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Full text of "Abhandlungen"

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ABHANDLUNGEN 


DER  ^'  11^7 


KOIVIGLICHEIV  «ESELLSCUAFT  DER  WISSENSCHAFTEIV 


zu     GÖTTINGEN. 


SECHSÜKDZWANZIGSTER  BAJTO 

VOM  JAHRE  1880.' 


GÖTTINGEN, 

IN    DER   DIETEBICH8CHBN   BUCHHANDLUNG. 

1880. 


DrMk  d«r  Dietarichiclieii  UniT.-Bvc]idr«ok«i«l. 
W.  Pr.  K48tnor. 


Inhalt. 


Vorrede. 

Verzeichniss  der  Mitglieder  der  K.  Gesellschaft  der  Wissenschaften. 

Mathematische   Classe. 

M.  Stenij  Beiträge  zur  Theorie  der  BernouUischen  und  Eulerschen  Zahlen. 
A.  Enneper^   Untersuchungen    über  die  Flächen   mit  planen  und  sphäri- 
schen Krümmungslinien. 

Uis torisch-philologische   Classe. 

jP.   Wüstenfeld^  das  Heerwesen  der  Muhamedaner,  nach  dem  Arabischen. 
Th.  Benfey^  die  Quantitätsverschiedenheiten  in   den  Samhitd-  und  Pada- 

Texten  der  Veden.     5te  Abhandlung. 
Derselbe^  zweite  Abtheilung  dieser  Abhandlung. 

■ 

F.   Wüstenfeld^  die  Arabische  Uebersetzung  der  Taktik  des  Aelianus. 
Derselbe,  Geschichte  der  Fatimiden-Chalifen. 
P.  de  Lagarde^  Erklärung  hebräischer  Wörter. 
Derselbe^   über  den  Hebräer  Ephraims  von  Edessa. 
C  Klein ^  zur  Erinnerung  an  Karl  von  Seebach. 


a 


Vorrede. 


Der  vorliegende  Band  XXVI  enthält  die  im  Jahre  1880  in 
den  Sitzungen  der  K.  Gesellschaft  der  Wissenschaften  vorgelegten 
Abhandlungen.  Kleinere  Mittheilungen  sind  in  dem  Jahrgang 
1880  der  „Nachrichten  von  der  K.  Gesellschaft  der  Wiss.  und 
der  G.-A.-TJniversität"  veröffentlicht.  Ueberhaupt  wurden  in  die- 
sem Jahre  die  folgenden  Arbeiten  vorgetragen  oder  vorgelegt: 

Am  1 0.  Januar.  Klein^  über  den  Boracit.    Nachr.  S.  93. 

Wüstenfeld  ^    die  Arabische  Uebersetzung   der  Taktik   des 

Aelianus.     Bd.  XXVI. 

Benfey^   die  Quanti  täte  Verschiedenheiten  in  den  Samhitd- 

und  Pada- Texten  der  Veden*    5teAbh.  IsteAbth.   XXVI. 

Derselbe^   über    einige    indogermanische   —  insbesondere 

lateinische  und  griechische  Zahlwörter.  S.  1.   Zusatz  S.  88. 

Wieseler^  Bemerkungen  zu  einigen  Thracischen  und  Moe- 
sischen Münzen.     21. 

Trieber^  die  Chronologie  des  Julius  Africanus.    (Vorgelegt 

von  Sauppe.)     49. 
Am  7.  Februar.   Wüstenfeld^  die  Namen  der  Schiffe  im  Arabischen.     133. 

Paulis  über  Heinrich  den  Löwen  und  Wilhelm  den  Löwen 

von  Schottland.     143. 

FtLchs^  auswärt.  Mitgl.,  über  eine  Klasse  von  Functionen 

mehrerer  Variabein,    welche  durch  Umkehrung  der  Inte- 

« 

grale   von  Lösungen   der   linearen  Differentialgleichungen 
mit  rationalen  Coefficienten  entstehen.     170. 
Cantor^    Corresp. ,    Zur    Theorie   der    zahlentheoretischen 
Functionen.     161. 


VI  VORREDE. 

t;.  Brunn^  zur  Kenntniss  der  physiologischen  Rückbildung 
der  Eierstockseier  bei  Säugethieren.  (Vorgel.  v.  Henle.)  155. 
Bezzenberger^  die  verwandtschaftliche  Gruppirung  der  alt- 
germanischen Dialecte.  (Vorgel.  von  Benfey.)  152. 
Berthold^  Mittheilung  der  Untersuchungen  über  die  Fort- 
pflanzung einer  AIgen<-6attung.  (Vorgel.  v.  Graf  Solms.)  1 57. 

Am  6.  März.     Benfey^  die  Quantitätsverschiedenheiten   in   den  Samhitä- 

und  Päd a- Texten  der  Veden.    5te  Abh.   2te  Abth.    XXV I. 
Derselbe^  Vam,  im  Rigveda  X.  7.     S.  193. 
Derselbe^   Ergänzung  zu  dem  Aufsatz  *D  statt  N'  in  den 
Nachrichten   1877.   57  3.     S.  299. 

deLagarde^  über  den  Hebräer  Ephraims  von  Edessa.  XXVI. 
Königsberger ^  Corresp. ,  über  die  Erweiterung  des  Abel- 
schen  Theorems  auf  Integrale  beliebiger  Differentialglei- 
chungen.    288. 

Krankenhagen,   zur  Theorie  der  partiellen  linearen  Diffe- 
rential-Gleichungen.    197.     (Vorgel.  von  Schering.) 
Langy  über  die  Bedingungen  der  Geysir.     225.     (Vorgel. 
von  Wöhler.) 

74  Originalbriefe  von  Gauss  an  Bessel.  Geschenk  der  K. 
Akademie  der  Wiss.  in  Berlin. 

Am  1.  Mai.       Klein^   zur  Erinnerung  an  C.  v.  Seebach.     XXVI. 

Stern  ^  Beiträge  zur  Theorie  der  BernouUischen  u.  Euler- 

schen  Zahlen.     XXVI. 

Paulis    über   ein  Rechnungsbuch    zur   zweiten  Kreuzfahrt 

des    Grafen    Heinrich    von    Derby,    nachmaligen    Königs 

Heinrichs  IV.  von  England,  aus  den  Jahren  1392/93.  S.329. 

de  Lagarde^  Erklärung  hebräischer  Wörter.     XXVI. 

von  MueUer^    Corresp  ,    Notizen   über   einige  Australische 

flüchtige  Gele.     34  0. 

Schering^    Geschenk   für   die  Gauss  -  Bibliothek  von  Bon- 

compagni.      342. 

Holtz^  Corresp.,  zur  Analyse  elektrischer  Entladungen.  345. 


k 
b 


VORREDE.  Vn 

Am  5.  Juni.      Boüensen^   die   Recensionen    der  Sakuntala.    (Vorgel.  von 

Benfey.)     365. 

Erman^    Bruchstücke   der  ober  -  ägyptischen  Uebersetzung 
des  alten  Testaments.     (Vorgel.  von  de  Lagarde.)     401. 
Schubert^  über  dreipunktige  Berührung  von  Curven.    (Vor- 
gel, von  Stern.)     369. 

Hettner,  über  diejenigen  algebraischen  Gleichungen  zwi- 
schen zwei  veränderlichen  Grössen,  welche  eine  Schaar 
rationaler  eindeutig  umkehrbarer  Transformationen  in  sich 
selbst  zulassen.  (Vorgel.  von  Schwarz.)  386. 
Schering^  Photographien  von  Briefen  der  Sophie  Germain 
an  Gauss.    (Geschenk  von  Boncompagni.)    367. 

Am  3.  Juli.       Wähler j  Voltai'sches  Element  aus  Aluminium.    441. 

Wüstenfeld ^  Geschichte  der  Fatimiden  Chalifen.     443. 
Fuchs j  ausw.  Mitgl.,    über  die  Functionen,  welche  durch 
Umkehrung  der  Integrale  von  Lösungen  der  linearen  Dif- 
ferentialgleichungen entstehen.     445. 
Enneper,   über   die  Flächen   mit   planen   und  sphärischen 
Krümmungslinien.     IL  Abh.     XXVL 
Königsherger ,    Corresp. ,    über    algebraisch  -  logarithmische 
Integrale    nicht  homogener    linearer  Differentialgleichun- 
gen.    553. 

K.  Schering^  über  eine  neue  Anordnung  der  Magnete  ei- 
nes Galvanometers.     (Vorgel.  von  E.  Schering.)     455. 
Lang^  über  Flussspath  im  Granit  von  Drammen.     477. 

Am  7.  August.    Wüstenfeld^  Geschichte  der  Fatimiden -Chalifen.  ^te  Abth. 

XXVIL 

Benfeg  ^  die  Quantitätsverschiedenheiten  in  den  Samhitä* 
und  Pada- Texten  der  Veden.  6te  und  letzte  Abhandl. : 
Unzusammengesetzte  Wörter  oder  einfache  Theile  von 
Zusammensetzungen,  welche  im  Anlaut  oder  Inhalt  a,  i,  u 
in  der  Samhitd  lang,  im  Pada  kurz  zeigen.  Erste  Abth. 
XXVL 


Vm  VORREDE. 

Derselbe,  Behandlung  des  auslautenden  ä  in  nä  'wie'  und 
nä  'nicht'  im  Rigveda,  mit  einigen  Bemerkungen  über 
die  Umwandlung  der  ursprünglichen  Aussprache  und  Ac- 
centuirung  der  Wörter  im  Veda.  XXVI. 
Schering,  über  literar.  Geschenke,  welche  die  K.  Societät 
erhalten  hat.      489. 

Himstedt,  Einige  Versuche  über  Induction  in  körperlichen 
Leitern.     491. 

Am  6.  Novemb.  ÄZ^in,    über  eine  Vermehrung  der  Meteoriten  -  Sammlung 

der  Universität.     565. 

Wüstenfeld,   Geschichte  der  Fatimiden-Chalifen.    XXVI. 

PavM,  die  Chroniken  des  Radulfus  niger.     569. 

Lipschitz,  Corresp.,  Mittheilung  bei  Gelegenheit  der  Her- 

aufigabe  seines  Lehrbuchs  der  Analysis.     589. 

Holtz,  Corresp.,  Elektrische  Schattenbilder.     545. 

Haupt,  über  einen  Dialekt  der  sumerischen  Sprache.  (Vor- 
gel, von  de  Lagarde.)     513. 

Förster,  Corresp.,  schenkt  der  K.  Gesellschaft  Briefe  von 

Gauss  an  Encke. 
Am  4.  Decbr.   Oeffentliche  Sitzung« 

P.  de  Lagarde ,  zum  ersten  Briefe  des  Clemens.    XXVII. 

Jahresbericht  des  Secretärs. 


Die  für  den  November  d.  J.  von  der  historisch-philologischen 
Classe  gestellte  historische  Preisfrage  hat  einen  Bearbeiter  nicht 
gefunden.     Sie  wird  nicht  von  Neuem  aufgegeben. 

Für  die  nächsten  drei  Jahre  werden  von  der  K.  Societät 
folgende  Preisfragen  gestellt: 

Für  den  November  1881  von  der  physikalischen  Classe: 

Die  K.  Societät  verlangt  eine  auf  neue  Untersuchungen  gestünde  Darstellung 
derjenigen  EntwicJclungsvorgänge^  durch  welche  die  Gestaltung  des  ausgebildeten 
Echinodermenleibes  herbeigeführt  wird.  Es  soll  darin  y  in  Änschluss  an  die  ge- 
sicherten Kenntnisse  von  der  Embryonenentwicklung  der  Echinodermen,  besonders 


VORREDE.  IX 

gezeigt  werden^  in  welcher  Weise  das  Thier  aus  der  Larvenform  bis  zur  vöüigen 
Anlage  sänmUlicher  Organsysteme  erwächst.  Dabei  bleibt  es  der  Untersuchung 
überlassen^  ob  an  einer  characteristischen  Art  der  Entwicklungsgang  in  allen 
Eineeinheiten  erforscht  unrd,  oder  ob  durch  die  Feststellung  der  Entwicklung 
verschiedener  Formen  ein  für  den  ganzen  Kreis  geltendes  Verhalten  dargelegt 
wird;  in  letzterem  Falle  müsste  aber  die  Untersuchung  soweit  eindringen^  dass 
die  hauptsächlichsten  Uebereinstimmungen  und  Abweichungen  in  der  Ausbildung 
der  Organsysteme  bei  den  verschiedenen  Echinodermenformen  von  ihrem  frühsten 
Auftreten  an  gekennzeichnet  werden. 

Für   den    November  1882    von    der   mathematischen 
Classe  (wiederholt): 

Während  in  der  heutigen  Undulationstheorie  des  Lichtes  neben  der  Voraus- 
setzung transversaler  Oscülationen  der  Aethertheilchen  das  mechanische  Prindp 
der  Coäxistenz  kleiner  Bewegungen  zur  Erklärung  der  Polarisations-  und  der 
Interferenz-Erscheinungen  genügt,  reichen  diese  Unterlagen  nicht  mehr  ou^,  wenn 
es  sich  um  die  Natur  des  unpolarisirteH  oder  natürlichen  Lichtes,  oder  aber  um 
den  Conflict  zwischen  WeUenzügen  handelt,  welche  nicht  aus  derselben  Lichtquelle 
stammen.  Man  hat  dem  Mangel  durch  die  Voraussetzung  einer  sogenannten 
grossen  Periode  von  innerhalb  gewisser  Grenzen  regelloser  Dauer  abzuhelfen  ge- 
sucht^ ohne  nähere  erfdhrungsmässige  Begründung  dieser  Hülfsvorstellu/ng.  Die 
K.  Societät  wünscht  die  Ausstellung  neuer  auf  die  Natur  des  unpolarisirten 
Lichtstrahls  gerichteter  Untersuchungen,  welche  geeignet  seien,  die  auf  natür- 
liches  Licht  von  beliebiger  Abkunft  bezüglicJien  Vorstellungen  hinsichtlich  ihrer 
Bestimmtheit  denen  nahe  zu  bringen,  welche  die  Theorie  mit  den  verschiedenen 
Arten  polarisirten  Lichtes  verbindet. 

Für  den  November  1883  von  der  historisch -philologi- 
schen Classe: 

Die  Aramäer  habeti  im  Laufe  der  Zeiten  ihre  Grenzen  mehrfach  verlegen 
müssen:  sie  sind  durch  Erobrer  semitischer  und  nicht -semitischer  Herkunft  in 
nicht  wenigen  Gegenden  um  ihre  Nationalität  gebracht  worden. 

Die  K.  Gesellschaft  der  Wissenschaften  wünscht  eine  vollständige  Uebersicht 
über  die  Veränderungen,  welche  das  aramäische  Gebiet  in  Hinsicht  auf  seinen 
Umfang  nach  aussen  und  innen  erlitten  hat. 

Eine  Zusammenstellung  der  Gründe^  welclie  in  Betreff  gewisser  Landstriche 
anzunehmen  zwingen  oder  rathen,  dass  dieselben  von  einer  ursprünglich  aramäi- 
schen Bevölkerung  bewohnt  sind,  wird  sich  nicht  ohne  Rücksicht  auf  die  ver- 

l) 


X  VORREDE. 

gleichende  Grammatik  der  semitischen  Sprachen  und  nicht  ohne  Eingehn  auf  die 
Ortsnamen  des  zu  behandelnden  Districts  geben  lassen:  die  K.  Gesellschaft  der 
Wissenschaften  erwartet,  dass  diese  beiden  Gesichtspunkte  die  leitenden  der  Un-- 
ter suchung  sein  werden:  sie  unirde  es  für  ausserordentlich  nütelich  erachten^ 
wenn  eine  vollständige  Liste  aller  aramäischen  Ortsnamen  als  Anhang  eu  der 
verlangten  Abhandlung  vorgelegt  würde. 

Die  Concurrenzschriften  müssen,  mit  einem  Motto  versehen, 
vor  Ablauf  des  Septembers  des  bestimmten  Jahres  an  die  K. 
Gesellschaft  der  Wissenschaften  portofrei  eingesandt  werden,  be- 
gleitet von  einem  versiegelten  Zettel,  welcher  den  Namen  und 
Wohnort  des  Verfassers  enthält  und  auswendig  mit  dem  Motto 
der  Schrift  versehen  ist.   ^ 

Der  für  jede  dieser  Aufgaben  ausgesetzte  Preis  beträgt  min- 
destens fünfzig  Ducaten. 

Die  Preisaufgaben  der  Wedek indischen  Preisstiftung  für 
deutsche  Geschichte  für  den  Verwaltungszeitraum  vom  14.  März 
1876  bis  zum  14.  März  1886  finden  sich  in  den  „Nachrichten" 
1879  S.  225    veröffentlicht. 


Das  Directorium  der  Societät  ist  zu  Michaelis  d.  J.  von  Herrn 
Wüsten  feld  in  der  historisch  -  philologischen  Classe  auf  Herrn 
Henle  in  der  physikalischen  Classe  übergegangen. 


Durch  den  Tod  verlor  die  K.  Societät  in  diesem  Jahre  wie- 
der zwei  ihrer  ordentlichen  Mitglieder,  den  Director  des  geolo- 
gisch-paläontologischen Museums,  K.  vo7i  Seebach y  und  den 
Geographen  Professor  /.  E.  Wappäm.  Ersterer  starb  im  41., 
letzterer  im  68.  Lebensjahre. 

Von  ihren  auswärtigen  Mitgliedern  und  Correspondenten 
verlor  sie  durch  den  Tod: 

W.  Sharpepy  Professor  der  Anatomie  in  London,  im  76.  J. 


VORREDE.  XI 

C.  A.  F.  Peters  y  Director  der  Sternwarte  in  Kiel,  im  74.  J. 

W.  Hallows  Miller^  Professor  der  Mineralogie  in  Cambridge, 
im  79.  J. 

C.  W.  Borchardty  Mitglied  der  Königlichen  Akademie  der 
Wissenschaften  in  Berlin,   im  64.  Jahre. 

W.  Ph.  Schimpery  Professor  der  Naturgeschichte  in  Strass- 
bürg,  im  74.  J. 

W.  Nitzschy  Professor  der  Geschichte  in  Berlin,  im  61.  J. 


Von  der  K.  Societat  neu  erwählt  wurden: 

Zum  hiesigen  ordentlichen  Mitglieder 
Hr.  Hermann  Wagner. 

Zum  Ehrenmitglieder 
Hr.  Baldassare  Bonconvpagni  in  Eom. 

Zu  auswärtigen  Mitgliedern: 

Hr.  August  Kekvle  in  Bonn,  )      .,,       ^ 

„     T    '  '  n  •    Ti        \  seither  Correspondenten. 

Hr.  LMigi  Cremona  m  Rom,  )  ^ 

Hr.   Werner  Siemens  in  Berlin. 

Zu  Correspondenten: 

Hr.  Gerhard  vom  Math  in  Bonn. 

Hr.  Friedrich  Beilstein  in  St.  Petersburg. 

Hr.  Friedrich  Merkel  in  Rostock. 

Hr.   Wilhelm  His  in  Leipzig. 

Hr.   TJlisse  Dini  in  Pisa. 

Hr.  Eduard  Winkeknann  in  Heidelberg. 

Göttingen,   im  November  1880. 

Wohler. 
b2 


Verzeichniss  der  Mitglieder 

der 

KönigL  Gesellschaft  der  Wissenschaften  zu  Göttingen. 

Januar  1881. 


Ehren -Mitglied  er. 

Peter  Merian  in  Basel,  seit  1862. 

Adolf  von  Warnstedt  in  Göttingen,  seit  1867. 

Johann  Jacob  Baeyer  in  Berlin,  seit  1867. 

Freiherr  F.  H.  A.  von  Wangen  he  im  auf  Waake,  seit  1868. 

Graf  Sergei  Stroganoff  in  St  Petersburg,   seit  1870. 

Ignatz  von  Döllinger  in  München,  seit  1872. 

Michele  Amari  in  Born,  seit  1872. 

Joachim  Barrande  in  Prag,  seit  1873. 

Ginseppe  Fiorelli  in  Neapel,  seit  1873. 

Nicolai  von  Eokscharow  in  St  Petersburg,  seit  1879.    (Corresp.  seit  1859.) 

Adolf  Erik  Nordenskiöld  in  Stockholm,  seit  1879.    (Corresp.  seit  1871.) 

Principe  Baldassare  Boncompagni  in  Som,  seit  1880. 

Ordentliche  Mitglieder. 

Physikalische  Classe. 
F.  Wohl  er,  seit  1837.    Beständiger  Secretär  seit  1860. 

F.  G.  J.  Henle,  seit  1853. 

G.  Meissner,  seit  1861. 
E.  Ehlers,  seit  1874. 

H.  Httbner,  seit  1876.    (Assessor  seit  1871.) 
W.  Henneberg,  seit  1877.    (Assessor  seit  1867.) 
C.  Klein,  seit  1877. 
H.  Graf  zu  Solms-Laubach,  seit  1879. 

Mathematische  Classe. 
W.  E.  Weber,  seit  1831. 
J.  B.  Listing,  seit  1861. 
M.  Stern,  seit  1862. 

E.  Schering,  seit  1862.    (Assessor  seit  1860.) 
H.  A.  Schwarz,  seit  1875.    (Corresp.  seit  1869.) 
E.  Kiecke,  seit  1879.    (Assessor  seit  1872.) 


VERZ.  D.  MITGLIEDER  D.  K.  GESELLSCHAFT  D.  WISSENSCHAFTEN.    XHI 

Historisch  -  philologische  Classe. 

H.  F.  Wttstenfeldy  seit  1856.    (Assessor  seit  1841.) 

H.  Saappe,  seit  1857. 

Tb.  Benfey,  seit  1864. 

P.  Wieseler,  seit  1868. 

G.  Haussen,   seit  1869. 

G.  B.  Pauli,  seit  1875. 

P.  de  Lagarde,  seit  1876. 

J.  Weizsäcker,  seit  1879. 

H.  Wagner,  seit  1880. 

Assessoren. 

Physikalische  Classe. 
E.  F.  G.  Herbst,  seit  1835. 
C.  Boedeker,  seit  1857. 
W.  Krause,  seit  1865. 
W.  Marmä,  seit  1871. 

Mathematische  Classe. 
E.  F.  W.  Klinker fues,  seit  1855. 
A.  Enneper,  seit  1865. 

Historisch  -  philologische  Classe. 
A.  Fick,  seit  1869. 

Auswärtige  Mitglieder. 

Physikalische  Classe. 
Jean  Baptiste  Dumas  in  Paris,  seit  1851.    (Correspondent  seit  1849.) 
Bobert  Bunsen  in  Heidelberg,  seit  1855. 
Bichard  Owen  in  London,  seit  1859. 
August  Wilh.  Hof  mann  in  Berlin,  seit  1860. 
H.  Milne  Edwards  in  Paris,  seit  1861. 
Hermann  Kopp  in  Heidelberg,  seit  1863.    (Corresp.  seit  1855.) 
Carl  Theodor  von  Siebold  in  Mttnchen,  seit  1864.    (Corresp.  seit  1850.) 
Michel  Eugöne  Chevreul  in  Paris,  seit  1865. 
Joseph  Dalton  Hook  er  zu  Kew  bei  London,  seit  1865. 
Theod.  Ludw.  Wilh.  Bischoff  in  München,  seit  1866.    (Corresp.  seit  1853.) 


XIV  VERZEICHNISS  DER  MITGLIEDER 

Hermann  Helmholtz  in  Berlin,  seit  1868.    (Corresp.  seit  1856.) 

Henri  Sainte  Ciaire  Deville  in  Paris,  seit  1869.    (Corresp.  seit  1856.) 

Franz  von  Eobell  in  München»  seit  1870.    (Corresp.  seit  1861.) 

Ernst  Heinrieh  Carl  von  Deehen  in  Bonn,^  seit  1871. 

Carl  Claus  in  Wien,  seit  1873.    (Zuvor  hies.  ordentl.  Mitgl.  seit  1871.) 

Eduard  Frankland  in  London,  seit  1873. 

Max  von  Fetten kofer  in  Mttnchen,  seit  1874. 

Alex.  William  Williamson  in  London,  seit  1874. 

James  Dwight  Dana  in  Newhaven,  seit  1874. 

Joh.  Jap.  Sm.  Steenstrup  in  Kopenhagen,  seit  1876.    (Corr.'seit  1860.) 

Gabriel  August  Daubr6e  in  Paris,  seit  1876. 

A.  L.  Descloizeaux  in  Paris,  seit  1877.    (Corr.  seit  1868.) 

Carl  von  Nägeli  in  München,  seit  1877. 

Theodor  Schwann  in  Lüttich,  seit  1878.    (Corr.  seit  1853.) 

August  EekuU  in  Bonn,  seit  1880.    (Corr.  seit  1869.) 

Mathematische  CIebsc. 

George  Biddel  Airy  in  Greenwich,  seit  1851. 

Joseph  Liouville  in  Paris,  seit  1856. 

E.  Kummer  in  Berlin,  seit  1856.    (Corresp.  seit  1851.) 

Franz  E.  Neumann  in  Königsberg,  seit  1856. 

Edward  Sabine  in  London,  seit  1862.    (Corresp.  seit  1823.) 

Bichard  Dedekind  in  Braunschweig,  seit  1862.    (Corresp.  seit  1859.) 

Gustav  Robert  Kirch  hoff  in  Berlin,  seit  1862. 

William  Thomson  in  Glasgow,  seit  1864.    (Corresp.  seit  1859.) 

Ferdinand  Reich  in  Freiberg,  seit  1864. 

Carl  Weierstrass  in  Berlin,  seit  1865.    (Corresp.  seit  1856.) 

Enrico  Betti  in  Pisa,  seit  1865. 

Leopold  Kronecker  in  Berlin,  seit  1867.    (Corresp.  seit  1861.) 

Carl  Neumann  in  Leipzig,  seit  1868.    (Corresp.  seit  1864.) 

Francesco  Brioschi  in  Rom,  seit  1870.    (Corresp.  seit  1869.) 

Arthur  Cayley  in  Cambridge,  seit  1871.    (Corresp.  seit  1864.) 

Charles  Hermite  in  Paris,  seit  1874.    (Corresp.  seit  1861.) 

Ludwig  Fuchs  in  Heidelberg,  seit  1875.    (Zuvor  hies.  ord.  Mitgl.  seit  1874. 

Rudolph  Jul.  Emmanu.  Claus  ins  in  Bonn,  seit  1877.    (Corresp.  seit  1866.) 

John  Couch  Adams  in  Cambridge,  seit  1877.    (Corresp.  seit  1851.) 

Heinrich  Eduard  Heine  in  Halle,  seit  1878.    (Corresp.  seit  1865.) 


DER  KÖNIGLICHEN  GESELLSCHAFT  DER  WISSENSCHAFTEN.        XV 

Friedrich  Eohlransch  in  Wttrzburg,  seit  1879.    (Assessor  seit  1867.) 
Joseph  Anton  Plateau  in  Gent,  seit  1879.    (Corresp.  seit  1876.) 
Lnigi  Cremona  in  Rom,   seit  1880.    (Corresp.  seit  1869.) 
Werner  Siemens  in  Berlin,  seit  1880. 

Historisch -plulologisclie  Classe. 

Leopold  von  Ranke  in  Berlin,  seit  1851. 

Jostus  Olshausen  in  Berlin,  seit  1853. 

Samuel  Birch  in  London,  seit  1864. 

Theodor  Mommsen  in  Berlin,  seit  1867.    (Corresp.  seit  1857.) 

Richard  Lepsius  in  Berlin,  seit  1867.    (Corresp.  seit  1860.) 

Ernst  Cartius  in  Berlin,  seit  1868.    (Zuvor  hies.  ordentl.  Mitglied  seit  1856.) 

George  Bauer  oft  in  Washington,  seit  1868. 

Franz  Miklosich  in  Wien,   seit  1868. 

Ludolph  Step  ha ni  in  St.  Petersburg,  seit  1869. 

Wilhekn  von  Giesebrecht  in  München,  seit  1871.    (Corresp.  seit  1863.) 

Carl  Hegel  in  Erlangen,  seit  1871.    (Corresp.  seit  1857.) 

Heinrich  von  Sybel  in  Berlin,  seit  1871.  (Corresp.  seit  1863.) 

Johann  Nicolaus  Madvig  in  Kopenhagen,  seit  1871. 

Rudolph  von  Roth  in  Tübingen,  seit  1872.    (Corresp.  seit  1853.) 

August  Dillmann  in  Berlin,  seit  1872.    (Corresp.  seit  1857.) 

Sir  Henry  Rawlinson  in  London,  seit  1872. 

Alfred  Ritter  von  Arneth  in  Wien,  seit  1874.    (Corresp.  seit  1870.) 

Max  Duncker  in  Berlin,  seit  1874. 

Heinrich  Lebrecht  Fleischer  in  Leipzig,  seit  1875. 

Georg  Waitz  in  Berlin,  seit  1876.    (Zuvor  hies.  ord.  Mitgl.  seit  1849.) 

Theodor  Bergk  in  Bonn,  seit  1876.    (Corresp.  seit  1860.) 

August  Friedrich  Pott  in  Halle,   seit  1876. 

Charles  Newton  in  London,  seit  1877. 

Heinrich  Brugsch  in  Graz,  seit  1878.    (Zuvor  hies.  ord.  Mitgl.  seit  1869.) 

Heinrich  Ludolf  Ahrens  in  Hannover,  seit  1879.    (Corresp.  seit  1861.) 

Correspondenten. 

Physikalische  Classe. 

Hermann  Stannins  in  Rostock,  seit  1850. 
Wilhelm  Duncker  in  Marburg,  seit  1853. 
L.  Zeuschner  in  Warschau,  seit  1857. 


XVI  VERZEICHNISS  DER  MITGLIEDER 

Johannes  Hyrtl  in  Wien,  seit  1859. 

Rudolph  Leuckart  in  Leipzig,  seit  1859. 

F.  H.  Bidder  in  Dorpat,  seit  1860. 

Carl  Schmidt  in  Dorpat,  seit  1860. 

F.  C.  Donders  in  Utrecht,  seit  1860. 

Bernhard  S tader  in  Bern,  seit  1860. 

Heinrich  Limpricht  in  Greifswald,  seit  1860.    (Assessor  seit  1857.) 

Ernst  Brücke  in  Wien,  seit  1861. 

Emil  du  Bois  Reymond  in  Berlin,  seit  1861. 

Carl  Ludwig  in  Leipzig,  seit  1861. 

Archangelo  Scacchi  in  Neapel,  seit  1861. 

Quintino  Sella  in  Rom,  seit  1861. 

Thomas  H.  Huxley  in  London,  seit  1862. 

Albert  Kölliker  in  Würzburg,  seit  1862. 

Ferdinand  Römer  in  Breslau,  seit  1862. 

Charles  Upham  Shepard  in  Amherst,   V.  St,  seit  1862. 

Alexander  Ecker  in  Freiburg,  seit  1863. 

Alvaro  Reynoso  in  Havanna,  seit  1865. 

Ferdinand  von  Mttller  in  Melbourne,  seit  1867. 

Anton  Geuther  in  Jena,   seit  1867. 

Asa  Gray  in  Cambridge,  V.  St.,  seit  1868. 

Jean  Charles  Marignac  in  Genf,  seit  1868. 

Alex  Theodor  von  Middendorff  auf  Hellenorm  bei  Dorpat,  seit  1868. 

Adolph  Wurtz  in  Paris,   seit  1868. 

Robert  Mall  et  in  London,  seit  1869. 

Carl  Friedrich  Rammeisberg  in  Berlin,  seit  1870. 

Anton  de  Bary  in  Strassbnrg,  seit  1872. 

Eduard  Pflttger  in  Bonn,  seit  1872. 

J.  S.  Stas  in  Brüssel,  seit  1873. 

Henry  Enfield  Roscoe  in  Manchester,  seit  1874. 

Johann  Strüver  in  Rom,  seit  1874. 

Ferdinand  von  Hochstetter  in  Wien,  seit  1875. 

Ferdinand  von  Richthofe n  in  Berlin,  seit  1875. 

Wyville  Thomson  in  Edinburgh,  seit  1875. 

Ignacio  Domeyko  in  Santjago  de  Chile,  seit  1876. 

Lawrence  Smith  in  Louisville,  V.  St.,  seit  1877. 

Edmond  Boissier  in  Genf,  seit  1877. 

Wilhelm  Waldeyer  in  Strassbnrg,  seit  1877. 


DER  KÖNIGLICHEN  GESELLSCHAFT  DER  WISSENSCHAFTEN.        XVII 

Ernst  Heinrich  Beyrich  in  Berlin ,  seit  1878. 
Joseph  von  Lenhossek  in  Pest,  seit  1878. 
Alexander  Agassi z  in  Cambridge,  Ver.  St.,  seit  1879. 
Adolf  Baeyer  in  München,  seit  1879.      . 
Carl  von  Voit  in  München,  seit  1879. 
Gerhard  vom  Rath  in  Bonn,  seit  1880. 
Friedrich  Beil  stein  in  St.  Petersbnrg,  seit  1880. 
Friedrich  Merkel  in  Rostock,  seit  1880. 
Wilhelm  His  in  Leipzig,  seit  1880. 

Mathematische  Classe. 

Hnmphrey  Lloyd  in  Dublin,  seit  1843. 

Thomas  C lausen  in  Dorpat,  seit  1854. 

Ludwig  Seidel  in  München,  seit  1854. 

Georg  Rosenhain  in  Königsberg,  seit  1856. 

Peter  Riess  in  Berlin,  seit  1856. 

John  Tyndall  in  London,  seit  1859. 

Julius  Schmidt  in  Athen,  seit  1862. 

Wilhelm  Gottlieb  Hankel  in  Leipzigs  seit  1864. 

Philipp  Gustav  Jolly  in  München,  seit  1864. 

Carl  Hermann  Knoblauch  in  Halle,  seit  1864. 

Georg  Gabriel  Stokes  in  Cambridge,  seit  1864. 

James  Joseph  Sylvester  in  Baltimore,  seit  1864. 

Erik  E  dl  und  in  Stockholm,  seit  1866. 

Georg  Quincke  in  Heidelberg,  seit  1866. 

Charles  Briot  in  Paris,  seit  1867. 

Benj.  Apthorp  Gould  in  Cambridge,  Y.  St.,  seit  1867. 

Rudolph  Lipschitz  in  Bonn,  seit  1867. 

Benjamin  Peirce  in  Cambridge,  V.  St.,  seit  1867. 

Siegfried  Aronhold  in  Berlin,  seit  1869. 

E.  B.  Christof  fei  in  Strassburg,  seit  1869. 

Wilh.  Theod.  Bernhard  Holtz  in  Greifswald,  seit  1869. 

Georg  Salmon  in  Dublin,  seit  1869. 

Paul  Gordan  in  Erlangen,  seit  1870. 

Ludwig  Schlaefli  in  Bern,  seit  1871. 

Arthur  Auwers  in  Berlin,  seit  1871. 

^elix  Klein  in  München,  seit  1872. 


XVIII  VERZEICHNISS  DER  MITGLIEDER 

Sophns  Lie  in  ChristiaDia,  seit  1872. 

Adolph  Mayer  in  Leipzig,  seit  1872. 

Carl  Anton  Bjerknes  in  Christiania,  seit  1873. 

J.  Thomae  in  Jena,  seit  1873. 

Leo  Königsberger  in  Wien,  seit  1874. 

Wilhelm  Förster  in  Berlin,  seit  1874 

Bernhard  Minnigerode  in  Greifswald,  seit  1874. 

Eugenio  Beltrami  in  Pavia,  seit  1875. 

August  Kundt  in  Strassburg,  seit  1875. 

Carl  Malmsten  in  Mariestad,  Schwed.  seit  1875. 

Heinrich  Weber  in  Königsberg,  seit  1875. 

William  Hu ggins  in  London,  seit  1876. 

Joseph  Norman  Lockyer  in  London,  seit  1876. 

Theodor  Reye  in  Strassburg,  seit  1877. 

Pierre  Ossian  Bonnet  in  Paris,  seit  1877. 

Franz  Carl  Joseph  Mertens  in  Krakau,  seit  1878. 

Feiice  Casorati  in  Pavia,  seit  1877. 

(rösta  Mittag-Leffler  in  Helsingfors,  seit  1878. 

Georg  Cantor  in  Halle,  seit  1878. 

W.  Hittorf  in  Mttnster,  seit  1879. 

Hugo  Gyld6n  in  Stockholm,  seit  1879. 

Ulisse  Dini  in  Pisa,  seit  1880. 

Historiscil  -  philologische  Classe. 

Adolph  Friedr.  Heinr.  Schaumann  in  Hannover,   seit  1853. 

Job.  Gust.  Droysen  in  Berlin,  seit  1857. 

Wilh.  Henzen  in  Rom,  seit  1857. 

G.  C.  F.  Lisch  in  Schwerin,  seit  1857. 

A.  B.  Ran  gab  6  in  Berlin,  seit  1857. 

B.  von  Dorn  in  St.  Petersburg,  seit  1859. 
L.  P.  Gachard  in  Brüssel,  seit  1859. 
Johann  Gildemeister  in  Bonn,  seit  1859. 
Cari  Bötticher  in  Berlin,  seit  1860. 
Georg  Curtius  in  Leipzig,  seit  1860. 
Giovanni  Battista  de  Rossi  in  Rom,  seit  1860. 
Leonhard  Spengel  in  München,  seit  1860. 
Max  Müller  in  Oxford,  seit  1861. 

Arnold  Schäfer  in  Bonn,  seit  1861. 


DER  KÖNIGLICHEN  GESELLSCHAFT  DER  WISSENSCHAFTEN.        XIX 

Friedr.  Ferdin.  Carlson  in  Stockholm,  seit  1863. 

Ludwig  Lange  in  Leipzig,  seit  1863. 

Theodor  Nöldeke  in  Strassbarg,  seit  1864.    (Assessor  seit  1860.) 

Hennann  Bonitz  in  Berlin,  seit  1865. 

Jacob  Burekhard  in  Basel,  seit  1865. 

Adolph  Eirchhoff  in  Berlin,  seit  1865. 

Leo  Meyer  in  Dorpat,  seit  1865.    (Assessor  seit  1861.) 

Matthias  de  Vries  in  Leiden,  seit  1865. 

Wilhelm  Wattenbach  in  Berlin,  seit  1865» 

Jean  de  Witte  in  Paris,  seit  1865. 

Leopold  Victor  Delisle  in  Paris,  seit  1866. 

Julius  F ick  er  in  Innsbruck,  seit  1866. 

Jacob  Bernays  in  Bonn,  seit  1867. 

Ernst  Dümmler  in  Halle,  seit  1867. 

Wilhelm  Nassau  Lees  in  Calcutta,  seit  1868. 

Theodor  Si ekel  in  Wien,  seit  1868. 

William  Wright  in  Cambridge,  seit  1868. 

Theodor  Aufrecht  in  Bonn,  seit  1869. 

Ulrich  Köhler  in  Athen,  seit'  1871. 

Ludwig  Müller  in  Kopenhagen,  seit  1871. 

Carl  Mttllenhoff  in  Berlin,  seit  1871. 

E.  A.  Free  mann  zu  Sommerleaze,  Engl.,  seit  1872. 

M.  J.  de  Goeje  in  Leiden,  seit  1872. 

Giulio  Minervini  in  Neapel,  seit  1872. 

William  Stubbs  in  Oxford,  seit  1872. 

Kavier  Heuschling  in  Brüssel,  seit  1874. 

Friedrich  Stumpf  in  Innsbruck,  seit  1874. 

Alexander  Conze  in  Berlin,   seit  1875. 

Ferdinand  Justi  in  Marburg,  seit  1875. 

Heinrich  Brunn  in  München,  seit  1876. 

Stephanos  Cumanudes  in  Athen,  seit  1876. 

Reginald  Stuart  Poole  in  London,  seit  1876. 

Julius  Oppert  in  Paris,  seit  1876. 

Ludwig  Hänselmann  in  Braunschweig,  seit  1878. 

Adolf  Michaelis  in  Strassburg,  seit  1879. 

Eduard  Winkelmann  in  Heidelberg,  seit  1880. 


ABHANDLUNGEN 


DER 


MATHEMATISCHEN  CLASSE 


DEB 


KÖNIGLICHEN  GESELLSCHAFT  DER  WISSENSCHAFTEN 

ZU  GÖTTINGEN. 


SECHSUNDZWANZIGSTER  BAND. 


Mafhm.  Glosse.  XXVI.  1. 


^ 


Beiträge 
zur  Theorie  der  Bernoulli'schen  und  Euler'schen  Zahlen. 

Zweiter    Beitrag*). 
Von 

M.  A.  Stern. 


(Der  Eönigl.  Gesellsch.  der  Wissensch.  vorgelegt  am  1.  Mai  1880.) 

1. 

15ei  den  folgenden  Untersuchungen  über  die  Bernoullischen  Zahlen  werde 
ich  besonders  die  Entwickelung  von  [(f — 1)**,  wo  n  eine  ganze  positive 
Zahl  bedeutet,  in  eine  nach  aufsteigenden  Potenzen  von  x  geordnete 
Keihe  benutzen.  Zwischen  den  Coef&cienten  dieser  Reihen  finden  viele 
merkwürdige  Beziehungen  statt,  von  welchen  ich  hier  hauptsächlich  nur 
diejenigen  zusammenstelle,  die  ich  im  Folgenden  benutzen  werde.  Nur 
einzelne  sind  schon  bekannt  und  diese  meistens  auf  weniger  einfachem 
Wege  bewiesen,  als  es  hier  geschehen  soll. 
Man  setze 

A  A  ^  A 

0,00 

Ist  n  =:  0,    80  ist  mithin   die  Einheit    statt  ,  ^"^    zu  setzen,   sonst  ist 
allgemein   A^^  =  0.      Für  jeden    anderen  Werth    von    n    ist   ebenfalls 

-—-  =  1 ,    auch   ist    allgemein  A^^  =  1 ,    dagegen  ist  A^^  immer  Null, 
sobald  m  negativ. 

Bezeichnet  man  "^""^V.'a^'lm'"^^^  ^"^^^^  (**•  "*)  ®°  ^^  zugleich 


*)  Man  vergleiche  Abhandl.  d.  ESnigl.  Ges.  d.  Wiss.  Bd.  23,  mathem.  CSasse. 

A2 


4  M.  A.  STERN, 

Entwickelt  man  nun  «^,  e^**"'^*  .  .  .  nach  aufsteigenden  Potenzen  von  x, 
so  ei^ebt  sich  als  Werth  des  Coefficienten  von  a?**"^  in  der  Entwicke- 
lung  von  («''— 1)"  der  Ausdruck 

r¥7.(V+^[«'^-(«'  0(»-tr-^ . .  .±(».  «-1)1'^] 

Demnach  hat  man 

(2)        A^^  =  nr^—{n,  t)(n— 1)'»+^  .  .  .  +  (— l)'^*(w,  w— 1)  1**+^ 

Nun  ist  dies,  wie  bekannt,  zugleich  der  Werth  des  ersten  Gliedes  der 
nten  Differenzreihe  der  Reihe 

0,  1^*+*",  2^*"  .... 

bezeichnet  man  dieses  Glied  durch  A^'O'""*^  so  hat  man  mithin 

(2')  <,  =  A-0-H» 

so    dass  jede  Beziehung   zwischen   den  Grössen  A  sich  zugleich  als  ein 
Satz  aus  der  Differenzenrechnung  darstellen  lässt. 
Aus  (2)  folgt 

»A»-i,H  =  n'*^  — w(«,  l)(n— l)'*+^*+n(n,  2)(n  — 2)'*+^*  .  •  .  . 
nA^n^i=  [n.  \)[n-\f^-^—2{n.  2) («-2)'*^-*  .... 

also 

eine  Beziehung  die  schon  Euler  bemerkt  haf*^).  Es  folgt  hieraus,  dass 
A^^  für  alle  Werthe  n^2  eine  gerade  Zahl  ist  und  für  alle  Werthe 
n>5  mit  Null  schliesst. 

Setzt   man  ~^^  =  h^^,    so  dass    A,,,,  =  1  und    h^y^  =  Ä^^  =1 
so  folgt  aus  (3) 

(4)  h^^       =  Am.  n-l      +  ^  Am-1.  h 


Kn        =  Kn-l       +WÄ^.H  =  Äi,„.i+n 


0  Instit.  calc.  diff.  P.  2  §  172. 


BEITRÄGE  Z.  THEORIE  D.  BERNOCLLFSCHEN  ü.  EDLER'SCHEN  ZAHLEN.      5 
Demnach 

Ist  also  Ä^H-i  fflr  ^Ue  ganzen  positiven  Werthe  von  m  eine  ganze 
positive  Zahl,  so  ist  dasselbe  bei  h^^  der  Fall.  Da  nun  Ä^i  =  1 ,  so 
ist  allgemein  h^^^  eine  ganze  positive  Zahl,  sobald  n  eine  solche  ist. 
Mithin  ist  A^^  nicht  blos  eine  ganze  positive  Zahl,  sondern  zugleich 
durch  1.2  .  .  .  n  theilbar. 

Man  kann  h^^  in  einer  Weise  definiren,  aus  welcher  sich  von  selbst 
ergiebt,  dass  es  eine  ganze  positive  Zahl  ist.  Bezeichnet  man  nemlich 
durch  C^^  die  Summe  der  Combinationen  mit  unbeschränkter  Wieder- 
holung zur  Classe  m  aus  den  Elementen  1,  2  ...  n  unter  der  Voraus- 
setzung, dass  die  Elemente  in  jeder  Combinationsform  als  Faktoren  be- 
trachtet und  die  Combinationsformen  addirt  werden ,    so  hat  man 

C{m,  n)  =  C[m,  n — 1)-|-nC(m — 1,  n) 
und  demnach 

C(l.  n)  =  C{1,  n—\)+nC{o,  n) 
aber  auch  C(l,  n)  =  C(l,  n — l)+n 

Man  muss  also  C[o^n)  =>  1  =  h^^  nehmen  und  hat  mithin  der 
Formel  (5)  entsprechend 

C{m,  n)  =  C{iw,  n— l)4-nC(m— 1,  n— l)-i-n*C(m— 2,  n— 1)  .  .  .+n'^ 

Nun  ist  C[m,  1)  =  1  =  h^i  also  allgemein 

C[m,  n)  =  Ä^^ 

Alle  Beziehungen  zwischen  den  Grössen  h^^  oder  A^^  können  mithin 
auch   als  Beziehungen  zwischen  den  Grössen  C{m,  n)  gedeutet  werden^. 
Aus  (5)  folgt  unmittelbar 

Auch  folgt  aus  (3) 

(7)      ^•»»  =  n^l^i,^+n(n— 1)4^1,^1  .  .  .+n(n  — 1)  •  .  .  2.1il^,,i 


^)  Ettingshaoseh  combin.  Analysis  p.  203. 


6  M.  A.  STERN, 

2. 


X* 


Aus  (e'-lf  =  (e*_i)«->(a?+^,  +  .  . .) 
d.  h. 

—  r_^L2zl_«^>  4-— iü=L_«»H-m-i      IL.fL  I         «*^'  1 

—  Li.«   .»-1  ••     ^^l..m  +  n-l^  •••][    ^^1.8    ••^l.J..m+l-     -J 

r 

folgt,    wenn  man  auf  beiden  Seiten  den  Coeflticienten   von  a^*"^  nimmt, 

(8)  4.^„=  (n+OT,  i)A^^i  +  {n-{-m,  2)4„_,.,^i...+(»4-m,  w+l)  J^,_, 

Ebenso  findet  man  aus 

1.8. .n  ^  •'flx'  1.8..n 

indem  man  auf  beiden  Seiten  den  Goefficienten  von  n-\-m  bestimmt, 

(9)  mA^^  =  («H-m,  2)^,^,.,— (»+to,  3)^i,^8,„  . .  . 

und  aus 

V*         */ö»-    1..«     —  **   1.8..n 

folgt 

(n+m,  l)4^„+(n  +  TO,  2)^,.,  .  .  .-\-{n+m,  m-{-i)A^^ 
=  n[A^^-h{n+tn,  1)A^,,«.  .  .  +  (»+1»,  «)-4^J 

d.  h. 

(10)  «.1^.  =  !L±ii:^(n+»»,  l)A»-..»+'^''V^~"'(n+m,  2)^^,.,  .  .  . 

+  m(n+l)— »»/      ,  \    a 

■     Z+i —  (" + '"•  *")  ^•^• 


3. 
Aus  Formel  (3)  folgt  unmittelbar 

(11)       i  (-1)«+'^!^  =.  i  (_!)»+. ^_^^+  2  (-1)«+'^»— 1.^1 
1,  m  1,  m  1,  m       / 


BEITRÄGE  Z.  THEORIE  D.  BERNOüLLI'SCHEN  ü.  EÜLER'SCHEN  ZAHLEN.      7 


nun  ist  I  (—!)«+•  ^_^,  =  A-1.1+  S  {— l)"^'^!«- 

1,  m  2,  m 


und  2:  (-l)*^'^«— ..«+.  =  -  2  (-1)'^*4»- 

1,  m  2,  II» 

also 

(12)  i  (-1  )»+«%^-±l  =  4«_u  =  1 

1,  m 

Entwickelt  man  aber  in 

auf  beiden  Seiten  nach  aufsteigenden  Potenzen  von  x  und  vergleicht'  die 
Coefficienten  von  «r^^,  so  findet  man 


n 


(12')  2  (-1)«+»^^,  =  (-l)«-' 

1,  m 

Verbindet  man  dies  mit  (11),  so  ergiebt  sich 

i(-l)"+»J =:(_1)»-_1 

2,  ffi 

d.  h.  i(-i)'^*^c-«.,  =  (-!)'"- 

1,  m 

oder,  indem  man  mit  ( — 1)*^""*  multiplicirt  und  m — n  =  Ar  setzt, 

i    (-1)*  A-»  =  1 

o,  m — 1 

Aus  (3)  folgt  auch 

f  (-0-4=--  =  i  (-1)»  A^^i+  i  (-i)"4^._,.« 

Unter  der  Voraussetzung,  dass  m]>l,  also  -4,^,^^=  0,  ist  aber 


1,  m  1,  m 


8  M.  A.  STERN, 

mithin 

(13)  2(-ir^  =  o 

1,  m 

WO  man  also  auch  ( — !)**"*  statt  ( — 1)**  schreiben  kann. 

n  ^ 

Schreibt  man  statt  dessen  T  ( — 1)^  '^"^  =  f»A,^ig  so  umfasst   die 

1,  m 

Formel  zugleich  den  Fall  wenn  m  =  1 . 
Nach  Formel  (3)  ist 

also  auch 

-i  ^        *>  n  2.  V        M  •     „     •       „^1 

ly  m  1,  m 

1,  m  1,  m 

oder  (nach  F.  (12)  und  (13)) 

Setzt  man  W^j,=    f;    (_i)M-if!!!z»2±*  so  ist  mithin 

1,  m— Ä 
1,  m  1,  m 

also  nach  dem  Vorhergehenden 

und,  indem  man  wieder  W^i  =  l+TF"«-!,!  u.  s.  w.  setzt,  schliesslich 

Aber  W^j  =  ^,8  =  2  also 

W^r,i  =  m+1 


BEITRÄGE  Z.  THEORIE  D.  BERNOULLl'SCHEN  U.  EULER'SCHEN  ZAHLEN.  9 
Hieraus  folgt 

nnd  allgemeiner 

I,  m—k 
Diese  Formeln  sind  aber  nur  specielle  Fälle  einer  allgemeineren,  welche 
heisst 

Nach  Formel  (3)  hat  man  nemtich 

-^«— ('■-Rt.H-*  "  +  *ii(  J_  ,J  1 

n  —  '„~  i-^-(«+H-i>.»+*"r-^»-("+*)."+*-iJ 

Nun  ist 

2.    { — 1)        J4,,_(»+^),^fi_|  =■  A«-i-i.t+     2     ( — l)"-^-(»+»+i)."+* 
1,  m-ft  1,  m-* 

d.  h. 

X       (         ')  [■«m_(,+*+I),B+*4--^»-(»f»),»+l-l]  =  A»-*-!.* 

1,  m-* 

mitbin 

(16)  W^»  =  -4«-*-u  +  *W^™-i,*H-*W^«-i,*-i 

Gesetzt,  es  sei  bis  zu  einem  gewissen  Ar 
/le'^  j  W^..»-.  =  (m-i)A^-,,.-i 

«0  ist  mithin  PT^».,  =  ^.^fc(_,  +  (Ä  — 1)  IF„_,,t_i  +  (*— 1)  fT^^i.,.,  = 
^«-*.*-i  +  («-l)(*-l)[^«_*_M_i  +  ^^*,_2]  ='»A,-*.-i  (nach  F.  (3)). 
Ebenso  folgt  W^^  =  mA^^^^ij^  Nun  ist  in  der  That,  wenn  man  k=l 
setzt,    und    wie   früher  »i>l   genommen    wird,    W„_i.t_,  =   W„_i,o  = 

2     ( — ))**+!  _s=?--:üJ  =  Owofar  man  auch  H''„_i,o=  (»»  —  !}4,_i,o  schreiben 
Jtfaf*«m.  Glosse.    XXVI.  J.      ,  B 


10  M.  A.STERN, 

kann,  da  ^^,.0  =  0.     Ferner  Fn._,.»  =  TF_,.,=    i    (_ i )'H-i^=zM5+> 

•1,  m— « 

=  m — 1,  wofür  man  auch   PT^^ii  =  {fn  —  \)A,„,^i  schreiben  kann.     Da 
mithin  die  Formeln  (16')  für  A:  =  1  richtig  sind,  so  gelten  sie  allgemein, 
wodurch  die  allgemeine  Richtigkeit  von  (t5)  bewiesen  ist. 
Aus 

folgt 

"  ^  ^  A  ^  A 

(— ^JnTfT-—     -^     ^— ^^        (n  +  l)«      +      ^     ^— 1)  ^       n  +  l 
1,  m  +  1  1,  m-l-1  1,  m+1 

oder,  nach  (12) 

(17)  i  (_,)n^^M=-=  2  (-ir%v-^ 


1,  m+1  0,  m+1 


ferner 


(18)  2    (_,)«^^=    2     (-!)»-•  _^±!z^« 

1,  m-fl  1,  m  +  1 

* 

da      Z    (— 1)"^=*J=^=  0  nach  (13). 

1,  m  +  1 


4. 

Aus   ^  =  (i4-<j*_i)"»=  i  +  (»,.  l)(e*— 1)  +  .  .  .  +  (»»,»,)(<?'— l)« 

folgt  l+"'*+TT  ••  •+!:«— ^  = 

l  +  (w,  l)[^^,a?+.  .  .^_,.i^— +  •  •  .] 
+  («.  2)[^V  +  .  .  .^,_,,,^-^+. .  .1 

4- 

mithin,  indem  man  auf  beiden  Seiten  die  Coefficienten  von  y  vergleicht 


BEITRÄGE  Z.  THEORIE  D.  BERNOULLI'SCHEN  U.  EULER'SCHEN  ZAHLEN.    11 
(1 9)  «»*■  =  (m,  1 )  ^,_M  4-  (w».  ^)A-i,i  .  .  .  -h  {w,  r)  A^, 

Ist  r'^m  und  m  eine  ganze  Zahl,  so  schliesst  die  Reihe  mit 
{tn,ni)Af_„_„\  die  folgenden  Glieder  fallen  von  selbst  weg,  so  dass  die 
Formel  auch  für  diesen  Fall  ihre  Geltung  behält. 

Man  kann  diese  Formel  auch  leicht  in  eine  andere  verwandeln. 
Man  hat  nemlich 

(m— 1.  l)^.-i.i  +  (w— 1,  \)A^2.2  =  {fn  —  U  1)^ 


-^r-1,2 


(»1—1.  2)^^2,2+ («»—1.  2)^,_,,j  =  («1—1.  2)^» 


{m  —  i,r)A.,  =(w»  — l,r)!Wi 

r+l 

Addirt  man  auf  beiden  Seiten  alle  Glieder  und  bemerkt,  dass 

A-i.i-\-{m  —  i,  1)^,-1.1  =  {m,  l)^r-i,i 

(»I  —  1 ,  1 )  ^,_2,2  +  (W  —  1 ,  2)  ^^2.8  =  (W.  2)  A,^2.% 

U.    8.    W. 

80  ergiebt  sich 

+ 

Entwickelt  man  in  derselben  Weise 

SO  ergiebt  sich 

(2t)  m'-  =  (m+r-l,r)^,—(m+r— 2, r—l)^,.,_,...  +  (—l)'-'(«i.  1)^,^1 


(20)  »i'-  =  ^,,4-(«»-i.  1)— r^V..  +  (»«-i.r)^' 


5. 
Aus  (2)  folgt 

(-1)»-'Ah.i-«,-  =  K  l)!**^'  -(«.  2)2'»+'  .  .  .4-(_l)«-n'^' 

=  n[l'"— («  — 1,  1)2"»       .  ..-|-(_i)»^>n'"] 

oder  wenn  man 

B2 


12  M.  A.  STERN, 

iVi"*'  =  t"*— 'n,  t)2"'H-(«,  2)3'".  .  .  +  (_i)''-'(n  +  l)'" 
setzt,  (— l)»-»nJVi!l\  =  ^„_(„_,).,  also 


(22)  A^„  =  {-ir-'nNt 


w-t  M  Ar(«»+H-i) 


»— 1 


Vermittelst  dieser  Beziehung  kann   man    auf   ganz    elementarem    Wege, 
nach   dem  Vorhergehenden ,    die  Eigenschaften  von  N^^  finden ,    welche 
Herr  Prof.  Bauer  aus  der  Theorie  der  Gammafunction  abgeleitet  hat*). 
Aus  (3)  folgt 

oder,  indem  man  n  —  1  =  i  und  m  —  i  statt  m  setzt 

wie  Herr  Bauer  findet  (a.  a.  O.  Bd.  58  p.  292) 


n 


Ferner  ist      S    iVJ;!?,  =     S    (— i)^-*  ~"+i--'*»  =  0**)  nach  (13) 

1,  m-fl  1,  m+1 

auch  ist 


1,  m  1,  m  1,  m  1,  m 


aber  nach  (12)  ist  S  (-ir^^^TI*^  =  -  1 
also  nach  (14) 


5^  i-iV^-)  =  2  (_i)«^!=±t±i±^i  =  —«»•••) 


Ferner 


1,  m  1,  m 


1,  m — 1  1,  m — 1 

1,  m— 1 


•)  Grelle  Joam.  f.  d.  Math.  Bd.  57  und  58. 
♦♦)  A.  a.  0.  Bd.  57  p.  271.  ««*)  ebend. 


J 


BEITRÄGE  Z.  THEORIE  D.  BERNOULLI'SCHEN  U.  EULER'SCHEN  ZAHLEN.     13 
Nun  ist  nach  (15) 


1,  m—l  1,  m — 1 

=  (w  +  1) (2*^—2)  nach  F.  (2) 
ferner 

1,  m—l  8,  m 

* 

nach  (14)  oder  =  2  (»» + 1 -- 2"'+' +  2) 
auch  ist 

It  H  It 

y     / |\n4-l^«»-(H-i)>H-8  y     / ^  xw+t  ^m-w+i,  n y     / ^  \fH-l  ^«i»~t>4-i#«» 

1,  m—l  3,  m  +  1  1,  m  +  1 

also,  nach  (13),  =  2^ — 2.     Hieraus  ergiebt  sich 

1,  m  —  l 

Aus  (22)  folgt 

1,  m  1,  m 


•"^ — ^1,8 


nach  F.  (12')  und  aus  (17)  und  (18) 


0,  m  1,  m 


*)  ebend. 
**)  a.  a.  0.  Bd.  58  p.  295,  296.    Die  Formel  VIII  (p.  298)  ist  mit  der  obigen 

Formel  (20)  identisch. 


14  M.  A.  STERN, 

6. 
Vergleicht  man  die  bekannte  Formel 
(23)  -^=t_£-  +  A^'...  +  (_,)».-_^^»..... 

WO  B^  die  mte  Bernoulli'sche  Zahl  bedeutet,  mit  der  Formel 

welche   man    erhält,    indem    man   e^ — 1  =  z   also  -i=^  =  ^^^^"*"^^  setzt, 

und  bemerkt  zugleich,  dass  nach  (23)  in  der  Entwickelung  von  -j^ 
keine  ungerade  Potenz  von  o?,  die  erste  ausgenommen,  vorkommt,  so  er- 
hält man,  wenn  man  in  (24)  die  einzelnen  Glieder  nach  Formel  (1) 
entwickelt  und  den  Coefficienten  von  0?*'"+'  bestimmt 

(25)  i      (-l)»^-=-=0 

1,  «m-fl 

Bestimmt  man  dagegen  den  Coefficienten  von  a^^,  so  giebt  der  Ver- 
gleich mit  (23) 

(26)  (-1)--*^,,=  i  (-l)'*%^" 

1,  8m 

Berücksichtigt  man  die  Formel  (2'),  so  sieht  man,  dass  die  Formeln 
(25)  und  (26)  identisch  sind  mit  denen,  welche  schon  Stau  dt  in  der 
kleinen  gehaltvollen,  aber  wie  es  scheint,  wenig  beachteten  Gelegenheits- 
Schrift  »De  numeris  BernouUianis ,  Erlangae  1845  in  §  11  gefunden  hat; 
aus  der  letzten  hat  er  zugleich  den  nach  ihm  benannten  Stand  tischen 
Satz  in  §  16  abgeleitet ''^). 


*)  Ohne  Staudt*8  Abhandlung  zn  kennen,  hat  Herr  Professor  Sidler  in  der 
Viertel jahrsschrifti  der  natnrforsch.  Ges.  in  Zürich,  Jahrg.  1,  1856  p.  188  diese  zwei 
Formeln  gefunden  and  später  hat  daraus  Herr  Professor  Schlaefli  den  Standf- 
schen  Satz  in  ähnlicher  Weise  abgeleitet  (Qnarterly  Journal  of  Mathem.  Vol  6  p.  75) 

n 

wie  S  t  a  n  d  t  selbst.     Nichts  Anderes  ist  auch  die  Formel     T     — |—  N^i  =  0  oder 

w-^1 
iw+l  1,  m  +  1 

ar  ( — l)  8  B^  bei  Baner  (a.  a.  0.  Bd.  57  p.  271)  wie  man  sogleich  sieht,    wenn 


BEITRÄGE Z. THEORIE D. BERNOLLLISCHEN  U.  EULER'SCHEN ZAHLEN.    15 
Berücksichtigt  man  die  Formeln  (17)  und  (18),  so  findet  man  zugleich 

0,  «m+l 


28)  2  (_,)«_|'^>  =  (-l)'«-'B, 

0,  8m 


(29)  2      (-0'-'^^"  =  «, 

1,  2m  4-1 

(30)  i  (_,)»-^^-^  =  {-ir-'B„ 

I,  Sm 

Nun  ist     T     -^  Mü',  =    f     (—  1  )"^^~''^  also  =  0  oder  =  (—  1 )"-' B^ 

1,  m  +  l  1,  m-f  1 

je  nachdem  m  gerade    oder    ungerade,    wie   ebenfalls  Herr  Bauer  ge- 
funden hat**). 

7. 
Wenn  man  den  oben  gefundenen  Ausdruck 

2.1       ^)      n  +  l      —^         2^1.2*^    •  -^^    l.«..«m   "^     ••• 
0,  CX) 

man  die  Formel  (22)   berücksichtigt  und  zugleich  bemerkt,   dass   nach  der  hier  ge- 

«+i 

brauchten  Bezeichnung  ( — l)*"B|,^.i  zu  schreiben  ist,  wo  dort  ( — 1)  2  B^  steht.    In 

ähnlicher  Weise  kann  man  auch  die  anderen  dort  vorkommeuden  Formeln  mit  Hülfe 
▼on  (22)  finden. 

Ich  benatze  diese  Gelegenheit  zu  einer  Bemerkung,  die  ich  Herrn  Professor 
Sidler  verdanke.  Die  erste  der  zwei  Recnrsionsformeln ,  welche  ich  in  meiner  er- 
sten AbhandluDg  als  von  Herrn  Prof.  Seidel  gefunden  bezeichnet  habe,  kommt 
schon  in  der  Abhandlung  von  Raabe  »die  Jacob  Bernoulli*sche  Function,  Zürich 
1848  p.  85  und,  wie  dort  bemerkt  wird,  schon  früher  in  Ettingshausen^s  Vorle- 
sungen über  d.  höh..  Mathem.  vor. 

Ich  füge   noch  hinzu,    dass  Herr  Prof.  Sidler  in  der  erwähnten  Abhandlung 
mit  Am,n  dasselbe  bezeichnet,  was  hier  mitjä„i_M,H  bezeichnet  wird;  die  Formel  (21) 
ist  demnach  identisch  mit  der  dortigen  Formel  (13). 
*♦)  a.  a.  0.  Bd.  57,  p.  271. 


16  M.  A.  STERN, 

differenzirt,  so  findet  man 


(_i)»»-i» 


(31)        ^H  (-l)V:-T(e*-ir' =  -1  +  ^.0.. ..  +  i^,^x*"-.. 

1,  00 

Entwickelt  man  nun  e*  und  nach  F.  (1)  die  verschiedenen  Poten- 
zen von  e^  —  l  in  nach  aufsteigenden  Potenzen  von  oß  fortlaufende  Rei- 
hen und  bestimmt  die  Glieder,  welche  o?*^"*"*  enthalten,  so  findet  man 

(-iri?,^i  _  _j,  1 

l.«..2m-fl  «  •l.2..2m+l 


">     3  Ll.-«w»    '    1.2  1.2..2m  — 1  "  '"•    1..2m  +  l^^^>J 

g  r^  ^2         I t  ^1.2         .  ,  i  Ä  1 

4  Li.«  l..«»!  —  !""    1.2.3  l..2m~2    •"••  '  "•    i . .  2m  + 1 '^»»-l»  ^J 


,    2m+2  ^o,2iH-l 


2m  +  d   1  ..2m4-l 


oder 


(32)  (-ir^-H.i  =  -i 

+  |[(2m+1.1)A,  +  (2w  +  l.  2)^,,,  +  ...  +  (2m  +  l,2m+l)^^i] 
—  i.[(2m+l,  2)^a  +  (2m  +  l.  3)^.2.  ..4-(2i»  +  1,  2m  + 1 ) ^„^,. 3] 


I    2m +2  j 

Dagegen  muss  die  Summe  der  Glieder,  welche  «r'^  enthalten,  Null  sein, 
mithin 

(33)  0  =  — ±4-|[(2i»,  1)^,1  .  .  .  +  (2w.  2i»)^„.i.i] 

—  ~[(2m.  2)^,3  .  .  .  +  (2i».  2i»)^^.2,a] 


2m  +  l  j 

2m +2 '^•*» 

Durch  nochmalige  Differentiation  findet  man 


BEITRÄGE  Z.  THEORIE  D,  BERNOÜLLI'SCHEN  ü.  EULER'SCHEN  ZAHLEN.    1 7 


(A)        ^  2  (-1)"^  (^-1)»-«  +  ^  S  (_,)»-^^(e-_i)«-  =  B^  .  .  . 

9,  00  1 ,  00 


^    1  .  2  . .  2m    "^        •  •   • 


Nimmt   man   nun  auf   beiden  Seiten  den  Coefiicienten  von  a^*^  und  be- 


n 


\n     »    /^       4\n-»l 


merkt,  dass  nach  dem  vorhergehenden  der  von  e*  J^  ( — ^T-jri^ — ^^ 

i,oo 

herrührende  Theil  =:  0  ist,  so  erhält  man 

(34)  (-ir5«H-,  =  4-'2"" 

-?j-»r(2m.  1)2»—«^.,  + (2»».  2)2*'«'»^,,,  .  .  .  +  (2«,.  2m)A^,,,] 

+  ?^.[(2w.  2)  2""-»^,i,+ (2m,  3)  2*«-» ^,,3  .  .  .-\-{2m,  2m)  A^^,^] 


^    2m  -t- 1 .  2m  +  2    a 

zugleich  muss  der  Coefficient  von  ^r**^*  in  der  Entwickelung  des  obigen 
Ausdruckes  Null  werden.     Bezeichnet  man  aber  den  in 

1,  00 

enthaltenen  Theil  dieses  Coefficienten  durch  8,  so  ist  1.2..  (2m+l)Ä  dem 
auf  der  rechten  Seite  in  (32)  stehenden  Ausdrucke  gleich  und  man  hat  daher 

{—irB^,=  1.2..(2m  +  l)S 
Bezeichnet   man    femer    den    in  e^^^{ — 1)^  '    ^  (e^ — 1)**^*  enthaltenen 

2,00 

Theil  dieses  Coefficienten  durch  8^  so  findet  man 

(35)  1.2..(2m+l)Äi  =^2**^* 

_?i£[(2m+l,  i)2*'^A,i+(2m+l,  2)2'^-*  A.1-  •  .  +  (2m+l,  2m+1)^0 

+  ?^[(2m+l,2)2^^-*^o.2+{2f»+1,  3)2*^X3. ..+(2w+l,2w+l)^.^^ 


2m  +  2 .  2m  4-  8  j 

2m  +  4    ""-^.»»«+1 

Mathm.  Glosse.  XXVL  1.  C 


18  M.  A.  STERN, 

« 

Demnach,  da  S-f-Si  =  0 

Der  Vergleich  von  (34)  mit  (35)  zeigt  also  eine  merkwürdige  Ueber- 
einstimmung  zweier  Ausdrücke ,  von  welchen  der  erste  in  den  zweiten 
übergeht,  wenn  man  m-f-^Y  ^^^^^  ^  setzt.  Durch  fortgesetztes  Difieren- 
ziren  lässt  sich  in  ähnlicher  Weise  eine  grosse  Zahl  neuer  Beziehungen 
entwickeln. 

Schreibt  man  (31)  in  der  Form 

5:(-ir„-^(e*-ir'  =  (t-^+ri...).(-4+-Bi^  •  •  •) 

und  entwickelt  auf  beiden  Seiten  den  Coefiicienten  von  o?**^*.  so  findet 
man  die  Beziehung 

^    A  ^    A  I    2m -t- 2  j  

y-^^*^fml  4  -^2m-1.2  •  •  •     »"2m-|-3      ®'2"*+l  

(-l)^5^,+(-l)^*(2m+1,  2)5^-i-(-l)--*(2m+l,  4)J5_, .  . . 

+  (2m+l.  2m)J5^+-i 

Nun  ist  (nach  §  2  F.  9*  der  ersten  Abhandlung) 

2m+l,2)5^— (2m+l,4)Ä^i...  +  (— l)*^*(2m+l,2m)J5,+(-l)'"y=0 

Demnach  verwandelt  sich  die  obige  Gleichung  in 

(36)         (      1)   -B,^!  =        l+y-^g»^! — X'^^^iw-i.s  •  •  •+2^^-^.af»*+i 
Vergleicht  man  dies  mit  (32),  so  ergiebt  sich 

y  +  |[(2fn  +  l,  1)^^,  . .  .  +  (2m+l.  2»i)^2^,,,] 
—  tI(2»»  +  1.  2)i4o.a...  +  (2»»  +  l,  2«»)A^2,8] 

•  ••••••• 

Entwickelt  man  dagegen  auf  beiden  Seiten  den  Coefficienten  von  o!^^ 
80  findet  man 


BEITRÄGE  Z.  THEORIE.D.  BERNOÜLLPSCHEN  U.  EÜLER'SCHEN  ZAHLEN.    19 

3  -^2m-l.l  4  '^2m-2,2  •   •  •         2m  4-2      ^  ^m  

(_l)^(2m.  l)5^  +  (-ir-H2m,  3)B^,  .  .  .  —  {2m,  2m-\)B,  —  ± 
Nun  ist  (nach  §  2  F.  1 1*  der  ersten  Abhandlung) 
[(2mJ)+l]-Bm— (2m,3)5^,...  +  (-ir-«(2m,2m  — l)Bj4-(— 1)^1 

d   h, 

(-l)--»5^-l  =  (-ir(2m.  i)5„,+  (_i)'^t(2m,  3)5_,  .  .  . 

-(2»i,  2m  — l)5j-i- 

also 

(37)  ( 1)^        B^  =    l  +  y-^a«,-!,! -J- -42^-2,2  •   •   • 2^1-^»2m 

oder 

Auch  giebt  der  Vergleich  mit  (33) 
(37')       (— 1)*^^.  =  — T+f[(2^'  l)A,  +  ...+(2m,  2m—\)A^^^,] 

—  ~[(2m,  2)^,2+...  + (2m,  2m  — 1)^12^8.2] 


^^  2m -f- 1 '^O.  2m-l 

Verbindet  man    (37)   mit  (12')   indem    man   in  letzterem   Ausdrucke    2m 
statt  m  setzt,  wodurch  er  in 

(38)  -^2m-l,l -^«»-2.2  "T"  -^2m-8,8  •   •    •  —  -^,2m  =  —  1 

übergeht,  so  findet  man 

(39)  ( 1)     ^m  =  y-^gm-l.l — "4"-^l2m-2.2  •   •   •  —  ÜT-fl'^^'^ 

Verbindet   man  (36)  mit  (12')    indem    man   in   letzterem    2m4-l    statt  m 
setzt,  wodurch  dieser  Ausdruck  in 

(38)  -42»»,1  —  •^2«>-l,2"t"'^^2m-2.8  •   •   •  4" -^,211^-1  ^^^    ^ 

übergeht,  so  findet  man 

C2 


20  M.  A.  STERN, 

(40)  ( ly^B^^i  =  j  -^am,! +-7^2111-1,2  •  •  • 2m  +  8^'2m+l*) 


8. 

Schreibt  man  die  oben  (§  3)  benutzte  Gleichung 

^•^=  1  — (e*_i)  +  (e*— 1)»..  . 

in  der  Form 

1  =e^[i_(^  — i)+(e*_i)*.,.] 

80  erhält  man,  je  nachdem  man  in  dem  nach  aufsteigenden  Potenzen 
von  0?  entwickelten  Ausdrucke  den  Coefficienten  von  a^^  oder  j?'*^* 
bestimmt, 

(41)  1  ={2«».  l).lo.iH-(2»».  2)^,,,  .  .  .  +  ^a„_,., 

—  [(2m,  2)^,3-h(2»».  3) ^,,2  .  .  .  +^8^2,2] 


-A 


2m 


oder 


(42)  1  =  (2IW  +  1,  1)^,i  +  (2w+l,  2)^,.i  .  .  .  +  ^2m,i 

—  [(2mH-l,  2)-4o.2+(2w  +  l.  3)^,.2  .  .  .+^^1,2] 


+  -^.2m+l 

Aus  der  Verbindung  von  (41)  mit  (38)  folgt 

(43)  2  =  {2m,  1)^0.1  +  .  .  .  +  (2»»,  2»l— 1)^„_2,, 

—  [(2m.  2)^.2+.  .  .+(2m,  2m— 1)^«_,,2] 


+  (2m,  2m— 1)A,2„_,] 
und  aus  der  Verbindung  von  (42)  mit  (38') 


*)  Die  zwei  Formeln  (39)  and  (40)  finden  sich  bei  Staadt  a.a.O.  p.  15  ohne 
Beweis. 


BEITRÄGE  Z.  THEORIE  D.  BERNOULLI'SCHEN  U.  EULER'SCHEN  ZAHLEN.    21 

(44)  0  =  (2»» +1,  1)^,1  ..  .4- (2m 4-1.  2m) A,^,,, 

—  [(2»M  +  l,  2)^,2  .  .  .4.(2m-|-l.  2^)^2.^2,2] 


—  (2m-fl,  2m)^o,2m 
Schreibt  man  die  in  §  7  gefundene  Gleichung  (A)  in  der  Form 


^i:(-ir^'V?{^-ir'+5:(-irr+r(^-o""'  = 

1,00  1,00 

(i-^+T^...  +  T7i;,..0(ß,-?^... +  (-!)- -Skr  •••) 

und  entwickelt  auf  beiden  Seiten  den  Coefficienten  von  a^^,  indem  man 
zugleich    mit     1.2..  2 w    multiplicirt ,    so    liefert     ^{ — ^r;^{e^—^) 

den  Ausdruck 


^    A  ^    A  2m +  1   j 

an  dessen  Stelle  man  nach  (37)  einfacher  ( — 1  )*'*"*  B„ — 1  schreiben  kann. 


**•**— l/^x       4\n— 2 


Aus  c*  2  (-l)"^r(«"'-0        erhält  man 

l,CO 


S.8 


t-¥K2^'  l)Ai4-(2m,  2)^,,,.  .  .  +  ^2«^,.,] 


8.4 


+  "^[(2W.   2)^,2  4- (2W,    3)  ^,,2.   .   .+^2m.2,2] 


I    2m  + 1 .  2m  +  8  j 
"•"  2m  +  8        ^0'2»« 

die  andere  Seite  der  Gleichung  giebt  aber  als  Coefficienten  von  a:^^  mit 
1  . 2  • .  2m  multiplicirt  den  Ausdruck 

(— ir-B^i+(— l)^M2m,2)J5^.  .  .  —  (2m,  2m— 2)5^+^^ 

Nun  ist  (nach  §  2  F.  8*  der  ersten  Abhandlung) 

(2m,  2-l)5,„— (2m,  4)B^^,.  .  .^{—l)^'''B,  =  0 

Man  hat  also 


22  M.  A.STERN, 

9.3 


(-irJ?™+.  =  -1— -r[(2»».  liAi •  •  •+^2«-i.. 


3.4 


+  -i-[(2«».  2)^,j.  .  .  +  ^2m-2,a] 


•  •••••• 


Entwickelt    mau    dagegen    den  Coefficienten   von  o?'*^*    und   multiplicirt 
mit  1.2..  .2w+l  80  liefert    ^  (_i)'»-A-(^_i)^-t  den  Ausdruck 


1,  CX) 
2    j  8     .  ,    2m  +  2 


3  -^m.  1  Y  ^2m.2  •  •   •  "t-  2m  -f  8  -^0,2m+l 

was,  nach  (36),  =( — l)*^J?^i+l  ist.     Ferner  liefert 

l,0O 

den  Ausdruck 

|._L![(2m+l.  i)^,,  +  (2m  +  l.  2)^,,,.  .  .  +  ^,] 

+  ^[(2»»  +  l,   2)ilo,24-.  •  .  +Am-1.2] 

8m  +  a.am  +  3  ^ 

Sm+4  '^0'  »H-J 

Die  andere  Seite  der  Gleichung  giebt 

Nun  ist  (nach  §  2  F.  10*  der  ersten  Abhandlung) 

((2«»+l.  l)H-2)JB^,  — (2«»+l.  3)JB„..  .+(--irJBi  =  0 
d.  h. 

(-irjB^,  =  (-l)'^»[((2m+l,l)+l).B^,+(— ir(2m+1.3)B„...— J?J 

Demnach 

(-ir^^,  =  I-  — ?^[(2»t+l,  l)^o,i  +  (2m+l,2)^,,,.  .  .+il2^x] 


2m-f2.2OT+8    Ä 


BEITRÄGE  Z.  THEORIE  D.  BERNOÜLLI'SCHEN  ü.  EULER'SCHEN  ZAHLEN.    23 

Aus  dem  Vergleich  dieses  Werthes  von  {—i)"*B,^y  mit  dem  unmittelbar 
vorher  gefundenen  ergiebt  sich 


Schreibt  man  die  Gleichung  (A)  in  der  Form 

2:(-i)"^(«"-ir'+^"'2:(-i)\-v»(<^-ir-'  = 

80  kann  man  hieraus  in  ähnlicher  Weise  andere  Formeln  ableiten. 


9. 
Schreibt  man  die  Gleichung  (24)  in  der  Form 

X  e*— 1    ,    (a^— 1)* 

multiplicirt  dann  auf  der  rechten  Seite  mit  -J^  und  auf  der  linken  mit 
dem  gleich werthigen  Ausdrucke  1 — -f-H"  j^  ...  so  hat  man 

V*~T'T"T:2   •••'T         1.2. .2m       •••/  ^^"T'T-T:,  •  •  --1  1.2. .2m        *  '  '^ 

1,00 

Entwickelt  man  auf  beiden  Seiten  den  Coefficienten  von  <r^^,  so  findet  man 

-»"-  2^1         •»2m-l        ,         2i?i  ^2m-2  ,         ^-^ih+I  ^m+1 


(1.2..2m)"    •     1.2'  1..4m— 2    '    1.2.8.4'1..4m  — 4*  *  '    '    1..2m  — 2*  1.. 


2m +  2 


^2m     1         -^4m~2,l       1^       ^4m~8,2  .  1  ^,' 

1..4m  8    1.2..4m— 1  4    1.2..4m— 1  *  *  *    '    4m-f  1  1..4m— 1 

also,  wenn  man  auf  beiden  Seiten  mit  1 . 2 ...  4m  multiplicirt  (undin>>l) 


24  M.A.  STERN, 

(45)  (4m,  2m){Bj-{-2{4m,  2)B^B^_,+...  +  2{4m,  2m—2)B^,B^,—B,„ 

Bestimmt  man  dagegen  den  Coefficienten  von  j7*'"+*  so  ergiebt  sich 

(46)  B,^i—2{4m-^2, 2)B ^B,„—2{4m-\-2, 4)B^B3„_,„.—2{4m-\-2, 2m)B^B^, 

=  (4»»  +  2)  [y  ^4,^,  — f  ^«,^,.2 . . .  +  — 1^.-  ^,,^J 

Setzt  man  in  (40)  2m — 1  statt  m  so  ist 

und  es  folgt  daher  aus  (45) 

(47)  (4m+l) ^a«  =  (4m.  2m) (ßj»  +  2 (4m,  2) B^B,^, . . . 

+  2  (4m.  2m  -  2)  B^,B^, 

Ferner  folgt  aus  (40)  indem  man  2m  statt  m  setzt, 

und  mithin  aus  (46) 

(48)  (4m+3)jB2H-i  =  2 (4m +  2.  2)ßjjBa„. .  .  +  2(4mH-2,  2m)B„B^,*). 


10. 

Wenn  man  auf  beiden  Seiten  der  Gleichung  (ai)  mit  -^  multipli 
cirt  und  das  Resultat  in  folgender  Geötalt  schreibt 

^(T'»'-T-?^)+.r^[-T(«'-l)+T(^-l)'-.-] 
SO  erhält  man 


♦)  Die  Formeln   (47)  und  (48)   stimmen  mit  denen  überein,   welche  Euler 
instit  calc.  diff.  P.2  §123  gefunden  hat. 


BEITRÄGE  Z.  THEORIE  D.  BERNOULLPSCIIEN  ü.  EULER'SCHEN  ZAHLEN.    25 

(^+^H-Ä-+r:l^-)(-4(^'-i)+4(^'-»)'...-£$-;('^-ir-'-) 

'     3  ^       '  '  '    1..2m — 1         ' 

—  ^1  — y'-i        TTä^^       ...n— Y-t-zjjO?.  .  --1       i..2m-i      •  •  •'' 

Bestimmt    man    also   auf  beiden   Seiten  den   Coefficienten   von    o?^^,    so 
findet  man 

2.  ^ _irj      }_ i^'^  ^  \      ^*»-2>i  1 

S  •  l.«..«m—l  4  »•     ^^1..2m— a"^  1.2  *  1..2m  —  3  *  *  '    •     1..2m— l-» 

.     ^  r^0,2     1 ,       ^m~3,2  -i 

'     5  U.2  •l..2m— 3  •   •   •  ^  '    1..2m— 2J 

•       ••«••       •• 
2m +1     -^o,2m-l 


2m-{-2   1  ..2m — 1 

2  L  1.2..  2m      '      1  .2..  2m— 2  '  l.2***'l.2*  1..2m— 2         1.2..2mJ 

^  '      2       1.2..  2m      ♦" 

Multiplicirt    man   nun   auf  beiden  Seiten  mit  1.2.. 2m — 1  und  berück- 
sichtigt die  bekannte  Formel 

(2m,  2)JB_,  — (2m,  4)J5,.a.  •  .  +  (-ir-Vm— 1)  =  0*) 
so  ergiebt  sich  die  neue  Formel 

(49)  (_i)-.i-JB^  =  |_i.[(2m-l.  l)4).i..-  +  ^^2.i] 

+  -i[(2m— 1.  2)^,2.  .  .+^^8,2] 


2m  +  l    Ä 
~2m  +  2^^'2m-l 

Bestimmt  man  aber  den  Coefficienten  von  x^^^^  und  multiplicirt  zugleich 
auf  beiden  Seiten  mit  1.2..  2m,  so  liefert  das  Produkt 


*)  Vgl.  erste  Abhandlung  §  1  F.  IL 
Maihem.  Glosse.    XXVI.  t  D 


26  M.  A.  STERN, 

den  Ausdruck 

+(2m+1.2m)J?,JB,] 

oder  da  (2m +1,  2)  +  (2m  +  l,  2m)  =  (2m +2,  2)  u.  8.  w.,  so  kann  man 
statt  dieses  Ausdruckes,  je  nachdem  m  eine  gerade  oder  ungerade  Zahl 
ist,  auch  schreiben 


(-l)'^*5;STTt-^<-+»  +  (2m+2,  2)BijB„+(2m+2.  4)B^B^, 


•    •    • 


+  (2»n+2.m)%^ 

% 

oder 

(~»)'^'»;;rM[--B«+i+(2»»+2. 2)£i£«...+(2»»H-2,»»— 1)%^^ 


+  i.(2»,  +  2.m+i)(^f] 


Berücksichtigt  man  aber  die  Formeln  (47)  und  (48)  so  sieht  man,  dass 
in  beiden  Fällen  derWerth  in  ( — 1  )*'*"*  — ^«H-i  ^Ibergeht.  Bestimmt  man 
auf  der  anderen  Seite  der  Gleichung  ebenfalls  den  mit  1  . 2 .  •  •  2m  multi- 
plicirten  Werth  des  Coefficienten  von  w^*^\  so  findet  man 

i._±[(2w.  l)ilo,,  +  (2m,  2)^,,,  .  .  .  +  ^^,.,] 
+  4[(2m,  2)i4o,2+(2m.  3)^,,2.  .  .-^^^2,2] 


I     2m  +  2     . 

T•5;ÄI(-^^"^(2m  +  ^1)JB«-(2m+l,3)J?^.,...  +  (^^ 


Nun   ist   der   letzte  in  Klammem   stehende  Ausdruck  =  0*),  man   hat 
also  schliesslich 


*)  Vgl.  erste  Abhandlang  §  1  F.  I. 


BEITRÄGE  Z.  THEORIE  D.  BERNOÜLLI'SCHEN  U.  EULER'SCHEN  ZAHLEN.    27 
(50)  {-tyn+^lB^,  =  l-f  [(2m.  l)Ai  +  ..  .  +  ^2«-u1 

+4  [{2»t,  2)^,8  + . . .  H--4s^2.al 


Verbindet  man  diese  Formel  mit  (33)  durch  Addition,  so  erhält  man 

(51)  (_i)'H-ii.B^^  ==  _L__!_[(2m.  1)^, . .  .-{-A^,,i] 


Addirt  man  zu  (50)  auf  der  rechten  Seite  den  Ausdruck 

■i  — i-[(2WI,   1)A,.  .   .+4!m-l.l] 

+  -g-[(2m,  2)^,8.  .  -H-ila— m] 


39111 


80  erhält  man 


1— [(2m,  l)i4ai.  .  .  +  ^m^u] 
+  [(2w,  2)^2.  .  .  +  ^^.2,2] 


Dies  ist  aber  Null  nach  (41).     Mithin 

(52)       {-l)^±B^,  =  |— 5-[(2m.  l)^,,  +  (2m.  2)  A,  +  .  .  .+^12^^] 


Ebenso  ergiebt  sich  aus  (49),    wenn    man  m-j-l  statt  m  setzt,    und  die 
Formel  (42)  berücksichtigt, 

D2 


28  M.  A.STERN, 

(53)  (-ij-ni-B^,  =  J._i.[(2m+1.  1)A,,  +  .  .  .  +  ^^,1 

4-t[(2'»  +  '.  2)^0.2-  .  .     +^-u] 


2m  +  4  A»m+l 

Der  Vergleich  dieser  zwei  zuletzt  gefundenen  Werthe   von  ( — l)*"Y^m+.i 
fahrt  zu 

0  =  -|-[(2m,  0)  A,,  +  (2m.  l)^j,, .  .  .+A^,] 

—  i-[(2m,  1)^,2+ (2m,  2)  ^,,2.  .  .  +  A«-i,2] 


Verbindet  man  (41)  mit  (32),  so  führt  dies  zu 

(54)  (-ir5,^,  =  |-|[(2»»-fl.I)^.,...+A«.ij 

+  y[(2«»+I,   2)^2-  •   •  +-4m-1.2] 


L_  >! 

Wenn  man  in  (37')  auf  beiden  Seiten  der  Gleichung 

—  T  +  t[(2"*'  1)Ai-  •  -  +  (2»»»,  2m-l)^2„_2,,] 
— -i-[(2m,  2)^012.  •  .  +  (2m,  2m  — 1)^„_8.2] 


addirt  und  (43)  beracksichtigt,  so  findet  man 

(—!)•" B„  =  i— |[(2m,  1)A,, .  .  .  +  (2m.  2m— l)iä2».-8.i] 

-|-[(2m,  2)^0,2  •  •  .  +  (2m.  2m— l)^l2,_8,2] 


—  5j;rPT(2'"'  2«»  — «)A2-.-i 


BEITRÄGE  Z.  THEORIE  D.  BERNOüLLI'SCHEN  U.  EU  LER'SCHEN  Z  A  HLEN.    29 
oder 

(55)-(— 1)'«B^,=  — i-+|[(2w+2.1)^.,...  +  (2m  +  2,2»i+l)^^,] 

_i-[(2»i+2.  2)^0,8  ••  .  +  (2»»+2,  2»»  +  l).lg^,,g] 


+  ^+1  (2»»+  2.  2m  +  1)  Ao,^t 

Verbindet    man   diesen  Werth    mit   dem   unmittelbar  vorher  gefundenen 
Werthe  von  (— 1)'"JB,»^,  durch  Addition,  so  ei^ebt  sich 

(— ir2JB^,  =  y  [(2m  +  l.  0)Ao.^ . .  .  +  (2m+l.  2m)  A,^,] 

_±[(2»i+I,  l)A,2...  +  (2»t  +  1.2m)^^,] 


+  ^^,  (2m  + 1 ,  2m)  ^,2,^., 


11, 

Aus   der    Gleichung    (8)   folgt,    wenn    man    2m — 1    statt   m    und 
»  ^  2  setzt 

Am-u  =  (2TO+1,  1)  A,i  +  (2m  +  l,  2)^,,,+  . . .  +  (2m+l,  2m)^„_,., 

ebenso,  wenn  man  2m  —  2  statt  m  und  n  =  Z  setzt, 

An-2.8  =  (2»»H-1,  2)^,2+(2m+l,  3)A.2.  •  .  +  (2m  +  l,  2m)^2„_2,j 

u.  s.  w.     Mit  HQlfe   dieser  Formeln   und  indem   man   zugleich   berQck- 
sichtigt,  dass  A^^i  =  1   ist,  kann  man  die  Formel  (40)  in 

—  T  +  t[(2»»+1,  1)  A,,H-(2m+l,  2)^,,,...  +  (2m  +  l,2m)^j„._,,,] 
„i.[(2m  +  l.  2)^,2+(2m+l,  S)^,,^. .  .-}-(2m+l.  2m)^„_j,2] 


—  8;^(2mH-l,2m)^,2„ 
verwandeln,    da   man    statt  ^o,2i»fi   &ach    (2m-)-0-^.!«i  schreiben   kann. 


30  M.  A.  STERN, 

Verbindet  man  diese  Formel  mit  der  Formel  (53)  durch  Addition .  so 
ergiebt  sich 

welche  Formel  ebenfalls  Staudt  a.a.O.  ohne  Beweis  gegeben  hat. 
Hieraus  erhält  man  ferner  durch  Verbindung  mit  (38') 

und  hieraus  durch  Verbindung  mit  (36) 

Mit  Hülfe  der  Gleichung  (8)  lässt  sich  noch  eine  grosse  Anzahl  neuer 
Formeln  aus  den  im  Vorhergehenden  gefundenen  ableiten.  Auf  diese 
Weise  hätte  man  z.  B.  aus 

f        i\mTl  1      I    ^»1,2  I     ^2m4-2 

was  unmittelbar  aus  (26)  folgt,  sofort  (55)  finden  können. 


12. 
Aus  der  bekannten  Formel 


Te-'  —  ^i^"?:»: 


_ . .  •  • 

9 


WO  T^^i  d.h.  der  rte  Tangentencoefficient  =  2*^*(2*'"^1)^^  folgt 
also,  wenn  man  -f-  statt  <r  setzt, 

2  1  .         rp     X     .       T^      x'  I    /       4\r        ^2r-i        x«^-» 


fl    ,  .   «*— 1  '~-^l    2  "^1.2.3  2»'  '•"«"^        V    i.2..2r-l 


1+ 


2«»-i 


•    .   • 


Nun  ist 


BEITRÄGE  Z.  THEORIE  D.  BERNOULLI'SCHEN  ü.  EüLER'SCflEN  ZAHLEN.    31 

setzt  man  in  dieser  Gleichung  auf  der  rechten  Seite  allgemein  statt 
(e^ — l)**  seinen  Werth  nach  Formel  (1)  so  folgt  . 

mithin 

(56)  B,  =  (_l)-._^j^-_^:;^^  .  .  +  1^)») 

und  da  in  der  Entwickelung  von  ^  keice  geraden  Potenzen  von  x 
vorkommen,  so  hat  man  zugleich,  wenn  man  den  Coefficienten  der  Po- 
tenz  «r***  in   der  Entwickelung  von  1 — *-^— • .  •  nimmt, 

V** '  )  jtr-T "~     jir-a     •    •   •  -^^-1,1   V 

Eine  ähnliche  Betrachtung  führt  auch  zu  einer  Darstellung  der  Eu- 
ler'sehen  Zahlen  durch  die  Zahlen  Ä.  Denn  da,  wenn  E^  die  rte  Eu- 
ler'sche  Zahl  bedeutet, 

also     eT(i+?!z:ip=i^£^|;.J_...+(_l)r£,f;;.__l_... 

80  folgt  hieraus,  wenn  man  wieder  i  l  -^ — ^1  wie  vorher  behandelt  und 
zugleich  für  e^   seinen  Werth  l+Y+fi-T"^  •  •  •  setzt, 


i.2..2r  2^  '  1.2..2r 


±\a     JL  i  \  /^^'^    J_    L. ,    ^-1.1  ] 

2   [^0,l2»r-i.,    2     (2^_,)-ri.2   *  2«^-«  '  1 .  2  .  .(2r  —  2)  '   '   •'T"l.2..2rJ 

"^     ¥~lt..,k'V^^'  i.2..(2r— *)•  •  •"T-i.2..2rJ 

I       1        ^.2f^ 
"•"2*^  1.2..2r 


*)  Vgl.  Eytelwein  über  die  Yergleichung  der  Differenzencoefficienten  mit  den 
Bemoulli'schen  Zahlen.     Abb.  d.  Berl.  Akad.  d.  Wiss.  1816—17,  p.  41. 


32  M.  A.  STERN, 

und   zugleich    folgt,    da  die   Entwickelung   von  ^,^-x  keine  ungeraden 
Potenzen  von  a?  enthält 

"  —  2*^+'  •  i.2..2r-ft         2   L^^.1-  2»*"  i..2r"  •  •"  l..(2r  fl)J 

"•        2^Ll.2..A'2»=+i^'  l.,.(2r  +  l— *)•  •  •"T*i.2..Ir+lJ 


1  -^O,«!»-!-! 


2«'+'  1.2..  2r-|- 1 

Berücksichtigt  man,  dass  Af,^Q  =■  1 ,  sonst  aber  A^(^  =  0  (§1).  so  sieht 
man,  dass  man  die  zwei  letzten  Formeln  auch  in  folgender  Gestalt 
schreiben  kann 

(-ir^,  =  2:(~l)*[(2r,A;)A.»+2(2r.A;  +  l)A»...  +  2*'^*(2r.2r)^2,_».»] 

0,   tr 

0=5:     (-l)*[(2r+1.A:)^,*+2(2r+l.Ä+l)A»--- 

0,  8r+l 

4-2*'-+'-*(2r+l.  2r+l)^2,+i-w] 


13. 

Zu  anderen  Ausdrücken  für  die  BernouUi'schen  Zahlen  führt  fol- 
gende Betrachtung.  Wenn  man,  von  der  Formel  (19)  ausgebend,  den 
Werth  des  Ausdrucks 

1'—  2'"+3''— 4'' . . .  +  (w  — If— »»'■ 

berechnet,  wo  also  m  gerade  ist,  so  findet  man 

(1.    l)^r-l,l 
—  (2,    1)4^,,,— (2,   2)^,_2,2 

+  (3.  l)A>-i.i+(3,  2)^_2,24-(3,  3)^^8,8 


(«I,  l)^_,,i~(»t,  2)^,_2,2.  .  .  — (w,  r)A^,r 


BEITRÄGE  Z.  THEORIE  D.  BERNOÜLLI'SCHEN  D.  EULER'SCHEN  ZAHLEN.    35 

Indem  man  r<m  voraassetzt.    sind   also  die  Coefficienten    von  iir-i.i> 
Ar^%y,  . . .  Af^r  bezäglicb  = 

(1,  1)— (2,  1).. .  — (m,  1)=  1  —  2+3—4..  .  +  (w— i)— m 

-(2.  2)+(3.  2).  .  .-(m.  2)  =  -•'  +  ''V.;~^"'"- 


+  (r,  r)  +  (r+l,  r).  .  .-(m.  r)  =  ±'»-'-+'--»('-+«)y---«"^('»-0---(>n-'-+') 

WO  in  der  letzten  Reihe  die  oberen  oder  unteren  Zeichen  zu  nehmen 
sind,  je  nachdem  r  UDgerade  oder  gerade.  Ist  r^m,  so  fallen  die  Glieder 
(m,  r+1)  u.  8.  w.  von  selbst  weg.     Nun  ist.  wenn  man 

setzt,  wo  also  m  gerade, 

|p  =  (— lp*[1.2...r  — 2.8...(r+1)2f...  +  (~l)''(m— r+1)..  .nw^l 

Bezeichnet  man  durch  D^  den  Werth,  welchen  ^  für  2r  =  1  annimmt, 
so  erhält  man 

D,  =  (— lp*[l.2.  .r— 2.3.  .  .r+1.  .  .  +  (— l)**!«.  .,(m— r+l)] 

*und 

(58)      1_2'•+3^..-m'•  =  D,.^.,.l+A^,,...4.«^^^ 

Setzt  man  « — £^^  =  u  und  (l+a?)""*  =  i^so  dass  S  =  tir,  so  findet 
man,  wenn  man  (nach  der  Differentiation)  z  =  1   setzt 


U=  0 

.     v  =  l. 

du          ^ 
gj  =  — «1. 

dv           1 

e.. («i-fi)«». 

•    .    ■    . 

^  =  -(«+l)m. . .  (m-nH-2).  p  =  (~ir"' •;!''-> 

Nach  der  Formel 
Maihem.  Glosse.  XXVI.  1.  E 


34  M.  A.STERN, 

hat  man  also 


und  allgemein,  wenn  w>2, 

D^  =  ±m(n.  ^)t.^»(n-0:p(m  +  l)mK2)^K2...(it-2) 


+  (»i+l)m(m— l)(n,  3) 


2»»  I  2' 

1  . 2  . . .  (n  —  8)  {m'{-i)m.,.m — n-f-2 

5ii=i         •  •  •  •  i 


WO  das  obere  oder  untere  Zeichen  zu  nehmen  ist,  je  nachdem  n  gerade 
oder  ungerade. 

Entwickelt  man  die  Grössen  D  nach  Potenzen  von  m,  so  findet  man 
demnach  für  die  erste  Potenz  in  D^   den  Coefficienten  — -i-,  in  D^  den 

Coefficienten  Null,  in        *      (wenn  ä>2)  den  Coefficienten 


(""^)'  'Lrs-i^+O'a^»-  •  •+(rrni'  2J  —  (""^^ 


k 


(«-!)«     2J  ^       ^  ^     A;(Ä-fl)*2* 

2,«-l 


Nun  ist  nach  Euler*),   wenn  man  r  =  2n  und  C»  =  2(2* — l)JBt  setzt, 


l*n_2«n_.  +  (,w  — l)*'*— w^'*  =  — |[wi*'*+^(2n,  1) 


^1     /O^      4\-^t»— 1 


+  (-ir"'^(2n.2n-l)m] 


Vergleicht  man  den  Coefficienten  von  m  in  dieser  Entwickelung.  welchen 


(-irc 


man  kürzer  durch  — ; — ^=  ( — 1)'*(2''* — 1)J?^  ausdrücken  kann,  mit  dem 


2 


Coefficienten  von  m,  welcher  sich  aus  (58)  ergiebt,  wenn  man  dort  r=2n 
setzt,  80  findet  man 

S,  8n  >,  < — t 

Benutzt  man  die  Formel  (21),  so  findet  man 


*)  In8tit.  calc.  differ.  P.  2  §  184. 


J 


BEITRÄGE  Z.  THEOBIE  D.  BEBNOüLLI'SCHEN  ü.  EÜLER'SCHEN  ZAHLEN.    36 

l'■__2^..+(«l— If— !»'■  = 

-[(r+1,  r)^,— (r.  r-1)^,.^,.  .  .  +  (_i)'-'(2,  1)^_,,,] 


—  [(»»+»•—».»•)  Ar- ("•+»•— 2),  r—l)^,.,_,...  +  (— Ip'(m.  1)^,,x] 

Hier  sind  also  die  Reihen  von  der  Form 

(— l)*[(r  — Ä,  r  — *)  — (r  — A:+l,r  — Ar).  . .  -  {r  —  k-\-m—\,r  —  k)] 

zu  summiren,   wobei  k  die   Wertbe  r — 1.  r — 2  u.  s.  w.   bis  Null  an- 
nimmt.    Geht  man  aber  von 

Z=z-^— Z-* + «-»—  Z-* h  «-(•»-') — «-«» 

aus  und  versteht  unter  H^  den  Werth,  welchen  ^  ftlr  2?  =  1   annimmt, 
so  findet  man 

-H'^»  =  (— ir"*[l.  2... (r—A:)— 2.3.. .(r  — *+!)... 

—  m(»i+l)«-*(wi+r  —  Ar  —  1) 

mithin 

— (r— Ar+m— 1,r— *)] 

und 

(60)  i*"—  2'".  .  . 4- (m—1  )•"—«»'■  = 

Nun  ist  Z  =  ^~'   .     Setzt   man   hier  wieder  {14-ar)~*s=«  und  I — z 
=  u,  80  ist  für  z  =  1 

li  =  0,     ^  =  Y 

öa öü  \^ 

dt  —  ^^    dz~  2« 


allgemein 


1^  =  (-ir'm(w+l). .  .(w+n-l) 

6*t?   /        .  X  n  1  .  2  . . .  W 

£2 


36  M.  A.  STERN, 

Demnach,  indem  man  wieder  die  Formel 

benutzt, 

-"i  —  T»  rä       ""5       1« 

allgemein 

Entwickelt    man  diesen   Ausdruck  nach    Potenzen    von  m,    so  wird  der 
Coefficient  der  ersten  Potenz  von  m 

Setzt   man   wieder  r  =  2n,   so  giebt  der  Vergleich  der  Formel  (60)  mit 
der  £uler'schen  Formel 

1,  tn  l,s 

Der  Vergleich  von  (59)  und  (61)  giebt  zugleich  die  bemerkenswerthe 
Beziehung  zwischen  Binomialcoefficienten 

(^+1» — 1,  *)  — (ä+hi  — 2,ä).  .  .  +  (^+1,  s)  —  {s,  s)  = 

""ji        I         Ji^i        •  •  •  "T"  I 


14. 

Bekanntlich  hat  schon  Euler*)    ausführliche  Untersuchungen  über 
den  Ausdruck 

F  =  ^^=  l+ajcr+agO?*.  •  .  +  a^ar 

in  welchem  p    eine  beliebige  Zahl  bedeutet,    angestellt.     Man  kann  aus 


♦)  Instit.  calc.  diff.  P.  2  §  174. 


BEITRÄGE  Z,  THEORIE  D,  BERNOULLFSCHEN  U.  EULER'SCHEN  ZAHLEN,    37 

demselben  mit  Leichtigkeit  eine  grosse  Anzahl  Beziehungen  zwischen 
den  Grössen  A  und  den  BernouUi'schen  und  Euler'schen  Zahlen  ab- 
leiten.    Setzt  man  — ;  =:  g,  so  dass 

F  = 


und  demnach 

so   ergiebt   sich,    indem   man,    wie  früher,    e^ — 1,  (e* — 1)*  u.  s.  w.  ent- 
wickelt, 

^  l.S...m 

oder,  indem  wieder  — i  statt  ö^  setzt, 

(62)  0«  =  l.«...m(p-l)" 

Setzt  man  zugleich 

<^^)  <*«= i.«..m(p-ir 

so  folgt  hieraus 

(64)  a«.i  =  A—»—  (*  +1 .  1 )  -^H-i.«-*-! 

WO  also  k<fn — 1 

Setzt    man    in    (63)    im  Zähler    überall  p — 1+1    statt  p  und  ent- 
wickelt nach  Potenzen  von  p  —  1,  so  giebt  der  Vergleich  mit  (62) 

Am-»  =  ««.»+ (*+1.l)ö|-.H-I  +  ---+(^  —  ^'*»  —  *  —  0«m.iH-l 

und  für  A:  =  0 

Aus  der  bekannten  Eigenschaft,  dass  a^j^  =  a^«,.«-!  folgt*  dass  der 
Zähler  des  Werthes  von  a,^  in  (63)  derselbe  bleibt,  wenn  man  ~  statt  p 


*)  Man  vergl.  S  i  d  1  e  r  a.  a.  0.  Formel  (9)  und  (6). 


38  M.  A.  STERN, 

setzt  und  mit  j)"^'  multiplicirt,  dasselbe  muss  also  auch  bei  dem  Zähler 
in  (62)  der  Fall  sein.  d.  h.  man  hat  ffir  jeden  Werth  yon  p 

A-+(;»-OA.«-i. .  .  H-(P— l)*^'^-!.! 
Bemerken 8 werth  ist  der  specielle  Fall  j»  =  2,  welcher  zu 

2»»-»^, -  2"»-M,,_,  +  2'»-»^_, . . .  4.(-I)'»-« 

führt. 

Auch  folgt  aus  (64),  wenn  man  m — k — 1  statt  k  setzt 


1,1 


m—h^X 


4-(—i)V—».*)  4.^1.1 

Setzt  man  A;  ==  0,  so  erhält  man  die  Formel  (12'),  da  Ä^-\,i  =  1- 


1,1 


15. 
Für  p  =  — I  wird 

J>-t « 1  —  ^-1 5l.  f!  I    /      .\m    ^»«-1     ««-' 

p— •«  —  l+#"  —  *        l.«~'~l.«.8  «•*  ••"'"v         /    l..«m  — 1«»^» 

Aus  dem  Vergleich    mit  V  folgt  mithin,   dass  unter  dieser  Voran s- 

Setzung  a».  =  Ounda^,  =  (— 1)   ^  ..,,„_,  •  iüpi  =  ,.,..(»^_t)  >  i;;  oder 
JB^  =  (— l)*^ -|^^  m,  zugleich  aber  hat  man  nach  (62) 

^***-l  1.1..  (2m  — 1)2*^* 

Der  Vergleich  dieser  zwei  Werthe  von  09^.1  führt  unmittelbar  zu  Formel 
(56).     Ferner  folgt  für|)  =  — 1   aus  (63) 

4      A        /«^  i\^  <^-l,0""<^m-l,l  "H  ^^%m-\,2 ' '  +  ^^^m-'h^m^^ 

— 1  .2,  •(2m  —  IjOam-i  = jSi^i 

also 


BEITRÄGE  Z,  THEORIE  D.  BERNOÜLLPSCHEN  U.  EÜLER'SCHEN  ZAHLEN.    39 

welches  die  bekannte  Laplace'sche  Formel  ist,  und  wenn  man  in  (62) 
2m  statt  m  setzt,  so  findet  man  wieder  (57).  Da  nach  dem  Vorherge- 
henden, unter  der  Voraussetzung,  dass  p  =:  — 1,  also  o,^  =  0, 


bi=  r:^  =  l+ai^+a8^---  +  a9«-i^' 


•  •  • 


so  folgt 


=  (1+^  +  ^,...  +  7f^  .0(l+2a,^+2*a3^...  +  2^-«a^,^•^^ 


(-ir^^««~ 


'  1  .2     ""l.a.S.i *   *  •"*         1.2.. 


^       •  •  .  • 

2m 


Bestimmt  man  auf  beiden  Seiten  den  Coefficienten  von  ir*"*,  so  findet  man 

(_1)«»JE?^  =  i  +  2m.2a,4-2f»(2»»— l)(2m — 2)2»a,  .  .  . 

4- 2m  (2m — 1).  .  .  1  .2*"^'a8^, 

und  indem  man  für  Og,^,   seinen  Werth  r-r — - — ^  .  —  setzt ,    findet  man 
die  bekannte  Relation 

JE;^  =  (2m,  1)(2**^-1)2''^-'^.  ..  +  (-1)^*) 

Bestimmt   man   dagegen    auf  beiden  Seiten  den  Coefficienten  von  j?**'^\ 
so  findet  man 

woraus 

+  (— 1)'^*(2m"1,2m  — 2)2.3jBi  +  (— !)•"=  0 
folgt.     Berücksichtigt  man,  dass  jn(2m— ^1,  2k)  =  {m  —  k){2m,  2k),  so  sieht 


*)  Erste  Abhandlung  p.  32. 


40  M.  A.  STERN, 

man  dass  diese  Formel   identisch  ist  mit  derjenigen  welche  ich  früher^) 
gefanden  habe. 

Man  kann  ebenso  je  nachdem  man  in 

d.  h. 

den  Coefficienten  von  a^^.oder   von  J?**"""*  auf   beiden  Seiten    bestimmt, 
sowohl  die  Euler'sche  Relation 

JB^— (2m.  2)JB^.j.  .  .  +  (— !;«»♦•) 

als  auch  die  Scherk'sche 

finden. 

Als  Anhang  möge  noch  folgende  Beziehung  bemerkt  werden.     Geht 

man  von 

(^-ly^iqpi  ^  (^_i)m_(^_,ji.-l^(^_,)m-i  ^  ^  .±(^  — l)+l 

aus,  und  vergleicht,  indem  man  (e* — i)*^*ljli   einerseits  und 

e*[(e*_l)m_(^_l)m^l  ,  ^  .  +(e*— 1)4:1] 

andererseits   nach   wachsenden  Potenzen    von  x  entwickelt»    die  Coeffi- 
cienten von  af^^  auf  beiden  Seiten,  so  findet  man 

1.1...  (m  +  n)  1  ..m.l  ...n    ■"  1  .  .(m  +  i)  1  ...(n  — 1)  *  *  '    ■"  i  . .  .(m  +  n) 

[^,m~l [         -^l,m-l  I       -^w4.1,m-l    1 

1  ..(m  — 1)1  ..(n  +  l)    '"i..fn.l  ..fi  '  *  *  "•    1 .  ..(m  +  n)J 


"«"V      ';    •Li..(m  +  n-i)"T-i.,.i..(n,4.n— 2)- •    "f"i..m  +  nj 
^^       '^         •l..m  +  n 


*)  Grelle,  Journal  £  d.  Mathematik,  Bd.  26  S.90. 
♦♦)  Erste  Abhandlung  p.  29.  *♦♦)  ebend.  p.  30. 


BEITRÄGE  Z.  THEORIE  D.  BERKOULLrSCUEN  ü.  EULER'SCHEN  ZAHLEN.    41 
Setzt  man  n=  1,  so  wird  ,  ^  ^'*^'.  ,  UDd    also   auch  die  rechte  Seite 

1.8,,lll-f-l 

der  vorstehenden  Gleichung  :=  1. 

Da  die  Entwickelung  von  [e^  —  1)  +1  keine  niedrigere  Potenz 
von  X  als  die  m-j-lte  enthält,  so  müssen  die  Coefficienten  aller  dieser 
niedrigeren  Potenzen  verschwinden.  Man  findet  also  namentlich,  wenn 
man  den  Coefficienten  von  x^  bestimmt  und  mit  1.2...m  n^ultiplicirt 

~  (m,  1 )  [^,^.1  —  ^,,^2 .  .  .  4-  (_  1  )^^  A^^^^ 


±(m,m— 1)^,1+1  =  0 

In    der  That    ergiebt    sich    aus  Formel  (12')    dass  dieser  Ausdruck 
nichts  Anderes  als  1  —  (m,  l)  +  (m,  2)  .  .  .+(«»»»» — ^)  +  *  =  (^ — 0*"  i^^- 


16. 
Da 

— g^—  =  tgiTsec.J? 
so  führen  die  zwei  Ai;Lsdrücke 


E^x^ 


-EL«*" 


zu 

also ,  wenn  man  auf  beiden  Seiten  den  Coefficienten  von  j?**^*  bestimmt, 
(65)       -B^i  =  r2^j+(2n+l,  2)  r,^,.-E, . . .  +(211+1.  1n)T ^E, 

Femer  folgt  aus  -^  = 


bx  (cos«)* 

Mathem.  Glosse.    XXVI.  1.  F 


42  M.A.  STERN, 

^t-r  i,t  •  •  -^TTn^  •  •  •  —  l-*"t^TT-  •  '^mk'  •  •■I 

und ,    indem   man    hier  auf  beiden  Seiten  den  Coefficienten  von  4?"*  be- 
stimmt, ergiebt  sich,  je  nachdem  n  gerade  oder  ungerade 

Tshw-,  =  2£.H-2(2n.2)JE?,^^,-|-2(2n,  4)^,£,_8.  ..-+-(2n.  n)E^E^ 

2         2 

TsH-i  =  2^,  -h  2  (2n.  2)^1  £_,  -h  •  •  •  +2  (2n,  n— 1 )  £^,  E^ 

2  2 

80  dass  man  in  beiden  Fällen  schreiben  kann 

(66)  T^n^i  =  ^.+(2n,  2)E,E^^,..  .4-{2n,  2)^,.iiS;, +  -B. 

Aus  den  Formeln  (65)  und  (66)  ergiebt  sich  der  Beweis  der  zuerst 
von  Herrn  Andrö^)  bemerkten  Identität  der  Eulef sehen  Zahlen  und 
der  Tangentencoefficienten  mit  Zahlen ,  welche  sich  aus  einer  scheinbar 
sehr  entlegenen  combinatorischen  Operation  ergeben. 

Man  bilde  nemlich  aus  den  A: Zahlen  1,  2.  ...  Ar,  welche  man  als 
Elemente  betrachtet ,  alle  Permutationen  ,  bei  welchen  ,  wenn  man  von 
der  Linken  zur  Rechten  fortgeht,  das  in  der  ersten  Stelle  stehende  Ele- 
ment kleiner  ist  als  das  in  zweiter  Stelle  stehende  und  allgemein  das  in 
der  2r — Iten  Stelle  stehende  kleiner  als  das  in  der  2rten  stehende;  zu- 
gleich soll  aber  auch  allgemein  das  in  der  2rten  Stelle  stehende  grösser 
sein  als  das  in  der  2r-|-lten  Stelle  stehende.  Zieht  man  in*  einer  sol- 
chen Permutationsform  von  der  Linken  zur  Rechten  fortgehend ,  jedes 
Element  von  dem  folgenden  ab,  so  erhält  man,  wenn  A:  =  2n,  das  aus 
2n  —  1  Zeichen  bestehende  Schema 

[\)  H 1 — ••• — h 

und.  wenn  k  =  2n+^»  das  aus  2n Zeichen  bestehende  Schema 

(B)  H h-.  ..H 

Im  ersten  Falle  soll  A^  und  im  zweiten  ^2^+1  ^^^  Gesammtzahl 
der  dem  bestimmten  Schema  entsprechenden  Permutationen  bezeichnen. 
Mithin  ist  ^2  =^  ^*  dagegen  hätte  ^^  nach  dieser  Definition  von  Aj^  keine 
Bedeutung,  es  wird  aber  dieses  Symbol  =  1  gesetzt. 

^)  Comptes  Bendas  de  TAcad^mie  des  Sciences  T.  88  p.  965. 


BEITRÄGE  Z.  THEORIE  D.  BERNOULLl'SCHEN  U.  EULKR'SCHEN  ZAHLKN.    48 

Sollen  au8  2n-f-l  Slen^^nten  l,2...2/t  +  l  alle  dem  Schema  (B) 
entsprechenden  A^^i  Permutationen  gebildet  werden ,  so  ist  klar ,  dass 
das  grOsste  Element  2n+l  in  jeder  dieser  Permutationen  eine  solche 
Stelle  einnehmen  muss  ,  dass  ihm  eine  ungerade  Anzahl  Elemente  folgt 
und  mithin  auch  vorausgeht.  Es  kann  nemlich  das  Element  2n-|-l 
nicht  in  der  letzten  Stelle  stehen ,  weil  ihm  dann  ein  kleineres  Element 
vorausgehen  und  also  die  Zeichenreihe  nicht  mit  —  sondern  mit  + 
^chliessen  wfirde.  Aus  demselben  Grunde  können  auch  nicht  2A:  Ele- 
mente auf  das  Element  2n  +  l  folgen,  da  die  aus  2A: Zeichen  bestehende 
Zeichenreihe,  die  aus  dem  Elemente  2n  +  l  und  den  folgenden  2 A: Ele- 
menten zu  bilden  wäre,  mit  —  beginnen  und  also  mit  -f-  schliessen 
raüsste.  Betrachtet  man  daher  den  Fall ,  wo  2A-+1  Elemente  auf  das 
Element  2n-f-l  folgen  und  demnach  2n — 2k — 1  Elemente  ihm  vor- 
ausgehen ,  80  können  aus  den  bestimmten  2n  —  ik  —  1  Elementen 
-4a^-2»-i  Permutationen  gebildet  werden,  welche  der  Form  des  Schema  (B) 
angehören  und  ebenso  aus  den  bestimmten  2/: +1  Elementen  ilgt^,  Per- 
mutationen, welche  derselben  Form  angehören.  Man  erhält  daher  durch 
Einschaltung  des  Elementes  2n  +  1  in  die  2n — 2A:te  Stelle  im  Ganzen 
(2ii,  2k-\'i)A2^^2k^iA2i^iVerm\xifLt\onen,  die  bei  dieser  bestimmten  Stel- 
lung des  Elementes  2n-|-l  ^us  den  2n-f-1  Elementen,  dem  Schema  (B) 
entsprechend,  gebildet  werden  können,  da  sich  aus  2n Elementen 
(2n,  2A:+l)Combinationen  ohne  Wiederholung  zur  Classe  2A:+1  bilden 
lassen.  Setzt  man  nun  für  k  alle  ganzen  Zahlen  von  0  bis  n  —  1  ,  so 
findet  man 

(67)       ^2^1  =  (2n,  \)A^^,A^  +  {2n.  3)^_8.43  .  .  --^(271,  2n  —  \)A^A,,^^ 

Sollen  aus  2n -f- 2  Elementen  alle  der  Form  des  Schema  (A)  ent- 
sprechenden Permutationen  gebildet  werden,  so  kann  das  Element  2w+2 
nicht  in  der  vorletzten  Stelle  stehen,  weil  sonst  das  Schema  mit  — 
schliessen  würde,  und  aus  demselben  Grunde  überhaupt  nicht  eine  solche 
Stelle  einnehmen,  dass  ihm  eine  ungerade  Anzahl  Elemente  folgt.  Nimmt 
man  an,  dass  ihm  2k  bestimmte  Elemente  folgen  und  also  2n-f-1  —  2k 
bestimmte  Elemente   ihm  vorausgehen  ,    so  findet  man ,   ähnlich    wie   im 


44  M,  A.  STERN, 

vorhergehenden  Falle  den  Ausdruck  (2w+l,  2A:)-4j,„^,_24-42i,  in  welchem 
man.  um  säramtliche  aus  den  2n-|- 2  Elementen  gebildeten  Perm utationen« 
welche  der  Form  des  Schema  (A)  entsprechen,  zu  erhalten,  für  k  alle 
ganzen  Zahlen  von  0  bis  n  zu  setzen   hat,  mithin 

(68)       ^an+2  =  ^2H-i  +  (2w  +  l,  'l)A^^A^...-^{^n+\,2n)A^A^ 
Da  i  +  (tga./  =  ^.  d.h. 

so  ergiebt  sich ,  wenn  man  in  diesem  Ausdrucke  auf  beiden  Seiten  den 
Coefficienten  von  a^^  bestimmt,  wenn  n  gerade, 

1.2...(ln  — I)    '    l.S.8.1.2...(«n— 8)  *  '  '  "»    1.2  ..  («— l)  1.2  . . .  (n  +  l) 

^^n       j ^-^i  ^n-l  I  2      T 

1.2..2n"^"l.2.1.2...(2fi— 2)"  *  *  "•     (1.2  . .  n)« 

und  wenn  n  ungerade 

1.2..(2fi— 1)    '■l.2.8.1.2...(2n— 8)'**    '■(l.2...fi)«  1..2n"»    i.2.1 .2  .  .(2n  — 2)  "^" 


•  •  • 


fl  2 

l..(n  — l)l..(n-|-l) 

also  im  ersten  Falle 

(69)  £.+  (2n,  2)E^E^,.  .  .  +  Y(2n,  n)E^E^  = 

2         2 

(2n.  1)  T^  ra._i4-(2n.  3)  Tg  T,».,.  .  .  +  (2»».  «-!)  T,.,  T^, 
und  im  zweiten 

(7 0)  E,+  (2n.  2) i;, £^, . . . 4- {2n,  n  —  \)E^ E^,  = 

(2n.  1)  r,  r3,.i-h(2n.  3)  T«  T^^.  . .  +  (2n,  n-1)  T^^  T^, 

Aus  dem  Vergleich  von  (69)  und  (70)  mit  (66)  und  (67)  ergiebt  sich, 
dass  wenn  A^k^i  =  Tit^i  für  alle  Werthe  k  von  k  =  1  bis  A:  =  n ,  auch 
^3^ 1 1  =  T^^i   ist.      Nun  ist    ^j  =  T^    also   allgemein    il2n~i  =  ^^^i-i* 


BEITRÄGE  Z.  THEORIE  D.  BERNOULLFSCHEN  U.  EULER'SCHEN  ZAHLEN.    45 

Weiter  folgt  aus  dem  Vergleiche  von  (68)  mit  (65),  dass  wenn  Azj,  =  -E^ 
für  alle  Werthe  k  von  A:  =  1  bis  A:  =  n  auch  A^^2  =  ^n^v  also  da  ^^ 
=  JB^  =  1 ,  so  ist  allgemein  A^^  =  E^. 

Man  kann  ferner,  je  nachdem  n  gerade  oder  ungerade  ist,  statt  der 
Formel  (66)  auch  schreiben 

T,^i  =  -E,4- (2n,  1)  r,  r2„.i  +  (2n.  2)£,  E,^,...  +  [2n.  n— 1)  T^,  T^, 

oder 

T,^i  --=  ^«+{2n,  1)  r,  r2,.i  +  {2n.  2)E,E^,..  .+|(2n.  n)  T.T, 
imd  mithin  in  beiden  Fällen 

2T,,^,  =  E,+{2n,l)T,T,,^,^{2n,2)E,E,,,...  +  {2n^ 
zugleich  kann  man  statt  (65)  auch  schreiben 

2E^^=T,^i  +  {2n  +  \.  l)r,£,+(2n+t.  2)E,T^^,... 

+  (2n+1.2n)£,r,  +  r2^i 

Setzt  man  hier  statt  der  T  und  E  die  gleich werthigen  A,  so  vereinigen 
sich  die  zwei  letzten  Formeln  zu 

2^1  =  ^+(r,  l)^^^_|+(r.  2)^2^2- .  -^-l^  r  — 1)^.,^^  +  ^ 
welche  Formel  Herr  A  n  d  r  6  a.  a.  O.  ohne  Beweis  mitgetheilt  hat. 


Mathem.  Classe.  XX  VL  1.  G 


Untersuchungen  über  die  Flächen  mit  planen  und 

sphärischen  Krümmungslinien. 

Zweite  Abhandlung« 

Von 

Alfred  Enneper. 

Vorgelegt  in  der  Sitzung  der  Eönigl.  Gesellsoh.  d.  Wies,  am  8.  Juli  1880« 


in  dieser  zweiten  Abhandlung  über  die  Flächen  mit  planen  und  sphäri- 
schen KrQmmungslinien  ist  der  Versuch  gemacht,  fOr  die  Flächen  mit 
sphärischen  Krümmungslinien  eine  ähnliche  ausführliche  Darstellung  zu 
geben,  wie  solche  die  erste  Abhandlung  für  plane  Krümmungslinien 
enthält.  In  Beziehung  auf  die  gebrauchten  Bezeichnungen  schliesst  sich 
die  zweite  Abhandlung  eng  an  die  erste  an ,  namentlich  bei  solchen 
Problemen ,  deren  analytische  Behandlung  eine  Art  Parallelismus  zeigt. 
Im  Allgemeinen  unterscheiden  sich  die  Probleme,  deren  Lösungen  in  der 
vorliegenden  Abhandlung  angestrebt  sind ,  von  den  entsprechenden  Pro- 
blemen der  früheren  Untersuchungen ,  sowohl  durch  die  gebrauchten 
Hülfsmittel,  als  durch  grössere  Complication  der  Formeln.  Was  die 
Hülfsmittel  betrifft ,  so  war  der  Verfasser  gezwungen ,  wenn  nicht  die 
Deutlichkeit  der  Darstellung  wesentlich  leiden  sollte,  bei  einigen  Gele- 
genheiten Sätze  aus  der  allgemeinen  Theorie  der  Flächen  anführen, 
respective  ableiten  zu  müssen.  Es  betrifft  dieses  den  Abschnitt  VIII 
und  den  Anfang  des  Anhangs  B.  In  beiden  Fällen  war  es  für  den 
Zweck  der  Abhandlung  unumgänglich  nöthig,  aus  der  allgemeinen  Theorie 
der  Flächen  einige  Formeln  zu  entwickeln,  welche  sich  zu  den  gemachten 
Anwendungen  eignen.  Von  diesem  Gresichtspunkt  aus  sind  in  VIII 
eine  Anzahl  von  Entwicklungen  über  die  sogenannte  Transformation 
durch  reciproke  Radii  vectores  zusammengestellt,  die  namentlich  in  X  zur 
Maihem.  Glosse.  XXVI.  2.  A 


2  ALFRED  ENNEPER, 

Verwendung  gekommen  sind  und  in  XI  den  Grund  zu  einer  neuen 
Transformation  von  Flächen  gelegt  haben.  In  IX  sind  einige  Bemer- 
kungen über  Flächen  mit  sphärischen  Krflmmungslinien  vereinigt,  na- 
mentlich mit  Beziehung  auf  zwei  besondere  Fälle ,  die  sich  mit  Hülfe 
früherer  Untersuchungen  erledigen  lassen.  Sind  die  Kugelflächen  eines 
Systems  sphärischer  Krümmungslinien  concentrisch ,  so  ist  das  andere 
System  von  Krümmungslinien  plan.  Gehn  die  Kugelflächen  des  sphäri- 
schen Systems  durch  einen  festen  Punkt,  so  ist  für  die  transformirte 
Fläche  durch  reciproke  Radii  vectores  bekanntlich  das  transformirte  Sy- 
stem plan.  Diese  beiden  Fälle  sind  bei  den  späteren  Untersuchungen 
ausgeschlossen.  Am  Ende  des  Abschnitts  ist  eine  Bemerkung  gemacht, 
die  auf  den  ersten  Blick  von  weniger  Bedeutung  erscheint,  deren  Vor- 
theil  aber  bei  den  allgemeinen  Untersuchungen  sehr  prägnant  hervortritt. 
Besteht  ein  System  sphärischer  Krümmungslinien  aus  Kreisen,  so  ist  die 
Fläche  die  Enveloppe  einer  Kugelfläche  von  variabelem  Radius  ,  deren 
Mittelpunkt  eine  Curve  doppelter  Krümmung  beschreibt.  Es  ist  diese 
Curve  doppelter  Krümmung,  welche  für  die  Betrachtung  der  bemerkten 
Enveloppe  von  besonderem  Interesse  ist.  Auf  der  Tangentenfläche  der 
Curve  der  Mittelpunkte  der  enveloppirten  Kugelflächen  liegt  die  Curve, 
gebildet  aus  den  Mittelpunkten  der  Kugelflächen  des  sphärischen  Systems. 
Ein  ähnliches  Verhältniss  findet  im  allgemeinen  Falle  statt.  Die  Mittel- 
punkte der  Kugelflächen  eines  Systems  sphärischer  Krümmungslinien 
bilden  eine  Curve  doppelter  Krümmung,  deren  geometrische  Elemente 
sich  für  die  Behandlung  des  allgemeinen  Falls  nicht  geeignet  erweisen. 
An  Stelle  der  erwähnten  Curve  ist  eine  andere  einzuführen ,  auf  deren 
Tangentenfläche  sie  liegt. 

In  X  ist  5  wie  der  Verfasser  glaubt ,  der  erste  vollständige  Beweis 
des  Satzes  enthalten,  dass  alle  Flächen  mit  zwei  Systemen  sphärischer 
Krümmungslinien  als  Parallelflächen  solcher  Flächen  anzusehen  sind, 
für  welche  die  Anwendung  der  Transformation  durch  reciproke  Badii 
vectores  ,  wenigstens  ein  System  sphärischer  Krümmungslinien  in  plane 
Curven  transformirt.  Die  für  alle  Specialfalle  durchgeführten  Rechnungen 
haben  den  Beweis  von  der  Existenz    eines  reellen  Centrums  der   Trans- 


UNTERSUCHUNGEN  ÜBER  D.  FLÄCHEN  MIT  PLANEN  U.SPHÄRISCHEN  ETC.    8 

formation  geliefert.  Um  diesen  Abschnitt  nicht  durch  Detailuntersu- 
chungen  zu  überladen,  sind  in  einer  Anmerkung  eine  Reihe  von  Flächen 
zusammengestellt,  für  welche  das  eine  der  beiden  Systeme  sphärischer 
Krümm ungslinien  aus  Kreisen  besteht.  Die  in  VIII  gegebenen  Ent- 
wicklungen haben  in  XI  die  Aufstellung  der  Flächen,  welche  ein  System 
sphärischer  Krümmungslinien  besitzen  und  von  den  Kugelflächen  dieses 
Systems  orthogonal  geschnitten  werden,  auf  eine  besondere  Transforma- 
tion von  Flächen  reducirt. 

Eine  besondere  Beachtung  darf  der  Abschnitt  XII  beanspruchen, 
wegen  der  möglichst  allgemeinen  Lösung  des  Problems:  Die  Flächen 
mit  einem  System  sphärischer  Krümmungslinien  analytisch  zu  definiren» 
d.  h.  die  Coordinaten  eines  Punktes  einer  solchen  Fläche  als  explicite 
Functionen  zweier  Variabelen  darzustellen.  Es  sind  die  betreffenden 
Untersuchungen  für  die  verschiedenen  Specialfalle  durchgeführt,  welche 
die  Curve  der  Mittelpunkte  der  Kugelflächen  des  sphärischen  Systems 
darbieten  kann ,  oder  besser ,  für  die  Curve ,  auf  deren  Tangentenfläche 
die  erstgenannte  Curve  liegt.  Hierdurch  ist  es  gelungen,  ein  Problem 
zu  lösen,  welches  von  den  ersten  Bearbeitern,  den  Hn.  Bonne t  und 
Serret  entweder  unerledigt  geblieben  war.  oder  in  ungenügender 
Weise  behandelt  worden  ist. 

Im  Anhang  sind  einige  Untersuchungen  vereinigt,  die  sich  auf 
Flächen  mit  planen  Krümmungslinien  beziehn,  namentlich  solche,  deren 
Krümmungslinien  auch  geodätische  Linien  sind.  Es  erschien  wünschens- 
werth,  diese  Flächen,  in  Anbetracht  ihres  häufigen  Auftretens  bei  allge- 
meinen geometrischen  Problemen,  einer  eingehenderen  Darstellung  zu 
unterwerfen. 


A2 


ALPRED  ENNEPER, 


VIII. 

Bemerkungen   über    die    Transformation   durch    reeiproke   Eadii 
vectores  oder  die  inversen  Flächen.    Anwendung  auf  Flächen  mit 

sphärischen  Krümmungslinien. 

Die  Untersuchung  der  Flächen  mit  sphärischen  Krümmungslinien 
lässt  sich  durch  Zuziehung  einer  geometrischen  Transformation  in  einigen 
Punkten  sehr  vereinfachen,  wobei  namentlich  längere  und  complicirte 
Rechnungen  umgangen  werden  können.  Die  in  Rede  stehende  Trans- 
formation ist  bekannt  unter  dem  Namen  der  Transformation  durch  reei- 
proke Radii  vectores^  oder  Aufstellung  der  inversen  Fläche.  Der  Ueber- 
sicht  wegen  mögen  einige  bekannte  Resultate  kurz  mit  angeführt  werden, 
unter  Anwendung  der  in  II  gegebenen  Gleichungen.  Es  treten  dabei 
eine  Anzahl  analytischer  Beziehungen  auf,  die  sich  unmittelbar  für  die 
Flächen  mit  sphärischen  Krümmungslinien  verwenden  lassen.  Der  ein- 
geschlagene Weg  verfolgt  das  Ziel:  die  neuen  Untersuchungen  mit  den 
in  I — VII  enthaltenen  in  möglichst  enge  Verbindung  zu  setzen.  Daneben 
hat  das  hier  befolgte  Verfahren  in  XI  zu  einer  Erweiterung  der,  in  die- 
sem Abschnitt  aufgestellten,  Resultate  Veranlassung  gegeben. 

Zwei  Flächen  8  und  Ä^  mögen  sich  in  Beziehung  auf  einen  festen 
Punkt  O  so  entsprechen,  dass  zwei  correspondirende  Punkte  P  und  P^ 
beider  Flächen  mit  dem  Punkte  O  auf  derselben  Geraden  liegen  und 
die  Relation  OP.OP^  =  ^*  besteht,  wo  g  eine  Constante  bedeutet.  Es 
heisst  dann  die  Fläche  Ä^  in  Beziehung  auf  die  Fläche  8  nach  Hn. 
Liouville  die  transformirte  Fläche  8  durch  reeiproke  Radii  vectores  ^  wobei 
der  feste  Punkt  O  den  Namen :  Centrum  der  Transformation  führt.  Kürzer 
nennt  Hr.  Stubbs,  der  Erfinder  der  bemerkten  Transformation,  die 
Fläche  8^  die    inverse  Fläche   8  in   Beziehung   auf   den  Pol  O*).      Die 


*)  In  Beziehung  auf  die  Literatur  der  im  Text  bemerkten  Transformation  sind 
die  nachstehend  bemerkten  Aufsätze  von  Interesse.  Stubbs:  »On  the  application 
of  a  new  Method  to  the  Geometry   of  Curves   and  Curve  Surfaces.c      (The  London, 


UNTERSUCHÜNGENÜBERD.FLÄCHENMITPLANENU.SPHÄRI8CHENETC.    5 

Fläche  8  steht  zur  Fläche  Ä^  in  demselben  Verhältniss ,  wie  umgekehrt, 
die  Fläche  8^  zur  Fläche  8.      Die  wesentlichste  Eigenschaft  der  Trans- 


Edinbnrgh,  and  Dublin  Philosophical  Magazine  and  Journal  of  Science.  Volume  XXUI. 
p.  338 — 347.  London  1843).  Auf  p.  338  findet  sich  folgende  Definition,  welche 
später  auch  auf  Flächen  angewandt  ist:  If  in  the  plane  of  a  curve  we  take  any 
point.  as  a  pole  and  produce  the  radins  yector,  so  that  the  rectangle  under  radius 
vector  to  the  original  cnrve  on  the  whole  produced  radius  be  constant  or  equal  to 
Ä*,  we  may  call  the  locus  of  the  extremity  of  this  produced  line  the  inverse  curve 
to  the  one  from  which  it  is  produced,  and  the  extremity  of  the  produced  radius  the 
inverse  point  to  the  extremity  of  the  original:  as  an  exemple,  the  cardioide  is  the 
inverse  of  the  parabola,  the  focas  being  the  pole;  the  lemniscata  is  the  inverse  of 
the  equilateral  hyperbola.c  Auf  p.  343  findet  sich  der  Satz:  »Hence  the  normals 
of  inverse  points  of  surfaces  are  in  the  same  plane  and  equally  inclined  to  the 
common  radius. c  Endlich  auf  p.  344  wird  bemerkt  —  »or  the  inverse  of  a  line  of 
curvature  on  a  surface  is  the  line  of  curvature  of  the  inverse  surface;  or  if  the 
line  of  curvature  of  a  surface  be  known,  that  of  its  inverse  surface  is  had  by  descri- 
bing  a  cone  with  the  pole  as  vertex  and  passing  through  the  line  of  curvature  on  v 
direct  surface,  the  line  in  which  it  pierces  the  inverse  surface  is  a  line  of  curvature.« 
Die  vorstehenden  Resultate  finden  sich  einige  Jahre  später  im  »Journal  de  Mathe- 
matiques«  reproducirt.  In  dem  »Extrait  d'une  lettre  de  M.  William  Thomson 
ä  M.  Liouville«  (Tome  X.  Ann^e  1845  p/ 364— 367)  findet  sich  folgende  Defi- 
nition: »Soient  C  le  centre  d'une  sphöre  S;  0,  Q'  deux  points  pris  sur  un  meme 
rayon  CA  et  sur  son  prolongement ,  de  teile  mani^re  que 

CQ .  CQ'  =  CA^ 

et  P  un  point  quelconque  sur  la  surface  Ä     On  a  comme  on  sait, 

Fq  -  AQf' 

On  peut  ä  cause  de  ce  theoreme,  appeler  Q  et  (/  points  reciproques  rdatifs  ä  la 
sphere  5,  dont  chacun  est  V Image  de  Pautre  sur  la  sph^re.c  In  einer  weiteren 
Mittheilung:  »Extraits  de  deux  lettres  adresseesaM.  Liouville  parM.  William 
Thomson«  (T.  XU.  Ann^e  1847,  p.  256 — 264)  wird  die  Lage  eines  Punktes  im 
Baume,  als  Schnittpunkt  dreier,  zu  einander  gegenseitig  orthogonalen  Eugelflächen 
bestimmt  und  die  Transformation  auf  physikalische  Probleme  angewandt.  Zu  diesen 
Mittheilungen  hat  Hr.  Liouville  u.  d.  T. :  »Note  au  sujet  de  l'article  pr6c^ent« 
(T.  XII,  p.  265 — 290)  eine  Beihe   von  Entwicklungen    beigefügt.     Man  findet  dort 


6  ALFRED  ENNEPER, 

formation,  welche  im  Folgenden  in  Betracht  kommt ,  besteht  darin,  dass 
den  Krümmungslinien  der  Fläche  8  auf  der  Fläche  8^  ebenfalls  Krüm- 
mungslinien entsprechen.  Ein  Beweis  dieses  bekannten  Satzes  ergiebt 
sich  im  Folgenden  von  selbst»  bei  Aufstellung  einiger  nothwendigen 
Formeln. 

Es  seien  ^©»^o»^©'  ^*2/^^  ^^^  ^it^i»^  die  Coordinaten  der  Punkte 
O,  P  und  Pj,  zwischen  denselben  bestehen  dann  die  Gleichungen: 

IN     ^1— '^o  ^^1—^0  ^  ^1-^0  ^ / 

^     ^—^0        y—vo       ^—^0       {^—^SM!f—!fJ+[^—»S 

Zur  Vereinfachung  der  Formeln  führe  man  folgende,  abkürzende 
Bezeichnungen  ein: 

(a?— J?Jcoso  +  (j^— yJcos6+(5f— a?^)cosc=  Q, 
(a?— iTjcosa +(y— j^o)^o®*'+(^— ^o)^^sc'  =  Q, 
*)  (^  — «rjccsa^+ty— yo)cos6"+(;r— a?Jcosc''=  Q", 

also  auch: 

3)  (^+Ci'^'Q'^^N. 

Es  seien  u  und  t;  die  Argumente  der  Krümmungslinien  der  Fläche 
8,  die  Anwendung  der  Gleichungen  2)  und  3)  von  II  giebt  durch  Diffe- 
rentiation der  Gleichungen  1)  folgende  Differentialquotienten,  wobei  die, 
durch  Gleichungen  3)»  definirten  Abkürzungen  gebraucht  sind. 


(p.  276)  »Nons  donnerons  ä  cette  transformation  le  nom  de  transformation  par 
rayona  vecteurs  riciproqueSj  relatiyement  a  rorigine  0.  Die  sämmtlichen  angeführten 
Aufsätze  der  Hn.  Thomson  und  Lionville  finden  sich  25  Jahre  später  abge- 
druckt mit  der  Ueberschrift  »Electric  imagesc  im  »Reprint  of  papers  on  Electrosta- 
tics  and  Magnetism  by  Sir  William  Themse n.€  (London  1872,  p.  144-:-177). 
Wegen  der  allgemeinen  Annahme  der  Bezeichnung  des  Hn.  Liouyille  findet  sich 
dieselbe  auch  in  diesen  Untersuchungen  beibehalten,  wenn  auch  der  von  Hn.  Stubbs 
gewählten  Bezeichnung  in  Beziehung  auf  Priorität  und  Kürze  der  Vorzug  gebührt. 


UNTERSUCHUNGEN  ÜBER  D.  FLÄCHEN  MIT  PLANEN  ü.  SPHÄRISCHEN  ETC.    7 

4)  l±±-  (C086'-  2^-^0  0')^^ 

du  —  ^<^°«<^      ^     N     ^'    N    ' 

5)  /|l  =  (eos6"_2^-9^QÄ 


^  =  (cosc"-2i=^Q«)ö?. 


6) 


Diese  Gleichungen  geben: 

rf«    rft)       <iM    rft>       du   dv 


Setzt  man: 


')    (^)V(|f)V(^)*=..,(^)V(|^)V(^)  =  «. 

80  findet  man  mittelst  der  Gleichungen  2),  3),  4)  und  5): 

■*^i  —  iV*  •  ^  —  iV* ' 


woraus : 


folgt.     Die  erste  Gleichung   4)  nach   v  differentiirt  giebt,   mit  Hülfe  der 
Gleichungen  2) — 9)  von  II,  die  folgende: 


8 


ALFRED  ENNEPER, 


Wegen    der  Gleichungen  4),    5)    und   8)   reducirt   sich    die   vorste- 
hende auf: 


dudv        du  SJE[     dv      *    dv   s/g^ 


du 


Vertauscht  man  hierin  «r^  mit  y^  und  z^  ,  so  ergeben  sich  zwei 
weitere  Gleichungen,  welche  in  Verbindung  mit  der  vorstehenden  Glei- 
chung und  der  Gleichung  6)  zeigen,  dass  u  und  i;  auch  die  Argumente 
der  Krümmungslinien  der  Fläche  8^  sind.  Die  Normale  zur  Fläche  8^ 
bilde  im  Funkte  P^  die  Winkel  a^,  b^,  c^  mit  den  Goordinatenaxen. 
Es  ist  dann: 


cosa,  = 


1       0  0 

da^i  dy ^  dz^ 

du    du  du 

da?^  dy^  dz^ 

dv    dv  dv 


1 


w^: 


oder,  in  Folge  der  Gleichungen  4),  5)  und  8): 


cosa^  = 


0 


X  —  X, 


cosa 


2      J^Q    cosfc'— 2?^#AQ'   cosc' 


N 


N 


jr 


cos  a  —  2  "^  ^'>  Q"    cos  6"—  2  ^^#^  Q"  cos  c" 


0 
2^0- 


Zur  Reduction  werde   diese  Gleichung   mit  der  Gleichung  13)  von 
II  multiplicirt,  d.  h.  mit  der  folgenden: 


cosa  ,  cos6  ,  cosc 
cosa,  cos 6',  cosc 
cosa",  cos 6",  cosc" 


Das  bemerkte  Frodukt  lässt  sich,  mit  Rücksicht  auf  die  in  2)  auf- 
gestellten Bezeichnungen,  schreiben: 


UNTERSUCHUNGEN  ÜBER  D.  FLÄCHEN  MIT  PLANEN  U.  SPHÄRISCHENETC.    9 


cosa.  .= 


cosa 
2QQ' 

N 

N 


1 


cosa 
2Q" 

■  N 
2Q'Q" 

N 


ff 


cosa 
2Q'(y 

iV 
2Q"* 


d.  i. 


cosa 


/,      ,  Q"+  Q"'\           ,  „  Q' cosa' +0" cos a- 
=  ^1-2       ^      jcosa  +  2 :^ Q, 


oder  auch: 


9)      ..».^-(.-og!±^+Q-)....  I  .Qcosa-f  <ycosa-4-Q'cosa-^ 

In  Folge  der  Gleichungen  2)  und  3)  ist: 

Q'+Q''+Q'"=  N,  Qcos a+Q' cos a'+Q" cosa"  =a:-a:^. 
Die  Gleichung  9)  reducirt  sich  hierdurch  auf  : 


cosa 


—  C08a  +  2 — z^r-^  Q. 


Auf  analoge  Weise  lassen  sich  die  folgenden  Gleichungen  aufstellen 


10) 


cosa^  =  — cos 


X  —  X 


a+2     j^  ^Q.      cosb^  =  —  cos&  +  2^  j/^'Q' 


cosCj  = — cosc-f-2 


Q. 


Bedient  man  sich  für  die  Fläche  8^  ähnlicher  Bezeichnungen   wie 
die  in  II  für  die  Fläche  8  gebrauchten,  so  sei: 


1     dx^  


11) 


\fE[  du 
1     tLc^ 


=  cosa 


=:  cosa 


'*  \/E[  du 
"  \/G[  dv 


cos 0 , ,  -7=:  -j-s-  =  cos c  , , 
*    \/E[  du  ^' 

j.»        1     dz. 


Die  Oleich ungen  4)  und  5)    lassen    sich  dann  nach  8)  und  11)  auf 
folgende  Art  schreiben : 

Mathem.  Glosse.    XXVI.  2.  B 


10  ALFRED  ENNEPER, 

12)  cos«,  =  cosa  —  2 -^—  Q'.  cos h\  =  cos 6'—  2^^—  C?. 

COS  c  ^  =  COS  c  —  2  — =~^  Q . 

1 3)  cos  a" ^  =  cos a"—  2  ^~'^^  Q",  cos 6" ^  =  cos 6"—  2 ^"^^  Q", 

2?  — —  2f 

cosc  ^  =  cosc  — 2  — T^^Q  • 

Werden  die  Hauptkrümmungshalbmesser  der  Fläche  8^  im  Punkte 
Pj  durch  r\  und  r"^  bezeichnet,  so  kann  man  zu  deren  Berechnung 
sich  der  folgenden  Gleichungen  bedienen : 

l    dx^  rfcosöj  1    dj/^  rfcosÄj  1    dz^  rfcosCj 

r\   du  du     '  r\    du  du     '  r\  du  du     ' 

1    dXy  rfcos«!  1    djf^  dcosb^  1    ^2?^  rfcosCj 

r\  dv  rfv     '  r''^  dv  dv     ^  r" ^   dv  dv     ' 

Aus  den  vorstehenden  Gleichungen  leitet  man  durch  Multiplication 
mit  J? — a?jj,  y — ^o»  ^~^o  ^^^  Addition  die  folgenden  ab: 

,rfcosa,       ,  ,rfcos6,       ,  ,rfco8C, 

__  ^ {^—^0 ) cos a , -i-{y—yJcosb^-\-{z—zJcoac^ 

du 

(das  dy       ,        dz  \ 

^cosa,+^co.6,+3-co8c,j. 

,(/cosa.    .    ,  rfcosÄ,    .   ^  rfcosCi 

^  ^{x—Xo)co8a^-]-{y  —  y^]cosb^-{-{z  -  zjcoaci 

dv 

(dx  dy       ,        dz  \ 

^C08a,+  ^^COsfe,+  ^C08C,j. 


UNTERSUC  HÜNGEN  ÜBER  D.FLÄCHEN  MIT  PLANEN  U.8PHÄRISCHEN  ETC.  1 1 

Verbindet  man  die  vorstehenden  Gleichungen  mit  den  Gleichungen 
4),  5)  und  10),  bedient  sich  der  in  II  gegebenen  Formeln,  so  sind  die 
Hauptkrümmungshalbmesser  der  Fläche   jS^  auf  folgende  Art  bestimmt: 

Q*        N  q'        N 

14)  -J-  =-;  +  2Q.  _^=      _t.2Q. 

Von  den  Gleichungen  8),  1 0),  1 2),  1 3),  und  1 4)  lassen  sich  auf  die 
Flächen  mit  einem  Systeme  planer  oder  sphärischer  Krümmungslinien 
folgende  Anwendungen  machen.  Eine  Ebene  oder  eine  Kugelfläche  geht 
durch  Anwendung  der  Transformation  durch  reciproke  Radii  vectores 
allgemein  in  eine  Kugelfläche  über,  die  in  besonderen  Fällen  eine  Ebene 
sein  kann.  Hat  die  primitive  Fläche  ein  System  sphärischer  Krüm- 
mungslinien, so  hat  die  transformirte  Fläche  dieselbe  Eigenschaft.  Man 
kann  auch,  was  analytisch  nicht  ohne  Interesse  ist,  von  der  transformirten 
Fläche  ausgehn  und  sich  die  Frage  stellen :  welche  Bedingungen  muss 
die  primitive  Fläche  erfüllen,  wenn  für  die  transformirte  Fläche  durch 
reciproke  Radii  vectores  ein  System  von  Krümmungslinien  plan  oder 
sphärisch  ist?  Die  Lösung  dieser  Aufgabe  lässt  sich  mit  ziemlich  ein- 
fachen Rechnungen  durchführen,  wie  im  Folgenden  gezeigt  werden  soll. 

Ist  für  eine  Fläche  8  das  System  der  Krümmungslinien  (v)  sphä- 
risch, so  hat  man  in  Folge  der  Gleichungen  2)  und  3)  von  III: 

I*  =  x-^R^icosacosa — cosa'sina), 

15)  ri*^  =  y-{-R^(co8b  cos  a  —  cosfe'sina), 

t*  =  2?  -|-  JBj  (cos  c  cos  a  —  cos  c  sin  a). 

1  cosa       sina  dsjG 

Es  ist  [^*2^  fl\,  t\)  der  Mittelpunkt,  JK^  der  Radius  der  osculatori- 
schen  Kugelfläche  der  sphärischen  Krümmungslinie  (v),  welche  durch 
den  Punkt  [x,y,z)  der  Fläche  Ä  geht;  a  ist  der  Winkel,  welchen  der 
Radius  JR^  ^it  der  Normalen  zur  Fläche  Ä  im  Punkte  [x,jf,z)  einschliesst. 
Die  sämmtlichen  Quantitäten  $2»  ^2»  ^2'  ^2  ^^^  ^  ^^^^  ^^^  ^^^  ^  ^^ 
hängig. 

B2 


12  ALPRED  ENNEPER, 

Ist  das  System  der  Krümmungslinien  {v)  für  die  Fläche  8  plan» 
wobei  Kreise  ausgeschlossen  sein  mögen,  so  ist  in  der  Gleichung  16) 
JB^  =  oo  zu  nehmen.  An  Stelle  der  Gleichungen  15)  tritt  folgende» 
unter  3)  in  IV  aufgestellte,  Gleichung  der  Ebene  der  planen  Krflm- 
mungslinie : 

17)  a?co8cr+^co8/?  +  ;rco8y  =  Si, 

wo  cos  cc,  cos^,  cosy  und  i2  nur  von  u  abhängen.      In  den  Gleichungen 
15)  subtrahire  man  auf  beiden  Seiten  a?^j,  y^,  z^,  setze  also: 

1I2  —  ^0  =  ^ — «^0  +  ^2  (cosacosa  —  cosa  sina), 
1J2 — Ifo  ^^  y — yo  +  ^2  (cos  6  cos  a  —  cos  6' sin  a), 
tj — z^  =  z  —  z^  +  JBg  (cos c cos a  —  cosc  sina). 

* 

Man  bilde  die  Summe  der  Quadrate  der  vorstehenden  Gleichungen 
unter  Anwendung  der  in  den  Gleichungen  2)  gebrauchten  Bezeichnungen«. 
Die  bemerkte  Summe  giebt: 

(n  - ^0)*+  inl  -yS+  (C; -^o)*  =  N+  2R^  (Qcosa-  Q'sin o)-\- 12|. 
Hieraus  folgt: 

19)  iV+2K,(Qcosa-Q'sina)=  (r,-^o)'+(^;-yo)'+(f;-^o)-*i- 

Wird  für  eine  Fläche  8  das  System  der  Krümmungslinien  {v)  auf 
der  transformirten  Fläche  8^  sphärisch  oder  plan,  so  findet  für  die 
Fläche  Ä^  eine  ähnliche  Gleichung,  wie  die  Gleichung  16)  statt,  nämlich: 

1  cos</        8in</    rf\/^i 

wo  R^  und  a'  nur  von  u  abhängen.     Setzt  man  fürjE^,  G^  und  r"  ^  ihre- 
Werthe  aus  den  Gleichungen  8)  und  14)  ein,  so  folgt: 

,0)  Z  =  _(^+,«).,,,+  (^l^_,«),„.. 

Wird  diese  Gleichung  nach  v  differentiirt ,  so  hat  man  nach  dea 
Gleichungen  von  II: 


UNTERSÜCHUNGENÜBER  D.FLÄCHEN  MIT  PLANEN  Ü.SPHÄRISCHEN  ETC.  13 

dN_  r^   dQ  _       Q'sjG    dQ  _  Q'  dsjG 

dv  ~    ^  ^     '  dv  ~  r"     '  dv   ~  \Ie    du  ' 

Mit  Weglassung  des  Factors  N  führt  die  bemerkte  Differentiation 
auf  folgende  Gleichung: 

l  JL_  d\[G 

^r  .  ,   ^V^G    du     .      . 

0  = T~  .  cosa +a — 7-^ sma. 

dv  dv 

Bezeichnet  R^  eine  Function  von  u  allein,  so  kann  man  setzen : 

1  cos</       sin  </  d>jG 

Diese  Gleichung  sagt  aus,  dass  auch  für  die  Fläche  8  das  System 
(t;)  sphärisch  ist.  Die  beiden  Gleichungen  16)  und  21)  fallen  zusammen 
für  — cos</  =  cosa  und  sin</  =  sina,  d.  i.  </ =  n  —  a,  was  die  Rela- 
tion zwischen  deu  Winkeln  o  und  (/  ist.  Für  a  =  n — a  wird  die 
Gleichung  20); 

Durch  Anwendung  der  Gleichung  16)  wird  die  vorstehende  Glei- 
chung einfacher: 

23)  ^  =-^  +  2(Qcosa— Q  sina). 


oder: 


JR 

^  ^  =  iyr+  2 JB j  (Qcosa —  Q'sin a) 


d.  i.  nach  19): 


24)        /|^  =  (n  -*•)'+(»?; -yj'+(f;-*«)'--Ri 


14  ALFRED  ENNEPER, 

Man  kann  umgekehrt  die  Gleichung  20)  oder  22)  als  Folge  der 
Gleichungen  1 6)  und  1 8)  deduciren  ,  wenn  der  Werth  von  R^  dahe\^ 
durch  die  Gleichung  24)  bestimmt  ist.  Ist  das  System  {v)  für  die 
Fläche  iS  plan,  so  findet  die  Bedingung  statt: 

cosa      8iua  dsJG 

25)  0  =  — ^4--7==  --}—. 

Die  Gleichung  22)  wird  dann  einfacher: 

26)  ^  =  2(Qcosa— Q'sina). 

Für  ein  planes  System    finden   die  in  IV  aufgestellten  Gleichungen 
l)  statt,  nämlich: 

cosa  =  cosacosa  —  cosasina, 


27)  cos/?  =  cos 6 cosa — cos 6  sin a, 

cos  Y  =  cos  c  cos  a  —  cos  c'  sin  a. 

Die    vorstehenden  Gleichungen    respective    mit  x — x^,  y — y^  und 
z — z^  multiplicirt  und  addirt  geben,  mit  Rücksicht  auf  2): 

{pß — a?^^)co8a  +  (y — yj^)cos/J+(2r  — 2:<>)cosy  =  Qcosa — Q'sina, 

d.  i.  nach  17): 

i2 — (a?oCOScr+y^co8/?-+-5?^cosy)  =  Qcosa — Q'sina. 

Hierdurch  lässt  sich  die  Gleichung  26)  auf  die  Form : 

^®^  2%^  =  i2  — (^o^ös^+yoCös/^  +  ^o^ösy) 

bringen.  Die  Gleichung  26)  ist  auch  umgekehrt  eine  Folge  der  Glei- 
chungen 17),  25)  und  27),  wenn  K^  durch  die  Gleichung  28)  be- 
stimmt ist. 

Die  Gleichungen   15)    geben  als  Gleichung  der  osculatorischen  Ku- 
gelfläche einer  sphärischen  Krümmungslinie  (v): 


1 


UNTERSUCHUNGEN  ÜBER  D.FLÄCHENMITPLANENü.SPHÄRISCBENETC.  15 

29)  (i;  -  x)*-h  {fil  -yY+  (£1  -  zf  =  ß|. 

Geht  diese  Kugelfläche  durch  einen  festen  Punkt  (<t^o'^o' ^o)  ^^  ^®^' 

Findet  diese  Gleichung  statt,  so  verschwindet  die  rechte  Seite  der 
Gleichung  24),  es  ist  dann  R\  =  cx),  d.  h.  die  transformirte  Krüm- 
mungslinie ist  plan.  Ist  die  primitive  Krümmungslinie  plan,  geht  ihre 
Ebene  durch  einen  festen  Punkt  (^Q,t/Q.  z^),  so  hat  man  nach  17): 

In  der  Gleichung  28)  verschwindet  dann  die  rechte  Seite  ,  es  ist 
wieder  i?^  =  oo.  d.  h.  die  transformirte  Krümmungslinie  ist  plan.  Aus 
dem  Vorstehenden  ergeben  sich  folgende  Resultate.  Wird  ein  System 
von  Krümmungslinien  einer  Fläche  8  mittelst  der  Transformation  durch 
reciproke  Radii  vectores  sphärisch ,  so  ist  das  primitive  System  der 
Fläche  8  ebenfalls  sphärisch  oder  plan.  Wird  ein  System  von  Krüm- 
mungslinien einer  Fläche  8  mittelst  der  Transformation  durch  reciproke 
Radii  vectores  plan ,  so  ist  das  primitive  System  ebenfalls  plan  oder 
sphärisch,  wobei  entweder  die  Ebenen  der  planen  Krümmungslinien 
oder  die  osculatorischen  Kugelflächen  der  sphärischen  Krümmungslinien 
durch  einen  festen  Funkt  O  gehen.  Der  Punkt  O  ist  das  Centrum  der 
Transformation.  Bei  der  Deduction  dieser  Resultate  ist  die  transformirte 
Fläche  zu  Grunde  gelegt,  ein  Verfahren,  welches  gestattet  einige  Sätze 
unmittelbar  umzukehren.  Man  kann  auch  für  die  primitive  Fläche  8 
direct  die  Gleichung  16)  oder  25)  zu  Grunde  legen  und  dann  mit  Hülfe 
<ier  in  II  aufgestellten  Gleichungen  die  transformirte  Fläche  untersuchen; 
der  im  Obigen  eingeschlagene  Weg  ist  für  den  vorliegenden  Zweck  etwas 
einfacher  und  von  mehr  Interesse. 

Zur  Vervollständigung  der  für  die  Fläche  8^  aufgestellten  Glei- 
chungen mögen  noch  für  diese  Fläche  einige  geometrische  Elemente  be- 
stimmt werden.  Für  die  Fläche  8^  findet  die  Gleichung  20)  statt.  Es 
sei  (f,  f[,  £^  der  Mittelpunkt  der  osculatorischen  Kugelfläche  der  sphäri- 


16  ALPRED  ENNEPER, 

t 

sehen  Krümmungslinie  {v)  auf  der  Fläche  Ä^.     Analog  den  Gleichungen 
1 8)  hat  man  die  folgenden  : 

^ — ,r^  =  .Tj  —  a?^'\-R2{'^08a^coB(/ — cos  a'j  sine/), 

rf — y^  =^1 — yo  +  ^2(^^®^i^^®^ — cosft'j  sinö'), 
J' — Zq  =  z^ — ^r^  +  lfj  (cosc^  cos</ — coscjsina'). 

Man  setze  rechts  die  Werthe  von  x^^^i  z^  aus  1),  cosa^,  cos6^, 
coscj  aus  10);  cosaj,  cos6',,  cosc'j  aus  12)  ein  und  setze  wieder  &  = 
n  —  o.     Es  folgt  dann: 

30) 
ff*  —  2i?2(Qcosa —  Qsin  a)\  — ^^v-^+Ä'^lcosacosa — cosa  sina), 

ff — y^  ==  [^*—  2JB'2(Qco8  <^—  Q'ßin  g)j     J^^  +  ^2  (^^^  *  cosa— cosfe'sin  a), 

ff* —  2Rj^{Qcoa0 —  Q'sino)  — ^-^  + i?,  (cosccosa — cosdaina). 

Findet  die  Gleichung  23)  statt,   so  ist: 

R 


/— 21?,  (Qcos  ff— Q'sino)  =  ^N. 


Die  erste  Gleichung  30)  wird  dann  einfacher: 

|'_  a?„  :=  [x — a?,  +  R2  (cos a cos a —  cos a  sin ff)J  -g* , 

d.  i.  nach  1 8) : 

R 


r— iPo  =  (§2-*o)]B  • 


An  Stelle  des  Systems  30)    lässt  sich  folgendes  setzen ,  in  welchem 

R 

der  Werth  von  -^  aus  der  Gleichung  24)  eingesetzt  ist: 

^2 


«.f-J2| 


UNTERSUCHUNGEN  ÜBER  D.  FLÄCHEN  MIT  PLANEN  U.SPHÄRISCHEN  ETC.  1 7 

Ist  die  primitive  Krümmungslinie  (v)  plan,  so  ist  nach  26): 

/=  2R^{Qcosa—Q'8ina). 

Mit  Rflcksicht  auf   diese  Gleichung,    die  Gleichungen  27)  und  28) 
erhält  man  aus  30): 

cos«  cos/?  cosy  *        2[Si — <r^  cosa  —  tfQCOsß  —  z^cosyY 


IX. 

Einige  Bemerknngen  über  Flächen  mit  sphärischen 

Krümmungslinien. 

Zur  Vermeidung  von  Wiederholungen  und  der  besseren  Uebersicht 
wegen,  sollen  in  diesem  Abschnitt  einige  besondere  Fälle  von  Flächen 
mit  einem  System  sphärischer  Krümmungslinien  zusammengestellt  werden. 
Sind  die  Mittelpunkte  der  osculatorischen  Kugelfiächen  eines  Systems 
sphärischer  Krümmungslinien  concentrisch,  so  ist  das  andere  System  plan, 
die  Fläche  hat  dann  einige  merkwürdige  geometrische  Eigenschaften, 
wie  weiter  unten  dargethan  ist.  Gehen  die  bemerkten  osculatorischen 
Kugelflächen  durch  einen  festen  Funkt,  so  gestattet  die  in  VIII  gege- 
bene Untersuchung  eine  Reduction  des  Problems  auf  die  in  IV  ge- 
fundenen Resultate. 

Setzt  man  zur  Abkürzung: 

l)     R^cosa  =1  p^,  R^8ma  =  q^  2)     R^cost  =  p^,  R^sint  =  q^, 

so  lassen  sich  die  Gleichungen  2),  3),   10)  und  11)  von  III  einfacher  auf 
folgende  Art  schreiben  : 

I*  =  af-^-p^cosa  —  jfjcosa, 

£*  =  z+p^  cos c --  q^coBc\ 

d\[G 

T 


3) 


4) 


5) 


1 


SIEG    du 
Mathem.  Glosse.  XXVI.  2. 


»/*  =y+^,co86 — jjCosfc", 

l\  =   «+/>,  C08C  —  JjCOSc". 

'  f       sTEG    dv 


18  ALFRED  ENNEPER, 

Es  sind  f*,  iy*,  C*,  p^  und  q^  nur  von  u,  |*.  i?*,  f*,  ;>,  und  j^ 
nur  von  v  abhängig.  Je  nachdem  die  Gleichungen  3)  oder  4)  statt- 
finden, ist  das  System  [v)  oder  (le)  sphärisch.  Die  Gleichung  5)  kann 
als  Folge  der  Gleichungen  3)  angesehen  werden,  wie  sich  unmittelbar 
durch  Differentiation  der  Gleichungen  3]  nach  v  ergiebt.  Eine  ähnliche 
Bemerkung  gilt  für  die  Gleichung  6)  in  Beziehung  auf  die  Gleichungen  4). 

Es  mögen  die  Gleichungen  4)  stattfinden,  also  das  System  (u)  sphä- 
risch sein.  Durch  Differentiation  der  Gleichungen  4)  nach  v  erhält 
man,  unter  Zunahme  der  in  II  aufgestellten  Formeln,: 


dv        \dv       ^«  r-r^''^^  du  <=08'^-t-\Vt'-/',   ^"        ^^) 


cos  c". 


Sind  die  osculatorischen  Kugelflächen  des  sphärischen  Systems  con- 
centrisch,   so  haben  |*,  ti\,  t\  constante  Werthe.      In  den  Qleichungen 

7)  verschwinden  dann  die  linken  Seiten,   hierdurch  reduciren  sich  diese 
Gleichungen  auf: 

8>    ^JLL_a    ^-0        9)    ll-^-O        10)    dG-t>    V!?_^-0 

Nimmt  man    in    der  Gleichung  9)  q^  =0,  so  giebt  die  Gleichung 

8)  -^  =  0,  also  |),  =  Ar,  wo  A:  eine  Constante  bedeutet.      Für  p^  =  k 
und  q^  =  0  geben  die  Gleichungen  4): 

f* — w  =  kcosa,  fi\ — y  =  kcosb,  f* — z  =  kcosc. 

Die  Summe  der  Quadrate  dieser  Gleichungen  giebt: 

was  die  Gleichung  einer  Kugelfläche  ist.     Die  Gleichung  9)  giebt  ferner : 


UNTERSUCHUNGEN  ÜBER  D.  FLÄCHEN  MIT  PL  A  NEN  ü.  SPHÄRISCHEN  ETC.  19 

du  ' 

das  System    der   Krfimmungslinien  {v)    ist  dann   plan,   die   Ebenen    des 
Systems  enthalten  die  Normalen   zur  Fläche.      In  diesem  Falle  hat  man 

in    den   Gleichungen    10),  11)   und  12)   von   IV  a  =  —    zu    nehmen*). 

Wegen   der  in  IV  B    enthaltenen  Ausführungen    ist   femer  ö  =  co  +  V» 
die  Gleichungen  10),  11)  und  12)  von  IV  gehen  dann  in  folgende  über: 

Icoso  =  cos  /  cos(co+y;)  —  co8>l8in(ai  +  ^),  /cosa'  =  — cosa» 

cos6  =  cos m cos ((o  +  y/)  —  cos^8in(ai+^),       12)  |cosy  =  — cos/}, 
cosc  =  cos  » cos (cü  +  ^)  —  cos r  sin  (ai -|- ^},  (cosc  =  — cosy. 

Icosa"  =  cos  /  sin  (co  H-  y/)  +  cos X  cos  (co  +  y/), 
cos  6"  =  cos  m  sin  (<o  +  y)  +  cos  fi  cos  (co  +  y/), 
cos  c"  =  cos  n  sin  [fxi '\- ^f) -\-  cos  v  cos  (co  +  y/). 

Legt  man  die  Gleichungen  50)  von  IV    zu  Grunde ,    so    ffihrt  die 
Bedingung : 

^-^  =  0 
du 

zu  folgenden  Bestimmungen  der  Coordinaten: 


/(j?— f)cosa+(y— ij)cos/?+(^2f — i;)cosy=0, 

dV      , 

1 4)  )!f—^  ^08  ^  +  (y — »?)  cos  iW + (a? —l)  cos  ^  =  ^  cos  (co+y/)  +  Fsin  (co+y;), 

dV 

(d?— f)cos  /4-(y — ij)cosm+(a? — £)cosn  =  j-- sm (co+y;) — Fcos(aH-y;). 

In  diesen  Gleichungen  sind  <r,  y,  z  die  Coordinaten  eines  Punktes 
der  Fläche,  es  ist  V  eine  beliebige  Function  von  y;  oder  t;,  alle  fibrigen 
Quantitäten   beziehen   sich   auf   eine  Curve   doppelter  Krfimmung   unter 


*)  In  den  bemerkten  Gleichmigen  von  lY  hat  <r  eine  andere  Bedeuttmg  wie 
in  den  Gleichungen  1)  dieses  Abschnitts,  was  indessen  zn  keiner  Verwechselnng 
Veranlassung  giebt. 

C2 


20  ALFRED  ENNEPER, 

Zugrundelegung  der  in  I  gebrauchten  Bezeichnungen«     Die  erste  Gleichung 
14)  giebt  nach  u  differentiirt : 

ds 

(cos  a  cos  a  +  cos  b'  cos  ß  +  cos  c  cos  y)  >JE —  -r- 

{oo  —  I)  cos  i  +  (y  —  iy)  cos  ^  4-  (^  —  Vi  cos  V  ds 

Q  du 

Wegen  der  Gleichungen  12)  und  der  zweiten  Gleichung  14)  folgt: 


15)  V^ 


cos  (co  +  V^)  +  Fsin  {(o-\-\fi)        1  , 


Q  -^  du 

Die  letzte  Gleichung  14)  nach  i;  differentiirt  giebt: 

_       id^y         \  dw 

{co8  a"  cos  (-{-cosb"  cos  m-^  cos  c"  cos  n)yG  =  Ij-j  +  F I  sin  (co  +  V')  ;r^ » 

d.  i.  nach  13): 


Es  ist: 


a  yJE        ,        dcosa  sJO 

-  =  — ^cosa,        — 3 —  =  — ^ 


d  cos  M>  Y  -*^  t  **  \^vra  M>  V  ^^  ft 

— = —  =  — -^cosa,        — j —  =  — -Hrcosa  . 
du  r  dv  r 

Mittelst  der  Gleichungen  11),  12)  und  13)  findet  man: 

6m{m-\-ip)ds       \IE  dtf>  _\]G 

*^)  ^ Tu^~7'  18)        ^--TT. 

Aus  1 6)  und  1 8)  erhält  man  noch : 

—  sfG 

Die  Substitution  der  Werthe  von  \/G  und  -tt  aus  den  Gleichungen 

16)  und  18)   in    die  Gleichungen  8)  und   10)   geben   folgende  Belationen 
zwischen  p^  und  q^ : 

dp^  _       dtp  /^.tA^      ^^_^_o 

l^—^^do'        \dyß^'^^Jdv~^^dv       dv  ~  ^' 


UNTERSUCHUNGEN  ÜBER  D.FLÄCHEN  MIT  PLANEN  ü.  SPHÄRISCHEN  ETC.  21 
oder,  wenn  y>  zur  unabhängigen  Yariabeln  genommen  wird : 

d^V  ,  „  da. 

Setzt  man  den  Werth  von  q^  aus    der  Oleichung  20)   in   die  Glei- 
chung 21)  so  folgt: 

also : 

22)  V — p^  =  ilcos^  —  JBsin^, 

wo  A  und  B  Constanten  sind.  In  .den  Gleichungen  4)  nehme  man 
einfacher  f *  =  0  ,  ij*  =  0  ,  f*  =  0.  Die  erste  dieser  Gleichungen 
wird  dann: 

0  =ir+^jCOsa — q^cosa", 

d.  i.  nach  11),   13)  und  20): 

0  =  ir+/?j  cosZco8(ai+y/) — cos  A  sin  (co + V')  j 
—  ^^  cos Zsin  (co  +  ^)  +  cos A cos  (oi  +  tp)  . 

Setzt  man  hierin  ffir  x  seinen  Werth  aus  den  Gleichungen  1 4)  ein, 
80  ergiebt  sich: 

0  =  f+[rf— ^^ cos (ai+V/)  +  (F— /?J  sin  (01  +  ^^)1008^ 
+  [rf— ^;^8in(oi  +  V')  +  (F— ;>j)cos(co+v/)]cosZ, 

d.  i.  wegen  22): 

0  =  |+(-4sinoi  —  £cosco)cosA  —  (ilcostti-}~Bsintti)cosZ. 

Aus  dieser  Gleichung  entwickele   man    den  Werth  von  |  und  fttge 


1 


22  ALFRED  ENNEPER, 

die  analogen  Gleichungen  für  ij  und  f  hinzu.  Es  ergiebt  sich  dann 
folgendes  System : 

1f  =  {BcoBü}  —  Asinoo!)  cosX  '■\^  {B  8inQ}'\-  Acos(o)cos  l , 
$1  =  {B  cos  CO  —  A  sin  co)  cos^  +  (B  sin  co-[-  A  cos  co)  cos  m , 
f  =  (£costti  —  A8inw)cosP'\-{Bsma}'\-Acos(o)cosn. 

Die  Summe  der  Quadrate  dieser  Gleichungen  giebt: 

d.  h.  der  Punkt  (f,  ij,  f)  liegt  auf  einer  Kugelfläche.  Man  kann  zu  die- 
sem Resultate  auch  auf  folgende  Art  gelangen.  Die  Gleichungen  15) 
und  16)  geben: 

1    d^ cos(ai  +  yi)  ds 

sfO    dv  Q         du 

Die  Gleichung  6)  multiplicire  man  mit  \jE,  setze  also: 

Werden  hierin  die  Werthe  von: 

f^      >ß  1    dsjE 


aus  den   Gleichungen  15),   17),  20)  und  24)   substituirt,    so   ist    die   er- 

ds 
haltene  Gleichung  durch  ^  theilbar,  mit  Weglassung  dieses  Factors  folgt : 

V—p 

d     ^^^  cos((o+y)+(T^— yi)8iP(ctf+y)  =  9 

d.  i.  nach  22): 

ilsinco  —  J?cosai  =  ^, 

durch  welche  Gleichung  allgemein  eine  sphärische  Curve  characterisirt 
ist.  In  die  Gleichungen  1 4)  fahre  man  die  Werthe  von  |,  i},  f  aus  den 
Gleichungen  23)  ein,  es  lassen  sich  dann  die  Gleichungen  14)  durch 
folgendes  System  ersetzen: 


UNTERSUCHUNQENÜBER  D.  FLÄCHEN  MIT  PLANEN  Ü.SPHÄRISCHEN  ETC.  23 

xcosa  -^-y  cos  ß  '■\-z  cosy  =  0, 

s  (cos  /sin  CO -f- cos  X  cosco)  +y  (cos  m  sin  cö-|-  cos^  cos  co) 

dV 
.     ,  4"  ^  (cos  n  sin  01+ cos  i' cos  Ol)  =  J?+^j — cos^+Fsiny/, 

«r  (cos  /cos  Ol — cos  Jl  sin  oi)  +y  (cos  i»  cos  oi  —  cos  /i  sin  o>) 

+,(oo,„co,a._c„.,si„»)  =  A+'^^uy,-  V.o>y,. 

Die  erste  dieser  Gleichungen  ist  diejenige  der  Normalebene  einer 
sphärischen  Curve.     Aus  dem  Vorstehenden  ergiebt  sich  folgendes 

Theorem  : 

Sind  die  osculatorischen  Kugelflächen  eines  Systems  sphärischer 
Krümmungslinien  concentrisch ,  so  sind  die  Krfimmungslinien  des 
andern  Systems  plan.  Die  Ebenen  des  planen  Systems  sind  die 
Normalebenen  einer  beliebigen  sphärischen  Curve  und  enthalten 
gleichzeitig  die  Normalen  der  Fläche. 
Soll  das  System  (v)  ebenfalls  sphärisch  sein,  so  findet  die  Gleichung 

ds/G 
5)    statt.      Dieselbe   reducirt   sich    wegen    -4 —  =  0    auf  r"  =  p^  d.  i. 

nach  19): 

Da  die  linke  Seite  nur  von  tp  oder  v,  die  rechte  nur  von  u  abhängt, 
so  muss  jede  Seite  der  vorstehenden  Gleichung  constant  sein.  Es  ist 
also  P2  =  Ar,  mithin  auch  r"  =^  k,   wo  k  constant  ist.     Die  Gleichung : 

giebt : 

V  =  k  —  A^  cos V'  +  B^  sin  ip , 

wo  Aq  und  B^  Constanten  sind.     Ffir  diesen  Werth  von  V  werden  die 
rechten  Seiten  der  beiden  letzten  Gleichungen  25) : 


24  ALFRED  ENNEPER, 

dV 
5  +  ^0081//+  Vsmtff  =  -B  +  J?^^+A:8ini/;, 

dV 
il+^sin^ — Fco8^  =  A-^-A^ — Arcos^. 

Die  CoDStanten  A^  und  B^  vereinigen  sich  mit  den  Constanten  A 
und  £,  man  kann,  unbeschadet  der  Aligemeinheit,  A^  =  0,  B^  =i  0, 
also  F  =  A:  nehmen.     Für  F=  A:  geben  aber  die  Gleichungen  14): 

(^ — l)co8a+(y  —  ij)co8/?  +  (^ — f)co8y  =  0. 
Da  die  zweite  dieser  Gleichungen  sich  auch  schreiben  lässt: 

80  erhält  man  unmittelbar  folgendes 

Theorem : 
Sind  die  osculatorischen  Kugelflächen  eines  Systems  sphärischer 
Krfimmungslinien  concentrisch ,  soll  das  zweite  System  ebenfalls 
sphärisch  sein,  so  ist  die  Fläche  die  Enveloppe  einer  Kugelfläche 
yon  constantem  Radius,  deren  Mittelpunkt  eine  beliebige  sphärische 
Curve  beschreibt. 

Aus  den  Gleichungen  3)  ergiebt  sich  als  Gleichung  der  osculatori- 
schen Kugelfläche  einer  sphärischen  Krümmungslinie  {v)i 

26)  (i;_^)»+(,,;_y)»_|_(j:;_;,)«  =  p|+^|. 

Geht  diese  Kugelfläche  durch  den  festen  Punkt  (.r^^,  y^^,  z^),  so 
findet  die  Bedingung  statt: 

27)  (r.— a^„)'+(n;-y.)'+(:;-«o)*  =  ?l4-?|. 

mit  deren  Hülfe  sich  die  Gleichung  26)  auf  folgende  Form  bringen  lässt: 

28)       2(a?-a?,)(i;— a?J+2(y— yo)(»Jj— jrjH-2(z-«^)(f;-^J 

==  (*-*o)'+(y-y«)*+(«'-«'o)*- 

Man  wende  hierin  die  Transformation  durch  reciproke  Eadii  vectores 
an,  nehme  den  festen  Punkt  zum  Centrum  der  Transformation  und  setze : 


UNTERSUCHUNGEN  ÜBER  D.  FLÄCHEN  MIT  PLANEN  ü.  SPHÄRISCHEN  ETC.  25 
29^       ^  —  '^o   =  y—y^  =  ^— ^0    ^ ? ^ 

^    ^1—^0     ^1—^0      ^1—^0      (^1— <^o)'+(yi— yo)*+(^i— O* 

Die  Gleichung  27)  geht  dann  in  folgende  Gleichung  einer  Ebene 
über,  welche  £bene  eine  plane  Krümmungslinie  der  transformirten  Fläche 
bestimmt ,  in  welche  die  sphärische  KrOmmungslinie  der  primitiven 
Fläche  übergeht: 

An  Stelle  der  Functionen  |*,  i?*,  f *  führe  man  drei  Winkel  a,  /?,  y, 
und  eine  Function  Sl  durch  folgende  Gleichungen  ein : 


31) 


l2~^0    _  ^2—^0   _  ^2~^0   _  1, 

COS  er  cos/?  cos}^         i2' 


Wegen    der    Gleichungen  31}    lässt    sich  die    Gleichung   30)    auch 
schreiben  : 

Hierdurch  ist  die  Bestimmung  der  Flache  mit  einem  System  sphä- 
rischer Krümmungslinien,  deren  osculatorische  Kugelflächen  durch  einen 
festen  Funkt  gehn  ,  auf  die  Bestimmung  der  allgemeinsten  Fläche  mit 
einem  System  planer  Krümmungslinien  reducirt.  Man  kann  immer 
a,  /f,  Y  äIs  die  Winkel  ansehn,  welche  die  Tangente  einer  beliebigen 
Curve  doppelter  Krümmung  mit  den  Coordinatenaxen  bildet.  Vertauscht 
man  in  den  Gleichungen  3)  von  IV  «r,  y,  z  respective  mit  x^  —  ^©»^i — y©» 
^1  —  ^0»  ^^  ^^^*  ^^^  bemerkte  Gleichung  mit  der  obigen  Gleichung  32) 
zusammen.  Um  die  allgemeinsten  Werthe  von  o?,  y  und  z  zu  erhalten, 
welche  den  Gleichungen  3)»  5)  und  27)  genügen,  setze  man  in  den  Glei- 
chungen 40)  von  IV  x^  —  a?^,  y^ — y ^.  z^  —  z^  statt  «r,  y,  z,  darauf  ent- 
wickele man  die  Werthe  von  x^ — *r^,  y^ — y^^  z^  —  z^  aus  den  so  er- 
haltenen Gleichungen  und  substituire  dieselben  in  die  Gleichungen  29); 
wodurch  sich  unmittelbar  die  gesuchten  Werthe  von  *r,  y  und  z  ergeben. 
Maihm.  Glosse.    XXVI.  2.  D 


26  ALPRED  ENNEPER, 

Man  kann  zu  diesem  Zweck  auch  einfach  in  den  Gleichungen  40)  von 
IV  X,  ff,  z  respective  ersetzen  durch: 

wo  J  =  [x—x;i'+[y—y^f+{z  —  z^)\  Für  den  Fall,  dass  :;  =  z, 
oder  cosy  =  0  ist,  sind  die  Gleichungen  67)  von  IV  zu  Grunde  zu  le- 
gen. Eine  weitere  Ausführung  der  Rechnungen  bietet  keine  Schwierig- 
keiten, 80  dass  es  unnötbig  erscheint,  dieselben  hier  weiter  auszuführen. 

Für  den  Fall ,  dass  in  den  Gleichungen  3)  oder  4)  eine  der  Quan- 
titäten p^  oder  p^  constant  ist.  bildet  die  gesuchte  Fläche  eine  Parallel- 
fläche zu  derjenigen,  für  welche  p^  oder  p^  verschwindet.  Diese  Be- 
merkung erlaubt  einige  der  folgenden  Betrachtungen  zu  vereinfachen. 

Bewegt  sich  der  Mittelpunkt  einer  Kugelfläche  von  variabelem  Ra- 
dius auf  einer  Curve  doppelter  Krümmung,  so  hat  die  Enveloppe  der 
Kugelfläche  ein  System  von  Krümmungslinien ,  welches  aus  Kreisen  be- 
steht, also  gleichzeitig  sphärisch  und  plan  ist.  Dieses  ist  das  einfachste 
Beispiel  einer  Fläche  mit  einem  System  sphärischer  Krümmungslinien, 
aus  diesem  Grunde  sollen  einige  Entwickelungen  über  diesen  Fall  bei- 
gefügt werden ,  welche  gleichzeitig  zur  Motivirung  einiger  Rechnungen 
für  den  allgemeinen  Fall  sphärischer  Krümmungslinien  gelten  können* 
Ist  das  System  {v)  sphärisch ,  so  besteht  die  Gleichung  5) ,  dieselbe  mit 
r'  multiplicirt  giebt: 

Ist  das  System  (v)  gleichzeitig  plan,  so  hat  man  weiter: 

r"     d\/G 

wo  a^  eine' Function  von  u  allein  bezeichnet.  Die  Gleichungen  33)  und 
34)  geben: 

r''  =  ;?2— y^cotcT^, 
oder : 


UNTERSUCHUNGEN  ÜBER  D.FLÄCHEN  MIT  PLANEN  U.SPHÄRISCHENiETC.  27 

35)  1^2""^"  =  9^2^^^  ^0* 

Die  zweite  Gleichung  10)  von  II,  nämlich: 


du         r     du 


giebt  entwickelt: 


( 


r'l  \Ig    du         du 


Aus  dieser  Gleichung  und  der  Gleichung  34)  folgt: 


/        r"\  —  dr" 


oder: 

l-^|v/B=--^tangv 

Aus  den  Gleichungen  3)  und  5)  von  II  findet  man  leicht: 

dx  „dcosa      dy  „dcosb      dz  „dcosc 

dv  dv     *     dv       ""        dv    ^     dv  dv   * 

Da  r"  nur  von  u  abhängt,    so  geben  die  vorstehenden  Gleichungen 
integrirt : 

37)  X  =  I  —  r^cosa,     y  =  ij — r^cost,      z  =  f — r''cosc, 

wo  |.  ij,  t  nur  von  u  abhängen,  folglich  als  Coordinaten  eines  Punktes  einer 
Curve  doppelter  Krümmung  angesehen  werden  können,  auf  welche  sich  die 
Formeln  von  I  anwenden  lassen.  Die  Gleichungen  37)  finden  sich  schon 
in  III  aufgestellt.     Aus  der  ersten  der  bemerkten  Gleichungen  folgt: 

Diese  Gleichung  nach  u  differentiirt,  giebt  nach  2)  und  4)  von  II : 

dS       dr" 


_  =  _.cosa+(l-7jV^cosa. 


D2 


28  ALFRED  ENNEPER, 

oder  mit  Bücksicht  auf  die  Gleichung  36): 

dj  dr"   ,                   '., ,            I      dr" ,  _ 

du 


f  .  • 


38) 


-rfu'^" 

118  a  —  ü« 

ü»a  IUI 

'0*^0 

^       cosa^  du 

\y\j9  u  uuö  Uq  — 

KiMO  %Mf   OAU  ^QJ» 

Auf  die 

angegebene  Art  erhält  man  aus  37)  folgende 

Gleichungen : 

du 

1 
COSCT^ 

dr" 

du  ' 

,  (cosacosa^  — 

cosa  sina^), 

dti 
du 

1 

cosa^ 

dr" 
du 

.  (cos  b  cos  a^  — 

cos  6' sin «Tq)  , 

dt 

du 

1 
cosa^ 

dr" 
du 

.  (cos  c  cos  a^  — 

cosc  sinir^). 

Ist  ds  das  Bogenelement   der  Curve,    welcher    der   Punkt  (|,  i},  t) 
angehört,  so  geben  die  Gleichungen  38): 

lds\^       i    1      dr"'^ 


«/- 

\c08ff. 

du 

ds 

1 
C08«Jj 

dr" 
du 

)• 


Sei: 
39) 

Wird    s  als    unabhängige  Variabele  genommen,    so  lassen  sich  die 
Gleichungen  38)  nach  39)  einfacher  schreiben: 

d§ 

■j-  =  cosaco8<r^ — cosa  sinu^, 

40j  {  -T- =  cosfecosa^ — cos6  sma^, 

dt  ,  .    ^ 

-T-  =  COS  ccos  o^  —  cosc  sin  <y^. 
^  ds  ^  • 

Aus  der  Gleichung  39)  folgt  noch: 

dr" 

Es    ist    dieses    dieselbe  Gleichung    wie    die   Gleichung  18)    in    III, 
wenn  dort  8  =  r"  und  o^  statt  o  gesetzt  wird,  da  im  vorliegenden  Falle 


UNTERSUCHÜNGENÜBERD.FLACHENMITPLANENÜ.SPHARISCHENETC.  29 

a  eine  andere  Bedeutung  hat.  Durch  Einsetzung  der  Werthe  von  x,  y 
und  z  aus  den  Gleichungen  37)  in  die  Gleichungen  3)  und  des  Werthes 
von  p^ — r"  aus  35)  erhält  man: 

1*  =  1+ -i^^— (cos  a  cos  a^ — cos  a' sin  a^), 
'*  '  sma^^  ^  ®  •' 

w!  =  w  4-  .   ^    (cos  fe  cos  a^  —  cos  V sin  a^) , 
'*         '  *  sina^^  ®  "' 

f  •  =  t  +  ."    (cos  c  cos  a«  —  cos  c' sin  iTn). 

Unter  Zuziehung  der  Gleichungen  40)  lassen  sich  die  vorstehenden 
Gleichungen  durch  folgende  ersetzen: 

41)  ^2  —  ^  ^^l~A  _  ^Izil  —    g^ 

^  d^  dtf  di  sina^' 

ds  ds  ds 

Setzt  man   für  p^    und  ^2  ^^^^  Werthe    aus  1)  ein ,    so   giebt   die 
Gleichung  35) : 


r"  =  B 


sin  (gp  —  a) 


^      sin  Oq 


oder: 


j2    ^    A sina^ 


*        sin  (a^— CT) 
und: 

q^  _    sina  r^sina 


=  -R- 


sin  a^  *  sin  a^        sin  {a^  —  a) 

Der  Punkt  (f,  ij,  f)  gehört  einer  Curve  F  an,  welche  der  Mittel- 
punkt der  Kugeliiäche  von  variabelem  Radius  (=  r'')  beschreibt.  Der 
Mittelpunkt  ($2*^2*^2)  ^^^  osculatorischen  Eugelfläche  einer  sphärischen 
BjTümmungslinie  liegt  auf  einer  Curve  /^.  Aus  den  Gleichungen  41) 
folgt,  dass  die  Curve  JT^  auf  der  Tangentenfläche  der  Curve  F  liegt. 
Fflr  die  Untersuchung  der  Enveloppe  einer  Kugelfläche  erscheint  die 
Beibehaltung  der  Curve  F^  wenig  geeignet,   die  Formeln   gewinnen   an 


1 


30  ALFRED  ENNEPER, 

Einfachheit,  wenn  die  geometrischen  Elemente  der  Curve  F  eingeführt 
werden.  Eine  ganz  ähnliche  Erscheinung  wiederholt  sich  in  XI  bei  einer 
anderen  Gattung  von  Flächen,  so  dass  es  geboten  erscheint;  die  geome- 
trischen Elemente  der  Curve  i^  im  Allgemeinen  nicht  in  die  vorkom- 
menden Formeln  einzufuhren.  Diese  Bemerkungen,  welche  auf  speciellen 
Fällen  beruhn,  sind  geeignet,  einige  in  den  allgemeinen  Untersuchungen 
von  XII  vorkommende  Anschauungen  zu  motiviren  und  die  Einfuhrung 
neuer  Quantitäten  an  Stelle  von  l^i  *?2  ^"^  ^2  ^  P"ori  zu  rechtfertigen. 


X. 

Flächen,  für  welche  beide  Systeme  von  Krümmungslinien 

sphärisch  sind. 

Die  Flächen,  für  welche  beide  Systeme  von  Krümmungslinien  sphä- 
risch sind,  lassen  sich  geometrisch  sehr  einfach  aus  den  Resultaten  von 
V  und  VI  herleiten,  mit  Hülfe  eines  Satzes,  dessen  Beweis  im  Folgenden 
gegeben  ist.  Transformirt  man  die  Flächen ,  für  welche  beide  Systeme 
von  Krümmungslinien  plan  sind,  oder  das  eine  System  plan  das  andere 
sphärisch  ist ,  durch  reciproke  Radii  vectores ,  so  erhält  man  im  Allge- 
meinen offenbar  Flächen ,  deren  Krümmungslinien  sämmtlich  sphärisch 
sind.  Dieser  Satz  lässt  sich  nun  umkehren,  woraus  eine  einfache  Her- 
leitung der  in  der  Ueberschrift  dieses  Abschnitts  genannten  Flächen  sich 
ergiebt.  Für  eine  Parallelfläche  bleiben  die  planen  Krümmungslinien 
plan ,  die  sphärischen  bleiben  sphärisch.  Man  kann  also  auch  die  zu 
Anfang  bemerkten  Flächen  als  Parallelflächen  solcher  ansehn,  für  welche  , 
durch  die  Transformation  durch  reciproke  Radii  vectores  wenigstens  ein 
System  von  Krümmungslinien  plan  wird.  Diese  Bemerkung,  welche  sich 
zuerst  bei  den  Hn.  Bonn  et  (Journal  de  l'j&cole  Polytechnique.  Trente- 
Cinquieme  Cahier,  p.  248)  und  Serret  (Journal  de  Mathömatiques. 
Ann^e  1853,  p.  161)  findet,  bildet  im  Folgenden  den  Gegenstand  einer 
genaueren  Untersuchung,  welche  bisher  zu  einer  vollständigen  Begründung 
des  Satzes  fehlte.      Die  Flächen    mit  nur  sphärischen  Krfimmungsliniea 


UNTERSUCHUNGEN  ÜBER  D.  FLÄCHEN  MIT  PLANEN  U.  SPHÄRISCHEN  ETC.  31 


zerfallen  in  zwei  Classen.  In  der  ersten  Classe  liegen  die  Mittelpunkte 
der  osculatorischen  Kugelflächen  jedes  Systems  in  je  einer  festen  Ebene, 
die  beiden  Ebenen,  welche  sich  so  ergeben,  sind  orthogonal  zu  einander. 
In  der  zweiten  Classe  liegen  die  Mittelpunkte  der  osculatorischen  Ku- 
gelflächen des  einen  Systems  auf  einer  Geraden,  während  für  das  andere 
System  die  Mittelpunkte  auf  einer  beliebigen  Curve  liegen.  Die  zweite 
Classe  gehört  unter  die  in  VI  betrachteten  Flächen,  ein  System  von 
Krümmungslinien  besteht  nämlich  aus  Kreisen. 

Für  den  Fall  nur  sphärischer  Krümmungslinien  finden  die  Glei- 
chungen 3)  und  4)  von  IX  gleichzeitig  statt.  Die  osculatorischen  Ku- 
gelflächen beider  Systeme  sind  in  folgenden  Gleichungen  enthalten: 

Durch  Elimination  von  «r,  y  und  z  zwischen  den  Gleichungen  3) 
und  4)   von  IX  folgt  : 

f*  —  ^2  =  (;^|— i^JcosaH-j^,  cosa  — 5^,  cosa^ 

f  *  —  f  2  =  {p^ — p^)cosC'-\-q^cosc' — q^cosc". 
Die  Summe  der  Quadrate  dieser  Gleichungen  giebt: 

wo  also  Ij,  ij*.  fc*,  p^  und   q^   nur    von   v,    |*,  ij*,  f*,  p^  und   q^  nur 
von  u  abhängen.     Die  Gleichung  4)  nach  t;  und  u  difierentiirt  giebt: 

5) 


dv  du        dv    du        dv    du         dv    du 


Aus  dieser  Gleichung  leitet  man  leicht  die  folgende  mit  Hülfe  suc- 
cessiver  Differentiationen  ab: 


6) 


dS]     dri\     ^ 
dv      dv      dv 

d'§\  d'fi;  rf»  g; 

dv*    dv*    dv* 

<iPi\  d^tj]  tP^\ 
rf«*    dv*    dv' 


dSl    dnl 
du 


du 


du 

d*i;  d*rii  d*:i 

du*    du*    du* 

d'ii  (Pnl  <^g; 

du'    du'    du* 


=  0. 


82 


ALFRED  ENNEPER, 


Man  kann  nach  5)  noch  analoge  Gleichungen  zur  Gleichung  6) 
aufstellen,  wenn  gleichzeitig  zwei  entsprechende  Coordinaten  z.  B.  t\  und 
il  respective  durch  p^  und  p^  ersetzt  werden.  Verschwindet  in  der 
Gleichung  6)  der  erste  Factor,  so  sind  bekanntlich  f^,  rj]  und  t\  durch 
eine  lineare  Relation  mit  constanten  Coefficienten  unter  einander  ver- 
bunden, d.  h.  der  Punkt  (J*,  ijj,  f  J)  liegt  in  einer  festen  Ebene.  Wird 
dieselbe  zur  Ebene  der  y  und  z  genommen,  so  ist  ^]  =  0.  Die  Glei«- 
chungen  4)  und  5)  nehmen  dann  folgende  einfachere  Formen  an: 


7) 


8) 


dv    du       dv    du        dv    du 


Es  soll  angenommen  werden,  das»  keine  der  Quantitäten  p^  oder 
p^  constant  ist.  Durch  Differentiationen  nach  v  erhält  man  weiter 
aus  8): 

dti\    <    dp\ 


=  0. 


9) 


dv      dv      dv 

rfr*    dv^    dv^ 

AI  d%  (Pp\ 
dv^    dv^    dv^ 


Sind  Ä,  B,  C  und  C^  Constanten,  so  giebt  die  vorstehende  Gleichung 


Die  Constanten  B  und  C  können  nicht  gleichzeitig  verschwinden, 
weil  sonst  p^  constant  wäre,  was  gegen  die  Voraussetzung  ist.  Ist  in 
9)  -4  =  0,  so  liegt  der  Punkt  (|*  ijp  £*)  auf  einer  festen  Geraden, 
nimmt  man  neben  f  *  ==  0  noch  jj*  =  o ,  so  wird  die  Gleichung  9)  für 
il  =  0,  C  =  0  und  C^  =  0  identisch.  Dieser  Fall ,  soll ,  als  der  we- 
niger allgemeine,    nachher  behandelt  werden. 

In  der  Gleichung  9)  seien  die  Factoren  Ä  und  C  von  Null  ver- 
schieden. 


TJNTEBSÜCHÜN6EN  ÜBER  D.FLÄCHEN  MIT  PLANEN  ü.  SPHÄRISCHEN  ETC.  33 
Darch  Elimination  von  Pi  zwischen  den  Gleichungen  8)  und  9)  folgt: 

Die^  Gleichung  10)  giebt  zu  folgenden  Annahmen  Veranlassung. 
Es  seien  i^i  und  t[  constant,  da  nun  S\  =  0»  so  ist  dieser  Fall  in  IK 
schon  behandelt  und  nicht  weiter  in  Betracht  zu  ziehn.  Zwischen  fj\  und 
t\  besteht  eine  lineare  Relation  mit  constanten  Coefficienten,  der  Funkt 
(f*,  fi\,  t*)  liegt  auf  einer  festen  Geraden.  Wird  dieselbe  zur  Axe  der 
z  genommen,  so  ist  f^  ==  0,  i;^  =  0,  die  Gleichung  10)  reducirt  sich 
dann  auf: 

£ndlich  wird  die  Gleichung  10)  identisch  ffir: 

Es  mögen  zuerst  die  Gleichungen  12)  discutirt  werden.  Sind  B^ 
und  (f^  Constanten,  so  geben  die  Gleichungen  12)  integrirt: 

13)  Änl+Bp,  =  B,.    Ati^cp^  =  er,. 

Wird  p^  zwischen  diesen  Gleichungen  eliminirt,  so  besteht  zwischen 
ij*  und  t*  die  Gleichung: 

ACn\-ABt\  =  B^C-BC,. 

Der  Funkt  (f^,  ij*,  fj)  liegt  in  einer  festen  Ebene,  welche  zur 
Ebene  der  y  und  z  senkrecht  ist«  Nimmt  man  diese  Ebene  zur  Coordi- 
natenebene  der  o?  und  z^  so  ist  rj^  =  0.  Da  p^  nicht  constant  ist,  so 
muss  die  linke  Seite  der  ersten  Gleichung  13)  identisch  verschwinden, 
es  ist  dann  B  =  0  und  B^  =  0.  Die  Gleichungen  9)  und  13)  wer- 
den nun: 

oder: 
Maihem.  Glosse.  XXVI.  2.  ^ 


34.  ALFRED  ENNEPEB, 

gesetzt : 

14)  *Pi=fI— fo'     ^^l=Pt—Po' 

Wird  der  Anfangspunkt  der  Coordinaten  in  der  Richtung  der  z-Axe 
Terschoben,  so  kann  man  f ^  =  0  nehmen.  Setzt  man  in  den  Glei- 
chungen 3)  von  IX  aus  14)  p^  =  Jt?o+*^2  ®^^ »  ^^  ^"^'S'  unmittelbar, 
dass  die  Fläche ,  welche  diesen  Gleichungen  genügt ,  eine  Parallelfläche 
zu  derjenigen  ist,  welche  p^  =  0  entspricht.  Man  setze  also  einfacher  in 
den  Gleichungen  14)  f ^  =  0  und  p^  =  0,  wodurch  dieselben  in: 

15)  kp^  =t[,    *:;  =/>,. 

flbergehn.     In  der  Gleichung  4)  nehme  man  f*  =  0,  q*  =  0  und  nach 
Gleichung  15)  f*t*  =  p^p^,^  es  ist  dann: 

Diese  Gleichung  zerfällt  nothwendig  in  die  beiden  folgenden,  in 
denen  h  eine  Constante  bedeutet: 

Mit  Hülfe  der  Gleichungen  16)  und  f*  =  0,  ij*  =  0  geben  die 
Gleichungen  1)  und  2)  entwickelt: 

17)  ^+/  +  5?'— 2^1?;— 2<  =  ±h\ 

18)  47*+/+«*— 2^^;— 2«:;  =  +ä*. 

Die  Gleichungen  17)  und  18)  sind  nur  unwesentlich  von  einander 
verschieden ,  sie  geben  zu  analogen  Transformationen  durch  reciproke 
Radii  vectores  Veranlassung.  Findet  das  obere  Zeichen  statt,  so  setze 
man  in  17)  j?  =  a?  —  «2?^  +  «2?o»  wo  a?J  =  ä*.  Die  Gleichung  17)  lässt 
sich  dann  schreiben: 

19)  (0?— a?J*+y*+z*+2(^— a?o)a?,-^j^;— 2<  =0. 

Diese  Gleichung  einer  Kugelfläche  geht  durch  Transformation  durch 


UNTEßSUCHüNGENÜBERD.FLÄCHENMITPLANENU.SPHÄRISCHENETC.  S5 

reciproke  Radii  vectores,  in  Beziehung  auf  das  Centrum  {x^,  0,  0)  der 
Transformation  in  eine  Ebene  fiber,  das  System  der  Krümmungslinien 
(tf)  wird  dann  plan.  Findet  in  den  Gleichungen  1 7)  und  1 8)  das  untere 
Zeichen  statt,  so  setze  man  in  der  Gleichung  18)  y  =y-f-y^ — y^,  wo 
yj  =  Ä*.     Durch  Entwickelung  folgt  dann: 

20)  a;*+(y-i;o)'+^'  — 2<  +  2(y— yo)yo— 2<  =  0. 

Wendet  man  auf  20)  die  Transformation  durch  reciproke  Badii 
vectores,  in  Beziehung  auf  das  Centrum  (0,  y^,  0),  an,  so  ergiebt  sich 
wieder  die  Gleichung  einer  Ebene.  Da  die  Gleichungen  19)  und  20)  zu 
demselben  Resultate  führen  ,  so  genfigt  es,  eine  dieser  Gleichungen  zu 
transformiren.     Mittelst  der  Substitution: 

21)  ^         y-yp  __  ^    _  2Ä* 


folgt: 

f^^-^J\My,~y^)yp—zXt  = ». 

oder  da  yl  =  A* : 

22)  ^t^;— y|yo+^|f2  =  0• 

Das  System  der  sphärischen  Krämmungslinien  [v)  wird  durch  die 
Transformation  plan ,  die  Ebenen  des  planen  Systems  gehn  alle  durch 
einen  festen  Punkt.  Da  y\  =  ä',  also  y©  =  it*»  ^^  existiren  zwei 
Centra  der  Transformation  durch  reciproke  Radii  vectores.  Nimmt  man 
in  der  Gleichung  17)  das  untere  Zeichen  und  wendet  die,  durch  21)  be- 
stimmte, Transformation  an,  so  folgt,  wegen  A*  =  y J : 

(i  -f^[x\+[y-y,?+z\]-H2,-y,){n^^^  =  o, 


oder: 


23) 


f:  \'     n?+iV-yl 


E2 


36  ALFRED  ENNEPER, 

Nimmt  man  in  der  ersten  Gleichung  16)  das  untere  2ieichen,  setzt 

*^  =^0»  ^^  ^®^  ^I*+^I* — yo=jPj+??-  I^i®  Gleichungen  2)  von 
IX  geben  i>^  +  9l  =  -^i «  hierdurch  lässt  sich  die  Gleichung  23)  auch 
auf  folgende  Art  darstellen : 

^?+y?  +  /^ ^\   =7 TiTvl- 


Das    sphärische  System    bleibt    also  nach  der  Transformation  sphft- 
risch.     Für  A  =  0  geben  die  Gleichungen   17)  und  18): 

^+/+^— 2^^;  — 2<  =  0. 

Für: 

X        y         z  2 


^1        Vx        «1        ^?+»?+«J 
werden  die  Gleichungen  24): 

was  die  Gleichungen  zweier  Ebenen  sind 

Ist  von  den  beiden  Quantitäten  f^  und  ^^2  eine  constant,  so  sei 
dieses  mit  p^  der  Fall.  Wäre  nämlich  p^  constant,  so  gäbe  die  Glei- 
chung 9)  zwischen  ijj  und  f^  eine  lineare  Relation,  welche  sich  auf 
ij*  =  0  reduciren  lässt.  welcher  Fall,  wie  sich  nachher  ergiebt,  Kreisen 
als  KrOmmungslinien  entspricht.  Ist  p,  constant,  so  ist  dieses  nach  12} 
auch  mit  q^  und  f*  der  Fall.  Man  kann  einfach  jj*  =  0,  f*  =  0  setzen 
und  die  gesuchte  Fläche  als  Parallelfläche  derjenigen  ansehn,  far  welche 
^j  =  0  ist.     Für  f •  =  0  reducirt  sich  die  Gleichung  22)  auf: 

^x^\—yxy^  =  <>• 

Die  Ebenen  der  transformirten  Krümmuugslinien  gehn  sämmtlich 
durch  eine  feste  Grerade. 

Die  Gleichung  10)  lässt  noch  die  Annahme  f*  =  0,  ij*  =  0  zu, 
zu  welchen  Relationen   dann    die  Gleichung  11)  tritt.     Die  Gleichungen 


UNTERSUCHUNGEN  ÜBER  D.  FLÄCHEN  MIT  PLANEN  U.SPHÄRISCHEN  ETC.  87 

1 4)  bleiben  ungeändert,  die  gesuchte  Fläche  ist  wieder  eine  Parallelfläche 
zu  derjenigen,  für  welche  die  Oleichungen  15)  bestehn. 

Die  Gleichungen  7]  von  IX  multiplicire  man  respective  mit  cosa, 
cos 6  und  cosc,  die  Summe  der  Producte  giebt  dann: 

Auf  analoge  Weise  folgt: 

27)  -j-^cos a  +  -P-  cos  6  +  -H-  cos  c  =  ^  -^ — . 

'  dv  *    dv  *  dv  \pE   du 

Die  Gleichung  27)  lässt  sich  auch  direct  aus  der  Gleichung  26) 
durch  Differentiation  nach  u  herleiten.  Fflr  |*  =  0,  jj*  ==  0  und  f*  =Äpj 
redudren  sich  die  Gleichungen  26)  und  27)  auf: 

dv  at>       *'   r  dv  \/k   du 


28) 


dp 
Die  Elimination  von  4-^  zwischen  diesen  Gleichungen  giebt: 

J_  dsJO 
Ar  cos  c'  S/E    du  r"     d\fG 

1  — Arcosc  \Jo  sIEG^u'' 


r" 


Nun  ist  nach  II: 


c^cosc 1    dsjG        „       dcosc ^G 


ff 


dv  YE    »^  »^ 


cos  c  ,      — T —  =  —  -^  cos  c  . 


r 


Wird  die  Gleichung  28)  rechts  mit  Ar  cos  c"  multiplicirt  und  dividirt, 
80  lässt  sich  dieselbe  schreiben: 

dk  cos  c 
k cos  c  dv 


1 — Arcosc  1  —  A:cosc 

dv 


88  ALFRED  ENNEPER, 

oder: 

k  cos  c 

_1 — Ar  cos  c 

d ^ =  0. 

dv 

Die  linke  Seite  der  Gleichung  28)  ist  also  von  i;  unabhängig,  kann 
also  nur  Function  von  u  allein  sein,  folglich  ist  auch: 

r      d\JG 
sJEG    du 

nur  von  u  abhängig,  zu  Folge  der  Gleichung  5)  von  IX  ist  dann  r" 
ebenfalls  Function  von  u  allein,  das  System  der  Krfimmungslinien  [v\ 
besteht  aus  Kreisen,  das  betreffende  System  ist  also  plan.  Die  hierhin 
gehörigen  Flächen  sind  in  einer  Anmerkung  zu  diesem  Abschnitt  analy* 
tisch  definirt.  Sieht  man  von  diesen  Flächen  ab,  so  ergeben  sich  aus 
dem  Vorstehenden  die  folgenden  Besultate.  Die  Gleichung  20)  wird 
identisch  fttr  d?  =  0,  y  =  y^  und  z  =  0.  Mit  Rücksicht  auf  die  Glei- 
chungen I*  =  0  und  I]*  =  0,  folgt,  dass  die  Mittelpunkte  der  Kugel- 
flächen zweier  Systeme  sphärischer  Krümmungslinien  in  zwei  Ebenen 
liegen»  die  zu  einander  normal  sind.  Die  Flächen,  welche  beide  Sy- 
steme von  Krümmungslinien  sphärisch  haben,  sind  Parallelflächen  zu 
anderen  Flächen,  welche  dieselbe  Eigenschaft  besitzen  und  für  welche 
die  Kugelflächen  des  einen  Systems  durch  einen  festen  Punkt  gehn. 
Wird  dieser  feste  Punkt  zum  Centrum  der  Transformation  durch  reci- 
proke  Radii  vectores  genommen,  so  gehn  die  Kugelfläcben  in  Ebenen 
über,  welche  durch  einen  zweiten  festen  Punkt  gehn,  der  im  Allgemeinen 
nicht  mit  dem  gemeinsamen  Schnittpunkt  der  Kugelflächen  coincidirt. 
Das  zweite  System  von  Krümmungslinien  bleibt  sphärisch.  Es  kann  bei  den 
bemerkten  Parallelflächen  auch  der  Fall  eintreten,  dass  die  Kugelflächen 
der  beiden  sphärischen  Systeme  durch  denselben  Punkt  gehn.  In  Be- 
ziehung auf  diesen  Punkt  lassen  sich  die  Kugelflächen  durch  reciproke 
Badii  vectores  in  zwei  Systeme  von  Ebenen  transformiren ,  jedes  der 
beiden    Systeme   ist   einer  festen   Richtung  parallel.      Die    beiden  festen 


UNTERSUCHUNGEN  ÜBER  D.  FLACHEN  BOT  PLANEN  Ü.SPHÄRISCHEN  ETC.  39 

Richtungen  sind  senkrecht  zu  einander.  Dieses  Resultat  entspricht  den 
Gleichungen  25}  von  V,  so  wie  das  allgemeinere  Resultat  den  Gleichungen 
45)  von  VI  entspricht.  Man  gelangt  wieder  zu  dem  Satze»  welcher  z\k 
Anfang  dieses  Abschnitts  angeführt  ist.  Die  Flächen,  ffir  welche  beide 
Systeme  von  Krümmungslinien  sphärisch  sind,  bilden  Farallelflächen  v\ 
denjenigen,  welche  mit  Hülfe  der  Transformation  durch  reciproke  Radii 
vectores  aus  den  Flächen  folgen,  die  ein  System  planer  und  ein  System 
sphärischer  Krümmungslinien  haben,  oder,  für  welche  alle  Krümmungs- 
linien plan  sind. 

Anmerkung  zu  X. 

Ueber  einige  Flächen,    für  welche   ein  System  von  Erümmungs- 

linien  aus  Kreisen  besteht 

Die  zweite  Classe  der  in  X  betrachteten  Flächen  ,  deren  geome- 
trische Definition,  als  Parallelflächen  der  Enveloppen  einer  Kugelfiäche» 
sehr  einfach  ist,  bieten  ein  besonderes  Interesse  dar,  als  auch  die  Aus- 
führungen der  analytischen  Rechnungen  mit  Hülfe  der  oben  gefundenen 
Resultate  sich  ohne  grosse  Weitläufigkeiten  bewerkstelligen  lassen.  Man 
kann  hierbei  einen  doppelten  Weg  einschlagen,  indem  man  sich  erstens 
das  Problem  stellt,  die  Enveloppen  einer  Kugelfläche  von  variabelem 
Radius  zu  finden,  welche  ausser  den  Kreisen  noch  ein  System  sphäri- 
scher Krümmungslinien  besitzen.  Zweitens  lassen  sich  die  in  VI  auf- 
gestellten Resultate  für  Flächen  mit  einem  System  planer  und  einem 
System  sphärischer  Krümmungslinien  benutzen,  indem  man  das  plane 
System  der  Bedingung  unterwirft,  aus  Kreisen  zu  bestehn.  Da  der  erste 
der  angedeuteten  Wege  eine  Wiederholung  schon  in  VI  ausgeführter 
Rechnungen  erfordert,  so  scheint  es  von  selbst  geboten,  die  in  VI  gege- 
benen Gleichungen  zu  Grunde  zu  legen.  Das  Problem  reducirt  sich 
dann  einfach  auf  Herstellung  der  Bedingungen,  dass  in  den  Gleichungen 
von  VI  r"  von  t;  unabhängig  ist 

Mit  Rücksicht  auf  die  gewählten  Bezeichnungen  gilt  die  Gleichung 
6)  von  IV,  nämlich: 


40  ALFRED  ENNEPEB, 

fOr  alle  Flächen  mit  einem  System  planer  Krümmungslinien.  Sind  die 
Ebenen  der  planen  Krflmmungslinien  den  Normalebenen  einer  planen 
Curve  parallel,  so  geben  die  Gleichungen  57)  und  58)  von  IV: 

'1  —  sm  6  dV 

Es  ist  V  eine  beliebige  Function    von  t;.     In  Folge  der  Qleichung 
53)  von  IV  ist  cosc"  =  sind,  folglich: 

Durch  Elimination  von  ^O    zwischen    dieser    Oleichung    und    der 
Gleichung  1)  folgt: 

dz     „ .     .  .m 

j-  =  r  smasinö^-' 
dv  dv 

Wird  V  als  unabhängige  Variabele  genommen,  so  folgt  mit  Rück- 
sicht auf  die  Gleichung  3) : 

^)  dz  „  .        .   ^       . 

-prz^z^r  8inasm9cos0. 
aV 

Zu  den  vorstehenden  Gleichungen  nehme  man  die  Gleichungen  51) 
von  IV«  d.  i.  die  folgenden: 

cos  a  =       sin  €  cos  a  —  cos  b  sin  a  sin  d, 
5)  \  cos6  ==— cos^cosa — sin ^ sin a sin 0, 

cosc  =  sin  a  cos  ^. 

Für  den  ersten  Fall  der  in  VI  behandelten  Flächen  finden  die  dort 
gegebenen  Gleichungen  27)  statt.     Man  setze  in  denselben: 

dW 


*)  Hierbei  ist   auf  pag.  66  ein  Druckfehler  zu  verbessern.    In  Gleichung  28) 
und  der  vorhergehenden  moss  {^  statt  $*  stehn. 


ÜNTERSUCHÜNGENÜBERD.FLÄCHENMITPLANENÜ.SPHÄRISCHENETC.  41 

wodurch  sich  folgende  Gleichungen  ergeben: 

.rsin« — ycoB€  =       — Arcosa, 

,  iTCOSfi-f-y Sin«  =  Arsmasinfl  —  J^^^^ö« 

z=  W  —  Arsmacosd — ^rFS^^fl* 
«  rfF 

Es  ist  W  eine  beliebige  Function  von  F.  Die  letzte  der  vorste- 
henden Gleichungen  differentiire  man  nach  F,  mit  Rücksicht  auf  die 
Gleichungen  3)  und  4)  folgt, : 

dW  (PW 

r^sinacosö  =  ksinocosQ-^  jyr8\nQ — ^JttT' 

oder: 

7)  (r-*)siDa  =  ^tangd-^|^^:^ 

Diese  Gleichung  nach  V  differentiirt  giebt,  wegen  3), : 

dr 


''  .     _  idw   d^w\   1 


dV 

Soll    nun    r"  von   v,    also  auch  von  F  unabhängig  sein,    so  ver 
schwindet  die  linke  Seite  der  vorstehenden  Gleichung,  es  ist  dann  also: 

dV       dV^  ~  ^' 
oder : 

8)  •  W  =  C—Ae^—  Be-^. 

wo  C,  A  und  B  Constanten  sind.     Setzt  man  aus  2): 

F+/cot«r& —  V—/eotodt 

tang  d  = , 

'  ^        .  V+/coiadt  _,      —V—/eot<rd* 


\  cos  $ 


so  ist  nach  7),  8)  und  9)  r"  durch  folgende  Gleichung  bestimmt: 
3Icahm.  Glosse.    XXVI.  2.  F 


42  ALFRED  ENNEPER, 

1 0)  (r"-  k)  sin  o  =  ^^-M^^  +  £^M^^*. 

Setzt  man : 

11)  X  =  Äf+r^cosa,       F  =r  y-|-r"co86,       Z  =  z  +  ^'cosc, 

80  ist  (X,  y,  -Z^  der  Mittelpunkt  der  Kugelfläche  vom  Radius  r",  deren 
Enveloppe  durch  die  Gleichungen  6),  8)  und  9)  bestimmt  ist.  Fügt  man 
zu  den  bemerkten  Gleichungen  noch  die  Gleichung  10)  hinzu,  so  sind 
die  Coordinaten  X,  Y  und  Z  aus  1 1)  durch  folgende  Gleichungen 
bestimmt : 

Xsin^-  Fcos^  =  cotaU^-A"*'*  +  £/^"*^^], 

12)  J  X  cos  €  +  Fsin  B  =  ^^-/cotcrc^_  ^/cot.rf.^ 

Z  =  C. 

Es  gehört  der  Punkt  (X,  F  Z)  einer  beliebigen  planen  Curve  an. 

Die  erste  Annahme  des  zweiten  Falls  der  in  VI  betrachteten  Flä- 
chen ist  dort  in  den  Gleichungen  32)  und  33)  enthalten.  Diese  Glei- 
chungen sind  folgende: 

4?  sin« — ycos€  =  0, 
.g.  I  iTCOs^+ysin«  =        — cosfl-rp:, 

z  =  W—8mg-j=, 

wo: 

14)  cosa  =•  Arcos«. 

Es  gelten  für  den  Winkel  Q  wieder  die  Gleichungen  9).  Für  die 
in  Rede  stehenden  Flächen  ist  auch  das  System  (ti)  aus  Kreisen  gebildet. 

Für  die  zu  bestimmenden  Flächen  sind  also  beide  Systeme  von 
Krümmungslinien  Kreise.  Hält  man  die  Gleichungen  13)  mit  den  Glei- 
chungen 6)  zusammen,  so  ist  ohne  weitere  Rechnung  ersichtlich,  dass 
W  wieder  durch  die  Gleichung  8)  bestimmt  ist.  wenn  r"  nur  von  u  ab- 
hängt. Für  X,  F  und  Z  gelten  wieder  die  Gleichungen  12),  an  Stelle 
der  Gleichung  1  0)  tritt  die  folgende : 


UNTERSUCHUNGEN  ÜBER  D.  FLÄCHEN  MIT  PLANEN  U.SPHÄRISCHENETC.  43 

1 5)  r"  sin  a  =  Afl"^^'^  +  5/<^^*^^. 

Zwischen  den  Winkeln  a  und  «  besteht  die  Gleichung  1 4).    Setzt  man: 


sin<y  =  ^1  —  Ä:*cos*€, 
also: 


f  cot  ad€  =:  log[\/l  —  A:*co8*«  +  Arsin«], 
so  geben  die  Gleichungen   1 2),   1 4)  und  1 5) : 

A-B{\-k') 

X  =  —-=====^  cos  e , 

VI— A:*cos*€ 

V 1 — "  C08*  e 
Z=C. 

r"(t_Ar*)-^-5(t-A:»)  =  -  ^  ^  ^J^^ff  sin  .. 

Vi — Ar  cos'« 

Die  beiden  Gleichungen  für   Y  und  r"  geben : 
17)  r^-i-kY  =  ^  +  £(1  —k% 

Durch  Elimination   von  €   zwischen  den  Gleichungen  ffir  X  und   Y 
erhält  man: 


18) 


x.+(,-*.,[r+*±t|llp^]'=  Mzili?^', 


welche  Gleichung  eine  Curve  zweiten  Grades,  die  einen  Mittelpunkt  hat, 
repräsentirt.  Wenn  k  =  i,  so  hat  man  nach  14)  o  =  «.  An  Stelle  der 
Gleichungen  16),  17)  und   18)  treten  die  folgenden: 

X=  2^  cot«,        F-H5  =  ^(1  — cot*«),       Z=  C. 

r"+Y  =  2A 
4^(F+5— ^)+X*  =  0. 

Die  Curve,    welche  der  Mittelpunkt  der  Kugelfiäche  beschreibt,  ist 
eine  Parabel.      Die  verschiedenen  Flächen,    welche   der  Bedingung  14) 

F2 


44  ALFRED  ENNEPER, 

genügen,  sind  bekanntlich  in  den  Enveloppen  einer  Kugelfiäche  ent- 
halten, die  drei  gegebene  Kugelflächen  berührt,  welche  Enveloppen  von 
Dupin  mit  dem  Namen  „Cycliden**  belegt  worden  sind*). 

Zu  allgemeineren  Resultaten  geben  die  Flächen  von  VI  Veranlassung, 
ffir  welche  die  dort  bemerkte  Gleichung  44),  nämlich: 

19)  cosa  =  Ar  cos/ 

gilt.  Der  besseren  Uebersicht  halber  sollen  die  Gleichungen  45),  62), 
67)  und  69)  von  VI  in  folgenden  Formen  reproducirt  werden: 

a?cosa+ycos/?  +  zcosy  =  0, 

20)  ^.rcosA+ycos/t+zcosa' =  (ä:  cos  1^  + sind  sin  a)jKjCosr+cosdjBjSinT, 
xco8l-\'ycosm-\-zcosn  =  (Arcosn — cosdsina)i2^cosT-|-sindl2^sinT, 

Bedeutet  %p  eine  Function  von  t;,  so  ist: 

dR.  cosi 


21)  Bi8inT=  ^1  — Ar* — ^ 

Fflr  den  Winkel  0  bestehn  die  Gleichungen: 


22) 


.    ^  .  — Arsmy+sinasinfv/  —  t) 

SmdCOSa' COS^COSn  =  SmV— : j—. ; — ; ;t^, 

'   sina  —  A:8m/sin(^  —  t) 

.    .  ,         .  cos{%f;  —  t).)J\—k* 

smflcosn+cosflcosa' .=  siny—  ^ 


sina  —  Ar  sin  }^  sin  (^  —  t) 
Es  hängt  der  Winkel  t  nur  von  s  mittelst  der  Gleichung: 

dl         cos/ cos  n 


23)  ;^=      •        '   z    \J\  —  1^. 


*)  Diese  Benennnug  findet  sich  in  Dnpin:  »Applications  de  G^m^trie  et  de 
Mechaniquet.  Paris  1822,  p.  200,  in  dem  Abschnittt  Proprietä  dessnr&ces  cyclides 
ainsi  des  courbes  et  des  snrfaces  du  sccond  degrS.  Die  Bestimmung  der  Erümmungs- 
linien  der  Cyclide,  welche  von  Dnpin  herrührt,  hat  zuerst  Hachette  in  der 
»Correspondance  snr  T^ole  Polytechnique  (t.  I  pag.  22 — 25,  Paris  1808)  mitgetheilt. 
Eine  eigene  Notiz  von  Dupin  findet  sich  in  der  bemerkten  Correspondance,  t.  11 
p.  420 — 425  (Paris  1813)  u.  d.  T.  »Memoire  sur  la  Sphäre  tangente  ä  trois  ou  quatre 
autresc. 


UNTERSUCHUNGEN  ÜBER  D.FLÄCHENMITPLANENü.SPHÄRISCHENETC.  45 

ab.     Durch  Differentiation    einer  der  Gleichungen  22)  nach  tp  folgt,    da 
nach  19)  sin'a — Ar^sinV  =  1  — Ar*: 

24)  —  ^ 


dip       sina —  ksinysm(ip  —  t) 

Aus  den    in  IV  aufgestellten  Gleichungen   10)  und  12)    findet  man 
leicht : 

cosacoscr-j- cosfecos/f-f-cosccosy  =       cosa, 
25)  {  cosacosA  +  cosfecos^-j-cosccosi'  =  — sina  sin  ^, 

cosacos/-j-co86cosm+cosccosw  :=       sinacosd. 

(  cosa"co8A-|-cosfe"cos/t-|-<^08c''cosi'  =  cosö, 
(  cos  a"  cos  /  +  cos  b"  cos  »t+  cos  c"  cos  n  =  sin  fl. 

Die  zweite  und  dritte  Gleichung  20)  differentiire  man  nach  v.     Mit 
Rücksicht  auf  die  beiden  Gleichungen  26)  folgt: 

FT^  ^  ,  /l     .  Tl  •      ÜTi       •        N^ö    ,     ,,  X       '      A    '      \dR.cosT 

y  6r  cos  d  =  (cos  fl  sm  ajR  j  cos  r — sinffic^smr)-! — [-(Arcosiz  +  sinösma) — ^ 

^dR,  sinT 

j.  d6  dR^cosT 

^GsinO  =  (sindsinaJK^cosT+cosöJRiSinr)^ — |-(Arcosn — cosdsina) — ^ 

.    ^dR.  sint 

Die  erste  der  vorstehenden  Gleichungen  werde  mit  cosd,  die  zweite 
mit  sind  multiplicirt ,  die  Summe  der  so  erhaltenen  Produkte  führt  auf: 

.—               ^           dQ      , ,              ^  .             .    ^.dR.cost  .  dR.sim 
^G=  8inajB^cosTj;  +  Ar(cosj/cosö  +  co8nsmö) — ^ 1 ^ — . 

Setzt  man  hierin  nach  1): 

>JG  =  r  sino^^, 

führt  darauf  ip  statt  v   als  unabhängige  Variabele  ein,    so  besteht  für  /* 
die  Gleichung: 

dd                           dS                      ^               .    ^dR.  cost  ,  dR.BiuT 
r'' sina -T-  =  sina  R^costj—^  k[cospcosQ+cosn  sin  S) — ^- 1 ^ — 


46  ALFRED  ENNEPER, 

Mit  Hülfe  der  Gleichungen  21).  22)  und  24)   lässt  sich  die  vorste- 
hende  Gleichung  auf  folgende  Form  bringen: 

.       _  _    .  .  ,  dR .  cos  r 

27)  r  sina  =  siuaR^ cos r+  Arsm ycos (tp  —  t)  — ^ 

+  [sm  (T  ~  Ä  sm  y  sin  (v/  — 1)\  — ^ 

Soll  r"  unabhängig  von  v,  also  auch  von  y  sein,  so  erhält  man  durch 
Differentiation  nach  tp: 

r  .  ,    .        .    ,  iF^-Ri  cosr  ,  €pR.  cosT"! 

0  =  [8ina-Ä8iny8m(v»-<)][— L-_4—^,— J. 

d.  i. 

rfjR,  cosr      (?i2,cosT 
dtp        "^       d^^ 

Sind  A^  B  und   C  Constanten»  so  folgt: 

28)  ^i  cosr  =  -44-J5cosy/+  Csin^, 
also  nach  27):      * 

„         .    ,    —  ^sJn^+Ccosf ,   . 

29\  r   =^  AA : Arsinv. 

f  *  sma  ^ 

Haben  X,   Fund  Z   wieder    dieselben  Bedeutungen,    wie    in    den 
Gleichungen   11),  so  findet  man  aus  den  Gleichungen  20)  —  29): 

30) 

^,      ^       ^                       r.       —  5sinfH-Ccos^,   .      "1 
Xco8a+  Fcos^  +  Zcosy  =  cos  oyA^ -. Arsin  y\  » 

„              ^,              ^co8weo8*\/l  —  k^  —  cosj/sinfsina 
Xcos>l4-  Fcos/t-j-^cos«'  .=  AkQO^v-\'B -. 

cos«  sin  f  ^  1  —  Jc^ -j- cos i' cos  t sin  a 

sm  y 


^                 ._               _  —  cosnsin^sina — cosa'co8f\/l — Ar* 
Xco8Z+  Fcosm+Zcosn  =  AJccosn-^-B 


smy 


cos  n  cos  f  sin  o  —  cos  y  sin  f  v/l — k^ 

+  C . ^- 

'  smy 


UNTERSUCHUNGENÜBERD.  FLÄCHEN  MIT  PLANEN  Ü.SPHÄRISCHENETC.  47 

Bei  der  Herstellung  dieser  Gleichungen  ist  die  Relation  coso  =  kcosy 
in  Betracht  zu  ziehn,  diese  Gleichung  giebt  nach  s  differentiirt  : 

da       kcosp 

31)  — sinaj-= . 

'  ds  Q 

Es  ist  ferner: 

dsiny  cosy  dcosy  cos  y  cos  j/ 


32) 


ds  siny     ds  Qsiny 

Mit  Rücksicht  auf  cosa  =  kcosy  erhält  man  aus  31]  und  32): 


sina   *  1 


sin y (1  —  k  ) cos«' cos y  sin y       cos ycos y 

33)  U  — j —  ^=  :  :     «  ,         U  — i —    =^ : — 9 • 

'  ds  Qsinasin  y  ds  Qsm  y 

Wird  die  Gleichung  29)  nach  s  differentiirt,  und  dann  durch  coso  =  Arcosy 
dividirt,  so  folgt,  unter  Zuziehung  der  Gleichungen  31)  und  32): 


1     dr"       (^  sin  ^—  Ccos  t)  cos  y .  ( 1  —  Ar*)      (ßcos  f+Csin^)  cos  n^T—F 
cosa  ds  psinysiü^a  (^sin/sin'a 

Die  Gleichungen  30)   difFerentiire   man    nach    s,   wobei    der  Werth 

dt 
von  -r  durch  23)  bestimmt   ist.      Wegen   der  Gleichungen  31) — 34)  er- 
hält man  das  folgende,  sehr  einfache,  System : 

dX  dY       ^      dZ  1     dr" 

--7-coscr-f--7-cos0+-^co8y  =  -j-, 

ds  ds  ds       '         coso  ds 

dX        ,   ,  dY  dZ 

-T-  COS  Ä  H — 7-cos  u  +  -j-  cos  1/  =  0  , 

ds  ^    ds       ^  ^    ds 

dX        ,   .   dF  .  dZ 

-j-coslA — r-cos»i+-5-cosn  =  0. 
ds  '    ds  ^    ds 

Diese  Gleichungen  geben : 

dX         dY         dZ  dr'' 


35) 

und  hieraus : 


ds  ds  ds  ds 


coba       cos/?        cosy        cosa 


48  ALFRED  ENNEPER, 

Q'=pV(f)V(f)]oo.... 

Zwischen  X,  F,  Z  und  r  leitet  man  aus  29)  und  30)  folgende 
Gleichung  ab: 

36)  3?+r*H--^  =  r''*+(l— Ar*)(B»+C*— ^*). 

Die  vorhergehenden  Resultate  erfordern  eine  Modification  für  den 
Fall  A:  =  1  ,  oder  a  =  y.  Es  sind  dann  die  Gleichungen  76),  77)  und 
79)  von  VI  zu  nehmen,  welche  Gleichungen  sich  auf  folgende  Weise 
darstellen  lassen: 

a?cosa4-yco8/?  +  zcosy  =  0, 

.  l^fcosA+ycos^  +  ^cosy  =^  (co8i'4-sintfsiny)jKjCOST  — costf — -^=: — , 

4?cos  Z+y^osw+^cosn  =  (cosn — cos0sin/)/CjCOST — smtf — -^ — . 
Es  ist  der  Winkel  0  durch  die  folgenden  Gleichungen  bestimmt: 


38) 


-[(F4-3f)*8inV-l]^H-2(F4-JM)cosn 
^^^  =  (F+M)*sinV+I 

•       [(F+Jlf)*sinV-l]^  +  2(^+JM-)co8,/ 
'^^  ^  (FH-M)»8inV+l  * 


Es  bedeutet  F  eine  beliebige  Function  von  u,  M  ist  nur  von  s  ab- 
hängig mittelst  der  Gleichung: 

dM.       cos«  cos  y 
'  ds  (»sin'y 

Für  die  Gleichungen  37)  gelten  wieder  die  Gleichungen  25)  und 
26).  Wird  die  zweite  und  dritte  Gleichung  von  37)  nach  v  differentiirc« 
so  folgt,    mit  Rücksicht  auf  die  Gleichungen  26),: 


UNTERSUCHUNGEN  ÜBER  D.FLÄCHEN  MIT  PLANEN  U.  SPHÄRISCH  EN  ETC.  49 

/T7       ü       I      A  '      T.  .     .    ^dR.cost\dQ 

yöcosö  =  jcosflsmyit^cosT+sii^ö — 4x7- — l'T 

,    _  .     .    /^  .      . dB. cos r  dV  ^cPR.cosrdV 

+  {cos,.  +  8inÖ8my)-^  ^-cosö-^— ^, 

yösinfl  =  isin  08in/l(^co8r--co8d — ~ — |  ^ 

+  (co8«-cosd8.ny)— ^^-  — -«nfl— ^--^. 

Die  beiden  yor8tehenden  Gleichungen  respective  mit  C08d  und  8ind 
multiplicirt  und  addirt  geben: 

/-77         .       w>  dQ  ^   ,  .  .    ^dR.costdV 

40)  y  Cr  =  8inynjC08r-i-+(c08i'C08ö+c08nsin9} — ^tt^ ^ 

rf*jK^  cos  rrfF 
Für  a  =  y  giebt  die  Gleichung  1 ) : 

/TT  ff    -        ^^ 

S/G  =  r  smy^. 

Dieser  Werth  von  ^G  werde  in  die  Gleichung  40)  substituirt  und 
V  statt  V  zur  unabhängigen  Variabeln  genommen.  Es  ist  dann  r"  durch 
folgende  Gleichung  bestimmt: 

j,  .       dd         .      T,          ^^   .  /              /i  .            •   ^dR.coBT     d*jK.co8i 
rsiny-p^  =  sm  ylCjC08r-™+  (cosycos  Ö+  cosnsmffj  — 4pF -7^5 — • 

Durch  Einführung  des  Werthes  von  6  mittelst  der  Gleichungen  38) 
folgt  endlich: 

„     ,  '  -n  f-r-r  -bm-        •  ^-^1   COS  T 

41)  r  smy  =  sinylCjCOsr — (F+3l)8iny. — -jy^ — 

(F+Jff  sinV+l  rf^Jg^cosr 
"^  2  8iny  dV^ 

Die  Bedingung,  dass  r"  von  v  oder  F  unabhängig  ist,  wird  ausge- 
drückt durch: 

rf^J?,  C08T 

dV^      =  ®- 


60  ALFRED  ENNEPER, 

Hieraus  folgt: 

42)  R^co8T=  Ä-\-2BV-\-CV: 

Die  Gleichung  41)  wird  nach  42): 

43)  r"  =  ^— 2ßJ^f^-Ci^f*^-^4- 
Haben  X,   Y  und  Z  dieselben  Bedeutungen  wie  in  11),  setzt  man 

a  =  y,  so  findet  man  mittelst  der  Gleichungen  25),  37),  38),  42)  und  43): 

Xcos«H-  Ycosß-^Zcoay  =  cosrlA  —  iBM-^CM*-^-^^-], 

(COS  fl\ 
—  3f  cos  p  +  —» — ) 

}  .    -rr  r 23fc08«    ,    /_.,  1      \  1 

'        \  '       I       smy  \  sirryf        J' 

(COS  v\ 
—  Mcosn : — I 
smy/ 


+ 


C\ — : h(^ ^ö-  cosn  . 

j     smy      '  \  sixr  yj        J 


Durch  Differentiation    nach  s  erhält  man  aus  den  Gleichungen  39) 
und  43): 

1      dr"        2(— 5+CM)cosn      2Cco8y 

4  5)  3—  =  r-i 1 7—7 • 

'  cosy  as  gsm  y  psin  y 

Werden  die  Gleichungen  44)  nach  s  differentiirt,  so  folgt  nach  39) 
und  44) : 

dX  dY      ^      dZ  1     dr" 

-j— cos  a -f- -j- cos  p -f- -j- cos  y  = j-, 

ds  '    {fo        '^  ^    ds       '         cos  y  ds 

dX  ',  dY  .  dZ 

_co8^  +  -^cosAi  +  -^cosa^=  0, 

dX  dY  dZ 

-3— cos/  +  -7-cos»i+-T-cosn  =  0. 

ds  ^    ds  ds 

Die  vorstehenden  Gleichungen  lassen  sich  ersetzen  durch: 


I 


UNTERSUCHUNGEN  ÜBER  D.  FLÄCHEN  MIT  PLANEN  U.SPHÄRISCHEN  ETC.  51 

dX         dY         dZ  dr^ 

^.  ds  ds  ds  ds 

46) 


coser       cos^        oosy        cosy 


Es  ist  also: 


(^)'=PV(f)V(f)] 


cos  Y' 


Die  Summe  der  Quadrate  der  Gleichungen  44)  liefert,  wegen  des 
Werthes  von  r",  die  Relation: 

47)  X*+  F*  +  Z*  =  r'"+4(5*  — ^C). 

Die  Gleichungen  46)  und  47)  können  als  besondere  Fälle  der  Glei- 
chungen 35)  und  36)  angesehn  werden ,  wenn  a  =  y  genommen  wird, 
die  in  36)  und  47) .  auftretenden  Constanten  sind  keiner  Beschränkung 
unterworfen.     Nach  11)  und  25)  ist: 

{od  —  X)co8er+(y  —  F)cos/?+(;?  —  ^cosy  ^=>  — r" coso. 

Wegen  der  Gleichungen  35)  kann  man  a,  /?,  y  als  die  Winkel  an- 
sehn, welche  die  Tangente  zur  Curve  der  Mittelpunkte  der  enveloppirten 
Kugelflächen  mit  den  Coordinatenaxen  einschliesst.  Wird  statt  8  eine 
Function  von  s  als  unabhängige  Variabele  eingeführt,  die  nachher  wieder 
einfach  durch  s  bezeichnet  werden  möge,  so  kann  man  in  den  Glei- 
chungen 48)  X  =  $,  F=  ij,  Z=  f  setzen,  wo  $,  ij,  f  dieselben  Be- 
deutungen, wie  in  den  Gleichungen  16)  und  17)  von  III  haben,  ver- 
tauscht man  noch  r"  mit  /S,  so  gelten  für  die  oben  betrachteten  Fälle 
wieder  die  Gleichungen   19)  von  III. 


G2 


52  ALFRED  ENNEPER, 

XI. 

Ausdehnung  der  Transformation  durch  reciproke  Eadii  vectores. 
Anwendung  auf  die  Flächen  mit  einem  System  sphärischer 
Klrümmungslinien ,  deren  Kugelflächen  die  betreffenden  Flächen 

orthogonal  schneiden. 

Bei  der  in  VIII  dargestellten  Transformation  durch  reciproke  Radii 
vectores  entsprechen  sich  zwei  Punkte  P  und  P^  zweier  geometrischen 
Gebilde  S  und  S^  derart,  dass  die  beiden  Punkte  P  und  P^  mit  einem 
festen  Punkte  O  auf  einer  Geraden  liegen  und  ihre  Distanzen  durch 
die  Relation  OP.OP^  =^*  verbunden  sind,  wo  ff  eine  Constante  be- 
deutet. Man  kann  statt  eines  festen  Punktes  O  zwei  feste  Punkte  O 
und  n  nehmen  und  die  Punkte  P  und  P^  sich  so  entsprechen  lassen, 
dass  die  Verbindungslinien  OP^  und  HP  parallel  sind  und  die  Gleichung 
OP^.nP  =  ff^  besteht,  wo  wieder  ff  eine  Constante  ist.  Ffir  die  in  VIII 
ausgeführten  analytischen  Rechnungen  ist  es  ohne  Belang,  ob  in  Bezie- 
hung auf  einen  festen  Punkt,  oder  zwei  feste  Punkte,  die  Transformation 
einer  Fläche  S  in  eine  Fläche  S^  ausgefahrt  wird.  Es  werde  nun  der 
Punkt  n  und  die  Quantität  ff  variabel  angenommen,  und  zwar  unter 
den  folgenden  Bedingungen.  Für  eine  bestimmte  Curve  K  möge  der 
Punkt  n  eine  bestimmte  Lage  und  ff  einen  bestimmten  Werth  haben. 
Die  Transformation  der  Curve  K  in  eine  Curve  K^  geschieht  dann  auf  die 
oben  bemerkte  Weise  in  Beziehung  auf  die  Punkte  O  und  ü.  Die  Curve 
K  liege  auf  einer  Fläche  und  gehöre  einem  bestimmten  System  an ,  ftlr 
welches  von  den  beiden  Variabein  u  und  v  nur  u  variire.  Da  im  Fol- 
genden nur  von  Krümmungslinien  die  Rede  ist,  so  sei  K  einfach  eine 
Linie  des  Systems  (w).  Einem  bestimmten  Werthe  u  =  u^  entspricht 
eine  bestimmte  Curve  JST^,  ferner  ein  bestimmter  Punkt  J7^  und  ein 
Werth  ff^  von  ff.  Lässt  man  u  variiren,  so  nimmt  der  Punkt  J7  ver- 
schiedene Lagen  an,  die  eine  Curve  F  bilden,  ebenso  nimmt  ff  eine  Reihe 
von  Werthen  an.  die  von  u  abhängen.  Werden  alle  Krflmmungslinien 
der  Fläche  S  transformirt ,   oder   einfacher  die  Fläche  S^   in  Beziehung 


UNTERSÜCHUNGENÜBER  D.FLACHEN  MIT  PLANEN  U.SPHARISCHEN  ETC.  53 

auf  eine  Curve  F  und  einen  variabelen  Radius  der  Transformation  ,    de- 
finirt  durch  die  Gleichung: 

op^  .np=  u. 

so  ergiebt  eine,  weiter  unten  ausgeführte  Untersuchung,  folgendes 

Theorem : 
Entsprechen  bei  der  angegebenen  Transformation  den  Krümmungs- 
linien der  Fläche  /S  auf  S^  ebenfalls  Krümmungslinien ,    so  ist  das 
System  (i;)  der  Krümmungslinien    auf    der  Fläche  S  sphärisch   und 
die  Kugelflächen    des  Systems    schneiden    die    Fläche  S   orthogonal. 
Auf  der   Fläche  S^  ist   dann   das   System   {v)   sphärisch   oder   plan, 
die    osculatorischen  Kugelflächen    oder    die   Krümmungsebenen    des 
Systems  schneiden  die  Fläche  S^  ebenfalls  orthogonaL 
Da  man  in  der  Rechnung  mehrere  Functionen  von  u  hat,    so  lässt 
sich  zwischen  denselben ,    wie   weiter    unten  gezeigt  ist ,    eine    derartige 
Verbindung  herstellen,    dass   die   sphärischen    Krümmungslinien  von  8^ 
deren  Kugelflächen  die  Fläche  8  orthogonal  schneiden  ,    auf  der  Fläche 
8^  in  ebene  Curven  übergehen.      Ist   die  Fläche  8^  bekannt,    so    lässt 
sich  aus  derselben  umgekehrt  sehr  leicht  die  Fläche  8  deduciren.     Wegen 
seiner  Einfachheit  und  der  Möglichkeit  alle  Rechnungen  durchführen  zu 
können,  verdient  dieser  Fall  von  Flächen  mit  einem  Systeme  sphärischer 
Krümmungslinien  eine  besondere  Darstellung. 

Die  Coordinaten  f,  ij,  f  eines  Punktes  J7  einer  Curve  doppelter 
Krümmung  seien  Functionen  einer  Variabein  u,  oder  von  s,  wo  8  von  u 
abhängig  ist  und  ds  das  Bogenelement  der  Curve  bezeichnet.  Der  Ein- 
fachheit halber  werde  der  Funkt  O  zum  Anfangspunkt  der  Coordinaten 
genommen.  Bezeichnet  U  eine  Function  von  u,  so  entspreche  der  Punkt 
(^1»^!»  ^i)  ^i^^r  Fläche  8^  dem  Punkte  (d?,  y,  z)  einer  Fläche  8  durch 
folgende  Gleichungen: 

1)  ^1  =  ^nv^'    Vi  =  ^   iyT'    ^i  =  ^"IT' 

wo: 

2)  N=  (^— D'+(y-fl)*+(«'-f)*. 


54  ALFRED   ENNEPER, 

Zur  Abkürzung  setze  man  ähnlich  wie  in  VIII: 

[x —  $)co8a  H-(y — ij)co86  +  (5? — £)co8c  =  Q, 

[x  —  f)co8a+(y — ij)cos6'-f-(5f — fjcosc  =  Q', 

^  (^  —  I)  C08  a'H-  (y  —  ij)  C08  6"+  [z— t)  co8  c"  =  Q^ 

Q'+  Q'*+  Q"*  =  N. 

Die  letzte  der  Gleichungen  3)  ist  natürlich  wieder  mit  der  Glei- 
chung 2)  identisch.  Wendet  man  die  Gleichungen  von  II  an,  so  geben 
die  Gleichungen  1 )  nach  v  difFerentiirt : 


^  =  h''-^-^-'«-)¥- 


Zur  Vereinfachung  der  folgenden  Formeln  setze  man: 

SN  ^l  —  tf       ^  — «'       ^  —  r       ^—  TT' 

^1  du~^'      du"^'     du''*"      du~ 

Die  Gleichungen  1)  nach  u  differentiirt  geben: 

=  (co86'-2ÖQ'\ 


6) 


du 


üt 


+  |_t/  +  2Cy  ^^:  J        j^  j^ 


UNTERSÜCHU NGEN  ÜBER  D.  FLÄCHEN  MIT  PL  A  NEN  ü.  SPHÄRISCHEN  ETC.  55 

Sollen  für  die  Fläche  S^  wieder  u  und  v  die  Argumente  der  Krflm- 
mungslinien  sein,  so  hat  man  wegen  der  Orthogonalität  dieser  Curven: 

^  du    dv        du    dv        du   dv 

Wegen    der   Gleichungen  5)   und  6)    reducirt   sich  die  vorstehende 
Bedingung  auf: 

8)  U{^co8  a"+ij'cos6"+rco8(^")+  ^Q"  =  ö- 

Setzt  man: 

2        .^^  \« 


mH^hm=o,. 


so  geben  die  Gleichungen  4): 

Die  erste  Gleichung  4)  lässt  sich  nach  9)  schreiben: 

.7==  -j-t  =  cos  a"—  2  — ^  Q". 

Piese  Gleichung  werde   nach  u  differentiirt ,    wegen  des  Ausdrucks 

»      vtx  < 

für  -T^  aus  6)  lässt  sidi  der  bemerkte  Differentialquotient  auf  folgende 

Form  bringen: 

_1_  dx^ 

MGl  dv  __2Q:^     /       ,_    £:;J    Aj_rfyg 
"*      du       -         t^   rftt+P*"  N    ^I^G    dv 

+  [ £7 (r  cos  a"+  tj' cos  6"+  JT  cos  c")  +  ir'Q"J  2  ^^. 
Wegen  der  Gleichung  8)  reducirt  sich  die  vorstehende  Gleichung  auf: 

.N^  dv      _ 


du 


56  ALFRED  ENNEPER, 

•Sind  aber  u  und  v  die  Argumente  der  Krümmungslinien,  so  ist  die 
rechte  Seite  der  vorstehenden  Gleichung  durch  -r—  theilbar.  Hieraus 
folgt ,    dass 

cosa  — 2— ^  Q 

proportional  zu  -^  sein  muss.  Dann  ist  auch,  wegen  der  ersten  Glei- 
chung 6) : 

dtjc 
proportional  zu  -j^,    also  auch  proportional  zu: 

^ j 

cos  d —  2  —Tr—  Q'. 
N 

Bezeichnet  A  eine  Unbestimmte,  so  lassen  sich  die  folgenden  Glei- 
chungen aufstellen: 

(tr+2C7«0(a?-f)-ür=^(co8a'— 2^^Q'V 

10)  (ü'+2l7U0(y-i2)— üi2'=.l(cos6'— 2^^Q'j. 

(Cr+2C7*)(;?— f)— ür=>l(cosc'-2^^QJ, 
wo  zur  Abkürzung: 

11)  V—  2f 

gesetzt  ist.  Die  Gleichungen  1 0)  multiplicire  man  respective  mit  cos  a, 
cos  6  und  cosc,  bilde  darauf  die  Summe  der  Producte,  Analog  verfahre 
man  mit  den  Factoren  x  —  Sf  y  —  V*  ^  —  f •  ^  ergeben  sich  dann  die 
beiden  folgenden  Gleichungen ,  in  denen  die  Bezeichnungen  der  Glei- 
chungen 3)  und  11)  angewandt  sind,: 


UNTERSUCHUNGEN  ÜBERD.  FLÄCHEN  MIT  PLANEN  Ü.SPHÄRISCHENETC.  57 

2QQ' 

(J7+2l7fP)Q— f^lS'cosa+Vcosfe-j-rcosc)  =—A-^ 

(tr+2?7V)iV—  UNV  =  —AQ. 

Eliminirt  man  A  zwischen  diesen  beiden  Gleichungen,  so  föUt  auch 
y  weg,  es  bleibt  einfach : 

12)  l7(^cosa  +  i?'cos6+  Ccosc)^-  U'Q  =  0. 

Die  Gleichung  8)  folgt  auch  durch  Differentiation  der  Gleichung  1 2) 
nach  V.     Die  Gleichung  8)  weiter  nach  v  differentiirt  giebt,  wegen  12): 

13)  — [t7(|'co8a'+Vcos6'+rco8c)+  ^'Q']^^  +  ^' SJG  =  0. 

Man  setze  zur  Vereinfachung: 

1      d\lG         1 

14^  — — ' —  =^  — . 

^  \IeG    du         R^ 

Aus  der  Gleichung  13)  folgt  dann: 

1 5)  ü'(^co8  a  +  ij'cos6'+  ^cos  c')  +  VQ'  =  U'R^. 

Wird    die  Gleichung  12)  nach  v   differentiirt,    so   ergiebt  sich    mit 
Hülfe  der  Gleichung  8)  einfach: 

dv  ' 

d.  h.  es  hängt  R^  nur  von  u  ab.  Nimmt  man  in  den  Gleichungen  1) 
und  5)  von  IX,  cosa  =0,  sina  =  1,  also  p^=,  0  und  q^  =  R^,  so  er- 
hält man  wieder  die  Gleichung  1 4).  Die  in  der  Gleichung  1 2)  enthaltene 
Bedingung  drückt  also  geometrisch  aus,  dass  das  System  der  Krümmungs- 
linien {v)  der  Fläche  iS  sphärisch  ist  und  die  Kugelflächen  dieses  Sy- 
stems die  Fläche  8  orthogonal  schneiden. 

Die  Gleichungen  12),   15)  und  8)  bringe  man  auf  folgende  Formen: 

U'Q  =  —  U{^co8a  -{-rfcosb  +fcosc), 

16)  tr(Q  — JBJ  =  —  Z7(S'cosa +Vcos6'+f'cosc), 

U'Q''=  —  t;(S'co8a"+i?'cos6"+ircosO. 
Mathem.  aasse.    XXVl  2.,  H 


58  ALFRED  ENNEPER, 

Die  vorstehenden  Gleichungen   respective  mit  Q,  Q'  und  Q^  multi- 
plicirt  und  addirt  geben  nach  2)  und  3): 

Aus  der  Summe  der  Quadrate  der  Gleichungen  t6)  folgt: 

U'^(N-2QfR^+Rl)=  t7^(^*  +  ,,'»  +  r*) 

oder: 

t'« -4-.  «'*  4- f« 
18)  N—2Q[R^  =  ü'^   ^rrt ^?' 


U' 


Wird  E^  durch  die  Gleichung: 


-•-m-^mH^i 


definirt,  stellt  man  mittelst  der  Gleichungen  6)  den  Werth  von  E^  auf, 
80  lässt  sich  derselbe,  wegen  der  Gleichungen  15),  17)  und  18)  wie  folgt 
schreiben : 


M,  =(^%^)', 


oder: 


19)  sß,  =  -^^-^ -• 

Die  Gleichung  9)  werde  nach  u  differentiirt,  in  dem  erhaltenen  Re- 
sultate setze  man  aus  14): 


du    ~   R^ 
ein,  femer  wende  man  die  Gleichung  17)  an,  dann  folgt: 


dslGj^_    —U^ß-^U'R^    N—2Q'R 

du     —^^         N'     ~-         KT' 


2 

2 


Wird   diese  Gleichung   durch    das  Product  der  Gleichungen  9)  und 
19)  dividirt,  so  ist  weiter: 


UNTERSUCHUNGEN  ÜBER  D.  FLÄCHEN  MIT  PLANEN  ü.8PHÄRISCHENE*l'C.  59 


1 rfy/g,  _  N—2Q[R^ 

Sl'E^G'     du     ~~        t7JKj 

oder  nach  1 8) : 

^'^  W:g[  du  -L^ — ir ^Aür; 

Die  rechte  Seite  dieser  Gleichung  ist  nur  von  u  abhängig«  das  Sy- 
stem der  Krümm ungslinien  [v)  ist  also  fflr  die  Fläche  8^  sphärisch; 
die  Kugelflächen  gehn  in  Ebenen  über,  wenn  zwischen  U  und  JB^  die 
Gleichung : 

angenommen  wird,  welche  Gleichung  immer  möglich  ist,  da  die  Function 
U  in  den  Gleichungen  1)  keiner  Beschränkung  unterworfen  ist.  Die 
Gleichungen  1)  respective  mit  J',  ij',  C  multiplicirt  und  addirt  geben 
nach  17): 

22)  ^ir+j^i'?'+^tr=  ^^^~^u'. 

Findet  aber  die  Gleichung  2t)  statt,  so  giebt  die  Gleichung  18) 
N  =  2Q'J82,  die  Gleichung  22)  wird  hierdurch: 

23)  ^x^+!fxn  +  z,t=-^ir. 

Bezeichnet  man  durch  ds  das  Bogenelement  der  Curve,  welcher  der 
Punkt  (^,  fj,  t)  angehört,  so  kann  man  u  als  Function  von  s  ansehn, 
folglich  auch  V  und  R^.     Die  Gleichung  21)  giebt  dann: 

Nach  den  in  I  gebrauchten  Bezeichnungen  lässt  sich  die  Gleichung 
23)  schreiben: 

1  du 
^iC08«+j^iC0s/?+ZiC0sy  =  — "j  ■^• 

H2 


60  ALFRED   ENNEPER, 

Setzt  man  bierin : 

80  ist: 

26)  iTj  co8er-|-yjC08/?  +  2?jC08y  =  Q. 

Dieses  ist  die  Gleichung  der  Ebene  einer  planen  KrOmmungslinie 
(v)  der  Fläche  8^,  welche  Ebene  gleichzeitig  die  Normale  zur  Fläche  S^ 
im  Punkte  [x^,  t/^,  z^)  enthält.  Zu  Folge  der  Gleichung  21)  reducirt 
sich  nämlich  die  Gleichung  20)  auf: 

du 
Die  Combination  der  Gleichungen  24)  und  25)  giebt: 

Man  nehme  hieraus: 

27)  U=2R^a. 

Für  den  vorstehenden  Werth  von  ü  erhält  man  aus  den  Glei- 
chungen 1)  die  folgenden  Gleichungen  zur  Bestimmung  von  x,  y  und  z\ 

X 


x  =  H-2J?oi2 


1 


^?+yf+^?' 


28)  (l>  =  V  +  ^K,S     /' 


z  =:-]-2R^ß  ^' 


Die  Gleichung  26)  fällt  mit  der  ersten  der  in  IVB  aufgestellten 
Gleichungen  44)  zusammen,  wenn  dort  x,  y  und  z  durch  x^^  y^  und  z^ 
ersetzt  werden.  Man  hat  also  nur  nöthig  in  den  Resultaten  von  IVB 
X,  y,  z  durch  x^^  y^.  z^  zu  ersetzen,  darauf  die  Werthe  von  j?^,  y^,  z^ 
zu    entwickeln    und    dieselben    in    die  Gleichungen  28)   zu    substituiren. 

Man  erhält  dann  direct  die  Gleichungen  für  x^  y  und  z.     Fflr  a  =  —-  ist 


UNTERSUCHUNGEN ÜBERD.FLÄCHENMIT  PLANEN U.SPHÄRISCHEN ETC.  61 

in  den  Gleichungen  3)    von  IX  p^  =  o  und  q^  =  R^.      Die  bemerkten 
Gleichungen  werden  dann  einfacher: 

29)  Sl  =  X — JBjCOsa,     q^  =y — R^cosb\     f*  =  z — R^cosc. 

Es  bleibt  noch  übrig  die  Curve  der  Mittelpunkte  der  Kugelflächen 
der  sphärischen  Krümmungslinien  zu  bestimmen.  Substituirt  man  in 
den  Gleichungen  1 6)  die  Werthe  von  Q.  Q'  und  Q",  so  werden  dieselben : 

[{x—^)ü'^u/]cosd^  [(y— il)tr+C7ij]cos6'+[(;r— f)Cr'+Cr|co8c'===  Ü'R^. 
[(o?— I)  D'4-  £71']  cosa^H-  [( y  -  ij)  Cr'+  i/i,']  0086"+  [(;?—:)  Cr+  C/r]  co8c"=  0. 

In  diesen  Gleichungen  sehe  man  («r  —  I)  17'+ ÜJ'  etc.  als  Unbe- 
kannte an.     Es  ergeben  sich  dann  für  dieselben  folgende  Werthe: 

(o? _  S)  U'+  m  =  V'R^  cos  a\     (j^ — 1?)  ?7'+  üij'  =  J/'-R^  cos  b\ 

{z  -  f )  17'+  ÜJ:  =  i/'U^  cos  c'. 

Diese  Gleichungen  mit  den  Gleichungen  29)  verbunden  geben: 

30)  fj  =  f— ■^,      ijj  =  i^  — -^,       f^=f__. 

Man  nehme  wieder  s  als  unabhängige  Variabele,  setze  aus  25) 
und  27): 

Die  Gleichungen  30)  werden  hierdurch: 

31)  i;  =  |+12j^,      q;  =  ,  +  12^-,      f;=f+U^_. 

Der  Punkt  (f^,  ij^i  ^2)  ^^^8^  folglich  auf  der  Tangentenfläche  der 
Curve  r*,  welche  zur  Transformation  der  Fläche  8  in  die  Fläche  8^ 
dient.  Die  zu  Ende  des  Abschnitts  IX  gemachten  Bemerkungen  finden 
eine  Illustration  in  den  Entwickelungen  dieses  Abschnitts,  dass  die  Mit- 
telpunk tscurve  der  Kugelflächen  der  sphärischen  Krümmungslinien  für 
die  analytischen  Bemerkungen  nicht  die  einfachsten  Verhältnisse  giebt. 


62  ALFRED  ENNEPER, 

Mittelst  der  vorhergehenden  Entwickelungen  ,  oder  einfacher  mit 
Hülfe  der  Relationen  10),  lassen  sich  die  Gleichungen  6)  durch  folgendes 
einfachere  System  ersetzen: 

32)  \  ^^--  ^^   —  C080  ^     ^^, 

^  cosc — 2-^f-Q, 


\  VJBj  du  N 

wo  sjW^  durch  die  Gleichung  19)  bestimmt  ist.  Die  Gleichungen  4),  9) 
und  32)  zeigen,  dass  für  die  transformirte  Fläche  Sj  die  Richtungen  der 
Normalen  und  der  Tangenten  zu  den  Hauptschnitten  genau  durch  die- 
selben Formeln  wie  bei  der  Transformation  durch  reciproke  Radii  vec- 
tores  bestimmt  sind  Man  hat  in  den  Gleichungen  10),  12)  und  13)  von 
VIII  nur  ^Q,  jf^,  Zq  respective  durch  |,  ij,  f  zu  ersetzen.  Sind  r^'  und 
r* ^  die  Hauptkrümmungshalbmesser  der  Fläche  Ä^  im  Punkte  [^i^y^^z^^ 
so  findet  man,  durch  ähnliche  Rechnungen  wie  in  VIII: 


XII. 

Flächen,  für  welche  ein  System  von  Krümmungslinien  sphärisch  ist. 

A.      Die    Mittelpunkte    der    Kugelflächen    der     sphärischen 
Krümmungslinien    liegen   auf  einer  Curve  doppelter 

Krümmung. 

Die  Lösung  des  Problems,  die  Coordinaten  eines  Punktes  einer 
Fläche  mit  einem  Systeme  sphärischer  Krümmungslinien,  in  Function 
zweier  Variabelen  darzustellen,  lässt  sich  auf  analoge  Weise  durchführen, 
wie  bei  den  Flächen  mit  einem  Systeme  planer  Krümmungslinien.  Das 
Problem  für  plane  Krümmungslinien    ist   indessen,    in    analytischer  Be- 


UNTERSUCHUNGEN  ÜBER  D.  FLÄCHEN  MIT  PLANEN  U.  SPHÄRISCHEN  ETC.  63 

Ziehung,  viel  einfacher,  wie  für  die  entsprechenden  sphärischen  Curven. 
In  der  Einleitung  zu  dieser  Abhandlung  ist  schon  erwähnt,  dass  Hr. 
Bonnet  im  vierten  Theile  seines  „Memoire**,  welches  den  Titel  trägt: 
„Sur  les  surfaces  dont  les  lignes  de  l'une  des  courbures  sont  sph^riques'' 
(Journal  de  TJ&cole  Polytechnique  t.  XX  p.  277  —  306)  sich  auf  zwei 
besondere  Fälle  beschränkt  hat.  Die  allgemeinere  Lösung  ist  von  Hn. 
Serret  angebahnt,  wenn  auch  unvollständig  durchgeführt  worden 
(Comptes  Rendus,  1856.  t.  XLII  pag.  109—110  und  190—194).  Die 
Resultate  des  Hn.  Serret  basiren  auf  der  Integration  einer  Differential- 
gleichung dritter  Ordnung ,  welche  Integration  drei  Parameter  involvirt, 
wobei  a  priori  bekannt  ist,  dass  die  Lösung  des  geometrischen  Problems 
nur  zwei  arbiträre  Constanten  erfordert.  Die  vorkommenden  Parameter 
sind  keine  absoluten  Gonstanten  ,  sondern  Functionen  einer  Variabein. 
£s  ist  einleuchtend,  dass  die  bemerkte  Bedingung  die  Aufstellung  einer 
Relation  zwischen  den  drei  Parametern  erfordert.  Um  die  Lösung  des 
Problems  möglichst  zu  vereinfachen,  hat  Hr.  Serret,  gleich  bei  einer  er- 
sten Integration,  welche  die  Differentialgleichung  gestattet,  die  auftretende 
Constante  annuUirt.  Hierdurch  ist  es  dann  gekommen,  dass  die  von  Hn. 
Serret  schliesslich  gegebene  Lösung,  an  Stelle  zweier  Functionen  einer 
Variabelen ,  eigentlich  nur  noch  die  Variabele  enthält.  Die  vollständige 
Behandlung  der  Differentialgleichung  dritter  Ordnung  ist  zuerst  in  den 
„Nachrichten  v.  d.  K.  G.  d.  W.'*  (Göttingen,  187  2)  durchgeführt  worden. 
Die  dabei  gefundenen  Resultate  bilden  einen  Theil  des  vorliegenden  Ab- 
schnitts, zu  dessen  Vorarbeiten  sie  gedient  haben. 

Die  oben  erwähnte  Arbeit  des  Hn.  Serret  enthält  mehrere  unge- 
mein scharfsinnige  Bemerkungen  dieses  ausgezeichneten  Analytikers  über 
die  Integration  eines  besondern  Systems  simultaner  Differentialgleichun- 
gen. Diese  Bemerkungen  haben  später  eine  Verallgemeinerung  erfahren 
in  Bonnet:  ,,Note  sur  Tint^gration  d'une  certaine  classe  d'^quations 
diffdrentielles  simultan^es**  (Comptes  Rendus,  1861.  T.  LIII  pag.  971 
— 974).  Die  Verallgemeinerung  des  Hn.  Bonnet  besteht  darin,  /> Func- 
tionen X,  y,  z^  .  .  .  t,  M,  t;  zu  bestimmen,  welche  den  p  —  1  Differential- 
gleichungen ; 


64  ALFRED  ENNEPER, 

dx  dy  dz  dt  du  dv 


X  —  a       y — h       z  —  c        '  *  *         t — /       u  —  m       v  —  n 
und  der  endlichen  Gleichung: 

(a?-a)*+(y-6)*  +  (^— c)*+  .  .  .  +(^-/)^  +  (i^-m)*4-(v-n)»  =  r*. 

genügen ,  wo  a,  6,  c  .  .  .  Z,  »i,  n,  r  als  Functionen  einer  Variabelen  ai 
angesehn  werden.  Das  obige  System  lässt  sich  nach  Hn.  Bonnet  auf 
ein  ähnliches  System  reduciren,  welches  zwei  Variabele  weniger  enthält. 
Man  kann  die  Anzahl  der  Variabelen  um  zwei  Einheiten  so  oft  verrin- 
gern, wie  man  will,  und  gelangt  so  schliesslich  zu  den  einfachsten  Fällen, 
welche  sich  integriren  lassen.  Es  ist  selbstverständlich ,  dass  diese  Me- 
thode der  Beduction  fOr  das  Problem  der  sphärischen  Krümmungslinien, 
als  einfachsten  Fall,  von  keiner  Anwendung  sein  konnte. 

Da  in  den  vorhergehenden  Abschnitten  schon  einige  besondere 
Fälle  von  Flächen  mit  sphärischen  Krümmungslinien  behandelt  sind,  so 
sollen  die  in  IX  und  XI  behandelten  Flächen  bei  den  folgenden  Unter- 
suchungen ausgeschlossen  bleiben,  nämlich:  1)  die  Kugelflächen  des  sphä- 
rischen Systems  sind  concentrisch,  2)  die  Kugelflächen  gehn  durch  einen 
festen  Funkt,  3)  die  Kugelflächen  schneiden  die  Fläche  orthogonal.  Was 
die  Bezeichnungen  betrifft,  so  sind  natürlich  die  in  II  und  III  ge- 
brauchten consequent  durchgeführt,  ausserdem  sind  theils  dieselben,  theils 
ähnliche  Bezeichnungen  wie  in  IV  gebraucht  worden ,  wenn  die  rein 
analytischen  Probleme  mit  den  in  IV  behandelten  übereinstimmten. 

Ist  das  System  der  Krümmungslinien  [v)  sphärisch,  so  hat  man,  in 
Folge  der  Gleichungen   1),  .3)  und  5)  von  IX: 

1)  JBjCOsaspj,     iZjSina  =  ^j^. 

2)  l\  =-  X'\-'p^co^a  —  ^jcosa',      ij*  =y+jt)j^cos6  —  q^Qo^H, 

Es  ist  ($*.  n\^  i\)  der  Mittelpunkt,  R^  der  Radius  der  Kugelfläche 
der  sphärischen  Krümmungslinie,  welche  durch  den  Punkt  {x,  y,  z)  der 


UNTERSUCHUNGEN  ÜBER  D.  FLÄCHEN  MIT  PLANEN  ü.  SPHÄRISCHEN  ETC.  65 

Fläche  geht.  Der  Winkel,  welchen  JRg  mit  der  Normalen  zur  Fläche  im 
Punkte  («r,  y^  z)  einschliesst ,  ist  durch  a  bezeichnet.  Die  sämmtlichen 
definirten  Quantitäten  hängen  nur  von  u  ab.  Da  cosa  von  Null  ver- 
schieden angenommen  wird,  so  ist  es  einfacher  mittelst  der  Gleichungen 
1)  Pj  und  q^  statt  R^  und  a  einzuführen. 

Die  zweite  Gleichung  10)  von  II,  nämlich: 

S/G 


giebt  entwickelt: 


( 


du 

1  rfy/ö 
r'    du 

• 

1- 

99 

r 
^G 

dsjG  _ 
du 

dr" 
du 

Wird  -~—  zwischen  dieser  Gleichung  und  der  Gleichung  3)  elimi- 
nirt,  so  folgt: 

4)  g  =(/-;,.)  H. 

WO  zur  Abkürzung: 

gesetzt  ist.     Der  Endpunkt  des  Hauptkrümmungsradius  r"  sei  (X,  F,  Z)» 
also  durch  folgende  Gleichungen  bestimmt: 

6)  X  =  jr+r^cosa,      F  =yH-r''cos6,      Z  =  ^rH-r^cosc. 

Die  Gleichungen  2)   von  den  respectiven  Gleichungen  6)  subtrahirt 
geben : 

IX  — i;  =  (r"—;?^)  cosa +^, cosa. 
Y—ti\  =  [r''—p^)coBb+q^co%h\ 
Z — f*  =  {r—p^)co%c-\-q^co^c'. 

Die  Summe  der  Quadrate  der  Gleichungen  7)  giebt: 

8)         (x-i;)*+(F-ij;)*4-(^-r.)*  =  (»-"-p^'+ji. 

MaOtem.  Classe.  XXVL  2.  ^ 


66  ALFRED  ENNEPER, 

Werden  die  Gleichungen  6)  nach  i;  differentiirt ,    so  ist  nach  II  5): 
dX       dr"  dY       dr"       ,       dZ       dr" 

9)  -7-  =  j— cosa,       -j-  =  -j-COSO,       -j-  =  -r-cosc. 

'  dv        dv  dv         dv  dv        dv 

Sind  X,  Y,  Z  und  r"  bekannt,  so  ist  dieses  auch  nach  6)  und  9) 
mit  «r,  y  und  z  der  Fall.  Ausser  der  endlichen  Relation  8)  lassen  sich 
auf  folgende  Weise  zwischen  X,  F,  Z  und  r"  Differentialgleichungen 
herstellen.  Die  erste  Gleichung  6)  werde  nach  u  differentiirt.  Unter 
Zuziehung  der  Gleichungen  2)  und  4)  von  II  folgt: 


rfX       dr 


=  -r-  cos 


du        du 


a  + 1 1 r)  V^jE?  .  cos  a. 


dr" 
Man  substituire  für  j-  seinen  Werth  aus  4),  setze  nach  5): 


du 


( 


i-%)\/E  =  q,H, 


es  ist  dann  einfacher: 

dX 
du 


=  Ur" — jt?,)cosa  + jjjCosa'lH. 


oder,  wegen  der  ersten  Gleichung  7): 

dX 


du 


=  (x-rjfl. 


Man  erhält  so  aus  den  Gleichungen  6)  die  folgenden: 

'»>    S=<^-«:»»'  S=(i'-':)'''  f=(^-o« 

Die  Gleichungen  4)  und  1 0)  geben  noch : 

dX  dY  dZ  dr" 


11) 


du  du  du  du 


X-r.  -  Y-n\  -  Z-Cl  -  r'-p. 

Dieses   sind   die  Differentialgleichungen    zwischen  X,   Y,  Z  und  r" 
zu  denen   noch  die   endliche  Relation  8)   tritt.     Der  leichteren    Schreib- 


UNTERSUCHUNGEN  ÜBER  D.  FLÄCHENMIT  PLANEN  U.SPHÄRISCHENETC.  67 

weise  wegen  sollen  die  Gleichungen  1 0)  beibehalten  werden.  Man  diffe- 
rentiire  die  Gleichung  8)  unter  Zuziehung  der  Gleichungen  4)  und  10) 
nach  II,  mit  Rücksicht  auf  die  Gleichung  8)  selbst  folgt  dann : 

•')     (x-j:)f+(i'-<)^+(.2-c:)S-(''-?=)|' 

Mit  Hülfe  der  Gleichungen  10)  und  12)  lässt  sich  zwischen  X,Y,Z 
und  r"  eine  solche  lineare  Relation  aufstellen ,  dass  dieselbe  proportional 
ihrem  Differentialquotienten  nach  u  ist.  Zu  diesem  Ende  führe  man 
statt  I*,  q*,  C*  und  p^  andere  Functionen  ein,  welche  auf  folgende  Art 
definirt  sind: 

X   dSl  ^dV      dti\  rjdrt      dt\  rff      dp.  ^dp* 

Es  ist  U  eine  vorläufig  unbestimmte  Function  von  u.  Die  Glei- 
chung 12)  lässt  sich  nach  13)  schreiben: 

u)   r[(x-E:,f+(r-,:,f+(^-::)^-(,--,.)£] 

Setzt  man: 

15)   {x-r^+qtm')r +{Y^n\+q^üti*)n* MZ-t\+q^m')V 

80  Ifisst  sich  der  Differentialqnotient  von  J  nach  «,  wegen  der  OleichuDgea 
10),  13)  und  14)  auf  folgende  Form  bringen: 

16)  Tu  =  H-^»^*]^+*-är+V5jr' 


wo: 


*=r*+»j**+r*-i>**-  * 


12 


68  ALFRED  ENNEPER, 

Bestimmt  man  V  durch  die  Gleichung  ^  =  0,  setzt  also : 

1 

so  reducirt  sich  die  Gleichung  16)  auf: 


17)  f»  +  ,'»+f«__^*«  = 


dJ 
.8)  ^  =  ^fl. 

Nach  10)  und   13)  ist  nun: 

X-g;+g,ü?'  dq,U 

Mittelst  der  Gleichung  18)  folgt  hieraus: 
Man  setze  zur  Abkürzung: 


20) 


Die  linke  Seite  der  Gleichung  19)  ist  der  Differentialquotient  von 
w^  nach  w.  Aehnliche  Gleichungen  ergeben  sich  für  die  Derivirten  von 
y^,  z^  und  T^   nach  u.     Man  findet  so: 

d^       dy^       ^       dJ\  q^ü 

du   du  du  du  J 

'^  §  1?  f  />  ati 

Die  Gleichungen  20)  respective  mit  |*,  if,  f*  und  — />*  multiplicirt 
und  addirt  geben,  wegen  der  Bedeutung  von  J  aus  1  5), : 

22)  a?,r+y,>?'+«,r-r,/»'  =  i. 

An  Stelle  der  Gleichungen  11)  und  8)  sind  die  Gleichungen  21) 
und  22)  getreten,    aus    denen    sich    die  Werthe  von  äc^.y^,  z^   und  T^ 


23) 


UNTERSUCHUNGENÜBER  D.FLÄCHEN  MIT  PLANEN  Ü.SPHÄRISCHEN  ETC.  69 

mit  Hülfe  einer  Differentialgleichung  dritter  Ordnung  bestimmen  lassen. 
Man  kann  umgekehrt  X,  Y,  Z  und  r"  auf  folgende  Art  durch  x^,y^,z^ 
und  T^  ausdrücken.  Die  Gleichungen  20)  geben  in  Verbindung  mit  den 
Gleichungen  8),   15)  und  17): 

22*)  ^2+y2+;,t_rj    =  ^^• 

Mit  Hülfe  dieser  Gleichung  entwickele  man  aus  den  Gleichungen 
20)  die  Werthe  von  X,  F,  Z  und  r",  setze  in  die  erhaltenen  Gleichungen 
aus  6)  die  Werthe  von  X,   Y  und  Z  ein.     Hierdurch  erhält  man : 

z + r-c.  c  -  r. + ,.  ra-  =  ,.  ^^'^ll  _  r;  ■ 

In  diesen  Gleichungen  sind  «Ti,  y^,  z^  und  T^  vier  zu  bestim- 
mende Functionen  von  u  und  v.  In  Beziehung  auf  i;  geben  die  Glei- 
chungen 23)  differentiirt : 

dr"  _  2q^U/dz,       2z ^  D'\      dr^  _  2q^U IdT ^       2T^iy\ 

^cosc—    j^     [dv'^    D^  r     dv~    D,    \dv  D^    /' 

wo  zur  Abkürzung: 

^      w  dx,    .       dy,    .       dz.       _  dT, 

gesetzt  ist.  Von  der  Summe  der  Quadrate  der  drei  ersten  Gleichungen 
24)  werde  das  Quadrat  der  vierten  Gleichung  abgezogen;  da 

cos*  a  +  cos*  6 -f- cos*  c — 1  =  0 
ist,    so  folgt: 


70 


26) 


ALFRED  ENNEPER, 


c^hm 


^^V(^)-(f^f=.. 


\  dv 


Die  Bestimmung  der  Werthe  von  a?^,  y,,  z^  und  T^  lässt  sich  auf 
wiederholte  Differentiation  der  Gleichung  22)  nach  u  basiren.  Sieht  man 
^t>  Vi^  ^i  *^®  Coordinaten  eines  Punktes  einer  Fläche  an,  so  sind  für 
dieselbe  u  und  v  nicht  mehr  die  Argumente  der  Krümmungslinien. 
Dieses  ergiebt  sich  durch  folgende  einfache  Betrachtung.  Die  Glei- 
chungen 21)  geben: 


27) 


(Ar,  _  r  dT^ 


du 


du 


dy^^r^dT^ 
du        p*   du 


dz^^^dl\ 
du        /?*    du 


Die  vorstehenden  Gleichungen  nach  t;  differentiirt  geben: 

^f±=ll^J^       rfV.^^^fl2\        d'z^  ^V  d^T^ 
dudv       p*  dudv '      dudv       /?*  dudv  *      dudv       p*  dudv 

Aus   diesen   Gleichungen   und   den  Gleichungen  27)    schliesst  man 


unmittelbar : 


dudv 

dudv 

€pz^ 
dudv 

dx^ 
du 

du 

dz^ 
du 

dx^ 
dv 

dv 

dz^ 
dv 

=  0. 


Mit  Rflcksicht  auf  die  Gleichung  22)  geben  die  Gleichungen  27) : 


dx^  <ir,       dy,  dy ^      dzi  dz, 
du    dv        du    dv        du    dv 


(' 


dx 


dv  dz  \  i  dT         dT   dT 

=  IS  -jT^^  "^"iTh    1^  I  ^•"xr  —  "Ji: — iiT"' 


(/t; 


«Iv 


(/r  /  j9*  cfu  (/u     cfv 


Die  rechte  Seite  dieser  Gleichung  verschwindet  nicht,  nur  wenn 
T  von  u  abhängig  ist,  dann  ist  nach  21)  j9*  =  0,  die  letzte  Gleichung 
13)  zeigt  weiter»  dass  p^  von  u  unabhängig,  also  constant  ist.  Die  Fläche 
ist  eine  Parallelfläche  zu  derjenigen,  ffir  welche  p^  =z  o  ist. 


UNTERSUCHUNGEN  ÜBER  D.FLÄCHEN  MIT  PLANEN  U.  SPHÄRISCHEN  ETC.  7 1 

Die  Gleichung  22)  giebt  zu  analogen  Rechnungen,  wie  die  in  IV 
ausgeführten,  Veranlassung.  Um  die  nachfolgenden ,  allerdings  compli- 
cirteren,  Entwickelungen  mit  denen  von  IV  parallel  gehn  zu  lassen, 
dividire  man  die  Gleichung  22)  durch: 

und  setze: 

^^^  cösa  ~  qÖ^~  cösy~  cöstr  ^  ^^  "^^    "^^'  y/p^^^^^p"     • 


28*) 


Die  Gleichung  17)  giebt  wegen  der  vorstehenden  Gleichungen: 

1         sinn; 


Mit  Rücksicht  auf  diese  Gleichung  und  die  Gleichungen  28)  nehmen 
die  Gleichungen   13)  folgende  Formen  an: 


29) 


30) 


cos  a  cos  ß 

du         sinn;      du   *      du  ^mw      du   ' 

cos  Y  cos  w 

(2u         sinw      </w    *       rftt  sinti;       «^u    ' 

Die  Gleichungen  21)  geben  nach  28)  zu  den  folgenden  Veranlassung: 

da?,  cos a  dT ^        dy ^  _  cos/?  dT ^        dz^  cos y  dT^ 

du         cosM?   du  *      du        cosm;  du  '      du         cosm;  du 


Die  oben  bemerkte  Umformung  der  Gleichung  22)  giebt: 
31)  0?,  cosa+y,  cos/?  +  2r,  cosy  j=i2+  T,  cosic;. 

Da  cosa,  cos/3  und  cosy  nur  von  u  abhängen  und  nach  28)  die 
Gleichung  cos* a  +  cos' /? -|- cos* y  =  1  stattfindet,  so  kann  man  a,  /?,  y 
als  die  Winkel  ansehn,  welche  die  Tangente  im  Punkte  (|,  q.  f)  einer 
Curve  doppelter  Krümmung  mit  den  Coordinatenaxen  bildet.  Man  be- 
zeichne wieder  wie  in  I  durch  i,  /i,  p  die  Winkel,    welche  die  Haupt- 


72  ALFRED  ENNEPER, 

i 

normale,  durch  /,  m,  n  die  Winkel,  welche  die  Binormale  des  Punktes 
(^1  fli  t)  bestimmen.  In  dem  bemerkten  Punkte  sei  p  der  Radius  des 
osculatorischen  Kreises  und  r  der  Torsionsradius.  Durch  ds  werde  wieder 
allgemein  das  Bogenelement  der  Curve  bezeichnet,  man  kann  dann  s  als 
eine  unbestimmte  Function  von  u,  oder  umgekehrt,  ansehn.  Die  wei- 
tere Discussion  der  Gleichung  31)  besteht  wesentlich  darin»  dass  nach 
einer  einmaligen  und  einer  dreimaligen  Differentiation  nach  u  die  Terme 
auf  der  linken  Seite,  welche  x^,  y^  und  z^  enthalten,  dieselben  sind. 
Es  ergiebt  sich  dann  eine  Differentialgleichung  für  T^ ,  die  zunächst  auf- 
gestellt und  dann  integrirt  werden  soll. 

In  den  Gleichungen  30)  kann  man  einfach  s  an  Stelle  von  u  als 
unabhängige  Variabele  setzen.  Differentiirt  man  dann  die  Gleichung  31) 
nach  s,  so  folgt: 

\    ^      \     dT^        dß  ^      T.coBw 

^  *  '  *^*       «^  '     1         '  p       cosw    ds  ds   *  ds 

oder  auch: 

dß      gsinw  dT.sinw 

32)  iT,  COSA-f-V,  cosu-\-z.  COSP  =  O-jf ^3 . 

'  «  I  j^  1       r-  I     1  "^  ds       cos  w         ds 

Man  führe  oi  statt  s  als  unabhängige  Variabele  durch: 

ds 

33)  —  =  rfa) 

ein.     Ferner  werde  zur  Vereinfachung: 

rcotto 

34)  -T~^^ 
und 

35)  T,  sinw  =  T 

gesetzt.  Mit  Rücksicht  auf  diese  Bezeichnungen  lassen  sich  die  Glei- 
chungen 31)  und  32)  wie  folgt  schreiben: 

36)  ^j  cosa-f-y,  cos/?-f-a?^  cosy  =  i2-f-  Tcotw. 

Q  da       \  dT 

37)  X^  C0SA4- V,  COSXi-f-a?,  COSI'  =  —  3 -y— • 

/  *  »  j^i       r-^  I     1  r  doo      p  d<o 


UNTERSUCHUNGEN  ÜBER  D.  FLÄCHEN  MIT  PLANEN  Ü.8PHÄRISCHEN  ETC.  73 

Die  Gleichung  37]  werde  nach  s  differentiirt,  dann  co  als  unabhän- 
gige Variabele  durch  ds  =  rdvo  eingeführt.     Aus  34)  setze  man : 

cot  II?  p 

ein.     Mit  Rücksicht,  dass  nach  30)  für  eine  Variabele  u: 

dx.  dy.  dz. 

--r^cos;l+-T-^coSiM+  -j-^coBP  =  0  , 
du  *   du        '^  *    du 

giebt  die  Gleichung  37): 

9^dß_ldT 

T  dü)       p  dto      tS$ 
38)     — (iTj  co8/+yjCOsm+;?j  cosn)  =  d '    ,   ^ — --\ \'pT. 

Es  ist  nach  30)  allgemein: 

dx*  du,  dz. 

-3^cos/+-3^coswi  +  -T^cosn  =  0. 
du  'du  'du 

Man  differentiire  die  Gleichung  38)  nach  co,  addire  dann  die  Glei- 
chung 37).  Hierdurch  ergiebt  sich  zur  Bestimmung  von  T  die  folgende 
Differentialgleichung : 

J_rfT  Q^dä 

'  am  p  da)  dm  r  dm 

Zur  Integration  dieser  Gleichung  nehme  man  zuerst  die  folgende: 

p    dm 

'  d(o  *  p    doo 

Diese  Gleichung  mit: 


.p_d(o^ 


Mathem.  Glosse.    XXVL  2. 


74  ALFRED  ENNEPER, 

multiplicirt  und  integrirt  giebt: 


41) 


r  1^        1* 


WO  C^  eine  Constante   bedeutet,    die  auch   verschwinden  kann,    da  von 
den  links  stehenden  Quadraten  eins  negativ  ist.     Man  setze  C^  =  0  und 

Die  Gleichung  41)  wird  dann: 


(T,cossp)4(^-/>co89)-ll  =  0. 


Es  ist  also: 


•pco8 


9)  =1. 


oder: 

dq> 
43)  ^=1+^C08SP. 

Aus  dieser  Gleichung  ist  y>  in  Function  yon  m  zu  bestimmen,  wo- 
bei es  genügt,  einen  Werth  von  (p  zu  kennen,  welcher  keine  arbiträre 
Constante  enthält.     Setzt  man  zur  Vereinfachung: 

44)  fp  sin  g>  d(o  =  q , 
so  ist  nach  42)  für: 

45)  t  =  ei, 

Tf.  =  t  ein   particuläres  Integral  der  Gleichung  40).     Man  setze  in  40) 

dg 
r,  =  M^ei.    Da  nach  44)  ^  =  jvsin^p,  so  erhält  man,  mit  Rücksicht 

auf  43): 

p   da)          .          dM^ 
ä ;j^ +  ___^(t+pcos,)  =  0. 


UNTERSUCHUNGEN  ÜBER  D.FLÄCHENMITPLANENU.SPHÄRISCHENETC.  75 
Für: 

wird  die  obige  Gleichung  einfacher: 

47)  d ^- \-M,  (l+pcosy)  =  0. 

Aus  43)  folgt  unmittelbar,  dass  dieser  Gleichung  durch  M^  =co8  9 
genflgt  wird.     Man  hat  also  nach  46): 

T-^   =  COSflP, 

p   dm  ^ 

oder  M^  =  3f ,   wo: 

48)  M  =:fe^pcosg>d(o. 

Setzt  man  also: 

49)  t^  =  Me'^, 

so  ist  T^  =  t^  ein  zweites  particuläres  Integral  der  Differentialgleichung  40). 
Um  das  zweite  Integral  der  Gleichung  47)  darzustellen,  setze  man  in 
der  bemerkten  Gleichung: 

60)  Mj  .=  M^C089. 

Es  folgt  dann : 

^cos 
**)  ^      cfco        =^r^^^»  =  -^cos^.tang,. 

Da  nun  nach  43)  und  44): 

jlogggcosy  

80  giebt  die  Gleichung  51)  integrirt: 


dM^  e^ 

--=-^C08Cp=   . 

dw         ^       COS  9 


K2 


7^  ALFRED  ENNEPER 

EUeraus  folgt  weiter: 

rfai  cos*y* 

Diese  Gleichung  nach  43)  mit  • 


dw 


multiplicirt  giebt: 


dM^  e^   df      pe  ^ .^rftangy      pe~^ 

dio         cos*  9  rfo)      cos  y  diD  cos  y' 

Durch  Integration  folgt: 

(f  taug  9 


M. 


=    fe^^^da,-fP^-da.. 
J  (ko  J  cos  9) 


Die  Anwendung  der  Integratio  per  partes  giebt  nach  44): 


d(o. 


/.rftangy  .           _.              ,     fpe^sm^y 
e-i  — ^JL  dw  =  ^-g  tangcp  +  /  ^ 
dw                           ^^  *  J       cosy 

Es  ist  also: 

M^  =  ^^^tangy — fe'^^pcoBgfdo), 

welche  Gleichung  nach  48)  sich  auch  schreiben  lässt: 

M^  =  ö'^tangy — M. 

Man   substituire  diesen  Werth  von  M^  in  die  Gleichung  50),  die- 
selbe giebt  dann: 

3fj  =  ^"^siny  —  Mcosg). 

Mit  Hülfe  dieses  zweiten    particulären  Integrals  der  Gleichung  47) 
erhält  man  nach  44)  und  48): 

pM^  e^  =  e^^^psing)  —  Me^p cos ^  =  ^"^ ^  —  ^J~» 
d.  i.  nach  46): 


UNTERSUCHUNGEN  ÜBER  D.  FLÄCHEN  MIT  PLANEN  U.SPHÄRISCHENETC.  77 

_    dM^  _     g-^^  +  Af^ 
da)  d(o       * 

also : 

Multiplicirt  man  diese  Gleichung  mit  e^,  so  ergiebt  sich,  wenn: 

52)  t^=ze'^+M^e'i 

gesetzt  wird,    T^  =  t^  als   drittes   particuläres  Integral  der  Differential* 
gleichung  40).     Die  Zusammenstellung  der  obigen  Resultate  giebt  also: 


dg> 

53) 


-TT  =  l+z^cosy,     q  =JpBmfd(o,     M  =  fe^pcos^dw. 


54) 


Aus  den  vorstehenden  Gleichungen  leitet  man  leicht  die  folgenden  ab: 

t  dt  l  dt. 

—  j-  =  ß^sincp,     — j-^  =  Jf^^sinjp  +  coscp, 

p  da)  ^       p  d(ß}  ^  ^ 

—  ^  =  -Äf*^^8iny  +  2jlfcos5P  —  ^"^siny. 

p  dto                                  p  d(o 
d^ pt  =:  ß^cos^,     d^ pt^  =  Me^cosf — siny, 

d^ pt^  =  M^e^cosy  —  2Msmq>  —  ^"^cosy. 

Das  Integral  der  Gleichung  39)  hat  nach  Lagrange  die  Form: 
65)  T=Kt^K,t,+K^t^. 

1^0  t,  t^,  t^  die  particulären    Integrale   der  Gleichung  40)    sind.      Nach 


78  ALFRED  ENNEPER, 

bekannter  Methode    hat    man  zur  Bestimmung  von   JT,  K^  und  K^    die 
Gleichungen : 

dK    ,  rf^      ,  ^      _ 
dm*~^  d(o  '»+  da»  '*  ~  *• 

dK  dt    .  dK,  dt,      dK^  dt^ 
56)  da)  d(o*^  da)    d(o*^  d(o   d(o  * 

r  i^      1         r  i^       1         r  i*i       1 

WO  zur  Vereinfachung: 

Q  da 

doi  p        Q  dß 

'  dm  r  doo  ^' 

gesetzt  ist.     Mit  Bücksicht  auf  die  Gleichungen  53)  und  54)  erhält  man' 
aus  56) : 

r  1*?       1 

dK  i\.p  dm  l_ 

r  -^      1 

Aus  diesen  Gleichungen  sind  JET,  K^  und  K^  zu  bestimmen.  Um 
einfache  Formeln  zu  erhalten,  sollen  einige  Integrale  durch  wiederholte 
Integratio  per  partes  transformirt  werden.  Genügt  T^  der  Gleichung  40), 
so  giebt  die  Integratio  per  partes: 


UNTERSUCHÜNGENÜBERD.FLÄCHENMITPLANENÜ.SPHÄRISCHENETC.  79 


.-    1  dT. 


p    dm 
d(o 


-pTo\ 


r  dio      rSi 

d — ; }- 


da) 


d(o 


8l  I   1^         ir  ^—       1 

o  I     p  do)         ^   1 1  .  ^  rf">  ,  ^-ß  I 


[. 


Q  da 


'     '    p    dw    ^      da)      '     (> 


da) 


■] 


da)        Q 


Es  ist  weiter: 


Q  da 


1  dT. 


i  dT^     r  da)  ^  1  dT.  o  dO, 

^d — ; 001  = 


p   dm        da) 


p   da)    r  da) 


^p   da)    p  dß  , 

d  ^ —  T-  da). 

dm      r  dm 


Mit  Rücksicht    auf  den  Werth    von  ü^  aus  57)   geben  die   beiden 
vorstehenden  Gleichungen : 


59) 


r  1^  1  r  1^  1 


■«2+- 


\  dT.  Qda 


p   dm    r  dco 


+/ 


rßdT. 


PQ   dm 


dm 


f 


PQ  ^  dSl  , 
^T^-j-dm. 
r      ^  dm 


Es  ist  in  dieser  Gleichung  zur  Abkürzung: 


Q^da 

r  da)      rSl        ^ 
d— 1 =  £. 


da) 


Q 


gesetzt.  In  den  beiden  Integralen  auf  der  rechten  Seite  der  Glei« 
chung  59)  setze  man  aus  der  Gleichung  34)  für  p  seinen  Werth  ein, 
nämlich : 


P  = 


rcotw 


80  ALFRED  ENNEPER, 

Eine  weitere  Anwendung  der  Integratio  per  partes  giebt  dann: 

T 


rw^    ^  ,    f   ^     .8inw  , 

=  _cotwr^i2+l d-T— dco. 

•       '  J  cosw     am 


60) 


Hierdurch  lässt  sich  die  Gleichung  59)  auf  folgende  Form  bringen : 

fr  i^        1  r  l*'-^        1 


1a. 

—  coiwT^a-^'  I  d-j—do}. 

"  '     C08W         OC» 


Diese  Gleichung  gilt  für  die  drei  particuläi^en  Integrale  t,  t^  und  t^ 
der  Differentialgleichung  40).  Zur  Vereinfnehudg  der  folgenden  Eech- 
nungen  setzte  man: 


61) 


d(o  J    ^ 


t 


J=  t  -^^^—d^—dio,     /-  =  I   d-j—dvo^ 

cosw      dko  ^        I   coQw     aw 

ß     .Sinti;  . 
d — 5^ — ocü. 


cosk;      do9 


Die  Integration  der  Gleichungen  58)  involvirt  drei  von  w  unabhän- 
gige Quantitäten,  welche  nur  v  enthalten  können  und  als  Functionen 
dieser  Variabelen  für  K,  K^  und  K^  respective  durch  F,  V^  und  V^ 
bezeichnet  werden  mögen. 

Es  ist  dann: 


UNTERSÜCHUNGENÜBER  D.  FLÄCHEN  MIT  PLANEN  Ü.SPHÄRISCHEN  ETC.  81 


K  = 


F 

2 


K,  =  F,+ 


K,  = 


F, 

2 


1  dt. 


p  dm 
dm 

i  dt. 


■Pt-. 


p  dm 
dm 

w    1    dt 


p  dm 
dm 


J  i2j  dm, 
— ptijßidm. 


1 


pt 


Auf  die  rechten  Seiten  dieser  Gleichungen  wende  man  die  Glei- 
chung 60)  an,  setze  darauf  die  erhaltenen  Werthe  von  K,  K^  und  K^ 
in  die  Gleichung  55)  und  führe  die  abkürzenden  Bezeichnungen  aus 
61)  ein.  Werden  hierbei  die  Gleichungen  53)  und  54)  beachtet,  aus 
denen  tt^  =  1  +  ^f  folgt,  so  lässt  «^ich  der  Werth  von  T  auf  folgende, 
sehr  einfache  Art,   darstellen: 


r=  .ßcotw;  + 


V—J. 


t-\'[y,+j,)t^  + 


t^. 


Diesen  Werth  von   T  substituire  man  in  die  Gleichungen  35),  36), 
37)  und  38),    wobei   die  Gleichungen  53),  54)  und  61)   zur  Anwendung 

O  cot  M? 

kommen.     Es  ist  ferner  nach   34)  —  = gesetzt.     Zur  Bestimmung 

von   Tj,  a?j,  t/^   und  z^  bestehn  dann  folgende  Gleichungen: 


T^sinw  =  ißcotw;  + 


I-^2^^<i^i^V,-\-J^)Me^-i-\^{M'e^^e-% 


■ß 


V-J 


62) 


+  ■ 


F„-/ 


e?  4-  ( F,  +  J, )  Me«  +  -^— '(itf  * ««  +  e"«)]  cot  w. 


x^  cos jI -{- yi  cos fi-i-Zi cos V  =  —[Vi-\-Jy  +  {V^  —JjM]cos9 


[ 


V—J. 


e^-\-{V,-\-J,)Me^+ 


V„-J 


(M*  ei— e-^)]  sin  9, 


iTj  COS l -\-yi cos m-\-Zi  cosn  =  —  [^+''^i  +  (^2  — J)Mjsin^ 
-j-T — : — *e»-f-(  y  .-¥-j.]JMet-i ~ — [M'e' — e 


^^e''  +  {V,-i-J,)Mei-\-^^^{M'^-e-i)]cos9. 


Mathem.  Classe.  XXVI.  2. 


82  ALFRED  ENNEPER, 

Die  Gleichungen  zur  Bestimmung  von  T^,  x^^  y^  und  z^  lassen 
sich  auch  auf  folgende  Formen  bringen,  welche  in  einigen  Fällen  zur 
Vereinfachung  von  Rechnungen  führen: 

Tj  sinw 

=  i2cotM;-f-^^=^#4-(F,+  /,)/,  +  ^5^^f2' 
a?^  coscr  +  jj  cos/?  +^1  cosy 

^j  cos^+^i  cosfe-f-^i  cosf 
62*)    /       l-F-J,  i  ät  1  rff,   F,-/  1  dt^i 

a?!  co8/+^j  cosOT+^j  cosn 

(\  dt         \  1    \  dt^ 

(  1^ 

Aus  den  Gleichungen  62)  ergiebt  eine  einfache  Rechnung: 
63)    D,  =a.?+y?+«?-r?  =  ^H-(F,+J,)'-(F-J,Mf^2-A 

wodurch  der  gemeinschaftliche  Nenner  in  den  Werthen  von  x,  y,  z  und 
r"  der  Gleichungen  23)  bestimmt  ist.  Zu  Folge  der  Gleichung  26)  können 
die  Functionen  F,  V ^  und  V^  nicht  alle  arbiträr  sein.  Man  differentiire 
die  Gleichungen  62)  nach  v,  es  ergiebt  sich  dann,  ganz  ähnlich  wie  die 
Gleichung  63)  die  folgende: 

dVdV. 


\dvl'^\dv)^\dvf       \dv  f  ~\dv  I 


2 


dv     dv 


Da  die  linke  Seite  dieser  Gleichung  nach  26)  verschwindet,  so  folgt: 

/dT\V  ^  dV  dV^ 
^  \  dv  I         dv  '    dv  ' 


UNTERSUCH ÜNGEN  ÜBER  D.FLÄCHEN  MIT  PLANEN  ü.  SPHÄRISCHEN  ETC.  83 

Durch  diese  Gleichung  ist  die  Anzahl  der  willkührlichen  Func- 
tionen in  den  Gleichungen  62)  auf  eine  reducirt.  Da  die  bemerkten 
Gleichungen  nur  F,  V^  und  V^  enthalten,  so  kann  man  zwei  derselben 
als  Function  der  dritten  ansehn.  Nimmt  man  z.  B.  V^  statt  v  als 
unabhängige  Variabele,  so  lässt  sich  die  Gleichung  64)  schreiben: 

dV    dV^ 


rfF,    dV^ 


Von    den    beiden  Functionen   V  und   V^  ist   also  nur  eine  arbiträr. 
Die  Gleichungen  30)  geben: 

^1  HT'^^'  "rfw"  +  ^1  rflT  ~  ^^  ~du 
a?jC08a+^j  cos/S  +  ÄTj  cosy —  r^cosM?  dT^ 

cosw;  du  * 

d.  i.  nach  25)  und  31): 

dP^  2S2   dT^ 

^  du         cosM?  du 

Diese  Gleichung  folgt    auch  aus  der  ersten  Gleichung  62)  und  der 
Gleichung  63). 

Die  Berechnung  von  ^—r  und  ^   lässt    sich    auf  folgende  Art  aus- 
führen.    Aus  den  Gleichungen  2)  findet  man  leicht: 

(1*  —  x)  cos  a+  [ril  —  y)  cos  fc  +  {£*  —  z)  cos  c  —  p^, 
(i;  —  <r) cos  a  +  {til  —y)  cos  fc'+  (^l  —  z) cos  c  =  —q^. 

Differentiirt   man    die   erste    der   vorstehenden  Gleichungen  nach  w, 
so  folgt,  mit  Rücksicht  auf  die  zweite  Gleichung,: 


cosa 


du 


+  cos6-^  +  co8c^^+g,-^  =-^. 


oder: 


L2 


84  ALFRED  ENNEPER, 

Wegen  der  Gleichungen  29)  erhält  man: 

COS  er  cos/?  cos/         cosir 

66)      cosaa-^ V-coBod-^ kcosca-j — . —  d— t —  = -^ ?-- 

'  du   ^^  du     *  du  du  Sl     r 

dr" 

Die  Gleichungen  24)  geben,  durch  Einsetzung  des  Werthes  von  -^,: 


z 


1 


Multiplicirt  man  die  Gleichung  66)  mit: 

so  folgt  mittelst  der  Gleichungen  67): 

a?j     cos«         y^     cos/?         z^     cosy         T^    cosii? 


68) 


dt;       dt«     '       dv      du  dt;      du  dt;       du 

sinti^    Dj    y/^ 

—  ""^"'ÄT/'- 


Die   linke  Seite   dieser  Gleichung   ist   der  Differentialquotient  nach 
V  von: 

cosa  cosjS  cosy 


cost£; 

.ß 

du 

= 

69) 


j?,  cosa+^i  C08/i{  +  2;,  cosy —  T,  cos«; 
I      .  S  " 


D,  du 


\     Idx^  ,   rfy,        .  ,   <fe,  dT.         \ 


UNTERSUCHUNGEN  ÜBER  D.  FLÄCHEN  MIT  PLANEN  U.SPHÄRISCHEN  ETC.  85 
Nun  ist  nach  30)  und   31): 

da?,  .   dy,         ,  .  dz,  dT,  dT,  b\v?w 

-j^  cos  a  +  -j    cos  p  +  -r^  cosy 1— ^  cos  w  =  -^-^ , 

du  du  du        '         du  du    cosu; 

x^  cosa+^j  cosjS  +  ÄTj  cosy —  T^  cosm?  =  Sl, 
Die  rechte  Seite  der  Gleichung  69)  reducirt  sich  also  auf: 

sin*  II?     1    dT^ 


SicoswD^  du 

Da  nun  der  DifTerentialquotient  dieses  Ausdrucks  nach  v  gleich  der 

linken  Seite  der  Gleichung  68)  ist,  so  hat  man  zur  Bestimmung  von  ■^- 
folgende  Gleichung : 

r,     _  1   rfr. 

,Z).    v/jE  .P,    du 

Diese    Gleichung   lässt    sich    mit   Hfllfe    der  Gleichung   65)    auch 
schreiben : 

T  1    dD 


D,    \/B  _  Sinti; -Z>,    dw 
^~di^'V~  ~^Qr    "Iti) 


Die  Gleichung 


I>,  =^\'^!f\+z]-T] 


zweimal  nach  v  differentiirt.  giebt  nach  26): 

Durch  Differentiation   der  Gleichungen  67)   in  Beziehung  auf  v  er- 
hält man: 


86  ALFRED   ENNEPER, 


dv"  ' 


Man  bilde  die  Summe  der  Quadrate  dieser  Gleichungen ,  ziehe  auf 
beiden  Seiten 

ab.     Unter  Beinahme  der  Gleichung  71)  folgt  dann: 


Die  Gleichungen  62)  geben: 


/<?«,\*      (d^y^V     K«,\*     (d^'^X  _i^^i\ 


d*V.\*     d*Vd^V^ 

dv*   dv* 


Die  Gleichung  64)  nach  v  differentiirt ,    darauf  quadrirt  und  durch 
die  Gleichung  64)  dividirt  giebt: 

Id^  F.  \'  _  \  dv    dv*  "^  dv    dv*  ) 
[dv*  )  - 


dVdVj 
dv    dv 


also: 


IdV  (f  F,       dVj_  d'V\* 

itXxt     ^  ^^i  _  U«    rf»^*    ~  dv    dv'  I 
\  dv*  /       dv*     dv*    ~~  dVdV^ 

dv    dv 

Setzt  man   im  Nenner  des  vorstehenden  Ausdrucks  wieder: 


UNTERSUCHUNGEN  ÜBERD.  FLÄCHEN  MIT  PLANEN  Ü.SPHÄRISCHEN  ETC.  87 

dV  rfFj        /dV 


\dv  /  ' 


dv    dv 
so  lässt  sich  die  Gleichung  72)  auf  folgende  Art  schreiben: 


dV  «f  F,      rfF,  d*  F> 


".     (^.^-^/^)'(^^)'°^<"  "^j,"  " 


dv 

Durch  diese  Gleichung  ist  ^    bestimmt. 

Die  Gleichungen  62)  {^eben  «J^,»^,»  ^,  und  T^  ;  durch  die  Glei- 
chungen 53)  und  61)  sind  die  Werthe  von  M,  q  tf  und  die  Integrale 
J.  /, ,  J,  definirt.  Die  Relation  zwischen  den  Functionen  F,  V  und 
F^  ist  in  der  Gleichung  64)  enthalten.  Durch  die  vorhergehenden 
Quantitäten  sind  dann  nach  67)  cosa.  cosft  und  cosc  bestimmt  Sub- 
stituirt  man  in  den  Gleichungen  23)  die  Werthe  von  ^,  jj*,  f*,  p*  und  U 
aus  28)  und  28*),  zieht  die  Gleichungen  29)  noch  in  Betracht,  so  sind 
die  Coordinaten  o?,  y,  z  eines  Punktes  einer  Fläche  mit  einem  System 
sphärischer  KrQmmungslinien  vollständig  als  Functionen  zweier  Variabelen 
dargestellt.  An  Stelle  der  Gleichungen  23)  sind  vortheilhafter  die  weiter 
unten  entwickelten  Gleichungen  80)  zu  nehmen.  DieCurve,  auf  welcher 
die  Mittelpunkte  der  Kugelflächen  der  sphärischen  Krümmungslinien 
liegen,  lässt  sich,  analog  wie  in  XI ,  durch  eine  andere  Curve  ersetzen. 
Es  sei: 

oder  nach  28)  und   28*): 

n.\  t     _;:•       ?2^21^       ^    _^>       q^cQsß  _    •       q^cosy 

75)  §0—  §2-      sinw;     '         ^0   —   ^2  ^-^^      .         fco—  ^  3i„^    • 

Man  kann  {§^,  ij^^,  tj  ^^^  Punkt  11^  einer  Curve  doppelter  Krüm- 
mung ansehn.  In  Beziehung  auf  diese  Curve  veisehe  man  alle  in  I  de- 
finirten  Grössen  mit  dem  Index  0  Die  Gleichungen  7  5)  geben  dann, 
wegen  29),  nach  u  diff'erentiirt : 


88                                        ALFRED  ENNEPER, 

dSf.  cos«    sin w 

dsQ  cos/?    sin M? 

rf^ö  cosy  -sinai? 


Nimmt  man 


ds^        — 1   .sinw; 


^  du  S2        du  ' 

80   ist    cos  er ^  =  cos«,    cos/?Q  =  cosjS,    cosy^  =  cosy.       Hieraus    folgt 
weiter : 

Aq  =  A,     l^  =^  l,     ^-^  z=i  —,     da)^  =  dm  etc. 

In  den  Gleichungen  28),  29),  34)  und  62)  können  alle  von  $  direct 
abhängigen  Grössen  mit  dem  Index  0  versehn  und  dann  als  Functionen 
von  s^  betrachtet  werden,  wobei  die  Gleichungen  74)  und  7  5)  bestehn. 
Lässt  man  der  Einfachheit  halber  den  Index  0  wieder  weg,  so  bleiben 
die  Gleichungen  28),  29),  34)  und  62)  unverändert  an  Stelle  der  Glei- 
chungen  7  4)  und  75)  treten  die  folgenden: 

77)       ^  =  v^-q^m\  n==vl-q,uti',  £  =  :;-?, t/r. 

'  *  '      sm  m;  '^         *   '      8in«^       •    *  sinw 

In  den  Gleichungen  78)  sind  f,  ij.  ^  die  Coordinaten  eines  Punktes 
n  einer  beliebigen  Curve  doppelter  Krümmung,  für  welche  die  in  I  auf- 
gestellten Gleichungen  gelten.  Der  Punkt  (|*,  ij*,  f*)  liegt  auf  der 
Tangente  des  Punktes  II.  Die  Gleichungen  78)  gehn  durch  Vertau- 
schung   von  w  mit  a^  direct    in   die  Gleichungen  41)  von  IX  über,    sie 


UNTERSUCHUNGEN  ÜBER  D.  FLÄCHEN  MIT  PLANEN  U.SPHÄRISCHEN  ETC.  89 

entsprechen  ebenfalls  den  Gleichungen  3 1 )  von  XI,  wenn  sin  m;  =  1  und 
^j  =  12,  genommen  wird. 

Aus  den  Gleichungen  28),  28*)  und  29)  folgt  durch  Differentiation 
nach  u: 

jP%  — ^2  ^P*  jPt  — 9z  cotit» — cosw;    sinw 

du  du  S2  du 

Mit   Rücksicht  auf  die  Gleichung  76)   folgt,    wenn   s  statt  s^    ge- 
setzt wird: 

^ri JJ, — ^_  __  ^r_2 ii _.  cos  M?  3-  , 

du  du  du 

oder: 

79)  p^ — q^  Up*  =  P2  — ^'jCOtw  =i  fcoswds. 

Sub*8tituirt  man  in  die  Gleichungen  23)  den  Werth  von  U  aus  28*), 
ferner  die  Werthe  von  |*,  ij*,  £*  und  p^  aus  78)  und  79),  so  folgt: 


0?  +  ^  cosa  —  5  =  -f^ — 


^. 


80) 


VH-rC0s6  —  J?  =    -r-^ r— r ,     .       , =- , 

^^                  '         Sinn?  a?J+j^J  +  arJ— Tj  • 
;?+  r  cos c  —  f  =  -:_-  ^^   1  ..^    .  ^2 


^   /  cos  wdS  =•  -T^ r-j ,     .'      ^f^. 

J  smw>  J?J  -\-y\  +zj  —  Tj 

Die  vorstehenden  Gleichungen  in  Verbindung  mit  den  Gleichungen 
62)  oder  62*)  scheinen  das  einfachste  System  zu  bilden,  welches  sich 
für  Flächen  mit  einem  System  sphärischer  Krümmungslinien  aufstellen 
lässt. 

Da: 

dl  dn  .       dt 

^  =  cos«,     ^  =  co8^,     ^  =  cosy, 

Mathem.  Glosse.    XXVI.  2.  M 


90  ALFRED  ENNEPER, 

so  geben  die  Gleichungen  78)  und  79)  zu  dem  folgenden  symmetrischen 
Systeme  Veranlassung: 

^*  =  fcosads-\-  -r-^—cosa. 


8») 


17*  =   f  COS ß  ds -{"^-^  COS  ß, 

^       ^  sinw; 

n  =  Tcos  y  cb  + -~^- cos  y , 
^       J        '        *  Sinti?       ' 

ü«  ==  rcosw?{fc  +  -^^— cos«(?. 

B.     Die    Mittelpunkte    der    Kugelflächen     der    sphärischen 
Krümmungslinien  liegen  auf  einer  planen  Curve. 

Ist  die  Curve ,  gebildet  aus  den  Mittelpunkten  der  Kugelflächen 
der  sphärischen  Krümmungslinien,  plan,  so  können  für  die  Curve,  auf 
welcher  der  Punkt  (5,  tj,  t)  liegt,  zwei  Fälle  eintreten.  Die  l)emerkte 
Curve  bleibt  eine  beliebige  Raumcurve,  oder  sie  ist  ebenfalls  plan.  Im 
letztgenannten  Falle  erfordern  die  in  A.  aufgestellten  Formeln  einige 
Modificationen ,  welche  wesentlich  darauf  beruhn,  dass  oc^.jf^,  und  z^ 
nicht  mehr,  wie  im  allgemeinen  Falle,  durch  symmetrisch  gestaltete 
Gleichungen  bestimmt  werden.  Diese  Modificationen ,  welche  keine 
weitläufigen  Rechnungen  erfordern ,  sollen  zuerst  untersucht  werden. 
Es  seien  also  t\  und  t  gleichzeitig  constant.  Nimmt  man  die  Ebene 
der  planen  Curven  zur  Ebene  der  x  und  y,  so  ist  einfacher  £*  =  0  und 
l  =  0,  also  r  =  oo.     Man  führe  den  Winkel  b  durch  die  Gleichung: 

_         ds 
de  =  — 

9 
ein  und  setze: 

cos«  =  sine,     cos/?  =  —  cos«,     cosv  =  0. 
cosx  =  cose.     C08/1  =  sine,  cosp  =  0, 

dz 
Für  f *  =  0  geben  die  Gleichungen  21)  -r-^  =  0,    d.  h.   z^   ist  nur 


dx^         sin«  dT^ 

dt/^             cos«  dT^ 

d€         cosw    de   ' 

de              sinw  ds 

UNTERSUCHUNGEN  ÜBER  D.  FLÄCHEN  MIT  PLANEN Ü.SPHÄRISCHENETC.  91 

von  V  abhängig.  In  den  Gleichungen  30)  werde  s  an  Stelle  von  u  als 
unabhängige  Variabele  genommen,  unter  Beachtung  der  Gleichungen  82) 
folgt  dann: 

83) 

Die  Gleichung  31;  reducirt  sich  auf: 

84)  ^jsin« — ^icos«  =  Si-\'TiC08w. 

Wird  diese  Gleichung  nach  s  differentiirt ,  so  folgt,  unter  Anwen- 
dung der  Gleichungen  83); 

a?jC08€+yiSin«  = tangK^a — -7 , 

oder : 

85)  Tisinw  =  T,  86)         cotw=:p, 
gesetzt  : 

da       1  dT 
87)  ^iC08€+yi8in«  =  —  — -— . 

Eine  weitere  Differentiation  der  vorstehenden  Gleichung  nach  s 
liefert,  in  Verbindung  mit  den  Gleichungen  83),  84)  und  85),  folgende 
Differentialgleichung  für  T: 

IdT 
,p  ds  ^       d^Sl      ^ 

Es  sei: 
89)  q  =^fpd€  =:=^  fcotwde. 

Die  beiden  particulären  Integrale  von: 

1  dT. 


.^-,r.  =  o, 


M2 


92  ALFRED  ENNEPER, 

oder  nach  89)  von: 

sind  e^  und  e~^.     In  der  Gleichung  88)  ist  also : 

90)  r=  iSTie^  +  ATje-«, 

wo  für  JiTj  und  K^  die  folgenden  Gleichungen  stattfinden : 

Die  wiederholte  Integratio  per  partes,  uebst  -^  =  cotw,  giebt: 

—  l^-te^ds    =  — -r-e«   4-J2e«cotw   —  /  ^-.— ( cos* w — :i-|«'<fc. 
Setzt  man  zur  Vereinfachung: 

80  geben  die  Gleichungen  .91)  integrirt: 

dS2 

2K^  =  F,  +  — ^~^  +  Ä«-^cotM?  +  Ji, 

dSi 

'lK^=V^—-^e^    +J2e^cotM;    — J,. 

Es  sind  Fj  und  F^  Functionen  von  v.  Die  Substitution  dieser 
Werthe  von  K^  und  Ä^  ^^  die  Gleichung  90)  giebt  für  T  folgenden 
Ausdruck : 

Man    setze  diesen  Werth  von   T  in    die  Gleichungen  84),  85)  und 


UNTERSUCHUNGEN  ÜBER  D.  FLÄCHEN  MIT  PLANEN  U.  SPHÄRISCHEN  ETC.  98 

87).      Mit  Rücksicht    auf  die  Bedeutung   der   in  92)    aufgestellten  Inte- 
grale /j  und  J^  folgt: 

r,  Sinti;  =  ,gcotif^  +  -^^-^^g^+  ^^~*^^g~g, 
i  2  2 

I  Ä  rF   4-/  V   —J         1 

93)  /  d?,sin€— y.cos«  =  ^-^ \-\     ^Z    ^^^4--^-;; — ^^""^  cotii?, 

^  \      ^  ^*  sin^ir        L        2  2  J 

I  •  ''^l      •     ^'l     <1     1       ''^2 *'2      ^o 

iT.  cos€+^|8in«  =  ^— — ^ö»-| ^^-^7 — ^e  ^ 

^  2  2 

Die  vorstehenden  Gleichungen  geben: 


\  rfv  /       \dv  )       \dv  f  dv     dv  ' 


Hierdurch  nimmt  die  Gleichung  26)  die  Form: 


(^)'= 


dv     dv 


an,  wo  z^  eine  beliebige  Function  von  v  ist.      Die  Gleichungen  93)  und 
94)  entsprechen  den  Gleichungen  62)  und  64).     Setzt  man : 

so  behält  die  Gleichung  70)  ihre  Form  bei,  an  Stelle  der  Gleichung  7  3) 
ist  folgende  zu  nehmen: 

dv 

Für  die  Gleichungen  93)  bleiben  die  Gleichungen  80)  unverändert, 
nur  dass  f  =  0  zu  setzen  ist. 

Nimmt  man  f*  von  Null  verschieden  an  so  liegt  der  Punkt  {§,  ijy  f) 
auf  einer  beliebigen  Curve  doppelter  Krümmung,  die  Gleichungen  62) 
oder  62*)  von  A  behalten  dann  ihre  Gültigkeit.  Es  sei  f*  =  A:,  wo  A: 
eine  Constante  bedeutet,  nach  den  Gleichungen  28)  ist  dann: 


94  ALFRED  ENNEPER, 

95)  cosy  =  kS2. 

Nimmt  man  in  21)  £*  =  k,  so  ist: 

gJJ 


du  du   '' 

oder  nach   22*): 

du  du 

Bedeutet  F  {v)  eine  beliebige  Function  von  v ,  so  liefert  die  Inte- 
gration der  vorstehenden  Gleichung: 

96)  z^  -  F{v)  =  I  {x\  +yf  +z\-  rf ). 

Die  Bestimmung  der  Function  F[v)  lässt  sich,  bei  einiger  Vorsicht, 
mit  massigem  Aufwände  analytischer  Bechnungen  ausführen,  wobei  sich 
einige  bemerkenswerthe  Belationen  ergeben.  Man  substituire  in  der 
Gleichung  96)  für  z^  und  a!\-\-y\+z\  —  T\  ihre  Werthe  aus  62*)  und 
63).     Das  Resultat  dieser  Substitutionen  lässt  sich  schreiben: 

k  PV  P  V 

97)  _j^(t,)__(F:-FF,)  +  -^-hP,F.  +  -^  +  P.  =0. 

Es  haben  P,  P^   und  P^  folgende  Bedeutungen : 

/     1    dt 

—  \    dt  l     n  da)  ,  ,  _ 

P    =   t  cotw'cosv —  —  -j—cosp-^Xd^ pt Icosn  ^kJ, 

'        p  dw  \      d(o  ^  ' 

1  dt. 


98)  /   T^  .  \   dt,  l   ^p  da)  , 

'  ^  P,  =f,  cotM?cosy r-^cosi'+Va^— 5 ptt  Icosn  —  ATt/., 

*  *  ^       p  du)  \      acü        ^  V  ' 


1  dt^ 


r,  i     dt„  .     [     ,P    ^^  I 

P^  =,  t^coiwcosy -r^cosy  +  ya^— ^ pt^  Icosn  —  kJ^. 


UNTERSUCHCNGENÜBERD.FLÄCHENMIT PLANEN Ü.SPHÄRISCHEN ETC.  95 

Was  den  Werth  von  Pg  betrifft,  so  lässt  sich  derselbe  mittelst  der 
vorstehenden  Gleichungen  auf  folgende  Form  reduciren : 

*         sin^w;        2sin'^w;  2  2      '       i     i    »    2^    •  ^' 

Man  multiplicire  diese  Gleichung  mit  2k  und  setze  rechts  nach  95) 
kSi,  =  cos  y.     Es  folgt  dann  : 

Olli    jV 

Multiplicirt    man    das  Integral  /  aus  61)    mit  k  und  setzt  dann  im 
Integrale  kSi  =  cosy,  so  ist  auch: 


c    —     c 

I      Si,     ,sinK7  ,  I 

:   f d—r-d(o  =    f 

/     LOSW      du)  J 


t 


100)  kJ  =  k   1 d-r-    dco  =   I   d—i — dw. 

I  f        /.r^^>  4«  W(|;  f        cos  W  diO 

Aus  der  Gleichung  34)  ist: 

-=i>tangw, 

« 
mittelst  dieser  Gleichung  lassen  sich  die  Differentialquotienten  von  cosy, 

cosf^  und  cosn  nach  co  auf  folgende  Art  schreiben: 

cfcosv  d  cos  j^  dcostt 

101)  —j — =^pthxigwcosp,  —T —  =  — jotangM?co8y — cosn,  —z —  =  cosy. 

Es  werde  nun  der  Werth  von  P  aus  der  ersten  Gleichung  98)  in 
Beziehung  auf  m  differentiirt.  Es  ist  t  ein  particuläres  Integral  der 
Differentialgleichung  40).  diese  Bemerkung  genügt,  um  mit  Hülfe  der 
Gleichungen  100)  und   101)  die  Gleichung: 

dP_ 

du)  ~ 

darzuthun.  Es  ist  also  P  eine  absolute  Constante.  Dasselbe  gilt  von 
Pj  und  Pj.  Weniger  einfach  lässt  sich  die  Unabhängigkeit  des  letzten 
Terms  P,  der  Gleichung  97)  von  cü  beweisen  In  der  Gleichung  99) 
setze  man  die  Werthe  von  kJ'\'P,  kJ^  +^it    **^2 +^2  ^"®  ^^^  ^^®^' 


96  ALFRED  ENNEPER, 

chungen  98)  ein.  Eine,  unter  Zuziehung  der  Gleichungen  53)  und  54!, 
leicht  zu  übersehende  Rechnung,  führt  zu  folgendem  Resultate  : 

102)  2kP^  =  \  +  PP^  — PJ. 

Setzt  man  hieraus  den  Werth  von  Pg  in  die  Gleichung  97),  so  ist: 
2kF[v)^  (ÄF+P,)(ÄF,+P)  — (ArF,-Pj^+l, 

wodurch  F[v)  in  Function  von  F,  F^  und  F^  bestimmt  ist.  Aus  den 
Gleichungen  62*)  lassen  sich  die  Integrale  /,  J ^  und  J^  mittelst  der 
Gleichungen  98)  eliminiren.  Man  multiplicire  die  Gleichungen  62*)  mit 
k,  setze  dann  kSl  =  cosy  und 

kV—kJ,  =ArF+P,-{P,+A:J,).  kV^  +  J^  =  ArF-P,  +  (P. +*/,). 

kV^—kJ=kV^-\-P  —  {P+kJ). 

In  den  so  umgeformten  Gleichungen  sind  die  Functionen: 

kV+P^,    kV^~P^,    kV,-^P 

von  V  enthalten.  Man  kann,  unbeschadet  der  Allgemeinheit,  P  =  0, 
Pj  =z=  0,  P^  =  0  setzen,  wodurch  die  in  64)  enthaltene  Relation  zwi- 
schen F,  Fj  und  Fj  nicht  geändert  wird.  Mit  Rücksicht  auf  die  Glei- 
chungen 53)  und  54)  entsprechen  dann  einer  planen  Curve  der  Mittel- 
punkte der  Kugelflächen  der  sphärischen  Krümmungslinien  folgende 
Gleichungen : 

Vt  V  t 

J?lC08«+J^lC08/?4-|«j— -^-IcOSy  =   [y+Fi^,  +  — |-^]cOtMJ. 


X.  C08/+«,  C08U  +  I«, j-JcOS»'  = —  T V.  —  ~ -^  — 

1  lyi        /~-ryi        j^j  2  p  dm  ^  p  dm        2    p 


I   .                    .   /           1\          •       VI     «  dm 
Xi  cosZ+yi  co6m-{-\^^  — -rlcosn  =  -r\o^ pt 


*2 

dm  ' 
1    dt 


1  dt^ 


,     rr  l   jP  ^  1    .     1^9  I    .  P   rf«» 


i 


UNTERSUCHUNGEN  ÜBER  D.FLÄCHEN  MIT  PLANEN  U.  SPHÄRISCHEN  ETC.  97 

Die  dritte  Gleichung  78)  giebt  f *  =^  0  gesetzt: 

qj^ f 

sin  w  cos  Y 

Die  beiden  ersten  Gleichungen  78)    lassen    sich   hierdurch    auf  fol- 
gende Formen  bringen: 

ds  ds 

oder,  wenn  f  zur  unabhängigen  Variabelen  genommen  wird: 


£•=-£•4.  •.•=-f4 


C.     Die   Mittelpunkte    der  Kugelflächen    der    sphärischen 
KrOmmungslinien  liegen  auf  einer  Geraden. 

Analog  wie  bei  den  in  B  untersuchten  Flächen  können  zwei  Fälle 
stattfinden,  deren  jeder  eine  besondere  Ausführung  erfordert,  je  nachdem 
der  Punkt  (f,  1?,  f)  ebenfalls,  wie  die  Mittelpunkte  der  Kugelflächen  der 
sphärischen  Krümmungslinien,  auf  einer  Geraden  liegt,  oder  einer  belie- 
bigen Curve  angehört.  Es  wird  sich  ergeben  ,  dass  die  Curve  plan  ist. 
Der  Einfachheit  halber,  soll  der  erstgenannte  Fall  zuerst  betrachtet 
werden. 

Liegt  der  Punkt  (f ,  ij,  f )  auf  einer  Geraden,  wird  dieselbe  zur  Axe 
der  z  genommen,  so  hat  man  in  den  Gleichungen  28)  cosa  =  0,  cos/?  =  0 
und  cosv  =  1  ,  also  g*  =  0,  Jj*  =  0.  Die  Gleichungen  30)  und  31) 
geben  dann: 

du  du  du        cos  117   du         ^  ^ 

Aus  den  beiden  letzten  Gleichungen  findet  man  leicht: 
Mathem.  Classe.  XXVI.  2.  N 


98  ALFRED  ENNEPER, 

i2 


103) 


sixrw      ' 


i2  r   Si 


*  *  sin*M?  J  81 


8in*M? 


rfw. 


Es  ist  Fj  eine  Function  von  v.  In  den  beiden  rechts  stehenden 
Integralen  ist  w  zur  Integrationsvariabelen  genommen.  Mit  Hülfe  der 
beiden  vorstehenden  Gleichungen  reducirt  sich  die  Gleichung  26)  auf: 


Ist  %ff  eine  Function  von  v,  F{y))  eine  Function  von  %f),  so  lässt  sich 
die  vorstehende  Gleichung  durch  die  folgenden  ersetzen: 

104)         a?,  =  F''{xff) cos xf>-\-F'{%f))&my),    y,  =  F" {%f))su\%i)  —  F" [y/] cos if) , 

F.  =  F"(v/)  +  F(V). 

WO  F'{\li)    und  F"  [\p)    die  Derivirten   erster  und    zweiter    Ordnung    von 
F{}p)  nach  y;  sind. 

Der  zweite  Fall,  wenn  der  Punkt  (^,  Jj,  f)  auf  einer  Curve  liegt, 
bildet  eine  Combination  der  beiden  in  B  geführten  Untersuchungen.  Um 
an  dieselben  direct  anschliessen  zu  können,  liege  der  Mittelpunkt  der 
Kugelfläche  der  sphärischen  Krümmungslinien  auf  der  Axe  der  y ,  oder 
auch  auf  einer  Parallelen  zu  derselben.  Es  sind  dann  f*  und  f* 
constant,  also  nach  13)  auch  g*  und  f*.  In  Folge  der  Gleichungen 
28)  ist: 

cosy        t* 


cosa        £ 


•  • 


Stellt  man   das    linksstehende  Verhältniss  aus  den  Gleichungen  78) 
her,  so  ist  auch : 

oder: 

{£:-£)r-{s:-i)r  =  o. 


UNTERSUCHUNGEN  ÜBER  D.  FLÄCHEN  MIT  PLANEN  U^PHÄRISCHEN  ETC.  99 

In  dieser  Gleichung  sind  nur  f  und  f  väriabeL  Der  Punkt  (g.  ij,  f) 
liegt  also  in  einer  festen  Ebene,  welche  der  ^-Axe  parallel  ist.  Wird 
die.^^e  Ebene  zur  Coordinatenebene  der  ^r  und  y  genommen ,  so  ist 
f *  =  f  =  0  und  V  =  0.  In  den  Gleichungen  21)  ist  also  $*  constant 
und  V  =  0.  Setzt  man  g*  =  A:,  so  hat  man  nach  21)  und  22*)  die 
beiden  Relationen  : 


iz^ 


du 


—  0. 


du         2  du 

Die  zweite  Gleichung  integrirt  giebt: 

105)  x^  -F{v)  =  I  (^J  -\-y]  +^?-  rj). 

WO  F{v)  eine  Function  von  v  bedeutet.  Da  f  =  0,  so  gelten  wieder 
die  Gleichungen  82)  bis  93)  von  B,  zu  denen  noch  die  Gleichung  105) 
zu  nehmen  ist.  Die  Gleichungen  28)  geben  ^*  =  A:  und  cosa  ==  sin« 
gesetzt : 

106)  sin«  =  kß. 

Wird  aus  der  vorstehenden  Gleichung  der  Werth  von  Si  in  die 
Gleichungen  92)  substituirt,  so  gehn  dieselben  über  in: 

Man  setze  aus  den  Gleichungen  93)  und  106)  die  Werthe  von 
X  ,  y  ,  z^,  T  und  J2  in  die  Gleichung  105),  wodurch  dieselbe  sich  auf 
folgende  Form  bringen  lässt: 

8in  B 

wo: 

P^  =  (cotii?sin«+cos«)e~^  +  A-/^, 
P^  =  (cot  10  sin  «  —  cos  c)  e^    —  kJ^ , 


N2 


*  ^  •*       " 


100  ALFRED  ENNEPER, 

Da  ^  =  cotw,  so  geben  die  Gleichungen  108)  nach  s  differentiirt, 
wegen  der  Werthe  von  J^   und  J^  aus  den  Gleichungen  107): 

d€  "'       de  ^' 

d.  h.  P^  und  P^  sind  absolute  Constanten.  Mittelst  der  Gleichungen 
108)  lassen  sich  aus  93)  die  Integrale  J^  und  J^  eliminiren.  Setzt  man 
P^  =  0  und  Pj  =  0 ,  was  unbeschadet  der  Allgemeinheit  geschehn 
kann,  ferner  den  Werth  von  ß  aus  106)  ein,  so  ergiebt  sich  das  fol- 
gende einfache  System  für  T^,  J?^    und  y^  : 

Ix^  — -T-i  sin« — y^  cos«  =  -r{V^  e^+  ^2  ^^^)<'Otw, 
Ui—j-j  co86+y,  sin«  =  y  (—  F,  e^+  V^  e^^. 

Da  der  Fall,  dass  die  Mittelpunkte  der  Kugelflächen  der  sphärischen 
Krümmungslinien  concentrisch  sind,  in  IX  ausführlich  hehaudelt  ist,  so 
sollen  nur  einige  Bemerkungen  für  diesen  Fall ,  soweit  sich  dieselben 
auf  die  vorhergehenden  Entwickelungen  beziehn  ,  angeführt  werden.  Es 
muss  hierbei  erwähnt  werden ,  dass  in  IX  das  System  [u]  sphärisch  ist, 
um  die  Resultate  von  IVB  unmittelbar  anwenden  zu  können.  Im  vor- 
liegenden Falle  ist  das  System  [v)  sphärisch.  Sind  f*,  q*,  f*  constant, 
so  ist  dieses  auch  nach  13)  mit  $*,  ij*,  f*  der  Fall.  Die  Gleichungen 
28)  zeigen  dann,  dass 

f*         cosa         ri*        cos/? 
t*        cosy'       £*         cosy 

constant  sind.     Aus  den  vorstehenden  Gleichungen  und  den  Gleichungen 
78)  folgt: 

(?:-i)r~(:;-£)r  =  0.    (,;_i,)r-(f;-f)i?-  =  o. 


UNTERSUCHUNGEN  ÜBER  D.FLÄCHEN  MIT  PLANEN  U.SPHÄRISCHEN ETC.  101 

Es  liegt  also  der  Punkt  (f,  tj,  f)  auf  einer  Geraden.  Wird  dieselbe 
zur  Axe  der  z  genommen ,  so  ist  |  =  0,  ij  =  0  ,  also  |*  =  0,  jj*  =  0 
und  f*  =  0,  ij*  =  0.     Diesen  Annahmen   entsprechen    die    Gleichungen 

103)  und  104).     Nimmt  man  J*  =  Ar,  wo  Ar  eine  Constante  bedeutet,  so 

1 
ist  nach  28)  J2  ^=  -7;.     Die  Gleichungen   103)  reduciren  sich  für  ein  con- 

stantes  ß  auf: 

T^sinw  =  V^,     z^  =  -jT-i-  V ^  coiw. 

Da  cosa  =  0.  cos/?  =  0,  also  cosy  =  1  ,  so  giebt  die  dritte  Glei- 
chung 7  8) : 


9z 
sinn; 


V 

Nimmt  man  in  den  Gleichungen  104)  einfach  yj  =  v,  setzt  F{v)  =  -j-, 

so  hat  man  folgende  Gleichungen: 

kx^  =  F"  cos  »H-F  sin»,     Ay,  =  F"8in«— F'cos«,     kV^  =  V"-\-V. 

kT^  sin w  =  F''+  F.     kz,  =  \-\-  (F"+  F)  cotw. 

1=0.    fj  =  0.    t=—J^,    s  =  t,    kß=l. 

Sin  w 

fcoswds  =  s.cosw-^fs.  sinwdw  =  — q^  cotw — fq^  dw. 

Hierdurch  lassen  sich  die  Gleichungen  80)  auf  folgende  Art  schreiben : 

„  2q2    V"  cos  v-^-V  sin  v 

xA-r  cosa=  -r^ ^p^ , 

siuw  JJ  ^ 

1  n       ,         ^Qo    F"sinv—  F'cosv 

y  +  r  cos  0  .=  -T— ^  77 

r    '  sinn?  1) 


109)       (            ^                  q^     14-F'— F'^  +  2FF'' 
^  z-^r  cosc  =  -^-^ 7^ 


^      2(F+F")sinii;— (F'*— 2FF"— F*+l)cosw 

r  +  /  q^  dw  =  -^ ^^ Yk ' 

'  ^  ^^  Sinn;  JJ ^ 

D^=  y'2_2FF"— F*+l  +  2(F''+F)cotM;. 


102  ALFRED  ENNEPER, 

Die  beiden  letzten  Gleichun<i:en  109)  geben: 

dr" 


dv 


Werden    die    drei   ersten  Gleichungen  109)  nach  v  differentiirt,    so 
erhält  man  mittelst  der  vorstehenden  Gleichung: 

cosw—V&inw  ,  . 

cosa  =  8inK?cost?  +  ^  .    ,    rrg  .    Tr>2  (y  cosv —  V  smvK 

1  -f-  V    -f-  V 

cos  11^ r^sm w  

ttO)        /  cos  6  =  8inii?siny+2  -rTTv^  x_  V'^  (Fsint?+ F'cost?)» 

cosk; —  Vsinw 
cosc  =  cos  K?  ~  2  17»^  yt  ' 

Man  differentiire  die  Gleichungen   110)  nach  v  und  setze: 

yg  _  2(F4-F0cosi£?  +  (1— F^+r^— 2FF'^)sin^? 
r"   ~  i  +  F'+F'^ 

Für  cosa",  cos 6"  und  cosc"  ergeben  sich  dann  folgende  Gleichungen: 

2FF'cosv  +  (l +  F*—F'*)  sinv 


cosa"  = 


cos  6"  = 


cosc"  = 


i  +  F*4-F'* 
2FF8int;— (1  +  F^— F^^)cost) 

—  2V' 


1  +  F^+  F'^' 


Es  sind  cosa".  cos 6"  und  cosc"  von  u  unabhängig,  die  betreffenden 
Flächen  sind  also  durch 

d\jE  _ 
dv 

characterisirt.     Diese  Bedingung   ergiebt  sich  durch  Vertauschung  von  u 
mit  V  aus: 

d\JG  _ 
du 


UNTERSUCHUNGEN  ÜBER  D.FLÄCHEN  MIT  PLANEN  U.SPHÄRISCHEN  ETC.  103 
Die  Gleichungen  109)  und  110)  geben: 

Ein  weiterer  Verfolg  der  Gleichungen  109)  und  110)  würde  wieder 
auf  die  in  IX  gefundenen  Resultate  führen.  Uie  Aufstellung  der  Glei- 
chungen 109)  und  110)  ist  in  sofern  nicht  ohne  Interesse,  als  dieselbe 
auf  den  allgemeinen  Formeln  dieses  Abschnitts  beruht. 


Anhang. 

A.      Bemerkungen    über    die    Flächen,    für    welche    die 
Krflmmungslinien   eines   Systems  gleichzeitig    geodätische 

Linien  sind. 

Die  Flächen  mit  einem  Systeme  planer  Krümmungslinien,  deren 
Ebenen  die  Normalen  der  Flächen  enthalten  ,  bieten  ein  besonderes  In- 
teresse ,  sowohl  in  Beziehung  auf  ihre  Entstehungsweise ,  wie  durch  ihr 
häufiges  Auftreten  bei  geometrischen  Problemen.  Aus  diesem  Grunde 
sollen  die  in  IVB  aufgestellten  Gleichungen  48)  und  50)  noch  einige 
Umformungen  erleiden  ,  welche  für  verschiedene  Anwendungen  vortheil- 
haft  sind. 

Man  kann  die  Gleichungen  48)  von  IVB  auf  folgende  Weise  dar- 
stellen, welche  zu  ziemlich  einfachen  geometrischen  Interpretationen 
Veranlassung  giebt: 

Ä?co8a+yco8/?+«co8y  =  —  [/"(«>) +/(«>)]  i 

a?(co8feinaH--co8>lco8(o)+y(cosm8in(o+cos/tcos(o)+^(co8nsinai-|-coswo8co) 

dV 
1)  (  = — /((o)8in(o  — /'(co)co8(o-|- -T— cosi/z-f-T^siny/, 

a;(cos/cosai — co8>l8in(o)+y(co8mco8(o — co8^8inco)-|-5?(cosncosco — cosi^sinco) 

dV 

=  — y(co)  cos  CO  +/'  (co)  sin  co  +  -7—  sin  y;  —  V  cos  y/. 


104  ALFRED   b:  NN  EP  ER, 

Legt  man  die  Gleichungen  50)  von  IVB  zu  Grunde,  so  lässt  sich 
an  Stelle  der  vorstehenden  Gleichungen  1)  das  folgende  System  auf- 
stellen : 

'  {x — f]C08ff-|-{y — ij)co8/?  +  (^ — f)cosy  =  0, 

[x  —  ^)  (cos  /sin  (o-f  cos  X  cos  co)  +  (y  —  ij)  (cos^ts  sin  co4-  cos  fi  cos  co) 

dV 
j  4"(^ — tjicosnsinco  +  cosi'cosai)  = -7— cosi^+Fsin^, 

{x  —  I)  (cos  /cos CO  —  cos  ^  sin  co)  +  (^  —  ^)  (cos  m  cos  co  —  cos  /^  sin  co) 

.  +(^ — f)(cosncosco  —  cosj'sinco)  =  -r— siny; — Fcos^. 

In  den  Gleichungen  2)  ist  (f,  ij,  f)  ein  Punkt  einer  beliebigen 
Curve  doppelter  Krümmung ,  für  welche  die  in  I  entwickelten  Formeln 
gelten.  Die  in  IV  B  gegebene  Ableitung  setzt  voraus ,  dass  /(co)  nicht 
der  Differentialgleichung : 


7  ET  («>)+/(«»)] 


r 


»)  * SS +7/'M  =  '' 

genügen  darf,  wenn  man  sich  der  Gleichungen  2)  bedienen  will.  Findet 
die  Gleichung  3)  statt,  so  sind  die  Gleichungen  1)  zu  nehmen.  Nach 
den  in  I  gegebenen  Formeln,  sind  cos/,  cosm,  und  cosn  die  particulären 
Integrale  der  Differentialgleichung  3).  Bezeichnen  x^,  y^,  z^  arbiträre 
Constanten,  so  ist  in  3): 

4)  — /(co)  =  XqCo^I-^  y^cosm-^-z^QO^n^ 

Aus  der  vorstehenden  Gleichung  folgt,  durch  Differentiation  nach  oi, 

— f[w)  =1  ai^coBX-\'y^cosfi-\'ZQQOBP, 

7  [/*"(«>)+/(«>)]  =  ^0  <^08a+yo  cos/J+5:^  cosy. 

Die  vorstehenden  Gleichungen  lassen  an  Stelle  der  Gleichungen  1) 
ein  System  treten,  welches  unmittelbar  aus  1)  für /(co)  =  o  und  durch 
Vertauschung   von  x,  y,  z  respective   mit  x  —  x^,    y — y^^    z  —  z^  folgt. 


ÜNTERSÜCHUNGENÜBBR  D.FLÄCHEN  MIT  PLANEN  U.SPHÄRISCHEN  ETC.  106 

Die  Constanten  x^,  y^,  z^  beziehn  sich  nur  auf  eine  Verlegung  des  An- 
fangspunkts der  Coordinaten.  Man  kann  also,  ohne  die  Allgemeinheit 
der  Formeln  zu  verringern  ,  o?^  =  0,  y^  =  0,  2?^  =  0,  d.  i.  nach  4) 
f[(o)  =  0  nehmen.  Findet  also  für  f((o)  die  Differentialgleichung  3\ 
statt,  so  setze  man  in  den  Gleichungen  1)  /((o)  =  0.  Die  Ebenen  des 
Systems  planer  Krflmmungslinien  schneiden  sich  dann  sämmtlich  in  einem 
festen  Punkte,  dem  Anfangspunkte  der  Coordinaten. 

In  den  Gleichungen  t)  sind  die  Ebenen  der  planen  Krflmmungs- 
linien den  Normalebenen  einer  Curve  doppelter  Krümmung  F  parallel. 
Man  kann  die  bemerkten  Ebenen  auch  den  rectificirenden  Ebenen  einer 
Curve  jTi  im  Baume  parallel  nehmen.  Es  ergeben  sich  dann  sehr  ein- 
fache und  symmetrische  Gleichungen.  Es  verdient  indessen  hierbei  her- 
vorgehoben zu  werden,  dass  diese  Vereinfachung  nicht  für  den  allge- 
meinen Fall  planer  Krümmungslinien  stattfindet.  In  dem  allgemeinen 
Falle  werden  die  Formeln  im  Gegentheil  weitläufiger  und  dadurch  für 
Anwendungen  weniger  brauchbar. 

Es  seien  ^^^  ß^^  y^  die  Winkel,  welche  die  Tangente  im  Punkte 
JZ^  der  Curve  F^  mit  den  Coordinaten axen  bildet.  Bezeichnet  man  das 
Bogenelement  der  Curve  F^  allgemein  durch  ds^^  so  können  a^,  ß^,  y^ 
als  Functionen  von  s^   angesehn  werden. 

Man  setze: 

5)         cos/  sin  CO  +  cos ^ cos (0  =  cosa^,     cosmsinco-f-cos^cosoi  =  cos/?^ 

cos  n  sin  CO  +  cos  r  cosy  =  cos  y  ^ . 

Auf  die  rechten  Seiten  der  vorstehenden  Gleichungen  lassen  sich 
die  in  I  aufgestellten  Formeln  anwenden,  wenn  alle  dort  vorkommenden 
Quantitäten  mit  dem  Index  i  versehen  werden.  Unter  dieser  Voraus- 
setzung geben  die  Gleichungen  5)  dififerentiirt: 

COSCI^COSCO     ,  COSJli    ,  COSjScOSCO   ,  CO8U.     , 

ds  = 'ds., 08  = -ds., 

9  ?i        '  9  ?i         ' 

COS  y  cos  Ol   -         cosi'.   . 
ds  = -ds.. 

9  9i        * 

Mathem.  Glosse.    XXVL  2.  O 


106 


ALFRED  ENNEPER, 


Nimmt  man  hierin : 


6) 


coswds       ds 


80  finden  die  Gleichungen  statt: 

7)  — cosa  =  cos^i,     — cos/?  = 


cos  fl 


cosy  =  COSfj, 


Nach  den  Gleichungen  I  8)  und  I  7)  ist, 


1  0  0 

cos^^  cos fi^  cosa^^ 
cosa^    cosjSj  cosy^ 


=  cobZj, 


cosa  cos/?  cos/ 
cos  l  cos  m  cos  n 
cosJl  cos /u  cos  f^ 


=  1. 


Bildet  man  das  Product  dieser  Gleichungen,  so  folgt  unter  Anwen- 
dung der  Gleichungen  5)  und  7): 

cos /cos  CO  —  cos  ^  sin  CO  =  cosZ^. 

Es  ergeben  sich  so  die  folgenden  Gleichungen: 

8)         cosZcosco  —  cos^sinco  =  cosl^,     cosmcosco — cos/usinco  =  cosm^, 

cosncosco  —  cos  i' sin  CO  =  cosn|. 

Differentiirt  man  diese  Gleichungen,  berücksichtigt  die  Gleichungen 
7),  so  folgt: 

siu  (ods       ds. 

9)  :r-  =  -:r- 


Man  setze: 


10) 


-f  [/"(«,)+/(«,)]  =i2, 


WO  S2^  eine  Function  von  s  oder  s^  bedeutet.  Mit  Hülfe  dieses  Wer- 
thes  von  ß^ ,  sowie  der  Gleichungen  6)  und  9)  erhält  man  einfach  durch 
Differentiation : 

coso)  ds       Siicoswds       ßidsi 


-rf[f(co)cosco+/(co)sincoj  =-  [r(co)+/(co)J 
d  [/(co)8inco  -f{aj)cosw]  =       [r((o)+/(co)] 


sinw  ds       SiisinaMis       Si^dsi 


UNTERSUCHUNGEN  ÜBER  D.FLÄCHEN  MIT  PLANEN  Ü-SPHÄRISCHENETC.  107 


Durch  Integration  geben  diese  Gleichungen: 


a.ds 


11) 


|/'(<i,)cosa,+/{<»;8in«,]  =  A,  +  f-T-^. 


a.ds 


/u  as 


wo  h^  und  h^  Constanten  sind.  Die  beiden  Constanten  h^  und  h^  kana 
man  annulliren.  Da  die  rechten  Seiten  der  beiden  letzten  Gleichungen 
1)  mit  Hälfe  der  Gleichungen  11)  transformirt  werden  sollen,  so  ver- 
schwinden Äj  und  Äj  wenn  V  durch  F^+Ä,  cosy; — A^  sin  ^^  ersetzt 
wird,  wo  V^  eine  arbiträre  Function  von  v  bezeichnet  In  die  Glei- 
chungen 1)  führe  man  aus  den  Gleichungen  5)  bis  11)  die  bestimmenden 
Elemente  der  Curve  F^  ein,  wobei  noch  A^  =  0,  ä^  =  0  zu  setzen 
ist  Das  System  1)  lässC  sich  durch  das  folgende  einfachere  System 
ersetzen ; 


/  iTCOSJli  -f-yC08/t^  +^C08f  ^    =^*^i' 


12) 


— -ds^  -{--T-co^xp  -|-  Fsiny;, 

rSl^  ^         dV 
a?cos/^  4-ycosm^-|-2fcosnj  =1  —  ds^-\--^  Buxxp  —  Fcosy/. 


Bei  Anwendungen  der  Gleichungen  12)  kann  man  den  Index  1 
einfach  weglassen.  Dieses  ist  im  Vorstehenden  unterlassen,  damit  nicht 
dieselben  Quantitäten  a,  Z,  X  etc.  sich  auf  verschiedene  Curven  beziehn, 
wodurch  die  Vergleichung  von  Resultaten  erschwert  wird. 

In  den  Gleichungen  10),  11)  und  12)  von  IV  nehme  man  cosa=  0, 
sinG  =  1  und  nach  IVB  Q  =i  w-^xp.  Man  führe  ferner  mittelst  der 
obigen  Gleichungen  5),  7)  und  8)  die  Winkel  a^,  X^,  l^  etc.  ein.  Hier- 
durch folgt: 


13) 


cosa  = 
cos  6  = 

cos  c  = 


cosa^  sinY'  +  cosZi  cosi^, 
cos/?^  siny'+cosWj  cosy/, 
cosy^  sin^  +  ^ösn^  cos^. 


cos  a  =  cos  X  j , 
14)     {  cos 6'  =  cos fi^^ 


cosr   =  cosf^. 


02 


108  ALFRED  ENNEPEE, 

icos  a"  ==  cos  ufj  cos  y + cos  l^  sin  tp, 
cos  6"  ==  cosjS^cosi^-f-cosm^sin^, 
cosc"  =  cos}^^  cosy^-f-cosn^siny/. 

Die  erste  Gleichung  12)  gibt  nach  u  differentiirt : 

(cosa  cosi^ +cosycos/tii +C08c'cOSf  j)^jB 

—  (^cosai+j^cos/?i+5?cosyJ— -^^ 

1  ds.        (U2t 
—  (ä?cos/,  +ycosmi  +2?co8ni)—  ^  =  -^. 

Wegen  der  Gleichungen  1 2)  und  1 4)  giebt  die  vorstehende  Gleichung : 

du  ckj    du 

gesetzt : 

.—du        da.   .    1  r  rSi.  ^         dV  .    rr  •      1 

Wird  die  zweite  oder  dritte  Gleichung  12)  nach  v  differentiirt,  so 
erhält  man  mittelst  der  Gleichungen  15): 

,-p.dv        d^V  ,    ^ 

Durch  Differentiation  der  Gleichungen  1 3)  nach  u  und  v  und  Zu- 
ziehung der  Gleichungen  14)  und  15)  findet  man: 

^jB  du  sin  tp      cos  tp  \JG  dv 

'  r'   ds^  Pi  ^1  **'    ^V 

Ist  in  den  Gleichungen  1]  f[(xl)  =0,  so  ist  nach  10)  in  den  Glei- 
chungen 12)i2j  .=  0.  Wenn /(co)  nicht  verschwindet,  so  kann  man  das 
System  der  Gleichungen  2)  statt  der  Gleichungen  1)  nehmen.  In  den 
Gleichungen  2)  und  12)  setze  man: 


UNTERSÜCHUNGENÜBERD.FLÄCHENMITPLANENU.SPHÄEISCHENETC.  109 

dV  dV 

20)  X  =  ^cos^+Fsini^,      Y  ^=  j-sintfß — Fcos^. 

Man  kann  X  und  Y  als  Coordinaten  eines  Punktes  einer  planen 
Curve  C  ansehn,  es  sei  O  der  Anfangspunkt  des  Systems  der  X  und  Y. 
Die  Gleichungen  2)  und  12)  bestimmen  dann  dieselbe  plane  Gurve  C  in 
beliebig  vielen  Lagen ,  wenn  die  Ebene  der  Curve  sich  in  einer  be- 
stimmten, gleich  zu  definirenden  Weise  fortbewegt.  Es  seien  f,  i},  f  die 
Coordinaten  eines  Punktes  JI  einer  Curve  doppelter  Krümmung  F.  Die 
Curve  r  hat  unendlich  viele  Evoluten ,  es  sei  F'  eine  beliebig  gewählte 
Evolute  von  F  und  JI'  der  Punkt  von  F',  welcher  dem  Punkte  U  ent- 
spricht.    Es  sind  dann: 

cos/sinoi-f-cos>lcosco  ,     cosmsinco-f-cos/ucosco ,     cosnsinco-f-cosi^cosco, 

die  Cosinus  der  Winkel»  welche  die  Verbindungslinie  der  Punkte  U  und 
n'  mit  den  Coordinatenaxen  einschliesst.  Die  Gleichungen  2)  geben 
folgende  Entstehungsweise  der  durch  dieselben  analytisch  definirten  Flächen. 

Theorem . 

In  einer  Ebene  werde  eine  feste  Curve  C  angenommen  und  zwei 
bestimmte  zu  einander  orthogonale  Geraden,  welche  sich  in  einem  Punkte 
O  schneiden.  Es  sei  F  eine  beliebige  Curve  doppelter  Krümmung,  F' 
eine  Evolute  von  F,  ferner  seien  ü  und  ü'  zwei  Punkte  von  F  und  jT', 
welche  einander  entsprechen.  Die  Curve  C  bewege  sich  nun  so,  dass 
der  Punkt  O  die  Curve  F  durchläuft,  dass  die  Ebene  von  C  mit  der 
jedesmaligen  Normalebene  eines  Punktes  n  von  F  zusammenfallt  und 
eine  der  beiden  festen  Geraden  in  der  Ebene  von  C  auf  die  Verbin- 
dungslinie der  Punkte  11  und  11'  zu  liegen  kommt.  Die  Curve  C  erzeugt 
dann  die  allgemeinste  Fläche,  auf  welcher  sie  gleichzeitig  Krümmungs- 
linie und  geodätische  Curve  ist. 

Dieser  Satz  erfordert  eine  Modification,  wenn  sich  die  Curve  F  auf 
einen  Punkt  reducirt,  oder  besser,  die  Ebene  von  C  immer  durch  einen 
festen  Punkt  geht.  Ist  die  Curve  F  plan,  so  ist  nach  IV D  die  Fläche 
die  Enveloppe  einer  Rotationsfläche ,  welche  sich  so  bewegt ,  dass  ihre 
Axe  immer  senkrecht   zu  einer  Ebene  H  bleibt .    und    ein    fester  Punkt 


110  ALFRED  ENNEPER, 

der  Axe  eine  beliebige  Curve  F  in  der  Ebene  H  durchläuft.  Greht  die 
Ebene  der  Curve  C  durch  einen  festen  Punkt,  so  sei  derselbe  der  Anfangs- 
punkt der  Coordinaten,  die  Gleichungen  12)  geben  dann  i2^  =  0  gesetzt: 

dV 
^  V  .  iTcosa^+ycosjSj+ifcosyj  =  ^  cosy^+Fsiny/, 

dV 
«rcos  l^  +y  cosrnj-f-^rcosn^  =  -t~  sin^ —  Fcosy/. 

Diese  Gleichungen  geben  folgendes 

Theorem. 
In  einer  Ebene  E  werde  eine  feste  Curve  C  und  zwei  bestimmte, 
zu  einander  orthogonale,  Geraden  angenommen,  welche  sich  in  einem 
Punkte  O  schneiden.  Die  Ebene  E  drehe  sich  um  den  Punkt  0 
derart,  dass  die  beiden  festen  Geraden  den  Tangenten  und  Binor- 
malen der  verschiedenen  Funkte  einer  Curve  doppelter  Krümmung 
beständig  parallel  bleiben.  Die  Curve  C  erzeugt  dann  die  allge- 
meinste Fläche  mit  einem  System  planer  Krümmungslinien,  dessen 
Ebenen  die  Normalen  der  Fläche  enthalten  und  beständig  durch 
einen  festen  Funkt  gehn. 
Die  Gleichungen  21)   lassen    noch   folgende   geometrische    Deutung 

zu.      Durch  Elimination    von  y;   zwischen   der   zweiten   und   dritten  der 

Gleichungen  21)  folgt: 

22)       j?cos/^ -j-^cosm^  +  ^rcosnj  =  *(irco8Cfj -|-^cos/?j  +  xrcosy^), 

wo  4^   eine    beliebige   Function    ihres   Arguments   ist.     Die    vorstehende 
Gleichung  nach  s^  differentiirt,  giebt: 

/  >       *\ 

I l(irco8^^-{-^cos/t|  +  ^cosyj)  =  0, 

d.  i. 

iTcos^j +yco8^^  +  5:cosi'^  =  0, 

was  wieder   die    erste  Gleichung  21)  ist.     Die   in  Rede  stehende  Fläche 


UNTERSUC  HÜNGEN  ÜBER  D.FLÄCHEN  MIT  PLANEN  U.SPHÄRISCHEN  ETC.  1 1 1 

ist  also  auch  die  Enveloppe  einer  Cylinderfläche,  deren  Kanten  den  Haupt- 
normalen einer  Curve  doppelter  Krflmmung  parallel  sind. 

Die  Flächen,  definiit  durch  die  Gleichungen  21),  haben  eine  geome- 
trische Eigenschaft,  die  sich  unmittelbar  auf  folgende  Art  ergiebt.  Die 
Summe  der  Quadrate  der  Gleichungen  21),  nämlich: 


^+/+^=(^)'+F'. 


ist  unabhängig  von  u.     Durch  Differentiation  nach  u  folgt: 

dx        dv        dz 

oder: 

24)  XQO^ci-^jfcosh'-^zco^c'  =  0. 

Die  Verbindungslinien  der  Punkte  der  Fläche  mit  einem  festen 
Punkte  stehn  auf  den  Tangenten  zu  einem  der  Hauptschnitte  senkrecht. 
Findet  umgekehrt  die  Gleichung  23)  statt,  so  ist  G  von  u  unabhängig. 
Die  Gleichung  24)  nach  v  differentiirt  giebt  nämlich: 

25)  (j?cosfl"+ycos6"  +  arcosc'')--F=  -A—  =  0. 

Die  Annahme: 

a?cosa''  +  ycos6''+arcosc''  =  0, 

oder: 

dx  ^     dy  ^     dz 
dv^^dv   '     dv 

zeigt  in  Verbindung  mit  der  Gleichung  23),  dass  Äf*4"y*+^*  constant 
ist,  der  Punkt  (<r,  y,  z)  also  einer  Kugelfläche  angehört.  Von  diesem 
besonderen  Falle  abgesehn,  gibt  die  Gleichung  25): 

als  allgemeine  Lösung.     Die  Gleichung  24)  zieht  die  Gleichung: 


112  ALPRED  ENNEPER, 

d -^ =  0 

du 

nach  sich.     Ist  eine  Gleichung  von  der  Form: 

26)  xco^a-i^yco^h-^zco^c  =  F  fs/^^Z^IyT^I^] 

gegeben,  wo  F{t)  eine  beliebige  Function  von  t  ist.  so  giebt  diese  Glei- 
chung nach  u  und  v  differentiirt : 


27) 


(a?cosa'+yco86'+^co8c)|4  +  ^^^^^Si|\/-E  =  0. 
{a^cosa''+ycosb''+zcosc)\X  +  ^  :)f^^  =  0. 


Die  Gleichungen  27)   geben  zu  vier  Annahmen  Veranlassung,    von 
denen  zwei  auf  die  Kugelflächen  führen,  nämlich: 

a?co8a +y  cosft'+arcosc' =  0,     «rco8a''+ycos6''-j"^co8c'' =  0 
und: 

1      1         F'  [v/^q:y+?J 


r 


r"  v/^ip^vqr^ 


Die  letzte  Doppelgleichung  schliesst  auch  noch  die  Ebene  ein.  Mit 
Beseitigung  dieser  besonderen  Fälle  werden  die  Gleichungen  27)  allge* 
meiner  erfflUt  durch: 

oder : 

iTcosa'  +  vcosi  4-2rcosc"=  0,     -7  H /  ,         :--    =  0. 

Die  beiden  letzten  Annahmen  gehn  durch  Vertauschung  von  u  und 
V  in  einander  über.     Die  erste  der  Gleichungen  28)  hat  wieder: 

d^G  _ 
du 


UNTERSUCHUNGEN  ÜBER  D.FLÄCHEN  MIT  PLANEN  ^SPHÄRISCHEN  ETC.  1 1 3 

zu  Folge.  Durch  die  Gleichung  26)  sind  die  Flächen  definirt ,  welche 
die  Eigenschaft  haben,  dass,  in  Beziehung  auf  einen  festen  Punkt  O» 
far  jeden  Punkt  P  der  Fläche,  die  Projection  des  Radius  vectors  OP 
auf  die  Normale  im  Punkte  P  zur  Fläche,  eine  Function  des  Radius 
vectors  OP  ist.  Die  Gleichung  26)  lässt  sich  auch  mit  einem  photo- 
metrischeu  Problem  in  Verbindung  setzen.  Es  werde  eine  Fläche  von 
einem  Punkte  O  aus  beleuchtet,  die  Helligkeit  in  einem  Punkte  P  der 
Fläche  ist  abhängig  von  der  Distanz  OP  und  dem  Incidenzwinkel,  wel- 
chen der  einfallende  Strahl  OP  mit  der  Normalen  des  Punktes  P  bildet. 
Nach  den  Principien  der  Photometrie  ist  das  Maass  der  Helligkeit  im 
Punkte  P  proportional  dem  Cosinus  des  Incidenzwinkels ,  dividirt  durch 
das  Quadrat  der  Distanz  des  Punktes  P  vom  leuchtenden  Punkte  O. 
Setzt  man  statt  des  Quadrats  der  Distanz  eine  beliebige  Function  der- 
selben ,  so  hat  allgemeiner  die  Intensität  der  Beleuchtung  zum  Maass 
den  Ausdruck  : 

^co8a4-^cos64-^cosc^  n/-^— — z—, — si        ^ 

wo  T  zur  abkürzenden  Bezeichnung  des  links  stehenden  Ausdrucks  ge- 
setzt ist.  Soll  die  Helligkeit  in  jedem  Punkte  einer  Fläche,  welche  von 
einem  Punkte  aus  beleuchtet  ist,  dieselbe  sein,  so  ist  in  29)  T  constant. 
Dann  findet  aber  die  Gleichung  26)  statt,  «r,  y  und  z  sind  durch  die 
Gleichungen  21)  bestimmt.  Setzt  man  ihre  Werthe  aus  21)  in  die  Glei- 
chung 29),  substituirt  ferner  die  Werthe  von  cosa,  cos6  und  cosc  aus 
den  Gleichungen  1 3),  nimmt  Ty  =  —  1 ,  wo  ^  eine  Constante  bedeutet, 
so  folgt: 

Für    eine    gegebene  Function    *    ist    aus  dieser  Gleichung    V   als 
Function  von  y/  zu  bestimmen.     Ist  V  als  Function  von  y/  bekannt,    so 
lässt  sich  mittelst  der  Gleichungen  20)  die  Curve  finden,  von  deren  Be- 
McUhem.  Glosse.  XXV L  2.  P 


114  ALFRED   ENNEPER, 

Stimmung    die    Aufstellung    gleichmässig    beleuchteter  Flächen    abhängt. 

Aus  dem  Vorstehenden  ergiebt  sich  folgendes 

Theorem. 
Eine  Fläche  werde  von  einem  Punkte  O  aus  beleuchtet,  die  Hel- 
ligkeit in  einem  Punkte  P  der  Fläche  sei  dem  Product  proportional 
aus  dem  Cosinus  des  Incidenzwinkels  in  eine  Function  der  Distanz 
der  Punkte  O  und  P,  Alle  Flächen,  welche  in  jedem  Punkte 
dieselbe  Helligkeit  besitzen,  haben  die  Eigenschaft,  dass  ein  System 
von 'Krümmungslinien  plan  ist,  die  Ebenen  des  Systems  die  Nor- 
malen zur  Fläche  enthalten  und  sämmtlich  durch  den  Punkt  O  gehn. 

Nimmt  man  in  30)  4>[t)  =  -wp  und  g  =  f^^,  so  ist: 


y,    :dv\'^p + T  ~  k'p' 


Mm 


Durch  Integration  folgt: 

WO  tpQ  eine  Constante  bedeutet ,  welche  auf  die  Relation  zwischen  X 
und  y,  d.  h.  auf  die  Form  der  Curve  C,  von  keinem  Einfluss  ist. 
Diesem  Werthe  von   V  entsprechend  hat  man  in  20): 

1 

Xcosy/o-  I'sinv/o  =  *L'i»^^^(V^+V'o)J    ^^^  Ip  ^,7 ' 

1 

X  sin  Vo  +  Fcos  Vo  =  Ä  [sin  ^^-  {f  +  Vo)]''  «°  |^f  • 

Für  den  Fall  der  Natur  ist  />  =  1  ,    dann    geben  die   vorstehenden 
Gleichungen : 

(X*+  ry  =  2A:*(Xco8V/o  —  F8inv/o)(X8inv/o  +  I^cos  v^o). 


UNTERSUCHUNGEN  ÜBERD.FLÄCHEN  MIT  PLANEN U.SPHÄRISCHEN  ETC.  115 

71 

Nimmt  man  tp^  =  —,   so  folgt: 

was  die  bekannte  Gleichung  der  Lemniscate  ist.  Die  aus  den  Glei- 
chungen 29)  und  30)  erhaltenen  Resultate  finden  sich,  soweit  dieselben 
auf  Photometrie  Bezug  haben  ,  zuerst  mitgetheilt  in  den  ,, Nachrichten 
V.  d.  K.  G.   d.  W.     Aus  dem  Jahre  1866**  (pag.  270  u.  f.). 

B.  Die  Flächen  der  Krümmungscentra,  mit  besonderer 
Beziehung    auf  Flächen    mit    einem    System    planer   Krüm- 

m  ungslinien. 

Die  Endpunkte  der  beiden  Hauptkrümmungshalbmesser  r  und  r" 
liegen  bekanntlich  auf  zwei  Flächen,  welche  zuerst  von  Monge  ange- 
geben sind  und  die  Flächen,  oder  auch  die  Schalen,  der  Krümm ungs- 
centra  heissen  mögen*).  Diese  beiden  Flächen  geben  zu  einigen  bemer- 
kenswerthen  Sätzen  Veranlassung,  wenn  die  primitive  Fläche  ein  System 
planer  Krümmungslinien  besitzt.  Mit  Hülfe  der  in  II  aufgestellten 
Gleichungen  lassen  sich  die  Untersuchungen  für  die  Flächen  der  Krüm- 
mungscentra  ziemlich  einfach  und  leicht  durchführen.  Für  die  folgenden 
Anwendungen  ist  eine  Aufstellung  der  wesentlichsten  Formeln  erforder- 
lich, eine  Aufstellung,  die  um  so  mehr  geboten  erscheint,  als  ein  nur 
annäherend  befriedigendes  analytisches  Material,  bisher  nicht  vorhanden  war. 

Dem  Punkte  P  einer  Fläche  S  mögen  die  beiden  Punkte  P^  und 
und  Pj   durch  die  folgenden  Gleichungen  entsprechen  : 


'*')  Die  erste  Erwähnimg  findet  sich  in  der  schon  früher  citirten  Abhandlung 
von  Monge:  »Memoire  sur  la  theorie  des  d^blais  et  des  remblais«  in  der  Histoire 
de  rAcad^mie  pour  l'annöe  MDCCLXXXI.  (Paris  1784.)  Auf  pag.  693  ist  die 
Aufgabe  gestellt  »Trouver  les  ^uations  de  deux  surfaces  qui  sont  les  lieux  g^ome- 
triques  des  centres  de  moindre  et  de  plus  grande  courbure.c  Diese  Untersuchungen 
finden  sich  erweitert  in  der  »Application  de  Tanalyse  i  la  g^om^trie.€  (Ginquieme 
ed.     Paris  1850)  pag.  134—139,  so  wie  den  §§  XXIU,  XXIV  und  XXV. 

P2 


116  ALFRED  ENNEPER, 

«r^  =.i?+rco8a,  /  x^  =  j?+r"co8a, 

0         \  Hx  =y  +  »''co86,  2)         j  y^  =y4-r"co86, 

z^  =  ar+r  cosc,  (  z^   =  z-^r'coBc. 

Die  beiden  Punkte  P^  und  P^  liegen  auf  den  beiden  Schalen  8^ 
und  8^  der  Krümmungscentra  der  Fläche  8.  Die  rechten  Seiten  der 
Gleichungen  1)  und  2)  gestatten  directe  Anwendungen  der  in  II  aufge- 
stellten Gleichungen  ,  wobei  es  hinreichend  ist,  diese  Anwendungen  nur 
für  eins  der  Systeme  1 )  oder  2)  vollständig  durchzuführen.  Da  die  Glei- 
chungen 1)  und  2)  durch  gegenseitige  Vertausch ung  von  u  und  v  in  einander 
flbergehn,  so  lassen  sich  ohne  weitere  Rechnungen  aus  Formeln,  welche 
für  das  eine  System  gelten,  die  Formeln  für  das  andere  System  schliessen. 

Analog  den  in  II  gebrauchten  Bezeichnungen  sollen  für  die  Flächen 
8^  und  8^  die  folgenden  stattfinden: 

du    dv        du   dv       du  dv  '* 

(Sf)V(|f)V(^f=... 

dx^  dx^      dy^  dy^      dz^  dz^  ^  ^ 
du    dv        du    dv       du    dv  ^       ^* 
Die  Gleichungen  1)    geben    nach   u   und  v  difFerentiirt ,    unter  An- 
wendung der  in  II  aufgestellten  Formeln : 

dx.        dr  (  dx.        dt^  r" — /    — 

j  dy.        dr        ,  /  dv,        dr  r"  —  /   — 


du        du         *  '     \  dv         dv 


r 


dz.        dr'  f  dz.        dr  r  — r    r^, 

■^  =  ^co8c.  \  _=_co8c-h-^7r-V^cosc 


UNTERSUCHUNGEN  ÜBER  D.FLÄCHEN  MIT  PLANEN  U.SPHÄRISCHEN  ETC.  1 1 7 

Mit  Rücksicht   auf  die   in  II    aufgestellte  Gleichung  13)  geben  die 
vorstehenden  Gleichungen  5)  und  6] : 


'  d1f^  dz^      dy^  dzi  _ 


^) 


du   dv 

dv    du 

dz^  dXy^ 
du    dv 

dz^  dx^ 
dv    du 

dx^dy^ 

dx^dy^ 

=  -(r' 


—  (    " 


.drs^G        , 
'du  r 

j^dr^sß 
du  r 


^lir.  \^ooBb\ 


\  du    dv        dv    du 


—       f  " 


r  j  ^-  -~r  cos  c . 

'du  r 


Es  ist  weiter: 


8) 


9) 


10) 


d^x^    i 
du* 

du* 

d*z^ 
du* 

dx^ 
du 

du 

dz^ 
du 

=  (^" 

dx^ 
dv 

dv 

dz^ 
dv 

dudv 

du  dl 

d^z^ 

)   dudv 

dx^ 
du 

dVi 
du 

dz^ 
du 

dx^ 
dv 

dv 

dzi^ 
dv 

d^x^    cPyi 
dv^      dv^ 

d*z, 
dv* 

dx^     djf^ 
du       du 

dz^ 
du 

=  — 

1  *f 

dx^ 

i  <^yi 

dzy 

i^1 


dr\'  sJIEG 


r  r 


=  0. 


dv       dv       dv 


^  'duduslEXr"}' 


Aus  den  Gleichungen  5)  und  6)  findet  man  : 

idry      r.        ßA*  ,  {r'  —  A*  „        dr'dr' 


118  ALFRED  ENNEPER, 

Sind  r\  und  r\  die  beiden  Hauptkrümmungshalbmesser  der  Fläche 
S^  im  Punkte  Pj  ,  so  erhält  man  aus  den  Gleichungen  8),  9),  10) 
und    II): 


12) 


dr" 
\       _        du  \ 

T  ^r  ^  dr   [r   —r y 


du 


")  (^^^y-^%9m=i^9i^\<^-^ 


rfr  dt^  /V^\ 


£fu  du 


m- 


Sind  ferner  r  ^  und  r'^  die  beiden  Hauptkrümmungshalbmesser  der 
Fläche  S^  im  Punkte  Pj .  so  geben  die  Gleichungen  11),  12)  und  13) 
durch  Vertauschung  von  u  und  v,  also  von  jB,  G,  r  und  r"  respective 
mit  G,  jB.  r"  und  r  die  nachstehenden 


-)  -.=(0+M-.  <'.=g. -.= 


rfr"  rf/' 


15) 


du  dv 

dr^ 

dv         1 


•«)  t-^-.^)<-oi-f(t=(i"f)v[(-o^^-''r 


rfr'  rfr"  yv/£\» 


dv  dv 


m- 


Die  vorstehenden  Gleichungen  sind  auf  die  Kugelfläche  und  die 
developpabeln  Flächen  nicht  anwendbar.  Sieht  man  eine  developpabele 
Fläche  als  Tangentenfläche  einer  Curve  doppelter  Krümmung  JT  an,  so 
ist  die  rectiticirende  Fläche  der  Curve  F  die  Fläche  der  Krümmungs- 
centra   der    endlichen  Hauptkrümmungshalbmesser    der  Tangentenfläche 


ÜNTERSÜCHUNGENÜBERD.FLÄCHENMITPLANENÜ.SPHÄRISCHENETC.119 

von  r.  Werden  bei  einer  Kegelfläche  die  Generatricen  den  Tangenten 
einer  Curve  F  parallel  genommen,  so  ist  die  Fläche  der  Krümmungs- 
centra  wieder  eine  Kegelfläche ,  deren  Generatricen  den  rectificirenden 
Geraden  von  F  parallel  sind*). 

In  der  „Application  de  lanalyse  ä  la  g^om^trie'*  (V.  6d.  Paris 
1850)  finden  sich  der  Reihe  nach  folgende  von  Monge  sehr  detaillirt 
ausgeführte  Untersuchungen  in  Beziehung  auf  die  Flächen  ,  für  welche 
eine  der  Schalen  der  Krümmungscentra  gegeben  ist. 

§  XXIII.  De  la  surface  courbe  dont  toutes  les  normales  sont 
tangentes  ä  la  surface  d'une  m^me  sphere.     (p.   246 — 286). 

§  XXIV.  De  la  surface  courbe  dont  toutes  les  normales  sont  tan- 
gentes ä  une  m^me  surface  conique  a  base  arbitraire.     (p.   286 — 321). 

§  XXV.  De  la  surface  courbe  dont  toutes  les  normales  sont  tan- 
gentes ä  une  m^me  surface  d^veloppable  quelconque.     (p.  322 — 368). 

Die  von  Monge  behandelten  Probleme  lassen  sich  in  ein  Problem 
zusammenfassen,  nämlich  in  die  Bestimmung  der  Flächen,  für  welche 
ein  System  von  Krümmungslinien  aus  geodätischen  Linien  besteht. 

Ist  eine  der  Schalen  der  Krümmungscentra  eine  developpabele 
Fläche.  80  sei  dieses  mit  der  Fläche  S^  der  Fall.     In  der  Gleichung  1 2) 

verschwindet    die    linke    Seite,    da  r\  =  oo    oder  r\  =  oo,    es  ist  also 

dr"  dG 

-r—  =  0,    also  auch   -r—  =  0. 

du  du 


*)  Die  Gleichungen  12)  nnd  15)  geben,  wenn  r' — r"  constant  ist  folgendes 

Theorem. 

Ist  für  eine  Fläche  in  jedem  ihrer  Punkte  die  Differenz  der  Hauptkrümmungs- 
halbmesser constant,  so  haben  die  beiden  Flächen  der  Krümmungscentra  überall 
constantes,  negatives  Erümmungsmaass. 

Es  braucht  wohl  kanra  bemerkt  zu  werden,  dass  sich  nur  besondere  Fälle  von 
Flächen  von  constantem,  negativem  Erümmungsmaass  ergeben  können.  Nimmt  man 
eine  Helikoidfläche ,  so*  sind  die  beiden  Flächen  der  Erümmungscentra  wieder  Heli- 
koidflächen.  Aus  der  allgemeinsten  Helikoidfläche ,  für  welche  die  Differenz  der 
Hauptkrümmungshalbmesser  constant  ist,  lassen  sich  nur  zwei  besondere  Helikoid- 
flächen  von  constantem ,  negativem  Erümmungsmaass  herleiten ,  wie  eine  Rechnung 
ergiebt,  deren  Ausfuhrung  hier,  unterbleiben  möge. 


120 


ALFRED  ENNEPER, 


Ist  eine  der  Flächen  der  Krüinniuijgscentra  eine  Kugelfläche,  so  sei 
dieses  die  Fläche  8^.  Bedeutet  k  eine  Constante,  wird  der  Mittelpunkt 
der  Kugelfläche  zum  Anfangspunkt  der  Coordinaten  genommen,  so  ist; 

oder  die  Werthe  von  J?^*  y«'  ^2   ^^®  ^)  ^^bstitnirt: 

17)  (a?+/'co8af4-(j^4-r"cos6)*4-(;?  +  r''cosc)*  =  Ä:*. 

Diese  Gleichung  nach  v  differentiirt  giebt : 

dv 

18)  (a?coso4"ycos6  +  2rcosc4-03~"  =  ^• 

dr' 
Nimmt  man  ^  =  0,  so  ist  die  Fläche  8  die  Enveloppe  einer  Ku- 

gelfläche  von  variabelem  Radius,  deren  Mittelpunkt  eine  beliebige  Curve 
beschreibt.  Die  eine  Fläche  der  Krümmungscentra  reducirt  sich  dann 
auf  die  beliebige  Curve.  Hiervon  abgesehn,  kann  die  Gleichung  1  8)  nur 
die  Lösung: 

19)  a?  cos  a  +y  cos  b  +  zcos  c-\'r'  =  0 

geben.  Die  Elimination  von  r'  zwischen  den  Gleichungen  18)  und  19) 
giebt: 

20)  07*4"^*  +  ^  =  Xr*-|-(a?cosa+ycos6  +  2fcosc)*. 

Diese  Gleichung  enthält  in  der  That  die  Bedingung,  dass  die  Nor- 
male des  Punktes  (o?,  y,  z)  der  Fläche  /S  eine  um  den  Anfangspunkt 
der  Coordinaten  mit  dem  Radius  k  beschriebene  Kugelfläche  berühre. 
Die  Gleichung  20)  ist  in  der  allgemeinen  Form  der  Gleichung  26)  von 
Anhang  A  enthalten.     Sie  führt  wieder  auf  die  Gleichungen: 

,  .  ,,  ,  ,  dG 

a?  cos  a +y  cos  6 -f- ar  cos  c  ^=0,      -r— ==  0. 


du 


Aus  den  Gleichungen   1)  und  7)  folgt: 


21) 


dx 
du 
dx. 


du 


dz 


du 
dz. 


dv      dv      dv 


____       /  » 


,dr'\lG 
r)-j s-  .  [a!coaa-\-ycosb  -\-zco%c). 


ÜNTERSUCHÜNGENÜBERD.FLÄCHENMITPLANENU.SPHÄRISCHENETC.121 

Es  verschwindet  die  links  stehende  Determinante  wenn 

oleosa  -{-ycosb' ^zcosc=  0, 

die  berührende  Ebene  zur  Schale  S^  im  Punkte  («r^,  y^,  z^)  geht  dann 
durch  einen  festen  Punkt,  den  Anfangspunkt  der  Coordinaten.  Die 
Fläche  iS,  ist  also  allgemein  eine  Kegelfläche,  wenn  für  die  primitive 
Fläche  S  die  Relation  : 

22)  d?coso+ycos6-j"^cosc  =  *(a?*+y*  +  ^) 

besteht ,  wo  *  eine  beliebige  Function  ist.  Umgekehrt ,  ist  die  Schale 
S^  eine  Kegelfläche,  so  verschwindet  die  linke  Seite  der  Gleichung  21), 
es  ist  dann  allgemein: 

X cos a  H-y  cos b' -f- ^cos  c  =  0 

Diese  Gleichung  führt  auf: 

X  cos  a  -{-y  cos  6  -f-  5?  cos  c  j  «^^  +y*  +^^ 

^ du =  '^'   ^—^—=^' 


oder: 


,rcosa4-ycos6  +  ;?co8c  =  F^,     x^-^y^-^z^  =  V^, 


wo   V^   und   V^  beliebige  Functionen  von  v  sind.     Die  Elimination  von 
V  zwischen  den  vorstehenden  Gleichungen  reproducirt  die  Gleichung  22). 
Aus  den  Gleichungen  11)  und   14)  folgt: 


'\du        2    dv  f       2    du    ""    '     ^\dv        2    du  J 


F,  dG^ 
2     dv 


oder  auch: 


'  du  dv  '         dv  du 

Den  beiden  Systemen  von  Krümmungslinien  der  Fläche  S  entspre- 
chen auf  den  Schalen  S^   und  S^  je  zwei  Systeme  von  Curven.     Wegen 
der  Gleichungen  23)  entsprechen    dem  System    {u)  der  Fläche  S  auf  S^ 
geodätische  Linien ,    dem    System  (t;)    von  S   entsprechen  auf  S^  geodä- 
Mathem.  Glosse.    XXVI.  2.  Q 


122  ALPRED  BNNEPER, 

tische  Linien,  wie  sich  schon  bei  Monge  findet.  (Analyse,  p,  137). 
Um  die  anderen  Curven  zu  untersuchen ,  sollen  folgende  Bezeichnungen 
gebraucht  werden.  Auf  der  Fläche  Ä^,  bestimmt  durch  die  Gleichungen 
1),  entspreche  der  Krüramungslinie  (u)  die  Curve  C\,  der  Krümmungs- 
linie {v)  die  Curve  C'\.  Analog  mögen  auf  der  Fläche  S^ ,  bestimmt 
durch  die  Gleichungen  2),  den  Krümmungslinien  (u)  und  (i?)  der  primi- 
tiven Fläche  S  die  Curven  C ^  und  C'\  entsprechen.  Zur  weiteren 
Discussion  der  Curven  C\  und  C'\  hat  man  in  den  Gleichungen  1) 
entweder  u  allein  .  oder  v  allein  variabel  zu  nehmen.  Dasselbe  gilt  für 
die  Gleichungen  2)  in  Beziehung  auf  die  Curven  C\  und  C'\.  Wie 
schon  bemerkt  sind  die  Curven  C\  und  C^  geodätische  Linien  auf  S^ 
und  S^. 

Sollen  die  Curven  C\  und  C\  zu  einander  orthogonal  sein,  so  ist 
jP^  =  0,  wegen  der  Gleichung  9)  sind  die  Curven  C\  und  C'\  dann 
auch    Krflmmungslinien.      Es    giebt    die    Bedingung    F^   =  0   nach   14) 

—  =  0  und  umgekehrt.  Hieraus  schliesst  man,  dass  den  Krümmungs- 
linien einer  Fläche  8  nur  dann  auf  einer  Fläche  ihrer  Krüramungscentra 
wieder  Krümmungslinien  entsprechen  können ,  wenn  auf  der  Fläche  S 
die  betreffenden  Curven  gleichzeitig  geodätische  Curven  sind.  Mit 
Hülfe  der  in  I  aufgestellten  Gleichungen  lassen  sich  die  Curven  C\,  C"  , 
C\  und  C'\  untersuchen.  Für  die  Curven  C\  und  C'\  bezeichne  man 
die  in  I  vorkommenden  geometrischen  Elemente,  soweit  dieselben  in 
den  Gleichungen  1)  bis  8)  von  I  enthalten  sind,  mit  dem  unteren  Index  1 
und  einem  oder  zwei  Accenten.  Für  die  Curve  C\  ist  dann  ds\  das 
Bogenelement,  es  sind  ferner  a\,  ß ^,  y\  ^^^  Winkel,  welche  die  Tan- 
gente zur  Curve  im  Punkte  (.r,,  y^,  z^)  mit  den  Coordinatenaxen  bildet. 
Die  analogen  Quantitäten  für  die  Curve  C"^  sind  durch  ds\  und 
a  ^,  /T^,  y\  bezeichnet.  Für  die  Curven  C\  und  C'\  auf  8^  sind  die 
in  I  vorkommenden  geometrischen  Elemente  mit  dem  unteren  Index  2 
und  einem  oder  zwei  Accenten  versehn. 

Unter  Zuziehung  der  Gleichungen  von  II  geben  die  Gleichungen  1 ) 
nach  u  differentiirt: 


UNTERSUCHUNGEN  ÜBER  D.FLÄCHEN  MIT  PLANEN  Ü.SPHÄRISCHENETC.  123 


,   ds .  dr       dy^  ^   ds  dr 

du  *  du  du       du  ^  ^  du  du 


dx^ 


dz  ,   ds .  dr 

du  '  ^  du  du 


Nimmt  man: 


ds\        dr 


^^^  du   ~  du' 

80  finden  die  Gleichungen  statt: 

25)  cos«  ^  =  cosa,     cos/J'j  =  cosb,     cos/^  =  cosc. 
Man  differentiire  diese  Gleichungen  wieder  nach  u.     Wird: 

26)  i.^_V? 

Q  y   du  r 

genommen,  so  findet  man: 

27)  cos^'^  =  — cosa',     cos^'^  = — cosft',     cosy^  = — cosc. 

Die  Gleichungen  25)  und  27)  geben: 

28)  cosl\  =  cosa",      cosm^  =  cos  6",      cos»'^  =  cosc". 

Die  vorstehenden  Gleichungen  geben  nach  u  differentiirt,  mit  Rück- 
sicht auf  die  Gleichungen  27): 

29)  .  1^^^ L?f^ 

^',    du  ^G  dv 

Durch  Division  der  Gleichungen  26)  und  29)  ergiebt  sich: 

Q  r      dS/E 

30)  V  =  —  1==  4^' 

^,  \JEG   dv 

Nach  den  Untersuchungen  von  II  auf  pag.  15  der  ersten  Abhand- 
lung, ist  die  rechte  Seite  gleich  der  negativen  Cotangente  des  Winkels, 
welchen  die  Binormale  der  Krfimmungslinie  {u)  im  Punkte  («r,  y^  z)  der 
Fläche  /S  mit  der  Normalen  desselben  Punktes  einschliesst.  Hieraus 
ergiebt  sich  folgendes 

Q2 


124  ALPRED  ENNEPER, 

Theorem : 
Längs  einer  KrOmmungslinie  K  auf  einer  Fläche  8  bilden  die  Nor- 
malen zu  S  eine  developpabele  Fläche ,  deren  Wendecurve  W  sei. 
Sind  P  und  P^  zwei  correspondirende  Punkte  auf  K  und  W,  so 
ist  das  Verhältniss  des  Krümmungsradius  zum  Torsionsradius  der 
Wendecurve  im  Punkte  P^  gleich  der  negativen  Cotangente  des 
Winkels,  welchen  die  Binormale  der  Krünimungslinie  im  Punkte  P 
mit  der  Normalen  desselben  Punktes  zur  Fläche  /S  einschliesst. 
Für  die  Curve  C ^  hat  man  der  Gleichung  30)  entsprechend: 

€±       _    r"    dsfG 
r\  ~"  ~  \JEG   du  ' 

Ist  das  System  der  Krümmungslinien  (v)  plan ,  so  ist  die  rechte 
Seite  der  vorstehenden  Gleichung  nach  II  7]  gleich  cot  ff,  also: 

^  =  cota. 

Da  die  rechte  Seite  dieser  Gleichung  nur  von  u  abhängt,  so  ist 
die  Curve  C^  eine  Helix  einer  beliebigen  Cylinderfläche.  Man  erhält 
hieraus  das 

Theorem : 

Einem    planen  System    von  Krümmungslinien   entsprechen  auf   der 

betreffenden  Fläche  der  Krümmungscentra  Schraubenlinien. 

Weniger  einfach  wie  die  Formeln  für  die  Curven  C\  und  C^ 
gestalten  sich  dieselben  für  die  Curven  C^  und  C^.  Da  bei  den  frü- 
heren Untersuchungen  das  System  der  Krümmungslinien  (v)  als  plan 
oder  sphärisch  angenommen  wurde,  so  soll,  um  Wiederholungen  zu  ver- 
meiden, die  Curve  C\  in  Beziehung  auf  die  Tangente  untersucht  werden, 
es  soll  also  in  den  Gleichungen  2)  nur  u  variiren. 

Mit  Rücksicht  auf  die  gewählten  Bezeichnungen  differentiire  man 
die  Gleichungen  2)  nach  u.  Ferner  führe  man  die  Bezeichnung  aus 
II  23): 

\fEG   du  * 


UNTERSUCHUNGEN  ÜBER  D.FLÄCHENMITPLANENU.SPHÄRI8CHEN,ETC.  125 
ein,  und  setze  dann  nach  II  10): 

Es  ergeben  sich  dann  aus  den  Gleichungen  2)  die  folgenden: 
Nimmt  man  in  diesen  Gleichungen : 


-T^-h^y^^s/k^»'- 


so  sind  «  j,  /fj  und  y\  auf  folgende  Art  bestimmt: 


32) 


VI  9  ,  COSH 

^,H-fl,.co8«j  =H,cosaH — ;r-. 

-  y  4-,  +  «r  cos /T ,  =  H,  cos  6  +  ^!  - . 

4/1  2  ,  C08C' 


Die   Gleichungen    II  25)    und  II  27)    reduciren    die    Gleichungen 

32)  auf: 

33)  cosa,  =  cos/jj,     cos/S'^  =  cosm^,     cosy^  :=  cosn^. 

Es  ist  also  die  Tangente  im  Punkte  {x^,  y^,  z^)  der  Curve  C\ 
parallel  der  Binormale  der  Krümmungslinie  (t;)  im  Punkte  («r,  jf,  z)  der 
Flfiche  8,     Aus  dem  Vorstehenden  schliesst  man  folgendes 

Theorem : 
Auf  den  beiden  Flächen  der  Krflmmungscentra  einer  Fläche  S  ent- 
sprechen  den    Krflmmungslinien    von  8  vier  Systeme    von    Curven. 


126  ALFRED  ENNEPER, 

Zwei  dieser  Systeme  haben  die  Normalen  von  S  zu  Tangenten,  die 
Tangenten  der  beiden  anderen  Systeme  sind  den  Biuormalen  der 
Krüramungslinien  von  Ä  parallel. 

Ein  weiterer  Verfolg  der  Gleichungen  32)  oder  33)  führt  im  all- 
gemeinen Falle  zu  keinen  einfachen  Resultaten ,  nur  für  plane  Krüm- 
mungslinien ergeben  sich  einfache  Verhältnisse,  in  den  Gleichungen  33) 
sind  dann  die  rechten  Seiten  von  v  unabhängig,  da  die  Binormale  einer 
planen  Curve  für  alle  Punkte  der  Ourve  dieselbe  ist.  Substituirt  man 
in  die  Gleichungen  2)  die  Werthe  von  x,  y,  z  und  cosa,  cos 6,  cosc  aus 
den  Gleichungen  IV  4  0)  und  IV  10),  ferner  den  Werth  von  r"  aus 
IV  43),  so  ist  die  Fläche  Ä^^  der  Krümm ungscentra  durch  folgende  Glei- 
chungen bestimmt: 

34) 

iT  ^  (cos>Zco8y-t-cosfeiny]-|-y  j  (cos/icosy+coswisiny)+5?2  (cosi^co69>-[-co8nsin9)) 

_         W-{-J     sin{Q-9)e-^^W-\-J 
"""■'*    dV    "'"l  — co8(y-9.)        dV*  ' 

x^lcosAsinyi — co8lco89)-\-yf{co8fism9 — co8mco89))-f-2,(co8f8iD9)^ — cosncos^)) 

-  fW^  n.^  sin(g~y)         W+J      cos{6-9)e-^      W+J 

"^^"^•^^^  ~1— cosifl  — y)^     dV     '^i—C08(B-9>)        dV^   ' 

Für  9  bat  man  nach  IV   20)  den  DifFerentialquotienten : 

d6 
35)  _  =  _[i_cos(ö  — SP)]^^. 

Lässt  man  in  den  Gleichungen  34)  v  oder  V  allein  variiren,  so  er- 
hält man  mit  Hülfe  der  Gleichung  35)  eine  Verification  des  oben  aus- 
gesprochenen Satzes,  dass  der  Funkt  (^2*^2*^2)  d^^  Curve  CT^  der  Helix 
einer  Cylinderfläche  angehört. 

Man  findet: 


UNTERSUCHUNGENÜBER  D.FLÄCHEN  BflTPLANEN  U.SPHÄRISCHEN  ETC.  127 

cos  «^  +  cos/?  j^  +  cosy  ^ 

-  =s  C08Ö. 


m'H^hi^^ 


Die  Generatricen  der  Cylinderfläche  sind  der  Richtung  parallel, 
welche  die  Winkel  a,  ß  und  y  bestimmen.  Es  ist  a  der  Winkel,  unter 
welchem  die  Helix  die  Generatricen  der  Cylinderfläche  schneidet.  Was 
die  Curve  C\  betrifft,  so  bietet  ihre  weitere  Untersuchung  keine  Schwie- 
rigkeit. Nach  der  Gleichung  III  7)  geben  die  Gleichungen  32),  mit 
Racksicht  auf  den  Werth  von  //«   aus  31h 


cosa^  =  cosacosa  —  cosasma, 

2 
2 


cos  ^2  =  cos  6  cos  (T — cos  6' sin  a, 
cos/    =  cos  c  cos  a — cos  c  sin  a. 


Wegen  der  Gleichungen  IV  1)  vereinfachen  sich  die  vorstehenden 
Gleichungen  in: 

coscr'j  =  cos«,     cos^j  ==  cos/?,     cos/,  =  cosy. 

Die  Bestimmung  der  geometrischen  Elemente  der  Curve  C\  folgt 
durch  unmittelbare  Anwendung  der  in  1  gegebenen  Formeln  auf  die 
vorstehenden  Gleichungen.  Zu  sehr  einfachen  Verhältnissen  für  die 
Curven  C\,  C\,  C\  und  C\  geben  die  in  A  betrachteten  Flächen 
Veranlassung,  wesshalb  eine  Aufstellung  der  wesentlichsten  Formeln  aus- 
geführt werden  soll. 

Mit  Hülfe  der  in  IX  aufgestellten  Gleichungen  11)  bis  19)  erhält 
man  aus  den  Gleichungen   1)  und   2)  durch  leichte  Rechnung: 

/  (-^i  —  5jco8a+(y,  —  ij)cos/5f-f-(z,  _f)co8y  =  0. 
[x^  — 5)co8^  +  (y,  —  ij)co8/i-f-(2f^  — f)eo8y  =  p, 

^-pcos(ai+V') 

(j?,— |)co8/+(3f,— ij)cosw+(^,— f)co8n=  8ip(ai4-y) 


128  ALFRED   ENNEPEE, 

(^2  —  l)co8a+(y2  —  J?)co8/?+(2?,  — f)co8y  =  0, 

{jD^  —  J)  (cos  /sin  CO  -|-  cos  A  cos  co)  +  (y  2  —  ^)  (^^^  w  sin  ai  +  cos  ^  cos  ai) 

dPV  dV 

37)    <  +(2?2— f)(cosnsinco+cosi/cosai)  =  —  ^^TF^i»  V  +  X|;  cosV', 

(iTg  — 5)  (cos/ cos  Ol  —  cos  ^  sin  co) -f-  {y^ — ij)(coswcosco  —  cos^sinoi) 

(PV  dV  . 

+  {z^  —  f )  (cos  n  cos  CO  —  cos  y  sin  co)  =  -^y  cos  tp  +  -1—  sin  ^. 

Die  Gleichungen   36)  lassen  sich  durch  die  folgenden  ersetzen: 

dV 

»-  'j  f  3 ocos(co+V) 

x^ — I — pcos^  y^ — fi—Qcosfi z^  ~l — pcosr dxf)      ^       v     •  x/ 

'  cos  /  cos  m  cos  n  sin  (co  -f-  xfi) 

Die  Fläche  S^  wird  aus  den  Krümmungsaxen  der  Curve  gebildet, 
deren  Normalebenen  die  Ebenen  de^  planen  Systems  von  Krümmungs* 
Knien  parallel  sind.  Die  Fläche  8^  ist  also  developpabel.  Hat  in  den 
Gleichungen  38)  y/  einen  bestimmten  Werth  ,  so  gelten  die  bemerkten 
Gleichungen  für  eine  kürzeste  Linie  der  developpabeln  Fläche  der  Krüm- 
mungsaxen einer  Curve.  Einem  bestimmten  Werthe  von  s  entjipücht 
eine  Gerade. 

Setzt  man: 

dV  _  dV 

X  =  -7— cosy/+  Fsiny/,       K=  —  sin^ —  Fcos^, 

^®^         „        d*F  dV  .  ^  d*F.        ,  dV 

80  kann  man  X,  Y  als  Coordinaten  eines  Punktes  einer  planen  Curve 
an  sehn ,  es  sind  dann  X^,  Y^  die  Coordinaten  des  entsprechenden 
Punktes  der  Evolute.  Die  Gleichungen  38;  haben  dieselben  Formen,  wie 
die  Gleichungen  2)  von  A,  nur  dass  X  und  Y  respective  durch  X«  und 
Y^  ersetzt  sind.  Es  ist  also  die  Flache  Äj  von  derselben  Art  wie  die 
Fläche  S. 

Bedient  man  sich  der  in  A  aufgestellten  Gleichungen  12)  bis  19) 
für  Ä,  =  0,  so  treten  an  Stelle  der  Gleichungen  36)  und  37)  die 
folgenden : 


ÜNTEBSUCHÜNGENÜBER  D.FLÄCHEN  MIT  PL  ANENÜ.  SPHÄRISCHEN  ETC.  1 29 

af,C08Jl,+y|CO*i**l+«iC08»'i   =  ö» 

i_dV 

tat                                     ^t^y 
X.  cosa,  4-^.  cos/j,  +«i  cosy,  = ; — - — , 

\_dV 
X.  C081,  -hil.  cosm.  -\-z,  cosn,  =  -r-^- — . 

a? j  cos  Jl,  H-y,  cos/tt,  +  «j  cosy,  =  0 
^j^         ,  a?,co8a,+5^,cos^, +«,co8y,  =  —  ^  sin^H-^  cos^, 

dCV  dV 

a?,  cos  /,  4-y,  C08I«,  +«,  cosn,  =       "Ä«»  ^°' ^+ Ä«  "^ ^• 

Die  Gleichungen  40)  lassen  sich  durch  die  folgenden  ersetzen: 


42) 


X 

\ 

= 

Vx 

— 

!L^ 

cosy^ 
^1 

— 

rfF 
dtp 

9i 

cosm 

t 

C08/?^ 

cosn^ 

sin 

Durch  diese  Gleichungen  ist  eine  Kegelfläche  hestimmt.  Die  Kanten 
derselben  sind  den  rectificirenden  Geraden  einer  Curve  doppelter  Krfimmung 
parallel ,  deren  rectificirenden  Ebenen ,  die  Ebenen  des  planen  Systems 
von  Krümmungslinien  parallel  sind. 

Die  Gleichungen  40)  oder  42)  nehmen  sehr  einfache  Formen  an, 
wenn  statt  der  Winkel  a^,  A^,  l^  etc.  wieder  die  Winkel  a,  X,  l  etc. 
mittelst  der  Gleichungen  5),  7)  und  8)  von  A  eingeführt  werden  und 
femer  nach  6)  und  9)  von  A 


p 

—  =  — tangcu 

gesetzt  vidrd.     An  Stelle   der  Gleichungen  40)   lassen    sich  dann  die  fol- 
genden setzen : 

M(x(hem.  Classe.  XXVI,  2,  R 


130  ALPRED  ENNEPER, 

43) 

0?^  (cos/sincü+cos^cosoij+y ,  (co8i»8in£ü+cos^cosco)+2?  ^  (cosnsinco+cosfcoscö) 

rfF 


smco 


dtp 


sin  (co  H-  tp) 
Xi  (cos/coscü — cosJlsincoj+y ,  (cosiwcosoi — co8/isinco)-f-2r  Jcosncoscü — cosf^iDco) 

dV 

cos  to-j— 
dtp 


8in(co+V) 
Diese  Gleichungen  reduciren  sich  einfach  auf: 

X,  y,  z,  dV         1 

'  cos/       COS  in        cosn       dtp  sin(co-}-^)' 

Nimmt  man  die  Ebenen  des  planen  Systems  den  Normalebenen 
einer  Curve  F  doppelter  Krümmung  parallel,  80  sind  die  Generatricen 
der  Kegelfläche ,  bestimmt  durch  die  Gleichungen  44) ,  den  Binormalen 
der  Curve  F  parallel. 

Sollen  die  Gleichungen  36)  eine  Kegelfläche  bestimmen,  deren 
Spitze  im  Anfangspunkt  der  Goordinaten  liegt,  so  giebt  die  erste  der- 
selben a?j  =  0,  y^  =  0,  5?^  =  0  gesetzt: 

|cosa-j-ijcos/5f-|-f  co8y  =  0. 
Hieraus  folgt: 

WO  ff  eine  Constante  bedeutet.  Der  Punkt  (|,  q,  f)  gehört  einer  sphäri- 
schen Curve  an.  Aus  dem  Vorhergehenden,  erhält  man  unter  Zuziehung 
der  in  A  angestellten  Theoreme,  folgende  allgemeinen  Resultate,  fElr 
Flächen,  deren  Krümmungslinien  gleichzeitig  geodätische  Linien  sind. 

Theorem : 

In    einer  Ebene  werde    eine    feste  Curve  C  angenommen  und  zwei 

bestimmte  zu  einander  orthogonale  Geraden,  welche  sich  in  einem  Funkte 

O  schneiden.     Es   sei  F  eine  beliebige  Curve   doppelter  KrOmmung,  F* 

eine   ihrer  Evoluten,    einem  Funkte  J7  von  F  entspreche    der  Funkt  IT 


Ij NTERSUCHÜNGEN  ÜBER  D.  FLÄCH  EN  MIT  PLANEN  Ü.SPHÄRISCHEN  ETC.  131 

von  r\  Die  Curve  C  bewege  sich  nun  so,  dass  der  Punkt  O  die  Curve 
r  durchläuft,  dass  im  Punkte  11  ihre  Ebene  mit  der  Normalebene  von  F 
zusammenfällt  und  eine  der  beiden  festen  Geraden  in  der  Ebene  von  C 
die  Verbindungslinie  der  Punkte  JI  und  W  ist.  Die  Curve  C  erzeugt 
dann  die  allgemeinste  Fläche  8,  auf  welcher  C  gleichzeitig  Krümmungs- 
linie und  geodätische  Linie  ist.  Die  Evolute  der  Curve  C  erzeugt  eine 
Fläche  8^  ,  welche  eine  der  Flächen  der  Krümmungscentra  von  S  ist. 
Den  Krümmungslinien  von  8  entsprechen  auf  8^  wieder  Krümmungs- 
linien, dem  planen  System  entspricht  wieder  ein  planes  System;  dem 
nicht  planen  System  entsprechen  auf  8^  Curven,  deren  Tangenten  den 
Tangenten  der  Curve  F  parallel  sind.  Die  andere  Fläche  8^  der  Krüm- 
mungscentra von  8  ist  die  developpabele  Fläche  der  KrOmmungsaxen 
der  Curve  F.  Für  eine  sphärische  Curve  F  ist  die  Fläche  8^  eine  co- 
nische  Fläche.  Ist  die  Curve  F  plan,  so  existirt  nur  eine  Evolute  F\ 
es  findet  dann  für  die  Flächen  8  und  8^  eine  ganz  ähnliche  Erzeugung 
wie  im  allgemeinen  Falle  statt.  Die  Fläche  der  Krümmungsaxen  gebt 
in  eine  cylindrische  Fläche  über,  welche  auf  der  Ebene  von  F  senkrecht 
steht  und  die  Evolute  F'  enthält. 

Geht  die  Ebene  der  Curve  C  immer  durch  denselben  festen  Punkt 
O,  so  drehe  sich  die  Ebene  um  den  Funkt  O  derart,  dass  sie  der  Nor- 
malebene im  Punkte  II  einer  Curve  doppelter  Krümmung  F  parallel 
bleibt  und  eine  der  beiden  festen  Geraden  die  Richtung  der  Verbin- 
dungslinie nn'  hat.  Die  eine  Fläche  der  Krümmungscentra  wird  von 
der  Evolute  von  C  beschrieben,  die  andere  ist  eine  Kegelfläche,  welche 
den  festen  Punkt  O  zur  Spitze  hat  und  deren  Generatricen  den  Binor- 
malen  der  Curve  JT  parallel  sind.  Die  Ebene  der  Curve  C  kann  sich  auch 
um  den  festen  Punkt  O  so  drehn,  dass  sie  den  rectificirenden  Ebenen 
einer  Curve  F^  parallel  bleibt,  und  zwei  feste  zu  einander  orthogonale 
Geraden  in  der  Ebene  von  C  dabei  die  respectiven  Richtungen  der 
Tangenten  und  Binormalen  der  Curve  F^  annehmen  Die  Generatricen 
der  developpabeln  Fläche  der  Krümmungscentra  sind  den  rectificirenden 
Geraden  der  Curve  F^  parallel. 

R2 


132  ALFRED  ENNEPER, 


Anmerkung  zu  Anhang  B. 

Analytische    Bestimmung    der    Flächen,    fflr    welche    eine 
Schale    der  Krfimmungscentra    eine    KegelflSche    zweiten 

Grades  ist. 

Wenn  auch  der  Zweck  der  vorliegenden  Untersuchungen  wesentlich 
in  der  Aufstellung  möglichst  allgemeiner  Resultate  besteht ,  soweit  die 
Allgemeinheit  der  Resultate  durch  die  behandelten  Probleme  bedingt  ist, 
möchte  es  nicht  ungeeignet  erscheinen,  die  im  Anhang  B  entwickelten 
Gleichungen  auf  ein  verhältnissmässig  einfaches  Beispiel  anzuwenden. 
Die  sehr  geringe  Anzahl  von  Beispielen  in  Beziehung  auf  Flächen ,  fflr 
welche  die  Schalen  der  Krfimmungscentra  gegeben  sind,  kann  wohl  zur 
Rechtfertigung  einer  speciellen  Untersuchung  dienen.  Diese  Untersu- 
chung bietet  in  sofern  einiges  Interesse  dar,  als  nur  eine  der  Schalen 
der  Krfimmungscentra  gegeben  ist,  während  die  zweite  unbestimmt 
bleibt 

Ist  die  Fläche  8^  eine  Kegelfläche,  deren  Spitze  mit  dem  Anfangs- 
punkt der  Coordinaten  zusammenfallt ,  so  verschwindet  die  linke  Seite 
der  Gleichung  21)  von  B,  es  ist  dann  «rcosa -f-ycos6'  +  2?cosc  =  0. 
Die  Gleichungen  12)  und  14)  von  A  geben  £^  =  0 ,  also  nach  10) 
y^  (cu) -|-/(£u)  =  0.     Sind  h^  und  h^  Constanten,  so  ist 

Man  kann  einfach  A^  =  0  und  A^  =  0 ,  also  f(w)  =  0  nehmen.  Es 
kommt  dieses  darauf  hinaus  in  der  zweiten  und  dritten  Gleichung  1) 
von  A  einfach  V  statt  F+A^cosy;  —  A2sin^  zu  setzen,  wodurch  die 
Allgemeinheit  nicht  verringert  wird  ,  da  V  eine  beliebige  Function  von 
t;  oder  y/  ist.     Die  Gleichungen  1 )  von  A  geben  /(co)  =  0  gesetzt : 


UNTERSUCHUNGEN  ÜBER  D.FLÄCHEN  MIT  PLÄNENÜ.SPHÄRISCHENETC.  133 

iv(cos28ua(o-|-cosJlcosa))-f'M<^^''*^^°'''H~co8/UCOs(io)-f-2(co8n8inca-{-co8«'co8ci>) 

,)<  =^co8V;+F8mv. 

d?(cos/co8(o — cosisincoj-l-ytcosmcosco — cos^8in(o}-|-2r(co8nco8(o — C08i^8inai) 

dV  .  ^ 

Durch  die8e  Gleichungen  ist  der  Funkt  («r,  y,  z)  einer  Fläche  8 
definirt,  für  welche  die  Schale  8^  der  Krammungscentra  eine  Kegelfläche 
ist.  Ffir  einen  Funkt  [x^,  y^,  z^)  dieser  Kegelfläche  bestehn  die  Glei- 
chungen 44)  von  B,  nämlich: 

2)  £l.         -liL.^^. 

'  cosl       cosm       cosn 

Da  die  Gleichung  einer  Kegelfläche  von  der  Form: 


\^1     ^J 


ist ,  so  zeigen  die  Gleichungen  2) ,  dass  die  Aufstellung  der  Fläche  8 
auf  die  Untersuchung  einer  Gurve  doppelter  Krümmung  hinauskommt, 
welche  durch  die  Richtungen  ihrer  Binormalen  definirt  ist 

Sind/,  y  und  h  Constanten,  liegt  der  Funkt  («r^,  y^^,  z^)  auf  einer 
Kegelfläche  zweiten  Grades,  so  findet  die  Gleichung  statt: 

3)  /*^/       h*—^- 

Mittelst  der  Gleichungen  2)  giebt  die  Gleichung  3): 

C08*/  .   C08*l«       cos*n 

Es  sei  />y*  Auf  die  Gleichung  4)  lassen  sich  die  in  I  g^ebenen 
Formeln  anwenden,  bei  welcher  Anwendung,  der  Einfachheit  halber, 
die  Gleichungen  von  I  nicht  weiter  einzeln  angefahrt  werden  sollen. 


134  ALFRED   ENNEPER, 

Die  Gleichung  4)  nach  s  di£Perentiirt  giebt: 


(cos/ cos  i      cos  m  cos /^      cosncosa/X  1 


d.  i. 


cos  /  cos  i      cos  m  cos  ^      cos  n  cos  1/ 
5)  -p         I  p  ^         =  0. 

Wird  die  Gleichung  5)  nach  s  diflferentiirt,  so  folgt,  mit  Rücksicht 
auf  die  Gleichung  4), : 

/cos /cos  a      coswcosjS      cosncosy\  1         /cos'Jl      cos^^t        cos^i'i  1 
Zur  Vereinfachung  der  folgenden  Rechnungen  setze  man: 

und: 

cos*Jl      cos^  fi      cos*!' 

8)  "7^"'      ?  ¥~^^' 

Die  Gleichung  6)  wird  dann  einfacher: 

cos /cos  er      cos  in  cos/?      cos  n  cos  v 

9)  — ^— +  — ^5 ^^ =  pq. 

In  der  Summe  der  Gleichungen  4)  und  8)  setze  man 

co8*/  +  cos*>l  =  1 — co8*a  etc., 
es  folgt  dann : 

cos*  «cos*/?      co8*y         11        1 

Die  vorstehende  Gleichung  nach  s  di£ferentiirt  giebt: 

(cos a  cos i      cos /? cos ^      cosycosi'X  1  \  dq 


UNTERSUCHUNGEN  ÜBER  D.PLÄCHEN  MIT  PLANEN  U.SPHÄRISCHENETC.  135 


Setzt  man  hierin  ds  =  rdm  und  aus  1)  q  =  pr,  so  erhält  man : 


11) 


COS  er  COS  Jl   cos/?  cos /^   cos/ cos  i^ 


pdq^ 
2  dw' 


Unter  Zuziehung  der  Gleichungen  4),  5),  8),  9),   10)  und  ll)  folgt 


cosa  cos/?  cos/ 


cosi  cos^  cosi^ 


cos/  cosm  cosn 


d.  i. 


cos«  cos/?      cos/ 

COS^   COS|t        cosi/ 

cos/  cosm      cosn 

1^'  y'~  f^ 


1 


1 


1 


pdq 


r^?~h'~^'  ~2  5a;'P« 


2  rfco* 


0 


0 


0 


12) 


[f9h) 


-^=P^q^' 


Die  Gleichungen  4),  5)  und  9)  schreibe  man  wie  folgt: 


, cos /  cos  m 

cos  / -i;2- +  cos  in — 5— 

/  9 

^cos/  cosm 

cos  X -j^ '\- cos  fi — ^ 

cos/  .cosm 

cos  a  —,^  +  cos  /> — r" 
f  9 


cosn 


cosn 


—  COSI' 


cosn 


=  0, 


=  0. 


cosn 


—  cosy-p-  ='pq. 


cos /    cos  m 
Sieht   man    in   diesen  Gleichungen  "öt^       «    , 

kannte  an,  so  findet  man  unmittelbar: 


—  cosn 


als  Unbe- 


,  cos  /  cos  m  ^       —  cos  n 

13)  -7^  rrs/^j'COS«,        — ;^—  =  pj'COS/J,        ^ =Jpj'COSy, 


r 


/ 


Mittelst   der  vorstehenden   Gleichungen  erhält    man    durch  Substi- 
tution der  Werthe  von  cos/,  cosm  und  cosn  in: 


die  Relation: 
14) 


COS /cos  a  +  cos  m  cos /?  +  cos  n  008  y  =  0 


/*  cos*  a + ^  cos* /?  —  A*cos*y  1=  0. 


136  ALPRED  ENNEPER, 

^,    .   ,  N        V  :•  V    ^^^^      COS fl      C08»' 

Sieht  man  in  den  Gleichungen  5),  8)  und  11)  -yr  ^  — r  ♦  — li — 
als  Unbekannte  an,  so  giebt  eine  einfache  Rechnung: 

co8>l  ^      p  da  cosfi  p  dq        ^ 

cosa'  p  dq 

oder: 

^,                                                                    cosa     cos/?  —  cosy 

In  den  Gleichungen  9),  10)  und  11)  sehe  man  -75-»   — j" »  — u — 


/'  •  ff' 


cos  er 


als  Unbekannte  an.     Fflr  -j^  ergiebt  sich  die  Gleichung: 

cos«  ,  ,  /l    ,    ^        ^         \  P  ^9        ^ 

T-  =;^?cos/+^^+^  — p  — jjcosa  — ^^cosi 


/ 
oder: 


/ 1        1         \  p  dq 

pqcoal  +  ^^—jt  —  qjcoaa—^^coaA  =  o. 


Setzt   man   hierin  die  Werthe  von  coal  und  coaJl  aus  13)  und  15) 
80  folgt: 

P  ^ 


\2  dut) 


«6)  {pqf/*+^2-l,—q-- — f 

Durch  Substitution  des  "Werthes  von  p'  au8  12),  nämlich: 

, L_ 


UNTERSUCHUNGEN  ÜBER  D.FLÄCHEN  MIT  PLANEN  U.SPHÄRISCHEN  ETC.  137 

liefert   die  Gleichung  16)  folgende  Differentialgleichung  zur  Bestimmung 
von  qi 

")  (i|;)'  =  C^.*)V(,-,A)(^-,)(,+;i). 

Um  die  Gleichung  17)  auf  die  gewöhnliche  Form  einer  elliptisch'en 
Differentialgleichung  zu  reduciren,  setze  man: 

^       1^ 

1  1 

18)  (    1   _   1         k'cosd  1   _  1         Ar' sind 

7~~77T^>fc'*8in*l*    ^~JVT^W^7 

Ai^'sin'y  ^  cos*y 

*~      1— yt*8in»9.    ■ 

Bedeutet  t  eine  Unbestimmte ,    deren  Werth  von  q>  unabhängig  ist, 
80  kann  man  setzen: 


19) 


20) 


^  =  tk'coBd,    -  =  t^l-k'am'd,    \-  =  tk'siud, 
f  9  A 

i-^''  i-.;fc»8inV 

Mittelst  dieser  Gleichungen  findet  man: 

^         jtii\      Ar'^n'y  1  ^     Ar*  cos*  y 

*""/»~'^*   1— **8inV     /~*~'^1— *»8inV 


^  +  P  =  ''*"T3:>F 


•     2 

sm  9 


da 
Nimmt  man  aus  der  Gleichung  17)  den  Werth  von  -^  positiv,    so 

ist  nach  19)  und  20)  der  Winkel  ip  durch  folgende  Differentialgleichung 
bestimmt  : 
Maihem.  Classe.    XXVL  2.  S 


138  ALFRED  ENNEPER, 

^  1  +  Ä*  tang*  J  sin*  y  d(o 

Die  Gleichungen  10)  und  14)  in  Verbindung  mit 

bestimmen  cosa,  cosß  und  cos/.     Nimmt  man  die  Wurzeln  positiv,    so 
folgt  unter  Zuziehung  der  Gleichungen   19): 

^'cosJsincp  ^        cos  o)  VT^  A:'*  sin*  J 

22)  cos«  =    /        ,,  .  — ,     cos/?  =  -"7/7"    ^  .  2~-     ^ 

VI  — A:*8in*y  \\  — Arsin*y 

k'  sin  d 
cosy  = 


Vi— /fc*8in> 

1 


In    den  Gleichungen  1 3)    und  1 5)   setze   man   aus  12)  p  = 


mit  Hülfe  der  Gleichungen  19)  und  22)  findet  man: 


—  cosy 


Hco8 1  =  sin  cp  tang  J  V 1  —  ^  sin*  J,     H  cos  X  =  -t=====-== 

VI — Arsin*y 


, ,  .    .  ^  A:-sinyVl-rsin*J 

Hcosm  =  Arsmocosy),  H cos fi  =  ji  y       ■  ^^  ■  , 

sin*y 


23)  (  ^'  '^  cos^v/i  —  ^fc^si 

, ,,-,,,  —  A:*  sin  t  sin  «>  cos  g> 

Hcosn  =  —  VI  —  A:*8m*^,  Hcosi/  =   — ^  r         /   -     , 

cosirv/TTrpsin*^ 

H  =  Vi  +A:*tang*rfsin*y. 

Durch  die  Gleichungen  22)  und  23)  sind  die  Factoren  von  o?»  y 
und  z  der  Gleichungen  1)  durch  einen  Winkel  y>  ausgedrückt,  dessen 
Bestimmung  von  der  Gleichung  2 1 )  abhängt.  Die  weitere  Untersuchung 
dieser  Gleichung  mit  Hülfe  elliptischer  Functionen  bietet  keine  Schwie- 
rigkeit, wesshalb  diese  Untersuchung  hier  nicht  weiter  ausgeführt  werden 
soll.  Die  Function  V  auf  den  rechten  Seiten  der  Gleichungen  1)  bleibt 
unbestimmt,  durch  die  bemerkten  Gleichungen  sind  alle  Flächen  analy- 
tisch bestimmt,  für  welche  eine  Schale  der  Krümmungscentra  eine  Ke- 
gelfläche zweiten  Grades  ist.  Für  einen  Rotationskegel  ist  /  =  ^  ,  nach 
16)  ist  dann  A:  =  0,  k'  =  1  ,    die  dritte  Gleichung  22)  reducirt  sich  auf 


UNTERSUCHUNGEN  ÜBER  D.FLÄCHEN  M  [T  PLANEN  U.SPHÄRISCHEN  ETC.  1 39 

cosy  =  sind,  durch  welche  Gleichung  eine  Helix  einer  beliebigen  Cy- 
linderfläche  characterisirt  ist.  Die  Gleichung  21)  reducirt  sich  für  A:  =  0, 
Ar'  =  1  einfach  auf 

sm  a  1—  =  1 . 

Findet  zwischen/,^  und  h  die  Gleichung  /** — ^*  =  A'  statt,  so 
ist  nach  19) 

Ätang*J  =  1. 

An  Stelle  eines  elliptischen  Integrals  dritter  Gattung  führt  die  Glei- 
chung 21)  durch  Integration  nur  auf  ein  elliptisches  Integral  erster 
Gattung.  Die  vorhergehende  Darstellung  enthält  eine  bedeutende  Ver- 
einfachung von  analogen  Untersuchungen ,  welche  in  den  „Nachrichten 
V.  d.  K.  G.  d.  W."  aus  dem  Jahre  1871   (p.  231 — 242)  enthalten  sind. 


\ 


Inhalt 

Einleitung p.      1 

VIII.     Bemerkungen  über  die  Transformation  durch  reciproke  Radii  vectores 
oder  die  inversen  Flächen.     Anwendung  auf  Flächen  mit  sphärischen 

Krümmungslinien        »       4 

IX.     Einige  Bemerkungen  über  Flächen  mit  sphärischen  Erümmungslinien     >     17 
X.     Flächen,  für  welche  beide  Systeme  von  Krümmungslinien  sphärisch  sind     >     30 
Anmerkung  zu  X.     Ueber    einige    Flächen,    für   welche    ein    System 

von  Krümmungslinien  aus  Kreisen  besteht »39 

XI.  Ausdehnung  der  Transformation  durch  reciproke  Radii  vectores. 
Anwendung  auf  die  Flächen  mit  einem  System  sphärischer  Krüm- 
mungslinien, deren  Kugelflächen  die  betreffenden  Flächen  orthogonal 

schneiden »52 

Xn.    Flächen  y   für    welche  ein  System  von  Krümmungslinien  sphärisch  ist. 

A.  Die  Mittelpunkte  der  Kugelflächen   der   sphärischen   Erümmungs- 
linien liegen  auf  einer  Gurve  doppelter  Krümmung »62 

B.  Die  Mittelpunkte   der  Kugelflächen  der   sphärischen  Krümmungs- 
linien liegen  auf  einer  planen  Gurve »90 

G.    Die  Mittelpunkte    der  Kugelflächen  der   sphärischen  Krümmungs- 
linien liegen  auf  einer  Geraden »97 

Anhang. 

A.  Bemerkungen  über  die  Flächen,    für  welche  die  Krümmungslinien 

eines  Systems  gleichzeitig  geodätische  Linien  sind »  103 

B.  Die  Flächen  der  Krümmungscentra,  mit  besonderer  Beziehung  auf 
Flächen  mit  einem  System  planer  Krümmungslinien »115 

Anmerkung  zum  Anhang  B.  Analytische  Bestimmung  der  Flächen, 
für  welche  eine  Schale  der  Krümmungscentra  eine  Kegelfläche  zweiten 
Grades  ist »132 


ABHANDLUNGEN 


DER 


HISTORISCH -PHILOLOGISCHEN  CLASSB 


DER 


KÖNIGLICHEN  GESELLSCHAFT  DER  WISSENSCHAFTEN 

ZU  GÖTTINGEN. 


SECHSUNDZWANZIGSTER  BAND. 


Eistcr.-phiMog.  Glosse.  XXVI.  1. 


Das  Heerwesen  der  Muhammedaner 

nach  dem.  Arabischen. 

Von 

I.  Wüstenfeld. 


(Vorgelegt  in  der  EönigL  Gesellsch.  d.  Wiss.  am  6.  December  1879.) 

Vorwort 

über  die  Gothaer  Handschrift  Nr.  258,  deren  erste  Hälfte  Fol. 
l — 106  die  „Regeln  für  die  Diwane"  von  Ibn  Mammäti  enthält,  habe 
ich  in  der  Abhandlung  über  die  Greographie  und  Verwaltung  Aegyptens 
von  Calcaschandi  S.  35  und  148  einiges  gesagt;  es  sind  von  den  15  Ca- 
piteln,  deren  Inhalt  die  Vorrede  angiebt,  nur  die  ersten  zehn  erhalten, 
aus  denen  ich  in  dem  Folgenden  noch  ein  Paar  Stellen  entnommen  habe. 
Der  Codex  Nr.  366  enthält  gleichfalls  nur  diese  zehn  Capitel  und  bricht 
noch  zwei  Zeilen  früher  als  jener  ab,  so  dass  die  Vermuthung  nahe 
liegt,  dass  schon  eine  ältere  Handschrift,  von  welcher  diese  beiden  ab- 
stammen, nicht  weiter  reichte. 

Als  den  Titel  der  zweiten  Hälfte  giebt  Möller  an :  Liber  perfecHonis 
hoc  est  de  arte  equestri  (et  militari),  und  er  hat  durch  den  eingeklam- 
merten Zusatz  andeuten  wollen,  dass  die  ganze  zweite  Hälfte  zu  einem 
und  demselben  Buche  gehöre ,  was  auch  sehr  wahrscheinlich  ist ,  da  das 
Ganze  einen  sehr  verwandten  Inhalt  hat  und  auch  von  einerlei  Hand 
geschrieben  ist  Nur  mit  der  weiteren  Angabe  über  die  Zeit  der  Ab- 
fassung, oder  auch  nur  der  Abschrift  ,,anno  i03i  H.  i62i  Chr.  absoluius^^ 
verhält  es  sich  anders ;  diese  Jahreszahl  steht  in  der  Unterschrift  eines 
Besitzers  der  Handschrift ,  welcher  darin  gelesen  hatte ,  vl^t  \Sp  ^  ^Lb^ 

*2 


IV  VORWORT. 

derselbe  Ausdruck  ist  von  einem  Amanten  Emir  Mu9tafa  auf  dem  Ti- 
telblatt gebraucht  mit  der  Jahrszahl  1194  (1780),  welcher  also  das  Buch 
geliehen  hatte  oder  in  der  Bibliothek  des  damaligen  Besitzers  einsah, 
denn  dieser  letztere  hat  mit  derselben  Jahrszahl  seinen  Namen  Ahmed 
el-Schdri  el-Schdfi'i  el-Azharl  eingeschrieben. 

Diese  zweite  Hälfte  zerföUt  wieder  in  zwei  Abtheilungen,  von  denen 
die  erste  Fol  110  —  147  den  vollen  Titel  hat:  gjyt^  x^u^-^^t  y»^  JU5I  vU^ 
I  ti.il  9A^  L^U^t^  ^^\  oUj^3  rW^^  ^yi^^  oUUd^  <^(Aj  ^y^l  v^'^!^  r^'^'  «'^^^ 
Buch  der  Vollkommenheit  d.  i.  die  Reitkunst,  die  verschiedenen  Waffen 
und  die  Anweisung  zur  Handhabung  derselben,  Beschreibung  der  Schwerd- 
ter  und  Lanzen  und  Beschreibung  der  Pferde,  ihrer  Bacen  und  ihrer 
Fehler.**  Damit  ist  der  Inhalt  so  gut  angegeben,  dass  es  einer  weiteren 
Ausführung  nicht  bedarf,  leider!  fehlt  aber  der  letzte  Abschnitt  über 
die  Pferde  ganz  und  auch  ein  Theil  des  vorangehenden ;  in  dem  Capitel 
über  das  Schwingen  des  Schwerdtes  beginnt  auf  der  letzten  Seite  noch 
ein  Abschnitt  mit  der  Überschrift:  „Wenn  du  Jemandem  den  Kopf 
abschlagen  willst**,  und  die  etwas  verschabte  Schrift  dieses  Blattes  lässt 
deutlich  erkennen,  dass  es  längere  Zeit  ohne  schützende  Decke  war,  bis 
es  durch  das  Zusammenbinden  mit  dem  anderen  Theile  in  die  Mitte  des 
Bandes  kam.  Aus  dieser  Abtheilung  habe  ich  das  Capitel  über  die 
verschiedenen  Schwerdter  der  Muslimen  am  Schlüsse  dieser  Abhandlung 
abdrucken  lassen. 

Die  zweite  Abtheilung  der  zweiten  Hälfte  Fol.  149  —  215  ist  ohne 
Titel  und  enthält  aus  dem  grösseren  Werke  die  Abschnitte  8.  9.  und 
10^);  im  Inneren  ist  mit  Ausnahme  von  ein  Paar  einzelnen  VTorten 
keine  Lücke  bemerkbar,  der  Abschreiber  hat  aber  einige  Capitel  über- 
schlagen, wie  aus  der  Zählung  derselben  hervorgeht.  Jeder  dieser  drei 
Abschnitte  hat  die  Ueberschrift  i^^Ji*^'  ,,die  Unterweisung**,  und  es  lässt 
sich  daraus  ein  Zusammenhang  mit  der  vorigen  Abtheilung  folgern,  da 
in  dieser  einige  Male  in  den  Überschriften  ebenfalls  das  Wort  ,, Unter- 
weisung** gebraucht  ist. 

1)  Anstatt  «^Uit  9  steht  in  der  Oberschrift  dieses  Capitels  «^LmÜI  7  durch  ei- 
nen in  dem  Arabischen  Worte  leicht  möglichen  mid  öfter  vorkommenden  Schreibfehler. 


VORWORT.  T 

Diese  drei  Abschnitte  8.  9.  10  handeln  über  das  Heerwesen  und 
die  Kriegfahrung  und  der  Verfasser  hat  darin  einen  Theil  der  Taktik 
des  Aelianus  aufgenommen,  4^on  der  bisher  nicht  bekannt  war,  dass 
davon  eine  Arabische  Übersetzung  vorhanden  sei.  Eine  Andeutung  da- 
von findet  sich  in  dem  von  Lord  Munster  im  J.  1840  lithographirt  her- 
ausgegebenen Verzeichnisse  Arabischer  Werke  über  Kriegswissenschaft, 
welche  er  im  Orient  wollte  suchen  lassen  und  zu  erwerben  wünschte 
L^Liui  ^1  c^y  ^1  v^l  iu.^  vl^  S.  rA.  wo  er  unter  den  Schriften  der 
Griechen,  Perser  und  Inder  die  Bücher  des  Aelianus  und  Polybius  na- 
mentlich anführt,  JsrfyJl  **iH  i^  ^s^Ij^a^'  ^«W'  er  '^^j^K  welche  aus  dem  Grie- 
chischen in  das  Arabische  übersetzt  seien.  Wenn  man  dieses  Desidera- 
ten-ßuch  des  Lord  Munster  genauer  ansieht,  so  findet  man,  dass  es  in 
der  ersten  Hälfte  nach  der  Reihenfolge  der  Capitel  oder  Paragraphen 
den  Inhalt  eines  ganz  gleichen  Werkes  angiebt,  wie  unser  Fragment, 
als  wenn  er  vorausgesetzt  hätte,  dass  über  einzelne  Themata  daraus 
noch  besondere  Bücher  geschrieben  seien.  Danach  ist  als  sicher  anzu- 
nehmen, dass  die  beiden  Arabischen  Verfasser  ein  und  dasselbe  ältere 
Buch  Über  diesen  Gegenstand  benutzt  haben,  da  einige  Stellen ,  welche 
Lord  Munster  etwas  ausführlicher  excerpirt  hat.  wörtlich  mit  unbedeu- 
tenden Varianten  auch  in  unserem  Fragment  vorkommen.  Wo  diese 
Handschrift  des  Lord  Munster  sich  befinden  mag,  ist  mir  ebenso  unbe- 
kannt, als  ob  sie  die  Übersetzung  des  Aelianus  enthält,  welche  vielleicht 
nur  nicht  als  solche  erkannt  wurde,  vermuthen  lässt  sich  indess,  dass 
Lord  Munster  die  Stelle  unserer  Abhandlung  S.  10.8  und  11,7  u.  10 
des  Arabischen  Textes  vor  Augen  hatte,  wo  Aelianus  und  Polybius  ge- 
nannt werden,  woraus  aber  nicht  folgt,  dass  auch  Polt/bius  in  das  Ara- 
bische  übersetzt  sei,  da  Aelianus  nur  ein  Citat  aus  ihm  giebt. 

So  wenig  nun  der  Haupttitel  des  ganzen  Werkes  und  der  Inhalt 
der  anderen  Abschnitte  bekannt  ist,  ebenso  wenig  auch  der  Name  des 
Verfassers,  und  es  ist  unwahrscheinlich,  dass  die  Übersetzung  des  Ae- 
lianus von  ihm  gemacht  wurde,  vielmehr  war  sie  schon  vorhanden,  so 
dass  er  sie  nur  in  sein  Werk  aufnahm,  da  ja  auch  der  Verfasser  des 
Lord  Munster* sehen  Codex  von  Aelianus  etwas  wusste,   oder   beide   über 


VI  VORWORT. 

ihn  ihren  Vorgänger  benutzten.  Über  sein  Zeitalter  kann  man  nur  die 
Vermuthung  hegen,  dass  er  um  die  Mitte  des  8.  Jahrhunderts  d.  H. 
lebte,  da  er  an  zwei  Stellen  S.  17  u.  32  von  der  grossen  Tataren* 
Schlacht  spricht,  welche  im  J.  702  (Chr.  1302)  bei  Mar'g  el-^uffar  ge- 
schlagen wurde  [Abulfidd  Annal.  Tom.  V.  pag.  186),  als  wäre  sie  zu 
seiner  Zeit  noch  in  guter  Erinnerung.  Die  Schreibart,  d.  h.  die  ziem- 
lich zahlreichen  Verstösse  gegen  das  classiscbe  Arabisch,  z.  B.  S.  1  Z.  9 
—  10  die  Nominative  statt  der  Accusative,  in  der  Übersetzung  aus  Ae^ 
lianus  noch  mehr  als  in  den  übrigen  Stücken,  sowie  eine  Menge  von 
seltenen  oder  bis  dahin  ganz  unbekannten  oder  in  besonderer  Bedeutung 
gebrauchten  Wörter  lassen  ebenfalls  auf  ein  spätes  Zeitalter  scbliessen 
und  weisen  auf  Ägypten  hin  als  das  Vaterland  des  Verfassers ,  und  um 
das  Characterische  nicht  zu  verwischen,  habe  ich  das  Arabische  mit  al- 
len seinen  Fehlern  genau  abdrucken  lassen.  Sollte  durch  diese  Incor» 
rectheiten  hier  und  da  eine  fehlerhafte  Auffassung  veranlasst  sein,  so 
wird  man  dies  namentlich  bei  der  Benutzung  nur  einer  Handschrift 
entschuldigen. 

Die  aus  Äelianus  ausgezogenen  Stellen  mögen  etwa  ein  Drittel  der 
ganzen  Taktik  enthalten,  sie  sind  durch  die  Cursivschrift  kenntlich  ge- 
macht und  dadurch  von  den  Einschiebungen  des  Arabischen  Übersetzers 
unterschieden,  zugleich  habe  ich  zur  leichteren  Übersicht  die  Capitel- 
Eintheilung  unserer  Griechischen  Ausgaben  angegeben.  Was  der  Über- 
setzer ausgelassen  hat,  mochte  ihm  zu  ausführlich  sein,  oder  er  hat  an- 
deres an  die  Stelle  gesetzt*,  wie  es  zu  seiner  Zeit  war;  manches  hat  er 
vielleicht  auch  nicht  verstanden,  da  es  nicht  mehr  in  seinem  Ideenkreise 
liegen  mochte.  Er  übersetzt  oft  so  wörtlich,  dass  man  das  Arabische 
ohne  das  Griechische  kaum  verstehen  kann  und  dadurcli  schien  es  ge- 
boten, wieder  das  Arabische  so  wörtlich  als  möglich  zu  übersetzen,  um 
erkennen  zu  lassen,  wie  der  Araber  das  Griechische  aufgefasst  hat. 
Dazu  war  es  aber  auch  erforderlich,  von  diesem  Theile  den  Arabischen 
Text  vollständig  zu  liefern ,  und  um  das  Ganze  noch  deutlicher  zu  ma- 
chen, habe  ich  diejenigen  Wörter,  auf  deren  Erläuterung  es  besonders 
ankam,    in    der   Übersetzung   Griechisch,    Arabisch  und  Deutsch  zusam- 


VORWORT.  vn 

mengestellt;    von  den   anderen  Stücken  habe  ich   nur  einige  Proben  ge- 
geben ,  um  wenigstens  den  Inhalt  des  Ganzen  übersehen  zu  lassen« 

Das  letztere  gilt  auch  in  Bezug  auf  die  Übersetzung  der  Abschnitte, 
welche  noch  auf  Aelianus  folgen.  Zweikampfe  wurden  im  Orient  noch 
gewöhnlicher  als  im  Occident  vor  dem  Beginn  einer  Schlacht  gehalten; 
von  den  Erzählungen  derselben,  welche  der  Verfasser  aus  glaubwürdigen 
Quellen  entnommen  hat,  habe  ich  einige  beibehalten.  Die  zehnte  Un- 
terweisung hat  schon  der  Abschreiber  nicht  vollständig  copiert  und  es 
ist  nichts  damit  verloren,  dass  ich  sie  noch  weiter  abgekürzt  und  den 
übrigen  Inhalt  nur  nach  den  Überschriften  angedeutet  habe.  Die  bei 
Belagerungen  zu  Zerstörungen  zu  verwendenden  Mittel  sind  in  einer 
Geheimschrift  geschrieben,  welche  ich  entziffert  und  in  den  „Nachrich- 
ten von  der  Königl.  Gesellschaft  der  Wissenschaften'*  1879  Nr.  15  er- 
läutert habe. 

Es  ist  zu  bedauern»  dass  der  Verfasser  ungeachtet  der  besonderen 
Überschrift  zu  dem  Plane  des  Muslimischen  Lagers  eine  weitere  Erläu- 
terung nicht  hinzugefügt  hat,  weil  darin  einige  Ausdrücke  vorkommen 
und  Amter  in  der  Begleitung  des  Fürsten  und  in  der  Armee  namhaft 
gemacht  werden,  welche  sich  in  der  Abhandlung  selbst  nicht  wiederfin- 
den ;  möglich  auch,  dass  das  Exemplar,  welches  der  Abschreiber  copirte, 
nicht  mehr  enthielt.  Der  Arabische  Plan  ist  in  der  Grösse  des  Originals 
mit  den  Einzeichnungen  genau  nachgebildet,  bei  dem  Deutschen,  wo 
sich  die  Bezeichnungen  in  die  kleinen  Quadrate  nicht  gut  hineinbringen 
Hessen,  sind  die  Felder  nummerirt  und  die  Erklärung  dazu  besonders 
gegeben,  wobei  ich,  vne  auch  bei  mehreren  anderen  schwierigen  Aus- 
drücken mich  des  nie  versagenden  Rathes  des  Herrn  Geh.  Hofrath  Pro- 
fessor Fleischer  zu  erfreuen  hatte. 

F.  Wüstenfeld. 


Im  Namen  Gottes  des  barmherzigen  des  erbarmenden! 

Hilf,    gnädiger  Herr. 

Die  achte  UnterweisuDg. 

ÜberTdie  Zusammensetzung  der  Armeen,  ihre  Sammlung,  ihre  Be- 
fehlshaber, Hauptleute  und  Führer  und  über  die  Anzahl  ihrer  Corps  in 
einer  Weise,  dass  sie  vor  Unfällen,  welche  aus  ihrer  Schwäche  entstehen, 
sicher  sind,  und  was  damit  zusammenhängt. 

Eine  Pflicht,  welche  dem  Aufseher  über  sämmtliche  Truppen  ob- 
liegt, ist,  das?  er  bei  der  Anstellung  der  einzelnen  Hauptleute  nicht 
nachlässig  verfährt,  weder  in  Bezug  auf  ihre  Gtesammtzahl,  noch  auf 
einen  Theil  derselben,  sondern  er  muss  sich  bei  ihrer  Ernennung  von 
der  Rücksicht  auf  das  Allgemeine  und  auf  eine  vollständige  Zuverlässig- 
keit leiten  lassen.  In  dieser  Beziehung  haben  die  Vorfahren  bei  sorg- 
faltiger Überlegung  nach  verschiedenen  Ansichten  verschiedene  Wege 
eingeschlagen. 

Erstes  Capitel  der  achten  Unterweisung. 

Zu  den  Obliegenheiten  des  Fürsten  gehört  es  für  alle  Angelegen- 
heiten der  Armee  zu  sorgen  und  ihr  einen  Führer  zu  geben,  welcher 
sich  schon  als  General  ausgezeichnet  hat,  und  fest,  umsichtig,  erfahren 
und  kundig  ist;  einem  solchen  überträgt  er  den  Befehl  über  die  Armee. 
Dieser  Feldherr  muss  zur  Übernahme  seines  Amtes  vollkommen  befähigt 
sein,  genügende  Ausdauer  und  Schnelligkeit  in  seinen  Bewegungen  be- 
sitzen .  wenig  persönliche  Rücksichten  nehmen ,  selbst  in  Kleinigkeiten, 
auf  die  er  zu  achten  hat,  nicht  nachlässig  sein,  denn  die  geringste  Nach- 
lässigkeit in  der  richtigen  Beachtung  der  Verhältnisse  kann  für  die  ganze 
Hütar.-phüolog.  Classe.  XX  VI.  L  A 


2  F.  WÜSTENPELD, 

Armee  verderblich  werden,  weil,  wenn  er  in  irgend  leiner  Anordnung 
nachsichtig  ist,  öfter  ein  Emir  dem  anderen  zwei-,  dreimal  darin  nach- 
folgt. Zuweilen  nimmt  ein  solcher  Rücksicht  auf  einen  Schwachen,  auf 
ein  mageres  Pferd  und  andere  Dinge,  worauf  er  besonders  zu  achten  hat, 
dann  soll  der  Feldherr  in  dieser  Beziehung  in  keiner  Sache,  und  wäre 
sie  auch  geringfügig,  nachsichtig  sein.  Der  Feldherr  muss,  wie  man  za 
sagen  pflegt,  jf»:>j^j^  die  Würze  der  Gesammtheit  sein.  Zur  Führung 
der  Truppen  und  zur  Austheilung  der  Befehle  taugt  nur  ein  Mann, 
welcher  vier,  drei,  zwei  und  eine  Eigenschaft  besitzt;  die  vier  sind:  Fe- 
stigkeit, Geduld,  welche  in  Schwierigkeiten  vor  Übereilung  schützt  ausser 
unter  günstigen  Umstanden,  Standhaftigkeit,  welche  durbh  UnglücksföUe 
selbst  bei  wiederholten  Schlagen  nicht  gebrochen  wird,  Freigebigkeit, 
welche  grosse  Reichthümer  verachtet,  wenn  sie  angesprochen  werden; 
die  drei  sind:  Schnelligkeit  in  der  Belohnung  tapferer  Soldaten  für  eine 
Grossthat,  Strenge  in  der  Bestrafung  der  Pflichtvergessenen,  Ungerechten 
und  solcher,  welche  Aufruhr  anstiften  und  dem  zeitigen  Herrscher  nicht 
treu  bleiben  ^);  die  zwei  sind:  Entfernung  des  Thfirstehers,  welcher  die 
Untergebenen  abweist,  gleichmässige  Rechtsprechung  zwischen  den  Star- 
ken und  Schwachen ;  die  eine  ist :  Wachsamkeit  in  allen  Geschäften  ohne 
etwas  von  einem  Tage  zum  andern  aufzuschieben.  Wenn  er  diese  Ei- 
genschaften besitzt,  wird  er  dem  Heere  einen  vollkommenen  Schutz  ge- 
währen. Ihm  zur  Seite  muss  ein  scharfsichtiger,  gewandter  Secretär 
stehen,  welcher  über  Alles  Auskunft  zu  geben  und  die  Befehle  auszu- 
führen versteht.  Der  Feldherr  muss  zu  drei  verschiedenen  Malen  über 
das  Heer  Musterung  halten,  erstens  beim  Anfange  der  Zusammenziehung 
der  Truppen,  zweitens  beim  Anfang  des  Zusammenstosses  mit  dem  Feinde, 
wobei  es  besonders  auf  die  Schlachtordnung  ankommt,  und  drittens  die 
Musterung  bei  der  Beendigung  des  Feldzuges,  wonach  die  Vertheilung 
der  Beute  folgt;  auch  muss  er  in  der  Armee  auf  die  Geschicklichkeit 
im  Reiten  achten.  Wir  werden  nun  einige  Abschnitte  hiervon  besonders 
behandeln,  welche,  so  Gk>tt  will,  dem  Feldherm  und  seinem  Secretär 
eine  Hülfe  gewähren  sollen. 

1)  hier  ist  eine  Eigenschaft  ausgelassen. 


DAS  HEERWESEN  DER  MüflAMMEDANER.  a 

Zweites  Capitel  der  achten  Unterweisung. 

Über  die  sprachlichen  AufidrQcke  und  gewöhnlichen  Bezeichnungen, 
mit  Übergehung  der  selten  gebrauchten  Wörter.  Wir  wollen  dies  jetzt 
der  Reihe  nach  auffahren,  indem  wir  bei  der  Vollständigkeit  uns  dem 
Versprechen  gemäss  der  KQrze  befleissigen. 

Hierher   gehören  zunächst  die   Bezeichnungen    für   die  äussere   Er- 
scheinung eines  Menschen.     Der  richtige  Ausdruck  für  einen,  der  noch 
nicht  ganz  ausgewachsen  ist,  ist  c5>>o  „Bursch*',  wenn  er  sich  der  Mann- 
barkeit nähert,  heisst  er  ^j^^  „dem  der  FlauQ^  anfängt  zu  wachsen";  wenn 
an  der  Stelle  *^^Lä  seiner  Oberlippe  einige  schwarze  Haare  hervorkommen, 
sagt  man  •V^  ^  *4;Lä  ^  cäP*   ..wenn  ihm  der  Schnurrbart  sprossf   oder 
H>U  ^  „er  bekommt  an  der  Oberlippe  einen  Milchbart**,    das  erste  ist 
besser  gesagt;    wann  dann  in  ähnlicher  Weise  der  Bart  aqf  den  Backen 
und  am  Kinn  zum  Vorschein  kommt,  sagt  man  oLfiJt  >-M^  H^^  ^  i:;^ 
„wenn  sein  Gesicht  den  Milchbart  bekommt''    in   der   ersten  Form   des 
Verbura    ohne  Verdoppelung   des   Käf;    wenn    sein   Bart    durchgehends 
schwarz  wird,  sagt  man  iä^  c;Xail  ^^^^  ,,wann  sein  Bart  in  Verbindung 
kommt'';  wenn  das  Haajr  im  Gesicht  vollständig  gewachsen  ist,  heisst  er 
vU   „ein  junger  Mann**;   wenn  in   seinem  Barte   einige   wenige   weisse 
Haare   zum    Vorschein    kommen,    sagt   man  <^>^lAJt  Jx3>  ^^jy^  „wenn    das 
Alter  Linien   zieht**;    veripehrt  sich   dies,    so   dass  Weiss   und  Schwarjs 
gleich   werden ,   so  sagt  man  J*^  „überein^tirnnjend**   oder  04^  „ausge- 
wachsen*';   wenn   das  Weisse   sich  mehrt   und  gegen  das  Schwarze   vop- 
herrschend  wird,  sagt  man  vr^'  „alternd';  wenn  d^s  Weisse  vollständig 
geworden   ist,    so  ist  er  g^  „ein  Greis**.      In   die  Arm^eliste  wird  die 
Bezeichnung    „Greis"    nicht  eingetragen,    weil    deren    nur    wenige    vor- 
kommen ^), 


1)  Hieraus  geht  hervor,  dass  io  den  Listen  solche  Rubriken  für  die  Bezeich- 
nung der  Altersklassen  gemacht  wurden  und  davaus  ergiebt  sich  der  Zusammenhang 
dieses  sonst  auffälligen  Abschnittes  mit  dem  Oanaen.  Bbeoao  gehört  das  Folges^e 
«1  der  Personalbescbreibwg  des  Soldateu,  wie  api  Ende  des  G«ipjtels  bemerkt  ist. 

AI 


4  F.  WÜSTENFELD, 

lieber  die  Barte«  Wenn  das  Barthaar  nach  allen  Seiten  üppig 
gewachsen  ist,  so  heisst  der  Mann  ^^äü  „bärtig,  Vollbart**;  ist  der  Bart 
der  Länge  nach  üppig,  so  heisst  er  %^vin  d^^  ,, langbärtig*',  einige  be- 
zeichnen auch  dieses  nur  durch  „bärtig'*;  ist  er  am  Kinn  üppig  und  auf 

den  Backen  dünn,  so  sagt  man  ejyso^lAit  vJ^^  „dünn  auf  beiden  Backen**; 
wenn  am  Kinn  und  an  den  Backen  nur  wenig  Haar  ist,  so  sagt  man 
^^>^  ««mit  spärlichem  Bart";  sind  der  Haare  so  wenige,  dass  sie  nur 
sehr  vereinzelt  stehen ,  so  sagt  man  JoL^ü  ,,mit  lockerem  Bart**;  wenn 
sein  Gesicht  von  Haaren  ganz  entblösst  ist,  so  heisst  er  Ja^  oder  Ja^t 
,, bartlos**.  Wenn  in  dem  Barte  die  röthliche  Farbe  vorherrschend  ist, 
80  heisst  er  J^^  ,,blond*%  ist  es  noch  etwas  mehr,  so  dass  er  roth  ist, 
so  sagt  man  v^^'  ^roth**.  Wenn  Jemand  das  Haar  lang  herabhängen 
lässt,  so  sagt  man  jmjS^\  Ja^ym  ,,mit  herabhängendem  Haar**,  das  Gegentheil 
davon  ist  j«^t  w>ju>  „mit  krausem  Haar**. 

Wir  betrachten  weiter  die  Farbe.  Weiss  schrieben  die  alten 
Araber  ein  als  (jsouit  „weiss**,  die  späteren  schrieben  dafür  ^jt^  «^ij^r  „das 
Gesprenkelte  herrscht  bei  ihm  vor**  und  die  meisten  stimmen  darin  über- 
ein, ihn  als  j<wt ,, gesprenkelt**  einzuschreiben;  desshalb  nehmen  sie  auch 
keine  Rücksicht  auf  die  Farbenbezeichnung  J^\  ,,blond** ,  weil  das ,  was 
zwischen  diese  kommt,  nicht  wieder  vergeht;  ein  andermal  loben  sie 
diese  Farbe ,  nur  muss  sie  ursprünglich  sein  ,  dann  hat  sie  diesen 
eigenen  Namen.  Ist  der  Mann  weiss  mit  vorherrschender  Röthe,  so 
sagt  man  8,4.^  y^A^  j<wt  „gesprenkelt  mit  Roth  vermischt",  ist  er  nur 
leicht  gesprenkelt,  so  heisst  er  f^^  „rothbraun**,  ist  es  ein  wenig  mehr, 
so  heisst  er  iu>^5  j^Lfc  ^t  „hervorstechend  rothbraun**,  ist  es  viel  mehr, 
80  heisst  er  y^t  „Goldfuchs**;  wenn  seine  Farbe  dunkel  ist,  wird  ero^t 
„schwarz**  genannt. 

Ferner  betrachten  wir  das  Haar,  welches  vom  Kopfe  an  der  Stirn 
herabhängt;  wenn  es  oben  an  der  Stirn  getheilt  ist,  heisst  es  gjJt  „kahl'% 
ist  es  nur  wenig,  so  heisst  es  ^y^  „unmerklich**,  ist  es  viel,  so  heisst  es 

ij^  „deutlich  sichtbar**;   befindet   sich  an  dieser  Stelle  ein  kahler  Fleck, 

80  sagt  man  jüi  aa^jJ^  „an  seinem  Scheitel  ist  ein  kahler  Fleck**    mit   nä- 


DAS  HEERWESEN  DER  MUHAMMEDANER.  6 

herer  Bezeichnung  der  Stelle  ob  er  auf  der  rechten  oder  linken  Seite 
ist;  wenn  es  mehr  ist  als  dieses,  so  sagt  man  ^t  ,, Glatzkopfs  und  ist 
es  noch  mehr  als  dieses,  so  sagt  man  gi:>t  „Kahlkopf;*'  so  war 'Ali 
ben  Abu  Tälib ;  ^i^t  sagt  man,  wenn  der  vordere  Theil  des  Kopfes  gänz- 
lich kahl  ist. 

Wir  betrachten  nun  die  Stirn.  Wenn  sie  breit  ist,  so  heisst  der 
Mann  J^^  ^l^  ,,mit  breiter  Stirn**,  das  Gegentheil  davon  ist  ^^  (jf-y» 
„mit  schmaler  Stirn**;  wenn  ihre  Haut  in  Falten  gelegt  jmiXA  ist,  sagt 
man  o^^  ^  *«^^  ^^"^  Runzeln  daran*^;  wenn  eine  Narbe  davor  ist,  so 
wird  besonders  erwähnt,  an  der  und  der  Seite;  reicht  diese  bis  an  das 
Haar,  so  heisst  es  v^lä  o^Uia^  JooLi  „bis  an  den  Rand  seines  Haares  rei- 
chend** ;  reicht  sie  bis  an  die  rechte  oder  linke  Augenbraune,  so  wird  die- 
ses bemerkt  und  gesagt  aa:>-L«  oj*^  ,.mit  seiner  Augenbraune  verbunden*' : 
ist  ein  Fleck  darauf,  so  sagt  man,  daran  ist  ein  unmerklicher  oder  ein 
deutlich  sichtbarer  v3l3>  Fleck  auf  der  und  der  Seite. 

Dann  betrachten  wir  die  Augenbraunen.  Wenn  sie  an  einander 
stossen ,  sagt  man  ,^^A3*  3t  ^ju  UfJUj  ^^ß^  „deulich  oder  unmerklich  mit 
einander  verbunden'*;  ist  eine  Falte  als  Trennung  dazwischen,  so  sagt 
man  Ja^  UfUi  ^^JU  „verbunden,  dazwischen  eine  Falte*'  oder  zwei  Falten, 
wenn  es  breiter  ist;  wenn  es  (jsoyüU  „gefurcht**  ist,  sagt  man  •UÄSt  UfJi^ 
„zwischen  beiden  eine  Trennung'*;  ist  ein  Fleck  dazwischen,  so  wird 
dies  erwähnt.  Dann  wird  die  grössere  oder  geringere  Menge  ihrer  Haare 
ai)gegeben  und  gesagt:  Ugg.*''»'>3t  li-cK^tr  (;;n:»:>|JI  o>/^  „mit  dicken  oder 
dOnnen  Augenbraunen,  die  mit  einander  verbunden  sind** ;  oder  sind  die 
Haare  von  einander  getrennt,  so  sind  die  Ausdrücke  dafür  ^1  oder  «^1 

oder  ^t;  sind  die  Augenbraunen  dünn  und  kurz,   so   sagt  man  l)t,  in 

der  gewöhnlichen  Sprache  jg^j^;  wenn  das  Haar  derselben  dick  und 
voll  ist,  so  ist  der  Mann  vJ^t,  wenn  es  lang  überhängt  und  gebogen 
ist,  so  ist  er  u^t,  wenn  es  dünn  und  spärlich  gewachsen  ist,  so  ist  er 
\jai\,  wenn  es  nach  vorn  dick  und  nach  hinten  dünn  ist,  so  ist  er  u^a>I, 
und  wenn  ihm  alle  Haare  ausgegangen  sind,  so  ist  er  Joyli. 

Hierauf  betrachten  virir  die  Nase.     Wenn  sie   lang  ist,    so   heisat 


6  P.  WOSTENPELD 

der  Mann  s^^t  S^  „langnasig**,  wenn  sie  in  die  Höhe  steht ,  heisst  er 
jM^t ,  umgekehrt  ist  j^s*^  ,,kurz*' ;  wenn  sie  von  hinten  in  die  Höhe  geht» 
so  ist  er  (^^  ^);  ndiok'*  ist  -M^  nnd  umgekehrt  (j^  ,,dann'';  wenn  die 
Spitze  der  Nase  nach  dem  Munde  gekehrt  ist,  heisst  er  ^Aj^^t  cj^\  ^) ;  sind 
seine  Nasenlöcher  weit  geöffnet,  so  heisst  er  ^j^^  j^JuU ;  wenn  sie  in 
der  Mitte  breit  ist,  so  wird  er  u«^l  genannt;  wenn  der  hintere  Theil 
gebogen  ist,  sagt  man  o^^^^;  wenn  die  Nase  nach  einer  Ton  beiden 
Seiten  gewandt  ist,  sagt  man  *>jy\;  ist  von  ihrer  Spitze  ein  StQck  abge- 
schnitten,  so  ist  er  gX:>t  „verstümmelt** ;  ist  es  an  ^^^Lul  %x»\  einem  der 

beiden  Nasenflügel  geschehen ,  so  ist  er  fj^^;  ist  die  Nase  klein ,  eben- 
m&ssig ,  so  sagt  man  sjü^it  ^) ;  wenn  sie  kurz ,  entstellt  ist ,  so  sagt  man 
iy)f/\  sJÜ<3t;  ist  ihre  Form  stark  in  die  Breite  gedrückt,  so  sagt  man 
gJ^t;  wenn  dies  noch  mehr  der  Fall  ist,  so  dass  sie  wie  eine  Rindsnase 
aussieht,  so  heisst  dies  |«J^t;  ist  sie  erhaben  in  Proportion,  so  sagt  man 
fM ;  wenn  ihre  Spitze  stark  nach  der  Wölbung  der  Lippe  geneigt  ist,  so 

ist  dies  ^^^^;  wendet  sich  dies  nach  einer  von  beiden  Seiten,  so  heisst 
es  ^t;  wenn  die  Spitze  sich  nach  der  Nasenscheidewand  erhebt,  heisst 
der  Mann  ^. 

Danach  betrachten  wir  die  Lippen.  Wenn  sie  beide  dick  sind» 
sagt  man  cßsÄAAil  ik^U,  das  Gegentheil  ist  (J^;  ist  die  Oberlippe  auf- 
geworfen, so  heisst  sie  yJaJfS,  ist  sie  kurz,  so  nennt  man  sie  b^^nmJU  „ange- 
nagelt''; ist  die  untere  aufgeworfen,  nennt  man  sie  f^'^XP  oder  KiJb;  ist 
in  der  oberen  eine  Scharte,  so  sagt  man  fJ^,  bei  der  unteren  heisdt  dies 
gJL&t;  ist  in  der  Mitte  der  oberen  ein  Zwischenraum  zwischen  dem  Bart» 
so  nennt  man  sie  fl^Jo,  an  der  unteren  nennt  man  sie  f^ji. 

Alsdann    betrachten    wir   das   Aeussere   des  Gesichtes.      Sind 


1)  Dies  wird  im  Kämüs  erklärt  „mit  engen  Nasenlöckem*^ ;  die  Handschr.  hat 

2)  Im  Kämüs  '^/i^  '>>t^  „mit  langer  Nasenspitze/^ 

3)  Darauf  folgen  die  Worte  ä:^L^  ib  tJy^A  mit  darüber  geschriebenem  -i> 
als  Zeichen  eine«  Fehlers  J^;  den  folgenden  Ansdrock  c/^  würde  man  ^er  Toa 
einer  edlen  Form  erwarten. 


DAS  HEERWESEN  DER  MUHAMMEDANER.  7 

die  beiden  Backen  eingefallen,  so  sagt  man  ^j^if^  fy*^^^i  steht  der  obere 
Theil  derselben  hervor,  so  heisst  es  cnsAJi^?^'^  ij^'^  ^^^^^  ^^  Geeichte  Po- 
ckennarben deutlich  sichtbar  oder  unmerklich ,  so  sagt  man  ^1  ^  jy^ 
^^^A^;  sind  sie  an  einzelnen  Stellen,  so  sagt  man:  in  seinem  Gesichte 
sind  i^jOc>  «XJ  einige  wenige  Pocken,  und  giebt  dazu  die  Beschaffenheit 
an  und  beschreibt  die  Stelle,  an  welcher  sie  sich  befinden;  dazu  auch 
die  Farbe  als  roth  oder  deutlich  schwarz.  Auch  werden  die  im  Ge- 
sicht befindlichen  Male  oder  Flecken ,  lang  oder  breit ,  oder  Narben  u. 
d.  gl.  angegeben. 

Darauf  betrachten  wir  die  Zähne.  Wenn  zwischen  ihnen  ein 
Zwischenraum  ist,  so  heisst  es  ^t,  und  bUjÜt  gJÜU  ,,mit  getrennten  Vor- 
derzähnen'*  sagt  man ,  wenn  es  sich  auf  diese  besonders  und  auf  die 
nächsten  und  die  Augenzähne  bezieht,  die  unteren  oder  die  oberen  oder 
beide,  oben  oder  unten  oder  in  beiden  Reihen.  Wenn  einer  von  ihnen 
ausgefallen  ist ,  so  wird  dies  erwähnt  und  die  Stelle  angegeben  und  wie 
es  vor  dem  Ausfallen  war,  unten  oder  oben,  rechts  oder  links.  Wenn 
sie  ganz  oder  theil  weise   eine  dunkle  Farbe    bekommen,    sagt  man,    sie 

werden  da  und  da  O^Ji  „schadhaft",  und  wenn  sie  an  den  Seiten  deut- 

s  •     « 

lieh  oder  unmerklich  abbröckeln,  so  ist  ein  solcher  Mann  ^y^  3I  cXs^  cr^' 

nnd  wenn  sie  soweit  abbröckeln,  dass  sie  mit  der  Wurzel  gleich  werden, 
80  heisst  er  ^^^t;  bricht  ein  Zahn  ab,  so  heisst  er  fi^\  und  wenn  die 
Zähne  ganz  weggehen  und  nur  I^U^t  ihre  Kiefern  bleiben,  so  ist  er  f^. 

Nun  betrachten  wir  die  Ohren.  Wenn  er  kleine  Ohren  hat, 
heisst  er  ^^^,  sind  sie  beide  durchbohrt,  so  heisst  er  ^^^\  v>Sa^,  ist  es 
nur  mit  einem  der  Fall,  so  wird  dies  erwähnt,  und  ebenso  wenn  ihm 
beide  Ohren  abgeschnitten  sind  oder  eins  oder  ein  Theil  desselben. 

'  Endlich  betrachten  wir  das  Aeussere  und  Innere  seiner  Hände 
nnd  seine  Arme.  Wenn  daran  eine  Narbe  von  einem  Hieb,  von  Feuer 
oder  d.  gl.  ist,  so  sagt  man  an  seiner  Hand  ist  das  und  das. 

Dies  ist  in  der  Kfirze  das,  was  gewöhnlich  in  der  Armeeliste  Tor«- 
Icommt. 


8  F.  WÜSTENFELD, 

Drittes  Capitel  der  achten  Unterweisung. 

iutyüt  ^.     Ueber  die  Physiognomik  d.  i.  über  das,  worauf  man 
bei  einem   Manne  nach  allen  seinen  Zuständen  schliessen  kann. 

jmjS^\  iW^.  Die  Deutung  der  Haare.  Weiches  Haar  deutet  auf 
Furchtsamkeit ,  hartes  auf  Tapferkeit ;  viel  Haar  auf  dem  Bauch  deutet 
auf   starken  Geschlechtstrieb,    viel    Haar    auf   dem    Bücken    deutet    auf 

Tapferkeit,  viel  Haar  auf  den  Schultern  deutet  auf  Dummheit  und  »^(t) 
Heimtücke ,  viel  Haar  auf  der  Brust  und  dem  Bauche  deutet  auf  gerin- 
gen Verstand,  aufrechtstehendes  Haar  auf  dem  Kopfe  und  auf  dem  gan- 
zen Körper  deutet  auf  Furchtsamkeit. 

Diese  Probe  ma^  gentigen ;  es  folgt  auf  8  Seiten  die  Auslegang  über  Character« 
EigeDschaften  und  Fähigkeiten,  woraaf  die  Beschaffenheit  der  übrigen  Theile  des 
Körpers  soll  schliessen  lassen:  der  Stirn,  Aogenbraunen ,  Nase ,  des  Anges,  Mundes, 
der  Lippen,  Zähne,  des  Gesichtes,  des  Lachens,  des  Ohres,  Nacken,  der  Stimme,  des 
Athems,  der  Sprache,  der  Beleibtheit,  Magerkeit,  des  Rückens,  des  Körpers,  der 
Fasse,  and  umgekehrt  auf  welche  Beschaffenheit  der  Glieder  Dummheit,  Tapferkeit 
und  gute  Anlagen  schliessen  lassen.  —  Das  vierte  Capitel  fehlt. 


Fünftes  Capitel    der  achten  Unterweisung. 

J\ji^\f  ^[t:iji\  ^.  Die  oberste  Leitung  der  Truppen.  Hierzu  gehört 
vor  Allem,  dass  der  Fflrst  einen  der  ausgezeichnetsten  Emire  an  die 
Spitze  stellt,  welchem  er  den  Befehl  ertheilt,  die  Vorhut  und  die  nächt- 
lichen Patrouillen  abzuschicken  und  Kundschafter  und  Bericiiterstatter 
anzustellen.  Dieser  Emir  muss  die  grösste  Sorgfalt  hierauf  verwenden, 
damit  die  Beschaffenheit  der  Wege  und  der  Stand  der  Feinde  ihm  ge- 
nau bekannt  werde ,  so  bald  sie  zu  Gesicht  kommen  ,  und  ihm  nichts 
von  ihren  Verhältnissen  verborgen  bleibe;  er  muss  mit  Hülfe  des  Post- 
meisters die  Richtungen  der  Wege,  welche  zu  ihnen  führen,  von  allen 
Seiten  inspicieren .  um  sich  über  die  Zustände  und  Oertlichkeiten  dea 
Kriegsterrains  zu  unterrichten,  vom  Beginn  des  Ausmarsches  an  bis  zur 
Ankunft  und  dem  Zusammenstoss.  Dieser  Posten  ist  einer  der  nütz* 
liebsten    für    die    Armee    und  dieser   fl^ir    mtiss  auf   die  Kundschafter 


DAS  HEERWESEN  DER  MÜHAMMEDANER.  9 

achten,    welche    mit  Umsicht    für    die  Islamitische  Armee  sorgen  sollen 
u.  8.  w.  ^). 

Zur  Ordnung  des  Marsches  ^)  ist  erforderlich,  dass  der  Feldherr 
die  Truppen  in  vier  Corps  eintheile,  das  erste  bildet  die  Vorhut,  das 
sind  diejenigen,  welbhe  vorangehen  und  für  die  Herstellung  des  Weges 
sorgen,  nachdem  ein  Emir  als  Wegweiser  und  ein  Emir,  welcher  die 
Bestimmung  für  das  Haltmachen  und  den  Aufbruch  zu  machen  hat, 
vorauigegangen  sind.  Das  zweite  Corps  bildet  die  Nachhut,  das  sind 
diejenigen,  welche  hinterher  marschiren  und  die  Nachzügler  und  die, 
welche  von  dem  Hauptcorps  abkommen,  decken  und  da,  wo  dieses  zu- 
sammengedrängt wird,  so  wie  die  von  der  Armee  ab-  und  zugehenden 
beschützen.  Die  beiden  anderen  Corps  bilden  die  Mannschaft  des  rechten 
und  linken  Flügels  und  decken  diese  beiden  Seiten  in  ähnlicher  Weise, 
wie  die  beiden  erst  genannten  Corps  decken.  Der  Vorhut  zunächst 
folgen  die  Kaufleute  und  Krämer,  die  Bedienten  und  Lakeien,  dann 
kommen  die  Waffenvorräthe,  die  Kriegskasse,  die  Gepäck-  und  Proviant- 
Träger,  die  Verwaltungsbeamten  aus  den  Secretären  und  Vorstehern  der 
Bureaux,  und  was  damit  zusammenhängt.  Daran  schliessen  sich  die 
Kammerherrn  und  die  Ritter,-  nämlich  der  Stab  von  Emiren  und  die 
Gross-Emire  reiten  dem  Inhaber  und  Führer  der  Truppen  voran.  So 
sind  die  Truppen  von  ihren  Kassen,  den  Vorräthen  und  den  Emiren 
umgeben,  welche  für  ihre  Bedürfnisse  und  ihre  Sicherheit  sorgen,  und 
dies  trägt  offenbar  am  meisten  dazu  bei,  sie  in  gutem  Stande  zu  erhalten, 
und  ist  die  sicherste  Art  ihres  Schutzes.  Dann  giebt  der  Commandi- 
rende  den  Emiren  den  Befehl,  einige  von  ihren  Mannschaften  zur  Dek- 
kung  und  als  Wache  für  die  Nacht  aufzustellen ,  und  ebenso  dem  Of- 
ficier  der  Wache,  welche  er  für  sich  selbst  aufstellt;  sie  müssen  für  die 
Leute,  welche  zum  Schutz  der  ganzen  Armee  dienen,  wenn  sie  sich  la- 
gert ,  aufs  beste  sorgen  und  sich  in  grössere  oder  kleinere  Abtheilungen 


1)  Es   folgen   noch   weitere  Vorschriften    und  Rathschläge    für  den  Feldherm 
und  eine  Anrede  des  Fürsten  an  die  Trappen,  womit  er  sie  entlässt. 

2)  Der  wesentliche  Inhalt  dieses  Paragraphen  bei  Lord  Munster  S.  öa  fg. 

Bistcr.'philolog.  Glosse.  XX  VI.  1.  ß 


10  F.  WÜSTENPELD, 

theilen,  gewöhnlich  in  zwei,  von  denen  die  eine  den  ersten  Theil  der 
Nacht,  die  andere  den  zweiten  Theil  die  Wache  hat.  Einer  der  frü- 
heren Könige  hatte  dem  Armeecommandanten  gesagt,  der  Oberofficier 
der  Wache  solle  seine  Leute  in  zwei  Theile  theilen  und  jedem  Theile 
befehlen,  abwechselnd  in  gewissen  Abtheilungen  um  die  ganze  Armee 
herum  zu  gehen,  so  dass  sie  bei  der  Umkreisung  wie  ein  Alle  um- 
schliessender  Bing  wären,  sie  sollten  sich  in  mehrere  Unterabtheilungen 
theilen  und  zwischen  je  zweien  derselben  ein  gewisser  naher  Abstand 
sein,  so  dass  während  der  Nacht  durch  die  Runde  der  Wache  keine 
Seite  der  Armee  ungeschützt  bleibe,  indem  die  ersten  an  die  letzten 
reichten,  möchten  sie  marschiren  oder  still  stehen. 

Wenn  die  Armee  sich  auf  den  Marsch  begeben  soll,  so  wird  ein 
günstiger  Tag  zum  Auszuge  gewählt,  denn  der  Prophet  pflegte  zu  den 
meisten  seiner  Feldzüge  an  einem  Donnerstage  aufzubrechen,  und  wenn 
es  an  einem  Donnerstage  nicht  möglich  ist«  so  kann  der  Sonnabend  ge- 
wählt werden. 

Wenn  sich  die  Armee  dem  Feinde  oder  dem  Kriegsschauplatze  nä- 
hert, so  muss  der  Armeecommandant  die  Reihen  ordnen  und  die  Offi- 
ciere  auswählen  für  den  Fall,  dass  er  den  Feind  plötzlich  überfallen 
könnte.  Sobald  sie  in  Feindes  Land  einrücken,  befielt  der  Anführer  den 
Ofiücieren  und  ihren  Mannschaften,  seinem  Befehle  nicht  entgegen  zu 
handeln,  denn  wenn  sie  dies  thuen,  bleibt  ihnen  oftmals  die  Lage  ihrer 
Feinde  verborgen.  Dahin  gehört,  dass  sie  ihre  Pferde  nicht  frei  auf  die 
Weide  gehen  lassen,  dass  sie  mit  ihren  Waffen  kein  Geräusch  machen, 
dass  sie  nicht  gar  zu  oft  den  Gruss  eh-saldm  wiederholen,  dass  sie  mit 
Buhe  marschiren ,  dass  sie  aufmerksam  auf  alles  hören ,  was  auf  der 
Seite  des  feindlichen  Heeres  vorgeht  oder  was  möglicher  Weise  Besorg- 
niss  erregen  oder  zu  besonderer  Vorsicht  veranlassen  kann«  denn  wenn 
viele  Stimmen  laut  werden  und  Geschrei  sich  erhebt,  so  kann  damit 
leicht  etwas  bis  zu  den  Gränzen  des  Heeres  hinüber  dringen,  was  seine 
Aufmerksamkeit  erregt  und  ohne  den  Lärm  und  Tumult  nicht  in  dessen 
Mitte  oder  auf  einer  anderen  Seite  desselben  bekannt  geworden  wäre; 
und  wenn  das  Schreien  und  Lärmen  nicht  vermieden  werden  kann,  sollen 


DAS  HEERWESEN  DER  MÜHAMMEDANER.  11 

sie  doch  nicht  so  rufen,  dass  der  Feind  ihre  Namen,  oder  gar  ihre  Pa- 
role und  andere  Wörter  versteht,  weil  dies  dazu  verhilft,  dass  Kund- 
schafter zu  ihnen  eindringen  und  ihre  Lage  ausforschen.  Dies  alles  ist 
zum  Schaden  der  Armee  und  in  unserer  Zeit  hat  man  dies  aus  Vorsicht 
unterlassen  und  es  geschieht  nur  noch  von  den  Soldaten,  welche  nach 
Sts  (an  der  Syrischen  Gränze  zwischen  Antiochia  und  Tarsus)  und  an- 
deren GrSntgebieten  geschickt  werden ,  weil  sie  dies  von  jeher  so  ge- 
wohnt sind. 

Der  Feldherr  muss  ferner,  wenn  er  sich  dem  Feinde  nähert,  die 
Musterung  der  Truppen  wiederholen,  er  lässt  den  Musterungs-Secretär 
kommen  und  ihre  Namen,  Anzahl  und  Ausrüstung  feststellen,  mustert 
ihre  Bekleidung,  sieht  nach  ob  sie  geputzt  und  ihre  Waffen  stark  sind, 
um  jede  Art  von  ihnen  an  ihren  Platz  zu  stellen ,  wie  wir  gleich  er- 
wähnen werden.  Nämlich  die  Leute  mit  vollständiger  Bewaffnung  und 
vollkommen  guter  und  passender  Ausrüstung  werden  für  das  erste  Glied 
eingeschrieben,  ihre  Bekleidung  reicht  bis  unten  auf  die  Erde  hinab; 
dann  sucht  er  dijejienigen  aus ,  welche  ihnen  in  der  Ausrüstung  am  näch- 
sten kommen,  um  sie  für  das  zweite  Glied  zu  bestimmen,  dann  die  nächst- 
folgenden  für  das  dritte  Glied;  die  für  das  zweite  und  dritte  Glied  haben 
nicht  so  lang  heri^breichende  Ausrüstung.  Ebenso  sucht  er  dann  die 
darauf  folgenden  aus,  welche  in  das  vierte  und  fünfte  Glied  gestellt  werden 
sollen.  Auf  diese  Weise  wird  das  Heer  geordnet.  Hierauf  inspicirt  er 
auch  das  Fussvolk  und  diejenigen,  deren  Ausrüstung  bis  auf  die  Erde 
reicht,  kommen  in  das  erste  Glied  zu  stehen,  in  einer  Stärke,  wie  es 
dem  Feldherm  passend  scheint,  je  nachdem  er  sie  in  drei  oder  vier 
Gliedern  aufstellen  will. 

Über  die  Waffen  der  Krieger  im  Islam ^). 

Die  Bewaffnung  besteht  in  einem  festen  dauerhaften  Panzer,  nicht 
zu  schwer  und  nicht  zu  leicht,  in  einem  Helm,  einer  anschliessenden 
Mütze  unter  dem  Helm,   zwei  Armschienen,    zwei  Beinlingen  und  zwei 

1)  Diesen  Abschnitt  hat  der  Verfasser  dem  2.  Gap.  des  Aelian  nachgebildet. 

B2 


12  F.  WÜSTENFELD, 

Beinschienen.  Das  Pferd  zum  Angriff  muss  einen  festen  Huf  haben 
und  an  der  Brust,  dem  Vordertheil,  Hals  und  Hintertheil  stark  sein. 
Die  Ausrüstung  zum  Kampfe  besteht  aus  zwei  festen  starken  Bogen, 
30  Pfeilen  mit  geraden  gefeilten  Spitzen,  hartem  Mittelstück  und  eiser- 
nen Vj^  Flügeln,  aus  einem  massigen  Köcher,  der  nicht  zu  gross  ist 
und  dadurch  beschwerlich  wird,  so  dass  er  die  Aufmerksamkeit  ablenkt, 
auch  nicht  zu  klein,  so  dass  er  nicht  alle  Pfeile  fassen  kann  und  da- 
durch ungenügend  ist,  von  festen  länglichen  Lederstreifen,  mit  festen 
Nähten  und  Bändern  von  wirklichem  Leder,  aus  einer  gJJU-oJt^^  iü^ 
Köchertasche  mit  starken  Schnüren,  einer  starken  Lanze  mit  heilem 
Schaft,  ganz  gerade,  nicht  übermässig  lang,  aber  auch  nicht  zu  kurz,  so 
dass  sie  ihren  Zweck  nicht  erfüllt,  mit  einer  Spitze  vom  besten  Eisen 
mit  vielen  y^^  scharfen  Kanten,  von  ausserordentlicher  Härte  mit  einem 
durchdringenden  äussersten  Ende;  einem  geraden  Wurfspeer,  einem 
scharfen  bewährten  Schwerdt  ganz  von  Eisen  mit  lobenswerther  Treff- 
f&higkeit  oder  kurz,  handlich,  schneidig^);  einem  spitzen  zweischneidigen 

Messer  oder  einer  zugespitzten  is^\i<^^ ,  einem  starken  j^  Streitkolben, 
welcher  den  damit  kämpfenden  weder  durch  seine  Schwere  überwältigt, 
noch  durch  seine  Leichtigkeit  ihn  täuscht,  um  einen  kräftigen,  durch- 
schlagenden Hieb  zu  thun,  oder  einem  blanken  j^  Beil  auf  beiden  Seiten 
geschärft  mit  einem  festen  Griff,  womit  man  auf  einen  Hieb  eine  starke 
Waffe  zerhauen  kann;  aus  30  Steinen  in  zwei  Beuteln,  welche  an  dem 
Sattelknopfe  rechts  und  links  herabhängen.  Dies  ist  die  Ausrüstung 
eines  zum  Kampf  bereiten  Reiters  und  wenn  etwas  daran  fehlt,  so  ist 
er  unvollständig  ausgerüstet. 

Nach  dem,  was  oben  in  Bezug  auf  die  Verschiedenheit  oder  Gleich- 
heit der  Bewaffnung  über  den  Schlachtkampf  gesagt  ist,  wenn  Kavallerie 
gegen  Kavallerie,  Infanterie  gegen  Infanterie  oder  Kavallerie  kämpft« 
giebt  es  neun  verschiedene  Mannschaften  in  den  Armeen^):  1)  Die  Sol- 
daten mit  vollständiger  Bewaffnung;    2)  die  Schildträger,    welche 


1)  Vergl.  den  Zusatz  am  Schlnsse  der  Abhandlung. 

2)  Die  folgende  Stelle  wörtlich  bei  Lord  Munster  S.  ^t 


DAS  HEBRWESEN  DER  MüHÄMMEDANER.  13 

Palisaden  tragen;  3)  die  Leichtbewaffneten,  das  sind  Qjät^jil^  iU5U#ljü 
^^iIIJ!^  die  Chorasanier,  die  Mischkrug-Schleuderer^)  und  die  Naphtha- 
Schleuderer ,  diese  drei  Classen  bilden  die  Reihen  der  Fussgänger;  4) 
die  Reiter,  welche  lange  Lanzen  tragen,  einige  derselben  sind  o^^j)  Krug- 
Schteuderer;  5)  die  Reiter,  welche  mit  (JM;'j^  kurzen  Lanzen  werfen; 
6)  die  Reiter,  welche  mit  Pfeilen  schiessen ;  diese  drei  bilden  die  Reihen 
der  Reiterei;  7)  die  Reiter,  welche  ganz  in  Waffen  eingehüllt  sind;  8) 
diejenigen,  welche  die  zusammen  gekoppelten  Pferde  reiten,  das  sind 
Xj^Lä^J  die  Knappen,  welche  die  Handpferde  nebenher  fähren;  9)  die 
Bedienten  und  Elephanten- Wärter,  wenn  solche  vorhanden  sind,  kommen 
an  diese  Stelle,  und  das  Gepäck  dahinter. 

Wenn  der  Feldherr  einen  Emir  für  das  Haltmachen  und  Aufbrechen 
ernannt  hat,  so  muss  dieser  die  geeigneten  Lagerplätze  wählen,  wo 
sich  Wasser  und  Futter  befindet,  sie  müssen  in  der  Ebene  liegen  und 
es  ist  dabei  auf  die  Sicherheit,  einen  längeren  Aufenthalt  und  einen 
etwaigen  Angriff  Rücksicht  zu  nehmen;  wenn  es  nöthig  scheint,  werden 
die  dahin  führenden  Hauptstrassen  mit  Wachen  besetzt,  und  Alles  wird 
mit  Umsicht  passend  und  bequem  eingerichtet.  Sobald  nun  ein  solcher 
Lagerplatz  bezogen  wird,  befiehlt  der  Emir  vor  Allem,  noch  an  dem- 
selben Tage  ohne  Aufschub  und  Zögern  einen  Graben  zu  ziehen,  dieser 
dient  zur  Deckung  der  Armee,  verhindert  das  Desertiren,  vereitelt  die 
Versuche  eines  Oberfalls  und  schützt  gegen  andere  Gefahren,  welche 
durch  die  List  des  Feindes  und  unerwartete  Ereignisse  herbeigeführt 
werden  können.  Jeder  Zugang  des  Grabens  wird  einem  zuverlässigen 
Hauptmann  übergeben,  welcher  die  Aufsicht  führt,  um  die  Aus-  und 
Eingehenden  zu  fiberwachen. 

^\^  oUJt  i  >15 

Über  den  nächtlichen  Überfall  und  Hinterhalt. 

Dies  ist  etwas,  wonach  der  Feldherr  streben  und  wovor  er  sich 
hüten   muss,   damit  nicht   der  Feind  eine    Gelegen h/eit  erfasst  und  die 

1)  Diese  Bedeutung  ergiebt  sich  aus  der  zehnten  Unterweisung,  wo  das  Wort 
wieder  vorkommt. 


14  P.  WÜSTENFBLP, 

Muslimen  gedeckt  sind,  während  sie  jenem  einen  Hinterhalt  legen,  dem 
gemäss,  was  von  dem  Propheten  überliefert  ist,  als  er  fiber  die  Ange- 
hörigen der  Ungläubigen  gefragt  wurde,  wenn  sie  nächtlicher  Weile 
überfallen  und  ihre  Frauen  und  Kinder  betroffen  würden;  er  antwortete: 
sie  gehören  zu  ihnen.  Amr  ben  Dindr  drückt  es  nach  Ibn  'AbbAs  be- 
stimmter aus :  sie  gehören  zu  ihren  Vätern.  Die  Richtigkeit  dieser  Ober- 
lieferung ist  begründet,  sie  ist  von  Muslim  in  seine  Sammlung  aufge- 
nommen^) und  von  anderen,  welche  sie  sämmtlich  auf  Saifjän  ben  'Ojeina 
zurückführen.  Es  ist  ferner  durch  Ibn  Omar  überliefert,  dass  der  Prophet 
zweimal  gegen  die  Banu  el-Mu9talik  einen  Zug  unteniommen  habe  um 
ihre  Heerden  zu  rauben;  er  schlug  die  Schlacht  und  nahm  die  Kinder 
gefangen.  Diese  Überlieferung  ist  gleichfalls  in  der  Wahrheit  begründet» 
Muslim  hat  sie  aufgenommen,  und  darin  liegt  der  Beweis,  dass  es  erlaubt 
ist,  die  Ungläubigen  in  ihrer  Sorglosigkeit  und  Nachlässigkeit  bei  Nacht 
zu  überfallen  und  zu  tödten ,  auch  wenn  ihre  Kinder  und  Frauen  mit 
davon  betroffen  werden. 

Wenn  nun  der  Feldherr  die  Muslimen  in  einen  Hinterhalt  legen 
will,  so  stellt  er  einen  umsichtigen  Emir  an  ihre  Spitze,  welcher  darin 
schon  bewandert  ist,  und  wählt  für  die  Truppen  des  Überfalles  solche 
Pferde  aus,  welche  wenig  Geräusch  machen,  nicht  wiehern,  picht  wieder- 
holt dazu  ansetzen,  nicht  im  Halse  kollern,  nicht  davon  laufen,  ruhig 
sind  und  andere  gute  Eigenschaften  haben,  nicht  uBgeatüm  aufrennen, 
sondern  ruhig  sind ,  wenn  mit  ihnen  ein  Angriff  gemacht  werden  soll, 
nicht  iitörrig,  so  dass  sie  dem  Zügel  nicht  folgen  jund  Sattel  und  Zügel 
sich  nicht  wollen  anlegen  lassen,  und  die  nicht  scheu  werden. 

Der  Reiter  hierzu  muss  kühn  sein,  vor  schwierigen  Unternehmungen 
nicht  zurückschrecken,  ein  guter  Reiter  sein,  nicht  schreien,  nicht  husten, 
nicht  leicht  durstig  werden ^  nicht  schnarchen,  nicht  im  Halse  röcheln, 
keine  rauhe  Stimme  haben,  leicht  erwachen  ohnfe  schlaftrunken  zu  sein, 
nicht  lange  Abscheu  haben,  bei  der  Nachtwache  nicht  träge,  nicht  dumm, 
nicht  seh wachsicHig  sein,  aufhorchen,  wenn  sich  ein  Geräusch  vernehmen 

1)  Muslim^  Corpus  tradit.  ed.  Calcutt.  Yol.  IL  pag.  143. 


i 


DAS  HEERWESEN  DER  MÜHAMMEDANEB.  15 

lässt,  und  wäre  es  noch  so  leise,  rasch  bereit,  wenn  ein  Angriff  und  Verstoss 
gemacht  werden  soll«  nicht  träge,  nicht  gleichgaltig,  nicht  zaghaft,  beseelt 
von  dem  Verlangen  sich  Ehre  und  Ansehen  zu  erwerben.  Er  wähle  sich 
eine  fest  gearbeitete,  durchschlagende  Waffe,  nicht  schartig,  womit  er  einen 
kräftigen  Hieb  ausfahren  und  schwere  Verwundungen  beibringen  kann^). 

Wer  sich  in  einen  Hinterhalt  legen  will,  der  wähle  dazu  einen  Ort  in 
der  Nähe  von  Wasser,  damit  nicht,  wenn  die  Sache  sich  in  die 
Länge  zieht,  der  Durst  sich  einstellt,  da  sie  das  Wasser  nahe  haben; 
der  Weg  zu  dem  Wasser  muss  eben  sein,  die  Pferde  dürfen  sich  darauf 
nicht  drängen.  Der  Ort  des  Hinterhaltes  muss  an  einer  Stelle  sein,  wo 
der  Anfang  zur  Warte  bei  Nacht  und  bei  Tage  nicht  beschwerlich  ist, 
hochgelegen,  damit  der  oben  stehende  jede  Person  von  weiten  wahr- 
nehmen, sich  niemand  verstecken  oder  heranschleichen  kann,  kein  Hin- 
derniss  darf  ihm  dagegen  im  Wege  sein.  Jeder  Theilnehmer  muss  die 
nöthige  Kleidung  bei  sich  fahren ,  gegen  die  Kälte,  wenn  es  Winter  ist 
und  wenn  es  Sommer  ist,  dann  dem  entsprechend.  Leichtsinn  und  Zer- 
streuung mfissen  sie  abl^en,  wo  sie  auch  sein  mögen,  sie  müssen  ruhig 
sein  und  sich  des  Schweigens  befieissigen,  Wild  und  Vögel  nicht  auf- 
schrecken, denn  durch  das  Stillsein  wird  ihr  Versteck  nicht  verrathen 
und  sie  haben  deü  Vortheil  nicht  bemerkt  zu  werden ,  und  wenn  sie 
dann  angreifen  wollen»  nehmen  sie  die  Gelegenheit  dazu  wahr  ohne  Auf- 
regung, Unruhe  und  Leidenschaft,  sondern  sie  erheben  sich  mit  festen, 
gesammelten,  ruhigen,  nicht  flüchtigen  und  verwirrten  Gedanken  und 
vertrauensvollem,  erhebendem  und  feurigem  Muthe.  Ihr  Angriff  muss 
sein  wie  ein  loderndes  mit  Donner  verbundenes  Feuer,  welches  alles, 
was  ihm  vorkommt,  grünes  und  trockenes  verbrennt,  damit  sie  einen  voll- 
ständigen Sieg  über  ihre  Feinde  davon  tragen  und  ihre  Absicht  erreichen. 

Die  in  einem  Hinterhalt  liegen,  dürfen  daraus  nicht  alle  auf  einmal 
hervorbrechen,  damit  der  Feind  sie  nicht  für  viele  hält  und  ihm  ihre 
Anzahl  zur  Zeit  ihres  Angriffes  verborgen  bleibt;  dabei  müssen  die 
Wächter  den  Stand  des  Feindes   sorgfältig  beobachten,   und  wenn  der 


1)  Im  Auszöge  dieselben  Ausdrücke  bei  Lord  Munster  S.  öa 


16  F.  WÜSTENFELD, 

Hinterhalt  sich  in  zwei  Tbeile  theilt,  so  ist  dies  besonders  gut  in  der 
Voraussetzung,  dass  der  Feind,  wenn  er  ihre  Anzahl  für  gering  hält,  oft- 
mals Lust  bekohl mt,  sie  anzugreifen  und  sie,  wenn  dann  der  Hinterhalt 
der  Muslimen  flieht,  verfolgt,  dann  bricht  der  zweite  Theil  gegen  sie 
hervor.  Keiner  darf  nach  Beute  begierig  sein,  sondern  einer  muss  den 
anderen  anfeuern ,  den  Feind  anzugreifen ,  niemand  darf  sich  von  den 
anderen  entfernen,  und  wenn  sie  ihre  Absicht  erreicht  haben,  kehren 
sie  auf  ihre  Plätze  zurück,  ohne  einen  von  ihnen  zurückzulassen.  Wenn 
einem  sein  Pferd  schwach  wird,  so  lässt  ihn  der  andere  hinter  sich  auf- 
sitzen und  lässt  ihn  nicht  im  Stich,  denn  daraus  entsteht  ein  grosser 
Schaden,  wie  es  bei  den  Truppen  auf  Expeditionen  bekannt  genug  ist. 

Einige  der  früheren  Könige  haben  für  den  Hinterhalt*)  die  Hälfte 
der  ganzen  für  einen  Krieg  aufgestellten  Armee  bestimmt  und  gesagt, 
der  Hinterhalt  sei  das  Fundament  im  Kriege,  und  wer  keinen  Hinter- 
halt habe,  der  setze  seine  Truppen  dem  Untergange  aus.  Andere  sind 
der  Ansicht,  dass  der  Hinterhalt  aus  zwei  Drittel  der  Armee  bestehen 
müsse,  noch  andere  sagen,  die  geringste  Anzahl  sei  ein  Drittel,  weniger 
nicht.  Wenn  es  für  zweckmässig  gehalten  wird,  so  theilt  der  Feldherr 
die  Mannschaft  des  Hinterhaltes  in  drei  Theile ,  der  erste  entfernt  sich 
nach  beiden  Seiten  der  Kundschafter  nicht  eine  Meile  weit  und  darüber 
hinaus  nach  der  Seite,  wohin  der  Feind  entfliehen  könnte,  soweit  als  es 
die  Aufstellung  der  Ungläubigen  zulässt,  und  wenn  die  Länge  der  Linie 
auf  beiden  Seiten  der  Ungläubigen  eine  Meile  betrüge,  so  würden  jene 
an  die  äusserste  Gränze  der  Meile,  bis  wohin  das  Ende  der  Linie  des 
Feindes  reicht,  zu  stehen  kommen  und  dies  ist  eine  der  beiden  Seiten 
der  hinteren  Schlachtlinie.  Der  zweite  Theil  des  Hinterhaltes  steht  auf 
der  anderen  Seite  in  derselben  Ordnung  und  der  dritte  hinter  der  Armee 
im  Rücken  der  hinteren  Schlachtlinie.     Die  beiden  zu  beiden  Seiten  des 


1)  Während  das  Wort  ,,Hinterhalt^^  bisher  von  eioem  Corps  gebraDcht  wurde, 
welches  dem  Feinde  auflauert,  bezeichnet  es  im  Folgenden  in  dem  Siune  von  „Rück- 
halte^ auch  ein  Corps,  welches  von  der  Hauptarmee  getrennt  steht,  um  zur  geeigneten 
Zeit  als  „Hülfscorps^^  einzugreifen,  und  in  einigen  Fällen  sogar  vor  der  Front  seine 
Stellung  haben  kann. 


DAS  HEERWESEN  DER  MUHAilMEDANER.  17 

Feindes  aufgestellten  Hinterhalte  hindern  die  Flüchtlinge  desselben,  sich 
durch  Umgehung  auf  die  Muslimischen  Truppen   zu    werfen  und   bilden 
einen  Damm  zwischen  ihnen  und  zwischen  einem  Hulfscorps,  wenn  ein 
solches  vorhanden  ist,    und  bringen  zu  den  Muslimen  diejenigen  zurück, 
welche  zu  ihren  Feinden  flüchten  wollen ;  und  der  Hinterhalt  hinter  der 
letzten  Schlachtlinie  der  Muslimen    dient  ihnen    als  Hulfscorps.      Wenn 
eine  Abtheilung  desselben  durch  einen  besonderen  Befehl    zu   einer   ge- 
lagerten Truppe  kommt,  so  nimmt  der  Hinterhalt  hinter  derselben  seine 
Stellung,  dadurch  dient  er  zum  Schutz  für  diese  gelagerten  und  dadurch 
wird  für  die  Sicherheit  am  besten    gesorgt.      Wenn  die  Aufstellung  zur 
Schlachtordnung  sehr  ausgedehnt  ist,  so  ist  es  am  zweckmässigsten,  dass 
der  Hinterhalt  sich  in  mehrere  Theile  theilt,  um  das  Ganze  zu  schützen. 
Wenn  ein  Corps  zu  schwach  ist   und  zum  Weichen   gebracht    wird,    so 
kommt  ihm  der  hinter  ihm  stehende  Hinterhalt  zu  Hülfe,  vereinigt  sich 
mit  den  Weichenden    und  füllt  die  entstandene  Lücke  wieder  aus.      So 
geschah  es  im  J.  702  auf  der   so  gen.  Wiese  el-^uffar^),   freilich   ohne 
dass   ein   Hinterhalt   aufgestellt   war,    sondern   durch    die  Hülfe  Gottes. 
Als  nämlich  beide  Armeen-  in  Schlachtordnung  aufgestellt  waren,  warfen 
sich  die  Tataren  auf  den  rechten  Flügel  der  Muslimen  und  durchbrachen 
ihn,    so  dass   ein  Theil   der  Flüchtenden   nicht   wieder  zum  Stehen   ge- 
bracht werden  konnte.     Der  linke  Flügel  der  Muslimen  konnte  die  Ta- 
taren nicht  sehen.      Als  nun  die  Trommeln   geschlagen    wurden,    kehrte 
ein  Theil  der  Leute,    welche  schon  geflohen  waren,    zurück,   der   linke 
Flügel   vereinigte    sich    mit    dem  Centrura    und  so    wurde   die  Schlacht- 
ordnung wieder  hergestellt,    als  wenn  keiner  darin  fehlte.      So  war  also 
der   linke  Flügel  gleichsam   der  Hinterhalt   der  Armee   und  zwar   durch 
Gottes  Fügung,    nicht  durch  ihre  Veranstaltung,    und  der  Feind  wurde 
so    total   geschlagen,    dass    er    nachher  keinen  Widerstand    mehr  leistea 
konnte.     Erkenne  hierin,  o  kluger  Feldherr,  die  That  Gottes  und  seine 
Leitung;    der  Einsichtige  deutet  dabei  auf  den  Hinterhalt  hin,    denn  er 
befreiet  die  Armee  aus  sehr  grosser  Gefahr. 

1)  Abül'Fidä  nahm  Theil  an  dieser  Schlacht;  vergl.  Annal.Muslem.  T.  V.  pag.  184» 
Histar.-phUolog.  Glosse.  XXVI .  i  C 


18  F.  WÜSTENFELD,  ] 


Über   das   Lager  Jdes  Fflrsten    und  der  Truppen    bei  einer 

Belagerung,    über   den  Platz,    welchen  jeder  einzelne   von 

ihnen  im  Lager  einnimmt,   nach  der  Ansicht  der  frftheren 

Herrscher,    und  über  die  sorgfältige  Deckung  darin. 

Plan. 

Erläuterung  zu  dem   Lager  des  Fürsten    und   der  Truppen 
und  dem  Platze  jedes  einzelnen  Ton  ihnen. 

Um  eine  Festung,  eine  Burg  oder  d.  gl.  einzunehmen,  (denn  dazu 
sind  manche  nothwendige  Dinge  erforderlich ,  von  denen  man  nicht  eins 
entbehren  kann) ,  ist  es  nöthig ,  dass  der  zum  Commandanten  ernannte 
Emir  ein  treuer,  er£ethrener,  einsichtsvoller  Mann  sei,  welcher  auf  den 
ersten  Blick  erkennt,  wer  durch  Einsicht  und  Kampfeslust  zu  dem  Un- 
ternehmen tauglich  ist,  so  dass  sie  seinen  Anordnungen,  die  zu  dem 
Unternehmen  nöthig  sind,  bereitwillig  folgen,  ihm  bündige  Zusagen  geben, 
mit  äusserster  Tapferkeit  zum  Schutz  und  Schirm  ihm  vorangehen,  nach- 
dem sie  ihm  alle  Waffen  und  Werkzeuge,  welche  zu  einer  Belagerung 
gehören,  herbeigeschafft  haben,  wenn  sie  zur  Belagerung  schreiten,  d.  h. 
wenn  der  Sturm  gemacht  werden  soll.  Beim  Angriff  hängt  der  grösste, 
vollständigste  und  sicherste  Erfolg  ab  ^}  von  gut  gearbeiteten  festen  Bogen, 
langen  und  kurzen  Pfeilen,  ^1^^?,  ißj^^  Armbrusten,  runden  und  langen 
Schilden,  J^t^t  grossen  und  kleinen  Körben,  ^|jtt  Kübeln,  grossen  und 
kleinen  Wurfmaschinen,  Schleudern,  Indischen  Bogen,  welche  in  der 
Kasse  aushalten,  Raucherzeugern  mit  ihren  Wurf maschinen ,  den  zu  den 

1)  Der  folgende   Abschnitt  ebenso  bei  Lord  Munster  S.  vi. 


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DAS  HEERWESEN  DER  MUHAMMEDANER.  19 

verschiedenen  Arten  des  Werfens  und  Schleuderns  zugerichteten  Steinen» 
den  Leitern  mit  Zubehör,  den  eisernen  Instrumenten,  womit  die  Stricke 

durchgehauen  werden,  viereckigen  auf  vier  Beinen  stehenden  ot^LZ> 
leicht  beweglichen  Holzgerüsten ,  Spitzeisen ,  ^^  jUUm«^  Zangen  ?  — ,  ei- 
sernen Hacken,  Beilen,  Messern,  gekrümmten  Haken,  Kesseln  zum 
Schmelzen  von  Schwefel  und  Naphtha,  scharfen  Bohrern,  Werkzeugen, 
mit  denen  der  geschmolzene  Schwefel  ausgefüllt  und  mit  denen  bren- 
nende Naphtha  geschleudert  wird,  Schwefel,  Pech,  Nutz-  und  Brennholz» 
Hierzu  kommen  die  Handwerker,  wie  Zimmerleute,  Sattler,  Stellmacher, 
Pfeilschnitzer,  Eisen-  und  Kupferschmiede  mit  ihren  Werkzeugen.  Stein- 
hauer und  Minirer,  und  aus  allen  diesen  Fächern  die  Mannschaft  bis 
zu  ihrem  Meister,  zur  Aufsicht  über  das  Ganze  die  Ingenieure,  welche 
wieder  dem  bei  der  Belagerung  commandirenden  Emir  unterstellt  sind. 
Femer  die  Schuster,  Riemer  und  Deckenmacher,  und  alles  was  bei  Fe- 
stungen an  Proviant  und  Futter  bereit  gehalten  werden  muss  und  was 
zur  Ernährung  und  Stärkung  nöthig  ist,  und  zum  Schutz  der  Brücken, 
Gräben  und  oLu^^b  eingefriedigten  Plätze  mit  ihren  Umzäunungen,  Pfei- 
lern, Mauern  und  Dämmen,  die  Wachthäuser  und  Warten  mit  ihren 
Wächtern  und  Wärtern,  die  Pförtner,  die  Thore  und  Schlüssel  und  deren 
Hüter  und  zuverlässige  Aufseher,  die  Aufstellung  der  Mannschaften  auf 
allen  Seiten  und  Enden,  das  Anzünden  der  zahlreichen,  weithin  sicht- 
baren Leuchtfeuer,  die  Aufstellung  jedes  einzelnen  Mannes  an  dem  für 
seinen  Auftrag  passenden  Platze,  —  dies  sind  die  Dinge,  von  denen 
auch  nicht  das  geringste  verabsäumt  werden  darf. 

Erklärung  des  Lager- PI  anes. 

«5JUt  1   der  Fürst 

f\jj^\  2  der  Vorplatz 

jJ^jJt  3  die  Flur 

»ULtit^  f\J^'^\  4  das  Secretariat  und  die  'Ulema 

y^^  ol^^     ^  ^^^  geheime  Cabinet 
s\Juoyi\^  (jo\^  vl;^  v^U»     6  Hof- Restaurant  und  Bedienung 

«julU  v^Lao     7  der  Tafeidecker 

C2 


20  F.  WÜSTENPELD, 


g^t     8  die  Kache 

^l^  Jux^jA     9  Stall  far  die  Pferde  des  Farsten 

v3Ut  v£;AdU  10  Kriegs-Casse 

J^\  ^jjj^  1 1  Sitzungszelt  der  Grossen 

yjjJi   12  der  Wezir 

keiJJ^  J^t  1 3  Familie  und  Verwandte  des  Fflrsten 

j\\X4^  14  der  Spiegelhalter  (Kammerdiener) 

^Luoi^  fjJj  1 5  Oberster  der  Eunuchen 


^^ff^  16  die  Eunuchen 
(jölü  Äj\js>  1 7  Garderobe  des  Fürsten 
0L:5u>m  18  die  Moschee 
'ii\^j^  qU^  ^ß^  1 9  Wachen  zu  Pferde  und  zu  Fuss 
{j00^  s.fAS>\jo  2  0  Wach-Conimandant 
(^jbit  21  die  Strasse 
fj^'i\  uJLsÜ'  ^^  22  Commandeur  des  Haupt-Centrums 
f^'i]  wJLsüt  o^l§  ^\^\  23  Gefolge  des  Commandeur  des  Hauptcentrum 

<ie5üLU  ^Lbt  24  die  Prinzen 
^LjI  25  ihr  Gefolge 
Ä^^t  crl;  Oul5  26  Commandeur  der  Spitze  des  rechten  Flügels 
XJU^I  ^\j  oul5  vl-^t  27  Gefolge  des  Commandeur   der  Spitze  des 

rechten  Flügels 
jy^  ^jatL}  28  ein  Theil  der  Magnaten 
ÄJUdvit  u,A>Ud  29  Commandeur  des  rechten  Flügels 
xjUAit  uA^Ud  wl^^^  30  Gefolge  des  Commandeur  des  rechten  Flügels 

hL^  31  die  Wachen 
iXAfyot  32  ein  General 
^?y>^l  33  die  Brüder 
BjAM^t  Q^j^mMi\  i\  (jf^^l  34  Hauptweg  zur  Armee  von  der  linken  Seite 
^  U  t^aJl^  8jii3*  Q5^^  *^^         30  Schritt  breit  und  so  lang  er  sein  kann 

iX^jJt  36  die  Wächter 
iXAfyot  36  ein  Greneral 
o!>^^l  37  die  Brüder 
Ü\  vl^t  38  Gefolge  des  Generals 


DAS  HEERWESEN  DER  MüHAMMEDANER.  21 

ÄdUJt  voUö  39  Gommandeur  des  Nachtrabes 

ÄdLJt  v^.o*U)  vl^'  40  Umgebung  des  Gommandeur  des  Nachtrabes 

(•^Lyt  41   deren  Oefolge 
^Uo'i\  42  die  Ärzte 

cfeJl^^J  43  die  Augenärzte 
iss5?.ljS^  44  die  Wundärzte 
^tt^tf  o'  *1^'  45  die  Elephanten Wärter,  wenn  vorhanden 
iUUil  vIjä  u,a^U)  46  öflFentlicher  Restaurant 
J?jAl!  vLÄot  47  die  Leibwache 

v^Ül  48  der  Oberst  Cammerherr 
^j^  11^5  VjcU  J(^t  49  der  dienstthuende  Portier  des  Fürsten» 
jüJt  ^Lä^I         welcher  ihm  die  Eingaben  fiberreicht 
fJ\M\  v^s^Ad  50  der  Untersuchungsrichter  in  Klagsachen 
9^.M^\  hLt  5 1   die  Wachen  des  linken  Flügels 
Hy^\  ^\j  cKjfe  52  Gommandeur  der  Spitze  des  linken  Flügels 

(jjtJoi\  iüaafti  53  Wegkundschafter 
vyiUXU^  A^\  54  die  Rechtsgelehrten  und  Notare 
O^t  jriQ^  \S\  Joall  55  Betplatz  beim  Herannahen  des  Festes 

Ä:?^liXll  56  die  Wegemacher 
(kX^  57  die  Dienerschaft 
^LaoÜ  ^^kXSa  58  Vorsteher  der  Eunuchen 
jULäH  Ja^tj^  59  gemeinschaftliche  Stallungen 
erj^j^'  60  Oberst  Wach-Gommandant 
*i^5  «^Lül  6 1   die  Prinzen 
^LsJt  62  der  G&dhi 
^r^'**^  63  der  Polizeidirector 
vl(;J'  v^^^^'  64  die  berittene  Leibgarde 

'iJij\OjÄi\  65  Portiers 
^2j^l  vXxfyot  66  General  des  rechten  Flügels 
cr^'  iXAfyoI  ^i^\jo\  67  Gefolge  des  Generals   des  rechten  Flügels 
v^t  Ouls  68  Gommandeur  des  Gentrums 
v*ÜÜ'  «\»I5  v^^^^'  69  Gefolge  des  Gommandeur  des  Centnuns 
xu^t  Q%ji^MMi\  i?  (jf:!jUt  70  Hauptw^  zur  Armee  von  der  rechten  Seite 


22  F.  WÜSTENFELD, 

jIj  Lo  djhi\^  H^Lis>  Qj:»^  ÄÄ>^-ß         30  Schritt  breit  und  so  lang  er  sein  kann 

cX^-fyöt  71  ein  General 
Jükoit  u.*^U>  72  der  Feldprediger 
^:A^I  äülp^  73  Waffen-Depot 
(kX5j  <^5iAJ{  |»wxii  u^^Uj  74  der  oberste  Diener,  welcher  die  Leute 
ki^\  X\  ^\J^\         bei  dem  Fürsten  eintreten  lässt 
(jJiJ^^  v*^^  7  5  der  Wegweiser 
j\js>'i\  76  die  Adligen 
^^  77  Fahnen-Emir 
^'5^J-"3  o>y^'^  i3>*^'  vl-^^^'  78  Trommler,  Hom-  und  Zinkenbläser 

oLyij^J  vpjL^udt  79  die  Paukenschläger 
^Luoü  80  die  Eunuchen 
HjmJ,\  ^^Aj>Lo  81   Commandeur  des  linken  Flügels 
HyMA\  u^^Lö  vl^^^^'  82  Gefolge  des  Commandeur  des  linken  Flügels 

Ä:>-^{i>J{  83  die  Wegemacher 
fjjjai\  'Mafti  84  die  Wegkundschafter 
iu\j^  er  ^x^-*^'  vi'  (jM;^'  8  5  Hauptweg  zur  Armee  von   der  Rückseite 
^  1^  siyLl\^  BjLs^  ^^il5  KA>j^         30  Schritt  breit  und  so  lang  er  sein  kann 

^ojdi  86  der  Wall  und  Graben 
OüoyJ  87  die  Wächter 
xta^yt  iüs=OL^  88  Posten  bewaffneter  Reiter 
j^^M^\  ^\  (jMj^'  89  Hauptweg  zu  den  Truppen 
^  U  JjJaJJ^  BjL:>  ^jSilS  ÄÄ>^         30  Schritt  breit  und  so  lang  er  sein  kann 

^Lyaü  ^J^^^  90  Oberster  der  Eunuchen 
^y^{  91   der  Marktplatz 
e;N:i>LeiaJ{  92  die  Köche 
^y*JI  (jsow^  93  und  ein  Theil  des  Marktes 
xX4^\  jüL^  >UL*odt  0I4I  94  Schutz  wache  zur  Stütze  des  rechten  Flügels 

^Laj^I^j         und  Gefolge 
jU^xit  iLu-y«  95  rechte  Seite  des  rechten  Flügels 
iU4jd5  v-a1j  96  Centrum  des  rechten  Flügels 
'xUjJL\  s^M-ijua  97  linke  Seite  des  rechten  Flügels 
cJäJI  v-Jd  98  Mitte  des  Centrums 


DAS  HEERWESEN  DER  MUHAMMEDANER.  23 

,^1  jüL^  iuUxi\  8l4l    99  Schutz  wache  zur  Stütze  des  Centrums 
^^\üd\y  v'^!^  r*^'  1 00  das  kleine  und  grosse  Vieh  und  die  Krippen 
^^^3  o^^y^^  101  die  Hirten  und  ihre  Knechte 
g^l  jük^  jUL^{  8l4l  1 02  Schutzwache  zur  Stütze  des  linken  Flügels 
Hy^\  HjmigA  103  linke  Seite  des  linken  Flügels 
Uy^\  v^  1 04  Centrum  des  linken  Flügels 
Hj^\  ÄJUey«  105  rechte  Seite  des  linken  Flügels 
Ä^\jXi\  iÜL>pt  106  Schildträger  zu  Fuss 
^sXi\^  vJ^Ä-Jt  vL=s^5  '^^J^  107  Fussvolk  mit  Schwerdt  und  rundem  Schild 
^l$ji\^  jUyü'l^  jÜL>^t  108  Fussvolk  mit  langem  Schild  und  Lanze 
jy^\y  oj-w^Jl»  v)^'  '^^^  109  Fussvolk  bei  den  Wagen  mit  Schwerdt  und? 
J^l  Ä>S3  JiajJt  JÜL>,  1 1 0  Fussvolk  ohne  WaflFen   und  Wagenführer 
üjmJA  juW  iUUit  sL^  1 1 1  Schutzwache  zur  Stütze  des  linken  Flügels 
»3t;  ,>Iä>  sX^^        und  zur   Wiederherstellung   einer  Unord- 
nung, die  sie  bemerkt 
v^t  Xit^  5UJU«  bLJI  1 1 2  Schutzwache  zur  Stütze  des  Centrums  und 
nj\j  JJj>  iXmy        zur  Wiederherstellung    einer   Unordnung, 

die  sie  bemerkt 
XJUs^t  iü{B^  iUJUtt  sL^  1 1 3  Schutzwache  zur  Stütze  des  rechten  Flügels 
»y^  ,>J^  sXm^        und    zur  Wiederherstellung  einer  Unord- 
nung, die  sie  bemerkt 
Auf  die  richtige  Zeichnung  des  Planes   in  Bezug  auf  die  Grössen- 
Verhältnisse  wird  man  nicht  zuviel  Gewicht  zu  legen  haben;  wollte  man 
z.B.  die  unter  Nr.  34.  70.  85  u.  89  angegebene  Maasse  der  Hauptwege 
von  30  Schritt  Breite  zu  Grunde  legen,   so  würde  die  ganze  Länge  des 
Lagers  höchstens  450  Schritt,  die  Breite  höchstens  280  Schritt  betragen, 
ein  Platz,  welcher  nur  für  ein  sehr  kleines  Belagerungscorps  ausreichen 
würde«  zumal  da  man  die  Hälfte  desselben  für  die  verhältnissmässig  ge- 
ringe Anzahl  von  Personen  in  der  Umgebung  des  Fürsten,  für  die  Officiere 
und  Beamten  rechnen  muss.     In  kleinerem  Maassstabe  und  weniger  aus- 
führlich sind  ähnliche  Zeichnungen  von  Muhammedanischen  Lagern  aus 
Arabischen   Handschriften    nachgebildet   von  Lord  Munster  a.   a.   O.   S. 
44 — 46,  und  S.  61  finden  sich  dieselben  Figuren  der  Schlachtordnungen, 


24  F.  WÜSTENFELD, 

wie  sie  in  den  folgenden  Abschnitten  Torkommen,  ein  Beweis  mehr  fflr 
die  Verwandtschaft  der  beiden  Werke.  —  Einige  Ausdrücke  weisen  auf 
den  Persischen  Ursprung  hin.  Der  Fahnen- Emir  (77)  gehört  hier  nur 
zu  dem  Gefolge  des  F&rsten  und  hat  mit  der  Belagerung  nichts  zu  thun. 
Sein  Amt  war,  den  zu  Statthaltern  in  den  Provinzen  ernannten  Per* 
sonen  als  Zeichen  der  ihnen  übertragenen  Würde  und  Macht  von  Seiten 
des  Sultans  eine  Fahne  zu  fiberbringen.     Vergl.  Meninski  Lexic«  s.  v.  j^jA. 


JUä3!  ^  o>aJ5^^l  iu^-  ^ 


Neunte  Unterweisung. 
Die  Aufstellung  des  Feldherrn  zur  Schlachtordnung. 

Gott  spricht  (Sure  61,  4):  Siehe,  Gott  liebt  diejenigen,  welche  für 
seine  Sache  in  Schlachtordnung  kämpfen,  als  wären  sie  ein  fest  zusam- 
mengefügtes Gebäude.  Und  Gott  spricht  (Sure  3,  117):  Und  sieh'  da, 
du  gingest  frühmorgens  von  deiner  Familie,  um  den  Gläubigen  einen 
Platz  zum  Kampfe  zu  bereiten.  Useid  überliefert  von  dem  Propheten: 
am  Tage  von  Badr,  als  wir  uns  geordnet  hatten,  und  sie  sich  gegen  uns 
ordneten,  sprach  er:  wenn  sie  euch  nahe  kommen,  dann  gebraucht  eure 
Pfeile.  Dies  ist  eine  wahre  Überlieferung,  der  Ausdruck  (*^>e^'  bedeutet 
(*^^j^  sie  kommen  euch  nahe,  u^^Xit  ist  v^t  die  Nähe,  er  meinte:  schiesst 
nach  ihnen,  wenn  sie  euch  nahe  sind,  aber  schiesst  nicht  nach  ihnen 
aus  der  Entfernung.  Nach  einer  anderen  Version  heisst  es  in  dieser 
Tradition:  wenn  sie  sich  um  euch  schaaren,  (*^j^^  in  der  Bedeutung 
von  (»^^j^t  wenn  sie  in  grosser  Zahl  zu  euch  anrücken,  dann  schiesst 
auf  sie,  aber  zieht  nicht  f^^i^  eure  kurzen  Pfeile;  oder  nach  anderen: 
wenn  sie  euch  nahe  kommen,  so  schiesst  auf  sie,  aber  zieht  nicht  die 
Schwerdter,  bis  sie  an  euch  herangekommen  sind,  d^  Nabl  sind  die 
Arabischen   ^^   Sihäm  (kurzen)   Pfeile,    sie    sind    zierlich  und  nicht    so 

lang,  wie  die  übrigen  v^-^  Nuschschäb ^Tfeile ,   und    die  qU^m^j»  Husbdn- 


DAS  HEERWESEN  DER  MUHAMMEDANER.  25 

Pfeile  sind   noch   kleiner   als   die  Nabl   und  werden    von   grossen  Bogen 
mit  der  Armbrust  ^j^  geschossen,  als  nom.  unit.  KiU^j»  Husbäna. 

el-Muleihl  überliefert  nach  seinen  Gewährsmännern  von  el-Bard 
ben  'Azib  i) :  Der  Prophet  stellte  am  Tage  von  Ohod  an  die  Spitze  eines 
Corps  Fussgänger  von  fünfzig  Mann  den  Abdallah  ben  tjubeir  und  sprach: 
Wenn  ihr  seht,  dass  die  Vögel  uns  wegholen,  so  weichet  nicht  von 
diesem  eurem  Platze,  bis  ich  zu  euch  schicke,  und  wenn  ihr  sehet,  dass 
wir  die  Leute  in  die  Flucht  schlagen,  und  unter  die  Fasse  treten,  so 
weichet  nicht,  bis  ich  zu  euch  schicke.  Sie  schlugen  sie  dann  in  die 
Flucht  und  (erzählt  el-Bard)  ich  habe  bei  Gott!  die  Frauen  davon  laufen 
sehen,  dass  man  ihre  Fussspangen  sehen  konnte  und  ihre  Beine  ihre 
Kleider  in  die  Höhe  hoben.  Da  sprach  Abdallah  ben  Gubeir  zu  seinen 
Begleitern,  [welche  hinzu  eilen  wollten]:  habt  ihr  vergessen,  was  euch 
der  Qottgesandte  gesagt  hat?  Sie  erwiederten:  Wir  wollen  gehen  und 
die  Leute  einholen.  Als  sie  dann  hinkamen,  wurden  ihre  Gesichter 
umgekehrt  [sie  wurden  zur  Umkehr  gezwungen]  und  sie  wandten  sich 
zur  Flucht,  und  jetzt  war  der  Zeitpunkt,  wo  der  Bote  sie  zuletzt  zu 
Hülfe  rufen  wollte,  da  bei  dem  Propheten  nur  noch  zwölf  Mann  zurück- 
geblieben  waren.  Während  sie  nun  zuerst  von  uns  geschlagen  waren, 
erlitt  der  Prophet  danach  durch  die  ungläubigen  einen  Verlust  von  140 
seiner  Anhänger,  von  denen  die  eine  Hälfte  gefangen  genommen,  die 
andere  getödtet  wurde.  Abu  SuQän  rief  den  Leuten  dreimal  zu:  ist 
Muhammed  unter  euch?  Allein  der  Prophet  verbot  ihnen,  ihm  zu  ant- 
worten. Dann  rief  er  dreimal:  ist  (Abu  Bekr)  Ihn  Abu  Kuhäfa  unter 
euch?  und  noch  dreimal:  ist  (Omar)  Ihn  el-Chattäb  unter  euch?  Hier- 
auf kehrte  er  zu  seinen  Leuten  zurück  und  sprach:  diese  sind  bereits 
getödtet.  Da  konnte  Omar  nicht  länger  sich  selbst  beherrschen  und 
rief:  bei  Gott!  du  lügst,  o  Feind  Gottes!  die  du  da  hergezählt  hast, 
sind  aile  noch  am  Leben,  und  dir  ist  noch  vorbehalten,  was  dich  ver- 
derben  soll.      Er   erwiederte  ^) :   ein  Tag  (bei  Ohod)  gegen  den  anderen 


1)  VergL  d-Bohhari  traditions  Mabometaoes  par  KrehU    Vol.  IIL  pag.  78. 

2)  Yergl.  Ihn  Hisch&m^  Leben  Mahammeds.    S.  &82. 

Histor.-phüolog.  Glosse.  XYVI.  1.  D 


26  F.  WÜSTENPELD, 

(bei  Badr),  das  Kriegsglück  ist  veränderlich;  dann  sprach  er  in  Reimen: 
erhebe  dich,  Hubal!  Jetzt  sprach  der  Prophet:  wollt  ihr  ihm  nicht 
antworten?  sie  entgegneten:  was  sollen  wir  sagen?  Er  sprach:  rufet: 
Allah  ist  der  höchste  und  gepriesenste.  Jener  erwiederte:  Wir  haben 
die  Göttin  'Uzzä,  ihr  habt  keine  'Uzzd.  Der  Prophet  fragte  abermals: 
Wollt  ihr  ihm  nicht  antworten?  —  Sie:  was  sollen  wir  sagen?  —  Er: 
rufet:  Allah  ist  unser  Herr,  ihr  habt  keinen  Herren.  —  Dies  ist  eine 
wahre  Überlieferung. 

Ihn  Ishdk  erzählt  in  den  „Feldzügen*'  i),  dass  der  Prophet  am  Tage 
von  Ohod  den  Berg,  nämlich  den  Ohod,  in  seinen  Rücken  genommen 
habe,  dann  sprach  er:  kämpfet  nicht  eher,  bis  wir  euch  den  Befehl 
dazu  geben.  Der  Gottgesandte,  welcher  700  Mann  bei  sich  hatte,  stellte 
diese  in  Schlachtordnung  und  berief  an  die  Spitze  der  Bogenschützen 
den  Abdallah  ben  Gubeir,  welcher  an  dem  Tage  mit  einem  weissen 
Überwurf  bekleidet  war;  die  Zahl  der  Schützen  betrug  fünfzig.  Dann 
sprach  zu  ihm  der  Gottgesandte:  halte  von  uns  die  Reiter  durch  Pfeile 
ab,  damit  sie  nicht  von  hinten  über  uns  kommen,  mag  das  Treffen  sich 
für  oder  gegfen  uns  wenden,  so  bleibe  fest  auf  deinem  Posten,  damit 
wir  nicht  von  deiner  Seite  angegriffen  werden.  Als  nun  die  Ungläubigen 
sich  zur  Flucht  wandten,  eilten  die  Bogenschützen  den  Truppen  nach, 
um  an  der  Plünderung  Theil  zu  nehmen,  dadurch  gaben  sie  den  Rücken 
dem   Angriffe  der  Reiterei   preis,    welche   sie  nun    von   hinten   überfiel. 

Im  Kriege  muss  man  wachsam,  umsichtig,  listig  und  trügerisch  sein ; 
Gott  spricht  (Sure  3,  47):  Sie  (die  Juden)  waren  listig,  aber  auch  Gott 
war  listig  und  Gott  ist  unter  den  Listigen  der  beste.  Nach  einer  Über- 
lieferung des  Gäbir  ben  Abdallah  hat  der  Gottgesandte  gesagt :  der  Krieg 
ist  ein  stcO^  Betrug;  dies  ist  eine  sichere  Überlieferung,  welche  Muslim 
unter  seine  Seltenheiten  aufgenommen  hat  ^).     Das  Wort  äcO^-  kann  auf 

<•    o    « 

dreierlei  Weise  ausgesprochen  werden:  erstens  «A^  als  Nomen  vicis, 
dann  bedeutet  es  nach  el-Chattdbi,  dass  der  Krieg  so  (ein  einmaliger  Be- 


1)  YergL  Ibn  Hischäm  pag.  560. 

2)  MiisUm,  Corpus  tradit.  ed.  Galcati   Tom.  II.   pag.  142;  auch  Bochäri,  par 
JEreU.    Vol.  IL    pag.  254. 


DAS  HEERWESEN  DER  MÜHAMMEDANER.  27 

trug)  ist,  wenn  damit  das  Morden  der  Leute  beendigt  und  nicht  zum 
zweiten  Male  wiederholt  wird,  in  dem  Sinne:  die  Sache  wird  mit  einem 

Male  entschieden;  zweitens  mO^-  ein  Betrug  als  Nomen  von  g>^,  wie 
man  sagt  äajü  ein  Spiel;  drittens  KccX:>  Täuschung  in  dem  Sinne,  dass 
der  Krieg  die  Leute  täuscht,  Erwartungen  in  ihnen  rege  macht  und  sie 
nicht  erfüllt.  List  und  Trug  sind  übrigens  im  Kriege  gegen  die  Un- 
gläubigen erlaubt,  wenn  sie  auch  in  anderen  Fällen  unerlaubt  sind. 

Fussvolk  und  Reiter  im  Kriege  zur  Schlacht  zu  ordnen  ist  eine 
alte  Sitte  der  Fürsten  und  Gewohnheit  der  kämpfenden  Parteien,  nur 
sind  sie  über  das  Wie?  der  Aufstellung  verschiedener  Meinung,  je  nach- 
dem sich  die  Ansicht  jedes  einzelnen  Fürsten  oder  Feldherrn  darüber 
entschied  und  auch  die  Anhänger  des  Islam  und  des  Glaubens  an  die 
Liebe  Gottes  zu  ihnen  unterscheiden  sich  durch  die  Art  ihrer  Schlacht« 
Ordnung.  Gott  spricht  (Sure  61,  4):  Siehe,  Gott  liebt  diejenigen,  welche 
für  seine  Sache  in  Schlachtordnung  kämpfen ,  als  wären  sie  ein  fest  zu- 
sammengefügtes Gebäude.  Sie  erlangen  diese  Auszeichnung,  wenn  sie 
die  Schlachtordnung  gut  machen,  wie  sie  kein  anderer  hat,  und  sie 
haben  die  rechte  Weise.  Gott  spricht  (29,  69);  Und  diejenigen,  welche 
für  uns  kämpfen,  werden  wir  unsere  Wege  führen.  Ihnen  ist  die  Ver- 
heissung  des  Sieges  gegeben,  Gott  wird  ihnen  den  Sieg  verleihen.  Gott 
spricht  auch  (Sure  22,  41):  Gott  wird  dem  zum  Siege  helfen,  der  ihm 
hilft. 

Cbdlid  ben  el-Wdlid  war  in  der  Aufstellung  zur  Schlachtordnung 
erfahren  und  dabei  umsichtig;  es  wird  erzählt,  dass  er  niemals  eine 
Schlacht  geordnet  habe,  ohne  Sieger  zu  sein,  und  in  der  Chronik  von 
Syrien  ist  seine  Art  der  Anordnung  angegeben.  —  Wenn  nun  die  Schlacht 
und  der  Kampf  sich  naht  und  das  Niederstrecken  der  Streiter  beginnt 
und  die  Helden  gegen  einander  stürmen,  dann  geht  mancher  aus  sich 
heraus,  er  fühlt  sich  dadurch  beengt,  dass  er  einem  anderen  gehorchen 
soll  und  möchte  sich  in  Überhebung  dessen  Befehlen  und  Verboten  ent- 
ziehen, allein  wenn  der  im  Range  und  Commando  über  ihm  stehende 
befiehlt,  so  wird  er  dessen  Befehle  willig  folgen.  Die  Griechen  be- 
Sassen  in  dieser  Beziehung   eine   bewundernswürdige  Selbstbeherrschung 

D2 


/ 


28  F.  WÜSTENFELD, 

bei  der  Ordnung  ihrer  Glieder  und  Corps  und  in  dieser  Eigenschaft  lag 
neben  ihrer  Tapferkeit  eine  bedeutende  Macht.  Die  Perser  haben  in 
ihren  Kämpfen  mit  den  Türken  sehr  ausgedehnte  Aufstellungen  gemacht, 
wie  es  in  ihren  Chroniken  berichtet  wird.  Der  Krieg  ist  eine  gegen- 
seitige Jagd  und  der  JSger  muss  nothwendig  List  anwenden,  bis  die 
Jagd  beendigt  ist.  Wir  wollen  nun  durch  Figuren  der  Reihe  nach  die 
verschiedenen  Schlachtordnungen  beschreiben ,  welche  die  erfahrenen 
früheren  und  die  Islamitischen  Herrscher  angewandt  haben. 

Der  Herrscher  muss  sich  des  Rathes  der  älteren  Emire  und  des 
Armee-Commandeurs  in  Angelegenheiten  des  Krieges  bedienen,  wie  Gott 
spricht  (Sure  3,  153):  und  frage  sie  um  Rath  in  den  Angelegenheiten. 
Ihn  Ishäk  erzählt  in  den  „Feldzügen***):  Als  der  Gottgesandte  von 
Wddil-^'afrä  aufbrach  und  hörte,  dass  die  Kureisch  gegen  ihn  im  An- 
marsch seien,  fragte  er  seine  Leute  um  Rath  und  zuerst  redete  Abu 
Bekr  sehr  schön,  darauf  folgte  Omar  und  redete  ebenfalls  sehr  gut, 
dann  erhob  sich  el-Mikddd  ben  Amr  und  sprach:  O  Gesandter  Gottes! 
gehe  wohin  dir  befohlen  ist,  und  wir  werden  mit  dir  sein; 
wir  werden  nicht  sagen  wie  die  Kinder  Israels :  gehe  du  und 
dein  Herr  und  kämpfet,  wir  werden  hier  stehen  bleiben;  sondern: 
gehe  du  und  dein  Herr  und  kämpfet,  wir  werden  in  Gemeinschaft  mit 
euch  beiden  kämpfen.  Bei  dem,  welcher  dich  in  Wahrheit  gesandt  hat, 
wenn  du  mit  uns  nach  Birk  el-Gimdd  ^)  ziehen  wolltest,  wir  würden 
dahin  an  deiner  Seite  fechten,  bis  du  es  erreichtest.  Der  Gottgesandte 
erwiederte  ihm:  wohl  gesprochen!  und  er  segnete  ihn.  Dann  wandte 
er  sich  um  und  sprach:  gebt  auch  ihr  mir  euren  Rath;  er  meinte  die 
-An^är  5) ,  weil  ihrer  eine  bedeutende  Anzahl  war ;  da  sagte  Sa'd  ben 
Mu'dds:  es  scheint,  o  Gottgesandter,  als  wenn  du  uns  meintest.  Aller- 
dings, erwiederte  er,  und  Sa'd  fuhr  fort:  Wir  haben  an  dich  geglaubt 
und  dich  für  wahrhaftig  gehalten   und  bekannt ,   dass  das ,    was   du  uns 


1)  Yergl.  Jhn  Hischäm  pag.  434  auf  dem  Zuge  nach  Badr. 

2)  Vergl.  Jäcüt  Bd.  1.  S.  589. 

3)  Die  mit  ihm  nach  Medina  geflüchteten  Mekkaner.      -^.. 


DAS    HEERWESEN  DER  MÜHAMMEDANER.  29 

gelehrt  hast,  die  Wahrheit  sei;  wir  haben  dir  dafür  den  Schwur  geleistet 
und  bekräftigt,  dass  wir  hören  und  gehorchen  wollen.  So  gehe  nun, 
o  Gottgesandter,  wohin  dir  befohlen  ist,  wir  werden  mit  dir  sein;  bei 
dem,  der  dich  in  Wahrheit  gesandt  hat,  wenn  du  mit  uns  dieses  Meer 
tiberschreiten  wolltest,  wir  wfirdeo  uns  mit  dir  hineinstürzen,  nicht  einer 
von  uns  würd^  zurückbleiben;  wir  haben  nichts  dagegen,  dass  du  morgen 
mit  uns  unseren  Feind  treffen  willst,  wir  sind  gewiss  standhaft  im  Kriege, 
zuverlässig  im  Kampfe,  vielleicht  wird  Gott  dir  an  uns  zeigen,  was  dein 
Auge  erfreut;  so  ziehe  denn  mit  uns  unter  Gottes  Segen.  Der  Gott- 
gesandte freute  sich  über  die  Rede  des  Sa'd  und  wurde  sehr  lebhaft  in 
seinen  Worten,  dann  sprach  er:  auf!  verkündet  frohe  Botschaft,  denn 
Gott  hat  mir  eine  von  beiden  Abtheilungen ^)  versprochen;  bei  Gott!  es 
ist  mir,  als  wenn  ich  jetzt  schon  die  Leute  hingestreckt  sähe.  Omar 
sprach :  bei  dem,  in  dessen  Hand  mein  Leben  ist,  sie  werden  nicht  ver- 
fehlen, sie  hinzustrecken. 

Die  früheren  Herrscher  hatten  verschiedene  Arten,  in  denen  sie 
die  Schlachtordnung  aufstellten,  denn  darin  bestand  die  grösste  Kunst 
der  Kjiegfflhrung,  und  wir  wollen  jetzt  damit  beginnen,  was  die  früheren 
Aber  die  Aufstellung  der  Armee  gesagt  haben ,  ohne  etwas  zu  ihren 
Worten  hinzuzusetzen,  oder  davon  wegzulassen;  der  Einsichtige,  welcher 

ff 

für  die  Verhältnisse  des  Krieges  ein  Verständniss  hat,  wird,  wenn  er 
dieses  Buch  liest  und  überdenkt,  die  darin  befindlichen  Pläne  benutzen 
und  andere  Dinge  davon  auswählen,  je  nachdem  es  die  Schlachtfelder 
für  ihn  erforderlich  machen  oder  wie  es  nach  seinem  Belieben  der  Lage, 
in  welcher  er  sich  befindet,  angemessen  ist.  Gelobt  sei  Gott,  welcher 
uns  lehrt,  was  wir  nicht  wissen;  ihm  sei  Lob  und  Dank  dafür! 

Erster  Theil. 
Über  die  Schlachtordnung,    mit  sieben  Figuren. 
Einer   der   früheren  Schriftsteller    sagt    bei    der   Beschreibung    der 


1)  D.  i.  entweder  die  Caravane  der  Mekkaner,  die  er  aber  verfehlte,   oder  die 
zu  deren  Schutz  aiMgezogenen  Mekkaner«  welche  er  bei  Badr  schlag. 


30 


F.  WÜSTENFELD, 


Schlachtordnungen,  dass  er  für  jede  Ordnung  einen  besonderen  Abschnitt 
gemacht  habe  mit  ihrer  Abbildung  und  der  Aufstellung  ihrer  Mann- 
schaften. Von  diesen  zeigt  die  erste  die  Gestalt  einer  Mondsichel  und 
dies  ist  die  vorzüglichste  aller  Aufstellungen  nach  dem  Urtheile  der  äl- 
teren Persischen  Könige.  Hiervon  giebt  es  zwei  Formen,  die  eine  die 
ausgedehnte  mondsichelförmige,  welche  auch  die  Schutzwehr  oder  die 
sichelförmige  spitzige  genannt  wird ,  und  dies  ist  diejenige  mondsichel- 
formige ,  in  welcher  die  beiden  Bogen  auf  beiden  Seiten  zusammentreffen 
und  die  beiden  Rückseiten  zwei  convexe  Winkel  bilden  nach  der  Figur 
des  Mondes,  etwa  in  dieser  Form 


Die  zweite  Form  ist  diejenige,  in  welcher  jeder  Bogen  von  den 
beiden  Reihen  der  beiden  Seiten  und  der  Rückseite  zwei  abgetrennte 
Enden  hat  und  die  beiden  Enden  des  grossen  Bogens  über  den  kleinen 
um  etwa  den  vierten  Theil  dessen  herausgehen,  was  zwischen  den  beiden 
Enden  des  kleinen  Bogen  liegt.     Die  Figur  ist  in  dieser  Form 


DAS  HEERWESEN  DER  MÜHAMMEDANER.  31 

Welche  von  beiden  Aufstellungen  nun  auch  für  die  Armee  nöthig 
sein  sollte,  so  muss,  wenn  sie  nicht  zahlreich  ist,  die  Anzahl  der  Glieder 
in  ihrer  Mitte  am  grössten  sein,  das  Commando  der  spitzigen,  ausge- 
dehnten Flügel  muss  den  besten  und  umsichtigsten  Officieren  übertragen 
werden,  welche  mit  der  grössten  Ausdauer  die  grösste  Festigkeit,  Muth 
und  Tapferkeit  verbinden.  Zwischen  ihnen  und  zwischen  den  beiden 
als  Hinterhalt  aufgestellten  Corps  muss  bis  an  die  Seite  der  Rundung 
eine  Entfernung  von  etwa  einer  viertel  Meile  ^)  sein  und  bis  an  die 
Gränze  der  Linie  des  Feindes  eine  Entfernung  von  einer  Meile;  zwischen 
diesem  Hinterhalt  und  seinen  Pfeilschützen,  welche  nach  der  Seite  des 
Feindes  zu  voranstehen ,  ist  eine  Entfernung  von  einer  halben  Meile. 
Der  Bogen  der  Mondsichel,  welchen  die  die  Hälfte  der  Armee  aus- 
machenden Glieder  einnehmen,  hat  eine  Ausdehnung  von  anderthalb 
bis  zwei  Meilen;  zwischen  dem  Centrum  seines  Bogens  und  der  Mitte 
seiner  Sehne  ist  etwa  eine  viertel  Meile  oder  mehr,  je  nachdem  die  Armee 
im  Stande  ist  den  Bogen  zu  machen  und  sich  nach  beiden  Seiten  aus- 
zudehnen. Zwischen  der  Gränze  seiner  Sehne  und  zwischen  dem  Platz 
der  ihr  zunächst  stehenden  mittleren  Vorhut  ist  eine  Entfernung  von  einer 
Meile  und  zwischen  dieser  und  zwischen  der  ersten  Vorhut  eine  Entfernung 
von  einer  halben  Meile.  Der  Tummelplatz  der  Reiterei  für  die  vorderen 
Glieder  ist  zwischen  der  Mitte  seines  Bogens  und  der  Gränze  seiner  Sehne. 
In  dieser  Ordnung  sind  die  Glieder  der  Armee  zum  Vormarsch  aufgestellt 
in  einer  Weise,  dass  an  dieser  Ordnung,  wie  sie  einmal  ist,  nichts  ge- 
ändert wird  und  wenn  sie  mit  dem  Feinde  in  dieser  Aufstellung  zu- 
sammenstossen ,  so  bleibt  die  Mannschaft  des  Centrums  fest  auf  seinen 
Plätzen  stehen,  ohne  sich  davon  zu  entfernen,  dagegen  die  Mannschaft 
des  rechten  und  linken  Corps  rückt  ganz  allmälig  vor  und  die  äussersten 
Enden  der  beiden  Flügel  gehen  etwas  rascher  vor,  als  die  ihnen  zunächst 
stehenden;  z.  B.  wenn  die  Mannschaft  des  rechten  und  linken  Corps 
einen  Schritt  vorgeht,  so  geht  die  Mannschaft  der  spitzen  Flügel  zwei 
Schritt  vor,   was  in  der  Wendung  nach  Innen  einen  Raum  von  andert- 


1)  Eine  Arabische  Meile  wird  einer  Englischen  etwa  gleich  gerechnet. 


32  F.  WÜSTENFELD, 

halb  Fuss  nach  Innen  beträgt.  Dies  geschieht  in  verhältnissmässiger 
und  gleich  massiger  Weise,  bis  dass,  wenn  das  Hauptcorps  mit  einem 
Theile  seiner  Seiten  zusammentrifft,  Halt  gemacht  wird,  wobei  die  Vor- 
posten auf  den  Seiten  sich  mit  den  Ofiicieren  der  äussersten  Enden  der 
Flügel  vereinigen.  Die  Mannschaft  des  Centrums  geht  nicht  einen  Schritt 
vor,  ausser  wenn  ein  Bückzug  der  feindlichen  Armee  bemerkiich  wird, 
dann  rückt  sie  langsam  ein  wenig  vor  und  zwar  halb  soviel,  als  die 
Mannschaft  des  rechten  und  linken  Corps  vorrückt;  das  Stehenbleiben 
ist  für  sie  besser,  so  lange  die  Schlacht  noch  im  Schwanken  ist,  sei  es 
dass  man  auf  eine  Umkehr  gefasst  «ein  oder  einen  Hinterhalt  befürchten 
müsste  und  sie  hört  nicht  auf,  geduldig  und  fest  Stand  zu  halten«  Die 
Mannschaften  der  beiden  Flügel  rücken  nach  und  nach  ein  wenig  vor, 
so  weit  es  ihnen  möglich  iat,  ohne  dass  ihr  Voi^ehen  auffallend  bemerkt 
wird,  bis  es  damit  soweit  gekommen  ist,  dass  sie  mit  dem  Hauptcorps 
und  durch  die  Verbindung  mit  der  Mannschaft  des  Hinterhalts  den  Bing 
um  den  Feind  acbliessen  können  und  der  Feind  in  ihre  Mitte  zu  stehen 
kommt.  Wenn  sie  etwas  von  dem,  was  ich  erwähnt  habe,  versäumen, 
so  wird  ihre  Ordnung  verdorben  und  ihre  Glieder  bekommen  eine  andere 
Richtung,  als  sie  vorher  bestimmt  hatten.  Zuweilen  wird  die  Anordnung 
so  sehr  verändert  und  verschlimmert»  dass  der  Armee-Commandeur  dar- 
über besorgt  wird  und  selbst  die  Bunde  bei  ihnen  macht,  um  ihre  Vor- 
gesetzten anzuweisen,  wie  sie  mit  je  einem  oder  mit  je  zwei  Schritten 
v<»*gehen  sollen,  er  zeigt  ihnen  dies,  treibt  sie  dazu  an  und  ermuthigt 
sie  fest  zu  stehen  und  auf  ihren  Plätzen  auszuharren.  Es  ist  mir  be- 
kannt geworden,  dass  el-Malik  el-Dhdhir,  als  die  Tataren  sich  in  Schlacht- 
ordnung gestellt  hatten,  bei  seinem  Vordringen  gegen  Cfisarea  nach 
diesem  Muster  seine  Truppen  geführt  habe,  biis  er  jene  in  einen  Bing 
fasste  und  ihnen  die  berühmte  Niederlage  beibrachte,  welche  in  4efi 
Annalen  erwähnt  wird  und  wie  man  nichts  ähnliches  gehört  hat.  Hierzu 
wird  sich  jeder  tapfere,  kühne ^  verwegene  Held  entschiiessen ,  welcheir 
den  Tod  nicht  fürchtet,  sondern  sein  Leben  an  Gott  verkauft,  wie  Qott 
spricht  (Sure  9,  112):  siehe,  Gott  kauft  von  den  Gläubigen  ihrp  Habe 
und  ihre  Seele  u.  s.  w. ;  denn  er  ist  bemilht,  zu  dieser  Art  der  Schlacht- 


DAS  HEERWESEN  DER  MOHAMMEDANER. 


33 


Ordnung  die  Anleitung  zu  geben,  weil  in  ihr  da8  Princip  der  Überlistung 
im  Kriege  und  die  Kunst  den  Feind  Gottes  zu  fassen  und  über  ihn  zu 
siegen  enthalten  ist. 

Die  dritte  Form.  Diese  Form  hat  eine  hohe  Bedeutung  und 
gewährt  einen  grossen  Nutzen ;  die  Perser  haben  sie  angewandt  und  die 
Sicilianer  haben  sie  bei  ihren  Schlachtordnungen  nie  verlassen  und  damit 
ihre  Absicht  erreicht.  Bei  dieser  Aufstellung  muss  die  Länge  ebenso 
sein  als  die  Tiefe,  z.  B.  wenn  die  Länge  zwei  Meilen  ist,  muss  die  Tiefe 
eine  Meile  sein,  wie  diese  JFigur^) 


£r^  will  damit  sagen,  dass  die  Länge  der  zweimaligen  Tiefe  gleich 
sein  muss,  ungeachtet  er  sie  quadratisch  nennt,  und  dies  ist  eine  von 
den  Figuren  des  Euklides,  welche  quadratisch  mit  rechten  Winkeln  und 
verschiedenen  Seiten  genannt  wird.  Man  bestimmt  also  ihre  Tiefe  bei 
der  Aufstellung  der  Reiterei,  dann  muss  nach  der  Zahl  der  Glieder  in 
der  Länge  die  Aufstellung  für  die  Pferde  in  der  Tiefe  halb  so  gross 
werden,  als  ihre  Aufstellung  in  der  Länge,  und  wenn  in  dieser  Weise 
richtig  verfahren  wird,  so  kommt  bei  der  genauen  Richtung  der  Glieder 
die  quadratische  Figur  heraus  durch  die  Gleichmässigkeit  in  ihrer  Auf- 
bauung. Dieser  Anordnung  kann  die  Aufstellung  des  Feindes  nur  dann 
schaden,  wenn  diese  sichelförmig  und  die  Reihe  des  Feindes  weiter  aus- 
gedehnt ist,  alsdann  muss  ein  umsichtiger  Feldherr  der  Mannschaft  des 

1)  Der  Arabische  Text  reicht  hier  bis  unten  auf  die  Seite  nnd  deshalb  sind 
die  Worte  hinzugesetzt  „auf  der  folgenden  Seitens  hier  fehlt  aber  die  Figur  und  der 
Text  föhrt  in  der  obersten  Zeile  fort. 

2)  d.  i.  der  hier  benutzte  Autor;  vergL  Aelianw  Taktik,  Cap.  18. 
Hi8tar.^hüoloff.  Claase.  XXVI .  t  £ 


34  F.  WÜSTENFELD, 

obersten  Hinterhaltes  den  Befehl  geben,  Aber  die  äusserste  Länge  der 
Beihe  soweit  vorzugehen,  dass  er  der  Flügelspitze  der  feindlichen  Armee- 
reihe gleich  kommt,  was  ungefähr  eine  halbe  oder  eine  viertel  Meile 
betragen  kann  und  gewöhnlich  wird  diese  Entfernung  nicht  überschritten, 
80  dass  es  nöthig  würde,  sie  auf  eine  Meile  auszudehnen,  mit  Beziehung 
darauf,  was  wir  als  feststehend  angenommen  haben,  dass  die  Ausdehnimg 
eines  der  beiden  Heere  zwei  Meilen  betrage;  dann  findet  die  Erweiterung 
in  gleicher  Weise  nach  beiden  Seiten  statt.  Ist  dieses  in  einigen  Fällen 
besonders  angezeigt,  so  muss  der  Heerführer  die  Hinterhalte  der  Flanken 
in  drei,  vier  oder  fünf  Theile  theilen,  je  nachdem  es  die  Umstände  erfor- 
derlich machen,  und  wenn  es  noch  mehr  als  diese  sein  müssten,  so  wird 
er  die  Anordnung  treffen,  und  wenn  es  nöthig  sein  sollte,  die  Hälfte  der 
Armee  als  Hinterhalte  aufzustellen,  so  wird  er  es  thun  und  sich  dadurch 
den  Rücken  decken.  Zu  diesem  Zweck  stellt  er  den  ersten  Hinterhalt, 
welcher  seiner  Armee  am  nächsten  ist,  von  dieser  in  gerader  Richtung 
auf  die  Länge  von  eineic  viertel  Meile  auf  und  weiter  nach  vorn  auf  eine 
halbe  Meile.  Der  zweite  Hinterhalt,  welcher  in  der  Nähe  jenes  ist,  ent- 
fernt sich  von  ihm  nach  rechts  hin  auf  eine  weitere  viertel  Meile  und 
Abtheilungen  davon  gehen  noch  weiter  nach  vorn  vor  bis  auf  eine  halbe 
Meile  oder  noch  mehr,  wenn  dies  von  jeder  Seite  geschehen  kann.  So 
wird  ein  vollständiger  Schutz  für  diese  Aufstellung  erreicht,  seine  Officiere 
mit  seinen  Fahnen  bilden  ringsherum  einen  Kreis,  wie  wir  es  beschrieben 
haben  und  in  der  Mitte  des  Centrums  bleibt  ein  freier  Platz  wie  die 
Hälfte  eines  kleinen  Bogens,  wo  der  Heerführer  sich  befindet,  um  die 
Truppen  zum  Kampf  anzufeuern,  und  wo  der  Fürst  einen  Ausblick  hat, 
um  die  Lage  der  Truppen  übersehen  zu  können»  vor  sich  einen  grossen 
Theil  der  kostbaren  Gewänder,  der  Kriegskasse,  der  Pferde  u.  d.  gl.« 
in  einiger  Entfernung  der  Heerführer  in  der  Mitten  der  Truppen  bei 
der  Theilung  des  Centrums,  ohne  dass  zwischen  ihm  und  dem  Heer- 
führer, welcher  in  dem  Centrum  des  Bogens  steht,  Jemand  hindernd  im 
Wege  steht,  so  dass  er  Zeuge  ist  von  der  Besorgniss  bei  den  einen  und 
dem  Verlangen  nach  dem  Gebet  bei  den  anderen  u.  s.  w.  Zuweilen 
geht  der  Fürst  vor,  bis  dass  er  die  Lage  des  Heeres  beobachten  kann 
und  sich  in   die  Mitte  des  Bogens  stellt,  um  dadurch  den  Math  der 


DAS  HEERWESEN  DER  MÜHAMMEDANER.  35 

Mannschaft  in  den  Gliedern  auf  beiden  Seiten  und  der  nächsten  in  den 
darauffolgenden  Gliedern  zu  stärken,  zuweilen  redet  er  sie  auch  selbst 
an,  flösst  ihnen  Muth  ein  und  verspricht  ihnen  von  Gott  die  Belohnungen 
in  jenem  Leben  und  von  sich  jährliche  kostbare  Geschenke  und  schickt  ih- 
nen ein  Corps  nach  dem  anderen,  einen  Trupp  nach  dem  andern  zur  Hülfe; 
und  wenn  einer  der  Hinterhalte  zu  schwach  ist,  schickt  er  ihnen  Ver- 
stärkung, ohne  dass  sie  ihren  Platz  verlassen.  Die  Unterstützung  der 
Hinterhalte  und  anderes  gehört  zu  den  Veränderungen  der  Neuzeit,  wo- 
durch der  Muth  der  Truppen  gestärkt  und,  wenn  sie  es  von  dem  Fürsten 
selber  hören,  ihre  Kraft  gefestigt  wird. 

Die  vierte  Form  der  Schlachtordnung.  Zu  den  Aufstellungen, 
welche  im  Kriege  gemacht  werden,  gehört  auch  diese  Ordnung,  weil  sie 
wegen  ihrer  VortrefFlichkeit ,  wegen  der  Deckung,  welche  sie  gewährt 
und  wegen  ihrer  kräftigen  Wirkung  mit  dem  Namen  v^Lv^Jt  \Jü^\  el-gaff 
elndahbähi  ,,die  verdeckte  Ordnung^)*'  bezeichnet  wird.  Ihre  Tiefe  richtet 
sich  gewöhnlich  nach  der  Stärke  der  Nachhut  zu  beiden  Seiten,  und  die 
Nachhut  nach  der  Länge  der  beiden  Flügel,  und  es  wird  damit  eine 
Täuschung  beabsichtigt,  zuweilen  um  die  Stärke  des  Feindes  abzuschätzen, 
zuweilen  um  die  Stärke  des  eigenen  Centrums  gering  erscheinen  zu 
lassen,  zuweilen  zu  anderen  Zwecken.     Ein  Bild  davon  giebt  diese  Figur 


1)  Diese  Bedeatnng  scheint  der  später  (wiederkehrende  Ausdruck  dahhSbi  zu 
haben,  eigentlich  „heranschleichend  and  nach  andjnach  sich  entwickelnd^';  vergl. 
Lord  Munster  S.  1*;  man  findet  zwar  auch  ^U3üt  elrdsuhähi  geschrieben,  was  man 
durch  „scharf,  schneidig*^  wie  die  Schärfe  des  Scbwerdtes  Vf^J  erklären  könnte,  aber 
nicht  so  passend. 

£2 


36 


F.  WÜSTENFELD, 


Diese  Ordnung  gewährt  eine  vollkommene  Deckung,  besonders 
wenn  dabei  der  Zugang  zu  einer  der  Hauptstrassen  gegen  den  Feind 
eingenommen  wird.  Das  Verfahren  dabei  ist  dieses,  dass  die  vorderen 
Hinterhalte  grösser  sind  als  die  ersten  Linien,  und  der  erste  Hinterhalt 
muss  auf  einer  von  beiden  Seiten  von  dem  äussersten  Ende  derselben 
in  der  Entfernung  von  einer  halben  Meile  vorgehen  und  nach  vorne 
eine  halbe  Meil^  vormarschiren  und  wird  dabei  dadurch  unterstützt,  dass 
ein  anderer  der  Hinterhalte  seinen  Platz  wieder  ausfüllt,  und  so  fort 
bis  in  die  letzte  Eeihe  auf  beiden  Seiten.  Der  Zweck  bei  dieser  An- 
ordnung ist,  nicht  merken  zu  lassen,  wie  oft  die  Hinterhalte  vorgeschoben 
werden  können,  und  wenn  die  Hinterhalte  in  dieser  Weise  nach  der 
Zahl  der  Glieder  zweimal  aufgestellt  würden,  so  dass  sie  zwei  Drittel 
ausmachten,  so  würde  dies  zulässig  oder  von  besonders  grossem  Nutzen 
sein.  Diese  Form  nähert  sich  in  ihrer  Anordnung  der  umgekehrten 
sichelförmigen  Aufstellung  in  ihrem  Aufbau. 

Die  fünfte  Form  der  Schlachtordnung  hat  die  Form  eines 
Bhombus  und  die  Aufstellung  ist  länglich  gleichseitig.  Diese  Aufstellung 
hat  eine  geringe  Tiefe  bei  ausreichender  Länge,  sie  ist  die  leichteste 
Art  in  der  Anordnung,  bei  einer  Verwirrung  und  Störung  am  wenigsten 
einer  Veränderung  ausgesetzt,  wird  in  unserer  Zeit  am  häufigsten  an- 
gewandt, erfordert  am  wenigsten  eine  grosse  Geschicklichkeit  und  Er- 
fahrung in  der  Zusammensetzung,  und  die  Herstellung  erfolgt  durch 
einen  augenblicklichen  Befehl  an  die  Gesammtheit.     Die  Figur  ist  diese 


DAS  HEERWESEN  DER  MUHAMMEDANER.  87 

Diese  Aufstellung  hat  einen  grossen  Nutzen,  um  den  Feind  bei 
der  Ausdehnung  ihrer  Länge  und  ihrer  Bauart  durch  die  grosse  Zahl 
in  Furcht  zu  setzen  und  obendrein  erfordert  sie  weniger  Hinterhalte 
als  eine  andere,  und  wenn  diese  doch  in  grösserer  Menge  vorhanden 
sind,  so  ist  das  Richtige,  dieselben  in  drei  Theile  zu  theilen,  so  dass 
ein  Drittel  an  vier  Stellen  den  Vortrab  bildet,  das  zweite  Drittel  auf 
den  beiden  Flügeln  der  Mitte  der  Armee  an  zwei  Stellen  steht  und  das 
übrige  Drittel  hinter  der  Ruckseite  an  drei  Stellen,  auf  der  Spitze  der 
Rückseite  und  auf  der  Mitte  derselben.  Wenn  es  für  gut  gehalten 
wird,  dass  der  ganze  Hinterhalt  aus  dem  dritten  Theile  der  ganzen 
Armee  bestehen  soll,  so  ist  dies  angemessen;  wenn  er  so  weit  verringert 
werden  soll,  dass  er  aus  dem  vierten  Theil  der  Armee  besteht,  so  mag 
dies  noch  passend  sein,  aber  nicht  weniger  als  dieses.  Diese  Aufstellung 
wird  genommen,  wenn  der  Feind  in  solchem  Maasse  an  Zahl  überlegen 
ist,  dass  dadurch  unter  den  Muslimen  Muthlosigkeit  entsteht,  dann 
suchen  sie  sich  selbst  zu  ermuthigen  und  nehmen  diese  breite  Stellung, 
damit  durch  ihre  Ausdehnung  ihr  Geschrei  verstärkt  wird  und  der  Feind 
desshalb  sie  fürchtet.  Ihre  Tiefe  darf  aber  nicht  weniger  betragen  als 
drei  auf  einander  folgende  Corps.  Zuweilen  nehmen  sie  dabei  keine 
Reiterei  hinzu,  wenn  sie  ebensoviel  Fussvolk  und  Leichtbewaffnete  bei 
sich  haben,  dann  entstehen  im  Ganzen  sechs  Glieder  für  sechs  Emire. 
Auch  wird  wohl  ungeachtet  der  Menge  und  Starke  diese  Aufstellung 
genommen  in  zwei  Fällen,  einmal  wenn  die  Armee  den  Feind  erfasst 
bei  der  Vereinigung  der  Wege  von  der  linken  und  rechten  Seite  durch 
ihre  Ausdehnung,  zweitens  richtet  sich  ihre  Ausdehnung  zuweilen  nach 
der  Ausdehnung  einer  Ebene,  sodass  die  beiden  äussersten  Enden  der 
Armee  nach  beiden  Seiten  an  eine  unwegsame  Fläche  oder  an  den 
Fuss  eines  Berges  oder  ^n  rauhen  Boden  hinanreichen,  durch  deren 
Deckung  eine  grosse  Sicherheit  erzielt  wird. 

Die  sechste  Form  der  Schlachtordnung.  Unter  den  Aufstellungen 
ist  eine,  welche  die  langgestreckte  genannt  wird  und  deren  Länge  viel 
geringer  ist  als  die  Tiefe;  z.  B.  wenn  das  Maass  einer  Aufstellung  nach 
beiden  Seiten  eine  Meile  beträgt,  so  beträgt  die  liefe  sechs  Meilen  und 


j 


38  F.  WÜSTENFELD, 

darüber.      Das  Centrum   einer  solchen  Aufstellung  ist  anter  dem  Namen 
,yhalber  Rhombus**  bekannt*)  und  von  grossem  Nutzen  um  eine  Haupt- 


strasse zu  bewachen,  und  wenn  die  Anzahl  der  Hinterhalte  grösser 
sein  kann  als  die  Hinterhalte  des  Hauptcorps ,  so  gewährt  dies  den 
Mannschaften  einen  äusserst  grossen  Nutzen,  und  ebenso,  wenn  sie  nach 
der  Seite  des  Feindes  hin  eine  grössere  Anzahl  aufstellen  wollen, 
z.  B.  dass  drei  Viertel  derselben  nach  der  Seite  des  Feindes  stehen 
und  das  übrige  Viertel  als  Hülfshinterhalte  in  fünf  Theile  getheilt,  da- 
von einer  zur  Bechten,  der  andere  zur  Linken,  zwei  an  den  beiden 
Winkeln  der  Rückseite  und  der  fünfte  gegenüber  dem  Commandeur  der 
Rückseite  in  der  Mitte.  Der  Vormarsch  des  ersten  Hinterhaltes  auf 
jeder  Seite  dieser  Armee  geschieht  von  der  Stelle  aus,  die  dem  Feinde 
zunächst  ist,  und  so  fort  der  Frontseite  entlang  in  Entfernung  einer 
Meile  und  marschirt  ihr  voran  in  Entfernung  einer  Meile  auf  gleiche 
Weise,  bis  die  Hinterhalte  über  die  beiden  Enden  der  Frontauf- 
stellung der  feindlichen  Armee  hinaus  sind.  Bei  dieser  Aufstellung 
ist  kein  Unglück  zu  befürchten ,  ausser  wenn  die  Soldaten  den  Muth 
verlieren,  durchbrochen  werden  und  die  Flucht  ergreifen,  denn  eine 
schlechte  Ausführung  derselben  bekommt  die  Vergeltung  und  erreicht 
den  Zweck  in  keiner  Weise  und  die  durch  die  Verwirrung  entste- 
hende Veränderung  ist  für  die  Gemüthstimmung  der  Leute  sehr  nach- 
theilig, wesshalb  man  bei  der  Anwendung  derselben  in  solcher  Lage 
sehr  vorsichtig  sein  muss. 

Die   siebente  Form   der   Schlachtordnung.      Eine   der   Formen 


1)  In  dem  Arabischen  Texte  S.  9  ist  die  Figur  umzukehren. 


DAS  HEERWESEN  DER  MUHAMMEDANER. 


39 


ist  die  Kreisform,  welche  manche  den  Ofen  nennen.  Diese  Aufstellung 
wird  aus  verschiedenen  Anlässen  gewählt,  einmal  wenn  die  Zahl  des 
Feindes  so  gross  ist,  dass  sie  die  der  Muslimen  mehrfach  übersteigt,  und 
das  Schlachtfeld  ist  weit,  so  werden  sie,  wenn  sie  sich  darauf  ausbreiten, 
indem  sie  die  vorher  erwähnten  Stellungen  annehmen ,  zerstreut  und 
ihre  Widerstandsfähigkeit  wird  in  den  Augen  der  Feinde  gering  geachtet 
und  sie  machen  Halt  um  in  Geschwindigkeit  ihre  Anzahl  abzuschätzen; 
zweitens  werden  zuweilen  die  ihren  Kundschaftern  gegebenen  Befehle 
schlecht  ausgeführt,  einige  ihrer  Hinterhalte  vermischen  sich  mit  den 
Hinterhalten  des  Feindes,  und  ähnliche  Fälle,  dann  ist  es  nöthig,  dass 
sie  sich  von  allen  Seiten  auf  einen  Angriff  gefasst  machen  und  sie  stellen 
sich  in  nach  dieser  Figur  in  einander  verschlungenen  Gliedern  auf, 


um  nach  allen  Seiten  hin  gesichert  zu  sein  und  die  Möglichkeit  zu 
haben  sich  gegenseitig  zu  unterstüzen  und  den  Sieg  davon  zu  tragen. 
Diese  Aufstellung  ist  in  sich  selbst  und  in  den  Hinterhalten  von  allen 
die  unbedeutendste,  schwächste  und  der  Zahl  nach  geringste,  es  kommt 
aber  oft  vor,  wenn  die  Truppen  der  Muslimen  sich  in  Feindes  Land  wie 
in  ein  Meer  hineingewagt  haben  und  die  Wogen  plötzlich  über  ihnen 
zusammenschlagen,  so  dass  sie  mitten  darin  sind,  sie  dann  kämpfen 
und  nach  allen  Seiten  hin  sich  vertheidigen  müssen. 


Die  Arabische  Übersetzung  der  Taktik  des  Aelianus. 

Von 

F.  Wüstenfeld. 

(Vorgelegt  in  der  KOnigL  Geaellsoh.  cL  Wiss.  am  10.  Januar  1880.) 

Zweiter  Theil. 

Über   die   Glieder,   ihre  Namen   und   ihre  Anzahl   nach   der 

Meinung   der   Alten. 

Wir  beginnen  jetzt   mit   der  Erklärung   der  Glieder,    ihrer  Anzahl 
und  ihrer  Form. 

Nach  dem,  was  Äe Hanns  in  seinem  Buche  sagt  (Cap.  III),  ist  das 
Erste j  was  nöthig  ist,  wenn  Jemand  sich  die  Kenntniss  in  der  Taktik 
verschaffen  will,  dass  er,  wenn  unter  der  Mannschaft  sich  viele  Leute  be- 
finden, welche  noch  keinen  Begriff  von  Aufstellung  und  keinen  Sinn  für 
Ordnung  haben  ^  unter  ihnen  eine  Auswahl  trifft  und  einen  jeden  von  ihnen 
an  den  Platz  stellt,  für  welchen  er  passend  ist,  d.  h.  in  die  Glieder,  von 
welchen  in  den  vorangehenden  Abschnitten  gehandelt  ist,  damit  sie  eine 
angemessene  schöne  Form  bekommen.  Denn  viele  von  den  Soldaten  wissen 
in  der  Schlacht  nicht,  wie  und  wo  sie  stehen  sollen  und  manche  von 
ihnen  haben  das  50ste  und  60ste  Lebensjahr  überschritten,  aber  noch 
nie  eine  Schlachtordnung  gesehen,  und  wenn  auch  manche  von  ihnen 
jeden  Tag  die  fünf  vorgeschriebenen  Gebete  verrichten,  aber  in  der 
Schlacht  nicht  ordentlich  in  Reih  und  Glied  zu  stehen  wissen,  was  nützt 
da  ihr  hohes  Alter,  wenn  sie  noch  keine  Heeresaufstellung  gesehen  ha- 
ben. Jedem  Vernünftigen  und  Einsichtigen  wird  es  also  nöthig  erschei- 
nen ,  sich  die  Kenntniss  dieser  Wissenschaft  zu  erwerben ,  damit  er  die 
Histor.-philolog.  Glosse.  XXVL  2.  F 


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42  F.  WÜSTENFELD, 

Feinde  Gottes  bekämpfe  nach  dem  Worte  des  Propheten :  Wer  stirbt 
und  nicht  von  selbst  das  Verlangen  nach  dem  Kampfe  hat,  der  stirbt 
an  einer  Art  von  Heuchelei.  So  ist  von  den  beiden  Scheichen*)  in  ih- 
ren Traditionssammlungen  überliefert,  weil  ein  solcher  seinen  Sold  ver- 
zehrt, den  er  zu  seinem  Unterhalt  bekommt,  um  sich  dafür  den  Musli- 
men nützlich  zu  machen ,  aber  nicht  um  den  Contract  zu  brechen ,  der 
auf  dem  Blatt  in  der  Armeeliste  über  ihn  niedergeschrieben  ist,  und  er 
soll  seinen  Sold  nicht  auf  eine  Weise  verzehren,  welche  noch  mehr  ver- 
boten ist  als  das  Fleisch  von  gefallenen  Thieren  und  von  Schweinen. 
Die  Erlernung  der  Taktik  gehört  nun  zu  den  Dingen,  welche  den  Mus- 
limen von  grösstem  Nutzen  sind  und  sie  muss  erlernt  werden,  damit 
man  sie  beim  Ausbruche  des  Krieges  kennt. 

Nämlich  die  Ordnung  des  Heeres  ist  ßlr  den  Aufbruch,  ßlr  den  Marsch 
und  ßlr  das  Zusammentreffen  mit  dem  Feinde  sehr  wichtig  zur  Erlangung 
des  Sieges  und  wir  finden  in  den  Geschichtsbüchern ,  da^s  grosse  Heere 
von  kleinen  Heeren  mit  Gottes  Willen  besiegt  und  in  die  Flucht  geschla- 
gen sind  wegen  der  schlechten  Ordnung  jener  und  der  guten  Ordnung  dieser^ 
wie  Gott  spricht  (Sure  2,  250):  wie  oft  hat  ein  kleines  Heer  ein  grosses 
besiegt  mit  Gottes  Willen  und  Gott  ist  mit  den  Standhaften;  und  wie 
es  in  einer  oben  angeführten  Tradition  vorkommt,  und  wie  Chdlid  ben 
el-Walid  bei  MAta  die  Schlacht  ordnete,  wo  100000  Griechen  standen, 
welche  noch  von  100000  Christlichen  Arabern  unterstützt  wurden,  wäh- 
rend die  Muslim  nur  3  bis  4000  Mann  stark  waren,  denen  die  Ungläu- 
bigen nichts  anhaben  konnten,  nachdem  Chälid  die  Truppen  geordnet 
hatte,  so  dass  der  Prophet  die  (oben  angeführten)  Worte  sprach. 

Nach  dem,  une  Aeneas  die  Taktik  definirt  hat,  so  ist  sie  die  Kennt- 


1)  So  werden  bekanntlich  Bochäri  und  Muslim  genannt.  Indess  nach  einer 
Benachrichtigung  des  Herrn  Prof.  Krehl  kommt  eine  solche  Stelle  bei  Bochäri  nicht 
vor,  wohl  aber  bei  Muslim,  Bulaker  Ausg.  IV.  S.  314,  Caicuttaer  Ausg.  II,  S.  236, 
und  in  dem  Commentar  Mubärik  elraehär  des  Ihn  Mälik  zu  dem  Traditionsverzeich- 
nisse des  Sagäni  ist  die  Erklärung:  wer  auf  diese  Weise  stirbt,  der  gleicht  den 
Heuchlern,   welche  sich  von  dem  heiligen  Kampfe  zurückziehen. 


DIE  TAKTIK  DES  AELIANÜS.  43 

mss  der  militärischen  Bewegungen^);  was  Polyhius  betrifft^  so  behauptet 
er,  ihre  Definition  sei,  ^.eine  Masse  von  Soldaten  zusammen  zu  fassen,  sie 
abzutheilen,  ihre  Glieder  zu  ordnen  und  sie  zu  unterweisen,  wie  sie  sich  bei 
der  Schwenkung  nach  rechts  und  links  zu  verhalten  haben ,  bis  ihnen* 
dies  zur  Gewohnheit  geworden  ist^' 

Der  Sammler  dieses  Buches  bemerkt  hierzu:  Was  Polgbius  angiebt, 
das  sind  die  Anfangsgründe,  welche  die  Lehrer  aufgestellt  haben,  damit 
durch  sie  dem  Krieger  die  Kenntniss  beigebracht  werde;  dann  haben 
die  Lehrer  daraus  eine  Spielerei  gemacht  und  eine  Einrichtung  um  da- 
durch den  Unterhalt  zu  haben,  und  nachdem  sie  dies  so  eingeführt  ha- 
ben, hat  es  aufgehört,  aufrichtig  den  Absichten  Gottes  zu  dienen,  viel- 
mehr ist  es  nur  des  schnöden  Gewinnes  wegen  beibehalten  und  desshalb 
vergessen,  so  dass  nur  noch  wenige  eine  Kenntniss  davon  besitzen  und 
diesen  wenigen  sind  die  Anfangsgründe  unbekannt;  denn  wenn  sie  sie 
kennten  und  zu  Gottes  Ehren  lehrten,  so  würden  sie  gegen  die  Feinde 
Gottes  aufrichtig  unterstützt  werden,  ohne  dass  sie  von  anderen  Men- 
schen gegenseitige  Hülfe  verlangten,  und  dies  wäre  eine  grosse  Wohl- 
that  für  den,  der  es  wollte  oder  verstände,  für  diese  und  für  jene  Welt. 

Einer  der  älteren  Schriftsteller  macht  bemerklich,  dass  eine  Zusam- 
menziehung und  Zusammenordnung  der  Truppen  eine  unerlässliche  Pflicht 
des  Feldherrn  und  ihm  nicht  erlaubt  sei  zu  gestatten ,  dass  einer  von 
ihnen  aus  irgend  einem  Grunde  sich  von  seiner  Compagnie  trenne.  Ein 
anderer  bemerkt  über  die  geringste  Anzahl  derselben,  ein  Theil  der  frü- 
heren Könige  sei  der  Meinung  gewesen,  die  geringste  Anzahl,  welche 
unter  einen  gemeinschaftlichen  Namen  zusam menge fasst  werden  könne, 
müsse  sechs  Mann  sein,  und  sie  bewiesen  dies  damit,  dass  6  eine  voll- 
kommene Zahl  sei,  weniger  als  diese  könnten  es  also  nicht  sein;  (Cap, 
IV)  andere  sagen  dagegen,  die  kleinste  Zahl  sei  10,  noch  andere  sagen ^  sie 
bestehe  aus  12  Mann,  und  einige  von  ihnen  behaupten^  es  könnten  nicht  we* 
niger  als  16  Mann  sein.     Ich  selbst  bin  der  Ansicht,  dass  es  8  sein  müs- 


1)  Darch  die  VerkennaDg  des  Namen  Aeneas  ist  der  Arabische  Text  8. HZ. 7 
entstellt  und  zu  lesen  ^JLaJI  j^  K^coü^Jt  xcLUg  ^Lbt  a^  0^>  L5^b 

F2 


44  F.  WÜSTENFELD, 

sen,  denn  in  nnsrer  Zeit  hat  der  Eifer  in  allen  Dingen  nachgelassen, 
warum  nicht  auch  hierin?  Denn  gewöhnlich,  wenn  man  die  Rotte  zu 
16  annimmt,  sind  darunter  8  streitbare  (voll  ausgerüstete)  Reiter  und  8 
geringere  von  den  Leichtbewaffneten ,  welche  dahinter  aufgestellt  sind, 
welche  nur  mit  kurzen  Lanzen,  Schleudern,  Pfeilen  u.  dgl.  werfen,  und 

hinter  ihnen  die  Trabanten.  Jede  Abtheilung  von  diesen  heisst  jloxog  SmXto 
Rotte  und  jede  von  ihnen  hat  zwei  Führer,  der  erste  heisst  Hauptmann 
der  geschlossenen  Rotte,  der  andere  in  der  zweiten  Reihe  heisst  Führer 
des  hinteren  Gliedes,  und  jede  von  diesen  Rotten  hat  zwei  nach  dieser 
Aufstellung. 

(Cap.  V)  Man  hat  auch  die  geschlossene  Rotte  so  deßnirt,  sie  sei  eine 
Zusammenordnunff  von  Führern  und  Anschliessenden,  wekhe  sich  nach  dem 
Grade  ihre  Tapferkeit  anschliessend  (Cap.  VI)  Die  .Verbindung  hei  der 
Büdung  der  Reihen  geschieht  auf  die  Weise,  dass  neben  der  ersten  Rotte 
eine  eben  solche  zweite  aufgestellt  tvird^  nämUch  neben  den  Rottßlhrer  der 
ersten  Reihe  der  Rottßlhrer  der  zweiten  Reihe,  neben  den  fönenden  Mann 
in  der  ersten  Reihe  der  folgende  Mann  in  der  zweiten  Reihe  und  nach  dieser 
Weise  wird  in  den  Folgenden  die  Verbindung  geordnet,  und  wenn  in  dieser 
Ordnung  diese  Reihen  geordnet  werden,  so  heisst  diese  Aufstellung  die  Ver^ 
bindung  bei  der  Bildung  der  Reihen  oder  gxxXay^  hJo[Sü\  ojA»aJt  «L4j>-. 

(Cap.  VII)  Man  gebraucht  auch  die  Ausdrücke  Stirn  (Front),  Gesicht, 
Randeinfassung,  verbundene  Linie,  Mund,  Centrum,  Herz,  Richtung,  Vor- 
dergtied  der  geschlosseneii  Rotte.  Was  den  Theil  des  geordneten  Heeres 
hinter  der  Front  und  dem  Gesicht  bis  an  die  Stelle  der  Mannschaft  des 
hintersten  Gliedes  betrifft,  so  wird  er  ßädog  Uojä  Tiefe  genannt,  und  wenn 
das  erste  Glied  und  die  darauf  folgen  der  Länge  nach  gerade  gerichtet  sindy 
sa  heisst  dies  J^vyelp  Wyöi  verbunden  sein,  und  wenn  die  Hauptleute  der  ge- 
schlossenen Rotten  und  die  Hauptleute  des  Hintergliedes  reihenweise  der  Tiefe 
nach  gerade  gerichtet  sind,  so  heisst  dies  aroix^lv  I^Lßj  geschlossen  sein. 

Die  Armee  wird  in  zwei  grosse  selbständige  Theile  getheilt  von  der 
Front  bis  zur  äussersten  Tiefe,  einer  von  diesen  beiden  T heilen  heisst  der 
rechte  Flügel  oder  Kopf,  der  andere  der  Unke  Flügel  oder  Schwanz;  ihre 
Theilung  in  der  Länge  wird  Nabele    Mund  oder  Herz   (Centrum)  genannt. 


DIE  TAKTIK  DES  AELIANÜS.  45 

Die  hinter  der  Linie  der  Schwerbewaffneten  aufgestellten  Fussgänger  heissen 

o  y 

tpiXal  JjA  Lekhtbewaffnete^  ein  einzelner  von  ihnen  i3jfit,  und  diese  werden 
zuweilen  auch  an  anderen  Punkten  aufgestellt^  je  nachdem  es  die  Umstände 
nSthig  machen,  und  die  Bestimmung  hierüber  hängt* von  dem  Feldherrn 
ab,  und  wir  werden  dies,  so  Gott  will,  in  der  Folge  angeben.  Jetzt 
werde  ich  übei'  die  Anzahl  der  Schwerbewaffneten,  der  Leichtbewaffneten  und 
der  Reiter  handeln,  wie  viel  es  sein  müssen,  une  jedes  von  diesen  Corps 
geordnet  werden  muss,  je  nachdem  die  Umstände  es  erfordern,  urie,  wenn  es 
nöthig  ist,  die  Form  der  Schlachtordnung  mit  Schnelligkeit  geändert  werden 
kann,  und  was  sonst  noch  über  die  Bewegungen  jedes  einzelnen  dieser  Corps 
beschrieben  werden  muss. 

Ich  sage  also:  (Cap.  VIII)  Man  kann  sich  nicht  damit  begnügen,  die 
Anzahl  der  Truppen,  welche  ein  Corps  enthalten  soll,  bestimmt  festzustellen, 
der  Taktiker  muss  die  Bestimmung  hierüber  nach  dem  Verhältniss  der  An- 
zahl der  Soldaten  der  ganzen  Armee  treffen  und  eine  solche  Zahl  wählen^ 
welche  gestattet  die  Form  der  Armee,  je  nachdem  die  Umstände  dazu  nöthi- 
gen,  zu  verändern,  d.  h.  wenn  er  die  Länge  der  Linie  verdoppeln  will,  so 
dass  sie  zweimal  so  lang  wird,  als  sie  war,  oder  um  mehrere  Male  er- 
weitern, oder  wenn  er  von  der  Länge  etwas  abziehen  unll,  die  Anzahl, 
welche  er  ordnet,  muss  hierzu  geeignet  sein.  Aus  diesem  Grunde  haben 
schon  die  Alteren  eine  Zahl  gewählt,  welche  es  gestattet,  sie  immer  in  zwei 
Hälften  zu  theilen,  bis  sie  zur  Einheit  kommt.  Au^  dieser  Ursache  haben 
die  meisten,  welche  etwas  über  Taktik  geschrieben  haben,  die  Zahl  der  Schwer- 
bewaffneten zu  16384  angenommen,  die  Linie  der  Leichtbewaffneten  zur 
Hälfte  von  dieser  Zahl  und  die  Linie  der  Reiter  zur  Hälfte  der  Linie  der 
Leichtbexcaffneten ,  weil  nämlich  diese  Zahl  sich  immer  in  zwei  Theile  theilen 
lässt,  bis  man  zur  Einheil  kommt  Diese  Zahl  ist  nur  gewählt,  um  als 
Norm  und  Beispiel  zu  dienen,  weil,  da  wir  die  geschlossene  Rotte  zu  16 
Mann  angenommen  haben,  in  dieser  Zahl  1024  geschlossene  Rotten  vorhan- 
den sein  müssen.  Diese  Rotten  werden  in  verschiedene  Arten  getheilt,  deren 
jede  ihren  besonderen  Namen  hat,   wie  folgt. 

über  die  Namen.     Je  sechzehn  Mann  heissen  eine  Rotte,    (Cap. 
IX)   je  zwei  Reihen  von  diesen  geschlossenen  Rotten  heissen   dtkoxla  äa- 


46  F.   WÜSTENFELD, 

• 

eine  Schotar ,  die  Anzahl  der  Leute  darin  beträgt  32  Mann  und  der  Vor^ 
gesetzte  derselben  heisst  Schaarßlhrer ;  je  vier  geschlossene  Rotten  heissen 
t€TQaQX^  v^AJU  eine  Section,  der,  welcher  an  ihrer  Spitze  steht,  wird  See- 
tionsßlhrer  genannt  und  die  Anzahl  der  Leute  darin  beträgt  64  Mann.  Je 
zwei  Sectionen  heissen  rd^$g  cr^^j^  ^^  Zug,  die  Anzahl  der  Leute  darin 
besteht  aus  128  Mann  oder  aus  8  geschlossenen  Rotten  und  der  Vorgesetzte 
derselben  heisst  ixaropzdQXVS  '^•^^  v-a^^  Centurio  oder  er  wird  ra^iaQxV^ 
ijf^ß\  {j^j  Hauptmann  des  Zuges  genannt.  Je  zwei  Züge  heissen  avyiay/ia 
Ji^  oder  auch  »^  eine  Compagnie^  die  Anzahl  der  geschlossenen  Rotten 
darin  beträgt  1  6  Rotten  und  der  Mannschaft  256  Mann ,  und  der  Vorge- 
setzte derselben  ist  avpiayfiarccQxVS  iV*^^'  3'  äSaäII  (j^^  der  Hauptmann  der 
Compagnie;  jede  Compagnie  enthält  zu  dieser  Zahl  noch  fünf  Mann  beson-- 
ders^  nämlich  arifisioffOQog  Mj^'  v^>»L»ö  einen  Fahnenträger  ^  ovgayog  v,A>La 
KdUJt  einen  Zugschliesser^  oa^myxiijg  vJ5)<J'  ua5>L»ö  einen  Trompeter,  vnriQdijg 
P>LÄ!  einen  Adjutanten^  — *).  So  wird  es  angegeben;  ich  bemerke  dazu, 
dass  diese  fünf  in  unserer  Zeit  zu  der  jöLä/  (?  nächsten  Umgebung  des 
Feldherrn)  und  zu  denen  gehören,  welche  er  auswählt,  um  als  seine 
Bedienung  ihm  unmittelbar  zu  folgen;  sie  sind  wie  die  geschlossenen 
Rotten  geordnet,  so  dass  sie  nicht  aus  den  Linien  heraustreten.  —  Die 
Form  der  Compagnie  ist  quadratisch^  so  wie  das  Schachbrett  8  mal  8  Fel- 
der hat,  so  hat  diese  16  Mann  in  der  Länge  und  16  in  der  Breite.  Je 
zwei  Compagnien  werden  iu5^  eine  Division^  genannt,  die  Anzahl  der 
Mannschaft  darin  beträgt  5i2  Mann  und  die  der  geschlossenen  Rotten  32 
und  der  Anführer  derselben  heisst  nsvraxoaidQX^S  »^^^  u^j  Hauptmann 
der  Division.  Je  zwei  Divisionen  bilden  /*^iap/to  h^  ein  Bataillon,  die 
Anzahl  der  Mannschaft  darin  beträgt  1024  Mann  und  die  der  geschlosse-- 
nen  Rotten  64  Rotten  und  ihr  Inhaber  wird  X^^^^(fX^S  ^j^j}^  u^j  Bätallions- 
commandant  genannt.  Je  zwei  BatalKone  bilden  eine  dvoxi^iagxla  oder  /is- 
QctQxla  ^)^  Halbbrigade  ^    die  Anzahl  der  Mannschaft  darin  beträgt  2048 


1)  Der  fünfte  Name  für  ^utoxiJQV^  Herold  fehlt  im  Arabischen. 

2)  Im  Griechischen  fehlt  hier  das  Wort  nePTaxoa$aQxice  und  kommt  erst  in  'dem 
folgenden  Satze  vor. 


DIE  TAKTIK  DES  AELIANÜS.  47 

Mann,  der  Anführer  derselben  heisst  fisQccQx^s  Äft^LUt  {j»^j  Commandant  der 
Halbhrigade^  und  darin  sind  128  geschlossene  Rotten;  einige  nennen  die 
Halbbrigade  tiXog  iULjüt  «Lgi.!  (die  volle  Truppe)  ein  Regiment,  der  Anfüh- 
rer desselben  heisst  xaXdQxris  ä^LäJJ  «L^J  \j^^  Regimentscommandeur.  Je 
zwei  Regimenter  werden  gfaAayyctQxtcc  ^Aa^  eine  Brigade  genannt ,  die  An- 
zahl der  Mannschaften  darin  beträgt  4096  Mann  und  darin  sind  256  ge- 
schlossene Rotten  und  ihr  Anfährer  heisst  gxxAayyaQX^S  \J^-ü^^  u^j  Briga^ 
dier;  einige  nennen  es  atQaTrjyta  ^X-*^  Corps  und  den  Anführer  nennen  sie 
OTQanjyög  u*^'  oJS  Brigade-  Commandeur.  Je  zwei  Brigaden  heissen  rfi- 
ifaXayyagxl^  Doppelbrigade  lt-h^  fünftheiliges  Corps  ^)^  die  Anzahl  der 
Mannschaft  darin  beträgt  8192  Mann  oder  5 12  geschlossene  Rotten;  einige 
nennen  das  fünftheilige  Corps  /u^Qog  VJuii^  Armeecorps ,  andere  x(Qag  Flügel 
ÄÜI5  Colonne  und  der  Commandirende  heisst  iJiLäit  {j^j  Colonel.  Je  zwei 
fänftheilige  Corps  heissen  xhXQaffaXayyaQxi^  vierfache  Brigade  fJas:^\  ^<*i^t 
die  grosse  Armee,  darin  sind  1024  geschlossene  Rotten  und  an  Mannschaft 
16384  Mann,  und  dies  ist  die  zuerst  genannte  Zahl.  Die  ganze  Armee 
besteht  also  aus  2  Colonnen,  das  sind  4  Brigaden  oder  32  Divisionen^  64 
Compagnien,  128  Züge^  256  Sectionen.  diese  Menge  sind  512  Schaaren 
und  die  Zahl  der  Rotten,    wie  vorhin  angegeben  ist,    nämlich  1024. 

(Cap.  X)  Der  beste  der  Brigadiers  wird  auf  den  rechten  Flügel  ge- 
stellt, der  ihm  an  Tapferkeit  der  nächste  ist,  auf  den  linken  Flügel;  dann 
der  an  Tapferkeit  dritte  an  die  Seite  des  rechten  Flügels  und  der  vierte 
an  die  Seite  des  linken  Flügels,  so  werden  zu  Anführern  der  ersten  und 
vierten  Brigade  diejenigen,  welche  in  der  Tapferkeit  die  erste  und  vierte 
Stelle  einnehmen,  und  zu  Anführern  der  zweiten  und  dritten  Brigade  dieje- 
nigen, welche  in  der  Tapferkeit  die  zweite  und  dritte  Stelle  einnehmen,  da 
sie  im  zweiten  und  dritten   Range  stehen.     Es  wird  weiterhin  vorkommen, 

dass  die  erste  und  vierte  dvra/uig  8^  Stärke  der  zweiten  und  dritten  gleich 
üt,  und  folglich  die  Stärken  der  ersten  Führer  gleich  sind.  Unter  den  Füh' 
rem  der  Halbbrigade  findet  dasselbe  Verhältniss  statt:  der  erste  an  Tapfer- 


1)  Nämlich  aus  Vortrab,  Centrum,  zwei  Flügeln  und  Nachtrab  bestehend. 

2)  Anstatt  Jkx^\  CTJ  ^^*  sicher  zu  lesen  Uj\J!o  ^jn^l^ÄI  ^J^  ^  ^ixi\  ^j^ 


48  F.  WÜSTENFELD, 

keit  wird  auf  den  linken  Flügel  der  ersten  Brigade  gestellt,  der  zweite  auf 
den  rechten  Flügel  der  zweiten  Brigade,  der  dritte  auf  den  Unken  Flügel  der 
dritten  Brigade  und  der  vierte  auf  den  rechten  Flügel  der  vierten  Brigade. 
Die  Aufstellung  der  Führer  der  geschlossenen  Rotten  geschieht  in  jeder  See- 
tum  in  gleicher  Weise,  nämlich  der  tapferste  unter  ihnen  für  die  erste  Rotte, 
der  zweite  an  Tapferkeit  für  die  vierte  Rotte,  der  dritte  an  Tapferkeit  fUr 
die  dritte  Rotte  und  der  vierte  an  Tapferkeit  für  die  zweite  Rotte.  Nach 
diesem  Muster  werden  nämlich  ihre  Stärken  in  den  Schaaren  gleich  werden, 
weil  der  erste  und  vierte  an  Tapferkeit  unter  den  Führern  zu  der  ersten 
Schaar  kommen  und  zu  der  zweiten  Schaar  der  zweite  und  dritte.  Denn  die 
Wissenschaft  der  Mathematik  zeigt,  dass  wenn  vier  Grössen  in  gleichem 
Verhältniss  stehen ,  das  Product  der  ersten  und  vierten  gleich  ist  dem  Pro- 
dv>ct  der  zweiten  und  dritten;  weil  jede  Compagnie  aus  vier  Sectionen  be- 
steht, —  *) 

Z.  B.  Wenn  vier  Zahlen  in  gleichem  Verhältniss  stehen,  so  dass 
das  Verhältniss  der  ersten  zur  zweiten  gleich  ist  dem  Verhältniss  der 
dritten  zur  vierten,  so  ist  das  Product  der  ersten  und  vierten  gleich  dem 
Product  der  zweiten  und  dritten,  und  die  Theilung  der  ersten  in  die 
zweite  gleich  der  Theilung  der  dritten  in  die  vierte  und  ebenso  die 
Theilung  der  zweiten  in  die  erste  gleich  der  Theilung  der  vierten  in  die 
dritte.  Z.  B.  bei  2  3  4  6,  da  das  Verhältniss  der  ersten  d.  i.  2  zur  zwei- 
ten d.  i.  3  ist  wie  das  Verhältniss  der  dritten  d.  i.  4  zur  vierten  d.  i.  6. 
weil  zwei  */s  von  drei  und  vier  */»  ^^^  sechs  ist,  so  ist  das  Product  aus 
der  ersten  und  vierten  gleich  dem  Product  aus  den  beiden  mittleren, 
man  sieht,  dass  die  Summe  in  beiden  Fällen  12  ist;  ebenso  ergiebt  die 
Theilung  der  ersten  durch  die  zweite  ebensoviel  als  die  Theilung  der 
dritten  durch  die  vierte,  man  sieht,  dass  der  Quotient  in  beiden  Fällen 
*/s  von  eins  ist;  und  ebenso  ergiebt  die  Theilung  der  zweiten  durch  die 
erste  ebensoviel  als  die  Theilung  der  vierten  durch  die  dritte,  weil  der 
Quotient  in  beiden  Fällen  1  7«  ist.     Wenn  also  hiernach  vier  Zahlen  in 


1)  Die  Arabische  Uebersetzang  bricht  hier  ab,   nm  das  Gesagte  erst  noch  an  % 

ein  Paar  Zahlen-Beispielen  zu  beweisen. 


DIE  TAKTIK  DES  AELIANÜS.  49 

dem  Verhältniss  stehen ,  dass  sich  die  erste  zur  zweiten  verhält  wie  die 
dritte  zur  vierten,  so  ist  das,  was  wir  behauptet  haben,  richtig.  Ein 
anderes  Beispiel.  Wenn  vier  Zahlen  in  einem  Verhältniss  stehen  und 
sie  werden  versetzt,  fso  bleiben  sie  in  einem  Verhältniss.  Z.  B.  Wenn 
vier  Zahlen  a  b  c  d  in  dem  Verhältniss  stehen  a  verhält  sich  zu  6,  wie 
c  zu  rf,  so  sage  ich,  dass  sie ,  auch  wenn  sie  versetzt  werden ,  in  einem 
Verhältniss  stehen,  a  verhält  sich  zu  c,  wie  b  zu  d. 

Die  Absicht  ist,  dass  die  Rotten  an  Stärke  gleich  sein  sollen,  und  weil 
in  jeder  Compagfiie  vier  Sectionen  sind,  so  ist  es  nöthiff,  die  Sectionen  nach 
diesem  Verhältniss  so  zu  ordnen ,  dass  bei  jeder  Compagnie ,  welche  aus  vier 
Sectionen  zusammengesetzt  ist,  in  der  ersten  Section  unter  den  Führern  der 
erste  an  Tapferkeit  auf  dem  rechten  Flügel  steht,  der  Führer  der  vierten 
Section  auf  dem  Unken  Flügel  steht  und  der  zv)eite  an  Tapferkeit  ist,  der 
Führer  der  dritten  Section  auf  dem  rechten  Flügel  steht  und  der  dritte  an 
Tapferkeit  ist,  und  der  Führer  der  zweiten  Section  auf  dem  linken  Flügel 
steht  und  der  vierte  an  Tapferkeit  ist 

(Cap.  XI)  Es  wird  jetzt  nSthig  sein,  über  die  Entfernung  zu  handeln, 
welche  zwischen  den  Schwerbewaffneten  stattfinden  mtiss,  und  Über  die  Ent- 
fernung des  Abstandes,  in  welchem  sie  der  Länge  und  Tiefe  nach  von  ein-- 
ander  stehen.  Es  giebt  davon  drei  verschiedene  Arten;  nämlich  erstens  ist 
ihre  Aufstellung  in  sehr  weiter  Entfernung  unter  gewissen  Umständen,  welche 
dazu  nöthigen ;  dann  können  sie  in  geringerer  Entfernung  aufgestellt  werden, 
so  dass  sie  sich  gleichsam  schon  auf  einander  drängen ,  endlich  in  noch  ge- 
ringerer Entfernung,  so  dass  sie  sich  gleichsam  gegen  einander  drücken. 
Alles  dieses  wie  es  die  Umstände  erfordern.  Der  in  Schlachtordnung 
aufgestellte  Mann  nimmt  an  Platz  vier  Ellen  in  der  Linie  ein,  der  gedrängt 
stehende  nimmt  einen  Platz  von  zwei  Ellen,  der  gedrückt  stehende  einen  Platz 
von  einer  Elle  ein.  Die  gedrängte  Stellung  ist  diejenige,  wenn  die  gewöhn- 
lich angenommenen  Entfernungen  für  den  Neben-  und  Hintermann  nach  der 
Länge  und  Tiefe  verkürzt  werden,  jedoch  so,  dass  es  noch  möglich  ist  in  der 
Rotte  die  Wendung  zuzulassen;  die  gedrückte  Stellung  ist  die,  wenn  die 
Armee  noch  mehr  als  in  der  eben  beschriebenen  gedrängten  Stellung  in  den 
anstossenden  Neben-  und  Hintermännern  zusammengedrängt  wird,  so  dass 
Histor.-philolog.  Glosse.  XXTL  2.  G 


50 


F.  WÜSTENFELD, 


darin  eine  Wendung  weder  nach  rechts  noch  nach  Unks  mSgUch  ist.  Die 
gedrängte  Steüung  mrd  angenommen,  wetm  man  dem  Gegner  nahe  kommt, 
die  gedruckte,  um  sich  gegen  einen  plötzlichen  Angriff  des  Feindes  zu  ver- 
theidigen,   und  ebenso  bei  einem  nächtlichen  Überfall. 

Da  nun  die  Zahl  der  Anführer  der  geschlossenen  Rotten,  welche  m 
der  Front  der  Armee  aufgestellt  sind,  1024  Führer  betrat,  so  ist  es  klar, 
dass  sie  in  der  Schlachtordnung  in  der  längsten  Ausdehnung  einen  Raum 
van  4096  Ellen  einnehmen,  das  beträgt  10  atdSia  Stadien  o^ä  P/eilschuss^ 
weiten  und  96  EUen,  wenn  sie  gedrängt  stehen,  nehmen  sie  einen  Baum  wt, 
dessen  Ausdehnung  5  Pfeilsckussweiten  und  48  Ellen  beträgt,  und  wenn  sie 
gedrückt  stehen,  ist  die  Ausdehnung  ihres  Raumes  2^\%  Pfeilschussweiten  und 
24  Ellen. 

(Cap.  XII)  Was  die  Art  der  Waffen  för  die  Armee  betrifft,  so  be- 
stehen sie  in  Schild  und  Lanze;  der  beste  Schild  ist  der  aus  Erz^  die  Ma- 
cedonier  bedienten  sich  desselben  und  diese  waren  io  der  Kriegskunst  er- 
fahren ;  es  ist  nicht  nSthig,  dass  der  Schild  sehr  stark  ausgehöJdt  sei,  damit 
man  ihn  leicht  handhaben  kann;  die  Lanze  muss  acht  EUen  lang  sein, 
dies  ist  J3l  das  wenigste^),  was  zulässig  ist,  damit  der  Soldat  leicht  damit 
stossen  und  sie  bewegen  kann. 

(Cap.  XIII)  Die  Anführer  der  geschlossenen  Rotten  müssen  so  be- 
schaffen sein,  dass  sie  Niemand  in  der  Armee  Übertrifft,  die  ausgezeichnet- 
sten darin  an  KOrpergrösse ,  Kraft  uud  Fülle  der  Erfahrung  und  welche 
am  besten  im  Stande  sind,  ihre  Zungen  gegen  schnöde  Reden  im  Zaume 
zu  halten.  Denn  dieses  ^vyop  o/^^  sJ^\  verbundene  Glied  ist  die  Stütze 
der  ganzen  Armee  und  sein  Nutzen  für  sie  grösser  als  irgend  etwas  anderes. 
Denn  sowie  das  Schwerdt  wuchtig  wird,  wenn  das  Eisen,  welches  zu  dessen 
Schneide  verwandt  wird,  schwer  ist  und  dadurch  seine  Kraft  hervortritt,  so 
muss  man  auch  annehmen,  dass  die  Armee  eine  Schneide  habe  und  iiass  diese 
Schneide  die  Führer  der  geschlossenen  Rotten  seien,  und  man  nmss  anneh- 
men, dass  das,  was  die  Kraft,  FüUe,  Schwere  und  Grösse  dieser  Linie  ver- 
mehrt, der  Heerhaufen  sei,  welcher  hinter  ihr  airfgestellt  ist 


1)  im  Oegentheil  y^t^&tov  das  längste. 


DIE  TAKTIK  DES  AELIANÜS.  51 

In  gleicher  Weise  ist  es  ntthig ,  d<iss  der  Feldherr  ßkr  das  dahinter 
stehende  zweite  verbundene  OUed  Sorge  trage,  nämHch  dadurch^  dass  ihre 
Lanzen  vorgestreckt  werden^  so  dass  sie  den  Lanzen  der  Mannschefft  des 
ersten  Gliedes  nahe  sind,  dem  Feinde  grade  entgegen,  und  die  demselben 
am  nächsten  sind^  können  in  vielen  Fällen  von  grossem  Nutzen  sein;  und 
wenn  einer  aus  dem  ersten  Gtiede  von  seinem  Pferde  stürzt  oder  fällt,  so 
nimmt  sein  Hintermann  seine  Stelle  in  der  Linie  wieder  ein ,  so  dass  er  da-  • 
durch  die  Glieder  in  Verbindung  hält  und  darin  keine  Lücke  entsteht.  Das 
dritte  verbundene  Glied  und  die  Obrigen,  welche  dahinter  folgen^  werden  aus 
den  Leuten  geordnet,  welche  nach  der  Abschätzung  in  der  Stärke  jenen  am 
nächsten  kommen. 

(Cap.  XIV)  Die  Macedonier  pflegten  die  Linien  ihrer  Schlachtordnung 
aus  einer  geringen  Anzathl  von  Truppen  zu  bilden,  aber  wegen  der  Vortreff- 
Hchkeit  ihrer  Aufstellung  war  es  Niemandem  möglich  in  sie  einzudringen, 
und  ich  werde,  so  Gott  will,  in  dem  Folgenden  ihre  Aufstellung  er- 
klaren *). 

Nämlich  jeder  Mann  von  ihnen  stand  in  seinen  Waffen  zur  Zeit  des 
Kampfes  und  der  gedrängten  Stellung  auf  einem  Platze  von  zwei  Ellen,  und 
die  Länge  einer  von  ihren  Lanzen  wurde  zu  16  Ellen  angenommen,  (die 
Magribiner  haben  noch  bis  auf  diese  unsre  Zeit  diese  Länge  sorgfältig 
beibehalten ,)  in  Wahrheit  betrug  sie  nur  14  Ellen  und  sie  ging  unter  die 
Hand  des  Kriegers  und  dehnte  sich  hinter  ihm  aus  eine  S trecke  von  vier 
EUeny  so  dass  sie  vor  ihm  10  Ellen  über  das  erste  verbundene  Glied  her- 
vorstand.  Die  Mannschaft  des  zweiten  Gliedes  blieb  [mit  ihren  Lanzen] 
hinter  ihnen  die  Strecke  von  Zwei  Ellen  zurück,  nämlich  hinter  den  Lanzen- 
spitzen des  ersten  Gliedes ,  das  dritte  Glied  hinter  den  Lanzen  des  zweiten 
um  zwei  Eüen^  das  vierte  hinter  den  Lanzen  des  dritten  um  zwei  Ellen,  das 
fünfte  hinter  den  Lanzen  des  vierten  um  zwei  Ellen  vor  dem  ersten  Gliede. 
Das  sechste  GUed  und  die  noch  weiter  zurückstehenden  Reihen  konnten  ihre 
Lanzen  nicht  über  das  erste  GUed  hinausbringen.  Ich  glaube,  dass  das 
sechste  Glied  aus    den  Bedienten,    Paucken    und  Gepäck    bestand,    weil 


1)  Anstatt  ^uji\  lese  ich  ^t. 

G2 


52  F.  WÜSTENFELD, 

man  sich  in  unsrer  Zeit  um  diese  Reihen  nicht  mehr  bekümmert,  dess- 
halb  haben  wir  uns  auf  fünf  Glieder  beschränkt.  Wenn  nun  der  Feld- 
herr diese  Glieder  in  der  Weise,  wie  ich  es  beschrieben  habe»  ordnet, 
80  kann,  so  Gott  will,  keiner  von  dem  Feinde  ihm  etwas  anhaben;  iml 
er  jeden  einzelnen  van  ihnen  zwischen  fünf  Ldinzen  sieht  ^  welcher  Anblick 
könnte  dem  Feinde  furchtbarer  sein  als  dieser  ?  und  der  Mann ,  welcher  sich 
van  ßlnf  Lanzen  umgehen  sieht^  fühlt  sich  ungemein  stark ,  wenn  er  bedenkt^ 
dass  sein  Leben  durch  fünf  Lanzen  und  durch  die  Kraft  van  fünf  Männern 
beschützt  mrd^  und  er  verlässt  sich  somit  auf  Gott  in  allen  seinen  Lagen ; 
denn  die  Aufstellung,  weil  sie  beständig  — ^)  und  lässt  den  Gedanken 
an  die  Flucht  in  ihm  gar  nicht  aufkommen.  Einige  haben  die  Spitzen  der 
Lanzen  dieser  fünf  Glieder  bis  auf  den  gleichen  Endpunkt  gebracht ,  dies 
ist  von  dem  vorigen  abweichend,  indess  zweckmässiger  und  wirksamer. 
Dann  hält  das  erste  Glied  die  Spitzen  der  Lanzen  zwei  Spann  über  der 
Erde,  das  zweite  Glied  zwei  Spann  darüber,  das  dritte  zwei  Spann  über 
diese,  das  vierte  zwei  Spann  darüber  und  das  fünfte  zwei  Spann  darü- 
ber; auf  diese  Weise  sind  ihre  Lanzen  überall,  so  dass,  wenn  Jemand 
vor  ihnen  mit  kurzen  Lanzen,  Steinen  oder  etwas  ähnlichem  werfen 
sollte,  dies  an  den  Spitzen  ihrer  Lanzen  abprallen  und  zur  Erde  fallen 
würde  und  dadurch  keine  Stelle  bliebe,  durch  welche  der  Feind  ein- 
dringen könnte,  gleichviel  ob  es  ein  Reiter  oder  Fussgänger  sei. 

Wenn  nun  der  Feldherr  die  gedrängten  Rotten  vermehren  will,  da 
mit  das  Heer  in  den  Augen  des  Feindes  einen  furchtbaren  Anblick  be- 
kommt, so  (Cap.  XV)  bringt  er  die  Leichtbewaffneten  hinter  den  Rotten 
nach  der  Form  der  vorhin  beschriebenen  Aufstellung  auf  die  gleiche  An- 
zahl  van  1024  wie  die  Ratte  des  Hauptcarps^  sa  dass  die  erste  van  den 
Rotten  der  Leichtbewaffneten  sich  der  ersten  der  gedrängten  Ratten  des  Corps 
anschUesst^  die  zweite  der  zweiten  und  in  dieser  Weise  weiter^  nur  dass  es 
nicht  nöthig  ist^  dass  die  Anzahl  der  Ratten  der  Leichtbewaffneten  16  sei, 
sondern  es  können  deren    weniger   sein  nach    dem  Gutdünken  des  Feld- 


1)  Hier  ist  etwas  aasgelassen,  der  Text  zeigt  keine  Lücke. 


DIE  TAKTIK  DES  AELIANU6.  63 

herrn,  und  wenn  er  ßlr  jede  Rotte  acht  Mann  bestimmt,  so  ergiebt  dies  für 
{024  Rotten  der  Leichtbewaffneten  8192  Mann. 

(Cap.  XVI)  Die  Namen  derselben  sind  folgende:  Je  vier  Rotten  der 
Leichtbewaffneten  heissen  eine  Schaar  und  die  Anzahl  der  darin  beßndUchen 
Leute  beträgt  32  Mann;  je  zwei  Schaar en  heissen  eine  Section  und  die  An- 
zahl  der  darin  befindlichen  Leute  beträgt  64  Mann ;  je  zwei  Sectionen  heissen 
ein  Zug  und  die  Anzahl  der  darin  befindlichen  Leute  beträgt  128  Mann; 
je  zwei  Züge  heissen  eine  Compagnie  und  die  Anzahl  der  darin  befindlichen 
Leute  beträgt  256  Mann;  je  zwei  Compagnien  werden  eine  Division  genannt 
und  die  Anzahl  der  darin  befindlichen  Leute  beträgt  512  Mann;  je  zwei 
Divisionen  heissen  ein  Bataüion  und  die  Anzahl  der  darin  befindlichen  Leute 
beträgt  1024  Mann;  je  zwei  BataUione  heissen  ein  Regiment  und  die  Anzahl 
der  darin  befindlichen  Leute  beträgt  2048  Mann ;  je  zwei  Regimenter  werden 
eine  Brigade  genannt  und  die  Anzahl  der  darin  befindlichen  leichtbewaffneten 
Leute  beträgt  4096;  je  zwei  Brigaden  werden  ein  Armeecorps  genannt  und 
die^  Anzahl  der  darin  befindlichen  Leute  beträgt  8192  Mann^  welche  1024 
Rotten  bilden.  Zu  Führern  dieser  Rotten  werden  auserwählte  Männer 
genommen,  welche  in  allen  Stücken  erfahren  sind  und  in  allem,  was 
ihnen  befohlen  wird,  ihren  Vorgesetzten  gehorchen. 

Über  einige  Stellungen,  welche  die  Sachkundigen  nach  den  Figuren 
des  Euklides  angewandt  haben.  Hierzu  gehört  (Cap.  XVIII)  die  dem 
Rhombus  ähnliche  Form^  deren  sich  die  ThessaUer  bedienten,  welche  kräf- 
tige Reiter  waren.  Der  erste,  welcher  ihnen  die  Anweisung  zur  Anwen- 
dung dieser  Form  gab,  war  ein  Mann  Namens  Jason,  sie  ist  auch  vrirk- 
lich  eine  für  alles  Nöthige  geeignete  Form  und  gestattet  den  Reitern,  welche 
sich  ihrer  bedienen,  sich  rasch  na4:h  jeder  Seite,  von  welcher  der  Feind 
sich  zeigt,  zu  drehen  und  zu  wenden,  ohne  von  der  Wendung  etwas  zu 
fürchten  zu  haben  und  ohne  dass  dadurch  das  Verderben  der  Reiter 
herbeigeführt  wird.  Die  besten  Reiter  werden  nämlich  an  die  Seiten  der 
Form  gestellt,  die  Führer  auf  die  Ecken  und  zwar  stellt  sich  der  Corps- 
führer auf  diejenige  Ecke,  welche  nach  vom  ist,  die  Beschützer  der  Seiten 
werden  auf  die  rechte  und  linke  Ecke  gestellt  und  auf  die  noch  übrige  Ecke 
der  Commandant  der  Rückseite.     Danach  entsteht  diese  Figur 


54  F.   WÜSTENFELD, 


Diese  Aufstellung  ist  schön  und  der  Ursprung  der  unter  dem  Na- 
men eJrbucca  (der  Spiegel  oder  das  Carr^)  bekannten  Schlachtordnung, 
woraus  man  zu  allen  beliebigen  Schlachtordnungen  fibergehen  kann,  wie 
es  der  Feldherr  für  gut  findet.  Die  übrigen  Figuren,  welche  Euclides 
erwähnt,  sind  nach  dem  bisher  Gesagten  für  jeden  Sachverständigen  bei 
weiterem  Nachdenken  die  Grundlagen  der  Schlachtordnungen. 

Die  quadratischen  Formen  sind  diejenigen^  deren  sich  die  Perser^  Sici- 
Ikmer  und  viele  von  den  Griechen  bedienten,  weil  sie  glaubten,  dass  das 
Reiten  in  dieser  Form  von  Anfang  an  am  leichtesten  sei,  und  die  Reit- 
kunst und  die  Geschicklichkeit,  um  sich  den  Sieg  zu  verschaffen,  kann 
sich  in  vielen  Formen  zeigen.  Die  Aufstellung  ist  nämhch  in  dieser  Weise 
leichter  für  die  geschlossene  und  verbundene  Form  und  in  ihr  stehen  die 
Fuhrer  mit  ihrer  ganzen  Armee  dem  Feinde  in  einer  Schlachtordnung  ge- 
genfiber.  Die  beste  Aufstellung  eines  Corps  ist  so,  dass  die  Anzahl  der 
Mannschaft  in  der  Länge  doppelt  so  gross  ist  als  in  der  Tiefe  ^  z.  jB»  dass 
in  der  Länge  zehn  und  in  der  Tiefe  fünf  sind;  diese  Aufstellung  nämUch 
ist  zwar  an  Zahl  in  der  Länge  und  Tiefe  verschieden^  in  der  Form  aber 
quadratisch^  weil  die  Länge  des  Pferdes  vom  Kopfe  bis  zum  Schwänze  im 
Verhältniss  zu  seiner  Breite  bei  der  gedrängten  Stellung  in  der  Rotte  einen 
grösseren  Aufstellungsplatz  erfordert.  Einige  haben  auch  die  Anzahl  der  in 
der  Länge  aufgestellten  dreimal  so  gross  angenommen  als  die  in  der  Tiefe 
aufgestellten  in  der  Meinung^  dass  dies  die  quadratische  Form  ergebe,  weil 
die  Länge  des  Pferdes  in  den  meisten  Fällen  dreimal  so  gross  als  seine 
Breite  anzunehmen  sei^  und  danach  haben  sie  in  der  Front  neun  und  in  der 
Tiefe  drei  aufgestellt.     Nämlich  bei  den  Schwerbewaffneten  hat  die  Menge 


DIE  TAKTIK  DES  AELIANÜS.  55 

der  Reiter  nicht  den  Nutzen^  welcher  aus  einer  tiefen  Aufstellung  des  Fuss- 
Volks  erwächst^  welches  van  hinten  auf  die  Vordermänner  drängt;  denn  die 
Reiter  können  in  manchen  Fällen  nicht  nach  dem  Ghrade  ihrer  Stärke  mit 
Nutzen  verwandt  werden,  weil  sie  auf  ihre  Vordermänner  nicht  zugleich  auf- 
drängen wie  bei  dem  Fussvolk. 


Ich  bemerke  hierzu :  Aus  diesem  Grunde  muss  ein  jeder  der  Emire 
einen  Lehrmeister  annehmen,  welcher  die  jungen  Leute  unterrichtet,  bis 
sie  in  der  Führung  der  Lanze  so  geObt  sind,  dass  es  ihnen  zur  Gewohn- 
heit geworden  ist,  damit,  wenn  etwas  ausgeführt  werden  soll,  wozu  ihre 
Mitwirkung  nöthig  ist,  sie  dazu  im  Stande  sind  und  nicht  als  unbrauch- 
bar zurückbleiben;  oftmals  werfen  sie  ihre  Lanzen  von  sich  und  der 
Sinn  der  Worte  des  Aelianus  ist  der,  dass  das  ganze  Corps  einen  ge- 
meinschaftlichen Angriff  machen  soll.  Diese  quadratische  Form  ist  die- 
jenige, aus  welcher  die  erste  Rennbahn  und  die  Doppelringe  herrorge» 
gangen  sind,  welche  man  Doppelreihe  nennt,  dies^)  ist  eine  quadratische 
Form  mit  zwei  Rundungen,  welche  vor  zwei  Kreisen  voraufgehen  (?); 
auch  sind  noch  viele  andere  Formen  daraus  hervorgegangen,  wie  oben 
erwähnt  ist  —  Hieraus  folgt  immer,  wenn  die  Anzahl  der  Reiter  in  der 
Länge  gleich  ist  lArer  Anzahl  m  der  Tiefe^    dass  die  2iahl  quadratisch  und 


1)  In  der  Handschrift  steht  ^^^JüJtJU  ^jA  ^  ^^^ 


56  F.   WÜSTENFELD, 

die  Form  quadratisch  ist,    der  Unterschied  in  der  Quadratur   liegt  nur   in 
dem^  was  oben  über^den  Unterschied  der  Länge  und  Tiefe  gesagt  ist. 

(Cap.  XIX)  Man  iglaubt^  dass  die  dem  Rhombus  ähnliche  Formation 
des  Heeres  aus  einer  Nothwendigkeit  entstanden  sei.  Wenn  nämlich  der 
Corpsßlhrer  sich  selbst  als  den  ersten  aufstellt,  so  ist  es  nicht  nothwendig, 
dass  die  an  seiner  Seite  aufgestellten  Reiter  in  gleicher  Richtung  sich  an  ihn 
anschliessend  sondern  sie  müssen  hinter  ihm  bleiben,  so  dass  die  KSpfe  (der 
Pferde)  dieser  Reiter  nahe  an  die  Schultern  des  Corpsführers  heranreichen 
und  einer  gegen  den  anderen  zurücksteht  d.  h,  sowohl  die  auf  der  linken 
und  rechten  Seite,  als  auch  die  dahinter  befindlichen,  damit  nicht  unter  ihnen 
Verwirrung  entsteht,  weil  die  Pferde  öfter  einander  schlagen,  so  dass  aus 
diesem  Grunde  die  Reiter  öfter  abgeworfen  werden.  Von  denen,  welche 
die  Pferde  in  den  dem  Rhombus  ähnlichen  Formen  geordnet  haben,  sind  ei- 
nige der  Ansicht  gewesen ,  dass  die  Reiter  in  verbundenen  Reihen ,  andere, 
dass  sie  in  geschlossenen  Reihen,  noch  andere,  dass  sie  weder  in  gebundenen 
noch  geschlossenen  Reihen  stehen  müssten.  Eine  jede  von  diesen  Stellungen 
wird  auf  folgende  Weise  aufgeführt. 


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Diejenigen,  welche  die  gebundene  und  geschlossene  Form  der  Reiter  an- 
nehmen, stellen  das  längste  Glied  des  Corps  in  der  Mitte  auf,  wie  oben  ge- 
sagt ist»    und  setzten  für  die  darin  befindlichen  Reiter  eine  ungerade  Zahl 
fest,  z.  B.  ii   13  15  u.  d.  gl.  und  ordnen  auf  den  beiden  Seiten  dieser  ge- 


DIE  TAKTIK  DES  AELIANÜS.  57 

hundenen  lAnie  zwei  Reihen,  eine  vor  und  eine  hinter  dieselbe,  und  machen 
jede  von  diesen  beiden,  g^g^^  die  vor  ihnen  befindliche  Reihe  um  zwei  kürzer; 
z.  B.  wenn  die  grösste  gebundene  Reihe  aus  15  Reitern  besteht^  so  kommen 
in  jede  der  beiden  ihr  zunächst  stehenden  Reihen  i3  Reiter^  in  die  darauf  fol- 
gende H  Reiter  und  in  dieser  Weise  erfolgt  die  Verkürzung  in  den  folgen- 
den Reihen  immer  um  je  zwei^  bis  dass  nur  einer  übrig  bleibt;  die  Summe 
des  ganzen  Corps  beträgt  dann  113  Reiter. 


Beschreibung  der  Stellungen  beim  Zusammenstoss. 

Wenn  die  Aufstellung  der  Ungläubigen  quadratisch  ist  und  die  der 
Muslimen  mondsichelförmig,  so  muss  der  Feldherr  darauf  achten,  ob  die 
Anzahl  der  Ungläubigen  eben  so  gross  ist  als  die  Anzahl  seiner  eigenen 
Leute,  dann  ist  er  sicher,  so  Gott  will,  zu  siegen;  er  muss  auf  die  bei- 
den Seiten  des  Bogens  mit  der  grössten  Sorgfalt  achten  und  die  Truppen 
mfissen  mit  der  grössten  Ausdauer  Stand  halten.  Das  beste  ist,  wenn 
er  die  vorderen  Glieder  des  Centrums  nach  den  Seiten  des  Bogens  di- 
rigirt,  um  den  Leuten  auf  den  Flügeln  zu  HOlfe  zu  kommen  und  der 
Mannschaft  der  beiden  mondsichelförmigen  Reihen  zur  Stütze  zu  dienen, 
damit  sie  den  rechten  und  linken  Flügel  der  Ungläubigen  durchbrechen, 
wobei  er  sich  von  dem  Centrum  derselben  zurückhält,  Zweikämpfe  un- 
terlässt,  ruhig  aushält,  den  Kampf  gegen  sie  aber  mit  aller  Kraft  führt 
in  einer  Weise,  die  dem  Feinde  seine  Überlegenheit  deutlich  zeigt,  und 
besonders  die  Ecken  und  die  Flügel  in  die  Flucht  zu  schlagen  sucht, 
denn  dies  ist  das  grösste  und  wichtigste;  die  Mannschaft  des  Centrums 
dehnt  sich  so  weit  aus,  dass  sie  wo  möglich  die  Hälfte  der  Front  ein- 
nimmt  und  dadurch  wird  dann  die  Action  zu  Ende  geführt,  selbst  wenn 
die  Ungläubigen  ihre  Aufstellung  in  die  Rhombus-Form  umändern,  und 
nichts  darf  daran  hindern,  dass  die  Mannschaft  des  Centrums  sich  aus- 
breite, weil  sie  vor  allem  anderen  mit  dem  Kampfe  beschäftigt  ist,  was 
bei  der  ersten  Aufstellung  nicht  der  Fall  war.  Das  Verfahren  dabei  ist, 
dass  die  beiden  Enden  des  Bogens  sich  verengern  in  der  Absicht,  die 
Aufstellung  der  Ungläubigen  zu  umfassen,  und  dass  die  Mannschaften  des 
Histar.-phUolog.  Glosse.  XXYL  2.  H 


58 


F.  WÜSTENFELD, 


Yortrabs,  des  Vordertreffens  und  des  Nachtrabs  bis  an  die  Ecken  der 
hinteren  Linie  des  Feindes  vorgeben  und  ihm  von  beiden  Seiten  Scha- 
den zuzufügen  suchen  und  seine  Schlacl^tordnung  in  Unordnung  bringen. 
Ebenso  wenn  die  Aufstellung  der  Ungläubigen  lang  ausgedehnt  ist,  so 
wird  sie  dadurch  geschwächt  wie  vorhin  und  die  Action  der  Muslimen 
ist  dabei  ganz  dieselbe  wie  vorhin.  Wenn  die  Aufstellung  der  Ungläu- 
bigen knaul-  oder  ringförmig  ist,  so  ist  sie  gegen  die  mondsichelförmige 
viel  schwächer  und  diese  jener  überlegen.  Wenn  die  Schlachtordnung 
der  Ungläubigen  mondsichelförmig  und  die  der  Muslimen  quadratisch 
ist,  so  ist  das  richtige,  dass  sie  alles  daran  setzen,  um  auf  beiden  Seiten 
über  die  Seiten  der  mondsichelförmigen  Aufstellung  des  Feiitdes  hinaus- 
zukommen; wenn  dieses  gelingt,  so  ist  damit  die  Übermacht  gewonnen, 
die  Mannschaften  des  rechten  und  linken  Flügels  müssen  die  Enden  der 
Bogen  zu  durchbrechen  suchen,  dies  ist  eine  der  schwierigsten  Unter- 
nehmungen. Was  die  Mannschaft  des  Centrums  betrifft,  so  ist  es  ihre 
Aufgabe,  den  Auftrag,  welcher  ihr  zu  Theil  geworden  ist,  gut  auszufüh- 
ren, nämlich  die  Mannschaft  der  äussersten  Enden  der  Bogen  stutzig  zu 
machen  und  wenn  es  ihr  durch  einen  gemeinschaftlichen  Angriff  gelingt, 
sie  zu  werfen ,  so  dass  sie  die  Fersen  zeigt ,  so  ist  es  am  besten ,  wo 
nicht,  so  ist  die  äusserste  Anstrengung  zu  machen,  um  die  beiden  Enden 
der  Mondsichel  zu  durchbrechen,  wie  es  auch  gehen  mag*  Wenn  die 
Muslimen  im  Rhombus  aufgestellt  sind,  so  ist  diese  Form  überlegener 
als  die  erste,  weil  die  beiden  Ecken  desselben  gewöhnlich  weit  ausge- 
dehnt sind  und  die  Stellung  seiner  beiden  Seiten  und  des  Hintertreffens 
ein  Centruro  von  äusserster  Stärke  bilden. 

Wenn  ihre  Aufstellung  dabbdbi  (die  verdeckte)  ist,  so  geschieht  der 
Vormarsch  in  der  Weise,  dass  sie  das  ganze  Vordertreffen  in  zwei  Theile 
theilen  nach  rechts  und  nach  links  und  die  Nachhut  näher  kommen  las- 
sen, bis  sie  in  der  Richtung,  wo  die  Lücke  zu  beiden  Seiten  entstanden 
ist,  in  die  Linie  des  Hintertreffens  eintrit,  damit  die  Mannschaft  der 
beiden  Corps  auf  den  beiden  Flügeln  sich  nach  und  nach  mehr  als  die 
anderen  an  dem  Kampfe  betheiligen  kann.  Sollte  die  Aufstellung  der 
Muslimen  die  lang  gestreckte  Form  haben,    so  ist  sie  zum  Widerstände 


DIE  TAKTIK  DES  AELIANÜS.  59 

zu  schwach,  weil  die  vorderen  Reihen  den  Kampf  nicht  aushalten  kön- 
nen, und  ihre  Deckung  muss  so  wie  bei  der  dabhähi  Aufstellung  erfolgen. 
Die  schlechteste  aller  Schlachtordnungen  ist  die  Ring-  und  Knaul-Auf- 
stellung, und  wenn  es  irgend  möglich  ist,  muss  sie  behutsam  und  vor- 
sichtig in  eine  andere  verändert  werden  in  einer  Weise,  dass  ihre  Rei- 
hen nicht  in  Unordnung  gerathen  und  der  Feind  nichts  davon  merkt, 
das  ist  die  Hauptsache«  und  wenn  dies  nur  langsam  geschehen  kann,  so 
werden  sämmtliche  Reserven  und  Hintertreffen  nach  der  rechten  und 
linken  Seite  dirigiert,  das  ist  noch  das  wirksamste,  was  man  dabei  thun 
kann. 

Wenn  die  beiden  Schlachtordnungen  in  gleicher  Weise  aufgestellt 
sind,  quadratisch  oder  anders,  mit  Ausnahme  der  mondsichelförmigen  und 
Ring-Stellung,  so  ist  die  Action  darin  gleich,  nur  dass  der  Kampf  und 
die  gute  Ausführung  den  Gliedern  in  der  Front  obliegt,  und  wenn  der 
Angriff  oder  die  Annährung  erfolgt,  so  dass  z.  B.  die  eine  Partei  qua- 
dratisch, die  andere  lang  ausgedehnt  oder  in  Rhombus-Form  oder  ähn- 
lich aufgestellt  ist,  so  ist  die  Action  dabei  nahe  zu  so,  wie  wir  beschrie- 
ben haben.  Von  der  Mondsichelform  ist  oben  schon  die  Rede  gewesen 
und  was  die  Knaulform  betrifft,  so  wird  es  selten  vorkommen,  dass  beide 
Heere  in  dieser  Weise  zugleich  auftreten;  sollte  es  aber  der  Fall  sein, 
so  ist  die  Aufgabe  des  Feldherrn  der  Muslimen  die,  dass  er  den  Gegner 
umzingelt  und  eine  mondsichelförmige  oder  eine  andere  z.  B.  die  Rhom- 
bus-Bildung ausführen  lasst,  dies  sind  Grundlehren  der  Taktik.  Wenn 
die  Armee  sich  in  einer  Ebene  befindet  und  rund  aufgestellt  ist,  so  soll 
man  sie  nicht  für  gering  halten,  weil  die  Kreisfigur  geringer  erscheint, 
als  sie  in  Wirklichkeit  ist,  wenn  man  ihre  Ausdehnung  berechnet  und 
den  Raum,  welchen  der  Kreis  umgiebt.  Im  anderen  Falle,  wenn  die 
äusseren  Seiten  einer  Armee  lang  gedehnt  sind,  oder  ein  Theil  dersel- 
ben gepresst  oder  gekrümmt  ist  oder  viele  Ecken  hat,  so  soll  man 
sie  nicht  für  zahlreich  halten.  Wenn  eine  Armee  auf  einem  Beige 
oder  auf  einer  Anhöhe  ist,  so  erscheint  sie  grösser,  als  wenn  sie  auf 
ebenem  Boden  steht,  und  man  muss  sehen  nach  der  vorhin  angedeu- 
teten Berechnung    die  Wahrheit  zu  ermitteln  oder  dem    richtigen  Ver- 

H2 


«0  F.  WÜSTENFELD, 

hfiltnisse  nahe  zu  kommen,  denn  das  ist  die  Hauptsache  im  heiligen 
Kampfe.  — 

Wenn  der  Feldherr  die  angenommene  Schlachtordnung  verändern 
will ,  (Cap.  XXIV)  so  muss  er  dazu  ein  bestimmtes  Zeichen  festsetzen ,  da- 
mit^ wenn  er  dieses  Zeichen  giebt,  die  Truppen  in  der  Weise  ihre  SteJhmg 
ändern^  vne  er  es  bezeichnet  Einige  der  früheren  Heerführer  haben  da^ 
ßir  bestimmte  Benennungen  angenommen,  wie  Wendung,  Umkehr,  Schwen- 
kung^ Graderichtung  der  8chwenkung%  kleine  Drehung^  grosse  Drehung, 
Rotten  schliessen,  Glieder  verbinden,  Rückkehr  zu  der  vorigen  Stellung^  der 
entwickelte  Rundgang,  Verdoppeln,  dem  rechten  und  linken  Flügel  folgen, 
ßankirte  Colonne,  rechteckige  Colonne^  schräge  Colonne,  Einordnen,  Vorgehen, 
Ausfallen,  Hinterstellung ^  ein  Glied  nach  dem  andern,  Anschliessen. 

(Cap.  XXV)  Mit  dem  Ausdruck  xXlaig  ^^  Wendung  bezeichnen  ei- 
nige die  freie  (einzelne)  Wendung  und  zwar  die  nach  der  rechten  Seite  heisst 
die  Wendung  nach  der  Lanzenseite  und  die  nach  der  linken  Seite  heisst  die 
Wendung  nach  der  Schildseite;  zwei  Arten.  Die  freie  Wendung  ist  die 
Drehung  nach  den  anderen  Seiten.  MnaßoXr^  sr^ÜüJ  Umkehr  ist  die  Wen- 
dung nach  rückwärts  und  dies  ist  die  Wendung  zur  Flucht.  ^En$arQoy>^ 
JUiSt  Schwenkung  hat  die  Bedeutung^  wenn  die  Schwerbewaffneten  sich  so 
zusammengedrängt  haben ,  da^s  sie  wie  ein  KSrper  geworden  sind ,  und  sie 
wenden  sich  dann  nach  der  rechten  oder  linken  Seite  ^  als  wenn  sie  sich  um 
den  ersten  Hauptmann  der  geschlossenen  Rotte  im  Kreise  drehten^  und 
schwenken  sich  und  bleiben  auf  dem  Platze,  der  vor  ihnen  ist.  ^ApaarQo^rl 
i\JüSi\  Das  Umwechseln  ist  die  Umstellung  des  hinteren  Gliedes  nach  vom 
und  der  Rückgang  der  vorderen  Reihen  auf  den  Platz  des  Hintertreffens; 
dabei  findet  die  Wendung  zweimal  statt,  einmal  auf  der  Stelle,  (?)  das 
andere  Mal,  dass  sie  dem  Feinde  gerade  ins  Gesicht  sehen  und  die  Ab- 
theilung, welche  bisher  im  Kampfe  war,  sich  ausruht.  Darin  liegt  nach 
meiner  Ansicht  eine  Schwäche,  weil  der  Feind,  wenn  er  ihre  Umstellung 


1)  Das  Arabische  deckt  sich  hier  und  weiterhin  nicht  genau  mit  dem  Griechi- 
schen, es  hat  eine  ümstellong  mit  einem  Schreibfehler  stattgefunden  and  mfisste 
danach  JUxi^t^  K^yMOÜt^  heissen :  Gradaasmachen,  Umwechseln. 


DIE  TAKTIK  DES  AELIANÜS.  61 

bemerkt,  oftmals  in  dieser  Lage  plötzlich  auf  sie  einen  Angriff  macht 
und  über  sie  einen  Vortheil  erreicht;  es  darf  also  nur  eine  solche  Wen- 
dung sein ,  welche  der  Feind  nicht  wahrnimmt.  ^Eg  ÖQ&dp  dnodavPM 
x^y^^Jt  Gradausmachen  ist  die  Schwenkung  und  Rückkehr  der  Compagnie 
auf  den  ersten  Platz,  nsgionaofidg  ^j;jkfci\  8^tc>JU»^l  die  kleine  Drehung  ist 
eine  Bewegung  von  zwei  Schwenkungen  des  Zuges,  bis  dass  er  den  Platz 
einnimmt,  welcher  hinter  ihm  ist  ^ExnsQianaafiög  ^^*hn\\  8^t<>JÜM^t  die  grosse 
Drehung  ist  die  Bewegung  des  Zuges  in  drei  Schwenkungen  hinter  einander^ 
wodurch  er  die  Stellung  nach  der  Seite  des  Kampfes  bekommt,  wenn 
sie  nach  rechts  erfolgt,  steht  er  dem  Feinde  nach  rechts  gegenüber,  und  wenn 
sie  nach  links  erfolgt,  steht  er  nach  links  gegenüber. 

(Cap.  XXVI)  JStoix^tp  jUJxi\  in  Rotten  geschlossen  sein  sagt  man^ 
wenn  jeder  einzelne  Mann,  welcher  sich  in  der  Rotte  befindet,  zu  dem  Haupt- 
mann der  geschlossenen  Rotte  und  zu  dem  Inhaber  der  letzten  Stelle  in  ge-- 
rader  Richtung  steht^  indem  die  Entfernung  zwischen  ihnen  gleich  ist;  tvyBiv 
i^ySi\  in  Rotten  verbunden  sein  sagt  man ,  wenn  jeder  einzelne  Mann ,  wel- 
cher sich  in  der  Rotte  befindet,  mit  seinem  Nebenmanne  in  der  Front  in  ge- 
rader Richtung  steht  ^  indem  die  Entfernung  zwischen  ihnen  ebenfalls  gleich 
ist,  so  dass  die  Hauptleute  der  Rotten  in  gerader  Linie  stehen.  JmXaoMa- 
fi6g  vjLuuayüt  die  Verdoppelung  geschieht  dadurch ,  dass  die  Anzahl  derer, 
welche  in  den  Rotten  stehen^  vermehrt  wird,  sei  es  in  der  Länge  oder  in  der 
Tiefe ;  wenn  der  Feldherr  verdoppeln  will  und  es  bestehen  die  geschlossenen 
Rotten  z.  B.  aus  acht  Mann,  so  commandirt  er,  dass  vier  von  diesen  zwi-- 
sehen  den  Rotten  eintreten,  dann  bleiben  in  der  Länge  jeder  Reihe  der  ge- 
schlossenen Rotten  vier  Mann  und  die  Rotten  sind  doppelt  so  stark,  als  sie 
anfangs  waren,  und  diu:h  die  Verbindung  unter  den  Hauptleuten  der  Rotten 
ist  eingetreten.  Wenn  man  dann  die  Verminderung  unter  ihnen  tvieder  her- 
stellen will,  so  commandirt  man,  dass  diejenigen,  welche  zwischen  getreten 
sind,  wieder  auf  ihren  vorigen  Platz  zurückkehren.  Einige  halten  dies  nicht 
für  zweckmässig ,  sondern  lassen  die  Leichtbewaffneten  auf  dem  rechten  und 
Unken  Flügel  sich  ausbreiten  und  ebenso  die  Reiter. 

(Cap.  XXVII)   ^Bi€jL$yfi6g  Entwickelung  XfiltiW  b^Ijüu-^I  der  entwickelte 
Rundgang.     Davon  giebt  es  zwei  Arten,  die  eine  in  der  Schlachtordnung  der 


€2  F.  WÜSTENFELD, 

geschlossenen  Rotten,  die  andere  in  der  Schlachtordnung  der  verbundenen 
Betten y  wie  oben  bemerkt  ist;  jede  dieser  beiden  Arten  hat  drei  Formen^ 
die  eine  ist  ntzch  den  Makedaniern  benannt,  die  andere  nach  den  Lakedämo- 
mem^  und  die  dritte  ist  unter  dem  Namen  der  Persischen  oder  auch  der 
Kretischen  bekannt  und  heisst  auch  (j[6gto$  die  im  Reigen  geführte)  (^5^>iJI 
die  ländliche^).  Die  erste  ist  diejenige^  wobei  die  Truppe^  wenn  sie  Tor- 
warts geht,  den  Platz  vor  der  Linie  einnimmt  und  sich  mit  dem  Oesicht 
nach  vom  wendet;  die  zweite  ist  diejenige^  wobei  die  Truppe  den  Platz  hin- 
ter der  Linie  einnimmt  mit  verbundenen  Rotten,  welche  auf  den  Plätzen^ 
welche  sie  anfangs  einnehmen^  Halt  machen,  d.  h  wenn  sie  Halt  machen^ 
stehen  die  ersten  auf  dem  Platze  der  letzten  und  die  letzten  auf  dem  Platze 
der  ersten, 

(Cap.  XXX)    nXdywg  vJ^^^  (quer)  flankirt  heisst  die  Colonne,   wenn 

ihre  Länge  doppelt  so  gross  ist  als  ihre  Tiefe;    nagafifjxijg   oblong  ^<i>.Y.»i*> ^ 

rechteckig  heisst  sie^   wenn   sie  nach  einer  von  beiden  Seiten  geht  und  ihre 

Tiefe  doppelt  so  gross  ist  als  ihre  Länge^  und  im  Allgemeinen  sagt  man  von 

jeder  Art^  sie  sei  lang,  wenn  ihre  Länge  grösser  ist  als  ihre  Tiefe  ^  und  sie 

sei  rechteckig^  wenn  ihre  Tiefe  grössei'  ist  als  ihre  Länge.  Ao^og  y^y^  Die 
schräge  Cohnne  ist  diejenige^  deren  rechter  oder  linker  Flügel^  welcher  von 
beiden  es  sein  mag^  dem  Feinde  genähert  und  im  Kampfe  begriffen  ist^  wäh- 
rend die  andere  Seite  in  der  Entfernung  vereinigt  zusammen  bleibt. 

(Cap.  XXXI)  naga/ißoAtj  o»jJl  Einordnen  ist,  wenn  Leute  geordnet 
sind  und  man  zwischen  sie  in  die  Zwischenräume,  welche  zwischen  jedem  ein- 
zelnen von  ihnen  gelassen  waren^  andere  von  den  hinter  ihnen  geordneten  ein- 
treten lässt^  bis  sie  mit  ihnen  in  eine  gerade  Linie  kommen.  IlQoata^i^g 
Ä^AAjil  Seitenstellung  ist^  wenn  auf  beiden  Seiten  der  Schlachtordnung  oder 
auf  einer  derselben  Leute  hinzugenommen  werden^  so  dass  sie  über  den 
rechten  oder  linken  Flügel  hinaus  mit  der  Linie  in  Front  stehen,    ^Erta^ig 

Einschieben  j2^\  Ausfüllen  heisst^  wenn  der  Feldherr  die  Leichtbewaffneten 
einen  Mann  nach  dem  anderen  in   die  Zwischenräume   der  Linie  einordnet. 


1)  Der  Arabische  Übersetzer  hatte  also  anstatt  %öqkog  iu  seinem  Oriechischen 
Texte  x^^^C  von  xaiqu  Jjb  Land. 


DIE  TAKTIK  DES  AELIANUS.  6a 

YnoraS^  i3v>ijit  Hintersteüung  heisst^  wenn  er  die  Leichtbewaffneten  hinter 
die  Flügel  der  Linie  ordnet,  so  dass  ihre  Aufstellung  eine  in  einander  grei- 
fende wird^  und  ihr  Verhältniss  das  Verhältniss  von  etwas,  was  drei  Thären 
hat ,    bekommt 

Dies  sind  die  Commandos  der  Älteren,  so  dass,  wenn  sie  sich  nach 
irgend  einer  Seite  wenden  sollten,  der  Hauptmann  der  Compagnie  eina 
von  diesen  Commandos  gab,  dann  wandten  sie  sich  nach  der  Seite,  wo* 
hin  sie  commandirt  waren.  Die  Späteren  haben  dies  alles  auf  zwei 
Worte  abgekürzt  und  ihre  Commandos  lauten  hüguwwä  und  hübarrd^ 
das  ist  also  kürzer  als  alle  die  anderen  Worte,  so  ruft  der  Hauptmann 
und  die  Soldaten  müssen  ihn  sorgfältig  im  Auge  haben,  damit  sie,  wenn 
er  sich  nach  einer  Seite  wendet,  mit  ihm  dieselbe  Wendung  machen, 
ohne  dass  einer  von  ihnen  zurückbleibt,  sondern  einer  muss  dem  ande- 
ren nachfolgen.  Im  Laufe  der  Zeit  hat  man  dann  vergessen,  was  hü- 
guwwd  und  htibarrd  ursprünglich  bedeutßt  hat,  einige  sagen,  hüguwwä 
habe  den  Sinn  [?  nach  dem  Anklang  von  wu'gdh  tu'gäh],  dass  die  Ge- 
sichter sich  gegen  einander  kehren  und  hübarrä,  dass  die  Rücken  sich 
gegen  einander  kehren  sollen;  man  weiss  nicht  mehr,  aus  welchem 
Grunde  dies  ursprünglich  so  festgesetzt  wurde.  Andere  dagegen  be- 
haupten, die  Ausdrücke  seien  vom  Spielen  hergenommen  und  hätten  ur- 
sprünglich die  Bewegungen  bezeichnet,  welche,  wie,  oben  angegeben  ist, 
im  Kriege  zu  machen  sind.  Auch  ich  hatte  dies  angenommen,  bis  der 
Gross-Emir  el-Mu'gdhid  N.  N.  el-B&sitl  mich  belehrte,  dass  jedes  von 
diesen  beiden  Wörtern  eine  bestimmte  Bedeutung  für  sich  habe,  wie  ich 
es  nachher,    so  Gott  will,  auseinandersetzen  werde. 

Die  Kreisstellung  ist  nämlich  eine  bekannte  Formation  in  der 
Schlacht,  bei  den  Darstellern  finde  ich  aber  die  Kreisstellung  nicht  ab- 
gebildet und  die  Formation  nicht  beschrieben,  sie  reden  nur  davon  als 
von  etwas  unbekannten.  Desshalb  will  ich  mit  Gottes  Hülfe  erwähnen, 
was  die  Älteren  darüber  gesagt  haben,  damit  man  wisse,  was  die  Kreis- 
stellung sei.  Die  Sache  verhält  sich  im  Wesentlichen  so:  Wenn  ein 
Corps  den  Kreis  formiren  soll,  so  ruft  der  Commandirende  hübarrä,  das 
verstehen  die  Soldaten  und  führen  es  aus,    und  wenn  er  ruft  hüguwwd. 


64  F.  WÜSTENFELD, 

ebenso^),  so  dass  es  einer  langen  Rede  nicht  bedarf;  denn  sie  befinden 
sich  in  einer  Lage,  in  welcher  es  nicht  angebracht  ist,  viele  Worte  zu 
machen,  weil  jeder  einzelne  mit  sich  selbst  beschäftigt  ist  ans  Furcht 
vor  dem  Tode  oder  aus  Liebe  zum  Leben.  Wenn  also  das  Commando 
in  dieser  Weise  erfolgt,  so  müssen  es  die  Soldaten  von  ihren  Instructo- 
ren  annehmen,  bis  sie  es  lernen  und  ihre  Glieder  mechanisch  sich  daran 
gewöhnen,  damit  ihre  Wendung  zur  Kreisformation  wie  von  einem  Manne 
erfolge.  Denn  dies  ist  eine  Action,  welche  in  der  Schlacht  ihren  Nutzen 
hat,  und  wer  das  ausser  Acht  lässt,  der  hat  keine  Kenntniss  davon,  und 
wer  keine  Kenntniss  davon  hat,  der  ist  wie  ein  Esel,  der  die  Säcke  mit 
Datteln  trägt,  er  trägt  sein  Gepäck  und  seine  Waffen,  und  weiss  nichts 
von  dem,  was  wir  gesagt  haben.  Gelobt  sei  Gott,  der  uns  lehrt,  was 
wir  nicht  wussten. 


1)  d.  h.  sie  verstehen  es  und  öffiien  den  Kreis. 


DAS  HEERWESEN  DER  MUHAMMEDANER.  65 


Über  den  Zweikampf 

und  was  darin  Grosses  geleistet  worden  ist  im  Gegensatz 

zu  dem  bisher  Gesagten. 

Wenn  die  Reihen  von  beiden  Seiten  in  Schlachtordnung  aufgestellt 
waren  und  längere  Zeit  einander  gegenüber  standen  und  die  Reiter  zu 
kämpfen  verlangten,  so  pflegten  die  Truppen  seit  alter  Zeit  im  Heiden* 
thum  und  Islam  sich  zum  Kampfe  herauszufordern,  dies  war  der  Anfang 
der  Schlacht,  und  wenn  beide  Heere  damit  einverstanden  waren,  so  fan- 
den nur  Zweikämpfe  statt.  Einer  der  Gelehrten  sagt:  der  Zweikampf 
ist  zweierlei  Art,  gewünscht  und  erlaubt ;  gewünscht  wird,  wenn  ein  Mann 
von  den  Ungläubigen  vortritt,  dass  sich  ihm  einer  von  den  Muslimen 
gegenüber  stellt,  gemäss  der  Überlieferung^),  wonach  am  Tage  der  Schlacht 
bei  Badr  'Otba  und  Scheiba,  die  Söhne  des  Rabfa,  und  el-Walld  ben 
'Otba  vortraten  und  'Otba  sprach:  wer  will  den  Kampf  wagen?  Da 
ging  ihm  ein  junger  Mann  von  den  An9dr^  entgegen,  den  fragte  er: 
wer  bist  du?  er  antwortete:  einer  von  den  An9dr.  Jener  entgegnete: 
dich  kann  ich  nicht  gebrauchen,  ich  verlange  einen  von  den  Söhnen 
meines  Oheims •).  Nach  einer  anderen  Überlieferung  sagte  er:  ich  kenne 
keine  An^dr,  wo  sind  statt  deiner  die  Kureischiten  ?  Jetzt  sprach  der 
Prophet   zu  Hamza,  'Obeida   ben    el-Hdrith    und   'All   ben    Abu   Tdlib: 


1)  Vergl.  Ibn  Hischäm^  Leben  Mahammed's,   S.  443. 

2)  d.  i.  Hülfsgenossen ,   die  mit  Mahammed  aus  Mekka  nach  Medina  geflüchtet 
waren. 

3)  d.  i.  einen  von  meinen  näheren  Verwandten. 

Histarrphüdlog.  Glosse.  XXVI.  2.  1 


66  F.  WÜSTENFELD, 

gehet  zu  ihnen  hinaus.  Da  trat  Hamza  dem  'Otba,  'AU  dem  Scheiba 
und  'Obeida  dem  Walid  entgegen,  Hamza  tödtete  den  'Otba  und  'Alf 
den  Scheiba,  zwischen  el-Walid  und  *()beida  war  der  Kampf  nach  zwei 
Gängen  unentschieden,  jeder  von  beiden  hatte  seinen  Gegner  schwer 
verwundet.  'AU  erzähU  weiter:  da  wandten  wir  uns  gegen  el-Walid, 
tödteten  ihn  und  nahmen  X)beida  mit  uns.  Dies  war  also  der  erste 
Zweikampf  im  Islam  auf  Befehl  des  Propheten.  Es  wird  auch  erzählt, 
dass  'AU  ben  Abu  Tälib  den  'Amr  ben  'Abd  Wudd  el-'Amirl  herausge- 
fordert habe;  da  sprach  zu  ihm  *Amr:  wer  bist  du?  er  antwortete:  ich 
bin  'AU  ben  Abu  Tdlib.  Jener  erwiederte:  ich  möchte  nicht  gern  dich 
tödten,  mein  lieber  Vetter;  worauf  'AU  entgegnete:  aber  ich  möchte  gern 
dich  tödten.  Darüber  wurde  'Amr  aufgebracht  und  griff  ihn  an,  aber 
'AU  tödtete  ihn*). 

Ein  anderer  Zweikampf  und  zwar  der  grösste,  welcher  auf  dem 
Erdboden  stattgefunden  hat,  ist  der  zwischen  dem  Gottgesandten  und 
Obeij  ben  Chalaf.  Dieser  Obeij  hatte  nämlich  in  Mekka  ein  Pferd, 
welchem  er  täglich  zu  fressen  gab  um  es  recht  herauszufüttern  und  so 
oft  er  den  Propheten  sah,  sagte  er:  auf  diesem  Pferde  werde  ich  dich 
tödten;  worauf  der  Prophet  erwiederte:  im  Gegentheil,  ich  werde  dich 
tödten.  Am  Tage  von  Ohod  nun,  als  der  Gottgesandte  einen  Hieb  über 
den  Kopf  erhalten  hatte  und  viele  von  den  Muslimen  getödtet  und  ver- 
wundet waren ,  schritt  3er  Prophet  vor ,  da  sprach  zu  ihm  einer  der 
An^dr:  da  kommt  Obeij  ben  Chalaf  auf  dich  zu,  erlaubst  du,  dass  einer 
von  uns  sich  ihm  entgegen  werfe?  Er  antwortete:  lass  ihn;  und  damit 
nahm  der  Gottgesandte  dem  Hdrith  ben  el-Qimma  eine  kurze  Lanze  aus 
der  Hand,  schwang  sie  und  traf  ihn  damit  an  der  Kehle  und  ritzte  ihm 
die  Haut,  indess  konnte  er  sich  nicht  auf  seinem  Pferde  halten.  Seine 
Cameraden  sagten  ihm :  wenn  einer  von  uns  eine  solche  Wunde  bekom- 
men hätte,  die  würde  ihm  nicht  schaden;  er  aber  erwiederte:  wenn  er 
(Muhammed)  auf  den  Bergen  von  Tihäma  stände,  so  würden  sie  zer- 
schmelzen.    Er  starb  auf  dem  Rückzuge  in  Sarif.     So  erzählt  el-Buchär£ 


1)  Vergl.  Ibn  Hiacham  S.  677  fg. 


DAS  HEERWESEN  DER  MUHAMMEDANER.  67 

in  dem  CaWh,  und  Hassan  ben  Thdbit  hat  darüber  einige  Verse  ge- 
dichtet, unter  denen  dieser  ist: 

Geerbt  hatte  den   Irrthum  von  seinem  Vater 

Obeij  am  Tage,  da  der  Gesandte  den  Zweikampf  mit  ihm  bestand^). 
Heil  dem,    der  so  handelt,   wie  der  Prophet  gehandelt  hat. 

Erlaubt  ist  es,  dass  der  Muslim  zuerst  zum  Zweikampfe  heraus- 
fordert, denn  wenn  er  in  sich  die  Kraft  zum  Kampfe  fühlt,  so  stärkt  er 
dadurch  den  Muth  der  Muslimen;  wir  sagen  nur,  dass  es  nicht  erwünscht 
ist,  weil  es  doch  vorkommt,  dass  ein  solcher  getödtet  wird,  und  dann 
wird  dadurch  der  Mulh  der  Muslimen  gebrochen.  Es  knüpft  sich  daran 
die  Frage ,  ob  der  Zweikampf  gestattet  sei  ohne  Erlaubniss  des  Vorge- 
setzten oder  dessen  Stellvertreters;  wenn  der  Vorgesetzte  oder  dessen 
Stellvertreter  ihn  erlaubt,  so  findet  keine  Meinungsverschiedenheit  darüber 
statte  dass  er  gestattet  sei,  aber  darüber  ist  man  verschiedener  Meinung, 
wenn  er  nicht  mit  Erlaubniss  stattfindet.  Die  meisten  halten  ihn  auch 
dann  für  gestattet  und  beweisen  dies  damit,  dass,  als  'Otba  zum  Zwei- 
kampfe herausforderte,  mehrere  der  An9dr  noch  vor  Hamza,  'Ali  und 
'Obeida  ohne  Erlaubniss  gegen  ihn  vorgingen.  Diese  Frage  zerfällt  noch 
in  mehrere  Unterabtheilungen,  Ober  welche  wir,  so  Gott  will,  in  der 
Folge  handeln  werden. 

Ein  anderer  Zweikampf  fand  statt  am  Walle  von  Medina,  wo  'Amr 
ben  'Abd  Wudd  dazu  aufforderte. 

Ein  anderer  bei  Cheibar  zwischen  Marhab  und  'Alf*). 

Einen  anderen  Zweikampf  erwähnt   der  Korankundige   Ihn  Manda 


1)  Vergl.  Ihn  Hischäm  S.  575.  Die  Erzählung  selbst  findet  sich  bei  Bochäri 
und  Muslim  nicht,  sondern  die  Worte  der  Überlieferung  bei  Bokhari  par  Krehl  III. 
S.  86  und  Muslim^  Bnlaker  Ansg.  IV.  8.  241.  Galcuttaer  Ausg.  II.  S.  175  »Gottes 
Zorn  entbrannte  über  einen  Mann,  welchen  der  Gesandte  Gottes  für  seine  Sache  ge- 
tödtet hattet,  werden  von  den  Commentatoren  auf  Obeij  bezogen. 

2)  Der  erste  ist  der  schon  oben  nach  Ihn  Hischam  S.  67  erwähnte  Zweikampf 
hier  in  anderer  Ausschmückung  wiederholt ;  bei  dem  zweiten  bezieht  sich  der  Ver- 
fasser auf  Ihn  Ishäkj  indess  kommt  bei  Ihn  HiscMm  S.  760  nichts  davon  vor,  dass 
auch  hier  'Ali  mit  Marhab  gekämpft  und  ihn  erlegt  habe. 

12 


68  F.  WÜSTENPELD, 

in  seiner  Chronik  von  I^pahdn*).  Abdallah  ben  Bureik  ben  WarcA  er- 
hielt von  dem  Chalifen  Omar  ein  Schreiben  mit  der  Weisung:  Mar- 
schiere nach  I^pahdn.  Er  marschierte  hin  und  der  Fürst  el* Fad usabdn 
kam  heraus ;  als  sie  auf  einander  stiessen«  sprach  zu  ihm  der  Ffirst :  ich 
will  deine  Leute  nicht  tödten,  tödte  du  auch  die  meinigen  nicht,  son* 
dern  lass  uns  beide  kämpfen ,  wenn  ich  dich  tödte ,  so  kehren  deine 
Leute  um,  und  wenn  du  mich  tödtest,  so  werden  meine  Leute  mit  dir 
Frieden  schliessen.  Abdallah  willigte  ein  und  der  Fürst  fragte:  willst 
du  zuerst  mich  angreifen,  oder  soll  ich  dich  angreifen  ?  Abdallah  erwie- 
derte:  greife  du  mich  an.  Da  stürzte  sich  der  Fürst  auf  ihn,  haute  zu 
und  traf  den  hervorragenden  Theil  des  'Sattels,  so  dass  er  ihn  zerbrach 
und  die  Riemen  am  Halse  des  Pferdes  und  die  Gurte  durchhieb.  Ab- 
dallah fiel  herunter,  stand  aber  sofort  wieder  auf  den  Füssen,  schwang 
sich  auf  das  Pferd  ohne  Sattel  und  rief:  stehl  Der  Fürst  wandte  sich 
gegen  ihn  und  sprach:  ich  möchte  nicht  gern  dich  tödten,  denn  ich  sehe, 
dass  du  ein  tapferer  Mann  bist;  kehre  desshalb  zu  deinen  Truppen  zu- 
rück, ich  will  mit  dir  Frieden  machen  und  dir  die  Stadt  übergeben  un- 
ter der  Bedingung,  wer  will,  kann  bleiben,  und  wer  will,  kann  gehen. 

Einige  Fragen  in  Bezug  auf  den,  welcher  einen  Zweikampf 

unternehmen  will. 

1.  Frage.  Wie  muss  der  Ritter  beschaffen  sein,  welcher  zum 
Zweikampf  vorgehen  will? 

Antwort.  Er  muss  das  Herz  auf  dem  rechten  Fleck  haben«  eine 
grosse  Kraft  besitzen,  voll  Verlangen  nach  seinem  Feinde,  äusserst  vor- 
sichtig sein,  körperlich  vollkommen  gesund,  behände  mit  seinem  Thiere, 
vollständig  bewaffnet  als  Reiter  auf  dem  Rücken  des  Pferdes,  in  allen 
Waffen  geübt,  geschützt  durch  seine  Kleidung  und  Rüstung,  er  muss 
Geistesgegenwart,  einen  klaren  natürlichen  Verstand  und  viel  Erfahrung 
besitzen    und    die   Jahre   der  Jugend    schon    überschritten    haben.      Die 


1)  Vergl.  Beladsori  liber  expngn.  regionum  ed.  de  Goeje.  S  312. 


DAS  HEERWESEN  DER  MUHAMMEDANER.  69 

Frage  bezieht  sich  auf  die  Wissenschaft  der  Soldaten  und  wer  das  nicht 
weiss,   der  ist  kein  Soldat. 

2.  Frage.  Wie  soll  der  Ritter  zu  seinem  Gegner  zwischen  die 
beiden  Schlachtreihen  hinausziehen? 

Antwort.  Er  soll  nicht  rennen,  wenn  er  zu  seinem  Gegner  hin- 
auszieht, —  ^). 

3.  Frage.  Wie  soll  er  sich  verhalten,  wenn  zwei  Reiter  auf  ihn 
los  kommen,  sich  dann  trennen  und  beide  ihn  angreifen? 

4.  Frage.  Wie  soll  er  sich  verhalten,  wenn  einer  von  den  bei- 
den besser  bewaffnet  ist  und  ein  behänderes  Thier  hat?  welchen  von 
beiden  soll  er  zuerst  angreifen? 

5.  Frage.  Wie  soll  er  sich  verhalten,  wenn  einer  von  beiden 
mit  der  Lanze,  der  andere  mit  Pfeilen  bewaffnet  ist? 

6.  Frage.  Wer  muss  sich  angreifen  lassen  und  wer  muss  zuerst 
den  Angriff  zu  machen  suchen  ?  und  wie  ist  dabei  seine  Bewaffnung  ? 


Zehnte  Unterweisung. 

Über  die  Kriegslisten  durch  Anwendung  von  Feuer,  Rauch 

u.  d.  gl. 

In  dieser  Unterweisung  habe  ich  die  Kriegslisten  von  Alexander 
und  anderen  kundigen  Männern  wie  Bariuffi^,  Aristoteles  und  anderen 
gesammelt,  es  ist  nützlich,  dies  zu  wissen,  es  anzuordnen  und  damit  zu 
operiren. 

Erste  List.      Nimm    gestossenen   gelben   Schwefel,    thue  ihn   in 

einen  ^\f^  ^^  Wasserkrug  mit  grüner  Glasur,  thue  dazu  ebensoviel 
dunkle  Naphtha,  binde  die  Öffnung  des  Kruges  fest  zu  und  vergrabe 
ihn  in  frischen  Dünger  40  Tage  und  tausche  diesen  um,    so   oft   er  er- 


1)  Ich  habe  es  für  genügend  gehalten,    nur  die  gestellten  Fragen  anzugeben, 
ohne  die  zum  Tbeil  sehr  aasföhrlicben  Antworten  hinzozafagen. 

2)  Ein  entstellter  nicht  zn  errathender  Name. 


70  F.  WÜSTENFELD, 

kältet,  bis  die  bestimmte  Zeit  verflossen  ist;  dann  nimm  gestossenen 
grOnen  Eisenstein«  thue  ihn  in  einen  eben  solchen  grünen  Krug,  thue 
dazu  ebensoviel  Urin  von  Knaben»  binde  den  Krug  fest  zu,  vergrabe 
ihn  gleichfalls  40  Tage  in  frischen  DQnger  und  vertausche  diesen,  so 
oft  er  erkaltet.  Wenn  du  dann  dies  herausnehmen  willst,  so  binde 
dir  die  Nasenlöcher  zu  und  nimm  dich  vor  dem  Geruch  in  Acht;  und 
wenn  du  es  herausnimmst,  wirst  du  finden,  dass  alles  eine  Masse  ge- 
worden ist  von  schwarzer  ins  Grüne  schlagender  Farbe;  auch  der  Eisen- 
stein ist  schwarz  geworden  wie  verbrannt;  nun  kläre  den  Urin  beson- 
ders und  die  Naphtha  besonders  durch  ein  Haarsieb  und  mische  dann 
beides  zusammen  in  einem  passenden  Gefäss  und  thue  dazu  ebensoviel 
alten  scharfen  Wein  (d.  i.  Weinessig) ,  als  eins  von  den  beiden  Gefössen 
enthält;  dann  stelle  es  zur  Seite  bis  zu  der  Zeit,  wenn  es  gebraucht 
werden  soll. 

Zweite  List.      (Ein  in   ganz  ähnlicher  Weise  bereitetes  Mittel)*). 

Wenn  du  nun  eine  Burg  oder  eine  Mauer  von  fester  Bauart  zerstö- 
ren willst,  so  befiel  den  zarrdkün  Mischkrug-Schleuderern*)  oder  ande- 
ren, welche  mit  dieser  Sache  vertraut  sind,  das  sie  von  dieser  zuberei- 
teten Flüssigkeit  in  oL>U^  (?  Buchsen)  füllen  und  diese  nach  dem  Orte 
werfen,  welchen  du  zerstören  oder  verbrennen  willst,  dann  befiel  den 
Naphthaschleuderern ,  dass  sie  Feuer  werfen  und  wenn  dann  das  Feuer 
die  Gerüche  dieser  Flüssigkeit  riecht,  nimmt  das  strahlende  Licht  des- 
selben zu,  setzt  es  in  Flammen,  man  hört  davon  ein  starkes  Knattern 
und  heftiges  Summen  und  sieht  schreckliche  Gestalten,  deren  Anblick 
man  nicht  ertragen  kann.  Alles  dieses  wird  ausgeführt,  wenn  man  den 
Wind  im  Rücken  hat,  und  man  muss  sich  hüten,  dass  er  nicht  von  vorn 
ins  Gesicht  kommt,  sonst  ist  man  unfehlbar  verloren.  Wenn  dieses  so 
geschieht,  so  siehst  du,  wie  die  Festung  zerstückt  wird,  ein  Theil  über 
den  andern  schlägt  und  Stücke  wie  Berge  herunterfallen  mit  einem  Ge- 
tose wie  der  Donner;    und   wenn    sie   von  Lehm-  und  Backsteinen  ist» 


1)  über  die  dabei  angewandte  Geheimschrift  vergl.  das  Vorwort. 

2)  Vergl.  S.  13. 


DAS  HEERWESEN  DER  MUHAMMEDANER.  71 

siehst  du  8ie  in  Zeit  einer  Stunde  wie  Staub  zusammenstürzen.  Bei 
jedem  Orte,  der  dir  beschwerlich  ist,  wende  diese  zubereitete  Flüssig- 
keit an  und  hüte  dich,  dass  du  selbst  den  Geruch  davon  riechst,  sonst 
wirst  du  zu  Grunde  gehn. 

Wenn  du  die  Burg  menschenleer  machen  willst,  so  nimm  zu  der 
zubereiteten  Flüssigkeit  Rebenholz,  dann  warte  einen  Tag  ab,  an  dem 
der  Wind  heftig  ist,  und  befiel  nun  den  Naphthaschleuderern  über  dies 
Holz  diese  zubereitete  Flüssigkeit  zu  giessen  und  schiess  damit  Naph- 
tha-Pfeile  ab.  Sobald  die  Leute  in  der  Burg  den  Geruch  hiervon  rie- 
chen, kommen  sie  sämmtlich  um,  es  wird  nicht  einer  von  ihnen  gerettet, 
ausser  wer  nichts  davon  riecht.  Wenn  das  Thor  von  Eisen  ist,  so  wende 
dagegen  diese  Flüssigkeit  an,  zünde  sie  an,  so  wird  es  verbrennen  und 
augenblicklich  zur  Erde  fallen. 

[Es  werden  sechs  ähnliche  Mittel  angegeben.] 


über  die  Eäuchermittel. 

Diese  Mittel  sind  sehr  nützlich  in  Engpässen ,  wenn  Jemand  den 
Rauch  riecht,  stirbt  er  sofort  auf  der  Stelle,  und  wenn  Jemand  etwas 
davon  vorsichtig  auf  Holz  thut  und  dies  dem  Feinde  zuschickt,  so  steigt, 
wenn  er  es  zur  Bereitung  der  Speisen  oder  sonst  benutzt  und  die 
Flamme  hinzutritt,  ein  Geruch  davon  auf,  welcher  jeden,  der  ihn  riecht, 
tödtet. 

Erstes  RäuchermitteL  Man  nimmt  von  dem  Baume  eUkdkdt 
die  Zweige,  Blätter  und  Wurzeln  und  besprengt  sie  mit  Camel-Urin 
drei  Tage  lang  fortwährend,  so  oft  der  Urin  trocken  wird,  wiederholt 
man  es  täglich  mehrere  Male;  dann  nimmt  man  Mist  von  Camelen, 
welche  mit  ausgepressten  Ölkuchen  gefuttert  sind,  zerreibt  ihn  sehr  fein, 
schüttet  Camel-Urin  darüber  und  lässt  dies  drei  Tage  lang  in  der  Sonne 
stehen,  so  dass  sich  ein  starker  Gestank  entwickelt;  während  der  drei 
Tage  wird  der  Urin,  so  oft  er  abnimmt,  erneuert.  Dann  mischt  man 
sorgfaltig  ^^f^  s^i^-tf^^  Assa  foetida  darunter  und  rührt  es  mit  einem  Holz 


72  F.  WÜSTENPELD, 

um,  dann  mengt  man  das  aus  dem  zuerst  genannten  Baum  Hergestellte 
nach  und  nach  dazwischen,  bis  sieh  alles  genau  mit  einander  vereinigt 
hat;  hierauf  nimmt  man  von  den  Wurzeln  der  Tamarinde  etwas,  nach- 
dem der  Baum  so  ziemlich  vertrocknet  war,  streicht  über  die  Wurzeln 
etwas  von  dem  zubereiteten  Mist,  so  dass  sie  ganz  davon  umgeben  wer- 
den, lässt  es  etwas  trocken  werden  und  bewahrt  es  auf.  Wenn  man 
dann  damit  Feuer  anzündet,  so  muss  Jeder,  welcher  den  Geruch  davon 
riecht,  augenblicklich  oder  nach  einem  Tage  sterben.  Will  derjenige, 
welcher  damit  operirt,  vorsichtig  sein,  damit  es  ihm  nicht  schadet,  so 
nimmt  er  zwei  Lappen,  tränkt  sie  mit  Veilchenöl,  nachdem  Kampfer 
und  etwas  Sandelholz  in  Rosenwasser  zerrieben  dazu  gethan  ist^),  dann 
nimmt  er  das  zum  Räuchern  zubereitete  Holz  theilweise  d.  h.  eine  Hand- 
voll  nach  der  anderen,  und  lässt  es  am  Feuer  anbrennen;  auf  diese 
Weise  riecht  keiner  diesen  Rauch ,  er  kann  in  seine  Nasenhöhlen  ein- 
dringen und  einige  Zeit  sein  Gehirn  einnehmen,    ohne  dass  er  stirbt. 

[Es  folgen  noch  vier  andere  solcher  Räachermittel.     Auf  welche  Eintheilang 
sich  die  folgende  Überschrift  »Fünftes  GapiteU  bezieht,  ist  nicht  ersichtlich.] 


Fünftes  Capitel. 

Über  die  Vorbereitung  zu  einer  Reise,    Unterweisung  fflr 
unterwegs   und   Bequemlichkeit   bei  der  Einkehr. 

[Den  näheren  Inhalt  von  sechs  Seiten  glaube  ich  übergehen  zu  dürfen.] 


Über  Verwundungen. 

Wenn  eine  Wunde  frisch  und  nicht  von  grossem  Umfange  und 
nicht  tief  ist,  so  muss  man  die  beiden  Ränder  derselben  genau  mit  ein- 
ander vereinigen  und  zubinden  und  sich  vorsehen,  dass  weder  Salbe 
noch  Haare  damit  in  ßerührung  kommen,    denn  dies  verhindert,    dass 


1)  Hier  ist  hinzuzudenken :  und  bindet  sich  diese  Lappen  vor  die  Nasenlöcher. 


DAS  HEERWESEN  DER  MUHAMMEDANER.  73 

sie  zuwächst.  Wenn  sie  tief  ist,  so  muss  man  ein  Pflaster  darauf  legen, 
wovon  das  Fleisch  wieder  wächst,  und  muss  dies  ausfflUen  und  zubin- 
den. Wenn  sich  die  beiden  Ränder  der  Wunde  wegen  der  Grösse  der- 
selben nicht  vereinigen  lassen,  so  muss  sie  an  einer,  zwei,  oder  drei 
Stellen  zusammen  genäht  werden,  je  nach  dem  Umfange,  so  dass  die 
Bänder  nicht  mehr  auseinander  stehen;  L3>I3>  s:^^^  Ut^  und  wenn  sie 
auf  gewöhnlichem  Wege  nicht  geheilt  werden  kann ,  so  muss  man  sie 
bis  auf  den  Grund  aufstechen ,  damit  der  Eiter  nicht  zurückgehalten 
wird. 

Beschreibung  eines  Pulvers,  welches  den  Schnitt  mit  einem  Schwerdt, 
Messer  u.  d.  gl.  zusammenzieht  und  das  Blut  stillt,  ^jjr^^  SarcocoUa 
zwei  Theile,  sanguis  draconis,  ^Ui:>  Granatapfelblüthe ,  jXi^  jyi^  Weih- 
rauchrinde von  jedem  ein  Theil,  dies  wird  gemischt,  durchgesiebt  und 
aufgelegt. 

Ein  blutstillendes  Mittel  bei  Wunden,  jt^  Aloe,  Weihrauchrinde, 
von  jedem  zehn  Drachmen,  iu^lt  Hy^  getrockneter  Coriander  sieben 
Drachmen,  ^y  Kupfervitriol  vier  Drachmen,  verbranntes  Papier  ebenso- 
viel ,  terra  sigülata  sieben  Drachmen ,  Drachenblut  acht  Drachmen ,  L^ 
Saft  aus  der  Schote  der  spina  Aegyptiaca  und  Saft  von  (j»tJ^^b^  Co- 
südds  von  jedem  sechs  Drachmen,  Myrrhen  zehn  Drachmen,  dies  wird 
gestossen,  Hasenhaare  und  Eiweiss  genommen,  das  Mittel  darauf  ge- 
streut und  auf  die  Stelle  befestigt,  nachdem  Spinngewebe  darauf  gelegt 
war. 

[Fünf  andere  Mittel  zu  ähnlichen  Zwecken.] 

Über  die  Pflaster.  Zur  Verhütung  von  Blasenziehen  beim 
Verbrennen  mit  Feuer,  wird  Gummi  arabicum  gestossen,  mit  Eiweiss  zu 
einer  Masse  gerührt  und  damit  bestrichen. 

[Zwei  andere  Pflaster  gegen  Brandwanden.] 


Eistar.-phaolog.  Glosse.  XXVI.  2.  K 


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Histor.-phMog.  Glosse.  XXV J.  1  u.  2.  a 


F.  WÜSTENFELD, 


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DAS  HEERWESEN  DER  MüHAMMEDANER. 

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Histor.-phüolog.  Glosse,  XXVI,  1  u.  2.  a 


F.  WÜSTENFELD, 


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^5ÜJ  iL5ja«JI  ,^^\,  jJLfitlj  obl>J!,  vJLJLsilj  ^\j,\^  ^\^\^  L»,Läj  üJ-jU** 

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V^vÄ— It  j-iuai]  [^  ^xaij  ol^^t,  ^<^L^t  J^t^  JjÄJjt^  jä^Jt  v_<,Jü  ^^Oüi,  ^^  ^Jul}\hff^ 
..rj>r^!,  ,.j.ÜU!  .VÄ.  sj^\  UlSP^^  «-JbuiU 


^•^»5*  or  s^Ua.  J^  yil^  uw^Ij  crU'^'i  ^'^'^  o^ß*^^i  cr^O^'j  cwI-ä^Is  cte^ly^lj 


lUs>b  jf  i  v3L>pi  iUlSlj  oLßÄJI  er  k*  (*l?>*5'i  l^l^j  eilÄJIi  vl>#^b  «:«rf!>«^'j  k^^Jo 

»Ls^üJ  »J^  Al^  >  Mäy.  vi  Jj?-j  J^  vJi*S^j  jlJu-J»  iUuÄÄl  äUlsUJt  pf^t  iUS-Jü,  ö>i 


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DAS  HEERWESEN  DER  MüHAMMEDANER. 


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^  jJU^LiM  tjÜaö-t  U  «Jeu 

,y^«  g^5  vr^5  -.t  i  U^t  BOuXIl  $  l+jli  iu*iüül  er  ^^J  of«  iW'i^'  -^^J^'  «s-5l(j 

^jFjJJ  v^l-ai  JuU  ^!  jl  ^>»  ^  3^ß  ü'  J*^  er  «>*^'  iSW«i'  CT  ik'^^'  4^^  ^ 

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F.  WÜSTBNFELD, 


ibLjJJ  ^5  ^Lit  i-^\  Uv.t  ^5  ^^t  ^5  }^ß  iil4i«  LS>J^J  ^ylJ,yfl  *Ja  *is/Jsi 
»jyJ!  »Ä4J  »y-  J^J  jXa  J*  ^IsJL».  ^UüjJ)  fc^SU,  4*^  ^  C^Ä  t5^' 


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ij^L^itj  oLi«5  _y«aJI,  ^,H^>lj  ^y^^i  •!j-^!  oLa«5  er  SyÄixIl^  tobil  i«As.^t  ^^5  ^^jÄa^ 

J-^  ^IJÄ.  ,Ji^\  Uuül  lU^jll  O54-J!  iyj^-  ^{  JjLjJ?  U5^  ^yjj;!  ^t  v^^  J-y.  vJw«i 


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DAS  HEERWESEN  DER  MOHAMMEDANER.  5 

iU^5  ^LsP»  ^  ü?  *ILU  :iLl2  ^Jl.  ^^J  er  jS^'  oy^j^'  ü^»-^'  ^'>'  vl^' 
^JuoJt  vLsPl^  iÜ5\;>^l  er  «^^5  ^>^^  "-V^  vi»  v^i>^t  i  tl^LiiJI  *jO  s^Al*a3l3  o'w^l  jäj 
^  Of^j^'  C^l-^'  V»!^'^  oUiJ!^  ^^!  J^  Qjiljj  >5  c;v:4^>  er  ^Li?.  ^1 

Äi-/3  Li  i,^--Äj  ^ii^i  ^  *fbL-^!  i  3^*J»  !>^3  Üiri^'  Vl^»  cU*aii^  JÄ^I  Jaol  *äJIs^ 


'Co 


F.   WÜSTENFELD, 


^\^  JjtJt  ^  o>Ä-aJt  v>!cXx:l  ^^j^.  ^1  gUüsr^  Ju^t  ^Liu  *Äys  t^L«?  v.^L:^  y,,^5  >  ^^ 
^ß^\  sJUoi  eU^{  JJl^'  jy?  2;l^'^  ^5ü>  «Us.  «^3  er  ji^'  A'  «U5  oS  ■«►^'  *A^J 

JJI^   -Wl^J  üJH*^!  0?J  Aic  ^.  *JLl  ^\  ;^\  efc^l  J  J-y.  »-«Uli  ^?Ä5  ^1  »A«,  Juy.  jj|^ 

JUS«   ^j*  jjöu^l   0»^  (jJSms^J  uX^lä  L«*i  ^y5£aL!  i^t»^  i^  vjuoi  JA.  K*»-^  v^l^Ou* 

(^vjj  fc;*^  ^.  ^  wJüüt  ^.-uMÜi-  ^  or>*^'  J*«r5  ^  j^\  j^B  yo,  jo*.  U«i  «Ui  j*cj 


LJ  «  ^55SXJ  ,j«^?  jOü^  ,y  Jkfil  ^?5  uiU^l  Jl^5  ti*  vJiM  o'  <i'  '*^'  '^^  ^Ja 


DAS  HEERWESEN  DER  MOHAMMEDANER. 


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Jlj»"tiJ  ,:^  «5Ü3  ^  ^sS^\  JüjÜMj  ^LX*  1^.  j^i  jAC  er  ?»J^'  -*«*'  'l^'  i>=**  V^' 

«•*uU  L^Uw  j?^t  J>-a^5  ^Uyü  ,^5^!  U  »l^Ö}  soöb;?^ 


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>u**:a»  vJk*o  i^^  (^Jwo  <uSuw  \,JLto^  »-^^  vjbo  .t>AJu  ^  8>>L)til  ^  Mo^e  ^IjtXJI  v..Äj>aJ|j  fyi»^t 


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0^  jy5j;j  UüoJl  fvXPj  Ujju  il^  ^5^;}  vjue,  tR*U  jXa  La^l  itÄ««xJl  er  ir-^'  i)J^' 


8 


F.   WÜSTENFELD, 


«Jjy-  «J^,  Xlfli!  ^  Jbll  iC*eb  tu^  o^J 


^iUJ5  ^H^J  e*!?^  '**^}  Ä  ^''^  ^^'^J^'  05^  ^'^  !>**^  ü'  Vl>«»^l9  'ijiii'  i 

iJkd»  JJU  j^  tXä,  etjxt  ä£^  o^  »Lh  i^S  ,^y^  JjAJI^  «Jl^jJt  er  P^  c**^  oi^i 


o  *  , 


DAS  HEERWESEN  DER  IfUHAMMEDANER. 


J^  ü  jÄ»-mJ{  ?Jü>  v*5j^  er  -^l^  J^  CT  cÄr*^  Jj'  5^/^  05^5  i>-y'  i  KäLJJ^^l 


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f<5t  :;((  Ol— i^'  XUU  vJwJt  104]  ^^  jOuüt  ^<^.»r  t;;;,«»  vjuo  ^^  J«  |y)lj  JÜ»  Ai4A 


oLÜ  juijLAjj  ^i  «3^1  CT  «>>*  ^»J^  ■*  3üi  «Olli  ^is  it<^|^j|j^U3ü:j|5  i)-*^'  r4»^ 


JÜSaA^I  er?  ^%H»^J  er  c?l--J»  J^SaÄJl 


>xjJi  ^^Ch  o'  i^"^'  ^^^  '"^^  «^^  ^ 


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t^l  ^  ,»f»>Ä  .tt<^^^  l)3jij  iUXfitI  o^Atoit 
:^  jLit  ^jUJlj  xi}^  i?,jB.  J*  J^öj,  jjuJ» 


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10  F.  WÜSTENFELD, 


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DIE  TAKTIK  DES  AELIANÜS.  11 


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^  «Ut^  «Ut  ^3L  B^  iUAd  vI^slU  jkLJLd  ^  er  ^  i^  ^1  J^^  U^=>  1"^  ^^^^'  CT^ 

c^kXSj  U/  ^»äIaö  ^\  JlS  ,5;5>  jJL>  iLMJü  Juu  LuyÄ  j,^  JUUJ  tyUj  ^Sj 
*9^  Lfl>a^  ^1  j,^j9  Lr^>^  ^'^  Vj^'  ol(;^.  jJjJ!^  >^A^'  äcUaö  q^  y^Lü!  iuy>  v^^aJI^ 
oLt*S^{  jüb>  ^  Jyj^:)  wAä^  f^^^  ^yt^  v-i>3  1?^^  OuLij  er  «L^  ^>^  o*^^' 

c-ö^L  ^  äJJö  ^^.  ^^cs.  5^^^  xjw: 

^5;-j>  e;N-JUU  Up^*^  ^5*^'  obj^Uüt  Ju^J  ^  lta^j^^  »j^^  ^  o'  v^J^'  '^  t*L>  JS 
^1  e^  v:;^^^  itf5üvX^3  \^ji^Ms>'  UL»  ^U^  ^I^  c;^fJ^t  ^j^  ^^Ji^UÜ  ^1  L^  jJu5r. 

«  «J^f^  «Li>  ^  i.:^  ^»  «05,5  j^  1^  1^  ,.^  ,yl(5  ,_2^l 

jyyCi  .xxe  jil  efc-^xüxil  ijiMu  /  j  0^5  Jl^^J  er  Jl^-  *5li>»  o»  r*^  "^'i  »^  o'  *^ 

Uü  ys*  xL-  er  3^«  ü>^*^  "!( (.^  f)ä  Joj  Uü  yi*  ^5^1  er  o)*^-  J^  c«r^'  ^"»5  »j^ 
ü^  5;*i£3  w^  » JJ»  vju<i  »^jÄ  J^  j  0^5  l^y  UäUj  Jj>t  e,fe  loUS  ^j^u  o' «!;'  <^'3 

4^  e>r^  o**^'  Jjjüii^i^  ic*iU5  xii-üu  ^u!i  ,^us  1^  ^^^^  jH^  xä*  ^Ljj  jüi^ 

*^y>  er  v-*^  J<j  «"o^'  ^'^s  rj*^  ^k-^ij  £*Jl^b  ^;^"?  orV-  ^H^'  £•  ^-*J^ 
■  :!  *SSL«  i  yä-^Ji  _,Rä4»  xjtljl  ,j«*S,  ,^.  Jj^t  ^S  i^^JLc  fj^  lL  ,^ 

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12  F.  WÜSTENFELD, 


^j_xm  lL,  iuÄ^;,  i4^j  CLxa-  ^«^  ixäj  gjRsxti  o^saoJ?  iuu>  v»s-J^  ijüttJt  ö?  jal 

<3ir-*-^t  sJuJL>  v^^<  (>a4'  er  «ij^'  ^Id   c-jUjUtt  Uuoit  iUixiU,  l^f^^  tSj^,  L^,  U» 
XaUäm)  J«  (j^iISy;«  äSUJI  »Lm,^^  SjbLSÄXt  vJy^t  ti^j  ^\i  tit,  lAyst  «(5ÜJ  ^  &•!£»«( 

«■y,lÄi  «5ÜÖ  ^^  yUj.it  J 

üi__>i>tt5  üiSj  i4j  8^  i;xiä  ^>  jjU-s  u^  o^s  »j-:^!;  ^  j>^\  ^«-^t^  iij^,  ^1;;^ 

>l  jÄty.  ^j  Sy^'j  l«,^  Jj^f  |?j^t^  jjit  ^^  xJt>;3l  er  c^«  vl^'  c>a> 

,,^  j^  j^  lii^  ^?  4*Ä  uoS'i  !h>^.  ü'  tf**^  r^  o^J^^  ^"^  Jj^'  '^'^  «sOujdi 

ColeLgl-t  ihX^  ^  tk\»-t5  J^  ol(^  q,  «JLe  \.Ä«o^.  (m? 


DIE  TAKTIK  DES  AELIANÜS.  13 


^t  «^-li,  ijMj\  uÄ-o.  vjuoi  ^yL-.yü^  ji-o.^  ovXjJI  tJj>  vjüaj  J^{  uäwc>  Jjcs^  nrAf 


o      >  •  .  .        ^.  .         .  o- 


e  j^<«Jf  b>bLiüa!  Ö5«*flJ5  JA»  er  ü^  JG  l**  ^r^'  J"**  ^"^  J^  •'-f'^'  i  ^^^ 


...  *       J  o     > 

iL»  jÄe  Xä«  sJaLäxH  vj>Ä«i5<  er  k*»  er  -i*^  i^  ^'  o'**^^  ^^^  o"*«^  c&rj^/ 


^  o   >      o. 


_  i'  ***^'  u^  r<A^  r**^^  ^^  o5***^  '"^  o^^  «i*^-;^'  CTJ 

I^^k^  J(,   cLiT;« ytoi  iUy«,  "i^  y&£  iÜM.  <j^,  iüüUS  ^  JüJL4^  ^j'^'^'  '^^ 

^5^  ü*^?  8,ÜJSÄi5  o^l  crs  ^^  j-Ä^  Lü?5  iüU  y»-u>  JL?.^{  er  k«*  er  «»^^i  M>^ 

U^LbJ t  o,*äS,  ,^  ,,<*U  fjjaij  iL>,  e)y4;'3  i^Ms  o^'  J^J^'  er  Lfcs*  er  >i*>^  »«Li» 
Xel^J  xiiUaJt  j^ijw^  er  CT^'  ers  ^  oar^J  ^M?  «-^  '''^s'*  sja\£xi\  ^j,iuoi\  er  l*s*> 
o.  *u-iJ  ^  00-^  La*:?.  e)Lft<v*:!  c&xiiLb  J(5  xiu«  «l^?  ^j^^  L^-i*  .i^l  ,^3  äübdt 

^jy«.  i-S  Ä^^rs  «-Äm  UjLo  B;H£4t  \jfiual\  er  lui,  ::iLa;^  c):h»«>^J»  ää«;»  ö^lt  Mu^t  JL»^ 
Ou^6  Lf^  ^t  ,^^i  JjÄL-**  juJL:!  ^J.[ii\  gia«5  0*^'  LT*?;  t^  »j*^  l>*t!s  l*«» 


14  F;  WÜSTENFELD, 


^yUiij  -i^^  ^j  ö^t  X*iUS  iÜU>.jJ5  cn  ***  er  -^vX^j  'u^i^  o^**^  Cfc^  J^i  l^« 
^^  ^j  iAiLL  jä-^?  crs  ^  j-^  l-^'a  ^  njU-.*».  «jKäLH  v_»)«*J?  ^rs  ^j  oy**^!» 

^baU  ^5  U^^j:^  ^ji^  5U3USj  XJ-  äUJ>  iU^  üyr>  i^j'  ^a  M^i'  oj^^J  o^^' 

fJüJj   U  uJ>«*»it  CT  öU3  >>Ac5  iU*^  BJÜ  LiU3|5  iüUw.«3-  g^l  täU j,  LuL  jyj--^  ÄÄ*^ 

iÜLMaftJJ  vl^*^'  ^^'  LTA^i  j.!^'  cr*^'  "^S;^  ^V'  KLäSJJj  i^tiJ  iÜL«äaäJt  vl^su»t 
iLi^L^  ä«uyi3  ia"^»  BjäJl  ^y<  Juo  Ua*  Jl<y-5  iCÄJÜÜJj  iüJUÜJ  i^^ijt  ^  t^tf  3t  iÜÜUJI,  iUiUÜt 
tA*  J*  UajJ  c^iu  j^  vJLjyait  iUj^  W,  isijl-^  J^^'  *l-rJjJ'  <^  j*«**  "I^'i  X*iLilI 

^  j  8^L_ä*_-U  öyuJt  i:L«5,  vsiiyij  £#y«  ü*^'  XJi^  i  £?y'i  viJlÜt  ui^J  fc>A- 

JLJSH  tJ^  ti*  ^1^  jy?  (äU3>  J,LäJI  sjboit  ^  äLwäuÜI  ^j  ji^lj  viJLÄJt  vJuJ!  i  iJL«aäJI  ^j 


^    o  «> 


^1}  ^1^1  ^t  vü^JLdt  y.. !f=->  j,L;:]t  i,t  J^tjt  kIIj  u:/JI(,  äj^l.^  >>tj^t  Mu^t  u^jI^  tJt  «fü« 


DIE  TAKTIK  DES  AELIANUS.  15 


JÜLya«-Jt  ^^  ^IJÜJ  o3^=N5  8yM'  t5*  eV'  V^'  ir*?j  j*-«5  »'i^J  i,itAA^5  i  Jj^t 
^Ui:?  v-UäU  y«-J^  j*^^  iÜLuaiJt  ^  v&JUJt  Jji«5  XJUiiJ  ^  eJUiJ  v^i  ^^j  ^-ya.5 

cVL^\  ^  ^]J\  J*Äj  b>*i»  ^ 

o«u  j*  e)>^»^"  ^j'  r*^'***^'  ü'  ««^^As  "^  «>J>^  ^i^'i  u»j*i|s  vj^t  J>  ,^«iu  i^  ^' 

0 

^iskaäÜs^  U^t^ty  ^tO^  <>^M  |*»^>£^  l^b  v^^f  «^  g.^<^l  '^^t  o*^^  er  ^^  'SHJ*^<  c>« 


16  F.  WÜSTENFELD, 

rtcJüJj'  oLJt,  8L>liU  e>y^'  ^1  >>OMit  o:^  erj>«^^  ^fl.vi«» 

Ot^  JU.m3>  AL>L«y*  [jL^M  tjiXä-t  CJV^OJ^  \^^  tJt,  yy  c^ybMi,  iL»,  ot^  ;As  «^ 
<-  U^ä  ,^_/^  tjtj^ls  Li^3  U^j[^  (»fi''^  Ä»-L>>w«  tt>öl^  t^iaeLoaJ*  Ut,  U^O  ,^yj^j\y  o*^ 

ols  (jJ^'  er  o"^  ^  u-'j*^'  J-**'>  "^^iJ  "-"'y  ü5^  ü*^«^  t5^»  C^^'  J**'*'  •*'■»  ^ 
****^  uy'^'  ö>^=^  ü'  t5*«^  ir^5  Vj^  Ji^lj  c«;****  h  ^»^^f^^'^  IhI^  l*»»^^  »V*< 

sJuoJt  tJk»  ^b  ^>tj>Üüt  (.^t  ^  ^OUL^Jt  (.^tal«,  /iUel4P^  H^^^^  ^^A»  (^^^'^^  (»f*l^«^t 
«X^Jk^t  JJQ  J^  wA««Jt  ^t  U:gai  «^  ^f  L4Ä«  ^t  ««»  X>Ut,  j)C»^t  ^t^^  ^yfÜi 

«ÜB»  mUj^I  ^  v^Mit  top  ^  ^  J^jj  (^JJt  ^t  fy^i  Bjblfiat  i.^iUJt  cU,^^  JL^ 


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K«,ijS  jÄ«u  v^  i*a?  ^H»S  ü'  «^3  «il^'  cü*^'  »"lö  c5^'  *-**^''  ^  o'  *y^  "^ 

ikiU-  «^t  vJuJt  ^  jJL£34  Jki^  >«Jij'  iafi««  ^<  ij»^t  UboJt  o*  *^S>  er  ('«A^^  •l3>« 


9^    *.  .-..•••• 


v3»«ifl>t  ^  er  *>*j  er»  oJUIt  e]/s£t  uuaJt  Ut,  Ji»  L|«i  ^  >,  «^^A^  dJsS^  ^*Ä^ 
üjyLoJt  e,^  !hI^  My>l5U  ^\  e,<5  l^Js  tA^t  ^  * V  ü>>>  Jl^j  er  ^  »iö  i^ 


DIE  TAKTIK  DES  AELIANüS.  17 

}C£a&^  U«  \S»  UiU\  .i  .UJaJL  .MvUaj  Ju,UlU  llet.ä  8 Ji^ 


j^y  jViJit:  ^H^^o  ^iUÜt  vJuJ!  vl^lj  o/*^'  Js^'  ^-*^'  er  t^'J'  »/**  *#>SJ  ysrf  ^fß 
|,f  li?^  f4j"il  vJuJt  jijLsr'  ,^<a^j  JJcß  ^  o^t  er  *^jy  crs  tr>LJ!  sJk*«JI  Utj  Jj^J 


>      «.o.»  s> 


JU^  üJ  JuL^  er  u*^)  er»  y^l>  «^  £*L^  "^3  l^^t  |<4J^  is!»«^l  *^  o^  "^^ 


«j{^  viJUÜJ,  ,^j*A  ^{JJk  «sUi  ^  ^ilÄ3J  vjuJI^  ^^j*Ä  jJjJk  ijcj-i]  ^  ^M>^j  urs) 

J.i^  jylX*   ^  J^  'i^  jX.jJ5  o-ü;  fcJ*  V^  «Ui  JUÄ5  U  5?  8,1^1,  vJirf,?/!,  f^\j3  o* 

ySuL^t  ^  g^ütetl  ij^l  er  Jj^'  »-A-»^'  J^  iJj*^'  o^  er  Jj^'  ^-**»^l  a>^**^  cr«^' 
Eistor.-pkOolog.  Glosse.  XXVL  1  u.  2.  c 


18 


F.  WÜSTENFELD, 


J(j  iL»^  Pol  JL?^{  er»  *A*  er-  >>^>*5  ^^Ui^  o*****^  tfersV^  JG  ^>  **■*  «3l^ji'  er  *ä*  er» 

ö«_Ä*rfL-b  J(5  P,f  A  JL>.j5{  er  k**  er  «»J«!?  '>^^  o"*«^'  uS^J  J^s  ^j  »♦•*  «3L:?-j^^  er 
o«  AX-*5  Cmjft^  ü^**^  üiA*  J(j  ^'^  Jj^'  JLs-ji'  er  ***  er  «>'>*>  LA*^  o^<>**^ 


yvjtll,  «i«AJJ  ^yXAJI  ^^J^  o',0^'  JIXäI  J*«L^t  «H^Ä-J  ^^{  Oji-Jl  ua«  ^  JH 


>  >•'  « 


DIE  TAKTIK  DES  AELIANÜS.  19 


»^  ä**«ä1I  ^t  «SUiJj  BjrtSr  JLCA!  i  jilAxJii  isi-»j^l5  Ok^^l-  J^-l  ***  ^j^  o'  «>'^^' 

^y;!  ^1  v,x>j  AA»;*  i»  J*js3  usi  lujj  ii  lu-tj  er  u»j*^'  ^y»  o'  "^^^  ^j4  v)«^^'  ^  ^U 

uJUäI  xSilS  4^J  ^  Js^  er  >>J^  «)«*?■  er  ijJJJ'  orj  «^t^^^'  ^  -*^<  i  o*  ü/*^' 
LiLiutoJ  xsiis  y.^1  jSÄt  ^  ;?y;^  ^ß\  jy,  ,y>j  i;jy  :ka  -SÜJ  ^yl  t^l^,  ü»yül  i  uJ>  er 


1>  l^'^J  c?^  ^UU  ^JU^  CLc  J^  ^1  *!^^5  er  1«-'  i)JJ  v*>3  »^5  »^  i)*-:*  4js 

^H^<*'  *Ai5  c^^l^iÄ».?  oo*  <u  j^»  \y:>\^  )  ji  ^^  wt  ^  ,^*  4^  ^i  j)iii  ej**lJ:*» 
^t  OJ^  i^  u^hI«!'  vJ^  8j^'  "^3  r«*^'  er  f^P^i  ^ß'  ^.)i  i:;^^  ^^  ^!j  J^l 

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20 


F.  WÜSTENFELD, 


»*^  V«>ö'  ^hJ  ^i'J^.  ^  L»*^  vjJLs.  c^  ^^t,  j-^^J?  v^l^i  ^  ^J,  ^^^^J  v^J 

^  XftOßJ  ci^  ^*^J  1^-4  iüu«it  JlXa>«  ^  ^JjäJ,  jyL-yü{  j^Lüer  tj|^  ^j  u  siiJt 

IJ^  j^Ui».  ^  ?^^  «Jüvi  y*'^  fo  r  Ti  JJU  C>^  tfUJ  ^  J,  JiXc  |,Lc>5  fö^  U/  L|tL^ 
ysJUJl  o«  *>^1>  J^  ^  !-->  Ji  (JiiB^J  o/fi«  vJwJl  ^tf  ü«  ^i  JlÄ.  yvjal  fc.tOkS  ^^OJJ 

^bJlJt  ^y;,  jmt  {Ju>  ^^  L«,li  iT  ,3^»  o!>^  o*^  i^  Sli  »^  o*^  olÄ  o*^ 

r  iljU  ilr  K^j  KcU?.  üy;i,  ^x».ij  ^^  ^jcö.  yj^t  ^j^i  ,j^i  ^^_^  l^ 


♦       ♦       ♦ 


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DIE  TAKTIK  DES  AELIANUS.  21 

,^j-««-S  CJv^yU!  SJU*-  jIä.  tfcft^^JkJ»  Ouoil  vL^i  ^USet  o>^=^i  5^*^^'  vL^^ 

js)l-j^{  ^ «/  j4L  4-;  jj*  ^uä  ^  o^i,  jLIji,  8^*i;it  w^^,  ^^J^i  ^  «^uj^ 

U  üirt^J  vJ«*4.  vJ^I  vL^'  £^^  ,;*Ä^«  ilfti  i**  X^i^^'j  y;.jJJ  VL^«  j*«Ä  Ccyas>^ 
vJLäJJ  vL^'  äj*afü  ^j-L  "i^  ^^\  _^]  ^«^  aJ^>^'  ^^J*  üis  *)^'  1^-  ***  O^*^' 
sjl;«  J.4A!  j>>ij  A«3^  Ip»  vJl««  im'  *a*  *^'j>  «"^"^^  ^-*^'  i-iiLft  U  j3|,  JUäü  ^..gU-AJ 

l+yi«J^  L5*  üsj^j  >«J'  iö^  ü"^j'  ^'  •'^'i  ts^^'i  Wj-JJ  vL^t  -«XÄSj  tfe^y^' 


**»*  ...  ..  ...^  »     ^  <i   »  ^  » 


^b  ^üJl  vjw«  i^  ^>  ^  «I5>  ^„  juui:s.  sjkx.  yUÄ  o'  'j^M^^  o'  v'y^ü  ^y» 
j!U*-J»  «-»'>'  j*">^»  j"Wj  crWU  iws«>^5  v^'  vxjii,  8Jk  J-o>«  _^  täUXÄ  jLfl  ytf 

f  »jfijt  i^u  ^  iJä  «äu,  «**is.  J^^  wjujt  ^  jo^;  «i(;t; 


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22  .         F.  WÜSTENFELD, 


s;^!  J.Sa-a  ^:i  Xläjf  ju  ^  :ii  J*Jä<^  jfc-i^^Ji  JstyUw.  ^JO^  i  ^>i-s:^t  t)*^  Utj  CÄA^J 

s^tJOüMt,  JUü^iS  i^iy.^;,  JUiü^)l^  s'^^f»  J>«it  «^Uv»!  «I  J«?-  er  c;y*^J^t  c^  tf^t  jUat 


o    >  o    > 


gi_AJi^  oU/bt,  xüUm  8^)<xxwI,  jLüÄM'it  ^t  ^^j^  o^y^^s  .M^s  <jj^  ijVxxJi^  o^yu» 

<r^y^  Jü^JjS  yÄJ>j  j-Ä%  u»^  y^y  Lr*=?->  (•*«3'-*^  cr*?3  O^  1>*J>5  8,*-*i!>  Xi»«« 

^5Ü>  -X^f  v^  ^ji  ^l  ^^  8.1^  JU4i^«,  jjjftj;  j;;>»i  *[p  iJ  !^  ^y<^  v^^lj 
er  Jj^l  ir-^jJt  J*  tjy>>  ^  ,xH^  JUäJ<  ^I  yj^J  ««;>  i«  l^i  vX*^»,  ^4-1^  tjj*^ 

0  * 

f.loi  ^t  j»^  ^l£Xity>  te^l^   r^toi  i^t  £^t  (>e  t^yCt^t»  t^tj  jUs4l  vJi 


DIE  TAKTIK  DES  AELIANUS.  23 


x^J^Ä«  Cij  rjjuJ!  ju  ji^i  ^  :5uii?  jyyu  ^\  ^s  ^  jli,  iüUj  «JOS  ^^  ^♦^  ;;i^#  Uj 

y^jiyaf  c^baiil  cri^^i»*  c?/^'  s^Joü«-^;  Ul,  r  Jlj^t  «ÜC  j,!  JJbstil  ^^j^  JUiJtil  ^ 
r  JUAJ?  er  u-y>jJS'  *^»>»*  i.r*^'  s^»OüU.^l  U?j  caut^  j^  (^Jüt  jÄ^ti  ^  ,.g^*  ^^ 

«s*^i^  ü!>  cfi^'  *^  «^^  ^^  oy^  tfc^'  *^  ^'  ^^^"^  ü'  J^'  >  ^  <4?^  »'^-»^ 


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(JyuJt  pLq^  i  O^y^^  ^-"^  "^  ''^^  Oy^.9  "^^^  *^  "^  ^  ^  d^yiuai\  w^ieLaaS  Oü( 

«■  jyUjÄ«  «UJ<j  8^!^  SJU-i»  »J  Jj»Jt  Ja^  J^  <äU^  jd  >i  cA  uJ^^ 
V-A-    !*^  i  y*^!)  8>l£at  ei^t  XjMJU  i  l?cX>t  e^^  LfJjl^li  iüOLit  8^tJüU.:it  U3 

jJt  ui;.ta*  >^lj  Ui>5SU  »)i>^  U^  ^  gljit  JÖiÜ  U4^  yJ:?.  jjj  ^Jüü  UÄ  ^tyS»! 
^♦^aJI^I  ^U.  Jpji  ü!  ,^  y  it^  \jX  ^l  o^»U^f  cäAxJ!  cßijXfiJ?  o»>#^l  .1^  ^n 

Mt  ,ajX^  cJ»)3l  U|j  r^.as!'  UsL.  oJ^l,  jö.^1  v^L^!,  j^Lf^  ^JüJ!  er  »«/  j^tf  Uf|l 


24  F.  WÜSTENFELD, 


•         •• 


Oo^ 


c-vW  t**  «I  U  AX&  JLuwJ  U;üumo  ,A«aj,  iÜlL*  iUuü  iOmm 


süj-  i?  gU^5  ^H-^j  f^l^  »J^j  f^l  '«j^  £**^  er  y^5  «J^  l5)»^  !^>  »Ijä^i 
JjÄÄ-.  ^.4JU  v>^tj  Ji-  jy-i  jAÄlJj  ym\  y^  L.  ,j^  i  ^Is  filÜt  JjLrf  ^  ^^ca-  «UJ  JJU 


»    o  s  ^ 


DAS  HEERWESEN  DER  MUHAMMEDANER.  25 

r«  ^^U^jL»  O*^  jW  O^/"  vtt-^3  '^jJ'  vJli^j  c;v 


-■Ci^  09^«^         0«»0«<»M«^  >.*■.  Ö  ..*'^' 


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jl_-a5^l  er  Jütt  v»JJ  er  »JLö  j^^^'  er  vl-&  **!'  s^i^'  er  ^  Jl^  >4ä^  o*  ^-»^Is 

c'k^  «ui  p7  j*  «ix»  »j^i^5  ,^  4*Ä*4  Aiöf 


S  o  •• 


Histor.-phüölog.  Glosse.  XXVI.  1  u.  2.  d 


26  F.  WÜSTENFELD, 


^^t  J  t^j  ^[^  M  Ou£  ^  ^<J^t,  S^  £^9  V*^  2^'  O^J^  V^  «^^^«^ 


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•  •  ••  ■ 

jtjjjt  Ä«  ^  v5^«  u-jUüt  KAM  ^j<Ä  vj^jT  Jdll;  f j^m  i4<^t  us5  ^1  j^uat  A  pi 

^\  ySii^JJ  iVXÄ  vlÄJI  ysl*.  o5<<  ^t  v!>^t 
««Ia  yilkS,  tejftsi  ^Lm^Ü  K^t  jy  Ut  gJgAj  vjk^  iÜL.«M* 

^t  ]ÜU^  to^  U^l  ^  Xfb  «y^  l^^  c^\  LS»j^t  ^tf  Ut  £jUM  vjk«r  xC^ 


DAS  HEERWESEN  DER  MUHAMMEDANER.  27 


Zusatz  ZU  S.  12  Note  1. 

In  dem  ersten  Theile  unseres  Werkes  „aber  die  Beitkundt**  findet 
sich  dn  besonderer  Abschnitt  über  die  Schwerdter.  Schon  die  4iken 
Araber  bezogen  das  beste  Eisen  oder  Stahl  aus  Indien  und  China,  ent- 
weder war  es  dort  schon  zu  Schwerdtem  fertig  gemacht,  oder  es  wurde 
in  -Jemen  dazu  verarbeitet  und  danach  erhielten  sie  ihre  Namen :  KV.iU^t 
die  Jemenischen  von  Stahl  aus  Beilamdn  in  Indien  und  Sarandfb  (Insel 
Ceylon),  und  in  Jemen  verarbeitet;  iU«iäJI  aus  K«iS  Kal'a  d.  i.  der  Burg 
der  Stadt  ^  Kaleh  in  Indien^);  x^^xXf»  die  Indischen;  aus  Chords&n 
wurden  Schwerdter  eingefAhrt  und  zwischen  den  Indischen  und  KaVäl- 
sehen  fflr  solche  ausgegeben;  K^ULcJt  aus  Beilamdn;  KjMJwXi^t  aus  Sa- 
randib,  zuweilen  in  Persien  verfertigt  mit  Goldverzierungen.  Diese  Ar- 
ten hiessen  "die  alten  d.  h.  nicht  vor  alten  Zeiten,  sondern  nach  alter, 
solider  Weise  hergestellten,  im  Gegensatz  zu  den  weniger  geschfitzten 
neueren,  wie  die  sogen*  Blanken  ujoa^J,  welche  in  Kufa  verfertigt  wur- 
den und  von  den  eigentlich  Persischen  nicht  sehr  verschieden  waren; 
*i^ji^^  die  Fränkischen  mit  einem  goldenen  Kreuz;  )m/aJI  aus  Bafra; 
iufiA^tJül  die  Damascener,  unter  den  neueren  die  besten,  und  i^/aXI  die 
Aegyptischen  oder  in  Mi9r  verfertigten.  Es  werden  noch  besondere  un- 
terschiede und  Eigenschaften  angegeben  und  ich  lasse  hier  den  Arabi- 
schen Text  ohne  Uebersetzung  folgen,  weil  wegen  der  grossen  Incorrect- 
heit  der  Sprache  und  einer  Menge  wenig  oder  gar  nicht  bekannter  tech- 
nischer Ausdrücke  sich  zu  viel  Schwierigkeiten  bieten. 

1)  Nach  CaeuAnl  Tb.  U.  S.  69,    wenn  dies  nicht  eine  VermnthnDg  der  Araber 
ist  und  beide  Namen  ein  und  denselben  Ort  bezeichnen. 

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J^ 


28  F.  WÜSTENFELD, 


gjIauJ!;  ÄÄAj*?  jac  jOäLyJ»  l^*i?»ö  üIL  OjÄ-JI  er  ii^3^^  ■iä^\  Öja-JI  ^tj  «"cS^J^' 


Ctj.*&  Ua«j  M3«j  ^  .>jJjl,  *ik*A  oi^s«  jU'  er  »J^il**'  Vjä  c/ai'  iM  u»j^'  y»»»-<  u^^^' 

V^jäJ!  Jjä.b  er  *«t;-  «»j^lj  «>>  o*^J  j^  ^:^  iW*  *4*Ä  i^J^^  ^yusil  Lfy^ 

^\jo\  j^t,  jUÄ^t  JöiliJ?  tß:*  u  it^\  i  wixi?  er«**  v^tiÄ  ^L».  ^{y-  e)5^  jü^yaüt  oUi-l 
^)\  ^  u  L«i«y  ^y^jj  uu«3j^Lä{  ä3^  l<j^  «düJ^  oyC*i  o»j«J'  uij^ual  jü^,«  it 

0UI%  «t^:it  iiJ^iX&  ,>^t  sJbAKM  ^^  jj^  »S^iä  L(^  ^3  uj  jj^  JLb^t  ä3^  ^  Umu, 

L-ifci  *Uw^t  L«JLe  v*aüj  »MUjJI  oöj»^'  J*  c»?h  ^3  soyadi  ^öy^J  er  Jss^M»  (-^^ 


DAS  HEERWESEN  DER  MUHAMMEDANER.  29 


^  p    9  «  O  > 

U  jJ  ^yi^  jAJIt,  ys'a  tj**«  l;li>JU  LjJw.  ^  v^^  oLuom^  vX^t  ^  «otf  isJL  iüiH 
L<j  QjJCä-  ui)*-.  ^\i  ^i  v^  er  *^^'  '^^  ü)^  ^'i  >>^^^'  »^^^^  ^i  o^l^' 

g},!  l4A»jej  3«ä55jSi'<j  jM  K«,J  l^J^  g>>f^  8vX».<,  iUtjÄ  Afti  Ltj  8^  ^I»^^U*ö  v. 


S    p^. 


J*  jLi  J^  ,^1  Üb  f  «:U*J!  iüiiJtf  XftiUJ?  y-LÄ«5  lPj«Ü^j  JUäUiJl  ^iU«  er  ü,>' 


^J»_it,  «^  »^UJI,  ^^t  i  Jj>Ou  u-U^1  o^'r^  er  *-^  1*5  8^^'  er  j^fj         vj^ 

il#  SOäL^yoÜ  A^sysi  L5JJt  j^l  iX:>5,  jL*r  2*^^  jU*fl  üüji  g«^  «p-l  ^1  *],»  ^r  '>^ß^ 

x«d>3  jüu  4)4-6  jJ^  *il  JiJi  c*lAJV  14«^  jU«  iXäj»  o^^**^'  er  j*A  j^  j^yij  ,yu 


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30  F.  WÜSTENFELD, 


JkAit  JL«  (JOs  üJÜ^t  yi^l^  t)l^t  ^t  vy^  «Ju/  Ok^t  ^  Uai4  Juieuu^^L^ 


V    :    A 


oli^^-iuÄi-  ^Sliile-  ^J^}^  Jüuo.  c»Äl»  «il*  CJ^  j«^  er»  j*>^«  j»b^  J>i»  g^«  CiL».  ^1 

^fyjißy^\  B^Lb  uwyJt  OlLJ  LfJU^UUalt,  vjMU,  iS^  ^t  Jli>,t  i^Ü  \^y^  oIa^XSII 

^U^  ^L*JI  oüji  er>  j^^^=>t  v/^'  "^^  ^  '-'^  ^'^'^  >)''^^  '^  oüj&II,  ^1  Okdu  c.ty 

cBj^  LfJ  BjtfL^  ^  Li34^  «jjy  ü^  U  \J^\  er*  UUMÜt 


J.^  »Jo^i  Jt^t,  «i^t  (^  «Jüji  i^  ^  Ait  ^t  ÄAiU«)lf  l^Jsi<A»  H^  ^Lat  vti^  14^^» 


6     9 


2 
•i  pjXaJ;  O^  -J»  «OJjS  _^  ^^^  4^1  er  Jji»l  «'  v5»:,UJl  «^5  L«i  Lfi«tl,  itrtjÄJI  ^ 


\ 


DAS  HEERWESEN  DEB  MÜHAMMEDANEB.  31 


S    > 


yl^l  jiJi  »Mijc  ap>l,  vju«it  x^UJt  olS  i  c>r»^l  ^1»  ^U^!  o»)j«  0^-9  ^^j^<  ^'^ 

kX«,  p^  »M  0»)^t  jT»  i5*pl  U^^  tJ^^  "^^^  "^J'»  ^f^^  "^^^  **^'  ^->^ 
^t  ^Uot  et^  Sj|^3JI  ^Jjh  ^  ByoiU  )üixäJI>  jjy  L^  ^  '^  J^kA  (^  U  cc^.t JÜt 


wA    J.X     r»3  ^^t  «.«^  ^jö-l  v^A»  ^t  üvXd-t,  IjUm>  tJie  (UüLm  «Oü^  ^  JC  ^  BOJ^t 


.  «  «  « 


*     w 


,^  ^  «y>>,  ^UiJt  OJbu  lu^  tjÜUJ-  tOÜbM  ^1  ^  »OMO^  jt^  isiyaJt  iOXä^l 

(■  Jt^^UaS,  ^JS^  u»tje  0>yXBJt  iüO&Ü^  lui  ^3Ui\  ß  j^  lOe 


V-  «    lyi^  l<i«  ^<  U"«*»  lÄX^Xa.  JJjL  ^^  4,,"iJ  i^ÜU  ,^  jytf  ül  gijy  ^  iUUUJÜt 


A     ■*  ..   >  •  ' 


y.^^  ^b  5*y.5  gjü>  gtoy.  osls,  ^y^  ^\y^  ^ij^  o*^J^  Ä  ^jti\  ß^  ot^l^b 
«>äJt  «^  KiOJt  u»j^  o^  'V'^  <l^  LT«^^  !>l^t  o<l<  ^«"^^  vl«^  L««LiSt  Uli  XjtyQt 


32     F.  WÜSTENFELD,  DAS  HEERWESEN  DER  MUHAMMEDANER. 


^J%^  3j^\    131  au{  (sUo^  ^JbüJJ  ^y:  ^^\  JljüCel^  v^;/^?  äJUoJI  xu^t  v:>JL:^  Ül  LjilS 

u*a«J  ^«^j^  vlA^'  er  je**  »j^  J^  vJjA^'  er  L?/^b  «"tr^  "^  o'^  v^'  ^>^^  ^s>^ 


9  » 


\^  «x^lj  ytf  U  L»v>y?.l3  p;»^!j  öjfct  wAjus  I^«!^  er  k^y*"  ^>^  "-«5***^'  o'  U"*^* 


^  «U^  Jli*'*  f^'5  üÜuÄJLJt  ^  JCi^l/  «*a?.1j  ^tf  U  l*Jaj  (»äWj  sU^tj  giÜLaiJtj  Wjfitt 


Die  Quantitätsverschiedenheiten  in  den  Samhitär  und 

Pada- Texten  der  Yeden 

Ton 

Theodor  Benfey. 

Ffinfte  Abhandlung. 

Gomposita,  welche  am  Ende  eines  vorderen  Gliedes  a^  iy  u  m 

der  Samhitä  lang,  im  Pada  kurz  zeigen. 

Ente  Äbtheilang. 


(Vorgelegt  in  der  EODigl.  Oesellsch.  d.  Wies,  am  10.  Janaar  1880.) 

XVI. 

§  t- 

Allgemeine  Regel. 

I.  Vor  magha  —  aasgenommen  Gen.  Si.  maghasya  (vgl.  Ausn. 
unter  3-  und  Bern.  1)  —  ist  a,  »  gedehnt  —  u  kömmt  nicht  vor  — 
(RPr.   538;  557). 

Es  sind  folgende  Fälle: 

1 .  &QT  ft-magha. 

(In  der  2ten  Silbe)  Rv.  VII.  71,1. 

2.  eitr  ä -magha. 

(In  der  2ten)  Rv.  VII.   75,  5;  77,  3.  —  VIII.  58  (V41.   10),  3. 
(4  in  8)   Rv   I.  48,   10. 

3.  tuT  f-magha. 

(2)  Rv.  V.  57.  8. 

(6  in  8)  Rv.  I.  29.   1—7  (=  Ath.  XX.  24,  1—7)   Refrain.  — 

VIII.  61   (50),   18(=Sv.  II.  6.  3.  7.   2);  81  (70).  2  (=  Sv.  II. 

1.  2.   6.  2);  92  (81),  29  (=  Sv.  II.  2.   1.   18.  2.  =  Ath.  XX. 

60.  2). 
Hiator.-phüolog.  Classe.  XXVI.  3.  A 


2  THEODOR   BENFEY, 

Ausnahme :  tuvi-maghdsya. 

(6  in  11)  Rv.  V.  33,  Q  \  vvv  —  |,  wo  das  Metrum  keine  Länge 
forderte,  vielmehr  |  vv^  —  |  viel  häufiger  ist  als  \v  —  n  —  |. 

4.  <;at  ä'-magha. 

(6  in  8)  Rv.  VIII.   1,   5;   34.  7.  —  IX.  62,   14. 
(10  in   12)  Rv.  VIII.  33,   5. 

5.  <;rut  ä'-magha. 

(6  in  8)   Rv.  VIII.  93    (82),    1    (=  Sv.  I.    2.    1.    4.   1    =  Ath. 
XX.  7,   1). 

6.  sahäsr  ä-magha. 

(3  in   11)  Rv.   VII.  88.   1. 
Bem.  1.     Ausser  dem  unter    3  angeführten  Beispiel  für   die   Aus- 
nahme, erscheint  noch: 

6 

mdhi-maghasya  Rv.  I.   122,  8  metrisch,  wie  dort  |  vvv  —  \. 

Bem.  2.  Unter  den  16  Stellen,  in  denen  a,  i  vor  magha  gedehnt 
erscheint,  sind  1 5,  in  welchen  die  Dehnung  in  Silben  auftritt,  in  welchen 
Dehnung  von  W^ortauslauten  nothwendig  (6  in  8;  10  in  12)  oder  sehr 
häufig  (in  der  2ten;  4ten)  ist;  nur  eine  einzige  (No.  6)  kömmt  vor  (in 
3  in  11),  die  wir  nicht  aus  dem  Einfluss  des  Metrums  zu  erklären  ver- 
mögen. Es  ist  also  wahrscheinlich,  dass  wir  trotz  dieses  Falles  diese 
Dehnung  nur  dem  Einfluss  des  Metrums  zuschreiben  dürfen.  Dafür 
sprechen  auch  die  beiden  Ausnahmen  unter  3  und  in  Bem.  1,  in  denen  die 
Kürze  bewahrt  ist,  weil  das  Metrum  an  dieser  Stelle  des  Stollens  (6  in  11) 
keine  Dehnung  erforderte.  Ferner,  dass  rffva,  citrd,  gatd,  frutd  und 
sahdsra  im  Rv.  als  vordere  Glieder  sonst  nur  kurz  auslauten,  über  tuvi 
und  sahdsra  s.  §  2,  No.  67;  145.  Die  nicht-metrische  Dehnung  (No.  6) 
erklärt   sich    vielleicht    aus    dem  Einfluss    der    15  Fälle,    in    denen    vor 

magha  gedehnt  ward. 

In  nicht-vedischen  Werken  ist  bis  jetzt  keine  dieser  Zusammen- 
setzungen nachgewiesen. 

II.  Vor  vasu  —  ausgenommen,  wenn  va>su  auch  das  vordere  Glied 
bildet  und  in  sahd-vasum  —  werden  a,  ».  u  gedehnt  (RPr.  538;  555; 
558). 


D.  QÜANTITÄTSVERSCHIEDENH.  IN  D.  SAJK H.-  ü.  PADA-TEXTEN  D.  V.    3 

7.  äkshit  ä-yasu. 

(6  in  8)  Rv,  VIII.   49  (Vdl.  1),   6. 

8.  äghrift  i-vasu. 

(10  in  12)  Rv.  VIII.   60   (49),  20. 

9.  6p  ä-vasu. 

(6  in  8)  Rv.  VI.   56.   6. 

(10  in   12)  Rv.   IX.  84,   3;   86,   33. 

10.  ritä-vasu. 

(6  in  8)  Rv.  VIII.   101    (90),   5, 

1 1 .  gürt  ä'-Tasu. 

(6  in  8}  Rv.  X.  132,  i. 
Vgl.  über  das  Metrum  RPr.  905  und  M.  Möller  p.  CCCXIII,  5. 
Ich  folge  dem  Präti^dkhya,  insofern  ich  dem  ersten  Stollen  acht  Silben 
gebe;  um  die  überschüssige  neunte  zu  entfernen,  lese  ich  mit  Einbusse 
des  auslautenden  m  vor  Vocalen :  Ijnnid  für  ijdndm /d',  dass  auslautendes 
m  vor  Vocalen  mehrfach  eingebüsst  wird,  ist  bekannt  und  auch  von  den 
Indern  erkannt.  Genaueres  darüber  bei  Behandlung  des  vedischen  Sandhi. 
12.     Citrä-Vasu  (VPr.  III.  96;  TPr.  III.  4). 

(2)  VS.  III.   18  =  TS.  I.  5.  5.  4;   7,  5. 
Zwar  in  einem  Yajus,   aber  der  Anfang  ist  sicherlich   erster,    und 
zwar  achtsilbiger,  Stollen  eines  Verses;  darin  bildet  trd  die  zweite  Silbe. 
[13.    jeDyä-vasu.      Ich  gebe  dieses  Wort  in  Klammern,   weil  es 
vom  Standpunkt  des  Präti^dkhya  nicht  hieher  gehört;    denn 
auch  der  Pada-Text  hat  ä;    allein  es  ist  keinem  Zweifel  zu 
unterwerfen,  dass  auch  hier  das  d  Dehnung  des  ä  im  Thema 
j^yä  ist. 
(6  in  8)  Rv.  VIII.  38,  7,  z.  1.  jenidvasü. 

(10  in  12)  Rv.  VII.  74,  3  (=  VS.  XXXIII.  88)  ebenfalls  z.  1. 

jeniä^]. 

14.     pnrü'-yasa  (vgl.  VPr.  III.  96;   Whitney  zu  AthPr.  III.   12). 

(2)  Rv.   V.  42,  7.   —     VII.  32,    24    (=  Sv.  I.  4.   1.  2.  7);    — 

VIII.  46,   13. 

(6  in  8)  Rv.  I.   81,  8  (=  Ath.  XX.  56,  5).  —  VIII,   3,  3  (= 

A2 


4  THEODOR   BENFEY, 

Sv.  I.  3.  2.  1.  8  =  VS.  XXXIIL  81   =  Ath.  XX.  104.  1); 

4,   15;   5,  4;   8,  12;   32,    11;  46,   1   (=  Sv.  I.   2.  2.   5.  9);    61 

(50),  3.  —  X.  24,  1. 
Bern,  zu  Ry.  X.  24,  1 :  Vers  \  —  d  dieses  Hymnus  sind  nur  schein- 
bare Astdrapankti  (8  +  8  +  ^^  +  12),  wie  sie  die  Inder  bezeichnen. 
In  Wahrheit  sind  sie,  wie  die  drei  andern  (4 — 6)  Anushtubh,  aber  mit 
Einschiebung  von  vi  vo  mdde  nach  jedem  dritten  und  vivakshase  nach 
jedem  vierten  Stollen  (vgl.  X.  2 1 ,  wo  sie  in  allen  acht  Versen,  und  X. 
25,  wo  sie  in  allen  elf  Versen  in  gleicher  Weise  den  Refrain  bilden). 

(10  in    12)  Rv.  I.  47,   10.  —   IL   1,  5.  —   V.  36,  3.  —   VIIL 

1,   12   (=  Sv.   I.   3.  2.   1.   2  =  Ath.  XIV.  2,  47);    46,  7;    49 

(VÄl.   1),    1     (=  Sv.  I.    3„    1.    5.    3  =  Ath.   XX.  51,    1);    52 

(Vdl.   4),   5;    71    (60),   10  (=  Sv.   II.   7.  2.   8.   1);    103  (92),   5. 
(6  in   11)  Rv.  VI.  22,  4   (=  Ath.   XX.  36,  4).  —  VII.   38,   1. 

Beidemal  |  v  —  v  —  |,  während,  die  Kflrze  den  häufigeren  Rhyth- 

6 

mus  I  VW  —  I  ergeben  haben  würde. 
Bemerkung  zu  No.  14.  Wir  haben  also  purü'vasu  in  21  metrisch 
entstandenen  Fällen;  in  zweien  nur  (6  in  11)  ist  keine  metrische  Er- 
klärung zulässig;  der  eine  (VI.  22,  4)  gehört  einer  verhältnissmässig 
späten  Zeit  an,  wie  die  wirkliche  Einbusse  des  anlautenden  a  in  asun 
raghndh  wahrscheinlich  macht.  In  beiden  Fällen  mag  die  Länge  viel- 
leicht erst  von  Recitirern  eingeführt  sein,  weil  sie  in  allen  übrigen  Stellen 
sich  durch  das  Metrum  geltend  gemacht  hatte,  oder  auch,  weil  sie  vor 
^vasu  sonst  stets  die  Länge  bemerkt  hatten. 

15.    piabh ü'-yasn. 

(6  in  8)  Rv.  VIIL  45,  36.—  IX.  29,  3  (=  Sv.  IL  9.  1.   1.3); 

35,   6. 

(10  in   12)  Rv.L  57,   4  (=  Sv.  L  4.   2.  4.  4  =  Ath.  XX.  15,4). 

(6  in  11)  Rv.  VII.   22,  2  (=  Sv.  IL   3.  1.   13.  2)  |  v-Äv  — |. 

Bemerkung:   In  vier  Stellen  erklärt  sich  also  die  Länge  durch  den 

Einfiuss  des  Metrums  (6  in  8  und  10  in  12);    in  einer  (6  in  U)   nicht« 

da  hier  auch  |  vw  —  |  eben  so  gut  gewesen  sein  würde;   wir  dürfen  sie 

aber  hier  wohl  aus  dem  Einfiuss  jener   vier  erklären«     Auf  demselben 


D.  QUANTITÄTSVERSCHIEDENH.  IN  D.  SAJffl.  ü.  PADA-TEXTEN  D.  V.    5 

beruht  wohl  auch,  dass  Prabkävasu  als  Eigenname  eines  Dichters  (von 
Ry.  V.  35  und  36  und  IX.  35  und  36)  mit  langem  ü  gesprochen  und 
geschrieben  ward;  oder  sollte  hier  die  Dehnung  dazu  dienen,  das  Wort  als 
Eigenname  vom  Adjectiv  zu  scheiden,  ähnlich  wie  im  Griechischen  mehr- 
fach die  Accentuation  ?  Im  gewöhnlichen  Sanskrit  erscheint  prabhu  als 
vorderes  Glied  nur  in  zwei  Zusammensetzungen  prabhü-deva  und  prabhu- 
bkakta,  in  denen  die  Kfirze  bewahrt  ist. 

Vgl.  No.  17  vibhitvasu  und  No.   138   Vaibhüva$d. 

16.    rad&-Yasn. 

(10  in  12)  Rv.  VIII.  32.  18  (=  Sv.  I.  4.  i.  2.  8  =  Ath.  XX. 
82,  1);  also  metrisch. 
Bem.  Leider  erscheint  das  Wort  bloss  im  Vocativ,  so  dass  fiber 
die  Accentuirung  desselben  keine  absolute  Sicherheit  zu  gewinnen  ist; 
allein  ohne  die  Länge,  also  in  der  Pada-Form  radä-vasu,  tritt  es  in  die 
entschiedenste  Analogie  mit  dem  Eigennamen  tnMsd-dasyu ^  welcher  ent- 
weder fflr  einstiges  trasdd-dasyu  (für  ursprüngliches  trasat^^)  steht,  oder 
eine  mit  diesem  begrifflich  identische  Bildung  ist;  es  verhält  sich  dazu, 
wie  z.  B.  griechisch  ^BQB'-aid^Xo ^  y>€Q(-noyo  und  andre  der  Art  zu 
fSQeg-aaxig  fflr  g>eQSt-aaxig,  worin  y>€g€T  -=  sskr.  bharat  in  bhardd-v/lja^  und 
bedeutet  'Die  Dasyu's  (Feinde)  erzittern  machend'  (von  tras  'zittern,  sich 
fflrchten\  mit  Uebertritt  in  die  transitive  Bed.  'zittern  machen,  wie  das  im 
Veda  bei  intransitiven  Verben  nicht  selten,  vgl.  z.  B.  ran  'sich  freuen* 
und  'erfreuen').  Die  metrische  Kürze  des  a  steht  in  trasdäasyu  auf  jeden 
Fall  fest  (vgl.  Rv.  I.  112,   14;  IV.  38,  1    und  VIII.  19,  36  [wo  ä  in  6 

in  11  vv ];  IV.  42.  8;  9;  VIL  19,  3  [wo  es  in  7  in  11  —  w —]; 

X.   120,  5  [wo  7  in  12  —vv—];  V.  27,  3   [wo  9  in   11  v ];  VIII. 

9 

49  (V41.  1),  10  [wo  9  in  12  v  —  v  — ];  sogar  kurz  in  6  in  8  [wo  mit 
verbal tnissmässig  sehr  wenigen  Ausnahmen  nur  Länge   erscheint,  in  Rv. 

VIII.  8,  2  I  w ^  |];    endlich   auch    in    der  zweiten  Silbe  V.  33,  8; 

VIII.  36,  7;  radavasu  und  trasädasyu,  in  denen  das  vordere  Glied  genau 
dieselbe  categorische  Bedeutung  hat,  wie  die  vielen  Zusammensetzungen 
des  Griechischen,  in  denen  dieses  auf  s  endigt  —  nämlich  die  eines  das 
hintere   Glied    regierenden  Ptcp   Fräsen tis   {rada-vasu   *Reichthum   spen- 


6  THEODOR   BENFEY, 

dend')  —  treten  also  in  die  strengste  Analogie  mit  diesen  im  Griechischen 
so  zahlreichen  vorderen  Compositionsgliedern  auf  s  und,  wie  ich  es 
1838*)  zuerst  gewagt  habe,  auf  zwei  sanskritische  Bildungen  —die  ein- 
zigen die  mir  damals  zugänglich  waren  —  und  sehr  wenige  des  Zends 
hin  die  arischen  Zusammensetzungen  dieser  Art  mit  den  griechischen 
zu  identificiren,  so  halte  ich  jetzt  für  wahrscheinlich,  dass  der  Mangel 
eines  auslautenden  t  in  trasd-  und  rada-,  wodurch  sie  mit  den  griechi- 
schen dieser  Art,  z.  B.  dQX^-xaxog,  der  Bildung  nach  ganz  zusammen- 
fallen, dafür  spricht,  dass  Formen  ohne  dieses  auslautende  t  schon  als 
indos:ermanisch  anzuerkennen  sind. 

Möge  es  mir  verstattet  sein  hierbei  kurz  zu  bemerken ,  dass  auch 
die  dem  begriflFlichen  Werthe  nach  hieher  gehörigen  griechischen  Zu- 
sammensetzungen auf  auslautendes  oi  im  ersten  Glied ,  wie  dooat-dixog^ 
dtoat-nvyos,  Nppr  Jwat'&eog^  dsiai-da^fiwp.  SsiOtSsos^  Aval^dixog  und  viele 
andre  ebenfalls  in  —  soviel  mir  bekannt  —  zwei  sskritischen  Beispielen 
widergespiegelt  werden,  nämlich  in  dctti-vära  (Rv.  L  65,  4;  167,  8;  III. 
51,  9;  V.  58,  2;  VI.  24,  2;  VII.  15,  12;  42,  24),  welchem  ein  grie- 
chisches *dwaC-ffiQO  'Wünschbares  gebend'  entsprechen  würde,  und  ranti- 
deva,  nur  als  Eigenname  bewahrt,  aber  (von  ran)  *die  Götter  erfreuend* 
bedeutend.  Auch  diese  Bildung  scheint  demnach  schon  der  indogerma- 
nischen Zeit  angehört  zu  haben. 

17.    vibhft'-vasu. 

(10  in    12)  Rv.  IX.  72,   7;   86,   10  (=  Sv.  II.  4.   1.   1.   1). 
Metrisch. 


1)  in  den  ^Ergänzungsblättern  zur  (Hallischen)  Allgemeinen  Literatur-Zeitung\ 
1838  Mai,  S.338.  Rosen  hat  gleichzeitig  dieselbe  Bemerkung  gemacht,  allein,  obgleich 
sie  in  demselben  Jahr  in  seinen  Anmerkungen  zu  'Rigveda-Samhita,  Über  primus* 
p.XXIsqq.  gedruckt  ward,  kam  dieses  Werk  doch  erst  bedeutend  später  in  dieOefient- 
lichkeit,  weil  Lassen  ersucht  war,  es  fortzusetzen.  In  dessen  Händen  war  es  noch 
im  August  1838,  wo  er  mir  die  Anmerkung  zeigte,  zugleich  voll  Erstaunen  über 
das  Zusammentreffen  und  noch  mehr  —  wie  er  sagte  —  über  meine  erfolgreiche 
Kühnheit 


D.  QUANTITÄTSVERSCHIEDENH.  IN  D.  SAJfH.-  ü.  PADA-TEXTEN  D.  V.    7 

18.  vi(jvä'-vasu    (vgl.    SvPr.    218    (das    Wort    findet   sich  jedoch 
nicht  im  Sv.);  VPr.  IIL   100;  Whitney  zu  AthPr.  III.  9). 

(6  in  8)  Rv.  X.  85.  22  (=   Ath.  XIV.  2.  33  mit  VV.  LL.)  — 
VS.  II.  3  (der  Anfang  von  a  ist  ein  achtsilbiger  Stollen). 
(2)   Rv.   X.    85,   21  ;    139,   4. 

19.  SYä-yaSU  (vgl.  AthPr.  III.  12). 

(10  in   12)  Rv.  V.   44,  7   (zu  lesen  sud'-vasuh). 
(6  in  11)   Ath.  VII.  50,   3  (v -'  v  —    es  ist   nämlich   ebenfalls 
suavasum  zu  lesen). 

6 

Die  Dehnung  ist  im  letzteren  Fall  nicht  metrisch,  da  |  vw  —  |  noch 
häufiger.  Der  Vers  ist  aber  identisch  mit  Rv.  V.  60,  1,  wo  V.  L.  sväva^ 
sum  (zu  lesen  sua-vasum)  mit  kurzem  a. 

Bem.  Also  einmal  (10  in  12)  metrisch;  in  dem  anderen  Fall  ist 
die  Leseart  sehr  zweifelhaft.  Zu  der  Zeit,  als  sie  sich  im  Ath.  fixirte, 
konnte  die  Dehnung  durch  Einfluss  der  so  häufigen  Dehnungen  vor  hin- 
terem 'Vasu  herbeigeführt  sein,  oder  selbst  durch  Bekanntschaft  mit  der 
Regel  des  RPr.  (citirt  in  §  1.  II). 

Ausnahmen  zu  IL 

väsü-vasu  Rv.  X.   76,  8  in  der  2ten  Silbe,    wo  die  Dehnung 
nicht  nothwendig. 

6 

Bahä-yasum,  Rv.  IL  1 3,  8,  in  6  in  12  |  ran?  —  |  ,  wo  die 
Kürze  in  grösster  Majorität  vorherrscht. 
Bemerkung  zu  IL  Es  sind  also  42  Fälle,  in  denen  sich  die  Deh- 
nung aus  metrischem  Einfluss  erklärt,  5,  in  denen  dies  nicht  der  Fall 
ist,  sie  aber  durch  Einfluss  von  jenen  —  also,  wenn  auch  nicht  unmit- 
telbar, doch  mittelbar  —  ebenfalls  durch  das  Metrum  entstanden  sein 
mochte. 


8  THEODOR  BENFEY, 

§  2. 
Aufzählung     der     übrigö'n     hieher     gehörigen     Zusammen- 
setzungen in  alphabetischer  Ordnung  nach  dem  Anlaut  des 

vorderen  Gliedes, 

20 — 22.     a-  privativum. 

Es  erscheint  lang  in  drei  Wörtern  und  zwar  in 

20.    &'-deya  (RPr.  iso). 

(7  in  12)  Rv.  II.  22,  4,  zu  lesen  abh(  ö^devam  (der  Vera 
kehrt  Sv.  I.  5.  2.  3.  10  wieder,  wo  aber  adevam  mit 
kurzem  a  und  noch  andre  VV.  LL.).  —  VIII.  59  (VAl. 

11),  2.     In  beiden  Stellen  {vv-^ — ). 

Bemerkung:  In  den  Göitinger  Nachrichten,  1874,  S.  641  habe 
ich  angenommen,  dass  d'devih  auch  Rv.  VI.  49,  15  — ,  wo  die  Inder 
die  anlautende  Länge  für  grammatisch  nehmen,  sie  also  auch  im  Pada- 
Text  bewahrt  ist  —  für  ddexÜh  stehe;  ich  habe  dabei  flbersehen,  dass 
auch  Grassmann  (Wtbch  177,  vgl.  auch  Uebersetzung,  1876,  I.  279)  es 
schon  so  aufgefasst  hat.  Auch  Ludwig  (Uebersetzung,  1876,  I.  233) 
nimmt  es  eben  so.  Ausser  dem  für  diese  Auffassung  in  den  Nachrichten 
angegebenen  Grund  —  welchen  ich  weiter  hätte  fassen  sollen ,  näm- 
lich: dass  überhaupt  solche  theil weise  Wiederholungen  eines  vorhergehen- 
den Stollens  sehr  häufig  sind  (vgl.  z.  B  Rv.  I.  137,  1  —  3  (in  allen 
dreien  im  ersten  und  dritten  Theil  der  Strophe);  138,  1 — 3;  139,  1 — 4 
und  6—10  —  IL  43,  2  —  IV.  1,  1;  2;  3;  27,  5.  —  V.  2,  12;  41. 
16;  17.  —  VI.  2,  11;  15,  3;  15;  48,  15  u.  aa.)  —  vgl.  man  vlfoh 
idetth  VIII.  96  (85),   15*).  —  Da»  d  fällt  m  die  3te  Silbe. 


1)  Beiläufig,  bemerke  ich,  dass  adeva  schwerlich  in  anderer  Weise  za  erklären 
ist,  als  in  der  von  Säyana  zu  Rv  VI.  49,  15  gegebenen  —  trotz  dem  dass  es  ge- 
rade an  dieser  Stelle,  wie  bemerkt,  für  adeva  steht.  Er  fasst  es  als  eine  elliptische 
Bahuvrihi-Composition:  agata  devä  yäsu  ^zu  welchen  die  Götter  gekommen*.  Sie 
passt  Rv.  IV.  1.  1,  wo  Agni  so  genannt  wird  als  Repräsentant  des  Opfers,  zu  wel- 
chem die  Götter  kommen;  das  vor  d'devam  stehende  vigvam  übersetzt  Grassmann 
(I.  8.  107)  durch  'steten*  (als  Beisatz  des  Agni),  Ludwig  (I.  S.  359)  durch  Men  all* 


D.  QUANTITÄTSVERSCHIEDENH.  IN  D.  SAJfH.-  ü.  PADA-TUKTEN  D.  V.    9 

An  eben  derselben  Stelle  der  Nachrichten  S.  639  ff.  habe  ich  auch 
in  Bezug  auf  Rv.  IL  23,  16  die  Ansicht  auszufahren  gesucht,  dass  da* 
selbst  statt  A  devä'näm  zu  lesen  sei  ä'devändm^  ebenfalls  mit  Dehnung 
des  Anlauts  für  ddevdnäm.  Hier  fällt  das  anlautende  ä  in  die  erste 
Silbe  des  Stollens. 

21  (2).    ä'-rnplta  (RPr.  179). 

f 

(5  in  11)  Rv.  IV.  5,  7  i-^vv  —). 

22  (3).     &'-sant  (RPr.  179;   180;    Whitney  zu  AthPr.  IIL  21  und 
IV.   90). 

(10  in  11)  Rv.  VII.   104.   12  =  Ath.  VIII.  4,   12. 

(2)  Rv.   V.    12.   4. 
(7  in   11)  Rv    VIL   104.   13  =  Ath.  Vlll.   4,   13  {— v -1  — ). 

zu  lesen  hanti  ä'sad. 
(6  in  11)  Rv.  IV.  5,   14  {v  -^  v —). 

(5  in  11)  Rv.  VII.   104.  8  =  Ath.  VIII.  4,  8  (-i  w —). 
Bern,  zu  20 — 22:    Nur   in   der   2ten  Silbe  und   in   10  in  11    kann 


gegenwärtigen*;  Grassm.  üebersetzung  ist  völlig  nnznlässig  (in  seinem  Wtbeb  fehlt 
diese  Bedeotung  nnd  aach  diese  Stelle).  LDdwig's  lässt  sich  darch  die  im  späteren 
Sskrit  erscheinende  Bed.  ^Alles  in  sich  enthaltend'  (8t.  Petersburger  Wtbch  V.  1223  n« 
d.  W.  1.  c)  yertheidigeu.  Nor  worde  ich  dann  diese  Bed.  selbst  oder  'allumfassend* 
gewählt  haben.  Die  drei  ersten  Verse  des  Hymnus  gehören  zn  den  mit  sehr  künst- 
liehen Metren  nnd  den  eben  im  Texte  erwähnten  mit  theilweisen  Wiederholungen, 
welche  yerhältnissmässig  jüngeren  Ursprungs  zn  sein  scheinen.  Nicht  unmöglich 
wäre  aber  auch,  dass  wir  in  den  beiden  Wörtern  die  Vertreter  eine  der  Zusam- 
mensetzungen zu  erkennen  haben,  über  welche  ich  zuletzt  in  den  Nachrichten  1878, 
8.  193 ff.  gesprochen  habe,  sodass  die  wörtliche  Üebersetzung  'den — allen  —  Götter- 
besuchten*  bedeutet  'zu  dem  alle  Götter  kommen*. 

Eben  so  passt  diese  Bedeutung  Rv.  VII.  92,  4,  wo  die  Opferherm  als  ä'devd" 
sah  'solche,  zu  denen  die  Götter  [natürlich  gern]  kommen*,  bezeichnet  werden. 
Grassmann  hat  'den  Göttern  treu'  (1.371),  Ludwig  'den  Göttern  benachbart'  (11.333). 

Endlich  auch  in  der  dritten  und  letzten  Stelle  Rv.  IL  4.  1  d'deve  jdne  'bei  dem 
von  den  Göttern  besuchten  Volke'.  Damit  trifft  Ludwig  (I.  321)  durch  'mit  den 
Göttern  verkerend*  fast  ganz  zusammen.     Grassmann  hat  (L  10)  'gottergeben*. 

Eistar.'phOolog.  Glosse.  XX  VI.  2.  B 


10  THEODOR  BENFEY, 

die  Länge  als  metrisch  mit  einiger  Sicherheit  betrachtet  werden;  in 
allen  übrigen  Fällen  (7  in  12;  5  in  11;  6  in  11;  7  in  11)  passte  die 
Kfirze  auf  jeden  Fall  eben  so  gut  ins  Metrum.  Es  entsteht  daher 
die  Frage,  ob  in  diesen  Fällen  —  und  eben  so  in  den  griechischen  4- 
9äpccT0,  h'xdfiaro,  b'V^(peXo  —  die  Länge  nicht  eher  auf  der  ursprfinglicheren 
Form  an-  beruht,  welche  bekanntlich  im  Deutschen  (goth.  un-)  und  La- 
teinischen {in-)  die  allein  herrschende  blieb,  im  Sskr.  und  Griech.  aber 
sich  nur  vor  vocalisch  anlautenden  Zusammensetzungen  —  oft  überein- 
stimmend z.  B.  sskr.  dn'Ofva  =:  ap-inno  —  erhalten  hat.  Wurde  sie 
einst,  wie  im  Germanischen  und  Latein,  auch  im  Sskrit  noch  vor  Con- 
sonanten  gebraucht,  so  entstand  Beschwerung  durch  Position^  welche 
nach  Einbusse  der  Position  sich  —  neben  dem  kurzen  a  —  als  langes  a 
erhalten  konnte  (vgl.  z.  B.  von  kläm  durch  Wirkung  der  Positions- 
beschwerung klän-tä,  von  jan  (vermittelst  ^antd,  dann  *jdntd,  mit  Ein- 
busse des  n)  jätä. 

Ich  glaube  sogar  die  ursprüngliche  Dehnung  des  a  privativum  auch 
noch  in  einer  Stelle  annehmen  zu  müssen,  in  welcher  sie  die  Inder 
nicht  annahmen,  nämlich  Rv.  L  63,  5,  wo  der  erste  Stollen  in  der  Sam- 
hitd  lautet: 

tY&f&  ha  tydd  Indrd'rishanyan 
aber  zunächst,  mit  den  bekannten  Aenderungen,  um  die  Silbenzahl  (elf) 
zu  erhalten,  zu  lesen  ist 

t\x&&  ha  tyäd  Indara  drishanyan. 
Dalin  erhalten  wir  jedoch  den  Rhythmus 

t; V  \  —  VW  \  V 

mit  I  —  VW  I  im  zweiten  Fuss.  In  den  Beiträgen  zur  vedischen  Metrik 
werde  ich  aber  beweisen,  oder  wenigstens  höchst  wahrscheinlich  machen, 
dass,  wie  eine  auslautende  Kürze  an  dieser  Stelle  (8  in  11  und  12)  ge- 
dehnt ward,  so  auch  weder  eine  in-  noch  anlautende  Kürze  in  ihr  er- 
laubt war,  der  Dichter  also,  wenn  das  a  privativum  zu  seiner  Zeit  wegen 
seiner  Entstehung  aus  an  vor  Consonanten  lang  gebraucht  werden 
konnte  —  wie  wir  eben  annahmen  —  er  es  auch  hier  vor  r  lang  sprach, 
und  also  in  einem  Versuch  die  ursprüngliche  Form  des  Rv.  herzustellen 


D.  OÜANTITATSVERSCHIEDENH.  IN  D.  SAJlfH.-  U.  PADA-TEXTEN  D.  V.    11 

d'rishanyan  zu  schreiben  ist  In  Rv.  IX.  111,  3  (=  Sv.  II.  7.  3.  10. 
2),  wo  der  3te  Stollen  lautet 

väjra9  ca  ydd  bhdvatho  änapacyutä 

V  —   \  W V  \  V V  —   I 

die  8te  Silbe  also  ebenfalls  in  der  Samhitä  kurz  erscheint,  ist  das  n  von 
^m,  nach  der  allgemeinen  Regel  (vgl.  z.  B.  nemannishtih  Rv.  I.  56,  2 
aus  neman-ish),  welche  übrigens  im  Veda  nicht  durchweg  herrscht  und 
bei  dem  an-  priv.  nicht  gilt,  dennoch  vielleicht  verdoppelt  gesprochen. 

23.    akshä-näh  (RPr.  547). 

(2)  Rv.  X.  53,  7,  also  nur  metrisch. 

[aCChä-Yäkä  TS.  VII.  l.  5.  5   erscheint   auch  im  Pada-Text 

mit  langem  ä  und  ohne  Trennung  der  Zusammensetzung;  vgl. 

IVte  Abhdlg  1,  S.  8,  wonach  der  auslautende  Vocal  in  äcchä  zur 

Vedenzeit  lang  war]. 
[att-kä^  TS.  I.  2.  2.  2  ohne  Verkürzung  und  ohne  Trennung 

im  Pada;  vgl.  Pdn.  VI.  3,   122;  123]. 

24.  adht-Yäsä  (im  Pada  getrennt   und  mit  i  nach  VPr.  III.  96 

und  TPr.  III.  7 ;   im  Rv.-Pada  dagegen  ungetrennt  und  mit 

i;  vgl.  Pdn.  VI.  3,   122;   123). 
(2)  VS.  XXV.  39  =  TS.  IV.  6.  9.  2  (=  Rv.  I.  162.  16). 
(Rv.  I.   140,  9.  —  X.   5,  4) 
in  allen  drei  Stellen  metrisch. 

25.  ananü-yäjä  (TPr.  III.  7  vgl.  anäyajd). 

(Prosa)  TS.  VI.   1.  5.  3. 

26.  toap&-Yrit  (RPr.  559,  vgl.  apdvrita  äpavritij. 
(8  in   11)  Rv.  VI.  32,  5.  —  X.  89,  3. 

Metrisch. 

27.  anÜ-käQ&  (VPr.  III.  128;  TPr.  III.  7;  vgl.  aMäfd). 

(Prosa)  VS.  XXV.  2.  —  TS.  V.  3.  1.  3. 

28.  anü-jahir^  (Whitney  zu  AthPr.  IlL  12). 

(2)  Ath.  XVIII.  3,  46.      Diess   ist,   wie  Wh.    a.  a.  O.   p.  120 

B2 


12  THEODOR   BENFEY, 

aasdrflcklich  bemerkt,  die  Leseart  aller  Mscpte  des  Athar- 
vaveda.  Im  Ry.  dagegen,  wo  sich  der  Vs  X.  15,  8  (mit  W. 
LL.)  findet,  erscheint  in  der  Samhitft  anü/nri,  welches  der 
Pada-Text  in  amt'iUtü^S  trennt. 

29.    anü-bandhyä'  (TPr.  iii.  7). 

(Prosa)  TS.  II.  2.  9.  7. 

30.  anü-yaj4  (TPr.  III.  7  ;  nur  in  den  Taittirfya-BQchem,  Sfiyana 

zu    Aitar.    Brähm.    I.    11;    im  Rv.   nur   anuydjd,    z.    B.   X. 

51,  8;   9). 

(Prosa)  TS.  IL  6.  9.  4  (zweimal);  VI.  1.  5.  4. 
Auch  in  der  Ableitung 

z.  B.  an  ü-y^i  vat  TS.  VL  i.  5.  3 

und  Zusammensetzungen 

z.  B.  an-anü-yäj&  TS.  VI.  i.  5.  3. 
prayäjän  ü-ylij4  z.  B.  TS.  L  7.  i.  i. 

31.  anft-rädhi  (Whitney  zu  AthPr.  IIL  12;  TPr.  IIL  7). 

(6  in  II)  Ath.  XIX.  1 5,  2  (|  v  -2- |    ein  sehr  auffallender 

Khythmus ,    da   durch  anu  der  regelmässigste  \  vv {  ent- 
standen wäre.     Als  Name  der  Mondstation  erscheint  Ath.  XIX. 

7.  3  anürddhd  \  v f  ,  aber  in  TS.  IV.  4.  10.  2,  in  Prosa, 

anärädhd'). 

31.     anü-yrfj  (Whitney  zn  AthPr.  III.   12;  TPr.  III.  7). 

(6  in  8)  Ath.  IX.  4,  12;  metrisch. 
(Prosa)  TS.  V.  7.  23. 

33.  annä-YHdh  (RPr.  560). 

(2)  Kv.  X.   1,  4;  metrisch. 

34.  Apart-vrita  (RPr.  559). 

(3  in  11)  Rv.  II.  10,  3  (I  tn;  —  t?  I  ,  vielleicht  metrisch,  da  sonst 

8 

der  erste  Fuss  tn;w  geworden  wäre). 
35.     apä-mäl^i  (VPr.  III.   128;   ob  auch  der  Pada-Text  des  Ath. 
apu'  hat,  ist  bei  Wh.  AthPr.  nicht  angegeben ;  im  classischen 
Sskrit  ist  die  Dehnung,   durch  Einfiuss  der  vedischen  Stellen, 


D.QUANTITATSVERSCHIEDENH.  IN  D.  SAME.-  ü.  PADA-TEXTEN  D.  V.    18 

in  denen  sie  durch  Einfluss  des  Metrums  (2te  Silbe)  entstan- 
den war,  fizirt,  vgl.  Seh.  zu  Pftn.  III.  3.  121  und  VI.  2.  144; 
es  ist  nicht  mit  dem  St.  Ptsb  Wtbch  in  apa-A-  zu  trennen,  wie 
auch  Aih.  IV.  18,  7  apdmdr^ö  'pa  mdrshtu  zeigt,  wo  die  bei- 
den letzten  Worte  gewissermassen  die  Etymologie  geben). 
(2)  VS.  XXXV.  11.—  Ath.  IV.  17.  6;  18,  7;  19,  4.  —  VU. 
65,  3. 
Metrisch. 

36     4p&-TrIta  (RPr.  543). 

(10  in   12)  Rv.  I.  57,  1   (=  Ath.  XX.  15,  1). 
Metrisch;   doch  auffallend,   dass  die  Länge  gerade  vor  «  so 
oft  erscheint.  Tgl.  No.  37;  38;  40;  43;  44;  45;  82;  83;  103 
— 108  und  in  der  gewöhnlichen  Sprache  prdv<xra  a.  aa.  8.  St. 
Ptsb.  Wtbch. 

37.  Apä-Triti  (RPr.  543). 

(10  in  12)  Rv.  VIII.  66  (55),    3. 
Metrisch,  vgl.  jedoch  zu  No.  36. 

38.  ap&-Trftya  (nicht   von  Whitney   im   AthPr.  erwähnt,    aber 
wahrscheinlich,  wie  36  zu  betrachten). 

(2)  Ath.  XII.  2,  34. 
Metrisch,  vgl.  aber  zu  36. 

39.  apt-jA'  (RPr.   559). 

(10  in  12)  Rv.  II.  31,  5;  metrisch. 

40.  ipt-Trita  (RPr.  543). 

(2)  Rv.  I.   121,  4.  —  IL  11,  5.  —  X.  32,  8. 
Metrisch;  vgl.  aber  zu  36. 

41.  abht-modamüd  (Whitney  zu  AthPr.  IIL  12). 
(2)  Ath.  XI.  7,  26  =  8,  24.     Metrisch. 

42.  abht-läpaUp  (Whitney  zu  AthPr.  III.  12). 
(2)  Ath.  XL  8,  25.    Metrisch. 

43.  abht-Targi  (Whitney  zu  AthPr.  IIL  12),  vgl.  zu  36. 
(6  in  8)  Ath.  IIL  5,  2.   —  VL  54,  2. 

(2)  Ath.  XL  2.  4. 


14  THEODOR  BENFEY, 

Metrisch. 

44.  abht-yartä  (RPr.  544  ;  VPr.  III.  96;  AthPr.X,  12)  vgl.  zu  36. 
(2)  Rv.  X.  174,  1;  3  =  Ath.  L  29,   1;  3.     Metrisch. 

(In  Prosa)  VS.  XIV.  23. 

45.  abhf-yrita   (RPr.  543;     TPr.   III.  7;    Whitney    zu   AthPr. 
III.  12). 

(6  in  8)    Rv.  IIL  44,  5.  — -   VIII.  39,   5;    100  (89).  9.  —   X. 

176,  3  (=  TS.  III.  5.   11.    I). 
(10  in  12)  Rv.  L   164,  29  (=  Ath.  IX.   10.  7).  —  VI.  70,  4. 
(2)  Rv.  I.   35,  4.   —  X.  73,  2  (RPr.  584). 
Alle  metrisch;  vgl.  aber  zu  36. 

Dagegen    Kurz   (in  2)   obKx-vHtya   (folgt   eine    positionslange   Silbe 
wity^)  Rv.  X.   174,  2  I  w  —  V  I  (RPr.  441). 

46.  abht-sMh  (TPr.  III.  7). 
(Prosa)  TS.  II.  3.  2.  6  [abhishdhä). 

Bemerkung:  Der  Nominativ  Sing,  dieses  Themas,  nämlich  abfd-^ 
shA't,  welcher  im  Rv.  (VII.  4,  8)  und  im  Ath.  XII.  1,  54  erscheint« 
wird  im  Pada-Text  ganz  wie  in  der  Samhitd  geschrieben,  und  diese  Regel 
gilt  auch  ffir  alle  Nom.  Sing,  derartiger  Zusammensetzungen;  im  Rv. 
also  für  riski-shä't^  jand-shä't,  turd-shä't,  nish-shä%  purd-shnt,  pritanä'Shdt, 
praQU-shä't,  bhüri-shdtt^  rajfi-shä't^  vane-shat,  vträ-shät,  vnthd-shat^  satrd- 
shat;  demgemäss  findet  sich  im  RPr.  über  die  Länge  des  dem  sh  vor- 
hergehenden Vocals  in  abhishat,  jandshät^  turdshclt^  virdshd't  keine  Regel. 
In  dem  VPr.  dagegen  und  dem  AthPr.  findet  sich  ausdrücklich  ange- 
merkt, dort  V.  30,  hier  IV.  70  (vgl.  II.  82),  dass  die  dort  erwähnten 
Wörter  auf  shd't  im  Pada  nicht  getrennt  werden;  im  AthPr.  endlich 
wird  die  Dehnung  von  Vocalen  vor  -shdt  bemerkt  (III.  1),  aber  im  Pada 
erscheinen  sie  wie  in  der  SamhitA  (s.  Whitney  zu  AthPr.  II.  82  und 
IV.  1);  in  der  VS.  finden  sich  nur  zwei  hieher  gehörige  Wörter  und 
nur  in  dem  einen  derselben,  ritdshät,  ist  der  Vocal  vor  sh  ursprünglich 
kurz.  In  dem  Ath.  erscheinen,  ausser  den  schon  aus  dem  Rv.  ange- 
führten abfäshd't  und  turdshd%  noch  drei  hieher  gehörige,  nämlich  fiishä% 
vifvdshdt   und    faträshd't.      In    der   TS.   finden   sich  ritdshd't    und  turär- 


*^ 


D.  QJJANTITÄTSVERSCHIEDENH.  IN  D.  SAilfH.-  ü.  PADA-TEXTEN  D.  V.    15: 

shSt   im  Pada  ungetrennt   und   ohne  Verkflrzung   (s.   Whitney  zu  TPr. 
p.  99). 

Der  gedehnte  Vocal  findet  sich 

(in  2)  in  abhishd't  Ath.  XII.  1 ,    54  und  XIII.  1,  28  —  faträ- 
shä't  (vgl.  unter  ^trü-S&h  No.  139)  Ath.   V.  20,  11.  —   ri- 
tdsMt  VS.  XVIII.  38  (=  TS.  III.  4.  7.   1). 
(4  in  11)  in   turä$hät  Rv.  III.  48,  4.   —    Ath.  II.  5,  3.  —  in 

nUhä't  Ath.  V.  20,  11. 
(1 0  in  1 1)  in  turdshd't  Rv.  V.  40.  4  (=  TS.  I.  7.  13.  4  =  Ath.  XX. 
12,  7).  —  VI.  32,  5.  —  X.  55,  8.  und  in  viräshä't  Rv.  I.  35,  6. 
In  diesen  drei  Silben  kann  die  Dehnung  durch  metrischen  Einfluss 
erklärt  werden.     Dies  ist  aber  schwerlich  möglich,  wo  sie  erscheint  in 
(7  in  8)  in  Ti^TäsM'f  Ath.  XII.   1,  54. 
und   (6  in  II)   in   abhi$hd't   Rv.    VII.  4,   8  |  t) -5 j,    wo 

6 

\  w I  viel  besser  gewesen  wäre ,  und  in  janäshd't  Rv.  I. 

54 ,  11  \  V  -^v  —  |.  Diese  drei  Fälle  und  die  Länge  in  o- 
hhishdhd  in  Prosa  in  der  TS.  scheinen  gegen  metrische  Ent- 
stehung derselben  fast  entscheidend  zu  sprechen.  Dennoch 
ist  es  dem  gegenüber  auffallend,  dass  wir  keine  Dehnung  in 
rishi'Shä't,  prdfVnshdt^  bhüri-shä't  und  rayi-^hä't  finden,  während 
die  Dehnung  des  i  in  (ü>hi  sich  in  No.  41 — 45,  d.  h.  in  allen 
übrigen  Fällen,  durch  metrischen  Einfluss  erklärt,  und  eben  so 
sonst  auch  in  letzter  Instanz  die  des  a  in  tnpvo-  (vgl.  No.  128 
— 134);  ich  glaube  daher,  dass  auch  in  viQvdshä^t  die  Länge 
in  7  in  8  sich  aus  metrischem  Einfluss  erkläre,  nämlich  ent- 
weder unmittelbar  durch  den  Einfluss  der  später  geltend  ge- 
wordenen Umwandlung  der  vedischen  Anushtubh  in  den  ^loka, 
in  welchem  im  zweiten  Fuss  des  ersten  und  dritten  Stollens 
vorwaltend ,     nächst     |  v  —  —  v  \  ,    wie    hier   im  Ath. ,    der 

Rhythmus  v 2. —  herrscht   (vgl.  meine   Chrestomathie   aus 

Sanskritwerken  S.  324),  oder  mittelbar  durch  Einfluss  von 
YiQYä-S&h,  wo  sich  das  d  durchweg  durch  das  Metrum  er- 
klärt (s.  No.  133).     Dann  bleibt  mxx  janäshd't,  dessen  langes  A 


16  THEODOR  BENFEY, 

sich  wohl  dadurch  erklärt,  dass  im  Veda  in  Folge  des  metri- 
schen Einflusses  sich  keine  Form  auf  -äsh^'t  erhalten  hatte. 

47.  ainitr&-yüdh  (RPr.  560). 

(3  in  12)  Rv.  III.   29»   15. 

Wflrde  uumetrisch  sein.  Sollte  es  aber  nicht  vielleicht  aus 
amitra-A'yüdh  bestehen? 

Die  Verbindung  des  Präfixes  ä  mit  yudh  erscheint  zwar  in  der  ve- 
dischen  Sprache  nur  im  Nomen  a^yndh^i^  wohl  aber  im  späteren  Sskrit 
(auch  pra-d'), 

48.  avä-yatf  (RPr.  560). 

(8  in  12)  Rv.  VIII.  91  (80),  1;  kanyd^  ist,  wie  —  mit  einer 
einzigen  Ausnahme  —  allenthalben,  dreisilbig,  vielleicht  noch 
in  der  ältesten  Form  kaniä'  zu  lesen  (auch  IV.  58,  9  wohl 
kanieva  statt  kanyd-iva,  im  Pada  kanyä^h-iva,  vgl.  Gott.  Nachr. 
1879,  S.  396  ff.  und  insbesondre  die  Iste  dieser  Abhdlgen 
S.  246  ff.) 
Metrisch. 

[ay  &-<^ring&  TS  IL  l.  8.  5,  aber  im  Pada-Text  weder  Verkür- 
zung, noch  Trennung  der  Zusammensetzung,  Whitney  zu  TPr. 
p.  99.     Prosa.] 

[asb#ä-  (AthPr.  III.  2  betrachtet  ashtä-  als  vorderes  Glied  ei- 
niger Zusammensetzungen  als  Vertreter  von  ashta-,  allein  in 
demselben  Prdti9dkhya  wird  IV.  94  ausdrücklich  vorgeschrieben, 
dass  der  Pada-Text  die  Samhitä-Form  nicht  verändern  soll. 
Aehnlich  giebt  SvPr.  225  —  227  Regeln  über  Dehnungen  des 
Auslauts  von  ashta--,  wenn  es  vorderer  Theil  einer  Zusammen- 
Setzung;  aber  der  einzige  Fall  dieser  Art,  welcher  im  Sv.  vor- 
kömmt ashtd'-padt  (Sv.  II.  3.  2.  9.  3)  hat  ebenfalls  im  Pada- 
Text  dieselbe  Form  wie  in  der  SamhitA.  Ausserdem  stimmen 
AthPr.  III.  2  und  SvPr.  225.  227  auch  darin  überein,  dass 
sie  auch  Beispiele  geben,  welche  weder  im  Ath.  noch  Sv. 
vorkommen..  Die  Regeln  sind  augenscheinlich  aus  andern 
grammatischen  Arbeiten  in  diese  Präti9dkhya's  hinübergenom- 


D.  QUANTITÄTSVERSCHIEDENH.  IN  D.  SAJIf H.-  U.  PADA-TEXTEN  D.  V.    17 

men.  Dennoch  will  ich  hier  die  Fälle  mit  asktä-  und  ashtä- 
im  vorderen  Glied,  welche  ich  aus  den  Veden  notirt  habe, 
mittheilen.  Man  vgl.  dazu  'Abhdig  III,  S.  11',  wo  man  Z.  15 
hinter  'Rv.  X.  27,  15'  hinzufügen  möge:  'wo  Contraction  ein- 
getreten ist';  ausserdem  vgl.  man  noch  Pän.  VI.  3,  47;  49;  126. 

1)  Mit  langem  d: 

ashfä'-kapäla  (vgl.  P4n.  vi.  3.  126). 

VS.  XXIX.  60  =  TS.  VII.  5.  14.     Prosa. 

ash#ä'-cakra. 

(2)  Ath.  X.  2,  31.  —  XI.   4,  22. 

asb#&Catvärl«<<^  (abgeleitet  von  ashtä-catvdrimfat). 
VS.  XIV.  23  =  TS.  IV.  3.  8.     Prosa. 

ash#äda^  (abgeleitet  von  ashtd-dafan). 
VS.  XIV.  23  =  TS.  IV.  3.  8.     Prosa. 

ashfä'-paksha. 

(2)  Ath.  IX.  3,  21. 

ashfä'-pada,  fem.  dt. 

(2)  Rv.  I.   164.  41   (=  Ath.  IX.   10,  21).  —  II.  7,  6.  —    VS. 

VIII.   30.   —  Ath.  V.   19,  7. 
(4  in  8)  Rv.  VIII.  76  (65),    12  (=  Sv.  II.  3.  2.  9.  3  =  Ath. 

XX.   42.    1).  —  Ath.  X.    1,   24. 

astafä-yogä. 

(6  in  8)  Ath.  VI.  91,  I. 

asbfä'-yandtaura. 

(2)  Rv.  X.   53.  7. 

ashfäTi«>Q&  (abgeleitet  von  ashtä^-vüt^ttj. 

(2)  Ath.  XIX.   8,  2. 

astaf&'-YlH^ti. 

VS.  XVIII.  25.     Prosa. 

2)  Mit  kurzem  a. 

asbfä-kariti,  fem.  nf. 

(9  in   12)  Rv.  X.  62,  7. 
Der  Stollen  lautet: 
Eistor.-phädog.  Glosse.  XXVL  2.  ^ 


i 


18  THEODOR  BENFEY, 

sahdsram  me  dädato  ashtakarnyäh, 
und  das  letzte  Wort  ist  ashtakamiah  zu  sprechen;   ^Ufi   bildet  die  erste 
Silbe  der  iambischen  Schiussdipodie,  welche  in  weit  überwiegender  Mehr- 
zahl karz  ist;  auch  ist  die  folgende  Silbe  ^kanfi  positionsschwer. 

ashiä-pntra. 

(9  in  II)  Ath.  VIIL  9,  21.  Aehnlich,  wie  im  letzten  Fall 
bildet  Ha^  die  erste  Silbe  des  in  der  weit  überwiegenden 
Mehrzahl  elfsilbige  Stollen  schliessenden  Bacchius  und  die 
folgende  Silbe  hat  ebenfalls  Position. 

ashlä-yonL 

(2)  Ath.  VIII.  9,  21,  also  in  demselben  Verse,  in  welchem  das 
vorige  Wort  mit  kurzem  ä  erscheint.  Auffallend  ist  die  Kürze 
in  der  2ten  Silbe,  und  ich  wäre  sehr  erfreut,  wenn  der  SchoL 
zu  AthPr.  IV.  94  mit  Recht  ashtä^-yom  mit  langem  d  aufge- 
führt hätte.  Allein  Whitney  bemerkt  ausdrücklich  zu  dieser 
Regel  des  Pr. ,  dass  der  Samhitft-  sowohl  als  der  Pada-Text 
kurzes  a  haben;  auch  ist  im  AthPr.  III.  2  unter  den  The- 
men, vor  welchen  ashtd-  mit  langem  ä  erscheint,  yoni  nicht 
aufgeführt.  Ich  würde  daher  fast  glauben,  dass  die  Kürze 
durch  Einfluss  von  ashta-putra  in  demselben  Vers  herbeige- 
führt sei,  wenn  ashta-^oni  mit  a  nicht  auch  in  Taitt.  An  I. 
13  erschiene.  Der  Atharva  V.  ist  übrigens  stark  von  der 
späteren  Sprache  beeinfiusst,  so  dass  manche  seiner  Formen 
für  die  alte  —  speciell  vedische  Sprache  —  von  keinem  gro- 
ssen Gewicht  sind. 

ashfä-yrishi. 

(4  in  8)  Ath.  V.  16,  8;  es  ist  yddi  ashP  zu  lesen. 
Bem.  Ich  darf  nicht  unerwähnt  lassen,  dass  sich  ashtd-  mit  ä  im 
vorderen  Compositionsglied  noch  in  vielen  Wörtern  der  sich  an  die 
Veden  schliessenden  Literatur  findet  und  selbst  in  der  späteren,  so 
z.  B.  (nach  PAn.  a.  den  aa.  OO.)  allein  vor  Zehnern  z.  B.  nur  Mhtd^ 
dofan,  achtzehn;  neben  ä  von  'vierzig'  an,  z.  B«  ashtä-catoärim^t  und 
ashtd-catodrim^  'acht   und  vierzig^;    von  'hundert'   an    wird  nur  ashtä- 


D.  QÜANTITÄTSVERSCHIEDENH.  IN  D.  SAJfH.-  ü.  PADA-TEXTEN  D.  V.    19 

in  der  späteren  Sprache  erlaubt,  z.  B.  nur  ashta^fata  'hundert  und  acht\ 
aber  im  Cat.  Br.  X.  4.  2.  23;  24  findet  sich  auch  statt  dessen  oakfä-' 
^ta.  Man  siebt,  dass  die  kleineren  —  häufiger  als  die  grossen  —  ge* 
brauchten  Zahlen  die  alte  Form  bewahrt  haben,  die  grossen  dagegen 
haben,  der  allgemeinen  Regel  gemäss,  wonach  Themen  auf  n,  wenn  sie 
das  vordere  Glied  einer  Zusammensetzung  bilden,  nur  dieses  n  einbQ- 
ssen,  ohne  eine  Veränderung  des  ihm  vorhergehenden  Vocals  zu  erleiden, 
ashta-  als  vorderes  Glied. 

Von  den  übrigen  Zahlwörtern,  deren  Thema  auf  an  auslautet,  näm* 
lieh  pdncan,  saptän,  nävan  und  däfan  erscheint  das  Thema  als  vorderes 
Glied  stets  mit  kurzem  ä  im  Auslaut,  z.  B.  päncä-rofmi^  sapta-dhätu^ 
n(bD€hpad,  ddfa-bhuji.  Sollen  wir  danach  annehmen ,  dass  ashtä"  als  vor^ 
deres  Glied  seine  auslautende  Länge  nur  dem  Metrum  verdanke?  Frei- 
lich erscheint  sie  nur  in  der  2ten  und  4ten  Silbe,  und  in  der  6ten  eines 
achtsilbigen  Stollens,  in  denen  metrische  Dehnung  so  überaus  häufig  ist; 
allein  sie  erscheint  ausserdem  sehr  häufig  in  Prosa  und  hat  sich  selbst 
in  der  späteren  Sprache  erhalten.  Ja!  der  Umstand,  dass  die  Pada-Ver* 
fertiger  sie  nicht  zu  kürzen  wagten,  scheint  —  zumal  in  Verbindung 
mit  ihrer  Verwendung  in  Prosa  und  in  der  späteren  Sprache  —  dafür 
zu  sprechen,  dass  sie  zu  ihrer  Zeit  in  der  Sprache  lebendig  war.  Dies 
alles  blos  aus  den  —  zumal  im  Verhältniss  zu  den  in  der  lebendigen 
Sprache  sicherlich  sehr  häufig  gebrauchten  Zahlwörtern,  wie  18,  28,  38, 
arbiträr  48,  58,  68,  78,  88,  98  —  sehr  wenigen  Fällen,  wo  die  Länge 
dem  Metrum  zugeschrieben  werden  kann,  ableiten  zu  wollen,  scheint 
mir  doch  höchst  gewagt,  ja  wohl  kaum  zulässig. 

Ich  schwanke  zwischen  zwei  Erklärungen  und  gestehe,  dass  ich 
bis  jetzt  kein  Moment  erkennen  konnte ,  durch  welches  eine  der  beiden 
entschieden  überwiegend  würde;  doch  neige  ich  mich  ein  wenig  mehr 
der  zweiten  zu,  weil  sie  in  Analogie  mit  dem  Griechischen  und  Latein 
tritt  Ich  werde  sie  beide  kurz  mittheilen,  in  der  Hofi^nung,  dass  es 
einem  der  Mitforscher  gelingen  wird,  einer  dieser  beiden  durch  Hervor- 
hebung eines  mir  entgangenen  Momentes  ein  entscheidendes  Ueberge* 
wicht  zu  verschaffen,  oder  eine  andre  unzweifelhafte  zu  gewinnen. 

C2 


20  THEODOR    BENFET, 

Die  erste  Erklärung  betreffend,  so  ist  keinem  Zweifel  zu  unter- 
werfen (vgl.  weiterhin  latein.  octin^gentCj^  dass  die  thematische  Form  ur- 
sprünglich ohne  Veränderung  vortrat,  also  im  Sanskrit  deren  Reflex 
ashtan.  Geschah  dies  nun  vor  consonantisch  anlautenden  hinteren  Glie- 
dern ,  dann  trat  durch  die  Position  eine  Beschwerung  des  dem  n  vor- 
hergehenden Vocals  ein,  welche,  nach  Einbusse  des  n,  sich  in  der  Deh- 
nung desselben  erhalten  konnte.  Die  so  entstandene  Dehnung  wäre  in 
den  Fällen,  wo  ashtd-  erscheint,  bewahrt.  Diese  Erklärung  tritt  in  Ana- 
logie mit  den  ebenfalls  nur  wenigen  Fällen,  in  denen  a  des  an-  priva- 
tivum  lang  erscheint  (s.  S.  8  ff.). 

Die  zweite  Erklärung  findet  nicht  einen  bloss  quantitativen,  ge- 
wissermassen  zufälligen  Unterschied  in  diesem  ashtd-  und  ashtä-,  son- 
dern einen  grammatischen.  Im  Griechischen  sowohl  als  im  Lateinischen 
finden  wir  wesentlich  zwei  Bildungen  dieses  Zahlwortes,  wenn  es  als 
vorderes  Element  einer  Zusammensetzung  erscheint,  nämlich  griech.  dxtm^ 
(z.  B.  dxTfo-ddxrvXos)  =  latein.  octo  (z.  B.  octo-jugis) ;  2)  griechisch  orra- 
(z.  B.  oxta'-ddxTvXog) ;  diesem  entspricht  lateinisch  octm-,  wie  dies  durch 
das  Verhältniss  des  latein.  octin-genti  zu  griech.  ixTa^x6aio$  und  die  so- 
gleich zu  gebende  Erklärung  desselben  über  allen  Zweifel  erhoben  wird* 

Was  nun  Sxta)-^  latein.  octo-  betrifft,  so  sind  sie  augenscheinlich 
die  Form,  welche  dieses  Zahlwort,  indeclinabel  geworden,  in  diesen  Spra- 
chen stets  hat,  und  darin  ist  sicherlich  ein  ursprünglicher  Nominativ  za 
erblicken,  welcher  genau  dem  vedischen  Nominativ  desselben  ashtä'  ent* 
spricht  (wahrscheinlich  Nominat.  plur.  für  ursprüngliches  aktdnä,  vgU 
IV.  3,  S.  17  unter  sapta;  in  den  so  häufig  gebrauchten  Zahlwörtern 
traten  bekanntlich  Verstümmelungen  sehr  häufig  und  wohl  schon  früh 
ein).  Demgemäss  bezweifle  ich  kaum,  dass  sskr.  ashtä  —  als  vorderes 
Glied  einer  Zusammensetzung  —  mit  diesem  Nominativ  identisch  ist  und 
ixTw^  lat.  octo-  genau  widerspiegelt. 

Was  dagegen  dxta^  als  vorderes  Glied  betrifft,  so  ist  schon  lan^ 
—  seit  Bopp  —  bekannt,  dass  auslautendes  a  im  Griechischen  gewöhn- 
lich dafür  entscheidet,  dass  ein  ursprünglich  folgender  Nasal  hinter  ihm 
eingebüsst  sei,  z.  B.  ein  m  in  hv^a  für  hvtpafi,  ein  r  im  er-  privativum 


D.  QÜANTITATSVERSCHIEDENH.  IN  D.  SA  MR.  U.  PADA-TEXTEN  D.  V.    21 

• 

für  «y-,  welches  sich  nur  —  gerade  wie  im  Sskrit  —  vor  Vocalen  hielt, 
während  es  im  Latein  und  Deutschen  auch  vor  Consonanten  bewahrt 
ist  Griech.  oxra-  deutet  daher  auf  ein  einstiges  ixTa/i-  oder  Sxtap^. 
Von  einer  Form  dieses  Zahlworts  mit  auslautendem  m  findet  sich  aber  auch 
nicht  die  geringste  Spur;  es  ist  also  nur  an  dxrap  zu  denken,  und  diese 
Annahme  erhält  ihre  unbezweifelbare  Bekräftigung  durch  das  schon  an- 
gedeutete Verhältniss  von  dxra-  in  oxTa-xoatot  zu  latein.  ocHn-ffenti;  lat. 
Om-  verhält  sich  zu  ^a-  genau  so  wie  «n-  privat,  zu  a-  privat.  Diesem 
so  erschlossenen  dxray  entspricht  aber  genau  das  sskr.  ashtdn,  welches 
die  wunderbar  grossen  indischen  Grammatiker  als  Thema  dieses  Zahl- 
wortes aus  der  Declination  desselben  gefolgert  haben. 

Es  ist  demgemäss  in  lateinisch  octm-  ^=-  grdsprachlich  aktan--  das 
Thema  dieses  Zahlworts  zu  erkennen,  welches  nach  der  allgemeinen 
Regel  gebraucht  ward ,  wo  dieses  Zahlwort  das  vordere  Glied  einer  Zu- 
sammensetzung bilden  sollte.  Dasselbe  liegt  im  Griech.  ixta--^  sskr. 
ashtor'  zu  Grunde«  hat  aber  in  beiden  Sprachen ,  den  in  ihnen  geltenden 
Regeln  gemäss,  das  n  eingebüsst;  vgl.  Göttinger  Nachrichten,  1880  S.  iff.]. 

49.  ähutt-Tf*ldh  (RPr.  554;  die  Dehnung  wird  von  Whitney  nicht 
zu  AthPr.  III.  12  und  überhaupt  nicht  erwähnt;  sollte  sie  auch 
im  Pada-Text  des  Ath.  erscheinen  und  dieser  die  Zusammen- 
setzung nicht  trennen?) 

(6  in  8)  Rv.  IX.  67,  29  =  Ath.  VIII.  32,   1. 
Metrisch. 

50.  [ishfä-pftrti  (Im  Rv.,  der  VS.  und  dem  Ath.  (vgl.  Whitney 
zu  AthPr.  IV.  50)  hat  der  Pada-Text  weder  Trennung  der  Zu- 
sammensetzung,  noch  Verkürzung  des  d  in  isktän.  In  dem 
TPr.  III.  6  dagegen  wird  beides  für  einige  Fälle  vorgeschrieben, 
für  andre  nicht).  Dass  das  auslautende  d  in  ishtd-  ursprüng- 
lich kurz  war,  versteht  sich  wohl  von  selbst ;  denn  ein  Dvandva- 
Compositum  ist  es  schwerlich.  Auch  erklärt  sich  die  Deh- 
nung, wo  sie  in  Versen  erscheint,  durch  metrischen  Einfluss, 
da  sie  nur  in  der  2ten  Silbe  vorkömmt;  hier  hat  sie  auch 
die  TS.   wie  die   andern  Samhit&'s  sowohl  in  der  Samhitd  als 


22  THEODOR  BENFET, 

im  Fada.  In  Prosa  dagegen  hat  die  TS.  sie  nur  in  der  Samh.,  nicht  im 
Pada,  wo  auch  getrennt  ist;  nur  in  Prosa  erscheint  in  der  TS.  das  da- 
von abgeleitete  ishf äpürtfD» 

Die  durch  metrischen  Einfluss  entstandene  Länge  hatte  sich  in 
diesen  Wörtern  so  fest  gesetzt,  dass  sie  auch  in  die  Prosa  überging.  In 
den  Hymnen  wagte  man  nicht  die  Zusammensetzung  zu  trennen  und  die 
Quantität  zu  ändern,  wohl  aber  in  der  Prosa. 

(2)  ishtäpitrtd    Rv.  X.   14,  8  (=  Ath.  XVIII.  1,   49).   —   VS. 
XV.  54  =  TS.  IV.  7,  13,  5.  —    VS.  XVIII.  60  =  TS.  IV. 
7.  7.   2.  —  Ath    II.  12,  4;  III.    12,   8;  29,   1;  XVIII.  2,   57. 
(In  Prosa)  ishtäpürtä  (Pada:  ishta^ürfi)  TS.  III.  3.  8.  5. 
(In  Prosa)  ishiäpürUn  (Pada:  ühtä-pürfi)  TS.  I.  7.  3.  3]. 
51.     nkthä-madä  (RPr.  546  [es  erscheint  aber  nicht  in  der  Rv.- 
Samh. ;  der  Commentar  zum  RPr.  giebt  ein  Beispiel  aus  dem 
Ait.  BrAhm];  TPr.  IlL  2;  Whitney  zu  AthPr.  IIL  12). 
(4  in  11)  Ath.  V.  26,  3;  wohl  metrisch. 
(Prosa)  TS.  IL  4.  11.  6.  —  III.  3.  2.  1.  —   V.  6.  8,  3  (vgl. 
No.  50). 

52.  nkth  ä-Qasträ  (VPr.  III.  1 28). 

(5  in  8)  VS.  XIX.  28. 
Nicht  metrisch.  Das  Wort  ukthäftBStrdni  ist  aber  eine  Dvandva- 
Composition  und  besteht  höchst  wahrscheinlich  aus  zwei  Nom.  plur.  Ntr. 
ükthä  und  castram,  die  ursprünglich  nur  zusammengerückt  waren ;  indem 
die  Zusammenrflckung  den  Character  der  Zusammensetzung  annahm, 
büsste  das  vordere  Glied  zwar  seinen  Accent,  nicht  aber  seine,  in  den 
Veden  vorherrschende,  grammatische  Form  ein. 

53.  ugrä-deva  (RPr.  559). 

(2)  Rv.  I.  36,  18.     Metrisch. 

[nttard-S&d.  Das  VPr.  erwähnt  es  nicht;  es  wird  also  hier 
auch  im  Pada-Text,  wie  in  der  Samhitft  langes  ä  haben  und 
mit  Recht:  denn  das  vordere  Glied  ist  das  Adv.  uttarä'  (vom 
Thema  üttara  =  vctbqo^  mit  Accentwechsel,  weil  der  ursprüng- 
liche Instrumental  Adverb  geworden  ist;    eben  so  in  den  zu 


D.  QÜANTITÄTSVERSCHIEDENH.  IN  D.  SA JtfH.-  ü.  PADA-TEXTEN  D.  V.    23 

Adverben  gewordenen  Accusativen   und  Ablativ  uttaräm,  utta- 
rdm^  uttarä't);  die  Kdnva-Recension  hat  aber  kurzes  o. 

(Prosa)  VS.  IX.  35;  36]. 

[npä-näh.  Nach  Pdn.  VI.  3,  116  ist  das  ä  'sa^^ihitdydm' 
lang;  daraus  sollte  man  schliessen,  dass  im  Pada  die  gram- 
matische Kürze  einträte;  allein  weder  bei  diesem  (vgl.  Whit- 
ney zu  TPr.  p.  99  und  zu  AthPr.  p.  130),  noch  den  in  dem- 
selben Sdtra  angeführten  pr  4-vrl^ ,  marm  ä-vidh ,  ist  dies  im 
Veda  der  Fall;  eben  so  wenig  sind  die  Glieder  der  Zusam- 
mensetzung im  Pada  getrennt;  beides  dagegen  geschieht  in 
dem  ebenfalls  in  diesem  Sütra  aufgeführten  ritt-shdh.  Die 
verschiedene  Behandlung  dieser  Wörter  im  Pada  ist  immer 
auffallend,  da  es  keinem  Zweifel  zu  unterwerfen  ist,  dass 
die  Verfertiger  desselben  sich  im  Allgemeinen  bestrebten,  die 
grammatische  Form  an  die  Stelle  einer  in  der  Samhitd  erschei- 
nenden, von  ihr  abweichenden,  zu  setzen.  Mir  ist  nicht  un-^ 
wahrscheinlich,  dass  die  Verfertiger  des  Pada  nicht  zu  ent- 
scheiden wagten,  ob  das  d  in  den  drei  ersten  Wörtern  eine 
Verbindung  von  a-4  {upa-d-nah,  pra-d^vrish,  marma-d^vidh) 
oder  blosse  Dehnung  des  a  sei. 

(2?)  Ath.  XX.  133,  4. 

(Prosa)  TS.  V.  4.  4.  4;   6.  6.  1]. 
54.     nrft-ftaBä  (RPr.  547;   Whitney  zu  AthPr.  IIL  12). 

(2)  Rv.  X.   14,   12  =^  Ath.  XVIII.  2,   13. 
Metrisch. 
56.     rltl-vrldh  (RPr.  548;  VPr.  lU.  96;  TPr.  III.  2;  Whitney 
zu  AthPr.  III.  24). 

(6  in  8)  Rv.  I.  13,  6;  14,  7;  23.  5  (=  Sv.  II.  2.  1.  7.  2); 
44,  14;  47,  1  (=  Sv.  I.  4.  1.  2.  4,  WO  aber  VL.);  3;  5; 
142,  6.  —  IL  41,  4  (=  Sv.  II.  3.  1.  7.  1  =  VS.  VII.  9  =s 
TS.  I.  4.  5).  —  III.  62,  18  (=  Sv.II.  i.  U  5.  3).  —  V.  66,  2.— 
VI.  52,  10;  59,  4.  —  VII.  66,  10.  —  IX.  9,  3  (=  Sv.  II. 
3.   1.   16.  2);  42,  5;   102,  6.  —  X.  16.  11   (=  VS.  XIX.  65); 


24  THEODOR  BENFEY, 

154.  4  (=  Ath.  XVIII.  2.  15).  —  VS.  JCVII.  3,  zweimal.— 
Ath.  XL  6,   19. 
(10  in   12)  Rv.  I.  106,  3;    159.  1.  —  IIL  2,   1.  —  V.  44,  4.  — 

VI.  15,   18;   75.   10  (=  VS.  XXIX.  47  =  TS.  IV.  6.  6.  4).  — 

VII.  66,   13;  82,   10.  —  VIII.  89  (78),   1    (=  Sv.  I.  3.  2.   2.  6 
=  VS.  XX.  30).  —  X.   65,  3;   7;  66,   1. 

(2)  Rv.  I.  2,   8   (=  Sv.   II.   2.   2.   6.   2). 

(14  in  16)  VS.  IV.  12;  XXVIIL  5;  den  Schluss  bildet  eine 
Dipodia  iambica  |  v  ~  v  —  |  .  so  dass  die  1 4te  Silbe  durch 
Einfluss  des  Metrums  ihren  Vocal  gedehnt  hat. 

Alle  bisher  aufgeführten  Fälle  metrisch. 

Nicht  metrisch  ist  ein  einziger  Fall,  nämlich  (6  in  11)  Rv.  VI. 
50,  14  (=  VS.  XXXIV.  53).  Dadurch  entsteht  \  v-^  v  —  \  im  zweiten 
Fuss ,  während  |  vvv  —  |  häufiger  ist ,  jedoch  auch  |  r  —  r  —  |  nicht 
selten.  Dieser  eine  Fall  fällt  gegen  die  fibrigen  allsammt,  d.  h.  35.  in 
denen  sich  die  Länge  durch  das  Metrum  erklärt,  natürlich  nicht  ins 
Gewicht;  er  könnte  dadurch  herbeigeführt  sein,  dass  sonst  stets  die 
Länge  erscheint;  s.  Bem.  zu  46  und  vgl.  z\x  tuviräva  No.  67. 

56.     [ritä-sM'f  siehe  Bem.  zu  No.  46  abht-shah]. 

Bemerkung  zu  55  und  56. 

Man  könnte  auf  den  ersten  Anblick  glauben,  berechtigt  zu  sein,  zu 
sagen,  die  ä  sind /in  ritä-vridh  und  ritd-sMt  nicht  Folge  des  Metrums, 
sondern  sie  stehen  an  diesen  Stellen  der  Stollen,  weil  sie  eben  lang 
waren.  Dagegen  entscheiden  aber  die  vielen  andern  Fälle,  in  denen 
Tita  als  vorderes  Glied  von  Zusammensetzungen  mit  kurzem  a  im  Veda 
erscheint  wie  rita-^it,  rita-jd\  ritd-jata^  ritärjdtorsatya  ^  ritorjit,  rita-jür^ 
ritorjnd^  ritdnjya^  yita-dyumna^  ritd-dhäman,  ritdrdhiti^  rita-nt,  ritarpd\  riti- 
pefos^  ritdhprajdta^  ritd-pravita,  rita-psu^  rita-ytikti,  rita-yuj^  rita-vdkäy  rita- 
vddin^  Xitonsdd^  ritor-sddana  ^  ritä'-sdtaj  rita^-säp^  rita-stäbh^  rita^sthd\  rita- 
sprif. 

Wenn  man  hier  sieht,  dass  das  grammatische  Thema  rita  in  28  Zu- 
sammensetzungen sein  a  ungedehnt  bewahrt,  und  nur  in  zweien  lang 
zeigt  t    in  denen   sich  die  Dehnungen  —  mit  einer  einzigen  Ausnahme 


D.  QÜANTITÄTSVERSCHIEDENH.  IN  D.  SAJffl.-  ü.  PADA-TEXTEN  D.  V.    25 

unter  36  Fällen  —  aus  dem  Metrum  erklären  lassen,  so  wird,  ja  darf 
man  kein  Bedenken  tragen,  die  Länge  in  diesen  beiden  Zusammen- 
setzungen der  Wirkung  des -Metrums  zuzuschreiben. 

57.     riti-sMb  (Pada  riix-sah;  RPr.  540;  VPr.  III.  128;  vgl.  P&n. 
VI.  3,   117). 
(2)  Rv.   I.   64,    15. 

(6  in  8)  Rv.  VI.    I4,  4.  —    VIII.  45,  35;    68  (57),   1    (=  Sv. 
I.  4.  2.  2.  3);  88  (77),  1  (=  VS.  XXVI.  11  =  Ath.  XX.  9.  1). 

Metrisch. 

58.  rldft-p^        1  ,Rp^  ,^,. 

59.  rldft-THdhä/  ^^^'  '''^• 

?^^^f:.      ..K.  }  »-   VIII.  77   (66),    11. 
(6  in  8)  ndü-vrldhd )  ^     ^ 

Die  Dehnung  könnte  metrisch  sein;  aber  in  den  Göttinger  Nach- 
richten 1879,  S.  189  ff.  ist  nachgewiesen,  dass  riM  die  grammatische 
Form  ist  (Femininum  von  ^ridü)  und  dem  zendischen  Fem.  eredvi  = 
aredtl  =  ardvt  entspricht.  Der  Pada-Text  hat  also  irrig  das  ü  fflr  ve- 
dische  Dehnung  genommen;  eben  daselbst  ist  auch  von  vedisch  ridüddra 
gehandelt,  welches  die  Pada-Verfertiger  gar  nicht  gewagt  haben  zu  tren- 
nen, wahrscheinlich  weil  sie  über  die  Theilung  eben  so  zweifelhaft  waren, 
wie  ich  es  noch  bin;  mag  man  aber  —  wie  a.  a.  O.  entwickelt  —  ridil- 
liddra  theilen,  oder  ridü-ddra  (worin  der  Accent  noch  auffallender  als 
in  ridü-uddra  s.  a.  a.  O.),  auf  jeden  Fall  ist  auch  hier  das  vordere  Glied 
ridü,  mit  grammatisch  langem  ü. 

60.     eT&-Tädäsya  (RPr.  56 1;    vgl.  Illte  Abhdlg.  S.  12  und  IVte, 
1,  S.  32). 
(2)  Rv.   V.   44,   10. 

Metrisch,  oder  Bewahrung  der  ursprfinglichen  Länge  (Instrumental 
Sing,  von  eva-  =  olo  für  olf'Ot  in  adverbialer  Bedeutung). 

61.    kshetr  A-sa m  (RPr.  56i). 

(2)  Rv.  IV.  38,   1. 
Metrisch. 

Histar.-phüolog.  Glosse.  XXVI.  2.  D 


26  THEODOR  BENFEY, 

62.    ghHt  fi-Trfdhi  (RPr.  56 1). 

(6  in   8)  Rv.  VI.   70,  4. 
Metrisch. 
63.     carshait  t-dhrf t )      (RPr.  545;  SvPr.  238;  VPr.  III.  128; 

64.    carshait  t-säh     )  TPr.  III.  7). 

(6  in  8)  carshani-dhritas ,  Rv.  I.  3,  7  {=  VS.  VII,  33  =  TS. 
I.  4.   16.   1).  —  III.   37,  4  {=  Ath.  XX.  19);  59,  6  (=  VS. 
XI.  62  =  TS.  III.  4.   11.  5   [mit  VL.]  =  IV.   1.  6.  3). 
carshani-dhritam,  Rv.  IV.   1,  2. 
carshata-säham ,   Rv.  V.  35,    l.  —  VIII.  1 ,  2  (=  Sv.  IL  6.  1. 

5.   2   =  Ath.  XX.    85,   2). 
carshani'Sähd,  Rv.  VII.  94,  7. 
carshani'Sä/ie ,   Rv.   IX.  24,    4    (:=  Sv.  II.  3.  2.  3.  5,    wo  VL. 

carshofä-dhr/tih). 
(10  in  11)  carshani-dhrit,  Rv.  VIII.  96  (85),  20,  zu  lesen: 

sd  vritrahd'  rndara9  carshanidhrit. 
(10  in  12)  carshani-dhritam,  Rv.  IV.   1,  2. 
carshani-dhritd,  Rv.  VIII.  90  (79),  5  (=  Sv.  I.   3.  2.   1.  6,  wo, 

wie  eben,  carsharä-dhritih). 
carshani'Sdham,  Rv.  L  119,   10.  —  VI.  46,  6  (=  Ath.  XX.  80, 

2).  —  VIIL  21,   10   (=  Ath.  XX.   14,  4). 
carshani'Sähahj  Rv.  VIII.  19,  35. 
Bis  hierhin  sind  alle  Dehnungen  metrisch. 
Nicht  metrisch  dagegen  sind  folgende  drei  Fälle 

(3  in  12)  carshanUdhritam,  Rv.  IIL  51,   1   (=  Sv.  L  4.  2.  4.  5). 
(7  in  11)  carshani-dhrit,  Rv.  IV.  17,  20. 
Hier    würde    ohne  Dehnung    als  zweiter  Fuss     |  —  vw  \  entstehen, 
ein  schwerlich  zu  duldender;    doch  der  durch  die  Dehnung  entstehende 
I  —  V  —  V  (  ist  selten. 

Femer  Rv.  X.  89,  1 ,  wo  durch  die  Dehnung  der  im  Pathos  be- 
liebte zweite  Fuss  |  —  v  —  —  |  entsteht ,  so  dass  man  hier  noch  einen 
metrischen  Einfluss  erkennen  könnte.  Allein  (  —  vv  —  |  ist  auf  jeden 
Fall  viel  häufiger. 


•^m^m 


D.  OüANTITÄTSVEßSCQIEDENH.  IN  D.  SAJtfH.-  U.  PADA-TEXTEN  D.  V.    27 

Ich  vermuthe  daher,  dass  die  Länge  in  diesen  drei  Fällen  eher 
dadurch  herbeigeführt  ist,  dass  in  den  übrigen  —  14  —  Fällen  die 
Länge  metrisch  eingetreten  war,  und  sich  dadurch  als  characteristisch  für 
diese  beiden  Composita  in  der  vedischen  Sprache  fixirt  hatte.  Vielleicht 
verdankt  das  einzige  noch  übrige  Compositum  mit  vorderem  carsham, 
nämlich  carshani-prd\  die  Bewahrung  des  kurzen  t  nur  dem  Umstand, 
dass  auf  i  Position  folgt,  welche  ihm  den  Werth  einer  Länge  verleiht. 

[Janäshä'f,  s.  Bem.  zu  No.  46  abhtshih  S.  i4]. 

65.     tardä-pati  (Whitney  zu  AthPr.  IIL   12), 
(2)  Ath.    VL   50.    3. 
Metrisch. 

66.  tugryä-vrldh  (RPr.  548). 

(6  in  8)  tuffryd'Vridhah,  Rv.  VIIL   1,  16. 

tugrtfä-vHdham ,  Rv.  VIII.  45,  29;    99  (88),  7  (=  Sv.  L  3.  2. 
5.   l   =  Ath.  XX.  105,  3). 

Es  ist  tugri{jf)d'ifi  zu  lesen,  und  so  las,  wie  aus  Pdnini  IV.  4,  115 
hervorgeht,  eine  Cdkhd  des  Rv.  in  I.  33,  15,  wo  unser  Text  tügryäsu  hat. 

Wenn,  wie  Pada  und  RPr.  annehmen ,  das  &  in  tugryä'-vridh  Deh* 
nung  von  ä  ist,  so  ist  die  Dehnung  metrisch.  Naighantuka  L  12 
führt  aber  tügryd  in  der  Bedeutung  'Wasser'  auf,  und  danach  erklärt 
Sdyana  nicht  bloss  tügryasu  in  Rv.  L  33,  15,  sondern  auch  in  der  Zu- 
sammensetzung tugrgd-vridh  an  allen  drei  Stellen,  zu  VIIL  45,  29  mit 
ausdrücklicher  Beziehung  auf  das  Naighantuka.  Dies  war  entschieden 
nicht  die  Ansicht  der  Verfertiger  des  Pada  und  Präti9dkhya;  denn  sonst 
hätten  sie  das  ä  als  grammatisch  fassen  müssen  und  nicht  dafür  a  sub- 
stituiren  dürfen.  Sie  haben  wahrscheinlich  Recht  und  Tugrya  (oder 
vielmehr  Tugria)  ist  Patronymicum  von  Tugra. 

[turäsM'f  s.  Bem.  S.  14  zu  No.  46  abhtshih]. 

67.  tnyt-r&Ta  (RPr.  539). 

Während  tum-  als  vorderes  Glied  in  ziemlich  vielen  Zusammen- 
Setzungen  stets  mit  kurzem  1  erscheint,  vor  folgendem  --magha  (s.  §  1, 
S.  1)  nur  an  Stellen,  wo  das  Metrum  es  fordert,  mit  langem  Auslaut 
(aber  kurz,  wo  das  Metrum  einflusslos),  erscheint  es  in  der  vorliegenden 

D2 


28  THEODOR   BENPEY, 

Zusammensetzung  an  allen  drei  Stellen,  in  denen  es  vorkömmt,  mit  U 
ohne  dass  man  sagen  könnte,  dass  das  Metrum  die  Länge  nöthig  ge- 
macht hätte,  nämlich  an  der  6ten  Stelle  eines  zwölf-  und  zweier  elfsil- 
biger  Stollen,  wo  dadurch  als  zweiter  Fuss  (  v  —  v  —  |  entsteht,  während 
dieser  sonst  |  vw  —  (  lauten  würde,  was  häufiger;  vgl.  jedoch  zu  No.  46 
und  zu  No.  80. 

(6  in  11)  Rv.  X.   64,   16;  99,  6. 

(6  in  12)  Rv.  X.  64,  4. 
68.     dtrghä-dhf  (RPr.   560;  TPr.  III.   5). 

(2)  Rv.  II.   27,   4   =  TS.  IL    1.   11.   4. 
Metrisch. 

69.  dynmn  &-8äliam  (RPr.  540). 

(2)  Rv.  I.   121,  8. 
Metrisch. 

70.  dbänyä-krftaik  (RPr.  545). 

(10  in   12)  Rv.  X.    94,  13  zu  lesen  dhdnidkritah. 
Metrisch. 

71.  naghä-rfsMm  (Whitney  zu  AthPr.  III.   12.  S.  130). 

(6  in  8)  Ath.  VIII.  2,  6;  7,  6.  —  XIX.  39,  2;  der  letzte  Vers 
ist  eine  Pankti  (5  x  8),  deren  erster  Halbvers  3  Stollen  um- 
fasst,  während  der  zweite  2  enthält  (vgl.  RPr.  1050). 
Metrisch. 

72.  -ni-ka^  (VPr.  III.  128)  in  babhrü-nf^  und  dhämrm-tifi 
(wohl  in  Prosa)  VS.  XXIV.  18. 

73.  ntthi-Vld  (RPr.   554). 

(2)  Rv.  III.  12,  5  (=  Sv.  II.  7.  3.  2.  1).     Metrisch. 

74.  nt-nähi  (Ath.  XIX  wird  im  AthPrdti9.  nicht  berücksichtigt 
s.  Whitney  AthPr.  p.  251). 

Ath.  XIX.  57.  4. 
(wohl  Prosa). 
75.  [lll-V&'ra(VPr.III.104,  bleibt  aber  im  Pada  ungetrennt  (VPr.  V.37), 
und  kömmt  in  der  Bedeutung  'wilder  Reis'  nur  miti  vor;  in  der  TS. 
bleibt  es  im  Pada  ungetrennt  und  mitLänge,  Whitney  zuTPr.  p.  99). 


D.  QÜANTITÄTSVERSCHIEDENH.  IN  D.  SAMH.-  U.  P ADA-TEXTEN  D.  V.    29 

(Prosa)  VS.  XVIII.  12  =  TS.  IV.  7.  4.  2.] 

76.     nl-vid  (Whitney  zu  AthPr.  III.  12). 
(6  in  8)  Ath.  XI.   7,   19. 

Metrisch;  im  Rv.  findet  sich  nur  ni^vid  mit  kurzem  i,  aber 
keine  der  Stellen,  in  denen  es  im  Rv.  erscheint,  ist  im  Ath.  wiederholt; 
dagegen  erscheint  es  Ath.  V.  26,  4  mit  t,  wo  das  Metrum  die  Länge  nicht 
fordert:  das  Wort  praishA\  womit  der  Vers  beginnt,  ist  entweder  drei- 
silbig  zu  lesen,  oder  vertritt  drei  Silben ;  n%  ist  dann  im  zweiten  Fuss  die 
2te  Silbe,  welche  in  elfsilbigen  Stollen  in  der  weit  überwiegend  grössten 
Mehrzahl  kurz  ist. 

Ich  lese  diesen  Stollen: 


praSshd'  yaj-  '  -ri6  nividah 


t; 


sud'hd 


—       w  —      V 

In  der  VS.  XIX.  25  findet  sich  m  sogar  in  6  in  8,  wo,  wie  wir 
sahen,  Ath.  dehnt;  beiläufig  bemerke  ich,  dass  nioid  in  dem  St.  Ptsbr. 
Wörterbuch  (auch  in  den  Nachträgen)  fehlt  und  Ath.  XI.  7,  19  unter 
nivid  au%eführt  ist. 

77.    [nt-sM'f,  s.  Bern,  zu  No.  46  abhtsh&h]. 

78.  [Wegen  VPr.  IIL  104,  wo  gelehrt  wird;  'dass  %  in  m  vor  hdra 
gedehnt  wird,  wo  keine  Trennung  im  Fada  statt  findet;  dagegen  kurz 
bleibt,  wo  der  Fada-Text  trennt',  bemerke  ich,  dass  nihard  'Nebel',  und 
mhdrä  'Lohn',  zwei  verschiedne  Wörter  sind.  Jenes  wird  auch  im  Fada 
mit  I  gesprochen  und  nicht  getrennt  (vgl. VFr.V.  37. —  Rv.  X.  82,  7(=VS. 
XVII.  31  =  TS.  IV.  6.  2.  2).  —  VS.  XXIl.  26  (=  TS.  VII.  5.  1 1.  1).— 
XXV.  9)    weil  es   eben   kein  Compositum   ist  ^).     Dieses   dagegen  wird 

1)  Ich  habe  nihära  (in  GWL.  11.  54)  von  snih  abgeleitet  (vgl.  Suffix  ära  in 
meiner  VoUständ.  Gramm,  d.  Sskritspr.  S.  151),  nnd  diese  Ableitung  ist  mir  noch 
jetzt  wahrscheinlich,  obgleich  ich  keine  ganz  analoge  Fälle  für  {  statt  e  im  Sanskrit 
nachzuweisen  vermag.  Auffallend  ist,  dass  anch  griechisch  ytipm  statt  ytlq>w  einge- 
treten ist.  Die  Einbasse  von  Grnppen  anlautendem  s  ist  bekanntlich  eine  in  ver- 
schiedenen Sprachen  —  und  auch  im  Sanskrit  —  sehr  häufige  Erscheinung,  vgl. 
z.  B.  nara  und  nird,  Wasser  (mit  i  wegen  Accent,  wie  in  pUä  von  pA  und  vielen 
andern),  auch  im  Griecb.  N^Qsiig  und  NijXevgj  ,vom  grundsprachlichen  Verbum  5nd, 
'fliessen,  schwinunen,  wa8chen\ 


30  THEODOR  BENFEY, 

im  Pada  getrennt,    s.  VS.  III.  50,  vgl.  Mahfdhara   zu  dieser  Stelle  und 
St.  Petersb.  Wtbch  u.  har  mit  ni\. 

79_84.     pari-  (RPr.   547;  VPr.  IIL   128;  TPr.  III.   7;    Whitney 
zu  AthPr.  III.   12)  in  folgenden: 

79.  part-ft&<^9  8.  zu  79—84. 
(10  in    12)   Rv.  L   54,   1. 

Metrisch. 

80.  pir t-ftas-am  (TPr.  III.  7);  s.  zu  79—84. 

(6  in  8)  TS.  IL  2.  12.  6  =  Rv.  III.  24,  5.  Doch  hat  der  Pada- 
Text  des  Rv.  und  Sv.  (in  den  übrigen  Samhitä's  kommen  keine 
Formen  —  ausser  der  aus  der  TS.  schon  angeführten  Stelle 
und  im  XXten  Buche  des  Atharvav.  —  von  pdrinas  oder  parinasd 
vor)  weder  an  dieser  Stelle  noch  an  der  anderen  Verkürzung  des 
f  und  eben  so  wenig  Trennung  des  Wortes  in  zwei  Theile. 
Bem.  zu  80:  Die  mit  pärtnasam  zusammenhängenden  Formen, 
welche  ausserdem  vorkommen,  sind 

pariftasäm. 
p&r  t-ftasaA. 

p&rtftasä)  dieses  auch  in  den  Zusammensetzungen: 

gö-partftasä  (und 

göpar tftasam,  als  VL.  desselben  in  Sv.  IL  1.   1.  7.  3,    wäh- 
rend Ath.  XX.  22,  3  mit  Rv.  stimmend  göparinasd  hat). 
p&rtfiasl  (nur   im  Sdmaveda   L    1.  1.  3.   14    als  VL.  von  Rv. 
VIIL   84  (73),  7,  YfO  pirtmsdh). 
In  allen   diesen   haben   Rv.-Pada    und  Sv.-Pada  partnas-,   die  Ver- 
fasser dieser  Pada's  haben  es  also  weder  für  eine  Zusammensetzung  ge- 
nommen,   noch  das  i  für  eine  ungrammatische  Länge.      In  dem  erstren 
Punkte  haben  sie  sicher  Recht,   ob  im  zweiten  ist  zweifelhaft,    wie  mir 
scheint,    sogar   nicht  richtig.      Erst   nach  ihnen,    als  die  etymologische 
Erklärung  die  Herrschaft  erlangte,   fasste  die  Ansicht,   welche   wir   bei 
S&yana  finden    (zu  Rv.  I.  56,  2;   III.  24,  5;    V.  10,   1),    dass  das  Wort 
eine  Ableitung   von   dem   Verbum  nas  mit  pdri  sei,    festen  Fuss,    und 
führte  die  Pada-Lesung  in  der  TS.  herbei.     Dass  pdrinas  eine  Ableitung 


J 


D.QÜANTITÄTSVERSCHIEDENH.  IN  D.  SAJtfH.-  U.  PADA-TEXTEN  D.  V.    31 

von  par  'füllen'  sei,  findet  sich  in  meiner  Vo.-Qr.  d.  Sskritspr.  [1862] 
S.  165«  §  414  ausgesprochen;  an  eine  Trennung  des  Wortes  in  zwei 
Theile  ist  demnach  nicht  zu  denken.  Wer  aber  die  Abhandig  'Ueber 
einige  Wörter  mit  dem  Bindevocal  i  im  Bigveda'  (im  XXIVst.  Bde)  und 
den  Aufsatz  über  'Das  sanskritische  Suffix  ina  u.  s.  w.'  (in  Göttinger 
Nachrichten  1879,  S.  109  S.)  gelesen  und  sich  der  Wörter  mit  unmit- 
telbar antretendem  nas  (wie  z.  B.  dp-nas)  erinnert,  wird  kaum  umhin 
können,  die  ursprüngliche  Länge  des  (  sehr  zu  bezweifeln,  und  dieser 
Zweifel  erhält  keine  geringe  Berechtigung,  wenn  man  sieht,  dass  das  i 
in  allen  sieben  Wörtern  und  zwar,  mit  einer  einzigen  Ausnahme,  in 
allen  Fällen  an  Versstellen  erscheint,  in  denen  es  höchst  wahrscheinlich 
durch  metrischen  Einfluss  entstanden  ist.     Es  findet  sich  nämlich  in 

(6  in  8)  Rv.  IIL  24,   5   (=  TS.  II.  2.  12.  6).  —  IV.  31,    12.  — 

V.  10,  1   (=  Sv.  L  1.  2.  4.   I,  wo  aber  eine  andre  Leseart).  — 

VIIL  21,   7;   45,  4   (=  Sv.   IL   1.   2.  7.  3  =  Ath.  XX.  22,  3); 

77   (66),  9;   84  (73),   7  (=  Sv.   L    1.   1.   3.    14);  97   (86),  6.   — 

X.   62,   10. 

(10  in   12)  Rv.    L  56,  2;   129,  9    (zu  lesen  rdiÖL)\    133,  7   (= 
Ath.  XX.   67,   1). 
(2)  Rv.  IX.   97.   9   (=  Sv.  IL  4.   2.   1.  3). 

In  diesen  13  Fällen  darfen  wir  also  die  Länge  des  %  als  Folge  des 
Metrums  betrachten. 

Nicht  entschieden  metrisch  ist  die  Länge  in 

(6  in  11)  Rv.  I.  166,  14,  wo  dadurch  \v  —  v  —  |  als  zweiter 
Fuss  entsteht,  während  |  vw  —  \  häufiger  ist,  vgl.  jedoch  zu  No.  46  und 
67.  Auf  keinen  Fall  ist  dieser  einen  unmetrischen  Länge,  den  13  übrigen 
gegenüber,  ein  Gewicht  beizulegen;  sie  konnte  auch  durch  die  Zahl  der 
letzteren  herbeigeführt  sein. 

Ist  diese  Annahme  richtig,  so  steht  partnas-  für  ursprüngliches  por- 
rinas-  und  %  ist  der  gewöhnliche  Bindevocal,  welcher  sich,  im  Gegen- 
satz zu  dr-nas,  -bhamas  aus  dem  vocaliscben  Theil  des  r  entwickelt  hat, 
und  durch    den   Einfluss   des  Metrums   zu  1   geworden   ist  (vgl.  die  er- 


32  THEODOR  BENFEY, 

wähnte  Abhdlg  'Ueber  einige  Wörter  mit  dem  Bindevocal  f  insbesondre 
§  7,  S.  20  ff.)- 

81.   part-ftih-aml 

*      ,,.  *      y  8.  zu  79  —  84. 

par  t-u&h-i    f 

(6  in  8)  Ath.  XIX.  48,   1. 
Metrisch;  nicht  entschieden  metrisch  (aber  vgl.  zu No.  4 6 ;  67 ;  8 0)  in 
(6  in  11)  Rv.  I.  33,   8. 

vgl.  pä'rt-itahya  No.  87. 

82.     pari-Täpä,  8.   zu  79  —  84. 
(2)  VS.  XIX.   21. 

83.    päri-Trita,  s.  zu  79—84. 

(6  in  8)  Rv.  I.   130,  3«.  —  Ath.  X.  2,  33;  8,  31. 
(10  in   12)  Rv.  I.   130,   3^;    144,   2.   —     II.   17,   1;  23,   18.  — 
IV.  45,  2    —  X.   113,   6. 
Metrisch,  vgl.  jedoch  zu  36;  nicht  entschieden  metrisch  in 

(6  in  11)  Rv.  VII.  27,   2  (wieder  v  ~  v  —  wie  schon  mehrfach, 
vgl.  zu  No.  81). 
84.     pari-<^ä,  s.  zu  79—84. 
(6  in  8)  Ath.  V.   14,  3. 

Metrisch. 

85.    parvat  ä-Trfdh  (RPr.  554). 

(6  in  8)  Rv.  IX.  46,   1. 
(10  in   12)  Rv.  IX.  71,  4. 
Metrisch. 

86.  paTi-nasA  (Whitney  zu  AthPr.  III.   12). 
(2)  Ath.  VIII.  6,  21. 

Metrisch. 

87.  pä'r  1-ftahya  (TPr.  III.  7).  abgeleitet  von  part-ftäh  (vgl.  81), 
[^    in  welchem  die  Länge  des  (  in  letzterem  zu  der  Zeit  der  TS. 

fixirt  war. 
(Prosa)  TS.  VI.  2.   1.  1. 

88.  pfb&-plba  (RPr.  545). 


I 


^«^^n^^Hi«i^U«M«l 


D.  QUANTITÄTSVERSCHIEDENH.  IN  D.  8AJKH.-  U.  PADA-TEXTEN  D.  V.    33 

(2)  Rv.   IL   11,  11.  —  X.  22,   15. 
Die  ursprüngliche  Länge    (vgl.  IVte  Abhdlg,   1    Abthlg  S.  34  unt^r 
kalpayci)   ist  im  Torderen  Oliede  entweder  bewahrt,   oder  durch  das  Me- 
trum wieder  hervorgerufen. 

89.     piirl-t&t   (VPr.   III.   128;    Whitney    zu   AthPr.  III.    12).      Es 
ist  kaum    zu    bezweifeln,   dass  paritat  (P4n.  VI.  3,   116  Seh., 
Vdrtt.  zu  VI.  4,  40,  Vopad.  26,  78)    eine  Variante  davon  ist 
(vgl.  Colebrooke's  paritat  statt  puritat  im  Amarak.  2.  6.  2.   17 
und    St.    Petersb.  Wtbch   unter  puritdt).       Welche    Form   die 
richtige  sei,    kann  zweifelhaft  scheinen,    allein   die  Erklärung 
Mahidhara's   zu   VS*    XXV.  8    hridaydcchädakam    antram    und 
die  Vergleichung  der  Bedeutung  *Leib,  Körper'  (als  Burg  des 
Purusha  gedacht)   von  pur  (St.  Petersb.  Wtbch  IV.  775  unter 
2  pur,  2),  pura,  n.  (ebdslbst  776,  2),  purt,  f.  (ebdslbst  13,   6), 
sowie  die  Identität  von  pur%  mit  purt  machen   es  kaum    zwei- 
felhaft, dass  die  Form  mit  u  die  richtige  ist. 
(2)  Ath.  X.  9,   15. 
(Prosa)  VS.  XXV.  8.  —  XXXIX.  9,  —  Ath.  IX.  7,   11. 
Das  i  könnte   in    der   ersten    Stelle   metrische  Dehnung    sein;    die 
grammatische  Form   purt-    würde    dann   entweder    als  Locat.  Sing,    von 
dem  in  den  Veden  allein  erscheinenden  pur  zu  betrachten  sein,  oder  als 
das    in    den    Unddi-Sdtra   IV.   142    angeführte    Thema  puri,    das    treue 
Spiegelbild  von  noXi,   beide  für  älteres  pdri\   denn   die  Oxytonirung  am 
angeführten  Orte   ist   sicherlich    entweder  irrig,    oder  spät,    A^  purt  nur 
eine  Umwandlung  (durch  Kürzung  des  t)  von  puri  dem  Femin.  von  piira 
ist,  welches    also   wie    dieses    (und  das  griechische  n6X$)   wohl   sicherlich 
paroxytonirt  war. 

Bei  beiden  Annahmen  würde  die  grammatische  Form,  wie  VPr. 
und  Ath.-Pada  annehmen,  in  derXhat  puri-tät  sein.  Allein  das  vordere 
Glied  konnte  auch  puri  selbst  sein  und  dann  wäre  die  Samhitd-Form 
auch  die  grammatische  und  es  würde  sich  leichter  erklären,  warum  die 
Länge  auch  in  Prosa  erscheint 

Dann  entsteht  aber  die  Frage,    was  dann  die  Verfertiger   des  VPr. 
Histar.-phüolog.  Classe.  XXVL  2.  E 


•  •  .    •     *•  •< 


84  THEODOR  BENFEY, 

und  des  Ath.-Pada  hätte  bewegen  können,  die  Kürze  des  i  in  der  gram- 
matischen Form  anzunehmen.  £s  lässt  sich  zur  Lösung  derselben  wohl 
einiges  vorbringen,  aber  nichts  —  so  viel  ich  sehe  —  entscheidendes; 
daher  ich,  zumal  die  Sache  nicht  von  besonderer  Wichtigkeit  ist,  fär 
jetzt  nicht  weiter  darauf  eingehen  will. 

[purü-räyas  wird  in  keinem  der  Veda-Pada*s  getrennt,  oder 
mit  ü  statt  ü  geschrieben  (vgl.  Whitney  zu  TPr.  p.  99).  Den- 
noch ist  es  keinem  Zweifel  zu  unterwerfen,  dass  die  grammatische  Form 
des  vorderen  Gliedes  puru-  ist.  Die  Entstehung  der  Länge  könnte  im 
Rv.  metrisch  sein.  Denn  sie  erscheint  in  der  2ten  Silbe  und  —  was 
zwar  nicht  entschieden  metrisch  ist,   aber  schon    mehrfach   hervorgeho- 

6 

ben  —  in  6  in  11  (  v—  v  —  |    statt  |  vw  —  |  ;  vgl.  Bem.  zu  80. 

Die  Länge  in  der  Prosa   des  Yajus  Hesse    sich   aus   den  vier   oder 
sechs  Stellen  erklären,   wo   sie   metrisch   im  Bv.  entstanden   ist.      Viel- 

« 

leicht  ist  aber  die  Dehnung  Folge  davon,  dass  das  Wort  Eigenname  ist. 
(2)  Rv.   L  31,  4.   —  X.   95,   2;   5;    15. 
(6  in  11)  Rv.  X.  95,  7;   11. 

(Prosa)  VS.  V.  2  =  TS.  L  3.  7.  1]. 

90.  purft-vrft  (Whitney  zu  AthPr.  III.   12). 
(2)  Ath.  X.  2,   11. 

Metrisch. 

91.  pütl  gandhÄ  (TPr.  III.  7). 

(Prosa)  TS.  II.  2.  2.  4  (ist  im  St.  Petersb.  Wtbch  mit  i  ge- 
druckt, ohne  Bemerkung,  vgl.  daselbst,  puti-karanja ,  neben 
pütt'k^. 

92 — 96.  prati-  wird  im  Ath.-Pada  in  den,  mit  i  in  der  Samhitä 
vorkommenden,  vier  Wörtern  mit  %  geschrieben  und  ge- 
trennt (s.  Whitney  zu  AthPr.  III.  12);  im  Rv.  kömmt 
nur  ein  Wort  vor,  in  welchem  praH-  für  pratf-  erscheint,  f 

nämlich  pratt-^,    aber  im  Pada  ebenfalls  mit  Länge  und  ' 

ungetrennt.      Ausser  diesen    fflnf  habe    ich   keines    mit 


•  •••  •  • 

:  •  •  •  : 

*  • .  •  • 


D.  QUANTITATSVERSCHIEDENH,  IN  D.  SA  JfH.-  U.  PADA-TEXTEN  D.  V.    35 

pratt'  in  den  Veden  notirt.  Ausserhalb  der  Samhitd's  er- 
scheint aber  prati-  als  vorderes  Qlied  einer  Zusammen- 
setzung sehr  oft.  s.  St.  Petersb.  Wtbch  IV,  988  ff.  Man 
vergleiche  auch  Pdn.  VI.  3,  122;   123. 

92.  prati-kä^ 

(6  in  8)  Ath.  IX.  8.  6. 

93.  prati-bodhi. 

(2)  Ath.  VIII.   6.   15.  —  IX.  35,   3. 
(6  in  8)  Ath.  V.   30,   10. 
Nicht  metrisch    (aber    das  Metrum  mir  noch  nicht  ganz  klar) 
in  Ath.  VIII.  1,  13. 

94.  prati-yart4. 

(2)  Ath.  VIII.   5.  4. 

(6  in  8)  Ath.  VIIL  5.   16. 

95.  prat  i-Mrk. 

(2)  Ath.  XL   7,   12. 
96.     prativf;  pratt  wird  im  Fada,  wie  schon  bemerkt,  weder  ab- 
getrennt, noch  dessen  I  gekfirzt;  es  erscheint  nur  der  Accus. 
Sing.  praHvyäm,  zu  sprechen  pratki'am. 

(6  in  8)  Rv.  VIIL  23.  1  (=  Sv.  L  2.  1.  1.  7);  26,  8;  39,  5*. 

Bemerkung  zu  92  bis  96: 

Unter  allen  aufgezählten  Fällen  ist  nur  einer,  der  nicht  metrisch 
zu  sein  scheint;  ich  sage  scheint,  weil,  wie  bemerkt,  mir  das  Metrum 
noch  nicht  klar  ist.  Wir  dfirfen  also,  ohne  Rficksicht  auf  die  1  für  f 
ausserhalb  der  fflnf  Vedentexte,  mit  ziemlicher  VtTahrscheinlichkeit  an- 
nehmen ,  dass  in  der  Vedenzeit  nur  präti  gesprochen  ward  und  deren 
pratt-  durch  metrischen  Einfluss  entstanden  ist. 


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Geschichte  der  Fatimiden  Chalifen 

nach  den  Arabischen  Quellen. 

Von 

F.  Wüstenfeld. 

Vorgelegt  in  der  Sitzoog  der  EönigL  Gesellschaft  der  Wissenschaften  am  8.  Juli  1880. 


2. 

C» 

575. 

3. 

t 

630. 

4. 

C» 

662. 

5. 

t 

672. 

6. 

t 

681. 

7. 

t 

732. 

8. 

t 

808. 

Die  zn  dieser  Geschichte  benutzten  Qnellenschriftsteller  sind  nach  der  Reihen- 
folge ihres  Zeitalters: 
1.    C*    366.     *Ar!b.    An  account  of  the  establishment  of  the  Fatemide  dynastj 

in  Africa  [ascribed  to  el  Mas'üdi]  by  /.  Nicholson.    Tübingen  1840.  ">^ 
Gamäl  ed-din  J^jJI^L^t  bist,  regnornm.  Cod. Ms.  Gothan.  Nr. 245. 
Ibn  el-Athlr  Chronicon  ed.  Tornherg. 

Ibn  *Adhari  histoire  de  TAfrique  et  d^Espagne  publice  par  IL  P. 
Ä.  Dojsy.    Leide  1848. 

Georgiiel-MakinihistoriaSaracen.  op.  TA.  J^j>ßnn.  Lugd.  B.1625. 
Ibn  Ghallikani  vitae  illastrinm  virornm. 
Abnlfedae  Annales  Maslemici. 

Ibn  Chaldün  Chronicon ^1  v^xT  Bülak  1284  (1867). 
Histoire  des  Berberes  par  Ibn  Ehaldoun.    Texte  Arabe  publ.  par 
le  Baron   de  Slane.     T.  1.  2.    Alger  1851.  —  trad.    par  le   m^me. 
T.  1—6.    Alger  1852. 

Histoire    de  TAfrique   sons    la   dynastie    des  Aghlabites,   texte   Ar. 
d'Ebn  Khaldoun,  trad.  par  Ä.  Nod  des  Vergers,    Paris  1841. 
9.     t     845.    Mac rizi  Geschichte  von  Ägypten  ^L;:*::^»^  J2«:J^I  Bülak  1270  (1853). 

10.  t     874.    Abnl-Mahasin  Ibn  Tagribardii  Annales  ed  7.  G.  J.  Juynbolh 

T.  1.  2.  Lngd.  Bat.  1861.  —  Der  Auszug  Maured  allatafet  Jemaleddini 
filii  Togri-bardii  ed.  J.  D.  Carlyle.  Cantabr.  1792  ist  sehr  dürftig 
und  in  dieser  Ausgabe  fehlerhaft 

11.  t     911-     Galäl  ed-din  el-Sujüti^y^lJ-^^j--^  Bülak. 

12.  f    1092.     Mohammed   ben  Abil-Reini   el-Kairouäni    histoire    de   TAfrique      ^ 

trad.   par  JE.  Pellisier  et  Remusat.    In    der  Exploration   scientif.  de 
TAlgerie..   Sciences  bist,  et  geogr.  VII.  Paris  1845. 
Memoires  historiques  sur  la  dynastie  des  Ehalifes  Fatimites  par  M.  Quatrefuere   <. 
in  dem  Journal  Asiat.  III.  Serie.  T.  2.  Aout  1836.    Dieser  aus  dem  grossen  Ge- 
Histor.'pMlolog,  Classe.     XXVI.  3.  A 


\ 


Schichtswerke  d-Mukaffd  des  Macriei  genommene  Artikel  geht  nicht  üher  die  Ab- 
stammung des  Obeidallah  hinaus  und  ungeachtet  der  Unterschrift  „La  fin  ä  un 
proehain  numero"  ist  eine  Fortsetzung  nicht  erschienen.  Dagegen  findet  sich  in  dem- 
selben Bande  S.  401  und  T.  3.  Jan.  et  F^?r.  Vie  du  Khalife  Fatimite  Moezz-li-din- 
Allah  par  M.  Quatremhre^  in  einer  nach  den  Quellen  zusammengetragenen  ausführ- 
lichen Bearbeitung. 

Silvestre  de  S(icy  expose  de  la  religion  des  Druzes  —  et  la  vie  du  Khalife 
Hakem-biamr-allah.    T.  1.  2.    Paris  1838. 

Die  Frage  nach  dem  Verhältniss  dieser  Historiker  zu  einander  verdient  noch 
eine  nähere  Untersuchung.  Ahul-Mahasin  citirt  in  dem  gedruckten  Theile  seiner 
Annalen  seinen  Lehrer  MacrUi  nur  an  zwei  Stellen,  hat  aber  sicher  mehr  aus  ihm 
genommen ;  den  Ihn  ChaUikän  nennt  er  viel  öfter.  Wenn  Ibn  Chäldün  nicht  selten 
in  längeren  Abschnitten  mit  Ibn  el-Äthir  übereinstimmt,  so  folgt  daraus  noch  nicht, 
dass  er  sie  aus  demselben  entlehnt  hat.  Fast  alle  oben  genannte  Chronisten  haben 
noch  andere  ältere  Werke  benutzt,  welche  uns  noch  nicht  näher  bekannt  sind^), 
aus  denen  der  eine  diese,  der  andere  jene  Nachricht  mag  herübergenommen  haben, 
so  dass  sie  in  manchen  Punkten  wortlich  mit  einander  übereinstimmen,  in  anderen 
sich  gegenseitig  ergänzen.  Selbst  der  jüngste  Keirawäni  hat  bei  aller  Kürze  (35 
Seiten  für  die  ganze  Dynastie)  einzelne  Nachrichten,  welche  man  bei  den  anderen 
nicht  findet  und  welche  man  gleichwohl  nicht  in  Zweifel  ziehen  kann;  das  Arabische 
haben  die  Herausgeber  soweit  verstanden,  dass  man  ihrer  Übersetzung  trauen  kann, 
die  sonstige  Geschichte  und  Literatur  der  Araber  scheint  ihnen  aber  ziemlich  unbe- 
kannt gewesen  zu  sein,  denn  eine  Menge  von  Namen  haben  bei  ihnen  eine  Gestalt, 
die  sich  selbst  mit  der  Magribinischen  Aussprache  nicht  wird  entschuldigen  lassen. 

Zu  diesen  Historikern  kommen  die  Geographen,  welche  bei  einzelnen  Africa- 
nischen  Orten  viele  geschichtliche  Nachrichten  mittheilen. 

Description  derAfrique  septentrionale par  Abou-Obeid  el-Bekri.  Texte  Arabe 
par  deSlane.    Alger  1857.  — Übers,  im  Journ.  As.  V.  Serie.    T.  12  et  13.  1858—59. 

Description  de  TAfrique  et  de  l'Espagne  par  Edrisi,  texte  Arabe  avec  une 
traduction  par  B.  Doey  et  M.  J.  de  Ooeje.    Leyde  1866. 

Descriptio  al-Magribi  sumta  ex  libro  regionum  al^aqubüj  ed.  M.  J.  de  Goeje. 
Lugd.  Bat.  1860. 

Nach  den  Angaben  dieser  Geographen  habe  ich  unter  Zuziehung  neuerer 
Hülfsmittel  eine  Karten-Skizze  entworfen  ,^  welche  zum  Yerständniss  beitragen  wird. 


1)  loh  will  nar  an  die  sehr  gesohätste  Chronik  von  Eeirawän  von  Hasan  ben  Rasohik  f  463 
erinnern.  Die  Ägyptischen  Historiker,  welche  als  Zeitgenossen  der  Fatimiden  deren  Geschichte  ge- 
schrieben haben ,  el-Hasan  Ihn  Züläk  f  887,  Mohammed  ben  Abdallal  el-Muaabbihi  f  420,  Moham- 
med ben  8al&ma  ^UCudhd^i  f  454,  werden  von  Biacrizi  öfter  citirt. 


fLÄJt^yO^^  JLJÜ^L  JÜjlUJt  'iiyXiS 

Die  Herrschaft  der  'Aliden  in  Africa,  Ägypten  und  Syrien. 

»Der  Fakih  Gamdl  ed-Dln  Abul-Hasan  Ali  ben  Dhäfir.  der  Sammler 
ihrer  Geschichte  ,  dem  man  in  dem ,  was  er  erzählt ,  vollen  Glauben 
schenken  kann,  sagt:  Die  Ansichten  über  den  Ursprung  dieser  Dynastie 
sind  sehr  verschieden  und  es  wird  fQr  eine  grosse  Schande  gehalten,  dass 
die  Häupter  derselben  sich  erdreistet  haben  zu  behaupten,  dass  sie  zu  der 
Familie  des  Propheten  gehörten  und  von  Alf  und  Fdtima,  Muhammeds 
Tochter,  abstammten,  woher  sie  den  Namen  Fatimi den  erhielten.  Der 
Glaube  ihrer  Herrscher  war  die  reine  Gottesläugnung,  und  die  Heuchelei, 
welche  das  Gegentheil  der  inneren  Überzeugung  ist,  trat  bei  ihnen  offen 
hervor;  sie  sind  der  Ursprung  der  Karmaten,  welche  die  Religion  dem 
Abgrunde  nahe  brachten,  sich  gegen  die  Anhänger  des  Islamitischen 
Glaubens  offen  empörten  und  sie  als  Feinde  behandelten*  Was  ihre 
Abstammung  betrifft«  so  hat  schon  der  fromme  Scherif  el-Hasanl  aus 
Damascus  in  seinem  Buche  gesagt,  dass  der  so  genannte  el-Mahdi, 
der  erste  Herrscher  von  ihnen,  in  Salamia  ursprünglich  Sa'id  hiess  mit 
der  Genealogie  Sa'id  ben  Husein  ben  Ahmed  ben  Abdallah  ben  Meimdn 
ben  Dei^dn,  Der  bekannte  Philosopsh  el-Gazzdll  hat  hierüber  in  seinem 
Werke  el-Mustadhiri^)  gehandelt,  und  schon  vor  ihm  der  Cadhi  Abu 
Bekr  Ibn  el-Teijib  in  seiner  Schrift  „Enthüllung  der  Geheimnisse  und 
Zerreissung  der  Schleier***).  Sa'id  war  von  seinem  Oheim  Muhammed 
ben  Ahmed  mit  dem  Vornamen  Abul*Schalaglag  erzogen,  und  einer  der 


1)  Hagi  Chalfa  No.  11942  giebt  nur  den  Titel  an, 

2)  Abu  Bekr  Mahammed  ben  el-Teijib  el-Bäkiläni,  ein  angesehener  Schola- 
stiker zu  Bagdad,  starb  daselbst  im  J.  403.  Um  ChalUkän  No.  619.  —  Ibn  'Adhän 
pag.  157  fuhrt  dasselbe  Buch  an. 

AI 


4  F.  WÜSTENPELD, 

stärksten  Beweise  von  der  Richtigkeit  dessen,  was  der  genannte  Scherif 
über  sie  berichtet,  —  dass  sie,  nämlich  die  Vorfahren  des  „el-Mahdi** 
betitelten  Sa'id.  Anhänger  und  Sendlinge  (nicht  Abkömmlinge)  des 
Muhammed  ben  Ismd'il  ben  Ga'far  el-^ddik  waren,  welche  die  Leute 
für  ihn  zu  gewinnen  suchten  und  vorgaben,  er  sei  bis  zu  ihrer  Zeit  am 
Leben  erhalten,  —  ein  solcher  Beweis  findet  sich  in  einer  von  el-Farganf  ^) 
mitgetheilten  Ca9lde  des  Abul-Hasan  Ahmed  ben  Jahja  el-Muna'ggim 
als  Entgegnung  auf  eine  Ca^ide  des  Abd  el-Rahman  (d.  i.  Muhammed 
el-Cdim),  Sohnes  des  Sa'M  mit  dem  Titel  el-Mahdi.  deren  Anfang  lautete : 
Ich  bin  freudig  bewegt,  doch  zieht  es  mich  weder  zu  den  fröhhchen  Jungfrauen, 
noch  ist  das  Scherzen  meine  Art,  noch  das  Spielen  mir  ein  Bedürfniss. 
Er  rühmt  sich  darin  selbst  und  schmäht  auf  die  'Abbasiden-Chalifen, 
erwähnt  auch  darin  Schagab,  die  Mutter  des  Muctadir  billahi,  und  meh- 
rere der  ersten  Dichter  haben  darauf  geantwortet.  Zu  der  oben  er- 
wähnten Ca9ide  des  Ihn  el-Munaggim  *)  gehören  als  Antwort  darauf  die 
beiden  Verse,  worin  er  den  Sa'fd  anredet: 

Hast  du  nicht  jüngst  erst  zur  Huldigung  eines  anderen  als  du  aufgefordert, 
welcher  nach  deiner  Meinung  der  erwartete  Imam  sei? 


1)  Abu  Muhammed  Abdallah  ben  Muhammed  (oder  Ahmed)  el-Fargäni  ist  der 
Verfasser  einer  Fortsetzung  ^y^  zu  den  Annalen  des  Tabari,  genannt  KLait  „der 
Anhang",  Hagi  Chalfa  No.  2250  und  2268,  woraus  Ibn  ChalliMn  No.  556,  Fase. 
VI.  pag.  58  die  Notiz  nahm,  dass  Eäfür  el-Ichscbidi  im  J.  357  gestorben  sei,  und 
welcher  auch  von  ^Ärtb  in  seinem  nur  wenige  Jahre  später  verfassten  Geschicbts- 
werke  citirt  wird;  vergl.  Ibn  ^j^dhäri,  introduct.  pag.  34.  Mithin  mnss  el-Pargäni 
an  die  Zeit  des  Obeidallah  el-Mahdi  herangereicht  haben. 

2)  Nicht  der  Vater  Jahjä,  sondern  der  vierte  Ahnherr  Abu  Man9Ür  Abän  war 
als  Munag'gim,  Sternkundiger,  bekannt  und  desshalb  steht  hier  zur  Bezeichnung  des 
Dichters  Ahmed  besser  der  Familien-Name  Ibn  el-Muna^im.  Da  Schagab  bald 
nach  der  Ermordung  ihres  Sohnes  im  J.  320  den  Tod  fand  und  Jahja  59  Jahre  alt 
im  J.  300  gestorben  ist,  so  wird  man  annehmen  können,  dass  sein  Sohn  Ahmed  mit 
Abd  el-Rahman  (geb.  278)  ziemlich  in  gleichem  Alter  gewesen  ist  und  dieses  Ge- 
dicht etwa  zwischen  die  Jahre  310  bis  315  fällt,  alsSa'id  seine  Herrschaft  in  Africa 
ausgebreitet  und  Abd  el-Rahman  sogar  in  Ägypten  schon  einige  Erfolge  erreicht 
hatte,  welche  er  freilich  zur  Zeit  wieder  aufgeben  musste. 


GESCHICHTE  DER  PATIMIDEN  CHALIFEN.  5 

Nan  bist  du  selbst  der  geworden,  welcher  nach  deiner  Behauptung 
dein  Imäm  sein  sollte,  du  elender !  grosstes  aller  Wunder ! 
„Fast  wäre  zur  Zeit  des  von  ihnen  mit  dem  Beinamen  el-'Azlz  be- 
legten ihre  Lüge  mit  dem  Winde  davon  gegangen  und  ihr  Betrug  wie 
flüchtiger  Staub  geworden,  als  'Adhud  ed*daula  Fannächosruin  Bagdad 
herrschte,  weil  er  die  Scherife,  die  wirklichen  Nachkommen  des  Abu 
Tdlib,  aus  allen  Gegenden  von  'Irdk  zusammenkommen  Hess  und  über 
jene  befragte;  keiner  erkannte  sie  an,  alle  verläugneten  sie  und  sagten 
sich  von  ihnen  los.  Da  nahm  er  ihre  Schriften,  verbrannte  sie  und 
hoffte  dadurch  ihr  Andenken  zu  verlöschen  und  die  Muslimen  vor  ihren 
Ketzereien  zu  bewahren.  Er  liess  ein  sehr  zahlreiches,  mit  allem  Be- 
darf wohl  ausgerüstetes  Heer  ins  Feld  rücken  um  gegen  el-'Aziz  zu 
marschiren,  bevor  dies  indess  zur  Ausführung  kam,  legte  sich  sein  Bru- 
der Fachr  ed-daula  ins  Mittel,  da  er  sah,  dass  dies  wegen  der  Nähe  des 
feindlichen  Landes  ein  sehr  schwieriges  Unternehmen  sein  würde;  er 
begab  sich  zu  ihm,  beruhigte  ihn  darüber  und  Fanndchosru  kehrte  nach 
Bagdad  zurück,  wo  er  bald  nachher  starb  ^). 

„Soviel  ich  sehe,  hat  nicht  einer  der  Genealogen  es  unternommen« 
einen  Stammbaum  für  sie  aufzustellen,  mit  Ausnahme  des  bekannten 
Scherff  el-'Omari  und  seines  gewöhnlich  nur  Scheich  genannten  Lehrers, 
welche  beide  unter  ihrer  Herrschaft  deren  Aroma  eingesogen  und  die 
Süssigkeit  ihres  Goldes  und  ihrer  Milch  genossen  hatten;  aber  die  ver- 
schiedenen Angaben  über  die  Namen  und  die  Anzahl  der  Vorfahren  sind 
ein  genügender  Beweis,  dass  alles  nur  gemachte  Lüge  und  selbsterfun- 
dener Betrug  ist.** 

Diese  Vorrede  des  Gamfll  ed-Din  el-Halabl  soll  nach  den  anderen 
Quellen  zunächst  etwas  weiter  ausgeführt  werden. 

Der  als  Stammvater  genannte  D  e  i  9  ä  n ,  von  Geburt  ein  Perser,  war 
Dualist*)    und   nach  ihm   werden    die  Anhänger  der  dualistischen  Lehre 

1)  Dass  der  Verlan!  doch  ein  etwas  anderer  war,  werden  wir  nnten  im  Leben 
des  Chalifen  el-'Aziz  sehen. 

2)  i^^y^\  d.  h.  er  nahm  zwei  Grundstoffe  an,   Licht  und  Finstemiss;   rergl. 


6  F.  WÜSTENFELD, 

Deifänier  genannt.  Sein  Sohn  Meimtin  war  Augenarzt  und  hatte  den 
Beinamen  Kaddäh,  d.  i.  Operateur ,  weil  er  mit  einem  Instrumente 
mikdah  in  das  Auge  einstach,  um  das  Wasser  daraus  zu  entfernen;  sein 
Glaube  war  der  Supernaturalismus  oder  Atheismus,  worüber  er  ein  Buch 
unter  dem  Titel  oIj**^'  el-Mizän  „die  Waage*)'*  geschrieben  haben  soll, 
während  er  öffentlich  sich  als  Schfit  und  Anhänger  der  Familie  Muham- 
meds  bekannte.  Sein  Sohn  Abdallah,  welcher  nach  einigen  der 
Augenarzt  mit  dem  Beinamen  Kadddh  gewesen  sein  soll,  war  in  allen 
Satzungen,  Überlieferungen  und  Lehrmeinungen  wohl  bewandert;  er 
stellte  ein  System  von  neun  Stuffen  der  Weihe  auf,  welche  der  Mensch 
hinansteigen  müsse,  bis  er  sich  von  aller  Religion  frei  mache,  er  wurde 
Muattü  Gottesläugner  und  Ibdhi  Freigeist*),  der  in  jenem  Leben  weder 
Belohnung  erhoffte,  noch  Strafe  befürchtete,  und  war  der  Überzeugung, 
dass  er  und  seine  Olaubensgenossen  sich  auf  dem  richtigen  Wege  und 
ihre  G^ner  sich  auf  dem  Irrwege  befänden.  Seine  Absicht  dabei  war, 
sich  Anhänger  zu  verschaffen,  und  er  gebrauchte  dazu  das  Mittel,  dass 
er  die  Leute  aufforderte,  den  Muhammed  ben  Ismä'll  ben  Ga*far  el-C&dik, 
welcher  im  sechsten  Gliede  von  'AU  ben  Abu  Tdlib  abstammend  damals 
in  einigem  Ansehen  stand  und  in  der  später  erfundenen  Genealogie  als 
der   vierte   oder   fünfte  Ahnherr  des  Obeidallah  el-Mahdi  erscheint,    als 


Scharastäni  übers,  von  Haarbrücher,  Th.  1.  S.  293.  Es  ist  wohl  nicht  zweifelhaft, 
dass  die  späteren  Araber  diesen  Dei9aD  mit  IbD  Dei9äD  (Bar  Dei9ai))  d.  i.  Bardesanes 
für  ein  and  dieselbe  Person  gehalten  haben,  während  zwischen  beiden  ein  Zeitraum 
von  mindestens  700  Jahren  liegt.  In  der  Bnlaker  Ausgabe  des  MacrUfi^  Th.  1.  S. 
348,  ist  J^t  and  Xi^l  za  verbessern  in  (^^^JvaJI  und  Ä^yuül. 

1)  So  Äbulfeda,  Annal.  Tom.  IL  pag.  310.  Diese  Stelle  kannte  de  Sacy^  Re- 
ligion des  Druzes,  Tome  I.  pag.  LXVIII,  behielt  aber  pag.  CCCCXXXVIII  die  dar- 
aas verschriebene  Lesart  der  Handschrift  des  Nuweiri  ^tJüLjt  Ältnenddn  bei,  was 

keine  Bedentong  hat,  and  dass  der  Yater  des  Dei9an,  Sa*td  mit  dem  Beinamen 
Gadhbän,  der  Verfasser  gewesen  sei,    Vergl.  Um  el-Aihir,  Tom.  VIIL  ri,  6. 

2)  Mu^afpH  genauer  „der  Leermacher*^,  welcher  die  Eigenschaften  Gottes  läug- 
net,  ihn  derselben  entkleidet;  Ibahi  welcher  alles  für  erlaubt  hält.  Scharastäni  Th. 
L  S.  222  and  280. 


GESCHICHTE  DER  FATIiUDEN  CHALIFEN.  7 

rechtmässiges  Oberhaupt  der  Muslimen  anzuerkennen.  Er  war  aus  sei- 
ner Heimath  Kara^  zwischen  Hamadsän  und  I^pahän^)  nach  Ahwdz 
gekommen  und  hatte  hier  durch  seine  Gelehrsamkeit  und  sein  offenes 
Bekenntniss  für  die  Rechte  und  die  Lehre  der  Schf  iten  einige  Berühmt- 
heit erlangt  und  Anhäger  gewonnen,  welche  er  als  Sendboten  aussandte, 
um  seine  Ansicht  zu  verbreiten;  da  er  dort  aber  auch  Widerspruch  er- 
fuhr und  auf  unangenehme  Weise  belästigt  und  verfolgt  wurde,  floh  er 
nach  ßa^ra,  und  als  auch  da  seine  Sache  ruchbar  wurde,  begab  er  sich 
nach  Salamia  in  Syrien. 

Hier  wurde  ihm  ein  Sohn  geboren,  den  er  Ahmed  nannte  und 
welcher  nach  des  Vaters  Tode  in  dessen  Fusstapfen  trat.  Er  war  der 
erste,  weichet^  eine  Verwandtschaft  seiner  Familie  mit  'Ali  behauptete, 
indem  er  vorgab,  dass  sie  von  dessen  Bruder  'Akll  ben  Abu  Tdlib  ab- 
stammte, was  später  in  eine  directe  Abkunft  von  'Ali  umgeändert  wurde. 
Er  schickte  einen  gewissen  Husein  el-Ahwäzi  als  seinen  Sendboten  nach 
Irdk,  wo  er  in  der  Umgegend  von  Kufa  mit  Hamddn  ben  el-Asch'ath, 
genannt  Carmat*)»  zusammentraf,  welcher  bis  dahin  eine  eigenthümliche 
religiöse  Richtung  verfolgt  und  sich  durch  seinen  frommen  Wandel  be- 
kannt gemacht  hatte.  Carmat,  nach  welchem  in  der  Folge  die  berüch- 
tigten Carmaten  benannt  wurden,  liess  sich  von  Husein  überreden  seine 
Lehre  anzunehmen  und  wurde  bald  der  Parteiführer  der  Schi'iten  in  Irdk. 

Ahmed  hatte  zwei  Söhne,  Husein  undMuhammed  mit  dem  Vor- 
namen  Abul-Schalaglag,  und  als  Ahmed  starb,  übernahm  Husein  in  'Irdk 


1)  Die  Stadt  Earag  lag  von  Hamads&n  52  Parasangen,  von  l9pah&n  30  Para- 
sangen  entfernt.    Jäcüt  geograph.  Wörterb.    Bd.  IV.  S.  251. 

2)  Ja^y  carmat  bedeutet  im  Arabischen  y,iu  engen  Linien  schreiben'*  im  Gegen- 
satz zu  der  damals  üblichen  grossen  und  weitläuftigen  Ejifischen  Schrift,  oder  ,;mit 
kurzen  Schritten  gehen^*  und  Hamdän  soll  von  kleiner  Gestalt  gewesen  sein,  nach 
cPHerbdot  Dagegen  sagt  Ihn  el-AtUr,  Chron.  Tom.  VUI.  pag.  310  fg.  das  Wort 
sei  eine  leichtere  Aussprache  fttr   dass  Nabataische  ää^^  Karmttay  welches  „mit 

rothen  Augen*^  bedeute,  die  aber  Hamdän  nicht  selbst,  sondern  ein  Mann  in  Kufa 
gehabt  habe,  in  dessen  Hause  er  als  Kranker  gepflegt  war  und  nach  welchem  er 
benannt  wurde. 


8  F.  WÜSTENFELD, 

die  Führerschaft  für  die  Rechte  der  'Aliden.  Während  Abul-Schalaglag 
in  Bagdad  blieb,  verlegte  Husein  seinen  Wohnsitz  wieder  nach  Salamia, 
wo  er  noch  von  seinem  Grossvater  Abdallah  el-Caddäh  her  Besitzungen 
hatte,  welche  von  Verwaltern  und  Dienerschaft  bewirthschaftet  waren. 
In  einer  Gesellschaft  kam  die  Rede  auf  die  Frauen  von  Salamia  und  es 
wurde  ihm  die  Wittwe  eines  Jüdischen  Schmiedes  als  durch  ihre  Schön- 
heit ausgezeichnet  beschrieben;  er  heirathete  sie  und  nahm  ihren  Sohn 
Namens  Sa'fd,  welchen  sie  von  dem  Juden  hatte,  an  Kindes  Statt  an, 
gewann  ihn  lieb  und  sorgte  für  seine  Erziehung  und  einen  guten  Unter- 
richt. Indess  starb  Husein  frühzeitig  ohne  selbst  Söhne  zu  hinterlassen, 
und  da  sein  Adoptivsohn  Sa'id  erst  etwa  zehn  Jahre  alt  war,  trat  Abul- 
Schalaglag  an  die  Spitze  der  Partei,  Hess  sich  aber  die  weitere  Aus- 
bildung des  Sa'id  sehr  angelegen  sein. 

Er  schickte  den  Abu  Abdallah  el-Husein  genannt  el-Schi'i,  einen  bei 
seinen  Unternehmungen  eben  so  schlauen  als  erfahrenen  Mann,  welcher 
aus  ^an'd  in  Jemen  stammte  und  sich  den  Schf  iten  in  Kufa  angeschlossen 
hatte,  nach  Jemen  zurück  mit  dem  Auftrage,  sich  mit  Abul-Casim  el- 
Hasan  ben  Fara'g  ben  Hauschab  el-Canddikf  (d.  i,  Kistenmacher)  zu  ver- 
binden, welcher  in  'Aden  schon  für  ihre  Sache  thätig  war.  el-Schi*i  kam 
nach  Jemen  im  J.  270  und  blieb  dort  mit  jenem  mehrere  Jahre  zu- 
sammen; er  entwarf  den  Plan,  die  Berberischen  Stämme  in  Africa  für 
die  'Aliden  zu  gewinnen,  nachdem  dort  schon  einige  Sendlinge  vorgear- 
beitet hatten,  und  reiste  in  dieser  Absicht  mit  seinem  älteren  Bruder 
Abul-Abbds  el-Machtüm  zunächst  zur  Messe  nach  Mekka*).  Hier  trafen 
sie  mehrere  Kaufleute  von  dem  Berberischen  Stamme  Kitdma*)  und  nach 
mehrmaligen   Unterredungen    und    Besprechungen,    wobei   el-Schfi  sich 


1)  Nicht  zur  Wallfahrt,  bemerkt  Ihn  'Adsäri  Tom.  I.  pag.  118,  weil  der  ße- 
such  von  Mekka  und  Medina  nicht  za  den  Vorschriften  der  Scht'iten  gehört,  viel- 
mehr der  des  Grabes  des  Hnsein. 

2)  In  diesem  Namen  finden  sich  in  den  Handschriften  in  der  ersten  Silbe  alle 
drei  Vocale  beigeschrieben,  so  dass  die  Aussprache  Katäma,  KitAma  oder  Kutama 
lauten  kann.  Auf  die  Anspielung  des  Abu  Abdallah  el-Sch$'i  auf  eine  Ableitung 
von  dem  Arabischen  Kitniän  „das  Verborgensein**  ist  nicht  viel  zu  geben. 


GESCHICHTE  DER  FATIMIDEN  CHALIPEN.  9 

Aber  die  Verhältnisse  ihres  Landes  unterrichten  liess,  die  er  fflr  seine 
Zwecke  sehr  günstig  fand,  wusste  er  schlauer  Weise  es  so  zu  wenden, 
als  wenn  er  durch  sie  nach  vielen  Bitten  sich  überreden  liess,  mit  ihnen 
zu  ziehn.  Er  reiste  mit  seinem  Bruder  in  der  Verkleidung  der  Kauf- 
leute mit  ihnen  und  erreichte  nach  manchen  Fährlichkeiten,  welche  die 
Schfitischen  Geschichtschreiber  sehr  ausgeschmückt  haben,  um  die  Mitte 
des  Babf  L  280  (Anfang  Juni  893)  die  Gränze  des  Gebietes  der  Kitdma, 
nachdem  ihm  schon  einige  der  Kaufleute  vorangeeilt  waren  und  ihre 
Stammesgenossen  auf  seine  Ankunft  vorbereitet  hatten. 

Er  begab  sich  zunächst  nach  dem  Berge  Iki'gän  *),  der  Hauptnieder- 
lassung der  Kitdma ,  und  wurde  alsbald  von  dem  grössten  Theile  dieses 
Stammes  als  Führer  anerkannt.  Als  der  Emir  von  Africa,  der  Aglabit 
Ibr&him  ben  Ahmed ,  von  diesen  Erfolgen  hörte ,  schickte  er  zu  seinem 
Verwalter  von  Mila*),  um  nähere  Erkundigungen  einzuziehen,  und  er- 
hielt die  Antwort,  el-Schfi  sei  ein  wohlwollender  und  gottesfOrchtiger 
Mann,  und  damit  beruhigte  er  sich.  Indess  fand  el-Schfi  auch  eifer- 
süchtige Gegner  unter  den  Kitdma  und  noch  mehr  bei  den  anderen 
Berbern,  bis  einer  der  angesehensten  Häuptlinge  der  Kitdma  Namens 
Hasan   ben  Hdrün   ihn   unter    seinen  Schutz   nahm   und   mit   ihm   nach 

• 

Td9rüt^)  zog,  wo  sich  ihre  Anhänger  sammelten,  die  Berbern  in  die  Flucht 
schlug   und   ihnen    viele  Beute   abnahm.     el-Schfl   verschanzte   sich  bei 


1)  Die  Aussprache  des  Namens  steht  schon  bei  den  Arabischen  Geographen 
und  Historikern  nicht  fest ;  'Gamal  ed-Din  hat  immer  Inkigän  geschrieben  and  auch 
Jäcüt  Bd.  I.  S.  392  hat  ihn  nach  dem  Alphabet  mit  Angabe  der  Yocale  unter 
JnJdgän  eingereiht,  bemerkt  aber,  dass  man  auch  Inkagän  sage;  andere  sprechen 
Jkigän.  In  den  Handschriften  des  Edrisi^  pag.  105,  findet  sich  die  ganz  abweichende 
Lesart  ItJciggän^  welcher  die  Herausgeber  den  Vorzug  geben  möchten.  Der  Berg 
erhielt  in  der  Folge  den  Beinamen  „Haus  der  Flucht'S  weil  dort  ihr  Imäm  el-Mahdi, 
ebenso  wie  der  Prophet  Muhammed  in  Medina,  eine  Zuflucht  fand. 

2)  Eine  Stadt  drei  Tagereisen  oder  18  Meilen. von  Bi^äja  (Bngia),  eine  Tage- 
reise von  Constantine* 

•3)  In  dieser  Lesart  ci^jadIj  scheinen  die  verschiedenen   anderen  zusammen  zu 

kommen  o^^,  o>J^^*  ^^y^.  ^^j)^^  {yj^' 
Exstar.-phüolog.  Classe.  XXV L  3.  B 


10  P,  WÜSTENPELD, 

Tllfnlt,    hier  fanden   noch  mehrere  Kämpfe   statt,    doch   endlich   wurde 
Friede  geschlossen. 

Unterdess  war  Ibrdhim  ben  Ahmed  im  J.  289  gestorben  und  sein 
Sohn  Abul-Abbds  Abdallah  zur  Regierung  gekommen,  welcher  seinen 
Sitz  in  Tunis  nahm.  Die  unter  el-Schfl  vereinigten  Berbern  rückten 
vor  Mila,  belagerten  die  Stadt  und  nahmen  sie  durch  Verrath  eines  ge* 
wissen  Hasan  ben  Ahmed  in  Besitz;  el-Schfi  baute  sich  hier  ein  Resi* 
denzschloss.  Abul-'Abbds  schickte  ihm  noch  in  demselben  Jahre  eine 
Armee  unter  seinem  Sohne  Muhammed  el-Ahwal  M  über  Satif  und  Bilizma 
entgegen ,  el-Schfi  wurde  geschlagen ,  zog  sich  über  Td9nlt  ins  Ge- 
birge von  Iki'gdn  zurück  und  sein  Schloss  in  Mila  wurde  wieder  zer- 
stört. Eine  zweite  Schlacht  fiel  so  zweifelhaft  aus,  dass  sich  jede  Partei 
für  geschlagen  hielt  und  el-Ahwal  nach  Tunis  uud  el-Schfi  in  das  Ge- 
biet der  Kitdma  zurückkehrte.  Abul- Abbds  rüstete  eine  neue  Armee 
aus,  und  auch  el-Schfi  verstärkte  sich  wieder,  doch  während  die  beiden 
Heere  auf  dem  Marsche  nach  Satif  begriffen  waren,  wurde  Abul- Abbds 
auf  Anstiften  seines  Sohnes  Zijadatallah  am  29.  Scha'bdn  290  ermordet» 
welcher  sich  der  Regierung  bemächtigte,  seinen  Bruder  el-Ahwal  zurück- 
rief und  ihn  nebst  den  übrigen  Prinzen  umbringen  liess.  Diese  Vor- 
gänge und  die  darauf  folgenden  Aufstände  konnten  für  el-Schfi  nur 
günstig  sein,  zumal  da  Zijadatallah  sich  einem  zügellosen  ausschweifen- 
den Leben  ergab,  und  endigten  damit,  dass  el-Schi'i  die  Haupt-  und 
Residenzstädte  Keirawdn  und  Raccdda  im  Ra'gab  296  einnahm,  nachdem 
Zijadatallah  mit  seinem  ganzen  Hofstaate  und  mit  eiligst  zusammen- 
gerafften  unermesslichen  Schätzten  nach  Ägypten  geflohen  war  und  mit 
ihm  die  Herrschaft  der  Aglabiten  ihre  Ende  gefunden  hate. 


1)  Das  Adjectivuin  eines  Fehlers  „schielend",  wie  der  Name  erklärt  wird,  kann 
nur  Ahwal  lauten,  „er  schielte  indess  nicht  wirklieh,  sondern  blinzelte  mit  den 
Augen ,  wenn  er  Jemand  ansah" ;  also  ist  el-^nwal  oder  Abul-^uwal ,  wie  einige 
schreiben,  mi richtig;  allenfalls  wäre  noch  Abul-^awal  zulässig. 


i 


GESCHICHTE  DER  FATIMIDEN  CHALIFEN.  11 


Bevor  wir  zur  Geschichte  der  Dynastie  selbst  fibergehen,  ist  es 
nöthig,  die  Abstammung  derselben  von  einer  anderen  Seite  zu  betrachten. 
Schon  der  Name  Fatimiden-Chalifen  drückt  es  aus,  dass  man  ihren 
Ursprung  von  'AU  und  seiner  Frau  Ffitima  herleitete  und  sie  selbst 
haben  diese  Verwandtschaft  behauptet  und  geltend  zu  machen  gesucht, 
und  vielleicht  noch  mehr  ist  dies  von  ihren  Anhängern  geschehen.  Unter 
den  besten  Arabischen  Historikern  giebt  es  zwei  Parteien,  von  denen 
die  eine  an  dieser  Abstammung  festhält,  während  die  andere  sie  be- 
streitet und  verwirft  und  die  oben  von  uns  gegebene  mit  geringen  Ab- 
weichungen annimmt.  Zu  den  letzteren  gehören  elnFargdni  und  ^Arib 
ums  J.  357—366.  Aha  Bekr  el-Bdküäni  f  403  (vgl.  oben  S.  3),  'GamM 
ed-din  el-Halabi,  Jäcdt^  eUMaktn,  Ihn  ChaUikän^  welchem  AbuUMähdsm 
folgt,  Ibn  'Adsdfi,  Abul-Fidd,  eUNuweiH  und  elr-SujüH.  Ihn  eUAihir  führt 
Tom.  VIII.  p.  20  eine  Menge  Aliden-Schriftsteller  an,  welche  die  Ver- 
wandtschaft mit  'Ali  vertheidigt  haben  und  er  selbst  scheint  ihrer  An- 
sicht zu  sein,  legt  dann  aber  seiner  Darstellung  eine  Geschichte  von 
Africa  und  Magrib  zu  Grunde,  deren  Verfasser,  ein  gewisser  Emir  Abd 
el-Aztz,  eine  Jüdische  Abkunft  des  Obeidallah  annahm.  Ausdrücklich 
für  die  Abstammung  von  'Alf  hat  sich  Ibn  Chaldün  erklärt  und  am  ent- 
schiedensten Macrtzi,  welchem  de  8acy  sich  angeschlossen  hat. 

Die  Gründe  dafür  sind  besonders  folgende.  Zu  der  Zeit,  als  el- 
Mu'izz  sich  in  Ägypten  zum  Chalifen  ausrufen  Hess,  war  die  Nachkom- 
menschaft 'Alfs  so  zahlreich  und  so  weit  verbreitet,  dass  ein  trügerisches 
Vorgeben  einer  Verwandtschaft  sogleich  hätte  entdeckt  werden  müssen 
und  die  damals  sehr  mächtige  Partei  der  Schfiten  würde  sich  selbst 
nicht  soweit  erniedrigt  haben,  dass  sie  den  Nachkommen  eines  Magiers 
oder  eines  Juden  für  einen  der  ihrigen  erklärt  und  als  ihr  Oberhaupt 
anerkannt  haben  würde.  Es  lag  aber  im  Interesse  der  'Abbasiden- 
Chalifen  die  Emporkömmlinge  verdächtig  zu  machen,  desshalb  suchten 
sie  und  ihre  Anhänger  die  Abstammung  derselben  von  'All  in  Zweifel 
zu  ziehen  und  dazu  wurde  eine  Genealogie  erfunden,  welche  die  Fati- 
miden-Dynastie  recht  verächtlich  machen  sollte. 

B2 


12  F.  WÜSTENFELD, 

Dagegen  ist  einzuwenden,  dass  in  diesem  Falle  den  Schfiten  um  so 
mehr  hätte  daran  liegen  müssen,  die  Zugehörigkeit  der  sogen.  Fatimiden 
nnd  die  Ächtheit  ihrer  Abstammung  von  'AU  unzweifelhaft  zu  beweisen, 
was  sie  nicht  vermocht  haben.  Wenn  der  Chalif  el-Hdkim  eine  solche 
Abstammung  öffentlich  behauptete,  so  ist  sie  gleichzeitig  im  J.  402  durch 
ein  in  Bagdad  aufgenommenes  öffentliches  Instrument  geläugnet,  s.  unten; 
das  war  aber  nichts  neues,  denn  wir  haben  oben  S.  4  gesehen,  dass 
schon  früher  beim  Auftauchen  der  Fatimiden-Frage  derselbe  Streit  ge- 
führt wurde. 

Es  ist  der  grösste  Stolz  der  Araber,  einer  berühmten  Familie  an- 
zugehören, in  ganz  besonderem  Ansehen  stehen  aber  die  Nachkommen 
des  'AU,  welche  sich  den  Titel  „Scherif" ,  etwa  „Hoheit",  beilegten. 
Zu  allen  Zeiten  sind  ihnen  gewisse  Vorrechte  zugestanden,  die  ihnen 
selbst  ihre  Gegner  nicht  haben  streitig  machen  können  und  nicht  streitig 
gemacht  haben,  sobald  sie  nur  nicht  gegen  die  bestehende  Regierung 
sich  auflehnten,  und  um  zu  verhüten,  dass  nicht  unbefugte  sich  durch 
falsche  Angaben  in  die  Familie  eindrängten,  waren  in  Ägypten  noch 
unter  den  Türkischen  Sultanen  angesehene  'Aliden  besonders  damit  be- 
auftragt, auf  die  Reinheit  ihres  Geschlechtes  zu  achten*).  Unter  solchen 
Umständen  muss  es  höchst  auffallend  erscheinen,  dass  man  über  die 
Abkunft  des  Stifters  einer  grossen  Dynastie  ganz  verschiedene  Angaben 
findet,  so  dass  nicht  einmal  über  den  Namen  seines  Vaters,  viel  weniger 
über  seine  Vorfahren  Übereinstimmung  herrscht.  Selbst  die  Vertheidiger 
der  Fatimidischen  Abkunft  gestehen  diese  Widersprüche  ein  und  führen 
sie  selbst  an,  und  sie  lassen  sich  am  leichtesten  übersehen  in  diesem 
Stammbaum. 


1)  Vergl.   m.  Abhandl.  Cälcaschandi  ^   die   Qeographie   und  Verwaltong  von 
Ägypten,  S.  183  fg. 


GESCHICHTE  DBK  FATIMIDEN  GHALIPEN. 


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14  F.  WÜSTENPFLD, 

Die  den  Namen  vorgesetzten  Zahlen  bezeichnen  die  Reihenfolge 
der  vor  ihnen  als  ihre  Oberhäupter,  Imdme,  anerkannten  Personen, 
welche  historisch  beglaubigt  sind;  der  zwölfte  derselben  verschwand  als 
Knabe  von  zehn  Jahren  im  J.  265  und  seine  Rückkehr  wurde  von  den 
Schfiten  erwartet.  Nun  soll  also  der  Stifter  der  Dynastie  dieser  er- 
wartete, welcher  in  Africa  den  Namen  'Obeidallah  angenommen  habe, 
oder  dessen  Bruder  gewesen  sein ,  welcher  sich  gleichfalls  eUMahdi  „der 
auf  dem  rechten  Wege  befindliche*'  nannte.  Nach  einer  anderen  An- 
gabe bei  Um  ChalUkdn  und  nach  einer  Lesart  bei  Ihn  el-Äthlr  war 
'Obeidallah  (3)  ein  Vetter  des  Verschwundenen.  Eine  grosse  Partei 
lässt  'Obeidallah  von  dem  sechsten  Imdm  Ga'far  el-^ddik  durch  seinen 
Sohn  Ismä'il  abstammen,  nach  welchem  die  von  den  Schi'iten  abgezweigte 
Secte  der  Ism&'iliten  benannt  ist,  und  hier  giebt  es  wieder  vier  verschie- 
dene Reihen  um  auf  X)beidallah  zu  kommen;  in  der  ersten  (4),  welche 
Ihn  ChalUkdn  und  Ibn  ChaMün  anführen,  gelten  die  drei  Vorgänger  el- 
Ridhä,  el-Wa£[  und  el-Taki  auch  sonst  als  historisch  richtig  und  führen 
den  Namen  el-Mastürün  „die  Verborgenen**,  weil  sie  wegen  der  Nach- 
stellungen der  *Abbasiden-Chalifen  sich  stets  im  Verborgenen  hielten. 
Die  zweite  dieser  Reihen  (5)  ist  die  von  Ibn  Chaldün  und  Macrizi  als 
richtig  angenommene,  und  ersterer  bemerkt  dazu,  dass  Muhammed  el- 
Maktüm  (der  verborgene)  und  sein  Sohn  Ga'far  und  sein  Enkel  Muham- 
med die  drei  sogen.  „Verborgenen**  gewesen  wären.  Die  (6.)  und  (7.) 
Reihe  werden  von  Abulßdd  erwähnt,  aber  verworfen,  die  (7.)  von  Jdcüt 
bezweifelt,  und  die  letzte  (8.)  noch  bei  Ibn  Challikän  vorkommende  Reihe, 
wonach  'Ali  ben  fiusein  erst  in  Africa  sich  'Obeidallah  genannt  haben 
soll,  kann  am  wenigsten  in  Betracht  kommen. 

Am  meisten  hätte  noch  die  Abstammung  von  den  ,, Verborgenen*' 
einige  Wahrscheinlichkeit  für  sich,  aber  sie  gerade  geben  auch  einen 
starken  Gegenbeweis.  Die  Partei  der  Schi'iten,  von  denen  doch  der  bei- 
weitem grösste  Theil  nicht  von  'Ali  abstammte,  war  sehr  zahlreich  und 
von  den  Chalifen  gefürchtet,  sie  schürten  überall  und  es  gelang  ihnen 
auch,  einige  bedenkliche  Aufstände  in  Gang  zu  bringen,  allein  es  ge- 
brach ihnen  an  einer  einheitlichen  Leitung,   es  fehlte  ihnen  ein  hervor- 


GESCHICHTE  DER  FATIMIDEN  CHALIFEN.  15 

■ 

ragender  Führer.  Mit  der  neuen  Glaubenslehre  und  ihrer  systematischen 
Weiterbildung,  welche  in  der  Folge  in  der  Religion  der  Drusen  einen 
ihrer  Gipfelpunkte  erreichte ,  war  es  nicht  gethan ,  es  musste  offen  ge- 
handelt werden ,  wenn  ein  bleibender  Erfolg  gegen  die  'Abbasiden  er- 
ziehlt  werden  sollte,  und  dazu  fehlte  es  den  ,, Verborgenen'*  noch  mehr 
an  Muth,  als  den  elf  Imamen,  welche  wenigstens  offen  sich  gegen  die 
Chalifen  erklärten,  dafür  aber  auch  um  so  strenger  überwacht  wurden. 
Wenn  nun  endlich  ein  solcher  Führer  auftrat  und,  kaum  der  Verfolgung 
entronnen,  in  einem  entfernteren  Lande  die  Schaaren  sammelte,  welche 
schon  gut  vorbereitet  waren,  so  ist  es  nicht  zu  verwundern,  dass  sie 
ihm  folgten  ohne  nach  seiner  ebenbürtigen  Abstammung  viel  zu  fragen 
und  sie  zu  prüfen,  und  nachdem  die  Dynastie  sich  befestigt  hatte,  liess 
sich  der  grosse  Haufen  leicht  überreden,  die  Herrscherfamilie  für  Ab- 
kömmlinge ihres  vergötterten  'Alf  zu  halten.  —  Einige  Arabische  Histo- 
riker, welche  die  Abstammung  von  All  nicht  anerkennen,  aber  auch 
Ihn  Chaldün,  nennen  nach  dem  Stifter  'Obeidallah  die  Dynastie  'Obeiditen, 
andere  'Aliden,  um  indess  Irrthümer  zu  vermeiden,  mag  man  den  Namen 
Fatimiden-Chalifen  beibehalten. 


Wir  kehren  nach  Salamia  zurück.  Abul-Schalaglag  erzog  den  jungen 
Sa'id  in  den  Grundsätzen  der  Secte,  verheirathete  ihn  mit  seiner  Tochter 
und  stellte  ihn  seinen  Anhängern  vor,  welche  ihn  nach  dem  Tode  des 
Abul-Schalaglag  als  ihren  Imdm  anerkannten.  Dies  ist  die  Angabe  selbst 
eines  'Aliden,  des  Abul-Cdsim  el-Abjadh,  und  Sa'M  nahm  jetzt  den  Na- 
men Obeidallah  an  und  gab  sich  für  einen  Sohn  des  elften  Imdm  el- 
Hasan  el-'Askarl  aus,  also  für  einen  Bruder  des  verschwundenen  Muhammed. 
Obeidallah  entwickelte  eine  grössere  Thätigkeit  nach  aussen  als  seine 
Vorgänger  und  benutzte  dazu  sein  sehr  bedeutendes  Vermögen,  womit 
er  seine  Anhänger  unterstützte  und  neue  gewann.  Schon  durch  seine 
Beichthümer  angelockt,  noch  mehr  aber  durch  seine  Umtriebe  beunruhigt, 
suchte  der  Chalif  el-Muktafi  ihn  in  seine  Gewalt  zu  bekommen,  doch 
wusste  er  dessen  Nachstellungen  immer  zu  entgehen. 


16  F.  WÜSTENPELD, 

Um  diese  Zeit  schickte  Abu  Abdallah  el-Schi'l  zu  ihm,  welcher  die 
Verbindung  mit  den  Führern  in  Salamia  fortwährend  unterhalten  und 
schon  seit  dem  J.  288  die  Berbern  aufgefordert  hatte,  dem  Obeidallah 
als  ihrem  Oberhaupt  zu  huldigen,  setzte  ihn  von  seinen  Erfolgen  in 
Magrib  in  Kenntniss  und  Hess  ihn  durch  Abgeordnete  der  Kitdma  und 
wahrscheinlich  auch  durch  seinen  eigenen  Bruder  Abul-'Abbds,  da  wir 
diesen  nachher  in  seiner  Begleitung  treffen,  einladen,  zu  ihm  zu  kommen, 
um  sich  als  Imäm  ausrufen  zu  lassen  und  den  offenen  Kampf  gegen  die 
'Abbasiden  Chalifen  zu  beginnen.  Obeidallah  raffte  alle  seine  beweg- 
liche Habe  zusammen  und  verliess  mit  seinem  kleinen  Sohne  Abul-Cdsim 
Abd  el-Rahman  und  einigen  Getreuen  Salamia  in  der  Absicht  sich  nach 
Jemen  zu  begeben,  da  er  aber  unterwegs  erfuhr,  dass  'AU  ben  el-Fadhl, 
der  Nachfolger  des  Ihn  Hauschab  in  der  Leitung  der  Schfitischen  Be- 
wegungen, durch  sein  schlechtes  Benehmen  an  Ansehen  und  Einfluss 
verloren  habe,  schloss  er  sich  als  Kaufmann  verkleidet  einer  Karawane 
von  Kaufleuten  an,  um  über  Ägypten  nach  Magrib  zu  kommen. 

el-Muktafi  hatte  seinen  Statthalter  in  Mi^r  Isa  el-Nüscharl  *)  schon 
benachrichtigt,  ihm  eine  genaue  Personalbeschreibung  des  Obeidallah  ge- 
schickt und  ihm  befohlen,  ihn  im  Betretungsfalle  festzunehmen.  Ein 
Hofbeamter,  ein  heimlicher  Anhänger  der  Schfiten.  hatte  hiervon  Kunde 
bekommen  und  beeilte  sich  Obeidallah  zu  warnen ,  welcher  dann  auch 
nach  kurzem  Aufenthalte  von  Miijr  wieder  aufbrach.     el-Nüscharf  sandte 


1)  el-Nüscbari  war  Statthalter  von  Ägypten  yom  7.  Gumädä  U.  292  bis  zum 
26.  Scha^bän  297,  schon  desshalb  ist  die  Angabe  bei  Ihn  'Ädsäri  S.  214  unrichtig, 
dass  Obeidallah  im  J.  289  in  der  Verkleidung  eines  Kaufmanns  nach  Ägypten  ge- 
konunen  sei.  Durch  die  Empörung  des  Muhammed  el-Chalan^  war  aber  die  Statt- 
halterschaft zehn  Monate  vom  Ramadhän  292  bis  zum  Ra'gab  293  unterbrochen,  und 
da  Ibn  ^Adsäri  S.  134  die  Einkerkerung  des  Obeidallah  in  Si^ilmäsa  schon  unter 
dem  J.  292  erwähnt,  so  muss  die  Flucht  desselben  und  seine  Reise  durch  Ägypten 
in  der  Mitte  dieses  Jahres  stattgefunden  haben,  wenn  auch  wegen  der  weiten  und 
beschwerlichen  Reise  und  des  mehrmaligen  Aufenthaltes  die  Ankunft  und  Einker- 
kerung in  Si^^lmäsa  erst  gegen  das  Ende  des  Jahres  erfolgt  sein  mag,  so  dass  die 
Oefangenschafb  etwa  3Vs  Jfthr  gedauert  hat. 


GESCHICHTE  DER  FATIMIDEN  CHALIFEN.  IT 

seine  Späher  aus  und  ging  auch  persönlich  auf  die  Suche ;  er  traf  Obeid- 
allah,  man  sagt  in  der  Nähe  von  Alexandria,  glaubte  ihn  nach  der  er- 
haltenen Beschreibung  zu  erkennen ,  hielt  ihn  fest ,  liess  ihn  in  einen 
Garten  einkehren  und  begann  ihn  zu  verhören.  Darüber  kam  die  Mit- 
tagszeit herbei,  und  el-Nüscharl  forderte  ihn  auf  etwas  zu  essen,  er  lehnte 
dies  aber  ab  unter  dem  Vorgeben ,  dass  er  ein  Fasten ,  welches  er  sich 
auferlegt  habe ,  nicht  brechen  wolle.  el-Nüschari  wurde  stutzig ,  da  er 
wusste,  dass  die  Schfiten  nie  fasten,  er  zog  gelindere  Seiten  auf  und 
bat  ihn,  über  sich  die  Wahrheit  zu  sagen,  dann  wolle  er  ihn  frei  lassen. 
Obeidallah  setzte  ihn  nun  durch  Betheuerungen  in  Furcht,  verläugnete 
sich  und  seinen  Stand  und  hörte  nicht  auf,  bis  er  ihn  durch  Drohungen 
und  Güte  dahin  brachte,  dass  er  ihn  frei  liess  und  sich  noch  erbot  ihm 
eine  Bedeckung  mitzugeben,  die  ihn  wieder  zu  seinen  Reisegefährten 
brächte,  was  indess  Obeidallah  ablehnte.  Einige  sagen,  el-Ndschari 
habe  sich  bestechen  lassen;  seine  Begleiter  tadelten  sein  Verfahren,  er 
bereute  es  selbst  und  wollte  ihm  schon  nachsetzen  lassen.  Als  Obeid- 
allah seine  Gefährten  einholte,  fand  er  seinen  Sohn  sehr  betrübt  über 
einen  Jagdhund,  den  er  vermisste,  die  Diener  meinten,  er  könnte  in  dem 
Garten  zurückgeblieben  sein,  und  Obeidallah  ging  sogleich  zurück  um 
ihn  zu  suchen.  el-Ndscharl  war  noch  dort  und  als  er  ihn  sah  und  den 
Grund  seiner  Rückkehr  hörte,  sagte  er:  Ihr  wolltet  mich  veranlassen 
diesen  Mann  festzunehmen  und  zu  tödten ;  wer  sich  schuldig  fühlt  und 
für  sein  Leben  besorgt  sein  muss ,  der  wird  sich  beeilen  heimlich  davon 
zu  kommen  und  nicht  umkehren  um  einen  Hund  zu  suchen ;  und  er 
liess  ihn  wieder  fortgehen. 

Obeidallah  beschleunigte  nun  seine  Flucht,  wurde  aber  bei  Tdhdna^) 
von  Räubern   überfallen,    welche   ihm    einen   grossen  Theil  seiner  Habe 


1)  Jäcüt  Bd.  lU.  S.  487  macht  die  unrichtige  Angabe,  dass  dieser  Ort  bei 
CoBstaDÜne  gelegen  habe.  Nach  Edrtsi  pag.  137  lag  er  auf  dem  Wege  von 
Alexandria  durch  die  Wüste  nach  Barka  und  zwar  nach  den  angegebenen  Entfer- 
nungen der  Zwischenorte  nur  102  Meilen  oder  eine  Tagereise  von  Alexandria,  nach 
der  auf  der  folgenden  Seite  sich  findenden  Bemerkung,  dass  1150  Meilen  zu  11  Vi 
Tagereise  d.  i.  100  Meilen  auf  eine  Tagereise  gerechnet  werden. 
Histor.-philolog.  Classe.    XXVI.  3.  C 


18  F.  WÜSTENFELD, 

abnahmen,  darunter  die  unersetzlichen,  von  seinen  Vorfahren  fiberkomme- 
nen  Schriften  ^^^Xi  d.  i.  Prophezeiungen  über  die  Schicksale  der  zu- 
künftigen Reiche  und  ihrer  Herrscher^).  Man  sagt,  dass  sein  Sohn  Abul- 
Cdsim  auf  seinem  ersten  Zuge  gegen  Ägypten  diese  Schriften  in  dem 
genannten  Orte  oder  in  Barka  wieder  erhalten  habe. 

Obeidallah  kam  mit  seinem  Sohne  nach  Tripolis,  verabschiedete  sich 
hier  von  seiner  kaufmännischen  Reisegesellschaft  und  schickte  Abul- 
'Abb4s,  den  Bruder  des  Abu  Abdallah  el-Schfl,  der  ihn  begleitet  hatte, 
mit  einigen  anderen  nach  Keirawän  vorauf,  um  zu  den  Kitdma  zu  ge- 
langen. Unterdess  war  Zijädatallah  von  Bagdad  aus  schon  fiber  die 
Reise  Obeidallahs  und  seine  Plane  unterrichtet  und  Hess  alle  Reisende 
streng  überwachen,  und  so  auch  den  Abul-Abbds,  als  er  nach  Kei- 
rawän kam;  er  wurde  aufgegriffen  und  verhört,  läugnete  aber  jede  Be- 
kanntschaft und  sagte:  ich  bin  ein  Kaufmann  und  in  einer  Karawane 
mit  einem  mir  unbekannten  Manne  gereist  Indess  wurde  er  einge- 
kerkert, und  als  Obeidallah  dies  erfuhr,  ging  er  nach  Castilia  weiter, 
wo  er  sich  durch  Geschenke  das  Wohlwollen  des  dortigen  Statthalters 
sicherte,  so  dass  dieser,  als  er  von  Zijddatallah  den  Befehl  erhielt  ihn 
fest  zu  nehmen,  antwortete,  dass  Obeidallah  bereits  wieder  abgereist  sei. 
Er  entkam  auch  den  ihm  nacheilenden  Verfolgern  und  erreichte  Sigil- 
mdsa^,  wo  er  den  Statthalter  el-Jasa'  ben  Midrdr  sich  gleichfalls  durch 

1)  Diese  Erklärung  giebt  Ihn  Chäldün,  Prolegomenes  par  Quairem^e  II*  Partie 
pag.  176  (Not.  et  Extr.  des  Mss.  Tome  XVII);  Traduction  par  M.  O.  de  SUme. 
Tome  II.  pag.  205  (Not.  et  Extr.  Tome  XX) ;  vergl.  de  Sacy  Chrestom.  2.  Edit. 
Tome  II.  pag.  298.  —  Hagi  Chalfa  No  12841  hat  nur  die  Rubrik  j,^>Xt  ^  ohne 
hier  weitere  Bücher  über  diesen  Gegenstand  zu  nennen;  FlügeCs  Übersetzung  Doc- 
trina  pugnarum  magnarum  ist  hier  nicht  treffend  genug,  besser  schon  in  der  Um- 
schreibung, welche  er  in  der  Einleitung  Tom.  I.  pag.  36  gemacht  hat.  Daher  ist 
auch  No  12877  im  Singular  'lU-^vU  nicht  durch  Strages  magna  Danidis^  sondern 
in  der  Kürze  durch  Prophetia  Danielis  wiederzugeben. 

2)  Es  ist  auffallend,  dass  Obeidallah  von  Castilia  aus  nicht  das  näher  gelegene 
Gebiet  der  Kitäma  zu  erreichen  suchte,  und  sich  soweit  wieder  entfernte;  vermuth- 
lieh  lagen  Berberische  Stämme  dazwischen,  welche  sich  nicht  mit  den  Eit&ma  ver- 
einigt und  sich  noch  nicht  für  el-Schi'i  erklärt  hatten. 


GESCHICHTE  DER  FATIÄUDEN  CHALIFEN.  19 

« 

Geschenke  geneigt  zu  machen  suchte.  Als  aber  auch  dorthin  die  Steck- 
briefe  des  ZijÄdatallah  gelangten,  woraus  el-Jasa'  erst  erfuhr,  dass  sein 
Fremder  derjenige  sei,  welchen  el-Schfi  znm  Oberhaupt  ausgerufen  hatte, 
warf  er  ihn  und  seinen  Sohn  jeden  in  ein  besonderes  Gefängniss. 

Unterdess  war  gegen  el-Schl'i  ein  gefährlicher  Gegner  aufgestanden, 
ein  Verwandter  Namens  Ibrdhfm  ben  Chanbasch^),  welcher  freilich  nicht 
kriegserfahren  war,  aber  durch  Austheilung  von  Geschenken  eine  Armee 
von  40000  Mann  um  sich  vereinigt  hatte,  die  sich  bei  seinem  Vormarsche 
um  das  Doppelte  vermehrte  Er  kam  nach  Constantine»  wo  noch  grosse 
Abtheilungen  des  Stammes  Kitäma,  welche  sich  gegen  el-Schfl  erklärt 
hatten,  sich  ihm  anschlössen.  el-Schl'i  zog  sich  ins  Gebilde  zurück  und 
verschanzte  sich  dort,  und  nachdem  Ihn  Chanbasch  sechs  Monate  ver- 
gebens auf  einen  Angriff  gewartet  hatte,  beschlos»  er  selbst  dazu  über- 
zugehen und  ging  zwei  Tagereisen  nach  der  in  einer  weiten  Ebene  ge- 
legenen Festung  Bilizma^  vor.  el-Schfi  hatte  ein  ausexiesenes  Reiter- 
corps  zum  Recognosciren  ausgeschickt,  welches  alsbald  von  Ibn  Chanbasch 
angegriffen  wurde,  und  als  el-Schl'l  dies  gemeldet  wurde,  kam  er  mit 
seiner  ganzen  Armee  herbei  und  schlug  die  Feinde  in  die  Flucht,  nach- 
dem sie  ihr  ganzes  Gepäck  abgeworfen  hatten,  welches  den  Siegern  in 
die  Hände  fiel.  Ibn  Chanbasch,  selbst  verwundet,  floh  bis  Keirawän 
und  el-Schfi  schickte  einen  Vertrauten  in  der  Verkleidung  eines 
Schlächters,  welcher  Fleisch  verkaufte,  nach  Si'gilmdsa  zu  Obeidallah, 
um  ihm  von  diesem  Erfolge  Nachricht  zu  geben  und  ihm  heimlich  eine 
grosse  Summe  Geldes  zustecken  zu  lassen. 

Indess  fühlte  8ich  el-Schfl  wohl  nicht  stark  genug  um  schon  da- 
mals diesen  Sieg  ganz  auszunutzen,  und  im  J.  293  sandte  Zijddatallah 
wieder   ein  Heer  gegen    ihn   aus    nach  el-Urbus')    unter  Anführung  von 


1)  Verschiedene  Lesarten:  Chnneisch^  ^ubeisch,  Habaschi. 

2)  Mehrfach  verschrieben  in  K^,  ^jt^  Eabuna. 

3)  (jw^i^t  etr-TJrbus  d.  i.  Laribus  drei  Tagereisen  von  Keirawän  mid  zwei  von 
Tunis.  JäcM  Bd.  L  S.  184.  Edrisi  pag.  117  fg.  Man  erkennt  leicht,  dass  das 
anlautende  I  im  Arabischen  in  den  Artikel-  d  übergegangen  ist  und  nur  bei  Bekri^ 

C2 


20  F.  WÜSTENFELD, 

Mudli'g  ben  Zakarijd  und  Ahmed  benMasrdr;  diese  beiden  lehnten  sich 
aber  am  10.  Gumddd  IL  auf  und  kamen  am  16.  d.  M.  mit  der  Armee 
wieder  vor  Keirawdn  an;  das  Volk  zog  hinaus  und  trieb  sie  zurück, 
wobei  das  Pferd  des  Mudlig  stürzte  und  er  auf  der  Stelle  getödtet 
wurde;  Zijddatallah  wollte  sich  schon  selbst  hinausbegeben,  als  er  diese 
Nachricht  erhielt,  und  Hess  nun  in  Keirawdn  und  dem  ganzen  Districte 
einen  Sieg  verkünden.  Der  Grund  der  Auflehnung  war  gewesen,  dass 
Zijädatallah  wegen  eines  I^ndgutes,  gen.  el-Guleidia,  einen  Rechtsstreit 
gegen  ihn  geführt  und  der  Cadhi  von  Keirawdn  Gammds  ben  Marwdn 
gegen  Mudli'g  entschieden  hatte,  woraus  ein  gegenseitiger  Hass  ent- 
standen war. 

Bald  nachher  kam  ein  Schreiben  des  Chalifen  el-Muktafi  an  alle 
Bewohner  Africas,  Zijddatallah  zu  Hülfe  zu  kommen  und  ihn  in  dem 
Kriege  gegen  el-Schfi  zu  unterstützen.  Dieses  Schreiben  wurde  überall 
verlesen  und  Zijddatallah  zog  selbst  hinaus  nach  el-Urbus,  lagerte  sich 
westlich  von  der  Stadt  und  sammelte  hier  ein  grosses  Heer;  er  vertheilte 
ungeheure  Summen  Geldes,  jeder  Mann  erhielt  ungezählt  eine  Schaale 
voll  Dinare,  liess  sie  sich  in  seine  Tasche  schütten,  setzte  sich  damit 
zu  Pferde  und  verschwand,  ohne  sich  wieder  sehen  zu  lassen.  Zijddatallah 
richtete  seinen  Marsch  nach  Bdgdja  und  nahm  die  Festung  Tubna  zum 
Stützpunkte,  in  welche  er  eine  starke  Besatzung  legte  unter  dem  Com- 
mando  seines  Kammerherrn  Abul-Mukdri'  Hasan  ben  Ahmed,  welchem 
Schabtb  ben  Abu  Schadddd  el-Camüdl  und  Chafd'ga  el-'Absl,  die  sehr 
streng  waren,  als  Verwaltungs-Beamte  zur  Seite  standen,  mit  dem  Be- 
fehle gegen  die  Kitäma  Streifzüge  zu  unternehmen,  und  es  fanden  hier 
auch  mehrere  Gefechte  statt,  in  denen  von  beiden  Seiten  viele  getödtet 
wurden. 

Indess  el-Schfi  bemächtigte  sich  in  der  Folge  der  Festung  Bilizma, 
und  Tubna  ergab  sich  am  letzten  Tage  des  Jahres  durch  Capitulation  ^) ; 

TAfrique  pag.  46  kommt  die  ursprüngliche  Form  \j^^  vor.  Da  man  statt  Laribos, 
als  Ablativ  gedacht^  auch  als  Nominativ  Lares  findet,  so  würde  die  oft  vorkom- 
mende Punctation  ^jM^^t  el-Ares  ebenso  ihre  Berechtigang  haben. 

1)  So  nach  Ibn  'AdsArt  pag.  136;  nach  Ihn  el-AtW  VIII,  31  hielt  die  Stadt 


GESCHICHTE  DER  FATIMIDEN  CHALIFEN.  21 

der  Statthalter  Abul-Mukdri'  Hasan  kam  ihm  mit  den  genannten  beiden 
Einnehmern  entgegen,  um  ihm  den  vorräthigen  Tribut  auszuliefern;  dem 
einen,  welcher  den  Zehnten  gesammelt  hatte,  gab  er  diesen  zurück  mit 
dem  Befehl  ihn  den  Contribuenten  wieder  zuzustellen,  der  andere  hatte 
von  den  Juden  und  Christen  die  Kopfsteuer  erhoben,  aber  nur  halb  so- 
viel genommen,  als  er  nach  der  Verordnung  des  Chalifen  Omar  berech- 
tigt gewesen  wäre.  Diese  Abgabe  fand  el-Schfl  in  der  Ordnung,  nahm 
sie  an  und  vertheilte  sie  unter  seine  Soldaten.  Mit  Ausnahme  einer 
geringen  Armensteuer  wollte  er  von  anderen  Auflagen  nichts  wissen  und 
erwarb  sich  dadurch  das  Vertrauen  der  ganzen  Bevölkerung,  die  ihm 
ihre  Unterwürfigkeit  erklärte. 

Auf  die  Nachricht  hiervon  wurde  Zijddatallah  sehr  bestürzt  und 
Hess  el-Schfl  auf  den  Kanzeln  verfluchen;  er  sammelte  noch  mehr 
Truppen  und  schickte  von  dem  Sammelplatze  el-Urbus,  wo  er  sich  selbst 
befand,  einzelne  Corps  unter  besonderen  Anführern  nach  verschiedenen 
Seiten  aus.  Schon  in  der  Mitte  des  Muharram  294  ging  Ibrdhtm  ben 
Habaschi  mit  einer  Armee  wieder  gegen  Tubna  vor;  Hdrün  Ihn  el- 
Tubni  zog  mit  12000  Mann  nach  Ddr  Mallül,  einen  starken  Tagemarsch 
westlich  von  Tubna,  ermordete  die  Bewohner,  welche  sich  für  el-Schfi 
erklärt  hatten,  und  zerstörte  die  hoch  gelegene  Citadelle.  Auf  dem 
Rückmarsche  stiess  er  auf  ein  Streifcorps,  welches  el-Schfl  unter  dem 
Befehl  des  Garraweih  (oder  'Artlba)  ben  Jtlsuf  auf  Recognoscirung  aus- 
geschickt hatte.  Beim  Anblick  desselben  schraken  Hdrün*s  Leute  zu- 
sammen, erhoben  ein  grosses  Geschrei  und  ergriffen  die  Flucht,  ohne 
einen  Kampf  zu  wagen.  Garraweih  glaubte  dies  sei  eine  Kriegslist  und 
zögerte  mit  der  Verfolgung,  als  er  aber  einsah,  dass  es  wirklich  eine 
Flucht  sei ,  eilte  er  ihnen  nach ,  und  eine  unzählige  Menge ,  darunter 
der    Anführer    Hdrün,     wurde    getödtet.      Die    Stadt  Tfgis    ergab    sich 


Tobna  eine  schwere  Belagerung  aus,  bis  durch  die  ao  die  Mauer  herangebrachten 
Maschinen  ein  Thnrm  zum  Einsturz  gebracht  und  nach  einem  heftigen  Kampfe  die 
Stadt  genommen  wurde;  die  Anführer  hatten  sich  in  die  Festung  zurückgezogen 
und  wurden  noch  belagert,  bis  sie  capitulirten. 


22  F.  WÜSTENFELD, 

an  Jüsuf  el-Gassäni,  einen  General  des  Schl*l,  und  Zijddatallah ,  wel- 
cher sich  in  el-Urbus  nicht  mehr  für  sicher  hielt,  übertrug  den  Ober- 
befehl über  die  dort  versammelten  Truppen  an  Ibrdhtm  ben  Ahmed  ben 
Abu  Ikdl,  begab  sich  nach  Raccdda  und  liess  diese  Stadt  durch  eine  Mauer 
von  Backsteinen  in  Vertheidigungsstand  setzen. 

Im  übrigen  setzte  er  sein  zügelloses  Leben  fort,  machte  Lustfahrten 
auf  dem  See,  veranstaltete  allerlei  Vergnügungen  und  Zechgelage  mit 
Herumstreichern,  verschmitzten  jungen  Leuten,  Sängern  und  Schlemmern, 
und  wenn  er  ja  einmal  in  dem  Gedanken  an  den  Untergang  seines 
Reiches  und  dass  der  Feind  schon  den  grössten  Theil  seines  Landes  er- 
obert hatte,  sich  der  Betrübniss  hingeben  wollte,  kam  einer  der  Lustig- 
macher und  sagte:  Mein  Gebieter,  kennst  du  nicht  das  schöne  Lied  so 
und  so?  lass  es  dir  vorsingen,  wir  wollen  dazu  trinken,  und  lass  diesen 
Trübsinn  fahren.  Dann  erschienen  die  Sänger  und  sangen  ein  Lied  mit 
dem  Refrain: 

Fttlle  den  Becher  und  lass  uns  trinken,  bis  es  genug  ist. 
Dadurch  wurde  Zijddatallah  wieder  aufgeheitert,  er  flberliess  sich  wieder 
dem  Essen  und  Trinken  und  allen  Vergnügungen,  und  seine  Genossen 
halfen  ihm  darin  nach.  Einmal  hatte  einer  seiner  Leibpagen  Namens 
Chattdb  sich  erdreistet,  diesen  seinen  Namen  auf  die  Gold^  und  Silber- 
münzen  prägen  zu  lassen;  das  war  dem  Fürsten  doch  zu  viel  und  er 
liess  ihn  ins  Gefängniss  werfen  und  in  Ketten  legen.  Indess  bald  nacsh- 
her  wusste  ihn  eine  Sängerin  in  einem  Liede  an  Chattdb  zu  erinnern 
und  fßr  ihn  um  Begnadigung  zu  bitten,  und  er  wurde  durch  ihren  Ge- 
sang so  bezaubert,  dass  er  ihm  nicht  nur  die  Freiheit  schenkte,  sondern 
auch  wieder  an  seinen  Hof  nahm. 

Als  el-Schfi  im  Scha'bdn  sich  der  Stadt  Bdgäja,  drei  Tagereisen 
von  Constantine  und  vier  von  Tubna,  bemächtigte,  vermehrte  sich  die 
Besorgniss  bei  Zijddatallah  und  er  fragte  Abdallah  Ibn  el-^dSg  um  Rath» 
was  er  thun  solle;  dieser  rieth  ihm,  heimlich  nach  Ägypten  zu  flüchten 
und  in  Africa  einem  General  den  Oberbefehl  über  die  Armee  zu  über- 
tragen und  diesem  die  nötbigen  Geldmittel  zurückzulassen.  Er  ging 
darauf  ein  und  befahl  500  Gamete  für  den  Transport  seiner  Habe  an- 


GESCHICHTE  DER  FATIMIDEN  CHALIFEN.  23 

zukaufen;  dann  aber  wurde  er  wieder  zweifelhaft  und  fürchtete,  dass 
das  Volk  gegen  ihn  aufstehen  und  sich  an  ihm  rächen  würde,  und  er 
stand  davon  ab.  Ibrahim  ben  Habaschi  hatte  gemerkt,  was  er  beab- 
sichtigte, er  redete  ihm  zu,  hielt  ihm  das  Beispiel  seiner  Vorfahren  vor, 
sprach  ihm  Muth  ein  und  verhiess  ihm  mit  Gottes  Hülfe  den  Sieg;  Zijddat- 
allah  hörte  auf  seine  Worte,  er  fühlte  sich  neu  gestärkt  und  Hess  seine 
Leute  mit  den  Camelen  nach  el-Urbus  abziehen. 

Zwischen  hier  und  Bdgdja  machte  nun  die  Seiterei  von  beiden 
Seiten  beständig  Streif züge  hin  und  her,  rings  um  Raccftda  wurden  Zelte 
und  Baracken  aufgeschlagen  und  die  Einwohner  von  Keirawän  richteten 
Nachtpatrouillen  um  die  Stadt  ein,  um  sich  gegen  plötzliche  Überfälle 
zu  sichern;  Zijädatallah- erneuerte  seine  Heeresmacht,  suchte  sich  Alle 
durch  Geschenke  geneigt  zu  machen  und  begab  sich  im  Muharram  295 
nach  Tunis,  um  auch  dort  alle  seine  Angelegenheiten  zu  ordnen. 

el-Scbfi  breitete  unterdess  seine  Herrschaft  immer  weiter  aus  durch 
verschiedene  Colonnen,  die  er  entweder  selbst  führte,  oder  bewährten 
Führern  anvertraute.  Die  Stadt  Ma'ggdna,  drei  Tagereisen  von  Con- 
stantine,  wurde  mit  Sturm  genommen,  der  feindlich  gesinnte  Stamm 
Nafza  fiberfallen,  Ttfäsch,  eine  Tagereise  von  el-Urbus,  ergab  sich  dem 
dahin  gesandten  Corps  und  eine  von  dort  an  el-Schf{  abgeschickte  De- 
putation der  Häuptlinge  erklärte  ihm  ihre  Unterwürfigkeit,  nur  nahm 
Ibrdhim  bald  darauf  von  jenen  Gegenden  wieder  Besitz.  el-Schfi  selbst 
rückte  über  Miskijdna  und  Tabissa  nach  Madbara  ^) ,  wo  er  auf  eine  Ver- 
sammlung von  Leuten  ausCa9r  el-Ifriki,  Marma'ganna,  Ma'ggdna  und  an- 
deren Orten  stiess,  welche  sich  dorthin  geflüchtet  und  verschanzt  hatten. 
Als  er  die  Belagerung  und  den  Kampf  begann,  erkrankte  er  an  Steinbe- 
scbwerden,  die  ihn  zuweilen  heimsuchten,  so  dass  er  mit  sich  selbst  ge- 

1)  Ibn  elrAthir  YIU.  38,  4.  Ein  sonst  nicht  Torkommender  Name;  auch  in 
den  Varianten  ist  kein  bekannter  Ort  zu  entdecken.  Prof.  de  Ooeje  hält  es  für 
sicher,  dass  8^<X«  Madgara  zu  lesen  sei,  welches  als  Name  des  Berber-Stammes  für 
ihre  Hauptstadt  stehe,  die  sonst  Miliäna  heisst.  Vergl.  cU-Jagubij  pag.  99.  Dann 
ist  auch  8^£Ju  als  Ort  Ibn  'Adsdri  IV  13  und  als  Stamm  Behri,  VAb.  75  uli  der- 
selbe Name. 


24  F.  WÜSTENFELD, 

nug  zu  thun  hatte  und  die  Vorgänge  nicht  überwachen  konnte,  und 
während  sich  die  Belagerten  ergeben  wollten  und  ein  Theil  seiner  Armee 
die  Capitulation  annahm  und  die  Festung  besetzte,  drang  ein  anderer 
Theil  ein  und  fing  an  zu  morden  und  zu  plündern,  worüber  el-Schi*i 
sehr  ungehalten  wurde.  Er  zog  dann  ab  und  belagerte  el-Ca^rein  (die 
beiden  Festungen)  von  Camüda,  deren  Besatzung  sich  ergab. 

Zijddatallah  hatte  inzwischen  den  Oberbefehl  seinem  Verwandten 
Ibrdhim  ben  Abul-Aglab  übertragen,  welcher  auf  die  Nachricht,  dass  el- 
Schfi  Raccdda  bedrohe,  wo  Zijddatallah  nur  wenige  Truppen  hatte,  el- 
Urbus  verliess  und  bis  Durdamin^)  vorging.  Hierhin  richtete  auch  el- 
Schfi  seinen  Marsch,  seine  Vorhut  kam  mit  dem  Feinde  ins  Gefecht, 
eine  grosse  Anzahl  derselben  wurde  getödtet,  die  übrigen  ergriffen  die 
Flucht,  als  el-Schi'l,  der  sich  verspätet  hatte,  mit  der  Hauptarmee  noch 
eben  rechtzeitig  eintraf,  die  Fliehenden  schon  durch  sein  Erscheinen 
ermuthigte  und  zur  Umkehr  brachte,  so  dass  sie  den  Angriff  erneuerten 
und  unter  der  Armee  Ibrahims  ein  Blutbad  anrichteten,  welches  erst  durch 
die  Nacht  unterbrochen  wurde.  el-Schi'f  wandte  sich  nun  gegen  Castilia*), 
welches  sich  nach  einer  kurzen  Belagerung  ergab;  er  nahm  hier  alle 
Schätze  und  Vorräthe  weg,  welche  Zijädatallah  zurückgelassen  hatte,  zog 
dann  nach  Caffa®),  dessen  Einwohner  um  Frieden  baten,  kam  hierauf 
wieder  nach  Bdgdja,  wo  er  eine  Besatzung  zurückliess,  und  kehrte  zu- 
letzt in  sein  Winterquartier  im  Gebirge  von  Iki'gdn  zurück.  Diese  Ge- 
legenheit wollte  Ibrahim  benutzen,  um  Bdgäja  wieder  zu  gewinnen,  er 
erschien  dort  mit  seiner  Armee  und  schloss  die  Stadt  ein ;  auf  die  Nach- 
richt hiervon  sammelte  el-Schfl  in  Eile  ein  Corps  von  12000  Reitern 
und  befahl  dem  Anführer,  wenn  er  nach  BdgSja  komme  und  Ibrahim 
wieder  abgezogen  sei,  ihn  nicht  weiter  zu  verfolgen.  Die  Besatzung 
hatte   unterdess    allein   sich   zur   Wehre    gesetzt  zur    Bewunderung  und 

1)  de  Goej^s  Verrnnthnng  ist  wohl  nicht  zweifelhaft,   dass  dies  derselbe  Ort 
sei,  welchen  Edrisi  p.  91  Dur  Madin  nennt,  sechs  Tagemärsche  von  Ca9rein. 

2)  Name  eines  Districtes,  der  auch  für  die  Hauptstadt  Tauzar  gebraucht  wird. 

3)  Ein  Knotenpunkt,  wo  die  Strassen  von  mehreren  Seiten  zusammentreffen, 
von  Eeirawän  3  bis  4  Tagereisen,  von  Tauzar  V/%  Tagereise. 


GESCHICHTE  DER  FATIMIDEN  CHALIFEN.  25 

Entmuthigung  der  Belagerer,  und  als  das  HQlfscorps  sich  näherte,  trat 
Ibr&him  den  Bückzug  nach  el-Urbus  an,  so  dass  jenes  Corps  bei  seiner 
Ankunft  keinen  Feind  mehr  antraf  und  nur  einige  zurückgelassene  Ge- 
genstände als  Beute  davontrug. 

Beim  Anbruche  des  Frühlings,  als  das  Wetter  günstig  wurde,  sam- 
melte el-Schfi  wiederum  seine  Truppen,  die  sich  jetzt  auf  200000  Mann 
Reiter  und  Fussvolk  beliefen,  und  auch  Ibrdhfm  vereinigte  bei  el-Urbus 
eine  zahllose  Armee.  el-Schff  hatte  seinen  Leuten  verboten  Streifzüge 
zu  unternehmen  oder  überhaupt  ihren  Platz  zu  verlassen,  und  sie  blieben 
fast  zwei  Monate  auf  derselben  Stelle  ohne  eine  Bewegung  zu  machen, 
so  dass  einige  meinten»  er  sei  krank,  andere  sogar,  er  sei  gestorben. 
Als  er  einmal  eine  Recognoscirung  nach  Castilia  unternehmen  liess,  er- 
griffen die  dortigen  Anführer  Abu  Muslim  Man9Ür  ben  Ismd'il  und 
Schabfb  ben  Abul-^drim  die  Flucht  und  zogen  sich  auf  die  Stadt  Tauzar 
zurück;  die  Reiter  el-Schffs  schwärmten  umher,  verbrannten  die  Dörfer 
und  stachen  die  Viehheerden  nieder.  Dies  war  die  Veranlassung,  dass 
am  Hofe  zu  Raccäda  sich  eine  Intrigue  abspielte.  Abdallah  ben  el- 
^d%,  der  Ratbgeber  des  Zijddatallah ,  war  zur  Zeit  des  Emir  Ibrdhim 
ben  Ahmed  Secretär  jenes  Abu  Muslim  gewesen,  es  hatte  aber  zwischen 
ihnen  immer  ein  schlechtes  Verbal tniss  stattgefunden,  und  sobald  Ihn  el-^dlg 
der  Vertraute  des  Fürsten  geworden  war,  hatte  er  nicht  geruht,  bis  er 
Abu  Muslim  von  seiner  höheren  Stellung  verdrängt  hatte.  Jetzt  mass 
er  ihm  alle  Schuld  an  den  Unglücksfällen  bei  Castilia  bei  und  wusste 
den  Fürsten  so  sehr  gegen  ihn  aufzubringen,  dass  er  sein  Todesurtheil 
unterschrieb  und  Schabib  zusandte.  Dieser  überreichte  es  selbst  dem 
Abu-Muslim,  welcher  es  mit  grosser  Gelassenheit  las  und  dann  sagte: 
Der  unerfahrene  junge  Mann  ist  betrogen  und  wird  sein  Reich  verlieren. 
Dann  ergriff  er  mit  der  linken  Hand  seinen  Bart  und  schlug  mit  der 
rechten  sich  selbst  mehrmals  an  den  Hinterkopf  und  sprach:  Dies  ist 
die  Vergeltung  für  den,  der  gegen  Gott  ungehorsam  war  und  den  Men- 
schen gehorchte  und  unschuldiges  Blut  vergossen  hat;  wenn  ich  ihn 
sich  selbst  überlassen  und  ihm  nicht  den  Rath  gegeben  hätte,  seine 
Oheime  und  Brüder  umzubringen,  so  wäre  von  seiner  Seite  das  nicht 
Histor.'phüolog.  Glosse.  XXV I.  3.  D 


26  F.  WÜSTENFELD, 

über  mich  gekommen,  was  mir  jetzt  bevorsteht.  Dann  wandte  er  sich 
an  Schabtb  und  sprach :  Gewähre  mir  noch  eine  kurze  Frist,  bis  ich  mich 
gewaschen  und  zwei  Gebete  gesprochen  habe»  womit  ich  mein  Leben 
beschliessen  will.  Dies  wurde  ihm  gewährt,  er  betete  und  weinte,  dann 
trat  er  vor  und  ihm  wurde  der  Kopf  abgeschlagen  und  sein  Leichnam 
an's  Kreuz  geheftet  und  am  zweiten  Tage  begraben.  Dies  geschah  in 
der  Mitte  des  Monats  ^afar^). 

Am  1.  Gumädd  II.  296  brach  el-Schfi  auf,  die  beiden  Heere 
stiessen  auf  einander,  es  entstand  ein  furchtbarer,  lange  anhaltender 
Kämpft  der  Sieg  neigte  sich  schon  auf  die  Seite  der  Truppen  des  Zijd- 
datallah,   da  wählte  el-Schfi  600  Mann  zu  Fuss  aus  und  befahl  ihnen, 

« 

den  Feind  zu  umgehen  und  im  Rücken  anzugreifen.  Ibräbim  hatte  den- 
selben Plan  gehabt  und  diese  beiden  Corps  trafen  in  einem  Hohlwege 
zusammen;  Ibrahims  Leute  ergriffen  die  Flucht  und  es  verbreitete  sich 
in  seiner  Armee  schnell  das  Gerücht,  el-Schfi  habe  einen  Hinterhalt 
gelegt,  wodurch  die  einzelnen  Schaaren  veranlasst  wurden,  sich  eiligst 
davon  zu  machen  und  sich  in  ihre  Gebiete  zu  zerstreuen.  Ibrdhim  ent- 
kam mit  einigen,  die  ihm  treu  geblieben  waren,  nach  Keirawän ;  el-Schi'i 
machte  viele  Gefangene,  erbeutete  Pferde,  Lagergeräthe  und  andere 
Dinge  und  zog  am  23.  Gumädd  II.  in  el-Urbus  ein,  wo  ein  allgemeines 
Blutbad  angerichtet  wurde.  Ein  grosser  Theil  der  Einwohner  hatte  sich 
in  die  Moschee  geflüchtet  und  hier  wurden  über  3000  Personen^  nie- 
dergemetzelt, so  dass  das  Blut  in  Strömen  floss;  die  Stadt  wurde  den 
Soldaten  zur  Plünderung  preisgegeben,  dann  ging  el-Schl*i  nach  BdgAja 
zurück,  weil  er  fürchtete,  dass  sämmtliche  Africaner  sich  gegen  ihn  ver- 
einigen würden. 


1)  Ob  in  dieser  aus  verschiedenen  Quellen  zusammengetragenen  Erzählung 
der  Begebenheiten  immer  die  richtige  Reihenfolge  beobachtet  ist,  wage  ich  bei  der 
spärlichen  Angabe  der  Zeitbestimmungen  nicht  zu  behaupten. 

2)  So  Ibn  d'ÄtMr  Tom.  Yia.  pag.  35;  bei  Ibn'Ädsäri  pag.  143  übertrieben 
in  30000,  soviel  konnten  unmöglich  an  einem  Tage  von  Morgen  bis  Abend  umge- 
bracht werden. 


GESCHICHTE  DEE  FATIMIDEN  CHALIFEN.  27 

Zijddatallah  erhielt  die  Nachricht  von  dieser  Niederlage  in  Raccdda 
am  folgenden  Morgen,  Sonntag  den  24,  Dumfidd  IL*);  vor  Schrecken 
Hess  er  das,  was  er  in  der  Hand  hielt,  auf  die  Erde  fallen,  er  wusste, 
dass  er  nun  sein  Eeich  verlassen  mflsse.  Ihn  el-^^  suchte  noch  das 
Gerficht  davon  zu  dfimpfen  und  liess  vielmehr  einen  grossen  Sieg  aus- 
rufen; zum  Beweise  hatte  er  in  die  Kerker  geschickt  und  den  Gefange- 
nen die  Köpfe  abschlagen  lassen,  welche,  nun  als  die  Köpfe  der  erschla- 
genen Feinde  öffentlich  gezeigt  wurden.  An  den  Thoren  von  Raccfida 
liess  er  bekannt  machen,  dass  jeder  Keiter,  welcher  sich  wollte  anwerben 
lassen,  ein  Handgeld  von  20  Dinaren,  ein  Fussgänger  10  Dinare  bekom- 
men solle.  Allein  das  Volk  liess  sich  nicht  täuschen,  die  eiligen  Zu- 
rflstungen  zur  Flucht,  welche  im  Schlosse  selbst  getroffen  wurden,  Hessen 
keinen  Zweifel.  Ibn  el-^&ig  versuchte  noch  einmal  Zij&datallah  zu  be- 
wegen, dass  er  dableiben  möchte,  dieser  aber  erklärte  gerade  heraus, 
dass  er  ihn  ffir  einen  Verräther  halte,  der  mit  eUSchfi  im  Einvernehmen 
stehe.  Er  liess  alle  seine  Habe  auf  die  bereit  gehaltenen  Camele  packen» 
auch  ein  Theil  seiner  Frauen  wurde  mitgenommen.  Ein  junges  Mädchen, 
welches  keinen  Platz  mehr  hatte  finden  können  und  zurfickbleiben  sollte, 
ergriff  im  letzten  Augenblicke  der  Abreise  die  Harfe  und  sang  (aus 
einem  filteren  Liede): 

Nie  werde  ich  den  Tag  des  Abschiedes  vergessen,  als  sie  da  stand 
die  Augen  in  Thränen  gebadet. 

Und  als  sie  sprach,  da  der  Zng  sich  in  Bewegung  setzte: 
da  verlassest  nns,  o  Herr,  und  gehst  davon? 

In  Gottes  Schutz  befehle  ich  eine  Gazelle,  die  über  die  Trennung 
trauert)  und  mir  macht  die  Trennung  brennende  Qaalen. 
Zijddatallah's  Augen  fällten  sich  mit  Thrfinen,   als   er   diese  Worte  von 
ihr  hörte,  aber  im  Drange  der  Umstände  und  in  seiner  gedrückten  Lage 
konnte  er  sie  nicht  mitnehmen^.  —  Da  bedenkliche  Unruhen  entstanden, 

1)  In  diesem  Jahre  fiel  nach  unserer  Rechnung  der  Sonntag  auf  den  25. 
'Onmad&  II.,  indess  abgesehen  davon,  ob  ein  Datum  vor  oder  nach  Sonnenuntergang, 
wo  schon  der  folgende  Tag  beginnt,  bestimmt  ist,  differirt  die  Africanische  Rechnung 
meistens  um  emen  Tag. 

2)  So  Ibn  ^Adsäri  pag.  144;  nach  Nuweiri  in  der  Note  von  Noel  des  Vergers 

D2 


28  F.  WÜSTENPEliD, 

wurde  schon  die  nächste  Nacht  auf  den  Montag  ffir  den  Aufbruch  be- 
stimmt, und  während  das  letzte  Abendgebet  gehalten  wurde,  schwang 
sich  Zij&datallah  auf  sein  Pferd,  zog  sein  Schwerdt,  um  sich  nöthigen 
Falls  einen  Weg  durch  die  Menge  zu  bahnen,  und  indem  er  die  Camele 
vorangehen  Hess,  stellte  er  sich  an  die  Spitze  seiner  Frauen  und  Kinder, 
verliess  Racc&da  und  begab  sich  nach  Tripolis  und  nach  einem  Aufent- 
halte von  17  oder  19  Tagen  von  da  nach  Ägypten^). 

Ihn  el-^ä^  dachte  noch  fOr  sich  und  seine  Umgebung  zu  sorgen 
und  hatte  mit  einigen  Verwaltern  öffentlicher  Gelder  verabredet,  dass 
sie  dreissig  Camele  jedes  mit  6000  Mithkäl  beladen  und  sich  dann  an 
einen  bestimmten  Ort  begeben  sollten,  wo  sie  sich  treffen  wollten;  in- 
dess  die  Verwalter  hintergingen  ihn,  sie  schlugen  bei  Nacht  einen  an- 
deren Weg  ein  und  zogen  nach  Süsa,  wo  sie  aber  von  dem  Präfecten 
Ihn  el-Hamddnl  festgenommen  wurden,  welcher  das  Geld  in  die  Burg 
bringen  Hess,  bis  es  den  Schfiten  in  die  Hände  fiel.  Ihn  el-^^  ging 
zu  Schiff,  um  sich  nach  dem  Orient  oder  nach  Sicilien  zu  begeben, 
wurde  aber  durch  widrige  Winde  nach  Tripolis  verschlagen,  wo  sich 
Zijddatallah  damals  noch  aufhielt.  Dieser  liess  ihn  vor  sich  kommen 
und  machte  ihm  Vorwürfe,  dass  er  ihn  verlassen  habe,  er  entschuldigte 
sich,  dass  er  in  der  Verwirrung  und  Angst  ihm  nicht  habe  folgen  kön- 
nen, und  Zijddatallah  wollte  ihm  das  Leben  schenken,  jedoch  seine  ganze 
Umgebung  bestand  auf  seinen  Tod,  und  ein  Schwarzer  Namens  Rdschid 
erhielt  den  Befehl  ihm  den  Kopf  abzuschlagen. 

Am  Morgen  nach  der  Flucht  des  Emir  entstand  vollständige  Anarchie, 
ein  grosser  Theil  der  Einwohner  von  Baccdda  war  nach  Keirawän  ge- 
flachtet,    dagegen  kamen  die  aus  Keirawän  und  plünderten  in  Raccdda 


zu  Ebn  Khaldouny  bist,  de  TAfrique,  pag.  154  nnd  dessen  Bist,  des  Berberes  par 
de  Slane^  Tome  1.  pag.  442,  liess  Zijädatallah  einem  Manlthiere  seine  Ladung  ab- 
nehmen nnd  sie  daranf  setzen. 

1)  Seine  ferneren  Schicksale  verfolgen  wir  hier  nicht  weiter,  das  Wesent- 
lichste davon  ist  schon  in  der  Abhandlung  über  die  Statthalter  von  Ägypten,  Abth. 
IV.  S.  9  (Bd.  21.),  gesagt. 


GESCHICHTE  DER  FATIMIDEN  CHAUFEN.  29 

alles,  was  noch  zorfickgelassen  war.  Ibrdhim  ben  el-Aglab,  welcher 
nun  auch  sich  dahin  begeben  und  von  dem  Palast  Besitz  genommen 
hatte,  dachte  diese  Lage  zu  benutzen  und  sich  selbst  zum  Emir  aus* 
rufen  zu  lassen»  allein  das  Volk  wollte  davon  nichts  wissen  und  er 
musste  froh  sein,  dass  er  ohne  weiteren  Unfall  nur  von  Verwünschungen 
begleitet^)  zum  Thore  hinauskommen  und  sich  Zijädatallah  anschliessen 
konnte. 

Sobald  el-Schfi  erfuhr,  dass  Zij&datallah  geflohen  sei,  brach  er  von 
el*Urbus  auf^),  um  sich  nach  Keiraw&n  zu  begeben;  die  Leute  waren 
in  grosser  Angst  und  für  ihr  Leben  besorgt  und  die  Gelehrten  und  An- 
gesehenen der  Stadt  wollten  ihm  entgegen  gehen ,  indess  durch  die  Da- 
zwischenkunft  des  Mahbüb  ben  Abd  rabbihi  el-Hawwdrf  trennten  sie  sich 
wieder  bei  dem  Orte  Haf;  Bärdcas  zwischen  der  Stadt  Dalüld  und  den 
Bädern  el-Surädik  und  kehrten  am  Mittwoch  d.  27.  &umädi  II.  in  der 
niedergedrücktesten  Stimmung  in  die  Stadt  zurück.  Sie  richteten  dann 
ein  Schreiben  an  el-Schfi,  worin  sie  ihre  Lage  schilderten  und  sich  ent- 
schuldigten und  ihn  baten  einen  Ort  zu  bestimmen,  wo  sie  ihn  treffen 
könnten;  er  bezeichnete  ihnen  den  Canal  bei  Mamas  auf  den  Sonnabend. 
Er  schickte  nun  den  Garraweih  ben  Jüsuf  el-Malüsl  mit  einer  Abthei- 
lung Reiterei  ab,  um  die  Stadt  Raccäda  zu  besetzen  und  das  Eigenthum 
zu  sichern,  und  dieser  zog  Freitag  den  letzten  Gum&dd  II.  dort  ein;  er 
traf  die  Leute  frei  aus-  und  eingehen  und  nur  dies  hinderte  er  durch 
die  Sperrung  der  Thore,  damit  sie  nichts  mehr  fortschleppen  könnten, 
sonst  war  er  sehr  leutselig,  el  Schfi  folgte  mit  sieben  Armeecorps,  an- 
geblich 300000  Mann,  Reiter  und  Fussvolk,  und  hielt  seinen  Einzug 
Sonnabend  Morgens  den  1.  Ra'gab.  Die  Gelehrten,  Vornehmen  und  an- 
gesehenen Kaufleute  aus  Keirawdn  waren  ihm  bis  an  den  bezeichneten 
Canal  bei  Mamas  entgegen  gegangen,  begrüssten  ihn,  bezeigten  ihm 
ihre  Ehrerbietung  und  baten  um  Gnade;  er  sicherte  ihnen  Amnestie  zu 


1)  Das  Arabische  Wort  heisst  auch  „mit  Steinwürfen  verfolgt''. 

2)  Also  war  er  nach  dem  RfickzDge  nach  Bägäja  (S.  26)  am  anderen  Tage 
wieder  nach  el-Urbus  vorgegangen.  * 


30  F.  WÜSTENFPLD, 

und  versprach  nach  Recht  und  Billigkeit  zu  verfiJiren.  Früher  hatte  er 
den  Anführern  und  Mannschaften  der  Kitäma  versprochen,  dass  er  ihnen 
Keirawfin  fiberantworten  werde,  wo  sie  schalten  und  walten  und  das 
ganze  Besitzthum  der  Einwohner  unter  sich  theilen  könnten.  Als  sie 
jetzt  hörten,  dass  er  sie  amnestirte,  wurden  sie  darüber  unwillig,  redeten 
ihn  darauf  an  und  erinnerten  ihn  daran,  was  er  ihnen  versprochen  hatte, 
doch  als  Antwort  citirte  er  ihnen  den  Koranvers  (Sure  48,  21):  ,,der 
anderen  (Beute)  habt  ihr  euch  noch  nicht  bemächtigt,  aber  Gott  hat  sie 
schon  in  Sicherheit  gebracht'',  und  er  setzte  hinzu:  dies  ist  Keirawfin. 
Da  beruhigten  sie  sich.  Er  liess  dann  das  Heer  rings  um  die  Stadt 
Raccftda  sich  lagern  und  ging  hinein,  indem  ein  Vorleser  die  Worte  las 
(Sure  29,  2):  Er  war  es,  welcher  die  ungläubigen  Schriftbesitzer  (Juden) 
aus  ihrem  Lande  trieb  bei  der  ersten  Vertreibung  —  bis  ans  Ende  des 
Verses,  und  (Sure  44,  24):  Wie  viele  Gärten  und  Quellen  haben  sie 
verlassen,  —  bis  ans  Ende  der  Sure.  Er  stieg  in  dem  so  gen.  Burg- 
schloss  ab  und  da  alle  Cassen  leer  waren,  sandte  er  Garraweih  ben  Jüsuf 
nach  Süsa,  welcher  die  Einwohner  begnadigte  und  auf  28  Camelen  die 
dort  aufbewahrten  Schätze  herbeiholte.  Auch  die  Angehörigen  der  Fa- 
milie Aglab  und  ihre  Führer,  welche  Zijddatallah  zurückgelassen  hatte, 
wurden  begnadigt;  nur  die  Neger-Sklaven  dieser  Familie  wurden  umge- 
bracht, und  ein  persönlicher  Feind  Ibrähtm  el-Tamtml  mit  dem  Beinamen 
el-Kaus  wurde  erdrosselt,  als  er  festgenommen  werden  sollte,  und  el- 
Schfl  sagte  später:  ich  hielt  mich  in  Africa  nicht  für  sicher,  bis  ich  el- 
Kaus  aus  der  Welt  geschafft  hatte. 

el-Schi'i  schickte  dann  nach  Tripolis  und  liess  seinen  Bruder  Abul- 
'Abb&s  holen,  welcher  aus  Keirawdn  entkommen,  aber  in  Tripolis  wieder 
eingefangen  war,  so  auch  dessen  Begleiter  Abu  Ga'far  el-Chazra^  und 
die  Mutter  des  Obeidallah,   die  bei  el-Chazra'g{  lebte.     Zum  Statthalter 

von   Keirawän  wurde   el-Hasan   ben   Ahmed   Ibn   Abu  Chinzir   ernannt 

•  ■ 

und  er  erhielt  den  Befehl  alle  zu  tödten,  welche  bei  Nacht  ihre  Woh- 
nungen verliessen  oder  berauschende  Getränke  tranken  oder  bei  sich 
führten.  Die  Statthalterschaft  der  Stadt  el-cofr  el-cadim  (Altenburg)  er- 
hielt Chalaf  ben  Ahmed,   der  Bruder  des  Hasan   Ibn  Chinzir,  mit  dem- 


GESCHICHTE  DER  FATIMIDEN  CHALIFEN.  31 

selben  Befehle.  Bei  dem  Gebetausruf  liess  el-Schfi  nach  dem  „Herbei 
zum  Gebet!''  noch  „Herbei  zu  dem  besten  Werke'*  hinzusetzen  und  bei 
dem  Frflhgebet  die  Worte  „Beten  ist  besser  als  schlafen''  weglassen. 
Die  in  Baccäda  geplfinderten  Werthgegenstände  mussten  eingeliefert 
werden,  die  Sklaven  des  Zijddatallah  wurden  zusammengebracht  und  ffir 
den  Unterhalt  seiner  Sklavinnen  gesorgt;  die  Aufsicht  hierüber  erhielt 
Ahmed  ben  Farruch  el-Tubnl.  Vorstand  der  Mfinze  wurde  der  Philosoph 
Abu  Bekr  gen.  Ihn  el-Camüdi,  das  Geprfige  der  Münzen  lautete :  Gelobt 
sei  Gott»  der  Herr  der  Welten,  und  sie  hiessen  Seijidia.  Die  Inschrift 
des  Siegelringes  des  Schfi  war  (Sure  27,  81):  „Also  setze  dein  Vertrauen 
auf  Gott,  denn  da  stüztest  du  dich  auf  die  lautere  Wahrheit**;  und  auf 
dem  Siegel,  welches  auf  die  Decrete  gedruckt  wurde,  stand  (Sure  6,  115): 
„Vollkommen  sind  die  Worte  deines  Herren  in  Wahrheit  und  Gerech- 
tigkeit, Niemand  soll  an  seinen  Worten  etwas  ändern,  und  er  hört  und 
weiss  alles.**  Das  auf  dem  Hintertheil  der  Pferde  eingebrannte  Zeichen 
war:  „das  Reich  ist  Gottes."  Auf  den  Fahnen  stand  geschrieben  (Sure 
54,  45):  „In  die  Flucht  wird  geschlagen  werden  die  gesammte  Hotte 
und  wird  den  Bücken  kehren";  oder  (Sure  17,  83):  ,»Die  Wahrheit  ist 
gekommen  und  die  Lüge  vergangen,  denn  die  Lüge  ist  vergänglich",  und 
viele  Verse  aus  dem  Koran  in  ähnlichem  Sinne.  Er  befahl  in  dem 
öffentlichen  Gebete  auch  des  'All  ben  Abu  Tdlib  zu  gedenken  nach  dem 
Gebete  ffir  den  Propheten,  Fdtima,  Hasan  und  Husein;  er  zeigte  offen 
seine  Anhänglichkeit  an  'All  und  seine  Abneigung  gegen  diejenigen, 
welche  einen  anderen  der  Begleiter  Muhammeds  höher  stellten  als  ihn. 
Die  Lehre  über  die  Bevorzugung  'Alfs  d.  i.  die  Lehre  der  Schflten  ge- 
wann bald  Eingang  unter  den  Angesehenen  des  Stammes  Kitdma  und 
dann  auch  unter  dem  Volke,  man  nannte  sie  Orientalismus,  weil 
man  darin  einem  aus  dem  Orient  gekommenen  Manne  folgte. 


Vorstehendes  ist  die  Erzählung  nach  Ihn  *Ad8&n  pag.  146;  bei  Um  eUAthir 
Vin,  35  liest  man  über  die  Ereignisse  nach  der  Flucht  des  Zijädatallah  in  einigen 
Punkten  abweichend  oder  ergänzend  folgendes: 


32  F.  WÜSTBNPELD, 

el-Schi'i  hatte  bei  Sabfba,  zwei  Tagereisen  von  Keirawän.  Halt  ge- 
macht ;  als  er  erfuhr,  dass  Zijddatallah  geflohen  sei,  brach  er  auf,  lagerte 
dann  im  Wddil-Naml,  Ameisen-Thal,  und  schickte  Garraweih  ben  Jdsuf 
und  Hasan  Ibn  Abu  Chinzir  mit  Tausend  Beitern  vorauf  nach  Baccäda. 
Sie  fanden  die  Leute  mit  plündern  beschäftigt,  stellten  Ruhe  und  Ord'- 
nung  wieder  her,  traten  aber  Niemandem  hindernd  entgegen,  sondern 
Hessen  einem  jeden,  was  er  mit  sich  genommen  hatte.  Die  Nachricht 
hiervon  verbreitete  sich  rasch  nach  Keirawän,  wo  man  darüber  sehr  er- 
freut war.  Die  Gelehrten  und  Vornehmen  der  Stadt  gingen  el-Schfl  ent- 
gegen, und  als  sie  ihn  trafen,  grüssten  sie  ihn  und  wünschten  ihm  Glück 
zu  seinem  Siege ,  er  erwiederte  ihren  Gruss  höflich ,  unterhielt  sich  mit 
ihnen  und  versprach  ihnen  Sicherheit  ihres  Lebens  und  Eigenthums. 
Sie  waren  über  seine  Leutseligkeit  ganz  verwundert,  freuten  sich  und 
tadelten  Zijddatallah  wegen  seiner  Schlechtigkeiten,  worauf  er  ihnen  er- 
wiederte: Er  war  nur  ein  kräftiger  Mann  und  hatte  Selbständigkeit 
und  eine  grosse  Macht,  und  Hess  sich  darin  keine  Beschränkung  auf- 
legen, aber  dem  Bathschluss  Gottes  kann  man  weder  ausweichen,  noch 
sich  ihm  widersetzen.  Da  hielten  sie  ihre  Rede  im  Zaume  und  kehrten 
nach  Keirawdn  zurück. 

Sonnabend  den  !•  Ea'gab  296  hielt  el-Schfi  seinen  Einzug  in  Rac- 
c&da;  er  bezog  eines  der  Schlösser,  vertheilte  die  von  den  Einwohnern 
verlassenen  Häuser  an  die  Kitdma  und  Hess  eine  allgemeine  Amnestie 
bekannt  machen,  worauf  die  Leute  nach  ihren  Wohnplätzen  zurückkamen ; 
dann  schickte  er  neue  Präfecten  in  die  Provinzen  und  Hess  die  Übelge- 
sinnten aufgreifen  und  hinrichten.  Was  Zijddatallah  an  Werthgegen- 
ständen,  Wafien  u.  d.  gl.  noch  zurückgelassen  hatte,  wurde  zusammen- 
gebracht; es  waren  auch  noch  viele  junge  Mädchen  von  besonderer 
Schönheit  zurückgeblieben  und  auf  seine  Frage,   wem  er  die  Sorge  für 

"  sie  anvertrauen  könne,  wurde  ihm  eine  fromme  Matrone  genannt,  welche 
Zijddatallah  gehabt  hatte;   er  Hess  sie  kommen,  empfing  sie  gnädig  und 

'  übertrug  ihr  die  Aufsicht  über  sie  und  sorgte  für  alle  ihre  Bedürfnisse, 
ohne  eine  von  ihnen  gesehen  zu  haben.  Am  nächsten  Freitag,  als  in 
Keirawän    und   Raccdda    der    öffentliche  Gottesdienst    gehalten    wurde. 


GESCHICHTE  DER  FATIMIDEN  CHALIPEN.  33 

durfte  in  dem  Gebete  kein  Name  eines  Regenten  genannt  werden;  auch 
die  Münzen,  welche  geprägt  wurden,  hatten  keinen  Namen,  sondern  auf 
der  einen  Seite  stand :  „Der  Rathschluss  Gottes  ist  erfüllt**,  auf  der  an- 
deren: „die  Feinde  Gottes  mögen  zerstreut  werden";  die  Inschrift  für 
die  Waffen  lautete:  „Rüstzeug  für  die  Sache  Gottes**;  das  auf  den 
Hintertheil  der  Pferde  eingebrannte  Zeichen  war:  „das  Reich  ist  Gottes**. 
Sein  Anzug  bestand  wie  bisher  aus  einem  rauhen  Unterzeug  und  seine 
Mahlzeit  aus  weniger,  harter  Kost. 


In  Tripolis  hatte  Zijddatallah  den  Abul-'Abbds  noch  angetroffen, 
ihn  zu  sich  kommen  lassen  und  noch  einmal  ins  Verhör  genommen,  ob 
er  der  Bruder  des  Schfl  sei;  er  blieb  standhaft  dabei,  dass  er  ein  Kauf- 
mann sei  und  el-Scbfi  nicht  kenne,  worauf  er  ihn  frei  Hess,  und  el- 
Schfi  freute  sich  sehr,  als  er  endlich  in  Raccdda  ankam.  Er  war  ein 
schwatzhafter,  geistig  etwas  beschränkter  Mensch  und  wollte  in  Keirawftn« 
wahrscheinlich  zur  Vergeltung  für  seine  Gefangenschaft,  alle  diejenigen 
ausrotten,  welche  der  Lehre  der  dortigen  Gelehrten  folgten.  Sein  Bru- 
der gab  ihm  darin  freilich  nicht  nach,  ernannte  ihn  aber  doch  zum  Statt- 
halter von  Africa,  stellte  ihm  indess  den  Abu  Zdki  Tammdm  ben  Mu'drik 
el-A'gdbf  an  die  Seite. 

el-Schfi  hatte  nun  schon  seit  Jahren  öffentlich  ausgesprochen,  dass 
seine  ganze  Sorge  und  Thätigkeit  nur  darauf  gerichtet  sei ,  Obeidallah 
zum  Oberhaupt  der  Muslimen  zu  machen  und  seine  Rechte  auf  das 
Imamat  und  seine  Lehre  zur  allgemeinen  Anerkennung  zu  bringen,  und 
nachdem  die  Hauptfeinde,  die  Aglabiten,  gestürzt  und  vertrieben  und 
die  grössten  und  angesehensten  Berber  Stamme  ihm  beigetreten  waren« 
kam  es  nur  darauf  an,  den  Imdm  aus  seiner  Gefangenschaft  in  Si'gil- 
mdsa  zu  befreien.  Die  Anwerbungen  und  Rüstungen  zu  einem  Zuge 
dahin  waren  ungeheuer  und  an  einem  Donnerstag  in  der  Mitte  des 
Ramadhän  296  brach  ein  Heer,  ausgedehnt  wie  die  Heuschrecken,  von 
Raccdda  auf.  In  dem  Gefolge  befanden  sich  auch  mehrere  ausgezeich- 
nete Gelehrte,  welche  für  die  Verbreitung  der  Glaubenslehre  der  Schfiten 
Histor.-phüohg,  Glosse.    XXVI.  5.  E 


84  F.  WÜSTENFELD, 

wirkten,  wie  Ibrdhim  ben  Mahammed  el-Scheibdnl  gen.  Abul-Jasar  der 
Secretär,  der  Arzt  Zijäd  ben  Cbalfdn,  ein  Freigelassener  der  Aglabiten 
Familie;  als  Soldat  zu  Fuss  machte  den  Feldzug  mit  Ahmed  ben  Muham- 
med  ben  Sirin,  ein  Rechtsgelehrter  nach  den  Grundsätzen  der  Lehre  der 
'Irakaner^),  der  sich  durch  die  Geltendmachung  der  Rechte  des  Imdm 
ein  besonderes  Verdienst  zu  erwerben  hoffte  und  zur  Belohnung  für 
seinen  Eifer  in  der  Folge  zum  Cadhi  von  Barca  ernannt  wurde.  Ganz 
Magrib  erbebte  vor  einem  solchen  Heere,  der  mächtigste  Stamm  der 
Zandta  fürchtete  sich»  andere  wichen  dem  Zuge  nach  beiden  Seiten  aus 
und  schickten  Abgeordnete,  um  ihre  Unterwürfigkeit  zu  erklären.  Um 
keinen  Feind  im  Rücken  zu  lassen ,  war  das  nächste  Ziel  Tdhart ,  wo 
die  Banu  Rustam  seit  130  Jahren  ein  kleines  unabhängiges  Reich  be- 
sassen.  Die  Stadt  ergab  sich  auf  Gnade  und  Ungnade,  der  damalige 
Fürst  Jacdhdn  ben  Abul-Jacdhdn  und  mehrere  Mitglieder  seiner  Familie 
wurden  hingerichtet,  ihre  Köpfe  nach  Raccdda  geschickt  und  erst  hier, 
dann  auch  in  Keirawdn  in  den  Strassen  umhergetragen  und  zuletzt  am 
Thore  von  Raccdda  aufgesteckt.  Die  Verwaltung  der  Provinz  Tdhart 
wurde  von  el-Schi'i  dem  Abu  Hamid  Dawwds  ben  Qauldt  el-Lahidhf  und 
Ibrdhim  ben  Muhammed  el-Jemdni  gen.  el-Hawwdri  mit  dem  Beinamen 
„der  kleine  Herr**  übertragen. 

Als  el-Jasa'  ben  Midrdr,  Emir  von  Sigilmdsa,  von  diesen  Vorgängen 
Nachricht  erhielt,  liess  er  den  gefangenen  Obeidallah  nochmals  über 
seine  Abkunft  und  sein  Verhältniss  zu  el-Schff  fragen,  und  ob  dieser 
seinetwegen  heranzöge ;  Obeidallah  betheuerte,  dass  er  el-Schi'l  nie  gesehen 
habe  und  ihn  nicht  kenne.  Ebenso  geschah  es  mit  seinem  Sohne  Abul- 
Cdsim,  welcher  dieselbe  Antwort  gab  wie  sein  Vater,  und  sie  wurden  in 
strenger  Einzelhaft  gehalten  in  den  oberen  Zimmern  der  Mirjam,  der 
Tochter  des  Midrdr;  einige  Diener,  welche  sie  noch  bei  sich  hatten,  wurden 
verhört  und  gefoltert,  aber  sie  legten  kein  Geständniss  ab.  Sobald  el-Schi'i 
dies  erfuhr,    war    er    sehr   besorgt   für    das  Leben  der  Gefangenen   und 


1)  Irakaner    heissen    die  Anhänger   des  Abu  Hanifa.      Yergl.  Schahrastäni 
übers,  von  Hmrhrücker.    Th.  1.    S.  243. 


ae*i 


GESCHICHTE  DER  FATIMIDEN  CHALIFEN.  35 

schickte  an  el-Jasa*  ein  freundliches  Schreiben,  worin  er  ihn  versicherte, 
dass  er  nicht  komme  um  Krieg  gegen  ihn  zu  fuhren,  er  habe  wichtigere 
Pläne,  und  er  machte  ihm  schöne  Versprechungen.  el-Jasa*  warf  das 
Schreiben  zu  Boden  und  liess  die  Abgesandten  umbringen.  el-Schff 
machte  einen  zweiten  Versuch,  um  ihn  durch  Güte  zu  gewinnen  aus 
Besorgniss  für  Obeidallah,  dessen  Namen  er  aber  gar  nicht  erwähnte; 
auch  diesmal  wurde  der  Abgesandte  getödtet.  Nun  beschleunigte  el- 
Schff  seinen  Marsch  und  als  er  vor  der  Stadt  erschien,  kam  el-Jasa* 
heraus,  es  wurde  Sonntag  den  6.  Dsul-Hi'g'ga  den  ganzen  Tag  gekämpft 
und  man  trennte  sich,  ohne  dass  eine  Entscheidung  erfolgt  war;  sobald 
indess  die  Nacht  anbrach,  ergriff  el-Jasa'  mit  seiner  Familie  und  den 
Söhnen  seines  Oheims  die  Flucht.  el-Schl'i  brachte  die  Nacht  in  grosser 
Sorge  zu,  da  er  nicht  wusste,  wie  es  Obeidallah  und  seinem  Sohne  er- 
gangen sein  möchte,  bis  am  Morgen  die  Einwohner  herauskamen  und 
ihm  meldeten,  dass  el-Jasa'  geflohen  sei.  Da  zog  el-Schfi  mit  seinem 
Gefolge  ein ,  begab  sich  sogleich  an  den  Ort ,  wo  Obeidallah  sich  auf- 
hielt, und  als  er  ihn  sah,  fiel  er  vor  ihm  nieder  und  vergoss  Freuden- 
thränen^).     Dann  führte  er  ihn  und  seinen  Sohn  hinaus  und  stellte  ihn 


1)  Hier  ist  eine  ganz  verschiedene  höchst  auffallende  Nachricht  einzaschalten, 
welche  'Gamal  ed-Din  und  Ibn  Challikän  Nr.  365  erwähnen,  ersterer  freilich  mit 
einem  „man  sagt^^  „Als  nämlich  el-Jasa'  sich  von  dem  Schlachtfelde  znrückzogf 
verbot  el-Schi'i  ihn  zu  verfolgen;  jener  ging  in  die  Stadt,  raffte  seine  Habe  zusam- 
men, nahm  seine  Familie  mit  sich  nnd|floh  unter  dem  Schutze  der  Nacht  Man 
sagt;  er  habe  die  bei  ihm  gefangen  gehaltenen  Personen  umbringen  lassen  und  als 
el-Schi'i  hinkam  und  dies  erfuhr ,  fürchtete  er  sich  vor  den  Kitama ,  weil  er  ihnen 
versprochen  hatte,  dass  er  ihnen  den  Mahdi  herausführen  werde,  welcher  nach  seiner 
Behauptuüg  die  ganze  Erde  beherrschen  würde.  Er  war  nun  in  Angst,  dass  er  mit 
Schande  bestehen  und  von  ihnen  umgebracht  werden  und  damit  sein  ganzes  Streben 
in  Nichts  zerfallen  könnte.  Er  nahm  also  einen  Jüdischen  Sklaven,  den  er  bei  dem 
Ermordeten  antraf  und  der  ihn  bedient  hatte ,  fährte  ihn  hinaus  und  stellte  ihn  der 
versammelten  Menge  vor  mit  den  Worten:  Dies  ist  euer  Imäm  und  der  Imäm  der 
Israälliten". 

An  sich  hat  diese  Erzählung  nichts  unwahrscheinliches,  im  Gegentheile  es 
wäre  auffallend,  wenn  el-Jasa^  sich  an  dem,  welchen  er  für  die  Ursache  seines  Un- 

E2 


36  F.  WUSTENFELD, 

seinen  Begleitern  vor,  indem  er  sprach:  Dies  ist  mein  und  euer  Imäm, 
Gott  hat  seine  Verheissung  erfüllt,  er  hat  ihm  Gerechtigkeit  wieder- 
fahren lassen  und  seine  Sache  ans  Licht  gebracht.  Die  Menge  brach 
in  einen  unbeschreiblichen  Jubel  aus,  als  wenn  sie  von  Sinnen  kommen 
wollte,  er  Hess  beide  zu  Pferde  steigen,  ging  ihnen  mit  den  Häuptern 
der  Stämme  zu  Fuss  voran  und  führte  sie  in  ein  Zelt,  welches  mittler* 
weile  aufgeschlagen  war.  Zum  Statthalter  von  Si'gilmdsa  ernannte  Obeid- 
allah  den  Ibrahim  ben  Gdlib  el-Mazätl  und  Hess  bei  ihm  500,  nach 
anderen  2000  Reiter  der  Kitdma  zurück,  und  40  Tage  nach  der  Ein- 
nahme der  Stadt  brach  er  in  der  Mitte  des  Muharram  297  mit  seiner 
Armee  wieder  auf,  nachdem  noch  kurz  zuvor  der  Berber-Stamm  der 
Banu  Chdlid  durch  eine  Gesandtschaft  seine  Unterwürfigkeit  erklärt 
hatte.  Schon  wenige  Wochen  nachher,  Dienstag  d.  3.  Rabf  1.*)  em- 
pörten sich  die  Einwohner  von  Si'gilmdsa,  ermordeten  den  Ibrdhim  ben 
Gdlib  und  setzten  el-Fath  mit  dem  Beinamen  Wfisdl,  einen  Prinzen  aus 
einer  Seitenlinie  der  abgesetzten  Regentenfamilie  Midrdr,  als  Emir  ein. 
In  Tdhart  hatte  unterdess  Muhammed  ben  Chazar  ben  Cildt  el- 
Zandtl  einen  Aufstandsversuch  gemacht;  er  war  dahin  gekommen  in  der 

glucks  halten  musste,  nicht  gerächt  hätte,  da  er  in  seiner  Gewalt  war.  Nur  sein 
Sohn  Abnl-Cäsim  und  el-Scbi'i  selbst  kannten  Obeidallah  persönlich  und  eine  Täu- 
schung war  daher  leicht  möglich.  Allein  es  muss  als  ganz  unmöglich  angesehen 
werden,  dass  ein  Jüdischer  Sklav  in  die  Lehren  und  Absichten  der  Schielten  so  weit 
eingeweiht  war,  um  die  Rolle  eines  Imäm  übernehmen  und  so  glänzend  durchführen 
zu  können«  wie  es  geschehen  ist,  und  dass  der  schlaue  Scht'i  später,  als  er  wohl 
wusste,  dass  er  seinen  Einfluss  auf  Obeidallah  verloren  habe,  und  für  sein  eigenes 
Leben  besorgt  sein  musste,  jenem  nicht  sollte  zuvorgekommen  sein  und  ihn  auf  die 
eine  oder  die  andere  Art  unschädlich  gemacht  haben,  ehe  er  selbst  durch  ihn  bei 
Seite  geschafft  wurde.  Wir  tragen  also  kein  Bedenken,  diese  Erzählung  für  eine 
Erfindung  der  Gegner  zu  halten. 

1)  Dieses  Datum  hat  Ibn  ^ytdsärt  S.  154  und  drückt  es  S.  156  in  anderer 
Weise  aus,  dass  der  eingesetzte  Statthalter  Ibrahim  nach  50  Tagen  ermordet  sei, 
mithin  war  die  Ernennung  drei  Tage  vor  dem  Abmärsche  erfolgt.  Man  könnte  ver- 
muthen,  dass  bei  Ibn  Chaldün  in  der  Übersetzung  Tome  L  pag.  263  Deux  annees 
plus  tard  ein  Schreibfehler  sei  für  DetAX  mois^  allein  im  Arabischen  Text  Tome  L 
pag.  169  steht  ausdrücklich  die  Jahreszahl  98,  die  nach  Ibn  Ädsäri  unrichtig  ist. 


GESCHICHTE  DER  FATIMIDEN  CHALIFEN.  37 

Absicht  sich  der  Stadt  zu  bemächtigen ,  den  Statthalter  Da w was  zu  ver- 
treiben und  el-Schff  bei  seiner  Rückkehr  den  Weg  abzuschneiden.  Er 
zog  die  angesehene  Familie  der  Banu  Dalds  ins  Complot  und  sie  sagte 
ihm  ihre  Unterstützung  zu,  indess  der  Plan  wurde  verrathen  und  Daw- 
wds  liess  die  Familie  verhaften  und  in  der  Burg  der  Bazfa'gdna^)  in  Alt- 
Tdhart,  fünf  Meilen  westlich  von  der  neuen  Stadt,  einkerkern.  Muham- 
med  ben  Chazar  begann  dennoch  den  Kampf,  und  bemächtigte  sich 
einiger  Häuser  in  der  Vorstadt  von  Tdhart,  und  als  Dawwäs  dies  sah, 
flüchtete  er  zu  Ibn  Hamma  in  dessen  Schloss*).  Die  Bewohner  der 
Burg  der  Bazfa'gdna  fielen  jetzt  über  die  bei  ihnen  gefangen  gehaltene 
Familie  Dalds  her  und  tödtete  sie,  und  das  Volk  von  Tähart  vertrieb 
den  Muhammed  ben  Chazar,  verfolgte  ihn  und  tödtete  auch  ihn,  dann 
wurde  Dawwds  davon  benachrichtigt  und  kehrte  zurück. 

Obeidallah  hatte  den  flüchtigen  Emir  el-Jasa*  und  seine  Verwandten 
verfolgen  lassen,  sie  hofften  bei  den  Banu  Chdlid  eine  Zuflucht  zu  finden, 
wurden  aber  von  ihnen  gegen  die  Verheissung  ihrer  Sicherheit  und 
Straflosigkeit  an  Obeidallah  ausgeliefert,  welcher  sie  in  Fesseln  mit  sich 
fortführte.  Als  sie  nach  der  Stadt  Arfd  kamen  und  die  Geschichte  mit 
Muhammed  ben  Chazar  erfuhren,  wussten  sie  ihrer  Haft  zu  entkommen 
und  gingen  in  die  Wüste;  el-Jasa'  indess,  welcher  krank  war,  wurde 
eingeholt,  zurückgebracht  und  auf  Obeidallah's  Befehl  getödtet. 

Um  dieselbe  Zeit  während  des  Rückmarsches  im  Monat  ^afar  fand 
auch  in  Keirawdn  eine  öffentliche  Hinrichtung  statt.  Die  beiden  Rechts- 
gelehrten  Ibrahim  ben  Muhammed  el-DhabW  gen.  Ibn  el-Birdsaun  und 
Abu  Bekr  Ibn  Hudseil,    in  mancherlei  Wissenschaften  sehr   bewanderte 


1)  Bei  Bekriy  TAfriqne  pag.  67  a.  69  heisst  der  Stamm  Barkagänna. 

2)  Nach  Ibn  ^Adsari  pag.  154  ist  x*».  ^t  der  Name  des  Besitzers  des 
Schlosses  oder  des  Schlosscommandanten,  wenn  man  annehmen  will,  dass  das  Schloss 
in  der  Stadt  lag,  dann  wäre  aber  nicht  nöthig  gewesen  an  ihn  zn  schreiben;  es 
scheint  also  ein  Schloss  im  Besitz  des  Ibn  Hamma  in  der  Nähe  der  Stadt  gewesen 
zn  sein.  Nicholson  pag.  109  hat  übersetzt:  to  the  Castle  of  the  son  of  his  father-in- 
law,  er  las  also  x*»>  ^t,  was  besser  f^^s^  ^t  lanten  würde. 


38  F.  WÜSTENFELD, 

Männer,  waren  bei  dem  Statthalter  Abul-Abbäs  denuncirt,  dass  sie  auf 
die  Regierung  geschmäht  und  'Ali  ben  Abu  Tdlib  mit  Abu  Bekr,  Omar 
und  Othmän  auf  eine  Stufe  gestellt  hätten;  Muhammed  el-Kild'f,  ein 
bei  den  Schfften  wegen  seiner  milden  Gesinnung  beliebter  Mann,  und 
seine  Freunde,  welche  der  Lehre  der  'Irakaner  zugethan  waren,  hatten 
diese  Denunciation  angebracht.  Abul- Abbäs  Hess  die  beiden  ins  Ge- 
fangniss  werfen  und  ertheilte  dem  Ibn  Abu  Chinzir  den  Befehl,  sie  hin- 
zurichten, nachdem  Ibrdhim  Ibn  el-Birdsaun  vorher  noch  500  Peitschen- 
hiebe bekommen  haben  würde,  weil  die  Aussage  gegen  ihn  gehässiger 
und  die  Beschuldigung  grösser  war.  Ibn  Abu  Chinzir  irrte  sich  in  der 
Person  und  Hess  Ibn  Hudseil  auspeitschen  und  dann  umbringen,  während 
Ibn  el-Birdsaun  ohne  weitere  Strafe  getödtet  wurde.  Ihre  Leichen  wur- 
den nackend  durch  die  Hauptstrasse  von  Keirawdn  geschleift  und  dann 
ans  Kreuz  geschlagen  und  Abul- Abbäs  machte  darüber  einen  Bericht 
an  seinen  Bruder  el-SchfL  Dieser  war  darüber  sehr  aufgebracht  gegen 
ihn,  tadelte  ihn  und  antwortete:  Du  hast  uns  einen  sehr  schlechten  Ge- 
fallen gethan  der  Stadt  und  dem  Volke  gegenüber,  eine  solche  Zurecht- 
weisung war  von  unsrer  Seite  nicht  nöthig.  —  Noch  auf  dem  Wege 
schickte  Obeidallah  nach  Iki'gän,  liess  durch  eine  Karawane  die  dort 
vorhandenen  Schätze  herbeiholen  und  nahm  sie  mit  sich. 


L     Obeidallah  el-Mahdi. 


Im  dritten  Zehnt ^)  des  Monats  Babf  IL  297  (Anfang  Januar  910 
Chr.)  langte  Obeidallah  vor  Raccdda  an;  die  Einwohner  der  Stadt  und 
die  von^Keirawdn  waren  ihm  entgegen  gegangen,  mehrere  Gelehrte  und 
Vornehme  näherten  sich  ihm  und  brachten  ihm  ihre  Huldigung  dar, 
sie  wünschten  ihm  Glück,  bezeigten  ihre  Freude  über  seine  Ankunft  und 
baten  ihn/  das  Versprechen  der  Amnestie  zu  wiederholen ;  er  entgegnete: 


1)  So  nach  Ibn^'Adsäri;  nach  'Gamal  ed'Din  Donnerstag  den  21.  Rabi'  II., 
wobei  Wochentag  und  Datum  nicht  zusammen  passen. 


GESCHICHTE  DER  FATIMIDEN  CHALIFEN.  39 

„Ihr  und  eure  Kinder  seid  eures  Lebens  sicher**,  von  Eigenthum  er- 
wähnte er  nichts.  Desshalb  wiederholten  einige  die  Bitte,  die  Sicherheit 
auch  für  ihr  Eigenthum  zu  gewähren,  da  wandte  er  sich  von  ihnen  ab 
und  die  Einsichtigeren  fürchteten  ihn  seit  dieser  Zeit.  —  Bei  seinem 
Einzüge  trug  er  ein  dunkelseidenes  Gewand  und  einen  eben  solchen  Turban 
und  ritt  ein  braunes  Pferd,  hinter  ihm  sein  Sohn  Abul-Cdsim  trug  ein  gelb- 
seidenes Gewand  und  einen  solchen  Turban  und  ritt  einen  Fuchs,  el-Schfl 
vor  Obeidallah  trug  ein  helles  Gewand,  leinenen  Überwurf  und  Turban 
und  eine  Alexandrinische  Schärpe,  ritt  einen  Schecken  und  hatte  in  der 
Hand  ein  Tuch,  womit  er  sich  den  Seh  weiss  und  Staub  vom  Gesichte 
abwischte^).  Das  Volk  um  ihn  und  vor  ihm  grüsste  ihn,  er  erwiederte 
den  Gruss  huldvoll  und  befahl  ihm,  sich  nach  Hause  zu  begeben.  Er 
stieg  in  dem  so  gen.  Schlosse  el-^ahn  ab,  sein  Sohn  in  dem  Schlosse 
des  Abul-Fath.  Am  nächsten  Freitag*)  wurde  in  dem  Gebete  in  den 
Moscheen  sein  Name  genannt  mit  dem  Beinamen  el-Mahdi,  Fürst 
der  Gläubigen,  und  damit  war  nicht  blos  die  völlige  Lostrennung 
von  der  Herrschaft  der  'Abbasiden  zu  Bagdad  ausgesprochen ,  sondern 
die  Gleichberechtigung  mit  ihnen,  ja  die  Superiorität  über  sie  in  An- 
spruch genommen.  Nach  dem  Gottesdienste  nahm  ein  Mann,  der  sich 
Scherif  nannte,  in  der  Moschee  Platz  und  liess  durch  seine  Helfer  die 
Leute  mit  Gewalt  herbeiführen  und  auffordern,  sich  zu  ihrem  Glauben 
zu  bekennen;  wer  dem  folgte,  erhielt  eine  Belohnung,  und  wer  sich 
widersetzte .  wurde  ins  Gefängniss  abgeführt.  Nur  wenige  traten  ihrer 
Lehre  bei,  viele,  welche  der  Aufforderung  nicht  Folge  leisten  wollten, 
wurden  getödtet.  el-Schfi  stellte  Obeidallah  die  zurückgebliebenen  Frauen 
des  Zijddatallah  vor,  er  wählte  aus  ihnen  eine  Anzahl  für  sich  aus ,  die 
übrigen  vertheilte  er  unter  die  angesehensten  der  Kitdma. 


1)  Nach  Ibn  eUÄthir  VIII,  38  schritt  ihm  el-Schl'i  mit  den  Häaptlingen  der 
Eitäma  zu  Fass  voran. 

2)  Ibn  Chaüikän  No.  365  sagt  „Freitag  d.  20.  Rabt'  IL,  was  man  als  richtig 
annehmen  kann,  wiewohl  dann  der  19.  als  Tag  der  Ankanft  nicht  in  das  dritte 
Zehnt  des  Monates  fiel. 


40  F.  WÜSTENFELD, 

Zunächst  wurden  dann  die  Regierungs-  und  Verwaltungs-Bureaux 
eingerichtet,  die  Beamten  ernannt  und  neue  Statthalter  in  die  Provinzen 
geschickt:  Nach  Sicilien  kam  noch  vor  Ablauf  des  Jahres  el- Hasan  ben 
Ahmed  Ibn  Abu  Chinzlr^);  zu  Kammerherrn  wurden  ernannt  Abul-Fadhl 
Ga'far  ben  'Ali,  Abu  Ahmed  Ga'far  ben  'Obeid,  Abul-Hasan  Teijib  ben 
Ismd'il  gen.  el-Hddhim  und  Abu  Sa'ld  Othradn  ben  Sa'id  gen.  Muslim 
aus  Si'gilmäsa;  die  Stelle  des  Staatssecretär  erhielt  Abul-Jasar  Ibrdhim 
ben  Muhammed  el-Scheibdnl  aus  Bagdad,  Schatzmeister  wurde  Abu 
Ga'far  el-Chazari,  Steuerdirector  Abul-Cdsim  Ibn  el-Cadim,  Münzdirector 
Abu  Bekr  Ibn  el-CamAdl,  Almosenier  'Abddn  ben  Habdsa,  Cftdhi  von 
ßaccfida  Aflah  ben  Hdrün  el-Maldsl  und  Cddhi  von  Keirawdn  el-Mar- 
wazf.  An  den  Moscheen ,  grossen  Cisternen ,  Schlössern  und  Brücken 
jiess  Obeidallah  die  Namen  ihrer  Erbauer  ausmerzen  und  seinen  Namen 
an  ihre  Stelle  setzen.  Er  kekannte  seine  Schfltischen  Lehren  oflFen  und 
schmähte  auf  die  Begleiter  Muhammeds  und  seine  Frauen  mit  Ausnahme 
von  'Ali  ben  Abu  Tdlib,  el-Micddd  ben  el-Aswad,  'Ammdr  ben  Jäsir, 
Salmdn  el-Ffirisf  und  Abu  Dsarr  el-Gifdrl,  und  behauptete,  dass  ausser 
diesen  alle  nach  dem  Tode  des  Propheten  von  seiner  Lehre  abgewichen 
seien.  Der  genannte  el-Marwazi  verbot  den  Richtern  nach  anderen 
Grundsätzen  Recht  zu  sprechen  als  nach  denen,  welche  er  für  diejenigen 
des  Ga'far  el-^ddik  ausgab,  z.  B.  dass  eine  absolute  Ehescheidung  nicht 
stattfinde,   oder  wie  die  Töchter  an  der  Erbschaft  theilnehmen  u.  d.  gl. 

Aber  nicht  überall  fügten  sich  die  Berberischen  Stämme  dem  neuen 
Herrscher«  selbst  unter  den  Kitdma  erhob  sich  ein  Häuptling  Bab&b  und 
versammelte  eine  grosse  Anzahl  um  sich;  Obeidallah  schrieb  an  die  ihm 
ergebenen  Kitdma  und  befahl  ihnen,  jene  zu  bekriegen,  der  grösste  Theil 
wurde  getödtet,  Babdb  selbst  gefangen  genommen  und  in  Keirawdn  ein 
Siegesbericht  öffentlich  verlesen.  Auch  der  Stamm  Zanfita  erschien  vor 
Tdhart   und    belagerte  Dawwds    ben  ^aulat  darin;   gegen    sie  wurde  ein 


1)  Die  weitere  Geschichte  von  Sicilien  kann  ich  hier  übergehen,  da  Amari 
iu  seiner  vortrefflichen  Storia  dei  Musulmani  di  Sicilia  dieselben  Quellen  theils 
gedruckt,  theils  handschriftlich  schon  ben  atzt  hat. 


GESCHICHTE  DER  FATIMTOEN  CHALIFEN.  41 

Corps  unter  Anführung  des  so  gen.  Scheich  el-Maschd£ch  oder  Ober- 
Häuptling  der  Kitdma  geschickt,  t^elcher  sie  in  die  Flucht  schlug  und 
viele  tödtete.  el-Schff  selbst  musste  noch  einen  Feldzug  unternehmen, 
um  einige  Unruhen  zu  schlichten,  die  Sicherheit  der  Wege  herzustellen 
und  die  Aufstände  mehrerer  Stämme  gegen  ihre  Präfecten  zu  unter- 
drücken; er  unterwarf  die  Städte,  liess  einige  der  Anführer  hinrichten, 
andere  als  Gefangene  abführen  und  im  ganzen  Reiche  wurden  die  Be- 
richte über  seine  Siege  bekannt  gemacht 

Das  Fest  der  beendigten  Fasten  am  Ende  des  Ramadhdn  gab  Ge- 
legenheit, dass  der  Prinz  Abul-Cdsim  zum  ersten  Male  sich  öflFentlich 
zeigte,  er  begab  sich  mit  el-Schfi  und  einem  Gefolge  von  Generälen  der 
Kitdma  in  einem  Aufzuge  nach  dem  Betplatze  in  Raccdda,  sprach  das 
Gebet  und  hielt  vor  dem  versammelten  Volke  eine  Predigt,  und  dies 
Ereigniss  wurde  von  Obeidallah  durch  ein  Schreiben,  welches  in  Kei- 
rawdn  und  dessen  Districten  von  den  Kanzeln  verlesen  wurde,  zur  öflFent- 
lichen  Kenntniss  gebracht. 

Bisher  hatte  el-Schfl  alle  Gewalt  allein  besessen ,  er  musste  sich 
desshalb  sehr  beschränkt  fühlen,  seitdem  er  die  Herrschaft  an  Obeidallah 
übertragen  und  dieser  sich  seinem  Einflüsse  alsbald  entzogen  hatte,  und 
er  bereute  es,  eine  solche  Übereilung  begangen  und  eine  so  grosse  Macht 
aus  den  Händen  gegeben  zu  haben.  Sein  Bruder  Abul-'Abbds  war  auf 
dieselben  Gedanken  gekommen,  und  in  einer  vertraulichen  Unterredung 
machte  dieser  jenem  den  Vorwurf,  dass  es  der  grösste  Fehler  gewesen 
sei,  die  Regierung  ganz  abgetreten  zu  haben;  sie  beide  kennten  doch 
ihre  geheime  Lehre  am  besten  und  hätten  sich  mit  Obeidallah  nur  unter 
der  Voraussetzung  verbündet,  dass  sie  die  ganze  Welt  anders  ordnen, 
den  Islamitischen  Glauben  abschaffen,  die  Länder  unter  sich  theilen, 
die  Freuden  des  Lebens  geniessen,  die  Männer  beherrschen  und  Weiber 
und  Kinder  als  Gemeingut  behandeln  wollten.  el-Schfl  musste  ihm 
darin  Recht  geben  und  sann  auf  Mittel  den  begangenen  Fehler  wieder 
gut  zu  machen. 

Noch  in  ^en   letzten  Tagen    des   J.  297    musste  el-Schfi   abermals 
eine  Expedition  gegen  die  Zandta  unternehmen,  diesmal  fünf  oder  sechs 
Histor.-phüolog.  Classe.  XXVI.  3.  F 


42  F.  WÜSTENFELD, 

Tagemärsche  über  Tdhart  hinaus  bis  nach  der  befestigten  Stadt  Tanas 
nicht  weit  von  der  Meeresküste.  Als  er  hier  in  der  Nähe  des  Vorge- 
birges el-Thaur  lagerte,  versammelte  er  am  27,  Dsul-Hi'g'ga  um  sich  die 
obersten  Officiere  der  Kitdma,  unter  denen  sich  Garraweih  ben  Jüsuf, 
Abu  Zäki  Tammdm  und  trabr  ben  el-Cdsim  befanden.  Er  hielt  an  sie 
eine  lange  Anrede,  worin  er  ihnen  auseinander  setzte,  dass  Obeidallah 
in  seinen  Handlungen  nicht  dem  Mahd!  gleiche,  zu  dessen  Huldigung 
er  aufgefordert  habe,  jener  habe  alle  Gewalt  an  sich  gerissen  und  sie 
davon  ausgeschlossen;  er  müsse  sich  in  der  Person  geirrt  haben  und  es 
ihm  so  ergangen  sein  wie  Abraham,  als  er  in  finsterer  Nacht  einen 
Stern  sah  und  ausrief:  Dieser  ist  mein  Herr  (Sure  6,  76).  Es  gäbe 
noch  ein  Erkennungszeichen,  sowie  nämlich  Muhammed  zum  Beweise 
seines  Prophetenthums  ein  Mal  zwischen  den  Schultern  gehabt  habe,  so 
müssten  auch  zwiscjben  den  Schultern  des  rechten  Imäm  die  Worte  stehen : 
,,el-Mahdi  der  Gesandte  Gottes*';  auch  müsse  er  Wunder  thun  können. 
Wenn  das  eine  nicht  zuträfe  und  er  das  andere  nicht  vermöchte,  so  müsse 
er  beseitigt  werden.  Alle  Anwesenden  stimmten  überein,  diese  Proben 
anzustellen,  sobald  sie  nach  Raccäda  zurückkämen;  Tammdm  rief  aus: 
bei  Gott!  ich  werde  mir  alle  Mühe  geben  um  die  Tage  abzukürzen,  wo 
der  Rinderhirt  (er  meinte  Garraweih)  mein  Anführer  ist^).  Ein  anderer 
äusserte:  bei  Gott!  wir  werden  nicht  von  ihm  gehen,  bis  er  diese  Schlösser» 
die  er  als  Geschenk  bekommen  hat,  unter  uns  getheilt  und  unsere  Ver- 
hältnisse wieder  so  hergestellt  hat,  wie  sie  gewesen  sind;  wir  werden 
unser  Geld  wieder  mit  uns  nehmen,  wir  haben  das  Vorrecht  an  dem» 
was  wir  ihm  dargebracht  haben.  Abul- Abbds,  der  Bruder  des  Schfi« 
sprach:  bei  Gott!  wir  werden  nicht  dulden,  dass  ein  Haus,  welches  wir 
mit  unseren  Händen  gebaut  und  an  dem  wir  uns  abgemüht  haben,  von 
einem  anderen  bewohnt  wird,  bis  wir  selbst  oben  darin  sitzen,  oder  wir 
werden  das  oberste  zu  unterst  kehren. 

Der  Feldzug  dauerte   noph   mehrere  Monate   in  das  J,  298  hinein» 


1)  d.  i.  um  diesem  Feldzuge  sobald  als  möglich  ein  Ende  zu  machen. 


GESCHICHTE  DER  FATIMIDEN  CHALIFEN.  43 

bis  die  Stämme  ^adina  und  Zandta  unterworfen,  mehrere  ihrer  Städte 
eingeäschert,  die  Männer  getödtet,  Beute  gemacht  und  die  Kinder  ge- 
fangen fortgeführt  wurden,  dann  kam  das  Heer  nach  Raccäda  zurück. 
Garraweih  war  der  Verräther,  welcher  Obeidallah  alles  mittheilte,  was 
in  Tanas  vorgefallen  und  verabredet  war;  Obeidallah  sah  sich  dadurch 
zu  erhöhter  Wachsamkeit  veranlasst,  was  wiederum  dem  Schfi  nicht 
entgehen  konnte,  so  dass  es  ihm  klar  wurde,  es  müsse  ein  Verrath 
stattgefunden  haben.  —  An  die  Stelle  des  am  16.Gumdd^I.  verstorbenen 
Staatssecretärs  Abul-Jasar  war  Abu  Ga'far  Muhammed  ben  Ahmed  el- 
Bagdad!  gekommen,  ein  junger  Mann,  der  in  Spanien,  besonders  in  Cor- 
doba  eine  vielseitige  Bildung  erhalten  hatte  und  bei  den  angezettelten 
Intriguen  durch  seinen  Rath  von  grossem  Nutzen  war. 

Der  erwähnte  Ober- Scheich,  welcher  wie  viele  andere  durch  die  um- 
laufenden Gerüchte  irre  geworden  war  und  sich  Klarheit  verschaffen 
wollte,  begab  sich  zu  Obeidallah  und  sagte:  Wenn  du  der  erwartete 
el-Mahdi  bist,  so  lass  uns  ein  Wunder  sehen,  wir  fangen  an,  an  dir  zu 
zweifeln.     Statt  der  Antwort  Hess  er  ihn  umbrin|;en. 

Die  Gelegenheit,  einen  der  Hauptverschworenen  zu  entfernen,  bot 
sich  bald.  In  der  Provinz  Tripolis  hatte  sich  der  Stamm  der  Hawwdra 
aufgelehnt  und  den  Abu  Hdi-ün  el-Hawwdrl  an  seine  Spitze  gestellt, 
viele  von  den  Zan&ta,  Lamdja  und  anderen  Stämmen  waren  zu  ihnen 
gestossen  und  belagerten  Tripolis.  Obeidallah  schickte  Abu  Zftkf  Tam^** 
mdm  mit  einer  grossen  Armee  der  Stadt  zu  Hülfe,  welcher  die  Anführer 
schlug  und  zerstreute  und  viele  Köpfe  der  Getödteten  und  Ohren  mit 
Ohrringen  nach  Raccdda  sandte.  Jetzt  erhielt  der  Stadthalter  von  Tri- 
polis Abu  Jdsuf  Makintin  el-A'gabi,  ein  Oheim  des  Abu  Zdki,  den  Be- 
fehl, diesen  umzubringen;  er  zeigte  ihm  das  Schreiben  und  als  Abu 
Zdki  es  gelesen  hatte,  sprach  er:  ,,mein  Oheim!  thu',  was  dir  befohlen 
ist'S  er  bot  seinen  Nacken  dar,  jener  schlug  ihm  den  Kopf  ab  und 
meldete  dies  durch  eine  Brieftaube  nach  Baccdda,  welche  alsbald  die 
Nachricht  dahin  brachte.  Dies  geschah  Dienstag  früh  den  ^1.  Dsul- 
^i'g'ga  298. 

Jetzt   glaubte  Obeidallah  die  Zeit  gekommen,   wo   er  den  Haupt* 

F2 


44  F.  WÜSTENPELD, 

streich  führen  könnte;  er  befahl  Garraweih  und  Gabr  ben  el-Cdsim  sich 
hinter  seinem  Schloss  in  einen  Versteck  zu  stellen  und  wenn  el-Schf{ 
und  sein  Bruder  Abul- Abbäs  Torüberkämen,  sie  zu  überfallen  und  mit 
der  Lanze  niederzustossen.  Sie  nahmen  einige  ihrer  Leute  mit  sich  und 
versteckten  sich,  während  jene  beiden  wie  gewöhnlich  zur  Tafel  einge- 
laden wurden,  und  als  sie  an  dem  Orte  vorüberkamen,  stürzten  sie  sich 
auf  sie;  el-Schfl  rief:  o  Garraweih!  thu'  das  nicht,  mein  Sohn!  Er  er- 
wiederte:  dem  du  zu  gehorchen  mir  befohlen  hast  und  den  du  absetzen 
wolltest,  nachdem  du  ihn  eingesetzt  hast,  der  hat  mir  befohlen  dich  zu 
tödten.  Damit  versetzte  er  ihm  einen  einzigen  Stoss,  der  ihn  todt  zu 
Boden  streckte;  Abul-Abbds  erhielt  fünfzehn  Lanzenstiche.  Dies  ge- 
schah Dienstag  d.  1.  Dsul-Hi'gga  gegen  Sonnenuntergang*)  und  die  bei- 
den Leichen  blieben  bis  zum  anderen  Mittag  liegen,  dann  Hess  sie 
Obeidallah  in  dem  Park  begraben  und  hielt  ihnen  selbst  eine  Grabrede» 
worin  er  die  That  zu  rechtfertigen  suchte. 

Hiemach  hielt  sich  Obeidallah  mehrere  Tage  vor  den  Kitdma, 
welche  an  der  Verschwörung  theilgenommen  hatten ,  verborgen ,  dann 
that  er  wieder  freundlich  gegen  sie,  liess  sie  indess  aus  Besorgniss 
einzeln  zu  sich  kommen,  um  sie  zu  beruhigen  und  sicher  zu  machen, 
und  nach  und  nach  wurde  eine  grosse  Anzahl  von  ihnen  auf  verschie- 
dene Weise  umgebracht.  Es  entstand  ein  Aufruhr,  die  Freunde  der 
Ermordeten  griffen  zu  den  WaflFen  und  wiegelten  das  Volk  auf;  Obeid- 
allah erschien  selbst  zu  Pferde,  beruhigte  die  Leute  und  nachdem  dies 
gelungen  war,  verfolgte  er  die  Aufrührer,  bis  er  sie  niedergeworfen  hatte. 
Einen  zweiten  Strassenkampf  zwischen  den  Kitdma  und  den  Einwohnern 


1)  Ihn  ChalUMn  Nr.  198,  MacrUn  I,  351  u.  II,  11  und  Ibn  Chaidün  I,  522 
setzen  die  EIrmordDang  schon  in  die  Mitte  des  'Oamäda  11.  298,  was  nach  der  Rei- 
henfolge der  Ereignisse  nicht  wahrscheinlich  ist.  Äbtdfidä  U,  230  hat  sich  darin 
geirrt,  dass  er  angiebt,  Ibn  el-Äthir  setze  diese  Ermordang  in  das  Jahr  296;  er  er- 
wähnt sie  freilich  anter  diesem  Jahre,  welches  Tom.  YIII,  10  anfängt,  erzählt  aber 
die  Geschichte  des  Schi'i  dann  gleich  im  Zusammenhange  weiter  bis  zu  seinem  Tode 
im  J.  298  (S.  39),  ohne  indess  hier  ein  Datum  anzugeben,  nur  sagt  er  S.  41,  dass 
er  an  demselben  Tage  getödtet  sei  wie  Abu  Zäkt. 


GESCHICHTE  DER  FATIMIDEN  CHALIFEN.  45 

von  Keirawdn  schlichtete  Obeidallah  i  ebenfalls  durch  seine  persönliche 
Dazwischenkunft,  nachdem  bereits  eine  grosse  Anzahl  gefallen  war,  und 
er  stand  davon  ab,  yon  dem  Volke  das  Bekenntniss  der  Scbfitischen 
Lehre  zu  fordern.  —  Noch  vor  dem  Schlüsse  des  Jahres  empörte  sich 
auch  der  Stamm  Lawdta;  ein  zahlreiches  Heer  unter  Sei  ben  Daucdn 
und  Ra'g&  ben  Abu  Carna  unterwarf  sie  bald  undj^kehrte  mit  Beute  und 
gefangenen  Kindern  zurück;  die  Siegesnachricht  wurde  in  dem  ganzen 
Districte  von  Keirawdn  verlesen. 

Bei  dem  Beginn  des  Jahres  299  sah  sich  Obeidallah  schon  wieder 
genöthigt,  eine  grosse  Armee  gegen  die  Zandta  zu  schicken,  welche  in 
einer  mörderischen  Schlacht  bei  dem  Orte  Falack  Madik^)  ungeheure 
Verluste  erlitten;  indess  in  ihrer  Hauptstadt  Tdhart  nahm  das  Volk 
gegen  den  Statthalter  Dawwds  eine  so}  drohende  Stellung  an,  dass  er  mit 
Tausend  Reitern  nach  Alt-Tdhart  flüchtete,  wo  er  sich  verschanzte,  aber 
einen  grossen  Theil  seiner  Mannschaft  verlor.  Die  Einwohner  von  Tdhart 
riefen  den  Häuptling  Muhammed  ben  Chazar  zu  Hülfe,  ernannten  ihn  zu 
ihrem  Führer»  stellten  die  Mutter  und  die  Familie  des  Dawwds  unter  seinen 
Schutz  und  überlieferten  ihm  den  grössten  Theil  von  dessen  Waffen. 
Man  fand  sich  jedoch  von  beiden  Seiten  in  seinen  Erwartungen  getäuscht, 
Muhammed  ben  Chazar  verliess  sie  wieder  und  kehrte  in  seinen  Wohn- 
sitz zurück.  Nun  erschien  ein  zahlloses  Heer  vor  Tdhart  und  begann 
am  letzten  des  Monats  Muharram  die  Belagerung ;  drei  Tage  lang  wurde 
gekämpft,  bis  die  Stadt  durch  Verrath  genommen  wurde.  Am  Dienstag 
d.  4.  ^'afar  drang  der  Feind  ein  und  richtete  ein  solches  Blutbad  an, 
dass  8000  Einwohner  umkamen,  und  die  Stadt  wurde  grössten  Theils  nie- 
dergebrannt. Die  Statthalterschaft  erhielt  Ma^dla  ben  Habtis  el-Mikndsf, 
indem  Dawwds  nach  Raccdda  zurückberufen  und  bald  darauf  ermordet 
wurde.  —  In  diese  Zeit  fallt  ein  Erdbeben  in  Keirawdn,  welches  be- 
sonders den  an  der  Seeküste  gelegenen  Ort  el-Bds  betraf,  wo  Mauern 
und  Häuser  einstürzten  und  versanken. 

Die  Kitdma  erinnerten  nun  Obeidallah   an  sein  Versprechen,    dass 


1)  Bei  Nicholson  S.  129  steht  Falk  MiddaJc. 


46  F.  WÜSTENFFLD, 

er  ihnen  die  Stadt  Keirawän  zur  Plünderung  preisgeben  wollte,  er  hatte 
noch  immer  versucht  sie  damit  hinzuhalten  und  zu  beschwichtigen,  ihr 
Übermuth  und  ihre  Gewaltthätigkeiten  gegen  die  Einwohner  nahmen 
aber  immer  mehr  zu  und  diese  hatten  lange  dazu  geschwiegen,  bis  ihnen 
endlich  die  Geduld  riss.  Am  Dienstag  d.  29.  Scha'bdn  sahen  sie,  wie 
ein  Soldat  der  Kitdma  einen  Kaufmann  misshandelte  und  zu  Boden 
warf,  und  als  sie  ihn  von  demselben  frei  machten,  zogen  die  Kitdma  die 
Schwerdter  und  wollten  die  Schankbuden  plündern,  die  Marktleute  riefen 
um  Hülfe  und  es  wurden  über  Tausend  Kitdma  getödtet.  Der  Statt- 
halter Ahmed  ben  Abu  Chinzir  erschien  zu  Pferde,  stellte  die  Ruhe 
wieder  her  und  Hess  die  Erschlagenen  fortschaffen  und  in  die  Abzugs- 
canäle  werfen.  Die  Kitdma  zogen  sich  nun  aus  Keirawdn  und  der  Um- 
gegend in  ihr  Gebiet  zurück  und  lehnten  sich  offen  gegen  Obeidallah 
auf;  sie  wählten  einen  jungen  Mann,  Kddti  ben  Mu'drik  gen.  el-Mdwati 
aus  der  Familie  Aurtsa,  zu  ihrem  Oberhaupt,  erwiesen  ihm  eine  so 
hohe  Ehre,  dass  sie  sich  beim  Gebet  nach  ihm  hinwandten,  behaupteten, 
dieser  sei  der  erwartete  el-Mahdt,  und  schrieben  ein  Religions-  und 
Gesetzbuch,  welches  ihnen  angeblich  offenbart  war.  Sie  bemächtigten 
sich  des  ganzen  Gebietes  am  Flusse  Zdb,  drangen  bis  Mila  vor,  ihre 
Macht  nahm  zu  und  sie  wurden  sehr  gefährlich.  Obeidallah  schickte 
Truppen  g^en  sie  aus  unter  mehreren  Anführern,  von  denen  einer 
^auldt  ben  Gunda,  mit  etwa  200  Mann  zu  dem  Feinde  überging. 

Endlich  übertrug  Obeidallah  seinem  Sohne  Abul-Cdsim  den  Ober- 
befehl; er  verliess  Raccdda  Sonnabend  d.  25.  Ramadhdn,  eroberte  Con- 
stantine  und  andere  Städte  der  Kitdma  und  lieferte  el-Mdwati  mehrere 
Schlachten.  Zu  diesem  waren  freilich  noch  einige  höhere  Officiere  über- 
gegangen, indess  sie  kamen  zurück,  nachdem  ihnen  Abul-Cdsim  Straf- 
losigkeit zugesichert  hatte.  Im  Anfange  des  J.  300  gelang  es  ihm, 
MdwaÜ  mit  seinem  Gefolge  gefangen  zu  nehmen,  er  kehrte  mit  ihnen 
nach  Raccdda  zurück,  dann  wurden  sie  auf  Camelen  durch  die  Strassen 
von  Keirawdn  geführt  mit  hohen  spitzen  Mützen,  die  mit  Hörnern  und 
Affenbildern  verziert  waren,  und  zuletzt  in  Baccdda  hingerichtet. 

Noch  im  J.  299  hatte  sich  Obeidallah  mehrerer  hoher  Beamten  in 


GESCHICHTE  DER  FATIMIDEN  CHALIFEN.  47 

Keirawdn  entledigt,  welche  in  dem  Verdachte  standen,  mit  el-Schfi  als 
Verschworene  im  Einverständniss  gewesen  zu  sein.  Zu  den  mit  dem 
Tode  bestraften  gehörten  unter  anderen  der  Marktmeister  (Polizeichef) 
Muhammed  ben  Abu  Sa'id  el-Mili,  Abdallah  ben  Muhammed  gen.  Ihn 
el-Cadim ,  Muhammed  ben  Abu  Ra'ggdl  el-Bdgäf ,  Abul-Wahb  ben  Amr 
ben  Zurdra  el-'Abdari  und  mehrere  Mitglieder  und  Würdenträger  der 
vertriebenen  Aglabiten,  sowie  auch  Abu  Ibrdhim  gen.  Ihn  el-Bi^wf 
el*Kureschf,  welcher  schon  unter  dem  drittletzten  Aglabiten  Ibrdhim  ben 
Ahmed  mit  den  Einwohnern  von  Tunis  einen  Aufstand  gemacht  hatte. 
Der  Statthalter  von  Tripolis,  M&kinAn  ben  Dabdra  el-A'gdW,  hatte 
nach  und  nach  seine  Stammesgenossen  von  den  Kitdma  dahin  nach  sich 
gezogen,  welche  sich  allerlei  Vorrechte  anmassten  und  sich  grosse  Un- 
gerechtigkeiten zu  Schulden  kommen  Hessen.  Desshalb  erhob  sich  das 
Volk  gegen  sie,  es  gewann  die  Oberhand,  schloss  die  Thore,  tödtete 
sämmtliche  Kitdma,  welche  in  der  Stadt  waren«  und  wählte  selbst 
Muhammed  ben  Ish&k  gen.  Ihn  el-Karlln  zum  Präfecten.  Mdkinün  war 
bei  Zeiten  entkommen  und  hatte  sich  zu  Obeidallah  begeben  und  dieser 
schickte  Truppen  hin .  welche  die  Stadt  mehrere  Monate  ohne  Erfolg 
belagerten.  Nun  ging  wiederum  Abul-Cdsim  mit  Verstärkung  dahin  ab; 
er  brach  von  Kaccdda  auf  Sonntag  d.  3.  Dumdda  I.  ^)  300  und  gleich- 
zeitig Hess  Obeidallah  15  Kriegsschiffe^)  auslaufen.  Als  diese  vor  Tri- 
polis erschienen,  fuhren  ihnen  die  TripoHtaner  mit  ihren  Schiffen  ent- 
gegen, verbrannten  die  ganze  feindliche  Flotte  und  vernichteten  die 
Mannschaft.  Abul-Cdsim  war  durch  einen  Kampf  mit  dem  Stamme 
Hawwdra  unterwegs  aufgehalten,  und  als  er  endlich  eintraf,  schloss  er 
die  Stadt  so  fest  ein,  dass  darin  eine  Hungersnoth  entstand  und  die  Ein- 
wohner schon  ihre  Todten  verzehrten,  bis  sie  Abul-Cdsim  um  Gnade 
baten  und  sich  ergaben.  Er  gewährte  ihnen  Amnestie  mit  Ausnahme 
von  drei  Personen,   deren  Aburtheilung   er   sich  vorbehielt:   Muhammed 


1)  Ibn  eUÄthir  VIII,  50  sagt:  im  Oumddd  II. 

2)  'Arib  hei  Nicholson  S.  135  giebt  60  Kriegsschiffe  an;  Ibn  OrAMr  erwähnt 
die  Expedition  zur  See  nicht. 


48  F.  WÜSTENFELD, 

ben  Ishdk  el-Kureschl^),  Muhammed  ben  Na9r  und  ein  Mann  mit  Namen 
el-Huwei'g.  Nach  seinem  Einzüge  legte  er  den  Einwohnern  eine  Con- 
tribution  von  300000  Dinaren  auf,  sie  mussten  ausserdem  alles  liefern, 
was  seine  Armee  nöthig  hatte,  eine  Anzahl  Geissein  stellen ,  und  nach- 
dem er  einen  neuen  Statthalter  ernannt  hatte,  kehrte  er  mit  den  drei  ge- 
nannten Personen  nach  Raccdda  zurClck,  welche  dann  mit  hohen  spitzen 
Matzen  auf  Camelen  in  Keirawdn  umhergefClhrt  und  hiernach  hinge- 
richtet wurden. 


Um  sich  gegen  einen  plötzlichen  Überfall  zu  schützen,  wie  er  be- 
vorgestanden hätte,  wenn  die  Verschwörung  des  Abu  Abdallah  el-Schff 
und  der  Kitdma  zum  Ausbruch  gekommen  wäre,  oder,  wie  erzählt  wird, 
in  Folge  einer  Weissagung,  welche  Obeidallah  in  ihren  Schriften  ge- 
funden haben  wollte,  dass  einmal  ein  Empörer  Namens  Abu  Jazid  das 
Reich  bedrohen  würde,  fasste  er  den  Entschluss,  einen  Platz  zu  suchen, 
wo  er  sich  eine  neue  befestigte  Residenz  bauen  könnte,  in  welcher  er 
mit  seiner  Familie  eine  sichere  Zuflucht  hätte.  Er  durchzog  die  Gegend 
yon  Tunis,  Carthago  und  an  der  Seeküste,  bis  er  auf  der  Rückkehr  nach 
der  Halbinsel  Hamma^  kam,  die  ihm  für  seinen  Zweck  am  geeignetsten 
schien;  er  traf  dort  in  einer  Höhle  einen  Einsiedler,  welcher  auf  die 
Frage,  wie  der  Ort  heisse,  antwortete:  „die  Insel  der  Chalifen".  Dies 
nahm  Obeidallah  für  eine  gute  Vorbedeutung,  der  Bau  wurde  im  J.  300 
begonnen*),  und  nachdem  im  Rabf  I.  304  die  Ringmauern  und  Thore, 
von  denen  jeder  der  eisernen  Flügel  Hundert  Centner  wog,  und  im  J. 
305  oder  306  der  innere  Ausbau  vollendet  war,  stieg  Obeidallah  oben 
auf  die  Mauer  und  befahl  einem  Bogenschützen  einen  Pfeil  nach  Westen 
abzuschiessen ;  er  fiel  auf  dem  öffentlichen  Betplatze  nieder  und  Obeid- 
allah sagte:  „dies  ist  die  Stelle,  bis  wohin  der  Eselreiter  kommen  wird**, 


1)  Vermathlich  der  oben  genannte  von  ihnen  erwählte  Präfect. 

2)  Dozy^  Ihn  Adsari  S.  170  giebt  der  Lesart  'Gamma  den  Vorzug. 

3)  Nach  anderen  erst  am  6.  Dsal-Ca*da  303.    Über  die  weitere  Beschreibung 
vergl.  Behi,  TAfrique  S.  29.  JacOtt  IV,  693.  Edrisi  S.  107.  Abtdfeda,  Geogr.  S.  140. 


GESCHICHTE  DER  PATIMIDEN  CHALIFEN.  49 

womit  er  Abu  Jazid  meinte.  Nachdem  er  alles  besichtigt  und  seinen 
Erwartungen  gemäss  gefunden  hatte,  rief  er  aus :  „Jetzt  bin  ich  beruhigt 
über  das  Schicksal  der  Fatimidinnen**,  womit  er  seine  Töchter  meinte. 
Aber  erst  im  J.  308  bezog  el-Mahdi  seine  neue  Eesidenz,  welche  er 
el'Mahdia  nannte. 

Ein  Kaufmann  aus  Spanien  Namens  Abu  Ga'far  Ibn  Habnim, 
welcher  in  Keirawän  eine  prächtige  Moschee  und  die  Logirhäuser  für 
die  Kaufleute  in  der  Nähe  des  Gefangenhauses  hatte  bauen  lassen,  wurde 
bei  dem  Cadhi  el-Marwazf  angeklagt,  dass  er  einen  grossen  ihm  anver- 
trauten Schatz  bei  sich  habe  und  nachdem  dies  durch  Zeugen  erhärtet 
war,  wurde  er  zur  Herausgabe  aufgefordert  und  so  lange  gefoltert,  bis 
er  starb. 


Im  J.  301  begann  Obeidallah  den  weiteren  Kampf  gegen  die  'Ab- 
basiden,  welche  in  Africa  noch  Truppen  unterhielten;  er  sandte  eine 
Armee  unter  dem  Befehle  des  Chubäsa  ben  Jüsuf  aus,  welcher  zunächst 
in  die  Stadt  Surt  ohne  Kampf  einzog»  nachdem  die  'Abbasidische  Be- 
satzung geflohen  war.  Ebenso  ging  es  mit  A'gddbia,  Barca  und  anderen 
Städten,  und  so  oft  er  eine  derselben  einnahm,  brandschatzte,  marterte 
und  tödtete  er  die  Einwohner  und  hatte  daran  sein  Vergnügen^).  In 
Barca  z.  B.  traf  er  eine  Gesellschaft,  welche  mit  Tauben  spielte,  er  liess 
ein  Feuer  anzünden  und  sie  um  dasselbe  herum  Platz  nehmen ,  dann 
befahl  er,  ihnen  Stücke  Fleisch  abzuschneiden,  dies  zu  braten  und  von 
ihnen  selbst  essen  zu  lassen,  danach  warf  er  sie  ins  Feuer,  indem  er 
behauptete,  sie  hätten  Brieftauben,  welche  ihnen  Nachrichten  von  den  'Ab- 
basiden  brächten.  —  Er  liess  auch  in  Barca  öffentlich  bekannt  machen, 
wer  ein  Geschenk  oder  eine  besondere  Belohnung  zu  haben  wünsche, 
solle  zu  ihm  kommen;  es  liess  sich  dann  eine  grosse  Anzahl  bei  ihm 
einschreiben   und    er   befahl   den   Vornehmsten   der   Kitäma,    sich   diese 


1)  Hier  und  in  dem  Folgenden  mnsste  der  Vollständigkeit  wegen  einiges  aus 
»r  Abhandlung  aber  die  Statthalter  von  Ägypten  4.  Abth.  wiederholt  werden. 
Histor.-phüolog.  Glosse.    XXVI.  3.  G 


50  F.  WÜSTENFELD, 

Personen  zu  merken»  indem  er  einem  jeden  von  ihnen  einen  derselben 
zum  Geschenk  machte.  Er  bestellte  sie  dann  auf  den  folgenden  Morgen 
wieder  zu  sich  und  als  sie  erschienen,  um  die  Geschenke  in  Empfang 
zu  nehmen,  liess  er  sie  sämmtlich  umbringen,  es  waren  ihrer  gegen 
Tausend.  Ihre  Leichen  wurden  zusammengelegt,  darüber  ein  Thron  er- 
richtet, auf  den  er  sich  setzte,  dann  wurden  die  vornehmsten  Einwohner 
herbeigeführt,  um  dieses  grässliche  Schauspiel  anzusehen,  bei  dessen  An- 
blick drei  derselben  vor  Furcht  und  Schrecken  starben.  Nach  einer  so 
grausamen  Behandlung  schalt  er  sie  noch  aus  und  sagte  dann,  wenn  sie 
ihm  am  nächsten  Morgen  nicht  100000  Mithkdl  (Ducaten)  brächten, 
wfirde   er  sie  sämmtlich  tödten  lassen;    und  sie  brachten  ihm  das  Geld. 

Chubdsa  liess  in  Barca  auch  Hdrith  und  Nizllr,  die  Söhne  des  Ham- 
mdl  el-Mandzi,  mit  mehreren  ihrer  Söhne  und  Vettern  umbringen,  ihre 
Frauen  verkaufen,  ihr  Vermögen  einziehen,  alles  wie  Obeidallah  ihm 
befahl,  weil  dieser  vorgab,  dass  sie  ihn  auf  seiner  Reise  von  Ägypten  her 
ausgeplündert  hätten,  und  als  die  Einwohner  von  Barca  bei  Obeidallah 
sich  hierüber  beklagten,  entschuldigte  er  sich  bei  ihnen  und  schwor, 
dass  sein  Befehl  sich  nur  auf  drei  Personen  erstreckt  habe,  zugleich 
schrieb  er  an  Chubdsa  von  dort  abzuziehen  und  dieser  rückte  desshalb 
weiter  nach  Ägypten  vor.  Eine  Armee,  welche  unter  Abul-Jumn  von 
Fustdt  aus  gegen  ihn  geschickt  wurde,  brachte  ihm  anfangs  mehrere 
schwere  Niederlagen  bei,  wurde  aber  zuletzt  von  ihm  in  die  Flucht  ge- 
schlagen und  verfolgt.  Abul-Cdsim  kam  nun  auch  von  Raccdda  mit 
100000  Mann  im  Dsul-Hi'gga  nach  Barca  und  zog  am  1.  Muharram 
302  mit  Chubdsa  ohne  Widerstand  in  Alexandria  ein,  weil  die  Stadt 
leer  war,  indem  die  Einwohner  sich  auf  die  Schiffe  gerettet  und  alle 
ihre  leicht  fortzuschaffende  Habe  mit  sich  genommen  hatten;  was  zurück- 
gelassen war,  eigneten  sich  die  Sieger  an  und  marschirten  dann  weiter, 
während  im  ^afar  ein  Hülfscorps  des  Chalifen  aus  Irdk  in  Mi^r  eintraf. 

Für  den  ferneren  Vormarsch  hatte  Abul-Cdsim  den  Oberbefehl  dem 
Abu  Farldun  übertragen  und  Chub&sa  befohlen,  bei  ihm  zu  bleiben. 
Das  empörte  diesen  aber  so  sehr,  dass  er  im  Arger  ausrief:  Nun,  da  ich 
nahe  dabei   bin  das  Land   in  Besitz  zu  nehmen,   soll  Abu  Faridun  den 


GESCHICHTE  DER  FATIMIDEN  CHALIPEN.  61 

1 

Yortheil  und  Ruhm  davon  haben  I  Er  verliess  die  Armee  heimlich  mit 
etwa  dreissig  Reitern,  seinen  nächsten  Verwandten,  und  begab  sich  auf 
den  Rückweg  nach  Magrib.  Abul-C&sim  schrieb  an  die  Districts-Beamten, 
und  befahl  ihnen  auf  die  Flüchtlinge  zu  fahnden  und  sie  im  Betretungs- 
falle  fest  zu  nehmen,  zugleich  setzte  er  seinen  Vater  Obeidallah  Ton 
dem  Vorfalle  in  Kenntniss*). 

Als  nun  die  feindlichen  Armeen  im  Gumdd^  I.  auf  einander  stiessen, 
kam  es  zu  einer  furchtbaren  Schlacht,  in  welcher  auf  beiden  Seiten  viele 
Tausende  blieben,  bis  die  verbündeten  Agyptier  und  Irdkaner  den  Sieg 
errangen,  wonach  sie  die  Magribiner  aus  Alexandria  vertrieben  und  bis 
Barca  verfolgten.  Diese  hatten  7000  Mann  an  Todten  und  Gefangenen 
verloren  und  der  Rest  des  Heeres  kam  in  dem  kläglichsten  Zustande 
wieder  nach  Magrib;  sie  hatten  kaum  ihre  leichten  Gegenstände  an 
Waffen  und  Kleidern  mit  sich  fortbringen  können,  die  Nachhut  hatte 
ihre  Zelte,  Waffen  und  Geräthe  im  Stiche  lassen  müssen. 

Chubdsa  hatte  sich  durch  das  Gebiet  von  Barca  nach  Nafzdwa  be- 
geben und  brieflich  seinen  Bruder  Garraweih  ben  Jdsuf,  der  sich  gegen 
Obeidallah  aufgelehnt  hatte,  benachrichtigt,  dass  er  zu  ihm  nach  Tdhart 
kommen  wolle,  um  mit  ihm  gemeinschaftliche  Sache  zu  machen.  Da  er 
verfolgt  wurde,  trennten  sich  seine  Begleiter  von  ihm,  er  wurde  gefangen 
genommen,  zu  Obeidallah  geführt  und  eingekerkert ;  Garraweih  hatte  die 
Flucht  ergriffen,  wurde  am  Berge  Aurfis  eingeholt  und  getödtet  und 
sein  Kopf  zu  Obeidallah  gebracht.  Da  dieser  jetzt  erfuhr,  dass  Chubfisa 
mit  ihm  im  Einverständniss  gewesen  sei,  liess  er  ihn  und  alle  seine  Ver- 
wandten aus  dem  Geföngnisse  holen  und  ihnen  die  Köpfe  abschlagen, 
denen  Papierstreifen  mit  ihren  Namen  an  die  Ohren  gehängt  wurden,  und 
als  man  sie  so  Obeidallah  zu  Füssen  legte  und  er  die  Köpfe  der  beiden 
Brüder  betrachtete«  sagte  er:  Wie  wunderbar  ist  doch  der  Lauf  der  Welt! 
der  Orient  und  der  Occident  war  zu  eng  für  diese  Köpfe,  nun  kann  sie 


1)  Die  Angabe  bei  Äbtd-Mahäsin  11,  193,  dass  Ghnbäsa  in  der  Schlacht  in 
Ägypten  gefallen  sei,  ist  eben  so  unrichtig,  als  dass  Obeidallah  selbst  diesen  Feld- 
zag unternommen  habe. 

G2 


52  F.  WÜSTENFELD, 

dieser  Kasten    fassen.     Er   befahl,    sie    heimlich    in    die   Moschee    von 
Alexandria  zu  bringen. 

Als  Abul-Cäsim  auf  der  Flucht  wieder  durch  Barca  kam,  empfingen 
ihn  die  Einwohner  mit  Glückwünschen  und  er  redete  ihnen  ein,  dass 
er  nur  Chubdsa  verfolgen  wolle,  um  ihn  zur  Strafe  zu  ziehen  für  die 
schlechte  Behandlung,  die  er  ihm  habe  zu  Theil  werden  lassen;  er  be- 
fahl ihnen,  die  Beschädigungen  ihrer  Stadt  wieder  auszubessern,  und 
liess  einen  der  Kitdma  als  Präfecten  zurück.  Nachdem  er  sich  aber  ent- 
fernt hatte  und  die  näheren  Umstände  bekannt  wurden,  wesshalb  er  aus 
Ägypten  zurückgekehrt  sei,  rottete  sich  das  Volk  zusammen  und  tödtete 
den  Präfecten  sammt  seiner  Begleitung.  Abul-Cdsim  kam  am  1 0.  Dsul- 
Ca'da  302  wieder  in  Raccdda  an. 

Das  Jahr  303  machte  sich  bemerklich  durch  eine  in  Africa  und 
den  angränzenden  Ländern  wüthende  Pest,  welcher  auch  viele  Gelehrte 
und  Beamte  zum  Opfer  fielen.  —  Der  Cadhi  Abu  Ma'mar  'Imrfin  ben 
Ahmed  wurde  mit  der  Regelung  der  Grundsteuer  beauftragt  und  führte 
ein  gemässigtes  System  ein,  indem  er  von  allen  bebauten  Flächen  von 
Africa  den  höchsten  und  niedrigsten  Ertrag  des  Zehnten  in  einem  Jahre 
berechnete,  hiervon  die  Hälfte  nahm  und  dies  als  Abgabe  von  jedem 
Acker  festsetzte. 

Obeidallah  war  in  dieser  Zeit  durch  die  Angelegenheiten  Siciliens 
sehr  in  Anspruch  genommen,  indess  hatte  er  ein  neues  Heer  ausgerüstet, 
welches  unter  Anführung  des  Abu  Madini  Ihn  FarrAch  wieder  gegen 
Barca  marschirte ,  aber  erst  nach  einer  Belagerung  von  i  8  Monaten, 
während  welcher  eine  grosse  Zahl  der  Einwohner  umgekommen  war, 
gelang  es  im  J.  304  die  Stadt  zu  erobern;  viele  mussten  jetzt  noch  den 
Scheiterhaufen  besteigen,  ihr  Vermögen  wurde  eingezogen  und  eine 
Menge  schickte  Abu  Madtni  noch  zu  Obeidallah,  welcher  sie  umbringen 
liess.  Abu  Madini  blieb  als  Commandant  in  Barca,  bis  er  im  J.  306 
starb. 

Zu  denen,  welche  Obeidallah  schriftlich  angefordert  hatte,  seine 
Oberhoheit  anzuerkennen  und  seine  Lehre  anzunehmen,  gehörte  auch 
Sa*id  ben  ^älih ,    ein   kleiner  Fürst  zu  Nakdr    fünf  Meilen    vom    mittel- 


GESCHICHTE  DER  FATIMIDEN  CHALIFEN.  5S 

ländischen  Meere,  welcher  indess  eine  beleidigende  abschlägige  Antwort 
gab.  Desshalb  ertheilte  Obeidallah  seinem  Statthalter  in  Tdhart,  Maffila 
ben  Habtis,  den  Befehl  nach  Naktir  zu  marschiren  und  Sa'id  mit  Elrieg 
zu  überziehen.  Er  brach  am  1.  Dsul-Hi'g'ga  304  mit  seiner  Armee  yon 
Tdhart  auf,  und  als  er  eine  Tagereise  von  Nakdr  bei  dem  Orte  Nas&ft 
lagerte,  kam  ihm  Sa'id  entgegen,  und  es  wurde  drei  Tage  lang  gekämpft, 
ohne  dass  eine  Entscheidung  erfolgte.  Sa'id  hatte  in  seinem  Gefolge 
einen  äusserst  tapfern  Mann  Namens  Hamd  «ben  el-'Ajjdsch^)  aus  der 
Familie  Ituweft,  welcher  den  Plan  fasste,  mit  sieben  Reitern  in  Ma9dla*8 
Zelt  einzudringen ;  er  stürzte  hinein,  aber  die  Leute  erhoben  ein  Geschrei, 
er  wurde  überwältigt  und  mit  seinen  Begleitern  gefangen  genommen. 
Als  Ma9dla  befahl,  ihnen  die  Köpfe  abzuschlagen,  entgegnete  Hamd: 
Ein  Mann  wie  ich  wird  nicht  getödtet.  —  Warum  nicht?  fragte  Ma^äla. 
—  Weil  du  nur  durch  mich  gegen  Sa*id  etwas  erreichen  kannst.  Er 
liess  ihn  am  Leben,  behielt  ihn  in  seiner  Nähe  und  wurde  so  vertraut 
mit  ihm,  dass  er  ihm  ein  Corps  übergab,  womit  er  unvermuthet  von 
einer  schlecht  bewachten  Seite  in  das  Lager  Sa'id's  eindrang,  dessen 
Truppen  sich  zur  Flucht  wandten.  Da  Sa'id  die  Unmöglichkeit  sah 
Widerstand  zu  leisten,  schickte  er  eiligst  nach  der  Stadt  Naktir  und 
befahl,  seine  Angehörigen,  namentlich  seine  drei  Söhne  ^älih,  Idris  und 
Mu'ta^im,  nebst  den  Kostbarkeiten  aus  dem  Schlosse  auf  eine  Insel  im 
Hafen  zu  bringen,  während  er  selbst  kämpfte,  bis  er  getödtet  wurde. 
Ma9äla  zog  Donnerstag  den  3.  Muharram  305  in  die  Stadt  ein,  gab  sie 
der  Plünderung  preis,  liess  die  Männer  umbringen,  die  Frauen  und 
Kinder  als  Gefangene  abführen  und  meldete  Obeidallah  diesen  Sieg,  in- 
dem er  zugleich  die  Köpfe  des  Sa'id  und  seiner  Begleiter  mitschickte, 
welche  in  Keirawdn  im  Triumphe  umhergetragen  wurden. 

Die  flüchtigen  Prinzen  setzten  nach  Spanien  über  und  blieben  unter 
dem  Schutze  des  Chalifen  el-Nd9ir  Abd  el-Rahman  in  Malaga  und  Pechina. 


1)  So  bei  Behrij  TAfriqae  pag.  95,  Journ.  Asiat.  Tome  XIII.  pag.  176,  wo- 
far  in  der  ganz  gleich  lautenden  Erzählang  bei  Ihn  ^Ads&ri  S.  182  Ahmed  ben 
el-*Abbäs  vorkommt. 


64  .  F.  WÜSTENFELD, 

Ma^ftla  verweilte  in  Nakür  sechs  Monate,  dann  setzte  er  einen  Officier 
aus  seinem  Gefolge  Namens  Dsalül  zum  Präfecten  ein  und  kehrte  nach 
Tdhart  zurück.  Bald  nachher  lehnten  sich  die  Soldaten  gegen  Dsalül 
auf  und  sobald  die  vertriebenen  Prinzen  dies  erfuhren,  beschlossen  sie, 
ihr  Reich  mit  Hälfe  der  ihnen  treu  gebliebenen  Berbern  wieder  zu  er- 
obern. Sie  kamen  überein,  in  drei  Schiffen  hinüberzufahren,  und  wer 
von  ihnen  zuerst  die  Africanische  Küste  erreichte,  solle  Regent  werden. 
Der  jüngste  Qdlih  kam  noch  in  derselben  Nacht,  wo  sie  zu  gleicher  Zeit 
abgefahren  waren,  in  die  Bucht  von  Nakür  und  lief  am  anderen  Morgen 
in  den  Hafen  von  Wadil-Bacar  bei  Tamsämfln  ein  und  auf  die  Nachricht 
hiervon  strömten  die  Berbern  herbei,  erkannten  ihn  als  ihren  Herrscher 
an  und  nannten  ihn  wegen  seiner  Jugend  den  Waisenknaben.  Sie  zogen 
gegen  Dsalül,  nahmen  ihn  mit  seinem  Gefolge  gefangen  und  kreuzigten 
sie  sämmtlich  an  beiden  Ufern  des  Flusses  von  Nakür. 

Während  der  Zeit  hatte  Ma9^a  in  die  ihm  verliehenen  westlichen 
Provinzen  einen  Feldzug  unternommen,  sich  der  Hauptstädte  Fds  und 
Si'gilmdsa  bemächtigt  und  Jahjd  ben  Idris  gezwungen,  die  Oberhoheit 
Obeidallahs  anzuerkennen.  In  Fds  setzte  er  Jahjd  gegen  Bezahlung 
eines  Tributes  wieder  als  Regenten  ein  und  Sigilm&sa  theilte  er  dem 
Gebiete  seines  Vetters  Müsd  ben  Abul-Afia  zu,  welcher  als  Häuptling 
der  Mikndsa  in  Tasül  seinen  Wohnsitz  hatte;  dann  trat  Ma9dla  den 
Rückweg  nach  Keirawdn  an. 

Obeidallah  hatte  fortwährend  Verbindungen  mit  der  unzufriedenen 
Partei  in  Ägypten  unterhalten,  wiewohl  der  dortige  Statthalter  Dsukd 
mit  aller  Strenge  verfuhr  und  die  Verdächtigen  ausweisen  oder  ins  Ge- 
fängniss  werfen  oder  umbringen  liess,  bis  im  J.  306  ein  zweiter  Zug 
dahin  unternommen  wurde.  Abul-Cdsim  hatte  ein  grosses  Herr  von 
Kitdma  und  anderen  Berberischen  und  Arabischen  Stämmen  gesammelt 
und  brach  damit  am  Dienstag  den  1.  Dsul-Ca'da  auf;  in  seiner  B^lei- 
tung  befanden  sich  unter  anderen  Chalfl  ben  Ishdk,  der  Secretär  Abu 
Gdnim  und  Mannallah  ben  Hasan  ben  Abu  Chinztr,  welcher  bis  dahin 
Präfect  von  Keirawdn  gewesen  und  jetzt  durch  den  bisherigen  Statt- 
halter von  Sicilien  Abu  Sa'td  Müsd  ben  Ahmed  el-Dheif  ersetzt  war. 


GESCHICHTE  DER  FATIMIDEN  CHALIFEN.  55 

Nachdem  Abul-Cftsim  über  Barca  bis  an  die  Gränze  bei  Lübia  und 
Makdria  gekommen  war,  schickte  er  den  vorzugsweise  aus  Berberischen 
Reitern  vom  Stamme  Kitllma  bestehenden  Vortrab  unter  Suleimän  ben 
Kdfi  nach  Alexandria  voraus.  Die  Einwohner  wurden  in  völliger  Sorg- 
losigkeit überrascht  und  flüchteten  zu  Wasser  und  zu  Lande  nach  Syrien, 
ein  grosser  Theil  derselben  kam  aber  unterwegs  um.  Abul-Cäsim  rückte 
mit  der  Hauptarmee  nach  und  hielt  am  8.  Cafar  307  seinen  Einzug  in 
die  Stadt,  welche  der  Plünderung  preisgegeben  wurde,  und  setzte  seinen 
Vater  von  der  erfolgten  Einnahme  in  Kenntniss.  Hierauf  ging  Suleim&n 
ben  Kdfi  bis  Fajjüm  vor,  welches  mit  dem  Schwerdt  erobert  und  eben- 
falls geplündert  wurde ;  die  Kinder  wurden  zu  Gefangenen  gemacht  und 
die  Zehntabgaben  eingefordert.  Von  der  Africanischen  Armee  folgte  ein 
Theil  dem  anderen  nach,  Abul-Cäsim  erhielt  unzähligen  Zuzug  und  ver- 
legte sein  Hauptquartier  von  Alexandria  nach  Fajjdm,  nachdem  der 
Ort  Tarnüt  an  der  Hauptstrasse  zerstört  war;  im  Ra'gab  wurde  auch  el- 
Uschmunein  besetzt.  Hier  lagen  die  Früchte  auf  den  Tennen,  ohne 
schon  au%espeichert  zu  sein;  die  Soldaten  nahmen  davon,  was  sie  ge- 
brauchten, aber  die  Vergeudung  hatte  bald  einen  allgemeinen  Mangel 
und  Theuerung  zur  Folge,  wozu  sich  noch  sowohl  unter  den  Einwohnern, 
als  auch  in  der  Armee  verschiedene  Krankheiten  gesellten,  namentlich 
die  Pest,  welche  diese  wahrscheinlich  von  Africa  einschleppte,  wo  sie 
in  diesem  Jahre  sehr  heftig  auftrat. 

Unterdess  hatte  sich  Dsukd  gerüstet,  um  sich  dem  Feinde  entgegen 
zu  stellen,  aber  es  kostete  grosse  Mühe  die  widerstrebenden  Truppen 
zum  Ausmarsch  zu  bewegen;  sie  bezogen  erst  bei  Giza  ein  Lager,  der 
Steuerverwalter  Husein  vertheilte  Geschenke  unter  sie,  um  sie  zufrieden 
zu  stellen,  dann  wurden  die  Vorbereitungen  zu  einem  Kampfe  mit  allem 
Eifer  betrieben,  auch  eine  Verschanzung  um  das  Lager  angeworfen,  um 
gegen  einen  Überfall  sicher  zu  sein.  Da  erkrankte  Dsukd  und  starb  in 
Giza  Mittwoch  Morgens  den  U.  Rabf  I.  307. 

Während  der  Zeit  hatte  der  Chalif  in  Bagdad  ein  neues  Heer  aus- 
rüsten lassen,  welches  er  unter  der  Anführung  der  Emire  Ibrdhim  ben 
Keigalag   und  Mahmdd   ben  Hamal  zur  Hülfe  nach  Ägypten   schickte. 


56  F.  WUSTENFELD, 

und  es  traf  noch  im  Rabf  I.  dort  ein,  als  Dsukd  eben  gestorben  war. 
An  seine  Stelle  aber  sandte  der  Chalif  den  früheren  Statthalter  Takln 
wieder  dahin ,  welcher  am  2 1 .  Scha'bän  ankam ,  die  Ausrüstung  eifrig 
fortsetzte  und  eine  zweite  Verschanzung  um  das  Lager  aufwerfen  liess. 
In  Alexandria  hatte  die  Auswanderung  immer  mehr  zugenommen,  viele 
hatten  sich  besonders  nach  Dsukd's  Tode  nach  Culzum  und  Hi'gdz  be- 
geben, indess  kehrten  nach  Takin's  Ankunft  manche  wieder  zurück. 

Aus  Africa  war  eine  Flotte  von  80  SchiflFen  Abul-Cdsim  zur  Hälfe 
gesandt  und  hatte  bei  Alexandria  die  Anker  geworfen,  sie  wurde  von 
dem  Eunuchen  Suleimdn  und  Ja'cüb  el-Kitdmf  befehligt,  welche  sich  be- 
reits durch  Tapferkeit  und  regen  Eifer  ausgezeichnet  hatten.  Der  Chalif 
liess  desshalb  auch  eine  Flotte  von  Tarsus  aus  den  Syrischen  Häfen 
unter  Abul-Jumn  und  Thamil  nach  Ägypten  segeln;  sie  bestand  freilich 
nur  aus  25  SchifiPen,  war  aber  mit  Naphtha  und  anderem  Kriegsmaterial 
wohl  versehen.  Bei  Raschid  (Eosette)  wurde  Sonntag  den  18.  Sohawwäl 
eine  grosse  Seeschlacht  geliefert,  in  welcher  die  Schiffe  des  Chalifen  den 
Sieg  erfochten ;  der  grösste  Theil  der  feindlichen  Flotte  wurde  verbrannt, 
die  Mannschaft  getödtet  oder  zu  Gefangenen  gemacht.  Die  letzteren, 
grösstentheils   vom  Stamme  Kitftma,    wurden   nach  Fustdt   gebracht  und 

• 

im  Triumphe  durch  die  Stadt  gefQhrt,  darunter  befanden  sich  die  beiden 
Anführer  Suleimdn,  der  im  Geföngnisse  zu  Fustdt  starb,  und  Ja'cüb,  der 
nach  Bagdad  geschleppt  von  dort  entkam  und  nach  Africa  zurückkehrte. 
Die  Magribiner  hatten  wegen  der  erschlaffenden  und  verheerenden 
Krankheiten  längere  Zeit  fast  ganz  unthätig  in  Fajjdm  zugebracht,  selbst 
Abul-Cfisim  war  schwer  erkrankt  und  mehrere  der  ersten  Corpsfahrer, 
unter  ihnen  Däwüd  ben  Chubdsa,  waren  gestorben.  Endlich  in  dem- 
selben Monate  Schawwdl  setzten  sie  sich  in  Bewegung  gegen  Fustdt; 
Takin  erwartete  sie  in  seinem  verschanzten  Lager  und  es  kam  hier  zu 
einem  heftigen  Kampfe,  aus  welchem  Takfn  als  Sieger  hervorging.  In- 
dess brachte  ihm  dieser  Sieg  weiter  keinen  erheblichen  Vortheil,  die 
Magribiner  wandten  sich  nach  Ober -Ägypten  und  er  kehrte  nach 
Fustdt  zurück  und  blieb  hier,  bis  im  Muharram  308  Münis  mit  3000 
Mann  frischer  Truppen  aus  'Irdk  eintraf.     Es  währte  jedoch  noch  längere 


GESCHICHTE  DER  FATIMIDEN  CHALIFEN.  57 

Zeit,  ehe  Takin  zum  Angriff  überging  und  Ibrdhira  ben  Keigalag  mit 
einem  Corps  nach  eMJschmunein  schickte;  da  dieser  aber  am  1.  Dsul- 
Ca'da  in  el-Bahnesd  starb,  so  hatte  auch  dieser  Zug  weiter  keine  Folgen. 
Die  Magribiner  hatten  sich  in  Fajjüm ,  Uschmunein  und  mehreren 
anderen  Städten  festgesetzt,  und  Takin  war  ihnen  nicht  gewachsen,  um 
sie  angreifen  zu  können,  bis  im  Dsul-Hi'gga  ein  zweites  Hülfscorps  aus 
'Irak  unter  Anführung  des  Eunuchen  Ginnf  eintraf,  welches  gleich  nach 
Giza  weiter  marschirte,  und  nun  ging  die  ganze  Armee  zum  Angriflf  vor, 
lieferte  den  Magribinern  bei  Fajjüm  und  Alexandria  mehrere  Schlachten 
und  Gefechte*),  bis  Abul-Cäsim  sich  wieder  ganz  nach  Barca  zurückzog 
und  Sonnabend  den  1.  Ra'gab  309  nach  einer  Abwesenheit  von  zwei 
Jahren  und  acht  Monaten  in  el-Mahdia  eintraf,  wohin  Obeidallah  am  8. 
Scha'bdn  308  schleunig  mit  seiner  Familie  übergesiedelt  war,  weil  in 
Keirawdn  und  Raccdda  durch  unaufhörlichen  Regen  die  Wohnungen 
grossen  Schaden  gelitten  hatten.  Die  erst  im  J.  263  von  dem  Aglabiten 
Ibrdhim  erbaute  Residenz  Raccdda  wurde  nun  von  den  Einwohnern  ver- 
lassen und  verfiel  sehr  bald  gänzlich  in  Ruinen. 

Gleichzeitig  mit  der  Expedition  nach  Ägypten  hatte  Obeidallah 
eine  andere  nach  Westen  unternehmen  lassen,  indem  Ma9dla  mit  einer 
Armee  im  J.  308  wieder  nach  Nakür  gesandt  wurde.  ^*dlih  ben  Satd 
kam  ihm  von  dort  entgegen  und  verschanzte  sich  bei  dem  Berge  Abul- 
Husein,  konnte  es  aber  nicht  verhindern,  dass  Ma9dla  sich  der  Stadt 
bemächtigte.  Dieser  setzte  dann  nach  einiger  Zeit  seinen  Marsch  weiter 
fort  nach  Fds,  um  Jabjd  ben  Idris  wieder  zu  unterwerfen,  welcher  den 
Tribut  verweigert  und  gegen  Müsä  ben  Abul-Afia  Feindseligkeiten  be- 
gonnen   hatte,    um   ihn   dafür  zu  züchtigen,    dass  er  Ma9dia  gegen  ihn 


1)  In  einer  Schlacht  sollen  50000  Magribiner  geblieben  sein   und  davon  das 
Schlachtfeld  im  Districte  von  'Giza  den  Namen  ardh  d-chamstn  das  Land  der  Fünfzig 

(Tausend)  erhalten  haben.  In  dem  Ortsverzeichnisse  des  Ibn  Mammäfi  ist  ^^_¥-»j^ 
vocalisirt,  was  el-chnmsin  oder  el-chumsein  lauten  nnd  „die  FünfteP^  oder  „zwei 
Fünftel"  bedeuten  würde  nnd  sich  anf  die  Äcker  oder  die  Abgaben  davon  beziehen 
könnte. 

Histor.-phOolog.  Glosse.    XXVL  3^  H 


58  F.  WÜSTENFELD, 

• 

unterstützt  hatte.  Nachdem  zuerst  die  befestigte  Residenz  el-Zeitün  ein- 
genommen war,  wurde  nach  einer  Gegenwehr  von  einigen  Tagen  auch 
Fäs  erobert  und  Jahjd  gefangen  genommen,  er  musste  gegen  die  Aus- 
lieferung aller  seiner  Schätze  seine  Freiheit  erkaufen,  wurde  dann  ver- 
trieben*) und  die  Verwaltung  von  Fds  dem  Kitämier  Eihän  übertragen. 
Von  hier  wandte  sich  Ma9äla  im  Jahre  309  nach  Si'gilmäsa,  eroberte  und 
plünderte  die  Stadt  im  Muharram,  tödtete  den  Fürsten  Ahmed  ben 
Midrdr  und  setzte  einen  von  dessen  Verwandten,  el-Mu'tazz  ben  M uham- 
med  Ibn  Midrdr,  zum  Regenten  ein,  welchem  nach  seinem  Tode  im 
J.  321   sein  Sohn  Muhammed  folgte. 

Als  Mafdla  von  diesem  Zuge  im  Scha'bftn  310  nach  el-Mahdia  zu- 
rückkehrte, schickte  ihn  Obeidallah  einige  Tage  nachher  wieder  nach 
Tdhart.  Er  unterwarf  von  hier  aus  die  Zandta  und  machte  viele  zu 
Gefangenen,  als  er  aber  dann  ein  Reitercorps,  in  welchem  sich  die  besten 
seiner  Leute  befanden,  in  das  Gebiet  des  Häuptlings  Ibn  Chazar  ent- 
sandte und  nur  wenige  Truppen  bei  sich  behielt,  wurde  dies  Ibn  Chazar 
hinterbracht,  er  wich  dem  ihm  entgegen  geschickten  Corps  aus  und 
ging  dann  direct  auf  Ma^dla  los,  es  entspann  siöh  zwischen  ihnen  ein 
harter  Kampf,  in  welchem  Ma9dla  fiel  und  seine  Armee  Freitag  den  19. 
Scha'bdn  312  in  die  Flucht  geschlagen  wurde. 


Wie  streng  die  Befolgung  der  Schf itischen  Lehren  und  Vorschriften 
gehalten  wurde,  zeigte  sich  bei  vielen  Gelegenheiten.  Im  J.  307  wurde 
'Abdüs,  der  Gebetausrufer  an  der  Moschee  Ibn  'Ajjäsch  in  Keirawän, 
ein  frommer  Mann,  der  sich  mit  Getreidemahlen  und  Mattenflechten 
sein  Brod  erwarb,  angeklagt  und  durch  das  Zeugniss  einiger  Anhänger 
des  Orientalismus  für  überführt  erklärt,  dass  er  beim  Ausruf  die  Worte 
»,herbei  zum  besten  Werke!*'  weglasse;  nachdem  er  gegeisselt  und  ihm 
die   Zunge    ausgeschnitten    war,    wurde    er    getödtet.    —  Besonders    der 


1)  Nach   der  Reihenfolge   der  Ereignisse  Ende  308   oder  Anfang   309,   nicht 
307,  wie  Bekri,  TAfrique,  pag.  155  sagt. 


GESCHICHTE  DER  FATIMIDEN  CHALIFEN.  59 

Fräfect.YOD  Keirawdn  Abu  Sa'id  Müsd  verfuhr  mit  rücksichtsloser  Strenge 
auch  aus  persönlicher  Rachsucht.  Der  Arzt  Zijdd  ben  Chalfün,  welcher 
schon  den  Aglabiten  Fürsten  gedient  hatte,  war  als  ein  gelehrter  und 
einsichtiger  Mann  auch  von  Obeidallah  zu  Rathe  gezogen  und  er  hatte 
ihn  gern  in  seiner  Nähe.  Da  er  wusste.  dass  er  mit  Abu  Sa'id  auf 
gespanntem  Fusse  stand,  warnte  er  ihn  und  rieth  ihm,  niemals  Keirawdn 
zu  betreten,  wenn  Abu  Sa'id  dort  sei.  Zijäd  richtete  sich  danach,  bis 
er  einmal  doch  in  Keirawdn  übernachtete,  während  Abu  Sa'id  in  Raccdda 
war;  dieser  wurde  sogleich  durch  seine  Spione  davon  benachrichtigt« 
schickte  einen  Helfershelfer  in  seine  Wohnung  und  liess  ihn  dort  um* 
bringen  im  J.  308.  —  Ein  anderes  Opfer  seiner  Privatrache  wurde  in 
demselben  Jahre  'All  ben  Muhammed  ben  Abdallah  el-Teimf  aus  der 
Nachkommenschaft  des  Chalifen  Abu  Bekr.  Diesen  hatte  Abu  Sa'id 
Müsd  im  Verdacht,  dass  er  an  Obeidallah  ein  Schreiben  gerichtet  habe, 
worin  er  ihn  beschuldigte,  er  wolle  mit  den  Einwohnern  von  Keirawdn 
einen  Aufstand  gegen  ihn  anstiften.  Obeidallah  verurtheilte  ihn,  er 
wurde  ins  Geföngniss  geworfen  und  dann  erdrosselt. 

Um  seinen  Lehren  weitere  Verbreitung  zu  verschaffen ,  hatte  Obeid- 
allah im  J.  309  den  Munib  ben  Suleimdn  el-Mikndsl  nach  der  Umgegend 
von  Tdhart  geschickt,  wo  er  den  Orientalismus  predigte;  er  begab  sich 
auch  in  seine  Heimath  am  Berge  Wdnscharis,  indess  die  Schändung 
ihrer  Frauen  und  noch  Verhöhnung  dazu  wollten  sich  die  Berbern  nicht 
gefallen  lassen,  sie  tödteten  mehrere  seiner  Begleiter  und  machten  sich 
dadurch  frei.  —  Dagegen  hatten  die  communistischen,  atheistischen  und 
cynischen  Grundsätze  in  Keirawdn,  Bdga  und  Tunis  Eingang  gefunden, 
Weibergemeinschaft  fand  offen  statt,  man  ass  Schweinefleisch  und  trank 
Wein  selbst  in  dem  Fastenmonate  Ramadhdn  öffentlich,  Hohen  und 
Niedern  war  dies  bekannt,  selbst  Abul-Cdsim  musste,  als  er  in  Fajjdm 
war,  Schmähreden  darüber  höhren  und  es  wurde  viel  darüber  gesprochen. 
Hierdurch  sah  sich  Obeidallah  endlich  genöthigt  dagegen  einzuschreiten, 
er  schrieb  an  die  Statthalter  der  genannten  Orte,  die  Compromittirten 
festzunehmen  und  gefesselt  zu  ihm  zu  bringen,  es  wurden  gegen  200 
Personen  ins  Gefängniss  gebracht,  von  denen  die  meisten  darin  starben. 

H2 


60  F.  WÜSTENFFLD, 

Es  waren  lauter  in  Africa  bekannte  Leute,  wie  der  Sklavenhändler 
Ahmed  el-Balawf.  welcher  das  Amt  des  Vorbetens  versah  und,  solange 
Obeidallah  in  Raccdda  wohnte,  sich  beim  Gebete  dahin  nach  Westen 
gewandt  hatte,  und  nachdem  er  nach  el-Mahdia  gezogen  war,  sich  dahin 
nach  Osten  wandte.  Er  pflegte  zu  sagen:  ,,ich  gehöre  nicht  zu  denen, 
welche  ein  Wesen  anbeten,  das  man  nicht  sieht**;  er  stellte  sogar 
Obeidallah  zur  Rede;  „steige  auf  gen  Himmel,  wie  lange  willst  du  noch 
auf  der  Erde  bleiben  und  in  den  Strassen  umhergehen?*'  Den  Ein- 
wohnern von  Keirawdn  redete  er  vor.  dass  Obeidallah  alle  ihre  geheimen 
Gedanken  und  Absichten  kenne;  eines  Tages,  als  er  eben  dies  sagte, 
näherte  sich  ihm  ein  Mann,  ergriff  ihn  beim  Ohre  und  rief  hinein: 
„Obeidallah,  von  dem  du  sprichst,  ist  ein  liederlicher  Mensch,  der  Sohn 
einer  liederlichen  Dirne,  wenn  er  gewusst  hat,  dass  ich  dir  dies  sagen 
würde,  so  hätte  er  dem  zuvorkommen  sollen.**  Da  schrie  jener  laut 
auf  und  sprach:  ,, Du  Elender,  er  weiss  es  sehr  wohl,  aber  er  beeilt  sich 
nicht**.  —  Ein  anderer  Namens  Ibrdhim  ben  Gdzl  in  Ca^r  el-Tüb  in 
der  Nähe  von  Susa,  welcher  zur  Zeit  der  Aglabiten  ein  so  frommer  und 
eifriger  Muslim  gewesen  war,  dass  ihn  die  Einwohner  von  Susa  zum 
Vorbeter  beim  Freitags-Gottesdienst  wählen  wollten,  hatte  jetzt  nach  der 
neuen  Lehre  das  Fasten  im  Ramadhän  nicht  gehalten,  sondern  öffentlich 
gegessen  und  sich  andere  schwere  Sünden  zu  Schulden  kommen  lassen. 
—  Mehrere  Bewohner  von  Keirawän  erschienen  mit  ihren  Frauen  und 
Kindern  vor  dem  Prinzen  Abul-Cäsim,  beklagten  sich  vertraulich  über 
die  Ungerechtigkeit  des  Abu  Sa'id  und  seiner  Wachen  und  schilderten 
ihre  Verworfenheit  und  ihre  Eingriffe  in  ihre  Eigen thumsrechte;  Abul- 
Cdsim  verschaffte  ihnen  eine  Audienz  bei  seinem  Vater  und  sie  wieder- 
holten hier  in  Gegenwart  des  Abu  Sa'id  dieselben  Klagen,  worauf 
Obeidallah  heilig  versicherte,  dass  er  von  ihrer  Bedrückung  nichts  ge- 
wusst habe,  und  er  entliess  sie  mit  dem  Versprechen,  Abhülfe  zu  schaf- 
fen. Dann  befahl  er  dem  Abu  Sa'id,  seinen  Secretär  und  die  Mann- 
schaft seiner  Wache  zu  ihm  zu  schicken,  er  Hess  letztere  ins  Geföngniss 
stecken  und  gab  dem  Secretär  den  Abschied. 

Gleichwohl  verfolgte  Obeidallah   seinen  Plan   weiter.     Den  Rechts- 


GESCHICHTE  DER  FATIMIDEN  CHALIFEN.  61 

gelehrten  Abu  'Ali  Hasan  ben  Mufarra'g ,  den  frommen  Muhammed  el- 
Schadsüni  und  andere,  welche  bei  ihm  angeklagt  waren,  dass  sie  einigen 
Begleitern  des  Propheten  vor  'Alf  den  Vorrang  gäben,  liess  er  hinrichten. 
—  Der  nächste  Weg,  um  von  Keirawdn  die  Pilgerreise  nach  Mekka  zu 
machen,  ging  weit  an  el-Mahdia  vorbei,  Obeidallah  befahl  aber,  dass  die 
Pilger  über  el-Mahdia  reisen  und  niemand  daran  vorbeigehen  solle,  um 
hier  erst  eine  bestimmte  Abgabe  zu  bezahlen.  Die  Einwohner  von 
Keirawdn  hatten  ein  altes  Sprüchwort,  um  das  Unternehmen  einer 
widerwärtigen  Sache  zu  bezeichnen:  ,,Wenn  du  die  Pilgerreise  machen 
willst,  so  nimm  den  Weg  über  Banddn**;  dies  war  ein  Dorf  auf  dem 
Wege  nach  der  Halbinsel  Hamma,  auf  welcher  el-Mahdia  erbaut  wurde; 
als  nun  Obeidallah  jenen  Befehl  erliess,  wurde  das  alte  Sprüchwort  zur 
Wahrheit. 

Im  J.  310  liess  Obeidallah  in  der  Moschee  von  Keirawdn  ein 
Schreiben  verlesen  über  eine  Schlacht,  welche  zwischen  Faldh  ben  Camun 
und  den  Ägyptischen  Truppen  bei  Dsdt  el-Humdra  zwischen  Barca  und 
Alexandria  stattgefunden  haben  sollte.  —  Um  dieselbe  Zeit  hatte  er 
einen  seiner  Generäle,  Abu  Ma'lAm  Fahlün  el-Kitdmf  nach  dem  Berge 
Aurds  geschickt,  welcher  die  Leute  über  die  Maasse  bedrückte  und  sie 
zwang,  ihr  Viehfutter  nach  el-Mahdia  zu  bringen.  Sie  gaben  sich  den 
Anschein,  als  ob  sie  ihm  gehorchen  wollten,  und  fingen  an,  seinem  Be- 
fehle nachzukommen,  aber  in  einer  Nacht  überfielen  sie  ihn  und  die 
Soldaten  von  Kitäma,  welche  er  bei  sich  hatte,  und  machten  sie  sämmt- 
lich  nieder.  —  Auf  der  anderen  Seite  lehnte  sich  der  Stamm  der  NafAsa 
auf;  sie  wählten  Abu  Batta  zu  ihrem  Anführer,  um  welchen  sich  eine 
grosse  Schaar  sammelte,  die  sehr  bedrohlich  wurde.  Obeidallah  liess 
den  'All  ben  Abu  Salmdn  mit  einem  zahlreichen  Corps  gegen  sie  mar- 
schiren,  doch  als  er  in  ihre  Nähe  kam,  griffen  sie  ihn  an  und  tödteten 
viele  von  seinen  Leuten,  die  übrigen  ergriffen  die  Flucht  und  trennten 
sich  von  'AU.  Dieser  begab  sich  nach  Tripolis  und  berichtete  darüber 
an  Obeidallah,  welcher  nun  seinem  Verwalter  in  Cdbis  den  Befehl  gab, 
alle  Flüchtlinge,  welche  in  jener  Gegend  vorüberkämen,  zu  tödten,  und 
dieses  Urtheil  wurde  an  vielen  von  ihnen  vollzogen.     Dem  'AU  schickte 


62  F.  WÜSTENFELD, 

er  ein  frisches  Corps,    womit  er   die  Nafdsa  in  ihrer  Festung  scharf  be- 
lagerte, bis  er  sie  nach   mehreren  Gefechten  Dienstag  den  17.  Scha'bdn 

311  einnahm  und  zerstörte;    die  Männer  wurden  niedergemacht  und  die 
Kinder  gefangen  weggeführt. 

Vorher,  Sonnabend  den  19.  Gumddä  II.  311,  war  Ishdk  ben  Abul- 
Minhäl  seines  Postens  als  Cadhi  von  Keirawän  enthoben,  nicht  wegen 
eines  Vergehens,  wie  ihn  Obeidallah  wissen  liess,  sondern  weil  er  zu 
milde  und  nachsichtig  sei;  an  seine  Stelle  kam  Muhammed  ben  'Imräo 
el-Nafti,  welcher  bisher  Cadhi  von  Tripolis  gewesen  war,  wo  er  durch 
Bestechungen  und  Erpressungen  grosse  Summen  zusammengebracht  hatte, 
die  er  jetzt  Obeidallah  überreichte,  wodurch  er  sich  bei  ihm  in  hohe  Gunst 
setzte.  Indess  starb  er  schon  im  Rabf  I.  312,  nachdem  er  sich  auch 
hier  für  seine  Urtheilssprüche  hatte  bestechen  und  sich  vielerlei  Unge- 
rechtigkeiten hatte  zu  Schulden  kommen  lassen.  Nun  berief  Obeid- 
allah den  Ishdk  ben  Abul-Minhdl  wieder  und  schrieb  in  sein  Anstellungs- 
decret:  Wegen  deiner  Milde  und  Nachsicht  hatten  wir  dich  entlassen 
und  wegen  deines  Glaubens  und  deiner  Treue  setzen  wir  dich  wie- 
der ein. 

Der  Rechtsgelehrte  Muhammed  ben  el-'Abbds  el-Hudseli  wurde  in 
der  Moschee  nackend  ausgepeitscht  und  so  mit  Ohrfeigen  tractirt,  dass 
ihm  das  Blut  am  Kopfe  herunterfloss ,  dann  wurde  als  Grund  hiervon 
öffentlich  auf  den  Marktplätzen  von  Keirawfin  bekannt  gemacht,  dass 
Anhänger  des  Orientalismus  bezeugt  hätten,  er  habe  auf  den  Fürsten 
geschimpft  und  nach  der  Lehre  des  Mdlik  Recht  gesprochen.  —  Masrür 
ben  Suleimdn  ben  Kdfi  war  in  die  Oasen  eingedrungen,  wo  mitten  in 
der  Sandwüste  zwei  Burgen  lagen,  welche  unter  einem  Präfecten  des 
Beherrschers  von  Ägypten  standen;  diesen  vertrieb  Masrür,  nahm  seine 
Kinder  und  einen  Sohn  seines  Bruders  gefangen  und  bemächtigte  sich 
des  Ortes ;  dann  brach  die  Pest  unter  seinen  Leuten  aus,  er  zerstörte  die 
beiden  Burgen,  nahm  die  Früchte  mit  sich  und  kehrte  nach  Barca  zu- 
rück.     Dies   wurde   als   Siegesbotschaft   Donnerstag  den   22.    Muharram 

312  in  Keirawdn  öffentlich  bekannt  gemacht. 


GESCHICHTE  DER  FATIMIDEN  CHALIFEN.  63 

Muhammed  ben  Chazar  war  in  Folge  der  Niederlage,  welche  er 
Ma9dla  beigebracht  hatte,  bis  Tähart  vorgedrungen  and  bedrohte  die 
Stadt,  wurde  aber  zurückgeschlagen  und  Obeidallah  schickte  den  Miäsi 
ben  Muhammed  el-Kitdml  mit  mehreren  Corpsführem  zu  seiner  Ver- 
folgung nach.  Als  diese  nach  Tubna  kamen,  zog  sich  Ihn  Chazar  in 
die  Wüste  zurück  und  überliess  die  Führung  seines  Hauptcorps  seinem 
Bruder  Abdallah,  welcher  in  den  Pässen  des  Gebirges  Matmdta  den 
Feind  erwartete,  und  hier  kam  es  zu  einer  grossen  Schlacht,  in  welcher 
die  Truppen  des  Ibn  Chazar  einen  vollständigen  Sieg  errangen.  Durch 
diesen  Erfolg  kam  ganz  Magrib  in  Bewegung,  vergebens  schickte  Obeid- 
allah ein  Corps  unter  Ishdk  ben  Chalifa  zur  Hülfe,  die  Lamdja  und  die 
angränzenden  Stämme  erhoben  sich,  setzten  sich  mit  Ibn  Chazar  in  Ver- 
bindung und  baten  ihn  um  Unterstützung,  er  sandte  ihnen  seinen  Bru- 
der Abdallah  als  Anführer,  welcher  den  Schfiten  mehrere  Schlachten 
lieferte.  Endlich  entschloss  sich  Obeidallah  seinen  Sohn  Abul*Cdsim 
mit  einer  neuen  Armee  zu  entsenden.  Er  brach  Donnerstag  den  10. 
9afar  315  von  el-Mahdia  auf,  nahm  seinen  Weg  über  Keirawdn  und 
lagerte  bei  el-Urbus  mehrere  Tage,  um  die  Truppen  um  sich  zu  sammeln ; 
dann  marschirte  er  über  Bdgdja  nach  Kitfima  und  gelangte  an  einen 
Berg,  wo  ihm  die  Banu  Barzdl  und  Leute  vom  Stamme  Makldta  den 
Weg  verlegten;  er  griff  sie  an,  bis  er  sie  zurückdrängte  und  wandte 
sich  nach  Madgara,  dann  nach  Sük  Ibrdhlm.  In  dieser  Gegend  blieb 
er  über  einen  Monat,  weil  ein  strenger  Winter  eintrat  und  in  den  grund- 
losen Wegen  die  Pferde  nicht  von  der  Stelle  konnten.  Ein  Mann  aus 
der  Umgebung  des  Obeidallah  erzählt:  Ich  befand  mich  mit  mehreren 
von  seiner  Dienerschaft  und  seiner  Umgebung  bei  ihm ,  es  waren  lange 
keine  Nachrichten  von  Abul-Cdsim  angekommen,  so  dass  er  sich  um 
ihn  Sorge  machte,  da  wurde  von  ihm  ein  Schreiben  an  seinen  Vater  ge- 
bracht, grade  als  wir  zugegen  waren,  und  als  er  es  geöffnet  und  gelesen 
hatte,  fing  er  an  zu  weinen.  Wir  fürchteten,  dass  etwas  Schlimmes  vor- 
gefallen sei  und  wollten  auch  anfangen  zu  weinen,  da  hub  er  an  zu 
reden  und  sprach:  o  Gott!  du  weist,  dass  ich  nur  desshalb  gewünscht 
habe,  dass  er  nach  Magrib  auszöge,  um  dir  wohlgefällig  zu  sein,  deiner 


64  F.  WÜSTENFELD, 

Religion  zum  Siege  zu  verhelfen  und  deine  Feinde  zu  unterwerfen ;  es 
wird  mir  nicht  leicht,  nur  einen  Tag  von  ihm  getrennt  zu  sein  *).  Dann 
wandte  er  sich  zu  uns  und  sprach:  Euer  Gebieter  schreibt  in  seinem 
Briefe,  dass  er  auf  ein  und  demselben  Lagerplatze  einen  vollen  Monat 
gelegen  habe ,  jeden  Tag  mit  Regen  vom  Morgen  bis  Abend ,  dass  er 
viele  Strecken  habe  zu  Fuss  machen  müssen,  weil  das  Reiten  wegen  der 
beschwerlichen  Wege  nicht  möglich  war,  und  dass  er  manchen  Tag  nur 
ein  Ei  oder  etwas  Ahnliches  genossen  habe,  weil  die  ganze  Armee  grosse 
Noth  litt. 

Erst  mit  dem  Beginn  des  neuen  Jahres  konnte  Abul-Cdsim  den 
Marsch  gegen  die  feindlichen  Stämme  fortsetzen  und  am  16.  Muharram 
B16  erschien  er  auf  der  mit  Steinen  bedeckten  Ebene  vor  der  Festung 
Agzar  und  fing  an,  sie  zu  belagern.  Die  Mauer  wurde  berannt,  bis  sie 
einstürzte  und  darunter  eine  grosse  Menge  der  Vertheidiger,  welche  dar- 
auf und  daneben  gestanden  hatten,  begraben  wurde.  Als  die  Belagerten 
sahen,  dass  sie  unterliegen  würden,  verbrannten  sie  ihre  Geräthe,  schnitten 
den  Pferden  und  Rindern  die  Fusssehnen  durch  und  kämpften  dann,  bis 
sie  getödtet  wurden,  nur  wenige  ergaben  sich  als  Gefangene;  die  Festung 
wurde  ausgeplündert  und  die  Hawwdra  und  Lamdja  erklärten  die  Schfi- 
tische  Lehre  annehmen  zu  wollen,  worauf  Abul-C&sim  sie  begnadigte. 
Er  zog  hierauf  nach  der  Gegend  von  Tdhart,  blieb  dort  etwa  einen 
Monat  und  rückte  dann  weiter  vor  nach  Tdmagilt,  wo  er  zwei  Monate 
verweilte,  um  Ibn  Chazar  zu  erwarten,  welcher  sich  damals  in  Wdhrän 
(Oran)  aufhielt.  Plötzlich  bog  Abul-Cdsim  nach  Tubna  ab  und  kehrte 
nach  el-Mahdia  zurück,  ohne  mit  Ibn  Chazar  zusammengetrofiPen  zu  sein. 
Als  Grund  hiervon  wird  angegeben ,  dass  sein  Sohn  Cdsim  ihn  benach- 
richtigt habe,  die  Leute  redeten  davon,  Obeidallah  wolle  seinem  Sohne 
Abu  'Alf  Ahmed  als  seinem  Nachfolger  huldigen  lassen,  dieser  habe 
schon  am  Feste  der  beendigten  Fasten  des  Ramadhfin  und  am  Opferfeste 
den   10.  Dsul-Hi'g'ga  das  öffentliche  Gebet  gehalten,    (was  sonst  nur  von 


1)  Merkwürdige  Äusserungen  eines  Gottesläugners ,   den  das  Mitleid  und  die 
Besorgniss  am  einen  geliebten  Sohn  übermannt  hat. 


GESCHICHTE  DER  FATIMIDEN  CH ALIPEN.  65 

dem  Herrscher   geschieht,)    und   dies  beunruhigte   ihn    so   sehr,    dass    er 
nach  el-Mahdia  eilte. 

Auf  diesem  Feldzuge*)  gründete  Abul-Cäsim  eine  neue  Stadt, 
welche  er  nach  seinem  angenommenen  Namen  Muhammed  el-Muham- 
media  nannte.  Das  Gebiet  gehörte  den  Banu  Barzdl  und  Banu  Kamldn, 
die  letzteren  Hess  er  von  dort  auswandern  und  verpflanzte  sie  in  die 
Umgegend  von  Keirawdn,  weil  er  von  ihnen  nichts  Gutes  erwartete  und 
sie  desshalb  unter  Aufsicht  in  seiner  Nähe  haben  wollte,  was  sich  frei- 
lich später  als  sehr  nachtheilig  erwies,  da  sie  sich  an  den  Aufrührer 
Abu  Jazfd  anschlössen.  Zum  Ersatz  Hess  er  andere  Familien  nach 
Muhammedia  übersiedeln  und  befahl  dem  Statthalter,  stets  reichliche 
Vorräthe  für  die  Truppen  bereit  zu  halten,  so  dass  die  Magazine  dort 
immer  gefüllt  waren. 


1)  Ibn  'Ädsärt  pag.  196  und  223  und  BeJcri  pag.  59  setzen  die  Erbauung 
schon  in  das  J.  313,  wo  Abul-Cäsim  gar  nicht  in  jener  Gegend  gewesen  ist;  Jäcüt 
IV.  430,  Ibn  el'AtUr  VIII.  131  und  Abulfidä  pag.  139  geben  das  J.  315  an;  Ibn 
elrÄthir  und  Ibn  Chaldün  IL  527  bemerken ,  dass  die  Gründung  auf  der  Rückkehr 
von  dem  Feldzuge  stattgefunden  habe,  mithin  kann  sie  erst  in  das  J.  316  gesetzt 
werden.  Mit  der  Leitung  des  Baues  wurde  'Ali  ben  Hamdün  el-'Gudsämi  gen.  Ibn 
el-Andalüsi  beauftragt  und  auch,  als  sie  fertig  war,  dort  zum  Statthalter  der  Provinz 
el-Zäb  ernannt.  In  der  Folge  hiess  der  Ort  el-Masila.  Bei  Edrisi  kommt  der  Name 
Muhammedia  nicht  vor  und  er  sagt  S.  85,  dass  Mastla  unter  der  Regierung  des 
Idrts  ben  Abdallah  (gest.  im  J.  175)  erbaut  sei.  Man  könnte  nun  annehmen,  Abul- 
Cäsim  habe  den  Ort  Mastla  nur  erneuern,  in  der  von  ihm  umrittenen  Ausdehnung 
vergrössern  und  mit  einer  Mauer  umgeben  lassen,  und  dass  er  ihn  hierauf  Muham- 
media genannt  habe,  wenn  man  den  von  Abulfidä*s  Gewährsmännern  gebrauchten 
Ausdruck  OcX^I  „etwas  ganz  neues  machen'^  nicht  zu  streng  nehmen  wollte,  so  dass 
der  neue  Name  Muhammedia  nicht  recht  aufgekommen ,  sondern  der  ältere  Masila 
im  Gebrauch  geblieben  wäre.  Nur  darin  irrt  Edrisi  y  dass  er  den  Leiter  des  Baues 
Ibn  el-AndalÜ8i  in  die  Zeit  des  Idris  setzt,  da  *Ali  im  J.  334  in  einer  Schlacht 
blieb  und  sein  Sohn  Ga^far  ihm  als  Dynast  von  Zab  folgte  und  bis  zum  J.  360 
dort  blieb.  Ibn  Challikän  No.  136  stimmt  damit  überein,  nur  sagt  er,  Masila  sei 
von  'All  Ibn  el-Andalüsi  erbaut,  was  man  aber  auch  von  dem  Wiederaufbau  nach 
einer  Zerstörung  verstehen  kann;  auch  er  erwähnt  den  Namen  Muhammedia  nicht. 
Ihn  'Ädsdri  pag.  233  sagt:  Masila  nennen  die  Schiiten  Muhammedia. 
Histor.'philolog.  Glosse.  XXV L  3.  I 


66  F.  WÜSTENFELD, 

Um  diese  Zeit  traten  in  Africa  mehrere  neue  Sectenstifter  auf. 
Mit  Abu  Muhammed  Hdmim*)  ben  Mannallah  gen.  el-Muftiri  d.  i. 
,,der  Lügner*'  im  fernen  Westen  bei  TitdwAn  (Tetuan)  und  Tan'ga 
(Tanger)  kamen  die  Sehnten  nicht  in  Berührung,  desto  gefahrlicher  für 
sie  wurde  Abu  Jazld  Machlad  el-Zandti.  Sein  Vater  Keiddd*),  ein 
Kaufmann   in  Tauzar,    der  Hauptstadt  des  Gebietes  von  Castilia,    hatte 

■ 

eine  Frau   Namens  Sabika   vom    Stamme  Hawwftra,    mit   welcher   er   in 
Handelsgeschäften   nach  Sddftn  gereist  war,    und   hier  wurde  Abu  Jazid 
in  der  Stadt  Kdkü  geboren.     Nach   ihrer  Rückkehr  nach  Tauzar  wurde 
er  in  die  Schule  geschickt  und  lernte  den  Kordn»   gerieth  aber  dann  in 
die  Gesellschaft  der  Nakkarier,  einer  Secte  der  ^ufria,    an  deren  Spitze 
Abu  'Ammfir  Abd  el- Hamid  el-A'ma  stand,    nahm  ihre  Lehren   an  und 
begab    sich    darauf  nach   Tdhart,    wo   er   den   Kindern   Unterricht    gab. 
Hier  war  er  zu  der  Zeit ,    als  el-Schff  dorthin  kam ,    um  zur  Befreiung 
des  Obeidallah  nach  Si'gilmAsa  zu  marschiren ;  damals  verliess  Abu  Jazid 
Tähart,  wandte  sich  nach  Takjds,  einem  freundlichen  Städtchen  zwischen 
el-Hamma   und  Gafpa,   kaufte  sich    hier   eine  Besitzung   und   setzte  den 
Unterricht    der  Schulkinder   fort.     Er   hatte   sich  nun  ein   eigenes  com- 
munistisches  System  ausgebildet,    lehrte   die  Auflehnung  gegen  die  Re- 
gierung, Weiber-  und  Gütergemeinschaft,  Mord,  Verleitung  zum  Abfall 
von    dem    orthodoxen  Glauben,    schimpfte   auf  'AH    ben  Abu  Tdlib  und 
tadelte  die  Leute  wegen  vieler  ihrer  Handlungen,  besonders  wegen  ihrer 
Bereitwilligkeit   von  ihrem  Vermögen  Abgaben  «u  geben.     Sein  Anhang 
wurde  immer  grösser  und  im  J.  316  stachelte  er  das  Volk  auf,  den  Ver- 
walter von  Takjüs   umzubringen   und   dies  wurde  ausgeführt.     Nach  der 


1)  Der  Name  H'ämim  ist  ans  den  beiden  Buchstaben  A4  nnd  mtm  gebildet, 
welche  zn  Anfang  mehrerer  Sarea  des  Koran  stehen  und  einen  mystischen  Sinn 
haben  sollen.  Der  Berg  Qamtm  bei  Tetuan^  wo  Abn  Mohammed  wohnte,  hat  von 
ihm  den  Namen« 

2)  An  vielen  Stellen  findet  sich  die  Lesart  Eand&d,  z.  B.  Abülfedu,  Annal. 
T.  n.  pag.  430 ,  wo  der  Verfasser  selbst  in  dem  Pariser  Codex  6\0jS  KandÄds  vo- 
calisirt  hat. 


GESCHICHTE  DER  FATIMIDEN  CHALIFEN.  67 

Thai  gerieth  Abu  Jazid  doch  in  Angst  und  er  verliess  die  Stadt,  um  die 
Wallfahrt  zu  machen,  als  er  indess  nach  Tripolis  kam,  war  daselbst  von 
Obeidallah  ein  Schreiben  eingegangen,  die  durchziehenden  Berbern  an- 
zuhalten. Er  ergriff  desshalb  die  Flucht  mit  seinem  Lehrer  Abu'Ammftr, 
der  ihn  begleitet  hatte,  und  kehrte  nach  Takjüs  zurück.  Aber  auch 
hier  war  bereits  der  Befehl  zu  seiner  Verhaftung  eingetroffen  und  er 
musste  sich  längere  Zeit  verborgen  halten. 


Zu  der  Noth  und  dem  Elend,  in  welches  in  den  Jahren  316  und 
317  die  ganze  Nordküste  von  Africa  durch  eine  verheerende  Pest  und 
gleichzeitige  Theuerung  versetzt  wurde,  kamen  die  erneuerten  Aufstände, 
wodurch  mehrere  Provinzen  auf  längere  Zeit  für  Obeidallah  verloren 
gingen.  Bald  nach  dem  Abzüge  des  Abul-Casim  war  Muhammed  ben 
Chazar  wieder  vor  Tdhart  erschienen  und  hatte  sich  des  ganzen  Gebietes 
el-Zdb  bemächtigt.  Zu  gleicher  Zeit  erklärte  sich  Müsä  ben  Abul- Afia 
in  Fds  für  unabhängig  und  marschirte  gegen  Nakür,  eroberte  die  Stadt 
im  J.  317,  tödtete  den  Fürsten  el-Muajjid  ben  Abd  el-Badf ,  vertrieb 
die  anderen  Idrisiten  aus  ihren  Besitzungen,  ebenso  die  Besatzungen  und 

* 

Präfecten  des  Ihn  Chazar  und  machte  sich  zum  Herrn  des  ganzen  Landes 
von  T&hart  bis  el-Süs  el-ac(ä.  Obeidallah  war  damals  nicht  im  Stande 
ihm  einen  Widerstand  entgegen  zu  stellen,  und  selbst,  als  ohne  seine 
Erlaubniss  im  J.  318  sich  der  General  Humeid  ben  Ja9il^)  nach  Tdhart 
begeben  hatte,  um  für  ihn  thätig  zu  sein,  Hess  er  ihm  durch  dessen 
Vater,  den  dortigen  Statthalter  Ja9il  ben  Habds  befehlen,  unverzüglich 
wieder  zurückzukommen,  und  er  leistete  diesem  Befehle  augenblicklich 
Folge.  —  Noch  bedenklicher  wurde  die  Lage  für  Obeidallah,  als  im 
folgenden  Jahre  3 1 9  Müsd   sich   unter   den  Schutz  des  Abd   el-Rahman 


1)  Ibn'Adsart  pag.  202  J^^aj,  Behri  pag.  128  ^joaj  I9II,  Ihn  Chaldün  ^J^JX^a^ 
in  der  Übersetzung  Tome  I,  268  und  II,  528  Isliten,  was  auch  der  Name  eines 
Berberischen  Stammes  ist,  Bekri  pag.  94;  in  der  zweiten  Stelle  des  Ibn  Chaldün 
ist  jedenfalls  Ahmed  unrichtig  statt  Humeid. 

12 


68  F.  WÜSTENFELD, 

el-Ndfir,  Chalifen  von  Cordoba,  stellte,  der  sein  desfallsiges  Gesuch  sehr 
freundlich  aufnahm ,  ihn  mit  Geld  und  Waffen  zu  unterstützen  ver- 
sprach und  ein  damit  beladenes  Schiff  von  Spanien  abschickte/ welches 
in  dem  Hafen  von  Gurdwa  landete.  Dieser  Ladung  bemächtigte  sich 
indess  der  dortige  Herrscher  el-Hasan  ben  Abul- Aisch  und  weigerte  sich 
sie  wieder  herauszugeben,  als  Mdsd  sie  forderte,  ungeachtet  sein  eigener 
Cadhi  und  die  angesehenen  Einwohner  der  Stadt  ihm  desshalb  Vorstel- 
lungen machten.  Müsd  zog  desshalb  von  Nakür  gegen  ihn  aus,  kam 
zunächst  nach  ^d,  vertrieb  daraus  'Amir  ben  Abul-' Aisch,  den  Bruder 
des  Hasan,  während  er  die  Einwohner  in  Ruhe  liess,  und  wandte  sich 
dann  nach  Zugdwa,  wohin  ihm  Hasan  ben  Abul- Aisch  entgegen  ging. 
Als  dieser  aber  die  Menge  der  Feinde  sah,  kehrte  er  um,  ohne  einen 
Kampf  zu  wagen,  Mdsd  verbrannte  die  Umgegend  von  Gurdwa  und 
scbloss  die  Stadt  ein ;  dann  kam  es  zu  Unterhandlungen,  Ihn  Abul-'Aisch 
wünschte  Frieden  zu  machen  und  verstand  sich  zur  Herausgabe  des 
Weggenommenen,  worauf  der  Friede  geschlossen  wurde  und  Musa  in 
sein  Land  zurückkehrte. 

Bald  darauf  zog  er  nach  Auzakkdr  und  die  Einwohner  von  Kulu' 
Gdra  baten  Ibn  Abul- Aisch  gegen  ihn  um  Hülfe,  dieser  schickte  ihnen 
ein  Reitercorps,  welches  einen  Einfall  in  das  Gebiet  des  Mdsd  machte, 
ihm  viele  Camele  wegführte  und  die  Beute  mit  Ibn  Abul-'Aisch  theilte, 
und  in  Folge  dessen  fing  der  Krieg  zwischen  ihnen  aufs  neue  an.  Die 
Einwohner  von  Gurdwa  schrieben  an  Müsa,  luden  ihn  ein,  zu  ihnen  zu 
kommen,  und  stellten  sich  unter  seinen  Schutz;  dann  wandte  er  sich 
gegen  die  BanuMan^dr  und  forderte  sie  auf,  sich  ihm  zu  unterwerfen,  einige 
gehorchten,  die  übrigen  zwang  er  und  tödtete  viele  derselben.  Unter 
den  Gefangenen  befand  sich  die  Frau  des  Ibn  Abul- Aisch,  eine  Kure- 
schitin,  und  seine  Kinder,  auch  seine  Pferde  und  Waffen  fielen  in  seine 
Hände;  ihre  Stadt  verbrannte  er,  kehrte  dann  in  seinen  Wohnsitz  zu- 
rück und  schickte  die  Frau  unter  sicherer  Bedeckung  einiger  Einwohner 
von  Guwdra  ihrer  Familie  zu. 

Alle  diese  Vorgänge  beunruhigten  Obeidallah  so  sehr,  dass  er  an  die 
Stämme  von  Magrib  schrieb  und  sie  aufforderte,  sich  ihm  anzuschliessen. 


GESCHICHTE  DER  FATIMIDEN  CHALIFEN.  69 

xind  er  machte  sie  geneigt,  ihm  Hülfe  und  Beistand  zu  leisten.  Mehrere 
Häuptlinge,  deren  Treue  nicht  zuverlässig  war,  wurden  von  dem  Statt- 
halter von  T&hart,  Humeid  ben  Ja9il,  aberfallen  und  Donnerstag  den  2. 
Gumddä  II.  320  drei  Monate  lang  in  der  Burg  des  Abu  Hamlil  einge- 
schlossen, darunter  dieser  Abu  Hamlil  selbst,  Ddwüd  ben  Ma9dla  und 
Sin&n,  viele  ihrer  Anhänger  wurden  getödtet. 

Um  dieselbe  Zeit  hatte  Muhammed  ben  Chazar  an  Müsd  ben  Abul- 
'Afia  geschrieben  und  ihm  seine  Unterstützung  gegen  Ihn  Abul-  Aisch 
angeboten;  Mdsä  hatte  dies  Anerbieten  unwillig  zurückgewiesen,  da  er 
allein  ihm  gewachsen  zu  sein  glaubte  oder  weil  er  eine  verrätherische 
Absicht  dahinter  vermuthete,  und  zum  Dank  unternahm  er  in  aller 
Stille  einen  mehrtägigen  Marsch,  überraschte  ihn,  griff  ihn  an  und  schlug 
ihn  in  die  Flucht,  wobei  Ihn  Chazar  viele  seiner  Leute  verlor,  dann 
kehrte  Müsä  nach  Guräwa  zurück. 

Auf  die  Vorstellung  der  einflussreichsteu  Personen,  die  Idrisiten 
nicht  gänzlich  dem  Elende  und  Untergange  Preis  zu  geben,  hatte  ihnen 
Müsä  einen  einzigen  Ort,  die  Festung  Ha'gar  el-Nasr^),  als  Aufenthalts- 
ort gelassen,  jedoch  in  deren  Nähe  bei  Tdwint  ein  Observation scorps 
unter  Abu  Camh  aufgestellt,  um  den  Verkehr  mit  ihren  Anhängern  zu 
Verhindern;  sein  Sohn  Madjan  war  Befehlshaber  in  Fäs.  Dies  dauerte, 
bis  im  J.  321  Humeid  ben  Ja^il  in  Begleitung  des  Hamid  ben  Hamdün 
el-Hamadänl,  welcher  schon  früher  in  Fds  eine  Rolle  gespielt  hatte,  dort 
erschien;  Madjan  ergriff  die  Flucht  und  Hdmid  wurde  als  Statthalter 
eingesetzt.  Inzwischen  war  es  den  Idrisiten  doch  gelungen  ein  Heer 
zusammen  zu  bringen,  sie  überfielen  Abu  Camh,  schlugen  ihn  in  die 
Flucht  und  erbeuteten  fast  seine  ganze  Feldequipage.  Bei  Obeidallah's 
Tode  erhob  sich  Ahmed  ben  Bekr  ben  Abd  el-Rahraan  el-OudsSml  in 
Fäs,  bemächtigte  sich  der  Regierung,  tödtete  Hamid  und  seinen  Sohn 
und  schickte  ihre  Köpfe  an  Müsä  ben  Abul-'Afia,  welcher  sie  weiter 
nach  Cordoba  gelangen    liess      So   gingen    die  Erfolge   Humeid's   wieder 


1)  d.  i.  Adlerstein,   zwischen  Sabta    and   Fäs,    wahrscheinlich    einerlei   mit 
(ilachra  el-Nasr  d.  i.  Adlerfels,  S.  72  vorl.  Z. 


70  F.  WÜSTENFELD, 

verloren,  welcher  überdies,  da  er  den  Zug  ohne  Obeidallah's  Auftrag 
unternommen  hatte,  bei  seiner  Rückkehr  eingekerkert  war  und  als  er 
aus  dem  Gefängnisse  entkam ,  sein  Heil  in  der  Flucht  nach  Spanien 
suchte. 

Obeidallah  starb  Dienstag  den  14.  Babf  I.  322  in  dem  Alter  von 
62  bis  63  Jahren  nach  einer  Regierung  von  24  bis  25  Jahren;  er  hin- 
terliess  von  sechs  Frauen  sechs  Söhne  und  sieben  Töchter.  Die  Söhne 
waren :  Abul-Cdsim  Abd  el-Rahman ,  welcher  sich  selbst  den  Namen 
Muhammed  beilegte;  Abu  'Ali  Ahmed  gest.  in  Mi9r  Mitte  Dsul-Cada 
382;  Abu  Tdlib  Müsä  gest  daselbst  im  Dsul-Calda  363;  Abul-Husein 
'Isä  gest.  in  Raccäda  im  J.  382;  Abu  Abdallah  el-Husein  gest.  in  Magrib 
noch  unter  el-Cälm's  Regierung  und  Abu  Suleimän  Däwüd  gest  in 
Magrib  im  J.  341^).  —  Die  obersten  Richterstellen  bekleideten  Abu 
Ga'far  Muhammed  ben  'Ammftr  el-Marwarrüdsi ,  starb  nach  seiner  Ab- 
Setzung  im  J.  303;  Ishäk  ben  Abul-Minhdl,  welcher  nach  Sicilien  ver- 
setzt wurde;  Muhammed  ben  Mahfddh  el-Camüdl  gest.  im  Muharram 
307;  Muhammed  ben  Imrän  el-Naftl  gest.  im  J.  310,  und  Ishdk  ben 
Abul-Minhdl  zum  zweiten  Male.  Sein  Kammerherr  war  Ga'far  ben  'Alf, 
sein  Sonnenschirm  träger  Mas'üd  el-^aklabi,  darauf  Girs  el-Qaklabi 


IL     Abul-Cäsim  Muhammed  el-Cäim. 

Abul-Cdsim  Abd  el-Rahman,  mit  dem  angenommenen  *  Namen 
Muhammed,  war  von  seinem  Vatier  zum  Nachfolger  designirt  und  hatte 
schon  bei  dessen  Lebzeiten  die  Huldigung  empfangen,  Decrete  mit  seinem 
Namen  unterzeichnet  und  die  Ehre  genossen ,  dass  bei  AufzQgen  der 
Sonnenschirm  über  seinem  Kopfe  getragen  wurde,  und  noch  am  Todes- 
tage seines  Vaters   wurde   die  Huldigung  erneuert*),    wobei  er  sich  den 


1)  Es  wird  wohl  381  heissen  müssen,   weil  auch  hier  steht  „unter  eUCfiim's 
Regierung^S  wenn  dies  nicht  aus  der  Yorigen  Zeile  unrichtig  wiederholt  ist. 

2)  Diese  Angabe  yon  'Ganml  cd-Bin  und  Um  'Adsäri  S.  216  ist  wahrschein- 


GESCHICHTE  DER  FATIMIDEN  CHALIFEN.  71 

Beinamen  el-Cdim  biamrillahi  d.i.  der  Standhafte  in  der  Sache  Gottes, 
beilegte.     Während  Obeidallah   niemals   in  Person   einen  Feldzug  unter- 
nommen oder   eine  Schlacht  geschlagen    hatte,    war   sein  Sohn  schon  in 
jungen  Jahren  an  die  Kriegführung  gewöhnt,  und  wenn  auch  die  beiden 
Expeditionen  nach  Ägypten  nicht  den  gewünschten  Erfolg  gehabt  hatten, 
so   hatte   er   sich    doch   darin    bewährt    und  Erfahrungen  gesammelt,    so 
dass  er  in    der   Folge    mehrmals   die    Armeen    seines  Vaters   zum    Siege 
führte,  nachdem  andere  Führer  vergebens  darum  bemüht  gewesen  waren. 
Gleich    bei    seiner    Thronbesteigung    erhob    sich    gegen    ihn    Ibn 
TAI  dt  el-Cureschf  in  der  Gegend  von  Tripolis,    welcher   sich  für  einen 
Sohn   el-Mahdi's   ausgab;    er   sammelte   eine  grosse  Menge   von  Berbern 
am  sich,  die  ihm  Glauben  schenkten,  und  zog  mit  ihnen   nach  Tripolis. 
Hier  setzten  sich  ihm  die  Einwohner  zur  Wehre  und  tödteten  eine  An- 
zahl seiner  Anhänger,   und   als   die  Berbern   einsahen,    dass   er   sie   be- 
trogen habe,    tödteten    sie   ihn    selber   und   brachten  seinen  Kopf  zu  ei- 
Cdi'm.  —  Dieser  erliess  an  die  Präfecten  im  ganzen  Reiche  den  Befehl, 
Waffen  und  Kriegsgeräth  aller  Art  anfertigen  zu  lassen,  dann  sandte  er 
den  Eunuchen  Meisdr  mit  einer  grossen  Armee  wieder  nach  Magrib,  um 
Fds  und  Nakdr*)  zum  Gehorsam  zu  bringen.  —  In  F&s  hatte  Müsä  ben 
*Abul-'Afia   den  Ahmed   ben  Bekr  ben  Abu   Sahl   el-Oudsdml   zum   Re- 
genten  eingesetzt   und   dieser  kam  Meisdr   bei   seiner  Annäherung   ent- 
gegen,    um   sich   ihm  zu   unterwerfen,   indess  Meisdr  täuschte  seine  Er- 
wartungen ,    nahm   ihn   gefangen    und    schickte    ihn    nach  Mahdia.     Die 
Einwohner  von  FÄs  dachten  aber  nicht  daran,  sich  gutwillig  zu  ergeben, 
ernannten    vielmehr  den   Hasan    ben   Cdsim    el-Lawdtf  zu  ihrem   Ober- 
haupte und  Meisdr  führte   den  Krieg  sieben  Monate   lang,   ohne   etwas 
zu  erreichen.     Da  er  längere  Zeit  keine  Nachricht  nach  el-Mahdia  hatte 


licher  als  die  des  Ibn  d-Äthir  VIII,  212,  dass  er  den  Tod  seines  Vaters  ein  Jahr 
lang  verheimlicht  habe  ans  Furcht  vor  einem  Anfatande,  bis  er  sich  stark  genug 
fohlte,  um  selbständig  seine  Pläne  durchzuführen,  wie  es  bei  seinem  Tode  el-Man9Ür 
machte. 

1)  So  ist  unstreitig  bei  Ibn  d-Athir  VHI,  212  zu  lesen  anstatt  Takrür. 


72  F.  WÜSTENFELD, 

gelangen  lassen,  wurde  el-Cdl*ra  um  ihn  besorgt  und  schickte  ihm  ein 
Hülfscorps  unter  dem  Eunuchen  ^'andal  naöh,  welches  im  Gamddd  II. 
323  aufbrach,  (^andal  marschirte  aber  zunächst  auf  Nakür  zu,  welches 
der  Idrisit  Ismd'il  ben  Abd  el-Malik  nach  der  Zerstörung  im  J.  317 
wieder  aufgebaut,  bevölkert  und  zum  Sitz  seiner  Regierung  gemacht 
hatte.  Auf  dem  Wege  dahin  hielt  er  in  Gurdwa  bei  Hasan  ben  Abul- 
'Aisch  einen  Ruhetag  und  zog  dann  weiter  nach  Harrds,  von  wo  er  an 
Ismd'll  schrieb  und  ihn  aufforderte  zu  ihm  zu  kommen.  Ismd'fl  hatte 
Nakdr  schon  verlassen  und  sich  in  die  Festung  Akri  eingeschlossen  und 
versicherte  in  einem  Antwortschreiben  seinen  Gehorsam.  Damit  nicht 
zufrieden  Hess  ^andal  seine  Aufforderung  durch  Abgeordnete  wiederholen, 
welche  aber  von  Ismd'il  umgebracht  wurden.  Nun  rückte  ^ndal  gegen 
Akri  vor,  lagerte  in  der  Nähe  bei  Nasäft,  dem  Orte,  wo  Ma9dla  den 
Sa'id  ben  ^dlih  getödtet  hatte,  und  nach  achttägigen  Kämpfen,  in  deren 
letztem  Ismdil  und  die  meisten  seiner  Leute  fielen,  wurde  die  Festung 
an  einem  Freitage  im  Schawwdl  323  erobert  und  die  Frauen,  Verwandten 
und  zwei  Kinder  des  Ismä'il  zu  Gefangenen  gemacht.  Qandal  setzte 
einen  Kitämier  Namens  Marmäzü  als  Statthalter  von  Nakür  ein»  sobald 
er  aber  abgezogen  war,  kehrten  die  geflöchteten  Einwohner  in  die  Stadt 
zurück,  ernannten  Mdsd  ben  el-Mu'tajim  gen.  Ihn  Riimf  von  den  Banu 
l9liten  im  Gebirge  Abul-Hasan  zu  ihrem  Oberhaupt,  tödteten  Marmdzii 
mit  allen  seinen  Begleitern  und  schickten  den  Kopf  des  ersteren  nach 
Spanien  an  Abd  el-Rahman  el-Ndjir. 

^andal  hatte  sich  mit  Meisdr  vereinigt,  welcher  von  Fäs  herkam, 
sie  wandten  sich  der  Küste  zu,  wo  sie  durch  die  Idrisiten  Gebrüder 
Hasan,  Ibrdhlm  el-Ramünf  und  el-Cdsim  gen.  Kuniin,  Söhnen  des 
Muhammed  ben  el-Cdsim ,  mit  ihren  Truppen  unterstützt  wurden ,  und 
mit  ihrer  Hülfe  gelang  es,  Müsd  ben  Abul-'Afia  so  in  die  Enge  zu  trei- 
ben, dass  er  sich  in  die  Wüste  flüchten  musste,  nachdem  sein  Sohn  el- 
Büri  in  Gefangenschaft  gerathen  war.  Meisiir  übertrug  aus  Dankbarkeit 
an  Kunün  die  Regentschaft  unter  der  Bedingung  die  Oberhoheit  el- 
Cdlm's  anzuerkennen,  Kuniin  nahm  seinen  Sitz  in  ^achra  el-Nasr  und 
Meisür  kehrte  im  J.  324  nach  el-Mahdia  zurück. 


GESCHICHTE  DER  FATIMIDEN  CHALIFEN.  73 

Gleichzeitig  hatte  el-Cdlm  noch  im  J.  322  oder  323  eine  Flotte 
unter  dem  Befehle  des  Ja'ctlb  ben  Ishäk  aaslaufen  lassen,  welche  zu- 
nächst an  der  Küste  von  Frankreich  grosse  Verheerungen  anrichtete  und 
viele  Gefangene  machte,  hierauf  vor  Genua  erschien,  welches  nach  kurzer 
Blockade  erobert  wurde,  dann  segelte  sie  hinüber  nach  Sardinien  und  von 
hier  an  die  Küste  von  Calabrien,  zuletzt  nach  Carcana^),  überall  mordend 
und  plündernd  und  die  Schiffe  verbrennend,  und  kehrte  wohlbehalten 
wieder  zurück. 

Im  J.  323  machte  el-CÄlm  einen  dritten  Versuch  Ägypten  zu  er- 
obern. Er  schickte  dahin  eine  Armee  von  10000  Mann  unter  dem 
Eunuchen  Zeidün  in  Begleitung  von  'Amir  el-Ma'gniin  und  Abu  Zurära; 
in  Barca  schloss  sich  noch  ein  Theil  der  dortigen  Besatzung  an,  die  aus 
Kitdmiern  bestand.  Nachdem  sie  schon  in  Alexandria  eingerückt  waren, 
sandte  ihnen  der  Agjrptische  Statthalter  Muhammed  ben  Tug'g  seinen 
Bruder  Obeidallah  mit  15000  B^itern  entgegen,  welche  sie  wieder  aus 
der  Stadt  hinausdrängten  und  ihnen  38  Arabische  Meilen  von  dort  bei 
Dsdt  el-Humdm  eine  solche  Niederlage  beibrachten,  dass  sie  mit  Zurück- 
lassung vieler  Gefangenen  in  voller  Flucht  wieder  in  Barca  ankamen. 

Das  Gebirge  Auräs,  welches  einen  Theil  des  Atlas  bildet  und  sich 
7  oder  1 2  Tagereisen  lang  ausdehnt,  wurde  von  den  Stämmen  Hawwdra 
und  Miknäsa  bewohnt,  die  darin  zahlreiche  feste  Burgen  besassen  und 
sich  zu  der  Secte  der  Ibfidhier  bekannten;  dort  war  auch  der  Wohnsitz 
ihrer  Wahrsagerin.     Die  alte  Hauptstadt  el-Rummdnia  in  der  Nähe  von 


1)  Eine  kleine  Insel  in  dem  Golf  von  C&bis,  Safakis  gegenüber.  Jäcüt  geogpr. 
Wörterb.  IV,  66.  Edrtsi  S.  127.  Dieser  Name  liegt  in  den  Varianten  bei  Ibn  d- 
Athir  Vm,  232  i^e^^j^»  äa^^,  iUi^  viel  näher  als  X^jL^  Cä^rea  an  der  Syri- 
schen Küste,  wie  de  Slane,  bist,  des  Berb^res  11,  529  geändert  bat,  and  es  ist  nicht 
wahrscheinUch ,  dass  die  Flotte  sich  soweit  entfernt  habe.  Da  Cäsarea  die  Station 
eines  Theils  der  Syrischen  Flotte  war,  so  wäre  es  schon  der  Mühe  werth  gewesen, 
sie  dort  anfzusnchen  und  zu  vernichten,  indess  scheint  ein  solches  Unternehmen 
doch  zu  gewagt  und  die  unbehelligte  Ansführnng  ohne  eigene  Verluste  nicht  glaub* 
lieh;  ein  so  wichtiges  Ereigniss  würde  auch  von  anderen  Seiten  nicht  mit  Still* 
schweigen  übergangen  sein,  wir  wissen  aber  sonst  nichts  darüber. 
Histor.^hüolog.  Gasse.    XXVI.  3.  K 


74  F.  WÜSTENFELD, 

Masila  lag  damals  schon  lange  in  Trümmern  und  der  eine  Tagereise  von 
Mastla  entfernte  Ort  'Adsina^)  war  gerade  in  der  Zeit,  als  Meisür  sich 
auf  dem  Rückmärsche  befand,  von  dem  Statthalter  'Alf  ben  Hamdiln 
Ibn  el-Andalüsl  zerstört,  vermuthlich  weil  Abu  Jazid  dort  sein  Unwesen 
trieb,  da  er  besonders  unter  den  Ibddhiern  sich  einen  grossen  Anhang  ver- 
schafft hatte.  Er  wusste  die  Leute  über  seine  eigentliche  Absicht  und 
Meinung  zu  täuschen  und  redete  zu  ihnen,  als  wenn  er  der  rechtgläu- 
bigste Mann  sei,  der  sie  zu  der  wahren  Religion  führen  und  die  Lehren 
der  Sunna  gegen  die  Schfiten  vertheidigen  wolle.  el-CtIm  konnte  dies 
Treiben  nicht  ruhig  ansehen  und  sandte  nach  Castilia  den  Befehl,  Abu 
Jazid  festzunehmen,  welcher  sich  der  Ausführung  dadurch  entzog,  dass 
er  den  Schauplatz  seiner  Umtriebe  für  einige  Zeit  verliess  und  jetzt  eine 
Wallfahrt  nach  Mekka  unternahm.  Von  dort  im  J.  325  sehr  erschöpft 
zurückgekehrt,  dachte  er  sich  in  Tauzar  zu  erholen,  seine  Ankunft  wurde 
indess  durch  den  Präsidenten  Ibn  Furcdn  dem  Statthalter  angezeigt,  wel- 
cher ihn  ins  Gefängniss  bringen  liess.  Auf  die  Nachricht  hiervon  eilten 
die  angesehensten  Zanäta  unter  ihnen  sein  Lehrer  Abu  'Ammdr  herbei 
und  verlangten  seine  Freilassung,  und  um  Zeit  zu  gewinnen,  gab  ihnen 
der  Statthalter  die  Antwort,  dass  sie  erfolgen  würde,  sobald  sie  den  rück- 
ständigen Tribut  würden  bezahlt  haben.  Nun  sammelten  sie  sich  um 
Fadhl  und  Jazid,  zwei  Söhnen  Abu  Jazid's,  machten  einen  Angriff  auf 
das  Gefängniss,  tödteten  die  Wachen  und  setzten  Abu  Jazid  in  Freiheit. 
Er  begab  sich  in  das  Gebiet  der  Banu  WarkaUn,  blieb  dort  ein  Jahr 
lang  und  ging  dann  bei  den  verschiedenen  Stämmen  im  Gebirge  Aurds 
umher  um  sie  auf  seine  Seite  zu  ziehen,  wobei  Abu  'Amm&r  statt  seiner 
das  gegenseitige  Gelöbniss  gab  und  nahm,  dass  sie  gegen  die  Schfiten 
kämpfen  und  dafür  gleichen  Antheil  an  dem  erbeuteten  Vieh  und  den 
Gefangenen  haben,  und  nach  der  Eroberung  von  el-Mahdia  und  Keira- 
wän  die  Regierung  von   einem  Rath   der  Ältesten  geführt  werden  solle. 


1)  So  Bekri  TAfr.  pag.  144,  nicht  Masila  selbst/^'wie  Ibn  'Adsäri  pag.  222 
sagt,  welches  erst  im  J.  316  von  Ibn  el-Andalüsi  erbaut  und  ! seine  Residenz  war; 
vergl.  oben  S.  65. 


GESCHICHTE  DER  FATIMIDEN  CHALIFEN.  75 

So  war  das  Ende  des  J.  331  herbeigekommen  und  im  Anfange  des 
Jahres  332  war  Abu  Jazid  so  mächtig,  dass  er  es  mit  den  gegnerischen 
Armeen  aufnehmen  konnte,  er  schlug  sie  in  mehreren  Treffen,  zwang 
el-Cälm  sich  nach  el-Mahdia  zurückzuziehen  und  richtete  seinen  Marsch 
nach  Keirawän,  wo  er  im  Monat  ^afar  einzog.  Durch  sein  Wohlwollen 
gewann  er  das  Volk,  er  zeigte  seine  Rechtgläubigkeit  dadurch»  dass  er 
bei  der  Erwähnung  der  Namen  der  Cbalifen  Abu  Bekr  und  Omar  den 
gebräuchlichen  Segensspruch  folgen  Hess,  er  forderte  zum  heiligen  Kampfe 
gegen  die  Schfiten  auf  und  befahl,  nach  den  Lehren  des  Imam  Mdlik 
Recht  zu  sprechen.  Die  Rechtskundigen  und  Frommen  erschienen  auf 
den  Märkten,  wünschten  sich  Glück  und  sprachen  den  Segen  über  den 
Propheten  Muhammed,  seine  Begleiter  und  seine  Frauen  und  pflanzten 
zuletzt  ihre  Fahnen  vor  der  Moschee  auf.  Am  nächsten  Freitag  wurde 
ein  Festzug  zu  Pferde  nach  der  Moschee  veranstaltet  mit  Waffen,  Fahnen 
und  Trommeln;  es  befanden  sich  darunter  zwei  grüne  Fahnen  mit  In- 
schriften, auf  der  einen  stand  das  Bismillahi  und  Muhammed  ist  der 
Gesandte  Gottes ,  auf  der  anderen :  „Hülfe  von  Gott  und  der  Sieg  ist 
nahe  durch  den  Scheich  Abu  Jazid;  o  Gott!  hilf  deinem  Stellvertreter 
gegen  die  Schmähungen  seiner  Gegner/*  Andere  Fahnen  hatten  In- 
schriften von  Koran-Versen,  wie  Sure  9,  12.  14.  40.  Als  die  Leute  in 
der  Moschee  Platz  genommen  hatten,  bestieg  Abu  Jazid  die  Kanzel  und 
hielt  eine  begeisternde  Rede,  worin  er  zum  heiligen  Kampfe  aufforderte 
und  schilderte,  welche  Belohnungen  dafür  bevorständen,  und  sprach 
schliesslich  den  Fluch  aus  über  Obeidallah  und  seinen  Sohn  Abul-Cäsim. 
Dadurch  gewann  er  einen  bedeutenden  Zuwachs  für  seine  Armee,  so 
dass  er  weitere  Züge  unternehmen  konnte.  Da  er  indess  der  Haupt- 
macht el-CSl'm's,  welche  in  der  Nähe  von  Keirawdn  und  Raccdda  stand, 
sich  noch  nicht  gewachsen  fühlen  mochte,  wandte  er  sich  erst  wieder 
nach  Westen»  um  den  Zuzug  der  Berbern  von  dort  her  auf  seine  Seite 
zu  ziehen.  Seinen  bisherigen  Truppen  hatte  er  die  Weisung  gegeben, 
wenn  sie  unter  den  Gegnern  auf  Einwohner  von  Keirawän  stiessen,  ihnen 
auszuweichen  und  den  Kampf  mit  ihnen  seinen  jetzigen  Anhängern  von 

K2 


76  F.  WÜSTENFELD, 

dort  zu  aberlassen,  damit  diese  sich  gegenseitig  bekämpften  und  ihm  keine 
Vorwürfe  gemacht  werden  könnten. 

Sein  nächstes  Ziel  war  Bägdja;  den  Commandanten ,  welcher  ihm 
von  dort  entgegen  kam,  schlug  er  zurück,  konnte  aber  die  Stadt  selbst 
nicht  einnehmen;  er  gab  nach  einiger  Zeit  die  Belagerung  auf  und 
richtete  an  die  Stämme  von  Castilia  die  Aufforderung,  sich  ihrer  Haupt- 
stadt Tauzar  zu  bemächtigen.  Jedoch  auch  diese  Stadt  widerstand  im 
Anfange  des  J.  333  einer  Belagerung,  dagegen  eroberte  Abu  Jazid  Ta- 
bissa  und  Ma^anna,  deren  Mauern  er  zerstörte,  während  er  die  Ein- 
wohner begnadigte,  dann  zog  er  in  Marma'ganna  ein.  Hier  führte  ihm 
einer  der  Einwohner  als  Geschenk  einen  wohlgebauten  grauen  Esel  vor, 
welchen  Abu  Jazid  von  nun  an  beständig  zum  Reiten  benutzte,  woher 
er  den  Namen  Hammär  Eselreiter  bekam.  Abu  Jazid  war  von  kleiner, 
unansehnlicher  Gestalt  und  trug  eine  kurze  wollene  'Gübha  Joppe. 

Er  schlug  dann  die  Kitdma  in  die  Flucht,  entsandte  ein  Corps  nach 
Sabiba,  welches  erobert  und  dessen  Präfect  gekreuzigt  wurde,  er  selbst 
zog  nach  el-Urbus,  eroberte,  plünderte  und  verbrannte  die  Stadt  und 
liess  die  Einwohner,  die  sich  in  die  Moschee  geflüchtet  hatten,  hin- 
schlachten. Als  diese  Nachricht  nach  el-Mahdia  kam,  geriethen  die  Be- 
wohner in  grosse  Besorgniss,  sie  kamen  zu  el-Cdüim  und  stellten  ihm  vor» 
el-Urbus  sei  das  Thor  von  Africa,  bei  dessen  Einnahme  die  Herrschaft 
der  Aglabiten  ein  Ende  genommen  habe;  er  aber  erwiederte  gelassen 
nach  der  Vorhersagung  seines  Vaters:  Es  leidet  keinen  Zweifel,  dass 
Abu  Jazid  bis  an  den  Betplatz  hier  in  el-Mahdia  kommen  wird,  aber 
dort  wird  ihm  ein  Ziel  gesetzt  werden.  Indess  schickte  er  doch  seine 
Armee  hinaus,  um  das  Land  zu  beschützen,  ein  Corps  nach  Baccäda, 
ein  anderes  unter  Meisür  nach  Keirawän,  und  sammelte  neue  Truppen. 
Abu  Jazid  wagte  nicht  sie  anzugreifen  und  beschloss,  zuvor  die  übrigen 
Städte  von  Africa  zu  erobern  und  zu  zerstören;  sobald  er  aber  erfuhr, 
dass  das  neue  Corps  unter  dem  Eunuchen  Buschra  nach  Bä'ga  marschirt 
sei,  liess  er  400  Reiter  ihr  Gepäck  ablegen.  Überfiel  mit  ihnen  Buschrä, 
eroberte  dessen  Zelte,  und  schlug  ihn  in  die  Flucht,  so  dass  er  sich  nach 
Tunis  zurückzog,   wobei   eine   grosse  Anzahl   der  angesehensten  Kitäma 


GESCHICHTE  DER  FATIMIDEN  CHALIFEN.  77 

den  Tod  fand.  Abu  Jaztd  zog  in  Bäga  ein,  pländerte  es,  steckte  es  in 
Brand,  tödtete  die  Kinder  und  nahm  die  Frauen  gefangen;  er  schrieb 
an  die  umwohnenden  Stämme,  sich  ihm  anzuschliessen,  sie  kamen  auch 
herbei  und   er  liess  für   sie  Zelte,    Fahnen  und  Kriegsgeräth  anfertigen. 

In  Tunis  vertheilte  Buschrd  Geld  unter  die  Leute  und  zog  dadurch 
wieder  eine  grosse  Menge  heran,  welche  er  ausrüstete  und  gegen  Abu 
Jazid  aussandte;  dieser  wurde  in  die  Flucht  geschlagen,  indess  begnügten 
sich  Buschrä's  Truppen  damit.  Beute  zu  machen,  und  kehrten  nach 
Tunis  zurück.  Hier  brach  bald  nachher  ein  Aufstand  aus,  das  Haus 
des  Präfecten  wurde  geplündert,  er  selbst  vertrieben  und  Abu  Jazid  ein- 
geladen dorthin  zu  kommen;  er  that  dies,  ertheilte  eine  allgemeine 
Amnestie,  ernannte  einen  aus  ihrer  Mitte  Namens  Rahmün  zum  Prä- 
fecten und  begab  sich  dann  nach  Fah^  Abu  Qälih^),  Die  Leute  fürch- 
teten sich  vor  ihm,  viele  flüchteten  nach  Keirawfin,  manche  schlössen 
sich  ihm  aus  Furcht  an.  el-Cäim  befahl  jetzt  Buschrd,  ein  Corps  zum 
Eecognosciren  auszuschicken,  Abu  Jazfd  that  ein  Gleiches  und  ertheilte 
dem  Anführer  den  Befehl ,  auf  seinem  Wege  Niemand  zu  schonen ,  um 
alle  in  Schrecken  zu  setzen;  beim  Zusammenstoss  in  der  Nähe  von 
Harakla  18  Meilen  von  Susa  wurden  Abu  Jazid's  Truppen  geschlagen 
und  verloren  4000  Todte  und  500  Gefangene,  welche  in  Fesseln  nach 
el-Mahdia  geschleppt  und  dort  hingerichtet  wurden. 

Über  diese  Niederlage  war  Abu  Jazfd  sehr  aufgebracht,  er  sammelte 
alle  seine  Streitkräfte,  zog  damit  den  Kitäma  entgegen,  schlug  sie  bei 
Harfria  in  die  Flucht  und  die  Berbern  verfolgten  sie  bis  Raccdda;  er 
lagerte  dann  mit  100000  Reitern  auf  der  Westseite  von  Keirawdn  und 
stand  am  anderen  Morgen  östlich  von  Raccdda.  Indess  der  Statthalter 
Chalfl  ben  Ishäk  bekümmerte  sich  gar  nicht  um  ihn,  obgleich  die  Leute 
zu  ihm  kamen  und  ihm  die  Annäherung  des  Feindes  meldeten,  vielmehr 
verbot  er  zum  Kampfe  hinauszugehen,   er  wollte   die  Ankunft  Meisür's 


1)  So  Ihn  elrAtUr  Vm,  317 ;  bei  Keirawäni  pag.  98  steht  daför  Fahg  Abu 
Tälib,  lieu  encore  connu  de  nos  jours  et  qui  se  trowve  pres  de  Zarauan.  Dies  Zaga- 
wän  ist  das  Gebirge  zwischen  Tanis  and  Eeirawan. 


78  F.  WÜSTENFFLD, 

mit  seiner  Armee  abwarten.  Abu  Jazid  dagegen  Hess  eine  Abtheilung 
seiner  Truppen  an  die  Stadt  heranrücken,  um  die  Einwohner  zu  engagi- 
ren ,  es  entspann  sich  ein  grosser  Kampf,  in  welchem  die  Belagerten 
mit  grossen  Verlusten  zurückgeschlagen  wurden.  Auf  wiederholte  drin- 
gende Vorstellungen  sah  sich  Chalil  endlich  genöthigt,  gegen  seinen 
Willen  aus  den  Thoren  von  Keirawdn  hinauszugehen,  als  aber  der  Feind 
sich  näherte,  zog  er  sich  wieder  zurück  und  schloss  sich  in  seine  Woh- 
nung ein,  um  Meisürs  Ankunft  zu  erwarten;  einige  Berbern  waren  zu- 
gleich in  die  Stadt  eingedrungen,  wo  ein  Strassenkampf  stattfand.  Um 
diese  Zeit  hatte  Abu  Jazfd  noch  ein  Corps  unter  Ajjüb  el-Zuweill  nach 
Keirawdn  abgeschickt,  welches  am  letzten  ^afar  sich  vollends  der  Stadt 
bemächtigte,  plünderte  und  mordete  und  auf  die  schrecklichste  Weise 
hauste.  Chalil  wurde  in  seiner  Wohnung  belagert,  ergab  sich  zuletzt 
mit  seinen  Leuten  auf  Gnade  und  Ungade  und  wurde  zu  Abu  Jazid  ge- 
führt, welcher  ihn  umbringen  Hess.  Die  Ältesten  von  Keirawdn  begaben 
sich  zu  Abu  Jazid,  welcher  noch  in  Raccdda  war,  und  baten  um  Frieden ; 
er  suchte  sie  durch  Versprechungen  hinzuhalten,  während  seine  Soldaten 
das  Morden  und  Plündern  fortsetzten,  und  auf  die  wiederholte  Klage, 
dass  die  Stadt  zerstört  werde,  antwortete  er :  sind  nicht  auch  Mekka  und 
Jerusalem  zerstört?  Endlich  befahl  er  der  Verwüstung  Einhalt  zu  thun, 
jedoch  hörten  die  Berbern  nicht  auf,  bis  sich  die  Nachricht  verbreitete, 
dass  Meisür  mit  einem  grossen  Heere  im  Anzüge  sei,  worauf  sie  die 
Stadt  verliessen. 

el-Cdim  hatte  in  Erfahrung  gebracht,  dass  die  Banu  Kamldn,  die 
sich  bei  Meisür  befanden,  an  Abu  Jazid  geschrieben  hätten,  sie  wollten 
ihn  in  seine  Gewalt  bringen;  el-Cdi'm  benachrichtigte  Meisür  hiervon, 
ermahnte  ihn  zur  Vorsicht  und  rieth  ihm  die  Banu  Kamldn  zu  ent- 
lassen. Dies  geschah,  sie  gingen  zu  Abu  Jazid  über  und  sagten  ihm, 
wenn  er  sich  beeile,  werde  er  den  Sieg  davon  tragen.  Er  brach  sogleich 
auf,  bei  el-Achawdn  zwischen  Keirawdn  und  el-Mahdia  fand  am  Mitt- 
woch den  iO.Rabf  I.  ein  harter  Kampf  statt,  sein  linker  Flügel  wandte 
sich  schon  zur  Flucht,  da  machte  er  einen  Angriff  auf  Meisür,  dessen 
Umgebung   dadurch   ins  Weichen    kam,    und   indem  Meisür   sein  Pferd 


GESCHICHTE  DER  FATIMIDEN  CHALIPEN.  79 

herumwarf,  stürzte  es,  er  fiel  herunter,  seine  Soldaten  vertheidigten  ihn 
BQch,  da  eilten  die  Banu  KamlÄn  herbei  und  nach  einer  verzweifelten 
Gegenwehr  wurde  Meisür  getödtet,  worauf  seine  ganze  Armee  das  Weite 
suchte.  Sein  Kopf  wurde  zu  Abu  Jazid  gebracht  und  danach  durch  die 
Strassen  von  Keirawän   getragen  und  dieser  Sieg  im  ganzen  Lande  ver- 

kfindet. 

Durch  diese  Niederlage  wurde  nun  auch  el-Cälm  ffir  sich  und  die 
Seinigen  in  el-Mahdia  besorgt;  die  Leute  zogen  aus  den  Vorstädten  in 
die  innere  Stadt  hinein  und  suchten  Schutz  hinter  ihren  Mauern ;  el- 
Cdim  verbot  ihnen  dies  und  verhiess  ihnen  den  Sieg  und  sie  kehrten  nach 
Zuweila^)  zurfick.  Abu  Jazid  blieb  zwei  Monate  und  acht  Tage  in  dem 
Zelte  des  Meisür  und  sandte  von  hier  aus  Streifcorps  nach  allen  Seiten, 
welche  Beute  machten  und  dann  zurückkehrten.  Ein  solches  Corps  kam 
auch  nach  Susa,  die  Stadt  wurde  mit  dem  Schwerdt  erobert  und  in 
Asche  gelegt,  die  Männer  umgebracht,  die  Frauen  gefangen  weggeführt, 
man  schonte  selbst  das  Kind  im  Mutterleibe  nicht;  in  ganz  Africa  blieb 
kein  Haus,  kein  Dach  stehen,  die  Überlebenden  kamen  nackt  und  bar* 
fuss  nach  Keirawän,  und  die  der  Gefangenschaft  entgingen,  starben  vor 
Hunger  und  Durst.  Am  letzten  Rabi'  II.  333  Hess  el-Cdlm  noch  einen 
Graben  um  die  Vorstädte  von  el-Mahdia  ziehen  und  schrieb  an  Ziri  beu 
Mandd,  den  Fürsten  der  ^anhä'ga,  und  an  die  Oberhäupter  der  Kitdma 
und  anderer  Stämme  und  forderte  sie  auf  nach  el-Mahdia  zu  kommen 
zum  Kampfe  gegen  die  Gottesläugner ,  und  sie  rüsteten  sich  zu  die- 
sem Zuge. 

Sobald  Abu  Jazid  hiervon  Nachricht  erhielt,  rückte  er  näher  nach 
eUMahdia  vor,  lagerte  15  Meilen  davon  und  Hess  Streifcorps  bis  an  die 
Stadt  ausschwärmen ,  welche  alles  plünderten  und  tödteten ,  was  ihnen 
vorkam;  die  Leute  zogen  sich  in  die  Stadt  zurück  und  die  Besatzung 
der  Kitdma  beschloss  einen  Ausfall  zu  machen,  als  sie  erfuhren,  dass 
der  Feind  sich  auf  Raubzügen  zerstreut  habe,  und  dies  wurde  Donnerstag 


1)  In  diesem  Gregensatze  bedeutet   die  ianere  Stadt   die    befestigte  Residenz 
und  Zaweila  die  eigeatlicbe  Stadt  von  el-Mahdia. 


80  F.  WÜSTENFELD, 

d.  22.  Gumddä  I.  ausgeführt.  Bei  Abu  Jazid  traf  grade  sein  Sohn  Fadhl 
mit  einer  Armee  aus  Keirawän  ein,  er  schickte  ihn  sogleich  den  Kitäma 
entgegen  und  sie  stiessen  sechs  Meilen  von  el-Mahdia  auf  einander. 
Abu  Jazid  sammelte  die  Truppen,  die  er  noch  bei  sich  hatte,  eilte  ihm 
nach  und  fand  die  Seinen  schon  im  Rückzuge  begriffen ,  nachdem  sie 
viel  Mannschaft  verloren  hatten;  sobald  aber  die  Kitäma  ihn  gewahr 
wurden,  standen  sie  vom  Kampfe  ab  und  zogen  sich  zurück,  Abu  Jaztd 
folgte  ihnen,  am  Siegesthore  drängten  sich  die  Massen,  er  drang  mit 
einigen  Berbern  hinein  und  stand  dicht  vor  der  Residenz.  Er  kehrte 
indess  um,  bezog  bei  Tarnüt  sechs  Meilen  von  der  Stadt  ein  Lager  und 
erneuerte  erst  acht  Tage  später  im  Dumädä  II.  den  Angriff  auf  das  Sie- 
gesthor, drang  in  Zuweila  bis  an  das  Thor  Bekr  vor,  erstieg  den  neuen 
Wall  und  kämpfte  oben  auf  demselben  weiter;  von  hier  gelangte  er 
mit  einer  kleinen  Schaar  an  die  Seeseite  und  kam  durch  das  Wasser, 
welches  den  Pferden  bis  an  die  Brust  reichte,  der  neuen  Mauer  entlang» 
bis  auf  den  grossen  Betplatz,  welcher  von  dem  Schlosse  nur  einen 
Pfeilschuss  weit  entfernt  war. 

Seine  Soldaten  hatten  sich  unterdess  in  Zuweila  zerstreut,  wo  sie 
plünderten  und  mordeten,  ohne  zu  wissen,  wo  Abu  Jazid  sei;  besonders 
am  Siegesthore  warfen  sich  die  Kit&ma  den  Berbern  entgegen  und  rich- 
teten ein  grosses  Blutbad  unter  ihnen  an.  Abu  Jazid  hörte  aus  der 
Ferne  das  Getümmel  und  erfuhr  zugleich,  dass  Ziri  ben  Manäd  mit  den 
^anhäga  angekommen  sei  und  eilte,  um  ihnen  in  den  Rücken  zu  fallen, 
mitten  durch  die  Stadt  herbei,  so  dass,  als  die  Einwohner  seine  Trommeln 
hörten  und  seine  Fahnen  sahen,  glaubten,  el-Cdlm  selbst  komme  ihnen 
aus  dem  Schloss  zu  Hülfe,  sie  jubelten  ihm  entgegen,  fassten  wieder 
Muth  und  erneuerten  den  Kampf.  Abu  Jazid  stutzte,  er  wurde  erkannt, 
sie  wandten  sich  gegen  ihn  und  nur  dadurch,  dass  einige  seiner  Soldaten 
eine  Mauer  demolirten,  durch  die  er  ins  Freie  kam,  entging  er  dem  Tode 
und  erreichte  gegen  Abend  das  Lager.  Sein  Erscheinen  belebte  den 
Muth  der  Seinen  und  sie  drängten  ihre  Verfolger  zurück.  Indess  war 
er  und  seine  Armee  so  erschöpft,  dass  er  längere  Zeit  in  dem  Lager 
bei  Tamüt  blieb    und  dasselbe  mit  einem  Walle   umgeben  liess,    um 


GESCHICHTE  DER  PATIMIDEN  CHALIFEN.  81 

gegen  einen  Überfall  gesichert  zu  sein.  Hier  sammelte  sich  nun  wieder 
um  ihn  eine  grosse  Menge  aus  Tripolis,  Cdbis,  Nafdsa,  el-ZAb  und  dem 
fernen  Magrib,  er  schloss  die  Stadt  eng  ein  und  gestattete  Niemandem 
den  Ein-  und  Ausgang,  bis  er  am  22.  Gumddä  II.  einen  neuen  Angriff 
unternahm.  Er  kam  wieder  selbst  bis  nahe  an  das  Thor,  hier  erkannte 
ihn  einer  der  feindlichen  Soldaten,  ergriff  sein  Pferd  am  ZOgel  und  rief: 
dieser  ist  Abu  Jazid!  und  nur  dadurch,  dass  einer  von  seinen  Leuten 
hinzusprang  und  dem  anderen  die  Hand  abhieb,  wurde  Abu  Jaztd  ge- 
rettet. Da  er  einsah,  dass  er  gegen  el-Cfilm  nichts  ausrichten  könne, 
schrieb  er  an  seinen  Statthalter  von  Keirawdn  und  befahl  ihm.  alle  streit- 
bare Mannschaft  von  dort  zu  ihm  zu  schicken,  und  er  machte  dann  am 
letzten  Ra'gab  einen  neuen  Angriff,  der  ebenfalls  mit  grossen  Verlusten 
abgeschlagen  wurde,  und  ebenso  wenig  Erfolg  hatte  ein  vierter  Sturm, 
welcher  im  letzten  Zehnt  des  Schawwdl  unternommen  wurde. 

In  el-Mahdia  herrschte  indess  grosse  Noth.  Zwar  hatte  el-Cdlm 
die  Magazine  geöffnet  und  vertheilte  die  von  seinem  Vater  gesammelten 
Vorräthe,  aber  diese  Wohlthat  kam  nur  seinen  Soldaten  zu  Gute,  das 
Volk  litt  durch  Hunger  entsetzlich  und  ass  nicht  nur  Pferde,  sondern 
seine  eigenen  Todten.  Viele,  besonders  Marktleute  und  Händler  suchten 
die  Stadt  zu  verlassen,  allein  diese  Unglücklichen  fielen  den  Berbern  in 
die  Hände,  welche  ihnen  den  Leib  aufschnitten  in  der  Meinung,  darin 
verschlucktes  Gold  finden  zu  können. 

Ein  Corps  der  Kitäma,  welches  noch  im  Anzüge  war  und  bei  Con- 
stantine  lagerte,  machte  Abu  Jazid  etwas  besorgt,  er  schickte  ihnen  aber 
einen  seiner  Generäle  mit  einer  bedeutenden  Schaar  vom  Stamme  War- 
fa^g^^na  und  anderen  entgegen,  welcher  sie  in  die  Flucht  schlug,  so  dass 
sie  sich  zerstreuten.  Die  Berbern  kamen  noch  fortwährend  aus  allen 
Gegenden  zu  Abu  Jazid,  aber  sie  hatten  es  nur  auf  Morden  und  Plün- 
dern abgesehen,  dann  kehrten  sie  in  ihre  Wohnsitze  zurück,  und  als  es 
in  Africa  nichts  mehr  zu  plündern  gab,  blieben  sie  weg,  bis  er  nur  noch 
die  aus  Aurds  und  die  Banu  Kamldn  bei  sich  behielt. 

Dies  benutzte  el-Cdlm  um  einen  Ausfall  machen  zu  lassen,  und  am 
6.  Dsul-Ca'da  fand  ein  heftiger,  aber  unentschiedener  Kampf  statt,  und 
Histor.-phüdlog.  Glosse.  XXV L  3.  L 


82  F.  WÜSTENFELD, 

als  die  Belagerten  am  anderen  Morgen  wieder  hinauszogen,  kam  ihnen 
Niemand  entgegen.  Abu  Jazfd  musste  erst  seine  Truppen  herbeirufen, 
ehe  er  aus  seinem  verschanzten  Lager  hervorkam,  und  als  einer  seiner 
besten  Anführer  fiel,  zog  er  sich  wieder  hinter  den  Wall  zurück.  In- 
dess  erneuerte  er  nachher  den  Kampf,  es  erhob  sich  ein  heftiger  Wind, 
der  Staub  verfinsterte  die  Luft,  so  dass  man  einander  nicht  sehen  konnte, 
die  Truppen  el-C6Sm*8  wurden  mit  grossen  Verlusten  zurückgeschlagen 
und  die  Belagerung  stand  wieder  auf  dem  Punkte  wie  vorher,  und  aber- 
mals  flüchteten  viele  nach  Sicilien,  Tripolis,  Ägypten  und  Syrien.  Am 
letzten  Dsul-Ca'da,  als  Abu  Jazid  wieder  einige  Verstärkung  bekommen 
hatte«  rückte  er  wieder  gegen  die  Stadt  heran,  die  belagerten  Kitdmier 
wählten  200  Reiter  aus  ihrer  Mitte  aus  und  machten  einen  Ausfall  wie 
ein  Mann,  tödteten  viele  ihrer  Feinde  und  nahmen  eben  so  viele  ge- 
fangen; fast  wäre  Abu  Jazid  selbst  in  ihre  Hände  gefallen,  als  er  noch 
von  seinen  Soldaten  herausgehauen  und  gerettet  wurde.  In  der  Stadt 
verbreitete  sich  grosser  Jubel  und  man  führte  die  Gefangeneu  gebunden 
hinein. 

Im  Anfange  des  J.  334  trat  in  Africa  ein  Mann  auf,  welcher  die 
Leute  aufforderte  sich  ihm  anzuschliessen  und  seiner  Führung  zu  folgen; 
er  gab  sich  für  einen  *Abbasiden  von  Bagdad  aus  und  erschien  mit 
schwarzen  Fahnen.  Er  erhielt  auch  einigen  Anhang,  indess  genügte  eine 
Abtheilung  Soldaten,  welche  Abu  Jazid  ausschickte,  um  ihn  gefangen 
zu  nehmen,  er  wurde  zu  ihm  geführt  und  hingerichtet. 

Bedenklicher  für  Abu  Jazfd  war  es,  dass  ein  Theil  seiner  Truppen 
desertirte.  Sie  waren  bei  ihm  verläumdet,  es  war  zu  Reibungen  mit 
anderen  Truppen  gekommen ,  sie  verliessen  das  Lager  und  gingen  nach 
el-Mahdia  über.  Bei  dem  nächsten  Ausfalle  waren  sie  betheiligt,  Abu 
Jazid  erlitt  eine  Niederlage  und  dies  hatte  zur  Folge,  dass  auch  andere 
ihn  verliessen  und  nur  die  Hawwdra,  die  von  Aurds  und  die  Bana 
Kamldn  bei  ihm  blieben,  auf  die  er  sich  noch  verlassen  zu  können 
glaubte.  Aber  auch  diese  fielen  bald  nachher  von  ihm  ab ;  denn  die 
Anführer  beriethen  sich  unter  einander  und  stellten  dann  ihren  Mann- 
schaften vor.  sie  wollten  nach  Keirawän  gehen,  dort  die  Berbern  sammeln 


GESCHICHTE  DER  FATIMIDEN  CHALIFEN.  83 

und  wieder  zu  Jazid  zurückkehren,  da  sie  jetzt  bei  ihrer  geringen  Zahl 
nicht  sicher  wären,  von  el-Cäi'm  überfalle  zu  werden.  Der  grösste 
Theil  der  Reiterei  und  des  Fussvolkes  brach  also  auf,  ohne  Abu  Jazfd 
etwas  zu  sagen,  und  als  er  hinter  ihnen  her  schickte,  um  sie  zurück- 
zurufen, weigerten  sie  sich  ihm  zu  gehorchen.  Desshalb  zog  er  selbst 
mit  den  letzten  30  Mann  eiligst  ab,  indem  er  sein  Gepäck  zurückliess, 
und  kam  am  6.  Cafar  nach  Keirawän,  wo  er  auf  dem  grossen  Betplatze 
von  Niemandem  als  von  seinem  Präfecten  empfangen  wurde,  selbst  die 
Kinder  spotteten  über  ihn  und  lachten  ihn  aus. 

Nach  seinem  Abzüge  kamen  die  Leute  aus  el-Mahdia  und  fanden 
in  dem  Lager  ausser  dem  Gepäck  und  den  Zelten  auch  noch  bedeutende 
Mundvorräthe,  welche  ihnen  nach  der  schweren  Belagerung  vortrefflich 
zu  Statten  kamen,  und  el-Cä'im  schickte  in  die  nächsten  Orte  seine  Ver- 
walter, welche  die  des  Abu  Jazid  vertrieben. 

Als  die  Einwohner  von  Keirawdn  die  geringe  Anzahl  der  Truppen 
des  Abu  Jazid  sahen,  fürchteten  sie  sich  vor  el-Cälm  und  wollten  Abu 
Jazid  festnehmen  und  ausliefern,  es  fehlte  ihnen  indess  an  Muth  und  sie 
wandten  sich  schriftlich  an  el-Cdlm,  um  ihn  um  Gnade  zu  bitten,  er- 
hielten aber  keine  Antwort.  Dies  erfuhr  Abu  Jazid  und  machte  dem 
Präfecten  darüber  Vorwürfe,  sowie  Über  seine  schlechte  Verproviantirung 
und  anderes,  und  befahl  ihm,  die  Truppen  aus  Keirawän  hinaus  in  den 
Kampf  zu  führen.  Er  that  dies,  beruhigte  die  Leute  über  die  unwilligen 
Reden  Abu  Jazid's  und  setzte  sie  zugleich  in  Furcht  vor  el-Cälm, 
so  dass  sie  sich  zum  Auszuge  verstanden  und  sich  ihm  noch  viele  aus 
der  Umgegend  anschlössen.  Indess  die  sesshaften  Bewohner  der  Städte 
und  Dörfer  ergriffen  die  Verwalter  Abu  Jazid's,  tödteten  einige  derselben 
und  schickten  andere  nach  el-Mahdia.  Auch  die  Einwohner  von  Susa 
hatten  so  mehrere  aufgegriffen  und  zu  el-CaYm  gebracht,  welcher  ihnen 
dafür  dankte  und  ihnen  sieben  Schiffe  mit  Lebensmitteln  zusandte. 

Abu  Jazid  schickte  nun  seine  neu  gesammelten  Truppen  aus  mit 
dem  Befehl ,  überall  zu  morden ,  zu  plündern ,  zu  zerstören  und  zu  ver- 
brennen; sie  kamen  auch  nach  Tunis,  drangen  am  20.  Qafar  mit  dem 
Schwerdt  in  die  Stadt,    tödteten   die  Männer,   nahmen    die  Frauen  und 

L2 


84  F.  WÜSTENPELD, 

Kinder  gefangen  und  zerstörten  die  Moscheen;  viele,  die  sich  zur  See 
retten  wollten,  kamen  in  den  Wellen  um.  Die  Truppen,  welche  el- 
Gdlm  zur  Hälfe  dahin  schickte,  wurden  bei  Wddi  Mulidn  in  die  Flucht 
geschlagen,  die  Nacht  unterbrach  ihre  Verfolgung,  sie  retteten  sich  in 
das  Blei- Gebirge,  'Gabal  el-rofä^j  dann  nach  I^tafüra;  hier  wurden  sie 
Yon  dem  ihnen  nacheilenden  Feinde  eingeholt,  hielten  aber  jetzt  besser 
Stand  und  brachten  ihm  eine  solche  Niederlage  bei,  dass  sie  am  5. 
Babf  I.  in  Tunis  eindrangen  und  die  Soldaten  des  Abu  Jazid  hinaus- 
trieben; grosse  Vorräthe  an  Lebensmitteln  fielen  hier  in  ihre  Hände. 
Abu  Jazid  hatte  einen  Sohn  Namens  Ajjdb,  welcher  auf  die  Nachricht 
hiervon  mit  einer  grossen  Armee  herbeikam,  die  Vertriebenen  an  sich 
heranzog  und  damit  Tunis  wieder  eroberte  und  in  Asche  legte ;  dann 
wandte  er  sich  nach  Bd]^a,  welches  gleichfalls  verbrannt  wurde. 

In  dieser  Zeit  war  ein  Morden,  Gefangennehmen  und  Zerstören, 
das  jeder  Beschreibung  spottet.  Eine  Verschwörung  gegen  Abu  Jazid, 
welche  el-Cdlm  gebilligt  und  zu  unterätützen  versprochen  hatte,  wurde 
entdeckt  und  die  Betheiligten  hingerichtet.  Einige  Berbern  hatten  bei 
Nacht  einen  Einwohner  von  Keirawdn  überfallen  und  ihm  sein  Geld 
und  drei  erwachsene  Töchter  geraubt.  Am  anderen  Morgen,  als  die 
Leute  sich  zum  Gebet  versammelten,  stand  der  Mann  in  der  Moschee 
auf,  rief  laut  und  erzählte,  was  ihm  widerfahren  sei ;  ein  grosser  Haufen 
rottete  sich  zusammen,  begab  sich  zu  Abu  Jazid  und  liess  ihn  harte 
Worte  hören;  er  entschuldigte  sich  bei  ihnen,  beschwichtigte  sie  und 
befahl,  dem  Manne  seine  Töchter  wiederzugeben.  Auf  dem  Heimwege 
fanden  sie  einen  Ermordeten  und  nach  näherer  Erkundigung  erfuhren 
sie»  dass  Fadhl,  ein  anderer  Sohn  des  Abu  Jazid,  ihn  getödtet  und  seine 
schöne  Frau  geraubt  habe.  Sie  trugen  den  Ermordeten  in  die  Moschee 
und  riefen :  wir  gehorchen  keinem  anderen  mehr  als  el-^dlm.  Sie  wollten 
Abu  Jazid  überfallen,  doch  schützten  ihn  seine  Soldaten,  machten  ihm 
aber  Vorwürfe,  dass  er  selbst  seiner  Sache  schade,  zumal  da  el-Cdlm 
ganz  in  der  Nähe  sei.  Er  liess  desshalb  das  Volk  zusammenkommen, 
entschuldigte  sich  und  gab  die  Versicherung,  dass  das  Morden  und 
Plündern  aufhören   und  ihre  Frauen   in  Ruhe  gelassen   werden  sollten. 


GESCHICHTE  DER  FATIMn)EN  CHALIFEN.  85 

el-Cdlm  hatte  unterdess  seinen  Statthalter  'Ali  ben  Hamddn  auf- 
gefordert, ihn  mit  seinen  Truppen  aus  Masila,  Satif  und  der  Umgegend 
zu  unterstützen,  und  nachdem  sich  ihm  auch  einige  von  Harrds  ange- 
schlossen hatten,  brach  er  nach  el-Mahdia  auf.  Dies  erfuhr  Ajjüb  ben 
Abu  Jazid,  der  noch  in  Bä^a  war,  was  'Ali  nicht  wusste;  er  ging  ihm 
entgegen,  umzingelte  ihn,  schlug  ihn  in  die  Flucht  und  erbeutete  das 
Gepäck.  Ein  Reitercorps,  welches  Ajjdb  alsdann  einer  Abtheilung  von 
el-CAlm's  Armee,  die  gegen  Tunis  anrückte,  entgegensandte,  warf  diese 
zweimal  zurück,  unterlag  aber  bei  dem  dritten  Angriffe  und  musste  mit 
Zurücklassung  des  Gepäcks  nach  Keirawän  flüchten;  dies  geschah  im 
Rabf  I.  334.  Abu  Jaztd  hielt  durch  diesen  Schlag  seine  Lage  für  so 
bedenklich,  dass  er  Keirawdn  verlassen  wollte,  es  wurde  ihm  aber  zu- 
geredet zu  bleiben  und  sich  nicht  zu  übereilen;  er  sammelte  neue 
Truppen  und  sein  Sohn  Ajjdb  führte  sie  wieder  gegen  'Ali  ben  Hamddn. 
Bei  Balta  im  Gebiete  von  Bä]^a  wurde  mit  abwechselndem  Glücke  ge- 
kämpft; 'Ali  glaubte  die  Bewachung  des  Ortes  nur  sicheren  Wächtern 
anvertraut  zu  haben,  es  befand  sich  aber  darunter  ein  Verräther  Namens 
A^med,  welcher  gegen  eine  Belohnung  Ajjdb  die  Übergabe  anbot  und 
das  ihm  zur  Bewachung  angewiesene  Thor  den  Truppen  desselben 
öffnete,  so  dass  'Ali  sich  kaum  noch  mit  300  Reitern  und  400  Fuss- 
gängern  in  das  Gebiet  der  Kit&ma  rettete.  Er  erliess  hier  einen  Auf- 
ruf an  die  Kitdma,  Nafza,  Mazäta  und  andere  Stämme,  brachte  wieder 
ein  grosses  Heer  zusammen,  welches  er  nach  Constantine  führte,  während 
eine  Abtheilung  gegen  die  ihm  feindlichen  Hawwdra  marschirte,  sie 
schlug  und  ausplünderte.  Von  diesen  grade  hatte  Abu  Jazid  Verstär- 
kung und  Unterstützung  erwartet  und  musste  nun  selbst  grosse  Truppen- 
massen dorthin  schicken,  um  sich  'Ali  entgegen  zu  werfen;  ein  Corps 
folgte  dem  anderen,  es  fanden  viele  Schlachten  statt,  in  denen  'Ali  stets 
Sieger  blieb,  bis  er  Ti^s  und  Bdgdja  erobert  hatte.  Jetzt  machte  Abu 
Jazid  die  äussersten  Anstrengungen,  sammelte  noch  einmal  alle  seine 
Streitkräfte  und  begab  sich  am  6.  Gumddd  II.  selbst  nach  Susa,  wo 
das  Hauptheer  el-Cd¥m's  stand.  Er  fing  eine  strenge  Belagerung  an, 
täglich  wurde  gekämpft  mit   wechselndem  Erfolg,    er   Hess  Sturmdächer 


86  F.  WÜSTENFELD, 

und  Wurfraaschinen  aufrichten ,  viele  von  den  Bewohnern  von  Susa 
fanden  ihren  Tod,  und  mitten  in  dieser  kritischen  Lage  erkrankte  el- 
CSlm,  machte  im  Ramadbän  sein  Testament,  worin  er  seinen  Sohn 
Ismd'il  zu  seinem  Nachfolger  ernannte,  und  starb  55  Jahr  alt  Sonntag 
d.  13.  Schawwdl  334  in  el-Mahdia  nach  einer  Regierung  von  12  Jahren 
7   Monaten  und   1   Tage. 

Er  hinterliess  sieben  Frauen,  vier  Töchter  und  sieben  Söhne,  diese 
waren:  Abul-Tdhir  Ismail,  Abu  Abdallah  Ga'far,  welcher  unter  dem 
Chalifat  el-Mu'izz  starb,  Hamza,  'Adndn  und  Abu  Kinäna,  welche  in 
Magrib  starben,  Jüsuf,  gest.  zu  Barca  im  J.  362,  und  Abul-Furdt  Abd 
el-Gabbdr,  gest.  im  Ra'gab  337  in  Ägypten.  —  In  den  ersten  Jahren 
seiner  Regierung  blieb  Ishdk  ben  Abul-Minhäl  in  seinem  Amte  als 
Ober-Cddhi,  dann  folgte  ihm  Ahmed  ben  Bahr,  bis  ihn  im  J.  333  Abu 
Jazid  hinrichten  liess,  worauf  Ahmed  ben  el-Walfd  von  dem  Volke  ge- 
wählt und  von  el-CfiSm  bestätigt  wurde.  —  Sein  Oberst-Kammerherr  hiess 
Ga'far  ben  'Ali.  —  Wiewohl  el-Cdim  in  einigen  Fällen  sich  sehr  nach- 
sichtig und  wohlwollend  zeigte,  soll  er  doch  in  der  Befolgung  der  Schfi- 
tischen  Lehren  und  in  der  Forderung,  sie  von  anderen  anerkannt  zu  sehen» 
noch  viel  strenger  gewesen  sein  als  sein  Vater;  er  spottete  auf  die  Pro- 
pheten und  liess  sie  als  Betrüger  öffentlich  verfluchen  und  stand  mit  dem 
Karmaten  Abu  Tdhir  in  Verbindung,  welcher  auf  sein  Geheiss  in  Bahrein 
und  Hagar  die  Moscheen  und  Koran-Exemplare  verbrannte. 


IIL     Abul-Tähir  Ismä'ü  el-Mangür. 

Abul-Tdhir  Ismd'il  war  im  J.   301   oder  302  zu  Keirawdn  geboren, 
mithin  bei  seiner  Thronbesteigung  32  oder  33  Jahr  alt^);    er  war   sehr 


1)  ^Artb  bei  Nicholson  pag.  133  nennt  ihn  Abnl-Tähir  Ismd'il  ben  Abnl- 
Tdhir  anstatt  ben  Abnl-Casim  durch  einen  Schreibfehler,  welchen  Ibn  'Adsäri 
pag.  167  nachgeschrieben  hat,  wiewohl  bei  ihm  pag.  226  das  richtige  steht.  Seine 
Geburt  setzen  beide  in  das  J.  299,  Ibn  'Adsärt  in  der  zweiten  Stelle  in  das  J.  302; 
Ibn  Chattikän  Nr.  97  hat  das  J.  301   oder  302,   bei  'Oamäl  ed-Dtn  sind  Schreib- 


GESCHICHTE  DER  FATIMIDEN  CHALIFEN.  87 

begabt,  in  mancherlei  Wissenschaften  bewandert  und  wusste  seine  An- 
sichten in  beredter  Weise  darzulegen  und  seine  Fähigkeit  in  der  Krieg- 
führung und  seine  persönliche  Tapferkeit  und  Unerschrockenheit  hatte 
er  schon  bei  mehreren  Gelegenheiten  bewiesen.  Er  verheimlichte 
den  Tod  seines  Vaters,  damit  nicht  Abu  Jazid  daraus  Vortheil  ziehen 
könnte,  und  Hess  noch  lange  Zeit  die  Aufschriften  der  Münzen  und 
Fahnen  unverändert,  sowie  auch  sein  Name  nicht  gleich  in  dem  Kanzel- 
gebet genannt  werden  durfte;  nachher  nahm  er  den  Beinamen  el- 
Man^dr  an. 

Er  ergriff  mit  kräftiger  Hand  die  Zügel  der  Regierung  und  liess 
sogleich  Schiffe  bemannen  und  mit  Lebensmitteln  versehen  und  schickte 
sie  nach  Susa  unter  dem  Commando  des  Secretärs  Raschtk  und  des 
Ja'ctib  ben  Ishäk  mit  der  Weisung,  den  Kampf  nicht  eher  anzufangen, 
bis  sie  seine  Befehle  erhielten.  Am  anderen  Morgen  brach  er  selbst 
nach  Susa  auf,  ohne  dass  seine  Umgebung  seine  Absicht  kannte;  erst 
als  er  mitten  auf  dem  Wege  war,  erfuhren  sie  es  und  drangen  in  ihn 
umzukehren  und  sich  nicht  selbst  der  Gefahr  auszusetzen;  er  gab  ihren 
Vorstellungen  nach,  kehrte  um  und  ertheilte  nun  Raschik  und  Ja'ctib  den 
Befehl,  den  Kampf  mit  aller  Kraft  zu  beginnen.  Abu  Jazid  hatte 
schon  Holz  herrichten  lassen ,  um  Feuer  an  die  Mauer  zu  legen ,  ein 
grosses  Gerüste  war  als  Sturmdach  aufgestellt,  da  kam  die  Flotte  bei 
Susa  an ;  die  Mannschaft  derselben  vereinigte  sich  alsbald  mit  der  Be- 
satzung, sie  machten  einen  Ausfall,  Abu  Jazid  erschien  selbst  zu  Pferde 
und  es  entspann  sich  ein  heftiger  Kampf;  schon  kamen  die  Truppen 
el-Man^dr's  ins  Weichen  und  suchten  die  Stadt  zu  erreichen ,  da  warf 
Raschik  selbst  Feuer  unter  das  angesammelte  Holz  und  an  das  Sturm- 
gerüst, der  Dampf  verfinsterte  die  Luft,  das  Feuer  breitete  sich  weit  aus, 
Abu  Jazid    und    seine  Soldaten   geriethen  in  Furcht  und  glaubten,    dass 


fehler  in  den  Jahrszahlen,  da  er  aber  seine  Lebenszeit  auf  39  oder  40  Jahre  an- 
giebt  nnd  das  Todesjahr  341  nDbestriiten  ist,  so  mnss  die  Angabe  Ibn  ChalUkän's 
als  die  richtige  angenommen  werden.  In  el-Mahdia  kann  er  nicht  geboren  sein, 
Ibn  ^Adsäri  pag.  226,  weil  diese  Residenz  damals  noch  nicht  erbaut  war. 


88  F.  WÜSTENFELD, 

ihre  Cameraden  in  jener  Gegend  unterlegen  wären,  und  es  den  Truppen 
el-Man9Ür'8  gelungen  sei  das  Feuer  anzulegen,  da  einer  den  anderen 
nicht  sehen  konnte.  Abu  Jazid  ergriff  mit  den  Seinen  die  Flucht,  die 
Besatzung  kam  wieder  aus  der  Stadt  heraus,  überfiel  die  Berbern  und 
verbrannte  ihre  Zelte,  und  Abu  Jazid  floh  in  solcher  Eile,  dass  er  noch 
an  demselben  Tage  vor  Keirawdn  ankam ,  während  seine  Leute  sich 
nach  allen  Seiten  zerstreuten  und  die  dem  Schwerdte  entgingen,  vor 
Hunger  und  Durst  umkamen.  Die  Einwohner  von  Keirawän  verweigerten 
Abu  Jazid  den  Eintritt  in  die  Stadt,  begaben  sich  vielmehr  vor  die 
Wohnung  des  Statthalters,  belagerten  ihn  und  wollten  schon  das  Thor 
erbrechen,  als  er  ihnen  Goldstücke  fiber  die  Köpfe  streute,  wodurch  sie 
veranlasst  wurden  sich  von  ihm  abzuwenden.  Er  eilte  nun  hinaus,  Abu 
Jazid  nahm  seine  Frau,  die  Mutter  des  Ajjüb,  mit  sich,  seine  Hofbe- 
amten mit  ihren  *  Familien  folgten  ihm  und  sie  begaben  sich  in  die 
•  Gtegend  von  Sabiba,  zwei  Tagereisen  von  Keirawdn,  wo  sie  sich  lagerten. 

el-^Man9ibr  kam  nun  selbst  am  22.  Schaww&l  nach  Susa  und  liess 
vor  der  Stadt  sein  Zelt  aufschlagen ;  aus  Freude  über  das  Benehmen  der 
Einwohner  von  Keirawän  ertheilte  er  ihnen  vollständige  Amnestie,  wäh- 
rend er  wegen  ihrer  Anhänglichkeit  an  Abu  Jazid  Ursache  gehabt  hätte, 
gegen  sie  aufgebracht  zu  sein;  ein  Herold  verkündete  diese  Botschaft 
und  nachdem  auf  diese  Weise  die  Gemütber  beruhigt  waren,  reiste  er 
am  24.  Schawwäl  selbst  nach  Keirawdn,  wo  ihm  die  Einwohner  entgegen 
kamen  und  er  sein  Versprechen  wiederholte.  Er  traf  dort  noch  mehrere 
Frauen  und  Kinder  des  Abu  Jazid,  liess  sie  nach  el-Mahdia  bringen  und 
sorgte  für  ihren  Unterhalt. 

Abu  Jazid  sammelte  indess  seine  Truppen  wieder  und  schickte  ein 
Corps  zum  Recognosciren  nach  Keirawdn,  welchem  el-Man9Ür  auf  er- 
haltene Nachricht  ein  Corps  entgegensandte;  es  fand  ein  Zusammenstoss 
statt,  die  Truppen  des  Abu  Jazid  hatten  einen  Hinterhalt  gelegt  und 
zogen  sich  in  verstellter  Flucht  zurück,  und  als  ihre  Gegner  ihnen  folg- 
ten, brach  der  Hinterhalt  hervor  und  brachte  ihnen  eine  vollständige 
Niederlage  bei.  In  Folge  davon  sammelte  sich  bei  Abu  Jazid  wieder 
eine  grosse  Menge,   mit  welcher  er   wieder  nach  Keirawdn  zog,    wo  el- 


GESCHICHTE  DER  FATIMIDEN  CHALIFEN.  89 

MaD9Ür  sein  Lager  mit  einem  Walle  hatte  umgeben  lassen;  Abu  Jaztd 
theilte  seine  Truppen  in  drei  Abtbeilungen  und  führte  die  tapferste  selbst 
gegen  die  Verschanzung,  wurde  aber  zurückgeschlagen.  Bei  dem  wieder- 
holten Angriffe  leitete  el-Man9Ür  in  Person  von  500  Beitern  umgeben 
die  Schlacht,  wobei  der  über  seinem  Haupte  getragene  Sonnenschirm 
als  Feldzeichen  diente«  bald  rechts  bald  links  sich  wendend;  er  wurde 
aber  von  Abu  Jazid  durch  eine  Übermacht  von  30000  Mann  zur  Flucht 
gezwungen,  so  dass  die  Verschanzung  schon  genommen  war  und  das 
Lager  geplündert  wurde.  el-Man9tir  hatte  nur  noch  etwa  20  Reiter  bei 
sich  und  wurde  jetzt  von  Abu  Jazid  selber  angegriffen,  er  zog  sein 
Schwerdt,  behauptete  seinen  Platz  und  stürzte  sich  auf  Abu  Jazid,  so 
dass  er  ihn  beinahe  getödtet  hätte.  Dieser  wandte  sich  zur  Flucht,  el- 
Man^dr  streckte  alle  nieder,  die  er  erreichte,  Hess  die  Flüchtlinge,  die 
schon  den  "Weg  nach  el-Mahdia  und  Susa  eingeschlagen  hatten,  zurück- 
rufen und  verwandelte  die  anfängliche  Niederlage  in  einen  so  vollstän- 
digen Sieg,  dass  dieser  zu  den  denkwürdigsten  aller  Zeiten  gerechnet 
wird,  und  die  persönliche  Tapferkeit,  welche  er  dabei  bewiesen  und 
welche  man  ihm  nicht  zugetraut  hatte,  vermehrte  die  Ehrfurcht  vor  ihm. 
Es  war  gegen  das  Ende  des  Dsul-Ca'da  334,  dass  Abu  Jazid  von 
Keirawän  abgezogen  war,  indess  kehrte  er  bald  zurück,  es  kam  aber 
Niemand  aus  der  Stadt  heraus,  dagegen  setzte  el-Man^ür  durch  öffent- 
lichen Ausruf  einen  Preis  von  10000  Dinaren  auf  seinen  Kopf.  Als 
er  dann  die  Erlaubniss  zu  einem  Kampfe  gab,  wurden  seine  Truppen 
geschlagen,  die  Verschanzungen  erobert,  dann  wieder  genommen,  und 
dies  wiederholte  sich  so  mehrere  Male,  bis  Abu  Jazid  die  Verbindung 
zwischen  el-Mahdia,  Keirawän  und  Susa  abschnitt  und  zu  el-Man9Ür 
schickte  und  bat  seine  Frauen  und  Angehörigen  in  Freiheit  zu  setzen, 
dann  wolle  er  sich  mit  seinen  Leuten  ihm  unterwerfen;  er  bekräftigte 
dies  mit  einem  feierlichen  Eide.  el-Man9Ür  ging  darauf  ein,  beschenkte 
noch  die  Familie  mit  Kleidern  und  entliess  sie  mit  einer  ehrenvollen 
Begleitung.  Sobald  sie  bei  Abu  Jazid  eintraf,  brach  er  seinen  Eid  und 
sagte:  er  hat  sie  nur  aus  Furcht  vor  mir  hergeschickt. 

Unter  solchen  Verhältnissen   ging  das  Jahr  334    zu  Ende    und  es 
Histor.-phUolog.  Glosse.    XXVL  3.  M 


90  F.  WÜSTENFELD, 

begann  das  neue;  am  5.  Muharram  335  fand  wieder  eine  grosse  Schlacht 
statt,  in  welcher  die  Berbern  unterlagen  und  nach  bedeutenden  Ver- 
lusten sich  zurückzogen.  In  der  Mitte  des  Monats  ordnete  el-Man9Ür 
seine  Truppen  zu  einer  regelmässigen  Schlachtordnung:  auf  den  rechten 
Flügel  stellte  er  die  Africaner,  den  linken  bildeten  die  Kitfima  und  er 
selbst  führte  das  Centrum,  welches  aus  seinen  Leibregimentern  bestand. 
Beim  Beginn  einer  mörderischen  Schlacht  warf  sich  Abu  Jazid  auf  den 
rechten  Flügel  und  brachte  ihn  zum  Weichen,  dann  wandte  er  sich 
gegen  das  Centrum,  aber  el-Man^dr  eilte  herbei  und  rief:  heute  ist.  so 
Gott  will,  der  Tag  des  Sieges.  Er  machte  mit  seinem  Corps  einen  ge- 
meinschaftlichen Angriff,  Abu  Jazid  wurde  zurückgedrängt,  seine  Leute 
fielen  unter  den  Hieben  ihrer  Gegner,  sie  ergriffen  die  Flucht  mit  Zu- 
rücklassung ihres  Gepäcks  und  Abu  Jazid  musste  ihnen  folgen.  Die 
Zahl  der  Gefallenen  war  so  gross,  dass  die  Kinder  aus  Keirawdn  10000 
Köpfe  zusammentrugen.  Abu  Jazid  zog  sich  nach  Tah  Madit^)  zurück. 
el-Man^ür  beschloss  nun,  Abu  Jazid  keine  Ruhe  zu  lassen,  sondern 
weiter  zu  verfolgen  und  brach  am  letzten  Rabf  L  auf,  indem  er  Mardm 
el-^aklabl')  als  Statthalter  zurückliess,  und  marschirte  über  Sabiba  und 
Tabissa  auf  Bd^  zu.  Bis  hierher  war  Abu  Jazid  gekommen  und  da 
ihm  die  Einwohner  den  Eintritt  in  die  Stadt  verweigerten,  hatte  er  sie 
belagert  und  war  nahe  daran  sie  zu  erobern,  als  er  bei  der  Annäherung 
el-Man9Ürs  abzog  und  einen  Ort  suchte,  wo  er  sich  einschliessen  könnte, 
aber  überall  war  ihm  el-Man^ür  zuvorgekommen ,  bis  er  nach  Tubna 
kam.  Hier  erhielt  er  die  Nachricht,  dass  Muhammed  ben  Chazar  el- 
Zandti  sich  von  ihm  losgesagt  und  bei  el-Man9Ür  um  Amnestie  gebeten 
habe,  welche  ihm  gewährt  war  unter  der  Bedingung,  dass  er  sich  an  der 
Verfolgung  Abu  Jazid's  betheilige,  und  unter  Zusicherung  eines  Geld- 
geschenkes von  zwanzig  Last,  wenn  er  ihn  gefangen  nähme.  Als  dann 
el-Man9Ür  in  Tubna  einrückte,  kam  ihm  Ga'far  ben  *All,  Gouverneur 
von  Masila,  entgegen  und  überreichte  ihm  eine  bedeutende  Geldsumme. 


1)  Ein  nnbekanDter  Ort;  vergl.  die  Varianten  Ibn  d-Äthir  VIII,  329. 

2)  Ibn  eUÄthtr  VIII,  329  Mudsam  el-gikilli,  Ibn  Chaldün  II,  537  Merah. 


GESCHICHTE  DEE  FATIMIDEN  CHAUFEN.  91 

Die   Verfolgung   wurde  nun    eifrig    fortgesetzt;    Abu    Jazld    machte   von 
Biskara   aus    noch   einen  Versuch ,    Muhammed    ben  Chazar   wieder   für 
sich  zu  gewinnen,  aber  vergebens,  und  suchte  dann  Schutz  in  den  Bergen 
der  Banu  BarzdL  welche  seine  Anhänger  waren,  und  ging  in  die  Sand- 
wüste,   damit  die  Verfolger    seine  Spur   verlören.     Hier  sammelten    sich 
wiedfer  viele  um  ihn,   er  kehrte  zurück  nach  Maccara,  einem  Orte  zwi- 
schen Tubna  und  Masila,    wo  el-Man9iir  stand,    und   legte   sich  hier  in 
einen  Hinterhalt.     Als  el-Manfdr  dies  gewahr  wurde,  ging  er  vorsichtig 
vor,    Abu  Jazid  ordnete  desshalb  seine  Leute  zur  Schlacht  und  drängte 
den  rechten  Flügel  el-Man9Ürs  zurück,    dieser   machte  aber  dann  selbst 
einen  Angriff  und  schlug  Abu  Jazid,  so  dass  er  die  Berge  Sdldt  zu  er- 
reichen suchte.     el-Man9Ür  folgte  ihm  auf  dem  Fusse,    trieb    ihn  durch 
unwegsame  Gebirge   und    tiefe  Schluchten  vor  sich  her  und  wollte  noch 
immer  weiter  vordringen,  doch  machten  ihm  die  Wegkundigen  begreiflich, 
dass  es  für  eine  Armee  unmöglich  sei,    weiter  zu  kommen,    das  Futter 
und  Wasser  für  die  Pferde  sei  nicht  anzuschaffen  und  dann  kämen  erst 
die  unbewohnten  Sandwüsten  und  Einöden  von  Süddn,  wenn  Abu  Jazid 
sich  dahin   begeben    würde,    so  wolle   er   lieber  vor  Hunger   und  Durst 
umkommen,  als  durch  das  Schwerdt  sterben.     Durch  diese  Vorstellungen 
Hess   sich  el-Man9tir  bewegen,    nach  Maccara   zurückzukehren   und  hier 
kam  zu   ihm  der  Emir   der  ^anhd'ga,   Ziri  ben  Mandd,    der  Stammvater 
der  nachherigen  Dynastie  der  Ziriden,  welchen  er  sehr  ehrenvoll  empfing 
und  auszeichnete,  und  bald  darauf  meldete  Muhammed  ben  Chazar,  dass 
er  Abu  Jazid's  Aufenthaltsort  in  der  Wüste  in  Erfahrung  gebracht  habe. 
Allein  el-Man5tir  verfiel  hier  in  eine  schwere  Krankheit  und  konnte  sich 
erst  am  2.  Ra^ab,    nachdem  er  sich  erholt  hatte,  nach  Masila  begeben, 
wohin  ihm  aber  Abu  Jazid,  als  er  von  der  Erkrankung  hörte,  zuvorge- 
kommen war,  so  dass  er  die  Stadt  schon  belagerte.     Indess  bei  el-Man^ürs 
Annäherung    zog    er    ab    und    wollte    sich    nach    Süd&n    durchschlagen, 
woran  ihn  die  Banu  Kamldn   und  Hawwära  hinderten,    die  jetzt  treulos 
gegen  ihn  verfuhren.     Er  wandte  sich  desshalb  in  die  Berge  der  Kidna 
und  'A^sa,  nahm  dort  eine  feste  Stellung  und  zog  wieder  Mannschaften 
zu  sich  heran,   welche    von   hier   aus  Raubzüge  unternahmen.     Am  10. 

M2 


92  F.  WÜSTENPELD, 

Scha'bän  traf  el-Man^dr  dort  ein,  da  aber  Abu  Jazid  nicht  herab  kam* 
zog  el-Man^ür  wieder  ab,  und  nun  überfiel  Abu  Jazid  die  Nachhut; 
daraus  entspann  sich  eine  Schlacht,  da  el-Man9Ür  rasch  umgekehrt  war, 
und  Abu  Jazid  wurde  geschlagen,  brachte. aber  noch  seine  Kinder  und 
Angehörigen  in  Sicherheit.  Zwei  Reiter  holten  ihn  ein,  schnitten  seinem 
Pferde  die  Fusssehnen  durch,  so  dass  er  herunterfiel;  einer  seiner  Sol- 
daten  nahm  ihn  zu  sich  aufs  Pferd,  nun  kam  Ziri  ben  Manftd  hinzu, 
traf  ihn  mit  der  Lanze  und  warf  ihn  herunter,  es  entstand  ein  heftiger 
Kampf  um  ihn,  bis  er  von  seinen  Leuten  gerettet  wurde;  an  diesem 
Tage  waren  über  10000  seiner  Anhänger  geblieben. 

el-Man9ibr  setzte  am  1.  Ramadhdn  die  Verfolgung  fort,  es  wurde 
von  beiden  Seiten  hartnäckig  gekämpft,  ohne  dass  es  zu  einer  Entschei- 
dung kam,  weil  die  Schluchten  und  das  schwierige  Terrain  eine  Ent- 
faltung der  Streitkräfte  nicht  möglich  machte.  Endlich  musste  Abu 
Jazid  sich  doch  zurückziehen ,  er  verbrannte  sein  Gepäck,  seine  Leute 
erstiegen  die  Berge  und  warfen  mit  S.teinen  herab,  el-Man9dr  war  immer 
mitten  im  Kampfe,  öfter  wurde  man  handgemein  und  man  hätte  glauben 
sollen,  dass  sie  sich  sämmtlich  gegenseitig  vernichten  würden,  zuletzt 
rettete  sich  Abu  Jazid  in  eine  befestigte  Burg  [Cata)  der  Ki&na  und 
schloss  sich  darin  ein. 

Die  Hawwära  und  der  grösste  Theil  der  übrigen  Anhänger  des 
Abu  Jazid  baten  jetzt  um  Frieden ;  el-Man^ür  willigte  ein  und  zog  dann 
vor  die  Burg,  belagerte  sie  und  schloss  sie  von  allen  Seiten  ein.  Die 
Besatzung  vertheidigte  sich  tapfer  und  erst  nach  wiederholten  Angriffen 
gelang  es  einen  Theil  der  Burg  zu  erobern ;  sie  warfen  Feuer  hinein, 
wodurch  die  anderen  zur  Flucht  gedrängt  wurden,  und  Abu  Jazid  zog 
sich  mit  seinen  Kindern  und  den  Anführern  in  das  Castell  der  Burg 
zurück.  Die  Thore  wurden  in  Brand  gesteckt  und  el-Man9Ür  befahl 
auch  das  Gebüsch  am  Berge  anzusteckei),  damit  Abu  Jazid  nicht  in  der 
Dunkelheit  entkommen  könne,  und  die  Nacht  war  taghell  erleuchtet. 
Gegen  Morgen  nahmen  ihn  einige  Leute  auf  die  Schultern  und  machten 
einen  unerwarteten  Ausfall,  man  Hess  sie  durchkommen  und  er  war  in 
Freiheit     Nachher  kam    ein   grösserer  Theil   von    der   Burg   herab,    sie 


GESCHICHTE  DER  FATIMIDEN  CHALIFEN.  93 

wurden  fest  genommen  und  erzählten,  das8  Abu  Jaztd  die  Burg  bereits 
verlassen  habe  und  el-Man9Ür  befahl  ihn  zu  verfolgen,  indem  er  sagte: 
er  muss  noch  ganz  in  unserer  Nähe  sein;  und  siehe,  da  wurde  er  schon 
herbeigebracht.  Nämlich  die  drei  Männer,  welche  ihn  aus  dem  Bereiche 
des  Kampfes  fortgetragen  hatten,  weil  er  an  einem  Fusse  gelähmt  war. 
hatten  ihn  dann  verlassen,  er  schleppte  sich  allein  fort  um  von  dem 
Abhänge  hinunter  zukommen,  fiel  dabei  in  eine  Vertiefung,  wurde  hier 
gefunden  und  zu  el-Man9iir  gebracht,  welcher  bei  seinem  Anblick  nieder- 
fiel und  Gott  dankte,  während  die  Umstehenden  ein  Freudengeschrei 
erhoben.  Dies  geschah  Sonntag  den  24.  Muharram  336  und  Abu  Jazid 
lebte  danach  noch  vier  Tage,  dann  starb  er  an  den  erhaltenen  Wunden; 
el-Man^ür  Hess  ihm  die  Haut  abziehen,  sie  mit  Stroh  ausstopfen  und.  in 
einen  eisernen  Käfig  setzen,  worin  zwei  Affen  um  ihn  spielten^).  Dies 
Ereigniss  wurde  im  ganzen  Lande  verkündet 

Diese  siebenjährigen  ununterbrochenen  Kämpfe  gegen  Abu  Jazid 
hatten  noch  ein  kurzes  Nachspiel,  indem  sein  Sohn  Fadhl  die  flüchtigen 
Truppen  wieder  sammelte»  sich  mit  Ma'bad  ben  Chazar^  verbündete 
und  der  Nachhut  el-Man9Ürs  auf  der  Rückkehr  bei  Biskara  und  Tubna 
den  Weg  verlegte ;  ein  Corps  unter  den  Freigelassenen  SchafT  und  Kei^ar, 
von  Ztri  ben  Manäd  mit  seinen  ^'anhd'ga  unterstützt,  zerstreute  ihre 
Banden,  el-Man^ür  verfolgte  Ma*bad  selbst  noch  bis  Masila,  wo  er  seine 
Spur  verlor.  Er  erfuhr  hier  aber  noch,  dass  Hamid  ben  Ja^il,  sein 
Präfect  in  Tähart,  ihm  den  Gehorsam  verweigert  und  sich  in  Tianas  nach 
Spanien  eingeschifft  habe;  er  begab  sich  desshalb  nach  Tähart,  setzte 
hier  und  in  Tanas  neue  Statthalter  ein,    wandte  sich  hierauf  gegen  die 


1)  So  Um  elrAthtr  nnd  nach  ihm  Ihn  Chaidün  II,  539;  bei  letzterem  III, 
2U  aod  bei  Ibn*Adsär%  pag.  228  heisst  es,  dass  er  in  einem  Käfig  lebend  mit  nach 
el-Mahdia  genommen,  dort  {Ibn  Chald.  gegen  das  Ende  des  J.  335  gestorben)  nm- 
gebracht  und  vor  dem  Tbore,  an  welches  er  einst  mit  seiner  Lanze  angeklopft  hatte, 
ans  Kreuz  geschlagen  sei;  jedoch  kennt  Ibn  'Ädsäri  anch  die  andere  Überlieferung 
nach  el-Cadh&*i. 

2)  Ibn  d-Äihir  VIII,  332  nennt  Mnhammed  ben  Ghazar,  welcher  sich  aber 
el-Manfür  nnterworfen  hatte,  anch  lässt  er  beide  getrennt  sich  auflehnen. 


94  F.  WÜSTENFELD, 

Law&ta  und  trieb  sie  in  die  Sand  wüste,  und  verfolgte  dann  el-Fadhl 
weiter,  der  sich  nach  Castilia  zurückgezogen  hatte,  kam  nach  Caffa,  von 
hier  nach  Maddila  im  Gebiete  el-Zdb.  eroberte  die  benachbarte  Festung 
M&dds,  gab  es  aber  endlich  auf,  ihn  zu  erreichen,  weil  er  sich  in  die 
Wüste  geflüchtet  hatte  und  kehrte  nach  el-Mahdia  zurück,  wo  er  im 
Ramadhdn  336  seinen  Einzug  hielt.  el-Fadhl  zeigte  sich  später  wieder 
im  Gebirge  Aurds,  erschien  plötzlich  vor  Bdgdja,  welches  er  zu  belagern 
anfing,  wurde  hier  jedoch  von  einem  seiner  eigenen  Leute ,  Batit  ben 
Ja'lä,  ermordet,  der  seinen  Kopf  zu  el-Man9Ar  brachte.  —  Auch  Ajjdb. 
der  andere  Sohn  des  Abu  Jazid,  wurde  bald  nachher  von  Abdallah  ben 
Bakkdr,  einem  Häuptling  der  Magrdwa,  überfallen  und  getodtet,  welcher 
ebenfalls  seinen  Kopf  zu  el-Man9Ür  brachte,  um  sich  dessen  Gunst  zu 
erwerben. 

el-Hasan  ben  'Ali  el-Kalbl,  welcher  wegen  seiner  ausgezeichneten 
Leistungen,  die  er  als  Anführer  in  den  Kämpfen  bewiesen  hatte,  bei  el- 
Man^ür  in  hohen  Ehren  stand ,  erhielt  gleich  darauf  unter  sehr  schwie- 
rigen Verbältnissen  die  Statthalterschaft  von  Sicilien,  und  während  nun 
dort  gekämpft,  auch  noch  eine  Flotte  an  die  Italienische  Küste  geschickt 
wurde,  verliefen  die  nächsten  Jahre  in  dem  ganz  erschöpften  Africa 
ruhig.  Es  gelang  noch  im  Anfange  des  J.  341  Ma'bad  und  seinen  Sohn 
gefangen  zu  nehmen  und  sie  wurden  in  Man9Üria  hingerichtet. 

Abu  Ga'far  Ahmed  ben  Muhammed  el-Marwarrildsl  erzählt  aus 
seinem  Leben:  Ich  begleitete  el-Man^dr  auf  einem  seiner  Züge  gegen 
Abu  Jaztd  und  ging  neben  ihm  her ;  er  hatte  zwei  Lanzen  in  der  Hand, 
von  denen  er  eine  mehrmals  fallen  Hess,  ich  hob  sie  auf,  reichte  sie  ihm 
hin  und  indem  ich  darin  eine  gute  Vorbedeutung  fand,  citirte  ich  den 
bekannten  Vers  : 

Da  warf  sie  ihren  Stab  hin  und  der  Wohnplatz  machte  sie  freudig  bewegt^ 
Wie  sich  im  Auge  des  Wandrers  bei  der  Heimkehr  die  Freude  ausdrückt. 
Da  sagte   er:   weist  du   nichts    besseres   als   dies?   treffender  wäre   doch 
(die  Koranstelle  Sure  7,   114 — 116):    ,,Und    wir  offenbarten  dem  Moses: 
Wirf  du  den  Stab  hin;   und  siehe,  dieser  verschlang,  was  sie  trügerisch 
gebildet   hatten.     So  kam   die  Wahrheit  an   den   Tag   und    wurde  das. 


GESCHICHTE  DER  FATIMIDEN  CHALIFEN.  95 

was  sie  gemacht  hatten,  zu  nichte,  dort  wurden  sie  besiegt  und  umge- 
kehrt in  Verachtung  gebracht."  Da  erwiederte  ich:  o  Herr!  du  bist 
der  Nachkomme  des  Gesandten  Gottes  und  redest  so  nach  deiner  Pro- 
phetengabe. Abu  Ga^far  setzte  noch  hinzu:  el-Man9dr  hatte  einen 
scharfen  Verstand,  klare  Einsicht,*  tiefe  Kenntniss  und  eine  vorzügliche 
Beobachtungsgabe.  Ich  recitirte  ihm  einmal  einige  Verse,  worin  ich 
darauf  hindeutete,  dass  er  seinem  Sohne  Maadd  als  seinem  Nachfolger 
möchte  huldigen  lassen ,  da  antwortete  er :  ich  hoffe,  man  wird  auf  den 
Kanzeln  von  Mekka,  Medina  und  anderen  Orten  für  ihn  beten;  und  so 
geschah  es. 

Nach  seiner  Rückkehr  Hess  el-Man9Ar  in  der  Ebene  von  KeirawAn, 
wo  das  Haupttreffen  gegen  Abu  Jazid  stattgefunden  hatte  (vergl.  S.  89), 
eine  neue  Stadt  erbauen ;  hier  stand  die  Vorstadt  ^abra,  welche  erweitert 
wurde  und  einen  schönen  Palast  erhielt,  den  er  im  J.  337  bezog,  und 
die  Stadt  nannte  er  Man9Üra  oder  Man^üria^).  Das  Ganze  bildete 
dann  nur  einen  zweiten  Theil  zu  Keirawdn,  da  aber  auch  die  Markt- 
plätze dahin  verlegt  wurden,  zog  sich  der  ganze  Verkehr  dahin  und  die 
Altstadt  Keirawdn  gerieth  in  Verfall,  Noch  mehr  hatte  el-Mahdia  durch 
die  Verlegung  der  Residenz  zu  leiden  und  6s  verfiel  noch  rascher  wieder, 
als  es  dreissig  Jahre  zuvor  entstanden  war. 

Um  die  Mitte  des  Jahres  341  hatte  el-Man^ür  einen  Ausflug  nach 
Safäkis  und  Tunis  gemacht  und  war  dann  nach  Cäbis  gereist,  von  wo 
aus  er  die  Einwohner  der  benachbarten  Insel  Garba  zum  Gehorsam  auf- 
forderte; sie  erklärten  ihre  Unterwürfigkeit  und  als  Unterpfand  ihrer 
Treue  nahm  er  einen  Mann  von  dort  mit  sich.  Die  Reise  hatte  einen 
Monat  gedauert  und  nach  seiner  Rückkehr  erliess  er  eine  Bekanntmachung, 
worin  er  seinen  Sohn  Ma'add  zu  seinem  Nachfolger  ernannte.  Im  Ra- 
madhdn  unternahm  er  dann  eine  Vergnügungsreise  nach  Galülä,  einem 
Städtchen   eine  Tagereise   oder   24  Arabische  Meilen    von   Keirawän   auf 


1)  Es  scheint,  als  wenn  dieser  neue  Name,  ebenso  wie  Mnham  media  für  Ma- 
sila, nicht  recht  in  Gebrauch  gekommen  ist;  Edrisi  nennt  nnr  Qabra  und  das  von 
ihm  erwähnte  Man9Üria  ist  ein  ganz  anderer  Ort. 


96  F.  WÜSTENFFLD, 

dem  Wege  nach  el*Urbus  und  Masfla ,  in  dessen  Nähe  Sarddnia ,  der 
schönste  und  angenehmste  Aufenthaltsort*  von  Africa,  liegt;  besonders 
prangt  dort  das  Obst  in  üppigster  Fülle  und  z.  B.  Citronen  erreichen 
eine  Grösse,  dass  vier  Stück  eine  Camellast  ausmachen!  Solche  Pracht- 
exemplare waren  nach  dem  Schlosse  zu  Man9Üria  gebracht,  Cadhib.  die 
bevorzugte  Geliebte  el-Man^ilrs ,  hatte  sie  hier  bewundert  und  den 
Wunsch  geäussert,  sie  an  Ort  und  Stelle  an  den  Zweigen  hängen  zu 
sehen.  Dies  war  die  Veranlassung  zu  der  Reise  nach  Galülä  mit  einem 
Gefolge;  nach  einigen  Tagen  trat  aber  eine  sehr  strenge  Kälte  ein  und 
es  erhob  sich  ein  heftiger  Wind,  so  dass  el-Man9dr  beschloss  zurückzu- 
kehren; unterwegs  fiel  hoher  Schnee,  er  selbst  ertrug  das  Unwetter 
standhaft,  während  mehrere  von  seinen  Begleitern  starben.  Er  kam 
ganz  durchfroren  und  erschöpft  in  Man9Üria  an  und  wollte  ein  Bad 
nehmen,  was  sein  Arzt  Ishdk  ben  Suleimän  el-Isräl'U  verbot;  er  Hess 
sich  indess  nicht  abhalten  und  nach  dem  Bade  nahm  die  natürliche 
Wärme  nur  noch  ab  und  es  trat  Schlaflosigkeit  ein.  Da  nach  den 
Mitteln,  welche  Ish&k  jetzt  verordnete,  die  Schlaflosigkeit  fortdauerte 
und  ihm  dies  unerträglich  war ,  fragte  er  einen  der  Diener,  ob  denn  in 
Keiraw&n  nicht  ein  anderer  Arzt  sei,  der  ihn  davon  befreien  könnte, 
und  erhielt  die  Antwort,  dass  grade  ein  junger  Mann  Namens  Ibrdhim 
dort  angekommen  sei.  Er  liess  ihn  holen  und  nachdem  er  ihm  seinen 
Zustand  beschrieben  hatte,  mischte  jener  ein  Schlafmittel,  that  es  in 
eine  Flasche ,  hielt  sie  ans  Feuer  und  liess  ihn  darauf  riechen ;  nach 
einiger  Zeit  schlief  er  ein  und  Ibrähtm  entfernte  sich  sehr  erfreut.  Nun 
kam  Ishftk  hinzu  um  den  Kranken  zu  besuchen,  und  als  er  erfuhr,  dass 
er  schlafe,  sagte  er:  wenn  er  etwas  bekommen  hat.  wonach  er  schlafen 
sollte,  so  ist  er  auch  bereits  gestorben.  Als  sie  eintraten,  fanden  sie 
ihn  todt,  und  wollten  nun  Ibrdhim  zu  Leibe  gehen,  Ishäk  erklärte  in- 
dess, dass  jenen  keine  Schuld  treffe,  er  habe  ihn  nach  der  Vorschrift 
der  Arzte  behandelt,  nur  habe  er  den  Grund  der  Krankheit  nicht  ge- 
kannt und  sie  hätten  ihm  denselben  verschwiegen;  er  selbst  habe  die 
natürliche  Wärme  beleben  und  dadurch  den  Schlaf  herbeiführen  wollen, 
da  durch  das  angewandte  Mittel  diese  Wärme  nur  noch  mehr  unterdrückt 


GESCHICHTE  DER  FATIMIDEN  CHALIPEN. 


97 


sei»  60  habe  er  wissen  können,  dass  er  bereits  todt  sei.  Er  starb  Freitag 
den  letzten  Schawwäl  341  nach  einer  Regierung  von  7  Jahren  und  16 
Tagen  und  wurde  in  seinem  Palaste  zu  ^abra  oder  in^el-Mahdia  be- 
graben. 

el-Man9Ür  hinterliess  fQnf  Söhne:  Abu  Tamim  Maadd,  Hdschim, 
Heidara,  welcher  im  J.  382  in  Ägypten  starb,  Abu  Abdallah  el-Husein 
in  Magrib  gestorben,  und  Abu  Da'far  Tdhir,  ebenfalls  in  Magrib  im 
Muharram  357  gestorben;  dazu  fünf  Töchter  und  drei  legitime  Frauen. 
—  Die  Ober-Cadhis  während  seiner  Regierung  waren  nach  einander: 
Ahmed  ben  Muhammed  ben  Abul-Walid,  Muhammed  ben  Abul-Mandhdr, 
Abdallah  ben  Hdschim,  'Ali  ben  Abu  Schu'aib  in  Man^üria,  Abu  Muham- 
med Zurära  ben  Ahmed  und  Abu  Hanifa  el*Nu*män  ben  Mu^jiammed 
el-Tamimi;  sein  Oberst-Kammerherr  hiess  Da*far  ben  'Alf. 


Sistor.-phiMog.  CbMe.  XXVI.  3. 


N 


J 


Die  Quantitätsverschiedenheiten  in  den  Samhitä-  und 

Pada- Texten  der  Veden 


von 


Theodor  Benfey. 

Fünfte  Abhandlung. 

Composita,   welche  am  Ende  eines  vorderen  Gliedes  a,  i^  um 

der  Sawhitä  lang,  im  Pada  kurz  zeigen. 

Zweite  Abtheilang. 


(Vorgelegt  in  der  Königl.  Gesellsch.  d.  Wies,  am  6.  März  1880.) 

97 — 106.     prä-  (scheint  in  mehreren  Fällen  für  jöro-  eingetreten  zu 

sein,  wird  aber  fast  nie  im  Pada  getrennt  und  verkürzt, 
mehrmals  aber  verkürzt,  ohne  getrennt  zu  werden;  vgl. 
RPr.  587;  VPr.  III.  103;  V.  37;  Whitney  zu  TPr.  III. 
5  und  zu  AthPr.  IIL  12,  S.  130).     Hierhin  gehören: 

97.  präkä^9  jedoch   sehr  fraglich:    es    ist  eher  eine   Ableitung 

von  prakdfd    (vgl.    St.    Petersb.    Wtbch    unter  prdkdfd    und 
unter  präkägä  IV.  903.  g,    auch   Pän.  VI.  3.  123,    wonach 
das  a  von  pra  vor  -kdfa  nicht  gedehnt  werden  darf). 
(Prosa)  TS.  I.  8,  18    (im  Pada  ohne  Kürzung    und  ohne  Tren- 
nung). 

98.  prägtaarmas&d;    Sayana   zu   Rv.    VI.  73,  1    scheint  prä  für 

prä   zu  nehmen,    aber  weder   im  Rv.    noch    im  Ath.    findet 
Kürzung  und  Trennung  statt 
(5  in   11)  Rv.  VI.  73,   1   =  Ath.  XX.  90,  3. 
Nicht  metrisch. 

99.  präftätai;  ein  pranäha  ist  zwar  bis  jetzt  nicht  nachgewiesen, 

doch    könnte  prärfi    auf    einem    solchen    beruhen,    oder  pra-^ 
dndha  sein,  oder  eine  Ableitung  von  pra-d-nah. 
Histor.-phihlog.  Classe.  XXVI.  4.  A 


THEODOR   BENPET, 

In  der  ersten  Silbe  Ath.  IX.  3,  4,  also 
nicht  metrisch. 

100.    (k^sara)-pr  äbandtaä. 

(5  in  8)  Ath.  V.   18,   11. 

nicht  metrisch;  Eigenname,  vgl.  die  Iste  Abthlg,  S.  34. 

101.  prä-yäs&y  im  Pada  getrennt  und  verkürzt  (VS.  III.  103); 
im  St.  Petersb.  Wtbch  unrichtig  accentuirt;  vgl.  präydsa. 

(Prosa)  VS.  XXXIX.  11. 

102.  präyogiy  im  Pada  weder  getrennt  noch  verkürzt;  Säyana 
nimmt  aber  prd  für  pra  und  im  St.  Petersb.  Wtbch  s.  v. 
(IV,  1151)  wird  sogar  vermuthet,  dass  die  Kürze  statt  der 
Länge  in  den  .Text  zu  setzen  sei.  Das  wage  ich  nun  nicht; 
ebenso  wenig  kann  ich  der  im  St.  Petersb.  Wtbch  aufge- 
stellten Theilung  in  prayo-gd  beistimmen;  präyog&ca  ist  in 
Rv.  X.  106,  2,  der  einzigen  Stelle,  in  welcher  es  vorkömmt, 
wegen  der  Duale  ushtA'rd^  dütä\  frayethe  u.  s.  w.  irrig  im 
Pada  für  präyogä'-iva  genommen;  es  steht  aber  für  präyogam' 
iva  mit  der  bekannten  und  anerkannten,  wenn  gleich  nicht 
regelmässigen,  aber  ziemlich  häufigen,  Einbusse  des  tn  vor 
Vocalen.  Die  A9vin's  werden  im  ersten  Stollen  mit  einem 
Paar  Ochsen  (ush-tdr  für  ursprünglicheres  ^uksh-tär,  von  dem- 
selben Verbum  wie  uksh-an  nach  bekanntem  Lautgesetz,  was 
ich  wegen  Orassmann's  Etymologie  bemerke)  verglichen,  im 
dritten  sind  sie  Boten;  so  ist  nichts  natürlicher,  als  dass  der 
zwischen  diesem  stehende  zweite  Stollen  aussagt,  dass  sie 
sich,  um  den  Botendienst  ausrichten  zu  können,  ^anschirren 
lassen';  prayoga,  welches  im  Veda  nicht  vorkömmt,  was 
aber  sicher  rein  zufällig  ist,  würde,  von  pra  yuj  'anschirren' 
(wörtlich  'vorspannen')  abgeleitet,  die  Bedeutung  'Anschirrung' 
haben ;  davon  ist  dann  das  Adjectiv  prdyogd  abgeleitet ,  mit 
der  Bed.  'sich  auf  die  Anschirrung  beziehend'.  Der  Stollen, 
in  welchem  dieses  Wort  vorkömmt,  lautet: 

pr&yogöva  fvd'tryä  fä'sur  öthah; 


D.  QÜANTITÄTSVERSCHIEDENH.  IN  D.  SAMB.-  ü.  PADA-TEXTEN  D.  V.    3 

darin  ist  Qvätryä  (zu  lesen  fvatriä)  von  S&yana,  wahrschein- 
lich auch  schon  seinen  Vorgängern,  beirrt  durch  die  Duale 
ushtä'rA,  dütA\  mahishd'  und  das  als  Dual  gefasste  prdyogi^ 
ebenfalls  so  aufgefasst;  es  ist  aber  Acc.  plur.  des  Adjectivs 
fvA'trya,  dessen  Bedeutung  erkannt  zu  haben,  eines  der  grossen 
Verdienste  des  St.  Petersburger  Wtbchs  ist;  als  Mittel  dazu 
diente  die  Vergleichung  der  Basis  desselben  fvdtra  mit  dem 
zendischen  qAstra;  die  arische  Grundlage  von  beiden  ist 
*svad-\-tra  i);  im  Veda  ist  f  für  s  eingetreten,  wie  z.  B.  in 
fru  für  sru,  wahrscheinlich  durch  Einfluss  einer  Volkssprache 
(vgl.  Lassen,  Inst.  1.  PrÄcrit.  p.  395;  401;  406;  417;  423); 
fvA'tryd,  etymologisch  'die  versüssenden'  bezeichnet  die  *So- 
matränke'  (vgl.  Rv.  X.  49,  10,  und  fvAtrd  Adj.  VS.  IV.  12; 
VI.  34).     Demgemäss  übersetze  ich  diesen  Stollen  wörtlich: 

*Ihr  (A^vin's)  kommt  heran  zu  den  süssen  (Tränken), 
lyelche  einer  sich  auf  Anschirrung  beziehenden  Aufforderung 
vergleichbar  sind' 

d.  h.  *Ihr  kommt  zu  den  Somatränken,  welche  bewirken» 
dass  ihr  euch  dazu  anschirren  lasst  als  Boten  unsre  Wünsche 
auszurichten'. 
Beiläufig  bemerke  ich  wegen  Ludwig's  Uebersetzung  des  4ten  Stol- 
lens (Bd.  I,  S.  85)  — 

mft'pa  sthfttam  mahish^vävapänät 
durch:      'haltet  euch  nicht  ferne  wie  Stiere  von  der  Tränke'  — 


1)  sv&ä'\-trd  beruht  auf  dem  Nomen  agentis  von  sviid,  welches  *svad4ar  dann 
svattar  lauten  musste  und  ^Versüsser*  biess;  davon  dann  dies  Adj.  sv&tträ  (wie  z.  B. 
von  tvdshfar  das  Adj.  tväshfrä  far  tväsTifar-d),  mit  (  für  s  uod  Einbusse  des  einen  t, 
welches  wegen  der  vorhergehenden  Länge  schwerUch  stark  ins  Ohr  fiel,  gväträ  als 
Adj.  ^versüssend,  schmackhaft^  als  Ntr.  sbst.  eigentlich  ^etwas  schmackhaftes*,  dann 
^schmackhafte  Speise*,  davon  durch  Suff,  ia  (für  ia)  (vätria  (für  gvättfia)  später 
(v&'trya  gesprochen,  adj.  mit  gleicher  Bedeutung;  wegen  des  Accents  vgl.  man  z.B. 
von  tnitrd:  mitriya  (für  mUrta  ans  mitrta)  und  mitryä  sowohl  als  mürya^  jenes 
mUria^  dieses  mÜria  zu  lesen  (vgl.  dieAbhdlg  ^Ist  ...  ein  nominales  Suffix  ia  oder 
ya  anzusetzen*  in  Bd  XVI,  S.  95  n.). 

A2 


4  THEODOR  BENFEY, 

dass  dies,  obgleich  wörtlich   treu  scheinend,    einen  Sinn  giebt,    welcher 
die  Absicht  des  Dichters  gerade  umkehrt. 

Ich  glaube  wenigstens,  dass  Jeder  diese  Fassung  so  verstehen  wird, 
als  ob  der  Dichter  sagen  wollte  'Bleibt  nicht  fern,  wie  Stiere  (Büffel)  von 
der  Tränke  fern  bleiben*.  Da  bekanntlich  Büffel  zu  der  Tränke  so  rasch 
als  möglich  zu  kommen  suchen,  will  aber  der  Dichter  augenscheinlich 
sagen :  'Gleich  wie  Büffel  nicht  fern  von  der  Tränke  bleiben ,  so  .bleibt 
auch  ihr  nicht  fern!'  Ich  habe  schon  —  ich  glaube  öfters  —  darauf 
aufmerksam  gemacht,  dass  die  Negation  ursprünglich  den  positiven  Ge- 
gensatz bezeichnete  (vgl/Gött.  Nachrichten  1880,  No.  1,  S.  2;  19;  90) 
und  zwar  sehr  oft  stärker  als  eine  positive  Wendung  und  bin  desshalb 
der  Ansicht,  dass  die  wörtliche  Uebersetzung :  'Als  wäret  ihr  zwei  Büffel, 
bleibt  nicht  fern  von  der  Tränke'  so  zu  verstehen  ist,  als  wenn  wir 
sagten  'Eilt  rasch  herbei  (zum  Somatrank)  wie  ein  Büffelpaar  zur  Tränke'. 

103.  prävaitä  (im  Rv.  und  der  VS.  wird  das  ä  verkürzt,  aber  die 
Zusammensetzung  nicht  getrennt,  s.RPr.  587;  VPr.  III.  103; 
V.  37;  in  der  TS.  wird  auch  getrennt,  s.  TPr.  VII.  7). 

In  der  ersten  Silbe.  Rv.  IIL  22,  4  =  VS.  XII.  50  =  TS.  IV. 
2.  4.  3. 

Also  nicht  metrisch;  es  kann  aber,  wie  schon  im  St.  Peters- 
burger Wtbch  IV.  1154,  bemerkt  ist,  auch  eine  Ableitung  you  prävand 
sein.  Ich  wage  keine  Entscheidung,  da  mir  der  Sinn  der  Stelle  nicht 
klar  ist.  Säyana  zu  Rv.  und  Mahidhara  zu  der  VS.  weichen  in  der 
Auffassung  von  einander  ab. 

104.  prävargä,  nur  in  Rv.  VIII.  4,  6,  wo  Sdyana  das  d,  mit  Be- 
rufung auf  Pdn.  VI,  3,  122,  für  Dehnung  nimmt;  das  Wort 
ist  im  Ptsb.  Wtbch  wohl  sicher  richtig  als  Ableitung  von 
pravargd  gefasst. 

105.  prä'Vf*ita,  in  den  Pada's  weder  verkürzt  noch  getrennt  (vgl. 
VPr.  V.   37). 

(8  in  11)    Rv.  I.   162.   2    (=  VS.  XXV.  25  =  TS.  IV-    6.    8. 

1).  —  Ath.  XVIII.  3.  3. 
(5  in  11)  Rv.  X.  82,  7  (=  VS.  XVII.  31  =  TS.  IV.  6.  2.  2); 


D.QÜANTITÄTSVERSCHIEDENH.  IN  D.  SAJfH.-  ü.  PADA-TEXTEN  D.  V.    5 

es  entsteht  dadurch   der  pathetische  Fuss  |  —  i; |  statt 

des  häufigsten  \  vv |. 

(Prosa)  Ath.  XL  8,  15. 
Die  Pada- Verfertiger  haben  nicht  zu  trennen  gewagt,  weil  sie  nicht 
zu  entscheiden  vermochten,  ob  das  d  Dehnung  von  a  oder  Zusammen- 
ziehung von  ®a-4^  (prä-ä-vrita)  sei.  SÄyana  glossirt  das  Wort  zu  Rv.  I. 
162,  2  durch  sancato  veshtita;  da  sarvatah  seine  gewöhnliche  Glosse  fär 
das  Präfix  d  ist,  so  dQrfen  wir  daraus  schliessen ,  dass  er  pra-d-vnta  als 
grammatische  Form  annahm.  Die  unter  No.  36  (Iste  Abthlg,  S.  13) 
aufgeführten  Nummern  u.  s.  w.  sprechen  aber  sehr  dafür,  dass  das 
Präfix  nur  Repräsentant  von  prä  sei. 

106.    [prävHtya. 

(3  in  8)  Ath.  XL   8,   15. 
Nicht  metrisch;  vgl.   Iste  Abthlg  zu  No.  36  und  weiterhin  Be- 
merkung hinter  No.  111]. 

107.  [prävHsh  (Pän.  VI.  3,  116  betrachtet  das  d  als  Dehnung 
von  a,  vgl.  upänah  Iste  Abthlg,  S.  23;  die  Pada's  trennen 
weder  noch  verkürzen  sie). 

(6  in  8)  Ath.  XII.  1,  46;  könnte  metrisch  sein. 
(5  in  11)  Rv.  VIL   103,   3    und   9  |  -5^  w  —  |  zu   lesen:  prä- 
vrishi  ij(gatdydrn\. 

108.  [präYf^istafftäy  wie  die  Basis  prdvrish  unverkürzt  und  un- 
getrennt im  Pada. 

(5  in   11)  Rv.  VIL   103,  7  |  -5  v |]. 

109.  prä-Qriugä  (in  der  VS.  getrennt  und  ä  verkürzt,  s.  VPr. 
III.  103;  in  der  TS.  weder  getrennt  noch  verkürzt,  Whitney 
zu  TPr.  p.  99). 

(Prosa)  VS.  XXIV.   17.  —  TS.  IL  1.  3.   1;  4;  5. 
HO.     [präsacä  (weder  getrennt,  noch  d  verkürzt). 

(Prosa)  TS.  VIL  5.  11.   !]. 
111.     prä-Säh  (getrennt   und  d   verkürzt  RPr.  541;    TPr.  III.   5; 
AthPr.  III.   1). 

(6  in  8)  Rv.  L   129,  4^ 


6  THEODOR  BENFEY, 

(8  in  12)  Rv.  I.  129,  4^    (entweder  vifvääjfum   zu    lesen,    oder 
im    2ten    Fasse    nur    3  Silben;   ich  ziehe   die   erstre   Lese- 
weise vor). 
(4  in  8)    Rv.  V.  23.    1  =  TS.  I.   3.   14.  6    {präsdha   steht    für 
prdsähdh  Genetiv  zu  dyumndsya  gehörig;  &  für  as  wie  mehr- 
fach, vgl.  Iste  Abhandlung  in  Bd.  XIX,  S.  255  ff.)« 
(4  in   11)  Rv.  X.  74,  6. 
In  der  ersten  Silbe  Rv.  VIIl.  46,  20. 
Kurz  (9  in  11)  Rv.  VI.   17,  4. 

In  6  in  8 ,  8  in  1 2 ,  und  4  in  8  und  1 1  lassen  sich  die  Längen 
als  metrisch  entstanden  betrachten,  dafUr  könnte  man  auch  die  Kürze 
geltend  machen;  allein  die  Länge  in  der  ersten  Silbe  ist  entschieden 
nicht  metrisch  und  die  Kürze,  da  sie  nur  in  9  in  11  erscheint, 
also  in  einer  Silbe,  in  welcher  Kürze  weit  überwiegend  vorherrscht,  könnte 
durch  metrischen  Einfluss  an  die  Stelle  der  Länge  getreten  sein. 
Bemerkung  zu  97 — 111. 

In  den  unter  diesen  Nummern  aufgeführten  Wörtern  lässt  sich  die 
Länge  in  fr&  mehrfach  durch  Einfluss  des  Metrums  erklären,  vielleicht 
auch  durch  andre  —  wie  man  z.  B.  in  einigen  Fällen  geneigt  sein  könnte 
der  folgenden  Liquida  i;  einen  solchen  zuzuschreiben  (vgl.  Iste  Abthlg, 
No.  36)  — ;  allein  die  Fälle,  welche  sich  nicht  dadurch  erklären  —  wie 
die  Länge  in  Prosa,  in  der  Isten  und  3ten  Silbe,  in  5  in  8,  vor  h  — 
sind  in  verhältnissmässig  so  beträchtlicher  Anzahl  vertreten ,  dass,  wenn 
wir  nicht  eine  rein  zufallige  Entstehung  dieser  Längen  annehmen  wol- 
len —  wozu  man  sich  auf  dem  heutigen  Standpunkt  der  Sprachwissen- 
schaft schwerlich  verstehen  wird  —  man  sich  auch  hier  zu  der  Vermu- 
thung  getrieben  fühlt,  dass  —  wie  so  vieles  Uralte  —  so  auch  in  frA 
sich  in  diesen  Fällen  —  vielfach  durch  das  Metrum  geschützt,  eine  ur- 
sprünglichere Form  dieses  Präfixes  erhalten  haben  möge;  und  dafür 
spricht  schon  im  Allgemeinen  der  Umstand,  dass  diese  Länge  auch  im 
Zend  in  frd  erscheint  (s.  Justi  unter  frd  S.  195,  ferner  von  frdSpa, 
S.  202,  an  in  mehreren  Zusammensetzungen,  endlich  in  der  Verbindung 
mit  Verben  z.  B.  unter  i:  frdryant^   unter  karet:  frä-kerehtat  u.  s.  w.). 


D.  QUANTITÄTSVERSCHIEDENfl.  IN  D.  SAJtfH.-  ü.  PADA-TEXTEN  D.  V.    7 

Dass  die  Indeclinabilia  auf  ä  grösstentheils  sicherlich  einst  statt  dessen 
auf  d  auslauteten  und  in  diesen  Formen  der  alte  Instrum.  Sing,  ihrer 
thematischen  Basen  zu  erkennen,  ist  schon  mehrfach  bemerkt.  Hier 
hat  sich  zumal  diese  alte  Form  in  einem  Worte  erhalten,  welches  wir 
gewissermassen  als  Nebenform  von  prd  betrachten  können,  nämlich  in 
purä'  (für  älteres  pard\  vgl.  purds  =  ndQog  und  GWL.  I.  136  ff.;  Fick, 
Indog.  Wtbch  I.  141);  aber  auchp-d  selbst  ist  in  sskr.  prä-tär  bewahrt, 
welchem  der  Bed.  nach^riech.  nQcJt  entspricht;  wie  man  auch  über  dast 
in  diesem  letzteren  Worte  entscheiden  mag  (vgl.  Fick  I.  663),  das  n^co 
davor ,  so  wie  das  entsprechende  althochd.  fruo ,  in  welchem  ein  Reprä- 
sentant des  griech.  #  fehlt,  dfirfen  wir  unbedenklich  dem  sskr.  prd  in 
prdtdr  gleichstellen. 

Sind  diese  Zusammenstellungen  aber  richtig,  dann  wage  ich  auch 
das  TT^cü  in  ngvö^ro  damit  zu  identificiren  und  in  diesem  ein  nach  Ana- 
logie von  ziiaQ'to  (=  sskr.  catur-thd,  lat.  quar-to  für  quatvar-to  u.  s.  w.) 
ni/in-jo  (=  lat.  quin-to  für  quinc^to  =  zend.  pukhdha  für  arisches  "^pank-^ 
tha)  &-T0  (=  lat.  seX'to^  sskr.  shash-tha  für  älteres  svaks-tha)  u.  s.  w. 
aus  nQ(o-  gebildetes  Ordinale  zu  sehen,  vgl.  sskr.  pra-tha-ma. 

Demgemäss  dürfen  wir  —  wohl  mit  einiger  Wahrscheinlichkeit  — 
vermuthen,  dass  prd-  in  manchen  der  unter  No.  92-7IO6  aufgeführten 
Fälle,  vielleicht  in  allen,  die  ursprüngliche  Form  des  Präfixes  pra  sei, 
welche  sich  theils  unter  dem  Schutze  des  Metrums,  theils  unmittelbar 
hier  erhalten  hat. 


112.  plthft-kirJta  (VPr.  III.  128,  vgl.  SvPr.  217,  wo  ausser 
diesem  auch  noch  andre  Zusammensetzungen  aufgeführt  wer* 
den,  in  denen  ein  auslautendes  a  des  vorderen  Gliedes  vor 
folgendem  -karna  gedehnt  werde;  aber  keines  der  übrigen  ist 
bis  jetzt,  so  viel  mir  bekannt,  belegt). 

(Prosa)  VS.  XXIV.  4.     (Die  theilweis  entsprechende  Stelle  in 
der  TS.  V.  6.  12  hat  V.  L.). 


8  THEODOR  BENFEY, 

113 — 114.     makshü"  (Trennung  der  Zsstzg   und  Verkürzung   des 

4,  s.  RPr.  437;  441  ,  vgl.  Illte  Abhdlg,  S.  24  unter 
makshü,  und  IVte,  3te  Abthlg,  S.  4;  5;  so  wie  die 
VIte  Abhandlung  unter  makshü). 

Vorbemerkung:  Durch  einen  unglücklichen  Zufall  ist  in  der 
IVten  Abhdlg,  3te  Abthlg.  S.  5  hinter  der  5ten  Zeile  der  Schluss  des 
Artikels  makshÜ,  sowie  der  ganze  Artikel  ma^A  und  der  Anfang  des 
Artikels  madata  übersehen   worden. 

Ich  muss  daher  bitten  hinter  dieser  Zeile  folgendes  in  den  Text 
zu  setzen,  nämlich  für  makshü  die  hier  in  den  Text  aufgenommenen 
Belege  von  *(4  in  8)'  an  bis  zu  der  Note,  für  mada  und  madata  das 
in  der  Note  mitgetheilte. 

(4  in  8)  Rv.  I.  39,  7. 

(4  in   11)    Rv.  I.  58,  9  =  60,   5  =  61,   16  (=  Ath,  XX.  35. 
16)  =  62,   13  =  63,  9  =  64,   15  (Refrain).  —  IIL  31,  20 
(vgl.  sogleich) 
(5  in  8)  Rv.  VIII.  81   (70).  9. 
(5  in  11)  Rv.  IX.   88  (77),  7. 
(5  in   12)  Rv.  VIII.  22,  10  I  -J—  t;  —  I  1). 
In   der  Zusammensetzung  erscheint  im   vorderen  Glied  makshü-  in 

113.    maksh  ü'-makshü. 

(2)  Rv.  III.  31,  20  (vgl.  oben  Z.  15). 


1)  Dahinter  bitte  ich  in  IV.  3,  S.  5  hinzuzufügen: 
„126.  mada  (RPr.  501). 
Rv.  X.  63,  8  (eigentlich  8  in  12 :  denn  es  ist  suastäye  zu  lesen ,  vgl.  Ute  Abhdlg, 
XIU.  §.  6).  Nimmt  man  es  für  die  2te  Sing.  Imptivi,  dann  erklärt  sich  die 
Länge  durch  die  Zweizeitigkeit  derselben  (s.  lYte  Abhdlg,  1  S.  34  kalpaya); 
wahrscheiDÜch  ist  es  aber  die  Iste  Sing,  für  madäni  (vgl.  Ludwig  in  Abhdlgen 
d.  böhm.  Ges.  d.  W.  1874,  S.  22). 

127.    madata  (RPr.  502;  SvPr.  246).    Der  Auslaut  war  doppelzeitig,  8.  IVte 
Abhdlg,  2te  Abthlg,  S.  10  unter  caJcpma.^^ 
Dano  folgt  IVte  Abb.,  3te  Abth.,  Z.  6. 


D.  QÜANTITÄTSVERSCHIEDENH.  IN  D.  SAMH.-  ü.  PADA-TEXTEN  D.  V.    9 

114.    maksh  ü'-javastama. 

(2)  Rv.  VI.   45,    14. 

Bemerk,  zu  113.  114: 

makshü  mit  kurzem  u  erscheint  nur  in  dem  Worte 

makshüm-gamd  (Ry.  VIII.  22,  16],  in  welchem  auch  makshü  mit 
langem  ü  verkürzt  worden  wäre  (s.  Vollst.  Gramm,  der  Sskrit-Spr.  S.  137, 
§.  374;  Pänini  VI.  3.  66),  so  dass  diese  Kürze  nicht  für  ein  Thema  auf 
kurzes  u  entscheidet;  eben  so  wenig  giebt  das  dem  späteren  Sskrit  an- 
gehörige  gleichbedeutende  mankshu  das  Recht  im  Veda  makshü  als  Basis 
anzusetzen.  Dennoch  ist  ein  zu  Grunde  liegendes  nominales  Thema  auf 
ü  kaum  wahrscheinlich ;  in  primären  Bildungen  auf  ü ,  deren  Zahl  ge- 
ring ist,  sind,  wie  schon  (Vo.-Sskr.-Gr.  S.  158)  bemerkt  ist,  gross tentheils 
ursprüngliche  Feminina  von  Themen  auf  ü  zu  erkennen.  Auch  spricht 
die  in  der  IVten  Abhdl.,  3te  Abth.,  S.  5  angedeutete  Etymologie  dafür, 
dass  ein  reduplicationsloses  Desiderätiv  zu  Grunde  liegt«  von  welchem 
bekanntlich  die  Nomina  des  den  Verbalbegriff  vollziehenden  durch  u  ge- 
bildet werden.  Wir  haben  demnach  auch  für  makshü'  als  Basis  der  Ab- 
leitung m^kshu  zu  Grunde  zu  legen;  daraus  können  wir  m^ikshü!,  wo  es 
in  der  2ten  und  in  der  4ten  Silbe  erscheint,  durch  Einfluss  des  Metrums 
erklären;  allein  wo  es  in  der  5ten  Silbe  (in  8,  11  und  12 silbigen  Stollen) 
erscheint,  ist  dies  kaum  erlaubt;  ich  wage  desshalb  für  diese  Fälle  mit 
Entschiedenheit  makshü  als  eine  Zusammenziehung  von  makshü-A,  vedi- 
schem  Instrumental  Sing,  von  makshü.  zu  betrachten  (vgl.  IVte  Abhdlg, 
2te  Abth.,  S.  15),  welches,  wie  so  viele  Instrumentale,  zu  Adverb  ge- 
worden ist.  Eben  so  ist  makshü  alsdann  natürlich  auch  in  den  Fällen 
zu  betrachten ,  in  denen  es  andern  Falls  als  metrisch  entstanden  anzu- 
sehen  sein  würde,  d.  h.  wo  es  sich  in  der  zweiten  und  vierten  Silbe 
eines  Stollens  zeigt.  Stimmt  man  mir  hierin  bei,  dann  dürfen  wir  auch 
in  m^ikshum-gamd  das  ü  für  ursprünglich  halten;  das  ü  in  mankshu 
dagegen  werden  wir  als  eine  in  den  Adverbien  so  häufige  Verkürzung 
des  Auslauts  betrachten.  In  den  in  der  VIten  Abhdlg  aufzuführenden 
Ableitungen  von  makshü,  nämlich  makshü'bhis,  makshittama  und  makshüjfü^ 
Histor.'philolog.  Glosse.  XXVI.  4.  B 


10  THEODOR  BENFEY, 

in  denen  das  ü  nur  in  der  2ten  Silbe  vorkömmt,    schreibe   ich  dagegen 
die  Länge  dem  Einfluss  des  Metrums  zu. 

115.  matt-Tfd  (VPr.  III.  96). 
(6  in  8)  VS.  XXII.   12. 

Metrisch. 

116.  mann  ä-Tfdh  (im  Ath.-Pada  weder  getrennt  noch  mit  ver- 
kürztem Vocal,  doch  wird  Dehnung  angenommen,  vgl.  Ath- 
Pr.  III.  3;  IV.  68  und  dazu  Whitney;  ö.  auch  Pdn.  VI. 
3,   116). 

(2)  Ath.  XL    10,  26. 
Metrisch. 

117—118.     mfthü-  (RPr.  545)  8.  Bemerkung  zu  117—118. 

117.  mlth Ü-kritam  (dass  das  Thema  mithükrit,  nicht,  wie  Sdyana 
und  St.  Petersbger  Wtbch  annehmen,  mithükrita  sei,  ist 
schon  von  Grassmann  bemerkt;  die  Bed.  ist  'wetteifernd'). 

(6  in  8)  Rv.  X.   102,   1. 

1 1 8.    mlth  ü-drfQä. 

(6  in  8)  Rv.  L  29,  3  (=  Ath.  XX.  74,  3). 
(10  in  12)  Rv.  n.  31,  5. 
Bemerkung  zu  117 — 118. 

mithü  erscheint  in  den  Veden  nur  mit  langem  ü  (vgl.  noch  VPr.  IIL 
128;  TPr.  IIL  14);  jedoch  findet  es  sich  unzusammengesetzt  nur  an 
Stellen,  in  denen  ein  auslautendes  a,  i^  u  nach  der  allgemeinen  Regel 
gedehnt  wird,  nämlich 

(8  in  11)  Rv.  VL  18,  8. 

(10  in  11)  Rv.  I.  162,  20'  (=  VS.  XXV.  43  =  TS.  IV,  6.  9.  4). 
Kurzes  Uy  nämlich  mithü,  erscheint  in  TBr.  und  Kfith.  (s.  St.  Pe- 
tersb.  Wörterb.  s.  v.  mithu  V.  776);  ausserdem  beweist  der  vedische  ad- 
verbiale Instrumental  mithüyä!  (Rv.  VIL  104,  13)  unzweifelhaft,  dass  das 
Thema  auf  u  auslautete.  Da  sich  nun  auch  die  Länge  in  den  Zusam- 
mensetzungen (6  in  8  und  10  in  12)  nur  in  Stellen  fand,  in  denen  sie 


D.  QUANTITÄTSVERSCHIEDENH.  IN  D.  SAJlffl.-  U.  PADA-TEXTEN  D.  V.    11 

durch  metrischen  Einfluss  entstanden  sein  kann,  so  könnte  man  geneigt 
sein ,  dem  Pada  und  den  Prdtifäkhya's  beipflichtend ,  mithü  als  eine  nur 
durch  das  Metrum  herbeigefQhrte  Umwandlung  von  tnühü  zu  betrachten; 
es  würde  dessen  Acc.  sing.  ntr.  in  adverbialer  Bedeutung  sein.  Aber 
eben  so  gut  kann  die  Länge  grammatisch  sein,  nämlich  aus  dem  alten 
Instrum.  sing,  mithud  (wie  S.  9  in  makshü')  durch  Zusammenziehung  von  ud 
zu  ü  entsanden;  dieses  wird  durch  mithuyd'  wahrscheinlich;  dann  wäre 
in  dem  späteren  mCthü  das  u  Verkürzung,  wie  oft  insbesondre  in  inde- 
clinabel  gewordenen  Casus  (im  Instr.  der  Themen  auf  a  auch  in  der 
grOssten  Categorie  der  Nomina,  vgl.  Abhdlg  IV,  Abthlg  1,  S.  28  ff.). 

119.    yajftä-s&h  (RPr.  540). 

(2)  yajnd-sä'ham  Rv.  X.  20,7  (über  d  in  -sdham  vgl.  VIte  Abhdlg). 
Metrisch. 
120.  yavl-yüdll  (RPr.  553).  Von  unserm  Standpunkt  aus  würde, 
wenn  das  lange  f  wirklich  als  Dehnung  einer  grammatischen 
Kürze  zu  betrachten  wäre,  dieses  Thema  in  die  VIte  Ab- 
handlung zu  verweisen  sein.  Denn  es  ist  keinem  Zweifel  zu 
unterwerfen,  dass  es  keine  Zusammensetzung  ist,  sondern 
ein  suffixloses  Nomen,  beruhend  auf  dem  Frequentativ  von 
yudh,  gebildet  nach  Analogie  der  vedischen  Frequentative 
tavitu  von  tu  (Rv.  IV.  40,  4),  navinu  von  nu  (Rv.  VI.  3,  7; 
VII.  87,  2).  Demgemäss  ist  das  {  nicht  als  Dehnung  zu  be- 
traehten,  sondern  nach  den  angeführten  Analogien,  zu  denen 
dann  in  Bezug  auf  dieses  i  auch  noch  andre  treten,  wie  z.  B. 
von  yam  Frequentativ  ganigam,  yon  phan:  pani-phan^),  deren  i 


1)  Beiläufig  erwähne  ich  die  aus  'Verz.  d.  Oxforder  Handschriften  160,  b,  5' 
im  St.  Petersb.  Wtbch  mitgetheilte  Stelle  mit  den  drei  analogen  Frequentativen 
von  Jor,  hhar,  har 

yo  'khilani  jagat  | 
carikarti  baribharti  saip  jariharti  lilayälj. 
Ich  übersetze  sie:    welcher  spielend  die  ganze  Welt  wiederholt  schafiFt,   erhält  und 
zerstört. 

B2 


12  THEODOR   BENFEY, 

auch    weder  von  den  PrdticAkhya-  noch  den  Pada- Verfassern 
verkürzt,  also  als  grammatisch  betrachtet  wird,     yaviyüdh  ist 
demgemäss    ein    sufiixloses    Nomen   agentis    mit    Intensivbe- 
deutung  und  heisst  ein  gewaltiger  Kämpfer. 
Pada,  Prdti^dkhya  und  Säyana  fassen  das  Thema  aber  als  eine  Zu- 
sammensetzung;  Sdyana  speciell,  wie  wir  aus  dessen  Commentar  zu  Rv. 
X.  61,  9  ersehen,  als  eine  von  einem,  bis  jetzt  nicht  belegten  Thema  yam^ 
welches  er  von  yu  'mischen,  mengen,   verwirren'  in  der  Bed.  stören  (vgl. 
im  St.  Petersb.  Wtbch  2yw  m\lä,  udnä,  pra,  sam)  ableitet  vlxxA  yudh\  er  glos- 
sirt  es  demgemäss  durch  yajnami^ayitrindm  rakshahprabhriHnäm  yoddhä  *Be- 
kämpfer  der  das  Opfer  störenden  Rakshas  und  andrer  Dämonen*.     Zu  Rv. 
VIII.   4 ,  6    fehlt   in   den   Handschriften  A.  Ca.    und  B.  1     und   demge- 
mäss in  M.  MüUer's  Text  die  Erklärung  von  yaviyüdhd;  in  der  Varietas 
lectionis  (T.  IV,   p.  21)  wird  jedoch  eine  aus  B.  4    mitgetheilt,   nämlich 
vajrdyudhena  yuddhamdnena^  wo  also  das  erste  Wort  ebenfalls  durch  yat;t, 
das  zweite  durch  yudh  und  das  Compositum  durch  *mit  dem  Donnerkeil 
kämpfend'  erläutert  wird;  hier  scheint  yavi  von  3  yu  *fern  halten,  ab- 
wehren' abgeleitet  zu  sein;    das   ganze  Compositum    wird    dann   im  Text 
mit  hala  *Heer'  identificirt. 

Diese  indische  AuiFassung  ist  ein  weiteres  und  eines  der  schlagend- 
sten Zeugnisse  für  die  geringe  Kenntniss  der  vedischen  Sprache,  welche 
die  Inder  zur  Zeit  der  Pada-  und  Pr4ti9dkhya-Abfassung  besassen  und 
zugleich  welch  geringen  Einfluss  die  weitere  Zunahme  derselben  bis  zu 
Sdyana's  Zeit  auf  die  Interpretation  auszuüben  vermochte. 

Die  Stellen,  in  denen  das  Wort  vorkömmt,  haben  das  i  in  der 
lOteu  Silbe  eines  elfsilbigen  Stollens  Rv.  X.  61,  9  und  eines  zwölf- 
silbigen  Rv.  VIII.  4,  6.  Die  Länge  könnte  also  Folge  des  Metrums 
sein.  Dasselbe  ist  auch  in  der  Mehrzahl  der  übrigen  im  Rv.  erschei- 
nenden Intensiva  mit  i  möglich,  nämlich  (10  in  12)  in  samtdvitvat  Rv. 
IV.  40,  4  wo  aber  samtdvitiuxt  zu  lesen  (=  VS.  IX,  14  wo  aber  VL. 
=  TS.  I.  7.  8.  3  wo,  wie  im  Rv.),  (10  in  \\)  in  navinot  Rv.  VL  3,  7 
und  VII.  87,  2;  (10  in  11]  in  avarivuh  Rv.  X.  51,  6  (dass  es  für  ava- 
rivaruh  steht,  ist  wohl  nicht  zu  bezweifeln;    Säyana  nimmt  an,  dass  ve- 


D.  QUANTITÄT8VERSCHIEDENH.  IN  D.  SAJtfH.-  U.  PADA-TEXTEN  D.  V.     13 

disch  die  Endung  us  eingebüsst  sei;  eher  ist  diese  erhalten  und  ar  ein- 
gebüsst,  um  den  Stollen  in  Analogie  mit  den  übrigen  drei  elfsilbig  zu 
gestalten;  die  Einbusse  wurde  durch  die  Lautähnlichkeit  des  vorherge- 
henden vari  nahe  gelegt.  Da  übrigens  zwölfsilbige  Stollen  und  elfsilbige 
Stollen  oft  in  einem  und  demselben  Verse  gemischt  sind,  könnte  die 
Einbusse  vielleicht  noch  eher  einem  der  Recitirer,  auf  welchem  der  Text 
unsrer  Stelle  in  letzter  Instanz  beruht,  zuzuschreiben  und  anzunehmen 
sein,  dass  der  Dichter  die  volle  Form  gebraucht  habe);  ferner  10  in  12 
in  vdrivrijat  (Rv.  VI.  58,  2);  dann  noch  (ebenfalls  10  in  12),  in  pänipha- 
nat  Rv.  IV.  40,  4  (=  VS.  IX.  14  =  TS.  L  7.  8.  3)  und  Ath.  III.  10,  6 
in  sarisripdm\  endlich  in  6  in  8  in  sarisripdm  Rv.  X.  162,  3  =  Ath.  XX. 
96,    13;  ebenso  Ath.  XIX    48,   3. 

In  allen  diesen  Stellen  war  t\  wenn  es  ursprünglich  kurz  war,  noth- 
wendig  zu  dehnen,  da  die  lOte  Silbe  in  elf-  und  zwölfsilbigen  Stollen, 
so  wie  die  6te  in  achtsilbigen  wohl  nie  kurz  sein  durfte  (darüber  wird 
eingehend  in  den  'Beiträge  zur  vedischen  Metrik'  gehandelt  werden). 

Dagegen  erscheinen  zunächst  drei  Stellen,  in  denen  die  Länge  sich 
in  der  2ten  Silbe  zeigt,  nämlich  varivrijat  (Rv.  VII.  24,  4),  vdnivdnah 
(Rv.  X.  47,  7),  sarisripä'ni  (Ath.  XIX.  7,  1);  so  wie  eine,  wo  in  4  in 
11,  nämlich  avanivah  in  Rv.  X.  129,  1;  da  die  2te  und  4te  Silbe  auch 
häufig  kurz  erscheinen  ,  könnte  man  hier  zweifeln ,  ob  die  Länge  dem 
Einfluss  des  Metrums  zuzuschreiben  sei;  allein  wir  haben  in  diesen  Ab- 
handlungen schon  so  viele  Fälle  gesehen,  in  denen  ursprünglich  kurze 
Vocale  an  diesen  Stellen  gedehnt  wurden  (vgl.  auch  Ite  Abhdlg,  S.  231 
d  und  e),  dass  wir  wohl  berechtigt  sind,  auch  hier  den  Einfluss  des  Me- 
trums anzunehmen. 

Ferner  findet  sich  eine  Stelle,  wo  die  Länge  in  7  in  11  erscheint, 
ganiganti  Rv.  VI.  75.  3  (=  VS.  XXIX.  40  =  TS.  IV.  6.  16.  1),  so 
dass  als  zweiter  Fuss  |  —  t;  —  —  |  entsteht;  die  Dehnung  ist  zwar  weit 
entfernt  an  dieser  Stelle  vom  Metrum  gefordert  zu  werden,  da  |  —  vi  —  ! 
viel  häufiger  ist;  allein  jener  Fuss  scheint  unter  besonderen  Umständen 
—  wo  ein  gewisses  Pathos  beabsichtigt  ward,    wie  mir  scheint  —  jsehr 


41  THEODOR   BENPEY, 

beliebt  gewesen  zu   sein   und  ich   erblicke   deshalb   auch    hier  die  Mög- 
lichkeit, dass  die  Länge  durch  das  Metrum  herbeigeführt  sei.  . 

Stimmt  man  hierin  bei,  dann  bleibt  im  Rv.  nur  eine  Stelle,  in 
welcher  die  Länge  nicht  als  metrisch  entstanden  aufgewiesen  werden 
kann,  nämlich  Rv.  L  164,  31  =  X.  177,  3  =  VS.  XXXVIL  17  = 
Ath.  IX.  10,  11,  wo  vartvartti  (so  mit  tt,  wie  VS.  richtig  hat,  ist  im 
Rv.  und  Ath.  statt  varivarti  zu  schreiben)  mit  i  in  der  3ten  Silbe  eines 
elfsilbigen  Stollens  (es  ist  bhüvaneshu  antäh  zu  lesen)  erscheint.  Dass 
das  Metrum  eine  Dehnung  in  der  3ten  Silbe  habe  veranlassen  können, 
scheint  mir  bis  jetzt  weder  bewiesen  noch  auch  nur  wahrscheinlich  ge- 
macht  werden  zu  können.  Ich  glaube  aber  kaum,  dass  diesem  einen 
Fall  —  welcher  schwerlich  durch  den  sogleich  zu  erwähnenden  zweiten 
aus  der  VS.  Unterstützung  erhält  —  den  verhältnissmässig  zahlreichen 
gegenüber,  deien  Länge  sich  aus  dem  Metrum  erklärt,  ein  Gewicht  bei- 
zulegen ist,  zumal  wenn  man  bedenkt,  dass  aus  Fduinfs  Lehre  über  die 
Intensiv  -  Reduplication  (VII.  4.  82 — 87;  90 — 92)  geschlossen  werden 
darf,  dass  in  den  Schriften,  auf  welchen  seine  Regeln  für  classisches 
Sanskrit  beruhn  —  und  dies  sind  natürlich  nicht  die  Veden-Samhita's  — 
langes  i  herrschte  (z.  B.  schreibt  er  von  skand  a.  a.  O.  84  caniskadya 
caniskand  vor,  wie  der  Seh.  mit  Recht  annimmt,  während  Rv.  VII.  103,  4 
kdmshkan  mit  kurzem  i  hat);  gewiss  konnte  dieses  spätere  Vorherrschen 
der  Länge  irgend  einen  der  Recitirer,  auf  welchem  in  letzter  Instanz 
die  Fassung  dieser  Stelle  beruht,  dahin  beeinflussen,  dass  er  auch  hier 
vartvartti  statt  vartvartti  ^)  sprach. 

Ausser  dieser  Stelle  giebt  es,  wie  schon  angedeutet,  nur  noch  eine 
zweite,  in  welcher  das  1  sich  nicht  mit  Entschiedenheit  oder  hoher  Wahr- 
scheinlichkeit aus  dem  Einfluss  des  Metrums  erklären  lässt;  aber  wenn 
überhaupt  die  vedischen  Stellen ,  welche  sich  nicht  im  Rv.  finden ,  für 
die  Erkenntniss  der  vedischen  Sprache  nur  mit  Zurückhaltung  benutzt 
werden  dürfen,    so  ist  dies  speciell   bei  dieser  dadurch   noch   mehr  ge- 

1)  Die  Schol.  zu  Pan.  YII.  4.  90  führen  beide  Formen  als  Beispiel  auf,  was 
ich  nnr  beiläufig  bemerken   will. 


D.  QUANTITÄTSVERSCHIEDENH.  IN  D.  SAJfH.-  ü.  PADA-TEXTEN  D.  V.    15 

boten,  dass  einmal  der  Vers,  in  welchem  das  für  uns  wichtige  Wort  er- 
scheint, entschieden  an  Verderbniss  leidet  und  zweitens  die  Taittirlya- 
Samhitd,  in  welcher  dieser  Vers  ebenfalls  vorkömmt,  statt  dieses  Wortes 
eine  Variante  hat. 

Der  Vers  lautet  in  der  VS.  XXIII.  7 

ydd  vä'to  apö  agan^an  priyä'm  Tndrasya  tanväm  | 
ei&&  stotar  an^na  pathft'  pünar  ä9vam  d'  vartaydsi  nah  ||. 
Die  TS.,  wo  er  sich  VII.  4.  20.  1  findet,  hat  dgamad  statt  des  gegen 
die  Regel  —  da  es  von  ydd  abhängig  ist  —  accentlosen  aganigan ,  dann 
mit  anderer  Ordnung  und  Schreibart  Tndrasya  tanüvam  priydm  und  etina 
statt  anina.  Das  Metrum  wird  im  Commentar  zu  der  VS.  als  Brihati 
bezeichpet,  d.  h.  8-f-8+l2  +  8;  das  soll  es  auch  unzweifelhaft  sein, 
trotz  dem,  dass  in  beiden  Texten  der  3te  Stollen  nur  1 1  Silben  hat  und 
in  der  VS.  der  erste  9  statt  8.  Was  den  3ten  betrifft,  so  ist  der  Schluss: 
pathä  pünar  der  regelmässige  der  zwölfsilbigen  \  v  —  v  -^  j  ,  so  dass  der 
Mangel  in  den  beiden  ersten  Füssen  liegt,  wohl  am  ehesten  in  dem 
zweiten;  denn  wenn  der  erste  Fuss  mangelhaft  sein  sollte,  nur  drei- 
silbig:  I  eid^  sto  \  ,  dann  würde  das  auslautende  a  in  anina  (oder  eUna) 
die  8te  Silbe  repräsentiren  und  hätte  als  die  achte  eines  zwölfsilbigen 
Stollens  nach  der  allgemeinen  Regel  gedehnt  werden  müssen.  Den  ersten 
Stollen  können  wir  mit  Leichtigkeit  auf  die  richtige  Zahl  reduciren, 
wenn  wir  das  anlautende  a  von  aganigan  durch  das  vorhergehende  6  ab- 
sorbiren  lassen;  dadurch  ist  dann  auch  der  Accentfehler  weggeräumt,  indem 
der  Accent  dieses  a  in  Folge  davon  mit  dem  von  6  in  apö  zusammen- 
fällt; freilich  widerspricht  diese  Streichung  des«  dem  VPr.,  indem  diese 
Stelle  nicht  unter  denen  angeführt  wird,  in  denen  a  hinter  o  einge- 
büsst  sei.  Das  ist  aber  kein  Grund  uns  abzuhalten;  denn  die  Veden 
haben  Fehler  genug,  welche  älter  als  die  Pr&ti9dkhya's  sind.  Dass  im 
2ten  Stollen  tanüam,  oder  mit  der  TS.  tanüvam  zu  lesen  sei,  wodurch  die 
richtige  Silbenzahl  herauskommt,  versteht  sich  von  selbst. 

Der  gewöhnliche  Schluss  eines  achtsilbigen  Stollens  ist  bekanntlich 
eine  Dipodia  iambica  |  t;  —  v  -^  |.  Diesen  bietet  weder  die  Leseart  der 
VS.  noch  die  der  TS.  im  ersten  Stollen.    Doch  ist  der  gewöhnliche  Schluss 


16  THEODOR  BENFEY, 

überaus  häufig  durch  andere  ersetzt   und  es  kömmt  sowohl  der  der  TS. 
I  —  vvv  I  vor  (vgl.  z.  B.  bei  Max  Müller,  Rig-Veda-Sanhita,  translated  etc^ 
Preface  p.  CXXI — II),  als  der  der  VS.  (vorausgesetzt,  dass  man  ganigan 
liest)  \  —  v~v  \  (vgl.  z.  B.  ebds.  CXVI— VIII).     Auch  der  2te  Stollen 
hat  in  der  VS.  nicht  den  gewöhnlichen  Schluss,  sondern  |  vvvv  |»  statt  dessen 
aber  die  TS.,  jenen  bietet  \  v  —  v  —  |.    Welche  der  beiden  Lesearten  'gor- 
nigan  (denn  aganigan^   glaube  ich,    därfen    wir   unberücksichtigt   lassen), 
oder  dgamat  die  ursprüngliche  des  Dichters  sei,  ist  mit  Sicherheit  schwer- 
lich  zu   entscheiden.      Wäre    sie  *ganigan^    dann    hätten    wir  f   in   einer 
Silbe,    der    siebenten   eines   achtsilbigen  Stollens,    in    welcher   zwar  die 
Länge    mehrfach   erscheint»    aber   fast   nie  (fast  habe  ich  wegen  des  in 
der  Abhdlg  'Ueber  einige  Wörter  mit  dem  Binde vocal  i  u.  s.  w.  S.  25  ff. 
besprochenen  durdharitum^  Rv.  X.   20,  2   hinzugefügt)    von  dem  Metrum 
hervorgerufen  ist.    Allein  in  diesem  Fall  würde  ich  —  gestützt  auf  Unter- 
suchungen   und  dadurch  empfangene  Eindrücke  in   Bezug  auf  den  Cha- 
racter  und  das  Alterverhältniss  des  Yajurveda  zum  Rv.,  welche  bestimmt 
sind   in   der  Einleitung   zu   der  Grammatik    der    vedischen  Sprache    ver- 
öffentlicht zu  werden  —  unbedenklich  wagen    zu    vermuthen,    dass    das 
Wort  'ganigan  vom  Dichter  durch  Einfluss  des  im  Rigveda   überlieferten 
gantganti  gewählt  sei  und  dass  er   in    einer  Zeit   lebte,    in  welcher    sich 
für  die  Intensiva  mit  eingeschobnem  i  schon,    wie  in  Pdnini's  Zeit,    die 
Länge  desselben    zu    überwiegender    Geltung    erhoben    hatte.       Freilich 
kann  ich  nicht  leugnen,  dass,  obgleich  'ganigan  dem  dgamat  der  TS.  ge- 
genüber den  Eindruck  einer  doctior  lectio  macht,  ich  dennoch  eher  noch 
vermuthen  möchte,    dass  dgamat  vom  Dichter  herrührte  und  dass  irgend 
ein  Recitirer,  oder  die,  welche  den  Text  der  VS.  im  Gegensatz  zu  dem 
der  TS.    fixirten  —  in    einer  Zeit,    wo  —   wie  Paniui's  Regeln   über   die 
Intensivbildung    durch   die  beträchtliche  Zahl   von  Intensiven,    die    noch 
in   keiner    Schrift    belegt    sind ,    zeigen  —  der  Gebrauch   von    Intensiven 
sehr  beliebt  war,  die  nach  ganiganti  des  Rv.  gebildete  Form  ganigan  an 
die  Stelle  von  dgamat  gesetzt  haben. 

Doch  mag  man  darüber  auch  anders  entscheiden,    ich  glaube  den- 
noch  mit   Bestimmtheit   behaupten   zu   dürfen,    dass    dieser   zweite  Fall 


D.  OÜANTITÄTSVERSCeiEDENH.  IN  D.  SAJlfH.-  U.  PADA-TEXTEN  D.  V.    17 

den  16  gegenüber,  in  denen  sich  die  Länge  durch  das  Metrum  erklärt» 
noch  viel  weniger  Bedeutung  hat,  als  der  erste. 

Ich  wage  demnach  unbedenklich  anzunehmen,  dass  die  Intensiva 
mit  eingeschobenem  i  zur  Vedenzeit  aus  solchen  mit  t  durch  Einfluss 
des  Metrums  entstanden  sind  und  dafür  spricht  auch  der  Umstand,  dass 
wir  im  Rv.  —  wahrscheinlich  auch  in  den  andern  Veden,  Ober  welche 
ich  nur  nicht  mit  derselben  Sicherheit  sprechen  kann,  weil  ich  in  deren 
Betreff  meine  Sammlungen  nicht  so  leicht  zu  verificiren  vermag,  wie 
die  für  den  Rv.  —  nicht  ein  einziges  Intensiv  mit  f  vor  Position 
antreffen,  wie  deren  Pdn.  so  viele  vorschreibt  —  so  z.  B.  im  Rv.  ffani- 
^am  in  ganiganti^  aber  gänigm-at-am  — ;  denn  dass  tdvitvat  (Rv.  IV.  40, 
4)  vom  Dichter  tavituat  gesprochen  ward,  ist  schon  oben  bemerkt. 

Ist  dem  Vorhergehenden  gemäss  das  lange  J  nur  durch  metrischen 
Einfluss  aus  kurzem  t  entstanden  —  und  ich  glaube,  dass  man  diess 
trotz  der  zwei  Stellen,  in  denen  diese  Erklärung  nicht  zutrifft,  kaum 
bezweifeln  wird  —  dann  fallt  die  von  mir  in  *Kurze  Sanskrit-Grammatik' 
§.  90,  S.  41  (1855)  aufgestellte  Entwicklung  der  Intensiv -Bildung  zu 
Boden.  Die  irrige  Auffassung  findet  ihre  Entschuldigung  —  ja  ihre  da- 
malige Berechtigung  —  darin,  dass,  bei  der  damals  noch  geringen  Kennt- 
nisQ  der  Veden-Grammatik  und  des  Verhältnisses  derselben  zu  der  des 
classischen  Sanskrits ,  ich  speciell  in  diesem  Fall  fast  ganz  auf  Pdnini's 
Grammatik  bauen  musste,  in  welcher  i  an  dieser  Stelle  fast  allein  er- 
laubt war,  %  —  und  zwar  neben  i  —  nur  in  der  ersten  Form  (d.  h. 
der  ohne  Suffix  ya)  und  zwar  einzig  bei  Verben ,  welche  ri  als  letzten 
oder  vorletzten  Buchstaben  in  den  indischen  Wurzel  Verzeichnissen  haben 
(Pdn.  VII.  4,  91— 92). 

Es  würde  nun  zwar  nothwendig  sein,  die  richtige  Auffassung  an 
die  Stelle  jener  unrichtigen  zu  setzen ,  allein  diese  ausführlich  zu  er- 
weisen, würde  einen  viel  grösseren  Raum  in  Anspruch  nehmen,  als  ich 
mir  hier  verstatten  mag,  und  eine  viel  längere  Zeit,  als  ich  jetzt  wich- 
tigeren Aufgaben  entziehen  darf.  Ich  beschränke  mich  daher  fürs  erste 
darauf  die  vorzunehmenden  Correcturen  mit  wenigen  Worten  anzugeben. 
Auch  dieses  würde  ich  mir  nicht  erlauben,  wenn  ich  bei  meinem  Alter 

Histor.'phüolog.  Glosse.  XXVL  4.  (^ 


18  THEODOR  BENFEY, 

hoffen  dürfte,  dass  es  mir  noch  vergönnt  sein  möchte,  die  Abhandlungen 
abzufassen,  welche  bestimmt  sind  einerseits  die  Brücke  vom  Indoger- 
manischen über  das  Arische  hin  zum  vedischen  Sanskrit  und  andrerseits 
von  diesem  zum  classischen  zu  schlagen;  denn  hier  erst  kann  die  Ent- 
wicklung der  Intensiv-  oder  vielmehr  Frequentativ-Bildungen  volles  Ver- 
ständniss  finden. 

Mit  Unrecht  habe  ich  die  durch  Verdoppelung  gebildeten  Nomina, 
wie  cardcarä,  in  der  kurzen  Sskr. -Gr.  mit  den  Frequentativen    zu    eng 
verbunden;  diese  treten  in  enge  Beziehung  zu  den  durch  Verdoppelung 
und  Affix  i  gebildeten  Adverbien  (Vo.-Gr.  d.  Sskritspr.  §.  682,  III,  S:  280; 
Pdn.  IL  2,  27;   V.  4,   127).      Ferner   ist  die  Frequentativ-Bildung   von 
mit  a  anlautenden  Verben  (so  ist  auch  ri  statt  ar  aufzufassen),  wie  ofdf, 
zu  welcher  ich  Sn-mn  mit  Recht  stellte  (vgl.  Leo  Meyer,   Vgl.  Gramm, 
der  Griech.  u.  Lat.  Spr.  L  429),   als   eine   besondre  von  der  der  conso- 
nautisch  anlautenden    zu    trennen.       In    der  letzteren    hat  die   indc^er- 
manische    Grundlage    kein    der    Reduplicationssilbe    folgendes   t    gehabt 
(griech.  dt'-ndXXio  von  ätdXXio  ist  sicher  nur  eine  phonetische  Umwand- 
lung von  &t~(naXX(o),  wie  schon  dadurch  wahrscheinlich  wird,  dass  sich 
in  keiner  der  verwandten  Sprachen  ein  Reflex  dieses  t  oder  (  findet  (in 
zend.  carekavy  gegenüber  von  sskr.  karikar  und  carikär,  ist  zend.  e  schwer- 
lich Reflex   von  sskr.  i,   sondern    das   gerade  hinter  r  oft  eingeschobene 
—  vgl.  z.  B.    karena  =  sskr.  kdrna  —    so   dass   ihm    sskr.   carkar  ent- 
spricht).     Den  vollen  Beweis  dafür  liefern   aber  Formen ,   wie  z.  B.  yo- 
nigam  (in  gärngmat-am)  ganigam  (in  ganiganti).      Denn   wenn  das  t  (  ur- 
sprünglich wäre,  so  stand  nichts  entgegen  gamlgam,  gamigam  zu  bilden; 
sie    sind   vielmehr   augenscheinlich   aus  gangam    oder  mit   nasalirtem   a 
gägam  {sip&ier  jangam)    hervorgegangen,    d.  h.   zu   einer  Zeit,    wo  das  y 
der  Reduplication  noch  nicht  zu  j  geworden  war  (vgl.  gdngd) ;  dem  durch 
folgende  Consonanten  bestimmten  Nasalen   stand  aber  der  dentale  Nasal 
am  nächsten,  vgl.  khan  aus  khanj  (Vo.-Sskr.-Gr.  §.  79,  Bem.  3,  S.  48). 
Dass   nur  %  ursprünglich   zwischen  Reduplication    und  Stamm   trat    und 
nur  in  Folge  des  Metrums   gedehnt  ward,    hoffe  ich   im  Obigen   höchst 
wahrscheinlich  gemacht  zu   haben.      Einige  Einzelheiten,    welche   einer 


D.  QÜANTITÄTSVERSCHIEDENH.  IN  D.  SAJJfH.-  ü.  PADA-TEXTEN  D.  V.    19 

Erläaterung    bedürfen,    muss    ich   für    die   eingehende  Behandlung  auf- 
bewahren. 

121.    rathä-säh  (BPr.  540). 

(6  in  8)  Rv.  VIII,  26.  20. 
Metrisch. 

122.  yaynnä-yfd  (RPr.  554;  VPr.  III.  96;  TPr.  III.  2). 

(8  in   12)    Rv.  V.  81,    1   =  VS.  V.   14  =  TS.    I.   2.   13.  1   = 
IV.   1.   1.   1. 
Metrisch. 

123.  Tasü-jü'  (RPr.   560). 

(6  in  8)  Rv.  VIII.  99  (88).  8. 
Metrisch. 

124.  vl-barbi  (Whitney  zu  AthPr.  III.  12). 
(5  in   8)  Ath.   II.  33,  7. 

Nicht  metrisch. 

125.    Tibh  ü-dä'yan  (TPr.  III.  7). 

(Prosa)  TS.  III,  5.  8.   1 ;  9.  2. 

126.  YibhYä-S&b  (RPr.   540). 

(6  in  8)    Rv.  IX.  98,   1    (=  Sv.  I.   6.  2.   1.  5,   wo  VL.  wJÄd- 
sdham,  auch  im  Pada;  vgl.  auch  £d.  Calcutt,  IL  160—162). 
(4  in  8)  Rv.  V.   10,  7. 

Metrisch;  von  vtbhvä  oder  dem  gleichbedeutenden  vüfhvan, 

127.  [Tlr  &Shä'f  s.  Vte  Abhdlg.  Ite  Abthlg.  S.  14,  Bern,  zu  No.  46 

abhtsb&h]. 


128—134.     Vi^vä-  in 

128.  Ti^yä'-nara  (im  RvPada  ohne  Trennung  und  ohne  Verkür- 
zung des  d' ;  eben  so  im  Sv.  —  trotzdem  SvPr.  218  die  Deh- 
»ung  des  a  lehrt;  vgl.  P&n.  VI.  3 ,  129;  in  dem  VSPada 
wird  verkürzt,  aber  nicht  getrennt,  s.  VPr.  III.  101;  V.  37). 
(in  2)  Rv.  I.  186,  1  (=  VS.  XXXIII.  34).  —  VII.  76.  1.  — 
VIII.   68  (57),   4  =  Sv.  I.   4.   2.  3.   6. 

C2 


20  THEODOR  BENFEY, 

(4  in  12)  Rv.  X.  50,  1  (=  VS.  XXXIII.  23). 
Die  Dehnung  ist  demnach  ursprünglich  wohl  nur  metrisch,  aber 
durch  die  ausnahmslose  Erscheinung  derselben  in  den  Veden  für  die 
spätere  Zeit  durchgehends  fest  geworden.  Dafür  spricht  auch  das  davon 
abgeleitete  vaigvdnard,  welches  im  Rv.  63  mal  vorkömmt,  und  zwar  61 
mal  in  der  2ten  und  2  mal  (nämlich  Rv.  VIII.  30.  4;  IX.  61  ,  16)  in 
der  4ten  Silbe,  also  beidesmal  an  Yersstellen,  in  denen  überaus  häufig 
ursprünglich  kurze  Silben  gedehnt  werden.     Vergleiche  jedoch  vifvd'fnitra, 

129.  Yl^^Tä-pÜSh  (RPr.  560;  VPr.  IIL   100). 

Das  Wort  erscheint  nur  zweimal,  beidemal  in  8  in  12  und  zwar 
das  eine  mal  (Rv.  I.  162,  22  =  VS.  XXV.  45)  mit  langem  4,  das 
andere  mal  (Rv.  VIII.  26,  7)  mit  kurzem  ä.  Wir  können  daraus  mit 
Entschiedenheit  schliessen,  dass  die  Länge  nur  metrisch  ist.  Denn 
da  die  Länge  in  8  in  1 2  beliebt  ist,  würde  sie  sicher  auch  in  der  letzteren 
Stelle  erscheinen ,  wenn  sie  grammatisch  wäre ;  sie  ist  nicht  eingetreten, 
weil  sie  nur  am  Ende  eines  Wortes  regelmässig  durch  Dehnung  herbei- 
geführt wird,  in  Mitten  eines  solchen  aber  nur  sporadisch. 

130.  Vi<JVä-bhÜ'  (RPr.   560;  VPr.  IIL   100). 

(10  in  12)  Rv.  X.  50,  1   =  VS.  XXXIIL  23. 

&n.  Asy.  Wenn  aus  vifvä  und  bhü  zusammengesetzt,  wie  die  Pada's, 
Prdti^dkhya's  und  indischen  Commentatoren  wohl  mit  Recht  annehmen, 
dann  ist  die  Länge  metrisch  entstanden.  Sie  wäre  grammatisch,  wenn 
Ghrassmann  s  Annahme  richtig  wäre,  dass  es  aus  vifva-dbhü'  zusammenge- 
zogen sei;  diese  wird  aber  durch  den  Accent  unwahrscheinlich,  welcher 
in  diesem  Fall  wohl  auf  der  vorletzten  Silbe  des  Themas  stehen  würde. 

13L  Vl^JV ä'-mltra  (in  dem  TSPada  getrennt  und  ä  verkürzt,  s. 
TPr.  III.  5;  in  dem  der  VS.  d  verkürzt,  aber  die  Composi- 
tion  nicht  getrennt,  s.  VPr.  III.  101;  V.  37;  in  denen  des 
Rv.  und  Ath.  weder  Verkürzung  noch  Trennung,  vgl.  Pdn. 
VL  3,  130  und  SvPr.  219). 

(2)  Rv.  in.   1,  21;   53,   7;  9;   12;    13.  —   X.  89.   17.  —   Ath. 
IV.  29,  5.  —  XVIIL  3,   15;   16. 


D.  QÜANTlTATSVERSCfflEDENH.  IN  D.  SAJUTH.-  ü.  PADA-TEXTEN  D.  V.    21 

(4  in  12)  Rv-  X.  167,   4   (vgl.  TS.  III.  1.   7.  3.  —  V.  4.   11.   3, 
wo    Vip)am%tra- Jamadagnt  im  Pada  getrennt  sind   und  das  d 
natürlich  nicht  verkürzt  ist;  an  beiden  Stellen  in  Prosa). 
(6  in  11)  Rv.  III.  18,  4  (vgl.  Bern,). 
(Prosa)  VS.  XIII.   57.  —  TS.  IV.   3.   2.   2.—  V.  2.  3—4;  4;   10. 
5;  4.  2.   2. 

Bern.     Kurz  erscheint  vifvamitra  (in  6  in  11)  Ath.  XVIIL  3,  63. 

Dass  auch  hier  die  Vifvdmitriden'  gemeint  sind  (nicht  etwa 

die  Kürze,  nach  Seh.  zu  P&n.  VI.  3,  130,  Abkömmlinge  von 

irgend  einem  andern  als    dem  Rishi    bezeichne) ,    zeigt    das 

ganze  Gedicht  (des).     Da  weder  das  St.  Petersb.  Wtbch  noch 

Whitney  im  AthPr.   diese  Form   mit  kurzem  a   statt  des 

langen  erwähnen,    so    möchte  ich   glauben,    dass  es    ein 

Druck-  oder  anderer  Fehler  ist. 

Uebersehen  wir  die  Stellen,  so  giebt  es  im  Rv.  nur  eine,  in  welcher 

sich  die  Länge  nicht  als  metrisch  entstanden  betrachten  lässt;  ausserdem 

mehrere  in  Prosa.     Ich  bin  demnach   geneigt,    wie  bei  vifvä'nara,  auch 

hier  anzunehmen,    dass   sie   ursprünglich   wohl  nur  metrisch   war,    aber 

durch   das  verhältnissmässig  häufige  Vorkommen    im  Rv.  fest  geworden 

ist.     Doch  will  ich  nicht  in  Abrede  stellen,  dass  es  nicht  unmöglich  ist, 

dass  sie  eintrat,  um  den  Namen  des  grossen  Rishi  von  andern  —  auch 

wohl  etwaigem  appellativen  Gebrauch   des  Wortes  —  zu  unterscheiden. 

Sehen    wir    doch    z.  B.   im  Grriechischen    nicht    selten    aus    demselben 

Grund  Accentwechsel  eintreten,    z.  B.  ^ap&og,    Adjectiv,    aber  Sdr&og, 

Nomen  proprium. 

132.  vl<JVi-r*'J  (TPr.  V.  3,   im  Pada  getrennt   und  ä  von  vifvä- 
verkürzt,  vgl.  Pdn.  VI.  3,  128;  SvPr.  218). 

(2?)  TS.  I.  3.  2.  1;  scheint  in  der  zweiten  Silbe  eines  acht- 
silbigen  Stollens  zu  stehen  (in  der  VS.  V,  24  fehlt  dieser 
Satz);  in  diesem  Fall  wäre  die  Länge  metrisch. 

133.  Ti<;Y&-säh  (RPr.  540;  VPr.  IIL  100;  TPr.  IIL  5). 

(2)  Rv.  IIL  47,  5  (=  VS.  VIL  36  =  TS.  I.  4.  17).  —  VUL 
92  (81),   1    (=  Sv.  L  2.  2.   2.  6). 


22  THEODOR  BENFEY, 

(4  in  S)  Rv.  VI.   44,  4  (==  Sv.  I.  4.  2.   2.   6). 
Metrisch. 
Vi<jvä-8hä'#  8.  Bemerk,  zu  No.  46  in  der  leten  Abtheilung  dieser 
Vten  Abhdlg,  S.  14. 

134.  vl^väTlä  (Im  Rv.-Pada  und  im  Sdmaveda-Pada  erscheint 
das  Wort  wie  in  der  Samhitd,  d.  h.  die  vorsichtigen  Verfasser 
dieser  Pada's  nahmen  entweder  die  SamhitÄ-Form  für  die 
grammatische,  oder  waren  —  was  mir  wahrscheinlicher  — 
über  die  grammatische  Auffassung  zweifelhaft.  Säyan^  bietet 
drei,  oder  vielmehr  nur  zwei  Erklärungen;  ob  diese  schon 
aus  der  Zeit  der  Pada-Verfertigung  des  Rv.  stammen,  ist 
natürlich  zweifelhaft.  Am  häufigsten  fasst  er  das  Wort  als 
eine  Zusammensetzung  von  vifva  und  ähd,  vedisch  für  dhäni, 
*alle  Tage'  (vgl.  die  grammatische  Erklärung  zu  Rv.  I.  100, 
19);  so  zuRv.  I.  25,  12;  90,  2;  100,  19;  102,  11;  160,  3. — 
III.  16,  2.  —  VII.  98,  1.  —  X.  18,  12;  53»  11.  Diese 
Erklärung  stimmt  mit  der  Accentuation  (vgl.  z.  B.  vtQvdjfu 
aus  tnpt;a-4yti) ,  passt  an  allen  Stellen,  ist  von  Grassmann 
(Wtbch  1306)  mit  Recht  als  einzige  hingestellt  und  allent- 
halben genügend.  An  fünf  Stellen  des  Rv.  und  der  einzigen, 
in  welcher  es  im  Sv.  erscheint,  glossirt  er  es  durch  sarvadä, 
ohne  eine  grammatische  Erklärung  zu  geben.  Da  dieses 
wörtlich  'zu  allen  Zeiten'  bedeutet,  so  föllt  es  wesentlich  mit 
der  ersten  Erklärung  zusammen;  allein  die  Häufigkeit  (zu 
Rv  VI.  47,  19;  75,  8;  17  (=  Sv.  IL  9.  3.  6.  3,  wo  ebenso 
glossirt  ist). —  X. 37, 2 (zweimal);  7)  und  noch  mehr  dieUeber- 
einstimmung  mit  der  Erklärung  von  vifvdha  (zu  Rv.  VII.  21, 
9)  und  vifvdhd  (zu  VI.  47,  15.  —  VIII.  43,  26;  44,  2.  — 
X.  78,  6;  88,  14;  91,  6)  scheint  mir  auf  eine  andere  gram- 
matische Auffassung  zu  deuten,  in  welcher  vigvcthd  nicht  in 
vifva-ahd  au%elöst  ward,  sondern  das  auslautende  hd  mit  dem 
auslautenden  hd  in  vifvähd,  oder  noch  eher,  vi^cthd  geradezu 
mit  %nfvdhd  und   vifvdhä  identificirt  ward    (wie  dies  ja  auch 


D.  QUANTITÄTSVERSCHIEDENH.  IN  D.  SAMI.-  ü.  PADA-TEXTEN  D.  V.    23 

im  St.  Petersb.  Wtbch  VI.  1240  und  1236  geschieht,  wo  zu- 
gleich eine  Identität  mit  vigvädha  und  vigvädhä  (VL  1229)  ange- 
deutet wird).    DafQr  spricht  auch  der  Umstand,  dass  auch  t»p- 
vahä  und  vifvähd,  wie  eben  vifvä'hä,  durch  vifveshv  ahahsu  glossirt 
werden,  jenes  zu  Rv.  IL  12,  15.  —  VIII.  48,  14;  dieses  zu  I. 
111,   3;    160,   5.  —    II.   24,    15;   32,   3;   35,    14.   —    IV.   31. 
12.  —  X.  100,  4;  das  letztre  auch  noch  durch  sarveshu  kdleshu 
•zu   allen  Zeiten*,  was  mit  'alle  Tage'  wesentlich  identisch. 
Ausser    diesen    wesentlich    gleichen   Glossen    hat  Säyana   an    einer 
Stelle  (zu  Rv.  IV.  42,  10)  eine  ganz  abweichende,  nämlich  vifvasya  hantar 
•Tödter,  Vernichter  von  allem'.     Sie  wird  bei  Sdyana  ohne  grammatische 
Erläuterung  gegeben.      Wir   werden   dieser  aber  sogleich  bei  Mahidhara 
zu  der  VS.  XVII.  48  begegnen. 

Die  Vf.  des  VPr.  sind  nicht  so  zurückhaltend,  als  die  des  RPr.  Aus 
VPf.  III.  101,  verglichen  mit  V.  37  ,  ergiebt  sich,  dass  die  Trennung 
in  Compositionstheile  zwar  für  den  Fada-Text  der  Vdjasaneyi  verboten 
ist,  die  Verkürzung  des  et  in  vifvd  dagegen  vorgeschrieben  wird,  also  im 
Pada  vifvähd  zu  schreiben  war.  Die  grammatische  Auffassung,  welche 
hier  zu  Grunde  liegt,  ist  die,  welcher  wir  eben  in  SÄyana's  Glosse  zu  Rv. 
IV.  42,  10  begegnet  sind,  welche  uns  jedoch  nur  einmal,  in  Mahi- 
dhara's  Commentar  zur  VS.  XVII.  48,  aber  etwas  modificirt  und  zugleich 
mit  der  andern,  durch  ein  'oder'  verbunden,  entgegentritt;  sie  lautet 
hier  vi^Tähä  Ti^^TäU  sarvdn  (so  bei  Weber)  gaträn  a  samantdd  hanti\ 
er  zerlegte  also  vigvA'hä  in  mcva-dnhA,  vielleicht  des  Accents  wegen; 
doch  ist  damit  wenig  gewonnen,  da  das  Präfix  d  —  wenigstens  der  Regel 
nach  —  nicht  bewirkt  hätte,  dass  die  bei  der  Auffassung  dieses  Wortes 
als  vifvä-hd  mit  der  Bedeutung  'alles  tödtend'  nöthige  Oxytonirung  sich 
in  Paroxytonirung  verwandeln  konnte^);  neben  dieser  Erklärung  er- 
scheint dann  die  andre  durch  sarvdny  ahäni  und  sarvadä.  An  den  übri- 
gen Stellen  VS.  VII.  10  (=  Rv.  IV.  42,  10);  VIII,  5;  XVI.  49;  XVIL 
78  und  XXIX.  45  wird  das  Wort  durch  vifvany  ahäni  und  sarvadä  glossirt. 
1)  In  der  Samhitä  ist  hier  bei  Weber  viQv£  hä  in  zwei  Wörtern  gedruckt,  was 
natärUch  zu  ändern  ist,  da  vifvd  allein  paraxytonirt  sein  würde. 


24  THEODOR  BENFEY, 

In  dem  TPr.  wird  nun  noch  weiter  gegangen;  III.  5  wird  gelehrt, 
dass  in  vi^ä-,  wenn  es  das  erste  Glied  eines  Compositum  ist  und  im 
Pada  Trennung  Statt  findet  (vgl.  III.  1  und  7) ,  das  ä  verkürzt  wird. 
Whitney  hat  vifvä-hd  zwar  in  seinem  Commentar  zu  III.  5  nicht  auf- 
geführt; aber  in  der  TS.  IV.  6.  4.  5  findet  sich  im  Pada  (s.  ed,  Weber 
T.  I.  S.  393)  in  der  That  vifva-hä',  und  zwar  mit  bei  dieser  Auffassung 
richtiger  Oxytonirung,  im  Gegensatz  zu  Rv.  (VI.  75,  17),  Sv.  (II.  9.  3. 
6.  3)  und  VS.  (XVII.  48).  wo  der  Accent  auf  Opvrf'-  fällt.  Allein  die 
TS.  weicht  in  diesepi  Verse  auch  in  andrer  Beziehung  von  Rv.,  Sv.  und 
VS.  ab,  welche  wenigstens  in  der  Paroxytonirung  von  vifvä'hd  mit  ein- 
ander übereinstimmen.     Sie  hat  nämlich  als  zweiten  Halbvers 

I'ndro  nas  tdtra  vritrahd'  vi9vdhd'  9ärma  yacchatu  || 
während  Rv.    und  Sv.  wesentlich    identisch ,    statt   dessen  folgende   drei 
Stollen  darbieten 

tdtrd  (Sv.  täträ  s.  Illte  Abhdlg,  S.  16)  no  brdhmanas  pdtir 

A'ditih  9drma  yacchatu 
vi^vd'hd  (drma  yacchatu  ||. 

Bezüglich  der    drei   Stollen   —  statt  der  zwei  der  TS.  —   stimmt 
auch  die  VS.  mit  Rv.  und  Sv. ;  allein  hier  lauten  sie 
tdtra  (so  NB.  ohne  Zusammenziehung  von  -a  i-  zu  ^)  Tndro  Brihdsp^tir 

A'ditih  9arma  yacchatu 
vi9vd'hd^)  (drma  yacchatu  ||. 

Die  Hauptabweichung,  oder  wenigstens  die  für  uns  wichtigste,  ist, 
dass  die  TS.  vor  vifvdha  als  V.  L.  vritrahä'  hat;  denn  dem  Einfluss 
dieses  Wortes  wird  wohl  am  Ende  die  Erklärung  von  vifVifhä  als  'AU- 
tödter'  und  in  der  TS.  auch  die  Versetzung  des  Accents  zu  verdanken 
sein;  der  Commentar  erklärt  es  hier  wesentlich  in  Uebereinstimmung 
mit  der  3ten  oder  vielmehr  2ten  im  Rv.  ducch  paraMyasarvaprdmghdH 
'Vernichter  aller  feindlichen  Geschöpfe'  (TS.  ed.  Calc.  T.  IV,  p.  613,  Z.  2). 

Ausserdem,  bemerke  ich  beiläufig,  bietet  die  TS.  denselben  Laut- 
complex,    aber  paroxytonirt  IV,  6.  6.  3  (=  VS,  XXIX.  45  =  Rv.  VI. 

1)  8.  Note  zu  S.  23. 


D.QÜANTITÄTSVERSCHIEDENH.  IN  D.  SAJfH.-  ü.  PADA-TEXTEN  D.  V.    25 

75,  8),  WO  der  Pada-Text  ihn  richtig  als  eine  Composition  von  m^a-aha 
fasst  und  der  Commentar  ihn ,  wie  im  Rv.  und  der  VS.  vorwaltend, 
durch   'alle  Tage'  erklärt  (ed.  Calc.  T.   IV,  p.  640). 

Endlich  erscheint  er  auch  ,proparoxytonirt  und  zugleich  paroxytonirt 
vifvd'hd,  wo  er  natürlich  aus  zwei  Wörtern  vifvd  und  dhä  besteht.  Die 
Stelle  findet  sich  TS.  IV.  6.  2.  6.  Wenn  sie  alt  ist,  erhebt  sie  die 
überwiegend  vorherrschende  Auffassung  von  vifvahd  als  Composition  von 
vifva  und  ahan  im  Plur.  Acc.  Ntr.  dhä  (=  ähäni)  über  allen  Zweifel. 
Ich  kann  aber  nicht  leugnen »  dass  ich,  obgleich  es  sich  nicht  streng  be- 
weisen lässt,  überzeugt  bin,  dass  nur  das  vifvä'hä  des  Kigveda  überliefert 
war  und  sowohl  das  vifvd'hd  als  vifvdhä'  der  TS.  auf  den  zwei  andern 
versuchten  Interpretationen  beruhen.  Wir  haben  dann  hier  zwei  Fälle, 
wo  der  Interpretation  zu  Gefallen  der  ursprüngliche  Accent  auf  zweierlei 
Weisen  willkürlich  geändert  ist. 

Bemerkung:  Ich  konnte  nicht  umhin,  im  Vorhergehenden  vifva- 
dhd^  vifvadhä^  vifvahä  und  vifvahä  zu  erwähnen  und  war  genöthigt  auch 
den  Auslaut  dieser  Wörter  zu  untersuchen ;  diese  Untersuchung  bestätigt 
zwar  im  Wesentlichen  nur,  was  ich  schon  in  meiner  Vo.-Sskr.-Gr.  (1852) 
S.  237,  CLI  bemerkt  habe,  allein  da  es  sich  jetzt  vollständig  und  mit 
wenigen  Worten  erweisen  lässt.  möge  es  mir  verstattet  sein,  diese  Ge* 
legenheit  dazu  zu  benutzen. 

viQvädhd,  txifvädha  und  vifvdhä  kommen  —  so  viel  ich  bemerkt 
habe  —  nur  im  Rv.  vor;  vifvähd  im  Rv.  und  ausserdem  an  drei  Stellen 
des  Atharva,  welche  sich  nicht  im  Rv.  finden.  Der  Pada-Text  hat  an 
allen  Stellen  dieselbe  Form  wie  die  Samhild;  so  würde  ihre  Betrachtung 
eigentlich  weder  in  diese  Vte  noch  auch  in  die  IVte  Abhdlg  gehören; 
allein,  da  es  keinem  Zweifel  zu  unterwerfen  ist,  dass  der  Auslaut  ur- 
sprünglich entweder  nur  lang  oder  kurz  sein  konnte,  so  erlaube  man 
mir  einen  von  den  Fällen  dieser  Art,  welche  die  Präti^dkhya's  unberück- 
sichtigt gelassen  haben  und  von  mir  für  eine  Vllte  Abhdlg  aufgehoben 
\faren  —  die  aber  wenigstens  fürs  erste  nicht  veröffentlicht  wird  — 
festzustellen. 

Histor.-philolog.  Classe.  XXV  1.  4.  D 


26  THEODOR   BENFEY, 

Da88  die  Formen  auf  d  (d.  h.  alte  Instrum.  Sing.)  die  ursprüng- 
liche widerspiegeln,  geht  aus  folgendem  hervor. 

vi^ädhd  findet  sich  zwar  nur  einmal,  nämlich  Kv.  I.  141,  6  an 
einer  Stelle,  wo  es  nicht  nothwendig  metrisch  hätte  entstehen  müssen, 
nämlich  in  7  in  12  (—  r -2. — );  dafür  äher  das,  davon  nur  durch  den 
bekannten  Uebergang  von  dh  in  h  verschiedene, 

vifvähä  in  mehreren,  und  zwar  für  den  grammatischen  Character 
des  Auslauts  entscheidenden,  nämlich 

1)  am  Ende  eines  Verses:  Rv.  IL  32,  3.  —  X.  91,  6.  —  Ath. 
XU.   1,   17.   —  XIX.   50,   2. 

2)  am  Ende  eines  Halbverses:  Rv.  VIII.  43,  26;  44,  22.  — 
X.  78.  6.  —  Ath.  XII.   1,  27. 

3)  am  Ende  eines  Stollens:  Rv.  I.  111,  3;  160,  5.  —  IL  24, 
15.  —  X.   100,  4. 

In  diesen  drei  Fällen  ist  kein  metrischer  Einfluss  denkbar,  so  dass 
diese  12  Stellen  dafür  entscheiden,  dass  in  der  vedischen  Zeit  der  Aus- 
laut dieses  Wortes,  so  wie  der  des  mit  ihm  identischen  vi^adhä  noch 
mit  Länge  gesprochen  ward. 

Aus  den  beiden  Formen  mit  a,  nämlich  vifvädha  und  vifvmhä,  möchte 
man  nun  vielleicht  geneigt  sein  zu  schliessen,  dass  in  der  Vedenzeit 
auch  die  Aussprache  mit  kurzem  Auslaut  sich  geltend  gemacht  habe. 
Ich  zweifle  aber  sehr,  ob  dieser  Schluss  gerechtfertigt  sein  würde.  Diese 
beiden  Formen  erscheinen  nämlich  nur  an  Versstellen,  in  denen  ein 
auslautender  Vocal  gedehnt  werden  muss,  aber  vor  Position  nicht  ge- 
dehnt werden  darf  (vgl.  Ute  Abhdlg).  An  allen  diesen  Stellen  folgt 
ihnen  nun  Position  und  ich  glaube  daher,  dass  in  der  langen  Zeit  der 
Corruption,  oder  selbst  erst  bei  der  Feststellung  des  Textes ,  an  diesen 
Stellen  eben  durch  diese  Position  das  a  seine  Länge  eingebflsst  habe 
(vgl.  weiterhin  zu  Rv.  VII.  21,  9).  Hält  man  diese  Annahme  für  zu 
kühn,  so  könnte  man  vermuthen,  dass  die  Kürze  zu  einer  Zeit  einge- 
treten sei,  wo  sich  die  Verkürzung  in  dem  Suffix  dhä  und  A4,  wie  in 
ddha^  saha\  so  auch  in  vifvädhd  und  vifvdhä  angefangen  hatte  geltend  zu 
machen    und   wegen   der   folgenden   Position    das  Metrum   nicht   störte. 


D.  QÜANTITÄTSVERSCHIEDENH.  IN  D.  SAME.  U.  PADA-TEXTEN  D.  V.    27 

Nicht  unmöglich  ist  auch ,  dass  die  Verkürzung  durch  den  Eiitfluss  der 
Volkssprachen  herbeigeführt  ist,  in  denen  eine  natürliche  Länge  vor  Po- 
sition verkürzt  ward  (vgl.  Lassen  Inst,  1.  Pracr.  p.  138,  E.  Kuhn,  Beitr. 
z.  Pdli-Gr.  S.  17). 

Die  hieher  gehörigen  Fälle  sind  in  Betreff  von: 

Yl^^Yädhä: 

(8  in  11)  Rv.  L  63,  8  (vor  ksh), 

(10  in   11)  Rv.  L   174,   10  (vor  sy),  —  IV.    16,   18^)  (vor  sy). 

von  yi^yähä: 

(8  in   11)  Rv.  IL   12,   15  =  Ath.  XX.  34,   18  (vor>r).  —  Rv. 
VIIL  48,   14  (vor  pr). 

Demgemäss  (vgl.  noch  einen  Grund  am  Ende  dieses  Absatzes)  be- 
trachten wir  in  vifvddhd  die  oben  angeführte  Länge  in  7  in  1 2  als  gram- 
matisch; eben  so  auch  wo  sie  in  8  in  12  erscheint,  Rv.  IX.  79,  2;  auch 
wo  in  10  in  12,  Rv.  V.  8,  4.  —  Ebenso  die  in  vifvdhd  (in  7  in  11) 
Rv.  IL  35,  14.  —  VL  1,  3.  —  X.  88,  14,  und  (in  10  in  12)  Ath. 
LX.   2,  19. 

Ferner  werden  wir  Rv.  IV.  31,  12,  wo  die  Krasis  der  beiden  ersten 
Stollen  aufzuheben  ist  eifvähä  schreiben,  wie  auch  der  Pada-Text  hat» 
und  können  es  nur  billigen,  dass  der  Pada*Text  überhaupt,  wo  eiüe 
Krasis  aufzuheben  ist,  die  Länge  schreibt,  so  vifvädhd  Rv.  VII.  22,  7 
(so  wohl  auch  in  Ath.  XX.  73,  1,  dessen  Pada  mir  aber  unbekannt) 
und  Rv.  VIIL  5,  1  (=  Sv.  I.  3.  1.  3.  6  wo  aber  vifvdthä).  —  Ebenso 
vifvähd  Rv.  VI.  47,  15.  Auch  in  diesem  Verfahren  der  Pada- Verfertiger 
dürfen  wir  einen  weiteren  Grund  für  unsre  Annahme  erkennen,  dass  in 
den  Veden  nur  langes  d  als  Auslaut  anzuerkennen  ist. 

Endlich  ist  in  Rv.  VII.  21,  9,  wo  sich  vifväha  vor  Position  findet, 
scheinbar  in  der  9ten  Silbe  eines  elfsilbigen  Stollens,  statt 

sdkhdyas  ta  Indra  vi9v£hä  syäma 
zunächst 


1)  In  M.  Müller's  Index    S.  530  ist  lY.  16,  18   unter   vifvädhä  zu  streichen 
und  unter  vifvddhä  hinzuzufügen;  femer  ist  lY.  19,  6  unter  vifvddhä  zu  streichen. 

D2 


28  THEODOR   BENFEY, 

sdkhdyas  tendra 
zu  lesen  (vgl.  IVte  Abhdlg,  3te  Abthl.,  S.  11).  Dadurch  wird  die  letzte 
Silbe  von  vifväha  die  achte  und  zwar,  dh  siäma  zu  lesen  ist,  eines  elf- 
silbigen  Stollens.  Da  also  diese  Position  nur  scheinbar  ist,  würde  nach 
der  allgemeinen  Regel  das  a,  selbst  wenn  es  ursprünglich  kurz  wäre,  zu 
dehnen  sein,  musste  also  auf  jeden  Fall  hier  seine  Länge  bewahren. 
Dass  es  kurz  erscheint,  ist  sicherlich  wieder  nur  Folge  der  scheinbaren 
Position  und  bestätigt  die  oben  ausgesprochene  Vermuthung,  dass  das  a 
auch,  wo  es  sonst  kurz  erscheint,  nur  durch  die  Einwirkung  der  Po- 
sition verkürzt  ist.  Dass  der  Dichter  hier  vi^dhä  sprach,  ist  keinem 
Zweifel  unterworfen  und  in  einem  Versuch,  dessen  Fassung  herzustellen, 
werden  wir  unbedenklich 

vi9väh&  sidma 
lesen. 

135.  Vishü-Vrit  (RPr.   554;  Whitney  zu  AthPr.  III.   12). 
(2)  Rv.  II.   40.  3.  —  X.  43,   3   =  Ath.  XX.   17,   3. 
(10  in   12)  Ath.  X   2,   11. 

Metrisch  (vgl.  mit  kurzem  u  vishu-drüha^  vishu-rüpa). 

136.  TrIshä-yÜdh  (RPr.  552);  vgl.  Bem.  zu   137. 
(2)  Rv.  I.  33,  6. 

137.  Yrishä-ravä  (RPr.  559;  SvPr.  216,    ohne   dass  es  sich  im 
Sv.  findet). 

(2)  Rv.  X.    146,   2. 
Bem.  zu  136.   137.     Sonst  im  Veda  stets  vrishä"  als  vorderes  Glied, 
z.  B.   vrisha-kratu   u.  s.  w.    (im  St.  Petersb.  Wtbch    VI.   1337  ff.);    nur 
vrisha-kapi   macht   eine  Ausnahme,    welches    aber    auch  im  Pada  mit  d 
geschrieben   und    nicht  getrennt    wird;     wie   aber   in    NoI  136.   137    die 
Dehnung  unzweifelhaft  nur  dem  Metrum  verdankt   wird,    so   kann   dies 
auch  in  diesem  Wort  der  Fall  sein,  denn  auch  dieses  erscheint  nur  in 
(6  in  8)  Rv.  X.   86,   1;    3;    4;    8;    18;    20;    22    (=  Ath.  XX. 
126,   1;   3  u.  8.  w.  in  denselben  Versen), 


D.  QÜANTITÄTSVERSCHIEDENH.  IN  D.  SAME.-  ü.  PADA-TEXTEN  D.  V.     29 

(in  2)  Rv.  X.  86,  2  (=  Ath.  XX.   126,  2). 
(in  4)  Rv.  X.  86,   12  (=  Ath.  XX.   126,   12). 
Eben  so  auch  in  vrishä-kapäyin 

(in  2)  Rv.  X.  86,    13  (=  Ath.  XX.   126,   13). 
SvPr.  216  führt  noch,  viishämodani  und  vrishädarhha  an,  welche  sich 
aber  in  keiner  der  Veden-Samhitd's   finden;    das   erstere  —  aber  in  der 
Form  vrishämodirA  —  erscheint  im  Kdthaka,  das  zweite  im  Mahdbhärata. 

■  • 

138.  YaibhÜ-Tasä  (RPr.  554);  Patronymikum  von  vibhitvasu  (s. 
No.  17),  anomal  gebildet;  müsste,  der  Regel  nach,  -vasava 
auslauten. 

(2)  Rv.   X.   46,   3. 
Metrisch. 

139.  <^trü-säb  (RPr.  540). 

(2)  fatrüshd'hah  Rv.  VIII.  60  (49),  6.  —  fatrüshd't  Ath.  V.   20, 
11   (vgl.  Bern,    zu  No.  46  in  der  ersten  Abthlg   dieser  Ab- 
hdlg  S.   14;  über  das  -4-  vgl.  die  VIte  Abhdlg). 
Metrisch. 

140.    <;iiftfh  a-k&r«ta  (VPr.  III.  128) 

(Prosa)  VS.  XXIV.   4. 

141.  <^Tä'-pada  (im  Rv.-Pada,  wie  in  der  Sawihitä,  geschrieben; 
ebenso  im  Ath.-Pada,  obgleich  AthPr.  III.  1 0  das  d  als  Deh- 
nung von  a  auffasst,  vgl.  Whitney  zu  der  Regel;  die  Deh- 
nung erwähnt  auch  SvPr.  220,  obgleich  das  Wort  im  Sv. 
nicht  vorkömmt,  vgl.  Kd9ikd  zu  Pän.  VI.  3,  137). 
fvä'pada  erscheint  in 

(6  in  8)  Ath.  XI.  9,   10;  es  ist  fuä'padam  zu  lesen. 

(10  in   12)  Rv.  X.   16,  6  =  Ath.  XVIII.   3,   55;  auch  hier  ist 

fuä'padah  zu  lesen. 
(2)  Ath.  XI.   10,  8  ebenfalls  fuö!^  zu  lesen. 
In  allen  drei  Fällen  kann  die  Dehnung  also  durch  metrischen  Ein- 


80  THEODOR  BENFEY, 

Aqss  herbeigefahrt  sein,  und  dass  dies  wirklich  stattgefunden  habe,  wird 
durch  fvdpadäm  (von  fvapad  ^)  in  Ath.  VIII.  5 ,  11  und  XIX.  39  ,  4 
höchst  wahrscheinlich ;  denn  ft?a-  erscheint  in  beiden  Versen  in  der  vierten 
Silbe  eines  achtsilbigen  Stollens,  in  welcher  die  Länge  nicht  nöthig  ist, 
aber  doch  so  häufig  vorkömmt  und  durch  Dehnung  herbeigeführt  wird, 
dass  man  mit  Sicherheit  behaupten  darf,  dass,  wenn  in  fvA-  als  vor- 
derem Glied  das  d  grammatisch,  und  nicht  metrisch  wäre,  die  Länge 
sicherlich  in  dieser  Versstelle  erhalten  wäre.  Dass  in  beiden  Stellen  das 
hier  in  Frage  kommende  a  —  das  erste  in  gvdpad  —  der  vierten  Silbe  des 
Stollens  angehört,  ist  keine  Frage ;  fraglich  ist  nur  ob  ähnlich  wie  in  pt^- 
paula  zu  lesen  sei  fuä^,  oder  vielmehr  fva^  und  vidghrdh  statt  vydgkrah. 
Für  die  letztere  Lesung  spricht  —  fast  entscheidend  —  dass  vidghrd  in  allen 
metrischen  Stellen,  in  denen  es  —  so  viel  mir  bekannt  —  im  Veda 
vorkömmt,  dreisilbig  zu  lesen  ist,  nämlich  VS.  XIX.  9.  —  Ath.  IV.  3, 
1;  3,  6.  —  VL  38,  1;  HO,  3  (wo  auch  dhni  a^  z.  1.);  140,  1*  (der 
zweite  Stollen  ist  entweder  verderbt  oder  in  metrischer  Beziehung  sehr 
unregelmässig).  —  XII.  2,  43.  —  XIX.  46,  5.  (In  XIL  1,  49  ist  es 
des  Metrums  wegen  zu  streichen). 

142.     <jvä-vfdh  (VPr.  IIL  96;  TPr.  IIL  2;  in  AthPr.  UL   3  wird 

zwar    die   Dehnung   anerkannt,   aber  nach   IV.  68   wird   im 

Pada  nicht  verkürzt  und  nicht  getrennt,  s.  auch  SvPr.  220» 

Pdn.  VL   3,   116). 
(In  1)  VS.  XXIIL  56. 
(3  in  8)  Ath.  V.  13.  9- 

(Prosa)  VS.  XXIV.  33.  —  TS.  V.  5.  20. 
Bem.     Die  Länge  ist   wohl   durch  Einfluss   von  fvd'pada   (No.  141) 
fixirt. 

143.    sadanä-säde  (RPr.  56i). 

1)  Denn  dass  gvä'pada  eine  Ableitung  von  gvdpad  durch  sekundäres  a  sei,  ist 
wegen  des  Accentes  sehr  unwahrscheinlich.  Wäre  sie  es  dennoch,  dann  wäre  die 
Länge  grammatisch ;  allein  die  indische  Grammatik  betrachtet  sie  als  nnregelmässig 
{nip&m),  vgl.  die  angeführte  Stelle  der  Eä^ikä  mit  Fan.  VI.  3,  136. 


D.  QUANTITÄTSVERSCHIEDENH.  IN  D.  SAJtfH.-  U.PADA-TEXTEN  D.V.    31 

(6  in  8)  Rv.  IX.  98,   10  =  Sv.  IL   5.   2.  18.  3. 
Metrisch. 

144.  saiftdhan  ä-Jf t  (Whitney  zu  AthPr.  IIL  12,  p.  130). 
(6  in  8)  Ath.  XVII.   1,  1. 

(10  in  11)  Ath.  V.  20,  3. 
(10  in  12)  Ath.  XIIL   1.  37. 
Metrisch. 

145.  sahasr ä-p08h&  (Whitney  zu  AthPr.  III.   12,  p.   130). 

(3  in  11)  Ath.  VII.  48,  2    (aber  Rv.,    wo   der    Vers  II.  32,  5 

erscheint,  hat  ä). 
(Metrum  dunkel)  Ath.  VI.  79,  3. 

Kurz  (5  in  8)  Ath.  VI.  141,  4. 

146.    sumat  !-yrf dh  (VPr.  IIL  96). 

(6  in  8)  VS.  XXII.   12. 
Metrisch. 

147.    gü-y&män  (Whitney  zu  AthPr.  III.  21.    p.  138  und  n.  f); 
vgl.  Bern. 

(5  in  12)  Ath.  IV.  27,  1  (wodurch  |  -^t? |,  statt  |  w | 

entsteht). 

Bemerkung.  Im  Rigveda  findet  sich  st^ätna  stets  mit  kurzem  ü 
und  ebenso  in  den  entsprechenden  Stellen  in  den  übrigen  Samhitä's;  so 
Rv.  I.  180,  1.—  II.  24,  15;  27,  17  =  28,  11  =  29,  7.  —  III.  7.  3; 
61.  2.  —  V.  28,  3  (=  VS.  XXXIII.  12  =  Ath.  VII.  73,  10);  55, 
1.  —  VII.  35,  2  (=  Ath.  XIX.  10,  2).  —  IX.  81,  4.  —  X.  44,  2  (= 
Ath.  XX.  94,  2);  85,  23  (=  Ath.  XIV.  1,  34  wo  aber  V.  L.)  Ausser- 
dem swfdma  auch  im  Ath.  VII.  82,  3.  Selbst  in  der  Stelle,  wo  es 
mit  Länge  angefahrt  ist,  Ath.  IV.  27,  1 ,  hat  der  gedruckte  Text  nach 
zwei  Handschriften  die  Kflrze;  Whitney  corrigirt  diese  a.  a.  O.  jedoch 
ausdrücklich ;  ob  mit  Recht,  wage  ich  nicht  zu  entscheiden.  Etwas  zwei- 
felhaft werde  ich  dadurch,  dass  sü  —  ausser  in  einigen  Stellen,  welche  in 
der  folgenden  No.  angefahrt  werden  —  nur  an  Stellen  gedehnt  erscheint, 
in  denen  die  Dehnung  sich  aus  dem  Metrum  erklärt  (vgl.  IVte  Abhdlg, 


32  THEODOR   BENFEY, 

3te  Abthlg,    S.   19  ff.   und   in  der  VIten  Abhdlg  sümdya ,    wo  die  Länge 
in  8  in  11   erscheint,  also  auch  metrisch  ist). 

148.  sü-y&vasa,  su-yavasä'd,  sü-yavaslnf,  sü-yayasyti  (RPr. 

544;    TPr.   III.   7;    Whitney    zu  AthPr.  III.   21);    vgl.  Bern, 
zu  No.    147. 
(8^in  11)  Rv.  VI.  27,  7   {süyavasyii). 
Entschieden   metrisch. 

Dagegen  fraglich  ob  metrisch. 
Rv.  I.    190,  6  süydvaso  IL   27,   13,  süyävasd.  —    VI.  28,  7  siiyd- 
vasam  (=  Ath.  IV.  21,   7.    wo  süyavase).  —    VIL   18,  4,    sütfä-- 
vase.  —  X.   106,  10  süydvasdt 
In  allen  diesen  Stellen  (I.   190,  6  ist  supraituh  entweder  Repräsen- 
tant  von    vier   Silben ,    oder  wahrscheinlich    wirklich    viersilbig  supraituh 
zu  lesen)    erscheint   die  Länge  in   der  5ten  Silbe   elfsilbiger  Stollen,    so 
dass  —w  —  statt   des   minder    gebräuchlichen   wv  —  als  zweiter  Fuss 
eintritt. 

Nicht  metrisch: 

(1   Silbe)  Rv.  L  164,  40,   süyavasd'd  {—  Ath.  VIL  73,  11  = 
IX.   10,  20).  —   VIL  99,  3  süyavasini  (=  VS.  V.   16  =  TS. 
L   2.    13.  2). 
(3  in  8)  Rv.   I.  42,   8,  süydvasam. 
Sollte    das    häufige  Vorkommen    von  sü   mit  metrischer  Dehnung 
die    nicht  metrische  Dehnung   in   diesen   Zusammensetzungen    herbeige- 
führt haben?/  oder   wäre   sie  auch  hier  metrisch  z.  B.  um  bei  süyavasint 
in  Rv.  VIL  99,  3    u.  s.  w.    den    Proceleusmaticus  vwv  im   ersten  Fuss 

4 

zu  vermeiden?      Ich  kann  darauf  noch  keine  bestimmte  Antwort  geben, 
ehe  die  Beiträge  zur  vedischen  Metrik  vollendet  sind. 

149.  stanä-bhüj  (RPr.  545). 

(2)  Rv.  L    120,   8. 
Metrisch. 

150.     SVä-dhr  (TPr.  IIL   5). 

(2)  TS.  I.  3.  14.  6 ;  es  ist  suädhiyam  zu  lesen.     Der  Vers  ist  aus 


D.  QUANTITÄTSVERSCHIEDENH.  IN  D.  SAJffl.-  U.  PADA-TEXTEN  D.  V.    33 

Rv.  1.  71,  8,  wo  der  Pada-Text  su-ädhyäm  theilt.     Derselbe 
Vers  erscheint  auch   in  der  VS.  XXXIII.  1 1 ;    dessen  Pada- 
Text  ist  mir  leider  nicht  zugänglich;    wenn   wir  aber  wagen 
dürfen    anzunehmen,    dass  der  Commentator  Mahidhara  ihn 
gekannt  hat,    dann  stimmte  er    mit  dem  des  Rv.    fiberein; 
denn  die  Glosse  lautet  sushpu  {=  gu)  samantät  (=  ä)  dhydyate 
[=  dht).     Sdyana  zu  der  TS.  erklärt  svädkt  hier  und  in  der 
sogleich  zu  erwähnenden   Stelle  durch   svdyattacitta  (TS.  ed. 
Calc.  I.  578  und  580). 
(10  in  11)  TS.  L  3.   14.  5  (es  ist  suAdhth  zu  lesen)  =  Rv.  X. 
45,   1   =  VS.  XII.  18.     Auch  hier  theilt  Rv.-Pada  s^ddhCh 
und  der  Commentator  zu  der  VS.  glossirt  auch  hier,  als  ob 
der  Pada-Text  ebenfalls  su-ädk(h  getheilt  habe,   nämlich  po- 
bhand  (=  SU)  dhitd  (=  ä)  dMh;   die  damit  wesentlich  über- 
einstimmende Glosse  zu  TS.  ist  schon  erwähnt. 
Ueberhaupt  kennt    in   allen  Stellen,    in   denen   svddhC  im  Rv.  er- 
scheint —  und  es  sind  deren  ziemlich  viele  —   der  Pada-Text  nur  ^u- 
ddh<\    auch  im  Sv.-Pada   erscheint  I.  6.  2.   1.  4    (=  Rv.  IX.  101,  10) 
I  SU  I  ddhyah  |.     In  Sv.  I.  5.   2.   5.  4  (=  Rv.  IX.  65 ,  4)  erscheint  statt 
der  Leseart  des  Rv.  eine  stark  abweichende  Variante. 

151.  hart-^yä'  (VPr.  III   127  in  der  Kdnva-  Recension  der  VS.) 
(6  in  8)  VS.  V.  8  (in  der  K&nva-Rec.  cf.  Weber's  Ausg.  p.  169; 

die  Mddhyandina  hat  hart-.     Die  Dehnung  ist  wohl  das  rich- 
tigere; natürlich  ist  sie  nur  metrisch). 

152.  ]iasft-mud&  (Whitney  zu  AthPr.  IV.  50.  Der  Pada-Text 
liest  wie  die  Samhitd;  es  ist  wohl  kein  Dvandva-Compositum, 
vgl.  St.  Petersb.  Wtbch  u.  d.  W.) 

(6  in  8)  Ath.  VII.  60,  6. 
(2)  Ath.  XIV.  2,  43. 
Metrisch. 

153.  briday  ä-yf dh  (RPr.  654;  VPr.  in.  96;  TPr.  III.  2;  Ath- 
Pr. III.  3,  vgl.  IV.  68,  wonach  es  im  Ath.-Pada,  wie  in 
der  Samhitd;  Pän.  VI.  3»  116). 

Histor.^hUolog.  Classe.  XXVI.  4.  E 


34 


THEODOR  BENPEY, 


(6  in  8)  Ath.  VIII.  6,  18. 

(8  in  II)  Rv.  I.  24,  8  (=  VS.  VIII.  23  =  TS.  I.  4.  45.   1). 
Metrisch. 

154.    br&dmi  !-THt  (RPr.  554). 

(10  in   12)  Rv.  V.   54,  3. 
Metrisch. 


Erklärung  hebräischer  Wörter 


von 


Paul  de  Lagarde. 

In  der  königlichen  gesellschaffc  der  Wissenschaften  vorgelegt  am  1  Mai  1880. 

Wer  ein  hebräisches   Wörterbuch  schreiben  will,    hat    zuerst   filr  einen     / 
text  des  alten  testaments  zu  sorgen,    dem   sämmtliche   erreichbaren  Va- 
rianten der  handschriften,  übersezungen  und  grammatiker,  und  alle  einem 
sachverstandigen    erwänungswert    scheinenden    conjecturen    der   kritiker 
untergelegt  sind. 

er  hat  danach  aus  den  alten  übersezungen,  den  nachbiblischen 
Schriften  der  Juden,  soweit  dieselben  der  vor  dem  siege  der  arabischen 
cultur  liegenden  zeit  angehören,  den  lexikographen  des  mittelalters  und 
den  Schriften  indoceltischer  philologen  und  theologen  eine  vollständige 
Übersicht  über  die  tradition  und  über  die  deutungsversuche  derer  zu 
liefern,  welche  die  tradition  nicht  kannten,  oder  aber  eine  tradition 
nicht  hatten,  natürlich  wird  er  angeben,  was  kirchenväter  und  rabbiner 
über  die  ausspräche  der  Vokabeln  brachten,  und  er  muß  neben  der  pa- 
laestinischen  auch  die  babylonische  vocalisation  verzeichnen. 

er  hat  danach  das  alte  testament  selbst  zu  studieren:  seine  bücher 
chronologisch  zu  ordnen:  seine  Synonymik  zu  ergründen:  durch  syste- 
matische vergleichung  der  anderen  semitischen  dialekte  festzustellen,  was 
in  der  sogenannten  hebräischen  spräche  semitisch,  was  hebräisch,  was 
israelitisch,  was  jüdisch  ist. 

er  hat  die  ergebnisse  seiner  forschung  durch  parallele  Untersuchun- 
gen der  geschichte  und  der  religion  des  alten  testaments  zu  controllieren. 

nichts  von  dem  allen  ist  bisher  geschehen:  man  begreift  sogar 
nicht  einmal,  daß  es  geschehen  müsse. 

die  aufgäbe  meines  lebens  wäre,  soweit  dieses  leben  wissenschaftliche 

Histor.'phüolog.  Glosse.  XXVL  5.  ^ 


2  PAUL  DE  LAGARDE, 

aufgaben  hat,  gelöst,  wenn  ich  nur  einen  teil  der  an  erster  stelle  ge- 
nannten arbeit,  so  gut  es  gehn  will,  geliefert  hätte. 

aber  wer  das  ziel  seit  mehr  als  dreiJßig  jaren  im  äuge  hat,  sieht 
nicht  nur  das,  was  unter  seinen  fußen  ist,  und  was  er  schritt  für  schritt 
hinter  sich  bringt,  sondern  wenigstens  ab  imd  zu  auch  den  weg  in  der 
ferne  sich  bergan  winden,  den  er  selbst  nie  wandeln  wird,  möge  was 
er  so  gesehen  zu  haben  meint,  dereinst  sich  denen  als  tatsache  erweisen, 
welche  daran  vorübergehn  werden. 

mir  scheint  ratsamer  was  ich  zum  hebräischen  lexicon  zu  bemerken 
habe,  in  eignen  heften  vorzulegen  als  es  in  commentare  unterzustopfen. 

APeyron  verzeichnet  150  als  oberaegyptisch  ein  weibliches  oTporac, 
dem  iuj^  der  Araber  entlehnt  sei,  mit  den  citaten  Zoega  355  SdeSacy 
Abdallatif  153,  und  läßt  riB^M  der  Hebräer  und  olqii  der  Alexandriner 
dem  oTpome  consonare :  danach  ein  memphitisches ,  ebenfalls  feminines 
«nroinu  aus  Kircher  143.  er  unterläßt  anzufüren,  daß  PEJablonsky 
opuscula  I  182  183  und  noch  vor  diesem  der  von  ihm  citierte  anonymus 
der  göttingischen  Zeitungen  von  gelehrten  Sachen  »IX  549«,  vermutlich 
IDMichaelis,  nS^K  neben  das  koptische  mnu  gestellt  hat. 

Zoega  hat  an  der  angefürten  stelle  seines  katalogs  das  «np  jenes 
oTpoinc  als  unbestimmten  artikel  angesehen,  denn  er  sagt  in  der  anmer- 
kung  omc  T  tnoditiSf  epha.  ein  memphitisches  oyuuiu  dürfte  ebenfalls  zu 
beanstanden  sein.  Kirchers  ^oTpranu  mag  sein  crf  dem  einflusse  des  ent- 
sprechenden Ä>jjJt  danken,    denn  in   meinen   texten  findet  sich  nur  mnu. 

um  dies  zu  erhärten,  muß  man  nur  beobachten,  wie  teilungszalen 
mit  unmisverständlichen  Wörtern  verbunden  werden. 

TO  xitaQXOV  xov  sip  Exod  29,  40  Num  15,  4  5  28,  5  6  =  ^peS  ncri^m: 
ro  TQltov  Tov  stp  Num  15,  6  =  «fpcc  nor^m:  td  ij/iiov  xov  etr  Num  15,  9  10 
=  ^t^ugi  itoYgiii.  danach  wird  td  dixcctop  tov  olysl  ^pejuuc*r  ncrfauiu  heißen, 
wenn  dem  oiips^  mnu  entspricht:  sonst  ^pejuoc^  nofoxainu.  wir  lesen 
aber  stets  nur  c^pejum^  ncrfiiuiu. 

folglich  ist  ^^lunu  ein  fehler:  es  muß  imnu  heißen,  dem  natürlich 
im  ^aid  ein  -romc  entsprochen  hat. 


ERKLÄRUNG  HEBRÄISCHER  WÖRTER.  3 

daß  nun  die  Griechen  in  älterer  zeit  oiy>€i,  nicht  vyij  vq>s$  vyi,  ge- 
schrieben, erhellt  aus  Epiphanius  26,  6.  der  bei  Hultsch  I  272,  8  9 
sinnlose  text  ist  durch  S  hergestellt  worden,  man  konnte  aber  ogfsv 
wol  nur  dann  als  original  von  oiy«i  ansehen,  wenn  oiyfci  in  der  anderen 
sylbe  ein  €  hatte,  daß  der  einfall  an  sich  wertlos  ist,  bedarf  keiner 
auseinandersezung.  ^o^  =  ^^pi^  meint  den  singular  des  bekannten  duals 
D^JSn  Exod  9,  8  Levit  16, 12  Ezech  10,  2  7.  in  Eccles  4,  6  wird  D^JDn  «bo 
für  die  säze  des  Epiphanius  sehr  erläuternd  mit  nkriQoifiata  dvo  ÖQaxmv 
gegeben. 

wenn  HD^K  richtig  mit  /oFi'if  übersezt  ist,  so  enthielt  sie  so  viel 
mehl  oder  graupen,  wie  ein  rüstiger  mann  an  Einem  tage  verzehrte: 
Boeckh  staatshaushaltung  der  Athener*!  128  396. 

Die  lexikographen  leiten,  meines  wissens  mit  nur  einer  einzigen  aus- 
name,  hH  von  der  wurzel  bw  ab.    ich  behaupte,  daß  es  von  "htH  herstammt. 

Wer  sich  über  \h  eine  meinung  bilden  will,  muß  zuerst  wissen, 
daß  dies  nomen  sich  auch'  im  assyrischen,  phoenicischen  und  homeriti- 
sehen  findet,   daß  es  im  syrischen  und  nord-arabischen  nicht  vorkommt. 

Allerdings  verzeichnen  die  arabischen  Wörterbücher  Jt  (unter  Wh) 
und  J^l:  man  lese  EWLane  137,  um  zu  erfaren,  daß  von  J^t  die  Araber 
selbst  wissen,  daß  es  in  irer  spräche  nicht  ursprünglich  ist.  Jt  bedeutet 
im  arabischen  relationship :  gibt  man  ihm  irgendwo  den  sinn  ^ott^  so 
ist  das  für  das  hebräische  one  belang,  da  hn  nie,  J'  überall  ein  dop- 
peltes L  hat,  mithin  J5  yott  mit  b»  ^ott  nicht  verwant,  sondern  Jl  ff  Ott 
aus  Sm  entlehnt  ist. 

PSmith  behandelt  150  151  \ju]:  niemand,  der  Smiths  material  über- 
sieht, und  dabei  praktische  kenntnis  des  aramäischen  besizt,  wird  ^j 
far  echt -syrisch  halten. 

Wol  aber  ist  hs  phoenicisch.  PSmith  citiert  als  belag  aus  des 
Hieronymus  briefe  136  Phoenicibus  II  qui  Hebraeis  El.  der  brief  an 
Mtocella ,  welcher  früher  die  nummer  136  trug ,  und  bei  Vallarsi  die 
25  trägt  (I  128  129  Vallarsi* ),  enthält  diese  worte  nicht,  aber  in  dem 
stücke,  welches  Eusebius  ngonagacxavt]  I  10  aus  Sanchuniathon  erhalten, 

A2 


4  PAUL  DB  LAGARDE, 

wechselt  36^  Viger  =  I  80,  13  Gaisford  IXog  HXog  HXios,  37**  =  I  82 
IXos  HAog  OXog:  zu  40^  =  90,6  ist  Valckenaer  de  Aristobylo  15  (=  IV 
354  355  Gaisford)  nachzulesen. 

so  ganz  one  vorbehält  vermag  ich  dies  nicht  anzunemen. 
wie  gering  der  wert  der  ausgäbe  Gaisfords  ist,  weiß  jeder  der  sie 
gebraucht  hat:  wie  dürftig  die  für  die  TtgonaQaaxsvfj  zu  geböte  stehen- 
den hülfsmittel  sind,  kann  bekannt  sein:  die  in  einem  codex  vom  jare 
411  erhaltene  syrische  übersezung  der  bücher  Eusebs  negl  &eog>ar€t(igy 
weiche  große  stücke  der  nQonagaaxsvi^  in  einem  besseren  texte  als  dem 
Gaisfords  zur  Verfügung  stellt,  werde  ich  gelegentlich  nuzbar  machen. 

über  Sanchuniathon  selbst  sind  die  akten  noch  nicht  geschlossen, 
ich  gebe  zu  bedenken,  daß  noch  nicht  erwogen  worden,  wie  unfolge- 
richtig die  Umschreibungen  semitischer  Vokabeln  in  dem  stücke  sind. 

Das  homeritische  Sm  ist  seit  EOsiander  ZDMG  X  53  nie  bezweifelt 
worden,  seine  ausspräche  ist  sicher  iL  gewesen,  da  IXdaagog  Strabos 
one  frage  mit  recht  von  EOsiander  ZDMG  XX  237  für  mß^S»  gehal- 
ten wird,  da  wir  ^^^  [=  n^JW  oder  |nJV]  überliefert  finden,  und  Xa- 
^$ßafjX  des  Periplus  insofern  dazu  stimmt,  als  ij  sicher  wie  i  gesprochen 
wurde:  vergleiche  nur  das  Xri/ua  und  i^i^a  mancher  zeugen  Matth 27, 46 
=  UJ ,  das  mit  dem  syrischen  Xs/ia  und  dem  hebräischen  Xa/ia  wechselt, 
lieber  das  assyrische  il  schreibt  mir  lulius  Oppert  —  es  ist  selbst- 
verständlich ,  daß  man  über  assyrische«  nur  bei  ihm  fragt  — : 

das  assyrische  zeichen,  welches  gott  ausdrückt,  ist  eines  der  ersten, 
die  erkannt  worden  sind,  schon  de  Sacy,  Grotefend,  Löwenstem  und 
de  Saulcy  waren  über  seine  bedeutung  nicht  im  unklaren,  seinen 
sylbenwert  an  hat  erst  Hincks  1849  gefunden,  die  assyrische  aus- 
spräche HiU  hat  Rawlinson  festgestellt,  und  in  seinem  1851  veröffent- 
lichten, leider  unvollendet  gebliebenen  commentare  zur  Inschrift  von 
Behistun  veröffentlicht,  er  fürt  daselbst  die  babylonischen  ziegel  an, 
welche  für  Babylon  entweder  die  zeichen  tor-gott  ra  ki  =  land,  erde 
geben,  oder  diese  ideographischen  zeichen  durch  die  sylbenzeichen  ba 
Bi  I  Lü,  BA  Bi  LU,  BAB  Bi  LAv  uud  äulichc  crsczeu.  Oppert  fand  dann 
1855  in  einem  syllabare  das  zeichen  an  durch  tlv  erklärt. 


ERKLÄRUNG  HEBRÄISCHER  WÖRTER  •     5 

auf  sumerisch  heißt  gott  dingib  oder  dimir,  was  Rawlinson  schon 
Tor  langer  zeit  mit  dem  mongolischen  tenghri  verglichen  hat. 

aber  die  ausspräche  ilu  oder  m,  plural  ilb  oder  iL^n,  ist  keineswegs 
die  primitive  des  Zeichens  an,  das  einen  achtstraligen  stem  vorstellt. 
Oppert  glaubte  früher,  diese  hieroglyphe  bedeute  stern,  doch  hat  er 
selbst  diese  Vermutung  zurückgenommen,  diese  acht  stralen  bezeich- 
nen wie  im  indischen  die  acht  richtungen  des  himmels,  und  die  hie- 
roglyphe bedeutete  ursprünglich  himmel,  auf  sumerisch  anna,  woher 
der  sylbenwert  an  stammt:  assyrisch  lautet  dasselbe  zeichen  dann 
SABfB:  die  gewönlichste  bezeichnung  des  semitischen  worts  ist  an-e, 
das  heißt,  himmel  mit  dem  phonetischen  complemente  e.  so  heißt 
AN  KI  nicht  gott  der  erde,  sondern  ist  der  gewönliche  ausdruck  fftr 
himmel  imd  erde. 

verdoppelt  —  übereinander   gesezt  —  hat  ^   den   sylbenwert   nap, 
was   im   medischen   und   susianischen   gott   bedeutet;    dreimal   gesetzt 
^AN  entsteht  das  zeichen  stern,  syllabisch  mül,  assyrisch  kakkab. 
ich  hatte  vor  32  jaren  den  monatsnamen  blbw  ^ia2^^  mit  hti  in  Ver- 
bindung gebracht,     ich  weiß,  seitdem  im  September  1865  Oppert  ZDMG 
XX  180    eine   liste   der  assyrischen   monatsnamen   gegeben,    daß  ülulu 
die  Urform  von  h)hH   ist,   mithin   SiSm,    mag   Ululu    selbst   herstammen 

woher  es  will,   mit  bn  nichts  zu  schaffen  hat. 

« 

Für  ausgemacht  halte  ich  nach  dem  vorstehenden,  daß  hH  bei  As- 
syriern, Phoeniciern,  Homeriten  II  lautete,  was  wir  so  wie  so  ansezen 
müssen,  wenn  wir  das  tiberiensische  Sk  (mit  ^^i^)  ins  semitische  zurückfüren. 

dabei  kommen  vielleicht  noch  ßahvXog  und  ßattvjliop  in  betracht: 
ich  bin  aber  nicht  kenntnisreich  genug,  um  über  sie  zu  reden. 

Es  fragt  sich  nun,  wie  man  dies  II  erklären  soll. 

Eusebius  nQonaQaaxevij  XI  6,  20  nennt  eXvosi/i  und  tjX  verwant. 
iXw%lfi  naQci  ro  ijX.     tovto  Si  igutivevovGir  iaxvv  xal  dvvafi^p. 

Hieronymus  im  briefe  an  Marcella  (25  oder  136  =  1  129  Vallarsi*): 
primum  nomen  dei  est  El,  quod  Septuaginta  deum,  Aquila,  hvfjioXoytav 
eins  exprimens,  loxvQÖr,  id  est  fortem,  interpretatur.  am  rande  Gs 
findet  sich  dies  ioxvQog  häufig  für  b». 


6  PAUL  DB  LAGARDE. 

die  wurzeln  ijf  und  *Jf  halte  ich  gar  nicht  für  dreiconsonantig,  son- 
dern —  seit  jaren  habe  ich  dies  öflFentlich  gelehrt  —  für  zweiconso- 
nantig,  erachte  aber  den  langen  vocal  des  ersten  buchstaben  für  ursprüng- 
lich, grund:  niemand  vermag  one  künstelei  f&\  o^pn  oder  oä  nop  aus 
aqwama  qawamta  zu  erklären,  zumal  da  mv  (3)^  «.mqa  und  die  vielen 
änlichen  genügend  erhärten,  daß  ein  waw  als  zweiter  radical  semitischen 
oren    durchaus    nicht  fremdartig    klang:    .j>j^  und  «.mqa  sind  unverwant. 

damit  föllt  für  mich  die  nötigung  fort,  Vw  narr,  und  die  berech- 
tigung  Jj'  erster  mit  b»  ^ott  auf  dieselbe  wurzel  zurückzufüren. 

v5"  ist  alltäglich  als  synonym  von  ^ji  zwei  beispiele  in  meinem 
psalterium  Hieronymi  157  mitte:  ECastle  citiert  aus  Erpenius  lohann 
16,  20  ^  i^  ^yA  c^j^  =  ^  ^vnti  v/i(5p  slg  /ajaV  yertjasta$,  Philipp  1,19 
ül^t  i,\  ^^  d^  ^Lu&'it  9cX^  =  tovtd  fioi  änoßtjasrai  eig  acorriQtaPf  und  aus 
dem  Polyglotten -Araber  Philipp  2,  23  i^jy*^  *äJ5  ^yS  U  ms^}j  IJt  =:  cig  &9^ 
äntdio  td  nBQl  ifii  {wohin  es  mit  mir  hinaus  mit),  es  ist  billige  gelehr- 
samkeit  aus  Hariri'  33,  4  ^^1  j^JJI  Uit  imd  424i  Jtt^  ^  zu  citieren.  nur 
stellen  wie  die  lezt  angefürte  möchten  den  einen  oder  andern  auf  die 
bedeutung  der  wurzel  zu  weisen  scheinen,  welche  man  als  die  gebräuch- 
liche ansieht,  stark  sein. 

KAbel  hat  an  andern  orten  und  in  PLindaus  nord  und  Süd  IX  359  ff 
darauf  aufmerksam  gemacht,  daß  die  ältesten  sprachen  an  homonymen 
überreich  sind,  ich  habe  ihn  daran  erinnert,  daß  die  Chinesen  durch 
den  accent  buchstäblich  gleich  lautende  sylben  differenzieren,  daß  mit- 
hin die  homonymie  nicht  so  ausgedehnt  gewesen  zu  sein  braucht,  wie  es 
auf  den  ersten  anblick  scheint,  nichts  destoweniger  muß  ich  auch  f%Lr 
das  semitische,  das  ja  freilich  keine  einsylbige  spräche,  aber  doch  in 
der  zal  der  wurzeln  höchst  beschränkt  ist,  cm  dem  glauben  festhalten, 
daß  in  den  verschiedenen  semitischen  dialekten  gleich  aussehende  wurzeln 
völlig  unverwant  sein  können,  weil  sie  ganz  verschiedenen  Ursprungs 
sind,  vl^  ^  brachte  (Dozy  Supplement  238)  entstand  aus  v  »l^,  und  ist 
mit  ursprünglichem  v^-^  nicht  zusammen  zu  werfen:  auch  ist  denkbar^ 
daß  schon  in  der  ältesten  zeit  ursprünglich  einander  fremde  wurzeln  sich 
vereinigt,   wie  das  in  fc^i  =  ^jfoj  =  {^^  und  U>^=  \f^  =  ^^  der  fall 


ERKLÄRUNG  HEBRÄISCHER  WÖRTER.  7 

gewesen  ist,  one  daß  die  dilettanten  es  gemerkt  haben,  welchen  wir  in 
unsrer  Weisheit  handwörterbüchei  zu  schreiben  gestatten. 

die  bedeutung  dick^  stark  sein  scheint  mir  die  wnrzel  bw  nicht 
gehabt  zu  haben:  aus  h^H  vndder,  V«  hirsch,  V«  hülfe  vermag  ich  sie 
nicht  zu  erschließen,  und  um  V»  tsQißtv&og  aus  ihr  herzuleiten  bin  ich 
vollends  zu  unbegabt,  übrigens  sind  ^^«  p«  ==  äßotj&fitos  Psalm  88,  5 
und  nV«  ßai]&e$a  Psalm  22,  20  syriasmen:  was  PSmith  bietet,  reicht 
zum  erweise  dieser  behauptung  völlig  aus. 

es  wäre  neu,  nachdem  man  sich  überzeugt  hat,  daß  die  Aramäer 
Sm  ffott  nicht  kennen,  das  hebräisch-assyrisch-homeritische  htt  gerade  aus 
einer  aramäischen  wurzel  erwachsen  sein  zu  lassen. 

wie  alt  Vm  widder  und  S^M  kirsch  ist,  kann  man  daraus  erschließen, 
daß  die  Kopten  (Ignaz  de'  Kossi  etymologiae  aegyptiacae  249  45)  es  lüis 
foiAi  =  oiAe  und  eicrfA  kennen:  leute,  welche  deutsch  als  muttersprache 
reden,  sollten,  um  dies  beiläufig  zu  bemerken,  sich  schämen,  T^fiH  mit 
hmdm  zu  übersezen ,  welche  bildung  (man  sagt  binde)  mit  kühin,  stutin, 
rickin,  hennin  auf  Einer  linie  steht,  was  selbst  im  heutigen  Deutschland 
noch  nicht  gewagt  wird. 

^H  gott  als  nächsten  verwanten  von  h^H  widder  und  Sw  hirsch  zu 
betrachten  —  nun,  auch  dazu  gehört  ein  kräftiger  glaube,  den  ich  weder 
besize  noch  zu  erwerben  geneigt  bin. 

Sehen  wir  uns  einmal  nach  analogien  um. 

htt  gott  behält  sein  c^r^  in  der  verbindungsform  der  einheit,  vor 
dem  suffixum  der  ersten  person  singularis  und  in  beiden  formen  der 
mehrheit:  alle  anderen  gestalten  des  Wortes  sind  nicht  nachweisbar, 

unverglichen  müssen  bleiben  ba  =  S)f2  als  nicht  eigentlich  hebräisch: 
^n  =  *ö^^^  (vgl  «-Q^  =  (J^  Lagarde  zu  Prov  25, 1 0) :  rjf  =  J^ :  HJf  =  TMP : 
OT  =  Oin:  tt^B^  =  u-<>^  Lagarde  armenische  Studien  §2129:  TB^,  weil 
paraUel  mit  |MBf,  und  darum  von  nK2^  abzuleiten.  Vn  hat  neben  sich  S^, 
wie  pn  neben  sich  p^n  hat:  D3  scheint  schreibefehler  statt  03. 

unverglichen  müssen  femer  bleiben  nn  yr\  |n  IT  IT)  W  T\H  12^»  ÜH  \M  SK 

,Sn  ]v  yp  ip  ^  yi  03 13  |o  2h  na  p 

ebenso  jn  von  jfT,  ein  infiinitiv:  rp,  das  «ä^s  neben  sich  hat,   weil 


8  PAUL  DB  LAGARDE, 

ein  bHH  undenkbar  ist:  nji  IT  WO  13  "^Jf,  weil  Sk  ^ott  kaum  ein  neutro- 
passives  particip  sein  kann:  Jf"),  weil  m  als  fremdwort  (von  l:^  =  is^j) 
und  noch  dazu  als  ein  von  den  Aramäem  übernommenes  fremdwort  f&r 
das  den  Ajramäem  fremde  b»  nicht  als  analogie  dienen  darf. 

desgleichen  p  yjf  oty  und  nt^  =  c>--',  weil  sie  in  den  Verbindung»- 
formen  des  plurals  und  p  wie  ot^  vor  Suffixen  den  ersten  consonanten 
nur  mit  halbem  vocale  sprechen :  IM,  da  die  herkunft  dunkel,  wie  Hi  Isa 
16,  6  und  üjf  Ps  45,  2,  da  die  formen  mit  Suffixen  und  die  plurale  un- 
belegbar  sind:  3J,  weil  es  schwer  verstanden  werden  kann  (vergleiche 
zu  Regn  y  6,  9  Lagarde  armenische  Studien  §  499):  V^  und  p,  weil  sie 
keine  nomina  sind. 

so  bleiben  M  Isa  50,  6  usw,  OMDD  =  OMDty,  und  bedingungsweise 
O^Va ,  der  plural  zu  ^^3 ,  zu  dem  verglichen  werden  kann ,  daß  >>V^  ^ 
auch  als  \\jliJ^  auftritt. 

damit  dürfte  erwiesen  sein,  daß  bK  zur  wurzel  nbw  gehört. 

Wenn  es  sich  nunmer  darum  handelt,  die  ursprüngliche  bedeutung 
dieses  Sh  zu  finden,  so  müssen  dem  versuche  es  zu  tun  einige  vorbehalte 
vorauf  geschickt  werden. 

falls  hn  ursprünglich  den  planeten  Saturn  bedeutet,  und  erst  später 
die  allgemeine  bedeutung  gott  angenommen  hat  —  man  mag  denken, 
der  Saturn  als  fernster  planet  sei  als  lezte  instanz  am  himmel  angesehen 
worden,  und  so  hn  der  name  dessen  geworden,  der  die  weitgreifendste, 
ja  allumfassende  gewalt  im  himmel  und  auf  erden  besizt  — ,  dann  wird 
der  sinn  von  b»  ein  anderer  sein,  als  wenn  der  umgekehrte  weg  gegan- 
gen worden. 

ich  sehe  keine  möglichkeit,  eine  entscheidung  für  die  eine  oder  die 
andere  alternative  zu  treffen,  da  das  gesammte  System  jenes  uralten  glau- 
bens,  dessen  reste  einer  hn  sein  wird,  mir  unbekannt  geblieben  ist,  und 
nur  die  einsieht  in  das  ganze  mir  gewär  dafür  leisten  würde,  daß  ich 
seine  einzelnen  teile  nicht  zu  gröblich  mis verstanden  habe. 

sodann  sollte  man  nie  vergessen,  daß  die  spräche  und  die  religion 
nicht  den  bedürftiissen  entsprungen  sind,  sich  mit  dem  nicht-ich  durch 
eine  phrase  abzufinden  —  phrasen  kann  der  mensch  nur  brauchen  und 


ERKLÄRUNG  HEBRÄISCHER  WÖRTER.  9 

wendet  sie  nur  an,  wenn  er  weiß  daß,  er  mag  sie  anwenden  oder  nicht, 
alles  troz  irer  seinen  geregelten  gang  geht  — ,  daß  sie  vielmehr  einer 
epoche  entstammen,  in  welcher  man  durch  tägliche  kämpfe  und  versuche 
erobern  und  sich  fttgen  lernte,  in  der  ältesten  spräche  stand  man,  wenn 
es  galt,  göttlichen  wesen  einen  namen  beizulegen,  lebendigen  personen 
gegenüber:  dieser  personen  namen  flössen  aus  dem  eindrucke,  welchen 
die  personen  auf  den  nennenden  machten,  je  genehmer  eine  etymologie 
derartiger  Wörter  modernem  empfinden  ist,  desto  sicherer  ist  sie  unrichtig. 

also  nur  eine  Vermutung  gebe  ich,  freilich  eine  Vermutung,  welche 
mich  glaubUch  däucht. 

fünf  mal  findet  sich  die  redensart  ^T  hvh  2^%  Genesis  31,  29  Deut 
28,  32  Mich  2,  1  Prov  3,  27  Nehem  5,  5.  daß  diese  bedeutet  es  steht  in 
meiner  gewalt^  ist  zweifellos,  daß  nicht  die  famose  wurzel  Vi»  dieses  Vm 
hervorgetrieben  hat,  ist  mir  sicher,  da  V^M  widder  und  V»  hirsch  nicht  mit 
einem  bH  zusammenhangen  werden,  welches  nicht  —  wir  würden  sagen : 
pferdekraft  —  sondern  ethisches  vermögen  bezeichnet,  der  tractat  D^TBO  4,  9 
hat  ein  böses  gewissen,  wenn  er  dies  Vm  als  hvn  bezeichnet,  es  ist  für 
mich  mit  hn  ffott  identisch :  beide  bedeuten  das  wm  in  reichweite  liegt^  Vm 
gott  vielleicht  rfen,  wekhem  man  zustrebt.  wLäJ  Hafis  487,  4.  ich  wieder- 
hole ,  daß  eine  bestimmtere  deutung  von  hn  gott  zur  zeit  noch  unerlaubt  ist. 

nS»  er  schwor  steht  neben  JfaB^n,  arabisch  sjül^-  neben  jm**5  und  ^\ 
IV  V  imd  Vin :  syrisch  braucht  man  Ua*  (daher  —  mit  artikel  —  lAiooio, 
was  vielfach  pluralpunkte  erhält,  aber  eine  bildung  wie  »Uj-«  ist) :  aethio- 
pisch  cPiiiAI  —  zum  beweise,  daß  die  anschauungen  über  den  eid  bei 
den  Semiten  sich  oft  verändert  haben :  denn  diese  Vokabeln  müssen  jede 
eine  andere  auffassnng  der  sache  spiegeln,  oder  aber  die  ceremonie  be- 
zeichnen, welche  dep  schwur  begleitete  und  darstellte,  vergleiche  was 
ich  über  das  persische  o^jy^  ojS^jm*  in  meinen  beitragen  1 8, 1 6  ff  gelehrt  habe. 

yaß^n  nun  erläutert  sich  aus  Genesis  21,  28  [Herodot  y  8]  imd  den 
parallelen:  nS«,  wenn  ich  nicht  irre,  aus  Genesis  24,29  47, 29.  bedeu- 
tete yat2^n  zwischen  sieben  opfertieren  oder  opf er tier stücken  eine  heilige 
handlung  vollziehen,  so  muß  n^M  hinstrecken,  hinreichen  nach  bedeutet 
haben. 

Histar.-phüolog.  Glosse.  XXVI.  5.  B 


10  PAUL  DE  LAGARDE, 

diese  Vermutung  wird  bestätigt  durch  eine  andere  ableitung  der 
Wurzel  n^M,  durch  die  praeposition  b»,  mehrheit  ^Vm,  arabisch  in  länge- 
rer form  viJ,  arabisch,  syrisch,  hebräisch,  aethiopisch  auch  kürzer  ^  ^  b  A* 

A?  deute  ich  J^.  U :  ist  es  ein  nomen,  so  ist  klar,  warum  i^  sowol  ac- 
cusativ  als  dativ  bezeichnen  kann :  es  bezeichnet  eben  keinen  von  beiden, 
sondern  ]j^^-V  «aou  ist  =  er  gab  in  die  gegend  des  mannes,  ]|*"vV  \j^u> 
=  er  schlug  los  auf  den  mann. 

und  nun  noch  das  phoenicische  pH  gott^  dessen  ausspräche  alon 
Plautus  bewart,  dessen  eigentliche  gestalt  zuerst  der  sarcophag  des 
"ITJfiOß^»  geboten  und  der  herzog  de  Luynes  erkannt  hat. 

bei  pH  an  eine  wurzel  bw  zu  denken  ist  mindestens  nicht  notwendig. 

Olshausen  nennt  §  2 1 5^  als  nomina,  welche  durch  -dn  von  holen  wur- 
zeln abgeleitet  sind,  Tru  w\  |1T  |t9B^,  auch  jxb  und  einige  eigennamen :  er 
verschweigt  nicht,  daß  diese  nomina  (was  bei  einer  abstammung  von 
iy  auffallig  ist)  in  der  Verbindung  und  vor  suffixen  ihr  erstes  a  ver- 
lieren, aber  er  hätte  bedenken  sollen,  daß  |rUI  vermutlich  zu  r**^  ge- 
hört, y^h  sicher  ^^v  qUJ  A>*i1I  neben  sich  hat,  daß  »eigennamen« 
wenig,  »einige«  eigennamen  gar  nichts  beweisen,  da  wir  |KJI  pM  TDK 
\Hm  pn  |n  pv  py  p*  pn  |m  ]W\  unzweifelhaft  von  wurzeln  *^  oder  lV  ab- 
leiten müssen,  ist  mindestens  warscheinlicher,  daß  wir  pH  alon  bei  ff?K 
unterzubringen  haben,     es  zu  deuten  überlasse  ich  andern. 

wenn  ich  vorhin  |rui  zu  ^*-\^  gestellt,  so  weiß  ich,  daß  zu  Gen  2,  13 
|ny  die  gelegentlich  nach  1 2  verschlagenen  worte  /ao/icrrcr  §  ixxvwiQ  ^  mij&og 
gehören.  nachHieronymusonoml6, 23  Geon  pectus  sive  praeruptum,  nach 
dem  anonymus  ebenda  I  189,  98  Fsicop  aifj&og  ^/cfö/ia  ^  diato/nij  x^^^Q^os, 
Hoffmanns  glosse  2865  ^^^  o*"^*^  v)^'  Uj>*  ^  •jolasASd  |xju  ^**js^,  wo 
der  punctator  mit  unrecht  die  Cor  /?  9,  7  für  IXagos  vorkommende  stei- 
gerungsform  von  ^^  er  freute  sich  suchte,  da  das  aramäische  aequi- 
valent  von  ntn  brüst  PSmith  1200  gemeint  war,  und  man  ^^  nicht  als 
particip  11  Dozy  II  248,  sondern  als  übersezung  jenes  d^crw/itj  anzusehen 
haben  dürfte:  Lane  2361*.     |n  =  X^Q^Sj  aber  i  =  dimo/ifjf 

ra 

Epiphanius    schreibt  negl  fiitgam  xäl  axa&fjmv  21,  10   ßddw,   nicht 


i 


ERKLÄRUNG  HEBRÄISCHER  WÖRTER.  11 

ßätog:  er  sagt,  das  wort  sei  awwpvjnfog  %i5  ijLaiozQißeüp  xaXovfi^w  ßt&* 
ßäiw  yccQ  §pfsfipev€tai  iJlaiOTQißsiap. 

dagegen  steht  ßddos  bei  Epiphanius  im  griechischen  und  syrischen 
texte  21,5  und  ßdms  in  den  xsq>djlata  3,  6.  an  lezterer  stelle  geben 
S  ^  S  *  am  rande  \^\^.     daneben  gelegentlich  ßä&og. 

ßddos  brauchen  Lucas  1 6,  6  nach  LSX  (wo  AB  und  viele  andere 
ßdtos  haben) :  losephus  archaeologie  ij  2,  9 :  Hesychius ,  der  ßdxos  erst 
in  zweiter  linie  auffürt. 

G  nimmt  na  nicht  originaliter  herüber:  na  /o^vV  Regn  y  7,  [26]  38: 
fiitQOv  Paral/?2,9  Ezechiel  45,  10:  fterftfnjs  Paral  /?  4,  5:  xegd/nor  Isaias 
5,  10:  xoviXti  Ezechiel  45,  14  —  eine  abscheuliche  liste,  durch  Hie- 
ronymus  IV  75*  (Vallarsi*)  lernen  wir,  daß  Isaias  5, 10  soli  LXX  trans- 
tulerunt  laguncula  (er  meint  x^gdfiiop^  dessen  syrisches  aequivalent  irtip 
[mit  artikel  urfnp]  Epiphan  §29, 1  32, 3  37,  2  [=  Wpto Epiphan54, 1  =»/> 
Praetertoissa  39,  84]  =  äIS  Dozy  Supplement  II  387  das  original  zu  Epi- 
phans  xöXXa&ov  ist),  omnes  alii  batum  interpretati  sunt,  quod  hebraice 
dicitur  beth. 

dies  beth  des  Hieronymus  ist  identisch  mit  dem  Regn  y  5,  25  für 
13  auftretenden  ßmd'  oder  /f«^,  wo  andere  ßadwr^  der  Syrer  meiner 
Fragmenta  |^)a:  Theodorets  frage  21  zu  BaaUsmr  y  (I  304  Sirmond  ;s 
I  466  Schulze)  Nicephors  catene  11  677.  hier  hat  G  die  richtige  lesart 
anfbewart.  batus,  sagt  Hieronymus  IV  75^,  in  liquidis  speciebus  dici- 
tur, so  daß  er  zum  oele  paßt,  was  der  für  trockene  gegenstände  be- 
stimmte T3  nicht  tut.  es  ist  nicht  auszumachen,  ob  TD  in  la  oder  in 
na  zu  ändern  ist. 

zunächst  steht  fest,  daß  p  in  meinen  Geoponikem  m  13  seite  85,22 
ganz  unverkennbar  das  Werkzeug  ist,  mit  dem  man  oliven  presst.  Hoff- 
manns glosse  2246  f^i^\  yaJM  U  J^  d^ß  U  y»^  iXJI  cO  U*-*Aa  p  ]p.  Buxtorf 
belegt  260  das  wort  aus  dem  talmÜD,  RDozy  Supplement  I  56  weist  vX# 
im  sinne  dieses  f^  im  arabischen  nach,  das  iXatotQ^ß^lov  Epiphans  ist 
mithin  gerechtfertigt. 

na  kann  füglich  eine  zusammenziehung  aus  nia  sein:  ein  U^  ge^ 
walt  kennen  die  Wörterbücher. 

B2 


12  PAUL  DB  LAGARDE, 

ßddog  entspräche  dem  masculinum  p,  ßdS'og  und  ßdrog  dem  femi- 
ninum  na ,  und  zwar  wäre  ßä&og  die  ungelehrte,  ßdtog  die  gelehrte,  auf 
die  ungeschriebene  Verdoppelung  des  aus  ni  entstandenen  n  rücksich- 
tigende  ausspräche. 

Epiphanius  26,  3  lehrt,  im  hebräischen  sei  ;|fo7i'i|  männlichen  ge- 
schlechts.  er  kann  nur  na  meinen,  das  allerdings  bei  Isaias  5,10  wie 
sich  geziemt  weiblich,  aber  bei  Ezechiel45, 10  nach  Gesenius  251  männlich 
ist :  aus  Epiphans  Worten  wird  folgen,  daß  im  vierten  jarhunderte  das  n 
in  na  vöUig  unverstanden,  und  na  nur  männlich  wax.  wer  na  für  männ- 
lich ansah,  durfte  nur  ßd&og,  nicht  ßdtog,  sagen. 

die  tochter  heißt  hebräisch  na  mit  a,  arabisch  vi^Jb  mit  i:  in  na 
geht  a  neben  i  und  s  (FsS)  her:  so  möchte  ßsd^  sich  erklären  lassen, 
nnjf  jezt,  ein  accusativ  von  njf  =  my  zeit,  ist  sehr  belehrend  fOr  das 
Verhältnis  von  ^a  na  ߀&.  Gesenius  nennt  an  einer  stelle,  wo  sie  nicht 
zu  nennen  waren,  monumenta  11  404,  als  beispiele  der  zusammenziehung 
von  dt  in  t  =  tt  nS  aus  niS,  nriK  aus  niHK  und  andere. 

doch  ist  auch  möglich,  wenn  gleich  sehr  unwarscheinlich,  daß  ße& 
gar  nicht  einem  na,  sondern  einem  la  entspricht.  auslautendes  n 
schreiben  die  übersezer  nicht  selten  &,  wie  auslautendes  i  ;f ,  um  die 
anhauchung  der  buchstaben  auszudrücken,  dies  ist  so  bekannt,  daß 
umgekehrt  FoXiaS^  =  n^Sü,  weil  der  Syrer  sein  &  für  identisch  mit  dem 
von  iaj9  Lagarde  psalterium  Hieronymi  xiv  onomastica  I  206,  75  oder 
von  q.uiL^p-=  Tll  nam,  Fragmenta  65,  41  73,  20  und  oft  als  fAi^<\^,  daß 
daJLB&  =  nSl  Praetermissa  148,  19  und  oft  als  ji^  erscheint. 

da  nach  dem  gesagten  p  der  Stempel  ist,  welcher  in  der  presse  auf 
das  zu  pressende  niedergedrückt  wird,  dürfte  ^  mit  la  drag>0Qsvg  y>OQsvg 
fiox^og  d$(oanJQ  axvtdXfj  identisch  sein. 

der  p  arbeitet  sehr  gewaltsam,  denn  oliven  werden  nicht  so  one 
mühe  zerquetscht  wie  weinberen :  folglich  muß  der  ^  eine  starke  stange 
gewesen  sein,  so  daß  ia  füglich  tragestange ,  hebel,  vorlegebalken  be- 
deuten konnte. 

dadurch,  daß  ßddog  neben  na  steht,  ist  unwiderleglich  bewiesen^ 
daß  das  maß  na  nicht  unter  die  wurzel  nna  gehört. 


ERKLÄRUNG  HEBRÄISCHER  WÖRTER.  13 

SSn  und  rmn 

So  weit  meine  kenntnis  der  einschlagenden  litteratur  reicht,  hat 
man  sich  noch  niemals  daran  erinnert,  daß  es  etwas  anderes  ist,  den 
psalter,  etwas  anderes,  die  psalmen  auslegen.  dasselbe  was  ich  in 
den  Symmicta  I  55  im  jare  1870  für  die  ersten  stücke  des  jüdischen 
canons,  was  ich  ebenda  142  im  jare  1876  für  das  jezt  erste  buch 
unter  äen  propheten  getan  habe,  tue  ich  hier  für  das  jezt  erste  stück 
unter  den  hagiographen :  ich  frage ,  wie  der  psalter  als  ganzes  zu  ver- 
stehn  ist. 

ihn  für  ein  zufalliges  aggregat  von  liedem  zu  lialten  geht  nicht  an. 

die  zuerst  bei  Hippolytus  von  Rom  erwänte  eintcilung  des  psalters 
in  fünf  bücher  muß  vom  Sammler  selbst  herrüren,  da  niemand  glauben 
wird,  daß  irgend  welcher  spätere  ansehen  genug  besessen,  die  Schluß- 
formeln 41.14  72, 19  89,  53  106,48  zu  bes  tandteilen  des  heiligen  textes 
selbst  zu  machen,  was  dieselben  one  frage  bereits  für  den  ältesten  grie- 
chischen übersezer  allesammt,  was  die  des  vierten  buches  fttr  den  Ver- 
fasser von  Paral  a  16,  36  gewesen,  hat  aber  der  Sammler  sein  werk 
eingeteilt,  so  hat  er  auch  nach  einem  plane  geordnet. 

die  fünf  teile  des  psalters  können  nicht  ursprünglich  fünf  einzelne 
hymnenbücher  gewesen  sein,  wären  sie  das  gewesen,  so  würde  gott, 
falls  anders  mir  und  D^hSk  nach  bestimmten  grundsäzen  abwechseln, 
allemal  in  ganzen  büchem,  nicht  aber  in  teilen  von  büchem,  unter  glei- 
cher bezeichnung  vorkommen,  nun  hat  aber  das  dritte  buch  des  psal- 
ters in  84  bis  89  mehr  mn%  wärend  es  in  42  bis  83  meist  D^hSk  verwendet, 
außerdem  findet  sich  in  elohistischen  teilen  miT,  in  jahwistischen  DVtS» 
zum  beweise  dafür,  daß  der  gebrauch  von  mn^  und  D^hSk  nichts  charak- 
teristisches für  die  einzelnen  bücher  als  einzelne  bücher  ist. 

alles  erklärt  sich  durch  die  anname,  daß  die  fünf  teile  des  psalters 
für  fünf  verschiedene  teile  des  gottesdienstes  bestimmt  gewesen  sind. 

wie  es  für  die  einzelnen  Israeliten  je  nach  den  umständen  einen 
Vk  oder  hSk  oder  D^nS»  oder  nifP  gab,  so  auch  für  die  gemeinde:  es 
kann  füglich  ein  fest  mit  der  anrufung  von  D^hSk  anheben,  und  mit 
der  anrufring  von  m!T  schließen:  es  kann  füglich  an  einem  bestimmten 


14  PAUL  DE  LAGARDE, 

punkte  der  liturgie  für  angezeigt  gegolten  haben,  unter  die  nennung 
mn^s  die  D^nSüs,    unter  die  nennung  D^nSKs  die  ni,T8  zu  mischen. 

bekanntlich  finden  sich  einzelne  psalmen  des  einen  buches  in  einem 
andern  wieder,  ich  kann  mir  nicht  denken,  daß  die  synagoge  dies  nicht 
bemerkt  haben  sollte,  hat  sie  es  aber  bemerkt,  so  würde  sie  die  Wie- 
derholungen beseitigt  haben,  wenn  dieselben  nicht  einen  ihr  bekannten 
zweck  gehabt  hätten,  dieser  zweck  kann  nur  der  gewesen  sein,  der  ge- 
meinde oder  aber  dem  tempelchore  ein  an  verschiedenen  tagen  des  syna- 
gogenjares  beim  gottesdienste  gebrauchtes  lied  jedesmal  in  der  gestalt  in  die 
hand  zu  geben,  in  welcher  es  an  dem  einzelnen  tage  gebraucht  wurde. 

schon  der  umstand  stimmt  für  meine  auffassung  günstig,  daß  die 
ersten  lieder  des  psalters,  in  dem  1  und  2  als  Vorwort  galten,  nämlich 
3  und  4,  abendlieder  sind :  der  jüdische  tag  hob  mit  dem  abende  an,  da- 
her mußte  eine  für  den  gottesdienst  bestimmte  Sammlung  an  irer  spize  abend- 
gebete  haben,  daß  die  psalmen  113  bis  118  bei  dem  paschagottesdienste 
angewandt  werden,  kann  helfen,   den  zweck  des  psalters  zu  ergründen. 

die  Sammlung  ist  natürlich  eine  Sammlung  einzelner  lieder,  welche 
vielleicht  von  dem  sammler  selbst  nach  bedarf  bearbeitet  oder  aus  eignen 
mittein  vervollständigt  worden  sind,  der  ursprüngliche  sinn  eines  jezt  im 
psalter  stehenden  gedichtes  braucht  durchaus  nicht  der  zu  sein,  welchen 
der  Sammler  ihm  unterlegte,  s^  wenig  wie  der  von  dem  sammler  ihm 
untergelegte  sinn  der  gewesen  zu  sein  braucht,  welchen  die  christliche 
kirche  mit  ihm  verband,  das  leben  nimmt  seine  narung  überall  her, 
und  macht  dasjenige  was  es  ergreift,  eben  dadurch  sich  nuzbar,  daß  es 
dasselbe  sich  amalgamiert:  so  lange  es  eine  geschichte  gibt,  ist  es  so 
gehalten  worden,  was  nicht  erlaubt  werden  darf,  ist  nur  das,  daß  der 
verstand,  das  heißt  hier:  die  protestantische  dogmatik,  das  sich  anmaße, 
was  das  leben  tun  darf,  und  das  andere,  daß  christliche,  theologie  sich 
herausneme  zu  behaupten,  der  sinn,  welchen  die  christliche  kirche  aus 
einem  alten  Schriftstücke  heraushört,  weil  sie  ihn  im  herzen  trägt,  sei 
auch  der  ursprüngliche  sinn  des  Verfassers  dieses  Schriftstückes,  welcher 
christliche  gedanken  und  empfindungen  im  herzen  zu  tragen  schlechthin 
außer  stände  war. 


ERKLÄRUNG  HEBRÄISCHER  WÖRTER.  15 

wer  den  psalter  verstehn  will,  muB  die  Ordnung  des  gottesdienstes 
kennen,  bei  welchem  der  psalter  in  anwendung  kam.  wer  die  psalmen 
verstehn  will,  muB  zuvor  den  psalter  verstanden  haben,  weil  one  weiteres 
gewiß  ist,  daß  der  Sammler  des  psalters  diejenigen  psalmen,  welche 
nicht  von  vorne  herein  für  die  Sammlung  angefertigt  wurden,  so  zu- 
recht gemacht  haben  wird,  daß  sie  seinem  zwecke  dienten,  alle  Inter- 
polationen und  textumgestaltungen  mithin  nur  nach  der  idee  des  psal- 
ters erkannt  werden  können. 

der  gottesdienst  der  Synagoge  hat  sich  merere  male  geändert,  er 
wird  ein  anderer  im  tempel  Salomons,  ein  anderer  im  tempel  des  Esdras, 
ein  anderer  im  tempel  des  Herodes,  ein  anderer  in  den  am  ende  der  rö- 
mischen  republik  und  zu  anfang  der  Caesarenherrschaft  an  so  vielen 
orten  zu  findenden  proseuchen  gewesen  sein. 

in  welche  epoche  gehört  nun  der  psalter? 

sicher  nicht  in  die  epoche  der  proseuchen,  weil  er  notorisch  älter 
ist,  als  alle  nicht  in  Palaestina  selbst  gelegenen  proseuchen,  man  müßte 
denn  proseuchen  auch  den  zur  zeit  des  leremias  und  firüher  nach  Aegypten 
geflüchteten  Juden  zuschreiben,  es  wird  sich  unten  erklären,  warum  der 
name  uhTV\  den  namen  poloiio  ^1^  <^lti^^^^l  zu  derselben  zeit 
plaz  machte,  in  welcher  an  die  stelle  des  zerstörten  dritten  tempels  end- 
gültig die  von  da  ab  Synagogen  genannten  proseuchen  traten. 

da  nun  an  die  zeiten  des  tempels  Salomons  niemand  denken  darf, 
weil  eine  lange  reihe  von  psalmen  ersichtlich  spät  ist,  so  bleibt  nur 
übrig  den  psalter  als  das  im  tempel  des  Esdras  gebräuchliche  gesang- 
buch  anzusehen. 

mithin  wird,  wer  den  psalter  auslegen  will,  sich  eine  Vorstellung 
von  dem  gottesdienste  des  zweiten  tempels  zu  verschaflFen  haben. 

ich  hoffe  wenigstens  eine  kleinigkeit  dazu  beitragen  zu  können, 
eine  solche  Vorstellung  zu  ermöglichen,  daß  im  talmÜD  und  den  ihm 
gleichwertigen  Schriften  vieles  hergehörige  steht,  weiß  ich:  leider  bin 
ich  außer  stände  diese  bücher  ganz  durchzulesen,  um  es  zu  sammeln, 
und  one  eine  ganz  vollständige  Sammlung  der  vorhandenen  notizen  wird 
man  sicheres  nicht  gewinnen. 


16  PAUL  DE  LAGARDE, 

Wir  haben  im  jüdischen  canon  mehr  als  eine  stelle,  in  welcher 
die  musikeinrichtungen  des  hebräischen  und  jüdischen  gottesdienstes  er- 
wänt  werden,  am  sichersten  wird  sein,  von  Nehemias  12,  27flF  auszu- 
gehn ,  weil  wir  da  eine  im  wesentlichen  auf  Nehemias  selbst  zurückzu- 
ftlrende  Urkunde  vor  uns  haben. 

es  wird  die  einweihung  des  zweiten  tempels  beschrieben,  bei  dieser 
sind  Leviten  und  priester  tätig,  die  Leviten  wonen  im  landbezirke  von 
Jerusalem,  heißen  onniBW,  und  müssen,  um  bei  der  feier  mitzuwirken, 
besonders  beschickt  werden,  daraus  folgt  nicht  notwendig,  daß  sie  beim 
gewönlichen  gottesdienste  nichts  zu  tun  hatten:  jedes  außerordentliche 
fest  wie  die  tempelweihe  war  eigens  anzusagen,  die  Leviten  wirken 
mit  drei  Instrumenten:  D^nV»D,  D^SSJ  und  nnj3.  hingegen  die  priester 
sind  in  Jerusalem  selbst  angesessen:  beim  feste  brauchen  sie  nach  34 
nn^rWl.  den  Leviten  wird  27  nachgesagt,  daß  sie  Ttt^ai  mwai  rmotM  fOJn 
machen,  wonach  wir  berechtigt  sind,  die  nun  und  den  n^tt^  auf  ire  drei 
Instrumente  zu  verteilen,  und  vermutungsweise  die  nun  den  D^nS^TO, 
den  ^W  den  ü^hsi  und  THSS  zuzugesellen. 

Paral  /?  5,  1 2  flf  spielen  unter  Salomon  die  DmWO  O^^lS  auf  D^nV»D, 
D^bad  und  rnSS:  sie  stehn  dabei  unter  der  leitung  von  Asaph,  Haeman, 
und  Iduthun.  inen  zur  seite  werden  priester  genannt,  welche  m^TOtn 
blasen,  hier  werden  D^Ssj  und  n"U3  deutlich  als  Ttt^  ^Ss  bezeichnet, 
man  meint  aus  13  herauslesen  zu  dürfen,  daß  den  priestem  und  iren 
mviltn  zukam  bSnS,  wärend  es  der  Leviten  sache  war  nHflS.  schreibt 
der  gewärsmann  sorgfaltig,  so  gehören  die  D^nb^TO  dem  Asaph,  die  D^Sm 
dem  Haeman,  die  THSS  dem  Iduthun.  aus  Paral  « 1 6,  5  ergibt  sich  we- 
nigstens, daß  dem  Asaph  in  der  tat  die  D^nS^O  eigneten:  noch  Esdr  a 
3,  10  haben  die  sone,  das  heißt:  nachkommen,  Asaphs  D^nS»0  in  bänden. 

Paral  a  16,  1—3  ist  —  Regn  ß  6,  17—19  anfang:  Paral  a  16,  43  ist 
=  Regn  /?  6,  19  ende  20  anfang.  Paral « 16,  8 — 36  ist  eine  Zusammenstel- 
lung von  Psalm  105, 1  — 15  96  106,  1  47  48.  so  bleibt  in  der  erzälung,  wie 
David  die  stiftshütte  nach  Sion  bringt,  selbstständig  nur  Paral  a  16,  4 — 7. 
hier  haben  wir  schwerlich  den  ursprünglichen  text  vor  uns.  es  erscheinen 
auch  hier  wieder  D^nV»D>  D^Ssj,  niJa  und  mviVH,  allein  die  m^TWl  sind 


ERKLÄRUNG  HEBRÄISCHER  WÖRTER.  17 

42  den  Leviten  überwiesen,  wärend  sie  in  den  vorher  angefÄrten  steUen 
den  priestem  eigneten,  und  auch  6  von  priestem  geblasen  werden,  auch 
daß  4  den  Leviten  nachgesagt  wird ,  sie  seien  SSflSl  nunSl  lOTflbl ,  föUt 
auf,  da  Paral  /?  5,  12  das  SSfl  allein  den  priestem  zuzustehn  scheint:  G  las 
fttr  T3tnSl  vermutlich  D^jnDtt^O  =  ävafpwvovvtag ,  was  durch  das  fehlen 
von  xcui  sich  als  echt  erweisen  dürfte :  5  ist  nach  ^Sss  wol  TK^  ausgefal- 
len :  freilich  G  iv  iQydpoig  =  D^SSS.  es  wird  nicht  ratsam  sein,  auf  einen 
abschnitt,  in  dem  so  viel  bedenkliches  zu  tage  liegt,  irgend  welche  an- 
sichten  zu  gründen.     jedenfaUs  auch  hier  vier  instrumente. 

Paral  a  25,  1  ff  ist  etwas  verlässiger,  aber  auch  in  diesem  abschnitte 
ist  der  text  nicht  unbeschädigt,  denn  von  Haeman  wird  5  yyp  OHflS 
ausgesagt,  und  bei  Asaph  wird  ein  Instrument  gar  nicht  genannt,  die 
redensart  pp  O^in  hat  Regn  cc  2,  10  Ps  [75,  5  6]  89,  18  92,  11  148,  14 
Thren  2,17  einen  ganz  bestimmten  sinn  (das  hom  blasen  heißt  losue  6,  5 
\lpi  1ä^ö)j  80  daß  unter  vergleichung  von  Paral  /?  29,  15  (wo  miT  <naT3 
neben  "f?on  niit103  steht)  nur  übersezt  werden  dürfte:  um  auf  gottes 
geheiß  [dem  könige]  mut  zu  machen.  $oUte  nicht  nach  Paral  «  15,  16 
blp3  D^nS  zu  schreiben  sein?  als  für  die  majf  zur  zeit  Davids  tätig 
werden  1  die  söne  Asaphs  und  Haeman  und  Iduthun,  werden  6  Asaph, 
Iduthun,  Haeman  genannt,  die  instrumente  sind  dieselben,  welche  wir 
bisher  stets  gefunden,  nur  ist  ire  reihenfolge  unsicher :  1  nnj3,  D^SsJ,  D^nS^TO: 
6  D^nViTO,  D^Sm,  m».  vers  6  dürfte  das  richtige  bieten,  ich  vermisse 
die  erwänung  der  nnvixn,  die  Unterscheidung  von  Leviten  und  priestem. 

eine  wichtige  notiz  gibt  endlich  der  abschnitt  Par  er  6,  18 — 32.  im 
musikantenpersonale  des  hauses  Jahwes  werden  zu  Davids  zeit  Haeman 
der  nachkomme  Cahaths,  Asaph  der  nachkomme  Gersons,  Aethan  der 
nachkomme  Meraris  aufgezält.  die  drei  hauptabteilungen  der  Leviten- 
kaste sind  mithin  in  der  heiligen  kapeile  vertreten,  jnw  für  pniT  be- 
gegnet hier  zum  ersten  male. 

das  ergebnis  der  bisherigen  auseinandersezung  ließe  sich  so  zusam- 

menfeissen:  die  CjDK  ^3  —  Gersoniden  —  spielten  bei  der  tempelmusik 

die  D^nSino,   die  JtD^n  'J3  —  Cahathiden  —  die  O^SSJ,   die  \IVH  ^M  oder 

pniT  ya  —  Merariden  —  die  n"U3.     die   leistungen  dieser   drei   abtei- 

Histor.-phüolog.  Glosse.  XXVL  5.  C 


18  PAUL  DB  LAGARDE, 

lungen  zusammen  hießen  nun.  U*^2i  und  mJS  fürten  den  gemeinschaft- 
lichen namen  ^W  ^Ss.  den  priestern  stehn  die  nnxwn  zu:  was  sie  mit 
diesen  verübten,  hieß  SSn. 

mir  fallt  nicht  ein,  in  betreff  von  mitivn  etymologische  Untersuchun- 
gen anzustellen,  n  kann  ^  oder  ^,  y  kann  {jo  {je  Jt>  und  sogar  -b  sein  : 
man  kann  n»»1  von  n»1  ableiten,  und  zwar  als  ^Wä5  für  ^'r\'m  oder 
als  iV^H^'  (Kosegarten  grammatica  arabica  §339,  3  383),  oder  aber  man 
kann  es  zu  y^y^  stellen,  an  einer  stelle ,  an  der  so  viel  sandbänke  und 
Strudel  drohen,  lenke  ich  mein  schiff  vorbei:  beobachtung  des  Sprach- 
gebrauchs reicht  übrigens  für  meine  zwecke  aus. 

Num  10,  2  wird  ausdrücklich  angegeben,  zu  welchem  behufe  Moses 
die  ersten  nn»5tn  angefertigt  hat:  WHtDn  DH  JfDtDSl  rxi^n  KnptDS  if)  vn. 
es  wird  Num  10,  7  ausdrücklich  vermerkt,  daß  wer  niifWia  Jfpn,  etwas 
anderes  bezweckte  als  wer  n'liTIltna  Jf^n,  und  Num  10,  8  erscheinen  die 
nn^5tn  als  ausdrückliches  eigentum  der  Aharoniden,  oSjf  npnS  ÜSh  Vfl 
OO^n'lTS.  musik  wurde  mithin  auf  den  mvixn  nicht  gemacht:  man  gab 
durch  sie  signale. 

man  sollte,  wenn  man  Wörter  der  semitischen- dialekte  vergleicht, 
Genesis  11,  6 — 9  nicht  vergessen,  die  dort  erzälte  sage  kann  doch  nur 
auf  grund  einer  beobachtung  entstanden  sein,  und  beobachtet  wird  man 
haben,  daß  die  semitischen  dialekte,  welche  für  Semiten  naturgemäß 
als  ausgangspunkt  der  erwägungen  dienten,  gelegentlich  gleichen  wur- 
zeln und  Wörtern  verschieder^e  bedeutung  gaben:  daß  der  Semitismus 
^\sXj!o\  besizt.  daß  wir  uns  oft  —  troz  der  viel  genannten  türkischen  überse- 
zung  des  Qdmüs  durchaus  nicht  immer :  denn  die  bildung  der  semitischen 
idiome  liegt  jartausende  vor  unsrer  zeit,  ist  in  einer  der  unseren  völlig 
unverwanten  periode  der  entwickelung  des  menschengeschlechts  vor  sich  ge- 
gangen, und  zwar  one  zeugen  und  one  deutlich  redende  denkmäler  —  daß 
wir  uns  oft  die  verschiedenen  bedeutungen  desselben  wertes  aus  einer 
einzigen  ableiten  können,  oder  aber  uns  einbilden,  sie  ableiten  zu  können, 
beweist  nichts  gegen  mich,  etwa  pit^jf  und  (j^,  üvh  und  j%^,  MK  und 
<>',  TOn  und  Jm-^5^,  Vriin  und  ^1mo|  waren  den  Semiten  gerade  in  den  jar- 
hunderten,    in  welchen   sich   ire   dialekte   im  großen  und  ganzen  noch 


ERKLÄRUNG  HEBRÄISCHER  WÖRTER.  19 

wenig  unterschieden,    rätsei,    welche    sie  nicht  lösten,   sondern   auf  die 
Genesis  11   erzälte  weise  bei  seite  schoben. 

in  betracht  kommt  auch  hier  was»  ich  6  8  über  hH  handelnd  erwänt  habe/ 

ich  lene  es  also  ab,  die  nach  allen  seiten  auseinander  stralenden 
bedcutungen  von  bfl  \\oi  (jczt  auch  Numeri  xy  19)  J^  unter  eine  einzige 
zusammen  zu  quälen,  welche  notwendigerweise  eine  blaß  kranke  sein 
müßte,  und  seze  bfl  er  leuchtete  und  Sn  er  schrie  als  grundverschiedene 
urwurzeln  neben  einander. 

ASprenger  lehrt  im  leben  Muhammads  III  527  nach  arabischen 
gewärsmännem,  J^  II  bedeute  »er  sagte  die  formel  JJ!  iH  Jt  "i«,  hingegen 
J^  IV  »er  sagte  AaJ»  :  über  die  XxJLf  siehe  die  chroniken  von  Mekka 
I  9,  9   16,  4. 

die  formel  äIH  "il  äK  *i  ist  islamisch :  wenn  J^  II  heißt  sie  hersagen, 
so  wird  das  eine  neue  wendung  der  bedeutung  der  wurzel  sein,  welche 
selbstverständlich  nicht  semitisch  sein  kann,  zu  bedenken  bleibt  die 
möglichkeit,  daß  dies  ^  aus  vV*^  entstanden  sei,  und  f^^  ist  eine  ab- 
leitung  eben  jener  fornxel,  gehört  also  gar  nicht  zur  wurzel  JP:  ERoe- 
diger  de  origine  ....  .arab  libr  v  t  histor  interpr  105  nennt  es  neben 
vJi<L  JJuc>  vjdjc>>  ^Jtx^  vV^S*«  d"^^^  J*>^  £^y^'  (J^J^  J^-*-^**^« 

V\Svnrti  ist  der  gegensaz  zu  }*  >o  =  Pi^p  totenklage^  außerdem  der 
name  einer  psalmodie:  jblbfl  der  jüdischen  Aramäer  das  hochzeitslied. 

mithin  ist  sicher,  daß  "Sfl  nicht  jeden  ruf,  sondern  den  neu  erwa- 
chendes leben  grüßenden,  vielleicht  den  verpflichtenden  ruf  bedeutet  hat. 

ich  möchte  J^  (UAAI  ist  lehnwort)  aus  diesem  J^  erklären,  nicht 
aus  dem  andern,  was  leuchten  übersezt  wird,  denn  ^tXj  und  ß  wie  m^ 
(DC'i.'  ^J*  (wozu  g-5;b)  und  nno  jk^  km»  WUC-'  ^^^  V^  der  Assyrier 
und  Homeriten  sind  so  dunkler  ableitung,  daß  man  darauf  verzichten  sollte, 
irgend  einen  mondnamen  —  der  gewiß  stets  zu  den  ältesten  Wörtern  ge- 
hört —  überhaupt,  und  gar  aus  einer  wurzel  leuchten  zu  erklären :  außerdem 
ist  der  neumond  bei  den  Semiten  gegenständ  religiöser  Verehrung,  und 
von 'vorne  herein  warscheinlich,  daß  er  mit  rücksicht  auf  diese  genannt 
worden :  drittens  hat  man,  vorausgesezt  daß  JiL^  alt  ist,  nicht  das  recht, 
es  als  einen  Infinitiv  anzusehen ,   sondern  man   muß    es  mit  »^t  'und  an- 

C2 


20  PAUL  DE  LA6ARDE, 

liehen  auf  Eine  stufe  stellen,  das  heißt,  qitdl  für  maqtiil  nemen.  dann 
wäre  S^  der  mit  €>uwJ  angerufene. 

die  priester  hätten,  wenn  sie  m^xna  iSSn,  dem  volke  angezeigt, 
daß  sie  den  irgendwie  sich  zu  erkennen  gebenden  Jahwe  grüßten,  wel- 
ches analogon  der  Wandlung  im  mess-opfer  als  erscheinung  Jahwes  ange- 
sehen worden  ist,  darf  ich  hier  dahingestellt  sein  lassen. 

^S  ist  kein  name  wie  die  namen  der  übrigen  patriarchen,  sondern 
ein  adjectiv.  ^^h  bedeutet  sowol  Levi  wie  Levit:  zu  D^lS  ^S  vergleiche 
D^yTV  |TV:  es  wird  Exod  6,  19  ^Sn  gesagt  wie  lud  11,  23  nOKfl  und 
Gen  10,  16  ^DW^n. 

das  hauptwort,  von  welchem  ^h  abgeleitet  sein  muß,  ist  nicht  mit 
unbedingter  Sicherheit  anzugeben,  da  es  männliche  oder  weibliche  form 
gehabt  haben,  da  es  mit  Dtt^  von  jm*^,  mit  U  von  nw,  mit  riKB  =  *a^ 
und  7)Hü  =  *^9  oder  mit  AMD  occtop  analog  gewesen  sein  kann,  die  Wur- 
zel wird  i^  oder  i^ji  sein,  ich  ziehe  lezteres  vor,  stelle  mithin  ^S  neben 
^Q^,  welches  ich  lange  vor  GHoffmann  ZDMG  XXXII  753  als  mehrheit, 
und  zwar  als  mehrheit  eines  verschollenen  1a^  =  Tvh   angesehen   habe. 

ich  erinnere,  bevor  ich  weiter  schreibe,  daran,  daß  so  wenig  ein 
gotischer  könig  in  Attilas  tagen  das  war,  was  ein  deutscher  könig  des 
jares  1880  ist,  ganz  genau  so  wenig  ein  pa  und  ^^h  am  Sinai  das  ge- 
wesen zu  sein  braucht  und  gewesen  sein  wird,  was  er  unter  Salomon 
und  Esdras  war:  ich  erinnere  weiter  daran",  daß  wir  auf  dem  gebiete 
der  Wissenschaft  allesammt  darauf  angewiesen  sind  zu  combinieren,  und 
daß  ich  mir  in  folge  davon  das  recht  nicht  nemen  lasse,  ebenfalls  zu 
combinieren,  und  meine  combinationen  auch  dann  vorzutragen,  wann  sie 
andern  nicht  gefallen,  subjectivität  gegen  subjectivität:  es  fragt  sich 
nur,  welche  der  über  das  altertum  forschenden  subjectivitäten  dem  alter- 
tume,  das  heißt,  dem  ursprünglichen  leben,  innerlich  am  verwantesten 
ist:  denn  diese  wird  recht  behalten. 

ich  habe,  an  on^Sjf  "Un  PnSi  Isa  14,  1  und  nw^  Sk  mSjn  "Ojn  p  Isa 
56,  3  denkend,  lange  die  ansieht  mit  mir  umhergetragen,  die  Leviten 
seien  diejenigen  Aegypter  gewesen,  welche  sich  den  aus  dem  Nilgebiete 
nach  Asien  zurückwandernden  Semiten  angeschlossen  haben,     denn  daß 


ERKLÄRUNG  HEBRÄISCHER  WÖRTER.  21 

Aegypter  mit  Osaxsiph-Moses  gezogen  sind,  wissen  wir  aus  £xodusl2,  38 
(Num  11,  4  ?) :  so  spät  diese  Urkunde  ist,  verdient  sie  in  dieser  nachrioht 
glauben,  weil  es  gewiß  keinem  mitgliede  des  rassenstolzesten  und  dün- 
kelhaftesten Volkes  der  erde  freude  machte  zu  gestehn,  daß  sein  blut 
nicht  ganz  rein  blau  sei.  aegyptische  art  ist  in  Israel  erkennbar  genug : 
die  erzälung  von  den  paradiesesflüssen  (Lagarde  armenische  Studien  §  1 4) 
die  beschneidung  (Symmicta  I  117,  2 7  ff)  und  vieles  andere  bezeugen  es. 
die  erzälung  £xod  2,  1  — 10  braucht  keinen  andern  wert  zu  haben  als 
die  fabeln  der  Perser,  daß  Alexander  der  große  ein  son  des  Darius,  die 
der  Aegypter,  daß  er  ein  son  des  Nectanebus  gewesen :  war  Moses  nicht 
israelitischer,  sondern  aegyptischer  herkunft,  so  erklärte  sich,  warum  er 
in  den*  O^^lS,  seinen  mit  ihm  gewanderten  stammesgenossen,  vorzugsweise 
seine  stüze  suchte  und  fand  (umgekehrt,  aber  doch  sehr  vergleichbar 
die  jl»oj\  Muhammads) :  es  erklärte  sich,  warum  die  Leviten  die  geistige 
leitung  der  israelitischen  nation  übememen  konnten  —  sie  waren  eben 
als  Aegypter  im  besize  einer  höheren  kultur  als  diejenigen,  mit  denen 
sie  ausgezogen  waren  —  :  es  erklärte  sich ,  warum  die  Leviten  im  ge- 
lobten lande  nicht  als  wirklicher  stamm  auftraten :  es  erklärte  sich  end- 
lich, was  die  aegyptischen  quellen  über  den  auszug  der  Israeliten  aus 
Aegypten  aussagen.     Symmicta  II  35^ 

Israel  ließ  in  alter  zeit  die  bundeslade  vor  sich  hergehn.  die  y^ 
bedurfte  eines  geleites :  die  D^^lb  mögen  die  sie  geleitenden  gewesen  sein, 
vergleiche  Regn  fir6,  15/S15,  24. 

mag  man  diese  oder  jene  oder  irgend  welche  andere  erklämng  des 
namens  ^iS  für  warscheinlich  halten,  mag  man  D^ns  und  D^^S  für  ur- 
sprünglich nahezu  oder  ganz  gleichwertig  oder  ungleichwertig  erachten, 
das  alles  gilt  in  unserm  zusammenhange  gleich  wenig,  für  den  aUein  der 
umstand  von  belang  ist,  daß  im  cultus  zu  der  zeit,  von  welcher  ich  rede, 
ü^iTO  und  D^^S  unterschieden  wurden. 

ich  seze  meinen  versuch  fort,  in  den  cultushandlungen  einen  sinn 
zu  finden,  da  ich  nicht  der  meinung  bin,  daß  nur  um  ire  lungen  zu  üben, 
die  U^iTO  geblasen,  nur  des  Vergnügens  wegen .  die  O^^S  musiciert  haben. 

wenn  bSn,  das  den  priestem  eignete,   semitisch  ist,  so  ist  das  den 


22  PAUL  DE  LAGARDE, 

Leviten  zustehende  nun  nur  aramäisch  und  spät-hebräisch.  (^>'  und 
ÄffPXPl  (Dillmann  934)  zeigen  andern  sinn  als  ^^]  und  mW:  möglich, 
daß  nach  einem  systematischen  Studium  der  semitischen  Symbolik  ein 
weiteres  Verständnis  gewonnen  werden  wird,  wie  etwa  ^^^^^  n3tt^  er  pries 
gott  sich  durch  die  anname  mit  g^  er  schwamm  vereinigen  läßt,  daß 
beim  ^^^^  (dies  ist  natürlich  lehnwort)  bewegungen,  namentlich  Stel- 
lungen der  bände  und  arme,  vorgeschrieben  waren,  welche  den  bewe- 
gungen der  schwimmenden  glichen:  beachte  schon  iC^N***^  Lane  1291 
Hariri*680,  8  und  das  Verhältnis,  in  welchem  Ail't'Tfl?P;  zu  dem  doch 
nahe  verwanten  ^joAäJ  steht. 

mich  däucht,  nHH  bezeichne  die  Zustimmung  der  durch  die  Leviten 
vertretenen  gemeinde  zu  dem  Jahwen  von  den  priestem  gespendeten 
grüße,  sie  ist  so  vielstimmig  und  viel  tönig  wie  möglich,  um  auszu- 
drücken, daß  alles  einig  ist,  den  rum  des  den  Aharoniden  sich  zeigenden 
gottes  zu  verkünden. 

Ij?oZ  ist  €vxccQ$at(a  auch  in  dem  streng  kirchlichen  sinne  dieses  von 
Suicer*  I  1269ff  Bingham  lat^  VI  230  ff  =  englisch*  V  210  ff  behandelten 
Wortes,  je  tiefer  die  kirche  sank,  desto  mehr  wurde  U?o2  (und  ^V>^)  auf 
das  bekenntnis  zu  einer  dogmatischen  formel  beschränkt,  wärend  sie  ur- 
sprünglich die  anerkennung,  des  offenbarten  lebens  gottes  und  den  dank 
für  dasselbe  bedeutete. 

wenn  mir  möglich  wäre,  hier  auf  die  opfer  des  alten  testaments 
mich  einzulassen,  so  würde  ich  besprechen,  daß  nach  Lev  7,  11 — 21  der 
D^DStWI  nat  in  drei  arten  zerfallt,  nunn  Hat,  niJ  und  nSÜ,  und  daß,  da 
nij  und  nai3  unzweifelhaft  auf  specialfalle  gehn,  nun  ein  generale,  der 
dank  für  die  gesammte  fürung  des  lebens  durch  gott,  sein  muß. 

Es  wird  sich  jezt  auch  ein  versuch  machen  lassen  die  namen  in 
den  Überschriften  der  psalmen  zu  deuten,  wenn  man  Psalm  88  nip  ^»S 
neben  ^nnwn  \0^rh  liest,  und  Psalm  39  pnn^b  neben  UlS,  wenn  man 
in  eilf  Überschriften  nnp  yaS  findet,  so  hätte  von  vorne  herein  für  ver- 
boten gelten  müssen,  diesen  formein  den  sinn  unterzulegen,  als  nannten 
sie  Verfasser,  in  der  art,  in  welcher  Scribe  und  Meilhac  zusammen  gearbei- 
tet, haben  die  mp  ^3,  oder  |0^n  mit  den  nnp  ya,  oder  in  mit  pn^T  sicher 


ERKLÄRUNG  HEBRÄISCHER  WÖRTER.  23 

nicht  zusammen  gearbeitet,  wollte  man  annemen,  in  Psalm  88  und  39  seien 
zwei  ursprünglich  allein  lebende  angaben  später'^zusammengeflossen,  für 
nip  ^i2  reicht  das  nicht  aus:  niemand  hätte  meinen  dürfen,  daß  ein 
ganzes  geschlecht  einzelne  psalmen  gedichtet,  etwa  wie  das  apostolische 
symbolum  aus  bekenntnissen  der  einzelnen  zwölf  zusammengewachsen 
sein  soll. 

ich  vermute,  r)DKS  wie  nip  y^S  und  alle  änlichen  ausdrücke  haben 
den  psalm  der  auffürung  durch  eine  bestimmte  riege  der  tempelmusik 
zugewiesen,  wo  dann  möglich  war,  daß  ein  und  dasselbe  gedieht  sowol 
den  rnp  ^i2  als  dem  chore  des  jo^n  zuerteilt  wurde. 

inh  ist  mir  kein  hindernis.  so  gut  es  in  Oxford  und  Cambridge 
Queens'  und  Queen's  College  neben  Gonville  and  Caius  und  Balliol  und 
Oriel  =  Oratoriolum ,  so  gut  es  unter  den  professoren  den  ßegius  neben 
Margaretes  und  SaviHan  und  Laud's  und  Hulsean  und  Lord  Almoner's 
gibt,  ganz  genau  so  gut  konnte  im  tempelchore  die  eine  abteilung  nach 
David,  die  andere  nach  Aeman  oder  Core  oder  sonst  wem  heißen. 

auch  das  rürt  mich  nicht,  daß  eine  reihe  von  psalmen  dem  Hl*? 
zusäze  beifügen,  welche  das  gedieht  ai^f  Vorgänge  aus  des  königs  David 
leben  beziehen,  denn  einmal  sind  diese  zusäze  augenscheinlich  wertlos; 
David  wird  zum  beispiele,  als  er  vor  Abessalom  floh,  wenn  er  in  dieser 
läge  überhaupt  »dichtete«,  Jahwen  ganz  andere  dinge  vorgetragen  haben 
als  wir  im  dritten  psalme  lesen :  abgesehen  davon,  daß  individuelle  poesieu 
kaum  geeignet  sind  gemeindelieder  zu  werden,  sodann  sind  die  Über- 
schriften dem  Syrer  unbekannt,  mithin  nicht  ursprünglicher  bestandteil, 
ich  will  gar  nicht  sagen,  der  einzelnen  psalmen,  sondern:  auch  nur  des 
tempelgesangbuches. 

es  erklärt  sich  in  diesem  zusammenhange  weiter,  wie  D^Sfln  dem 
namen  ja-«'j^  ^loioiio  iP'Hö^^^'fl  plaz  gemacht.  nSnn  —  gebildet 
wie  nSsn  Wnn  nSnn  «/»j  SdeSacy§628  01shausen§  213^  —  macht  nSpin, 
wenn  es  im  eigentlichen  sinne  gebraucht  wird,  O^Sfln,  wenn  es  übertra- 
gen —  nicht  in  bezug  auf  den  Inhalt,  sondern  auf  die  äußerliche  Ver- 
wendung bezeichnet  —  werden  soll,  immer  aber  wird  nSflH  und  O^Snn  TDD 
etwas  gewesen  sein,  was  auf  den  tempeldienst  beschränkt  blieb :  was  den 


24  PAUL  DB  LAGARDE, 

proseuchen  zu  brauchen  verstattet  war,  trägt,  däucht  mich,  deshalb  die 
bezeichnung  lotö»  und  diese  mußte  O^Snn  verdrängen,  nachdem  nach 
dem  falle  des  tempels  der  Sf^  der  priester  unmöglich  geworden,  und 
nichts  als  D^IOtÖ  noch  denkbar  waren. 

den  namen  niH^  sprach  bekanntlich  der  hohe  priester  Einmal  im 
jare  auch  zu  einer  epoche  aus,  in  welcher  er  sonst  durch  ^ilH  ersezt 
wurde :  am  versönungsfeste.  es  ist  in  der  Ordnung,  daß  die  HDS  W  THSiH 
den  iViA^j  hausvätern  schon  erlaubt  hat,  als  die  priester  noch  im  tempel 
des  SSn  warteten.  Israel  steht  in  der  meinung  der  damaligen  theologie 
dem  nicht-Israel  so  gegenüber,  wie  der  pa  dem  y^HT\  DJf,  dessen  beauf- 
tragter Vertreter  der  ^)h  war:  der  nOS  ist  der  geburtstag  des  priestervol- 
kes,  daher  jedem  Israeliten  an  ihm  der  v)-J^'  wenigstens  dem  namen  nach 
verstattet  wurde. 

Sehen  wir  die  stammlisten  Paral  cc  6  näher  an ,  so  ergibt  sich,  daß 
von  Levi  bis  auf  Aethan  (Levi  und  Aethan  selbst  mitgerechnet)  1 4  glieder 
gezält  werden:  von  Levi  bis  Asaph  sind  irer  15,  von  Levi  bis  Haeman 
22,  wärend  die  hohenpriesterliste  von  Levi  bis  auf  Achimaas,  den  Zeit- 
genossen Davids,  der  also  auch  zjeitgenosse  von  Asaph,  Aethan  und  Hae- 
man sein  müßte,  1 5  geschlechter  aufweist,  daran  kann  kaum  gezweifelt 
werden,  daß  man  in  Israel  über  die  reihenfolge  der  hohenpriester  na- 
mentlich in  der  zeit  vor  Saul  bescheid  wußte :  daß  Achimaas  der  eilfte 
hohepriester  —  ich  sage  nicht:  nach  Aharon  —  war,  scheint  mir  eine 
sichere  tatsache.  die  eilf  geschlechter  der  Aharoniden,  welche  zu  Da- 
vids zeit  gezält  wurden,  geben  eine  gewär  dafür,  daß  die  genealogie 
Aethans  und  Asaphs  im  wesentlichen  richtig  ist,  da  sie  ungefar  ebenso 
viele  glieder  zwischen  der  zeit  Davids  und  den  anfangen  der  israeliti- 
schen geschichte  rechnet  wie  die  genealogie  der  Aharoniden.  zugleich 
aber  sehen  wir,  daß  die  auf  Haeman  auslaufende  reihe  falsch  sein  muß : 
es  sind  in  ihr  7  oder  8  namen  zu  viel,  doch  können  wir  noch  hinter 
die  warheit  konmien.  Haeman  ist  ein  enkel  Samuels,  und  Samuels 
Stammbaum  ist  auch  Regn  a  1 ,  1  erhalten,  ich  neme  an,  daß  von  Elcana, 
dem  Vater  des  großen  Samuel,  merere  genealogien  umliefen,  die  Paral 
a  6,  18 — 23    (wo  Elcana  dreimal  vorkommt),   statt  als   Varianten  neben 


ERKLÄRUNG  HEBRÄISCHER  WÖRTER.  25 

einander  gestellt  zu  werden,  über  einander  geschoben  sind,  im  volke 
wußte  man  oflFenbar  das  geschlecht  Samuels  nicht  über  die  namen  hin- 
auszufuren,  welche  in  diesen  Varianten  genannt  werden:  diese  namen 
allein  halte  ich  für  die  namen  von  einzelpersönlichkeiten :  was  Paral  a 
6,  22  und  23  über  sie  hinausliegt,  sind  eponymen  von  nSK  ^M,  die  von 
gelehrter  forschung  dem  wirklich  bekannten  Stammbaume  aufgesezt  wur- 
den, ich  schreibe  die  namen,  welche  ich  für  identisch  halte,  unterein- 
ander :  in  der  lezten  reihe  sind  die  obersten  glieder  in  der  Urkunde  ver- 
steUt:  ^tt^oy  und  n^ntjf  sind  das  eine  aus  dem  andern  oder  beide  aus 
einem  dritten  verlesen: 

r^iphn  bw^    iriTy    n^M»  x  nnn 

80  verUeren  wir  8  namen,  und  finden,  daß  Haeman  als  der  vierzehnte 
von  Levi  im  hause  Cahath  gegolten  hat,  ganz  wie  Aethan  als  der  vier- 
zehnte von  Levi  im  hause  Merari  galt,  und  Asaph  der  fünfzehnte  von 
Levi  unter  den  Gersoniden  sein  woUte. 

mich  däucht,  wir  sind  mit  den  namen  Asaph,  Aethan,  Haeman  als 
den  namen  von  musikmeistern  unter  David  durchaus  auf  geschichtlichem 
boden.  das  haus  Samuels  ist  schwerUch  nach  seinem  höchsten  glänze 
so  tief  in  den  schatten  getreten,  daß  seine  angehörigen  der  nation  aus 
den  äugen  gekommen  wären:  Haeman,  Samuels  enkel,  wird  sich  nicht 
anzweifeln  lassen,  das  gleichweitreichen  aber  der  Stammbäume  von  Hae- 
man, Aethan  und  Asaph  spricht  für  die  gleichzeitigkeit  der  drei,  also 
auch  für  die  geschichtUchkeit  Aethans  und  Asaphs.  man  wird  im  zusam- 
menhange dieser  tatsachen  den  namen  pH*  fOr  echter  halten  als  den  an- 
derswo an  seiner  steUe  erscheinenden  pniT. 

Regn  y  5,  1 1  heißt  Salomon  weiser  als  SaSai  JO^m  ^rhTH?1  \r)^H 
Simo  ya  ymi?  wobei  dahingesteUt  bleibt,  ob  diese  vier  gerade  Zeitge- 
nossen Salomons  waren :  man  sollte  es  fast  nicht  denken.  Sino  ^J3  Ueße 
sich  wie  l^tt^n  UM  Eccl  12,  4  deuten,   und  neben  ^Sno  =  MooXbi,  steUen. 

die  stelle  erläutert  und  ergänzt  sich  aus  Faral  er  2,  4  if.  dort  hat 
Histw.-philolog.  Glosse.  XXVI.  5.  D 


26  PAUL  DB  LAGARDE, 

mr,    ein  son  des   erzvaters  Inda,   fünf  söne    jmi  SsSsi  \0^m  |nW  not. 

weiterhin  erscheint  nD"0  |3  "Dy   als  naher  verwanter  der  ebengenannten. 

dadurch  kommen  wir   auf  losue  7,  18   und    nnt  |3  nat  p  nsna  p  }3Jf 

rmm  p. 

offenbar  sind  wir  in  einem  ganz  andern  Überlieferungskreise  als 
vorher,  dort  Leviten,  hier  ludäer  oder  aipvioi :  dort  namen,  die  in  erb- 
ämtem  sich  erhalten  haben,  hier  namen,  die  halt-  und  zeitlos  in  der 
luft  schweben,  oder  aber  im  höchsten  altertume  unterzubringen  sind, 
der  Verfasser  der  Urkunde,  aus  welcher  Paral  «2,4  Regn  y  5, 1 1  geschöpft, 
hat  offenbar  von  Aethan  und  Haeman  als  Stammvätern  zweier  für  den 
tempeldienst  wichtigen  familien  keine  kenntnis:  er  kann  diesen  tempel- 
dienst selbst  nicht  kennen,  da  Esdras  CjDK  ^3,  also  im  gründe  alle  drei 
familien  nennt,  werden  wir  zu  dem  Schlüsse  berechtigt  sein,  daB  der 
Verfasser  von  Regn  y  5  Par  a  2  zu  einer  zeit  geschrieben  hat,  in  der 
vom  tempeldienste  keine  rede  war,  also  nach  586  und  vor  450. 

der  name  |n^»  ist  nun  völlig  gesichert,  da  ihn  zwei  von  einander 
unabhängige  Überlieferungen  bieten,  die  vergleichung  dieser  Überlie- 
ferungen ergibt  aber  noch  mehr  als  das  negative  resultat,  daß  pniT 
unhaltbar  ist. 

Da  unmöglich  jemand  zu  gleicher  zeit  von  väterlicher  seite  von 
Levi  und  von  Inda  abstammt,  kann  ^fTITKn  p^K  nicht  wohl  ttVH  der 
Levit  sein,  oder  wir  müssen  unsere  bisherigen  ansichten  über  die  Le- 
viten aufgeben. 

nach  der  darstellung  der  Genesis  3  8  hat  Inda  von  der  Thamar  zwei 
söne,  |ns  und  n"IT :  lezterer  hatte  eigentlich  anspruch  auf  die  erstgeburt, 
allein  sein  zwillingsbruder  sah  tatsächlich  das  licht  der  weit  vor  ihm. 
■nsn  ist  das  land,  welches  von  den  yolptxsg  =  DHOn  ^^oipbnj  genannt 
wurde,  in  diesem  sollte  von  rechts  wegen  rnt  die  erste  rolle  spielen,  das 
heißt  mW,  der  autochthone,  Lev  16,  29  18,  26  vgl  Ps  37,  35 :  tatsächlich 
aber  ist  |nB  herr,  das  heißt,  der  gewaltsam  eingedrungene  fremde,  der 
>lflöiif ff?  wie  die  bekannte  Inschrift  bei  Procop  BavdiX  /?  1 0  den  losue  nennt, 
allein  Israel  vermochte  nicht  die  ureinwoner  völlig  oder  auch  nur  zum 
größeren  teile  auszurotten,  und  so  wonten  Phares  und  Zare  als  zwillings- 


ERKLÄBUNG  HEBRÄISCHEB  WÖBTER.  27 

brttder  nebeneinander,  heißen  JtD^^  und  |ri^M  Ps  88, 1  89,  1  Regn  y  5,  11 
^mtK,  oder  heißt  rnt  Paral  a  2,  6  der  vater  von  Haeman  und  Aethan, 
80  bedeutet  das,  die  —  wie  wir  anderweitig  wissen,  im  tempeldienste 
an  hervorragender  stelle  bediensteten  —  familien  Haeman  und  Aethan 
waren  keine  Israeliten,  sondern  Phoenicier.  sie  galten  aber  als  rnin^  ya, 
weil  ire  wonsize  in  dem  Inda  zugewiesenen  gebiete  lagen,  sie  konnten 
aber  auch  D^^S  heißen,  weil  sie  ämter  beim  gottesdienste  bekleideten, 
die  celtischen  Halloren  zu  Halle  gehören  politisch  zur  provinz  Sachsen, 
halten  sich  für  Deutsche,  und  könnten,  da  sie  seit  unvordenklichen  zel- 
ten das  recht  und  die  pflicht  haben,  die  in  Halle  gestorbenen  zur  gruft 
zu  befördern,  auch  kirchendiener  genannt  werden. 

V^n  n  mit  dem  objecte  rfntt^  bedeutet  Gen  41,  14  Regn  /?  12,  20  er 
vertauschte  =  ijXJlaSs.  die  Syrer  brauchen  ihi*  <*^Nm  n  ebenso,  nament- 
lich gilt  inen  <^Sm  H  vom  wechseln  des  geldes:  PSmith  hat  aus  sei- 
nem Cyrill  367,  16  Vamo  <  i*^\  »aV>  äQyvQa/io$ßot  citiert:  ich  berufe  mich 
auf  meinen  Epiphanius  §  54,  25.     das  n  der  Wurzel  lautet  im  arabischen  ^. 

von  V^n  II  bildet  sich  das  von  Buxtorf  772  behandelte  V\)hT\  aXXayfAa. 
die  phoenicische  gestalt  dieses  Wortes  erkenne  ich  in  i  vyv  xöJLJLvßog 
dJLÄayii  lulius  PoUux  C  170,  xoXXvßw  JUnwp  n  vofAUSfidtiw  derselbe  ^72. 
die  consonanten  sind,  da  x^^^^9^S  für  Griechen  so  unhörbar  und  un- 
sprechbar  war  wie  S^Qtx^,  verändert  worden,     vgl  Sdtpaxog  mit  nDSn. 

in  FPassows  wörterbuche  finde  ich  H  1777*  der  fünften  ausgäbe 
die  bemerkung  »das  wort  soll  phoenikisch  seyn« :  alle  näheren  angaben 
fehlen. 

Unabhängig  von  IClericus  habe  ich  im  Januar  1868  mn^  als  ein 
causativum  erklärt:  siehe  meine  Symmicta  I  104,  8  ff  psalterium  iuxta 
Hebraeos  Hieronymi  153 — 158  armenische  Studien  §  214. 

da  man  den  für  solche  entdeckungen  als  publicum  in  betracht 
kommenden  leuten  alles  doppelt  und  dreifach  sagen  muß,  bemerke  ich, 

daß  erstens  infecta  der  vierten  form  durchaus  keine  »der  alten  zeit 
fremde  abstraction  der  namenfiindung«  voraussezen,  wie  die  von  mir  1874 

D2 


28  PAUL  DE  JUA GARDE, 

angefurten,  ausgiebig  concreten  beispiele  yn^  ^iWaSi  cX^am^  vXaSs^  i^jJoäjt 
hinreichend  erhärten: 

daß  zweitens  es  nichts  gegen  mich  beweist,  daß  ein  causativ  von 
n^n  =  mn  im  hebräischen  nicht  vorkommt,  man  nimmt  den  mund  voll 
wie  ein  commissionär,  wenn  man  sagt  »in  den  jartausenden,  die  wir  über- 
blicken können,  nicht  vorkommt«,  denn  das  älteste  stück  hebräischer 
spräche,  welches  wir  übrig  haben,  ist  die  um  900  vor  Christus  fallende 
inschrift  des  Mesa  —  von  David  oder  gar  von  Moses  ist  uns  sicher  keine 
zeile  übrig  —  :  die  hebräische  spräche  geht  durch  das  babylonische  exil, 
also  nicht  vierhundert  jare  nach  jener  inschrift,  als  lebende  spräche  unter: 
nur  technische  formein  dauern  noch  in  der  talmilDischen  epoche :  der 
gegen  mich  angerufene  Aharon  der  son  des  Elias  aus  Nicomedien  sprach 
als  muttersprache  neugriechisch,  schrieb  um  1350  unsrer  aera  hebräisch 
nicht  anders  als  ein  heute  lebender  pandit  sanskrit  oder  ein  italienischer 
priester  lateinisch  schreibt,  und  beweist  für  den  Sprachgebrauch  Davids 
oder  Mosis  genau  gar  nichts:  es  fallt  uns  also  gar  nicht  ein,  »jartausende 
des  lebens  der  hebräischen  spräche  überblicken«  zu  können,  allerdings 
stammt  die  punctation  des  jüdischen  canons  schon  aus  dem  siebenten  jar^ 
hunderte  unsrer  Zeitrechnung:  von  einem  in  dem  unpunctierten  talmÜD 
vorkommenden  ausdrucke  weiß  kein  mensch,  wie  er  im  altertume  ge- 
sprochen worden,  also  auch  nicht,  zu  welcher  form  ein  talmünisches  mno 
zu  ziehen  ist.  von  ^tf  gibt  es  kein  ^1^!,  obwol  von  dem  mit  ^tf  identi- 
schen p  ein  l^an  alltäglich  war :  umgekehrt  braucht  man  c^',  wenn  schon 
iVTHn  imbelegbar  bleibt,  man  könnte  meinen,  es  liege  in  der  natur  der 
dinge,  daß  von  einem  zur  copula  gewordenen  zeitworte  ein  causativum 
gewönlich  nicht  gebildet  werde,  sondern  wenn  es  vorkommt,  emphatischen 
Charakter  tragen  müsse :  man  könnte  sogar  das  fehlen  von  ninn  und  der 
übrigen  formen  der  vierten  als  beweis  dafür  ansehen,  daß  T))iV  als  cau- 
sativum gedacht  wurde:  dann  würde  der  heilige  name  gehindert  haben, 
die  Wurzel  in  der  form  zu  brauchen,   welche  ihn  hervorgebracht  hatte: 

daß  drittens  nach  altem  sprachgebrauche  die  zweite  und  die  vierte 
form  des  verbums  sich  überall  erheblich  von  einander  unterscheiden: 
daß  mithin,    wenn   wirklich   ein   nifl  II  im  talmÜDischen  eherechte  vor- 


ERKLÄRUNG  HEBRÄISCHER  WÖRTER.  29 

handen  war,  dies  so  gewiß  nichts  gegen  die  existenz  von  mn  IV  beweist, 
wie  qL^  II  gegen  die  existenz  von  qL^  IV  : 

daß  es  viertens  eine  petitio  principii  ist,  gegen  oder  fdr  eine  deu- 
tung  von  nin^  daraus  zu  argumentieren,  daß  mn^  alt  oder  aber  jung  sei- 
wir  wissen,  daß  könig  Mesa  um  900  vor  Christus  den  mn^  als  den 
israelitischen  gott  dem  tM33  als  dem  moabitischen  entgegengestellt,  daß 
der  hexateuch  als  ganzes  der  zeit  des  Perikles  angehört,  daß  über  das 
alter  der  abschnitte  Exodus  3  6  mit  Sicherheit  nichts  behauptet  werden 
darf,  darüber,  ob  JVSV  ein  aus  dem  Semitismus  überkommener  ausdruck 
oder  aber  ein  theologumenon  ist,  und  darüber,  welcher  zeit  er  angehört, 
falls  er  das  leztere  wäre,  darüber  wissen  wir  aus  unsem  Urkunden  nichts, 
vorausgesezt,  daß  wir  diese  Urkunden  mit  der  andern  Urkunden  gegenüber 
überall  geforderten  kritik  benuzen,  vermuten  läßt  sich,  daß  nW  nicht 
semitisch,  sondern  ein  israelitisches  theologumenon,  und  zwar  kein  beson- 
ders altes  theologumenon  ist.  denn  mn^  mag  zur  ersten  oder  zur  vierten 
form  gehören,  immer  nimmt  man  als  die  dem  mn  zukommende  bedeutimg 
sein  an.  mn  hat  aber  gar  nicht  ursprünglich  die  bedeutung  sein^  sondern 
die  bedeutimg  fallen,  darüber  hat  ASchultens  im  jare  1748  zu  Pro- 
verbien  10,  3  gehandelt,  und  WGesenius  im  jare  1829  im  thesaurus  375 
geschrieben,  paene  recepta  opinio  est,  primam  significationem  esse  in 
cadendo,  so  daß  es  unzulässig  ist,  für  diesen  gemeinplaz  HLFleischer 
als  vermeintlichen  entdecker  aufzulohen,  es  muß  also  mn  schon  in  me- 
taphorischer bedeutung  üblich  gewesen  sein,  ehe  es  einen  gottesnamen  mn^ 
hergeben  konnte,  in  semitischer  zeit  würde  mm  als  IV  den  faller,  als  I 
den  faller  bezeichnet  haben,  lezteres  würde  höchstens  passen,  wenn  man 
mm  als  baetyl,  ersteres  nur,  wenn  man  mn^  =  S^BtD  als  gewittergott  an- 
sehen wollte :  für  keine  der  beiden  ansichten  haben  wir  eine  empfehlimg. 
folglich  ist  mm  ein  theologumenon. 

es  gehört  eine  übermenschliche  geduld  dazu,  gegen  üblen  willen 
zu  kämpfen,  wenn  er  mit  einem  so  ungewönlich  großen  maße  von  leicht- 
fertigkeit  und  Unwissenheit  vergesellschaftet  ist,  wie  in  dieser  firage  zu 
tage  tritt. 

vergleiche  Lagarde  Symmicta  II  221. 


30  PAUL  DE  LAGABDE, 

was  den  vokal  anlangt,  mit  welchem  das  infectum  der  ersten  seinen 
praeformanten  ausspricht,  so  sollte  man  einsehen,  daß  bei  den  Hebräern 
nicht  alle  Zeitwörter  über  Einen  kämm  geschoren  gewesen  sind,  soge- 
nannte gutturale  können  beigetragen  haben,  einen  fremdartigen  vokal  zu 
erhalten,  geschaffen  haben  sie  ihn  nicht:  so  wenig  HX^  sein  a  dem  M 
dankt  oder  BH^  das  seine  dem  n  oder  ma^  das  seine  dem  n  —  wir  ha- 
ben eben  verba  mediae  i  vpr  uns  — ,  ganz  genau  so  wenig  rürt  das  a 
von  nnr^  und  anderen  bei  Olshausen  §  240*  verzeichneten  von  n  oder 
p  her.  vielmehr  wie  3t8f^  =  v^  den  praeformanten  des  imperfects  mit 
1,  Dp  mit  a,  SSM  mit  ä,  btM  und  nriM  mit  i  sprechen  und  seit  unvordenk- 
lichen Zeiten  sprachen  —  die  Aegypter  werden  es  uns  noch  einmal  er- 
weisen — ,  ganz  ebenso  ist  bei  Hin  den  Hebräern  die  urform  des  imper- 
fectum  YfflWAY  noch  in  späten  tagen  geblieben  und  stets  von  [yahwi  oder] 
TAHWE  so  wesentlich  verschieden  gewesen,  daß  nicht  etwa  ein  tahwb  ein 
archaisches  TrawB  hat  sein  können. 

■O 

Da  die  arabischen  Wörterbücher  unter  ji'  ein  hauptwort  Jf  auff^en, 
welches  ein  maß  trockner  dinge  bezeichnet,  scheint  zweifellos,  daß  is 
mit  j^  identisch  ist. 

Zamaxiiari  sagt  in  der  s^'ÜS  iUAJU  nur  (J^  ^j^y^j^^  wo  (j^  =  g|L»o  «A^^Müft, 
so  daß  der  ji'  720  ^  wäre,     der  Qämds  I  647  beschränkt  das  wort  auf 

IrAq  m  ^yMij\^  IjJö  oi^^^^j^j^^^  ^^  d^J^  ^^  r^^/^  woraus;  zu  fol- 
gen scheint,  daß  die  xanl9fi  =  xanij^ig  =  jfJi^  =  ^mal|^i  =  psp  =  j^ 
Lagarde  armenische  Studien  §  1108  Symmicta  H  128  BZuckermann  das 
jüdische  maßsystem  38 — 40  sich  zur  aQtäßti  so  verhielt,  daß  60  X€cn(&ai 
=  40  äqmßm  waren. 

da  Lucas  1 6,  7  xoqos  vorkommt,  und  da  G  auch  an  stellen,  in  denen 
nicht  "O,  sondern  "lon  im  urtexte  steht,  xoqos  verwendet,  ist  gewiß,  daß 
der  "O  auch  in  südwestAsien,  nicht  bloß  in  Babylonien  üblich  gewesen  ist. 

dies  folgt,  die  richtigkeit  der  gleichung  "O  =  ^  vorausgesezt,  auch 
daraus,  daß  die  Griechen  xoffog  mit  Einem  q  schreiben,  denn  wenn  otj> 
=  ^  =  pn  KccQQa&j  das  arabische  ntD  =  ^  fivQQa  lautet,  wird  xÖQog  = 
•D  derselben  landschaft  angehören,    welche    nTJf  Tafa,    nv  Tvffog^    n^as 


ERKLÄBUNG  HEBRÄISCHER  WÖRTER.  31 

KdßetQog,  ü^TO  KCnop^  "UD  XirvQaj  na  ßd&og  oder  ßdzos,  13  xddog^  3p  xdßos 
sprach,  das  heißt,  es  wird  in  Palaestina  zu  hause  sein. 

Epiphanius  21,7  allerdings  leitete  13  nicht  von  y^,  sondern  von  rn3  ab. 
YU  seinem  x^Q  vergleiche  die  glosse  in  meiner  Genesis  zu  2,  13.  jHyBteci, 
meint  Epiphanius',  dno  tijs  rov  ßovvai  vnoSiaecog*  X^Q^  Y^9  xaAeltai 
ßovpog*   ßovvia&iriBg  yaQ  ol  tQidxopta  /uddiOi  nowvai,  g>oQtfop  xafiijXov. 

Up  ist  vorhanden.  Elias  von  Nisibis  in  meinen  Praetermissa  79,  100 
erklärt  es  KliAil  f\jh :  die  vokale  der  handschriften  habe  ich  nicht  ange- 
merkt. GHofFmanns  glosse  4853  spricht  X^Q^^'  von  weizen  und  gerste 
—  roggen  und  hafer  wurden  eben  nicht  gebaut  —  bedeutet  dies  x^Q^^ 
was  von  stroh  —  abfall,  sollte  ich  ftlr  uns  verständlicher  sagen  —  auf 
dem  worfelplaze  gereinigt  und  an  Einer  stelle  gesammelt  wird  (il^jXa 
besen)  =  sLäjl«  iClaJ^  oder  ^5^".  des  in  Palaestina  geborenen  Juden  Epi- 
phanius landsmann,  der  die  Paralipomena  ins  »chaldäische«  übersezt  hat, 
gibt  /?  3 1 ,  6  nony  durch  pin^3 :  andere  landsleute,  C  *C',  Exodus  8, 1 4  [=10] 
Numeri  11,  32  ontDn  durch  pin3,  das  im  Exodus  den  vokal  a  fttr  sein  3 
erhält,  mithin  genau  zu  Epiphans  x^9^^  stimmt,  schon  der  alte  Ascher 
hat  die  von  SDLuzzatto  54  bestätigte  bemerkung  gemacht,  daß  der 
traktat  omj  in  der  spräche  von  den  übrigen  traktaten  des  talmilD  ab- 
weiche: SDLuzzatto  nennt  omj  und  nnj  palaestinisch ,  und  omj  19* 
steht  ^•O  ftlr  häufen.  Nathan  ü^p*  (1532)  gibt  nichts  näheres,  bemerke, 
daß  für  ^p  Exod  8, 14  nach  FFieldhexaplaI163  eine  glosse  nötig  ist,  mit- 
hin v^P  später  oder  in  manchen  gegenden  unverständlich  war.  PSmith 
1806   1807. 

(j?y  in  Hoffmanns  glosse  ist  der  plural  des  im  spanischen  nach 
Dozy-Engelmann  *  9  3  als  alcora  fortlebenden  «y ,  das  sich  zu  ^  ly  ver- 
hält wie  äUi  zu  LäJ:  was  Kosegarten  §  656  bietet,  genügt  nicht,  weil  JUt 
XJU  UjSi  schwerlich  fttr  H^l  8>u  h^  stehn,  also  nur  8/  und  8;!  für  die 
regel  beweiskräftig  sind:  WWright*  I  §  299®  nennt  allerdings  wie  Kose- 
garten 5^5  jJiM»  XiLft,  aber  Kjü  iüü  äU^  daneben,  man  denke  noch  an  8^  und 
Uyi.  der  plural  (j?/  von  «y  hat  seine  analogie  an  ^yü  von  WJ :  da  «y  — 
pedantisch  gesprochen  —  für  »jy  gilt ,  vergleiche  man  auch  ^^  J^  ^ 
von  y^/  M^  ^.     man  lese  auch  Olshausen  §  147^ 


32  PAUL  DB  LAGAßDE, 

ist  nun  h^  von  \/  möglich,  so  ist  y  one  taSdid  von  ly  wenigstens 
höchst  unwarscheinlich,  denn  O^  stammt  nicht  von  I^Xj,  sondern  die  spä- 
tere spräche,  welche  trilittera  als  die  regel  erachtete,  hat  so  getan,  als 
stamme  es  davon  oder  von  vXXj..  allenfalls  darf  man  mit  Olshausen  146* 
^W  =  Kß^  herziehen :  bedenke  ijf  von  Icke :  das  von  Olshausen  159  verzeich- 
nete Ttt^  lobs  =  i^sM  würde  genau  zu  "O  stimmen,  nimmt  man  diese  er- 
klärung  an,  so  würde  das  bb  des  iraqischen  y  wie  das  dd  des  von  Flei- 
scher in  den  glossis  habichtianis  I  9  belegten,  mir  aus  christlich  arabi- 
schen handschriften  sehr  geläufigen  sXj^  =  yadd  anzusehen  sein. 

für  die  durch  Epiphanius  überlieferte  erklärung  des  "O  mag  iren 
Urhebern  gesprochen  haben,  daß  xoQog  Levit  27,  16  Num  11,32  Ezech 
45,  13  von  G  für  non  gebraucht,  und  ontDH  Exod  8,  14  [=10]  den  sinn 
von  &fifAij9vla  hat,  welches  ^tifiiOpCa  A@  lob  21,  32  G  lob  5,  26  (dieser 
mit  SXa}pog)  für  tSfna,  G  Cant  7,  3  für  TWHjf,  also  so  brauchen,  wie  Epi- 
phanius es  für  sein  x^Q^^  wünschen  muß:  atogig  dgay/ucrwr  Hesychius. 
^  wäre  wie  lOT\  hau/en:    erst  danach  ein  bestimmtes  maß. 

G  gibt  Sophonias  2,  9  nSo  ÜDt)  &fi/i(OPla  &X(ovog^  wo  c  aXog  hat: 
SBochart  hierozoicon  y  16  =  opera®  II  872  weiß  von  der  lesart  &Xoi}\¥og'\ 
nur  aus  Jf  {y^^^  *^j*)9  da  er  c  oder  einen  abdruck  von  c  benuzt,  erläu- 
tert aber  TTOO  Sijfifopta  aus  pina  C*  C  Exod  8,  10  [=14]  und  dem  tal- 
mÜDischen  ^"O.  ich  weiß,  daß  die  classiker  d:fifiopid  gesprochen  haben  sollen. 

^rh  =  Xs&ix. 

Epiphanius  erklärt  21,  8  fnaq/ia.  Gesenius  im  thesaurus  764  läßt 
Tnb  ab  effundendo  gesagt  sein,  was  FMühlau  und  WVolck  wiederholen : 
die  etymologie  steht  mit  der  bekannten  des  lucus  a  non  lucendo  auf 
Einer  höhe.  ERoediger  hat  96  zu  Gesenius  nichts  nachzutragen  gefun- 
den, und  Mühlau  und  Volck  wissen,  trozdem  BZuckermanns  buch  über 
das  jüdische  maßsystem  schon  1867  erschienen  ist,  noch  1878  aus  45  46 
desselben  nicht,  daß  der  talmÜD  ^nb  merere  male  braucht. 

Epiphans  hiaQfia  erläutert  sich  aus  der  von  Zuckermann  citierten 
stelle  KjnrO  N33  80^  welche  jeder  jezt  in  ASammters  übersezung  80  xmd 
in  IMRabbinowicz  l^gislation  civile  du  Thalmud  ITL  355  nachlesen  kann, 
es  wird  Ionen  Abülwalld  360,9—12  anzusehen,  dessen  fj>\SiS\'i:^ij^ 


ERKLÄRUNG  HEBRÄISCHER  WÖRTER.  33 

=  den  nWpJW  ni»0  WW)  O^bSm  a  Salomon  Parchons  34*  sind:  das  heißt, 
der  na  =  ItDn  ist  auf  7200  unzen  gerechnet,  denn  der  ^nb  ist  der  halbe 
•O  =  non.  wenn  Abülwalid  den  ^nb  für  den  gJB  erklärt,  so  muÄ  Lane 
2437*  verglichen  werden,  bei  dem  fiJ^\  ßS  sich  aus  Epiphanias  §  21,  19 
erläutert.  AMerx  hat  in  seinem  archive  I  eine  jüdisch-arabische  über- 
sezung  des  Osee  veröffentlicht,  in  der  ^ön  =  v^^  [f/»/»*-  Lagarde  arme- 
nische Studien  §  536]  und  ^nS  =  vJ^*ai  ist. 

die  Wurzel  ^nS  existiert  im  syrischen,  one  daß  ich  absähe,  wie  sie 
zur  erklärung  unsres  wertes  zu  nuzen  wäre.  Hoffmanns  glossen  5287 
—5290  1955  7203  Athanasius  33,  16  46,  1   Praetermissa  113,  10. 

Nach  dem  vorgange  von  Philipp  Buttmann  (mythologus  I  152  ff) 
imd  ChrKIBimsen  (es  genügt  sein  bibelwerk,  bibelurkunden  1 51ff,  zu  citie- 
ren)  stellt  man  aus  Genesis  4  5  jezt  vielfach  folgende  tafel  zusammen 


TW 

mrp 

erjK 

on» 

p? 

S«SSno 

nSenno 

Stnno 

und  macht  darauf  aufmerksam,  daß  die  listen  zwei  namen,  *pn  und  *^b, 
geradezu  gemein  haben,  daß  |^p  dem  p^p,  m^Jf  dem  IT,  Sk^TO  dem 
bttSbmo,  biWintD  dem  nStJ^ntD  sehr  änlich  sehe,  man  schließt  aus  diesen 
tatsachen,  daß  die  hebräische  überlief enmg  ursprünglich  nur  Eine  ge- 
nealogie  der  ältesten  menschen  gehabt,  und  erst  später,  nachdem  sich 
in  diese  genealogie  Varianten  eingeschlichen,  zwei  listen  entstanden  seien. 

zuvörderst  muß  bemerkt  werden,  daß  G  in  allen  echten  texten  einen 
bttenno  gar  nicht  kennt,  sondern  den  vater  des  Lamech,  der  von  Cain 
abstammt,  ganz  wie  den  vater  des  von  Enos  hergeleiteten  Lamech  nSttfino 
nennt,  wodurch  die  Übereinstimmung  noch  größer  wird. 

Genesis  4,18  JUad^ovaccXa  =  A&«i«<rfc«.A«.  (auch  die  pariser  handschrif- 
Histor.-phüolog.  Glosse.  XXVI.  5.  E 


34  PAUL  DB  LAGARDE, 

ten  nach  AFalle t  one  Variante)  =  W^uiß-nLuutqm  (fast  so  auch  der  unter 
Ephraims  von  Edessa  namen  laufende  armenische  commentar  36,  15)  = 
(^'Ptt\l'  in  einem  scholion  von  b,  welches  ich  auch  in  meinem  r  ge- 
funden, lesen  wir:  naQa  toig  ißdo/uijxoyta  Ma&ovaäXa  xslxai.  tovto  d% 
nXdvfl  yQaq>$xtj  icii.  i  yaQ  Ma&ovaäXa  ix  rf^g  avpeatuiaijg  yereäg  iatl  tov 
JSij&.  8  [+  yaQ  r]  äno  tov  Käiv  Ma&ovaaXa  xaXsirm,  og  i^oig^ctai  /iura 
riSv  XomdSr.  diese  worte  stehn  unter  der  aufschrift  äd^Xov  auch  in  der 
catene  des  Nicephorus  I  116,  wo  nur  der  nachkomme  Cains  MaSovaaXä 
geschrieben  wird,  dieser  scholiast  will  also  den  frommen  und  den  gott- 
losen durch  den  accent  unterscheiden:  später  ist  man  dreister  geworden, 
in  Holmes  130  hat  der  rand  mit  roter  färbe  nagd  tolg  o  Ma&ovaaXa 
ix€$TOj  S  naQadi(OQ&waafi€P,  yQag>iXtjp  evQOPtsg  nXdpijp  oiaap.  b  yaQ  Ma^ 
&ovaaXa  vlog  iativ  tov  'Epoixy  i^  ^ff  avpeavoiaijg  yspsag  mip  and  tov  ^Addfi, 
6  di  MaSovaarjX  änoyopog  (Sp  tov  Kdip  i^ÖQtctog  äno  t<3p  Xomdp  %w¥ 
optwp  xt§.  ziemlich  dasselbe  soll  unter  dem  namen  des  Origenes  codex 
127  geben.  Holmes  merkt  aus  16  130  134  Ma&ovaariXa,  aus  71  Jlfe- 
S'ovacnjX  an:  et  sie  in  primo  loco  cum  ijX  a  manu  secunda  in  rasura,  in 
secundo  loco  Ma&ovaariXa  131.  ich  habe  in  meinem  r  fia&ovaaijX  als 
correctur  des  MCrusius  gefunden,  der  Syrer  Cerianis  hat  das  bei  ihm 
zu  erwartende  ^Iaoaso    (monumenta  H  16). 

ob  bei  losephus  a  2,  2  in  allen  handschriften  Ma&ovadXag  gelesen 
wird,  hoffen  wir  aus  BNieses  ausgäbe  bald  feststellen  zu  können.  Philo 
TiBQlKdiP  ixy6p(ap  21  (=  I  239  Mangey)  hat  nicht  allein  Ma&ovaaXa  auch 
unter  Cains  nachkommen,  sondern  erklärt  sogar  iSccnoatoXi]  tov  &apdtov : 
da  T\hte  in  G  oft  genug  durch  iSanioteiXs  gegeben  wird  (KKircher  1992flf), 
ist  völlig  gewiß,  daß  Philo  Genesis  4,  18  nicht  SsB^WtD,  sondern  nStJ^no 
gelesen,  ein  scholion  in  meinem  r  Ma&ovaaXa  &dpatog  i^anoaxBXXofiBPog 
will  auf  dieselben  Vokabeln  hinaus,  welche  Philo  suchte.  MccSovaaXd 
in  meinen  Onomastica  I  203,  11  geht  nach  dem  accente  auf  den  Cainiten: 
die  übersezung  did  nQoawnop  XaXfjaag^  dneataX/uiPog  ist  nicht  ganz  ver- 
ständlich. Hieronymus  sezt  ebenda  I  8,  10  eine  glosse  Mathusale  mortis 
emissio  (so  FH,  concussio  B)  vel  mortuus  est  et  interrogavit  zu  Genesis 
5,  21  —  einer  stelle,  in  welcher  n^B^WO  von  niemandem  bezweifelt  wird: 


ERKLÄRUNG  HEBRÄISCHER  WÖRTER.  35 

das  mortuus  est  et  interrogavit  entspricht  ebenso  augenscheinlich  dem 
hnw  ntD  =  SsB^intD  der  Genesis  4,  1 8  im  synagogentexte  und  bei  Origenes, 
wie  mortis  emissio  das  zu  Genesis  4,18  alter  lesung  gehörige  iSceTioinoAff 
zov  ^avdtov  Philos  ist. 

über  den  SK^intD  oder  Sw^^ntD  unsres  textes  ist  vorläufig  nichts  un- 
bedingt sicheres  zu  sagen.  Philo  n^fii  Kdtv  ixyovwp  20  (=  I  238)  er- 
klärt den  namen,  welchen  er  —  oder  tun  es  nur  unsere  drucke  seiner 
werke?  —  MsriX  schreibt,  durch  ccn6  fco^ff  &hov,  hat  mithin  Sm  ^^ntD  in 
dem  namen  gesucht  und  Genesis  4,  18  unzweifelhaft  nicht  SsSbno  ge- 
lesen. Hieronymus  OS  I  8,  9  folgt  dem  Philo,  wenn  er  außer  quis  est 
dominus  deus  =  htH  Tt^  Klfl  ^ü  zu  Mauiahel  ex  vita  deus  sezt.  bei 
Theophilus  an  Autolycus  ^S  3  0  hat  die  venediger  und  hat  die  oxforder  hand- 
schrift  JtffiijJl,  wo  Fell  und  Wolf  MaXeXBtiX  haben  drucken  lassen.  MmrjX^ 
was  mit  MerjX  identisch  ist,  bieten  bei  mir  Acmr,  eine  fülle  minuskeln 
bei  Holmes,  und  der  Armenier,  dem  Sw^intD  entspricht  so  ziemlich  MaovitiX 
meines  E,  aus  dem  mir  Ds  juaovia  und  das  bei  Wilkins  (aus  dem  hun- 
tingdonianus  33?),  in  folge  davon  bei  mir,  und  in  einem  pariser  codex 
Fallets  auftretende  aicot**^  verstümmelt  scheint  (A  wurde  A  gelesen), 
ob wol  Cyrill  I  2 1  ®  einen  nominativ  Maavtas  und  einen  accusati v  Maovtap 
vorfürt,  hat  aber  Holmes  recht,  die  glosse  seines  130  Maov^vctp  wQy 
forte  pro  w^iy  =  wQiy€$^rig  zu  deuten,  so  würde  MaovtariX  (denn  das 
muß  fiaov^vav  meinen)  eine  correctur  des  dritten  jarhunderts  sein,  für 
welche  ich  es  von  anfang  an  gehalten  habe :  MaovfjX  und  MaovitiX  wären 
ebenso  Verstümmelungen  dieses  origenischen  MaoviarjX  wie  das  schon 
erwänte  Maovia-g  CyrilLs. 

diesem  MsriX  und  MaoviaijX  steht  nun  in  abz  MaXsXsijX,  bei  dem 
Aethiopen  <^AAÄ>AI»  i^  Fallets  Gopten  jüLeAeAenA  gegenüber,  welches 
dem  sethitischen  bKbSntD  ganz  genau  entspricht,  mindestens  also  ist  er- 
wiesen, daß  ^K^intD  nicht  die  einzige  lesart  in  Genesis  4,  18  war:  da 
wir  schon  drei  namen  in  den  beiden  listen  identisch  fanden,  und  die 
anname  unmöglich  scheint,  daß  in  alter  zeit  ein  Sethitenname  absicht- 
lich in  die  Cainitenreihe  übertragen  sein  sollte,  möchte  ich  Genesis  4,  1 8 
SMbSntD  für  ursprünglich  erachten. 

E2 


36  PAUL  DB  LAGARDE, 

ich  kann  mir  auch  denken,  warum  SkSSiio  in  Genesis  4,  18  besei- 
tigt wurde :  der  name  klang  für  einen  Cainiten  zu  fromm :  ist  die  deutung 
des  Sk^TO  oder  Ss^^ntD  von  gott  geschlagen  richtig,  so  spricht  sie  für  mich, 
denn  einmal  wird  der  frechste  gottesleugner  —  und  als  solchen  dachte 
man  sich  ja  jeden  Cainiten  —  sicher  nicht  ein  neugeborenes  kind  von  gott 
geschlagen  nennen :  das  kann  nur  ein  diaskeuast  oder  ein  lexicograph  für 
möglich  halten,  sodann  ist  nno  er  schlug  ein  Aramaismus :  U*^  =  \joj^ 
steht  für  yntD  und  ist  von  nntD  =  ^  himmelweit  verschieden,  nur  ein 
ganz  später  Hebräer,  dem  aramäisch  muttersprache  war,  war  im  stände 
bw^inü  von  gott  geschlagen  zu  bilden :  die  Variante  bw^^no  scheint  ursprüng- 
licher, da  bitOp  aramäisch  ^M^  lautet. 

die  Elohim  -  Urkunde  ist  es,  welche  diesen  Sprachfehler  begangen 
hat:  sie  muß  aus  aramaisierender  zeit  stammen,  wenn  G  Genesis  4,  18 
wirklich  McckeXeriX  gegen  MaovicnjJi  oder  MetjA  bevorzugt  hat,  ist  die 
Cainitenliste  ihm  nicht  bloß  aus  dem  buche,  sondern  aus  dem  leben  be- 
kannt gewesen. 

mithin  ist  fast  gewiß,  daß  nach  G  die  beiden  listen  nicht  zwei,  son- 
dern vier  namen  identisch  haben. 

dieser  umstand  gewinnt  dadurch  an  bedeutung,  daß  G  sich  im 
namen  T)^  als  höchst  unterrichtet  erweist,  denn  Fatdad  kann  seines  y 
und  seines  a#  wegen  nicht  lesefehler,  sondern  muß  alte  überliefenmg  sein. 

Faidad  ist  eigentlich  one  Variante  überliefert.  im  armenischen 
Ephraim  I  36,  15  ist  fA-*^»^  leicht  aus  f/A-i/.»^  hergestellt:  yaXda  amrande 
meines  r  ist  wol  nur  schreibefehler,  ebenso  r^ii'ÄAA  einer  handschrift  bei 
Fallet,  yatdag  bei  Theophilus  an  Autolycus  /?  30  würde,  wenn  es  auf 
handschriften  beruht,  graecisierung  von  ya$decd  sein:  t'yl'pb'tyt  der  Ar- 
menier ist  ein  offenbarer  fehler,  zu  dessen  entstehung  Ti^Jf  Hs  und 
Cerianis  ?j-i'^  mitgewirkt  haben  mögen. 

Philo  negl  Kdiv  ixydvwp  19  (1237)  erklärt  noCfiviov.  dies  beweist, 
daß  Philo  HV)f  in  einem  hebräischen  codex  gelesen,  imd  das  vermeint- 
lich oder  wirklich  gesehene  yVjf  in  einem  wirklichen  wörterbuche  nach- 
geschlagen hat.  "ny  ist  oft  durch  not/ipiop  übersezt:  von  Faidai  konnte 
niemand  auf  nofupiop  kommen. 


ERKLÄRUNG  HEBRÄISCHER  WÖRTER.  37 

Wie  losephus  den  namen  gesprochen  hat,  werden  wir  durch  BNiese 
lernen,  a  2,  2  liest  man  lagsdrig^  in  der  lateinischen  übersezung  larad: 
ich  vermute  AiQadijg  sei  das  richtige,  hat  losephus  laQsdfig  oder  iagad 
geschrieben,  so  würde  iTJf  der  Cainiten  mit  TV  der  Sethiten  sich  decken. 

Hieronymus  hat  TTJf,  wol  wegen  der  abweichung  der  hebräischen 
von  der  griechischen  form,  in  seinem  onomasticum  ausgelassen,  denn 
da  die  drei  namen  Irad  Iram  Iras  in  den  verschiedenen  handschriften 
dieses  onomasticum  an  verschiedenen  stellen  stehn  (in  FH  zwischen  2S\^ 
Gen  10,  29  und  natt^^  Gen  11,  29  —  wo  sie  alle  drei  unpassend  sind  — , 
in  B  zwischen  nn^  Gen  36,  40  und  SkIO^  Gen  46,  10  —  wo  wenigstens 
Jrad  nicht  geduldet  werden  durfte),  so  wird  der  Schluß  erlaubt  sein, 
daA  sie  als  zusaz  eines  gelehrten  lesers,  welcher  sie  vermißte,  am  rande 
eines  exemplares  nachgetragen  waren,  und  von  da  her  in  verschiedenen 
abschriften  an  verschiedenen  pläzen  eingeschaltet  worden  sind,  auch 
die  erklärung  von  lV)f  durch  civitatis  descensio  (TJf  und  yv)  stimmt 
nicht  zu  dem  sonderbaren  Fmdad  t^rsix^afAivri  Onomastical  180,  54  (woher 
das  femininum?),  dürfte  also  nicht  alt  sein. 

G  hat  durch  sein  Fmdad  bewiesen,  daß  der  name  ihm  noch  aus 
lebendiger  Überlieferung  bekannt  war.  yojuoQ  =  ^ü)f  {j^^  dpay/iccta 
Psalm  128,  7  in  JfPjf^  vgl  Jf^j^*^,  C  1 29, 7  ntDJttD),  XodoXXoYOfioif  =  nojfbma, 
BagyccX  =  bjfin  (sollte  QaJLyajL  aus  0adyajL  verlesen  sein?  jedenfalls 
haben  alle  zeugen  y  für  Jf),  Psy/na  =  ntDJfl,  Fo/iOQQa  =  mtDJf,  Fd^a 
=  ntjf,  Fat.  =  iy,  Soyoga  =  njfV,  FmßaX  =  Sa^Jf  lehrt,  daß  diese 
namen  den  ältesten  übersezern  nicht  bloß  aus  der  rolle  bekannt  waren, 
welche  sie  zur  Übertragung  vor  sich  hatten :  die  namen  sind  also  nach 
mereren  richtungen  hin  von  bedeutendem  werte,  dasselbe  was  von  inen 
gilt,  wird  auch  von  H!^  gelten,  wenn  G  dafür  Faidad  hat,  nur  daß  aller- 
dings ein  fehler  in  unserem  texte  angenommen  werden  muß. 

ITJf  ist  nach  analogie  von  irn  und  Sa^Jf  zu  sprechen:  es  gehört  zu 
vXft.  Olshausen  §  181*  Kosegarten  §  676.  Kaivav  =  p^p  unsrer  liste  ist 
wol  nur  scheinbar  analog,  da  es  vermutlich  nicht  zu  qS,  sondern  zu  {^^  steht. 

was  losue  der  son  Levis  in  ro"!  fl^B^K'ia  23  über  die  namen  der  Caini- 
ten insgesammt  und  "n^Jf  insbesondere  vorträgt,  imtememe  ich  nicht  zu 


38  PAUL  DB  LAGARDE, 

deuten,  wann  werden  wir  von  den  ältesten  denkmälem  der  nachbibli- 
schen litteratur  der  Juden  brauchbare  ausgaben  besizen,  die  so  one  un- 
nüze  gelehrsamkeit  bearbeitet  sind  wie  MSZuckermandels  nSDW? 

wenn  die  Cainiten  wirklich  dieselben  namen  tragen  wie  die  Se- 
thiten,  muß  Faidad  als  die  älteste  gestalt  von  HV^  und  T)^  gelten,  er 
steht  in  einer  lahwe-,  nicht  in  einer  Elohim-urkunde. 

Nöldeke  ZDMG  XXXII  401,  23  Lagarde  Symmicta  II  95  §  10. 

Wie  die  Phoenicier  das  participium  activi  ausgesprochen  haben, 
ist  noch  nicht  gewiß,  daß  die  Punier  genau  dieselben  vokale  gehabt 
haben  wie  die  Carthager,  und  zwar  zu  allen  zeiten,  will  mir  nicht  glaub- 
lich scheinen,  aus  den  seit  Bochart  viel  genannten  formen  rufe  =  MB"! 
arzt^  iusim  =  0^K5P  exeuntes^  suffes  [doch  wol  sufes?]  =  üBtSf  möchte 
ich  daher  gegen  das  allerdings  nach  allen  richtungen  hin  bedenkliche 
twq)tiaafirip  =  odgarov  xatomm  =  D^tDB^  ^M  Sanchuniathons  nicht  ope- 
rieren, aber  wenn  die  Griechen  avQiyS  haben,  so  haben  sie  vermutlich 
ein  particip  der  Wurzel  p'ltSf  in  altphoenicischer  form,  von  dem  dann 
weiter  avQtitsiP  avgfadsp  in  Griechenland  selbst  hergeleitet  worden  sind. 

GCurtius*  287  erklärt  f-iy^  in  adiniyS  q>6QfHY^  Xmy^  njLdmtyS  für 
»individualisierend«,  wobei  ich  mir  nichts  zu  denken  vermag,  wie  das 
niederländische  die  französische  endung  -esse  stark,  und  auch  da  ver- 
wendet, wo  es  eigne  mittel  des  ausdrucks  hätte,  so  kann  -^yy-  aus  einer 
fremden  spräche  in  das  griechische  gedrungen  sein,  da  das  allein  ste- 
hende dSb  Prov  16,  11  Isa  40,  12  ^ontj  axa&fiog  bedeutet,  wäre  nicht 
unmöglich,  daß  gleich  nAäanyS  ein  mit  der  fremdartigen  endung  bela- 
stetes note  gewesen,  für  vollkommen  entscheidbar  halte  ich  derartige 
controversen  nicht.  WJ^  bespricht  RRoth  ZDMG  II  229,  und  sezt  das 
avestische  kameredha  daneben,  die  Araber  aber  nennen  dasselbe  glied 
H^  Avicenna  I  563,  25  566,  18:  wo  ist  die  heimat?  welche  die  etymo- 
logie?     die  8^  ist  so  alt  wie  die  Schöpfung,  und  jeder  mann  trägt  sie. 

So  lange  hebräisch  geredet  worden  ist,  hat  p  tSw  bedeutet  er 
zeugte  einen  san.     denken   wir  nun  Araber   an   der  stelle  von  Hebräern^ 


ERKLÄRUNG  HEBRÄISCHER  WÖRTER.  39 

80  würden  sie  von  «^J^l  und  oJ^  II  cXJ^'  oder  hJuJ^*,  auch  wol  8*aJ^*,  her- 
leiten, nur  mit  dem  bemerken,  daß  diese  bildungen  zur  vierten  zu  ziehen 
nicht  mehr  üblich  sei,  da  man  sie  als  derivate  der  zweiten  zu  brauchen 
sich  gewönt  habe,     j^ji^o^  J^-JÜt  Praetermissa  10,  3. 

ECastle  943  citiert  Avicenna  I  142,  12  Joi^  «O^ä^^^  ^^Ifyojt  U  JyioJ» 
:=  weil  sie  schleim  erzeugt. 

danach  kann  OITUK  fllSin  nur  dasjenige  sein,  was  Abraham  erzeugt 
hat,  das  heißt,  Abrahams  söne  und  nachkommen. 

ist  dies  der  Sprachgebrauch,  so  müssen  wir  ihn  überall  fest  halten. 

dann  aber  ist  Genesis  2,  4  fehlerhaft,  denn  in  dieser  stelle  ist  der 
Sprachgebrauch  nicht  fest  zu  halten. 

bekanntlich  streiten  die  allezeit  uneinigen  ausleger  noch  darüber, 
ob  der  vers  ganz  oder  teilweise  Überschrift  oder  ganz  oder  teilweise 
Unterschrift  sei.  die  entscheidung  ist  für  diese  Untersuchung  gleichgültig. 
y^HTlD  O^tDB^n  niSin  kann  in  dem  einen  wie  in  dem  andern  falle  nur  be- 
deuten dcisjenige  was  himmel  und  erde  erzeugt  haben,  himmel  und  erde 
haben  aber  nach  hebräischer  Vorstellung  gar  nichts  zu  erzeugen:  zu 
anfange  der  Genesis  haben  sie  es  erst  recht  nicht,  wo  alles  darauf  an- 
kommt, Jahwen  als  Ursache  und  herm  der  weit  darzustellen,  welcher, 
weil  er  dies  ist,  das  recht  und  die  macht  habe,  den  sich  zu  ihm  be- 
kennenden (losue  24, 15  Lagarde  Symmictal  55,40)  das  gelobte  land  auch 
ein  anderes  mal  zu  schenken. 

die  nnDtD  berichtet  I  81  (Frensdorff)  »StDl  «StD  3  nnbin,  wozu  Frens- 
dorff  »die  form  findet  sich  dreizehnmal  in  der  bibel:  zweimal  Gen  2,  4 
Ruth  4,  18  doppelt  plene:  einmal  Gen  25,  12  doppelt  defectiv:  dreimal 
defectiv  nach  n  und  plene  nach  1  (Gen  36,  1  9  37,  2) :  die  übrigen  sieben 
male  plene  nach  dem  T\  und  defective  nach  dem  1«  [wie  es  sein  sollte 
=  tauliddt].  vergleiche  ns^  n^B^K"^3  bei  Ramon  Martinez  pugio  fidei 
III  2,  8  (seite  481  Voisin).  ich  möchte  auf  diese  tatsachen  kein  gewicht 
legen,  da  änliches  oft  genug  vorkommt,  one  von  wert  für  die  kritik  des 
textes  zu  sein. 

ich  glaube  nicht,  daß  Genesis  2,  4  mbw  so,  wie  die  Tiberienser  es 
sprechen,  gesprochen  werden  dürfe. 


40  PAUL  DB  LAGARDE, 

in  meinen  hagiographen  206,5  wird  der  Esther  vorgeworfen,  daß 
sie  nnnbni  ntDJf  nicht  angezeigt :  es  gibt  mithin  ein  nSn  herkunft.  ebenda 
244,  9  heißt  es  vom  menschen  »raa  nwib^nS:  es  gibt  mithin  ein  y^T\ 
gehurt^  der  Vorgang  des  geborenwerdens. 

sollte  nicht  dies  leztere  wort  Gen  2,  4  gesucht  werden  müssen?  das 
durch  omana  erklart  wäre?  vergleiche  die  parallelen  in  der  nachher 
aus  na"t  n^B^ina  angezogenen  stelle,  wenn  wir  dails  ^  Hagiogr  244;  9  gel- 
ten lassen,  läge  eine  form  wie  tt^^vn  most^  IwaSfl  kleidnng  vor :  doch  wäre 
des  Samaritaners  iSm  zu  erwägen,  neben  dem  Thn  aus  Adlers  evan- 
geliar  zu  stehn  käme,  bildungen,  auf  welche  näher  einzugehn  ich  außer 
Stande  bin,  neben  denen  ich  aber  das  über  oSj^  von  üdj\  [=  iXJ^  VIII, 
vgl  Jd^  und  ^  Lane  298®  299*)  herstammende  SiU  Hamäsa  31,  13  Js^ 
Ham&sa  699,  23  Hariri*  317,  6  wenigstens  erwänen  will. 

ich  würde  die  Vermutung  nicht  geäußert  haben,  wenn  nicht  aus  dem 
hexateuche  selbst  ihr  ein  helfer  erstünde. 

ehe  ich  ihn  herbeirufe,  muß  ich  freilich  behaupten,  daß  Gen  36,  8 
die  Worte  DIU  ^aK  )Vf}f  mVlfl  rhH)  als  fehlerhafte  Wiederholung  aus  vers  1 
zu  streichen  sind,     der  augenschein  hilft  mir. 

erinnern  wir  uns  an  die  nach  IFürst  von  ThNöldeke  Untersuchungen 
16  17  bemerkte  Wiederkehr  der  zal  70  in  der  Genesis,  so  können  wir 
auch  glauben,  daß  die  mbwformeln,  an  denen  sich  ja  die  erzälung  wei- 
terhilft, durch  eine  heilige  zal  gemessen  seien,  um  so  mehr  als  von  Adam 
bis  Noe,  und  von  Noe  bis  Abraham  je  zehn  geschlechter  angefürt  wer- 
den, also  auch  an  einem  andern  punkte  das  aus  Matthaeus  1  bekannte 
princip  zur  geltung  zu  kommen  scheint  —  den  wert  von  Opperts  ent- 
deckung  Lagarde  Symmicta  11  6  allezeit  vorbehalten. 

es  sind  uns  dann  im  hexateuche  zehn  glieder  geblieben: 

DTK  mbin  1BD  nr  Gen    5,  1 
w  ni^n  nS»  Gen    6,  9 

ro  ya  rrh)T\  rhn)  Gen  lo,  i 
oBf  mbin  rhn  Gen  ii,  lo 
mn  mSin  nSni  Gen  ii,  27 
SKjnoB^^  mSin  nSni  Gen  25, 12 


ERKLÄBÜNO  HEBRÄISCHER  WÖRTER.  41 

prop  mbm  nVwi  Gen  25, 19 

IBfJf  mSw  rhH)  Gen  36,  1 

apy^  mSin  nb«  Gen  37,  2 
pn«  mbm  nS«i  Num  3, 1. 

ich  habe  allerdings  gegen  diese  anschauung  das  bedenken,  daß  der 
Sprung  von  lacob  auf  Aharon  ein  sehr  weiter  ist,  und  gebe  zu  erwägen, 
ob  nicht  Gen  46,  8  ^nOV  in  mSw  geändert  werden  muß.  aus  KOinJn  BflTO 
60^  16  Wien  =  24*^  31  Bomberg  (woraus  üipS^  zu  Exod  1,  1  schöpft) 
hebe  ich  beiläufig  hervor,  daß  die  Juden  zwischen  nS»  und  hSkI  einen 
unterschied  machen,  wonach  mit  Adam,  Noe,  Sem,  lacob  die  hauptab- 
schnitte  anheben  würden. 

auf  jeden  fall  läuft  der  Schematismus  auf  die  Abaroniden  aus,  das 
heißt,  es  kommt  dem  hexateuchiker  auf  das  priestertum  an.  dadurch 
allein  wird  der  hexateuch  als  ganzes  aus  der  königszeit  herausgewieseji. 
so  lange  ein  nachkomme  Davids  auf  dem  throne  saß,  war  es  unmöglich, 
das  haus  Aharons  in  den  mittelpunkt  der  geschichte  zu  schieben,  dies 
konnte  man  nur  entweder  vor  David  oder  nach  dem  exüe  tun.  da  nun 
aber  an  die  zeiten  vor  David  und  Saul  zu  denken  nicht  angeht,  so  er- 
härtet Num  3,  1  und  das  Verhältnis  dieser  stelle  zum  ganzen  werke»  daß 
der  hexateuch  nach  dem  exile,  mitten  in  der  theokratie,  zusammenge- 
tragen ist. 

die  tatsache  ist  um  so  interessanter,  als  wir  noch  eine  antwort  der 
monarchisch  gesinnten  partei  auf  diese  von  den  theokraten  in  Umlauf 
gesezte  anschauung  der  jüdischen  geschichte  besizen. 

Ruth  4,  18  erscheint  der  saz  |nB  mSin  hShi.  die  priesterpartei 
konnte  den  umstand,  daß  Ruth  Davids  ahnfrau  gewesen,  gegen  die  nach- 
kommen des  alten  königshauses  benuzen:  angesichts  des  gebots  Deut  23, 4 
und  der  Esdr /}  13,  iff  erzälten  Vorgänge  wird  man  geneigt  sein  zu  glauben, 
daß  es  wirkHch  geschehen  sei.  der  Verfasser  des  buches  Ruth  will  nun 
durch  anwendung  der  geheiligten  formel  des  hexateuchs  das  haus  Davids 
dem  hause  Aharons  als  gleichwertig  zur  seite  stellen,  man  weiß,  daß 
jezt  sein  werk  nur  unter  den  O^SirO  erscheint:  totzuschweigen  muß  es 
aus  ims  unbekannten  gründen  nicht  gewesen  sein. 
Histar.-philölog.  Glosse.  XXVI.  5.  F 


42        PAUL  DE  LAGARDE,    ERKLÄRUNO  HEBRÄISCHER  WÖRTER. 

JJWetstein  hat  aus  nai  n^B^KTS  12  zu  Matth  1,  1  folgende  säze  an- 
gemerkt: aüe$  hat  töl^DöT:  himmel  und  erde  nach  Genesis  H^  4:  die  herge 
nach  Psalm  90^2:  regen  und  tau  nach  lob  38^  28.  .  .  .  alles  was  tSPDöT  hat, 
stirbt  und  wird  alt,  ist  geschaffen  und  nicht  schiefer:  alles  was  keine  töl^DÖT 
hat,  stirbt  weder  noch  wird  es  aU^  ist  schöpf  er  und  nicht  geschaffen,  daß  diese 
stelle  unter  berücksichtigung  von  Matth  1,  1  gegen  die  kirchenlere  von 
lesus  gerichtet  ist,  leuchtet  ein:  recht  schmackhaft  wird  die  polemik 
erst  durch  die  anname,  daß  der  Verfasser  Curetons  evangelium  vor  sich 
hatte,  welches  mit  ^^oa*?  oi2^oi^  |äAs  anhebt:  die  spätere  kirchenüber- 
sezung  hat  oito^AXi^,  gegen  welches  der  rabbiner  das  nicht  hätte  sagen 
können,  was  er  gesagt  hat. 

)Z^o2  Gen  2,  4  ist,  soweit  ich  sehe,  ein  hebraismus.  man  sagte' 
echt  syrisch  tViSs?  ouooi?  Mi>   (vgl  Titus  von  Bostra  9,  ||  [syr  13, 5]  13,  37 


[18,  13]  19/20  [25,  31]  65,38  [81,  9]  Athanasius  festbriefe  *-a«^  6)  wie 
arabisch  (jM^  o^i^  ^'^  ^^^^  meinen  materialien  II 1 .  hingegen  ^(Sp£iJ^l 
scheint  mir,  dem  wenig  sachverständigen,  echt  aethiopisch.  ADillmann 
grammatik  §  1 1 1  weist  "tA  J?*!  daneben  nach,  und  heißt  tewled  und  tül^d 
lesen,  ich  erblicke  in  diesem  ■^flJ'AJP'I  ^^^  seitenstück  zu  v^Uj  <iU^  und 
änlichen:  nach  Dillmanns  wörterbuche  888  für  ixywor  n€ttQ$d  yi9fsais. 


lieber  den  Hebräer  Ephraims  von  Edessa 

von 

Paul  de  Lagarde. 

Zu  Genesis  1  bis  88. 
In  der  königlichen  gesellschaft  der  Wissenschaften  vorgelegt  am  6  MftrE  1880. 

JM  ur  wenigen  unter  den  vielen ,  welche .  sich  mit  dem  alten  testamente 
abgeben,  wird  bekannt  sein,  wie  unsicher  der  boden,  auf  welchem  sie 
wandelet,  auch  in  lexikalischer  hinsieht  ist.  bei  einer  langen  reihe  von 
hebräischen  .Vokabeln  kann  von  einer  Überlieferung  in  betreff  irer  be- 
deutung  im  ernste  nicht  die  rede  sein :  wir  übersezen  oft  nur  nach  Ver- 
mutung, und  sollten  uns  dadurch,  daß  eine  Vermutung  schon  in  alter 
zeit  ausgesprochen  worden,  nicht  verleiten  lassen,  sie  für  ein  durch  treue 
gewärsmänner  an  uns  gelangtes  wissen  zu  halten. 

allen  lexikographischen  versuchen  muß  die  kenntnis  der  lexikalischen 
tradition  und  der  lexikalischen  conjectur  voraufgehn.  auf  den  folgenden 
blättern  stelle  ich  einige  notizen  zusammen,  welche  fttr  die  hebräische 
Philologie  nicht  one  wert  sein  werden,  falls  sie  sich  bequemen  sollte, 
auf  den  von  mir  gewiesenen  weg  einzulenken. 

Ich  habe  schon  1862  im  Vorworte  zu  meiner  ausgäbe  der  dua:d^B$g 
dnonoXmv  auf  die  zu  Venedig  1836  veröffentlichten  tHumlArnfpaLff-ltii^  Eph- 
raims aufmerksam  gemacht,  um  diese  handelt  es  sich  in  dieser  abhand- 
lung,  und  zwar  nur  um  iren  ersten  band,  es  ist  nach  mehr  als  Einer 
richtung  hin  unmöglich  gewesen,  die  Untersuchung  auf  den  ersten  wurf 
zu  ende  zu  füren. 

vor  allem  auf  die  eigentlich  notwendigen  vorläufigen  betrachtungen 
über  die  echtheit  und  Unversehrtheit  der  von  den  Mekhitharisten  mitge- 
teilten armenischen  übersezungen  Ephraims  und  über  ihr  Verhältnis  zum 

F2 


44  PAUL  DB  LAGARDE, 

römischen  drucke  und  den  handschriften  habe  ich  nicht  die  mu£e  mich 
zu  verbreiten:  auch  fehlen  die  erforderlichen  typen.  fElr  die  diesmal 
verfolgten  zwecke  durfte  ich  zum  glücke  auf  jene  beti:uchtungen  ver- 
zichten, da  mein  material  sich  in  den  meisten  fallen  aus  in  ihm  selbst 
liegenden  gründen  als  zuverlässig  erwies. 

auch  werden  sich  noch  von  mir  übergaixgene  stellen  der  catene  fin- 
den, welche  als  bemerkungen  des  Hebräers  angesehen  werden  dürfen, 
obwol  der  Hebräer  nicht  ausdrücklich  genannt  ist.  sie  zu  besprechen, 
reicht  mein  material  nicht  aus. 

C  *  C  *  C7  G  H  S  sind  leicht  verständliche  abkürzungen,  die  ich  auch 
sonst  schon  gebraucht  habe:  W  nenne  ich  dieses  mal  die  in  meinen 
materialien  veröffentlichte  arabische  catene  zur  Genesis,  über  welche  jezt 
auch  Lagarde  Symmicta  II  7  nachzusehen  sein  wird. 

die  vorliegende  abhandlung  ist  nicht  als  die  erste  einer  reihe  be- 
zeichnet worden,  da  ich  vorläufig  keine  neigung  spüre,  die  feder  zu 
eignen  Schriften  weiter  in  die  band  zu  nemen. 

1.  Genesis  2,  12  onB^n  ]2H)  üSlSn  Ottf.     Ephraim  10,  4—8. 

G  ix€l  S  äp&Qa^  xaX  5  Jtf&og  i  nQccoiPog :  den  Aquila  wage  ich  nicht 
zu  eitleren,  S  nicht  zu  deuten,  aus  G  floß  was  Ephraims  Hebräer  be- 
kämpft, der  selbst  ««^f.  /wf  f  «i/i^m  L  w^mti^  ifmnflLiiffiiiV^  dort  perle  und  edle  steine 
übersezt.  daß  nVra  den  Juden  als  perle  galt,  erhärtet  SBochart  hierozoicon 
«  5  :  für  Hariris'  27,  7  28,  1  ^  verwendet  noch  Harizi  nSia.  für  orWH  ]M 
bietet  auch  C  *  nur  das  unbestimmte  ptD  paK :  sein  pSn«l  ist  glosse :  eine 
Überlieferung  über  DÜtt^  hat  weder  C*  noch  Ephraims  Hebräer  besessen. 

2.  Genesis  2,  14  IWK  HüTp  I^HH  H)n.     Ephraim  10,  8— 10. 

G  ovtog  &  nQono^svöfispos  xcn'  fvavu  ^AaavQüoPf  wonach  S  odi  Al^^o} 
io4  \\noo\  ^1??:  vergleiche  WnnnS  für  ntDJf'?  Exodus  25,  27  [28,  27]  und 
meinen  Epiphanius  §  63,  2  und  sonst,  falls  G  in  nwK  die  Assyrier  suchte, 
konnte  er  mit  der  notiz  nichts  anfangen,  daß  der  Tigris  östlich  von 
HWK  fließe :  unter  den  älteren  Ptolemäern  war  ein  Jude  in  Alexandria 
gewiß  wenigstens  soweit  unterrichtet  über  Assyrien  wie  Strabo  <c  1?  1  es 
unter  Augustus  gewesen  ist.     daher  das  farblose  X€af  ^a$nc^. 

CMJ*  Saadias  sahen  in  nWK  die  Stadt  ^^t  YiqAt  I  119,  16  HI  113,  22 


Ober  den  Hebräer  Ephraims  von  edessa.      45 

Assemani  III*  709  711  Hoffmanns  glosse  1799,  also  —  grob  gesagt  — 
Jj^t  Lagarde  Praetermissa  52,  3 ,  einst  nach  Ptolemaeus  Aaßßapa  = 
tuilerie,  danach  >äc;;{  [o^  =^  =]y  Ydqdt  IV  683,  10  [Hamza  47,  18] 
geheißen,  da  der  Tigris  wirklich  östlich  von  diesem  j^\  fließt,  hatten 
sie  keine  veranlassung,  noip  umzudeuten  oder  abzuschwächen. 

Ephraim  las  '^^C^  ^pP''^  q-tiT jm^q^äiA  y^unfbummb^ ^  also,  da  ^tiT 
jmiiifptnA  TiQoownop  TtQÖg  ngöamnov  Gen  32,  30  oder  xarä  ngoaconot^  Ezech 
41,  21  ist,  im  wesentlichen  wie  GS.  gegen  ihn  wendet  sich  der  He- 
bräer mit  jt^p^its  ^^iidtubt  y^unphummbli^  aber  in  sehr  unverständiger  weise, 
denn  allerdings  stellt  er  an  der  östlichen  seite  (vergleiche  M  Exod  36,  12) 
richtig  her,  aber  er  läßt  Aseyriens^  und  damit  den  stein  des  anstoßes  för 
aUe  unterrichteten,  stehn. 

Ydqdt  |%.Äo  I  119,  17  ^yJ^  102,  3  nennt  neben  j^\  auch  jf\  und  j^\. 
es  muß  (siehe  ^yAßf)  y^S  hergestellt  werden.  Abulfarag  fürt  freilich, 
wenn  ich  mich  recht  erinnere,  nur  aus  Palaestina  an,  daß  man  ^  wie  ^a 
gesprochen  habe,  allein  ^  f&r  f^  kennen  auch  Gauhari  U  322  BusOdni 
1644*,  das  timgekehrte  \i>J^'  für  U^J^*  Ihn  HiSdm  152,  4,  so  daß^yt  nicht 
unwarscheinlich  ist. 

3.     Genesis  2,  21   nOTin.     Ephraim  11,  10 — 11. 

G  ixataag^  S  iiNa :  gegen  lezteres,  das  der  übersezer  *^/»^  Schlummer 
übertragen,  richtet  Ephraims  Hebräer  sein  ^"li  schlaf,  in  der  tat  sezt 
C*  für  nOTin  Gen  2,  21  lob  33,  15  Kpnsjf  HiW^  Sam  a  26,  12  Mß^pn  KÄ^tt^, 
Gen  15,  12  Hü^ü2  Kp'OJf  KJttf,    sogar  S  lob  4,  13  IniVis   \xm. 

4.     Genesis  2,  23  nMrjf^  D^  WSH  nKT.     Ephraim  12,  10—12. 

S  (vergleiche  Exod  10,  17  l^oi  Uoi  doch  wol  =  DJfSn  ^H  gegen  ri«T 
njfßn  IAaöI  hat  ludd  1 6,  28  :  für  die  Stellung  n^an  HT  Esdr  3, 12)  ist  es  nicht, 
gegen  den  Ephraims  Hebräer  sich  wendet,  sondern  G.  der  Hebräer 
übersezt  u^u  mJmLaflti  jttT  au^p  jnu^hpui^  jtJhß  dicsc  \isi\  mctnc  ehefrau,  bein  van 
meinen  beinen. 

in  nai  n^BfNia  i8  heißt  es  r»  TH  ara  'Sjf  tt^^pn^  m^nyitf  K^n  iwr 
nS»  rfj'bn  te  ynüjfSü  nn^nttf  K^^  ir  ptDm  anr  ptDjf»  TO«nin.    nun  wird  py» 

Exod  28,  33  39,  25  26  von  C*  mit  St,  von  S  mit  sjs^^l  =  i2^  (vergleiche 
fMitrfiüf)  übersezt,  Lagarde  abhandlungen  41,  10  Studien  §  751.     dies  aus 


46^  PAUL  DB  LAGARDE, 

ist  zusammengefallene  St  erscheint  in  einzelnen  büchern  als  S\t :  Rabbi- 
nowicz  hat  zu  natt^  54*  58*  keine  Variante  bemerkt,  misno  n^i  6,  2  nDO 
5°  46  sind  noch  one  apparat:  aus  der  miSno  nennt  Abtllwalid  578,  7  (wo 
der  bequeme  herausgeber  kein  citat  gibt)  ebenfalls  S)%  wärend  er  9  St  bie- 
tet, und  aus  Num  6,  4  nach  Überlieferung  deutet,  durch  dies  S\t  lag  nahe, 
bei  St  =  JüyS  an  s^ol  l^avyog  zu  denken,  um  so  näher,  als  der  St  oder 
x(öd(OP  einen  Saj'Jf  oder  f/ußo^og  haben  mußte,  und  so  die  zote  unschwer 
zu  Stande  kam :  ifißoXog  als  klöppel  der  glocke  bin  ich  außer  stände  zu 
belegen,  die  Araber  haben  irem  J^aaä  und  äJLjac  wie  Mie  talmÜDisten  dem 


baj^  (Buxtorf  ^^)  eine  semitische  etymologie  zurecht  gemacht. 

sollte  Ephraims  Hebräer  nicht  auf  diesem  wege  seine  ehefrau  aus 
OJfB  herausgedeutet  haben? 

5.     Genesis  3,  8  DVn  mnV     Ephraim  19,  9. 

G  tb  3$U&r6r,  S  U>oQ*?  oiii^S  (Ephraims  syrische  werke  I  33^  140*), 
was  gleichbedeutend  ist:  anjf  nusS  to  nQog  dsUfig  Gen  24,  63.  delXti  Exod 
18,14  =  aijf  abends  aber  Regn  y  1 8, 29  vertritt  —  das  von  dsUij  abgeleitete 
imd  darum  mit  ihm  nicht  identische  —  t6  dsiJLivor  oniTVil,  die  zeit,  wo 
die  sonne  am  j^  =  ^014  des  himmels  steht  und  abwärts  zu  steigen  be- 
ginnt :  ^L3  abend  braucht,  wenn  ich  nicht  irre,  Ibn  Arabädh :  «-^xa  steht 
als  icniQa  dem  ^^  n^oit  gegenüber  Macc  a  10,  80:  die  mitte  zwischen 
mittag  imd  Sonnenuntergang  ist  nach  Elias  Praetermissa  57,  18  6^yj^ 
'^ocu}  ouxa  =  die  zeit  zwischen  mittag  und  drei  uhr  nachmittags,  der 
armenische  übersezer  Ephraims  drückt  übrigens  die  ableitimg  des  «jlls 
von  \i^  inap^jLds  Reliqq  76,  3=gr46,  14  dadurch  aus,  daß  er  gpf  f  ««i»/^ 
miMLfü  braucht:  denn  f »«3Er«i^  =  inaviQX^^^^^  L^c  19,  15  und  oft. 

dieser  erklärung  sezt  Ephraims  Hebräer  '^  iif */_  utLaLfii  entgegen. 

ifÄ^  stammt  von  i^f :  ich  notierte  es  mir  für  anSr  (object  diga) 
Sap  7,  3 :  anäa&ai  {jnäxcuQor)  Marc  14,  47 :  iXxis^p  {/idxtt^gav)  loh  18,  10 : 
in$anäa&a$  {oie&QOp)  Sap  1,12:  ßäUsiP  ißiXog)  Sap  5,  12:  ismtPBiv  {xbIqu) 
Gen  3,  22  {äyxigag)  Act  27,  30  [dtxwa)  Prov  1,  17  [oiQOPhv  (Sasl  diQf$r) 
Ps  ip  =  ^,  3.  daher  i^aA^  nuL^tAwß  ort  zum  ausbreiten  der  neze  =*  tfnfy/ios 
aaytjrmr  Ezech  26,  5  14.  die  redensart  ifA^  mtMLfb  habe  ich  nirgends 
sonst  gelesen:  die  erklärung  Ephraims  verstehe  ich  nicht. 


ÜBER  DEN  HEBRÄER  EPHRAIMS  VON  EDESSA.         47 

ich  hüte  mich  um  so  sorgföltiger,  mich  bindend  zu  äuBem,  als  die 
lesung  der  stelle  Gen  3,  8  unsicher  ist.  durch  meine  ausgäbe  der  quae- 
stiones  des  Hieronymus  6,  23  ist  ans  licht  gekommen,  daß  die  handschrif- 
ten  des  stridonensers  zwischen  barua  haium  und  laroe  aiom  schwanken,  da 
niemand,  der  den  text  der  Tiberienser  für  heilig  hielt,  laroe  anzutasten 
veranlaßt  war,  da  dies  dem  üblichen  nilS  entsprach,  halte  ich  barua  = 
m"\3  für  die  dem  Hieronymus  eigentümliche  lesart.  ob  Ephraims  He- 
bräer mia  statt  TVrh  gelesen,  kann  ich  noch  nicht  feststellen:  wenn  er 
dem  alten  gAq,  i^wnitw^  sein  '^  ^f^L  entgegensezt ,  scheint  er  allerdings 
eine  andere  praeposition  als  das  in  ouoäX  vorliegende  ^  haben  andeuten 
zu  wollen,  wenn  endlich  AbdlwaHd  670,  llff  Sam  «  16,  23  lob  32,  20 
Esther  4,  14  Exod  8,  11  Gen  32,  17  mit  DVH  mi'?  Gen  3,  8  zusammen- 
bringt, dürfte  er  nicht  wie  die  Tiberienser  ausgesprochen  haben:  er 
übersezt  J^^  ^^^  i  imd  erklärt  ^\  ^  if^y^\  o»:    Lane  1182. 

jedenfalls  wich  Ephraims  Hebräer  in  der  deutung  des  ausdruckes 
wesentlich  von  GS  ab.  ich  verweise  auf  NFuUers  miscellanea  sacra  3,  5 
=  critici  sacri  (Amsterdam)  VHI  970. 

6.     Genesis  3,  24  |ty  pb  DipO  ptC^^.     Ephraim  24,  10—14. 

G  hat  Gen  3,  24  einen  vollständigeren  text  gehabt  als  wir  haben, 
oder  er  hat  —  was  ich  nicht  glaube  —  aus  eignen  mittein  seine  vor- 
läge vervollständigt :  nach  pBf^l  +  WK,  nach  |ty  +  TOJf^  oder  D»n  oder 
p^.  S  wie  H,  nur  gibt  S  far  pttf^  >4ö|o:  W  44,  28  47,  4  folgt  zum 
teil  G,  der  römische  Ephraim  I  39^  der  venediger  (A.  ^mmbmg)  I  24, 10  und 
Hoffmanns  glosse  700  lesen  wie  Lee:  Mimmbi_  neQ$xvxJLow  Gen  19,  4  Num 
21,  4  losue  7,  9  xvxXwp  ludd  19,  22  20,  5:  für  hncvXtoCB^v  Matth  27,  59 
ipsiAeip  Marc  15,  46  3(€iy  loh  19,  40  braucht  M  %u»inlri_^  wo  der  Syrer  >4^ 
verwendet,  vergleiche  auch  l>o5v2i^  oitop  mit  t^iiumhuig  "^  ^uiiiXmjtnt^u  Lucas 
2, 7  :  ioJWb*  Praetermissa  38, 60  —  dies  bemerke  ich  beiläufig  —  und  ^m^Zmptu^ 
sind  ein  und  dasselbe  wort,  wie  nicht  nur  aus  Luc  2,  7,  sondern  auch 
aus  Ezech  16,  4  Sap  7,  4  leicht  erhellt,  wenn  man  N  und  D  neben  ein- 
ander liest,  ich  bitte  überhaupt  das  armenische  für  das  syrische  nicht 
außer  acht  zu  lassen,  wenn  wir  zum  beispiel  neben  ljf^[AAS>]  Praeter- 
missa 29,  60  Michaelis  485  Hoffmanns  glosse  5451  h^  Michaelis  525  an- 


1 


48  PAUL  DB  LAOARDE, 

treffen,  so  möchte  ich  dies  leztere  nicht  von  vorne  herein  verwerfen,  da 
Jmm.m!b  im  sinnc  von  Vorratskammer,  Weinkeller  ein  sicheres  armenisches 
wort  ist :  ich  entneme  dem  großen  venediger  wörterbuche  11  2 1 0 '  das  citat 
Faustus  von  Byzanz  d  \2  [=  108,  17  JuhlmuL^  fP"-v]  ^^^  stelle  fest,  daß 
aus  Euseb  KG  y  6  das  wort  dhuLtA  citiert  wird ,  aber  in  dem  1877  er- 
schienenen abdrucke  [y  6,  2  seite  155  lezte  zeile  des  alten  texts]  ver- 
schwunden ist :  ein  neuer  belag  für  die  kritiklosigkeit  der  Mekhitharistea. 
S  hat  sich  also  die  Cherubim  die  runde  machend,  nicht  an  Einer  stelle 
postiert  gedacht,  und  schwerlich  pVf^)  vor  sich  gehabt,  sondern  30^: 
vergleiche  «-aj-opIc  für  yao^l  Ezechiel  47,  2.  ihm  sezt  Ephraims  Hebräer 
in  Übereinstimmung  mit  C  ^s  C  ^s  ntt^W  i^'^V'S'us  er  machte  wonen  entgegen. 

7.  Genesis  4,  15  n«  fpS  mrr  Dan.     Ephraim  36,  28—29. 

Der  Hebräer  L-  *^  «4/»  l^«!  '^  k'^h'h.  dies  entspricht  S  \2\  U}io  >QflDo 
^Ias  und  der  armenischen  bibel  (G  xaX  f&sto  xvQiOs  i  d'sog  atifieloy  jfp 
Kdiv\  so  daß  ich  mein  Unvermögen  die  glosse  zu  begreifen,  bekennen  muß. 

8.  Genesis  4,  24  pp  op'  0'njf3»  O.     Ephraim  39,  26—27. 

Der  Hebräer  sagt  f^  fAr^  d^y  Lßtt  ^mmaL^nJIt  ^mmnLgmL.  ^lyt^.  da 
ist  ^mmmLßuJß  =  ävt&fjUü&ta  Cot/?  6,  1 3 ;  äyiaTtodo/ia  Luc  14,  1 2  Rom  11,9: 
dnidofuc  Num  8,  1 1 :  dd/ia  Num  3,9:  kurz,  =  ^tea.  ebenso  alltäglich 
^mmnLßmlitr£.     aber  was  soll  der  aorist  ^»«in^iifi.  ? 

9.     Genesis  9,  5  rrn  Sa  TO.     Ephraim  49,  31—33. 

Statt  zu  sagen  Euer  blut  werde  ich  von  allen  Heren  suchen,  sagt  der 
Hebräer  Von  den  händen  aller  lebendigen,  vergleiche  G  ix  x^^^s  näptior 
tmp  &fiQk0p,  S  l-iouj-  \5o  ^  ^. 

10.     Genesis  10,  10  11.      Ephraim  53,  22  ff. 

Es  ist  sicher ,  daß  die  worte  jirpipt  jtf/btRuUk  lr/_  mun^lrumtAInyb  Gen 
10,  11  dem  Mo^l  ^^s^  ^  \^\  ^  Ss  entsprechen:  an  die  stelle  der  bei- 
den lezten  Vokabeln  wird  Aj.  '""''^  gesezt,  one  daß  gesagt  würde,  ob  dies 
dem  i^X&BP  *AaaavQ  [^Aoovq  acrtz]  Gs  oder  dem  nWK  KT  Hs  entspre- 
chen soll. 

nach  dieser  mitteilung  greift  die  catene  auf  10  zurück  und  berich- 
tet ipt^L  (=  Oq8X  Gs,  nicht  ^]  Ss,  da  dessen  ausspräche  durch  Hoffmanns 
glosse  1498  feststeht)   sei  »c«^»,   also  A^ß  Edessa:    '«pmi^mß-    (=  einem 


ÜBER  DEN  HEBRÄER  EPHRAIMS  VON  EDESSA.  49 

in  fSA]  verlesenen,  aus  AQX^t^  Grs  entstandenen  fdi\^  über  dessen  A^  =  ? 
oben  Seite  1 2)  sei  l^p^*,  also  e)is*-ya3  "SisiUs :  ^usquAt  (=  JfaAanj  G  mtz, 
liicht  U^  Hoffmanns  glosse  4733)  sei  a^u^n"b  Ctesiphon.  hierzu  stimmt 
in  der  römischen  ausgäbe  I  58^  liSoo  «  r^^^^  cu^]^  p|  «  ho}]  cfu£u|^  yA] 
^oam*^  du£u|2,  nur  daß  die  erklärten  namen  in  den  formen  Ss,  nicht 
in  denen  Gs  vorUegen.  ebenso  stimmt  dazu  C*  pSDMDpl  |'3'Vil  Din,  wo 
C  WDMDp:  zum  dritten  namen  sezt  C^  DWJWl  [?],  C  hzSl- 

man  möchte  glauben,  daß  die  erklärung  des  y)H  durch  Edessa  nur 
dadurch  enstanden  sei,  daß  man  ^-lOiiGJ  für  entstellung  jenes  yiK  ansah: 
man  kann  von  GHoffmann  ZDMG  XXXII  742  743  lernen,  was  diese  an- 
sieht wert  ist. 

es  gibt  eine  Stadt  ^^t  auf  dem  wege  von  Beroea  in  Coelesyrien  na^ 
Palmyra,  die  Ydqilt  I  ?10,  16  Arak  spricht,  dabei  aber  meldet.  Ihn  Duraid 
nenne  sie  Urak  (also  genau  =  Oqsx).  aa  sich  wäre  es  nicht  unmöglich, 
daß  diese  früher  bedeutend  gewesen,  und  später  —  etwa  durch  Palmyra 
—  herabgekommen  wäre,  wie  ja  das  bei  Isaias  10,  9  36,  19  und  leremiaa 
49,  23  als  mächtig  genannte  1S1M  bis  auf  ERoediger  zu  Gesenius  the- 
saurus  112  Nöldeke  ZDMG  XXV  258  Haußknecht  und  Kiepert  ebenda 
655  hat  warten  müssen,  um  mit  *>l3;<,  drei  meilen  nördlich  von  Halab 
an  der  straße  nach  KfjLiCa  identificiert  zu  werden:  sie  könnte  G  sein 
Oq€X  geUefert  haben ,  one  daß  darum  y)H  selbst  nicht  «l^^y  t  Ydqüt  IV 
922,  13  wäre,  für  welche  die  Assyriologen  (wer  unter  inen  zuerst?)  jezt 
•pK  halten. 

wie  elend  der  text  der  armenischen  catene  ist,  möge  daraus  erhellen, 
daß  Ss  Worte  <  »So  iW:»  |quuj  Aas^  ^£o^o  <  »\n\o  I^j^o  /nn»nS  durch 
^tLafaß-  ^utt^ui^  L  q^mqiu^  f^fifuplj^  L  qy-utuiriT  gegeben  wcrdcn.  man  er- 
kennt in  Dasem  pn,  in  Hroboth  Mni,  in  Chalakh  nSs :  f^uit^m^  möchte 
des  römischen  Ephraim  I  5  8  ^  glosse  i*'^»!»*  sein ,  in  dem  *ä  in  «-^  verle- 
sen worden,  also  Adiabene  Lagarde  Semitica  I  28:  Chark  steht  auf  jeden 
fall  an  der  unrichtigen  stelle,  und  mag  sich  aus  Saadias  erläutern,  der 
zu  gut  über  Edessa,  Nisibis  und  Ctesiphon  bescheid  wußte,  um  die  hier 
genannten,  in  IJfJB^  gelegenen,  städte  in  inen  zu  erkennen,  imd  daher 
T^K  durch  ^  [welcher  der  vielen  orte  des  namens?],  13K  durch  ^\j^\ 
Histor.-phüolog.  Glosse.  XXVL  6.  G 


50  PAUL  DB  LAÖARDE, 

[plural  von  y^ ,    durch  einen  Sapores  gegründet] ,   rute   durch   [das  vom 
khalifen  Omar  erbaute]  'ih^  erklärt. 

der  römische  Ephraim  läßt  seite  5  8  zeile  1 6  U^^^,  welches,  da  ?i\^ 
bereits  in  zeile  15  dagewesen  (die  punctation  ist  schwerlich  alt,  durch 
welche  die  römischen  herausgeber  die  beiden  ?^No  unterscheiden),  ver- 
mutlich in  i  m\o  umzuschreiben  ist ,  \\^  ^Axqu ,  M»^  (das  wäre  pl) 
Uj^  jLi)   Pioaipa  sein. 

für  das  syrische  Wörterbuch  merke  ich  an,  daß  TWi  (Lagarde  ar- 
menische Studien  §  1605)  vom  Armenier  Namraud  gesprochen  wird:  auf 
au  ist  dabei  kein  gewicht  zu  legen:  das  a  der  ersten  silbe  darf  man 
nicht  one  weiteres  vergessen. 

11.     Genesis  10,  21   hUT)  nS'  ^HK.      Ephraim  54,  22— 24. 

Die  armenische  catene  gibt  mit  irqjiopti  ^^mflrp-ji  tp^gat.  den  text  der 
armenischen  bibel,  nicht  den  Ss  wieder,  zur  erläuterung  bemerke  ich, 
daß  irpt/f  nicht,  wie  der  berliner  akademiker  IHPetermann  einst  dem  von 
ihm  nicht  genannten  Schröder  nachschrieb  (Lagarde  armenische  Studien 
§  722)  =  IsQsvg  ist,  sondern  den  erstgeborenen  bedeutet,  der  Armenier 
drückt  nur  frei  Gs  ädsXyc^  *ld^e&  rov  /asl^orog  aus.  Dachsei  belehrt 
I  147  148  über  die  accente  Hs.  der  Hebräer  Ephraims  sezt  dieser  auf- 
fassung  der  stelle  entgegen  hqfopb  {im^bp-^  np  AVb  t  ^»tb  qUm  dem  bruder 
laphets,  welcher  größer  ist  als  er,  womit  er  doch  wol  dem  Sem  die  erst- 
geburt  zuzuschreiben  gesonnen  war.  C^  wagt  noch  nicht  von  der  auf- 
fassung  Gs  so  abzugehn,  daß  er  den  Sem  zum  erstgeborenen  erklärte 
—  die  öffentliche  meinung  muß  damals  noch  den  laphet  für  den  ältesten 
gehalten  haben  —  :  er  zieht  aber  hlSn  schon  zu  'HK  und  deutet  dem  an 
gottesfurcht  großen  bruder  laphets,  wo  der  bescheidene  mann  bei  großen 
natürlich  größeren  dachte. 

12.     Genesis  10,  21   najf  'ia.     Ephraim  54,  19—22. 

Statt  zu  sagen  '|S^  ^^^^^  ^2  v<x»ia|  Xiamo  der  Hebräer  ya  Sai  pmaK 
^tr^ajf.  ich  habe  gleich  hingesezt  was  C*  gibt,  denn  dessen  auffassung 
teilte  Ephraims  Hebräer. 

von  "UJf  stammten  nicht  bloß  die  später  allein  nach  "UJf  genannten 
onajf  her,  da  er  jht  (heißt  das  gii  an  der  straße  von  Ba9ra  nach  YamAma  ? 


ÜBER  DEN  HEBRÄER  EPHRAIMS  VON  EDESSA«  51 

Wüstenfeld  Bahrein  und  Jemama  175  und  auf  der  karte :  YAqüt  III  910^ 
3 — 21)  und  |üp'  =  qL£3^v3  zu  sönen  hatte,  also  nord-  und  süd- Araber, 
und  erst  von  Phalegs  son  Ragau  Abraham  herkommt.  Ephraims  Hebräer 
und  C*  meinen  nun  den  heiligen  text  corrigieren  zu  müssen:  es  wäre, 
mögen  sie  gedacht  haben,  eine  wertlose  bemerkung  gewesen,  daß  von 
Sem  alle  von  Phaleg  und  loctan  ihr  geschlecht  herleitenden  abst|tmmen 
—  wozu  gerade  diese  auszeichnen  ?  — :  hingegen  lonte  es  anzumerken.,  daß 
die  später  so  berümten  Hebräer  par  excellence  Sem  zum  ahnherm  haben, 
da  nur  durch  diese  nachkommen  jener  alte  mensch  einen  wert  erhalten  hat. 

13.  Genesis  13,  11   Dipo  tDlS  JfO^V     Ephraim  58,  33—35. 

G  xal  dn^Qs  A(bt  and  ävmoXdiv^  S  Uur^  ^  ^o^  ^Ioäc,  C  ^  KWTOO  tDlS  StDJV 
Abraham  wonte  zu  der  zeit,  von  welcher  hier  geredet  wird,  nach  13,  3 
^Jfil  \^y\  Sk  n'a  pa.  war  Lot  bei  Abraham,  so  konnte  er  nicht  von  osten 
aufbrechend  nach  dem  j^ä  kommen,  deshalb  hat  Ephraims  Hebräer 
juipLhiJiß  von  Osten  durch  jutimt^i^yl  verbessert,  das  ==  ngots^ov  loh  9,  8 
[hier  mit  to]  Hebr  4,  6  usw.  was  er  sich  aber  dabei,  und  was  sich  C" 
bei  seinem  |'ü1pSo  gedacht,  weiß  ich  nicht,  jedenfalls  hat  auch  n'tt^KT3 
T\y\  §  41  für  nötig  gefunden,  dem  texte  ein  Schnippchen  zu  schlagen: 
oSlJf  hw  «WipO  WVJf  Jf'DH:  blatt  51*  4  Stettin. 

Ephraim  selbst  schreibt  «i  «•£#  für  ülS,  sein  Hebräer  ^|^»<f«.  icji 
weiß  nicht,  ob  das  absieht  ist:  vergleiche  75,  29  32  77,  36  78,  23.  tä 
xjLiPÖ/uspop  T^g  y^vxfis  7t(fog  to  aia&rixoy  sldog  Philo  über  ,  die  Wanderung 
Abrahams  3  (I  438  Mangey):  vinctussive  declinatio  OS  I  8,  5:  ligatus  aut 
declinans  aut  vacans  65,  6:  declinans  sive  vinctus  73,  3.  daraus  erhellt, 
daß  176,  49  JleAvTQWfiiPog  ^  änoxJtelwp  j  181,  75  isÄVTQW/uipog  ^  194,  51 
ixxXriaiaaiov  avrov  §  JleXvtQCDfiiPog  Soxcctop^  203,  9  dndxAsiaig  bedenklich 
sind ,  zumal  declinatio  auch  durch  Hieronymus  VI  575^  (Vallarsi  *)  ge- 
sichert wird:  mindestens  muß  anoxXlviov  für  dnoxÄsfwp  und  än6xÄta$g 
für  änöxkBtaig  geschrieben  werden.  für  das  Verständnis  der  Variante 
iimi^  qn^m  bleibe  ich  ratlos. 

14.  Genesis  13,  12  '^'STS  nya  att^V      Ephraim  58,  35  36. 

Der  |Tl^n  "03  ist  bekanntlich  mit  der  nBQtx(OQog  rov  ^logiccpov  des 
Matthaeus  3,  5  xmd  dem  ^  der  Araber  identisch:    die  Urkunde   meinte 

G2 


62  PAUL  DB  LAGARDE, 

wol,  die  Städte  seien  die  durch  feuer  nachmals  untergegangenen  Gomorra 
Adama  Seboim  Zogora :  es  folgt  aus  irem  ülD  TJf  SnK^%  daß  sie  Sodoma 
als  die  von  Bethel  und  Gai  fernste  derselben  angesehen  hat. 

G  hat  dies  nicht  verstanden :  sein  xcmpxtiasv  iv  nöAsi  tcw  nsQix^Q^'^ 
nimmt  "03  etwa  in  dem  sinne,  in  welchem  es  Nehem  12,  28  steht,  wä- 
rend  S  den  terminus  technicus  beibehält :  jao?  U^qjcia  iäA*.  die  armenische 
catene  hat  A.  fLm^^bgutt.  '^  4J"1!^^  f-ui^jA  i^n^mbm^  i^tti^ay.  ich  vermute 
hier  einen  fehler  der  Überlieferung,  ob  noch  der  Hebräer  redet,  weift 
ich  nicht,  y^mpvy  scheint  mir  jao?  Ss  ausdrücken  zu  sollen,  in  welchem 
falle  vorne  ein  ^  weggefallen  wäre,  dann  besagte  der  text,  daß  für 
jao?  Ss,  das  natürlich  dem  Ephraim  vorlag,  zu  sezen  sei  i^iaim^ti.  'HV^ 
ist  M>J^  Lagarde  armenische  Studien  §  569  =  nsdlov  Gen  4,  8.  Ephraims 
Hebräer  würde  mithin  gegen  G  zu  dem  tniy^io  'in^pa  C  *s  stehn.  in  der 
venediger  ausgäbe  würden  nach  qju^mjtb  und  vor  lV^«"/»«g/  anfClrungszeichen 
zu  sezen  sein. 

15.     Genesis  16,  7  1W  TTTa.     Ephraim  66,  39— 67,  3. 

Statt  zu  sagen  h^^m  ^pk^tulj^  '^  4t CU  ^««^'^fv/'^/'^  "c  ^*^t(»  '^  qln^m^ 

zunächst  steht  fest,  daß  schon  Ephraim  den  fehler  unsrer  ausgaben 
Ss  in  seinen  exemplaren  gefunden  hat  ^fs^?»  wo  es  so  gut  wie  sicher  ^k^j 
{reQaQODV  Socin*  207)  heißen  muß. 

sodann  ist  Wß'uipu^  eben  die  ^A&aQcc,  deren  nennung  bei  einem  ar- 
menischen historiker  ich  in  den  gesammelten  abhandlungen  183,  15  nicht 
wiederfinden  konnte,  und  welche  darum  in  den  Studien  §  21  ein  gedächt- 
nisfehler heißt:  in  den  Symmicta  H  111  ist  er  —  was  ich  bedaure  — 
nicht  erwänt:    vergleiche  Studien  §  846. 

ist  nun  \\P^uipu^  =  ^A&ccQa  nach  Straboic4,  27  mit  der  ^AraQ/ang  und 
JsQxsTüi  identisch,  so  ist  mir  äußerst  unwarscheinlich ,  daß  der  text  der 
catene  richtig  sei.  bis  ^miSL  geht  was  aus  S  stammt,  kein  Hebräer 
dürfte  so  unwissend  gewesen  sein,  ^W  an  der  grenze  Aegyptens  mit 
■Wtt^K  zu  verwechseln ,  und  nw  Tm3  für  auf  dem  wege  nach  Assyrien  zu 
erklären,  -das  steht  aber  in  der  catene,  und  vor  dem  sagt  der  Hebräer 
lesen  wir  auf  dem  wege  von  Athara.     ich  vermute,  dies  sei  was  der  He- 


■■ip^n 


ÜBER  DEN  HEBRÄER  EPHRAIMS  VON  EDESSA.         53 

bräer   als  berichtigung  von  S   geboten  hat,   und  es  entspreche  iingefär 
dem  rwSn  1W  Cs. 

über  die  wüste  Gißlr,  PwSn  ="'EJLavoa,  und  tron  C*C*s  handelt 
FTuch  ZDMGI 173—181,  über  1W  sehe  man  noch  Wellhausen  text  der 
bücher  Samuelis  97'.     weiter  vergleiche  Lane  unter  Jual^. 

16.  Genesis  19,  20  Kin  njfWO  nSh.  Ephraim  78,  4—6. 
S  «-I01  likiibi  )oi,  aber  so  hat  Ephraim  nicht  gelesen,  die  catene  statt 
iren  namen  8eg6r  zu  nennen^  sagt  der  Hebräer  »Arto'n«:  y^siehe,  klein  ist  sien. 
das  wäre  ja  eben  was  unser  S  bietet  und  auch  C^  gibt  K^n  ina^  »Sn. 
die  hiermit  gewonnene  ursprüngliche  lesart  Ss  halte  ich  fUr  die  wieder- 
gäbe des  noch  unverfälschten  urtextes.  Lot  will  die  stadt  verschont 
wissen,  weil  sie  njfVtD  sei,  und  fragt  zum  beweise  des  Tjf^oseins  heißt  sie 
denn  nicht  ebendarum  njfV,  tveü  sie  nur  njfWO  ist? 

17.  Genesis  20,  12  'üK  na  hS  ^H  Kin  '3»  T\2  ^T\T\H  nJtDK  US). 

Ephraim  55,  15 — 17. 
G  zdi  ydq  dAfi&(Se  ädsX^tj  fiov  iaxlp  ix  ntngogj  äJU'  oix  ix  /iijrQÖg 
=  S  »j^l  4=>  Po  «-«^  4^  ^-«o»  *7*^  Mw«  >o^.  Ephraims  Hebräer  mp^mpL 
^ypuiß-^L.  t  ^iT  in«.  '^  ^o^t  ^  "i,  wn.  '^  io/if .  der  unterschied  besteht  darin, 
daß  für  ^n//i  Schwester  ^^/>««P^l  a&  Schwester  gerechnet  gesezt  ist,  um  dem 
Patriarchen  den  Vorwurf  der  blutschande  abzimemen.  das  stimmt  im 
principe  zu  C  *  WO'K  nD^JJlO  kS  On^  K'H  MKl  KHK  IVU  ^nHK  KIDtt^ipa  Onai. 
der  römische  Ephraim  I  =g  l4*-b  «-^^^   t^   o^'^   ^'^  ^«"   Jcumj  oiAx»   oX 

Po  diAa^  jju  Zoai  AjLao  duixs  ^  cfi^oaiQ^  AciM)^  ^  <'^  ^^  Inimi  UpQJ  A^ 
oiAxai'  jnSviSo  ]}X&\o  di^o  ^oW  lo^^o  «jdq^^  C^..  vergleiche  was 
HRoensch  Leptogenesis  370  371   zusammengestellt  hat. 

18.  Genesis  21,  15.     üVr\WT]  IHK  nnn.     Ephraim  82,  26—28. 
Statt  zu  sagen  't^^P-^V  ^qt^y  '^V^    ^^ff^  ^^  Hebräer  '^  ^^p^y  &mtL,y, 

G  ^oxarw  fiias  iXdtris,  dem  entspricht  dem  ersten  anscheine  nach  der 
text,  gegen  welchen  Ephraims  Hebräer  sich  richtet :  iXdnri  wird  auch  in 
der  aus  G  geflossenen  armenisclten  bibel  an  imserer  stelle  k^Lfb  ^ma, 
übertragen.  S  Umod  ^  ^  iUj^Z  zeigt  schon  durch  den  plural,  den  er 
anwendet,  daß  er  mit  dem  texte  in  Ephraims  catene  nicht  stimmt:  sein 


54  PAUL  DB  LAGARDE, 

U*i»  ist  deutlich  O^n^tt^.  Ephraims  Hebräer  sezt  nun  dem  iJLcmj  das 
einfache  bäum  entgegen,  das  stimmt  mit  C  *  KyS'K  |ü  TTI  ninn :  aus  C  *, 
der  viel  mehr  als  C*  hat,  ergibt  sich  nichts  genaueres. 

die  pflanzen  weit  zerfallt  Gen  2,  5 — 9  in  r\W^  31^  und  yy.  die  ent- 
stehung  von  T\W  imd  2ti^  wird  gar  nicht  erzält,  so  daß  entweder  hinter 
6  und  auch  wol  später  irgendwo  etwas  fehlt  (da  5  den  eindruck  macht, 
geschrieben  zu  sein,  um  eine  erzälung  über  die  Schaffung  von  n^Bf  und 
attfj;  einzuleiten),  oder  aber  der  Verfasser  ungeschickt  und  unachtsam  ist  : 
die  O'VJf  erscheinen  besonders,  und  jedenfalls  sind  sie  von  n'B^  und  38^ 
verschieden,  bekanntlich  zerfallt  1, 11  [12?]  die  Vegetation  (KKH)  nur  in  Sü^ 
und  yjf,  und  tritt  zu  derselben  zeit  ins  dasein,  nun  ist  ^  cjajo»  Avi- 
cenna  I  79,  13  256,  44  Qazwini  I  289,  17  Ibn  Baitdr  II  75  wenigstens 
im  mittelalter  (als  sceha  in  Europa)  absinthium  marinum,  jezt  artemisia 
maritima  =  semensacrum  =  seestrandbeifuB.  aus  Plinius  xl^  28  (45 — 52) 
interessiert  uns,  daß  im  Pontus  pecora  pinguescunt  illo,  aus  Xenophon 
anab  a  5,  1,  daß  in  der  arabischen  wüste  längs  des  Euphrat  eine  menge 
ätpfp&iop  (Lagarde  beitrage  5,  7  Studien  §  2401)  wuchs,  es  ist  also  ganz 
in  der  Ordnung,  daß  Hagar  in  der  wüste  iren  son  D'n^tC^n  1T\H  T\T\T\  legt : 
wir  haben  in  nordDeutgchland  wildwachsenden  beifuß  von  etwa  fünf  fuß 
höhe,  so  daß  auch  bei  uns  ein  kind  in  seinen  schatten  gelegt  werden 
könnte.  G  nun  wie  Ephraims  Hebräer  und  C  *C  *  kennen  diese  tatsachen 
nicht,  haben  also  ferne  von  gegenden' gelebt,  in  denen  D'n'iy  in  menge 
und  als  geschäztes  viehfutter  wuchsen  —  der  morgenländische  wermut  ist 
nur  wenig  bitter:  je  weiter  nach  norden  sie  wächst,  desto  bitterer  wird 
die  pflanze:  A^y^JSi^  heißt  eine  gegend  wie  die  von  Xenophon  anab 
a  5,  1  geschilderte  — :  S  wußte  bescheid.   Tabemaemontanus*  24  D  23  D. 

nun  schreibt  das  große  Wörterbuch  der  Mekhitharisten  I  654®  unter 
berufung  auf  »ärzte«  und  ein  »altes  Wörterbuch«:  ir^ti  heißt  auch  eine 
art  Wermut,  es  sezt  it^t/n®r^,  ägtsfAiaCa  aus  Galenus,  i^fr/itlrjriui#t ,  fnfuil 
tbtkß^b^  ^U'i  seme  santo,  ^imm^iS^  pphimu^q.  zur  erläuterung  daneben,  da 
erkennt  man  sofort  UüJjfji  =  c-*^Lf?^  Dioscorides  y  26  :  für  ^aquA  möchte 
ich  fo^iiA  haben,  und  dies  als  das  türkische  qI-^.  ansehen,  OBlau  bos- 
nisch-türkische Sprachdenkmäler  155  226  246.  Dozy  supplöment  179*808*. 


ÜBER  DEN  HEBRÄER  EPHRAIMS  VON  EDESSA.         55 

ich  darf  nicht  zweifeln,  daß  es  wirklich  ein  armenisches  htiLffb  wermut 
gibt:  dadurch  wird  ungewiß,  was  der  text  besagte,  gegen  welchen 
Ephraims  Hebräer  kämpft. 

19.     Genesis  22,  2  rrnöH  pK  Sk.     Ephraim  82,  31—32. 

G  €ig  tfip  yijp  tijV  iipijjLijp^  S  lj?Qio|?  h^iV :  lezterem  entspricht  in  der 
catene  j^pitp^  mJhi-ii^uigutß  ^  dem  der  Hebräer  j^pitc^'^  JhiiL^uißL.ag  gegen- 
überstellt. 

es  ist  bekannt,  daß  allerdings  losephus  archaeol  a  13,  1  von  ro  Jlfcrf- 
Qiov  oQog  redet,  wenn  er  von  Abrahams  opfer  erzält,  und  daß  Paral  /?  3,  t 
der  tempelberg  nno  heißt:  daß  aber  Philo  über  Abraham  32  (=  H  25) 
das  o^ayMOM  inl  'nvog  vifnjAotdTov  xoXmvoVy  noQQwidixo  nöÄecog  änondvta 
tQt(3p  666p  fifieQ(3p  behandelt,  also  nicht  an  den  tempelberg  gedacht  hat: 
daß  freilich  C  *  KjnSw  yi«V  überträgt,  aber  C  T\'^'r/0  IlttS  bietet,  durch 
Ephraims  Hebräer  kommen  wir  etwas  weiter,  dieser  hat  ilHO  aus  einem 
aramäischen  documente,  und  jedenfalls  defectiv  geschrieben  gehabt,  sonst 
hätte  er  nicht  Mar-  sezen  können,  sein  JmiL^mß^  steht  zu  Maria,  wie 
^'"VLt'^st  GaUier  zu  fmqjjiut  FctXXfa  steht,  aber  wofür  er  die  Mariter 
gehalten  hat ,  in  deren  land  er  den  Abraham  ziehen  läßt ,  das  weiß 
ich  nicht. 

20.     Genesis  24,  63  mBfS.     Ephraim  85,  34. 

ZJttL  Ep't  ^«»2««"4"^  der  catene  gibt  Ss  INomo  oaXoiiäQj^.  dem 
sezt  der  Hebräer  jiuqop-u  ^uii_  im  gebete  stehn  gegenüber.  C  *  'BJWa  HkS^ 
tna,  C*  K^pna  ÜKSäS.  G  Aquila  Symmachus  stimmen  sicher  nicht  zu  S. 
der  römische  Ephraim  1173®  stimmt  zum  venediger :  oai^oiMS?  «icn  t  *^\,» 
U}^;^  >Q^]  QiS^>n\,  wozu  schon  JPerles  meletemata  »peschitthoniana«  51 
aus  nai  n'tt^Kia  §  60  die  Worte  nSsn  Vhn  nma^  \^»  citiert  hat. 
21.     Genesis  25,  25  ijftt^  nilKS.     Ephraim  86,  13—15. 

yjMrbuJb  ^irp^  "bnpui  t^mbt^nt^  tp»  der  catcuc  entspricht  Ss  ]^%^  oC^^o 
]i:ajD?  so  leidlich:  alle  seine  hare  waren  kraus:  in  Praetermissa  12,  42 
werden  Ip^j»?  |Arb»»  durch  j«äJJ  Jaa3.  erklärt:  ludd  16,  19  cn^^^l  Uy^  = 
vyLäi  Jü>a^  :  vgl  1 3 .  wenn  anders  toi^  richtiger  als  Vßp^  ist ,  sind  in 
lo\^  die  zwei  arabischen  Wörter  ^yi^  und  iötj©  Praetermissa  10,  2  zu- 
sammengeflossen,    dagegen  der  Hebräer  o/iifftf  ^uAi^kplu  t/mfkql^   wie  ein 


66  PAUL  DB  LAGARDE, 

kleid  von  hären,     über  ^uAqJrpZ  Lagarde  armenische  Studien  §  1239,  über 
iRuflrqfk  ebenda  §  1401. 

auch  hier  stimmt  der  römische  Ephraim  zum  venediger.  es  heiBt 
I  173^  U^^  ^]  )p^  U^^^l  1»^^?  ]i^V^  SL^^.  atoXii  ist  ^iiA^/>a 
Apoc  7,  9   13. 

22.     Genesis  26,  26  wav  1B^.     Ephraim  86,  32—33. 

G  b  dfX^OTQatfiyog  v^g  dvm/iscDS  ntvtoVj  M  «i^utpiuMihm  qopiu^  ^npm,  die 
catene  wie  K.  Ss  IN  im  *äJ  entspricht  dem  armenischen  ausdrucke  nicht,  da 
*a*  weit  allgemeiner  als  ummpiuMiinH  Lagarde  Studien  §  2044.  der  Hebräer 
Ephraims  sezt  ^^^«"ir^  q^c^s  ^"/»«"^  also  herr  statt  reiterfürer. 

23.     Genesis  29,  15  Oin  ymajfV     Ephraim  92,  13—16. 

Statt  zu  soffen  «i^  Ir^-k  JmpP-  jtb^  jtgt  ^^^  4"'L  ^  ^««.«^A^  ^W  ^^i^  sagt 
der  Hebräer  ^wn.u^tr^irp  ^*bl  Zp^  mJu  iroP^.  was  bekämpft  wird,  deckt  sich 
weder  mit  S  noch  mit  G.  n^  irß-t  braucht  man  wie  ]oo\  P :  vergleiche 
Genesis  45,  8  ^pAjJ  ]ooi  \1  l^mo  =  L  ut^/.  n^bfH:  t^m^  habt  mich  hierher  ge- 
schickt^ sondern  gott:  Matth  10,  20  ^\  loci )]  =  n^  b^-t  ^«^  seid  es,  die 
reden,  sondern  der  geist:  so  daß  in  der  tat  ein  syrisches  original  vorge- 
legen zu  haben  scheint :  nicht  ist  es  dir  möglich  zu  bleiben  und  mir  umsonst 
zu  dienen,  dafür  soll  nun  der  Hebräer  haben  du  dientest  mir  umsonst 
sieben  jare,  womit  ich  nichts  anzufangen  weiB. 

24.     Genesis  30,  32  Dia     Ephraim  95,  38—96,  1. 

Statt  zu  sagen  mtnrüuyb  ^t^mui^mp^L.  JitP  b%  Sagt  der  Hebräer  uiärbmjb  np 
fß-^m^yU jaiJ^mpu  ^n.  Unmittelbar  vor  diesem  saze  wird  Gen  30,  13  Moijp, 
unmittelbar  nach  ihm  Gen  31,  20  ixJtetps  besprochen,  so  daß  aus  dem 
zusammenhange  nichts  zu  erschließen  ist.  ein  ^«T  b%  =  oooi  w^i^  oder 
i/io(  siai  lese  ich  bei  SG  nicht,  weiß  also  denjenigen  nicht  zu  finden, 
gegen  den  Ephraims  Hebräer  kämpft.  ^mymmlumpftL.  und  p-^ut^yi'  unter- 
scheiden sich  jedenfalls  so,  daß  das  erste  helles  grau,  das  lezte  dunkles 
grau  bedeutet. 

zunächst  bedenke  man,  daß  Qamhi  139  [sehr  237  Elias  Levita]  lehrt, 

S'K  «np^  putt^  ptD  nnvi  »aai  att^s  Kip^  njtc^  p  «in  le^Kai  «in  "wk  atc^si  B^as 

imd  218    S^K  Kip^   HJ^tD  Snan  O  r\W  ja  tC^aa  Nipi,   wozu  nach  unseren 
begriffen  von  styl  nicht  ganz  gut  paßt,  daß  Lev  12,  6  23, 12  Num  6,  14 


ÜBER  DEN  HEBRÄER  EPHRAIBIS  VON  EDESSA.  57 

U8W  «u  Bf33  ausdrücklich  irUBf  p,  zu  p|»33  Num  6,  14  PIWB^  HS  und  zu 
ÜWSS  Num  7,  17  usw  HJC?  ^3  zugesezt  wird:  wozu  gar  nicht  paßt,  was 
der  QkmAs  I  845  aussagt  jOU^^  ^i>:^y>  Jot^t  ^1  U5  J^jfi^t  undDamiri  II 
316  g;J  Ü5  JyüJj  ^5  Ul  J^^  o"^  er*  <^'  ^  o^'  vM  üM»,  wärend  S  sehr  gut 
dazu  stimmt,  wenn  man  bei  ihm  Gen  30,  32  33  mit  FSmith  1228  in 
fiboMA  nicht  eine  bezeichnung  der  färbe  {Avdg&a  —  bemerke  das  aspi- 
rierte ^ ,  wie  in  Mag&a  B^Q&a  FadigS-a  xaßog&a  aaaQ&a  —  Epiphanius 
negi  fUiQiop  §  64,  2),  sondern  *ä^  ^S  ^^  1^^^^  Praetermissa  78,  67  (ein 
anderes  wort  Praetermissa  42,  56)  sieht:  wenn  Elias  §  16,  4  =  Praeter- 
missa 42,  53  Ippk  (jö^l  bietet,  so  wäre  •J=>ri^  ^Qig>og  selbst,  und  auch  dies 
würde  zu  Qamhis  behauptung  stimmen,  seit  1866  weiß  man  durch  mich 
(jezt  armenische  Studien  §  2391)  daß  ^©2,=  4l«"«-2.  aus  ••^^i>  entstanden 
ist,  und  für  tOSS  gegen  3Bf3  wie  für  den  vokal  a  gegen  i  zeugt,  siehe 
auch  ESchrader  keilinschriften  und  geschichtsforschung  2 1 6',  der  7  9  wie 
WvBaudissin  Studien  II  270  Lagardes  Symmiota  I  121'  ignoriert. 

Hoffmanns  glosse  672  geht  auf  unsere  stelle,  und  gibt  U^aMia  >os\ 
durch  v4^'  ^]y^  r^':  r^'  Hamdsa  90,  16  179,4  348,  11  Amrulqais 
Seite  34,  2  (Slane):  v^^t  Hamdsa  305,  29  JLevxSg  Apoc  19,  14®  Zach  1,  8 
6,  3  6 :  das  beste  ambra  ist  v^'  Avicenna  I  231,  6  [aus  Castle]:  EBöh- 
mer  romanische  Studien  I  287,  zu  welcher  stelle  ich  anmerken  will,  daß  das 
dort  von  mir  vermutete  ,y^  sich  in  meinen  Praetermissa  79,  94  PSmith 
1580  (unter  U-^  wirklich  gefanden  hat:  Dozy  I  319  hat  es  eingetragen. 

dies  mußte  besprochen  werden,  weil  ich  mich  gegen  den  einwand 
zu  sichern  hatte,  S  für  unsem  ausdruck  nicht  ausgenuzt  zu  haben. 

so  möchte  ich  für  HSGrC  K)  *Saadias ,  deren  text  wenig  erfreulich 
ist,  folgende  tafel  aufstellen: 

i^j  .^aaua         ^apt6g  imi         midi         JaÄJyi 

trho  *^       didisvxog      mnj>      jnpn        (jh^ 

hierbei  erläutert  sich  ti^rni^  aus  meinen  abhandlungen  75  Studien 

§  1887,  wo  zu  ,^\nn  zu  bemerken  ist,  daß  es  Praetermissa  58,  56  durch 

das  zu  itOi  stimmende  j^Jj^   erklärt  wird:    «-»40  nicht  aus  K^  lob  2,  7^ 

=  SBM9  ==^  SZxog^  wozu  m^  =  ulceratio  Avicenna  IV  y2y  15  =  II  75,  19, 

Hiaor.-phOolog.  Glosse.  XXVL  6.  H 


58  PAUL  DB  LAGARDE, 

sondern   aus  syüJ  ^  U  ^f^\  «-^  ^  t^^  Gauharis:    ^^^   aus  EBöhmers 
romanischen  Studien  I  230  290  und  Jf  Zacharias  1  und  6. 

Ephraims  Hebräer  scheint  sich  so  wol  gegen  >^\  Ss,  wie  gegen 
ipmbg  Gs  zu  richten:  er  will  eine  dunklere  färbe  —  p-^mi^yb  wäre  ^- 
XdyxQOvg  —  haben  als  yia^og,  das  nicht  >Qoo|,  sondern  >osi\  ist. 

26.  Genesis  33,  17   TOÜ.     Ephraim  100,  1—2. 

Statt  zu  sagen  Er  nannte  seinen  namen  SacMth,  der  Hebräer  Zelte. 
die  glosse  steht  an  der  unrichtigen  stelle,  sie  geht  gegen  S,  denn  nur 
aus  /nnrt)^  nicht  aus  -Sbx/co^  konnte  um^mlß-  fließen,  über  i»^  siehe 
Lagarde  Symmicta  1116,15—19.     C^C*  behalten  nWTO. 

26.     Genesis  36,  24  D^O^H  HK  KVtD.     Ephraim  99,  37— 39. 

Statt  zu  sagen  Er  fand  eine  quelle  wasser,  als  er  die  numlesel  seines 
Vaters  weidete,  sagt  der  Hebräer  Er  fand  riesen  in  der  wüste^  maulesel  sind 
nicht,  in  unserem  S  steht  das  vom  Hebräer  bekämpfte  nicht,  denn  der 
hat  It^pöo  U^  oi^  wKdal :  wol  aber  bieten  griechisßhe  handschriften  als 
lesart  des  SvQog^  und  zwar  schon  unter  der  auctorität  des  Diodor  von 
Tarsus,  «vp«  ntiyrjy  ip  vfj  igr^fjuo.  maulesel  fttr  D^O^  treffe  ich  —  wol  aus 
flfju-'Ovog  geraten  —  bei  Hieronymus  57,  6 — 8  meines  abdruckes,  bei  C*, 
bei  Saadias  (W  I  41,  22  und  im  citate  bei  Abdlwalid  284,  30),  bei 
Scharrird,  den  Abdlwalid  mit  |Auyio  und  JL«*  anftlrt,  bei  Qamhi  196  und 
dem  Graecus  Venetus:  Aquila  Symmachus  Theodotion  behalten  D^^  ori- 
ginaliter  bei,  das  heißt,  sie  hatten  keine  Überlieferung  über  das  wort. 
Ephraims  Hebräer  geht  mit  C*,  der  an  D^O^M  Gen  14,  5  gedacht  haben 
wird,  als  er  K^"OJI  übertrug.     Perles  meletemata  9/10   52. 

27.  Genesis  37,  2  njfj.     Ephraim  103,  10—14. 

Der  Hebräer,  statt  zu  sagen  Er  wurde  erzogen  mit  den  sönen  der 
BaJ\l\a  und  Zelpha,  sagt  Er  war  jünger  als  die  söne  der  Balla  und  Zelpha. 
der  Hebräer  hat  wol  nur  einem  chronologischen  Systeme  zu  liebe  den 
text  verdreht:  das  was  er  verwirft,  steht  in  C*  ^3  DJf  ^a'UlO  vhü  «\%X\ 
"J  nnSa  und  C  *  "a  ^M  oy  ^ano  «im  wie  in  S  >q:^  ?ooi  t)5  ooio  und  Saadias 

28.     Genesis  37,  3  D^OB  T\iTQ.      Ephraim  103,  25—24. 
G  /iTcoi^er  nouctXov^  Aquila  tunicam  daxQaydXwr  [so  Field  für  astra- 


ÜBER  DEN  HEBRÄER  EPHRAIMS  VON  EDESSA.         59 

galon  meiner  drei  handschriften]  id  est  tunicam  talarem,  Symmachus 
tunicam  manicatam  =  /«tora  ;|rf i^i^coioi^,  S  ]^i^7  )  ^  >^no ,  C  ^  mn  DSnOy 
C  *  ^DSl  K3W3,  Saadias  ^L^  *ajh«  ^^^r  DSns  nagayrndfig  i^wp&qom  siehe 
mich  an  den  in  den  armenischen  Studien  §  1863  angefürten  stellen,  über 
JCäIh  Dozy  Supplement  I  155. 

die  catene  2mal^^u  ß-tfutttko^,  da  ist  z«"^t  =  iS^  =  g^^e**  Lagarde 
Symmictal  35,  7  Studien  §  1678.  ß-h^i  dürfte  xgöxij  übersezen  Levit 
13,  48  ff,  und  dem  otfuAiDv  =  «»Ä-t^  gegenüberstehn.  p-b^mbhiy  so  viel 
wie  p-k^ituLjfp,  das  Elisch^  213  (ende)  als  ^JtptuYt^  winterlich  dem  l^qap 
mJmpmü^  =  dem  sommerltchen  xoXoßioy  entgegenstellt:  vergleiche  in  des 
Hieronymus  quaestiones  57  quod  haberet  manicas:  antiqui  enim  magis 
colobüs  utebantur  mit  DuCange  684    HLFleischer  glossae  habichtianae 

I  32  und  HNoo  ==  ^JlfiJ'^ ^!>-*J'  Praetermissa  20,  36  =^3^5  ebenda  36,  26. 
RDozy  läßt  im  dictionnaire  des  v^temens  v^  ganz  aus ,  im  Supplement 

II  390^  erkennt  er  es  nicht  als  das  von  dem  (von  GCurtius^  585  für  gut 
griechisch  angesehenen)  xoXoßog  herstammenden  xoX6ßu>v^  das  durch  seine 
ableitung  erweist,  daß  kleider  mit  langen  ärmeln  ursprünglicher  waren 
als  solche  mit  kurzen:  man  kann  doch  ein  ärmelloses  kleid  nicht  ein 
verstümmeltes  nennen,  wenn  man  nicht  ein  ärmelkleid  für  das  ord« 
nungsgemäße  ansieht,  über  ^4^*  gibt  Dozy  im  Supplement  I  739^  weniger 
als  im  dictionnaire  des  v^tements  216 — 219  und  vor  ihm  Freytag  11  405*. 

entstanden  ist  die  deutung  ärmelkleid  bekanntlich  dadurch,  daß  man 
D^DS  als  mehrheit  von  Ima  nam,  Praetermissa  9,  84  10,  91. 

diesem  ärmelkleide  sezt  Ephraims  Hebräer  i^^tk"  "^k'^pt^"  ^"lA^'V'' 
entgegen  =  buntes  geblümtes  kleid. 

29.     Genesis  37,  33  rHjn  n^n.     Ephraim  107,  17—19. 

Statt  zu  $agen  Irgend  ein  tier  zerbrach  den  loseph  mein  sönchen^  sagt 
der  Hebräer  Irgend  ein  böses  tier  fraß  ihn.  die  getadelte  übersezung  kehrt 
in  der  catene  109,  31  wieder:  sonst  finde  ich  sie  nirgends,  für  tjltD  tjlü 
gleich  nachher  hat  S  y^^l  ^A^,  was  zu  k^k^  veranlassung  gegeben  haben 
könnte,      dem    Piyn    entspricht  |Aaao  S,   nwtiQOv  G,   Kntt^3  C*:    des  C^ 

ma  nvn  meint  so  viel  wie  nyn  irn. 

H2 


60  PAUL  DE  LAGARDE, 

80.     Genesis  38,  9  lS  kS.     Ephraim  100,  29—31. 
Statt  zu  soffen  Es  wußte  Onän  daß  [nicht]  ihm  sei  der  same,   der  He^ 
hräer  Und  es  wußte  Onan,    daß  nicht  auf  seinen  namen  genannt  werde  sein 
same.     zeUe  29  fehlt  «^,  das  ich  ergänzt  habe.     GS  übersezen  H  wört- 
lich: C^  i^aa  pp^K  noitf  ^  kS  on«  pw  jm,  c*  rxov  Sjf  kS  n«  ]s\h  jn^ 

Kjnt  Hpno,  also  beide  annähernd  wie  Ephraims  Hebräer. 

81.     Genesis  1,2.     Ephraim  2,  9  ff. 

durch  meine  schuld  an  der  richtigen  stelle  ausgelassen. 

Die  venediger  catene  hat  gleich  durch  ire  ersten  Worte  gezeigt, 
daß   sie    wenigstens    teilweise   auf  syrische    quellen  zurückgeht,      denn 

^mumuMmnLlß'^iii    kp^^ff    UUd     f^iuumiumnLp-pil    ^p^p^    ist  dcUtUch    U^ÖA  A*   und 

\i>A]  tu  =  «UJt  oü  und  (joyi\  oto  W  4,  18:  über  ^uiumium  sehe  man 
Lagarde  armenische  Studien  §  1249:  das  von  ^mum««  abgeleitete 
^wummmnifiptl  übcrsczt  Pctr /?  3,  17  (mjQiyfjuig^  Phil  1,  7  Hebr  6,  16  ßs- 
ßala}a$g,  Hebr  3,  14   11,  1  vn6ciaa$g. 

auch  nachher  ist  syrisches  original  in  ß-f^  i^  f «4  erkennbar,  das  Ss 
01QOO  fj^l  wiedergibt,  aber  in  der  besprechung  dieses  ausdruckes  wird 
der  Grieche  erwänt,  welchen  Ephraim  selbst  kaum  eingesehen  haben 
dürfte  (2,  jg  =  äoQtnog  xal  äxctraaxsvaatog). 

endlich  3,  11  lesen  wir  der  Hebräer  statt  zu  sagen  p-n^  L  ^n^  sagt 
^mp  L  fuuiuup^  worauf  die  worte  folgen  II  ^lULiup  mitp  '^  4^p'^  t"'P''B^  mä- 
rend 2,  26  für  O^on  ^3B  Sjf  Itsmi  /wim-m/»  Lu  tp  't  'I^P'^  «Ä^t/^r^  gesezt 
worden  war :  vgl  den  römischen  Ephraim  I  8^  fcoooiZ  wäS^  \S^  Jooi  uili}^;  U^oam. 

über  p-n^  und  pa^  =  ß-n^  und  f  »^  habe  ich  schon  in  meinen  bei- 
tragen 80,  15  eine  bemerkung  gemacht:  vergleiche  jezt  auch  oben  48,  33. 

oiQ£x>  oioZ  möchte  troz  oiooioZ?  (zwischen  oiioZ  und  V^  Assemani 
BO  HI*  268,  17)  und  oiooioo  Hoffmanns  glosse  2279  nicht  ganz  gegen  den 
verdacht  geschüzt  werden  können  ein  hebraismus  zu  sein,  wäre  dieser 
verdacht  begründet,  so  folgte,  daß  mal  IHD  bei  den  Juden  eine  alltäg- 
liche redensart  gewesen  ist,  denn  nur  solche  gehn  in  der  weise  in  schwe- 
sterdialekte  über,  in  welcher  yns\  IHD  in  das  syrische  übergegangen  ist. 
daß  die  Verbindung  y!XS\  liin  im  hebräischen  sehr  gebräuchlich  war,  er- 
hellt in   der  tat  daraus,    daß   das   urspüngliche    a   des  \  sich  in  ihr  er- 


i 


ÜBER  DEN  HEBRÄER  EPHRAIMS  VON  EDESSA.         61 

halten  hat,  wie  es  das  auch  in  iriDl  mi  Isa  41,  29  und  inni  OBK  Isa  40,  17 
getan:  gelehrte,  welche  aus  lerem  4,  23  [Isa  34,  11]  schließen  wollen, 
daß  Gen  1,  2  dem  leremias  [und  Isaias]  bekannt  gewesen  und  als  Vor- 
bild benuzt  worden  ist,  werden  gut  tun,  die  überlieferte  ausspräche  von 
mai  zu  ändern,  oder  einzugestehn  haben,  daß  alle  diejenigen,  welche 
englisch  schreibend  die  auch  in  Deutschland  noch  übliche  redensart 
forgive  and  forget  brauchen,  aus  Shakespere  Richard  II  1,  1  AU's  weU 
5,  3  Lear  4,  7  entlenen  —  und  so  fort. 

die  griechischen  übersezer  wenden  zur  wiedergäbe  von  ^^^S\  mn  ne- 
gationen  an:  G  aogettog  xäi  äxcnaoxevaatog ^  Aquila  (dem  gnostiker  mit 
irem  nÄfjgwfia  bekannt  sein  mochten)  xirco/ua  xul  ovdir  =  weder  an  In- 
halt noch  an  form  etwas,  Symmachus  a^yor  xm  äduxxgttov^  Theodotion 
(dessen  erst  durch  mich  in  irer  waren  gestalt  bekannt  gewordene  über- 
sezung  von  einzelnen  handschriften  Bar  Eßrdyds  mit  >o^  Xh  >o^,  aber 
nicht  von  Larsows  drucke  3*  13  bestätigt  wird)  ^Iv  xal  av&ip. 

C*  fügt  zu  seinem  K^nai  K^nn  die  glosse  unbewont  von  menschen  und 
leer  an  vieh,  C*  greift  aus  dieser  glosse  sein  N^jpm  K^TV  heraus,  der 
Samariter  dürfte  sein  rupni  notW  aus  C*  haben.  Saadias  gibt  h^äämn*  8^U 
(vgl  Hamdsa  567,  16  Nächte  [BAldq*]  11  132,  27  Ihn  Arabsdh  TunAr 
[Golius]  246,  11  neben  245,  8):  der  arabische  übersezer  der  Samariter 
überarbeitet  dies  zu  BjS^JHm^^  ^y^* 

W  4,  18  6,  3^5^^.--^  jA^[3]  jü^ü^,  anderswo  iu^l3^  'a^]j>. 

zu  diesen  deutimgen  tritt  nun  die  hinzu,  welche  Ephraims  Hebräer 
gegeben,  [nnp  steht  sonst  für  ßo&vpog  Lagarde  abhandlungen  223,  17  oder 
(Sap  4,  3)  ßd&og,  ^iug.iup  ist  =  persischem  ^^L:>  ßnstemis  Studien  §  982. 

das  sind  üble  ratereien. 

inn  ist  lob  12,  24  die  weglose,  unbehagliche  wüste  =  Psalm  107,  40 
lob  6,  18  Deut  32,  10.  Isa  41,  29  steht  PDl  mn  mit  DBK  pK,  Isa  49,  4 
Vam  innb  mit  p^h  parallel,  Isa  59,  4  mn  neben  KlBf,  nach  Isa  40,  17  ist 
ym  soviel  wie  inw  OBWO,  nach  Isa  40,  23  yvh  soviel  wie  IPirO.  endlich 
Regn  <r  12,  21  erscheint  ITID  auf  die  götter  der  nichtlsraeliten  angewendet, 
wozu  Isa  44,  9  zu  vergleichen  ist.  bemerkt  werden  muß,  daß  mn  im 
zweiten   teil  des   Isaias  und   im   lob,   Schriften,   welche  in  der  zweiten 


62  PAUL  DB  LAGARDE, 

hälfte  des  sechsten  jarhunderts  zu  lerusalem  verfaßt  worden  sind,  so 
häufig  ist.  die  redaction  des  hexateuchs  gehört  ebenfalls  nach  lerusalem, 
nur  fallt  sie  etwa  achtzig  bis  hundert  jare  später  als  lob  und  die  redac- 
tion des  Isaias.  wie  man  aus  T\WD  oSx  Gen  1,  26  —  in  älterer  zeit 
sagte  man  niOOl  "IMD  Gen  39,  6  —  etwas  schließen  darf,  so  sicher  auch 
aus  mal  inn,  das  dem  ersichtlich  nach  Mesopotamien  gehörenden  He- 
bräer Ephraims  eben  darum  ein  ziel  für  Vermutungen  war,  weil  es  dem 
westlichen  zweige  des  Aramaismus  angehörte,  noch  die  Swittf^  yiH  THSH 
(Rasi  zu  Genesis  47,  2),  also  unser  nai  D^C^Kna  tt^llO  (Zunz  gottesdienst- 
liche vortrage  176)  braucht  die  wurzeln  Kfln  und  Kfla,  und  ist  in  Palae- 
stina  geschrieben.  1  leidet  vor  sich  a  in  ip  W,  o  in  I3jf  wy  iSc?  WBf,  6 
in  U  iSttf,  i  in  V3K  VPK  VB,  aber  niemals  e:  fttr  hagw  gilt  napi,  fttr 
qi9W  mtp,  für  nidw  rnj.  auch  die  Araber  sprechen  nach  Kosegarten 
§253  badu  hülu,  von  denen  sich  ina  und  inn  nur  durch  die  im  Systeme 
von  Tiberias  notwendige  Umwandlung  des  u  in  cholem  unterscheiden. 

ich  erlaube  mir  einige  worte  auch  übei;  Ephraim  3,  14  zu  sagen, 
wo  Ss  lÄWfio  durch  ipftp  i^  ^/tfi^/»  ausgedrückt  wird,  sehr  bekannt  ist 
ja  was  der  Sv^s  ctp^Q  dem  Basilius  8,  18 ff  [Frohen*]  über  insyifQeto  = 
avri&ccXne  xäi  if^woyopsi  berichtet  hat :  mein  m  23^  hat  es  aufgenommen, 
Ambrosius  hexahemeron  a  29  abgeschrieben,  Diodor  von  Tarsus  bei  Ni- 
cephorus  I  16/17  m  23^  Hieronymus  quaest  4,  10  haben  es  berücksichtigt, 
Diodor  mit  der  bemerkung  (Symmicta  IE  1 86^)  (og  ag>€PdonjTfig  §  toSotijß  nag' 
tlfiiv  fAhf  dia  fA^äg  Xi^Biog  orifialpstm^  nagä  SvQoig  dl  öui  ovo  [die  schlecht 
syrische  hexäpla  ludd  20,  16  Regn  ^  3,  25  ^5J^  gegen  t^Nnn  |^?  Ss], 
ovwi  xai  %6  'Ensyiigsto  fita  juh  iaü  Xi^^g  nag*  'Eßgato^^  nag*  fifuv  dl  3ux 
fii&g  Xi^Biog  ovx  &y  nagatrtatij.  Ephraims  if^tp  entspricht  dem  UiaoiA^, 
womit  Hoffmanns  glosse  6671  Iaa»}^  erklärt  (der  glosse  arabische  über- 
sezungen  stammen  aus  den  verschiedensten  schriftsteilem,  und  sind  alle 
dogmatisch  krank):  das  von  ZTH'L  Exod  25,  11  abgeleitete  zjPLbL  &^d 
sich  oben  §  20  für  oa^oiio,  es  steht  für  nsgiiQX^^^^  Sap  6,  17  Tim  a 
5,  13  Act  19,  13  (das  activ  iffiri_fi€TaaTQig>siy  Gal  1,  7)  usw.  fff«/.,  das 
zunächst  in  betracht  kommt,  kann  ich  nicht  belegen.  fpf^L  —  ^^^  ftpf 
anaXdg  Deut  28,  54  56  Isa  47,  1:  mit  «uplfi»  aneetaXioaa  Tim a 5, 6:  mit  dem 


ÜBER  DEN  HEBRÄER  EPHRAIMS  VON  EDESSA.         63 

sonst  %fvg>€QSg  übersezenden  ^m^uL.^^  zusammen  für  Bvna&i5p  Psalm  91,15 
-^  nsQitpvxBty  Sir  ach  30,  7  :  auffallig  für  no^nevso&ai  Maccab  ß  11,  25: 
vergleiche  auch  die  alte  armenische  übersezung  des  Basilius  35,  28  32 
mit  dem  griechischen  8,  21  Frobens*,  obwol  sie  vermutlich  aus  dem  sy- 
rischen gemacht  ist :  denn  wie  il^l^  (so  die  leidener  handschrift)  in  der 
arabischen  übersezung  des  Dioscorides  «10  auf  i^h  h^^  =  iJLayioßoaxor^ 
wie  is3\^  jß  ebenda  a  124  nicht  auf  anig/ia  dxiijg^  sondern  auf  Ifro??  J^^l, 
wie  tria^t  ebenda  er  12  nicht  auf  dce^Jußj  sondern  auf  ein  als  das  rela- 
tivum  enthaltend  angesehenes  tm^ii^?,  wie  ^Uil^^  $^  ebenda  «124 
nicht  auf  xvngoQj  sondern  auf  ein  verlesenes  oder  verschriebenes  l^dos 
PSmith  1799  zurückgeht,  wie  ^Ud^^d»»  ^^^4^  v5wXJt  w^aJl  =  avxdfuva  ^Xa 
ebenda  «129  auf  ein  original  fürt,  in  welchem  ^  und  fl>  oder  ^  verwech- 
selt werden  konnten,  und  dies  alles  auf  eine  syrische  vorläge  der  ge- 
dachten übersezung  hinweist,  so  schließe  ich  aus  S^iy»fuAl^%^  oder  ^i^^mig^^ 
30,  20  =  OvaXenlvoi  7,  12  und  änlichem  auf  syrischen  urtext,  denn  troz 
der.  feinen  erläuterungen  des  großen  Wörterbuchs  I  1004^  dürften  hier 
Ujjj?  Jaiaaphai  anhänger  des  Bardesanes  gesucht  werden  müssen. 

Ephraim  hat  das  insg>iQ6w  oder  img^sQil/ispor  der  verschiedenen 
Griechen  mit  der  durch  den  Syrer  des  Basilius  in  umlauf  gesezten  er- 
läuterung  vereinigt. 


Anhang.     Zum  zweiondzwansigsten  psalme. 

ll'^n^M  P8&lm22, 5  beweist,  daB  die  redende  person  sich  aus  einer  yielheit  von  individnen 
zusammensest»  daß  sie  Israel  ist.    der  redende  ist  entschieden  derselben  art  wie  die  vftter. 

der  psalmist  braucht  dieselben  ausdrücke  wie  der  herausgeber  des  Isaias:  es  genügt  neben- 
einanderzustelleü 

isa  41, 14  nyVin  Psaim  22, 7  nySin 

diese  ausdrücke  keren  auch  bei  Nehemias  wieder,  bei  dem  es  2, 19  yon  Samaritern,  Ammoni- 
tem  und  Arabern  heiBt  ^yfyjf  )ty)'    die  äalichkeit  wird  noch  schlagender,  wenn  man  bedenkt, 

^^  lA  )Xyh^  Torau%eht,  und  Psalm  22, 8  i^  "iXyh^  "^tV)  So  "»g*- 

wir  wissen  Ton  vier  feinden  der  aus  dem  elende  zurückgekehrten  ludäer:  die  Samariter, 
Tobias  der  Ammonit,  Sanaballat  der  Horonit,  Gosem  der  Araber  stehn  gegen  sie  zusammen« 
Tobias  und  Sanaballat  waren  beide  nachkommen  Lots. 

der  zweiundzwanzigste  psalm  schildert  die  den  sprechenden  bedrängende  not  einmal  als  durch 
krankheit,  das  andere  mal  als  durch  tiere  veranlaßt. 


64 

an  tieren  werden  genannt 

n^M  1^  ^  ui^d  1^^^  ^^^  meinong  vieler  v^  17 : 

Qi^^^  17,  wo  AkSymm  ^Qtnai,  Hieronymus  venatores  =  kaUoBim:  yy^  21. 

dazn  kommen  scheinbar  die  Q^l  ^^  verses  22. 

ich  beziehe  die  Q^lfi  anf  die  Ammoniter,  den  TVIH  ^^  Otoaem,  die  Q'^^S^  auf  die  Samariter. 

die  krankheit  ist  der  anssas.  der  anssaz  aber  ist  ein,  typus  im  lob ,  den  ich  mit  der  alten 
Synagoge  als  ^y\ffJ2  üemso,  und  eigentlich  überall  im  alten  testamente.  aber  ^^  17  ans  syrischem 
^^t  PSmith  I  878  €M8$az  zu  erklären  geht  nicht,  weil  die  entsprechong  der  stieben  zerstOrt  würde. 

wir  haben  nämlich  jedesmal  sieben  glieder  (ich  lese  mit  Saadias  >3n  ^'  **rD)  * 

Q>an  tans  ^3iMD  "  ^ro&m  a>oo  *• 

tan^ö  ^  1XÖ  "  Jana  ^yy  n'»n 

QW  ^:iMD  ^3  *'  ^3n  cnna  «o^  *• 

daraus  folgt  vielleicht,  daS  ^HO  troz  dessen  was  IDMichaelis  in  der  onentalischen  und  exe« 
getischen  bibliothek  XI  209'-220  auseinandersezt,  richtiger  als  1*11^0  ist,  .  sicher,  daft  vers  17  an 
der  fiftlschen  stelle  steht. 

arabisches  Q^  i9t  das  wilde  rind,  also  kaum  ein  geftrliches  tier:  es  steht  neben  ^jjf  Pt 
29,  6  oder  ^^(^  Deut  33, 17  oder  Qi^fi  lu^d  p^'>3H  Isa  34,  7:  es  ist  scheu  und  unzftmbar  lob 
39,9  10,  dann  aber  auch  dem  menschen  nicht  feindlich,  daraus  folgt,  daß  Ps  22,  22  O*»0n  n^f 
der  poetisch  sein  sollende  fehler  eines  die  spräche  seiner  väter  nicht  wirklich  kennenden  spät« 
lings  fOr  0^£)  üt:  ^^  21,  n'^HH  ^uid  Q[K]l  22  sind  tD^^2  (c^Ibo  gegen  AqSymmHieronymua 
zu  sprechen)  17,  n^HK  1^*  ^H  17%  Q^^fi  13^    Sanaballat  und  Tobias  gelten  nur  fOr  Einen  feind. 


Verbessere 

8,  32  den  hedUrfnissen  in  dem  hedürfnuee. 

19,  26  im  ersten  aethiopischen , 

28,  28  im  aethiopischen  werte  muß  das  lezte  zeichen  in  der  siebenten  form  stehn. 

28,  9  Übrig  schreibe  erhalten, 

88,  10  Punier  schreibe  Phoenieier. 

Die  armenischen  typen  der  officin  sind,  weil  viele  jare  hindurch  nicht  gebraucht,  durch  rost 
in  einen  häufen  meist  vOllig  wertloser  metallstäbchen  verwandelt  worden :  es  hat  groBe  mühe 
gekostet,  so  viel  in  brauchbarem  zustande  befindliches  ntfttft">l  zusammenzubringen  wie  verwen« 
det  worden  ist,  aber  selbst  durch  die  lupe  ließen  eich  g  und  d  und  änlioh  gleiche  gestalten  im 
correctursaze  nicht  immer  unterscheiden,  ich  lene  sowol  was  den  sezer  als  was  mich  selbst  an- 
geht, jede  Verantwortung  für  die  zum  glücke  wenig  zalreiohen  fehler  ab,  weiche  im  armenischen 
saze  sich  finden,  welche  ich  nicht  einmal  hier  verzeichnen  kann. 

Praetermissa  45,  38  ist  yt^  gemeint 

Symmicta  11  224  streiche  zeile  11. 


Im  drucke  beendet  am  5  Jum  iSBO. 


Zur  Erinnerung 


an 


KARL  VON  SEEBACH, 


Von 


O.    IClein. 


Vorgetragen  in  der  Sitzung  der  KönigUchen  Gesellschaft  der  Wissenschaften 

am  1.  Mai  1880. 


GOTTINGEN, 

in  der  Dieterichschen  Verlags  -  Buchhandlung. 

1880. 


l 


JMoch  lebt  in  Aller  Gedächtniss  die  Erinnerung  an  jenen  Morgen 
des  21.  Januar,  an  dem  die  Trauerbotschaft  unsere  Stadt  durchlief,  Prof. 
von  Seebach  sei  gestorben  und  wenn  es  auch  leider  nur  zu  gewiss  war, 
dass  bei  der  Schwere  seines  Leidens  keine  Hoffnung  auf  Genesung  ge- 
wesen, so  traf  die  Nachricht  von  dem  Dahinscheiden  doch  ein  jedes  Ge- 
müth,  musste  man  sich  sagen,  dass  der  Tod  einen  der  Besten  in  der  Blüthe 
seiner  Jahre  und  mitten  aus  segensreichstem  Wirken  hinweg  gerafft  hatte. 

Karl  Albert  Ludwig  Freiherr  von  Seebach  wurde  am  13. 
August  1839  zu  Weimar  geboren  als  ältester  Sohn  des  Major  Kammer- 
herrn von  Seebach  und  seiner  Gemahlin,  einer  Freiin  von  Oldershausen. 
Schon  früh  traten  bei  dem  leichtbeweglichen  und  für  alles  Schöne  und 
Gute  empfänglichen  Knaben  die  vielseitigsten  Anlagen  hervor  ;  Vater  und 
Mutter  waren  bestrebt  dieselben  auszubilden  und  durch  Anerziehung  ei- 
nes selbstständigen  Charakters  Halt  und  bestimmte  Richtung  dem  Wesen 
des  heranwachsenden  Jünglings  zu  verleihen.  Selten  haben  der  edle, 
ritterliche  Sinn  eines  Vaters  und  der  klare,  umfassende  Verstand  einer 
Mutter  harmonischer  zusammengewirkt  in  solchem  Bestreben ,  das  von 
dem  bestem  Erfolge  gekrönt  war,  so  dass  der  Sohn  recht  eigentlich  das 
geistige  Ebenbild  seiner  Eltern  genannt  werden  konnte. 

Von  seinem  neunten  Jahre  an  besuchte  Seebach  die  Fröbel'sche  Erzie-* 
hungsanstalt  zu  Keilhau  bei  Rudolstadt,  damals  unter  der  Leitung  von 
Barop  und  Middendorf  stehend,  welche  Männer  auf  die  ihnen  anvertrauten 
Knaben  den  wohlthätigsten  Einfluss  rücksichtlich  der  Ausbildung  von 
Verstand  und  Gemüth  übten.  Die  Pflege  des  Körpers  wurde  dabei  nicht 
versäumt  und  die  freie  Zeit  mit  allerhand  jugendlichen  Spielen  im  Freien, 
Ausflügen    in  die  nächste  Umgebung  ausgefüllt     Auf  einer  solchen  Fe- 


rienreise  lernte  Seebach  die  grossartige  Alpennatur  des  Salzkammergutes 
kennen  und  bestieg  den  Watzmann.  Die  angeborene  Beobachtungsgabe 
des  Knaben  fand  bei  solcher  Lebensart  reichliche  Anregung,  die  Freude 
an  der  Natur  wurde  geweckt  und  der  Keim  für  den  zukünftigen  Beruf  gelegt. 

Mit  dem  15.  Jahre  kehrte  er  in's  elterliche  Haus  zurück  und  trat 
in  das  Gymnasinpi  seiner  Vaterstadt  ein,  an  dessen  Spitze  seit  1845  Her- 
mann  Sauppe  stand.  Die  klassischen  Studien  traten  nun  in  ihre  Rechte, 
ohne  dass  die  ein  mal  liebgewonnene  Beschäftigung  mit  der  Natur  zu- 
rückgedrängt worden  wäre.  Für  diese  Beschäftigung  war  es  von  ganz 
besonderer  Bedeutung,  dass  Seebach's  Vater  sich  vom  Militair  zurückge- 
zogen hatte  und  dadurch  dem  Sohne  sich  sehr  widmen  konnte.  Frei- 
herr von  Seebach  war  in  jungen  Jahren  ein  Liebling  Goethe's  gewesen, 
der  ihm  wiederholt  seine  eigene  Mineraliensammlung  gezeigt,  erläutert 
und  selbst  eine  kleine  Sammlung  angelegt  hatte.  Diese  ward  vervoll- 
ständigt, geordnet;  daneben  wurden  vom  jungen  Seebach  die  Versteine- 
rungen der  Umgegend  gesammelt  und  so  die  Grundlage  zu  dem  Mate- 
rial gelegt,  auf  Grund  dessen  er  sich  später  den  Doctorgrad  erwarb. 
Seine  erste  wissenschaftliche  Arbeit  über  die  Entomostraceen  Thüringens 
stammt  sogar  noch  aus  der  Gymnasialzeit  (1857). 

Sämmtliche  Sammlungen  Seebach's,  auch  die,  welche  er  später  auf 
seinen  Keisen  zusammenbrachte,  hat  er  in  hochherziger  Weise  dem  geo- 
logischen  Museum  der  Universität  Göttingen  geschenkt,  dem  sie  dauernd 
zur  Zierde  gereichen  werden. 

Von  hervorragendstem  Einfluss  auf  die  ganze  Geistesrichtung  See- 
bach's war  es  aber,  dass  er  grade  die  Zeit,  in  der  das  G^müth  noch  für 
hohe  und  hehre  Eindrücke  besonders  empfanglich  und  durch  sie  bildsam 
ist,  im  Vaterhause  zubrachte.  Musste  es  nicht  auf  das  Günstigste  auf 
ihn  einwirken,  dass  eine  Reihe  bedeutender  Männer,  in  denen  die  Tra- 
ditionen des  alten  Weimar  lebend^  waren,  daselbst  verkehrten!  In 
solcher  Umgebung  konnte  der  hohe  Sinn  entwickelt  werden,  der  dem 
Wesen  des  Mannes  später  ein  so  eigenartiges  Gepräge  verlieh  und  all 
sein  Thun  und  Lassen  kennzeichnete. 

Zu  Ostern  1859  verliess  Seebach  nach  vorzüglidi  bestandenem  Exa- 


men  das  Gymnasium.  Zunächst  widmete  er  sich  zu  Kamsdorf  den  prak- 
tisch-bergmännischen Arbeiten,  bald  aber  wurde  der  Drang  nach  wissen- 
schaftlicher Beschäftigung  so  mächtig ,  dass  er  nach  einem  Jahre  die 
Universität  Breslau  bezog,  um  unter  Ferd.  Römer's  Leitung  sich  der 
Geologie  und  Paläontologie  ganz  zuzuwenden. 

Die  Breslauer  Zeit  hat  zu  den  glücklichsten  seines  Lebens  gehört  und  er 
gedachte  ihrer  und  seines  von  ihm  hochverehrten  Lehrers  stets  mit  vieler  Liebe. 

Von  Breslau«  ging  er  Ostern  1861  nach  Göttingen  und  vollendete 
seine  Studien  unter  Beyrich's  Leitung  in  BerKn. . 

In  die  Zeit  des  Breslauer  Aufenthalts  fällt  eine  von  Seebach  un- 
ternon  mene  Reise  in  die  Karpathen,  dann  ging  er^mit  Römer  nach 
Russland  und  besuchte  später  Dänemark  und  England. 

Seine  Arbeiten  und  seine  ausgedehnten  Bekanntschaften,  nicht 
minder  endlich  seine  ganze  hervorragende  Persönlichkeit,  hatten  früh  die 
Aufmerksamkeit  weiterer  Kreise  auf  ihn  gelenkt  und  so  geschah  es  — 
ein  gevnss  seltener  Fall  —  dass  noch  bevor  er  promovirt  hatte  ihm  die 
Uebernahme  der  neu  begründeten  ausserordentlichen  Professur  für  Geo- 
logie und  Paläontologie  in  Göttingen  angetragen  wurde. 

Dabei  ward  die  Erwartung  ausgesprochen,  dass  er  demnächst  eine 
j^össere  wissenschaftliche  Arbeit  veröffentlichen  werde.  Sein  Werk  über 
den  hannover'schen  Jura  erfüllte  jene  Vorbedingung. 

1862  promovirte  Seebach  in  Göttingen  mit  seiner  Arbeit  über  die 
Conchylien-Fauna  der  Weimar'schen  Trias  und  trat  1863  die  Professur 
an  mit  dem  Vorbehalte  jedoch  im  nächsten  Jahre  noch  eine  grössere 
wissenschaftliche  Reise  unternehmen  zu  können.  Er  unternahm  dieselbe 
1864  nach  Centralamerika.  Dort  wandte  er  sich  ganz  vorzugsweise  dem 
Studium  der  Vulkane^  zu  und  hat  seine  Beobachtungen  in  einem  grös- 
seren Werke,  der  Hauptarbeit  seines  Lebens,  das  leider  durch  den  Um- 
stand nicht  veröffentlicht  werden  konnte,  dass  seine  epochemachenden 
Untersuchungen  über  das  mitteldeutsche  Erdbeben  v.  6.  März  1872  da^ 
zwischen  kamen,  niedergelegt  Möge  es  gelingen  jenes  Werk  im  Geiste 
des  Entschlafenen  zu  veröffentlichen  und  so  dem  wissenschaftlichen  Pub- 
likum seinen  reichen  Inhalt  zugänglich  zu  machen! 


Von  seiner  Rückkehr  aus  Centralaraerika  bis  zu  seinem  Tode  wirkte 
Seebach  ununterbrochen  als  Lehrer  in  Göttingen.  1870  zum  ordentli- 
chen Professor  ernannt,  betheiligte  er  sich  nun  noch  mehr  als  frflher 
an  den  Angelegenheiten  der  Universität,  der  er,  trotz  eines  verlockenden 
Rufs  nach  Strassburg,  treu  blieb.  —  1876  ehrte  ihn  die  Königliche 
Gesellschaft  der  Wissenschaften  durch  Ernennung  zum  ordentlichen 
Mitgliede. 

In  den  Ferien  betheiligte  er  sich  an  den  Arbeiten  der  preussischen 
geologischen  Landesaufnahme  und  bearbeitete  mehrere  thüringische  Sec- 
tionen  der  grossen  Karte.  Auch  die  Umgegend  von  Göttingen  zog  er  in 
den  Kreis  seiner  -Beobachtungen,  es  war  ihm  aber  nicht  mehr  beschieden 
diese  Arbeit  zum  Abschluss  zu  bringen. 

■ 

Einer  wissenschaftlichen  Reise  nach  Santorin,  in  den  Frühjahrsfe- 
rien des  Jahres  1866  unternommen,  ist  hier  noch  zu  gedenken. 

Im  Frühjahre  1867  verheirathete  er  sich  mit  Bertha  Sauppe,  der 
zweiten  Tochter  des  Geh.  Reg.  Raths  H.  Sauppe.  Kein  schöneres  und 
innigeres ,  auf  gegenseitiges  Verständniss  und  Liebe  gegründetes  Fami- 
lienleben, dessen  Kreis  vier  prächtige  Kinder  zierten,  kann  gedacht  werden» 
und  sicher  hat  jeder  Freund  und  Fachgenosse,  der  von  der  Gastfreund-^ 
Schaft  des  Hauses  Seebach  Gebrauch  machte,  diesen  wohlthuenden  Ein- 
druck empfangen. 

In  seiner  Eigenschaft  als  Lehrer  war  es  Seebach,  wie  wenig  An- 
dern, gegeben,  anzuregen  und  zu  zünden.  Von  der  studirenden  Ju- 
gend hochverehrt ,  die  begeistert  an  den  Lippen  ihres  Lehrers  hing,  hat 
er  es  verstanden  dem  Fache  Jünger  in  ansehnlicher  Zahl  zuzuführen 
und  über  die  Kreise  derselben  hinaus  seine  Wissenschaft  geehrt  und 
angesehen  zu  machen. 

Eine  seiner  grössten  Leistungen  ist  die  Gründung  der  geologisch- 
paläontologischen  Sammlung,  die  heute  in  dem  neuen  grossen  Gebäude 
prächtig  aufgestellt,  ein  ausgezeichnetes  Lehr-  und  Arbeitsmaterial  dar- 
bietet. Und  wie  ganz  anders  war  es  als  Seebach  die  Stelle  antrat ! 
Von  einer  Sammlung  nur  soviel  vorhanden,  theilt  er  in  seinen  Aufzeich- 
nungen mit,    als  eine  mittelmässige  Realschule  heutzutage  besitzt,  dabei 


in  ui]gleichmä88igster  Art  durcheinander,  Kostbares  und  Werthloses  gleich 
schlecht  behandelt  und  nur  erst  durch  langes  Mühen,  entsagende  emsige 
Arbeit  in  den  Zustand  zu  bringen ,  in  dem  durch  jahrelange  Pflege  die 
Sammlung  heute  ist  und  von  der  wie  eine  Fabel  das  Wort  klingt,  das 
Seebach,  als  er  sie  übernahm,  niederschrieb: 

,,Nie  in  meinem  Leben  habe  ich  etwas  so  Trauriges  gesehen ,  als 
der  Zustand  der  acad^mischen  Sammlung  damals  war/*  — 

Wohl  stand  er  vor  der  Vollendung  seines  Werks  auf  der  Höhe 
seiner  Entwickelung,  eine  imponirende,  vornehme  Erscheinung,  aber  dem 
aufmerksamen  Beobachter  entging  nicht  eine;:*  leise  Veränderung  in  sei- 
nem Wesen:  der  Keim  jener  entsetzlichen  Krankheit,  der  er  erliegen 
sollte,  hatte  sich  in  seine  Brust  gesenkt. 

„Ich  kann  nichts  mehr  arbeiten,  lieber  Freund,**  das  waren  die 
Worte,  die  er  mir  fast  täglich  wiederholte,  und'  die  ich  Anfangs  im  Glau- 
ben, es  handle  sich  um  eine  vorübergehende  Abspannung  immer,  aber 
leider  stets  erfolglos,  ihm  auszureden  suchte. 

So  kam  der  Herbst  1877  heran.  Auf  der  Versammlung  der  deut- 
schen geologischen  Gesellschaft  zu  Wien  fasste  man  den  Beschluss  im 
kommenden  Herbste 'die  Versammlung  in  Göttingen  abzuhalten  und  See- 
bach, in  Wien  anwesend,  konnte  und  mochte  sich  den  Wünschen  seiner 
Fachgenossen  nicht  entziehen.  Nun  galt  es  den  Umzug  der  Sammlungen 
und  die  Aufstellung  in's  Werk  zu  setzen!  Eine  Schonung  war  dabei 
nicht  möglich,  denn  die  Zeit  drängte. 

Zu  all  dem  gesellte  sich  bei  Seebach  im  Winter  1877/78  ein  hef- 
tiger Katarrh,  der  beim  Aufenthalt  in  den  schlecht  heizbaren  und  zum 
Theil  überhaupt  nicht  zu  erwärmenden  Räumlichkeiten  immer  mehr  um 
sich  griff  und  edlere  Theile  in  Mitleidenschaft  zog.  Alles  Bitten,  alle 
ernsten  Vorstellungen  waren  umsonst ,  zu  einer  Schonung  seiner  Person 
war  Seebach  nicht  zu  bringen.  Der  Sommer  1878  brachte  wenig  Besse- 
rung, mit  knapper  Noth  ward  die  Vorlesung  zu  Ende  geführt.  Im  Herbst 
1878  fanden  die  Theilnehmer  der  deutschen  geologischen  Gesellschaft 
ein  vorzüglich  geordnetes  und  eingerichtetes  Institut  vor  —  aber  See- 
bach's   Kräfte   waren   erschöpft.     Viele,   die   ihn   in   den   Jahren    seiner 


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Kraft  gekannt  hatten,  erschracken  ob  seines  Aussehens,  kaum  konnte  er 
während  der  Tage  der  Versammlung  sich  aufrecht  halten« 

Es  musste  nun  ernstlich  daran  gedacht  werden,  etwas  zur  Wieder- 
erlangung der  Gesundheit  zu  thun  und  so  fasste  Seebach  den  Beschluss 
den  Winter  im  Süden  zuzubringen.  Er  wählte  hierzu  Portugal,  welches 
Land  ihm  auch  überdies  in  geologischer  Beziehung  Manches  zu  bieten 
schien.  Aber  gerade  hierin  lag  vielleicht  etwas  Verderbliches  für  ihn. 
Von  der  Schönheit  des  südlichen  Portugal  angeregt  und  durch  den  geo- 
logisch interessanten  Bau  des  Landes  zur  Erforschung  desselben  getrie- 
ben, arbeitete  Seebach  dort  rastlos,  wie  eiu  Gesunder.  Zeuge  desseü 
sind  die  erheblichen  Sammlungen,  die  er  in  kurzer  Zeit  zusammen- 
brachte. Von  der  portugiesischen  Regierung  aufs  Liberalste  unterstützt, 
konnte  er  Material  und  Daten  zu  einer  neuen  Arbeit  sammeln,  die  er 
nach  der  Heimkehr  vorzunehmen  gedachte. 

Leider  hielt  die  Besserung  nach  der  Rückkunft  nur  kurze  Zeit  an. 
Bald  wurde  er  kränker  als  je,  und  als  der  Winter  kam,  mussten  sich 
seine  Freunde  sagen,  dass  es  um  ihn  geschehen  sei. 

Er  selbst  mag  sein  herannahendes  Ende  nur  ganz  vorübergehend 
gefühlt  haben,  jedenfalls  hat  er  unter  der  aufofrfemden  Pflege  seiner 
Gattin  und  seiner  Schwester  Anna  doch  recht  oft  wieder  der  Hoffnung 
auf  Besserung  Raum  und  Ausdruck  gegeben. 

Noch  kurz  vor  seinem  Hinscheiden  sprach  er  mit  mir  eingehend 
über  das  im  Sommer  Vorzunehmende.  Da  verschlimmerte  sich  gegen 
den  18.  Januar  1880  sein  Befinden  merklich,  grosse  Abspannung  trat 
ein  und  am  Morgen  des  21.  entschlief  er  ruhig  und  sanft. 

Am  24.  Januar  wurde  er  unter  grosser  Betheiligung  von  Universität 
und  Bürgerschaft,  die  ihn  seines  treuen  nationalen  Sinnes  wegen  hoch 
verehrte,  bestattet.  —  Der  Tag  war  bitterkalt  und  Strauch  und  Baum 
bereift,  prangte  die  Landschaft  in  winterlicher  Pracht,  —  es  war  als  ob 
die  Natur  ihr  Festkleid  angelegt  hätte  um  den  im  Tode  zu  ehren,  dem 
sie  so  oft  im  Leben  ihre  Geheimnisse  entschleiert  hatte. 


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Von  der  grossen  Vielseitigkeit  des  au  früh  Geschiedenen  legt  die 
nachfolgende  Liste  seiner  Arbeiten,  nach  -dem  zugänglichen  Material  zu- 
sammengestellt, Zeugniss  ab.  Die  Bedeutung  Seebach*s  als  Gelehrter  hat 
sein  nächster  Fachcollege  Prof.  Benecke  in  einem  Nachrufe  mit  folgen- 
den Worten  hervorgehoben: 

„Dass  die  Umgebung  in  der  er  aufwuchs,  Seebach  zunächst  zu  pa* 
läontologisch-stratigraphischen  Arbeiten  anregte,  ist  begreiflich.  Die 
Trias  und  ihre  organischen  Einschlüsse  war  Gegenstand  seiner  ersten  Un- 
tersuchungen. Zu  einer  in  grossen  Zügen  gegebenen  Zusammenfassung 
des  hannoverschen  Jura  veranlasste  ihn  der  Aufenthalt  in  Göttingen. 
Eine  Reihe  kleinerer  Afbeiten  rein  paläontologischen  Inhalts  zeugen  von 
seiner  ausserordenlichen  Combinationsgabe,  wir  erinnern  nur  an  die  ,,Phyllo- 
somen*'.     Am  liebsten  beschäftigte  er  sich  jedoch  mit  den  Vulkanen. 

Seine  umfassenden  Studien  über  dieselben  sollten  in  dem  grossen 
Werke  über  Centralamerika  niedei^elegt  werden.  Die  Vulkane  leiteten 
zu  den  Erdbeben  hinüber  und  die  Arbeit  über  das  mitteldeutsche  Erd- 
beben ist  ein  sprechender  Beweis  seines  ausserordentlichen  Talents.  Sel- 
ten wird  es  vorkommen,  dass  ein  Forscher,  dessen  Untersuchungen  sich 
bisher  ausschliesslich  in  dem  sogenannten  beschreibenden  Gebiete  be- 
wegten, sich  plötzlich  der  exacten  Sichtung  mit  solchem  Erfolge  zu- 
wendet''. 


18Ö7.  Entomostraceen  ans  der  Trias  Thüringens.    Zeitschr.  d.  d.  geol.  Ges.    Bd.  IX. 
S.  198. 

1860.  Über  den  wahrscheinlichen  Ursprung  des  sogen,  tellurischen  Eisens  von  Gross- 
Eamsdorf.    Das.  Bd.  XIL    S.  189. 

1861.  Die  Conchylienfanna  der  Weimarischen  Trias.     Das.  Bd.  XIII.  S.  551  und 
Inaugural-Dissertation.    Göttingen,  1862. 

1862.  Notiz  über  ein  neues  Vorkommen  von  Analcim.     Nachricht  d.  kgl  Gesellsch. 
d.  Wiss.  zu  Göttingen.    S.  334. 

1864.  Über  Orophocrinus  ^  ein  neues  Crinoidengeschlecht  aus  der  Abtheilung  der 
Blastoideen.    Das.  S.  HO. 
—    Der  Hannoyer'sche  Jura.    Berlin. 

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1865.  Reise  darch  Gnanacaste  (Costa  Rica)  1864  and  1865.    Petermann's  geogr. 
Mittheil.    Bd.  1865.    8.  241. 

—  Besteigung  des  Vulkans  Turrialba  in  Costa  Rica.    Das.  S.  321, 

—  Beiträge  zur  Geologie  der  Insel  Bornholm.  Zeitschr.  d.  d.  geolog.  Gtesellsch. 
Bd.  XVII.    S.  338. 

—  Über  den  Vulkan  Jzalko  und  den  Bau  der  centralamerikanischen  Vulkane  im 
Allgemeinen.    Nachricht  d.  kgl.  Ges.  der  Wissensoh.  zu  Göttingen.    S.  521. 

1866.  Bericht  über  die  vulkanischen  Neubildungen  bei  Santorin.    Das.  S.  149. 

—  Die  Zoantharia  perforata  der  paläozoischen  Periode.  Zeitschr.  d.  d.  geolog. 
Gesellsch.    Bd.  XVIII.    S.  304. 

—  Über  die  diluviale  Säugethierfauna  des  oberen  Leinethals  und  über  einen 
neuen  Beweis  des  Alters  des  Menschengeschlechts.  Nachricht,  d.  kgl.  (}es.  d. 
Wissensch.    S.  293. 

—  Vorläufige  Mittheilung  ttber  die  typische  Verschiedenheit  im  Bau  der  Vulkane 
und  deren  Ursache.    Zeitschr.  d.  d.  g.  Ges.    Bd.  XVIII.    S.  643. 

1867.  Erster  Bericht  über  die  geognostisch- paläontologische  Sammlung  der  Univer- 
sität Göttingen.    Nachricht  d.  kgl.  Ges.  d.  Wissensch.  zu  Göttingen.    S.  19. 

—  Zur  Kritik  der  Gattung  Myophoria  Bronn  und  ihrer  triasinischen  Arten. 
Das.  S.  375. 

—  Der  Vulkan  von  Santorin,  nach  einem  Besuch  im  März  und  April  1866.  Vir- 
chow-Holtzendorff,  Vorträge.    No.  38. 

—  Über  den  Vulkan  von  Santorin  und  die  Eruption  von  1866.  Abhandl.  d.  kgl. 
Ges.  d.  Wissensch.  zu  Göttingen.    Bd.  XIII. 

1868.  Über  die  Entwickelung  der  Elreideformation  im  Ohmgebirge.     Nachr.  d.  kgl. 
Ges.  d.  Wissensch.  in  Göttingen.    S.  128. 

—  Über  die  vulkanischen  Erscheinungen  in  Centralamerika.  Verhandl.  d.  geolog. 
Reichsanst    S.  219.    (Brief  an  Prof.  v.  Hochstetter.) 

—  Über  Estheria  Alhertii  Voltz  sp.  Nachr.  d.  Kgl.  Ges.  d.  Wissensch.  z.  Göt- 
tingen.   S.  281. 

1869.  Zweiter  Bericht  ttber  die  geognostisch-paläontologische  Sanmilung  der  Univer- 
sität Göttingen.    Das.  S.  71. 

—  Über  die  Eruption  von  Methana  im  3.  Jahrhundert  v.  Chr.  Geb.  Zeitschr.  d. 
d.  geol.  Gesellsch.    Bd.  XXI.    S.  275. 

1870.  Dritter  Bericht  ttber  die  geognostisch  -  paläontologische  Sammlung  der  Univer- 
sität Göttingen.     Nachrichten  d.  kgl.  Ges.  d.  Wissensch.  zu  Göttingen.     S.  7. 

1871.  Vierter  Bericht  ttber  die  geognostisch-paläontologisohe  Sammlung  der  Univer- 
sität Göttingen.    Das.  S.  158. 

—  Über  Peniphix  Alhertii  aus  dem  unteren  Nodosus-Kalk  des  Hainberges.  Das.  S.  1 85.