auf 
Grund eigener Beobachtungen und eines von dem 
Innsbrucker Professor Giovanni Lorenzoni zusammen¬ 
gestellten umfangreichen Werkes über die Lage der 
Landbewohner Siziliens hier schildert, noch spezieller 
die Auswanderung der Bauern nach Amerika mit 
leeren Taschen und die Rückwanderung mit gefüllten. 
Damit aber Goethe nicht ganz mit den Haaren her¬ 
beigezogen scheint, kommt der Verfasser gelegentlich 
noch einmal auf Goethe zurück. Was Goethe außer¬ 
dem in Sizilien nicht gesehen hat, wofür ihm das 
Auge fehlte, das sind nämlich die „Wunderwerke 
arabischer und byzantinisch-normannischer Architektur, 
die noch unberührten Blumenfelder aus Mosaik, die 
in tausendjähriger Pracht glänzen; die Schöpfungen 
von Geistern, die uns so viel näher stehen als die 
attischen, die für uns zu einfach, zu erhaben, zu rein 
sind und die wir daher nur aus der Feme bewundern, 
doch nicht begreifen können". Tutein Nolthenius hat 
die Gabe, einen so trockenen, nüchternen Gegenstand, 
wie das eine volkswirtschaftliche Studie in der Regel 
ist, zu einer nicht nur fesselnden, sondern auch 
amüsanten Lektüre zu machen, und er bleibt dabei 
immer gleich gründlich. 

Vom 17.—19. Juni wurden von der Firma Frederik 
Mutier Gr* Co. verschiedene Bibliotheken versteigert. 
Von den 879 Nummern will ich die wichtigsten mit 
den erzielten Preisen aufzählen: 

Nr. 2. Eine holländische Handschrift der Imitatio 
des Thomas a Kempis, aus dem Ende des XV. Jahr¬ 
hunderts, nur die zwei ersten Bücher: 300 Fl. 

Nr. 3. Holländisch geschriebenes Stundenbuch mit 
Randeinfassungen, in schönem gotischen Band, XV. 
Jahrhundert: 180 Fl. 

Nr. 4. Lateinisch geschriebenes Stundenbuch , mit 
Rand Verzierungen und gemalten Initialen, französische 
Arbeit, XV. Jahrhundert: 85 Fl. 

Nr. 5. Ein französisches Stundenbuch , mit großen 
Initialen und Randverzierungen, aus dem Jahre 1432: 
3 i FL 

Nr. 6. Lateinisch geschriebenes Stundenbuch , mit 
sechs Miniaturen und Randverzierungen, flämische 
Arbeit aus dem XV. Jahrhundert: 300 FL 

Nr. 7. Lateinisch geschriebenes Stundenbuch , mit 
polychromen Randverzierungen in der Art des Geoffroy 
Tory 1520: 825 FL 

Nr. 13. Album mH So Autographen berühmter 
Holländer von Wilhelm dem Schweiger bis Louis 
Napoleon: 425 Fl. 

Dann kam eine Reihe Inkunabeln, Nr. 42—103; 
davon erzielte Nr. 44, Chronike von Brabant, Ant¬ 
werpen Rolant van den Dorpe 1497. mit zahlreichen 
Holzschnitten, Ritterkämpfe darstellend: 160 FL 

Nr. 46. Hoveken van devocien , Antwerpen, Jan 
Lettersnider, s. a., mit 20 großen Holzschnitten: 420 FL 

Nr. 47. Johannes de Turrecremata , Expositio 
super toto psalterio; Augsburg, Johannes Schüssler, 
um 1471, besonders interessant, weil auf dem inneren 

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190 


Amsterdamer Brief 


Deckel eins der ältesten deutschen Exlibris aufge¬ 
klebt ist, das bei Schreiber, Manuel Nr. 2038 be¬ 
schriebene desBibracher Priesters Hildprand Branden¬ 
burg ; 320 FL 

Nr. 50. Bertholdus , Horologium devotionis, Basel, 
Joh. de Amorbach, um 1490, mit 42 Holzschnitten: 
300 FL 

Nr. 56. Die Duytsche Sout er, Delft, Jac. Jacs. 
van der Meer, 1480; erste holländische Ausgabe des 
Psalters, auf großem Papier, in altem Band: 240 Fl. 

Nr. 59. Jac . de Voragine, Passionael, Winterstuc, 
Somerstuc. Delft, H. Eckert van Homberch, 
1499/1500. Eine vollständige holländische Ausgabe 
der Legenda aurea mit 100 Holzschnitten: 400 FL 

Nr. 65. (Th. A. Hybernensis ), Mensa philosophica, 
Leuven, Joh. de Westfalia, um 1480: 210 FL 

Nr. 70. Boe/hius, De consolatione philosophiae, 
mit dem Kommentar des Thomas de Aquino, Nürn¬ 
berg, Ant. Koberger: 200 Fl. 

Nr. 72. Henricus Herp , Speculum aureum decem 
praeceptorum Dei, Nürnberg, Ant. Koberger, 1481: 
200 FL 

Nr. 84. Bonifacitts VIII., Liber sextus decretalium, 
Rome, Udalricus Gallus & Simon de Luca, 1472; 
charakteristischer Druck einer der ältesten italienischen 
Druckereien: 220 FL 

Nr. 91. Leonardas de Utino, Sermones quadra- 
gesimales, Ulm, Joh. Zainer, 1478, mit eiserner Kette: 
340 Fi. 

Nr. 92. Jacobus de Voragine , Lombardica Hystoria., 
Ulm, Conr. Dinckmut, 1488: 260 Fl. 

Nr. 93. Robertus Caracciolus de Lido, Quadra- 
gesimale de poenitentia, Fr. Renner aus Heilbronn, 
Venedig, 1472: 340 FL 

Nr. 94. Antoninus, Confessionale, Venedig, Bartho- 
lomaeus de Cremona, 1473: 480 Fl. 

Nr. 97. Antoninus, Summae theologicae secunda 
pars tertiac partis, Venedig, Nie. Jenson, 1477, in 
altem Einband: 250 FL 

Nr. 98. Richardus de Mediavilla , Commentum 
super quartum Sententiarum, Venedig, Christ Arnold, 
1474: 260 FL 

Nr. 102. Dante Alighieri, Divina Comedia col 
commento di Christofero Landini, Venetia, Matheo di 
Chodecha da Parma, 1493, mit einer Folge von 97 
kleinen und drei großen Holzschnitten: 280 FL 

Die illustrierten Bücher des XVI. Jahrhunderts 
standen in den aufgebrachten Preisen nicht hinter 
den Inkunabeln zurück. Nr. 107, die erste Ausgabe 
von Freidanks Bescheidenheit, 1508 in Straßburg bei 
Johannes Grüninger erschienen, mit 63 Holzschnitten, 
erzielte mit 470 FL den zweithöchsten Preis für ein 
gedrucktes Buch in dieser Auktion. — Nr. 104. Das 
puch der Himlischen Offenbarung der heiligen wittiben 
Birgitts von dem künigreich Sweden, Nürnberg, Ant 
Koberger, mit den 17 Holzschnitten von dem soge¬ 
nannten Meister der Bergmannschen Offizin: 400 FL — 
Nr. 117. Das Buch der Selen wurtxgarte(n) genannt, 


Straßburg, Math. Hupfufr, 1515, mit 93 Holzschnitten: 
300 FL — Nr. 139. Gyron le Courtoys , Paris, Jehan 
Petit & Michel le Noir, um 1510, mit Holzschnitten, 
nach Brunet die erste Ausgabe dieses berühmten 
Ritterromans: 300 FL — 141. Höre in lande(m) 

gloriosissime virginis Marie, Paris, Germanus Har- 
douyn um 1530, mit kolorierten Holzschnitten: 360 FL 

— Nr. 146. Zwei Drucke der Leidener Offizin des 
Jan Seversen, Vitas patrum en(de) is ghenoemt dat 
vaderboeck, 1511 und Hier beghint der byenboeck, 
1515; das erste Werkchen enthält zwei große Holz¬ 
schnitte aus dem Chevalier däiblri von de la Marche, 
der 1480 in Gouda zuerst erschienen war; die mit 
noch zwei andern späteren Werken zusammengebun¬ 
denen Ausgaben brachten 226 Fl. auf — Nr. 148. 
(Jacques de Theramo), Een rechtelick gheding tus- 
schen Belyal . . . ende Jhesu Cristo . . . Antwerpen, 
Henrick Eckert van Homberch, 1512; mit den Holz¬ 
schnitten aus dem 1484 von Bellaert in Haarlem gedruck¬ 
ten Sonderentroest: 230 FL Von illustrierten Büchern des 
XVII. und XVIII. Jahrhunderts seien erwähnt die 
reizenden Werkchen des Crispin de Passe: Nr. 156, 
Miroir des plus heiles Courtisanes de ce temps, 
Amsterdam, um 1630: 275 Fl.; Nr. 157, Les vrais 
pourtraits de quelquesunes des plus grandes dames, 
Amsterdam, Joost Broersz., 1640: 275 FL und Nr. 158, 
Deliciarum juvenilium libellus: 250 FL — Nr. 159. 

A. v. d. Venne, Tafereel van de belacchende werelt. 
s’Gravenhage, 1635: 8 Fl. — Nr. 162. J . Campo 
IVeyerman, De voomaamste gevallen van Don Quichot 
s’Hage 1746, mit Stichen von Picart und anderen nach 

'Coypel: 6 FL — Nr. 168. Dorat, Fables nouvelles, 
La Haye, 1773, mit den zahlreichen Illustrationen von 
Mariliier : 220 FL 

Von den folgenden Abteilungen will ich nur noch 
einiges aus dem Gebiete der Architektur, des Orna¬ 
ments, der Sitten und Trachten herausgreifen: Nr. 262. 
TItrastiques faictz sur les devises de P. Jovio et de 
G. Simeon, Lyon, G. Roville, 1560: 60 Fl. — Nr. 265. 
Jac. Besson, Theatrum instrumentorum, Lugduni, 

B. Vincentius. 1578, mit zwei Werken von Vredeman 
de Vriese: 90 FL — Nr. 268. J. Siebmacher , Model¬ 
buch, Nürnberg (Michael Kuisner, 1601) 120 FL — 
Nr. 273. Jean de Pautre, Döcoration intörieure, Paris 
1659: 75 Fl.— Nr. 276. Perelle et Aveline, Recueil de 
diverses suites de vues en France etc., 184 Blätter: 
120 FL — Nr. 280a. Vues de chäteaux en France par 
Israel Silvestre, 1666—1680, zusammen mit Nr. 280b, 
Sammlung Ansichten von Versailles von Silvestre, Le 
Pautre, Simonneau, Chastillon etc.: 330 FL— Nr. 291. 
S. Kleiner, Abbildung aller Kirchen und Klöster in 
Wien, Augsburg, J. A. Pfeffel, 1724 57 Fl. — Nr. 297. 
A. Heppiewhite Co., The cabinet maker and 
upholsterer’s guide. 3d. edirion, London, 1794: 192 Fl. 

— Nr. 308. J. Sambucus, Icones veterum aliquot ac 
recentiorum medicorum, Antwerpen, Plantin: 60 FL — 
Nr. 317. A. van Hülle, Les hommes illustres, Amster¬ 
dam, Mortier, 1701 52 FL — Nr. 327. M. Aitsinger, 
De leone Belgico, Coloniae, 1559—1587: 85 FL — 
Nr. 353. Journal des dames et des modes, Annöe 1812, 
Frankfurter Ausgabe: 48 FL — Nr. 355. D . Monten, 


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Neu erschienene und angekündigte Bücher 


I9t 


Die Bayerische Armee, München, J. M. Herrmann, 
1825: 45 Fl. — Nr. 357. J. F. Teupken, Beschryving 
hoedanig de Koninklyke Nederlandsche troepen . . . 
gekleed . . . zyn, s'Gravenhage & Amsterdam, 1823: 
130 Fl. — Nr. 358. Uniformes des volontaires . . . pen - 
dant la Revolution brabanqonne, 1787: 124 FL — 
Nr. 363. Description des Festes donnees par la ville 
de Paris ä l’occasion du mariage de Louise Elisabeth 


de France et de Philippe, Infant . . . d’Espagne 1739. 
Paris 1740. Mit 13 Tafeln von J. F. Blondel: 120 Fl. 
— Nr. 368. J, E, Ridinger, Manege et Carroussel, 
Augspurg 1760: 130 Fl. — Nr. 375. F. Alfiere, L'arte 
di ben maneggiare la spada, Padova, S. Sardi, 1653: 
61 Fl. — Nr. 380. S. R. Baudouin , Exercice de 
l’infanterie fran9oise, Paris 1757: 80 FL 

Amsterdam, 14. JunL M. D. Henkel . 


Neu erschienene und 

Die Grillparzer-Ausgabe der Stadt Wien . 

Es war längst eine Ehrenpflicht der Stadt Wien, 
ihrem großen Sohne das seiner würdige literarische 
Ehrendenkmal zu errichten. Grillparzer ist heute end¬ 
lich allseits als Nationalklassiker anerkannt, aber es be¬ 
durfte jahrzehntelanger Bemühungen, diese Ehren¬ 
schuld abzutragen. Großes Verdienst hieran gebührt 
unstreitig August Sauer , der nahezu ein halbes Leben 
sich in den Dienst des österreichischen Dichters gestellt. 
Was Sauer geleistet, kann man am besten an der Hand 
der seit dem Tode Grillparzers erschienenen Ausgaben 
abmessen. Grillparzer selbst hat sich bei Lebzeiten 
gegen eine Gesamtausgabe seiner Werke energisch 
gewehrt, auch die erste Gesamtausgabe seiner Schriften, 
die Josef v. Weilen und Heinrich Laube 1872 bei Cotta 
besorgten, ließ schon mit Rücksicht darauf, daß die 
Herausgeber in wenigen Monaten die Riesenarbeit 
zu bewältigen trachteten, trotz liebevoller Hingabe 
manches zu wünschen übrig. Erst als Sauer bei der 
4. und 5. Ausgabe eingriff, konnte man von einer wirk¬ 
lichen Grillparzer-Ausgabe sprechen, zu der der Heraus¬ 
geber auch eine zum ersten Male wirklich lebensvolle 
und alles Wesentliche zusammenfassende, wenn auch 
knappe Biographie des Dichters beisteuerte. 

Seitdem hat die Grillparzer-Forschung nimmer ge¬ 
ruht, fortgesetzt ist Neues aus der Werkstatt und dem 
Schreibtisch des großen Österreichers ans Licht ge¬ 
zogen worden. Wir besitzen heute die Tagebücher, die 
Gespräche Grillparzers, unveröffentlichte Jugendarbeiten, 
Fragmente, erste unbekannt gewesene Fassungen seiner 
Dichtungen usw., immer heller fällt das Licht auf das 
Leben und die Beziehungen des Dramatikers, kurz, 
der Mann und das Werk haben insbesondere in 
August Sauer ihren ausgezeichneten Schilderer, Dar¬ 
steller und Erklärer gefunden. Jetzt erhält Grillparzer 
nun auch seine große historisch-kritische Ausgabe durch 
die Gemeinde seiner Wiener Heimatstadt, der gleich¬ 
falls, wie natürlich, August Sauer vorsteht und die in 
ihrer Art sich wohl ebenbürtig an die Seite der Wei¬ 
marer Sophien-Ausgabe, der von Suphan besorgten 
Herder-Ausgabe und der von der Berliner Akademie 
geschaffenen Ausgabe von Wielands Schriften stellen 
kann. 

Die Grillparzer-Ausgabe der Stadt Wien, von der 
bisher zwei Bände vorliegen, wird zwei getrennte Ab¬ 
teilungen umfassen und ist auf ungefähr 25 Bände be¬ 
rechnet. Für die erste Abteilung sind bestimmt: alle 
Dramen und dramatischen Fragmente, Gedichte und 
Epigramme, Erzählungen und Prosasatiren, Prosa- 


angekündigte Bücher. 

aufsätze, soweit sie der Öffentlichkeit erschlossen werden 
sollten, die Selbstbiographie und andere autobiogra¬ 
phische Schriften. In die zweite Abteilung sollen auf¬ 
genommen werden: Jugend werke, Briefe, Tagebücher 
und literarische Studien, kleinere Arbeiten wie Lese¬ 
früchte usw. Der kritische Apparat und die Lesarten 
sollen besonderen Bänden zugewiesen werden. Von 
den zwei bisher erschienenen Bänden enthält der erste 
Band den Text der „Ahnfrau“ und der „ Sappho ". Die 
„Ahnfrau“ ist in zwei Fassungen abgedruckt, nämlich in 
der uns allgemein vertrauten und in der ersten, auf die 
Grillparzers weiser, bis vor kurzem noch viel zu wenig 
gewürdigter Berater, der Dramaturg Josef Schreyvogel, 
so starken Einfluß genommen hat Dem Texte hat 
Sauer von gründlicher und erschöpfender Quellen¬ 
untersuchung zeugende Einleitungen vorangeschickt. 
Für die Entstehungsgeschichte der „Ahnfrau“ weist 
Sauer auf die Geschichte des Räubers Louis Mandrin 
hin (erschienen in einem Sammelwerk über berühmte 
Verbrecher, 1815 und 1816 in Wien nachgedruckt) und 
auf den Schauerroman „Die blutende Gestalt mit Dolch 
und Lampe“ oder „Die Beschwörung im Schlosse 
Stern bei Prag“. Grillparzer selbst war später diese 
letztgenannte zweite Quelle nicht mehr genau erinner¬ 
lich, erst Carl Glossy, der verdienstvolle Herausgeber 
des schon bis zum 22. Bande gediehenen Jahrbuches 
der Grillparzergesellschaft ist es gelungen, diese zweite 
Quelle gleichsam nochmals zu entdecken und genauer 
zu bestimmen. Allerdings stellte sich auch „Die blu¬ 
tende Gestalt mit Dolch und Lampe“ als eine Bear¬ 
beitung einiger Kapitel aus einem englischen Schauer¬ 
roman heraus. 

Mit dem kürzlich erschienenen zweiten Bande 
wurde die zweite Abteilung der Ausgabe eröffnet, die die 
Jugend werke und Tagebücher umfassen wird. Er ent¬ 
hält die bisher unbekannten Entwürfe zu dem Jugend¬ 
drama Blanka von Kastilien , deren genaue Datierung 
dem Herausgeber im Vereine mit seinem Mitarbeiter 
Reinhold Backmann gelungen ist, was wieder einen 
Fortschritt in der Aufhellung der Jugendentwicklung 
Grillparzers bedeutet. Eine Reihe weiterer Bände ist 
bereits druckfertig und soll demnächst ausgegeben 
werden. — Zum Schlüsse noch ein Wort über die Aus¬ 
stattung, der ja alle Sorgfalt zugewendet wurde, die 
aber angesichts der Aufgabe und des Zweckes, dem 
großen Sohne der Stadt Wien das literarische Ehren¬ 
denkmal zu setzen, ein w'enig splendider und vor allem 
auch im Einbande stilgemäßer hätte sein können. 

Hans FeigL 


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Neu erschienene und angekfindigte Bücher 


192 

Eine Anzahl von Fortsetzungen früher schon be¬ 
sprochener Klassiker-Sammlungen und -Einzelausgaben 
sind zu verzeichnen. Die Goldene Klassiker-Bibliothek 
des Verlagshauses Bong Sr* Co. in Berlin brachte in 
sechs Teilen (drei Bänden) Immermanns Werke , her¬ 
ausgegeben und mit einem Lebensbild versehen von 
Werner Deetjen. Nach Max Koch und Harry Maync 
liefert Deetjen die dritte Auswahl der Werke des 
Münchhausen - Dichters und er konnte an manchen 
Stellen, dank dem handschriftlichen Nachlaß im Goethe- 
und Schiller - Archiv und der Berliner Königlichen 
Bibliothek sowie genauester Kenntnis des gesamten 
Zeitalters, in der Biographie und der Erläuterung, 
namentlich der satirischen Partien des „Münchhausen“ 
die Vorgänger beträchtlich übertreffen. Ganz wird 
dieses Gewirr von literarischen und persönlichen An¬ 
spielungen ja nie aufzudröseln sein. Tiefer liegen die 
Schwierigkeiten des älteren Romans, der „Epigonen“, 
die Immermann selbst (an Tieck 8. August 1836) „ein 
Buch von universeller Tendenz“ nennt, und gerade 
hier kommt die außerordentliche Sachkenntnis Deetjens 
der Erläuterung zu statten, nicht minder bei den reiz¬ 
vollen autobiographischen Schriften und den allzu 
spärlichen Proben der dramatischen und epischen 
Dichtung Immermanns („Andreas Hofer“, „Tuli¬ 
fäntchen“, „Merlin“, „Der Schwanenritter“). Minde¬ 
stens hätten doch von den Gedichten Proben und 
wenigstens eines der Lustspiele sowie das schöne 
Fragment „Tristan und Isolde“ hinzugefügt werden 
sollen, mochte auch der billige Preis der guten Ausgabe 
dadurch etwas erhöht werden. . 


Für Meyers Klassiker-Ausgaben besorgte Friedrich 
Brie eine neue Ausgabe von Byrons Werken , die der 
früheren des Bibliographischen Instituts in Leipzig 
wesentlich überlegen ist. Mit Recht hebt der Heraus¬ 
geber als Vorzug die Aufnahme des fragmentarischen 
17. Gesangs des „Don Juan“, sowie der beiden 
wichtigen Gedichte „Harmodia“ und das „Duell“ her¬ 
vor. Die Auswahl gibt ein völlig genügendes Bild von 
dem Schaffen des großen Weltschmerzdichters. Die 
Übersetzungen, teils verschiedenen älteren deutschen 
Ausgaben entlehnt, teils neu, sind geglättet, reichen 
jedoch nur selten an die Musterleistung Gildemeisters 
heran. Dagegen erscheint uns die Biographie in der 
Feststellung der Tatsachen und der feinen Zeichnung 
des komplizierten Charakterbildes allen Vorgängern 
überlegen. Die Fußnoten und Schlußanmerkungen 
verwerten die Vorarbeiten der englischen Byron- 
Erklärer vollständig. Vier Bildnisse und eine Hand¬ 
schriftprobe schmücken die vier hübschen, wohlfeilen 
Bände. 


Eine Lücke der Meyerschen Sammlung füllt Paul 
Zaunert aus, indem er ihr eine Auswahl von Freilig- 
raths Gedichten und Übersetzungen in zwei Bänden 
einreiht. Er beschränkt sich auf die von dem Dichter 
selbst in die gesammelten Dichtungen von 1870 aufge¬ 
nommenen Stücke und bleibt damit allerdings so er¬ 
heblich hinter der jüngst erschienenen Ausgabe Schwe- 
rings zurück, daß es zweifelhaft wird, ob der Titel 


„Freiligraths Werke“ zu recht besteht. Als Ent¬ 
schädigung darf die Sorgfalt der Erläuterung und der 
Textkritik, daneben die sehr ausführliche Biographie 
gelten. Warum erhält der Dichter des Rheinliedes 
hier (Seite 37*) den Vornamen „Niklas“? Und warum 
wird der herrlichen starken Persönlichkeit der Gattin 
des Dichters nicht ein wärmeres Wort gegönnt, als 
das ungenügende „die klarsehende, treue Gefährtin 
seines geistigen Schaffens und Kämpfens“? Erfreulich 
ist der Widerspruch gegen die Kriegsgedichte von 
1870, wie überhaupt das historische Gesamturteil 
am Schlüsse der Biographie dem Dichter volle Ge¬ 
rechtigkeit gewährt Das Hasenclever sehe Porträt und 
eine Handschriftprobe schmücken den ersten Band, 
den zweiten Jakob Beckers treffliches Bildnis Freilig¬ 
raths von 1840. 


Für die Säkular-Ausgabe von Friedrich Hebbels 
sämtlichen Werken ( Berlin, B. Behrs Verlag) hat 
Richard Maria Werner mit seiner immer wieder über¬ 
raschenden Arbeitskraft bereits den vierten Band, ent¬ 
haltend „Die Nibelungen“, geliefert und die früher 
schon so reiche Einleitung von neuem durchgefeilt. 
Für die Entstehung des Planes der „Nibelungen“ 
werden jetzt neu die Gmundener Gespräche mit Wil¬ 
helm Gärtner während des Sommers 1855 herange¬ 
zogen, und auch sonst sind vielfach Verbesserungen 
merkbar. Jedoch den größten Teil der neuen Arbeit 
birgt der gleichzeitig erschienene 13. Band der Aus¬ 
gabe, der erste des Anhangs, in dem jetzt zu weit be¬ 
quemerer Benutzung als früher die Lesarten und An¬ 
merkungen zusammengestellt werden. Es wäre Sache 
einer lohnenden Einzelkritik, hier den Zuwachs im 
Quellennachweis und der Erläuterung nachzuweisen 
und im einzelnen zu bestätigen, was der bescheidene 
Herausgeber am Schlüsse der Einleitung bekennt: 
„Im vorliegenden Bande steckt viel ehrliche Arbeit 
und manches Resultat ausgedehnter Lektüre“. Wir 
sind dem Schicksal um seinet- und unsertwillen dank¬ 
bar, daß es dem Manne, der sich um Hebbel das größte 
Verdienst erworben hat, Kraft und Mut zu dieser 
Krönung aller seiner Mühen um den vielgeliebten 
Dichter gewährte. 


Eduard Castle brachte im Insel- Verlag in Leipzig 
den vierten Band seiner von uns schon gerühmten 
Lenau-Ausgabe , die in sechs Bänden die sämtlichen 
Werke und Briefe enthalten wird. Dieser zweite Teil 
der Briefe umfaßt die Jahre 1834—1840 und ist mit 
einem Porträt Sophie Löwenthals geschmückt Das 
vierte Buch der Briefe enthält ausschließlich Gedichte 
und Prosaschreiben an diese Frau, die dem Dichter 
zum Verhängnis wurde. Die Gattin des Freundes war 
ihm heilig, und doch trieb ihn unwiderstehliches Ver¬ 
langen zu ihr hin. So träumen sie sich beide (wie es 
in dem schön faksimilierten Briefe heißt) in eine Welt, 
wo ihre Liebe gilt in ihrem ewigen Rechte. Der 
„Savonarola“ ist die mystische Blüte dieses Verhält¬ 
nisses. Das fünfte Buch der Briefe erzählt von seinem 
Werden; es trägt, ebenso wie das sechste, genannt 
„Liebeswirren", die Briefe an Sophie nach, die nicht 


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Neu erschienene nnd angekündigte Büchet 


193 


von Liebe sprechen. Ob für die Benutzer diese Teilung 
vorteilhaft ist, muß dahingestellt bleiben; Castle hat 
sie ja schon in seiner schönen früheren Publikation 
„Lenau und die Familie Löwenthal“ (Leipzig 1906) 
vorgenommen. Ich benutze die Gelegenheit, einmal 
auf dieses ausgezeichnete und höchst lesenswerte Werk 
hinzuweisen, weil es, wie mir scheint, fast gar nicht be¬ 
achtet worden ist, auch um festzustellen, daß es mit 
seinem weit reicheren Inhalt durch die neue Ausgabe 
keineswegs entbehrlich wird. 


Eine höchst erfreuliche Gabe bescherte uns der 
Verlag Albert Langen in München: Selma Lagerlöfs 
gesammelte Werke, einzige autorisierte deutsche 
Originalausgabe in zehn Bänden. Jedermann kennt 
und liebt die schwedische Dichterin des „Gösta Ber- 
ling“, der „Wunder des Antichrist“, der großartigen 
Epopöe „Jerusalem“ und der zahlreichen kleineren 
Erzählungen, deren jede ein Stück nordisches Leben 
oder ein Märchen voll Tiefsinn oder eine Parabel in 
den leuchtenden Farbentönen romantischer Kunst aufs 
Papier gebannt hat. Vielleicht ist das Beste in ihr das 
stete Bewußtsein der Beziehung zum Übersinnlichen, 
die Religion im Sinne des jungen Schleiermacher. 
Ihr Gott strahlt von Weltlichkeit, ihre Welt ist durch¬ 
strahlt von göttlichem Lichte. Diese zehn Bände 
schließen sich zu einem poetischen Brevier zusammen, 
das immer wieder mit magnetischem Reize den lockt, 
der sich einmal hinein versenkt hat Der von Alphons 
Woelfle gezeichnete Leinenband entbehrt nicht der 
Anmut; zu noch höherem Schmucke gereicht indessen 
der Ausgabe das vortreffliche Porträt der Dichterin 
von Carl Larsson. Schade, daß nicht auch das aus¬ 
nehmend schöne Kinderbuch „Die wunderbare Reise 
des kleinen Nils Holgersson mit den Wildgänsen“ der 
Ausgabe einverleibt wurde, damit sie alles enthielte, 
was den Deutschen von der stammverwandten Dichterin 
wert geworden ist. G. W. 


Alphonso Smith , Die amerikanische Literatur. 
Berlin , Weidmannsche Buchhandlung 1912. 388 Seiten, 
5 M. (Bibliothek der amerikanischen Kulturgeschichte, 
herausgegeben von Nicholas Murray Butler und 
W. Paszkowski. Band II.) 

So manchem in den Vereinigten Staaten, dem 
Lande der Monatsschriften und öffentlichen Vorträge, 
erscheinenden Bande sieht man an, daß da Einzel¬ 
vorträge nachträglich aneinander gereiht sind. Hier 
gibt der Titel selber Auskunft; es sind Vorlesungen, 
gehalten an der Berliner Universität im Winter-Semester 
1910/11 von dem damaligen Inhaber der Roosevelt- 
Professur. Aber über einzelne Kapitel haben wir den 
Verfasser auch anderswo sprechen hören, und der 
letzte Abschnitt ist von ihm auch einzeln, auf englisch, 
gedruckt worden. Das zeigt den strukturellen Charakter 
des Ganzen als einer wohlüberlegten Vorlesungsreihe, 
deren einzelne Glieder doch leidliche Selbständigkeit 
wahren; unterscheidet zugleich diese gesprochene 
Literaturgeschichte von andern letzthin in Deutschland 


erschienenen Behandlungen des gleichen Gegenstands. 
Der Redner (oder besser der Verfasser, denn der Stil 
ist nicht eigentlich rhetorisch) greift die ihm wichtigst 
scheinenden Gestalten heraus, wertet sie nach den 
charakteristischen Zügen, die sie zu dem Gesamtbild 
der heimischen Literatur beigetragen, und läßt von 
solchem Zentrum jeweils seine Blicke in die Nachbar¬ 
schaft schweifen. Kapitel allgemeinerer Art („Idealis¬ 
mus in der amerikanischen Literatur“, „Einfluß des 
Transzendentalismus“, „Die amerikanische Short Story“) 
bringen Ergänzung, während ein Gesamtüberblick die 
Hauptrichtlinien der Entwicklung nach Zeit und Ort 
zeichnet Professor Smith ist sichtlich und mit Erfolg 
bemüht, dem auch deutschen Lesern Vertrauten unter 
Vermeidung übermäßiger Detailmalerei neue Seiten 
abzugewinnen, wozu ihm vor allem eine starke Berück¬ 
sichtigung der Erzählertechnik hilft Vor allem aber 
wird man ihm Dank wissen für eingehende Heran¬ 
ziehung uns weniger bekannter Dinge; hier kommt 
der Amerikaner zu seinem vollen Rechte, der der 
Ausbildung einer Nationalliteratur und eines National- 
gefühls unter dem Einflüsse dieser Literatur nachspürt. 
Es verschlägt nichts, wenn die Gegenstände gelegent¬ 
lich literarischen Maßstab kaum vertragen: so be¬ 
spricht der Abschnitt über „Amerikanische Poesie bis 
zum Jahre 1832“ im wesenlichen die Nationallieder, 
wie „Hail Columbia I“ mit seiner angeblich einem 
preußischen Armeemarsch entnommenen Melodie, 
oder „America“, dessen Worte ein Baptistengeistlicher 
der Melodie unsres „Heil Dir im Siegerkranz' 1 unter¬ 
legte, ohne deren Identität mit der englischen National¬ 
melodie zu kennen. (Noch 1909 erregte in Neuyork 
der Parademarsch unserer Seeleute zu dieser Melodie 
ungeheuren, mit schlechtem Gewissen quittierten En¬ 
thusiasmus.) Eine eigene, gern gehörte Note kommt 
durch des Verfassers Landeszugehörigkeit hinein. 
Professor an der von Jefferson gegründeten Universi¬ 
tät von Virginien, zu deren ersten Studenten Edgar 
Allan Poe gehörte, sogar Inhaber des nach Poe ge¬ 
nannten Lehrstuhls, hat Smith gerade die Südländer 
mit besonderer Liebe behandelt. Bei Poe ist das auch 
so in der Ordnung. Aber das Kapitel über Jefferson 
ist trefflich, den Vater der demokratischen Partei, den 
weitblickenden Gelehrten, dem Bibelkritik und Paläon¬ 
tologie, Angelsächsisch und moderne englische Metrik 
gleiches Interesse abgewann. Und gar erst der Ab¬ 
schnitt über den „Neger als literarisches Objekt“, 
gipfelnd in der Würdigung von Joel Chandler Harris! 
Kaum ein Menschenalter ist es her, daß der unlängst 
Verstorbene begann, den Typ des alten Negers aus 
der Sklavenzeit literarisch auszunützen und in seinen 
köstlichen Geschichten vom Onkel Remus den Schatz 
alter, doch wohl noch aus Afrika mitgebrachter Tier¬ 
sage der Neger zu heben. Und doch hat dies Kapitel 
nur in besonderem Maße die Wirkung, die von dem 
ganzen Bande wie von jeder guten Literaturgeschichte 
ausgeht: aufzumuntern zur Lektüre des Besprochenen 
selbst. — Die nicht leichte Übersetzung ist im ganzen 
gut gelungen; ihre Unebenheiten (besonders unbe- 
sehene Gleichsetzung von Fremdwörtern, wie national , 
repräsentativ usw., die dem Deutschen und Englischen 


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194 


Nen erschienene and angekündigte Bücher 


bei verschiedener Bedeutungssphäre gemeinsam sind) 
werden meist auf Rechnung des Deutsch-Amerikanischen 
kommen. Hans Weyhe. 


G.J. Kern, Karl Blechen, sein Leben und sein 
Werk. Bruno Cassirer Verlag, Berlin 1911. 

Neben Auberts Buch über Runge ist Kerns reich 
illustrierte Blechen-Biographie eine der erfreulichsten 
Erscheinungen,die die Deutschejahrhundert-Ausstellung 
von 1906 gezeitigt hat. Es hat sich hier nicht wie bei 
so vielen anderen Malern, deren Bedeutung erst durch 
diese Ausstellung ins richtige Licht gerückt wurde, um 
einen gänzlich Verschollenen gehandelt. 1841, ein Jahr 
nach Blechens Tod, nennt Professor Toelken von der 
Berliner Akademie ihn in seinem Nekrolog den „ge¬ 
nialen Erfinder einer neuen Gattung landschaftlicher 
Charakterbilder'*, findet aber gleichzeitig, seine Skizzen 
und Studien seien „nicht Kunstwerke, sondern nur An¬ 
deutungen“. Vierzig Jahre später arrangiert die Ber¬ 
liner Nationalgalerie eine große Blechen-Ausstellung, 
und Fontane hat die Absicht, eine Lebensbeschreibung 
des Künstlers zu liefern, ln seinem Nachlaß fanden 
sich aber nur Andeutungen, die später L. von Donop 
in seinem wenig brauchbaren Buch über Blechen ver¬ 
arbeitet hat. 

Kern wirft zum erstenmal die Frage nach den 
Ursprüngen von Blechens Kunst auf. Der junge 
Blechen kommt 1823 in Dahls Atelier, und die Berüh¬ 
rung mit diesem Norweger, mit dem sich an Intimität 
der Auffassung im damaligen kontinentalen Europa 
niemand messen konnte, hat Blechens künstlerische 
Kraft ausgelöst. Hinter Dahl steht Turner, dessen 
Bilder Blechen aber erst fünf Jahre später in Italien 
gesehen hat. 

Goethes in Italien geschriebenes Wort, „ein neues 
Leben fangt an, wenn man das Ganze mit Augen 
sieht, was man teilweise in- und auswendig kann“, hat 
Blechen notiert und darf es auf sich anwenden, als er 
1828 seine Reise nach Italien antritt. In seinen ita¬ 
lienischen impressionistischen lockeren Studien, die ganz 
fern von der traditionellen Auffassung des heroischen 
Italiens waren, zeigt er sich als Gegner des zeichne¬ 
rischen Stils, dem die Klassizisten so gut wie die Ro¬ 
mantiker, ein Koch, Reinhardt, Homy, Schnorr von 
Carolsfeld, Ludwig Richter und andere verfallen waren. 
— Blechens Bilder fanden, als er nach Deutschland 
zurückkam, keine Käufer, und Kugler schreibt voller 
Zorn über Blechens „Nachmittag auf Capri“: „dies ist 
kein seelenvolles Antlitz der Natur und will es nicht 
sein; sondern seine Züge verhalten sich zu diesem wie 
die eines Hirnverbrannten zum gesunden Menschen¬ 
gesicht.“ Der Künstler starb als 42 jähriger an den 
Folgen eines hitzigen Fiebers, das sich seiner Geistes¬ 
krankheit zugesellt hatte, in äußerster Not. 

Blechen, eine Friedrich und Dahl verwandte Na¬ 
tur, macht sich die Elemente ihrer Kunst zu eigen, um 
ein Neues daraus zu schaffen. Er wurzelt in der Ro¬ 
mantik, geht aber über sie hinaus und nimmt die 
Errungenschaften der Landschaftsmalerei um Jahr¬ 
zehnte vorweg; es ist kein Zufall, daß Menzel, der 
Realist, und Böcklin, der Romantiker, das von Blechen 


Begonnene nach zwei verschiedenen Seiten ausbauen 
konnten. 

Kerns Biographie fußt auf genauester Dokumenten- 
kenntnis. Besonders interessant ist Blechens Brief an 
den Geheimen Finanzrat Beuth und der zum ersten¬ 
mal veröffentlichte Brief von Bettina von Arnim über 
Blechen an den Minister von Bethmann Hollweg. 

Dr. Rosa Schapire. 


Grillparsers Liebesroman . Die Schwestern Fröh¬ 
lich. Roman aus Wiens klassischer Zeit von Joseph 
Aug. Lux. Richard Bong , Berlin. 

Joseph Aug. Lux war mir immer ein lieber Lands¬ 
mann. Gerne habe ich seine ästhetischen Schriften 
(wenn auch mit Vorbehalten), am liebsten seine ge¬ 
legentlichen Plaudereien und Feuilletons gelesen, in 
denen er sich als prächtiger, nicht alltäglicher Stilist 
zeigte. Hier bei diesem Romane muß ich ihm aber 
die Gefolgschaft aufsagen. Die Kraft zur Gestaltung hat 
versagt oder überhaupt gemangelt. Grillparzer steht in 
diesem Romane als ein ganz gewöhnlicher Raunzer da, 
der er selbst im Allzumenschlichsten doch nicht aus¬ 
schließlich gewesen ist. Vom großen Menschen und vom 
großen Dichter verspürt man kaum einen Hauch. Auch 
die übrigen Gestalten dieses Romanes ziehen ziemlich 
schattenhaft an uns vorüber. Dabei hat sich Lux einen 
merkwürdigen Stil zurechtgelegt, einen von oft un¬ 
möglichen Bildern übersättigten, der an die schlimmen 
Seiten Rudolf Hans Bartschs auffällig stark er¬ 
innert, die glücklicherweise jetzt schon, trotz dem 
Tribute, den man der großen poetischen Begabung 
Bartschs zollt, immer mehr gerügt werden. Jammer¬ 
schade um den verunglückten Vorwurf, der in der 
Hand eines wirklichen Dichters zu einer prächtigen 
Gabe schöner Erzäblungs- und Darstellungskunst hätte 
werden können. H. FgL 

Karl Sudhoff, Graphische und typographische 
Erstlinge der Syphilisliteratur, zusammengetragen und 
ins Licht gestellt von X. Mit 28 Seiten in Groß-Folio mit 
24 teils farbigen Tafeln in Lichtdruck. Verlag von 
Karl Kuhn , München , Hirtenstraße 15. Preis in Perga¬ 
mentumschlag 25 M. 

Dieses Werk bildet Band 4 der „Alten Meister der 
Medizin und Naturkunde in Faksimile-Ausgaben und 
Neudrucken“ und ist von Herrn Geheimrat Karl 
Sudhoff herausgegeben worden. 

Er enthält (Tafel II—IV) das Gotteslästerer-Edikt 
Kaiser Maximilians vom 7. August 1495, aufTafel V und 
VI die astrologische Vision des Dichterarztes Ulsenites 
vom Hochsommer 1496, auf Tafel VII das Eulogium 
Sebastian Brants vom September 1496, auf Tafel 
VIII—XIII dieTractate Joseph Grünspecks vom Oktober 
und November 1496, auf Tafel XIV—XVII die 
Enarratio satyrica des Giorgio Sommariva vom De¬ 
zember 1496, auf Tafel XVIII Konrad Schelligs 
Syphilisregimen und Konrad Wimphelings Geleitsbrief 
und auf den Tafeln XIX—XXII religiöse Syphilisblätter 
(Gebete zu St. Minus, St. Dionysius usw.) zirka 1495—1497. 

Sudhoff sagt selbst, nachdem er auf 24 Seiten ein¬ 
gehende Erläuterungen und Besprechungen zu den 


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Neu erschienene und »gekündigte Bücher 


195 


Tafeln gegeben hat: „Der allgemein kulturgeschicht¬ 
liche Wert der vorliegenden Sammlung ist zweifellos 
größer als der speziell medizinischhistorische“. Von 
diesen Gesichtspunkten wollen die Tafeln auch be¬ 
trachtet sein, wenn auch, wie Sudhoff in dem Nachwort 
(Seite 25—28) hinzufügt, sich darin „Beachtenswertes 
über die Herkunft der Syphilis findet“. 

Es werden neue Belege der Beziehungen der da¬ 
maligen Medizin zur Astrologie gebracht, wie sie 
auch gleichzeitig Stephan Stein lein jüngst hervorge¬ 
hoben hat. 

Was die Ausstattung und Kolorierung der einzelnen 
Tafeln anlangt, so stehen sie auf der höchsten Höhe; 
und so wird auch das Werk in den Kreisen der Biblio¬ 
philen dem rührigen Verlage alle Ehre machen. Der 
Preis ist nur gering zu nennen. Die weiteren Bände 
sollen gleich dem ersten hier ihre Besprechung finden. 

Erich Ebstein, Leipzig. 


Gustav Pauli, Max Liebermann; Paul Ganz, Hans 
Holbein der Jüngere; Heinrich Zimmermann , Watteau. 
(Klassiker der Kunst in Gesamtausgaben. Bd. XIX— 
XXI). Deutsche Verlags-Anstalt. Stuttgart iQiiji2. 

Den Vorwurf, in die Klassiker der Kunst das noch 
nicht abgeschlossene Werk eines Lebenden aufzu¬ 
nehmen, sucht Pauli durch die Stellung, die Lieber¬ 
mann als dem Führenden gebührt, zurückzuweisen. 
Die Frage, ob Liebermanns Bedeutung innerhalb der 
heutigen Kunst wirklich so groß ist, wie Pauli annimmt, 
kann hier kaum gestreift werden, da sie weit über den 
Rahmen dieser Besprechung hinausführen würde. Es 
könnte sein, daß die Geschichte diese stark intellek¬ 
tueller Begabung von großer Anpassungsfähigkeit, der 
der schöpferische Funke fehlt, die aber zu geschmack¬ 
voll und klug ist, um je ganz zu entgleisen, und auch 
wieder zu geschmackvoll und klug, um jemals ein wirklich 
Ursprüngliches zu schaffen, anders einschätzen wird. 

Noch steht Liebermann im Kampf, wenn auch 
nicht mehr in dem Maße, wie vor zehn und zwanzig 
Jahren, da heute neue künstlerische Probleme um Ge¬ 
staltung ringen, aber es ist bezeichnend genug, daß die 
junge Generation trotz ihres anders gerichteten Wollens 
die Bedeutung der wirklich Großen aus Liebermanns 
Generation, eines Manet, Renoir und Leibi, nie in dem 
Maße angezweifelt hat, wie die Liebermanns. 

Stellt man sich auf Paulis Standpunkt, so ist seine 
Einleitung geschmackvoll und gut, trotzdem Schefflers 
Buch über Liebermann Wesentlicheres über den Künst¬ 
ler aussagt Die 304 Abbildungen, deren Auswahl von 
Liebermann überwacht wurde, sind ein willkommenes 
Studienmaterial. 

Der Holbein dem Jüngeren gewidmete Band ist 
einer der interessantesten und wertvollsten der ganzen 
Folge der Klassiker der Kunst 

Seit Woltmanns grundlegendem Werk über Hol¬ 
bein, das 1876 in zweiter Auflage erschienen ist, fehlt 
ein zusammenfassendes deutsches Buch über den 
Künstler, während Schweizer Forscher — genannt 
seien nur Eduard His, Daniel Burckhardt, Heinrich 
Alfred Schmidt und Hans Koegler — sich mit Einzel¬ 
fragen eingehend beschäftigt haben. Auch Holbeins 


neuester Biograph, Paul Ganz, der die Handzeichnungen 
des Künstlers publiziert, ist Schweizer und Konservator 
der Basler Sammlung, die ein so reiches Bild von Hol¬ 
beins Schaffen gibt. Ganz hat sich infolge des Rah¬ 
mens , in dem seine Arbeit erschienen ist, und infolge 
der gegen die 70 er Jahre veränderten Problemstellung 
eine ganz andere Aufgabe gestellt, als Woltmann, aber 
die Forschung wird an seinem Holbein-Band nicht 
Vorbeigehen können. 

Das Hauptgewicht liegt auf den Abbildungen, und 
es ist besonders dankenswert, daß die untergegangenen 
Wandgemälde zum Teil nach Zeichnungen, zum Teil 
nach Kopien aus dem beginnenden XIX. Jahrhundert 
reproduziert sind. Man gewinnt auf diese Weise eine 
Vorstellung von Holbeins dekorativer Begabung und 
seiner Fähigkeit, eine große Wand zu gliedern. Wären 
die Wandgemälde des Hertensteinhauses, des Tanz¬ 
hauses, des Großrat-Saales zu Basel auf uns gekommen, 
so würden Luzern und Basel für die deutsche Hoch¬ 
renaissance nicht weniger bedeuten als Rom für die 
italienische. Heute gilt es, sich aus verwässerten Ko¬ 
pien ein Bild dieser verschwundenen Pracht zu rekon¬ 
struieren. Das Schwergewicht von Holbeins Schaffen 
liegt aber im Bildnis. Er war einer der größten, kühl¬ 
sten, sachlichsten Menschendarsteller, nur Auge, es war 
ihm nicht darum zu tun, letzte menschliche Tiefen zu 
ergründen, aber innerhalb der selbstgezogenen Grenzen 
hat er eine Klarheit und Größe der Formenauffassung, 
in der ihm wenige gleichkommen. 

Den Abbildungen ist eine knappe, aber alles 
Wesentliche enthaltende Einleitung vorangestellt. 
Neben den datierten Gemälden sind diejenigen ab¬ 
gebildet, die ihnen stilistisch nahestehen. Auf diese 
Weise ist die Frage der exakten Chronologie, die schon 
zu manchen unliebsamen Erörterungen Anlaß gegeben 
hat, umgangen und Zusammengehöriges nicht auseinan¬ 
dergerissen. Es wäre zu wünschen, daß sehr bald 
ein zweiter Band über Holbeins graphisches Werk folge 
und die Klassiker der Kunst sich mehr als dies bis jetzt 
der Fall der deutschen Kunst des XVI. Jahrhunderts 
zuwendeten. 

Mit Watteau, auf dessen Bedeutung die Brüder 
Goncourt erst wieder hingewiesen haben, nach¬ 
dem ihn das beginnende XIX. Jahrhundert gering 
geschätzt hat, wenden sich die Klassiker der Kunst 
zum erstenmal einem Künstler des XVIII. Jahrhunderts 
zu. Eine kurze, dankenswerte Einteilung von E. H. 
Zimmermann ist den Abbildungen vorangestellt. Leider 
ist ein großer Teil der Reproduktionen, besonders die 
Ausschnitte, so unscharf, daß sie für eine ernsthafte Be¬ 
schäftigung wertlos sind. Dr. Rosa Schapire . 


Die Gastronomie oder der Gutsherr bei Tische 
Nach dem Französischen des Joseph Berchoux von 
Werner von der Schulenburg. 19/2. Im C. Erich 
Behrens Verlag Hamburg 6. (Hoch 4 0 , 56 Seiten, 
Preis 2 M.) 

Halb ärgerlich und halb vergnügt zeige ich dieses 
Buch an. Ursprünglich wohl als ein Gelegenheitsdruck 
veröffentlicht, worauf man aus der Widmung und dem 
Datum der Vorrede (15. Oktober 1905) schließen 


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Neu erschienene und Angekündigte Bücher 


möchte, ist die ausgezeichnete Übertragung mit einer 
ganz respektablen Anzahl von Druck- und Lesefehlern 
neugedruckt. Mit einem besonders in Anbetracht des 
niedrigen Preises bemerkenswerten Aufwande, der 
aber doch nicht befriedigen kann, weil er dem an¬ 
mutigen Werke ein ihm nicht passendes Gewand gab: 
Speisekartenformat, Anlehnung an die Druckausstattung 
fernster Speisekarten durch Verwendung von starkem 
Glaspapier, doppelter Goldumrahmung und den be¬ 
kannten Kleukens-Vignetten für Speise- und Weinzettel. 

Auch die „Einführung in die Gastronomie, die man 
zum Verständnis lesen muß“ und die in der Haupt¬ 
sache ein Auszug aus der Biographie Michaud ist, wäre 
noch einmal der teilnehmenden Durchsicht des Herrn 
Übersetzers wert gewesen, der doch in seiner Über¬ 
tragung selbst sehr große Sorgfalt beweist und mit ihr 
eine der klassischen französischen Schriften über die 
Tafelfreuden der keineswegs reichen deutschen gastro- 
sophischen Literatur (im engeren Sinne, zu der die 
eigentlichen Fach werke, die Kochbücher, nicht gerech¬ 
net werden sollten) gewonnen hat Dafür gebührt ihm 
auch der Dank der Bibliophilen, die ja meist mit ihrem 
ausgebildeten Geschmack für gute und schöne Bücher 
einen für die sonstigen Annehmlichkeiten des Lebens 
entwickelten Geschmack zu verbinden pflegen. Wenn 
manches an der inneren Ausstattung der „Gastronomie“ 
hier getadelt worden ist, so entspringt dieser Tadel, das 
sei noch ausdrücklich hervorgehoben, mehr dem Be¬ 
dauern darüber, daß ihre innere Buchform, die das 
Bestreben verrät, ohne Rücksicht auf die Herstellungs¬ 
kosten zu einem schönen Druck zu gelangen, nicht 
eben so vollendet ausgefallen ist wie ihr Inhalt. Aber 
auch so ist das durchaus nicht unansehnliche Werk 
seinen Preis wert und wird hoffentlich rasch vergriffen 
sein, um in erneuerter Gestalt als ein Kabinettstück der 
bibliophilen Gastrosophie und der gastrosophischen 
Bibliophilie die Liebhaber noch mehr zu erfreuen. 

G. A. E. B. 


Der Krieg der Fünfkäser und Bierhengste. Der 
Wild- und Rheingraf Karl Magnus. Vom Magister Lauk- 
hard. Herausgegeben von Dr. Viktor Petersen. Ver¬ 
lag von Robert Lutz in Stuttgart, Zwei Bände je 
4 5 ° M., gebunden 6 M. 

Der alte verbummelte Magister Laukhard ist in 
unsern Tagen zu unverhofften Ehren gekommen. Seine 
Lebensgeschichte wurde als ein sehr unterhaltendes 
Buch erkannt; sein Eulerkapper stellt sich nun in einer 
Reihe höchst humoristischer Bilder aus dem Studenten¬ 
leben des XVIII. Jahrhunderts als ein Bursch vom 
echten Schrot und Korn daneben. Schon früher hat 
ein hübscher Gießener Faksimiledruck Eulerkappers 
Leben und Leiden erneuert; jetzt lernen wir in diesem 
Ausschnitt aus den dickleibigen „Annalen der Univer¬ 
sität Schilda“ die Gießener durch ihre Roheit be¬ 
rüchtigten Musensöhne noch näher kennen, und nicht 
zu unserm Schaden. Denn diese versunkene Welt des 
alten Burschentums wirkt in der lebensvollen Dar¬ 
stellung des Magisters mit allen Unglaublichkeiten doch 
echt und wahrhaft erheiternd. 

Weit höheres Interesse erweckt aber der Wild- 


und Rheingraf Karl Magnus. Hier leuchtet Laukhard 
in die Kleinstaaterei des lieben heiligen Römischen 
Reichs tief hinein. Ein unfähiger Potentat verschwendet 
in wüstem Leben die Unsummen, die er seinen armen 
Untertanen mit List und Gewalt abschröpft, bis das 
Schicksal über ihn hereinbricht und sein Ländchen der 
Konkursverwaltung in Gestalt einer kaiserlichen 
Kommission verfallt, er selbst auf die Festung gesetzt 
wird. Die frische und knappe Zustandszeichnung, die 
immanente Tragikomik fürstlicher Gottähnlichkeit und 
unablässiger Geldnot machen dieses Buch zu einem 
unterhaltenden Geles und sichern dem Herausgeber 
wie für das an erster Stelle genannte auch für dieses 
den Dank seiner Leser. Der Preis beider könnte aber 
wohl niedriger sein. A-s. 


Max Bach , Die Stammburg Wirtenberg. Stuttgart , 
Druck und Verlag von A. Bonz‘ Erben, 1912. (1 M.). 

Wer alte Burgen liebt, wird gewiß gern von ihrer 
Geschichte hören. Im schwäbischen Lande besonders 
wird man sich für dieses kleine Heftchen interessieren, 
das lange, mühsame Studien zur Voraussetzung hat, 
um alles das zusammenzutragen, was sich noch in der 
Überlieferung gerettet hat. Schwerlich wird man einen 
Fehler finden, und doch wäre eins zu wünschen ge¬ 
wesen: es hätte weniger trocken sein sollen. Die Ge¬ 
schichte besteht ja nicht aus lauter Namen und Zahlen. 
Dann hätte die Schrift auch jedem Laien eine Freude 
bereiten können, der sich um die Authentizität der 
verschiedenen Abbildungen doch recht wenig küm¬ 
mert. -o- 


Ludwig Uhlands Sammelband fliegender Blätter 
aus der zweiten Hälfte des XVI. Jahrhunderts. 73 Titel¬ 
faksimiles in Originalgröße mit 68 Abbildungen. Mit 
Einleitung, Beschreibungen und Nachweisen herausge¬ 
geben von Emil Karl Blümml, (Lieder und Reime 
in fliegenden Blättern des XVI. und XVII.Jahrhunderts. 
Erster Teil.) Straßburg 1911. J. H, Ed. Heitz (Heitz 
u. Mündel). 

Der schönen Publikation von volkstümlichen Drucken 
Thiebold Bergers, die uns Paul Heitz bescherte (vgl. 
Beiblatt 1911, S.21 f.), folgt als eine ebenso verdienstliche 
Publikation jetzt die vorliegende. Sie bringt Bestimmung 
der Drucker jener Liedertexte, die der große Uhlandsche 
Sammelband von 77 Flugblättern enthält, eine Haupt¬ 
quelle seiner Volksliedersammlung. Eine allen wissen¬ 
schaftlichen Ansprüchen genügende Bearbeitung dieses 
Bandes, wie die vorliegende, muß in erster Linie der 
deutschen Druckgeschichte nutzbar werden. Auf Grund 
der Holzschnitte und der Typenvergleichung sind die 
unsignierten Stücke den Schweizern Samuel und Sieg¬ 
fried Apiarius und dem vorhin genannten Straßburger 
Thiebold Berger zugewiesen. Andere gehören Wilhelm 
Bergk aus Köln, der später in Frankfurt a. M. druckte, 
Hans Burger in Eger, Johannes Frisch in Schweinfurt, 
Johann Ulhart in Ulm, sämtlich in der zweiten Hälfte 
des XVI. Jahrhunderts tätig. Eine vollständige biblio¬ 
graphische Beschreibung der Flugblätter und ein Ab¬ 
druck aller Texte, die in irgendeiner Art bedeutsam 


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sind, mit Verzeichnis der Kontrafakte und der Dichter 
macht das Buch dem Literarhistoriker wertvoll. Die 
Nachbildung aller erhaltenen Titel (der bei Heitz, 
Thiebold Berger schon reproduzierte von Nr. 2 hätte 
hier wohl wiederholt werden sollen) erstreckt das Be¬ 
reich der Benutzung des Buches in das Gebiet der 
Geschichte des Holzschnitts hinein, während die zur 
Feststellung der Herkunft wichtigen Schlußstücke ein 
nützliches Hilfsmittel für die Typographie des XVI. 
Jahrhunderts bedeuten. Der Preis beträgt 20 M. 

A-s. 


Oswald Herzog , Die stilistische Entwicklung der 
bildenden Künste. Berlin , 1912. Carl Hause . 

Das Buch will eine Einführung in die Gesetzmäßig¬ 
keit der Kunst und in das Wesen des Stils sein und es 
dem Kunstinteressenten ermöglichen, der Kunst früherer 
Zeiten und auch den neueren Kunstrichtungen Ver¬ 
ständnis entgegen zu bringen. Nicht nur der Laie soll 
in die Lage versetzt werden, sich ein selbständiges 
Urteil zu bilden über die ihn umgebende Kunst, auch 
der Künstler und Kunsthandwerker soll aus dem Wesen 
der Kunst heraus den wirklichen Wert derselben und 
neue Wege für sein Schaffen finden. Für den letzteren 
Zweck ein Buch zu schreiben, halten wir wirklich für 
überflüssig, da unserer Meinung nach aus ihm nimmer¬ 
mehr der Künstler das Wesen der Kunst verstehen 
lernt. In dem für Laien bestimmten didaktischen Teil 
gibt der Verfasser nicht mehr, sondern eher weniger 
als so manches gute Handbuch der Kunstgeschichte. 
Zudem ist die Ausstattung, sind vor allem die Bilder 
so minderwertig, daß wir diese Publikation ablehnen 
müssen. F. E. W. 


Heinrich von Schoeler , Rafael von Urbino. Kunst¬ 
geschichtlicher Roman. Leipzig , Schulze Co. Mit 
zehn Kunstblättern, geheftet 3.50, in Leinen 4.50 M. 

Zu dem historischen Roman, der nicht recht 
leben und sterben kann, gesellt sich als später ge¬ 
borenes und nicht eben lebenskräftiges Kindlein der 
kunsthistorische Roman, zu der Chronik in Novellen¬ 
form der romanhaft zurechtgestutzte Vasari und die 
fleischgewordene Bilderkritik. Wer möchte zweifeln, 
daß sie ihr Publikum finden, daß mancher Leser und 
vielleicht noch mehr manche Leserin mit Freuden es 
willkommen heißt, wenn man Kunstgeschichte in 
so freundlichem Gewände präsentiert — wie man jetzt 
ja auch seine historisch-biographisch-literargeschicht- 
lichen Kenntnisse so überaus billig und angenehm 
aus Bongschen Bilderbüchern beziehen kann. Die 
„interessante“ Persönlichkeit, in einem so interessanten 
Milieu, wie es das Florenz des werdenden XVI. Jahr¬ 
hunderts und das Rom Leos X. bieten, auf sich wirken, 
alle Sensationen einer schönheitstrunkenen Atmosphäre 
in sich aufnehmen und schlürfend genießen zu lassen, 
dazu konnte ein solch romanhaft stilisiertes Künstler¬ 
leben um so eher dienen, als sich zu dem angenehmen 
Kitzel des Miterlebens eines hochgesteigerten über das 
Gemeine weit hinausgehobenen Daseins bei der 
Lektüre des Schoelerschen Romans die Freude an 
einer ruhigen und anschaulichen Sachlichkeit der 
Z. f. B. 1912/1913 


Schilderung und mancher gut gesehenen Einzelszene 
gesellt, und als dem Autor ein gründliches kunst¬ 
historisches Wissen unbedenklich zugesprochen werden 
darf. A. D. 

Dr. Bruno Busse , Wie studiert man neuere 
Sprachen? Ein Ratgeber für alle, die sich dem Stu¬ 
dium des Deutschen, Englischen und Französischen 
widmen. 2. Auflage. Verlag von Wilhelm Violet, 
Stuttgart. 1912. (2.50 M.). 

Mit großem Interesse las ich jetzt das Buch, das 
ich nach seinem ersten Erscheinen als Mulus mit 
einiger Verwirrung las. Für ihn ist’s ja auch nicht allein 
bestimmt, sondern, und das ist das Wertvolle daran, 
es kann während des ganzen Studiums ein vortrefflicher 
Führer sein. Das Kapitel, in dem Busse das wissen¬ 
schaftliche Studium im engeren Sinne behandelt, be¬ 
sitzt den Wert eines dreistündigen einführenden Kollegs. 
Die Bibliographie ist für jüngere Semester ein unersetz¬ 
liches Nachschlagewerk. Die Schrift ist zugleich eine 
indirekte Warnung, unser Studium für eines der billigen 
und leichten hinzustellen, wie es noch oft geschieht. 
Auf die gegenwärtige Überfüllung des höheren Lehr¬ 
berufs hätte in der neuen Auflage, die im allgemeinen 
den Veränderungen angepaßt ist, vielleicht nachdrück¬ 
licher hingewiesen werden können. Einzelheiten lassen 
sich natürlich anders auffassen. 50 M. Vorlesungs¬ 
gelder für das Semester dürften zumal im Anfang nicht 
genügen, und zu dem aufgestellten Studienplan ist zu 
bemerken, daß es keinen gibt, der ihn je hätte ein* 
halten können. Selbst wer nur an einer Universität 
studiert, findet nicht eine so systematische Reihenfolge 
der Kollegs vor. Das sei kein Tadel gegen den Ver¬ 
fasser, der das selbst weiß, nur ein Rat an den „Fuchs“, 
der drum keine Sorge tragen soll. -o- 


Undine.. Eine Erzählung von Friedrich Baron de 
la Motte Fouqul. Mit 15 farbigen Vollbildern und 
Buchschmuck von Arthur Rackham. (Dietrichs 
Münchener Künstler-Bilderbücher 19). München, ver¬ 
legt bei Georg W. Dietrich. 

Mag auch der Baron Friedrich de la Motte Fouqu^ 
neuerdings der Ehren des Klassikers gewürdigt werden, 
am Leben geblieben ist doch von allen seinen Geistes- 
kindem nur die klebe „Undbe“. In ihr hat sich der 
Geist der alten Volksbücher mit der Romantik des 
beginnenden XIX. Jahrhunderts vermählt. Musiker 
und Maler werden durch Fouquös Dichtung immer 
wieder angelockt, mit ihren Mitteln das Elementare 
der Stimmung, die b dem kleben Buche lebt, aufzu¬ 
fangen und verstärkt wiederzugeben. Für Rackham 
war der Anreiz gewiß besonders stark; seine Kunst 
leistet ihr bestes im Bereich der Kobolde und Nixen, 
der Elfen und Feen. Die vorherrschenden grauen, 
grünen und braunen Töne tauchen alles b den 
Schimmer monddurchstrahlter Nebel, aus denen über 
Wald und Heide die nächtlichen Spukgestalten empor¬ 
schweben. An solchen Werken wie „Ripvan Wbkel“und 
Shakespeares „Sommernachtstraum“ hat er sich am 
besten bewährt, und ihnen tritt jetzt würdig seine 

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„Undine“ zur Seite. Der Reiz der guten Dreifarben¬ 
drucke wird Erwachsenen und Kindern gleich fühlbar 
werden und diesem Bande der wertvollen Münchener 
Künstler Bilderbücher (vgl. Beiblatt November 1911, 
Seite 280) besonderen Dank eintragen. Auch die leichte 
Modernisierung des Textes kann nur vorteilhaft wirken. 

P-e. 


Arthur W. Unger, Die Herstellung von Büchern, 
Illustrationen, Akzidenzen usw. Mit 178 Figuren, 
12 Beilagen und 74 Tafeln. Halle (Saale), 1910. 
Wilhelm Knapp. 

Der Zweck dieses vornehmlich für Fachleute und 
für den Unterricht bestimmten Buches ist, das Wesen 
der Technik aller graphischen Verfahren, die zur Her¬ 
stellung von Büchern oder Bilderreproduktionen dienen, 
nach dem heutigen Stande in knappen Umrissen dar¬ 
zustellen. Der an der Wiener graphischen Lehr- und 
Versuchsanstalt tätige Verfasser hat den reichen, viel¬ 
gestaltigen Stoff methodisch entwickelt und aufgebaut, 
um • ihn auch jenen zu übermitteln, die dem Gebiete 
der graphischen Reproduktion sonst ferner stehen. 
Die Gliederung wurde deshalb nicht nach den Pro¬ 
dukten, welche die verschiedenen Methoden ergeben, 
vorgenommen, sondern der Stoff wurde so angeordnet, 
daß die zahlreichen Verfahren in Gruppen zusammen- 
gefaßt werden konnten, welche die wesensverwandten 
Prozesse leicht übersehbar vereinigen. Dort, wo es 
notwendig erschien, ist auf die besondere Verwendung 
der unterschiedlichen Techniken hingewiesen. So finden 
sich denn auch zusammenhängende Schilderungen der 
Herstellung von Büchern, Illustrationen usw. Dem 
Buchdruck ist eine breitere Darstellung zuteil geworden, 
weil die Beziehungen zu ihm wohl am häufigsten sind. 
Die technische Ausstattung des umfänglichen Buches 
ist sehr gut; auf die sorgfältige Herstellung der vielen 
illustrativen Beilagen ist besonderer Wert gelegt, so 
daß sich das Werk sehr vorteilhaft repräsentiert 

-ill- 

Teekeningen van Vincent van Gogh. (XI. Repro- 
ducties naar het proc^de van Meurs). Amsterdam, 
L. J. Veen, fol. 

Man kennt van Gogh nur halb, wenn man ihn nur 
als Koloristen feiert; er war auch ein ganz außer¬ 
ordentlicher Zeichner. Daß sich van Gogh als solcher 
keiner haarscharfen Linien, keiner feinen Striche¬ 
lung bedient haben wird, das leuchtet jedem ein, der 
Gemälde von ihm gesehen hat. Aus energischen, 
kräftigen Linien von einer erstaunlichen Treffsicherheit 
bauen sich seine Zeichnungen auf, besonders die aus 
seiner Arles-Periode. Ewig zu bedauern bleibt es, daß 
ein so großzügiger Zeichner, wie van Gogh*, nicht die 
Kunst des Holzschnittes erlernt hat, denn viele seiner 
Zeichnungen sind wie dazu geschaffen, durch diese 
Technik vervielfältigt zu werden. Eine Auswahl von 
12 Reproduktionen nach van Goghschen Zeichnungen 
hat die Firma L. J. Veen herausgegeben; erschienen 
sind sie zwar schon vor längerer Zeit, aber da sie hier 
noch nicht besprochen sind und sie es wirklich verdienen, 


daß die Aufmerksamkeit der Kunstfreunde auf sie ge¬ 
lenkt wird, möchte ich sie hier kurz aufzählen. Die 
Reproduktionen sind nach dem Procddd van Meurs 
angefertigt und können als das Beste bezeichnet wer¬ 
den, was auf diesem Gebiete heute geleistet wird; be¬ 
sonders die Reproduktionen der breiten Tuschezeich¬ 
nungen kommen den Originalen ganz nahe. Ein Teil 
der Zeichnungen sind Figurenstudien, meistens aus 
seiner früheren Brabanter Zeit, aus der die berühmten 
„Kartoffelesser“ stammen; es sind dieselben Typen wie 
auf dem eben genannten Werke, die Frauen mit den 
abgemagerten Gesichtem, mit den vorspringenden Mund- 
und Nasenpartien und dem idiotischen Ausdruck; eine 
sitzt am Herd und schürt mit einer Kohlenzange das 
Feuer, über dem ein Kessel hängt; wie die große 
starkknochige Hand das Eisen hält und wie der schwere 
Körper mit den breiten Hüften auf der Bank sitzt, das 
ist meisterhaft wiedergegeben. Auf einer andern 
Zeichnung ist eine Frau mit dem Enthülsen von Erbsen 
beschäftigt („Ecosseuse de pois“), auch hier sehen wir 
wieder das richtige Arbeitstier mit großen Händen, 
schwerem Unterkörper und kleinem Kopf. Dann zwei 
Darstellungen schuftender Menschen im Freien, ein 
Bauer, der auf seinem Hof Holz hackt, und ein Trupp 
Bergarbeiter aus der Borinage, die unter einem grauen 
Himmel bei einbrechender Dämmerung, gekrümmt 
unter der Last der Kohlensäcke, die sie über die 
Schultern tragen, von der Arbeit kofhmen. Deutlich 
sieht man hier in den Gesichtern, in dem Gang und in 
der Haltung, welche Anstrengung es ihnen kostet, diese 
Säcke im Gleichgewicht zu halten und fortzuschreiten; 
merkwürdig sind hier wieder die großen Hände mit 
den dicken starken Fingern. Die Hand ist ihr wichtig¬ 
ster und daher am meisten ausgebildeter Körperteil. 
Es ist ein trostloser Anblick. Dazu trägt auch der 
landschaftliche Hintergrund sein Teil bei: kahle Fel¬ 
der, die sich bis zu einer Ortschaft mit Kirche im 
Hintergrund ausstrecken, und über diesen Feldern, auf 
hohen Pfeilern in der Luft schwebend, ein Viadukt mit 
ein paar Laternen, und der trübe Himmel. — Die 
Porträtstudie einer älteren Frau mit Haube von sehr 
sorgsamer Ausführung ist um die feine, natürliche 
Wiedergabe des kummer- und ergebungsvollen, nach¬ 
denklichen Ausdrucks ein schönes Werk. Von den 
Landschaften ist eine, Fischerhäuschen in Scheve¬ 
ningen mit den auf dem Hof zum Trocknen aufgehängten 
Schollen, noch aus seiner holländischen Zeit; die Aus¬ 
führung, die uns den Raum und die Entfernungen so 
deutlich fühlen läßt, ist hier trotz dem stark Persön¬ 
lichen darin doch noch etwas konventionell, im Ver¬ 
gleich wenigstens mit den vier andern reproduzierten 
Landschaften, in denen man den erregten Pulsschlag 
des Menschen van Gogh unmittelbarer spürt; sein 
leidenschaftliches, Nietzsche verwandtes Temperament 
hat in diesen energisch hingehauenen Zeichnungen den 
ihm gemäßesten Linienrhythmus gefunden; sie wirken 
auf den andächtigen Beschauer auch wie leidenschaft¬ 
liche, mit sich fortreißende Musik Erstaunlich ist, wie 
auf der Ansicht von Arles mit den Feldern im Vorder¬ 
grund und dem Bilde des Friedhofes des Saintes Maries 
der Blick in die Tiefe gezogen wird; in dem „Sämann“ 


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ist dann alles, ähnlich wie bei dem „Mäher" (einem Ge - 
mäldi des Ryksmuseums) in eine fluktuierende Be¬ 
wegung aufgelöst Van Gogh betrachtet die Natur eben 
nicht als etwas Totes und Festes, sondern als einen 
lebendigen Organismus. Nicht nur die Felder und die 
Bäume leben bei ihm, sondern auch der Grund und 
Boden der Erde selbst, wie er ihn sich zum Beispiel 
zu einem terrassenförmigen Bergabhang auftürmen 
läßt in der Zeichnung der Felsenlandschaft mit den 
Bäumen. Auch in dem Garten des Irrenhauses, der letzten 
Zeichnung, ist die Wiedergabe des üppigen Pflanzen¬ 
lebens, das Sprossen und Treiben einer südlichen Vege¬ 
tation grandios zu nennen. 

Der Preis der ganzen Serie in einer von Ch. Lebeau 
entworfenen Mappe beträgt 125 fl. M. D. Henkel\ 


Oskar Klaußmann, Oberschlesien vor 55 Jahren 
und wie ich es wiederfand. Phönix-Verlag, Kattowitx. 
(4 M., gebunden 5 M.). 

Ein halbes Jahrhundert bedeutet für ein Industrie¬ 
gebiet bei dem rasenden Tempo der modernen Ent¬ 
wicklung geradezu die Verkehrung ins Gegenteil. Als 
der Verfasser in seine Heimat zurückkehrte, fand er 
sich fast in ein anderes Land versetzt, und durch seine 
Schilderung der Zustände von ehedem geht das Ge¬ 
fühl der Verwunderung hindurch, daß es hier einmal 
so hat aussehen können. Es ist ein sehr reichhaltiges 
Buch. Was Oberschlesien an trüben und heiteren 
Tagen erlebt hat, von Schulen und Schmuggelei, von Gen¬ 
darmen und Gerichten, vom Sofa in der guten Stube, von 
kleinen schmutzigen Kindern und Arbeiterelend, von 
Volksfreuden und all den Dingen wird mit der Liebe des 
Eingeborenen berichtet, sine ira et Studio, wie sich der 
Verfasser vorgenommen hat. Herbe Kritik ist ver¬ 
mieden, und die Oberschlesier werden es dankbar 
lesen, wie herrlich weit sie es nun gebracht haben, und 
an Winterabenden werden sie sich über die Kuriosa 
amüsieren, von denen ihr Landsmann so hübsch zu 
erzählen weiß. Ein reicher Schatz von Bildern, die 
nach alten Stichen und Lithographien gemacht sind, 
wird die Freude an dem Buche noch erhöhen. —o— 


Deutsche Schrifttafeln des IX. bis XVI. Jahr¬ 
hunderts aus Handschriften der Königlichen Hof- und 
Staatsbibliothek in München. Herausgegeben von 
Erich Petzet und Otto Glauning. II. Abteilung. Mittel¬ 
hochdeutsche Schriftdenkmäler des XI. bis XIV. Jahr¬ 
hunderts. München 1911. Druck und Verlag von 
Karl Kuhn. Folio, 15 Lichtdrucktafeln (42x32 cm) 
mit erläuterndem Text. 

Wir haben die erste Abteilung dieses schönen und 
wohlfeilen Unternehmens im zweiten Jahrgang, Bei¬ 
blatt Seite 360, angezeigt Die Fortsetzung bewährt 
dieselbe, durch Sachkenntnis der Herausgeber und 
musterhafte Reproduktion der Vorlagen bedingte 
Nutzbarkeit, die der überaus billige Preis noch erhöht. 
Wieder ist der Reichtum der Münchener Hof- und 
Staatsbibliothek an deutschen Handschriften dem Unter¬ 
nehmen zugute gekommen. An erster Stelle stehen 
swei der berühmtesten Stücke: der Liebesgruß aus 


dem „Ruodlieb“ und das Blatt mit dem lieblichen „Du 
bist min ich bin din“. Es folgt aus der Bamberger 
Handschrift Cod. lat. 4460 die Beichte und die Schilde¬ 
rung von Himmel und Hölle und ein paär ähnliche 
kleinere Stücke, dann Proben der Windberger Inter¬ 
linearversion der Psalmen, aus St. Ulrichs Leben und 
dem geistlichen Lied an die Seele, das dieselbe Hand¬ 
schrift Cod. germ. 94 enthält. Aus Benediktbeuren 
stammt das Speculum ecclesiae, ein Meßgesang, 
Heinrich von Rugges Leich vom heiligen Grabe und 
die berühmten Carmina burana, von denen bekannt¬ 
lich eine kritische und eine Faksimileausgabe bevor¬ 
steht Den Schluß bilden Proben der Nibelungen¬ 
handschriften A und D. Die sorgsamen Transskriptionen 
mit ihrer Aufhellung aller Dunkelheiten der Hand¬ 
schriften machen diese Sammlung zur ersten Ein¬ 
führung in die deutsche Paläographie geeignet und 
die vollständigen Literaturangaben erhöhen die Brauch¬ 
barkeit für germanistische Seminarübungen, denen dieses 
neue Hilfsmittel bald als unentbehrlich gelten wird. 
Der Kunstanstalt gebührt für die vollendete Wieder¬ 
gabe in zum Teü zweifarbigem Lichtdruck hohes Lob. 

Eine Auswahl von zwölf besonders gelungenen 
Tafeln seiner Verlagswerke betitelt „Aus berühmten 
Handschriften und seltenen Drucken in bayerischen 
Bibliotheken“ hat Karl Kuhn den Teilnehmern des 
Münchener Bibliothekartages vom 29. Mai bis 1. Juni 
1912 gewidmet P-e. 


Literaturgeschichte der deutschen Stämme und 
Landschaften von Josef Nadler. Bd. I. Die Altstämme 
(800—1600) mit 5 Karten und 91 Abbildungen auf 50 
Beüagen. J. Habbel, Regensburg, geb. M. 10.—. 

Die Marx-Engels’sche Geschichtsauffassung ist oft 
mißverstanden worden, von solchen, die sich zu ihr 
bekannten und sie zu begreifen wähnten, wie von ihren 
Gegnern. Ihr Wesentlichstes bleibt immer der Satz, daß 
die ökonomische Struktur eines Geschichtsabschnittes, 
der materielle Unterbau, die Grundlage bildet, auf der 
sich der ideelle Überbau, Philosophie, Kunst, Literatur 
usw. erhebt Aber wie einseitig sich auch diese soge¬ 
nannte materialistische Geschichtsauffassung gegeben 
und wie einseitig sie insbesondere auch fortgebüdet 
worden sein mag, ihr Einfluß auf die Geisteswissen¬ 
schaften (von der Politik ganz abzusehen) war und ist 
ein bedeutender, dessen ganzen Umfang erst eine sehr 
viel spätere Zeit wird abmessen können. Ohne sie 
wäre unter anderem auch Karl Lamprecht nicht denk¬ 
bar, welche Sonderstellung dieser große Geschichts¬ 
schreiber auch sonst einnehmen mag. Ob Josef 
Nadler, der Verfasser der oben bezeichneten Literatur¬ 
geschichte, jemals Marx oder Friedrich Engels zu Ge¬ 
sichte bekam, weiß ich nicht, aber die seinem Werke 
vorgeschickte „Worte der Rechtfertigung und des 
Dankes“ überschriebene Einleitung verrät starken 
geschichtsmaterialistischen Unterton. „Unter harten 
Kämpfen“, heißt es dort, „wurde die allgemeine Ge¬ 
schichte der wirtschaftlichen Betrachtung erobert, ein 
Bekenntnis, dem sich heute, da Hunger, Haß und Liebe 
mehr als je das Leben bewegen, keiner mehr entziehen 
kann. Das wirtschaftliche Problem steht im innigsten 


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Ken erschienene und angekündigte Bücher 


200 


Zusammenhänge mit den einzelnen Landschaften, mit 
dem Boden und seinen Gaben und den Stämmen, die 
von ihrer Heimat erzogen wurden“. Und dann fuhrt 
Nadler, noch schärfer seinen Standpunkt hervor¬ 
kehrend, fort: „Literatur und Kunst, als ein Überschuß 
wirtschaftlicher Kräfte, mitbewegt von den Be¬ 
dingungen und Erträgnissen materieller Arbeit (man 
bemerke hier fast den Wortanklang an die geschichts¬ 
materialistische These) können nur dort erklärt und be¬ 
griffen werden, wo der Mensch mit tausend Fasern an 
einem bestimmten Erdfleck festgewachsen ist, wieder 
nur aus der Gesammtheit aller Wirkungen, die zwischen 
Heimat und Abkunft spielen“. 

Die Betonung des wirtschafdichen Momentes ist 
freilich bei Nadler nicht Ausgangspunkt, sondern Folge 
seiner Betrachtungsweise. August Sauer, Nadlers Leh¬ 
rer in Prag, dem auch das schöne Werk gewidmet 
ist, habe immer auf die deutschen Landschaften hin¬ 
gewiesen, der allgemeinen Literaturgeschichte habe 
an die Seite zu treten, was man etwa eine provinzielle 
Stammesliteraturgeschichte nennen könnte. Und die 
wollte Nadler schreiben, wollte also damit nichts ge¬ 
ringeres als di® deutsche Literatur in die deutschen 
Literaturen auflösen. „Erkennt man an, daß nationale 
Literaturen nicht ein Internationales sind, lediglich 
differenziert durch verschiedenen sprachlichen Aus¬ 
druck, so muß man nach der ganzen Vergangenheit 
unseres Volkes den Begriff der Stammesliteratur an¬ 
erkennen. Seine Verneinung leugnet auch das innere 
Wesen aller Nationalliteraturen. Dann gibt es nur ein 
Schrifttum, das sich deutscher, französischer, eng¬ 
lischer Zunge bedient. Denn was im Einzelnen nicht 
ist, wird auch im Produkte nicht erscheinen“. 

Unter diesem Gesichtspunkte ist das alles in allem 
höchst verdienstvolle Werk des Verfassers entstanden, 
der jetzt schon in jungen Jahren zu einer Hochschul* 
Professur berufen worden ist. Überflüssig zu sagen, 
daß die folgerichtige Durchführung einer solchen Idee 
nicht ohne grobe Gewaltsamkeiten abgehen kann und 
abgeht, daß dem Partikularismus, der a priori fest¬ 
stehenden Betrachtungsweise zuliebe manches, ja vieles 
in eine Landschaft hineingestellt, vieles aus ihr heraus¬ 
kommandiert wird, was nicht hineingehört, beziehungs¬ 
weise darin Platz finden durfte. Das hindert nicht, 
anzuerkennen, daß die Lektüre des Werkes, in dem 
auch der katholische Standpunkt des Verfassers warme 
Fürsprache findet, hohen Genuß bereitet, nicht zum 
wenigsten auch durch die bilderreiche schwung- und 
kraftvolle Sprache Nadlers, der nach dem schönen 
Worte Scherers den Mut zu irren besitzt, ein Mut, der 
unter Umständen hundertmal mehr wert ist, als die 
langweilige Wiederholung und Breittretung tausend¬ 
mal schon Gedachten und Bewiesenen, denn solche 
Irrtümer zeitigen oft prächtige Blüten und führen zu 
neuen Wahrheiten. —Anerkennenswert ist die Druck- 
Ausstattung des Buches, weniger der Pergamentrücken 
und die buntgestreifte und-getupfte himmelblaue Farbe 
der Einbanddecke, die für ein im Grunde doch wissen¬ 
schaftliches Werk weder praktisch noch schön sind. 

H. Fgl. 


Nachdem voriges Jahr der erste Band von Anton 
Springers altbewährtem Handbuch der Kunstgeschichte 
(Verlag von E. A. Seemann in Leipzig) als letzte Gabe 
des verstorbenen Michaelis erschienen ist, liegen jetzt 
zwei weitere Bände in neuen Auflagen vor. Den 
dritten, der die Renaissance in Italien behandelt, hat 
Adolf Philippi in neunter Auflage bearbeitet. Sehr 
wertvoll ist seine historische Darlegung, wie der Be¬ 
griff der Renaissance, den erst das XIX. Jahrhundert 
prägte, sich entwickelt hat (Seite 32 ff.), in dessen 
heutiger Auffassung nicht mehr die Wiederbelebung 
der Antike, sondern der erwachende Individualismus 
das ausschlaggebende Element ist. Den fünften Band, 
der das XIX. Jahrhundert umfaßt, bearbeitete wieder 
in der neuen sechsten Auflage Max Osbom, auch er 
mit Erfolg bestrebt überall zu bessern und zu mehren. 
Sicheres und maßvolles Urteil, klare Darstellung und 
gute Stoffverteilung zeichnen beide Bände ebenso aus 
wie die immer wieder vermehrte und durch neue, 
namentlich farbige Bilder anregender und lehrreicher 
gestaltete Illustration. So behauptet der „Springer* 
unbestritten seine alte hohe Stelle unter den deutschen 
Kunstgeschichten. G. W. 


Norbert Hanrieder in seinen Dichtungen. Studie 
von Georg Prader. Verlag der Preßvereinsdruckerei 
St. Pölten . 1912. 

Norbert Hanrieder ist Pfarrherr in Putzleinsdorf in 
Oberösterreich, zwischen Inn und Enns. Ein Kind der 
Heimat, ist er ihr Dichter geworden, einer von den 
Dialektdichtem, die über ihr Land hinaus wenig be¬ 
kannt werden. Dort aber trägt Liebe und Verehrung 
den nun Siebzigjährigen. Seine hochdeutschen Dich¬ 
tungen sind weniger, bedeutend, seine Roseggergegner¬ 
schaft hat dem Steirer nicht geschadet Als Dialekt¬ 
dichter, der die Treue und Ehrlichkeit und den Ge¬ 
rechtigkeitssinn seines Volkes besingt, verdient er wei¬ 
tere Beachtung. Er ist vor allem Epiker, und daß der 
katholische Priester in seinem „Bauemkriag“ den 
protestantischen Heldenkämpfen gerecht geworden 
ist, zeugt für ihn als Menschen, wie die Behandlung 
des Stoffes für den Dichter. Seine „Mühlviertler 
Mahrln“, in denen Jesus und Petrus eine Reise durch 
das Land machen, sind eine tüchtige Leistung. 

Praders Studie ist eine Werbeschrift für den edlen 
Greis, etwas zu breit durch die erzählende Methode, 
büßt sie dadurch an Wirksamkeit ein. Dr. N. 


Samuel Heinickes gesammelte Schriften, heraus¬ 
gegeben von Georg und Paul Schumann . Mit Porträts 
und Faksimilebeilagen. Leipzig, 1912. Emst Wiegandt. 

Samuel Heinicke ist Autodidakt gewesen, wie so 
mancher große Mann der Tat, und wurde nach einem 
wechselvollen Leben als Bauer, Soldat, Student und 
Musikus, erst Hofmeister, dann Küster und Organist, 
schließlich Schulhalter und Lehrer von Taubstummen 
in Eppendorf bei Hamburg. Er ist der Begründer des 
deutschen Taubstummenunterrichts geworden und hat 
auch die vorbildlich gewordene Leipziger Taubstummen¬ 
anstalt ins Leben gerufen, als deren Direktor er 


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Neu erschienene nnd angekündigte Bücher 


201 


63 Jahre alt im Jahre 1790 starb. Es ist deshalb nur 
berechtigt, wenn seine Nachfolger im Amte ihm durch 
Herausgabe seiner Schriften ein bleibendes Denkmal 
setzen. Die reiche literarische Lebensarbeit Heinickes 
wird in drei Abteilungen vorgeführt. Die erste umfaßt 
die wichtigsten Quellenschriften zur Begründung des 
Taubstummenberufes, darunter zum Teil noch nie ge¬ 
druckte Werke. Die weite Serie bringt die allgemein¬ 
pädagogischen Schriften, zeitlich geordnet, darunter 
Kabinettstücke deutschen Humors, die Schulmeister¬ 
briefe und Schulmeistergespräche, die an Jean Paul 
erinnern. Die dritte Abteilung enthält eine kleine, 
charakteristische Auswahl aus Heinickes literarischen 
und philosophischen Schriften. Sie sind in der ur¬ 
sprünglichen Form und Fassung wiedergegeben, um 
die Eigenart der Heinickeschen Schreibart deutlich 
werden zu lassen. Er hat nicht nur die Methodik des 
Taubstummenunterrichtes begründet, sondern auch die 
allgemeine Pädagogik befruchtet, indem er die Schule 
seiner Zeit einer scharfen Kritik unterzog und neue 
Lehrweisen schuf. Deshalb gehört er mit seinen 
Werken der Kulturgeschichte an. Die Ausstattung 
dieser sehr verdienstlichen Ausgabe seiner Schriften 
ist einwandfrei zu nennen. Ein klarer Druck und gute 
Satzanordnung, treffliche Abbildungen und ein ge¬ 
schmackvoller Einband in Halbpergament zeichnen 
dies Buch aus. F. E. W. 


Im vorigen Jahrgang, Beiblatt Seite 279, würdigten 
wir verdientermaßen die neue Ausgabe von Goethes 
Gesprächen, die dank der pietätvollen Sorgfalt des 
Freiherrn Flodoard von Biedermann zu einem völlig 
neuen Werke geworden ist Inzwischen ging die große 
Sammlung sämtlicher mündlichen Äußerungen des 
Dichters in den Verlag Hesse £r* Becker in Leipzig 
über, und dieser ergänzt sie nun durch eine Volks¬ 
ausgabe, die in einem stattlichen Bande von 575 Seiten 
das Wertvollste aus den fünf Teilen heraushebt. 
Knappe Notizen, sehr gewandt dem Texte einverleibt, 
unterrichten über Persönlichkeiten und Dinge ohne die 
Aufdringlichkeit kleinlichen Kommentierens jeder 
gleichgültigen Einzelheit, und ein sehr ausführliches 
Register bringt eine große Anzahl biographischer An¬ 
gaben nach. Aus den nicht aufgenommenen Stücken 
sind am Schlüsse noch 221 Stellen von besonderem 
Weisheitsgehalt herausgehoben. Da hier, wie überall, 
die Nummern der großen Ausgabe beigefügt werden, 
kann jeder leicht diese Sätze in ihrem Zusammenhang 
aufsuchen. Das Fehlen der Gespräche mit Eckermann 
bedeutet keinen Nachteil, sogar einen entschiedenen 
Vorzug des schönen Buches. Wer besäße sie nicht 
und wer wüßte nicht, daß dieses Gesamtbild des letzten 
Goethe als Ganzes aufgenommen werden muß? 

In demselben Verlag hat der Freiherr Flodoard 
von Biedermann eine zweite, noch willkommenere 
Gabe dargebracht: Heinrich v. Kleists Gespräche . 
Nachrichten und Überlieferungen aus seinem Um¬ 
gänge, zum erstenmal gesammelt und herausgegeben. 
Entsprechend der erweiterten Bedeutung, die der Be¬ 
zeichnung „Gespräche“ zum Beispiel von Morris in 
seinem „Jungen Goethe“ gegeben worden ist, wird 


alles zusammengefaßt, was als zeitgenössisches Doku¬ 
ment zur Biographie und Charakteristik des Dichters 
gelten darf, beginnend mit dem Eintrag in das Ge¬ 
burtsregister der Garnison Frankfurt a. d. O. und fort¬ 
geführt bis zu den zahlreichen Äußerungen, die den 
tiefen Eindruck des tragischen Endes bekunden. In 
einer geschlossenen Folge überblickt man so 157 bis¬ 
her zerstreute Zeugnisse, und das widerspruchsvolle 
Gesamtbild, das sich aus ihnen ergibt, erklärt es, wes¬ 
halb die Gegenwart noch weniger als die Mitlebenden 
zu diesem in jeder Bedeutung unvergleichlichen Dichter 
einen festen Standpunkt gewinnen kann. Wieder sind 
Sorgfalt, Wissen und Diskretion des Freiherm von 
Biedermann zu rühmen. Es dürfte schwerlich ein in 
den Kreis des Buches fallendes Dokument übersehen 
sein, die Anmerkungen bringen nur das Notwendige, 
dies aber zuverlässig, hinzu kommen die wertvollen 
Nachweise am Schlüsse. Neben und über den treff¬ 
lichen Kleist-Biographien, die uns gerade das letzte 
Jahr beschert hat, wird dieses Buch allen Freunden 
des Dichters den Zugang zu seinem Innersten er¬ 
öffnen, bis zu jenen dunklen Pforten, die das Aller- 
heiligste für immer verschließen. 

Der Preis der beiden Bücher beträgt broschiert 
2.50 M., in Leinen- oder Pappband 3 M., in Liebhaber- 
Halbfranzband 5 M. Druck und Papier sind sehr gut, 
aber die Einbände —! G. W. 


Franz Stelshammers ausgewählte Werke, heraus¬ 
gegeben und mit Einleitung versehen von Leopold 
Hörmann . Sonderausgabe der Deutsch-österreichischen 
Klassikerbibliothek, Karl Prochaska, 7 zischen. 2 Bände. 

Der oberösterreichische Dichter Franz Stelzhammer 
ist jetzt in einer Auswahl neu herausgegeben worden 
und zwar in zwei kleinen schmalen Bändchen. Ich 
kann mich leider mit dieser Ausgabe nicht recht be¬ 
freunden. Stelzhammer galt und gilt heute noch in 
weiten Kreisen vornehmlich als Vertreter der Dialekt¬ 
dichtung, in der er ja auch Bleibendes und Großes 
geschaffen. Aber man tat sehr unrecht daran, über 
den Mundartenpoeten den Prosadichter zu vergessen, 
der ohne Zweifel Stelzhammer war. Stelzhammer hat 
viel geschrieben, innerhalb zweier Jahre hat er eine 
ganze Reihe von Prosabänden veröffentlicht, darunter 
manches, was heute schon der Form nach ganz ver¬ 
altet ist. Aber vieles ist darunter, was heute noch durch 
die realistische Kraft der Darstellung und des Aus¬ 
druckes starke Wirkung zu erzielen vermag. Das für 
mich und viele andere Allerbeste und Allerschönste 
seiner Prosaschriften, die Perle seines Schaffens, fand 
sich in seinem Nachlasse und betitelt sich: „Aus meiner 
Studienzeit“. Und gerade dieses wunderbare Stück 
Prosa, das alle Stelzhammerkenner bisher bewunderten, 
das, wie ich weiß, Gerhart Hauptmann nicht genug 
hoch einschätzen konnte, das sich ebenbürtig an die 
Seite Gottfried Kellerscher Dichtungen stellen darf, 
gerade das fehlt in der Auswahlausgabe Hörmanns, 
obwohl es gar nicht besonders umfangreich ist und 
mit einigem guten Willen unter Verzichtleistung auf 
anderes in dem zweiten,die Prosadichtungen enthaltenden 


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202 


Nea erschienene and angekündigte Bücher 


Bändchen untergebracht hätte werden können. Max 
Burkhard hat seinem Vorjahren erschienenen Ausw ahl- 
bande Stelzhammerscher Prosa dieses köstliche Juwel 
eingereiht Er wußte, was er tat. Um so bedauer¬ 
licher ist es, daß es diesmal bei Hörmann, dessen 
Dialektkennerschaft wohl bekannt ist, fehlt Auch gegen 
die von Hörmann selbständig vorgenommene Unter¬ 
teilung der mundartlichen Gedichte ließe sich manche 
Einwendung erheben. Freude macht einem die Aus¬ 
stattung der Bändchen, die sich im Einbande von den 
übrigen Nummern der Deutsch-österreichischen Klas¬ 
sikerbibliothek zu ihrem Vorteile unterscheiden. Ich 
möchte dem Verlage dringend anraten, später einmal 
sämtliche Bände der Deutsch-österreichischen Klassiker¬ 
bibliothek nach dem Muster der Stelzhammerschen 
Ausgabe hersteilen zu lassen. Den Preis der zwei 
Bändchen, K. 2.40, finde ich schon angesichts der ge¬ 
schmackvollen Gewandung recht gering. H. FgL 


Blinde Liebe. Eine Geschichte aus den höchsten 
Kreisen, sehr frei nach dem Englischen des Laurence 
Housman von Richard Dchmel. Berlin im Verlag 
Neues Leben Wilhelm Romgräber. 

So harmlos ist Richard Dehmel uns noch nie ge¬ 
kommen, wie in diesem lustigen kleinen Künstlerscherz. 
Stünde kein Name auf dem Titelblatt, so würde man 
am ehesten auf Felix Salten raten, weil es sich auch 
hier wie in der graziösen „Gedenktafel der Prinzessin 
Anna" um feinste, ins Bereich ästhetischen Spiels 
erhobenen Erotik handelt Wie. die böse Fee den 
überedlen König Ammibauba an seinem Kinde 
straft, weil er ihrer Verführung widerstand, und wie 
doch noch alles zu gutem Ende gedeiht, das erzählt 
uns Dehmel mit köstlicher Laune und seltenem Wohl¬ 
laut Die Ausstattung des kleinen Buches entspricht 
dem Reiz des Inhalts; die Zeichnungen O. W. H. 
Hadanks bezeugen, daß Walser und Woelfle nicht ver¬ 
gebens leben. A-s. 


Karl Bachem, Josef Bachem und die Entwicklung 
der katholischen Presse in Deutschland. Band 1. Bis 
1848 Verlag J. P. Bachem, Köln a. Rhein. Broschiert 
5 M m gebunden 6 M. 

Wenn Katholiken von sich oder ihren Vorfahren er¬ 
zählen, so können sie bei uns in Deutschland gewiß 
sein, daß außer ihren Glaubensgenossen nicht nur die 
Kulturpsychologen ihnen ihr Ohr leihen. Es ist für 
uns andere so schwer, uns völlig in die moderne 
katholische Seele einzufuhlen, in der sich die idealen 
Traditionen mit dem Opportunismus und Utilitarismus 
des XX. Jahrhunderts so seltsam mischen. Man ist 
schnell fertig, wenn man von innerer Verlogenheit 
spricht Jedoch dem Vorurteilslosen drängt der tiefe 
sittliche Emst so vieler Katholiken immer wieder die 
Frage auf, ob das äußerlich Widerspruchsvolle nicht 
doch von innerer Einheit beherrscht wird. Die Katho¬ 
liken selbst freilich geben uns darauf nur selten eine 
befriedigende Antwort Es gibt nur wenige Bücher, 
die wirklich Emst machen mit dem Bestreben, nament¬ 
lich ihr politisches Handeln verständlich zu machen — 


wenige, deren Zahl auch das vorliegende nicht zu 
mehren vermag. 

Eines ist dem Verfasser ja ganz sicher gelungen: den 
scharfen Gegensatz herauszuarbeiten, in den die froh- 
lebige, freiheitliche rheinische Bevölkerung nach dem 
Wiener Kongreß zur preußischen Bureaukratie geraten 
mußte. Diese hat das Land wirtschaftlich wohl 
vorwärtsgebracht, aber ohne Verständnis für fremde 
Volksindividualitäten seine kulturellen Bedürfnisse nicht 
ebenso zu befriedigen vermocht. Prächtig ist an dieser 
Stelle Bachems Diktion. Das vierte Kapitel ist darum 
auch das Beste am ganzen Buche. 

Nimmt man aber dann den Verfasser beim Vor¬ 
worte und sucht nach der Darstellung „des allmäh¬ 
lichen Werdens und Wachsens dessen, was man später 
den Zentrumsgedanken nannte**, so erlebt man eine 
herbe Enttäuschung. Da im XIX. Jahrhundert die 
allgemeine Entfaltung der Ideen eng mit der Tätig¬ 
keit der Presse verknüpft sei, will Bachem das Ent¬ 
stehen der leitenden Gedanken katholischer Politik an 
der Entwickelung des katholischen Zeitungswesens (zu¬ 
nächst bis 1848) vorführen. Aber mag es sich nun um 
Görres’ „Rheinischen Merkur“ oder Fr. Schlegels „Deut¬ 
sches Museum" und seine „Concordia" oder um irgend 
ein anderes untergeordneteres Organ handeln, so wird 
doch immer nur an einigen Zitaten ganz äußerlich ihre 
Übereinstimmung mit der landläufigen katholischen 
Weltanschauung nachgewiesen. Die Romantik, die Ge¬ 
burtsstätte klerikal-politischen Denkens im XIX. Jahr¬ 
hundert, glaubt der Verfasser mit der verschwomme¬ 
nen Phrase als „merkwürdige (!), dichterisch verklärte 
Zusammenstrahlung von Religion und Natur, Kunst und 
Kultur des Vaterlandes im Lichte (sic!) der großen 
Vergangenheit des deutschen Volkes“ irgendwie 
charakterisiert zu haben — statt ihr Wesen scharf zu 
analysieren und dann an der Hand der Presseäußerungen 
zu zeigen, wie sich allmählich aus ihr das entwickelte, 
„was man später den Zentrumsgedanken nannte**. 
Große Teile des Werkes können darum nur als erste 
Quellensammlung angesehen werden, die der eigent¬ 
lichen Bearbeitung noch harrt 

Den äußeren Rahmen des Buches bildet die Ge¬ 
schichte des Bachemschen Geschlechts bis 1848. Sie 
läßt jedoch oft die organische Verbindung mit den all¬ 
gemeingeschichtlichen Teilen des Werkes vermissen, 
so daß diesem noch ob^pdrein der geschlossene Cha¬ 
rakter fehlt. • F. K. 


Im Jahre 1809 begannen Büsching und von der 
Hagen eine Sammlung der alten deutschen Volks¬ 
romane und gaben ihr den Titel der ältesten, schon 
1587 erschienenen Reihe solcher Bücher, „Buch der 
Liebe“. Trotz der damals eben durch die Heidel¬ 
berger Romantiker neuerweckten Teilnahme an deut¬ 
scher Art und Kunst vergangener Zeiten kam das 
Unternehmen nicht über den ersten Band hinaus. 
Jetzt versucht es, wieder unter dem alten Titel, der 
Verlag Georg Müller in München von neuem, die Teil¬ 
nahme für diese Literatur der erotischen Volksbücher 
zu wecken, und der Herausgeber Paul Emst behält 


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Neu erschienene und angekündigte Bücher 


203 


dafür den alten Namen bei, indem er die ursprüng¬ 
liche Form „Das Buch der Liebe“ wieder aufnimmt. 
Aber in der kurzen gutgeschriebenen Einleitung ver¬ 
missen wir den Hinweis auf die Vorgänger. Er wäre 
um so mehr am Platze gewesen, weil Ernst die Er¬ 
zählungen, die er von ihnen übernimmt, wörtlich in 
ihrer Redaktion abdruckt, nur hierund da klug kürzend. 
Diese Gemeinschaft gilt von dem Inhalt seines ersten 
Teils, der „Tristan und Isalde“ und „Pontus und 
Sidonia“ bringt. Der zweite Teil enthält „Melusina", 
„Magelona“, „Genovefa“ und den unbekanntesten 
dieser Ritterromane „Lother und Maller“, schon 1805 
von Dorothea Schlegel herausgegeben. Wir wünschen 
der gefälligen, in einem hübschen Pappband für 8 M. 
käuflichen Sammlung besseren Erfolg als der älteren, 
damit die Reihe der deutschen Volksbücher, dier hier 
eröffnet wird, fortgesetzt werden könne. G. W. 


Bernhard von Breydenhach and his joumey io the 
Holy Ijind 1483 — 4. A. Biblmgraphy compiied by Hugh 
Wm. Davies. London J . and /. Leighton. 40 Brewer 
Street , Golden Square London IV. 1911. XXXII und 
47 Setten mit 63 Vollseiten Reproduktionen. 

Bernhard von Breydenhach, der Mainzer Dom¬ 
dekan, hat seine Pilgerfahrt in einer der im XV. Jahr¬ 
hundert häufigen „Peregrinationes in terram sanctam“ 
geschildert, welche, wenn man die Zahl der erschienenen 
Ausgaben betrachtet, eine der beliebtesten und berühm¬ 
testen Schilderungen einer Pilgerfahrt ins Heilige Land 
geworden ist. Es ist daher kein Wunder, daß die Biblio¬ 
graphie sich der Breydenbach’schen „Pereginationes“ 
schon früher angenommen hat (Hain, Tobler, Moser 
im Serapeum) und sich weiter annimmt; und so ist vor 
kurzem eine sorgfältige und ausführliche Bibliographie 
des berühmten Buches von William Davies in London 
bei J. und J. Leighthon (London 1911, Quarto; Auflage 
von 200 numerierten Exemplaren) veröffentlicht worden. 
Breydenhach scheint Oppenheim bei Mainz am 
25. April 1483 verlassen zu haben und zwar mit dem 
auf der Reise zu Alexandria gestorbenen und dort be¬ 
grabenen Graf Johann von Solms-Mintzerberg und dem 
Ritter Philipp von Bicken; das Titelblatt trägt ihre 
drei Wappen. Im Januar 1484 ist er dahin zurück- 
gekehrt Sein gedruckter Reisebericht beginnt jedoch 
erst mit Venedig. Unter seinen Reisegefährten war 
der Künstler Erhard Reuwich aus Utrecht; und Illu¬ 
strationen des Buches, die nach dessen Zeichnungen 
geschnitten sind, sind jetzt seine interessantesten Eigen¬ 
schaften. Sind sie doch auch das erste Beispiel davon, 
daß ein einzelner Maler als Illustrator eines gedruckten 
Buches ausdrücklich bekannt ist Zu Venedig wurde 
die Reisegesellschaft stark vergrößert, und Davies hat 
aus verschiedenen Quellen die Namen von nicht weni¬ 
ger ab 53 Personen, zumeist Süddeutsche und Elsässer, 
zusammengetragen, welche Breydenhach von Venedig 
nach Jerusalem begleitet haben. Zwei dieser Mitpilger 
Frater Felix Fabri, später deutscher Dominikaner- 
Provinzial, und Pater Paul Walther haben ebenfalls 
Reisebeschreibungen hinterlassen, die noch im Manu¬ 
skript existieren, und erst in der allemeuesten Zeit ge¬ 
druckt worden sind; auch die Beschreibungen der 


mitreisenden Georg von Gumppenberg-Pöttmes und 
Maximilian von Rappoltstein sind gedruckt. Von den 
Reisenden gingen 25 nur mit bis Jerusalem; die andern 
zogen noch nach dem Sinai und kehrten über Alexan¬ 
dria heim. — Breydenhach ist in dem „Itinerarium“ 
als der hauptsächlichste Verfasser der „Peregrinatio¬ 
nes“ (hujus operis auctor principalis) genannt, aber aus 
Fabris Erzählungen schließt Davies mit anderen vor 
ihm, daß Martin Roth, ein Dominikaner aus Pforzheim 
und Schulrektor in Heidelberg (wahrscheinlich der 
„Rencz“ der Heidelberger Matrikeln!) den lateinischen 
Text verfaßt hat. Das Kolophon der ersten Ausgabe 
ist datiert: Mainz, den n. Februar i486, eine zweite 
Ausgabe mit deutschem Text ist vom 21. Juni i486 
datiert Beide Ausgaben, wie auch eine dritte in 
niederländischer Sprache, sind unter den Augen von 
Breydenhach selbst herausgebracht worden. Sie haben 
alle die gleichen Typen, und die Kolophons der drei 
Ausgaben geben den Namen des Künstlers Erhard 
Reuwich als den des Druckers an; die deutsche Aus¬ 
gabe behauptet sogar, daß sie in Reuwichs eigenem 
Hause gedruckt worden ist (.,und die truckerey yn sy- 
nem huss volfuret“). Aber da man sonst kein Buch 
als aus einer Offizin des Reuwich hervorgegangen 
kennt, so darf man eher annehmen, daß er die Typen 
für eine gewisse Zeit zum Druck dieser Bücher geborgt 
hat; sie mögen Schöffer gehört haben, dessen Lettern 
die Breydenbachdrucke stark ähneln, und höchst 
warscheinlich hat dieser die Bücher selbst gedruckt. 
Der Verfertiger der Holzschnitte ist nicht identifiziert, 
möglicherweise hat sie Reuwich selbst geschnitten. — 
Von größtem Interesse sind die großen Panoramen; 
sie sind die ersten ihrer Art und unterscheiden sich 
von anderen im XV. Jahrhundert veröffentlichten Holz¬ 
schnittansichten durch ihre Lebhaftigkeit und ihr Stre¬ 
ben nach Wirklichkeit Sie sind unzweifelhaft authen¬ 
tisch und künstlerisch, daher von großem Wert als 
exakte Gemälde dieser berühmten Stätten, wie sie im 
Jahre 1483 aussahen. Rumohr feiert die Ausführung 
in Holzschnitt als eine ganz ungewöhnliche technische 
Leistung. Die Wanderungen der Originalholzstöcke 
sind ebenfalls von Interesse. Nachdem sie in den drei 
Mainzer Ausgaben von i486 tihd 1488 gebraucht waren, 
kamen sie im Jahre 1489 nach Lyon und erscheinen 1498 
in einer spanischen zu Saragossa gedruckten Ausgabe. 
Die Bibliographie, die Davies ausgestellt hat, ist von 
größter Akkuratesse; in der Tat sind nur die zwischen 
i486 und 1522 (alle von Holzschnitten begleitet) publi¬ 
zierten 12 Ausgaben beschrieben, aber mit allen De¬ 
tails, was das Arrangement und Textkollation betrifft, 
sowie über Papiermarken, Wasserzeichen, Aufenthalts¬ 
ort der Exemplare. Von diesen Ausgaben sind drei 
in lateinischer, drei in deutscher, eine in niederländi¬ 
scher, vier in französischer und eine in spanischer 
Sprache verfaßt Später ist der Text allein noch in 
verschiedenen Sprachen nachgedruckt worden. In 
einer Einleitung von 32 Seiten ist die Geschichte des 
Buches und seines Verfassers erzählt 65 Vollseiten- 
Reproduktionen von Titelblättern, Dedikationen und 
Ansichts- sowie figürlichen Holzschnitten sind angefügt. 
Die sämtlichen beschriebenen Bücher sind im Besitz 


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Neu erschienene und angekündigte Bücher 


des Bibliophilen C. Fairfax Murray; darunter sind zwei 
Exemplare der spanischen Ausgabe (Saragossa 1498), 
von denen eines der Bibliothek des Christoph Colum* 
bus zu Sevilla angehört hatte, wie aus der eigenhän¬ 
digen Einschrift des Sohnes und Biographen seines 
großen Vaters, des Hernando Colombo, hervorgeht. — 
Die Münchner Hof- und Staatsbibliothek besitzt unge¬ 
fähr 20 Exemplare der in der Davies'schen Biblio¬ 
graphie beschriebenen Ausgaben von i486, 1488, 1490 
und 1502, jedoch nur solche in lateinischer und deut¬ 
scher Sprache, keine derniederländischen, französischen 
und der spanischen Ausgabe. M. 


Unter allen geistigen Volkskrankheiten hat keine 
die Aufmerksamkeit so erregt wie der Jahrhunderte 
lange Wahnsinn der Hexenverfolgungen. Nach einer 
Reihe von Ansätzen hat Soldans mit Recht berühmte 
„Geschichte der Hexenprozesse“ im Jahre 1843 das 
Material in relativer Vollständigkeit zusammengestellt 
und vom Standpunkt des objektiven Kulturhistorikers 
erläutert. Er brachte die Forschung in Fluß und mit 
Hilfe ihrer inzwischen sehr bereicherten Ergebnisse hat 
1879 Heinrich Heppe, der Schwiegersohn Soldans, das 
Werk von Grund aus erneuert und den Hexenwahn 
bis zu seinen Wurzeln im antiken Orient zurückverfolgt. 
Seitdem ist wieder viel neues Material hinzugekommen, 
auch die Fähigkeit unparteiischer Auffassung religions¬ 
geschichtlicher Tatsachen erheblich gewachsen. So 
tritt die dritte Auflage des berühmten Werkes unter 
weit günstigeren Auspizien als die beiden früheren ans 
Licht, wozu noch als ergänzender vorteilhafter Um¬ 
stand die klare Erkenntnis des neuen Herausgebers 
Max Bauer tritt, welche formalen Anforderungen jetzt 
an eine Darstellung solcher Art zu stellen sind. Der 
neue Titel lautet: Soldan - Heppe, Geschichte der 
Hexenprosesse. Neu bearbeitet und herausgegeben von 
Max Bauer. München, verlegt bei Georg Müller. 
Zwei Bände. 

Die einleitenden Abschnitte, die von der Herkunft 
des Hexenwahns handeln, und der Schluß, der, gewiß 
für manchen überraschend, das Fortleben in der 
Gegenwart erweist, werden für die Mehrzahl der Leser 
am anziehendsten erscheinen. Denn das große Mittel¬ 
stück bringt vornehmlich Belege aus Akten und zeit¬ 
genössischen Schriften uns damit doch nur den Be¬ 
weis, wie arm die Phantasie der hysterischen Weiber 
war, die freiwillig von ihrem Verkehr mit dem Teufel 
zeugten, wie vergeblich die weit zahlreicheren Unglück¬ 
lichen, die durch irgendeinen Zufall in den Verdacht 
der Hexerei gerieten, sich bemühten, auf der Folter 
der Neugier ihrer Peinigergenugzutun. Werdie Practica 
nova imperialis des Leipziger Hexenrichters Carpzov 
durchliest, wie es zum Beispiel Goethe für seine Wal¬ 
purgisnacht im „Faust“ tat, findet dort nur sehr ge¬ 
ringe Abwechslung in den Aussagen, und nicht besser 
steht es mit allen ähnlich gearteten Büchern. Nur 
selten regt sich etwas wie ein tieferes menschliches 
Interesse bei diesen Geschichten, etwa bei der von 
Urbain Grandier und den Nonnen von Loudun, 
die ja schon von Willibald Alexis und neuerdings 
v on H. H. Evers literarisch verwertet- worden ist. Auf¬ 


fallend kurz ist die Frage des Teufelsbundes behandelt, 
vielleicht weil gerade darüber schon besonders viel ge- 
schrieben worden ist, ebenso die Walpurgisnacht, für 
die als einzige Quelle die Blocksbergs-Verrichtung des 
Prätorius, noch dazu mit ungenauem Titel, zitiert wird. 
Freilich gehören diese Punkte nicht in den eigentlichen 
Kreis einer Geschichte der Hexenprozesse, aber sie 
spielen in diesen eine so wichtige Rolle, daß sie aus¬ 
führlicher zu erörtern waren, um die Herkunft und 
Verbreitung der in Frage kommenden abergläubischen 
Vorstellungen darzulegen. 

Nach dieser Seite hin wünschen wir dem ausge¬ 
zeichneten Werke in späteren Auflagen noch eine Er¬ 
weiterung und meinen, daß zu ihren Gunsten die 
eigentlichen Prozeßberichte hier und da gekürzt werden 
könnten. 

Hohes Lob verdient der schöne Druck und das 
große, gut reproduzierte Büdermaterial, ebenso die 
geschmackvollen und soliden Halbpergamentbände. 

P-e. 


Julius Voigt, Goethe und Ilmenau. Mit sieben 
Handzeichnungen Goethes, einer Karte, einem Faksi¬ 
mile und einundzwanzig Bildbeilagen. Im Xenien- 
Verlag zu Leipzig. 1912. 

Johannes Kiessner, Beziehungen Goethes zu Ham¬ 
burg. Verlag von C. Boysen, Hamburg. 1912. (2.40 M.). 

Bisher mag wohl noch niemand das Charakterbild 
Goethes für unvollständig gehalten haben, weil nicht 
jedes Aktenstück seiner amtlichen Tätigkeit in Ilmenau 
exzerpiert ist. Und daß die Bedeutung, die das Städt¬ 
chen in Goethes Leben besitzt, „nicht leicht zu hoch 
angeschlagen werden“ könne, bleibt ebenfalls unbe¬ 
wiesen. Vorausgenommene Rechtfertigungen geben 
stets dem Verdachte Raum, daß dem Verfasser selbst 
Zweifel an der unumgänglichen Notwendigkeit seines 
Werkes aufgestiegen sind. 

Die amtliche Tätigkeit Goethes zeichnet sich in 
Ilmenau durch dieselbe Gewissenhaftigkeit aus wie 
anderwärts, und wen kein lokales oder besonderes 
Interesse treibt, dürfte sich die hundertfünfundsiebzig 
Seiten darüber schenken können. Neues für den 
Menschen Goethe bringen sie nicht Die persönlichen 
Beziehungen, die er zu der kleinen Bergstadt hatte, 
sind uns bekannt. Einige Einzelheiten, deren philo¬ 
logischer Wert unbestritten sein soll, mögen ja noch 
hinzukommen, aber was will das besagen. Das genia¬ 
lische Treiben, das in den siebziger Jahren der junge 
Herzog mit seinem Freunde in Ilmenau entfaltete, deu¬ 
tet der Verfasser immer nur allzu vorsichtig an und 
verweist auf Berichte und Aktenfaszikel, die kein 
Mensch liest. Er hat nicht mitempfinden können. 
Im letzten Kapitel sind die Schilderungen des Rent- 
amtmanns Mahr, die dieser 1855 über Goethes letzten 
Besuch in Ilmenau veröffentlichte, auch weitaus 
lebendiger und ergreifender als der Text Voigts. Daß 
er aber den vollständigeren ersten Entwurf der Mahr- 
schen Aufzeichnungen abdruckt, soll mit Dank aner¬ 
kannt sein. Verdienstlich sind auch die Charakte¬ 
ristiken Baumgartens und Kraffts, der beiden Schütz¬ 
linge Goethes. Selten kann ein Freundschaftsverhältnis 


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mehr verklären wie das mit Krafft, weil es sich auf 
einer beispiellosen Selbstlosigkeit und reinen Mensch, 
lichkeit aufbaut, die auf Goethes Seite zu finden sind. 

Die Bildbeigaben des geschmackvoll ausgestatteten 
Buches sind geschickt und passend ausgewählt, auch 
die Reproduktion ist einwandsfrei. 

Die Beziehungen Goethes zu Hamburg belaufen 
sich in Wahrheit darauf, daß er ein paar wenig belang¬ 
reiche Ansichten über die Stadt, die er nicht kannte, 
geäußert hat Doch nein, Goethe hat auch einmal 
Wein von dort bezogen und in der Hamburger Stadt¬ 
lotterie — verloren! Diese sinnigen Neuigkeiten tischt 
uns Herr Kießner mit oberlehrerücher Genauigkeit auf. 
So wird jede Speditionsfirma der Nachwelt vor Augen 
gerückt, die sich in einem Goetheschen Notizbuch 
findet, und die vielleicht einmal einen Auftrag erhalten 
haben könnte, und weil Basedow, mit dem er, was uns 
als große Neuigkeit berichtet wird, die Lahn- und 
Rheinreise gemacht hat, geborener Hamburger ist, 
hat Goethe eben auch Beziehungen zu Hamburg. Sela. 
Ein Beitrag zur Goethe-Makulatur. Dr. N. 


Der größte humoristische Roman aller Zeiten, „ Des 
scharfsinnigen Junkers Don Quixote Leben und Ritter- 
taten “ wird in unserer neuromantischen Zeit wieder 
zum Modebuch. Die Übersetzungen Ludwig Tiecks 
und Ludwig Braunfels' sind in den letzten Jahren neu ge¬ 
druckt worden, und daneben erschienen manche andere 
Bearbeitungen. Als eine der glücklichsten darf die¬ 
jenige gelten, die Wolfgang Sorge für Wilhelm Born¬ 
gräber\ Verlag Neues Leben in Berlin , besorgt hat. 
Der Ton ist frisch mit leichter altertümlicher Färbung, 
die Kürzungen entsprechen den Bedürfnissen von Lesern 
ohne literarische Ambition. Für solche bietet die 
knappe Einleitung von Paul Friedrich gerade das 
Nötige. Den Hauptreiz verleiht dieser Ausgabe eine 
Reihe der Don Quixote-Illustrationen Gustav Dorös. 
Zu ihrem Lobe braucht nichts gesagt zu werden, wohl 
aber verdient es besondere Erwähnung, daß den alten 
Holzschnitten dank der ausgezeichneten Reproduktion 
das verkleinerte Format eher genützt als geschadet hat. 


Derselbe Verlag bringt in ähnlicher Ausstattung 
und zu gleichem Preise (broschiert 4 M., gebunden in 
Halbleder 6 M.) von demselben Bearbeiter den 
galantesten aller Romane des französischen XVIII. Jahr¬ 
hunderts, „ Die Abenteuer des Chevaliers von Faublas lt . 
Warum verschweigt der Titel den Namen des Autors 
Louvet de Couvray und erweckt die falsche Vorstell¬ 
ung, als handle es sich um ein Memoirenwerk? Und 
warum sagt das Geleitwort Sorges nichts über die 
Persönlichkeit des Verfassers, die literarischen Voraus¬ 
setzungen und die Geschichte des Buches? Leicht 
wird dem unkundigen Leser die Vorstellung entstehen, 
als sei Faublas eine historische Gestalt und seine Ge¬ 
schichte wirklich erlebt. Doch wir wollen mit solchen 
Bedenken nicht die Abneigung des Herausgebers 
gegen die Philologen vergrößern und nur noch die 
Hoffnung aussprechen, daß seine Bearbeitung nicht in 
Z. f. B. 1912/1913. 


Hände gerate, die den Inhalt und die Bilder von Bayros 
(was brauchte man über sie noch zu sagen?) allzu grob 
anfassen. A-s. 


Das Buch des Lappen Johan Turi. Erzählung aus 
dem Leben der Lappen. Herausgegeben von Emilie 
Demant. Verlag der Literarischen Anstalt Rütten &•* 
Loening, Frankfurt a. M. (6 M., gebunden 7,50 M.). 

Das Buch Johan Olafson Turis ist schlicht und ein¬ 
fältig wie etwa die Bibel, und wie diese lebendig und 
beredt Kein Forscher, der mit allem seinen Rüstzeug 
es unternähme, die Kultur der Lappen zu schildern, 
böte soviel wie dieser alte Berglappe, der nur die 
Renntiere hüten und Wölfe jagen gelernt hat. Ein 
Einsamer, ohne Weib, hat er jahrzehntelang über sein 
Volk nachgedacht und über seines Volkes Not. Die 
natürlichen Bedrängnisse überwinden diese rauhen 
Menschen oder umgehen sie; das Gesetz aber, in dem 
der Begriff des Grundbesitzes und der Grenze vor¬ 
kommt, droht sie zu erwürgen. Das Lappenvolk be¬ 
ginnt schon zu resignieren. Sie wagen nicht mehr zu 
heiraten, sagt Turi einmal. Er glaubt aber nicht 
an Böswilligkeit der Gesetzgeber, er glaubt, daß sie 
anders handeln würden, wenn sie von seinem Volke 
nur etwas wüßten. Darum schrieb er dies Buch. Und 
er besitzt, was fast das Wichtigste ist, die Gesinnung zur 
Objektivität. Mit dem lapidaren Satze: Ich bin ein 
Lappe . . . beginnt er, in der heiligen Überzeugung, 
daß nur er, nur ein Lappe selbst sagen kann, was ihnen 
vonnöten ist. Berichte achtet er gering, er weiß zu 
gut, daß durch Ausfragen eben das erfahren wird, was 
der Frager erfahren will. Und zwischen festen Wän¬ 
den gar können einem Lappen die Gedanken nicht 
„rinnen“, wie er sagt 

Der ungewöhnlich hohe Intellekt dieses doch zu¬ 
gleich primitiven Menschen macht erstaunen; davon 
zeugen auch seine Handzeichnungen, deren Wert be¬ 
sonders die Psychologen und Kulturhistoriker anerkennen 
werden. Mit der Kindhaftigkeit der Technik ist eine 
erstaunliche Beobachtungsgabe verbunden. Das Ge¬ 
weih der Renntiere sieht auf einer Herbstraide ganz 
anders aus als im Frühjahr, einen alten Lappen zeich¬ 
net Turi gebückt, und ein ermüdetes Renntier kann 
man deutlich an der heraushängenden Zunge erkennen. 

Eine inhaltliche oder gar künstlerische Einheit ist 
natürlich nicht in dem Buche; was Turi einfiel, schrieb er 
auf. Wenn er anhebt, von den Wanderzügen zu be¬ 
richten, so denkt er plötzlich an einen bestimmten Vor¬ 
fall, und wenn er von den mythologischen Vorstel¬ 
lungen seines Volkes reden will, kann er nicht unter¬ 
lassen, eine Geschichte von den bösen Uldas einzu¬ 
schieben, die sich irgendwo zugetragen hat Leicht- 
lich geschieht es ihm, daß er Sätze nicht vollendet, 
daß er ein ganz anderes Subjekt voraussetzt, als der 
Leser erwartet Darum aber besitzen diese Geschich¬ 
ten lebendige Kraft, man liest mit Interesse auch vom 
Renntierkalben und vom Melken und von der Heil¬ 
kunst. 

Aber noch ist der Herausgeberin zu gedenken, 
einer jungen Dänin, die zugleich den lappischen Urtext 
in ihre Muttersprache übersetzt hat. Ihr danken wir 

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es t daß Tuns Buch zur Wirklichkeit geworden ist. Sie 
hat ihm in dem Jahre der Entstehung die Sorgen der 
Haushaltführung abgenommen und den Ermüdenden 
ermuntert, noch von diesem und jenem zu erzählen. 
Es ist ein sonderbares Gefühl, jetzt auf Van Gelder 
Bütten gedruckt, in Pergament gebunden ein sorg¬ 
fältiges Buch in der Hand halten zu können, das hoch 
oben im Norden eine des Schreibens ungewohnte 
Hand mühsam zustande brachte, von einem Schrift¬ 
steller, der aus reinem Herzen heraus sich dazu ent¬ 
schloß. C. N. 


Der deutsche Roman von Hellmuth Mielke. Vierte 
umgearbeitete und stark erweiterte Auflage von ,,Der 
deutsche Roman des XIX. Jahrhunderts“. Dresden , 
Verlag von Carl Reißner , 1912. 

Wer sich mit dem deutschen Roman des XIX. 
Jahrhunderts eingehender befaßt hat, der weiß, daß 
Mielkes Buch der einzige Führer durch dieses unge¬ 
heure und schwer wegsame Dickicht ist Der Ver¬ 
fasser hat es verstanden, ohne allzu gewaltsame Ein¬ 
schachtelungen Gruppen zu bilden und sie so anzu¬ 
ordnen, daß in ihrer Folge der historische Verlauf 
richtig abgespiegelt wird. Seine Fähigkeit der Ein¬ 
fühlung läßt ihn Künstlern der verschiedensten Art ge¬ 
recht werden. Er charakterisiert sie mit solidem Urteil, 
ohne sich auf irgendeinen Parteistandpunkt festzulegen 
und doch auch ohne in farblose Inhaltsangaben des 
Schulbuchs zu verfallen. Freilich wird die Bewährung 
dieser guten Eigenschaften immer schwieriger. Die 
erste Auflage erschien im Jahre 1890 und damals 
wurden 1731 Dichtungswerke in Deutschland veröffent¬ 
licht; das Jahr 1909 brachte dagegen auf demselben 
Gebiete 4297 Publikationen. Noch stärker als die Zahl 
steigerte sich die innere Mannigfaltigkeit der neuen 
Romanproduktion, so daß man wohl heute von einer 
unübersehbaren Masse und Farbenskala sprechen darf. 
Von der grellen Tagesklarheit des Naturalismus, den 
Mielke etwas vorschnell als erstorben bezeichnet, bis 
zu der ultravioletten Mystik werden alle Zwischentöne 
des Regenbogens künstlerischer Möglichkeiten vom 
modernen Roman durchlaufen, und sie alle erscheinen 
in dem Spektrum des Mielkeschen Buches. Der Leser 
empfängt den Eindruck, daß Mielke die Mehrzahl der 
besprochenen Romane wirklich gelesen hat. Kleine 
Versehen, zum Beispiel Seite 316 der immer wieder¬ 
holte Fehler „Bruck“ statt „Truck", Seite 318 „Kai 
Lans“ statt „Jans“, können diesen Gesamtseindruck 
nicht erschüttern. Selbstverständlich wird niemand 
allen Werturteüen eines andern über die Dichter der 
Gegenwart zustimmen. So glaube ich nicht, daß Cäsar 
Flaischlens „Jost Seyfried“ unausgeglichen und un¬ 
künstlerisch in der Form sei, oder daß Otto Emsts 
„Asmus Semper“ die Kunst gemüt- und humorvoller 
Genremalerei unbestreitbar bezeuge. Solche Beispiele 
ließen sich leicht mehren. Aber der Verfasser bean¬ 
sprucht in seinem bescheiden-selbstbewußten Vorwort 
keine Unfehlbarkeit Deshalb braucht im einzelnen 
nicht mit ihm abgerechnet zu werden. Danken wir 
ihm vielmehr für dieses Buch, das nicht den Literaten 
dienen will und um so mehr, wie schon seit 22 Jahren, 


auch fernerhin von den gebildeten Deutschen benutzt 
werden wird. Man fühlt heraus, daß es nicht in der 
Atmosphäre der Literatur - Cafös, fern von Berlin, 
München und Wien geworden und gewachsen ist 
Wir geben ihm auf seinen ferneren Lebensweg den 
Wunsch mit, daß dem Verfasser die Kraft zur Be¬ 
wältigung der immer mühseligeren Pflege seines 
Geisteskindes noch recht lange erhalten bleibe. 

G. Witkowski . 


Freundschaft . Eine psychologische Forschungs¬ 
reise von Alexander v. Gleichen-Rußwurm, Stuttgart 
1912, Verlag Julius Hoffmann. 

Der Geschichtschreiber der Geselligkeit mußte 
dazu kommen, sich als Geschichtschreiber der Freund¬ 
schaft zu versuchen. Das Problem ist reizvoller, aber 
auch schwerer, drum gräbt diese Arbeit auch tiefer 
als die früheren. Aber doch auch in der alten Art, die 
durch die Fülle der Lesefrüchte manchmal etwas er¬ 
drückend wirkt. Eine psychologische Forschungsreise 
nennt der Verfasser diesen interessanten Versuch; 
nicht immer ist sie eine Lustfahrt; sie geht manchmal 
durch öde Strecken, auch gelingt es ihr nicht immer, 
das Gelände hinreichend aufzuklären, es mag auch 
Vorkommen, daß sie an ungeahnt ertragreichen Ge¬ 
bieten achtlos vorbeigeht Aber viele feine Bemerkungen 
und manch weiter Ausblick fördern, und vom ersten 
Hauptteile „Freundschaft oder Liebe“ bis zum letzten 
„Freundschaft und Liebe“ ist der .vielerfahrene und 
klug beobachtende Verfasser zu erkennen. Die Tren¬ 
nung der Liebe, des unedleren Affektes, der den Mann 
minderwertiger macht, von der Freundschaft ist nicht 
immer leicht, und gar die Freundschaft zwischen Mann 
und Weib ist ein Problem, das immer heu erlebt 
werden muß. Die philosophischen Grundlagen zeichnet 
der Verfasser im Anschluß an das klassische Altertum, 
an Platon und Aristoteles; Cicero, Augustinus und 
Boethius, der heilige Franziskus und die heilige Klara 
ziehen an uns vorüber, Waffenbrüderschaft und Minne, 
Kumpanei, Kameradschaft, Saufbrüder und Orden, 
bis zu Emfindsamkeit und Romantik. Der Praxis und 
der Theorie wird nachgegangen, der knabenhaften 
Freundschaft mittelalterlicher Recken, der Treue im 
Zeitalter der Vasallität, der Gemeinsamkeit des 
Schwärmens. Sehr rasch ist der Übergang zum ersten 
neueren Klassiker der Freundschaft, zu Montaigne. 
Mit Recht wird ein großer Umschwung darin erkannt, 
daß die Frauen freundschaftsfähig wurden. Der Angel¬ 
punkt aller Freundschaft ist das Bedürfnis nach Ver¬ 
trauen, dem darbenden Herzen soll der Luxus ver¬ 
schafft werden, der Vertrauen heißt. Aber: Une des 
choses qui nous rend plus malheureuses, c’est que nous 
comptons trop sur les hommes. C*est aussi la source 
de nos injustices, nous leur faisons des querelles, non 
sur ce qu’ils nous doivent, ni sur ce qu’ils nous ont 
promis, mais sur ce que nous avons espdrd d’eux. Nous 
nous faisons un droit de nos espdrances. So sagt die 
Marquise von Lambert — wer hätte es nicht empfinden 
müssen?! Zwei Wege gehen von hier aus: Wilhelm 
von Humboldt meinte im Gespräche mit Schiller, ein 
Lebenskünstler könne von niemand getäuscht werden, 


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da er von keinem etwas erwarte — Schopenhauer rief 
aus: „Woran sollte man sich von dir endlosen Ver¬ 
stellung, Falschheit und Heimtücke der Menschen er¬ 
holen, wenn nicht Hunde wären, in deren ehrliches 
Gesicht man ohne Mißtrauen schauen kann!“ — Ver¬ 
trauen darf nicht verwechselt werden mit geschwätziger 
Vertrauensseligkeit, mit unmanierlicher Vertraulich¬ 
keit. Die Freundschaft moderner Art möchte der Ver¬ 
fasser „verschämt“ nennen, niedergehalten durch Er¬ 
ziehung, Disziplin, Angst, zu weich oder weibisch zu 
erscheinen. Am lebhaftesten und fruchtbarsten wird 
er, wenn er sich nicht mehr als „Historiker“ an Bei¬ 
spiele und Ausführungen der Vergangenheit klammert, 
sondern der Gegenwart und Zukunft mit ihren Zu¬ 
ständen und Aufgaben gegenübersteht, als scharf¬ 
sichtiger, warmfühlender und im besten Sinne päda¬ 
gogischer Freund nicht vieler, auch nicht weniger, 
sondern derer, die ihn brauchen und wollen. Freund¬ 
schaft und Liebe haben die Lösung zu geben des 
Problems, das sich jedem bietet, und das er in die 
Worte faßt: „Wir müssen allein sein, aber wir können 
nicht allein sein“. Jeder muß diese Aufgabe für sich 
selbst lösen, da hilft keine Eselsbrücke. Aber was 
einer dabei für Erfahrungen macht, das wird er in 
Gleichen-Rußwurms Buch manchmal mit treffender 
Sicherheit ausgesprochen finden. H. S. 


Das Schlafzimmer . Herausgegeben von Alexander 
Koch, Darmstadt , 1912. Alexander Koch , Verlag. 

In der bekannten Verlagsanstalt Alexander Koch 
erscheint seit neuester Zeit eine Serie von Handbüchern 
neuzeitlicher Wohnkultur, die eine Übersicht über die 
wertvollsten Errungenschaften der Einrichtungs- und 
Raumkunst der letzten Jahre geben wollen. Der 
erste Band behandelt die grundlegenden Prinzipien, 
die für die Gestaltung des modernen Schlafzimmers 
und seiner Nebenräume gelten. Als solche sind zu 
nennen: Geräumigkeit, viel Licht, gute Ventilation und 
künstlerische und zugleich zweckmäßige Raumdispo¬ 
sition. Besser als alle Worte und Erklärungen ver¬ 
mögen gute Vorbilder zu wirken, von denen das vor¬ 
liegende Buch eine reiche Zahl vereinigt. Die ersten 
Architekten und Firmen unserer deutschen Innen¬ 
dekoration und Möbelbranche sind hieran beteiligt. 
Dargestellt sind Schlafzimmer in einfacherer und kost¬ 
spieligerer Ausführung, Ankleidezimmer, Fremden¬ 
zimmer, Tochter- und Kinderzimmer, Badezimmer, 
Studentenzimmer, Junggesellenzimmer und einzelne 
Möbel. Heitere, freundliche Wohnlichkeit und Merk¬ 
male kultivierter Lebensführung weisen sie auf, in den 
Materialien und der Ausführung den verschiedensten 
Lebenshaltungen entsprechend. Bestimmend für den 
Gesamteindruck ist die Wandgestaltung, für die die 
Wahl der Tapete ausschlaggebend ist. Das Fremden¬ 
zimmer darf mehr Wohnzimmercharakter tragen. Das 
Bett soll nach Möglichkeit freistehend angeordnet 
werden, unnötige Möbelstücke vermieden werden. 
Nach Maßgabe der Verhältnisse und Ansprüche kann 
dann die Erweiterung des Schlafgemachs zur Raum¬ 
gruppe eintreten mit der Dreiteilung in Schlafraum, 
Toilettenzimmer und Bad. Die wertvolle Publikation 


ist, wie alle Werke des bekannten Verlags, sehr gut 
ausgestattet, das Bildermaterial beruht durchweg auf 
klaren, richtig belichteten photographischen Aufnahmen. 

Fr. E. W. 


Friedrich Schlegels Briefe an Frau Christine 
von Stransky geborene Freiin von Schleich. Heraus¬ 
gegeben von M. Rottmanner. Zwei Bände. (Schriften 
des Literarischen Vereins in Wien. VII. und XVI.) 
Wien 1907 und 1911. Verlag des Literarischen Vereins 
in Wien . 

Schon öfters haben wir auf die verdienstvollen, 
aber noch immer viel zu wenig beachteten Schriften 
des Literarischen Vereins in Wien hingewiesen. Die 
vorliegenden zwei Bände schließen sich den übrigen 
insofern an, als auch sie ein Stück österreichischen 
Literaturlebens an der Hand wertvoller, bisher unbe¬ 
kannter Zeugnisse überblicken lassen. Es ist die 
Periode von den Freiheitskriegen bis zur Juli-Revo¬ 
lution, die uns einer der berufensten Schilderer mit¬ 
erleben läßt. Der katholisch gewordene Friedrich 
Schlegel wurde, gleich so vielen Renegaten, in Wien 
mit offenen Armen empfangen, stellte seine Feder und 
sein Gewissen ganz in den Dienst Metternichs und 
vertrat von nun an mit glühendem Eifer die Sache 
der katholischen Kirche und der altüberlieferten 
österreichischen Staatsräson. Der neue Hofsekretär 
wurde der Freund des Arztes Franz Otto von Stransky 
und seiner begabten und frommen Gattin Christine. 
Stransky hatte schon als Student sich für die An¬ 
schauungen erklärt, die im „Athenäum“, dem Organ 
der Romantischen Schule, vertreten wurden. Nun trat 
das Ehepaar zu allen den Romantikern, die nach Wien 
kamen, in Beziehung: zu August Wilhelm Schlegel, zu 
Ludwig Tieck und seiner Schwester Sophie, zu dem 
Bruder des verstorbenen Novalis Karl Friedrich und 
endlich auch zu Friedrich Schlegel, als dieser 1808 
nach Wien kam Ein Jahr später verließen die Stranskys 
die Kaiserstadt, weil der Gatte als Arzt in den baye¬ 
rischen Staatsdienst trat. Mit Christine hatte Friedrich 
Schlegel sogleich nach der ersten Bekanntschaft im 
Sommer 1808 eine sogenannte Seelenverbindung ge¬ 
schlossen. Sie waren zu der Überzeugung gelangt, 
daß ihre Seelen „Schwestern“ und somit zu mystischer 
Vereinigung für Zeit und Ewigkeit bestimmt seien. 
Ein sehr inniger und häufiger Briefwechsel begann mit 
dem Jahre 1821. Christine litt unter einer nervösen 
Krankheit und Schlegel glaubte, sie durch Magnetis¬ 
mus heilen zu können; denn solche Gabe sollte nach 
seiner Ansicht der Reine den Frommen durch Segnen 
und* Händeauflegen zu spenden vermögen. Da er zu¬ 
nächst nicht nach Augsburg, wo die Stranskys wohnten, 
reisen konnte, behandelte er die Freundin brieflich 
durch gemeinsame Gebete, aber das blieb ebenso 
erfolglos wie die späteren wiederholten magnetischen 
Sitzungen, die er an der armen Frau vomahm. Ihr 
Leiden ähnelte dem der frommen Katharina Emmerich, 
die ein anderer Romantiker, Clemens Brentano, fast 
gleichzeitig zum Gegenstand jahrelanger Beobachtung 
machte. Auch hier Visionen und Stigmen, auch hier 
der Glaube an Offenbarungen Christi in dem leiden- 


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den Körper. Blödester Aberglaube mischt sich ein, 
wenn zum Beispiel Schlegel der Freundin alte graue 
Haare von sich schickt, damit sie dieselben in ein 
Päckchen nähe und sie aufs Herz lege „oder wo sonst 
Leiden ist“. Bessere Hilfe gewährte er ihr dann, als 
sie im Jahre 1824 durch die Scheidung von ihrem 
Gatten in bittere Not geriet, und stand ihr mit Geld 
und Rat bis zu seinem Tode treu zur Seite. In den 
letzten Jahren spielen die Vorlesungen über die christ¬ 
liche „Philosophie des Lebens“ in den Briefen eine 
Rolle, sonst ist von literarischen Dingen kaum darin 
die Rede und, was doch sehr bezeichnend erscheint, 
der Name Goethe wird nicht ein einziges Mal darin 
genannt. Trotzdem wird die Sammlung auch dem 
Literarhistoriker wertvoll sein, nicht nur als Selbst- 
zeugnis des gealterten Friedrich Schlegel, mehr noch 
als ein Bild jenes leidenschaftlichen Katholikentums, 
das den eigentlichen Nährboden der Vordergrunds¬ 
kultur der Reaktionszeit bedeutet. Eine Anzahl wert¬ 
voller Beigaben erhöhen das Verdienst des Heraus¬ 
gebers um die Publikation. G. Witkaivski. 


Oskar Kresse , Die Überwinder des Todes. Berlin, 
1911. John Schwerins Verlag. 

Ein Roman aus dem okkultistischen Lager, einer 
von denen, die vielen Menschen mit leicht reizbaren 
Nerven gefährlich werden können. Eines der sensatio¬ 
nellsten und phantastischsten Bücher, die seit langem 
erschienen sind. Wie Jules Verne führt uns der Ver¬ 
fasser weitab in weite Fernen auf andere Himmels¬ 
körper und zeigt uns die von der Welt Geschiedenen 
in anderen Formen und unter anderen Lebens¬ 
bedingungen als Überwinder des Todes. Der Verfasser 
legt eine Begebenheit zugrunde, die Stoff genug zu 
einem Kriminalroman geben würde, und labt die beiden 
Hauptpersonen zwischen den einzelnen Phasen der 
Handlung in einen Traumzustand verfallen, in dem 
dieselben mit der Blitzesschnelle des Gedankens auf 
einen Stern namens Midgard versetzt werden. Dort 
werden sie mit dem Sein und Leben einer Menschheit 
bekannt, die unserer irdischen Entwicklung weit voran 
ist in geistiger wie körperlicher Hinsicht. In zweifellos 
genialer und phatasievoller Weise hat hier der Ver¬ 
fasser der Erdenwelt in ihrer Unvollkommenheit eine 
Idealwelt gegeniibergestellt, einen Versuch in anderer 
Form wiederholend, wie ihn wohl am besten bisher 
Bellamy in seinem Zukunftsphantasiestaat entwickelt 
hat. Wenn er jedoch mit seinem Verleger glaubt, daß 
„mit diesem Kulturwcrk eine neue Epoche der Ge¬ 
dankenwelt beginnen wird“, so wird ein nüchterner 
Beurteiler dieser Phatasien ihm darin nicht bei- 
pflichtcn können. Wir sehen in diesem Buche nicht 
mehr als eine okkultistische Spielerei, wie uns solche 
schon öfters von dieser Seite beschert wurden. 

W-nn. 

Schaidenreissers Odyssea. Augsburg 1537. Neu¬ 
druck herausgegeben von Friedrich Weidling. Mit 
Abbildungen. (Teutonia. Arbeiten zur germanischen 


Philologie. Herausgegeben von Wilhzlm Uhl . 13. Heft.) 
Leipzig. In Kommission bei Eduard Avenarius 1911. 

Die älteste deutsche Homer-Übersetzung hat hier 
den verdienten und bei der Seltenheit des Buches not¬ 
wendigen Neudruck erhalten, nachdem Reinhardstöttner 
1887 im ersen Bande des Jahrbuchs für Münchener 
Geschichte die erreichbaren Daten über ihren Ver¬ 
fasser, den Münchener Stadtpoeten, Stadtschreiber und 
Unterrichtcr, zusammengestellt hatte. Seine Homer¬ 
übersetzung, die einzige des XVI. Jahrhunderts, erschien 
wiederholt nach der ersten Ausgabe in einer Titel¬ 
auflage des folgenden Jahres 1538 und einem Frank¬ 
furter Nachdruck von 1570. Die Vorlage war die 
lateinische Odyssee des RafTaello de Volterra, der auch 
die Argumente entnommen sind. Zahlreiche eigene 
Randbemerkungen bezeugen die antiquarischen Kennt¬ 
nisse Schaidenreissers. Eine tüchtige volkstümliche 
deutsche Prosa, nur in der Anrufung zu Beginn und 
an einigen andern Stellen durch vierhebige Reimverse 
ersetzt, leiht dem antiken Epos das Gewand eines 
echten Volksbuchs. Als Probe diene der Anfang des 
14. Gesanges: 

„VLysses gieng auß dem hafen oder port hin durch 
den wald über die höhe der gebürgten zü der wonung 
des sewhirten, wie jhm Minerua gezaigt, fand den inn 
dem vorhoff sitzen, darinn ain weiter platz mit aichen 
pfälen in die rund vmbfangen vnnd mit stainen ge¬ 
pflastert war, welchen gemelter sawhirt Eumeus in ab¬ 
wesen seines herren on ainige seiner herrschafft kosten 
gebauwet vnd zwölff stall an ainander stossend gemacht, 
in deren yedem fünfftzig fasel oder mor lagen, vnge- 
rechnet die eber, deren auch über hundert vndsechtzig 
waren, daruon die Werber täglich schlempten. Naben 
yetzgcmelten stallen lagen vier hund. Er der sawhirt 
saß also (wie vorgemelt) in dem vorhoff inn schönen 
roten- stiffeln angelegt. Drey seiner knecht hütteten 
der sew auff dem feld, den vierdten het er in die statt 
geschickt, den Werbern ain saw hinein zütragen, damit 
sy züopffcm vnnd weiter zuprassen hetten. Die hund 
alsbald sy denVlyssem ansichtig worden, lieffen pellend 
vnd grimmig zu, als wolten sy jhn zerreissen. Vlysses 
satzte sich auß gescheidigkait gemach nider. legte den 
stab naben sich. Eumeus eilet jn zuerretten, vnd mit 
gcschray vnnd stainen jaget er ainen hund da, den 
andern dort hinaus, kört sich nachmals mit red zu 
Vlyssi sprechend. O alter, wie gar wenig hatts gefalt, 
dich hetten die hund zerzerret, vnnd darnach wer der 
argkwon vnd die schuld auff mir bliben ligen zu 
allem dem das ich sunst vnglücks gnug hab. Dann ich 
sitz betrübt, hutte vnnd möste frembden abessem die 
sew, klag darbey meinen Herrn, welcher (so er 
villeicht noch in leben ist) etwan in der frembde hunger 
vnd not leidet. Aber alter gee her in mein hütlin, laß 
mich dir mit speiß vnd tranck gütlich thün. Vnnd 
wann du ersättigt worden, so bericht mich wer vnd auß 
was land du seyest, auch wie du in dise not kummen 
bist Gieng also voran, fürt Vlyssem hinein, satzte jn auff 
ain grünes laub vnd auff ain gempsenhaut damider." 

Man wird zugeben, daß diese Übersetzung 
auch für den heutigen Leser noch von hohem Reiz 
ist und sich zum Beispiel neben der weit über* 


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schätzten von Johann Heinrich Voß wohl behaupten 
kann. Freilich gehört zu der vollen Wirkung auch der 
Eindruck der alten Originalausgabe von 1537* Wer 
sie einmal in der Hand gehabt hat, der vergißt nicht 
den prächtigen Titel des alten Folianten, wo auf 
schönem, mit einem Dürerschen Putto geschmücktem 
Thronsitz der blinde Sängervater sitzt, ein Genius ihn 
mit dem Lorbeer krönt und ein anderer ihm die Harfe 
reicht, während der Hauch des Genius aus seinem 
Munde in den Mund der vor ihm stehenden Nach¬ 
folger Virgilius, Ouidius, Horacius sichtbar hinüberfließt. 
Dieser Holzschnitt ist gleich den anderen 18 des 
Buches am Schlüsse des Neudrucks verkleinert wieder¬ 
gegeben. Der unbekannte Künstler erweist sich als 
Angehöriger der Schule des Hans Burgkmair. Wir 
sind dem sorgsamen Herausgeber und Herrn Pro¬ 
fessor Uhl für diese schöne Gabe um so dankbarer, da 
ihr Preis (5 M.) im Vergleich zu dem heute üblichen 
solcher Neudrucke auffallend niedrig erscheint. 

G. Witkowski. 

Helene Scharf enstein, Aus dem Tagebuch einer 
deutschen Schauspielerin. Stuttgart , 1912. Robert Lutz, 

Trotzdem in einigenTageszeitungen bekannte Schrift¬ 
steller sich für dies Buch begeistert haben und der 
Verleger in seinen Ankündigungen den dauernden 
Wert dieses Tagebuchs anpreist, kann ich den Eindruck 
nicht loswerden, als ob es sich hier um ein echtes 
Machwerk handele, das zu günstiger Zeit erschienen, 
die Sensation der Misere unserer weiblichen Bühnen¬ 
mitglieder ausnützt. Was der Reichstagsabgeordnete 
Maximilian Pfeiffer in seiner auffallenden knappen 
Broschüre „Theaterelend“ mitteilte, was neuerdings in 
wissenschaftlich leidenschaftsloser Form Charlotte Engel- 
Reimers in ihrem Buche „Die deutschen Bühnen und 
ihre Angehörigen“ verkündet, das ist hier in der Form 
eines Tagebuchs mitgeteilt. Selbst wenn man glauben 
wollte, daß es wirklich Erlebtes gibt und nicht wie die 
nie geschriebenen „Briefe, die ihn nie erreichten“ eine 
bloße Fiktion ist, grenzt es in der Art, wie dies Erlebte 
hier vorgetragen und der Öffentlichkeit preisgegeben 
wird, doch stark an die mehr berüchtigte als berühmte 
Memoirenliteratur, die mehr Sensation als Kunst bringt, 
und sich weniger an den Geschmack als die Sensations- 
lüstemheit des Publikums wendet, zumal wenn wie hier 
sexuelle Probleme die Hauptrolle spielen. Vom ästhe¬ 
tischen Gesichtspunkt aus erschien mir das Buch sofort 
in hohem Grade minderwertig und etwa auf dem 
Niveau von Bilses „Aus einer kleinen Garnison“ stehend, 
das zweifellos wahre Begebnisse in einer Art schildert, 
die aller Kunst bar, lediglich auf Lüsternheit spekuliert. 
Eine ernsthafte Veranlassung zur Veröffentlichung dieser 
Publikation lag jedenfalls nicht vor, da ein gewisses 
Maß von literarischem Niveau gefordert werden muß, 
und das um so mehr, wenn eine so heikle Sache be¬ 
handelt werden soll. Fr. E. W-n. 


Die helvetische Revolution im Lichte der deutsch- 
schweizerischen Dichtung von Dr. Ernst Trösch. 
(Untersuchungen zur neueren Sprach- und Literatur¬ 
geschichte. Herausgegeben von Oskar F. Walzel. 


Neue Folge. Zehntes Heft.) H. Haessel Verlag in 
Leipzig 191 r. 

Es ist eine lohnende Aufgabe, die Meinungen, die 
in einer bestimmt umrissenen Zeit lebendig und wirk¬ 
sam gewesen sind, in ihrem literarischen Niederschlag 
aufzusammeln und vorzulegen. Die kurze Zeit der Hel- 
vetik, der helvetischen einen und unteilbaren Republik 
von 1798 mit ihren fest ausgebildeten Parteigegensätzen 
ist ein dankbarer Gegenstand dafür, und die Arbeit 
wird auch für größere Zusammenhänge fruchtbar, 
wenn dadurch aufgezeigt wird, daß die Auffassung 
der Schweiz vor 1798, des idyllischen freien Hirten¬ 
landes, mit den wirklichen Zuständen nichts gemein 
hat. Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich erst mit 
den beiden literarisch bedeutendsten Wortführern der 
Zeit, mit Johann Kaspar Lavater und Heinrich Zschokke, 
dann geht sie, etwas umständlich, auf die Stellung der 
Literatur zu bestimmten Thematen ein, Freiheit und 
Gleichheit, Invasion, Kampf der Parteien. Zugrunde 
liegt eine erfreuliche Sammelarbeit, die wohl nicht 
viele Lücken im Erreichbaren offen gelassen haben 
wird. Themen aus der Helvetik werden bis in das 
neueste Schaffen verfolgt, ausgeschöpft ist sie nicht. 

H. M. 


Nordische Dichtungen. Übersetzt und eingeleitet 
von Hermann Neumann. * Band 7 der Pandora. (Her¬ 
ausgeber: Oskar Walzel.) München , 1912. Eugen 
Rentsch, Verlag. 

Zu den verschiedenen Versuchen, nordische Kunst 
und Kultur in Deutschland heimisch zu machen, gesellt 
sich nun auch Neumann, ein feiner Kenner Skandi¬ 
naviens, mit einer geschmackvollen Auswahl nordischer 
Lyrik, mit deren Übersetzung er sich, wie in seinen 
eigenen früher erschienenen Gedichtbänden, als Be¬ 
herrscher der sprachlichen Kunst erweist Die Aus¬ 
wahl bringt Dichtungen der bekannteren Skandinavier, 
wie Bjömson, Ibsen, Runeberg, Welhaven und Werge- 
land, und auch der minder bekannten, wie Birkedal, 
Bjerregaard, Dybeck, Fryxell, Munck, Quanten und 
Wolff. Die Sage und geschichtliche Vergangenheit 
des Nordens, der geheimnisvolle Zauber der Berge, 
die stolze Majestät der Fjorde und Fjelde, alles spiegelt 
sich in den Liedern wieder. Die Eigenart nordischen 
Empfindens wird uns klar, wenn wir die Schilderungen 
ihrer Natur und Landschaft vernehmen, die wie ein 
Lied der Sehnsucht klingen. Man kann den ganzen 
uns in dieser Auswahl vermittelten Eindruck nicht 
besser wiedergeben, als mit den Worten, die der Über¬ 
setzer einem Gedicht Wehlhavens widmet: „Da ist 
nichts von der schwülen, müden Luft des Südens und 
einem dolce far niente auf staubigen Straßen, sondern 
Morgenluft, Meergeruch und Bergsteigerstimmung". 

W-n. 


Altfränkische Bilder IQ12. Mit erläuterndem Text 
von Dr. Theodor Henner , Würzburg. 

Unter den landschaftlichen Kunstkalendern, die 
eine wichtige Sendung zu erfüllen haben, geht der 
vorliegende schon in den 18. Jahrgang, ein Beweis, 
daß er einem Bedürfnis nachkommt. Nicht umfang- 


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reich, gibt er appetitliche Kostproben und weckt Interesse 
und Verlangen nach mehr. Diesmal sind es Kulm¬ 
bach, Kronach und Rothenburg o. d. T., die im Bilde 
erscheinen (Autotypien nach Photographie), dazu aller¬ 
lei Werke der Plastik. Die Vorderseite des Umschlags 
gibt in farbiger Nachbildung einen Deckel vom 
Evangeliar Kaiser Heinrichs II. in München (Clm. 
4453), die Rückseite eine Elfenbeintafel eines Gebet¬ 
buches desselben Kaisers in Bamberg. -hz- 


Carl Horst, Barockprobleme. München , 1912. 
Eugen Rentsck Verlag. 

Die Bemühung des Verfassers geht dahin, auf rein 
ideologischem Wege ganz abseits von kultur- und 
kunstpsyschologischer Gewißheit und Voreiligkeit hin¬ 
zuführen zu der Überzeugung: unsere eilfertige, nimmer- 
satte Zeit täte nur gut daran, sich etwas gründlicherer 
Einsicht und Durcharbeitung der letzten wirklich ori¬ 
ginär und kraftvoll weiterbildenden Kunsttendenzen 
zurückzuwenden und dabei aufzuhalten, ehe sie schon 
weiter hastet zu Japaner- und Chinesentum, um ihre 
Ausdrucksformen zu bereichern. Er hebt nachdrück¬ 
lich hervor, daß der Barock in Italien im nationalen 
wie im Sinne ästhetischer Notwendigkeit originär ist. 
Das ganze Buch macht jedoch den Eindruck des 
Steckengebliebenseins in den Barockproblemen. Wir 
haben keinen Grund, dem Verfasser dahin zu fo’gen, 
und halten es durchaus für gut, den Kunstauffassungen 
der ältesten Kultumationen, zu denen die Japaner zu 
rechnen sind, nachzugehen, um das Wesen der Kunst, 
das wir bisher immer nur nach unseren europäischen 
Begriffen definiert haben, tiefer zu erfassen und unsere 
Anschauungen nachzuprüfen. -ann. 

Georg von der Gabele ntz t Das glückhafte Schiff. 
Leipzig , 1912. L. Staackmann . 

Der durch seine letzten Bücher „Das Auge des 
Schlafenden“ und „Tage des Teufels“ besonders be¬ 
kannt gewordene Georg von der Gabelentz schildert 
in dem neusten Roman „Das glückhafte Schiff“, das 
Leben und Treiben der Dresdener Hofgesellschaft, 
wie er es seit langen Jahren aus eigenem Miterlebcn 
kennt. Im Mittelpunkt der Erzählung stehen zwei 
Vertreterinnen der großen Welt, die Witwe eines 
fremden und die junge Gattin eines sächsischen Diplo¬ 
maten, zwischen beiden ein junger Reiteroffizier.. 
Dieser, durch Begabung und künstlerische Interessen 
über die Mehrzahl seiner Kameraden hinausragend, 
gerät zuerst in den Bann der reiferen, temperament¬ 
volleren, lebensklügeren der beiden Frauen, bis der 
Rausch der Leidenschaft vor dem Gefühle tieferer 
Liebe entschwindet, das, anfänglich unbewußt, in ihm 
für die andere, stillere und weniger glänzende Frau 
emporkeimt. Diese selbst, ihrem Gatten, dem nüchter¬ 
nen Beamten, völlig wesensfremd, trennt sich von 
diesem, um endlich ihr Leben mit dem des Offiziers 
zu vereinen. Nach langer, unwirtlicher Fahrt läuft das 
stets dem Glücke nachsegelnde Schiff der beiden von 
vornherein für einander bestimmten Menschen in den 
Hafen der Ruhe ein. Das Werk blendet durch die 
glänzenden Schilderungen des gesellschaftlichen Lebens, 


die aber über die ziemlich mangelhafte psychologische 
Vertiefung nicht hinwegtäuschen können. Die Aus¬ 
stattung ist gut; den geschmackvollen Umschlag zeich¬ 
nete Professor G. Belwe-Leipzig. • nn. 


Bibliophile Neuigkeiten aus der Schweiz. 

Josef Viktor Widmann, Gedichte . Mit einem Bild¬ 
nis des Verfassers. Frauenfeld, Huber Co. Ge¬ 
bunden 5 M. 

Als ein Vermächtnis des verstorbenen Dichters 
wurde dieser Band von seinem Sohn Max der Öffent¬ 
lichkeit übergeben. Widmann hatte die Absicht, seine 
„Gesammelten Gedichte“ zu seinem 70. Geburtstag 
(20. Februar 1912) erscheinen zu lassen. Dem Heraus¬ 
geber fiel es daher, da die Hälfte der Arbeit bereits 
geleistet war, nicht zu schwer, den schönen Plan zu 
verwirklichen. Lyrik war nicht die stärkste Seite des 
formvollendeten Schweizer Epigonen. Und so fragt es 
sich, ob diese Gedichtsammlung seine literarische 
Stellung bei der Nachwelt wird stärken können. Gleich¬ 
wohl werden Perlen w r ie das „Lied der Blaudrossel“ 
(aus seinem Hauptwerk „Der Heilige und die Tiere“) 
oder „Heinrich Leuthold“ oder „Hie Bern“ (Widmanns 
volkstümlichstes Gedicht) immerdar unverloren bleiben. 
Der Nachruf auf Bismarck aber, „Der Telegraph des 
31. Juli 1898 ‘, mag noch künftigen Geschlechtern 
Zeugnis geben von dem innigen Verhältnis, in das die 
alte Schweiz zum jungen Reich getreten ist Österreich 
wieder bekommt sein Gastgeschenk in dem köstlichen 
Scherzgedicht „Die Mehlspeis“, einer Erinnerung an 
Freund Brahms. Verse in dramatischer Form und 
Sinngedichte machen den Beschluß. Der schmucklose 
braune Leinenband mit den goldklaren Lettern in 
Antiqua schmiegt sich dem Inhalt des feierabendstillen 
Nachlaßbandes zwanglos an. 


Gottfried Bohnenblust. Gedichte. Frauenfeld , 
Huber Co. 4 M. 

Ein Jünger Leutholds und C. F. Meyers bietet uns 
in kristallenen Schalen gesättigte Lebensweisheit.' 
Bohnenblust ist mehr Reflexionspoet als Dichter der 
Anschauung. Fast hart sind seine immer ernsten Züge, 
lächeln kann er höchstens als Satiriker. Durchaus ge¬ 
winnend ist seine Persönlichkeit. Den modischen Foit- 
schritt betrachtet er mit kritischen Augen. Still, sinnig, 
in sich gekehrt, manchmal feierlich, niemals aber 
trivial wirkt seine Kunst, der wir wünschen, sie möge 
den jungen Zürcher auch außerhalb seiner Heimat 
bekannt machen. Die Ausstattung ist vornehm edel 
gehalten, die Einbanddecke repräsentiert sich in lilla 
Leinen. 

Heinrich Fe der er, Lachweiler Geschichten . Berlin, 
G. Grote. Gebunden 4.50 M. 

Ein glücklicher Titel, der vjel zum raschen Sieges¬ 
zug der vorliegenden Novellensammlung beigetragen 
haben mag! Freilich sie hätte ihn auch ohne diesen 
angetreten, früher oder später. Es ist zunächst erfreu¬ 
lich, feststellen zu können, die „Lachweiler Geschichten“ 
konnte nur Heinrich Federer schreiben, sonst niemand. 


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In ihnen nämlich findet sich keine Spur von Epigonen¬ 
tum. Ein originelles großes Kindergemüt spricht aus 
jeder Zeile zu uns. Und wir schöpfen vergnügt aus 
dem dargebotenen Schatz vom goldnen Überfluß der 
Jugend solange, bis wir selber jung geworden sind, 
auch wenn schon weiße Haare unsern Scheitel decken. 
Ob man „Unserm Nachtwächter Prometheus“ oder 
„Dem gestohlenen König von Belgien“ oder „Dem 
Erzengel Michael“ oder „Den Manövern“ oder „Vater 
und Sohn im Examen“ — so heißen die einzelnen Ge¬ 
schichten — den Vorzug vor den andern geben soll, 
mag unentschieden bleiben. Jede ist ein Kabinettstück 
und wirkt durch die Frische des Tons, die boden¬ 
ständige Kraft und Fülle des geschilderten Lebens in 
gleicher Weise bezaubernd. Die Einbanddecke aus 
grauer Sackleinwand zeigt einen sinnenden Wanderer, 
der an einer Hügellehne ausruht, tief versenkt in den 
Anblick eines Dorfes, vielleicht seiner Heimat, dessen 
schlanker Kirchturm lustig und kühn sich verliert im 
heitern Himmelblau. Das Bild trifft glücklich Farbe 
und Stimmung des ganzen Buches. 


Hermann Kurz, Fortunatus . Roman. Heilbronn , 
Eugen Salzer. Gebunden 3.50 M. 

Der Baseler Hermann Kurz ist keiner von denen, 
die Worte machen. Sein jüngster Roman hat den 
Umfang einer Novelle. Seine Sätze bestehen aus ein 
paar Worten. Und fast jeder Satz bildet einen Ab¬ 
schnitt Konstruktionen liebt er nicht Und so schlicht 
und einfach wie das Gewand ist auch die Seele dieses 
Mannes. „Fortunatus“ heißt nach seinem Helden der 
vorliegende Erziehungsroman, der die Entwicklung 
eines Menschen vom Lande, aus dem Volke schildert 
Druck und Einband (Gelbleinen mit einer Dorfland¬ 
schaft als Titelblatt) zeugen von dem gediegenen 
Kunstsinn des Verlags. 


Johannes Jcgerlehner, Marignano. Eine Erzählung. 
Berlin , G. Grote . Gebunden 4 M. 

Die Schlacht bei Marignano, in der am 13. und 
14. September 1515 die Schweizer mit dem helden¬ 
mütigen Kardinal Schinner, ihrem Landsmann, von 
Franz I. von Frankreich besiegt wurden, infolgedessen 
dieser das Herzogtum Mailand besetzen konnte, wurde 
erst kürzlich von dem Zürcher Professor Wiegand 
erfolgreich dramatisiert. Fast gleichzeitig schloß der 
junge Walliser Jegerlehner eine epische Darstellung 
des gleichen Stoffes ab. Die eigentliche Fabel der Er¬ 
zählung, die Rache einer Mailänderin an dem Schweizer 
Landsknecht der sie verlassen hat, nimmt keinen großen 
Raum ein. Aber groß und reich ist der Hintergrund, 
von dem sich das Schicksal des bejammernswert sühnen¬ 
den Eidgenossen abhebt. Prachtvolle Gestalten er¬ 
scheinen scharf herausgearbeitet und beleben das 
kriegerische Renaissancegemälde so sehr, daß ein 
starker Eindruck in jedem, der es einmal genossen 
hat, Zurückbleiben muß. Die einfache scharf kon- 
turierte Einbanddecke zeigt das Schweizer Kreuz im 
roten Felde von einem Totenkopf beschattet. 


Aus Zürichs Vergangenheit. Zweites Bändchen. 
Rückblicke und Schilderungen von F. Schultheß-Meyer, 
J. HardmeyerJenny. Honrad Escher und Olga Am¬ 
berger. Zürich , Orell Füßli. Gebunden 3.60 Fr. 

Das erste Bändchen ist im Beiblatt unserer Zeit¬ 
schrift 1911, I, 202 empfohlen worden, das vorliegende 
gleich gut ausgestattete zweite verdient denselben Bei¬ 
fall. Olga Amberger entwirft ein lebendiges Bild aus 
dem alten Zürich „Damals auf und bey der untern 
Brügk“ und steuert „Scbipfe-plätzli-Erinnerungen“ bei, 
Konrad Escher berichtet von Heinrich Keller, dem 
..Landkarten- oder Panorama - Keller“ (1778—1862), 
Friedrich Schultheß-Meyer schildert einen „Gang durch 
Stadelhofen in alter und neuer Zeit“, J. Hardmeyer- 
Jenny läßt „Die mittlere Bahnhofstraße vor vierzig 
Jahren“ wieder aufleben. Lehrreiche Bilder, zumeist 
nach zeitgenössischen Originalen, erhöhen den Wert 
der kleinen Sammlung. 


Jonas Fränkel. J. V. Widmann. München , Eugen 
Rentsch. Festkartoniert 1 M., Vorzugsausgabe in 
wenigen Exemplaren 2.50 M. 

Einer der jüngeren Freunde des im Vorjahr ver¬ 
storbenen führenden Schweizer Literaten Widmann, 
der Berner Privatdozent Jonas Fränkel, veröffentlicht 
hiermit einen in der Aula der heimischen Universität 
gehaltenen Nachruf in erweiterter Form. Was in dieser 
Rede über die Jugendfreundschaft zwischen Widmann 
und Spitteier nur eben angedeutet werden konnte, soll 
bald in einem biographischen Werk über den Dichter 
des „Olympischen Frühlings“ ausführlich dargelegt 
werden. Die warmherzige Würdigung des Dahin¬ 
geschiedenen verliert sich kaum irgendwo in einer den 
Widerspruch herausfordernden Hyperbel. Könnte man 
das doch von jedem Nekrolog sagen! 


Roschers Jahrbuch für Schweizer Art und Kunst. 
Herausgegeben von Konrad Falke. Zürich, Rascher 
&■* Co. Erster bis dritter Jahrgang 1910—1912. Ge¬ 
bunden 6.70, 8.70 und 8.70 Fr. 

Das ausgezeichnete Unternehmen, das erst im 
dritten Band den charakteristischen Untertitel „für 
Schweizer Art und Kunst“ angenommen hat, steht so¬ 
wohl was den Text, als auch was die BUdbeilagen an¬ 
langt, vollkommen auf der Höhe bibliophilen Ge¬ 
schmacks. Unter den Mitarbeitern bereits des ersten 
Jahrgangs finden wir J. V. Widmann und C. Spitteier, 
jenen mit einem schalkhaften „Berner Gschichtli“, 
diesen mit einer zur ersten Fassung des „Olympischen 
Frühlings“ neu hinzugedichteten Partie „Die Giganten“ 
vertreten, C. A. Bernoulli entwirrt „Nietzsches Lou- 
Erlebnis“, Konrad Falke berichtet über „Das Gordon- 
Bennet-Wtettfliegen in Zürich“, von kulturhistorisch¬ 
interessanten Abbildungen unterstützt, C. Fr. Wiegand, 
der Schweizer Dramatiker, feiert in einer Skizze 
— auch ein Zeichen der Zeit — den norddeutschen 
„Detlev von Liliencron“, Robert Fraesi beschäftigt sich 
mit „Alfred Kerrs Theaterkritik“ usw. Überhaupt 
merken wir von allem Anfang an das Bestreben des 


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Jahrbuchs, zwischen der Schweiz und der übrigen Welt, 
vor allem des Deutschen Reichs, kulturell einen innigen 
Zusammenhang herzustellen. — Den zweiten Band er¬ 
öffnet die wunderschöne Bauemgeschichte „Der kalte 
Brand“ von Meinrad Lienert, der glänzende Novellist 
Alexander Castell folgt mit dem mondänen „Hohen 
Tag“, der unter den jungen Schweizern vielleicht die 
schönsten lyrischen Hoffnungen erweckende Fridolin 
Hofer kommt mit einem fein abgetönten „Alpen¬ 
märchen“ voll romantischer Stimmung, Karl Moser 
zeigt uns „Das Züricher Kunsthaus“ und Walter Wyß- 
ling setzt gar „Die Elektrifikation der schweizerischen 
Bahnen“ auseinander. So stark wie das Leben der 
Eidgenossen offenbart auch ihr Jahrbuch den Trieb, 
die nackte nützliche Wirklichkeit von den schönen 
aber unpraktischen Mächten der Literatur und Kunst 
nicht verdrängen zu lassen. — lm dritten Band lesen 
wir unter anderem die reizende Pariser Künstler¬ 
geschichte „Der Gorilla“ von J. V. Widmann, die aus¬ 
drucksvolle Novelle „Der Fuchs“ des hochbegabten 
Jakob Schaffner, Gedichte von Fridolin Hofer, Robert 
Faesi, Charlot Strasser, das Fragment einer Dante- 
Übersetzung von Konrad Falke, dem sorgsamen Her¬ 
ausgeber des Jahrbuchs, Essais wie den über Wid¬ 
mann von Eduard Korrodi. „Die schweizerische Adria¬ 
bahn“, behandelt von Traugott Geering. Der bekannte 
Erzähler Hermann Kurz überrascht mit einem volks- 
wirtschafdichen Beitrag „Kapitalanlagen im Ausland“. 
Kunstbeilagen erschließen uns das Fextal im Ober¬ 
engadin, Ausblicke auf den Thuner- und Genfersee, 
auf Eiger, Mönch und Jungfrau. Jeder der stattlichen 
Jahrgänge ist in Lila-Leinen gebunden. Die Antiqua 
des Textes wirkt kräftig, aber unaufdringlich. 


Politisches Jahrbuch der Schweizerischen Eid¬ 
genossenschaft, Begründet von Dr. Carl Hilty, fort¬ 
gesetzt von Dr. W. Burckhardt. 25. Jahrgang. Bern, 
K, J, Wyß. 1911. 

Das verdienstvolle Staatshandbuch der Schweizer, 
in dem Jahr um Jahr über das gegenwärtige und 
vergangene öffentliche Leben der Eidgenossenschaft 
Rückschau gehalten wird, feiert mit diesem Band sein 
silbernes Jubelfest. Aus dem reichen Jnhalt hebe ich 
besonders hervor den Beitrag Alexander Pfisters 
„Aus den Berichten des preußischen Gesandten Chr. 
K. J. von Bunsen 1839—1891“, ferner „Eine politische 
Korrespondenz aus der Regenerationszeit: Bürger¬ 
meister J. J. Heß von Zürich und Karl Schnell von 
Bern“, erste Hälfte, herausgegeben von HansBlaesch; 
sie führt uns in die Dreißigerjahre des vorigen für die 
Verfassung und Kultur der Schweiz so hochbedeut¬ 
samen Jahrhunderts. Die Julirevolution hatte die Ge¬ 
müter auch in Zürich und Bern in Aufregung gebracht 
und die Hoffnungen auf eine Wiedergeburt der Schweiz 
neu geweckt. Heß, der in dem kritischen Jahr zu 
Baden im Aargau den Burgdorfer Notar Schnell 
kennen gelernt hatte, fühlte sich durch die Gemein¬ 
samkeit der Gesinnung, Hoffnungen und Pläne mit 
diesem bald innig verbunden. Erst der Tod konnte 
das Freundschaftsverhältnis zwischen den beiden lösen. 
Der Umschwung der Dreißigerjahre hatte sie zu den 


höchsten Ehrenstellen emporgehoben, Heß war mit 
M. Hirzel Bürgermeister in Zürich geworden, Schnell 
Führer und Seele der neuen Regierung in Bern, der 
wir die dortige Universität verdanken. — Dem vor¬ 
liegenden sauber gedruckten Band ist ein alphabetisches 
Generalregister der 25 Jahrgänge des Politischen Jahr¬ 
buchs beigegeben. 


Eduard Bähler, Lebenserinnerungen , herausge¬ 
geben und ergänzt von Eduard Bähler (Sohn). Mit 
zwei Bildnissen. Bern % A. Francke . 4 Fr. 

Seit den Tagen der beiden Platter verdanken wir 
den Eidgenossen eine Reihe kulturhistorisch wertvoller 
Selbstbiographien. Die vorliegende ist die jüngste der 
uns im Druck bekannt gewordenen. Der 1910 zu Biel 
im Kanton Bern verstorbene Nationalrat Eduard 
Bähler erzählt uns in seiner Lebensbeschreibung, die 
1832 beginnt, ein gut Stück Schweizergeschichte des 
XIX. Jahrhunderts. Viele Partien hat er nicht im Zu¬ 
sammenhang niedergeschrieben. • Da führt dann der 
Sohn die Feder, indem er Notizen aus einer intimen 
Hauschronik in die Darstellung verarbeitet Auf ge¬ 
schichtlicher Grundlage beruht jedoch alles. Das 
Elternhaus zu Neuenegg am Fuß der Freiburger Alpen 
läßt Gedanken an das Revolutionszeitalter und Napoleon 
lebendig werden. Wir begleiten die Entwicklung des 
Knaben zum Jüngling und Mann, sehen Jeremias 
Gotthelf und machen den Sonderbundskrieg mit, der 
gerade zwischen Bern und Freiburg sehr lebhaft tobt 
Bähler schließt an den medizinischen Fakultäten im 
damals noch französischen Straßburg und in Bern seine 
Studien ab, bereist Österreich und Süddeutschland und 
läßt sich dann in Laupen an der Grenze seines 
Heimatkantons nieder, später in Biel Der Deutsch- 
Französische Krieg wirft seine blutigen Schatten auch 
dahin. Die Ereignisse von 1870 und 1871 bilden ein 
besonderes Kapitel des Buches. Der Kulturkampf und 
das ganze politische Leben der Eidgenossen bis ins 
neue Jahrhundert werden eifrig verfolgt 

Bähler war feuriger Protestant und aufrichtiger 
Freisinniger, aber schonte und achtete eben deshalb 
auch die Gesinnung des Nächsten. Zahlreiche historisch¬ 
politische Aufsätze und Abhandlungen bezeugen seine 
literarische Ader. Dabei blieb er immer ein Volks¬ 
mann. Rührend ist das alte Volkslied aus dem Frei¬ 
burgischen: „Es halt’ ein König drei Töchterlein“, 
dessen Kenntnis er uns übermittelt. Von seiner öffent¬ 
lichen Stellung abgesehen verdient er als das Ideal 
eines Schweizerbürgers auch vom Ausland beachtet zu 
werden. Der anheimelnde Stil und Inhalt seiner 
Lebensbeschreibung sichern ihm noch ein spätes An¬ 
denken. Der Verlag hat ihr ein würdig-schönes Ge¬ 
wand mit auf den Weg gegeben. Wilhelm Kosch. 


Berichtigung. 

Da infolge eines Versehens der Druckerei die 
Korrektur meiner in dem vorigen Hefte, Seite 145 fr. 
erschienenen Besprechung des „Catalogus van boeken 
in Noord-Nederland . . . s’Gravenhage 1911“ nicht in 


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Rundschau der Presse 


213 


meine Hände gelangt ist und diese Besprechung un- 
korrigiert abgedruckt wurde, enthält dieselbe eine Reihe 
der störendsten Druckfehler, deren Berichtigungen ich 
hier folgen lasse: 

In Zeile 9 muß stehen Greve für Greeve. Die 
Titel der unten auf der Spalte aufgezählten Werke 
seien wegen der besonders zahlreichen Ungenauig¬ 
keiten hier noch einmal ganz wiederholt: 

Kunstwereld — De — Amsterdam 1894—96, 4® 

Magazyn voor Schilder- en toonkunst Dordrecht, 
1828—29, 8°. 

Oud en Nieuws op het gebied van kunst- en 
kunstnyverheid . . . door Taurel . . . 1889, gr. 4 0 . 

Nederlandsch Kunstblad, s'Gravenhage, 1844/45,4® 

Bakker (J. A.), Voorlezingen over de geschiedenis 
der Beeidende Künsten by de oude volken. Rotter¬ 
dam, 1832, 8®. 

Basso (Cr. del), Luce del depingere. Amsterdam, 
1645—48, fol. 

F.piscopius , Paradigmata graphices, Hagae 1671, fol. 

Maaskamp (£.), Handleiding voor jonge kunstena- 
ars. Amsterdam, 1823, 8®. 

Auf der ersten Spalte von Seite 146: 

Lairesse (G. de), Tafereelen ... in de Raadkamer 


van den Hove van Justide ... Amsterdam, 1737, fol., 
einige Zeilen weiter: 

Meuten (R. J. van der), De Kerkgebouweg van 
Protestantsch Nederland. Amsterdam, 1909— ... 8 °. 

Pool (Mattys), Cabinet de l’art de sculpture par ... 
Francis van Bossuit . . . Amsterdam 1727, 4®. 

Roelands (D.), t’Magazyn oft’ Pac-huys der Lofde- 
lycker Pennconst ... Vlissingen, 1616, 4 0 obl. 

Zeile 20 muß es heißen: kursorisch statt kurz- 
sichdg. 

Zeile 39/40: scripturarum statt scripturarumq. 

Zeile 41 muß es heißen: Brugghen (G. ter), Ver- 
lichtery-kunstboeck. 

Zeile 42 muß es heißen: Bidloo für Bidlov, und 
Ondeding für Ondeeding. 

Zeile 47: Grondlegginge für Grondleginge. 

Zeile.58: van Biema für Biema. 

Zeile 69: Rysewyk für Ryswyck und Boijmans für 
Boymans. 

Auf der zweiten Spalte auf Zeile 2: Steenhoff für 
Steentoff, 

auf Zeile 3: Hensbroek für Hensbroeck, 

auf Zeile 25 : Josi für Jost. 

M. D. Henkel. 


Rundschau der Presse. 

Von Professor Dr. Adalbert Hortzschansky in Berlin-Lichterfelde. 

Die nachfolgende Obersicht versucht, die wichtigeren in Zeitschriften und Zeitungen enthaltenen Aufsätze und Abhandlungen zu 
verzeichnen, soweit sie für die Leser unserer Zeitschrift in Betracht kommen. Zusendung von Sonderdrucken und Ausschnitten an die Adresse 
des Bearbeiters in Berlin-Lichterfelde, Moltkestr. 40, erbeten. 


Schrift«, Buch- und Bibliothekswesen« 
Allgemeines. 

AIbers, D. B., Le Codex Casinensis 230. 

Revue Bin/diciine. 29. 1912. S. 348-356. 

Baillet, L., Les miniatures du „Scivias“ de sainte 
Hildegarde conservd ä la Biblioth&que de Wies¬ 
baden. 

Monuments et mimoires p. p. f Acadömie des 
inscriptions . T. 19. Fase. I. 1912. 103 S., 32 Ab¬ 
bild. 

B e h r e n d, F., Die Deutsche Kommission der Akademie 
der Wissenschaften zu Berlin. 

Zentralblatt für Bibliothekswesen . 29. 1912. 

s. 374—376. 

Burgerstein, A., Materielle Untersuchung der von 
den Chinesen vor der Erfindung des Papiers als 
Beschreibstoff benutzten Holztäfelchen. 

Sitzungsberichte der Kais. Akademie der Wissen¬ 
schaften. (Wien.) Philos.-histor. Klasse Bd. 170. 
Abh. 8. 1912. 6 S. 

Courty, G., Les origines de l’dcriture. 

Nouvelle Revue. 33. 1912. S. 314—320. 

Durrieu, Comte P., Le musde Jacquemont-Andrd. 
Les manuscrits ä peintures. 

Gazette des beaux-arts. 1912. August S. 85—96 
mit 3 Abbild., 1 Taf. 

Libaert, P., Miniature spagnuole. 

LArte (Adolfo Venturi). 15. 1912. S. 183—189 
mit 4 Abbild. 

Z. f. B. 1912/1913. 


Loewenberg, V., Aus der Geschichte des alt* 
hebräischen Buchwesens. 

Bibliothekar . 4. 1912. S. 453—456. 
Omont, H., Le Livre des fontaines de Rouen. 

foumal des Savants. N. S. 10. 1912. S. 241—248. 
Petrie, W. M. Flinders,The formation of the alphabet. 
British school of archaeology in Egypt studies 
series. 3. 1912. IV, 30 S., 9 Taf. 

Spagnolo, A., La scrittura minuscola e le scuole 
calligrafiche veronesi del VI e XI secolo. 

Atti e memorie delV Accademia d’agricoltura 
scienze , lettere , arti e commeräo di Verona. Ser. 4. 
Vol. 12. 1912. S. 31—50. 

Bibliophilie. Exlibris. 

Bouland, L., L’Ex-libris de J. F. Parguez prßtre 
familier. (Geb. 1733.) 

Bulletin du bibliophile. 1912. S. 276—279 mit 
2 Abbild. 

Das Jubiläum N. M. Lisowskijs. (Russisch.) 

Bibliotekar. 3. 1912. S. 48—50. 
Schinnerer, J., Die alten Exlibris im Buchgewerbe¬ 
museum. 

Archiv für Buchgewerbe. 49. 1912. S. 182—185 
mit 8 Abbild. 

Schlotke, O., Dichter als Bibliophilen. 

Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel. 1912. 

s. 9093-9094. 

Witkowski, G., Schöne teure Bücher. 

Berliner Tageblatt. 1912. Nr. 412 vom 14. August. 

29 


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214 


Rundschau der Presse 


Bibliothekswesen. 

Ane müller, E., Die einheitliche Regelung des Volks¬ 
bibliothekswesens im Fürstentum Lippe. 

Blätter für Volksbibliotheken und Lesehallen. 
13. 1912. S. in—113. 

Askew, S. B., Public libraries and school libraries. 

Library Journal. 37. 1912. S. 363—366. 

Bericht über die Bibliothek* des Börsen Vereins der 
Deutschen Buchhändler zu Leipzig während des 
Jahres 1911. 

Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel. 1912. 
S. 8461—8465. 

Besse, J. M., Saint-Andrd-de-Villeneuve. Catalogue 
de la Bibliothfcque. (1307.) 

Revue Mabillon. 8. 1912. S. 148—158. 

La Biblioth&que d’Angers. (1813.) 

LAnjou historique. 13. 1912. S. 76—79. 

Bogdanow, P., Der Normalplan auf dem 1. all¬ 
russischen Kongreß für Bibliothekswesen. (Russisch.) 

Bibliotekar. 3. 1912. S. 19—41. 

Bollert, M., Die aus den Mitteln der Emil vom- 
Rath-Stiftung i. J. 1911 von der Universitätsbibliothek 
zu Bonn erworbenen Handschriften. 

Westdeutsche Zeitschrift für Geschichte und 
Kunst. 30. 1911/12. S. 505—510. 

Bonatto, F., I primi due anni di vita della Biblioteca 
popolare di Bologna. (Fine.) 

LArchiginnasio. 7. 1912. S. 157—179- 

Chavkina, L., Das Jubiläum der öffentlichen Biblio¬ 
thek zu Charkov. (Russisch.) 

Bibliotekar. 3. 1912. S. 8—18. 

Dedication of library building. (Harper Memorial 
Library, University of Chicago.) 

Public Libraries. 17. 1912. S. 269—271 mit 

3 Abbild. 

Diephuis, A., The library and the wage-eamer. 

Library Journal. 37. 1912. S. 366—370. 

Egger-Möllwald, F. Ritter von, Das Referats¬ 
system in der Diensteinteilung der k. k. Hofbiblio¬ 
thek in Wien. 

Zentralblatt für Bibliothekswesen. 29. 1912. S. 303 
—310. 

Elmendorf, H. L., The public library. „A leavend 
and prepared choice." 

Library Journal. 37. 1912. S. 419—422. 

Evers, G. A., Fotografische Bibliotheek-Expedities. 

Het Boek. 1. 1912. S. 218—220. 

Fick, R. und Riedner, W., Das Gesamtverzeichnis 
der an den deutschen Bibliotheken laufend ge¬ 
haltenen Zeitschriften. 

Zentralblatt für Bibliothekswesen. 29.1912. S. 364 
— 374 - 

A Form of work sheet for libraries of medium size. 

Library World. 15. 1912/13. S. 5—7. 

Forte sc ue, G. K., The Library of the British Museum. 

Library Assistant. 1912, Mai. 

Fragen des Bibliothekswesens auf dem Moskauer 
Stadtkongreß für Volksbildung (29. Jan. bis 8. FeLr. 
1912.) (Russisch.) 

Bibliotekar. 3. 1912. S. 42 — 47. 


Fry, G., Summer interchange of assistants: aSuggestion. 

Library World. 15. 1912/13. S. 8—10. 
Glauning, O., Der preußische Gesamtkatalog und 
der Münchener Katalog. 

Zentralblatt für Bibliothekswesen. 29. 1912. 

S- 349 - 359 . 

Harper Memorial Library. University of Chicago. 
Library Journal. 37. 1912. S. 386—388 mit 

3 Abbild, und 3 Grundrissen. 

Heidenhain, A., Zur Frage der Ausbildung für den 
Dienst an volkstümlichen Bibliotheken. 

Blätter für Volksbibliotheken und Lesehallen. 
13. 1912. S. 113—118. (Schluß folgt) 

Hilsenbeck, A.. Crüwell, G. A., Escher, H., 
Zur Frage einheitlicher Katalogisierungsregeln. 
Zentralblatt für Bibliothekswesen. 29. 1912. 

s. 310—332. 

Isenkrahe, C., Von der Trierer Jugendbibliothek. 

Bücherweli. 3. 1911/12. S. 203—206. 
Kirby, S., Enquiry assistants: a Suggestion. 

Library World. 14. 1911/12. S. 354—358. 
Ladewig, P., Eine Reichsbücherei in Leipzig? 

Der Tag. 1912. Nr. vom 19. Juli, Ausgabe B. 
Leidinger, G., Aus der Geschichte der k. Hof- und 
Staatsbibliothek zu München. 

Zentralblatt für Bibliothekswesen. 29. 1912. 

s. 339 — 349 -’ 

The new Library and Art Gallery, Manchester. 

Museums Journal. 1912, April. 6 S., 4 Taf. 
De Louw, J., Leeszalen in het Zuiden. 

De Boekzaal. 6. 1912. S. 239-246. 
Macdonald, H., A Vicar's Library. (Zu Marl- 
borough, gegründet 1678.) 

The Library. 3. Ser. 3. 1912. S. 277—282. 
Mc Lennegan, Ch. E., The open door, through the 
book and the library; opportunity for comparison 
and choice; unhampered freedom of choice. 

Library Journal. 37. 1912. S. 429—433. 
Marx, J., Handschriftenverzeichnis der Seminar- 
Bibliothek zu Trier. 4. Veröffentlichung der Gesell¬ 
schaft für Trierische Geschichte und Denkmals¬ 
pflege. 

Trierisches Archiv. Ergänzungsheft 13. 1912. 

136 S. 

Mattem, J., National and international coöperation 
in the field of analytical cataloging. 

Library Journal. 37. 1912. S. 370—376. 
American Library Association. 34 lh annual Meeting, 
Ottawa, Canada, June 26 — July 2, 1912. 

Library Journal. 37. 1912. S. 438—464. 
Mohlberg, C., Nachrichten von belgischen Sammel¬ 
katalogen des 15./16. Jahrhunderts. 

Historisches Jahrbuch (Görres-Gesellschaft). 33. 
1912. s. 365—375. 

Ney ström, P. H., Advertising the Public Library. 

Public Libraries. 17. 1912. Nr. 5. 6. 
Noe, A. C. von, The new Classification of languages 
and literatures by the Library of Congreß. 

Bibliographical Society of America. Papers. 6. 
1911 (1912). S. 59—65. 


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Rundschau der Presse 


2IS 


Parker, W., Procedure in changing firom a closed to 
an open library. Library Assistant. 1912, April. 
Per rot, G. ( Notice sur la vie et les travaux de Leo¬ 
pold - Victor Delisle. 

Bibliothlque de licole des chartes. 73. 1912. 

5. 1—72, I Portr. 

Putnam, H., Address. 

Library Journal. 37. 1912. S. 423—429. 
Relazione del Bibliotecario al signor Assessore per 
la pubblica istruzione. (Biblioteca comunale di 
Bologna.) LArchiginnasio. 7. 1912. S. 117—136. 
La Reorganisation de la Biblioth&que Nationale 
(zu Paris). 

Bulletin de Tassociation des bibliothdcaires frangais. 

6. 1912. S. 45—48 mit 1 Abbild. 

Safroneev, N., Russische Bibliotheksgebäude 4. 

Die öffentliche Stadtbibliothek zu Kiev. (Russisch.) 

Bibliotekar. 3. 1912. S. 1—7. 
Sayers, W. C. B., The card catalogue. (Forts.) 

Library World. 14. 1911/12. S. 358—364. (Wird 
fortges.) 

Schiff, O., Die Frankfurter Sammelkataloge. 

Frankfurter Zeitung . 1912. Nr. 176 vom 27. Juni. 
Schmidt, A., Eine Reichsbibliothek. 

Frankfurter Zeitung. 1912. Nr. 228 vom 18. Au¬ 
gust, Literaturblatt 

Smit, D., Opieidingsschool voor Kinderbibliotheek- 
bibliothekaressen. 

De Boekzaal. 6. 1912. S. 192—195. 
Straus, E., Recent tendencies in children's literatu re. 

Public Libraris. 17. 1912. S. 252—256. 
Tambur in i, G. M., I manoscritti della R. Biblioteca 
Ventimiliaifä di Catania. 

Archivio storico per la Sicilia Orientale. Ann. 
8. 1911. Fase. I. 2. Ann. 9. 1912. Fase. 2. (Wird 
fortges.) 

Dreizehnte Versammlung Deutscher Bibliothekare 
in München am 30. und 31. Mai 1912. Zugleich 
erste Versammlung der deutschen, österreichischen 
und schweizerischen Bibliothekare. 

Zentralblatt für Bibliothekswesen . 29. 1912. 

S. 297—385. 

Zimmer, H. O., Die öffentlichen Büchereien im Kampfe 
gegen den Schund. 

Die Hochwacht. 2. 1912. S. 233—236. 
Zimmer, H. O., Krankenhausbüchereien. 

Zeitschrift für Krankenpflege. 1912. Juni. 
Zimmer, H. O., Wie richte ich eine Bücherei ein? 
Von der Aufstellung und den Katalogen. 

Blätter für Volkskultur, 1912. S. 311—314. 

Buchdruck und -Gewerbe. 

Haebler, K., Die Merseburger Druckerei von 1479 
und ihr Meister. 

Beiträge zur Inkunabelkunde. 5. (1912.) 5 S. 
Knüttel-Fabius, E., Over oude Kindenboeken en 
prenten. 

De Boekzaal. 6. 1912. S. 175—191 mit 8 AbbÜd. 


Leonhardt, K. F. und Bossert, H. Th., Studien 
zur Hausbuchmeisterfrage. (Schluß.) 

Zeitschrift für bildende Kunst. 47. 1912. S. 198 
—203. 239—252 mit AbbUd. 34—56. 

Löffler, Kl., Eine vermeintliche Schrift Johann 
Westermanns und die Lippstädter Frühdrucke. 
(16. Jahrh.) 

Westfälisches Magazin. N. F. 3. 1912/13. S. 284 
—285 mit 1 AbbUd. 

Loubier, J., Bericht der Kommission für Einband¬ 
stoffe. 

Zentralblatt für Bibliothekswesen. 29. 1912. S. 
337 — 339 - 

Morin, L., LTmprimerie ä Troyes pendant la Ligue. 

Bulletin du bibliophile. 1912. S. 268—275 mit 
1 Abbild. (Wird fortges.) 

Roth, F., Zur Lebensgeschichte des Augsburger 
Formschneiders David DeneckerundseinesFreundes, 
des Dichters Martin Schrot. Ihr anonym hrsg. 
, Schmachbuch“ von der erschröcklichen Zerstörung 
und Niederlag des gantzen Bapstum$>s. 

Archiv für Reformationsgeschichte. 9. 1912. 

S. 189—230. 

Sch olderer, V., Michael Wenssler and his press at 
Basel. The Library. 3. Ser. 3. 1912. S. 283—321. 

Unger, A.W., Die Buchdruckerei während der letzten 
fünfundzwanzig Jahre. II. 

Archiv für Buchgewerbe. 49. 1912. S. 178—181. 

Westheim, P., Berliner Graphik. 

Archiv für Buchgewerbe. 49. 1912. S. 162—166 
mit 12 AbbUd. 

Win disch, A., Die Drucke der Ernst Ludwig Presse. 

Kunst unserer Heimat. 6. 1912. H. 6 u. 7. S. 
3—21, 13 Taf. 

Wolff, H., Die Baseler Buchornamentik. II. 

Archiv für Buchgewerbe. 49. 1912. S. 193—203 
mit Abbild. 22—45 u. 2 Taf 


Buchhandel. 

Bowes, R., Cambridge bookshops and bookseüers 
1846—1858. 

Publiskers’ Circular . 97. 1912. S. 7 ff. 127 fr. 

Der Buchhandel im Lichte der Prüfungsausschüsse. 
Von Th. 

Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel. 1912. 
S. 8931—8935. 

Corwegh, R., Johannes Cotta. Zum 50. Geburtstag. 

Xenien. 5. 1912. S. 387—388. 

Die Ergebnisse der Versteigerungen Hoe und Huth. 
Von B. P. 

Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel. 1912. 
S. 8903—8906. 

Leicht, P. S., I prezzi delle edizioni aldine al prin- 
cipio dell 1 500. 

II Libro e la Stampa. N. S. 6. 1912. S. 77—84. 


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216 


Rundschau der Presse 


Zeitungswesen. Pressrecht. Zensur. 

Elster, A., Zur Praxis des Verlagsrechts. I. Die 
Klippen des Verlagsgesetzes und die Praxis. II. Die 
Umstände des Falles im Verlagsverhältnis. III. Das 
Gesetz des Umsatznutzens im Urheber- und Ver¬ 
lagsrecht. 

Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel. 1912. 
S. 8076—8079. 8113—8115. 8148—8150. 

Garr, M., Die wirtschaftlichen Grundlagen des mo¬ 
dernen Zeitungswesens. 

Wiener Staatswissenschaftliche Studien . io, 3. 
1912. 79 S. 

Dänisches Gesetz vom 1. April 1912 betreffend das 
Urheberrecht an Werken der Literatur und der 
Kunst 

Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel. 1912. 

s. 7465—7470. 

HaTtnng, W., Abriß einer Geschichte des Magde- 
burgischen Zeitungswesens nebst einer vollständigen 
Bibliographie. 

Geschichtsblätter für Stadt und Land Magdeburg. 
47. 1912. S. 92—168. 

Jenkins, R. t Paper and Publishing at the beginning 
of the eighteenth Century. 

Library Association Record. 14. 1912. S. 249—254. 

Aus der Jugendzeit der katholischen Presse. 

Historisch-politische Blätter für das katholische 
Deutschland. 150. 1912. S. 149—158. 

Mori, G., Die Entwicklung des Zeitungswesens in 
Frankfurt a. M. II. III. 

Archiv für Buchgewerbe. 49. 1912. S. 166—J 70. 
203—206 mit 2 Abbild. 

Prager, R. L., Urheberrechtliches, Bibliographisches 
und Verwandtes. 

Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel. 1912. 
S. 8000—8003. 

Röthlisberger, E., Das neue dänische Urheber¬ 
rechtsgesetz. 

Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel. 1912. 

s. 7578—7580. 

Röthlisb erger, E., Die Urheberrechtsform in 
Holland. 

Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel. 1912. 

s. 8349—8353- 

Schmidt, Gg., Rezensionsexemplare. 

Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel. 1912. 
S. 7473 — 7476 . 

Bibliographie. 

Clapp, J. M., A bibliography of English fiction in the 
eighteenth Century. 

Bibliographical Society of America. Papers. 6. 
1911. (1912.) S. 37—56. 

Cor ns, A. R., Bibliotheca imperfecta. 

Book-Audion Records. (Karslake.) 9. 1912. S. 
VIII-XX. 


Hortzschansky, A., Bibliographie des Bibliotheks- 
und Buchwesens. Jahrgang 8. 1911. 

Zentralblatt für Bibliothekswesen. Beiheft 4a 
1912. V. 152 S. 

Sepp, H., Bibliographie der bayerischen Kunst¬ 
geschichte. Nachtrag für 1906—1910. 

Studien zur Deutschen Kunstgeschichte. H. 155. 
1912. 

Literaturgeschichte. Allgemeines. 

Arnold, F., Fremde Literaturgeschichten. Ein biblio¬ 
graphischer Versuch. 

Zeitschrift für den deutschen Unterricht. 26. 1912. 
S. 449 — 4 S 8 - 

Burchinal, M. C., Hans Sachs and Goethe. A study 
in meter. 

Hesperia. Schriften zur germanischen Philologie. 
2. 1912. III, 52 S. 

Chaliier, E, Die Lieblingsdichter der deutschen 
Komponisten. Mit einem Anhänge: Vergessene 
Dichter unserer beliebtesten Lieder. Statistische 
Skizze. 

Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel. 1912. 

S. 8836—8839* 

Farinelli, A., Marinismus und Gongorismus. 

Deutsche Literaturzeitung. 33. 1912. Sp.i 143 —1422. 
Fick, H. H., Die deutsch-amerikanische Dichtung. 
Tägliche Rundschau. 1912. Unterhaltungsbeilage 
Nr. 193, 194 und 195 vom 17., 19., 20. August 
Geißler, F.A., Lyrik und Komposition. 

Zeitschriftfür den deutschen Unterricht. 26. 1912. 
S. 406—411. 

Grudzinski, H., Unmermann, Heine und Platen. 
Psychologische und literarische Bedeutung ihrer 
Fehde. 

Jahresbericht der Lese- und Redehalle der deutschen 
Studenten in Prag. 1911 (1912). 24 S. 

Guzmdny Gallo, J. P. de, La Literatura espahola en 
Dinamarca. 

Boletin de la r. Academia de la Historia. 60. 
1912. S. 456—459. 

H auck, P., Die naturwissenschaftliche Weltanschauung 
als Schöpferin der französischen Literatur des neun¬ 
zehnten Jahrhunderts. 

Grenzboten. 1912. Nr. 29. S. 102—115. 
Hochdorf, M., Lespofctesde lajeuneAllemagne.(Fin). 

La Revue. 1912. Juli 15. S. 234—242. 
Liese gang, E., Vergessene Robinsonaden. 

Blätter für Volksbibliotheken und Lesehallen. 
13. 1912. S. 118—123. 

Literaturberichte 1911. Das sechzehnte Jahrhun¬ 
dert Von Dr. A. M. Wagner. — Die Vorklassiker. 
2. Klopstock und Wieland. Die Goettinger und 
Claudius. Herder und die Originalgenies. Von Theo¬ 
dor Matthias. — Kunstgenossenschaft und Kunst¬ 
erziehung. Von Prof. Dr. Julius Sahr. — Geschichte 
und Geschichtsunterricht Von Prof. Dr. Gustav 
Rosenhagen. 

Zeitschrift für den deutschen Unterricht. 26. 1912. 
August S. 261—292. 


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Rundschau der Presse 


2i; 


Literaturberichte 1911. Lyrik. Von Wilhelm Peper. 
—Das sechzehnte Jahrhundert. Von Dr. A. M. Wagner. 

Zeitschrift für den deutschen Unterrichte 26. 1912. 
S. 495 —S 2 S- 

Metzeier, H., Die literarischen Wandlungen Don 
Juans. Über den Wassern. 5. 1912. S. 504—510. 

Prinsen, J., De oude en de nieuwe historische roman 
in Nederland. 2. De Gids. 1912. Juli. S. 56—103. 

Riedl, F., Attila und die gotische Dichtkunst. 

Ungarische Rundschau . 1. 1912. S. 704—706. 

Scherillo, M., Verdi, Shakespeare, Manzoni. Spigo* 
lature nelle lettere di Verdi (con 11 illustr.) 

Nuova Antologia. 1912. Juli 16. S. 199—225. 

Scriba, C., Die amerikanische Literatur. 

Deutsche Literaturzeitung. 33.1912. Sp.1925—1933. 

Einzelne Schriftsteller. 

Annimzio: Collison-Morley, L., D'Annunzio as a 
national poet. 

Contemporary Revtew. 1912. Juli. S. 38—48. 

Browning: Stegemann, H., Elizabeth Barrett Brow¬ 
ning. 

Deutsche Rundschau. 38. 1912. H. 10. S. 147—51. 

Byron: Moll, O. E. E., Der Stil von Byron’s Child 
Harold’s pilgrimage. 

Normannia. 10. 1912. VII, 96 S. 

Cardncd: Bauer, J., Carduccis religiöse Stellung. 

Über den Wassern. 5. 1912. S. 542—546. 

—: Canevazzi, G., Ancora ricordi sul Carducci a 
Modena. 

LArchigimnasio. 7. 1912. S. 144—157. 

Casanova: Poppenberg, F., Casanova im Spiegel der 
Frauen. 

Der Zeitgeist. Beiblatt z. Berliner Tageblatt. 1912. 
Nr. 34 vom 19. August. 

Conscience: Ridder, A. de, Hendrik Conscience. 

Nieuwe Gids. 1912. August S. 186—196. 

Dante: Besso, M., La fortuna di Dante fuori d’Italia. 

Nuovo Antologia. 1912. August 1. S. 361—383. 

Droste: Gotthard, J., Neues über Annette von Droste 
und ihren Freundeskreis. Mit ungedrucktem Material. 
9. Annettes Beziehungen zu Heinrich Straube. (Forts.) 

Westfälisches Magazin. N. F. 3. 1912. S. 286 
—290 m. 2 Abb. (Wird fortges.) 

—: Pinthus, K., Die Briefe Annettens von Droste 
Hülshoflf an Elise Rüdiger. (Schluß). 

Deutsche Rundschau. 38. 1912. H. 10. S. 103—30. 

Flauheit: Dumesnil, R., Flaubert et le thdätre. 

Mercure de France. 1912. Juli 16. S. 225—251. 

—: Reik, Th., Andere Tagebücher des jungen Flaubert. 

Pan. 2. 1912. S. 772 — 779 . 

Fontane: Herwig, F., Ein Schuß, der nicht traf. 

Über den Wassern. 5. 1912, S. 374—382. 

Freytag: Freymond, R., Der Einfluß Charles Dickens 
auf Gustav Freytag. Mit besonderer Berücksichti¬ 
gung der Romane „David Copperfield“ und „Soll 
und Haben.“ 

Prager Deutsche Studien. 19. 1912. 98 S. 

Olde: Wiegier, P., Andrd Gide. 

Literarisches Echo. 14. 1912. H.21. Sp. 1467—1474 
mit 1 Portr. 


Goethe: Aron, Goethes Stellung zum Aberglauben. 

Goethe-Jahrbuch. 33. 1912. S. 42-66. 

—: Barabds, A. von, Goethe. 

Goethe Jahrbuch. 33. 1912. S. 27—30. 

—: Bibliographie. 

Goethe Jahrbuch. 33. 1912. S. 239—261. 

—: Geerling, H., Goethes Faust-Epilog. 

Pan. 2. 1912. S. 746—752. 

—: Geiger, L., Seydelmann als Goethe-Darsteller. 

Goethe Jahrbuch. 33. 1912. S. 128—141. 

—: Gragger, R., Goethe in ungarisch-deutscher 
Kleidung. 

Ungarische Rundschau. I. 1912. S. 569—573. 

—: Grunwald, M., Goethe und die Arbeiter. Anhang: 
1. Goethe-Chronik. 2. Goethe-Literatur. 3. Marx über 
Goethe. 

Abhandlungen und Vorträge zur sozialistischen 
Bildung. H. 3. 1912. 23 S. 

—: Haertel, E., Einiges aus Alexander Herzens 
Memoiren über Goethe. 

Goethe Jahrbuch. 33. 1912. S. 158—173. 

—: Hofmiller, J., Der Ur-Meister. 

Schweizer Jahrbuch der Süddeutschen Monats¬ 
hefte. 1912. S. 652—659. 

—: Kekule von Stradonitz, St, Neue Beiträge zur 
Kenntnis von Goethes Rittertafel und dem Orden 
des Übergangs zu Wetzlar. 

Goethe-Jahrbuch. 33. 1912. S. 142—151. 

—: Kilian, E., Zur Bühnengeschichte des Egmont 
Goethe Jahrbuch. 33. 1912. S. 67—72. 

—: Lucerna, C., Der morphologische Grundriß und 
die religiöse Entwicklungsidee des Goetheschen 
Dramas „Iphigenie auf Tauris“. 

Goethe Jahrbuch. 33. 1912. S. 97—112.» 

—: Schiff, J., Goethes chemische Berater undFreunde. 

Deutsche Rundschau. 1912. Juni. 

—: Schneidereit, G., Der individualistische Grund¬ 
zug in Goethes Weltanschauung. 

Goethe Jahrbuch. 33. 1912. S. 31—41. 

—; Warn ecke, J., Goethes Harzreise im Winter. 

Goethe Jahrbuch. 33. 1912. S. 113—127. 

—: Woltereck, K., Goethe-Fragen in Amerika. 

Goethe Jahrbuch. 33. 1912. S. 174—185. 

Gotthelf: Korrodi, E., Der Homer der Bauern. 

Grenzboten. 1912. Nr. 27. S. 33—37. 

Greif: Reuschel, K., Martin Greifs „Goethe und 
Therese“. 

Zeitschrift für den deutschen Unterricht. 26. 1912. 
S. 465—78. 

Grünwald: Götze, A., Jörg Grünwald. 

Zeitschrift für den deutschen Unterricht. 26. 1912. 
S. 369—380. 

Günther: Eulenberg, H., Johann Christian Günther. 

Pan. 2. 1912. S. 605—613. 

Hallström: Nielsen, H., Per Hallström. Ein schwe¬ 
discher Dichter. Deutsch von Richard Guttmann. 

Kenien. 1912. Juli. S. 394—402. 


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CORNELL UNÜVERSm 1 



2l8 


Rundschau der Presse 


Hanptmann: Gabriel Schillings undGerhart Hauptmanns 
Flucht. Von K. St. 

Der Türmer. 14. 1912. H. II. S. 689—963. 
—: Dü sei, F., Gerhard Hauptmann im Goethetheater 
in Lauchstedt. 

Westermanns Monatshefte . 56. 1912. H. 12. 

s. 938—40. 

—: Höcker, P. O., Gerhart Hauptmann in Goethes 
Theater zu Lauchstedt. 

Velhagen und Klasings Monatshefte. 26. 1912. 
H. 12. S. 549—52. 

—: Willmann, F. E., Das Gerhart Hauptmann-Spiel 
in Lauchstedt. 

Die schöne Literatur . Beilage zum Literar. Zentral¬ 
blatt für Deutschland. 1912. Sp. 241—243. 

Hebbel: Werner, R. M., Ein unbekannter Jugend¬ 
aufsatz Friedrich Hebbels. 

Grenzboten . 1912. Nr. 26. S. 628—632. 
Heine: Blanck, K., Heine und die Frau. Ausgewählte 
Bekenntnisse und Betrachtungen des Dichters. 

Pandora. 1. 1911. 195 S. 
—: Deetjen, Heinrich Heine nach ungedruckten 
Briefen seines Verlegers. 

Grenzboten. 1912. Nr. 22. S. 422—437. 
—: Hirschberg, L., Heinrich Heine als Poltergeist. 
Der Zeitgeist. Beiblatt zum Berliner Tageblatt 
1912. Nr. 33 vom 12. August 
—: Launay, R., Henri Heine et son „Nationalisme“. 

Mer eure de France. 1912. August. 1. S. 449—479. 
Huggenberger: Heine, A., Der Bauemdichter Alfred 
Huggenberger. 

Literarisches Echo. 14. 1912. H.20. Sp. 1399—1405 
mit 1 Portr. 

Hugo: Berret, P., Le „Satyre“ et le panthöisme de 
Victor Hugo. 

Revue dhistoire litUraire de la France. 1912. 
Nr. 2. S. 376—381. 

Keyserling: Glock, E., Eduard von Keyserling. Eine 
Darstellung. Eckart. 6. 1911/12. S. 623—37. 
Kleist: Bayer, J., „Käthchen von Heilbronn“ auf der 
ungarischen Bühne. 

Ungarische Rundschau. 1. 1912. S. 709—712. 
—: Mathias, Heinrich von Kleist 

Zeitschrift für den deutschen Unterricht. 26. 1912. 
August. S. 536—47. 

Klingemann: Merbach, E. A., Vier Briefe August 
Klingemanns an Fr. L. Schmidt. 

Braunschweigisches Magazin. 1912. S. 69—70. 
Lessing: Bocksch, R., Die Pistolen in Minna von 
Bamhelm I, 10. 

Zeitschrift für den deutschen Unterricht. 26.1912. 
S. 486—490. 

—: Petoch, R., Zur Psychologie der Emilia Galotti. 
Zeitschrift für den deutschen Unterricht. 26. 1912. 
August S. 529—36. 

—: Schacht, R., Die Probleme der Emilia Galotti 
in literarhistorischer Beleuchtung. 

Zeitschrift für den deutschen Untericht. 26. 1912. 
S. 380—405. 

—: To dt, W., Lessing in England. 1767—1850. 

Anglistische Arbeiten. 1. 1912. V, 67 S. 


Maeterlinck: Wien, A., Maurice Maeterlinck. Zum 
50. Geburtstage des Dichters am 29. August 1912. 

KonservativeMonatsschrift. 1912. August. S.1156— 
1164. 

Molfcre: Berneburg, E., Charakterkomik bei Moli&re. 

Marburger Beiträge zur romanischen Philologie. 
10. 1912. V, 88 S. 

Müsset: Giraud, J., Alfred de Müsset et trois roman- 
tiques allemands. II. 

Revue dhistoire litUraire de la France . 1912. 

Nr. 2. S. 341 — 375 - 

Niese: Binder, H„ Charlotte Niese. 

Bücherwelt. 9. 1911/12. S. 206—212, 

Raabe: Brandes, W., Aus Wilhelm Raabes Werkstatt 
1. Der Entwurf zum „Hungerpastor“. 

Eckart. 6. 1911/12. S. 611—22. 

—: Everth, E., Wilhelm Raabe. (Forts.) 

Xenien. 1912. Juli. S. 427—434. 

—: Schultz, H. M., Die Literatur zu Raabes 70. Ge¬ 
burtstage. I. 

Mitteilungen f. d. Gesellsch. d. Freunde Wilhelm 
Raabes. 1912. Nr. 2. S. 30—44. 

Rousseau: Jean-Jacques Rousseau. 

Tägliche Rundschau. 1912. Unterhaltungsbeilage 
Nr. 149 und 150 vom 27. 28. Juni. 

—: Bazaillas, A., Rousseau erdateur. Les sources 
intörieures de son gdnie. 

Mercure de France. 1912. Juni 16. S. 673—710. 

—: Groeper, R., Rousseau und die deutsche Literatur. 

Zeitschrift für den deutschen Unterricht. 1912. 
S. 458—65. 

—: Gosse, Rousseau in England in the nineteenth 
Century. Fortnightly Review. 1912. Juni. S.22—38. 

—: Kühlhorn, W., Rousseau der Gottsucher. 

Der Zeitgeist. Beiblatt zum Berliner Tageblatt 
1912. Nr. 26 vom 24. Juni 

Schiller: Nover, J., Zur Lösung des Rätsels in Schillers 
Gedicht: „Das verschleierte Bild zu Sais“. 

Zeitschrift für den deutschen Unterricht '. 26.1912. 
S. 411—417. 

—: Rathgeber, W., Schillers Jägerliedchen. Eine 
Untersuchung über die beste Fassung. 

Zeitschrift für den deutschen Unterricht . 26. 1912. 
August. S. 558—61. 

—: Rosalewski, W., Schillers Ästhetik im Verhältnis 
zur Kantischen. 

Beiträge zur Philosophie . 1. 1912. VIII, 129 S. 

Schlegel: Bieber, H., Johann Adolf Schlegels poe¬ 
tische Theorie in ihrem historischen Zusammenhänge 
untersucht. Palaestra . 114. 1912. IV, 190 S. 

Schnitzler: Reick, Th. f Arthur Schnitzler vor dem 
„Anatol“. Pan. 2. 1912. S. 899—905 

Schulze: Reinhold, C. F., Neues von Emst Schulze, 
dem Dichter der Bezauberten Rose. 

Vossische Zeitung. I912. Sonntagsbeilage Nr. 26 
vom 30. Juni. 

Shakespeare: Berzeviczy, A. von, Das übernatürliche 
Element in Shakespeares Dramen. V. (Schluß). 

Ungarische Rundschau . 1. 1912. S. 573—607. 


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CORNELL UNÜVERSm 1 



Von den Anktionen — Kleine Mitteilungen 


219 


Shakespeare: Daffis. H. t Shakespeare - Bibliographie 
1911. Mit Nachträgen zur Bibliographie früherer 
Bände des Jahrbuchs der deutschen Shakespeare- 
Gesellschaft. 

Jahrbuch der Deutschen Shakespeare-Gesellschaft. 
48. 1912. S. 355 — 400 * 

—; Wil s o n J.D.. Martin Marprelateand Shakespeare’s 
Fluellen. The Library. 1912. Juli. S. 241—276. 

Sophocles: Re in ach, Th., Un drameinddit deSophocle. 

Revue de Paris, 1912. August 1. S. 455—467. 

Stelzhamer: Hammer, W. A., Franz Stelzhamer. 

Literarisches Echo. 14. 1912. Sp. 1477—1481. 

Stolz: Alban Stolz und die Schwestern Ringseis. 

Historischpolitische Blätter für das Katholische 
Deutschland. 150. 1912. S. 308—317. 

Strauß: Strauß und Torney, L. von, Viktor von 
Strauß. Ein Gedenkblatt. 

Tägliche Rundschau. 1912. Unterhaltungsbeilage 
Nr. 189 und 190 vom 13. und 14. August. 

Strindberg: Franck, H., August Strindberg. II. Strind- 

bergs Werk. Eckart. 6. 1911/12. S. 637—49. 

—: Holzer, R., August Strindberg. 

Deutsche Rundschau. 38. 1912. H. 10. S. 94—101. 

—: Philipp, B., August Strindberg. 

Grenzboten. 1912. Nr. 21. S. 379—385. 

—: Will mann, F. E., August Strindberg *j*. 

Die schöne Literatat. Beilage zum Literar. Zentral¬ 
blatt für Deutschland. 1912. Sp. 209—211. 


Swinbnrne: Kado, M., Swinbume’s Verskunst. 

Normannia. 9. 1912. X, 132 S. 
Trojan: Trojan, J., Selbstporträt 

Tägliche Rundschau. 1912. Unterhaltungsbeilage 
Nr. 183 und 184 vom 6. und 7. August. 

Yerhaeren: Herrmann, H., Emile Verhaeren. 

Über den Wassern. 5. 1912. S. 531—535. 
Vigny: Lange, M., Encore lessourcesd'Alfred de Vigny. 
Revue cThistoire litUraire de la France. 1912. 
Nr. 2. S. 382—398. 

Wedekind: Kayser, R., Wedekinds Franziska. 

Pan . 2. 1912. S. 547 — 551 . 
—: Salten, F., Wedekind-Porträt. 

Berliner Tageblatt. 1912. Nr. 316 vom 24. Juni. 
Widmann: Bartscherer, A., Theophrastus Paracelsus und 
Widmanns Faust. 

Goethe-fahrbuch. 33. 1912. S. 73—84. 
Wieland: Marinig, L.,Der Einfluß vonAriost’s Orlando 
Furioso auf Wieland. I, II. 

Studi di Filologia modema. 5. 1912. S. 1—38. 
Zedlitz: Stein, O. Th., Der Dichter der „Totenkränze“. 
(Zu seinem 50. Todestnge am 16. März.) 

Wanderer im Riesengebirge. 1912. S. 93—97. 
106—109 mit 3 Abbild. 

Zesen: Körnchen, H.. Zesens Romane. Ein Beitrag 
zur Geschichte des Romans im 17. Jahrhundert 

Palaestra. 115. 1912. III, 167 S. 


Von den 

Die Firma foseph Baer Co. in Frankfurt a. M., 
die seit der Auktion Denecke keine größere Ver¬ 
steigerung veranstaltet hat kündigt für den Herbst 
dieses Jahres wiederum eine außerordentlich bedeutende 
Bücherauktion an. Es handelt sich ufn die Samm¬ 
lung des Herrn K. W. in Leipzig, der seit einigen 
Jahren als eifriger Bibliophile bekannt ist. Seine Bi¬ 
bliothek enthält in erster Linie deutsche Literatur der 
Klassikerperiode, besonders eine fast vollständige 
Sammlung von Goethes Werken in Erstausgaben, die 
Wertherliteratur und eine wertvolle Faustbibliothek. 
Die Standardwerke der deutschen Literatur, Goethes 
Faust, Stella, Götz von Berlichingen, Götter, Helden 
und Wieland (die vier Abdrücke der ersten Ausgabe) 


Auktionen. 

und anderes, sind in vorzüglichen Exemplaren ver¬ 
treten. Außerordentliche Seltenheiten sind Goethes 
„Von Deutscher Baukunst, 1773“, das, soweit es uns 
bekannt ist, überhaupt in den letzten 20 Jahren nicht 
auf den M arkt vorgekommen ist, der „Brief des 
Pastors“ aus demselben Jahr, die „Epigramme 1790“, 
Schlossers „Poematia, 1775“ und anderes. Heines 
„Buch der Lieder, 1827“ ist in einem reizenden Halb¬ 
maroquin-Einbande der Zeit vorhanden. Näheres wird 
der in Vorbereitung befindliche Katalog bringen. Er¬ 
wähnen möchten wir noch eine große Sammlung von 
Originalstudien zu Lavaters Physiognomik mit sehr 
schönen Aquarellzeichnungen und Porträts berühmter 
Zeitgenossen aus dem Besitze Lavaters. 


Kleine Mitteilungen. 


Der Bibelkatalog der „British and Foreign Bible 
Society u . Im Jahre 1899, kurz nach dem sie die be¬ 
rühmte, allein aus 1200englischen und vielen gaelischen, 
irischen und angelsächsischen Ausgaben bestehende 
Bibelsammlung des Herrn Francis Fry in Bristol 
erworben hatte, begann die „British and Foreign Bible 
Society“ die Vorbereitung eines neuen Katalogs ihrer 
Sammlung von Ausgaben der Heiligen Schrift. Der 
im Jahre 1903 erschienene erste Band von allein 428 Seiten 
beschrieb Ausgaben der Bibel oder von Teilen der 
Bibel in englischer Sprache, in welcher die Bibel¬ 
gesellschaft eine der vollständigsten existierenden Sam- 
lungen besitzt (zum Beispiel 28 Ausgaben von Tindals 


Neuem Testament). Es war eine maßgebende Arbeit. 
In der Vorrede dieses ersten Bandes stellte man die 
Publikation des zweiten Bandes, der die Ausgaben der 
Bibel in anderen Sprachen als der englischen bringen 
sollte, Für das 1904 bereits in Aussicht Er ist jedoch 
erst jetzt im Jahre 1912 fertig geworden und statt eines 
Bandes macht dieser zweite Teil drei Bände von zu¬ 
sammen 1750 Seiten abgesehen von den Einleitungen 
aus, und er beschreibt in mehr als 600 Sprachen und 
Dialekten gedruckte Heilige Schriften. Die drei Bände 
umfassen, um möglichste Vollständigkeit zu erreichen 
und um den Bibelforschern den weitesten Gebrauch 
zu ermöglichen, sämtliche bekannte Ausgaben, daher 


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CORNELL UNIVERSUM 



220 


Kleine Mitteilungen 


auch solche, welche nicht in der eigenen Bibliothek 
der englischen Bibelgesellschaft vertreten sind. Solche 
Einträge in den Katalog sind durch gerade Klammern 
gekennzeichnet. — In den vier Banden zusammen sind 
insgesamt 9848 Bücher, die in 628 Sprachen und 
Dialekten gedruckt sind, beschrieben. Einige dieser 
Sprachen und Dialekte sind jetzt tot und nur durch 
gedruckte Texte nach früheren Manuskriptübersetzungen 
vertreten, andere (nicht weniger als 65) sind moderne 
Dialekte, in welchen die Übersetzungen nur aus philo¬ 
logischen Zwecken gemacht wurden. 57, darunter 33 
in englischen Dialekten, dieser philologischen Bibeln 
wurden seinerzeit auf Kosten des Prinzen Louis Lucien 
Bonaparte in wenigstens je 250 Exemplaren gedruckt. 
—Der zweite Band beginnt mit den Polyglott-Bibeln und 
zwar verstehen die — natürlich von zahlreichen Mit¬ 
arbeitern unterstützten—Herausgeber T. H.Darlow und 
H. F. Moule, welcher letztere viele Jahre sich aus¬ 
schließlich dieser Arbeit gewidmet hatte, unter Poly¬ 
glotten nur solche Bibeln, welche in drei oder mehr 
Sprachen gedruckt sind. Das Buch erscheint dann 
wieder unter jeder der in der Polyglott-Bibel gebrauch¬ 
ten Sprachen, worunter auch die Diglotten eingereiht 
sind, so daß die historische Entwicklung des Textes 
auch in jeder einzelnen Sprache gezeigt werden kann. 
Die Polyglottübersetzungen nehmen nur 36 Seiten ein. 
Den übrigen Raum der drei dicken Bände füllen die 
Beschreibungen der in fast allen bekannten Sprachen 
oder Dialekten der Welt gedruckten Heiligen Schriften. 
Die Sprachen sind alphabetisch aneinandergereiht (be¬ 
ginnend mit der indianischen Acawoio-Sprache in Gui- 
ana bis zur Zulusprache), wobei die Dialekte im all¬ 
gemeinen Unterabteilungen der Sprachen bilden. Einer 
der Indices am Schlüsse des Werkes führt alle vor¬ 
kommenden Dialekte auf und zwar in verschiedenen 
Aussprachen und mit Hinweis auf die Hauptsprache, 
wodurch man die einzelnen Einträge leicht aufschlagen 
kann. Ein großer Teil dieser Sprachen und Dialekte 
gehören Asien, Afrika oder den Südsee-Inseln an, in 
welche Teile der Heiligen Schriften übersetzt und zu 
dem Gebrauch der Missionäre gedruckt worden sind. 
— Der Index enthält auch die Beschreibung der im 
Besitz der Gesellschaft befindlichen Bibelmanuskripte, 
worunter ein wertvolles griechisches Palimpsest. — Die 
früher gedruckten Ausgaben nehmen großen Raum ein 
und die Kollationen und Beschreibungen geben Ant¬ 
wort auf fast alle einschlägige Fragen. Zum Beispiel 
fordert der Bericht über die lateinischen Bibeln — die 
den lappländischen folgen — 101 Seiten, auf denen 
241 Ausgaben (Nr. 6076 bis Nr. 6316), manche davon 
auf zwei bis drei Seiten Raum beschrieben sind. Wäh¬ 
rend Copinger in seinen „Incunabula Biblica“ (1892) 
124 lateinische, vor 1500 gedruckte Ausgaben aufzählt, 
wird diese Zahl in dem neuen Katalog auf nur ungefähr 
100 reduziert, da alle Ausgaben, deren Authentizität 
nicht genügend festgestellt wurde, hinausgeworfen 
wurden. Auch von den 438 von Copinger erwähnten 
lateinischen Bibeln des XVI. Jahrhunderts sind viele 
abgelehnt. Selbstverständlich muß eine bedeutende 
Anzahl solcher Wiegendruckausgaben in derSammlung 
der Bibel-Gesellschaft fehlen, die auch von der Guten¬ 


bergbibel nicht ein einziges Blatt besitzt — Die Biblio¬ 
thek der „British and Foreign Bible Society 14 im Bible- 
House besteht seit 17. Dezember 1804; damals wurde 
ein Aufruf, der Beiträge von Bibeln, Neuen Testamen¬ 
ten usw. verlangte, hinausgesandt. Einer der ersten 
Schenker für diese Bibliothek, Granville Sharp, sandte 
zwischen 30 und 40 Bände ein, darunter ein Exemplar 
der zweiten Ausgabe von Eliots Virginia-Indianer- (zur 
Algonquian-SprachfamUie gehörigen)Bibel, die zwischen 
1680 und 1685 zu Cambridge (Massachusetts) gedruckt 
worden ist. Die Gesellschaft besitzt kein komplettes 
Exemplar der ersten Ausgabe dieser berühmten Über¬ 
setzung, dagegen das im Jahre 1661 separat gedruckte 
und herausgegebene Neue Testament (Nr. 6736 des 
Katalogs), das zwei Jahre vor dem Alten Testament 
fertig geworden war. Die Gesellschaft besitzt auch den 
noch viel selteneren „Massachusets Psalter“; der zum 
Gebrauch der Indianer im Jahre 1709 von B. Green 
und J. Printer in Boston gedruckt worden ist (Nr. 6739). 
Ducker J. Printer war ein Indianer, der bei früheren 
Ausgaben der indischen Bibeln beim Druck mitgeholfen 
hatte. — Dieser sorgfaltigst ausgearbeitete und präch¬ 
tig gedruckte Katalog der Bibel-Gesellschaft, ein Werk, 
das die Herausgeber als in majorem gloriam Dei unter¬ 
nommen mit Recht bezeichnen dürfen, wird ein unent¬ 
behrliches Hilfsmittel für alle abgeben, die mit der 
Bibliographie der Heiligen Schriften zu tun haben. Er 
ist nur in 500 numerierten Exemplaren gedruckt; der 
Haupttitel lautet: „Historical Catalogue of the printed 
Editions of Holy Scripture in the Library of the bri¬ 
tish and foreign Bible Society“, die sowohl Drucker wie 
Verleger des jetzt vierbändigen Werkes ist M. 

Unter den Namen Maximilian-Gesellschaft E. V. 
ist in Berlin eine neue bibliophile Vereinigung be¬ 
gründet worden. Sie will alle Bestrebungen fördern, 
die der Pflege des deutschen Buches nach Inhalt und 
Ausstattung gelten. 

Die Veröffentlichungen werden als ordentliche, 
nur für die Mitglieder bestimmte, und als außerordent¬ 
liche erscheinen. Die Gesellschaft richtet ihr Augen¬ 
merk in erster Linie auf Hauptwerke deutscher Lite¬ 
ratur und Kultur aus Vergangenheit und Gegenwart. 
Diese sollen unter Mitwirkung hervorragender Künst¬ 
ler und unter Verwendung besten Materials auf das 
sorgfältigste gedruckt werden. Doch soll die alte 
deutsche Tugend, Verständnis für fremde Eigenart zu 
hegen, sich darin bewähren, daß auch Werke aus 
fremden Literaturen in den Kreis der Veröffent¬ 
lichungen mit einbezogen werden. Kleinere Drucke 
werden den Mitgliedern als Neujahrsgeschenke oder 
als Festgaben überreicht werden. Wegen der ordent¬ 
lichen Veröffentlichungen werden Wünsche und Vor¬ 
schläge der Mitglieder zu hören sein. Als außer¬ 
ordentliche Veröffentlichungen sollen Drucke er¬ 
scheinen, deren Herstellungskosten die laufenden 
Mittel der Gesellschaft übersteigen; sie werden von 
den Mitgliedern auf Grund besonderer Zeichnung er¬ 
worben. 

Um ihre Bestrebungen in weitere Kreise zu tragen, 
beabsichtigt die Gesellschaft ferner, Schriften heraus- 


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CORNELL UNIVERSITY 



Kleine Mitteilungen 


221 


zugeben, die die Wissenschaft vom Buche zu fördern 
bestimmt sind, sowie einen oder den anderen ihrer 
Drucke, unter Aufwendung entsprechender Mittel, in 
einer gut ausgestatteten Volksausgabe zu verbreiten. 
Denselben Zweck verfolgt der von der begründenden 
Versammlung gefaßte Beschluß, die Veröffentlichungen 
der Gesellschaft einigen öffentlichen Bibliotheken als 
Geschenk zu überweisen. 

Endlich gedenkt die Maximilian-Gesellschaft in 
besonderen, mit ihren Zwecken übereinstimmenden 
Fällen die von anderen unternommene Herausgabe 
wertvoller und kostspieliger Werke zu unterstützen. 

Den Interessen der Mitglieder soll eine Auskunfts¬ 
stelle und eine Fachbibliothek nebst buchgewerb¬ 
licher Materialiensammlung dienen. 

Die Jahresversammlungen der Maximilian-Gesell¬ 
schaft werden den Mitgliedern und deren Gästen Ge¬ 
legenheit zu persönlicher Aussprache über die ver¬ 
schiedenen Gegenstände ihres Interessenkreises bieten. 
Diese Versammlungen sind weiter dazu bestimmt, 
durch Ausstellungen aus dem Besitz der Mitglieder 
wechselseitige Kenntnis von alten und neuen Werken 
der deutschen und fremden Buchkunst zu vermitteln 
und dadurch der deutschen Buchkunst neue An¬ 
regungen zu geben. Schließlich hofft man zuversicht¬ 
lich, daß der Gemeinsinn der Mitglieder in abseh¬ 
barer Zeit der Gesellschaft einen geselligen Mittel¬ 
punkt in eigenen Räumen schaffen wird. Die Zahl 
der Mitglieder ist auf dreihundert beschränkt, der 
jährliche Beitrag beträgt hundert Mark. Mitglied der 
Gesellschaft kann nur werden, wer durch den Vor¬ 
stand dazu eingeladen wird. 

Als erste ordentliche Veröffentlichung hat die 
Maximilian-Gesellschaft die früheste bedeutsame Ur¬ 
kunde deutscher Geschichte, die „Germania“ des Taci* 
tus, in lateinischem und deutschem Text, von Joseph 
Satüer illustriert und von Poeschel & Trepte gedruckt, 
in Aussicht genommen. Die erste Jahresversammlung 
soll im November 1912 in Berlin stattfinden. In ‘der 
begründenden Versammlung vom 22. Dezember 1911 
ist ein bis zur Mitgliederversammlung amtierender 
Vorstand gewählt worden, bestehend aus Landrat Dr. 
Walter von Brüning , Mitglied des Hauses der Ab¬ 
geordneten, Stolp i. P., als erstem Vorsitzenden; Ge¬ 
heimer Regierungsrat Dr. Paul Schwenke , Direktor 
der Königlichen Bibliothek in Berlin, als zweitem Vor¬ 
sitzenden ; Prof. Dr. Jean Loubier in Berlin als erstem 
Schriftführer; Dr. G. A. E. Bogeng in Berlin als 
zweitem Schriftführer; Verlagsbuchhändler Dr. Walter 
de Gruyter in Berlin als Schatzmeister. 


Der „Zeitungsverlag" bringt die Nachricht, daß der 
Umsatz, der im Jahre 1910/11 in Deutschland mit 
Schundliteratur erzielt wurde, beträchtlich zurück¬ 
gegangen ist. Während im Jahre 1908/09 ein Ge¬ 
samtumsatz von 60 Millionen Mark erzielt wurde, 
ging der Verkauf an Schundliteratur aller Art im 
Jahre 1909/10 auf rund 55 Millionen Mark zurück. 
Überall, wo durch Organisation und behördliche 
Maßnahmen der Verbreitung der Schundliteratur ent- 
Z. f. B. 1912/1913. 


gegengewirkt wurde, hat sich deutlich ein Nachlassen 
des Umsatzes gezeigt. Eine große Zahl von Buch¬ 
händlern hat sich geweigert, derartige Literatur zu 
führen und zu verkaufen. Dafür wurden gute Volks¬ 
schriften zu billigen Preisen abgesetzt. Nach oberfläch¬ 
lichen Berechnungen, die sich bereits jetzt für das 
letzte Jahr anstellen lassen, kann man einen weiteren 
Rückgang von rund 10 Millionen Mark als sicher an¬ 
nehmen. Bezeichnend dafür, in welchem Maße der 
Umsatz nachgelassen hat, ist der Umstand, daß die 
Schundromane bei weitem nicht mehr ihre märchen¬ 
haften Auflagen erreichen. Die durchschnittlichen 
Auflagen der im letzten Jahre erschienenen Schund¬ 
romane sind auf 10000 Exemplare zurückgegangen. 
Nur ein Roman, der eine Fliegertragödie behandelt, 
hat eine stärkere Auflage erlebt. 

Woher kommt dem „Zeitungsverlag“ solche Wissen¬ 
schaft? Sollte nicht der (gewiß berechtigte) Wunsch 
der Vater dieser Statistik sein? 


Bibliophiliana . Obschon Richard de Bury in seiner 
Schrift über die Liebe zu den Büchern solcher Liebe als 
einer beherrschten Leidenschaft mit richtiger Anwen¬ 
dung der griechischen Sprache einen Namen gegeben 
hatte (Philobiblon wie Philosophia), konnte sich des 
englischen Humanisten Bezeichnung in Frankreich, 
dessen Geschmack auch für die Büchersammler lange 
Zeit tonangebend gewesen ist, nicht einbürgern. Indem 
man hier, wohl an den philosophe denkend, daneben 
einen Gegensatz zur unbeherrschten Büchersucht, zur 
bibliomania beachtend, nicht von einem philobible, 
sondern von einem bibliophile redete, erfand man die 
auch in den anderen Ländern üblich gewordene Eti¬ 
kette für alle Bücherherzen. So muß dieses Wort 
Bibliophilie, dessen Nachbildungen in anderen Sprachen 
meist seinen Begriff nicht erschöpfen können (wie denn 
ein Bibliophile mehr und weniger als ein Bücherfreund 
oder Bücherliebhaber ist), mag es nun richtig oder 
falsch gebildet sein, was die Philologen zu ihrer Er¬ 
götzung unter sich ausmachen mögen, dieser kleinen 
Sammlung von allerlei Geschichten über die Bücher¬ 
lust, als welche man in der Bücherliebe, in der Bücher¬ 
forschung, im Büchersammeln findet, zur Überschrift 
gegeben werden. — 

Des Sammlers Schatten sind die Fälscher. Und 
wofern man ihnen eine gute Seite abgewinnen möchte, 
soll man sagen: sie wissen wenigstens die Illusion eines 
ersehnten Besitzes zu verschaffen, wenn sie auch ein 
erträumtes Sammlerstück selbst nicht schaffen können. 
Denn es hat Künstler unter den Fälschern gegeben, 
die sich nicht damit begnügten, irgendeine Nachah¬ 
mung oder Nachbildung, eine Veränderung des Wert¬ 
losen zum scheinbar Wertvollen an den Mann zu brin¬ 
gen, um sich dessen Enttäuschung und ihrer Ent¬ 
deckung durch rasche Flucht zu entziehen. Künstler, 
die nach langer Übung, manchen gelehrten Unter¬ 
suchungen, vielen Vorbereitungen einen Liebhaberwert 
auf dem Sammelmarkt entdecken ließen, der ganz und 
gar ihr Werk war, sowohl was seine schwierige Her-* 
Stellung wie seine noch schwierigere Bekanntmachung 
unter den Kennern betraf. 

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Kleine Mitteilungen 


Als einen solchen Meister seines Faches muß man 
Herrn Hagud nennen, eine, wie das zu seinem Ge¬ 
schäfte gehörte, etwas geheimnisvolle Persönlichkeit, 
die in der Zeit des zweiten Kaiserreiches, als die gro¬ 
ßen Preise für die historischen Einbände und Proveni¬ 
enzen entstanden, von London nach Paris übergesiedelt 
war, nachdem ihm in der englischen Hauptstadt das Un¬ 
glück passiert war, in einer Feuersbrunst eine ziemliche 
Anzahl echter Rar'täten, die ihm der Herzog von Au- 
male anvertraut hatte, verschwinden zu sehen. Wäh¬ 
rend die kleinen Fälscher mit geschickten oder un¬ 
geschickten Federstrichen auf dem Titelblatte das 
Datum einer schlechten in das der guten Ausgabe ver¬ 
wandelten, mit neuen Wappenstempeln aus alten 
Maroquins Du Barry- und Marie Antoinette-Bände 
machten, um der großen Nachfrage ein wenig ent¬ 
gegenzukommen, dichtete dieser große Fälscher seine 
bibliophilen Wunder, ohne dafür eine andere Aner¬ 
kennung als die gute, runde Summe zu erhoffen. So 
geschickt er war, so wenig eitel war er, ein Vorzug, den 
unter allen Virtuosen vielleicht nur die Virtuosen der 
Fälscherkünste haben. Schon 1862, bei der berühmten 
Versteigerung der Sammlung des Baron Double, hatten 
seine Leistungen eine klingende Anerkennung gefunden. 
In dem Verzeichnisse dieser Versteigerung (Catalogue 
de la bibliothfcque du baron L.Double. Paris, Techener, 
1862) betrafen die Nummern 389, 390, 391 drei hand¬ 
schriftliche Sammlungen von Chansons et Motets, deren 
prachtvolle Einbände die Wappen der Diane de Poi- 
tiers schmückten. Der sehr erfahrene Leiter der Ver¬ 
steigerung hatte sich begeistert so über diese Pracht¬ 
stücke geäußert: Ces volumes sont surtout pr^cieux 
pour les reliures qui les recouvrent et qui varient selon 
les volumes, de couleurs et de dessins. Elles sont 
d’une ex^cution, d’un goßt et d’une richesse vraiment 
royales. Une d’elle a £td trfcs habilement restaur^e 
dans quelques petits endroits. Der hohe Preis 
(13825 francs) wurde von der illustren Versammlung, 
die der Auktion Double beiwohnte, als angemessen be¬ 
trachtet und der neue Besitzer war einige Jahre recht 
glücklich, bis es allmählich immer bekannter wurde, daß 
sich die Bände „vor den Wappen und den königlichen Ver¬ 
zierungen“ im Atelier Hagu£ befunden hatten. (Einer 
der Bände ist dann auf der dritten Hoe-Versteige¬ 
rung [The Library of Robert Hoe. Part III No. 2085, wo 
angemerkt wird: From the collection of L. Double 
and sold at the dispersion of his library as having be- 
longed to Diane de Poitiers, though doubts have since 
been expressed in regard of the genuincness of the 
arms and monograms] für 250 f versteigert worden.) 

Inzwischen war auch die Geschichte des Meister¬ 
stückes dieses Ateliers bekannt geworden, die der mit 
ihr verknüpfte Pariser Bibliophile E. Quentin-Bauchart 
selbst später erzählt hat (A travers les livres. Souve¬ 
nirs d’outre-tombe. Paris 1895, Seite 30 ft). Er hatte ein 
eben aufgetauchtes Gebetbuch Karls V. für 20000 Francs 
von Bachelin-Deflorenne gekauft, nachdem dieser sich für 
die zweifellose Echtheit der Heures verbürgt hatte. Und 
in der Tat: die kleine, mit schönen Malereien verzierte 
Handschrift auf einem wundervollen Pergamente hatte 
einen vortrefflich erhaltenen reichen Einband mit dem 


bekannten Zeichen der Herkulessäulen nebst der In* 
schrift: plvs vltra. Ein altes mit Samt gefüttertes 
Lederfutteral hatte den Einband so frisch erbalten, 
dessen in der Weise des XVII. Jahrhunderts ziselierte 
Silberschließen ein verschlungenes Doppel-C erraten 
ließen, wie wenigstens Potier meinte. Nichts fehlte, 
nur etwas war zu viel. Als der vielbeneidete Besitzer 
(sollte doch Spitzer 40000 Francs geboten haben, dieser 
damals als Kenner und heute als Mäcen der Fächer¬ 
künste berühmte Sammler) in einem Kreise neu¬ 
gieriger Damen seinen Fund erklärte, da fragte ihn 
eine der Wißbegierigen, es war nicht zum Vorteil seiner 
Autorität, seine Gemahlin: „Mon ami, on cousait donc 
ä la m&anique du temps de Charles-Quint“? Da blieb 
kein Zweifel: bei der Herstellung des Futterals war 
eine Nähmaschine gebraucht worden. Immerhin: das 
Futteral konnte neu, das Buch selbst konnte alt und 
echt sein. Aber Lefevre, der Bücherwiederhersteller 
bei derBibliothfcque Imperiale, nahm dem unglücklichen 
Bibliophilen auch diese Hoffnung. Er zeigte ihm, daß 
der Einband neu war. Man hatte das Maroquin künst¬ 
lich alt gemacht, die Einbandverzierung nach den besten 
Vorlagen hergestellt, das Super Ex Libris einem an¬ 
deren Bande entnommen. Die vortrefflich gewählte 
Handschrift war alt und hatte ihren alten Goldschnitt. 
Die zweimal in ihren Text eingefugte Devise Karls V. 
stand so am richtigen Platze, fügte sich so genau dem 
anderen Texte ein, daß erst die Zweifel auch an ihrer 
Echtheit zur Entdeckung führten. Dem selbst getäusch¬ 
ten Buchhändler erbrachte die Handschrift (die Hagu£ 
gegen einen bekannten Finanzmannn, Para dis, her- 
gestellt hatte, der mit dem Glauben an ihre Echtheit 
gestorben war) auf einer späteren Versteigerung 3000 
Francs. Und dieser Preis, der wohl ihrem wirklichen 
Werte entsprach, zeigt, wie die Summen, die ein 
Meisterfälscher in sein Geschäft stecken muß, gar 
nicht so unbeträchtlich sind. Wenn aus anonymen 
Stücken Provenienzen, aus unberühmten Sachen 
Namen von Liebhaberwert gemacht werden sollen, 
so muß man sich auf diese Aufgabe konzentrieren. 
Nicht neu herstellen, nicht nur verändern, sondern aus 
allerlei altem etwas ganz neues zustandebringen, das 
ist das Geheimnis der Erfolge des Herrn Hagu£ und 
seiner Spießgesellen, ein Geheimnis, das auch dem 
prüfenden Sammler nicht unbekannt sein sollte. Denn 
wenn der Bibliophile auch die schönen Illusionen sucht, 
die ihm historischer Einband und Provenienz ver¬ 
schaffen, so will er doch deshalb nicht seine falschen 
Illusionen wie die echten bezahlen. — 

La Bruy^re hat die Tannerie verspottet, die kost¬ 
spielig gebundene, repräsentativ aufgestellte, unbenutzte 
Bibliothek, die vornehme und wohlhabende Leute be¬ 
sitzen mußten, weil es die Mode verlangte (die Saura 
schon vor ihm lächerlich machte und der den Bücher- 
sammlem wenig holde Pope nach ihm). Er hat auch 
an die gemalten Büchersammlungen gedacht, an die 
perspektivischen Aussichten auf lange Büchergalerien, 
an die mit naturgetreuen Bänderücken gefüllten Bücher¬ 
schränke, die in einer Zeit, in der die Wandmaler die 
Zimmer erweitern, die Türen maskieren mußten, zu 
den beliebtesten Vorwürfen dieser architektonisch- 


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Kleine Mitteilungen 


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pittoresken Spielereien gehören (von denen sich noch 
manche Beispiele, so in der Bibliothek des Arsenal, 
in Chantilly usw. erhalten haben). Die BibliothEques 
fictives mit ihren livres de bois waren dann ein belieb¬ 
tes Gesellschaftsspiel des XVIII. Jahrhunderts, in dem 
man noch dem gelegentlichen Witz mit umständlichen 
Aufwand eine monumentale Form geben durfte. (Die 
Beispiele ließen sich hier häufen, um nur an in deut¬ 
schen Landen bekannteste zu erinnern, seien die 
Salzburger Wasserkünste, die Tiefurter kalte Küche, 
die Voltaire-Zimmer in Sanssouci genannt). In un¬ 
seren Tagen ist man nüchterner, hält das für Geld- und 
Zeitverschwendung und empfindet das Andauem eines 
aus der gelegentlichen guten Laune entstandenen 
Scherzes als seine Verwandlung in Langeweile. Allen¬ 
falls gestattet hier der moderne Geschmack den spie¬ 
lenden Kindern, den Meistern der Reklame, den rou¬ 
tinierten Theaterleuten Vorbereitung und Wiederholung, 
sonst aber gilt die Improvisation, die Ausnutzung des 
Augenblicks, als das Kennzeichen des guten Witzes, 
eine Geschmackswandlung, die man nicht übersehen 
darf, wenn man nicht die berühmtesten BibliothEques 
fictives als unverständliche Fadheit geistreicher Män¬ 
ner ansehen will. Die hölzernen Büchersammlungen 
sind nur eine besondere Form des Gebrauches 
erdichteter Büchertitel, der besonders Bücherliste und 
Büchereiverzeichnis benutzend, zu den beliebtesten 
Hüfsmitteln der literarischen Satire gehört hat und 
noch gehört. Unter ihnen ist die BibliothEque Turgot 
am bekanntesten geworden, wohl wegen des staats- 
männischen und wissenschaftlichen Ansehens des Na¬ 
tionalökonomen und Generalkontrolleurs der Finanzen 
unter Ludwig XVI., Anne Robert Jacques Turgot 
B on de l’Aulne (1727—1781). Als Turgot 1761 das 
Amt des Intendanten von Limoges erhielt, schmückte 
er in seinem Arbeitszimmer als Fortsetzung der echten 
Bücherständer eine Geheimtür mit Bücherbrettern, die 
er mit Buchatrappen füllte, um auf ihnen lustige Bücher¬ 
titel anzubringen. Tenant de Latour hat im elften 
Brief seiner MEmoires d’un bibliophile (Paris 1861) mit 
aller Ausführlichkeit darüber berichtet 

Die Unica, die Turgot zu besitzen vorgab, schie¬ 
nen in der Tat ausgezeichnete Bücher zu sein. Da 
gab es eine l'Art de compliquer les questions simples 
des abbE Galliani“ (der dem Physiokraten Turgot 
nicht gefallen konnte), eine dicke Dissertation über die 
„VEritable utüite de la guerre“, deren Verfasser, die 
Brüder Piris als Armeelieferanten ein großes Vermögen 
erworben hatten. (Einer von ihnen war übrigens auch 
ein bekannter Büchersammler.) Weiterhin eine Ab¬ 
handlung des Herrn Sedaine: „Du pouvoir de la mu- 
sique“ (denn seine Erfolge als Dichter gründeten sich 
auf die Kompositionen GrEtrys und de Monsignys) 
und eine andere des Herrn Dorat, „De l’emploi des 
images en poEsie“ (weü Dorats Ruhm der seiner 
Buchkünstler war). Ihr reihte sich ein „TraitE des or- 
nements de la poEsie moderne par M. Eisen“, dem 
Dorats Baisers ihre Erfolge verdankten, an. Anzahl 
und Größe der Bände gaben den Büchertiteln und 
Epigrammen Turgots oft ihr Salz. So umfaßte der 
„Cours complet de Morale extraite de romans“ zwei 


schmächtige Duodezbändchen und der „Corps com¬ 
plet des dEcouvertes des trente-une SociEtEs d’Agricul- 
ture“ war ein Zwergbuch wie der „Esprit des discours 
prononcEs ä TAcademie Fran^aise depuis son Etablisse¬ 
ment“. Jeux d'esprit eines Gelehrten im Schlafrock, 
bei denen nun hin und wieder so gelacht wurde, wie 
Voltaire lachte, der diese Titel geschrieben haben 
könnte: „Histoire complette des coiffures religeuses“; 
„TraitE du droit de conquEte, ouvrage posthume de 
Cartouche“; „Histoire des PEnitents avec la Chrono¬ 
logie de leurs prieurs“. (Es ist ja eine Eigenschaft 
fast aller langen Aufzählungen erdichteter Bücher, daß 
neben einigen originellen Titeln viele erquälte oder 
vom engsten örtlichen und zeitlichen Interesse stehen. 
Das könnte für jemanden, der Lust und Muße hat, sich 
durch verstaubte Scharteken zu arbeiten, die Anregung 
geben, neben einem Verzeichnis der Listen erdichteter 
Bücher eine Auslese der besten Titelscherze zu ver¬ 
suchen. Manche Vorarbeiten für dieses durchaus nicht 
reizlose Unternehmen sind schon veröffentlicht.) 

EugEne Scribes (1791—1861) „bibliothEque fictive“ 
(die Charles de Boigne in seinen „Perits MEmoires de 
1 ’OpEra“ beschreibt) war, wie es scheint, nur das kurze 
Spiel einer liebenswürdigen Laune. Neben manchem 
Späßchen, wie den „Discours des muets cElEbres“, die 
ein ganz kleines Bändchen füllten, standen zwanzig 
große Bände „Crimes des jEsuites“ und fünfundzwanzig 
noch größere „Critiques sur Mademoiselle Mars“. Die 
Darstellerin der ValErie wird, wenn sie den Dichter 
der „ValErie“ besuchte, einmal die vor ihnen anmutig 
Überraschte gespielt haben, so daß der Poet den 
Wandschmuck seiner erfundenen Bücher als das Denk¬ 
mal des Lächelns einer schönen Frau noch lange seinen 
Freunden zeigen wollte. 

Auch Ferdinand IV., König von Neapel (1751 bis 
1825), berühmt als Gemahl der Maria Luisa, hatte eine 
Sammlung von Büchertiteln auf Bücherrücken, aber 
eine Sammlung, die ernst genommen sein wollte. In 
seinem Schlafzimmer repräsentierten, durch hohe Glas¬ 
scheiben eines schönen Schrankes wohl verwahrt, lange 
Bandreihen, eine Auswahl des italienischen Schrifttums, 
die seinem Geschmack und seiner Gelehrsamkeit das 
vorzüglichste Zeugnis gaben. Diese kostbaren Bände 
waren indessen nur Holzstücke in Buchform mit einem 
prächtigen Lederrücken. Wie man weiß, sind diese 
Büchertapeten für praktische Zwecke, von denen viele 
Meter wenig kosten, zuerst in Amerika der Gegenstand 
einer besonderen Tapezierer-Industrie geworden, die 
preiswerte Wohnungsausstattungen liefert 

Daß Bücher-Atrappen, der einzelne ein Buch vor¬ 
täuschende Band zu allerlei vortrefflichen Scherzen die¬ 
nen können, braucht hier nur der Vollständigkeit wegen 
vermerkt zu werden. Von der blechernen Frühstügks- 
kapsel mit der schönen Aufschrift-„Bäckers Werke“, bis 
zu dem in der Kirche vergessenen englischen Gebetbuche, 
das beim öffnen zwei Abteilungen zeigte, von denen die 
eine allerlei Süßigkeiten aufgenommen hatte, die andere 
aber einen flüssigen Magentrost, zu dem die verge߬ 
liche Besitzerin leicht durch anhaltendes Küssen ihres 
Buches gelangen konnte, gibt es so viele Abarten (unter 
denen die Möbelstücke, besonders die geheimsten 


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kleine Mitteilungen 


noch eine besondere Gruppe bilden), daß ihre Auf¬ 
zählung aus den bekannten Rücksichten auf den Raum 
füglich unterbleiben darf. Nur daran sei am Ende 
noch erinnert, daß die Töpferkunst früherer Jahrhun¬ 
derte, die sich gern in grotesken und satirischen An¬ 
spielungen gefiel, auch die Buchform für ihre Zwecke 
ausgenutzt und Ofenkacheln das Aussehen und die In¬ 
schriften von Buchrücken gegeben hat. G. A. E. B. 


Der Verein der Plakatfreunde veranstaltet einen 
Wettbewerb zur Erlangung einer künstlerischen Brief 
verschlußmarke (Siegelmarke). Teilnahmeberechtigt 
sind alle, die bis zum i. September 1912 als Mitglieder 
des Vereins angemeldet sind. An Preisen stehen 
250 Mark zur Verfügung, Einlieferung ist am 1. Sep¬ 
tember 1912. Der Jury gehören außer dem Vor¬ 
stände an: die Herren Lucian Bernhard, Julius 
Klinger, Ernst Neumann und Regierungsrat von Zur 
Westen. Nähere Bedingungen durch den Vorsitzenden 
Dr. Hans Sachs, Charlottenburg, Schillerstr. 2. 


Hauptversammlung der Gutenberg - Gesellschaft . 
Ein dauerndes und lebendes Andenken an den großen 
Johannistag des Jahres 1900, da sich die gesamte 
Kulturwelt in Mainz vereinigte, um den 500. Geburtstag 
des großen Lichtbringer zu feiern, bildet die damals 
begründete Gutenberg-Gesellschaft, die ihre Mitglieder 
in allen Kreisen der Welt zählt und sich alljährlich am 
Sonntage nach der Sonnenwende versammelt. Auch 
gestern hatte der Ruf der Mainzer Bürgermeisterei 
wieder eine stattliche Anzahl von Gästen angelockt, 
die aufmerksam den Verhandlungen und Vorträgen 
folgten. Den elften Jahresbericht trug Herr Professor 
Dr. Binz, Oberbibliothekar der Stadt Mainz, vor. Die 
Mitgliederzahl der Gesellschaft hat sich leider ver¬ 
ringert Zu dieser unwillkommenen Erscheinung trägt 
wohl in erster Linie die verspätete Ausgabe der Ver¬ 
öffentlichungen bei, die das einzige sind, was die Ge¬ 
sellschaft ihren auswärtigen Mitgliedern bietet. So 
sind diese Druckschriften für die Jahre 1908, 1909 und 
1910 erst gemeinsam im Jahre 1911 erschienen und 
versandt worden. Der auf dem Gebiete der Buch¬ 
druckforschung wohlbekannte Hans Koegler-Basel bot 
eine neue Arbeit zur Veröffentlichung an: „Ein voll¬ 
ständiger, kritischer Katalog der in Basler Drucken 
von Einführung der Druckkunst bis Mitte des XVI. 
Jahrhunderts gebrauchten Zierinitialen“. Bei der her¬ 
vorragenden Stellung, die Basel gerade in dieser Hin¬ 
sicht in der Geschichte der Druckkunst einnimmt, ist 
die Veröffentlichung eines solchen Werkes, das nicht 
nur der Kunstgeschichte, sondern auch der Biblio¬ 
graphie und Geschichte des Buchdrucks zu dienen be¬ 
stimmt ist, erwünscht und zweifellos eine dankbare 
Aufgabe für die Gesellschaft Diese entschloß sich 
denn auch zur Drucklegung des Werks. Das Guten¬ 
berg-Museum legte seinen ganzen Eifer auf den Erwerb 
wichtiger druckgeschtlichtlicher Werke und älterer Fach¬ 
zeitschriften. Schriftgießereien und Buchdruckereien, 
so die Reichsdruckerei haben das Ausstellungsmaterial 


wieder bedeutend vermehrt. Den Glanzpunkt des Tages 
bildete der Vortrag des Direktors des Buchgewerbe¬ 
museums in Leipzig, des Herrn Dr. Schinnerer. 


Die neueste Publikation der englischen biblio¬ 
graphischen Gesellschaft . Der jüngst herausgegebene 
neueste Band der „Bibliographical Society of England“ 
ist — gemäß „The Nation“, deren ausgezeichnete 
„News for Bibliophiles“ auch den europäischen Bücher¬ 
freunden stets Interessantes bringen — eine Liste eng¬ 
lischer Ausgaben und Übersetzungen griechischer und 
lateinischer, vor dem Jahre 1641 gedruckter Klassiker. 
Der Titel sagt bereits, wie wichtig dieser Band für das 
Studium der klassischen Philologie, nicht allein Eng¬ 
lands sondern auch der übrigen Länder, ist; und so 
ist es sehr zu bedauern, daß durch die beschränkte 
Zirkulation des Bandes im Kreise der Mitglieder der 
Gesellschaft so viele wirkliche Interessenten davon 
ausgeschlossen sind. Eine Amerikanerin, Miß Hen- 
rieta Palmer, hat den Band zusammengestellt, Victor 
Scholderer hat eine ausgezeichnete Einleitung dazu 
geschrieben. Die Autoren sind alphabetisch, griechische 
und lateinische zusammen, geordnet und auch die 
Pseudoklassiker sind eingeschlossen. Zujn Beispiel 
erscheint „The Hystorie Sege and Dystruccyon of 
Troye by Dares Phrygius, which was a souldier while 
the Siege lasted“ in drei englischen um die Mitte des 
XVI. Jahrhunderts gemachten Übersetzungen; auch 
die im Jahre 1598 gedruckten „The Riddles of Heracli- 
tus and Democritus“, gleichfalls ein Werk der Phan¬ 
tasie, stehen unter den wirklichen Klassikern. Man 
nimmt an, daß „The Historical, Treatise of the Tra- 
vals of Noah into Europe“ von dem Chaldäer Berosus, 
einem Autor, der nur in wenigen Fragmenten uns 
überliefert ist, nur das enthält, was Berosus über diesen 
Gegenstand geschrieben haben mag. Um strikt und 
akkurat zu sein, hätte das Wort „klassische“ (Autoren) 
von dem Titel wegbleiben müssen. In der Liste ist 
von auffallendem Interesse, daß Äschylus vollständig 
fehlt, was aber dann nicht zu verwundern ist, wenn 
man sich daran erinnert, daß noch viele Generationen 
nach der Publizierung> der Aldina der Text bis zur 
Unverständlichkeit korrupt war. Von Aristophanes 
war 1593 nur eine Komödie, die Ritter, veröffentlicht 
und kein Stück übersetzt. Sophokles ist durch eine 
Ausgabe der „Antigone“ aus dem Jahre 1581 und 
durch eine Art Adaptierung des Ödipus Rex in drei 
„Cantoes“ repräsentiert; die letzteren wurden 1615 
publiziert, existieren aber nicht mehr. Euripides kommt 
mit drei Einträgen am besten weg, einer freien Über¬ 
setzung der Phoenissen, einer Ausgabe der „Troades“ 
und der lateinischen Übersetzung der Aulischen „Iphi¬ 
genie“. — Der Dramatiker, der dem Geschmack des 
Zeitalters am meisten nahekam, war Seneca, von dem 
mehr Einträge in dieser Bibliographie existieren als 
von jedem anderen Autor, abgesehen von Virgil und 
Horaz. Plato war weder übersetzt, noch griechisch 
ediert, aber zwei Ausgaben des schon im Altertum als 
unecht erkannten Axiochus erschienen im Jahre 1592 
und 1607. Unter den Übersetzern steht Chapman mit 
Homer, Hesiod und teilweiser Übertragung von Hero 


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Kleine Mitteilungen 


225 


und Leander (Ovids „Epistulae“) kopfhoch über den 
übrigen. Männer, welche die für eine Übersetzung 
notwendige Gelehrsamkeit besaßen, waren mit der 
Rekonstruktion verdorbener Texte beschäftigt und 
hätten das Übersetzen als eine ihrer unwürdigen Arbeit 
betrachtet. Übersetzungen wurden hauptsächlich zur 
moralischen Erbauung gemacht und dann durch wenig 
anspruchsvolle Gelehrte. — Viele Kuriositäten der 
Literatur sind in diese Liste aufgenommen, zum Bei¬ 
spiel die Martialübersetzung in gälische Sprache aus 
dem Jahre 1571 und die Drantsche Übersetzung der 
horazischen Satiren aus dem Jahre 1566, der in seiner 
Vorrede sagt, daß er „Horaz die langen Haare ge¬ 
schnitten habe, seine Nägel gerichtet und all seine 
Eitelkeiten und überflüssigenRedensarten entfemthabe“. 
Ein anderes exzentrisches Werk ist Stanyhursts Über¬ 
setzung der vier ersten Bücher der Äneide, die man 
als das absurdeste Buch in der gesamten Weltliteratur 
charakterisiert hat. Es ist in englischen Hexametern 
geschrieben, die auf der klassischen Quantitäts- statt 
der Akzentbasis aufgebaut sind. Diese Art Verse 
nannte man damals Reformverse und außer Stanyhurst 
exzellierte auch zum Beispiel Abraham France in ihnen. 

— Im Jahre 1585 erhob die reformierte Aussprache 
ihr Haupt Darauf beruht eine Ausgabe des Äsop 
„Esops Fablz in tru Ortography with Grammar-notz“. 

— Mit den wenigen Ausnahmen solcher Bücher, die 

englische Klassiker geworden sind wie zum Beispiel 
Chapmans Übersetzungen und Norths „Plutarch“, sind 
diese Ausgaben und Übersetzungen nur in solchen 
Bibliotheken wie British Museum, Boldeana und der 
Universitäts - Bibliothek von Cambridge zugänglich. 
Von mehreren kann man nicht einmal bestimmt sagen, 
daß sie anders als in der Absicht des Autors existiert 
haben, der sich eine, irgendwo registrierte, Lizenz für 
ihre Publizierung verschafft hatte, aber möglicherweise 
gar nicht weiter damit gekommen ist. M. 


Die Internationale Ausstellung für Buchgewerbe 
und Graphik 1914 wird, wie nunmehr endgültig be¬ 
schlossen ist, auch eine Historische Abteilung ent¬ 
halten. Während die buchgewerblich-graphischen 
Sondergruppen mit ihren technisch-belehrenden Aus¬ 
stellungen größtenteils retrospektive Ausstellungen 
ihres Spezialstoffes enthalten werden (zum Beispiel 
Entwicklung der Schrift, der Schreibstofle, der Farben¬ 
bereitung, der Photographie, der Photomechanik, des 
Schriftschnittes, des Druckes, der Buchbinderei), han¬ 
delt es sich hier um die Errichtung einer Halle der 
Kultur, in der in einheitlich-geschlossenem chrono¬ 
logisch-universalgeschichtlichem Zusammenhang die 
Entwicklung der Kultur dargestellt werden wird, wie 
sie sich in Entstehung, Entwicklung und Wandlung 
buchgewerblich-graphischer Betätigung im weitesten 
Sinne niedergeschlagen hat; angefangen bei den 
Resten vorgeschichtlicher Zeit und der Veranschau¬ 
lichung der einschlägigen Verhältnisse bei den primi¬ 
tiven Völkern über die Kulturvölker des alten Orients 
und der griechisch-römischen Welt hinweg durch das 
Mittelalter hindurch bis in unsere Gegenwart, ja in 
zukünftige Bildungen hinein, vor deren Keimen unsere 


Gegenwart steht. Die geschichtliche Abteilung wird 
also keine Bücher-, Handschriften- oder Büderaus- 
stellung sein. Es handelt sich vielmehr einmal um 
die Entwicklung der Mittel und Werkzeuge, mit denen 
geistige Werte über Raum und Zeit hin vermittelt 
werden; und sodann darum, wie die Herstellung und 
das Erzeugnis, der Vertrieb und die Lektüre in den 
verschiedenen Zeiten gestaltet war, und um die Ver¬ 
anschaulichung dessen in einheitlichen Kulturbildern. 

Die Organisation der geschichtlichen Abteilung ist 
in die Hand eines Ausschusses gelegt, dem bisher 
folgende Herren angehören: Geheimrat Professor Dr. 
Lamprecht (Vorsitzender), Professor Dr. Witkowski 
(stellvertretender Vorsitzender), Geheimrat Professor 
Dr. Sudhoff % Professor Dr. Weule, Direktor des Mu¬ 
seums für Völkerkunde in Leipzig und Dr. J. Gold¬ 
friedrich. 


Der 60 . Jahresbericht der Bostoner Öffentlichen 
Bibliothek berichtet, daß diese Bibliothek nunmehr eine 
Million Bände enthält und daß sie im vorigen Jahre 
nicht weniger als 1612270 Bände außer dem Hause 
verliehen hat. Jeden Tag wurden von diesen Ausleih- 
büchem 400 durch eigene Wagen nach Filialbiblio- 
theken, Schulen und öffentlichen Instituten verbracht. 
Das Budget zur Erhaltung dieser großen Bibliothek 
erforderte im verflossenen Jahre 400000 Dollars 
(1700000 M.), von denen die Stadt alles, bis auf 45000 
Dollars, beitrug, während der Rest als Zinsen aus vor¬ 
handenen Sliftungsfonds einging. Die Wichtigkeit der 
wissenschaftlichen Arbeit in der Bibliothek geht aus 
dem Faktum hervor, daß ungefähr 20000 Studenten 
ihre Studien entweder in unmittelbarer Nähe der 
Bibliothek oder doch so, daß sie das Zentralbibliothek¬ 
gebäude leicht erreichen können, treiben. Der Wert 
der in der Bibliothek enthaltenen Spezialbücher-Samm- 
lungen ist so bedeutend, daß man die Bostoner öffent¬ 
liche Bibliothek das amerikanische Mekka für Männer 
und Frauen, die wissenschaftlichem Studium ergeben 
sind, nennen kann. Der Bericht fordert diesmal zur 
Errichtung eines Pensionsfonds für wegen Alters oder 
Krankheit sich zurückziehende Beamte der Bibliothek 
auf, da, wie es scheint, die Stadt Boston dafür bis jetzt 
noch nicht gesorgt hatte. M. 


Im Mai-Heft unserer Zeitschrift (Beiblatt Seite 77) 
berichteten wir über die Gründung der neuen Ge¬ 
sellschaft für elsässische Literatur . Da die Notiz über 
die Faksimile-Ausgaben des Narrenschiffs von Se¬ 
bastian Brant, die von der Gesellschaft der Biblio¬ 
philen und von der Gesellschaft für Elsässische Lite¬ 
ratur vorbereitet werden, vielleicht mißverstanden wer¬ 
den könnte, so sei dazu noch Folgendes gesagt. Der 
Gedanke, das „Narrenschiff* in Faksimile*Ausgabe zu 
veröffentlichen, ist gleichzeitig und vollkommen selb¬ 
ständig entstanden. Beide Ausgaben verfolgen ver¬ 
schiedene Ziele. Die Ausgabe der Gesellschaft der 
Bibliophilen legt den Hauptwert auf die Frage der 
Entstehung der Holzschnitte, die so sehr umstritten 
ist und in einer kritischen Abhandlung dieser Ausgabe 
eingehend behandelt werden soll, während die Publi- 


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Kleine Mitteilungen 


kation der Gesellschaft für Elsässische Literatur durch 
eine allgemeine Einleitung und ein Glossar das Werk 
dem Verständnis weiterer Kreise erschließen will. 
Beide Gesellschaften haben sich in freundschaftlicher 
Weise, sogleich nachdem die Pläne bekannt wurden 
und die Selbständigkeit der Ideen ersichtlich war, 
verständigt. 

Der neue Cohen . Das Buch der gotischen Zeit und 
das Buch der italienischen Renaissance bezeichnen mit 
dem französizchen Buche des XVIII. Jahrhunderts die 
drei Höhepunkte der Buchkunst der alten Meister. 
Noch in der Wiegendruckzeit entstand das klassische 
Buch der italienischen Renaissance, in Venedig war 
der Mittelpunkt der neuen, der gotischen Art sogleich 
ebenbürtigen Buchausstattung und wenn die Blütezeit 
des mit Holzschnitten geschmückten venetianischen 
Buches auch nur ein Menschenalter hindurch (etwa 
von 1470 bis 1500) währte, so hinterließ sie doch so 
zahlreiche köstliche Stücke, daß die vier großen Foli¬ 
anten der vortrefflichen Bibliographie des prince 
d'Essling, duc de Rivoli (der leider den Abschluß 
seines großartigen bibliographischen Unternehmens 
nicht mehr erleben durfte) noch in den Erzeugnissen 
der Nachreife die Vollendung der venetianischen Re¬ 
naissancebuchkunst zeigen können. 

Auch die Blütezeit des Rokoko-Buches dauerte nur 
ein Menschenalter lang. Oder richtiger die des Pariser 
mit Kupferstichen geschmückten Buches der Zeit von 
etwa 1760 an, die ihr gewaltsames Ende mit der Revo¬ 
lution fand, ln der Epoche Ludwigs XV. dominierte 
noch das offizielle Prachtwerk, der sauber in Kupfer 
gestochene, vornehme Foliant, dessen Blätter den Glanz 
des Thrones von Versailles wiederspiegeln sollten. 
Um 1750 setzten dann die Bemühungen ein, einen 
eigenen Pariser Buch-Stil zu gewinnen, der Louis Seize 
ist. Ein Geschlecht von Zeichnern und Stechern ar¬ 
beitete für die Verleger, die die Liebhaberausgaben 
von Werken alter und neuer Zeit der immer mehr ver¬ 
wöhnten galanten Gesellschaft lieferten. Aber trotz 
aller Prunkentfaltung, trotzdem das Ensemble des 
Pariser Prachtwerks jener Tage alb Elemente des 
schönen Buches repräsentiert, bleibt im Gegensatz 
zu der künstlerischen Gesinnung, aus der die klas¬ 
sischen venetianischen Holzschnittbücher einheitlich 
entstanden, des disharmonischen genug: der Druck ist 
sauber aber nüchtern, der Einband aus kostspieligem 
Maroquin zeigt im Vergleiche zur französischen Ein¬ 
bandkunst des XVI. und XVII. Jahrhunderts viele 
Zeichen des Verfalles der Buchbinderkunst und der 
Leser muß sich (wie bei Dorat) „de planche en planche“ 
über die Buchstaben wellen retten, weil die Ton werte 
des Buchdruckes und des Kupferstiches unvermittelt 
gegeneinanderprallen. Wenn trotzdem die Charme 
dieser Pariser Bücher jeden entzückt, der sie betrach¬ 
tet, der sie mit den in der Anlage ähnlichen Büchern, 
die in gleicher Zeit in anderen Ländern entstanden, 
vergleicht, wenn diese Bücher, trotzdem sie die ästhe¬ 
tischen Gesetze der Kunst im Buchdruck verletzen, 
trotzdem ihr Inhalt oft nicht ihre Ausstattung wert ist, 
allgemeine Anerkennung als Buchkunstwerke finden 


konnten, so muß ihr Reiz noch auf Wirkungen beruhen, 
die nicht mehr von dem Buche selbst ausgehen, son¬ 
dern von der Zeit, in der es entstand. Das Rokoko 
ist das Ende der Renaissance; am Anfang und am 
Ende dieser Kulturepoche stehen für den Bücherfreund 
zwei Gruppen dekorierter und illustrierter Bücher. Da 
liegt es nahe, zunächst einmal nach Gleichem und 
Unterscheidendem zu suchen, um Richtungslinien einer 
Entwicklung zu finden. Nur eine sei hier angedeutet: 
Das klassische venetianische Buch mit Holzschnitten 
war im XV. Jahrhundert ein Gebrauchsbuch, ein Buch 
schlechthin wie andere auch, das Pariser Prachtwerk 
mit Kupferstichen im XVIII. Jahrhundert das Ergebnis 
einer Luxusbücherindustrie, die Autoren, Buchkünstler, 
Verleger nährte und für den Bedarf der modernen 
Welt in Europa produzierte, eine Pariser Mode war. 
wie andere Pariser Moden auch. Darin aber lag seine 
Schwäche und liegt seine Stärke. Ein Erzeugnis des 
Überflusses, künstlich gepflegt, ist es rasch unter¬ 
gegangen, weil seiner Art die Gesundheit fehlte, sich 
veränderten Lebensgewohnheiten anzupassen. Die 
Pariser Buchkunst hat sich nicht gewandelt wie die 
venetianische, sondern verschwand mit einem Male. 
Aber was von ihr übrig blieb, war ein Extrakt von 
Extrakten jener seltsamen Luft, die die Menschen, die 
in ihr lebten, nach tollen Räuschen erstickte und die 
heute den der Parfüme Entwöhnten in gelegentlichen 
Stunden alle Raffinements einer verschwundenen Zeit 
vermitteln kann. 

Die französischen Amateure des XVIII. Jahrhun¬ 
derts haben die Prachtausgaben des XVIII. Jahrhun¬ 
derts gesammelt, wie man die schönen Bücher seiner 
Zeit zu sammeln pflegt, ohne allzu große Rücksichten 
auf ihren Liebhaberwert und die diesen beeinflussen¬ 
den besonderen Umstände. Sie stellten das mit einem 
Prachtbande geschmückte Prachtwerk in seiner besten 
Ausgabe in ihren Bücherschrank. Nur gelegentlich 
betrachtete der eine oder der andere Bücherfreund 
diese Kabinetstücke der heutigen Bibliophilie auch 
noch von anderen Gesichtspunkten, als denen des Nur- 
Bücherkäufers. So auch A. A. Renouard % der Altbuch¬ 
händler und Verleger war und sich mit Erfolg in diesen 
Berufen bewähren konnte, weil er zu ihnen als ein pas¬ 
sionierter Bibliophile gekommen ist. Und er, der als 
Verleger auch an der Entstehungsgeschichte einzelner 
berühmter Prachtausgaben ein besonderes Interesse 
nahm, der für seine späteren eigenen geschäftlichen 
Zwecke sich alles zusammenstellte, was ihn die Ge¬ 
schichte dieses oder jenes Buches deutlich übersehen 
ließ, hat mit vereinzelten Beschreibungen in seinem 
vierbändigen „Catalogue de la bibliothtque d un ama - 
teur“ (Paris, 1819) recht eigentlich die Bibliographie 
des französischen Kupferstichbuches des XVIII. Jahr¬ 
hunderts begründet, die mit dem „Cohen* 1 ein halbes 
Jahrhundert später autoritative Bedeutung gewann. Die 
Bibliophilengeneradon, der Renouard angehörte, sah in 
den Rokokobüchem noch nicht große Liebhaberwerte, 
die Kenner sammelten sie, aber nicht als unerhörte 
Kostbarkeiten. Und ab der Kern der wundervollen 
Bücherei Renouards 1854 versteigert wurde, als schon 
die Brunet und Nodier für den „amateur impeccable“ 


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Kleine Mitteilungen — Anreigen 


227 


die Beispiele gegeben hatten, waren die Preise auch 
für die erlesenen Proben französischer Buchkunst noch 
immer so niedrig, daß niemand vermuten konnte, in 
wie kurzer Zeit ein neues Sammelgebiet entdeckt wer¬ 
den würde, das zu betreten nur den mit Reisegeld nicht t 
Sparenden erlaubt sein würde. Die tonangebenden 
Bibliophilen des zweiten Kaiserreichs haben das neue 
Gebiet entdeckt Sie, die noch überall Funde machen 
konnten, stellten an die Bücher mit Kupferstichen, die 
aus dem XVIII. Jahrhundert kamen, die allerhöchsten 
Ansprüche. Berühmte Provenienz und alter Maroquin- 
band aus berühmter Werkstätte, die originalen 
Handzeichnungen, die als Vorlagen für die Stecher ge¬ 
dient hatten, Probedrucke und unterdrückte Stiche, das 
alles mußte ein Großpapier haben, w'enn es der „ama- 
teur impeccable“ in seine Bibliothek ließ. Der schönen 
Bibliophilen-Phantasie entsprachen die Phantasiepreise, 
die zu steigern das bibliographische System der „ Livres 
ä gravures du XVIII* stiele“, das Henri Cohen in 
seinem 1870 zuerst veröffentlichten Handbuch aufstellte, 
fortgesetzt beitrug. Mit dem letzten Jahrzehnt des 
XIX. Jahrhunderts kam dann nicht die Entnüchterung, 
aber die Entspannung auf dem Altbüchermarkte w f ie 
für andere große Liebhaberwerte der Bibliophilen des 
zweiten Kaiserreiches auch für die Kupferstichbücher 
des XVIII. Jahrhunderts. Die kostbarsten Stücke 
waren allmählich vom Markte verschwunden, die Sen¬ 
sationen auf den Auktionen wurden seltener, weil viele 
dieser kostbarsten Stücke in festem Besitz waren und 
w'enn sie einmal auftauchten, öffentlich ausgeboten wur¬ 
den, nicht ä l'amiable die Besitzer wechselten,ihre hohen 
Preise neben denen anderer ihnen ähnlicher Kostbar¬ 
keiten des Rokoko, wie sie noch letzthin die „Vente 
Doucet“ brachte, nicht mehr besonders merkwürdig 
erscheinen. An die Stelle der Auslese war das Mittel¬ 
gut getreten, mit dem sich nun allzuoft auch die eifrig¬ 
sten und reichsten Sammler begnügen müssen. Und 
wie sich die Perspektive zum XVIII. Jahrhundert über¬ 
haupt immer weiter vertieft, so auch die zu seinen 
Büchern, auch für sie weicht der bibliophile Enthusias¬ 
mus allmählich der bibliographischen Kritik. Nunmehr 
erscheint: „ Henri Cohen , Guide de lamateur de livres 
ä gravures du XVIII* stiele . Sixtime Idition, rnwe, 
corrigie et eonsidlrab lern ent augmentle par Seymour 
de Ricci . Paris, Librairie A. Rouquette. 1912. (XXVI und 
i247Seitenmit !2Tafeln). Der Lexikonoktavband in 1050 
Abzügen ausgegeben, ist der Ersatz der letzten, von 
B 0B R. Portalis besorgten Ausgabe des Cohen, die ihrer¬ 
seits zu einer gesuchten und teueren Seltenheit gewor¬ 
den war. Bei der äußeren Abgrenzung des Stoffes 
einer bedeutenden Liste der mit Kupferstichen ge¬ 
schmückten Bücher des XVIII. Jahrhunderts konnte 
und sollte nicht insofern Vollständigkeit erreicht wer¬ 
den, als ein Verzeichnis aller im XVIII. Jahrhundert 
erschienenen, mit Kupferstichen illustrierten Bücher 
gegeben werden sollte. Die nur dokumentierende 
Illustration, die vor dem photomechanischen Reproduk¬ 
tionsverfahren auf Holzschnitt und Kupferstich an¬ 
gewiesen war, mußte von vornherein ausgeschlossen 
werden. Und an die aufgenommenen Bücher durfte 
kein in künstlerischen Dingen zu nachgiebiger Maß- 


Für Sammler moderner Luxusausgaben etc. 

Au* der Bibliothek eine* Berl. Bibliophilen erwarb ich eine um¬ 
fangreiche Saxnmluug moderner bibliophiler Publikationen 
(wie Luxusdrucke d. In*el — Doves Pre*s — die Hunden usw.). die 
xum großen Teil vergriffen und selten sind, uni biete dieselben ein¬ 
zeln zum Kauf ao. — Interessenten wollen mir gefl. ihre Desideraten 
auf diesem Gebiet, mögt, gleich, mit ihrem Limit, angeben, worauf 
evtl, sofortige Offerte erfolg. 

EDMUND MEYER, 
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31 Jahre alt, der keine Arbeit scheut, 
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7. Oktober u. folgende Tage unter Leitung des Herrn 
Fr. Lehmann, Antiquar, hier 

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Chr. Schlossers, enth. die deutsche Literatur von Anfang 
bis zur neueren Zeit, darunter viele Erst-Ausgaben, be¬ 
sonders Goethe, Schiller (u. a. der Venus wagen) 
Varnhagen von Ense u. a. seltene Werke der 
deutschen Literatur zum großen Teil in schöne Leder¬ 
bände gebunden. 

II. Die reichhaltige Bibliothek des f Herrn Dr. Gust. 
Zieler, zuletzt Redakteur am Frankfurter General¬ 
anzeiger, enth. die Literatur der letzten 20 Jahre, 
darunter viele Erstausgaben moderner Autoren, 
Vorzugsdrucke und numerierte Exempl., ferner 
Bücher mit eigenhändiger Widmung der Ver¬ 
fasser, Werke des Insel- u. Tempel-Verlages, 

sowie Diederichs und Müller. 

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228 


Kleine Mitteilungen — Anzeigen 


stab gelegt werden. Das entsprach durchaus der An¬ 
lage des „Cohen“, dessen erste Auflage nur eine Aus¬ 
lese der allerschönsten Bücher enthalten sollte, die sich 
dann immer mehr erweiternd (zumal seit der dritten 
von Chr. Mehl besorgten Auflage, auch das biblio¬ 
graphisch-kritische Element stärker hervortrat), in der 
letzten Auflage einen Umfang erreicht hat, den ihr 
Bearbeiter selbst eher zu vermindern als zu vergrößern 
für nötig hält. Manche neuerdings viel mehr als früher 
beachtete Büchergruppen, wie die zierlichen Almanache 
und die großen Omamentstichwerke waren gebühren¬ 
dermaßen zu berücksichtigen, die umständliche Klein¬ 
arbeit genauer bibliographischer Beschreibung, die für 
den Gebrauchswert eines jeden bibliographischen Hand¬ 
buches entscheidend ist und soviel Mühe und Zeit 
kostet, die nur der richtig einschätzen kann, der sich 
in ihr versuchte, geduldig zu beenden. Den allgemeinen 
Liebhaberwert der verzeichneten Bücher hat Herr Sey- 
mour de Ricci nach den mittleren Exemplaren in Kalb¬ 
leder oder Kartonnagen der Zeit und dem Stande von 
1912 eingeschätzt, aus den schon oben angedeuteten Grün- 
den die einzige Möglichkeit, zu einer einigermaßen rich¬ 
tigen Angabe des mittleren Preises zu gelangen. Die 
kostbaren Exemplare in alten Maroquinbänden, aus be¬ 
rühmten Vorbesitz, mit den Handzeichnungen und 
Vorzugsdrucken werden auf ihren Wanderungen durch 
die Auktionen und Bibliotheken genau verfolgt Hier 
kam dem Herrn Herausgeber seine bekannten Kennt¬ 
nisse der alten Kataloglitteratur sehr zu statten und er 
hebt mit Recht die Vollständigkeit solcher Angaben, 
die für viele überflüssig erscheinen könnten, als bestes 
Abwehrmittel gegen die Fälscher und ihre Künste 
hervor. In diesen ganz genauen, die Katalognummern 
nennenden Angaben und in der Kollation wenigstens 
der Hauptwerke und sehr vieler Neben werke liegen 
die Vorteile der neuen Auflage gegenüber den frühe¬ 
ren, für die wir dem Herrn Herausgeber besonders 
dankbar sein müssen und die er mit Recht in der 
Vorrede als sein Verdienst in Anspruch nehmen kann. 
Daß ihm die Autopsie als die selbstverständliche 
Tugend des Bibliographen erschienen ist und daß er 
sich mit Erfolg in allen bekannten bedeutenden Samm¬ 
lungen von illustrierten Büchern des XVIII. Jahrhun¬ 
derts umgesehen hat, beweisen die 12 beigegebenen 
Tafeln, die Handzeichnungen berühmter Buchillustra¬ 
tionen zeigen und damit erkennen lassen, inwieweit 
die Stecher den Intentionen der einzelnen Künstler 
folgen konnten. Die aufgefrischte Vorrede der B on 
R. Portalis aus der fünften Auflage eröffnet die sechste 
mit einer ausgezeichneten kurzen Übersicht des Wer¬ 
kes jener Buchkünstler, das der Cohen verzeichnet 
Für „Addenda et Corrigenda“ bleibt auch in seiner 
neuesten Auflage noch mancher Raum. Das kann 
aber kein Vorwurf sein. Umfassende biliographische 
Nachschlagewerke können Genauigkeit und Voll¬ 
ständigkeit nur durch die Mitarbeit vieler gewinnen. 
Immerhin sind doch manche unschwer zugängliche 
Quellen unbenutzt geblieben, so z. B. die für die deut¬ 
schen illustrierten Bücher der Zopfzeit. Es genügt 
zum Beweise dieser Behauptung auf die Stichworte 
Goethe (der berühmte Druckfehler: Die Le»den des 


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Literatur und Justiz — Anzeigen 


229 


jungen Weither ist diesmal glücklich vermieden) 
und Frdddric 11 . hinzuweisen. Wenn die Benutzer 
des unentbehrlichen Guide Cohen ihre Mitarbeit dem 
neuen Herrn Herausgeber, wie es im allgemeinen 
Interesse wünschenswert ist, zuteil werden lassen, wird 
in absehbarer Zeit ein Nachtragsband Ausgelassenes 
ergänzen, kleine Fehler berichtigen können. Und 
damit ein Werk zum Abschluß bringen, dessen Inhalt 
sich für seine ferneren Auflagen nur insoweit noch ver¬ 
ändern kann, als die Entwicklung des Altbüchermarktes 
und der Bücherliebhaberei solche Veränderungen be¬ 
dingen wird. G. A. E. B. 


Literatur und Justiz. 

Im Laufe der letzten Wochen wurden folgende 

Beschlagnahmen verfugt, bezw. durch Gerichtsurteil 

bestätigt: 

Jean qui rit Nr. 587; 

Ein origineller Liebesbrief; 

Miß Rod, John Bulls Erzieherin. Eine Sammlung von 
Briefkasten-Korrespondenzen aus englischen Zeitun¬ 
gen entnommen. Übersetzt von Erna Neumann. 
1912. Triest, Korrespondenz-Verlag H. Dorn; 

Die G’schamige, Simplizissimuspostkarten; 

Tagebuch eines Flohs. O. J. Dresden, Weltreform¬ 
verlag ; 

Richard Ungewitter , Kultur und Nacktheit. Stuttgart, 
Strecker & Schröder: 

Alira, Brennus: Le Journal d'uneFlagelöe. 1909. Seine, 
Select-Bibliothfcque; 

R. Brökmek , Gefährliche Buße. O. J. Leipzig, Leip¬ 
ziger Verlag; 

Irene Brug , Amor Imperator. 1907. Leipzig, Leip¬ 
ziger Verlag. 

Dolorosa (Jean de Vüliot), Ihr Herr. 1904. Dresden, 
H. R. Dohm; 

Feodor Essle , Birkentee und Rohrstockpflaster. 1909. 
Privatdruck; 

Waldemar Fröse, Liebe und Schönheit O. J. Königs¬ 
berg, Selbstverlag; 

Madonna Nero von R. B. Privatdruck; 


Im „Preußischen Verwaltungsblatt“ finden wir die 
Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts abgedruckt, 
die am 29. Februar dieses Jahres in der Klage wegen 
eines Aufführungsverbots von Wedekinds „Frühlings - 
erwachen“ gefällt wurde. Das vom Regierungspräsi¬ 
denten erlassene Verbot wurde aufgehoben, weil gegen¬ 
über dem ernsten Inhalt und der ernsten Wirkung des 
ganzen Stückes die anstößigen Stellen weit zurück¬ 
treten „und somit die Grenzen des im polizeilichen 
Sinne Zulässigen nicht überschreiten“. Das ist gerecht 
und verständig geurteilt und schafft Vertrauen zum 
Oberverwaltungsgericht. Noch besser gefallt uns aber 
die Art, wie in der Begründung des Urteils der Inhalt 
dieses Stückes erzählt wird, das auch gebildete 
Menschen mitunter noch anfeinden. Wir halten es für 
richtig, diese amtliche Darstellung in weiterem Gesichts¬ 
kreis bekannt zu machen. Hier ist sie: „Der Inhalt 
Z. f. B. 1912/1913. 


C. E. Rappaport 

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VI. Jahrgang, Nr. 25 

326 Nummern 


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Österreich 

Aldinen 

Florenz 

Ostindien 

Amerika 

Galilei 

Paris 

Astronomie 

Goethe 

Petrarca 

Bibliographie 

Grillparzer 

Polen 

Boccaccio 

Illustrierte Bücher 

Portugal 

Bodoni-Drucke 

Italien 

Ritterorden 

Cervantes 

Kriegskunst 

Robinsonaden 

China 

Luftschiffahrt 

Rom 

Dalmatien 

Medizin, Alte 

Rußland 

Dante 

Mittelmeer 

Schach 

Elzevier 

Musik 

Sonnenuhren 

England 

Okkultismus 

Ungarn 


Für Mitteilung von Sammelgebieten und Desideraten 
bin ich stets dankbar und sichere deren sorgfältigste 
Beachtung zu. 


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230 


Literatur und Justiz — Anzeigen 


des Stückes läßt sich dahin zusammenfassen: Es wird 
dargestellt, wie auf junge, in dem Alter der beginnen¬ 
den Geschlechtsreife stehende naive Personen die 
realen Mächte des Daseins einwirken; vornehmlich 
ihr eigener, erwachender Geschlechtssinn und die An¬ 
forderungen des Lebens, insbesondere der Schule. Sie 
erliegen in dem sich entwickelnden Kampfe vor allem 
deshalb, weil ihre berufenen Leiter, die Eltern und 
Lehrer, nach der Auffassung des Dichters in welt¬ 
fremdem Unverstand und aus Prüderie es unterlassen, 
sie zu belehren und ihnen verständnisvoll helfend die 
Wege zu weisen. Wendla Bergmann geht unter, weil 
trotz Ihrer Bitte die Mutter es unterläßt, sie über die 
menschlichen Geschlechtsverhältnisse aufzuklären. 
Moritz Stiefel, in Verwirrung gebracht durch die Re¬ 
gungen seiner beginnenden Pubertät, durch seine 
Zweifel über Entstehung und Zweck der Menschen und 
nicht zuletzt durch die sexuellen Belehrungen seines 
Freundes, wird erdrückt durch die Aufgaben der Schule, 
die er nicht erfüllen kann, deren Erfüllung aber der 
nur hierauf gerichtete strenge Sinn seines Vaters von 
ihm fordert Melchior Gabor geht nur deshalb nicht 
zugrunde, weil er Verständnis für das, in einer Personi¬ 
fikation, als vermummter Herr auftretende reale Leben 
gewinnt und sich von diesem mitziehen läßt. So aufge¬ 
faßt, läßt sich dem Stück im ganzen nach seiner Ten¬ 
denz und seinem Inhalt der Charakter eines ernsten 
Stückes nicht absprechen; es behandelt ernste, vielfach 
im Vordergründe des Interesses stehende Erziehungs¬ 
probleme und sucht zu diesen Stellung zu nehmen. 
Es ist nicht erkennbar, daß da, wo sittenwidrige Hand¬ 
lungen dargestellt werden, dies geschieht, um sie als 
etwas Erlaubtes oder Nachahmenswertes hinzustellen 
oder gar um die Lüsternheit der Zuschauer anzuregen 
oder zu befriedigen. Das Theaterpublikum wird sich 
dem rein menschlichen Mitgefühl für das tragische 
Geschick der Hauptpersonen und dem Interesse für 
den Gang der Handlung und die darin behandelten 
Probleme nicht entziehen können. Jedenfalls ist nicht 
abzusehen, inwiefern die Zuhörer daraus eine Anregung 
zu eigenem sitten- oder polizeiwidrigen Verhalten 
empfangen sollten? 4 


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Originale und zwar Lithographien, Kupferstiche, Holz¬ 
schnitte usw. Der SATURN darf als eine der origi¬ 
nellsten jüngeren Zeitschriften bezeichnet werden. 
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mindestens 6 Hefte erstrecken. Gratisprobenummern 
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flnwrblrr. zQfWrtfungfür ‘öflu-unb 5\unflfrf)|pffrr/3. c ll6lnlunfl für 9üuimhinff 
uirä 9of;6nnbnlung/brf(immf für ^nnranir^nrtfni^^tmrrrhniPrru^öflu^iinbiPfT^rr 

beginn 6r*^utfrr'(3rinrftn9 am3O.0grtrmbrr 1912 . 

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tieft fte jebeb &inb, unb jeber Siebhaber beftfct fte mit järtUchem ©tolj 
in fchönen ®rucfen — ift in £)eutfd)lanb fo wenig befannt geworben 
wie ber monumentale 2lrthur=9toman beb ehrenwerten SRitterb ©ir 
^homab SMorp, ber unb biefe ©age überliefert hat* Unb bod) h at 
feine 3)i<htung aller 3«iten bie erfehütternbe £ragif ber alleb hingebem 
ben unb unerwiberten Siebe, ber einjigen £ragif beb weiblichen £)er$enb, 
hinreiftenber unb zugleich fo feufcf) unb berflärt geftaltet alb biefe 9lobelle 
eineb namenlofen franjöftfchen £roubabourb. £>ie fchöne beutfche Stad;* 
bichtung flammt bon ©eberin SRüttgerb. 

£)ab SSÖetfchen wirb in einer alten prächtigen graftur in ber Sfftjin 
SS5» £>rugulin gebrucft unb bon Sari ©onntag jun. mit ber $anb 
gebunben. Sine neue Auflage erfcpeint nicht* 30 ©pemplare werben 
auf Äaiferlich Sapan abgewogen unb in ©anjleber gebunben; biefe 
Sremplare fojten SSRarf 30,—; fte ftnb bereitb gejeicpnet; bie übrigen 
170 auf SSütten in Pergament SRarf 20.—. 9tach ©rfcpeinen werben 
bie greife auf SRarf 50.— bejw. SJlarf 30.— erhöht* 

£>üf[elborf, ©ommer 1912. (Scnfl £>hle, SSetlag. 


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Professor Dr. G. A. Tournoux. Druck von Joh. Enschede en Zonen, Haarlem, 
in den Originalschnitten der Civilit£ vom Ende des 16. Jahrhunderts 
und der holländischen Gotisch auf echtes van Geldem-Bütten 
Einmalige Auflage von 250 numerierten ExempL, 
geheftet M 28.—, in Ganzpergament von 
Carl Sonntag jun. gebunden M 38.— 


DR. STEFAN ZWEIG IN DER „NEUEN FREIEN PRESSE“: Eines der schönsten Bücher, 
die je hergestellt wurden , die altfranzösische Novelle „Aucassin et Nicolette“, mit den kost- 
baren Typen von Johann Enschede en Zonen in Haarlem gedruckt, die zum großen Teile 
noch aus dem XVI. Jahrhundert stammen. Dadurch erhält der altfranzösische Text, in 
dem die Lieder mit flandrischer Schrift eingeschrieben sind, einen ganz besonderen anti¬ 
quarischen Reiz. Und man glaubt stärker die Atmosphäre vergangener Welt zu spüren, 
.als in jeder anderen Ausgabe. Dieses kleine kostbare Buch ist leider nur in 250 Exem¬ 
plaren gedruckt worden, und daher zu befürchten, daß viele sich vergeblich darum be¬ 
mühen werden, die gerne diese altfränkische Kostbarkeit besäßen, und man möchte 
eigentlich die Verleger bitten, die so viele Mühe an diese kostbaren Neuausgaben wenden, 
in Hinkunft ihre Ausgaben nicht auf so kleinen Kreis beschränken zu wollen. Gerade 
dieses Buch von „Aucassin et Nicolette“ wäre eines, mit dem viel Freude in die Welt 
gehen kann, die jetzt auf 250 beati possidentes beschränkt bleibt. 

„DER ZWIEBELFISCH“: Der Verlag Emst Rowohlt sendet uns eines der reizendsten 
Bücher, das nicht nur er, sondern überhaupt der gesamte deutsche Verlag unserer Zeit 
herausgegeben hat: „Aucassin et Nicolette“, herausgegeben von Professor G. A. Tournoux, 
gedruckt in einer Ci vilite* Schrift in Kombination mit einer alten flämischen Schrift von 

Johann Enschede en Zonen. 

FELIX POPPENBERG IN DER „NEUEN RUNDSCHAU“: Diese Dichtung des XHI. Jahr¬ 
hunderts berührt uns tief, mit mehr als archaischem Reiz. Die blühendsten Lieblichkeiten 
duften darin, und eine verzehrende Minne voll Tristan-Gewalt . . . Der Text stellt sich 
für die Verse in zierhaft spitzenfiligranfeinen Lettern Plantinischer Herkunft dar. — Ein 

livre d’heures für Liebende. 

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233 


Drugulin -Drucke 

VORZUGS-AUSGABEN 

Goethe , Tasso 

Fünf Exemplare auf bestes englisches Pergament ge¬ 
druckt und von Carl Sonntag jun. in Ganz-Maroquin 
gebunden (Vergriffen). je M 350.— 

Goethe , Iphigenie 

Sechs Exemplare auf bestes englisches Pergament ge¬ 
druckt und von Carl Sonntag jun. in Ganz-Maroquin 
gebunden.je M 350.— 

Anakreontische Oden und Lieder 

Vorzugsausgabe, gebunden in handvergoldetem Ganz¬ 
lederband von Carl Sonntag jun .M 15.— 

Shakespeare , Sonnets 

Fünf Exemplare auf bestes englisches Pergament ge¬ 
druckt und von Carl Sonntag jun. in Ganz-Maroquin 
gebunden.je M 250.— 

Baudelaire , Les Fleurs du Mal 

Edite par Georges A. Toumoux. Ausgabe auf Strath- 
more in 100 Exemplaren. Gebunden in Ganz-Maroquin 
von Carl Sonntag jun .M 50.— 

Verlaine , Vers 

Edite par Georges A. Tournoux. Ausgabe auf Strath- 
more in 100 Exemplaren. Gebunden in Ganz-Maroquin 
von Carl Sonntag jun .M 50.— 

Prdvost, Manon Lescaut 

Vorzugsausgabe auf holländischem Van Geldem-Bütten 
in reich mit der Hand vergoldetem Ganzlederband von 
Carl Sonntag jun .M 25.— 

Über die Drugulin-Drucke wolle 

man Sonderprospekte verlangen in den Buchhandlungen oder von 

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G. RAGOCZY’S UNIVERSITÄTS-BUCHHANDLUNG 
(KARL NICK) FREIBURG I. BR., SALZSTRASSE 13 

Großes Lager vergriffener and gesuchter Ausgaben, unter anderem: 


GOETHE, FAUST. Numerierte Luxusausgabe in Le¬ 
der mit Schließen (Diederichs).M 80.— 

GOETHE, DIE LEIDEN DES JUNGEN WERTHER. 
Mit den 18 Stichen v. Chodowiecki. 400 ExempL 
In Kalbsleder.• . . . . M. 32.— 

GOETHE, IPHIGENIE AUF TAURIS. Doves Press. 
In Pergament.M. 50.— 

HAUPTMANN, DER ARME HEINRICH. 1. Auflage, 
broschiert.M. 6.50 

HEBEL, SCHATZKÄSTLEIN DES RHEINLAND. 
HAUSFREUNDES. (Delphinverlag). Luxusausgabe 
in Ganzleder.M. 40.— 

HEINE, BUCH DER LIEDER. Faksimile - Neudruck 
nach der 1. Ausgabe von 1827, in Ganzled. M. 28.— 
E. TH. A. HOFFMANN, KLEIN ZACHES, GENANNT 
ZINNOBER. Mit Zeichnungen von Div^ky. Auf 
Japan in Pergament.M. 45.— 

DIE KÜSSE DES JOHANNES SEKUNDUS. In rotem 

Ganzlederband.M. 50.— 

BAIN, F. W., DER MONDESPFEIL. Eine Hindu- 
Liebesgeschichte. Buchausstattung von O. Starke. 
Privatdruck.M. 20.— 


BEARDSLEY, A., THE EARLY WORK. Geb. M. 22.— 
HOFMANNSTHAL, DER TOR UND DER TOD. 
10. Aufl. mit 3 radierten Vignetten v. E. R. Weiss. 

In Kalbleder (Handband).M. 32.— 

Dasselbe in Ganzleder.M. 20.— 

RATH, HANNS WOLFGANG, DER BUNTE FAL¬ 
TER. Lieder aus der Verklärung. Erste (Privat-) 

Ausgabe. In Seide gebunden.M. 20.— 

—„-PIERROTS SONDERBARE EHE UND 

ABSTERBEN. Ein tragigroteskpikanter Roman. Mit 
1 farbig, u. signierten Originalradier, v. W. Geiger. 
Luxusausg M 40.—, einfache Ausgabe M. 12.— 
SHAKESPEARE, HAMLET. In Pergament. (Reichs¬ 
druckerei.) .M. 45*— 

STRAPAROLA, G. F., DIE ERGÖTZLICHEN NÄCH¬ 
TE. (Perlen älterer roman. Prosa.) 2 Bände in 

Pergiment.M. 36.— 

WESSELSKI, A., DIE SCHWÄNKE UND SCHNUR¬ 
REN DES PFARRERS ARLOTTO. Mit mehreren 
Bildern u. Faksimilien. 2 Bde. In Perg. gbd. M. 28.— 
—, DER HODSCHA NASREDDIN. Türkische, 
arabische etc. Märlein u. Schwänke. 2 Bände. In 

Pergament gebd.M. 28.— 


GIOVANI BOCCACCIO, DER DEKAMERONE. Deutsch von H. Conrad. In 5 Bänden mit den Kupfern und 
Vignetten von G. Boucher d. Ausgabe von 1757. Ausg. in Pappe pro Band M. 12.50, in Halbfranz M. 15.— 
Luxusausgabe in Ganzleder.M. 40.— 


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Trüffel unb Curin 


liniere nach Cntroürfen non ID.faecker gefdjmttene 

aecker=Sd}rift 

hat fleh fchon kurz nach ihrem Crfcheinen bei einer 
großen jhnzahl beroorrageuber Druckereien emge= 
führt Jhr intereffanter Charakter, ihre klare form 
unb leichte Meßbarkeit laffen jie auf ben erften Blick 
für ben Druck non IDerken, ^eitfehriften, Projekten 
etc. geeignet erfdjemen^. X>ie Probe zeigt bie Schrift 
in zahlreichen Beifpielen im TDerk= unb Bkzifcenzfah, 
auch ber halbfette Schnitt ift in Bnmenbungen nor- 
geführt, fln Jntereffenten geben mir bie Probe gratiß 

0 <t|riftgfeßerei 

ivßtempd/ 

feankfurt a.TU. 


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Für Liebhaber altertümlicher Einbände 

haben wir eine kleine Anzahl wohlerhaltener 

Pergamentblätter aus einem alten 
:: Notenmanuskript, :: 

beiderseitig beschrieben, mit Noten und lateini¬ 
schem Text, die Initialen blau und rot, etwa 
um 1500. Groß-Folio. Blattgröße 42 : 28 cm. 
Pr. pro Doppelblatt (also 42:56 cm groß!) M.5.- 
Aus einem Doppelblatt lassen sich 4 Klein-Oktav¬ 
oder 2 Quartbände oder ein Folioband binden. 

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Abteilang: Antiquariat Salvatorstr. 18. 


Soeben ist erschienen: 

ANTIQUARIATSKATALOG 65 

Deutsche Literatur 

Abteilung I, mit zahlreichen ERST¬ 
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EITSCHRIFT FÜR 
ÜCHERFREUNDE 

BEGRÜNDET VON FEDORVON 2DBELTITZ 
11 NEUE FOLGE 
















•V. .. 



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HEFT 1 
VIERTER JAHRGANG 





















ZEITSCHRIFT 

FÜR BÜCHERFREUNDE 

Organ der Gesellschaft der Bibliophilen (e. V.), der Deutschen Buchgewerbe¬ 
künstler (e. V.) und der Wiener Bibliophilen-Gesellschaft 

Begründet von Fedor von Zobeltitz 

NEUE FOLGE 

1912/1913 

Vierter Jahrgang, Heft 5/6 
Herausgegeben von 

Professor Dr. CARL SCHÜDDEKOPF, Weimar, Cranachstraße 38 
Professor Dr. GEORG WITKOWSKI, Leipzig-G., Ehrensteinstr. 20 

REDAKTIONEN in 

AMSTERDAM: M. D. Henkel, Rijksmuseum, 

KOPENHAGEN: Victor Madsen, Königl. Bibliothek, 

LONDON: Professor Freiherr Otto von Schleinitz, 7, Redcliffe Road, 
MOSKAU: Dr. Arthur Luther, Syromiatniki, Haus Loewenthal, 

NEW YORK: Ernst Eisele, 225,5th avenue, 

PARIS: Otto Grautoff, 11 Quai Bourbon, 

ROM: C. E. Rappaport, Via Bocca di Leone 13, 

WIEN: Hans Feigl, IV, Johann Straußgasse 38. 

ABONNEMENTSPREIS: 

für den Jahrgang (12 Hefte) . . M. 

für den Jahrgang in zwei Bde. geb. „ 

für ein Quartal (3 Hefte). 

Einzelne Hefte.. . „ 



36.- 

44.— 

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3-50 


























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