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Full text of "Abhandlungen der Königlich Bayerischen Akademie der Wissenschaften"

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ABHANDLUNGEN 


DER 


MATHEMATISCH-PHYSIKALISCHEN CLASSE 


DER KÖNIGLICH BAYERISCHEN 


_ AKADEMIE ver WISSENSCHAFTEN. 


ZEHNTEN BANDES 


IN DER REIHE DER DENKSCHRIFTEN DER XXXVII. BAND. 


MÜNCHEN, 
1870. 


VERLAG DER K. AKADEMIE, 
IN COMMISSION BEI G. FRANZ. 


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Inhalt des X. Bandes. 


I. und Il. Abtheilung. 


Neue Gattungen und Arten von Fischen aus Üentral-Amerika; gesammelt von 
Moritz Wagner, beschrieben von Prof. Rudolf Kner und Dr. Franz Stein- 
dachner in Wien. Mit sechs Tafeln Abbildungen ARE : 

Ueber die hydrographischen Verhältnisse und das Vorkommen der Se kaderfische 
in den Staaten Panama und Ecuador. Ein Beitrag zur Zoogeographie Amerika’s 
von Moritz Wagner BE . RB P Der 

Neue Beobachtungen zur Entwicklungsgeschichte des Mebrschmeinchen, Von 
Dr. Th. L. W. Bischoff NER an," f 

Ueber die geographischen Verhältnisse der Lorbeergewächse von ©. F.. es 

Helligkeits-Messungen an zweihundert und acht Fixsternen. Angestellt mit dem 
Steinheil’schen Photometer in den Jahren 1852 — 1860 von Ludwig Seidel 
und Eugen Leonhard ee ee 

Versuche über die Wasserverdunstung auf besätem und unbesätem Boden. Von 
August Vogel . EN / 3; Veh; 

Das Chronoskop, Instrument zur Be nmung der Zeit der Polhöhe Be Benz. 
Von ©. A. v. Steinheil. Mit 2 lithogr. Tafeln und 6 Tabellen 

Die Grosshirnwindungen des Menschen mit Berücksichtigung ihrer Entwicklung bei 
dem Fötus und ihrer Anordnung bei den Affen. Neu untersucht und be- 
schrieben von Dr. Th. L. W. Bischoff. Mit 7 Tafeln 

Beiträge zur Kenntniss der Procän- oder Kreide-Formation im nordwestlichen Böhmen 
in Vergleichung mit den gleichzeitigen Ablagerungen in Bayern und Sachsen. 
Von ©. W. Gümbel 4 N... 

Beiträge zur Foraminiferenfauna der nordalpinen ocängebilde, Von ©. W. Gümbel. 
Mit 4 Tafeln 


Seite 


115 
169 


201 


320 


357 


388 


499 


577 


III. Abtheilung. 


Ueber die Naturverhältnisse der verschiedenen Linien, welche für einen Durchstich 
des centralamerikanischen Isthmus in Vorschlag sind. Von Moritz Wagner 

Ueber das Verhältniss der Harnsture und des Guanin’s zur Vegetation. Von 
August Vogel . 

Das bayerische Präeisions-Nivellement. Von Carl Max Bauernfeind 

Beiträge zur Anatomie des Hylobates leueiscus und zu einer vergleichenden Anatomie 
der Muskeln der Affen und des Menschen. Von Th. L. W. Bischoff. Mit 
5 Tafeln en Seide 2 ae 


Seite 


198 


MATHEMATISCH-PHYSIKALISCHEN GVLASSE 


DER KÖNIGLICH BAYERISCHEN 


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ERSTE ABTHEILUNG. 
IN DER REIHE DER DENKSCHRIFTEN DER XXXVIT. BAND. 


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VERLAG DER K. AKADEMIE, 
IN COMMISSION BEI G. FRANZ. - 


ABHANDLUNGEN 


DER 
MATHEMATISCH-PHYSIKALISCHEN CLASSE 


DER KÖNIGLICH BAYERISCHEN 


AKADEMIE ver WISSENSCHAFTEN, 


ZEHNTEN BANDES 
ERSTE ABTHEILUNG. 


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ABHANDLUNGEN 


MATHEMATISCH-PHYSIKALISCHEN CLASSE 


DER KÖNIGLICH BAYERISCHEN 


AKADEMIE ver WISSENSCHAFTEN. 


ZEHNTEN BANDES 
ERSTE ABTHEILUNG. 
IN DER REIHE DER DENKSCHRIFTEN DER XXXVII. BAND. 


MÜNCHEN, 
1866. 
VERLAG DER K. AKADEMIE, 
IN COMMISSION BEI G. FRANZ. 


rt 


Inhalt. 


Neue Gattungen und Arten von Fischen aus Central- Amerika; gesammelt von 
Moritz Wagner, beschrieben von Prof. Rudolf Kner und Dr. Franz Stein- 
dachner in Wien. Mit sechs Tafeln Abbildungen . Se a 


Ueber die hydrographischen Verhältnisse und das Vorkommen der Süsswasserfische 
in den Staaten Panama und Ecuador. Ein Beitrag zur Zoogeographie Amerika’s 
von Moritz Wagner : 

Neue Beobachtungen zur Entwicklungsgeschichte des Meerschweinchens.. Von 
Dr. Th. L. W. Bischoff 

Ueber die geographischen Verhältnisse der Lorbeergewächse von ©. F. Meissner . 

Helligkeits-Messungen an zweihundert und acht Fixsternen. Angestellt mit dem 


Steinheil’schen Photometer in den Jahren 1852—1860 von Ludwig Seidel 
und Eugen Leonhard ; 


Seite 


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Neue 


Gattungen und Arten von Fischen 


aus Öentral-Amerika; 


gesammelt von 


Prof. Moritz Wagner, 


“ beschrieben von 


Prof. Rudolf Kner und Dr. Franz Steindachner, 


Assistenten am kaiserl. Hof-Naturalienkabinete in Wien. 


Mit sechs Tafeln Abbildungen. 


Abh. d. II. Cl.d.k. Ak.d. Wiss. X. Bd. I, Abth. 1 


Neue 


Gattungen und Arten von Fischen 


aus Central- Amerika. 


Familie: Sciaenoidei, Cuv. Val. 


Gattung: Pristipoma, Ouv. Val. 
Art: Prast. humäle,. n..Tab..l. Fig. 1. 


Char. Summa corporis altitudo ante pinnam dorsalem ad longitudinem piscis 
totalem = 1: 4.5; aculeus 4us pinnae dorsalis ommium longissimus. 
8 
D.,12/12 Ar 3/7 01. + OSQUAm tr ;.5 6 
19—20 


Die Totalgestalt ist gestreckter als bei jeder bisher bekannten Art 
dieser Gattung und nähert sich hiedurch wie auch durch die Länge 
der Schnauze jener der Gattung Haemulon. — Die grösste Körperhöhe 
(bei Beginn der Rückenflosse) ist nahezu 41/2-, die Kopflänge 31/a-mal 
in der Gesammtlänge enthalten; die kleinste Körperhöhe am Schwanze 
erreicht kaum !/3 der grössten. Bei den gestrecktesten, früher bekannten 
Arten, wie Prist. crocro C. V., welcher unsere Art auch am nächsten 
steht, beträgt die grösste Höhe nur !/a der Totallänge. 


Die Profillinie des Kopfes fällt vom Hinterhaupte nach vorne 


4 


gleichmässig in schiefer gerader Linie ab bis gegen das stumpf abge- 
rundete Schnauzenende. Der Durchmesser des fast kreisrunden Auges 
verhält sich zur Kopflänge wie 1:5 (bei Pr. crocro wie 1 : 41/2) und 
gleicht der Stirnbreite zwischen den Augen. Die weite Mundspalte ist 
mit dicken Lippen versehen und reicht bis unter das vordere Drittel 
des Auges (bei Pr. crocro bis unter den vorderen Augenrand). Der etwas 
vorstreckbare Zwischenkiefer und der Unterkiefer sind mit einer breiten 
Binde dicht stehender Zähnchen von gleicher Grösse besetzt. Am Kinne 
liegen zunächst der Symphyse 2 kleine Poren, und weiter zurück mün- 
den 2 andere in einer grossen medianen Grube. Die Länge der Schnauze 
beträgt bei 11a Augendurchmesser. Der senkrecht stehende Rand des 
Vordeckels ist so wie die Suprascapula deutlich gezähnelt, der Deckel 
nach hinten in 2 kaum merkliche Spitzen vorgezogen und mit einem 
Hautanhange versehen. Der Vorderrücken steigt bis zu Anfang der 
Dorsale in stärkerem Bogen an, senkt sich aber dann sogleich mässig 
bis zu Ende der genannten Flosse. 

Der Rand der Rückenflosse ist zwischen ihrem stacheligen und 
gliederstrahligen Theile stark eingebuchtet. Die Stacheln sind ausge- 
zeichnet heteracanth aber von nur geringer Höhe; der 4. und höchste 
misst kaum Yıo der Totallänge (bei Pr. crocro ist der 5. Stachel der 
höchste), die folgenden bis einschliesslich dem 10. nehmen allmälich an 
Länge ab, der 11. und 12. aber wieder etwas zu. Unter den Glieder- 
strahlen der Dorsale erreichen der 2. und 3. die grösste Höhe, welche 
der des 4. Stachels beinahe gleich kommt. — Von den 3 Stacheln der 
Afterflosse zeichnet sich der 2. durch Länge und Stärke aus, indem 
er hierin jene der Dorsale um das dfache übertrifft (bei Pr. crocro ist 
er noch mächtiger); er erreicht etwas über halbe Kopf- und !s der 
Totallänge. Die Länge des 1. Stachels beträgt nur Y/s, die des 3. aber 
?/3 seiner Länge; an Stärke sind dagegen alle 3 nur wenig verschieden 
und noch ausgezeichneter heteracanth als jene der Dorsale. 

Brust- und Bauchflossen sind gleich lang und ihre längsten 
Strahlen beiläufig 6°/-mal in der Gesammtlänge des Fisches enthalten ; 
der 1. gegliederte Ventralstrahl ist in einen kurzen Faden verlängert. 
Die Strahlenzahl dieser Flossen ist: P. 2/14, V. 1/5. — Die Schwanz- 
flosse enthält 17 Hauptstrahlen, von denen 15 getheilt sind; sie ist 


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grösstentheils überschuppt und ihr Rand schwach concav (nicht wie bei Pr. 
crocro gerade abgestutzt), die Seitenlinie setzt sich über ihre halbe Länge fort. 

Der gliederstrahlige Theil der Rücken- und Afterflosse sind längs 
der Basis von einer Schuppendecke umgeben, über welche hinaus nur 
einige Schuppen noch auf der Flossenhaut zwischen den Strahlen liegen; 
eben so ist auch die Basis der Bauchflossen überschuppt. — Alle 
Schuppen sind ctenoid, mit Ausnahme der unterhalb der Augen gelege- 
nen, welche glatte Ränder zeigen. 

Die Analgrube liegt nahe vor dem After, hinter diesem ragt eine 
kurze Urogenitalpapille vor. — Die Pseudobranchien sind gross, kamm- 
förmig; die vorderen Rechenzähne mässig lang, stumpfspitzig. Der Ma- 
gen bildet einen ziemlich grossen Sack, am Pylorus hängen jederseits 
3 Blinddärme von ansehnlicher Länge; der rechte Leberlappen ist grösser 
als der linke. Die sehr grosse, einfache und dünnwandige Schwimm- 
blase nimmt fast die ganze Länge der Bauchhöhle ein. Die beiden Ho- 
den sind schmal, lang und reichen nach vorne fast bis zum Pylorus. 

Färbung. Die ganze Rückenseite bräunlich, ins Goldgelbe spie- 
lend, Flanken und Bauch weiss, gegen den Schwanz mit gelblichem, 
gegen den Kopf mit grünlich blauem Anfluge; Rücken- und Schwanz- 
flosse schmutzig braun ins Schwärzliche, After-, Brust- und Bauchflossen 
gelblich, nirgends Flecken oder Zeichnungen. 

Das einzige Exemplar stammt aus dem Rio Bayano, der auf der 
Landenge Panama in das stille Meer mündet. 


Familie: Mugiloidei, Cuv. Val. 
Gattung: Dajaus, Cuv. Val. 


Diese Gattung wurde zwar neuerlich von Günther eingezogen, 
indem er sie mit Cestraeus und Nestis Cuv. Val. in Ein Genus vereinigte, 
für welches er den Bennet’schen Namen Agonostomus (abgeändert in 
Agonostoma) wählte (s. Catalog. of the Acanthopter. Fishes in the Collect. 
of the British. Mus. III); doch behalten wir sie vorläufig hier bei, und 
indem später die Gründe gegeben werden, wesshalb wir dem Vorgehen 
Günther’s nicht beipflichten, lassen wir früher die Beschreibung einer 
neuen Art folgen, welche nebst 2 bereits bekannten uns vorliegt. 


1. Art: Daj. elongatus, n. — Taf. 1. Fig. 2. 


Char. Altitudo corporis ad longitudinem totalem: 1:6; squamae longit. 42, 
tramsvers. vel verticales 11.) 


In der nasenförmig vorspringenden Schnauze, deren Länge nach 
dem Alter sich ändert, hat diese Art Aehnlichkeit mit dem von 
Günther (l. c. pag. 463) aufgestellten Agonostoma nasutum, weicht 
jedoch von ihm, wie auch von den übrigen Dajaus-Arten durch die 
gestreckte Gestalt und auffallend geringe Körperhöhe ab, welche sogar 
etwas über 6-mal in der Gesammtlänge begriffen ist. Die Kopflänge 
beträgt !/; der Körperlänge, die grösste Dicke desselben zwischen den 
Deckeln ?/ seiner Länge. Der Durchmesser des Auges kommt 1/s der 
Kopflänge gleich, jedoch ohne Hinzurechnung der Oberlippe; sein Ab- 
stand vom Schnauzenrande beträgt 1'/a Diameter und eben so viel die 
Stirnbreite zwischen den Augen; die Stirn daselbst ist schwach gewölbt. 
— Der obere Mundrand wird blos vom Zwischenkiefer gebildet, über 
und hinter welchem der schmale Oberkiefer vom Suborbitalringe und 
der dicken, weit vorspringenden Oberlippe verdeckt liegt. Letztere 
bildet einen dreieckigen Lappen mit vorragender stumpfer Spitze, so 
dass der Mund unterständig wird und seine Winkel senkrecht unter die 
Mitte des Auges zu liegen kommen. Der Praeorbitalknochen ist am 
hintern Rande fein aber undeutlich gezähnelt. Kiefer, Vomer und 
Gaumenbeine sind mit schmalen Binden kurzer, dicht gedrängter 
Spitzzähne besetzt. Der dicke breite Lippenanhang setzt sich seit- 
lich bis an das Ende des Öberkiefers, somit fast bis unter die Mitte 
des Auges fort. Da der Zwischenkiefer nach abwärts vorschiebbar ist, 
so entsteht dann zwischen dem Schnauzenrande und der Öberlippe eine 
tiefe breite Furche. Die Poren des am Unterkiefer verlaufenden Astes 
der Kopfkanäle geben jenen bei Dajaus monticola an Grösse nicht nach. 

Die 1. Rückenflosse beginnt vor halber Körperlänge und ist 
deutlich heteracanth, die 3 ersten ihrer 4 Stacheln sind dick und kräftig, 
ihre Höhe erreicht nicht ganz die 1/2 Kopflänge und wird von der 2. 


1) Da diese Gattung einer sichtbaren Seitenlinie ermangelt, so bezieht sich die Schuppenzahl 
der Länge nach auf die Reihe vom obern Winkel der Kiemenspalte bis zur Basis der Cau- 
dale, die quere und senkrechte auf die Zahl der Schuppen über den Bauchflossen, bis zum 
Rückenprofile. 


7 


Dorsale bedeutend übertroffen. Von den 9 Strahlen der letztern sind 
8 gegliedert und 7 von diesen auch doppelt und mehrfach getheilt. 
Die Brustflossen reichen zurückgelegt bis unter den Anfang der 1. 
Dorsale, der erste und längste ihrer 14 Gliederstrahlen bleibt ungetheilt. 
Die Bauchflossen (1/5) entspringen unter der Mitte der pectoralen 
und reichen mit den Spitzen ihrer breiten und vielfach getheilten Glie- 
derstrahlen bis unter das Ende der 1. Dorsale zurück. Die Analflosse 
mit 3/9 Strahlen beginnt etwas vor der 2. D., ihre höchsten Strahlen 
kommen den längsten der Pect. gleich, die Caudale enthält 14 ganze 
Strahlen nebst 2 kürzeren gegliederten und einigen Stützen in jedem 
Lappen; die beiden Hauptstrahlen sind fast von Kopfeslänge, die mitt- 
leren um die Hälfte kürzer, beide Lappen gleich lang. 

Die Schuppen sind ctenoid und zeigen denselben Bau wie bei 
Mugiloiden überhaupt, die grössten und zwar 1 Augendiameter gleichen 
liegen seitlich am Vorderrumpfe. Die für die ganze Familie, besonders 
aber für Dajaus bezeichnende Spornschuppe längs der Basis der 1. Dorsale 
reicht vom 1. bis 4. Strahle zurück. Eine kürzere Spornschuppe steht 
auch über der Basis der Bauchflossen und zwischen ihnen ist überdiess 
die Haut, welche die innersten Strahlen beider Flossen mitsammen und 
mit der Bauchhaut verbindet, mit spornähnlichen Schuppen besetzt. — 
Mit Ausnahme der 1. Dorsale sind alle übrigen Flossen mehr und min- 
der überschuppt, und zwar mit kleinen schmalen, öfters sich lang- 
streckenden Schuppen. Diese reichen bei der 2.D. der A. und C. fast 
bis zur halben Länge der Strahlen, bei den Brust- und Bauchflossen 
überkleiden sie aber nur deren vordere und ventrale Fläche, der After 
liegt nahe vor der Anale. 

Die Kiemenspalte ist sehr gross und die Kiemenhöhle um so weiter 
und tiefer, als die schön gefaltete Haut des oberen Theiles der vor- 
deren Kiemenbogen mit starker Wölbung sich in eine entsprechende 
Vertiefung des Schlundes jederseits hineinlegt. Es wäre von Interesse, 
diese eigenthümliche Bildung und Auskleidung der Schlundregion, welche 
noch complieirter und auch etwas abweichend von der bei Mugiloiden 
überhaupt vorkommenden erscheint, einer näher eingehenden Unter- 
suchung zu unterziehen, als sie im vorliegenden Falle füglich stattfinden 
konnte. — Die fransigen Pseudobranchien sind schön und ziemlich gross. 


Färbung. Die ganze Rückenseite grünlich grau, die Bauchfläche 
gelblich weiss; der hintere Rand der Schuppen ist etwas dunkler als 
die übrige Fläche, übrigens fehlt jede Farbenzeichnung. 

Das grössere der beiden Exemplare misst in der Gesammtlänge 9‘ 
W. M.; sie stammen aus Neu-Granada. 


2. Art: Daj. monticola, Cuv. Val. 
Syn. Agonostoma monticola, Günth. Catal. of the Acanthopt. III. pag. 464. 

Von dieser Art liegt uns nur 1 Exemplar von 8° Länge aus Neu- 
Granada vor, welches völlig mit der in der Histoire de poissons ent- 
haltenen Beschreibung und auch mit Günther’s Angaben überein- 
stimmt. — Die grösste Körperhöhe über den Bauchflossen ist 41/3-mal 
in der Totallänge enthalten und übertrifft die Kopflänge, welche fast 
genau 1/5 jener beträgt. Der Durchmesser des Auges ist = Ya der 
Kopflänge, die Stirnbreite 1/2, der Abstand von der Schnauzenspitze 
mehr als 1 Diameter. Stirn und Scheitel sind viel gewölbter als bei 
der vorigen und der folgenden Art, die Nase daher stumpfer und das 
Profil bis zum Schnauzenrande mehr convex. Die 1. Dorsale beginnt 
auch hier vor halber Körperlänge. 

1. D. 4, 2. D. 1/8, A. 3/9, Squam. longit. 42—43, transv. 12. 


3. Art: Daj. nasutus, n. 
Syn. Agonostoma nasutum Günth. 1. c. pag. 463. 


Die Körperhöhe, auch hier über den Bauchflossen gemessen, beträgt 
bei dieser Art nur wenig über 1/;s der Totallänge und kommt jener des 
Kopfes gleich, die dagegen das doppelte der Breite zwischen den Deckeln 
ausmacht. Der Augendurchmesser ist nahezu — !/ı Kopflänge, die Stirn- 
breite = 1!/a Augendiametern und — dem Abstande des Auges von der 
Schnauzenspitze. Die Mundbildung und Bezahnung der Kiefer und des 
Gaumens verhält sich wie bei D. elongatus, die Mundspalte reicht jedoch 
nicht bis unter die Mitte des Auges zurück ; der Praeorbitalknochen ist 
am Rande deutlicher gezähnelt als bei D. elongatus. — Die 1. Dorsale 
beginnt genau in halber Körperlänge, die Brust- und Bauchflossen 
sind weniger zugespitzt als bei D. elongatus, die Zahl ihrer Strahlen aber 
dieselbe, die Hauptstrahlen der Caudale erreichen auch hier Kopfeslänge, 


5) 


und längs der Seiten des Körpers liegen gleichfalls 42, in der Höhe 
über den Bauchflossen 11 Schuppen. Diese Gleichheit der Schuppen- 
zahlen ist allerdings insofern auffallend, als D. elongatus eine bedeutend 
gestrecktere Gestalt besitzt. Ob etwa diese so variabel und hierin viel- 
leicht ein Sexualunterschied zu suchen sei, muss zweifelhaft bleiben, da 
uns nur ein Unicum dieser Art vorliegt und ausserdem auch noch an- 
dere nicht unwesentliche Differenzen sich ergeben. !) 

Das 7 5°“ lange Exemplar stammt von der Westküste Panama’s. 


Dass die 3 vorhergehenden Arten einer und derselben Gattung an- 
gehören, kann nicht im Mindesten zweifelhaft sein; und es handelt sich 
nur darum, ob man bezüglich ihres und der 3 andern genannten Gat- 
tungen Fortbestandes der Ansicht Günther’s sich anschliessen soll. 

Bei allen 3 Arten von Dajaus ist die Mundbildung und Bezahnung 
jener sehr ähnlich, welche Günther l. c. pag. 460 von Mugil probo- 
scideus aus Üentralamerika abbildet und die er namentlich mit der 
von Cestraeus plicatilis Cuv. Val. = Agonostoma plicatile Günth. von 
Celebes stammend vergleicht. Jedoch sprechen gegen Günther’s An- 
sicht folgende Gründe. 1) Die Gattung Cestraeus Cuv. Val. trägt 
blos im obern Mundrande Zähne, der 4. Stachel der 1. Rücken- 
flosse ist verlängert, sie besitzt 2 Appendices pyloricae und gehört nur 
der Südsee an. 2) Bei Nestis Cuv. Val. bedeckt nach den in der 
Hist. des poissons enthaltenen Angaben das Praeorbitalstück nicht mehr 
den ganzen Öberkiefer und die Bezahnung wechselt nach den Arten; 
bei einer sind Zwischen- und Unterkiefer, Vomer und Flügelbeine bezahnt, 
bei einer zweiten aber nur Zwischenkiefer und Vomer, bei keiner aber 
die Gaumenbeine und die dicke Unterlippe bildet einen schneidenden 
Rand. Ueber letztern Umstand schweigt Günther bei den zur Gattung 
Agonostoma gezogenen beiden Arten: Nestis cyprinoides (= Agonost. 
Telfairüi Benn.) und dobuloides Cuv. Val., und gibt nur in der Synopsis 


1) Man könnte vielleicht auch vermuthen, dass unser D. elongatus etwa ein „Kümmerer“ 
wäre, deren häufigeres Vorkommen bei Fischen jüngst erst von Siebold nachwies (in 
dessen Süsswasserfischen Mitteleuropas), doch wäre es dann auffallend, dass zwei Kümmerer 
und nur 1 normales Exemplar vorliegen würden. 

Abh.d.II. Cl.d. k. Ak.d. Wiss. X. Bd. I. Abth. 2 


10 


der Mugiloiden-Gattungen auf pag. 409 überhaupt als Merkmale an: 
„Rand der Unterlippe abgerundet und Zähne wenigstens im Oberkiefer.‘‘ 
Diese 2 Merkmale genügen ihm zur Construction des Gattungs-Charak- 
ters von Ayonostoma. — Bei solchem Verfahren erscheint es zwar leicht 
erklärlich, dass viele bisher aufgestellte Gattungen aus dem Systeme 
wieder gestrichen werden können, schwerer dagegen, wesshalb conse- 
quenter Weise nicht noch mehr cassirt werden. 

Denn unseres Ermessens liegt die grosse Schwierigkeit, die sich 
dem Systematiker entgegen stemmt und die bisher noch nicht zu be- 
heben ist, gerade in der Beantwortung der Fragen: ‚Was ist berechtigte 
Consequenz, welche sind die logisch nöthigenden Gründe, welche die 
Principien, denen die Systematik unabänderlich zu folgen hat, welche 
die Merkmale, die allein zur Feststellung scharf abgegränzter Begriffe 
und Charaktere geeignet sind?“ — So lange die entscheidende Antwort 
auf diese Fragen fehlt, dürfte es noch häufig bedenklich erscheinen, 
das schon wieder vereinigen zu wollen, was kaum durch sorgsame 
Beobachtung als different auseinander gelegt wurde. Unsere Zeit hat 
noch gar viele analytische Arbeit vor sich und erst wenn diese abge- 
than, kann die synthetische mit Aussicht auf dauernden Erfolg beginnen. 
Wir sind zwar gleichfalls überzeugt, dass in Zukunft das System ungleich 
einfacher werden wird, als es dermalen ist, und dass vielleicht Hunderte 
von Gattungen und Arten aus ihm verschwinden, die wir derzeit noch 
als solche anerkennen, doch gehört unsere Thätigkeit eben der Gegen- 
wart an und wir halten uns nicht für befähigt und daher auch nicht 
für berechtigt, unserer Zeit vorzugreifen, ausser wenn bereits zwingende 
Gründe vorliegen, welche die Einziehung von Gattungen und Arten 
erheischen. Solche vermögen wir aber im vorliegenden Falle vorerst 
nicht herauszufinden und wollen demnach die Gattung Dajaus lieber 
noch im Systeme fort anerkennen, als mithelfen, sie um ihre vielleicht 
berechtigte Existenz zu bringen. 


11 


Familie: (Chromides. 


Gattung: Heros, Heck. 
1»Art: Her. attifrons, n. — Tat. II. Fig.-1. 


Char. Caput ab occipite versus os valde dechivum, exinde rostrum productum, 
capitis longitudo altitudini fere aequalis, labium inferius bilobum; — 
corpus 4 
nigra notatis cinctum, insuper pumctulis coeruleo- albicantibus ad- 
spersum; pinna caudalis truncata. 

D. 16/11, A. 5/8—9. 


5 taenüs verticalibus obscure fuscis, in medio macula 


Obwohl diese Art mit mehreren der von Günther in seinen Ca- 
talog aufgenommenen nahe verwandt ist, und zwar namentlich durch 
Schuppenzahl, perlfarbige Puncte am Rumpfe und schwärzliche Vertikal- 
binden zunächst mit H. margaritifer von Guatemala, so weicht sie doch 
in manchen Puncten so ansehnlich ab, dass wir sie, so lange directe 
Uebergänge nicht nachgewiesen sind, vorerst als nova species glauben 
ansehen zu dürfen, welche sich insbesondere durch die Haemulon-ähn- 
liche Kopfform vor den übrigen zahlreichen Arten dieser Gattung aus- 
zeichnet. 

Die grösste Kopfhöhe ist bei jüngeren Individuen seiner Länge 
nahezu gleich, bei älteren aber etwas geringer und wird von der grössten 
Leibeshöhe, die 1/3 oder etwas über !/s der Gesammtlänge ausmacht, 
nur wenig übertroffen. Das Kopfprofil fällt zwar nach vorne steil ab, 
erscheint aber gleichwohl als concave Linie, deren tiefster Punct zwi- 
schen die Augen fällt. Der vordere Augenrand liest genau in halber 
Kopflänge, daher die Schnauze stark verlängert ist. Der Durchmesser 
des Auges beträgt /4—!/s der Kopflänge, die Stirnbreite zwischen bei- 
den bei älteren Individuen 11/2 Augendiameter, (bei jungen bedeutend 
weniger); die Breite zwischen den Kiemendeckeln kommt der halben 
Kopflänge fast gleich. 

Die Wangen sind mit 4—5 Schuppenreihen bedeckt. Der Mund 
ist seitlich compress, Ober- und Unterlippe dick und wulstig, letztere in 


der Mittellinie gespalten. Diess findet zwar bei vielen andern Arten 
D# 


12 


auch statt, doch ist es für die vorliegende bezeichnend, dass die beiden 
Lappen zunächst der Symphyse am längsten sind und gegen die Mund- 
winkel schmaler werden, während bei andern Arten jeder Lappen in 
seiner Mitte am breitesten ist. — Die Zähne sind kegelförmig, ziemlich 
klein, gelblich und an den Spitzen braun gefärbt. Der Zwischenkiefer 
enthielt blos in äusserer Reihe, der Unterkiefer aber in den 2 vorderen 
etwas stärkere Zähne als in den übrigen Reihen. — Der untere Schlund- 
knochen stimmt in Totalgestalt und Form der Zähne besser zu Heckel’s 
Abbildung von Acara als zu Heros, indem er mehr ein gleichseitiges 
als gleichschenkeliges Dreieck darstellt, das nur in kurze seitliche Ge- 
lenkarme ausläuft und viel dichter bezahnt ist als bei Heckel’s Fi- 
guren, die überhaupt in diesem Falle nicht genau sind. Die Zähne 
stehen äusserst dicht gedrängt, alle gegen die Ränder zu gelegenen 
Reihen sind fein und spitz, blos die mittleren 4 Reihen enthalten grössere 
kuglig abgerundete und braun gefärbte Pflasterzähne. — Von einer me- 
dianen Naht dieses Schlundknochens ist keine Spur sichtbar; fransige 
Pseudobranchien fehlen. 

Die Profillinie des Rückens ist nur schwach gekrümmt. Die Stacheln 
der heteracanthen Dorsale nehmen vom 1. bis zum letzten allmählich 
an Höhe zu, so dass der letzte beinahe */s der Kopflänge erreicht. Von 
den 11 Gliederstrahlen erreicht der 6. die grösste Höhe, die 1/s der 
Totallänge des Fisches beträgt, die folgenden nehmen wieder stufenweise 
an Länge ab. Die ausgezeichnet heteracanthe Afterflosse beginnt dem 
vorletzten Dorsalstachel gegenüber; ihre längsten Strahlen sind der letzte 
stachelige und der 4. gegliederte, der beinahe a Kopflänge misst. 
Die, so wie bei den meisten Chromiden hinter den Stacheln der Rücken- 
und Afterflosse abstehenden spitzen Hautlappen bilden wahre, von Faser- 
strahlen durchzogene Fähnchen, wie diess auch bei Labroiden u. a. der 
Fall ist. — Die etwas hinter den Brustflossen stehenden Ventralen mit 
1/5 Strahlen reichen bis zur Analgrube zurück, mit Ausnahme des 1. 
Gliederstrahles, weicher fadig verlängert die Basis des 2. und 3. Anal- 
stachels erreicht. Die Brustflossen, mit 13 Strahlen messen kaum Ys 
der Gesammtlänge. Die Caudale enthält 16 wahre Strahlen und einige 
Stützen, ist schwach abgerundet, oder bisweilen fast senkrecht abge- 
stutzt, nie aber eingeschnitten, wie diess Günther bei H. margaratifer 


13 


angibt und fast ihrer !/ Länge nach fein überschuppt. Der stachelige 
Theil der Rücken- und Afterflosse bleibt schuppenfrei, dagegen halten 
4—5 Schuppenreihen die Haut zwischen je 2 ihrer Gliederstrahlen be- 
setzt. Die Basis beider Flossen ist in eine niedere fein überschuppte 
Hautscheide eingesenkt. Die Schuppen des Rumpfes und ihre Structur 
verhalten sich wie bei andern Arten. Der obere und vordere Theil der 
Seitenlinie verläuft über 19—20, der hintere untere über 12 —13 
Schuppen; in der Höhe vom 1. Ventral- bis zum 4. Dorsalstachel liegen 
16'/2 Schuppen. Von den Schuppen des Rumpfes sind jene vom Isthmus 
bis zu den Bauchflossen gelegenen die kleinsten. 

Färbung. Grundfarbe schmutzig hellbraun, gegen den Rücken 
etwas dunkler; 4—5 dunkelbraune Binden ziehen quer über die Seiten 
des Rumpfes, vor ihnen liegt am Hinterhaupte noch eine kürzere, welche 
in gleicher Höhe mit dem unteren Augenrande auf dem Deckel endet; 
meist aber nur schwach ausgebildet ist. Jede Binde ist nahezu in halber 
Körperhöhe selbst wieder mit einem schwarzbraunen Augenflecke geziert 
und öfters ist ein ähnlicher grosser Fleck in der unteren Hälfte der 2. 
Binde sichtbar. Ausserdem schmücken den ganzen Körper (mit Aus- 
nahme der paarigen Flossen und des stacheligen Theiles der Dorsale 
und Anale) zerstreute weisslich- oder hellblaue perlenförmige Puncte. 

Wir untersuchten 8 Individuen von 4?/3 bis zu 8° Länge; sie stam- 
men aus Neu-Granada. 


2. Art: Her. Sieboldii, n. — Taf. I. Fig. 2. 


Char. Rostrum obtuse rotundatum, frons valde convexa, capitis longitudo 
ad totalem = 1 : 4; — trunci latera 5—6 ocellis magnis obscuro- 
fuseis notata, saepe cum maculis ejusdem coloris in fascias transver- 
sales dilutas coalitis, membrana pinnarum verticalium punctulis nigris 
seriatim positis ornata; — pinna caudalis subrotundata. 

DEZE ABS V. N PLLl4..C. 15. 


Die Totalgestalt ist Sparus-ähnlich, die Schnauze stark gewölbt und 
stumpf abgerundet, die Profillinie des Kopfes wie des Rückens gleich- 
mässig sanft gebogen; die Kopflänge nahezu = Yı, die Körperhöhe 
etwas mehr als !/s der Totallänge. Das ziemlich hoch stehende Auge 


14 


hält die Mitte der Kopflänge besetzt, sein Durchmesser ist bei Jüngeren 
4, bei Aelteren 5 mal in jener enthalten. Die Stirnbreite zwischen 
den Augen schwankt gleichfalls nach dem Alter bedeutend, von 1/2 
(bei jungen) bis 21/2 Diameter (bei den grössten Individuen). Die klei- 
nen, einfachen Narinen liegen den Augen etwas näher als der Schnau- 
zenspitze. Die Breite des Kopfes (zwischen den Deckeln) nimmt nach 
dem Alter bis zu °/s seiner Länge zu und darnach erscheint auch die 
Schnauze um so dicker und rundlicher. Die Länge der Mundspalte 
übertrifft kaum 1 Augendurchmesser, die Lippen sind mässig wulstig; 
die Unterlippenfalte verschwindet gegen die Symphyse völlig und zeigt 
auch gegen die Mundwinkel nur einen geringen Grad der Ausbildung. 
Zwischen- und Unterkiefer enthalten in äusserer Reihe 10—12 grössere 
Zähne als andere Arten deren besitzen, die überdiess fast wie Schneide- 
zähne breit sind, aber mit tief braun gefärbten Spitzen enden; die Zähne 
der inneren Reihen sind hingegen äusserst klein. Die Schlundknochen 
wie bei der vorhergehenden Art. — Die Dorsalstacheln nehmen bis 
zum letzten allmählich an Länge zu, doch kommt letztere selbst bei 
diesem nur 2 Augendurchmessern gleich; nach hinten sind sie mit ziem- 
lich langen faserstrahligen Fähnchen behängt. Die Gliederstrahlen er- 
heben sich rasch bis zum 5., dessen Höhe °/r der Kopflänge erreicht 
und nehmen dann eben so rasch bis zum letzten an Höhe ab. Die 5 
Stacheln der Anale werden gleichfalls bis zum letzten stufenförmig 
länger und sind gleich jenen der Rückenflosse in nicht ausgezeichnetem 
Grade heteracanth. Ihr gliederstrahliger Theil erhebt sich weit über 
den stacheligen, schon der 1. Gliederstrahl ist fast doppelt so lang als 
der 5. Stachel; am längsten sind aber der 3. und 4., welche nur wenig 
kürzer als der höchste Dorsalstrahl bleiben. Letzterem kommen auch 
die mittleren Strahlen der abgerundeten Brustflossen an Länge gleich. 
Die Ventralen reichen mit der fadig verlängerten Spitze ihres 1. Glie- 
derstrahles zwar weiter als die Brustflossen zurück, aber nicht bis an 
die Basis der Anale. Die Länge der schwach abgerundeten Schwanz- 
flosse übertrifft etwas 1/; der Totallänge. — Die Analgrube liegt hier 
nahe vor der Afterflosse und knapp vor ihr eine kurze Urogenitalpapille. 

Die Oberseite des Kopfes bis zum vordern Augenrande, Zwischen- 
und Unterdeckel sind beschuppt, auch die Wangen bedecken 5 Reihen 


15 


ziemlich grosser Schuppen. Die grössten Schuppen, welche ?/3 eines 
Augendiameters erreichen, halten die Setien des Rumpfes besetzt, die 
an der Brust und dem Vorderbauche bis zu den Ventralen liegenden 
sind ausnehmend klein. Von der Kiemenspalte bis zur Caudalbasis 
liegen in einer Längsreihe 30— 32, in der Höhe zwischen dem Ursprunge 
der Bauchflossen und der Dorsalbasis 16 Schuppen, (wobei die den 
Stacheln zunächst gelegenen 2—3 Reihen kleiner Schüppchen nicht mit- 
gezählt sind). Die Seitenlinie ist wie bei allen unterbrochen, ihr 
oberer, vorderer Theil senkt sich gegen die Kiemenspalte etwas, so dass 
daselbst über ihr noch 5 und 4 Schuppenreihen liegen, während weiter 
zurück deren nur 3 Raum haben. Er erstreckt sich über 22 Schuppen, 
das hintere Ende der Seitenlinie liegt 2 Schuppenreihen tiefer in halber 
Höhe des Schwanzstieles und läuft über 12—14 Schuppen. — Das fest- 
sitzende Ende der Schuppen zeigt 14—16 Radien, die am Rande eben 
so viele Einkerbungen bilden; der hintere freie Schuppenrand ist fein 
gezähnelt, blos die Schuppen des Kopfes sind ganzrandig und die con- 
centrischen Ringe erstrecken sich bei ihnen über die ganze Fläche. 

Die Grundfarbe des Körpers ist hellbraun mit einem Stich ins Röth- 
liche, am Rücken etwas dunkler, die Mitte jeder Schuppe mit einem 
schwärzlichen Puncte versehen, welche längs der Seiten des Rumpfes 
eben so viele Längsstreifen bilden, als Schuppenreihen hier liegen. 
Ueberdiess sind die Achsel der Brustflossen und die Seiten in halber 
Höhe mit 5—6 grossen verschwommenen Flecken von dunkler Färbung 
und öfters mit ähnlichen kleineren am vorderen Theile der Seitenlinie 
geziert, welche letztere bisweilen mit den unter ihnen liegenden grossen 
Flecken in schwach angedeutete Binden verschmelzen. Die Haut der 
Rücken-, After- und Schwanzflosse schmücken schwarze, in Längsreihen 
geordnete Puncte. Brust- und Bauchflossen sind blaulich schwarz, letztere 
an der Basis gelblich, beide nicht punctirt. 

Die Totallänge der 11 uns vorliegenden Exemplare schwankt von 
5—8 Zoll W. M.; sie stammen aus Neu-Granada und vom westlichen 
Abhange der Panama-Landenge. 


16 


Gattung: Acara, Heck. 
Art: Ac. coeruleopunctata, n. sp.? — Taf. U. Fig. 3. 


Char. Longitudo totalis ad illam capitis = 4 : 1, ad corporis altitudinem = 
3 : 1; — corpus punetulis cyaneis, saepius in strias oblongas coa- 
lescentibus obsitum, insuper 3—4 taenüs verticalibus et 1 vel 2 ocellis 
fusco-nigris lateralibus ornatum ; 

D. 15/10, A. 3/8—9. 


Wir führen diese Art nur als zweifelhaft neue vor, da sie vielleicht 
nur eine Varietät von Acara pulchra Günth. ist, welche selbst wieder 
synonym ist mit Cychlasoma pulchrum Gill (Fresh - water Fishes of Tri- 
nidad, pag. 22) und Chromis rivulata Günth. (Zool. Proceed. 1859). 
Sie stimmt in Färbung, Schuppenzahl u. s. w. völlig mit ihr überein, 
doch geben beide Autoren ausdrücklich die Zahl der Dorsalstrahlen zu 
13/11 an, und Günther bemerkt ausserdem, dass die Zahl der Schup- 
penreihen an den Wangen zwischen 3 und 4 schwanke, wie diess auch 
bei unserer fraglichen Art der Fall ist. Um die Hebung dieser Zweifel 
zu ermöglichen, geben wir die naturgetreue Abbildung und ausführlichere 
Beschreibung derselben. 

Die Gesammtlänge verhält sich zu der des Kopfes bei grösseren 
Individuen wie 4 : 1 (bei jüngeren ist wie gewöhnlich der Kopf relativ 
grösser), zur Körperhöhe wie 3 : 1. Die Profillinie des Kopfes bildet 
bis zu den Augen einen gleichmässigen Bogen, fällt aber vor diesen 
steil ab; die Schnauze ist stumpf, die Gegend vor den Augen flach 
und etwas eingedrückt. Die Augen stehen genau in halber Kopflänge, 
von welcher ihr Diameter Yı und noch etwas weniger ausmacht; die 
Breite der Stirn zwischen ihnen erreicht 11/a—?”/s ihres Durchmessers. 
Die Mundspalte reicht nicht bis unter den vordern Augenrand, die 
Lippen sind mässig entwickelt, das Segel der Unterlippe verschwindet 
in der Nähe der Symphyse gänzlich, die sehr kleinen Zähne stehen im 
Zwischen- und Unterkiefer dicht gedrängt, ziemlich breite Binden bil- 
dend, nur jene erster Reihe sind etwas grösser und stärker. — Sehr 
auffallend sind bei dieser Art die grossen Poren des Systems der Kopf- 
canäle, die schon Heckel bei der Gattung Acara überhaupt im 


17 


Vergleich zu Heros, wo sie unscheinbar klein sind, hervorhebt; nament- 
lich zeichnen sich die 4—5 längs des Vordeckels befindlichen und 3 an 
jedem Unterkieferaste durch Grösse aus; etwas kleiner sind jene des 
Suborbitalringes und des ansehnlichen Praeorbitalknochens. 

Die Stacheln der Rückenflosse nehmen stufenweise an Länge zu, 
so dass der letzte zwar 3mal so hoch als der 1. ist, aber dennoch kaum 
!/s der Totallänge übertrifft; von den 10 Gliederstrahlen sind der 4. und 
5. zusammen in einen Faden verlängert, dessen Länge jedoch nur bei 
1 Individuo (Männchen ?) so bedeutend ist, dass derselbe die halbe Körper- 
länge erreicht und zurückgelegt über («ie Spitzen der gleichfalls ver- 
längerten Caudale hinausreicht. Die Afterflosse beginnt gegenüber dem 
letzten Dorsalstachel und ist ausgezeichnet heteracanth; auch ihr 4. 
Gliederstrahl ist fadig verlängert und reicht bei allen Exemplaren über 
die halbe Länge der Caudale zurück. Die den Dorsal- und Analstacheln 
anhängenden Fähnchen sind von sehr deutlichen Faserstrahlen durch- 
setzt. — Von den 13 Strahlen der Brustflossen reichen die mittleren 
und längsten bis unter das Ende des vordern Theiles der Seitenlinie. 
Der erste Gliederstrahl der Bauchflossen (mit '/;s Strahlen) ist gleichfalls 
in einen Faden verlängert, der stets bis unter die Stacheln oder selbst 
bis zu den Gliederstrahlen der Anale reicht. Von den 16 wahren Strahlen 
der Schwanzflosse sind der 5. bis 7. eines jeden Lappens die längsten, 
daher die Flosse eingebuchtet erscheint. 

Vordeckel, Schnauze und Kiefer sind überschuppt, der übrige Kopf 
aber mit grossen, meist ganzrandigen Schuppen bedeckt; an den Wangen 
liegen 3 (selten 4) Reihen schwach gezähnelter Schuppen, während jene 
des Rumpfes deutlich gezähnelt sind. Längs des Rumpfes. zählt man 
bis zur Basis der Caudale 25—28 Schuppen in der Reihe und 12 über- 
einander an der Stelle der grössten Körperhöhe; der vordere Theil der 
unterbrochenen Seitenlinie erstreckt sich über 17, der hintere um 2 
Schuppenreihen tiefer liegende über 9 Schuppen. Sämmtliche Flossen, 
mit Ausnahme der Caudalbasis sind unbeschuppt, auch fehlt die kleine 
beschuppte Einfalzung an der Basis der Rücken- und Afterflosse, welche 
bei der Gattung Heros vorhanden ist. 

Die Grundfarbe erscheint gelblichbraun, am Rücken dunkler, am 


Bauche heller; mit Ausnahme der Brust- und Bauchflossen, sowie des 
Abh.d. II.Cl.d. k.Ak. d. Wiss. X. Bd. I. Abth. 3 


18 


stacheligen Theiles der Dorsale und Anale, ist der ganze Körper mit 
zahlreichen himmelblauen Puncten besät, welche sich an den Wangen 
öfters zu schief verlaufenden längern Streifen vereinigen. Ueberdiess 
erstrecken sich 3—5 breite aber undeutliche Vertikalbinden von brauner 
Farbe bis gegen den Bauch herab. Vom hintern Rande des Auges läuft 
zum Winkel des Vordeckels ein schmaler schwärzlicher Streifen; in halber 
Körperhöhe liegt ein grosser schwarzbrauner Augenfleck, der ebenfalls 
blau punctirt ist. Ein ähnlicher dunkler aber kleinerer Fleck ziert auch 
bisweilen die vorgezogene Spitze des gliederstrahligen Theiles der Rücken- 
flosse, so wie das Ende des Schwanzstieles. Bei einigen Exemplaren 
ist auch die Flossenhaut der Caudale gegen den Rand zu mit 3—4 
Reihen blaulichweisser Puncte geziert, die aber bei anderen fehlen. 

Die Zahl der untersuchten Exemplare beträgt 9, ihre Grösse differirt 
von 4!/a bis 6!/3“ W. M., sie stammen aus dem Rio Chagres und vom 
westlichen Gehänge der Andes. 


Familie: Eleotrini. 
Gattung: Eleotris, Gron. 
Art vElnpictus,'n. Sp? NakrHikiEFigHk 
Char. Altitudo corporis ad longitudinem totalem = 1: 6—T, vomer et palatum 


edentula, pinna dorsalis secunda altior quam prima, corpus infra nu- 
merosis maculis et strüs albidis ornatum; Squam. lateral. 60. 


8210 
15 Domal Dei 18-90 AAN P. 18, Mas; CIE « 
5—6 


Die geringe Anzahl der bisher aus Amerika bekannten Arten dieser 
Gattung, welche vorzüglich der östlichen Hemisphäre angehört und am 
stärksten in Indien vertreten ist, wird durch die vorliegende um eine 
vermehrt, die zwar in vielen Puncten theils an El. gyrinus, theils an 
guavina sich anschliesst, aber mit keiner von beiden Arten zusammen- 
fallen dürfte. In Zahl der Flossenstrahlen so wie der Schuppen längs 
der Seitenlinie, ferner in der Grösse der Augen unterscheidet sie sich 


19 


nicht wesentlich von El. gyrınus GC. V.; sind jedoeh die Angaben von 
Cuvier, Valenciennes und Günther (Catal. ofthe Acanthopt. fish. in 
the Coll. of Brit. Mus.) über die Körperhöhe und Färbung genau zu 
nehmen, so kann die uns in 3 Exemplaren vorliegende Art, deren 
Gaumen völlig zahnlos ist, nicht als El. gyrinus gedeutet werden. Wäh- 
rend nämlich bei dieser die Körperhöhe nur den 5. Theil der Gesammt- 
länge ausmacht, ist bei unsrer Art das Verhältniss beider wie 1: 5% 
bis 7; ferner ist bei letztrer die 1. Rückenflosse bedeutend niedrer als 
die 2.,, während bei El. gyrinus das Gegentheil stattfindet (s. auch Hist. 
des poissons pl. 365). Endlich ist bei diesem die ganze Unterseite des 
Kopfes und Rumpfes einfärbig, bei El. pictus dagegen mit zahlreichen 
schmutzig weissen, unregelmässigen Flecken geziert, und die senkrechten 
Flossen sind bei jenem blos braun gefleckt, bei diesem hingegen sämmt- 
lich braun und weisslich gebändert. — Von El. guavina unterscheidet 
sich unsre Art schon allein durch die Anzahl der Dorsalstrahlen und der 
Schuppen längs der Seitenlinie, welche bei guavina angeblich bis 110 steigt. 

Die Höhe des Kopfes erreicht nicht ganz dessen halbe Länge, welche 
beiläufig '/ı der Totallänge ausmacht; die grösste Breite zwischen den. 
Deckelstücken beträgt nahezu °/3 seiner Länge. Der Oberkopf ist völlig 
flach, die Mundspalte weit, ebenso lang wie breit und schief gestellt, 
der Zwischenkiefer kürzer als der untere, beide sind mit einer breiten 
Binde kurzer, dicht gedrängter spitzer Zähnchen besetzt, deren der 
Gaumen gänzlich entbehrt. Die grosse zur Hälfte freie Zunge halten 
zarte spitzige Papillen besetzt; die Lippen sind ziemlich dick und gegen 
die Mundwinkel in eine Falte ausgezogen. Der Abstand der ovalen 
Augen beträgt vom Zwischenkieferrande 1, vom obern Winkel der Kiemen- 
spalte 41a —5, die Stirnbreite zwischen beiden 2 Augen-Durchmesser. 
Die Kiemenspalte ist weit, die Kiemenstrahlen, von denen die 5 obern 
fast gleich lang sind und durch Breite sich auszeichnen (besonders der 5.) 
stecken in einer dicken schlaffen Kiemenhaut. Die Pseudobranchien 
liegen tief in einer Höhlung verborgen und bestehen aus nicht zahl- 
reichen kurzen und dicken, stumpf endenden *Läppchen oder Papillen. 

Die 4 mittleren, unter sich fast gleich hohen Strahlen der 1. Rücken- 
flosse erreichen fast 1/3 der Kopflänge, der 6. und letzte kürzere Strahl 
steht vom 5. weit mehr entfernt, als die vorausgehenden von einander 


9% 


20 


und sein hintrer Hautsaum reicht nahe bis zum Beginn der 2. Dorsale, 
deren höchste Strahlen (der 5. und 6. oder 6. und 7.) nahezu der 
halben Kopflänge gleichkommen. Dieser gegenüber steht die Afterflosse, 
welche mit ihr in Zahl und Länge der Strahlen übereinstimmt. Die 
Bauchflossen sind kurz und zur Hälfte in dicke Haut gehüllt, welche 
die einzelnen Strahlen kaum erkennen lässt; der vorletzte innere Strahl 
ist der längste. Die grossen fächerförmig sich ausbreitenden Brustflossen 
erreichen */s der Kopflänge und werden in dieser Beziehung nur von 
der Caudale übertroffen, deren mittlere und längste Strahlen nur wenig 
hinter der Kopflänge zurückbleiben. 

Den Kopf mit Ausnahme der Schnauze und Unterseite bedecken 
ganzrandige Schuppen, die sich wie jene des Vorderrückens und Bauches, 
welche gleichfalls glattrandig sind, durch ihre Kleinheit auszeichnen. 
Schon hinter den Brustflossen unterhalb des Anfangs der 1. Dorsale be- 
ginnen einzelne Schuppen gezähnelt zu werden, weiter zurück nimmt ihre 
Anzahl und die Stärke der Zähnelung immer mehr zu, so dass am Caudal- 
stiele ringsum die Schuppen grösstentheils oder sämmtlich etenoid sind. 
Auch ihre Grösse und Form ist nach den einzelnen Körperstellen verschie- 
den; die des Kopfes und Vorderbauches sind nebst jenen, welche die Basis 
der Caudale und Brustflossen bedecken, am kleinsten und meist oval 
und elliptisch gestreckt. In halber Körperlänge werden sie allmählich 
grösser und ihre freien Ränder bilden nahezu Kreissegmente; die grössten 
Schuppen liegen am Schwanzstiele, jene des Bauches zwischen den 
Ventralflossen und der Analgrube sind länglich, schmal, fast lanzett- 
förmig zugespitzt. 

Die Analgrube liegt nahe vor der Afterflosse und zeichnet sich 
durch eine breite zungenförmige Urogenitalpapille aus, deren Länge ?/a 
des Augendiameters erreicht. — Die Hoden des ausser der Laichzeit 
gefangenen Männchens reichen nach vorne bis über die Insertion der 
Bauchflossen hinaus; die sehr dünnwandige Schwimmblase nimmt die 
ganze Länge der Bauchhöhle ein. 

Färbung: Rücken und Seiten dunkelbraun ins Schwärzliche, Bauch- 
seite röthlich braun, weiss gefleckt; über die Mitte des Oberkopfes 
ziehen 2 parallele schwärzliche feine Linien; an den Seiten des Kopfes 
bemerkt man öfters 2 etwas breitere Binden von gleicher Farbe, von 


21 


denen die obere am hintern Augenrande beginnt und geradlinig bis zum 
obern Ende der Brustflossenbasis zieht, während die uutere schief über 
die Wange am Rande des Vordeckels endet und daselbst mit einer dritten, 
etwas über und hinter dem Mundwinkel beginnenden zusammenstösst. 
Quer über die Kiemenhaut, deren Grundfärbung braun ist, ziehen gleich- 
falls 4—5 Reihen weisser Flecke und bei einem Individuo erscheinen 
die Bauchflossen besonders schön und regelmässig der Quere nach weiss 
und schwarzbraun gebändert. Auch die übrigen Flossen, namentlich 
die vertikalen sind schwärzlich braun und weiss gefleckt und regel- 
mässig gebändert. 

Totallänge von 6°/ı bis 81,3“ W. M. 

Vaterland: Neu-Granada und aus dem Rio Bayano. 


Familie: Clupeoidei. 
Gattung: Engraulis, Cuv. 
1. Art.: Engr. macrolepidotus, n. — Taf. Il. Fig. 2. 


Char. Capitis longitudo ad totalem = 1:4, altitudinem corporis non attın- 
gens, os edentulum, maxilla superior fere ad pinnae pectoralis basın 
usque prolongata: 

D. 3/9, A. 3/26 .... Squam. later. 35, vertical. 9. 


Gleich Engr. edentulus G. V. zeigt auch die hier zu beschreibende 
Art keine Spur von Zähnen in den Kiefern, unterscheidet sich aber 
von jener durch die bedeutendere Höhe des Körpers und die Länge des 
Oberkiefers, der über alle Deckelstücke hinausreicht. 

Der Leib ist stark comprimirt, die Höhe 3Y/ıomal in der Gesammt- 
länge enthalten, von welcher die Kopflänge nicht ganz !/ beträgt. Die 
Schnauze springt als kurze Nase über die Kiefer vor, das kreisrunde 
Auge ist mässig gross und liegt fast ganz im vordern Drittel der Kopf- 
länge, in der sein Durchmesser 4mal begriffen ist; die Schnauze ist 
demnach äusserst kurz und das Auge dem Nasenrande sehr genähert. 
Die Länge des Oberkiefers misst */s der Kopf- oder nahezu !/s der Total- 
länge, die des Unterkiefers ist geringer. — Das Suboperculum ver- 
längert sich nach rückwärts in eine Spitze, welche über der Basis der 
Brustflossen zu liegen kommt. Die Zahl der Kiemenstrahlen beträgt 


22 


jederseits 12—13, von denen der 1. und kürzeste äusserst klein und kaum 
bemerkbar ist. Die Rechenzähne reichen nach vorne bis zur Spitze des 
Zungenbeines, die hintern und längsten bis zur Gegend des hintern 
Augenrandes. Die Pseudobranchie ist kammförmig und besteht aus 
einer langen Reihe von Lamellen. 

Die Dorsale beginnt weit vor dem Anfange der Anale senkrecht 
über dem Ende der Bauchflossen und selbst ihre letzten Strahlen kommen 
noch vor dem Beginne der Anale zu stehen. Ihr& sämmtlichen Strahlen 
sind seitlich von einem Schuppenfalze bedeckt, in welchen sie zurück- 
gelegt sich völlig verbergen können; die längsten Strahlen erreichen 
!/a Kopflänge. Die Basis der Afterflosse wird gleichfalls von einer 
Schuppenscheide eingefasst, ihre längsten Strahlen sind der letzte un- 
getheilte und der 1. gegliederte und messen °/ der Kopflänge. Die 
Brustflossen mit 1/13 Strahlen sind kurz und reichen nicht bis zu den 
Ventralen zurück, die noch um die Hälfte kürzer als jene sind und aus 
1/6 Strahlen bestehen. Die Analgrube liegt näher der Afterflosse, als den 
Bauchflossen. Die Caudale enthält 19 Strahlen und 5—7 staffelförmige 
Stützen in jedem Lappen, sie ist tief gabelig, fast gleichlappig und 
nahezu von Kopfeslänge. 

Die Schuppen sind bedeutend gross und höher als lang. Der Höhen- 
durchmesser der grösseren Lateralschuppen übertrifft einen Augendia- 
meter. Die Schuppenstructur verhält sich im Wesentlichen wie bei 
andern Olupeiden. Der freie Rand ist gekerbt, zufolge eines sich bis 
zu ihm erstreckenden schönen Netzes aus feinen Kanälchen, die über die 
Schuppenfläche hin meist 4eckige Maschen bilden; näher gegen das fest- 
sitzende Ende folgen unregelmässige Querfurchen, aus denen endlich 
statt eigentlicher Radien ziemlich parallele Längsstreifen oder Kanäle 
abgehen. Von einer Seitenlinie ist keine Spur vorhanden, dagegen wird 
das dicke hintre Fettlid des Auges von zahlreichen verzweigten kurzen 
Nebenröhrchen der Kopfkanäle durchsetzt. — Fine wahre Bauchschneide 
fehlt, statt ihr ist nur ein stumpfer Kiel vorhanden. 

Färbung: Die Oberseite des Kopfes und der Vorderrumpf röthlich- 
braun mit dunkelblauem Schimmer, der übrige Leib goldgelb, längs der 
Seiten des Rumpfes ein undeutliches dunkelblaues Band; sämmtliche 
Flossen geiblich, die Spitzen der Caudalstrahlen schwärzlich gesäumt. 


23 


Stammt aus dem Rio Bayano, welcher auf der Landenge von Pa- 
nama in den stillen Ocean mündet. 


2. Art: Engr. Poeyi, n. — Taf. Il. . Fig. 3. 


Char. Corpus valde elongatum, dentes numerosi in utraque mazilla, vomere 
el osse palatino; rostrum breve obtusum, pinna pectoralis longa. 


D. :3/13,.A.2/21,,B 21/15 ... Squam later. 49, 


Diese Art, welche wir leider auch nur auf ein einziges und zwar 
schadhaftes Exemplar gründen können, steht dem Zngr. delicatissimus 
sehr nahe, den Girard in dem Report upon the Zoology of the Several 
Pacific Rail routes, Washingt. 1857 p. 335—56 beschrieb. Sie unter- 
scheidet sich jedoch durch die Länge der Brustflossen, deren Spitze 
über die Insertion der Ventralen hinausreicht, ferner durch die grössere 
Anzahl von Pectoralstrahlen, längere Analbasis, die bei Eingr. delicatissimus 
5mal, hier aber kaum 4 in der Gesammtlänge enthalten ist, und 
endlich durch kürzern Oberkiefer, dessen hinteres Ende die Kiemen- 
öffnung nicht erreicht. 

Die Kopflänge ist der grössten Rumpfhöhe gleich und etwas über 
5 mal in der Gesammtlänge enthalten; seine Breite verhält sich zur 
Länge wie 1: 2!) und der Durchmesser des Auges zu letzterer wie 
1: 52/3. Die Schnauze ist kurz und stumpf, die ganze vordere Hälfte 
des Kopfes mit einer Fetthaut überzogen, welche sich, nur dünner wer- 
dend, auch über das Auge fortsetzt. Ober- und Unterkiefer sind gleich 
lang und breit mit einer Reihe dicht gedrängter, zarter, gekrümmter 
Zähne von nicht unbedeutender Länge besetzt, deren Grösse und Krüm- 
mung nach rückwärts zunimmt, namentlich im Unterkiefer, der überhaupt 
die grössten Zähne enthält. Sehr klein und nur mit der Loupe zählbar 
sind dagegen die Gaumen- und Vomerzähne; letztere stehen in mehreren 
Reihen. Das hintere spitze Ende des Oberkiefers reicht bis unter den 
Winkel des Zwischenkiefers. Die Rechenzähne der vordern Kiemenbögen 
sind verhältnissmässig kurz, die Pseudobranchien gross, schön kamm- 
förmig. 

Die Rückenflosse beginnt etwas näher der Caudale als dem Schnauzen- 
rande, der vor ihr liegende Stachel ist ganz unter der Haut verborgen; 


24 


die höchsten Strahlen erreichen die Länge der Flossenbasis, welche 
1!,amal in der Kopflänge enthalten ist. Die Afterflosse beginnt gegen- 
über der Mitte der Dorsale, ihre Basis übertrifft die Länge des Kopfes 
um °/s eines Augendiameters. Beide genannte Flossen liegen in der 
Ruhe in einen aufstehenden Schuppenfalz eingesenkt. Stark ausgebildet 
sind die Brustflossen, indem sie trotz der abgebrochenen Spitze noch 
über die Insertion der kurzen Ventralen (mit 1/6 Strahlen) zurückreichen) ; 
auch die über ihrer Basis liegende Spornschuppe zeichnet sich durch 
Länge aus, da sie ®/s der Kopflänge misst. Von der Schwanzflosse ist 
die Hälfte erhalten, ihre Länge dürfte jene des Kopfes etwas übertroffen 
haben. 

Die grösseren der übrigens leicht abfallenden Schuppen längs der 
Seiten des Rumpfes übersteigen mit ihrem längern Höhendurchmesser 
den des Auges bedeutend, unterhalb der Rückenflosse lagen deren 8—9 in 
senkrechter Linie; die Schuppenstructur ist wie bei allen ächten COlupeiden. 

Färbung. Rückenseite bräunlich, der übrige Leib silberglänzend 
mit bläulich grünem Opalschimmer. 

Totallänge 9 W. Z. — Aus dem Rio Bayano. 


Familie: Cyprinodontes. 
Gattung: Xiphophorus, Heck. 


Diese den Poecilien mehr verwandte Gattung wurde zuerst von 
J. Heckel im 3. Hefte der Sitzungsberichte der kaiserlichen Akademie 
der Wissenschaften Jahrgang 1848 begründet, zufolge der eigenthüm- 
lichen Klammerorgane, zu denen bei Männchen die Bauchflossen um- 
gebildet sind, mit dem Namen Xiphophorus belegt und sogleich in 2 
aus Mexico stammenden Arten vorgeführt. Nur ein paar Jahre später 
im Jahre 1851 erschien Poey’s wichtiges Werk: ‚Memorias sobre la 
Historia natural de la Isla de Cuba‘, in dessen 1. Bande auf Seite 
382—-391 drei ähnliche Gattungen von Cyprinodonten unter den Namen: 
Gambusia, Girardinus und Limia beschrieben und durch schöne Abbil- 
dungen veranschaulicht sind. Da Poey damals von Heckel’s Arbeit 
schwerlich schon Kenntniss haben konnte, so erscheint es auch um so 
weniger befremdend, in einer dieser Gattungen Heckel’s Xiphophorus 


25 


wieder zu finden, als überhaupt die Fischfauna der Antillen, so weit sie 
bekannt ist, sich enge an die nachbarliche von Centralamerika an- 
schliesst. Es handelt sich hiebei nur um die beiden Gattungen Gam- 
busia und Limia, da Gärardinus sich von selbst ausschliesst. Obwohl 
wir nun erstere nicht durch Autopsie kennen, so dürfte doch Poey’s 
Angabe, dass sie einen kurzen nicht gewundenen Darmkanal 
besitzt, genügen, um den Gedanken an Xiphophorus fallen zu lassen, 
während dagegen Limia nicht blos in allen übrigen wesentlichen Eigen- 
schaften mit letzterem übereinstimmt, sondern auch gleich diesem einen 
vielfach gewundenen Darmkanal besitzt. Da es demnach kaum 
zweifelhaft ist, dass Limia mit Xiphophorus zusammenfällt, so dürfte dem 
Prioritätsrechte zufolge auch Heckel’s älterer Name beizubehalten und 
Limia aus dem Systeme zu streichen sein. 

Was die nachfolgende Art, welche wir dem um die Ichthyologie, 
namentlich Amerika’s so hochverdienten Forscher Herrn Th. Gill zu 
widmen uns erlauben, anbelangt, so halten wir uns zwar nach dem 
jetzigen Stande unsrer Kenntniss dieser Fische völlig berechtigt zu ihrer 
Aufstellung, wollen aber nicht unerwähnt lassen, dass eben diese Kennt- 
niss noch ziemlich ungenügend ist, da man über die Alters- und Sexual- 
verschiedenheiten bisher zu wenige Nachweise hat, um sie bereits in 
einer zusammenhängenden Weise überblicken und abschätzen zu können. 


Art: Xeph. Gellii, n. — Taf. IV. Fig. 1. 


Char. Longitudo capitis ad totalem = 1:4—5 et corporis altitudinem 
adaequans vel paulo minor; maris radius Ws pinnae analis prolon- 
gatus, incrassatus et in facie anteriori papila genitali ejaculatoria 
peniformi instructus; radius 4tus in forcipem transmutatus, 5f4s unco 
parvo terminali munitus; — tractus intestinalis spiraliter involutus. 


D. 9, A. 8-9, V. 6.. Squam longit. 25, vertic. 8. 


Die Länge des Kopfes ist 4- bis gegen 5mal in der Totallänge ent- 
halten und verhält sich zur Breite zwischen den Deckeln wie 3 : 2; die 
grösste Körperhöhe von der Rückenflosse gleicht der Kopflänge oder 
übersteigt sie etwas. Das Auge steht der Schnauze etwas näher als 


der Kiemenspalte; sein Durchmesser beträgt Ys der Kopflänge, die Stirn- 
Abh.d.II. Cl.d.k. Ak. d. Wiss. X. Bd. I. Abth. 


26 


breite zwischen beiden bei ältern Weibchen fast 11/2, bei den klei- 
neren Männchen nur wenig über 1 Diameter. Die Stirn ist flach, der 
Mund vorstreckbar, seine Breite etwas geringer als 1 Augendurchmesser, 
der Unterkiefer vorstehend, beide Kinnladen sind jederseits in äusserer 
Reihe mit 18—20 längern borstenähnlichen Zähnen belegt, deren Spitze 
nach hinten gekrümmt ist und auf welche nach rückwärts eine 2. Reihe 
oder vielmehr eine schmale Binde viel kleinerer Zähnchen folgt, die mit 
freiem Auge nicht sichtbar sind. Die hintere Narine steht nahe vor 
dem Auge, die vordere ganz am Rande der quer abgestutzten Schnauze, 
unter dem sich das Mundrohr vorschiebt; Pseudobranchien sind nicht 
erkennbar. 

Die Rückenflosse beginnt hinter halber Körperlänge und steht bei 
Weibchen der Anale gegenüber, während diese bei Männchen näher den 
Bauchflossen und meistin oder selbst vor halber Körperlänge entspringt. 
Ihre Höhe erreicht bei Männchen 1 Kopflänge, bei Weibchen bleibt sie 
niedrer, Auch die Brust- und Bauchflossen bieten Geschlechtsunter- 
schiede dar. Beide sind nämlich bei Männchen länger und mehr aus- 
gebildet; erstere (mit 13 Strahlen) reichen bei noch jungen Individuen 
bis an, bei geschlechtsreifen bis hinter den Anfang der Anale zurück, 
bei Weibchen dagegen nur bis zur Basis der Bauchflossen. Diese hin- 
wieder erreichen bei Weibchen mit ihrem allerdings auch etwas verlän- 
gerten 1. Strahle den Anfang der Afterflosse, während sie bei Männchen 
mit ihren fadigen Spitzen weit hinter die Analbasis zurückreichen und 
überhaupt bei dieser Art noch mehr entwickelt sind, als bei irgend einer 
von Heckel und Poey beschriebenen und abgebildeten Art. — Die 
einzige Flosse, welche nicht in die Geschlechtssphäre einbezogen wird, ' 
ist die Caudale, welche wie bei andern Arten sanft abgerundet erscheint 
und deren mittlere und längsten Strahlen nahezu 1 Kopflänge messen. 
Der Schwanzstiel, von dem sie entspringt, ist zwar bei beiden Geschlech- 
tern auffallend hoch, bleibt aber bei Männchen nur um "3 hinter der 
Kopflänge zurück und es liegen daselbst noch 61/2 Schuppenreihen über- 
einander. 

Was endlich die Afterflosse betrifft, so sind wir zufolge des 
Umstandes, dass wir 12 Männchen dieser Art von verschiedener Grösse 
untersuchen konnten, auch in der Lage, etwas näher die Art und Weise 


27 


der Umbildung anzugeben, welche sie in ihren einzelnen 6 Strahlen, die 
bei Weibchen nichts Auffallendes zeigen, je nach dem Alter und vielleicht 
auch der Nähe der Laichzeit, allmälich erfahren. Stets sind an allen 
männlichen Individuen der 3., 4. und 5. Strahl stark verlängert und 
mitsammen innig verbunden, aber bei jungen, wahrscheinlich noch nicht 
Geschlechtsreifen, zeigt sich weiter noch keine Umbildung der einzelnen 
Strahlen. Bei völlig entwickelten Männchen dagegen ist die Vorder- 
seite des 3. Strahles zu einer Rinne ausgehöhlt, in welcher das röhrig 
verlängerte, durchbohrte Paarungsorgan eingebettet liegt, dessen kopf- 
förmig verdickte Spitze sich von der Vorderfläche des Strahles losheben 
kann, in der Ruhe aber sich in einen weitern Hohlraum legt, der ge- 
meinsam von dem Ende des 3., 4. und 5. Strahles gebildet wird. Die 
Spitze des 3. Strahles selbst bleibt übrigens frei und biegt nach rück- 
wärts um, die des 4. hingegen nach vorne und endet in einen über- 
greifenden Hacken, so dass beide Strahlen zusammen eine Art Zange 
bilden, deren einer Arm länger ist. Beide Zangenarme sind überdiess 
der Länge nach gezähnelt. Der 5. Strahl verbreitert sich gegen sein 
freies Ende und ist an diesem mit einem kleinen nach rückwärts ge- 
krümmten Hacken bewaffnet. Der 6. nicht mehr mit den vorigen ver- 
wachsene Strahl ist durch eine dicke Flossenhaut ziemlich weit von ihnen 
gesondert, beiläufig nur halb so lang und doppelt gabelig getheilt. — 
Die meisten der uns vorliegenden Männchen waren ohne Zweifel noch 
nicht völlig geschlechtsreif und bei diesen ist die Umbildung der Anal- 
flosse am ähnlichsten jener, die Heckel von einem jungen Männchen 
von Xiph. gracilis auf Taf. 6 in Fig. 3. d. 1. c. abbildet!). Vergleicht 
man sie mit den alten Männchen von Xiph. Helleri Heck und den Ab- 
bildungen solcher von den Arten Poey’s, so ergibt sich, dass von allen 
unsern männlichen Exemplaren blos eines völlig ausgewachsen und ge- 
schlechtsreif sein dürfte. Nur bei diesem erscheint die Analflosse derart 
entwickelt, wie sie in Fig. 9. a vergrössert dargestellt ist. Bei allen 
übrigen fehlt etwas, entweder das Genitalrohr an der Vorderseite des 
3. Strahles, oder die zangenförmige Bildung des 3. und 4. nebst der 


1) Sonderbarer Weise liess Heckel kein reiferes Exemplar dieser Art abbilden, obwohl ihm 
solche ebenfalls zu Gebote standen. 
4* 


28 


Zähnelung und dem kleinen, nach hinten gerichteten Hacken an der 
Spitze des 5. Strahles. — Unser reifes Männchen ähnelt bezüglich der 
Analebildung noch am meisten dem Gärardinus metallicus Poey, Taf. 31, 
Fig. 10, ohne aber mit ihm übereinzustimmen. Ein Genitalrohr am 
3. Analstrahle besitzt überhaupt weder ein Xiphophorus Heckel’s, noch 
eine Art von Poey’s Gattungen. 

Die Schuppen verhalten sich wie in der ganzen Familie; am freien 
Ende zeigen sie starke concentrische Streifung, am festsitzenden Ende 
dagegen einen Fächer von 10—12 Radien und ein fast genau in der 
Mitte liegendes Centrum. Die Seitenlinie ist nur durch Poren angedeutet. 

Färbung. Bei jungen Individuen hellbraun, die hintere Rumpf- 
hälfte mit verwaschenen dunkleren Vertikalbinden; bei älteren dunkel- 
braun, besonders an den freien Schuppenrändern. Bei erstern ist die 
Dorsale einfärbig, bei letztern schwarz punctirt, dagegen bemerkt man 
öfters nur bei Jungen einen schwarzen Fleck an der Basis der letzten 
Analstrahlen. Blos an einem Männchen ist auch die Schwanzflosse schwarz 
punctirt, bei allen übrigen einfärbig. 

Totallänge des grössten der 10 Weibchen 1° 10‘ W. M., des 
grössten Männchens 1’ 6’. 

Fundort: Rio Chagres. 


Familie: Erythrini. 
Gattung: Macrodon, J. Müll. 


Dieser Gattung gehören 2 uns vorliegende Exemplare an, deren 
Artbestimmung uns um so unsichrer erscheint, als beide in manchen 
Puncten selbst wieder von einander abweichen, obwohl ihre Gleichartig- 
keit kaum zu bezweifeln sein dürfte. Eine sorgfältige Vergleichung mit 
Exemplaren von Mac. tareira Val. ergab, dass sie zwar dieser Art sehr 
nahe stehen, sich von ihr aber dennoch durch verschiedene Zeichnung 
des Körpers und etwas abweichende Zahl der Längs- und Querreihen 
der Schuppen unterscheiden, so dass sich ihre Aufstellung als neue Art 
vielleicht rechtfertigen liesse. Wir enthalten uns jedoch dessen, und 
zwar namentlich aus dem Grunde, weil schon die bisher unterschiedenen 
Arten uns nicht ganz sicher in ihrer Abgränzung scheinen, wir aber 
bei dem uns zu Gebote stehenden Materiale vorerst nicht in der Lage 


29 


sind, dieser Unsicherheit und muthmasslichen Verwirrung abzuhelfen. — 
Was die Gattung Macrodon selbst anbelangt, so halten wir mit Gill 
ihren Fortbestand für gerechtfertigt, da uns die Verschiedenheit der 
Bezahnung doch zu bedeutend scheint, um sie nach neuerlichem Vor- 
schlage mit Prythrinus wieder in eine Gattung zu vereinigen. In Betreff 
der Artenfrage lässt sich nur mit ziemlicher Sicherheit behaupten, dass 
Gill’s Macrodon ferox (s. Synopsis ofthe freshwater Fishes of Trinidad, 
p. 51) sowohl von unsern Exemplaren, wie auch von trahira!) und 
brasiliensis Spix verschieden ist. Wie es aber sich gerade mit diesen 
beiden letzteren als Arten verhält, vermögen wir allerdings nicht zu 
entscheiden, doch sind wir geneigt, uns der Ansicht Castelnau’s an- 
zuschliessen und wenn diese richtig ist, dann stimmen unsre Exemplare, 
wenigstens nach der Abbildung beiSpix am nächsten zu Erythrin. bra- 
siliensis, von welchem übrigens Castelnau eigens bemerkt, dass Fär- 
bung und Zeichnung stark variiren. Wir fügen diesem nur noch hinzu, 
dass wohl auch in Messungsverhältnissen, wie z. B. Augendurchmesser, 
Stirnbreite, Schnauzenlänge u. s. w. ähnliche Schwankungen stattfinden, 
wie schon unsere beiden Individuen diess beweisen, und eben diese uns 
vor Aufstellung einer neuen Art abhalten. 

Die Kopflänge ist = Ya, die Leibeshöhe = !/s der Gesammtlänge ; 
der Durchmesser des Auges an dem älteren Individuo 7 mal, an jüngern 
nur 5*/smalin der Länge des Kopfes enthalten. Die Stirnbreite zwischen 
den Augen beträgt bei ersterem mehr als 2, bei letzterem nur 1!/3 Augen- 
diameter, ferner ist bei diesem die Schnauzenlänge der Stirnbreite gleich, 
bei dem älteren Exemplare aber etwas geringer. — Sämmtliche nach 
aussen liegende Kopfknochen sind mit Ausnahme der Kiefer und des 
Zwischendeckels blos mit einer sehr dünnen Haut überkleidet und 
strahlig gefurcht; Deckel und Unterdeckel am hintern Rande mit einem 
ziemlich breiten Hautlappen versehen. Die Bezahnung der Kiefer und 
des Gaumens verhält sich wie bei Macrod. trahira, nur sind die 5 
grösseren Zähne des Zwischenkiefers relativ kürzer, doch dürfte hierauf 
wohl kein Gewicht zu legen sein, da offenbar auch bei diesen Fischen 


1) Nach Castelnau ist das Wort tareira corrupt und trahira das richtige, in Brasilien 
übliche. Nach Martius ist es aus Zara und ird, nehmen und vorwärts, zusammengesetzt: 
etwa „zu schnappen‘. 


30 


Zahnwechsel stattfindet und ausgefallene Zähne allmälich wieder nach- 


wachsen. 
3 


D: 3311), sale 9 p2 3110, v. 117. OU 
4 
Squam. long. 43, vertic. 13—14. 


Alle Flossen sind am Rande mehr oder minder abgerundet, am 
wenigsten die Dorsale, jedoch stärker, als diess bei den Figuren von 
Spix ersichtlich ist. Die 3 ersten ungetheilten Strahlen der Rücken- 
flosse nehmen rasch, die 3 folgenden getheilten nur allmälich an Höhe 
zu, der 6. bis 8. Strahl sind unter sich gleich lang und die längsten 
der Flosse; ihre Höhe kommt bei dem älteren Exemplare der Länge 
der Flossenbasis gleich, bleibt aber bei dem jüngeren etwas zurück. — 
Die Brustflossen erreichen nicht völlig die halbe Kopflänge, welche da- 
gegen von den Ventralen etwas übertroffen wird; die Länge der Schwanz- 
flosse beträgt */s der Kopflänge. 

Bezüglich der Schuppenzahlen ergibt sich eine kleine Abweichung 
von Maer. trahira. Bei diesem liegen nämlich in der Höhe von der 
Basis des ersten Dorsalstrahles bis zur Seitenlinie 5, an dem einen unserer 
Exemplare 6 Schuppenreihen, und unterhalb derselben bis zur Einlen- 
kung der Bauchflossen bei beiden dieselbe Anzahl; es besitzt somit 
M. trahira um 2 Reihen in der Höhe weniger. Auch längs der Seiten- 
linie zählen wir an unsern Exemplaren von trahira nur 40, an dem 
einen fraglichen aber 45 Schuppen. Dieser Abweichung kann desshalb 
kein Gewicht beigelegt werden, da selbst unsre beiden Exemplare nicht 
mit einander übereinstimmen, denn am grösseren liegen längs der Seiten- 
linie ebenfalls nur 40 Schuppen. 

Färbung. Die ganze Rückenseite bräunlich, am Kopfe etwas heller 
und ins Röthliche neigend, ausserdem am Rücken einzelne regellos zer- 
streute hellere gelbliche Flecken. Vom hintern Augenrande laufen 3 
dunkelbraune Streifen strahlig nach rückwärts aus, von denen der mittlere 
sich am Kiemendeckel in einen grossen rundlichen Fleck ausbreitet. Die 
Unterseite des Kopfes ist weiss und braun marmorirt. Der Bauch gelb- 
lich; die Seiten des Rumpfes zieren an der untern Hälfte einzelne kleine 
dunkle Flecken, die sich mitunter wie bei trahira zu schmalen, schwach 
ausgedrückten Längsstreifen vereinigen. Längs der Seitenlinie sowohl 


31 


über- als unterhalb derselben verlauft eine ziemlich breite dunkelbraune 
Binde, von der in schiefer nach hinten geneigter Richtung 4—6 breite 
aber kurze Streifen von gleicher Farbe ausgehen. Die Grundfarbe 
sämmtlicher Flossen gelblich weiss, nur die Basis der Rückenflosse noch 
deutlich gelb, alle übrigens mit zahlreichen, in Reihen geordneten 
schwarzbraunen Flecken geschmückt. 

Die Totallänge des grösseren Exemplares beträgt 12a, die des 
kleineren 8° W.M.; ersteres stammt aus Neu-Granada, letzteres aus dem 
Rio Chagres auf der Landenge von Panama. 


Familie: Characini. 


Gattung: Saccodon, nov. gen. 

Char. Os inferum, nasus prominens, dentes uniseriales, solum intermazillares 
pauci, cochleariformes, intra alveolos absconditi,; mazxilla superior et 
inferior edentulae, labium inferius trilobatum; pinnae pectorales et 
ventrales valde evolutae, abdomini vicinae; radis branchiosteg. quatuor. 


In Totalgestalt erinnert diese Gattung an Chilodus und manche 
Curimates-Arten; durch aufgetriebene Schnauze, unterständigen Mund, 
Verkümmerung des Unterkiefers, Bildung der Brustflossen u. m. A. aber 
insbesondre an Parodon nasus, J. Müll.; durch Bezahnung und Mund- 
bildung weicht sie jedoch auffallend von. allen Characinen ab. Leider 
kann sie bisher nur auf ein einziges Individuum begründet werden, in 
dessen Artbenennung der hochgeehrte ntdecker einen kleinen Beweis 
erkennen möge, wie hoch auch wir seine Verdienste um unsere Wissen- 
schaft schätzen. 


Art: Sacc. Wagneri, n. — Taf. IV. Fig. 2. 


Char. Caput parvum, nasum versus valde declive, rostrum tumidum, de- 
cussatum, dentes intermazxillares utrinque 4 insaccalti ; 


4 4 
D. 2/9, A. 2/8, P. 17, V. 2/8, C. 19 ; Squam. 40. 
4 3 


Der Kopf ist sehr klein, einer liegenden Pyramide mit abgerun- 
deter Spitze nicht unähnlich und seine Länge 5?/smal in der Gesammt- 


32 


länge des Fisches enthalten (wobei jedoch der breite Hautsaum am hin- 
teren Rande der Deckelstücke unberücksichtigt bleibt). Die grösste Höhe 
des Kopfes am Hinterhaupte erreicht ?/3 seiner Länge, welche zugleich 
um Us die grösste Breite zwischen den Kiemendeckeln übertrifft. Das 
mässig gewölbte obere oder Stirnprofil desselben fällt nach vorne ziemlich 
rasch ab.— Das kleine Auge, dessen Diameter nur !/s der Kopflänge 
gleichkommt, liegt fast genau in der Mitte der letztern; die Stirnbreite 
zwischen den Augen ist ansehnlich und beträgt 2'!/a Augendurchmesser. 
Die lange, vorne fast senkrecht abgestutzte Schnauze erscheint seitlich 
wie aufgetrieben und ragt nasenförmig über den Zwischenkiefer 
vor. Dieser ist jederseits tief ausgehöhlt und zufolge dieser Höhlungen 
erscheint die Schnauze aufgetrieben. Beide Hälften sind durch Knochen- 
leisten in 4 Fächer abgetheilt, wie in 4 tiefe Alveolen, die von der um- 
gebenden wulstigen Schleimhaut überdeckt werden und die Stelle von 
schneidenden Zahnplatten zu vertreten scheinen. Sie sind nicht quer, 
sondern parallel der Längsaxe des Fisches gestellt und ihre Ränder un- 
eben, fast gekerbt. In diesen tiefen Fächern stecken hornige braune 
Zähne, die eine längliche seicht ausgehöhlte Löffelform zeigen und be- 
weglich scheinen. Da von dieser interessanten Gattung, wie erwähnt, 
nur 1 Exemplar vorliegt, so erlaubten wir uns zur Schonung desselben 
nur einen solchen Hornzahn aus einer der Längsspalten, welche den 
Eingang in die eigentlichen Alveolen oder Zahnsäcke bilden, hervorzu- 
ziehen, dessen Löffel in einen dünnen Stiel übergeht, wie diess Fig. 10 a 
zeigt. Auf welche Weise diese Zähne im Grunde ihrer Höhlung fest- 
sitzen, konnte demnach eben so wenig sicher ermittelt werden, wie der 
Umstand, ob ıhr Stiel gerade oder etwa wie bei Goniodonten winkelig 
gebogen ist; denn die Biegung, welche der hervorgezogene Zahn an 
seinem Stiele allerdings zeigt, kann füglich auch nur Folge des Heraus- 
hebens sein. — Der kleine zahnlose Oberkiefer ist nur schwach ent- 
wickelt und wird von dem vordern Augenrandknochen völlig überdeckt. 
Der gleichfalls zahnlose Unterkiefer zeigt eine sehr eigenthümliche 
Bildung. Sein kurzes, flaches Mittelstück wird vom Zwischenkiefer gänz- 
lich überragt und setzt sich nach vorne in eine horizontal abstehende 
dreilappige Unterlippe fort, deren mittlere Lappenspitze die grösste und 
breiteste ist und die sich bei geschlossenem Munde an die Schleimhaut 


33 


des Obergaumens hinter den Zahntaschen des Zwischenkiefers anlegt. Die 
Seiten- oder Gelenktheile des Unterkiefers sind dagegen im Vergleiche 
zum Mittelstücke gut ausgebildet, steigen senkrecht in die Höhe und 
werden bei geschlossenem Munde von den Oberkiefern überdeckt. Der 
Unterkiefer erscheint demnach, von vorne gesehen, hufeisenförmig. — 
Das Auge wird rings von mächtigen Augenrandknochen umgeben, von 
denen namentlich die beiden unteren durch Grösse sich auszeichnen, 
sich selbst wieder unvollständig in 2 Stücke theilen und den Jugal- 
knochen und Vordeckel völlig überlagern. Der Praeorbitalknochen nimmt 
den ganzen Raum zwischen dem Auge und dem Zwischenkiefer ein und 
ist gleich dem grossen vorderen Suborbitalstücke, das sogar etwas an die 
Unterseite fast bis an den Unterkiefer umbiegt, mit ziemlich dicker 
Haut überkleidet. — Die Ränder des Kiemendeckels stossen unter 
einem rechten Winkel aneinander, der schmale Unterdeckel nimmt die 
ganze Länge seines unteren Randes ein. Beide Deckelstücke sind am 
freien Rande mit einem breiten Hautsaume besetzt. Die Kiemenspalte 
ist weit, die Kiemenhöhle sehr tief, die Rechenzähne sind äusserst kurz 
und zart, die Kiemenblätter sehr dick )). 

Der breite Vorderrücken ist bis zum Beginn der Dorsale in starkem 
Bogen gekrümmt, während hinter ihr der Rücken bis zur Caudale sanft 
abfällt. Das Profil der Bauchseite verläuft völlig geradlinig. Die grösste 
Körperhöhe zu Anfang der Rückenflosse ist 4°/malin der Gesammt- 
länge enthalten. Die genannte Flosse steht beinahe um 1/2 Kopflängen 
der Schnauzenspitze näher als dem Ende der Caudale und enthält 2 un- 
getheilte und 9 gegliederte, polytome Strahlen, die längs ihres ganzen 
Aussenrandes einen schmalen Hautsaum, wie bei den meisten Characinen, 
tragen. Die Länge ihrer Basis übertrifft etwas die halbe Kopflänge und 
ist 1°/amal in der Höhe der längsten (des 2. und 3.) Dorsalstrahlen ent- 
halten; der freie Rand der Flosse ist mässig’ concav. — Die Anale 
liegt nahe dem Schwanzende, kaum 1 Kopflänge von der Caudalbasis 
entfernt und der kleinen Fettflosse gegenüber; der erste ihrer 7 getheilten 


1) So weit eine Einsicht in die Kiemenhöhle ohne Verletzung möglich ist, dürfte die Ver- 
muthung gerechtfertigt werden, dass ähnliche Kiemenanhänge vorhanden sein mögen, wie 
bei Micerodon, Curimates u, dgl. Leider gestattet das Unicum nicht, sich über diese und 
manche andere Verhältnisse des innern Baues nähere Auskunft zu verschaffen. 

Abh.d. II. Cl. d. k. Wiss. X. Bd. I. Abth. 


34 


Gliederstrahlen und zugleich der höchste, erreicht nahezu ®ı einer Kopf- 
länge, der letzte ist 2!/.mal kürzer; zurückgelegt reicht die Anale bis 
zum Ende des Schwanzstieles. Ihre Strahlen tragen ähnliche seitliche Haut- 
anhänge, wie jene der Dorsale. — Die fast so mächtig wie bei Platy- 
ptera entwickelten Brustflossen sind nahezu wagerecht gestellt und 
breiten sich fächerförmig aus. Sie enthalten 17 meist doppelt dichotome 
Gliederstrahlen, von denen’ die oberen 6 von dicker Haut umhüllt und 
die mittleren am längsten sind; (der 7. erreicht fast Kopfeslänge). — 
Die Bauchflossen stehen dem Ende der Dorsale gegenüber, etwas hinter 
halber Körperlänge; der 3. und längste der 8 getheilten Strahlen bleibt 
nur wenig hinter 1 Kopflänge zurück. — Die Schwanzflosse ist tief 
eingeschnitten und an der Basis mit grossen Schuppen bedeckt; die 
längsten Strahlen der beiden Lappen erreichen nicht ganz '/s der Total- 
länge. — Die Analgrube liegt viel näher den Ventralen als der After- 
flosse, so dass selbst die kürzeren inneren Strahlen jener, zurückgelegt, 
dieselbe überdecken. 

Die Schuppen, deren der Kopf gänzlich entbehrt, sind durchweg 
gross und im Umrisse fast 5beckig. Der Durchmesser der grösseren, an 
den Seiten des Vorderrumpfes gelegenen übertrifft den des Auges fast 
um die Hälfte (11/2: 1), sie sind etwas höher als lang und sitzen sehr 
fest. Ihr freies Ende zeigt zahlreiche Radien, die in ein centrales un- 
regelmässiges Zellennetz übergehen, durch welches die Oberfläche der 
Schuppen rauh und wie ciselirt erscheint. Der Rand des festsitzenden 
Endes ist wellig gebogen und von ihm laufen gleichfalls feine Radien 
gegen das Centrum. Die Schuppen der Seitenlinie werden von den 
Nebenröhrchen des Hauptkanales durchbohrt, welche nur den vordersten 
Schuppen fehlen. Der Verlauf der Kopfkanäle ist blos am Vordeckel 
schwach zu erkennen, deutlich dagegen gibt er sich durch ansehnliche 
Poren an den Aesten des Unterkiefers kund. Die das Auge rings um- 
gebenden derben Knochenstücke, welche bis an die grossen doppelten 
Narinen reichen, erscheinen nirgends von Poren durchsetzt. — Ueber 
den Bauchflossen sitzt ein ziemlich grosser überschuppter Hautsporn und 
ebenso überlagern grosse fast häutig-weiche Schuppen die Basis derselben 
an der Unterseite. 


35 


Die Färbung scheint gleichmässig olivenbraun gewesen zu sein; 
die Bauchseite heller; Flecken oder Zeichnungen sind nirgends sichtbar, 
nur die Brustflossen waren vielleicht doppelfärbig, wie ein dunklerer 
Streif, der in halber Flossenlänge halbkreisförmig über alle Strahlen 
hinzieht, diess vermuthen lässt. 

Das 6‘ lange Exemplar stammt aus Ecuador. 


Gattung: Pseudochalceus, nov. gen. 

Char. Dentes intermawxillares biseriales, cuspidati, in medio 2 majores ; ma- 
xillares simplices acuti uniseriales; dentes inframazxillares uniseriales 
multicuspides, medio cuspide praelonga, recurva; laterales multo for- 
tiores quam mediü, posteriores autem minimi; Corpus compressum, 
abdomen subrotundatum; basis pinnae dorsalis primae intra ventrales 
et analem sitae brevis; analis longa; radü branchiosteg. 4; linea la- 
teralis abrupta; squamae magnae. 

Wenn anders Verschiedenheiten in der Bezahnung bei Characinen 
geeignet sind, Gattungsunterschiede abzugeben, so erscheint dann auch 
die Aufstellung dieser Gattung wohl berechtigt. Sie steht in dieser 
Hinsicht einerseits sehr nahe an Chalceus V. (Brycon Mll. Tr.), vermittelt 
aber anderseits auch den Uebergang zu Agoniatites. Von ersterem unter- 
scheidet sie sich, abgesehen von der abgebrochenen Seitenlinie, durch die 
Bezahnung insoferne, als bei Chalceus 2 grössere conische Zähne in 
der Mitte des Unterkiefers, hier aber in jenen des Zwischen- 
kiefers stehen. Hingegen mahnt unsere Gattung an Agoniatites durch 
die hackigen grossen Spitzen der Vorderzähne im Unterkiefer, deren 
Nebenspitzen fast verschwinden. 


Art: Pseudochale. lineatus, n. — Taf. V. Fig. 1. 


Char. Corpus 8—9 strüs longitudinalibus fusco-nigris lineatum, ocello nigro 
retro operculum et ad basin pinnae caudalis ornatum. 
5 
DT REIHE PLNVISBT GO. 200° 
4 
Squam. longit. 36, vertical. 10. 
Die grösste Körperhöhe verhält sich zur Länge des Fisches wie 
1: 31a —/, die Kopflänge wie 1:4. Das kreisrunde Auge liegt ganz 
5* 


36 


in der vorderen Hälfte des Kopfes, indem sein Hinterrand gerade in 
dessen halbe Länge fällt. Sein Durchmesser beträgt '/ı der Kopflänge, 
der Abstand von der Schnauzenspitze ist =1 Augendiameter, die Stirn- 
breite zwischen beiden etwas grösser. — Der Mund ist schief gespalten 
und von mässig dicken Lippen umgeben, die am Rande mehr oder 
minder ausgezackt und dicht mit Papillen besetzt sind, welche sich wie 
feine Zähnchen ausnehmen. Im kurzen Zwischenkiefer stehen in 
äusserer Reihe jederseits 3, seltener 4 hackenförmig nach einwärts ge- 
krümmte Zähne, die zufolge der verkümmerten Nebenspitzen einfach 
spitzhackig und schlank erscheinen. Zwischen ihnen und etwas weiter 
zurück, d. h. der 2. Zahnreihe näher gerückt, steht jederseits ein be- 
trächtlich grösserer Hackenzahn, der meist nur am äusseren Rande eine 
stumpfe, kurze Nebenspitze zeigt. In 2. Reihe zählt man ebenfalls jeder- 
seits meist 3—4 Zähne, von denen die inneren und stärkeren gewöhn- 
lich sehr sichtbare Nebenspitzen tragen, öfters beiderseits nur 1, öfters 2, 
so dass die Zähne bald 3-, bald 5zackig und die Spitzen von sehr 
variabler Länge sind. Der Oberkiefer, welcher bei geschlossenem 
Munde bis hinter die Mitte des Auges zurückreicht, enthält in einfacher 
Reihe jederseits 16—18 conische Zähne, deren vorderster meist grösser 
als die folgenden und von gleicher Länge mit dem benachbarten Inter- 
maxillarzahne ist; auch trägt er gleichfalls öfters kurze Nebenspitzen. 
Die übrigen Maxillarzähne sind durchweg klein, die 5-6 letzten am 
kleinsten. — Die Mitte des Unterkiefers nehmen jederseits meist 6 
grössere Zähne ein, von denen der 4. (öfters auch der 5.) die stärksten 
des ganzen Kiefers sind, im Vergleich zu welchen namentlich die letzten 
nur unbedeutende Grösse erreichen. Die Mittelspitzen aller dieser Zähne 
sind stark hackenförmig nach einwärts ‘gekrümmt und mit sehr aus- 
gebildeten Nebenspitzen (beiderseits 1—2) versehen; letztere erscheinen 
nur bei dem grössten, dem 4. oder 5. bisweilen blos angedeutet, wo- 
durch sie Hundszähnen ähnlich werden. Hinter diesen stärkeren folgen 
nach rückwärts zu beiden Seiten meist noch 10 äusserst kleine, scharf 
zugespitzte Zähne, die von dem dicht papillösen Zahnfleische fast gänz- 
lich überhüllt werden. Letzteres, sowie überhaupt die ganze Schleimhaut 
der Mundhöhle und auch des Gaumensegels, zeichnen sich durch ihren 
dichten Besatz mit zarten, fein gekerbten Papillen aus, die kurzen viel- 


37 


zackigen Zähnchen sehr ähnlich sehen; sie überkleiden auch die gut 
ausgebildete und frei bewegliche Zunge. 

Von den Suborbitalknochen stellt der 1. fast ein rechtwinkeliges 
Dreieck vor, dessen Basis gegen das Auge gekehrt ist; der 2. zeichnet 
sich durch Grösse aus, bildet grossentheils den unteren Augenrand und 
reicht fast bis an den Winkel des Vordeckels herab. Oberhalb desselben 
begränzen noch 2 kleine Knochenstücke das Auge von hinten; der 
Praeorbitalknochen ist schmal, aber ziemlich lang. Der Kiemendeckel 
bildet ein gleichschenkeliges Dreieck, dessen lange Basis nach vorne 
sieht. Das Suboperculum erreicht °/3 der Länge des vorigen; der 
Zwischendeckel steht ziemlich breit unter dem horizontalen Aste des 
Praeoperculum’s vor. Deckel und Unterdeckel sind am freien Rande 
von einem Hautsaume umgeben. — Die Kiemenspalte ist weit, die 
Kiemenstrahlen sind kurz aber ziemlich breit, die Rechenzähne dünn 
und mässig lang, eine fransige Pseudobranchie fehlt. 

Die Rückenflosse beginnt genau in halber Körperlänge (ohne Cau- 
dale) und enthält nebst 2 ungetheilten 9 getheilte Gliederstrahlen, von 
denen der 3. und höchste nahezu 4amal in der Totallänge begriffen 
ist. Die Brustflossen sitzen sehr tief und erreichen zurückgelegt nicht 
ganz die Basis der Ventralflossen, die nur wenig kürzer als jene sind. 
Die Afterflosse beginnt gegenüber dem Ende der Dorsale und reicht 
etwas über die gegenüberstehende kleine Fettflosse hinaus. Die 3 ersten 
ungetheilten Strahlen sind viel kürzer als die folgenden getheilten, welche 
letzteren die längsten der ganzen Flosse sind; die Basis der Flosse kommt 
einer Kopflänge gleich, oder bleibt nur wenig zurück. Die Caudale 
ist gabelig, gleichlappig, die längsten oder Hauptstrahlen messen beiläufig 
/; der Gesammtlänge. 

Die zarten und weichen aber festsitzenden Schuppen zeigen am 
freien Felde 12—14 schwache Radien, am festsitzenden blos concen- 
trische wellige Streifung und ein netzförmiges Centrum. Sie sind um 
/3 höher als lang, die Höhe der grössten erreicht 1 Augendurchmesser, 
Die Seitenlinie erstreckt sich (wie bei Jenyns’ Tetragonopt. inter- 
ruptus) nur über 6—8 Schuppen und gibt sich durch einfache aufgesetzten 
Röhrchen kund. 


98 


Färbung. Grundfarbe gelblichbraun, die Ränder der Schuppen 
stets dunkler als ihre Mitte. Zwischen je 2 Längsreihen von Schuppen 
läuft eine schwarzbraune Längsbinde; die 5. Binde erstreckt sich bis- 
weilen durch die Mitte der Schwanzflosse. Die Basis der letztern ziert 
gewöhnlich noch ein dunklerer schwarzer Fleck, der sich öfters nach 
vorne in eine Längsbinde fortsetzt, öfters aber fehlt; auch der Augen- 
fleck hinter dem Winkel des Deckels erscheint mitunter wie verwaschen. 

Da die inneren Organe nicht mehr gut erhalten waren, so kann 
nur noch die Form der Schwimmblase angegeben werden. Sie ist wie 
gewöhnlich bei Characinen in 2 Hälften abgeschnürt, deren hintere über 
2mal länger als die vordere ist und auch einen weitern Sack vorstellt, 
welcher breit endet; der Luftgang liegt ganz vorne, nahe der halsför- 
migen Einschnürung. 

Länge des grössten Exemplares 3° 10 W. M. 

Fundort: Vom westlichen Abhange der Andes im Staate Ecuador. 


Gattung: Chalcinopsis, nov. gen. 


Char. Dentes intermaxillares 4 seriales, cuspidati, inframasillares biseriales ; 
corpus valde compressum; abdomen fere carinatum; squamae parvae. 


Im Zahnbau stimmt diese Gattung zu keiner der bisher aufgestellten ; 
sie steht übrigens durch den fast gekielten Bauch und den Verlauf der 
Seitenlinie dem Chalcinus Val. (= Chalceus Mill. Tr.) näher als dem 
Brycon Mll. Tr. 


1. Art: Ohalcinops. striatulus, n. — Taf. V. Fig. 2. 


Char. Capitis longitudo ad totalem eirciter = 1:5, numerus dentium inter- 
mazilarium primi ordinis 20, secundi 18; trunei latera strüs vel 
maculis obliquwis fusco-nigris, seriatim positis distincta; ad caudae 
basin saepe major macula nigricans. 


13—14 
D. 2/8—9, A. 4/32... Squam. 73—74. 
8—9 


Die Kopflänge ist bei jüngern Individuen (bis zu 7a‘) 43/4, bei 
älteren bis 5/smal in der Gesammtlänge enthalten und somit bedeutend 
kleiner als die Höhe des Körpers, welche sich zur Totallänge wie 1:43 


39 


verhält. Die Stirnbreite zwischen den Augen schwankt gleichfalls nach 
dem Alter und beträgt bei Jungen nur 1, bei Aelteren dagegen 2 Augen- 
durchmesser und darüber. Letzterer selbst kommt nahezu !/s der Kopf- 
länge gleich. Der Abstand der Augen von der Schnauzenspitze über- 
trifft bei Aelteren 1 Augendiameter nur wenig, bei Jüngeren erreicht 
er ihn dagegen nicht; die Narinen liegen nahe vor den Augen. Der 
Praeorbitalknochen gleicht an Gestalt und Länge genau dem Öberkiefer ; 
der grosse untere Augenrandknochen ist 5-eckig. und etwas länger 
als hoch. 

Der Mund ist bis unter die Augen gespalten, der Oberkiefer reicht 
nämlich bis unter deren Mitte; der Zwischenkiefer überragt den un- 
teren und ist mit 4 Reihen von Zähnen besetzt. In äussserer Reihe 
stehen 20 dreispitzige Zähne, von denen die mittleren oft so schwach ent- 
wickelte Seitenzacken besitzen, dass sie fast wie einfach conisch sich 
ausnehmen. Die 2. Reihe wird aus 18 Zähnen gebildet, welche breiter 
aber kürzer als jene sind. Hinter der Mitte derselben stehen in 3. Reihe 
nur 2 grosse Zähne, auf welche endlich als 4. Reihe jederseits 2 noch 
grössere und stärkere Zähne folgen, von denen die innern meist 3-, die 
äussern 5-spitzig sind. — Der Oberkiefer trägt ‚beiderseits 14—16 
dreispitzige Zähne von ziemlich gleicher Grösse, welche jedoch die der 
Intermaxillarzähne nicht erreicht. Im Unterkiefer wird die äussere Reihe 
jederseits von 8—10 drei- oder 5spitzigen Zähnen zusammengesetzt, 
von denen die mittleren an Grösse die grössten des Zwischenkiefers 
übertreffen. Unter ihnen ist, von der Symphyse an gerechnet, der 
2. Zahn der breiteste, der 3. aber der längste; die folgenden 5 nehmen 
rasch an Grösse ab, die letzten und kleinsten sind unter sich fast gleich 
lang. In 2. Reihe stehen hinter und zwischen den Mittelzähnen der 
äussern 2 seitlich compresse conische Zähne, auf welche nach einer 
zahnleeren Lücke weiter zurück jederseits noch 8—9 sehr kleine Spitz- 
zähne folgen. 

Ausgezeichnet ist der dichte Besatz der Gaumenschleimhaut mit 
zottigen Papillen, die selbst wieder äusserst fein gekerbt oder wie ge- 
zähnelt erscheinen und ein hinter der 4. Zahnreihe herabhängendes vor- 
deres vielfach gelapptes Gaumensegel bilden helfen. Auch zwischen allen 
Intermaxillarzähnen hängen ganz ähnliche zottige Papillen dicht umher. 


40 


Das weiter rückwärts befindliche eigentliche Gaumensegel ist dagegen 
fast glatthäutig. Die ovale Zunge erscheint durch verlängerte Papillen 
blos uneben, nicht aber mit gekerbten Zotten besetzt, deren im Unter- 
kiefer überhaupt nur hinter der 1. Zahnreihe wenige und kürzere sicht- 
bar sind. — Die Kiemenspalte ist weit, die 4 Kiemenstrahlen sind kurz 
aber ziemlich breit. 

Die Rückenflosse beginnt vor halber Körperlänge und reicht mit 
ihrer Basis, welche beiläufig 2Y/ımal in der Kopflänge enthalten ist, bis 
über den Anfang der Anale zurück; ihre grösste Höhe (am 2. Strahle) 
beträgt !/ der Totallänge, und kommt jener der Afterflosse gleich, deren 
Basis aber eine Kopflänge bedeutend übertrifft und über deren Ende die 
kleine Fettflosse steht. Die Brustflossen reichen zurückgelegt bis zur 
Basis der kurzen Ventralen und messen Y/s—!/;s der Totallänge; die 
Strahlenzahl der ersteren ist 1/12, der letztern 1/7. Die Lappen der 
tief gabeligen Schwanztilosse sind zugespitzt und beiläufig von Kopfes- 
länge. 

Besondere Erwähnung verdienen noch die Strahlen der Afterflosse 
bezüglich des Unterschiedes, den sie nach dem Geschlechte zeigen. Bei 
Männchen sind sie nämlich sämmtlich ihrer ganzen Länge nach mit 
spitzigen Zähnen besetzt und zwar derart, dass der hintere der beiden 
Hauptäste, in welche sich jeder Strahl zuerst gabelig theilt, an jedem 
seiner Glieder rechts und links einen conisch spitzigen Zahn trägt. Blos 
an den 15—14 hinteren und niedersten Strahlen sind deren nicht wahr- 
zunehmen, doch fühlt sich ihre Oberfläche rauh an*). 

Bei wohlerhaltenen Exemplaren erscheint schon der Vorderbauch 
‚bis zu den Ventralen fast gekielt, ist es aber hinter ihnen wirklich, in- 
dem die Schuppen gleich anfangs winkelförmig abgetheilt liegen und 
weiter zurück eine Längsspalte zwischen sich lassen, die in eine taschen- 
förmige Vertiefung führt, welche bis zur Analöffnung reicht. 

Die Schuppen sind auffallend klein, daher ihre Zahl grösser als 
selbst bei andern kleinschuppigen Characinen ist, wie z. B. bei Chalceus 


1) Ein ähnliches Vorkommen wurde bereits früher bei Tetragonopterus scabripinnis I enyns 
beobachtet und schon J. Müller und Troschel werfen beider Art Tetrag. taeniatus Jen. 
die Frage auf: „an femina T. scabripinnis?“ (Siehe hierüber auch Kner’s Abhandlung 
über die Oharacinen I. Abth. S. 40.) 


41 


alburnus Günth., wo sie längs der Seitenlinie 60 und in der Höhe 13/5 
beträgt, und an welchen unsere Art übrigens auch durch das Verhält- 
niss der Körperlänge zur Höhe und die Strahlenzahl der Afterflosse zu- 
nächst sich anreiht. In Struktur stimmen die Schuppen wesentlich mit 
den Chalceus-Arten überein; dem festsitzenden Theile derselben fehlen 
Radien, von netzartigen chaotisch verworrenen Streifen ihres Centrums 
laufen dagegen nach dem freien Rande mehr oder weniger zahlreiche 
Strahlen hin, durch welche derselbe oft eingeschnitten und gekerbt 
erscheint. 

Färbung: Die Grundfarbe der Rückenseite bei Spiritusexemplaren ist 
grünlich braun, gegen den Bauch in goldgelb übergehend, am Oberkopfe 
dunkelbraun, an der Kehle grünlich weiss; der Schultergürtel ist schwarz- 
braun gesäumt. Die Seiten des Körpers sind öfters mit 14—20 un- 
regelmässigen schmalen verticalen Streifen von schwärzlicher Farbe ge- ° 
ziert, welche bald die ganze Höhe des Rumpfes einnehmen, bald nur 
die obere oder untere Hälfte desselben überziehen; öfters sind statt dieser 
Streifen nur einige gesonderte, schief laufende Striche vorhanden. An 2 
der vorliegenden Exemplare fehlen auch diese und blos bei dem grössten 
werden ‘diese Streifen oder Striche zu grossen und zusammenhängenden 
Flecken, deren längs des Rumpfes beiläufig 15 zu zählen sind. Zu- 
weilen liegt überdiess an der Basis der Oaudale ein länglicher schwarz- 
brauner Augenfleck. Bei jungen Individuen zeigt mitunter die ganze 
Brustgegend eine schwärzliche Färbung und auch der ganze Schwanzstiel 
sammt der Basis der Caudalstrahlen derselben erscheint schwarz. Die 
Flossen sind ungefleckt, schmutzig gelb, nur an den Rändern dunkel 
gesäumt. 

Bei der innern Untersuchung der vorliegenden 9 Exemplare wurden 
2 als Männchen erkannt, deren sehr entwickelte Hoden Zeugniss von der 
nahe gewesenen Laichzeit gaben; diese letzteren reichen als ein Paar 
dicke einfache Lappen nach vorne bis unter die Basis der Brustflossen. — 
Die Schwimmblase ist abgeschnürt, die vordere Abtheilung sehr klein 
und kurz, die hintere erstreckt sich bis zu Ende der Bauchhöhle; Appen- 
dices fehlen. 

Totallänge von 5?/s bis 16 Zoll. 


Fundorte: Neu-Granada und Panama an der Seite des stillen Oceans. 
Abh.d. IIL.Cl d.k.Ak.d. Wiss. X.Bd. I. Abth. 6 


42 


2. Art: Chalcinops. chagrensis, n. — Taf. V. Fig. 3. 


Char. Capitis longitudo ad totalem = 1:51 —5?/a, numerus dentium inter- 
mawxillarium primi ordinis 16—18, secundi 14; trunci latera absque 
strüs aut maculis. 

13—14 
D. 2/9, A. 4/32—33..... Squam. 77—80. 
g 

Diese Art zeigt auf den ersten Blick zwar grosse Aehnlichkeit mit 
der vorhergehenden, unterscheidet sich aber constant: durch geringere 
Anzahl von Zähnen im Zwischen- und Öberkiefer, Kürze des Kopfes, 
weniger gewölbten Rücken, noch kleinere Schuppen und Mangel jed- 
weder Zeichnung. 

Die Kopflänge verhält sich zur Gesammtlänge des Fisches wie 
1:51a—33/, die Körperhöhe zu letzterer wie 1:4—4'/;, der Durch- 
messer des Auges (ohne Fettlider) zur Länge des Kopfes wie 1: 31%; 
die Stirnbreite zwischen den Augen ist etwas grösser als der Abstand 
der letzteren von der Schnauzenspitze, die genau 1 Augendiameter be- 
trägt. Die Breite des Kopfes zwischen den Kiemendeckeln kommt der 
halben Kopflänge nahezu gleich. 

Der Zwischenkiefer trägt in 1. oder äusserer Reihe jederseits 8 
(selten 9) in 2. Reihe 7 Zähne, während wie bei Ch. striatulus die 3. 
Reihe blos aus 2 und die 4. aus 4 Zähnen gebildet wird. Die mittleren Zähne 
der äusseren Reihe sind etwas grösser als die seitlichen und 3-spitzig; 
die viel längere Mittelspitze ist bisweilen selbst wieder schwach gekerbt. 
Die Zähne der 2. Reihe gleichen an Grösse denen der ersten und die 
vorderen sind ebenfalls meist 3-zackig, die seitlichen und hintersten aber 
gewöhnlich 4—5-spitzig; die beiden Zähne der 3. Reihe sind wieder 3- 
zackig und jene der 4. mindestens 5-zackig oder noch mehrfach gekerbt. 
Jeder Oberkieferast ist mit 13—14 3- bis 5-zackigen Zähnen besetzt. Im 
Unterkiefer stehen in äusserer Reihe jederseits 14 Zähne, deren Grösse 
gegen den Mundwinkel abnimmt, doch sind auch die 2 mittleren stets 
etwas kleiner als die anstossenden. Die Mehrzahl derselben ist 4—5- 
spitzig, die weiter zurückstehenden zeigen gewöhnlich nur 3 oder 2 
Zacken und der letzte erscheint sogar oft nur einfach spitzig. Die 
beiden Zähne der 2. Reihe zunächst der Symphyse sind wie bei ströatulus 


45 


seitlich compress und mit rückwärts gekrümmter Spitze versehen; die 
beiderseits weiter zurück stehenden Zähne der 2. Reihe sind einfach spitz 
und ihrer Kleinheit wegen leicht zu übersehen. — Die Auskleidung 
der Mundhöhle mit dicht gedrängten moosähnlichen Zotten ist eben so 
ausgezeichnet wie bei Oh. striatulus, und die Zunge sogar mit noch 
grösseren Papillen besetzt. — Der grosse untere Suborbitalknochen ist 
strahlig gestreift, der Deckel halbmondförmig, der mit einer stumpfen 
Leiste versehene Vordeckel biegt rechtwinklig um. 

Die Dorsale beginnt vor der Anale, ungefähr in der Mitte des 
Raumes zwischen der letzteren und den Bauchflossen; ihre Basis kommt 
der 1/2 Kopflänge, ihre grösste Höhe (am 2. ungetheilten Strahle) °/s der- 
selben gleich, dagegen übertrifft die Basis der Afterflosse eine Kopflänge 
um !/;, während ihr höchster Strahl (der 1. getheilte) weit hinter ihr 
zurückbleibt. Die Brustflossen reichen nur bei jungen (nicht aber bei 
älteren) Individuen bis zu den Bauchflossen; in diesen zählt man 1/7, 
in jenen 1/13 Strahlen. Die Caudale ist tief gabelig, der untere Lappen 
länger und beiläufig 4'/smal in der Totallänge enthalten. 

Da bei dieser Art schon der Rücken schmaler und der ganze Fisch 
mehr seitlich compress ist, so tritt auch der Bauchkiel noch schärfer 
als bei striatulus vor und beginnt schon am Isthmus. — Die Seiten- 
linie setzt sich durch die Mitte der Schwanzflosse bis an ihren Rand 
fort, ohne aber über diesen hinauszureichen. 


Färbung. Rücken und Oberseite des Kopfes hell röthlichbraun 
mit blaulichem Silberschimmer, der übrige Leib goldgelb, die Flossen 
einfärbig schmutzig braun. 


Totallänge der vorliegenden Exemplare von 5 bis 9 W. Z. 


Vorkommen: im Rio Chagres, welcher in den mexicanischen 
Meerbusen mündet. 


6* 


41 


Gattung: Chalceus, Cv. Val. (Brycon MIl. Tr.) 
Art: Chalc. atrocaudatus, n. — Taf. IV. Fig. 3. 


Char. Capitis longitudo ad totalem = 1:4 et summae corporis altitudını 
aequalis; ante pinnam caudalem fascia oblonga, lata, nigricans. 
10 
D. 2/9, A. 3/26... . Squam. 54—55. 
5 


Diese Art, von der uns leider nur 1 Exemplar vorliegt, erweist 
sich durch die Bezahnung als ächter Chalceus und steht hierin, wie auch 
in Betreff der Zahl der Analstrahlen und der Schuppen, namentlich den 
beiden Arten: Brycon falcatus Mll. Tr. und Br. dentee Günth. (Pro- 
ceed. of the Zool. Soc. of London, April 1860, p. 8) am nächsten, unter- 
scheidet sich aber von letzterem insbesondere durch die Verhältnisse der 
Körperhöhe und Totallänge zur Kopflänge. Während letztere bei Ch. 
(Brye.) dentex 5'/smal in der Gesammtlänge enthalten ist, beträgt sie 
bei unserer Art fast nur !/ı derselben. Auch kommt hier die grösste 
Leibeshöhe (vor den Bauchflossen) der Kopflänge nahezu gleich, während 
diese bei dentex bedeutend von jener übertroffen wird. — Das Auge 
ist mässig gross, sein Durchmesser (ohne Einrechnung der beiden Fett- 
hautlider) 5!/amal in der Kopflänge begriffen; es steht 2 Diameter von 
der Schnauzenspitze ab und ebensoviel beträgt auch die Stirnbreite 
zwischen beiden Augen. — Der Zwischenkiefer trägt wie bei allen 
Arten dieser Gattung eine dreifache Reihe von Zähnen und zwar: jeder- 
seits 8 kleine 3-spitzige in äusserer, 4 drei- zum Theile undeutlich fünf- 
spitzige Zähne mittlerer Grösse in 2. Reihe und 14 in 3. Reihe, von denen 
die mittleren 4 die grössten und fünfzackig sind. An diese reiht sich 
zunächst beiderseits 1 viel kleinerer Zahn, auf welchen abermals 1 
grosser fünfspitziger und dann 3 allmälich kleiner werdende folgen, 
deren letzter nur 3 Spitzen zeigt. Die Gaumenhaut zwischen und hinter 
den Zahnreihen ist wie bei Chalcinopsis dicht mit moosähnlichen Zotten 
behängt; kürzere zahnähnliche Papillen halten auch den Rand der Ober- 
und Unterlippe besetzt. Längs des Oberkiefers stehen jederseits 18—19 
kleine 3- bis 5-zackige Zähne. Jeder Unterkieferast ist in äusserer Reihe 


45 


mit 12 grösseren Zähnen besetzt, unter welchen (von der Symphyse an 
gerechnet) der 2. bis 4. durch Grösse sich auszeichnen und 5- bis 7-spitzig 
sind, während an den allmälich kleiner werdenden seitlichen Zähnen die 
Nebenspitzen verschwinden, wie diess auch bereits Müller und Troschel 
von Brycon falcatus und Schomburgkiü angeben. Die Zähne zweiter Reihe 
im Unterkiefer sind verhältnissmässig klein, sowohl die beiden mittleren 
kegelförmigen, wie auch die durch eine lange Lücke von ihnen getrennten 
rückwärts befindlichen, welche in einfache zarte Spitzen auslaufen. — 
Der Suborbitalring ist stark ausgebildet und das grösste, mittlere Stück 
reicht so tief wie das Ende des Oberkiefers herab; es ist zugleich noch 
länger als hoch und übertrifft im Ganzen das Operculum. Wie bei an- 
deren Arten finden sich auch hier nur 4 Kiemenstrahlen vor, keine Pseudo- 
branchien und Schlundzähne und blos am 1. Kiemenbogen ziemlich lange 
Messerklingen ähnliche Rechenzähne. 

Die Rückenflosse steht in der 2. Hälfte der Körperlänge, sie be- 
ginnt in senkrechter Richtung weiter zurück als die Ventralen und endet 
noch vor Anfang der Analflosse, deren Basis eine Kopflänge fast um 
1/a übertrifft. Die grösste Höhe der Dorsale (am 2. ungetheilten Strahle) 
gleicht */, die der Afterflosse °/- der Kopflänge. Die Brustflossen, 
welche 14 Strahlen enthalten, reichen beinahe bis zur Basis der 
Ventralen (mit 2/7 Strahlen) und diese bis zum kurzen Schlitze, welchen 
die Schuppen vor der Analgrube bilden, zurück. Die Schwanzflosse, 
welche 19 ganze und mehrere Stützstrahlen enthält, ist tief gabelig, ihr 
oberer, nicht verletzter Lappen erreicht °/g der Kopflänge. — Der 
Bauch ist abgerundet, weder vor noch hinter den Bauchflossen gekielt. 

Färbung. Ober- und Unterseite des Kopfes chocoladenbraun, Deckel- 
stücke, Schläfen- und Jochbeingegend goldglänzend, grünlich schillernd ; 
der Rücken braungelb und mit 5—6 dunkleren aber schwach ausge- 
drückten Längsstreifen geziert, die sich zwischen je 2 Schuppenreihen 
hinziehen. Ueberdiess ist der freie Rand aller Schuppen etwas dunkler 
als deren Mitte gefärbt. Längs der Seiten des Rumpfes herrscht eine 
gelbliche Färbung vor, die aber von einem prachtvollen meergrünen 
Schimmer durchzogen wird, in ähnlicher nur etwas schwächerer Weise 
wie bei Chalceus opalinus. Den Schwanzstiel schmückt jederseits eine 
bis zur Caudalbasis reichende breite schwarzbraune Binde, deren Länge 


46 


fast 2/3 der Kopflänge beträgt, und die sich in der Höhe über 3 Schuppen- 
reihen erstreckt. Sämmtliche Flossen sind einfärbig, hellbraun. 
Totallänge 11 W. Zoll. 
Vorkommen: im Staate Ecuador am westlichen Abhange der Andes. 


Gattung: Tetragonopterus, Arted. 


Von dieser Gattung wurden uns zweierlei Arten zugesendet, von 
denen die eine in 7 kleinen Exemplaren von 2\2 bis 31/2“ vorliegende 
völlig dem Tetrag. aeneus entspricht, welchen Günther in den Proceed. 
of the Zool. Soc..of London im Junihefte 1860 beschrieb und der aus 
dem Oaxaca in Mexico stammt. Im den Messungsverhältnissen der Höhe 
zur Länge des Körpers, Kopfes und Auges findet nicht die mindeste 
Abweichung statt, ebenso in Färbung, Strahlenzahl u. s. w. Der ein- 
zige Unterschied besteht darin, dass einige unserer Exemplare unter- 
halb der Seitenlinie blos 5 Schuppenreihen besitzen statt 6, wie diess 
Günther angibt, während dagegen die Zahlen 7 über und längs der 
Seitenlinie wieder genau stimmen. Unsere Exemplare stammen aus dem 
Rio Chagres. 

Die zweite Art, welche nur in einem Individuo aus dem in die 
Siidsee mündenden Rio Bayano vorliegt, steht dem Tetrag. Gronovä \ al. 
so nahe, dass wir sie unbedenklich für dieselbe halten würden, wenn 
nicht diese Art überhaupt zu jenen gehören würde, welche eine kritische 
Revision der ganzen Gattung insbesondere wünschenswerth erscheinen 
lassen; (s. hierüber Kner’s Beiträge zur Familie der Characinen, Denk- 
schrift. der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften 17. Bd., 1859, 
1. Abth. S.39 [175]). Jedenfalls halten wir obige Annahme nach Ver- 
gleichung mit andern im kaiserlichen Museum befindlichen Exemplaren 
von T. Gronovü für richtig, und diess vorausgesetzt ergibt sich dann 
zufolge der in oben citirter Abhandlung gelieferten Nachweise die Gleich- 
artigkeit dieser Art mit Tetr. rutilus, Jen. und Tetr. maculatus Müll Tr., 
obwohl von letzterem das Verhältniss der Körperhöhe zur Länge wie 
1:22/3 angegeben wird, während bei unserm Exemplare der Körper 
über 3 mal länger als hoch ist. Diess ist aber auch bei Jenyns Fig. 2 auf 
pl. 23 der Fall, welche doch mit Gronov’s Abbildung im Museum ich- 
thyol. Tab. I. Fig. 5, folglich mit dem echten Originale des T. Gronovü Val. 


47 


selbst übereinstimmt, wie diess auch Müller und Troschel aner- 
kennen. — Die Strahlen- und Schuppenzahlen des Bayano-Exemplares 
sind folgende: 
D. 3/9, A. 4/25, P. 1/13, V. 1/7, C. 19. 
81a 


Squam. longit. 38, vertic. Ze 


Familie: Siluroidei. 
Gattung: Bagrus, Cuv. 
Art: Bagr. arioides, n. ? 


Char. Longitudo totalis ad illam capitis = A: 1, ad altitudinem corporis = 
5°/a: 1; dentes inter- et inframazillares parvi acuti, fasciam tenuem 
efformantes, pone hos utrinque acervulus dentium subglobosorum sejunctus 
in vomeris parte transversa; pinna analis multiradiata. 

16-15 

DIR 5009 Te 1/6, Co 777 

16—15 
Nach den Merkmalen, welche v. Bleeker für die Gattung Arius 
hervorhebt, und nach den Abbildungen, welche hierüber in den bisher 
erschienenen Heften seines grossen Atlas bereits vorliegen, wäre die 
hier als fraglich hingestellte Art der genannten Gattung beizu- 
zählen; vergleicht man aber andere ausgezeichnete Arius-Arten bezüg- 
lich der Bezahnung mit ihr, so fühlt man sich versucht, nicht blos der 

Ansicht J. Müller’s beizustimmen, der die Gattung Bagrus nicht in 

mehrere Genera sondern blos in Subgenera trennen wollte, sondern fast 

mehr noch sich Valenciennes anzuschliessen, welcher trotz der ver- 
schiedenen Bezahnung des Gaumens die Gattung Dagrus lieber nicht 
einmal in Subgenera theilen will!). — Die fragliche, leider nur als 

Unicum vorliegende Art stimmt weder genau zu Arius noch zu Dagrus 


1) Uebrigens widersteht Valenciennes (Hist. d. poiss. tom. 15, p. 53) doch selbst dieser 
Versuchung nicht ganz, die Gattung Arius von Bagrus abzutrennen, fügt jedoch, nach- 
dem er zuerst von den „plaques des dents palatines distinetes et eloignees“ als Merkmal 
sprach, alsbald weiter bei: „cependant je les vois s’avancer quelquefois sur les angles 
lateraux du chevron du vomer.“ 


48 


und folgt man nicht jenen gewichtigen Autoritäten, sondern neueren 
Systematikern wie v. Bleeker und Gill, so liesse es sich sogar recht- 
fertigen, wenn sie den schon bestehenden zahlreichen Untergattungen 
noch als neue hinzugefügt würde. Ihr wären dann auch die beiden 
Arten von Bleeker’s Arius macronotacanthus und truncatus V al., viel- 
leicht nebst noch einigen Arten beizuzählen, durch welche der Ueber- 
gang von Arius zu Bagrus vermittelt wird. Das Hauptmerkmal unserer 
Art besteht übrigens in der Afterflosse, deren Strahlenzahl grösser als 
bei allen uns bekannten Arten ist, indem sie bei keiner sonst über 
23 steigt. Hiedurch unterscheidet sie sich namentlich auch von Aröus 
Milberti, dem sie in Totalgestalt und Färbung nahe steht, bei welchem 
aber überdiess die Rauhigkeiten der Kopfschilder bis zwischen die Augen 
reichen und die Gaumenzahnplatten stark entwickelt sind. 

Die Totalgestalt ist für einen Arius nicht gestreckt zu nennen, die 
grösste Leibeshöhe zu Anfang der Dorsale 5°/;mal, und die Kopflänge 
nahezu nur 4mal inihr enthalten. Die grösste Breite des Kopfes gleicht 
der Höhe des Rumpfes oder verhält sich zur Kopflänge = 1:1?/;; der 
Durchmesser des Auges beträgt kaum !/s der letztern, der Abstand der 
Augen vom Schnauzenrande 1!/%, von der Deckelspitze 32/3, der gegen- 
seitige Abstand dagegen 3 Diameter. Die grossen doppelten Narinen liegen 
weit vor den Augen, nahe dem Schnauzenrande. Die Breite der schwach 
gekrümmten Mundspalte erreicht nicht völlig 1/3 der Kopflänge. Die 
Maxillarbarteln sind kurz und reichen zurückgelegt nicht bis zur Kiemen- 
spalte, von jenen des Unterkiefers erreicht der hintere und längere ?/3 
der Kopflänge; alle Barteln sind dünn. — Die äusserst feinen spitzigen 
Zähne im Zwischen- und Unterkiefer bilden eine ziemlich schmale Binde, 
welche weder oben noch unten bis an den Mundwinkel reicht; die abge- 
rundeten Pflasterzähne des Gaumens bleiben in der Mitte durch einen 
breiten Zwischenraum getrennt und stellen zwei nur sehr kleine Binden 
dar. — Die lange Stirnfontanelle reicht fast bis zur Nackenplatte 
zurück, deren Oberfläche körnig rauh und ciselirt erscheint, gleich jenen 
des Os parietale, supraoccipitale und des seitlichen Hinterhauptbeines. 
Das Praedorsalschild, in welches das Oceipitalschild des Helmes sich fort- 
setzt, ist eben solang wiean seiner Basis breit, endet nach hinten etwas 
concav abgestutzt und schliesst sich daselbst an ein kleines, „leichfalls 


49 


granulirtes Schildchen an, das bis zum ersten sehr kurzen Stützstrahle 
der Rückenflosse reicht und nahezu doppelt so breit als lang ist. Stirn, 
Schnauze und Seiten des Kopfes sind mit glatter Haut bedeckt, än 
welcher die Kopfkanäle zahlreich und mannigfach sich verzweigen. — 
Die Kiemenspalte ist mässig weit, die Zahl der Kiemenstrahlen 6, der 
Porus pectoralis klein. 

Die Rückenflosse ist zugespitzt; ihr erster sehr kurzer und platter 
Strahl dient nur zur Stütze und Sperre, der folgende knöcherne ist bei- 
läufig 1Y/smal in der Kopflänge enthalten und kürzer als der erste und 
längste getheilte Gliederstrahl; seine Vorderfläche ist körnig rauh, der 
Hinterrand sägeförmig gezähnt. — Die Länge der Brustflossen ist 
1?/smal, jene der Ventralen etwas über 2mal in der Kopflänge be- 
griffen ; letztere beginnen hinter dem Ende der Dorsale. Die Fettflosse 
steht der Mitte der kurzstrahligen Anale gegenüber, deren längste 
Strahlen nur /s der Kopflänge messen. Die Lappen der tief gabeligen 
Caudale sind abgerundet. Die Analgrube liegt in der Mitte zwischen 
der After- und den Bauchflossen. Die Verzweigungen der Kopfkanäle 
und der Verlauf der Seitenlinie sind sehr deutlich; letztere spaltet sich 
wie bei vielen Siöluroiden an der Wurzel der Caudale in 2 stark diver- 
girende Aeste, die sich aber über die Flossenlappen selbst nicht fort- 
setzen. 

Färbung. Die ganze Rückenseite bleigrau, gegen den Bauch zu 
silberweiss schimmernd, die Flossen bräunlich gelb, nirgends Flecken 
und Zeichnungen. 


Vorkommen: Rio Bayano, in die Südsee mündend. 
Totallänge etwas über 6” W. M. 


Gattung: Pimelodus, Lac. 


Von dieser Gattung wurden uns zweierlei Arten zugesendet, von 
denen die eine aus dem Rio Chagres stammende nur in 1 Exemplare vor- 
liegt und die.mit Günther’s Pim. modestus aus Esmeralda (Proceed, 
of Zool. Soc. of London, April 1860) völlig übereinstimmt. 

Minder sicher dagegen sind wir bezüglich der Bestimmung der 


2. Art, von welcher wir zwar 12 Individuen vergleichen konnten, die 
Abh.d. II. Cl.d.k. Ak. d. Wiss. X. Bd. I. Abth. 7 


50 


aber selbst in manchen Puncten von einander abweichen, obwohl sie 
ohne Zweifel dennoch gleichartig sind. Wir glauben in ihr den Pim. 
cinerascens Günth. (l. ec.) zu erkennen, dessen Beschreibung aber zu 
kurz ist, um hierüber genügend sicher zu sein. Jedenfalls steht sie 
diesem so nahe, wie aus nachfolgenden Angaben erhellen wird, dass 
wir uns vorerst enthalten, sie für eine zweifellos neue Art zu erklären. 

Die Totalgestalt ist gestreckt, der Rumpf gegen den Schwanz zu 
stark compress, der breite depresse Kopf flach, seine Länge 5° bis 
5%smal in der Gesammtlänge enthalten. Die etwas schwankende Breite 
des Kopfes zwischen den Deckeln steigt bis über °/ı seiner Länge, und 
jene der Mundspalte bedeutend über !/ Kopflänge, während sie bei 
Pim. cinerascens unter dieser zurückbleibt, bei der Mehrzahl der Exem- 
plare beträgt sie jedoch auch nur nahezu 1» Kopflänge. Das länglich 
runde Auge fällt durch geringe Grösse auf, indem sein längerer Diameter, 
fast wie bei cinerascens, blos !/s bis Y der Kopflänge misst‘). Es 
steht gleich weit vom Rande der Schnauze, wie von dem des Deckels 
entfernt, während bei cinerascens sein Abstand von ersterem nur 21, 
von letzterem aber 4 Augendiameter betragen soll. Die Stirnbreite 
zwischen den Augen erreicht 2°/s—2°/ı Durchmesser. — Die Zwischen- 
kiefer ragen bedeutend über den Unterkiefer vor. Die Maxillarbarteln 
reichen bei den meisten bis über die Basis der Bauchflossen zurück, 
nur selten sind sie kürzer, und messen somit 21/3 bis 3 Kopflängen, die 
äusseren Barteln des Unterkiefers reichen nicht bis zu den Brustflossen 
und sind nur einer Kopflänge gleich, das innere Bartelpaar ist fast um 
die Hälfte noch kürzer. — Die Zahl der Kiemenstrahlen beträgt 7; 
der Porus pectoralis ist’ ziemlich klein. — Alle Kopfschilder, Deckel- 
stücke, wie auch der Ocecipital- und Scapular-Fortsatz sind überhäutet 
und die Rauhigkeiten derselben schimmern nur schwach durch. 

ID TA ITS 

Die grösste Leibeshöhe ist 71/s—7!/amal in der Gesammtlänge be- 
griffen und fällt genau hinter den Beginn der Rückenflosse, die kleinste 
am Schwanze bleibt etwas hinter halber Kopflänge zurück. — Die erste 


1) Im Vergleich mit den 3 neuen Arten Günther’s sind bei Pim. elongatus und modestus die 
Augen entschieden grösser als] bei unserer fraglichen Art, während P. cinerascens etwas 
kleinere zu besitzen scheint. 


51 


oder strahlige Rückenflosse beginnt zu Anfang des 2. Drittels der Körper- 
länge und ihre Basis misst ?/3 der Kopflänge, ihr oberer Rand ist wie 
bei cinerascens abgerundet. Der erste noch ungetheilte Strahl ist ebenso 
stark aber kürzer als der folgende getheilte, dessen Höhe der Basis- 
länge der Flosse gleichkommt; die übrigen Strahlen nehmen allmälig 
an Länge ab, so dass der letzte um !/ı niederer als der erste erscheint. 
Die Fettflosse ist lang, aber mässig hoch, ihre Basis erreicht 1?/3 Kopf- 
längen, sie steht vom Ende der 1. Dorsale nahezu gleich weit ab, wie 
vom ersten completen Randstrahle der Caudale. — Von den Anal- 
strahlen sind der 3. bis 5. getheilte, nahezu gleich hoch (von !/a Kopf- 
länge), der 7. ist bis zur Basis gespalten und kann als doppelter gezählt 
werden, doch scheint er nur auf einem einfachen Träger aufzusitzen ; die 
vorderen ungetheilten Strahlen nehmen rasch an Länge zu. Die Brust- 
flossen erreichen nicht völlig ?/s der Kopflänge, die Ventralen sind 
etwas kürzer. Die Caudale ist tief gabelig eingeschnitten, die beiden 
Lappen am hintern Rande bei jüngeren Individuen stark abgerundet, bei 
älteren mehr zugespitzt und bald gleich lang (nicht ganz von Kopfes- 
länge), bald der obere etwas länger. — Die Urogenitalpapille ist dem 
After genähert, der zwischen den Bauchflossen in deren 1/2 Länge liegt. 
Der innere Bau verhält sich wie bei andern Arten dieser Gattung. (Bei 
einem Exemplare ist das Bauchfell mit schönen eingerollten Nematoden 
[Spiropteren ?] besetzt.) 

Die Seitenlinie sendet zwar keine längeren knöchernen Neben- 
röhrchen ab, doch scheinen zahlreiche häutige Kanäle mit ihr in Ver- 
bindung zu sein, die über und unter ihr schief auslaufen und wohl die 
parallelen oft dunkel gefärbten Streifen veranlassen, die auch an den 
Abbildungen der 3 Pimelodus-Arten Günther’s angedeutet sind. Sie 
verästeln sich deutlich und sind oberhalb der Seitenlinie viel zahlreicher 
und unregelmässiger als unterhalb derselben. 

Färbung. Grundfarbe röthlichbraun, längs der Seitenlinie eine 
schwarzbraune Binde (wie bei Pim. elongatus Günth.); Rücken- und 
Afterflosse sind längs der Basis, so weit der dickere Ueberzug der 
Körperhaut hinaufreicht, dunkel, öfters schwärzlich, hierauf folgt eine 
helle Längsbinde und gegen den Saum wieder dunklere Färbung. Bei 


einem sehr gut erhaltenen Exemplare ist die Flossenhaut der Dorsale 


52 


zwischen den beiden letzten Strahlen mit einem grossen schwarzen 
Augenflecke geziert. 

Totallänge: von 5% bis 111% Zoll W. M. — 

Fundorte: Rio Chagres, Guajaquil und Neu-Granada. 


Familie: Trichomycterini. 


Gattung: Trichomycterus, C. V. 
1 Art’ Trich. taenia, n. — Tat. VL rip. 1.2) 


Char. Caput versus os attenuatum, fere cordiforme, septimam longitudinis 
totalis partem vix constituens, oculi minimi, pinna caudalis truncata ; 
taenia lata longitudinalis nigricans et supra hanc punctula obscura, 


seriatim posita. 
1-12 
D.’a6 Rn. 3a, Pi, V.5, 0. 
7—8 


Diese in Totalhabitus, Grösse und Färbung an unsere Cobitis taenia 
mahnende Art unterscheidet sich durch geringe Anzahl der Dorsal- 
strahlen von Trichom. punctulatus, areolatus und maculatus, durch die 
breite seitliche Längsbinde von Tr. Incae, gracilis und barbatula C. NV. 
und Macraei Gir., ferner durch die starke Bewaffnung des Deckels und 
Unterdeckels von Tr. inermis Gay, durch gestreckte Gestalt von Tr. 
Pentlandü, picetus und punctatissimus Cast. und endlich durch die drei- 
eckige Form des Kopfes und die nicht gabelige Schwanzflosse von Tr. 
pusillus Cast. 

Der breitgedrückte Kopf erscheint von oben gesehen fast herz- 
förmig und ist nur wenig breiter als lang, seine Länge misst kaum Yr 
der Gesammtlänge, seine Höhe blos dessen halbe Länge. Die länglich 
runden Augen sind sehr klein und nach oben gerichtet, die Stirnbreite 
zwischen ihnen beträgt 3 Augendurchmesser. Die Narinen liegen 1 
Diameter von den Augen entfernt, die vor ihnen stehenden langen 
Barteln reichen zurückgelegt bis zum Ende des Kopfes, werden aber 
von den beiden an den Mundwinkeln sitzenden Bartelpaaren sowohl an 


1) Fig. 1.a der Taf. VI. gehört zu Fig. 2. 


53 


Länge wie an Stärke noch übertroffen, indem die oberen bis zur Basis 
der Brustflossen reichen. Die Mundspalte ist endständig, ihre Breite 
erreicht nicht völlig die halbe Kopflänge, die Lippen sind dick. Zwischen- 
und Unterkiefer sind mit 2 Reihen mehr oder minder dicht stehender 
spitziger Zähnchen bewaffnet, die wegen ihrer geringen Grösse und der 
dicken papillösen Lippen kaum mit freiem Auge sichtbar und selbst 
mit der Loupe nicht genau zählbar sind. Die Unterlippe bildet gegen 
den Mundwinkel eine herabhängende Falte, die sich als unterer Bart- 
faden fortsetzt. Die Wangen und Deckelstücke sind von dicker Haut 
überkleidet, aus welcher die in 3 bis 4 Reihen stehenden Dornen des 
Deckels und Unterdeckels vorragen. Diese Dornen sind gerade, schlank, 
die der letzten Reihe bedeutend länger, als die voranstehenden. 

Der Vorderrücken steigt vom Hinterhaupte in einem ansehnlichen 
Bogen auf, so dass die grösste Leibeshöhe daselbst der Kopflänge gleich- 
kommt. Schon vor Beginn des 2. Drittels der Totallänge läuft aber die 
Profillinie des Rückens völlig geradlinig und zugleich nimmt die Breite 
des Rumpfes ab, Hinterbauch und Schwanzstiel sind stark compress. — 
Die Rückenflosse beginnt 4 Kopflängen hinter dem Schnauzenrande und 
steht dagegen nur 3 Kopflängen vom Saume der Caudale ab; ihr 2. und 
höchster Gliederstrahl erreicht ?/s der Kopflänge und übertrifft die Länge 
ihrer Basis nicht unbedeutend. Die Afterflosse entspringt unter dem Ende 
der Dorsale und ist mitihr gleich hoch; die Basis beider Flossen ist von 
dicker Haut umhüllt. Die Brustflossen sind nahe dem Bauchrande ein- 
gelenkt, ihr 1. ungetheilter Strahl ist in einen kurzen Faden verlängert, 
aufihn folgen 6 ziemlich gleich lange Gliederstrahlen, die 2 mal dichotom 
getheilt sind. Die Brustflossen stehen fast genau in '/ Totallänge und 
reichen nieht ganz bis zur Analgrube zurück. Die Caudale, deren längste 
Strahlen nahezu der Kopflänge gleichen, ist fast senkrecht abgestutzt. 
Die Zahl der vor den 13 eigentlichen Strahlen befindlichen Stütz- oder 
Pseudostrahlen lässt sich zufolge der sie umhüllenden Haut nicht genau 
angeben, doch ist sie am unteren Lappen jedenfalls bedeutend geringer. 
Auch treten sie weniger als bei anderen Arten über die Ränder des 
Schwanzstieles vor, so dass die obere und untere Profillinie parallel und 
fast gerade fortlaufen und mit dem Saume der senkrecht abgestutzten 
Caudale nahezu einen rechten Winkel bilden. 


54 


Färbung. Die Grundfarbe des Körpers ist gelblichbraun; längs der 
Seiten verläuft in halber Höhe eine breite schwärzliche Binde, die am 
Kiemendeckel beginnt und bis über die Basis der Afterflosse reicht. 
Ueber derselben liegen 2 Reihen dunkler Flecken, von denen (bei 1 Exem- 
plare) die untere in eine zweite schwächere Binde verschwimmt, welche 
von der breiteren Hauptbinde nur durch einen schmalen gelblichen Längs- 
streifen getrennt erscheint. Die Oberseite des Kopfes ist schwärzlich 
gefleckt, alle Flossen aber sind einfärbig. 

Es wurden 3 Exemplare von 2° 7’ bis 2‘ 11°“ Länge untersucht, 
die im Staate Ecuador am westlichen Abhange der Andes gesammelt 
wurden. 


%. Art: Trich. laticeps, n. — Taf. VI. Fig. 2 nat. Gr.!) — 


Char. Caput valde depressum, fere quadrilaterum, oris latitudo dimidiam 
capitis longitudinem superans, haec ad longitudinem totalem = 1:7; 
trunci latera nigromaculata et strüs transversis 16—20 albicantibus 
dilutis ornata. 


Da Aa. oa 


Während bei der soeben beschriebenen Art der Kopf sich herz- 
förmig zuspitzt, erscheint er hier seiner ganzen Länge nach fast gleich 
breit, wie diess in gleicher Weise bei keiner der uns bekannten Arten 
dieser Gattung der Fall ist. Die Länge des Kopfes beträgt zwar auch 
hier, wie bei der vorigen Art '/ der Totallänge, doch kommt ihr, wie 
gesagt die Breite desselben fast gleich; er ist überdiess stark depress 
und seine Oberseite beinahe flach. Die kleinen länglich runden Augen 
liegen in halber Kopflänge und sind 1/3 derselben von einander entfernt. 
Die vordere Narine liegt an der Innenseite der Basis des Nasenbartels, 
hinter ihr und etwas nach einwärts gewahrt man die 2. fast dreieckige 
Nasenöffnung, deren längerer Durchmesser kaum !/s der Kopflänge misst; 
die Stirnbreite zwischen den hintern Narinen beträgt 2 solcher Durch- 
messer. Die Breite der quer gestellten Mundspalte übersteigt die !/a Kopf- 


1) Hieher gehört Fig. 1. a der Taf. VI. 


55 


länge. Zwischen- und Unterkiefer sind mit einer Doppelreihe von Zähnen 
bewaffnet, und zwar besteht die vordere Reihe in beiden Kiefern jeder- 
seits aus 8—9 flachgedrückten Zähnchen, die schmalen Schneidezähnen 
mit schwach gewölbter Schneide ähnlich sind und nicht eine geschlossene 
Reihe bilden, sondern durch Zwischenräume von einander getrennt 
bleiben. Nahe hinter ihnen stehen in 2. Reihe jederseits 13—14 ähn- 
liche aber noch kleinere Zähne in einer geschlossenen Reihe. — Die 
Zwischenkieferbarteln reichen über das Ende des Kopfes zurück und 
sind nur wenig kürzer als die oberen Barteln am Mundwinkel, die an 
ihrer Basis bandartig sich verbreitern und zurückgelegt über die Ein- 
lenkung der Brustflossen hinausreichen. Der untere Bartfaden des Mund- 
winkels ist an seinem Ursprunge mit dem oberen verbunden und mit 
dem Magen- oder Zwischenkieferbartel gleich lang, nach abwärts setzt 
er sich als Unterlippenfalte fort. Die Dornspitzen des Unterdeckels sind 
schwächer als bei der vorigen Art und stehen nur in 2facher Reihe. 
Die grösste Leibeshöhe kommt der Ya Kopflänge nahe und fällt in die 
Gegend des Ueberganges vom Hinterhaupte zum Vorderrücken. Die 
Dorsale steht um 1 Kopflänge dem Mundrande näher als dem Ende der 
Schwanzflosse und ist gleich hoch wie lang. Bald hinter ihr beginnen 
die von dicker Haut überhüllten oberen Rand- oder Pseudostrahlen der 
Caudale, deren Anzahl über 20 beträgt. Die Afterflosse beginnt etwas 
weiter zurück als die Dorsale, deren letztem Strahle gegenüber sie aber 
endet und mit der sie gleiche Höhe besitzt. Die Zahl der hinter ihr 
beginnenden unteren Stütz- oder Randstrahlen der Schwanzflosse ist 
geringer und beläuft sich nur auf 15—16; die Länge der gegliederten 
Strahlen der ebenfalls senkrecht abgestutzten Caudale beträgt 1 Kopf- 
länge. Der 1. Pectoralstrahl ist bereits gegliedert, aber noch ungetheilt 
und fadenförmig fast bis zur Kopflänge vorgezogen. Die Bauchflossen 
stehen etwas vor halber Totallänge, reichen zurückgelegt kaum bis zur 
Analgrube und somit auch kaum bis unter den Anfang der Rückenflosse. 

Färbung. Die Grundfarbe des Körpers ist olivengrün, Kopf und 
Rumpf sind mit zahlreichen schwärzlichen runden Flecken übersät, die 
ganze Unterseite und älle Flossen sind ungefleckt. An einem Exemplare 
gewahrt man, jedoch nur rechterseits, 16—20 vertikale blaulich weisse 
Parallelstreifen oder schmale Binden an den Seiten des Bauches, welche 


56 


die untere Hälfte des Rumpfes von den Brustflossen bis zur Anale ein- 
nehmen und nach rückwärts allmälich verschwimmen;; viele dieser Längs- 
streifen sind beiderseits von einer schwärzlichen Linie eingesäumt. 

Von dieser Art liegen uns nur 2 Exemplare von gleichem Fund- 
orte wie die vorige vor, von denen das grössere 3 7’ W. M. lange 
ohne Zweifel ein Weibchen ist, da ihm jede Spur einer Genitalpapille fehlt. 


Familie: Loricati. 
Gattung: Loricaria, Linn. 
1. Art: Lor. uracantha, n. — Taf. VI. Fig. 3. 


Char. Longitudo totalis ad illam capitis = 5 : 1, oculi diameter longitudi- 
nalis quintam capitis longitudinem adaequans;, radius terminalis lobi 
superioris pinnae caudalis osseus, valde incrassatus, porus pectoralis 


nullus; — taenia transversa lata nigrescens, truncum- retro pinnam 
dorsalem cingens. 
1! 
D. KtsA.03/5 done, 
1 


Die auffallende Verdickung des oberen Randstrahles der Schwanz- 
flosse in einen breiten Knochenstrahl, wie wir sie bei keiner Art in 
gleicher Weise kennen, bestimmt uns diese Art als neu anzusehen, ob- 
wohl sie übrigens bekannten Arten wie Zor. acuta C. V. und insbeson- 
dere Lor. castanea Cast. pl. 23 Fig. 4 im Umrisse des Kopfes sehr 
nahe steht. 

Die Totallänge verhält sich zu der des Kopfes wie 5:1, die Länge 
des letzteren zu seiner Breite = 1: °/ı und diese selbst gleicht dem halben 
Abstande der Analgrube von der Schnauzenspitze. Der vordere Augen- 
rand steht genau in halber Kopflänge, der Längendurchmesser des 
Auges sammt hinterem Ausschnitte beträgt Ys, der kürzere quere '/s 
der Kopflänge, die Stirnbreite zwischen den Augen 2 solcher queren 
Durchmesser. Die doppelten Narinen liegen in einer dreieckigen Grube, 
deren Längsdiameter dem des Auges gleicht; die Stirn zwischen den 
erhobenen Schildern des oberen Augenrandes ist flach, ungekielt, die 


57 


fein bezahnten Schilder des Kopfrandes ringsum greifen nur wenig nach 
der Unterseite über. Die grossen nackten Mundsegel sind an der Vorder- 
fläche stark papillös und bilden seitlich ein kurzes einfaches Bartel. 
Das hintere oder Unterkiefersegel ist in der Mitte schwach eingebuchtet 
und am Rande mit kurzen Zotten behängt. In beiden Kiefern stehen 
8—10 (vielleicht bis 12) ziemlich grosse Zähne, die tief gabelig in 2 lange 
braune Spitzen getheilt sind. — Das mediane Occipitalschild ist breit 
und geradlinig abgestutzt, von den 3 folgenden praedorsalen Schildern 
das letzte am grössten, keines derselben deutlich gekielt. Auch an den 
Seiten des Rumpfes sind die Kiele der beiden bei allen Arten gekielten 
Schilderreihen nur schwach, bleiben an 14—15 Schildern getrennt und 
blos an den letzten 12—13 Caudalen vereinigt. Der Bauch ist gänzlich 
beschildert und zwar vorne mit mehrmals 10 irregulären Schildchen in 
der Querreihe, die nach rückwärts allmälich grösser werden, so dass 
die letzte zwischen den Bauchflossen gelegene Querreihe nur noch aus 
3 Schildern besteht. 

Die Höhe der Dorsale ist geringer als 1 Kopflänge, ihr Ende genau 
2 Kopflängen von der Nasenspitze entfernt, die Länge der Strahlen 
nimmt gleichmässig ab und der letzte ist bis zur Basis gespalten. Die 
Bauchflossen entspringen unter dem Beginne der Dorsale, sind kurz und 
reichen blos.bis zum 1. Analstrahle zurück, die Brustflossen aber nicht 
einmal bis zu den Ventralen. Die etwas längere Afterreihe erreicht 
zurückgelegt das 6. Caudalschild hinter ihr. Die ersten ungetheilten 
Strahlen aller dieser Flossen sind zwar verdickt, an der Spitze aber 
gleichwohl biegsam und mit nur wenig stärkeren Zähnchen besetzt als 
die Kopf- und Rumpfschilder. An der Caudale, deren Länge zufolge 
der abgebrochenen Strahlenspitzen nicht genau anzugeben ist, erscheint 
dagegen der obere Rand- oder Hauptstrahl in einen so starken, com- 
pressen, völlig unbiegsamen Knochenstrahl verdeckt, wie diess bei keiner 
Art bekannt ist. Selbst bei dem jüngeren der beiden xemplare fällt 
diese Verdickung schon auf, von der sich selbst bei grossen und alten 
Individuen anderer Arten nur eine schwache Andeutung findet. Ueber- 
diess ist auch der-untere Endstrahl bei dieser Art dicker als gewöhn- 
lich, bleibt aber ‘doch weich und biegsam, 


Abh.d. II. Cl. d. k. Ak. d. Wiss. X. Bd. I. Abth. 8 


58 


Ein Porus pectoralis fehlt wie bei Lor. laeviuscula, mit der unsere 
Art auch in der nackten Haut übereinstimmt, die zwischen den 6—7 
Randschildern des Bauches und der darüber liegenden unteren Reihe 
gekielter Schilder frei bleibt. Die 3 verlängerten Stützschilder, welche 
die Basis der Caudale überlagern, sind klein, das mittlere am kleinsten. 

Die Färbung ist verwaschen, doch hinter der Basis der Dorsale 
ein breites schwärzliches Querband erkennbar, dem bei 1 Exemplare 
weiter zurück noch Spuren eines 2. und 3. (so wie bei Lor. maculata) 
folgen. Weder am Kopfe noch am Rumpfe gewahrt man schwarze oder 
anders färbige Punkte und Flecken, nur an den Strahlen sämmtlicher 
Flossen sind schwärzliche verwischte Färbungen zu erkennen. 


Totallänge des grösseren Exemplares 5!) W. M. 


Fundorte. Aus Neu-Granada und dem Rio Chagres. 


2. Art: Lor. lima, Kner. 


In der I. Abtheilung der ‚„Panzerwelse des kaiserlichen Hofnatura- 
lienkabinetes zu Wien“ von Dr. R. Kner (Denkschriften der kaiserlichen 
Akademie, Jahrgang 1855) findet sich auf 8. 25 die kurze Beschreibung 
und auf Taf. 6 Fig. 1 die Abbildung dieser auf ein trockenes, schlecht 
erhaltenes Unicum begründeten Art vor, von dem auch die nähere An- 
gabe des Fundortes fehlt. Wir glauben nunmehr in 4 aus dem Rio 
Chagres stammenden Exemplaren diese Art wieder zu erkennen, obwohl 
sie, wie aus nachfolgenden Angaben erhellen wird, in mehreren Puncten 
nicht unwesentlich von jenem Unico abweichen, die jedoch allerdings 
auf Rechnung des mangelhaften Erhaltungszustandes fallen können. Da 
sie aber jedenfalls einander sehr nahe stehen, verzichten wir auf die 
Aufstellung unserer Exemplare als neue Art, die wir doch nur als 
fraglich bezeichnen könnten. 

Die Kopflänge ist etwas über 5mal in der Totallänge enthalten, 
die Breite desselben (ohne Bart) = ?/3 seiner Länge, der hintere Augen- 
randausschnitt mässig und bei den einzelnen Exemplaren ungleich gross. 
Der Abstand der Augen von der Schnauzenspitze beträgt 31/a—4, vom 
vorderen Rande der Nasengrube 1, die Stirnbreite zwischen beiden 1!/a 


59 


Augendurchmesser (ohne Ausschnitt).!) Der Umriss des Kopfes verhält 
sich fast genau wie bei Lor. lima, dessgleichen die Kopfschilder, nur 
sind die Kiele an dem medianen Oceipital- und den folgenden 2 Prae- 
dorsalschildern blos schwach angedeutet. Der dichte Schnurrbart an 
den Seitenrändern des Kopfes beginnt schon in einer Querlinie mit der 
Zahnreihe des Zwischenkiefers, nämlich 1 Augendiameter von der Nasen- 
spitze entfernt und reicht bis an den oberen Winkel der Kiemenspalte. 
Er besteht aus weisslichen borstenähnlichen dünnen Dornen mit feiner 
rückwärts gekrümmter Spitze, die wie bei Zor. barbata und den Ancistrus- 
Arten quer aufstellbar sind. In der Mitte ist dieser Schnurrbart am dich- 
testen und längsten, und hiedurch erscheint der Querdurchmesser des 
Kopfes in der Augengegend breiter als am Hinterhaupte, da hier die Borsten 
wieder kürzer werden. Der Bart greift auch an die Unterseite viel 
weiter über als bei Lor. barbata Kn. und stösst unmittelbar an die Eck- 
barteln an. Die Mitte der Nasenspitze bleibt nackt. — Das vordere 
Lippensegel ist kurz, das hintere gross, ungetheilt, dicht mit grossen 
rundlichen Papillen besetzt und am Saume ringsum mit kurzen Fransen 
behängt; die sehr deutlichen Eckbarteln erscheinen gleichfalls durch 
Papillen zottig. In jeder Kieferhälfte stehen beiläufig 10—11 gablig 
getheilte Zähne von mässiger Grösse. 

Die Zahl der Flossenstrahlen ist dieselbe wie bei andern Loricarien. 
Die Dorsale beginnt genau im 2. Drittel der Körperlänge und unter ihr 
stehen die Bauchflossen, welche bis zur Anale zurückreichen. Die 
Strahlen von allen 3 genannten Flossen sind fast gleich lang und zwar 
von ?/s Kopfeslänge. Die Brustflossen dagegen sind kürzer und reichen 
nur bis zur Einlenkung der Ventralen; ihr 1. verdickter, aber an der 
Spitze noch biegsamer Strahl ist gleich den folgenden an der Oberseite 
dicht mit einem Pelze nach vorne gekrümmter dünner Haken besetzt. 
Die längsten Strahlen der kleinen, schief abgestutzten Caudale messen 
nicht !/s der Totallänge, ihr oberer Rand- oder Hauptstrahl ist ein fast 


1) Bei dem trockenen Originalexemplare weichen diese Maassverhältnisse in folgender 
Weise ab: Körperlänge zur Kopflänge wie 4/2:1, Stirnbreite zwischen den Augen 2, Ab- 
stand derselben von der Schnauzenspitze 5, vom vorderen Rande der Nasengrube 2 Augen- 
diameter. Diese Differenzen dürften allerdings schwer blos aus dem Erhaltungszustande 
zu erklären sein. 


g* 


60 


eben so dicker Knochenstrahl wie bei der vorigen Art, läuft aber gleich- 
wohl in eine weiche biegsame Spitze aus, die sich nicht fadig zu ver- 
längern scheint. — Die Beschildung des Rumpfes verhält sich wie 
bei Lor. uracantha. Längs 15—15 Seitenschildern erstreckt sich der 
getrennte doppelte Kiel, der dann an eben so vielen (15—13) folgenden 
Schildern einfach erscheint. Zwischen der Rücken- und Schwanzflosse 
liegen 17—19, zwischen letzterer und der Anale 16—17 Schilder; die 
3 seitlichen Stützschilder der Caudale sind kurz, das mittlere am kleinsten. 
Ein kleiner aber deutlicher Porus pectoralis ist vorhanden. 

Färbung. Die Grundfärbung wie gewöhnlich; 2—3 dunkle Quer- 
binden zwischen der Dorsale und Caudale wie auch schwarze Flecken 
an den Flossen sind, obwohl nicht deutlich abgegränzt, hier gleichfalls 
wie bei der vorigen Art erkennbar. 

Totallänge des grössten Exemplares 7’. 


Von der zweiten Gruppe der Loricaten, den Hypostomiden, liegen 
uns 2 Arten vor, und zwar 1 Hypostomus in 3 Exemplaren aus Neu- 
Granada und 1 Ancistrus aus dem Rio Chagres. Ersterer stimmt zwar 
mit keiner bekannten Art völlig genau und stellt eine vermittelnde 
Form dar zwischen den hochköpfigeu Arten mit zugespitzter Schnauze 
und den flacheren mit schwach gekielten Kopfschildern und breiter ab- 
gerundeter Schnauze. Doch glauben wir ihn nur als Varietät von Hyp. 
plecostomus GC. V. ansehen zu dürfen, da er jedenfalls dieser weit ver- 
breiteten Art zunächst steht und nur in solchen Verhältnissen abweicht, 
die auch bei verschiedenen Individuen anderer anerkannter Species oft 
nicht unbedeutend schwanken und von denen wir die bemerkens- 
wertheren hervorheben wollen. 

Der Kopf erscheint bei unseren Exemplaren etwas niederer, da so- 
wohl der mediane Occipitalkiel, wie auch die seitlichen temporalen 
Kiele weniger scharf sind. Stellung und Durchmesser der Augen verhalten 
sich bei den 2 kleineren Individuen genau wie bei »plecostomus, bei dem 
grössten dagegen sind sie etwas kleiner und mehr als 4 Diameter von 
der Nasenspitze entfernt. Bedeutender erscheint aber die breitere Mund- 
spalte und demnach auch die grössere Zahl der Zähne in jeder Kiefer- 


61 


hälfte, die hier durchschnittlich 40 beiderseits beträgt, während Cuvier 
und Valenciennes beiläufig 30 für plecostomus angeben und in der Ab- 
handlung: ‚die Hypostomiden von Kner“ (Denkschriften der kaiser- 
lichen Akademie VII. Bd. 1854, pag. 14) nur von 16—18 aufrecht 
stehenden Zähnen in jeder Kieferhälfte gesprochen wird. Die Differenz 
in diesen Angaben ist so gross, dass man versucht sein könnte, in un- 
seren Exemplaren aus Neu-Granada etwa den Hyp. auroguttatus Natt. 
Heck. zu vermuthen. Doch unterscheidet sich dieser ganz bestimmt 
durch eine noch breitere und vorne kreisrunde Schnauze, gänzlichen 
Mangel von Kielen am Kopfe, sehr schwachen längs der Seiten, völlig 
abweichende Färbung und endlich durch noch viel längere Kieferstücke 
in deren jedem über 60 Zähne stecken. Das Bedenken, welches durch 
die Differenz in der Zahlenangabe der Zähne gegen die Deutung unserer 
fraglichen Exemplare als Hyp. plecostomus sich aufdrängt, verliert jedoch 
viel von seinem Gewichte, wenn man erwägt, dass die beweglichen 
dünnen Zähne der Hypostomiden überhaupt theils leicht ausfallen, theils in 
den vertieften Kiefern verborgen liegen und von denen daher bald einige 
Zähne mehr, bald weniger in die Augen fallen. Unter solchen Umständen 
dürfte es wohl nicht räthlich sein, die grössere oder kleinere Zahl von 
Zähnen allein als Unterscheidungsmerkmal von Arten zu benützen. An- 
dere verlässliche Anhaltspunkte, um unsere Exemplare von plecostomus zu 
trennen, vermögen wir aber nicht aufzufinden. (Vergleiche übrigens das 
in der citirten Abhandlung auf Seite 13 Eingangs der Beschreibung von 
Hyp. plecostomus Gesagte.) 

Der 2. uns vorliegende Hypostomide entspricht ohne Zweifel dem 
Ancistrus (Hypostomus) cirrhosus und kann höchstens als Varietät des- 
selben angesehen werden, indem er in allen Zahlen- und Maassver- 
hältnissen übereinstimmt, mit alleiniger Ausnahme der dem Auge etwas 
näher gelegenen Narinen, deren Abstand bei A. cörrhosus aus dem Rio 
branco und Gnapore meist 1Y2, hier aber nur 1 Augendurchmesser be- 
trägt (bei Anc. Karsteni Kröy. blos !/a Diameter). — Das Unicum ist 
ein erwachsenes Männchen. 


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9 E 


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Ueber die 


hydrographischen Verhältnisse und das Vorkommen 


der 


Süsswasserfische 


in den 


Staaten Panama und Ecuador. 


Ein Beitrag zur Zoogeographie Amerika’s 


von 


Prof. Moritz Wagner. 


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Ueber die 


hydrographischen Verhältnisse und das Vorkommen 


der 
Süsswasserfische 
in den 


Staaten Panama und Eeuador. 


«Ein Beitrag zur Thiergeographie Amerika’s 
von 


Dr. Moritz Wagner. 


Als der unbekannteste Theil von Mittelamerika sowohl hinsichtlich 
der Geographie und Ethnographie als der beschreibenden Naturgeschichte 
wurde noch vor wenigen Jahren das schmalste Land des Welttheils, 
jener langgestreckte Isthmus, bezeichnet, welcher von der Nordgrenze 
der Provinz Choco bis zur Südgrenze des Staates Costarica, zwischen 
7° und 9° N. B. und 77° und 83° W. L. v. Gr. sich ausdehnt und 
das Territorium der drei Provinzen Darien, Panama und Veragua um- 
fasst. Von ihren Binnengegenden bemerkte Humboldt: dass sie noch 
eben so wenig durchforscht seien wie das Innere von Afrika und 
Patagonien. Die Flora dieses Isthmusgebietes, dessen Flächeninhalt auf 
1465 deutsche Quadratmeilen geschätzt wird, also etwas grösser ist, 
wie der des Königreichs Bayern, ist zwar seitdem sporadisch durch den 
verdienstvollen Botaniker Dr. Berthold Seemann, den Begleiter der 
brittischen Herald-Expedition, untersucht worden; doch beschränkten 


sich seine Excursionen nur auf wenige Punkte der Südseeküste und der 
Abh. d. II. Cl.d. k. Ak. d. Wiss. X. Bd. I. Abth. I 


66 


Cordillere von Veragua. Die Fauna war ganz unerforscht geblieben. 
Mein dortiger einjähriger Aufenthalt hatte den besonderen Zweck, neben 
einigen hypsometrischen und geögnostischen Arbeiten, welche in den 
noch unexplorirten Gebirgsgegenden einigen Nutzen für die physikalische 
Geographie versprachen, auch über das Thier- und Pflanzenreich des 
Isthmus und deren geographischen Zusammenhang mit den Faunen und 
Floren von Südamerika einerseits, von Costarica und Guatemala ander- 
seits, so umfassende Beobachtungen anzustellen, als die ausserordentlich 
grossen Hindernisse von Seiten des Klima’s, der Bodenbeschaffenheit und 
der Bevölkerung gestatten würden. 

Die Sammlungen aus den verschiedenen Thierklassen, welche ich 
von dort an die zoologisch-zootomische Staatssammlung in München 
einsandte, sind ebenso wie die früher während der Jahre 1853 und 1854 
in den mittleren und nördlichen Staaten Centralamerika’s von mir ge- 
sammelten Wirbelthiere, Insekten und Conchylien seitdem verschiedenen 
kenntnissreichen Specialforschern zur Einsicht und systematischen Be- 
stimmung mitgetheilt worden.!) Es liegen hier vorläufig die Ergebnisse 
der Untersuchung meiner ichthyologischen Ausbeute durch Herrn Professor 
Rudolph Kner und Dr. Steindachner vor, denen zur nothwendigen 
Vergleichung das reiche ichthyologische Material des kaiserlichen Natura- 
lienkabinets in Wien zur Verfügung stand. Im Interesse der Zoogeo- 
graphie Amerika’s, wie der physischen Erdkunde überhaupt, halte ich 
es für angemessen, der descriptiven Abhandlung dieser ausgezeichneten 


1) Die Säugethiere und Amphibien aus Costarica, unter denen verhältnissmässig ziemlich viele 
neue Arten sind, hat Dr. Fitzinger in Wien bestimmt. Die Insekten, Land- und Süsswasser- 
conchylien aus den nördlichen Provinzen Centralamerika’s, welche der Staatssammlung in 
München einverleibt wurden, sind erst theilweise untersucht. Den Herren Cabanis, Peters, 
Jan verdanken wir die systematische Bestimmung der Vögel und Amphibien aus Panama 
und Ecuador. Herr Dr. Saussure in Genf hatte die Güte, die mühevolle Bestimmung der 
Hymenopteren, auf deren möglichst vollständige Sammlung ich wegen der Wichtigkeit dieser 
Insektenordnung für die Zoogeographie besondere Sorgfalt verwandte, zu übernehmen. 
Diesem geistvollen Naturforscher, welcher Mexiko mehrere Jahre bereiste, verdanke ich 
auch höchst interessante Mittheilungen über die geographische Verbreitung der. Hyme- 
nopteren Amerika’s, auf welche ich in einer später folgenden Abhandlung zurückkommen werde. 
Leider hat Herr Saussure über seine ichthyologische Ausbeute in Mexiko noch nichts veröffent- 
licht. Die Kenntniss der dorticen Süsswasserfische wäre zur Vergleichung mit den im 
Isthmus von Panama vorkommenden Formen für die Thiergeographie Amerika’s von be- 
sonderem Werth. 


67 


Ichthyologen eine eingehende Darstellung der hydrographischen Verhält- 
nisse von Panama und Ecuador und des davon abhängigen Vorkommens 
der Süsswasserfauna folgen zu lassen. 

Der Gebirgsbau und die Hydrographie des Isthmusstaates Panama, 
der durch seine Lage und Weltstellung für die Länder- und Völker- 
kunde überhaupt von unermesslicher Wichtigkeit ist, bietet auch für die 
geographische Verbreitung der Organismen ein ganz besonderes Interesse 
dar. Ein aufmerksamer Blick auf die Karte des westlichen Welttheils 
genügt, um die Eigenthümlichkeit der horizontalen Gliederung dieses 
Landes im Vergleich mit der Configuration von Nord- und Südamerika 
zu würdigen. Von einem Ocean zum andern reichend nimmt der Staat 
Panama den ganzen Querdurchmesser Amerika’s in dessen Centrum ein, 
bildet also das verbindende Glied der beiden Continentalhälften, welche 
einstmals getrennte Inseln waren.) 

Tierra firme, das ‚feste Land,“ war der Name, mit welchem die spa- 
nischen Geographen und Geschichtschreiber des 16. und 17. Jahrhun- 
derts die drei von Columbus entdeckten Provinzen Veragua, Panama 
und Darien bezeichneten, im Gegensatz zu den ‘abgetrennten Gliedern 
dieses Festlandes, der Inselwelt der Antillen, welche den Spaniern ein 
Jahrzehent früher bekannt geworden. Erst weitere zehn Jahre nach 
der Landung von Columbus in Veragua, als der kühne Vasco Nusez 
de Balboa 1513 die Cordillere von Darien überschreitend das stille 
Weltmeer entdeckt hatte, erkannte man, das diese „terra firme“ nur 
aus einem schmalen Isthmus bestand und den trennenden Damm von 
zwei Ozeanen bildete.) Wie er die direkte Schifffahrt vom karaibischen 


1) Zur näheren Einsicht in die Configuration und die hydrographischen Verhältnisse des 
Isthmus von Panama und Darien verweise ich auf die Specialkarte von H. Kiepert, welche 
nach der Originalkarte des Obristen Codazzi reducirt ist. Weniger genau sind in Betreff 
der Gebirgszüge und Flussläufe die Karten von Dr. Authenrieth und John Baily’s: 
„Map of Centralamerica.“ Von der Hydrographie der eigentlichen Landenge von Panama, 
des Isthmus von San Blas und der Provinz Chiriqui (West-Veragua) geben die Specialkarten, 
welche Dr. Petermann in den Jahrgängen 1861, 1862 und 1863 seiner geographischen 
Mittheilungen nach den Aufnahmen von Oberst Totten und von mir veröffentlichte , ein 
annähernd getreues Bild. 

2) Die drei ältesten Karten der „Tierra firme“ aus dem Atlas des Vaz Dourado, welche die 
kgl. bayerische Akademie der Wissenschaften nach einer im Besitze der kgl. Staatsbibliothek 
zu München befindlichen Handschrift v. J. 1580 herausgegeben, stellen, obwohl etwas plump 
und roh gezeichnet wie die meisten Karten des sechszehnten Jahrhunderts, die Dimensionen 


9* 


68 


Meer zur Südsee hemmt, so setzt dieser Isthmus, der im Mittel einen 
Durchmesser von 11 bis 12 geographischen Meilen hat und an- seiner 
schmalsten Stelle bis fast 7 Meilen sich verengt, der Wanderung und 
Vermischung der Organismen beider Meere eine Schranke, welche nur 
durch zufällige Umstände überschreitbar ist. 
Darwin hat in seinem inhaltreichen Werk: „über die Entstehung 
der Arten“ in den verschiedenen Kapiteln, welche die geographische 
Verbreitung der Thiere behandeln, unter anderm behauptet, dass die 
beiden von einer schmalen Landenge getrennten Ozeanfaunen nicht eine 
Art von Fisch, Weichthier oder Krustenthier gemeinsam hätten.!) Den 
Beweis für diese Annahme ist der berühmte Forscher, der die Landenge 
von Panama nicht selbst besucht hat, schuldig geblieben. Grössere 
Sammlungen von Seethieren sind an beiden Isthmusküsten noch nicht 
gemacht worden. Das Vorkommen der gleichen Süsswasserfische und 
Schnecken an den Flussmündungen beider Meere, derselben Species von 
Salzpflanzen an beiden Litoralgürteln und derselben Arten von strand- 
laufenden Coleopteren aus den Familien der Cicindeliden und Melasomen, 
welche sich niemals weit landeinwärs verbreiten, würde allein schon 
hinreichend gegen diesen absoluten Ausspruch einer vollständigen Faunen- 
verschiedenheit sprechen. Ich selbst habe aber am Strande beider 
Ozeane zum Theil dieselben Muschelspecies gesammelt und auf den Fisch- 
märkten von Aspinwall und Panama, also an beiden entgegengesetzten 
Küsten, auch einige wenige Fischarten von unzweifelhafter Identität 
bemerkt, denen die Eingebornen dieselben Namen gaben. Eine absolute 
Artentrennung beider Meeresfaunen, die doch nur eine verhältnissmässig 
schmale und niedere Schranke scheidet, wäre auch mit anderen Angaben 
Darwin’s hinsichtlich der zufälligen Verbreitungsmittel, deren sich die 
Natur bedient, in schroffem Widerspruch. Jene Angabe ist also nur für 


Centralamerika’s bereits mit einer vergleichweise annähernden Richtigkeit dar. Die Ver- 
engung des Continents westlich vom Golf von Uraba und die damit verbundene schroffe 
Aenderung der Küstenrichtung beider Ozeane ist auf diesen Karten bereits sehr bestimmt 
angegeben. Dagegen ist die Bewässerung der Binnengegenden, welche den spanischen 
Eroberern damals bekannter sein mussten als den jetzigen Bewohnern, in diesen Karten 
ganz vernachlässigt. Denselben Mangel zeigt die Karte Herrera’s vom Ende des sechszehnten 
Jahrhunderts, welche seiner: „Descripeion de la Audiencia de Panama‘ beigefügt ist. 


1) Ch. Darwin: über die Entstehung der Arten im Thier- und Pflanzenreich S. 355. 


69 


die Seethiere an den Küsten von Guiana und Brasilien einerseits, von 
Peru und Bolivia anderseits, wo der südamerikanische Continent in seiner 
grössten Breite zwischen den beiden Ozeanen sich einkeilt, sicher erwiesen, 
nicht aber für die noch zu wenig erforschten Meeresfaunen an beiden 
Isthmusküsten. 

Wenn es aber auch nach meinen eigenen Beobachtungen unzweifel- 
haft ist, dass wenigstens die grosse Mehrzahl der Thiere im Golf von 
Panama von denen des karaibischen Meeres specifisch ebenso verschieden 
ist, wie die Fische und Weichthiere des rothen Meeres von denen des 
Mittelmeeres abweichen, und dass die Hauptursache dieser räumlichen 
Abgrenzung beider Ozeanfaunen in dem trennenden Damm der Land- 
enge liegt, so hat letzterer die Natur dagegen für die terrestrischen 
Organismen eine entgegengesetzte Rolle zugetheilt. Für die Wanderung 
der Landthiere und Landpflanzen war der Isthmus von Panama und 
Darien offenbar die einzige vermittelnde Hauptstrasse zwischen beiden 
Continentalhälften, die verbindende Brücke, auf der sich die Arten von 
Nord nach Süd und in umgekehrter Richtung durch Migration verbrei- 
teten. Den Organismen des Süsswassers aber setzte die eigenthümliche 
vertikale Gliederung des Landes, die dessen hydrographische Verhält- 
‚nisse bestimmte, eine nur theilweise überschreitbare Schranke, welche 
genügte, um für die Mehrzahl der hier vorkommenden Flussfischarten 
eine bestimmte Verbreitungsgrenze gegen die Flussgebiete Südamerika’s 
zu ziehen. 

Bevor ich in eine Skizze der Oberflächengestalt des Isthmus ein- 
. gehe, mögen mir über die Ursachen, wesshalb dieser wichtigste Theil 
des tropischen Amerika für die beschreibende Naturgeschichte so lange eine 
„terra incognita“ geblieben, einige eingehende Bemerkungen gestattet sein. 
Als Winke und Warnungen haben dieselben vielleicht für künftige Rei- 
sende, welche die Natur dieses höchst interessanten Landes studieren 
und als Sammler seine reichen Schätze ausbeuten wollen, einigen Werth. 

Klimatische Einwirkungen haben zweifelsohne sammelnde Forscher 
am meisten von einer Exploration dieser Provinzen abgeschreckt. Einige 
muthige Männer, welche den Gefahren trotzten, wurden nach kurzem 
Aufenthalt ein Opfer ihres Eifers. Das Klima des Isthmus stand schon 
seit dem Anfang des 16. Jahrhunderts, wo die Gefährten von Diego 


70 


de Nicuesa und Rodrigo Colmenares!) und ihre Nachfolger unter Pe- 
drarias Davila, angezogen durch Columbus’ und Balboa’s ?) übertriebene 
Schilderungen von der Schönheit und dem Goldreiehthum dieser Länder, 
sich hier niederliessen und zu Tausenden hinsiechten, bis auf die neueste 
Zeit, wo der Bau der Panamaeisenbahn vielen Hunderten von arbeitenden 
Europäern, Chinesen und Kulis das Leben kostete, im übelsten Ruf. Mag 
die abschreckende Schilderung, welche die spanischen Geometer Don Jorge 
Juan und Don Antonio Ulloa in ihrem berühmten Werk?) vom Klima des 
Isthmus machten, auch Uebertreibungen enthalten, richtig ist jedenfalls 
ihre Bemerkung: die nächste Wirkung dieses Klima’s sei, die Kräfte des 
Europäers zu verzehren. Namentlich wurde der schöne von Columbus 
entdeckte Hafen Portobelo, welcher zur Zeit des Galionenverkehrs für 
die Ausfuhr der edlen Metalle Südamerika’s eine grosse Wichtigkeit 
hatte, als „Sepultura de los Europeos‘“ schreckhaft bezeichnet.*) That- 
sache ist, dass kein Abkömmling der weissen Race diesen verderblichen 
klimatischen Einflüssen ganz entgeht, die selbst für die Blendlinge der 
afrikanischen und amerikanischen Race nicht ohne Nachtheil sind. 
Wer hier auf einer pflanzenüppigen Erde in heissfeuchter Luft bei 
einer mittleren Jahrestemperatur von + 26° C. den giftigen Miasmen 
der Tiefregion nicht erliegt, fühlt doch bald ihre schädliche Wirkung. 
Die französischen Akademiker La Condamine und Bouguer, welche 
in der ersten Hälfte des vorigen Jahrhundert die Landenge durchkreuzten, 
um in der Aequatorialzone ihre Gradmessungen auszuführen, fühlten 
sich von der Hitze so angegriffen, dass sie nicht einmal eine Höhen- 
messung der Wasserscheide zwischen beiden ÖOzeanen vollzogen, eine 
unverzeihliche Nachlässigkeit, wenn man die hohe Wichtigkeit dieser 
hypsometrischen Frage für die Geographie und den Weltverkehr be- 
denkt.) Oberst Lloyd im Auftrage Bolivar’s (1829) und der Ingenieur 


1) S. P. Martyr „De rebus oceanicis et novo orbe‘“ (1574 Cöln) lib. X. und Pascual de Anda- 
goya: „ Establiciementos de los Espanoles en el Darien.“ 

2) S. Las Casas II. Cap. 25. Historia del Almirante Cap. 95 und die Briefe von Vasco Nunez 
de Balboa an König Ferdinand in der Sammlung von Navarrete, Arch. de Ind. de Sevilla 1. 7. 

3) „Noticias secretas de America“ Cap. II. 

4) 5. I. E. Wappaeus, Handbuch der Geographie und Statistik S. 377. 


5) In La Condamine’s „Journal du voyage fait par ordre du Roi ä l’Equateur“‘ (Paris 1751) 
findet sich Seite 8 und 10 die umständliche Schilderung der Reise durch den Isthmus und 


1 


Napoleon Garella im Auftrage der französischen Regierung (1844) 
führten einige derartige Messungen aus, flohen aber schon nach einem 
Aufenthalt von einigen Monaten ein Land, dessen Klima ihre Thätigkeit 
lähmte und ihr Leben gefährdete.) Der Botaniker Edmonston, welcher 
die brittische Expedition des Schiffes Herald begleitete und einige Theile 
des Isthmus explorirte, erlag an der Küste von Choco dem Fieber (1846). 
Dr. Graham, ein amerikanischer Botaniker, der auch Darien bereiste, 
starb (1849) in Chagres nach wenigen Wochen. Der im Auftrage einer Ge- 
sellschaft brittischer Zoologen nach dem Isthmus geschickte ornitholo- 
gische Sammler Damiano Floresi starb nach.Gould’s Mittheilung schon 
nach wenigen Tagen seines Aufenthalts in dem ‚„Pestilenzland von Panama.“ 

Straın mit seinen Gefährten erlag bei seiner Ueberschreitung der 
Landenge von Darien zwischen der Caledonia-Bay und dem Golf von 
San Miguel (1854) dem Hunger und der Erschöpfung. ?) Nur der 
längere Zeit dort verweilende Botaniker Warscewicz aus Krakau (1845) 
und der verdienstvolle Reisende Dr. Berthold Seemann, Edmonston’s 
Nachfolger der Herald-Expedition (1847), kamen mit dem Leben davon, 
weil ihre Excursionen sich auf den minder ungesunden, aber auch 
pflanzenärmeren Theil an der pacifischen Abdachung beschränkten. 
‘ Nach kurzem Verweilen in der dortigen Tiefregion suchten beide Sammler 
die höheren Terrassen der Cordillere von Veragua auf, wo sie Gesundheit 
und Kräfte wieder herstellten. Dr. Seemann’s Herbarium und die von 
ihm publicirten Pflanzenbeschreibungen bilden den einzigen Beitrag, den 
wir bis jetzt über die Flora des Isthmus von Panama besitzen.”) Leider 
ist in seinem Werk die geographische Vertheilung der Vegetation un- 
berücksichtigt geblieben. 

Andere Ursachen, welche reisende Naturforscher von einer Explo- 
ration des Isthmusgebietes abschreckten, waren: die schwierige Zugäng- 


des anderthalbmonatlichen Aufenthalts in Panama. Die beiden französischen Akademiker 
waren mit den besten Instrumenten ausgestattet, schienen aber von der Wichtigkeit einer 
Kenntniss der Höhe des Scheitelpunktes zwischen beiden Ozeanen nicht einmal eine Ahnung 
zu haben. 

1) S. Zeitschrift für allgemeine Erdkunde. Neue Folge 2ter Band S. 521 u. ff. 

2) S. Strain’s Zug durch den Isthmus von Darien im 2ten Band der Zeitschrift für allgemeine 
Erdkunde S. 567. i 

3) The Botany of the voyage of. H. M. S. Herald during the years 1845—1851 by Berthold 
Seemann. 


72 


lichkeit der waldbedeckten Binnengegenden, der Mangel an grossen 
schiffbaren Flussgebieten und der bösartige Charakter der farbigen Be- 
völkerung. Dazu kam noch die enorme Theuerung aller Bedürfnisse, 
namentlich der Transportmittel. Seit der Entdeckung der Goldminen 
Californiens und dem Zuge von vielen tausend Emigranten durch die 
Landenge, hat diese Theuerung noch zugenommen. 

Diese Gründe erklären die äusserst unzureichende geographische 
und naturhistorische Kenntniss des Isthmusgebietes. A. v. Humboldt’s 
dringender Wunsch und Rath an die geographischen Gesellschaften von 
London und Nordamerika: die dortigen Untersuchungen vor Allem mit 
einer geodätischen und hypsometrischen Aufnahme des ganzen Längen- 
profils von der Provinz Choco bis Costarica anzufangen,!) wurde schon 
wegen des sehr bedeutenden Kostenaufwandes nie ausgeführt. Man 
hätte dazu einen gangbaren Pfad über die ganze Kammhöhe der Cor- 
dillere von Darien, Veragua und Chiriqui bahnen müssen. 

Die Hindernisse, welche der üppige tropische Waldwuchs in dieser 
Region, wo während des ganzen Jahres tägliche Regengüsse fallen, jeder 
Ortsbewegung entgegengesetzt, hat schon im 16. Jahrhundert der Jesuit 
Joseph Acosta, der erste Naturbeobachter des amerikanischen Fest- 
landes, eingehend geschildert.) Diese Schwierigkeiten sind heute noch 
grösser, wie zu jener Zeit, wo wenigstens theilweise die alten Fusspfade 
noch existirten, welche den Verkehr zwischen den halb civilisirten In- 
dianerstämmen vermittelten. Die damals noch in grosser Zahl das Land 
bewohnenden Eingebornen der terra firme sind schon im 16. Jahrhundert 
durch die spanischen Verheerungen und Misshandlungen zum grössten 
Theil verschwunden. 

Die republikanische Freiheit, welche hier dem Sturze der spanischen 
Herrschaft folgte, hat den Charakter der Bewohner, besonders der zahl- 
reichen Neger und ihrer Blendlinge, die das heisse Klima noch am 


1) S. A. v. Humholdt’s: Erläuterungen und Zusätze zu den „Ansichten der Natur‘ (1849) 
S. 391. 

2)_J. Acosta „historia natural de las Indias.“ Er versichert dort, allerdings nicht ohne Ueber- 
treibung, dass einer seiner Brüder von der Ansiedlung Nombre de Dios nach Panama vier- 
zehn volle Tage durch den Urwald wanderte „ohne bei der äussersten Dichtigkeit der 
Vegetation die Erde zu berühren oder die Sonne zu sehen, wenn er nicht die Baumwipfel 
bestieg.“ 


75 


besten vertragen, auf das tiefste verdorben. Die Folgen des kalifornischen 
Transits, der Bau der interozeanischen Eisenbahn und die Leichtigkeit 
des Geldgewinns kamen seit einem Jahrzehent dazu, die allgemeine De- 
moralisation zu steigern. Zur Lichtung des Urwaldpfades, zum Tragen 
des Gepäckes kann der Reisende die farbigen Einwohner nicht entbehren, 
aber sie sind arbeitsscheu, frech, diebisch, unzuverlässig in der Gefahr 
— für den wandernden Naturforscher, der sie für hohen Taglohn dingen 
muss, daher mehr eine Plage als eine Hülfe.!) 

Aus diesen Ursachen wird man begreifen, wesshalb die Geozoologie 
Amerika’s gerade in diesem schmalsten Theil des Welttheils ihre brei- 
teste Lücke offenbart. Professor Schmarda hat in seinem fleissig ge- 
arbeiteten Werke über ‚die geographische Verbreitung der Thiere‘‘ hin- 
sichtlich des Charakters der Fauna des eigentlichen Centralamerika fast 
nichts bemerkt, eben weil ihm jede Quelle darüber fehlte.?) Dass er 
dabei die Antillenfauna nach Mittelamerika gezogen, ist ein geographischer 
Missgriff, denn die Fauna der westindischen Inseln theilt mit der Thier- 
welt des Festlandes keineswegs den specifischen Charakter. Von den 
Süsswasserfischen der Insel Cuba z. B. reicht nicht Eine Art nach Pa- 
nama hinüber, und umgekehrt kommen hier nur Arten und selbst einige 
Gattungen vor, diein den Antillen gänzlich fehlen. Derselbe Fall wieder- 
holt sich vergleichweise bei allen Thierklassen, denen eine geringe Orts- 
bewegung eigen ist, z. B. bei den Skorpionen. und Landschnecken. 

In dem vortrefflichen Aufsatz, welchen Andreas Wagner über die 
geographische Verbreitung der Säugethiere in den Abhandlungen der 
Akademie veröffentlichte,?) ist fast von keiner südamerikanischen Art die 


1) Um z. B. nur einige Blüthen der „flor del espiritu santo“ (Peristeria alata), jener wunder- 
baren Orchidee, welche nur in den Sumpfgegenden von Gatun vorkommt, sich zu ver- 
schaffen, muss man dem Neger der sie holt, mindestens einen Piaster bezahlen. Jeder Fluss- 
fisch, den ich mir in den Binnengegenden des Landes verschaffte, kostete mich mit Ein- 
schluss von Weingeist und Transport im Durchschnitt 3 Pesos (15 Frances). So viele seltene 
neue Pflanzen und Thierarten auch noch jetzt das waldbedeckte Innere des Isthmus bergen 
mag, so wird doch kein reisender Naturforscher hoffen dürfen, durch den Geldwerth der 
gesammelten Objecte auch nur die Hälfte der enormen Kosten zu decken. 
„Die geographische Verbreitung der Thiere“ von Ludwig K.’Schmarda (Wien 1853) enthält 
S. 324—331 Bemerkungen über Mittelamerika, die sich weder auf den Isthmus von Panama 
noch auf die fünf Republiken im eigentlichen Centralamerika beziehen. Selbst hinsichtlich 
der Fischfauna der Antillen bemerkt Schmarda (S. 328): „meine Daten darüber sind so 
gering, dass es gewagt erscheinen würde, etwas Bestimmtes darüber zu sagen.“ 

3) Abhandlungen der k. bayer. Akademie der Wissenschaften, Jahrg. 1844. 
Abh. d. II. C1.d.k. Ak.d. Wiss. X. Bd. I. Abth. 10 


2 


De 


74 


nördliche Grenze ihres Vorkommens gegen ÜCentralamerika, sowie die 
südliche Grenze der mexikanischen Arten gegen Guatemala mit Schärfe 
und Bestimmtheit angegeben, weil bei dem Mangel an Beobachtungen 
jede sichere Thatsache darüber fehlte. Gould hat in seiner grossen 
Monographie der Trochiliden nur die wenigen Arten beschrieben, die 
ihm Warscewiez und Floresi vom Isthmus zugeschickt hatten. Er fügt die 
Bemerkung bei: das Innere des Staates Panama sei in ornithologischer 
Beziehung noch eine vollkommene „terra incognita“. In den ornitholo- 
gischen Werken von Swainson, Gray, Bonaparte sind nur wenige 
eigenthümliche Vogelarten von Centralamerika, keine Art aus dem eigent- 
lichen Isthmus angeführt. Dieselbe Lücke zeigt sich in Betreff der 
Amphibien. In dem grossen Amphibienwerk von Dumeril und Bibron, 
welches so viele Arten aus den verschiedensten Ländern beschreibt, 
fehlt jede Angabe über die Erpetologie Centralamerika’s. Cuvier, der 
im Prospektus seines berühmten mit Valenciennes gemeinsam bearbei- 
teten Werkes „histoire naturelle des poissons‘ eine geographische Ueber- 
sicht des bedeutenden ichthyologischen Materials gibt, das ihm durch 
reichhaltige Zusendungen aus allen Weltgegenden geliefert wurde, macht 
von den Süsswasserfischen Centralamerika’s keine Erwähnung. Dieselbe 
zoogeographische Lücke zeigt der Günther’sche Catalog der Fische des 
brittischen Museums.!) Auch in den verschiedenen ichthyologischen 
Werken und Abhandlungen von Müller und Troschel, Kner, Agassiz, 
de Kay, Storer, Gill, Hoolbrock, Poey etc. ete., welche amerikanische 
Fischarten beschrieben, fehlt jede vergleichende Angabe hinsichtlich des 
Uebergangs und Zusammenhangs der Süsswasserfaunen von Südamerika 
mit denen von Mexico und Nordamerika durch den Isthmus von Panama. 

Die geographische Verbreitung der Süsswasserfische zeigt nach der 
Ausdehnung und Abgrenzung der Flusssysteme bald grosse und weite, 
bald auch ziemlich eng geschlossene Bezirke mit scharf bestimmten 
Grenzen für die einzelnen Arten. In der Regel aber ist die fluviatile 
Fauna von der Oberflächengestalt des Bodens, welche die Form, Aus- 
dehnung und Richtung der Flussgebiete bestimmt, abhängiger als die der 
meisten Landthierordnungen. Ausnahmen von sporadischem Vorkommen 


1) Dr. A. Günther: Catalogue of the Acanthopterygian Fishes of the collection of the british 
Museum. London: 1859. 


75 


identischer Fischarten ohne allen geographischen Zusammenhang in weit 
von einander getrennten Flusssystemen sind selten und dann immer aus 
natürlichen Ursachen zu erklären. Grössere Inseln, die von breiten und 
tiefen Meeren umgeben sind, wie Japan, Neu-Seeland, Madagascar, haben 
durchaus eigenthümliche Fischarten. Schroff ansteigende Hochgebirge, 
oder grosse dazwischen liegende Wüsten, welche die einzelnen Fluss- 
gebiete trennen, scheiden gleichfalls die Arten, doch nicht so vollständig 
wie breite Meere.) Man kann als eine allgemeine Thatsache annehmen: 
dass, je abgeschlossener ein Flussgebiet durch die Oberflächenform der 
umgebenden Landschaft, oder je unübersteiglicher die Scheidewand ist, 
welche es von anderen Flussgebieten trennt, desto eigenthümlicher sind 
in der Regel die darin vorkommenden Thierarten.?) In Gegenden aber, 
wo trotz der dazwischen liegenden Landschwellen oder Meere zwei ver- 


1) So z.B. sind die westlichen Alpen und die Centralalpen der Schweiz und Tyrols eine wahre 
Scheidegrenze für die Arten und selbst für manche Gattungen von Flussfischen, wie noch 
neuerdings Professor Dr. Kner in seiner Darstellung der geographischen Vertheilung der 
Süsswasserfische Oesterreichs nachgewiesen hat. Der Po und die Etsch, deren Quellen von 
denen des Rheins und des Inns nur durch Zwischenräume von geringer Breite, aber durch 
einen schroffen alpinen Höhenkamm getrennt sind, zeigen hinsichtlich der Fischfauna eine 
grössere Verschiedenheit von den letztgenannten Flüssen, als z. B. der Rhein von der 
Donau und selbst vom Dniester und Pruth. Der Kaukasus trennt die Fischarten des Kuban 
und Tereck von denen des Kur und Araxes ebenso vollständig, wie die Insekten und Land- 
schnecken von Cis- und Trans-Kaukasien. Sämmtliche Fischarten, welche ich i. J. 1844 
in Transkaukasien sammelte, sind von den europäischen Arten verschieden. Dagegen haben 
die Flüsse Kleinasiens und Armeniens an ihren nördlichen Gehängen dieselben Fischarten 
wie das östliche Europa, während das Flussgebiet des Euphrat an der Südseite der arme- 
nischen Gebirge nach der Untersuchung der ichthyologischen Sammlungen Kotschy’s durch 
Dr. Heckel in Mehrzahl ganz verschiedene Species besitzt. Erstere bemerkenswerthe That- 
sache zeugt für den einstigen Zusammenhang Europa’s und Asiens am Bosporus ebenso 
entschieden wie die geognostische Untersuchung der Meerenge. Das Vorkommen von Ver- 
tretern der Characinen, einer für Afrika und Amerika charakteristischen Fischfamilie, in 
den Flüssen Spaniens, lässt ebenso wie das Vorkommen anderer charakteristischer Thier- 
formen, die im übrigen Europa nicht auftreten, z. B. einer Affenart auf den Felsen von 
Gibraltar, des Ohamäleons, einer Amphisbaena, verschiedener Arten der Arachnidengattung 
Androctonus, der Käfergattung Sepidium und besonders vieler identischer Helix-Arten auf 
einen früheren Zusammenhang Spaniens und Nordafrika’s schliessen, bevor der spaltenartige 
Durchbruch der „Säulen des Herkules‘ erfolgte und durch Erosion erweitert wurde. 

2) Sehr auffallend zeigt sich diess z.B. bei den Fischen des Flusses Herirud in Persien, welcher 
Zuflüsse aus den nordöstlichen Gebirgen Persiens empfängt, aber weder das Meer noch den 
Binnensee von Tuschak erreicht, da allsein Wasser durch die künstlichen Bewässerungskanäle 
in dem trockenen Land aufgebraucht wird. Nach den Untersuchungen des Grafen Keyserling, 
welcher die russische wissenschaftliche Commission nach Herat begleitete, hat der Herirud durch- 
aus eigenthümliche Fischarten, welche sich ganz auf die Familie der Oyprinen beschränken. 


19* 


76 


schiedene Stromgebiete in grösseren Entfernungen von den gleichen 
Arten bevölkert sind, lassen sich in den meisten Fällen auch gewichtige 
geologische Gründe auffinden, die für einen früheren Zusammenhang der 
jetzt getrennten Flussgebiete und für eine beträchtliche Aenderung der 
Niveauverhältnisse während der jüngeren geologischen Perioden sprechen. 
Einige Ausnahmsfälle, wo es überaus schwer ist, das sporadische Vor- 
kommen von identischen Fischarten nach der Theorie: dass jede Art 
ursprünglich von einem gemeinsamen Mittelpunkt ausgegangen, zu er- 
klären, kommen allerdings vor. Die Ursachen solcher Anomalien liegen 
jedoch wie Darwin richtig bemerkt, höchst wahrscheinlich sowohl in 
früheren öfters wiederholten Veränderungen der Erdoberfläche, als auch 
in zufälligen Verschleppungen der befruchteten Eier durch die ver- 
schiedenartigen Transportmittel, über welche die Natur mittelst Strömun- 
gen, Stürmen, Wasservögeln etc. verfügt. 

Wenn wir den Gebirgsbau sowie die Richtung und Ausdehnung der 
Flussläufe in den Provinzen Darien, Panama, Veragua mit dem davon 
völlig verschiedenen Charakter der vertikalen Gliederung und der hydro- 
graphischen Systeme Südamerika’s vergleichen, so ist die Eigenthüm- 
lichkeit der Süsswasserfauna jener Provinzen vollkommen begreiflich. 
Ebenso erklären sie durch die plötzliche schroffe Aenderung in der Ober- 
Nächenform des Isthmus zwischen der Sierra del Penon grande und der 
Sierra Trinidad, wo in einer Länge von sieben geographischen Meilen 
die Gebirgskette verschwindet und durch niedrige Hügelgruppen (Cerros) 
ersetzt wird, die in Amerika bis jetzt einzig dastehende Thatsache: 
einer theilweise vorkommenden Identität der Flussfischarten auf beiden 
entgegengesetzten Gehängen der Wasserscheide.. Vor der Untersuchung 
meiner ichthyologischen Ausbeute durch Dr. Kner war kein Fall bekannt, 
der das Vorkommen der gleichen Fischarten an den Flussmün- 
dungen beider Ozeanküsten nachwies. 

Die Cordillere von Darien, welche von der Sierra del Sol unter 
8° N. B. und 79° 30m W. L. v. P. bis zu den Altos de Maria Enrique 
unter 9° 26m N. B. 81° 35m W.L. ununterbrochen von Ost nach West 
streichend fortsetzt, bildet für sich ein von den südamerikanischen Cor- 
dilleras de los Andes getrenntes selbstständiges Gebirgssystem.!) 


1) Ich habe diese geographische Thatsache, welche mit den älteren Ansichten Humboldt’s, 


77T 


Die Hydrographie zeigt mit der schroffen Umgestaltung in der 
horizontalen und vertikalen Configuration des Welttheils aus einem 
breiten von mächtigen Hochgebirgen durchzogenen Continent in einen 
schmalen und relativ niedrigen Isthmus sehr veränderte Verhältnisse. 
Die ausgedehnten Flussnetze, die grossen Stromgebiete Südamerika’s, 
welche noch in der Provinz Choco an dem wasserreichen Rio Atrato 
einen majestätischen Repräsentanten aufweisen, verschwinden selbst an 
der atlantischen Seite. 

Es zeigt sich in Darien und Veragua sogar eine auffallende Ano- 
malie gegen die hydrographischen Verhältnisse aller übrigen Länder 
Amerika’s, indem die in den atlantischen Ozean mündenden Flüsse einen 
beträchtlich kürzeren Lauf haben, minder wasserreich und für die Schiff- 
fahrt ungünstiger sind, als die Flüsse der pacifischen Abdachung. 

Von dem hydrographischen System des Rio Atrato und seinen süd- 
westlichen Confluenten sind die Höhenzüge geschieden, welche in der 
von Kiepert veröffentlichten Spezialkarte des Obersten Codazzi als 
Cerros de Nique und Cerros del espiritu santo bezeichnet sind. Die Er- 
hebungsaxe derselben ist von 8. S. W. nach N. N. ©. gerichtet. Dieser 
Höhenzug erscheint als der letzte südliche Ausläufer, welcher aus einer 
Querspalte gehoben und die Parallelrichtung der Isthmuscordillere recht- 
winklig schneidend im Norden an dieselbe sich anlehnt. Im Süden hat 
dieses hohe Querjoch an den Altos de Espave, die wahrscheinlich von 
jüngerem Ursprung sind, eine Art Fortsetzung bis gegen die Ozeanküste. 
Nach der Augenschätzung der wenigen Reisenden und Goldsucher, welche 
bis jetzt in die oberen Gegenden nahe der Wiege des Rio Tuira einge- 
drungen sind, hat dieser transversale Höhenzug eine mittlere Kammhöhe 
von etwa 2200‘, während die höchsten Gipfel bis gegen 3000’ empor- 
steigen. Es sind dieselben Berge, welche Vasco Nufez de Balboa, der 
Entdecker der Südsee, in seinen Briefen an König Ferdinand mit un- 
geheurer Uebertreibung sowohl in Bezug auf ihre Höhe als auf ihren 


der die Provinz Darien nie selbst gesehen, sondern nur nach mangelhaften Kartenzeich- 
nungen kannte, sowie mit den Darstellungen der geographischen Handbücher in Wider- 
spruch steht, in einer ausführlichen Abhandlung der „Berliner Zeitschrift für allgemeine 
Erdkunde“ (Jahrg. 1861) nachgewiesen. Professor Wappaeus hat sich zwar gegen meine 
dort angeführten Gründe ausgesprochen, ohne sie jedoch zu widerlegen. 


78 


Goldreichthum schildert.!) Sie waren damals stark bevölkert, sind aber 
jetzt einsame Wildnisse, und gehören zu den unbekanntesten Land- 
schaften des tropischen Amerika. 

Für die Hydrographie von Mittelamerika und die geographische 
Verbreitung der Fische, sind diese Cerros de Nique von besonderer Be- 
deutung, denn sie scheiden einerseits die süssen Wasser Dariens von 
den Confluenten des Rio Atrato, anderseits von den in die Südsee mün- 
denden Rio Tuira und bedingen auch gleichzeitig die eigenthümliche 
süd-nördliche Richtung im obern Lauf dieses Stromes und seiner Zuflüsse. 

Ohne diesen trennenden transversalen Höhendamm, welcher fast den 
ganzen Raum zwischen der Südsee und dem Golf von Uraba einnimmt, 
würde die Flussfauna von Darien und Panama mit der des Atrato gewiss 
identisch sein, während dieselbe auffallend verschieden ist, wie neuer- 
dings die Sammlungen des Dr. Arthur Schott aus dem Atratothal und 
die meinigen aus Panama beweisen. Sämmtliche Gewässer von den 
nördlichen Gehängen der Isthmuscordillere von Darien sind nur kleine 
Küstenflüsse, deren Quellen nicht über 10 Minuten eines Grades, also 
kaum 3 geographische Meilen von der Mündung entfernt entspringen. 
In Folge der starken Niederschläge auf der Kammhöhe sind sie gleich- 
wohl verhältnissmässig wasserreich. Im obern Lauf zeigen sie den ge- 
wöhnlichen Charakter der Gebirgsbäche, sind selbst für Canoes nicht 
schiffbar und arm an Fischen. Von einem Mittellauf kann bei so ge- 
ringer Ausdehnung keine Rede sein. Im untern Lauf sind sie höchstens 
bis eine geographische Meile landeinwärts mit Kähnen fahrbar. 


1) Das Schreiben, welches der Entdecker des grossen Oceans an König Ferdinand richtete 
findet sich in dem aus dem Archiv de Indias en Sevilla publieirten Dokumenten und ist 
aus Santa Maria am Golf von Uraba vom 20. Januar 1513 datirt. Nachdem Balboa dem 
König den Reichthum der dortigen Goldminen (der einst so ergiebigen Mincn von Canas, 
die man seit den Freibeutereinfällen im 17. Jahrh. nicht wieder gefunden) geschildert, schreibt 
er: „estas minas son en una tierra que hay una Sierra la mas alta del mundo & parescer 
y ereo que nunca se ha visto otra de tan gran altura.“ Es ist anzunehmen, dass Balboa, 
die Eingebornen von denen er diese Mittheilungen erhielt, falsch verstanden hat, und dass 
diese ihm von dem fernen Hochgebirge der Anden in der Provinz Cauca erzählten, welche 
sie selbst nur der Sage nach kannten. Die Kette, welche das Flussgebiet des Atrato von 
dem des Cauca trennt, wäre allerdings hoch genug, um die Uebertreibung eines Mannes, 
der sonst in seinen Briefen nur selten absichtliche Unwahrheiten sagte, begreiflich zu 
machen. Die Berge der Goldminen, welche die Flussgebiete Südamerika’s von denen Mittel- 
amerika’s scheiden, hat Balboa erst auf einem seiner späteren Züge in Darien selbst besucht. 


79 


Die Flüsse des südlichen Abfalles haben einen wesentlich verschie- 
denen Charakter. Bei den Hauptflüssen Rio Tuira und R. Chucunague 
beträgt die ganze Länge des Laufes 22 bis 24 geographische Meilen, 
also achtmal so viel wie die mittlere Länge der Flüsse, welche in das 
karaibische Meer münden. In der Hydrographie Amerika’s ist dieses 
relative Verhältniss ohne Beispiel. 

Der Rio Tuira, mit welchem der Rio Chucunaque sich vereinigt, 
hat sein Quellbezirk in dem bereits erwähnten Höhenrücken der Cerros 
de Nique unter 7PN.B. Er nimmt bis 8° 10° eine nördliche Richtung 
und biegt dann plötzlich nach Westen um. Die Höhe seines Quellgebietes, 
bis zu welchem noch kein Forscher vorgedrungen, ist nicht durch Mes- 
sung bekannt. Von Norden und Süden her empfängt er eine bedeutende 
Zahl von Nebenflüssen. Darien und Veragua gehören überhaupt zu den 
feuchtesten, wasserreichsten Landschaften, und es gibt sicher nur wenige 
Länder der Erde, die auf einem so eng begrenzten Raum eine gleich 
grosse Zahl von Flüssen und Bächen aufzuweisen haben.!) 

Der Rio Tuira und seine Confluenten sind in ihrem oberen Laufe 
wahre Gebirgsflüsse. Sie gehen meist durch enge Steilschluchten (Que- 
bradas) sind bei starkem Gefälle sehr reissend, voll Stromschnellen und 
rollen, besonders nach Gewitterregen, gewaltige Steinblöcke. In seinem 
unteren und mittleren Lauf ist der R. Tuira bis 7 Meilen von seiner 
Mündung schiffbar. Die Aufstauung durch die eindrängende Fluth des 
stillen Oceans reicht hier bis 5 Meilen, im R. Bayano bis 4 Meilen von 
der Mündung. Salziges Wasser aber dringt bis höchstens 2 Meilen ein 
und daher halten sich auch die Flussfische hier ohne Nachtheil auf, da 
die Oberfläche des Wassers nur leicht brakisch wird. 

Unter 90° 30m W.L. v. P. lehnt sich ein von Süd nach Nord streichen- 
des Querjoch an die Parallelkette der Isthmuscordillere an, und trennt das 
Quellgebiet des Rio Chucunaque von dem des R. Bayano. Die Höhe dieses 
Querjoches, welches noch kein Forscher betreten hat, wird auf nahebei 1300° 
bis 1500‘ geschätzt und ist jedenfalls beträchtlich niedriger als der früher 
erwähnte Höhenzug der Cerros de Nique, dem auch für die Hydrographie 


1) Eine vergleichende Betrachtung der Spezialkarten von Codazzi und Authenrieth und 
meiner 3 Karten des Isthmusgebietes von San Blas, der Landenge von Panama und der 
Provinz West-Veragua (Chiriqui) wird jeden Geographen von dieser Thätsache überzeugen. 


s0 


und Geozoologie eine viel wichtigere Rolle zufällt. Der R. Chepo ist 
der bedeutendste Zufluss des R. Bayano und sein oberer Lauf nähert 
sich den Quellen des wichtigen R. Chagres bis auf 1'/ Meilen, dem 
R. de los Madrofos der Nordseite bis auf '2 Meile. Sie entspringen 
sämmtlich aus einem waldbedeckten Längenthal, dessen Inneres noch 
nicht durchforscht ist. Den südlichen Rand desselben habe ich mit 
meinem Freund Dr. Joseph Kratochwil während einer Reise, die wir 
gemeinschaftlich in das früher noch ebenso unbekannte Gebirge von 
Chepo unternahmen, genau untersucht. Dieses Längenthal war einstmals 
ebenso wie die Kesselthäler von Matachin und Paraiso in der eigent- 
lichen Landenge von einem Süsswassersee bedeckt, bis der Druck des 
Wassers die Kette im Norden von Chepo durchbrach, dieselbe durch all- 
mählige Erosion vertiefte und durch die Spalte des R. Mamoni entleerte. 

Der R. Chagres, der in demselben Längenthal entspringt, nimmt 
anfangs eine südwestliche Richtung, durchbricht dann im Centrum der 
Landenge das kreisrunde Erhebungsthal von Matachin und wendet 
sich durch deren Senkung in nordöstlicher Richtung nach dem karaibi- 
schen Meer. 

In der Landenge von Panama tritt dann jene merkwürdige Gebirgs- 
lücke auf, welche zwischen der Sierra del Penon grande unter 81° 48° 
W.L. v.P. bis zur Sierra Trinidad unter 82° 12° das niedrige Mittel- 
gebirge Dariens von dem Hochgebirge Veraguas trennt und eine beträcht- 
liche Depression durch das ganze Längenprofil der Erhebungsaxe des 
Isthmus in einer Ausdehnung von nahezu 7 geographischen Meilen 
darstellt.!) 

Mit dem Verschwinden der Cordillere und der Veränderung in den 


1) Die vertikale Gliederung, wie die hypsometrischen und geognostischen Verhältnisse in dem 
Quer- und Längendurchschnitt der Landenge, welche Napoleon Garella nur sehr mangel- 
haft beschrieben, habe ich in einem umfassenden Bericht, den ich im Jahre 1860 an die 
Königl. Akademie der Wissenschaften zu erstatten die Ehre hatte, ausführlich geschildert. 
Ich beziehe mich auf einen Auszug dieses Berichts, den ich in meinen „Beiträgen zu einer 
physisch-geographischen Skizze des Isthmus von Panama“, dem Ergänzungshefte der „geo- 
graphischen Mittheilungen von Dr. Petermann“, veröffentlichte. Die Spezialkarte, welche 
dieser ausgezeichnete Geograph nach den zum grössten Theil vom Oberst Totten und dem 
amerikanischen Ingenieur Trautwein, zum kleineren Theil aber von mir ausgeführten karto- 
graphischen und hypsometrischen Aufnahmen, meiner Abhandlung beigefügt hat, veranschau- 
licht diese Verhältnisse. 


81 


l 

plastischen Formen des Bodens, auf welchem in der erwähnten Länge 
statt eines zusammenhängenden Kettengebirges nur vulkanische Hügel- 
gruppen stehen, tritt auch in den hydrographischen Verhältnissen des 
Landes eine vollständige Aenderung ein. Man sieht auf der von Kiepert 
herausgegebenen Spezialkarte des Obersten Codazzi, dass durch ganz 
Darien von den Cerros de Nique bis zur Sierra del Penon grande alle 
bedeutenderen Rinnsale des süssen Wassers den Lauf nach dem stillen 
Ozean nehmen. Die nördlichen Küstengewässer haben, wie gesagt, einen 
ganz kurzen Lauf, bilden keine eigentlichen Flussnetze und sind nicht 
schiffbar. Hier aber zwingt die durch eigenthümliche geologische Vor- 
gänge veränderte Gestalt der Oberfläche den Rio Chagres, der nach dem 
Rio Bayano der wasserreichste Fluss der Provinz Panama ist, zuerst in 
südlicher Richtung durch das kreisrunde Erhebungsthal von Matachin 
und unterhalb Cruces, wo er sich dem stillen Ozean bis auf 3 geogra- 
phische Meilen nähert, durch die Hügellücke zwischen Cerro Caravali 
und Cerro Pelado in nordwestlicher Richtung nach dem karaibischen 
Meer sich zu wenden. Von beiden Seiten fliessen ihm viele Confluenten zu. 
Sein beträchtlichster Tributärfluss ist der Rio Trinidad, der aus der 
Cordillere von Veragua kennt. 

In der Provinz Veragua, deren nordöstlicher waldbedeckter Theil noch 
heute in seinem Innern geographisch fast eben so unbekannt ist, wie zur 
Zeit als Columbus dort die erste spanische Niederlassung am Belenflusse 
gründete, ändern sich die vertikale Configuration des Landes und mit 
ihr die Bewässerungsverhältnisse abermals, auffallend. Die Cerros de las 
piedras, del Espav& und de la Yaya bilden die letzten isolirten Kuppen, 
welche in der Depression der Landenge emporragen. Mit der Sierra 
Trinidad unter 8° 54m N. B. und 79° 51m W. L. v. Gr. beginnt ein 
anderes Erhebungssystem. Statt der Hügelgruppen und Kesselthäler 
von Panama erscheint wieder eine regelmässige Gebirgskette, welche 
höher ist und gegen Norden noch schroffer abfällt als die Isthmuscor- 
dillere von Darien. In ihrer westlichen Fortsetzung geht dieselbe in 
ein wirklich alpines Hochgebirge über mit einer mittleren Kammhöhe 
von 4800 engl. F. während einzelne Gipfel wie der Cerro de Saniago 
bis 9000‘ und der Vulkan von Chiriqui bis 11000’ emporsteigen. Krystal- 


linische Schiefer und granitische Gesteine, die in der eigentlichen Land- 
Abh. d.II.C1. d. k. Ak.d. Wiss. X. Bd. I. Abth. 41 


82 


enge durch trachytische und basaltische Gebilde ersetzt sind, kommen 
wieder häufig vor und scheinen auf der Kammhöhe der Wasserscheide 
sogar vorherrschend anzustehen. 

Die Kamm- und Gipfellinie dieses Gebirgs nähert sich der Parallel- 
richtung und zeigt erst in Westveragua (Chiriqui) einen plötzlichen Ueber- 
gang in die Richtung von S. O. nach N. W. fast ühereinstimmend mit 
der Cordillerenrichtung von Costarica. Beträchtliche Depressionen des 
Gebirgs, tief einschneidende Passsenkungen, fehlen. Es scheint wenigstens 
im östlichen und mittleren Theil der Provinz keine Aussicht vorhanden, 
eine günstige Einsattelung zu entdecken, welche für eine künstliche 
interozeanische Wasserverbindung einige Chancen darböte. Zwischen 
den Meridianen 80 und 81 zweigt sich ein transversaler Höhenzug in 
südöstlicher Richtung ab und trägt wesentlich zur Bildung der grossen 
Halbinsel Azuero bei, welche weit nach Süden in den stillen Ozean 
hineinragend bis zum siebenten Parallel sich erstreckt. 

Die Provinz Veragua steht gleichfalls unter dem Einfluss des nord- 
östlichen Passatwindes, zu dessen Wirkung während der Regenzeit die 
ascendirenden feuchten Luftströmungen an der Südseeküste hinzukommen. 
Sie ist ebenso wasserreich wie die Provinz Darien. Es gibt zwar kein 
grösseres, weit verzweigtes, vielgestaltiges Flussnetz, dagegen eine be- 
trächtliche Zahl von Gebirgs- und Küstenflüssen, die in ihrem obern 
Lauf durch tief eingeschnittene Steilschluchten, die sogenannten Quebra- 
das oder Barrancas abfliessen, deren Entstehung und Form Humboldt 
zuerst genau schilderte. Sie stimmen in ihrer Form mit den Barrancas 
der Cordillere von Mexiko, welche neuerdings Henri de Saussure in 
seiner hydrologischen Skizze des östlichen Mexiko vortrefflich beschrie- 
ben hat,!) wesentlich überein. 

Die Flüsse der südlichen Abdachung von Veragua haben in ihrem 
oberen Lauf den gewöhnlichen Charakter reissender Gebirgsflüsse. Die 
Steilheit der senkrechten Barrancaswände machen das tief eingefurchte 
Bett stellenweise unzugänglich. In ihrem unteren Lauf sind es Küsten- 
flüsse, in deren Mündung die hier hoch ansteigende Fluth des stillen 
Oceans mächtig hineindringt und das Flusswasser bis zu einer Entfer- 


1) „Coup d’oeil sur P’hydrologie du Mexique‘“ par Henri de Saussure (Gen&ve 1862) mit Karte. 


83 


nung von 10 Seemeilen aufstaut. An den grösseren Flussmündungen 
ist das süsse Wasser bis auf 4 Seemeilen landeinwärts in brakisches 
Wasser: verwandelt. In der Mitte des Landes ändert der transversale 
Ausläufer der Cordillere im Departement Azuero die Richtung der Flüsse, 
welche von diesem Höhenzug einestheils in östlicher, anderntheils in 
westlicher Richtung in das grosse Weltmeer fliessen. 

Die hydrographischen Verhältnisse des westlichen Veragua (Departe- 
ment Chiriqui) sind von den mittleren und östlichen Distrikten der 
Provinz etwas verschieden. Ich habe solche an einem andern Orte 
bereits ausführlich geschildert.!) Die meisten Gewässer fliessen in der 
grösten Ausdehnung ihres Laufes durch flaches Land und nehmen mehr 
den Charakter von Küstenflüssen an. In ihrem oberen Lauf sind die 
Rinnsale tief eingefurcht zwischen den senkrechten Wänden von durch- 
waschenem Gestein. In schäumenden Katarakten oder wild brausenden 
Rapids durchströmen sie diese Barrancas. In ihrem mittlern Lauf be- 
dem Eintritt in die Savanne, die sich als Längengürtel am Fuss der 
Cordillere hinzieht, vermindert sich die Tiefe der Rinnsale. Bei geringem 
Gefälle nehmen auch die Stromschnellen ab. Das Bett wird breiter, der 
Uebergang weniger schwierig. Im Vergleich mit der atlantischen Seite 
zeigt die pacifische Abdachung entschieden günstigere Verhältnisse für 
die Binnenschifffahrt. An den grössten Flüssen dringt die Fluth des 
Oceans 10—12 Seemeilen von der Mündung einwärts und erleichtert 
die Einfahrt von Barken und selbst von Zweimastern. 

Diese hohe Fluth des stillen Oceans, welche das süsse Wasser fast 
bis an den Fuss der Cordillere aufstaut, hat an den grösseren Fluss- 
mündungen zur Bildung eines wahren Netzes von sogenannten Esteros mit- 
gewirkt, welche sowohl für die Küstenschifffahrt als für die geographische 
Verbreitung der Organismen des Meeres und der Flüsse, die sich hier be- 
gegnen, eine grosse Wichtigkeit haben. Es sind kleine Buchten mit 
brakischem Wasser, durch natürliche Kanäle in verschiedenen Rich- 
tungen verbunden. Sie gewähren den kleinen Küstenfahrzeugen gute 
Ankerplätze und erleichtern ungemein den Verkehr zwischen den ein- 
zelnen Küstenniederlassungen. 


1) S. M. Wagner „Physisch geographische Skizze der Provinz Chiriqui“ mit Karte in den „Mit- 
theilungen aus Justus Perthes geographischer Anstalt‘ Heft IV Jahrgang 1863. 
IE* 


84 


Die drei Provinzen Darien, Panama und Veragua liegen innerhalb 
der Isothermen von 25—26° Cels. Die mittlere Temperatur des Wassers 
in.den meisten Flüssen der Tiefregion bis 1200’ Höhe, die ich unter- 
suchte, schwankt in der trockenen Jahreszeit von +22—25°C. In der 
Regenzeit, wo die Flüsse durch starke Gewitterregen- oft hoch an- 
schwellen, sinkt die Temperatur gewöhnlich um einige Grade tiefer. In 
der Region über 2000‘ geht die Temperatur der Gebirgsbäche bis auf 
18 Centigrade und in der Regenzeit sogar noch tiefer. Sehr reissende 
Flüsse mit seichtem Bett und starkem Gefälle wie der Rio de las Piedras 
bei Bugaba zeigen besonders während der Regenzeit eine etwas niedri- 
gere Temperatur. 

In Uebereinstimmung mit den geschilderten physischen Verhältnissen 
des Landes zeigt die ichthyologische Fauna des ISthmus von Panama fol- 
gende charakteristische Züge: 

1) Die vorkommenden generischen Typen sind ausschliesslich tropisch.") 

2) Die Familien der Chromiden, Characinen und Siluriden sind ver- 
hältnissmässig am meisten vertreten. Dagegen fehlen die Familien der 
Cyprinen und Esocen und die in Nordamerika reich vertretene auch in 
Südamerika und auf den Antillen vorkommende Familie der Perciden 
gänzlich. 

3) Die Fauna zeigt im Verhältniss zur geringen Artenzahl eine be- 
deutende Mannigfaltigkeit der Formen. Das Verhältniss der vorkom- 
menden Familien zu den Arten ist wie 2 zu 5, während es in Mittel- 
europa wie 1 zu 6, in Nordamerika wie 1 zu 8 ist. 

4) Die vorkommenden Gattungen stimmen mit den südamerikanischen 
im Wesentlichen überein mit Ausnahme der Gattung Chalcinopsis, welche 
dem Isthmus eigenthümlich. anzugehören scheint. Dagegen sind viele 
in Südamerika vorkommende Fischgattungen in den Flüssen des Isthmus 
nicht vertreten. Gymnotinen, welche noch im R. Atrato vorkommen, 
fehlen im Isthmusgebiet. 

5) Die Zahl der Arten ist im- Vergleich mit den Flussfaunen Süd- 
amerika’s sehr gering, was sowohl durch die geographische Abgeschlossen- 


1) Die Gattung Pimelodus erinnert zwar an verwandte Formen in den nördlicheren und ge- 


mässigten Zonen, doch erscheinen dieselben dort nur wie aus dem Süden eingewanderte 
Fremdlinge. 


85 


heit des Isthmus, als durch die geringe Ausdehnung der Flussnetze 
erklärbar ist.!) 

6) Alle vorkommenden Arten sind Raubfische d. h. solche die nur 
animalische Nahrung aufnehmen und theils Krusten- und Kerbthiere, 
theils andere Fische verzehren. Pflanzenfressende Fische, wie die in 
Europa und Asien so zahlreich vertretenen Arten der Karpfenfamilie, 
fehlen gänzlich. 

7) Die Mehrzahl der vorkommenden Arten ist dem Lande eigen, 
oder wenigstens anderwärts noch nicht nachgewiesen. 

8) Die Minderzahl der vorkommenden Arten hat das Isthmusgebiet 
mit den östlichen Flüssen des tropischen Theiles von Südamerika gemein. 
Dieselben Arten scheinen dagegen am westlichen Abhang der Anden von 
Neugranada, Ecuador, Peru, Bolivia ganz zu fehlen. 

9) Die Zahl der Individuen ist, sowohl im Verhältniss zur Zahl der 
Gattungen und Arten als im Vergleich mit den Süsswasserfaunen von 
Süd- und Nordamerika sehr gering — ein Umstand der dem ausschliess- 
lichen Vorkommen von gefrässigen Raubfischarten, die sich gegenseitig 
vertilgen, und besonders der geringern Tiefe und Ausdehnung der Flüsse, 
die den schwächeren Fischen das Entrinnen vor ihren stärkeren Gegnern 
erschwert, zuzuschreiben ist. 

10) Die vorhandenen Arten überschreiten in Mehrzahl die Wasser- 
scheide und kommen an beiden entgegengesetzten Gehängen vor. Die 
Verbreitungslinie (Invasionslinie nach Darwin) geht also hier sowohl von 
Ost nach West, als von Nord nach Süd, während sie sowohl in Süd- 
amerika wie im eigentlichen Nordamerika vorherrschend nur der meri- 
dionalen Richtung folgt. Ob dieses Vorkommen sich an den verschie- 
denen tiefsten Depressionen des ganzen centralamerikanischen Isthmus 
(in den Landengen von Nicaragua und Tehuantepec) wiederholt, dürfte 


1) Man darf als allgemeine Thatsache annehmen: je länger der Lauf eines Stromes ist, und 
je mehr wasserreiche Tributärflüsse ihm aus verschiedenen Himmelsgegenden zufliessen, 
, desto grösser ist auch die Artenzahl der Fische. Die grösste Mannichfaltigkeit an Formen 
sowohl wie an Sippen zeigen zweifelsohne solche Ströme, welche wie der Amazonas und 
Orinoko in der Parallelrichtung fliessend, zahlreiche Confluenten von Nord und Süd und 
aus verschiedenen Höhen, also Zuflüsse aus sehr verschiedenen Klimaten empfangen. Im 
Isthmus von Panama sind die hydrographischen und klimatischen Verhältnisse unendlich 
beschränkter und einförmiger. Daher auch die geringe Artenzahl. 


86 


aus Gründen der Analogie in den ‘geologischen und hydrographischen 
Verhältnissen anzunehmen sein, ist aber noch nicht mit Sicherheit nach- 
gewiesen. 

Für die Zoogeographie Amerika’s ist letztere durch meine Beobach- 
tungen und Sammlungen im Isthmus von Panama zum erstenmal erwie- 
sene Thatsache einer Kreuzung der Invasionslinien der Arten, welche 
hier sowohl in der Richtung der geographischen Länge wie der Breite 
sich fortziehen, von besonderer Wichtigkeit. Dieselbe beschränkt sich 
hier nicht blos auf die Süsswasserfische, sondern zeigt sich auch bei 
allen übrigen Thierklassen, und noch mehr bei den Pflanzen. Eine 
genaue Einsicht in die horizontale und vertikale Configuration wie in 
die hypsometrischen Verhältnisse der Landschaften zwischen der Man- 
zanillobai und dem Golf von Panama dürfte diese von allen übrigen 
Ländern Süd- und Nordamerika’s abweichende Verbreitungsrichtung der 
Organismen begreiflich machen.!) 

Die ausserordentliche Verengung des Isthmus und die Senkung seiner 
Oberfläche, wie solche hier durch den ganzen Quer- und Längendurch- 
schnitt zwischen beiden Oceanküsten stattfindet, das plötzliche Ver- 
schwinden der Gebirgskette, die geringe Höhe und Breite der Querjöcher 
und Landschwellen (Lomas), welche die vulkanischen Hügelgruppen und 
Kesselthäler verbindend die Wasserscheide bilden, der vorherrschende 
nordöstliche Passatwind, der hier das ganze Jahr ohne Unterbrechung 
über die Landenge hinstreicht, die in die Flüsse tief eindringende Fluth 
beider Oceane, die tägliche Wanderung der Wasservögel von einem 
Meeresgestade zum andern — all’ diese Verhältnisse und Umstände waren 
hier seit undenklichen Zeiten sowohl der freien als der unfreiwilligen 
Wanderung der Organismen, dem Austausch der Formen zwischen beiden 
Küstenstrichen, günstiger als an irgend einer andern Stelle Amerika’s. 
Daher auch diese auffallende Erscheinung einer Kreuzung der Verbrei- 
tungslinien der meisten Arten. 

Der Querdurchmesser des Welttheils, welcher 5 Breitegrade weiter 
südlich noch nahezu 150 geographische Meilen beträgt, vermindert sich 
in der Landenge zwischen der Manzanillobai und dem Golf von Panama 


1) S. die Totten’sche Specialkarte mit den von mir beigefügten Höhenangaben des Quer- 
und Längenprofils in Petermann’s Mittheilungen, Jahrgang 1860. 


87 


auf 8 geographische Meilen. Die Höhe der Hügelgruppen sinkt in dem 
ganzen Längenprofil der Depression zwischen 79° 29° und 79° 51‘ 
W. L. v.Gr. nach dem Mittel meiner dort ausgeführten barometrischen 
Messungen auf 206 Meter. Das Mittel der Passsenkungen auf 13) 
Meter. Die Breite des trennenden Dammes der Wasserscheide zwischen 
dem Rio Obispo (Zufluss des Rio Chagres) und den in den Golf von 
Panama mündenden Rio Grande reduzirt sich auf Y/s geogr. Meile, die 
Höhe seines Scheitelpunktes auf 287 engl. Fuss. 

Vergleicht man diese Verhältnisse der senkrechten Gliederung mit 
denen von Südamerika, wo ein kolossales Hochgebirge in einer vor- 
herrschend meridionalen oder von 8. S. Ost nach N. N. West gerichteten 
Linie ununterbrochen durch den ganzen Continent streicht und einer 
Wanderung der Organismen in ostwestlicher Richtung eine fast unüber- 
steigliche Schranke setzt — wo also die grössten Gegensätze gegen die 
Oberflächengestaltung des Isthmus walten — so darf es nicht befremden, 
wenn hier die Verbreitungslinien der Arten von den dortigen so auf- 
fallend abweichen. 

Nicht nur die mit leichten Bewegungsorganen ausgestatteten Formen, 
sondern selbst die schwerfälligsten Land- und Süsswasserthiere haben 
hier ihrem Trieb nach Nahrung und Fortpflanzung folgend oder durch 
den „Kampf um das Dasein‘ gedrängt den Weg von einer Tiefregion 
der Küste zur andern über die schmale und niedrige Schranke der 
wasserscheidenden Höhe leicht zu finden vermocht. Es ist unter den 
gegebenen Verhältnissen dem Zoologen vollkommen begreiflich, selbst 
ein so langsam und schwerfällig sich bewegendes Säugethier wie das 
Faulthier (Bradypus didactylus) welches bekanntlich in den östlichen 
Urwäldern von Brasilien und Guiana häufig vorkommt, aber an dem 
Westabhang der Anden fehlt, hier an der Küste der Südsee von Veragua 
und Costarica wiederzufinden. Es ist ebensowenig zu verwundern, wenn 
die trägen Giftschlangen der Gattungen Lachesis und Elaps, dieselben 
Species der Alligatoren, Scorpionen und Coleopteren, und selbst die 
nämlichen Land- und Flusswasserschnecken mit den gleichen Arten von 
Flussfischen an beiden Küstenstrichen erscheinen. In Südamerika fehlt 
dagegen die Identität der Faunen von Ost und West für alle Thierklassen. 

Wenn man das Vorkommen und die Lebensweise gewisser tropischer 


88 


Fischformen wie z. B. die höchst eigenthümlich und sonderbar gestaltete 
Familie der Panzerwelse (Loricata)') beobachtet, denen es in dem Schlamm 
der halb trocken liegenden Rinnsale der Flüsse während der regenlosen 
Jahreszeit noch ganz behaglich ist, und die ausser dem Wasser Tage 
lang leben und auf dem Lande sich leicht bewegen können, so ist für 
solche Fischarten die Ueberschreitung einer schmalen Wasserscheide 
selbst durch willkürliche Bewegung nicht undenkbar. 

Dazu kommt hier die Natur durch zufällige Transportmittel der 
Verbreitung auf eine sehr verschiedenartige Weise zu Hülfe.?) Fisch- 
fressende Pelekane und andere Wasservögel, welche in der Landenge 
von Panama täglich schaarenweise von einer Flussmündung zur andern 
fliegen — eine Thatsache, deren hier schon Garella erwähnte ?) — können 
zur Verbreitung des befruchteten Laiches, den sie an den Federn, im 
Kropfe oder im Magen führten, sehr wesentlich beigetragen haben. Eine 
durch sichere Beobachtung nicht nur im tropischen Amerika, sondern 
auch in Ostindien, China, auf den Sundainseln u. s. w. erwiesene That- 
sache ist die öfters wiederholte Erscheinung von Fischregen in Folge 
von Wasserhosen, Drehstürmen u. s. w. Auch Muscheln — Krabben — 


\ 

1) S. die monographische Abhandlung über die Panzerwelse von Dr. Rudolph Kner im Band 
VIund VII der Denkschriften der kaiserl. Akademie der Wissenschaften, wo der selbständige 
von den ächten Siluriden getrennte Familiencharakter der Loricaten mit Scharfblick nach- 
gewiesen ist. Schon Johannes Müller hatte in seiner vortrefflichen Abhandlung: „über die 
Ganoiden und das natürliche System der Fische‘ bemerkt, dass die Familie der Siluriden 
in zwei Gruppen zerfalle: in ächte Siluri und Loricacinen. 


2) Auf wie mannichfaltige Weise die Natur für die Verschleppung und Ausbreitung der Or- 
ganismen sorgen kann, darüber gibt Darwin in den inhaltreichen Capiteln „über die 
geographische Verbreitung‘ viele neue, interessante Aufschlüsse. Ich erwähne unter den 
vielen Beobachtungen dieses geistvollen Forschers nur folgende: Darwin legte in ein 
Aquarium einen Entenfuss, an welchem sich die aus den Eiern geschlüpften kleinen Süss- 
wasserschnecken so fest hängten, dass sie kaum abgeschabt werden konnten. Diese kleinen 
Weichthiere lebten an dem Eintenfuss in feuchter Luft noch 12—20 Stunden lang. „Wäh- 
rend dieser Zeit, bemerkt Darwin, kann eine Ente oder ein Reiher wenigstens 600—700 
engl. Meilen weit fliegen und sich wieder in einem Sumpfe oder Bache, vielleicht auf einer 
ozeanischen Insel niederlassen.“ (s. Charles Darwin „über die Entstehung der Arten“ 
S. 390). Diese Beobachtung wäre allein schon hinreichend, gewisse Einwürfe von Agassiz 
gegen die Migrationstheorie der Thierarten besonders in Bezug auf Süsswasserthiere zu 
widerlegen. 


3) In der Brochure: „Projet d’un canal de junction de l’ocean pacifique et de l’ocean atlan- 
tique & travers l’Isthme de Panama.“ (Paris 1845). 


39 


Frösche-Regen sind unmittelbar nach solchen meteorischen Phänomenen 
öfters beobachtet worden.!) 

Die Bildung von hohen Wasserhosen bei heftigen Gewittern ist an 
den Flussmündungen des centralamerikanischen Isthmus, besonders am 
karaibischen Meer, eine häufige und für kleine Fischerbarken gefährliche 
Erscheinung, welche bereits Columbus während seiner vierten Entdeckungs- 
reise 1505 an der Küste von Veragua erlebt und geschildert hat’?) Der 
Nordostpassatwind kann, wenn er hier zur Sturmesstärke sich steigert, 
kleine Thiere und Pflanzensamen, so auch Fischeier, welche von Wasser- 
hosen emporgehoben worden, über die schmale Landenge hinüberführen. 
Dass der Passatwind bei Verbreitung des Fischlaiches in der von ihm 
festgehaltenen Richtung mitwirkt, dafür scheint auch der grössere Arten- 
reichthum in den Flüssen der pacifischen Abdachung zu sprechen. 

Endlich kommt bei der Verbreitung der Fische noch der Umstand 
in Betracht, dass die Bewässerungsverhältnisse während der jüngsten 
geologischen Perioden (von den obersten neogenen Bildungen der Land- 
enge bis zu den Alluvialbildungen der jüngsten Tuffe und Conglomerate) 
einer weitern Ausbreitung der Fischarten günstiger waren als die 
gegenwärtige Vertheilung der Flussrinnsale. Nicht nur die Kesselthäler 
von Matachin und Paraiso bildeten damals kleine Seebecken, sondern 
auch ein grosser Theil der südlichen Savannenzone der Provinzen Darien 
und Veragua scheint in jener Zeit noch von süssen Wassern überfluthet 
gewesen zu sein. Es gab Verbindungen zwischen den Flüssen, die seit- 
dem durch Hebungen der Küste und durch Alluvialbildungen längst 
unterbrochen sind. 

Folgende Fischarten habe ich in den Flüssen beider Gehänge der 
Wasserscheide vorkommend beobachtet?) und zwar im brakischen Wasser 


1) S. hierüber die interessanten Bemerkungen von Professor H. G. Bronn in dessen „Allge- 
meiner Zoologie“ S. 172 u. 272 und die Mittheilungen von Dr. Schmarda in dessen Werk: 
die geographische Verbreitung der Thiere S. 193 bis 196. 

2) Las Casas Il c. 14. Hist. del Almirante Cap. 49. 

3) Die Fischarten des Rio Chagres, des Rio Bayano und der Flüsse von der pacifischen Ab- 
dachung West-Veragua’s habe ich mit Ausnahme einer einzigen Species, dieichmir nicht ver- 
schaffen konnte, ziemlich vollständig gesammelt. Wenigstens wussten mir die erfahrensten 
Angelfischer unter den Indianern und Cholos mit Ausnahme des Ronqueoro keinen Flussfisch 
zu nennen, der meiner Sammlung fehlte. Dagegen sind mir die Fische der Nordseite von 
Veragua und Darien unbekannt geblieben. Es ist indessen nicht sehr wahrscheinlich, dass 
die dortige Fischfauna von der des Rio Chagres wesentlich abweicht. 

Abh.d. II. Cl.d.k. Ak. d. Wiss. X. Bd. I. Abth. 12 


90 


der Mündungen: Acanthias vulgaris Risso. ‘Dajaus elongatus Kn. St. Dajaus 
monticola ©. V., Dajaus nasutus Kn.; im süssen Wasser des mittleren 
Flusslaufes: Macrodon brasiliensis (?) Spix., Acara coeruleopunctata Kn. St., 
Heros Sieboldü Kn. St., Xiphophorus Gillü Kn. St., Chalcinopsis striatulus 
Kn. St., Tetragonopterus aeneus Günth., Tetragonopterus Gronovü C. \V., 
Pimelodus cinerascens Günth., Loricaria uracantha Kn. St., .Loricaria 
lima Kn., Hypostomus plecostomus C. V. 

Der atlantischen Seite des Isthmus, dem Rio Chagres und seinen Neben- 
flüssen scheinen ausschliesslich nur Pimelodus modestus Günth. und Aneis- 
trus cirrhosus Kn. anzugehören. Auf die südliche (pacifische) Abdachung 
beschränkt sind die von den Herren Kner und Steindachner als neu auf- 
gestellten Arten: Pristipoma humile, Eleotris picta, Engraulis macrolepidota, 
Engraulis Poeyi, Bagrus arioides, Heros altifrons. Letztere ausgezeichnete 
Art findet sich weder im Rio Bayano, noch im Rio grande der Südseite, 
sondern ausschliesslich nur in den südlichen Flüssen des Departement 
Chiriqui (West-Veragua).!) 

Wie weit am südlichen Ende des Isthmus die Kreuzungslinie der 
Artenverbreitung nach Ost und West auseinander läuft, ist mir nicht 
gelungen mit voller Sicherheit zu ermitteln. Doch glaube ich sowohl 
aus geographischen Gründen als wegen der plötzlichen Veränderung der 
Fischnamen in der Provinz Choco annehmen zu dürfen, dass die er- 
wähnten Cerros de Nique unter 79° 50‘ W. L. v. P. die Grenzscheide 
der Süsswasserfauna von Panama bilden. Die im Rio Chucunaque vor- 
kommenden Fische führen noch dieselben Namen wie im Rio Bayano, 
aber in den Flüssen Rio Cacique und Rio Apogado jenseits der Wasser- 
scheide kommen bei den Eingeborenen von Choco bereits andere Benen- 
nungen vor. Auch die Bemerkungen von Gill über die ichthyologische 
Ausbeute des Dr. Schott im Atratostrom und in den kleineren Flüssen 
von Choco lassen auf eine wesentliche Verschiedenheit der Fauna dieser 
von Darien scharf abgegrenzten Provinz schliessen.?) 


1) Nach diesen genaueren Angaben des Vorkommens sind einige kleine Irrthümer, die sich 
in die‘ vorhergehende Abhandlung der Herren Kner und Steindachner hinsichtlich der 
Fundorte eingeschlichen haben, zu berichtigen. Wo dort „Neu-Granada‘‘ als Fundort ge- 
nannt wird, ist immer der Isthmusstaat Panama gemeint, der zum Gebiet der Republik 
Neu-Granada gehört. 

2) S. Lieutenant Michler’s; „Report of his survey for an interoceaniec ship canal near the Isthmus 


91 


In westlicher Richtung geht die Verbreitungslinie der Fischarten 
durch den ganzen Savannenstrich von Veragua, wo mehrere der früher 
getrennten Flussgebiete noch zu Anfang der quarternären Periode zusammen- 
hingen. Im westlichen Veragua (Departement Chiriqui) verschwinden 
bereits mehrere Fischarten, wie Acara coeruleopunctata und Loricaria lima, 
während einige neue Species auftreten, wie der erwähnte Heros altifrons, 
und in den höheren Flussgegenden der von den Eingeborenen Ronqueoro 
benannte Fisch, von dem ich mir leider kein Exemplar verschaffen konnte. 

Für die ökonomischen Verhältnisse sind nur folgende Arten von 
einigem Belang: der Savalo (Chalcinopsis striatulus), der grösste Fluss- 
fisch, von dem ich Exemplare bis zur Schwere von 24 Pfund sah, 
und der namentlich für die Indianer in den Binnengegenden ein 
wichtiger Gegenstand der Nahrung ist; nächst ihm die sogenannte 
Sardina (Chaleinopsis chagrensis), welche in grosser Zahl die Flüsse 
beider Gehänge bevölkert und besonders für die Alligatoren eine 
Hauptnahrung ausmacht; dann der Barbu (Pimelodus cinerascens), der 
wie die vorhergehenden Arten auch in der Cordillere von Darien und 
Veragua vorkommt und bis zu beträchtlicher Höhe hinaufgeht. Der 
Savalo wird von den Indianern am Bayano und von den San-Blas-India- 
nern gewöhnlich mit dem Speer gestochen, in dessen Führung diese 
Eingebornen eine ausserordentliche Geschicklichkeit besitzen. Im untern 
Theil der Flüsse kümmern die Eingebornen sich wenig um den Fisch- 
fang, da die Nähe des Meeres den Fischern einen viel ausgiebigern Fang 
an der Küste bietet. 

Der gefrässigste Raubfisch der Flüsse ist der sogenannte Bocaperro 
(Macrodon brasiliensis Spix), den die vielen konisch spitzigen Zähne auch 
als solchen verkünden. Er beisst mit Wuth an jeden animalischen Köder 
und verletzt mit seinem Biss nicht selten badende Menschen. Der Ari- 
zagua (Loricaria lima und Loricaria wracantha) wird nicht gegessen. Das 


of Darien. Appendix H. The Fishesby Theodore Gill.“ p. 251—259. Obwohl in diesem 
Anhang nur die Familien und Gattungen der im Atratostrom und Zuflüssen vorkommenden 
Fische, nicht die Arten, angeführt sind, so erkennt man doch daraus eine höchst merk- 
würdige Verschiedenheit des generischen Charakters selbst bei der Familie der Characinen, 
von welcher Herr Gill die von Spix aufgestellten Gattungen Pacw und Leporinus und die 
Gattung Astyanaz Girard erwähnt, die im Isthmus von Panama nicht vorkommen, während 
die von mir beobachteten Gattungen von Dr. Schott nicht gefunden wurden 


2 


92 


- 


fremdartige, ich möchte sagen dämonische Aussehen des Panzerwelses 
gibt ihm unter den Eingebornen eine gewisse Popularität. Es knüpfen 
sich an denselben verschiedene sonderbar klingende Sagen, z. B. dass 
er weit landeinwärts marschire, und ebenso gut in der Luft wie im 
Wasser lebe, dass er Büsche ersteigen und Töne hervorbringen könne. 
Was von diesen Sagen wahr ist, konnte ich nicht mit Genauigkeit er- 
mitteln. Ich habe mehrere dieser Panzerwelse in Moos eingehüllt halbe 
Tage lebend ausserhalb dem Wasser aufbewahrt, aber selbst als ich sie 
mit einer Messerspitze reitzte und verwundete, nichts von einem Ton 
gehört. Dass der Fisch auf dem Lande sich ohne Schwierigkeit von 
der Stelle bewegt, habe ich bestätigt gefunden. Der Panzerwels beisst 
nie an den Köder der Angel, sondern wird mit den Händen an sehr 
seichten Stellen des Flussbettes gefangen, wo er wie die Krebse fast 
unbeweglich unter Steinen liegt. Ein Exemplar der kleineren Art 
fand ich in einem verfaulten hohlen Baumast an einer ganz seichten 
schlammigen Stelle des Rio Chagres umgeben von Fischeiern und win- 
zigen Fischen, die eben aus den Eiern schlüpften. Ich hielt dieselben 
für seine eigene Nachkommenschaft, welche der still liegende Fisch zu 
behüten und zu schützen schien. Eine genaue Untersuchung der winzig 
kleinen Fische durch Herrn Professor von Siebold ergab jedoch, dass 
sie einer andern Gattung angehörten. Es ist daher eher anzunehmen, 
dass der im Wasser schwerfällige Panzerwels die Eier anderer Fische 
im Schlamme aufsucht, um sie zu verzehren. Sonst sind kleine Krebse 
die beliebteste Nahrung der Raubfische dieser Flüsse und die gewöhn- 
lichen Köder der Angelfischer. 

Die Süsswasserfische, welche ich aus dem Staate Ecuador (Süd- 
amerika) an die zoologische Staatssammlung in München einsandte, und 
deren Namen in der vorhergehenden descriptiven Abhandlung angeführt 
sind, stammen theils aus dem Rio Guayaquil, theils aus den verschiedenen 
Confluenten, welche diesem wasserreichen Strom von den Anden der 
Provinzen Pichincha, Leon und Chimborazo zufliessen. Sie gehören mit 
Ausnahme der beiden kleinen alpinen Welsarten (Brontes prenadilla und 
Arges cyclopum), welche die Wasserscheide überschreitend in den höchsten 
Gebirgsbächen beider Gehänge vorkommen, ausschiesslich dem westlichen 
Abfall des Gebirges an. Die in den Flüssen Pastassa und Napo der Ost- 


93 


» 


seite vorkommenden Fischarten sind von denen der Westseite specifisch 
ebenso verschieden wie die Amphibien, Mollusken und Insekten. 

Das hydrographische System von Ecuador will ich nur kurz schil- 
dern, da dieser Theil von Südamerika weder für die Thiergeographie 
des Welttheils, noch für die physische Erdkunde überhaupt dieselbe 
Wichtigkeit hat wie der Isthmusstaat Panama. In Betreff des Rio 
Guayaquil und seiner vielen Nebenflüsse, verweise ich auf die älteren 
Karten von Maldonado, Humboldt, Wisse, und auf die neueste 
Specialkarte von Dr. Villavicencio. Diese Karten lassen allerdings in 
Betreff der genauen Zeichnung der Flussläufe des Westens wie des 
Ostens sehr viel zu wünschen übrig; denn die genannten Forscher haben 
nur einen verhältnissmässig kleinen Theil des Binnenlandes wirklich be- 
treten. Die vielen Krümmungen, welche sie z. B. dem wasserreichen 
Rio Daule geben, der nördlich vom Hafen Guayaquil in den grossen 
Strom einmündet, sind ebenso hypothetisch wie die regelmässigen 
Schlangenwindungen der Flüsse in der Provincia oriental, deren Inneres 
noch beinahe ganz „unbekanntes Land“ ist. Doch geben diese Karten 
wenigstens von den allgemeinen Verhältnissen des Bewässerungssystems 
an den westlichen Gehängen der obengenannten Gebirgsprovinzen, sowie 
der Küstenprovinzen Guayapuil, Esmeraldas und Manabi einen annähernd 
richtigen Begriff. | 

Beide Andesketten und die Doppelreihe der grossen Vulkane von 
Ecuador, die an den Rändern der Ketten sich erheben, sind durch 
Längenthäler geschieden, welche bei Quito und Tacunga die Form von 
Plateaus annehmen. Diese Längenthäler waren noch zu Ende der Dilu- 
vialzeit von ausgedehnten Süsswasserseen bedeckt. In den obersten fast 
horizontal gelagerten Tuffschichten bei Ambato, Quito, Tacunga, fand 
ich die Schalen derselben Arten von Land- und Süsswasserschnecken, 
die dort noch heute lebend vorkommen. Die allmählige Entleerung 
dieser Seen begann höchst wahrscheinlich mit dem Durchbruch der 
basaltischen Gesteine in der östlichen Kette (Pastassathal), durch welche 
tiefe Querrisse in dem Gebirgsbau erfolgten. Im Laufe der Zeiten ver- 
tiefte das abfliessende Wasser diese Querthäler durch allmählige Erosion. 

Unter einander sind die Plateaus des Andes durch Querjöcher von 
mässiger Höhe getrennt, Die Wasserscheide der beiderseitigen Fluss- 


94 


® 


systeme wird nur an wenigen Punkten durch die Kette der Anden selbst, 
in den meisten Fällen durch niedrige Landschwellen ın den Hochthälern 
gebildet. Es berühren sich die nach beiden Oceanen fliessenden Quell- 
bäche namentlich in den Umgebungen der Berge Chimborazo, Cotopaxi 
und Tunguragua so nahe, dass der Reisende sich dort mit leichter Mühe 
das von Dr. Tschudi erwähnte eigenthümliche Vergnügen machen kann: 
aus dem Wasser, das nach dem atlantischen Ocean zu fliessen bestimmt 
ist, ein Glas zu füllen und es zu einem Zufluss des stillen Weltmeeres 
zu tragen. 

Diese Terrainverhältnisse machen die Identität der Süsswasserfauna 
beider Gehänge für die höchsten Regionen von 9500’ bis 13,400° er- 
klärbar. In den mittleren Regionen ändern sich diese Verhältnisse. 
Von 6000° abwärts beginnt daher auch eine sehr bestimmte Trennung 
der beiderseitigen Faunen von Ost und West, und diese Trennung zeigt 
sich in der Tiefregion noch schärfer ausgeprägt. 

Die Wiegen aller Flüsse dieses Landes liegen innerhalb der eigent- 
lichen Aequatorialzone, wo eine wirklich trockene Jahreszeit nicht existirt. 
Die Unterbrechung des Regens (im Juni und Juli) dauert anhaltend kaum 
6 Wochen. Diese Umstände erklären den Wasserreichthum der west- 
lichen Flüsse ungeachtet ihres kurzen Laufes. Alle grösseren Flüsse, 
die im Andesgebirge entspringend zwischen 35° S. B. und 2° N. B. in 
den stillen Ocean münden, bilden gegen die Mündung breite und tiefe 
Ströme. Der Rio Guayaquil unterhalb der Stadt dieses Namens über- 
trifft den Mississippi bei New-Orleans an Breite und steht ihm an Tiefe 
nur wenig nach. 

In ihrem oberen Laufe sind die westlichen Flüsse der Anden sehr 
reissend, mit häufigen Katarakten, oft zwischen den steil abfallenden 
Felswänden tiefer Barrancas eingeklemmt, für Fahrzeuge meist unzu- 
gänglich und arm an Fischen. Gegen den mittleren Lauf aber sind die 
grösseren dieser Flüsse, namentlich Rio Daule und R. Babahoyo, deren 
Vereinigung den R. Guayaquil bildet, bereits beträchtliche Ströme und 
ziemlich reich an Fischen, Amphibien und Krustenthieren. Die sandigen 
Ufer und Inseln der Flüsse wimmeln von grossen schwarzgrauen Alliga- 
toren, deren Zahl vielleicht in keinem andern Flussgebiet der Welt be- 
trächtlicher ist als hier. Im untern Lauf fliessen die Wassermassen 


95 


träge dahin, sind mit dem salzigen Wasser des Oceans gemischt und 
werden bis auf 8 geographische Meilen von der Mündung durch dessen 
eindringende Fluth aufgestaut. Hier ist die Individuenzahl der Fische 
ausserordentlich gross. Indessen bilden die Seefische, deren Kiemen 
sich leichter an das brakische Wasser gewöhnen, als die der Flussfische, 
bei weitem die Mehrzahl der vorkommenden Arten. Sehr beträchtlich 
ist namentlich an den breiten Flussmündungen die Zahl der grossen ge- 
frässigen Raubfische. Die Rückenflossen gewaltiger Haie, die mit der 
Fluth stromaufwärts schwimmen, sieht man sehr häufig über dem Wasser- 
spiegel neben den gepanzerten Rücken der furchtbaren Alligatoren, 
welche stromabwärts an den Haifischen vorüberschwimmen ohne mit 
ihnen in Kampf zu gerathen. 

Vergleicht man mit den Flussnetzen der Westseite das hydrogra- 
phische System der östlichen Gehänge, deren Flüsse sämmtlich in den 
Maraäon (Amazonenstrom) sich ergiessen, so erkennt man hier abweichende 
physische Verhältnisse, die auf die Verbreitung der Süsswasserthiere 
einen wesentlichen Einfluss übten. 

Die Rios Pastassa, Tigre, Napo’etc. brausen in ihrem oberen Lauf 
mit überaus starkem Gefälle durch tief eingefurchte Schluchten, deren 
Wände meist senkrecht gegen das Flussbett abfallen. Ehe sie das Bett 
des Riesenstroms, der sie sämmtlich aufnimmt, erreichen, fliessen sie in 
ihrem mittleren Lauf durch die mit dichten Urwäldern bedeckten Ter- 
rassen, Hochthäler und Tiefebenen der Provincia oriental, wo selten ein 
Tag ohne Regen vergeht. Hinsichtlich der Länge ihres Laufes über- 
treffen sie die westlichen Flüsse um das dreifache. Von den in ihrem 
mittleren Lauf vorkommenden Fischen ist nichts sicheres bekannt. Die 
von mir im Pastassathal gesammelten Arten gingen leider im Laufe der 
überaus beschwerlichen Reise, die man dort zu Fuss in Begleitung in- 
dianischer Träger machen muss, sämmtlich zu Grund.!) Sie waren von 


1) Exeursionen von den Plateaulandschaften der Anden von Ecuador nach den Urwäldern der 
Provineia oriental gehören zu den mühseligsten und gefährlichsten Reisen im tropischen 
Amerika und sind überaus kostspielig.. Man bedient sich dazu der sogenannten Canelos- 
oder Napo-Indianer als Träger. Feindliche, heidnische Indianer, die mit vergifteten Pfeilen 
schiessen, wohnen erst im mittleren Theile der Flussgebiete ziemlich zahlreich. Der Natur- 
forscher und Sammler findet dort reiche Ausbeute, hat aber auch mit allen Hindernissen 
und Qualen des tropischen Waldlebens zu kämpfen. Der Transport der Sammlungen wird 


96 


den Fischarten, welche ich später im Rio Guayaquil sammelte, ebenso ver- 
schieden wie sämmtliche Amphibien, Insekten und Mollusken, die ich 
in besser conservirten Zustand von meinen Sammlungen in den Waldge- 
genden des östlichen Abfalles der Anden gerettet habe. Auch im Rio 
Napo, dem wasserreichsten Fluss der Ostseite, sind die zahlreich vor- 
kommenden Fische nach einer mündlichen Mittheilung von Dr. Jameson 
in Quito, der sich lange in der Provincia oriental aufgehalten, von denen 
der Westseite gänzlich verschieden. 

All’ diese östlichen Tributärflüsse des Rio de las Amazonas nehmen 
an einem Stromgebiet Theil, welches das grösste nicht nur Amerika’s, 
sondern der ganzen Erde ist. Die ihm von Süden zufliessenden Con- 
fluenten erstrecken sich durch 14 Breitegrade, und es sind Flüsse da- 
runter, welche die Donau und die Wolga an Wassermasse übertreffen. 
Von den nördlichen Zuflüssen strömen die längsten durch sieben Parallel- 
kreise. Das ganze Stromgebiet des Amazonas wird (nach mittleren 
Schätzungen) zu 106,000 DO Meilen angenommen, während das Strom- 
gebiet des Mississippi zu höchstens 49,000 DM., das des Ganges zu 
27,000 DOM. geschätzt wird, und das der Donau nur 14,650 OD) M. umfasst. 

Die Zuflüsse des Amazonas kommen aus sehr verschiedenen Regionen 
der Anden bis 14,600 P. F. Höhe herab, wo die mittlere Temperatur 
des Wassers selbst unter dem Aequator auf +3° C. fällt, während in 
der heissen Tiefregion der Provincia oriental nahe der Einmündung der 
Rios Napo und Pastassa in den Maraion die mittlere Temperatur des 
Wassers auf + 23° C. und darüber steigt. Die ausserordentliche Ver- 
schiedenheit der physikalischen Verhältnisse dieses unermesslichen Fluss- 
gebietes bedingt die grosse Mannigfaltigkeit seiner Fauna. Bei dem 
Austausch der Formen auf einem so weiten Gebiet durch freie und un- 
freiwillige Wanderung ist der Formenreichthum der östlichen Flüsse 
des Staates Ecuador ebenso natürlich erklärbar wie die verhältniss- 
mässige Formenarmuth der westlichen Flüsse. 

Die Fischfauna an der Westseite der Anden vom Ecuador zeigt in 
ihrem Charakter und Vorkommen folgende wesentliche Züge: 


besonders auf den Gehängen der Cordilleren durch die Bodenbeschaffenheit und die überaus 
grosse Feuchtigkeit erschwert. 


97 


1) Die Familie der Characinen, welche im tropischen Amerika die 
eigentlichen Salmoneer vertritt, erscheint in der untern und mittlern 
Region vorherrschend. Die merkwürdige Familie der @ymnotinen, welche 
im Isthmus von Panama fehlt, ist durch die ausgezeichnete Gattung 
Sternopygus vertreten.!) Die Familie der Siluriden ist in den höheren 
Regionen ausschliesslich repräsentirt. 

2) Die Formen »der Tiefregion (unter 1000‘ Meereshöhe) deuten 
ähnlich wie bei den anderen Thierklassen auf nahe Verwandtschaft mit 
den Fischgattungen von Brasilien und Guiana; in den mittleren Regionen 
aber (bis 7000°) treten mehr eigenthümliche Genera auf. In den höchsten 
Regionen kommen ausschliesslich nur eigenthümliche, bizarr gestaltete, 
generische Formen vor. 

3) Hinsichtlich der Arten ist die Süsswasserfauna von Westecuador 
von der Ostseite Südamerika’s (Brasilien und Guiana) ebenso verschieden, 
wie von der Fauna des Isthmus von Panama. 

4) Die Artenzahl ist im Vergleich mit den Flussfaunen des östlichen 
Südamerika gering; die Individuenzahl ist nur im untern Lauf der Flüsse 
sehr gross. Eigentliche Seefische sind im brakischen Wasser, soweit 
die Fluth des Oceans eindringt, weitaus vorherrschend. 

5) Die Verbreitung der Arten zeigt in vertikaler Richtung auf den 
verschiedenen Höhenstufen bestimmtere Grenzen als in horizontaler Rich- 
tung. Die alpinen Formen gehen noch etwas höher hinauf (bis 13,400’ 
im Norden des Chimborazo), als in Peru und Bolivia, wo die eigenthüm- 
lichen Arten der Gattung Orestias aus der Familie der Zahnkarpfen im 
Titicaca See zwischen 16 und 17° S. B. nur bis 12,600 P. F. vor- 
kommen.?) Hinsichtlich der Höhe ihres Aufenthaltes werden die kleinen 


1) S. die Diagnose dieser interessanten ausschliesslich auf Südamerika beschränkten Gattung 
in den Horis ichthyologieis von J. Müller und F. H. Troschel, 3. Heft. Gill erwähnt im 
Anhang zu Michler’s Report unter der Fischausbeute des Dr. Schott vom Atrato einer 
„schönen neuen Art der Gattung Sternopygus.“ Dort wäre also das nördlichste bis jetzt 
bekannte Vorkommen der Gymnotinen in Amerika. 


2 


— 


Die in den höchsten Andesbächen von Peru und Bolivia vorkommenden Arten der Gattung 
Trichomycterus, welche Pentland entdeckte und Valenciennes in vol. 18 seiner hist. nat des 
poissons beschrieb, reichen vielleicht bis nahe an die obere Region der Prenadillen, wenn 
die Angaben Pentland’s, der das Vorkommen von Trichomycterus gracilis bis zur Höhe von 
14000 engl. F. im See Compucila beobachtet haben will, genau sind. Trichomyeterus Incae 
aus dem Rio Guatanei bei Cuzco erreicht nicht diese Höhe. Eben so wenig der von Hum- 
Abh.d.I1. Cl.d. k. Ak. d. Wiss. X. Bd. I. Abth. 13 


98 


Welse der Anden einzig nur von den Süsswasserthieren im Norden des 
Himalaya übertroffen, wo sie in den kleinen Seen und Flüssen von 
Tibet bis über 14,000° erscheinen. 

6) Die horizontale Verbreitungslinie der Süsswasserfische dehnt sich 
hier vorherrschend nach der geographischen Länge aus. Ihre südliche 
Grenze findet sie an der immer trockner werdenden Küste von Peru 
bereits unter 5° S. B. bei dem transversalen Ausläufer der Cordillere 
von Santa Amatape. Die nördliche Grenze ist unbestimmt. Doch ist 
es wahrscheinlich, dass sie nicht über die Provinz Choco von Neu- 
granada 5°—7° N. B., deren Fauna freilich noch sehr wenig unter- 
sucht ist, hinausgeht. 

Für die Tiefregion der Flüsse bis 1000° sind besonders bezeichnend 
der seltsam gestaltete Sternopygus macrurus M. Tr.!) und Chalceus atro- 
caudatus Kn. St. Dagegen scheinen Trichomyceterus laticeps Kn. St. und 
Trychomycterus taenia Kn. St. mehr der mittlern Region (zwischen 1000 
und 6000°) anzugehören. Aus der Familie der Oharacinen kommen hier 
die beiden ausgezeichneten Formen: Pseudochalceus lineatus Kn. St. und 
Saccodon Wagneri Kn. St. vor. Nur auf die oberen Regionen von 7000— 
13,400‘ beschränkt sind die Arten: Arges Oyclopum Humb. und Brontes 
prenadilla ©. V. i 

Letztere höchst merkwürdige Formen der in der Aequatorialzone 
vorkommenden alpinen Welse wurden schon im vorigen Jahrhundert 
von Ulloa erwähnt, aber erst ein halbes Jahrhundert später von Hum- 


boldt entdeckte Eremophilus Mutisii aus der Hochebene von Bogota, wo dieser sonderbar 
gestaltete Fisch nach Humboldt’s Angabe in der Region von 8000 bis 9000° vorkommt. 
Derselben Region gehört auch der Pescado negro in den Anden von Popayan (Astroblepus 
Grixalvii Humb.) an, der bis jetzt der einzige Repräsentant dieser merkwürdigen Gattung 
ist, welche nach Valenciennes den Uebergang von den Silwriden zu den Cypriniden ver- 
mittelt. 

1) Die „Horae ichthyologicae“ von J. Müller und H. Troschel bezeichnen (Heft 3. S. 14) 
als das Vaterland dieses Fisches einfach: „Südamerika“ ohne nähere Angabe ob von der 
Ostseite oder Westseite des Continents. Bloch, der dieselbe Art als Gymnotus macrurus 
beschrieben und abgebildet hat, gibt als Fundort Brasilien an. Ich halte diese Angabe für 
einen Irrthum, denn ein gleichzeitiges Vorkommen desselben Flussfisches an der Ost- und 
Westküste Amerika’s ist sonst ohne Beispiel (mit Ausnahme von Fischen, die wie Centro- 
pomus undecimalis C. V. nur an den Mündungen im Brakwasser leben). J. Müller und 
Troschel bemerken übrigens bei Beschreibung des Sternopygus macrurus: „das Bloch’sche 
Exemplar haben wir nicht vorgefunden‘“! 


99 


boldt, der sie für identische Arten hielt, gesammelt und unter dem Namen Pime- 
lodus Oyclopum beschrieben. Beide Arten, die sich äusserlich sehr ähn- 
lich, aber von ungleicher Grösse sind, werden von den Eingebornen 
Prenadilla genannt und kommen in den Andesbächen, besonders in den 
kleinen Seen dieses Hochgebirges in grosser Menge vor, sind also durch- 
aus nicht auf unterirdische Höhlenwasser und kleine Kraterseen allein 
beschränkt, wie man früher glaubte. Ausser den zweispitzigen Zähnen 
im Unterkiefer zeichnen sich diese Fische noch durch kleine Stacheln 
aus, mit denen der erste Strahl der Brust- und Bauchflossen unterhalb 
besetzt ist. Dadurch werden die Fische befähigt, in den steilen Gebirgs- 
bächen gleichsam zu klettern. Sie scheinen sich vorzugsweise von kleinen 
Dipteren zu nähren, die hier in keiner Jahreszeit fehlen, und deren 
häufiges Vorkommen selbst über die Grenze der Schneelinie hinauf am 
Chimborazo bereits von Humboldt angeführt wurde. Die gefrässigen, 
schwach sehenden kleinen Fische beissen übrigens an den verschiedensten 
Ködern und werden von den Indianerbuben selbst mit gebogenen Steck- 
nadeln, an denen sie Würmer und Schnecken befestigen, mit Leichtig- 
keit aus dem Wasser gezogen. In den kleinen Weihern und Lachen, 
auch an den seichten Stellen der Seen werden sie von den Indianern 
mitunter auch in Sieben gefangen, wie bereits Ulloa erwähnte.!) 

Die ungemein grosse Anzahl der Prenadillen, besonders in den 
Seen und Bächen der Provinz Imbabura, sowie in einigen Seen der 
Provinz Chimborazo, wo ich die höchste Verbreitung der Fische in senk- 
rechter Richtung beobachtete,?) hat wohl vorzüglich darin ihren Grund, 


1) Antonio de Ulloa „Noticias americanas“ (Madrid 1792) p. 239. 


2) Nur an der Nordseite des Chimborazo (Hacienda Cunayaco) fand ich die kleinere Art Brontes 
prenadilla "m der bedeutenden Höhe von 13,400‘ in kleinen Weihern und stehenden Wassern, 
nicht in den fliessenden Bächen. Arges Cyclopum geht vielleicht nur bis 12,600‘. Die Region 
von 8000 bis 10,000‘ scheint jedoch beiden Arten am besten zu behagen, denn am zahl- 
reichsten ist ihr Vorkommen in den Seen und Bächen der Provinz Imbabura, welche dieser 
Region angehören. Im See von Colta bei Alt-Riobamba in der Provinz Chimborazo, dessen 
Wasserspiegel nach meiner barometrischen Messung 10,340 P. F. über dem stillen Ozean 
liegt, kommt nur die grössere Art (Arges Oyclopum) in dem einsamen Gebirgssee, am Fusse 
des Altarberges (Capac-urcu) in der Höhe von 11,525‘ dagegen nur die kleinere Art (Brontes 
prenadilla) vor. Ihr gemeinsames Vorkommen findet daher nicht in allen Gewässern statt. 
Das stehende Wasser von Weihern, und besonders die ruhigen Becken von Kraterseen, 
scheinen beide Arten dem fliessenden Wasser vorzuziehen. In sehr reissenden Gebirgs- 
bächen von starkem Gefälle sucht man in den höheren Regionen die Prenadillen vergebens. 


19> 


100 


dass dort kein anderer grösserer Raubfisch vorkommt, der sie vertilgt. 
Auch fehlen dort grössere fischfressende Wasservögel. Die Prenadillen 
haben also fast keinen Feind und Vernichter, denn selbst der Indianer 
achtet sie gering wegen ihrer Kleinheit und ihres eckelhaften Aussehens. 
Obwohl ihr Geschmack ziemlich gut ist, bilden die Prenadillen doch keinen 
wesentlichen Gegenstand der Nahrung, die der Anbau des Getreides und 
der Ueberfluss an Schafen den Eingeborenen dort reichlich gewährt. 

Vergleicht man die Fischfauna der oberen alpinen Region der Cor- 
dilleras de los Andes in Höhen von 8000° bis 13,400° mit den Fischen 
der oberen Alpenregion Europa’s in Höhen von 5000' bis 7000‘, so er- 
gibt sich dort wie hier aus ähnlichen physikalischen Ursachen ein fast 
gleiches ichthyologisches Resultat, nämlich: grosse Armuth an Formen 
und grosser Reichthum an Individuen. Die höchst gelegenen 
grösseren Süsswasserbecken Europa’s, die Seen von Ober-Engadin im 
Canton Graubündten, besitzen nur 3 Fischarten, welche den Familien 
der Salmoneer und COyprinen angehören. Europa’s Gewässer sind also 
unter 46° N.B. in so hoher Lage an Formen nicht ärmer wie die Hoch- 
seen der Anden unter den Tropen.!) Der grosse Titicacasee Peru’s in 
einer Höhe von 12,490’, die Seen Mexiko’s in Höhen von 6000‘ bis 
8000° haben eine ebenso einförmige Fauna wie die Alpenseen der 
Schweiz. Die Natur scheint sonach in Regionen, wo bei stark abneh- 
mendem Luftdruck die mittlere Temperatur auf 5° C., die des Wassers 
auf 4° C. sinkt, selbst unter dem Aequator die Fähigkeit zu verlieren, 
irgend eine Mannigfaltigkeit von Organismen hervorbringen zu können. 
Die Fauna der Amphibien, Kruster, Weichthiere ist auf diesen Andes- 
höhen ebenso arm wie die Fischfauna. 


Die Angabe Boussingault’s von einem Vorkommen der Prenadillen am Cotopaxi bis zur 
Höhe von 15,000‘ ist ein Irrthum. In dieser Höhe gibt es nur Eis und Schnee. Selbst in 
der Höhe von 13,000‘ fand ich am Cotopaxi in den Bächen keine Fische mehr. 


1) C Th. v. Siebold bemerkt in einem lehrreichen Aufsatz über die Fische des Ober-Engadins 
(Verhandlungen der schweizerischen naturforschenden Gesellschaft zu Samaden 1863): „die 
Artarmuth der Fischfauna hängt dort mit der hohen Lage der Inngewässer zusammen, 
welche noch ganz den Charakter von eiskalten Gletscherbächen und Hochseen zeigen, in 
denen ausser der niedern Temperatur zugleich die Armuth an Pflanzen, welche auch im 
Wasser die Mannigfaltigkeit des thierischen Lebens vermitteln helfen, sich in auffallender 
Weise bemerkbar macht.“ Aehnliche physikalische Bedingungen haben also in den Alpen 
Europa’s wie in den Anden Südamerika’s die gleiche Wirkung auf die Organismen. 


101 


Ueber das Vorkommen der Prenadilla in den Anden ist so viel 
seltsames und fabelhaftes von einigen spanisch-amerikanischen Schrift- 
stellern mitgetheilt und von A. v. Humboldt nacherzählt worden, dass 
hier einige berichtigende Bemerkungen wohl an rechter Stelle sein dürften. 

Die von Humboldt aus den Umgebungen des Chimborazo und 
Cotopaxi mitgebrachten und beschriebenen Fische'), haben nicht nur bei 
den Ichthyologen, sondern bei den Naturforschern überhaupt durch die 
Mittheilung, dass sie bei den grossen Eruptionen der Feuerberge von 
Quito in ungeheurer Zahl aus den Kratern ausgeworfen werden, ein 
aussergewöhnliches Interesse erregt.?) Schon der äussere Habitus der 
Fische erschien so fremdartig und sonderbar, dass selbst der geübte 
Scharfblick Cuvier’s nicht wusste, was er aus denselben machen, an 
welcher Stelle seines ichthyologischen Systems er die räthselhaften Fische 
einreihen sollte.?) Namentlich ist die Form der gabelartig zugespitzten 
und etwas umgebogenen Zähne so eigenthümlich paradox, dass der 
erfahrene Ichthyolog Valenciennes bemerkt: keine andere Gattung, nicht 
nur von der zahlreichen Familie der Welse, zu welcher die Gattungen 
Arges und Brontes am Ende doch gehören, sondern überhaupt kein an- 
derer Fisch habe diesen eigenthümlichen Zahnbau.*) 

Dass die Prenadillen wirklich bei verschiedenen Eruptionen der 


1) Es ist mir nicht bekannt, ob die von Humboldt gesammelten Exemplare der Fischarten 
aus den Anden sich noch im Berliner Museum vorfinden oder mit anderen naturhistorischen 
Sammlungen des berühmten Forschers durch Schiffbruch verloren gegangen sind. Valen- 
ciennes hatte nur die ihm von Boussingault überbrachten Exemplare von Brontes prenadilla 
zur Untersuchung vor sich und kannte den Arges cyclopım und den von Humboldt am 
Vulkan Purac& bei Popayan entdeckten Astroblepus Grixalvii (beschrieben in den Obs. zool. 
Tom. I pag. 19), den Cuvier gleichfalls -für eine „der sonderbarsten und merkwürdigsten“ 
Fischformen hielt, nur aus der Humboldt’schen Abbildung. Noch heute zählen diese kleinen 
Siluriden der Andes zu den grössten Seltenheiten in den ichthyologischen Sammlungen, 
weil sie bei ihrer Zartheit schwer zu conserviren sind und guter Weingeist in Quito und 
Popayan nicht zu finden ist. Selbst das sehr reiche ichthyologische Kabinet in Wien 
erhielt von mir die ersten Prenadillen. Die Mehrzahl der von mir mit grösster Sorgfalt 
behandelten Exemplare ist jedoch leider während der Reise zu Grund gegangen. 

2) S. Histoire naturelle des poissons par leBaron de Cuvier et. A. Valeneiennes Tome 15 p- 325 

3) Valenciennes äussert sich darüber im Cap. XIII T. 15 seiner hist. nat. des poiss. folgender- 
massen: „Il a fallu que les hesitations füssent bien grandes et que les difficultes füssent 
assez fortes puisque M. Cuvier, si habile & saisir les rapports les plus eloignes des &tres, 
n’a pas 0s6 fixer une place & ces poissons dans ses deux editions du regne animal.“ 

4) Ibid. T. 15 p. 333: „aucun autresilure ne nous a encore offert !exemple de cette dentition 
et je dirais möme aucun autre poisson.“ 


102 


Vulkane Imbabura, Carahuirazo und Cotopaxi (nicht aber der Vul- 
kane Sangay und Tunguragua, wie Valenciennes irrig bemerkt) 
massenhaft ausgeworfen worden sind, ist eine durch historische Zeug- 
nisse hinreichend erwiesene Thatsache. Solche Fischauswürfe gehören 
aber keineswegs zu den regelmässigen, oft vorkommenden Wirkungen 
der Vulkane von Quito, wie der genannte Ichthyolog nach Humboldt’s 
Mittheilungen annimmt, sondern es sind seltene zufällige Erscheinungen, 
deren traditionelle Erinnerung sich nur in der Provinz Imbabura, nicht 
aber in den Umgebungen des Cotopaxi und der übrigen Vulkane er- 
halten hat. Keiner von den dort lebenden Bewohnern hat diese Erschei- 
nungen jemals selbst beobachtet. Manche intelligente Männer bezweifeln 
sie ganz. Ich habe mich sowohl in den Umgebungen des Cotopaxi, wo 
ich mit Hülfe meines Freundes Professor Carlos Cassola in Tacunga 
einige hypsometrische Arbeiten bis zur Höhe von 16,600 P.F. ausführte, 
als am Fusse der Vulkane Imbabura, Carahuirazo und Tunguragua be- 
deutend längere Zeit aufgehalten, als Humboldt, Bonpland und selbst 
Boussingault. Nach möglichst genauer Untersuchung der dortigen vul- 
kanischen Wirkungen und Gebilde, sowie nach ruhiger Prüfung der 
schriftlichen und mündlichen Traditionen über die Fischauswürfe, bin 
ich zur Ueberzeugung gekommen, dass dieses Phänomen nur als be- 
gleitende Erscheinung wässeriger Ausbrüche, in den meisten 
Fällen wahrscheinlich bei Entleerung von Kraterseen in Folge von Erd- 
stössen und Bildung von Schlammströmen (lodozales) stattgefunden hat. 
Bei grösseren vulkanischen Feuereruptionen von glühenden Schlacken 
und Asche mit gewaltigen Dampfexplosionen, wie sie der Sangay und 
Cotopaxi noch heute in grossartigster Weise zeigen, kommen Fischaus- 
würfe nicht vor, und sind deren auch nie beobachtet worden. 

Die von Humboldt angeführte Katastrophe, welche am 19. Juni 1698 
der Vulkan Carahuirazo (nicht Cargueirazo, wie Humboldt irrig schreibt) 
zeigte, wo der Gipfel des Berges mit gleichzeitigen Erdstössen einstürzte, 
der Kratersee sich entleerte und ein wässeriger Schlammstrom mit einer 
trachytischen Masse, welche heute noch fast ganz'unverändert ist, in 
einer Ausdehnung von 4 Leguas bandartig nach der Hochebene von 
Ambato sich ergoss, war keine Feuereruption, sondern eine jener wäss- 
rigen kalten Schlammausbrüche, welche, ähnlich dem berühmten Moya- 


103 


auswurf bei dem Erdbeben von Pelileo und Riobamba 1797, an den 
Vulkanen der Anden von Ecuador oft vorkommende Erscheinungen sind. 

Jener Schlammstrom des Carahuirazo, der in der breiartigen Erd- 
masse auch eine Menge Prenadillen enthielt, konnte diese Fische wohl 
aus dem entleerten Kratersee oder von den Bächen, die er verstopfte, 
und deren Wasser sich mit der Schlammmasse mischten, in die Tiefe 
geführt haben. Wenn diese Fische in unterirdischen Wasserbecken 
wirklich vorkommen, so ist ihr Auswurf nur durch die mechanische 
Gewalt der Erdstösse zu erklären, durch welche senkrechte Spaltenrisse 
an den Vulkanen entstehen, nicht durch wirkliche Dampferuptionen aus 
dem Krater. 

Aehnliche ausgedehnte Schlammströme, in Form und Länge den 
wirklichen Lavaströmen ähnlich, aber von ganz anderer Beschaffenheit 
der Grundmasse, zeigen die Umgebungen des Vulkans Imbabura und 
selbst des Cotopaxi. Es sind breiartige wässerige Ausbrüche, die stets 
nur bei Erschütterung der Vulkane durch Erdbeben entstehen. Sie 
dürfen nicht mit feurig flüssigen Lavaströmen, wie solche die Vulkane 
Italiens: und Islands regelmässig, in den Anden von Ecuador nur die 
Vulkane Antisana und Tunguragua ausnahmsweise zeigen, verwechselt 
werden. Ihre erdige, kothähnliche Masse besteht grösstentheils aus 
zerriebenen und zertrümmerten Theilchen von jener Varietät des Trachyts, 
den man Andesit genannt hat, und enthält eine Menge von kleinen 
Oligoklas- und Hornblende- oder Augitkrystallen. Ueber diese eigenthüm- 
lichen, wässerigen, schlammigen, kalten Eruptionen, an welchen durch- 
aus nicht immer schmelzende Schneemassen betheiligt sind, wie Humboldt 
später irrthümlich anzunehmen geneigt war, und über die breiartigen 
Lodozales, die aus ihnen hervorgehen, habe ich an einem andern Ort 
bereits zuverlässiges und ausführliches mitgetheilt.') 

A. v. Humboldt, der eingesteht, dass er die Fischauswürfe der 
Vulkane von Quito nie selbst gesehen, sondern nur aus den confusen 
Angaben der Eingebornen davon gehört und „in den Archiven der 


1) S. die Abhandlung: „über einige wenig bekannte Vulkane im tropischen Amerika im Heft XI 
Jahrg. 1862 der Mittheilungen aus Justus Perthes geographischer Anstalt‘ Die von mir 
mitgebrachte Masse aus verschiedenen Lodozales wurde von Herrn Professor Blum in Heidel- 
berg mineralogisch untersucht und lieferte das angegebene Resultat. 


104 


kleinen Provinzialstädte‘‘ darüber gelesen habe, gibt in seinen „Beobach- 
tungen aus der Zoologie“ 8.42 und 43 über diese Erscheinung fol- 
gende sonderbare Mittheilungen. ,„Cotopaxi und Tunguragua,“ schreibt 
Humboldt, ‚werfen die Fische bald aus dem Krater, bald aus Seiten- 
klüften, stets aber in Punkten aus, die viertausend fünfhundert, bis 
fünftausend Meter über dem Meer erhaben sind..... Sehr merkwürdig 
ist, dass von den vielen tausend Fischen, welche man in wenigen Stunden 
mit Strömen von kaltem und süssem Wasser vom Cotopaxi herab- 
kommen sieht, kein einziger verunstaltet und so beschaffen ist, dass 
man glauben könne, er sei einem hohen Wärmegrad ausgesetzt gewesen. 
Diese Betrachtung ist um so auffallender als das Fleisch dieser Thiere 
sehr weich ist und der Vulkan oft zugleich eine dieke Rauchsäule aus- 
stösst. Einige Indianer versichern sogar, dass die Fische, indem sie an 
dem Abhange der vulkanischen Kegelberge herabgleiten, bisweilen noch 
lebendig sind.“ 

Der Vorwurf, den man dem berühmten Naturforscher und 
Reisenden ungeachtet seiner unermesslichen Verdienste um die phy- 
sikalische Erdkunde und Naturgeschichte Amerika’s wiederholt ge- 
macht hat: dass er den märchenhaften und übertriebenen Aussagen 
von Eingebornen, die sich oft ein Vergnügen machen, den Fremden 
absichtlich zu belügen, doch manchmal zu viel Gewicht beilegte, scheint 
hier wirklich begründet. Kein Beobachter hat jemals einen Fischaus- 
wurf aus dem Krater des Cotopaxi gesehen; kein Beobachter konnte 
ihn je sehen. Denn noch ist überhaupt kein Mensch dem Krater dieses 
Feuerbergs für eine hinreichende Beobachtungszeit nahe genug gekommen. !) 


1) Humboldt und Bonpland i. J. 1803, Boussingault und Hall i. J. 1831 versuchten den Coto- 
paxi von der Nordostseite zu besteigen zu einer Zeit, wo der Krater nicht die geringste 
Thätigkeit zeigte, also auch keine frischen eruptiven Schlamm- und Aschenauswürfe von 
ihnen beobachtet werden konnten. Die bewohnten Punkte liegen auch dort viel zu weit 
vom eigentlichen Eruptionskegel des Vulkans entfernt, um selbst nur die Möglichkeit ge- 
nauer Beobachtungen von dort zuzulassen. Die Ranchos de la Vacceria, wo ich bei dem 
ersten Besteigungsversuch mit Professor Cassola und Dr. Gallegos aus Tacunga eine Nacht 
zubrachte, bilden den höchsten zur Regenzeit bewohnten Punkt an der Südwestseite des 
Vulkans. Unser Barometer fiel dort auf 500 mm. bei + 7° C. und zeigte eine Höhe von 
11,400 P. F. über dem Meere an. Es sind Schäferhütten, die nur während der besten 
Weidezeit von den indianischen Hirten bezogen werden. Auch dort ist die Entfernung 
vom Auswurfskegel des Vulkans viel zu gross, um von den Eruptionsprodukten bei gewöhn- 


105 


Der Eruptionskegel des Cotopaxi erhebt sich in einer einsamen, fast 
unbewohnten Wildniss. Die nächste Hacienda von San Elias ist zwei 
Meilen vom Fusse des Kegels entfernt. Es fällt keinem Indianer ein, 
sich über die Schlackenwüste des Arenal, welcher den Eruptionskegel 
des Vulkans umgibt, hinaus zu verirren. Die Hacienda Chillo, von 
welcher Humboldt hörte, dass sie auch einmal einen Fischregen vom 
Cotopaxi empfangen habe, ist in gerader Richtung von diesem Vulkan 
sieben geopraphische Meilen, also fast zwei Tagreisen, entfernt. Wer möchte 
aus solcher Entfernung behaupten, dass die niedergefallenen Fische, die 
auch möglicherweise durch Windhosen, Wirbelstürme u. s. w. emporgerissen 
oder wahrscheinlicher durch Entleerung unterirdischer Wasser und kleiner 
Seen aus den nächsten Bergen bei Chillo gekommen, vom Krater des 
Cotopaxi auf so bedeutende Entfernung geschleudert worden seien? 
Wenn die Prenadillen wirklich durch die Schleuderkraft der Dampf- 
explosionen des grossen Feuerberges auf solche Entfernungen geworfen 
würden, wie wäre dann die gute Erhaltung der zarten Fische möglich, 
die ein geringer Druck der Hand zu einer unkenntlichen Masse zer- 
malmt ? 


licher Thätigkeit des Kraters etwas zu sehen. Erst auf der Höhe des Picacho — (Cabeza 
de Incas, wieihn Humboldt nennt, der ihn nur aus einer Entfernung von 3 Meilen mit dem 
Fernrohr betrachtete) — eines circusförmigen Trachytfelsens, wo wir am 23. Dezember 1858 
in einer Höhe von 14,416 P. F. auf dem Schnee übernachteten, ist man dem Krater und 
seinen täglichen Auswürflingen nahe genug, um das Spiel der vulkanischen Thätigkeit und 
die Natur der Auswürflinge genauer zu beobachten. Noch hat aber kein Beobachter in 
dieser Höhe, wo bei wechselnder Temperatur der Schauplatz der furchtbarsten Stürme und 
fast täglicher Gewitter mit Schneegestöber ist, auch nur einige Tage ausgehalten. Der 
Gouverneur Don Lorenzo Espinoza, ein Sohn des Landes, und der Pfarrer Vasquez von 
Tilipulo, der in den Archiven von Tacunga die genauesten Nachforschungen über alle Erup- 
tionen des Cotopaxi seit der spanischen Invasion gemacht hat, versicherten uns: dass wir 
die Ersten gewesen, die dem Feuerberg von der Südwestseite so nahe gekommen, und dass 
vor uns kein Beobachter über den Fuss des Picacho emporgestiegen sei. In der Höhe von 
16,645 P.F., wo die Heftigkeit des Gewitters und die Erschöpfung unserer Kräfte uns zur 
Umkehr zwangen, waren wir nach siebenstündigem Steigen über verschiedene frisch aus- 
geworfene wässerige Kothlavaströme (Lodozales) gekommen, deren Beschaffenheit ich genau 
untersuchte und von denen ich Proben an Herrn Professor Bunsen in Heidelberg zur Ana- 
lyse einsandte. Es fand sich darin keine Spur von Organismen. Der Krater, welcher stark 
rauchte, warf auch einigemale Schlacken empor, die auf den Gehängen des Kegels herab- 
rollten, in Mehrzahl aber in den rauchenden Schlund zurückfielen. Bei grossen Eruptionen 
des Cotopaxi, die nur drei- bis viermal in jedem Jahrhundert stattfinden, fliehen selbst die 
Bewohner von San Elias, Die ganze Hochebene ist dann in Finsterniss gehüllt, die Asche 
fällt bis dreissig Meilen in der Runde, und die Donnersalven des Kraters werden noch in 
Entfernungen von 200 spanischen Meilen gehört. (S. Humboldt: „Vue des Cordilleres“ p. 46.) 
Abh. d. II. Cl.d. k. Ak.d. Wiss. X. Bd. I. Abth. f 


106 


Die Fischauswürfe, welche mitunter die wässerigen Eruptionen be- 
gleiteten, sind wohl in den meisten Fällen die Folgen der gleichzeitigen 
Entleerung fischreicher Kraterseen gewesen, die durch Risse und Ein- 
stürze geöffnet, ausflossen; aber solche Fischmassen kommen nicht bei 
allen wässerigen und schlammigen Durchbrüchen zum Vorschein. Das 
grosse Erdbeben von Quito im März 1859 war an verschiedenen Stellen 
von unterirdischen Schlammausbrüchen begleitet. Ich habe die Gebilde 
dieser Ausbrüche am Vulkan Pichincha, wo sie stattfanden, unmittelbar 
nach dem Ereigniss genau untersucht, in der weichen andesitischen 
Masse aber keine Spur von Fischen gefunden. Bei wirklichen vul- 
kanischen Feuereruptionen können Fischauswürfe aus dem Krater nicht 
stattfinden. Sie würden, wenn das Vorkommen solcher Fische in der 
hohen Temperatur des vulkanischen Heerdes thätiger Feuerberge über- 
haupt möglich wäre, durch die Gewalt der Dampfexplosionen zu einem 
Brei zermalmt, gänzlich zerstört und unter den Auswürflingen sicher 
nicht mehr als organische Wesen erkannt werden. Unter den Eruptions- 
produkten des Cotopaxi, der sich zur Zeit meines dortigen Aufenthaltes 
in starker Thätigkeit befand, bemerkte ich keine Spur von Fischen, 
und bei den Indianern der Gegend war jede Erinnerung von Fischaus- 
würfen erloschen. 

Das Vorkommen der Frenadillen in den unterirdischen Höhlen 
und Wasserbecken selbst der ausgebrannten Vulkane ist überhaupt nur 
Hypothese, keine Gewissheit. Unterirdisch lebende Höhlenfische, wie 
der in den Gewässern der Mammuthhöhle in Kentucky (Nordamerika) 
vorkommende Amblyopsis spelaeus, haben eine Hautbedeckung über den 
kleinen Augen, sind also wirklich blind, was die Prenadilla nicht sind.!) 
Humboldt beruft sich zwar zur Unterstützung seiner Hypothese des 
unterirdischen Aufenthalts der Prenadillen auf eine Mittheilung des Cor- 
regidor von Ibarra, die folgendermassen lautet: ‚dass die Prenadillen 
im Innern des Berges Imbabura leben, erkennt man daran, dass bei dem 
Dorf San Pablo die Indianer sie in einem Bache fangen, da wo er aus 


1) Die kleinen Fische aus der Familie der Oyprinoiden, welche in den artesischen Brunnen der 
Sahara aus den Tiefen des Erdinnern vom Wasserstrahl emporgerissen werden, sind aller- 
dings nicht blind. Es ist aber zu vermuthen, dass die unterirdischen Wasserbecken dort 
mit Tagwassern in Verbindung stehen. 


107 


dem Felsen ausbricht.“!) Diese Mittheilung scheint mir jedoch keines- 
wegs ein Beweis für das unterirdische Vorkommen der Fische. Ich 
verweilte in Begleitung des Herrn Valdivieso von Quito mehrere Tage 
in San Pablo am Fusse des Imbabura und habe den erwähnten Bach 
bis zu seiner Quelle untersucht. Eine mit demselben communicirende 
Höhle konnte ich weder finden, noch habe ich von deren Existenz ge- 
hört. Der Bach, der in beträchtlicher Höhe am Vulkan entspringt, er- 
giesst sich in den See von San Pablo, der voll von zahllosen Prenadillen 
ist. Der kleine Fisch, den die Natur, wie erwähnt, mit Stachelflossen 
wie zum Klettern versehen hat, kann vom See aufwärts selbst über 
ziemlich schroffe Stellen des Baches mit Leichtigkeit bis zu dessen Quelle 
gelangen. 

Humboldt selbst hat sich die Fragen gestellt: wie es möglich, 
dass diese Fische in der hohen Temperatur der unterirdischen Wasser 
von thätigen Feuerbergen. leben können? Wie es möglich, dass so 
weiche und zarte Geschöpfe bei der furchtbaren Gewalt, mit welcher 
die heissen Dämpfe glühende Schlacken einige tausend Fuss über den 
Krater emporschleudern, nicht völlig zerstört würden? Mit diesen Ein- 
würfen ‘scheint mir Humboldt seine eigenen Mittheilungen von Fisch- 
auswürfen als begleitende Erscheinungen wirklicher Fruptionen, die er 
nach der vorhandenen Sage nacherzählt und nicht selbst beobachtet 
hat, hinreichend widerlegt zu haben. 

Boussingault hat bei Uebersendung einiger Prenadillen an Valen- 
ciennes zwar die alte Sage von den Fischauswürfen des Cotopaxi wieder- 
holt, ohne jedoch während seines Besuchs an diesem Feuerberg die 
Erscheinung selbst gesehen, oder näheres darüber von lebenden Augen- 
zeugen gehört zu haben. In den verschiedenen wissenschaftlichen Auf- 
sätzen, welche dieser berühmte Physiker als Ergebnisse seines mehr- 
jährigen Aufenthalts in den südamerikanischen Anden publicirte, hat er 
sich über die angeblichen Fischeruptionen der Vulkane von (Quito nie- 
mals bestimmt ausgesprochen. 

A. v. Humboldt hat den dürftigen historischen Documenten über 
dieses Phänomen offenbar mehr Werth beigelegt, als sie verdienen. Die 
spanischen Creolen sind, ebenso wie die Cholos und Indianer, stets zu 


1) A. v. Humboldt „Beobachtungen aus der Zoologie“ 8. 47. 
14* 


108 


Erdichtungen und Uebertreibungen geneigt, besonders wenn es sich von 
aussergewöhnlichen Naturereignissen handelt. Auffallend ist es immerhin, 
dass der gelehrte französische Akademiker La Condamine, welcher 6 
Jahre (1736—1742) in den Umgebungen der Vulkane von Quito mit 
wissenschaftlichen Arbeiten verweilte, bei seinen Bemerkungen über den 
Cotopaxi, Sangay, Tunguragua etc. mit keiner Sylbe ihrer Fischeruptionen 
erwähnt, was er gewiss nicht unterlassen haben würde, wenn er davon 
gehört hätte. 

Don Antonio Ulloa, der mit ihm eine Reihe geodätischer Arbeiten 
dort ausführte, erwähnt in seinem Capitel über die Fische zwar das 
Vorkommen der Prenadilla in den Gebirgsbächen von Quito, sagt aber 
nichts von einem Auswurfe derselben durch die Vulkane.!) 

Pater Velasco in seiner ‚historia del Reino de Quito‘ erwähnt 
einzig nur der Fischauswürfe des Vulkans Imbabura, der auch, sowie 
die ganze Provinz, seinen Namen davon hat.?) Derselbe Verfasser, der 
es übrigens mit der Wahrheit nicht immer sehr genau nimmt, und dessen 
Angaben kein volles Vertrauen verdienen, versichert sogar: er selbst 
sei bei einem dieser Fischauswürfe auf halber Höhe des Berges in Ge- 
fahr gewesen, durch den Gestank der ausgeworfenen Fische zu er- 
sticken.?) Velasco bezeichnet aber weder das Jahr, wo er diese Er- 
scheinung miterlebte, noch beschreibt er dieselbe in umständlicher klarer 
Weise, was er sicher gethan haben würde, wenn er wirklich Augenzeuge 
derselben gewesen, und sie nicht blos nach Hörensagen wiederholt hätte. 

Manuel Villavicencio bemerkt in seiner „Geografia‘‘ ebenso wie 
P. Velasco ausdrücklich: dass der Vulkan Imbabura stets nur wässerige 
Eruptionen gehabt habe, und dass die Fischauswürfe entweder aus unter- 
irdischen Höhlenwassern, oder möglicherweise auch aus den zu Tag gehen- 
den Gewässern der Schluchten des Berges gekommen seien.) 

Zum Schluss dieser Abhandlung wollte ich eine übersichtliche Dar- 
stellung der geographischen Vertheilung der Süsswasserfische Amerika’s 
nebst einer kurzen Charakteristik der einzelnen ichthyologischen Reiche 


1) Antonio de Ulloa: noticias americanas. Ent IX sobre los Pescados. 

2) Imbabura ‚„Fischmutter.“ Imba werden im dortigen Qquichuadialekt die Prenadillas ge- 
nannt. Bura heisst Mutter. S. P. Velasco historia natural del Reino de Quito p. 11. 

3) Ibid. $. 2 Montes y volcanes S. 11. 

4) Manuel Villaviceneio: Geografia de la Republiea del Ecuador. p. 57. 


109 


dieses Welttheils vom hohen Norden der arktischen Zone bis zur Süd- 
spitze Patagoniens beifügen. Indem ich jedoch die ichthyologische 
Literatur, soweit ich solche in der hiesigen Staatsbibliothek vorfand, 
eingehend studierte und verglich, fand ich die materiellen Schwierigkeiten 
theils wegen der Unvollständigkeit der Untersuchungen in weiten Länder- 
gebieten, theils wegen der Lückenhaftigkeit der hier vorhandenen Lite- 
ratur so gross, dass ich diese Arbeit auf eine spätere Zeit verschieben 
muss. Herr Professor Kner in Wien hatte die besondere Güte, eine 
Reihe von Fragen, welche ich über dieses Thema an ihn richtete, aus- 
führlich zu beantworten, wofür ich ihm hiemit meinen wärmsten Dank aus- 
drücke. Die schätzbaren Mittheilungen dieses kenntnissreichen Forschers 
werde ich in einer spätern Abhandlung benützen. Hier gebe ich zum 
Schluss nur noch einige Bemerkungen über die bisherigen Untersuch- 
ungen in Amerika, und über die dort noch vorhandenen geographischen 
Lücken in der Naturgeschichte der Fische. 

In Nordamerika zeigt sich die grösste geographische Lücke in der 
Kenntniss der Süsswasserfauna nördlich vom 54° N. B. bis zu den 
Küsten des Eismeeres. Die Fische des grossen Sklavensees, des Bären- 
sees und des Mackenziestromes sind noch völlig unbekannt. Ebenso 
wenig wissen wir über die Fauna der Flüsse im russischen Nordamerika, 
und in dem zum weiten Ländergebiet des brittischen Amerika gehörigen 
Caledonia westlich von der Kette der Rocky Mountains. 

Die Süsswasserfauna des östlichen Theils von Nordamerika, südlich 
vom 50. Parallel, ist verhältnissmässig gut erforscht. Indessen ist uns 
kein nordamerikanisches Fischwerk bekannt, welches hinsichtlich der 
Gründlichkeit,. Schärfe der Beobachtung und kritischen Sichtung der 
aufgestellten Arten dem vortrefflichen Werk C. Th. E. v. Siebold’s: ‚‚Die 
Süsswasserfische von Mitteleuropa‘ an die Seite zu stellen wäre. Auch 
in Bezug auf die Lebensweise der Fısche hat kein amerikanischer Ich- 
thyolog einen gleichen Reichthum an Beobachtungen geliefert. Es wäre 
namentlich zu wünschen, dass die amerikanischen Werke uns eine ähn- 
liche tabellarische Uebersicht der geographischen Verbreitung der Süss- 
wasserfische geben würden wie Siebold’s Buch. 

Um die nähere Kenntniss der Fische in den beiden grossen Fluss- 
gebieten des Mississippi und des Sanct Lorenzstromes, sowie der vier 


110 


grossen zusammenhängenden Binnenseen, haben sich besonders Mitchill, 
Lesueur, de Kay, Smith, Storer, de la Pilay, Richardson, Gill, 
Girard, Agassiz anerkennungswerthe Verdienste erworben.!) Der letzt- 
genannte Forscher, welcher die Fische Amerika’s und Europa’s gleich 
gründlich untersuchte, hat den wichtigen Ausspruch gethan: dass Amerika 
und Europa, trotz der grossen Aehnlichkeit in den meisten generischen 
Formen, doch nicht eine identische Species von Süsswasserfischen ge- 
meinsam besitzen. Diese Thatsache beweist, dass die Trennung Amerika’s 
und Europa’s, für deren früheren Zusammenhang manche gewichtige 
geologische Gründe sprechen, jedenfalls älter ist, als die Entstehung der 
gegenwärtigen Artenformen. Die wenigen Säugethiere, Vögel und In- 
sekten, welche Nordamerika mit KEuropa gemein hat, sind als eingewan- 
derte Arten zu betrachten. 


Viel weniger explorirt als Canada und der östliche Theil der Ver- 
einigten Staaten hinsichtlich der Süsswasserfauna ist Californien, welches 
ganz verschiedene Species, zum Theil andere Genera und selbst eine 
eigenthümliche Familie von Flussfischen besitzt. 


. Die Kenntniss der Fische Nordamerika’s reicht südlich nicht über 
Florida und Texas, also nicht über 26° N. B. hinaus. Die Fischarten 
des Rio Grande del Norte sind noch ebenso wenig bekannt, wie die in 
den Gebirgs- und Küstenflüssen von Ost- und Westmexiko vorkommenden 
Arten. In Mocigno’s Werk sind nur Seefische von der mexikanischen 
Golfküste beschrieben und abgebildet. Die in Aussicht stehende Unter- 
suchung der ichthyologischen Sammlungen des Dr. Saussure aus Mexiko 
durch Professor Kner dürfte daher eine sehr wesentliche Lücke in der 
Ichthyologie Amerika’s ausfüllen. Mexiko ist für die geographische 
Verbreitung der Süsswasserfische von hoher Wichtigkeit; denn dort ist 
die äusserste nördliche Grenze ausgezeichneter tropischer Formen wie 
die der Familien der Oharacinen und Loricaten, sowie die südliche Grenze 


1) Es wären ausser den Genannten noch manche Andere, besonders reisende Naturforscher 
und Sammler zu nennen, welche sich um die Ichthyologie Nordamerika’s verdient gemacht 
haben. Ich erwähne hier nur die hervorragendsten Namen. Leider ist es mir bis jetzt 
noch nicht gelungen, eine vollständige Einsicht in die ganze ichthyologische Literatur 
Amerika’s zu gewinnen, welche, wie gesagt, sehr zerstreut und in der Staatsbibliothek 
Münchens nur fragmentarisch vorhanden ist. 


111 


der Esocinen, Cypriniden und der eigentlichen Salmoneer mit Wahrschein- 
lichkeit zu finden. 

Von den Antillen ist die Fischfauna der Insel Cuba durch Gund- 
lach’s Sammlungen, Parra’s und Poey’s descriptive Beiträge bekannter 
geworden. Auch die Süsswasserfauna der besonders an Weichthieren 
reichen Insel Jamaica ist durch brittische Sammler ziemlich gut bekannt. 
Die Ichthyologie von Hayti und den übrigen westindischen Inseln ist 
dagegen noch sehr unzureichend erforscht. Seit den älteren Fischsamm- 
lungen von Ricord auf San Domingo, von Leford und Achard in 
Martinique und Guadeloupe und von dem unglücklichen französischen 
Reisenden Pley in Portorico ist von dort nur wenig zu unserer Kunde 
gekommen. 

Aus Guatemala hat Günther eine kleine Anzahl neuer Fischarten 
beschrieben. Ueber die Süsswasserfauna von Honduras, San Salvador, 
Nicaragua und Üostarica wissen wir fast nichts. Die von mir dort 
während der Jahre 1853 und 1854 gesammelten Fische sind theils durch 
Mangel an gutem Weingeist verdorben, theils bei dem Einsturz des von 
mir bewohnten Hauses durch das Erdbeben vom 16. April 1854, welches 
die Hauptstadt San Salvador gänzlich zerstörte, mit vielen anderen ge- 
sammelten naturhistorischen Gegenständen zu Grund gegangen.!) Die 
vorhergehende Abhandlung über die Panamafische bildet daher den ein- 
zigen wesentlichen Beitrag zur Kenntniss der Süsswasserfauna Central- 
amerika’s. 

Südamerika vom 11° N. B. (Mündung des Magdalenenflusses) bis 
35° 8. B. (Mündung des Rio de la Plata) ist wenigstens in seinen öst- 
lichen Theilen, wo die grössten und fischreichsten Flussgebiete der 
Welt auftreten, viel besser bekannt als Mittelamerika. Um die Er- 
forschung der dortigen Süsswasserfaunen haben sich ziemlich viele unter- 
nehmende Reisende besonders dadurch verdient gemacht, dass sie, nicht 
ohne grosse Mühe und Opfer, ein bedeutendes Sammelmaterial für die 


1) Ein Theil meiner Sammlungen, welche ich im Landhause des preussischen Viceconsuls 
Kronmeier aufbewahrt hatte, ist zwar dem Ruin entgangen, konnte damals aber wegen 
gänzlichen Mangels an Transportmitteln nicht nach dem stillen Ocean gebracht werden, 
wo ich nach der Katastrophe noch einen Monat in der Hacienda des Herrn Walter Bogen 
am Wechselfieber leidend verweilte Die Stadt San Salvador war nicht nur Ruine, sondern 
auch eine von der Bevölkerung ganz verlassene Einöde geworden. 


112 


grösseren ichthyologischen Werke lieferten. Ich erwähne nur die Samm- 
lungen von Dr. Schott im Atratogebiet, von Boussingault und Humboldt 
im Magdalenenfluss, die sehr interssante ichthyologische Ausbeute der Ge- 
brüder Schomburgk in Guiana, das bedeutende Material der französischen 
Sammler Richard, Leblond, Poiteau, Leschenault und Doumerc- 
in der französischen Colonie Cayenne, die überaus reichhaltigen Samm- 
lungen der berühmten Reiseforscher Spix,') Martius, Delalande, Prinz 
von Neu-Wied, Auguste Saint Hilaire, Natterer im Stromgebiet 
des Amazonas und in anderen Flüssen Brasiliens, d’Orbigny’s und Bur- 
meister’s zahlreiche Untersuchungen im Rio de la Plata und Neben- 
flüssen u. s. w. Die neuen Arten, welche von diesen und anderen 
älteren und neueren Reisenden in Südamerika entdeckt wurden, sind 
theils in den Anhängen der Reisewerke, theils in verschiedenen ichthyo- 
logischen Werken und Abhandlungen beschrieben. 

Südlich von der Mündung des Rio de la Plata hat die amerikanische 
Ichthyologie nur wenige sporadische Mittheilungen aufzuweisen. Von 
Patagonien kennt man nur die Küsten und Flussmündungen. Das ganze 
unermessliche patagonische Binnenland, welches durch 13 Parallelkreise 
und 10 Meridiane zwischen beiden Oceanen sich ausdehnt, ist in natur- 
geschichtlicher Beziehung noch ‚unbekanntes Land.“ 

Die Süsswasserfauna der höchsten Andesregionen, von Neu-Granada, 
Ecuador, Peru, Bolivia, ist durch Humboldt, Boussingault und be- 
sonders durch Pentland näher bekannt geworden. Sie ist überaus arm 
an Fischarten. Die sonderbaren Gattungen Arges und Orestias, welche 
dieser Region ganz eigenthümlich angehören, sind besonders von Pent- 
land in den höchsten Seen und Flüssen Bolivias durch Entdeckung 
ausgezeichneter Arten bereichert worden. 

Eine weite geographische Lücke in der Kenntniss der Süsswasser- 
fische bietet der westliche Theil Neu-Granadas vom 2° bis 7O N. B. 
Ob Dr. Schott bei Begleitung der letzten nordamerikanischen Expedition 
seine Untersuchungen auf die in den stillen Ocean mündenden Flüsse 


1) Cuvier hat in seiner „histoire d’ichtyologie“ p. 239 mit besonderer Anerkennung die Ver- 
dienste von Spix um die Förderung der Naturgeschichte der Fische hervorgehoben, sowohl 
durch die Entdeckung vieler neuer Arten, als auch durch die in seiner „Cephalogenesis‘ 
(München 1815) niedergelegten scharfsinnigen Ansichten über den anatomischen Bau der 
Fischköpfe. 


113 


der Provinz Choco ausgedehnt hat, ist mir nicht bekannt. Südlich vom 
zweiten Parallel bilden die wenigen Arten, welche von meinen grössten- 
theils verdorbenen Sammlungen aus der heissen Region gerettet wurden, 
die einzigen Anhaltspunkte zur ichthyologischen Kenntniss jener unge- 
sunden Gegenden. Tschudi’s Fischsammlungen in Peru sind sämmtlich 
zu Grunde gegangen. Poeppig hat, so viel mir bekannt, von dort keine 
Fische mitgebracht. Ueber die Süsswasserfische Peru’s ist mit Aus- 
nahme einer Abhandlung von Quichenot in der Revue zoologique 1847 
und der im grossen Reisewerk von Castelnau beschriebenen Fischarten 
nichts zu unserer Kenntniss gekommen. Die westlichen Staaten Süd- 
amerika’s vom 3—26°S.B. bieten daher in dieser Beziehung noch sehr 
beträchtliche Lücken dar. 

Chile’s Süsswasserfauna ist nur durch Claude Gay’s verdienst- 
volles Werk näher bekannt geworden. Seine umfassenden naturhisto- 
rischen Untersuchungen gehen jedoch südlich nicht über den 43° 8. B. 
hinaus. Alle Gebirgsflüsse, welche von da bis zur Magellanstrasse aus 
den Cordilleren herab nach kurzem Lauf in den stillen Ocean fallen, 
sind in hydrographischer wie in zoologischer Hinsicht noch gänzlich 
unerforscht. 

Ein allgemeines vergleichendes Gemälde der geographischen Ver- 
theilung der Fische in den Meeren und süssen Gewässern unserer Erde 
fehlt noch. Dasselbe würde ungeachtet der noch sehr fragmentarischen 
Kenntniss der Ichthyologie in sehr weiten Länderstrecken, wie auch 
Bronn in seiner „allgemeinen Zoologie“ bemerkt, eine zwar schwierige, 
aber für die Thiergeographie höchst wünschenswerthe und gewiss dank- 
bare Aufgabe sein. 


Abh. d. II. C1.d.k. Ak. d. Wiss. X. Bd. I. Abth. f 15 


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Neue 
Beobachtungen zur Entwicklungsgeschichte 


des 


Meerschweinchens 


Prof. Dr. Th. L. W. Bischoff, 


Mit vier Tafeln Abbildungen. 


Neue 
Beobachtungen zur Entwicklungsgeschichte 


des - 


Meerschweinchens 
von 


Prof. Dr. Bischoff. 


Im Jahre 1862 erschienen als Separat-Abdruck aus den Abhand- 
lungen der k. Akademie der Wissenschaften zu Berlin „Beiträge zur 
Entwicklungsgeschichte des Meerschweinchens von C. B. Reichert‘, 216 
Seiten 4° mit 8 Kupfertafeln. 

Da diese „Beiträge‘‘ vorzüglich gegen die Angaben meiner zehn Jahre 
früher ‚erschienenen Entwicklungsgeschichte des Meerschweinchens ge- 
richtet sind, so hat vielleicht Mancher erwartet, dass ich mich bereits 
längst, über diese Berichtigungen geäussert haben würde, und mein Still- 
schweigen ist wahrscheinlich wesentlich als Zugeständniss betrachtet 
worden. 

Indessen war ich zu. jener Zeit mit anderen Arbeiten beschäftigt, 
auch fehlte es mir lange Zeit hier, an Meerschweinchen und ich schwieg, 
weil ich nicht, ohne erneute objektive Prüfung die Sache besprechen 
wollte. War es doch sehr wahrscheinlich, dass der zweite Beobachter, 
dem ich wenigstens den Weg gezeigt hatte,-in vielen Punkten glück- 


118 


licher und richtiger gesehen hatte als ich, so wie ich mich wieder sei- 
ner Leuchte bedienen wollte, um meinen früher eingeschlagenen Weg 
dadurch zu erhellen. 

Ausserdem erwartete ich fernere Mittheilungen von C. B. Reichert 
erscheinen zu sehen; denn diese „Erste Abtheilung‘“ reicht in der That 
nur bis zum 13. Tage der Entwicklung des Eies, bis zum Auftreten des 
Embryo, nach welchem doch ein grosser und wesentlicher Theil der Ei- 
genthümlichkeit des Entwicklungsganges des Meerschweinchen-Eies erst 
seinen Ausdruck und seine Erklärung findet. 

Unterdessen 'konnte ich mir; wieder eine Meerschweinichenzucht an- 
legen, und habe so im Laufe des letzten Jahres durch Untersuchung 
von einigen dreissig Thieren während der ersten 14 Tage der Trächtig- 
keit die Möglichkeit gefunden, C. B. Reicherts und ‚meine früheren An- 
gaben auf’s Neue objektiv zu prüfen. Ich bin mir bewusst, dabei mit 
dem besten Willen verfahren zu sein. Konnte und kann mir doch nur 
daran gelegen sein, eine scheinbare Anomalie in dem Entwicklungsgange 
der Säugethier-, ja so weit wir sie kennen, selbst der Wirbelthier-Eier 
überhaupt wo möglich aus dem Wege geräumt zu sehen. Ich hatte 
diese Anomalie nicht ausgedacht und erfunden, sie hatte sich mir wider 
Willen aufgedrängt, und kein Vorurtheil oder Liebling der Phantasie 
‘hatte mein Urtheil dabei bestochen. 

Desshalb kann ich auch unbefangen sagen, dass ich über mehrere 
Punkte von C. B. Reichert gerne Belehrung angenommen und empfangen 
habe, und gerade diese sind es, die mich vorzüglich bestimmen, noch 
einmal das Wort zu ergreifen. Denn diese Punkte, in welchen wir einig 
sind, werden wohl als gesichertes wissenschaftliches Material betrachtet 
werden können, während die bestehenbleibenden Differenzen fortfahren 
werden unsere Leser zu nöthigen, zwischen unseren Personen zu ent- 
scheiden, bis ein dritter oder vierter selbstständiger Beobachter den 
Auschlag gibt. 

Leider sind diese Differenzpunkte die wesentlicheren und zahlrei- 
cheren geblieben. Ich habe mich nicht überzeugen können, dass C. B. 
Reichert bei seinen Widersprüchen gegen mich in seinen Angaben und 
Folgerungen objektiv geblieben ist. Vielmehr glaube ich mich über- 
zeugt zu haben, dass die Neigung zum Widerspruch vorherrschend war, 


119 


und dass die Liebe zu seiner Theorie ihn veranlasst hat, Verschieden- 
heiten in dem Entwicklungsgange des Meerschweinchen-Eies zu läugnen 
oder zu übersehen, welche faktisch vorhanden sind, und auch von ihm 
nicht beseitigt werden konnten. 

Es liegt in der Natur der Sache, dass meine Darstellung die Form 
einer Anti-Kritik der Reichert’schen. Ausstellungen meiner früheren Ar- 
beit annehmen muss, und folge ich dabei eben diesen Ausstellungen, 
wie sie von ihrem Autor erhoben worden sind. 


Abgesehen von der Einleitung, welche der Aufzählung meiner un- 
glaubwürdigen Angaben über die Entwicklung des Meerschweinchen-Eies 
gewidmet ist, ist dann der erste Widerspruch, den €. B. Reichert mir 
angedeihen lässt, dass man ein völlig reifes zum Austritte aus dem Eier- 
stocke bereites Säugethier-Ei an einem sogenannt strahligen Discus, d.h. 
an. der Umwandlung der das Ei in dem Graaf’schen Follikel umhül- 
lenden runden Zellen (die ich aber jetzt nicht mehr Zellen, sondern Pro- 
toplasten nenne, weil sie keine häutige Hülle besitzen) in spindelför- 
mige erkennen könne. Zwar läugnet Reichert nicht vollkommen die 
Richtigkeit meiner Aussage, dass der Discus eines völlig reifen Eies ein 
eigenthümliches Ansehen habe, allein er bemüht sich, sehr ausführlich 
den Beweis zu führen, dass dieses nicht von der erwähnten Metamor- 
phose jener Protoplasten herrühre, sondern der strahlige Discus reifer 
Eier ein „optischer Betrug“ sei, und behauptet anderer Seits, dass dieses 
Ansehen auch bei dem Discus nicht ganz reifer Eier beobachtet werde, 
daher „die Verwerthung des Strahlenkranzes als Zeichen reifer Eichen 
ihre Beschränkung erleide“. Allein gerade aus letzterem Grunde muss 
ich auf meiner früheren Aussage beharren, welche sich mir auf’s Neue 
durch Beobachtung der Eierstöcke brünstiger Fischottern, Marder und 
Füchse immer wieder bestätigt hat. Ich habe mehrere dieser Fälle be- 
nutzt, um die Einwürfe Reicherts gegen meine Erklärung des eigenthüm- 
lichen Ansehens solch ganz reifer Eier zu prüfen, und habe Andere und 
mich auf’s Neue überzeugt, dass ausser der vollsaftigeren Beschaffenheit 
der Protoplasten des Discus, dieselben entschieden spindelförmig ge- 
staltet sind, und dieses Ansehen keineswegs durch Zerren oder Druck 


120 


veranlasst ist. Es mag sein, dass man durch solche Einflüsse die ver- 
schiedensten Formen hervorbringen kann, eben weil diese Protoplasten 
keine mit Membranen umgebenen Zellen sind; allein ich habe die Eier 
sehr vorsichtig mit scharfen und feinen Nadeln unter der Loupe so be- 
handelt, dass neben solehen Kunstprodukten ein guter Theil dieser Ge- 
bilde unverzerrt auf und an der Zona sitzen blieb, und man dabei ihre 
spindelförmige Gestalt ganz intact erkennen konnte. 

Ich halte also sowohl das Ansehen als auch die Erklärung des 
strahligen Discus reifer Säugethiere-Eier gegen die Einwürfe 0. B.- Rei- 
cherts fest. 

Von geringerer Bedeutung ist die von der meinigen abweichende 
Angabe Reicherts, dass das Bersten eines Graaf’schen Follikels bei dem 
Meerschweinchen in der Regel, unter 40 Fällen 30mal, mit einem Blut- 
austritt begleitet sei. Denn da er diese Behauptung auf ganz kleine 
nur mit der Loupe oder selbst nur mit dem Miskroskope wahrnehm- 
bare Häufchen von Blutkörperchen beschränkt, so habe ich keine Ver- 
anlassung ihr zu widersprechen. Meine gegentheilige Aussage gilt für 
einen Bluterguss und eine Erfüllung des geplatzten Graaf’schen Bläs- 
chens mit einem Blut-Extravasate, wie sich dasselbe an dem Eierstocke 
des Menschen und des Schweines als Regel bildet. Dieses findet sich, 
wie ich auch schon gegen Pflüger hervorgehoben habe, bei keinem der 
sonst von mir untersuchten Thiere; beiKaninchen nur zuweilen bei ein 
und dem andern Follikel, ist aber bei Jenen Norm und keine Folge me- 
chanischer Unbilden. 

Ebenfalls ohne Bedeutung, aber eine merkwürdige Neigung zum 
Widerspruch constatirend, ist eine Aeusserung C. B. Reicherts p. 112: 
dass die Kaninchenweibchen den Bock nicht früher zulassen, bis die 
Brunst eingetreten, d. h. die Zeit, in welcher „nicht etwa, wie Bischoff 
angibt, die jetzt erst heranreifenden, sondern bereits reifen Eichen aus- 
gestossen werden“. Ich möchte doch wohl wissen, wo ich gesagt hätte, 
dass die Zeit der Brunst nur die der heranreifenden und nicht auch 
die der bereits reifen Eier sei? und ebenso möchte ich wohl wissen, 
wie Reichert die Zeit der heranreifenden und die der bereits reifen Eier 
so scharf von einander unterscheiden und trennen will, dass er nur: 
letztere die Zeit der Brunst nennen könnte? Dagegen wollte ich wohl, 


121 


dass C. B. Reichert seinen Ausspruch: „dass es nicht abzuläugnen sei, 
dass die Begattung auf die Zeit des Berstens der Follikel einwirke“, 
besser begründet hätte, als durch die blosse Redensart, dass dieses Ber- 
sten von vermehrtem Zudrange des Blutes zu dem Follikel, und dieser 
Zudrang von den aufregenden Wirkungen der Begattung auf das Mutter- 
thier abhängig sei. Diese Redensarten hört man sehr häufig, und wahr- 
scheinlich hat sie Reichert von Professor Eichstedt in Greifswald auf- 
genommen, welcher der beredetste Vertreter dieser Ansicht ist. Ich 
würde sie wie bisher keiner Beachtung zur Widerlegung als bedürftig 
erachten, weil sie unlogisch und unwissenschaftlich ist, wenn ich nicht 
allerdings zu meiner Verwunderung eine ähnliche Aeusserung von einem 
unserer scharfsinnigsten Naturforscher gerade auf dem Gebiete der Ent- 
wicklung, K. E. v. Baer, in seiner vor Kurzem erschienenen Selbstbio- 
graphie p. 437 gefunden hätte. Daher mag Folgendes zur Erörterung 
dieses Einwurfes, dass die Begattung oder auch nur die Gegenwart des 
Männchens einen Einfluss auf die Reifung und Ablösung eines Eies aus 
dem Eierstocke ausübe, dienen. 

Die Thatsachen, welche die Beobachtung nicht nur bei den Thieren 
mit äusserlicher, sondern auch mit innerer Befruchtung zum Beweise 
des Satzes liefert, dass die Eier in den weiblichen Organismen und Or- 
ganen ohne alle Gegenwart und Mitwirkung des Männchens, sei es bei 
der Begattung oder in irgend einer andern Weise allmählig reifen, und 
endlich ihre Bildungsstätte verlassen und ausgesondert werden, sind so 
zahlreich, so über alle Abtheilungen und Arten der Thiere verbreitet, 
mit solcher Evidenz und Sicherheit dargethan, dass an der Allgemein- 
heit, d. h. an der Gesetzlichkeit dieses Vorganges gar nicht gezweifelt 
werden kann, ja auch selbst von Denjenigen, die dennoch an diesem 
Gesetze mäklen zu sollen glauben, wirklich nicht gezweifelt wird. Sie 
meinen nur, es gäbe doch auch noch Erscheinungen , welche zeigen, 
dass die Männchen und die Begattung auch einen Einfluss darauf aus- 
üben. :Wenn dieser Einwurf so gehalten wird, dass er zugesteht, 
die Ercheinung an‘ und für sich ist vollkommen unabhängig von dem 
Männchen, dieses aber kann doch förderlich darauf einwirken, so wird 
dadurch nicht mehr gesagt, als wenn man sagen würde, eine gute Er- 
nährung, günstige Verhältnisse der Temperatur und des Klimas haben 


ebenfalls einen Einfluss auf die Reifung und Loslösung der Eier, und 
Abh. d. II. C1. d. k. Ak. d. Wiss. X. Bd. I. Abth. 16 


122 


diese vielleicht einen noch grösseren als die Gegenwart des Männchens 
und die Paarung. Und wirklich steht auch gar Nichts entgegen, dem 
Männchen in diesem Sinne einen Einfluss einzuräumen. Denn es ist ge- 
wiss und bekannt, dass der Gesammtcharakter und Habitus des weiblichen 
Organismus sich erst dann vollkommen ausbildet, wenn derselbe den ganzen 
Kreis der geschlechtlichen Funktionen durchlaufen hat, daher möglicher 
und höchstwahrscheinlicher Weise der weibliche Eierstock erst dann das 
volle Maass seiner individuellen Thätigkeit entwickelt, wenn auch der 
männliche Einfluss auf die weibliche Individualität, namentlich durch die 
Begattung, sich geltend gemacht hat. Allein dieser Einfluss enthält, 
wie Erfahrung. und Experiment. gezeigt haben, keine nothwendige 
‚Bedingung zur Erfüllung der gesetzmässigen Funktion des Eierstocks, 
er ist also nicht wesentlich, kann und sollte daher nie zur Anzwei- 
felung dieses Gesetzes benutzt werden. i 

Ich kann in diesem Verfahren nur noch den Ueberrest der alten 
falschen Lehre sehen, dass die Begattung die Reifung und Loslösung 
der Eier bedinge, von welcher sich namentlich Diejenigen nicht los- 
sagen können, welche in den den Zeugungsakt begleitenden Empfin- 
dungen und Gefühlen noch ein Hauptmoment desselben erblicken. Diese 
die Zeugung sichernden Gefühle sind freilich für Thiere und die grosse 
Zahl der Menschen die Hauptsache bei derselben. Der wissenschaftliche 
Naturforscher aber erkennt in ihnen nur einen Nebenumstand, freilich 
sehr wesentlich und nothwendig, um die eigentlichen Bedingungen und 
Gesetze der Zeugung zur Wirksamkeit zu bringen, allein letztere voll- 
ziehen sich im gegebenen Falle auch ohne jene Empfindungen und Ge- 
fühle und sind also im Sinne der Wissenschaft Nebensache. Es ist die 
Aufgabe und Sache des Naturforschers, diese Dinge auseinander zu hal- 
ten, die der Laie und Ungebildete durcheinander wirft. Nie und in kei- 
nem Falle würden wir je zur Einsicht und Aufstellung eines” Naturge- 
setzes kommen, wenn wir nicht die nothwendigen und die nur 
mitwirkenden Ursachen einer Erscheinung von einander zu unter- 
scheiden und verschieden zu würdigen lernten; denn es wird wohl kaum 
irgend eine auffallendere und allgemeiner wirksame Naturerscheinung 
geben, die nur allein von einer einzigen Ursache ausschliesslich hervor- 
gebracht würde. 


123 


Fragen wir uns, was die Erkenntniss des hier in Rede stehenden, 
die .Zeugung beherrschenden Gesetzes der selbständigen Entwicklung 
und Loslösung des weiblichen Eies so viele Jahrhunderte verhindert und 
verzögert hat, so ist dieses offenbar der Mangel wissenschaftlicher Me- _ 
thode bei der organischen Naturforschung, den ich im Vorstehenden 
_ auch bei dem gegen das Gesetz der spontanen Evolution erhobenen Ein- 
wurf rüge; denn an den hinreichenden Thatsachen zur Erkenntniss’ des 
Gesetzes, hat es eigentlich schon seit lange nicht gefehlt. Aber die 
Befangenheit in die Nebensachen, der ausschliessliche Blick auf die et- 
was verwickelten Verhältnisse bei den Säugethieren und Menschen, machte 
diese Erkenntniss des Gesetzes unmöglich, bis auch hier die entschei- 
denden Thatsachen der Beobachtung dureh meine Versuche geliefert 
wurden. Jetzt, nachdem es durch dieselben ganz entscheidend erwiesen 
ist, dass in den verschiedensten Ordnungen der Säugethiere die Brunst, 
die Reifung und Loslösung der Eier eintritt, ohne dass das Männchen 
dabei irgendwie concurrirt, nachdem ferner die anatomische Ueberein- 
stimmung der Brunst mit der Menstruation des Weibes auf das voll- 
ständigste dargethan ist, kann man es nur als einen ganz unwissen- 
schaftlichen Anachronismus bezeichnen, wenn Jemand Thatsachen über 
den Einfluss der Begattung auf die Ovulation beibringen will, um deren 
Spontaneität zu bezweifeln und zu beeinträchtigen. 

Wenn wir wissen, dass bei den weiblichen Thieren der Reifungs- 
und meistens auch der Lösungsprozess der Eier aus dem Eierstock der 
Begattung vorhergeht, so ist von selbst klar, dass letztere nicht die 
Ursache des ersteren sein kann. Bei dem Menschen könnte die Un- 
abhängigkeit der Begattung von jenem Reifungs- und Lösungsprozess 
der Eier möglicher Weise einen Einfluss auf jene Vorgänge im Eier- 
stock ausüben, da sie ihnen vorhergehen kann und oft vorhergeht. Al- 
lein grade hier hat die Erfahrung Jahrtausende und Jahrhunderte vor 
jeder Einsicht und wissenschaftlichen Erkenntniss in die betreffenden 
Vorgänge gelehrt, dass die Begattung keinen Einfluss auf die Vorgänge 
im Eierstock ausübt, da.die Menstruation, welche diese Vorgänge an- 
zeigt, im Grossen und Ganzen, wenn durch die Begattung keine Be- 
fruchtung herbeigeführt wird, ihren Typus unverändert beibehält, mag 


die Begattung erfolgen oder nicht. Es heisst hier den Wald vor lauter 
| t6> 


124 


Bäumen nicht sehen, wenn man vereinzelte Thatsachen eines Einflusses 
des Coitus oder geschlechtlicher Aufregung überhaupt auf die Menstrua- 
tion, als Gegenbeweise beibringen will. Derselbe kann indirekt sehr 
wohl zuweilen vorhanden sein und zugegeben werden, während die Ge- 
setzmässigkeit der Menstruation und spontanen Övulation davon ganz 
unabhängig besteht. 

Ebenso verhält es sich aber auch mit der näheren Beschränkung 
des Einwurfes gegen das Gesetz der spontanen ÖOvulation auf die Be- 
hauptung, dass die Begattung das Platzen des Follikels bei den Säu- 
gethieren bedinge oder befördere, ein Einwurf, auf den vorzugsweise 
Eischstedts und Reicherts Einreden zurücklaufen. Auch hier ist es von 
mir‘ bei Hunden, Kaninchen, Meerschweinchen, Ratten, Schafen und 
Schweinen experimentell bewiesen und kann an den Eierstöcken von 
Kühen, welche das ganze Jahr hindurch geschlachtet werden, leicht con- 
statirt werden, dass die Follikel platzen und gelbe Körper sich bilden, 
ohne dass die Begattung erfolgt ist. Es ist also ganz gewiss, dass der 
Prozess sich ganz unabhängig von der Begattung vollständig entwickelt. 
Wenn dieses als Regel und Gesetz feststeht, kann man daneben ganz 
gut zugeben, dass es einzelne Fälle geben kann, in welchen die durch 
die Begattung vielleicht vermehrte Blutanhäufung in den Genitalien und 
Eierstöcken eine etwas verzögerte oder erschwerte Eröffnung des Fol- 
likels befördert, obgleich davon bei der ausserordentlich kurzen Dauer 
der Begattung bei Kaninchen, Meerschweinchen, auch Rindern, Schafen, 
Hirschen etc. kaum die Rede sein kann. Ein solches Zugeständniss 
ändert und beeinträchtigt die Gesetzmässigkeit der spontanen Ovula- 
tion ebensowenig, als die zugestandene Möglichkeit, dass es vielleicht 
Fälle geben kann, in welchen sich der Follikel gar nicht eröffnet, ob- 
gleich bis jetzt kein solcher erwiesen ist. Denn es ist nicht wahr, wenn 
Eichstedt z. B. in seiner Schrift sagt, ich hätte solche Fälle beobachtet, 
und desshalb die Möglichkeit des Nichtplatzens reifer Follikel zugegeben. 
Ich habe nur gesagt, dass ich neben geplatzten Follikeln und gelben 
Körpern in demselben Eierstock auch noch angeschwollene Follikel be- 
obachtet habe, welche meiner Ueberzeugung nach diessmal nicht ge- 
platzt sein, sondern sich wieder zurückgebildet haben würden; ich habe 
aber nicht gesagt, dass diese Follikel reif gewesen und reife Eier ent- 


125 


halten hätten. (Entw.-G. d. Hundes p. 21.) Es ist diess so wenig der 
Fall, dass ich sogar die Möglichkeit einer solchen Beobachtung, wie sie 
Eichstedt an einer Stute und zweien Schafen angestellt haben will, be- 
zweifle. Er sagt, die Brunst sei bei ihnen vorübergegangen, dann seien 
sie getödtet worden, und er habe ungeplatzte, dem Platzen nahe Follikel 
gefunden. Nun sind die Brunstverhältnisse bei Thieren überhaupt, aber 
namentlich bei Pferden und Schafen, noch sehr wenig genau bekannt 
und nicht so leicht zu bestimmen, wann die Brunst anfängt und wann 
sie vorüber ist. Ja ich glaube, dass die betreffenden Männchen allein 
die Entscheidung darüber abzugeben vermögen. Ebenso ist es nicht 
leicht, ein sicheres Urtheil über die Reife eines Follikels und Eies zu 
fällen, und kenne ich kein anderes, als die von mir beobachtete Erschei- 
nung eines strahligen Discus. Ich verlange also, (dass ganz genau an- 
gegeben wird, wie sich Männchen und Weibchen zu einander benommen 
haben, um Anfang und Ende der Brunst zu bestimmen, und eine ganz 
genaue Angabe über die anatomische Beschaffenheit eines Follikels und 
Eies, ehe ich Angaben über Anfang und Ende der Brunst oder völliger 
oder unvollständiger Reife des Eies eine Autorität zuerkenne. Beides 
ist ‚von Eichstedt nicht geschehen. Allein ich gebe es wie gesagt 
als möglich zu, dass in einzelnen Fällen die Follikel uneröffnet bleiben; 
ich gebe es zu, nicht weil dieses Zugeständniss erwiesen wäre, sondern 
weil es die Gesetzmässigkeit des normalen Vorganges nicht beeinträch- 
tigt, weil es als anomales Verhalten vorkommen und möglicher Weise 
durch geeignete Maassregeln beseitigt werden kann. 

Ebensowenig wird man Reichert zugeben können, dass seine Beob- 
achtungen bei Kaninchen, den Einfluss der Begattung auf das Bersten 
der Graaf’schen Follikel darthun. Von zehn Kaninchenweibchen, zu 
denen ‚täglich der Bock eine Stunde hinzugelassen wurde, tödtete er 
fünf vor der 8. Stunde, die übrigen in der 9., 10. und 11. Stunde nach 
der unter seinen Augen vollzogenen Begattung; bei den ersteren waren 
die Eichen noch nicht aus den Graaf’schen Follikeln ausgetreten, bei 
‘ den letzteren fanden sie sich in den Faloppischen Röhren. Hiernach 
scheint es Reichert nicht abzuleugnen zu sein, „dass die Begattung auf 
die Zeit des Berstens der Graaf’schen Follikel eingewirkt hat, oder man 
müsste annehmen wollen, dass die Kaninchen jedesmal mit einem ge- 


126 


wissen Vorgefühl von der Zeit des Platzens der Graaf’schen Follikel zu 
dem Begattungsakt getrieben würden“. Letzteres scheint Reichert für 
absurd zu halten anzunehmen, während ich es für sehr begreiflich, ja 
unzweifelhaft erachte, dass in der That die Kaninchen, wie alle Thiere, 
das Männchen .erst auf einer gewissen Höhe der Brunst, d.h. des Rei- 
fungs-Prozesses der Eier und des Berstungs-Prozesses der Follikel zur 
Begattung zulassen, und erst in einer gewissen Zeit nach diesem Au- 
genblick jene Prozesse so weit gediehen sind, dass es zum wirklichen 
Aufbruche der Follikel kommt. Darauf übt die Begattung gar keinen 
Einfluss aus, und es ist mir wirklich ganz unerklärlich, wie Reichert 
einen solchen darin erkennen will. Uebrigens ist aber auch diese ganze 
Versuchsmethode vollkommen unzuverlässig. Der Bock wird alle Tage 
eine Stunde zu dem Weibchen gesetzt und während dessen beobachtet. 
Es liegen also 23 Stunden dazwischen. Dieses ist eine sehr lange Zeit 
für den bei verschiedenen Thieren zu verschiedenen Zeiten. möglicher 
Weise beginnenden Reifungs-Prozess der Eier und Follikel. Bei dem 
einen Weibehen kann möglicher Weise dieser Prozess schon in der näch- 
sten Stunde nach der, Trennung so weit vorgeschritten sein, dass das 
Weibchen jetzt die Begattung zulassen würde. Bei dem anderen da- 
gegen ist möglicher Weise erst unmittelbar vor der nächsten Ver- 
einigung von Weibchen und Männchen dieser Höhepunkt des Reifungs- 
Prozesses eingetreten. Die Eier beider Weibchen sind 23 Stunden in 
ihrem Reifungszustand von einander verschieden, und demgemäss wird 
auch der Austritt aus dem Graaf’schen Follikel zu einer verschiedenen 
Zeit stattfinden. Denn hierüber entscheidet eben der Reifungszustand 
und nicht die Begattung. Der Versuch kann also in solcher Weise gar 
nicht angestellt werden. 

Weit mehr geeignet hiezu erscheinen mir die Meerschweinchen, bei 
denen umgekehrt Reichert viel grössere Schwierigkeiten erblickt. Bei 
den Meerschweinchenweibchen wird nämlich die Zeit des Eintretens der 
Brunst viel genauer durch die Geburt bezeichnet. Würden sie sich alle 
sogleich nach der Geburt belegen lassen, so würde man wohl Versuche 
anstellen können, ob der Austritt der Eier früher erfolge, wenn man 
die Begattung sogleich zulässt, oder wenn man sie noch längere Zeit 
verhindert. Aber ich habe leider erfahren, dass erstere Bedingung nicht 


\ 


127 


immer gegeben ist. Bei den meisten Weibchen wird wirklich sogleich 
nach der Geburt oder wenigstens innerhalb der ersten drei Stunden da- 
nach, wie ich früher angegeben, die Begattung vollzogen; bei andern 
aber gehen oft 8, 10, 12 Stunden vorüber, ehe das Weibchen dem fort- 
währenden Drängen des Männchens nachgibt. Offenbar, weil in Bezieh- 
ung auf die Zeit der Geburt, der Reifungs-Prozess der neu auszustos- 
senden Eier nicht bei allen Weibchen gleich weit fortgeschritten ist. 
Daher können auch hier solche Versuche nicht gemacht werden. * 

Es ist interessant zu sehen, wie ein geistreicher Forscher diese 
Dinge zu einer Zeit betrachtete, wo von einer Einsicht in dieselben noch 
gar keine Rede war. In dem Corollarium der zweiten Scholie des im 
Jahre 1828 erschienenen ersten Theiles seiner Entw.-Gesch. der Thiere 
P- 150 sagt v. Baer: 

„Man muss, wie es scheint, in der Paarung oder gegenseitigen Ein- 
wirkung beider Geschlechter wieder einen doppelten Akt, die Begattung 
und die Befruchtung, sowie eine doppelte Wirkung unterscheiden; die 
erste besteht darin, die Frucht der Herrschaft des weiblichen Eierstockes 
zu entziehen, die zweite ihr individuelles Leben zu geben. Für die er- 
stere scheint das männliche Geschlecht nur insofern thätig, als es den 
weiblichen Geschlechtsapparat zu einer höheren aussondernden Thätig- 
keit aufregt. Dem aufbewahrenden weiblichen Charakter wird die männ- 
liche aussondernde Richtung mitgetheilt. Eben desshalb kann das 
Aussondern des Eies zuweilen auch ohne Paarung erfolgen, indem die 
Einwirkung des Männchens durch andere Verhältnisse ersetzt wird. 
Dieses geschieht jedoch um so seltener, je höher das Leben der Thier- 
form entwickelt ist. Die Graaf’schen Bläschen der Säugethiere scheinen 
nicht ohne Begattung oder ihre analoge Reizung des weiblichen Ge- 
schlechtsapparates sich zu öffnen“. Jetzt folgen Beispiele. von Vögeln, 


. Fischen, Schmetterlingen etc. und dann schliesst v. Baer: „Aus Allem 


geht hervor, dass das Heraustreiben des Eies allerdings durch den weib- 
lichen Geschlechtsapparat bewirkt wird, dass dieser aber in der Regel- 
durch die Einwirkung des männlichen Geschlechtes dazu aufgeregt wird, 
dass aber auch wohl andere Aufregungen den Einfluss des männlichen 
Geschlechtes ersetzen können.“ 

Man kann in der That keinen schöneren Beweis von der Abhängig- 


128 


keit unserer Erkenntniss von den Thatsachen, und der Gefahr des Irr- 
thums ohne dieselben, sobald wir uns nur auf geistreiche Combination 
‚verlassen, sehen. Wenn aber, wie jetzt in dieser Frage, die Thatsachen 
gegeben sind, dann erlauben es die Gesetze einer logischen Methode 
nicht mehr, das erkannte Gesetz möglichen Modifikationen desselben 
wieder aufzuopfern. Man kann und muss solche modificirenden Ein- 
flüsse anerkennen, aber nie aus dem Gesichtspunkte, dass sie selbst die 
Bedingungen der Erscheinung abgeben. 

Pag. 113 bestreitet weiter ©. B. Reichert Leuckarts und meine An- 
gabe, dass man nach der Begattung bei den Meerschweinchenweibchen 
die Scheide und den Muttermund mit einer zähen, weissen, undurch- 
sichtigen Substanz vollgestopft finde, welche wir für das Absonderungs- 
produkt der Saamenblasen erklärt haben. Nach ihm ist dieses nicht 
der Fall, sondern dieser Pfropf rührt von dem abgestossenen und durch 
den Verschluss der Schamspalte zurückgehaltenen Epithel der Scheide 
her. Nur der Widerspruchsgeist konnte Reichert antreiben, auch hier 
wieder Opposition zu machen, da er von einer ganz anderen Sache redet 
als wir. Wir haben unsere Aussage hicht von einer verschlossenen, 
sondern von der durch die Geburt geöffneten und von allem abgestos- 
senem Epithel entleerten Scheide und von einem Stoff gemacht, von 
dessen Identität mit dem Inhalte der Saamenblasen wir uns überzeugt 
hatten. Hat C. B. Reichert etwas Anderes und zu einer anderen Zeit 
beobachtet, so ist das seine Sache, ich widerspreche ihm nicht; aber 
er soll desshalb nicht sagen, wir hätten eine unrichtige Beobachtung 
gemacht. Ich mache mich anheischig dieselbe jederzeit, wenn das Männ- 
chen nicht durch zu häufige Begattung seine Saamenblasen entleert hat, 
und unmittelbar nach der Begattung für Jeden zu constatiren. Werden 
letztere beiden Bedingungen nicht eingehalten, wie das wahrscheinlich 
bei Reichert der Fall war, so wird die Beobachtung nicht gemacht 
werden. 

Bereits an einem andern Orte (Ueber die. Ranzzeit des Fuchses und 
die erste Entwicklung seines Eies, sowie: Ueber die Placentabildung der 
Marder. Sitzungs-Berichte der bayr. Akad. d. Wissenschaften v. 13. Juni 
1863 p. 51 u. v. 13. Mai 1865 p. 347) habe ich den Widerspruch be- 
seitigt, den C. B. Reichert p. 115 gegen meine aus Beobachtungen bei 


129 


Hunden und Meerschweinchen abgeleitete Aussage erhoben, dass Fälle 
vorkommen, wo die aus dem Eierstocke einer Seite ausgetretenen Eier 
in das Uterushorn der andern Seite 'überwandern, um sich hier festzu- 
setzen. Die Thatsachen, welche ich hierüber besonders an dem zuletzt 
genannten Orte beigebracht habe, überheben mich jeder Widerlegung 
der von Reichert erhobenen Einreden und Zweifel, von denen sich be- 
sonders merkwürdig diejenige ausnimmt, ‚dass ich die Wanderung nicht 
gesehen habe.“ Ich wünsche, dass Reichert nur seinen Scharfsinn da- 
ran üben möge, uns die Kräfte und Mittel zu demonstriren, wodurch 
diese Ueberwanderung und Vertheilung der Eier in passende Zwischenräume 
des Uterus bewerkstelligt wird; die Thatsache steht über allen Zweifel fest. 

Pag. 116 findet sich ferner die Aeusserung Reicherts: „Auch bei 
ausgestossenen Kanincheneiern habe ich, Bischoff entgegen, einen ausge- 
prägten Discus proligerus niemals gesehen.‘‘ Ich möchte wohl wissen, 
wo ich jemals gesagt habe, dass das Kaninchenei auch noch im Eileiter 
einen „ausgeprägten‘ Discus besitze. Ich habe gesagt und sage noch: 
Entw.-Gesch. des Kanincheneies p. 52: „Die Eier sind zunächst noch 
von den Zellen des Discus und der Membr. granulosa umgeben, allein 
diese haben ihr früheres spindelförmiges Ansehen verloren, erscheinen 
wieder rund, und man bemerkt sehr bald an ihnen, dass sie in der 
Auflösung begriffen sind, wobei ihre scharfen Gränzen verwischen, und 
sie untereinander wieder zusammenzufliessen scheinen.‘ Ist da von einem 
ausgeprägten Discus die Rede? Wie war es möglich, daraus einen 
Gegenstand des Widerspruches zu machen?! 

Wiederum findet sich p. 118 der Ausspruch: „Bischoff hält die 
Befruchtung der Eichen auch am Eierstock innerhalb des Graafschen 
Follikels für möglich. Der Beweis ist von dem Verfasser nicht geliefert.‘ 
Ist nicht auch das ein sehr gesuchter Widerspruch! Was ist da für 
ein Beweis zu liefern? Ich habe die Gegenwart von Spermatozoiden 
auf dem Eierstocke vor Austritt der Eier zuerst constatirt, und Reichert 
selbst will dasselbe bei Kaninchen gesehen haben (p. 117). Wir wissen 
ferner, dass die Eier durch die Dotterhaut hindurch befruchtet werden, 
und die Spermatozoiden auch ohne Mickropyle durch dieselbe hindurch- 
dringen. Es ist weiter gewiss, dass die Tunica propria ovarii und die 


Membrana Folliculi sich an der zukünftigen Aufbruchsstelle des Follikels 
Abh. d. I. C1.d.k. Ak.d. Wiss. X. Bd. I. Abth. 17 


130 


immer mehr und mehr verdünnen, bis dass sie an einem Punkte end- 
lich ganz verschwinden. Endlich sind Eierstockschwangerschaften, wenn 
gleich sehr selten, meiner Ansicht nach, dennoch erwiesen. Genügt das 
Alles nicht um zu sagen: Ich halte eine Befruchtung der Eier im Eier- 
stocke für möglich? Den weiteren Beweis zu verlangen, heisst wohl 
ohngefähr ebensoviel, als zu verlangen, dass man die Eier wandern 
sehe! Uebrigens habe ich schon an einem anderen Orte, (Henle und 
Pfeufers Archiv Bd. XXIII 1865 p. 268,) die mir zugeschriebene Lehre 
zurückgewiesen, dass die Säugethiereier immer und nur im Eierstocke 
befruchtet würden, und gezeigt, dass ich diese Ansicht nur sehr kurze 
Zeit, eben nach der Entdeckung der Spermatozoiden auf dem Eierstock, 
festgehalten, später in der bestimmtesten Weise berichtigt habe. 

In Beziehung auf die weiteren Veränderungen der Eier im Eileiter 
findet C. B. Reichert keine Veranlassung von meinen Angaben abzu- 
weichen, ausser natürlich in der Beurtheilung des sogenannten Furchungs- 
prozesses oder der Dottertheilung. Diese Dotterkugeln sind und bleiben 
ihm Zellen d. h. Gebilde, die eine festere äussere Hülle, einen Inhalt 
und einen Kern besitzen, und die letzten und kleinsten derselben wer- 
den nach ihm unmittelbar zum Aufbaue des bläschenförmigen Keimes, 
d. i. seiner Umhüllungshaut verwendet. In Beziehung auf den ersten 
Punkt findet es Reichert nicht nöthig und geeignet sich besonders gegen 
mich zu wenden, obgleich ich zu allererst in meiner Entw.-Gesch. der 
Säugethiere und der Menschen 1842 p. 57 und fortwährend die Gegen- 
wart von umhüllenden Membranen um die Dotterkugeln in Abrede ge- 
stellt habe. Auch ich halte es nicht für nöthig, diesen alten Streit hier 
nochmals zu erneuern, da er trotz Remackscher Gärbungsexperimente 
und Reichertscher Faltenphänomene zu meinen Gunsten entschieden 
worden ist. Auch über die Frage ob man die Kugeln im physiologi- 
schen Sinne Zellen nennen solle, habe ich mich genügend dahin aus- 
gesprochen, dass ich das Wort Zelle historisch, als auf anatomischer 
Basis construirt, nur für solche Gebilde für gerechtfertigt erachte, 
welche wirklich eine selbstständige nachweisbare Hülle besitzen. Haben 
sie keine solche, oder haben sie dieselbe noch nicht, so nenne ich 
sie Protoplasten, obgleich diesen, und gerade diesen, der physio- 
logische Begriff der Zelle als Elementarorganismus sicher zukommt. 


181 


Dagegen muss ich mich bestimmter über die zweite Behauptung 
Reicherts aussprechen, dass die letzten Dottertheilungskugeln direct zum 
Aufbaue des bläschenförmigen Keimes verwendet werden. Reichert er- 
blickt in meiner Angabe, dass der im Furchungs- und Theilungsprozess 
begriffene Dotter des Meerschweincheneies am 5. und 6. Tage durch 
Vereinigung sämtlicher Dotterkugeln sich wieder in eine homogene 
Masse verwandle, eine Abweichung, welche ‚die bekannten typischen 
Vorgänge bei der Entwicklung eines Wirbel- und Säugethiereies nicht 
sowohl modificire, als sogar wesentlich alterire‘“ und indem er annimmt, 
dass das von mir Fig. 9 dargestellte Ei dieses Stadiums das Einzige 
sei, auf: welches ich meine Ansicht gebaut, nimmt er keinen Anstand, 
dasselbe für ein gequetschtes Ei zu erklären, dessen Theilungskugeln 
zerstört worden seien. 

Ich habe indessen p. 23 meiner Schrift ausführlich mitgetheilt, 
dass ich die von mir aufgestellte Ansicht erst nach oftmals wieder- 
holter Beobachtung dieses Stadiums, nach sorgfältigster Berücksichti- 
gung aller bei dem Auffinden und der Behandlung der betreffenden 
Eier stattgefundenen Verhältnisse, endlich auch nach Spaltung oder 
Sprengung der Zona und genauester Untersuchung der ausgetretenen 
Dottermasse, ausgesprochen habe, sowie dass Prof. Leuckart ganz mit 
mir einverstanden war, dass keine zufälligen und nachtheiligen Einflüsse 
an den betreffenden Eiern die Dotterkugeln: zerstört haben konnten. 
Ich habe ferner damals schon meine analogen Beobachtungen beim Ka- 
ninchen und Hunde erwähnt, bei welchen ich auf dem analogen Sta- 
dium ebenfalls Eier fand, deren Dotter nach Ablauf der Theilung ein 
ganz. gleichartiges Ansehen darbot, auf welches ich aber damals kein 
besonderes Gewicht gelegt hatte. Später kamen meine Beobachtungen 
bei dem Rehe hinzu, bei welchem das Ei nach Ablauf der Dottertheilung 
41/g Monat lang in diesem, wenn man will, amiorphen Zustande des 
Dotters verbleibt, und ich zweifle auch nicht, dass ich den gleichen 
Zustand ebenfalls bei dem Fuchseie beobachtete, obgleich hier die nicht 
mehr ganz frische Beschaffenheit des untersuchten Uterus, mir keinen 
so bestimmten Ausspruch erlaubte. (Vgl. Sitzungsberichte d. bayer. Aka- 
demie der Wissenschaften 1863, Bd. U, 1, p. 50.) 


Wenn wir nun ferner bedenken, dass von mehreren Beobachtern 
17* 


132 


auch bei den Eiern anderer Thiere, z. B. von Lereboullet bei Lymnaeus 
stagnalis und dem Flusskrebs, von W. Thomson bei Asterocantion vio- 
laceus nach Ablauf der Dottertheilung eine Wiederverschmelzung aller 
Dotterelemente beobachtet wurde; dass es ferner ganze Thierklassen, 
Arachniden und Insecten gibt, bei deren Eiern nach übereinstimmenden 
Beobachtungen die Dottertheilung ganz fehlt und sich der Embryo di- 
rect aus den in dem Dotter sich bildenden Zellen oder Protoplasten auf- 
baut: so wird es, wie ich denke, Niemand so auffällig wie Reichert 
finden, dass sich wahrscheinlich auch bei dem Säugethierei ein kurz 
vorübergehendes Stadium findet, wo sich nach vorausgegangener Dotter- 
theilung, die Dotterelemente wieder zu einer Masse vereinigen, aus wel- 
cher dann erst die eigentlichen Bildungszellen oder Protoplasten her- 
vorgehen. 

Alle diese Beobachtungen stören freilich die jetzt zum Dogma er- 
hobene Lehre, dass alle Zellen in der Welt vonveiner einzigen Urzelle 
durch Theilung oder endogene Zellenbildung abzuleiten sind, besonders 
wenn man einst zugeben wird, was man eben desshalb auch jetzt noch 
hartnäckig bestreitet, dass das Ei selbst keine Zelle, sondern ein schon 
sehr zusammengesetzter Körper, ein Zellenderivat ist. An und für sich 
aber dürfte schwerlich etwas „auffälliges‘“ in der aus Beobachtungen 
abgeleiteten Lehre sein, dass die Dottermasse nur ein Oytoblastem ist, 
in welchem erst nach innigerer Vermengung seiner Elemente unterein- 
ander und mit dem eingedrungenen männlichen Saamen, durch die Thei- 
lung der Zellenbildungsprozess zum Aufbaue des Embryos oder seines 
blasenförmigen Keimes beginnt. Ich sehe mich wenigstens vorläufig an 
der Hand meiner und Anderer Beobachtung veranlasst, an dieser Lehre 
noch festzuhalten, und dagegen diejenige aufzugeben, welche ich früher, 
auf noch mangelhafte Beobachtungen gestützt, zuerst aufgestellt habe 
und die Reichert jetzt gegen mich vertheidigt. 

Als ein interessantes Beispiel der Art und Weise wie Reichert die 
Beobachtungen Anderer gegen die Seinigen abwiegt, kann ich ferner 
nicht unterlassen, die p. 119 vorkommenden Aeusserungen Reicherts 
über die von mir an dem Dotter des Kaninchen- und dann auch in Ge- 
meinschaft mit Leuckart an dem des Meerschweinchen-Eies in dem ersten 
Drittheil des Eileiters vor der Dottertheilung beobachteten Rotationen 


133 


zur Sprache zu bringen. Er hat diese Rotationen nicht gesehen; es 
wäre, sagt er, allerdings möglich, aber nicht wahrscheinlich, dass die 
Cilienbekleidung des Dotters eine ganz kurze Zeit, etwa 1—1/2 Stunden 
vorhanden sei; aber sagt er: „ich muss darauf dringen, dass man diese 
in Rede stehende Rotation nicht völlig gleichstelle mit den beiden an- 
deren, die mit Sicherheit nachgewiesen sind; nämlich mit der längst 
bekannten, die erst im spätern Entwicklungsstadium durch Flimmer- 
zellen embryonaler Anlagen bewirkt wird, und mit den bei Hechteiern 
auch zur Zeit des Furchungsprozesses schon vorkommenden Schwan- 
kungen, die zu Folge meiner Beobachtungen durch die rythmischen 
Contractionen des Nahrungsdotters entstehen.‘ Wenn ich nun auch in 
Beziehung der ersten Klasse dieser Bewegungsphänomenen nichts gegen 
diese Antithese Reicherts derselben gegen meine Angaben sagen will, 
weil sie allerdings durch eine sehr grosse Zahl von Beobachtern all- 
seitig festgestellt und sehr leicht zu constatiren sind, so frage ich doch: 
Wesshalb sind meine Angaben beim Kaninchen- und Meerschweinchen- 
Eie nicht völlig gleichzustellen mit denen ©. B. Reicherts beim Hecht- 
ei?! die auch Niemand weiter bis jetzt constätirt hat? Hat Reichert 
ein grösseres Privilegium der Glaubwürdigkeit als ich? Ist dieses nicht 
ein Beispiel jenes Hochmuthes , den man schon früher in seinem 
Verfahren kaum verkennen konnte? Ist es ferner nicht bemerkens- 
werth, dass während C. B. Reichert es sich nicht versagen konnte, in 
„Ih. Bi- 
schoff hat seine auf Anregung Leuckarts und zum Theil mit ihm 
unternommenen Untersuchungen veröffentlicht“, er jetzt bei dieser Gele- 
genheit der Rotationen kein Wort von Leuckart sagt, während ich doch 
pag. 18 ausdrücklich angegeben habe, dass dieser gewiss sorgfältige 
und vorurtheilsfreie Beobachter an dem von mir aufgefundenen betref- 
fenden Eie diese Rotationen zuerst sah?! 

Ich komme jetzt zu einem Punkte, in welchem ich am liebsten 
eine ausführliche und gründliche Belehrung durch C. B. Reichert em- 
pfangen hätte, nämlich zu der Lücke, welche ich in meinen Beobach- 
tungen über die Entwicklung des Meerschweincheneies am Ende des 
sechsten oder Anfang des siebenten Tages, wie ich glaubte, gelassen 
hatte. Ich hatte am 4. 5. und 6. Tage Eier in dem Uterus beobachtet, 


den ersten Zeilen seiner Einleitung die Bemerkung zu machen: 


134 


welche noch nicht an ihre bleibenden Stellen gelangt, darin noch leicht 
als Eier zu erkennen waren, dass sie noch ihre Zona besassen, und der 
Dotter entweder in Kugeln getheilt oder diese wieder zu einer Masse 
zusammengeflossen waren. Doch hatte ich bereits erkannt, dass die 
Zona in ihren Umrissen sehr unbestimmt geworden war und ihrer Auf- 
lösung nahe geschienen. Alsdann hatte ich weiter am Ende des 6. und im 
Laufe des 7. Tages an der Epithelröhre des Uterus eine kleine zapfen- 
artige Hervorragung beobachtet, von welcher die Folge lehrte, dass sie 
jedenfalls das Ei war oder enthielt, und ich hatte aus diesen Beobach- 
tungen geschlossen, dass das Ei oder vielmehr sein Dotter, nachdem 
die Zona sich aufgelöset, in einen kleinen Divertikel oder in eine Mün- 
dung einer Uterindrüse gerathen sei, in welcher es sich nun festgesetzt 
und in eine Fusion mit den Zellen der Epithelröhre getreten sei. 

Da ich aber bei anderen Säugethieren beobachtet hatte, dass deren 
Eier, nachdem sie aus dem Eileiter ‘in den Uterus gelangt sind, sich 
ehe sie sich an irgend einer Stelle des letztern festsetzen, in doppel- 
wandige kleine wasserhelle Bläschen von !/a—2‘* Durchmesser verwan- 
deln, so ist es sehr begreiflich, dass ich auch bei dem Meerschweinchen 
nach einem solchen Stadium der Eibildung suchte, ehe sich dessen Ei 
festsetzte. Wirklich glaubte ich auch am Ende des sechsten Tages kleine 
Bläschen im Uterus gefunden zu haben,- welche diesem Stadium ent- 
sprächen, und bildete einige derselben Fig. 10—16 meiner Entw.-Gesch. 
des Meerschweinchens ab. Weil ich mich aber darin nicht sicher fühlte, 
ob diese Bläschen auch wirklich Eier gewesen, so beklagte ich es, dass 
auf diesem Stadium meine Untersuchungen eine Lücke darböten, wegen 
der grossen Schwierigkeit, die äusserst kleinen und. durchsichtigen Eier 
des Meerschweinchens in dieser Zeit, kurz vorher ehe sie sich festsetz- 
ten, aufzufinden. 

Es ist sehr begreiflich und war sehr zu wünschen, dass C. B. Rei- 
chert seine Aufmerksamkeit und Bemühungen ganz vorzüglich dieser 
scheinbaren Lücke meiner Beobachtungen zuwendete. Wirklich versichert 
derselbe auch, die vollständigste Reihe befruchteter Eichen von dem Ein- 
tritte in die Tuben bis zur Einkapselung in die Gebärmutter zur Ansicht 
erhalten, dadurch einen sichern Halt für seine Beobachtungen, der mir 
gefehlt habe, gefunden, und zunächst den von mir begangenen auffäl- 


135 


ligen Irrthum beseitigt zu haben, dass der Dotter sich wieder in eine 
formlose Masse nach dem Ablauf der Theilung umwandle (p. 103). 


Ich kann versichern, dass ich mich aufrichtig gefreut haben würde, 
wenn ich diese Versprechungen Reicherts in der Einleitung zu seiner 
Schrift, im Verlaufe derselben erfüllt gefunden hätte. Allein wenn gleich 
Reicherts Untersuchungen gewiss dazu beigetragen haben und beitragen 
werden, das Bild des merkwürdigen Entwicklungsganges des Meerschwein- 
cheneies fester zu stellen, und das Schwankende, welches in meiner 
ersten Darstellung desselben wegen seiner Neuheit und Abweichung von 
dem bisher Bekannten geblieben war, wesentlich zu beseitigen, so muss 
ich dennoch offen bekennen, dass dieses keineswegs durch irgendwelche 
wesentliche neue Thatsachen und Beobachtungen, sondern nur durch 
Berichtigung einiger unwesentlicher Irrthümer, hauptsächlich aber auch 
durch Bestätigung der auch von mir schon angegebenen Ver- 
hältnisse geschehen ist. 


Dass zu diesen Irrthümern nicht meine Angabe über das Ende und 
Ziel der Dottertheilung gehört, habe ich schon erörtert. Denn das Sta- 
diıum, um welches es sich dabei handelt, ist von mir vollständig und 
wahrscheinlich öfter als von Reichert beobachtet worden. Die Zahl der 
von mir am 4. 5. und 6. Tage untersuchten Meerschweinchen beläuft 
sich jetzt auf 18 bis 20. Und dass auch die spätern Stadien keine Be- 
rechtigung geben zu der Behauptung Reicherts, dass die Bildungsdotter- 
zellen, welche in die embryonale Anlage übergehen, die direkten Nach- 
kommen der zuerst entstandenen Furchungskugeln seien, wird noch 
weiter zu erörtern sein. 


Wohl aber gehört zu den von mir wenigstens als möglich ausge- 
sprochenen und von Reichert berichtigten Irrthümern, dass die eigen- 
thümlichen bläschenartigen Körper, welche ich am Ende des sechsten 
Tages öfter im Uterus sah und Fig. 10—16 abbildete, Eier sein könn- 
ten. In der That habe ich mich neuerdings wiederholt überzeugt, dass 
diese Gebilde nur der Schleimhaut des Uterus angehören und eigenthüm- 
liche Produkte der Elemente derselben sein müssen; denn ich fand sie 
zugleich mit den ausser ihnen vorhandenen wirklichen Eichen, und 
ziehe also die ihnen als möglich, beigelegte Bedeutung zurück. Ob sie 


136 


Ueberbleibsel der Decidua und Placenta aus vorausgegangenen Schwanger- 
schaften sind, wie Reichert p. 131 sagt, weiss ich nicht. 

Allein vergebens würde man nach den von C. B. Reichert in der 
Einleitung und an anderen Orten gemachten Aeusserungen glauben, dass 
er Beobachtungen über Verhältnisse und Zustände der Eier in der Zeit 
vom Ende des 6. und Anfang des 7. Tages mittheile, welche mir ent- 
gangen seien. Pag. 115 sagt er selbst, dass er nach vielen vergeblichen 
Bemühungen nur zweimal so glücklich gewesen sei, die Eichen nach 
ihrer Zerstreuung in dem Uterus zu entdecken, und auch da nicht alle, 
welche nach der Zahl der Corpora lutea vorhanden sein mussten. Eines 
derselben hat Reichert in seiner Fig. 11 dargestellt; es zeigt die soge- 
nannte Brombeerform des Dotters und die Zona in eine dünne Schichte 
eiweisartiger Substanz umgewandelt, welche er für ein Residuum der 
zum grössten Theile aufgelösten Zona hält. 

Dieses Stadium habe ich aber ebenfalls gesehen, Kasd ebenfalls an- 
gegeben, dass die Zona kaum mehr vorhanden war, und es ist durchaus 
nicht richtig, wenn Reichert an der erwähnten Stelle p. 115 sagt, ich 
habe die wahren Eichen nach erfolgter Zerstreuung und Vertheilung in 
dem Gebärmutterhorn gar nicht gefunden. Ich habe sie vielmehr sehr 
oft zu dieser Zeit und wenn auch nicht immer ohne Abschaben des 
Uterusepithels, doch zuweilen auch ohne das gefunden, und ihre Be- 
schaffenheit gradeso wie Reichert beobachtet und beschrieben und Fig. 9 
abgebildet, nur wie ich glaube, noch einen Schritt weiter, den er nicht 
gesehen, nämlich wo ‘die Brombeerform des Dotters verloren gegangen 
ist, und der Dotter sich wieder in eine homogene Masse verwandelt hat. 

Auch das nächste Stadium, welches alsdann Reichert gesehen, be- 
schrieben und Fig. 12 abgebildet hat, in welchem der Dotter schon in 
der Epithelröhre des Uterus eingekapselt liegt, habe ich ebenfalls oft 
gesehen, ebenfalls beschrieben und Fig. 17 genau ebenso wie er abge- 
bildet, so dass‘ die von ihm gegebene Reihe nicht um ein Titelchen voll- 
ständiger, ja wie ich glaube unvollständiger als die meinige ist, da er 
dasjenige Stadium, wo der Dotter wieder eine homogene Masse bildet, 
nicht gesehen hat. 

Allein den wesentlichen Nutzen habe ich, und wie ich nicht zweifle, 
auch die Wissenschaft durch diese Bestätigung und Wiederholung meiner 


137 


Angaben durch ©. B. Reichert gewonnen, dass es nun gewiss ist, dass 
zwischen diesen beiden zuletzt: genannten Stadien, nämlich dem Ver- 
schwinden der Zona und der Einkapselung des Dotters in der Epithel- 
röhre des Uterus, kein wesentliches Zwischenstadium mehr liegt, wie 
ich, wenn noch befangen durch die bei anderen Säugethieren beobach- 
teten Verhältnisse, voraussetzte, @ifrig suchte und schmerzlich vermisste. 
Es ist sehr wichtig und erfreulich, dass die Bearbeitung dieses 
Gegenstandes durch Reichert gezeigt hat, dass meine Sorge und mein 
Glaube nichtig waren. Es fehlt Nichts in dem Gange meiner Beobach- 
tungen; allein ebenso gewiss ist es auch, dass Reichert keine Lücke 
derselben ausgefüllt hat, und es ist eine merkwürdige Täuschung von 
ihm, wenn er pag. 104 seiner Schrift sagt: die Entdeckung der wahren 
Eichen im Uterus am 6. und 7. Tage nach der Befruchtung seien für 
die Erfolge seiner langjährigen Untersuchungen über die Entwicklung 
der Meerschweinchen von unberechenbarem Werthe vewesen; erst seit 
diesem Funde hätten seine Beobachtungen einen sichern Halt gefunden, 
so wie es andererseits nicht bezweifelt werden könne, dass die Lücke 
in meinen Beobachtungen den wesentlichsten Einfluss auf meine Auf- 
fassung der spätern Bildungsvorgänge gehabt habe. Wenn letzteres auch 
wirklich der Fall war und ist; wenn es auch nothwendig den grössten Ein- 
fluss nicht nur auf meine sondern auf eines Jeden Auffassung der spätern 
Bildungsvorgänge des Meerschweincheneies haben muss, dass bei ihm 
jenes Stadium der Eibildung, welches ich vermisst hatte, fehlt, so hat 
doch Reichert eben auch Nichts weiter als dieses Fehlen dieses Stadiums 
bestätigt, er hat durchaus nichts Positives an die Stelle des von mir 
Vermissten gesetzt, weil in der That Nichts vorhanden ist, als was ich 
bereits ebenfalls gesehen hatte. Reichert täuscht sich und Andere wenn 
er glaubt und angibt, es sei ihm zu beobachten geglückt, was ich nicht 
gesehen, und er besitze dadurch einen grossen Vorsprung vor mir. Er 
hat nur gesehen und bestätigt, dass hier Nichts weiter zu beobachten 
war und das war und ist allerdings auch von Wichtigkeit. 
Ich komme nun zu der Fixirung und Einkapselung des Eies durch 
die Uterinschleimhaut. Ich gebe es gerne zu, dass Reichert in der Er- 
kenntniss und Beschreibung dieser Uterinschleimhaut und des Vorganges 


dieser Einkapselung in einigen Punkten das Richtigere getroffen hat, 
Abh. d. II. Cl. d. k. Ak. d. Wiss. X. Bd. I. Abth. 18 


138 


als ich. Erstens nämlich hat er ganz Recht, dass die Drüsen der Ute- 
rinschleimhaut nicht, wie ich gesagt, nur etwas stärker entwickelte Fol- 
liculardrüsen sind, sondern sie sind in der That ganz ordentlich ausge- 
bildete Utriculardrüsen wie in der Uterinschleimhaut anderer Thiere. 
Reichert hat sie auf seinen beiden ersten Tafeln ganz richtig, nur etwas 
zu steif und zu stark contourirt, abgebildet. Von ihnen geht auch die 
gleich weiter zu besprechende starke Entwicklung der Uterinschleimhaut 
zur Decidua aus, obgleich sie sich nicht dabei etwa erweitern oder et- 
waige Zotten des Eies aufnehmen. 

Zweitens war es, wie ich jetzt glaube, auch nicht ganz richtig wenn 
ich gesagt hatte, das Ei scheine sich mir in einer Ausstülpung der 
Epithelröhre des Uterus oder in der Mündung einer Uterindrüse festzu- 
setzen und zu entwickeln. Vielmehr glaube ich jetzt, dass es richtiger 
ist, wenn Reichert sagt, dass sich das Ei in einem durch die starke 
Entwicklung der es umgebenden Schleimhautparthie abgekapselten Theile 
der ursprünglichen Uterinhöhle ausbildet. Was ich als „kegelförmige 
Ausstülpung der Epithelialröhre‘‘ bezeichnete, ist in der That keine solche 
sondern der durch die eigenthümliche Art der Wucherung der Uterin- 
schleimhaut um das Ei herum abgeschnürte oder abgekapselte Theil der 
ursprünglichen und von ihrem Epithel überzogenen Uterinhöhle, es ist 
Reicherts „epitheliale Kapsel der Decidua‘‘ Fig. 12 De. oder vielmehr 
„Körper der epithelialen Kapsel‘ Fig. 16, 17, 19, 20. Dec. 

Allein Reichert bemüht sich ganz mit Unrecht, diese Verschieden- 
heit meiner und seiner Darstellung pag. 138 als eine so grosse darzu- 
stellen, dass es ein fruchtloses Bemühen sei, bei so differirenden An- 
sichten auf Spezialitäten einzugehen. Er unterlegt mir die Ansicht, als 
wenn ich gesagt hätte, die ganze das Ei später umgebende Schleimhaut- 
kapsel sei ein Divertikel des Uterus oder eine Uterindrüse, und meint 
abermals meine Präparationsmethode sei Ursache einer so irrigen Auf- 
fassung. Alles dieses sind aber selbstgeschaffene Einbildungen. Ich habe 
überall p. 27 und 28 klar und bestimmt ausgesprochen, dass eine starke 
lokale Entwicklung der Uterinschleimhaut das Ei als Decidua umschliesse, 
und unter Abschluss von der übrigen Höhle des Uterus, einkapsele. 
Nur darin, dass diese abgekapselte Stelle ursprünglich nicht ein Diver- 
tikel der Uterinhöhle, sondern ein Theil derselben selbst ist, besteht 


139 


eine Differenz zwischen meiner und Reicherts Auffassung, und ich gebe 
ihm darin Recht. 

Weit wichtiger dagegen ist nun die Frage und die Differenz un- 
serer Ansichten in der Beantwortung derselben, wie sich das Eichen in 
dieser abgekapselten und abgeschnürten Stelle der Uterinhöhle verhält, 
ja Reichert hat dieselbe und ihre Bedeutung so gut wie ganz über- 
gangen. Das Auffallende und Abweichende, dass sich das Eichen hier 
nicht in der Gestalt eines kleinen 1 oder 2 Linien grossen wasserhellen, 
die abgeschnürte Stelle der Uterinhöhle erfüllenden, im Anfang noch 
freien, dann aber bald mit der Uterinschleimhaut in eine innige Ver- 
bindung tretenden, einfachen oder doppeltgeschichteten Bläschens, sondern 
nur als Dotterkugel und zwar diese in der innigsten Verbindung mit 
nur einer Stelle der abgekapselten Uterinhöhle findet, dieses Auffallende 
und man kann wohl sagen Unerklärliche in dem Verhalten des Meer- 
schweincheneies, hat; Reichert gar nicht erörtert. Unsere Darstellungen 
und Abbildungen dieses Verhaltens sind aber ganz übereinstimmend. 
Pag. 138 sagt Reichert: Es (das Ei) liegt hier regelmässig in dem ab- 
gerundeten Endstücke des Zapfens, genau dessen Höhle erfüllend, und 
pag. 139 das Eichen liegt so fest in dem Zapfen, dass es mir. wenig- 
stens nicht gelungen ist, dasselbe ohne Zerstörung frei herauszubringen. 
Meine Fig. 17, 19 und 24 zeigt dieses Verhalten ganz genau ebenso 
wie Reicherts Fig. 12, in deren Beschreibung er Deu. den zapfen- 
förmigen Vorsprung der epithelialen Kapsel, in welchem das befruchtete 
Ei liegt, nennt. Aber wie das Ei in diese Lage kommt, wesshalb es 
‘nicht frei und lose in dieser Kapsel liegt, sondern immer nur an einer 
und derselben Stelle und zwar fest, davon sagt Reichert kein Wort. 
Und doch waren und sind es diese Umstände, die mich bewogen, von 
einer Einlagerung des Eies in die Mündung einer Uterindrüse und von 
einer Verschmelzung oder Fusionirung des Dotters mit einer Stelle der 
Uterinschleimhaut zu sprechen. 

Da sonach die Thatsache von uns Beiden ganz gleich beschrie- 
ben feststeht und bestehen bleibt, Reichert aber für dieselbe gar keine 
Erklärung gibt, so finde ich gar keinen Grund von der meinigen abzu- 
weichen, und bleibe also bei meiner Auffassung dieses eigenthümlichen 


Verhaltens, dass der Dotter des Eies, nachdem die Zona verschwunden 
18* 


140 


ist, sich mit einer Stelle des Epithels der Uterinschleimhaut auf das 
innigste vereinigt, mit ihr verschmilzt und ihr gewissermassen die 
Fähigkeit ertheilt, sich nun weiter zu dem Eie und Embryo auszubilden. 

Ja es scheint mir jetzt sogar möglich zwischen dieser Fixirung des 
Meerschweincheneies, an einer ganz beschränkten Stelle der Uterinhöhle, 
und der ersten Fixirung anderer Säugethiereier z. B. des Hundes und 
Kaninchens in dem Uterus eine grössere Uebereinstimmung zu erblicken, 
als man auf den ersten Blick glauben möchte. 

Ich habe gezeigt, dass bei den genannten beiden Thieren an der 
Oberfläche. der bis zu einem Umfang von 2—3 Linien ausgedehnten 
Zona pellucida die ersten Anfänge der Zotten erscheinen, welche zu 
dieser Zeit die Fixirung des Eies im Uterus in der Art bewirken, dass 
die Eier jetzt nicht unverletzt aus dem Uterus herausgebracht werden 
können, auch bei der grössten Vorsicht. Die Uterinanschwellung, wo 
die Eier liegen, sinkt bei Eröffnung des Uterus unter Entleerung einer 
gewissen Menge einer wasserhellen Flüssigkeit zusammen, und an dieser 
Stelle findet man dann fiei die noch ansehnlich kleinere, sehr zarte und 
vollkommen durchsichtige Keimblase. Ich habe es dann für möglich 
gehalten, dass sich später das äussere Blatt dieser Keimblase, das 
animale Blatt oder nach Entwicklung des Embryo und des Amnion, 
die seröse Hülle, mit dieser mit der Uterinschleimhant durch die Zotten 
in Verbindung getretenen Zona oder Dotterhaut vereinige, und noch 
später, wenn auch die Allantois an die Oberfläche des Eies getreten sei, 
mit dieser das Chorien bilde. Doch habe ich es zugleich unentschieden 
gelassen, ob man sich diesen Vorgang als eine Vereinigung oder als’ 
eine unmerkliche Substitution vorzustellen hat, wobei das ältere Gebilde 
sich auflöset, während das jüngere an dessen Stelle tritt, also die seröse 
Hülle an die Stelle der Zona oder Dotterhaut, und das Gefässblatt der 
Allantois an die Stelle der serösen Hülle. Nur daran habe ich festge- 
halten und halte fest, dass die erste Fixirung der Eichen bei Hunden 
und Kaninchen unter Entwicklung von Zotten, deren histologische Tex- 
tur ich ganz genau beschrieben und abgebildet habe, erfolgt. 

C. B. Reichert nun hat freilich wiederholt und so auch jetzt wieder 
p. 193 seiner vorliegenden Schrift über das Meerschweinchen, diese 
meine Angaben in Abrede gestellt, und beschuldigt mich, dass ich Nieder- 


141 


schläge des Excretes der auf die Zona pellucida des schon stillstehenden 
Eichen ausmündenden Uterindrüsen, festere Bestandtheile der sogenannten 
Uterinmilch, oft Krystalle und gewöhnlich keine, oder doch nur Reste 
zerstörter Zellen enthaltend, für solche Zotten gehalten habe. Diese 
starke Zumuthung weise ich einfach mit der Ueberzeugung zurück, dass 
Reichert eben das Stadium in der Entwicklung der Hunde- und Kaninchen- 
Eier, wo diese Zotten auf der Zona schon hervorgekeimt sind, die 
Eichen sich aber noch lösen lassen, nicht beobachtet hat. Ich habe 
dasselbe oftmalen und neuerlich wieder bei dem Fuchs-Ei gesehen, An- 
deren gezeigt, und selbst Reicherts Zumuthung einer Verwechslung mit 
Niederschlägen in Betracht gezogen, aber dieselbe nur ganz unbegründet 
finden Können. 

Wahrscheinlich nun aber scheint es mir, dass die bereits in der 
Auflösung begrifiene, gewissermassen klebrige Zona des Meerschweinchen- 
Eies benützt wird, um dieses sehr kleine Eichen in der verhältniss- 
mässig viel weiteren Uterinhöhle zu fixiren, und dass sich jetzt die 
Keimblase unter Beibehaltung dieser Fixirung auf Kosten eines Theiles 
des Dottermateriales entwickelt. Ich sehe mich um so mehr veranlasst, 
an dieser Vorstellung festzuhalten, da sie allein die Brücke zu dem 
Verständniss der nun weiter folgenden Stadien in der Entwicklung bil- 
det, dessen Schwierigkeiten Reichert ebenfalls einfach stillschweigend 
umgangen und sich nur wieder an solche Punkte gehalten hat, in 
denen er mir widersprechen zu können und sie nach seinen Theorien 
deuten zu können geglaubt hat. 

Ehe ich indessen zu jenen weiteren Entwicklungs-Zuständen über- 
gehe, will ich zuvor noch bemerken, dass ich gar keinen Grund auf- 
finden kann, weshalb Reichert die sich verdickende und das Ei ein- 
kapselnde Uterinschleimhaut als Decidua reflexa bezeichnet. Decidua 
oder Decidua vera ist nach der jetzt und auch durch Reichert fest- 
gestellten Erkenntniss der Verhältnisse, die während einer Schwanger- 
schaft, ja bei dem menschlichen Weibe auch schon während einer Men- 
struation !), entwickelte innere Schleimhaut-Oberfläche des Uterus, die 


1) Bei dieser Gelegenheit kann ich nicht umhin, folgende Bemerkung einzuschalten: 
Herr Professor Pflüger in Bonn hat so eben in einem Hefte: Untersuchungen aus dem 
physiologischen Laboratorium zu Bonn 1865 pag. 52 einen Aufsatz: Ueber die Bedeutung 


142 


Membrana uteri interna evoluta, namentlich auch ihre Drüsenschichte. 
Decidua reflexa ist die von dieser entwickelten inneren Oberfläche des 


und Ursache der Menstruation veröffentlicht, welcher dem Leser die unliebe Alternative 
stellt, ob er die in demselben beobachtete Haltung als eine Folge literarischer Unwissen- 
heit, oder als einen Versuch absichtlicher Beeinträchtigung der Leistungen Anderer be- 
trachten soll. Ersteres sieht einem deutschen Professor, wenigstens früherer Zeit, ebenso 
unähnlich, als letzteres der traurigen Art deutscher Charaktere angemessen ist, welche zu 
nichts lieber die Hand bieten, als die Verdienste eines Landsmannes zu beeinträchtigen. 

Gleich zur Einleitung seines Aufsatzes sagt Hr. Pflüger: Schon Nägel&e habe eine Be- 
ziehung der Menstruation zur Brunst der Thiere erkannt, und dann hätten erst Negrier 
und Andere?!! den Satz ausgesprochen und begründet (sic!), dass eine spontane Lösung 
der Eier aus dem Ovarium auch beim Menschen existire. Mit diesen „Anderen“ wird 
denn auch mein Anspruch auf den Beweis dieses Satzes abgefertigt, so dass mein Name in 
dem ganzen Aufsatze sich kein einzigesmal erwähnt findet. 


Was meinen verdienstvollen alten Lehrer und nachmaligen Collegen Nägele betrifft, 
mit welchem ich diese Frage öfter besprochen, so machte er keine Ansprüche auf die 
Priorität, nicht einmal der Idee der Uebereinstimmung zwischen der Brunst der 
Thiere und der Menstruation des Weibes, denn er wusste, was Herr Pflüger nicht zu 
wissen scheint, dass schon Aristoteles und nach ihm viele Andere, z. B. Mauricau, Buffon, 
F. Cuvier ete. denselben Gedanken geäussert. Was aber meinen Anspruch auf den Beweis 
der Richtigkeit dieses Gedankens gesenüber den neueren Untersuchungen von Pouchet 
Duvernoy, Negrier, Raciborsky, Gendrin, William Jones, R. Lee, Paterson und Anderer, 
welche Hr. Pflüger ebenfalls wenig zu kennen scheint, betrifft, so halte ich es für über- 
flüssig, darüber ein Wort zu verlieren, da schwerlich das Gedächtniss anderer Physiologen 
und Aerzte so kurz ist, dass sie meine Abhandlung vom Jahre 1844 bereits vergessen 
haben. 


Allein Herr Pflüger lässt es bei diesem gewissenhaften Verschweigen meines Antheiles 
an dem endlichen Verständniss des Wesens der Brunst und der Menstruation nicht, be- 
wenden, sondern indem er sich die Mühe giebt, die Hauptsache zur Nebensache, und die 
Nebensache zur Hauptsache zu machen, den Vorgang in dem Kierstock als etwas Un- 
wesentliches, die Veränderungen der inneren Oberfläche und die Blutung in dem Uterus 
als das Wesentliche der Menstruation hinzustellen, macht er sogar den Versuch, sich die 
wahre Einsicht in die Bedeutung dieser Vorgänge in dem Uterus zuzuschreiben, indem er 
sie als eine unabhängig von der Befruchtung vor sich gehende Vorbereitung des Uterus 
zur Aufnahme des Eies darstellt. Die Menstruation ist demnach nach Hrn. Pflüger: „Der 
Inoculationsschnitt der Natur zur Aufimpfung des befruchteten Eies auf den mütterlichen 
Organismus.“ So gewissenhaft wie oben Nägele als Autor für die Idee der Ueberein- 
stimmung zwischen Brunst und Menstruation, nennt hiebei Herr Pflüger als seine Vor- 
gänger für diese Inspiration den „feinsinnigen“ Aristoteles und Pouchet, und da ihm selbst 
alle eigenen Beobachtungen fehlen, so lässt er sich von seinem Freunde und Collegen 
C. Otto Weber berichten, dass derselbe nach seinen zahlreichen pathologisch-anatomischen 
Erfahrungen, bei jeder Menstruation eine Decidua gebildet gesehen habe. Mit diesen ge- 
wissenhaften Citaten und Relationen überhebt sich Hr. Pflüger der lästigen Erwähnung, 
dass schon in der alten Bezeichnung der Decidua als „Nesthaut‘, Nidamentum, seine glän- 
zende Entdeckung ausgesprochen war; dass sodann Coste, Dr. Meckel, Ino Dalton, Janzer, 


143 


Uterus ausgehende, das Ei selbst umhüllende Wucherung derselben. 
Von einem Vorgange letzterer Art ist bei dem Meerschweinchen gar 
keine Rede. An jeder Stelle, wo sich ein Ei festsetzt, tritt eine und 
zwar sehr starke Entwicklung und Wucherung der Uterinschleimhaut 
und ihrer Drüsen ein, welche das Ei gradezu umgiebt und einkapselt. 
Dieses ist einfach eine Decidua oder Decidua vera, aber keine reflexa. 
Nach einer von Reichert p. 129 gemachten Aeusserung scheint derselbe 
die Bezeichnung Decidua vera nur für eine über die Uterinschleimhaut 
des ganzen Uterus sich ausdehnende Verdickung und Wucherung der- 
selben gestatten, eine partielle nur das Ei einschliesende, aber nur eine 
reflexa nennen zu wollen. Allein für diese Definition ist gar kein Grund 
vorhanden und sie widerspricht der geschichtlichen Entwicklung und 
dem eingeführten Gebrauche der genannten Bezeichnungen. Es muss 
zunächst eine Decidua vera geben, ehe es eine Decidua reflexa geben 
kann. Letztere findet sich in der That mit Ausnahme vielleicht der 
ebenfalls einen Uterus simplex besitzenden Affen, Fledermäuse und 
Edendaten nur bei dem Menschen; alle mit röhrenförmigem Uterus ver- 
sehenen Thiere zeigen nur eine partielle, das Ei umgebende Entwick- 
lung der Uterinschleimhaut, nur eine Decidua vera und keine reflexa. 
Bei dem Meerschweinchen ist diese Wucherung der Uterinschleimhaut 
um das Ei herum ganz besonders »tark, und ich kann dieselbe hier 
nur einfach als Decidua oder wenn man durchaus eine speziellere Be- 
zeichnung will, Decidua vera nennen. 

Ich komme nun auf den Zustand des Eies des Meerschweinchens 
am 7. Tage an der durch die beginnende Wucherung der Uterinschleim- 


Judee, Tyler Smith, Raciborsky, Maier und manche Andere über das Vorhandensein einer 
Decidua bei jeder Menstruation discutirten, und dass endlich auch ich, durch Mittheilung 
von dreizehn in Henle’s und Pfeufer’s Zeitschrift N. F. Bd. IV. Hft. 1 p. 129, 1854 be- 
schriebenen und genau ausgeführten Sectionen von während der Menstruation verstorbenen 
Personen, das Verhältniss dieser Bildung einer Decidua während der Menstruation auf- 
geklärt habe. 

Alle diese Dinge sind noch so neuen Datums und so allgemein bekannt, dass man es 
bezweifeln kann, ob es der Mühe werth gewesen, ein Wort darüber zu verlieren. Allein 
da es ernstlich scheint, dass Hr. Pflüger neuerdings seine Entdeckungen auf dem Gebiete 
der Entwicklungsgeschichte zu machen beabsichtigt, so war es nöthig, ihn daran zu 
erinnern, dass er dabei mit den Arbeiten Anderer etwas gewissenhafter und ehrlicher 
verfahren muss. 


144 


haut abgeschnürten Stelle der Uterinhöhle zurück. Der Dotter liegt 
hier, wie wir gesehen, nach meinen und Reicherts vollkommen überein- 
stimmenden Beohachtungen, an der Spitze einer: der Mesenterialanheftung 
des Uterus gegenüberliegenden kegelförmig gestalteten Stelle oder Ab- 
schnürung des Epitheliums der Uterinschleimhaut genau befestigt. Diese 
Stelle wächst nun in den folgenden Tagen bis zum 12. und 13. zu 
einem etwa zwei Linien langen und durchsichtigen Cylinderchen aus, 
welcher an seiner Basis angewachsen ist, durch Blutgefässe mit den 
Gefässen der Decidua in Verbindung steht, und bis zu der genannten 
Zeit den Dotterrest ziemlich unverändert an seiner Spitze trägt. Am 
14. Tage geht der Cylinder unter verhältnissmässig stärkerem Wachsthum 
in ein Bläschen über, welches zur Embryonalanlage und Amnion wird. 
Der Embryo senkt sich allmählich in die runde Eiblase hinein und auf 
dieser verbreiten sich die Nabel- oder Darmblasen-Gefässe, während die 
Allantois die Nabelgefässe an die Stelle trägt, wo der Cylinder an 
seiner Basis mit der Uterinschleimhaut oder vielmehr mit der Decidua 
bereits durch Blutgefässe verwachsen war. 

Dieser hier kurz dargestellte Fortgang in der Entwicklung des 
Meerschweinchen-Eies veranlasste mich nicht nur, sondern er zwang 
mich zu dem Schlusse, dass der genannte von einem sehr geringen 
Anfang aus sich entwickelnde zarte und hohle Cylinder das Ei sei, dass 
er das Analogon der sogenannten Keimblase anderer Säugethiereier sei, 
die sich hier nur in anderer Weise und in einer eigenthümlichen und 
sonderbaren Verbindung mit dem Epithelium oder der Schleimhaut, 
resp. Decidua, des Uterus entwickele. 

Reichert hat nun in der factischen Darstellung dieses Entwicklungs- 
ganges, obgleich er ihn nicht so weit verfolgt hat, Nichts Wesent- 
liches geändert; er hat ihn nur, was ich abermals sehr willig aner- 
kenne, in einigen Stücken genauer als ich verfolgt. Dieses betrifft 
namentlich die Art und Weise, wie der erwähnte Cylinder an seiner 
Basis mit der Decidua verwächst und die Blutgefässe an ihn übergehen. 
Er hat gezeigt, wie die Decidua, nachdem sie zuerst vorzüglich an den 
Seiten und an dem freien Rande des Uterus sich entwickelt hat, dann 
auch von der Mesenterialseite aus stärker wuchert, die Anfangs noch 


145 


übrig gebliebene Parthie der Uterinhöhle verschliesst, den oben er- 
wähnten kegelförmigen Zapfen der Epithelröhre dieser Stelle, an dessen 
Spitze sich der Ei-Cylinder mit dem Dotter befindet, Reicherts Epithelial- 
Kapsel der Decidua, verdrängt, und. wenn diese Wucherung an die Basis 
des Cylinders angelangt ist, auch noch eine Strecke weit an der innern 
Oberfläche derselben fortwuchert und die Blutgefässe an diese Stelle 
führt. Er nennt diesen letzteren Vorgang das „Hineinwachsen eines 
lamellenartigen Fortsatzes des Schleimhautsubstrates der Decidua ins 
Innere und an die Innenfläche des Körpers des genannten Oylinders. 
Seine der Natur entnommenen und schematischen Abbildungen stellen 
diesen Vorgang genauer, als ich ihn geschildert habe, dar, und ich 
stimme seinen Angaben im Allgemeinen bei, obgleich ich glaube, dass 
er den Vorgang zu sehr schematisirt hat. 

Allein der ausserordentlich wichtige Unterschied zwischen Reicherts 
und meiner Auffassung des hier vorliegenden Stadiums ist nun der, dass 
während ich, wie gesagt, den erwähnten Cylinder für das Ei, für das 
Analogen der Keimblase anderer Säugethiere erkläre, Reichert denselben 
nur als einen zapfenförmigen Fortsatz der epithelialen flaschenförmigen 
Kapsel der Decidua betrachtet, in dessen Spitze allein das befruchtete 
Eichen liegt. Merkwürdiger Weise hebt Reichert diesen fundamentalen Unter- 
schied zwischen meiner und seiner Auffassung im Ganzen nur wenig 
hervor. Pag. 138 sagt er: „Die von Bischoff so genannte Keimblase 
ist meine epitheliale Kapsel der Decidua reflexa. Dass dieselbe keine 
Keimblase ist, auch keine Fusion mit dem Ei gemacht hat, werde ich 
in. der Folge auseinandersetzen.“ Allein einmal ist es nicht richtig, dass 
das Gebilde, welches ich mit der Keimblase anderer Säugethier-Eier 
parallelisire, Reicherts ‚‚epitheliale Kapsel“ ist, sondern es ist sein 
„Zapfen oder Fortsatz der epithelialen Kapsel“, und sodann habe ich 
überall vergeblich nach der „Auseinandersetzung“ gesucht, durch die 
meine Ansicht als irrig erwiesen würde. Er wiederholt nur pag. 161, 
dass ich die Entstehung und Bedeutung der epithelialen Kapsel seiner 
Decidua reflexa nicht erkannt habe und pag. 164 referirt er abermals 
meine Ansicht und die Gründe, die mich zu derselben bewogen, allein 
er widerlegt sie nicht, sondern hängt ihr nur den Satz an, der wohl 


vorzüglich nur durch meine Arbeiten nachgewiesen worden ist, dass ‚die 
Abh. d. 11. C1.d.k. Ak.d. Wiss. X. Bd. I. Abth. 19 


146 


Geschichte gelehrt habe, dass die Fortschritte in Betreff der Bildungs- 
Geschichte der Säugethiere sehr wesentlich davon abhingen, ob man 
die der Gebärmutter und dem Embryo angehörenden Theile genau von 
einander zu trennen und zu unterscheiden vermochte.‘ Auch findet 
sich daselbst noch die Aeusserung: „Die auffällige Erscheinung, dass 
die Decidua reflexa mit ihrer epithelialen Kapsel zum Voraus eine 
Form ausbildet, die auf diejenige berechnet ist, die der Embryo mit 
seinen Dependenzen später einnimmt, diese Erscheinung war es, welche 
Bischoff und auch mich früher zu der Ansicht verleitet, dass die 
epitheliale Kapsel das Ei sei.‘ 

Vergebens aber habe ich nach Thatsachen oder auch nur nach 
einer Erörterung in der ganzen Schrift Reicherts gesucht, durch welche 
es erwiesen würde, dass diese meine und seine frühere Auffassung 
falsch sei, ja es findet sich in der That nirgends eine Darlegung, wie 
sich denn nun nach Reicherts Meinung die Sache eigentlich verhält. 
Denn dadurch, dass er einfach behauptet, meine Keimblase sei nur ein 
Fortsatz der epithelialen Kapsel der Decidua, werden meine Gründe für 
die Natur dieses Gebildes als Keimblase doch nicht beseitigt. Sie liegen 
ganz einfach darin, dass dieses Gebilde sich continuirlich in das in 
späterer Zeit ganz unzweifelhafte Ei umwandelt. Vom 13. bis 14. Tage 
ab geht die bis dahin cylindrische Form in die runde über; an der 
freien Seite der so entstandenen Blase entwickelt sich der Fruchthof 
und der Embryo, der sich bald in sie einsenkt; sie trägt an ihrer 
inneren Fläche, so weit sie nicht angewachsen ist, das Gefässblatt und 
die Ausbreitungen der Vasa omphalo mesenterica und die sogenannte 
Vena terminalis; an ihre angewachsene Seite wendet sich die Allantois 
mit den Nabelgefässen und bildet die Placenta, kurz sie ist in späterer 
Zeit unzweifelhaft das Ei und muss also auch früher als Ei betrachtet 
werden. 

Jn mir unverständlicher Weise wird dieses Alles indirect auch von 
Reichert anerkannt und zwar durch eine genauere Unterscheidung und 
Bezeichnung der einzelnen Theile des noch cylindrischen Eies oder 
seines Fortsatzes der epithelialen Kapsel, die ich sehr zweckmässig und 
richtig finde, und daher bereitwilligst annehme. Er unterscheidet näm- 
lich zunächst den ersten Abschnitt oder die Spitze des Cylinders, wo 


147 


der bis jetzt noch unveränderte Dotterrest liegt, ganz richtig als „die 
Zona des Fruchthofes“; den zweiten Abschnitt oder den mittleren 
Theil des Cylinders, an welchem sich später die Vasa omphalo mesen- 
terica ausbreiten, als die „Zona des Gefässhofes‘“ und den dritten 
untersten Abschnitt, mit welchem der Cylinder an die Decidua ange- 
wachsen ist, an welchem sich jetzt die Gefässe der Decidua und später 
die Nabelgefässe der Allantois zur Placenta-Bildung ausbreiten, als ‚„‚die 
Zona der Placenta‘“; aber wie Reichert dieses Alles mit seiner An- 
sicht zusammenreimt, dass der Cylinder das Ei selbst nicht sei, darüber 
vermisst man jede Erklärung. Da keicherts ganze Darstellung nur bis 
zum 14. Tage geht, von wo ab die Entscheidung in allen diesen 
Dingen eintritt, so war oder ist es vielleicht seine Absicht, seine 
Gründe und Erklärungen später zu geben. Wir werden dieses abwarten 
müssen; allein es war meiner Meinung nach ganz unthunlich, eine auf 
die schlagensten Verhältnisse gebaute Ansicht ohne Weiteres an die 
Seite zu schieben und eine andere an die Stelle zu setzen, ohne die 
Irrigkeit ersterer und die Richtigkeit letzterer irgendwie nachzuweisen. 

Vielleicht glaubt Reichert dieses indirect durch seine Aussprüche 
und Abbildungen über die Textur unseres Cylinders gethan zu haben, 
indem er demselben überall die Textur eines Epithels zuschreibt, ihn 
als aus deutlichen nut Membranen und Kernen versehenen, polyponal gegen- 
einander gediängten Zellen bestehend abbildet, ja ihm sogar in Text und 
Figuren (besonders Fig. 14) Fortsätze, die Epithelial- Auskleidungen 
der Uterindrüsen der den Cylinder einschliessenden Decidua-Kapsel, er- 
theilt. Allein ich sehe mich genöthigt, ihm in Alle Diesem zu wider- 
sprechen. Schon in meiner ersten Schrift habe ich gesagt, dass die den 
Cylinder zusammensetzenden Zellen nicht scharf begränzt, sondern un- 
ter einander verschmolzen seien. C. B. Reichert behauptet p. 157 seiner 
Schrift gerade das Gegentheil. Er glaubt meine Angabe dem Zusatz 
von Wasser zuschreiben zu können, welches in Folge von Diffusion die 
vollsaftigen Zellen sehr leicht zerstöre, so dass die Contouren der Zell- 
membranen nicht mehr aufzufinden seien; auch Weingeist zerstöre die 
Zellen leicht; in der Inhaltsflüssigkeit der Kapsel selbst könnten jedoch 
die Zellen unversehrt erhalten werden, sie seien polyedrisch begränzt, 


wie beim Epithelium des Uterus etc. 
19 


148 


Ich habe darauf zu erwidern, dass ich, wie ich auch schon oft 
genug angegeben habe, dergleichen zarte Texturverhältnisse nie, es sei 
denn zu besonderen Zwecken, unter reinem Wasser behandle und unter- 
suche, sondern, wenn ich kein Blutserum, Amnion oder Allantois- 
tlüssigkeit oder humor aqu@üs habe, mich stets einer Mischung von 
Wasser, Eiweiss und Kochsalz in den Verhältnissen bediene, dass Blut- 
körperchen und in diesem Falle z. B. auch die schönen Zellen der 
Decidua dadurch nicht verändert werden. Zweitens erkläre ich es für 
unmöglich, den hier erwähnten Eicylinder vom 7. bis etwa 12. Tage 
ohne Zusatz irgend einer künstlichen Flüssigkeit zur Anschauung und 
unter das Mikroskop zu bringen. Das Cylinderchen ist in dieser Zeit 
so zart, dass wenn man nicht unter einer Flüssigkeit arbeitet, dasselbe 
bei Eröffnung der Decidua-Kapsel gar nicht erkannt und noch viel 
weniger herausgefördert und unter das Mikroskop gebracht werden 
kann. Selbst in viel späteren Zeiten, wenn das Ei schon ansehnlich 
grösser, wird es nur sehr schwierig gelingen, einzelne Fetzchen der- 
selben ohne eine Zusatz-Flüssigkeit zu beobachten. 

Wenn ich nun aber einen Eicylinder des 8., 9., 10., 11. etc. Tages auf 
solche Weise unter einer Wasser-, Eiweis- und Salzmischung herausprä- 
parirt und mit grösster Vorsicht möglichst frisch und rasch unter 
das Mikroskop gebracht habe, so habe ich erstens miemals an 
demselben irgend einen der mir von der Epithelröhre des Uterus 
sehr wohl bekannten Epithel-Fortsätze der Uterindrüsen sehen können. 
Zweitens ist die Textur dieses Cylinders immer ganz ver- 
schieden von dem Uterus-Epithel. Dieses besteht immer aus kleinen 
dicht nebeneinanderstehenden Cylinderchen, an denen selbst ein Kern 
meist nicht zu erkennen ist. Dagegen ist drittens der Cylinder nicht 
aus mit Membranen versehenen Zellen, sondern aus Protoplasten zu- 
sammengesetzt, die aus einem hellen Kerne und einer denselben umgebenden 
ansehnlichen feinkörnigen gelatinosen Plasmaschichte bestehen. Sie und 
selbst ihre Kerne sind im ganz frischen Zustande sehr‘ schwierig zu 
erkennen; erst allmählig, wenn sie sich mehr contrahiren, treten Kerne 
und Contouren deutlicher hervor, zeigen aber immer sowohl im Zu- 
sammenhang als isolirt, dass sie keine umhüllenden Membranen besitzen, 
sondern nur dicht gedrängt nebeneinanderliegend und zusammenhaftend 


149 


den Cylinder darstellen. Erst wenn man heterogenere Flüssigkeiten, 
Chromsäure, Weingeist u. dgl. zusetzt, dann bilden sich an ihnen 
schärfere Contouren aus, ohngefähr so, wie Reichert sie abgebildet hat. 
Ich glaube daher, dass seine Darstellungen und Abbildungen durch 
solche Weingeist-Präparate entstanden sind, und dadurch auch die Täu- 
schung über Epithel-Fortsätze an dem Cylinder. Denn bei solchen in 
Weingeist erhärteten Präparaten bleibt in der That leicht äusserlich ein 
kleines Coagulums an dem Cylinder bei der Herausbeförderung aus der 
weichen und saftreichen Deeidua-Kapsel hängen, welchem man fälschlich 
jene Deutung geben kann. 

Ich komme daher zu dem Schlusse, dass, nachdem ich auf’s Neue 
durch eine grosse Anzahl von Beobachtungen meine früheren und jetzt 
C. B. Reicherts Angaben sorgfältig geprüft habe, ich bei meinem früher 
gezogenen Schlusse bleiben muss, dass der in Rede stehende Cylinder 
wirklich das Ei ist, und zwar das Analogon der sogenannten Keimblase 
anderer Säugethier-Eier. Während dieselbe aber bei diesen auf diesem 
Stadium noch frei als rundes Bläschen im Uterus liegt, ist sie beim Meer- 
schweinchen cylindrisch, und dieser Cylinder ist an seinem einen Ende 
mit der zur Decidua entwickelten, stark angeschwollenen Uterinschleim- 
haut schon sehr früh verwachsen. 

Ich wende mich nun zur Betrachtung und Erörterung der Spitze 
unseres Eicylinders oder der Zona des Fruchthofes, und hier ergeben 
sich allerdings abermals sowohl factische, als wie schon nach dem 
Vorausgegangenen nothwendig, sehr bedeutende deductive Unterschiede 
zwischen meiner und Reicherts Darstellung und Auffassung der Ver- 
hältnisse. 

Nach Reicherts Ansicht ist der dunkle Körper an der Spitze des 
Cylinders, wie schon erwähnt, das ganze Ei, der in eine gewisse An- 
zahl von Kugeln oder vielmehr Dotterzellen zerlegte Dotter, nachdem 
sich die Zona oder Dotterhaut aufgelöset hat. Er liegt in einem An- 
fangs kleinen, später sich immer mehr und mehr cylindrisch ausziehen- 
den Fortsatz der epithelialen Kapsel der Decidua, mit welcher er aller- 
dings auch nach Reichert so genau vereinigt ist, dass es ihm nicht ge- 
lang, beide von einander zu trennen. Da die Dotterzellen aus den 
Dotterkörnchen zusammengesetzt sind, so bilden sie nach Reichert eine 


150 


dichtere Masse; die Spitze des Cylinders erscheint daher bei durch- 
fallendem Lichte dunkler, und die Dotterkugel lässt sich zu jeder Zeit 
auf das deutlichste von der epithelialen Kapsel unterscheiden. Vom 
8. Tage ab soll sich dann am Mantel des Cylinders unterhalb der den 
Dotter umschliessenden Spitze eine anfangs seichte, dann aber etwas 
tiefer eindringende kreisförmige Furche oder Einschnürung ausbilden, 
und zugleich daselbst ein Vorsprung, wie ein queres Septum, in das 
Innere der Höhle des Cylinders hineindringen (pag. 154 und 155). 
Ob ein wirkliches Septum sich ausbildet, ist nicht bestimmt zu sagen; 
später, am 11. Tage, ist kein solches, sondern nur jener Vorsprung zu 
finden, auch die circuläre Einschnürung verliert sich mehr und mehr 
(p- 171 und p. 175). Dieses unvollständige Septum transversum bildet 
Reichert in seinen Figuren 24, 25,26, 29 und vor allen Fig. 36 zf‘ auf 
das bestimmteste ab. Vom 9. Tage ab soll sich sodann der bis dahin 
runde Dotter nach und nach in eine blattartige Schichte an der innern 
Wand der Spitze der epithelialen Kapsel bis zur Gegend des Septum 
transversum umwandeln und ausbreiten. Schon vom 10. Tage sondert 
sich an dieser blattartigen Schichte des Bildungsdotters an seiner gegen 
die Höhle des Cylinders gerichteten Oberfläche histologisch eine einfache 
epitheliumartige Zellenschichte aus, welche an der eirculären Abschnü- 
rung des Fruchthofes bald auch auf den ringförmigen Vorsprung des 
Septum transversum sich fortsetzt, und zuletzt eine völlige Scheidewand 
von der übrigen Höhle der epithelialen Kapsel hervorbringt. Der 
Bildungsdotter hat sich dann in ein Bläschen mit zwei ungleich dicken 
Hälften umgewandelt, deren dickere nach aussen gerichtet an der Innen- 
fläche der Spitze der epithelialen Kapsel anliegt, deren innere epithelium- 
artige die Zona des Fruchthofes von der Zona des Gefässhofes ab- 
schliesst. Das Ei, oder wie Reichert meint, richtiger der Embryo, stellt 
nunmehr ein Bläschen dar: Die dickere nach aussen gerichtete Schichte 
entwickelt sich zu dem Embryo, die feinere, dünnere ist seine von 
seinen anderen embryonalen Untersuchungen her bekannte Umhüllungs- 
haut, welche daher auch hier als Stütze für das sich zu dem Embryo 
umbildende Dottermaterial dient. Dass dieses Dottermaterial und der 
sich aus ihm entwickelnde Embryo entgegengesetzt zu dieser Um- 
hüllungshaut wie bei anderen Embryonen liegt, nämlich an der Aussen- 


151 


fläche der Umhüllungshaut, anstatt an der Innenfläche, und dass sodann 
der Embryo auch umgekehrt wie andere Embryonen schon von Anfang 
an seinen Rücken gegen die von dem Ei gebildete Höhle und seinen 
Bauch von derselben abgewendet kehrt, giebt keichert ohne Weiteres, 
aber ohne genauere Beschreibung der hier vor sich gehenden Entwick- 
lungsstadien zu. Durch ein weitläufiges und nichts weniger als klares 
Räsonnement (p. 195 u. ff.) glaubt er aber dennoch diese fundamentalen 
Unterschiede zwischen der Entwicklung des Meerschweinchens und der 
anderen Säugethiere grösstentheils wegdemonstriren zu können. Von 
der Bildung und dem Verhalten des Amnion und der Allantois ist in der 
Reichertschen Schrift nicht die Rede. 

Ich stelle es auch hier nicht im Mindesten in Abrede, dass 
Reichert die Umwandlung des in der Spitze des Eicylinders liegenden 
Restes des Dottermateriales in ein Bläschen genauer zu verfolgen ge- 
sucht hat als ich, indem ich damals froh war, dieses Factum an und 
für sich ermittelt zu haben, und die Art und Weise seiner Entwicklung 
nicht genauer verfolgte. Allein einmal das Wichtigste, nämlich das 
Auftreten eines Bläschens in der Spitze des Eicylinders und das Ver- 
halten des Embryo zu demselben, habe ich ebenso wie Reichert und er 
nicht anders als ich gesehen; in den Details aber, und natürlich noch 
mehr in der Interpretation des Beobachteten weiche ich auch jetzt noch 
auf das Wesentlichste von ihm ab, und konnte auch bei meinen erneuer- 
ten und sorgfältigsten Beobachtungen keinen Grund finden, von meinen 
früheren Angaben und Anschauungen wesentlich abzugehen. 

Zunächst muss ich Alles Das, was Reichert von der Entwicklung 
einer Abschnürung der Spitze des Eicylinders, seiner Zona des Frucht- 
hofes, und von der Ausbildung eines wenn auch nur unvollkommenen 
Septum transversum sagt, für irrige Auslegung einiger allerdings an 
dem Eicylinder wahrzunehmenden Verhältnisse erklären. 

Dass sich an dem Eicylinder zwischen Frucht- und Gefässhof sehr 
leicht eine Einschnürung ausbildet und bemerklich macht, geht auch 
aus meinen früheren Abbildungen, z. B. Fig. 25 u. 28 hervor und 
habe ich dieses auch bei meinen wiederholten Beobachtungen sehr oft 
beobachtet. Allein ich überzeugte mich dabei, dass diese Abschnürung 
nur eine Folge der durch die Berührung mit der Luft und zugesetzten 


152 


Flüssigkeit hervorgerufene Contraction der Protoplasten des ganzen Ei- 
Cylinders ist. Dass diese Protoplasten, sowie alle noch lebendigen Pro- 
toplasten contractil sind, d. h. dass sie sich bei ihrem Absterben und 
bei Berührung mit heterogenen Medien zusammenziehen und das Ge- 
bilde, welches sie zusammensetzen, verdichten, wird nun wohl jetzt, wo 
man dieser Contractilität den weitesten Spielraum überwiesen hat, von 
Niemandem bezweifelt werden. Wer sich mit embryonalen Beobachtun- 
gen beschäftigt, hat unzähligemale zu seinem Schaden Gelegenheit, diese 
kigenschaft zu beobachten, da sie die Ursache ist, dass viele dieser 
zarten, nur aus Protoplasten zusammengesetzten Gebilde sich zusammen- 
ziehen, verkleinern, undurchsichtiger werden, Falten bilden etc. und 
dadurch die sichere und deutliche Beobachtung sehr erschweren. Sind 
die Theile von verschiedener Dichtigkeit, so ziehen sie sich auch in 
verschiedenem Grade zusammen. Dieses ist aber gerade an der Spitze 
unseres Eicylinders der Fall, in welchem das übrige dichtere Dotter- 
material liegt. Daher entwickelt sich hier an seiner Gränze eine Ein- 
und Abschnürung von dem zarten und feinhäutigen’Cylinder. Ich habe 
mich hievon häufig überzeugt, wenn ich bei ganz frischen Präparaten 
unter einer Stativloupe unter Flüssigkeit (Wasser, kiweis und Salz) die 
Decidua-Kapsel öffnete und dem Eicylinder bloslegte. Dann war im 
Anfang jene KEinschnürung nicht vorhanden, aber sie bildete sich unter 
meinen Augen immer mehr und mehr aus und war mir sehr oft hinder- 
lich bei der Zeichnung des Präparates mit dem Prisma, weil sich die 
Grössenverhältnisse fortwährend änderten. Es ist begreiflich, dass am 
Weingeistpräparate, an welchem Reichert seine Beobachtungen vorzüg- 
lich machte, solche Ein- und Abschnürungen sich noch stärker heraus- 
gebildet haben mussten. Allein ganz frisch finden sie sich nicht; der 
Dotter liegt in der Spitze des Cylinders, dicht vereinigt mit der Zellen- 
oder Protoplasten-Schichte des Cylinders, von der er sich zwar aller- 
dings zu jeder Zeit unterscheiden lässt, von welcher ihn aber auch 
Reichert, wie er selbst zugiebt, zu dieser Zeit nicht ohne Verletzung 
trennen konnte. 

Es findet sich aber auch zu keiner Zeit weder ein unvollkommenes 
noch vollkommenes Septum in der Spitze des Eicylinders, welches die 
Zona des Fruchthofes von der des Gefässhofes abtrennte.. Ich habe 


153 


diese Frage so oft und so genau an frischen und an in Weingeist er- 
härteten Präparaten, an mit feinen Nadeln behandelten und an Durch- 
schnitten geprüft, dass ich nicht anstehen kann, die gegentheilige Aus- 
sage’ Reicherts für einen entschiedenen Irrthum zu erklären. 

Der in der Spitze des Eieylinders liegende auf den ersten Stadien 
noch solide Dotterrest bildet eine kugelige Masse und ragt daher: mit 
seiner einen convexen Hälfte in das Innere -des hohlen, mit einer 
Flüssigkeit erfüllten Cylinders hinein. Man sieht natürlich die Contour 
seiner Gränze, kann diese ‚aber nicht für eine membranöse Scheide- 
wand halten, da man‘ sie mit der übrigen Contour der Dotterkugel, 
welche von der Spitze des Eicylinders umfasst wird, in ununterbrochener 
Contiunität, deutlich von der Membran, dieser letzteren verschieden, 
wenngleich innigst mit ihr vereinigt, sieht, wie ich dieses schon früher 
in meinen Fig. 25 u. 28 deutlich dargestellt habe. Da wo die Mem- 
bran des Cylinders die Dotterkugel zuerst berührt, bildet sich die 
schon vorher erwähnte Einschnürung aus, und auf dem Durchschnitt 
betrachtet, sieht das einigermassen wie ein Vorsprung nach innen aus, 
welches Ansehen noch dadurch vermehrt wird, dass hier, wo die Pro- 
toplasten des Cylinders die Dotterkugel berühren, sie in der That etwas 
reichlicher entwickelt sind. Allein ein selbstständiger Vorsprung, der 
als ein Septum bezeichnet werden könnte, findet sich nicht. 

In dem darauf folgenden Stadium verwandelt sich allerdings, wie 
wir gleich weiter sehen werden, der Dotterrest in der Spitze des Ei- 
Cylinders in ein Bläschen, und der sogenannte Dotterhof ist dann durch 
eine zarte Membran , der inneren Hälfte dieses Bläschens, gegen die 
Höhle des Eicylinders abgegränzt. Aber diese zarte Membran gehört 
dem Bläschen selbst an, und wird nicht von einer zweiten, ausser ihr 
vorhandenen, einem Septum im Sinne Reicherts getragen, wie ich mich 
auf das zuverlässigste überzeugte, wenn ich Eier dieses Stadiums mit 
zwei feinen Nadeln unter der Loupe zerlegte, und dabei das Verhalten 
jenes Bläschens in der Spitze des Eicylinders genau beachtete. 

Vom 12. Tage an lässt sich dieses Bläschen aus der. Spitze des 
Eieylinders auslösen und am 13. Tage tritt durch das Auftreten einer 
das Gefässblatt des Eies bildenden Zellenschichte, welche ich sogleich 


weiter beschreiben werde, wieder ein Schein und eine Möglichkeit einer 
Abh.d.II Cl.d. k Ak. d. Wiss. X. Bd. I. Abth. - 20 


154 


Annahme einer sich ausbildenden oder vorhandenen Scheidewand auf. 
Allein auch hier belehrt die genauere Untersuchung, dass eine solche 
nicht vorhanden ist. Reichert brauchte aber als Träger für seine so- 
genannte Umhüllungshaut, welche sonst auf eine unbegreifliche Weise 
quer durch den Eicylinder hätte hindurchwachsen müssen, ein solches 
Septum, und so hat er Verhältnisse, die einen Schein eines solchen 
darbieten, zu Gunsten desselben gedeutet, während es sich in Wirklich- 
keit nicht findet. 

Allein auch die Veränderungen, welche sich vom 12. Tage an an 
dem Dotterrest selbst ausbilden, und welche Reichert als eine membran- 
artige Ausbreitung der Dotterzellen an der Innenfläche der Spitze 
seines epithelialen Fortsatzes der Decidua, und als histologische Son- 
derung eines Theiles derselben an der Innenfläche dieser Schichte als 
Umhüllungshaut beschreibt, sehe ich mich auf Grund meiner jetzt 
wiederholten sehr sorgfältigen Beobachtungen genöthigt, ganz anders 
darzustellen als Er. 

Der Dotterrest bildet vom 7. bis 10. Tage in der Spitze des Ei- 
Cylinders eine etwas dunklere solide Masse, deren histologische Be- 
schaffenheit sich schwierig festsetzen lässt, weil sie von der Membran 
des Eicylinders umgeben ist. Im Anfange schien sie mir eine homo- 
gene Körnermasse zu sein; später aber besteht sie aus Protoplasten, 
d. h. aus Kernen, welche von einer körnigen Plasmaschichte umgeben 
sind, aber ohne trennende Membranen. Der Unterschied in der Dichtig- 
keit dieser Dottermasse von dem übrigen Eicylinder ist nicht so gross 
wie er nach Reicherts und auch nach meinen Zeichnungen erscheint. 
Reichert hat die seinigen, wie es scheint, nach Weingeist-Präparaten 
anfertigen lassen, wovon die Masse geronnen und dichter ist; bei den 
meinigen ist es Fehler der Darstellung, welche aus dem Bestreben nach 
Deutlichkeit hervorgegangen. Aber gewiss ist diese Masse bis zum 
10. Tage nicht hohl. 

Am 10. Tage aber fängt diese Dottermasse an, sich in ihrem 
Innern aufzuhellen, offenbar durch eine mit gleichzeitiger Zunahme 
ihres Durchmessers begleiteten Verflüssigung in ihrem Innern, während 
ihre Peripherie sich mehr consolidirt. Diese Verflüssigung im Innern 
erfolgt aber nicht im Centrum, sondern mehr in und an der gegen das 


155 


Innere des Cylinders gelegenen Hälfte der Dottermasse, so dass deren 
Resultat genau dasselbe Ansehen und dasselbe Product liefert, welches 
Reichert in seiner Fig. 34, auch 35 und 36, aber in letzteren wieder 
viel zu scharf schematisirt dargestellt hat. Der grösste Theil der 
Dottermasse ist an der Oberfläche der Spitze des Cylinders zu einer 
Schichte ausgebreitet, während der gegen die Höhle des Cylinders hin- 
gewendete sich in eine feine, jetzt aus wirklichen kernhaltigen Zellen 
bestehende Membran umgewandelt hat. Dieses lässt sich auch so aus- 
drücken: der Dotterrest hat sich in ein Bläschen umgewandelt, dessen 
eine diekere Hälfte nach aussen gerichtet an der Innentläche der Spitze 
des Eicylinders anliegt, die andere, sehr feine, gegen das Innere des 
Cylinders hinsieht, und sich quer durch denselben hindurchzieht. 

Am 11., 12. und 13. Tage wächst mit dem ganzen Cylinder auch 
das in seiner Spitze gelegene Bläschen ansehnlich, und es gelang mir 
in dieser Zeit jetzt mehrmals, dasselbe von dem ÖOylinder abzulösen, 
indem ich letzteren mit feinen Nadeln spaltete, sein Inneres darlegte, 
und nun das Bläschen von innen abtrennte. Dieses konnte indessen, 
wie ich vom 12. Tage ab bestimmter erkannte, nicht anders geschehen, 
als indem ich eine feine Membran zerriss, welche das Bläschen an der 
innern Oberfläche des Cylinders festhielt. 

Als ich diese Beobachtung zuerst machte, glaubte ich es mit dem 
Septum von Reichert zu thun zu haben. Allein ich überzeugte mich 
bald, dass die nach Innen gerichtete Lamelle des Bläschens ganz einfach 
war und aus einer einfachen Schichte von Zellen bestand, während die 
das Bläschen festhaltende Membran von dessen Rändern sich längs 
der Innenfläche des Cylinders in den sogenannten Gefässhof weiter 
hinabzog. Endlich bewirkte der Zufall, dass ich ein solches Ei einst 
erst 18 Stunden nach der Tödtung des Mutterthieres untersuchte. Bei 
diesem hatte sich nun von den Rändern des in der Spitze des Eicylin- 
ders liegenden Bläschen an, von der Innenfläche des Cylinders eine 
Strecke weit eine zarte Membran ganz abgelöst, und hieng gewisser- 
massen von den Rändern des Bläschens frei in den Cylinder herein. 
Bei Ablösen des Bläschens aus der Spitze des Cylinders sah ich jetzt, 
dass diese zarte Membran an dem Bläschen sitzen blieb, und in seine 


obere dickere Lamelle überging. 
20* 


156 


Ich beobachtete dann jetzt auf’s Neue wie früher, dass vom Ende 
des 13. Tages an in der oberen Schichte des Bläschens sich die Em- 
bryonal-Anlage, anfangs fast rund, dann mehr. birnförmig bemerklich 
macht. In ihrer Längenaxe tritt die Primitivrinne auf und mit ihr zu- 
gleich wuchert das untere Ende der Embryonal-Anlage über die Grän- 
zen des Bläschens in einem Fortsatze hervor, der sich in Zukunft als 
die Allantois kund giebt. 

Die Embryonal-Anlage selbst begränzt und gestaltet sich rasch 
schärfer zu dem Körper des Embryo, in welchem ‘man Kopf und 
Schwanzende, Rücken- und Bauchfläche, und das sich entwickelnde Me- 
dullarohr mit den primitiven Hirnblasen und die Wirbelanlagen unter- 
scheiden kann. 

Da die erste Spur der bestimmter als solche erkennbaren Em- 
bryonalanlage, in der nach Aussen gerichteten Hälfte des oft genannten 
Bläschens in der Spitze des Eicylinders auftritt; ‘da ferner die innere 
Hälfte dieses Bläschens im weiteren continuirlichen Fortgange entschie- 
den das Amnion ist, so habe ich mich früher so ausgedrückt, dass ich 
das Bläschen in der Spitze des Eicylinders nach der v. Baer’schen 
Lehre als das animale Blatt der Keimanlage bezeichnete, welches‘ sich 
hier bei dem Meerschweinchen in der Form eines Bläschens direct aus 
dem Dottermaterial bildet. 

Ich muss an der Hand der Thatsachen, soweit sie mir zu erkennen 
möglich war, bei dieser Anschauung bleiben. 

Da ferner der Embryo, so wie er etwas schärfer ausgebildet ist, 
so liegt, dass er seine Rückenfläche, welche seitlich in das Amnion 
übergeht, gegen die Höhle dieses Amnion und die des Eieylinders 
überhaupt hingewendet hat, seine Bauchfläche aber nach Aussen, wo 
die äussere Membran des Eicylinders in die sich entwickelnde Visceral- 
höhle des Embryo sich fortsetzt, so sagte ich, dass bei dem Meer- 
schweinchen die Schichten der Keimanlage in Beziehung: zu ‘der von 
ihnen umschlossenen Höhle umgekehrt liegen, wie bei den übrigen bis 
jetzt näher bekannten Säuge- und Wirbelthieren: die vegetative Lage 
nämlich nach Aussen, die animale nach Innen. ' Die vegetative bildet 
den vom 7. bis zum 13. Tage das Ei allein darstellenden Cylinder. 
Die animale erscheint während dieser Zeit als noch unentwickelte 


157 


Dottermasse in der Spitze des Cylinders und gestaltet sich sodann so- 
gleich ‘zu 'einem ‚Bläschen, dessen eine Hälfte sich ‚zum Körper des 
Embryo, die andere zum Amnion entwickelt. Jetzt habe ich mich nun 
auch noch überzeugt, dass auch die dritte Keimschichte, das sogenannte 
Gefässblatt, sich alsbald mit dem Auftreten der Embryonalanlage in 
dem 'animalen Blatte ausbildet, und zwar an der richtigen Stelle, zwi- 
schen vegetativem und animalem Blatte, indem es von den Rändern des 
animalen Bläschens aus an der Innenfläche des vegetativen Blattes 
immer weiter herabwächst, bis zu dessen Anwachsungsstelle an der 
Decidua. In ihm entwickelt sich denn auch sogleich am 15. Tage die 
Area vasculosa mit der Vena terminalis, daher ich es schon oben als 
ganz begründet erklärte, wenn Reichert diesen Abschnitt des Eicylinders 
als Gefässhof bezeichnete. 

Ich deute hienach, wie man sieht, die an dem Meerschweinchen- 
Ei thatsächlich zu beobachtenden Verhältnisse nach wie vor im Sinne 
der v. Baer’schen Blättertheorie des Keimes. 

Kehren wir nun zu (. B. Reichert zurück, so ist zuerst zu bemer- 
ken, dass sich über alle zuletzt erwähnten Vorgänge in seiner Schrift bis 
jetzt Nichts findet. ‚Er verfolgt die Entwicklung des Eies nur bis zur 
Entwicklung jenes Bläschens in der Spitze des Eicylinders. Von dem 
Auftreten des Embryo, von der ‚Entstehung und Bildung des Allantois 
und des’ Amnion ist nirgends die Rede. Aber er anticipirt doch zur 
Deutung der Theile und der Bestimmung jenes Bläschens die Verhält- 
nisse so weit, dass er die umgekehrte Lage des Embryo zu den Ei- 
theilen im Vergleich mit anderen Säugethieren zugiebt. Pag. 195 sagt 
er: „Der Rest des Bildungsdotters liegt beim Hunde und Kaninchen wie 
bei allen bisher beobachteten Wirbelthieren an der Innenfläche, beim 
Meerschweinchen dagegen, wie es scheint, an der Aussenfläche der Um- 
hüllungshaut.“ Und. Pag. 197 wiederholt er: „Die Hohlräume des 
bläschenförmigen Embryo der Meerschweinchen und’ der übrigen Säuge- 
thiere haben also nicht die gleiche Lage“, und so noch an mehreren 
anderen Stellen. Allein indem er an der nach Innen gewendeten Fläche 
meiner Embryonal-Anlage eine epitheliale Lage, seine Umhüllungshaut, 
sich hat ausscheiden und bilden lassen, die auch jetzt wieder die Stütze 
und der Träger für den sich bildenden Körper und Rücken des Em- 


158 


bryo sein würde, so glaubt er, dass alle diese Verschiedenheiten nicht 
viel auf sich hätten, sondern der Entwicklungstypus auch bei dem Meer- 
schweinchen gewahrt und bestätigt sei. 

Ich bin nun zwar keineswegs dieser Ansicht. Wäre aber die Um- 
hüllungshaut, wie Reichert behauptet, ein Gegenstand der Beobachtung, 
so könnte man sich vielleicht mit ihm vereinigen, denn seine Theorie 
ist im Ganzen gar nicht so verschieden von der v. Baer’schen, und ge- 
fällt sich nur in anderen und nicht sehr deutlichen und verständlichen 
Redewendungen. Allein so wie früher oft schon bei Vögel- und Säuge- 
thier-Eiern, so habe ich mich auch jetzt wieder bei diesen ‚Meer- 
schweinchen vergebens bemüht, die Zellenschichte, welche den peri- 
pherischen Theil des animalen Blattes, später das Amnion, darstellt, als 
ein selbstständiges, histologisch gesondertes Gebilde, über die übrige 
Keimanlage hinweg zu verfolgen. Es ist mir dieses weder mechanisch 
noch optisch gelungen. Sowohl an frischen Präparaten, und zwar an 
diesen ganz vorzüglich, als auch an erhärteten und an feinen Durch- 
schnitten derselben, ist es mir nie geglückt, die Zellenschichte des ani- 
malen Blattes weiter, wie bis an den Rand der Embryonal-Anlage als 
solche zu verfolgen. Hier geht sie unmittelbar in das Material dieser 
Embryonal-Anlage, welches noch nicht aus Zellen, sondern nur aus 
Protoplasten besteht, über und ich läugne es durchaus, dass sich über 
dieselbe eine noch so zarte selbstständige Zellenschichte hinüberzieht. 

Man kann zwar an der Einbryonal-Anlage und vorzüglich an ihren 
parietalen Rändern eine sie nach aussen begränzende und in die peri- 
pherische Ausbreitung des animalen Blattes übergehende Schichte, von 
dem ihr zunächst anliegenden Material der Embryonal-Anlage unter- 
scheiden; allein diese äussere Schichte ist doch untrennbar mit der 
Embryonal-Anlage vereinigt, und gehört zu ihr zum Mindesten ebenso, 
wie die Haut zum fertig gebildeten Körper gehört. Will man sie ab- 
lösen, so gelingt dieses nur durch Zusammenhangstrennung, und gegen 
die Axe des Embryonalkörpers zu gar nicht, sondern hier reisst das 
etwa getrennte Häutchen unvermeidlich ab. 

Man muss daher glauben, dass allerlei Täuschungen an gehärteten 
Präparaten C. ‘B. Reichert zu ‘dieser Annahme einer Umhüllungshaut 
Veranlassung gegeben haben, z. B. Verwechselung mit dem schon sehr 


159 


früh sich entwickelnden und der Embryonal-Anlage anfangs sehr dicht 
anliegenden Amnion. Namentlich hier bei den Meerschweinchen kann 
ich mich nicht enthalten, die Vermuthung auszusprechen, dass Reichert 
einen solchen, und wie ich glaube, wirklich sehr verzeihlichen Irrthum 
begangen. Wenn nämlich die Präparate im Weingeist gehärtet sind, so 
verschwindet leicht erklärlich der bläschenförmige Zustand des animalen 
Blattes. Die geringe Menge Flüssigkeit zwischen der Embryonalanlage 
und dem nach Innen gegen die Höhle des Eicylinders gerichteten zar- 
ten zelligen Theile oder dem Amnion ‚geht verloren, und letzteres legt 
sich so dicht auf die Embryonal-Anlage, selbst wenn diese schon ihre 
Rücken-Wülste und in ihr die Wirbelanlagen entwickelt hat, ja es zieht 
sich dasselbe mit einer feinen Falte in die noch offene Primitivrinne 
und den noch nicht geschlossenen Medullar-Kanal hinein, dass, wenn 
es nun durch sehr feine und vorsichtige Manipulationen gelingt, dieses 
zarte Blättchen abzuheben, oder man es bei Durchschnitten über die 
Embryonal-Anlage sich wegziehen sieht, man vor Täuschungen nur dann 
gesichert ist, wenn man eben die ganze Geschichte gewissermassen des 
Präparates kennt, und es unter seinen Händen entstehen lassen hat. 

Ich läugne also hier wie anderwärts die Existenz von Reicherts 
Umhüllungshaut, und glaube, dass ihre Annahme auf einer Täuschung 
beruht. Und hierin stehe ich nicht allein. 

Der Berichterstatter der K. Preuss. Akademie der Wissenschaften 
über die im Jahre 1842 eingelaufenen Beantwortungen der von der 
Akademie gestellten Preisfrage, über die Entwicklungsgeschichte des 
Embryo der Säugethiere (wahrscheinlich Joh. Müller) äusserte in seinem 
Referate (Sitzungsberichte im Monat Juli 1842 p. 218) über meine ein- 
gesendete Arbeit: es scheine noch an einem hinreichenden Beweise zu 
fehlen, dass sich das ÜCentralnerven-System als eine Ablagerung im 
Innern der von dem Körper des Embryo gebildeten Primitivrinne bilde. 
Hiezu sei eine Revision der Beobachtungen am Frosche nothwendig, wo 
sich wegen der schwarzen Farbe der äussersten Dotterschichte allein 
das Verhältniss dieser Schichte mit einiger Sicherheit zu den darunter 
liegenden Gebilden aufklären lasse. Wenn diese schwarze Membran über 
die Leisten weggehe, welche die Kämme begränzen, wenn es richtig sei, 
dass der die Rinne bedeckende Theil der schwarzen Haut beim Schliessen 


160 


zum Kanal mit abgeschnürt werde, und wenn dieser Rest hernach im 
Innern des hohlen Rückenmarkes gefunden werde, so sei damit die An- 
sicht der Ablagerung nicht wohl zu vereinigen. Unzweifelhaft hatte der 
Berichterstatter dabei zugleich im Sinne, dass eine derartige Beobach- 
tung auch über die Existenz der von dem zweiten Bearbeiter der Preis- 
frage, Reichert, aufgestellten Lehre einer Umhüllungshaut entscheiden 
werde, obgleich er dieses nicht ausdrücklich angiebt. 

Diese Entscheidung ist nun aber durch alle Angaben späterer 
Beobachter, mit denen ich vollkommen übereinstimme , . gegeben. 
Einer der unpartheiischsten Forscher, Professor Ecker, sagt in der Be- 
schreibung der 23. Figur der 23. Tafel seiner Erläuterungstafeln zur 
Physiologie, welche einen Froschembryo vom 13. Tage darstellt; „Die 
Primitivrinne ist vollständig geschlossen und zu einem Kanal, dem 
Wirbelrohr, umgewandelt, dessen innerste Lage, das Medullarrohr, 
sich zum Gehirn und Rückenmark umwandelt.“ Auch Remak (Entw. 
der Wirbelthiere p. 149) und Kölliker (Entwicklungsgeschichte p. 72), 
obgleich sie in der Statuirung eines sogenannten Hornblattes als oberster 
Keimschichte alle Veranlassung hatten, den Reichert’schen Ansichten 
beizutreten, läugnen sowohl für den Frosch- als auch für den Hühner- 
Embryo ganz bestimmt das Eingeschlossenwerden einer epithelartigen 
Lage in die Primitivrinne und das Medullarrohr. Am allerbestimmtesten 
hat aber neuerdings v. Baer (Selbstbiographie p. 411) gerade. beim 
Frosch jenes von J. Müller aufgestellte Kriterium für die Reichert’sche 
Umhüllungshaut zurückgewiesen. v. Baer bestreitet die frühere Vor- 
stellung, als bilde sich das Rückenmark durch eine Art Gerinnung in 
dem Kanale der Rückenplatten, und will diese Bildung als eine Ab- 
lösung, gleichsam eine Abblätterung von der inneren Fläche der Rücken- 
platten beider Seiten aufgefasst sehen. Er sagt: „der Beweis dieser 
Entstehungsweise lässt sich am Embryo des Frosches mit Evidenz zei- 
gen. Hier ist nämlich die ganze Oberfläche des werdenden Embryo 
schwarz gefärbt. So sind denn auch die Rückenplatten, die im Frosche 
wie gerundete, Anfangs weit von einander abstehende Wülste entstehen, 
von beiden Seiten schwarz. Sie rücken bald näher aneinander und ver- 
wachsen am oberen Rande. Der Kanal, der dadurch gebildet wird, ist 
zuvörderst ganz schwarz ausgekleidet. Sehr bald aber ‘nimmt die 


161 


Schwärze ab, und durch fortgehende Umbildung der Kügelchen, aus 
denen die ganzen Seitenplatten bestehen, wird der Farbestoff mehr ver- 
theilt. Man kann nämlich hier bald eine innere Schichte, welche auf- 
fallend grau ist, von der äusseren Schichte ablösen, diese innere Schichte 
ist nichts Anderes als das Rückenmark, das erst allmälig durch vor- 
gehende innere Umwandlung weiss wird.‘ 

Ich würde diesen ganzen Vorgang der Bildung des Medullarrohres 
in der Rinne und dem Kanale der Rückenplatten als einen Process histo- 
logischer Sonderung und Entwicklung bezeichnen ; jedenfalls aber geht 
aus diesen übereinstimmenden Angaben hervor, dass Reicherts Umhüllungs- 
haut als eine die Rückenfläche der Embryonal-Anlage überziehende epi- 
theliale Zellenschichte nicht existirt. 

Damit fällt denn aber auch das ganze Räsonnement, durch welches 
Reichert die Verschiedenheit und Eigenthümlichkeit in dem Entwicklungs- 
Gange des Merrschweinchen-Eies und Embryo in seinen ersten Stadien 
wegzudemonstriren versucht hat. Wäre aber auch seine Umhüllungshaut 
und die Bestimmung, welche er ihr gegeben, eine Thatsache der Beob- 
achtung, so werden sich die Eigenthümlichkeiten des Entwicklungs- 
Ganges des Meerschweinchen-Eies nur einfach auf diese Umhüllungshaut 
übertragen, sonst aber ganz dieselben bleiben. Dem ist auch gar nicht 
dadurch abgeholfen, dass die Umhüllungshaut gar nicht bei dem 
Aufbaue des Embryo benutzt wird. - Der Embryo oder auch schon der 
Keim (die Keimhaut, Bildungsdotter, nach Reichert) behält dieselbe ab- 
weichende Lage zu dem Eie wie nach meiner Darstellung, die Rücken- 
seite ist nach Innen, die Bauchseite nach Aussen gewendet. Nur die 
relativen Verhältnisse der immaginären Umhüllungshaut sind gerettet; der 
Rücken bleibt ihr zugewendet, der Bauch von ihr abgewendet. Darauf 
kam es Reichert bei seiner Deutung der Verhältnisse an. . Die Um- 
hüllungshaut musste gerettet werden, für welche freilich nach meiner 
Darstellung gar keine Möglichkeit mehr übrig war. 

Aus allem Gesagten geht also hervor, dass wenn auch Reichert 
einzelne Vorgänge in der Entwicklung des Meerschweinchen-Kies etwas 
genauer verfolgt hat, er doch nichts wesentlich Anderes und Neues 
beobachtet hat, als ich. Allein er hat das Beobachtete anders, und 


natürlich .im Sinne seiner früheren Ansichten, gedeutet. Diese 
Abh.d. II. C1.d.k. Ak.d. Wiss. X. Bd. I. Abth. 21 


162 


Deutungen aber halte ich einestheils für willkührlich, anderen- 
theils für geradezu falsch. Die Reichert’sche Schrift leistet daher 
nicht, was sie in ihrem Eingang so emphatisch und mit so vie- 
lem Vorwurf für meinen Unverstand verspricht. Der Unterschied 
in der typischen primitiven Anlage, wie Reichert sich ausdrückt, zwi- 
schen dem Meerschweinchen und anderen Säugethieren bleibt vorläufig 
noch bestehen, bis etwa ein Anderer glücklicher nicht nur als ich, son- 
dern auch als Reichert, ihn durch neue Thatsachen wegräumt, welche 
Reichert nicht geliefert hat. 

Doch kann ich nicht umhin, zum Schlusse hier einige Sätze der 
letzten von unserem grossen Embryologen K. E. v. Baer erschienenen 
Abhandlung über Paedogenesis zu citiren, welche derselbe in Beziehung 
auf,die verschiedenen und oft sehr von einander abweichenden Zeugungs- 
formen ausspricht. Derselbe sagt p. 295: „Wir präsumiren, dass ver- 
wandte Thiere auch einen sehr ähnlichen Entwicklungsgang durch- 
machen müssen. Haben wir mit dieser Annahme Recht oder Unrecht? 
Mir scheint, wir haben mit der Annahme selbst Recht, in der Anwen- 
dung aber kommen wir in Gefahr, Unrecht zu haben. Wir haben doch 
schon eine Menge Abweichungen von dem Verlaufe, der Regel zu sein 
scheint, kennen gelernt ...... Mir scheint daraus hervorzugehen, 
dass alle diese Verschiedenheiten nicht so gross sind, als sie scheinen, 
und dass sie nur auf die Einleitung der organischen Entwicklung sich 
beziehen, diese aber dann nach bestimmten Typen mit geringen Varia- 
tionen vor sich geht.“ 

Mir scheint es sich so auch mit der ersten Entwicklung des Meer- 
schweinchen-Eies zu verhalten. Sie ist allerdings merkwürdig verschie- 
den von der anderer Säugethiere und es wäre wohl der Mühe werth 
zu wissen, welche Gründe dafür vorhanden sind. Allein diese Verschie- 
denheiten betreffen doch vorzüglich nur die Einleitung zu der Entwick- 
lung, welche sodann in so vollständiger Uebereinstimmung mit der an- 
derer Säugethiere fortschreitet, dass sehr bald selbst das ganze Ei fast 
gar keine Unterschiede von dem anderer verwandter Thiere, z. B. von 
dem der Kaninchen darbietet. 


b 


Beschreibung der Abbildungen. 
Tab. VI—X. 


Ich habe die nachfolgenden Abbildungen, sowohl nach der Natur, als in einer schemati- 
schen Darstellung gegeben, um die Umwandlung des Dotters des Meerschweinchen-Eies in seiner 
Verbindung mit der Epithelröhre des Uterus in die Keimblase, so wie die Entwicklung des 
Dotterrestes in das den Fruchthof und das Amnion darstellende Bläschen, in einer noch vollstän- 
digeren Uebersicht zu geben, als dieses in meiner ersten Schrift geschehen ist. 

Wer die Fig I—VIIIA. der drei ersten Tafeln, welche ganz naturgetreu das Object in zehn- 
maliger Vergrösserung geben, unmittelbar nebeneinander betrachtet, für den kann kein Zweifel 
sein, dass das ganze Ei Fig. VIII A. aus der kleinen runden Hervorragung an dem abgeschnürten 
Vorsprunge der Epithelröhre in Fig. I A. hervorgegangen ist. Und wer ebenso die Figuren 
I— VII B. u. C. und IX A. und B. der Reihe nach zusammenstellt, der wird eine Uebersicht der 
Umwandlung der Dottermasse von Fig. IB. in das die Embryonal-Anlage, den Embryo und das 
Amnion darstellende animale Bläschen gewinnen können; so gut wie sich diese zarten Entwick- 
lungsvorgänge bildlich wiedergeben lassen. Die Unbestimmtheit und der dennoch dabei ganz be- 
stimmte Charakter der Elementar-Zusammensetzung dieser zarten Gebilde bietet zu grosse 
Schwierigkeiten für die künstlerische und technische Darstellung, als dass sie sich in den Abbil- 
dungen vollkommen überwinden liesen. Diese Darstellungen sind immer plump, rauh, massiv 
und steif gegen die äusserste Zartheit des natürlichen Objectes. Aber ich glaube, dass es 
dennoch geglückt ist, zu zeigen, wie der Ei-Cylinder und die Dottermasse aus Protoplasten be- 
stehen, die aus einem hellen Kerne und ihn umgebenden körnigen Plasmaschichte ohne umhül- 
lende Membranen zusammengesetzt sind. Erst in Fig. VII B. fängt ein Theil dieser Protoplasten 
an, sich mit Membranen zu umgeben, also in Zellen überzugehen. 

Fig. I A. stellt ein Stück der Epithelröhre aus dem Uterus eines Meerschweinchen vom 
siebenten Tage nach der Begattung dar. Durch die beginnende Decidua-Anschwellung der 
Uterinschleimhaut ist der mittlere Theil dieses Stückes der Epithelröhre bereits an der freien 
Seite des Uterus zapfenartig abgeschnürt und in der Spitze des Zapfens sitzt der von seiner 
Zona schon entblösste Dotter. 

Fig. IB. Ist die äusserste Spitze dieses Zapfens der Epithelröhre mit dem in ihr einge- 
schlossenen Dotter 400mal vergrössert. Der Dotter ist umschlossen von den hier jetzt stark 
wuchernden Protoplasten der Epithelröhre und ist mit denselben so vereinigt, dass er sich nicht 
ohne Zerstörung der Hülle oder des Dotters von ihnen trennen lässt. r: 

21° 


164 


Fig. I. Zeigt nur das gewöhnliche Cylinder-Epithel, aus welchem die übrige Epithelröhre 
des Uterus ausser an der Stelle, wo der Dotter sich festsetzt, zusammengesetzt ist, woraus schon 
ersichtlich ist, dass die Entwicklung dieser Stelle zu dem nachherigen Eicylinder nicht als ein 
einfacher Epithelfortsatz betrachtet werden kann, wie Reichert will. 


Fig. II A. Stellt diese bereits zu einem verhältnissmässig langen zarten Cylinder ent- 
wickelte Stelle der Epithelröhre 10mal vergrössert vom 10. Tage dar. Der Cylinder sitzt noch 
auf der kegelförmig durch die Wucherung der Decidua abgeschnürten Stelle der Epithelröhre 
des Uterus. Er trägt an seiner Spitze den Rest der Dotterkugel. 


Fig. III B. Zeigt diese Spitze des Eicylinders mit der Dotterkugel 400mal vergrössert. 
Die Elemente der Dotterkugel, kernhaltige Protoplasten mit einer körnigen Plasmaschichte ohne 
umhüllende Membranen, zeigen noch keine besondere Anordnung, sondern sie sind einfach von den 
den Cylinder selbst zusammensetzenden Protoplasten umschlossen. Der Cylinder ist unterhalb 
der Dotterkugel etwas eingeschnürt in Folge der Contraction seiner Elemente, wodurch hier 
allerdings eine Abtheilung, die man als den Dotterhof bezeichnen kann, hervorgebracht wird. 
Allein es findet sich hier durchaus keine Scheidewand, kein Septum, wie Reichert angegeben. 

Fig. IV A. ist ein Eicylinder 10mal vergrössert vom 11. Tage. Er ist ansehnlich gewachsen; 
die kegelförmige Abschnürung ‘der Epithelröhre des Uterus, auf der er sass, ist durch die Deeidua- 
Wucherung der Schleimhaut des Uterus von der Mesenterialseite her verdrängt worden. Es hat 
sich von dieser Wucherung aus auch eine Protoplasten-Schichte an der inneren Eläche des Ei- 
Cylinders vorgeschoben, in der sich auch schon Blutgefässe, die mit denen der Decidua zusammen- 
hängen, entwickelt haben. Die Placentarzona des Eieylinders ist dadurch bestimmt und von der 
mittleren oder der Zona des Gefässhofes geschieden. 

Fig. IVB. Die Spitze dieses Eieylinders 400mal vergrössert. Alles verhält sich wie früher; 
nur bemerkt man, dass die Dottermasse sich in der Mitte etwas aufzuhellen anfängt. 


Fig. VA. Ein wenig älteres Ei, in welchem die Isolirung des Eicylinders von der kegel- 
förmigen abgeschnürten Epithelröhre des Uterus bis auf einen fast nur aus Blutgefässen, welche 
hier nicht dargestellt sind, bestehenden Stiel fortgeschritten ist. Doch sieht man auch hier die 
den Placentarhof bezeichnende an der Innenfläche des Eieylinders wuchernde Protoplasten-Schichte. 


Fig. V B. Zeigt die Spitze dieses Eicylinders 400mal vergrössert, an welchem es mir ge- 
lungen war, mit feinen Nadeln sowohl die äussere Schichte (das zukünftige vegetative Blatt) 
über den Dotterrest herüber abzustreifen, als man jetzt auch sehr deutlich erkannte, dass dieser 
Dotterrest hohl war und sich in eine Blase (das zukünftige animale Blatt) umzuwandeln anfieng. 


Fig. VIA. u. B. Bedürfen kaum einer Beschreibung, denn sie zeigen nur bei 10- und 
400maliger Vergrösserung wie sowohl der Eicylinder fortwächst, als auch der Dotterrest in seiner 
Spitze sich allmählig immer mehr in eine Blase umwandelt. 


Fig. VII A. u. B. zeigen ein Ei vom 12. Tage 10mal und 400mal vergrössert, wo diese 
blasenartige Gestaltung’ des Dotterrestes nun schon sehr ausgesprochen war. Ein Theil der 
Dotterprotoplasten hatte sich zu einer der Oberfläche des Cylinders zugewendeten dickeren Schichte 
gestaltet, welche ein eigenthümliches gestreiftes, wohl nur durch die Anordnung der Protoplasten 
hervorgebrachtes, Ansehen an sich trug. Der gegen die Eihöhle hin gerichtete Theil der Dotter- 
protoplasten hatte sich dagegen jetzt mit Membranen umgeben, und bildet eine feine Membran 
(das zukünftige Amnion). Der Dotterrest hatte sich also jetzt zu dem blasenartig gestalteten 
animalen Blatte umgewandelt, welches an seiner gegen die Oberfläche gewendeten Hälfte den 
Fruchthof, oder, wenn man will, die Embryonal-Anlage, an seiner gegen die Eihöhle hin gerichte- 
ten Hälfte des Amnion darstellt. 


Fig. VIII A. B. C. zeigen die unmittelbare Richtigkeit dieser Anschauungsweise von 
Fig. VII. Denn sie stellen Eier vom 13. Tage dar, wo man sich direct überzeugt, dass erstens 


165 


der Eicylinder, der nun schon anfängt, eine rundliche Blase zu werden, wirklich das Ei ist, und 
zweitens, dass der in seiner Spitze gelegene Dotterrest sich in ein Bläschen verwandelt hat, in 
dessen nach aussen gelegenem Theile sich die Embryonalanlage mit der Primitivrinne und der 
bereits hervorwuchernden Allantois befindet, während der nach innen gerichtete Theil eine äus- 
serst zarte Membran darstellt, welche beide unmittelbar zusammenhängen und in einander über- 
gehen. Die Seitenansicht Fig. VIII B. darf nicht missverstanden werden. Sie soll nur zeigen, 
dass auch jetzt noch die Spitze des Eicylinders nicht ganz verstrichen ist, sondern dass das sich 
hier gebildet habende Bläschen des animalen Blattes, überzogen von der Membran des Eicylinders 
selbst, noch eine Uhrglasförmige Hervorragung bedingt. Fig. VIII C. zeigt die Embryonal- 
Anlage grade von oben mit der Primitivrinne und der Allantois-Wucherung an dem untern Ende 
20mal vergrössert; der Ring in der Peripherie der Embryonalage bezeichnet die Gränze des 
Amnion. 

Fig. IX A. Zeigt nun den aus der Embryonalanlage schon deutlich entwickelten Embryo 
von der Aussenfläche des Eies. Man sieht von hier aus in die Leibeshöhle hinein, während 
das dieselbe auskleidende vegetative Blatt den Kopf und Schwanz des Embryo nebst der Allantois 
überzieht. An der Innenfläche des vegetativen Blattes ist bereits der Gefässhof in dem Gefäss- 
blatt sowie im Embryo der Herzkanal in der Entwicklung begriffen. 


Fig. IX B. "Zeigt einen Embryo dieses Stadiums von der Innenfläche der Eiblase Man 
sieht von hier den Rücken des Embryo mit schon geschlossener Primitivrinne und sich entwickeln- 
dem Medullarrohr nebst mehreren sogenannten Wirbelplättchen. Der Rücken des Embryo ist 
von dem Amnion bekleidet; man sieht die Ausdehnung des Gefässhofes und die in den Zwischen- 
raume zwischen vegetativem und Gefässblatt einer- und Amnion mit Embryo andererseits, hinein- 
wachsende Allantois. 

Die Figuren der vierten Tafel Tab. X stellen schematische etwa 5mal vergrösserte Durch- 
schnitte durch den Uterus dar, um das Verhalten des Eies zu der Schleimhaut des Uterus und 
der sich aus ihr entwickelnden Decidua darzustellen. 


I. Ist ein Querdurchschnitt des Uterus. Die Schleimhaut (blau) ist ansehnlich dick und 
zeigt ein gegen die Höhle concentrisch gerichtetes gestreiftes Ansehen von den in ihr "befind- 
lichen Uterindrüsen. Die Uterushöhle bildet nur eine enge Spalte und in dem oberen Winkel 
des Durchschnittes sitzt das Eichen, welches nur hier noch immer viel zu gross erscheint, da es 
in diesem Zustande keine '/ss Linie misst, also hier nicht grösser als Ys Linie sein dürfte. 

Ib. Ist ein Längsschnitt auf demselben Stadium. Die Uterinschleimhaut ist um das Ei 
herum-noch nicht verdickt, die Uterinhöhle daher hier noch nicht verengend, und das Ei liegt 
noch ganz frei. 

Von II—IV sieht man aber, wie die Schleimhaut sich an der Stelle, wo das Ei liegt, immer 
mehr und mehr verdickt und daher das Ei in einen sich immer mehr und mehr von der Uterin- 
böhle abschliessenden Divertikel der Epithelröhre zu liegen kommt. In I liegt das Ei noch 
ganz in der unveränderten Spitze dieses Divertikels, welcher wie ein kleiner zapfenartiger Vor- 
sprung der Epithelröhre erscheint. 

In III ist dieser Zapfen nicht nur durch fortschreitende Abschnürung durch die stärker 
entwickelte Schleimhaut grösser geworden, sondern aus seiner Spitze wächst nun der Eicylinder, 
oder die aus dem vegetativen Blatte gebildete Keimblase (grün) hervor, welche an ihrer Spitze 
den noch unveränderten Dotterrest trägt. 

Dieses Alles ist in IV nur weiter fortgeschritten. In V ist die Entwicklung der Schleim- 
haut zur Decidua schon so weit vorgerückt. dass die Uterinhöhle an dieser Stelle unterbrochen 
und der zapfenartige, das Ei tragende Ueberrest des Epithelröhre schon ganz abgeschnürt ist. 
Zugleich fängt die Decidua an, sich von der Mesenterialseite des Uterus mit ihrem Blutgefässe 
in diesen zapfenartigen Ueberrest der Epithelröhre hineinzubilden, was in Vl schon so weit fort- 


166 


geschritten ist, dass dadurch der Zapfen verschwindet, die Blutgefässe aber sich jetzt auch in 
den Cylinder hineinzuziehen beginnen. 

In VII ist dieses Alles soweit gediehen, dass der der Epithelröhre angehörende, das Ei 
früher tragende Zapfen ganz verschwunden ist. Der Eicylinder ist an seiner Basis mit der 
Decidua verwachsen und trägt eine Strecke weit Blutgefässe; in seiner Spitze liegt der Dotter- 
rest, der sich jetzt in ein Bläschen umzuwandeln beginnt. Der Eicylinder zerfällt dadurch in einen 
Fruchthof (die Spitze); in einen Gefässhof (dieMitte) und einen Placentarhof (die untere 
festgewachsene, Blutgefässe tragende Basis). 

In VIII hat der Eicylinder jetzt eine mehr runde Gestalt angenommen. Das aus dem Dotter- 
rest entstandene Bläschen an der freien Seite erweiset sich als dem animalen Blatte der Keim- 
blase entsprechend, denn in seiner nach Aussen gelegenen Hälfte ist die Embryonal-Anlage mit 
der Allantois (gelb) aufgetreten, die nach Innen gerichtete Hälfte ist das Amnion. Zugleich hat 
sich auch das Gefässblatt (ziegelroth) an der Innenfläche des vegetativen Blattes zu entwickeln 
angefangen. 

In IX ist nun schon der Körper des Embryo deutlich entwickelt. Da er mit seiner Bauch- 
seite nach Aussen gerichtet ist, und hier die äussere Hülle des früheren Eicylinders in ihn zur 
Bildung des Darmes übergeht, so wird es dadurch entschieden, dass diese äussere Lage des Ei- 
Cylinders, welche sich in III zuerst zu entwickeln anfängt, das vegetative Blatt der Keimanlage 
ist. An seiner inneren Seite hat sich das Gefässblatt mit den VYasa omphalo mesenterica weiter 
entwickelt, und reicht bis an die Stelle, wo der Eicylinder mit der Decidua verwachsen ist. 
Hier entsteht die Vena terminalis. Der Embryo ist nach wie vor von dem Amnion umschlossen 
und die Allantois wächst stark, um alsbald die angewachsene Stelle des Eies zu erreichen und 
hier die Placenta zu bilden. 


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Ueber die 


geographischen Verhältnisse 


der 


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C. F. Meissner. 


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Ueber die 


geographischen Verhältnisse 


der 


Lorbeergewächse 


von 


C. F. Meissner. 


Eine natürliche Pflanzengruppe gewinnt aus selbstverständlichen 
Gründen für die Pflanzen-Geographie erst dann Interesse und Bedeutung, 
wenn sie eine gewisse Grösse und Ausdehnung hat, d. h. wenn sie in. 
einer namhaften Zahl von Arten oder Individuen oder beider zugleich 
und in einer gewissen räumlichen Ausdehnung, sei es zerstreut über 
mehrere Gegenden der Erde, oder aber auf einzelne Theile derselben 
beschränkt und mehr concentrirt auftritt, und ihre Bedeutung wird eine 
um so grössere sein, je mehr sie in einer oder mehreren dieser Be- 
ziehungen ein grösseres Verhältniss zeigt und dadurch dem speziellen 
Vegetationscharakter eines Landes oder Welttheils einen spezifischen Zug 
verleiht. Es muss daher bei dem Studium der geographischen Verhält- 
nisse einer Familie stets die Ausmittelung des numerischen Verhaltens 


derselben, d. h. der Zahl der Arten, der quantitativen Proportion der 
22* 


170 


Individuen und des Grades der Dichtigkeit ihres Vorkommens, ob spo- 
radisch, diffus, oder aber gesellig und massenhaft zusammengedrängt, — 
also das, was wir die statistischen Verhältnisse nennen können, — 
die erste Grundlage und den Ausgangspunkt der Untersuchung bilden. 
Natürlich müssen aber die Ergebnisse unvollkommen ausfallen, so lange 
noch so viele und grosse Theile der Erde nicht einmal geographisch, 
geschweige denn naturhistorisch, erforscht sind, und so lange wir selbst 
von solchen, die wir zu den Bekannten zu zählen pflegen, doch in 
letzterer Hinsicht nur eine mangelhafte Kenntniss besitzen, indem wir 
weder die absolute Zahl der in ihnen vorkommenden Arten der betref- 
fenden Familie, noch die genauen Grenzen ihrer Verbreitungsgebiete 
mit Sicherheit anzugeben vermögen... Wenn wir indessen. annehmen, dass 
unsere geographische und naturhistorische Kenntniss der fünf Welttheile 
in jedem einzelnen — Europa ausgenommen — ungefähr auf gleicher 
Stufe der Vollkommenheit (oder, richtiger gesagt, der Mangelhaftigkeit) 
stehe, so könnte die Annahme gerechtfertigt erscheinen, dass das Er- 
gebniss unserer pflanzen-geographischen und statistischen Untersuchungen 
doch wenigstens in proportionaler Beziehung ein annähernd richtiges 
sein werde; allein diese Folgerung kann dennoch falsch sein, denn es 
ist denkbar und — wenn auch nicht gerade sehr wahrscheinlich — 
doch immerhin möglich, dass in einem Welttheile, in welchem bis jetzt 
nur sehr wenige oder gar keine Glieder irgend einer Familie gefunden 
worden, dereinst Gegenden angetroffen werden, in welchen der Natur- 
forscher durch ein ganz unvermuthet zahlreiches Auftreten derselben 
‚überrascht wird. Beispielsweise möge hier daran erinnert werden, dass 
Robert Brown!) im Jahre 1818 es als beachtenswerth hervorhob, dass 
von der sonst so artenreichen und verbreiteten Gattung Begonia und 
von der ganzen Laurineen-Familie (mit einziger Ausnahme der Gattung 
Cassytha) noch keine einzige Art auf dem Festlande von Afrika ge- 
funden worden, während doch unter den diesem Continente nahe 
liegenden Inseln die Canarischen und Mascarenischen nebst Madagascar 
mehrere Laurineen und die Letztgenannte auch einige Begonien auf- 


1) Obs. on the Herb. ete. of Congo, etc. R. Brown’s Verm. Schr. 1. p. 290. R. Brown Misc. 
Bot. Works, ed. Ray-Society 1. p. 150. 


171 


zuweisen hätten. Es konnte demnach die Abwesenheit dieser Pflanzen- 
formen als ein spezifischer, obgleich negativer, Zug in die phytogeo- 
graphische Charakteristik des afrikanischen Festlandes aufgenommen 
werden. Heute.aber ist dieser Zug nicht mehr gültig, nachdem zuerst 
in Südafrika durch Drege u. A.!) und später auch im tropischen West- 
Afrika von Currer und Mann mehrere Arten sowohl von Begonia ?) als 
auch von Laurineen®) (aus den Gattungen Oryptocarya, Mesphilodaphne 
und ÖOreodaphne) entdeckt worden sind. Sehr wahrscheinlich werden 
auch in dem tropischen Ost-Afrika, dessen Flora sich schon mehr dem 
‚an Begonien und Laurineen reichen Indien nähert, dereinst noch mehr 
Arten aus den genannten zwei Gruppen und vielleicht auch aus anderen 
Familien, die man bisher als dem Continent von Afrika ganz fremd 
betrachtet hat, aufgefunden werden. 


® 


Was nun speziell die Laurineen betrifft, so ist es aus mehrfachen 
Gründen nicht wahrscheinlich, dass die nachstehenden Angaben über die 
Vertheilung und Verbreitung der Gattungen und Arten auf der Erde 
und über das Verhältniss der Familie zur Landesflora durch künftige 
Forschungen eine wesentliche Modification erleiden werden. 


Bis zum Anfang des gegenwärtigen Jahrhunderts waren nur so 
wenige Lorbeergewächse bekannt, dass sie eine der kleinsten Gruppen 
im natürlichen Systeme bildeten. Wie bedeutend aber ihre Zahl seither 
angewachsen ist, mag nachstehende Uebersicht der von den hauptsäch- 
lichsten systematischen Schriftstellern aufgeführten Lauraceen*) zeigen. 


1) Vgl. DC. Prodr. XV, 1. p. 384, n. 297—299. 
2) Ebendas. p. 315, n. 100 u. p. 392, n. 320. 
3) Ebendas. p. 74, n. 28, 29; p. 118 u. 510, n. 31; p. 130, n. 88—90. 


4) Wir bemerken ausdrücklich, dass unter diesem Namen die Familie der Lorbeergewächse 
auch hier vollkommen in dem gleichen Umfange zu verstehen ist, wie wir sie in DC. 
Prodr. XV, 1. aufgefasst und dargestellt haben, d. h. mit Einschluss der Gyrocarpeae und 
Cassytheae, nur dass wir die wenigen seit 1862 hinzugekommenen neuen Arten noch ein- 
geschaltet haben. 


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5 


172 


RR, ; Summa Verhältniss 
Die ihnen bekannten | & „® a el ar Tea 
a 22 eae 
Autoren. Zeit. dr E58 Zunahme. Be a dsy 
: nm gamen. | Phanerogamen. 
spec. £ 
Linne 1764 Laurus ..... u eirca 248» 
(Sp. pl. ed. III.) Tomex ... Ki 13 9000 k 
Cassytha ..... 1 
Laurus 26 
Lamark excludendi 5 um 11 sp., in 25 Jahr. fast verdoppelt. 
21 
(Diet. Encycl. 1789 Agathophyllum . 1 
Vol. II) Gyrocarpus.... 1 24 
Cassytha ..... 1 
Laurus ...... 34 j ; 
illden 4 Agathophyllum 1 seit Lamark, in 10 Jahren, um 19 sp. 
w euor 1799—1809| Tomex ...... 3 40 |, Linne „35 RD 17,052 = 1EA2,7... 
(Sp- pl.) Gyrocarpus..... 1 d. h. mehr als verdreifacht. 
Cassytha ..... 1 
Laurus ...... 40 Bi 
pP Adenostemum .. 1 seit Linne, in 41 Jahren, um 41 sp., 
ersoon Agathophyllum . 1 d. h. mehr als vervierfacht. y 
(Enchirid.) 1805 Listaea (Tomex) . 10 54 | seit Lamark, in 16 Jahren, um 30 sp., 25,949 | — 1:38,4... 
Gyrocarpus.... 1 d. h. mehr als verdoppelt. 
Cassytha ..... 1 
seit Linne, in 61 Jahren, um 85 sp., 
Sprengel 8 d. h. mehr als versiebenfacht. 
(Syst. Veg. et Curae 1825 98 | seit Willdenow, in 26 Jahren, um 58 sp. 
poster.) d. h. mehr als verdoppelt. 
Laurin. genuinae 
Chr. 6. Nees e Seel seit Linne, in 72 Jahren, um 391 sp., 
5 Esonheck 1836 Gyrocarp. 2 „ d. h. ver-31-facht. 
= - Sassytleae 1, 404 | seit Willdenow, in 37 Jahr., um 372 sp.. 
(Syst. Laurin.) m d. h. mehr als verzehnfacht. 
deduct. deducend. 8 
Lindley Laurin. ..... 450 8 s.Linn., in 89 Jahren, um 452, d. h. fast ver-36-, = 
(Veget. Kingd. 1853 Gyrocarp. ... 6,8 465 =. Spreng., in28 Jahr., um 367, mehr als verfünf-\5 80,440 —— 14.147259 m 
Ed. III) Cassytheae 9)|© s. Willdenow, in 54 J.,um 425, „ „  verelf- J# 
Laurineae öl gen. 912 
Meissner an Gyaltarp. je a seit Linne, in 98 Jahr., um 959, fast 'ver-75- circa 
(DC. Prodr. XV. I.) Cassyth. . In 29 1 972 | 7 wine n 5 2 08 verat 68 
- 1 © Bögen) Ei 5 Ders, riD Ze en, as, 1 ver-18- | & 100,000 == 1:102,9... 
” .„ 37 220 74, t Bar 
Addendae . 1865 Bla SE 520 00.00 en ns N DO 487. mehr oe 


I} 


173 


So sehen wir denn, dass die Zahl der den Botanikern bekannt ge- 
wordenen Laurineen in Zeit von hundert Jahren in stetiger, wenn auch 
nicht rascher Progression dergestalt zugenommen hat, dass diese Familie, 
die vor 60 Jahren noch zu den allerkleinsten zählte, nunmehr als eine 
Gruppe mittleren Ranges oder, genauer ausgedrückt, fünfter Grösse 
erscheint. !) | 


1) Zum Behufe einer bestimmteren Eintheilung und Rangordnung der Pflanzenfamilien nach 
ihrer Artenzahl möchten wir etwa folgendes Schema vorschlagen, wobei wir grossentheils 
Lindley’s Schätzung (Veg. Kingd. ed. III, p. 797 sq.) zu Grunde legen, obgleich wir die- 
selbe in vielen Fällen und besonders in der Endsumme für bedeutend zu niedrig halten. 
Da die Artenzahl einer Familie wesentlich von dem Umfange, in welchem Letztere auf- 
gefasst wird, abhängig ist, so bemerken wir noch, dass wir die dicotyledonischen Familien 
fast durchgehends in der in DC. Prodr. gegebenen Begrenzung angenommen haben. 


I. Familien 1. Grösse, d.h. von mehr als 6000 Arten, z. B. Compositae, Leguminosae, 


Gramineae. 

I. — 2. -— ,d.h. von 3000—6000 Arten, z.B. Filices, Orchideae, Euphor- 
biaceae. . 

II. _ 3. — „d.h. von 2000—3000 Arten, z. B. Cyperaceae, Labiatae, 
Rubiaceae. 

IV. — 4. — „d.h. von 1000—2000 Arten, z. B. Liliaceae, Scrophulariaceae, 


Umbelliferae, Rosaceae, Myrtaceae, Melastomaceae, Caryo- 
phylleae, Crucif., Ranunculae. 


v. — d. — „d.h. von 500-1000 Arten, z. B. Irideae, Piperaceae, Amen- 
taceae, Lauraceae, Solaneae, Apocyn., Asclepiad., Ericaceae, 
Malpighiaceae, Malvaceae etc. 


v1. — 6. °—  ,d.h. von 200-500 Arten, z. B. Scitamineae, Amaryllideae, 
Urticaceae, Artocarpeae, Rhamneae, Anonac. etc. 
vn. _ 7. —  , von 100—200 sp., z. B. Bromeliac., Smilaceae, Coniferae, Me- 
nispermac., Guttiferae etc. 
VI. —_ 8. — „von 50—100 sp., z. B. Pandaneae, Myristie., Turnerac., Au- 


rantiac. etc. 


IX. —_ 9. —  ,von 10-50 sp., z. B. Cycad., Burmanniac., Pontederiac., 
Elaeagneae etc. 


X. _ 10. — „von 1—10 sp., z. B. Butomeae, Nelumbiac., Sarraceniac., 
Saurureae, Ceratophylleae, Rhizoboleae etc. 


. 


174 


Die Gesammtzahl der Lauraceen, die wir gegenwärtig unterscheiden, 
indem wir den 957 in DC. Prodr. enthaltenen Arten noch 15 seither 
publieirte hinzuzählen, beträgt also 972), welche sich ‘auf die drei 


Unterordnungen und 55 Gattungen also vertheilen: 


1) Es ist kaum nöthig, zu bemerken, dass diese Zahl nicht als eine absolut zuverlässige, fest- 
stehende betrachtet werden kann, da sie wesentlich von dem Grade der Vollständigkeit und 
Genauigkeit unserer Kenntniss der Arten und von unseren Ansichten und Grundsätzen für 
die Abgrenzung derselben abhängen. Das aber glauben wir hier mit Nachdruck hervor- 
heben zu müssen, dass die Feststellung. der Diagnostik der Gattungen und ‘Arten kaum in 
irgend einer anderen Familie so grosse Schwierigkeiten darbietet, wie bei den Lauraceen, 
welche in der That eine der durch die unzweideutigsten und 'unveränderlichsten Merkmale 
charakterisirten und daher am schärfsten begrenzten, ächt natürlichen Gruppen ausmachen. 
Die Schwierigkeit liegt zunächst darin, dass bei dem strengen Festhalten der Familien- 
glieder an dem nicht sehr viele Abwandlungen zulassenden Generaltypus (klappig auf- 
springende Antheren, einsaamige Frucht mit hängendem, eiweisslosem Saamen, fleischige, 
plan-convexe Saamenlappen, nach oben gerichtetes Würzelchen, einfache, ganzrandige, 
stipellose Blätter etc.) nur wenige und untergeordnetere, meist minutiöse (an trockenen 
Exemplaren oft schwer zu erkennende), zuweilen selbst schwankende Bauverschiedenheiten 
übrig bleiben, um danach die Gattungen und Arten zu trennen; ferner auch darin, dass 
gewisse. wesentliche Merkmale meist nicht gleichzeitig vorhanden sind, sondern erst in 
späteren Lebensstadien der Pflanze erscheinen, wie die specielle Beschaffenheit des Frucht- 
kelchs und der Fruchthülle; und endlich auch in dem Umstande, dass sehr viele Laurineen 
diöcisch sind und wir in den Herbarien sehr oft nur Exemplare des einen Sexus antreffen, 
die uns folglich nicht sämmtliche Charaktere der Species darbieten und uns somit über 
die Gattung, zu der sie gehört, in Zweifel lassen. Ja einige Fälle scheinen sogar das Vor- 
kommen eines gewissen Dimorphismus der Blüthen und Blätter, je nach dem Sexus der 
Individuen, anzudeuten, wodurch für die Entscheidung der Frage: ob solche Exemplare 
zur gleichen Art gehören, oder nicht, eine Schwierigkeit entsteht, die wohl nur mittelst 


sorgfältiger und wiederholter Beobachtung an der lebenden Pflanze zu lösen sein dürften. 


Subordo I. Laurineae. 
Tribus I. Perseaceae. Species Trib. III. Oreodaphneae. 
1. Cinnamomum (nob.)......- 65 . 
2. Alseodaphne Nees....... 8 ne ee Bes 
3. Phoebe Nees ......... 41 39. Strychnodaphne N "Oi 
4. Machilus Rumph.....-.. 18 33. Cartfibromioda ed2pH ‚nase! 
5. Sn en Hals gr” ar 34, Nectandra Nees, . h ] i 
TURN II IHINO Henn 35. Pleurothyrium Nees. ..... 
7. Haasia Blume 16 3 5 
a en eu Are 36. Dieypellium’Nees“. ...... 
8. Beilschmiedia Nees 6 . 8. 7 0 RO 
9. Apollonias Nees. „+ „y- 7,7 2 38. Sassafridium nob. ....... 
10. Hufelandia’Nees. . .. . ... 4 39. Goeppertia Nees 
11. Nesodaphne J. D. Hook ... 2 40. Smoha a 
5 | . Symphysodaphne Rich. .... 
12, ‚Boldu Feuill. . . +... u; Io 41. Synandrodaphne nob. ! .. .. 
Trib. II. Cryptocaryeae. 
do lchsandrän. slenlor) .nsazeı 1 f \ 
14. Adenostemum Pers... ... 1 Trib. IV. Litsaeaceae. 
15. Cryptocarya 1 apa] DI Hrspryer Fee 41*) Subtrib. I. Tetranthareae. 
16. Cyanodaphne Bl... . ... ..- 3 
17..Caryodaphne Bl. ....... 4 42. Tetranthera Jacq........ 
3: Brdandra BR. Br... z'-zar- 6 43. Oylicodaphne Nees. .. .... 
232 Dietyodaphne 'Bl2 . . 2... 7 44. Dodecadenia Nees. ...... 
20. Ampelodaphne nob.. .... - 3 45. Actinodaphne Nee... .... 
te Njouea Aubl. . . „oc. n.- 7 464 Hatsaea Jus. .....:... 
29. Silvaea Mans0. .-..- .... I 
23. Acrodichdiüm Nees.: .. ... 13 Subtrib. II. Daphnidi 
24. Aydendron Nees, ....... 38 Er on. 
25. Misanteca Ch. & Schl. ..... 1 47. Daphnidium Nees....... . 
26. Bihatklar nob. me it 48. Polyadenia Nees. ...... £ 
27. Mespilodaphne Nees. ..... 54 49. Laurus Toum..... 2.2... 
28. Nemodaphne nob.. ...... 1 BRsfämerula Biker 4 
29. Agathophyllum Juss. ..... 5 >) Lmdera Thumb. I. ...... 
185 
Summa Subordinis I........ 924 
Subordo II, Gyrocarpeae. | species Subordo III. Cassytheae.- 
52. Gyrocarpus Jacg. . 0... B Si Cassythäide ‚ini damaslaıan. sie 
53. Sparattanthelium Mart..... 7. 7 ‚ 
32 lllısera. Blume. .. =... 7 
19 
Summarium. Spocios 
Imaupnenene. nee ee 924 
MIC ynocarpeae.. „ns 19 
ulig, Terry ie De ee 29 
972 


1) Die allzu zweifelhafte C. dubia HBK. ist hier nicht mitgezählt. 


Abh. d. II. Cl.d.k. Ak. d. Wiss. X. Bd. I. Abth. 


23 


Species 


125 


—-] 
Derre| DH om —ı 


— 


| 


SD 
ng 
de) 


17 
1 
2 

16 

14 


265 


Species 


29 


176 


Diese Uebersicht zeigt, dass die meisten Gattungen, nämlich 35, 
eine sehr geringe Artenzahl (unter 10, ja sogar 11 Gattungen nur eine 
Species) und nur 20 eine grössere (13 bis 125 sp.) besitzen. 

Ueber die geographische Vertheilung und Verbreitung der 
Lauraceen, sowohl nach den fünf Welttheilen, als nach Haupt-Breitezonen, 
habe ich beiliegende Tabelle!) entworfen, aus welcher sich folgende 
Verhältnisse ergeben, die wir hier besonders hervorheben müssen. 


I. Vertheilung nach den fünf Welttheilen. 


1. Europa. 
Unser "Welttheil besitzt nur eine einzige Art, Laurus nobilis, 
welche, wenn auch vielleicht in frühester Zeit?) aus Kleinasien einge- 
wandert, jetzt wenigstens im Mediterraneischen Gebiete gänzlich ein- 
heimisch geworden ist. 
2. Asien. 
Aus diesem Welttheil, mit Inbegriff seiner. sämmtlichen Inseln °), 
kennen wir 27 Gattungen?), zusammen mit 445 Arten: 
Trib. I. Perseaceae: Cinnamomum. . . ... 64 Arten. 
*Alseodaphne kr 'n 3“ na 
Phoebe.“ a; = 27. ae 
*Machilus &# !.......@mil8 
=Nethaphoebes, "7... 9 


EHaasia'.- ES... 2.08% ailöcahe 
Fbeilschmiediaser..- > .„auE0} SEE 
Apollonias@e en 0 1 5 

8 Gattungen 150 Arten. 


1) Es ist hiebei zu bemerken, dass solche Arten, deren Heimath allzu ungewiss, wo nicht 
ganz unbekannt ist, natürlich nicht mitgezählt wurden, und dass hingegen solche Arten, 
welche in mehreren Verbreitungsgebieten vorkommen, auch in jedem derselben einge- 
tragen wurden, woraus natürlich folgt, dass die Addition der Artenzahlen einer Gattung 
auf der Tabelle oft eine höhere Zahl ergiebt, als die wirkliche Artenzahl der betreffenden 
Gattung beträgt, wie z.B. bei Persea, Cryptocarya, Oreodaphne, Tetranthera etc. 

3) Er kömmt bekanntlich schon in der griechischen Mythologie vor und wird schon von 

Dioscorides angeführt. 

Wir zählen dazu auch das sonst gewöhnlich zu Australien gerechnete Neu-Guinea, weil 

seine Flora von derjenigen des Indischen Archipels nicht zu trennen ist. 

4) In den nachstehenden Listen bezeichnet das vor den Namen gesetzte Sternchen diejenigen 
Gattungen, welche dem betreffenden Welttheil eigenthümlich sind. 


3 


— 


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* eugissen "ac 


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"oydoag, wayug \ "don, wayug 


"VITVULSOV "VOL V 


177 


Von diesen 8 Gattungen kommen 5 nur in Asien vor, während es 
drei mit andern Welttheilen gemein hat, nämlich Phoebe mit Amerika, 
Cinnamomum mit Australien und Apollonias mit den Canarischen Inseln. 


Trib. I. Cryptocaryeae. Cryptocarya . . . . . 21 Arten. 
F6yanodaphner. . "7, Um Rh 
Varyodapbne.. ı. ..:.,2 m 
Indianern ee. Try 
Dietgodapknei. Aa RN Toy 
"Bihanian boss). ug Wananıkashbhout,, 
35 Arten. 


Von den sechs Gattungen kommen drei ausschliesslich nur in Asien, 
zwei (Caryodaphne und Endiandra) auch in Australien, und eine in allen 
Welttheilen (ausser Europa) vor. 

Trib. II. Oreodaphneae, fehlt in Asien gänzlich. 


Trib. IV. Litsaeaceae. Tetranthera . . . . 84 Arten. 
Cylieodaphne-.).. 1. 44: „ 
*Dodecadenia . . . . 1 er 
Actinodaphne .. 2. 1..1#7%...,/ 
Libsaea, 38 ins. börreneans 27. is 
=Daphnidium) .. Sesssandmn! 5 
Polyadeusl". . .\. 1 2 
’ Kaurusem.h, Wu ın 1 * 
”Aperalau n. DRFTILESOTGNGT.. „, 
ee ARD 

250 Arten. 


Es kommen somit fünf Gattungen ausschliesslich nur in Asien, 
zwei (Actinodaphne und Litsaea) in Asien und Australien, 
eine (Laurus) in Asien, Europa und den Canarischen Inseln, 
eine (Lindera) in Asien und Nordamerika, und 
eine (Tetranthera) in Asien, Australien und Amerika vor. 
Trib. V. (Subord. II.) Gyrocarpeae. Gyrocarpus 2 Arten. 
TIheera "977 5, 
Erstere Gattung hat Asien mit Australien und Amerika gemein, 
Trib. VI. (Subord. III.) Cassytheae. Cassytha (1 Art), welche 


Gattung auch in Australien, Afrika und Amerika, vorkömmt. 
23° 


3. Afrika. 


Sein ganzer Continent, nebst den Canarischen und Mascarenischen' 
Inseln und Madagascar, zählt an Lauraceen 8 Gattungen, zusammen 
mit 25 Arten: 

Trib. I. Perseaceae.!) Persea, 4. ‚Hand. Art | auf den Canarischen 

Apollonias , 1, Inseln. 

II. Cryptocaryeae. Cryptocarya 2 Arten in Südafrika. 
Mespilodaphne 11 Art., auf d. Festlande u. d. Inseln. 
*Aoathophyllum 3 Arten, nur auf Madagascar. 

III. Oreodaphneae: nur Oreodaphne 3 Arten, auf d. trop. Festlande. 

IV. Litsaeaceae, nur Laurus 1 Art, auf den Canarischen Inseln. 

V. Gyrocarpeae, bis jetzt in Afrika noch nicht gefunden. 

VI. Cassytha 3 Arten. 


Afrika hat demnach nur eine ihm ausschliesslich eigene Gattung 
(Agathophyllum) hingegen zwei mit Asien, Australien und Amerika 
gemein (Cryptocarya und Cassytha), zwei mit Asien allein (Apollonias 
und Laurus), und drei mit Amerika (Persea, Mespilodaphne u. Oreodaphne). 


” 


” 


4. Australien. 


In Neuholland, Tasmania und den Südsee - Inseln zählen wir 
10 Gattungen, zusammen mit 56 Arten, nämlich: 


Trib. I Perseaceae. Cinnamomum u.) Akte: 
"Neaspoddjahnel! . 2’. 2 „ 
3 Arten. 
„ .H. Cmmptocaryeae. Cryptosaszya* . . .10°, 
| Caryodaphne . Dur, 
Endiandra: Tower rd 5, 
11» 
(„. IH. Oreodaphneae, fehlen gänzlich.) 
„ IV. Litsaeaceae. Perrantheran Pe Gh, 
Actinodaphne . ., 1, 
4 Litspemuuehto?. bau ‚uote 2nt 
I 
s. ‚nV aygrocarpeae,i Gyzoearpusıc;) (4 haosah, 
„ VI. Cassytheae. Cassyabasıı Br... 2a 
ZLEET. 
56 Arten. 


1) Die allzuzweifelhafte Hufelandia ? thyrsiflora von Madagascar ist hier nicht mitgezählt. 


179 


Australien hat somit nur eine ihm eigenthümliche Gattung (Neso- 
daphne), dagegen fünf mit Asien gemein (Cinnamomum, Caryodaphne, 
Endiandra, Actinodaphne und Litsaea), zwei mit Asien, Afrika und 
Amerika (Cryptocarya und Cassytha), zwei mit Asien und Amerika 
(Tetranthera und Gyrocarpus). 


5. Amerika, 


mit Inbegriff der Westindischen Inseln, besitzt an Lauraceen 32 Gattungen, 
zusammen mit 447 Arten: 
Trın. L ‚Derseaceae.  Phoebe, .... ;., 44 Arten 
Berkea. 6 00 
Intelandia,;,. .., 63 
OA N. Weed 


69 Arten. 
„» 1. Cryptocaryaee. *Icosandra 
*"Adenostemum  . 
Cryptocarya . 
*Ampelodaphne 
* Ajouea. | 
*Silvaea i 
*Acrodiclidium 
* Aydendron 
*Misanteca. . 
Mespilodaphne 
*Nemodaphne . 


— 


[3%) 
HoOwHlVom m 
S 


> 
ul SC) 
Ss 


— 
[0) 


Dep Deo oo Pr ID 


„» ll. Oreodaphneae. Oreodaphne 
*Gymnobalanus 
*Strychnodaphne.. 
*Camphoromoea . 
*Nectandra. 
*Pleurothyrium 
*Dicypellium 
*Sassafras . 
*Sassafridium . 
"Goeppertia 
*Symphysodaphne 
*Synandrodaphne 


1 


m 


246 " 
432 Arten. 


180 


Transp. 432 Arten. 


Trib. IV. Litsaeaceae. Tetranthera . . + Arten. 

Bindera gr]: Eure re2muBs 

6,0754 
„  V. Gyrocarpeae;: Gyrocarpus .. 1 ,„ 
*Sparattanthelium Ta: 

Sa 

„». Vi: Gassytheae, Cassytha . ......:. za 2, 

447 Arten. 


Amerika besitzt unter allen Welttheilen die grösste Anzahl ihm 
ausschliesslich eigener Gattungen, nämlich 22, oder mit Hufelandia 23, 
wenn nämlich die sehr zweifelhafte Hufelandia ? thyrsiflora Nees, wie 
zu vermuthen, nicht zu dieser Gattung gehört. Mit Asien hat es zwei 
Gattungen gemein, Phoebe und Lindera; mit Afrika drei Gatt., Persea, 
Mespilodaphne und ÖOreodaphne; mit Asien und Australien zwei Gatt., 
Tetranthera und Gyrocarpus; mit Asien, Afrika und Australien zwei 
Gatt., Oryptocarya und Cassytha. 

Amerika zeichnet sich ferner dadurch aus, dass in ihm sämmtliche 
Unterordnungen und Tribus der Lauraceen vertreten sind, während in 
Asien und Australien die Oreodaphneae und in Afrika die Gyrocarpeae '!) 
gänzlich fehlen. In der Zahl der Gattungen und Arten stehen sich 
Amerika und Asien ziemlich gleich und nehmen den ersten, Afrika 
hingegen den letzten Rang ein, wenn wir nämlich von Europa ganz 
absehen, das mit seiner einzigen Lorbeerart hier um so weniger in 
Betracht kommen kann, als dieselbe vielleicht keine ursprünglich ein- 
heimische ist. ?) 

Vergleichen wir nun die Gesammtzahl der Lauraceen eines jeden 
einzelnen Welttheils mit derjenigen der ganzen Familie, so erhalten wir 
folgendes Ergebniss: 


Es verhalten sich die Lauraceen zur ganzen Familie (972 Spec.) 
Asiens (445 species) 12229. ; 
Afrikas (25 species) 058,9 3. - 
Australiens(56 species) A 
Amerikas (447 species) — ul 222... 


1) Es ist indessen wahrscheinlich, dass im tropischen Ostafrika und den seiner Küste nahe 
liegenden Inseln dereinst noch Gyrocarpeae und vielleicht auch Arten von Oreodaphne und 
Tetranthera werden entdeekt werden. 

2) Dass manche Laurineen-Arten in grosser Anzahl von Individuen vorkommen und wohl 
auch einen namhaften Bestandtheil der Wälder ausmachen, leidet keinen Zweifel; hingegen 
ist uns nicht bekannt, dass irgend welche als eigentliche plantae gregariae auftreten und 
allein ganze Wälder oder Gebüsche bilden. 


Das Verhältniss der Tribus in den 
Gesammtzahl der Lauraceen, sowohl in jedem Welttheile, als auch zu 
der Summe der ganzen Familie zeigt uns nachstehende Tabelle. 


einzelnen 


Welttheilen zu 


181 


der 


Es verhält sich die Artenzahl 


in den einzelnen 


zu der Summe 


zu der Totalsumme 


ae as Welttheilen a d. Welttheile | d.ganz.Famil. 
I. Perseaceae ia Asien (150 sp.) I 500er 1989 #9 1:6,5... 
> „.| Afrika (2 sp.) =1:112,50 |=1:12,04 |=1:486,0 
a ' Australien (8 5B.). | —1.275,0 =1:6,2 = 1:324,0 
„ Amerika (69 sp.) |=1:3,3. = elle 
II. Cryptocaryeae von Asien (35 sp.) —=1.5,3 =1:125 .|—1:27,74.. 
„ , Afrika (16 sp.) =1:11,4 =1:1,5...|=1:60,75 
„; | Australien. (17 sp.) |=1:10,9:..|=1:3,3... \=1:57,3... 
„ | Amerika (157. sp.) |=1:1,4... |=1:3,33... | =1:8,3... 
III. Oreodaphneae von Asien — 
er Australien 
„ |, Afrika (3 sp.) =1:83,0 |=1:8,. =1:324,0 
„ | Amerika (246 sp.) |=1:1,786...|=1:1,53... =1,14:3,15 
IV. Litsaeaceae von| Asien (250 sp.) |=1:1,1 =1:1,52...|=1:3,8... 
„ | Afrika (1 sp.) — 12263,089) 29.250 27 12972 
„ | Australien (9 sp.) |=1:29,4...|=1:6,1..:. '=1:108,0 
„ | Amerika (6 sp.) |=1:44,0... |=1:74,0 = 1:162,0 
V. Gyrocarpeae von| Asien (9 sp.) —1:2,1 =1:49,5.../=1:108,0 
„ | Afrika — 
„ | Australien (3 sp.) |=1:6,1... =1:8,1 = 1:324,0 
„ | Amerika (8 sp), |=1:2,2..,|=1:55,9...|=1:121,50 
VI. Cassytheae von, Asien (1 sp.) —=1:29,0 |=1:445,0 |=1:972,0 
„., Afrika (3 sp.) =1:9,3...1=1:8,1 =1]:324,0 n 
„| Australien (24 sp.) |=1:1,20 |=1:2,33...|=1:40,50 
„ ' Amerika (1 sp.) =1:29,00 |=1:447,00 |=1:972,00 


182 


II. Vertheilung nach den Hemisphären. 
Die östliche Halbkugel (Europa, Asien und Afrika mit ihren 
Inseln, nebst Neuholland und Neuguinea) besitzt 30 Gattungen, zusam- 
men mit 518 Arten, nämlich: 


I. Perseaceae, 8 Gattungen, 149 Arten, 
II. Cryptocaryeae 8 is 74 N 
III. Oreodaphneae 1 ; ee 
IV. Litsaeaceae 10 r DEE > 
V. Gyrocarpeae 2 > Fi N x 
VI. Cassytheae 1 u 28 


Von obigen 30 Gattungen gehören 21 ausschliesslich der öst- 
lichen Hemisphäre an, nämlich Alseodaphne, Machilus, Nothaphoebe, 
Haasia, Beilschmiedia, Apollonias, Nesodaphne, Caryodaphne, Cyano- 
daphne, Endiandra, Dietyodaphne, Bihania, Agathophyllum, Cylicodaphne, 
Dodecadenia, Litsaea, Daphnidium, Polyadenia, Laurus, Aperula und 
Illigera. i 

Die westliche Halbkugel (Amerika mit seinen Inseln und die 
Südsee-Inseln) besitzt 36 Gattungen, mit 459 Arten. 


I. Perseaceae 7 Gattungen, 74 Arten, 
ll. Cryptocaryeae. 11 h, BR. 
III. Oreodaphneae 12 R 2467 „ 
IV. Litsaeaceae 3 a5 ae 
V. Gyrocarpeae 2 ® Ser 
VI. Cassytheae 1 „ DL, 


Von diesen 36 Gattungen kommen 25 nur in der westlichen Hemi- 
sphäre vor, nämlich Nesodaphne bloss in Neu-Seeland; Persea, Hufe- 
landia, Boldu, Icosandra, Adenostemum, Ampelodaphne, Ajouea, Silvaea, 
Acrodiclidium, Aydendron, Misanteca, Nemodaphne, Gymnobalanus, 
Strychnodaphne, Camphoromoea, Nectandra, Pleurothyrium, Dicypellium, 
Sassafras, Sassafridium, Goeppertia, Symphysodaphne, Synandrodaphne 
und Sparattanthelium, nur in Amerika. Die übrigen 10 Gattungen 
hingegen kommen in beiden Hemisphären vor, nämlich: 

Cinnamomum, Phoebe, Actinodaphne und Lindera auch in. Asien; 
Tetranthera und Gyrocarpus auch in Neuholland; Mespilodaphne und 


183 


Oreodaphne auch in Afrika; Cryptocarya und Cassytha auch in Asien, 
Afrika und Neuholland. Es zählt also die westliche Halbkugel 5 Gat- 
tungen mehr und hingegen 60 Arten weniger, als die östliche, und 
während in Letzterer die Öreodaphneae auf ein Minimum gesunken sind, 
bilden dieselben in Ersterer die stärkste Tribus und halten der arten- 
reichsten Abtheilung der östlichen Hemisphäre, nämlich den Litsaeaceae, 
das Gegengewicht, welche hingegen in der westlichen Halbkugel nur 
äusserst schwach vertreten sind. 


II. Vertheilung nach den Öontinenten und Inseln.') 


Die Verhältnisse der continentalen und insularen Vertheilung der 
Lauraceen haben wir in den folgenden Tabellen zusammengestellt. 


Continent von Inseln von 


Asien: Afrika: | Australien: 


| | 8 En 
role ale) 8.2 
Sun Sa IE .|88 35 IEkeiine- 
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II | 
r | || 
Perseaceae 47. 0 65 115 9.110: 71 | 90 2 0 | | 10 2522 57322107 105 
| | 
COryptocaryex]) 8 3 


{3} 


Oreodaphnex]| 0 


Litsaeaceae 77 


0 
Gyrocarpeae | 2 0 


Cassytheae I 1 3 


1) Neuholland wird als Continent angenommen, nicht bloss seiner Grösse wegen, sondern 
auch weil es in seinen klimatischen und Vegetations-Verhältnissen mehr einen continen- 
talen als einen insularen Charakter zeigt. 


Abh.d. II. Cl. d.k. Ak. d. Wiss. X. Bd. I. Abth. 24 


184 


Es verhalten sich demnach die 
Aller Continente 
. in Asien Afrika Australien Amerika a ae 
Perseaceae ER den _1,00:2,00 0:2,09 | 1,54:1,65 | 6,50:1,00 |—1,25:1,06 
nsulares 

Cryptocaryeae = 72 500:3,51 1:24,09 71717,020,075112.05.7,00) 225-508 
Oreodaphneae _ 3,0:0,0 ——  |10,75:1,00 |= 10,75: 1,00 
Litsaeaceae ———- —1,00:2,65| 0,0:1,0°1,00:1,50 | "7,0:0,00°=1,00:2,50 
Gyrocarpeae —— =1llV2300 —— 3,0:0,0 | 8,00:0,00 |=2,00:1,00 
Cassytheae —— [—1,00:29,00| 3,0:1,0 | 24,0:1,0 | 1,00:0,00?|— 29,0:1,0 


sämmtliche Lauraceae Continentales zu den sämmtlichen Insulares nahezu — 1,30:1,10. 


Als vorherrschend continentale Gattungen sind zu bezeichnen: 
in Asien: Machilus, in Amerika: Phoebe, Persea, Acrodiclidium, Ayden- 
dron, Mespilodaphne und sämmtliche Oreodaphneae; als ausschliess- 
lich continentale: für Asien: Dodecadenia und Polyadenia, für Ame- 
rika: Boldu, Icosandra, Adenostemum, Ampelodaphne, Ajouea, Silvaea, 
Misanteca und Sparattanthelium. 


Vorherrschend insulare Gatttungen sind: in Asien: Cinna- 
momum, Alseodaphne, Phoebe, Nothaphoebe, Haasia, Cryptocarya, Dietyo- 
daphne, sämmtliche Litsaeaceae (ausgenommen Dodecadenia und Polya- 
denia) und Iligera; in Amerika keine. 


Ausschliesslich insulare Gattungen sind: in Asien: Cyano- 
daphne, Caryodaphne, Bihania; in Amerika: Nemodaphne und Sym- 


physodaphne. 


Von einigen Gattungen kommen einzelne Arten sowohl auf dem 
Festlande als auf den Inseln vor), nämlich 


1) Da diese Arten auf der Tabelle sowohl bei den Continenten als den Inseln mitgezählt, die 
Arten von ungewissem Vaterland hingegen weggelassen sind, so stimmt natürlich die 
angegebene Totalsumme der einzelnen Tribus mit der wirklichen absoluten Artenzahl 
derselben nicht genau überein. 


185 


ın Asien in Amerika 
von Cinnamomum 5Sp von Persea 1 Sp. 
Alseodaphne 1 — Mespilodaphne 1 — 
Phoebe 4 — Öreodaphne 1 — 
Machilus 3 — Gymnobalanus 1 — 
Cryptocarya 2 — Nectandra 3 — 
Tetranthera 7— Goeppertia 1 — 
Cylicodaphne 2 — Cassytha 1 — 
Actinodaphıne 4 — N 
Litsaea 2 — 
Gyrocarpus 1 — 
Cassytha 1 — 
3» 


Diese Thatsache, dass in Asien eine mehr als dreimal grössere Zahl 
identischer Arten sowohl auf dem Festlande, als auf den Inseln vor- 
kömmt, als in Amerika, kann nicht überraschen, wenn man bedenkt, 
dass ein grosser Theil des tropischen Continents von Asien aus Küsten- 
gebiet und Halbinseln besteht und sich daher klimatisch wenig oder 
gar nicht von den zunächst liegenden Inseln unterscheidet, zwischen 
welchen und dem nahen Festlande überdiess die Uebertragung von 
Früchten und Sämereien durch die Wellen, Winde und Vögel sehr 
begünstigt ist. Daher rührt denn auch ohne Zweifel die bekannte 
grosse Uebereinstimmung der Flora der Halbinsel Malacca mit derjenigen 
der Sunda-Inseln, und der Flora des südlichen Theils der vorderen 
Halbinsel mit derjenigen von Ceylon. 

Dass endlich hinsichtlich des continentalen und insularen Vorkom- 
mens der Lauraceen Asien und Amerika sich entgegengesetzt ver- 
halten, indem bei Ersterem die überwiegend grössere Artenzahl auf die 
Inseln, bei Letzterem hingegen auf den Continent fällt, erklärt sich 
einfach aus dem weit grösseren Verhältniss, in welchem in Asien das 
Gesammtareal der Inseln zum Festlande steht, als diess in Amerika der 
Fall. ist. 


24* 


186 


IV. Vertheilung nach den Breiten-Zonen. 


Da das Verbreitungsgebiet der Lauraceen, soweit wir es kennen, 
in beiden Hemisphären nicht über den 40° oder 43° N.B. und den 45° 
S. B. (Chilo&) hinausreicht, so ist die ganze arktische und antarktische 
und selbst der nördlichste Theil der temperirten Zone vollständig davon 
ausgeschlossen. Wir nehmen darin 5 Zonen an, deren Grenzen wir in 
specieller Rücksicht auf die Lauraceen folgendermaassen bestimmen. 

1. Die Aequatorial-Zone, in Amerika zwischen 0O—18°N.B. und 
50 8. B. liegend, also 23 Breitegrade umfassend, in Asien aber von 
0—18° N. B. bis 11° S. B. reichend und 29 Breitegrade einschliessend. 
Es umfasst also diese Zone in Amerika das ganze Gebiet, welches 
Grisebach!) unter dem cisäquatorialen Südamerika und äquatorialen 
Brasilien, nebst dem nördlichen Theile seines „tropisch - südamerikani- 
schen Anden-Gebietes‘‘ begreift, mithin Central-Amerika, Columbien, 
Venezuela, die Guyanas, das ganze Gebiet des Amazonenstroms, Ecuador 
und das nördliche Peru. In Asien gehören zu derselben der südliche 
Theil der vorderen Halbinsel nebst Ceylon, Hinter-Indien bis ungefähr 
zum südlichen China, die Halbinsel Malacca und der ganze indische 
Archipel mit Neu-Guinea und den Philippinen, also ungefähr Grise- 
bachs?) „Asiatische Aequatorial-Flora“. — Afrika dürfen wir, 
da es uns erst drei Laurineen aus dieser Zone geliefert hat, füglich hier 
ausser Acht lassen. 

2. Die nördliche äussere tropische Zone, zwischen dem 
18 und 23° N. B. liegend, besteht in Amerika aus einem continen- 
talen Theil oder dem Mexicanischen Florengebiete und aus einem 
insularen, dem Westindischen Reiche°), in welchem wir auch die 
südlichsten Inseln, selbst Trinidad, mitbegreifen, obgleich letztere, wie 
Grisebach sehr richtig bemerkt, schon eine grosse Uebereinstimmung 
mit der Flora von Venezuela und Guyana zeigt. In Asien hingegen 


1) Die Vegetationsgebiete der Erde, übersichtlich zusammengestellt von Prof. A. Grisebach, 
in Petermann’s Geogr. Mittheilungen, 1866, II, p. 51. 

2) Griseb. a. a. O. p. 48. 

3) Griseb. a. a. O. p.50. 


187 


ist diese Zone fast rein continental und umfasst den grösseren Theil 
von Vorder-Indien, die nördliche Hälfte der Halbinsel, Bengalen, Silhet, 
das Birmanische Reich mit dem südlichen Theil von China nebst Hong- 
kong. !) 

3. Die südliche äussere tropische Zone zwischen 5 und 
20° S. B. fällt für Asien ganz weg und begreift in Amerika den 
grössten Theil von Brasilien (bis zur Provinz St. Paul) nebst Bolivien 
und dem südlichen Peru, also Grisebach’s ?) „transäquatoriales Brasilien“ 
und theilweise sein tropisch-südamerikanisches Anden-Gebiet; von Afrika 
gehören hieher Madagascar und die Mascarenen; von Australien die 
nördliche Hälfte Neuhollands bis ungefähr zur Breite der Moreton-Bay. 

4. Die südliche aussertropische Zone, zwischen 23 und 
40—43° S. B., fällt in Asien ebenfalls weg; in Amerika besteht sie aus 
zwei sehr verschiedenen Gebieten, dem cisandinischen (Südbrasilien 
und den La Plata-Staaten) und dem transandinischen (Chile, . bis 
Chilo&); in Afrika aus dem Kaplande bis Natal, und in Australien begreift 
sie Neu-Seeland, Tasmanien und Süd-Neuholland ungefähr bis zur Breite 
der Moreton-Bay. \ 

5. Die nördliche aussertropische Zone, zwischen 23 und 
40 bis vielleicht 43° N.B., fällt für Australien und vielleicht auch für 
den Continent von Afrika weg (bis jetzt wenigstens hat Letzterer aus 
dieser Zone noch keine einheimische Lauracee geliefert. Es gehören 
hieher die Azorischen und Canarischen Inseln mit Madeira; ferner in 
Asien Nepal und Kamaon bis an den Himalaya, Bootan, Khasya, Assam, 
der ganze östliche Theil von China nördlich von Canton, und die Japa- 
nische Inselgruppe; von A.merika die nördliche Hälfte, vou Californien, 
Texas und Florida an bis zum südlichen Canada. ?) 

Wir müssen hier ausdrücklich daran erinnern, dass diese Zonen- 
Eintheilung keineswegs durchgehends als eine durch bestimmte Breiten- 


1) Wir vereinigen hier die von Grisebach mit Recht unterschiedenen Gebiete des trockenen 
und des feuchten Indischen Monsuns, weil sie uns hinsichtlich der Laurineen keinen 
bestimmten Unterschied zeigen. : 

2) a. a. O.p 47. 

3) Wir fassen also hier die von Grisebach a. a. O. p- 49 getrennten drei Gebiete der Wälder 
und Prairien und Californiens in Eines zusammen. 


188 


grade und parallel laufende Linien scharf abgegrenzte gedacht werden 
darf, sondern dass die einzelnen Vegetations-Zonen grösstentheils durch 
allmählige Uebergänge in einander fliessen und unter verschiedenen 
Längengraden oft Gürtel von sehr verschiedener Breite darstellen. 
Mehr als durch die blosse Entfernung vom Aequator wird der Vege- 
tationscharakter einer Zone durch die Configuration des Landes und die 
verschiedenen sein Klima bedingenden Verhältnisse (Höhenlage, Entfer- 
nung vom Meere, Reichthum oder Armuth an Gewässern, herrschende 
Winde u.s. f.) bestimmt, so dass innerhalb einer und derselben Breiten- 
zone oft mehrere Gebiete nebeneinander liegen, deren Klima und Vege- 
tationscharakter weit von einander abweichen, wie z.B. das Hoch- und 
Tiefland von Mexico und die nordwestlichen Theile von Südamerika, 
während hingegen zwei aneinander grenzende Breitenzonen in beiden 
Beziehungen oft kaum einen merklichen, wenigstens keinen schroffen 
Unterschied darbieten, wie z. B. in Neuholland und Südamerika, wo 
hingegen die Floren des westlichen und östlichen Theils einer und 
derselben Breitenzone (z.B. von Swan River und Port Jackson, Peru 
und Brasilien, Chile und Buenos Ayres) in hohem Grade differiren. 

So interessant und wichtig indessen die Unterscheidung und Ver- 
gleichung bestimmt definirter Gebiete in Beziehung auf ihre Gesammt- 
flora ist, so erscheint sie dagegen hinsichtlich der speciellen Verbreitung 
einzelner Familien oft von geringem Werth und oft auch kaum durch- 
führbar. Ganz besonders gilt diess von den Lauraceen. Bei der. grossen 
Einförmigkeit ihres Typus lassen sie von einer Zone, von einer Region 
zur andern nur untergeordnete, durchaus nicht auffällige, den Charakter 
nicht wesentlich modificirende Abänderungen .wahrnehmen und scheinen 
in den einzelnen Gebieten mehr der Zahl als der Art nach eine ver- 
schiedene Rolle zu spielen. Immerhin mögen die Ergebnisse unserer 
Untersuchungen über diese Verhältnisse übersichtlich zusammengestellt 
hier Platz finden. !) 


1) Wir können nicht umhin, hier an die grosse Ungenauigkeit und Oberflächlichkeit zu er- 
innern, mit welcher fast alle früheren und leider auch noch manche neuere Sammler und 
Autoren bei Angabe der Fundorte verfahren sind, indem sie meist nur das Land (z. B. 
Brasilien, Guyana, Peru ete., oder gar nur „America austr., India oceid. oder orient.‘ u. s. w.) 
nennen, aber von dem speciellen Fundort (Höhenlage, Waid- oder Flur-, Sumpf-Gegend u. dgl.) 
gar nichts sagen. So lesen wir z. B. auf den Zetteln der aus Kunth’s Herbar herrührenden 


189 


Zonen. ee a 
Tropische. Aussertropische. der 
1. II. II. IV. vet art con Lach 
Aequator. | Nördliche. | Südliche. | Südliche. | Nördliche. Tropisch. , AUsser- 
0-18°N.B | 18-23° |50d.11-23°| 23-40-43° | 23-40-43° tropischen. 
0-5-11°8.B.| N.B SeBbnpäS.B. N.B. n » 
von 
Amerika . 232 105 134 47 8 471 55 
Asien... .306 89 — = 80 395 80 
Afrika .. 4 —_ 12 5 4 16 9 
Australien — — 25 33 — 25 33 
542 194 171 85 92 907 177 
Es verhalten sich demnach: 
Die drei tropischen Zonen (zusammen 907 Sp.) zur Summe 
aller Zonen (1084)... ba..." . Ber = 1:29 
Die drei tropischen Zonen zur Summe böider ausser- 
tropischen Zonen . . N ee 
Die Aequatorial-Zone zur Summe aller a aechen Zonen — kail,ka; 
Die Aequatorial-Zone von Amerika zu der von Asien . == 1:1,33. 
Die drei tropischen Zonen von Asien zu denselben von 
Amerika |‘; h ee re eh 
Die beiden südlichen tra Beauh ler: Zonen zu 
beiden nördlichen. .. . An er — 71416, 
Die südliche kExtra- -Aequatorial- Zone ink Su zur Rötsilenislen — 22.16 
Die nördliche Extra-Aequatorial-Zone allein zur Aequa- 
DEREN ER EEE N EN ÄRREENEE 11 .. == 1:21.97, 


Sellow’schen Pflanzen (und noch dazu nicht einmal von Sellow’s eigener Hand geschrieben) 
bloss die Angabe „Brasil. trop.‘“ oder „Brasil. merid.“, oder „Brasil. trop. et merid.“, so 
dass es ganz ungewiss bleibt, ob die betreffenden Pflanzen ausserhalb oder innerhalb des 
Wendekreises oder der Aequatorial-Zone gesammelt wurden. Wir haben solche Arten nach 
Wahrscheinlichkeitsgründen eingereiht, können aber für die Richtigkeit unserer Annahmen 
natürlich nicht unbedingt einstehen. Leider mussten wir daher auch von dem vergeblich 
angestellten Versuche abstehen, die Lauraceen in die enger begrenzten „Florenreiche“ 
einzureihen, die von Schouw, Bentham u A. und am naturgemässesten von Martius (Hist. 
Palmar.) aufgestellt worden sind. 


190 


In Amerika | 


besitzen die einzelnen Zonen: 


Genera Tropische. Aussertropisch. 
5 ; I. I. II. IV. V: 
endemica. non endemica. ‚ Aequator. Nördliche | Südliche. Südliche. | Nördliche 

Ehoebe +... . 5 6 2 2 — 

Perseal nt 20 9 18 b) 1! 

Hiitplandiay ey Bl. 2 1 — _ _ 

Boldueg ee a 1 — — = 2 — 

Ic 0Bandra See ne. een — — — - 1 — 

Adenostemume ...: EN: ee = = = 1 _ 

Cryptocarya. 3 — 4 1 —_ 

Ampelodaphne=. welt... „te u 3 ”» — = —= 

Aolearn US. ee. le (ee 3 = 4 = — 

Sa) Tri Ra een a ea lan — 1 — u 

Arerodichdum Er one | 6 5 12 — — 

Aydendeon 1-2 77 25 3 9 1 — 

Misanteca. se Slee., . se = 1 j# in = 

Mespilodaphne 17 = 26 8 _ 

Nemodaphner seem ne. —E 1 SE == — 

Oreodaphne . 69 53 15 11 _ 

Gymnobalanısı enlae bie alt. 3% 6 ST 2 1 — 

Strychnodapime. . ann, u 2.00% 1 — 1 1 — 
Cämphoremoear.e mar eu... 2 7 = = 
Neetandra a? » MAUS HI AIRIDEN 1% 45 10 33 8 
Pleurothgmium;; - ..\gerkoh- my. 8 = 717 Fu 

Dicypellium ER | 1 — _ — —_ 

Sassafras AH N REN == = — = 2 

Sassatriditum.. 2. eine Baer Se 1 > er e2. RS 

Goeppertia .. 8 | nen. dere: 5) z 2 l — 

Symphyspdaphne |.=. 2.0... Sr 1 - an — 

Synandrodaphne®. In Amer 1. Sr 1 al Ar = = 

Tetranthera 1%. 7 3 ax m 2 

Jänderaz .. eis .1: ER IF FT ir 2 

Gyrocarpus . 1 (1) —_ —_ —_ 

Sparastanthelium.. |... 2... 3 — 4 — — 

Cassytha.r. .... 10 1 (1) (1) Sa Bi 

232 105. | 134 47 8 


Anmerkung. Manche Arten kommen sowohl innerhalb als ausserhalb der Wendekreise vor, 
und wurden daher in mehreren Zonen eingetragen, so z. B. 4 Persea, 6 Oreodaphne, 


5 Mespilodaphne, 1 Aydendron. 


Es stimmt daher in diesen Tabellen die Additions- 


summe nicht immer mit der wirklichen Artenzahl der betreffenden Gattung überein. 


In Asien 
besitzen die einzelnen Zonen: 


Generı 


endemica. 


Alseodaphne .... 


Machilus 


Nothaphoebe . . . 


Haasia 


Cyanodaphne ... . 


Dietyodaphne. . . 


Bihania 


Cylicodaphne ... . 


Dodecadenia . 


Daphnidium 


Polyadenia .... 


non endemica. 


Apollonias .. 


Cryptocarya. . . 


Caryodaphne .. . 


Endiandra 


Actinodaphne . 
Litsaea 


Tropische. 


I 


Aequator. 


II. 
Nördlich. 


IH. 
Südliche. 


IV. 
Südliche. 


191 


Aussertropisch. 


V. 
Nördlich. 


(1) 
6 | 


or 


Anmerkung. Einzelne Arten kommen sowohl innerhalb als ausserhalb des Wendekreises vor 
und sind daher auch in beiden Zonen mitgezählt, z. B. 3 von Cinnamomum, 3 von 
Machilus, 5 von Tetranthera, 1 Cylicodaphne, 2 Actinodaphne, 1 Litsaea, 2 Daphnidium 
und wahrscheinlich noch mehrere andere. 


Abh.d.1I.Cl.d.k. b. Ak. d. Wiss. X. Bd. I. Abth. 


25 


192 


In Afrika 
besitzen die einzelnen Zonen: 
Genera Tropische. Aussertropisch. 
i . ER I. III. IV. V. 
endemica. non endemica. | Aequator.| Nördlich.! Südliche. | Südliche. | Nördlich. 
| 
Persea .kk..... . _ — = — 1 
Apollonias .... . = — —_ —= 1 
Cryptocarya ..- — _ = 2 —_ 
Mespilodaphne . . —_ — s) 1 1 
Agathophyllum . . | =. ...l..... — —_ 3 — _ 
Öreodaphne 3 — _ — 
Bauzus ıE ... . — .— — — 1 
Cassytha =... 1 — == 2 — 
4 = 12 5 4 | 


In Australien 
besitzen die einzelnen Zonen: 


Genera Tropische. Bez 
e 5 I. I. 
endemica. | non endemica. Aequator.| Nördlich. süätice. er 
Cinnamomum.. . —_ — 1 — | _ 
Nesodaphne:.. .. Kal ze en ir. =: == — 2 - 
Cryptocarya ... = = 5 5 — 
Caryodaphne .... — —_ 2 — E 
Endiandra .... —_ — 5 1 —_ 
Tetranthera. ... . — = 4 1 — 
Actinodaphne. . . — — 1 — = 
Itsaeı.«'..... = — 1 1 — 
> Gyrocarpus ... . = _ 3 n — 
Cassytha ..... — — 3 23 _ 
_ — 25 33 >= 


Anmerkung. Sehr auffallend ist es, dass in der sonst so ungemein reichen Flora von Süd- 
West-Australien (Swan River und King Georges’ Sound) noch keine einzige Lauraceen- 
Gattung bis jetzt gefunden wurde, als Cassytha, und diese hingegen in vielfach 


stärkerer Artenzahl als in irgend einem anderen Lande. 


193 


Unter der Bezeichnung „genera endemica“ sind in den vorstehen- 
den Tabellen alle diejenigen Gattungen zu verstehen, deren sämmtliche 
Arten ausschliesslich nur in einem Welttheile einheimisch vorkommen. !) 
Einige Gattungen erscheinen als beinahe endemisch (ich möchte sagen 
per anomaliam nicht-endemisch) indem ihre Arten bis auf 1—3 durch- 
aus nur einem Welttheil angehören, so z.B. die Asiatischen Gattungen 
Cinnamomum und Actinodaphne mit je einer einzigen Australischen Art 
(C. pedatinervium nob. und A. multiflora Benth. von den Viti- oder Fejee- 
Inseln) Persea mit einer Canarischen Art (P. Indica Spr.) und die so arten- 
reiche Gattung Oreodaphne mit drei Tropisch-Afrikanischen Arten, die 
obendrein noch dubii generis sind. Als endemisch im engeren 
Sinne wären dagegen nur diejenigen Gattungen zu bezeichnen, die mit 
allen ihren Arten auf ein engeres Verbreitungsgebiet, auf ein einzelnes 
Land oder Florenreich, eingeschränkt sind, nämlich: 


Nothaphoebe Bl., im Indischen Archipel Nemodaphne nob., in Cuba. 


(mit einer zweifelhaften Art aus Assam.). Agathophyllum Juss., in Madagascar. 
Haasia Bl., eben so, jedoch mit 1 Art Camphoromoea Nees, in Brasilien und 

aus der vorderen Halbinsel und 1 aus Guyana. 

Ceylon. Dicypellium Nees, in Brasilien. 
Nesodaphne Hook. fil., in Neu-Seeland. Pleurothyrium Nees, in Peru, Maynas 
Boldu Feuill und Columbien. 
leosandra Philippi | in Chile. Sassafras Nees, in Nord-Amerika. 
Adenostemum Pers. Sassafridium nob., in Costarica. 


Cyanodaphne Bl., im Malayischen Archipel. Symphysodaphne Rich., in Cuba. 


Ampelodaphne vr in Brasilien und Synandrodaphne nob., in Jamaica und 
Ajouea Aubl. Guyana. Columbien. 

Silwaea Manso, in Brasilien. Dodecadenia Nees, in Nepal bis Bootan. 
Misanteca Cham. & Schl., in Mexiko. Polyadenia Nees, in Nepal bis Silhet. 
Bihania nob., in Borneo. | Sparattanthelium Mart., in Brasilien. 


Die nachstehende Tabelle giebt eine Uebersicht des Antheils, welchen 
die einzelnen Hauptfloren von Amerika an der Lorbeerfamilie haben. 
Eine solche Uebersicht auch von den andern Welttheilen zu geben, 
erscheint überflüssig, da sie schon in den Zonen-Tabellen (S. 189, 191 
u. 192) enthalten ist. 


1) Wir zählen zu denselben auch Hufelandia, obgleich Nees auch eine Madagascar’sche 
Art, die aber sehr wahrscheinlich nicht zu dieser Gattung gehört, den drei ächten ameri- 
kanischen Arten zugesellt hat. 


Ya 


194 


id B BPORR , h 
BIEE EEE 
s58 > BER FB A = Ss a 
Amos: aaA|d ä 
AL 0) ae 
Imachoebem. >... .. 1 1 1 3 3 I|38 |— —- 
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erseaceae. ar nn 
3. Hufelandia — — 1 ur g 12 zum 
10) 16 7 l 
4. Cryptocarya... |5 Ze ee ze 
5. Ampelodaphne. . | 2 1-1 1-1 + I 
6.:Ajonea, . ia... 4 3 lo 1-10 | 
7..8ylvaea.....,. 1 en | ee 
TI. 8. Acrodielidium ... | 5 Dre) UN IR BEN DEN Zn 
Cryptocaryeae. |] 9. Aydendron 20 Sir Gia| Ylye el a 
10. Misanteca . . E— ze a eg en. —— 
11. Mespilodaphne. . |34 5 oe 1 | — - 
|7 "mal 05 | ale Tee 
12. Nemodaphne ERS as kin en En 
10 
13. Oreodaphne . 89 13 Ill Bil HS ee Tun —b a 
14. Gymnobalanus. . | 3 2 2 Pa 
15. Strychnodaphne . | 3 1 1 1 1 Hr Age 
16. Camphoromoea . | 8 PT a Pr En u u 
17. Nectandra...... [47 11 118.215 T ar Su er 
16 
II. 18. Pleurothyrium. . | 4 |— 1 | Pa Fe 
Oreodaphneae. |? 19. Dieypellium... | 1 Sur file dokn 
20. Sassafras eg \ „2A En up er 9 les 
2 
21. Sassafridum... — |— re  & yes 
22. Goeppertia 9 A a 1er led 
164 33 37 
23. Symphysodaphne 4 |— | | 1 I 1 | 1— 
24. Synandrodaphne. — |— 11-1 11 
a 35 21 
IV. 25. Tetranthera . — eo ER ee a = en 
Litsaeaceae. 2oetndera rn en. Te 
3 
| 
% 27. Gyrocarpus . = == TE MER IE SE GE 0. 
Gyrocarpeae. | |28. Sparattanthelium | 7 |, dep EEE 
VI. Cassytheae. | 29. Cassytha 1 11 |—- |I1 - | |—- 
268 60) 57 57| 3830| 38 6 


195 


V. Verhalten zur Meereshöhe. 


Die verhältnissmässig wenigen Angaben, die wir über die Meeres- 
höhe des Vorkommens von Laurineen besitzen, und welche grossentheils 
mehr auf ungefährer Schätzung als auf wirklicher Messung zu beruhen 
scheinen, setzen uns nicht in den Stand, bestimmte Gesetze daraus ab- 
zuleiten. Sehr verdienstlich sind zwar die von Dr. J. D.-Hooker und 
T. Thomson in Britisch-Indien gesammelten Data, allein für die andern 
Gebiete Asiens und für Amerika sind wir nur auf sehr wenige Notizen 
beschränkt. Die grösste Höhe, auf welcher noch Laurineen vorkommen, 
scheint für die Neue Welt ungefähr 10,000’ (Tetranthera Neesiana, im 
Gebiete von Orizaba, etwa 19° Nördl. Br.) und für die Alte Welt 
12,000° (Daphnidium pulcherrimum, in Khasya, und Lindera Sikkimensis, 
in Sikkim, 25—26° N. Br.) zu seyn. Die Mehrzahl der Laurineen aber 
dürfte wohl, und zwar in allen Welttheilen, auf das heisse Tiefland 
und nur bis zu solchen geringen Höhen eingeschränkt seyn, die noch 
keine naınhaft niedrigere Temperatur noch überhaupt eine wesentliche 
Veränderung des Klimas bedingen. Der Einfluss der Meereshöhe hängt 
zunächst wesentlich von der geographischen Lage ab und wird daher 
zwischen zwei Punkten um so stärker hervortreten, je weiter diese von 
einander oder vom Aequator entfernt liegen. Innerhalb der Wendekreise 
und ganz besonders der äquatorialen Zone stimmt im Allgemeinen eine 
Meereshöhe von 4—6000‘, ja von 8—10,000° das Klima noch keines- 
wegs zu einem temperirten herab, daher wir denn auch viele der Indi- 
schen Laurineen vom Meeresstrande an bis zu solchen Höhen sich 
erstreckend antreffen, wie z. B. Tetranthera laurifolia in Bengalen, 
Gurwhal, Silhet von 0—3000‘, T. glauca in Silhet und Sikkim von 0— 
4000‘, T. monopetala in Moulmein und Sikkim von 0—2000‘, Oylico- 
daphne oblonga in Assam und Khasya von 0—5000°, Actinodaphne 
obovata in Khasya und Sikkim von 0—5000°, und viele andere Arten 
(aus den Gattungen Cinnamomum, Phoebe, Machilus, Tetranthera, Cylico- 
daphne, Dodecadenia, Litsaea, Daphnidium) deren Verbreitungsgebiete 
zwischen 10 und 26° N. Br. liegt, auf Höhen von 3000—7000° ü. M. 
Ausserhalb der Wendekreise hingegen kommen mehrere Arten auf 


196 


oder bis zu beträchtlichen Höhen vor, wie z. B. Cinnamomum obtusi- 
folum in Sikkim von 1—4000°, Phoebe glaucescens, pallida, angusti- 
folia in Nepal von 2—5000°, Machilus odoratissimus in Sikkim bis zu 
8000, Tetranthera elongata, polyantha, sericea, Sikkimensis in Sikkim 
zwischen 5000° und 9000‘, Lindera heterophylla und Sikkimensis in 
Sikkim zwischen 8 und 12,000‘, also in Regionen, die in klimatischer 
Hinsicht mehr oder weniger der temperirten entsprechen. In der 
Aequatorial-Zone Asiens finden sich Laurineen bis zu ansehnlichen Höhen, 
wie z. B. in Java Machilus rimosa und odoratissima bis 6—-8000%, 
Daphnidium acuminatum, Caryodaphne densiflora, Beilschmiedia Javanica, 
die drei Dietyodaphne - Arten und Aperula confusa zwischen 3000 und 
6000°; in Ceylon mehrere Cinnamomum, Haasia oppositifolia, Crypto- 
carya membranacea, Tetranthera laeta, Litsaea fuscata und orbicularis 
zwischen 2000 und 8000. In Amerika endlich werden zwar manche 
Laurineen als Bergbewohner genannt, aber leider meist ohne Höhen- 
angabe; in der tropischen Zone erreichen einige eine ansehnliche Höhe, 
nämlich in Mexico die schon oben erwähnte Tetranthera Neesiana circa 
10,000°, Phoebe Mexicana 3000‘, in Columbien Persea Mutisii, sericea, 
ferruginea und macropoda 6000—-8000°, Phoebe Granatensis und Gymno- 
balanus latifolius und Hufelandia Tovarensis 5000—6500°. 

Durch diese Fakta wird jedoch der Satz, dass die Lauraceen bis 
auf wenige Ausnahmen eine hohe und wenig veränderliche Jahrestempe- 
ratur als Lebensbedingung fordern, nicht nur nicht umgestossen, sondern 
vielmehr bestätigt. 


VI. Verhalten zu den lokalen Einflüssen. 


Ueber die speciellen Standorte und deren lokale Verhältnisse fehlt 
es uns bei den meisten Laurineen an irgend welchen Nachrichten. Nur 
bei den Brasilianischen sind dieselben, besonders von Martius, gehörig 
beachtet und gewürdigt worden und es hat hienach dieser Forscher !) 
für die ganze Brasilianische Flora eine Reihe von »Regiones« aufgestellt, 


1) In den Beiblättern zur Flora oder Regensburg. Botan. Zeitung für 1837, Band XX, beson- 
ders pag. 57 u. f., und dann in seiner Flora Brasiliensis selbst. 


197 


die zwar sowohl durch ihre lokale Beschaffenheit, als auch durch ihren 
Pflanzenwuchs bestimmt charakterisirt, aber doch zugleich durch Zwi- 
schenglieder und Uebergänge mit einander verbunden sind, nämlich: 
1) die aussertropische, oder die Napaeae, ein niedriges, ziemlich 
trockenes und mässig bewaldetes Gebiet; 2) die Region der Hügel, 
Campos und niedrigen Berge oder die Oreades, ebenfalls von mehr 
trockener Beschaffenheit, mit vorherrschender Flur-, Gras- und Gebüsch- 
Vegetation und zerstreuten, lichteren Waldflecken; 3) die Region der 
bergwälder oder die Dryades, hauptsächlich der Küste folgend und 
daher feuchter und mit vorherrschendem, dichterem Baumwuchs; 4) die 
trocken-heisse Region oder die Hamadryades, und 5) die feucht- 
heisse Region oder die Najades, jene grossentheils aus offenem Land 
mit magerer, oft fast wüstenartiger Vegetation bestehend, diese hingegen 
fast ganz mit Urwald bedeckt und die grösste Ueppigkeit und Pracht 
des Pflanzenwuchses entfaltend. 

Von den Laurineen Brasiliens gehören ungefähr gleichviel (aber 
meist andere) Arten, nämlich je 50—60, der zweiten, dritten und fünften 
dieser Regionen, die übrigen (mit durchschnittlich 10 Arten) den beiden 
andern Hauptregionen und den gemischten oder Zwischen-Gebieten an. 
Wir dürfen es nicht wagen, nach blosser Muthmaassung die Vertheilung 
der Lauraceen auf solche oder ähnliche Regionen auch bei den andern 
Ländern durchzuführen, können aber kaum zweifeln, dass das Ergebniss 
ein sehr ähnliches sein würde. 


198 


Rückblick. 


Die Hauptergebnisse vorstehender Untersuchungen lassen sich in 
folgende Sätze zusammenfassen: 

1. Die Lauraceen (972Species) erscheinen als eine Familie mittlerer 
Grösse oder 5. Ranges (vgl. 8. 173). 

2. Sie sind über alle fünf Welttheile verbreitet und haben ihr 
Maximum in Amerika (447 Sp.) und Asien (445 Sp.) — dann folgen 
Australien mit 56, Afrika mit 25 und Europa mit 1 Species. 

3. Die östliche Halbkugel übertrifft die westliche um 60 Arten, hat 
aber 5 Gattungen weniger; in der östlichen macht die Tribus der 
Litsaeaceae (mit 256 Sp.) und Perseaceae (149 Sp.), zusammen mit 
405 Sp., in der westlichen die Tribus der Oreodaphneae (246 Sp.) 
und Cryptocaryeae (117 Sp.) die Hauptmasse aus. 

4. In Amerika sind alle 6 Abtheilungen (Tribus) der Familie 
vertreten, während in Asien und Australien die Oreodaphneae und in 
Afrika die Gyrocarpeae fehlen. 

5. Amerika besitzt sowohl absolut als relativ die grösste Zahl von 
Gattungen, nämlich 32, wovon 23 ihm ganz eigenthümliche. 

6. Die Lauraceen sind eine überwiegend tropische Familie, welche 
von den Wendekreisen gegen die Pole hin sehr rasch, und zwar in der 
nördlichen Hemisphäre mehr als in der südlichen, an Artenzahl abnimmt 
und von der kälteren temperirten, der hoch-Alpinen und der arktischen 
und antarktischen gänzlich ausgeschlossen ist. Die ganze tropische 
Zone (aller 4 Welttheile) besitzt 907 Arten; nach Abzug der aequa- 
torialen Zone (mit 538) bleiben für den Rest der tropischen Zone 365 Sp. 
Die nördliche aussertropische Zone hat . . . . 2.88 Sp. 

„ Südliche U EEE 
zusammen 173 Sp. 

Bei Ausschluss des äquatorialen Antheils (d. h. etwa vom 10° an) 
zählt die ganze übrige nördliche Hemisphäre. . . . . 282 Sp. 

> N „ . südliche a sr Dee 


beide zusammen 538 Sp. 


„ ” ” 


199 


7. In Amerika fällt die Mehrzahl der Arten (406) auf das Fest- 
land und nur 41 auf die Inseln; in Asien hingegen auf die Inseln 
(310, — wovon nur 24 aussertropische) und nur 135 auf das Festland. 
(Vgl. S. 184 u. ff.) 

8. Alle Species sind endemisch, in dem Sinne, dass eine jede 
nur in einem Welttheile und meist auch nur in einem seiner beson- 
deren Florengebiete vorkömmt. Dasselbe gilt auch von der Mehrzahl 
der Gattungen, nämlich mit Ausnahme von Phoebe, Persea, Apollonias, 
Öryptocarya, Caryodaphne, Endiardra, Mespilodaphne, Oreodaphne, Te- 
tranthera, Actinodaphne, Litsaea, Laurus, Lindera, Gyrocarpus und 
Cassytha. (Vgl. S. 195.) 

9. Die Mehrzahl der Lauraceen scheint in den Wäldern des hieishoil 
Tieflandes und zwar vorzugsweise in feuchten Gegenden zu leben, 
dann zunächst im trockeneren Hügellande, in niedrigeren Gebirgen und 
in schattigen Bergwäldern der Küstenstriche. In eigentlich alpine Re- 
gionen scheinen sich nur sehr wenige zu erstrecken. (Vgl. S. 198 u. ff.) 
In der tropischen Zone aber treten manche in Gebirgshöhen auf, deren 
klimatische Verhältnisse sich denjenigen der Arktisch- Alpinen -Region 
nähern. 

10. In Beziehung auf die Geschichte der organischen Schöpfung 
ist zu bemerken, dass die Laurineen eine der ältesten Pflanzenformen 
sind, indem sie schon unter den frühesten Dicotyledonen, zwar nicht 
unter den allerfrühesten der Kreide, aber doch schon im Mittel-Eocen, 
und dann zahlreicher in der Molasse des oberen Miocen auftreten 
(z. B. in Oeningen), so dass sie in den tertiären Waldungen keine un- 
bedeutende Rolle gespielt zu haben scheinen. 

Stellen wir schliesslich eine Vergleichung der aden mit an- 
deren Familien in Beziehung auf ihre geographischen Verhältnisse an, 
so finden wir keine, mit der sie in so vielfacher Weise und in so hohem 
Grade übereinstimmten, wie die Myrtaceen. Auch diese sind von 
Europa beinahe und von der arktisch-alpinen und antarktischen Re- 
sion ganz ausgeschlossen, hingegen in grosser Zahl (und ähnlicher 
Einförmigkeit) in der tropischen Zone Amerikas und Asiens (sowohl des 
Continents als der Inseln) concentrirt, nächstdem aber in der südlichen 


aussertropischen Zone stärker als in der nördlichen, und ebenfalls mehr 
Abh.d. II. C1.d.k. Ak.d. Wiss. X. Bd. I. Abth. 26 


200 


in Australien, als in Südafrika vertreten, u.s. f£ Die Myrtaceen weichen 
indessen darin ab, dass sie mit Ausnahme von Eucalyptus seltener als 
hohe Bäume und in Australien in weit grösserer Zahl der Gattungen 
und Arten und zwar in Neuholland in mehreren ihm ganz ausschliesslich 
eigenen Gattungen auftreten, während sie in der tropischen Zone eine 
grössere Zahl von solchen Gattungen darbieten, welche sowohl in der alten 
als in der neuen Welt vorkommen, wie z. B. Myrtus, Eugenia, Psidium, 
Jambosa u. a. m. Es ist auffallend, dass zwei so eminent aromatische, 
übrigens aber höchst verschiedene Familien wie die Myrten- und Lor- 
beergewächse ein so ungemein ähnliches geographisches Verhalten zeigen. 
Die Lauraceen verhalten sich übrigens in mehreren der obenerwähnten 
Beziehungen auch noch mit einigen anderen Familien analog, z. B. mit 
den Araliaceen, Piperaceen, Aroideen, also mit Pflanzen von höchst 
disparater Natur, während sie hingegen mit denjenigen Gruppen, die 
ihnen in Bau und Physionomie am nächsten stehen, wie z. B. die Poly- 
goneen, Santalaceen, Thymelaeen, in geographischer Beziehung weit ab- 
weichen. 


Helligkeits-Messungen 


an zweihundert und acht Fixsternen. 


Angestellt mit dem Steinheil’schen Photometer 


in den Jahren 1852—1860 


von 


Ludwig Seidel und Eugen Leonhard. 


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Helligkeits-Messungen 
an zweihundert und acht Fixsternen. 


Angestellt mit dem Steinheil’schen Photometer in den Jahren 1852— 1860 
von 


Ludwig Seidel und Eugen Leonhard. 


Die nachfolgenden Blätter enthalten die Zusammenstellung der Ori- 
ginalmessungen, welche meiner 1862 publicirten Abhandlung ‚Resultate 
photometrischer Messungen an 208 der vorzüglichsten Fixsterne‘ 
(Denkschriften der II. Classe der k. Akad., Bd. IX., Abth. IIL) zu Grunde 
liegen, — insoweit dieselben nicht bereits in der Beilage zu meiner 
früheren Abhandlung vom Jahre 1852 (l. c. Bd. VI., Abthl. III.) ver- 
öffentlicht worden sind, — und geben also die Fortsetzung der letzt- 
gedachten Publikation. 

Diese mit dem Steinheil’schen Objectiv-Photometer angestellten Be- 
obachtungen, an welchen bis zu seiner im Herbst 1858 erfolgten An- 
stellung als Gymnasialprofessor in Hof (und in den Ferienmonaten sogar 
noch nach derselben) mein verehrter Freund Eugen Leonhard auf- 
opfernden Antheil genommen hat, bilden bekanntlich die erste und zur 


204 


Zeit noch die einzige Messungsreihe, welche die Sterne der Einen Hemi- 
sphäre bis zu einer bestimmten Helligkeit herab (nehmlich einschliess- 
lich der Argelander’schen Olasse 3.4) systematisch und vollständig um- 
fasst, während sie auch die hellsten bei uns sichtbaren der südlichen 
Halbkugel und eine Anzahl von schwächeren der nördlichen (darunter 
den grössten Theil der Argelander’schen Sterne 4.3) mit aufgenommen 
hat. In Betreff der grossen Mehrzahl der beobachteten Objecte sind 
also ihre Data für die Zukunft die ‚älteste aus wirklicher Messung her- 
stammende Quelle: ein Umstand, der ihre Bedeutung nothwendig erhöht, 
und häufiger, als wohl sonst der Fall eintreten würde, Anlass geben 
mag, auf diese Aufzeichnungen zurückzugreifen. Ich glaube, dass hier- 
durch die Veröffentlichung durch den Abdruck motivirt ist, auch ohne 
dass es nöthig wäre, sich auf den in dieser Hinsicht sehr weit gehenden 
Usus der modernen Astronomie zu berufen. 

Aus meiner Eingangs citirten Arbeit ist den Fachmännern bekannt, 
dass unter den 208 von uns photometrisch bestimmten Fixsternen etwas 
mehr als der dritte Theil, nehmlich 721), in ein grosses Netz gezogen 
worden sind, dessen Glieder wir durch möglichst zahlreiche directe Ver- 
gleichungen einzelner Sternpaare sehr vielfach verbunden haben; das 
Verzeichniss dieser Sterne findet sich p. (463) 45 der gedachten Ab- 
handlung, und als Register über ihre Beobachtungen dient die Zusammen- 
stellung daselbst p. (513) 95 —(536) 118; für die übrigen, deren Hellig- 
keiten nur durch je Einen Vergleichsstern bestimmt und an das Ganze 
der Beobachtungen angeknüpft sind, gibt die Tafel p. (553) 135 ff. (wenn 
man will, zusammengehalten mit dem alphabetischen Catalog p. (604) 
186 dortselbst) den Nachweis der Journal-Nummer der betreffenden 
Messung. ?) 

Ueber unser Beobachtungslokal auf dem nordwestlichen Eckthurme 


1) Inzwischen noch ein paar mehr. 

2) Will man z.B. für A Orionis die Originalbestimmung nachsehen, so gibt die alphabetische 
Tafel für diesen Stern den Helligkeitslogarithmus 8.642, und neben dieser Zahl findet 
man p. 137 bei dem Namen des Sterus die Nummer 626 seiner Messung, nehmlich der 
Vergleichung vom 11. März 1860 mit & Orionis, welcher letztere zu den Sternen unseres 
Netzes gehört, und (wie p.113f. ersichtlich) im Ganzen durch 9 Beobachtungen bestimmt 
ist, welche ihn in direete Verbindung setzen mit 8 verschiedenen anderen Sternen des Netzes. 


205 


des Wilhelminischen Gebäudes, sodann über das Instrument, die Art 
seiner Benützung und die Regel, nach welcher aus den unmittelbaren 
Ablesungen das Ergebniss der einzelnen Messung abgeleitet wird, ent- 
halten meine verschiedenen älteren Veröffentlichungen jeden erforder- 
lichen Nachweis. In Betreff des zuletzt gedachten Punctes beziehe ich 
mich namentlich auch auf das Zahlenbeispiel in $.3 meiner ‚‚Unter- 
suchungen ”über die Lichtstärke der Planeten Venus, Mars, Jupiter und 
Saturn,“ abgedruckt in den Monumentis saecularibus der Akademie von 
1859. Was sonst noch zum Verständniss der Copie des Beobachtungs- 
journales erforderlich ist, wird in den ihr vorangestellten Erläuterungen 
besprochen. Keine Vergleichung zwischen zwei Fixsternen ist in dieser 
Copie unterdrückt; diein der Reihenfolge der Nummern ausgelassenen Be- 
obachtungen betreffen Körper des Sonnensystems. Keine Journalnummern 
führen die zur Ermittlung des Durchsichtigkeitsverhältnisses der Gläser 
regelmässig angestellten Vergleichungen eines leuchtenden Objectes mit 
sich selbst; als nothwendig für die Reduction der Fixsternbeobach- 
tungen sind diese hier wiedergegeben, auch wenn sie, wie des ruhigen 
Lichtes wegen häufig geschah, an Planeten gemacht sind. (Ueber sie 
vergleiche speciell $. 2 meiner am Eingange erwähnten neuesten Ab- 
handlung.) 


Seidel. 


206 


Erläuterungen. 


Die zu jeder Sternvergleichung gehörigen Aufzeichnungen sind in 
drei Columnen geordnet; in der ersten die Uhrzeit (welche durch alge- 
braische Beifügung der bei dem Tage angesetzten Correction der Uhr 
„C.d. U.“ verwandelt wird in Münchner mittlere Zeit); in der zweiten die 
Ablesung des Schlittens, der die Objectivhälfte A trägt (in Pariser Li- 
nien, deren Zehntel geschätzt sind, an einer Scala von willkührlichem 
Nullpunct), und in der dritten die ähnliche Ablesung für Schlitten B. 
Von den beiden verglichenen Sternen ist immer derjenige voran ge- 
nannt, welcher durch die Gläser (Prisma und ÖObjectivhälfte) A gesehen 


wird. 
Bei den Vergleichungen eines Sternes mit sich selbst, welche zur 


Elimination des Einflusses verschiedener Durchsichtigkeit der Gläser ge- 
macht sind, fällt die Notirung der Zeit als überflüssig weg. 

Mit Ausnahme von ganz wenigen zufällig unterbrochenen Beobach- 
tungen zerfallen die zu einer jeden gehörigen Aufzeichnungen in zwei 
durch eine leer gelassene Zeile getrennte Sätze; der Eine enthält die 
Einstellungen „über dem Bild“ (d.i. bei Verkürzung des Fernrohres 
gemacht), wo die Ablesung beider Schlitten kleiner als 60 sind, der 
Andere, für welchen die Zahlen beiderseits grösser als 60 sind, die 
Einstellungen „unter dem Bild“ (d.i. bei Verlängerung des Fernrohres 
gemacht). 

Diejenige Stellung des einen oder anderen Schlittens, in welcher 
die betreffende Objectivhälfte den Stern möglichst deutlich, als Punct 
zeigt, findet sich sehr häufig angemerkt und zwar mit der Bezeichnung: 
„Bild.“ Sie ist nicht ganz unveränderlich, weil das Ocular des Fern- 
rohres in ein besonderes Rohrstück eingesetzt ist, welches in dem 
Hauptrohr verschiebbar ist, und bei anhaltendem Gebrauch des Instru- 
mentes seine Stellung durch ein langsames Gleiten verändert; die jedes- 
malige Stellung dieses „Ocular-Stutzens“ kann an einer besonderen in 


207 


Pariser Linien getheilten Scala abgelesen werden, und findet sich öfter 
bei der Angabe des Orts des Bildes mit angeführt; ihre Zahlen wach- 
sen, wenn der Ocular-Stutzen herauswärts gezogen wird; der Nullpunct 
ist auch hier ein willkührlicher. — Für die Berechnung der Beobach- 
tungen ist übrigens die Kenntniss des Orts des Bildes nur in seltenen 
Fällen nothwendig, weil man, wenn auf beiden Seiten desselben (,„über“ 
und „unter“ ihm) beobachtet ist, das Helligkeitsverhältniss besser aus 
den ganzen Verschiebungen ableitet, welche die beiden Objectivschlitten 
von der Einen Seite bis zur anderen erhalten haben. 

Wenn ein Stern von hinreichender Helligkeit mit einem bedeutend 
schwächeren verglichen ist, so findet sich gewöhnlich der Schlitten, 
welcher die den helleren zeigende Objectivhälfte trägt, bis an das Ende 
des Schlitzes verschoben, in welchem er läuft. In diesem Falle ist in 
der betreffenden Columne statt einer Zahl ein Strich (—) gesetzt; die 
Zahlenablesungen, welche dieser Strich vertritt, sind folgende: 

Öbjectivschlitten A. Öbjectivschlitten B. 
Beobachtung über dem Bild: 15,98 15,98 
en unter dem Bild: 109,17 109, 23. 

Während der wiederholten Einstellungen, welche auf Einer Seite 
des Bildes auf gleiche Helligkeit der zwei Lichtflächen gemacht sind, 
behält fast immer der Eine der beiden Schlitten seine Stellung unver- 
rückt bei. Dieselbe ist dann nicht zu jeder neuen Einstellung des an- 
dern Schlittens auf’s Neue abgelesen und angeschrieben, sondern findet 
sich nur neben der ersten, oder (was bei den neueren Beobachtungen die 
Regel ist) neben der ersten und wieder neben der letzten Ablesung des 
zweiten Schlittens notirt. Die beiden Ablesungen, welche im letzteren 
Falle angeschrieben sind, können um 1 oder 2 Zehntel einer Linie ver- 
schieden sein, obgleich sie sich auf dieselbe Stellung des Schlittens be- 
ziehen; diese Differenz rührt von der nicht ganz übereinstimmenden 
Schätzung der Zehntels-Linien her. 

Wenn die Lichtfläche des Einen Sternes dadurch verkleinert wor- 
den ist, dass durch theilweise Schliessung des zu seiner Objectivhälfte 
gehörigen „Quadratschubers‘“ die Oeffnung dieser Hälfte verengt wurde, 
so ist dies durch das Zeichen T angezeigt. Wenn dasselbe in der Co- 


lumne ohne eine darin vorausgehende Zahl allein steht, so befindet sich 
Abh.d..C1.d.k. Ak.d. Wiss.X. B. 1. Abth. 27 


208 


der zugehörige Objectivschlitten an der Grenze seiner Verschiebbarkeit. 
Ist die Oeffnung besonders stark verengt worden, so ist das Zeichen 
OD gesetzt. Das Zeichen $ bedeutet, dass der vorher theilweise ge- 
schlossene Quadratschuber wieder ganz geöffnet worden ist. 

Die Zeichen > oder < finden sich den Ablesungen dann beigefügt, 
wenn nach dem augenblicklichen Gefühl des Beobachters, welcher die 
Einstellung machte, die eingestellte Zahl eher zu gross als zu klein (im 
ersten Falle), und eher zu klein als gross (im zweiten) sein möchte. — 
Da diese Zeichen doch nur dann gebraucht worden sind, wenn der Be- 
obachter eine Verrückung des Schlittens auf eine andere Zahl immer- 
hin für misslich hielt, so haben die Ablesungen, bei welchen sie stehen, 
in meiner Reduction dasselbe Gewicht erhalten wie die übrigen. 

Die beigefügten Anfangs-Buchstaben der Namen der beiden Beob- 
achter, s und 1, unterscheiden die Einstellungen eines jeden bei den ge- 
meinschaftlich angestellten Messungen. 

Die Bemerkungen, welche im Original-Journal über meteorologische 
Umstände beigefügt sind, wurden da, wo sie unnöthig weitläufig schienen, 
in vorliegender Copie gekürzt, so dass sie sich hier nicht immer. wört- 
lich, aber doch getreu dem wesentlichen Inhalt, wiedergegeben finden. 
Ebenso wurden manche ausführlichere Notizen, die im Journale über die 
Constellationen um die beobachteten Sterne etc. beigefügt und zum Theil 
mit Figuren erläutert sind, hier weggelassen, soferne über die Identität 
dieser Sterne kein Zweifel mehr bestehen kann; diese Notizen wurden 
ursprünglich von dem unter den kleineren Sternen noch nicht genug- 
sam orientirten Beobachter nur beigefügt, um sich . nachträglich mit 
mehr Musse die erforderliche Sicherheit zu verschaffen, dass der rich- 
tige Stern sich im Rohre befand; wo dieser Zweck erreicht ist, haben 
sie keine weitere Bedeutung. 


1852 März 7. C. dl U./— 0m 


Nachmittag und Abend ganz reine Luft. 
Nach @) Untergang starker schwarzer Dunst 
am Horizont in S. und SW., der sich später 
wieder verliert. 


Nr. 112 Sirius und Capella. 


ER 
36.8 1 Mondhelle fängt an 
merklich zu werden. 


12 0 832 s 
14 86.6 1 Sirius flammt etwas. 
15 86.6 3 

16 s621 


Capella mit sich selbst verglichen. 


12h 20m & flammt etwas. Heller Mondsch. 
26.6 Ss 23.7 
DO 


102.4 


102.4 


Nr. 114 Wega u. Capella. 


12h 52m 98.45 93.9 s W. flammt zieml. st. 
91.4 1 
13 0 94.15 8 
90.7 1 
8 93.7 s C. fHammt jetzt auch. 
91.1 1 
14 Dal Ss 27.6 
19.0< 1 
20 242 Ds 
DET: 27.6 


1852 März 8. C. d. U.+ 0m,9. 


Prachtvolle Nacht. Viel weniger Hori- 
zontal-Dunst als gestern. 


Nr. 119 Rigel und Capella. 


7h 58m 274 8 24.4 
29.3 1 
28.2 8 
Sr. 2 30.0 > | 
5 100.8 s 102.7 
IE:ITEI 02.7 
11 98.0 8 
13 99.7 ı 


209 


Nr. 120. Beteigeuze und Capella. 


$h 20m 09 s — 
or 

24 90.9 8 
92321] 

26 884<s 
Sl 
30.3<s — 

36 s022 1] 

38 321>s 

41 Sram] 


236 >s 214 


102.9 < s 104.7 
103.9 1 1047 
102.4 s 
104.6 1 


1852 März 9. C. d. U.+ ml. 
Nr. 122. Sirius und Capella. 
Th 15m5 — 596 s 
[)J 39.2 > 
36.0 Farbe stört. 
56.7 


al 37.3 


— 863 < 

86.0 > 

25 85.8 > 
84.6 


Nr. 124. Procyon und Capella. 


8 16 339>s 285 
32.4 1 


Beobachtung muss abgebrochen werden, 
weil das Licht Procyon’s plötzlich geschwächt 
wird. Dunst und Höfe um die %%. Orion 
fast glanzlos. — (Vorher war nichts Verdäch- 
tiges bemerkt; (@) Untergang war wie gestern.) 


Sirius mit sich. 


Das Licht des #%£ wechselt beständig in 
Folge des Zustandes der Luft.) 


19.3 8 19.7 


210 


92.4 
104.9 
102.2 
105.0 
104 4 
106.8 


A. B. 


104.2 


-um—_ un 


7. [62.25 #1 61.9 1 
Bid: (015 s 014 s 
Wolkenbildung beginnt. 
1352 März 12. C.d. U. + 3m,8. 
Nr. 126. Procyon und Capella 


7ı 54m 24.3 s» 1192 

Gleich darauf Capella nicht mehr sicht- 
bar. Zustand des Himmels war schon vorher 
etwas verdächtig erschienen wegen Spuren 
von Höfen um die % »% deren Dasein jedoch 
nicht ganz sicher constatirt werden konnte. 


Rild: 608 s 61.2 


Sirius mit sich. 


32T 3 31.3 Wallt sehr st. 
32.9 <T 

933 95.9 

95.9 


Um $Sh 8m Alles bedeckt. (Am Nachmit- 
tag und Abend, bis nahe au (@) Untergang 
oder noch länger, war der Himmel bedeckt 
Erst um 7'/ Uhr war der Beobachter über- 
rascht, ihn hell zu finden.) 


1852 März 14. C.d.U.—+ 5m,5. 


Tag heiter, aber sehr kalt. 
Nr. 128. Procyon und Capella. 


Th Hlm 20.8 Asa 
236.8 
218 s Sehr schön ruhig. 
Dora]! 
22.2 5 
223 
104>s — 
104.6 1 
103.4 > s 
1033 1 


Nr. 123. Rigel und Capella. 


&ıh 12m 994 s 103.3R.walltetwas. 
103.7 1 
IE.N<TS 
101.2 1 R grünlich. €. gelb- 
97.3 Ss röthlich 


39.6 gut ] 103.3 


24.11, S 18.8 
20.0 1 
24 <s 
23.4 1 gut 
29 21.20 2] 2418478 


Capella mit sich. 


1032) 104.8 
104.7 s 
102.4 ] 
100.1 s 
19.4.8 910835 
Kehl Il 
193738 
19.6 1 


1852 März 18. C.d.U.+5m5. 


Tag ganz wolkenlos, Himmel für die 
Jahreszeit sehr tiefblau. Nach (@) Untergang 
unten am Horizont schwarzrothe Nebelwolken 
und etwas höher hinauf schwarzer Dunst, der 
sich gleich jenen mehr und mehr verliert. 
Ausgezeichnet schöne Nacht. 


Nr. 153. Sirius und Capella. 


Th 37m — 880 > 1 Beide sehr ruhig. 
33.0 

aaa Farb - Unterschied 

stört sehr. 

35.8 s (Violet und gelb.) 

— 368 1 
45 — 87855 gut 

[88.4 1 
89.0 s 
88.4 1] 


Nr. 134 Rigel und Capella. 
sh Om 96.2 s 101.4 


187 


wvcowiv 
HvPeikvV 


14 


Nr. 1355. Procyon und Capella, 
sh 18m 23.8 8 18.7 
33.4 1] gut. Die Fixstern- 
Vergl. gehen 
98.1 s 103.7 heute vorzügl. 
ggrozaı gut wegen des 
97.6.8 ganz ruhigen 
30.5 95.4 1 Lichtes. 
Nr. 157”. Regulus und Capella. 
9h 5m 
sa s E] 
ale 
31.9 8 
34.0 1 
908 s U 
89.8 1 
91.2 s 
90.3 1 
18.5 


Procyon mit sich. 


96.9 
104.5 
100.2 
106,2 
102.0 
101.7 


HvWwbN 


rn 
Hooiv 


Horn mo 


Hu eıo 


102,4 


Nach dem Urtheile von 
s ist in dieser Stel- 
lung das A um et- 
was, aber nicht um 
viel, zu dunkel. 


19.4 


1852 März 19. 


Nicht völlig so schön wie gestern. 


C.d.U.+5m5. 
Tag 


hell; gleich nach @) Untergang bilden sich 
Wolken, besonders in Ost, die sich nach kaum 
einer halben Stunde rasch wieder auflösen. 


Nr. 139. Beteigeuze und Aldebaran. 


7h 38m 


103.7 
102.8 
1016 
103.8 


wvrobbv 


woHw 
wow 


-on oo 


urn 


99.6 


234.2 


2m 


Nr. 140. Beteigeuze und Üapella. 


&h Im 


21 


Mars mit sich. 
100.2 s 102.0 
1033 <|1 
100.3 s 
1015 1 
20.0 s 20.1 
289 1 
235 8 
2390] 


1852 März 20. 
Tag war ganz hell. 


Nr. 145. Sirius und Capella. 


Sh 5m 


61 


— 887 >3s 
86.9 1 
86.1 s 
88.8 1 
87.1 3 
89.4 1 

— 35.0 s 
35.6 1 
35.4 Ss 
aus 
34.4 8 
36.1 1 


O8d. U. 4 Tm.a. 


S. flammt sehr st. 


Procyon mit sich. 


101.6 < s 
106.4 1 
105.4 s 


20,4 


105.2 


212 


105.6 1 105.2 


104.1 s 
1043 1 
N B. 
Bild: 62.0 1 61.9 
61.0 5 ei 
62:38. .1 Due1:e 
619: 8 560.7 
62.6 1 618 
609 s 609 
1852 März 22 G.d. U. + 10m,7. 


Heute der Würfel mit den Prismen abge- 
schraubt, die Gläser möglichst gut von Staub 
gereinigt, dann die Prismen neu berichtigt. 
Luft heute sehr gut. 


Nr. 148. Rigel und Capella. 


7h 55m 101.8 s 
100.4 ] 

98.2 s 

99.1 1 


R. flammt etwas. 
gut 

22.1 — 

20.4 

21.4 

8 6ungefähr. 23.6 


Huoeo 


" Nr. 150. Polarstern und Aldebaran.: 
29.5 95.7 


[6 SE SU So} 
SODH%©0 


47 


Capella mit sich. 


22.1 


|) 

[db] 

-ı 
mo momn 


22.0 


105.6 1 105.4 
103.4 s 
105.9 1 
103.0 > s 
106.3 1 
s 


105.7 


1852 April 13. C.d. U. + n,3. 


Nr. 154. Sirius und Capella. 


Schwierig einzustellen, wegen Verschieden- 
heit der Farbe und starken Wallens von Si- 
rius. 

7 Am — 90.6 8 


8 3 907<1 

Bei zunehmender Dunkelheit werden jetzt 
die &% des Hundes, beträchtlich unter Si- 
rius, gut sichtbar. 


Nr. 155. Aldebaran und Capella. 


10 859 >Is IT — 
87.4 gut s 
837 —<S 


86.6 1 A. flammt etwas. 


NB. 48.4<° s — NB. Statt 48 ist 


NB. 48.3 1 ohne Zweifel zu le- 
40.0 s senöß. 
376 1 Nach der3.Ablesung 


41.5 s (40,0) dies bemerkt. 
36 40.3 >| 
Wenn versuchsweise Schlitten A auf 48 
gestellt wird, ist das Lichtphantom von Al- 
debaran viel zu hell. 


Sehr schöne Nacht. 


1852 April 16. C.d..U + Im,6. 
Nr. 157. Sirius und Capella. 


$h 14m — 334 s 
343 1 Zunehmendes Wallen 
32.5 8 von Sirius. 
Sarg] 


213 


— 923 s Nr. 165a. Capella und Arcturus. 
37 
954 s $h 4gm 98.6 1 101.4 
929 71 ganz 
100.4 1 
Unter Sirius sind #%% von nur der halben 991 s 1013 
Höhe gut sichtbar. So auch Rigel, der noch 
weniger als halbe Höhe hat. 202 1 18.9 
20.9 8 
21.4 1 
8 59 21.5 s 
Mars mit sich. 
21.7 s 22.6 
23.7 1 Nr. 165b. Arcturus und Capella. 
24.7 83 
23.3, 1 22.6 Ih 8m 25.6 8 23.0 
25.4 1] 
101.2 < s2101.9 22.9 3 
101.7 1 23.6 1 
102.3 s 
101.3 1] 101.9 101.0< s 102.5 
105.1 1 
- 102.7 8 
104.3 1 
Nr. 159. Wega und Capella. 1019 s 
28 103.3 1 102.4 
(Beobachter s allein.) 
11h 23m — 100.3 
98.7 Nr. 168. Spieca und Arcturus. 
97.8 C. flammt ungemein st. 
97.6 12h 51m 92.9 5 — 
96.2 1 
22:4, 1775) 91.6 < 3 
ER 95.9 1 
38 27.6 STIER] 
290 s 
Ban 
Bild: (Jupiter) 61.0 60.7 280 s 
3035 1 
29.9.8 
13 13 30.3 1 
1852 April 17. €.d. U. 7 9m2. Diese Vergleichung ist durch die rothe 


Farbe des Arcturus sehr erschwert. 


Nr. 163. Sirius und Capella. 


7 505° — 


34.2 3 ° 
359.1] 1852 April 
STESEES . 
304 1 Nr. 173. 
32.8 8 n 
Das Flammen von Sirius sehr störend. I Sa 
— 91.3 s 
922 1] 
90.0 8 des (Professor 
8 0 92.0 1 


nommen.] 


21. C. d. U. — 1m,0. 


Wega und Arcturus. 


94.8 s 

942 H’ Mit H sind die 
93.1 s Einstellungen eines 
93.4 s  besuchenden Freun- 
Harless) bezeichnet. [Bei der 


Reduction sind dieselben nicht mit aufge- 


214 


24.6 26.6 s BEER) ET — 
22,3 H Ins] 
26.4 s 92.2 s 
12° 11 25.3. 8 90.8 1 
245 287 H 
Heute etwas starker Dunst am Horizont. 2 7 = = ma 
Nr. 188. Wega und Arcturus. 
Farbeunterschied stört heute sehr wenig. 
1852 April 22. C.d. U.— 0m,8. 19h am 41 979 s 
Nr. 178. Procyon und Capella. 274 1 gut 
381 Ss 
gh 48m 635 47 a 
a! 4 
273 8 
= 100.3 023 s 
%.0 s 101.3 6 1 
96.081 944 s 
9.7 5 e 19745 935 1 
100.3 1 zu gross, wie nach- 934 1 
94.0 < s her erkannt. [Ge- ; 
9 12 96.7 1 wicht !/ bei der Re- 
duct.] zn 
arten nt er, en > Arcturus mit sich. 
{ a 22.8 8 213 
Mars mit sich. 2121 
224 8 
27.3 > s. 23.6 218 1 
22.4-1 24.2 s ... (schnell gemacht.) 
za 2alcL 24.2 
247 1 
95 s- 101.6 100.93 s 102.4 
100.4 1 102.4 1 
100.0 s 100.3 s 
100.9 1 102.3 < 1 
Zuletzt werden die Einstellungen schwie- 103.6 
riger für beide Beobachter, wahrscheinlich 1014 1 102.4 
wegen Ermüdung der Augen. 
(Es sind vorher auch Beobachtungen an en 
Planeten und am C gemacht.) 
: Nr. 190. Antares und Ärcturus. 
h; 13 43 412.4 5 — 
1852 Mai 15. 0.d. U. — 3m,4. ls 
Ar 
Prächtige tief schwarze Nacht. zZ 
Antares Hammt sehr stark. 
Nr. 1897 Spica und Arcturus. 
81.4 s gut 
12h Gm 3128 — s10 1 
283 1 gut P 
g 3145: 0 
a 142 0 81.6 1 
30.6 1 ”y 


Sp. flammt etwas. 


1852 Mai 18. C.d.U.+ 7m,0. 


Feuchte Luft. — Wetterleuchten in W. 
Wolkenbänke fast rings am Horizont; vor 
der nachstehenden Beobachtung rücken Wol- 
ken von N. rasch bis in die Gegend von Cas- 
siopeja und dem Schwan, ziehen sich aber wie- 
der zurück. Himmel tief schwarz. Sterne 
glanzvoll und funkelnd. 


Nr. 194. Spiea und Arcturus. 


Sp. flammt ausserordentlich stark. Auch 
Areturus etwas. Unter der Jungfrau ist der 
Horizont freier als in anderen Azimuten. 


11h 41m5 80.7.3 — 
30.6 1 
32.8 Ss 
el 


35.2 ::s [Halbes Gewicht b. 
323 der Reduct.] 


Das Flammen von Spica nimmt immer 
mehr überhand und lässt kaum einen Moment 
etwas ruhig. 


1 
0*) 1 Gegend von Spica 
2 8 wird jetzt ver- 
dächtig. 
*) ] findet nachher Sp. bei dieser Stellung 
viel zu dunkel. 


12 0 


Weniger als eine Secunde nach der letzten 
Einstellung ist Sp. verdeckt durch ein losge- 
rissenes Wölkchen, welches vom Löwen her- 
über zog. Nach 3 Minuten ist sie wieder 
frei. [Die 3 Einstellungen unterm Bild b 
der Reduction ausgeschlossen.]*) 


Jupiter mit sich. 


Ganz ruhiges Licht. 


’ 


105.3 1 103.7 

1042 s Das von Pris- 
105.4 1 ma B erzeugte 
1052 s Bild ist mehr 
104.3 1 röthlich. von 
1042 s 103.6 A mehr bläu- 


lich. 


*) Die Ablesung des Bildes war: 


für s: 61.20 60 89 
„ 1: 62.20 61.64 


Abh. d. II. Cl.d. k. Ak. d. Wiss. X. Bd. I. Abth. 


215 


ee! 21.7 
214 Ss 

20.6 1 

23.9 >s 
el 

20.0 s 

Sl 

23.6 Ss 21.7 


1852 Mai 21. C. d.U. + 2m,5. 


Nach @) Untergang etwas Regen, und 
fernes Gewitter. Zwischen 9 und 11 Uhr 
wird der Himmel hell. Unten am Horizont 
ferne Wolken. Wetterleuchten in NW. 


Arcturus mit sich. 


99.6 1 973 
963 s 

98.4 1] 

93.0 8 

98.7 1 

94.6 8 972 
207 1 21.6 
23.2 83 

21.5 1 

218 8 m] 
22.4 1 [) 
214[)Js 8 
21.3 |)1 gut. 


Nr. 196. Arcturus und Wega. 


12h 13m 26.4 8 21.6 
EN 
24.6 8 
PR | 
94.8<{s 102.0 
92 1 
96.8 s 
29 96.85 1 


Luft scheint äussert klar. Himmel ganz 
voll kleiner &»#. 


ee TTTÖÖÖö— nd 


1852 Oktober 14. C.d. U. — 17m,T. 
Nr. 2083 Attair und Wega. 


sh 45m 32.3 — s. allein. 
31.2 < Beide flammen. 
33.7 
31.5 


28 


216 


y32 — Schlitten geht auf 
91.7 dieser Seite schwer. 
91.4 Flammen bei A nımmt 
8 55m IT SEEEZUN 
Bild: 622 61.4 


61.6 616 [Beobacht. s] 


Die hohen Gegenden des Himmels sehr 
klar. Nahe dem Horizont einzelne horizon- 
tale Wolkenstreifen. 


Wega mit sich. 


24.9 24.3 
26.8 
24.0 
25.8 244 
103.0 104.6 DJ] 
103.9 
103.4 S 
103.6 104.6 


Nr. 204. Attair und Deneb. 


9h 2m — 2 
24.8 < 
22.8 gut. 
22.9 


— E70 

100.6 

101.4 

40.5 101.0 


In NO. sind die Wolken höher heraufge- 
rück. — Am Tage war der Himmel etwas 
streifig. 


1852 Oktober 17. C.d.U. — 2m,8. 


Himmel Nachmittags ganz rein. Scheint 
auch jetzt völlig klar. 


Attair mit sich. 


3 
24.75 
25.85 25.1 


97.7. 97.0 
IT, 
94.6 
96.4 
96.4 
96.6 
96.8 

97.7 98.6 


vruaruau mm 


Nr. 206. Deneb und Polarstern. 
7h 45m 


Nr. 207. Fomalhaut und Wega. 


&h 24m 43.7 s — F. flammt stark. 
43.6 1 
43.9 s gut [U] 
42.3 1 
Zeit verloren mit neuem Aufsuchen der +& 
8 46 80.5 8 NS 
81.8 1 
81.327 Em] 
89.5 82.0 1 
Distanz 910.8. — Umstände wohl so gut 


als sie bei dem südlichen »% zu hoffen sind. 
Flammen war leidlich. 


1852 November 4. (.d.U.— mE. 


Nr. 208. Fomalhaut und Wega. 
s allein. F. lammt stark. 


7h 57m 4.7 < 
45.6 Einstellung An- 
444 8 fangs beschwer- 


42.7 gut []|_Jlich, bis das Auge 


43.6 gut sich gewöhnt. 
77.4 N 

78.2 

78.30 jaja! 

77.6 

80.6 = 


8 18.5 79.3 


F. ziemlich nahe stehen am Horizont Wol- 
kenstreifen, die sich während der Beobach- 
tung mehr entfernen und verlieren. Die hohen 
Gegenden des Himmels von herrlicher Klar- 


heit. 
Bild: 62.4 61.3 
Nr. 209. Wega und Capella. 
8h 28m 26.9 30.2 
30.1 Farben sehr störend. 
EU T, 
26.5 29.8 Flammen von C. stört 
sehr. 
99.3 96.0 
96.3 > 
95.6 
42.5 993 95.7 


Deneb mit sich. 


99.35 


U 


Nicht zu verwerfen. 


Auge schon etwas 
ermüdet. 


NB. Schlitten B geht nicht recht leicht. 


Während der hiernach folgenden Beobach- 
tung Nr. 210 (Saturn und Wega) ist der vor- 


her so schöne Himmel 


ganz überraschend 


schnell sehr stark dunstig und nebelig ge- 


worden. 


217 


Beobachtungen wieder aufgenommen 1855. 


1855 April 19. 


C.d. U+ 3m,0. 


Nr. 212. Beteigeuze und Aldebaran. 
$h 15m 26.0 29.7 s Bet. flfammt. 
29.6 1 
30.7 >35 
80.7 1 gut 
94.2 s 894 
90.6 1 
93.7 s Hiernach Zeitverlust, 
weilB.aus dem Feld 
98.05 verloren war. 
41 100.4 Flammen jetzt beide 
sehr stark 
Nr. 213. Regulus und Capella. 
52 %07 s — Beide ruhig. 
97.4 1 
90.9 s gut 
94.0 1 
9275 m 
90 918 1 
Sars m] 
35.0 1 
34.2 8 
33.4 1 
Capella mit sich. 
31.3 s 29.3 
aA] 
308 8 
32.0 1 
29.4 Ss 
31.6 1 29.35 
95.9 s 98.6 
92 1 
94.6 s 
98.6 1 
97.0 8 
956 1 
96.5 s 
98971 
97.4 8 [J 
96.3 1 98.6 [] 
Bild: 8 92.5s 926 C 9255 s 62.0 
64.0 1 63.3 63.7 1 62.9 
63.4 = 62.6 62.2 s 8.61.85 
63.6 1 63.3 63.6 1 63.3 


28* 


218 


1855 August 1. C. d. U.— 5m,5. 


Nr. 216. Areturus und Wega. 
9h 18m 32.3 22.1 [07] 
209 [] 


21.6 
212 DD 


935 112 OD 
102.9 8 
1013 U 
101.4 


A. flammt etwas. 


32.4 


35.8 


Attair mit sich. 


24.6 
25.3 
24.5 
24.0 


104.7 
102.5 
102.3 
103.6 


102.5 1046 


Bild: 65.8 65.5 


Ein einziger langer bogenförmiger Wolken- 
strich hat sich in W. gebildet. Geht (um 
10h 30m) bis auf / der Höhe von Aretur 
herauf. Spannweite fast 180%. 

Im übrigen die Nacht, wie der Tag, sehr 
schön. (Bei Tage das Gebirge schwach sicht- 
bar.) 


Beobachtungen neu aufgenommen 1857. 


1857 Februar 19. C.d.U.—0. 
Rigel mit sich. 


102.0 s 104.1 
102.0 1 
100.3 s 
99.0 1 Weil R. etwas flammt, 


jetzt statt seiner: 


Saturn mit sich. 


9a, 
100.0 1 
100.2 s 
101.4 1 1041 


(Die Beobachtungen über dem Bilde folgen 
hernach.) 


h 


Nr. 224. Sirius und Rigel. 


5m — 
D 
17 oO 
5 

21 


Distanz am Kreis abgelesen: 


Flammen von 8. ge- 
nirt sehr. 


240.1. 


Saturn mit sich. 


Bild: 


1857 Februar 20. 


(Fortsetzung.) 


28.9 s 20.8 
29.0 

309 s 

2665 1 

27.08 

en 

DIS 3 

Pe)! 

26.1 >5 

26,0, 1 20.8 
66.0 8 65.35 
67.0 1 66.6 


Jupiter mit sich. 


(s alllein.) 


102.6 — 
105.3 
104.4 
104.9 
104.2 
104.4 
102.8 
104.4 > 


23.2 — 
23.6 


C.d. U. + 3m,3. 


219 


25.1 —_ 104.9 — 
22.5 gut 104.5 
22.6 
22.6 un — Am. 
21.3 
248 Nr. 230. Procyon und Bellatrix. 
7h 20m — 97.9 NB. Strassen - Laterne 
1 } 94.7 blendet sehr. 
Nr. 225. Aldebaran nnd Beteigeuze. 97.0  Procyon flammt etwas. 
Tu 50m 70 <5 — a 
23.3 1 Zu schwach. Licht. (Bis hierher s allein.) 
ln 28 952 1 
Fr 957 1 
Jetzt Schlitten B anders gestellt, weil das 97.4 1 
Licht zu schwach war. 32 97.2] 
43.2 1 
20, 101 
8 25 42.0 1 290 1 
5.5 89:04.,84110 93:6 32.5 s gut. 
90.0 1 29.7 1 
89.4 s Noch immer schwer 26.9 s 
89.1 1 einzustellen wegen 3381 
89.1 s schwachen Lichtes, 317 s 
888 1 und weil das Auge Ta 310 1 


von Laternen etc. geblendet ist. 


Distanz abgelesen 200.1 Distanzkreis: 340.1. 


Bild: 664 s 66.0 
Nr. 231. Procyon und Rigel. 


1857 Februar 23. (.d. U.— 10m,5. —— IE Sms Beide Aatimen 
263 1 stark. 
Nasskalt. — Himmel ganz rein. 263 8 
| el Sue] 
Jupiter mit sich. 278 8 
26.9 1 
19 8 305 s Flammenaugenblick- 
19.5 23 246 1 blicklich wenig. 
ao 25.5 100.6 s — 
215 98.9 1 
101.6 s 
102.6 — Sa 
105 4 38.5 <s 
103.3 100.9 1 
104.3 1012 >s 
103.5 37.5 101.3 1 
104.4 


Distanzkreis: 390.9. 
7 
.3 Bild: 66.0 s 66.2 


220 


1857 Februar 26. (.d. U. — 6m,0. 


Nr. 233. Sirius und Stern im Gürtel 
des Orion. [d Orionis.] 


Ein anderer % von nahe gleicher Hel- 
liekeit und gleicher Distanz von Sirius, höher 
als der erste, ist bei der Stellung auf das 
Bild zugleich im Feld. 


7h 35m — 81.18 S. flammt sehr st. 
78.5 1 
— 49978 
39 50.0 


Aeusserst schwer einzustellen wegen grossen 
Helligkeits-Unterschiedes und starken Flam- 
mens. Die Beobachtung nur gemacht, weil 
der % zufällig in’s Rohr gebracht wurde. 

Distanzkreis stand auf 220.7. Correction 
seines Nullpunctes —- 10.05. 

!/ı Stunde später befindet sich Sirius in 
Dunst. 


Procyon mit sich. 


IOEHD 0 — 
104.6 1 
102.4 > s 
103.8 1 


EL DEN  — 
24.0 1 
242 s gut 
23.3 1 


Bild: 66.6 1 66.0 


L—ee TEE 


1857 März 1%. C.d. U— 2m,5. 
Venus mit sich. 


25.0 — 
22.2 < 


24.3 Ns 
25.0 


102.9 = 
105.0 


1031> 8 
104.8 


s allein. 


Nr. 2355. Sirius und Rigel. 
7 31m5 — 37.25 S. flammt sehr st. 
37.7 
36.6 


O 
DO 913 
8 879 
90.4 
41.5 89.6 


Instrument war auseinandergenommen wor- 
den. Gläser gereinigt. 


1857 April 20. 0.d.U.— 0. 


Bild: 64.0 1 63.0 TMmA Sirius, 
63.0 s 62.35 in B Venus. 


Nr. 239. Procyon und Capella. 


C. dammt etwas, P. noch stärker. -— Heute 
im Ganzen schwer einzustellen, weil die 
stark funkeln. 

8 45.5 100.6 s 104.7 
100.3 1 
50.5 98.6 8 

l 104.7 


52.5 26.8 22.0 


DvWwt 
DS 5 


Saturn mit sich. 


25.4 8 22.0 
24.4 |] 

26.3 >s 
Seren 

23:9, 28 

24.4 1 22.0 
23.9 s 21.4 
26.0, > 12743 
101.1 s 102.0 
100.0 1 

Gele) 

101.8 1 

100.5 s 
100.4 1 101.95 


Nach dem Gefühl der beiden Beobachter 
werden die heutigen Messungen nicht beson- 


1857 Mai 14. 


Vormittag wolkig; 


Od: 0. 
gegen Abend ganz 


rein. Nach @) Untergang rosa Schein um den 
Horizont. Purpurrothe Abendröthe tief unten 


inW 


&h 29m 


Arcturus mit sich. 


349 s 34.0 Noch sehr 
36.0 1 hell. 

34.8 s 

Sara 34.1 

28.9 >s. 25.0 

95.801 


Die Beobachtungen unter dem Bild s. her- 


nach. 


Nr. 241. 


9b 35m.d 
stark, ganz besonders Pollux. 


42.5 
46 


Bild: 


Pollux und Castor. 


317 s 32.8 Flamm. beide 
ee! 

31.6 s ruhiger. 

33.65 1 C. erscheint grünl. 
33.6 neben P (Prisma?) 
34.6 1 32.8 
102.5 s 101.67 

104.2 1 

1012 s 

103.2 1 Zuletzt ruhiger als 
103.75 s vorher. 

12 2101.7 
” 
63.0 s 62.7 
63.9 1 63.0 


Distanz 40.5. 


Arctur mit sich. 


(Fortsetzung.) 


101.5 


Nr. 272. 


10h 20m 


1857 Mai 15. 


Tag sehr schön. 


221 


Regulus und Spica. 

29.5 s 22.0 Flammen st. 
30.3 1 S. erscheint 
31.2 s grünlich, R. 
28.8 1 22.0 röthl. 

96.8 103.1 

95.6 

95.65 <s 

94.6 1 


Cd. U. — 0m,6. 
er%& flammen viel We- 


niger als gestern. 


11h jou 


Jetzt 


Nr. 243. 


Spica mit sich. 

103.0 s 105.2 

104.1 1 

100.3 s Auge geblendet 
1049 1 vorher. 

103.3 s 

102.2 1 

104.5 s 

102.6 1 105.2 


Arcturus mit sich. 


104.0 s 105.2 


105.15 1 


24.25 s 
23.95 1 
22.6 S 
23.6 1 
DOES 
De! 


20.1 


20.05 


Wega und Ras Alhague. 


Stellung etwas unbequem. 


11h 55m.5 


12 7 


— 44.0 


222 


Nr. 244. Arcturus und Gemma. 


12h 32m.5 — 


43 


54.5 


43.5 > s 


Nr. 245. 
13h 3m 94.7 


12 94.66 
14.3 31.15 


20 


Arcturus und Wega. 


100 0 
98.2 
99.6 
96.9 

100.7 
97.0 
98.8 
RS | 


Farbe sehr hinder- 
lich. 


ERETn E tirg7 


242 >s 

26.3 1 

22.0 nicht < s 
Dar 

24.4 3 

220,21 


1857 Mai 21. 


C.d. U. + 0m2. 


Seit gestern reiner Himmel. — Tag über 
wenig Wolken. — Unten in W. Wolkenbank. 


Arcturus mit sich. 


8 38 31.9 s 30.0 »& fl. etwas. 
315 1 Wegen Dämmerung 
32.4 s noch schwer einzu- 
322 1 stellen. — Farb- 
31.6 < s unterschied d. Pris- 
323 1 men ziemlich stö- 
rend. (A bräunlich B bläulich.) 
47.5 102.0 s 103.4 [] 
Tool 
101.75 s 
102.8 1 
102.4 s 
535 103.3 1 103 & 


Nr. 246. Denebola und Regulus. 


R.flammt sehr 
stark. 
nicht zu verwerfen. 


9h 20m ,5 96.0 gut s — 


96.4 1 


s 

1 
9.7 8 
29 96.0 1 


3l 33.4<{s R. jetzt etw. ruhiger. 
32.4 | 


39.5 sl 


Nr. 247. Arcturus und {Ursae major. 


9 49m 5 — 402 s A. ist zieml. ruhig. 
39.8 1 
42.1 s 
39.6, 1 
57.89, 00 783.878 
82.0 1 DasA, welches von 
U) 842 s demkl. Nachbar von 
84.5 1 Sherrührt,vermischt 


*sich nicht mit dem von £. 


Nr. 248. & Ursae majoris und y Ursac 


majoris 
10h 13m 95.6 s 92.4 
el 
98.5 s 
20 98.3 1 92.4 
22.5 276 s 32.8 
sis 1 
” 29.2 8 
831.3 1 Lage des Auges et- 
289 s was unbequem. 
30 34.9 1 32.85 


Nr. 249. yUrsac maj. und @Ursac ma). 


10h 37m 30.9 s 24.6 
30.7 1 
329 8 
41 Bars] 247 
44 97.4 s 101.6 
96.4 <<] 
96.0 s 
49.5 949,15, 310h7 


Nr. 250. 
10h 53m5 


ll) 


yUrsae maj. und ? Ursae, ma). 


97.3 S 99.2 
96.9 1 
97.7 8 
96.2 1 99.3 
al Ss 25.1 
29.0 1 
30.0 s 
28.5 1 25.0 


Alle »#% flammen ziemlich stark. 


Nr. 251. yVrsae maj. und dUrsae ma). 
12.5 31.2 40.0 s 
40.4 1 Geht etwas 
40.2 s schwer,we- 
22 31.25 40.3 1 gend schw. 
Lichtes. 
24.5 91.6 804 s 
7991 
80.2 s 
29.5 91.5 80.4 1 
Nr. 252. y Ursae majoris und &ÜUrsae 
majoris. 
36.5 Ska S — 
28.4 1 
35.3 s NB. Geblendet vom 
Bas Aufstecken einer 
33.8 s neuen Kerze. 
45 345 1 
AD 88.6 s 101.1 
89.3 1 
82 s 
52.5 91.5° 1 71082 


Nr. 253 yUrsae maj. und 7„Ursae major. 


56.5 

12 0 
12 3 
8 


86.2 8 964 
85.5 1 

86.0 > s 

820, 1 96.25 
40.8 s 29.2 
40.5 1 

40.5 s 


46 >1 292 


Abh.d.II.Cl.d.k. Ak. d. Wiss.X. Bd. I. Abth. 


Nr. 254. 


12h 14m 


sl 


223 


yUrsae majoris und Wega. 


4580 s = 
50.4 1 Unbequeme Stellung. 
48.3 8 

48.1 1 

48.3 8 

48.8 1 flammen. 
76.95 s = 
De N 

TR ® 
79.5 1 

00:08 

76.7 1 


Ungeachtet des Flammens der #%#% möchten 
die heutigen Beobachtungen im Ganzen gut 


sein. 


1857 Juni 17. 


ed. U.d. 


Arcturus mit sich. 


Zustand der Luft scheint ganz normal. 


101.6 s 103.3 

98.3 1 A bräunl., B bläul. 
99.5 s Dieser Farb- Unter- 
101.83 1 schied ist sehr ge- 
1019 s nant. 

101.25 1 

100.9 s j 

100.7 1gut 103.25 

2334 Ss 20.55 

23.4 1 

245 s 

249 1 

21.4 s 

24.0 1 

25.0 8 

192 1 20.55 


Nr 
9 58 
10 5 
9 

20.3 


Wega und Arcturus. 


22.0 <s 244 

239 ] 

200 8 

22-9] 

218 s 

24.6 1 24.4 

100.6 s 96.9 

101.7 1 

100.3 s 

102.6 1 

1050 s 

101.0 1 96.95 
29 


224 


Nr. 256. ßUrsae minoris und yYUrsae 
majoris. 


10h 30m5 39.2 8 32.8 


37.3 36.0 1 32.9 
41 90.9 


Nr. 257. Deneb und Polarstern. 
Stellung etwas unbequem. 


I — 96.3. >35 
92.8 1 
93.1 s 


Denebund yCygni. 


34.4 — 35.0. 8 
36.6 1 
33.5 8 
356 1 


87.8 <s 
905 1 
91.5 8 
90.0 1 
89.7 <s 
52.5 972] 


OD 
43 0 


mn 


Nr. 259. Attair und y Aquilae. 


12556 [I] 78.4 s Schw. ein- 
78.8 1 zustellen 
S 770 8 weg. gros- 


77.8 1 sen Hellig- 
78.0 s keitsunter- 
23.5 77.9 1 schiedes. 


Licht des Att. fängt an unruhig zu werden. 
12h 27m0 u 47.9 
50.2 1 
49.3 8 
48.7 1 gut. 
U 49.7 8 
35 47.7 1 


(NB. Die vorher beobachteten »%% waren 
frei von Funkeln,) 


1857 Juni 24. C. d. U. — 0m,5. 


Arceturus mit sich. 


32.3 SirgrzS 
Noch sehr hell, und deshalb schwer einzu- 
30.3 1 stellen. 
32.93 > 5 
302 1 
31.3 s Wird jetzt 
32.2 31.85 1 schonbess. 


Hierauf eine Mondbeobachtung gemacht. 
Darnach die folgenden Einstellungen unter 
dem Bild: 

102.3 s 105.9 


105.0 1 
103.0 s A flammt jetzt stark. 


Himmel bedeckt sich mit ausserordentlicher 
Geschwindigkeit mit sich bildenden Wolken, 
hinter welchen Arctur verschwunden ist. Da- 
rum jetzt 


Spica: 104.0 1 
Antares: 1040 s 
105.4 1 
Wega: 103.1 s 
105.7 1 105.8 
2238 224 
2 
261 s 
10 22 27.0 ] 22.4 
Bild: A: 63.4 
64.0 1 


63.3 5 B::625 s 


Nr. 261. Arcturus und Wega. 


s — Flammen. 


D&D 
Bu | 
{>} 


10h 35m 


[ICHCHCH CHE) 
FORraS 


38.5 


Himmel, der vorher vorübergehend fast 
ganz bezogen war, ist jetzt wieder anschei- 
nend völlig klar. 


10 40.5 100.5 s — 
102.2 1 
101.5 s 
46.0 101.3 1 


Nr. 262. 12 Canum venatic. und yUrsae 
majoris. 
53.5 35.0 254 8 ,... Geht 


schwer, wegen des schwachen Lichtes. & % 
flammen auch etwas. 


11 10.5 29.3 
13.5 87.4 330 


.4 
23.5 87.4 92.4 


Himmel ist nicht zuverlässig, wie sich jetzt 
bei der Betrachtung der Gegend von «Ceph. 
zeigt, welcher *% ohne sichtbare Wolken erst 
fast ausgelöscht erscheint, und gleich darauf 
hell zu sehen ist. 


1857 Juni 25. C.d. U.— Om,8. 


Himmel noch um 6h Abends streifig, um 
9h anscheinend oanz klar. 


Areturus mit sich. 


23.0 8 22.7 
25.0 1 
25.3 8 


25.901 

24.8 s 

26.0 1 22.65 
100.57 3 103.1 
98.9 1 

100.6 > s 

100.6 1 

99.1 s 


100.5 1 103.15 


Nr. 264. Weca und Deneb. 


10h 14m5 —— 89.1 
86.8 
88.0 
87.7 
87.7 
87.6 


MHomoen 


Mm) 
25 = 36.9 
S 


ww 
[0 2) 
-n-n 


31.5 33.7 1 


Nr. 2655. Ras Alhague und « Serpentis. 


40.5 23.9 32.0 s 
322 1 

37.1 s Nicht aus- 

30.7 1 zuschliess. 
35.6 s 
spp 1 
33.0 
58 23.8 289 1 
11 25 99.85 90.4 8 
89.3 1 

88.6 s Flam. etw. 
13.5 99.9 899 1] 


Nr. 266. Deneb und #Cephei. 


[Es war eigentlich die Absicht « Cephei 
zu messen, es ist aber ohne Zweifel statt des- 
sen # beobachtet, für welchen die eingestellte 
Distanz ebenfalls passt. Vergleiche Notiz bei 
Nr. 290a.) 


18 —- 76.0 s ... Geht 
schwer wegen Kleinheit des A vom #% des 


76.0 1 Cepheus. 
2.92 


226 


Q 75.4 5 

all Dorf 75.4 1 
N 50.0 <s 

48.4 1] 

5 489 s 

43 47.0 1 


Folge der %»% des grossen Bären, der 
Helligkeit nach, nach Urtheil des freien Auges: 


Ei ni ee Bd ug 78 
1 SE TREE ON ee 
€ und 7, und Yyundß sind wenig verschieden. 


1857 Juni 28. O.xd. U. 0. 
9). Himmel den Tag über ganz rein. 


Nr. 267. Arcturus und Wega. 


9h ]5m 23.5 5 — 

96 1] Wallen etwas. 
22.8 
Das 
DA 8 

22 DAB 

24.5 103.0 s — 
104.7 1 
103.6 s 
105.0 1 
1035 s 

35.5 104.3 1 


Nr. 268. Wega und Arcturus. 


41.5 — 105.0 s Flammen 
103.4 1 nimmt zu. 
1045 s 
103.3 <]1 
103.6 
50 103 
53 20.6 8 
18.8 1 
20.8 8 
ar] 
20.25 s 
62.5 Do 


Bild: 63.4 ss 63.4 
640 1 640 


[Hier folgt im Journal eine Notiz, durch 
welche constatirt wird, dass beide Beobachter, 
wenn AÄrcturus im Gesichtsfelde steht, die 
grössere Helligkeit des Feldes auf derjenigen 
Seite, welche den dem Monde näheren Theil 
des Himmels zeigt, deutlich wahrnehmen. Die 
Erscheinung der ungleichen Erleuchtung des 
Feldes war zuerst aufgefallen; ihre Erklärung 
hat sich erst nachher gefunden, weil bei der 
Drehung des Bildes durch die Spiegelung ete. 
die Beziehung auf den Mond nicht gleich zu 
erkennen war.] 


Nr. 269. Areturus und Deneb. 


10h 39m 5 — 93.1 
94.0 
Say 
94.6 


= 93.9 
51 93.7 


mTomuaoen 


54 D 29.3 s 
30.051 

Sara 

Dur SP 
s 

1 


un 


30.7 
11,8 30.6 


Nr. 270. Deneb und Wega. 


11 13 302 L 
32 "1 
38.4 <s 
17.3 39.871 
19.5 837.8 [m] 
895 1 
88.6 8 
24 99 <]1 


Rangfolge der Bären-Sterne für das blosse 
Auge: 


ei Enten. 8 


n und £, und und y sind wenig verschieden. 


Nr. 271. Deneb und Attair. 
11h 34m 100.9 s — 
1013 1 
99.0 <T s 
40 1009 1 
42.5 26.9 s = 
24.8 |] 
282 > s 
46.5 261 71 
Nr. 272 Gemma und e Bootis. 
54 31.6 379s Sehr un- 
bequeme Stellung. — Flammen etwas. — C 
36.1 1 ist unterge- 
39.9 >s gangen. 
34.5 1 
33.8 8 
12 6 31.7 36.9 1 
9.5 94.1 87.3>s .. Nach- 


dem es jetzt völlig dunkel geworden ist, zeigt 
sich die Nacht in prachtvollem Glanze. (Auch 


833 1 folgender 

85.9 s Morgen 

14.5 94.0 81.1 1 ganz rein.) 
1857 Juli 14. C.d. U. — 0m,3. 


Tag ausserordentlich schön und warm, 
wie schon der gestrige Nachmittag. 


Bild: 63.2 ss 628 
642 1 63.8 


Nunmehr die beiden Prismen abgenommen: 


64.355 1 64.3 
63.1 s 63.3 
63.7. 1 640 
63.56 s 62.7 gut. 


Ocular-Stutzen steht auf 34.45. Die Pris- 


men jetzt wieder vorgeschraubt: 


63.45 s 632 
645 1 642 


Arcturus mit sich. 


Size 85.8 
100.5 s 101.3 


|) 
[0) 
| 


99.5 1 

101.0 s A bräunl., B lila- 
100.3 1 lich. 
100.6 s 

101.2 1 

99,25 8 1013 

DAAD] 21.3 flammt etw. 
22.3 8 

23.3 1 Jetzt scheint mir A 
245 s Jila-lich und B gelb- 
215 1 lich. Leonh. findet A 
213 s mehr bräunlich, B 
24.7 1 mehr weiss. 
23278 DRS 


Nr. 273. 
Y9h 47m 5 


Gemma und 7 Bootis. 
30.8 434 >s 
39.41 


42.2 >s Die erste 


und dritte Einstellung sollte vielleicht etwas 


vermindertes Gewicht erhalten. [Bei der Re- 
38.9 1] duction Ge- 
38.9 s wicht !/a.] 
10 45 30.8 40.3 1 
7 926 825 >s 
81.6 1 
82.6 Ss 
14.5 92.6 81.8 1 
Nr. 274 Deneb und $ Herculis. 
25 = 835 s 
84.6 1 
82.7 Ss 
84.6 1 
U 412 s 
43.1 1Vorher Zeit 
49.5 45.0 < s verlor. 
51.5 42.2 1 
Nr. 275. Deneb und $ Ophiuchi. 
1 1 bh) 43.6 8 
42.3 1 
42.2 s gut. 
8.5 41.4 1 
11.0 0 80.1 s 
80.1 <1 


228 


m 


[ee ©) 
vw 
un 


18.5 


Nr. 276. Deneb und y Draconis. 


11h 28m 5 0 87.6 > s 
85.6 < 1 
54.6 <s 
33 872 1 
36 U 37.4 8 
36.9 1 
378 8 
Bra a <enach 
nachträglicher Meinung des Beobachters. 
36.6 s 
44 307 A 
Nr. 277. Deneb und r Hereulis. 


[Es sollte eigentlich 7 Dracon. genommen 
werden, statt dessen der beobachtete »% ins 
Feld kam. Die Helligkeit, Distanz und der 
erwähnte Nachbarstern (o Herculis) lassen 
keinen Zweifel, dass rr Herc. beobachtet ist.] 


Mit dem % in B befindet sich gleichzeitig 
ein etwas schwächerer im Felde. 


jossı oO 45.6 > s 
444 <]1 
43.6 <S 
9.5 44.95 1 
135 0 79.0 s 
784 1 
DES 
20.0 78.9 1 


Distanzkreis steht auf 4025; bei wieder- 
holter Einstellung auf 39.2 (Kreis schlägt et- 
was). Dazwischen für den schwächeren Nach- 
bar gestellt auf 38.4. Nach dem Visiren am 
Prisma B zeigt dasselbe auf z und g Her- 
eulis. 


ee ee en 


1857 Juli 15. ECFUNOn. 


Tag ebenso schön wie gestern. Himmel 
völlig rein. 


Wega mit sich. 


26.1 s 24.05 Anfangs (et- 
wa 9 Uhr) Dämmerung noch sehr hell. 


DIA d 

ZU 3 

25.4 1 \ 

23.903 [J] fl. ein wenig. 

2625<I1l 24.05 

102.2 s.. 10811] 

IN 

100.6 s Die verschied. Farben 

102.7 1 geniren. Hier unter 
dem Bild scheint mir A reiner weiss als B. 

103.0 s N 

102.9 < 1 

98.85 s 


10282 122210337 


Nr. 278. Arcturus und Antares. 


Ih 29m — 87.4 > s Antares 
flammt sehr lebhaft. 85.7 1 gut. 
SELL <EB 
35 85.6 1 
37 = 42.7 8 
41.7.1 
43.3 >s 
42.5 444 |] 


Nr. 279. Areturus und Spica 


9 46 — 43.0 > s Spiea fl. 

43.9 1 
43.9 °>s 

51.3 41.2 1 

54 B= 81.5 > s 
81.45 1 
19.3 8 

87 814 „1 


Nr. 280. Deneb und n Draconis. 


10 8 JO 100.7 s. Hier ist 
ohne Zweifel das untere Ende des Schlittens 
statt des oberen abgelesen. Lies daher 82.5. 
85.2 1 
Sl <s 
15 83.0 1 


40.5 < 3 
41.2 gut 1 
42.6 > s 
22.5 414 >1 


Nr. 2831. Deneb und $ Draconis. 
10h 31m5 = 43.2 > s 
41.4 1 
40.0 
38.5 41.8 <] 
46 2 81.2 s Vorher et- 
80.9 ] was Zeit 
81.7 s verloren. 
51 81.0 1 
Nr. 282. Deneb und e(ygni. 
11 6 ® 39.4 s Fernes 
38.2 1 Wetterleuch- 
402 >s ten. 
13 41.0 1 
15.5 DO 84.3 > s 
gr 
830 s 
20 858 1 
Nr. 283. Deneb und d Cygni. 
11 28 — 83.4 8 
83.3 1 
D 855 >s 
86.8 1 
83.1 8 
38 843 1 
41 393 >s 
40.5 1 
39.8 >> 8 
46 38.8 1 
Nr. 284. Deneb und Polarstern. 
56 ı 30.7 s Gestern u. 
30.25 1 heute sehr 
30.2 s viele Stern- 
12 4 31.2 1] Schnuppen, 


die meist im grossen Bären verschwinden. 


12.5 


® 92.05 s 
9a 1 
92.3 8 
92.4 1 


gut. 


229 


Nr. 285. Deneb und ß Cephei. 


12h 19m5 D 82.3 
83.0 
81.6 
28 81.9 


Lichter 
blenden. 


-o mo 


30 44.9 3 
40.6 1 
41.9 s 
39.5 > 1 
43.3 >s 
42.4 gut] 


Wie oben 


40.5 


1857 Juli 20. C.d. U. + 0m,5. 


Tag zum Theil wolkig. Um @) Untergang 
lösen sich die Reste auf. 


Wega mit sich. 


103.0 s 103.6 Flammtziem- 
1016 1 lich stark. 
1014 s 
101.3 1 f 
102.6 s 
102.6 1 103.6 
Dal se l55 
22.0 l 
22.6 s 
25.2 1 
DORT «TS 
356 1 2155 
Bild: 63.9 8 62.8 
63.9 63.5 
634% 2 2307262:3 


Nr.286. yUrsae major. undyÜUrsae minor. 


9 52 30.5 36.4 s y U. maj. 
flammt. Mit y U. min. ist noch ein kleiner 
353 1 im Feld. 

36.8 8 

59 30.5 Ba 
10 3.5 91.45 872 s Tiefim N. 
Wolkenstreif. Sonst scheint der Himmel rein. 

83.95 1 

85.0 s 

15.5 91.45 84.7.1 


104 25 D 801 s 
808 1 

82.35 3 

375 wie 80.0 1 
40.5 (galle] 42.6 s 
428 1 

Sem] 45.3 

47.5 44.0 1 


Nr. 288. Deneb und « Cephei. 


TE = STK) as 
33:4 ] 
37.6 's 
\ Sara 
im] 34.7 <s 
11 34.6 1 
13 DJ] 39.3 >s 
88.05 1 
879 <s 
21.5 88.0 1 


Nr. 289. y Aquilae und $8 Aquilae. 


11 515 47.10) 47.3 <s Geht äus- 
serst schwer, wegen schwachen Lichtes. 
An! 
S 47.4 :: S 
47.08 47.6 1 
45.5 849 71.7. s Laternen 
77.0 1 genir sehr. 
51.5 83.6 77.08 s 
53.5 83.6 Ro N 
58 45.3 50.9 <s Von Wol- 


49.) 1 ken in der 

50.6 s Gegend 
12 5.5 43.3 48.6 1 nichts zu 
sehen, wohl aber im südl. Horizont dunstig. 
Der südl. tiefere Th. der Milchstrasse scheint 
heute nicht den vollen Glanz zu haben. [Bei 
der Reduction die vier ersten Einstellungen 
verworfen, weil sie nicht mit den folgenden 
und auch nicht mit dem Augenscheine, dass 
8 viel schwächer als y ist, übereinstimmen, 
und also zu vermuthen ist, dass y geschwächt 
war.] 


Nr. 290. 7 Aquilae und £ Aquilae. 


12h 12m 35.8 31.7 <s In SW. 
nimmt Dunst von unten herauf zu. 

32.7 1 

34.4 8 

17 Sa all 
19 822 844 s Seit YıSt. 
hat sich Wind erhoben. Früher zuweilen Wetter- 
83.4 1 leuchten. 

Bones 

Siarzl 

81.9 3 

28 82.2 82.3 1 


Nr. 290a.. Deneb und # Cephei. 


Zur Verification zu Nr. 266 gehörig. Di- 
stanzkreis war auf 18.10 gestellt, wie für 
« Cephei; esergibr sich, dass bei dieser Stellung 
ausser « auch noch der hier beobachtete # 
das Feld passirt, welcher ohne Zweifel die 
Verwechslung bei Nr. 266 veranlasst hat 

= Zee 
75.0 1 

Im S. nehmen Wolken überhand, die um 
12h 38m schon bis in die Gegend des Adlers 
reichen 


1857 Juli 24. Cd. UT. Om, 


Himmel gegen Abend ganz rein geworden, 
nur tief am Horizont dunstig. 
Bild: s 63.2 (%) 62.67 (C) beide gut 


Arcturus mit sich 


31.0<s 29.7 Himmel noch 
332,1 etwas hell. 
aleSS 

276 1 

31.2 °s Flammt ziemlich. 
30.05 1 

32.4 8 

31.0 1 29.8 

102.4 > s 103.6 

104.3 1 

102.3 <s 

102.4 I 

101.5 s 

104.0 1 

101.9 s 

103.9 1 103.7 


Nr. 291. Wega und Arcturus. 

9h 2jm — 102.7 8 

100.05 1 

100.2 s 

24.5 100.0 1 

27 — 212 8 

DA 

222 s 

34 — De 1 
Bild: 64.15 1 640 
Ocular-Stutzen: 34.4 


« Ophiuchi und yOphiuchi. 


46 23.9 SONZEas 
Be! 
36.2 s 

1 


35.0 


902 5 
f 90.6 1 

89.3 's 
93.0 1 


Nr. 293. 
23.5 U 


Deneb und y Lyrae. 


33.5 
36 oO 42.2 


45.5 


Nr. 294. Deneb und £ Draconis. 


10 53 U 44.1 s 

41.1 1 

43.9 s 

3 10a 42.5 1 
11 45 m 81.7<s 

80.7 1 

82.2 5 

10 81.5 1 


Abh. d. II. Cl. d. k. Ak. d. Wiss. X. Bd. I. Abth. 


Nr. 295. Deneb und $ Cygni. 
11h 18m m 80.7 > 3 
80.6 1 
78.0 s 
25.6 $ 814 1 
28.5 D 46.7 5 
47.0 1 
47.3 8 
35.0 48.9 ] 


Nr. 296. Polarstern und ß Ursae minor. 


44 23.6 275 8 
325 1 
2198 Ss 
28.2 <] 
lm >>'3 
Baal 
299 >s 
1270 ass 
3 95.4 87.0 s FI. zieml. 
87.6 1 st., beson- 
87.8 s ders ß. 
10 95.4 899 1] 
Nr. 297. & Pegasi und Deneb. 
12 39 83.8 s ® 
: 86.0 1 Strassenlaterne blen- 
85.2 s det sehr. 
49.5 85.751 
51.5 Br m] 
407 1 
41.2 s 
44.4 |] 
sg. << 5 
Io=23:5 Mor] 
1857 Juli 25. €. d. U. 0. 


Horizontal-Dunst. — In N Wolkenbank 
unten; auch etwas höher, bis etwa 90, Wolken- 
strich. 


Bild: s: 63.33 (&) 62.7 (C) 
Beide Prismen stark mit dem Pinsel ab- 

gestäubt. |[Diess ist später gewöhnlich ge- 

schehen, ohne besondere Aufzeichnung.] 


30 


232 


Wega mit sich. 


e7 ıS 19,3 
N 

25.3 s Starkes Flammen. 
33.8 1 

25.4 

22.8 | 

232 <s 

94.4 1 19.3 
104.6 s 105.6 
106.0 1 

103.9 

106.0 1 

105.0 < s 

105.8 1 

1046 s 


105.4 1 105.65 


Nr. 2498. « Ophiuchi und £ Ophiuchi. 


Ygh 37m 5 24.3 [] 33.0. << 5 Nachd. 
Aufschreiben muss das Auge immer erst eine 
Weile sich erholen bis die Messung gelingt. 


320 
BAT ıS 
46 24.25 Ball 
52.5 Dee 837 8 
82.3 1 Flammen 
84.4 s sehr st. 
60.0 92.4 IS a | 


Nr. 299. Gemma und y Bootis. 


10S]S25 100.4 7] 89.5 Ss 
86.3 1 

84.6 Ss 

32 86.4 1 
25.5 39.1 41.0 .s 
NT 

417 s 

38.0.1 


Bei der letzten Einstellung musste der 
Beobachter den Schlitten nach und nach auf 
immer kleinere Zahlen rücken. [Ausgeschlos- 
sen bei der Reduction, weil wahrscheinlich 
Gemma schon geschwächt war.| Um 39m. 
ist Gemma spurlos durch Wolken ausgelöscht, 
die rasch um sich greifen. (Etwa '/ı Stunde 
später ist der ganze Himmel wieder frei und 
von überraschender Klarheit.) 


1857 August ?2. ©. EAU. 0. 


Die Beobachtungen von hier bis Septem- 
ber 17. sind wegen Abwesenheit Seidel’s 
von Leonhard allein gemacht. 


Nr. 300. Deneb und Polarstern. 


C — % *% flammen. — Sonst Umstände 
gut. 


10h 30m = 92.4 
93.8 
92.3 
92.25 


— 31.9 

31.6 

30.0 

47 30.6 


1857 August 13. 0.d.U.0. 


Areturus mit sich. 
25.0 23.3 
24.2 


22.0 Fl. ungemein 
23.0 heftig. 


105.3 104.7 


Nr. 301. Gemma und $ Bootis. 


9h 58m — s5.0 
54.5 
86.7 
10 8 85.8 
10 13 — 39.2  Prachtvolles 


Meteor rechts von Arctur an der Dunstgrenze, 
ungefähr 10° hoch. Verschwindet, strahlend 
im schönsten rothen Licht, nachdem es einige 
Secunden seine Stellung nicht geändert. 
41.8 
41.0 
23 40,7 


Nr. 3022. Gemma und £ Hereulis. 


10h 44m -— 29.1 
30.6 

30.8 

54 29.0 

59 ei 96.5 
96.8 

96.4 

69 SZ, 


1857 August 23. 0.d.U.0. 


Prismen gereinigt, ohne das Instrument 
auseinander zu nehmen. 


Nr. 303. Deneb und ı Draconis. 


8 54 = 82.0 
858 
80.8 
81.95 

El, 81.0 


11 — 42.0 
41 95 
43.9 
41.45 

20 45.4 


Nr. 304. Gemma und 12 Canum vena- 


ticorum. 
4l —_ 299 
32.8 
30.0 
54 33.2 
107 1 — 93.5  Heftiges Fl. 
90.5 
12 90.6 
94.5 
90.8 
19 90.8 


Das Flammen, wahrscheinlich wegen des 
schon tiefen Standes, zuletzt so heftig, dass 
die Einstellung sehr schwierig. — Eigenthüm- 
lich kühle Luft gegen Ende der Beobach- 
tungen. 


Nr. 305. yAquilae u. |@e2 Uapricorni??] 


Distanz 240.5. [Der % war wahrschein- 
lich € Aquarii, für welchen die berechnete 
Distanz ist 25.3 (Instrument war nicht ganz 
in Ordnung, s. später). Dass der % nicht 
«2 Capric. war, ist von dem Beobachter etwas 
später constatirt worden, weil «2 neben sich 
im Felde «1 hat.] 


11h 54m 31.8 41.5 

40 75 

42.0 

12 10 39.9 
96.1 (78.0 falscher %) 

47 84.4 


86.1 Fl. macht die 
85.3 Einstellung. 
13 31 53.5 sehr unsich. 


„Beobachtung in höchst unbequemer Stel- 
lung. Nach jeder Einstellung müssen die A% 
neu aufgesucht werden. Schlechte Beobach- 
tung; muss wiederholt werden.“ 


Attair mit sich. 


104.5 102.0 „In der defi- 
102.0 nitiv. Bestimmung des 
102.8  Durchsichtigkeits- Ver- 
104.0 hältnisses kaum der 

Berücksichtigung werth.“ 


26.2 22.0 
23.0 
26.0 
25.6 


1857 August 24. . C.d.U. 0. 


Arcturus mit sich. 


94.5 96.7 
92,8 
91.9 
93.8 
95.0 
92.0 
93.0 
94.5 
94.1 


30* 


254 


25.3 22.2 
19.5 
23.1 
19 6 
23.0 
20.7 
23.0 
25.2. > 


Bild: 64.5 63.98 
64.5 63.75 


„Flammen so stark, dass die Einstellungen 
nur als rohe Näherungen zu betrachten sind. 
— Im Süden starkes Gewitter. Viele Stern- 
schnuppen ohne bestimmte Richtung.“ 


Nr. 306. Gemma und y Hereulis. 


9h 11m 32.35 48.5 
48.7 

47.3 

21 49.1 

24 08.8 78.0 
79.5 

79.0 

32.9 78.5 


Nr. 307. Gemma und d Herculis. 


10 14 101.4 36.5 
887 

39.6 

24 928 
90.2 

30.5 26.0 36.0 
37.0 

33.0 

40 36.0 

44 39. 


Höchst unsicher wegen heftigen Flammens, 
und Blendens der Lichter von unten. 

Die heutigen Messungen zu wiederholen. 
Dieselben sind auch dadurch beeinträchtigt, 
dass das Instrument nicht gehörig berichtigt 


war, wesshalb es auseinander genommen wer- 
den soll. 


En nn EEE me 


1857 August 25. C.d.T.0. 


Instrument auseinander genommen. Su- 
cher und Photometer (Bild A) in gehörige 
Uebereinstimmung gebracht, und zugleieh be- 
wirkt, dass die Bilder von den beiden Objectiv- 
hälften (fast genau) zur Coincidenz gebracht 
werden können. 


Arcturus mit sich. 


105.0 104.2 
104.5 
104.8 
106.3 
105.3 


22.4 21.2 St. Flammen. 
21.75 
20.3 
21.4 
19.1 


Bild: 63.9 63.8 


Nr. 308. Gemma und d Herculis. 


Bei dieser und der folgenden Beobachtung 
stört das Licht dreier Strassenlaternen. 


gh 59m — 95.0 
94.1 

90.1 

92.4 

9 13 92.7 


18.5 == 31.8 
33.75 


Nr. 309. Gemma und y Herecnlis. 


50 = 854.5 s. Bemerkung 
84.3 bei Nr. 308. 
85.6 
19:% 1 845 
6 — 40.75 
40.5 
39.0 
18 41.8 


Nr. 310. Gemma und 7 Hereculis? 


Distanz 180.8. [Der Beobachter hat das 
Fragezeichen beigefügt. Wenn jedoch hier 
statt 7 ein falscher % beobachtet wäre, so 
müsste er heller als 7 gewesen sein.] 

(Anfangs Zeit verloren, weil die Aufschrei- 
bung der Stellung des Einen Schlittens ver- 
gessen wurde.) 


11h om zu 94.0 
96.9 

94.7 

12.5 97.5 

17 95.9 

22 + 30.0 
29.8 

29.3 

34 29.0 


Nr. 511. d Draconis und Deneb. 


12 37 44.0 = 
43.3 D 
44.0 

38... 45.2 


8 82.5 = 
82.5 
82.35 
83.3 


Heute bei Tage zum Theil wolkig; seit 
Mittag rein. — »%+% besonders hell. Trotz 
des Flammens würde die Nacht viele gute 
Beobachtungen erlauben, wenn nicht der Be- 
obachter nach dem [für ihn anstrengenden] 
Ablesen der Scala immer geraume Zeit ge- 
blendet wäre. 


1857 August 26. Cd. ®. 0, 


Nr. 312. Gemma und „ Herculis. 


Distanz 180.8. 


8h 48m D 85.8 
85.3 
84.75 

9 4 85.7 


9h 9m oO 


235 


Wega mit sich. 


19.2 
19.7 
18.1 
18.1 
19.1 
17.7 


107.65 
107.7 
108.0 
107.8 
107.7 
108.0 


Bild: 64.3 
64.0 


63.75 
655 


Nr. 313. Deneb und „ Pegası. 


11 40 = 
2 0 
12 45 n— 


83 25 
803 < 
82.5 
81.5 
82.0 


42.0 
44.7 
42.9 
43.7 
440 


Nr. 314. «Andromedae und f An- 
dromedae. 


12 51.5 == 


13 1 


98.0 
99.8 
98.2 
98.3 


23.7 
23.9 
22.4 
24.0 


Nr. 315. « Andromedae und y Andro- 


medae. 
15h 56m —: 101.7 
101.55 
102 6 
14 6 100.3 
14 10 = 23.1 
22.7 
28.0 (23 ?) 
18 23.2 
23 19.8 
28 19.83 Auge ermüd. 


Himmel rein und klar, %+%& ohne Flamm. 


1857 August 27. C..d. U:0. 


Nr. 316. y Aquilae und 4 Aquilae. 
10 18.5 92.1 87.6 
85.25 
86.3 
86.9 


36 35.3 38.5 


Nr. 317. (y Aquilae und 5 Aquilae?? 
Distanz 7°.55.) 


[Müssen falsche »# #£ gewesen sein, weil 
die Distanz nicht zutrifft. Wahrscheinlich 
statt { ein anderer. Vergleiche Nr. 323 und 
auch die Notiz vor Nr. 701.] 


II, 91.1 


[d’oKe Pla Klo 9} 
AN 
SO 2m. 


19 


[Die noch gemachten Einstellungen über 
dem Bild sind unbrauchbar, weil die Ablesung 
des Schlittens A versäumt wurde.] 

Um 40m Wolken gekommen. Sonst die 
Nacht der Beobachtung sehr günstig; &+E 
ohne Flammen., wie Tags zuvor. 


Wega mit sich. 


108.1 — 
108.1 
107.8 
108.5 


18.2 — Flammen be- 
18.25 ginnt einzu- 
0 treten. 

17.95 


Bild: 64.6 64.0 


1857 August 30. C.d. U.— 0m.6. 


Nr. 318. Deneb und Polarstern. 


9h 25m5 — 95.0 


36.5 94.0 


[SCH SSESSEISUEI SE 
[Sı WIE GEST 


10 13.5 34.0 


Deneb mit sich. 


100.95 101.75 
gi 100.9 
2) 100 0 
99.0 
100.7 
100.0 
100.75 
101.0 


19.5 19.3 
21.3 
20.15 


Nr. 319. Deneb und Fomalhaut. 


11h 26m5 >= 98.0 
98.1 

97.4 

99.5 

40 96.7 


Fomalhaut fammt ungemein, doch dürfte 
die Beobachtung zu den gelungenen zu zählen 


sein. 
Nr. 320. « Pegasi und & Pegasi. 
19237 _ 86.3 
87.8 
860 
5l 87.7 
F3onrg — 38.1 
36.95 
39.45 
14 40.9 
27.5 41.3 
32.5 D 41.7 


7 


Distanz 20°.4. — Ungemein heftiges Flam- 
men. „ePegasi auch im starken Sinken.* — 
[Die mit Anfüh- 
scheint 


Messung zu wiederholen. 
rungszeichen versehene Bemerkung 
nicht wohl zu passen zur berechneten Zenit- 
distanz 46°.8 von & Pegası.] 


EEE a m m m En 


1857 September 17. 


Nr. 321. 


237 


C. d. U. + 0m3, 


Gemma und „ Hereulis. 


Distanz 180.8. 


8ı 22m 


34,5 


41.5 


223 


103.4 


40.4 
433 
42.15 
39.9 


83.3 
84.9 
84.6 
83.0 


Schwierige Messsung. 


Nr. 322. Deneb und Polarstern. 


9 10 = 95.2 

94.0 

D 93.1 

19 95.0 

24 — 30.9 
30.75 

31.9 

36 32.5 


Deneb mit sich. 


108.0 
107.75 
107.8 
107.45 


35.9 


— Hier ist bei 


A das untere Ende des Schlittens statt des 
oberen abgelesen, daher die Ablesungen um 


37.3 18.1 zu ver- 
35.7 mind. sind. 
36.1 
Bild: 64.4 63.5 
64.0 63.7 
Nr. 323. y Aquilae und Z£ Aquilae. 


Distanz 100.8 


10 30 


92.3 
94.8 


96.3 


238 


92.8 102.0 s 104.0 
10h 42m 92.3 104.7 1 
103.2, 3 
47.5 38.3 3275 103.45 1 
De 
34.45 25.3 Ss 22.6 
59 35.3 941 1] 
63 39.5 in 
Geht sehr schwer wegen Blendung durch 23.7 1 
Strassen-Laternen. 26.2 5 
25.0 1 22.5 


Nr. 324. y Aquilae und y Lyrae 
Nr. 326. Gemma und z Hereulis. 


11 21 93.0 91.9 
91.9 [Die Beobachtung ist gemacht in der 
36.5 Be Meinung, dass der mit «Cor. verglichene %# 
dHerculis sei. Die Bemerkung wegen des 
49 34.2 32.8 Nachbars, der bei d' fehlt, macht es aber un- 
33.7 zweifelhaft, dass r beobachtet wurde, obwohl 
33.95 die Distanz für diesen um 009 grösser als für 

58 33.0 


d ist. (Vielleicht der Kreis um 10 falsch ge- 
stellt?) Auch die Helligkeit passt für x und 
nicht für d.] 


Nr. 325. « Andromedae und d Andro- 


medae. 97.45[] 820 s 
&h gm 809 1 
12 16 — 83.0 81.4 s 
84.0 13.5 Bir 1 
* B 
96 = ) es „Ausser JH. ist noch ein etwas schwä- 
cherer *%# des H. im Felde, welcher etwas 
39 we 40.9 stört.“ 
z ak 816 247 40.3< s 
28 19 is 
39.5 39.0 y 119 1 
*) Der []Schuber A fand sich nicht ganz 23 44.0 
offen, und wurde erst bei der folgenden Ein- 97.5 34.8 40.7 1 
stellung geöffnet. Die vorigen Beobachtungen Jetzt eine Pause gemacht. 


sind wahrscheinlien sämmtlich unter diesem 
Einflusse gemacht, da der Beobachter sich - == = 2 
nicht erinnert, ihn berührt zu haben. 


Nr. 327. Deneb und y Andromedae. 


10 40.5 FR 343 s 
Von nun an wieder beide Beobachter. 36.0 1 
® 33.4 Ss 
H sis 

185% September 20. C. d. U. — 0m 7. 326< 
Prachtvolle Nacht. 51.5 SA 
Wega mit sich. 53 = 895 8 
97.65 1 — (Die erste u. 90.5 1 
107.4 s dritte Ables. 90.2 8 
sind wahrscheinlich um 10 Linien zu klein.) 59 90.6 1 


98.65 1 


Nr. 325. «Peeasi und & Pegasi. 
> > 


11h 15m 24.1 44.7 s Geht schw. 
44.9 | wegen ge- 
43.95 > s ringer 


24,5 24.0 43.0 I Helligkeit. 
30 69 78.6 s 

80.6 1 

78.6 s 
39.7 97.0 791 ] 


49.4 — 94.6 Ss 
95 

02 <s 
595 93 1 
12,2 — Sl0r Ss 
30.4 1 
32.0 s 
6 SSOEN 


Nr. 350. «Andromedae und yCassio- 


pejae. 
12 13.3 24.0 23.088 
24.25 1 
26.3 8 
18.5 24.0 23.0 1 
20.6 102.6 100.6 
3aszl 
101.25 s 
26 102.8 101.75 1 
Bild: 62.9 s 62.9 
64.2 1] 64.0 


Ocular-Stutzen steht auf 34.55. 


1857 September 23. 
Sehr schöne Nacht. 


C.d. U. — 0m,7. 


Wega mit sich. 


104.8 


194.9 5 1 
Abh.d. II.Cl.d. k. Ak. d. Wiss. X.Bd. I. Abth. 


239 


104.9 1 
101.7 </s Nicht zu verwerfen. 
1049 1 104.9 


20.55 


oo 
nmu So\Vo 
- 


DDvpbvyeovuki 
SDR KO 
PB ST on nor 


N) 
=) 
[e2) 


Nr. 331. Wega und «Andromedae. 


10 20.7 —_ 43.3 
44.7 
I 43.95 


„u mu-ın 


41.2 81.35 


Nr. 332. Deneb und yPegasi. 


10 49.7 — 84.6 s 
86.0 1 
86.3 5 
86.0 1 


39.8 
41.2 
11 47 40.0 


Ü 
59.1 I 39.4 
N 


u mm 


Nr. 555. Wega und Capella. 


3) 20,4 24.4 s gut. 
Beide flammen ätwas. 
22.0 1 
DIES 
23.0 1 
23.6<{s 
23.0 20.4 220 1 


25.85 103.95 1003 s 
100.3 1 


sl 


240 


11h 33m.7 
36.2 


104.0 


100.4 
100 9 
102.0 


98.1 
97.7 


Ann en 


99.0 


Nr. 334. Deneb und «Perseii. 


42.6 


Nr. 3355. Deneb und yY Cassiopejae. 


12 46 = 28.2 s 
280 1 
27.95 s 
9.5 29.5 1 
12.8 — 93.9 s 
945 1 
94.65 s 
18.5 96.6 1 
Nr. 336. Deneb und Capella. 
22.2 91.7 <s — 
92.9 1 
90.3 Ss 8] 
29 91.0 1 
31.5 35.25 s DO 
SEN 
35.2 s S 
37.2 341 1 
SEHE m] 
39.5 34.9 1 


1857 September 24. C.d. U.— 0m,7, 


Deneb mit sich. 


21.6 S 
245 1 


20.3 Geringes Fl. 


23.95 s 
234 1 
24.5 3 
245 1 


103.6 
104.8 
104.25 
105.6 
103.0 
104.1 


0 [nn [| un 


105.0 


Am westlichen Horizont werden Wolken- 
streifen bemerklich. Der untere (helle) Theil 
der Milchstrasse ist nicht sichtbar. Auch in 
SW. und N. Wolken, doch nur nahe dem 
Horizont. 


Nr. 337. yCassiopejae und « Cassio- 
pejae. 


11 19.65 —— 22.6 Ss 
20:9 1 

19/6: 28 

I 1 

20.3 Ss 

35.0 Da 


107.1 > s 
102.0 7] 

Ss 

1 

Ss 


52.5 100.8 1 gut 


Nr. 338. yCassiopejae und PÜCassio- 


pejae. 
12 al 102.2 100.0 s 
97.8 1 
96.7 <s 
951 1 
95.8 S 
13 102.2 95.35 1 
17 237 25.0. < 5 
26.971 
22 DS 
24.7 23.7 De \ 


Bei den heutigen Beobachtungen die Vor- 
sicht gebraucht (welche auch später oft an- 
gewendet wurde), Kopf und Instrument mit 
einem dunkeln Tuch zu umhängen. 

Himmel hatte sich Abends gegen 6b stark 
mit Federwolken bedeckt, die gegen die 


Dunkelheit hin wieder verschwanden, oder 
vielleicht nur unsichtbar wurden. Vielleicht 
rühren von ihren Resten die heute vorkom- 
menden stärkeren Differenzen in den Einstel- 
lungen her? — Sonst Luft trocken und zum 
Beobachten geeignet. 


1857 September 27. C.d. U. + 0m,1. 


9. Am Nord-Horizont nm @) Untergang 
etwas streifig und milchig getrübt. — Sonst 
anscheinend rein. — Zuerst s allein. 


Wega mit sich. 


20.0 Flammt st. 


[ort 


[] 
200 


[CHCHCHCHCH I) 
DeawamND 
[0 oe ES MICH | 


102.7 103.95[7] Einstel- 
lungen gelingen ziemlich leicht, trotz des 
Flammens, welches übrigens nachlässt. 

102.2 

102.8 

103.9 

1020 < 

104.0 105.95 


777 


Nr. 339. y Cassiopejae und d Üassio- 


pejae. 

1 A347 99.85 89.25 s 

83.7 1 

More 

48.5 99.9 89.0 1 
51.0 28.2 38.2 > s 

ara 
36.2 <s 

55.0 38.2 365 1 


Nr. 340.- y Cassiopejae und & Cassio- 


pejae. 
8 14 27.7. 42.65 s Gehtschwer 
beim Schein, wegen Schwäche des Lichtes. 
45.0 
7 428 s 
9.4 27.7 43.4 1 


241 


8h 12m.15 99.4 79.95 
82,5. 1 

U 80.7 3 

18.8 99.45 80.1 1 


Nr. 341. Deneb und Polarstern. 


8 29.5 — 92.6 s Flammen 
92.45 1 
23 >35 
35.0 94.3 1 
37.2 = 34.8 Ss 
36.25 1 
334 Ss 
41.2 34.95 1 Jetzt Pause. 


Nr. 342. «@ Pegasi und # Pegasi. 


10 54.3 28.95 42.1 s Distfast 
470 > 1 unter- 
44.1 s gegangen. 
11 60 29.0 41.1 1 
10.5 97.231] : 82.3 s 
80.5 1 
8 80.5 Ss 
20.3 97.25 star] 


Nr. 343. & Pegasi und « Agquarii. 


11 29.2 24.65 37.8 s 
37.85 1 
5 37.6 
38.9 24.5 35.6 > 1 
42.4 9407] SEI 
83.5 1 
S 82.8 s 
49:8 94.0 82.0 1 


Nr. 344, « Pegasi und y Aquarii. 


Geht sehr schwer wegen geringer Hellig- 
keit von y. 


12 2.4 — 42.9 Ss 
40.85 1 

39.6 Ss 

8.9 41.6 | 

11.3 —_ 82.0 8 


242 


86.0 1 Nr. 347. Wega und y Casseopejae. 
82.4 Ss 
12h 22m ,2 85.1 1 85h 2m 7] 44.2 s 
45.71 
44.35 s 
Nr. 345. « Pegasi und ß Ceti. 28 zn 
32.0 103.8 102,4 s Bf. stark. a Ü Ra: 
102.5 1 gut 806 3 
29.0 < 8 145 80.0 1 
42.0 103.9 98.9 1 
, Beendigt wegen der am Horizont herum- 
46.3 23.4 25.8 s ziehenden Nebel. In der Höhe scheint der 
19.1 1 Himmel noch schön rein. — Später nehmen 
22.0 s Nebel zu und werden sehr dicht. 
56.3 20.1 1 
25.25 S ee ar ne 
62.9 23.5 228 | 
1857 Oktober 19. C.d. U. — Om6. 
1857 Oktober 18. C.d. U.— 0m3. ea nienzek, 
re 104.7 1046 s Farb- 
ee zuteich 105.0 105.45 1 Verschie- 
103.9 s denheit 
Eu = 18.2 7% flammen NB. Ablesungen sind so 103.0 1 stört. 
20.45 1 etwas. richtig notirt, u. nicht 103.4 s 
191 s etwa die Column. ver- 103.0 1 
as - wechselt. 104.2 s 
- 105. 2.9 1] 
30 1 Wo Be a 
29r as 
106.25 s 106.27 ne en D- 
105.3 <1 22.75 s 
104.55 s Dar | 
104.9 1 : 23.6 s 
105.3 s 220 1] 
103.9 s _106.2 23.0 s BDA 
23.3 24.4 |] 


Nr.346. a Pegasi und £ Aguarii. 


Nr. 348. y Cassiopejae und nCassio- 


Stellung in hohem Grad unbequem. 
pejae. 


07263 = zu Distanzkreis 30.1. Der beobachtete # ist 
82.9 1 ich d nn Stell f 
as nic t etwa d, sondern Stellung passt auf n. 
34,5 93.3 833 1 — Sehr unbequeme Lage. 
b) © 
38.4 27.3 40.0 s Kane, = a ua erg 
41.6 1 ee 
39.8. >> - er 
46.4 27.3 37171 EL 1.077 5 
Gegen Ende dieser Beobachtung wird die 37.0 103.4 [7] 84.2 5 
Luft nebelig. &h scheint der Nebel wieder 315<1 
zu schwinden. Höhe rein. 83.0 >> 
! 45.6 103.45 [] 83.25 1 


Nr. 349. yCassiopejae und [ÜCassio- 
pejae. 


Kreis gestellt auf 60.9. Der beobachtete 
*% ist der hellste, welcher in dieser Gegend 
durchs Feld geht. Verwechslung mit 8 oder € 
ist unmöglich. Der beobachtete (£) hat noch 
einen kleinen Nachbar bei sich. 


7h 58m0 21.7) 44.8 3 
ae: 
45.4 >s 

8 44 21.8 43.1 1 
/ 

8.7 100.15] 81.7 s 

80.1 1 

13.9 80.55 s 

785 1 

799 8 

16.8 wol). 28.9.1 


Nr. 350. « Pegasi und d Aquarii. 


82223:7. 102.4 85.0 8 
878 1 d flammt 
85.4 s sehr st. 
31.7 102.45 88.9 1 
33 95 22.4 40.45 s 
38.2 1 
39.9 8 
41.6 22.4 33.2 1 Hiernach 
Pause. 


Nr. 351. « Persei und y Persei. 


10 82 —_ 36.25 s 
; 35.3 1 
DI] 35.35 s 
12.4 rast 
36.35 s gut. 
15.4 38.8 1 gut. 
10 17.4 El 87.15 s 
86.8 1 
N 88.2 s gut 
5.0 87,0 1 


Nr. 352. Wega und Capella. 


31.75 103.5 100.5 s  Wega fi. 
ausserordentlich stark; Capella viel weniger. 
99.0 1 


243 


1010 s 

10h 36m 6 103.55 997 1 
39.4 20.6 PER 
22.75 1 

21.7 s 

44.7 20.75 DR 


Nr. 353. « Persei und d Persei. 


35.05 < s 
38.0 1 
36.05 > s 
53.5 36.1 1 


93.05 > s 
90.0 1 
864 s 
90.5 1 
\ 85.4 <s 
63.5 89.0 1 


1857 November 19. (C.d.U.--5m8, 


Tag war nebelfrei. Himmel scheint ganz rein. 
Wetter kalt, noch ohne Schnee. — [Folgen- 
der Morgen dunstig.] Beobachter: s allein. 


Wega mit sich. 
Bild: 63.45 gut; 628 


100.95 99.9 
101.6 A bläulich. 
102.4 Bmehrorange. 
103.5 
990 »% fl. etwas. 
99.7 
101.3 

100.95 100.95 


25.4 22.6 
23.55 
23.2 
24.4 
24.0 

25.4 23.55 


Nr. 355. « Persei und £ Persei. 


39.2 (etwa Gew. !/2) 


7 30.5 = 
D 35.3 


35.7 
7h 40m 34.4 < 
43.5 je] 89.6 < 
90.3 
90.4 
52 89.95 


Nr. 356. « Persei und e Persei. 


Bed I 90.25 
89.6 

88.7 < 
8.6 89.6 
12.0 I 30.25 
33.6 
33.8 
21 312 


Nr. 357. « Andromedae und « Arietis,. 


33 —_ 23.0 
26.0 
23.7  Unbequeme 
41 23.8 < Stellung er- 
schwert genaues Einstellen. 


44 — 99.2 
101.5 
100.4 
49 101.6 


1857 December 1%. C.d. U. — Om 1. 
Beobachter 1 allein. 
Nr. 358. &« Andromedae und « Ceti. 


7 56 103.6 94.5 
900 

93.1 Heftiges Wall. 
8 85 95.9 
18.7 23.5 32.0 
39.0 
33.7 
30 35.0 


Deneb mit sich. 


21.4 20.0 
1985 Heftiges Fl. 


104.3 103.1 
102.9 


1858 Januar 5. C.d.U.—+ 1m,4. 


Nr. 359. Deneb und « Pegasi. 


87.0 s allein. 
88.85 Beide A ,% 
flammen, besonders Deneb. 
86 6 
88.5 > Auge muss 
nach jeder Ablesung erst etwas 
ruhen, um wieder gut zu sehen. 


Th 4m.5 OD 


S 88.7 
18.7 89.0 Flammen 
nimmt zu. 
21.0 — 38.2 < 
373 > 
39.7 
je} 318 >> 
35.4 
30.0 33.5 
33 S 37.2 


Jupiter mit sich. 
(Capella, welche ich zuerst mit sich ver- 


gleichen wollte, dammt allzu stark, trotz ihres 
hohen Standes.) 


19.35 


Down 
EDODOOD 
SIH9oooO 


Bild: 62.6 62.8 


103.2 103 6 
102.3 
104.0 
102.9 
102.3 
102.5 103.6 


NB. Tag (ziemlich kalt) war nicht ganz 
rein, sondern Himmel abwechselnd überzogen; 
auch cirrhusartige Streifen. Bei Beginn der 
Beobachtungen scheint der Himmel sehr klar, 
gegen Ende der Vergleichung von Jupiter 
mit sich (etwa 7h 45m) wird er aber in $., 
auch SO. und SW., offenbar dunstig, ziemlich 


hoch herauf, auch ist üm diese Zeit $Orionis 
abwechselnd hell und wieder verhüllt. Beob- 
achtung ist daher erst noch durch eine spä- 
tere zu verificiren. 


1858 Februar 2. C.d. U. + 3m A. 


Nachmittag hell, aber Himmel zum Theil 
milchig gestreift. Jetzt scheint er ganz rein. 
Anfangs s allein. 


Capella mit sich. 


103.3 103.7 _ A bläulich, 
99.6 B orange. 
100.2 

100.6 > Zodiacal-Schein ? 
98.6 < 

101.6 gut 103.7 

22.7 21.8 

22.3... Bei dieser Stellung 
22.0 scheint mir B mehr 
24.3 bläul., Amehr orange. 
22.6 21.8 


Ziemlich scharfer Wind aus SW., welcher 
Wasser in die Augen treibt. 


Nr. 360. e Orionis und Capella. 


7b 24m 41.5 == 


84.0 Distanz 470, 


Nr. 361. d Orionis und Capella. 


38.5 79.0 0 
80.3 
80.15 gut 
80.3 


D) Bis hierher 
heute s al- 
gut lein. 


47 52.5 
48.0 
45.2 
46.7 
44.7 
48.5 44.5 


ln HEN en 


245 


Nr. 362. £ Orionis und £ Aurigae. 


7 58m ,7 


tw 10 Iv IV 
PDS RR 
& =-1n c0 
= 

3 Vu 
Ss 

+ un 

[0} 

- 

158 

or 


9 102.1 100-4 
98.5 
101.0 
100.8 
100.4 
16 993 100.2 


Heute ruhiges Licht sämtlicher 2% 3%, 
selbst Sirius fammt wenig. — Am Schlusse 
der Beobachtungen sieht der Himmel völlig 
klar und rein aus; später (11'/ Uhr), bei 
€ Schein, zeigen sich jedoch einzelne zer- 
streute Wölkchen. Folgenden Morgen Schnee. 


un 


1858 Februar 18. C.d. U. + 1m,3, 

s Wolkenbank tief in SW. Mehr nördlich 
die rothgrauen Horizontal-Dünste — Unver- 
dächtig. 


Jupiter mit sich. 


21.6 s 20.45 
24.0 s Jetzt Saturn, weil 
Jupiter zu hell ist. 
23.8 
20.9 
234 
23.2 20.45 


104.6 
102.9 


- 
[>] 
zo 
u | 
un [en un 


104.45 


Nr. 364. Capella und $ Aurigae. 


8 23.0 — 40.7 s 
39.0 1] 

m 39.4 s 

29.6 40.5 1] 
30.1 im) 85.2 s 
840 1 

86.3 s 

35.0 86.2 1 


246 


Nr. 365. #Orionis und Procyon. 


9h 2m3 82.7 s ® Die & 
81.3 1 fJlammen stark, pas- 
83.9 s sen aber der Farbe 
9.7 83.1 1 nach gut zur Ver- 
gleichung (silberweiss.) 
10.75 43.2 8 ® 

44.0 1 

42.2 5 

15.4 AT 


9 23.0 35.25 s — 
36.5 1 
30:0, 25 
29.5 Se! 
’ 
31.3 89.8 s _— 
982 1 
88.9 Ss 
89.8 <|1 
88.3 Ss 
40.3 90.9 1 


1858 Februar 19. I C.d. U.+ 1m,3. 


Wolkenbank tief in SW. Mehr nördlich 
die rothgrauen Horizontal-Dünste. — Unver- 
dächtig. 


Jupiter mit sich. 


102.25 1 102.9 
102.9 s 
100.3 1 
101.3 s 
10222 
100.9 s 102.9 
Da] 20.8 
24.55 s 
24.6 1 
Pads 
28.2 1 
23.4 s 20.8 


Nr. 367 Rigel und Capella. 


23.4 <s R. flammt sehr st. 
25.5 1 


en oWw 
a 
09 
E [7 
A 


[CHCHCHT) 
BOUSI 
ot 


53.5 


56.2 104.3 > s 105.0 
102271 ut 
100,6 < s 
102.9 1 gut 
102.25 s gut 
62.4 103.0, 1 105.0 


Nr. 368. 8 Tauri und Capella. 


7107 106.7 *) s *) Lies hie- 


88.3 1 für 88.4, indem ohne 


Zweifel durch Versehen das untere Ende des 


Schlittens statt des oberen abgelesen ist 
88.0 s..(unteres Ende steht 


17.3 87.3 1 106.25) 
Beide flammen etwas 
20.7 35.9 s U 
39.8 1 
39.4 >s 
25.8 39.2 1 gut 
r2 BE, 


Nr. 369. #Aurigae und Capella. 


Schwierig wegen Kleinheit des A von #. 


33.25 INES 0 
787 1 
790 s 
42.0 78.0 1 
44.1 46.6< s 
49.9 1 
48.35 s 
47.2 485 1 


Nr. 370. 8Canis majoris und ZÖOrionis. 


T 546 34.9 s 24.8 Beide flam- 
39.95 1 men sehr stark, be- 
35.0 >s sonders 8. 


8 00 36.3 1 24.9 
3.0 90.25 sgut 101.15 
835 1 
900. 3 
7.8 96.8 1 
902 s gut 
11.2 Bl. 101.1 


Um 11 rasche‘ Bildung zerstreuter Wölk- 
chen. Prisma B zeigte sich etwas verunrei- 
nigt durch Schmutz, der nicht entfernt wurde. 


1858 Februar 22. C.d.U. + 1m,7. 


l allein. — Prismen mit dem Pinsel ge- 
reinigt. 


Nr. 371. Aldebaran und Beteigeuze. 


8h 135m 25 105.1 —  Heftig. Fl. 
103.6 
102.5 
20.5 102.8 
24.75 26.0 en 
269 
26.2 
30.5 25.35 


„Mit Capella wegen Mondnähe kein Ver- 
gleich möglich.“ 


Sirius mit sich. 


19.95 Heftig. Fl. 


24.0 19.95 
104.7 106.45 
105.0 
104.6 
105.2 106.5 


Himmel rein und klar, nur in der Nähe 
des Horizontes ringsum ein weisser Wolken- 
teppich, der sich im S etwas höher erhebt. 


1858 März 21. Ord.U. 9m 6. 


Nr. 373 Sirius und Capella. 


7253:6 _ 90.35 1 allein. 
92.2 
95.5 Heftiges Fl. 
30.5 94.0 
Atmosphäre scheint sich mit Nebel erfüllen zu 
33.2 — 34.8 wollen. 
34.95 
37.6 
35.3 35.0 


Beobachtung etwas unsicher. 


Abh.d. 11. Cl.d. k. Ak. d. Wiss. X. Bd. I.Abth. 


247 


Capella mit sich. 


102.3 101.7 


Atmosphäre dunstig und nebelig; Gegen- 
stände auf dem Maximilians- Platz nicht zu 
erkennen. 


1858 März 24. G.d.U.—+ 0m,]. 


9. Luft scheint ganz normal. In W.am 
Horizont die bekannten röthlichgrauen Dünste. 


Nr.574. eCanis majoris und £Orionis. 


7 28.45 39.9 s 33.3 D hinderlich. 

40.1 1 Sonst 
40.2 5 sehr ruhig. 

34.5 392 ] 33.25 

37.7 87.1 s 
8855 1 
89.95 s 

43.7 87.45 1 89.95 


Nr. 375. dCanis majoris und ZOrionis. 


759%3 43.4 Ss 32.4 
42.9 1 
43.4 Ss 
8 50 43.2 1 32.3 
8.2 81.0 s 91.35 
82.9 1 
83.5 s 
12.5 80.0 1 91.3 


Bild: 63.2 s 63.0 


Nr. 376 nCanis majoris und {Orionis. 


&h 21m7 eat 92.7 []J ÜUnsicher 
80.2 1 wegen schwachen 
76.15 s Lichtes und Klein- 
30.0 791 1 heit des A von 
32.4 96<s 3270 
49.3 1 
47.65 < Ss 
41.5 49.4. 1 82.85 


a2 


248 


NB. Unter dem Bild ist die Lage der AA 
verkehrt gegen die Stellung der [_)] Schuber. 


Nr. 377. Capella and ZOrionis. 


8b 52m.3 = 42.3 
44.8 


r 
oo 
a 
neo +n 


105.0 s 104.2 
1224 

103.0 < s 

104.9 1 

1044 s 

104 6 104.2 
217 8 20.0 
230 1 

22.85 s 

N 

24.7 58 

23.9 20.0 

1858 März 28. C.d. U. + 0m,5. 


Luft scheint ganz normal. — OÖ in 0. 
Jupiter mit sich. 


20.67 


DecvDvDv 
or © 
m 7 7 0 51777 


DREDDD 
LISUISIDOm 


Nr. 378. Capella und Beteigeuze. 


Th 48m) = 92.5 
97.9 
91.1 


s Fl. etwas. 
1 
s 
93.35 1 
s 
1 


(etwa Ge- 
wicht !/2) 


92.65 
56.0 91.0 


757.3 ® 3445 s 
B7O. N 

34.3 s 

30.7 1 

$ 33.0 s 

Sem 35.0 1 


Nr. 379. Capella und Polarstern. 


8 10.2 — 44.45 s 
46.1 1 

40 <s 
18.5 Aal 
21.2 = 837 s 
83.9.1 

8 83.7. S>u3 
26.6 82.341 


Nr. 380. Capella und 3Tauri. 


37.7 —— 88.4 s 
E99 

® 88.6 s 

41.2 885 1 
43.35 D 39.4 Ss 
40.6 1 

S 39.8 s 

47.0 Se! 


Nr. 381. Procyon und «Hydrae. 


8 57.5 —— 43.8 8 
450 1 
© 44.0 s 
gr Shra 46.0 1 
7.75 8 81.2 s 
82.25 1 NB. «Hy- 
drae steht dem C etwas nahe (vielleicht auf 
S 80.3 s etwa 47°). 
15.9 83.5 
Bild: 63.7 63.15 


s 
64.75 1 63.95 


1858 April 14. C. d. U. + 0m,9. 

Luft rein, nur gehen in $. die Horizontal- 
Dünste etwas höher herauf als gewöhnlich. — 
Anfangs Beobachter s allein. 


Procyon mit sich. 


198 > „2179 

18.3 

20.4 

207 

224 Pr. flammt etwas, des- 
halb jetzt statt seiner Saturn ins Feld ge- 
nommen. Nach diesem Wechsel scheint mir 
die letzte Ablesung zu gross. [Gewicht Y/.] 


20.0 
217< 
19.25 17.9 


103.2 105.25 

1044 

104.2 

104.6 Bis hierher s allein’ 
103.8 1 

104.4 s 105 2 


Nr. 382. 3Tauri und $ Tauri. 


8 25.7 — 42.0 s Geht et- 
was schwer wegen Lichtschwäche. 
36.1 1 
OD 37.85 s 
38.6 1 
33.7 36.9 s 
37.0 w) 86.9 <1 
393 Ds 
$ 87.251 
42.2 86.2 Ss 


Nr. 383. 3 Tauri und ı Aurigae. 


47.8 — 848 5 
85.8 1 

U 86.6 < s 
53.5 342 1 
56.3 DO 39.6 s 
41.2 1 
$ 65 
33.0 41.0 1 


249 


Nr. 584. $Tauri und $ Aurigae. 


9h 8m5 21.4 s 21.37 
26.8 1 
22.5 8 
25.751 
1ITEHS 
22.11 
21.8 <s 
18.5 241 1 21.25 
21.4 1017 s 104.8 Himmel 
scheint jetet auch im tiefen Süden schön rein. 
104.5 
104.5 s 
101.9 1 
100.3 s 
32.0 103.0 1 104.8 


Nr. 385. ß&Aurigae und eAurigae. 


40.15 — 41T >53 
382 1 

= 41.0 s 

47.0 418 ] 
49.8 0 844 s 
87.85 1 

$ 85.2 s 

55.6 86.2 1 


Nr. 586. 3Aurigae und «Geminorum. 


10 9.05 — 83.0 s Stellung 
83.9 1 etwas un- 
® 85.7 s bequem. 
14.7 82.0 1 
17.7 U 44.6 8 
43.6 1 
43.35 > s 
24.0 44.0 1 


Sehr klare Nacht, %% »% sehr ruhig. 


1858 Mai 4. 0.d. U. + 1m7. 
Arcturus mit sich. 
21.3 19.6 
b.. 0202. 
21.1 Bis hierher s allein. 


32 


250 


101.8 s 103.8 
102.6 1 
101.5 s 
101.05 1 
1015225 
100.7 1 103.9 


Nr. 387. Regulus und y Leonis. 


10h 34m 95 Bi 91.9 s R. Aammt 
ziemlich 
stark. 


44 89.2 


52.0 33. 


Nr. 388. Regulus und d Leonis. 


ke U 3495 s Flammen 
za von R. 
36.8 s nimmtzu. 

7.0 32 

9.3 U 918 s 

91.0 1 

90.75 s 

15.41 91.0 1] 


Nr. 389. Arcturus und Spica. 


2177 — 954 s S. flammt 
96.8 1 sehrstark. 
97°8 

26.0 94.4 1 

237.8 —_ 2382 Ss 
299 1] 

DOES 

31.4 28.6 1 


NB. Himmel den Tag über rein: nach 
@) Untergang zerstreute, leichte, anscheinend 
wohl begrenzte Wölkchen. Um 10h scheint 
es ganz rein, doch flammen &% a Im 
Laufe der Beobachtungen einmal in S., nahe 


dem Horizont, einen wenig ausgedehnten 
Wolkenstreifentdeckt. (Morgens darauf Himmel 
dünn bezogen.) 


1858 Juni 5. c. 4.076, 

Heute bei Tag Himmel ganz rein. Um 
9b nur im tiefen W. streifige Wölkchen, tief 
im S. mehr nebelartige Schicht. 


Mars mit sich. 


23.7. %5 21.15 
22.5 8 

23:7908 
2 

22.9 >>] 

22.0. ] 21.15 
103.15 s 105 75 
102.3 1 
1045 s 
1038 1 
1046 s 
102.0 1 105.75 [Es war 


notirt 107.75. Ohne Zweifel Schreibfehler.] 


9 35m Venus tief in W. funkelt stark; sie 
spielt dabei besonders in Roth. 


Nr. 391. 8Leonis und Arcturus. 


9h 47m0 468 s —_ A. fammt 
stark. — Geht etwas schwer wegen grossen 
44.3. ] Unterschiedes. 
46.2 8 
53.5 40 >1 
460 < s Wetterleuchten tief 
560 46.0 1 in S. 
58.0 82.4 s w 
82.9 1 
80.3 > s S 
10 2 81.95 1 


Nr. 393. eVirginis und $Leonis. 


10 33 41.8 <s 27.0 
423 1 
418 >s 
39.3 40.2 1 270 


Etwas Zeit verloren. 
BANTES 997 


50.5 86.8 s 
56.5 84.0 s 
88.5 881 1 
86.3 1 
61.5 85.1 1 ER 


Nr. 394 wUrsae maj. und yUrsae major. 


11h 11m2 85.3 980 
sa 
82.5.8 
17 Sa SHel 98.05 
20.3 42.1 s 25.27 
43.5 1 
40.97 s 
27.5 42.7 1] 25.3 


Nr. 395. «@Draconis und yUrsae maj. 


38.1 40.2 < 585 — 
42.01 
42.05 > Ss 
44.7 43.0 1 
474 837 85 
So 
84.0 s m 
52.2 85.0 1 


Himmel in S., obgleich in der Tiefe be- 
ständig Wetterleuchten, von ausserordentlicher 
Klarheit. Milchstrasse ungemein deutlich in 
ihren verschiedenen Verzweigungen; desglei- 
chen ganz tiefe »#’%% im SO. vom Scorpion. 
— Fixsterne funkeln heute stark. 


1858 Juni 6. C.d. U. + 0m,1. 


Tag vorzüglich rein; Himmel völlig klar; 
»&r% funkeln ziemlich. 


Nr. 396. Capella und Wega. 


9 345 88.6 s — Flammen 
beide stark, besonders C. Diese zeigt im Su- 
cher ein brillantes Farbenspiel in Roth und 

89.7: 1 Grün. 
89.9 > s 
878 1 
86.6 < s 
40.5 89.7 1 


251 


42 4 36.8 s — 
37.5 1 W. flammt fast 
37.0 s ebenso stark als C. 
37.0 1 
STE 

48.0 35.0 ] 


Arcturus mit sich. 


21.3 Schönes ru- 
higes Licht. 


1045 1 
1028 s 
105.0 1 
102.8 s 
105.0 1 104.8 


Nr.397. $ Ursae major. und y Ursae major. 


10h 15m4 42.9 8 27.5 
42.5 1 
43.4 Ss 
19.2 41.4 |] 27.5 
22.2 86.9 s 102.1 
86.2 1 
85.6 Ss 
27.0 Se 102.1 


36.4 783 = 90.8 
78.0 > 1 
ZA. 
42.0 80.251 90.85 
46.4 46 s 950 
45.9 1 
44.6 8 
51.0 470° 1, 29.8 


Nr. 399. Gemma und ZBootis. 


7030 DO 41.1 s 
8 38.95 1 

a 41.6 8 

10.5 895 1 


13.8 8 82.95 s 
83.3 1 

oO 845 

22.2 84.8 1 


Nr. 400. Arcturus und Gemma. 


11h 28m0 — 83.55 s 

821 | 

S2.35 s 

33.5 80.7 1 

Bordes 

37.6 Baal 
39.3 oO ESS 

Aa 1 

S 4005 s 

44.0 43.75 1 


”r% funkeln heute weniger als gestern: 
auch Wega ist jetzt ganz ruhig. Milchstrasse 
heute bei weitem nicht so klar. [Luft wahr- 
scheinlich weniger feucht.] 


1858 Juni %. C.d. U. + 0m,5, 


Tag ebenso schön wie gestern; völlig wolkenfrei. 


Nr. 401. Spica und y Virginis. 


9 43.1 U 435.9 s Sp flammt 
43.7 1 sehrstark. 
45.1 s 
48.5 43.75 1 
51.05 oO 82.4 Ss 
82.3 1 
81.75 3 
55.3 815 


Nr. 402. d Virginis und ß Leonis. 


107 375 84.4 s U 
84.7 1 
87.4 8 
13.5 83:30 1 
19.45 \ 542,888 
43.8 1 Geht schwer wegen 
43.4 s schwachen Lichtes. 
258 447 1 Auch stören Later- 


nen von unten. 


Nr. 405. Gemma und d Bootis. 


10 32.9 U 39.4 s 
40.0 1 
39.6 s 
41.6 EU | 
44.45 Ü 842 s 
84.7 1 
85.25 s 

48.6 86,2 


Nr. 404. yUrsae majoris und Wega. 


11h 1m9 77.0: 8 j 
79 
78.6 83 
7.6 79.0 
10.6 48.8 s ® 
493 1 
48.7 83 
16.6 48.45 1 


Nr. 405. yUrsae majoris und xDraconis. 


37.0 31.350 470 s 
48.4 |] 
46.85 3 
42.0 3150 859 1 
44.6 93 45 78.1 s 
19. 
113 3 
505 93.55 80.0 1 
Distanz abgelesen 16°,6 Corr. d. Nullp. +0>,15. 
Bild: 63.35 s 63.3 


63.55 s 62.97 


Arcturus mit sich. 

20.8 s 19.0 
92051 
21.05 
21.6: 10.2190 


104.65 104.2 
104.75 
101.95 
104.0 
103.4 


103.6 1 104.1 


Himmel wie gestern. Vielleichtfunkeln &,& 
etwas mehr. 


Funkelt jetzt. 


u en 


1858 Juni 8. 


Tag ähnlich wie gestern, jedoch heute um 
91h Abd. am N. Horiz. einzelne streifige 
Wolken, die sich gegen NO. etwas mehr er- 
heben In W. tief Wolkenbank. 


C.d. U.+ 0m.7. 


Arcturus mit sich. 


s 20.2 % flammt 


etwas. 


102.35 S 
103.3 103.6 


Bis hieher s allein. 


Nr. 406. Spica und Wega. 


9h 40m15 90 s — Sp. flammt 
91.4 1 sehr stark. 
91.05 s 
45.0 93.5» 1 
47.8 35.0<(s — Flamme von 
33.0 1 Sp. wird immer 
32.8 8 stärker. 
51.7 34.6 1 


Nr. 407. nVirginis und $Leonis. 


59.45 445 s [) Sehr unsicher 
45.2 |] wegen schwa- 
4l.l s chen Lichtes. 
107 7.9» 42.0 1 
12.3 33sD 
83.3 | 
82.85 s 
20.5 81.8 1 


Nr. 408. dSerpentis und Gemma. 


32.45 4.1 s [U 
45.0 1 
44.5 8 

41.5 43.0 1 


253 


44.5 82.3 s [DL] Strassenla- 
83081 terne stört 
82.3 Ss sehr. 

50.3 82.9 


Nr. 409. ß&Serpentis und ? Coronae. 


(Es war die Absieht £ S. mit «@ Cor. zu 
vergleichen, der beobachtete #%£ war aber zu 
schwach für diesen. Abgelesene Distanz am 
Kreise des Instruments 110,95). 


11h 1n0 40.0 s 22.6 Geht schwerer 
&) 48.0 1 406 als vorher. (Au- 
15.65 38.3 s 25.2 ge ermüdet?) 
Geht zu schwer, desshalb abgebrochen. 
Bild: 65.0 1 641 


64.35 s 63.25 


Nr. 410. Gemma und yCoronae. 


[Es war ursprünglich notirt: G. und ß 
Coronae, und auf Distanz 20,8 gestellt. Aber 
nach bestimmter Erinnerung von Juni 9 war 
der %# in B ein Gemma nachfolgender. 
Zur Controle die Beob. Nr 415 gemacht, de- 
ren Erfolg mir keinen Zweifel lässt, dass auch 
hier y statt 8 gemessen ist.] 


28.55 — 41.0 8 
44.8 ] Strassen-La- 
41.6 > s terne unge- 


35.0 42.4 |] mein störend. 
37.3 = 83.1 s gut. 

84.4 1 

84.7 s gut. 
41.5 84.8 1 


Nr. 411. ßSerpentis und Gemma. 


Distanz abgelesen 1106 


53.15 43.1 <X s — Himmel scheint 
40.2 1 jetzt auch in N. 
41.0 <s ganz rein. 

12 2.5 41.2 1 

5.8 82.2 << s — 
80.8 1 
84.7 s nicht schlecht. 

Jule) 82.1 1 


254 


1858 Juni 12. C. d.U.+1m,0. 


Gegen Abend zerstreute Wolken, die sich 
um (e) Untergang nach und nach lösen. Um 
91/4 solche nur noch in N.,-etwa bis auf 180 
Höhe: in S. W. dunstig. 


Arcturus mit sich. 


20.655 < s 21.2 flammt etwas. 
24.1 

235 

227 

2325 

214 < >1.2 

101.8 103.2 
102.25 
102.9 
101.0 
102.0 
102.8 


Bis hieher s 
allein. 


- nn —_ un mn mn 


103.15 


Nr. 412. yUrsae majoris und Gemma 


9h 44m 82.3018 27.5 s allein. 
34.6 
33.3 
53.5 31.4 27.6 
56.6 96.1 100.25 
ITOEZT 
94.5 Beideflammen 
61.5 96.7 100 3 ziemlichstark. 


Norden ist jetzt fast ganz rein geworden. 


Nr. 413. Gemma und e Hereculis. 


10 15.4 D 438 s 
432 1 
430 s 
204 42.6 1 
22.9 I 834 s 
34.0 1 
834.7 > s 

29.0 83.1 


Nr. 414. y Ursae maj. u. 12 Canum venat. 


36.3 23.7 3 21.8 
18.3.1 


23.15 s 
>20 
24.25 3 
49.0 20.3 1. 27.85 
55.4 1043 s 100.2 
102.3 1 
1082 s 
1040 1 
107.65 s 
68.0 108.5 .1.,100.15 


Beide %%+% flammen zwar, aber nicht eben 
auffallend. Stellung ist ganz bequem. Die 
Veränderlichkeit des Helligkeits- Verhältnisses 
während der Einstellungen fällt schon bei der 
Beobachtung auf. 


Nr. 415. Gemma und y Coronae. 


(Beob. gemacht zur Feststellung der Iden- 
tität des #% bei Nr. 410. Die berechnete Di- 
stanz 208, welche % von « hat, wurde am 
Kreis eingestellt, aber für einen @ nachfol- 
genden »#. Der hier beobachtete kommt 
wirklich in das Feld, wiewohl nicht ganz in 
die Mitte. Nachdem er in die Mitte gebracht 
ist, steht Dist Kr. auf 200. Da auch die Ein- 
stellungen mit denen bei 410 stimmen, bleibt 
kein Zweifel an der Identität ) 


11h 15m8 = 427 8 
195 41.45 1 
21.6 — 86.0 s 
23.7 84.0 1 


Nr. 416. Gemma und ?Coronae. 


(3 geht « voran) 


31.3 — 42.0 s 
399 ] 
42.2 8 
42.5 4123 7 
46.0 — 85.37 s 
858 1 
85.25 s 
53.0 86.1 1 Dist. Kr. 20,8. 


Himmel scheint jetzt ganz rein. »% % fun- 
keln zwar, aber nicht übermässig. 


Nr. 417. Polarstern und Deneb. 


Nach directer Betrachtung scheint mir heute 
P. sehr hell. 


12h 13m,6 94.27 s — 
92.4 1 
90.0<“ 3 
18.7 90.7 1 
20.3 37.0<Xs — 
344 1 
35.45 s m] 
26.9 33.0 1 


1858 Juni 13. C.d. U. + 1m,7. 


Nachmittag wie gestern: Um (@) Untergang 
klärt sich auf. Am W. Horiz. dunstige Wol- 
kenbank, die sich im S höher hinauf zu ziehen 
scheint, hier aber auf dem dunkleren Himmels- 
grund nicht so kenntlich ist. 


Arcturus mit sich. 


20.8 s 20.0 
20.35 
22.4 
22.3 
21.2 > 
21.6 219195 
Die Beob. unter dem Bild s. sogleich. 


Arcturus mit sich. 


(Zwischen vorstehende und nachfolgende 
Einstellungen fällt eine Vergleichung von Mars 
mit Wega.) 


100.65 s 
101.0 1 
99.1 s 
100.0 1 
99.95 s 
98.15 1 100.55 


100.55 


Nr. 419. 12 Canum venaticorum und 
y Ursae majoris. 


10 4.25 87.95 s 93.4 
90.0 1 
89.25 s 

10.2 90.25 1 93.3 


Abh.d.II.Cl. d. k. Ak.d. Wiss. X.Bd. I. Abth. 


255 


13.2 33.0 83 22.0 
31.0 1 
33.8 8 

19.0 29.8 22.0 


Nr. 420. Ras Alhague und Gemma. 


10h 33m.15 24.8 s 22.5. 
24.81 
27.8 s nicht schlecht. 
25.0 1 
26.0 3 
44.5 27.8 1n.schl. 22.6 
42.7 102.0 s 98.2 
[Muss wohl heissen 47m.7.] 
2] 
98.9 s 
56.5 100.2 98.2 


Nr.421. ADraconis und yUrsae majoris. 


Etwa seit 11h 7m hat Wolkenbildung be- 
gonnen: erst in S., jetzt auch in N. Höhere 
Regionen sind noch frei. 


11 22.2 49.7 8 22.8 
47.4] 
48.2 < s schwierig wegen 
schwachen Lichtes. 


29.5 4621 22.75 

32.65 78.0 s 99.8 Die BE 
76.5 1 flammen jetzt. 
79.6 s 

41.0 79.3 1 99.75 


Um 45m ist y U. fast ausgelöscht von 
Wolken. Beobachtung wird indess schwerlich 
entstellt sein. 


1858 Juli 5. 
L. allein. 
Nr. 422. Gemma und y Serpentis. 


C.d. U. + 0m,8. 


10 34.5 — 40.2 Flammen 
40.35 sehr stark. 
39.5 Kaum einzu- 
44.25 40.7 stellen mög- 
lich. 
47.5 — 86.1 
86.1 
86.8 
54.5 86.8 
. - Ah 
336) 


256 


Arcturus mit sich. 


106.0 106.0 


1858 Juli 18. C.d. U. + 2m3. 


%. Himmel war Abends ganz rein: jetzt 
steht aber in N. eine ziemlich grosse Wolke, 


Nr. 423 Wega und Attair. 


10h 17m.9 —_ 31.2 s A. flammt 
29.0 1 etwas. 
28.8 s 

DIA] 

30338 


IM] 
25.4 31.0>1 
MM] 


5 
1 sehr gut. 
S 95.4 s 
1 
s 


34.2 9.6 1 

Wolke, welche vorher nur etwa Cassiopeja 
von unten berührte, ist jetzt höher und zu- 
gleich geren O. gerückt, und nähert sich dem 
Schwan. S. und W. scheinen rein: Milchstrasse 
klar. 


Wega mit sich. 


104.55 104.151 
105.15 s 
102.751 Flammen 
nimmt rasch zu, während zugleich Wolken- 
bildung in N. sich ausbreitet. 


105.2 s 
103.0 1 
104.5 104.4 s 
20.0 1 189 
21.978 
22.4 1 
23.35 s 
SU! 
ONKOES 18.9 


Wolke hat jetzt (11%) auch den Schwan 
bedeckt. N. Horizont ist wieder frei. 
EEE VE 


1858 August 4. 


Nachmittag schön klar. Um @) Untergang 
ein paar kleine streifige Wölkchen, die nach 
etwa !/dh unsichtbar geworden sind. Scheint 
jetzt ganz rein. 


C.d.U.—+ 1m,3. 


Wega mit sich. 

21.9 20.4 
199 
22.8 
24.2 
22.3 
24.3 


un mn u 


20.3 
104.55 s 105.6 
103.85 1 
106.0 > s 
106.0 1 
105.2 s 

1 


103.5 105.4 


Nr. 424 Gemma und ı Hereulis. 


g9h 40m .7 21.05 43.6<{s [Gewicht 
!/a] Geht schwer wegen schwachen Lichtes. 
46.6 1 
47.0 8 
46.5 21.0 46.1 1 gut. 
54.5 106.7 82.05s Flammen 
82.2 1 etwas. 
81.35 s 
60.6 106.8 822 1 


Distanzkreis steht auf 31°.0. 


Nr. 425. Gemma und 4 Hereulis. 


10 19.0 19.23 41.0 s Strassen- 

40.0 1 laternen 

42.2 s sehr hin- 

35.5 19.25 42.3 ] derlich. 
29.35 103.5 81.9 s 
83.8 1 
82.255 

36.0 103.6 83.8 1 Abgeles. 

Dist. 29°.2. 


Nr. 426. y Cassiopejae und y Cephei. 


46.85 —_— 86.4 s 
84.651 
86.8 S 
55.0 84.9 1 


ID 
Qu 
| 


59.0 _ 36.5 s 106.8 1 
4071 104.6 s _W. ziemlich ruhig. 
393> s 104.3 ® 105.5 

65.0 38.751 


Nr. 429. Gemma und z Hereulis. 
Nr. 427. Attair und Deneb. 


Ih 35m .35 26.4 45.9 s Dist. 21°.3 
11h 10m.8 = 21.15s A flammt 478 l am Kreis. 
21.2 1 stark. 462 s 
22.8 s 42.5 25.3*) 45.6 1 
15.2 22.8 1 [®) Ist wohl zu lesen 26.5. Notirung im 
Original nicht ganz deutlich. ] 
181 — 102.8 s 45.7 99.7 80.2 8 
99.6 1 79.0 1 
101.6 s ® 80.6 s 
99.6 1 54.0 99.8 81.11 
101.7 s 
95.7 69. l Bild: 64.4 s 63.4 |Okular-Stutzen 
6415 1 63.8) steht auf 34.2. 


1858 August 11. C.d. U. + 0m,8. FR: 
Nr.430. yCassiopejae und [E Draconis?] 


Tag schön; feuchte Luft. Abend rein. 


2% funkelnd. e [Wahrscheinlich falscher %&, zu schwach $ 
für & Eingestellte Distanz ist notirt 49°.2. 
Berechnung für £ gibt 48.9. Vol übrigens 


3 N 
Nr. 428. Arcturus und Attair. die Beobachtung Nr. 696 von &] 


8 36.3 — 103.0 s Flammen £ 
98.3 1 beide sehr N Q Son s A sehr 
103.2 s stark. S 501 1 klein, weg. 
101.7 1 [) 50.0 s Schwäche 
1005 s 30.3 S 522 1 des $. 
48.65 100.9 1 
33.3 m 73.9 3 
49.6 =— 24.7 s gut. 755<1 
25.7 1] gut 75.0 8 
25.0>s Farbe 47.9 76.5 1 vorher et- 
stört nicht, wohl aber das lebhafte Flammen. 3 was Zeit verloren. 
255 171 Dist. abgelesen 49°.2: anderer *% in Dist. 
26 8 48.5 von nahe gleicher Helligkeit, doch an- 
60.0 59] scheinend etwas schwächer, auch etwas höher 


als der gemessene des Drachen. 


Wega mit sich. 
Nr. 431. Wega und Deneb. 


Schlitten A [ 21.6 s 20.15 
bleibt stehen. | 21.6 1 a Schl.B stehen 10 58.15 — 3455s 
24.7 8 92.1 | geblieben. 34.0 1 
Dal 20.0] 36.0 s 
221 s wie oben. 36.0 1 
Del 19,7} i 346 s 
11 50 35.0 1 
105.33 s 105.5 
104.9 1 75 — 89.2 s 
1034<{s 89.5 1 
99% 


39 


258 


88.25 s gut. 87.0 1 
89.5 1 36.3 85.0 5 
89.2 s x ziemlich unruhig. Stellung sehr unbe- 
13 88.2 1 quem. 
Distanz abgelesen 23°,7. 40.0 434 1 en 
41.7 8 
Bild: 63.7 8 63.15 40.4 1 


64.4 1 63.8 47.0 40.75 s DO 
Licht der %£.% zuletzt schön ruhig. — 
Heute viele und helle Sternschnuppen. = 


Nr. 435. «& Ophiuchi und Deneb. 


1858 August 16. _ C.d.U.+0me. 1M5mI5 356 s = 


32H 1] 
36.0 
Um @) Untergang noch einzelne zerstreute z : u 
5 $ Ä E R 11 0 32.1 
kleine Wölkchen. Scheinen sich aufgelöst zu 
haben. 50 5 1 
R F 5 e 90.3 1 
Nr. 432. « Ophiuchi und 72 Ophiuchi. 9 
9.5 90.25 1 
9h 33m .4 — 43.38 
44.4 1 — 
® 43.0 s L 
89.5 42.7 1 Nr. 436. .d Aquilae und y Aquilae. 
41.5 DO 83.28 175 34.0 28.3 8 
8.31 26.0 1 Schwach. 
S 81.8< s 31.6 s Licht. 
46.0 85.6 1 26.5 34.0 27.251 
29.7 87.9 90.3< s 
93.3 1 
Nr. 433. Gemma und Deneb. 95.0 3 
39.0 88.0 92.2 1 
52.7 37.15 s — 
36.0 1 
34.2 >s ; $ : 
57.5 36.8 1 %% heute ziemlich ptsinmikeieh; 
EEE, 1048 s 1072 
59.3 83.65 5 .E T 
1080 1 1071 
en 105.25 s 
87.8 s 106.5 1 
89.971 
90.25 s oO 21.25 s 211 
10 9.0 9a 23:07 1 
240 s gut. 
Da Ol 
21.1 s 
22.6 1 21.0 


Nr. 434. # Ophiuchi und « Ophiuchi. 
Einstellungen sind heute beiden Beobachtern 


10 25.5 95.9 s —_ etwas schwer gegangen. — [Folgenden Morgen 
88.6 1 klar und rein.] 
86.1 D 


1857 August 17. C. d. UT. + 0m,6. 


Luft scheint ganz normal. C dem 1. Viertel 
nahe, steht aber tief, bei Antares. 


Nr. 437. Wega und Arcturus. 
&ı 27m .,6 —_ 2255<(s Flam- 
24.8 1 men stark. 
24.2 Ss 
224 1 
24.6 s Jetzt ist 


W. ziemlich ruhig, aber A. flammt sehr stark. 
35.5 21.7 1 


100.4 s 
99.8 1 
99.0 Ss 
100.5 1 
101.15 > s 


43.5 100.1 1 


Wega mit sich. 


104.0 s 104.77 
104.5 1 
104.6 s 
105.25 1 
104.7 s 
105.17 1 104.8 
20.9 s 185 
22.0 1 
23.5 8 
22.6 1 
22.0 Ss 
23.1 1 18.4 


Nr. 438. Gemma und y Cassiopejae. 


Du 7275 27 85 273>s 6. ist 
ziemlich ruhig, aber y Cass. flammt stark. 
22.11 
30.0 s 
22 751 
26.4<{ s 
27.95 250 1 


98.47 98.1 
98.1 
98.4 
96.9 
97.6 
30.0 98.6 98.7 


Im Ganzen zuletzt das Licht ruhiger. 


Sehr gut. 


„u Hu mm 


Nr. 439. 


9h 37m.65 


43.5 


46.35 


51.5 


259 
«@ Ophiuchi und e Herculis. 


—_ 86.3 s 
87.451 


[m] 85.6 Ss 
S 86.8 1 


39.7 1 etwas. 
39.9 s 
38.0 1 


© 40.7 s Flammen 


Wetterleuchten in SO. 


Nr. 440. 9 Aquilae und £ Delphini. 
10 1.6 27.3 34.8 s 
35.3 1 
42.9 en 
11.0 27.5 331 1) derselbe 
*% von beiden Beobachtern genommen. 
14.0 99.65. 86.4 s 
89.0 1 
U 85.85 3 
20.8 99.75 89.4 1 
Nr. 441. Polarstern und Deneb. 
28.6 94.6 > s — P. fammt 
91.7 1 etwas. 
95.7 8 
97.31 
91.1<s 
34.6 93.7 1 
36.65 34.4 > s DO 
32.3 1 
34.5 > s N 
34.4 1 
31.95 < s 
43.0 34.7 1 
Nr. 442. $ Lyrae und Deneb. 
10 51.1 47.4 Ss —_ 
42.831 [Gewicht !/2.] 
47.18 m] 
58.5 48.3 1 
I “175 78.1 s D 
79.81 
779 s N 
9.5 7931 


260 


Nr. 443. Wega und « Pegasi 


11h 161.45 = 47.9 Ss 

49.0 1 

U 48.755 

22.0 50.2 1 

23.1 [] a © 
78.6 

S 79.85 s 

26.9 779 1 


An einem Abende Ende August (wahr- 
scheinlich) oder Anfang September 1858 haben 
Herr Professor Schwerd von Speier und 
dessen Sohn das Observatorium besucht. Es 
wurden dabei von ihnen und den hiesigen 
Beobachtern folgende Einstellungen versuchs- 
weise gemacht, die man vergleichen kann mit 
den bei ziemlich ähnlicher Stellung der Sterne 
gemachten Nr. 423 oder 464. Die nachsteh- 
enden bilden aber keine wirkliche Messung, 
weil der Himmel durchaus nicht rein war: 


Attair und Wega. 


30.9 Prof. Schw. — 
30 4 Schw. jun. 

alrars 

30.0 1 


93.0 8 — 
Unterbrochen durch die Wolken. 


1858 September 1.  C.d.U.— Om,l. 


Nachmittag zerstreute Wolken, die sich 
zwischen 7 und 8h celöst haben. Jetzt nur 
noch Wolkenbank am Horizont, die in SO. 
etwas höher geht, aber auch dortin Auflösung 


begriffen scheint. 
Deneb mit sich. 


105.85 s 103.97 

104.6 1 A.bräunlich, B. bläu- 
lich. Dieser Untersch. ist ziemlich störend. 

102.67 s 

101.8 1 103.95 

102.96 8 

103.4 1 


21.66 <s 18:35 Farb- 
20.9 1 unterschied wie oben. 


22.1>s 
245 1 
22.05 s 
23.41 18.27 
® 
Nr. 444. y Aquilae und y Delphini. 
&h 49m A 29.6 44.2 
42.4 ] 
jez] 450 
0) 29.6 8 45.5 1 
3.6 932 82.6 gut s 
84.4 1 
U 84.8 s Flammen 
175 99.2 84.8 1 merklich. 


Nr 445. y Aquilae und e Delphini. 


23.9 100.2 833 s gut. 
8391 
U 85.0 8 
29.0 100.2 811 
31.9 25.6 4375s Flammen 
genirt. 
Bars nlEzsie: 
39.0 3) .Rg. 
scheint mir jetzt sehr schwach. 


41.6 35.8*) 39.0 1 


ff) Wird zu lesen sein 25.8 nach Vgl. mit 
der ersten Ables. und mit den Einstellungen 
über dem Bilde.] 


Trübung des Himmels wird bemerkt, die 
schon ziemlich weit um sich gegriffen hat, 
und dem Adler sehr nahe gerückt ist. Einige 
Minuten nach der letzten Ablesung hat sie 
den Adler offenbar geschwächt. Um 48m ist 
fast der ganze Himmel überzogen. 


Bild: 63.7 8 63.4 | Ocular- 
(nUrs.maj.) 6461 64.15 | Stutzen 
® steht auf 34.05. 


„Von der letzten Beob. ‘werden die Ein- 
stellungen ü. d. B. wohl zu verwerfen sein, 
[Geschehen bei der Reduction.) Die vorletzte 
(Nr. 444) möchte unverdächtie sein.“ 


1858 September 10. C.d.U. + 1m,0. 


Tag rein und klar. Alles scheint normal. 
Wega mit sich. 


103.95 101.0: G. [aus- 
geschlossen.] 
G. bezeichnet die Einstellungen, welche von 
Hrn. Gussew aus Wilna bei seinem Besuche 
gemacht worden sind. 


- 
[o 9) 
[e2} 
umu-un — 


20.3 20.7 


Nr. 446. y Cassiopejae und Deneb. 


$h 30m.7 31.8 s = 
340 6. D 

36.6 1: 

34.4 s 

34.7 G. 

39.8 33.9 1 


41.35 92.9 s 
90.8 G. gut. 
93.8 1 
912 s 
930 G. 
50.0 93.8 1 


Nr. 447. y Aquilae und [e?] Delphini. 


[Der % war wahrscheinlich nicht &, da er 
mir gleich zu schwach erschien, sondern ein 
anderer, der bei der eingestellten Distanz ins 
Feld kam. Vielleicht von etwas grösserer 
Distanz als € von y Aq., denn bei der Drehung 
des Rohrs kamen mehrmale auch %,%& vom 
Viereck des Delphins ins Feld.‘ Notiz vom 
11. Sept. 1858. — Wahrscheinlich x Delphini: 
zwar berechnet sich für diesen die Distanz 
von y Aq. 12°59‘, während sie für e nur 11°.5 


261 


ist, aber für den an y Ag. nächsten #% des 
Vierecks, nehmlich £, ist sie noch grösser als 
für x (nehmlich 13°.5). Vermuthlich war der 
Kreis falsch gestellt.] 


9 5m.O 30.5 52.6 s 
6.5 28.6 8081 
Abgebrochen wegen allzu unbequemer Stellung 


Nr. 448. Deneb und Wega. 


34.0 365 1 — 
37.6 8 
366 1 

38.8 366 s 

44.5 927 1 — 
88.3 <s 
90.85 1 

48.2 89.8 Ss 


Nr. 449. y Aquilae und e Delphini. 
(Diesmal der richtige %.) 


9 56.1 81.7 44.5 s 
49.151 

43.95 > s 
42.7 ] 
43.97 5 
10 7.7 31.7 44.3 1 
10.4 94.5 83.1 s 
83.1 1 
N 82.5 Ss 
18.0 94.5 83.2 1 


Nr. 450. « Pegasi und Deneh. 


29.4 37.5 8 — 
87,7 
87.8 5 

34.5 90.9 1 

36.6 38.7 5 = 
40.3 1 
39.0 > Ss 

39.8 38.7 1 


Nr. 451 «a Pegasi und Z Pegasi. 
50.1 _ 36.45s Stellung 
36.0 1 unbequem 
34.4 S 


59.0 308 1 79.3 04 
39.1> s 9.6 705] 
11h 6m29 36.6 1 
11.5 48.3 s 
8.8 = 91.2 s Sen! - 
> 1 482 s S 
ver 2 i 15.8 50.45 1 gut. 


Nr. 454. 8P i und Deneb. 
Nr 452. Wega und Capella. ü en Sy 


23.2 106 45 1011 s 21.5 2a.0578 7 
455 1 
103.9 1 Br 5 DO 
8 33.0 455 1 
99,8< 1 ; ? 
101.6 s 
313 106.55 102.1 1 35.2 83.2 8 = 
Beide flammen stark, besonders aber C. in 848 1 
ungemein raschem Wechsel, wie zitternd. ann a 1 N 
11 347 19.45 233.0< s 
21.81 
22.6 S 
28831 Nr. 455. Polarstern und Deneb. 
24.6 <s 
43.2 19.45 2281 9h 45m 4 90.95 s = 
- 939 1] 
92.6 s Oo 
50.5 94.75 1 
1858 September 11. C.d.U.-+ 0m,5. 
Ebenso rein wie gestern, % »% flammen 53.1 a OD 
aber etwas mehr. S3lls gut. $ 
? r : Sa 
Attair mit sich. 340 8 
23.9, out: 
214 s 22.0 
935 1 60.1 329 s 
21.35 s 
al 
21.4 Ss } : 
230 1 Nr. 456. uPegasi und « Pegasi. 
23.35 S 
24.8 1 22.0 10 9.8 43.6 S 26.2 
4601 
103.15 s 103.4 42.3<{s 
1042 1 46.5 1 
1014 s 42.3 8 DJ] 
104.3 1 21.4 45.11 262 
101.15 s 
103.7 1 23.7 832 102.15 
1018 s 8201 = 
103.5 1 103.45 82.3 8 $ 
32.2 8401 102.1 
Nr. 453. yAquilae und Attair. 2 
Bild: 63.85 s 63.35 
9 05 79.3 3 —_ 64.7 1 64.1 


79.81 — u. 


Nr. 457. Capella und Wega 


101.8 s — C. flammt 
101.7 #1 stark. 
983 s 

104.7 1 

10125 <s 

9247 101.6 1 


10h 41m .4 


55.6 23.35 s — 
22.6 1 
24.8 Ss 
>52 1 
25.67 S 
62.5 Da 


Nr. 458. Capella und Attair. 


11 10.7 1042 s 98.5 
105.4 1 
104.4 s 

19.0 1055 1 98.5 


Starkes Flammen von C. sehr hinderlich. 
Auch A. flammt ziemlich stark. 


11 225 23.0 s 29.1 
19.9 1 
23.0 s 
27.7 22.8 1 29.1 
1858 September 12. C.d.U. + Om4. 


Morgen war nebelig, Nachm. und Abend 
ganz rein. 


Nr. 459. «Pegasi und Attair. 


10 15.9 44.4 5 — Stellung 

44.9 1] unbequem. 
41.2 s [U % *% flamm. 

20.0 A211 

22.0 86.4 s D 
845 1 
84.85 s N 

27.0 81751 
83.7 8 

298 84.0 1 

Bild: 63.85 s 63.27 


Nr. 460. « Pegasi und «Andromedae. 


42.3 2785 —_ 
28.3 1 


Abh.d. IL. Cl.d.k. Ak.d. Wiss. X. Bd. I. Abth. 


263 


Deneb mit sich. 

104.1 s 104.05 
104.4 1 
1049 s 
104.9 1 
102.35 s 
102.9 1 104.0 
20.65 s 
20.0 1 
22.0 8 


20.05 


22.95 s 
23.3 1 Linkes Auge stellt auf 
etw. grössere Ablesung als das rechte. 


s macht die Wahrnehmung, dass ihm von 
den 2 Lichtphantomen, wenn sie sehr nahe 
gleich hell gemacht sind, bei Betrachtung mit 
dem rechten Auge das rechts stehende heller 
erscheint. Wird es durch Bewegung am Distanz- 
kreis auf die linke Seite gebracht, so scheint 
es schwächer. 


1858 September 13. C. d. U. + 0m3. 


Vollkommen klar. 


Wega mit sich. 


219 s 22.1 
21.75 

25.0 

23.1 m 

24.2 

23.0 22.1 

102.95 106.27) Die ge- 


strige Bemerkung über den Einfluss der Stel- 
lung rechts oder links im Gesichtsfeld bestä- 
tigt sich auch hier. 

103.6 

103.6 


34 


264 


105.15 8 
103.75 
104.5 106.25 


Nr. 461. Ras Alhague und Attair. 


— Ohne Zwei- 
[DJ fel zu lesen 
87.0. 


7h 47m,2 97.0 83 
885 s 

90.0 1 

88.0 s 

55.1 87.7 1 


62.1 38.6 1 


Nr. 462. yAquilae und ePegasi. 


8 10.7 311 Ss 28.95 
36.0 1 
35.4< s 
36.0 1 
20.15 34.85 S 29.0 


23.75 100.3 1 99,5 
94.45 s 
96.6 1 
94.0 Ss 

34.5 97.4 1 99.45 


Nr. 463. yCassiopejae und Wega. 


45.1 81.6 s — Gehtschwie- 
rig wegen des grossen Unterschiedes. 
839 1 
81.1 s alle] 
49.8 82.2 1 
51.4 #3<s DD 
47.6 1 
46.45 s 8 
56.7 47.4 1 


9 81.5 s = 
29.8 11 
32.95 O 
7.0 35.1 1 
32.55 s gut. 
10.0 30.7 1 


12.2 95.0 5 D 
96.3 1 
94.0 > s N 
18.8 96.1 1 


Nr. 4655. «Andromedae und Deneb. 


23.6 SERVER! — 
94.0 1 
93.3 s DI 
31.2 97 
34.4 30.95 s 
31.4 1 
30.75 > s 
41.5 33.9 41 


Nr. 466. nAquarii und «a Pegasi. 


Am Horizont etwas Nebel, von Gaslicht 
beleuchtet Jedoch sind sehr tief stehend 
»% % noch schön rein. 


9h 53m ,5 44.1 Ss — 
Aa 
43.9 8 
10 27 43.9 1 


Nebel hat eine Art Bank in W. und NW. 
gebildet, ist auch sichtlich aufd benachbarten 
Platz: übrigens in Bewegung. 

10 5.4 88 - 
ee! 

als 

16.0 1 


Nr. 467. ZAquarii und «Pegasi. 


26.8 82.4 s — Luft jetzt 
84.9 1 etw. nebelig. — 
82.8 s % »% schön. 
34.4 87.51 
37.0 4258 — 
39.0 1 
40.3 s 
41.25 44.8] 


Nr. 468. y Pegasi und « Andromedae. 


47.69 36.45 s — Diese Aci- 
32.1 1 mute scheinen ganz 
nebelfrei. Nur unten Luft etwas dunstig. 


30.5 s 

10h 52m 9 3401 
55.6 96.8 s —_ 

96.7 1 

91.4 s 

60.0 9121 


1858 September 29. C.d. U.-+ 1m,0. 


Tag ganz klar: Luft scheint völlig normal. 
Attair mit sich. 


22.0 s 20.1 
20.15 

19.3 

20.95 

20.9 

22.1 20.1 


105.23 106.25 
104.4 

10485 > 

104.36 

104.95 

104.2 


Nr. 471. Wega und Capella. 


10 20 —— 24.7 s C.fammt 

21.6 1 stark, W. 

21.8 s weniger. 
23.5 1 

224535 CinNO, 

26.5 25.2 1 tief. 

38.35*) — 10425 s 
[Ohne Zweifel zu lesen 105.5 1 
28.35.] 105.25 s 
103.6 1 
103.8 s 
36.4 103.3 1 


Nr. 472. ß Arietis und « Andromedae. 


43.5 29.2” 8 — 
30.7 1 
28.55<{s 

51.5 34.1 1 
30.15 s 

57.0 34.0 1 


58:6 93.3 8 


11h 10m 93.4 1 


15.15 82.0 s — 
80.6 1 
81.63 s 
21.5 81.8 1 
23.8 41.9 s oO 
47.5 1 
43.55 s 
46.0 1 
4495 <s S 
36.7 46.7 1 
Bild: 63.85 s 63.67 


Von jetzt an sind die Messungen von Seidel 
allein fortgesetzt, nachdem Leonhard in Folge 
amtlicher Versetzung abgereist ist. 


1858 Oktober 4. C.d.U.— 7m0, 


Nr. 477 _ Wega und Capella. 


10 38 _ 105.3 > W.flammt 
105.8 etwas. 
104.85 < 
43.5 ‚106.15 
45.5 — 19.7 
21.4 
20.55 
48.7 20.1 


Deneb mit sich. 


23.8 21.65 
23.7 
25.0 
25.0 21.65 
104.5 102.95 
102.95 gut. 
104.3 
102.5 102.95 


Unt. d. B. steht Phantom A rechts. 
34* 


Nr. 478. « Piscium und « Andromedae. 


11h 29m 80.9 == 
79.9 
82.1 D 
30.0 82.4 
32.5 43.1 e] 
43.4 > 
43.95 gut. 8 
41.5 45.23 


Nr. 479. dCeti und «Andromedae. 


52.0 48.85 —_ 
50.2 
47.95 D 
59.0 46.95 
12 24 80.35 D 
80.65 
79.95 N 
13.3 79.8 


Tag war ganz rein, am Anfang d. Beob. 
standen jedoch am W. Horizont (tief) ein paar 
Wolkenstreifen, die später sich mehr nach N. 
zogen und sich da auflösten. Beobb. halte ich 
für ganz unverdächtig. 


m N TE ES EFT ET rn ae rn 
1858 Oktober 7. C. d. U. — 8m,4. 


Tag vollkommen schön und klar: Alpen- 
kette deutlich sichtbar, doch nicht besonders 
„nahe“. 


Nr. 482. Wega und Capella. 
Horizont unter C. scheint ganz rein. 


7 43 — 30.3 Obwohl C. 
stark flammt, gelingt es doch, leidlich ruhige 
Augenblicke dazwischen zu erhaschen, so dass 
die Messung im Ganzen gut sein wird. 

30.7 > 
29.4 < 
29.6 
30.7 
51.5 27.0 


54 = 97.4 
95.4 
95.8 


95.7 
95.4 
62 96.8 
Wega mit sich. 
103.6 103.0 
102.0 
102.0 
103.0 
101.8 
101.4 103.0 
20.9 20.85 
22.6 
23.7 
23.5 
22.6 
23.7 20.85 Hienach 
Pause. 
Nr. 483. Wega und Capella. 
10h 45m 18.0 20.0 Beide 
20.35 flammen 
21.8 stark. 
50.4 18.0 20.6 
53.5 104.6 100.9 
100.3 
100.7 
56.5 104.6 100 65 


11 


Nr. 485. 


12 


Nr. 484. yCeti und «Andromedae. 


40 


3.5 


10 


83.7 
81.3 
82.35 
83.9 


40.5 
40.0 
42.2 
44.0 


Oo 
oO 
$ 


«Andromedae und Capella. 


12.5 84.1 DO 

84.6 Beide unruhig. « And. 

scheint mir etwas röthlich neben Capella. 
84.05 

17.5 85.1 


1858 Oktober 14. 


Tag schön, doch mit etwas Wolken. Um 
® Unterg. in 'w. eine ausgebreitete bis über 
d. Zenit reichende Trübung, die sich später 
allmählig auflöst. — Um 95 scheint der Him- 
mel ganz rein und sehr klar. Grosse Menge 
kleiner *% »%£; Milchstrasse schön; übrigens 
feuchte Luft. Himmelsgrund noch ziemlich 
hell, wahrscheinlich noch vom C, der aber 
während der nächsten Messung untergeht. 


C.d. U. — 5m,9, 


Deneb mit sich. 


105.3 105.2 

103.85 Sehr ruhiges Licht. 
104.65 < 

104.15 

103.8 

104 25 105.15 


21.2 18.8 
21.45 

19.8 

20.2 

22.0 

19.2 18.85 


Nr. 486. Capella und Wega. 


9h 59m 5.3 —  Farbunter- 
schied stört u (gelblich und violet). Flam- 
men auch stark. 
22.2 
24.63 


10 35 22.7 —_ 


5.4 105.7 — 
101.0 
103.8 

10.5 104.4 —, 


Nr. 487. « Trianguli u. « Andromedae. 


10 20.2 82.6 — | [Haben Gew. 
> !/2erhalten.] 
85.0 [DJ Jetztdasbis- 


her blendende Licht von unten verdeckt. 


267 


28.5 85.3 
30.5 84.25 gut. 8 
33.5 42.7 D 
41.0 
43.25 S 
40.0 40.9 


Nr. 488. $ Trianguli u. « Andromedae. 


10h 45m .0 36.4 < — Stellung 

36.0 gut. zieml. unbequem. 
35.7 

50.5 38.1 

53.0 89.3 U 
90.55 
87.4 8 

58.5 88.7 


Nr. 489. «Andromedae und «Persei. 


11 12 101.95 102.0 
994 
100.1 gut. 
17.5 98.6 102.05 
21.0 2405 22.97 
27.6 
26.0 gut. 
26.0 26.95 22.97 
Bild: 64.0 64.0 Oecular-St. 


33.95. 


Nr. 490. Wega und Capella. 


39.5 200 — Farbe stört 
23.6 jetzt wenig. 
19.65 
45.5 20.4 
47.2 — —  Ordentlich 
102.4 105.8 eingestellt. 
102.65 Flammen mässig. 
104 3 
56.0 1021 105.7 


Ziemlich schwache ȣ ȣ weit unter Wega 
gut sichtbar. [Folgenden Morgen der Him- 
mel stark bezogen.] 


268 


1858 Oktober 16. C.d. U. — 8m,0. 


Schöner Tag: viel wärmer als die letzten. 
Nach @) Untergang wenig nebelig: gegen Yh 
% »% schön, nur Luft noch ein wenig dunstig. 
— Heller I Schein. 


Wega mit sich. 


105.2 105.75 

104.2 

106.3 Schlitten B, der nicht 
ganz fest geklemmt war, und nach der 2. Ab- 
lesung an das Ende d. Schlitzes gesunken 
war, wieder gestellt auf 105.75. 

106.2 

105.6 

104.8 


23.9 21.2 
23.1 

2335 < 

Bae> Dil 


an 


Nr. 491. «@Arietis und Capella. 


10h 2m 45.2 — 
45.7 
46.0 D 
7.5 44.1 
11 81.95 = 
81.25 
80.0 5 
16.5 81.0 
Bild: 63.6 63.55 


Nebel hat sich insoweit verdichtet und 
gesenkt, dass der benachbarte Thurm der 
protest. Kirche mit der obern Hälfte heraus- 
ragt. Jedoch veränderlich. 


Nr. 492. yPegasi und $Pegasi. 


39.2 34.2 36.8 
35.6 
34.8 

46.6 34.95 36.8 


50.0 95.8 96.0 
97.0 
98.0 

60.0 97.7 96.0 


Während der letzten Einstellung nimmt 
plötzlich rasche Bildung von mehr consistentem 
Nebel überhand. C steht schon in starkem 
Dunst. Desshalb abgebrochen. (Bald darauf 
C und % *& in West schon wieder ziemlich 
frei). — Nach dem unmittelbaren Eindruck 
halte ich die heutigen Beobachtungen für gut. 


1858 November 25. 


Nachmittag etw. dunstig: noch um !/27 Uhr 
am “% hellen Himmel deutlich umherziehende 
Nebel wahrnehmbar. Nach 8h scheint es mir 
rein, nur Luft unten noch etwas dunstig. 


Jupiter mit sich. 


22.2 19.75 Ocular be- 
schlägt jeden Augenblick, obgleich die Kälte 
sehr mässig ist. 
20.95 
19.95 
21.95 
19.97 
214 19.75 


105.45 105.1 Jetzt steht 
105.4 Arechts oben im Felde. 
105.3 

105.4 105.1 


Dunstwolken verhindern die Fortsetzung 
der Messungen. 


1858 Dezember 17. C.d.U. — 6m2. 


Seit Mittag klare Luft; etwas kalt. — 
Heller C Schein. 


Nr. 493. Deneb und Capella. 


7h  1jm.5 90.05 — 
90.4 
92.35 D 
8.5 92.2 
11.5 33.95 D 
; 32.05 
31.9 S - 
16.7 33.9 D.flammt; doch mässig. 


Nr. 494. Aldebaran und Deneb. 


D. erscheint schön bläulich neben A. 


7h 28m 28.6 25.0 
272 HellesFeld, weilC ziem- 
27.6 lich nahe bei A. 


36 26.5 25.0 
39.6 100.4 102.1 

98.7 

936 Farbunterschied ist 
47.6 101.3 102.2 störend. 


Nr. 495. «Andromedae und Aldebaran. 


58.6 100.0 — 
98.85 
98.9 gut. 

67.0 100.3 

8 10.5 34 25 26.6 

35.6 
36.0 

17.5 34.95 26.6 


Gesichtsfeld ist merklich heller bei d. Beob. 
über d.B. als unter d.B. — [Ist allgemein so.] 


Jupiter mit sich. 


19.6 20.55 

22.3 

22.7 

21.2 

21.1 gut. 

22.55 20.55 
104.8 104.9 
103.95 
102.4 
104.3 
104.7 
104.45 104.85 


Nr. 496. y Cassiopejae und Capella. 


8 42 82.75 = 
83.4 
83.6 < 
47.0 83.7 I 


Unbequeme Einstellung. 


49.6 43.2 D 
43.95 
42.3 

57 43.8 > 


Himmel scheint vollkommen rein. 


1859 Januar 9. C. d. U. + 8m,4. 


Empfindlich kalt (etwa — 11° R.). — SW., 
wo die C Sichel steht, ist in der Nähe des 


Horizontes dunstig; SO. und die hohen Re- 
gionen scheinen aber klar. 


Nr. 497. «Arietis und Aldebaran. 


sh 38m .5*) 33.25 Einstellung erschwert, 
*) Muss jedenf. 32.7 weil die Mikrometer- 
heissen 33.5. Schraube am Dist.-Kr. 


38.5 33.25 nicht zieht. 
42.5 93.35 
91.3 
46.0 92.5 Farbunterschied nicht 


auffallend. 


Nr. 498. Aldebaran und Halcyone. 


Licht der andern Plejaden % »% mischt 
sich nicht mit dem von n, doch stören sie 
etwas durch ihre Gegenwart im Felde. 


8 59.4 87.4 U 
87.6 < 
9 4 Bz7ran>> 
8 43.2 [J Auf dieser 
42.2 Seite stören die Nach- 
bar % »% mehr als auf der andern. 
447 
15.5 41.4 gut. 


Ueber d. Bilde steht Aldebaran rechts im 
Feld. 


Bild: 64.2 63.65 


[NB Bei dieser Aufzeichnung sind ent- 
weder die beiden »% »%£ in der Ueberschrift in 
verkehrter Ordnung genannt, oder die beiden 
Columnen für AundB verwechselt. Die über- 
wiegende Wahrscheinlichkeit, namentlich auch 
auf die Notiz über die Stellung im Felde be- 
gründet, und auch meine Erinnerung (aufge- 
zeichnet Apr. 14) über die Umstände der Be- 
obachtung sprechen für die 2. Alternative.] 


270 


Nr. 499. yAndromedae und Capella. 


9h 31m.7 45.67 DO Stellung 
45 85 U[LJ ziemlich un- 
35.5 46.7 bequem. 
39 81.7 og 
79.95 
42 80.7 


y scheint, obwohl etwas in W., in ganz 
reiner Luft zu stehen. 


Nr. 500. Aldebaran und Capella. 


Vollkommen ruhiges Licht: Farbe stört 
gar nicht. 


485 Osprout, 2 
90.15 
92.4 
54.5 89.2 iM] 
10 0.3 37.6 ® 
58.2 
36.4 gut. 8 
5.2 37.3 


Capella mit sich. 


23.2 19.7 „Ganz auf- 
22.8 fallend ruhiges Licht.“ 
21.7 

22.8 

22.69 19.7, 

102.95 102.4 

103.6 


102.6 Unter dem Bild steht 
101.25 Phantom A rechts. 
104 2 

103.0 102.4 


Himmel schien zuletzt auch in W. klarer 
als im Anfang: vielleicht weil nach C Unter- 
gang die Dünste nicht mehr beleuchtet sind. 
— +2 r% überhaupt heute vorzüglich ruhig; 
selbst Sirius. 


1859 Januar 21. C. d. U. — 6m,6. 


Heute schwach dunstig in W.undS., doch 
scheinen die höheren Regionen, namentlich 
um Orion und Stier (SO.) vollkommen klar. 


(Nachmittag war Himmel klar, jedoch von 
matter Farbe.) 


Nr. 501. A Tauri und Aldebaran. 
7h 56m.5 49.85 
[Diese Zeit ist jedenfalls irrig notirt.] 
45.4 
46.6 
54 45 6 
57 79.0 [) Geht etwas 
78.1 schwer weg. schwach. 
8095 Lichtesu. unbequemer 
81.8 Stellung. 
Nr. 502 Bellatrix und Capella. 
27.5 87.8 D 
85-4 
87.4 
32.5 87.7 
35.0 38.1 oO 
39.3 
39.1 
40.0 39.2 Schönes ruhiges Licht. 
Nr. 503. «@Persei und Capella. 
47 44.4 > D 
44.65 
44.3 < 
53 43.6 gut. 
54.5 85.3 U 
84.6 
83.9 
59 83.4 < 


Capella mit sich. 


105.0 
103.75 
103.4 
104.8 
104.8 
104.45 


23.25 
24.15 
23.9 


105.4 


105.4 


22.45 


23.4 
22.85 
23.0 22.5 
Bild: 64.55 64.2 Okul.-St.: 
33.8. 


Um 9!/ Uhr, beim Nachhause-Gehen, ist 
nebeliger Dunst um den Horizont kennbar, 
besonders in O., wo er vom aufgehenden C 
beleuchtet ist und sich bis etwas über « Leonis 
herauf verfolgen lässt. — Jedoch ist parterre 
nichts mehr von Nebel zu spüren, was An- 
fangs in geringem Grade der Fall war. — 
Wetter ziemlich mild; etwas feucht. 


1859 Februar 4. C.d. U. — 1m,0. 

Bei Tag Thauwetter, Himmel meist be- 
deckt, dazwischen @) Schein. Abends sehr schön 
klar: ich finde keine verdächtigen Anzeigen. 
— Luft noch feucht. 


Nr. 504. Capella und 8 Aurigae. 


8h 43m.5 m] 947 (Muss ohne 

85.9 Zweifel heis- 
85.9 sen 84.7.) 

48.0 86.0 

50.0 oO 40.3 > 
41.0 
40.7 

52.7 40.25 


Nr. 505. Capella und 3 Tauri. 


0 kei 37.0 
37.8 > 

37.0 

4.7 36.4 

6.5 Oo 88.1 

83.4 

87.25 

11.3 88.25 


Nr. 506. 8Aurigae und #Geminorum. 


23.5 ® 840 
2.8 > 
819 

30.0 84.55 


Abh. d. II. Cl. d.k Ak. d. Wiss. X. Bd. 1. Abth. 


271 


32.5. I 44.1 
44.6 
44.95 

37.5 44.8 


102.7 103.0 


Bild: 64.05 63.65 


Zuletzt etwas kalt. Folgender Morgen 
kalt und klar. 


1859 März 7. C.d. U. — 3m,3, 


Nr. 507. 8 Aurigae und „ Geminorum. 


7h 45m @ 43.35 

46.1 

: 44.45 

49.5 45 35 

51.5 m 834 

84.8 

82.2 

56.5 83.25 
Dist.-Kr. steht auf 22°. 97. 

Bild: 63.8 64.4 


Es zeigt sich, dass mit der eingestellten 
Distanz auch noch ein anderer #% durch’s Feld 
passirt Um sicher festzustellen, welcher eigent- 
lich beobachtet war, werden an beiden noch 
weitere Einstellungen gemacht (Sie stehen 
nicht weit von einander, höchstens etwa um 
2>< Durchmesser des Gesichtsfeldes.) Jeder 
wird mit 8 Aurigae verglichen. [Die Original- 
Aufzeichnung enthält umständlichere Angaben 
über Lage des Instrumentes ete, welche nach- 
träglich zur Feststellung der Identität geführt 
haben, so wie im Folgenden kurzangesetzt wird.] 


35 


272 


8Aurigae mit 


ad Nr.508.) «Geminorum 8 2m [|] 85.2 


Nr. 5072.) „Geminorum 47 [I] 83.1 


83.3 

81.7 

100 D 448 
46.4 

13.0 44.4 
Nr. 508. # Geminorum 190081523971 
44.3 

39.8 

26 42.4 
27.5 ED] 870 
86.8 

30.7 85.2 


Nr. 509. $Aurigae und yGeminorum. 


8b 42m.5 25.75 24.1 
21.8 
22.0 
23.95 
26.5 
51.0 24.4 24.1 


83.0 103.7 101.55 
101.1 
101.8 
102.8 

58 101.8 101.5 


[Im Journal folgen hier zunächst zwei Ver- 
gleichungen zwischen Saturn und Capella, mit 
Umtausch der Gläser-Systeme zwischen beiden, 
welche zugleich zur Bestimmung des Durch- 
sichtigkeits - Verhältnisses derselben gedient 
haben.] 


Nr. 5ll. $Aurigae und eGeminorum. 


(Nach Pollux [soll wohl heissen: Castor] 
der hellste %, der mit der berechneten Distanz 
von 8 Aur. durch’s Feld passirt.] 


10 11 oO 85.25 
85.6 
34.8 
17 86 8 


19.8 = 38.0 

41.65 

41.4 ZuletztAuge 
25.0 41.0 ermüdet. 


Tag war rein und klar: milde Frühlings- 
luft. Nacht prachtvoll, besonders seit C Unter- 
gang: sehr weit hinab ganz klar: »% »# ziem- 
lich ruhig. 


1859 März 10. C.d. U. + 4m,6. 


Seit Mittag hell. Jetzt klar und rein. — 
%»% im Allg. ziemlich ruhig. — Heller € 
Schein. 


Nr. 512. Sirius und Procyon. 


7h 38m — 39.95 Beide flam- 
men, doch leidlich. — Sirius im Rohr violet- 
lich, Procyon gelblich. 
40.9 
DO 40.0 


43 41.7 
45 Sj® 85.2 Beugungs- 
84.6 linienstören. 
8 84.95 gut. 
50 SI 


Nr. 513. Capella und £ Orionis. 


7 57 — 87.35 

87.0 

84.6 

85.65 gut. 


42.8 gut. 
41.2 


39.0 < [Gew. !/a.] 
42.0 


Ze le 


Nr. 514. Castor und Capella. 


24.5 38.4 —_ 
40.95 Ganz ruhiges Licht. 
38.2 OD 

31.5 38.0 

8.58 89.25 D 

89.0 
87.7 8 

37.5 89.1 

Bild: 64.8 640 


Nr. 515. dGeminorum und ßAurigae. 


9h m 43.9 — 
46.05 
43.1 ® 
7.5 42.5 
9 82.5 0 
81.5 
82.3 8 
15.0 85.8 nicht schlecht. 
Saturn mit sich. 
Bild: 64.7 64.1; Okular- 
Stutzen 33.7. 
24.85 22.8 
25.05 
24.0 < 
25.6 
26.15 
25.8 22.65 
101.5 102.6 
101.4 
101.7 
100 0 
101.0 
101.1 102.55 


Ich halte die heutigen Beob. für gut. — 
Wetter ziemlich trocken: etwas weniger warm 
als März 7. 


1859 März 11. C. d. U. — 2m,6. 


Tag ganz klar. Abend vorzüglich schön. 
Bild (Jupiter): 63.95 63.77 
Nr. 517. Sirius und Procyon. 
7 52.0 — 44.2 Zuckendes 


Flammen bei Sirius, aber doch heute relativ 
ruhig. 


43.7 
m) 40.8 
408 
S 39.7 
60.5 41.0 gut. 


8h 9m; en 85.1 
84.9 

I 85.7 

8 85.6 


Nr. 518. Beteigeuze und Capella. 


13 90.8 — Farbe stört 
88.4 nicht besonders. 
92 6 D 

20.0 91.0 

22.5 35.9 [] 
35.0 
35.4 N 

25.5 36.2 


23.5 21.0 


101.5 102.0 
Okular-Stutzen steht auf 33.75. 


Anfangs war es unten ein klein wenig nebel- 
haft dunstig. Jetzt gar nicht mehr. Die tiefen 
»e»%,z. B vom gr. Hund, sehr klar und re- 
lativ ruhig. 


1859 März 18. C.d.U. + 9m. 


Tag rein und klar. Abend ebenfalls, doch 
flammen % »% stark, und ich kann mich nicht 


völlig überzeugen, ob nicht um C (Vollmond) 
schwacher Dunst (am Anfang d. Beob.). 


Saturn mit sich. 
104.4 105 1 


103.0 
105 05 


274 


103.0 
104.6 
103.6 105.15 


22.9 21.8 
36.1 sie 

24.34 

23.95 

247 

25.0 < 21.75 


Nr. 519. Procyon und Regulus. 

&h 40m — 32.0 Beide flam. 
gut: 32.1 sehr stark. 
31.85 Gesichtsfeld 


45.5 U 31.0 hell vom 
O Schein. 


[m] 94.1 Auf dieser 
96.2 Seited. Bilds 
8 93.9 Felddunkler. 
52.5 95.4 


Nr. 520. Procyon und Pollux. 


58.5 — 96.4 > 
93.3 
D 94.7 
9 35 94.1 
5.5 D 32.7 
32.0 
N 31.0 
9.5 33.0 


Beide Beob. möchten trotz des Flammens 
nicht schlecht sein. 


NB. Beim Nachhause-Gehen in halber Höhe 
des C ein paar leichte Wölkchen bemerkt. 
Um 11h ist der grösste Theil des Himmels 
mit milchiger Trübung überzogen. 


1859 März 21. C.d.U. + 2m4. 


Seit Nachmittag schön klar. %& »% flammen 
ziemlich stark. 


Nr. 521. Procyon und fß Canis minoris. 


8 26.5 en 48.4 < Pr. lammt 


50.0 stark. 


Ele 49,3 > 
32 48.9 
Kleiner ## in der Nähe von 8 mischt sein 
Licht nicht mit dem von 3. 


35 ® 79.75 < 
80.6 > 
N 78.7 
40 79.2 


Nr. 522. Regulus und e Leonis. 


8b 50m,0 — 46.7 
47.4 
D 46.7 
55.0 46.2 
58.0 U 83.0 
81.8 
S 82.2 

630 81.7 R. flammt, 


doch mässig. 
Nr. 523. Regulus und n Leonis. 


Mondlicht im Felde fängt jetzt an zu geniren. 


9 95 = 47.05 
488 
D 48.9 
15 48.0 
18 D 73.8 
80.5 
$ 80.3 

23 78.95 


Saturn mit sich. 


22.0 22.3 
24.75. 

25.4 

24.3 

23.3 22.39 


104.6 104.15 

104.5 

103.7 

101.95 

104.7 

103.2 104.1 

Am Horizont in d. Nähe d. C Spuren von 

kl. Wölkchen. Sonst schön klar, auch die tiefen 
»e»% z. B. des gr. Hundes. 


1859 April 4. C.d. U. + 2m,4, 
Um 6h5 war der Himmel noch grossen 
Theils überzogen, milchig. Scheint aber jetzt 
in S., W. und O. klar (»% »% flammen wenig): 
nur am N. Horizont stehen noch dunstige 
Wolken, nach oben verwaschen auslaufend. 


Nr 524. Regulus und £ Hydrae. 


8h 19m — 80.75 
79.8 

5 80.2 Stark. Wind 

19.5 813 aus SW. 

8 212 ® 45.4 
48.4 
S 470 
27.5 43.3 


Nr. 525. Regulus und e Hydrae. 


Ein etwas schwächerer % kommt fast zu- 
gleich mit eH. in’s Feld. [Ohne Zweifel e.] 


33.2 ei 48.0 
49.0 

oO 47.8 > 
40.0 48.3 
42.5 D 78.0 
79.0 
N 78.2 
47.5 78.9 


Nr. 526. Regulus und Alphard., 


8 56 — 37.0 
41.7 
374 
37.6 
9 45 = 34.8 


| 


88.65 
87.0 
86.75 
12.5 82 < 


J/ 


Nr. 527. & Leonis und Regulus. 


Mit ZL. sind noch 2 Nachbar »% »% zugleich 
im Feld. 


35 79.9 [DJ Der heftige 
79.1 Wind stört. 
77.7 


42.5 79.4 


275 


45 49.4 [J Augeermüdet. 
47.9 
48.4 

52.5 493 Dist. abgelesen 11° 8. 


Saturn mit sich. 


1022 104.0 
101.75 

105.4 < sie 
103.85 

104.2 

102.1 gut. 104.0 


24.3 22.8 
26.0 

25.5 gut. 

25.35 

24.6 

23.55 22.7 


Dunst in N. hat sich zuletzt zu einer wohl- 
begrenzten Wolkenbank consolidirt, über wel- 
cher jetzt der Himmel auch in N. schön klar 
erscheint. ; 


1859 April 6. C.d.U. + 2m,5. 


Schöner Tag, jedoch gegen Abd. streifig. 
Nach @) Untergang scheinen die Streifen, in 
9 Beleuchtung noch sichtbar, sich rasch auf- 
zulösen. Etwa Y4ı vor dem Anfang der Beob. 
verliere ich den letzten Streifen aus den Augen. 
— Mondhell. 


Saturn mit sich. 


25.15 22.85 
230 

24.7 

25.0 

26.15 

25.8 22.8 


104.3 104.6 
102.5 
103.2 
104.4 
103 2 
103.1 104.6 


Nr. 528. Regulus und #Leonis. 


8h 20m — 82.1 R. etwas 
833 unruhig. 
D 82.7 
26,3 81.6 
28.5 oO 48.7 < 
479 
N 47.2 > 
35.0 47.7 


N. 529. Pollux und 40 Lyneis. 


46.5 — 47.9 

48.2 

DO 47.0 

525 46.55 
Licht des schwachen #%# ist unruhig. 

8 55 oO 310 < 

80.0 

N 782 

60 79.8 


Anderer »%, im Phot. Rohr etwas höher 
als 40 L., welcher bei der eingestellten Di- 
stanz ebenfalls das Feld passırt: 


774 |Dieser 


Nr. 529 a) = 
38 Lyneis.] 


ist nach Stellung ete. 


Nr. 530. Regulus und Pollux. 


9 16.5 104.3 101.8 
102.4 
102.3 
220 102.8 101.8 
24 26.7 26.4 
28.2 
26.7 
27.0 gut. 
27.3 
30.5 26.2 264 
Bild: 64.2 64.0 Okular- 


Stutzen 33.6. 


Himmel scheint während der Beob. voll- 
kommen klar: nur der tiefe Horizont etwas 
dunstig. . 


1859 April ?. 0.d. U. + 2m.6. 


Tag ganz klar: nach @) Untergang einige 
streifige Wölkchen. In N. sind um 8h noch 
ziehende Streifwölkchen sichtbar; später scheint 
Alles vollkommen klar. 


[Durchsichtigkeitsverhältniss der Gläser ist 


heute durch Umlegen zwischen Saturn und 
Capella bestimmt. ] 


Nr. 534. Capella und y Ursae majoris. 


9h 18m.5 — 83.0 
84.3 
El 86.0 
2 842 
25 00 43.0 
44 4 
S 43.1 Capella nicht 
29 442 vollk. ruhig. 


Nr. 555. yUrsae majoris und Pollux. 


44 36.5 = 
37.6 
37.0 0 
48.5 35.6 
50.5 89.0 [] 
93.2 < Unbequeme Stellung. 
96.3 S 
580 92.4 gut Zuletzt windig. 


Sirius, seinem Untergange ganz nahe, 
zum letztenmale vom Thurme aus mit unbe- 
waffnetem Auge (NB. mit Brille) gesehen um 
10h 13n,5 UZ.; er hatte die Gränze des Hori- 
zonts noch nicht ganz erreicht, als er dem 
Auge verloren ging. — [Wahre Zenitdist. ohne 
Refraction — 8:)°33'.4.] 


1859 April 27. C.d. U. + 0m. 


Tag ganz klar. Um @) Untergang bilden 
sich milchige Streifen, die sich bald wieder 
lösen: Anfangs verräth noch die ungleiche 
Färbung des Himmels ihre Spur. Später nichts 
Verdächtiges mehr wahrnehmbar. — Schöne 
Nacht. 


Saturn mit sich. 


Unter d. Bild ist Phantom A mehr gelb- 


bräunlich, B mehr violetlich. 


102 6 105.25 

103.3 

103 2 

103.8 > 

104.05 

103.8 105.2 
22.5 19.8 Ueber dem 
23.4 Bild kein Farbunter- 
23.1 schied. 
22.05 
208 
22.6 19.85 


Nr. 536. &Leonis und #Leonis. 


8h 51m.5 -— 35.05 
36.35 
U 34.6 Stell. wenig 
0.0 34.3 bequem. 
2.5 U 88.7 
900 Messung 
8 89.8 geht etwas 
10.0 90.0 > schwer. 


Nr. 537. Pollux und «<Geminorum. 


165 — 78.6 P. ziemlich 


77.7 unruhig. 
w) 78.4 
23.5 80.0 


Dreieck von x klein. Beugungslinien darin 


nicht auffallend 


25.0 le] 48.3 
48.2 
N 48.0 Auch das 
32.0 50.0 Licht vonx 


nicht ganz ruhig. 


e 
Nr. 538. 3Leonis und $3Virginis. 


42.5 — 42.6 Licht von 
43.5 unten blen- 
D 42.2 > det. 
49.2 43.0 


52.5 = 84.8 
84.4 

8 84.6 

58.0 86 0 


Nr. 539. & Leonis und y Ursae majoris. 


10h 6m5 105.2 100.9 
99 6 
99.35 
11.5 105.33 99.8 
14.5 23.0 25.2 


27.2 Ueberd Bild 
Phant. B. rechts oben im Feld. 


26.9 > 
20.5 22.95 28.7 
Bild: 64.1 63.6 


Nr. 540. y Ursae maj. und o Ursae ma). 


10 45.5 = 38.6 
38.4 Ermüdung 
DO 372 d.Augeswird 
55 348 sensibel. 
56.5 = 87.3 
90.0 
8 89.3 
62.5 89.05 


Okular-Stutzen stand auf 32.7. Er wird 
jetzt gestellt auf 35.0 


1859 Mai 12. C. d. U. + 0m,9. 


Morgens bedeckt, Nachmittag wolkig, Abend 
klar. — #% % funkeln: Capella, die schon etwas 
tief steht, kommt mir heute auffallend röth- 
lich vor (um 9b 45m), — Heller 7 Schein. 


Saturn mit sich. 


20.5 20.6 
22.0 
26.0 
22.2 
22.5 
22.4 20.6 


278 


103.5 104.4 


102.5 104.4 


Nr. 541. y Ursae maj. und x Ursae maj. 


10h 15m .5 34.8 46.9 Mondschein 

46.1<{ genirt. 
46.3 

21.8 34.9 46.6 

25.5 91.3 78.4 
78.7 
798 

32.5 91.4 78.8 


22.15 


[CHCHCHCHERT) 
DOES 
BUCH CHe Ken) 


22.2 


Nr. 543. 8Leonis und Wega. 


9h 21m 44.8 — 
46.2 > 
43.95 m 
26 44.75 
9 282 793.2 ® 
78.7 
77.4 8& Beide &% 
35.0 79.1 unruhig, besond W.sehr. 


Nr. 542. yUrsae maj. und ı Ursae maj. 


37.0 91.33*) 80.6 *) Noch un- 
81.5 verrückt die 
812 Stellung von 


43.5 91.35*) 79.7 Nr. 541. 


Die frühere Bemerkung, wornach ich mit 


dem rechten Auge rechts im Felde etwas heller 
sehe als links, hier wieder bestätigt. 


48.5 34.9 42.4 


43.6 
45.6 
56.0 34.95 42.2 


Bei den beiden Messungen war die Stel- 
lung etwas unbequem, auch der helle € Schein 
störend. — Nacht scheint völlig klar. 


1859 Juni 6. C.d.U. +0m5. 


Vollkommen klar. I nahe dem ersten 
Viertel: bei Regulus. 


Arcturus mit sich. 


99.7 100.95 Dämmer- 
ung noch sehr hell. — Licht nicht ganz ruhig. 

9931 

Bzl®) 

100.2 > 

99.3 

99.6 100.9 


Nr. 544. ßLeonis und £ Virginis. 


40.5 31.65 46.3 
463 > 
47.7 

45 31.65 46.2 

47.5 100.8 82.1 
83.0 
82.8 

52.5 100.8 84.9 


Nacht auch noch später von vorzüglicher 
Klarheit. 


1859 Juni 28. GETU.0. 


Tag und Nacht vollkommen klar. 


Nr. 545. Gemma und $Leonis. 


9 42.5 103.0 99.35 

101.2 

102.9 

„ #00 103.1 101.6 
53.0 22.95 27.6 ß L. ziemlich 


24.95 unruhig. 
26.9 
59.5 22.9 25.8 


Nr. 546. A Ursae maj. und y Ursae ma). 


10h 22m,5 87.3 — NBA<u 
87.8 
29.5 89.8 0 
31.5 90.3 
34.5 37.3 D 
39.7 
39.4 $ A nicht ganz 
42.6 38.2 ruhig. 
Nr. 547. Wega und Gemma. 
51.2 = 44.1 
40.6 < 
41.3 
58 D 42.0 
185% OD 81.0 
80.75 
N eikz 
8 81.0 
Nr. 548. «@Serpentis und eSerpentis. 
20.5 316 39.0 
41.65 
42.4 
28.5 81.5 39.3 
31.0 96.8 85.7 
85.2 
85.1 
40.5 96.6 87.8 
Wega mit sich. 
24.1 21.2 Unruhig 
23.45 trotz d. hohen Standes. 
22.7 
22.7 
23.75 
23.3 21.2 
103.8 104.2 Jetzt steht 
102.2 Phantom A rechts. 
103.0 
103.6 
102.6 
103.3 104.2 
Bild: 63.6 62.95 


Nacht scheint vollkommen klar: Beobh. sind 
mir jedoch etwas schwer gegangen. 


Abh.d.II.Cl.d. k. Ak.d. Wiss. X.Bd. I. Abth. 


1859 Julil. 


farbe 


279 


C.d. U. + 1m,7. 


Seit Nachmittag hell, mattblaue Himmels- 


Abend klar; Horizont etwas dunstig. 


Arcturus mit sich. 


101.3 


101.95 


100.5 
101.6 
102.4 
102.5 


20.0 
20.35 
22.25 
22.75 
22.9 
21.1 


103.8 Nicht ganz 


ruhig. 


103.8 


20.6 


20.65 


Nr. 549. Arcturus und Wega. 


Bild: 62.95 62.6 
9h 36m 24.0 — 
22.55 
23.35 
42 21.9 — 
43.5 100.65 = 
101.15 < 
101.9 
48 102.6 — 
Nr. 550. 12Canum venaticorum und 
€ Virginis. 
57 91.15 88.1 
87.2 
87.85 
10 95 91.1 88.0 
12.5 32.7 37.6 
40.7 
39.2 
202 32.67 38.7 


Nr. 55l. Gemma und «Serpentis. 


27.2 — 


31.0 
32.67 
312 
31.4 


36 


280 


37 = 909 > 
95.6 
94.05 

44.5 m 94.8 


Nr. 552. Ras Alhague und yUrsae ma). 


54 23.85 30.7 
32.25 
33.55 
11h 0Om,5 23.95 290, < 
3.9 98.4 93.1 
91.4 
93.75 
9.3 98.45 912 


Nr. 553. yUrsae maj. und yCassiopejae. 


11 16 23.1 >= 
26.2 Auge ermüdet. Auch 
20.0 Stellung etw. unbequem 


24 24.2 
25 97.35 — 

100.9 

99.6 

51.2 got 


Auch am Schluss d. Beobb. Alles unver- 
dächtig. Milchstrasse schön, doch nicht von 
auffallender Klarheit. %& ,% heute nicht 
ganz ruhig. 


1859 Juli 2. C.d. U. + 2m.4. 


Aehnlich wie gestern. Horizont weniger 
dunstig. 
Arcturus mit sich. 


104.5 106.0 


Nr. 554. Deneb und Arcturus. 


9h 34m 5 35.3 — Farbe etwas 

36.1 hinderlich. 
36.1 D 

39 32.6 nicht schlecht. 

41.5 88.0 = 
39.4 
90.8 

45.5 88.25 


Nr. 555. Arcturus u. 12 Canum venaticor. 


51 = 47.9 
46.8 
(ai 47.8 

58.5 46.05 
100 I 78.6 
er 

N 77.75 
5 78.0 


Nr. 556. y Ursae maj. und $ Ursae min. 


13 25.45 23.0 Stellung un- 
24.6 < bequem. 
25.2 gut. 

20 25.55 23.9 

23 101.85 101.8 
104.0 
99.95 

30 101.85 103.0 


Nr. 557. y Ursae majoris und Deneb. 


35.5 89.0 vw 
83.75 
89.6 D 
41.0 88.4 
42.5 37.0 
37.35 
39.4 S 
47.0 41.4 
48.5 37.1< 


Nr. 558. Arcturus und Ras Alhague. 
10h 53m — 84.8 
84.0 
OD 85.2 
57.5 83.9 
58.5 7 44.0 
42.3 
$ 43.0 
61.5 41.2 


% »% nicht ganz ruhig. — Beobb. werden 
im Ganzen gut sein. 


1859 Juli 3. C. d. U. + 3m,0. 


Tag rein. Gegen Abend ein paar zerstreute 
Federwölkchen, die wieder ohne Spur ver- 
schwunden sind. Nur Horizont etwas dunstig, 
besonders in S. 


»% mit sich. 


102.4 
101.2 
102.3 
101 95 
101.1 
101.0 


103.5 


103.25 


22.3 21.2 
23.7 

22.65 

23.95 

23.8 

23.6 21.25 


Nr. 559. Wega und Arcturus. 
9,731 19.55 20.8 Farbe stört 

22.8 nicht. 

22.15 

36.5 19.6 22.5 

39 106.85 101.95 

100.65 

100.35 

42.5 106.9 103.4 


281 


Nr. 560. Ras Alhague und yHereulie. 


52 _ 822 
81.25 
m 83 2 
85.2 
10h 0m.5 D 43.6 Geht schwer 
44.2 auf dieser 
8 42.0 Seite. 
6.5 42.75 
Nr. 561. Gemma und $Librae. 
15.5 — 95.6 
93.2 
93.55 
20.5 = 94.4 
23.5 — 28.2 
29.0 
32.2 
29.5 29.0 
Nr. 562. Gemma und 4 Bootis. 


46.6 Unsicher 


36 
wegen Kleinheit des A von #. — Auch stört 


Laterne von unten sehr. 


10 


43.5 


45.5 


50 


45.6 
45.25 
44.7 


80.0 
81.1 
78.2 
790 


Nr. 


563. Arcturus und Attair. 


103.0 Farbe stört 


Nacht scheint ganz normal. 


36* 


282 


1859 Juli 6. C.d.U.-+ 0m,9. 

Klar. Am Horizont Wolkenbank, oben 
etwas verwaschen, gegen SO. etwas mehr an- 
steigend, von der einzelne Ausläufer etwas 
höher gehen als Antares steht (um 9h 25m), 
C nahe dem 1. Viertel. 


Bild: C 63.25 62.2 
Arcturus mit sich. 


19.85 18.6 A mehr 
grünlich gelb, B mehr violet: dieser Unter- 
schied stört. , 

21.2 

21.6 

203 

20.3 

19.9 18 55 


104.0 105.6 
104.15 

104.4 

105.55 

104.8 

105.2 105.6 


Nr. 564. 8&Herculis und «Serpentis. 


9h 47m 87.8 87.2 

87.5 
88.0 

53.5 87.8 87.35 

97.5 36.1 33.15 
35.6 
36.05 

62.5 35.0 33.1 


Nr. 565. «Ophiuchi und 72 Ophiuchi. 


[Die Absicht war eigentlich, 3 Oph. mit « 
zu vergleichen: bei der nahe gleichen Distanz 
ist statt desselben 72 beobachtet worden. Die 
Einstellungen bei Nr. 585a und b, dann 587 
und 5872 und die Notiz hier unten lassen 
keinen Zweifel über die Identität.] 


10 105 _ 83.9 
83.8 > 

OD 84.6 

16 83.7 


18.5 I 42.0 
42.1 

8 43.0 

24 42.8 


„Nahe bei £ [soll heissen 72] ein anderer 
»%, etc.“ [Folgen nähere Notizen über die 
Constellation, welche auf 72 und nicht auf ß 
passen.] 


Schon während der Beob. Nr. 564 Wolken 
in Neubildung und Bewegung, doch erschienen 
mir die Regionen der beobb. »#»% unver- 
dächtig. Jetzt scheint die Wiederauflösung 
vor sich zu gehen, so dass der Zustand des 
Himmels wieder ungefähr so ist wie am An- 
fang. »% ’%& waren ruhig. 


Nr. 566. Attair und Gemma. 


10h 37m.5 — 36.9 
38.4 
DO 37.4 
43 37.65 
44.5 [I 895 Die 
88.05 etwas un- 
N 888 ruhig. 
52.5 89.0 


Himmel jetzt sehr klar. 


Nr. 567. Attair und y Aquilae. 


11. 3 = 78.35 
78.6 
80.8 
80.3 > 


46.6 
47.4 
46.6 
12 47.4 


» El El 


Zuletzt wieder etwas Wolkenbildung in 
SW., aber nicht bis zur halben Höhe von 
Attair herauf. 


1859 Juli %. C.d.U. + 1m,8. 


Himmel klar, indess eine wenig hohe Wol- 
kenbank in W. und SW.; in S. mehr ver- 
waschen verlaufend. 


Areturus mit sich. 


105.0 
104.5 
104.5 
105.3 
104.1 
104.3 


106.77 Flammt 
stark. 


20.7 


Nr. 568. Wega und y Draconis. 


9b 43m,5 


49 


UUO 


es 


48.1 Schwierig 
48.0 wegen des 
47.0 gr. Unter- 


47.8 schiedes. 


77.0 
76.9 
76.7 
76.6 


Nr. 569. Gemma und fHerculis. 


10 15 


95.1 
93.0 
94.6 
92.9 


35.1 
34.6 
32.15 
33.6 


Nr. 570. Polarstern und 5 Draconis. 


[Es war die Absicht, 7Drac. mit Pol. »& 
zu vergleichen, statt dessen ist aber 8 beob- 
achtet worden, der sehr nahe dieselbe Distanz 


vom Polar »% hat. 


keinen Zweifel.] 


29 


Nr. 583a und 584, der 
Verification wegen gemacht, lassen hierüber 


28.2 
29.65 
28.3 
30.8 


10h 37m .5 


43 


Nr. 571. 


48 


54 


58.5 


65 


283 


91.0 
93.9 
93.3 
92.7 


Gemma und y Aquilae. 


90.6 
91.7 
90.0 
91.5 


32.7 
33.35 
32.0 
31.9 


Am Schluss vorzüglich klar. »% »% ziem- 


lich ruhig. 


1859 Juli 13. 


Tag und Abend klar. 


C.d.U. + 0m 8. 


Wenig Dunst am 


Horizont. — Mond fast voll: steht tief. 


Arcturus mit sich. 


102.1 
102.6 
103.0 
103.0 
102.95 


23.35 
24.25 
24.95 
23.75 
236 


1040 


103.95 


21.9 


Geht auf dieser Seite 
schwerer, wegen des 
helleren Felds. 


21.8 


Nr. 572. yUrsae majoris u. yDraconis. 


9 30 


39 


41 


97.6 


94.4 
95.0 
95.05 
95.8 


33.0 


33.0 


284 


Nr. 573. Ras Alhague und yLy:ae. 


106 0m.5 


13 


26 


Die beiden Vergleichungen durch den vom 


102.8 85.2 
85.85 

87.4 

102 9 86.4 

27.3 38.0 
40.85 
41.05 

27.25 37.5 


C Licht hellen Grund erschwert. 


Nr. 574. Attair und Arctur. 


Beide unruhig, besonders Arct. Auch Farbe 


stört. 
33 


38 


39 


27.2 — 
27.2 < 

28.1 

25.6 —_ 


95.5 
97.3 > = 
97.6 

99.5 — 


Himmel um C her stark erleuchtet, aber mit 
etwas mattem Schein, welches vielleicht auf 


dunstige Beschaffenheit deutet? 


Bild: C: 


1859 Juli1?. 


63.0 63.0 


Stutzen 34.9. 


Wega mit sich. 


102.4 104.0 
101.25 

102.7 

103.1 

102.0 

101.9 104.0 


19.6 18.5 
21.2 

21.2 

20.2 

19.3 
21.0 18.55 


C..d. U. + 3m,5. 


Nr. 575. Wega und Gemma 


9h 43m = 
air] 
48 
49.5 D 
S 
545 


47.05 
47.4 
46.3 
45.65 


80.15 
79.2 
79.2 
78.6 


Nr. 576. yAquilae und Deneb. 


10 2 45.2 < 
42 N; 
44.5 
7.7 44.65 
10 81.5 
80.8 
80.6 
21.5 81.0 


— Vony kleines 
schwaches Licht. 


m 
$ 


Nr. 577. eSerpentis und Gemma. 


31.7 83.2 
82.6 
82.75 
40 83.8 
42.5 41.5 
41.2 
44.0 
4).5 44.0 


iM) 
Ü 
$ 


Nr. 578. yLyrae und Ras Alhague. 


58.2 35.3 
383.2 

37.15 
IN 5 37.3 
7 90.2 

89.95 
90.3 
13 89.1 


Luft klar, &°% ruhig, 
wenig. 


C Schein stört 


1858 Juli 31. C.d. U. — 1m,9. 


Tag völlig klar, Abend ebenso, nur tiefin 
NW. ein paar wohl begrenzte Wolkenstreifen. 


Wega mit sich. 


103.1 105.2 
104.9 > 

104 4 

104.0 

102.95 

103.6 105.2 


21.0 19.07 
22.0 

20.8 

19.5 

20.15 

21.2 19.1 


Nr. 579. «Serpentis und «@ Ophiuchi. 


9 35m.5 33.6 — Stellung un- 

34.9 bequem. 
35.0 < U 

43.0 34.0 

45.5 90.4 Ei 
92.7 
89.65 $ 

55 90.9 


Nr. 580. 8Serpentis und Gemma. 


10 65 84.0 = 
82.5 fEj 

39.5 © 

13.5 43.5 S 


Ausser Gemma kommt bei der eingestellten 
Distanz kein anderer % der Krone, der so 
hell als 8 S. wäre, durch das Feld. [Bemerkung 
bezüglich auf Nr. 409.] 


Nr. 581. Ras Alhague und y Aquilae. 


27 = 34.8 
36.6 

D 36.8 > 
35 35.3 


285 


36 5 I 89.7 
93.75 

8 89.8 

43 88.6 


Nr. 58la. «Ophiuchi und yHerculis. 
10h 52m = 43.2 


53.0 == 82.3 


Nr. 582. @«Ophiuchi und PHereulis. 


11 ‚05 = 33.0 
33.75 > 

D 34.0 

11 34.0 

12 D 90.05 

92.3 

8 91.7 

17.5 89.8 


Nr. 583. yAquilae und yLyrae. 


26 33.6 32.8 
33-7 
34.1 

36 33.5 36.6 

NB. Nichts Verdächtiges bei yL. 

40 91.8 90.3 
92.2 
91.95 

45.5 91.9 89.9 


Nacht prachtvoll, & »& im Allgem. schön 
ruhig, obwohl Arctur stark flammt. — Beobb. 
sind mir dennoch ziemlich schwer geworden, 
woran vielleicht z. Th. der Umstand Schuld 
trägt, dass das Licht in der für die Ablesungen 
gebrauchten Laterne zu hell war. — Folgenden 
Morgen bezogen. 


1859 August 2. C.d.U. + 1m 1. 


Tag heiter, doch mit Wolken. Abend klar, 
aber in S. und O. geschichtete Wolken unten, 
bis zur Höhe von Antares (um 8h 40m) un- 
gefähr. 


286 


Arcturus mit sich. 


103.7 104.75 Etwas un- 
103.0 ruhig. 
102.8 

103 3 

103.0 104.75 


22.8 22.0 
23.8 

23.4 

23.45 

23.2 22.0 


Nr. 583a. Polarstern und $Draconis. 


[Diese und die folgende Beob. sind gemacht 
zur Versicherung darüber, dass Nr. 570 wirk- 
lich $ statt y Drac. gemessen wurde.] 


_— 29.4 
Dist.-Kreis 38°.3 
9h 7m.5 — 91.3 


Nr. 584. Polarstern und yDraconis. 


14 —_ 998 
97.9 
98.3 
20 — 98.3 S. noch her- 
nach. 
21.5 — 26.0 
28.8 
24.5 
26.5 — 23.9 
— 100.3 
30.0 — 23.6 > 
— 99.25 
33 — 26.8 < Dist.-Kr. 


39.0; bei dieser Einstellung geht auch ? Drac. 
durch das Feld. 

Wolken inS jetzt grossentheils aufgelöst: 
Scorpion und Schütze frei, in schönem Glanz. 


Nr. 5855. Gemma und yLyrae. 


43 Pers 35.0 
34.8 
32.6 
53 = 31.7 


55 _ 90.0 
92.2 
91.95 

59 = 89 95 


Wolken in S. und auch im W. haben wie- 
der zugenommen und gehen jetzt höher als 
vorher. 


Nr. 5854. « Ophiuchi und 72 Ophiuchi. 


[Diese und die unmittelbar folgende Beob. 
sind gemacht, weil die Vermuthung entstanden 
war, dass der Nr.565 beobachtete %# 72 Oph. 
statt 8? war. Diese Vermuthung bestätigt sich.] 


10h 7m = 86.0 


— 46.0: 


2% ausgelöscht von Wolken. Distanz 
war eingestellt 8°,3: bei dieser Distanz kommt 
auch £ durch das Feld, welcher heller ist, als 
der beobachtete. — Luft entschieden feucht. 


Nr. 585b. «Ophiuchi und 3Ophiuchi 


Angefangen, weil die #+% wieder frei 
scheinen: 
10 33 — 89.45 


ß gleich darnach schon wieder ausgelöscht 
(Vgl. übrigens Nr. 587.] 


1859 August 3. C..d. U. + 1m9,, 


Tag und Abend völlig rein: nur etwas 
Horiz. Dunst. 


Wega mit sich. 


103.0 105.0 
102.8 

103.8 > 

103.85 

103.8 105.0 


20.0 19.65 
23.3 

21.6 

21.25 

21.6 gut. 19.65 


Nr. 586. Ras Alhague und Arcturus. 


$h 54m 83.2 — Arct. etw. un- 
82.6 ruhig. R.A. gleichfalls. 
83.0 D 
59.2 82.9 
er 43.0 D 
43.2 
43.2 N 
4.7 43.65 


Nr. 587. Ras Alhague und $ Ophiuchi. 


11.5 au 89.6 
91.5 

0 91.9 

18.5 90.2 
20.0 0 38.7 
36.0 

N 37.6 

23.7 38.7 


[Vergl. auch Nr. 585b.] 


Nr. 587a. Ras Alhague und 72 Ophiuchi. 


Ohne Verstellung am Distanzkreis kann 
durch Drehung des Rohrs um die nach R.A. 
gerichtete Axe auch dieser #%# in’s Feld ge- 
bracht werden. 


_ 82.0 
9 3 
_ 44.0 


Nr. 587b. Gemma und nHereculis. 


Dist.-Kr. wird auf 19°.0 gestellt. Bei dieser 
Stellung können. 2 Sterne des Hercules, 7 und 
€, durch das Feld geführt werden, welche 
wegen etwa früher möglicher Verwechslung 
nach einander beobachtet werden. 


44.5 110.2 77.9 


46.5 20.3 46.0 


Dist.-Kr. steht auf 18°.6, wenn n durch die 
Mitte des Feldes kommt. 


Abh.d.II.Cl.d.k. Ak. d. Wiss. X. Bd. I. Abth. 


287 


Nr. 587c. Gemma und eHerculis. 
53 23.7 45.2 


57 99.1 80.6 Dist.-Kr. 


19°.1 


Nr. 588. Ras Alhague und Gemma. 


Diese Vergleichung ist gemacht, weil mir 
bei den beiden vorausgehenden Gemma im 


Photometer etwas schwach vorkam. 


10h 1m.5 _ 21.2 
23.0 > [Gew. '/.] 

21.5 

6 = 21.7 

7.5 = 105.2 

106.4 

103.8 

11.5 — 105.2 


Nr. 589. 8 Ursae minoris und Deneb. 


16.5 87.8 = 
86.5 
86.6 ® 
20.5 87.4 
21.6 37.2 D 
37.0 
37.9 $ 
26.5 37.8 


Nr. 590. Wega und Deneb. 


19 30.5 = 37.0 Sehr ruhig. 

36 6 
D 33.1 
37 35.2 
38.2 m 912 
90.0 
$ 88.8 

41 89.35 


Luft normal, aber nicht so auffallend durch- 
sichtig wie neulich. 


Be TG 6666 


37 


288 


1859 August 7. 


Nachmittag und Abend rein, C im I.V., 
bei Antares. 


0.d.U.4+4m2, 


Bild: C: 63.15 62.7 
Wega mit sich. 


104.75 105.2 Nicht ganz 
103.9 ruhig. 

103.7 

103.4 

104.2 105.15 


205 200 
20.4 

21.8 

22.05 

21.95 20.05 


Nr. 591. Gemma und nHereculis. 


&h 54m,5 99.45 79.65 Stellung 
79.4 nicht bequ. 
U 81.1 
IR 99.45 81.0 
5.5 23.65 U] 44.5 
45.0 
S 44.35 
13.0 23.67 44.95 Dist.-Kr. 


18°.95 


Nr. 592. Gemma und e Hereulis. 


Im Bild scheint mir e gegen G. an Hellig- 
keit mehr zurückzustehen als 7. 


18.5 24.62 45.2 |, [Die drei 
44.0 ersten 
45.95). Einstel- 


lungen mussten cassirt werden, weil die zu- 
gehörige Stellung von Schlitten A wegen Nicht- 
Uebereinstimmung der zwei Ablesungen zwei- 
felhaft bleibt.] 


26.5 22.95 45.6 
2.50 439 
N 45.1 
34.5 22.95 44.0 
37 100.0 77.0 
TE 

795 

42.5 100.0 80.75 Dist.-Kr. 


19°.3. 


Nr. 593. Gemma und JdHereulis. 


49.5 99.0 84.2 
83.37 
5 84.6 
56.0 99.0 84.6 
10h Om 230%] 36.8 
36.3 

N 36.0 Geht üb. d. 

6.5 23.0 36.7 B.schwerer 


als u. d. B., wegen Helle des Feldes. 


Nr. 594. Ras Alhague und eHereculis. 


15.5 26.6 46.7 
48.2 
= 47.0 

225 26.80 47.25 
25 1068 I 81.0 
82.9 
N 82.0 
34 106.75 81.8 


Nr. 595 Ras Alhague und „Herculis. 


40.7 107.0 82.2 
3 83.15 
= 83.0 
47.5 107 0 82.95 
51.0 2370 47.1 
47.3 
S 48.6 
56.5 98.6 47.6 


Nr. 596. Ras Alhague und d’Herculis. 


ir “05 28.67 42.95 
44.7 

42.95 

6.5 28.67 43.15 

11 10.0 17.50) 87.7 
89.7 

N 85.1 

15.5 107.15 87.3 


Nr. 596a. Ras Alhague in Gläsern A, Dist.- 
Kreis gestellt auf 8°.4. Es wird constatirt, 
dass von den beiden -% »% ß Ophiuchi und 


72 Ophiuchi, welche bei dieser Stellung des 
Kreises durch das Feld geführt werden kön- 
nen, 3 ein einzelner #% ist, während 72 sich 
in solcher Constellation befindet, wie bei 
Nr. 565 aufgezeichnet war. 


Nach Untergang des I) Milchstrasse schön 
klar. — Luft scheint normal. » 


1859 August 8. C. d. U. + 4m,8. 


Tag rein, doch haben sich gegen Abend 
am Horizont rundum Wolken in leichten Bänken 
gelagert. Dieselben sind z. Th. wieder gelöst, 
aber ihre Spuren noch etwa bis auf das 3fache 
d. scheinb. Höhe des Thurmes d. prot. Kirche 
wahrnehmbar. 


Wega mit sich. 


103.6 105.45 Etwas un- 
102.4 ruhig. 
105.0 

102.6 

102.7 105.45 


20.75 19.8 ‚ 
20.0 

all 

20.6 

21.55 19.8 


Nr. 597. Ras Alhague und £Hereulis. 


& hat auf etwa °/s Durchm. des Gesichts- 
feldes Distanz einen etwas schwächeren Nach- 


bar & [v]. 


10h 43m 2 97.1 7725 
77.45 

oO 76.95 

495 97.1 78.7 
52.5 20.6 I 47.0 
47.0 

S 46.2 

58.5 20.65 46.2 


Messung schwierig wegen schwachen Lichtes. 


Nr. 5972. Ras Alhague und » Herculis. 


1 15 20650) 502 
Distanz von R.A. (am Kreis) für & 17°.4, 
für v etwas grösser. 


289 


Nr. 598. Ras Alhague und oHereulis. 


Auch dieser % geht durch das Feld bei 
gleicher Distanz und Einstellung wie &. oist 
der nachfolgende von beiden. 


9.5 101.6 80.0 
81.4 
= 82.0 
15.5 101.6 82.9 
22.5 2120 44.8 
44.2 

N 44.77 < 
28.5 21.2 44.0 


Nr. 599. Ras Alhague und #Herculis. 


[Im Original nähere Notiz mit Diagramm 
beigefügt zur Versicherung üb. die Identität 
des %.] 


11h 49m 21271: "49.6 
7.0 
48.2 
50 21.2 47.75 
Geht schwer wegen schwachen Lichtes. 
53 102.6 77.9 
78.2 
7915 
60.5 102.6 7785 Dist.-Kr. 


25.09 


Nr. 600. Attair und « Andromedae. 


12 19 - 34.8 
37.55 
D 35.75 
24 34 2 
25.5 D 90.5 > 
90.4 
N 87.6 
29.5 89.5 


Am Schluss d. Beobb. unten weniger Wol- 
kenspuren als Anfangs. Milchstrasse nach 
C Unterg. sehr schön. 


a 
1859 Oktober 30. C.d. U. — 3m2, 


Bei Tag stürmisch und bewölkt: Abend un- 
erwarteter Weise rein. Umstände sind jedoch 
nicht befriedigend: Horizont etw. weit herauf 


31” 


290 


dunstig trüb: Nacht nicht besonders schwarz, 
obwohl Luft sehr feucht: die gr. %%# »% sehen 
etwas verwaschen aus. Es wäre kaum beob- 
achtet worden, wenn nicht diese Umstände 
erst auf dem Thurm so sichtbar gewesen wären. 


Nr. 601. Attair und & Pegasi. 


Diese Beob. ist vielleicht am meisten unter 
den heutigen verdächtig, weil Att. nicht sehr 
weit vom trüben Dunst steht. Doch ist er 
anscheinend rein: um ihn her kleine & %* 
sichtbar. 


8h 31m.5 — 42.6 Beide sehr 
42.0 unruhig, 
® 41.2 Stellung un- 
365 44.3 bequem. 
38 ®] 81.6 Lichtscheibe 
82.4 von A. nicht 
8 83.4 recht scharf 
41.5 81.1 begrenzt. 
Bild: 63.6 gut; 63.8 


Nr. 602. Deneb und ePegasi. 


52.5 — 43.0 eimBildetw. 
42.4 röthlich. 
43.9 

59.0 41.0 A,wenn links 


und oben, erscheint mir schwächer als rechts 
mehr unten. 


3.4 Oo 83.7 
85.6 
N 85.0 D. etw. un- 


85.3 ruhig: & ist 
jetzt ruhiger als vorher. 


NB. Auch mit freiem Auge erscheint mir 


Attair nicht viel heller als Deneb. (Attair ge- 
schwächt ?) 


Nr. 603. «Persei und Deneb. 


23 30.0 — 
29.6 
27.2 el 
30.2 33.0 nicht schlecht. 
32.5 101.0 m 
97.7 
95.5 > 
37 99.4 


Bild: 64.0 63.97 


Um 9h 42m jst der ganze Himmel sehr stark 
getrübt, nur NO. noch zum Theil frei. 


Capella mit sich. 


24.2 20.8 
25.2 
26.1 
25.3 20.8 


Unterbrochen weil auch Capella verdeckt 
wird. — Nicht lange darauf hellt sich der 
Himmel wieder auf. 


1859 November 3. 


Nachmittag und Abend etw. streifig. Spuren 
davon in den untern Gegenden d. Himmels 
noch zu erkennen. Umstände wenig befriedi- 
gend: nicht viel besser als neulich, nur ist 
die Luft trockner. — #£ #% ziemlich ruhig. — 
Heller I Schein. 


0. d. U.— 3m,5, 


Nr. 604. Attair und ePegasi. 


6h 30.m.2 — 42.8 
45.7 

D 46.3 

345 47.2 

37 45 3 
38.5 2 82 2 
82.5 

N 80.0 

43 81.0 


Feiner Wolkenstreif nahe unter I. 


Wega mit sich. 


24.0 21.9 Licht etwas 
25.0 unruhig. 
26.6 
244 gut. 
22.85 
24.95 21.9 
Bild: 63.6 63.2 
103.1 104.3 Unterd.Bild 


steht Phantom A rechts. 
104.2 nicht schlecht. 
103.25 


104.1 
104.3 < 
105.1 gut. 104.33 


Bild: C: 63.2 63.0 


Nr. 605. Wega und « Persei. 


7h 11m _ 83.8 > 
82.2 
D 83.1 > 
15 82.9 
17 U 45.6 Jetzt « P. 
449 rechts oben 
N 446 im Feld 
21 43.0 


Nr. 606. &Pegasi und Deneb. 


7 27.5 40.55 — 
42.4 
40.5 D 
33 40.9 
34.5 84.15 D 
83.6 
84.05 N 
39 83.7 


Nr. 607. 8Cygni und yLyrae. 


49 43.8 43.95 
44 67 
45.0 

54 43.6 < 43,95 

57 87.8 876 Jetzt ACyg. 
88.25 rechts im Feld. 
87.45 

625 879 87.5 


Streifige Trübung unten, die um die Mitte 
der Beobb. sich mehr gegen den Horizont 
zurückgezogen zu haben schien, hat sich wieder 
in die Höhe mehr ausgebreitet und kann bis 
fast zum C verfolgt werden. In S. und SO. 
höher als in W. 


291 
1859 November 13. (C.d.U. + 0m1l. 


Kalt ohne Schnee. Bei Tage klar, scharfer 
Wind aus O., aber Himmel etwas matt und 
dunstig von Farbe. 


Nr. 608. Ras Alhague u. y Cassiopejae. 


6b 10m 21.8 — «Oph. unten, 

23.4 y (ass. oben im Feld. 
17.7 — Lichtetw. un- 

16.2 227 19.9 ruhig. 

18.0 98.0 101.85 
94.2 
94.6 

22.2 97.5 102.85 


Beobachtung etwas gewagt, bei den heu- 
tigen Umständen, weil R. A. schon etwas tief 
steht. 


Nr. 609. yAquilae und ySagittae 


32.5 37.05 450 Schwierig 
46.0 wegen schw. 
42.7 Lichtes. 


39.5 37.0 46.0 

44.0 88.8 81.0 
82.35 
81.77 

49.5 88.85 82.1 


In N. jetzt verwaschne fliegende Feder- 
wolken, vom aufgehenden C beleuchtet, bis 
zu Capella herauf. 


Wega mit sich. 


Farb-Unterschied der zwei Phantome auf- 
fallend und störend: A röthlich, B grünlich. 


23-4 22.4 
25.4 
25.3 
248 < 
256 
26.05 22.35 
Bild: 63.0 63.35 
102.8 101.7 A jetzt 


rechts, violetlich, B grünlich. 
104.0 nicht schlecht. 


292 


101.65 Es scheint mir, dass 
ich bei der Beobachtung auf beiden Seiten des 
Bildes geneigt bin, beim ersten Ansehen Schlit- 
ten A weiter von der Bildstellung zu entfernen, 
als bei längerer Betrachtung. — Den Farb- 
Unterschied würde ich zuletzt so bezeichnen: 
A weissblau, B. gelblich. 

102.55 

103.0 

103.55 ı 101.7 


Bewegung und Neubildung von Ausläufern 
in den Wolken. Es muss geschlossen werden. 


1859 November 14. (C.d. U. + 0m,1. 


Tag und Abend sehr ähnlich wie gestern: 
Ansehen des Himmels etwas staubig. 


Nr. 610. ePegasi und eAndromedae. 


7h 45m 28.9 — «flammt sehr. 

32.3 stark. 
28.8 0 

49.5 316 

52 99.2 D 8% jetzt 
94.9 etwas ruhiger. 
909 S 

55 88.1 nicht schlecht. 
970 ji] 

59 91.7 5 


&, direct betrachtet, erscheint mir etwas 
röthlich. Abgebrochen wegen Verhinderung, 
ohne dass etwas speciell Verdächtiges zum 
Vorschein gekommen wäre. Doch schienen 
mir die Umstände im Ganzen nicht besser als 
gestern. 


1859 November 21. C.d. U. + 0m,6. 


Nebelwolken haben sich seit Mittag zer- 
theilt. Abends Luft in den Strassen nebelig: 
die höheren Gegenden des Himmels sehr klar, 
%»% überaus glänzend. Stark feucht. 


Nr. 611. Attair und Capella. 


6 58 24.0 — Flammen um 
27.0 die Wette. 
24.2 Okular beschlägt schnell. 
D 25 24.6 —_ 


7h 4m,5 100.6 — Jetzt C. links 


96.6 unten im Feld. 
98.3 
10 97.35 — A am un- 
ruhigsten. 


Nr. 612. «@ Pegasi und e Pegasi. 


18.5 — 288  Dist.-Kr. 
20°%.4. 
40.0 sic. [Gew.'/2] 
28.8 Vorher 
Schirm aufgestellt gegen die blendende La- 
terne von unten. 
30.9 
28.5 = 27.1 
Licht ziemlich ruhig. 


32.5 — 103.2 

97-9 

99.2 
38 — 94.0 
39.5 — 97.9 
42 = 26.8 
46.5 == 26.2 


Stelle ich Schl. B. jetzt auf 40.0, so ist das 
Phantom von & offenbar zu hell. 

485 —_ 28.7 

50.5 —_ 30.3 


Indem Sucher und Prisma A auf @ ge- 
richtet bleibt, und die Einstellung am Dist.- 
Kr. beibehalten wird, drehe ich das Rohr um 
die nach « gerichtete Axe, um zu untersuchen, 
ob ausser e noch irgend ein ## durchs Feld 
kommt, der etwa früher statt e beobachtet 
worden sein könnte. Ziemlich nahe bei & findet 
sich Einer, der aber viel zu schwach ist, um 
gemessen zu werden; ferner folgender in 
grösserer Entfernung, dessen Identität Nov. 22 
aus der noch frischen Erinnerung von der 
Stellung des Rohres und den desshalb im 
Original - Journal gemachten umständlichen 
Angaben nach der Karte in der Uranometria 
nova festgestellt wurde: 


Nr. 613. «Pegasi und Anonyma Pegasi, 
Piazzı Hora XXI Nr. 321. 

) Oo 50.7 Gehtschwer: 
51.5 auch stören 
51.1 Laternen. 

8 65 U 518 


&h 11m.5 U 75.1 Schirm geg. 
73.95 Laternen 
76.0 angebracht. 
16.5 U 759 


Dist.Kr. steht auf 19°.8, wenn ## durch .d. 


Mitte des Feldes geht [gerechnet 19°52‘]. 


Nr. 614. Deneb und $ Aurigae. 


41.5 u 29.6 
34.8 > 
30.9 

45 = 30.0 


Auge ermüdet. 


47.5 = 95.0 
98.35 
97.8 

51.5 == 97.2 


Deneb mit sich. 


101.9 101.25 

104.0 

1042 

103.6 

101.55 

101.6 101.32 Fl. etwas. 


27.05 26.75 

29.0 

29.5 Auf dieser Seite steht 
27.85 A links. 

26.25 

28.4 26.7 


Luft reiner am Schluss als am Anfang. 


1859 November 22. C.d.U. + 0m,9. 


Sehr schön klar. Nur auf grössere Ent- 
fernungen ist parterre die etwas dunstige Be- 
schaffenheit der Luft wahrnehmbar. 


Nr. 615. yAquilae und #Aquilae. 


6 41 34.2 34.8 Schwaches 
37.8 Licht. 
38.3 # nicht ganz 


50 37.0 rubig. 


2953 


53.5 96.2 94.8 y ebenso. 
99.0 
95.2 Jetzt Schirm 
62.5 96.1 92.4 aufgestellt: 


in Folge dessen sind die 2 letzten Einstel- 
lungen besser als die vorausgehenden. [Ge- 
wicht 2.] 


Deneb mit sich. 


292 26.5 
30.6 

29.3 

27.9 < 

28.6 

30.8 26.5 


100.05 gut 99.05 
99.15 

101.7 

101.2 

100.5 

100.4 99.05 


Nr. 616. Wega und Capella. 


Beide unruhig, besonders W. — Farbe stört 
wenig. 


7b 29m,5 20.05 24.4 
24.2 

23.45 
34.5 20.05 22.6 
36.0 102.8 99.3 
101.4 

100.45 


41.5 102.85 99.8 


Nr. 617. yLyrae und ß Aurigae. 


Licht etw. schwach, aber ohne störende 
Unruhe. 


47.5 392 _ 
41.25 
38.05 I 
54 36.3 
55.5 85.8 w 
85.9 
872 N 
61.5 88.1 


294 


Nr. 618. Deneb und ? Arietis. 


[Es war die Absicht, «Ar. zu messen, e 
ist aber kein Zweifel, dass der beob. #% ß war, 
welcher bei derselben Stellung des Dist.-Kr. 
in’s Feld kommt.] 


8h 9m n 36.6 
40.05 
wie 37.6 > 
14 39.0 


(A von Deneb etwas kleiner gemacht als 
das von ß Ar.) 


17 Biel 85.35 
85.0 
$ 86.9 
24.5 87.8 


In den Strassen zuletzt merklich dunstiger 
als Anfangs. Oben aber schön rein. 


1860 Januar 10. C.d.U.-+ 1m,3. 


Umstände gar nicht befriedigend. Himmel 
gegen () Unterg. streifig, auch in den Strassen 
Anfangs dunstig. Oben, besonders gegen N. 
scheint der Himmel mir klar. 


Nr. 619. yCassiopejae und ß Aurigae. 


6 46.5 25.2 — Licht gut. 
22.6 
22.1 
52.7 22.1 = 
56.5 106.1 — 


102.0 Stellung etw. unbequem. 
103.6 Dunst unten ‘hat zuge- 
63 104.8 — nommen. 


Capella mit sich. 


21.6 18.7 Etwas un- 
22.15 ruhig. 
29.0 

18.2 

21.8 

21.1 18.7 


105.1 103.72 A rechts 
104.85 unten im Feld. 
105.0 


102 8 
103.0 
102.2 103.7 
Nachdem jetzt C Schein sich geltend macht, 
zeigt sich d. Himmel bis hoch hinauf dunstig 
getrübt. 


1860 Februar 15. C. d. U.+ 2m}1. 


Instrument war wegen Reparaturen zerlegt. 
— Prisma B ist seit den letzten Beobb. einmal 
beregnet worden. 


Nr. 620. ZOrionis und yOrionis. 


7h 2m 26.67 — Licht etwas 
28.3 schwach: d. Himmel 

27.3 istnehmlich nicht sehr 

10.5 24.0 dunkel, weil die dun- 
stige Luft erleuchtet ist. 


13 1017 — Geht leichter 

31.5 103.4 auf dieser Seite. 
104.67 

27 104 4 


Nr. 621. $Orionis und : Orionis. 


38.5 25.6 381 Schwächere 
37.7 Nachbar % 
38.6 von ı Or. 

45.5 25.55 41.2 stören. 

49 102.9 84.0 Auf dieser 
83.4 Seite sind 
85.8 obige 

58 102.9*) 87.8 ausdem Feld 


gebracht. 
*) War verschoben worden, und ist wieder 
so gestellt. 


Capella mit sich. 


20.9 19.05 DB 
22.2 AS 
22.3 

21.6 

21.2 19.05 


102.3 103.3 
102.4 

102.0 B 
101.8 SQ 
101.7 103.3 


Die 2 A A können nicht ganz aneinander 
gelegt werden, weil die Berichtigung des In- 
struments noch unvollkommen ist. 

Luft am Tag schön klar, aber Abd. nicht 
nebelfrei. Um die Zeit des Schlusses von 
Beob. Nr. 620 und Anfang von 621 scheint 
die Nebelbank gegen Orion zu scharf begrenzt, 
nachher aber mehr verwaschen und näher an 
Or. kommend Anfangs der letzten Messung 
(Cap. mit sich) ist Rigel entschieden geschwächt. 


1860 März 1. C.d. U. + 1m,7. 
Tag rein. Abend schön klar, £ »£ weit 
hinab rein. Etwas feucht, und wenig kalt. 


Nr. 623. &Orionis und Procyon. 


7h 29m,5 37.0 — 
39.5 > 
36.3 D 
34.5 38.1 
Beide »& ,£ etwas unruhig. 


36.5 90.0 > oO 
91.2 
88.6 S 
40.7 91.45 


Nr. 624. &Orionis und x Orionis. 


50.5 29.55 30.9 x ziemlich 
33.2 unruhig. 
35.2 

54.5 29.55 34.0 

58.0 100.15 94.0 
96.6 
93.7 

62.5 100.2 92.6 < 


Nr. 625. &Orionis und Regulus. 


8 10 25.35 ga 
28.6 

26.4 < OD 
15 24.6 

17 101.8 0 
100.5 

103.0 > N 
21 100.0 


Abh. d. II. Cl. d. k. Ak. d. Wiss. X. Bd. I. Abth. 


295 


Jupiter mit sich. 


24.6 21.0 
23.2 
25.6 Beugungslinien sehr 
25.3 stark. 
23.08 A bläulich, B röthlich. 
23.45 21.05 

100.85 101.2 


99.4 Jetzt A röthlich, B bläu- 
lich, aber Unterschied nicht so prononcirt 
wie oben. 


99.4 
100.05 
100.2 Beugungslinien auch hier 
99.7 101 2 sehr stark. 
Bild: Jupiter: 64.0 63.0 
C: 635 63.1 


1860 März 11. C.d.U.+5m1. 


MorgensSchnee, Nachmittag @) Schein, Abd. 
schön klar. Luft vorzüglich. Trockne Kälte 
(Morgen darnach — 13° R.). 


Jupiter mit sich. 


21.05 18.6 
20.6 
21.8 
21.8 
21.3 
22.6 18.6 


101.1 104.0 
102.0 
101.0 
101.9 
101.3 
102.8 104.0 


Nr. 626. &Orionis und A Orionis. 


Dieser der hellste von etwa 4 &,%, die 
fast zugleich in’s Feld kommen. 


20.15 42.7 

44.0 

41.9 

42.9 Vorher 
Zeit verloren. 


38 


7b 40m 


Ü 
53 20.3 


296 


56 104.05 0) 842 
83.95 

N 82.2 

61.5 104.2 86.6 


Nr. 627. Aldebaran und f Tauri. 


gı 8m,5 247 22.6 Ist so rich- ‘ 

27.3 tig notirt. 
28.9 

14 24.7 237.3 

15.8 24.7 

17.5 101.3 98.7 
972 
97.2 

21.5 101.25 99.25 


Dem blossen Auge erscheint Ald. gar nicht 
viel heller als $£T. — Beobb. können nicht 
fortgesetzt werden, weil bei der Kälte das Oel 
am Instrum. so steif geworden ist, dass der 
Dist.-Kr. gar nicht mehr zu bewegen ist. 


1860 März 20. C.d.U. + 9m,6. 


Instrument seit den letzten Beobb. noch- 
mals auseinander genommen und in Ordnung 
gebracht. Bei dieser Gelegenheit beide Pris- 
men gereinigt. 


Jupiter mit sich. 


220 200 

20.75 

21.25 

21.95 

222 

22.6 200 

Bild: 62.2 61.4 

102.1 102.6 
103.0 
102.2 Unt.d.Bildsteht A rechts. 
102.55 
103.15 
103 0 102.65 


Nr. 628. y Orionis und « Persei. 


7 20 104.6 98.9 
99.0 
97.8 

24.5 104.75 98.67 


26.6 17.05 25.0 DB rechts 
22.2 oben. 
23.15 

32.5 17.0 21.9 


Nr. 629. £Orionis und y Cassiopejae. 


38.5 — 102.0 
100.9 

102.1 

43.5 = 99.8 

® 

46.0 —_ 23.2 
20.8 

26.0 

52.0 = 24.7 


Nr. 630. £Orionis und n Orionis. 


8h 6m — 83.0 
82.8 
Bi 5 
11 82.1 Wind hat 
hat sich erhoben. 


13.5 I 40.0 
40.0 > 

S 41.6 
19 41.7 < 


Nr. 631. $Tauri und «Persei. 


27 23.2 25.0 
27.3 
27.2 
sl 23.4 26.4 
33.9 104.2 3.9 
95.3 
98.6 
37.9 104.1 97.9 


Vorzüglich klare Luft, $#,% weit hinab 
sehr schön. Vielleicht etwas starker Wasser- 
gehalt. Venus erleuchtet ein wenig den Him- 
mel um sich: so auch Jupiter. 


1860 April 16. 


Seit Nachmittag sehr schön; rein und völlig 
klar. — Um Venus und Jupiter ist jedoch der 
Himmel deutlich etwas erleuchtet. Luft scheint 
etwas feucht. 


C.d. U. + 0m. 


Nr. 632. Aldebaran und Arcturus. 


8 25m 40.0 — Ald. fammt 
ungemein stark im schnellsten Takt. 
39.8 
40.0 [J Farbe nicht 
30 39.7 auffallend. Licht jetzt 
etwas ruhiger. 
32.5 85.35 O1 
83.95 
84.4 S 
37.4 83.6 


Nr. 633. 8 Aurigae und $ Leonis. 


48.5 24.35 26.15 
25.3 
28.45 

55 24.35 23.9 


Ruhiges Licht. 


87.5 105.4 100.8 Jetzt 8 Leon. 
101.05 links oben. 
100.6 

62 105.4 101.2 


Nr. 634. 8Aurigae und #Aurigae. 


9,9 27.2 36.3 Nicht voll- 
36.2 kom. ruhig 

® 37.85 

16 212 36.9 
9719 97.0 88.0 Jetztfrechts 

89.25 oben. 
S 89.3 
24.5 97.05 89.25 


Saturn mit sich. 


103.0 102.2 Auge schon 
102.9 etwasermüdet. [Es sind 
102.35 vorher noch zwei Ver- 
101.3 gleich. von Saturn mit 
102.0 »%& »% gemacht.] 

101.75 102.25 


27.55 24.1 


26.05 24.05 
Ende 10h 15m. Um 11 Uhr wolkig. 


nn 


297 


1860 Mai 4. C.d. U. — Om 1. 


Umstände scheinen am Anfang normal. 
Jupiter mit sich. 


24.15 21.55 Sehr schön. 
24.05 Licht. 

25.0 

24.4 

23.85 < 215 


103.55 103.0 Nunmehr A 
104.85 rechts. 
104.0 

104.2 

102.2 103.0 


6372) Wenn der Dist.-Kr. auf 43°.8 ge- 
stellt ist, und Capella, in A, in Mitte des 
Feldes sich befindet, so kann nicht nur der 
Polarstern in’s Feld gebracht werden, sondern 
auch ein anderer, merklich tiefer stehender 
und schwächerer *%%: vermuthlich y Cephei. 
[Diese Notiz hat Bezug auf Beob. Nr. 82.] 


Nr. 6358. Pollux und $Leonis. 


$h- 50m 100.0 89.95 Feld etwas 
89.2 hell 
89.85 
55 100.0 91.7 
8 57.5 25.2 35.0 Jetzt ist A 
35.4 lınks oben. 
33.2 D Schein 
61.5 25.25 34.8 wirkt jetzt. 


Beobb. müssen beendigt werden, weil sich 
jetzt eine stark unreine Beschaffenheit der 
Luft, namentlich in S. und O., herausstellt. 
Die letzte Beob. ist desshalb nicht unver- 
dächtig. 


1860 Mai 6. C.d. U. + 0m 2. 


Umstände anscheinend normal. 


Nr. 639. ß Aurigae und yUrsae majoris. 


8 42 101.25 96.5 ßAur. rechts 
97.2 unt.im Feld. 

97.3. Stell. nicht 

49 101.3 95.0 < bequem. 


38* 


298 


52 25 17 24.8 ß etwas un- 
27.05 > ruhig. 
29.6 
26.55 
58.5 25.2 30.35 nicht 
schlecht. 


Um Venus und Jupiter sind jetzt schwache 
Lichtscheine bemerklich. 


Nr. 640. $&Leonis und oLeonis. 


Ih 20m 104.0 80.6 
80.2 
D 81.1 
26 104.0 82.0 
28.5 2950 447 
45.6 

8 45.7 < 
34.5 29.22 46.3 


Nr. 641. Pollux und Wesa. 


41.5 337 — Licht, beson- 
39.4 ders von P., 
38.1 [) in zitternder 
45.0 39.4 Unruhe. Passt sonst 
gut zur Vergleichung. 
46.5 85.65 — 
85.9 
86.65 S 
515 88.4 < 


Saturn mit sich. 


26.15 22.1 A links unt., 
25.2 B rechts oben. 
25.4 

25.5 

25 75 22.15 

99.75 101.9 Jetzt umge- 
100.65 kehrte Stellung. 
100.0 


99.4 Prismen waren heute 

99.6 < 101.8 nicht, wie 

sonst, abgestäubt worden. 

Gegen den Schluss, wo d. Vollmond dem 

Aufgang nahe ist, zeigt der Hımmel ein sehr 

ähnliches Licht wie gestern (matt metallischen 

Glanz). Doch ist heute nichts eigentlich Ver- 
dächtiges zum Vorschein gekommen. 


1860 Mai 17. C.d.U. + 1m,4. 

Tag schön: Abend seit 6 Uhr ganz rein 
(vorher Cirrhi). Am Westhoriz. ist jedoch auf 
d. Thurme eine lange bankartige Wolkenmasse 
sichtbar, und über ihr zerstreute dünne Schleier- 
streifen, die ich um 8h bis auf etwa 0.35 der 
Höhe von Venus verfolgen kann. 


Venus mit sich. 
Bild: 63.0 61.97 


Prismen vorher sorgfältig abgestäubt. 


1010 102.4 Himmels- 
101.85 grund noch sehr hell. 
101.5 

102 27 

101.25 

102 4 102.45 


23.4 > 22.6 Jetzt B 
22.95 rechts unten. 
24.62 A mehr röthlich gelb, 
25.0 DB mehr ]ıla. 

24.1 

23.95 22.65 


Nr. 642. Capella und Wega. 


sh 37m,5 90.0 94.05 Beide flam. 

903 sehr stark. 
89.6 

44 89.0 94.05 

46 32.25 25.0 JetztC. links 
32.0 unten. 
32.8 r 

52 34.05 25.0 


Zunehmendes heftiges Flammen kann die 
Beob. beeinträchtigt haben. 

Schleierstreifen unter Venus sind noch etw. 
über die Höhe von Procyon zu erkennen. 
Gegend von Capella ist daher nicht ganz un- 
verdächtig. 


Nr. 643. Arcturus und Regulus. 


O3 n— 92.25 R. nicht 
92.8 ganz ruhig. 
90.05 Farbenicht 
störend. 
8 — 92.25 R.linksunt. 


gu 10m 00 33.6 
34.0 

$ 34 05 
15 32.0 


Nr. 644. Castor und 12Canum venaticor. 


23.5 = 92.6 
89.35 
91.1 12C. links 


29 = 90.85 im Feld. 
30 - 34.8 
e 34.9 
3435 < 
34 — 32.2 


Gegend um Castor nicht ganz unverdächtig, 
denn die nahe (tiefer) stehende Venus erleuchtet 
deutlich einen Theil des Himmels um sich. 

Schöne helle ##Schnuppe in röthlich gelbem 
Licht von der Mitte der Cassiopeja abwärts 
etwas nach links gehend (ungefähr 9h 35m 5). 


Nr. 645. #Leonis und : Leonis. 


445 88.35 79.4 

803 Etwas 

80.7 > schwierig 
54 88.2 82.2 wegen ge- 

ringer Helliekeit. 
56 37.2 43.6 < 
44.7 
45.4 
61.0 37.3 44.0 


Nr. 646. Spica und Wega. 


10 85 93.0 — Stellung un- 
91.0 bequem. 
925 DU) Beide 
13.7 93.0 unruhig, besonders Sp. 
14.5 33.7 D 
35.9 
35.15 S 
17.5 33.15 
Bild: 634 62.45 Okular.-St. 


35.2. 
Umstände heute im Ganzen wenig befrie- 
digend, obgleich sie von unten als vorzüglich 
erschienen waren. 


299 


1860 Mai 18. C.d. U. + 0m,6. 


Umstände ziemlich ähnlich wie gestern: 
vielleicht eher etwas günstiger. — Prismen 
sehr sorgfältig abgestäubt. 


Venus mit sich. 


97.3 96.2 Phant. B 

96.9 steht links oben. 

97 05 Gesichtsfeld ist rechts 
unten heller als links oben: wohl in Folge 
der Dämmerung. 

97.3 

962 

97.0 gut. 962 


Bild: 62.8 61.95 


26.9 25.85 A mehr 
26.65 röthlich. 
26.6 

26.0 \ 

25.1 gut. 

26.0 gut. 25.9 


[Folgen zunächst 2 Planeten-Beobachtungen.] 


Nr. 649. Pollux und Polarstern. 


sh 54m .5 102.05 89.2 Pollux 
88.0 flammt. 
1 900 
58.5 102.05 91.2 
9.05 22.6 33.25 Feld noch 
37.6 zieml. hell, 
34.0 was d. Beob. 
33.2 erschwert. 
6.5 22.6 31.6 


Nr. 650. Denebola und dCorvi. 


Der hellere von zwei *#% ȣ, die gleich nach 
einander durch’s Feld kommen. 


9 135 100 55 83.8 
86.2 
DO 84.5 
18.5 100.5 844 

9 21.5 200 38.6 < 


40.4 


300 
39.25 
Ih 26m.5 26.0 38.0 


Um Venus sind jetzt Spuren feiner Schleier 
bemerkbar. 


Nr. 651. Pollux und Deneb 


Pollux scheint mir heute, direct betrachtet, 
etwas röthlich. Vielleicht in Folge seines Flam- 
mens und der nicht ganz reinen Luft. 


39 99.55 101.3 Beide &% 
96.0 flammen, besonders P. 
100.25 

44 97.3 101.75 

46 28.2 24.2 
29.55 
29.6 

49.5 307 24.2 


„Dieser ganzen Beob. wäre wohl nur d. Gew. 
1/; zu geben.“ [Bemerkung v. gleichen Abend.] 


Schein um Venus und im Sucher auch um 
Jupiter bemerkbar, daher die Gegend von 
Pollux nicht ganz unverdächtig. — [Um 11?/s 
Himmel sehr schön klar, Grund etwas hell, 
ganz übersät mit kleinen & #.] 


1860 Mai 22. C.d. U. + Om1. 


Morgen regnerisch, Nachm. bewölkt. Y/s9 Uhr 
zeigt sich gegen die Erwartung der Himmel 
hell. Doch nicht ganz befriedigend #&% 
haben ein etwas verwaschenes Ansehen. 


Nr. 655. Capella und Spica 
12 102.7 101.2 C. überaus 


98.35 unruhig, Sp. 
98.15 leidl. ruhig. 


16.5 102.55 98.2 
18.8 21.35 25.1 Jetzt Sp. 
rechts unten. 
21.8*) 25.1 *) War neu 


gestellt. 
26.0 < Flammen 
25.0 21.75 24.6 vonÜ. immer 
heftiger, auch von Sp. zuletzt stark. 


Nr. 654. Denebolau. 12 Canum venaticor. 


33.5 108 05 95.2 D. rechts 
98.95 oben im 
96.8 Feld. 

40.0 108.0 97.55 

42.5 — 26.9 
2832 Um Venus 
28.2 Schleier 

475 —_ 25.55 wahrnehmb. 


Saturn mit sich. 


35.45 22.25 
25.05 DB rechts oben. 
24.55 

24.25 

26.6 

25.05 232.25 


102.97 101.8 
102.9 

101.35 

102.0 

101.6 

101.9 101.67 


Nr. 655. Spica und Denebola. 


10h 8m.5 — 90.0 Sp.(aufdieser 
88.7 Seite rechts 
U 92.8 oben) leidl. 
13 90.6 ruhig. 
14 DO 34.6 > 
35.0 < 
S 34.3 < 
18.5 — 34.25 


Etwas eigentlich Verdächtiges ist nicht 
zum Vorschein gekommen. Um 12h hat der 
Himmel aber ein unreines Ansehen. — Luft 
war sehr entschieden feucht. 


Mai 25. Bild 630 sehr gut; 62.0 minder 
gut; Okular-Stutzen 35.15. 


1860 Juni 5. C..d.U. + 1m]. 


Morgen regnerisch. Nachm. hell mit Wolken. 
Abd. noch um !/8 Uhr consolidirte Wolken, 


später schön klar, nur noch am SO. Horizont 
grössere Wolkenbank. Himmel im Dämmer- 
ungslicht schön grün, unten fein orange. 


Zuerst Planetenbeobachtungen. Auch das 
Durchsichtigkeitsverhältniss der Gläsersysteme 
ist heute durch Umwechseln zwischen Saturn 
und Regulus bestimmt. 


Nr. 661. Regulus und Deneb. 


9h 38m 99.1 100.4 D. unt. mehr 
97.4 links, R. oben mehr 

97.4 rechts. 

435 95.95 100.4 


Nach dem Wechsel R. im Feld plötzlich 
durch antretendes Wölkchen verdeckt. Sehr 
bald wieder anscheinend frei, fammt aber nur 
noch stärker als er schon that. 


495 27.2 22.95 
25.9 Unt R., aber in Distanz, 
27.6 grössere dunstige Wol- 
53 29.2 22.9 kenmasse. 


Beobachtungen heute anstrengend wegen 
Kopfschmerz. — Abgebrochen wegen Wolken- 
bildung. 


1860 Juli %. C.d. U. + 1m,3. 


Nachdem der Himmel lange bedeckt und 
regnerisch war, heute schön klar. Umstände 
scheinen normal. 


Arcturus mit sich. 


Bild: 62.52 62.25 
83.2 89.0 Noch sehr 
89.0 hell. — Licht nicht ganz 
88.1 ruhig. 
886 
88.0 Phant. A. rechts. 
89.25 89.0 
29.0 26.4 
29.4 
2935 
282 
284 
28.8 26.37 


301 


Nr. 662. Spica und Deneb. 


9h 23m 95.4 98.9 Falscher 
Liehtschein im Rohr. 
966 Jetzt beseit. 
96.95 


36.5 95.3 96.45 < Sp. nicht 
ganz ruhig. 

39.8 31.85 28.05 Auf dieser 
28.25 Seite steht 

26.2<T Phantom 

44 31.8 268 v. Den. ob. 


Nr. 663. «Ophiuchi und e@e2Librae. 


(Der hellere von den beiden Sternen «L. 
Das Licht des schwächeren ist als ganz unbe- 
deutend gegen das des andern anzusehen.) 


9 56.5 = 32.7 
36.3 Auge etwas 
34.2 geblendet. 
10 45 om 34.2 


7.0 lm) 90.25 
890 Jetzt «L. 


S 88.2 links ım 
11.0 87.95 Felde. 


Nr. 664 «Ophiuchi und $Librae. 


10.15 = 949 
95.3 
95.8 


20 95.0 


288 jetzt etwas 
26.8 hell, wegen 
30 30.8 C Aufgang. 


Ü 
23 ® 28.0 Grund wird 
3 


Nr. 665. Arcturus und eBootis. 


38 == 445 Licht nicht 
44.8 ganz ruhig. 

je] 46.0 

42.5 44.0 


44.0 Do 79.9 
79.0 


302 


78.35 
49.0 78.45 


[Am folgenden Morgen Himmel bezogen.] 


1860 Juli 8. C.d.U. + 1m,4. 


Umstände sehr ähnlich wie gestern. 


Nr. 666. Spica und Attair. 


9h 15m 90.8 96.0 Beide sehr 
89.0 > unruhig, besonders Sp. 
89.25 
19.5 91.2 95.9 Sp. rechts 
unten im Feld. 
22 30.5 2345 
32.8 
32.7 
27.5 29.8 23.45 


Arcturus mit sich. 


24.85 
25.02 
25.05 
25.0 

26 05 
24.8 21.85 


Leise Un- 
ruhe. 


21.85 


103 02 
104.1 
103.3 < 
104.8 
103.3 
104.8 


Jetzt A 
rechts. 


105.0 


105.0 


Nr. 667. «Ophiuchiu.12Canum venaticor. 


[Dieser # wurde in’s Feld gebracht und 
gemessen statt e Virginis, den ich ursprünglich 
beobachten wollte. Distanz von « Ophiuchi 
ist dieselbe bis auf 0°.2.] 


9 545 101.2 90.1 
88.1 

D 92.7 

10 0 101.2 90.0 


der Grund etwas hell ist. 


2,5 22.8 [] 34.8 Ueb.d.B.ist 
34.7 Phantom B 
N 32.8 > rechts 
7.5 22.8 36.2 oben. 
Nr. 668. ß8Bootis und Deneb. 
19 77.1 — Schwierig 
76.9 wegen Klein- 
76.6 DU heit des<T v. 
26 77.3  P u. unbequemer Stell. 
28.0 49.0 00 
47.4 
49.4 N 
33 49.05 
Nr. 669. Arcturus und Polarstern. 
39.5 _ 41.1 
42.05 
I 42.8 
44.5 42.0 
45.5 DO 82.7 
85.3 
85.05 
50 83.8 


In S. jetzt ziemlich tief ein paar lange 
schmale Wolkenstreifen. Mars steht etwas im 
Dunst. — Milchstrasse gut kenntlich, obwohl 


Nr. 670. 
10h 58m 94.45 
94.0 
93.6 
TR 93.85 
5 33.95 
33.8 
35.1 
9 32.2 


eBootis und yUrsae majoris. 


97.8 


Nr. 670a. 34Bootis und y Ursae majoris. 


119412 


(Der kleine Nachbar #% von & Bootis.) 


55.55 
56.0 


* 


28.2 


70.8 97.8 
23 69.9 


De ”% ist viel zu schwach, um eine leid- 
liche Messung zu gestatten: sein /\ ganz klein. 
(Distanz von & etwas grösser als der Radius 
des Gesichtsfeldes.) 


Wolkenbildung in S. hat sich jetzt stark 
ausgebreitet. In Zeit von '/ı St. nach dem 
Schluss der Messungen der grösste Theil des 
Himmels mit milchiger Trübung bedeckt. Die 
Beobb. werden kaum davon affieirt sein. 


1860 Juli 9. C.d. U. + 1m,6. 


Schön klar. Nur tief im S. gethürmte 
Wolkenbank. 


Nr. 671. Arcturus nnd Wega. 


9h 5m 954 101.83 Farbunter- 
94.3 < schied stört. 
94.9 
10.5 96.8 101.8 A. etwas un- 
ruhig. 
13 29.8 gut. 23.05 A jetzt ziem- 


29.0 lich ruhig, ausser bei 
29.3 d. letzten Einstellung. 
17.5 28.25 23.05 


Arcturus mit sich. 


25.1 23.05 
25.4 

24.75 

255 

24.75 < 

262 23.05 


100.2 101.8° Jetzt A 
101.0 rechts oben. 
102.0 

101.4 

101.5 

101.7 101.8 


Nr. 672. e Bootis und Denebola. 


9 38 94.2 96.25 D. stark 
92.9 unruhig. 
95.15 
43 93.8 96.35 


Abh.d.II.C1.d. k. Ak.d. Wiss. X.Bd. I. Abth. 


303 


9h A6ın 32.95 30.0 Jetzt D. 
rechts. 

32.9 Ueber dem Bilde stört 

32.4 Hellickeit d. Grundes. 


5l 31.67 30.0 


Nr. 673. «@Ophiuchi und zHerculis. 


102 — 86.0 
84.6 
oO 86.2 
8 85.4 
11 al] 33.8 Jetzt zz 
41.1 >> rechts ob. 
S 40.9 
17 38.4 


Nr. 674 «Ophiuchi und eHerculis. 


Schwächerer Nachbar & von x. 


19 (a) 48.9 Schwierig 
45.2 wegen schw. 
47.4 Lichts. 

30.5 47.2 

32 D 78.0 
71.35 
79.39 

36.5 ale 77.45 eetw.röthl. 


Nr 675. «Ophiuchi und oHerculis. 


47 er) 46.2 
46.3 
44.9 
52.5 44.3 
56 DO 78.9 
80.35 
79.0 
62 81.8 


Zuletzt Spuren von Wolkenbildung in leichten 
zerstreuten Flocken. — »% »% waren heute un- 
ruhiger als gestern. Folgenden Morgen Him- 
mel überzogen. 


39 


304 


1860 Juli 15. C.d.U.+ 1m,6. 

Tag und Abend schön, jedoch Umstände 
kaum ganz normal. — Dunst am Horizont, 
besonders in S., geht etwas höher als gewöhn- 
lich: %& »% funkeln stark. 


Arcturus mit sich. 


102.8 104.25 Störende 
101.0 Unruhe des Lichts. 
101.6 A rechts oben. 

102.0 

102.2 

103.85 104.25 

23.6 gut. 21.2 

2595 

24.5 > 

24.35 

20.2 

23.2 21.2 


Nr. 676. «Ophiuchi und Deneb. 


gu 32m 33.4 — 
33.8 
35.3 ® 
37.5 31.7 
40.5 93.4 D 
93.45 
92.15 N 
46 94.0 


Nr. 677. 12Canum venaticor. u. yLyrae. 


10 0 28.7 33.55 
33.35 

32.8 

5.5 28.75 33.9 

8.7 89.95 85.9 

87.7 


86.8 Jetzt steht 
86.0 12 Canum 
rechts oben im Feld. 


14.5 90.0 


Nr. 678. 12.Canum venaticor. u. ALyrae. 
(Der hellste von d. Nachbarsternen von yL.) 
21 17.0 51.15 


51.2 
Schwierig wegen Kleinheit des A von AL. 


106.2 73.9 
10h 29m 106.2 73.0 


Nr. 679. 12Canum venaticor. u. dOygni 


Distanz ist hier nur etwa !/ı Grad grösser 
als für y Lyrae, so dass der ## bei der gleichen 
Stellung des Kreises durch’s Feld geht. 


41 99.0 98.6 
97.4 
99.15 

50 99.05 100 2 


234.0 Jetzt OC. 
rechts oben im Felde. 
19.0 sie. 
21.4 
61 23.25 20.0 


83 23.2 


Nr. 680. 72Ophiuchi und ıOphiuchi. 


11221723 35.2 42.0 
42.35 

38.9 

27.5 35.2 41.4 

30.0 90.1 82.1 

82.4 

sıl 

36 90.05 82.8 


Auf etwa 0.8 Durchm. des Gesichtsfeldes 
Distanz vom beobachteten #%# steht ein hellerer 
(x), dessen Distanz von 72 etwas kleiner ist. 


Milchstrasse sehr hell. Um Mars dunstiger 
Schein. Stark feucht: Aussehen des Himmels 
dem entsprechend. Zuletzt Auge ermüdet. — 
Beobachten ging mir etwas schwer, vielleicht 
weil mehrere schwache #% »%& gemessen. 


1860 Juli 21. G.,d. U. — 0m,3. 


Tag schön. Horizont in S. vielleicht etwas 
weiter herauf dunstig, als sonst. — Tief im 
W. schmaler Wolkenstreif. 


Arcturus mit sich. 


62.7 Okular- 
Stutzen 34.8. 


Bild: 63.5 


101.6 103.55 A rechts. 
101.5 Unrubig. 

99.5 

101.05 > 

101.8 

101.05 103.6 


25.6 23.8 
24.5 
26.0 
25.7 
25.6 
26.1 23.8 


Nr. 681. Arcturus und y Cassiopejae. 


9h 23m.3 — 80.9 
81.1 
Do 82.05 
28 82.3 
29.5 nis 43.45 
43.2 
8 43 35 
35.7 43.0 


Nr. 682. Gemma und eSerpentis. 


49 _ 43.85 Schwierig 
429 weg. schw. 
2 42.0 Lichtes. 
56 40.95 Gemma 
links unten. 
58.5 = 84.75 
86.4 
S 82.0 
10 3.5 83.0 


Nr. 683. Gemma und dHerculis. 


Die Distanz von Gemma ist für d Hereul. 
ebenso wie für e Serpentis — 22°.6. 


8.5 — 87.65 Gemma 
89.05 rechts unt. 
= 91.6 
14.7 91.8 < 
20 m 29.6 
I2.T 
8 31.0 
26.5 33.4 


305 


28 — 94.7 sic. 

Wolkenbildung vom W. Horizont aus herauf 
gerückt. Himmel jetzt prächtig. Milchstrasse 
sehr hell. 


Nr. 684. yLyrae und eLyrae. 


Diese Beobachtung wird noch riskirt, weil 
die $&+%& sich sehr nahe sind. — Die zwei 
2% von e Lyrae geben 2 AA, die zum 
Theil übereinander greifen: die Helligkeit 
dieses gemeinschaftlichen Theiles wird mit 
der von y Lyrae verglichen, so dass also der 
Gesammtglanz des Doppelsternes bestimmt 
wird. . 


10h 40m.,5 34.25 46.0 
45.05 

43.2 

49 34.3 44.7 


Die Mischfigur von & zeigt ein etwas ano- 
males Aussehen (ihr deutlicher Umriss ist 
wegen Lichtschwäche nicht zu erkennen): hier- 
durch ist die Messung erschwert. 


51.5 91.1 78.6 
79.1 
77.05 
Wolkenbildung löscht eL. im Felde aus, 
bringt auch Wega zum Verschwinden, ohne 
dass dort etwas von den Wolken zu sehen 
wäre. Gleich darauf scheinen beide wieder frei: 
585 91.1 78.5 


Der ganze Himmel jetzt fleckig von zer- 
streuten Wolken, darunter auch solchen, die, 
ohne selbst kenntlich zu sein, sich durch das 
Fehlen der von ihnen bedeckten &% ver- 
rathen. Alles in rascher Bewegung. 


1860 August 8. C.d. U. — 0m 1. 


Schöner Tag und Abend. Horizont, be- 
sonders in N., etwas dunstig. Nachdem gegen 
Schluss der Beobb. das C Licht stärker ge- 


worden, zeigt der Himmel einen etwas matten 
Glanz. #£ % ziemlich ruhig. 


Nr. 685. &Ursae majoris und Deneb. 


8 42.5 936 < _ 
92.05 
92.75 0 
47.5 95.2 


39 


30 


6 
49.5 32.2 [I] Jetzt D. rechts. 
31.77 
32.2 8 
52.5 32.7 


Alcor bei & stört nicht. 


Arcturus mit sich. 


19.95 19.95 Flammt. 
22.05 

92.4 < DB rechts oben. 
23.9 

24.0 

23.8 19.9 


102.2 1040 
102.0 

101.95 

103.65 

103.15 

102.35 1040 


Nr. 686. 720Ophiuchi und y Aquilae. 


9h 19m 2 86.35 95.2 72 scheint 
87.05 mir etwas röthlich. 
85.95 
234 86.1 99.2 
OT 43.6 35.0 Heller Grund 


45.45 stört auf dieser Seite 
43.8 des Bilds. 
34 43.9 35.0 


. 686a. Constatirt, dass d’ Herculis keinen 


Nachbar »% hat, als ganz schwache. 
— (Bezieht sich auf Beob. Nr. 326.) 


10 


Nr. 687. yLyrae und y Draconis. 


53.5 89.4 97.7 
89.4 
89.95 
59 90.6 97.7 
1.5 36.2 22.05 Jetzt steht 
35.0 y Drac. rechts. 
35.1 


85 35.9 22.05 


Nr. 688. Wega und Ras Alhague. 


„18.5 — 45.15 Beugungs- 
linien bei keinem der beiden ## % auffallend. 
442 
elle] 44.9 Auch jetzt 
22 45.1 nicht auffal- 
lend bei W. 
235 wim 81.5 
81.1 
S 81.0 Auf dieser 
28 81.0 Seite in d. 


Stellung $ bei W. auffallender. 


Nr. 689. Ras Alhague und ePegasi. 


Letzterer entschieden röthlich. Im Bild 
scheint er mir recht hell. 


37.8 == 27.2 
30.4 
28.6 
43.5 — 30.2 
45.6 —— 95.0 
93.0 
94.2 
94.5 = 97.0 


Die nun folgenden Messungen, von August 25 
an bis Ende September 1860, sind wieder von 
den beiden Beobachtern gemeinschaftlich ge- 
macht. 


1860 August 25. C. d. U. — 0m2, 


Arcturus mit sich. 


101.4 1 100.355 Phant. A 
99.4 s steht oben etwas 
994 1] rechts. 

97.9 s »% flammt ziemlich 
98.9 1 stark. 

100.1 s 

229.21 22.0 

218 s 

233.55 1 

25.0 S 

22,06 1 


23.35 s 22.0 


Nr. 691. Attair und yCassiopejae. 


9h 19m ,7 — 39.4 8 
35.4 1 
jä 342 s 

29.8 32.35 <1 


C Schein hinderlich. Beide Beobb. finden, 
dass die Einstellungen ziemlich unsicher sind. 


35.6 <Ts 

35.0 34.6 1 
36.6 U 88.2 s 
89.5 1 
$ 87.8 >s 

43.2 83.251 


Nr. 692. yCassiopejae und «@Üephei. 


52.4 94.95 90.0 8 
892 1 

89.9 s 

59.0 94.9 90.0 1 

10 09 31.0 36.0 s 
34.651 

33.5 s 

9.1 310 33.0 1 


Nr. 693. yCassiopejae und ß Cephei. 


10 14.6 31.0 41.4 s 
41.0 1 

40.55 s 

21.5 31.0 41 951 
24.0 101.1 86.5 s 
892 1 

Oo 88.9 s nichtschl. 
300 101.15 870 1 


Nr. 694. Ras Alhague und « Pegasi. 


42.1 28.1 31.3 s UmCjetzt 
30.3 1 schwacher 
31.5 s Wolken- 

49.1 28.1 29,2 ] streif. 


Helligkeit des Grundes erschwert die Be- 
obachtung. 


94.1 s Jetztsteht 
94.751 « Oph. 
92.9 s rechts. 
61.5 97.6 93.01 


51.7 977 


307 


Nr. 695. Wega und Polarstern. 


11h 8m,3 _ 81.0 s Schönes 
82.0 1 starkes 

W 81.2 s Licht. — 

17.2 82.2 1 P. röthl., 


W. grünlich: dieser Unterschied stört etwas. 


19.6 0 43.8 s 
44.15 >1 

$ 44.2 5 

25.6 44.7 1 


Um € her hat sich streifige Trübung con- 
solidirt, etwa bis 8 Ophiuchi reichend, die 
sich nach und nach aufwärts verbreitet. Wega 
hoch oberhalb. 


Tag war sehr schön. Am Anfang d. Beobb. 
kam mir die Gegend um C etwas matt metal- 
lisch glänzend vor, als ob da leichter Dunst 
sein könnte: Leonhard hält sie für unver- 
dächtig. -— Die #% »% Beobb. sind schwerlich 
in Verdacht zu ziehen, doch sind die Einstel- 
lungen uns beiden nicht recht leicht gegangen, 
wahrscheinlich wegen € Lichtes. 


Um 12h 30m nichts mehr von Trübung zu 
merken. 


1860 September 12. C.d. U. + Om,7. 


Seit Nachmittag hell und ziemlich kalt. 
Nacht schön klar und dunkel. 


x mit sich. 

102.0 s 101.1 

104.8 1 A rechts oben grün- 
98.75 s lich, B links unten 
100.0 1 röthlich. 

99.298 

10335 <]1 

99.2 s 

102.25 1 

23.25 s 23.5 

28.0 1 


23.75 s Ungleichheit in der 
Farbe stört: doch erscheinen mir die Nüancen 
nicht constant auf dieselbe Art. 


23.6 1 

27.0 8 

27.8 1 gut. 
25.05 s 

246 1 23.8 


308 


Nr. 696. & Draconis und y Cassiopejae. 


(Diese Beob. ist gemacht, weil bei der 
früheren Nr. 430 ein falscher %% statt & ge- 
messen zu sein scheint. Der heute beobachtete 
= ist sicher & Er ist auch für das hlosse 
Auge schwach.) 


&h 47m.6 80.75 
79.75 
82.9 
79.9 
81.75 

9 85 80.0 


| 


nn [un on 


10.6 46.0 
47.1 
46.15 

17.7 49.55 


Ka u a 


in en 


Nr. 697. 8Hereulis und @Cephei. 


24.5 41.95 s 35.9 Farb- 
44.0 1 verschiedenheit. 
43.95 s 

33.7 45.3 1 35.9 

38.2 80.35 s 89.2 Auge war 
80.0 1 vorher stark ge- 
81.7 s blendet. 

44.8 79.0 < 1 89.15 


Nr. 698. Deneb und ge Cassiopejae. 


(Es war die Absicht, D. mit Polar %& zu 
vergleichen: da bei der eingestellten Distanz 
statt des letztern der hier beobachte % zuerst 
in’s Feld kam, so wurde dieser gleich ge- 
messen. Seine Identität ist aus Stellung des 
Instruments, Distanz und Constellation nach- 
träglich constatirt.) 


9 53.3 _ 46.1 s 
46.2 1 

U 45.6 gut s 
59.0 48.271 
102171 = 80.45 s 
81.1 1 
S 80.3 
9.2 78.9 1 


Nr. 699. Polarstern und Deneb. 


1019:3 93 
em freien Auge von 
erscheint Polaris 
— etw. schwach. 


-u-mn 
SS) 


25.5 9 


26.8 38. 


31.5 34.9 1 = 


Jetzt wieder Deneb in den Sucher und 
Gläser A genommen, mit der Distanz 45°.1 
gehen durch’s Feld der Polarstern, auf welchen 
die einzelne Einstellung gemacht wird 

— 89.1 s 
und der obige #%% der Cassiopeja. 


Nr. 699a. Deneb und eCassiopejae. 


41.0 E— 80.2 s 
82.6 1 

_ 43.75 s 

48.0 45.3 1 


Nr. 700. «Persei und Algol. 


11h 8m,9 25.5 26.4 s 
27.351 
30.9 > s 
28.8 1 
17.0 235.5 27.2 s 
11 18.0 100.75 95.55 s 
99.051 
98.1 s 
23.6 100.3 1 
94.7 s nicht schl. 
26.6 100.6 97.0 1 gut. 


Nacht sehr schön. — Tiefere &,’&, wie 
Anfangs Aretur und später auch Capella, z. 
Th. stark funkelnd, aber die beobachteten 
ziemlich ruhig. 


1860 September 13. C.d. U. + 0m,7. 


Morgens bezogen, Nachmittag klar Doch 
sind »% % heute auch in grosser Höhe un- 
ruhige. Am Horizont herum etwas nebelig. 


Mars mit sich. 


103.45 s gut 103.9 Phantom A 
oben, B unten. Beide erscheinen mir rechts 
heller als links, ziemlich scharf nach d. Dia- 
gonale abgegrenzt. 


102.1 1 
100.8 s 
105.1 1 
103.4 
1 
s 
1 


» 


wie oben. 


103.9 


Notiz bezüglich auf Nr.317: y Aquilae 
in Sucher und Gläser A gebracht. Dist. -Kr. 
gestellt auf 7°.55. Ich kann bei dieser Stel- 
lung in Gläser B keine ‚anderen »& »£ von 
einiger Helligkeit bringen, als zwei nahe gleich 
helle mit einander (Distanz etwa 0.4 Durchm. 
des Felds nach Erinnerung), die mir aber 
auch zu schwach erscheinen für die Beobach- 
tung. — [Vielleicht «@ und $ Sagittae ?] 


Nr. 701. yLyrae und 9Herculis. 


[Im Original nähere Notizen beigefügt, 
durch welche die Identität des *% constatirt 
ist, der sonst wegen der fast gleichen Distanz 
mit £Herculis verwechselt werden könnte.) 


8h 27m ,8 90.3 80.25 s 
78.4 1 

TE: 

35.2 90.3 80.9 1 
37.9 36.8 48.4 Ss 
49.7.1 

48.0 s 

45.0 36.8 45.8 1 


Nr. 702. yLyrae und oHerculis. 


51.75 85.2 80.0 s 
78.751 


309 


78.8 s 

59.0 85.3 TA 
9h 1]m,0 37.8 47.6 s 
44.951 

45.7 8 

92 37.8 43.5 1 


Nr. 703. yLyrae und £Hereulis. 


12.6 93.8 81.6 s Ehat.neb. 
868 1 sichd.Be- 
81.7 s gleiter ». 


19.3 938 88.1 1 Selbst die 
83.6 s hier beob. 
24.5 84.8 1 schwach. 
% »& sind nicht ganz ruhig. 
26.9 40.7 48.15 s 
50.0 1 
49.6 s 
32.5 40.6 50.2 1 


Nr. 704. yLyrae und »vHerculis. 


® 
Der schwächere Nachbar von &. — Beob. 
geht sehr schwer wegen Kleinheit seines A. 


34.2 40.6 54.0 s 
92.4 >] 
51.85 s 
43.0 40.65 52.2 ] 
44.3 86.55 747 Ss 
75.0 1 
73.8 s 
49.8 86.55 mo. 1 


Nr. 705. «Ophiuchi und «Persei. 


59.0 26.3 s — Flammen 
25.7 1 [) beide sehr 
29.5 s 5 stark. 
10278:0 268 1 — 
10 10.6 100.35 s — 
101.3 1 
1014 s Flammen erschwert 
die Messung sehr. 
18.5 102.2 ] = 


310 


Nr. 706 «Draconis und $ Öephei. 


10h 28m. 43.8 5 33.38 Auge etwas 

46.0 1 ermüdet. 
44.3 s U 

35.9 4011 33.85 

39.4 83.4 s 790 
81.0 1 
82.8 <s 

46.3 84.4 ] 97.95 


E% zuletzt ruhiger als Anfangs. — Luft 
feucht. — Zuletzt nichts mehr vom nebeligen 
Ansehen des Horizonts. 


1860 September 14. C.d.U. + O0m,8. 


Tag wärmerals die letzten, aber Luft nicht 
ganz rein. — Dunst vom Horizont etwas höher 
herauf als gewöhnlich. — *% »% ruhiger als 
gestern. 


Mars mit sich. 


103.1 s 104.25 
103.5 1 
103.0 s gut. 
105.0 1 
103.55 s 

1 


103.75 104.2 


20.55 
gut. 


gut. 


Nr. 707. yLyrae und nCephei. 


8 95 87.05 82.0 s 
82.6 1 
813 s 
18.7 87.0 N! 
25.2 38.9 42.3 Ss 
43.9 1 

43.95 > s Wetter- 

32.0 38.9 43.0 1 leuchten 


am W. Horizont. 


Nr. 708. yLyrae und öCephei. 


8h 47m] 83.05 78.9 s Constella- 
76.751 tion veri- 
77.958 Afeirt. 
58.2 83.0 778 1 
E) 163) 37.9 46.758 
40.9 1 
44.9 s 
7.1 37.9 43.0 1 


In S. schmaler Wolkenstreif oberhalb Mars. 
Horizont ist dunstig. 


Nr. 709. yLyrae und ı Cephei. 


19.0 86.35 8105s Constel- 
79.751 lation ve- 
80.9 s rifieirt. 
24.7 86.4 82.8 1 
DIN 37.9 43.35s Jetzt u 
41.2 1 rechts ob. 
44.0 s 
36.8 | 39.1 1 
D 43.6 S 
40.0 37.95 40.8 1 


Nr. 710. «Persei und Algol. 


47.0 27.0 32.0 s Flammen 
27.3 1 stark. 
28.45s Wolken 

59.0 27.0 31.7 1 habensich 

gelöst. Capella steht jedoch etwas in Dunst. 

Or 102.95 98.7 s 
96.8 1 
97.0 8 

107 45 102.95 100.2 1 


Nr. 711. Wega und Attair. 


104 — 95.8 < s Flam- 
men. — W. rechts. 
954 <ıI 
0 94.1 s AvonW. 
1727, 922 1 kleiner 


gemacht als das von A. 
Farb-Verschiedenheit stört etwas. 


10h 20m.3 D0 


b) 
27.9 


30.35 s 

30.0 gut 1 Jetzt 
29.8 s ziemlich 
29.8 1 ruhig. 


Um 12 Uhr Himmel zum Theil mit Wolken 
gedeckt. — Folgender Morgen klar. 


1860 September 23. C.d. U. + 0m,S. 


Umstände scheinen ganz normal am An- 
fang: später kommt mir doch Horizont etwas 
dunstiger vor als sonst, und der Glanz des 
Himmels in den tiefen Gegenden um C her 
etwas matt. 


Wega mit sich. 


103.75 Leise Un- 
ruhe. 
A rechts. 


104.3 
102.2 
102.8 
100.0 
101.1 
102.45 
102 6 
101.1 


un mn [en Mn 


24.3 Ss 
24.8 1 
25.05 s 
24.8 1 
24.4 Ss 
244 1 


Nr. 712. «@Cephei und ßCephei. 

84.8 s Flammen 
88.2 lu.CSchein 
852 s erschwert 
84.0 1 die Beob- 
84.555 achtung. 
85.1 1 


7 309 93.0 


40.2 s nichtschl. 
35.6 1 B steht 
jetzt rechts. 
38.6 s 
37.8 1 Gesichts- 
40.0 s feld links 
35.7 1 heller als 
rechts und unten. 


3 
62.0 29.75 


Nr. 713. «Andromedae und «Cephei. 


8 149 97.85 90.25 s 


89 851 Zeitverlor. 
Abh.d. II.C1.d.k. Ak. d. Wiss. X. Bd. I.Abth. 


31.6 


m) 
97.9 


sll 


88.95 s 
91.0 1 


Mit der eingestellten Distanz kann auch 


Deneb durch’s 


Feld gebracht werden. 


35.15 350 310 s 
255 1 
S 318 s 
50.2 1 
am] 290 s Avone 
41.8 23.78 33.0 1 Androm. 
kleiner gemacht als das von « Cephei. 
Nr. 714. @Pegasi und yCassiopejae. 
8 52m.4 37.8 8 PN. 
45.1 1 38.1 AusVersehen 
42.2 s auf beiden Seiten 
39.7 1 verstellt. 
Sf 41.8 s 38.1 
C Schein, der auf die Hand trifft, ziemlich 
hinderlich. 
Tel 910 s 94.1 
8.751 < 
91.0 s 
17.3 88.2 1 94.15 
Nr. 715. Algol und yCassiopejae. 
32.4 294 s 25.7 Beide &% 
26.4 1 ziemlich unruhig. 
29.5 Ss 
36.2 28.8 1 25.78 


Stellung unbequem. 


38.5 


46.0 
50.5 


Nr. 716. 


57.0 


10 2.4 


101.1 Jetzt Algol 
rechts unten. 


Algol und @aPerseı 


102.8 s 103.7 

100.7 1 

1012 s 

102.95 1 103.8 
40 


312 


34.1 Jetzt «P. 


5.4 32028 
26.0 1 rechts. 
31.0 s 
117 28.8 1 24.1 


Mit blossem Auge finde ich « sehr merk- 
lich heller als ß. 


Beobachtungen sind heute etwas schwer 
gegangen, wahrscheinlich wegen Mondschein. 
— Um 12 Uhr, nach C Untergang, zeigt sich 
Himmel ausserordentlich prachtvoll, & % 
scheinen ungewöhnlichen Glanz zu haben. 


1860 September 24. C.d. U. + 0m,8. 


Tag und Abend ebenso schön wie gestern, 
Horizont vielleicht noch reiner, %# % jedoch 
noch unruhiger. Beobachten geht uns heute 
entschieden leichter. 


Wega mit sich. 


22.8 8 21.05 B steht 

25.05 1 rechts. 

23.9 8 

249 1] 

23.8 8 

25.0 1 21.1 

101.0 s 102.27 Unruhe des 

102.6 1 »% u ungleichartiges 

101.0 s Aussehen d. 2 Licht- 
» 102.9 1 Phant. erschwert. 

100.83 s Relativ gut. 

101721 102.3 


63.65 s 63.35 
64.65 1 64.05 


Bild: C: 


Nr. 717. Wega und «Cephei. 


7b 34m] El] 79.05s Avon W. 
79.7 1 noch etw. 

79.3 s kleiner 

41.6 all] 79.25] gemacht 
als das von «C. 
44.9 SE 48.2 s Jetzt «C. 


49.0 1 rechts. 
48.0 Ss 
48.9 DI 48.7 1 


Nr. 718. «Andromedae und Wega. 


7ı 57m.5 80 97 s [JUOI Beide un- 
82.8 1 ruhig, besonders 
81.3 s « Andr. 
Sear8 Bass] 
3.7 4n.A Ss U Jetzt W. 
46.5 1 rechts oben. 
43.2 8 
110 5351 DD 


Nr. 719. Wega und Deneb. 
15.8 el] 35.1 s W.unruh. 
Bon 
36.2 s AvonW. 
20.5 Elm] 34.0 1 kleiner 

gemacht als das von D. 


22.9 wi 90.4 s 
86.7 <1 
89.85 s 

26.6 OD 88.6 1 


Nr 720. «Persei und Attair. 
8376>s DD «e Persei 


flammt sehr stark. 

90.3 s Auch hier, wie heute 

87.91 überhaupt bei Ver- 

38.4 88.0 s gleichung sehr heller 

»% »% mit schwächeren, dem hellen so viel Licht 

abgeschnitten, dass sein /\ entweder kleiner 

oder doch nicht sichtbar grösser ist als das 
des andern. 


40.1 39.6 s 
39.5 1 
07 >s 

450 37.4 ] 


Nr. 721. « Persei und «@ Cephei. 


51.1 34.2 36.4 s 
40.2 1 
39.2 s 
59.0 34.2 41.0 1 


972231 95.5 87.67 s 
864 1 
87.8 5 gut. 
7.85 87.3 1 
Folgender Morgen mit Wolken. 


Von hier an wieder der Eine Beobachter 
(s) allein. 
1860 Oktober 23. C.d. U. + 3m,2. 

Umstände nicht die bessten: Himmel hat 
im Schein ein etwas mehliges Ansehen, und 
zeigt um den Mond her den bekannten matten 
Glanz. Doch nichts eigentlich Verdächtiges 
zu sehen 


Wega mit sich. 


24.2 


Dvyyvbv 
IANSISN 
[SUSE WS Wer) 


or 


24.2 


101.7 101.3 Nunmehr A 
102.1 <T rechts. Starker Farb- 
101.4 Unterschied; A röth- 
101.1 lich. 

101.7 101.25 


Nr. 722. Wega und Deneb. 
Th 20m 5 — 35.4 Stellung 
34.0) unbequem. 
wie] 35.2 Vorher In- 


36.5 strument ans 

andere Fenster gebracht. 

A von W. kleiner gemacht als A von D. 

— Phantom B (von Deneb) war rechts oben 
im Feld. — Luft wird nebelig. 


33 JO 89.85 
90.05 
S 87.7 
37.2 89.2 Okularöfters 
39 88.9 abgewischt, 


weil es ein wenig beschlägt. 


Nr. 723. Wega und Deneb 
42.6 96.05 82.2 
82.1 
we) Ban 

48.3 96.0 82.0 
50.2 293.0 EI E] 7 28 
43.45 

S 42.8 

54.8 29.0 41.05 


313 


Nr. 724. Wega und Deneb. 


58.5 40.0 50.0 > AvonD. 
ist bei dieser Stellung sehr klein. 
500 


OO 49.4 2% nicht 


$h 3m,2 49.0 vollkommen 
ruhig. 

7.0 860 0T 770 
76.7 
S 76.1 

12.0 86.0 76.25 

Nr. 725. Wega und Deneb. 

13.8 — 86.35 
88.0 
00 88.7 

19.0 88.75 
22.0 Ei 35 0 
36.0 
8 36.9 

26.1 35.95 
Bild: 63.7 63.2 


Nr. 726, «@Persei und yCassiopejae. 


35.1 24.9 25.2 
26.5 
26.7 

41 24.8 26.45 

429 95.0 93.1 > 
91.45 
91.5 

47.7 95.65 91.6 


Nebelspuren sind vergangen. Zuletzt be- 
schlägt auch Okular nicht mehr. Himmel 
vielleicht etwas reiner am Schluss als am An- 
fang, doch zeigt der Himmel noch immer in 
der Nähe des C den Glanz wie von matter 
Politur. 


1860 November 2. C.d.U. + 0m3. 


In der Höhe scheint die Luft schön: tiefer 
ist sie dunstig. Mars scheint nicht ganzrein. 


40* 


314 


Nr. 727. Attair und Wega. 


6h 10m 33.9 — W. rechts 
33.2 oben im Feld. 
34.6 [)] Okular muss 
15.2 32.6 wegen Beschlagens 
häufig abgewischt werden. 
17.5 92.0 D 
963 Nebel wird merkl.in den 
93.1 8 Strassen. 
22.1 92.8 


Wega mit sich. 


104.2 105.23 A (rechtsim 
Feld) gelb-grünlich, B röthlich-violet 
105.0 


1042 Schnell eingestellt. 


104.2 

104.6 gut 

104.9 105.28 
25.4 23.8 Nunmehr B 
25.0 (rechts)röth- 
25.75 lich, A weiss- 
26.8 bläulich. Ich 
24.67 bin übrigens 
26.75 23.8 über die Be- 


nennung der Farben unsicher: im Wesent- 
lichen scheinen mir A u. B die Farben jetzt 
gegen die erste Stellung getauscht zu haben, 
so dass die Farben ihre Stelle auf der Retina 
behalten hätten. 


Nebel erlaubt keine Helligkeitsmessung mehr. 


Später scheint die Luft wieder ziemlich 
nebelfrei: 


Nr. 728. Attair und Wega. 


78 49.67 39.95 Licht nicht 
49.4 ganz ruhig. 
49.45 UDO A von W. 
53.0 48.2 39.95 rechtsoben 
im Feld. 
7 55.0 78.7 860 [] 
78.7 
78.8 8 


59.3 78.2 86.0 


Nr. 729 Attair und Wega. 


8 0m.7 93.9 = 
92.5 
94.7 ee 
8.0 93.6 
6.7 34.6 DO A von W. 
35.1 kleiner gemacht als 
35.3 $S das von A. 
10.7 35.5 


Luft am Himmel noch immer etwas dun- 
stig. — In N., ziemlich tief, sind jetzt im C 
Schein selbst dünne Wolkenstreifen zu er- 
kennen. — Beobb. können nicht für ganz zu- 
verlässig gelten. * 


1860 November 4. C. d. U. + 0m,6. 


Oben scheint der Himmel klar, aber tiefer, 
namentlich in NO., sind Wolkenspuren. Auch 
abwärts von Attair, etwa in halber Höhe des- 
selben, ist ein schmaler Streif zu erkennen. 


Nr. 730. Attair und Wega. 


7 35 54.2 48.0 
53.2 
53.7 als 
38.7 93.6 
410 73.2 78.7 [JLJ] Schwie- 
72.0 rig weg. Kleinheit d. X. 
72.4 A.rechts ob. 
45.1 75.2 78.0 Licht nicht 
ganz ruhig. 


Nr. 731. Attair und Wega. 


47.5 91.0 _ 
91.7 
952 DD 
94.6 
922 8 
53.7 94.7 


55.0 34.95 _ 
34.4 


35.4 oO 
58.0 34.4 


Nr. 732. Wega und Attair. 


$h 9m,5 _ 32.4 
32.8 
Bm) 29.8 
8.7 31.0 
10.8 le] 94.6 Jetzt W. 
94.0 rechts. 
8 91.3 
91.2 
9398 Es zeigt 


18.8 UDO 90.4 sich, dass 
noch von vorher [_]Schuber B. nicht ganz 
offen war. 


Okular muss öfters abgewischt werden. 


Nr. 733. Wega und @« Andromedae. 


24.6 DO 82.1 
82.2 


$ 83.4 
28.8 82.4 


31.0 — „43.6 
43.4 


oO 42.0 
34.6 43.2 


Nr. 734. «Pegasi und e Pegasi. 


43.8 36.6 41.2 
39.95 
40.35 Laterne 


49.0 36.6 42.2 unt. stört. 
51.7 94.2 86.7 

85 6 

86.8 
57.3 94.2 84.2 


Nr. 735. Deneb und « Arietis. 


(Der hellere von zwei sich ziemlich nahen 
#% ’%, die nach einander bei gleicher Stellung 
des Distanz-Kreises durch’s Feld gehen.) [Der 
schwächere ist ohne Zweifel ß Arietis.] 


4 — 93.2 
90.2 Auge etwas 
E) 92.9 ermüdet. 
8.7 94.15 


315 


40.5 Jetzt steht 
40.0 & Ar. rechts 
37.8 im Felde. 
15.8 32.0 sic. Diese 
Einstellung langsam gemacht nach Zeitverlust 
durch Unsicherheit des Auges. Die folgende 
rasch. [Die erstere hat Gewicht '/2 erhalten.] 
38.0 


9b 10m, = 


18.0 38.0 


Messung vielleicht beeinträchtigt durch Er- 
müdung des Auges. — Okular hat fortwährend 
häufiges Abwischen erfordert. 


In NO. zeigt sich jetzt nach C Aufgang 
dunstige Trübung ziemlich weit herauf. Bald 
darnach consolidiren sich die Dünste, und er- 
zeugen weit von 8. her gegen 0. aufwärts 
laufende Streifen (Einer bis über die Plejaden). 
Die heutigen Beobb. sind hienach ziemlich 
verdächtig. 


1860 November 5. C. d. U. + 0m,7. 


Nr. 736. «Ophiuchi und Capella. 


7 —0.7 44.25 — Beide un- 
46.0 ruhig, besond C. stark. 
43.8 UL] Okular be- 
—+4.2 43.4 schlägt. 

6.0 82.2 DD 
83.1 
82.6 > $ 

10.0 81.2 


Sollte die Gegend eines der % $% nicht 
ganz rein sein, (wasaber nicht erkannt wurde) 
so möchte am ersten die von « Oph. ver- 
dächtig sein. 


Nr. 737. Deneb und Wega. 


7 15.2 89.2 — Stellung etw. 
88.75 unbequem, 
90.8 [JUJ auch stört 
22.8 90.8 ein Farbunterschied. 
24.8 38.1 
38.6 Milchstrasse 
35.15 $ im Schwan, 
29.8 39.7 zwischen «au. 


ß, kommt mir heute ungewöhnlich hell vor. 


316 


Nr. 738. Attair und Deneb. 


7h 34m,8 — 240 Att.amHim- 
23.95 mel zieml. 
ale] 22.0 unruhig; im 
40.8 18.4 Photometer 
SD 20.4 nicht vielda- 
4347 24.2 von zu merk. 
46.0 — 102.0 
102.8 
00 105.0 
105.9 
S 102.9 
52.0 102.2 


Wega mit sich. 


98.5 98.8 A rechts ob. 
98.0 

97.25 

98.0 

97.4 98.8 


25.35 24 6 
27.4 
26.6 
27.2 
27.6 
261 gut. 24.6 


Nr. 739. «Arietis und «@Pegasi. 


8 16.8 31.6 32.2 Zwischen 
30.9 seiner 1. u.2. 
32.9 Ables hat 


22.6 332 33.8 sich Schlit- 
26.7 33.2 33.8 ten A, der 
nichtg anz fest geklemmt war, etwas verschoben. 
29.3 95.6 93.4 
95.0 
947 
34.1 95.6 93.5 


Nr. 740. Wega und Capella. 


101.0 Beide un- 
ruhig, besonders C. 

100.8 

102.4 W.ıim Felde 
45.0 100 67 rechts ob. 


40.6 103.35 


46.6 21.6 24.8 
25.0 
24.2 > 

52.0 21.5 23.4 


Umstände waren heute viel besser als 
gestern. Himmel sehr schön klar: nichts 
Verdächtiges bemerkt; nur ##% etwas un- 
rubig. — (Folgenden Tag nebelig bezogen.) 


1860 November 10. C.d.U. + 0m8. 


Nachmittag ziemlich wolkig. Um 6'/a Uhr 
unerwarteter Weise anscheinend rein. — Okular 
muss heute oft abgewischt werden wegen Be- 
schlagens. 


Nr. 741. «Persei und Algol. 
Vergleichung gemacht, weil schon für das 


blosse Auge die Lichtschwäche von Algol 
aufgefallen war. 


7h 91m ,3 = 36.25 
37.8 
DO 34.0 

36.1 33.95 
28.4 Bl 91.5 

91.8 > 

S 99.2 
33.2 91.6 


Nr. 741a. Wega und Attair. 


A. sehr unruhig: auch W. nicht ruhig. 


42.6 — 94.9 
96.0 

® 94.7 

48.6 90.0 
50 8 92.0 


Spuren fortschreitender Trübung um die 
beobb. %& % her. Unter dem Einflusse der- 
selben jetzt Att. ziemlich ruhig. 

54 0 35.7 

34.6 

Trübung jetzt auffallend am ganzen W. 
Himmel bis Deneb herauf: %% »%# waren schon 
vorher glanzlos geworden. Die Beobachtung 
hat sehr wenig Werth: vielleicht ist sie ganz 
zu cassiren. — [Bei der Reduction nur die 
zwei Einstellungen über dem Bild verworfen.] 


Capella mit sich. 


23.2 Brechts unt. 


99.65: 98.55 


Letzte Einstellung unsicher, weil gleich 
darauf Capella fast bis zum Verlöschen ge- 
schwächt ist. 

Gleich darnach der ganze Himmel einge- 
sponnen. 

Ich hoffe trotz der nachher eingetretenen 
verdächtigen Umstände, dass die Beob Nr. 741 
von Algol gut sein wird. Auch hat sich die 
Gegend von Perseus und Fuhrmann später 
als die von Adler und Leier überzogen, so dass 
ich noch am Beginn der Vergleichung von 
Capella mit sich selbst die Hoffnung hatte, 
nach derselben die Beobachtung von Algol zu 
wiederholen. 


1860 November 15. (C.d.U. + 0m,S. 


Luft parterre etwas nebelig, scheint jedoch 
reiner zu werden. Auf dem Thurm glaube 
ich oberhalb des Nebels zu sein, doch sind 
die tiefen Gegenden des Himmels etwas dun- 
stig. Die höheren sehr schön klar. Wetter 
nass und ziemlich warm. 


Nr. 742. «Persei und nPersei. 


48.3 n der einzige 

49.0 messbare # 
14.2 DO) 49.2 unter meh- 

reren, die durch’s Feld geführt werden können. 
Schwierig wegen schwachen Lichtes. 


15 D 774 
76.9 
22.1 S 78.4 A steht jetzt 


’ rechts unten. 


317 


Nr. 743. «Persei und vPersei. 


7ı 3]m 9 —_ 79.4 
80.6 
37.6 [ 80.2 
Seht ml 46.7 Jetztvrechts 
47.0 unten. 
44.0 45.85 


v hat ziemlich nahe einen sehr schwachen 


Nachbar %. 


Nr. 744. «@Persei und Algol. 


49.6 23.95 240 Algolrechts. 
29.8 
26.0 
54.9 23.9 23.85 
57.2 97.15 95.9 
932 
95.2 
61.3 97.2 951 


Lange nebelige Wolkenbank hat sich in 
W. gelagert: reicht bis ziemlich nahe an 
den Adler. Perseus und Umgebung scheint 
noch ganz frei. 


Deneb mit sich. 


103.85 101.9 A rechts. 


101.0 101.9 


26.1 25.45 


28.55 25.4 


Um sich greifende Wolkenbildung erlaubt 
keine weitere Messung. 


lu 1; 


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1. Xiphophorus Gillii „n. 2. Saceodon Wagneri, n. 3. Chalveus atrocaudalus n. 


Taf. IV. 


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ZEHNTEN BANDES 


: ZWEITE ABTHEILUNG. 
IN DER REIHE DER DENKSCHRIFTEN DER XXXVII. BAND. 


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MÜNCHEN, 
1868. 


VERLAG DER K. AKADEMIE, 
IN COMMISSION BEI G. FRANZ. 


ABHANDLUNGEN 
DER 
MATHEMATISCH-PHYSIKALISCHEN CLASSE 
DER KÖNIGLICH BAYERISCHEN 


AKADEMIE orr WISSENSCHAFTEN. 


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ZWEITE ABTHEILUNG. 


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DER 


MATHEMATISCH-PHYSIKALISCHEN CLASSE 


DER KÖNIGLICH BAYERISCHEN 


AKADEMIE ver WISSENSCHAFTEN. 


ZEHNTEN BANDES 
ZWEITE ABTHEILUNG. 
IN DER REIHE DER DENKSCHRIFTEN DER XXXVI. BAND. 


MÜNCHEN, 
1868. 


VERLAG DER K. AKADEMIE, 
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Versuche 


über die 


Wasserverdunstung 


auf besätem und unbesätem Boden. 


August Vogel. 


Abh.d. II. Cl.d.k.Ak.d. Wiss X.Bd.II. Abth. 41 


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Versuche über die Wasserverdunstung 
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auf 


besätem und unbesätem Boden. 


Von 


August Vogel. 


Die Wasserverdunstung durch die Vegetation, d. h. die Quantität 
der Verdunstung durch verschiedene Pflanzengattungen auf verschiedenen 
Bodenarten, ist für die Beurtheilung des vegetabilen Lebens von grosser 
Bedeutung. Wenn dessenungeachtet über diesen Gegenstand noch keine 
zahlreichen und erschöpfenden Versuche angestellt worden sind, so liegt 
die Erklärung darin, dass derartige Versuche gewissermassen doch immer 
nur allgemeine Anhaltspunkte und im Vergleiche richtige Resultate 
ergeben können, indem gerade hier mehr, als sonst irgendwo, es unver- 
meidlich ist, von den exakten im kleineren Maasstabe ausgeführten 
Versuchen auf die Verhältnisse im Grossen und Ganzen Schlüsse zu 
ziehen. | 
Zum Verständniss meiner über diesen Gegenstand ausgeführten 

Versuche erscheint es nothwendig, einiger einleitender Beobachtungen 
Erwähnung zu thun, welche zum Zwecke haben, den Unterschied der 
Wasserverdunstung verschiedener Bodenarten im Vergleiche zur Wasser- 
verdunstung einer Wasseroberfläche festzustellen. 


I. 


Von einem bei 100°C. getrocknetem lockeren Torfpulver wurden 
20 Grmm. in einem Becherglase mit 50 CC. Wasser benetzt, so dass 
41* 


322 


die Oberfläche des benetzten Torfes nur wenige Linien unter dem Rande 
des Becherglases stand. In einem zweiten Becherglase befanden sich 
50 CC. Wasser, dessen Oberfläche ebenfalls nahezu den Rand des Glases 
berührte. Beide Gläser standen nebeneinander in einem Lokale von 15° 
bis 20° C. durchschnittlich. Der Versuch begann am 28. Februar und 
schloss am 10. März. Die Oberfläche beider Gläser war genau gleichgross 
und betrug 3,11”. 

In den 11 Versuchstagen waren von den 50 CC. Wasser durch den 
Torf 35,8 CC., von der Oberfläche des offenen Gefässes 17,3 CC. ver- 
dampft worden. Die Wasserverdampfung der Wasseroberfläche zur Wasser- 
verdampfung des benetzten Torfes steht somit in dem Verhältniss von 
100 :206, — oder letztere beträgt etwas mehr, als das Doppelte der 
ersteren. 

Selbstverständlich war in der zweiten Hälfte des Versuches der 
Abstand der Wasseroberfläche von dem Rande des offenen Gefässes 
wesentlich vermehrt worden, so dass also der Einfluss der Ventilation 
in diesem Falle bedeutend verringert sein musste und schon aus diesem 
Grunde sich eine geringere Verdunstung der Wasseroberfläche im Ver- 
gleiche zum benetzten Torfe, bei welchem dieses Verhältniss wenigstens 
nicht in dem Maasse eintreten konnte, voraussetzen liess. Hierin liegt 
überhaupt eine grosse Schwierigkeit der Beurtheilung der Wasserver- 
dampfung bei derartigen Versuchen und der Umstand, dass dieser Faktor 
nicht immer die gehörige. Berücksichtigung fand, dürfte wohl bisweilen 
die noch weit grösseren Differenzen, welche sich bei früheren Versuchen 
in dieser Richtung ergaben, zu erklären im Stande sein. 

Von welchem Einflusse die Ventilation auf die Verdunstung ist, 
diess zeigt folgender Versuch, in welchem diese Bedingung bei ver- 
schiedenen Verdampfungsoberflächen möglichst gleichgestellt war. Hiezu 
dienten 3 ganz flache Porzellanschalen, in deren eine 25 CC. Wasser, in 
die 2. bei 100% C. getrockneter Thonboden, in die 3. bei 100% C. 
getrocknete schwarze Gartenerde gebracht worden war. Von den beiden 
Erden befanden sich in den 2 Porzellanschalen gleiche abgewogene 
Mengen, welche je mit 25 CC. Wasser benetzt würden. Das Wasser war 
gänzlich in die Erde eingedrungen, so dass kein Wasser über den Erden 
stand. Die Oberflächen der 3 Schalen waren genau gleich gross. Die 


323 


Schalen standen unmittelbar neben einander in einem Raume von 16° 
bis 22° C. Der Versuch umfasste 7 Tage. Als Resultat der einzelnen 
Wägungen ergibt sich die Verdampfung von der Wasseroberfläche zur 
Verdampfung von den beiden benetzten Erdoberflächen im Verhältnisse 
von 100 :136. Die Unterschiede der Verdampfung sind somit bedeutend 
geringer in diesem Versuche, wobei eine grössere Uebereinstimmung der 
Ventilationseinwirkung hergestellt war, als in dem vorigen. 

Um endlich die Bedingungen der Verdunstung einer Wasserober- 
fläche mit verschiedenen Erdoberflächen absolut gleich herzustellen, 
wurde noch folgender Versuch ausgeführt. Hiezu dienten 3 Glasflaschen 
von ganz gleichem Inhalte und gleich grossen Oefinungen. Letztere 
betrug bei allen 15 Millimeter. In die eine der Flaschen Nr. I wurden 
35 CC. Wasser eingemessen, in zwei anderen gleiche abgewogene Mengen 
Erde mit 35 CC. Wasser benetzt gebracht und zwar in Nr. II Thonboden, 
in Nr. II Gartenerde. Nach einem Vorversuche waren die Mengen der 
Erden gerade hinreichend, um die zugesetzte Wassermenge zu absorbiren, 
so dass also keine Wasseroberfläche über den Erden stand. Diese 
3 Flaschen befanden sich in einem Lokale von 10° bis 12° C. offen 
nebeneinander stehend. Der Versuch umfasst 45 Tage. Die Verdampf- 
ung betrug bei: 

Nr sale (Wasser). ia hnichrer- 192,4. Grimm: 
Nr. II (benetzter Thonboden) 3,5 ,, 
Nr. III (benetzte Gartenerde) 2,8 \, 

Es ergibt sich hieraus, dass die Wasserverdampfung bei einer be- 
schränkten Oberfläche überhaupt nur eine sehr geringe ist, dass indess 
doch ein Unterschied zwischen der Wasseroberfläche und den benetzten 
Erden bemerkbar wird. Die etwas vorwaltende Wasserverdampfung von 
Nr. I findet ihren Grund in dem Umstande, dass aus den im Thon- 
boden ruhenden Keimen sich einige Pflanzen während dieser Zeit ent- 
wickelt hatten. 


HM. 
Die im Folgenden zu beschreibenden Versuche beziehen sich auf 
zwei ganz verschiedene Erdarten, nämlich: 1. auf einen fetten Thon- 
boden von gelblicher Farbe (Gegend von Straubing) 2. auf einen Kalk- 


324 


und humusreichen Boden von schwarzer Farbe (Gegend zwischen Dachau 
und Schleisheim). 

Die chemische Analyse, welche indess in ihren Specialitäten für die 
Frage der Wasserverdunstung nur von sekundärer Bedeutung sein kann, 
charakterisirte die erstere Erdart als ein Thonsilikat mit einem Gehalte 
von 70 proc. Kieselerde, Spuren von Kalk und Eisen, nebst einigen 
Procenten Phosphorsäure und Alkalien, die zweite Erdart als einen 
humusreichen Kalkboden. Die Erfahrung hat ersteren Boden als einen 
‚sehr fruchtbaren, den anderen als einen überaus unfruchtbaren, — nur 
für eine Haferernte geeigneten dargethan. 

Es musste zunächst Aufgabe sein, die Unterschiede der Wasserver- 
dunstung durch die Oberfläche dieser beiden Bodenarten auf das Ge- 
naueste kennen zu lernen. Zu dem Ende wurden 2 Blechkästen von 
gleichgrosser Oberfläche und Tiefe mit diesen Erden gefüllt und eine 
jede mit der für eine Vegetation geeigneten Wassermenge behandelt. 
Der Versuch umfasste 8 Tage ohne Begiessen, wobei beide Kästen in 
einem Lokale von 18° bis 22° C. nebeneinanderstanden. Als Resultat 
der einzelnen Wägungen, deren specielle Aufzählung ich hier übergehe, 
ergab sich, dass 1 Thonboden in diesem Zeitraume 591 Grmm., d. i. 
74 Grmm. per Tag, 1[‘Kalkboden 680 Grmm. Wasser, d. i. 85 Grmm. per Tag 
verdunstete. Der Thonboden verdunstet somit in einer bestimmten Zeit 
ohne Zufuhr von Aussen weniger Wasser, als der Kalkboden und zwar 
in dem Verhältniss. von 100 :115. Bei der Annahme eines ursprünglich 
gleichgrossen Wassergehaltes beider Bodenarten ist daher der Thonboden 
nach 8 Tagen ohne Regen um ein Beträchtliches reicher an Wasser, als 
der Kalkboden, — ein Umstand, der für die Erklärung der grossen 
Differenzen in der Fruchtbarkeit beider Bodenarten als ein sehr wesent- 
licher Faktor zu betrachten sein dürfte. 

Berechnet man die hier erhaltenen Resultate auf 1 Morgen Landes 
(40,000 [), so würde ein Morgen Thonboden während 8 Tagen ohne 
Regen 23,640 Kilogrmm., ein Morgen Kalkboden 27,000 Kilogrmm. 
Wasser abgeben, natürlich unter Voraussetzung der beobachteten Tem- 
peratur. 

Nachdem in dieser Art der Unterschied beider Erdarten in der 
Wasserverdunstung festgestellt war, erübrigte es noch, die Verschiedenheit 


325 


in der Wasserabsorption aus feuchter Luft durch die beiden Boden- 
arten kennen zu lernen. Zu dem Ende wurden 10 Grmm. von jeder der 
beiden Erden, nachdem sie durch künstliches Trocknen auf den gleichen 
Trockenheitsgrad gebracht worden waren, über eine Fläche von 25[] Cen- 
timeter auf Glasplatten gleichmässig ausgebreitet und sodann 3 Tage 
lang auf Glasdreifüssen unmittelbar über die Wasseroberfläche einer 
mit Wasser gesperrten Glasglocke gestellt. Die durch mehrmaliges 
Wägen der Erden gefundene Gewichtszunahme ergab die Mengen des 
absorbirten Wassers bei der im hkaume herrschenden Temperatur. 


I. Versuch, 3 Tage (17. bis 20. Dezember) 
Mittlere Temperatur 180 C. 
a) Thonboden, Wasseraufnahme 0,3 Grmm. 
b) Kalkboden, Hr VE ae 
HU. Versuch, 3 Tage (21. bis 24. Dezember) 
Mittlere Temperatur 22°C. 
a) Thonboden, Wasseraufnahme 0,52 Grmm. 
b) Kalkboden, 0 Va. m 
III. Versuch, 3 Tage (7. bis 10. Januar) 
Mittlere Temperatur 11°C. 
a) Thonboden, Wasseraufnahme 0,19 Grmm. 
b) Kalkboden, ” URS 


‚ Von welchem Einflusse die Flächenausbreitung auf die Wasserauf- 
nahme ist, zeigt ein weiterer Versuch, wobei die gleiche Menge der 
Erden nicht in dünnen Schichten, sondern auf Uhrgläsern von 40 Mil- 
limeter Durchmesser sich unter denselben Verhältnissen wie in den oben 
beschriebenen Versuchen 4 Wochen bei der Durchschnittstemperatur von 
16° C befanden. Die Wasserabsorption betrug in diesem Falle: 

a) Thonboden 4,4 proc. 
b) Kalkboden 8,1 ,, 
Es war somit bei beschränkter Oberfläche in 4 Wochen durchaus 
keine verhältnissmässig grössere Menge Wassers absorbirt worden. 
Man ersieht aus den mitgetheilten Beobachtungen, dass das Ab- 
sorptionsvermögen des Kalkbodens das des Thonbodens durchschnittlich 
um etwas mehr als das Doppelte übersteigt, — allerdings nur eine 


326 


geringe Compensation für den Nachtheil, welcher dem Kalkboden aus 
der schnelleren Verdunstung des Wassers im Verhältniss zum Thonboden 
erwächst. Die grosse Uebereinstimmung, wie sie sich aus den augeführten 
Versuchszahlen ergibt, lässt immerhin eine bestimmte Gesetzmässigkeit 
der beiden Bodenarten in dieser Beziehung erkennen, so wie auch ein 
gewisser Zusammenhang der Wasseraufnahme mit der Temperatur bemerk- 
bar ist, obschon der Einfluss letzterer auf die Wasserverdampfung weit 
geringer erscheint, als man erwarten sollte. 

Endlich will ich noch einige Versuche erwähnen, welche über das 
Wasseraufsaugungsvermögen (Capillaranziehung) dieser Bodenarten an- 
gestellt worden sind. 

Glasröhren von 100 Centimeter Länge, 2 Centimeter Höhe und 
2 Centimeter Durchmesser, in ihrer ganzen Länge in Zehntel-Centimeter 
eingetheilt, wurden am unteren Ende mit feiner Leinwand verschlossen 
durch Darüberschieben eines genau passenden Messingringes, und unter 
gelindem Aufklopfen nach und nach mit den durch das gleiche Sieb 
geschlagenen trockenen Erden gefüllt. Die so vorgerichteten Glasrohre 
standen nun senkrecht vermittelst eines Halters befestigt mit ihrem 
unteren durch Leinwand verschlossenen Ende genau 15 Minuten in 
einem Gefässe mit Wasser. Nach dieser Zeit wurde die Höhe der auf- 
gestiegenen Flüssigkeit abgelesen wie folgt: 

a) Thonboden 15. 
b) Kalkboden 19. 

Zu einem Versuche in umgekehrter Weise, um das Eindringen der 
Feuchtigkeit von oben nach unten zu bestimmen, dienten unten geschlos- 
sene graduirte Glasrohre, auf gleiche Höhe mit den beiden Bodenarten 
gefüllt. Das Aufgiessen von 10 CC. Wasser geschah mittelst einer 
Pipette. Nachdem beide Rohre gleich lange Zeit in senkrechter Stellung 
gestanden hatten, wurde der Punkt, bis auf welchen das Wasser einge- 
drungen, abgelesen. Als Resultat wiederholter Versuche ergab sich, dass 
das Eindringen des Wassers in den Thonboden und in den Kalkboden 
im Verhältniss von 4,4 :8,1 steht. 

Auch in diesen Verhältnissen ist ein wesentlicher Unterschied 
zwischen beiden Bodenarten nicht zu verkennen. 

Zur Bestimmung der Wasserabsorptionskraft beider Erden durch 


327 


Benetzen bediente ich mich viereckiger Zinkkästen, 17 Centimeter hoch 
und im quadratförmigen Durchmesser 2,5 Centimeter weit, deren sieb- 
förmiger Boden abgenommen werden kann, um ihn mit einem feinen 
befeuchteten Leinwandstück zu bedecken, Nachdem der Apparat gewogen, 
wurden die getrockneten und gesiebten Bodenarten partieenweise in die 
Zinkkästchen gebracht und jedesmal durch gelindes Aufklopfen ein 
dichtes und gleichförmiges Zusammensitzen der Bodentheilchen bewirkt, 
bis zuletzt das ganze Kästchen mit Erde angefüllt war. Man stellte 
nun die Apparate mit dem siebförmigen Boden in Wasser und liess die 
Erden von unten auf sich vollsaugen, bis nach mehrmaligen Wägen 
nur höchst unbedeutende Gewichtsdifferenzen zu bemerken waren. Als 
Resultat zahlreicher sehr nahe übereinstimmender Versuche ergab sich, 
dass der Thonboden 64,2 proc., der Kalkboden 32,4 proc. Wasser 
absorbirt. 


Ill. 


Nach dieser allgemeinen Charakteristik des Thon- und Kalkbodens 
gehe ich auf die Versuche über, welche den Vergleich der Wasser- 
verdunstung auf besätem und unbesätem Boden zum Gegenstande 
haben. 

Vier Blechkästen von gleichgrosser Oberfläche und Tiefe waren, — 2 mit 
Thonboden, 2 andere mit Kalkboden gefüllt worden; durch ein länger 
fortgesetztes Trocknen bei 100° C. befanden sich beide Erden -genau im 
gleichen Trockenheitsgrade. Das Benetzen der Erden in jedem der Kästen 
geschah durch Zusatz von 80 CC. Wasser, wodurch der normale Zustand 
für die Vegetation der Kresse, welche zunächst als Versuchsmaterial ver- 
wendet wurde, hergestellt war. Am 20. Februar wurde der eine mit 
Thonboden und der eine mit Kalkboden gefüllte Kasten mit gleichen 
Mengen abgewogener Kressensamen gleichmässig besät und alle 4 Kästen 
gewogen. Die 4 Kästen standen während der Versuchsperiode, welche 
28 Tage umfasste, nebeneinander in einem Lokale von durchschnittlich 
16° bis 23° C. Temperatur. Am 24. Februar war der Keimprozess 
vollendet, am 20. März hatten die Pflanzen durchschnittlich 4’ bis 5’ 
Höhe erreicht. Jeder Kasten hatte vom 20. Februar bis 20. März in 


Abh.d.II.Cl.d.k.Ak.d. Wiss.X.Bd II. Abth. 42 


328 


einzelnen gleichmässigen Gaben 400 CC. Wasser erhalten, d. i. per Tag 
14,3 Grmm. 

Als Resultat der am 20. März vorgenommenen Wägung ergibt sich, 
dass in den 28 Versuchstagen nicht nur die 400 CC. zugesetzten 
Wassers gänzlich verdampft worden, sondern auch theilweise die ur- 
sprünglich zur Befeuchtung verwendeten 80 CC. Wasser. Die Ver- 
dampfung des mit Vegetation bedeckten Bodens ist in beiden Fällen 
grösser, als die des unbesäten Bodens und zwar beim Kalkboden (die 
Verdampfungsmenge des unbesäten Bodens = 100 gesetzt) im Verhält- 
niss von 100: 116, beim Thonboden (die Verdampfungsmenge des 
unbesäten Bodens = 100 gesetzt) im Verhältniss von 100:111. 

Vergleicht man die Wasserverdampfungsmenge per 24 Stunden mit 
der während 24 Stunden erhaltenen Wassermenge, so ergibt sich, dass 
in allen 4 Versuchen die Menge des verdampften Wassers grösser war, 
als die des erhaltenen und zwar beim besäten Kalkboden um 2,4, beim 
unbesäten Kalkboden um 2,0, beim besäten Thonboden um 2,0, beim 
unbesäten Thonboden um 1,5, und dass daher die Verdampfung des 
besäten Bodens die des vegetationslosen in dem angegebenen Verhält- 
nisse übersteigt. 

Nachdem durch die bisherigen Mittheilungen der Unterschied der 
Wasserverdampfung zwischen verschiedenen Bodenarten, sowie zwischen 
besätem und vegetationslosem Boden dargethan worden, versuchte ich 
es, noch, den Unterschied in dieser Beziehung zwischen verschiedenen 
Pflanzengattungen zu zeigen. Hiezu wurden 5 Topfgewächse gewählt: 
l. Pelagonium zonale, II. Pelagonium odoratissimum, III. Reseda odorata, 
IV. Sedum Syboldi, V. Alo& arborea. Diese 5 Pflanzen befanden sich 
in hölzerne mit dünnem Zinkblech überzogene Kästen mit gewöhnlicher 
Gartenerde gefüllt eingesetzt, in einem 6. Kasten befand sich zur ver- 
gleichenden Beobachtung dieselbe Erde ohne Pflanze. Die Erde hatte 
in allen 6 Versuchen ursprünglich denselben Feuchtigkeitsgrad. Der 
Versuch umfasste 30 Tage, während welcher Zeit die 6 Kästen sich 
unter ganz gleichen Verhältnissen in einem Lokale von 16° bis 230 C. 
aufgestellt befanden. Die Kästen waren sämmtlich von gleichem Umfange 
und zwar jeder von 1358[" Oberfläche und 1’ Tiefe. Die Vegetations- 


329 


oberfläche ergab sich nach vorgenommener Messung in den 5 Versuchen 
durchschnittlich von gleicher Grösse, so viel diess ihrer Natur nach 
bei so verschiedenen Pflanzenspecien überhaupt möglich erscheint. 
Jedenfalls war mit Ausnahme von Nr. V, Alo& arborea, die gesammte 
Oberfläche mit einer Vegetationsschichte bedeckt. 

Während der 30 Versuchstage hatte jeder Kasten in verschiedenen 
gleichmässigen Gaben 1700 UCC., d. i. 56 CC. Wasser per Tag erhalten. 
Die Gewichtsdifferenz zwischen der Wägung sämmtlicher Kästen vom 
29. Januar und 28. Februar ergab, dass nicht nur die 5 Pflanzen, 
sondern auch die Erdoberfläche ohne Pflanze mehr Wasser verdampft 
haben, als während dieser 30 Tage zugesetzt worden ist, so dass also 
der Boden ungeachtet des Wasserzusatzes von 1700 CO. trockner ge- 
worden sein muss, als er ursprünglich beim Beginne des Versuches 
gewesen, wenn man nicht annehmen will, dass sowohl Pflanze als Boden 
aus der Atmosphäre Wasser aufgenommen habe. Ferner ergibt sich, 
dass die Wasserverdampfungsmengen in allen Fällen durch die Vege- 
tation, im Vergleiche zur Wasserverdampfungsmenge des Bodens allein, 
wesentlich vermehrt worden war. Setzen wir die Wasserverdampfung 
des vegetationslosen Bodens = 100, so ergibt sich, das Wasserverdam- 
pfungsverhältniss der einzelnen Pflanzen wie folgt: 

I. 100 : 142. IE.2.100:183: III. 100 : 140. 
IV: 11002457 V. 00268, 

\ Vergleicht man den durchschnittlichen Wasserverlust für 24 Stunden 
mit dem täglichen Wasserzusatz, so ergibt sich dass alle Kästen täglich 
mehr Wasser verdampften, als sie erhalten hatten und zwar: 

I. mehr um 4,4 Grmm. 


1. ” ” 5,7 ” 
IN DDR Prey ee, 7 VER 
IN >] ” 3,9 ” 

V. ” ” Sl ” 
Nils ren; 


Endlich zeigt diese Versuchsreihe noch, dass die Natur der Pflanzen- 
species auf die Menge des verdampften Wassers von grösstem Einflusse 
ist. Vergleicht man z. B. Nr. V mit Nr. III, so ergibt sich die Wasser- 

42* 


330 


verdampfung bei Nr. V fast doppelt so gross, als bei Nr. III, nämlich 
in dem Verhältnisse von 66:35. 

Es ist hier der Ort, nachträglich noch eines Versuches zu erwähnen, 
welcher zum Zwecke hatte, die Menge des verdampften Wassers auf 
besätem und unbesätem Boden durch Messung zu bestimmen. Zwei 
Gläser von gleichem Inhalte und gleicher Grösse wurden mit zwei nach 
unten tellerförmig ausgebogenen Drahtgittern bedeckt. Jedes der beiden 
Drahtgitter war mit 35 Grmm. trocknen Torfpulvers bestreut und auf 
letzteres so viel destillirtes Wasser aufgegossen worden, bis die Wasser- 
oberfläche im untenstehenden Gefässe das Drahtgitter berührte. Die ab- 
gelaufene Menge betrug in jedem der beiden Gläser 350 CC. Das eine 
Drahtgitter wurde mit Kressensamen besät. Nach 6 Tagen hatten sich 
21 Pflanzen entwickelt, deren Wurzeln durch das Gitter hindurchge- 
drungen mit dem Wasser in Berührung standen. Der Versuch hatte 
am 10. März begonnen; am 18. April, da die Pflanzen keine weitere 
Entwicklung zeigten, wurde das Wasser gemessen. Die Wassermenge 
betrug: 

I. Unbesäter Boden 291 CC. 
II. Besäter Boden 278 „ 
Hieraus ergibt sich die Menge des verdampften Wassers: 
I. Unbesäter Boden 59 0C. 
II. Besäter Boden 72 „ 

Es ist aus diesen Zahlen ersichtlich, dass die Wasserverdampfung 
des mit Vegetation bedeckten Torfbodens grösser ist, als die des unbe- 
säten und zwar (die Verdampfungsmenge des unbesäten Bodens = 100 
gesetzt) in Verhältnisse von 100: 121, was mit dem S. 328 beschriebenen 
Versuche (100 :116) ziemlich nahe übereinstimmt. 


IV. 


Zu den folgenden Versuchen, resp. Vegetations-Wasserverdunstungs- 
versuchen, wurden die beiden S.323 näher bezeichneten Bodenarten, nämlich 
ein fetter Thonboden und ein humusreicher Kalkboden verwendet. Nach- 
dem beide Bodenarten mehrere Wochen künstlich getrocknet worden 
waren, ergab die Wasserbestimmung des Thonbodens 5 proc., des Kalk- 


ae 


331 


bodens 7 proc. Die Masse der beiden Erdarten wurde hierauf, jede 
für sich in einem geräumigen Gefässe, vor dem Einfüllen in die einzelnen 
Kästen mit einer entsprechenden Menge Wassers benetzt, um den Boden- 
raum in den Zustand eines gewöhnlichen fruchtbaren Ackers zu versetzen, 
In diesem für die Vegetation vorbereiteten Zustande enthielt der Thon- 
boden 55 proc., der Kalkböden 57 proc. Wasser. Die Erden wurden 
nun gleichmässig in 12 mit Zinkblech ausgeschlagenen Holzkästen von 
gleicher Grösse, nämlich von 1U Oberfläche und 1‘ Tiefe, vertheilt und 
mit der gleichen Menge Samen besät. Dieser Versuch umfasste folgende 
Pflanzengattungen: I. Weizen, Il. Roggen, Ill. Hafer, IV. Gerste, V. Klee. 
Die Körner waren aus einer grösseren Menge Samen ausgesucht und bei der 
Aussaat das Verhältniss der im Betriebe grösseren landwirthschaftlichen 
üblichen Menge, nämlich 1 Schäffel (2 bis 3 Centner) auf 1 Tagwerk 
(40,000[1') eingehalten worden. Auf jeden Kasten waren daher von 
den Cerealien & 2,5 Grmm. gesät worden, von dem Kleesamen die 
doppelte Menge. Die Aussaat war am 21. April 1866 vorgenommen 
worden. Das Begiessen geschah mit destillirtem Wasser und zwar nach 
Bedürfniss jeden Tag oder nach 2 bis 3 Tagen. Die Menge des Begiessungs- 
wassers war, um eine möglichste Gleichmässigkeit zu erzielen, für jeden 
Kasten stets dieselbe und wurde jedesmal notirt. Es ergab sich hieraus, 
wie viel Wasser eine Pflanzengattung in einer Vegetationsperiode erhalten 
hatte und durch die von Zeit zu Zeit vorgenommenen Wägungen die 
Verdunstung des Wassers in jedem einzelnen Falle. Die Angaben der 
mittleren Temperatur sind das Resultat von drei, täglich Morgens, Mittags 
und Abends, angestellten Beobachtungen. 

Ich kann nicht umhin, zu bemerken, dass ich es auf Grund sehr 
zahlreicher früherer Versuche!) in dieser und ähnlicher Richtung geradezu 
für unmöglich halte, bei Vegetationsversuchen in kleinerem Maassstabe, 
bei theilweise geschlossenem Raume, — sie mögen mit noch so grosser 
Sorgfalt angestellt sein, — der Vegetation, der Cerealien wenigstens, 
normale Bedingungen zu erzielen. Bei derartigen künstlichen Vegetations- 
versuchen wird es nie gelingen, den Einfluss der Ventilation, der 


1) Die Aufnahme der Kieselerde durch Vegetabilien. 1866. 


332 


Witterung und Insolation den natürlichen Verhältnissen auf freiem Felde 
ganz gleich zu stellen. Diess hat sich denn auch im Erfolge dieser Ver- 
suche herausgestellt. Bei den Cerealien zeigte sich zwar eine ziemlich 
üppige Aehrenbildung, aber ein wirklicher Körnerertrag im Sinne einer 
den landwirthschaftlichen Begriffen entsprechenden Ernte konnte nicht 
erzielt werden. Von Anfang August begannen die Spitzen der die Aehren 
begleitenden Blätter gelb zu werden und zu vertrocknen, so dass von 
einer ferneren Aufnahme von Nahrungsstoffen aus dem Boden durch 
Vermittlung des Wassers, so wie überhaupt von einer weiteren lebendigen 
Entwicklung nicht mehr die Rede sein konnte. Besonders die Klee- 
pflanzen, obwohl nicht geradezu vertrocknet, zeigten schon von Mitte 
Juli an keine weitere Entwicklung und begannen gelb zu werden. In 
wiefern ein von der völlig gesunden Entwicklung in mancher Hinsicht 
etwas abweichender Zustand der hier verwendeten Pflanzen auf die Menge 
der Wasserverdunstung von Einfluss sein’ könnte, möchte wohl schwierig 
auf experimentellem Wege zu entscheiden sein. Von theoretischer Seite 
aus betrachtet würde aller Wahrscheinlichkeit nach die Wasserverdun- 
stung bei völlig normaler Entwicklung der Pflanze, wie sie meiner 
Ansicht nach nur im Freien stattfinden kann, etwas bedeutender aus- 
fallen dürfen. 

Vor der Mittheilung der erhaltenen Versuchszahlen in tabellarischer 
Form mögen nur noch einige Bemerkungen über die Entwicklungs- 
erscheinungen der einzelnen Pflanzen vorausgeschickt werden. 

Am 23. April hatte der Klee zu keimen begonnen, am 5. Mai 
waren die Pflanzen vollständig entwickelt, indess kaum 2° hoch. Eine 
vollkommen normale üppige Entwicklung war aber während der ganzen 
Vegetationsperiode mit dem Klee nicht zu erzielen, wahrscheinlich weil 
die Aussaat nach dem oben angegebenen Verhältniss, 5,0 Grmm. auf 
den D*, für diese Kleesorte etwas zu dicht stattgefunden hatte. Die 
Blätter ‘waren weit kleiner, als bei natürlich im Freien gewachsenem 
Klee. Hieraus erklärt sich wohl auch die verhältnissmässig geringe 
Wasserverdunstung. 

Die Keimentwicklung der 4 Cerealien lag mit ganz geringen Unter- 
schieden zwischen dem 28. April und 2. Mai. Am 8. Mai hatten die 
Pflanzen im Durchschnitte sämmtlich eine Höhe von !/2‘ erreicht. 


333 


Der leichteren Uebersicht wegen sind die Resultate der einzelnen 
Wägungen auf den Wasserverlust von 24 Stunden in Grammen. berechnet 
und in der folgenden Tabelle A zusammengestellt worden. 


Tabelle A. 


Mittlere Wasserverdunstung von 11 für 24 Stunden in Grammen. 


| E u BE + IV 

| 3.08 a = 5 a 

= 58 S 5: a: >: 

| 2 ® Ss 8 > © <= © 

ed a De 2 8 © s 8.8 

ı Seen | 2 5 5 mas |. 8 

Eee er ea ae 

‚ig Ag 2: Ei 

Ig 8 = Se = 

I A. B. A. B. A. B. A. B 

| Thon- | Kalk- | Thon- | Kalk- | Thon- | Kalk- | Thon- | Kalk- 
Aweniri.au. boden. boden. boden. | boden. boden. boden. | boden. | boden. 
1) Unbesäter Boden | 55 57 64 68 73 82 75 
2) Klee... 2... 75 |.186.]7168:|,198 |.210.|.219 217 
lafer , . +. 209. | 114 | 189 | 198 | 225 | 230 301 
BWewen ...,.; ..| 103. .112 | 186 |.195.1 221.\.225 296 
5) Roggen . . . | 98 | 110 | 182 | 190 | 216 | 222 290 
6) Gerste . . | 100 | 110 | 180° |" 187 [218 | 293 291 

| 


In der folgenden Tabelle B findet sich die in 108 Vegetationstagen 
verdampfte Wassermenge eines [ der besäten und unbesäten Bodenarten 
zusammengestellt. 


334 


| Tabelle B. 
Wasserverdunstung von 1[ für 108 Vegetationstage in Grammen. 
Mittlere Temperatur vom 21. April bis 6. August: 15,20 0. 


A. B. 
Thonboden. | Kalkboden. 


1) Unbesäter Boden . 7044 7561 


2) Klee .!....N .|i 17828 |. 19999 
3)Hafr . . ...| 21692 | 22919 
4) Weizen . . . . | 20169 | 22697 
5), Röggen}.. z. 7% 20439 22084 
6) Gerste . . 2. | 19772 | 22056 


Endlich ist noch in Tabelle C die für 1U° in den Versuchen 
gefundene Wasserverdunstung für 1 Morgen (40,000[) in Litern be- 
rechnet worden. 

Tabelle C. 
Wasserverdunstung von 1 Morg. (40,000[) für 108 Vegetationstage in Litern. 

Mittlere Temperatur vom 21. April bis 6. August: 15,20 C. 


AR 15% 
Thonboden. | Kalkboden. 


1) Unbesäter Boden . | 280,000 | 300,000 


2), lee; Fu |» u 7122000. 772,000 
3) Hafer . IE. P860000: 9205000 
4) Weizen . . . . | 804,000 | 900,000 
5) Roggen . . . . | 816,000 | 880,000 


6) Gerste . . . . | 788,000 | 880,000 


335 


Als Resultat dieser Versuchsreihe ergibt sich zunächst, dass in der 
Wasserverdunstung zwischen den 4 Cerealien : Hafer, Weizen, Roggen, Gerste, 
kein wesentlicher Unterschied stattfinde. Hafer ist offenbar unter den 
hier zum Versuche verwendeten Pflanzen diejenige, welche am meisten 
Wasser verdampft, daher am meisten Feuchtigkeit bedarf. Durch alle 
Versuche, ohne Ausnahme, ist ersichtlich, dass die Verdampfung von 
dem Kalkboden aus geringer ist, als vom Thonboden, wie diess schon 
früher S. 324 gezeigt worden ist. Dass das Verhältniss der Wasserver- 
dampfungsunterschiede in beiden Versuchsreihen nicht genau überein- 
stimmt, findet wohl darin seine Erklärung, dass die erste Versuchsreihe 
bei einer weit höheren Durchschnittstemperatur, als letztere vorgenommen 
worden ist. Was endlich den Klee anbelangt, so glaube ich, wie schon 
oben bemerkt, dass bei seiner in diesem Versuche von dem normalen 
Zustande abweichenden Entwicklung die gefundenen Versuchszahlen zu 
niedrig sind und daher kein klares Bild von der Wasserverdampfung, 
resp. von dem Wasserbedarfe eines Kleefeldes im Vergleiche zu einem 
mit Cerealien besäten Acker zu liefern im Stande sind. 

Berechnet man mit Zugrundelegung der für die 4 Cerealien erhal- 
tenen Versuchszahlen (3, 4, 5, 6, Tabelle C) die durchschnittliche Wasser- 
verdunstung in 108 Vegetationstagen eines Morgens auf die Wasser- 
verdunstung eines [ mit Cerealien bewachsenen Landes, so ergibt sich: 


A. B. 
Thonboden Kalkboden 
20,4 Liter 22,4 Liter 


d.h. 1U° Thonboden mit Cerealien bewachsen, bedarf täglich 188 Grmm. 
Wasser, 1D/ Kalkboden mit Cerealien bewachsen, bedarf täglich 207 Grmm. 
Wasser. 

Ich kann diese aus meinen Versuchen gezogenen Resultate nicht 
verlassen, ohne zum Schlusse eine Bestätigung, welche ihrer Richtigkeit 
von einer ganz anderen Seite zu Theil geworden, hier noch anzuführen. 
Nachdem nämlich die Versuchsreihe abgeschlossen war, versuchte ich 
es, von rein praktischer Seite über diesen Gegenstand einigermassen 
Aufschluss zu erhalten und benützte dazu die Erfahrung eines im land- 
wirthschaftlichen Betriebe ergrauten durch Intelligenz ausgezeichneten 
Vorarbeiters eines Landgutes. Auf die gestellte Frage, wie viel nach 

Abh.d.II.Cl.d.k. Ak.d. Wiss. X.Bd.II. Abth. 43 


336 


seiner Meinung ein mit Cerealien bebauter Acker zum Gedeihen Wasser 
bedürfe, bat er sich einige Tage Bedenkzeit aus und kam dann mit der 
ganz bestimmten und entschiedenen Antwort hervor, „dass auf 20U[ Ve- 
getationsland zum guten Wachsen (wie er sich ausdrückte) täglich 3 
bis 4 Liter Wasser treffen dürften.‘ Diess entspricht insoferne meinen 
Versuchen, als nach denselben für 200° Thonboden mit Cerealien be- 
wachsen 3,76 Liter, auf 200 Kalkboden mit Cerealien bewachsen 
4,14 Liter täglich kommen. Da der Befragte von den Resultaten meiner 
Versuche, weder Kenntniss noch Verständniss hatte, so gereichte es mir 
zur überraschenden Genugthuung, eine solche gewiss nicht zufällige 
Uebereinstimmung meiner Resultate mit einer mehr als fünfzigjährigen 
Erfahrung zu finden. 

Als Ergänzung zu dieser Versuchsreihe will ich noch einer Beob- 
achtung Erwähnung thun, welche nach meinem Dafürhalten zur. Auf- 
klärung der Wasserverdampfungsfrage durch Vegetabilien einen Beitrag 
zu liefern im Stande ist. 

Drei zusammenhängende Haferpflanzen 1'/a’ hoch auf freiem Felde 
gewachsen, wurden mit den Wurzeln und der daranhaftenden Erde in 
eine zur Hälfte mit Wasser gefüllte Flasche gebracht und deren enge 
Oeffnung um die herausragenden Pflanzen herum mit Baumwolle mög- 
lichst hermetisch verstopft. Die Flasche mit den Pflanzen stand am 
offenen Fenster vom 2. bis 18. Mai. Die mittlere Temperatur betrug 
während dieser Zeit 14°C. Die Wägung geschah täglich des Morgens 
und es ergab sich eine durch Wasserverdunstung bedingte Gewichts- 
abnahme in den 16 Versuchstagen von 57,6 Grmm., d.i. für eine Hafer- 
pflanze 1,46 Grmm. durchschnittlich in 24 Stunden. Am 11. Mai war an 
den drei Pflanzen vollkommene Aehrenbildung eingetreten, am 18. Mai 
zeigte sich an den Spitzen Vertrocknung, weshalb der Versuch nicht 
weiter fortgesetzt werden konnte. Es ergibt sich indess hieraus, dass 
die einzelne Haferpflanze während der Periode der Aehrenbildung täglich 
ungefähr 1,4 Grmm. Wasser verdunstet. Nach zahlreichen Untersuchungen 
stehen auf 1U* Feld circa 100 Haferpflanzen, welche somit per Tag 
140 Grmm. verdampfen würden oder per Morgen in 108 Vegetations- 
tagen 604,800 Liter, in runder Zahl 600,000 Liter. Diess stimmt mit 
den früher mitgetheilten Versuchen sehr nahe überein, nach welchen 8 


337 


bis 900,000 Liter sich ergeben haben. Aus der 8. 323 aufgeführten 
Versuchsreihe geht hervor, dass die Wasserverdampfung aus einem Ge- 
fässe mit verhältnissmässig kleiner Oeffnung verschwindend gering ist; 
da nun überdiess hier die von den Pflanzen gelassenen Zwischenräume 
möglichst verschlossen waren, so dürfte wohl die gefundene Zahl der 
Wasserverdunstung ausschliesslich auf Rechnung der lebenden Pflanze 
zu schreiben sein. Das Plus der Mehrverdampfung in der Versuchsreihe 
S. 329 erklärt sich offenbar aus der von den vegetationslosen Boden- 
räumen ausgehenden Verdampfung. Die Tabelle A. S. 333 zeigt, dass 
die Wasserverdampfung in den einzelnen Vegetationsperioden eine etwas 
verschiedene ist. Somit kann es eigentlich nicht mit vollem Rechte 
gestattet sein, die einzelne Vegetationsperiode (2. bis 18. Mai) der Be- 
rechnung von 108 Versuchstagen zu Grunde zu legen. Ich habe dess- 
halb im darauffolgenden Jahre die Versuche in der Art wiederholt, dass 
die 4 Cerealien zu drei verschiedenen gleichzeitlichen Perioden aus dem 
Boden genommen und in enghalsigen Gefässen mit Wasser der Beob- 
achtung unterstellt wurden; die einzelne Beobachtungsperiode wurde 
stets so lange ausgedehnt, bis die. im Wassergefässe befindliche Pflanze 
hinter der im Freien stehenden Vegetation wesentlich und überein- 
stimmend zurückgeblieben war. Die Fortsetzung des Versuches geschah 
alsdann mit neuen, dem Boden entnommenen, im Freien gewachsenen 
Pflanzen, die zum Versuche dienenden Pflanzen waren nahegelegenen 
Ackerfeldern entnommen. 

In der folgenden Tabelle finden sich die Resultate der einzelnen 
Wägungen zusammengestellt. 


Tabelle D. Wasserverdampfung der einzelnen Pflanze. 
At iElranfte tr. 
I. II. I. 
6 Pflanzen | 3 Pflanzen 4 Pflanzen Wasserverdampfung einer Hafer- 
En - z 
6. Mai bis 2. Juni 2. Juni bis 18. ‚Juni 18. Juni bis 12 Juli] Planze in einer Yegeiationspertode 
117,6 Grmm. 74,46 Grmm. 992,0 Grmm. Dun ; er 
| | e 72,42 Grmm. 
1 Pflanze per Tag | 1 Pflanze per Tag | 1 Pflanze per Tag 
0,7 Grmm. 1,46 Grmm. 1,12 Grmm. | Wasserverdampfung eines Morgens 
1 Pflanze in 28 Tg. 1 Pflanze in 17 Tg. 1 Pflanze in 25 Tg. Haferfeldes: 
19,6 Grmm. 24,82 Grmm. 28,0 Grmm. 290,000 Liter. 


45 


338 


E 


5 Pflanzen 
105,0 Grmm. 


1 Pflanze per Tag 
0,65 Grmm. 


ı Pflanze in 28 Tg. 
19,2 Grmm. 


I 


4 Pflanzen 
71,68 Grmm. 


1 Pflanze per Tag 
0,61 Grmm. 


1 Pflanze in 28 Te. 
17,08 Grmm. 


T. 


5 Pflanzen 
87,12 Grmm. 


1 Pflanze per Tag 
0,6 Grmm. 


1 Pflanze in 28 Te. 
17,4 Grmm. 


B. Weizen. 


11. II. 
3 Pflanzen 2 Pflanzen 
66,3 Grmm. 54,5 Grmm. 
1 Pflanze per Tag | 1 Pflanze per Tag 
1,3 Grmm. 1,09 Grmm. 
1 Pflanze in 17 Tg. 1 Pflanze in 25 Tg. 
22,1 Grmm. 27,2 Grmm. 
ÜER:o/ gie em. 
I. III. 
3 Pflanzen 3 Pflanzen 
65,6 Grmm. 82,5 Grmm. 


1 Pflanze per Tag 
1,27 Grmm. 


1 Pflanze in 17 Tg. 


1 Pflanze per Tag 
1,1 Grmm. 


1 Pflanze.in 25 Tg. 


21,59 Grmm. 


27,5 Grmm. 


Dr Werste 


M. 


3 Pflanzen 
63,75 Grmm. 


1 Pflanze per Tag 
1.25 Grmm. 


1 Pflanze in 17 Tg. 
21,25 Grmm. 


II. 


3 Pflanzen 
71,25 Grmm. 
‚1 Pflanze per Tag 
0,95 Grmm. 


1 Pflanze in 25 Tg. 
23,75 Grmm. 


Wasserverdampfung einer Weizen- 
‚ pflanze in einer Vegetationsperiode 


von 70 Tagen: 

68,5 Grmm. 
Wasserverdampfung eines Morgens 
Weizenfeldes: 

277,000 Liter. 


Wasserverdampfung einer Roggen- 


‚ pflanze in einer Vegetationsperiode 


von 70 Tagen: 
66,17 Grmm. 


Wasserverdampfung eines Morgens 
Roggenfeldes: 
260,000 Liter. 


Wasserverdampfung einer Gersten- 


| pflanze in einer Vegetationsperiode 


von 70 Tagen: 
62,4 Grmm. 


 Wasserverdampfung eines Morgens 


Gerstenfeldes: 
250,000 Liter. 


Man erkennt zunächst aus dieser Zusammenstellung der Versuchs- 
zahlen, dass die Zugrundelegung der für eine einzelne kürzere Vege- 
tationsperiode gefundenen Wasserverdampfungsmenge wie diess 8. 336 
(2. bis 18. Mai) geschehen ist, etwas zu hohe Resultate ergibt; es war 
entschieden nothwendig, die Beobachtungen über eine längere Vegetations- 
periode und zwar stets mit erneuten Pflanzen auszudehnen, wie diess in 


NE 


339 


der zuletzt beschriebenen Versuchsreihe stattgefunden hat. In dieser 
Weise aber gewährt nach meinem Dafürhalten der Versuch ein anschau- 
liches Bild von der durch die Pflanze selbst mit Ausschluss des Bodens 
bewirkten Wasserverdampfung. 

Ferner ergibt sich aus der Betrachtung der Resultate, dass zwischen 
den Cerealien in Betreff der Wasserverdampfung allerdings ein Unter- 
schied, wenn auch kein wesentlicher stattfindet, wie diess zum Theil 
bereits die S. 335 zusammengestellten Versuche gezeigt haben. Bei der 
Berechnung der Wasserverdampfung auf einen Morgen Getreidefeld 
musste natürlich von einer bestimmten Anzahl Pflanzen auf 111 aus- 
gegangen werden. Für Hafer kann ich, wie schon oben angegeben, 
mit ziemlicher Bestimmtheit die auf 1[ stehende Pflanzenmenge durch- 
schnittlich auf meinen Beobachtungsfeldern wenigstens nur mit geringen 
Schwankungen zu 100 festsetzen; das Gleiche ist der Fall mit Gerste. 
Weizen und Roggen dagegen dürften bei gleicher Aussaat wohl etwas 
dichter stehen, da bekanntlich das Weizenkorn 6 bis 7 Halme, das Hafer- 
korn 3, niemals über 4 Halme treibt. Da aber bei der Aussaat diesen 
Verhältnissen in der landwirthschaftlichen Praxis Rechnung getragen 
wird, so dürfte bei der Annahme von 100 Pflanzen per D’ auch für 
die übrigen Cerealien keine wesentliche Abweichung von der Wahrheit 
im Allgemeinen bedingt werden. Selbstverständlich können diese Zahlen- 
angaben nur als Anhaltspunkte für die Praxis im grösseren Maasstabe 
dienen unter der Voraussetzung einer verhältnissmässig gleichdichten 
Bestellung des Feldes, wie ('enn überhaupt letztere Angaben sich speciell 
auf meine Versuchsfelder beziehen. 

Endlich ist es auch noch versucht worden, die Wasserverdampfung 
des Laub- und Nadelholzes nach dieser Weise in den Kreis der Beob- 
achtung zu ziehen. Nach zahlreichen Erfahrungen in dieser Richtung 
scheint es keinen anderen Weg zu geben, als einen einzelnen Baum mit 
der Wurzel und einer bestimmten Blätter- oder Aesteanzahl zum Gegen- 
stande der Beobachtung zu machen, um von hier aus auf eine grössere 
Waldstrecke wenigstens einen annähernden Schluss zu ziehen. Allerdings 
können der Natur der Sache nach nur verhältnissmässig kleine Bäume 
von geringem Umfange hiezu angewendet werden, dafür gestattet aber 
auch dieses Verfahren absolut genaue Wägungen, so dass der Fehler 


% 


340 


nur auf der Uebertragung dieser Verhältnisse auf den grösseren Maas- 
stab beruhen kann. Zugleich ist die Verdampfung des Bodens nach 
dieser Methode gänzlich ausgeschlossen; die gefundenen Resultate be- 
ziehen sich somit nur auf die von den Blättern, im anderen Falle von 
den Nadeln ausgehende Wasserverdampfung. Endlich ist nach dieser 
Untersuchungsweise auch noch ein öfterer Wechsel des Baumes gestattet, 
so dass also die Beobachtung sich nicht nur auf wenige Wochen, sondern 
auf längere Vegetationsperioden des im frischen Zustande befindlichen 
Untersuchungsobjektes erstrecken. 

Zum Gegenstande der Beobachtung sind die beiden Hauptrepräsen- 
tanten des Laub- und Nadelholzes, — die Buche (Fagus sylvatica) und 
die Fichte (Abies excelsa) — gewählt worden. Was die Ausführung des 
Versuches selbst betrifft, so fand diese ganz nach dem S. 336 mitge- 
theilten Verfahren statt, welches bei Beobachtung der einzelnen Cerealien- 
pflanzen versucht worden war. Die frisch dem Walde entnommenen 
Bäume wurden mit der Wurzel und anhängender Erde in eine Flasche 
gebracht, deren Boden mit derselben Walderde und Wasser bedeckt 
war. Der Verschluss der Mündung geschah auf das Sorgfältigste. Sobald 
an den Blättern des Laubholzes sich Spuren der Verwelkung zeigten 
oder von der Fichte die Nadeln bei leiser Berührung abfielen, so dass 
also die Bäume nicht mehr als lebensfähig zu betrachten waren, wurden 


sie mit neuen Exemplaren, möglichst von gleicher Grösse und gleichem 


Umfange demselben Walde entnommen vertauscht. Dieser Zeitpunkt 
pflegte bei der Buche gewöhnlich nach 3 Wochen, bei der Fichte schon 
etwas früher einzutreten. In dieser Weise sind die Versuche vom 2. Mai 
bis 25. September mit geringen Unterbrechungen fortgesetzt worden. 
Die zum Versuche verwendeten Buchen trugen 60 bis 70 ausgebildete 
Blätter, die Fichten 6 Seitenzweige & !/2’ lang. 

Als Resultat der Wägungen, deren Einzelnheiten ich hier als uner- 


“heblich der Kürze wegen übergehen darf, hat sich die Wasserverdam- 


pfung der Buche im Durchschnitte täglich, d. h. in 24 Stunden, zu 
15 Grmm., der Fichte zu 12 Grmm. ergeben. Man kann hiernach wenig- 
stens auf das Bestimmteste annehmen, dass die Wasserverdampfung des 
Laubholzes zum Nadelholze iın Verhältnisse von 5:4 stehe. Um aber 
neben diesem sicheren Resultate aus den Versuchen einen Schluss auf 


341 


die Wasserdampfung von einer grösseren Waldoberfläche zu ziehen, ist 
es unerlässlich, auf die Verhältnisse des forstlichen Betriebes der 
Wälder, welchen die Versuchsexemplare entnommen sind, im Allgemeinen 
einzugehen. 

Für die hier in Betracht kommenden Waldungen findet durchgängig 
ein 144 jähriger Betrieb statt. Nach eigenen Erhebungen und den mir 
vom kgl. Forstbureau zur Disposition gestellten genau geführten Listen 
einer grossen Anzahl von kevieren stellt sich in Beziehung der Baum- 
zahl eines Morgens Waldes (40,000[1‘) folgendes Resultat heraus. 


A. Buchenwaldung. 
1) 144 jähriger Betrieb: 186 bis 190 Stämme. 


Gr u DUL. „2 00, 

ALU >. # 220°... 430,7 >, 

BL Orn A 6a, 0 20200; 

2) ade Pe 2730. 2,2000, , 

6) 4 Jahre nach der Aussaat: 10 bis 12,000 Pflanzen. 
Le Jahr an * eirca 40,000 2 


B. Fichtenwaldung. 
1) 144 jähriger Betrieb: 228 bis 235 Stämme. 


Sa a een 
3; 108° >, ir Ro 9300 > 
De ea L er 
20 41996 2000 


6) 4 Jahre nach der Aussaat: 9 bis 10,000 Pflanzen. 
Ber Jahr ” x eirca 40,000 


„ 


Die zu den beschriebenen Versuchen verwendeten Bäume waren 
Waldungen von dem Stande A. 6 und B. 6 entnommen, wobei indess 
zu bemerken ist, dass der Stand 7 nicht von selbst in den Stand 6 
übergeht, wozu ohne Hülfe ein Zeitraum von vielleicht 10 Jahren nöthig 
wäre, sondern dass der Stand 6 durch Versetzen der zweijährigen 
Pflanzen erreicht worden ist. 

Nehmen wir nun in runder Summe die Anzahl der Bäume in einer 
Buchenwaldung auf einem Morgen zu 12,000, in einer Fichtenwaldung 


342 


zu 10,000 Stück Pflanzen an, so ergibt sich, dass ein Morgen Buchen- 
waldung bezeichneten Standes in 5 Monaten 27,000 Liter, ein Morgen 
Fichtenwaldung desselben Standes in 5 Monaten 18,000 Liter Wasser 
verdampfen würde. 

Vergleicht man diese Resultate mit den auf Getreidefeldern in dieser 
Beziehung erhaltenen, so ergibt sich ein überaus grosser Unterschied. 
Es bestätigt sich hiedurch die hohe Bedeutung der Wälder für die An- 
sammlung und dauernde Erhaltung von Feuchtigkeit. 

Selbstverständlich können sich die Resultate nur auf einen Morgen 
Waldung von dem angegebenen Stande beziehen. Ob man, ohne einen 
grossen Fehler zu begehen, diese Zahlen auch für Waldungen von län- 
gerem Betriebe mutatis mutandis annehmen dürfe, — wobei durch 
Verminderung der Stämmeanzahl die Höhe des Baumes und der Umfang 
seiner Krone zunimnit, — vermag ich vorläufig mit Sicherheit nicht zu 
entscheiden. 

Ich kann nicht umhin, hier noch einer Versuchsreihe Erwähnung 
zu thun, welche von dieser Arbeit unabhängige von meinem Freunde 
Dr. W. Fleischmann !) ausgeführt auf anderem Wege eine Bestätigung 
meiner vorstehenden Angaben zu liefern im Stande sein dürfte Die 
Versuche betreffen ausschliesslich die Hopfenpflanze. Die Ranken eines 
Hopfenstockes wurden, nachdem das Erdhäufchen über der Wurzel 
beseitigt war, hart am Boden mit schiefem Schnitte abgeschnitten, rasch 
durch bereit gehaltene durchbohrte Korkstöpsel geführt und in Glas- 
kolben bis zu einer Marke mit Wasser gefüllt gesetzt. Hierauf wurden 
die Korke an den Ranken, welche auf dem Boden der Gläser aufstanden, 
heruntergeschoben, auf den Gläsern befestigt und die Zwischenräume 
zwischen Ranken und Kork fest mit Baumwolle verstopft. Nachdem 
alles in beschriebener Weise vorbereitet war, überdeckte man die Gläser 
mit der vorher weggeschafften Erde wieder vollständig. Die einzelnen 
Ranken fingen an zu saugen und das aufgesogene Wasser wurde mittelst 
einer Bürette von Zeit zu Zeit wieder ersetzt. Als Resultat ergab sich, 
dass die 3 Ranken des Hopfenstockes während 6 Stunden bei heiterem 


1) F. Nobbe’s landw. Versuchsstationen. Bd. IX. S. 178. 1867. 


343 


Wetter nahezu 1 Liter in sich aufgenommen hatten. Diese Wasserauf- 
nahme ist natürlich eine viel geringere bei Regenwetter, indem in 
diesem Falle die wasserleitenden Theile der Ranken mit Wasser gesättigt 
waren und somit ein Stocken des Saftes stattfand. Wir dürfen daher, 
um beiläufig die Wassermenge, welche ein Hopfenfeld während einer 
längeren Vegetationsperiode verdunstet, festzustellen, die erhaltenen Zahlen 
nicht unbedingt zu Grunde legen. Nach angestellten Berechnungen beträgt 
die Verdunstungsfläche einer völlig entwickelten Hopfenpflanze 11UM. 
Der wechselnden Witterung während eines Sommermonates Rechnung 
tragend und unter der Annahme, dass während der Nacht keine Ver- 
dunstung stattfinde, kann wohl die Wasserverdunstung einer Hopfen- 
pflanze von 3 Ranken für 12 Stunden in runder Summe zu 1 Liter 
. festgestellt werden. Von einem Morgen Landes, auf welchem 1600 Hopfen- 
stöcke stehen, würden demnach in einer Vegetationsperiode von 3 Monaten 
circa 150,000 Liter Wasser verdampft werden. 

Berücksichtigt man, dass die von dem Boden ausgehende Wasser- 
verdampfung ausgeschlossen ist, dass ferner die hier beschriebenen 
Versuche sich auf eine von den Wurzeln getrennte Pflanze beziehen, 
wodurch eine wesentliche Verringerung in der Wasseraufnahme und 
somit in der Wasserverdunstung nothwendig bedingt erscheint, so 
stimmen im Allgemeinen diese Resultate mit meinen früher angegebenen, 
wie ich sie bei den Cerealien erhalten habe, sehr wohl überein. 


V. 


Es ist richt zu verkennen, dass die bisher mitgetheilten Versuche 
in Kästen, wenngleich von ziemlich umfangreichen Dimensionen, der 
Vegetation nicht die vollkommen normalen Bedingungen des freien Feldes 
gewähren konnten. Vor Allem ist zu berücksichtigen, dass obschon die 
meisten der erwähnten Versuche nicht in geschlossenen Räumen, son- 
dern am offenen Fenster ausgeführt sind, doch immerhin nur ein verhältniss- 
mässig beschränkter Luftzutritt stattfand, — wesentlich abweichend von 
-dem Einflusse der Ventilation, welchem die Pflanze auf freiem Felde 
unterliegt. Aehnlich ist der Fall bei den Versuchen, welche die Wasser- 
verdampfung von einer einzelnen Pflanze ausgehend zum Zwecke hatten. 
Somit schien es wünschenswerth, meine Beobachtungen auf das freie 

Abh.d. II. Cl.d. k. Ak. d. Wiss. X, Bd. II. Abth. 44 


344 


Feld auszudehnen, um auch hier wenigstens annähernd die Wassermenge 
zu bestimmen, welche von einer mit Cerealien, mit Wiese u. s. w. 
bewachsenen Oberfläche in einem gewissen Zeitraume verdampft wird. 

Es sind sehr zahlreiche Versuche angestellt worden, um durch 
Aushebung verschieden bewachsener Bodenarten und von Zeit zu Zeit 
wiederholte Wägungen u. s. w. auch den Verhältnissen im Freien Rech- 
nung zu tragen, sie alle haben mich überzeugt, dass auf diesem Wege 
durchaus kein Resultat zu erzielen ist. Das Ausstechen einer gemessenen 
Bodenfläche in gewisser Tiefe, wenn auch, was natürlich der günstigste 
Fall ist, nur eine compakte Wiese hiezu benützt wird, das Wiederein- 
setzen des Stückes in einem Tuche oder Drahtgitter eingeschlossen u. 8. w., 
ist mit so grossen Destruktionen der Vegetation und überhaupt mit 
derartigen Verlusten und Hindernissen verbunden, dass von der Erlangung 
nur einigermassen zuverlässiger Resultate, nach meinen bisherigen Er- 
fahrungen wenigstens, keine Rede sein kann. 

Ich habe es versucht, ein von der direkten Wägung gänzlich ver- 
schiedenes Princip in die Behandlung dieses Gegenstandes einzuführen; 
der Weg, den ich mit einiger Aussicht auf Erfolg angebahnt zu haben 
glaube, ist das System der Hygrometrie und Atmidometrie. 

Die Methoden der Hygrometrie gehen bekanntlich darauf hinaus, die 
Quantität des Wassergehaltes der Atmosphäre absolut oder relativ zu 
bestimmen. Durch diese Versuche erhält man aber stets nur Werthe, 
welche lediglich den Zeitraum der Beobachtung selbst umfassen, so dass 
erst mit Durchschnittsberechnungen einer grösseren Anzahl einzelner 
Beobachtungen ein für grössere Zeiträume geltendes Resultat erzielt 
werden kann. Da es sich bei meinen Versuchsreihen darum handelte, 
die Menge von einer Bodenfläche verdampften Wassers für längere Perioden 
in ihren Wechselbeziehungen aufzufassen, so konnte diese Methode der 
Hygrometrie selbstverständlich immerhin nur Resultate von sekundärer 
Bedeutung ergeben. Dass indess in dem Wassergehalte der Atmosphäre 
Unterschiede stattfinden je nachdem die Luft in Betreff ihres Feuchtig- 
keitgrades auf einem bewachsenen oder vegetationslosen Felde untersucht 
wird, zeigt sich durch folgende mit dem bekannten August’schen Hygro- 
meter auf verschiedenen Feldern vorgenommenen Beobachtungen. 

In Betreff des Instrumentes ist noch zu bemerken, dass ich mich 


345 


bei allen meinen zahlreichen Versuchen ausschliesslich der Psychrometer 
nach der Lamont’schen Modifikation bedient habe. Diese Einrichtung 
besteht darin, dass neben den beiden Thermometerskalen noch 2 Skalen 
aufgetragen sind nach der Formel 
F — 0,000892 (t—t°) 6, 

so dass man nur die Ablesung des feuchten Thermometers von der 
Ablesung des trocknen abzuziehen hat, um den Dunstdruck zu erhalten. 
Der Beobachter ist dadurch in den Stand gesetzt, den Druck der in 
der Luft enthaltenen Wasserdünste unmittelbar ohne Hülfe von Tabellen 
anzugeben, — ein Vortheil, der namentlich bei so zahlreichen und gleich- 
zeitigen Versuchen sehr hervorgehoben zu werden verdient. Die Berech- 
nung der Dunstsättigung, sowie der Dunstmenge, d. i. der absoluten 
Feuchtigkeitsmenge in 1 rheinländischer Cub‘ nach Lothen ist aus dem 
Dunstdruck nach den bekannten Formeln vorgenommen worden. 

Zu diesen Versuchen erscheint wohl nicht leicht eiu Flächenraum 
geeigneter, als ein Torffeld, welches theilweise cultivirt und bebaut oder 
brachliegend, theils nur für den Wiesenbau entwässert, theils ganz 
uneultivirt, in solcher Weise Oberflächen von den verschiedensten Be- 
schaffenheiten in nicht zu grosser Entfernung von einander darbietet. 

Die hygrometrischen Beobachtungen umfassen folgende vier ungefähr 
/a Stunde von einander entfernt liegende Versuchsfelder: 

1) Ein Haferfeld (cultivirtes Wiesenmoor). 

2) Eine Wiese (entwässertes Wiesenmoor). 

3) Ein brachliegender Acker, welcher im vorhergehenden Jahre 
Hafer getragen und umgeackert worden (cultivirtes Wiesen- 
moor). 

4) Ein Torfwiesenmoor mit Typha bewachsen, sumpfig. 

5) Ein Kleefeld. 

“Die.Beobachtungen einer jeden Reihe sind alle gleichzeitig auf den 
verschiedenen Feldern angestellt worden, und zwar stets möglichst in 
der Mitte eines jeden Feldes, so dass im Umkreis von circa !/ı Stunde 
dieselbe Natur der Oberfläche dargeboten war. 

In den Versuchen I, II, III und 1V waren die Haferpflanzen sehr 
üppig entwickelt, durchschnittlich 12‘ hoch, die Grashalme 1° hoch 
und zwar kein sogenanntes saures Gras, sondern kleeartige Gewächse, 

44* 


346 


Das Brachfeld zeigte sich nur dünn mit Unkraut bedeckt. 
meter wurden unmittelbar über den Pflanzenspitzen, auf dem Brachfelde 
unmittelbar über den Boden angebracht. 

Es folgen nun die Zahlen, wie sie die ersten 3 Versuchsreihen 


direkt ergeben haben nebst den betreffenden Berechnungen. 


I. Versuchsreihe. (4. Juli 1866.) 


Die Hygro- 


A. DB; C. D. 
Brachfeld. | Haferfeld. Wiese. Torfmoor. 
1) Dunstdruck . 0,40 4,70 4,75 5,09 
9) Dunstsättigung . | 0,825 ‚0,881 0,891 0,955 
3) Dunstmenge. . |0,01865325 | 0,01991941 | 0,02014551 | 0,02159255 
II. Versuchsreihe. (5. Juli 1867.) 
1) Dunstdruck . . mit 14,79 | 5,00 5,25 
2) Dunstsättigung . 0,630 | 0,664 0,681 0,726 
3) Dunstmenge . . |0,018963 | 0,02002640  0,020774 | 0,02185260 
III. Versuchsreihe. (8. Juli 1867.) 
A. B. 
Brachfeld. Kleefeld. 
1) Dunstdruck 4,9 | 5,3 
2) Dunstsättigung . 0,734 0,746 
3) Dunstmenge . 0,02051998 0,021070 


Auf meine Veranlassung sind noch folgende Felder einer anderen 
Lage hygrometrisch geprüft worden: Haferfeld, Wiese, Roggenfeld, Kar- 
toffelfeld, Mohrfeld, Torfmoor. Die aufgeführten Zahlen beziehen sich 
auschliesslich auf den Wassergehalt eines Cubikmeters in Grammen, 
indem durch Versehen die übrigen Versuchsresultate mir nicht mit- 
getheilt wurden, eine nachträgliche Ermittlung war aber nicht möglich. 


IV. Versuchsreihe. (10. Juli 1867.) 


A. B. C. 
Haferfeld. Wiese. Roggenfeld Fe 
9,6. 10,9. 


I 


347 


Ds E. F. 
Kartoffelfeld. Moorfeld. Torfmoor. 
10,1. 9,0. Kahl. 


Es folgen hier endlich noch einige schon früher von einem andern 
Beobachter (Herrn M. Fuchs) auf meine Veranlassung ausgeführte Ver- 
suche. Die Resultate sind zu leichterer Vergleichung mit den vor- 
stehenden auf die Wassermenge in einem Cubikmeter nach Grammen 
berechnet. 


V. Versuchsreihe. (13. April 1867.) 


A. B. 
Brachfeld (hinter der Bavaria), Saatfeld, schwach. 
6,2. Ze 
(20. April 1867). 
A. B. 
Kiesboden (am Judenkirchhof). Wiese (am linken Isarufer). 
10,3. 2.6 


Ein flüchtiger Blick auf diese Resultate zeigt, dass offenbare Unter- 
schiede in der Dunstspannung zwischen den verschiedenen Vegetations- 
oberflächen bestehen. Sie sind allerdings gering, allein doch bezeich- 
nend, indem nicht ausser Acht gelassen werden darf, dass der Psy- 
chrometer das in der Luft schwebend enthaltene Wasser nicht anzuzeigen 
vermag, sondern in seinen Angaben sich nur auf das in der Atmosphäre 
gelöste Wassergas, — den Dunstdruck — sich bezieht. Die Berechnung 
der absoluten Dunstmenge aus dem psychrometrischen Dunstdrucke 
beruht aber bekanntlich auf einer Hypothese. Wir wissen, dass in 
künstlich befeuchteten Lokalen der Psychrometer keineswegs die erwar- 
teten Wasserzunahmen anzeigt, was wohl auch mit der schwierigen 
Diffussion des Wasserdunstes zusammenhängt. Ich habe schon bei einer 
anderen Gelegenheit gezeigt, dass die Angaben des Psychrometers durch- 
aus in keinem constanten Verhältnisse zu den direkten Feuchtigkeits- 
bestimmungen in der Atmosphäre stehen und also diese nicht direkt 
aus jenen abgeleitet werden können. So erklärt es sich denn auch, dass 
unter den zahlreichen mir vorliegenden Versuchen einige vereinzelte 


348 


mit entgegengesetztem Resultate vorkommen. So lieferte z. B. ein auf 
der Pullacher Höhe am 23. April 1867 ausgeführter Versuch die Wasser- 
menge der über einer Kiesfläche befindlichen Atmosphäre um 0,3 Grmm. 
höher, als in der Atmosphäre eines Saatfeldes: Diess schliesst nach den 
obigen Auseinandersetzungen keineswegs aus, dass letztere dessenunge- 
achtet mehr schwebende Wassertheile enthielt, als erstere u. s. w. Auf 
das Bestimmteste erkennt man aber aus diesen Versuchen, dass das in 
der Luft enthaltene Wasser auch in dem Zustande, wie es der Psy- 
chrometer anzeigt, seiner Menge nach ebenfalls von der Natur der 
Vegetationsdecke wesentlich beeinflusst, — speziell durch eine üppige 
Vegetation erhöht — werde. Versuche mit einem besonders zu diesem 
Zwecke construirten Haarhygrometer, welche aber leider in diesem 
Sommer nicht zum Abschlusse gelangen konnten, werden im Stande 
sein, diese vergleichenden Unterschiede noch deutlicher zu machen. 

Nach Mittheilung dieser nur nebenher erwähnten hygrometrischen 
Resultate gehe ich zur Beschreibung der atmidometrischen Versuche 
über. In Beziehung auf das hiezu benützte Instrument darf ich auf die 
früher gegebene ausführliche Beschreibung des Apparates verweisen.!) 

Lässt man eine flache Schale mit Wasser in irgend einem geschlos- 
senen Raume oder im Freien unbedeckt stehen, so wird das Wasser 
verdampfen und daher die in der Schale befindliche Wassermenge nach 
und nach veringert werden. Diese Verdampfung des Wassers, welche 
schneller oder langsamer vor sich geht, ist von den 3 Faktoren: Tem- 
peratur, Ventilation und Luftdruck abhängig. Die mit dem Atmido- 
meter gewonnenen Zahlen sind somit das Resultat dieser 3 Faktoren 
und geben die von allen meteorologischen Momenten influencirte Total- 
wirkung von dem Augenblicke der Aufstellung bis zu dem der Beobachtung 
an. Die Unterschiede, welche sich in der Beobachtung auf verschiedenen 
Oberflächen ergeben, müssen caeteris paribus, d. h. bei Identität jener 
3 Faktoren, nothwendiger Weise durch die Natur und Beschaffenheit 
des Bodens bedingt sein. 

Zur Ausführung der Versuche wurden Glasschalen, jede von 


1) Bayer. Kunst- und Gewerbeblatt. April 1856. 


349 


6,6 Centimeter Durchmesser und 45 CC. Wasserinhalt auf dem Atmido- 
meter durch Eintröpfeln von Wasser genau eingestellt, an die verschiedenen 
Punkte, welche zur Beobachtung dienten, gebracht und in Zwischen- 
räumen wieder auf dem Atmidometer in’s Gleichgewicht gesetzt. Man 
erhielt hiedurch die Menge .des verdampften Wassers in bestimmten 
Zeiträumen. 

Die Vornahme atmidometrischer Versuche kann der Natur der Sache 
nach nur bei trocknem Wetter stattfinden, indem jeder Regenfall eine 
Ueberschwemmung der Schale veranlasst. Die Oberfläche der Schalen, 
um diess zu verhindern, mit einer Art spitzigen Daches zu bedecken, 
wie ich es mehrmals versucht habe, ist insofern ungeeignet, als hiedurch 
die Resultate wegen theilweiser Abhaltung der Ventilation zu wesentlich 
beeinflusst werden. Einige speciell zu diesem Zwecke ausgeführte atmi- 
dometrische Versuche liefern einen sehr entscheidenden Beitrag zur 
Beurtheilung dieses Verhältnisses. 

Zwei Atmidometer-Schalen wurden Morgens 7 Uhr, die eine auf 
einem Blumenbrette vor dem Fenster, die andere aın Fenster innerhalb 
des Zimmers, beide nur 1/2‘ von einander entfernt aufgestellt. Es war 
somit die Temperatur und Zeit der Insolation für beide ganz dieselbe, 
nur blieb von der im Zimmer stehenden Schale die Einwirkung der 
Ventilation nicht gänzlich, — da das Fenster während der ganzen Ver- 
suchsperiode offen blieb, — sondern nur theilweise abgehalten. Nach 
10 Stunden betrug die Verdampfungsmenge im Freien 5,1 CC., im Zimmer 
0,75CC. In einem zweiten länger andauernden Versuche betrug die 
‘Verdampfung im Freien 9,5 CC., im Zimmer 1,8 CC. Man erkennt 
hieraus den mächtigen Einfluss, welchen die Ventilation unter sonst 
ganz gleichen Verhältnissen und Umständen auf die Verdampfung einer 
Wasseroberfläche auszuüben im Stande ist. 

Um die Anwendbarkeit der atmidometrischen Methoden auf die 
Bestimmung der Wasserdampfungsverhältnisse nachzuweisen, mögen hier 
noch die Resultate einiger Vorversuche Platz finden. 

2 Atmidometer-Schalen wurden, die eine a über einer Wasserober- 
fläche, die andere b in geringer Entfernung von der ersteren und in 
gleicher Höhe auf einem Brette aufgestellt. Die Messungen zu verschiedenen 


350 


Zeitabschnitten vorgenommen ergaben folgende Unterschiede in der 
Wasserverdampfung. 


1. II. IH. 
a) 10,1 3,6 6,0 
b) 12,4 4,5 7,4. 


Nach den im Durchschnittsverhältnisse berechneten Zahlen ergibt sich 
somit die Wasserverdampfung von einer Wasseroberfläche zu einer 
trocknen Oberfläche wie 100 : 124. 

Ebenso wurden 2 Atmidometer-Schalen auf die beiden zu den 


früheren Versuchen benützten Erden, Thon- und Kalkboden, — in 
gleicher Weise befeuchtet — aufgestellt. Die Messungen zu 3 ver- 
schiedenen Zeitabschnitten vorgenommen gaben folgende Resultate: 
r: II. Il. 
Thonboden 8,1 6,3 8,5 
Kalkboden 6,9 a 7,4. 


Nach den S. 324 beschriebenen direkten Verdampfungsversuchen ver- 
dampft der Thonboden weniger Wasser als der Kalkboden in bestimmter 
Zeit und zwar in dem Verhältnisse von 100:115. Die über dem Kalk- 
boden stehende Atmosphäre muss hiernach auch in diesem Verhältnisse 
feuchter sein, als die über dem 'Thonboden stehende. Der atmidome- 
trische Versuch ergibt auch in der That dem durch den direkten Versuch 
erhaltenem Verhältnisse sehr nahe stehende Zahlen und zwar nach der 
durchschnittlichen Berechnung der 3 Versuche: 
Kalkboden : Thonboden 
100 : 114. f 

Hiebei ist natürlich vorausgesetzt, dass durch gleichmässiges Begiessen 
die beiden Bodenarten während der Versuchsperiode in einem überein- 
stimmenden Feuchtigkeitsgrade erhalten werden, da beim gänzlichen 
Eintrocknen die Verhältnisse insofern sich ändern, als der Thonboden 
noch länger feucht bleibt, wenn der Kalkboden schon ganz ausgetrocknet 
ist, wie ich diess S. 324 gezeigt habe und als trockne Oberfläche, somit 
als beförderndes Moment, auf die atmidometrische Verdampfung einwirkt. 

In gleicher Weise wurden diese beiden Bodenarten in besätem und 
unbesätem Zustande vergleichungsweise atmidometrisch untersucht. Die 


351 


Vegetationsdecke der mit dem Ausdrucke „besäter‘“ Boden hier bezeich- 
neten Oberfläche bestand in beiden Fällen aus einer dichten Linaria- 


Pflanzung. 
I: 1. II. 
j Thonboden besät Le) 10,3 8,7 
2) | Thonboden unbesät 8,4 11,5 9,9 
Kalkboden besät 4,5 SE 6,2 
) Kalkboden unbesät 5,4 10,0 BD 


Nach den $. 328 beschriebenen direkten Verdampfungsversuchen 
hat sich die Wasserverdampfung des unbesäten Thonbodens zum besäten 
im Verhältnisse von 100: 111, des unbesäten Kalkbodens zum besäten 
im Verhältniss von 100:116 ergeben. Die Durchschnittsberechnung 
der Atmidometerzahlen ergibt das Verhältniss wie folgt: 

a) Thonboden unbesät : Thonboden besät 


112 : 100 
b) Kalkboden unbesät : Kalkboden besät. 
120 : 100. 


Man erkennt hieraus die nahe Uebereinstimmung der atmidometrischen 
Messungen mit den direkten Wägungen. Es bedarf wohl kaum der 
besonderen Erwähnung, dass die atmidometrischen Zahlen für die eigent- 
liche von der Oberfläche ausgehende Wasserverdampfung im umgekehrten 
Sinne zu verstehen sind; wenn z. B. in dem oben mitgetheilten Ver- 
suche beim Vergleiche einer trocknen und einer Wasseroberfläche sich 
das Verhältniss wie 124:100 ergeben hat, so heisst diess natürlich 
nichts anderes, als dass, die Verdampfung der trockenen Fläche zu 100 
angenommen, die Verdampfung der Wasseroberfläche 124 beträgt. 
Ebenso wenn die atmidometrischen Zahlen für besäten und unbesäten 
Kalkboden sich wie 100:120 herausgestellt haben, so bedeutet diess 
selbstverständlich: die Wasserverdampfung des unbesäten Kalkbodens 
= 100 gesetzt, beträgt die Wasserverdampfung des besäten 120.u.s. w. 

Nach diesen vorläufigen die atmidometrische Methode charakteri- 
sirenden Versuchen gehe ich zu den auf freiem Felde angestellten 
Beobachtungen über. 

Die gleichzeitige Aufstellung der Atmidometer-Schalen geschah in 
Abh d. II.C1.d.k.Ak.d. Wiss X.Bd.II. Abth. 45 


352 


der Art, dass die Schalen sich unmittelbar über der Vegetationsdecke 
frei aufgehängt befanden, da die Versuchsfelder auf einem ungefähr 
300 Morgen umfassenden Flächenraume beinahe aneinander gränzend 
lagen, so standen die Atmidometer-Schalen genau unter demselben Ein- 
fluss der Faktoren: Wärme, Luftdruck, Ventilation; die Unterschiede 
in der Menge der Wasserverdampfung können sich daher ausschliesslich 
nur auf die Natur der Oberfläche des Aufstellungsortes beziehen. Die 
Temperaturverschiedenheiten der mit Vegetation bedeckten Oberflächen 
- durch Wärmestrahlung hat sich bei gleichmässiger und geeigneter Auf- 
stellung der Atmidometer-Schalen ohne wesentlichen Einfluss auf die 
Verdampfung herausgestellt. 


Wasserverdampfung in CC. 


L 1: II. 
Wiese. Klee. Hafer. 
Dauer des Versuchs, a. b. a. b. >y b. 
schwach. üppig. | schwach. üppig. |schwach. üppig. 
1). 8..Ma11867 24 8:02 13 12 11 —— 16 ms 
2 NIE 2 2, Ie2,9: 2 95. — 19 — 
(6® Morgens bis 8 Abends) 
3) 29 Mai 1867 6S8t. — 3 — —_ 9 — 
(6% Morgens bis 12 Mittags) 
4), 2.,Juni1 867,18, St... — 11 _— 10 — 15 
(6% Morgens bis 12% Nachts) 
5) 13. Jun so Tarstee — fe) — = — 14 
(6% Morgens bis 12% Abends) 
6) 22. Juni 1867 12 St. 5 — 10 — 9:5 11 
rn 
<= 
Tr aB TOT Le 
2 
8) 12. Juli „=12:86. — 15 — — — — 
Me - 
9) 13. 75, „2. 2 86.78 — 14 — — _— — 
Selbstverständlich sind bei weitem mehr als die hier angegebenen 


Versuche angestellt worden, indem ein 
plötzlich eintretenden Regens, Umfallen 


bar gemacht worden ist. 


grosser Theil derselben wegen 
der Schalen u. s. w. unbrauch- 


Der Ueberblick dieser durch den direkten 


353 


atmidometrischen Versuch erhaltenen Zahlen ist meines Dafürhaltens 
sehr instruktiv in Beziehung auf die Wasserverdampfungsmenge durch 
die einzelnen Pflanzengattungen. 

Der verschiedene Grad der atmosphärischen Feuchtigkeit, bedingt 
durch Wasserverdampfung der Pflanze, dieser Faktor unter möglichster 
Elimination der Wärmestrahlungsverschiedenheiten ist es allein, welcher 
diese Unterschiede veranlasst. Dass zwischen Wiese, Kleefeld und Hafer- 
feld in der Wasserverdampfung Unterschiede stattfinden, ergibt sich aus 
dem Vergleiche der Durchschnittszahlen I:1:IIHI = 10,6: 10,1: 14. 

Allerdings darf nicht vergessen werden, dass diese Zahlen vor- 
läufig nicht die auf eine Pflanzengattung treffende wirkliche Menge 
des verdunsteten Wassers ausdrücken, — sie sind natürlich nur bezeich- 
nend für ‘das Verhältniss dieser Verdampfungsmengen, in dieser Be- 
ziehung gewähren sie aber ein anschauliches Bild von den Unterschieden 
zwischen den einzelnen hier zum Versuche benützten Pflanzengattungen. 
So geht z. B. aus den Versuchszahlen deutlich hervor, dass eine Wiese 
mehr Wasser verdampft, als ein Haferfeld und zwar in dem Verhältniss 
von 70:53. Der Hauptvorzug der atmidometrischen Methode liegt 
eben darin, dass sie sich nicht auf künstlich behandelte Vegetations- 
objekte in kleinerem Maasstabe zu beschränken hat, sondern dass sie 
gestattet, die Vegetationsverhältnisse im Ganzen und Grossen, — im 
natürlichen Zustande unter dem Einflusse aller Faktoren aufzufassen. 
Die hier erhaltenen Zahlen sind daher wahre Naturzahlen, wie sie uns 
die unmittelbare Beobachtung der im grossen landwirthschaftlichen 
Betriebe stehenden Felder darbietet. 

Der Vergleich des Versuches vom 8. Mai mit den übrigen zeigt, 
dass die Hauptsumme der Wasserverdunstung in den Tagesstunden liegt; 
die geringe Differenz des verdampften Wassers in 24 Stunden und 
12 Nachtstunden führt zu der Annahme, dass während der Nacht nicht 
nur kein Wasser verdampft sondern sogar Wasser aufgenommen werde, — 
Verhältnisse, die indess, da es sich vorläufig hier nur um die Menge 
der Wasserverdunstung während grösserer Vegetationsperioden handelt, 
bei dieser Betrachtung zunächst nicht berücksichtigt werden können. 

Obgleich nicht mehr in das Bereich meiner Arbeit gehörend, will 
ich doch noch die Beobachtungen über die Regenmengen anführen, um 

45* 


354 


daraus einen Vergleich mit den durch meine Versuche gefundenen Ver- 
dunstungsmengen herzustellen. Es sind während der 108 Versuchstage 
(S. 334), welche den Verdunstungsversuchen zu Grunde liegen, ungefähr 
1,300,000 Liter Regen und Thau auf 40,000[)' gefallen, auf 1U daher 
32,5 Liter. Da nun als Hauptresultat (S. 335) ein mit Cerealien bewach- 
sener Thonboden (I) in dieser Zeit per [ 20,4 Liter, ein mit Cerealien 
bewachsener Kalkboden (II) 22,4 Liter Wasser verdampft, so erreichte 
das aus der Atmosphäre gebotene Wasser allerdings die Menge des 
verdunsteten. Die Differenz beträgt hiernach für I 12,2 Liter, für II 
11,1 Liter. Gewöhnlich nimmt man an, — ob mit Recht vermag ich 
nicht zu entscheiden, — dass die Hälfte, ®/a oder */s des meteorischen 
Wassers durch Abfluss u. s. w. für die Vegetation verloren gehe.!) 
Unter diesen Voraussetzungen würden auf den U‘ nur 16,2, 8,1 oder 
6,1 Liter während der 108 Tage treffen, die Regenmenge erreichte dem- 
nach durchschnittlich nur einen Theil des verdunsteten Wassers. Wollen 
wir aber auch die eine oder andere Annahme der Betrachtung zu Grunde 
legen, soviel ergibt sich aus dem angestellten Vergleiche mit Sicherheit, 
dass die Regenmenge in jedem Falle unter der Verdunstungsmenge steht, 
so dass die Pflanze ihren Bedarf noch aus einer anderen Quelle zu 
nehmen hat. Ob diess durch Condensation der in der Atmosphäre 
schwebenden Feuchtigkeit oder durch Aufnahme von Wasser aus der 
Tiefe des Bodens u. s. w. geschieht, hierüber fehlen mir bis jetzt alle 
auf Versuche gegründeten Anhaltspunkte. 

Es erübrigt, einige Hauptpunkte der gewonnenen Resultate zu- 
sammenzustellen. 

1) Die Wasserverdunstung des Thonbodens zum Kalkboden steht im 
Verhältniss von 100: 115. 

2) Die Wasserverdunstung des unbesäten und besäten Thonbodens steht 
im Verhältniss von 100: 111, des unbesäten und besäten Kalk- 
bodens im Verhältniss von 100: 116. 

3) Die Wasserverdunstung des unbesäten und besäten Torfbodens steht 
im Verhältniss von 100: 121. 


1) Nach Berghaus und Studers für Rhein und Weser ausgeführten Berechnungen. 


4) 


5) 


6) 


0) 


8) 


9) 


10) 


355 


Die Natur der Pflanzenspecies ist auf die Menge des verdampften 
Wassers von wesentlichem Einflusse. 

In der Wasserverdunstung zwischen den 4 Oerealien: Hafer, Weizen, 
Roggen und Gerste, findet kein wesentlicher Unterschied statt. 
Hafer bedarf unter denselben am meisten Feuchtigkeit. 

Die Wasserverdampfung des Laubholzes zum Nadelholze steht im 
Verhältniss von 5:4. 

Die Dunstspannung, wie sie der Psychrometer angibt, wird wesent- 
lich von der Natur der Vegetationsdecke beeinflusst, speciell durch 
eine üppige Vegetationsdecke erhöht. 

Die atmidometrische Beobachtung gibt für die Wasserverdunstung 
des Thon- und Kalkbodens im besäten und vegetationslosen Zustande 
sehr nahe mit dem direkten Versuche übereinstimmende Zahlen. 
Die atmidometrische Beobachtung gewährt einen Anhaltspunkt für 
die Beurtheilung des Wasserverdunstungsverhältnisses verschiedener 
Vegetabilien im Freien, so wie im grossen Maasstabe. 

Die Regenmenge einer Vegetationsperiode ist geringer, als die Menge 
des durch die Pflanze während derselben verdunsteten Wassers. 


Das 


Chronoskop 


Instrument zur Bestimmung der Zeit und der Polhöhe 
ohne Rechnung. 


C. A, Steinheil. 


Mit 2 lithogr. Tafeln und 6 Tabellen. 


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Das Chronoskop. 


&M. 


Ich werde zeigen, dass man die Zeit bestimmen kann durch Con- 
struiren des Stundenwinkels. Die Construction ist solcher Art, dass 
damit zugleich die Orientirung gegen den Meridian erzielt wird. Da 
nun alle Zeitbestimmung auf Feststellung dieser zwei Elemente beruht, er- 
langen wir den Zweck durch eine dem Princip nach sehr einfache Methode, 
die so gut als keine Rechnung fordert und daher Vielen zugänglich sein 
dürfte. Das Chronoskop beruht auf Einstellung des Sonnenbildes durch 
Drehung um zwei Axen. Die Axen sind die Stundenaxe und die Vertical- 
axe. Vorher muss die Gesichtslinie auf die Declination der Sonne ein- 
gestellt sein. Man sieht, dass dieser Anforderung ein berichtigtes 
Aequatorial, welches noch im Azimut drehbar wäre, entsprechen würde. 
Es soll jedoch das Instrument möglichst einfach werden, kein Fernrohr 
benöthigen und direkt die wahre Sonnenzeit zeigen, wie das Sonnenbild 
eingestellt ist. 

Betrachten wir jetzt den nähern Vorgang. 


82. 


Denken wir uns am Himmel 3 Punkte: Zenit, Pol, Sonne durch 
grösste Bogen verbunden. Die Bogen Zenit-Pol, Pol-Sonne schliessen 
den Stundenwinkel S ein. Können wir also am Instrument diese 2 Bogen 
nachbilden und den Bogen Pol-Sonne drehbar machen um den Pol, so 
entstünde in Einer Lage desselben ein ganz gleiches sphärisches Dreieck 

Abh. d. Il.Cl.d. k. Ak. d. Wiss. X. Bd. II. Abth. 46 


360 


zwischen den 3 Zielpunkten des Instrumentes: Verticalaxe, Stundenaxe 
und Gesichtslinie, wie das am Himmel. Könnten dann die beiden 
Dreiecke zur Deckung gebracht werden, so wäre das Instrument auch 
orientirt und damit die Aufgabe gelöset, wenn der Stundenwinkel direkt 
am Instrumente abzulesen wäre. Diess können wir bewirken. Denn 
indem wir die Verticalaxe senkrecht stellen d. h. den Fuss des Instru- 
mentes nivelliren, fällt die verlängerte Verticalaxe mit dem Zeitpunkt 
am Himmel zusammen. Stellen wir nun das Instrument auf die Polhöhe 
des Beobachtungsortes, so wird der Bogen zwischen Pol und Zenit gleich 
mit dem Bogen am Instrumente zwischen Verticalaxe und Stundenaxe. 
Stellen wir dann die Gesichtslinie am Instrumente ein auf die Declination 
d.i. die Poldistanz der Sonne, so wird auch der Bogen Pol-Sonne gleich 
dem Bogen am Instrumente Stundenaxe-Gesichtslinie. 

Drehen wir jetzt diesen Bogen um die Stundenaxe, so ist nur Eine 
Lage, bei welcher der Stundenwinkel des Instrumentes gleich wird, 
dem am Himmel. Nehmen wir an, dies sei bewirkt, obschon man noch 
nicht sieht, wie es bewirkt werden kann, so sind offenbar die beiden 
Dreiecke gleich; denn wir haben 2 Bogen und den eingeschlossenen 
Winkel gleich gemacht. Allein die 2 Dreiecke haben nur Einen Punkt — 
den Zenitpunkt gemeinschaftlich. Dreht man aber das Instrument um die 
Verticalaxe, also auch das Dreieck des Instrumentes um den Zenitpunkt 
bis die Gesichtslinie auf die Sonne trifft, dann sind 2 Punkte — Zenit 
und Sonne den beiden gleichen Dreiecken gemeinschaftlich und folglich 
auch der 3. Punkt der Pol d. h. beide Dreiecke decken sich und der 
Stundenwinkel am Instrumente stimmt überein mit dem am Himmel. 
Ist der Stundenwinkel des Instrumentes abzulesen auf einem zur Stunden- 
axe normalen Kreise, der in 24 Stunden getheilt und so gedreht sein 
soll, dass er Null zeigt wenn die Gesichtslinie im Meridian, so ist die 
Aufgabe gelöset. 

Es folgt hieraus, dass eine Drehung um die Stundenaxe nöthig ist, 
um die Dreiecke gleich zu machen, gleichzeitig aber eine Drehung um 
die Verticalaxe, um sie zur Deckung zu bringen. Wenn also unter An- 
nahme der richtigen Bogen Sonnen-Pol, Sonne-Zenit diese Drehungen 
gleichzeitig bewirkt werden, bis die Sonne eingestellt erscheint auf den 
Punkt Gesichtslinie, so ist damit das Instrument auch orientirt. 


Sen 

In der bisherigen Betrachtung ist die wahre Poldistanz der Sonne 
nicht unterschieden von der scheinbaren. Letztere ist aber kleiner, 
weil die Refraktion die Zenitdistanz verkleinert. Wenn wir nicht Fehler 
von der Ordnung der Refraktion in der Zeitbestimmung begehen wollen, 
müssen wir diesen Umstand in Rechnung bringen. 

Nehmen wir zuerst an, man stelle den Declinationskreis auf die 
wahre Poldistanz der Sonne, so wie sie in den Jahrbüchern angegeben 
ist, so wird, weil die Absehnslinie auf den scheinbaren durch Refraktion 
gehobenen Mittelpunkt der Sonne zielt, sowohl der Stundenwinkel als 
das Azimut des Instrumentes nicht mit denen am Himmel überein- 


stimmen. 
| 
Sei Zö$ = 2 die wahre Zenitdistanz 
PS — p die wahre Poldistanz 
ZS’ — z' die scheinbare Zenitdistanz 
PS' — p' die scheinbare Poldistanz 
ZPS = s der wahre Stundenwinkel 
ZP'S' = s' der am Instrumente eingestellte. 
Setzt man noch 
BISSE BS 


was dadurch geschieht, dass man mit der wahren Poldistanz auf den 
scheinbaren Mittelpunkt der Sonne s’ einstellt, so wird der Stunden- 
46* 


362 


winkel s‘ und w‘ das Azimut verschieden am Instrument und Himmel. 
Diess wollen wir jetzt zeigen. 

Die Relation des Stundenwinkels s und der 3 spärischen Bogen 
zwischen Pol, Zenit und Stern ist bekanntlich gegeben durch 


Sin@+@— I), Sin (e— (p— 0) 
DISS SEE 2 2 SE 
BT Cosgy. os. d. 


(1) 


wo g die Polhöhe 
2 die Zenitdistanz 
ö die Declination und 
s den Stundenwinkel 


bezeichnet. 

Dieser Ausdruck (1) soll dazu dienen, den Unterschied von s und 
s’ auszudrücken. 

Setzt man nämlich in (1) statt z die um die Refraktion verkleinerte 
Zenitdistanz 2‘, so wird 


Sin 2’ +(P—0)) Sin — —)) 
D) 2 
Cosy. Cosd. 


Aus (1) ergeben sich für angenommene Werthe von z p und d, 
durch die den z entsprechenden Refraktionen die 2° und damit dann 
aus (2) die s’. 

Wir setzen hier die angenommenen Zenitdistanzen und die ihnen 
entsprechenden mittleren Refraktionen nach Bessel an. 


2.80, Bafrse15, 16 9%also 30-,,79 5Aal3:8 


10 2 37.3 —.,69.50.2.7 
60 1.397, —=ı59 58 20.3 
50 1.8.7 — 49 58 51.3 


Macht man noch g — 48°, und rechnet für die Werthe von 
d = — 20°, — 10°, 0°, + 10°, + 20°. Die s nach (1), s‘ nach (2) so er- 
gibt sich nachstehendes ‚Resultat. 


= 


Man erhält also durch Einstellen mit der wahren Poldistanz den 
Stundenwinkel s’ immer zu klein. Es werden also damit die Zeiten, 
welche das Instrument zeigt, Vormittags um die angesetzten Werthe 
von t— t’ zu gross. Nachmittags um ebenso viel zu klein. 

Für grosse Zenitdistanzen und kleine s werden übrigens diese 
Abweichungen sehr bedeutend. Auch ist ihre Aenderung so wenig pro- 
portional, dass man den Tafeln für diese Correction sehr bedeutende 
Ausdehnung geben müsste, um die Correction des Stundenwinkels daraus 
mit Sicherheit zu entnehmen. 

Allerdings liesse sich dieser Einfluss auf die Zeitbestimmung ganz 
eliminiren, wenn man correspondirende Beobachtungen in gleichem Ab- 
stande vom Meridian machte und die Zeit des Mittels ableitete. Aber 
corr. Beobb. kann man auch ohne Chronoskop sehr leicht und mit 
noch einfacherem Instrumente anstellen. Uebrigens ist diese Art der 
Zeitbestimmung abhängig von dem Uhrgang während der Zwischenzeit 
und oft erfolglos wegen trüben Himmels zur Zeit der 2'% Beobachtung. 
Für diejenigen, welche nicht rechnen können, bleibt daher immer eine 
andere Methode als die Messung einzelner Sonnenhöhen wünschenswerth, 
die in kurzer Zeit eine genügende Zeitbestimmung gibt. 

Eine geschicktere Gestalt gewinnt die Correction des Stundenwinkels, 
wenn man die Refraktion bei der Einstellung schon berücksichtigt 
und näherungsweise auf 


” 


p—R — p' 


364 


oder was dasselbe ist auf 
oe —0+ R*) 

einstellt, wo R die der Zenitdistanz entsprechende mittlere Refraktion 
bezeichnet. Allerdings kennt man die Zenitdistanz nicht. Allein sie 
lässt sich leicht aus einer Tafel entnehmen, welche 
für ein gegebenes g die Relation zwischen d t und z 
gibt. Eine solche habe ich berechnet und am Schlusse 
beigefügt. S. Tafel 3. \ 

Sei wieder Z der Zenitpunkt, P der Pol, $ der 
wahre Mittelpunkt der Sonne, 5° der scheinbare um 
die Refraktion im Vertical gehobene also PS' — p‘ 
so findet sich der Stundenwinkel s um ds zu klein, 
während das Azimut w, also die Orientirung des In- 
strumentes gleich bei der Einstellung richtig wird. 
ds ist aber hier immer nur ein Bruchtheil der Refraktion 
selbst. Die Correction ds findet sich 
4R Sins Cos p (3) 

Sinz Cos d’ 

Hier ist die Refraktion R in Bogenminuten, die Correction ds’ aber 
in Zeitsekunden ausgedrückt. Statt d* ist + R einzusetzen. 

Wir geben wieder in einer kleinen Tafel die Stundenwinkel und 
ihre Correctionen ds für 2 = 80°, 70°, 60°, 50 und d= — 20 — 10. 
0+10+20, für = 48 berechnet. 

Es ist für p = 48°. 


ds'' — 


Mateir2 


d+20 Refr. 
s ds | R 


HEN. alodızad) | d+10 
ds 


Ss ds Ss ds 5 


ds | s 
” h ‚ e | h , " h ” I, 3 
16 12.964 59 13.865 44 14.5216 29 15.12] 5.27 
DE: 5.281357 .6.530445 7.145,27 7.830,2402 
9 


h Q „ 
80 [3 8 11.164 
40: 114 2,5212 
1 


60 —— 2.14246 3.358343 4.27427 4.97 1.66 
50 —-— -|- -|- 059 1.213 22 ern 1.14 
*) Richtig wäre auf d’ = d + RCosr einzustellen. r ergibt sich aus Sinr = en Tas, 


365 


Hier sind die Abweichungen viel kleiner als in Tafel 1 und so regel- 
mässig, dass sie leicht aus Tafel 4 interpolirt werden können, wenn 
man ld und t als gegeben annimmt. 

In den meisten Fällen beträgt die Verbesserung von s nur wenige 
Sekunden. Wie dieser Correction Rechnung getragen wird, werden 
wir bei der schematisirten Vorschrift für die Beobachtungen zeigen. 


S 4. 

Untersuchen wir jetzt, welche Fehler in den Beobachtungen zu 
erwarten stehen, wenn wir bestimmte Fehlergrenzen der Einstellung des 
Instrumentes annehmen. 

Da das Instrument sehr einfach werden soll, so ist ein Fernrohr 
ausgeschlossen. Für Beobachtungen ohne Fernrohr ist wohl eine Bogen- 
Minute das, was sich bei einmaliger Einstellung als Grenze der Sicher- 
heit annehmen lässt. 

Sehen wir daher welchen Einfluss eine solch Aenderung von z, d 
und p auf s ausübt. 

Dazu dient uns die Gleichung: 


Cosz — Sin y. Sin d+Cos y Cos d Cos 8. (4) 


Differenziren wir diesen Ausdruck, indem wir alle Grössen als 
variabel betrachten, so ergibt sich: 
Sin 2 


m Cosy Cos d Sin s 


Tg‘ 
+ dy. ( Sins Igy Cotg s) (3) 


+ do. ( 59 —1ad Cotg s) 


Sin s 
Setzen wir nun beispielsweise 
po= 48° 8 
d=-—7 02 
2 = 69:1 13.5 
s 


) 

| 
» 
1 
Ya 


366 
Wo s aus Gleichung (1).$ 3 abgeleitet ist, so findet sich 
ds Ind aid 9600 


Hier sind de, dy, dd‘ in Minuten, der Werth von ds in Zeitsekunden 
zu verstehen. 

Fehlten daher die Einstellungen auf 2 (Stundenbogen), y und d' je 

1 Minute und wirkten alle Fehler im selben Sinne, so wäre ein Fehler 
von 16 Sekunden in der Zeitbestimmung oale Der wahrscheinliche 
Fehler ist natürlich viel kleiner. 

Die Betrachtung zeigt, dass wenn die Unsicherheit der-Einstellungen 
wirklich so gross ist, als wir angenommen haben, auch keine scharfe 
Zeitbestimmung bis zur einzelnen Sekunde zu erwarten steht. Dieses 
Resultat kann durchaus nicht befremden, weil jede Beobachtung mit 
freiem Auge auf eine Grösse dieser Ordnung unsicher bleibt. 


Wir gehen jetzt über zur 


S5. 
Construction des Chronoskop’s. 


Ein Fuss mit 3 Stellschrauben bildet die Büchse für die Verticalaxe. 
Diese ist mit einer Klemme für den Meridianbogen verbunden. Auf 
dem Klemmstücke sitzt ein Niveau, womit die Axe senkrecht gestellt 
wird. Mit dieser Berichtigung soll zugleich die Klemme in eine Vertical- 
ebene kommen. Die unter dem Dreifuss hervortretende Verticalaxe ist 
hier mit Feder und Gegenschraube gehalten und kann damit festge- 
klemmt werden. In der Klemme bewegt sich der massive Meridianbogen. 
Er ist als voller Ring bearbeitet und getheilt, dann erst so ausgeschnitten, 
dass die Sonne in seiner Ebene stehend auf den Stundenring scheinen 
kann und zwar bei allen Declinationen der Sonne. Dieser Meridianbogen 
trägt die Stundenaxe, die ihn diametral durchdringt. 

An der Stundenaxe sitzt der Stundenring, der an der Stundenaxe 
gedreht wird und also in dieselbe Ebene mit dem Meridianbogen gebracht 
werden kann. In der innern Fläche des Stundenringes ist die Stunden- 
axe ausgeschnitten, so dass sie nur 2 Zapfen bildet, die am Stunden- 
ring festsitzen und im Meridianbogen entsprechende Büchsen finden. 


367 


Auf dem obern Ende der Stundenaxe sitzt normal der Stundenkreis. 
Er kann auf dieser gedreht und durch den randrirten Kopf (zur Dreh- 
ung der Axe) in jeder Lage festgesetzt werden. Der Nonius zur Ab- 
lesung des Stundenkreises sitzt fest auf dem Stundenbogen und kann 
nicht verstellt werden, da der Kreis zum Verstellen ist. 

Diametral zum Stundenring und senkrecht zur Stundenaxe ist die 
Absehnslinie in dem Stundenringe angebracht. Sie wird gebildet durch 
eine runde Oeffnung in der innern Fläche des Stundenringes, durch 
welche die Sonnenstrahlen einfallen und auf einer diametral gegenüber- 
stehenden Platte im Stundenring das Sonnenbild zeigen. Die Oeffnung 
ist in einer conischen ausgedrehten Büchse angebracht, welche sich in 
den Stundenring einsetzt. Sie kann herausgenommen und dagegen eine 
andere ähnliche Büchse mit genau centrirter äusserst dünner Linse von 
der Brennweite des Abstandes der Kreuztafel ersetzt werden. Die Linse 
gibt ein 4 Sonnenscheine helles scharf begrenztes Bild. Beide Büchsen 
schieben sich im Stundenring noch etwas tiefer als die innere Fläche 
desselben, genau so viel tiefer, als die Platte mit dem Kreuze über die 
innere Ringfläche vorsteht. Beide Büchsen sind innen conisch ausgedreht 
und nach aussen erweitert, damit die Sonnenstrahlen auch beim höchsten 
und tiefsten Stand der Sonne direkt auf die Oeffnung treffen. 

Die Platte für das Sonnenbild trägt ein auf Neusilber gezogenes 
Doppelkreuz. Der Abstand der Linien ist nahe gleich dem Durchmesser 
des Sonnenbildes. Diese Platte ist befestigt an dem Declinations-Nonius, 
der sich auf dem Stundenringe verschieben lässt. 

Die einfallenden Sonnenstrahlen bilden mit dem inneren Durchmesser 
des Stundenringes Peripherial-Winkel. Die Theilung auf dem Ringe für 
die Declinationen der Sonne ist desshalb' in Peripherial-Winkeln also 
gleich der halben Zahl der Centralgrade aufgetragen. Der Nonius gibt 
unmittelbar Minuten der Peripherial-Winkel und lässt noch "/s Minute 
schätzen. Fig. 1 gibt 'die Durchschnittszeichnung des Chronoskops in 
wahrer Grösse in der Verticallage der Stundenaxe. Fig. 2 gibt die Ab- 
bildung in der Richtung senkrecht darauf. 

Dieses in obigem beschriebene Instrument würde nur sehr mangel- 
hafte Bestimmungen liefern, wenn wir nicht darauf ausgingen jetzt alle 
Fehlerquellen zu studiren und mechanisch zu berichtigen. Ihre numerische 

Abh. d. II.C1.d.k.Ak.d. Wiss. X. Bd. II. Abth. il 


368 


Bestimmung ist hier nicht Aufgabe, weil das Resultat direkt und ohne 
Rechnung gefunden werden soll. Diese Berichtigung des Instrumentes 
braucht natürlich nicht bei jeder neuen Messung vorgenommen zu 
werden, sondern kann für lange Zeit gelten. 


8 6. 


Berichtigung des Instrumentes. 


Das berichtigte Instrument muss folgende Bedingungen erfüllen: 


1) 


5) 
6) 


DD) 


8)" 


muss die Verticalaxe senkrecht stehen, sowohl in der Ebene des 
Meridianbogens als senkrecht darauf, 2 
soll der Meridianbogen an seinem Nonius 90° zeigen, wenn die 
Stundenaxe senkrecht steht, 
muss der Meridianbogen oder besser die Stundenaxe in jeder 
Lage des Meridianbogens in einer Verticalebene liegen, 
soll die Absehnslinie oder die Gerade, welche die Mittelpunkte 
der Oeffnung für das einfallende Licht und des Doppelkreuzes 
der Bildtafel verbindet, senkrecht stehen, wenn die Stundenaxe 
horizontal liegt. 

Dabei soll 
der Declinationsnonius des Stundenringes Null zeigen in der 
Ebene des Meridianbogens und 
soll, wenn die Gesichtslinie in einer normal zum Stundenkreis 
gestellten Verticalebene liegt, der Nonius des Stundenkreises 0" 
zeigen, 5 
muss der Abstand der Lichtöffnung und der Abstand der Bild- 
platte, beide vom Mittelpunkt des Stundenringes gleich sein, 
darf sich das Bild der Sonne nicht verstellen, wenn der Conus 
mit der Lichtöffnung um seine Axe gedreht wird.) 


Die Ausführung dieser Berichtigung fordert 3 Libellen. Niveau 1 
sitzt fest an der Klemme des Meridianbogens und dreht mit diesem um 


1) Die Untersuchung der Excentrieitäten der Theilungen kann füglich unterlassen werden, 
da alle Kreise auf der Theilmaschine vor dem Theilen mit Fühlhebel genau centrirt 
wurden. 


369 


die Verticalaxe. Niveau 2 ist zum Aufsetzen auf den Stundenkreis in 
horizontaler Lage mit Füssen versehen. Niveau 3 steht normal zu einer 
Axe, die in Spitze endigt und sich (nach herausgenommenem Lichteonus) 
durch dessen conische Oeffnung einschieben lässt. Dabei kömmt die Spitze 
der Axe in den Mittelpunkt des Doppelkreuzes der Bildtafel. Das Niveau 3 
zeigt, ob die Gesichtslinie senkrecht steht. 

Wir wollen jetzt diese Berichtigungen am Instrumente selbst vor- 
nehmen. 


Berichtigung. 

Untersuche, ob die 3 Fussschrauben ohne todten Spielraum gleich 
streng gehen, wo nicht, bewirke es. 

Prüfe, ob die Verticalaxe oben und unten in ihrer Büchse anliegt, 
durch Wanken. Zeigt sich das kleinste Wanken, so ermittle, ob der 
Drehpunkt oben, unten oder in der Mitte liegt. Dieser Fehler muss 
durch Einschleifen entfernt werden. Schabe dazu etwas feinen Schleif- 
stein ab, menge ihn mit Oel. Bringe eine kleine Quantität davon an 
die Stelle der herausgenommenen Axe, die den Drehpunkt bildet. Führe 
die Axe so in die Büchse, dass die bestrichene Stelle zuletzt berührt. 
Nach 10—15 Windungen hin und her reinige Büchse und Zapfen sorg- 
fältig und versuche, ob das Wanken einen andern Drehpunkt gewonnen 
u. s. f. bis keine Spur von Wanken mehr zu finden ist. Jetzt muss 
die Axe auch ganz ohne Oel oder Schmiere leicht und sanft sich drehen. 
Spanne die untere Feder so weit, dass das Azimut sich nicht verstellt, 
wenn die Stundenaxe gedreht wird. Diess und ein sanfter Gang der 
Axen sind wesentliche Bedingungen des richtigen Einstellens. 

Untersuche jetzt, ob die Klemme und die Verticalaxe durch die 
untere Zug- und -Druckschrauben fest mit einander verbunden sind, wo 
‚nicht, so spanne mit diesen Schrauben. 

Prüfe nun, ob der Meridanbogen in den beiden Eadbunkten der 
Klemme anliegt. Von. oben in die etwas gelüftete Klemme gedrückt, 
darf er durchaus nicht in der Ebene seines Bogens wanken. Die 
2 Schlussschrauben der Klemme werden zum Einstellen des Bogens erst 
leise angezogen, so dass der Bogen sich noch mit der linken Hand ver- 
schieben lässt, während die rechte Hand die Loupe hält, die den Nonius 

47* 


370 


zeigt. Halte die Loupe so, dass nicht nur das Bild der Theilung mög- 
lichst scharf ist, sondern dass die Theilstriche von Kreis und Nonius 
keinen Winkel mit einander bilden. Um die Theilung gut zu beleuchten, 
lege weisses Papier unter das Instrument auf den Tisch. Erst jetzt 
ziehe die Schrauben der Klemme fest an und sehe, ob die Noniusangabe 
sich dabei nicht geändert hat. 


) 


2) 


Nivellire jetzt die Verticalaxe mittels der Fussschrauben. Be- 
richtige dabei das Niveau 1 möglichst gut, so dass es in beiden 
Lagen dieselbe Abweichung (links oder rechts) zeigt. Die Axe 
muss senkrecht stehen in der Verticalebene parallel zu 2 Fuss- 
schrauben und senkrecht darauf. 

Bringe die Stundenaxe durch Schieben des Meridianbogens in 
seiner Klemme nahe in senkrechte Lage, Stelle Meridianbogen 
und Stundenring in Eine Ebene beide mit Theilung nach vorne. 
Setze das Niveau 2 in der Ebene des Meridianbogens auf den 
Stundenkreis und stelle das Niveau ein durch Verschieben des 
Meridianbogens. Schliesse nun die Klemme fest und setze bloss 
das Niveau um. Wenn es berichtigt, berichtige auch die Stunden- 
kreisebene durch Verschieben des Meridianbogens in der Klemme. 
Jetzt drehe Stundenkreis und Axe um 12 Stunden. Was das 
Niveau 2 anders steht, ist die doppelte Abweichung des Stunden- 
kreises von der normalen Lage zur Axe in der g-Bogenebene. 
Bemerke die Stunde, auf welche die höchste Lage trifft (0" oder 
12"). Verbessere nur die Hälfte der Abweichung des Niveau 2 durch 
Verschieben des Meridianbogens in seiner Klemme und ziehe diese 
fest an. Jetzt steht die Stundenaxe senkrecht in der Ebene des 
Meridianbogens. Bemerke die Angabe des Niveau 2 für diese 
Lage. Sie sei 0"4 gegen den 0" Punkt des Stundenkreises. 
Bringe den Stundenkreis wieder in die Lage 0 Uhr. Der Nonius 
des Meridianbogens (= Y-Bogen) soll jetzt 90° zeigen. 

Drehe Stundenkreis mit Niveau 2 um 90°, so dass der Stunden- 
kreisnonius 6" zeigt. Jetzt verstelle mit den untern Zug- und 
Druckschrauben die Ebene des Meridianbogens in der Richtung 
des Niveau 2 bis dieses wieder 0''4 gegen den Nullpunkt des 
Kreises steht. Hat die Aufstellung der Verticalaxe und das 


4) 


371 


Niveau 2 mittlerweile nicht geändert, so steht nun der Meridian- 
bogen in einem Vertical oder besser dieselbe Verticalebene geht 
durch beide Pole der Stundenaxe in der Ebene des Meridian- 
bogens. 

Von dieser Correction hängt der Nullpunkt des Stundenkreises 
ab, wie später zu sehen. Die Zug- und Druckschrauben müssen 
stark angezogen werden, damit später nichts ändere. 

Suche jetzt auch den Meridianbogen in dieser Ebene zu biegen, 

durch einen leisen Druck mit dem Finger; das Niveau wird dem 
Druck sogleich folgen. Es muss aber bei Entfernung des Druckes 
in die frühere Lage zurückkehren. Wo nicht, so schliesst die 
Klemme ungenügend. Hilft auch ein stärkeres Anziehen ihrer 
Schrauben nicht, so müssen feine Papierstreifen in die Klemme, 
da wo es fehlt, eingekittet werden, wenn man nicht vorzieht, 
durch Schleifen mit Stein zu helfen. 
Bringe nun durch Verschieben in der Klemme die Stundenaxe 
in nahe horizontale Lage, Y-Bogen und Stundenring, (Theilung 
nach vorne), in eine Ebene, stelle den Jd-Nonius auf Null und 
setze, nach herausgenommenen Conus der Lichtöffnung, das Ni- 
veau 3, seine Axe durch die Conusöffnung einschiebend, mit der 
Spitze der Axe in die centrisch im Doppelkreuz der Bildtafel 
angebrachte Oefinung ein. Bewirke jetzt durch Verschieben des 
Ö-Nonius und durch Drehen des Stundenkreises, dass das 
Niveau 3 einsteht in der Ebene des Stundenringes und des Stun- 
denkreises, wobei zugleich Niveau 3 berichtigt wird. 

d-Nonius soll jetzt 0 zeigen, wo nicht, so wird die Kreuztafel 
gegen J-Nonius verstellt, bis dies erlangt ist. Gleichzeitig soll 
auch der Stundenkreis 0 zeigen, wenn (wie vorausgesetzt) das 
Niveau in der Stundenkreisebene einsteht. Was fehlt, wird am 
Stundenkreis gedreht. Wenn Niveau und Stundennonius (auf 0) 
einstehen, wird der Kreis mit der Schraube fest gesetzt und das 
Instrument ist berichtigt bis auf die Gesichtslinie. 

Hat man die Nonien nicht auf ihre Nullpunkte gebracht, son- 
dern nur die Angaben notirt, die sie statt Null geben, so sind diese 
Angaben mit ihrem Zeichen zu addiren zu der richtigen Zahl, 


372 


die man einstellen will, dagegen von der Ablesung abzuziehen 
(mit Rücksicht auf Zeichen), wenn man aus der Ablesung die 
richtige Zahl finden will. 


Berichtigung der Declinationsgrade. 


Da die Declinationstheilung in Peripherialgraden aufgetragen, ist 
sie nur richtig, wenn die Oeffnung für das einfallende Licht genau in’s 
Centrum der Theilung trifft. Man kann diesen Satz auch so ausdrücken: 
Die Peripherialgrade sind richtig, wenn die Lichtöffnung und die Tafel 
für das Bild der Sonne gleichen Abstand vom Centrum des Stunden- 
ringes haben. ’ 

Es ergibt sich daraus gleich eine mechanische Prüfung. Denn sind 
die beiden Abstände gleich, so müssen auch ihre Chorden, gemessen an 
der innern Cylinderfläche des Stundenringes, gleich sein. Durch eine 
Lehre von Messingblech kann- man diess sehr leicht und genau unter- 
suchen. 

Indessen ist es auch leicht den Werth der Declinationsgrade aus 
Beobachtungen zu bestimmen. Misst man nämlich einen Höhenwinkel 
nur mit dem Meridianbogen, wobei der Declinationsnonius auf Null 
gestellt ist, dann aber indem der Declinationsnonius auf eine grössere 
Declination — etwa 20° gestellt wird, so kann der Unterschied der 
beiden Messungen nur daher kommen, dass 20° davon durch die Decli- 
nationstheilung gemessen sind. 

Da man aber das Chronoskop nur auf die Sonne einstellen kann, 
und diese zwischen den Beobachtungen ihre Höhe ändert, muss man in 
gleichen Zwischenzeiten die Messungen vornehmen und zwar abwechselnd 
in ungerader Zahl, damit das Mittel der Zeiten z. B. der 1. und 3. Be- 
obachtung mittels des p-Bogens zusammenfällt mit der Zeit der 2. 
Beobachtung bei verstelltem Declinationsnonius. 

In solcher Weise wurden nachstehende Beobachtungen gemacht. 


München 1868. Febr. 16. 


Der Nullpunkt des Declinations-Nonius ist 


= +6. 


313 


Der Declinations-Nonius wird um 10° verstellt. 


Pendeluhr g-Bog. 


0) 


p g— D) 


DI LINLZDNHIIDAL 509 ,6° 


46 29 58 
50 45 68 
55.0 55 
59 17 W6T7 


57 
32 


+ 


+ 


985 


0 
95 
0 


4 680 58° 680 57° 


6 68 32 Herald 
4 benz #08 916.0 
6 


680318 68031:5 


Die d-Grade sind also auf eine nicht zu verbürgende Grösse 0'3 


grösser als die p-Grade. D. h. die 
Ablesungen müssen um den ent- 
sprechenden Theil vergrössert, 
die Einstellungen eben so viel ver- 
kleinert werden. 

Wenn der Unterschied beträcht- 
lich wäre, dürfte die Differenz nicht 
dem Winkel proportional gesetzt 
werden. Der strenge Werth für 
jedes d ergibt sich, wie folgt: 

Sei AB=2r der innere Durch- 
messer des J-Ringes. 


A die Dicke, um welche die Tafel näher als die Oeffnung beim 
Centrum ist, so hat man, wenn d die Declination der © bezeichnet 


(6) r Sin d = Sin (d + 240) (r — 4) oder 


(6°) 


Ale 


r Sin d 


Sin (0 + 240). 


Da Ö und dd aus den Messungen bekannt und r = 17“ ist, so 
findet sich hiernach A und damit dd für jeden Werth von d. 


Sr 


Beispiele der Anwendung des Chronoskop’s. 


Zeitbestimmung. 


Die Einstellung des Instrumentes fordert die Kenntniss von 2 Zahlen- 


374 


werthen. Der erste dient zur Finstellung der Polhöhe und fordert die 
Kenntniss der Correction des g-Nonius. Der 2. wird erfordert zur Ein- 
stellung der Delination der Sonne. Zur Declination, wie sie im astron. 
Jahrbuche für den wahren Mittag in Berlin angegeben, kömmt die Aen- 
derung bis zur Zeit der Beobachtung, dann die Refraktion und die Correction 
des Nullpunktes des Declinationskreises. Wir wollen jede dieser beiden 
Zahlen durch eine Gleichung geben, damit kein Zweifel über ihre Bildung 
bleibt. 
Sei 
E” die Einstellung des Meridianbogen 
p die Polhöhe des Beobachtungsortes 
dp die Correction des Nullpunktes des „-Bogens d. h. die Zahl 
A” — 90°, die man am g-Bogen abgelesen hat, als die Stun- 
denaxe senkrecht stand und der Nonius hätte 90° zeigen sollen. 
Es ist also dp 4? 900 
B-— g-.dop \ 
= g+ 4900] (7) 


E? sei die Einstellung des Declinationsnonius. 

0 sei die Declination der © im Berliner wahren Mittag. 

dd die stündliche Aenderung der Declination. 

i die Stundenzahl wahrer Zeit bis zum wahren Mittag der 
Beobachtung. 

‘ die Meridiandifferenz von Berlin in Zeitstunden für westliche 
Orte positiv. 

R die aus Tafel 3 nach £ und d interpolirte Refraction. 

4° die Ablesung des d-Nonius, wenn bei Berichtigung Niveau 3 
einsteht. Dann ist 


on so (8) 


Zur Ermittellung der mittleren Zeit MZ aus der Ablesung des 
Stundenkreises A” hat man 


MI -Atı EItdGıidg — At ds (9) 


Hier ist: 
A die Ablesung des Stundenkreises. 
G die Zeitgleichung im Berliner-Mittag. 
#' wie oben die Meridiandifferenz von Berlin in Stunden. 
d@G die stündliche Aenderung der Zeitgleichung. 
t in Stunden der Abstand vom wahren Mittag. 
4°" die Angabe des Stundenkreisnonius statt 0 bei Berichtigung. 


ds die Correction des Stundenwinkels aus Tafel 4. 


Man kann sich die Gleichungen (8) und (9) vorher schematisch an- 
setzen und die Werthe für die ganzen Stunden vor und nach der beab- 
sichtigten Zeitbestimmung berechnen. 

So wird für die Zeitbestimmung vom 2. März 1868 Morgens zwischen 
SundY., 


Für d 


März 2 


dd + 0.07 Le 
In 59.20 = 392,87 


Für mittlere Zeit 


G ae v | t | td@G | —A®*| ds |\MZ-A” 


+12 15.77 |-0.50| 0.08 i h Ale 
tdG + 0.04 414 2.0|+ 19.06.6112 30.21 
13, 15.81 — 3 |+ 1.5|+ 19.0 |— 5.0112 31.31 


A“ ergibt sich im Mittel aus den Beobachtungen. 
' Diese setzen voraus, dass das Instrument berichtigt sei; die Be- 
richtigung ergab: | 
Abh.d. II.C1.d.k. Ak.d. Wiss.X. Bd. II. Abth. 48 


376 


AP = 90 0.0 also dp=0, 


4° = 0.0.0 
A a 
BR 48 8.5 
‘Man stellt also den gY-Bogen auf 48° 8/5. Die Declination nach 
dem Schema — 6° 59.5. Dann erst stellt man das Chronoskop im 


Sonnenscheine bei fester Unterlage auf und nivellirt die Verticalaxe. Jetzt 
bringt man den Y-Bogen ohngefähr in die Richtung des Meridians und 
dreht Stundenkreis und Ring, letztern bis in seine Schattenebene. Das 
Bild der Sonne wird als helles Scheibchen von 0.3 Durchmesser sichtbar 
auf der innern Cylinderfläche des Stundenringes. Es steht aber das 
Sonnenbild höher oder tiefer als das Kreuz der Bildtafel. Indem man 
jetzt das Instrument um die Verticalaxe dreht und dabei den Stunden- 
ring in seiner Schattenebene erhält, sieht man das Sonnenbild im Ringe 
steigen oder sinken. Man dreht also im Azimut bis das Sonnenbild 
zwischen den Doppelfäden, die quer durch den Ring gehen, einsteht. 
Erst jetzt dreht man nur um die Stundenaxe bis das Bild auch zwischen 
den Längenstrichen steht. 

Am sichersten stellt man ein durch Benutzung der für die Niveau- 
Spitze gebohrten runden Oeffnung im Mittel der Kreuzfäden. Diese 
Oeffnung bildet einen schwarzen Kreis, über den das Sonnenbild nur 
mit schmalem Ringe hervorsieht. Ist dieser Lichtring ringsum gleich 
hell, (was man sicherer sieht als seine Breite,) so ist eingestellt. Um 
in der Höhe recht sicher einzustellen, dreht man wenig nur um die 
Stundenaxe. Dadurch entsteht ein mondförmiger Lichtbogen auf einer 
Seite der schwarzen Scheibe und wenn die beiden Hörner dieses Mondes 
parallel zum Stundenring übereinander stehen, dann ist die Höhenein- 
stellung möglichst gut. Durch Benutzung einer Loupe gewinnt man 
nicht an Genauigkeit, weil der Rand des Sonnenbildes für die Vergrösserung 
nicht scharf genug ist. 

Noch ist zu bemerken, dass der Nonius des Stundenkreises um 
10 zu lang ist. Da er 5 Zeitminuten umfasst, so ist von allen Angaben 
über 5, 10, 15‘ etc. per Minute 2 Sekunden abzuziehen, was bei den 
folgenden Beobachtungen schon angebracht ist. 


© 


Beobachtungen. 


Pendeluhr Chronoskop Abweich. 
An vom Mittel 
2 Dh Bere. r 
68 320431 I0RFST O0 25 
2221 9 30 5 
35 44 SEN. 12 
28 24 40 8 
40 14 26 56 24 
42 39 29 30 13 
44 30 SU Et 18 
46 18 83.93 ]l 
41 48 34 55 3 
8 50 18 20751.20 1 
MittelS 38 47,1) 20 25 51 Jul 


MZ-A“ — 0:12 30.7 
a ei) 
IM 383 2 

Pendeluhr = 20 38 47.1 

Pendeluhr — 25.4 = MZ 


2 
> 1868 202 38% 
bürgerlich Datum 


Mittlerer Fehler jeder Beobachtung + 11 
der Zeitbestimmung + 4. 


” ” 


Aus obigen Beobachtungen sehen wir, dass der zufällige Be- 
obachtungsfehler kleiner ist, als man erwartet hatte. Wir wissen aber 
nicht, ob nicht constante Fehler in den Angaben liegen, die das Re- 
sultat viel unsicherer machen als nach der Uebereinstimmung zu ver- 
muthen. 

Um darüber eine Controle zu erlangen, haben wir nur eine genaue 
unabhängige Zeitbestimmung nöthig. 

Wir wählen Höhen der Sonne, die sich ebenfalls am Chronoskop 


messen lassen und werden aus diesen den Uhrstand ableiten. 
48* 


Höhenmessung. 

Die Beobachtungen sind in folgender Weise angestellt. Der Decli- 
nationsnonius ist auf Ö — 0 gestellt. Dann wird der Meridianbogen in 
der Klemme verschoben bis das Sonnenbild auf der Bildtafel den gleich- 
hellen Lichtring, bildet. Für diesen Moment ist die Uhr notirt. Der 
Stundenkreis zeigt 0" d. h. beide Ringe liegen in derselben Verticalebene. 
Die Verticalaxe wird genau senkrecht erhalten. 

In dieser Weise wurden gleich nach den Chronoskopbeobachtungen 
der Zeitbestimmung folgende Zenitdistanzen beobachtet, die das Instru- 
ment, in dieser Art benutzt, direkt gibt: 


P.-Uhr Z 

2 0. = 

1868 2; 208 DT Wale HgTAG 

2107 69723 

2. 20 De 

3 al 638.57 

5 45 68 40 
2175 17306. ZERIR 
Referer.) u 25 

d=6I 13a e 180 55er 


Nach Formel (1) $ 3 ergibt sich, wenn man den von Refraktion 
befreiten Werth z° statt z einsetzt 


s = —3% 10454 
die wahre Zeit also = 20 49 15 
Zeitgleichung ....... a 2 
za 17320 Z Mitte Zei: 
Uhrzeit war... DRM Gore 


Pre  Znehen d. 1868 91203 


Die Chronoskopbeobacht- 
ungen gaben Pendeluhr .. — 25.4 = MZ. „ 


Die Uebereinstimmung ist sonach grösser, als man nach dem mitt- 
leren Fehler erwarten konnte und zeigt, dass man in der Berichtigung 
des Instrumentes kleinere Fehler begeht, als wir angenommen hatten 


841) 


[Sb] 
SI 
o 


Polhöhenbestimmunse. 
Wenn man die Höhe der Sonne in ihrem Culminationspunkte!) beob- 
achtet, so gibt das Chronoskop direkt 
2=9—|. 


Wird der beobachteten scheinbaren Zenitdistanz die entsprechende 
mittlere Refraktion zugelegt und ist 


!+0=Yy (10) 


Man findet also die Polhöhe des Beobachtungsortes aus der beob- 
achteten Zenitdistanz und der Declination der Sonne. 

Eine solche Messung wurde am 10. März 1868 um 12% 7‘—13’ 
mittl. Zeit München angestellt, sie gibt 


Z 

or 7529 1,0 

10 a) 

13 5282.0.5 

BEE 7.752 20:5 

Rede. re 1.2 

Ds =52 17 

dr ee =—3 53.1 
Gear 48 8.6, sollte sein 48° 8:5. 


Sollte man ohne im Besitz eines Jahrbuches zu sein, die Zeit be- 
stimmen, so findet man unter der Voraussetzung, dass die Polhöhe aus 
der Charte auf 1 Minute oder genauer bekannt wird, aus Gleichung (10) 
durch eine Beobachtnng die Declination der Sonne und aus der bei- 
gefügten Tafel 6. die dem Datum entsprechende stündliche Aenderung 
der Declination. In derselben Tafel ist auch die Zeitgleichung auf 


1) Geht die Sonne gegen den Nordpol, so tritt die Culmination nach, geht sie gegen den 
Südpol, so tritt sie vor dem Durchgang durch den Meridian ein. Diese Höhenänderung 
ist verschwindend für die Genauigkeit des Chronoskop’s. 


380 


zehntel Minuten enthalten. Genauer kann sie aus vielen Kalendern 
entnommen werden, die sie jährlich aus dem astron. Jahrbuche ab- 
drucken. In solcher Weise kann man auch ohne Jahrbuch Zeitbe- 
stimmungen ausführen. 

Sehr einfach wird die ganze Operation, wenn man auf Polhöhe und 
Declination, letztere wie sie im -Kopfe für die Zeit der Beobachtung 
interpolirt werden kann, einstellt; doch muss immer das Instrument 
vorher gut berichtigt sein. Man legt dann nach der Ablesung am 
Chronoskop die Zeitgleichung ebenfalls im Kopfe für die Zeit der 
Beobachtung interpolirt bei und findet so die Zeit auf c* 20“ sicher, 
was zu bürgerlichen Zwecken in der Regel genügt. Will man grössere 
Genauigkeit, so muss man aus wiederholten Beobachtungen das Mittel 
nehmen. 


Beilage. 
Verbesserung in der Construction des Chronoskop’s. 


RUN TR 


Zu $5. Construction. 


Die obige Construction ist hervorgegangen aus der Absicht, den 
Apparat möglichst einfach zu halten. Dass damit Uebelstände verbunden 
sind, die sich in geringerer Genauigkeit des Resultates fühlbar machen, 
wird Jeder sehen, der den Bau astronomischer Instrumente genauer 
studirt hat. 

Der schwächste Theil der Construction ist die Absehnslinie. Sie 
gibt ein so kleines Sonnenbild (nur 0.3 Durchmesser), dass Einstellungs- 
fehler von /ao Durchmesser = 6‘ Zeit unvermeidlich sind. Diese Un- 
sicheit trifft allerdings nur den zufälligen Beobachtungsfehler d. h. sie 
kann durch Wiederholungen der Einstellungen beliebig verkleinert 
werden. Aber es wären 36 Beobachtungen nöthig, um 1” sicher zu 
bekommen und das nur unter der Voraussetzung, dass die constanten 
Fehler = 0 sind. Obige Voraussetzung ist aber nicht begründet, weil 
jedes Instrument nur bis zu der in der Berichtigung bleibenden Un- 
sicherheit genau ist, also immer noch Fehler begeht. Hier aber ist 
nicht darauf angetragen, diese Fehler zu eliminiren, weil nur in Einer 
Lage der Absehlinie beobachtet werden kann. 

Sollte also das Instrument unabhängig werden von den Nullpunkts- 
bestimmungen, so müssten Einstellungen auf beiden Seiten jedes Null- 
punktes möglich gemacht sein. Die Gesichtslinie müsste überdiess ein 
scharf begrenztes und viel grösseres Bild der Sonne geben. 


382 


Diese Betrachtungen weisen wieder darauf hin, dass ein richtig 
gebautes Chronoskop ein Aequatoreal werden muss, was noch eine dritte 
Axendrehung um die Verticalaxe hat. 

Es lassen sich also auch hier wie in der Instrumentalastronomie 
die 2 Absichten nicht vereinigen, nämlich möglichst einfache Con- 
struction und möglichst grosse Genauigkeit. Man muss die letzte opfern, 
wenn man die erste will und umgekehrt. Indessen führt auch hier ein 
Mittelweg direkt zum Ziel und ich will desshalb die Aenderung der 
ersten Construction angeben, welche die Unsicherheit der Bestimmung 
in die Grenzen der Sicherheit der Ablesungen der Kreise zurückführt. 

Fig. 3 und 4, Tafel 2. zeigt die Construction der verbesserten 
Gesichtslinie. 

In dem Stundenring dreht eine Alhidade mit diametral gegenüber- 
stehenden Nonien. Auf dieser Alhidade sitzt ein ganz kleines Fernrohr 
von nur 2 Oeffnung und 12° Brennweite. Das Sonnenbild im Brenn- 
punkt wird etwa 10mal vergrössert durch ein Kugelokular. 

In möglichst grossem Abstand hinter dem Okular und in der Ver- 
längerung des Axenstrahls des Fernrohres sitzt eine Bildtafell. Das 
Okular wird soviel herausgezogen, dass auf dieser zum Axenstrahl nor- 
malen Ebene ein scharfes Bild der Sonne entsteht. Wenn dieses Bild 
der Sonne 2° im Durchmesser hat, so ist es nahezu so hell als direkter 
Sonnenschein und gestattet folglich eine genaue Beobachtung der Ränder 
gegen die Linien auf der Bildfläche, die statt der Fäden des Fern- 
rohres funktioniren. Dieses Fernrohr kann auf beiden Seiten des 
Stundenringes nach der Sonne gerichtet werden und die Berichtigung 
der Gesichtslinie benöthigt hier kein Niveau. Es entfällt daher Niveau 2, 
indem man, das Instrument als Verticalkreis und als Horizontalkreis 
durch Einvisiren eines festen Punktes berichtigt, und doppelte Zenit- 
distanzen bestimmt. 

Zugleich ist die Sicherheit der einzelnen Einstellung 6mal grösser 
also auf c* 1” sicher. Noch weiter darin zu gehen, wäre illusorisch, 
da die Kreise nur auf Ya Minute eingestellt werden können. 

Es ist also damit das Chronoskop wesentlich genauer und gestattet 
auch auf andere Objecte z. B. Fixsterne einzustellen, weil ein kleiner 
Spiegel unter 45° gegen die Absehnslinie direkt hinter das Okular 


383 


gestellt, es ermöglicht, in das Okular zu sehen. Genauigkeit und Manig- 
faltigkeit der Anwendung haben also damit wesentlich gewonnen. 
Aber man benöthigt 2 Einstellungen statt einer. Es hat also die 
Einfachheit des Instrumentes und seiner Anwendung damit verloren. 

Wollte man nun auch mit der Theilung der Kreise eine Ordnung 
weiter gehen, die Nonien von 10° zu 10° richten, so dürfte die Alhidade 
des Declinationskreises nicht mehr im Stundenringe schleifend drehen, 
weil dabei Fehler dieser Ordnung sprungweise vorkommen können. 
‘Man müsste dann d-Kreis und Alhidade ausserhalb des Ringes so an- 
bringen, dass dessen Axe einen Diameter des Ringes bildete. Dann 
wäre aber auch nöthig, alle 3 Kreise mit Mikrometer - Klemmen zum 
Festsetzen und Einstellen zu versehen. Dann käme das Instrument 
auf ein Aequatoreal hinaus, als Stativ auf den Meridanbogen gestellt, 
zur Aenderung der Polhöhe und versehen mit einer 3'* Axenbewegung 
um die Verticalaxe. 


Abh.d.II.Cl.d.k. Ak.d. Wiss. X.Bd. I. Abth. 49 


384 


T af elın3) 
Zenitdistanzen der Sonne, 


wenn gegeben ist g, Ö, t. 


En nn mn nn 


| DU HANS: 
d p 
0% 1% Di zh 4R | by | t 
—20| 110 68 8169 28,73 1579 986 39) — — 
— 10| 100 58 8 159 41 63 55 |70 29|78 31|86 52 
0 90 48 8 149 54 |54 41 |61 54 170 3180 4 
+ 10 80 38.8 140.12; 45 43 153254146244.) 72 36 
+ 20 70 28.8. 130 A837 41455155 vo 29 
Ta, faal, 4; 


Für die Correction ds, 


wenn das Chronoskop auf d’=d+R eingestellt wird. 
= 489 8, 


Werth von ds. 


I 92 zn | 4: | HR 
+20... 0.70. 81.704977. DAB 1 FD 
-+.10-1.0.87: 01:92. | 3.112.489 8199 2.10 
0:].4:02°/2020| H383° |, 7.97.1139 0 
= 10.01.30 |-2,96 17548 10.20 36.59] 270 
—29|1896 Aa ae eo 


ds wird immer dem Stundenwinkel zugelegt. 


[S%) 
(6.0) 
or 


186.7211.293.1128"162.0%.0.80. 126-448 SD.I321090. 20 |+. 0.00 


0} 
[9] 


86 


Tafr&! 6: 


Die Zeitgleichung von 4 zu 4 Tagen und die Aenderung der Declination der 
Sonne für 1 Stunde. 


| März | MZ— wz| & 

1.36% 000 alte au 70 olarAuft 12. >| 0.95 
1.8 0.07 0.4 .06 0.02 

5 a ee) men ee 6 0.97 
1.8 0.08 0.2 0.04 0.00 

9 7.2 20035 9| 144 | 0.80 $ 10. s 0.97 
1.6 0.07 0.1 0.05 0.01 

13 8 | 0.42 |ı3| 125 | 085 [13 9.5 | 0.98 
1.4 0.07 0.08 0.00 

170 10:0 0429, la . 0.88. | 17 8.4 | 0.98 
0.06 0.02 D 0.00 

»3ı| ı14 | 055 |a21] i8.9 | 0.90. | 21 7.2 \.0.98 
1.1 0.05 0.5 0.02 2 0.00 

25| 12.5 |.0.60 |25| 13.4 | 0.92 | 25 6.0 | 0.98 
0.8 0.07 0.07 a 0.01 

| 13.3 99 |+ 19.7 | 0.95 | 29 4.7 120.97 
.05 0.01 

585 0. 

ug "Te Wo d6 
April |IMZ— WZ a Mai | MZ—-WZ N Juni | MZ— WZ 

DH 8 0.96 15::-33:.11.02.0.75 ac | 504 | |vD.38 
0.01 0.4 0.04 0.06 

5 2.6 | 0.95 5 3.3 &r.0.71 5 1.8 -|10.27 
1.1 0.04 0.3 0.05 0.07 

9 1.5 | oo1 9 3.8 1.0.66 9 1.0 | 0.20 
1.1 0.01 0.1 0.05 0.07 

13.) #0.2° | opo 35 4. ee ie 
1.0 0.01 0.1 0.06 0.07 

17 | 20.6 0.80 19% 3:8. 1.0.55. 1 1er Leiois. | 0.06 
0.9 0.04 0.2 0.05 H 0.05 

91 14 \ 085 1 3:6 1.0.50 1 31 15 | 0.0 
0.8 0.04 0.3 0.06 N 0.06 

95 92 | 0:81.25 33 1.044 195 5.4. || 0.0 
0,6 0.04 0.5 0.06 R 0.07 

29 2.8. Ta 20 9.3 | 0.38 |29 32, 1004 
0.4 0.03 0.5 0.06 0.05 

ss. —-32 | Da Ts ones | Fee 


Tafel 6 (Fortsetzung). 


387 


Juli Imz_wz| % [Aue |222- wz . ISon: uz- Wwz 
ee 00.6 03. 20 
0,7 0.07 0.3 0.05 1.2 0.02 
5 1:34 3.0.94 5 5.7. | 0.68 5 1.5 20.03 
0.6 0.06 0.5 0.05 1.4 0.02 
9 41.9 || 0.30 9 2 10% 9 2.9 | 0.95 
0.5 0.07 0.6 0.04 1.4 0,01 
13 SA, 170.37 13 2.6 WORT 13 43, 130.96 
0.5 0.06 0.8 0.04 1-4 0.01 
17 59 04 17 33 0081 17 5.7 | 09 
0.2 0.06 0.9 0.04 1.4 0,01 
91 6.1.2100.49 91 2.9 | 0.85 91 7.2 | 0.98 
0.1 0.05 1.1 0.03 1.4 0.00 
95 5900.54 25 13% 10.38 95 8.5 | 0.98 
0.0 0.05 1.1 0.04 18; 0.01 
29 6.2 | 0.59 290, 7.0.7 00.89 99 98... 0,97 
0.2 0.06 1.3 0.02 1.3 0.00 
32. 516.0%.1..0.65 or oo Se 0.97 
Okt. az wz\ en Nov. | MZ-WZ - | de MZ— wz ” 
Br 08 0807 ne eos) 106 088 
12 0.01 0.0 0.04 1.6 0.07 
BE 1.7 096 5 16:30 1.0.76 5 90) | 080 
1.1 0.01 0.3 0.05 1.8 0.08 
9 12.8” | 0.95 9 an el 9 72 0008 
1.0 0.02 0.5 0.05 1.8 0.07 
13 13.3.0, 0%3 13 15.5 70:66. [713 5.4 | 0.16 
0.9 0.02 0.7 0.06 £ 2.0 0.08 
UT a7 091 47 188 #060. 17 3.4 | 0.08 
0.7 0.02 1.0 0.06 2.0 0.07 
91 15.4 089° 131 13a oBeor =. 1.4 220.01 
0.5 0.03 1.1 0.06 1.9 0.07 
95 159 | 086 13 oz 0A 95 | 20.50.08 
0.3 0,03 1.4 0.07 2.0 0.08) 
Dis |0.83. 1:29 a 0a 29 9 5. 
0.1 0.04 1.5 0.07 0.9 0.08 
23. ee ae ee 


Für grössere Zeiten nehmen die Zahlen der Declinationen ab bis zum 20. März. Sie nehmen 


zu bis 21. Juni, wieder ab bis zum 22. September. 


49** 


Nehmen zu bis 21. Dezember. 


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Die 


Grosshirnwindungen des Menschen 


mit Berücksichtigung ihrer Entwicklung bei dem Fötus 
und ihrer Anordnung bei den Affen. 


Neu untersucht und beschrieben 


von 


Dr. Th. L. W. Bischoff, 


Professor der Anatomie und Physiologie und ordentlichem Mitgliede der k. Akademie der 
Wissenschaft in München. 


Mit sieben Tafeln. 


Abh.d.II.Cl.d.k. Ak.d. Wiss.X.Bd II. Abth. 49** 


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INT RPEN us Nloniyasna a 


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Part” ih ER es x De ‘ Ai BAR EO: ve sirag 
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Inhalt. 


Historische Einleitung 

Von der Eintheilung der Grosshirnhemisphären in Lappen . 
Von der Anordnung der Grosshirnwindungen beim Menschen 
Entwicklungsgeschichte der Grosshirnwindungen beim Menschen 
Von der Anordnung der Grosshirnwindungen bei den Affen 


Beschreibung der Tafeln 


le 


in % ton 


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mins ab ig naeh km ” an m 


Historische Einleitung. 


Obgleich man gewiss nicht sagen kann, dass die Anatomen zu irgend 
einer Zeit das Studium des Gehirns vernachlässigt haben, sondern die- 
selben immer bemüht waren, den wunderbaren Bau und die Zusammen- 
setzung desselben genauer kennen zu lernen, so muss man doch zugeben, 
dass dieses Studium in den neuesten Zeiten auf Veranlassung der lebhaft 
“aufgenommenen anthropologischen und ethnologischen Forschungen einen 
neuen Aufschwung genommen hat. Neben der Ermittlung der Grössen- 
und Gewichtsverhältnisse hat man sich vorzüglich bemüht, die Ober- 
fläche des grossen Gehirns des Menschen genauer topographisch zu 
erforschen, und in das scheinbar regellose Gewirre der diese Oberfläche 
bedeckenden Spalten und Falten eine genauere Einsicht und einen 
leitenden Faden zu finden. Die Ueberzeugung, dass diese gefaltete 
und mit grauer Ganglien-Substanz bedeckte Oberfläche vorzugsweise das 
materielle Substrat der sogenannten Geistesthätigkeiten sei, hat sich 
immer mehr und mehr befestigt, und bei der Verschiedenheit, in welcher 
wir diese Geistesthätigkeiten bei Menschen und Thieren und den ver- 
schiedenen Menschen wirksam sehen, muss das Streben unterstützt 
werden, die materiellen Substrate dieser Verschiedenheiten genauer zu 
erforschen. An Versuchen den ariadneschen Faden durch dieses Laby- 
rinth von Windungen zu finden, hat es nicht gefehlt, allein man muss 
gestehen, dass es bis jetzt noch nicht gelungen ist, in diesem Gewirre 
überall einen einfacheren Plan zu erblicken. 

Abh.d.II.Cl.d.k. Ak.d. Wiss.X.Bd II.Abth. 50 


392 


Sömmering betrachtet in seiner Nervenlehre p. 27 mit Th. Bartho- 
linus die Bildung der Sulci und Gyri nur als ein Mittel des tieferen 
Eindringens der Gefässhaut in das Hirn, und widmet ihnen weiter 
keine Beachtung, als dass er sagt, sie könnten auf den ersten Blick 
unregelmässig erscheinen, seien sich aber doch in verschiedenen Köpfen 
im Ganzen genommen immer sehr ähnlich oder analog. In einem relativ 
zu seinen Nerven, aber auch auch in einem absolut grösseren Gehirne, 
treffe man etwas mehr Windungen als in einem kleineren. 

Burdach hat sich in seinem grossen Werke über Bau und Leben 
des Gehirns mit den Windungen, seinen sogenannten Randwülsten, als 
solchen und mit ihrer Anordnung nur wenig beschäftigt; ihm war es 
mehr um die Faserung der Marksubstanz zu thun, und nur in Beziehung 
auf ihre peripherische Entfaltung berücksichtigte er auch die Randwülste. 
Im zweiten Bande der genannten Schrift p. 164 sagt er aber doch: 
Durch die scheinbare Verworrenheit schimmern aber doch allgemeine 
Gesetze hindurch, und wir erkennen einige Hauptzüge von Randwülsten, 
welche bestimmten Elementen entsprechen. An der innern Seite der 
Hemisphäre, sagt er, ist die Längenrichtung vorherrschend; die obere 
Fläche hat vorn breite, hinten schmälere, geschlängelt in die Länge 
verlaufende, in der Mitte aber, oder am Scheitel breite in die Quere 
sich erstreckende Randwülste. Die äussere Fläche zeigt vorherrschende 
Querrichtung etc., womit die Anordnung im Ganzen vollkommen richtig 
angedeutet ist. 

Der Erste, welcher sich in ausgedehnterer Weise mit dem Studium 
der Windungen beschäftigt, war Rolando in seiner Schrift: Della 
struttura degli emisferi cerebrali Torino 1830. 4° Er muss nament- 
lich als derjenige bezeichnet werden, welcher zuerst die auffallende, 
constant quer über die Mitte der oberen und äusseren Fläche jeder 
Hemisphäre herüberlaufende Furche und die beiden sie begrenzenden 
Windungen bemerkte und hervorhob, welche daher auch mit Recht 
häufig mit seinem Namen bezeichnet werden. Sodann haben Cruveilhier 
in seiner Anatomie descriptive T. IV p. 658 1856 und besonders Leuret 
in seiner Anatomie comp. du cerveaul p. 397 1839, so wie Foville in 
seinem Traite complet de l’Anatomie du systeme nerveux cerebrospinal. I. 
p- 191. 1844. der Anordnung der Windungen eine grössere Aufmerk- 


395 


samkeit geschenkt. Auch in Deutschland versuchte Valentin in seiner 
Bearbeitung der Sömmering’schen Hirn- und Nervenlehre p. 170 einige 
constantere Windungen herauszufinden. 

Allein alle diese Bemühungen vermochten sich so wenig allgemeine 
Anerkennung zu verschaffen, dass Arnold in seiner Anatomie ll p. 730 
1851 mit Recht sagen konnte, dass weder für die Richtung der Win- 
dungen Grundformen, noch für die Vertheilung derselben Regeln auf- 
gefunden worden seien, so dass wir denn auch in unseren besten Hand- 
und Lehrbüchern von Meckel, Hildebrand-Weber, Krause, Hyrtl u. And. 
ausser einigen wenigen, allerdings mit leicht erkennbarer Constanz 
vorkommenden ine die übrigen nicht näher berücksichtigt und 
bezeichnet finden. 

Erst Huschke hat 1854 in dem dritten Oapitel seiner so gehalt- 
reichen Schrift über Schädel, Hirn und Seele p. 129 bis 145 einen sehr 
wesentlichen Schritt in der Entwicklung und Feststellung der Lehre 
von den Windungen des grossen Gehirns weiter gethan, der wenn er 
sich etwas mehr von naturphilosophischer speculativer Beimischung: frei- 
gehalten hätte, sicher allgemeinere Verbreitung und Anerkennung 
gefunden und ihrem Urheber die gerechte Anerkennung erworben hätte, 
welche man jetzt fast allgemein einem Nichtdeutschen widmet. 

Huschke glaubt, geleitet durch vergleichend anatomische und em- 
bryologische Studien, zu dem Resultate gekommen zu sein, dass es an 
dem Gehirn drei oder vier Urwindungszüge gebe, welche von dem 
oberen Rande des horizontalen Theiles der Fossa Sylvii ausgehend huf- 
eisenförmig nach hinten um diese Grube herum in den Unter- oder 
Schläfenlappen bis gegen den Rand desselben ziehen. Während diese 
Urwindungen an dem Gehirn niedriger Ordnungen der Säugethiere mehr 
oder weniger deutlich ununterbrochen erkennbar sind, werden bei dem 
Menschen und den Affen die Bogen dieser dungen durch die Ent- 
wicklung der Rolando’schen oder Centralfurche und ihrer sie umgebenden 
Windungen gewissermassen gesprengt, und in eine vordere und eine 
hintere Abtheilung zerlegt, und diese Abtheilungen selbst gerathen in 
eine mehr horizontale Längenrichtung. 

Das bleibende Verhältniss wird dadurch Folgendes. Fast in der 
Mitte der Hemisphäre haben wir die Rolando’sche Spalte zwischen den 

50* 


394 


beiden Centralwindungen. Vor ihnen zeigen sich drei der Länge nach 
verlaufende Stirnwindungen, eine erste, zweite und dritte, oder 
untere, mittlere und obere. Hinter ihnen finden sich gleicherweise drei, 
ein oberer, mittlerer und unterer Windungszug, welche nach dem hin- 
teren Ende der Hemisphäre hinziehen. Aber nur die beiden oberen 
erreichen dasselbe, während der untere sich um das obere Ende der 
Sylvischen Grube in den Schläfenlappen hinzieht, welcher indessen 
ausserdem auch noch von dem oberen und mittleren Windungszug 
gebildet wird, nachdem sie das hintere Ende der Hemisphäre erreicht haben. 
Diese hinteren Windungszüge schlängeln sich stärker als die Stirn- 
windungszüge und bilden dadurch Convolute oder Läppchen, und zwar 
der obere drei: den Lobus parietalis superior oder Vorzwickel, den 
Zwickel oder oberes Zwischenscheitelbeinläppchen und ein drittes das 
Endläppchen oder unteres Zwischenscheitelbeinläppchen, welches die 
eigentliche Spitze der Hemisphäre bildet. Der mittlere und untere Win- 
dungszug, welche Huschke beide in einem zusammenfasst, erzeugen auch 
drei Läppchen, erstens das Scheitelhöckerläppchen (Lob. tuberis), 
um das Ende der Sylvischen Grube herum, das in dem Gyrus temporalis 
superior übergeht; zweitens das mittlere Hinterscheitelbeinläppchen 
(Lob. parietalis medius) nach aussen vom Zwickel, und drittens den 
Lob. interparietalis externus, äusseren Zwischenscheitelbeinlappen, 
der den äusseren Theil der fossa cerebri einnimmt und sich hierauf an 
die Unterfläche der Hemisphäre begiebt. 

An der inneren Fläche des hinteren Theiles der Hemisphäre unter- 
scheidet Huschke zuerst den Vorzwickel und den Zwickel; dann an 
der unteren Fläche ein zungenförmiges Läppchen (Lob. lingualis), 
dann ein weiter nach aussen liegendes spindelförmiges (Lob. fusi- 
formis), welche beide mit ihren Spitzen gegen die grosse Querspalte der He- 
misphäre und den hier befindlichen und um das Splenium corporis callosi 
laufenden Gyrus Hippocampi und Gyrus Cinguli oder Gyrus fornicatus 
(Arnold) hinlaufen, und in denselben übergehen. DerSchäfenlappen 
besteht aus drei concentrisch in und übereinander liegenden Windungen, 
einem Gyrus temp. superior, medius und inferior, welche nach hinten 
mit dem Scheitelhöckerläppchen, äusserem Zwischenscheitelbeinläppchen 
und dem Zwischenscheitelhirn zusammenhängen. — Zu diesen Windungen 


395 


kommt dann noch an der inneren und unteren Seite der ganzen Hemi- 
sphäre der aus dem Gyrus cinguli und Gyrus Hippocampi zusammen- 
gesetzte Gyrus fornicatus und die Windungen der Insel. 

Ich habe durch diesen ganz kurzen und fragmentarischen Auszug 
der Huschkeschen Analyse der Grosshirnwindungen nur zeigen wollen, 
dass in derselben alle Elemente eines vollständig durchgeführten Sy- 
stemes dieser Windungen schon gegeben sind. An und für sich leidet 
Huschkes Darstellung besonders der hinter den Centralwindungen 
liegenden Parthie an Dunkelheit, unpassender Nomenclatur und Mangel 
der Unterscheidung eines Scheitel und Hinterhauptlappens. 

So kam es denn, dass Huschkes Leistung auf diesem Gebiet so 
gut wie ganz unbeachtet und unbekannt geblieben ist, während ein 
gleichzeitig erschienenes Werk eines Ausländers, nämlich Gratiolets, nicht 
nur in der ganzen übrigen wissenschaftlichen Welt, sondern auch in 
Deutschland die allgemeinste Anerkennung und Verbreitung gefun- 
den hat. | 

Gratiolet unterscheidet in seinem bekannten und berühmten Memoire 
sur les Plis cerebreaux de l’ Homme et des Primates Paris 1854. die 
gewöhnlichen fünf Lappen an jeder Hemisphäre: Lobe central, frontal, 
parietal, occipital und temporal. Allein schon bei dem Stirnlappen 
ist er nicht einig mit sich, ob er die hintere Grenze desselben vor oder 
hinter die erste Centralwindung legen soll. Noch unbestimmter bleiben 
.die Grenzen für «en Hinterhauptslappen. Bei den Affen freilich sind 
‚dieselben an der äusseren und inneren Fläche der Hemisphäre durch die 
Fiss. perpendicularis externa und interna leicht und bestimmt gegeben, 
allein an der unteren Fläche verzichtet er auch bei diesen ganz auf 
eine Abgrenzung zwischen Hinterhaupts- und Schläfenlappen, und nimmt 
hier einen Lobe temporo-sphenoidal an. Bei dem Menschen fällt nun 
auch noch die Fiss. perpend. externa fort, und so bleibt nur noch an 
der inneren Fläche die einzige Fiss. perpend. interna zur Begrenzung 
des Hinterhauptlappens übrig. Daher ist es nicht zu verwundern, wenn 
hier nun auch für die Bezeichnung und Ortsbestimmung der Windungen 
Zweifel und Unklarheiten entstehen. 

Was nämlich diese Windungen betrifft, so bezeichnet und beschreibt 
dieselben Gratiolet an der äusseren, inneren und unteren Fläche folgender- | 


396 


massen. An der äusseren Fläche des Stirnlappens drei Windungen: 
Pli frontal sup6erieur, moyen und inferieur ou surcilier; an der unteren 
Fläche Pli oder vielmehr Lobule orbitaire; an der inneren Pli de la 
zone externe und Pli de la zone interne, ersterer Nichts Anderes als 
die nach innen gelegene Partie des Pli frontal superieur, letzterer der 
vordere Theil des um den Balken herumgelagerten Gyrus cinguli. Zum 
Lobe parietal rechnet Gratiolet an der äusseren Seite den premier 
und second Pil ascendant (die beiden Rolandoschen Windungen) ferner 
einen Lobule du Pli marginal superieur, der von dem unteren Ende 
des deuxieme pli ascendant ausgeht, dem Menschen eigenthümlich sein 
soll und die Fossa Sylvii an ihrem oberen Ende nach oben begränzt; 
weiter einen Lobule du deuxieme pli ascendant, der von dem oberen Ende 
dieses deuxiöme pli ascendant ausgeht, und sich längs der fissura longi- 
tudinalis cerebri bis zu der Fiss. perpend. interna erstreckt, und endlich 
einen Plı courbe, der das obere Ende einer mit der Fossa Sylvii parallel 
verlaufenden Furche des Schläfenlappens umgiebt, und in den Pli temporal 
superleur als Pli marginal inf6rieur dieser Spalte übergeht. An der inneren 
Seite des Scheitellappens unterscheidet Gratiolet die Fortsetzung des Pli de 
la zone externe und interne des Stirnlappens, und an der inneren Seite 
des Lobule du deuxieme pli ascendant einen Lobule quadrilatöre, 
welcher die Fiss. perpend. int. von vorne begrenzt. An diese Windungen 
schliesst sich nun bei den Affen sogleich der Lobe occipital an, nach 
vorne begrenzt durch die Fiss. perpend. externe und den sogenannten . 
Öpercule als vorderer Rand dieses Lobe occipital. Unter dem Opercule 
versteckt liegen zwei obere Plis de Passage externes, von denen aber 
der erste sich nicht bei allen Affen findet, auch nicht bei allen bedeckt 
liegt; und dann die beiden unteren Plis de Passage externes, welche den 
Zusammenhang zwischen dem zweiten und dritten Pli oceipital und dem 
Pli temporal moyen darstellen. Bei dem Menschen sollen sich diese 
vier Plis de passage sehr .stark entwickelt finden und, da die Fiss. per- 
pend. externe und das Öpercule fehlen, oberflächlich liegen. 

An dem Öceipital-Lappen selbst unterscheidet Gratiolet an der 
hinteren und äusseren Seite einen Pli occipital superieur, moyen und 
inferieur, welche horizontal verlaufen und sich bis an die untere Fläche 
hinziehen. An der inneren Seite dieses Occipitallappen finden sich bei 


397 


den Affen noch zwei Plis de Passage internes, die den Lobule quadri- 
latere mit dem Hinterhauptslappen in Verbindung setzen, und beim 
Menschen fehlen; die- innere Fläche des Occipitallappens selbst nennt 
Gratiolet Lobule occipital. — Die Windungen an der äusseren Seite 
des Lobe temporal unterscheidet Gratiolet als Pli temporal superieur 
oder marginal inferieur, pli temporal moyen und inferieur, von 
welchen die beiden ersteren durch die Fissure parallele von einander 
getrennt werden und letzterer auch schon auf die untere Seite herum- 
greift. — Die untere Fläche des Schläfen- und Hinterhauptslappen wird, 
wie schon erwähnt, Lobe occipito-temporal genannt, und hier ausser 
dem Pli godronne (Fascia dendata), ein Pli temporal interne superieur 
s. unciforme (Gyrus Hippocampi), ein Pli temporal moyen interne, 
und ein Pli temporal inferieur externe, identisch mit dem Pli temporal 
inferieur, unterschieden, welche beide letzteren sich bis zur Spitze des 
Hinterhauptslappen erstrecken. Hier hört daher die Unterscheidung 
von einem Schläfen- und Hinterhauptslappen ganz auf. | 

Gratiolet hat unzweifelhaft wie Huschke, dessen Werk derselbe 
ebenso wenig kannte, wie Huschke dasjenige von Gratiolet, das 
Verdienst ganz selbstständig zum erstenmale ein vollständiges System 
der Hirnwindungen geschaffen zu haben, welches namentlich durch seine 
Erbauung auf dem vergleichend anatomischen Boden des Affengehirns 
grosse Vorzüge besass, und grössere Ansprüche erheben konnte, "als 
irgend eine frühere dahin gerichtete Bemühung. Seine im Ganzen glück- 
liche Einfachheit und Uebersichtlichkeit verschaffte ihm überall besonders 
in Frankreich und England unbedingte Auf- und Annahme. 

So sehr ich indessen seine Vorzüge anerkenne und namentlich 
historisch würdige, so hat es mir doch ohnmöglich geschienen, bei 
dieser Bearbeitung Gratiolets stehen zu bleiben. 

Gratiolet ist rein und ausschliesslich topographisch verfahren, ohne 
nach irgend einem typischen Bedingungsgrund oder einem Gesetz in der 
Entwicklung der einzelnen Windungen oder ihrer Hauptgruppen zu 
fragen oder wenigstens ohne einen solchen aufzufinden. Daher blieben 
schon bei den Affen viele Verhältnisse unverständlich und unverstanden; 
es blieb bei einer nüchternen Angabe des Vorkommens oder des Mangels, 
der grösseren oder geringeren Ausbildung einzelner Windungen, ohne 


398 


dass man für solche Verschiedenheiten irgend einen Schlüssel erblickte, 
und Manches wurde entschieden verkannt, weil es nur aus rein localem 
Gesichtspunkt aufgefasst wurde. Diese Mängel machen sich aber noch 
mehr und störender geltend, wenn man Gratiolets System auf den 
Menschen anzuwenden sucht, mit dessen Gehirn sich Gratiolet wohl 
überhaupt nicht in hinlänglich ausgedehntem Maasse beschäftigt hat. 
Befolgt man auch hier das rein locale Verfahren, sucht man Gratiolets 
Windungen rein nach ihrem localen Auftreten bei dem menschlichen 
Gehirn wiederzufinden, so wird man in die grössten Zweifel versetzt 
und sieht sich Willkührlichkeiten überlassen, die jede correcte An- 
wendung, namentlich jeden Vergleich, worauf es doch zuletzt zumeist 
ankommen wird, ohnmöglich machen. 

Das Gesagte gilt ganz vorzüglich für die hintere Partie des Scheitel- 
lappens und für den Hinterhauptslappen. Gratiolet hat hier allerdings 
das Verdienst, auf seine sogenannten Plis de Passage bei den Affen 
zuerst aufmerksam gemacht zu haben. Allein da er ihre Bedeutung 
gar nicht weiter erkannte, als dass sie einfach den Uebergang zwischen 
den beiden genannten Lappen vermitteln, so konnten sie bald da sein, 
bald fehlen, bald oben bald unten liegen, bald gross bald klein sein, 
sie hatten ja gar keinen weiteren Charakter, als an der genannten 
Grenze zu liegen, und nicht leicht werden daher wohl zwei Beobachter 
über ihr Verhalten, ihre Lage, ihre Ausdehnung an demselben, geschweige 
denn an ‚verschiedene Gehirnen in Uebereinstimmung sein. Der Name 
Pli de Passage ist daher auch der reinste Lückenbüsser geworden, die 
Bezeichnungen werden aufs Gerathewohl an die ohngefähr betreffenden 
Stellen der Abbildungen gesetzt, und damit ist es abgethan, aber sich 
belehren und sich Rath erhohlen für den Fall, den man unter den 
Händen hat, kann man nicht. Aber auch an dem Stirn- und Schläfen- 
lappen stösst man wegen der ausschliesslichen Anwendung des Localitäts- 
Principes auf Zweifel, unmotivirte Trennungen und wie ich glaube 
selbst Unrichtigkeiten, welche eine fernere Entwicklung dieser Lehre 
beseitigen muss. 

Reichert hat in seinem Werk über den Bau des menschlichen Ge- 
hirns Bd. II. p. 88 ausdrücklich auf eine genauere topographische 
Beschreibung der Furchen und Windungen des menschlichen Gehirns 


399 


verzichtet. Allein er ist dennoch auf ihre Entstehung und Bildung bei 
dem Embryo ziemlich ausführlich eingegangen, weil er gewiss mit Recht 
der Ansicht ist, dass das Typische im complicirten Bau der Gyri an 
den menschlichen grossen Hemisphären aus der Bildungsgeschichte nach- 
zuweisen sei (p. 78). Ich werde später auf diese Darstellung der 
Entwicklung der Windungen durch Reichert zurückkommen; übergehe sie 
aber hier um Wiederholungen zu vermeiden. — Ausserdem macht 
Reichert darauf aufmerksam, dass die charakteristische Form und 
Anordnung der Windungen eine auffällige Uebereinstimmung mit dem 
Typus der Verästelungen und dem Verlauf der meist in den Furchen 
hinziehenden stärkeren Aeste der Hirnarterien zeigt. 

R. Wagner hat in seinen Vorstudien zur Morphologie und Phy- 
siologie des menschlichen Gehirns zu den Leistungen Huschkes und 
Gratiolets Nichts wesentlich Neues hinzufügt. Denn obwohl er die 
Mängel der Darstellung dieser seiner Vorgänger namentlich in der 
Scheitel- und Hinterhauptsgegend wohl erkannte, Gratiolets Plis de 
Passage von der Bezeichnung der Windungen des menschlichen Gehirnes 
ausschloss, und ausser den beiden Centralwindungen nur drei Stirn-, 
drei Scheitel-, drei Hinterhaupts- und drei Schläfen- Windungen unter- 
schied, so gelang es ihm dadurch doch in keiner Weise die Scheitel 
und Hinterhauptswindungen besser zu charakterisiren, als seinen Vor- 
gängern Huschke und Gratiolet. Jeder der diese sechs Windungen an 
verschiedenen Gehirnen aufsuchen und feststellen will, wird sich immer 
in Verlegenheit befinden, wohin er sie verlegen soll, da ihnen Wagner 
gar keinen bestimmten Charakter zu ertheilen vermochte. Wagners 
Arbeiten haben daher der Lehre von den Hirnwindungen nur durch 
grössere Verbreitung nicht durch weitere Entwicklung genutzt. 

Auch eine in England erschienene Darstellung der Hirnwindungen 
des Menschen von W. Turner Edinb. Medic. Journal June 1866. auch 
in einem Separatabdruck: The convolutions of the Human Cerebrum 
topographically considered Edinburgh 1866, weicht nicht von der 
Gratiolets und Huxleys ab. Derselbe unterscheidet nur noch eine un- 
mittelbar hinter der hinteren Centralwindung aufsteigende und sich 
dann rückwärts wendende Spalte, Intraparietal fissure, welche nach 

Abh.d.Il.Cl.d.k. Ak.d. Wiss. X.Bd.II. Abth. 51 


400 


meinen Beobachtungen allerdings beim Fötus als eine typische Furche 
auftritt, in ihrer weiteren Gestaltung aber wie ich glaube zeigen zu 
können, von Turner verkannt, und bei dem Erwachsenen keinenfalls in 
der von ihm angegebenen Weise vorhanden ist. 

Vor Kurzem ist endlich noch eine Habilitationsschrift von Dr. Pansch 
in Kiel: De Suleis et Gyris in cerebris Simiarum et Hominum. Eutin 
1867. 4to erschienen, in welcher derselbe folgende Windungen annimmt. 

An dem Stirnlappen beschreibt Dr. Pansch die gewöhnlichen drei 
Furchen und Windungszüge und die auf der Orbitalfläche, wobei der- 
selbe indessen die vordere Centralwindung zum Stirnlappen rechnet. 
Die Windungen des Scheitellappens erklärt er für sehr bestimmt 
und deutlich charakterisirt, und unterscheidet deren nur zwei an der 
äusseren Seite, nämlich einen Gyr. par. superior, das ist die hintere Cen- 
tralwindung inclusive Huschkes Vorzwickel und Gratiolets Lobule du 
3”° pli ascendant und pli de passage externe sup. et interne sup. et inf.; 
und einen Gyrus parietalis inferior d.i. Huschkes Lob. tuberis und auf- 
steigender Ast zum hinteren Scheitelläppchen und Gratiolets Pli courbe 
mit den plis de passage ext. inf. An der inneren Seite des Stirn- und 
Scheitellappens nimmt er nur eine Windung an, nämlich einen Gyrus 
fronto parietalis d. i. die bekannte Bogenwindung oder den Gyrus 
einguli. Am Occipitallappen unterscheidet er einen Gyrus ocecipit. 
sup. med. und inf., die mit denen von Gratiolet und Wagner ziemlich 
übereinstimmen. Ebenso am Temporallappen einen Gyrus temp. 
sup. med. und inf. und an der unteren Fläche einen Gyrus ocecipito- 
temp. lateralis und occipito-temp. medius, welche er dem Lobulus 
fusiformis und lingualis Huschkes, aber auch zugleich dem Gyrus 
Hippocampi Gratiolets und Wagners parallelisirt. 

Die Abfassung dieser Schrift in der officiellen lateinischen Sprache 
ist leider Schuld, dass dieselbe in Beziehung auf Verständlichkeit und 
Uebersichtlichkeit sehr schwierig ist. Bei dem Mangel einer grösseren 
Zahl von Abbildungen so wie eines reicheren Materiales an Affengehirnen 
ist mir die Ansicht des Verfassers oft unverständlich geblieben und 
habe ich nicht so auf dieselbe eingehen können, wie es sonst mein 
Wunsch und meine Aufgabe gewesen wäre. Uebrigens sind die Unter- 
suchungen des Verfassers grösstentheils nur auf das Gehirn der Affen 


401 


gerichtet, wie schon die oben mitgetheilte Zahl der von ihm angenom- 
menen Windungen anzeigt. 

Bei diesem Stande der Lehre von den Windungen des grossen 
Gehirnes des Menschen, und wenn ich sie auf dieses Gehirn des Menschen, 
in Anwendung zu setzen versuchte, schien es mir keineswegs über- 
flüssig, dieselbe einer neuen Bearbeitung zu unterwerfen. 

Meine Hülfsmittel dabei waren folgende: Erstens die Gehirne 
erwachsener Menschen die mir in grosser Zahl zu Gebote standen. 
Schon seit 25 Jahren bediene ich mich der Injection von Chlorzinklösung 
in die Leichen zu deren Conservirung, und habe dabei die Bemerkung 
gemacht, dass dieses Verfahren oder auch das blosse Einlegen in Chlor- 
zinklösung, ganz vorzüglich geeignet ist, um das Gehirn einem genaueren 
Studium zugänglich zu machen !). Es wird dadurch erhärtet, aber nicht 
in der Art wie durch Weingeist, der das Gehirn zwar hart, dann aber 
auch unnachgiebig und brüchig macht. Das Chlorzink erhält das Gehirn 
nachgiebig und zähe und giebt ihm doch die nöthige Festigkeit. Zu- 
gleich gewährt das Chlorzink den grossen Vortheil, dass man die Pia 
mater sehr leicht, sehr rein und glatt, und sehr schnell von dem Ge- 
hirn und aus den Furchen entfernen kann, was bei in Weingeist ge- 
legenen Gehirnen durchaus nicht der Fall ist. So kann man an einem 
mit Chlorzink behandelten Gehirn die Windungen ganz vollständig von 
einander sondern, zwischen sie mit den Fingern eindringen, sie hin und 
her legen und wenden, die verschiedenen Tiefen der Einschnitte unter- 
suchen, und die Augen mit den Fingern unterstützen, um die richtige 
Gruppirung der Windungen aufzufassen. Dieses Alles gewährt eine 
solche Erleichterung für das Studium der Hirnoberfläche, dass ich dieses 
Verfahren nicht genug empfehlen kann. Nur muss ich bemerken, dass 
man das Gehirn nicht zu lange in Chlorzink liegen lassen darf. Da 
dieses Präparat immer sauer reagirt, so bringt es, nachdem es zuerst 
das Eiweis gerinnen gemacht, später eine Erweichung hervor. Dieser 


1) Aus einer Note bei Gratiolet 1 1. p. 11 ist zu ersehen, dass ein Pariser Modelleur Stalh 
sich ebenfalls des Chlorzinks zur Erhärtung des Gehirns bediente, um nachher einen Ab- 
guss von demselben zu machen, es scheint aber nicht, dass Gratiolet dasselbe Verfahren 
bei seinen anatomischen Untersuchungen des Gehirns angewendet hat. 


Si 


402 


Wirkung muss man durch späteres Einbringen in nicht zu starken 
Weingeist vorbeugen. 

Zweitens. Zahlreiche Gehirne von menschlichen Embryonen ausallen 
Entwicklungsstadien. Für das Studium der Gehirne dieser Embryonen hat 
mir die erwähnte Methode der Behandlung mit Chlorzink ganz vorzüg- 
liche Dienste geleistet. Jeder der sich mit denselben beschäftigt hat, 
wird wissen, welche grosse Schwierigkeit ihre Herausnahme und Be- 
handlung im frischen Zustande hat; sie ist fast ohnmöglich. Legt man 
die Embryonen erst in Weingeist, so erhält man nie eine Ansicht der 
natürlichen Verhältnisse der Gehirne und ihre Befreiung von der ver- 
hältnissmässig sehr entwickelten Gefässhaut ist schwierig. Ich injieire 
die ganzen Embryonen durch die Nabelvene mit Chlorzink, entferne 
noch die Kopfbedekungen, lege die Embryonen einige Tage in Chlor- 
zink, und dann gelingt es meist leicht, die Gehirne in der besten Be- 
schaffenheit herauszubringen. Ich besitze eine grosse Reihe von Em- 
bryonen-Gehirnen von den ersten 4—6 Wochen an. 

Drittens stand mir eine Anzahl allerdings bereits in Weingeist 
erhärteter Affengehirne zu Gebote: nämlich mehrere Exemplare von 
Ceropithecus sabaeus, Macacus cynomolgus und nemestrinus, Cynoce- 
phalus Maimon und Sphinx unserer hiesigen Sammlungen. Herr Prof, 
Leuckart in Giessen hat mir mit grosser Liberalität und Freundlichkeit 
das schon von R. Wagner benutzte Gehirn eines jungen Orang, dann 
die Gehirne von JnnuusRhesus, Semnopithecus maurus, Callithrix sciureus, 
Hapale Jachus und Lemur tardigradus, nach den Bezeichnungen Söm- 
merings, von welchem diese Gehirne herrühren, zur Untersuchung über- 
sendet. Leider fehlten mir Gehirne von Ateles, Hylobates, Chimpanse, 
die besonders wünschenswerth gewesen wären. 

Als viertes Hülfsmittel benutzte ich Darstellungen der Gehirne in 
Wachs- oder auch Gyps-Abgüssen. Da Jeder, der sich eigenhändig mit 
dem Studium von Gehirnen beschäftigt, leicht die Bemerkung macht, 
wie sehr die aus dem Schädel herausgenommenen Gehirne ihre ihnen 
in der Schädelhöhle zukommende Gestalt und Form verlieren, mag man 
sie auch noch so vorsichtig behandeln und erhärten, so habe ich schon 
seit vielen Jahren die Methode in Anwendung gebracht, genaue Abgüsse 
der Schädelhöhle anfertigen und auf diese die Windungen ganz genau 


403 


aufbossiren zu lassen. Schon vor 10 Jahren habe ich solche Gehirn- 
darstellungen des Elephanten, Wallfisches, Orang-Outang und Delphins 
durch den Modelleur Zeiler hieselbst zum Verkauf anbieten lassen. In 
gleicher Weise habe ich die Gehirne bekannter und ausgezeichneter In- 
dividuen, ferner eine Reihe von 32 Darstellungen der Entwicklung des 
Gehirnes in ihren Hauptstadien nach der Natur und endlich eine Reihe 
von Affengehirnen der verschiedensten Arten, von denen ich die Schädel 
und zuverlässige Zeichnungen besass, anfertigen lassen. 

Durch die Benutzung dieses Materials glaube ich in den Stand ge- 
setzt zu sein, mich bestimmter und sicherer in der Topographie des 
grossen Gehirns und seiner Windungen orientiren zu können, als dieses 
bisher möglich war. Ich theile das Resultat dieser Untersuchungen in 
Folgendem mit, wobei ich vorausschicke, dass ich mich möglichst an 
die bereits von früheren Beobachtern, namentlich von Huschke, Gratiolet 
und R. Wagner eingeführten Lehren und Bezeichnungen anschliessen, 
und dieselben nur weiter auszuführen und in dieser Ausführung voll- 
ständiger zu begründen suchen werde. Es wäre vielleicht möglich ge- 
wesen, ein ganz neues und vollständigeres System der Anordnung der 
Gehirnwindungen zu geben, und ich bin überzeugt, dass einst ein solches 
sich entwickeln und das jetzige verdrängen wird. Allein dieses schien 
mir jetzt noch zu früh. Es ist nothwendie, dass die Lehre über die 
Anordnung der Gehirnwindungen, wie sie jetzt gegeben werden kann, 
sich erst mehr befestigt und verallgemeinert. Würde man jetzt schon 
mehr ins Detail gehen, und eine speciellere Entwicklung dieser Anord- 
nung aller einzelnen Windungen versuchen, so würde man der allge- 
meinen Kenntniss dieser Verhältnisse, die bis jetzt noch sehr gering 
ist, schaden. Die Sache würde schwierig, verwickelt und das Verständ- 
niss erschwert werden. Viele würden davor zurückschrecken, etwas 
Künstliches und Gezwungenes darin erblicken, und sie lieber ganz liegen 
lassen. Ist das Einfachere erst einmal Gemeingut geworden, hat man 
sich erst einmal allgemein überzeugt, dass das scheinbare Chaos der 
Windungen des menschlichen Gehirns eben nicht so gross ist als es 
scheint und dass die individuellen Verschiedenheiten nicht so gross 
sind als man auf den ersten Blick meint, dann wird es Zeit sein weiter 


404 


zu gehen, noch tiefer einzudringen, und den Schlüssel zu diesen Mannig- 
faltigkeiten zu suchen. 

Ich werde auf den nachfolgenden Blättern zunächst von der Ein- 
theilung der Groshirnhemisphären in sogenannte Lappen und dann von 
der Anordnung der Windungen an der Oberfläche derselben bei dem 
erwachsenen Menschen handeln. Hierauf folgt eine Darstellung der 
Entwicklung derselben bei dem menschlichen Fötus und endlich 
die Beschreibung der Anordnung dieser Windungen bei den Affen. Der 
Schluss soll dem Vergleich der Grosshirnwindungen des Menschen und 
der Affen gewidmet sein. 


I. 
Von der Eintheilung der Grosshirnhemisphären in Lappen. 


Es unterliegt keinem Zweifel, dass man zur Örientirung in der 
Topographie der Windungen der grossen Hemisphären des Gehirns zuerst 
von ihren grösseren Abtheilungen ausgehen muss, wie das auch im All- 
gemeinen bisher immer geschehen ist. Allein es fragt sich, welches 
Princip man dabei zu Grunde legen soll. 

Auf den ersten Blick erscheint Nichts einfacher und naturgemässer 
als von dem Object, von den Hemisphären selbst auszugehen, wie dieses 
auch gewöhnlich geschieht, und sich an die durch äusserliche Theilungen 
oder tiefere Einschnitte, Fissuren, an dem Gehirn gegebenen Abtheilungen 
zu halten. Als man dabei leicht erkannte, dass diese wieder im 
Allgemeinen mit den bekannten Abtheilungen und der Zusammensetzung 
des Schädels übereinstimmen, so hat man, auf beides begründet, die 
bekannten Abtheilungen, in Stirn-, Scheitel-, Hinterhaupts- und Schläfen- 
Lappen gebaut. Geht man aber dabei genauer auf das bisherige Ver- 
fahren ein, so sieht man bald, dass diese beiden Principien der Ein- 
theilung doch nicht überall gleichmässig Platz greifen, desshalb auch 
nicht gleichmässig durchgeführt wurden, und bald das Eine bald das 
Andere angewendet worden ist. 

Der Erste, welcher von einer Eintheilung des Gehirns in einzelne 
Abtheilungen: Prominentiae spricht, scheint Varoli gewesen zu sein. 


405 


In seiner Schrift: Anatomia sive de resolutione corporis humani Libri III 
1591 zählt er drei solcher prominentiae auf, eine vordere, mittlere und 
hintere. R. Willis nahm dagegen in seiner Cerebri Anatome 1664 nur 
zwei Lappen einen vorderen und hinteren an. 

Auch Sömmering unterscheidet in seiner Gehirn- und Nervenlehre 
nur zwei Lappen, einen vorderen und hinteren und sagt nur p. 24: 
Andere theilen den grösseren hinteren Hirnlappen nochmals und nennen 
das vordere Stück desselben den mittleren Lappen, das hintere Stück 
aber, das, auf dem Zelte ruht, den hinteren Lappen, dessen Abtheilung 
gewöhnlich nur auf der inneren Fläche durch eine schräg hinablaufende 
Furche sehr genau bestimmt ist. Ebenso sagt Meckel, Handbuch der 
Anatomie IIl p. 479: Jede Hirnhälfte wird im Allgemeinen in zwei 
Lappen, einen vorderen und einen hinteren getheilt. Beide werden durch 
die Sylvische Spalte, doch nur unten und auf der Seite von einander 
abgesondert. Den hinteren Lappen theilt man häufig wieder in einen 
mittleren und hinteren, von welchen letzterer den auf dem Hirnzelt 
ruhenden Theil bildet, äusserlich nicht, aber an der inneren Fläche 
durch eine schief von oben und hinten nach unten und vorn verlaufende 
Furche, an der unteren durch einen seichten Eindruck von dem mitt- 
leren abgegränzt wird. 

Burdach: Bau und Leben des Gehirns 1822. $205 und folgende 
Bd. II p. 166 benützt vorzüglich die tieferen Einschnitte an dem Mantel 
zur Bezeichnung der Lappen, aber auch die Verhältnisse zu den Schädel- 
knochen. Die Vorderlappen, sagt er, liegen in der vom Stirnbein 
gebildeten vorderen Abtheilung der Schädelhöhle und füllen diese meist 
aus, so dass die Kranznath ihre Grenze bezeichnet, wenn sie nicht 
weiter hinter dieser gelegen ist,.... nach hinten hängt er mit dem 
Stamm- und Oberlappen zusammen und seine Grenze wird hier nach 
aussen und innen von der Vorderspalte, nach innen und unten durch 
den Randwulst am hinteren Ende der unteren Flächen bezeichnet..... 
Die Oberlappen liegen innerhalb der Scheitelbeine, welche ihnen ent- 
sprechen, so dass die Kranznath und die Lambdanath ziemlich ihre vor- 
dere und hintere Grenze bezeichnen. An ihrer oberen und inneren Seite 
gehen sie in die vorderen, hinteren und unteren Lappen unmittelbar 
über; aber nach aussen scheiden sie sich von denselben ab (nämlich 


406 


durch die Fortsetzung der Fossa Sylvii nach hinten). Den Klappdeckel 
rechnet er ganz zu dem Oberlappen. Von dem Unterlappen sagt er 
nur: Er liegt in der mittleren Grube der Schädelhöhle, aber von seiner 
Abgrenzung nach hinten bemerkt er nichts..... Der Hinterlappen 
wird an seiner inneren Fläche durch die Hinterspalte begränzt; an der 
oberen Fläche kommt diese der Unterspalte (Fossa Sylvii) ziemlich nahe, 
so dass auch hier eine Abgrenzung anzunehmen ist. Von einer Ab- 
grenzung an der unteren Fläche sagt Burdach weiter Nichts, als dass sie 
auf dem Zelte über dem kleinen Hirn liegt. 

In der Hildebrandt-Weber’schen Anatomie findet sich von 
dieser Eintheilung gar Nichts. Ebensowenig bei Rosenmüller-Weber. — 
Krause schliesst sich in seiner Anatomie p. 1006 und 1008 der Ein- 
theilung von Burdach an. Von dem Hinterlappen, sagt er, er sei an 
seiner unteren Fläche durch eine dem oberen Winkel der Pyramide des 
Felsenbeines entsprechende seichte, Furche, an seiner inneren Fläche 
durch die Hinterspalte (fissura posterior), welche von dem oberen Rande 
schräg nach vorn gegen die untere Fläche herab läuft, abgegrenzt; 
mache übrigens unten mit dem Mittel-, Unter- oder Schläfenlappen und 
oben mit dem Scheitellappen eine Masse aus. — Valentin folgt in Söm- 
merings Hirn- und Nervenlehre p. 160 ebenfalls der Burdach’schen Ein- 
theilung. Von dem hintern Lappen oder Hinterhauptslappen (Lobus 
posterior seu. oceipitalis) sagt er, er bedeckt den mittleren und hinteren 
Theil des kleinen Gehirns, bildet den hintersten Theil der Hemisphäre, 
wird vorzüglich von dem Unterlappen und zum Theil von dem Öber- 
lappen durch einen Windungseinschnitt (?) ziemlich bestimmt geschieden, 
und findet sich entsprechend der oberen Schuppe des Hinterhaupts- 
beines. — 

Arnold Handbuch der Anatomie ll p. 727 unterscheidet fünf 
Lappen: 1. Der Vorder- oder Stirnlappen, der unten durch die 
Fossa Sylvi, an der Seite durch die senkrechte Spalte begrenzt 
wird und oben dem Stirnbein, mit Ausnahme des obersten (hintersten) 
Theiles desselben, welches über den Stirnlappen hinwegragt und 
noch einen Theil des folgenden deckt, entspricht. 2. Der Scheitel- 
lappen wird noch von dem Stirnbein und vom grösseren vorderen Theil 
des Scheitelbeins bedeckt und an der äusseren Seite durch die senk- 


407 


rechte und wagrechte Fortsetzung der Fossa Sylvii begrenzt. 3. Der 
Hinterhauptslappen entspricht dem hinteren Theile der Scheitelbeine 
und der oberen Hälfte der Hinterhauptsschuppe, geht nach vorn und 
unten ohne bestimmte Grenzen in den Schläfenlappen über, so dass 
dieser als eine Verlängerung jenes erscheint, was, wie Arnold meint, 
auch durch die Entwicklungsgeschichte bestätigt werde, indem der 
Schläfenlappen von dem Hinterhauptslappen aus nach vorne und unten 
bis in die Sylvische Grube wachse. 4. Der Unter- oder Schläfen- 
lappen nimmt den Raum des Seitentheiles der mittleren Schädelgrube 
ein und wird nach vorne von der Sylvischen Grube, nach oben durch 
die horizontale Fortsetzung derselben begrenzt. 5. Der Zwischenlappen 
oder Stammlappen. 

Huschke hat in seinem Werk über Schädel und Hirn auch kein 
Princip für die Eintheilung des Hirns in Lappen gefunden und befolgt. 
Obgleich er p. 93 bezweifelt, dass das Gehirn sich nach dem Schädel, 
sondern eher dieser nach jenem richtet, folgt er doch der Kranznath, 
. welche mit dem aufsteigenden Aste der Sylvischen Grube zusammenfällt, 
um den Vorderlappen oder das Stirnhirn abzutrennen; er rechnet soviel 
.auf das Vorder- oder Stirnhirn, als von der Muschel des Stirnbeins und 
den kleinen Flügeln aufgenommen wird. Den Hinterlappen, sein Zwischen- 
scheitelhirn, trennt er (p. 62) durch einen hinter dem Balkenwulst 
senkrecht durch die Hemisphäre gezogenen Querschnitt. Doch sagt er, 
dass er künftig wohl die Hinterspalte und einen von ihr aus durch die 
äussere und untere Fläche der Hemisphäre gezogenen Schnitt zur Ab- 
trennung des Hinterlappens wählen werde. Ueber die Trennung des 
Unterlappens von dem Scheitellappen spricht sich Huschke nicht aus, 
doch wird er dazu unzweifelhaft den horizontalen Ast der Sylvischen 
Grube benützt haben. 

Reichert widmet der Eintheilung der Hemisphären in die gewöhn- 
lichen fünf Lappen keine besondere Aufmerksamkeit, weil sie auf keine 
genetischen Momente gebaut sei. Er gibt l. 1. p. 78 eine auf die Entwick- 
lungsgeschichte gebaute Darstellung der Formung der Hemisphären, 
welche für unseren Zweck keinen näheren Werth hat. Ich erwähne nur, 
dass Reichert noch p. 80 den Hinterhauptslappen als einen sich erst 


Abh.d.11.Cl.d.k.Ak.d. Wiss. X. Bd. II. Abth. 52 


408 


später entwickelnden Vorsprung des Mantels des Gehirns nach hinten, 
und daher nur als einen Nebenlappen, als ein Nebenende des hinteren 
unteren Schenkels des ursprünglich bogenförmig gestalteten Mantels 
betrachtet. 


Sappey unterscheidet in seinem Trait& d’Anatomie descriptivell 1. 
p. 68 nur einen vorderen und hinteren Lappen, die durch die Fossa 
Sylvii von einander getrennt werden und verwirft ausdrücklich die Ab- 
theilung der hinter der Fossa Sylvii gelegenen unteren Fläche der 
Hemisphären in einen Schläfen- und Hinterhauptslappen ganz. Auch 
von einer Trennung an der oberen und inneren Fläche erwähnt er 
weiter Nichts. 


Dass Gratiolet in seiner obenerwähnten Schrift die gewöhnliche 
Eintheilung in Stirn-, Scheitel-, Hinterhaupts- und Schläfenlappen 
beibehalten hat, habe ich schon angegeben. Ebenso aber auch, dass er 
in Beziehung auf die Feststellung der Grenze des Stirnlappens, ob durch 
die vordere Centralwindung oder durch die Centralspalte, geschwankt 
habe. Die Grenze zwischen Scheitel- und Hinterhauptslappen ist beim 
Menschen an der äusseren Fläche durch den Mangel einer Fissura per- 
pendicularis externa und durch das Hinzukommen der Plis de Passage 
ganz verwischt. Auf die Trennung des Hinterhaupts- und Schläfenlappen 
an der unteren Fläche hat er bei Affen und Menschen ganz verzichtet. 
Anderer Seits war es ein wichtiger Schritt, dass er zuerst auf die an 
der inneren Seite des Hinterlappens befindliche und bisher meist unbe- 
achtet gebliebene Fissura Hippocampi aufmerksam machte, auf die wir 
noch oft zu sprechen kommen werden. 


R. Wagner nimmt zwar in seinen bekannten verschiedenen Schriften 
über das Gehirn einen Stirn-, Scheitel-, Schläfen- und Hinterhaupts- 
oder Occipitallappen an, und trennt letzteren oben und innen wie Gra- 
tiolet durch die Fissura occipitalis interna; allein da er sich überhaupt 
nur auf die Betrachtung der äusseren und oberen Fläche der Hemi- 
sphären beschränkt, und die untere und innere nicht genauer berücksich- 
tigt, so beschäftigt er sich auch nicht mit der schärferen Trennung 
des Hinterhauptslappens an dieser unteren Fläche. Dennoch giebt er 


409 


an, dass die Oberfläche des Hinterlappens nach den Messungen seines 
Sohnes 18,5°/0o der Gesammtoberfläche der Hemisphären betrage. 


Auch der in neuerer Zeit in England so lebhaft geführte Streit 
über die Gegenwart eines Hinterlappens an dem Gehirn der Affen, hat 
keine genauere Bestimmungen der Grenzen der Hirnlappen überhaupt 
oder auch nur dieses Hinterlappens herbeigeführt. Die Bestimmung des 
letzteren durch Owen (Annals and Magaz. of. nat. hist. June 1861. p. 454) 
als ‚That part wich covers the posterior third of the cerebellum and 
extends beyond it“ konnte keinen Anspruch auf eine durch That- 
sachen allgemeiner befestigte Begründung machen. Auffallend ist mir 
nur noch die Abweichung oder vielmehr der Irrthum, den ich in Be- 
ziehung auf den vorderen oder aufsteigenden Schenkel der -Fossa Sylvii 
bei Turner 1.1. p.9 finde. Derselbe verlegt diesen Schenkel unmittelbar 
vor die vordere Centralwindung, und sagt, er thue dieses in Ueberein- 
stimmung mit Huxley, welcher denselben antero-parietal sulcus nenne. 
Huxley unterscheidet an der genannten Stelle (Proc. of the zool. soc. 
Vol. XXIX p. 257) allerdings einen solchen Sulcus, allein ich kann nicht 
finden, dass derselbe darunter den vorderen senkrechten Schenkel der 
Fossa Sylvii versteht, welcher auch in der That weit mehr nach vorn 
aufsteigt. Indessen kann ich auch den ganzen antero-parietal sulcus, 
so wie Turners intra-parietal fissure nicht zugeben, da in der bei 
weiten überwiegenden Mehrzahl der Fälle sowohl an die vordere als 
hintere Centralwindung sich unmittelbar andere Windungen anschliessen, 
durchgreifende Furchen also hier nicht vorhanden sind. 


Dr. Pansch benutzt die Fissura Rolando zur Abtrennung des Stirnlappens 
von dem Scheitellappen, so dass die vordere Centralwindung zu jenem, die 
hintere zu diesem gerechnet wird. Den Scheitellappen trennt er von dem 
Hinterhauptslappen durch die Fiss. occipit. int. Eine Grenze zwischen denı 
Hinterhauptslappen und Schläfenlappen an der unteren Fläche existirt 
nach -ihm nicht; man kann vielleicht eine untere Fläche an dem Hinter- 
hauptslappen ganz leugnen und ihn bis zur Fiss. Hippocampi und denı 
Sulcus temporalis inferior gehen lassen. Die äussere Fläche des Scheitel- 
lappens trennt er von der äusseren Fläche des Schläfenlappens durch 


eine vom Ende der Fiss. Sylvii nach der fiss. oceipital externa (bei 
52 


410 


den Affen) gezogene Senkrechte. An dem Schläfenlappen unterscheidet 
er ausser einem Sulcus temporalis superior oder der Parallelspalte noch 
einen Sulcus temp. medius und inferior. 


Wir sehen aus dieser Uebersicht verschiedener Autoren, dass die- 
selben zwar bei der Eintheilung der grossen Hemisphären in manchen 
Punkten übereinkommen, in anderen aber wesentlich von einander ab- 
weichen oder unsicher sind. Dieses ist namentlich in Beziehung auf 
den Hinterhauptslappen und seine Trennung vom Scheitel und Schläfen- 
lappen der Fall. Da es aber sehr nothwendig ist, über diese Frage 
ganz ins Reine und wo möglich zu einer Uebereinstimmung zu kommen, 
so habe ich die Prineipien für die gebräuchlichen Eintheilungen einer 
näheren Prüfung unterworfen. 


Ich habe desshalb zunächst an mehreren Schädeln Erwachsener 
das Verhältniss der Schädelnäthe zu dem in ihnen enthaltenen Gehirnen 
genauer festzustellen gesucht. Zu diesem Zweke durchbohrte ich die 
noch geschlossenen Schädel im Verlaufe der Kranz-Schuppen und Lambda- 
Nath an mehreren Stellen und führte durch diese Löcher Nadeln in das 
Gehirn ein, um dadurch an demselben den Verlauf jener Näthe genau 
zu bezeichnen. Ich fand, dass die Grenze der Kranznath nicht genau 
der jetzt fast allgemein angenommenen Grenze des Stirnlappen, nämlich 
der vorderen Centralwindung (Pli ascendant premier) entspricht. Nur 
an dem unteren Seitenrande ist dieses der Fall, wo die Kranznath mit 
dem unteren Ende der vorderen Centralwindung an ihrer Begrenzung 
der Fossa Sylvii so ziemlich zusammenfällt. Von da an aber weichen 
die Cenralwindungen weiter nach hinten gegen den Scheitel zurück, 
während die Kranznath mehr gerade aufsteigt. Die Entfernung beider 
von einander auf der Höhe der Hemisphäre kann 2 Centim. und darüber 
betragen. 


Der obere Winkel der Schuppe des Hinterhauptbeines oder die 
ehemalige kleine Fontanelle entspricht bei dem Erwachsenen dem oberen 
Ende der Fissura occipitales interna oder der Hinterspalte ziemlich 
genau, und das untere Ende der Lambdanath oder ihre Verbindung 
mit dem Warzentheil des Schläfenbeins einem oft vorhandenen Ein- 
schnitt an dem hinteren Theile des äusseren Randes der Hemisphäre. 


411 


Man kann demnach allerdings annehmen, dass der Verlauf der Lambda- 
nath der vorderen Grenze des Hinterhauptlappens gegen den Scheitel- 
lappen entspricht. 


Bei der Abgrenzung der Schuppennath des Schläfenbeins beobachte 
ich, dass dieselbe allerdings der Fossa Sylvii entspricht, aber nicht so 
weit hinaufgeht als diese Furche, sie vielmehr früher wieder verlässt 
und sich gegen den unteren äusseren Rand der Hemisphäre herabzieht. 
Der hiedurch abgegrenzte Schläfenlappen erreicht den Hinterhaupts- 
lappen nicht, sondern wird durch den unteren hinteren Winkel des 
Scheitellappens von diesem getrennt, so wie an dem Schädel sich der 
untere hintere Winkel des Scheitelbeins mit seinem sogenannten Margo 
mastoideus zwischen Schuppe des Schläfenbeins und Schuppe des Hinter- 
hauptes einschiebt; ein Verhältniss, welches mir an dem Hirn unerwartet 
war, in so ferne manche bisherige Autoren Schläfen und Hinterhaupts- 
lappen an. der äusseren und unteren Seite der Hemisphäre in einander 
übergehen lassen. 


Ich glaube, wir können daher allerdings bei dem erwachsenen 
Menschen die Verhältnisse der Schädeldeckknochen zu den Hemisphären 
benützen, um letztere in übereinstimmender Weise in einzelne Haupt- 
theile, Lappen, zu zerlegen. Allein wir dürfen dieses nicht als in einem 
genetischen Verhältniss begründet ansehen, und daher keine Uebertragung 
auf die Verhältnisse bei Thieren oder im jugendlichen Zustande als Kritik 
zulassen. Denn weder die Entwicklungsgeschichte noch die vergleichende 
Anatomie berechtigen dazu. 


In der ursprünglichen Bildung der grossen Hemisphären des Ge- 
hirnes liegt kein Grund zu einer Abtheilung derselben in verschiedene 
mit den Schädelknochen übereinstimmende Abschnitte. Sie. entwickeln 
sich bekanntlich als sogenanntes Vorderhirn durch Hervorwucherung 
aus dem vorderen Theile der vordersten primitiven Hirnblase, welcher 
sie demnach genetisch allein angehören. Der hintere Theil dieser Hirn- 
blase oder das sogenannte Zwischenhirn wird zum Streifenhügel, Sehhügel 
und Trichter, und nur zu diesen würde sich also eine genetische 
Beziehung in der Gestaltung der Hemisphären anfsuchen lassen, weil 


412 


beide aus demselben Primitiv-Theile hervorgehen. Wenn die Hemisphären- 
Blasen oder das sogenannte Vorderhirn später in gewissen Fällen, 
wie z. B. beim Menschen, die anderen Hirntheile, Mittelhirn, Hinterhirn 
und Nachhirn überwuchert und überdeckt, so ist dieses gewissermassen 
ein Zufall oder ein individuelles Verhalten, welches mannigfache Ver- 
schiedenheiten in der Wirbelthierreihe darbietet. Es besteht kein 
genetischer Zusammenhang zwischen der Entwicklung der Hemisphären 
und diesem Mittelhirne und Hinterhirne, so dass man nicht sagen kann, 
dass gewisse Theile jener in einer näheren Beziehung zu diesen ständen. 

Die Entwicklung des Schädels aber steht unzweifelhaft in genetischer 
Beziehung und Zusammenhang mit den drei primitiven Hirnblasen. 
Hinterhaupts-, grosser und kleiner Keilbein-Wirbel gehören dem Vorder- 
hirn, Mittel- und Hinterhirn an. Nur der kleine Keilbein-Wirbel, also 
kleine Flügel des Keilbeins und Stirnbeine und ihre Entwicklung 
schliessen sich genetisch an die Entwicklung der Hemisphären; die Ent- 
wicklung des grossen Keilbeinwirbels und Hinterhauptswirbels hat 
genetisch nichts mit der Entwicklung der zum Vorderhirn gehörigen 
Hemisphären zu thun. Sie gestalten sich allerdings je nach der Grösse 
der Entwicklung dieser, allen man kann durchaus nicht sagen, dass 
irgend ein Theil der Hemisphären genetisch zum grossen Keilbeinwirbel, 
ein anderer zum Hinterhauptswirbel gehöre. Das Verhältniss verschiedener 
Theile der Hemisphären zu diesen Wirbeln gestaltet sich also im Fort- 
gange der Entwicklung und des Wachsthums auch ganz verschieden. 
Es giebt z. B. eine lange Zeit im Fötusleben, wo die hinterste Partie 
der Hemisphären gar Nichts mit dem Hinterhauptswirbel und der 
Schuppe des Hinterhauptes zu thun hat, sondern letztere gar keinen 
Theil jener deckt und diese ganz vor und ausserhalb der Hinterhaupts- 
schuppe liegt. Erst nach der Geburt gestaltet sich das gesammte 
Hinterhaupt so, dass die Schuppe des Hinterhauptes auch einen Theil der 
hinteren Partie der Hemisphären überwölbt, von welchem man indessen 
desshalb nicht sagen kann, dass er zum Hinterhauptswirbel gehört, 
eben so wenig wie irgend ein Theil der Hemisphären zum grossen Keil- 
beinwirbel genetisch gehört. Dieses kann man, wie gesagt, nur vom 
kleinen Keilbeinwirbel sagen. 

Der Mangel einer solchen genetischen Beziehung zwischen den 


413 


einzelnen Abtheilungen der Hemisphären und denen des Schädels beweiset 
übrigens auch noch die vergleichende Anatomie. Denn bei den Affen, 
wo der Hinterhauptslappen des Gehirnes so gross und so deutlich ge- 
trennt ist, entspricht derselbe nicht im Mindesten der Schuppe des 
Hinterhauptsbeines, welche bekanntlich hier fast ganz senkrecht gestellt 
ist und somit gar keine Gehirnmasse umfasst. Bei den Halbaffen, wo 
ein Hinterhauptslappen der Hemisphären fast ganz fehlt, ist umgekehrt 
die Schuppe des Hinterhauptsbeines sehr stark entwickelt und greift 
weit nach vorne auf den Schädel. 


Wir können daher von dem Verhältnisse der Schädelwirbeldeck- 
knochen zu den verschiedenen Partien der grossen Hemisphären kein 
in der genetischen Beziehung beider zu einander begründetes Princip 
der Eintheilung letzterer in einzelne Abschnitte oder Lappen entnehmen. 


Anders aber verhält es sich, wie mir scheint, bei der Entwicklung 
der Hemisphären selbst, bei welcher eine Scheidung derselben in ver- 
schiedene Abschnitte sehr bestimmt und deutlich hervortritt. 


Der erste Schritt dazu erfolgt durch die Bildung der Fossa Sylvii. 
Dieselbe beginnt schon am Ende des dritten Fötus-Monates, erscheint 
als eine seichte Querfurche ohngefähr in der Mitte der unteren Fläche der 
Hemisphären und bewirkt hier vorläufig nur an der unteren Seite eine 
Abtheilung jeder Hemisphäre in einen vorderen und hinteren Lappen. 
Im Laufe des vierten Monates wird diese Abtheilung nicht nur an der 
unteren Fläche immer tiefer und deutlicher, sondern sie zieht sich auch 
an den äusseren Seitenrändern der Hemisphären etwas nach hinten ge- 
richtet hinauf, so dass der hintere Lappen sich in eine obere und 
untere Abtheilung, in den zukünftigen Scheitel- und Schläfenlappen zu 
scheiden anfängt. Im fünften Monate wird die Furche noch tiefer 
und ausser ihrem nach hinten sich hinziehenden Schenkel erscheint 
auch von der Stelle, wo sie sich nach hinten wendet ein grade auf- 
steigender. Doch ist die Grube hier an der Seite der Hemisphäre noch 
sehr weit und zwischen ihren beiden aufsteigenden Schenkeln erscheint 
die zukünftige Insel oder der Stammlappen als eine sanfte Erhabenheit 
noch ohne Furchen. Erst allmählig im sechsten und fortschreitend im 
siebten und achten Monat wird die ganze Fossa Sylviis durch eine 


414 


stärkere Entwicklung ihrer Ränder immer tiefer und enger; diese 
Ränder wölben sich mehr und mehr über sie zusammen und bedecken die 
Insel, die aber noch am Ende des Fötuslebens nach Entfernung der 
Hirnhäute, obwohl längst schon gefurcht, sichtbar ist. Die Abtrennung 
des Schläfenlappens durch den horizontalen und den nach hinten auf- 
steigenden Theil wird immer schärfer und stärker; der nach vorne senk- 
recht aufsteigende Theil, die sogenannte Fissura anterior, wird zwar auch 
enger und tiefer, und wird, wie wir später sehen werden, für die sich um 
sie herumbildenden Windungen von Bedeutung, allein diese Fissur greift 
nicht weiter an der Seite der Hemisphäre hinauf, und giebt hier keine 
Veranlassung zu einer weiteren Theilung des vorderen Theiles der Hemi- 
sphäre oder zu einer Scheidung desselben in einen Stirn- und Scheitellappen, 
wie Einige angenommen haben, sondern sie kann sogar durch die sich 
wie gesagt um sie herumbildenden Windungen ganz undeutlich werden, 
obgleich sie nie ganz verschwindet. (Vergl. Tab. IV. Fig. 7—13 A. A‘. A“) 
Die Scheidung der vorderen und oberen Abtheilung der Hemi- 
sphäre in einen vorderen und hinteren Theil, in einen Stirn- und 
Scheitellappen, erfolgt vielmehr, wie ich glaube, durch die im sechsten 
Monate senkrecht über die Mitte der Hemisphäre herabsteigende 
Centralfurche (B.) (Fissura Rolando), welche sich durch ihr frühes Auftreten, 
und durch ihre unverändert bleibende Richtung und Beschaffenheit, dass 
sie niemals von irgend einer Windung unterbrochen wird, und sich nur 
allmählig immer mehr nach hinten neigt, von allen anderen Furchen 
unterscheidet. y 
Schon vorher im 5. Monate erscheint aber an der inneren und 
unteren Fläche des hinteren Theiles der Hemisphäre die Hinterspalte 
oder senkrechte innere Occipitalspalte (C.) und mit ıhr zugleich die von 
Gratiolet vorzüglich hervorgehobene sogen. Hippocampus-Spalte (G.). Beide 
verhalten sich indessen in der ersten Zeit ihrer Entstehung anders zu 
einander als später, und ihr Verhältniss geht nur allmählig in das 
bleibende über. Bei dem Erwachsenen nämlich stellt sich die Sache 
so dar, dass man sagt: es findet sich an der inneren Seite des hinteren 
Theiles einer jeden Hemisphäre eine von dem um das Splenium corp. 
callosi sich herumschlagenden Gyrus Hippocampi ausgehende und hori- 
zontal nach hinten verlaufende, am hintersten Einde der Hemisphäre 


415 


meist in zwei kurze, nach oben und nach unten gerichteten Schenkel 
auslaufende Spalte, die Gratiolet eben wegen dieser ihrer Beziehung 
zum Gyrus Hippocampi, die Fissura hippocampi nannte. In sie mündet 
die von oben und hinten, schräg nach unten und vorn an derselben 
inneren Fläche des hinteren Theiles der Hemisphäre herab laufende 
Hinterspalte oder hintere senkrechte Occipitalspalte ein, so dass durch 
sie die Hippocampusspalte in einen inneren vorderen und äusseren 
hinteren Theil zerfällt. 

Bei der Bildung dieser Verhältnisse ist es aber. anders. Im 
5. Monat läuft an der ganzen inneren und unteren Fläche des hinteren 
Theiles der Hemisphäre in einiger Entfernung von dem Rande der 
grossen queren Hirnspalte und dem hier schon angelegten Gyrus 
Hippocampi, eine fast senkrechte und ein wenig von hinten und oben 
nach ‘vorn und unten gerichtete Furche herab, welche die Hinter- 
spalte und den inneren vordern Theil der Hippocampusspalte in sich 


“ fast. In der Mitte ihres Verlaufes stösst auf sie eine horizontal’ an 


der inneren Fläche des hinteren Theiles der Hemisphäre verlaufende 
Furche, welche später den äusseren hinteren Theil der Hippocampusspalte 
darstellt. Allmählis im Fortgange der Entwicklung, dadurch dass der 
ganze hintere Theil der Hemisphäre sich immer mehr nach unten umbiegt, 
verwandelt sich die Richtung und das Verhältniss beider Furchen zu 
einander ganz. Der vordere Theil der Hinterhauptsspalte wendet sich 
von da an wo die Hippocampusspalte auf sie stösst, immer mehr nach 
vorn und erscheint so nach und nach als eine Fortsetzung des hori- 
zontal verlaufenden hinteren und äusseren Theiles ' dieser Spalte, die 
Hinterspalte selbst aber mündet nun von oben ohngefähr in die Mitte 
des Verlaufes jener ein. 

Dieses anfänglich ganz verschiedene Verhalten der genannten beiden 
Spalten ist aber desshalb von Interesse, weil bei der ursprünglichen 
Richtung und Ausdehnung der Hinterspalte sie in der That an der in- 
neren und unteren Fläche dieses hintersten Theiles der Hemisphäre 
den Hinterlappen scharf abgränzt. Ausserdem macht sich im Anfang 
des sechsten Monates an der äusseren Seite dieses hinteren Theiles 
jeder Hemisphäre eine senkrecht herabsteigende Furche (Ü.) bemerkbar, die 
jener an der inneren und unteren Seite entspricht, so dass der Hinter- 

Abh. d. 11.C1.d.k. Ak.d. Wiss. X. Bd. I. Abth. 53 


& 


416 


lappen jetzt ganz gut begränzt erscheint. Reichert hat leider in seinen 
Abbildungen von Embryonen Gehirnen dieses Verhalten der genannten 
Spalten nicht dargestellt. Es findet sich aber ganz bestimmt ausge- 
sprochen. Die äussere senkrechte Furche geht aber im 7. und 8. 
Monate unter Ausbildung der anderen sich an dieser Aussenfläche des 
hinteren Theiles der Hemisphären entwickelnden Furchen und Wind- 
ungen wieder verloren, ohne dass ich im Stande wäre, zu behaupten, 
dass eine auch bei dem Erwachsenen nicht so selten an dieser äusseren 
Seite sich herabziehende Furche, und eine an dem Rande zwischen in- 
nerer und äusserer Fläche sehr oft sich findende Einkerbung als der 
Ueberrest oder die weitere Entwicklung jener primären Fötalfurche zu 
bezeichnen sei. Sie entspricht aber. offenbar der bei der Mehrzahl der 
Affen so auffallend und deutlich vorhandenen senkrechten äusseren 
Oceipitalfurche, welche bei ihnen Scheitel- und Hinterhauptslappen von 
einander trennt. 


Ich sehe mich auf diese Weise im Wiederspruch mit Arnold und 
Reichert, welche, wie ich oben angegeben, den Hinterlappen nur als 
einen späteren Auswuchs oder Verlängerung des hinteren Theiles der 
embryonalen Hemisphären betrachten: Ich behaupte im Gegentheil, dass 
derselbe wie alle übrigen Theile dieser Hemisphären sich allmählig aus 
dem anfangs noch nicht in einzelne Lappen unterscheidbaren Keime da 
entwickelt, wo er später bemerkt wird. Ja die Selbstständigkeit dieses 
Hinterlappens wird durch das frühe Auftreten der inneren senkrechten 
Occipital- und der Hippocampus-Spalte, sowie der transitorischen 
äusseren senkrechten Occipital-Furche ganz besonders bewiesen. 


Die Entwicklungsgeschichte befürwortet daher die Zerlegung einer 
jeden Hemisphäre in die gewöhnlich als Stirn-, Scheitel-, Hinterhaupts-, 
Schläfen- und Stammlappen bezeichneten Abtheilungen, und es ist um 
so mehr Gewicht darauf zu legen, weil, wie wir später sehen werden, 
dieselben Furchen, welche diese Abtheilungen bewirken, in sehr genauer 
Beziehung zu den sich um sie herumziehenden Windungen stehen. Es 
ist auch kein Grund vorhanden, die Benennungen der Abtheilungen zu 
ändern, da wenn sie gleich nicht auf einer genetischen Wechselbeziehung 
zwischen Hemisphäre und Schädel beruhen, sie doch grösstentheils den 


417 


Verhältnissen entsprechen, in welchen man beim erwachsenen Menschen 
die Hemisphären zu dem Schädel findet. 


Ich unterscheide daher mit Burdach und Denen, welche ihm gefolgt 

sind, folgende fünf grössere Abtheilungen oder Lappen an jeder 
Hemisphäre. 
1. Die Stirnlappen. (l.) Sie füllen in der That den vorderen Keil- 
beinwirbel aus, liegen in der Aushöhlung der Stirnbeine, auf den Augen- 
höhlendächern, gehen aber nach hinten weiter als bis zur Kranznath. 
Am Gehirn sind ‘sie an der unteren Fläche nach hinten durch den 
horizontalen Stamm der Fossa Sylvii scharf abgegrenzt; an der äusseren 
und oberen Fläche ist es die vordere Rolando’sche oder Centralwindung 
“ (Premier pli ascendant. Grat.), welche sie von den Scheitellappen leicht 
erkennbar scheidet. 


Dass ich eine unmittelbar vor der vorderen Oentralwindung in die 
Höhe steigende Furche, Huxleys und Turners Sulcus antero-parietal über- 
haupt nicht und also auch nicht als hintere seitliche Grenze des Stirn- 
lappens anerkennen kann, habe ich schon oben erwähnt; denn ein solcher 
Suleus existirt nicht, da die vordere Oentralwindung stets wenigstens durch 
drei von ihr ausgehende Brücken mit den Stirnwindungen in Verbindung 
steht. Ebensowenig kann ich den senkrecht aufsteigenden vorderen Schenkel 
der Fossa Sylvii als hintere seitliche Grenze des Stirnlappens gelten lassen, 
da er zu weit nach vorne fällt, jedenfalls nur eine sehr unvollständige 
Trennung hervorbringen ‚würde, endlich auch, wie wir noch weiter sehen 
werden, eine ganz andere Bedeutung hat. 


Darin, dass ich die vordere Centralwindung und nicht die Central- 
spalte als Grenze für den Stirnlappen bezeichne, liegt vielleicht eine 
Inconsequenz. Allein einmal kann man immer mit Recht sagen, die eine 
solche Furche begrenzenden Windungen machen mit ihr ein Ganzes 
aus; dann aber würde eine solche Zerreissung der Centralspalte und 
ihrer sie einschliessenden Windungen, wovon die eine zum Stirn- die 
andere zum Scheitellappen gerechnet werden würde, etwas Unnatürliches 
sein; und endlich würde durch das Hinzurechnen der vorderen Central- 
windung zum Stirnlappen dieser doch eine gar zu grosse Ausdehnung 
nach hinten, weit über die Höhe der Kranznath hinaus, erhalten. 

93% 


418 

An der inneren Seite einer jeden Hemisphäre ist die Grenze 
zwischen Stirnlappen und Scheitellappen ebenfalls durch die sich in 
in die grosse Längs-Hirnspalte hineinsenkende vordere Centralwindung 
angedeutet, die sich aber nicht bis auf den Balken herabzieht, vielmehr 
ist dieser bekanntlich der Länge nach von dem Zwingenwulst (Gyrus 
cinguli) bedeckt, welcher daher hier die Trennung des Stirnlappens von 
dem Scheitellappen überbrückt. Die Trennung der Stirnwindungen von 
dem Zwingenwulst wird durch eine Längsfurche, Grand Sillon du lobe 
fronto parietal Grat., besser Sulcus calloso marginalis Huxley, hervorgebracht. 

2. Die Seele Meppen (IL) Diese liegen unter den Scheitelbeinen 
und werden in ihrer ganzen Ausdehnung von diesen Deckplatten des 
zweiten oder grossen Keilbeinwirbels an ihrer oberen äusseren Fläche 
bedeckt. Sie reichen also bis zurLambdanath und von der Pfeilnath bis 
zur Schuppennath des Schläfenbeins. An den Hemisphären selbst werden 
sie natürlich nach vorne von den Stirnlappen durch die vordere Central- 
windung getrennt. Nach hinten ist ihre Trennung von dem Hinterhaupts- 
lappen nur an der inneren Seite durch die senkrecht und nach vorne 
herabsteigende Hinterspalte, Fissura occipitalis perpendicularis interna, 
scharf bezeichnet. An der äusseren Seite ist die Scheidung vom Hinter- 
hauptslappen undeutlich und nur manchmal durch eine senkrecht sich 
herabziehende Furche, Sulcus oceipitalis perpendicularis externus, und durch 


eine Einkerbung an dem unteren äussere Rande, welche indessen beide. 


meist fehlen, angedeutet. Der vordere Theil des unteren äusseren Randes 
wird begrenzt durch die Fossa Sylvii; der hintere Theil desselben zieht 
sich entsprechend dem unteren hinteren Winkel des Scheitelbeins herab bis 
an den unteren Rand der Hemisphäre und trennt hier den Hinterhaupts- 
lappen von dem Schläfenlappen, mit welch letzterem er genau zusammen- 
hängt. 

Ich lasse also diese Scheitellappen sich bedeutend weiter nach 
hinten erstrecken, als dieses Gratiolet thut, trotzdem dass er ebenfalls 
die Fissura oceipitalis perpendicularis interna als Grenze zwischen 
Scheitel- und Hinterhauptslappen bezeichnet. Denn ich rechne seine 
vier Plis de Passage externes, welche er ziemlich inconsequent zu dem 
Hinterhauptslappen zählt, zu den Theilen des Scheitellappens. 

3. Die Hinterhauptslappen. (IIl.) Die Begrenzung derselben ist am 


419 


Gehirne am undeutlichsten ausgesprochen, daher ist sie am verschiedensten 
angegeben und in der neueren Zeit vielfach bestritten worden. Halten 
wir uns dabei zunächst wieder an den Schädel, so füllen sie allerdings 
nur denjenigen Theil der Höhlung der Hinterhauptsschuppe aus, der 
über dem Hirnzelt liegt und bis an den oberen Winkel der Pyramide 
des Felsenbein grenzt. Am Gehirn wird die Scheidung des Hinterhaupts- 
lappens von dem Scheitellappen an der inneren Seite jeder Hemisphäre 
durch die schräg von oben und hinten nach unten und vorn herabsteigende 
Hinterspalte (Fissura occipitalis perpendicularis interna) bewerkstelligt. 
Ihr oberer Anfang an dem inneren Rande jeder Hemisphäre entspricht ganz 
genau der oberen Spitze der Schuppe des Hinterhauptsbeines oder der 
kleinen Fontanelle, dann wendet sie sich aber schräg nach vorne gegen 
das Splenium corporis callosi, wo sie in die Fissura Hippocampi über- 
geht. Diese Richtung ist meiner Ansicht nach ganz charakteristisch; 
denn während sie Anfangs beim Embryo fast senkrecht nach unten 
geht, zeigt ihre spätere Richtung nach vorne und unten, dass bei der 
späteren stärkeren Entwicklung der ganzen hinteren Partie der Hemi- 
sphäre die Gehirnmasse nach hinten, unten und vorwärts gedrängt wird 
und der Hinterhauptslappen an der unteren Fläche dann weiter nach vorne 
reicht als an der oberen. An dieser unteren Fläche erstreckt sich der 
Hinterhauptslappen desshalb bis an den oberen Winkel der Pyramide 
des Felsenbeins nach vorne, was man nur an dem ganz frischen und 
noch nicht weichen, oder an dem in der Schädelhöhle erhärteten Gehirn 
an einer seichten durch diesen oberen Winkel der Felsenbein-Pyramide 
hervorgebrachten Furche erkennt, die nach der Herausnahme des Ge- 
hirns bald verloren geht. Ihr entspricht der vordere Rand der Hemi- 
sphären des kleinen Gehirns, wenn dieses noch in seiner richtigen 
Lage, und nicht wie gewöhnlich nach hinten gesunken ist. An den 
Windungen und Furchen der unteren Fläche des Hemisphäre ist sonst 
die Grenze leider nicht deutlich gegeben, weil hier die Windungen des 
Hinterhauptes mit denen der unteren Fläche des Schläfenlappens zu- 
sammenfliessen. Doch werde ich bei der Beschreibung dieser Windungen 
an der unteren Fläche beider Lappen noch angeben, dass sehr oft 
allerdings diese Grenze durch bestimmte Furchen und durch den Ver- 
lauf der Arterien bezeichnet wird. An der äusseren Seite sollte der 


420 


Hinterhauptslappen von dem Scheitellappen durch die schräg nach vorn 
herabsteigende fissura occipitalis perpendicularis externa getrennt sein. 
Allein ich habe schon gesagt, dass diese meistens ganz fehlt; die Grenze 
wird also nur durch eine ideale von dem oberen Eingang in die fissura 
perpendicularis interna gegen den unteren Rand der Hemisphäre schräg 
nach vorn herabgezogene Linie und eine hier oft bemerkbare Einkerbung 
bezeichnet, während sonst die Windungen des Hinterhaupts- und Scheitel- 
lappens in einander übergehen. 

4. Die Schläfenlappen. (IV.) Diese sind im Allgemeinen sehr gut ab- 
gegrenzt, weil sie in den mittleren Schädelgruben liegen und diese ganz 
ausfüllen. Am Gehirn begrenzt sie nach vorne der horizontale Stamm 
der Fossa Sylvii. Nach oben trennt sie der nach hinten heraufziehende 
Schenkel dieser Grube von den Scheitellappen. Nach hinten und an der 
unteren Fläche hängen sie indessen, wie schon erwähnt, mit dem Scheitel- 
und Hinterhauptslappen zusammen, und das bei diesen in Betreff der 
Trennung Gesagte gilt natürlich auch hier. 

Man bemerkt an dem Schläfenlappen mehrere Längsfurchen, deren 
ich schon hier Erwähnung thun will. Die eine ist die mit der Fossa 
.‚Sylvii parallel verlaufende Fissura parallela Gratiolets oder Sulcus tem- 
poralis superior Pansch, antero-temporal Huxley. Sie fehlt zuweilen bei 
sehr windungsreichen Gehirnen, wo sie durch Entwicklung von quer 
und schräg gerichteten Windungen verschwindet. Seltener findet sich 
noch eine zweite mit dieser parallel verlaufende Furche, Sulcus tempo- 
ralis medius Pansch, postero temporal Huxley. Sie ist meist nur an 
dem hinteren Theil des Schläfenlappens entwickelt. An der unteren 
Fläche desselben findet sich immer eine sich bis in den Hinterlappen 
hineinziehende, schräg von innen und vorn nach aussen und hinten 
gerichtete Furche, Sulcus collateralis Huxley, welche der Eminentia colla- 
teralis Meckelii zwischen hinterem und absteigenden Horn des Seiten- 
ventrikels entspricht. 

5. Endlich ist auch noch der Stammlappen(V.) zu erwähnen. Dieser 
liegt indessen gewissermassen im Innern des Gehirns und wird daher 
von keinem Schädeltheile unmittelbar begrenzt. Denn ich rechne zu 
ihm den Hirnschenkel, Seh- und Streifenhügel, den Linsenkern und die 
unter dem Namen der Insel bekannte Windungsgruppe. Letztere liegt 


421 


zwar eigentlich an ihrer äusseren unteren Fläche frei in der Sylvischen 
Grube zwischen deren beiden nach oben und hinten auseinander gehen- 
den Schenkeln. Allein der Stirn-, Scheitel- und Schläfenlappen haben 
sich so über sie herüber gewölbt, dass sie, namentlich so lange auch 
noch die Hirnhäute die Ränder der Grube zusammenhalten, nicht sicht- 
bar ist. Erst wenn man den hinteren Rand der unteren Fläche und 
den unteren Rand der äusseren Fläche des Stirn- und Scheitellappens, 
so wie den vorderen Rand des Schäfenlappens auseinanderbiegt, kommt 
die Insel zum Vorschein, ist aber eben dabei durch diese Theile so gut 
abgegrenzt, dass diese ihre Grenzen keiner weiteren Beschreibung be- 
dürfen. Auch in Betreff der Hirnschenkel, Seh- und Streifenhügel, die 
sich durch die sogenannte grosse Querspalte des Gehirns ins Innere 
hineinziehen und hier theilweise frei in den Hirnhöhlen liegen, ist es wohl 
nicht nöthig, etwas Genaueres anzuführen. 

Es ist in mehrfacher Beziehung nicht ohne Interesse, das relative 
Grössenverhältnis dieser verschiedenen Lappen der Hemisphären unter- 
einander und zu der ganzen Hemisphäre genauer in Zahlen angeben 
zu können. Ich habe zu diesem Zweck die in Chlorzink und Weingeist 
erhärteten Hemisphären in den. oben beschriebenen Grenzen möglichst 
genau zerlegt, die ganze Hemisphäre und die einzelnen Theile gewogen 
und die letzteren nun nach Procenten der ersteren berechnet. Ich habe 
auf diese Weise für sechs beliebig benutzte Hemisphären Erwachsener 
folgende Zahlen erhalten. 


ale, Hinter- Sfan_ " 
Hemisphäre Stirnlappen ; al haupts- in ar 
appen lappen lappen lappen 
Männlich .üi\. -- 29,1 31,5 | 3 14,2 9,5 
ll. MännlichBrachycephal| 28,7 30) Er NR) 15,4 10,1 
II.Männlich ..... 30,0 38,3 10,7 10,7 10,3 
IV. Männl. Dolichocephal.! 30,4 36,4 8,2 15,1 9,8 
Weiblich... .-. 30,0 36,4 11,6 12,6 9,6 
VI. Weiblich Brachycephal| 30,7 36,6 9,6 179,8 2,3 
Denker a: 29,81 36,75 10,05 13,63 9,73 


422 


Das Verfahren ist natürlich unsicher, da die Grenzen der einzelnen 
Lappen nicht so genau gegeben sind, um die Theilungen immer genau 
in derselben Weise ausführen zu können; doch stimmen die Zahlen so 
weit überein, dass man annehmen kann, ich habe es doch immer so 
ziemlich getroffen. 

Ich habe dasselbe auch an verschiedenen Fötus-Gehirnen aus ver- 
schiedenen Monaten in Anwendung gesetzt, woraus sich folgende Zahlen 
ergeben haben. 


Fötus Stirnlappen a er et 
lappen 19) AP 
EERER: | 
Me nat nee 94,2 96,4 10,9 17,6 20,9 
6.Monat.. ee 23,4 2555 | 1.137 18,1 21,3 
7. Monat =... 95,2 30,6 12,6 19,4 12,1 
BiMonah- Iiuyı aluga 30,8 | 26,5 13,0 16,3 13,4 
Neugeboren ...:. 29,8 30,6 ae) 14,9 11.2 
3jähriges Mädchen . 3i;d 30,1 14,8 13,8 10,2 


Diese Zahlen scheinen mit Hinzunahme der vorigen zu beweisen, 
dass der Stammlappen und Schläfenlappen mit fortschreitender Ent- 
wicklung etwas ab, Stirnlappen und vorzüglich Scheitellappen zunehmen, 
der Hinterhauptslappen im Fötus-Leben zunimmt, später aber zurück- 
bleibt. Indessen wäre die Zahl der Beobachtungen. wohl noch zu ver- 
mehren, ehe man ein zuverlässiges Resultat zu haben annehmen dürfte. 

Huschke hat, so viel ich weis, zuerst den Versuch gemacht, das 
relative Grössenverhältniss der einzelnen Hirnlappen gegeneinander in 
Zahlen auszudrücken und zwar auch durch Wiegen. Er begrenzt den Stirn- 
lappen durch einen der Stirnnath entsprechenden Schnitt, den Hinter- 
lappen durch einen senkrecht hinter dem Balkenwulst gemachten Quer- 
schnitt; Schläfen- und Scheitellappen trennt er nicht von einander. 


0 


423 


Er giebt nur Mittelzahlen für verschiedene Alter und Geschlechter, nicht 
für die einzelnen Gehirne, daher die Zahlen nicht ganz zusammenpassen. 
Bei einem erwachsenen männlichen Hirn beträgt der Stirnlappen etwa 
22,4°%/, der Scheitel- und Schläfenlappen 60,7°/o, der Hinterlappen 14,5°/o. 

R. Wagner hat nur die Oberfläche der verschiedenen Hirnabtheil- 
ungen zu gleichem Zwecke in Betracht gezogen und dieselbe durch 
seinen Sohn durch Messungen ermitteln lassen. Vier menschliche Ge- 
hirne ergaben für die äussere, innere und untere Fläche folgende Pro- 
centzahlen. (H. Wagner Maassbestimmungen der Oberfläche des grossen 
Gehirns. -Gött. 1864. p. 15.) 


S Scheitel- | Schläfen- | Hinter- 
Stirnlappen 

lappen lappen lappen 

Gauss. ... 43,5 18,0 21,2 17,2 
Fuchs ... 45,0 1547 79.5 19,8 
van 44,2 16,8 22,4 16,8 
Krebsur... . 41,3 17,0 24,0 17,6 
Mittel. : . . 43,5 16,9 21,8 17,8 


Man vermisst hiebei zunächst eine genaue Angabe über die Grenzen 
der einzelnen Lappen, da, was p. 11 hierüber gesagt ist, durchaus 
nicht hinreicht. Auch mit der Einrechnung der vorderen Gentralwindung 
zu dem Stirnlappen, der, wie ich schon gezeigt, dadurch viel zu gross 
wird, bin ich nicht einverstanden. Natürlich lassen sich ausserdem 
meine und Huschkes Zahlen nicht mit diesen H. Wagners parallelisiren, 
da sie ganz verschiedene Gegenstände, erstere die Masse, letztere nur die 
Oberfläche, die meinigen ausserdem noch den Stammlappen betreffen, von 
dem bei Huschke und Wagner keine Rede ist. Man sieht aber auch wie vor- 
sichtig man mit solchen Zahlen verfahren muss, um Schlüsse aus ihnen 
z. B. auf die relative Entwicklung der einzelnen Hirntheile zum Ganzen 
und bei verschiedenen Individuen zu ziehen. 


Abh. d. II.Cl. d.k.Ak.d. Wiss. X. Bd. II. Abth. 54 


424 


II. 


Von der Anordnung der Grosshirnwindungen bei dem 
erwachsenen Menschen. 


Nach dieser Darstellung der Abtheilung der Hemisphären des . 
Grossgehirns in einzelne grössere Lappen, wende ich mich nun zur 
Beschreibung der Anordnung der Windungen an denselben. 

Dabei muss ich von vorneherein bemerken, dass ich so wenig wie 
irgend Einer meiner Vorgänger wirklich alle einzelnen Windungen zu 
beschreiben beabsichtige. Dieses ist bis jetzt sicher noch zu früh. Man 
beschreibt allerdings wirklich einige einzelne Windungen, in der Regel 
aber nur gewisse Gruppen von solchen, obgleich man dieselben gewöhn- 
lich auch als Windungen bezeichnet. Dieses geschieht nicht ohne Nach- 
theil und Zweideutigkeit. Denn indem man solche Gruppen von Windungen 
manchmal auch wieder Läppchen genannt hat, verschwindet der Unter- 
schied von Windungen, Windungsgruppen und Läppchen und man wird 
in der Beschreibung irre. Gratiolet z. B. hat einzelnen Windungsgruppen 
die Bezeichnung Lobule beigelegt, während er andere, die ebenso zu- 
sammengesetzt sind, Plis nennt, ohne dass man einen Grund davon 
einsieht. Ich werde diese Veranlassung zu Missverständnissen zu ver- 
meiden suchen, und da, woes sich wirklich nur von einzelnen Windungen 
handelt, sie auch so bezeichnen, wo aber nur Gruppen von Windungen 
gemeint sind, sie auch so benennen. 

Den von mir, wie ich glaube, aufgefundenen Typus für die Anord- 
nung zahlreicher und meist ganz verkannter Windungen spreche ich 
aber in dem Satz aus: 


Eine grosse Zahl von Windungen der Grosshirn- 
Hemisphären ist um die Enden der dieselben durch- 
setzenden primären Furchen in mehr oder weniger 
einfachen oder complicirten Bogen gelagert 


und schicke denselben der nachfolgenden Beschreibung mit der Bitte 


425 


voraus, denselben bei der Darstellung der Einzelheiten im Auge behalten 
zu wollen. 


1. Die Windungen des Stirnlappens. 


Gratiolet unterscheidet die Windungen an der orbital, an der 
äusseren und inneren Fläche des Stirnlappens, und hat sie in fünf 
Gruppen zerlegt. Eine an der auf dem Dach der Augenhöhle liegende 
Gruppe als Lobule orbitaire; drei an der äusseren und oberen Fläche 
der Hemisphäre als Plis frontales und zwar als Etage superieur, moyen 
und införieur, letztere auch als Etage sureilier; die an der inneren Seite 
des Stirnlappens gelegenen Windungen fasst er mit denen des Scheitel- 
lappens unter der Bezeichnung des Lobe fronto-parietal zusammen und 
unterscheidet, soweit der Stirnlappen reicht, einen Pli du corps calleux 
ou de la zone interne und einen pli de la zone externe. 

Ich habe mich mit dieser Auffassungsweise nicht versöhnen können, 
obwohl ich anerkenne, dass die Betrachtungsweise der Windungen nach 
den verschiedenen Flächen, auf welchen sie auftreten, in topographischer 
Hinsicht manches für sich hat. Allein es sind in der That grösstentheils 
nur dieselben Windungszüge, welche an allen drei Flächen des Stirn- 
lappens bemerkbar sind, und es schien mir daher nicht gerechtfertigt, 
wo dieses der Fall ist, dieselben der blossen Localität wegen, an 
welcher sie auftreten, von einander zu trennen, was an gewissen 
Stellen nur mit rücksichtslosester Trennung des Zusammengehörigen 
geschehen kann. 

Ich halte es daher für naturgemässer und besser, ausser dem an 
der inneren Seite die grosse Hirnspalte und den Balken umziehenden 
Gyrus Cinguli (Pli du corps calleux) nur drei Stirnwindungszüge und 
zwar einen ob eren, mittleren und unteren oder einen ersten, zweiten 
und dritten zu unterscheiden, wobei zu bemerken, dass diese Zahlen in 
Uebereinstimmung mit R. Wagner, den Gratiolet’schen in umgekehrter 
Ordnung entsprechen. Alle drei Windungsgruppen stehen nach hinten 
fast ausnahmslos mit der vorderen Centralwindung in oberflächlicher 
Verbindung, oder gehen von ihr mit ihren Wurzeln aus. 

Die obere oder erste Stirnwindungsgruppe(l.) entspringt in der 
bei weitem ‚grössten Mehrzahl der Fälle mit einer Wurzel von dem 

54* 


426 


inneren und obersten Theile der vorderen Centralwindung, welche Wurzel 
indessen öfter auch schon in einem kurzen inneren und oberen Schenkel 
gespalten ist. Nicht sehr selten, nach meinen Beobachtungen in '/a der 
Fälle, entspringt diese obere Stirnwindung aber auch noch mit einer 
zweiten mehr gegen die Mitte von der vorderen Centralwindung ab- 
gehenden Wurzel. Beide vereinigen sich zu einem längs des oberen und 
inneren Randes des Stirnlappens nach vorn ziehenden Windungszug, 
dessen einzelne gewundene Windungen bald mehr an der oberen, bald 
mehr an der inneren Seite liegen, so dass es mir äusserst gezwungen 
erscheint, sie je nach dieser Lage von einander zu trennen. An der in- 
neren Seite sind sie von dem unter ihnen herziehenden Gyrus cinguli (24.) 
durch eine Furche getrennt, welche Gratiolet Grand sillon du lobe fronto 
parietal, die Engländer nach Huxleys Vorgang Sulcus calloso marginalis(H.) 
nennen. Gewöhnlich findet sich keine Verbindung zwischen dem Gyrus 
cinguli und den durch die genannte Furche von ihnen getrennten Stirn- 
windungen; zuweilen aber doch und dann vorzüglich vorn in der Gegend 
des Balkenknies. Zuweilen sind allerdings die an der inneren Seite des 
Stirnlappens gelegenen Windungen des ersten Zuges noch durch eine 
zweite mit dem Sulcus calloso marginalis parallel verlaufende Furche 
in zwei, manchmal, besonders in dem vorderen und unteren Theile, 
sogar in drei Längs - Reihen unregelmässig zerlegt. Allein diese 
Zerklüftung gehört zu den individuellen secundären Verhältnissen der 
Anordnung der Windungen, die überhaupt sehr wechselnd und mannig- 
fach sein kann. An der oberen Seite verschmälert sich dieser erste 
Windungszug aber fast immer, je mehr er an das vordere Ende der 
Hemisphäre gelangt, beträchtlich, steht an diesem vorderen Ende immer 
in einer mehrfachen, zwei-, dreimaligen Verbindung mit dem mittleren 
Stirnwindungszug, und biegt sich dann auf die untere oder Orbitalfläche. 
Hier ist er nur noch sehr schmal und bildet vorzugsweise nur noch 
die beiden Längswindungen, mit dem sie trennenden Sulcus olfactorius, 
in welchem der Riechnerve liegt; die meisten ebenfalls der Länge nach 
verlaufenden Windungen dieses ersten Stirnwindungszuges liegen an 
diesem ÖOrbitaltheil des Stirnlappens an der inneren Seite, und gehen 
nach hinten in die Caruncula mammillaris oder das Tuber olfacto- 
rium über. 


427 


Der zweite oder mittlere Stirnwindungszug (2.)steht nach hinten 
ebenfalls in der grössten Mehrzahl der Fälle mit einer Wurzel mit 
der vorderen Centralwindung in Verbindung. Dieselbe geht meist von 
der Mitte derselben, zuweilen aber auch von deren unterem Ende aus, 
wo sie dann mit der Wurzel des dritten Stirnwindungszuges verbunden 
ist, erst etwas längs der vorderen Centralwindung in die Höhe und 
dann nach vorne verläuft. Zuweilen entspringt indessen auch sie mit zwei 
Wurzeln von der vorderen Centralwindung; im Gegensatze dazu in- 
dessen zuweilen, obgleich selten, gar nicht, wenigstens nicht mit einer 
oberflächlich gelegenen Wurzel. 

Wenn sich dieser zweite Stirnwindungszug dem vorderen Ende der 
Hemisphäre nähert, wird er oft sehr undeutlich, weil er nach beiden 
Seiten mit dem oberen und unteren in mehrfache Verbindungen tritt. 
Indem er aber dann an das vordere Ende der Hemisphäre gelangt, ver- 
breitert er sich meist so, dass er diesen vorderen Rand grösstentheils 
bildet, seine einzelnen Windungen eine fast horizontale Richtung annehmen, 
und oft durch einen ziemlich auffallenden horizontal verlaufenden Sulcus 
unterbrochen erscheinen. An der Orbitalfläche selbst verschmälert er 
sich aber wieder rasch, indem er nach hinten sich wendet und die Ge- 
stalt eines Dreiecks annimmt, dessen Spitze gegen die Caruncula lacrimalis 
oder gegen den Eingang in den horizontalen Theil der Fossa Sylvii hin 
gerichtet ist, dessen innere Seite von dem Gyrus olfactorius, dessen äussere 
von den Windungen des dritten Stirnwindungszuges begrenzt wird. 
Dieser Orbitaltheil des mittleren Stirnwindungszuges zeigt häufig einige 
Furchen, die in Verbindung mit den dem ersten und dritten Stirn- 
windungszug angehörigen, eine eigenthümliche H-förmige oder stern- 
förmige Figur darstellen, welcher einige Autoren eine besondere Auf- 
merksamkeit, ja selbst einen besonderen Namen geschenkt haben, z. B. 
Turner: Triradiad sulcus. Allein diese Bildung ist sehr wechselnd und 
bedeutungslos, da sie vorzüglich von der Anordnung des dritten Stirn- 
windungszuges abhängig ist. 

Dieser dritte oder untere Stirnwindungszug (3.) ist nun 
meiner Ansicht nach vorzüglich beachtenswerth. Er ist es, wegen dessen 
ich es ganz besonders unpassend ja unmöglich finde, seinen noch an 
der äusseren Seite gelegenen Theil von dem an der unteren Fläche 


428 


gelegenen zu trennen, da es schon ohne tieferes Eingehen in seine 
Natur und Entstehung zu auffallend ist, wie seine einzelnen Windungen 
zu einem Ganzen gehören. 

Er beginnt nach hinten immer mit einer, selten mit zwei Wurzeln 
von dem untersten Ende der vorderen Centralwindung, und zieht sich 
nun bei verschiedenen Individuen in sehr verschiedener Weise in auf 
und absteigenden, kürzeren oder längeren, durch tiefe Einschnitte von 
einander getrennten, steilen Windungen, um den vorderen oder senkrecht 
aufsteigenden Schenkel der Fossa Sylvii herum. Die Verbindung mit der 
vorderen Centralwindung liegt oft etwas tief versteckt; aber sie fehlt 
nie. Diejenigen Windungen, mit welchen der Zug. am meisten nach vorn 
und oben gerichtet ist, sind die höchsten und zwischen ihnen ist die 
tiefste Furche eingeschlossen, welche man gewöhnlich als den vorderen 
senkrecht aufsteigenden Schenkel der Fossa Sylvii (als Fissura anterior 
Krause) bezeichnet. An der Orbitalfläche, wo die Windungen sich nach ein- 
wärts wenden, fallen sie schnell ab, und verlaufen nach einwärts und 
innen in die Caruncula lacrimalis. Diese Windungen begrenzen auf 
diese Weise, wie Jeder weis, den horizontalen Stamm der Fossa Sylvi 
von Vorne und umziehen im Bogen den vorderen senkrecht aufsteigen- 
den Schenkel derselben. Sie bedecken im ausgebildeten Menschengehirn 
den grössten Theil des Stammlappens oder der Windungen der Insel, 
die nach Entfernung der Pia mater unter ihnen zum Vorschein kommen. 
Nach aussen und vorn stehen diese Windungen, wie schon erwähnt mit 
denen des zweiten Stirnwindungszuges, besonders auch an der Orbital- 
fläche in wechselnden Verbindungen, scheiden sich aber doch meist 
leicht erkennbar von ihnen ab. 

Der Namen Pli oder Etage surcilier für den Einige im Deutschen 
die Bezeichnung Augenwindung gewählt haben, ist bei dem Menschen 
durchaus unpassend für diesen dritten Stirnwindungszug. Er passt, wie 
ich weiter unten zeigen werde, für die Affen, bei welchen denn auch 
Gratiolet ihn gebildet hat. Denn bei den Affen bildet das schwach ent- 
wickelte Rudiment dieses Windungszuges allerdings den vorderen, dem 
Arcus supraciliaris entsprechenden Rand des Stirnlappens. Allein bei 
dem Menschen ist dieses wegen der starken Entwicklung des ersten 
und zweiten Stirnwindungszuges in ihren vorderen Theilen nie der Fall. 


429 


Sie drängen den dritten Stirnwindungszug im Bogen nach hinten und 
nehmen selbst den Supraciliarrand des Stirnlappens ein, während unser 
dritter Windungszug den unteren, hinteren und äusseren Rand des 
Stirnlappens bildet. Es wäre zu beklagen, wenn diese Bezeichnung 
Augenwindung sich einbürgerte; denn sie ist ganz sinnlos für den 
Menschen, bei dem sie doch durch ihre besonders starke, individuell 
sehr verschiedene und, wie es scheint, für das Sprachvermögen bedeu- 
tungsvolle Entwicklung besondere Beachtung verdient. 


2. Die Windungen des Scheitellappens. 


Unter den Windungen des Scheitellappens sind vor Allem die beiden 
an der Aussenseite der beiden Hemisphären im Allgemeinen in der 
Richtung der Kranznath verlaufenden und durch eine tiefe Spalte von 
einander getrennten Windungen zu bemerken, welche nach Rolando ihren 
Namen erhalten haben, oder von Huschke Oentralwindungen (6.u.7.) und 
Centralspalte (B.) genannt worden sind. In der That verlaufen sie im Gan- 
zen im Centrum der Aussenfläche der Hemisphären und sind durch ihre 
Dicke, ihren meist gestreckteren Verlauf und.durch die tiefe, sie trennende, 
ununterbrochene Spalte so auffallend, dass sie bei der Beobachtung der 
Hemisphären auf ihre Windungen zunächst auffallen, und zur Orientirung 
auch am besten zuerst aufgesucht und herausgesetzt werden. Alles was 
vor ihnen liegt, ist, wie ich oben erörtert habe, Stirnlappen, Alles was 
hinter ihnen, Scheitel- und Hinterhauptslappen, sie selbst aber rechne 
ich ebenfalls zu dem Scheitellappen. Diese beiden Windungen stehen 
immer oben und unten, an dem die grosse Längshirnspalte und an dem 
die Fossa Sylvii begrenzenden Rande, in einer bogenförmigen, sich um 
die Enden der Furche herumziehenden Verbindung, niemals aber 
während ihres Verlaufes. Es ist sehr auffallend, dass R. Wagner an 
dem Gehirn von Professor Fuchs eine solche Verbindung beider Central- 
windungen beschreibt und abbildet, als wenn dieses etwas öfter Vor- 
kommendes wäre. Ich sah bei den vielen von mir untersuchten Gehirnen 
nie Etwas der Art. 

Nach vorne verbinden sie sich, wie wir schon gesehen haben, 
immer mit den drei Stirnwindungsgruppen, meistens mit jeder durch 
eine einfache, zuweilen indessen auch durch eine doppelte Brücke. Nach 


450 


hinten treten sie ebenso mit zwei der hinter ihnen gelegenen Scheitel- 
gruppen durch eine einfache, oft indessen auch mehrfache Brücke in 
Verbindung. Am inneren und oberen Rande der Hemisphäre senken sie 
sich durch die sie oben mit einander verbindende Bogenwindung (8.) in 
die grosse Längshirnspalte bis auf den Gyrus cinguli. An ihrem unteren 
Ende gehen sie ebenfalls bogenförmig in einander über und begrenzen 
mit diesem Uebergang den mittleren Theil des oberen Randes des 
hinteren Schenkels der Fossa Sylvii. Uebrigens sind die beiden Central- 
windungen bald schmäler, bald breiter und verlaufen bald mehr gerade, 
bald in stärkeren Schlängelungen , bald etwas mehr steil, bald stärker 
geneigt von vorne und unten nach hinten und oben. Zuweilen, wenn 
gleich selten, sah ich namentlich die Vordere durch einen Einschnitt in 
zwei Theile zerlegt. 

Hinter den Centralwindungen beginnen nun grössere Schwierigkeiten 
für eine natürliche Auffassung der Windungen, deren Lösung mir indessen, 
wie ich hoffe, grösstentheils gelungen ist. 

Gratiolet ist in dieser Gegend sehr unsicher geworden. Er unter- 
scheidet 1) einen Windungszug unter der Bezeichnung Lobule du 
deuxieme pli ascendent, welcher von dem oberen Theile der hinteren Cen- 
tralwindung ausgehend, sich mit mehreren Schlängelungen längs des 
oberen inneren Randes der Hemisphäre nach hinten bis zur Fissura 
occipitalis perpendicularis interna hinzieht. 2) Soweit diese Windungs- 
gruppe in die Fissura longitud. cerebri magna hineinsieht, also sich an 
der inneren Seite bis zu dem um das Splenium corporis callosi herum- 
ziehenden Gyrus Hippocampi herabsenkt, nennt er dieselbe mit Foville 
Lobule quadrilatere. 3), Unterscheidet er einen bei dem Menschen den 
unteren Theil der hinteren Oentralwindung von der Fossa Sylvii trennen- 
den Windungszug unter der Bezeichnnng Pli oder Lobule marginal 
superieur, welcher dem Menschen eigenthümlich sein und selbst beim 
Orang und Chimpans& fehlen soll. 4) Einen sogenannten Pli courbe, 
welcher sich um das obere hintere Ende der Fissura parallela des 
Schläfenlappens herumzieht und beim Menschen completement sessile, nait 
au niveau du sommet de la Scissure. Unzweifelhaft gehören ferner auch 
noch seine Plis du passage zu den unter dem Scheitelbein liegenden 
Windungen, obgleich Gratiolet sie zu den Hinterhauptswindungen 


431 


rechnet. — R. Wagner hat geglaubt, drei hinter den Centralwindungen 
liegende, im Ganzen von vorne nach hinten in ähnlicher Weise wie 
vorne die Stirnwindungen verlaufende Scheitelwindungen, eine erste, 
zweite und dritte, oder obere, mittlere und untere annehmen zu können, 
von welchen indessen wohl Niemand, ausser der oberen befriedigt sein, 
und die beiden unteren herausfinden können wird. 

Die Engländer Huxley, Rolletson, Turner u. A. haben sich 
zwar Gratiolet angeschlossen, aber alle sprechen es mehr oder weniger 
bestimmt aus, dass dessen Darstellung hier an Dunkelheiten leidet. Sie 
sind über den Pli oder Lobule marginal superieur, über den Pli courbe, 
den Einige an .das Ende des nach hinten aufsteigenden Astes der Fossa 
Sylvii verlegen, endlich auch über den Premier Pli de passage externe 
in Zweifel, und gewiss wird das bei Jedem der Fall sein, der Gratiolets 
Angaben beim Menschen zur Anwendung bringen will. 

Den ersten Schritt zu einer Einsicht in die in dieser hinteren 
Scheitelgegend herrschende Anordnung der Windungen gewann ich da- 
durch, dass ich in einiger Entfernung von der Mitte der hinteren 
Centralwindung eine Stelle entdeckte, wo fast. ausnahmslos mehrere 
tiefe ganz von einander getrennte Furchen gewissermassen sternförmig 
zusammenstossen oder auseinanderstrahlen, und dadurch drei nach ver- 
schiedenen Richtungen aus einander tretende Windungszüge von einander 
trennen. Hat gleich diese Anordnung, wie ich später entdeckte, nichts 
direct mit dem hier herrschenden Typus der Bildung dieser Windungs- 
züge zu thun, so halte ich doch das Aufsuchen dieser Stelle und das 
Vordringen zwischen das Gewirre der Windungen dieser hinteren 
Scheitelparthie von hier aus für wichtig und entschieden hilfreich zur 
- weiteren Orientiruug. 

Man wird dann verhältnissmässig leicht eine obere innere Schei- 
telgruppe (9.) unterscheiden können, ‘welche. ich mit Burdach und 
Huschke Vorzwickel nennen will, der mit Gratiolets Lobule du deu- 
xieme Pli ascendant, einschliesslich seines sogenannten Lobule quadri- 
latere übereinstimmt. Diese Gruppe geht breit mit einer, nicht selten 
auch mit zwei Brücken, einer oberen und unteren von dem oberen 
Theile der hinteren Oentralwindung aus, und zieht sich, sich verschmälernd, 
mit einigen unregelmässigen Windungen längs der Fissura longitudinalis 

Abh.d.Il.Cl.d.k. Ak.d. Wiss. X. Bd. II. Abth. 55 


4532 


cerebri an deren oberen und inneren Rande: nach hinten; bis zu.der 
Fissura occipitalis perpendicularis interna. Sie liegt zum Theil an der 
inneren Fläche der Hemisphäre. Der obere Theil hat nichts beson- 
ders Bemerkenswerthes; seine Windungen sind sagittal gerichtet und 
wurden von Wagner als erste oder obere Scheitelwindung bezeichnet. 
In der Gestaltung der Windungen an der inneren Seite dieser oberen 
Scheitelgruppe finde ich durchaus keinen Grund dieser ihrer in- 
neren Fläche den Namen eines besonderen viereckigen Lappen (Lobule 
quadrilatere) beizulegen, obgleich diese Fläche allerdings eine fast qua- 
dratische Gestalt hat. Die an ihr auftretenden Windungen sind seicht 
und haben nur das Charakteristische, dass sie fast immer durch eine 
zweifache Brücke mit dem Zwingenwulst (Gyrus Cinguli) in Verbindung 
stehen; eine vordere (24.) gleich hinter der oberen Bogenverbindung 
zwischen den beiden Centralwindungen, und: eine hintere (25.), welche 
die Fissura occipitalis perpendicularis interna von vorne begrenzt und 
sich spitz bis zum Splenium corporis callosi, wo der Gyrus cinguli in 
den Gyrus Hippocampi übergeht, herabzieht. Diese beiden Windungen 
fehlen an dieser inneren Fläche des Vorzwickels fast nie, sind daher 
charakteristisch, und würden vielleicht besondere Namen verdienen. 

Hat man diese obere innere Scheitelwindungsgruppe gehörig isolirt 
aufgefasst, so wende man sich an das obere Ende des .hinteren Astes 
der Fossa Sylvii (A‘.) und an das obere Ende der sogenannten Parallel- 
spalte oder Fissura temporalis superior (B.) des Schläfenlappens. Nach- 
dem diese durch Entfernung der Pia mater mit ihren Umgebungen 
freigelegt sind, wird man mit einiger Aufmerksamkeit und Schärfung 
des Blickes nicht verkennen können, dass die oberen Enden dieser 
beiden Spalten von bogenförmigen Windungen umgeben sind, die ihre 
Convexität nach oben gerichtet haben, und mit ihren nach unten und 
aussen sich wendenden Schenkeln, die oberen Enden der genannten 
Spalten umfassen, und in die Längswindungen des Schläfenlappens über- 
gehen. Ich nenne sie die vordere und mittlere oder die erste und 
zweite Scheitelbogen-Windungen (11. und 12.). Allein die Art und 
Weise der Anordnung dieser Bogenwindungen ist sehr wechselnd und 
mannigfaltig und dadurch das Bild dieser beiden Bogen . nicht immer 
leicht aufzufassen. 


433 


Zuweilen allerdings ist die Sache ziemlich einfach, und diese Fälle 
sind eben die beachtenswerthesten und belehrendsten. Von dem unteren 
Ende der hinteren Oentralwindung entwickelt sich dann eine mehr oder 
minder gewunden, längs des oberen Randes der Fossa Sylvii aufsteigende 
Windung, welche in einem ebenfalls etwas mehr oder minder gewun- 
denen, aber doch leicht erkennbaren Bogen das Ende der Fossa Sylvii 
umgiebt, und an ihrem hinteren Rande herabsteigt, um in die erste 
Schläfenwindung überzugehen. Von ihrem Scheitel entsendet diese erste 
Bogenwindung eine zweite ebenfalls, mehr oder minder gewunden, etwas 
höher gelegene Windung, welche im Bogen das obere Ende der Parallel- 
spalte umzieht und mit ihrem absteigenden Schenkel in die zweite Schläfen- 
windung übergeht. Diese steht öfter als die erste Bogenwindung mit 

dem Vorzwickel und fast immer nach hinten mit dem Occipitallappen in 
_ Verbindung. Diese einfache Entwicklung des Verhaltens kann man 
z. B. bei dem bekannten Gehirn der sogen. Venus Hottentott sehen, 
welches Gratiolet auf seiner ersten Tafel Fig. 2. von der Seite abgebildet 
hat, welches ich auf meiner Tab. Fig. 6. wieder gegeben und ein noch 
einfacheres Beispiel eines Gehirnes der hiesigen Bevölkerung auf derselben 
Tafel Fig. 5 hinzugefügt habe. 

Allein dieser einfache Fall findet sich bei dem Europäer-Gehirn 
verhältnissmässig selten. Meistens ist die Bogenbildung complicirter; die 
sie bildenden Windungen verlaufen geschlängelter und gewündener, sie 
verdoppeln sich, ja durch Einwärts- und Abwärts-Wendung geht die 
' Bogenbildung scheinbar ganz verloren. Ebenso können die Verbindungen 
mit den benachbarten Windungsgruppen das Bild dieser Bogen verbergen. 
Die Verbindung des ersten Bogens mit der hinteren Centralwindung ist 
zuweilen nicht einfach, sondern doppelt und wenn dabei dieser auf- 
steigende Schenkel des ersten Bogens sich stärker windet, dann kann 
man in Versuchung kommen, mit Gratiolet einen eigenen Lobule mar- 
ginale superieur daraus zu machen, welchen derselbe für eine Eigen- 
thümlichkeit des menschlichen Gehirns erklärte. Auch die Verbindungen 
mit der oberen inneren Scheitelgruppe oder dem Vorzwickel können 
‚sich complieiren, vor Allem aber die mit dem Hinterhauptslappen und 
seinen Windungen. Ferner geschieht es nicht sehr selten, dass sich hier 
sogar noch ein dritter kleinerer Bogen entwickelt findet, welcher dann 

59° 


434 


das obere Ende einer parallel mit der Parallelspalte von dem Schläfen- 
lappen aufsteigenden Furche, einer Fissura temporalis media (E.) um- 
gibt, dann aber ebenfalls noch mit dem Hinterhauptslappen zusammen- 
hängt. Ich nenne denselben die hintern oder dritte Scheitelbogen- 
Windung (13.). In diesen complicirteren Fällen wird sich selten das 
Auge allein durch Anschauung der Windungen oder einer Abbildung 
zurecht finden können, sondern da müssen die Finger mit hinzugenommen 
werden, um durch Auseinanderbiegung der Windungen und Eindringen 
in die tieferen oder seichteren Furchen, das Bild der Bogenbildung 
deutlicher zu gewinnen und in dem Gewirre herauszufinden. Namentlich 
wenn, wie das nicht so selten ist, die Parallelspalte nicht deutlich ent- 
wickelt ist, also ihr oberes Ende nicht klar und daher auch der ‚dasselbe 
umziehende Bogen nicht leicht erkannt werden kann, wird das ganze 
Bild verwirrt und unsicher. Allein ich muss darauf bestehen, dass man 
sich in den einfacheren Fällen zuerst mit demselben vertraut machen 
muss; dann wird man sich auch in diesen complicirteren zurechtfinden 
können. Man halte nur das Princip fest im Auge, dass es sich hier wie 
bei dem vorderen Schenkel der Fossa Sylvii, wie bei der Fissura 
centralis, um die bogenförmige Umgebung der Enden gewisser früh 
vorhandener und tief eingreifender Furchen, also hier des hinteren 
Schenkels der Fossa Sylvii und der Parallelspalte handelt, und dass 
diese Bogen sich durch Aus- und Ein-, Auf- und Abwärtsbiegung, durch 
Krümmungen und Verbindungen der sie bildenden Windungen sehr 
mannigfach gestalten und verbergen können, und man wird sich von 
der Richtigkeit desselben bald überzeugen. 

Sehr lehrreich und hilfreich dazu ist in vielen Fällen der Vergleich 
beider Hälften desselben Gehirns, weil man dabei sehen wird, wie 
verschieden sich das Bild, des doch im allgemeinen sich offenbar gleichen 
Verhaltens auf beiden Seiten, gestalten kann. Das Schwierigste bleibt 
immer die Abtrennung von dem Hinterhauptslappen, weil sich hier in der 
That keine natürliche Grenzen, sondern überall nur Uebergänge finden, 
und die Gruppen der Hinterhauptswindungen selbst, gerade an diesen 
Uebergängen in die Scheitelgruppen wenig scharf charakterisirt sind. 
An meinem Princip der Bogenbildung aber festhaltend, wird man dessen 
Realisirung in jedem individuellen Falle, wenn man will, genau ent- 


435 


wickeln und charakterisiren können. Dann wird man aber auch sehen, 
dass dieses in der allermanniefaltigsten und individuellsten Weise 
geschieht, und keine Stelle an dem ganzen Gehirn sich findet, wo die 
Windungen auch nur entfernt so mannigfaltig verschieden entwickelt 
sind, als gerade in dieser hinteren äusseren Scheitelgegend. Ich stehe 
nicht an, es gerade herauszusagen, dass es vieler Ausdauer, Zeit und 
eines hinreichend grossen Materiales bedarf, um sich hier zurecht zu finden. 
Ohne die Entwicklungsgeschichte, und vielleicht in diesem Punkte noch 
mehr, ohne die vergleichende Beachtung der Affengehirne, wäre es mir 
schwerlich gelungen, zu der Klarheit der Anschauung durchzudringen, 
die wie ich glaube, meiner Vorstellung der Anordnung: dieser Windungs- 
gruppen zu Grunde liegt. 

Ich komme jetzt zu den an der Grenze zwischen dem Scheitel- und 
Hinterlappen gelegenen Windungen, zu Gratiolets Plis de Passage. Eine 
vollkommene Aufklärung über dieselben kann ich nicht, hier, sondern 
erst bei meiner Beschreibung dieser Windungen des Affengehirns geben. 
In Beziehung auf den deuxieme, troisieme und quatrieme Pli de Passage 
externe ist die Bemerkung hinreichend, dass sie sich auf einfache Ver- 
bindungen. zwischen dem absteigenden Schenkel meiner mittleren Scheitel- 
bogenwindung, oder wenn sie vorhanden ist, meiner hinteren oder 
dritten Scheitelbogenwindung mit dem Hinterlappen reduciren. Der 
premier pli de Passage externe und. die beiden Plis de Passage internes _ 
bedürfen aber schon hier einer genaueren Erörterung, weil sie bei dem 
Menschen durch sehr eigenthümliche und charakteristische Windungen 
repräsentirt werden. Sie sind nämlich nichts anderes, als zwei horizontal 
nach aussen gerichtete, das obere und untere Ende der Fissura occipi- 
talis perpendicularis interna umziehende Bogenwindungen. 

An dem.oberen Ende der genannten Fissur entspricht die von mir 
hier als obere innere oder vierte Scheitelbogenwindung (14.) 
bezeichnete Windung, Gratiolets Premier Pli de passage externe und 
wie wir später sehen werden, auch seinem Pli de passage sup6rieur 
interne. In dem einfachsten Falle erscheint sie als eine einfache von 
dem hinteren Ende des Vorzwickels ausgehende, das obere Ende der Fis- 
sura perpendicularis interna umkreisende, und in das obere vordere Ende 


436 


des Hinterlappens, nämlich in den Zwickel übergehende Bogenwindung 
von etwa zwei Centimeter Halbmesser. Allein dieser Halbmesser kann 
nicht nur bedeutend grösser und der Bogen dabei viel spitzer werden, 
sondern sehr häufig ist es der Fall, dass der Bogen sich an seiner 
Convexität wieder einbiegt, und dadurch in die Fissur selbst bis an 
den Rand wieder vordringt. Dabei können die einzelnen Schenkel des 
einfachen oder complicirten Bogens sich bald mehr erheben, bald mehr 
in die Tiefe ziehen, ja letzteres kann soweit gehen, dass der Bogen 
dadurch verschwunden zu sein scheint. Ich habe dieses mehreremale 
besonders an dem vorderen von dem Vorzwieckel ausgehenden Schenkel 
gesehen. Durch die verschiedenen Modificationen dieser Windung erhält 
das Gehirn an dieser Uebergangsstelle zwischen Scheitel- und Hinterlappen 
oft ein sehr eigenthümliches Ansehen. 

Dr. Rolletson sagt in seiner sehr sorgfältigen Beschreibung eines 
jungen ÖOrang-Outang-Gehirnes in der Natural History Review. 1861. 
p. 211, dass er diesen Premier Pli de Passage unter sieben menschlichen 
Gehirnen bei dreien ganz oberflächlich, bei einem vierten auf einer 
Seite fehlend; bei einem fünften auf einer Seite durch den Öceipital- 
lappen verdeckt; bei einem sechsten auf der linken Seite nicht in der 
Ebene des Scheitel- und Hinterlappens, welche er mit einander verbunden; 
bei einem siebenten auf der linken Seite einen Zoll weit von der Fis- 
sura longitudinalis entfernt sich durch die Fissura perperdicularis hin- 
durch ziehend, auf der rechten Seite tief vertical in diese Furche 
hereingesenkt gefunden habe. Ich stimme der hier geschilderten grossen 
Variabilität der betreffenden Windung vollkommen bei, mit Ausnahme 
der Angabe ihres Fehlens in einem Falle, welche ich für einen Irrthum 
halte. Ich habe viele, sehr viele Gehirne gerade in Beziehung auf diese 
Windung untersucht, und sie nie fehlen sehen. 

Wenn aber Dr. Rolletson der Ansicht ist, dass diese Variabilität 
in der Anordnung dieser Windung ein Beweis ihrer untergeordneten 
Bedeutung sei, so bin ich gerade der entgegengesetzten Meinung. Sie 
ist eine sehr charakteristische typische Windung, die meiner Ansicht 
nach nie ganz fehlen kann und wird, wo nicht tiefgreifende Anomalien 
in der Hirnbildung Platz gegriffen haben. Ihrer grossen individuellen 


437 


Verschiedenheit aber innerhalb doch sehr bestimmter Grenzen lege ich 
eine entschiedene Bedeutung bei, die vielleicht die Zukunft einst noch 
aufklären wird. Ich glaube, dass Jeder der eine grosse Reihe von 
Gehirnen in dieser Hinsicht überblickt, diese Meinung mit mir theilen wird. 
Aber auch an dem unteren Ende der Fissura perpendicularis in- 
terna findet sich eine constante nicht minder charakteristische, wenn 
gleich in ihrer Gestaltung weniger wechselnde Windung, welche ich 
die untere oder fünfte Scheitelbogenwindung (15.) nenne. Sie 
entspricht Gratiolets Plı de passage inferieur interne. Dieselbe geht 
gerade hinter dem Splenium corporis callosi spitz und entweder geson- 
dert für sich oder in ihrem Anfang vereinigt mit der an dem hinteren 
inneren Rande des Vorzwickels sich herabziehenden Windung von der 
Uebergangsstelle des Gyrus Hyppocampi in den Gyrus cinguli aus. 
Sodann wendet sie sich sogleich nach aussen, oder von innen betrachtet, 
in die Tiefe der Fissura perpendicularis interna; umkreiset deren un- 
teres Ende in der Tiefe, und wendet sich wieder nach innen und hinten, 
um in den Zwickel des Hinterlappens, dessen eine Wurzel sie darstellt, 
überzugehen. Dabei begrenzt sie zugleich den hinteren Theil der Fissura 
Hippocampi von oben. Sie ist nur zu sehen, wenn man die Pia mater 
vollständig aus den genannten Fissuren entfernt und deren Ränder stark 
aus einander biegt. Man sieht dann, dass sie meist auch nicht mit 
ihren beiden Schenkeln ganz horizontal verläuft, sondern der wordere 
sich bei seinem Vordringen nach aussen etwas erhebt,. der hintere sich 
aber bei seinem Uebergang in den Zwickel wieder etwas herabsenkt. 
Der vordere Schenkel erscheint dabei öfter auch aus zwei Wurzeln zu- 
sammengesetzt, deren äussere der grossen Zange des Splenium corporis 
callosı angehört. 
Wir werden später sehen, dass diese Windung bei allen Affen mit 
Ausnahme, wie es scheint, bei Ateles und Hylobates, nicht im Bogen 
das untere Ende der Fissura perpendicularis interna umkreiset, sondern 
gerade. von dem Splenium corporis callosiı und dem ihn 'umziehenden 
Gyrus fornicatus:nach dem Hinterlappen verläuft und dadurch die Fissura 
perpendicularis interna von der Fissura Hippocampi abschneidet. Ich 
habe diese Anordnung bei dem Menschen niemals gesehen, sondern nur 
einmal eine von dem unteren Ende des inneren Randes des Vorzwickels 


438 


ausgehende und gerade in das untere Ende des vorderen Randes des 
Zwickels übergehende Windung, welche in ihrem Verlaufe dem Pli de 
Passage sup6rieur interne Gratiolets entpricht, welcher wie ich glaube 
und später zeigen werde, mit dem oberen Scheitelbogen oder dem Pli 
premier de passage externe homolog ist. Dabei war die gewöhnliche 
Wurzel der unteren inneren Scheitelbogenwindung auch vorhanden, ver- 
band sich aber dann mit ersterer. Die Fissura perpendicularis interna war 
dadurch natürlich hier von der Fissura Hippocampi abgetrennt, was 
sonst bei dem Menschen nie der Fall ist. 

Der Scheitellappen ist also nach meiner Ansicht zusammengesetzt 
aus 1) den beiden Centralwindungen, 2) dem Vorzwickel, 3) vier oder 
fünf Bogenwindungen: der vorderen, mittleren, hinteren, oberen inneren 
und unteren inneren, von welchen nur die hintere öfter fehlt oder un- 
deutlich ist. 


3. Die Windungen des Hinterhauptslappens. 


Die Windungen des Hinterhauptslappens sind bei den neueren Bear- 
beitungen ganz besonders stiefmütterlich behandelt worden. Gratiolet, 
auch hier ausgehend von dem ganz anders wie bei dem Menschen 
gestalteten Hinterhauptslappen der Affen, hat sich begnügt, an .der 
äusseren Fläche desselben drei horizontal verlaufende Windungen assez 
mal dessines, anzunehmen, die innere Fläche als einen besonderen Lo- 
bule oceipital zu bezeichnen und die Windungen der unteren Fläche zu 
denen der unteren Fläche des Schläfenlappens zu ziehen. Darin sind 


ihm alle Uebrigen auch die Engländer und unter diesen auch Huxley " 


gefolgt, welcher nur noch an der unteren inneren Fläche die Fissura 
collateralis mit aufnahm, ohne indessen sich dadurch von den Bezeich- 
nungen der Windungen nach Gratiolet abhalten zu lassen. 

Obgleich es nun allerdings schwierig ist, an dem Hinterhauptslappen 
gut gesonderte und charakterisirte Windungszüge aufzusellen, kann ich 
doch namentlich mit Rücksicht auf den Menschen, dem Verfahren Gratio- 
lets nicht beitreten, sondern glaube hinreichende Gründe zu finden, mich 
der Betrachtung Huschkes dieser Hinterhauptswindungen anzuschliessen. 

Darnach unterscheide ich drei Windungsgruppen an dem Hinter- 
lappen: eine äussere .obere oder den Zwickel Cuneus und zwei 


+ 
Br, 


439 


untere, eine innere untere oder zungenförmige und eine äussere 
untere oder spindelförmige. 

Die äussere obere Windungsgruppe (16.) ist, wie mir scheint 
an ihrer vorderen inneren und unteren Seite so gut abgetrennt, dass ich 
ihre weniger scharfe und deutliche Abscheidung an ihrer äusseren Seite 
von den Windungen des Scheitellappens nicht für einen hinreichenden 
-Grund erachten kann, ihre alte und in Deutschland ziemlich allgemein 
angenommene Auffassung und Bezeichnung Burdachs und Huschkes als 
Zwickel oder Keil fallen zu lassen. Dieselbe hat in der That die Gestalt 
einer dreiseitigen Pyramide, deren Spitze nach vorne und etwas nach 
unten gegen das Splenium corporis callosi, und deren Basis nach hinten 
‘und aussen gerichtet ist. Ihre vordere Fläche ist gegen die Fissura 
perpendieularis interna, ihre untere gegen die Fissura Hippocampi hin- 
‚gewendet und wird durch diese Furchen scharf und bestimmt abgegrenzt. 
Die äussere Fläche hängt allerdings sehr genau mit dem hinteren Rande 
des Scheitellappens zusammen, da beim Menschen die Fissura perpendi- 
cularis externa der Affen fehlt. Windungen des zweiten und dritten 
Scheitelbogens, wenn letzterer ausgebildet vorhanden ist, gehen hier in 
die einzelnen Windungszüge des’ Zwickels über. Die Markfasern dieser 
so wie die der hinteren Schenkel der oberen und unteren Scheitelbogen- 
windung sind es, welche in dem Keil ausstrahlend, und mit grauer 
Rinde bedeckt, die Windungen an der Basis des Zwickels darstellen. 
Dieselben in zwei oder drei horizontal gerichtete Züge zu theilen, wie 
dieses Gratiolet und seine Nachfolger gethan, scheint mir bei dem 
Menschen unmöglich. 

Allein auch an der unteren und inneren Fläche des Hinterlappens 
ist es sehr wohl möglich, zwei demselben speciell angehörige Windungs- 
züge zu unterscheiden, so sehr dieselben auch nach vorne mit den 
Windungen der unteren Fläche des Schläfenlappens zusammenhängen 
mögen. Hier wird die Aufstellung der Fissura collateralis (F.) von Huxley 
von Wichtigkeit. Diese Furche geht, wie wir gesehen, von dem Gyrus 
Hippocampi unterhalb des Splenium corporis callosi aus, und zieht sich 
an der unteren Fläche des Hinterlappens schräg nach aussen gegen den 
hinteren und äusseren Rand dieser Fläche. Zwischen ıhr und der 
Fissura Hippocamji (G.) liegt nun ein ganz gut begränzter Windungszug, 

Abh. d.II.C1.d.k. Ak.d. Wiss. X.Bd.II. Abth. 56 


440 


den ich als untere innere Hinterhauptswindungsgruppe (17.) 
oder mit Huschke als zungenförmiges Läppchen bezeichne. Sie hat 
eine länglich dreieckige Gestalt, deren Spitze nach vorn, die schmale 
Basis nach hinten gerichtet ist. Die Spitze geht von dem Gyrus Hippo- 
campi unterhalb des Splenium corporis callosi aus; die Basis bildet 
den unteren hinteren Rand der Spitze des Hinterlappens und hängt hier 
mit dem Zwickel zusammen; die innere obere Seite begrenzt die Fissura 
Hippocampi, die untere äussere die Fissura collateralis. 

Dabei verdient es einer besonderen Erwähnung, dass die Fissura 
Hippocampi an der hinteren Spitze des Hinterlappens ebenfalls durch 
eine Bogenwindung abgeschlossen wird, die eine besondere Benennung 
verdienen würde. Man sagt gewöhnlich die Fissura Hippocampi laufe 
an diesem hinteren Ende in zwei senkrechte Aeste einen oberen und 
einen unteren aus. Das thut sie auch; allein diese Aeste werden von 
einer platten Bogenwindung umgeben in ähnlicher Weise, wie die Enden 
anderer Furchen. Die Schenkel dieser Bogenwindung gehen von den 
beiden, die Fissura Hippocampi begrenzenden Windungen des Zwickels 
und des zungenförmigen Läppchens aus, und diese Bogenwindung selbst 
zeigt mannigfach verschiedene Anordnungen wie die obere Scheitelbogen- 
windung an der Fissura perpendicularis interna. Sie ist nämlich nicht 
immer blos einfach abgeplattet, sondern sie ist ebenfalls häufig mit 
ihrem Scheitel nach einwärts und vorwärts in die Furche hinein 
gedrängt, und dadurch entsteht der Schein, als wenn die beiden oder 
einer der Aeste der Fissura Hippocampi verkümmert oder nicht vor- 
handen wären, was öfter angegeben wird. Präparirt man aber die Pia 
mater aus diesen Furchen an der Spitze des Hinterlappens, wo sie be- 
kanntlich auffallend dünn und sehr anhaftend ist, sorgfältig heraus, so 
dass sich die Furchen vollständig öffnen, so wird man das genannte 
Verhalten meist leicht beobachten können, und so das scheinbar un- 
regelmässige Gewirr kleiner Windungen und Furchen an der hintersten 
Spitze der Hemisphäre aufgeklärt finden. 

Der untere äussere Hinterhauptswindungszug (18.) oder 
Huschkes spindelförmiges Läppchen ist allerdings besonders nach 
aussen nicht so gut begrenzt als der vorige. Allein öfter scheiden ihn 
doch auch etwas tiefere Furchen von den Schläfenwindungen oder ein 


441 


Ast der Arteria profunda cerebri bezeichnet seine äussere Grenze, welche 
an dem äusseren Rande der Hemisphäre ausserdem nicht selten durch 
eine etwas tiefere Einkerbung, einer Andeutung einer Fissura oceipitalis 
perpendicularis externa bezeichnet wird. Seine innere Grenze bildet 
natürlich die Fissura collateralis.. Auch dieser Windungszug hat eine 
dreieckige oder nach Huschkes Bezeichnung spindelförmige Gestalt. Er 
beginnt vorne zugespitzt meist nicht mehr von dem Gyrus Hippocampi, 
sondern von dem mittleren unteren Schläfenwindungszng, und zieht 
sich nach hinten gegen den hinteren äusseren Rand des Hinterlappens, 
den er meist noch etwas umgreift und hier mit den hinteren unteren 
Windungen des Scheitellappens, mit der dritten oder unteren Scheitel- 
bogenwindung, wenn sie vorhanden ist, zusammenhängt: 


4. Die Windungen des Schläfenlappens. 


Die Windungen dieses Lappens sind zum Theil gut charakterisirt 
und leicht von einander zu sondern; zuweilen ist dieses indessen doch 
nicht der Fall und man geräth über ihre Trennung in grosse Zweifel. 
Nach hinten hängen sie ausserdem mit denen des Scheitel- und Hinter- 
hauptslappens immer unmittelbar zusammen. 

Wie zuerst Gratiolet hervorgehoben hat, findet sich meistens an 
der Aussenseite des Schläfenlappens eine mit der Fossa Sylvii parallel 
verlaufende tiefere Längsfurche, die sogenannte Parallelspalte oder Fissura 
temporalis superior (D.), welchedie erste oderäussereobere Schläfen- 
windungsgruppe (19.)' abtrennt. Diese ist schmal und bildet aus- 
schliesslich die vordere untere Spitze des Lappens. Nach hinten und 
oben geht sie in den hinteren oder absteigenden Schenkel der das obere 
Ende der Fossa Sylvii umgebenden ersten Scheitelbogenwindung über. 
Diese erste Schläfenwindung wurde früher als einer der Gyri fascieuli 
arcuati, von Gratiolet Pli marginal inferieur in Beziehung auf die Syl- 
vische Grube genannt, die sie von unten begrenzt. Wenn die Parallel- 
furche, wie dieses zuweilen vorkommt, schlecht entwickelt ist, so ist 
auch die Abgrenzung dieser Windung von den übrigen Schläfenwindungen 
sehr unsicher und willkührlich. 

Ebenso findet sich auch an dem inneren-oberen Rande des Schläfen- 
lappens eine gut charakterisirte, lang bekannte Windung, der Gyrus 

56* 


442 


Hippocampi oder dieinnere obere Schläfenwindung(22.) mitihrem 
vorderen, gewissermassen umgebogenen, angeschwollenen Ende, dem 
Hacken oder Uncus, Gratiolets Pli temporal sup6rieur interne, Hux- 
leys und Flowers Gyrus uncinatus. Nach hinten schlägt er sich um das 
Splenium corporis callosi herum, geht hier in den Gyrus cinguli über, 
und bildet mit diesem zusammen den Gyrus fornicatus von Arnold. 
Dort an dem Uebergang dieser beiden Windungen in einander stehen 
dieselben, wie früher erwähnt, mit der oberen inneren Scheitelgruppe 
oder dem sogenannten Lobulus quadratus, ferner mit der das untere 
Ende der Fissura perpendicularis interna umziehenden unteren inneren 
Scheitelbogenwindung, und mit der nach vorn gerichteten Spitze der 
unteren inneren Hinterhauptswindungsgruppe in Verbindung. Unter dem 
concaven Rande des Gyrus Hippocampi verborgen, liegt die sogenannte 
Fascia dendata, das Corps godronne der Franzosen. 

Die zwischen der genannten ersten Schläfenwindung und dem Gyrus 
Hippocampi liegenden Windungen des Schläfenlappens halten im all- 
gemeinen auch die Längsrichtung ein, lassen sich aber oft nicht leicht 
in weitere einzelne Züge zerlegen. Indessen findet sich doch oft noch 
eine etwas tiefer eindringende und durchgreifende Furche, welche mit 
der Fissura parallela oder temporalis superior parallel läuft und Fissura 
temporalis media (E.) genannt werden kann. Ist sie vorhanden, so zer- 
fällt dann diese mittlere Windungsgruppe in zwei, die man als die zweite 
oder mittlere (20.) und als die dritte oder äussere untere (21.) 
bezeichnet hat. Beide gehen nach hinten und oben in die Schenkel der 
zweiten und der in diesem Falle meist ebenfalls vorhandenen dritten 
 Scheitelbogenwindung über. Ist der Schläfenlappen wie zuweilen sehr 
breit, so macht sich unter Hinzuziehung der Fissura collateralis von 
Huxley noch eine weitere Theilung bemerkbar, so dass man allenfalls 
von noch einer inneren unteren Schläfenwindung reden und dann deren 
also im Ganzen mit dem Gyrus Hippocampi fünf unterscheiden kann. 
Allein ich bemerke, dass in dieser Eintheilung viele Willkühr sich geltend 
macht und ich mich in der Regel in dem vorderen Theile des Schläfen- 
lappens nur zur Annahme von drei und in dem hinteren oberen Theile 
von vier Schläfenwindnngen habe entschliessen können. | 


443 


5. Die Windungen des Stammlappens. 


Die Windungen des Stammlappens oder der Insel sind so charakteri- 
sirt und bekannt, dass darüber nur wenige Worte zu sagen hinreicht. 
Sie werden bekanntlich bei dem Menschen von dem vorderen Ende des 
Schläfenlappens, von den Windungen des Stirnlappens und von dem 
unteren Bogen der Centralwindungen bedeckt und liegen in der Tiefe 
der Fossa Sylvii. Wenn man diese durch Hinwegnahme der Gefässhaut 
“ gewissermassen eröffnet, so sieht man eine länglich ovale kegelförmige 
Erhabenheit, die von dem Markkörper der Hemisphäre, von dem Stirn- 
und Schläfenlappen ausgeht und durch vier kurze an ihrer unteren, durch 
fünf bis sechs längere und von oben ünd aussen divergirende Windungen 
an ihrer oberen Fläche zusammengesetzt wird. Sie schliessen sich nach 
aussen an den Streifenhügel und den Linsenkern, und die durch diese 
hindurchtretenden oder in ihnen wurzelnden Fasern an. 


Endlich mag hier auch noch als einer ganz besonderen, keinem 
einzelnen Lappen ausschliesslich angehörenden Bildung des Gyrus cin- 
guli (23.) Erwähnung gemacht werden, welcher von Gratiolet entweder 
mit Fovil Circonvolution de l’ourlet oder Pli de la zone interne oder 
Pli du corps calleux, von den Engländern Gyrus callosal genannt wird. 
Er ist so charakteristisch durch seine Beziehung zu dem Balken, den 
er an der inneren Seite der Hemisphäre umkreiset, dass er keiner 
besonderen Beschreibung bedarf. Er steht in der Regel in dem ganzen 
vorderen Theile seines Verlaufes "mit den über ihm befindlichen Win- 
dungen des- Stirnlappens -und dem oberen Bogen der Centralwindung 
nicht in Verbindung; zuweilen findet sich aber eine solche vorne in 
der Gegend des Balkenknies. Dagegen ist eine Verbindung mit den 
an der inneren Seite der Hemisphäre liegenden Windungen des Vor- 
zwickels, wie oben schon bemerkt, die Regel. 

An dem Splenium corporis callosi trifft er mit dem Gyrus Hippo- 
campi zusammen, und bildet dann mit diesem den von Arnold sogenannten 


444 


Gyrus fornicatus.. An dieser Verbindungsstelle schliessen sich wie ich 

schon angegeben, eine von der innere Seite des Vorzwickels herab- 

steigende Windung, dann die innere untere oder fünfte Scheitelbogen- 
windung und der untere innere Hinterhauptszug oder das zungenförmige 

Läppchen an. In Verbindung mit dem Gyrus Hippocampi muss er als 

eine grosse, um die grosse quere Hirnspalte sich herumziehende Bogen- 

windung aufgefasst werden. 

An diese Beschreibung der Grosshirnwindungen des Menschen 
knüpfe ich noch eine kurze Angabe der in die verschiedenen 
von mir unterschiedenen Windungen ausstrahlenden Markfasern. Denn 
obgleich die ältere Lehre von dem Verlauf der weissen Mark- 
fasern des grossen Gehirns durch die neueren mikroskopischen For- 
schungen wesentlich an ihrer Bedeutung verloren hat, insoferne diese 
mikroskopischen Untersuchungen die Continuität dieses Faservor- 
laufs sehr bezweifeln lassen, ich auch der älteren Lehre von Gall, 
Burdach, Arnold u. And. nichts Neues hinzuzufügen habe, so scheint 
es mir doch zweckmässig, die Quelle der Fasern, welche in den einzelnen 
Windungen in die Rinde übergehen, nach diesen älteren Beobachtungen 
anzugeben; denn ich zweifle nicht, dass es einst ein Hauptzweck dieser 
Topographie der Grosshirnoberfläche sein wird, eben diesen Verlauf 
und Verbreitungsbezirk der in ihr ausstrahlenden Fasern genau bestim- 
men zu können. 

Hiernach finden wir aber Ausstrahlungen: 

In dem ersten oder oberen Stirnwindungszug von Fasern sowohl 
vom Stabkranz als von der Balkenstrahlung und zwar von letz- 
terer vorzüglich vom Knie des Balkens und in der Form der 
sogenannten kleinen Zange. 

In dem zweiten oder mittleren Stirnwindungszug ebenfalls 
Fasern ‚des Stabkranzes und der Balkenstrahlung. 

In dem dritten oder unteren Stirnwindungszug ebenfalls Fa- 
sern des Stabkranzes und der Balkenstrahlung, ausserdem aber 
vom Hackenbündel (Faeiculus unciformis) und Bogenbündel (Fa- 
ciculus arcuatus nach Krause). 

In den Centralwindungen wahrscheinlich nur Fasern des Stabkranzes 
und der Balkenstrahlung. 


445 


In dem Vorzwickel Fasern der Balkenstrahlung und des Stab- 
kranzes. 

In den vorderen, mittleren und hinteren Scheitelbogen- 
windungen Fasern des Stabkranzes und der Balkenstrahlung, 
auch wohl solche des Hacken- und Bogenbündels. 

In der oberen und unteren inneren Scheitelbogenwindung 
Fasern des Splenium corporis callosi, namentlich der grossen 
Zange. 

In dem Zwickel Fasern. des Splenium corporis callosi, der grossen 
Zange, so wie solche der Stammstrahlung und des Bogenbündels. 

In dem untereninneren und unteren äusseren Hinterhaupts- 
windungszug oder in dem zungenförmigen und spindelförmigen 
Läppchen Fasern des Bogenbündels und des Splenium corporis 
callosi. 

In den Schläfenwindungen Fasern aus den hinteren Strahlungen 

. des Stabkranzes, Fasern des Bogen- und Hackenbündels. 

Die Insel erhält ihre Fasern aus dem Grosshirnstamm und vom Bogen- 
bündel. 2 

Der Gyrus fornicatus (Gyrus einguli und Gyrus Hippocampi) besitzt 
nach Arnold ein eigenes Faserbündel, welches nicht mit dem 
Stabkranz, auch nicht mit der Balkenstrahlung zusammenhängt. 


III. 


Entwicklungsgeschichte der Grosshirnwindungen bei dem 
menschlichen Fötus. 


(Tab. IV und V.) 


Das im Vorstehenden geschilderte Verhalten der Windungen an den 
grossen Hirnhemisphären des Erwachsenen wird nach meinen Beob- 
achtungen durch die Entwicklungsgeschichte dieser Windungen bei dem 
Embryo bestätigt und erläutert. 

Diese Bildungsgeschichte der menschlichen Hirnwindungen ist bis 
jetzt nur von Reichert einigermassen genauer üntersucht und geschildert 


446 


worden. In seinem Werke über den Bau des menschlichen Gehirns Bd. I 
p. 88 giebt er an, dass die erste Bildung der Hirnwülste an der lateralen 
Fläche der Hemisphären durch das Auftreten radiär um die Sylvische 
Grube gestellter Furchen bezeichnet werde, die er desshalb radiäre 
Primärfurchen nennt. Durch diese wird die laterale Fläche des Hirn- 
mantels in 7—9 primäre nahezu dreieckige Felder abgetheilt, die ihre 
Spitze gegen die Fossa Sylvii und den hier befindlichen Stammlappen, 
die Basis gegen die freie Randpartie des Mantels hinwenden. Nach 
diesen erscheinen in dieser Randpartie des Mantels kürzere oder längere 
dem freien Rande des Mantels nahezu parallele Längsfurchen, welche 
Reichert peripherische Primärfurchen nennt. Ihr Zug, Verlauf, Zahl, 
Anordnung ist sehr wechselnd und bald werden sie durch die Verbin- 
dung unter sich nnd mit den radiären Primärfurchen sowie durch das 
Auftreten von Nebenfurchen sehr verdeckt. Es treten nämlich alsbald 
secundäre Furchen und Wülste und Nebenwindungen auf. Die 
secundären Wülste entstehen durch secundäre Furchung auf der Gipfel- 
fläche der primären Windungen; die Nebenwindungen bilden sich an 
den Furchenflächen vorzüglich der primären, aber auch der secundären 
Wülste. Der Gyrus Hippocampi gehört nach Reichert (p. 87.) nicht zu 
den Windungen sondern zur ursprünglichen und allgemeinen Configuration 
des hinteren unteren Theiles des Mantels und besteht lange vor der 
Entfaltung der Hirnwindungen. 

Ich sehe mich-nicht im Stande, dieser Darstellung und Auffassung 
der Bildungsvorgänge der Windungen durch Reichert beizutreten. 

Ich habe, wie schon oben angegeben, Gelegenheit gehabt, die Ent- 
wicklung des Gehirnes und seiner Windungen an einer grossen Zahl 
menschlicher Embryonen aus allen Monaten des Fötusleben zu studiren. 
Ich bestätige danach zunächst die Angaben von Reichert und Schmidt, 
dass die Bildung der Furchen und Windungen an der Oberfläche der 
Hemisphären nicht so früh beginnt, als man früher anzunehmen geneigt 
war. Es war das ein Irrthum, der durch die Behandlung der Embryonen 
und Gehirne mit Weingeist veranlasst wurde. Die weiche und sehr wasser- 
haltige Beschaffenheit junger Gehirne, vor Allem die verhältnissmässig sehr 
grossen Hohlräume, welche die einzelnen Hirnabtheilungen umschliessen, 
bedingen bei dem Einbringen der Embryonen in Weingeist, welches 


447 


zur Herausnahme der Gehirne unvermeidlich war, ein starkes Schrumpfen 
und Zusammenfallen und besonders an den Hemisphären eine Falten- 
bildung, welche etwas Regelmässiges zu haben scheint. ' Allein sie sind 
nur Kunstprodukt. An den mit Chlorzink injieirten und erhärteten 
Gehirnen habe ich immer gesehen, dass die Oberfläche der Hemisphären 
ganz glatt ist, bis die Entstehung der Furchen eintritt, mit welcher 
die Entwicklung der Windungen eingeleitet wird, die von da an die 
bleibenden sind. 

Zuerst entstehen gewisse Einschnitte oder Fissuren, welche zur Ab- . 
theilung der Hemisphären in grössere Abschnitte oder Lappen Veran- 
lassung geben. Diese sind die Fossa Sylvii (A.) mit ihrem vorderen und 
hinteren Aste (A’und A“), die Fissura Hippocampi (G.) und die Fissura 
perpendicularis interna (C.), deren Bildung und Veränderungen ich schon 
oben mitgetheilt habe. Sie stehen in keiner direkten, wohl aber sehr 
nahen und wichtigen indirekten Beziehung zu der späteren Bildung 'der 
Windungen. 

Diese wird, wie Reichert ganz richtig bemerkt, eingeleitet durch 
die Entstehung gewisser Furchen, Sulci, die man Primärfurchen nennen 
kann, durch welche die Bildung der hauptsächlichsten und typischen 
Windungen vermittelt wird. Wie man sich deren Entstehung denken 
will, ob, wie Tiedemann, durch Eindringen der sich an der Oberfläche 
der Hemisphären ausscheidenden Gefässhaut, oder durch verschieden 
starke Wucherung der Oberfläche an verschiedenen Stellen, lasse ich | 
dahingestellt sein. ' 

-Die drei ersten dieser Primärfurchen haben, wie Reichert ebenfalls 
richtig bemerkt, anfangs eine auf die Fossa Sylvii radiär gestellte oder 
frontal über die Hemisphären herüberlaufende Richtung. Die erste der- 
selben (B.) erscheint im 6. Monate und kann die mittlere radiäre Primär- 
furche genannt werden. Sie ist keine andere als die Üentral- oder 
Rolando’sche Furche und läuft Anfangs fast senkrecht über die Mitte 
der Hemisphäre. Noch in demselben Monate entstehen zwei andere vor 
und hinter dieser ersten verlaufende radiäre Primärfurchen, deren vor- 
dere (a.) aber schon gleich Anfangs etwas nach vorne, die hintere (b.) 
ebenso etwas nach hinten gerichtet ist. 

Im siebenten Monate ist auch schon eine der Länge nach über die 

Abh.d. II. Cl.d.k.Ak. d. Wiss. X. Bd. II. Abth. 57 


448 


äussere Fläche des Schläfenlappens mit dem nach hinten aufsteigenden 
Aste der Fossa Sylvii parallel verlaufende Furche, die Fissura parallela 
oder der Sulcus temporalis superior (E.) vorhanden und gegen Ende 
dieses Monates erscheint die schon oben von mir erwähnte, senkrecht 
über den hinteren Theil der Hemisphäre herab laufende Furche, welche 
als Fissura perpendicularis externa (C.) bezeichnet werden kann. Die 
Hemisphäre hat jetzt ohngefähr das fächerartige Ansehen, welches 
Reichert von ihr schildert, und welches seiner Ansicht nach der Grund- 
typus der Anordnung der Windungen bleibt, obgleich derselbe durch 
das Erscheinen seiner peripherischen Primärfurchen und der secundären 
und Nebenwülste etwas verdeckt wird. Seine Fig. 14. Tab. VII. zeigt, 
dass er diesen radiären Typus für den bleibenden hält. Allein so wie 
sich dieser nicht leicht in der abgebildeten Weise jemals an einem aus- 
gebildeten Gehirne nachweisen lassen wird, so muss ich mich noch 
mehr gegen den von Reichert gelehrten weiteren Entwicklungsgang 
der genannten ohngefähren radiären Stellung der Primärfurchen er- 
klären. 

Zunächst nämlich kann ich das von ihm geschilderte System peri- 
pherischer Primärfurchen nicht auffinden. Nur im Gebiete des Stirn- 
lappens zeigt sich eine mit dem oberen inneren Rande der Hemisphäre 
parallel verlaufende, unterbrochene Furche im Verlaufe des achten 
Monates, durch welche der zukünftige obere oder erste Stirnwindungs- 
zug von dem mittleren oder zweiten abgetrennt wird; im Gebiete des 
Scheitel- und Hinterlappens treten gar keine solche sagittal gerichtete 
Furchen auf. 

Dagegen erfährt ein Theil der radiären Primärfurchen sehr bemerkens- 
werthe Veränderungen, welche Reichert ganz entgangen zu sein scheinen. 

Die Centralfurche sowie die Parallelfurche verändern sich in ihrer 
Richtung im Allgemeinen nicht. Die Centralfurche neigt sich nur mit 
ihrem oberen Ende allmählich etwas mehr nach hinten; aber sie bleibt 
an ihrem oberen und unteren Ende geschlossen und mündet an letz- 
terem nie offen in die Fossa Sylvii ein. Noch viel weniger ist dieses 
mit der Paralleispalte der Fall, und schon dadurch wird der Ausbildung 
des fächerförmigen Typus Reicherts widersprochen. 

Dagegen krümmt sich sehr bald die erste vor der Centralfurche 


449 


aufgetretene primäre Radiärfurche (a.) stark in nach oben convex ge- 
richtetem Bogen nach vorne um das vordere Ende.oder den zukünftigen 
vorderen aufsteigenden Ast der Fossa Sylvii herum, scheidet so den 
mittleren Stirnwindungszug von dem unteren, und giebt Veranlassung, 
dass sich letzterer jetzt zu Anfang in der Form eines einfachen, den ge- 
nannten Ast der Fossa Sylvii umziehenden Bogen zum dritten Stirnwin- 
dungszug (3.) zu entwickeln anfängt. 

Auch die dritte hinter der Centralfurche aufgetretene primäre 
Radiärfurche (b.) erfährt eine ganz ähnliche bogenförmige Krümmung 
nach rückwärts um das obere Ende des nach hinten gerichteten Astes 
der Fossa Sylvii, und veranlasst auf diese Weise die Entstehung meiner 
ersten oder vorderen Scheitelbogenwindung (8.) um dieses obere Ende 
des genannten Astes dieser Grube. 

Diese letztere primäre Radiärfurche schickt auch noch meist von 
der Stelle, wo sie sich nach hinten umbiegt, eine Fortsetzung grade 
nach aufwärts und gibt dadurch Veranlassung zur Abscheidung des 
Vorzwickels von der hinteren Centralwindung. 

Während aber diese beiden primären Radiärfurchen diese Verän- 
derung und’ bogenförmige Krümmung erfahren, ist in einiger Entfernung 
von dem oberen Ende der Fissura perpendicularis interna auch eine 
dieses Ende umziehende Bogenfurche entstanden, welche zur Abscheidung 
meiner oberen inneren Scheitelbogenwindung (14.) (Gratiolets Premier 
Pli de Passage externe) und zugleich in Verbindung mit der hinteren 
Krümmung der hinteren primären Radiärfurche, Veranlassung zur Ab- 
scheidung meiner mittleren oder zweiten Scheitelbogenwindung (12.) um 
das obere Ende der Parallelspalte herum giebt. 

An der inneren Seite des Hemisphäre hat sich auch schon am Ende 
des 5. und 6. Monates eine mit dem Balken parallel verlaufende Furche, 
der Suleus calloso marginalis (H.) Huxley, gebildet, durch welche der 
Gyrus Cinguli nun von dem Balken abgetrennt wird. Der vordere Theil 
der Furche vor dem Knie des Balkens entsteht zuerst, und allmählig 
setzt sie sich weiter nach hinten fort. 

Die oben als Fissura perpendicularis externa bezeichnete Primär- 
furche (C.) entwickelt sich aber nicht weiter, giebt auch, nicht Veran- 
lassung zur Bildung irgend einer Windung, sondern verschwindet im 

Di: 


450 


Laufe des 8. Monates wieder, ohne an der Bildung der später an dem 
Hinterhaupte bemerkbaren Furchen Theil zu nehmen. Sie gehört daher 
zu jenen zahlreichen Gebilden, die zwar einem bestimmten organischen 
Bildungstypus angehören, allein nur in gewissen Formen (bei den Affen) 
zu ihrer vollkommenen Ausbildung gelangen, in anderen zurückbleiben 
oder sogar vollständig wieder verschwinden. 

So ist denn zu Ende des 7. und zu Anfang des 8. Monates durch 
das Auftreten und die Veränderungen der genannten Furchen die Ent- 
scheidung für den bleibenden Typus in der Entwicklung der Windungen 
des menschlichen Gehirns gegeben. Derselbe besteht meines Erachtens 
vorzüglich in der Ausbildung von Bogenfurchen und demnächst von 
Bogenwindungen um die Enden gewisser primärer Hauptfurchen; um 
die Enden des vorderen und hinteren Schenkels der Fossa Sylvi, um 
die Enden der Centralwindung, der Fissura perpendicularis interna, der 
Parallelspalte und der Fissura Hippocampi. Denn die fernere Ausbildung 
der Windungen erfolgt in der That nur durch stärkere Entwicklung, 
Hin- und Herkrümmung, Erhebung und Senkung, der sich um die 
genannten Spalten erhebenden Wülste.e Dadurch entstehen secundäre 
Furchen und Einschnitte, Nebenwindungen, Verbindungen und Trennungen 
einzelner Windungen. Dieselben können sich individuell sehr verschieden, 
selbst auf den beiden Seiten ein und desselben Gehirns gestalten. Der 
Grundtypus kann dadurch mehr oder weniger verdeckt werden, allein 
man kann ihn in jedem Gehirn wieder erkennen, und ich hoffe, dass 
es bald möglich sein wird, seine individuellen Modificationen an jedem 
einzelnen Gehirne allgemein verständlich zu machen. 

Für die nicht direkt an diesen Typus der Bogenwindung sich an- 
schliessenden Windungen, für die erste und zweite Stirnwindung, für 
die Windungen des Hinter- und Schläfenlappens kann ich in dem Ent- 
wicklungsgange keine besondere Modalität auffinden. Sie treten nach 
und nach auf und vervielfältigen sich, wie es scheint, nach rein mecha- 
nischen Bedingungen der Oberflächenvermehrung im gegebenen Raum, 
die ja auch für die weitere Ausbildung der Bogenwindungen massgebend 
sind. So entsteht die die erste und zweite Stirnwindung trennende 
Furche; so die Fissura parallela secunda oder temporalis media, wenn 
sie überhaupt zur deutlichen Entwicklung kommt; so endlich auch die 


451 


Fissura collateralis oder temporalis inferior mit den diese Furchen 
begrenzenden Windungen. Der Gyrus Hippocampi gehört, wie Reichert 
1. 1. p.87 ganz richtig bemerkt, seiner Entstehung nach nicht zu den 
eigentlichen Windungen, sondern zur ursprünglichen allgemeinen Con- 
figuration des inneren unteren Randes des Mantels und besteht daher 
in seiner Anlage auch schon lange vor der Entfaltung der eigentlichen 
Hirnwindungen. Wenn sich aber der Gyrus Cinguli entwickelt, so bildet 
er mit diesem eine die grosse Querspalte des Gehirns umgebende Bogen- 
windung. 

Die Frage, ob bei der Geburt wohl schon alle individuellen Ge- 
staltungen der Windungen vorhanden sind, ist schwer zu entscheiden, 
da sicher viele Gehirne in der Ausbildung ihrer Windungen keine höhere 
Stufe erreichen, als man sie schon an dem Gehirn vieler Neugebornen 
wahrnimmt. Dennoch möchte ich nicht daran zweifeln, dass die indivi- 
duelle Entwicklung dieser Windungen auch noch nach der Geburt fort- 
schreitet, schon weil sie unzweifelhaft zum Theil nur von der Zunahme 
der Masse und des Umfanges des Gehirnes abhängt. 


IV. 


Von der Anordnung der Grosshirnwindungen bei den Affen. 
(Tab. VI und VII.) 


Zur Vervollständigung meiner Einsicht in das Verhalten der Gross- 
hirnwindungen beim Menschen, musste ich natürlich auch das Studium 
derselben bei den Affen für nothwendig erkennen. Leider war hiebei 
begreiflicher Weise das mir zu Gebote stehende Material nur beschränkt. 
Ich besass nur mehrere Gehirne von Öercopithecus sabaeus, Cynocephalus 
'Sphinx und Maimon, Macacus cynomolgus und nemestrinus, und durch 
die Güte des Hr. Prof. Leukart das freilich nicht sehr gut mehr con- 
servirte und theilweise zerlegte Gehirn eines jungen Orang und die 
Gehirne von Innuus (Macacus) Rhesus, Semnopithecus maurus, Callithrix 
sciureus, Hapale Jachus und Lemur tardigradus. Ausserdem musste ich 
mich mit Abbildungen und den nach Schädeln gemachten Ausgüssen 


452 


behelfen. Dadurch mag mir wohl Einiges unsicher geblieben sein, in 
der Hauptsache aber halte ich mich dennoch für genügend unterrichtet. 

Was zunächst die Abtheilung des Affenhirns durch tiefer eingreifende 
Furchen in Lappen betrifft, so werden wir die des Menschenhirns un- 
bedenklich beibehalten können. 

Das Gehirn aller Affen besitzt eine Fossa Sylvii und dieselbe ist 
bei der Mehrzahl derselben wesentlich aus denselben Theilen zusammen- 
gesetzt, wie bei dem Menschen. Wir haben zunächst einen frontal 
gerichteten, an der Basis der Hemisphäre zwischen Stirn- und Schläfen- 
lappen verlaufenden Theil, den Stamm oder Stiel der Grube. Seine 
vordere Grenze ist flach, weil der hintere Rand der sie bildenden Or- 
bitalfläche des Stirnlappens und die denselben einnehmende dritte oder 
untere Stirnwindung schwach entwickelt ist. Der Stamm läuft ferner 
an der äusseren Seite der Hemisphäre in zwei Schenkel, einen vorderen 
und einen hinteren aus. Der vordere fehlt nicht, wie Pansch 1. l. p. 4 
ganz richtig bemerkt; allein er bezeichnet als solchen meiner Ansicht 
nach eine ganz falsche an dem äusseren Rande der Orbitalfläche des 
Stirnlappens verlaufende Furche, welche nach hinten zwar gegen den 
Stamm gerichtet ist, allein dem vorderen Schenkel der Sylvischen 
Grube des Menschen, der sogenannten Vorderspalte, gewiss nicht ent- 
spricht. Vielmehr ist dieser vordere Schenkel bei den meisten Affen 
nun ein ganz kleiner kaum bemerkbarer Einschnitt oder eine Kerbe in 
dem hinteren Rande der dritten oder unteren Stirnwindung, die man 
erst nach sorgfältiger Entfernung der Pia mater sieht, wenn man diese 
Stirnwindung und den vorderen Rand des Schläfenlappens stark aus- 
einanderzieht. Dieser Einschnitt ist so gering, dass man sich eben dess- 
halb verleitet finden konnte, diesen vorderen Schenkel der Sylvischen 
Grube bei den meisten Affen ganz zu läugnen. Allein bei dem Chim- 
panse und Orang ist dieser Einschnitt mit der dritten Stirnwindung, 
die sich um ihn hereinzieht, sehr deutlich entwickelt, und als vorderer 
Schenkel der Fossa Sylvii gar nicht mehr zu verkennen. An der Ab- 
bildung des Chimpansö-Gehirns von Schröder v. d. Kolk und Vrolik 
Tab. I. Fig. 3. sieht man ihn bei e, welches die Insel bezeichnen soll, 
sehr deutlich. Ebenso bei Gratiolet an dem Orang-Gehirn Pl. 3. Fig. 3.; 
dagegen ist er bei dem Örang-Gehirn Fig. 6. und bei dem Chimpanse- 


453 


Gehirn Pl. VI. Fig. 2. weniger deutlich, weil hier die ihn umgebende 
dritte Stirnwindung nicht ganz von dem unteren Ende der vorderen 
Centralwindung sondern etwas höher abgeht und überhaupt schwächer 
entwickelt ist, Sie ist hier nicht zwischen zwei Schenkeln dieser dritten 
Stirnwindung, sondern zwischen dem unteren Ende der vorderen Cen- 
tralwindung und dem absteigenden Schenkel der Stirnwindung einge- 
schlossen. Dieses hängt eben von der sehr verschiedenen und selbst 
noch beim Orang und Chimpanse gegen den Menschen sehr schwachen 
Entwicklung der unteren Stirnwindung ab, wie wir noch weiter sehen 
werden; sie ist hier noch eine gang einfache Bogenwindung um den 
schwachen vorderen Schenkel der Fossa Sylvii. Bei Chrysothrix, Hapale 
und den Halbaffen fehlt dieser vordere Schenkel wirklich ganz und mit 
ihm auch jede Spur der dritten Stirnwindung. 

Der hintere zwischen Scheitel- und Schläfenlappen sich heraufziehende 
Schenkel der Fossa Sylvi ist bei allen Affen sehr deutlich entwickelt 
und schliesst oben und hinten mit der vorderen oder ersten Scheitel- 
bogenwindung ab. 

Bei allen wahren Affen, mit Ausnahme der kleinen Amerikaner, 
findet sich ferner die Centralfurche Fissura centralis s. Rolando. Sie 
läuft im Ganzen überall weit steiler über die äussere Fläche der Hemi- 
sphäre als bei dem Menschen, ist auch verhältnissmässig nicht so tief 
und so weit nach oben und unten durchgreifend, wird aber auch bei 
den Affen nie in ihrem Verlauf unterbrochen. 

Die Fissura perpendicularis interna findet sich, wie es scheint, bei 
allen wahren Affen mit Ausnahme der kleinen amerikanischen, Hapale 
und Midas, wo dieselbe auch von Flower (Philos. Transact. 1861. p. 194. 
Tab. II. Fig. 10.) nicht beobachtet wurde. Bei Lemur nigrifrons soll 
nach demselben Autor diese Furche zwar vorhanden sein, aber oben nicht 
durchgreifen. Bei dem Gehirn von Lemur tardigradus von Giessen ist 
gerade das umgekehrte der Fall; oben greift die allerdings überhaupt 
sehr enge Furche durch, nach unten ist sie aber von der Fissura Hip- 
pocampi abgetrennt. Bei Stenops verhält sie sich nach einer Abbildung 
von Tiedemann wie bei Lemur tardigradus. Uebrigens unterscheidet 
sich das Verhalten dieser Fissur bei fast allen Affen, Orang und Chim- 


454 


panse nicht. ausgenommen, von dem bei dem Menschen dadurch, dass 
sie an ihrem unteren Ende nicht mit der Fissura Hippocampi zusammen- 
stösst, sondern von dieser durch eine Windung (Gratiolets Pli de pas- 
sage interne inferieur) getrennt wird. Nur bei einem jungen Gibbon 
nach Flower (Nat. Hist. Reviw 1863. p. 283) und bei Ateles nach Gratiolet 
und Huxley (Proceedings of the zool. Soc. of Lond. 1861. p. 254 Fig. 2.), 
verhält es sich wie bei dem Menschen. 

An diese Fissura perpendicularis interna schliesst, sich nun bei der 
bei weitem grössten Mehrzahl der Affen der alten und neuen Welt auch 
noch eine über die äussere Fläche des hinteren Theiles der Hemisphäre 
senkrecht herabziehende Fissura perpendicularis externa mit dem sie 
bedeckenden sogenannten Operculum. Sie sind ohnzweifelhaft die auf- 
fallendste Bildung des Affengehirns, welche dem menschlichen Gehirne 
ganz fehlt. Diese Fissur und der sie von hinten begrenzende scharfe 
Rand des Hinterhauptlappens findet sich auch in allen vom Chim- 
panse, _ die Fissur ebenso in allen vom Orang - Gehirn gegebenen 
Abbildungen, obgleich nicht überall gleich deutlich und in gerader 
Richtung verlaufend, so dass man von einem ÖOperculum nur noch bei 
dem von Schröder v. d. Kolk und Vrolik beschriebenen Gehirn sprechen 
kann. Bei Hylobätes und Semnopithecus lässt sich ebenso die Furche 
nachweisen, die Deckelbildung ist undeutlich. Ueber Ateles sind die 
Autoren uneinig; nach Gratiolet fehlt bei diesem Affen die Fissur, nach 
Huxley (Proceedings of the zool. Soc. 1861. p. 258) soll sie sich aber 
auch hier finden, und wirklich zeigt sie auch Gratiolets Abbildung 
Tab. X. Fig. 2.; das Operculum fehlt aber sicher, und die Fissur greift 
nicht durch, so dass sie nicht mit der Fissura perpendicularis interna 
zusammenhängt. Bei den kleinen amerikanischen Affen Hapale und Midas, 
sowie bei allen Halbaffen fehlt sie. 

Bei allen, Affen und Halbaffen findet sich auch eine deutliche 
und tiefe Fissura Hippocampi, welche von der grossen Querspalte des 
Gehirns und dem Gyrus Hippocampi ausgehend, an der inneren Seite 
des Hinterlappens meistens bis an das hintere Ende des Lappens reicht 
und hier in zwei Aeste, einen auf- und einen absteigenden ausläuft. 

Ebenso besitzen alle Affen mit Ausnahme der kleinen Amerikaner 
die Parallelspalte oder Fissura temporalis superior -an dem Schläfenlappen, 


455 


an welchem ausserdem oft auch noch eine Fissura temporalis media und 
Huxleys Fissura collateralis zu unterscheiden ist. 

In Betreff der durch diese Furchen getrennten Hirnlappen bemerke 
ich Folgendes. 

Es lassen sich derselben bei den meisten Affen wie bei dem Menschen 
fünf unterscheiden. | 

1. Der Stirnlappen (l.), den ich auch hier durch die vordere 
Centralwindung von dem Scheitellappen trenne. Er ist bei allen Affen, 
selbstverständlich auch relativ zu der Grösse des übrigen Gehirns, schwächer 
entwickelt als bei dem Menschen. Kein Affengehirn zeigt auch nur an- 
näherungsweise die starke Wölbung, Breite und Höhe der Stirnlappen, 
wie selbst das Gehirn der niedrigsten Menschenrace. Das Gehirn der 
Affen flacht sich an der Stirn sehr stark ab und spitzt sich von den 
Seiten zu. Die Orbitalfläche des Stirnlappens ist sehr viel kleiner, stärker 
ausgehöhlt und hat eine dreieckige und nicht viereckige Gestalt wie bei 
dem Menschen. Sie hat nur einen hinteren, inneren und vorderen äus- 
seren Rand, nicht einen vorderen und einen äusseren, und jener vor- 
dere äussere Rand ist scharf und concav ausgeschnitten. Ferner besitzt 
diese Orbitalfläche vorne einen nach unten in eine Vertiefung des Sieb- 
beins sich herabziehenden schnabelförmigen Fortsatz, der gerade bei 
den sogenannten anthropoiden Affen sehr stark entwickelt ist. 

2. Der Scheitellappen (ll... Vorne begrenzt von der vorderen 
Centralwindung, hinten von der Fissura perpendicularis externa und in- 
terna oben von der grossen Längsspalte und unten von dem nach 
hinten aufsteigenden Aste der Fossa Sylvii, steht bei den meisten Affen 
in einem relativ besseren Verhältnisse zu dem übrigen Gehirn wie der 
Stirnlappen, und ist bei den höchsten Affen nur wenig kleiner als bei 
einem neugebornen Kinde. Er ist der Masse nach der absolut grösste 
Theil der Hemisphäre. 

3. Der Hinterhauptslappen (IIl.). Dieser ist bekanntlich in der 
neueren Zeit Gegenstand des lebhaftesten Streites namentlich unter den 
Engländern gewesen, indem Owen dessen Gegenwart bei den Affen, die 
Ueberwölbung des kleinen Gehirns durch denselben und die Gegenwart 
eines hinteren Hornes mit einem Pes Hippocampi minor in demselben 
in Abrede stellte. Darin hat Owen allerdings Unrecht gehabt, wie sich 

Abh.d.Il.Cl.d. k. Ak.d. Wiss. X. Bd. Il. Abth. 58 


456 


schon aus den älteren Angaben Tiedemanns, Schröder v. d. Kolks, 
Vroliks und Gratiolets bei einem so leicht festzustellenden Gegen- 
stande unbezweifelbar ergab. Doch haben die Untersuchungen von Huxley 
und seinen Nachfolgern Marshall, Turner, Flower, Rolletson etc. diese 
Fragen in bemerkenswerther Weise weiter geführt und sicher gestellt. 
Es findet sich nach .denselben ein hinterer Lappen und die in den- 
selben eingeschlossenen Gebilde überall bei allen wahren und Halb-Affen, 
ja dieser Lappen ist sogar bei mehreren: Cynocephalus porcarius, Cebus 
apella, Nyctipithecus, Chrysothrix, Hapale relativ stärker entwickelt als bei 
dem Menschen. (Vgl. vorzüglich Flower Philos. Transactions 1862 1. p. 185.) 

Der Hinterhauptslappen ist bei den Affen durch die oben erwähnte 
Fissura occipitalis perpendicularis externa mit dem Operculum und durch 
die Fissura oceipitalis perpendicularis interna nach aussen und innen 
weit schärfer von dem Scheitellappen getrennt als bei dem Menschen. 
Auch wo das Operculum fehlt oder undeutlich ist, wie bei einigen Orangs, 
bei Hylobates, Semnopithecus und Ateles, ist dennoch durch die Fissur die 
vordere äussere Grenze leicht erkennbar gegeben. Dieses ist aber keines- 
wegs an der unteren Fläche der Fall, vielmehr geht hier der Hinter- 
hauptslappen in den Schläfenlappen so unmittelbar über, dass man wohl 
begreifen kann, wie Gratiolet sich veranlasst sah, eine Trennung hier 
ganz zu unterlassen und diese gemeinschaftliche untere Fläche des 
Hinterhaupts- und Schläfenlappens als Lobe occipito-temporal zusammen- 
zufassen. 

Sowie indessen unzweifelhaft die in den hier an der unteren 
Fläche gelegenen Windungen in den hintersten Theil der Hemisphäre 
ausstrahlenden Fasern (vorzüglich des Balkens) andere und verschieden 
von den in den Schläfenlappen übergehenden sind, so glaube ich, dass 
man auch hier bei den Affen, den hinter dem Splenium corporis callosi 
gelegenen Theil der unteren Fläche der Hemisphäre als zum Hinter- 
hauptslappen gehörig betrachten und beschreiben soll. Ich habe übrigens 
gesehen, dass der Verlauf der Arterien, der Zweige der A. profunda 
cerebri, auch bei den Affen diese Grenze zwischen Schläfen- und Hinter- 
hauptslappen an dieser unteren Fläche bezeichnet. | 

Bei den kleinen amerikanischen Affen, Hapale, Nyctipithecus, Calli- 
thrix, Sai fehlt eine äussere Abtheilung des Hinterhauptslappen ganz. 


457 


Dennoch ist derselbe und das in demselben eingeschlossene hintere Horn 
des Seitenventrikels mit dem Pes Hippocampi minor gerade bei diesen 
kleinen Affen aın stärksten entwickelt. Bei den Halbaffen, Lemur, 
Stenops etc, sollte man nach dem äusseren Ansehen glauben, dass ein 
Hinterlappen ganz fehle; dennoch ist, wie oben schon erwähnt, eine 
Fissura perpendicularis interna vorhanden und nach Flower soll sich 
auch ein hinteres Horn der Seitenhirnhöhle finden. 

4. Der Schläfenlappen (IV.) ist an dem Gehirn aller wahren 
und Halb-Affen sehr bestimmt und stark entwickelt. Namentlich sein 
vorderes, hinter und unter dem queren Theil der Fossa Sylvii gelegenes 
Ende ist meist stark angeschwollen. Oben ist er durch den nach hinten 
aufsteigenden Ast der Fossa Sylvii, und innen durch die grosse quere 
Hirnspalte sehr bestimmt begrenzt, nach hinten hängt er an der äusseren 
Seite mit dem Scheitel-, an der unteren mit dem Hinterhauptslappen 
äusserlich ununterbrochen zusammen. 

5. Der Stammlappen(V.) findet sich nach der Beobachtung Gra- 
tiolets bei allen wahren und wahrscheinlich auch bei den Halbaffen ; 
wenigstens sahen ihn Flower (l. 1. p. 196) und Pansch (p. 1) auch bei 
Lemur. Er liegt ganz bedeckt von dem Stirn-, Scheitel- und Schläfen- 
lappen, welche mit ihren Rändern selbst nach Wegnahme der Pia mater 
dicht aneinanderstossen, an der Uebergangsstelle von dem queren in den 
nach hinten aufsteigenden Ast der Fossa Sylvii; ist ansehnlich gross 
aber nicht sehr hervorragend und nur mit schwachen Furchen und 
Windungen bedeckt. 

Ich habe die Hemisphäre eines Cynocephalus Sphinx und eines Ma- 
cacus cynomolgus in diese Lappen zerlegt, gewogen und dafür folgende 
Prozentzahlen erhalten: 

Cynocephalus  Macacus 


Stimläappensilmsh .-lsrwılse 241 ” 22,2 
Scheitellappen ı ... 1. ..28,3 # 31,6 
Hinterhauptslappen . . . 16,4 ® 14,3 
Schäfenlappen ' . ,a»#15.4419;0 5; 18,7 
Stammlappen here 2 ” 13,2 
Ganze Hemisphäre,... .. . 100,0 - „100,0 


H. Wagner hat l.1. p. 39. nach seiner Belegungsmethodc eine Ober- 
58* 


458 


flächenbestimmmung der einzelnen Lappen des jungen ÖOrang-Outang- 
Gehirns gegeben. Er erhielt für den 


Stirnlappen, Scheitellappen, Schläfenlappen, Hinterhauptslappen 
36,8% 95,1 19,6 15,5. 


Marshall: On the Brain of a young Chimpanzee. The nat. History 
Review 1861. p. 307. giebt zum Vergleich für den Stirn-, Scheitel- 
und Hinterlappen ‘die Ausdehnung derselben an dem oberen Rande der 
Hemisphäre bei einem jungen Chimpanse. Er erhielt die Procentzahlen 
46, 28, 26. Bei dem Gehirne des jungen Orang erhielt ich für dieselben 
Entfernungen die Procentzahlen 46,5, 20,9 und 32,5, was für die beiden 
letzteren auffallend verschieden ist. Ueberhaupt aber geben diese ver- 
schiedenen Methoden so verschiedene Resultate, dass man nur bei An- 
wendung ein und derselben einigermassen giltige Schlüsse wird ziehen 
können, die aber nur auf das specielle Object der Methode beschränkt 
bleiben müssen. 

Nach dieser Uebereinstimmung des Affen- und Menschengehirns in 
Betreff der Eintheilung der Grosshirnhemisphäre durch dasselbe System 
von Furchen in bestimmte grössere Abtheilungen, lässt sich erwarten, 
dass dieses auch rücksichtlich der diese Furchen umgebenden Windungen 
mehr oder weniger der Fall sein wird. 

Indessen zeigen die Stirnwindungen der grössten Mehrzahl der 
Affen schon dadurch eine auffallende Abweichung von der Anordnung 
und dem Verhalten derselben bei dem Menschen, dass bei ihnen die 
vordere Centralwindung, auch wenn die Centralspalte sich schon ganz 
deutlich entwickelt findet, noch gar nicht selbstständig ausgebildet ist. 
Dadurch fliessen die etwaigen Stirnwindungen nach hinten alle mit 
dieser noch nicht gesonderten vorderen Centralwindung zusammen. Erst 
bei Ateles und Hylobates sehr schwach, deutlicher bei den grossen 
Cynocephalen und dann bei Chimpanse und Örang, bildet sich die vor- 
dere Centralwindung selbstständiger aus, und fangen damit die Stirn- 
windungen an, sich von ihr abzutrennen. 

Aber auch der ganze Typus der Stirnwindungen erscheint mir bei 
der, Mehrzahl der Affen als ein von dem ausgebildeten menschlichen- 
sehr verschiedener. Es finden sich auf dem Stirnlappen zwei Furchen, 


$ 459 
eine dicht längs des vorderen äusseren Randes parallel mit demselben 
verlaufende, und eine zweite dahinter und darüber befindliche stark 
nach vorne convex gekrümmte Bogenfurche (a.). Durch diese beiden Furchen 
wird die Stirnfläche in ‘drei Abtheilungen getheilt, welche Gratiolet 
nicht angestanden hat, mit den drei bei dem Menschen meist so auf- 
fallend hervortretenden sagittal gerichteten Stirnwindungsgruppen zu 
parallelisiren und sie analog zu benennen und zu bezeichnen. Allein 
ich halte das nicht für gerechtfertigt und glaube, dass entsprechend 
der oben erörterten noch unvollkommenen Entwicklung des ganzen 
Stirnlappens auch seine Windungen noch nicht den Typus der Windungen 
des ausgebildeten, sondern nur den des noch sehr unvollkommen ent- 
wickelten menschlichen Gehirnes an sich tragen, nämlich den des sieben- 
monatlichen Fötus, wo die primäre vordere Radiärfnrche sich nach vorne 
umzubiegen begonnen hat. Der Stirnlappen ist dann noch nicht in sa- 
gittal, sondern mehr noch in frontal gerichtete Abtheilungen eingetheilt; 
und so ist es auch bei dieser Mehrzahl der Affen. Auf den Abbildungen, 
namentlich den das Gehirn von der äusseren Seite darstellenden, er- 
scheinen aus perspectivischen Gründen die Furchen weit mehr sagittal 
gerichtet, als es wirklich der Fall ist. Der in diesen Abbildungen fast 
grade sagittal verlaufende äussere Rand des Stirnlappens ist in Wirk- 
lichkeit weit mehr frontal gerichtet, und wird daher mit Recht als 
Örbitalrand bezeichnet, dem er parallel verläuft. Nach ihm richten sich 
auch die Furchen namentlich die erste, welche keineswegs der die 
zweite und dritte oder mittlere und untere Stirnwindung bei dem 
Menschen trennenden, sondern einer sehr oft auch bei dem Menschen 
an dem vorderen Rande des Stirnlappens horizontal oder frontal ver- 
laufenden Furche entspricht. Es sind bei diesen Affen noch gar keine 
drei sagittal, sondern nur zwei grosse frontal gerichtete Abtheilungen oder 
Windungen des Stirnlappens vorhanden, eine hintere obere (1 und 2), 
breit mit der vorderen Centralwindung zusammenfliessende und eine vor- 
dere untere (3) den ÖOrbitalrand einnehmende. 

Die hintere obere entspricht meiner Meinung nach der oberen und 
mittleren Stirnwindung des Menschen zusammen genommen, welche bei 
diesen Affen noch gar nicht von einander getrennt sind. Diese Trennung 
und damit auch die bessere Abscheidung von der vorderen Üentral- 


460 


windung entwickelt sich erst allmählig durch eine auf dieser hinteren 
oberen Abtheilung des Stirnlappens auftretende, bei den Cynocephalen - 
und Hylobates mit dem oberen Rande des Lappens gerade, beim Chim- 
panse und Orang schon gewunden verlaufende Furche, durch welche 
diese Abtheilung dann in zwei, jetzt auch sagittal verlaufende Windungen, 
die obere und mittlere zerfällt. 

Die vordere untere, dem dritten Stirnwindungszug des Menschen 
entsprechende Abtheilung des Stirnlappens ist bei den meisten Affen 
sehr verschieden von der menschlichen gestaltet. Denn während diese, 
wie wir gesehen, sehr stark in wiederholten Windungen gekrümmt 
nach einwärts um den vorderen Schenkel der Fossa Sylvii gebogen 
verläuft, ist ihr Analogon bei den meisten Affen ganz gerade nach 
vorne gerichtet, und bildet wirklich den dem OÖberaugenhöhlenrand ent- 
sprechenden vorderen Seitenrand des Stirnlappens. Der vordere Ast 
der Sylvischen Grube ist nur ein schwacher Einschnitt an der von der 
Centralwindung ausgehenden Wurzel dieser Windung. Die vordere 
primäre gebogene Radiärfurche scheidet sie von der vereinigten mittleren 
und oberen Stirnwindung. 

Bei den höher stehenden Affen aber, Hylobates, Chimpans& und Orang 
verläuft diese Windung nicht mehr gerade längs des vorderen Seitenrandes 
des Stirnlappens, sondern gekrümmt, bei Hylobates (Fig. XXV. 3.) noch in | 
einem flachen Bogen, beim Chimpans& und Orang (Fig. XXVI. 3) schon zu 
einer engen Schlinge zusammengekrümmt. Dann ist auch der vordere Schen- 
kel(A‘) der Fossa Sylvii entwickelt, um den sich diese Schlinge herumzieht, 
und die vordere primäre Radiärfurche ist dann auch viel stärker ge- 
bogen. Und da zugleich, wie oben bemerkt, bei diesen Affen auch die 
beiden oberen Stirnwindungen sich geschieden und stärker entwickelt 
haben, so wird diese dritte Bogenwindung von dem vorderen Rande weg 
mehr an den Seitenrand des Stirnlappens gedrängt. Dieses Alles geschieht 
nach den verschiedenen vorhandenen Abbildungen bei verschiedenen 
Individuen in verschiedener Weise und in verchiedenem Grade, worauf 
namentlich die,Abgangsweise dieser Windung von dem unteren Ende 
der vorderen Centralwindung Einfluss zu haben scheint, wie ich schon 
oben bei der Beschreibung der Fossa Sylvii bei den Affen angegeben 
habe. Aber selbst noch bei dem Orang ist die Entwicklung dieser dritten 


461 


oder unteren Stirnwindung weit von der bei dem Menschen entfernt, 
indem sie wesentlich auf eine Schlinge beschränkt bleibt. 

So erreichen erst bei dem Chimpanse und Orang die Stirnwindungen 
die dem ausgebildeten Menschengehirne analoge Anordnung, und auch 
das nur annäherungsweise, während sie bei allen übrigen Affen auf dem 
embryonalen Stadium stehen bleibt. Da Gratiolet dieses Verständniss 
verschlossen blieb, so ist auch seine Bezeichnung bei den verschiedenen 
Affengehirnen sehr verschieden und widersprechend ausgefallen. Bei dem 
Chimpanse und Orang bezeichnet er richtig nur die von der oft er- 
wähnten Bogenfurche umfasste Windung als die untere oder erste; bei 
allen übrigen umfasst dieselbe Furche bei ihm nicht nur die untere, 
sondern auch die mittlere oder zweite Stirnwindung, obwohl schon bei 
Hylobates jene dem vorderen Rande des Stirnlappens ohngefähr parallel 
laufende Furche fehlt, die ihn zu diesem Missgriff veranlasste. Eine 
Folge dieses Misskennens ist auch die sonderbare Bezeichnung der Stirn- 
windungen des zweiten Orang-Gehirnes auf seiner Pl. II. Fig. 6., wo die 
zweite oder mittlere Stirnwindung nach dieser Bezeichnung aufs äusserste 
reducirt und von ihrer Verbindung mit der vorderen Centralwindung 
ganz abgeschnitten sein würde. 

An der Innenseite des Stirnlappens sind bei der Mehrzahl der Affen 
noch keine weiteren Windungen entwickelt, als-dass durch die Fissura 
calloso-marginalis der Gyrus cinguli abgesondert ist, und auch dieses 
ist vorne vor dem Knie nur noch unvollkommen der Fall. Bei den 
grösseren und höher stehenden Cynocephalus, Orang etc. umgreift da- 
gegen die genannte Fissur schon den ganzen Balken auch vorn, und die 
über ihr gelegene Partie’ des Stirnlappens zeigt auch Furchen und Win- 
dungen, die mit denen des oberen Stirnwindungszuges zusammenhängen. 

In Betreff der Scheitelwindungen so ist zwar die Oentralfurche 
oder Rolando’sche Furche bei allen wahren Affen mit Ausnahme der 
kleinen Amerikaner vorhanden, allein die beiden dieselbe begrenzenden 
Centralwindungen sind bei den meisten bis herauf zu dem Chimpanse 
und Orang schlecht entwickelt. Ich habe dieses rücksichtlich der vor- 
deren Centralwindung schon bei den Stirnwindungen gesagt und bemerkt, 
wie desshalb die letzteren schlecht von der ersteren gesondert sind. 
Dieses ist im Ganzen auch mit der hinteren Centralwindung und ihrer 


462 


Trennung von den übrigen Scheitelwindungen der Fall. Die obere Scheitel- 
windung, Burdachs und Huschkes Vorzwickel (9.), Gratiolets lobule du 
deuxieme Pli ascendant ist von dem oberen Ende der hinteren Central- 
windung bei den meisten Affen gar nicht deutlich abgetrennt, hängt 
vielmehr so sehr mit ihr zusammen, dass man an ihrer Gegenwart 
zweifeln und behaupten könnte, die hintere Centralwindung ziehe sich 
verjüngend bis zu der senkrechten inneren Hinterhauptsspalte hin, was 
Dr. Pansch wirklich gesagt hat. Allein wenn man die ganze Reihe der 
Affen von den einfacheren Cebus, Macacus, Innuus, Cercopithecus, Cyno- 
cephalus an und dann Semnopithecus, Hylobates, Lagothrix, Ateles, 
Chimpanse und Orang bis zum Menschen verfolgt, so sieht man, wie 
sich diese nach hinten ziehende Fortsetzung des oberen Endes der hin- 
teren Centralwindung in der genannten Reihe immer mehr vergrössert, 
von der Centralwindung abscheidet und isolirt, mit ihr zuletzt nur 
noch durch eine oder zwei Wurzeln zusammenhängt, und dann eine 
eigene Windungsgruppe, eben den Vorzwickel, oder die obere innere 
Scheitelwindung darstellt. Dieselbe erscheint bei dem Chimpanse und 
Orang relativ ebenso entwickelt wie bei dem Menschen. 

Ganz ähnlich verhält es sich aber auch mit der von dem unteren 
Ende der hinteren Oentralwindung sich ablösenden, um das obere Ende 
der Fossa Sylviı und der Parallelspalte des Schläfenlappens sich herum- 
ziehenden Bogenwindungsgruppe. 

Bei der Mehrzahl der Affen Cebus, Cercopithecus, Macacus, den 
meisten Cynocephalen geht breit von dem unteren Ende der hinteren 
Centralwindung eine Windung aus, welche den hinteren Theil des oberen 
Randes der Fossa Sylvii als Pli marginal superieur Gratiolets begrenzt, 
und mit einem sehr spitzen Bogen, ja man kann fast sagen Winkel, das 
obere Ende dieser Grube umgiebt und als Pli marginal inferieur oder erste 
Schläfenbogenwindung (11.) in den Schläfenlappen herabsteigt. Dieselbe 
Windung setzt sich aber auch noch unmittelbar weiter nach hinten und 
aufwärts fort, erhebt sich fast bis in die Nähe der Fissura oceipitalis 
perpendicularis interna und geht hier in einem zweiten, meist stärker 
und deutlicher entwickelten Bogen (12.) um die aus dem Schläfenlappen 
noch höher als die Fossa Sylvii hinaufsteigende Parallelspalte herum, 
um sich im Herabsteigen in die zweite Schläfenwindung fortzusetzen. 


463 


Der erste Bogen wird dadurch oft undeutlich und leicht übersehen, 
und ist auch in den Abbildungen oft nicht zu erkennnen, dass 
die Parallelspalte sich so gegen die Fossa Sylvii neigt, dass beide in 
einander überzugehen oder diese sich in jene fortzusetzen scheint. Man 
muss die Furchen auseinander ziehen, um sich zu überzeugen, dass 
dennoch auch ein erster spitzer Bogen zur Begrenzung: des oberen Endes 
der Fossa Sylvii vorhanden ist. 

Gratiolet hat dieses Verhalten des oberen Endes der Fossa Sylvii 
zur Parallelspalte ganz richtig erkannt und warnt sogar vor Missver- 
ständnissen (p. 29). Dennoch hat er ebenfalls den ersten, die Fossa 
Sylvii abgrenzenden Bogen übersehen oder misskannt, und nur die 
zweite, um das obere Ende der Parallelspalte herum gelegene Windung 
mit dem vollkommen richtigen Namen Pli courbe belegt. 

Allein bei anderen Affen, bei einigen Cynocephalen, Semnopithecus, 
Hylobates, Ateles, Chimpanse und Orang laufen die Fossa Sylvii und 
die Parallelspalte wirklich einander mehr parallel, und treffen nicht an 
dem oberen Ende der Fossa Sylvii zusammen. Dann wird es ganz deut- 
lich wie die von dem unteren Ende der hinteren Centralwindung aus- 
gehende Windung in einem ersten Bogen das obere Ende der Fossa Sylvii 
umgiebt, sich aber alsbald noch weiter erhebt und in einem zweiten 
auch das obere Ende der Parallelspalte umzieht. (Fig. XXVu.XXVI 11u. 12.) 

Der eigentliche Typus der Bildung besteht also bei allen Affen in 
zwei solchen den äusseren hinteren Theil des Schläfenlappens einneh- 
menden Bogen, die beide von dem unteren Ende der hinteren Central- 
windung gemeinschaftlich ausgehen, deren zweiter sich aus dem ersten 
erhebt, und die dann in die erste und zweite Schläfenwindung wieder 
hinabsteigen. Der hintere Bogen setzt sich aber auch mit dem Hinter- 
hauptslappen in Verbindung und zwar theils durch einige kurze unter 
das Operculum greifende Gyri (Gratiolets deuxieme Plı de Passage externe) 
theils durch einfache das untere Ende der Fissura occipitalis perpen- 
dicularis externa umgebende Züge (Gratiolets troisiöme und quatrieme 
Plis de Passage externes). 

Alle diese Windungen sind bei allen Affen höchst einfach, fast ohne 
alle secundären Krümmungen oder Einschnitte, nur bei Chimpans& und 
Orang compliciren sie sich etwas mehr. Da fängt schon die von der 

Abh. d. II.Cl. d. k.Ak.d. Wiss. X. Bd. II. Abth. 59 


464 


hinteren Centralwindung sich ablösende, die Fossa Sylvii begrenzende 
Windung an sich zu krümmen, obgleich sie allerdings noch keine be- 
sondere Gruppe wie oft bei dem Menschen (keinen Lobule marginale 
sup6erieur nach Gratiolet) bildet. Da werden auch die beiden, die oberen 
Enden der Fossa Sylvii und der Parallelspalte umziehenden Bogen schon 
gewundener, ja an dem zweiten von Gratiolet Tab. III. Fig. 6 abgebildeten 
Orang-Gehirn scheint bei 6° auch noch ein dritter Bogen angedeutet 
zu sein. 

Allein unzweifelhaft steht die Entwicklung dieser Bogenwindungen 
in dem Scheitellappen bei den Affen der Entwicklung derselben Win- 
dungen bei dem Menschen mindestens ebenso weit, ja wie ich glaube 
weiter nach, als die Entwicklung der Stirnwindungen. Der Beweis davon 
ist, dass sie eben bei dem Menschen bisher wegen ihrer Zusammen- 
gesetztheit nicht erkannt worden sind. Denn wirklich sind hier, wie 
oben schon erwähnt, schon der erste und noch mehr der zweite Bogen 
durch Modificationen der sie bildenden Windungen, durch Verbindungen 
mit dem Vorzwickel und mit dem Zwickel oft so maskirt, dass nur das 
schon geübte Auge sich zurechtfindet. Durch Hinzukommen eines dritten 
Bogens in vielen Fällen wird das ganze Verhalten noch verwickelter, 
so dass das analoge Verhältniss mit den Affen gar nicht erkannt wurde. 

An das hintere Ende des Vorzwickels schliesst sich ferner wie bei 
dem Menschen so bei den Affen eine das obere Ende der Fissura per- 
pendieularis interna umziehende und den Scheitel- mit dem Hinterhaupts- 
lappen verbindende obere innere Bogenwindung an. Bei den höher 
stehenden Affen Semnopithecus, Ateles, Lagothrix, Hylobates und Orang 
ist diese Bogenwindung leicht zu erkennen, selbst wenn man sie äusser- 
lich nicht erblicken sollte, (was selbst bei Orang-oft der Fall ist,) so- 
bald man nur die Fissura perpendicularis interna und externa von den 
in sie eindringenden Hirnhäuten befreit; sie trennt dann die beiden ge- 
nannten Fissuren von einander ab. Bei den übrigen Affen dagegen 
Cebus, Macacus, Cercopithecus, Oynocephalus scheint diese Bogenwindung 
zu fehlen und desshalb gehen die beiden Fissuren an ihrem oberen 
Ende in einander über. Allein bei genauerer Ansicht und Erwägung 
sieht man dass dieselbe auch hier keineswegs ganz fehlt, nur in etwas 
veränderter Anordnung auftritt, und ganz in die Fissura perpendicularis 


465 


interna hineingesenkt erscheint. Wir haben es mit Gratiolets Pli de 
passage premier externe und superieur interne zum Theil auch schon 
deuxiöme externe zu thun, zu deren näheren Erörterung ich bald ge- 
langen werde. 

Auch an der Innenseite der Hemisphäre ist bei den meisten Affen 
noch keine Scheidung der den Centralwindungen und dem Vorzwickel 
angehörigen Partie in einzelne Windungen erfolgt. Erst beim Chim- 
panse und Orang trennt sich der Vorzwickel von der hinteren Central- 
windung auch an dieser inneren Seite, obwohl er auch hier noch mit 
dem Gyrus cinguli durch eine breite Windung verbunden bleibt. Man 
könnte ihm bei diesen Affen jetzt eine besondere Bezeichnung als Lobule 
quadrilatere geben, wie sie Foville und Gratiolet angewendet haben. 
Bemerkenswerth ist es ferner, dass bei allen Affen ausser Semnopithecus, 
Ateles, Hylobates, Chimpanse und Orang von dem unteren hinteren 
Theile dieser Hirnpartie eine Windung sich in die Fissura occipitalis 
' perpendicularis interna hineinzieht, welche Gratiolet Pli de passage 
superieur interne genannt hat. Ebenso zieht sich bei allen Affen ausser 
Ateles und Hylobates von dem unteren Ende dieses sogenannten Lob. 
quadrat. eine Windung grade herüber zum Hinterhauptslappen, welche 
die Fissura perpendicularis interna von der Fissura Hippocampi abtrennt, 
Gratiolets Pli de passage inferieur interne. Von Beiden soll nun sogleich 
weiter die Rede sein. 

Indem ich. mich aber zu den Plis de passage Gratiolets wende, 
gestehe ich, dass ich mich nur ungern entschlossen habe, ihrer Bei- 
behaltung in der Topographie der Hirwindungen entgegenzutreten, weil 
die Bezeichnung und Lehre Gratiolets sich bereits ziemlich eingebürgert 
hat, und es immer unangenehm und störend ist, einen solchen einmal 
gewonnenen Standpunkt der Verständigung aufzugeben und zu zer- 
stören. | 

Dennoch glaube ich, ist es, wie ich schon in der Einleitung be- 
merkt, unvermeidlich nothwendig, diese Lehre von den Plis de Passage . 
aufzugeben, weil sie scheinbar ein System von Windungen als typische 
Bildungen in die Topographie der Hirnwindungen einführt, welches als 
solches keine Berechtigung hat, nnd dessen Bestandtheile von Gratiolet 
wesentlich verkannt worden sind. 

39° 


466 


Gratiolet hat bekanntlich bei den Affen sechs Plis de Passage unter- 
schieden, vier externes und zwei internes. 

Seinen Premier Pli de passage externe bezeichnet Gratiolet p. 29: 
Il passe du deuxiöme pli ascendant au sommet du lobe posterieur; il 
forme en dehors un coude fort remarquable, d. h. also er ist eine Win- 
dung, welche von dem Vorzwickel nach dem Zwickel in einem nach 
aussen gerichteten Bogen um das obere Ende der Fissura occipitalis 
perpendicularis interna herumgeht. Sieht man nun nach, bei welchen 
Affen sich nach der Beschreibung und den Abbildungen Gratiolets dieser 
Pli vorfinden soll, so findet man, dass er bei allen, welche ein deutlich 
und stark entwickeltes Operculum des Hinterhauptslappens besitzen, 
fehlt, mit einziger Ausnahme von Cercopithecus sabaeus, bei welchem 
Gratiolet diese Windung sowohl im Text angiebt, als in Tab. V. Fig. 4. 
abbildet. Allein es ist zu bedauern, dass sowohl R. Wagner diese 
Windung in seiner Abbildung des Gehirns von Üercopithecus sabaeus - 
(Vorstudien II. Tab. IV. Fig. 2.) nicht wiedergiebt, als ich sie auch bei 
zwei sehr gut und vollkommen erhaltenen Gehirnen dieses Affen nicht 
finde, so dass ich an einen Irrthum von Seite Gratiolets glauben muss, 
der allerdings leicht möglich ist, weil eine Verwechselung mit dem 
Pli de passage superieur interne, von dem ich sogleich noch reden 
werde, möglich ist. Ein Premier Pli de Passage externe findet sich 
bei Cebus, Macacus, Cercopithecus, Cynocephalus in dem von Gratiolet 
angegebenen Charakter nicht. | 

Dagegen besitzen in der That alle diejenigen Affen, bei. welchen 
das Operculum nicht mehr, sondern nur noch eine Fissura oceipitalis 
perpendicularis externa mit mehr oder weniger deutlichem hinterem 
Rande entwickelt ist, nämlich Semnopithecus, Lagothrix, Ateles, Hylo- 
bates, Orang und wahrscheinlich auch Chimpanse, wirklich diesen Premier 
pli de passage externe und Gratiolet sagt, er sei hier bei diesen Affen 
wie bei dem Menschen an die Oberfläche gelangt, während er bei den 
übrigen Affen in der Tiefe der Fissura perpendicularis externa unter 
dem Operculum verborgen liege. Diese Windung ist offenbar nichts An- 
deres als die bei dem Menschen von mir beschriebene, das obere Ende 
der Fissura pependicularis externa umgebende Bogenwindung, die so 
wie sie an der genannten Stelle sich entwickelt, den Zusammenhang der 


467 


Fissura perpendicularis interna mit der externa unterbricht, womit dann 
auch das Operculum undeutlich wird und zuletzt verschwindet. Bei 
Semnopithecus, Lagothrix, Ateles, Hylobates ist diese Bogenwindung 
noch klein, beim Orang erreicht sie dagegen schon eine grössere und 
manchem Menschengehirn nahe stehende Entwicklung. In der Abbildung 
des Orang-Gehirns von Tiedemann sieht man sie auf der linken Seite ganz 
deutlich; rechts liegt sie unzweifelhaft versteckt in der Fissur. In der. Ab- 
bildung von Schröder v. d. Kolk erkennt man sie dagegen besonders auf 
der rechten Seite, während sie auf der linken mehr versteckt in der Fis- 
sura perpendicularis externa liegt. In der Fig. 5. Tab. III. von ‚Gratiolet. 
ist sie rechts schon ein deutlicher, selbst gewundener Bogen, links liegt. 
sie noch etwas verdeckt. In Fig. 1. liegen beide Bogenwindungen deut- 
lich zu Tage. Dr. Rolletson beschreibt sie und man sieht sie auf beiden 
Seiten der nach einer Photographie gegebenen Abbildung. An dem 
Giesser Gehirn eines jungen Orang sah man ohne weitere genaue Unter- 
suchung nichts von ihr, daher sie R. Wagner auch nicht abgebildet hat. 
Allein nachdem ich aus der Fissura perpendicularis externa und interna die 
Pia mater entfernt hatte, findet sie sich sehr bestimmt auch hier, nur ist 
ihr hinterer Schenkel schmal und- senkt sich etwas in die Fissura perpen- 
dicularis externa hinein, daher man sie vor Eröffnung dieser Fissur- 
nicht sah. Wahrscheinlich verhält es sich in ähnlicher Weise auch beim 
Chimpanse, bei welchem man sie allerdings in keiner der vorhandenen 
Abbildungen von Tiedemann, Schröder v. d. Kolk und selbst Gratiolet. 
und Marshall deutlich und bestimmt erkennen kann. 

Allerdings sagt Gratiolet p. 51 ausdrücklich, dieser sein Premier 
Pli de passage externe fehle bei dem Chimpanse vollständig und er hält. 
dieses für einen der bemerkenswerthesten Unterschiede zwischen dem 
Gehirn des Chimpanse und Orang. Allein schon Marshall sagt p. 309, 
dass zwar bei dem von ihm untersuchten Gehirn diese Windung auf der 
linken Seite gefehlt habe, auf der rechten Seite dagegen rudimentär 
und in geringer Grösse vorhanden gewesen sei. Ausserdem sagen beide 
letztere Autoren, dass der deuxiöme Pli -de Passage externe deutlich 
‚entwickelt unter dem Operculum liege. Dr. Pansch giebt zwar p. 21 
zu, dass dieser Premier Pli de passage externe fehle, sagt aber doch, 


468 


dass er auf der einen. Seite vorhanden zu sein und mit dem Pli de 
passage sup6erieur interne parallel zu verlaufen scheine. 

Da ich kein Chimpanse-Gehirn selbst untersuchen konnte, so kann 
ich mich nicht mit Sicherheit aussprechen; allein nach dem was Mar- 
shall und Pansch über ein Rudiment der genannten Windung auf einer 
Seite, Gratiolet und Marshall über die Gegenwart des deuxieme Pli de 
Passage externe und Pansch über das Verhalten zu dem Pli de passage 
sup6rieur interne sagen; ferner nach dem, was ich sogleich über den 
deuxiöne Pli de Passage externe und den Pli de passage superieur 
interne nachweisen werde, getraue ich mir zu behaupten, dass dieser 
Premier Pli de passage externe, diese obere innere Scheitelbogenwindung 
um die Fissura perpendicularis interna herum, auch bei dem Chimpanse 
nicht fehlt, wahrscheinlich aber sich ähnlich wie bei Cercopithecus, Ma- 
cacus und Cynocephalus verhält, d. h. für den Plı de passage superieur 
interne in Verbindung mit dem deuxieme Pli de passage externe gehalten 
worden ist. 

Gratiolet beschreibt nämlich auch an der inneren Seite einen Plı 
de passage superieur interne und sagt von ihm p. 33: Le Pli de Pas- 
sage superieur interne descend du sommet du lobule quadrilatere et 
remonte au sommet du lobule occipital ou il se termine en s’unissant 
au pli du passage sup6rieur externe. Ce pli est cach& dans le fond de 
la scissure perpendiculaire. Weiterhin erfährt man, dass derselbe sich- 
bei Cercopithecus, Macacus, Cebus, Cynocephalus finden, bei Semnopi- 
thecus, Lagothrix, Hylobates, Ateles, Ohimpanse, Orang und dem Menschen 
aber fehlen soll. Dieses ist sehr auffallend; denn man bemerkt leicht, 
dass diese Windung demnach überall da sich findet, wo der Premier Pli de 
Passage fehlt, und überall da fehlt, wo dieser letztere sich findet. Ver- 
gleicht man nun beide sowohl in der Beschreibung als in der Natur, so 
sieht man, dass beide darin übereinstimmen, dass sie von dem oberen 
Rande meines Vorzwickels ausgehen, und in den oberen Rand des 
Zwickels übergehen, nur in dem ersten Falle von dem oberen äusseren 
Theil desselben, in dem zweiten von dem oberen inneren Theile. Im 
ersten Falle verläuft die Windung mehr oder weniger oberflächlich, im 
letzteren mehr oder weniger in der Tiefe der Fissura perpendicularis 


469 


interna. Dadurch wird der äussere Schein allerdings sehr verschieden; 
aber im Wesen sind offenbar beide Windungen eine und dieselbe.) 

Es findet sich also bei allen Affen eine die oberen inneren Ränder 
der durch die Fissura perpendiculäris interna und externa von einander 
getrennten Scheitel- und Hinterhauptslappen verbindende Windung. Bei 
denjenigen, bei welchen diese Fissuren tief und ineinander greifend ent- 
wickelt sind, ist diese Windung in die Tiefe der Fissuren hineingedrängt 
und mehr an der inneren Seite; Gratiolet nannte sie dann Pli de Pas- 
sage sup6rieur interne; Cercopithecus, Macacus, Cynocephalus, Cebus und 
wahrscheinlich Chimpanse. Bei denjenigen dagegen, bei welchen die 
genannten Fissuren durch stärkere Entwicklung aller sie umgebenden 
Windungen schon mehr eingeengt sind, erscheint die genannte Windung | 
mehr oder weniger an der Oberfläche und äusseren Seite, und Gratiolet 
nannte sie jetzt Premier Pli de passage superieur externe, bei Semno- 
pithecus, Lagothrix, Ateles, Hylobates und Örang. 

Gratiolet beschreibt weiter einen Pli de Passage inferieur interne 
und sagt von ihm p.33: L’autre Pli, pli de passage inferieur interne, 
unit l’extremite inferieure du lobule occipitale a la base du lobule qua- 
drilatere. Ce Pli est superficiel et forme une partie du bord superieur 
de la scissure des Hippocampes. Derselbe findet sich nach Gratiolet bei 
allen Affen und selbst beim Orang, wahrscheinlich auch beim Chimpans® 
(obgleich uns eine Abbildung der inneren Fläche des Gehirns des- 
selben fehlt,) in der beschriebenen Art und Weise und bringt eine 
Trennung der Fissura perpendicularis interna von der Fissura Hippo- 
campi hervor, welche auch schon von anderen Autoren als eine Eigen- 
thümlichkeit des Affengehirns, welche dasselbe von dem Menschengehirn 
unterscheide, hervorgehoben worden ist. Allein, wie ich schon oben 
angegeben habe, diese Windung und Trennung finden sich auch bei 
Ateles und Hylobates nach den vorhandenen Abbildungen nicht; es wird 


1) Dass dieser pli de passage superieur interne mit dem premier pli de passage externe 
homolog ist, habe ich in letzter Zeit auch durch zwei Fälle bei dem Menschen erfahren, 
bei welehen die Anordnung meiner inneren oberen Scheitelbogenwindung auf der einen 
Seite die des pli de passage superieur interne, auf der anderen die des premier pli de 
passage externe war, 


470 


angegeben, die betreffende Windung habe sich bei diesen, so wie bei 
dem Menschen in die Tiefe gezogen. Wenn man aber die Verhältnisse 
genauer betrachtet, so überzeugt man sich leicht, dass die in Rede 
stehende Windung auch bei dem Menschen keineswegs fehlt; aber nach 
ihrem Abgang mit zugespitztem vorderem Ende von dem Gyrus cinguli 
hinter dem Splenium corporis callosi, wendet sie sich mit einer starken 
Einknickung nach aussen in die Tiefe der Fissura perpendicularis interna, 
biegt sich aber dann wieder nach innen und hinten und verläuft weiter- 
hin als ein Theil des Zwickels längs des oberen Randes der Fissura 
Hippocampi bis zur hinteren Spitze der Hemisphäre. 

Ich habe diese Windung bei dem Menschen als untere innere Bogen- 
windung um das untere Ende der Fissura perpendicularis interna be- 
schrieben, sie ist aber offenbar dieselbe, welche bei den Affen von der- 
selben Ursprungsstelle aus gerade durch die genannte Furche hindurch 
geht und diesselbe von der Fissura Hippocampi abschneidet. Der Plı de 
passage inferieur interne fehlt also nicht bei einigen Affen und dem 
Menschen, sondern er findet sich überall als ein Verbindungsglied zwischen 
dem unteren inneren Theile des Vorzwickels mit dem Zwickel, der aber 
bei einigen das untere Ende der Fissura perpendicularis interna im Bogen 
umzieht, bei anderen gerade durch sie hindurchzieht. 

Von dem 'deuxieme Pli de Passage externe sagt Gratiolet p. 29: 
„Il passe de la portion descendante du pli courbe au lobe posterieur.‘ 
Derselbe findet sich dann nach seinen näheren Angaben bei Üercopi- 
thecus, Macacus, Cynocephalus stark entwickelt und in der Fissura 
perpendicularis externa unter dem Operculum verborgen; bei den Guenons, 
mit Ausnahme von Patas, sehr kurz, wenig vorspringend, kaum erkenn- 
bar; bei Semnopithecus, Chimpanse, Orang wenig entwickelt und ver- 
borgen; nur allein bei Ateles gross und oberflächlich; von den Gibbons 
wird Nichts gesagt. Hieraus würde hervorgehen, dass bei den mit einer 
tiefen Fissura perpendicularis externa und einem deutlichen Operculum 
versehenen Affen diese Windung deutlich entwickelt und versteckt liegt; 
bei den zwar mit einer Fissur aber nicht mehr deutlichem Operculum aus- 
gestatteten, wenig entwickelt und auch nicht oberflächlich, mit Ausnahme 
des einzigen Ateles, wo sie gross und oberflächlich sein würde. In Be- 
ziehung auf letzteren wäre zunächst zu bemerken, dass in der Fig. 1. 


Dirs -i* 


471 


Tab. X. von Gratiolet eine sehr wenig charakteristische kleine Windung 
als dieser deuxieme Pli de Passage externe bezeichnet ist, während bei 
Huxley die diesen Pli bezeichnen sollende Zahl 14. Fig. 4. auf dem ab- 
steigenden Schenkel des Pli courbe steht; die ganze Annahme dieses Pli 
daher bei diesem Affen als zweifelhaft erscheint. 

Allein ich stehe nicht an, die ganze Existenz dieses deuxieme Pli 
de passage externe in Abrede zu stellen. Was Gratiolet mit diesem 
Namen bezeichnet hat, ist einmal Nichts Anderes als einige Windungen, 
welche bei allen Affen von der hinteren in die Fissura perpendicularis 
interna hineinsehenden Fläche des absteigenden Astes des Pli courbe 
oder meiner zweiten oder mittleren Scheitelbogenwindung in diese Fissur 
hinein vorragen und bei Eröffnung dieser Fissur oder Zurückbeugung 
des Operculums sichtbar werden. Diese Windungszüge gehen nicht durch 
die Fissur hindurch in den Hinterlappen über, sondern werden von 
Faserzügen gebildet, die von vorne in den absteigenden Schenkel des 
Pli courbe aufsteigen, zugleich aber an seiner hinteren Fläche in die 
Fissur sich hineindrängen und jene Vorsprünge erzeugen. Nur bei den- 
jenigen Affen, bei welchen sich Gratiolets 'Pli de Passage superieur 
interne findet, d. h., wie ich oben gezeigt habe, der Premier Plı de 
passage externe in die Tiefe gedrängt ist, fliesst einer oder der andere 
dieser Windungsvorsprünge der hinteren Fläche des Pli courbe mit jenem 
zusammen und scheint dann mit ihm in den Hinterlappen überzugehen, 
wie die oben citirten Worte Gratiolets aussagen. Allein wenn dieses 
wirklich und nicht blos scheinbar sein sollte, wie ich glaube, so würde 
dadurch doch noch kein Grund zur Annahme eines eigenen deuxieme 
Pli de passage externe gegeben sein. Ich erkläre denselben also für eine 
Verwechslung mit einigen noch wenig entwickelten und in der Fissura 
perpendicularis externa stecken gebliebenen Windungen des hinteren 
Schenkels des Pli courbe unter Hinzukommen einer Misskennung der 
wahren Natur des -Pli de Passage sup£rieur interne. 

Wir kommen nun zu den Plis des Passage externes troisieme et 
quatrieme. Gratiolet sagt von ihnen p. 29., sie seien: Plis superficiels, 
qui reunissent au pli temporal moyen les deux plis occipitaux inferieurs, 
macht aus ihnen weiter nicht viel, und bezeichnet in seinen Abbildungen 
als solche, den am unteren Ende der Fissura perpendicularis externa 

Abh.d.II.Cl.d.k. Ak.d. Wiss. X.Bd.II. Abth. 60 


472 


befindlichen Zusammenhang und Uebergang zwischen Schläfen-, Scheitel- 
und Hinterhauptslappen. In der hat besitzen dieselben auch gar nichts 
Charakteristisches, sind nichts weiter als Verbindungen und Uebergänge, 
wie man sie an allen Stellen zwischen verschiedenen Windungen oder 
den verschiedenen Hirnabtheilungen findet. Sie erfahren daher auch bei 
den verschiedenen Affenarten so gut wie gar keine Veränderungen oder 
Weiterentwicklung, und verhalten sich bei dem Chimpanse und Orang 
gerade so, wie bei Macacus, Cebus etc. Bei dem Menschen finden sich 
natürlich an derselben Stelle ebenfalls Verbindungen und Uebergänge 
zwischen Scheitel-, Schläfen- und Hinterhauptslappen. Allein man wird 
vergebens in denselben irgend eine charakteristische Uebereinstimmung 
mit den an gleicher Stelle bei den Affen befindlichen Uebergängen suchen. 
Sie sind bei verschiedenen Menschen sehr verschieden entwickelt, ent- 
weder ganz einfache Uebergänge vom Scheitel- zum Hinterlappen, oder 
gehören zu der oben genannten dritten oder hinteren Scheitelbogen- 
windung. Ich glaube daher, dass dieser troisieme und quatrieme Pli de 
Passage externe von Gratiolet keiner weiteren Berücksichtigung und Ana- 
lyse bedarf, sie gehören in keiner Weise zu den typischen Hirnwindungen 
und dürfen keine besondere Bezeichnung erhalten. 

Meine Ansicht über Gratiolets Plis de Passage ist daher folgende. 
Nur sein Premier plı de Passage externe und sein Pli de passage inferieur 
interne bezeichnen zwei wirklich vorhandene typische Windungen, näm- 
lich zwei das obere und untere Ende der Fissura perpendicularis interna 
umgebende und den Scheitel- mit dem Hinterlappen verbindende Win- 
dungen. Der Pli de passage superieur interne ist homolog mit dem 
premier Pli de passage externe und bezeichnet dieselbe Windung wie 
dieser, nur dass sie in die Tiefe der Fissura perpendicularis interna 
hineingedrängt ist. Der deuxieme, troisieme und quatrieme Pli de pas- 
sage externe sind. ohne Bedeutung. 

Ich komme nun zu den Windungen des Hinterhauptslappens 
selbst, von denen nach dem Vorausgegangenen natürlich Gratiolets Plis 
de passage ausgeschlossen sind. 

Das Auffallendste an denselben ist bekanntlich, dass sie bei der 
Mehrzahl der Affen an der äusseren und hinteren Fläche dieses Lappens 
sehr wenig entwickelt sind, und eine mehr oder weniger nur glatte 


473 


Fläche, das sogenannte Operculum darstellen, durch dessen Vorhanden- 
sein allerdings der Hinterlappen dieser Affen ein sehr von dem mensch- 
lichen verschiedenes Ansehen erhält. Da ihm tiefere Furchen fehlen, 
so besitzt er vorne einen scharf abgeschnittenen, die Fissura perpen- 
dicularis externa nach hinten begrenzenden und sie zum Theil über- 
deckenden Rand. 

Allein dieses durch das Operculum bedingte charakteristische An- 
sehen des Hinterlappens geht in der Reihe der höher stehenden Affen 
Semnopithecus, Lagothrix, Ateles, Hylobates, Chimpanse, Orang allmählig 
verloren, indem sich an der äusseren und hinteren Oberfläche dieses 
Lappens mehr und mehr Furchen und Windungen auszubilden anfangen. 
Allerdings kann man nur von (dem Gehirn des Orang sagen, dass bei 
ihm der Eindruck des Operculum bis auf die Gegenwart der Fissura 
perpendicularis externa verschwunden ist; bei dem Chimpanse ist das 
bei allen von demselben vorhandenen Abbildungen noch nicht der Fall. 

Der morphologische, diese Bildung des ÖOperculums bedingende 
Grund, liegt offenbar darin, dass die Zahl der in den Hinterlappen ein- 
dringenden Markfassern bei diesen Affen an Zahl und Menge nicht 
gross ist, und daher in einer einfachen Fläche Raum genug zu ihrer 
peripherischen Ausbreitung und Belegung mit Gangliensubstanz findet. 
So wie die Zahl dieser Fasern grösser wird, zerklüftet und faltet sich 
diese hintere und äussere Oberfläche und es treten damit Furchen und 
Windungen auf, deren Zahl allmählig zunimmt. 

' Gratiolet hat an dieser äusseren hinteren Fläche, wo solche Furchen 
und Windungen auftreten, drei horizontal übereinanderliegende und 
durch zwei Furchen von einander getrennte Windungen unterscheiden 
zu können geglaubt, eine obere, mittlere und untere. Obgleich er sie 
selbst p. 27 assez mal dessinees nennt, sind ihm doch alle Nachfolger 
ohne weitere Kritik beigetreten, was mir nicht wohl thunlich erscheint. 
Ich finde diese äussere hintere Fläche einmal bei mehreren Arten von 
Cercopithecus, Macacus und Cebus ganz glatt. Sodann folgen andere 
Arten von Cercopithecus und Macacus, bei welchen eine mit dem unteren 
äusseren Rande des Operculum parallel verlaufende horizontale Furche 
auftritt, so dass man sagen kann, diese äussere hintere Fläche zerfällt 
in eine grössere obere und untere kleinere Abtheilung. Weiter findet 

60* 


474 


sich bei anderen Affen z. B. Cynocephalus zu dieser Furche noch eine 
zweite, welche mit dem vorderen oberen Rande des Operculum parallel 
läuft, mit ersterer in dem vorderen Dritttheil desselben zusammentrifft, 
und das Operculum in drei Abtheilungen, eine vordere obere, äussere 
untere und hintere innere zerlegt. Endlich folgen Semnopithecus, Ateles, 
Hylobates, Chimpanse, Orang, bei welchen eine grössere Zahl von Furchen 
und Windungen vorhanden sind, die aber weder horizontal noch vertical 
verlaufen, sondern soweit man nach den Abbildungen zu urtheilen ver- 
mag unregelmässig angeordnet sind. Der einzige dieser Affen, dessen 
Gehirn ich untersuchen konnte, war Semnopithecus, da das vom Orang 
zu sehr verletzt und zerfallen war. Bei jenem konnte ich aber keine 
irgend wie charakteristische Eintheilung entdecken. 

An der inneren Seite des Hinterlappens befindet sich, wie wir 
wissen, die Fissura Hippocampi und läuft an dem hinteren Ende des 
Lappens bei allen wahren Affen in ihren oberen und unteren Ast aus. 
Gratiolet hat hier an der inneren Fläche den über dieser-Fissur gele- 
genen Theil des Hinterlappens Lobule oceipitale genannt. -Ich sehe in- 
dessen keinen Grund, warum ich denselben nicht auch hier bei den 
Affen als Zwickel Cuneus bezeichnen sollte wie bei dem Menschen. 
Es sind dieselben Faserzüge von dem Splenium corporis callosi, welche 
in dem Premier Pli de passage externe und den beiden Plis de passage 
internes, oder in meiner oberen und unteren inneren Bogenwindung 
durch und um die Fissura perpendicularis interna herum in den Hinter- 
lappen übergehen und sich an der inneren und äusseren Seite desselben 
in Verbindung wahrscheinlich mit einigen Fasern des Hirnstammes aus- 
breiten, wie in dem Zwickel des Menschen, und ich bleibe daher auch 
bei derselben Bezeichnung stehen. 

An der inneren unteren Fläche des Hinterlappens macht Ba 
wie früher schon erwähnt, keine Abtheilung zwischen Hinterhaupts- und 
Schläfenlappen. Zunächst unterhalb der Fissura Hippocampi unter- 
scheidet er eine Fortsetzung der unteren Schläfenwindung, und weiter 
nach aussen eine Fortsetzung der äusseren unteren und äusseren mitt- 
leren Oceipitalwindung, welche beide letzteren sich um den unteren Rand 
des Lappens herumziehen. Huxley hat, wie ich schon erwähnt, an dieser 
unteren Fläche die weiter nach aussen von der Fissura Hippocampi 


475 


verlaufende Furche mit dem Namen Fissura collateralis belegt, weil sie 
die sogenannte Eminentia collateralis in dem Seitenventrikel hervorbringt. 
Die zwischen den genannten Furchen gelegene Windung betrachtet er 
als eine Fortsetzung des Gyrus Hippocampi oder uncinatus nach hinten, 
schliesst sich im Uebrigen aber Gratiolet an. 

Ich finde auch an dieser unteren Fläche des Hinterhauptslappens 
der Affen das Verhalten der Furchen und Windungen bei den verschie- 
denen Arten bemerkenswerth verschieden. Bei Macacus und Cercopi- 
thecus aber auch bei Semnopithecus finden sich ausser dem sich 
um den unteren hinteren Rand auf die untere Fläche noch etwas 
herumziehenden Operculum nur noch zwei Windungzüge an dieser un- 
teren Fläche, nämlich eine innere als Fortsetzung des Gyrus Hippocampi 
und eine äussere als Fortsetzung des mittleren äusseren Schläfenwindungs- 
zuges. Allein bei Oynocephalus Maimon und beim Orang ist der hintere 
Theil des Gyrus Hippocampi durch eine neu hinzukommende Furche in 
zwei Züge getheilt, so dass es gerechtfertigt ist, zu sagen, dieser Gyrus 
setzt sich nach hinten in drei Züge fort: einmal in den um das Splenium 
corporis callosi sich herumziehenden Gyrus cinguli, zweitens in eine den 
äusseren Theil der Fissura Hippocampi nach unten begrenzende in den 
Hinterhauptslappen übergehende Windung, und drittens in eine noch 
mehr nach aussen gelegene, ebenfalls in das Hinterhaupt übergehende 
Windung. Bei dem Cynocephalus erscheinen diese hinteren Züge noch 
als ganz direkte Fortsetzungen des Gyrus. Hippocampi. Bei dem Orang 
aber trennen sie sich durch die schräg nach innen und weiter nach 
vorn sich fortsetzenden Furchen schon weit mehr von dem Gyrus Hippo- 
campi ab, und indem sie nach hinten breiter werden, fangen sie an, 
mehr als selbstständige Windungen an der unteren Fläche des Hinter- 
hauptslappens zu erscheinen. Dieses bildet sich nun offenbar bei dem 
Menschen noch weiter aus, und so erscheinen denn bei diesem mein in- 
nerer unterer Windungszug oder das zungenförmige Läppchen Huschkes 
und mein äusserer unterer Windungszug oder das spindelförmige Läpp- 
chen Huschkes, immer deutlicher als mit dem Gyrus Hippocampi zwar 
noch zusammenhängende, aber doch nun selbstständig gewordene 
Windungen an der unteren Fläche des Hinterhauptslappens. Die An- 


476 


fänge ihrer Individualisirung finden sich schon bei den höher stehenden 
Affen. 

Obgleich die EEG der Windungen des Schläfenlappens 
der Affen nach allgemeiner Ansicht und auch in der That eine einfachere 
ist, als die der bisher betrachteten Hirnabtheilungen, so herrscht doch 
in den Beschreibungen und Angaben über dieselben keine vollkommene 
Uebereinstimmung und Klarheit. Dieses ist zum Theil von Gratiolet ver- 
anlasst, weil er sowohl an der äusseren als inneren Seite des Schläfen- 
lappens mit Hinzurechnen der Fascia dendata oder des Pli godronn& 
drei, also im Ganzen sechs Windungszüge unterschieden hat, obgleich er 
selbst bemerkt, dass der äussere untere und der untere äussere ein- 
und derselbe ist. Lassen wir diese zu Missverständnissen Veranlassung 
gebende doppelte Bezeichnung derselben Windung weg, und rechnen 
den Pli godronne oder die Fascia dendata zu dem Gyrus Hippocampi, 
so hätten wir noch immer vier Schläfenwindungszüge, was sich meiner 
Ansicht nach noch immer nicht für die ganze an. des Schläfen- 
lappens rechtfertigen lässt. 

Es scheint mir nämlich, dass man an dem vorderen Theile des- 
selben immer füglich nur drei Windungszüge unterscheiden kann: einen 
äusseren oberen, die Fossa Sylvii von unten begrenzenden, den Gyrus 
temporalis superior externus. Sodann den Gyrus Hippocampi mit der 
Fascia dendata als Gyrus temporalis superior internus, welcher sich nach 
hinten, theils das Splenium corporis callosi umziehend in dem Gyrus 
cinguli fortsetzt, theils sich als untere Begrenzung der Fissura Hippo- 
campi bis an die hintere untere Spitze des Hinterlappens erstreckt. 
Endlich zwischen beiden einen Gyrus temporalis medius, welcher den 
unteren Rand des Schläfenlappens bildete, zum Theil auf der äusseren, 
zum Theil auf der unteren Fläche liegt. “ Dieser letztere Windungszug 
spaltet sich aber, wenn er nach hinten gelangt, gabelförmig in zwei, 
bald auch durch eine Furche von einander getrennte Schenkel, deren 
einer an der äusseren Fläche gegen den Scheitellappen hinaufzieht und 
in den absteigenden Schenkel der zweiten Scheitelbogenwindung (Pli 
courbe) übergeht, der zweite sich längs des unteren Randes des Oper- 
culums an die untere Fläche des Hinterlappens hinzieht. So ist es bei 


477 


Cebus, Macacus, Cercopithecus, mehreren Oynocephalen und selbst Sem- 
nopithecus. Bei den grösseren Cynocephalen aber und dann beim Orang 
und wahrscheinlich auch Chimpans& spaltet sich auch der an der unteren 
Fläche des Hinterlappens sich herziehende Theil des Gyrus Hippocampi, 
so dass, wenn man hier mit Gratiolet keine Grenze zwischen der unteren 
Fläche des Schläfen- und Hinterlappens annehmen will, der hintere Theil 
des Lobe oceipito temporal in fünf Windungzüge getheilt ist. Bei dem 
Giesser Orang-Gehirn greift die den Gyrus Hippocampi hinten in zwei 
Theile theilende Furche so weit nach vorne, dass man bei ihm. auch 
schon an dem vorderen Theile des Schläfenlappens vier Züge unter- 
scheiden kann wie meistens bei dem Menschen. Ja bei diesem Orang- 
Gehirn hat sich die innere, längs der Fissura Hippocampi nach hinten 
gegen die Spitze des Hinterlappens hinziehende Windung nochmals 
getheilt, und indem die diese Trennungen bewirkenden Furchen eine 
mehr schräg von hinten und aussen nach vorn und innen gegen die 
grosse Querspalte hin vordringende Richtung angenommen haben, so ist 
die Annäherung an die menschliche Bildung und die Abscheidung der un- 
teren Fläche des Hinterlappens von der unteren Fläche des Schläfenlappens, 
wie ich schon oben bemerkt, erreicht. Aus dem hinteren Zuge des Gyrus 
Hippocampi hat sich die üntere innere und untere äussere Windung 
oder das zungenförmige und spindelförmige Läppchen Huschkes gebildet. 


Ich habe bisher bei der Betrachtung der Affengehirne derjenigen der 
kleinen amerikanischen Callithrix, Hapale etc. und der Halbaffen Lemur, 
Stenopsetc. wenig oder nicht gedacht. In der That ist bei ihnen, besonders 
bei den ersteren nicht viel von Windungen mehr die Rede; allein in 
der Entwicklung der Furchen tritt auch bei ihnen noch immer der 
Typus (ler höheren Affen und des Menschen hervor mit der einen be- 
merkenswerthen Ausnahme, dass nur noch bei Callithrix oder Chryso- 
thrix eine Spur der Fissura centralis sich findet. Bei Callithrix oder Chry- 


478 


sothrix sicureus, dem Saimiri, greift übrigens sehr bemerkenswerther Weise 
der hintere aufsteigende Schenkel der Fossa Sylvii durch die ganze 
äussere Fläche der Hemisphäre bis zu der grossen Längsfurche und bis 
in die Fissura perpendicularis interna durch, welche letztere also mit 
ihr zusammenfällt. Diese selbst greift aber nicht in die ebenfalls vor- 
handene Fissura Hippocampi ein, sondern wird von derselben wie bei 
den übrigen Affen durch die das untere Ende der Fissura perpendiecularis 
interna umschliessende Bogenwindung (Pli de pass. inf. int. Gratilolet) 
abgeschieden. Die Fissura Hippocampi ist tief und verläuft gebogen erst 
nach abwärts dann nach aufwärts und hinten, wo sie in zwei starke 
Schenkel übergeht. An ihrer Biegung mündet in sie eine ziemlich tiefe 
an der unteren Fläche’ des Schläfen- und Hinterhauptslappens ‘verlaufende 


Furche ein (Sulcus temporalis inferior seu Fissura collateralis). Auf der Or- 
bitalfläche des Stirnlappens findet sich eine ziemlich tiefe, ‚dem äusseren 


Rande dieser Fläche parallel verlaufende Furche, die in der Mitte eine 
Einknickung und dadurch eine Andeutung einer Sternform hat. Win- 


‚dungen fehlen eigentlich ganz, obgleich die Bogenwindungen um das 


obere Ende der Parallelspalte, um das untere Ende der Fissura perpen- 
dicularis interna und das hintere Ende der Fissura. Hippocampi vor- 
handen sind. 

Bei Hapale Jachus (Ouistiti) findet sich nur noch die Fossa Sylvii 
mit ihrem nach hinten aufsteigenden Schenkel, eine schwach angedeutete 
Fissura parallela und eine tiefe und lange Fissura Hippocampi, welche 
an ihrem hinteren Ende nicht in zwei Aesten übergeht, sondern einfach 
endet. Besondere Windungen fehlen. 

Unter den Halbaffen finde ich bei dem Gehirn von Lemur tardigradus 
eine tiefe und weit nach hinten und oben eindringende Fossa Sylvü, 
‚eine seichte Parallelspalte, und eine sehr enge Fissura perpendicularis 
interna, welche aber nicht bis in die gleichfalls vorhandene Fissura 
Hippocampi eindringt, sondern von dieser durch die untere Bogenwin- 
dung (Pli de Pass. infer. int.) abgeschieden wird. Das hintere Ende 
der Fissura Hippocampi läuft nicht in zwei Aesten aus, sondern endet 
einfach in einiger Entfernung von der hinteren Spitze des Hinterlappens. 
Die erstgenannten Furchen sind an ihren Enden von flachen Windungen 
umgeben, so wie sich auch noch einige andere Windungen finden, die 


ES 


479 


aber nichts Analoges mit den Windungen des Gehirns anderer Affen zu 
haben scheinen. Doch ist das mir zu Gebote stehende Gehirn sehr 
stark erhärtet und etwas verschrumpft. 

Lemur catta besitzt nach einer Zeichnung von Tiedemann und dem 
Schädelabguss eine ziemlich weit nach hinten aufsteigende Fossa Sylvii; 
eine sehr deutliche Fissura parallela, eine Fissura centralis, keine nach 
oben durchdringende Fissura perpendicularis interna, wahrscheinlich eine 
Fissura Hippocampi und ausserdem eine mit dem Orbitalrande des Stirn- 
lappens und eine mit dem oberen Rande des Scheitellappens parallel 
laufende Furche. Diese Furchen sind von windungsartigen Wülsten um- 
geben, namentlich an ihren Enden, so dass die erste und zweite Scheitel- 
bogenwindung sehr gut zu erkennen ist. 

Bei Lemur nigrifrons würden sich nach der Beschreibung und Ab- 
'bildung von Flower die Furchen ziemlich ähnlich wie bei Lemur Catta 
verhalten, nur soll die Fissura perpendicularais interna zwar nicht mit 
ihrem oberen, aber mit ihrem unteren Theile vorhanden sein und mit 
der Fissura Hippocampi zusammenhängen, d. h. an ihrem oberen Ende 
geschlossen sein. Die Fissura Hippocampi erreicht das hintere Ende der 
Hemisphäre nicht. 

Bei Stenops ist nach den Abbildungen von Tiedemann und dem 
Abguss des Schädels die Fossa Sylvii und die Fissura parallela sehr 
deutlich; wahrscheinlich findet sich auch eine Fissura perpendicularis 
interna und Hippocampi. Auf der Stirn und dem Scheitel zeigen sich 
auch einige schwache Furchen. 

In Beziehung auf die Furchen und selbst Windungen an dem grossen 
Gehirn muss man zugeben, dass die Halbaffen höher stehen, als die 
kleinen amerikanischen Affen. In dem Typus dieser Furchen existirt 
zwischen beiden kein wesentlicher Unterschied, während in Beziehung 
des relativen Gewichtes und der Grösse des Gehirns zum Körper, und’ 
des grossen Gehirns zum kleinen die Amerikaner viel höher stehen. ®% 


Fasse ich Alles, was ich bei den Affen über die Entwicklung von 
Furchen und Windungen an deren grossem Gehirn beobachten konnte, 
Abh. d. II.C1.d. k. Ak.d. Wiss. X.Bd. II. Abth. 61 


480 


zusammen, so spricht sich der durch dieselben zu erreichende Zweck 
der Vergrösserung der Belegungsfläche der weissen durch graue Sub- 
stanz zuerst durch die Entstehung von Furchen und dann durch die 
Entwicklung von Wülsten um dieselben herum in allmählig aufsteigender 
Zahl und Grade aus. 
| Die beiden wesentlichsten Furchen sind die Fossa Sylvii mit ihrem 
nach hinten aufsteigenden Aste und die Fissura Hippocampi. Sie finden 
sich bei allen Halbaffen und Affen. Dann kommt die Fissura perpen- 
dieularis interna, calloso-marginalis und parallela seu temporalis superior 
hinzu, welche dem kleinen amerikanischen Affen Hapale noch fehlen, 
obgleich sie die Halbaffen besitzen. Von Cebus an erscheint die Fissura 
perpendicularis externa, welche auch noch bei Chimpanse und ÖOrang 
sich findet. Dann kommen die Fissura centralis, die temporalis media 
und collateralis, von Chrysothrix an, sich allmählig mehr ausbildend, 
hinzu; zuletzt findet sich auch noch der vordere, senkrecht aufsteigende 
Schenkel der Fossa Sylviiı, bei der Mehrzahl der Affen nur schwach 
‚entwickelt, beim Chimpanse und Orang-Outang. Von den übrigen Furchen 
sind nur noch die auf dem Stirnlappen bemerkenswerth, vorzüglich 
die vordere Bogenfurche, welche sich bei allen Affen mit Ausnahme der 
kleinen amerikanischen findet. | 

Bei den Halbaffen und von Cebus an unter den eigentlichen Affen 
umgeben sich diese Fissuren und Furchen sowohl an ihren Seiten als 
namentlich an ihren Enden mit Wülsten, den sogenannten Windungen. 

An dem Stirnlappen geschieht dieses bei den meisten Affen bis 
herauf zum Chimpanse und Orang bei der geringen Entwicklung des 
vorderen senkrecht aufsteigenden Schenkels der Fossa Sylvi nur in 
geringem Grade. Erst bei diesen beiden bildet sich um diesen vorderen 
Schenkel unter Vermittlung der Stirnbogenfurche eine Stirnbogen- oder 
untere Stirnwindung in einfachster Form aus. Der übrige Stirnlappen 
z&fällt bei den höchsten Affen deutlicher durch eine Längsfurche in 
zwei sagittal gerichtete Windungszüge, die bei den übrigen Affen noch 
wenig getrennt sind. 

Die die Fissura centralis umgebenden beiden Centralwindungen ent- 
stehen ebenfalls nur allmählig und sind erst bei den grösseren Cyno- 
cephalen, Lagothrix, Ateleles, Semnopithecus, Hylobates, Chimpanse und 


481 


Orang deutlicher entwickelt, und zwar die hintere mehr als die vordere. — 
In derselben Reihe entwickelt sich auch der sogenannte Vorzwickel (Lo- 
bule du deuxieme Pli ascendant. Gratiolet), der im Anfang nicht von 
der hinteren Centralwindung getrennt erscheint. 

Die erste und zweite Scheitelbogenwindung um das obere Ende 
des hinteren Astes der Fossa Sylvii und der Fissura parallela finden sich 
mit Ausnahme von Hapale, bei Halbaffen und Affen überall. Ebenso 
die Bogenwindungen um das obere und untere Ende der Fissura per- 
pendicularis interna. Die um das obere Ende senkt sich bei Cebus, 
Macacus, Cercopithecus, den meisten Oynocephalen, vielleicht auch Chim- 
pans® in diese Furche hinein, und wird von dem Operculum des Hinter- 
hauptslappens bedeckt (Pli de Passage superieur interne Grat.) Bei Sem- 
nopithecus, Cynocephalus Maimon, Lagothrix, Ateles, Hylobates und 
Orang bleibt sie an dem oberen Ende und wird nur noch theilweise 
von dem Operculum bedeckt (Premier Pli de Passage externe). Diejenige 
um das untere Ende der Fissura perpendicularis interna (Pli de Passage 
inferieur interne) schliesst dieselbe entweder von der Fissura Hippocampi 
ab, wie bei allen Affen ausser Ateles, oder sie senkt sich horizontal in 
dieselbe hinein, eben bei Ateles. Die das hintere Ende der Fissura Hippo- 
campi begrenzenden und ihre beiden Endschenkel im Bogen umgebende 
Windungen bilden von Cebus an bei Macacus, Cercopithecus und Cyno- 
cephalus vorzüglich das sogenannte Operculum, während sie bei Semno- 
pithecus, Chimpansö und Orang sich zu complieiren und mit den übrigen 
vom Scheitel- und Schläfenlappen in den Hinterhauptslappen übertretenden 
Windungen die gewundene äussere Fläche desselben darzustellen anfangen. 
Der Schläfenlappen besitzt bei der Mehrzahl der Affen, abgesehen von der 
Fascia dendata (Pli godronne), nur drei Windungszüge, von welchen 
der mittlere und untere auch noch Theil an der Bildung der unteren 
und inneren Fläche des Hinterlappens nehmen. Bei den grossen Cyno- 
cephalen, beim Chimpans& und ÖOrang entwickelt sich in dem hinteren 
Theile der unteren inneren Schläfenwindung (des Gyrus Hippocampi) 
eine Furche, so dass der Schläfenlappen in diesem hinteren Theil jetzt 
aus vier Windungen zusammengesetzt ist, und der hinterste dem Hinter- 
lappen angehörige Theil dieser beiden unteren inneren Windungen sich 
zu selbständigen Windungen an der unteren Fläche des Hinterlappens zu 

61” 


482 


gestalten anfängt. Die zweite Schläfenwindung hat auch eine Neigung 
sich durch Auftreten einer Furche, der Fissura temporalis media, in 
zwei Windungen zu zerlegen, was aber auch nur wechselnd und unvoll- 
ständig zur Ausführung kommt. Die Insel findet sich bei allen wahren 
Affen; ihre Windungen sind aber nur sehr flach und niedrig. 


In Beziehung auf das Verhalten und die Entwicklung der Windungen 
unter den Affen untereinander, glaube ich den Orang nach den vor- 
handenen besten Abbildungen, namentlich von Gratiolet, -am höchsten 
stellen zu müssen, doch ist die Verschiedenheit vom Chimpanse nur 
gering. Sie besteht in einer höhen Entwicklung der dritten Stirnwindung 
um den vorderen Schenkel der Fossa Sylvii und vollkommener Ent- 
wicklung der vier Scheitelbogenwindungen, von denen die beiden ersten 
etwas reichlichere Schlängelungen zeigen, die beiden inneren um die 
Enden der Fissura perpendicularis externa aber beim Chimpanse bis 
jetzt noch nicht gehörig bekannt sind. Auch die Entwicklung der 
Windungen an der unteren Fläche des Schläfen- und Hinterhauptslappens 
steht bei dem Orang etwas höher als bei dem Chimpanse. 

Ich habe das Gorilla-Gehirn aus meinen Betrachtungen ganz aus- 
schliessen müssen, weil wir leider über seine Windungen bis jetzt noch 
so gut wie gar Nichts wissen. Die einzige Notiz darüber hat meines 
Wissens Gratiolet in den Comptes rendus 1860. I. p. 801. gegeben. 
Allein obgleich von dem betreffenden Gehirn von Gratiolet selbst eine 
Zeichnung und auf Geoffroy St. Hilaires Veranlassung selbst eine Pho- 
tographie angefertigt wurde, so war doch das Gehirn in einem solchen 
Zustande der Auflösung, dass weder Zeichnung noch Photographie pu- 
bliecirt worden sind, auch die Beschreibung Gratiolets sehr unvollständig 
bleiben musste. 

Das Gehirn des Gorilla mag wie das Thier selbst das grösste und 
schwerste der drei anthropomorphen Affen werden. Directe Angaben 
des Gewichtes besitzen wir nur sehr unsichere. Quatrefages theilte in 
der Societe d’Anthropologie (Bulletin 1866 p. 648) mit, dass Admiral 


Fleuriot de l’Angle das Gehirn eines 1,7 Meter grossen, gegen 6 Jahre 


483 


alten Gorilla 400 Grmm. schwer gefunden habe, während das eines an- 
deren, 1,9 Meter hohen, sehr alten, nur 300 Grmm. gewogen habe. Broca 
bemerkte bei dieser Gelegenheit, dass nach Du Chaillu das Gehirn des 
Gorilla 560 Grmm. schwer werde. Beide fanden diese Unterschiede so 
gross, dass sie dieselben nur durch die Annahme verschiedener Species 
erklären zu können glaubten. Ich habe die Wachsausgüsse dreier nach 
allen Verhältnissen ohngefähr gleich alter und einen gleichen Entwick- 
lungsgrad zeigender Schädel eines alten männlichen Gorilla, Orang und 
Chimpans& gewogen und fand die Gewichte 406, 363 und 339 Grmm., 
welche Zahlen als relative Werthe gelten können. Auch die grösste 
Schädel-Capacität hat man mit Ausnahme des Orang-Schädels der No- 
varra-Expedition bei dem Gorilla gefunden. Bei einem im Besitz von 
Dr. Perkins befindlichen Schädel soll die Capacität nach Wymann (Amer. 
Journ. of. Sc.- and Arts 2° Ser. Vol. IX, 24,5.engl. Cz. = 565 CCtm. 
betragen. Duvernoy giebt (Archiv du Museum d’Hist. nat. I. VII. 1855. 
p. 170) dieselbe von einem beinahe erwachsenen männlichen Gorilla, bei 
welchem die zweite Dentition noch nicht ganz ganz vollendet war, auf 
520, bei einem anderen männlichen, alten Gorilla auf 500 CCtm. an; der 
von mir gemessene alte, männliche Schädel fasste 465 COtm. 

In meiner Abhandlung: Ueber die Verschiedenheit in der Schädel- 
bildung des Gorilla, Chimpanse und Orang glaubte ich p. 75 dem Chim- 
pans® den Vorrang zuschreiben zu müssen, weil dessen Schädelbildung 
sich offenbar der menschlichen am meisten nähert, ich auch dessen 
Gehirn als das relativ, ja selbst beinahe absolut grösste halten zu 
können glaubte. Diese Meinung gründete ich nicht auf Durchschnitts- 
berechnungen, mit denen man so gerne ein Spiel scheinbarer Exactheit 
treibt, obgleich die Zahlen, mit welchen man rechnet, unter sich so 
verschieden sind, dass nur sehr grosse Reihen eine Wahrheit liefern 
können. Wir besassen damals und besitzen noch nicht so viele zuver- 
lässige Ausmessungen der Capacität der Schädel dieser Affen auf gleichen 
Entwicklungsstufen, um mit ihnen Mittelberechnungen machen zu können. 
Die relativ grössere Schädelcapacität des Chimpans& ist den bekannten 
Grössenverhältnissen des Gorilla und Orang gegenüber unbezweifelt. 
Dass sein Gehirn auch beinahe das absolut grösste sei, konnte ich 
mit Rücksicht darauf sagen, dass die von mir beobachtete Schädelcapa- 


454 


cität des alten männlichen Gorilla nur 5 CCtm. mehr betrug; der grössere 
weibliche Orang-Schädel von der Novarra-Expedition aber offenbar ein 
Unicum und eine Ausnahme machte. Die mit grösserer Zuverlässigkeit 
bekannt gewordenen Gewichte von wirklich gewogenen Gehirnen sprachen 
auch für meine Ansicht, obgleich auch sie bei ihrer geringen Zahl und 
dem verschiedenen Alter der benutzten Individuen keine Beweiskraft 
besitzen. 

Das Gehirn eines jungen männlichen Chimpanse 


wog nach Tyson . . . . . 11 Unz. 7Drchm. = 336,39 Grm. 
Ein dettoi'nach=Marshall :. 7 2 l-20 19 Unz.6 = 5 4UmaR, 
Das eines halberwachsenen, 3'/2’ grossen detto 

Männchen nach Owen (Jeffries) . . .9%/4Unz.(?)= 276,41 „ 
Das eines erwachsenen detto Weibchens nach 

Owen nd 18er. 5 18Yı Un 3107 
Das eines jungen dötib Männchen nach Em- 

bleton . . . Ne URZT  EE 
Das Gehirn eines 56 Jake ab weiblichen 

Orang nach Owen 411: Unz):2 Drehn. 12 Gr, W321, 20 
Das eines jungen männlichen Orang nach Rol- 

letsome. „= .9,..20120a2,>75200987,; 


Die erwähnten en bet das Hirngewicht des Gorilla waren 
mir damals noch nicht bekannt. Gratiolet sagte 1.1. p. 802: „Le cerveau 
du Gorille est & peine equivalent en masse ä& celui du Chimpanze“. 

Allein aus dem wahrscheinlich grössten Volumen und Gewicht darf 
man nicht auf die höhere. Stellung des Gehirnes des Gorilla überhaupt 
schliessen, vielmehr nimmt dasselbe nach allen seinen übrigen Verhältnissen 
die niedrigste unter den anthropomorphen Affen ein. Das Gorilla-Gehirn 
ist das absolut längste und wenigstens relativ schmalste und niedrigste 
der drei anthropomorphen Affen. Der Stirnlappen ist auffallend nach 
vorne abgeflacht und von den Seiten zugespitzt, ohne eigentliche Stirn- 
fläche, seine Augenhöhlenfläche ist kurz und nicht ausgehöhlt. Der 
Schläfenlappen ist an seinem vorderen Ende weniger kolbig und nicht 
so vorstehend nach unten gerichtet als beim Orang und Chimpanse. 
Der Abstand zwischen den beiden unteren Enden des Schläfenlappens ist 
grösser. Auch der Hinterlappen ist flacher und umfasst weniger Masse 


N 


485 


als der des Orang. Dagegen ist das kleine Gehirn beim Gorilla das 
absolut und relativ grösste. 

Die Grosshirnwindungen sind nach Gratiolet breit, wenig gewunden 
und auffallend einfach. Der obere Stirnwindungszug soll durch eine 
dreiarmige Furche in zwei einfache Windungen getheilt, der mittlere 
und untere sehr wenig gewunden, die vordere Centralwindung sehr dick, 
wenig gewunden und stark nach hinten geneigt sein, die hintere Cen- 
tralwindung noch stärker geneigt, geht oben in einen kleinen dreieckigen, 
kaum getheilten Lappen über (d. h. der Vorzwickel würde bis auf dieses 
Rudiment fehlen). Der Premier Pli de passage soll ganz fehlen, ein 
zweiter ganz unter dem Öpercule verborgen, der Pli courbe sehr spitz 
sein. Das Gehirn würde hienach in seinen Windungen kaum dem eines 
der grösseren Uynocephalen gleich stehen. 

An den Chimpans& schliesst sich meiner Ansicht nach am nächsten 
an Ateles und Lagothrix; dann folgen Hylobates und Semnopithecus; so- 
dann die grösseren Cynocephalen, welche aber wohl nur eben nach dem 
mechanischen Gesetz des Verhältnisses der Peripherie zur Masse etwas 
mehr entwickelte Windungen besitzen, als die kleineren Oynocephalen, 
die von denen von Üercopithecus, Macacus und Cebus kaum verschieden 
sind. Dann kommt Callithrix und in Beziehungen auf die Windungen 
Lemur und Stenops, endlich Hapale, wo solche ganz fehlen. Bei den 
Cynocephalen, Cercopithecus und Macacus stehen die Windungen etwa 
auf der Entwicklungsstufe des Gehirns eines menschlichen Fötus vom 
Ende des 7. Monates, obgleich auch hier keineswegs eine vollkommenere 
Uebereinstimmung gegeben ist. 

Ob und wo sich vielleicht in dem embryonalen Entwicklungsgang 
des Affengehirns eine grössere Uebereinstimmung mit irgend einem Ent- 
wicklungsstadium des menschlichen Gehirns in Betreff der Windungen 
findet, ist bei dem Mangel aller Kenntnisse des Gehirns von Affen-Em- 
bryonen nicht zu sagen. Wahrscheinlich werden indessen schon in der 
ersten Anlage neben aller Uebereinstimmung Verschiedenheiten sich 
herausstellen, da es mir unzweifelhaft zu sein scheint, dass das Affen- 
gehirn, obgleich demselben Typus wie das Menschengehirn angehörig, 
dennoch schon von Anfang an einen anderen Radius in seiner Entwick- 
lung verfolgt. 


486 


Wenn ich nun zum Schlusse dieser Untersuchungen eine Parallele 
zwischen der Anordnung der Furchen, und Windungen der Grosshirn- 
hemiphären des Menschen und der Affen und zwar vorzüglich der höchst- 
stehenden, des Orang oder des Chimpans® zu ziehen versuche, so ist es 
zunächst keiner Frage unterworfen, dass diese Windungen und Furchen 
bei Beiden nach ein und demselben Typus gebildet sind. Das mensch- 
liche Gehirn besitzt keine Hauptfurche und keine Hauptwindung, von 
welcher sich nicht bei dem ÖOrang das Analogon nachweisen liesse. 
Dennoch kann man meiner Ueberzeugung nach nicht sagen, dass beide 
Gehirne denselben Entwicklungsgang nehmen, dass das menschliche 
Gehirn nur eine höhere Entwicklungsstufe des Orang-Gehirns sei, oder 
dieses nur ein auf einer bestimmten Entwicklungsstufe stehen -gebliebenes 
menschliches Gehirn darstelle. Vielmehr bin ich überzeugt, dass beide 
Gehirne innerhalb desselben Grundtypus dennoch von Anfang an ver- 
schiedene Richtungen in ihrer Entwicklung einschlagen, zu keiner Zeit 
völlig mit einander übereinstimmen, und jedes seinen eigenen Entwick- 
lungsgang verfolgt. 

Das Gehirn eines ausgewachsenen Orang stimmt in seiner Grösse 
etwa mit dem eines neugebornen reifen Kindes überein. Allein bei letz- 
terem haben die Hirnwindungen zu dieser Zeit schon einen so hohen 
Grad der Ausbildung erlangt, dass von einer grösseren Uebereinstimmung 
und einer genaueren Parallele schon nicht mehr die Rede sein kann. 
Wir müssen weiter, und zwar bis etwa in die zweite Hälfte des 8. Fötus- 
Monates zurückgehen, wo aber das Fötusgehirn noch ansehnlich kleiner 
ist als das erwachsene ÖOrang-Gehirn, um das Stadium der grössten 
Aehnlichkeit in der Ausbildung der Windungen mit denen des Orang- 
Hirnes zu finden. Allein auch jetzt macht sich eine ganze Anzahl von 
Verschiedenheiten zwischen beiden Gehirnen bemerkbar. 

Die Centralfurche ist bei dem Fötus weiter nach hinten gerückt 
und stärker geneigt als beim Orang. Der Stirnlappen ist dadurch beim 
Fötus absolut und noch mehr relativ länger als beim Orang. Er ist 
ferner bei jenem vorne breiter, bei diesem mehr zugeschärft; die Or- 
bitalfläche ist bei jenem breit, fast viereckig und schwach concav, bei 
diesem vorne schmal, fast dreieckig nnd in einen Schnabel ausgezogen. 

Der Scheitellappen ist am oberen Rande der Hemisphäre beim Fötus 


487 


zwar etwas länger als beim Orang, im Ganzen aber eher etwas schwächer 
entwickelt als bei diesem. 

Bei horizontaler Stellung der oberen Fläche der Hemisphäre ist 
der nach hinten aufsteigende Ast der Fossa Sylvii und die Parallel- 
spalte beim Orang stärker geneigt als beim Fötus; der Schläfenlappen 
also ebenfalls absolut und relativ stärker geneigt bei jenem als bei 
diesem, bei welchem die Abweichung von der Horizontalen nur gering 
ist. Er ist besonders in seinem vorderen Theile stärker entwickelt beim 
Orang als beim Fötus. 

Der Hinterlappen ist beim Orang absolut und relativ viel breiter 
als beim Fötus. Er ist beim Orang durch eine noch immer deutliche 
Fissura perpendicularis externa vom Scheitel- und Schläfenlappen getrennt, 
die beim Fötus zu dieser Zeit meist schon wieder verschwunden ist. 

Der Stammlappen oder die Insel liegt bei dem 8 monatlichen Fötus 
noch in ziemlicher Ausdehnung zwischen den auseinanderweichenden 
Aesten der Fossa Sylviü frei zu Tage, und sind einige Windungen der- 
selben zu sehen. Bei dem Orang ist dieses nicht der Fall; die schwächer 
gewölbte und schwach gefurchte Insel liegt ganz bedeckt von der un- 
teren oder dritten Stirnwindung, und die Fossa Sylvii ist eng geschlossen. 

Was die Windungen selbst betrifft, so sind die Stirnwindungen des 
Fötus zu dieser Zeit schon viel schärfer und deutlicher von der Oentral- 
windung geschieden, als bei dem Orang. Erster und zweiter Stirnwin- 
dungszug sind an der oberen Fläche besser von einander gesondert, 
auch stärker gewunden, vorzüglich ist aber schon jetzt der dritte oder 
unterste Stirnwindungszug um den vorderen Ast der Fossa Sylvii herum 
in einem stärkeren, selbst schon wieder eingekerbten Bogen entwickelt, 
als beim Orang; auch ist derselbe bei dem Fötus schon stark nach 
hinten zur vorderen Begrenzung des horizontalen Stamms der Fossa 
Sylvii, bei dem Orang noch mehr nach vorn gerichtet. An der inneren 
Seite sind dagegen die Unterwindungen sowohl des ersten Stirnwindungs- 
zuges als auch des Gyrus Cinguli bei dem Orang wenigstens ebenso 
stark ausgebildet als bei dem Fötus. 

Die beiden Centralwindungen sind bei dem Fötus schärfer indivi- 
dualisirt und, natürlich wie die Furche, stärker nach hinten geneigt. 
Die beiden ersten Scheitelbogenwindungen, besonders die zweite, sind 

Abh.d.II.Cl.d.k. Ak.d. Wiss.X.Bd II. Abth. 62 


488 


wenigstens bei den mir vorliegenden Fötusgehirnen dieser Periode 
schon complicirter und gewundener als beim Orang. Den Vorzwickel 
finde ich beim Orang eher stärker als schwächer. Die obere innere 
Scheitelbogenwindung liegt beim Fötus offener zu Tage als beim Orang; 
sie ist hier stark in die Breite gezogen; beim Fötus kürzer aber meist 
schon complieirter. Vorzüglich verschieden verhält sich die untere in- 
nere Scheitelbogenwindung, welche, wie früher angegeben, beim Orang 
nicht im Bogen, sondern gerade von dem Gyrus Cinguli nach hinten 
in den Zwickel tritt und die Fissura perpendicularis interna von der 
Fissura Hippocampi abtrennt, während sie bei dem Fötus einen hori- 
. zontal nach aussen gerichteten Bogen beschreibt, so dass beide genannte 
Fissuren ineinander übergehen. An der inneren Seite des Scheitellappens 
zeigen die innere obere Bogenverbindung der beiden Centralwindungen, 
sowie die Windungen des Zwickels keine wesentlichen Verschiedenheiten. 
An den Windungen des Hinterlappens kann ich keine besonderen 
Verschiedenheiten auffinden, ausser dass sie, den Grössenverhältnissen 
des ganzen Lappens entsprechend, bei dem Fötas kleiner und kürzer 
sind. Auch die Fissura Hippocampi bietet ausser ihrem schon erwähnten 
verschiedenen Verhalten zur Fissura perpendicularis interna keine Ver- 
schiedenheiten dar. — Ebenso verhält es sich in Betreff der Windungen , 
des Schläfenlappens, nur sind an der unteren Fläche die Windungen 
dieses Schläfenlappens bei dem Fötus schon etwas besser von denen 
des Hinterlappens abgetrennt, als dieses bei dem Orang der Fall ist. 
Alle diese Verschiedenheiten zwischen den Furchen und Windungen 
eines Smonatlichen Fötus und eines erwachsenen Orang-Gehirns ver- 
mehren und vergrössern sich natürlich, so wie das menschliche Gehirn 
sich weiter entwickelt und seine vollkommene Ausbildung erlangt. 
Dann ist der Unterschied in Beziehung auf die absolute Grösse und 
die Gestalt der ganzen Hemisphären und das relative Verhältniss ihrer 
einzelnen Lappen, so wie in Beziehung auf die Tiefe und Zahl der 
Furchen und die Zahl, und Anordnung der Windungen, wie allgemein 
bekannt, sehr gross. Den absoluten Grössenunterschied kann man im 
Allgemeinen auf das Doppelte, den Gewichtsunterschied auf das Drei- 
bis Vierfache anschlagen. Nach den sorgfältigen Messungen von Rollet- 
son (1.1. p. 209) verhalten sich die Längen der Hemisphären beim Orang 


489 


und Chimpanse zu: der geringsten Länge derselben beim Menschen wie 
1:1,4 und 1:1,54; die Breiten wie 1:1,23 und 1:1,08; die Höhen 
wie 1:2,35 und 1:1,38; woraus hervorgeht, dass es vorzüglich die 
relativ grössere Höhe ist, wodurch sich die menschlichen Hemisphären 
von denen dieser Affen unterscheiden, während der Unterschied unter 
den verschiedenen Menschengehirnen gerade in diesem Durchmesser der 
geringste ist. 

Auch die Configuration und das relative Grössenverhältniss der 
einzelnen Lappen der Hemisphären ist in wesentlichen Stücken ver- 
schieden zwischen dem erwachsenen Menschen und Orang. Der Stirn- 
lappen des ersteren ist relativ grösser, in seinem vordern Theile breiter 
und besitzt nur selten eine Andeutung des Siebbeinschnabels, durch den 
der vorn sich verschmälernde Stirnlappen des Orang so auffallend ist. 
Die Scheitellappen sind relativ grösser, die Hinterlappen, wenn nicht 
relativ grösser, doch jedenfalls breiter beim Orang als beim Menschen. 
Die Schläfenlappen ragen stärker an der Basis des Gehirns beim Orang 
hervor und sind an ihren vorderen unteren Enden relativ stärker ent- 
wickelt. Der Stammlappen ist beim Menschen auch relativ stärker ent- 
wickelt und gefurcht. ' 

Aus den Oberflächenmessungen H. Wagners geht hervor, dass die 
Gesammtoberfläche der menschlichen Hemisphären etwa viermal grösser 
ist als die des Orangs. Für die einzelnen Lappen ergeben sich folgende 
Verhältnisszahlen nach Procenten berechnet. 


- Scheitel- Hinter- | Schläfen- 
Stirnlappen 
lappen lappen lappen 


Mittel aus 4 Menschenhirnen 43,5 16,9 17,8 21,8 


Junger Orang-Outang . . . 36,8 25,1 18,9... 19,0 


Es ist indessen hiebei wiederholt zu bemerken, dass die Grenzen 
der einzelnen Lappen von H. Wagner keineswegs mit hinreichender 
Bestimmtheit bezeichnet wurden, bei dem Stirnlappen auch die vordere 
Centralwindung mit eingerechnet wurde. Der Orang war ausserdem 

62* 


490 


ein noch ganz junges Thier, die gemessenen Menschengehirne dagegen 
solche Erwachsener. | 

In Beziehung auf die so auffällig grössere Zahl und Mannigfaltig- 
keit der Windungen so ist dieselbe für die Stirnwindungen schon von 
Gratiolet und Anderen vielfach betont worden; und in der That ist der 
Unterschied in der Sonderung und stärkeren Entwicklung der einzelnen 
Züge sehr auffallend. Die beiden oberen zeichnen sich durch ihre grosse 
Breite an dem vorderen Ende des Stirnlappens aus, der eben dadurch 
hier einen breiten vorderen, den Affen fast fehlenden Rand erhält. 
Der untere oder dritte Stirnwindungszug ist aber ganz besonders viel 
stärker als die ihm bei dem Orang entsprechende einfache Bogenwin- 
dung entwickelt, indem er bei dem Menschen in mehrmals 'auf- und 
absteigenden Bogen um den vorderen Schenkel der Fossa Sylvii nach 
einwärts gelegt ist. 

Allein so bedeutend diese Unterschiede an den Stirnlappen auch 
sind, so bin ich doch der Ansicht, dass dieselben in der hinteren Partie 
der Scheitellappen und an den Hinterlappen nicht geringer sind. Die 
Verschiedenheit in der Ausbildung der Scheitelbogenwindungen ist so 
gross, dass man ihre typische Uebereinstimmung beim Orang und Men- 
schen gar nicht erkannt hat, während in Beziehung auf die Stirnawindungen 
darüber gar kein Zweifel war. Der Mangel einer Fissura perpendicularis 
externa, der Zusammenhang der Fissura perpendicularis interna mit 
der Fissura Hippocampi, die damit in Verbindung stehende grosse Ver- 
schiedenheit in der Ausbildung und dem Verhalten der oberen und 
unteren inneren Scheitelbogenwindung, die wenigstens häufige Gegenwart 
einer rudimentären dritten oder hinteren Scheitelbogenwindung beim 
Menschenhirn bilden Verschiedenheiten von dem Orang-Gehirn, welche 
die Grenze des quantitativen fast überschreiten und als qualitative be- 
zeichnet werden können. 

Die Windungen des Hinterlappens sind bei dem Menschen, wenn 
gleich wenig tief, doch ungleich zahlreicher und an der unteren Fläche 
bestimmter von den Windungen der unteren Fläche des Schläfenlappens 
geschieden. Der bogenförmige Abschluss des hinteren Endes der Fissura 
Hippocampi zeigt eine grössere Complication und viele individuelle 
Verschiedenheiten. 


Re 


491 


Auch die Windungen des Schläfenlappens sind bei dem erwachsenen 
Menschen stärker ausgebildet :als bei dem Orang, so dass selbst die 
Parallelspalte oft undeutlich und die Aufstellung von vier Windungszügen 
ausser dem Gyrus Hippocampi möglich wird. 

Endlich sind die Windungen des Stammlappens oder der Insel bei 
dem Menschen zahlreicher und viel stärker ausgebildet als bei dem 
Orang. 

Schliesslich kann ich nicht umhin, dem bekannten Ausspruche Huxleys 
(Evidence to man’s place p. 102), dass das Gehirn des Menschen von 
dem Gehirne des Chimpans& oder Orang weniger verschieden sei, als das 
dieser von dem der übrigen Affen, und dass die Verschiedenheit zwischen 
dem Gehirn des Menschen und dem des Chimpans& fast nichts sagend sei, 
wenn man das Gehirn des Chimpanse mit dem eines Lemur vergleiche — 
ich kann nicht umhin, diesem Satze in Betreff der Hirnwindungen ent- 
gegen zu treten. 

Denn obgleich derselbe scheinbar und namentlich in den Augen 
der Laien eine sehr auffallende und für den angestrebten Beweis der 
sehr nahen Verwandtschaft des Chimpanse® und Orang mit dem Menschen 
sehr schlagende Thatsache auszusprechen scheint, desshalb auch nicht 
wenig; Aufsehen erregt und grosse Verbreitung gefunden hat, so sagt 
derselbe dennoch, selbst als ganz richtig angenommen, durchaus Nichts 
Auffallendes oder für’ jenen Zweck Beweisendes. 

Dass die Affen und namentlich Orang, Chimpanse und Gorilla dem 
Menschen in ihrer ganzen Organisation sehr nahe stehen, viel näher 
als irgend ein anderes Thier, ist eine alt bekannte von Niemand be- 
'zweifelte Thatsache. Von dem Gesichtspunkte der Organisation allein 
aufgefasst, würde wohl Niemand jemals der Ansicht Linnes entgegen- 
getreten sein, den Menschen nur als eine besondere Art an die Spitze 
der Säugethiere und jener Affen zu stellen. Beide zeigen in allen ihren 
Organen eine so nahe Verwandtschaft, dass es ja der genauesten ana- 
tomischen Untersuchungen bedarf, um die dennoch vorhandenen Unter- 
schiede nachzuweisen. So steht es) auch mit den Gehirnen. Die Gehirne 
des Menschen, Orang, Chimpans®, Gorilla stehen sich trotz aller vor- 
handenen wichtigen Verschiedenheiten, doch sehr nahe. 


492 


Allein ebenso bekannt ist es, dass die Ordnung der Affen nament- 
lich mit Hinzuziehung der sogenannten Halbaffen, Lemur, Stenops etc., 
Thiere von sehr verschiedener Grösse, sehr verschiedenem Organisations- 
werth und sehr verschiedener Intelligenz in sich einschliesst. Was kann 
es. da Verwunderliches oder Auffallendes haben, dass die Gehirne 
zweier sehr entfernt von. einander stehender Affen, wie Orang oder 
Chimpans® und Lemur, verschiedener von einander sind, als die Gehirne 
der in ihrer ganzen Organisation sich sehr nahestehenden Menschen 
und des Orang oder Chimpanse. Welchen Beweis für die nahe Verwandt- 
schaft des Elephanten mit dem Flusspferd würde man wohl daraus 
entnehmen, dass sich die Gehirne beider näher stehen, als das des 
Flusspferdes und das des Klippschlifers? oder das eines Bibers und 
Stachelschweins gegenüber dem einer Maus ete.? 

Man darf nicht zwei nahe bei einander stehende Glieder einer langen 
Reihe mit zwei entfernt von einander stehenden vergleichen, um beweisen 
zu wollen, dass sich die beiden ersteren näher stehen, als die beiden 
letzteren. Das versteht sich ganz von selbst. Nur wird dadurch Nichts 
in Beziehung auf den Grad der Verwandtschaft zwischen beiden ersteren 
bewiesen. 

Wenn man aber das Gehirn eines Menschen mit dem eines Orang; 
das Gehirn dieses mit dem eines Chimpanse; dieses mit dem eines 
Gorilla; dieses mit dem eines Ateles und so fort eines Hylobates, 
Semnopithecus, Cynocephalus, Cercopithecus, Macacus, Cebus, Callithrix, 
Lemur, Stenops, Hapale der Reihe nach vergleicht, so wird man nirgends 
einen grösseren oder auch nur ähnlich grossen Sprung in der Entwick- 
lung der Windungen der Gehirne zweier neben einander stehender 
Glieder dieser Reihe finden, als er sich zwischen dem Gehirne des 
Menschen und des Orang oder Chimpans® findet. Die Kluft zwischen 
der hohen Entwicklung der Grosshirnwindungen des Menschen und der- 
jenigen des Orang oder Chimpanse lässt sich nicht ausfüllen durch 
Hinweisung auf die Kluft zwischen der Entwicklung dieser Windungen 
zwischen dem Orang oder Chimpans® und Lemur. Letztere ist ausge- 
füllt durch die zwischen beiden liegenden Arten der Affen. Die Aus- 
füllung der ersteren muss noch gefunden werden. 


Beschreibung der Tafeln. 


Für alle sieben Tafeln gelten nachfolgende Bezeichnungen gleichmässig. 


A. Querverlaufender Stamm der Fossa Sylvii. 

A‘. Vorderer senkrechter Asi der Fossa Sylvii. 

A“. Hinterer horizontal aufsteigender Ast der Fossa Sylvii. 
B. Fissura centralis, s. Rolando. 

C. Fissura oceipitalis perpendicularis interna. 

C‘. Fissura oceipitalis perpendicularis externa. 

. Fissura parallela seu temporalis superior. 

. Fissura parallela secunda seu temporalis media. 

. Fissura collateralis seu temporalis inferior. 

. Fissura Hippocampi. 

. Fissura calloso-marginalis. 

B Vordere primäre Radiärfurche } Rn, 

. Hintere primäre Radiärfurche 

. Lobus frontalis. 

. Lobus parlietalis. 

. Lobus oceipitalis. 

. Lobus temporalis. 

. Lobus caudicis, s. Insula. 

. Erste Stirwindungsgruppe. 

. Zweite er 

Dritte h 

. Orbitalwindungen des Stirnlappens. 

. Innenfläche des ersten Stirnwindungszuges. 

. Vordere ÜGentralwindung. 

. Hintere Centralwindung. 

Obere Bogenverbindung der Centralwindungen, 

. Untere Bogenverbindung der Centralwindungen. 

9. Vorzwickel (Lobule du deuxieme pli ascendant Grat.). 
10. Innenfläche des Vorzwickels (Lobule quadrilatere Grat.). 


o aa na re Boayss 


494 


11. Erste oder vordere Scheitelbogenwindung (Pli marginal superieur Grat.). 

12. Zweite oder mittlere Scheitelbogenwindung (Pli courbe Grat.). 

13. Dritte oder hintere Scheitelbogenwindung (Troisieme et quatrieme pli de passage ex- 
terne Grat.). - 

14. Vierte oder innere obere Scheitelbogenwindung (Premier pli de passage externe Grat.). 

15. Fünfte oder innere untere Scheitelbogenwindung (Pli de passage inferieur interne Grat.). 

16. Zwickel. 

17. Unterer innerer Hinterhauptswindungszug (zungenförmiges Läppchen Huschke). 

18. Unterer äusserer Hinterhauptswindungszug (spindelförmiges Läppehen Huschke). 

19. Erste oder obere Schläfenwindung. 

20. Zweite oder mittlere “ 

21. Dritte oder untere z 

22. Vierte oder innere > (Gyrus Hippocampi). 

23. Zwingenwulst (Gyrus Cinguli). 

24. Erste Verbindung zwischen Vorzwickel und Zwingenwulst. 

25. Zweite Verbindung zwischen Vorzwickel und Zwingenwulst. 


Fig. I-V. inel. sind nach photographischen Aufnahmen menschlicher Gehirne gemacht; 
allein absichtlich im Stich nicht sehr im Detail ausgeführt. Die verschiedenen Windungsgruppen 
der verschiedenen Hirnlappen sind mit verschiedenen Farben bezeichnet, und zwar die Stirn- 
lappen roth, Scheitellappen grün, Hinterhauptslappen blau, Schläfenlappen gelb und Stamm- 
lappen grau. 


Fig. I. Ansicht eines männlichen Gehirns von oben. Die vierte Scheitelbogenwindung (14.) 
um das obere Ende der Fissura perpendicularis interna macht in diesem Falle eine einfache 
ziemlich lang gezogene Schlinge. 


Fig. II. Seitenansicht eines andern Gehirnes. Es ist absichtlich ein undeutlicher Fall der 
:Scheitelbogenwindungen gewählt. Schon bei der ersten Scheitelbogenwindung (11.) ist der von 
der hinteren Centralwindung sich ablösende Bogenschenkel complieirt nnd bildet den Lobule du 
pli marginal superieur. von Gratiolet. Noch undeutlicher ist die zweite Scheitelbogenwindung (12.) 
um die Parallelspalte (D.) herum, indem namentlich ihre Verbindung mit dem Zwickel (16.) eine 
complieirte Windung darstellt und dadurch die Parallelspalte (D.) oben nicht geschlossen zu sein 
scheint. Die dritte Scheitelbogenwindung (13.) ist dagegen hier sehr deutlich und einfach so wie 
auch ihre Verbindung mit dem zungenförmigen Läppchen (17). Die vierte Scheitelbogenwindung (14.) 
ist sehr gross, allein in dieser Ansicht vorzüglich nur ihr wieder in die Fissura perpendicularis 
interna (C.) hineingedrängter convexer Bogen zu sehen. 


Fig. III. Ansicht des grossen Gehirns von unten nach Wegnahme des kleinen Gehirns mit 
den Hirnschenkeln. Hier sind die beiden unteren Hinterhauptswindungsgruppen (17 und18) mit 
der sie von einander trennenden Fissura collateralis (F.) besonders zu beachten, so wie ihr ununter- 
brochener Uebergang in die vierte (22.) und fünfte (23.) Schläfenwindung. 


Fig. IV. Ansicht des Gehirns Fig. II von Innen, wo vorzüglich das Verhalten der Fissura 
perpendicularis interna (C.) und der Fissura Hippocampi (G.), so wie der drei Hinterhauptslappen- 
windungsgruppen (16, 17 und 18) Beachtung verdient. Man sieht auch die beiden inneren Scheitel- 
bogenwindungen (14und 15) um das obere und untere Ende der Fissura perpendieularis interna (C). 
Auch die Verbindungen des Zwickels mit dem Gyrus Cinguli (24und 25) sind zu beachten. Ebenso 
die obere Bogenverbindung (8.) zwischen vorderer und hinterer Centralwindung (6 und 7). 


Fig. V. Ein Gehirn mit äusserst einfacher Windungsanordnung, bei welchem namentlich 
die drei Scheitelbogenwindungen (11, 12 und 13) sehr einfach angeordnet sind. 


\ 


495 


Fig. VI. Copie des Gehirns der Venus Hottentott (von Gratiolets Pl. I Fig. 2.) mit eben- 
falls sehr einfachen Windungen, aber doch schon etwas complicirter als bei dem vorausgehenden 
Hirn. Namentlich ist der aufsteigende Schenkel der ersten Scheitelbogenwindung (11.) hier schon 
viel zusammengesetzter und als Lobule du Pli marginal superieur entwickelt, während die dritte 
Scheitelbogenwindung hier kaum bezeichnet werden kann. 


Die Figuren VII—XVII inel. auf Tab. IV und V geben Darstellungen der Entwicklung der 
Windungen der grossen Hemisphären bei dem menschlichen Embryo nach photographischen Auf- 
nahmen der in Weingeist aufbewahrten Gehirne. Daher ist leicht zu bemerken, dass die äussere 
Gestalt und Form dieser Gehirne eine sehr anomale ist, da sich dieselbe in dem Weingeist sehr 
verändert und je nach der Concentration desselben sehr verschieden gestaltet hat. Ich habe zwar 
dieselben Gehirne auch nach Schädelabgüssen in ihrer richtigen Form in Wachsdarstellungen ; 
allein da es mir mehr auf treue Wiedergabe der Windungen als auf die äussere Form ankam, so 
wählte ich lieber die Gehirne selbst zum Photographiren: 


Fig. VII. Ist die Seitenansicht eines Gehirns aus dem 7. Monate, mit den zu dieser Zeit 
entwickelten Furchen. A die in ihren beiden Schenkeln A‘ und A’ noch weit offenstehende Fossa 
Sylvii, in der man den noch glatten Stammlappen oder die Insel (V.) sieht. B die Centralspalte, 
und zu deren beiden Seiten zwei andere, ihr fast parallele, aber doch schon nach vorn und hinten 
sich wendende primäre Radiärfurchen (a und b), welche sich in Zukunft um die beiden Schenkel 
der Fossa Sylvii herumlegen. Bei C‘ bildet sich eine Fissura oceipitalis perpendicularis externa, 
welche später wieder verschwindet oder in andere an der Grenze zwischen Scheitel- und Hinter- 
hauptslappen auftretende Furchen ohne bestimmteren Charakter übergeht. Auch die Fissura 
parallela (D.) ist schon vorhanden. 


Fig. VIII. Ein etwas weiter entwickeltes Gehirn, bei welchem die hintere primäre Radiär- 
furche b sich schon stärker um das obere Ende des hinteren Schenkels der Fossa Sylvii herum- 
gekrümmt, auch die Furchea sich schon mehr nach vorne geneigt hat. 


Fig. IX. Ein Gehirn aus dem Anfang des 8. Monates, die äussere Gestalt sehr schlecht 
erhalten. Aber die beiden primären Radiärfurchen (a und b) zeigen ihre Bestimmung sich um die 
Enden der beiden Schenkel der Fossa Sylvii herumzulegen, noch deutlicher. 


Fig. X. Ein Gehirn aus der Mitte des 8. Monates, wo um die Furchen die sie begrenzenden 
Windungen sich schon zu erheben angefangen haben. Am Stirnlappen hat sich eine mit dem oberen 
inneren Rande parallel laufende Längsfurche gebildet; die primäre Radiärfurche (a) hat sich ganz 
um das obere Ende des vorderen Schenkels der Fossa Sylvii herumgelegt und so sind die drei 
Stirnwindungsgruppen (1, 2, 3) bestimmt angelegt. In dem Scheitellappen sprechen sich die beiden 
Centralwindungen (6 und 7) schon deutlich aus. Der Vorzwickel (9.) und die erste und zweite 
Scheitelbogenwindung (11 und 12) sind deutlich ausgesprochen. Ebenso hat sich um das obere 
Ende der Fissura perpendicularis interna (C.) eine scharf entwickelte Bogenfurche, die vierte 
Scheitelbogenwindung (14.) ausgebildet. 


Fig. XI. Gehirn eines Eötus aus dem Ende des 8. Monates, an welchem die Furchen und 
Windungsbildung noch weiter fortgeschritten. Die drei Stirnwindungsgruppen, namentlich die 
dritte im Bogen um das Ende des vorderen Schenkels der F'ossa Sylvii sich herumziehende, ent- 
wickelt sich schon so stark, dass sie die Insel(V). zu decken anfängt. Erste und zweite Scheitel- 
bogenwindung (11 und 12) fangen schon an sich zu compliciren; von der dritten bemerkt man 
den Anfang (13). Die vierte (14.) ist sehr deutlich, aber in dieser Ansicht wenig zu sehen. b. b. sind 
die Uebereste der hinteren primären Radiärfurche. Das Gehirn gleicht jetzt dem eines Chimpanse 
oder Orang am meisten. 


Abh. d. II.Cl.d. k. Ak.d. Wiss. X. Bd. II. Abth. 63 


496 


Fig. XII. Ein etwas, aber nicht viel weiter entwickeltes Hirn. Die zweite Scheitelbogen- 
windung(12.) würde hier wahrscheinlich ziemlich complieirt geworden sein, da ihr hinterer Schenkel 
sehr breit ist und sich durch Furchen zu theilen beginnt. Die vierte Scheitelbogenwindung (14.) 
umgibt an diesem Gehirn die Fissura perpendicularis interna nicht mehr in einem einfachen nach 
aussen convexen Bogen, sondern ist schon mit ihrem Scheitel nach einwärts in die Furche hinein- 
gedrängt, was man aber in dieser Ansicht nur wenig sieht. 


Fig. XII. Gehirn eines nicht ganz reifen Fötus, in welchem alle Furchen und Windungen 
ihrer bleibenden Anordnung schon sehr nahe sind, obwohl Unterabtheilungen noch überall fehlen. 


Fig. XII bis XVII sind dieselben Fötusgehirne in derselben Reihe, wie auf der vorigen 
Tafel von der inneren Seite der Hemisphäre dargestellt. Ich habe bei diesen Abbildungen vor- 
zugsweise das Verhalten der Fissura Hippocampi zur Fissura perpendicularis interna im Auge 
gehabt, welches sich im Laufe der Entwicklung fast umkehrt. Im Anfang erscheint der vordere 
Theil der Fissura Hippocampi (G.) mehr als eine senkrechte Fortsetzung der Fissura perpendicu- 
laris interna_(C.); zu Ende verläuft die ganze Fissura Hippocampi mehr horizontal und die Fissura 
perpendicularis interna mündet von oben fast senkrecht in sie ein. 


In Fig. XVII und XVIII sieht man bei 14 die sich mit ihrem Scheitel in die Fissura per- 
pendicularis interna hineindrängende vierte oder innere obere Scheitelbogenwindung 14. Alle 
Abbildungen zeigen die allmählig fortschreitende Entwicklung der Fissura calloso-marginals (H.). 


Fig. XIX—XXIX Tab. VI und VII sind Copien von Affengehirnen aus dem Atlas von 
Gratiolet, durch welche ich meine Ansicht über die Windungen des Affengehirns zu erläutern 
wünsche. Fig. XIX ist das Gehirn von Cercopithecus sabaeus, welches im Allgemeinen völlig mit den 
Gehirnen von Macacus, Cynocephalus und Cebus übereinstimmt. Fig. XX ist das Gehirn von 
Semnopithecus Entellus, Fig. XXI das Gehirn von Hylobates Leueiscus, Fig. XXIl das Gehirn 
von Ateles Belzebub und Fig. XXIII das vom Orang-Outang, in welcher Reihe ich den fort- 
schreitenden Entwicklungsgang der Windungen der Hemisphären bei den Affen ausgesprochen 
erblicke. 


Bei Fig. XIX—XXIl ist die vordere Centralwindung (6.) noch gar nicht ausgebildet, also auch 
noch gar nicht von den Stirnwindungen geschieden, was erst in Fig. XXIII erreicht wird. Bei 
Fig. XIXund XX gibt es nur zwei Stirnwindungsabtheilungen, indem 1 und2 noch nicht von ein- 
ander getrennt und beide Gruppen zudem mehr horizontal gerichtet sind, und erst in Fig. XXI 
—XXIII ist die Trennung von 1 und 2 erfolgt und erscheinen damit die Windungen mehr 
sagittal gerichtet. 


Die Reihe der Figuren zeigt ferner, in welcher Folge sich der Vorzwickel (9.) allmählig von 
dem oberen Ende der hinteren Centralwindung (7.) abscheidet, was aber erst bei dem Orang voll- 
ständig erreicht wird. — Bei Fig. XIX sind Opereulum und Fissura perpendicularis externa C‘ 
stark entwickelt, die obere innere Scheitelbogenwindung liegt ganz in der Fissur verborgen. In 
den folgenden Figuren tritt diese vierte Scheitelbogenwindung (14.) um das obere Ende der Fissura 
perpendicularis interna immer deutlicher und in gleichem Grade hervor, als die Fissura perpen- 
dieularis externa und das Opereulum schwächer werden und schwinden. Leider standen mir keine 
Gehirne, sondern nur fremde Abbildungen zu Gebot; sonst würde wahrscheinlich das Verhalten 
dieses oberen Endes der Fissura perpendicularis interna mit der sie umgebenden vierten Scheitel- 
bogenwindung noch deutlicher darzustellen gewesen sein. 

Die Abbildungen Fig XXIV—XXVI habe ich vorzüglich desshalb gegeben, um das Verhalten 
der beiden ersten Scheitelbogenwindungen (11. und 12.) bei den Affen zu erläutern. In Fig. XXIV 
bei Cercopithecus ist der erste Bogen (11.) kaum zu sehen, weil er sich in die Tiefe zieht. Ist 


497 


dieses noch mehr der Fall so scheint das obere Ende des hinteren Astes der Fossa Sylvii (A“.) in 
das obere Ende der Parallespalte(D.) überzugehen, und erst wenn man sie auseinander zieht, sieht 
man den sie trennenden Bogen (11). In Fig. XXV bei Hylobates und XXVI bei Orang sind dagegen 
schon beide Scheitelbogenwindungen (11 und 12.) breit und deutlich, bei ersterem noch sehr einfach 
bei letzterem schon etwas gewunden. Von der dritten Scheitelbogenwindung ist Nichts zu sehen. 


Dieselben Abbildungen Fig. XXIV—XXVI zeigen ferner die allmählige Ausbildung der 
dritten Stirnwindung. Die Furche (a.) entspricht der vorderen primären Radiärfurche des menschlichen 
Fötusgehirnes. Sie trennt die zweite und dritte Stirnwindung von einander. Von ihr begrenzt, 
gestaltet sich die dritte Stirnwindung (3.) allmählig zu einem den vorderen Schenkel der Fossa 
Sylvii (A‘“.) umziehenden Bogen. Dieser vordere Schenkel ist aber erst beim Orang zu sehen; bei 
den beiden anderen ist er nur eine schwache, bei dieser Darstellung nicht sichtbare Kerbe in 
dem die Fossa Sylvii deckenden Rande des Stirnlappens. 


Fig. XXVII—-XXIX sollen vorzüglich das verschiedene Verhalten der Fissura perpendicularis 
interna (C.) zur Fissura Hippocampi (G.) zeigen. Nur bei Ateles Fig. XXVIII mündet das untere Ende 
ersterer in letztere ein; Gratiolets pli de passage inferieur interne scheint zu fehlen, wenn er 
nicht auch hier in die Tiefe gedrängt ist, wie bei dem Menschen. Bei dem Orang Fig. XXIX 
verläuft diese Windune (15.) oberflächlich und trennt beide Furchen von einander. Bei Macacus 
Fig. XXVII wird wie bei Cercopithecus, Cynocephalus, Cebus etc. diese Trennung noch durch eine 
zweite Windung, Gratiolets Pli depassage superieur interne (15‘.) vermehrt, welche von dem oberen Ende 
des Lobulus quadratus (10.) in den Hinterhauptslappen am untern Ende der Fissura perpendieularis 
interna grade herübergeht Bei den in meinen Händen befindlichen Macacus-Gehirnen, so wie 
bei denen von Cercopithecus und Cynocephalus geht diese letztere Windung indessen in die Tiefe 
der Spalte und in ihrem Hintergrund in den Hinterhauptslappen über. Sie scheint sich also bei 
verschiedenen Arten, und vielleicht selbst Individuen, verschieden zu verhalten und ist, wie ich 
gezeigt habe, mit der oberen inneren Scheitelbogenwindung oder dem premier Pli de passage 
externe homolog. 


Pag. 412 Zeile 2 von oben lies: 


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426 


11 
20 
17 

4 
10 


Drucktehler. 


42% 


Blase statt Blasen. 

(23) „ (24) 
mammillaris statt laerimalis 
mammillaris ,„ lacrimalis. 


"hintere statt hintern. 


ganz statt gang. 


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Beiträge 


Kenntniss der Proeän- 


oder 
Kreide-Formation 


nordwestlichen Böhmen 


in Vergleichung mit den gleichzeitigen Ablagerungen in Bayern und Sachsen. 


Von 


C. W. Gümbel. 


Vorgetragen in der Classensitzung der Akademie der Wissenschaften, am 13. Juni 1868. 


Abh. d.II. C1.d. k. Ak.d. Wiss. X. Bd. II. Abth. 64 


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Beiträge 
zur 


Kenntniss der Procän- oder Kreide-Formation 
im 
nordwestlichen Böhmen 
in Vergleichung mit den gleichzeitigen. Ablagerungen in Bayern und Sachsen. 


R Von 
C. W. Gümbel. 


In einem kurzen Aufsatze habe ich vorläufig die Resultate mitge- 
theilt (N. Jahrb. v. Leonhardt u. Geinitz 1867 S. 795), zu welchen mich 
die Untersuchungen eines Theils der NW. böhmischen Plänerge- 
‚bilde geführt haben. Es wurde mir inzwischen Gelegenheit gegeben, 
die Verhältnisse, unter welchen die Plänerschichten im mittleren 
Bayern, namentlich in der Umgegend von Regensburg auftreten, ein- 
gehend zu schildern (II. Bd. der geogn. Besch. von Bayern, S. 697 
u. ff.) und den innigen Zusammenhang nachzuweisen, in welchem die 
_ gleichalterigen Ablagerungen der Procän- (Kreide-) Formationen im 
mittleren Bayern (Umgegend von Regensburg) in Böhmen und Sachsen 
zu einander stehen. Die Uebereinstimmung zwischen diesen örtlich 
weit auseinander liegenden Sedimentgebilden sowohl in Bezug auf den 
Umfang der Schichten, aus welchen sie bestehen, als auch nach Art der 
Gliederung und nach dem allgemeinen Charakter, welcher sich in Fauna 
und Flora der eingeschlossenen organischen Ueberreste ausspricht, ist 

64* 


502 


so gross, dass wir die Gebilde dieser Verbreitungsgebiete als Ablager- 
ungen eines gemeinsamen Meeres betrachten dürfen. Innerhalb der oben 
bezeichneten Gegenden, in welchen wir jetzt die Plänerschichten Bayerns, 
Böhmens und Sachsens ausgebreitet finden, beginnt die Schichtenreihe 
fast allerorts mit den gleichen oder doch mit nahezu gleichen und gleich- 
alterigen Ablagerungen, welche wir für Aequivalente der sogenannten 
Cenomanstufe erkennen, mit Ausschluss aller älteren Ablagerungen 
der Procänformation d.h. der Galt- und Neocomstufe. Die Veränderungen 
in der Vertheilung der Meere über die Erdoberfläche, welche nach und 
nach eintraten und bewirkten, dass die stetig fortschreitende Bildung 
von Niederschlägen stellenweise unterbrochen, an den da oder dort über 
das Niveau der früheren Meeresbedeckung emporgeschobenen Festlands- 
theilen gänzlich verhindert, dagegen an anderen früher über das Meer 
emporragenden, jetzt unter dasselbe eingesenkten Stellen erst möglich 
gemacht wurde, traten in den genannten "Gegenden vollständig gleich- 
zeitig und gleichartig ein, um früheres Festland in Meeresboden umzu- 
‚wandeln, über welchem nunmehr ganz ähnliche Ablagerungen im Norden 
wie im Süden sich ausbreiteten. Das Fehlen von Galt- und Neocomschichten 
innerhalb der weiten Gegenden von der Donau durch Böhmen bis nach 
Sachsen und Schlesien, ein Zeichen früheren Festlandes, ist ein höchst 
merkwürdiger Charakter, welcher diese Verbreitungsgebiete jüngerer 
Procängebilde von den ihnen zunächst benachbarten sowohl des alpinen 
Gebirgsystems, als des nördlichen Deutschlands in der Nähe des Harzes 
ebenso bestimmt scheidet, wie unter sich aufs engste verbindet. 
Betrachten wir nun noch näher die einzelnen Ablagerungen, welche 
nach und nach aus dem Procänmeere in den verschiedenen Ge- 
genden jenes enger verbundenen Gebietes, das wir kurzweg das her- 
cynische nennen wollen, und vergleichen wir diese mit den ent- 
sprechenden, d. h. annähernd gleichalterigen Gesteinsschichten der 
Nachbargebiete, so ist vorerst in Bezug auf die Art und Weise, nach 
welcher die Sedimente successiv entstanden sind und welche in der 
Gliederung der Schichten sich ausprägt, dann auch in Bezug auf das, 
Material, aus welchem die einzelnen Schichtenglieder bestehen, und; 
welches denselben den sog. petrographischen Charakter verleiht, nicht zu, 
verkennen, dass in diesen Beziehungen die Gebilde der verschiedenen, 


503 


Gegenden des hercynischen Gebietes, trotz mannigfacher Abweichungen 
und örtlicher Eigenheiten, unter sich weit mehr Uebereinstimmung zeigen, 
als gegenüber den analogen Schichten in den Alpen oder am Harzrande. 
Selbst auf sehr beträchtliche Entfernungen stossen wir in manchen 
Gesteinslagen auf so augenfällige Uebereinstimmungen, dass wir an der 
Gleichheit der Bedingungen, unter deren Einfluss da und dort die Nieder- 
schläge aus dem Meere erfolgten, nicht zweifeln können, während eine 
solche Analogie zwischen den Gliedern dieser Distrikte und der Nach- 
bargebiete sich nirgends bemerkbar macht. 

Es ist mehrfach nachgewiesen, dass auch in früheren Perioden der 
Erdbildung, ähnlich wie in der Gegenwart, gewisse Differenzen in der 
‚Fauna verschiedener Meere oder Meerestheile bestanden haben, welche 
ausgedrückt oder erkennbar sind, durch eine gewisse Ungleichartigkeit 
der organischen Einschlüsse in Schichten, welche zwar zu gleicher Zeit, 
aber an verschiedenen Orten gebildet wurden. Ein Theil der Petrefakten 
solcher Fundpunkte ist nämlich der Art nach übereinstimmend und be- 
weist die Gleichzeitigkeit der Entstehung der sie einschliessenden Ge- 
steinsschichten, ein anderer Theil fehlt da oder dort und ist vielleicht 
durch ähnliche Arten ersetzt. Dieser negative oder analoge Bestandtheil 
einer Fauna lässt nun je nach der Art der Verschiedenheit, die sich in 
demselben ausspricht, erkennen, ob die Ursachen dieser Erscheinung 
bloss lokaler Natur, wie sie z. B. in demselben Meere, aber bei ver- 
schiedener Meerestiefe, an seichten Ufern, in Buchten, an Einmündungen 
von Süsswasserströmen u. s. w. vorkommen — sog. Faciesbildungen 
wenn die Abweichungen in der Fauna bei benachbarten, stratographisch 
unmittelbar in einander übergehenden Schichten beobachtet werden —, 
oder ob diese Verschiedenartigkeit sich über die Schichtencomplexe in 
weiteren Ausdehnungen und Verbreitungen gleich bleiben und desshalb 
allgemeineren Ursachen zugeschrieben werden müssen. 

Stellen wir in dieser Richtung Beobachtungen über die-Art und 
Vertheilung der organischen Einschlüsse innerhalb des hercynischen 
Plänergebiets an, so machen sich zwar viele Erscheinungen bemerkbar, 
welche als sog. Faciesbildungen gedeutet werden müssen, über welche 
hinaus jedoch ein sehr überstimmender Hauptcharakter der Paläofauna 
in allen Theilen sich kund giebt. Dagegen liefert uns eine nähere Ver- 


504 


gleichung der Versteinerungen in den hercynischen Pläner mit den orga- 
nischen Einschlüssen analoger Schichten und Stufen der Nachbargebiete 
den Beweis, dass zwischen beiden grössere, als blosse Faciesverschieden- 
heiten herrschen. Darüber wenigstens dürfte kein berechtigter Zweifel 
auftauchen, dass die beiden Meere, aus welchen die alpinen und her- 
cynischen Schichtencomplexe der Procänformation hervorgingen, als 
völlig verschieden und von einander abgesondert betrachtet werden 
müssen, obgleich bei der jetzigen Oberflächengestaltung zwischen den 
örtlich so nahe gerückten südlichsten Ablagerungen des. hercynischen 
Gebiets bei Passau und den nächsten nördlichen unsern Alpen am Fusse 
des Untersberges und in der Gosau kein Gebirgsrücken mehr sichtbar 
geblieben ist, welcher als Scheidewand zwischen beiden Meeresbecken 
gedacht werden muss. Schwieriger ist die Frage zu beantworten, ob 
auch in Bezug auf hercynisches und subhercynische Gebiet — 
letzteres die Procängebilde in der Nähe des Harzes umfassend — eine 
gleiche Trennung angenommen werden muss, oder ob die zwischen beiden 
Gebieten bestehenden Contraste sich durch die Annahme grosser buchten- 
artiger Einschnitte eines und desselben Meeres in verschienene Festlands- 
theile erklären lassen. Der Umstand jedoch, dass am Harze Galt- und 
Neocom-Schichten reichlich entwickelt erscheinen, die vom hereynischen 
Gebiet völlig ausgeschlossen sind, weist mit mehr Wahrscheinlichkeit 
auf getrennte Meeresbecken hin. 

Alle diese Eigenthümlichkeiten nun, welche die Gebilde inner- 
halb unseres sog. hercynischen Verbreitungsbezirkes mit einander 
verbinden und die Contraste, welche sie von den Schichten der 
nächstbenachbarten Gegenden, in welchen Glieder der Procänformation 
vorkommen, scheiden, diess zusammengefasst, verleiht unserem Gebiete 
eine gewisse Selbstständigkeit und Unabhängigkeit, Verhältnisse, welche 
sich am kürzesten durch den Ausdruck hereynisches Procänreich 
bezeichnen lassen. 

Indem wir in der Folge uns in dem angedeuteten Sinne dieses Aus- 
drucks bedienen, stellen wir demselben, als zunächst örtlich benachbart, 
das subhercynische und alpine Gebiet gegenüber, welche Theile 
oder Provinzen zweier weiterer Procänreiche, des nordeuropäischen 
und südeuropäischen, ausmachen. 


505 


In den folgenden Blättern will ich den Versuch wagen, die so eben 
angedeuteten Verhältnisse der Verwandtschaft und Verschiedenheit zwischen 
den Plänerablagerungen des mittleren Europa’s in besonderer Rücksicht 
auf die Schichten im nordwestlichen Böhmen weiter in’s Einzelne 
zu verfolgen und aufzuhellen, indem ich hoffe, dass diese wenn auch 
ganz kleinen Bausteine, die ich beizutragen vermag, nutzbare Verwendung 
finden können, um nach und nach ein vollständigeres Gebäude aufzu- 
richten. 

In dem erwähnten kurzen Aufsatz (N. Jahrb. 1867 S. 795) habe 
ich aus meinen Beobachtungen über die böhmischen Plänerbildungen ein 
Schichtenprofil zusammengestellt, welches ich hier, um einen Ausgangs- 
punkt für die weiteren Mittheilungen zu gewinnen und eine vorläufige 
Örientirung zu ermöglichen, mit einigen wenigen Abkürzungen wieder- 
hole und 'mit der entsprechenden Schichtenfolge im mittleren (ausser- 
alpinen) Bayern und in Sachsen in Verbindung bringe. 


I, Oberpläner: (Stufe der Belemnitellen.) 


1) Oberplänersandstein mit Ostrea laciniata, Asterias Schulzi, 
Inoceramus Cripsi. 


Schneeberg-Schichten Oberquadersandstein Grossbergsandstein 
in Böhmen. oder Königsteinschichten in in Bayern.”) 
Sachsen. !) 


2) Oberpläner-Mergel mit Baculites anceps, Micraster cor an- 
guinum, Ananchytes ovatus, Inoceramus Cuwvieri. 
Priesener-Schichten. Baculiten-Schichten. Marterberg-Schichten. 


II. Mittelpläner : (Stufe der Inoceramus Brongniarti und labiatus). 


3) Mittelpläner-Mergel und Kalk mit Scaphites Geinitzi, Ammo- 
nites Neptuni, A. peramplus, Klytia Leacht. 

Hundorfer-Schichten. Strehlener-Schichten. Kagerhöh-Schichten. 

4) Mittelpläner-Grünsandstein-Schichten mit Ammonites 


Woollgari, Ostrea columba (sehr grosse Formen), Magas Geinitzi. 
Mallnitzer-Schichten. Copitzer-Schichten. Eisbuckel-Schichten. 


1) N. Jahrb. L. n. Gein: 1867 S. 795 u. ff. 
2) Geogn. Besch. v. Bayern II. Bd. S. 700. 


506 


5) Mittelpläner-Sandstein und Mergel mit Inoceramus labiatus. 
Liboch-Melnicker- Rothwernsdorfer-Schichten. Winzerberg-Rein- 
Schichten. hausener-Schichten. 


III. Unterpläner: (Stufe des Pecten asper.) 


6) Unterpläner-Mergel und Grünsandstein mit Ostrea biauri- 
culata, O. columba, Pecten asper und P. aequicostatus. 


Tuchomeritz-Pangratzer- Bannewitz-Oberauer- Regensburger Haupt- 
Schichten. ’ Schichten. grünsandstein. _ 


7) Unterplänersandstein mit Audisten oder Pflanzenresten — 
Analoge Faciesbildungen. 
Koritzaner Rudisten und Koschützer- und Nieder- Schutzfels-Schichten. 
Perutzer Pflanzen-Schichten. schönaer-Schichten. 

Hieran schliessen wir zunächst diejenigen Bemerkungen an, welche 
über die Aufeinanderfolge der einzelnen Schichten, über ihren lithologischen 
und paläontologischen Charakter in den verschiedenen Gegenden mit- 
zutheilen von allgemeineren Interessen zu sein scheinen. 


Weisser Berg bei Prag. 


Sobald wir über den Radschin hinaus durch das Strauber Thor vor 
die Stadt treten, begegnen wir sofort sandigen Schichten, welche auf 
Silurschiefer auflagernd der Reihe der Procängebilde angehören. 
Gleich vor dem genannten Thore südwärts geht man über weissliche 
und gelbliche, ziemlich lockere Sandsteinbildungen, in welchen rechts 
von dem zur Höhe führenden Fahrwege jetzt verlassene Steinbrüche 
sichtbar sind, in der Richtung gegen die grossen, jetzt noch in Betrieb 
stehenden Steinbrüche des weissen Bergs, deren Gestein das Bau- 
material für Prag liefert. Die unmittelbare Grenze zwischen der Unter- 
lage, die aus Silurschichten besteht, und dem erwähnten Sandstein ist 
hier nicht deutlich entblösst. Dagegen fand ich diese Grenzschichten 
an zwei Punkten aufgeschlossen, nämlich in einem kleinen Hohlwege 
der vom Dorfe Dejwitz aufwärts gegen die Kapelle auf die Höhe des 
weissen Bergs führt und an einem Punkte des steilen nördlichen Ge- 
hängs, wo der weisse Sand des lockeren Gesteins zum Streuen und 
Putzen gegraben wird. 


Br 


507 


An dem zuerst erwähnzen Hohlwege, neben dem eine breite und 
tiefe, durch starken Regen zufällig ausgewaschene Rinne den Gebirgs- 
aufschluss vervollständigt, beobachtet man von oben nach unten folgende 
Schichten: 


sa 


1) brüchlichen, dünngeschichteten, grauen, dunkelgefleckten, 
durch Verwitterung hellgelblich gefärbten Mergel mit 
nicht näher bestiminbaren /noceramen- und Ostreen-Stein- 
kernen und zahlreichen Exemplaren von Flabellaria cor- 
1 nal nn A un a a apa 43’ mächt. 
2) weichen, thonigen, dünngeschichteten Grünsand . . 112 , 
3) löcherig-porösen Grünsandstein in dickeren Lagen, stark 
verwitternd mit algenartigen weissen Streifen . . . 8 
4) festen, in Bänken geschichteten, normalen Grünsandstein 5’ 
5) weichen, weisslichen, gelbstreifigen, Kaolin-haltigen, ziem- 
lich grobkörnigen Sandstein, welcher nach unten in grob- 
körnigere und Rollstücke aufnehmende Lagen mit aus- 
gezeichneten, zur Schichten stark geneigten Anwachsstreifen 
a ER u a nn a a ee an 

Unterlage: Silurschichten. 

Die obersten, in diesem Profil blossgelegten Schichten tragen einen 
Charakter an sich, der in einer auifallenden Weise mit dem Verhalten 
des über dem Hauptgrünsandstein bei Regensburg ausgebreiteten Mergels 
übereinstimmt. Die fleckigen Mergel am Brucker Berg über dem dortigen 
Hauptgrünsandstein sind diesen zum Verwechseln ähnlich. Auch ent- 
halten sie in grosser Menge Flabellaria cordata und Inoceramen-Schalen, 
welche der Species: .J. labiatus angehören. Die Gleichstellung dieser 


Schichten möchte um so weniger zweifelhaft erscheinen, als diese auch 


durch die Lagerungsverhältnisse eine Bestättigung erhalten. Die Schichten- 

reihe 2, 3, 4 entspricht dann dem Hauptgrünsandstein, welcher 

hier auffallend schwach entwickelt ist und nur schlechterhaltene Spuren 

von organischen Einschlüssen wahrnehmen lässt. Vor dem Strauber 

Thor scheint diese Bildung von Schutt überdeckt zu sein; denn der 

hier zu Tag tretende Sand und Sandstein vertritt hier nach dem Niveau 
Abh.d. Il. Cl.d.k. Ak. d. Wiss. X. Bd. II. Abth. 65 


508 


und der Gesteinsbeschaffenheit die Schicht 5 unteres Profils. Derselben 
gehört auch der meist lockere, als Sand gegrabene und benützte Sand- 
stein des zweiten Profils am steilen Nordgehänge des Berges an, welches 
dadurch erhöhtes Interesse gewinnt, weil sich hier mit geringen und 
durch benachbarte Aufschlüsse leicht zu ergänzenden Unterbrechungen ein 
fortlaufendes Profil bis zu dem höchsten Rücken des weissen Bergs 
gewinnen lässt. Dasselbe lehrt uns eine Reihe von Erscheinungen kennen, 
welche bisher noch vollständig unklar geblieben waren und verdient 
daher ganz besondere Beachtung. Es zeigt uns nämlich die Procän- 
schichten des NW. Böhmens in einer eigenthümlichen Entwicklungsart 
oder Facies, indem die sämmtlichen Schichten über dem Hauptgrünsand 
des Unterpläners aus petrographisch fast vollständig gleichen und überein- 
stimmenden Lagen zusammengesetzt sind, nämlich aus jenem feinporösen, 
leichten, kieselig-thonig oder mergeligen, hellgelblich gefärbten Gestein, 
welches in seinen dickeren und festeren Bänken als Bausteine für Prag 
benützt wird und von fast gleicher Beschaffenheit sowohl in Sachsen 
(Steinbrüche von Bannewitz, auf der goldenen Höhe, zum Theil auch 
im Plauen’schen Grunde) wie in Bayern (Steinbrüche am Regensburger 
und Reinhausener Galgenberg, bei Kaltenbrunn u. s. w,) wieder auf- 
taucht. Es ist das Gestein, von welchem wenigstens gewisse Abänder- 
ungen in Sachsen als Pläner, bei Regensburg als Amberger Tripel — 
Schwammflintstein — in Frankreich als Gaizit bezeichnet werden. 
Es geht einestheils in sandsteinartige, kieselreiche Massen, selbst in 
Hornstein, anderntheils in weiche Mergel und selbst in Kalkstein über oder 
enthält wenigstens Concretionen von Hornstein oder Kalk. Die ziemlich 
gleichbleibende Gesteinsbeschaffenheit des am weissen Berg sehr mäch- 
tigen Schichtencomplexes, welcher allerdings bei näherer Betrachtung 
vielfach wechselnde, weichere und festere, dünnschichtige und dick- 
bankige, kieselige und kalkige Lagen in sich vereinigt, war Veranlassung, 
dass man die ganze reiche Schichtenreihe ungetheilt als Stellvertreter 
einer einzelnen Stufe des Pläners (obere Abtheilung der Procänformation) 
ansah, obwohl sie, wie wir sehen werden, mehrere Stufen desselben 
umfasst. Indem wir von der bezeichneten Sandgrube und der bei der- 
selben vorbeiziehenden Wasserrinne an dem Gehänge aufwärts von Stein- 
bruch zu Steinbruch, deren es hier eine grosse Menge giebt, bis zu 


wit. 
= 


509 


jenem höchstgelegenen, gegen Westen am weitesten vorgeschobenen Stein- 
bruche, welcher gegenwärtig unter hohem Abraume am lebhaftesten be- 
trieben wird, aufsteigen, gelingt es, folgende Schichtenordnung aufzufinden: 


B. Profil am weissen Berg bei Prag. 


1) Oben als Ueberdeckung: brauner Löss-ähnlicher Lehm, 


unten mit Schutt und Geröll a er u Bl mächt: 
2) weiche, lehmartige, gelbe Lagen, als ne von 
chen er ea Schichten 1.1 441% I 


3) weiche, weisse, erdige Lagen mit oft zerrissenen len 
Concretionen, unten erfüllt von unzähligen Foraminiferen, 
welche Species für Species mit den Arten der Priesener 
und Hundorfer Schichten übereinstimmen . . 10° 

4) dünngeschichtete, nicht sehr feste, kalkige Mergel it, 
Fischschuppen — ob Fischlager? mit Nautilus spec.: 
Östrea vesicularis, Terebratalina chrysalis . . . a 

5) ziemlich dünnbankige, harte, kieselige Lagen mit init 
Concretionen und sehr zerdrückten Petrefakten, nament- 
lich bestimmt erkennbar und von mir selbst aus dem 
anstehenden Gestein geschlagen: Ammonites Woollgari 
und "MagasGeimitei. sun. 16° 

6) dickbankige Bausteinschichten, fast he erlitten 
oder nur als schwierig zu bestimmende, starkverdruckte 
Steinkerne; nur Inoceramus labiatus fand ich in deutlichen 
Exemplaren . . BET N ER ZA 

7) dünngeschichtete, Erelesrchen rn ar u er 7 

8) dünngeschichtete Lagen mit Thongeoden, rel auswit- 
ternd dem Gestein eine grossluckige Beschaffenheit ertheilen, 
ausserdem mit harten Kalkconcretionen, die nach Aussen 
allmählig in das Gestein übergehen und mit senkrechten 
Streifen von Brauneisen versehen. Die ziemlich zahlreichen 
organischen Einschlüsse sind meist bis zum Unkenntlichen 
verdrückt; nur zahlreiche Serpula machen sich sehr be- 
merkbar. Die tiefern Schichten sind ohne Ausscheidungen 9° 

9) ziemlich weicher, grauer, fleckiger, durch Verwitterung 

607 


” 


510 


gelblicher, bröcklich zerfallender Mergel (-Schicht 1 des 

Profils A 8. 507), nach unten mit einer Brauneisenstein- 

sehwartevabgegrenzti' 7.0. DEREN. 
10) Hauptgrünsandstein, oben dünnschichtig, mergelig, unten 
dickbankig, sandig, mit unebenen, auf- und niederstei- 


genden Schichtflächen gegen die Unterlage abgegrenzt 11' „ 


De 2 


11) weisslicher, oben feinkörniger, nach unten grobkörniger, 
zerreiblicher Sand und Sandstein mit kohligen Putzen 


und weissen Thonstreifen (hier Sandgrube) . . . . 40 „ 


De 


12) eisenschüssiger, grobkörniger Sandstein mit Geröll und 
Gesteinsteummern 3. #4 u. re 1 1 ee 


Unterlage: Silurschichten. 

Aus diesem Profil entnehmen wir, dass die unter 5 aufgeführte 
Lage den Mallnitzer-Schichten entsprechend, die Lage 4 als Stellvertreter 
der Hundorfer Schichten über sich trägt und dass in 2 und 3 namentlich 
in den Foraminiferen-reichen Lagen die Priesener Schichten repräsentirt 
erscheinen, während der Hauptbaustein (Schicht 6) durch Jnoceramus 
labiatus charakterisirt, dem Mittelpläner und dem Bildhauersandstein von 
Plauen gleichkommt. In den Schutthalden dieser grossartigen Stein- 
brüche des weissen Berges, in welchen man natürlich nicht mehr die 
Lage bestimmen kann, welcher das Gesteinsstück ursprünglich angehört 
hat, findet man, obwohl immerhin spärlich, folgende Arten, die ich theils 
im Prager Museum sah, theils aber der gefälligen Mittheilung meines 
Assistenten Herrn Schwager verdanke, theils an Ort und Stelle selbst 
gesammelt habe: | 


Serpula plexus, Sow. 

Nautilus sublaevigatus, d’Orb. 

Ammonites Woollgari Mant. (A. rotomagensis Rss. non Brongn.) 
Ammonites peramplus Mant. (typische Form). 

Ammonites aff. peramplus. 

Inoceramus Brongniarti. 

Inoceramus labiatus Brong. (mytiloides Mant.) 

Inoceramus striato-concentricus Gümb. (I. striatus auct.) 

Lima Hoperi Mant. 


Lima elangata Sow. 

Lima quadrangularis Goldf. 

Ostrea vesicularıs Im. 

Ostrea Reussi Gümb. 

Rhynchonella plicatilis Sow. 
Terebratulina chrysalis Schloth. spec. 
Magas @Geinitzi Schloen. 

Die Schichten unter den Bausteinlagen, welche in einigen, von den 
grossen Steinbrüchen getrennten, etwas tiefer gelegenen Punkten in 
kleinen Brüchen aufgeschlossen sind (7”—9), scheinen insbesondere den 
Gebilden analog zu sein, welche wir bei Regensburg als Reinhausener 
Schichten ausgeschieden und als unmittelbare Decke über den Haupt- 
grünsandstein verbreitet gefunden haben. In Sachsen speziell sind es 
die sog. Serpulitlagen, wie sie in den Steinbrüchen von Bannewitz 
so deutlich entwickelt vorkommen, welche den Gliedern 7—-9 unseres 
Profils entsprechen. Dass im Uebrigen der glauconitische Sandstein (10) 
und der weisse Sandstein (11 und 12), jener dem Hauptgrünsandstein, 
dieser den tiefsten Perutz-Schutzfels-Schichten gleichzustellen sind, be- 
darf wohl kaum weiterer Ausführung. Indem ich demnach den schein- 
bar untheilbaren Schichtencomplex der Steinbrüche des weissen Berges 
— Facies des weissen Bergs — in verschiedene Stufen des Ober-, 
Mittel- und Unterpläner zu zerlegen und zwar 

Schicht 2 und 3 mit den Priesener, 

»„ 4 (vielleicht noch 3 Z. Th.) den Hundorfer, 

„ 5 den Mallnitzer, 

»  . 6—-9 den Liboch-Melnicker, 

„ 10 den Tuchomeritz-Pangratzer und 

„ 11 mit 12 den Perutzer Schichten 
in Parallele zu stellen versuche, halte ich die Aufgabe, welche uns die 
Schichten des weissen Bergs stellen, noch keineswegs für völlig gelöst, 
sondern nur einer definitiven Lösung entgegengeführt. 


C. Profil Kl. Herrndorf-Tuchomeritz. 


An das Profil des weissen Bergs schliessen sich zunächst die zum 
Theil prächtigen Aufschlüsse, welche der Thaleinriss bei Kl. Herrndorf 


512 


unfern Prag und seine Gehänge abwärts bieten. Die tiefsten Schichten 
unmittelbar über der Silurformation stehen in der vom Bache unterhalb 
der Cermakınühle ausgewühlten Rinne und an einer unmittelbar daran 
sich anschliessenden, durch Unterspülung des Wassers bewirkten Ab- 
rutschung des Gehänges, sowie an dem von hier an dem südlichen Ge- 
hänge emporziehenden Wege, welcher zu einem kleinen, am oberen Rande 
des Abhangs liegenden Steinbruch führt, an. In diesem selbst sind, wie 
auch oberhalb des Dorfs, da wo die Hauptstrasse sich in die Thalein- 
buchtung niederzieht, die hangendsten Schichten, welche in dieser Gegend 
entblösst sind, zu beobachten. Wir beginnen mit diesen, da die Reihen- 
folge von oben nach unten geht, unser Profil: 


— Profil 0%. — 
1) Ackererde . . een TECH: 
2) schalig flasriger nei Nörgeileaik. RE POTT 
3) fester, für Bauzwecke gewonnener Mergelkalk . . . 112, 


4) dünnschiefriger, klotzig-bröcklicher, streifig lichtgelb ge- 
färbter, kalkiger Schwammflintstein mit Inoceramus labiatus 


und. -Zimanelongala : ante d ea Re 
5) fester gelber Mergelkalk . . . . er 
6) fester, zu Bauzwecken brauchbarer, elle Schwamm- 

flintstein in 2 Lagen . . Bern. 
7) dünngeschichtete, feste, Salse, BR Schiefer Pe 52" 


Die Schichten 2—7 sind in dem erwähnten Steinbruche 
aufgeschlossen und zeigen dieselbe Gesteinsbeschaffenheit, 
wie am weissen Berge. Längs des Weges folgen darunter: 

8) sehr dünnschiefriger, weicher, gelber Mergel . . . 6‘ 
y) grauer fleckiger Mergel, der durch Verwitterung gelb 
wird, genau wie Schicht 1 des Profils A und wie 9 des 
ProflssB a0 3° 
1.0) weicher, knolliger, grüner dureh Pr ee Bknöifen 
gefleckter Grünsandstein, wie Schicht 3 in Profil A mit 
. Ostrea columba, unten mit einer Brauneisensteinschwarte 21/2 „ 
11) sehr fester, grünlich grauer, grobkörniger Grünsand- 
SteinArae SR, i rn or 
12) weicher, nach a deigege RR RR FETEDR 


513 


13) graugelber (eisenschüssiger) glauconitischer Sandstein mit 
groben Quarzkörnchen und erfüllt von Petrefakten, meist 
Steinkernen, darunter besonders grosse Exemplare von 
Ostrea columba in Unzahl, dann Turritella sexlineata Roem., 
Nerinaea longissima Rss., Natica cf. nodosa Gein., Trigonia 
sulcataria Lm., Boghlnabike phasealina: se “ 2l/ol m, 
14) intensiv Bhen und eisenschüssiger Sandstein, erfüllt ai 
verkohlten Pflanzentheilchen und in thonigen Zwischen- 
streifchen mit Pflanzenabdrücken, nach unten übergehend 
in einen grobkörnigen Sandstein mit Gesteinsbrocken 3% 

Unterlage: Silurschichten. 

Wir haben hier die deutliche Ueberlagerung des Hauptgrünsandsteins 
mit zahlreichen Exemplaren von Ostrea columba über den Pflanzen-führenden 
Lagen, welche die tiefsten Schichten ausmachen. Obwohl mehrere der in 
der Schicht 13 aufgefundenen Gasteropoden an die Rudistenschichten (von 
Koritzan) erinnern, so fehlen doch darin wirkliche Rudisten-Ueberreste, 
so dass aus diesem Profil die Uebereinanderfolge der Rudisten- und 
Pflanzen-führenden Schichten nicht gefolgert werden darf. Da vielmehr, 
soweit bisher bekannt, an keiner Stelle gleichzeitig Rudisten- und 
Pflanzenreste in übereinanderliegenden Schichten vorkommen, scheint 
es wahrscheinlich, dass beide gleichalterige Bildungen neben einander 
sog. Facies der tiefsten böhmischen Procängebilde ausmachen. 

Während in dem ebenerwähnten schönen Profil die Gesteinslagen in 
Folge der Verwitterung viel an Deutlichkeit verloren haben, stellt uns 
ein kleiner, aber höchst interessanter Steinbruch hinter den tiefstgelegenen 
Häusern von Tuchomeritz etwas weiter abwärts in demselben Thale die 
Schichten in ihrer ursprünglichen Beschaffenheit vor Augen. Wir 


er] 


. finden hier: 
— Profil CO — 
BD) dünnschiefrigen: gelben Mergelin.. m... u. ur. intyetm. 
2) dichten, stark mergeligen grauen Kalk . . . Diaz 


3) milden, kugelig bröcklich brechenden, lichtgrauen Mergel 3° 
4) festen lichtgrauen Kalkmergel mit Inoceramus labiatus, 
Lima elongata. . . - ale. ;, 
(genau Schicht 4 des eaiheriden Brafils, >). 


” 


5) lichtgrauen Mergel mit kalkigen Concretionen und ein- 
zelnen /noceramen . . ur 9 3!mächt- 
) ganz weichen, grauen, sea; dimmiläkiideen Mergel 2° 
7) ziemlich Geikhun nach unten härter werdenden Grünsand- 
stein (Schicht 10 und 11 des vorausgehenden Profils) 5‘ 
8) gelblichen Grünsandstein mit wenigen Glauconitkörnchen 5’ 
9) lichtgrauen, mergeligen Grünsandsten. . . : 3" 
10) gelben, kalkigen Sandstein, erfüllt von sehr hi 
Petrefakten, wie in Schicht 13 des vorigen Profils, nament- 
lich mitı Trigonie »sulentärde SNENE REKEN aa 
11) weisslichen, gelbstreifigen, grobkörnigen Sandstein mit 
zahlreichen kleinen Kohlentheilchen, welcher als Fegsand 
gewonnen und benützt wird. 

Dieses Profil ist von Wichtigkeit, weil es uns die obern Schichten 
in ihrer ursprünglichen grauen Färbung zeigt, die in Folge einer Zer- 
setzung gewöhnlich ins Gelbe übergeht, mit einem grösseren Gehalt an 
Kalk, der an vielen Stellen durch Wasser aufgelöst und fortgeführt worden 
zu sein scheint, und dieselbe Gliederung und dürftige Entwicklung des 
Unterpläners zeigt, wie wir dieses am weissen Berg bei Prag ge- 
funden haben. 

Noch weiter thalabwärts stehen in einem Wassergraben zunächst 
bei Schwarzochs ungemein versteinerungsreiche bröckliche conglomerat- 
ähnliche Lagen, dieH. Schwager hier entdeckt hat, an. Diese Schichten 
repräsentiren unzweifelhaft die tieferen Lagen des Unterpläners. Der 
Aufschluss ist jedoch nicht deutlich genug, um erkennen zu lassen, 
ob zwischen dieser Schicht und der Unterlage aus Silurschiefer noch 
eine Zwischenbildung, welche der Pflanzen-führenden Sandsteinlage ent- 
spräche, vorhanden ist, und die Schicht mithin mit den unter 13 C*und 
10 C? aufgeführten Petrefaktenlagen identisch wäre. Der Augenschein 
spricht gegen diese Annahme, da auch nicht eine Spur solcher Zwischen- 
bildung zu beobachten ist. Zugleich macht der Einschluss von zahl- 
reichen Gesteinsbrocken ziemlich wahrscheinlich, dass mit dieser Breccie 
die Plänerbildung hier beginne, so dass diess dann eine Parallelbildung 
zu dem Pflanzenlager wäre und den Rudisten-Schichten von Koritzan 
gleich stände. Dadurch, dass sich ausserdem im benachbarten Dorfe 


KERPEEEIMPATE, 


515 


Horomirschitz einzelne Brocken eines kalkigen Trümmergesteins mit deut- 
lichen Rudisteneinschlüssen vorfanden, deren ursprüngliche Fundstelle 
freilich nicht auszumitteln war, obwohl sie ohne Zweifel hier in der 
Nähe gesucht werden muss, gewinnt die Gleichstellung der Schwarzochser 
und Koritzaner Schichten eine neue Stütze. Aus diesem Schwarzochser- 
Trümmergestein liegen mir sehr zahlreiche Petrefakten vor, unter welchen 
als die Wichtigsten: Pecten digitalis, Pecten phaseolus, Terebratulina chrysalis, 
Ostrea aff. biauriculata, O. diluviana, Avicula anomala u. Ss. w. 

In dem erwähnten Dorfe Horomirschitz an der Prager Strasse fand ich 
nur die gewöhnlichen Grünsandsteine entwickelt oder entblösst, und 
oberhalb des Dorfes W. von demselben in einem Steinbruch das licht- 
gelbe poröse Gestein von Kl. Herrndorf und dem weissen Berg, erfüllt 
von zahlreichen Exemplaren des Inoceramus labiatus. 

Diess sind die wenigen Beobachtungen, welche ich in der Umgegend 
von Prag anzustellen Gelegenheit fand. Bei Kralup sieht man häufig 
neben der Eisenbahn und in den Einschnitten derselben den Grünsand- 
stein anstehen. Aus demselben sah ich einen typischen Ammonites 
navicularis DOW. 

Während die Gegend von Prag wegen der einförmigen Entwicklung 
des Pläners für das Studium dieser Bildung nicht sehr günstig sich 
zeigt, empfiehlt sich uns zu geognostischen Untersuchungen vor allem 
die Umgegend von Laun und Postelberg, nicht nur wegen der prächtigen 
Ausschlüsse, welche sich hier bieten, und wegen der lehrreichen Ent- 
wicklung der einzelnen hier auftretenden Glieder, sondern auch desshalb, 
weil der verdienstvolle Forscher, welcher den Grund zur näheren 
Kenntniss der böhmischen Plänerschichten gelegt hat, Prof. Aug. Em. 
Reuss, vorzüglich aus den Bildungen dieser Bezirke das Material zu 
seiner grossen paläontologischen Arbeit geschöpft und sich wiederholt 
mit der Darstellung der geognostischen Verhältnisse dieser Gegend be- 
fasst hat. Schon Graf Münster hatte Vieles daselbst gesammelt, was wir 
z. Th. in dem Prachtwerke von Goldfuss als von dem Fundorte: 
Postelberg herrührend beschrieben finden. Unsere Aufmerksamkeit 
wurde aber um so mehr auf diesen Bezirk hingelenkt, als in einer neueren 
. Arbeit (N. Jahrb. 1847 S. 642) Dr. Rominger die Resultate. seiner 
Forschungen in sehr klarer Auseinandersetzung mittheilt, welche mit 

Abh.d.II.Cl.d. k. Ak.d. Wiss. X. Bd. II. Abth. 66 


516 


der bisher geltenden Auffassung der Schichtenaufeinanderfolge und ihrer 
Stellung zu den Schichten benachbarter Plänerbildungen nicht im Ein- 
klang steht. Ich wählte diese interessante Gegend um so lieber für die 
Fortsetzung meiner Studien über den böhmischen Pläner, als ich aus der 
mir zur Benützung freundlich überlassenen Sammlung meines Assistenten 
Herrn Schwager, welcher dort in seiner Heimath in den verschiedenen 
Plänerschichten reiche paläontologische Ausbeute gemacht hat, eine vor- 
läufige Orientirung verschafft hatte. Ich beginne mit dem lehrreichsten 
Profil der Umgegend von Laun und Postelberg. 


D. Profil Lippenz-Mallnitz-Priesen. 


Obwohl es mehr der Natur der Lagerung entspricht, die Schichten 
vom Hangenden zuın Liegenden aufzuzählen, scheint es hier doch zweck- 
dienlicher, die umgekehrte Ordnung anzuwenden. Wir werden also hier 
in aufsteigender Reihenfolge die Schichten einzeln anführen. 


Unterlage: 

1) grauer, sehr feiner, dünngeschichteter Schieferthon, er- 
füllt von kohligen Streifchen und zahlreichen sehr dent- 
lichen Pflanzentheilchen, welche zu den von Perutz und 
Niederschöna bekannten Arten gehören. Diese Schichten 
stehen unterhalb des Dorfes Lippenz, da wo der Bach 
von steileren Gehängen eingeengt zu werden beginnt, in der 
Sohle desselben und am Thalrande entblösst zu Tag und 
bieten die bequemste Gelegenheit, die zahlreichen in ihnen 
eingeschlossenen Pflanzenreste zu sammeln. Ihre Mächtig- 
keit ist wechselnd, durchschnittlich mag sie betragen 2’mächt. 

2) glimmerreicher, weisslicher, streifenweise durch kohlige 
Beimengungen grauer Sandstein mit sehr zahlreichen, 


kleinen Kohlentheilchken . . . By 
3) zweites, oberes mehr sandiges ee von che Yet, 
4) Sandschichten, wie 2) . . . Salz 


5) grauer, sandiger Bianzcnsohiein ui A nee 
schlecht erhaltenen Pflanzen, in wechselnde Mächtig- 
keit bis... Mb er oe re 


517 


6) weicher, weisser, Glimmer-reicher und Kaolin-führender 


DEREN RER NE ERMES hBtmächt. 
7) grauer, thoniger Mergel . . . . Br 
8) lichtfarbiger, weicher Grünsand, arm an Verstemerhng 

(Ostrea columba, Cardium producum) . » » .: ., 10% „ 
9) fester, hellfarbiger Grünsandstein . . = Pa Sa 
10) weicher, mergeliger, gefleckter Thon A wie Schicht 

RE a MI a a He LT RETTET 20, 
11) dünnschiefriger, gelber, etwas glimmeriger Schwamm- 

ESEERELIN Sa RE ARE TREU ae > 


Die Schichten 2—11 setzen das Steilgehänge von der 
Bachsohle bis zu einem grossen Steinbruch am oberen 
Rande des Gehänges zusammen. In letzteren selbst sind 
weiter aufgeschlossen: 

12) Schwammflintsteinschichten, lichtgelb, porös, in dicken 
Bänken geschichtet (Baustein) mit Hornsteinconcretionen 
und Ausscheidungen von Cacholong auf den Kluftflächen. 
Versteinerungen spärlich: Inoceramus labiatus, Austern 17° mächt. 
13) in dünnen Bänken geschichtete Lagen von sandig, 
kieseligem, lichtgelbem Gestein, welches leicht in knollige 
Stücke mit zerfressener, löcheriger Oberfläche und in 
sandig-thonigen Schutt zerfällt, genau, wieder sog. Knollen- 
tripel bei Regensburg und der blasige Plänersandstein in 
Sachsen. Die wenigen gut erhaltenen Versteinerungen sind: 
Inoceramus labiatus, Ostrea columba, O. canaliculata (?) 
Br N eszanlais Tu1D. Ha ran ee) 


Diese Schichten sind die obersten im Steinbruch, sie 

neigen sich ziemlich stark unter 10—15° nach Norden 

und streichen jenseits des Steinbruchs an dem steilen 

und kahlen Gehänge gegen die Hasinamühle fort, so dass 

man hier die unmittelbar aufgelagerten Schichten Schritt 

für Schritt verfolgen kann. Zunächst darüber kommen: 
14) Sandige und kieselige, leicht verwitternde Lagen . . 20° 

15) feste, kalkige Sandsteinbank voll Versteinerungen: 

66* 


518 


Ostrea columba, Inoceramus Brongniarti, Rhynchonella alata, 
Magas :Gemita 2 2. 2 METER a m. 


Es ist diess der sog. Exogyrensandstein. (Rss. 
Verst us9PAMhe) 


16) sandig mergelige, glauconitische Bänke mit kalkigen 
Geoden und sehr zahlreichen, sehr grossen Exemplaren 
von Östrea columba, dann mit Fischzähnen, Turritella 
multistriata, T. aff. granulata Sow; Natica vulgaris Rss; 
Pleurotomaria linearis, Pl. gigantea Sow, Rostellaria Reussi 
Gein., Tellina Reichi, Arca cretacea d’Orb. Pecten quadricosta- 
tus, Lima canalifera, Rihynchonella plicatilis, Magas Gei- 
nitziouneowssunsehliessen un m men, 25 a Ara, 
17) dünne Bänke eines grünlichen, fleckig weissgestreiften 
(durch Algen) Glauconit-reichen Grünsandsteins mit zahl- 
reichen Versteinerungen, wie die vorhergehenden Schichten, 
und ausserdem mit Ammonites Woollgari, (= A. rotoma- 
gensis Rss), den ich selbst aus dem anstehenden Gestein 
erhalten habe. — Es ist diess der Grünsandstein von 
Mallmitz,.(Reuss Verst 8: »ld7)osiaruy: ent, Berne Fe 


Die festen der Verwitterung trotzenden Gesteinsbänke 
dieses Grünsaudsteins senken sich einerseits rasch in die 
Thalsohle, die sie nahezu an der Hasinamühle erreichen, 
während. sie andrerseits in ihrer streichenden Ausdehnung 
durch die Felder südlich von Mallnitz fortziehen und hier 
in sehr zahlreichen kleinen Steinbrüchen aufgedeckt sind. 
Der unmittelbare Zusammenhang dieser Schichten ist 
augenscheinlich. An der Hasinamühle setzt das Profil 
über dem Mallnitzer Grünsandsteinlager in folgender 
Weise weiter fort: 


18) weicher, sandiger, glauconitischer Mergel . . . . 11a „ 
19) lichtgrauer, thoniger Mergel, der in bröcklichen Schutt 
zerfällt und ausser Foraminiferen wenige Versteinerungen 
enthält: Ostrea semiplana, Sow; Terebratulina rigida, Oi- 
daris swbwesieulosendOrbr. damen ee ee 


20) härtere, kalkige Lagen mit den charakteristischen Ver- 
steinerungen der Huudorfer Schichten, wechselnd mit 
hellfarbigem Mergel . . . SUSE EREN30 Mächt. 

Auch diese Schichtenreihe sönkeh ich leide unter 
die Thalsohle ein, aus der erst bei Priesen selbst wieder 
anstehendes Gestein zu Tag tritt. Zwischen der zuletzt 
beobachteten Schicht und dem Mergel bei Priesen ist 

eine nicht sehr mächtige Schichtenreihe nicht entblösst % „ 

21) Priesener Schichten (Fundort bei Postelberg) dunkel- 
farbige, meist dünngeschichtete, Schwefelkies-führende 
Mergel erfüllt von ebenso zahlreichen, wie charakterist- 
ischen Versteinerungen (Baculites anceps, Inoceramus Cu- 
Breu sn. A.) Dh TE STREET ET RO 1, 


Derselbe geht durch Zerwitterung in einen knetbaren 
Thon über, der häufig durch Zersetzung des Schwefelkies 
entstandene Gypskrystalle enthält. 


Ueberdeckung: Ackerkrume. — 


Die Aufschlüsse, welche wir durch dieses Profil erhalten, sind von 
der grössten Wichtigkeit. Auch hier bestättigt sich in den tiefsten Lagen 
(Schicht 1—13) sowohl der Beginn der ganzen Plänerbildung mit dem 
Pflanzenlager, die geringe Entwicklung des übrigen Unterpläners und 
die vollständigste Uebereinstimmung in der Anordnung, Reihenfolge und 
Beschaffenheit der einzelnen Schichtenglieder, wie wir sie bei Prag ge- 
funden haben. Mit den Schichten 15, 16 und 17 verknüpft sich eine 
der wichtigsten Fragen für die Schichtenfolge. Reuss bezeichnete 
(a. ©. S. 117) diese Bänke als Exogyrensandstein und Grünsand- 
stein von Mallnitz und setzte dieselbe in das Niveau des tieferen 
Grünsandes (Sch. 7, 8, 9 unseres Profils, d.h. Unterpläner). Noch in der 
neuesten Publikation (in Löschner’s Teglitz u. d. benachb. Curorte 1867 
S. 25) hält Reuss an dem Cenoman-Charakter dieser Schichten fest. 
Schon Rominger hatte das Unhaltbare dieser Annahme an unserm 
Profil bei Mallnitz nachgewiesen. Die Aufschlüsse sind, wie wir in dem 
Profil gezeigt haben, so unzweideutig, dass in der That eine Zusammen- 
fassung des Unterpläner-Grünsandstein mit diesem Exogyren- und Mall- 


520 


nitzer Grünsandstein nicht zulässig ist. Zwischen beiden liegt ein 
75—100° mächtige Schichtencomplex, der vorzüglich durch Inoceramus 
labiatus charakterisirt ist. Auch paläontologisch sind jene beiden Grün- 
sandsteinbildungen streng geschieden. Wenn trotzdem übereinstimmende 
Arten angegeben werden, so liegt diess grossentheils an einer unrichtigen 
Bestimmung der betreffenden Versteinerungen oder an einer Verwechselung 
der Fundorte, wie z. B. Ammonites rotomagensis der Mallnitzer Schichten 
unter Anderem A. Woollgari ist. (A. Mantelli kommt nicht in den Mall- 
nitzer Schichten vor.) 

Carduin hillenum Sow. gehört nicht ausschliesslich dem tiefern 
Pläner (Cenomanstufe) an, und geht durch viele Schichten hindurch. 
Von Lucina lenticularis, wenigstens von den Steinkernformen, die man 
unter diesem Namen zusammenfasst, gilt dasselbe. 

Pectunculus lens ist eine Nilson’sche Art aus der obern Kreide, und 
wird nur aus dem Grünsand und Kalk von Laun, in Böhmen angeführt, 
würde demnach, falls die Art richtig erkannt wäre, nur gegen den 
tiefen Horizont sprechen. Dagegen herrscht über Arca (Cucullaea) l- 
geriensis Geinitz (non d’Orb, früher zu Arca glabra gezogener glatter Stein- 
kern) wegen der schlechten Erhaltung und dem verdrückten Zustande 
der Sternkerne, grosse Unsicherheit. Was ich von ähnlichen Formen 
aus den Mallnitzer Schichten zu Gesicht bekommen habe, gehört in die 
Nähe von Arca Matheroniana oder cretacea d’Orb. Auch diese Art wäre 
nicht beweisend. 

Perna cretacea ein Reuss’ scher Species ist gerade für diese Schichten- 
reihe charakteristisch und die Angaben ihres Vorkommens im „untersten 
Quader von Tyssa‘“ bei der Unsicherheit der bestimmten Horizonte der 
Gesteine von Tyssa völlig ohne Bedeutung. Lima pseudocardium Rss 
endlich, welche ebensowohl aus dem Gestein von Koritzan, wie aus den 
Mallnitzer und Strehlener Schichten aufgeführt wird, würde, wenn die 
Artenbestimmung richtig ist, durch fast die ganze böhmisch-sächsische 
Plänerbildung durchgreifen, wie es bei Ostrea columba der Fall ist. 

Ziehen wir dagegen in Erwägung, dass abgesehen von diesen Arten: 
Natica vulgaris, Pleuratomaria linearis, Rostellaria Reussi, Pecten quadri- 
costatus, Lima canalifera, insbesondere Rhynchonella alata und vespertilio 
und Magas Geinitzi darin vorkommen, so findet auch vom palaonto- 


521 


logischen Standpunkt aus die Zutheilung dieser Schichten zu den höheren 
Stufen ihre Begründung. 

Wollten wir aber weder auf die Beziehungen der Lagerungsver- 
hältnisse dieses Exogyrensandsteins und Grünsandsteins von Mallnitz 
zu den ihm untergelagerten Schichtencomplexen, noch auf den paläon- 
tologischen Charakter ein Gewicht legen, so tritt doch noch ein Um- 
stand hervor, der gebieterisch die oben festgestellte Einordnung ver- 
langt. Denn weder die so eben ausführlich beschriebenen Profile, als 
auch die Aufschlüsse in mehreren Steinbrüchen, südlich von Mallnitz, 
in welchen auf die unmittelbare Auflagerung, des sog. Plänerkalks — 
unserer Hundorfer und Strehlener Schichten — auf dem Mallnitzer Grün- 
sandstein die Hand gelegt werden kann, lassen darüber einen Zweifel 
aufkommen, dass nicht beide Schichten direkt aufeinander folgende 
Glieder der böhmischen Plänerbildung darstellen. Ist aber dieses der 
Fall, dann wird wohl kaum angenommen werden dürfen, wie es noth- 
wendig wäre, im Falle den Mallnitzer Grünsandstein der Cenomanstufe 
angehören würde, dass hier alle Zwischenbildungen zwischen dem oberen 
Gliede des Pläners und dem sog. unteren Quadersandstein ausgeblieben 
seien, vielmehr ist daraus zu folgern, dass diese Grünsandsteinbildung, 
trotz ihrer petrographischen Aehnlichkeit mit dem unteren Grünsand- 
stein und trotz der Häufigkeit von auffallend grossen Exemplaren der 
Östrea columba (Exogyra columba) eben eine zunächst jüngere Ab- 
lagerung unter dem Hundorfer Plänerkalke darstelle. Endlich ist es 
aber wohl auch erlaubt, auf die genaue Uebereinstimmung hinzuweisen, 
welche zwischen dieser böhmischen oberen Grünsandsteinbildung und 
einer sowohl nach Gesteinsbeschaffenheit als nach organischen Ein- 
schlüssen bis zum Verwechseln ähnlichen Grünsandstein- und Mergel- 
bildung in Bayern, wie in Sachsen besteht. Diese letztere gehört aber 
nach zuverlässigen Ermittelungen gleichfalls dem oberen Horizont des 
Mittelpläners an, wie wir diess für die böhmische Ablagerung gefunden 
haben. In Sachsen streicht diese glauconitische Lage über den sog. Bild- 
hauersandstein bei Pirna an vielen Punkten zu Tage aus (z. B. an den 
letzten Häusern von Copitz!), in der: Struppener Schlucht bei Pirna, 


) Siehe N. Jahrb. von L. u. G. 1867. S. 795 u. ff. 


522 


zwischen Pirna und Königstein, bei Rottwernsdorf u. s. w.) Es ist diess 
die sog. Copitzer Schicht. Bei Regensburg habe ich dieselbe unter 
der Bezeichnung Eisbuckel-Schicht!) genau beschrieben. Bei den 
Kellerausgrabungen am Eisbuckel des Regensburger Galgenbergs und in 
einem Steinbruche oberhalb der Seidenplantage wurde eine grosse An- 
zahl der charakteristischen Versteinerungen ganz derselben Art wie bei 
Mallnitz zu Tage gefördert. Ganz besonders auffallend ist die überein- 
stimmende Grösse und Häufigkeit der Ostrea columba in diesen Schichten, 
deren Vorkommen viele Schuld an der irrthümlihen Einreihung der 
sie umschliessenden Gesteinslagen trägt. Merkwürdiger Weise wiederholt 
sich dieselbe Erscheinung auch in dem französischen Gebiete in den 
kreideartigen Lagen von Cher (Belle-roche). 

Zurückkehrend zu unserm Profile bemerken wir, dass die Wechsel- 
beziehungen zwischen dem lichtfarbigen Kalk und Mergel an der Hasina- 
mühle — den Hundorfer Schichten entsprechend — und dem dunkel- 
grauen Mergel am Dorfe Priesen wegen Mangel direkter Ueberlagerung 
nicht vollständig ins Klare gestellt sind. Wir werden diese in anderen 
Profilen später kennen lernen. 

Während die Mallnitzer Schichten zwischen Lippenz und der Hasina- 
Mühle nordwärts vermöge ihres Einfallens nach und nach unter die 
Thalsohle sich einsenken und verschwinden, breiten sie sich in der 
Streichrichtung ostwärts, meist nnr seicht überdeckt, weit hin an dem 
flachen Gehänge aus, das sich von Mallnitz gegen Laun fortzieht. Da 
bei Mallnitz dieses Gehänge fast so flach sich nördlich niederzieht, wie 
die Bänke des Grünsandsteins in gleicher Richtung einfallen, so bildet 
letzterer hier über grosse Strecken den nur seicht von lehmiger Acker- 
erde überdeckten Untergrund. Hier sind zahlreiche Steinbrüche in den 
Feldern behufs Gewinnung der festeren Gesteinsplatten des Grünsand- 
steins in den Aeckern angelegt bis an den Hügelrücken, der sich zwischen 
Mallnitz und Lippenz erhebt und ostwärts bis Laun fortstreicht. Hier findet 
man in mehreren Steinbrüchen den Grünsandstein, wie schon erwähnt, 
unmittelbar von lichtgrauem Hundorfer Mergel bedeckt und endlich 
steigt man über das Ausgehende des Grünsandsteins zur südlichen Ab- 


1) Geogn. Besch. v. Bayern. Bd. II. S. 717. 


525 


dachung des Hügelrückens gegen Lippenz, wo wiederum Steinbrüche in 
Betrieb stehen, genau in demselben leichten, kieseligen, hellgelben Gestein, 
wie in dem Steinbruch unseres Profils D. der Schicht 12 und 13. Ich 
fand hier in kalkigen Lagen, die fast die unmittelbare Unterlage des 
Mallnitzer sog. Exogyrensandsteins ausmachen, zahlreiche Spuren einer 
Callianassa, welche Fritsch als Callianassa bohemica beschrieben hat. 

Im Dorfe Lippenz selbst stehen die Bänke des Mallnitzer Grün- 
sandsteins in Folge einer weithin zu beobachtenden Verwerfung tief unter 
ihrem normalen Horizonte fast in gleichem Niveau mit dem Unterpläner 
längs des Weges ziemlich mächtig an. 

Wendet man sich von Lippenz westlich, so begegnet man nur wenig 
guten, meist unzusammenhängenden Aufschlüssen. Von der nach Saaz 
führenden Strasse südlich abbiegend gelangt man zu einem Steinbruch 
unfern Dreiamschel (Drahomischel), in welchen beide hervorragenden 
Lagen der Mallnitzer Schichten, der sog. Exogyren- und Grünsandstein 
übereinander lagernd ganz in der Beschaffenheit, wie bei Mallnitz und 
mit ganz denselben organischen Einschlüssen aufgedeckt sind. In den 
tiefern Schichten stiess ich in dieser Gegend der westlichsten Verbreitungs- 
grenze des böhmischen Pläners auf keine lehrreichen Aufschlüsse. Dagegen 
findet sich ein solcher wieder zunächst an dem Weiher und Hügelvorsprung 
von Neuschloss. Hier macht ein intensiv rothes Conglomerat des 
Rothliegenden den Untergrund des Pläners aus. Am südwestlichen Rande 
des Weihers in einem neben dem zur Anhöhe emporführenden Wege 
hinziehenden Wassergraben entdeckte ich die direkte Auflagerung der 
tiefsten Plänerschichten auf Rothliegendem. Dieses Profil in den Stein- 
brüchen am Schlossberg bis zu dem Keller desselben aufwärts fortge- 
führt, zeigt folgende Einzellagen: 


E. Profil Neuschloss. 


1) Hangendste Schichten im Schlosshof und Keller: Grün- 

sandsteinlagen, wie bei Mallnitz mit zahlreichen grossen 

 Ostreen (O. columba). Die Schichten senken sich unter 
Bo 13% nach NW ein nn 1 ee ee ae Ldimächt, 


2) weisslicher, sandiger Mergel oder mergelig -kieseliger 
Abh.d. II.Cl.d.k. Ak. d. Wiss. X. Bd. II. Abth. 67 


524 


feinster Sandstein (Schwammflintstein), lichtgelblich oder 
graulich, fleckig mit Rostflecken (zersetzter Schwefelkies) 
und festen kalkigen und kieseligen Concretionen. Die 
festeren Bänke werden als Bausteine gewonnen und ver- 
wendet. Inoceramen-Beste sind häufig, jedoch selten gut 
erhalten. (J. Brongniarti, labiatus) . . . . ag 
3) dünngeschichtete, lichtgraue, fleckige, durch eisen 
lichtgelblich gefärbte Mergel, welche kleine Glimmer- 


blättchen auf den Schichtflächen zeigen . . 30a 
4) graues, klotzigschalig brechendes massiges Meet 1095 
5) grauer, weicher, thoniger, sich auflösender Mergel . 15° „ 


6) dünngeschichteter, thoniger, bröcklich zerfallender, weiss- 
gefleckter (wie durch Algeneinschüsse), sehr Glauconit- 
reicher Grünsandstein mit vielen ÖOstreen, einzelnen O. co- 


lumba, zahlreichen ©. vesiculosa Guer. . . ERS 
7) weisslich grauer, weicher ee mit wenig ‚Giibe 

conitkörnchen: Be 
8) hellfarbiger, Glauconit-armer, kalensr iss vo 


grösserer Quarzkörnchen und mit zahlreichen Versteiner- 
ungen, wie die tieferen Lagen, ausser diesen besonders 
Lima cf. pseudocardium Rss. und Pecten decemcostatus Mü. 4° 
9) heller, kalkiger, fester Grünsandstein mit vielen Ver- 
steinerungen meist als Steinkerne: Ostrea columba, Arca 
glabra, Cardium hillanum, Pectunculus sublaevis Sow, Perna 
lanceolata Gein, Trigonia sulcataria, Modiola lineata Sow., 
Trochus cf. Geinitzi Rss, Turritella granulata Sow. u. A. 5° 
10) Sandiges Conglomerat mit zerbrochenen Stücken von 
Schalen" 42H, 7 rn Beer Erg Ed 


Unterlage: Direkt unter dem erwähnten Conglomerate: 
Rothliegendes. 


In diesem Profil reicht der Aufschluss von den tiefsten Lagen bis 
aufwärts zu den Mallnitzer Schichten. Es ist sehr bemerkenswerth, 
dass hier die Pflanzen führenden Schichten fehlen. Dafür treten als 
stellvertretend die Conglomerate auf; denn der zunächst höhere Grün- 


525 


sandstein (9) entspricht genau den untersten, immer an Versteinerungen 
reichen Lagen, die sonst direkt über den Pflanzenschichten folgen. Diese 
schon früher erwähnte Stellvertretung gewinnt hierdurch noch mehr an 
Wahrscheinlichkeit. Die dem Grünsandstein überlagernden Gesteine 
entsprechen mit Ausnahme geringer Abweichungen in der Mächtigkeit 
den Schichten bei Lippenz, die wir in dem Profil D beschrieben haben. 
Namentlich sind die Schichten unseres Profils E4 und 5 mit jenen von 
10 bei D; ferner Schicht 3 E sehr genau mit Schicht 11 D; Schicht 
2 E mit den Schichten 12, 13 und 14 D, welche hier wie dort die 
Unterlage der Mallnitzer Schichten ausmachen, zu vergleichen. 

Alle diese einzelnen Beobachtungen finden eine Bestättigung in den 
Aufschlüssen, welche die nächste Umgebung von Laun selbst bietet. 
Hier sind es zwar keine durch viele Stufen und Schichten durchgehende 
Schichtenprofile, sondern nur wenig ausgedehnte Glieder des Pläners, 
sie gewinnen aber dadurch an Interesse, dass sie gegen die bisher be- 
trachteten Gesteinslagen schon eine gewisse veränderte Gesteinsbeschaffen- 
heit erkennen lassen. Diese führen uns allmählig zu den Modifikationen, 
in welchen die Gesteine weiter östlich auftreten, hin und lernen uns 
deren Faciesbildung kennen. 

Bei Laun stehen zunächst unterhalb der Stadt an dem südlichen 
Ufer der Eger, dessen Steilrand bildend, graue, mergelige, glauconitische 
' Schiefer an, deren tiefste, feste, sandige Platten man bei niederem Wasser- 
stand (wie 1867) weit ins Flussbett verfolgen kann. 

Ziehen wir den Aufschluss, welchen ein etwas tiefer einmündender 
Wassergraben liefert, bei, so zeigt sich nun hier folgendes Profil: 


'F. Profil unterhalb Laun am Egerufer. 


Ackerkrume als Ueberdeckung: 


1) dunkelgrauer bis schwärzlicher, weicher Mergelschiefer, 
_ wie am Egerufer bei Priesen mit gleichen Petrefakten 
(in Wassergraben entblösst) (nicht ganze Mächtigkeit) 15’mächt. 
2) weicher, hellfarbiger, bröcklicher Mergel mit spärlichen, 
Srganischen FEinschlüssen. 4, alla 30 
Br sehr; feste, Mergelkalkbank, lu! law. ana war AR, 5 


526. 


4) lichtgrauer Mergel, bröcklich, schiefrigbrechend mit nicht 
zahlreichen Versteinerungen : Terebratulina rigida . . 15‘mächt. 
5) sehr fester, Glauconit-reicher Mergel, mit weissen, Algen- 
ähnlichen Zeichnungen und einigen schwer herauszu- 
schlagenden Versteinerungen, darunter Lima canalifera G. 
2, 3, 4 und 5 bilden die Reihe der Hundorfer Schichten 1!/° 
6) weicher, grauer Mergel, deren Versteinerungen sehr leicht 
zerbröckeln;)t-4,, \ur sang ern 1 TR 
7) lichtgrauer, ziemlich fester, fleckiger, glauconitischer 
Mergel mit vielen Versteinerungen. Beide Schichten 6 
und 7 bilden ein Mittelglied zwischen den eigentlichen 
Hundorfer und Mallnitzer Schichten. Hier fand sich 
Ammonites Cunnigtonni Sh. . . . De oe | |- 
8) Flusssohle = Mallnitzer RER. WER. BE, 
Diese Schichten zeichnen sich durch die mergelige Bere 
der Mallnitzer Schichten besonders aus. Im Uebrigen ist klar, dass die 
Schichten 1 wirklich den Prisener, 2, 3, 4 und 5 den Hundorfer und 
die übrigen Lagen Nr. 7 und 8 den Mallnitzer Schichten gleichstehen, 
Am westlichsten Ende der Stadt zwischen der Strasse nach Postel- 
berg und der Eger liegt ein jetzt verlassener Steinbruch, der als Reit- 
platz dient. Auch hier sind wieder hauptsächlich die Mallnitzer Schichten 
aufgeschlossen und zwar: 


” 


”„ 


” 


G. Profilim alten Steinbruche beı Laun. 


Oben: 


1) weicher, weisser, kalkiger Mergel mit Terebratulina. ri- 
gida, nach unten übergehend in bröcklichknolligen Mergel 19’mächt. 

2) feste, lichtfarbige Kalkbank im Mergel. Beide gehören 
den undörftr Schichten an. . 1‘ 

3) schalige, knollige, plattigbrechende Clin sun däterigainiehteh 
mit grossen, grünen Körnchen und zahlreichen Ver- 
steinerungen: Ostrea columba (gross) und den übrigen 
Versteinerungen der Mallnitzer Schichten; (mit 1 und 2) 
den Abraum des Steinbruchs bildend . . . 2.......8 


2) 


527 


4) sehr fester, kalkiger Sandstein (Baustein von Laun) in 
grossen Bänken geschichtet mit zahlreichen Versteiner- 
ungen: Inoceramus Brongniarti, Callianasa species, Magas 
Gemilaa \Behlan er nr DRM IM T4"mächt, 


Diese festeren Gesteinslagen ziehen sich von hier im Untergrund der 
Felder S. und SW. von Laun fort. An der neuen Strassenanlage nach 
Semich sind über denselben auf weite Strecken die hellfarbigen Mergel 
der Hundorfer Schichten aufgeschürft, und erst in der Senkung gegen 
Semich selbst hebt sich die Mallnitzer Schichtenreihe wieder zu Tag 
aus als die Decke des weiter folgenden gelben Schwammflintsteins. Das 
Weitere ist hier undeutlich. 

Wir überschreiten nun das Egerthal und suchen die Profile N. von 
Laun am Fusse des Ranayer- und Chlumbergs, welche durch Romin- 
ger’s Mittheilungen erhöhtes Interesse gewonnen haben. Schon von 
Ferne ziehen die kahlen Gehänge und tiefen nackten Gräben an der 
Ziegelhütte des Chlumbergs bei Leneschitz unsere Aufmerksamkeit auf 
sich. Die Aufschlüsse sind hier ebenso klar, wie lehrreich, für das 
Studium der oberen Schichten geradezu die schönsten und ergiebigsten. 


H. Profil an der Ziegelhütte bei Leneschitz. 


1) Priesener Schichten an den Gehängen und in zahlreichen 
Wassergräben reichlich entblösst, bestehend aus dunkel- 
farbigem, leicht verwitterndem Mergel, mit zahlreichen 
durch Zersetzung von Schwefelkies entstandenen Braun- 
eisensteinkerne zahlreicher organischer Einschlüsse, na- 
mentlich von Gastropoden, sehr zahlreichen Baculiten, 
Scaphiten (Ammoniten) neben Gipskrystallen. Die Schichten 
entsprechen in Allem genau den am gegenüberliegenden 
Egerufer aufgeschlossenen Lagen bei Priesen . . . 80’mächt. 
2) unmittelbar unter dem dunklen Mergel folgt eine 
dünngeschichtete Lage von Mergelkalk mit Glauconit- 
körnchen und Osirea semiplana . . » 2... 1 „ 
3) darunter weisslicher, bröcklicher, z. Th. fester Mergel, 
weılen*m1nOckerstreifen „Kin in FITEN 5, 


Hundorf. Schicht. 


oa 
|) 


8 


Hundorfer Schichten 


Mallnitzer Schichten 


4) fester, schiefriger Mergel . . . . er Nacht. 


5) weicher, weisslicher nee ae mit festen 

Kalkbänken . . 50’ 

Die Schichten 3, 4 Be 5 eniballe die ans der 
Hundorfer Schichten; darunter am häufigsten: Ostrea 
semiplana; Rhynchonella plicatilis; Rh. Cuvieri; Tere- 
bratula semiglobosa, Terebratulina chrysalis u. A. 

6) fester, jedoch dünngeschichteter, desshalb bröcklicher, 
weissgefleckter Grünsandstein mit Arca cretacea, Rhyn- 
chonella alata, Pectunculus spec. 

Mit diesen Lagen beginnt, wie bei Mallnitz, die 


Reihe der Mallnitzer Schichten . . . a a 


7) fester, kalkiger Grünsandstein in dicken Binken mit 
ee oft grünen Quarzkörnchen und en 
Versteinerungen, namentlich Lucina lenticularis in Unzahl 5‘ 

8) weicher, grünlicher Sand, welcher hier das tiefste auf- 
geschlossene Glied zunächst an der Ziegelhütte aus- 
macht; es steht 3° mächtig an. 

Um auch die tieferen Schichten hier kennen zu 
lernen; müssen wir den Thaleinschnitt gegen Weber- 
schan und Hradek weiter verfolgen. Gleich oberhalb 
der ersten Mühle unterhalb Weberschan stossen wir. 
auf einen Aufschluss, der durch eine Entblössung am 
Mühlgraben vervollständigt wird. Es wäre unnöthig, 
auch hier im Detail die einzelnen Lagen der weissen 
Hundorfer Mergel, welche die hangendsten, hier ent- 
blössten Schichten ausmachen, und der Mallnitzer 
Schichten, welche bloss 8Yg‘ mächtig, jedoch genau 
so wie an dem so eben erwähnten Profil an der Lene- 
schitzer Ziegelhütte auftreten, anzugeben. Es ist nur 
von Interesse zu erwähnen, dass unter den Mallnitzer 
Schichten hier zunächst folgen: 

9) dünngeschichtetes, kieselig-mergeliges Gestein . . 10° 

10) knollige, sandige, kieselreiche Lagen . . . . .. 15 

11) wechselnd festere und weichere, kieselig-sandige Mergel 30° 


” 


„ 


” 


529 


Diese Gesteinslagen entsprechen genau den Zwischenschichten zwischen 
den Pflanzenschichten und dem Grünsandstein bei Lippenz bis zu den Mall- 
nitzer Schichten, obwohl es mir nicht glückte, hier charakteristische 
Versteinerungen aufzufinden. 

Verfolgt man das Thal aufwärts, so stellen sich uns in den Ent- 
blössungen am Thalrande oberhalb des Sauerbrunnens dem Dorfe Weber- 
schan gegenüber neue, fast räthselhafte Verhältnisse vor Augen. In der 
tiefsten Thalsohle rechts und links erscheinen mächtige Lagen von dunkel- 
grauem, selbst schwärzlichem, schwefelkiesreichem Thon, aus dem Eisen- 
vitriol und schwefelsaure Thonerde auswittert. Man bemerkt zahlreiche 
kohlige Einschlüsse und verkohlte Pflanzentheile; der Schiefer, na- 
mentlich wo er sandig wird, ist so bröcklich und mürbe, dass es mir 
nicht gelang, irgend bestimmbare Fragmente zu erhalten. Von Thier- 
resten, welche Reuss in seiner ausserordentlich genauen Beschreibung 
aus eben diesen Bildungen (Geogn. Skiz. a. Böhmen II, S. 86) anführt, 
konnte ich Nichts entdecken. Mächtigkeit bis 7°. Darüber liegt 


schwarzer Sand mit kohligen Theilchken . . . . . 3°mächt. 

dann gelber, eisenschüssiger Sandstein . . RER, 

dünnbankiger Sandstein, welcher in ein Barkiys mer- 

SehDes KGestemuibereeht MN, 
ferner: 


dichter, weisslicher Sandstein, unten feinkörnig, massig, 
fast ohne Schichtungsstreifen, von vielen unregelmässigen 


NORD EHRE REEL 7, 
BEamenMikomserBSandsteim m nn. U, 
weicher, weisser Sandstein . . 54 


dünnschiefriger Grünsandstein mit vier bröben gar 
körnchen und Ahynchonella alata, genau wie Schicht 6 
des Profils an der Leneschitzer Ziegelhütte, die zur Mall- 
EOFAEENSECHECHUN GEROLBA. N. Re N EB 
Sunmsehiefiiper Sandstein Th I, PT JR „ 
weisslicher Mergel . . , . h DR, 
Diese Pflanzenschichten von Weisörsehan Kehön in ee Weise 
den Pflanzen-führenden Ablagerungen ähnlich, mit welchen der Pläner 
zu beginnen pflegt (Perutzer Schichten. Auch könnte der höher vor- 


530 


kommende glauconitische Sandstein als zum Unterpläner gehörend ge- 
deutet werden. Indess scheint diese Auffassung der Weberschanen Ab- 
lagerungen nicht die richtige zu sein, einmal weil die Gesteinsbeschaffen- 
heit des oben erwähnten Grünsandsteins sehr genau mit jenem der 
Mallnitzer Schichten übereinstimmt und das freilich dürftige Vorkommen 
der Rhynchonella alata diese Gleichstellung bestättigt, zum andern, weil 
wir auch in anderen Gegenden Böhmens Pflanzen-führende Schichten in 
den zunächst unter den Mallnitzer Schichten gelagerten Gesteinen kennen. 
Die Weberschaner Pflanzenschicht dürfte demnach als eine bloss örtliche 
Entwicklung des Mittelpläners aufzufassen sein. 

Höher im Thale liegen an dem linken Gehänge unterhalb des Dorfes 
Hradek sehr ausgedehnte Steinbrüche. Das Gestein dieser Steinbrüche 
ist jenes lichtgelbe, kieseligmergelige Gebilde, das ich Schwammflintstein 
zu nennen vorgeschlagen habe, welches Reuss als Plänersandsteiu be- 
zeichnet. .Es ist hier besonders ausgezeichnet locker, fein porös, 
daher sehr leicht an Gewicht, und leicht zu bearbeiten, mit Glimmer- 
blättchen vermengt und nicht selten stark-kalkig. Die dichteren, mäch- 
tigeren Bänke liefern das Material für die Steinhauerarbeiten. Andere 
Lagen zeichnen sich durch ihre Concretionen von Kalk aus, welche 
entweder mit allmähliger Abnahme des Kalks nach und nach in die 
Masse des umschliessenden Gesteins verlaufen, oder concentrisch schalige, 
walzenförmig auswitternde Kerne bilden. In den höheren Lagen be- 
merkt man das Vorherrschen von sandigen und quarzigen Ausschei- 
dungen; gelbe Streifen durchziehen das ganze Gestein, das sehr arm an 
organischen Einschlüssen ist. Neben Ostrea columba findet sich auch 
Inoceramus labiatus. Gesteinsbeschaffenheit und organische Einschlüsse 
drücken diesem Hradecker Gestein den Stempel eines unteren Gliedes des 
Mittelpläners auf, dessen Lagen hier durch gewisse, an zahlreichen 
Rutschflächen in dem Gestein erkennbare Dislokationen aus seinem nor- 
malen Niveau gehoben zu sein scheint. 

Vergebens suchte ich hier ostwärts einen vermittelnden Anschluss 
an die jüngeren Glieder zu gewinnen. Sobald man von dem Thalge- 
hänge auf das Plateau tritt, das unter dem Kegel des Ranaybergs sich 
ausbreitet, stösst man nur auf basaltisches Gestein und lehmige Ueber- 
deckung. 


531 


Erst auf der SO. Seite unterhalb eines Gehöftes sind auf weite 
Strecken die Mergel der Priesener und Hundorfer Schichten blossgelegt, 
wie oberhalb der Leneschützer Ziegelhütte. Das nackte Gestein steht 
in vielen Gräben deutlich an, während dazwischen nur verwitterte lockere 
Massen fast ohne alle Pflanzendecke zu sehen sind. Der Anschluss beider 
Stufen ist hier direkt zu beobachten. Das Erscheinen hellfarbiger Mergel 
mit kalkschaliger Ostrea semiplana und weissschaliger Rhynchonella pli- 
catilis bezeichnet auch hier die Grenzscheide zwischen beiden Schichten- 
gliedern. 

Diese Bildungen senken sich SO. bis zu dem alten Egerufer bei 
Wrschowitz herab, an dem fortlaufend beide Schichten entblösst zu Tag 
treten. Am gegenüberstehenden Egerufer am Dorfe Tschentschitz 
(Czeneziz oder Cenciz) ist wieder auch ihre Unterlage, die Mallnitzer 
Schichten, in fast senkrechter Wand aufgeschlossen und von den Wellen 
der Eger bespült. Im tiefsten Niveau erscheint hier, wie bei Laun, 
ein sehr dichtes, graues, glauconitisches und kalkreiches Gestein, dessen 
Quarztheilchen ausnehmend fein vertheilt sind und dasselbe kaum als 
eine Sandsteinbildung erkennen lassen. Nur durch Verwitterung wird 
seine Sandstein-ähnliche Natur deutlicher. Die zahlreichen Versteiner- 
ungen; die es umschliesst, sind meist fest mit dem Gestein verwachsen 
und schwierig, wenn nicht aus zersetzten Partieen in gutem Erhaltungs- 
zustande herauszuschlagen. Unter den Versteinerungen dieses in groben 
Bänken getheilten Gesteins von 3—5‘ Mächtigkeit ist besonders als die 
häufigsten hervorzuheben: Ammonites peramplus, Am. Woollgari, Pleuro- 
tomaria linearis, Lucina lenticularıs, Arca cretacea, Rhynchonella alata, 
Magas Geinitzi u. s. w. 

Durch schwache, mehr mergelige Zwischenmittel getrennt, breitet 
sich darüber ein sehr harter, dichter, Glauconit-reicher Grünsandstein 
mit zahlreichen groben Quarzkörnchen aus; er ist gegen 14’ mächtig, 
und umschliesst zahlreiche Versteinerungen, namentlich Ammonites peram- 
plus, Cardium hillanum, Lucina lenticularis, Arca cretacea, Perna cretacea, 
Lima canalifera u. Ss. w. 

Ein dünnschiefriges mergeliges, noch Glauconit-führendes Gestein 
von 1!‘ M. grenzt diesen Grünsandstein von dem weichen, weissen 
Mergel ab, der am Gehänge drüber folgt und mehrere, sehr versteinerungs- 

Abh.d.1I.Cl.d.k. Ak.d. Wiss.X. Bd. II. Abth. 68 


532 


reiche Kalkbänke voll Rhynchonellen und Terebratulen der Hundorfer 
Schichten enthält. Oberhalb der Kirche an der Strasse endlich breiten 
sich darüber auch noch die Priesener Schichten aus, während in der 
tiefern Gegend am SO. Ausgange des Dorfes mehrere Steinbrüche auf 
dem Mallnitzer Grünsandstein eröffnet sind, welcher, offenbar in Folge 
einer Dislokation emporgehoben, fast gleiches Niveau mit dem Mergel 
gewinnt. 

Mächtige Lagen von Hundorfer Kalk in der Nähe in den- Stein- 
brüchen von Kistrau oder Kystra, von Koschtitz und von Krendorf oder 
Krondorf liefern zahlreiche Versteinerungen der Hundorfer Schichten. 

Es erübrigt noch, aus dieser interessanten Gegend Böhmens des lehr- 
reichen Profils von Perutz zu gedenken, dessen an Pflanzenüberresten 
so überaus ergiebige Schichten geeignet schienen, den ganzen Complex 
darnach zu benennen — Perutzer Schichten. — 

Von dem Perutzer Thale an der zur Höhe des Schlosses und Dorfes 
hinaufführenden Strasse bis zu der Bergfläche oberhalb Perutz streichen 
Gesteinslagen zu Tag aus, die besonders in den tieferen Regionen wegen 
ihren kohligen Zwischenlagen erhöhtes Interessa gewinnen. Wir führen 
die Reihe abwärts steigend von dem grossen Steinbruch im Osten des 
Dorfs bis zur Thalsohle in folgendem 


J... Profil bei’ Perutz 


an. 


1) Wechselnde Lagen von weichem, gelbem Schwammflint- 
stein (Plänersandstein) und Mergelkalk mit seltenen Ver- 
steinerungen (Jnoceramus labiatus) in Brauneisen umge- 


wandelte Holztheile in einem grossen Steinbruche . 60° mächt. 
2) gelben, thonigen Mergel in dünnen Schichten, zum Mittel- 
pläner,gehörend, 2... Star 


© 
ne 


eisenschüssigen, thonigen aan En a ER alte Sal 
bröcklichen, dünngeschichteten Grünsandstein mit groben 
Quarzkörnchen und mit zahlreichen Exemplaren von 
Gardium shüllanum zu sag‘, Jelena ee 
dünngeschichteten Grünsandstein U... ...002 


HB 
Si 


oO 
— 


533 


6) weisslichen Sandstein, fest, zu Baustein tauglich . . 5’mächt. 
Die Schichten 2, 3, 4, 5 und 6 sind in einem alten 
Steinbruch aufgeschlossen, dessen Sohle jetzt zu einer 
Baumschule benützt wird. 
7) thonigen !Sandsteinschiefer. Hiermit beginnt der Complex 


desuberüpzorsscuchten rn va ale Se. ed 
8) grobkörnigen, weissen, ziemlich festen Sandstein ohne 
Glaueanit N." -. A Da 


9) feinen, grauen, ähreh Die Sehwärzlich Belerbten 
Schieftihon mit sehr zahlreichen, schön erhaltenen Blät- 


tern — Hauptpflanzenlager von Perutz. . .. 5 „ 
Ko)ngelbkörnigen, weissen Sandstein  . . ..'. ... 25, „ 
11) dünnes Lager von Pflanzenschiefer . . . Var, 


12) grobkörnigen, weissen z. Th. eisenschüssigen asien 
mit unregelmässigen Thonputzen, welche Pflanzenreste 
enthalten . . . i Dre. 
13) Quarzconplomerat önid eh el tiefste RER des 
Pläners mit wenigen Graden in St. 4 NO, einfallend 10° 
14) Unterlage: Rothliegendes in St. 3 mit 10° SW. ein- 
fallend. 

In diesem Profile, welches bis zu den /noceramus labiatus führenden 
Schichten des Mittelpläners reicht, haben wir nur die besondere Mächtigkeit 
der tieferen Schichten hervorzuheben, mit welcher zugleich auch der 
Reichthum an Pflanzenresten gleichen Schritt zu halten scheint, 

Der Eigenartigkeit der Entwicklung, welche der Pläner in der 


” 


Gegend von Prag und dann in der Umgegend von Laun erkennen lässt, 
steht eine dritte Modifikation oder Facies zur Seite, welche die Schichten 
in ihrer mehr östlichen Verbreitung annehmen. Wir betreten das Gebiet 
zwischen Elbe und Moldau. Es wurde schon erwähnt, dass bei Kralup 
die Schichten des Unterpläner-Grünsandsteins hoch an den Gehängen 
über Kohlengebirgsschichten nordwärts sich allmählig senkend ausge- 
breitet sind. Zwischen Mühlhausen und Lobecz zeigt ein steiler Absturz 
ein vollständiges Profil des tiefsten Pläners, wie es Reuss bereits (Geogn. 
Skizz. v. Böhmen S. 117) ganz ausführlich beschrieben hat. Man findet 
daselbst: | 
68 * 


K. Profil Mühlhausen-Lobecz. 
Ueberdeckung von Schutt und Geröll . . . . .  21%'m. 


1) hellfarbiges, mergeliges, wohlgeschichtetes Gestein des 
Mittelpläners . . FR RE 
2) weichen, grauen er echt zwischen Unter- 
plänergrünsandstein und Mittelpläner (= Schicht 9, Pro- 
fl Grund B)T. 0.200 alla ee Sal enr 
3) weichen, knolligen, dunkelgrünen, hellgefleckten Grün- 
sandstein mit grossen Quarzkörnern wie Schicht 10 Pro- 
nl-Cund Schicht 4 Freu)“, 7 em 36. an ale 
4) feinkörnigen, grünlichgrauen und han nie 
Grünsandstein voll Versteinerungen; darunter Cardium 
hillanum, Arca glabra, Trigonia sulcataria . . 5’mächt. 
5) wechselnde Lagen von festerem und weicherem, Kalk 
und thonigem Grünsandstein (= Schicht 12 Profil C) mit 
ziemlich zahlreichen Versteinerungen, wie in der vorigen 
Schicht; bemerkenswerth sind: Ammonites navicularis, 
Pecten aequicostatus u. Ss. W. . . hr 
6) schmutzigweissen und gelben, fein oreen ee u, 
Putzen und unregelmässigen Zwischenlagen von grauem 
Schieferthon, erfüllt von kohligen Theilchen und Pflanzen- 
resten. Bei diesen Lagen beginnen die Perutzer 
Schichten des Unterpläners fast genau so, wie im Westen 


bei "Perubz, sus a 215 sein u u IE 2 a En = 2 Eee En 
7) grobkörnigen, Kaolin-haltigen Sandstein mit Lagen von 

Quarz- und Kieselschieferrollstücken . . 2.2.2.9, 
8) Pflanzenschiefer mit Kohlenletten . . . . . ... 14a, 
9) Grundconglomerate in der Unterlage . . . . ....3.,„ 


Die Uebereinstimmung dieser Schichtencomplexe wenigstens bis zum 
Mittelpläner mit den Aequivalenten im Westen ist nahezu eine voll- 
ständige. In den höheren Lagen treten gewisse Abweichungen ein. 
Wir bemerken noch, ehe wir darauf näher eingehen, dass an den Ein- 
schnitten längs der Eisenbahn OÖ. von Kralup die Grünsandsteinlagen 
vielfach durchschnitten sind, ohne die tieferen Pflanzen-führende Sand- 


535 


steine erkennen zu lassen, vielmehr liegen sie hier auf einem kalkigen 
Trümmergestein, das mit vieler Wahrscheinlichkeit den Hippuritenkalk 
des benachbarten Koritzan repräsentirt. Noch weiter östlich bemerkt 
man in bedeutender Mächtigkeit die grauen Mergel über dem Grünsand 
längs der Eisenbahn. Um die höheren Gebilde kennen zu lernen ver- 
dient den Elbanschnitt unterhalb Melnik und nahe oberhalb Liboch 
hervorgehoben zu werden. 


L. Profil am Elbufer bei Melnik bis in die Schlucht von 
Liboch. 


1) Zu oberst in der Schlucht von Liboch, wo das Plateau 
beginnt, steht ziemlich lockerer, weissiicher Sand, nach 


unten grobkörnig werdend, an . . . m 60 macht. 
2) es folgt darunter: mergeliger Sand und Schlalekiefer und 
sandiger Mergelschiefer . . . Dr“, 


3) quarziger, fester Sandstein mit on en 
voll Rhynchonella vespertiio (Rhynchonellenhornstein- 
Bbaakı)ır 0... 3’ 

4) knollig-sandiger Merzel aid Be San 
z. Th. in Sand, z. Th. in Kieselknollen zerfallend, mit 
blaugrauen, thonigen Zwischenlagen, angefüllt von Kohlen- 
theilchen und Pflanzenresten. Diese Schichten reichen 
vom Ausgehenden der Libocher Schlucht bis nahe ober- 
halb des Dorfs und werden als sog. Libocher Schichten 
ausgeschieden. Die Pflanzenlager erinnern lebhaft an die 
ähnlichen Zwischenschichten bei Weberschan . . . 1% 


Unter denselben beginnen die speciell sog. Melniker 


Schichten und zwar: 
5) sandig-kalkige Schicht mit Rhynchonella Cwvieri, Pecten 


virgatus, Ostrea aff. canaliculata d’Orb, O. columba . 5° „ 
6) gelber Mergel mit kalkigen Zwischenlagen, in diesen 
kommt einzeln Inoceramus labiatus vor . . 3° 


7) wechselnd mehr hellgelbe und ie ee von Te 
zersetztem Mergel . . . . Sl at il 


536 


8) feste, harte, gelblich gefärbte Kalkbank mit Inoceramus 


labialus.. .... se. Kaallre 10.100 Sagen est en sa. a el 
9) gelber Mersell . ... PN: 
10) grauer, fleckiger Mergel a en nt an zer- 

stückelten Pflanzenresten . . . . Du 


” 


Das Niveau der Elbe schliesst hier a. Profil rn Kst ab. Nach 
dem soeben erwähnten Aufschluss der tieferen Lagen ist aber anzu- 
nehmen, dass nur wenige Fuss mächtige Mergelschichten bis zu dem 
weichen, blaugrauen Mergelthon hier in dem Bett der Elbe versteckt 
liegen, welcher in dieser ganzen Gegend die Decke über dem Unter- 
pläner ausmacht. 

Von dem Punkte, wo sich die Libocher Schlucht aushebt gegen 
Wehlowitz und bis zur Höhe dieses Dorfs fehlen deutliche Aufschlüsse. 
Hinter den Häusern von Wehlowitz ist ein grosser Steinbruch, in welchem 
sehr feine kalkige Schwammflintsteinschichten, ähnlich den Lagen am 
weissen Berg bei Prag gewonnen werden. Nach den Mittheilungen von 
Prof. Krejci sind hier schöne Fischabdrücke und Klytia Leachi ge- 
funden worden. Ueber den 15—20° mächtigen Werksteinbänken liegt 
ein grünlich-grauer, flaseriger, kalkiger Sandstein mit zahlreichen Panopaea 
gurgitis (Drong. spec.) d’Orb, Trigonia linbata u. s. w. Von hier weiter 
in östlicher Richtung beginnt nun eine Sandsteinfacies sich ziemlich 
plötzlich herauszubilden, welche von den Prager Geognosten (2 Jahresb. 
üb. d. naturw. D. Böhmens 1867 S. 54) als Isersandstein bezeichnet 
wird. In dieser Auffassung gehört demselben nicht bloss die reine 
Sandsteinbildung, sondern auch kalkige Einlagerungen an, welche mit 
derselben auftreten. Ich lernte diesen Sandstein unter der kundigen 
Führüng Prof. Krejci’s in seiner ganzen Eigenthümlichkeit im Wrutitzer 
Thale bei Melnik kennen. Es ist ein fast bindemittelleerer, daher 
ziemlich mürber, in grossen Bänken geschichteter hellfarbiger bis weiss- 
licher Sandstein, dessen Felsmassen im Grossen durch die ziemlich 
leichte Verwitterung jene pittoresken Formen annehmen, welche den 
oft schluchtenartig engen Thälern einen so auffallenden Charakter, wie 
in der sächsischen Schweiz verleiht. Näher betrachtet zeigen die Felswände 
in Folge der Verwitterung eine oft löcherige, pockennarbenartig vertiefte 
Oberfläche, welche zuweilen selbst bienenwabenartigen zernagt erscheint. 


937 


Versteinerungen fehlen hier fast ganz. Der Gesteinscharakter und die 
Art der Felsbildung sind abweichend von allen Verhältnissen, die wir 
bisher in dem Pläner des Westens zu beobachten Gelegenheit hatten. 
Zu seiner geognostischen Orientirung führen uns folgende Beobachtungen. 

Wenn man von der fast ebenen Fläche ostwärts von dem so eben 
genannten Dorfe Wehlowitz zum Wrutitzer Thal, in welchem der Sand- 
stein, typisch entwickelt, die Thalgehänge ausmacht, einlenkt, so bemerkt 
man, wo die Einsenkung zu einer bei der Stambacher Mühle ausmün- 
denden Seitenschlucht beginnt, eine 15—20’° mächtige, mergelig kalkige, 
dünnschichtige, graugelbe, gefleckte Sandsteinbildung voll Callianassa 
antiıqua, welche unzweideutig auf dem Sandstein aufliegt. Die zunächst 
darunter liegenden entblössten Sandsteine sind in grossen Bänken ab- 
gesondert und grobkörnig. Noch vollständiger ist der Aufschluss in 
dem Seitenthälchen, durch welches man von der Kranzecker - Mühle 
zu dem Dorfe Nebuzel aufwärts geht. Hier liegt direkt über dem un- 
unterbrochen anstehend zu beobachtenden Sandstein eine kalkig- 
sandiger Lage mit spärlichen Glauconitkörnchen und zahlreichen, sehr 
grossen Exemplären von Östrea columba, von Ammonites peramplus und 
sonstigen Versteinerungen der Mallnitzer Schichten. Nach oben werden 
die Sandsteinbänke hellfarbig, dem unteren Sandstein ähnlich. Der ganze 
Schichtencomplex mag 30—35’ mächtig sein. Zunächst folgt nach Oben 
eine ziemlich kalkreiche, gelblichgraue Schichtenreihe von 10—15' Mäch- 
tigkeit mit Uebergängen nach oben in einen dünngeschichteten, hnollig- 
bröcklichen, kalkigen Sand, voll Callianassen. Diese Lage entspricht genau 
jener am gegenüber liegenden Plateau bei Mehlowitz. Der Aufschluss 
ist kein vollständiger. Doch folgen darüber bis ins Dorf Nebuzel stellen- 
weis entblösst, weiche, leicht verwitternde Mergel, die grosse Aehnlich- 
keit mit den Priesener Schichten besitzen, jedoch hellfarbiger sind und 
leider keine Versteinerungsn auffinden liessen, um diese Parallelstellung 
auch paläontologisch zu begründen. 

Aus diesen Beobachtungen zunächst O. und NO. von Melnik scheint 
mir hervorzugehen, dass die Faciesumbildung des Pläner nach Osten zu 
in der Weise nach und nach sich vollzieht, dass die Libocher 
Schichten, die wir bereits als sandig und kieselreich kennen gelernt 
haben, in ihrer weiteren Ausbreitung nach Osten zu mehr und mehr 


538 


sandig werden und in die reine Sandsteinbildung des Wruditzer Thals 
übergehen. Die ihr zunächst aufliegenden Mallnitzer Schichten ver- 
lieren in dieser Richtung ihren im Westen so scharf ausgeprägten Cha- 
rakter als hervorragende Grünsandsteinschichten und erweitern 
sich zu einem kalkig-sandigen Schichtencomplex mit sporadischen Glau- 
conitbeimengungen von grösserer Mächtigkeit, wobei sie wahrscheinlich 
die im Westen mehr oder weniger reinkalkigen Lagen der Hundorfer 
Schichten gleichsam in sich aufnehmen und zu einem kieselig-mergeligen, 
den tieferen Melniker Schichten ähnlichen Gestein umgestalten. An der 
oberen Grenze scheidet sich darin eine im Westen nur durch glauco- 
nitische Kalke angedeutete Abtheilung bestimmter aus, nämlich die an 
Callianassa reichen Kalksandsteine, die bei Mehlowitz und Nebuzel 
hervortreten und entsprechend auch bei Regensburg auf der Höhe des 
Kagerbergs — als Callianassen-Bank wieder auftauchen. Wir denken 
uns also hier den sog. Isersandstein zerlegt in eine untere Sand- 
steinbildung als Facies der Libocher Schichten und in eine obere 
kalkig-sandige als Facies der vereinigten Mallnitz-Hundorf- und 
Callianassen-Schichten. Von einer Parallele mit dem sog. oberen 
Quadersandstein im Norden und in den mehr östlich gelegenen Gegenden 
kann wohl keine Rede sein. 

Im Gebiete der Iser selbst treten aufs Neue weitere Veränderungen 
ein. Der Eisenbahnbau hat hier auf weite Strecken die Plänerschichtsn 
bei J. Bunzlau, Turnau bis zum Gebirgsrande bei Kl. Skal angeschnitten 
und aufgedeckt. Bei Turnau aber stossen wir ausserdem auf sehr schöne 
natürliche Entblössungen, welche uns durch den Reichthum der hier ein- 
geschlossenen Versteinerungen in hohem Grade überraschen. Leider ist aber 
die Gegend von Kl.-Skal um so ärmer an natürlichen Aufschlüssen, welche 
über die Gliederung der älteren, hier dem Gebirgsrande sich anlehnenden 
Plänsrschichten Belehrung geben könnten. Ausserdem ist aber hier 
längs des Randes, an welchem der Pläner ostwärts am älteren Gebirge 
abschliesst, die Schichtenbildung durch grosse Dislokationen verwirrt 
und unklar. 

Das Gestein, aus welchem das zackige Felsriff von Kl. Skal besteht, 
ein schmutzigweisser, grobkörniger Sandstein, lehnt sich an dem Eisen- 
bahn-Durchschnitt unmittelbar an die Schichten des Rothliegenden, und 


539 


erscheint bald senkrecht neben dasselbe gestellt, bald steil nach W. ein- 
fallend und an beiden Rändern des Thals durch Verstürznng und Zu- 
sammenbruch der Felsen wirr gelagert. Erst auf der Höhe beginnt der 
Sandstein, als weisses, weithin leuchtendes, hohes Felsriff mit steil nach 
Osten abgebrochener Wand und allmählig sich nach W. einsenkender 
Schichtenfläche ganz regelmässig dem Abbruch des älteren Gebirgs 
parallel sich fortzuziehen. 

Hier ist es auch, namentlich an dem Sattel bei Beseditz O. von 
dem Basaltkegel, wo als den Sandstein unmittelbar überlagernd eine 
mächtige Partie grauen, leicht verwitternden mergeligen Thon’s mit 
einigen Bänken klotzigen, grauen Kalks erkannt werden kann. Derselbe 
steht sehr schön entblösst an dem Steilgehänge der Iser zunächst unter- 
halb Kl. Skal gegen die nächste, unterhalb des Dorfs gelegene Mühle . 
in nahezu horizontaler, etwas nach W. einfallender Lagerung an. Er 
gleicht petrographisch ganz dem Mergel bei Kl: Herndorf (Schicht 9 
Profil C’) und Tuchomeritz (Schicht 5 und 6 Profil C’) und enthält 
auch ganz dieselben Versteinerungen. Dadurch, wie durch die Lagerung 
wird der weisse Quarzsandstein von Kl. Skal!) dem unteren Pläner zu- 
gewiesen, in welchem er dem die Pflanzen führenden Schiefer ein- 
schliessenden Sandstein von Perutz entsprechen dürfte. Ob hier im 
Osten Pflanzenreste mit ihm vorkommen und ob auch ausserdem noch 
wirklicher Grünsandstein auftritt, konnte ich nicht ausmitteln. Mit 


diesen beiden Gebilden haben wir einen Ausgangspunkt für die Be- 


trachtung des Pläners in Ostböhmen gewonnen. 

Verfolgt man zunächst die Strasse von Kl. Skal nach Turnau, so 
beobachtet man da, wo diese aus der Thalsohle emporzuziehen anfängt, 
zu unterst denselben grauen Mergelthon mit klotzigen Kalkbänken, der 
das Hangende des weissen Kl. Skaler Unterplänersandsteins ausmacht. 
Ueber demselben stehen in reicher Abwechselung die kieseligen, kalkigen 
Gesteine von Melnik und Liboch in grösster Mächtigkeit an bis oben 
zur Thalfırste, wo versteinerungsreichere Lagen ihren Anfang nehmen; auf 
dem Plateau selbst jedoch sind sie bis zur Sandsteinfirste des Horka 
überdeckt. Bei der allgemeinen Schichtenneigung nach W. senken sich die 
letzterwähnten Schichten allmählig bis zur Thalsohle ein, die sie zunächst 
bei Turnau erreichen. Hier haben wir nun an vielen Stellen Gelegen- 

Abh.d. II.Cl.d. k. Ak.d. Wiss. X. Bd. II. Abth. 69 


540 


heit, ihre Zusammensetzung näher kennen zu lernen. Zunächst an der 
Strassensteigung oberhalb Gr. Rohositz bei Turnau ist folgendes Profil 
aufgeschlossen: 


MM: Protfı! Turnau --.Gr Rohesiıtz. 


Oben: 
1) bröcklicher, hellfarbiger Kalksand . . . .» 2... 6‘mächt. 
2) sandiger Kalk mit Glauconitkörnchen und zahlreichen 
Versteinerungen: Cardium Ottoi; C. Hillanum, Arca cre- 


tacea, Lucina lenticularis, Magas Geiniti . . .- RE 
3) thonig-kalkige und kalkig-sandige Schichten mit ER, 
groben Quarzkörnchen z. Th. mit Glaucnitt . . . Br rg 


4) blaugrauer, sandiger Kalk wit spärlichem Glauconit voll 
Versteinerungen: grosse Exemplare von ÖOstrea columba, 
O. semiplana, Trigonia limbata, Lima canalifera, Panopaea 
Gurgitis (auct.), Inoceramus Brogniarti, Finna quadran- 


gularis, Serpula fliformis, Callianassa antima . . . 1% „ 
5) ähnliches Gestein, wie das von Schicht 4, jedoch mit 
Quarzkörnchen nd voll von Callianassen . . Di 


6) knollig, flasrige, sandige, hellgelbe Mornchzoski ech 
mit kalkigen und kieseligen Knollen (Libocher Sch.) 
7) feiner, dichter, hellgelber Mergelsandstein wie bei Melnik 
mit, Pina, spec.,. Inoceramus, labialus‘ is) „Im. n. Su AS 

Unten: Thalsohle. F 

Die Schichten 1 bis 5 vereinigen in sich den Charakter der Mall- 
nitzer- und Kieslingswaldaer-Schichten wahrscheinlich in der Weise, dass 
die tieferen Lagen den ersteren, die mittleren den Hundorfer- und Calla- 
nassen-Schichten entsprechen. 

Ganz ähnliche und gleiche versteinerungsreiche Bänke stehen auf 
der Sohle und an dem Steilgehänge der Iser zunächst bei Turnau an. 
Die festen kalkigen und weicheren, dünnschiefrig flasrigen, z. Th. glau- 
conitischen Schichten mit denselben Versteinerungen wie in Schicht 2, 
3 und 4 des letzten Profils werden in einem Wasserriss gleich oberhalb 
Turnau überdeckt von einem knollig-bröcklichen, hellgelblich gefärbten 
Mergel, in dessen Dach fester, fast krystallinisch ausgebildeter und heller, 


541 


thoniger Kalk zu Tag tritt. Auf diesen folgt dann in beträchtlicher 
Mächtigkeit ein grauer, leicht verwitternder Mergel als unzweifelhafte 
Unterlage einer rings alle Höhen krönenden mächtigen Sandsteinplatte. 
Dieser Sandstein ist hellfarbig, weiss, grossbankig und meist in woll- 
sackähnlich abgewitterten Felsen mit fast senkrechtem Rande ausge- 
bildet. Es ist derselbe Sandstein, der am Basaltkegel von Beseditzberg 
am weitesten östlich vorgeschoben, westwärts allmählig sich einsenkend 
zum Typus einer besonderen Sandsteinbildung erhoben wurde — des 
Quadersandsteins am Gr. Skal (II. Jahresber. d. naturw. Durchf. 
v. Böhmen 1867 8. 55). 

Untersuchen wir die Lagerung dieses Sandsteins an seiner östlichsten 
Fundstelle, wo er sich westwärts allmählig einsenkt, so sehen wir von 
dem schon erwähnten Sattel O. von Beseditz zu der benachbarten Sand- 
steinplatte aufsteigend, nach und nach die verschiedenen Schichten, 
wenigstens eine oder die andere auftauchen bis zu dem weichen Mergel, 
der auch hier als die Unterlage des Sandsteins vorausgesetzt werden 
muss, obgleich die unmittelbare Ueberlagerung nicht entblösst, vielmehr 
durch herabgebrochene grosse Sandsteinbrocken überrollt ist. Einen 
Aufschluss, welcher von dieser Art der Ueberlagerung des Sandsteins 
über den weichen, grauen Mergel überzeugend ist, findet man jedoch 
in einem Seitengraben der Schlucht, welche durch den Wald W. und N. 
ins Iserthal bei der Krizek-Mühle herabführt. Wenige Schritte unter- 
_ halb des mächtig anstehenden Sandsteins sieht man schon den zu Tag 
tretenden Mergel, der bis zu dem Eisenbahn-Anschnitt am Thalgehänge 
herabreicht und hier von bröcklich-sandigem Kalke mit der Fauna der 
Hundorfer Schichten unterteuft wird. Die untersten Mergellager lieferten 
nur einige weissschalige, leider wegen der Brüchigkeit der Masse 
schwierig im guten Zustande zu erhaltende Muscheln; darunter Nucula 
striatula Roem. Ich trage nach alle diesem kein Bedenken, diesen Mergel 
mit den Priesener Schichten in Parallele zu stellen, so dass desshalb 
dieser Sandstein für eine Bildung über dem Niveau der Priesener Schichten 
gehalten werden muss. Es ist von der gegenüber liegenden Höhe ganz 
bestimmt wahrzunehmen, dass die Sandsteinplatte nach Westen zu in 
den Höhen von Zahohez, Pohorz, Gr. Skal, des Muskybergs u. s. w. 
fortsetzt. Untersucht man seine Lagerung an der typischen Lokalität, 

697 


542 


von welcher er die Bezeichnung trägt, bei Gr. Skal SO. von Turnau, so 
entblössen die Wassergräben bei der Podhagmühle und oberhalb des 
Bades Wartenberg unzweideutig die Auflagerung der bis zu den Höhen 
von Gr. Skal ununterbrochen ausgedehnten Sandsteinbildung über den 
so eben beschriebenen Mergeln der Priesener Schichten. Es ist dasselbe 
Verhältniss, wie es die Waldschlucht oberhalb der Krizekmühle uns 
gezeigt hat, und wie es wir an dem sog. Chlomeckerberg unfern Jung- 
Bunzlau wieder finden werden; und auch dasselbe Verhältniss, wie es in 
Sachsen für den sog. oberen Quadersandstein sich herausgestellt hat. 
Der Gr. Skaler Sandstein ist demnach ident mit dem Oberplänersand- 
stein unserer Generalprofils. 

Zwischen Turnau und Münchengrätz senkt sich das Mergellager 
bis zur Thalsohle, steigt dann westwärts in muldenförmiger Aufbiegung 
wieder zur Höhe empor, überall eine quellenreiche Staffel bildend, über 
welcher die mächtigen Sandsteinplatten mit senkrechten Wänden wie 
natürliche Festungen sich erheben. Bei Jung-Bunzlau bestehen die Thal- 
gehänge zu tiefst aus graugefleckten, gelblichen, kieselig-sandigen Mergeln, 
ähnlich den Liboch-Melniker Schichten, in welchen W. von der Stadt ein 
Steinbruch betrieben wird (36° m.). Die Versteinerungen sind darin 
selten und für die Altersbestimmung nicht entscheidend. Höher folgen 
dünngeschichtete, knollige, kalkige Sandsteinlagen mit ähnlichen Ver- 
steinerungen (25° m.) und dann beginnt gegen den Chlomecker Berg 
eine fast ebene, ganz überdeckte Fläche sich auszubreiten. Nur an einer 
Stelle, wo von OÖ. her eine Schlucht einschneidet, beobachtete ich die 
versteinerungsreichen Schichten von Turnau. Das Berggehänge vom 
Chlum- oder Chlomeckerberg beginnt rasch sich steil zu erheben, um 
sich oben zu einer flachen Ebene auszubreiten. Das Steilgehänge besteht 
fast ganz aus den weichen Mergeln der Priesener Schichten. Mit der 
Firste betritt man die auflagernde Sandsteinbildung. Zwischen beiden 
besteht auf ihrer Begrenzung eine Art Wechsellagerung, wie man in der 
wirklich unvergleichlich schönen Entblössung bei Schloss Neu-Waldstein 
und Dorf Winaritz, wo grosse Sandsteinbrüche und ein tiefer, von diesen 
Steinbrüchen direkt niederziehender Graben die liegenden Mergellager 
entblösst zeigen, beobachten kann. 


543 


N. Profil am Chlomecker Berg bei Neu-Waldstein (Winaritz) 
unfern Jung-Bunzlau. 


1) Sandig-lehmige Ueberdeckung . . a a nn 
2) eine Bank weisslichen, ziemlich reise Side obere 
Lage im Steinbrucke . . . ORAL TR RN ANNE, 
3) dunkelgrauer, glimmeriger Meissen NEN DIE MR 
4) zweite Sandsteinbank mit festeren Concretionen ra 2er 
zahlreichen Pflanzenresten TUR EN, 3° 


5) dunkelgrauer Thon mit werdineringen‘ nahe eR 
ovatus, Ostrea laciniata, Belemnites cf. quadratus u. s. w. 5’ 
6) dritte Sandsteinbank in 2 Lagen, erfüllt von Pflanzenresten 9‘ 


Dj schwarzer Thon .". .. IV ..,, 
8) vierte Sandsteinbank mit imdenitieheie Eitvellikisadn von 
Ostreen, Bryozoen . I ii RD, 
9) dunkler Thon, mit Tnoceramus Ouvieri selten) E70 
10) fünfte Sandsteinbank mit Algen-artigen Einschüssen . 2° ,„ 
11) dunkelfarbiger Mergel . . . . Rn EN 5 MER 
12) Sandsteinplatte, oben mit vielen ech und ähn- 
lichen Zeichnungen bedeckt . . . a Iuahe 
13) graulicher Mergel ohne ischönschtiehten, BEE MER 
14) grünlichgrauer Mergel . . . . RATEN 


Die untersten Mergellagen RE im ne Winaritz nach 
und nach unter den überhandnehmenden Schuttmassen und es lässt sich 
hier ihre Unterlage nicht beobachten. 

Diese Sandsteingrenzschichten sind auch noch weiter N. näher gegen 
das Dorf Chlomek in mehreren grossen Steinbrüchen aufgedeckt. Sie 
sind zuerst von Jokely erwähnt und von dem Prager Geognosten unter 
der Bezeichnung Sandsteine des Chlum (a. a. 0. S. 59) aufgeführt 
worden. Herrn Dr. Fritsch gebührt das Verdienst, die oben erwähnten 
Abdrücke von Dikotyledonen und Farrnen, sowie gegen 40 Arten von 
Thierresten, darunter Belemnitellen (cf. B. quadrata) hier entdeckt zu 
haben. Daraus ergiebt sich von selbst der hohe Horizont, den diese 
Grenzchichten einnehmen. 

Die Uebereinstimmung dieser Mergel, wenigstens der tieferen Lage 
mit jenen weiter östlich verbreiteten, welche dem Gr. Skaler Sandstein 


544 


unterbreitet sind und bei Bad Wartenberg ebenso, wie bei Waldstein 
den Sandstein unterteufen, ist eine vollständige, welche die Gleichheit 
auch der Sandsteindecke begründet. Gr. Skaler Sandstein und Chlo- 
mecker Sandstein sind Aequivalente, jener die ganze Sandsteinbildung 
umfassend, dieser die tiefen Lagen bezeichnend. Weiter ergiebt sich 
von selbst, dass diese Sandsteinbildung dieselbe ist, die man im nörd- 
lichen Böhmen und Sachsen — Oberquadersandstein — benennt und 
deren Auflagerung auf Priesener Schichten ich auch für Sachsen neulichst 
nachgewiesen habe (N. Jahrb. 1867 S. 664)), nachdem Naumann schon 
längst die Trennung eines obern und untern Quadersandsteins in Sachsen 
in ein klares Licht gestellt hatte. 

Diese oberste sandige Plänerablagerung fehlt im westlichen Böhmen. 
Dagegen kennen wir sie wieder, obwohl in geringer Mächtigkeit und 
Ausbreitung in der Regensburger Gegend, wo ich die Schichten als 
Grossberg-Sandstein unterschieden habe. Ehe ich von diesen öst- 
lichen Gegenden Böhmens mich den nördlichen zuwende, um noch einige 
Bemerkungen über die oberste Sandsteinbildung des hercynischen Pläners 
beizufügen, glaube ich ausdrücklich hervorheben zu sollen, dass ich nach 
obiger Darstellung die Ansicht Jokely’s, welcher auch die Prager 
Geognosten früher beistimmten: „der Baculitenmergel sei nur den 
Gr. Skaler Sandsteinen angelagert“, wodurch die äquivalenten 
Gr. Skaler und Chlomecker Sandstein widernatürlich auseinander ge- 
rissen werden, nicht theile. 


1) Der Berichterstatter über diese Mittheilung in den Sitz. d. österr. geol. Reichs (Sitzungsb. 
1867 Nr. 13 8.299) Hr. Dr. U. Schlönbach hat meine Angabe über die Parallelen zwischen 
sächsischen und subhereynischen Schichten berichtigen zu müssen geglaubt. Ich bedauere, 
dass er dabei übersehen hat, dass ich mich nicht des in Norddeutschland im engsten Sinne 
gebrauchten Ausdruckes Brongniarti Pläner, sondern des umfassenderen Brongniarti Mergel 
bedient habe. Dass der sächsisch-böhmische sog. Plänerkalk speziell dem norddeutschen 
Scaphiten-Pläner, der aber auch noch Inoceramus Brongniarti enthält, im Alter gleich- 
komme, ist mir nicht unbekannt. Wenn ausserdem die von Dr. Fritsch entdeckten 
Chlomecker Schichten — auf der Grenze der Priesener Mergel und des sog. oberen Qua- 
dersandsteins — der „Quadratenkreide“ oder den Schichten mit Micraster cor anguinum 
äquivalent sind, so möchte in der That ein sehr bestimmter Grund vorhanden sein, die 
entschieden über diesen Schichten lagernde, sehr mächtige Hauptmasse des Sandsteins 
in ungefähre Parallele mit dem Complex der Schreibkreide zu setzen. Ich bedauere die 
werthvollen Mittheilungen v. Hochstetters über dieselbe Gegend, die mir so eben während 
der Correktur erst zukommen, nicht noch benützen zu können. 


545 


Kehren wir wieder zum westlichen und nördlichen Böhmen zurück, 
‚so sind es hier zunächst die Verhältnisse des Anschlusses zwischen den 
böhmischen und sächsischen Plänerschichten, welche unsere Aufmerk- 
samkeit in Anspruch nehmen. 

Zum Ausgangspunkt der Beobachtungen eignet sich hier die durch 
ihre petrographische, wie paläontologische Beschaffenheit so gut 
charakterisirte Reihe des sog. Plänerkalks oder der Hundorfer Schichten, 
deren Auflagerung auf den Mallnitzer- und Bedeckung durch die Priesener 
Schichten aus dem Profile bei Laun festgestellt wurde. Wohl die schönsten 
Aufschlüsse in diesem Complexe findet man in den Steinbrüchen von 
Hundorf, ganz in der Nähe von Teplitz. Um die überraschende Aehn- 
lichkeit mit dem sog. Strehlener Kalk bei Dresden deutlich zu machen, 
stelle ich hier die Schichtenfolge, wie ich sie (Sommer 1867) an beiden 
Orten gefunden habe, hier neben einander. 


H. ‚Profil Hundorf — Strehlen, 


Ackererde: 
1) weicher, lichtgrauer Mergel 
besonders reich an Tere- 


bratulina rigdda . . . 12'm. 
2) Mergelkalk, dicht, schief- Ueberdeckung: mergeliger Schutt. 
zieebreehend.. 1.00.04. 2% „ 
3) weicher,lichtgrauerMergel 3° „ lichtgrauer, weicher Mergel 5’m. 
4) mergeliger Kalk . . 5’ „  lichtgrauer, etwas fester, durch 
Verwitterung in kugliche 
: Brocken zerfallender Mergel 4° „ 
5) grauer Mergel mit spär- grauer, Glauconit - reicher, 
lichen Glauconiten . . 1°, weissgeaderter,rossfleckiger 
Mergel ARE HL 3 his 
6) fester Mergelkalk mit Ino- grauer,schaligbrechender,sehr 
ceramus Brongniarti, Lima thonigerMergel(wilderStein 
Eau. Wenn 2, der Steinbrecher) voll Zno- 


ceramus Brongniarti, Ammo- 
nites Neptuni, Scaphites Gei- 
nitzi, Ammonites peramplus 5' „ 


546 


7) grauer,gelbgestreifter Mer- obere Bänke grauen, lichtfar- 


gelkalk mit vielen Rost- bigen Mergelkalks mit Kly- 
flecken, Gypskryställchen ta Leachi EI BR. 
u. Pflanzenstengeln (Arau- untere Lagen des Werk- 
carites Reichenbacht Gein) 7' m. steinkalks, die zur Zeit 
über Wasser sind. . .5’ „ 
8) fester, brauchbarer Kalk mit sie stehen sehr mächtig noch 
zahlreichen Versteinerun- unter Wasser an. Ver- 
gen, besonders: Micraster steinerungen, wie oben. 


cor testudinarium, Scaphites 
Geinitzi, Ammonites peram- 
plus, Klytia Leachi u.s.w. 30° „ 

Hier sind natürlich nur einige wenige Versteinerungen namhaft 
gemacht, welche jedoch genügen, die paläontologische Uebereinstimmung 
unter sich und mit dem subhercynischen Scaphiten-Pläner zu be- 
stimmen. a 

In Sachsen liegt leider der klassische Fundort Strehlen isolirt in 
der Ebene, so dass hier weder Liegendes noch Hangendes ersichtlich 
wird. Auch in der weiteren Ausbreitung der Strehlener Schichten zum 
Anschluss an die tieferen Plänerschichten, welche dem Rande des älteren 
Gebirgs folgen von Meissen an durch den Plauenschen Grund über Co- 
schütz, Bannewitz, Rippchen, durch das Gottleubethal bis zur böhmischen 
Grenze ist der Strehlener-Kalk an vielen Orten bekannt, ohne dass sich 
jedoch deutliche Aufschlüsse über die Lagerungsweise der ihm benach- 
barten Schichtenglieder in erwünschter Klarheit darbieten. Am günstigsten 
zeigen sich die Verhältnisse im Gottleubethal bei Pirna. Von einem 
Aufschlusse an der Walkmühle stammen zahlreiche Versteinerungen, die 
mit jenen von Strehlen und Hundorf ident sind. Der Horizont dieses 
Lagers erhebt sich als eine deutliche Terrasse über dem sog. Bildhauer- 
sandstein an dem N. Thalgehänge bis gegen den grossen Cottaberg. 
Auf dem südlichen Thalgehänge setzt diese Terrasse mit ihrer östlichen 
Senkung fort. Eine Exkursion, welche ich hier unter der vortrefflichen 
Leitung meines Freundes Prof. Geinitz zu machen Gelegenheit hatte, 
liess uns in den grossen Steinbrüchen von Rottwernsdorf in der Haupt- 
steinmasse, welcher hier unter der Bezeichnung Bildhauersandstein 


"547 


gewonnen wird und seiner Gesteinsbeschaffenheit nach dem Bausand- 
stein von Prag (weisser Berg), den Melniker Schichten und dem Schwamm- 
flintstein der Regensburger Gegend gleichkommt, die unteren Schichten 
des Mittelpläners erkennen. Jnoceramus labiatus ist ebenso häufig wie 
charakteristisch; daneben kommt besonders noch eine Pinna-Art häufig 
vor, die der Typus der Geinitz’schen Cotta? ist. Als Fundament dieses 
Mittelplänersandsteins bei Pirna lässt sich ein weicher, dünngeschichteter, 
gefleckter Mergel beobachten; jedoch ist der unmittelbare Anschluss 
nicht Schicht für Schicht und ganz vollständig blossgelest. Nach dem 
Hangenden zu gehen die Schichten in ein System mehr sandig knolliger, 
unganzer, leicht zerfallender Schichten über, welches den Libocher 
Schichten und dem Knollensandstein von Regensburg ähnlich wird. Wir 
haben über diesen Lagen, indem wir aus dem Thale bei Naundorf ober- 
halb Rottwernsdorf am südlichen Gehänge gegen Krieschwitz anstiegen, 
zunächst eine Grünsandsteinbildung als unmittelbar sie überlagernde 
Decke aufgefunden, welche dem glauconitischen Gestein von der Walk- 
mühle, aus dem Struppener Graben bei Pirna und von Copitz gleich- 
kommt und auch dieselben Einschlüsse von Versteinerungen führt. Es 
ist ein kalkig-sandiges Gebilde voll Glauconitkörnchen, welches knollig- 
flasrig bricht und von weissen, Algen-ähnlichen Streifen durchzogen ist. 
Die organischen Einschlüsse sind die der Mallnitzer Schichten in Böhmen 
und jene vom Eisbuckel bei Regensburg. Wegen des schönen Ausschlusses 
bei Copitz unfern Pirna möchte sich für das sächsische Plänergebiet die 
Bezeichnung Copitzer Schichten eignen. 

Ueber dieser Grünsandsteinbildung lagern an dem nach Krischwitz 
führenden Wege und vollständiger entblösst in dem Wassergraben unter- 
halb des Dorfs, der hier in einem dichten Gebüsch sich versteckt, hell- 
graue, mergelige und kalkige Bänke, aus welchen uns innerhalb 
ganz kurzer Zeit und in den nur wenig zu Tag tretenden Schichten 
gleichwohl gelang mehrere Arten von organischen Einschliessen zu 
sammeln, welche genügen, den Charakter der Fauna der Strehlener- 
Schichten festzustellen: Inoceramus Brongniarti, Spondylus spinosus, Pecten 
Dujardini, P. membranaceus, Ostrea semiplana, Arca cf. ligieriensis u. 8. w.!) 


1) In Begleitung von Prof. Geinitz an Ort und Stelle gesammelt. 
Abh d. IT.C1.d.k. Ak. d. Wiss. X. Bd. II. Abth. 70 


548° 


Diese Schichten gehen nach oben in dunklergefärbten, leicht verwitternden 
thonigen Mergel über, welcher wegen seiner leichten Zerstörbarkeit 
selten über Tag zu beobachten ist. Ein Brunnen im Dorfe Krietzwitz 
lieferte jedoch ziemlich frisches, noch unzersetztes Material, welches 
erst jüngst beim Graben desselben zu Tag gefördert wurde. Hieraus 
liess sich die Parallele mit den sog. Priesener Schichten oder Bacu- 
culiten-Mergeln erkennen, welche hier über den Strehlener Kalk, wie 

in Böhmen über den Hundorfer Kalk folgen. Oberhalb des Dorfs bilden 
diese Mergel unzweideutig die Unterlage der mächtigen Sandstein- 
bildung, welche hier in pittoresken Felsen die Höhen krönt und ost- 
wärts sich mit ziemlich raschem Schichteneinfallen bis zum Elbthal 
einsenkt. Wir folgten diesen einschliessenden Sandsteinbänken Schritt 
für Schritt, und überzeugten uns von der Identität des im Elbthal 
oberhalb Pirna mächtig entwickelten Sandsteins, in welchem zahlreiche 
Steinbrüche betrieben werden, und welcher den Typus des sächsischen 
Oberquadersandsteins liefert, mit jenem, welches die Höhen west- 
wärts riffartig bedeckt. Dieser obere Quadersandstein liegt mit- 
hin in Sachsen genau so über den Baculitenschichten, wie in 
Böhmen der Sandstein von Gr.-Skal oder Chlomeck über den Prie- 
sener Schichten. Leider sind jetzt die Zwischenschichten an der 
Grenze beider Lagen, so viel mir bekannt, in-Sachsen nirgendwo mehr 
aufgeschlossen. Beim Eisenbahnbau wurde allerdings diese Gesteinsscheide 
bei Vogelgesung oberhalb Pirna angeschnitten ; diese Stelle ist aber jetzt % 
durch Stützmauern wieder verdeckt. Es ist kaum zu zweifeln, dass sich 
auch hier die Verhältnisse, wie wir sie bei Chlomeck beobachtet haben, 
wiederholen werden. 

Was nun die Stellung dieses Oberplänersandstein’s (Oberer 
Quadersandstein in Sachsen), also einer Schichte wenigstens über den 
Niveau des Micraster cor anguwinum anbelangt, so weisen die Lagerungs- 
verhältnisse entschieden auf eine Parallele mit den ausserhercynischen 
Belemitellen-Schichten. Die bis jetzt in Oberpläner- oder obereu 
Quadersandstein aufgefundenen, verhältnissmässig wenigen Versteiner- 
ungen, wenn wir, wie begreiflich, die Grenzschichten von Chlomeck 
hierbei ausschliessen, sind allerdings nicht zureichend, um die angedeutete 
Parallelstellung noch näher festzustellen. Wir müssen uns um so mehr 


ä 


549 


an der durch die Lagerung angewiesenen Stellung vorläufig genügen 
lassen, als manche der im oberen Quadersandstein angegebenen 
Arten von Versteinerungen nicht sicher aus wirklichem Oberpläner- 
sandstein stammen, oder zu schlecht erhalten sind, um mit Zuverlässig- 
keit sich bestimmen zu lassen. 

Diesem Oberplänersandstein, dem auch jenseits auf der östlichen 
Elbeseite die pittoreskeu Sandsteinbildungen der sog. sächsischen 
Schweiz grossentheils angehören, schliessen sich südlich an der Grenze 
Sachsens und in Böhmen selbst die Sandsteinberge an, welche wir weiter 
im Osten bei Turnau kennen gelernt haben, und welche von da über 
das ganze Plänergebiet an der Grenze zwischen Böhmen und Sachsen 
vorherrschen. Hier treten unter denselben wieder deutlicher die Mergel- 
schichten zu Tag, welche nach einer Zusendung von Hrn. Grohmann 
bei B. Kamnitz ungemein reich an Versteinerungen sind und nach Ge- 
steinsbeschaffenheit und Fauna den Priesener Schichten vollständig 
eleichkommen. In der Nähe unterhalb dieser Mergel findet sich an der 
Sommerleite bei O. Kreibitz eine Grünsandsteinbildung, welche, erfüllt 
von Trigonia limbata, Pholadomya caudata, Lima canalifera, Inoceramus 
Owvieri u. s. w., den höchsten Lagen des Mittelpläners — den sog. 
Callianassen-Schichten — entspricht. 

Werfen wir noch einen Blick auf die tieferen Gebilde des Pläners 
in Sachsen in Vergleichung der Pläner-Entwicklung in Böhmen, so be- 
geonen wir dort als der tiefsten oder ältesten Ablagerung, mit welcher 
der sächsische Pläner beeinnt, dem Pflanzen-führenden weissen 
Sandstein mit Schieferthonzwischenlagen, wie im Oberauer-Tunnel und 
in den Steinbrüchen von Niederschöna bei Freiberg, oder mergeligen 
Conglomeratschichten mit merkwürdigen Rudisten-Einschlüssen (Muschel- 
fels bei Koschütz, Oberhässlich, Öberau). Beide Lagen stellen sich nicht 
an demselben Punkte zugleich und übereinander gelagert ein, und 
scheinen desshalb ebenso, wie in Böhmen, gleichzeitige Parallelbildungen 
darzustellen. Wie bei Perutz gewinnen die weisslichen Sandsteine, 
zwischen welchen die Pflanzenschiefer eingebettet sind, in Sachsen die 
Vorderhand über die eigentliche Grünsandsteinbildung des Unterpläners 
mit Pecten asper (Leiteritz- und Elbstollen), welche an den meisten 

TOR 


550 


Orten fast nur angedeutet ist. Es wird daher häufig schwierig, die 
obere Grenze des Unterpläner’s genau festzustellen. Zwar erscheint auch 
in Sachsen ein thoniges Zwischenglied, ähnlich wie in Böhmen und bei 
Regensburg, um diese Scheidung anzuzeigen; doch sind die thonigen 
Schichten dort sandiger, oft buntfleckig gefärbt, und werden von einer 
gelblichen oder graulichen, oft fleckigen und streifigen, oder durch 
Auswitterung von zahlreich eingeschlossenen Thongallen, löcherig- 
blasigen Sandsteinlage begleitet, welche durch die grosse Menge der in 
ihr eingeschlossenen Serpulen (8. plexus und S. septemsulcata) ausge- 
zeichnet ist — Plänerserpulit!). — Derselbe stellt sich sowohl in 
den Steinbrüchen oberhalb des Muschelfelsen bei Koschütz, wie in den 
grossen Steinbrüchen bei Bannewitz, Welschhufa und Rippchen ein und 
fehlt ebenso wenig in einem kleinen Steinbruch unterhalb Eutschütz, 
wo in dem Graben an der Mühle über dem weissen Sandstein der 
Pflanzenschichten auch die Grünsandsteinlage zu Tag tritt. Dieser Ser- 
pulit kennzeichnet in auffallenderer Weise, als der Mergel, die Grenz- 
region des Unterpläners. Bei Koschütz, wo der Rudisten-reiche Muschel- 
felsen eine sandig-kalkige Kluftausfüllung im Syenit darstellt, folgt auf 
diesen erst ein 7‘m. weissgelber Sandstein, gegen Oben mit einer Lage 
grosser Syenitıollstücke, dann ein grobes Syenitconglomerat (7' m.) und 
eine oben mergelige, weiche, unten kalkig-sandige, feste Lage mit Glau- 
conit erfüllt von den zahlreichen, schönen Versteinerungen, welche die 
Trümmer-Mergelbildung in einer Syenitfelsspalte am benachberten Hohen- 
stein auszeichnen (21/2‘ m.) 2. B. Cidaris Sorigneti, Rihynchonella dimidiata, 
Terebratula phaseolina, Ostrea carinata, Pecten digitalis u. A. 

Erst darüber liegt der gefleckte Kalkschiefer, fester Kalksandstein 
(21/2‘ m.) und dann der feste, löcherige Serpulit (5‘ m.). 


In den grossen Steinbrüchen bei Bannewitz auf dem Horkenberg 
und fast genau in gleicher Weise in jener auf der goldenen Höhe bei 
Welschhufa und Rippchen sind die Schichten in folgender Weise über 
einander gelagert: 


1) Geinitz: Der Quader in Deutschland S. 51, 


551 


P. Profil Bannewitz-Welschhufa (Steinbrüche des Horkenbergs 
und der goldenen Höhe). 


Oben: 
BERmolhGer Sand und sandsten” „mt UWE RE Hmächt. 
Ba weicher, grauer Sanamergel, schietrie . .„. m, ae, 
Eee Brauer-Bandsteim”". Tr EN BR, DUDEN 
MB wercher Sand... 0%, Ann 
5) röthlicher, weicher Snanteih. ana Band ke Abtei ch: 

anomala, Chi EI GE ee ee geh nik aa Ba 


6) nach oben weicher, unten fester, gelblich-weisser, ge- 
streifter und fleckiger Sandstein voll kleiner Höhlen, 
löcherig und mit zahlreichen Serpulen (Serpulit) . . 4 

7) weicher, thoniger Sandschiefer und Thon, mit rothen 
Punkten und Streifen, oft gelb und weiss gefleckt; 
wechselnd mächtig . . . u eK aaa 

8) eisenschüssiger Sandstein mit tn von Glauconit . 1Y , 

9) weisser Bausandstein mit Jnoceramus striatus, Ammonites 
Mantelli, Pecten wequicostatus, Ostrea columba (spärliche 
Bsonrastay). nt Kragen A ng 

10) weicher, weisser und gehen Sand a er es 

11) feiner, weisser Sandstein mit schwarzen Punkten und 
wenigen Pflanzenresten, oben mit Östrea columba in 
grosser Menge... ri a a 

12) Zunächst tiefere Lagen kick Seen Ei el 


Unterlage: Rothliegendes. 


Hieraus entnehmen wir, dass der Serpulit dieselbe Stellung ein- 
nimmt, wie bei Koschütz und daher wohl als Leitschicht mitbenützt 


. werden kann. Die Schichten über dem Plänerserpulit, welche am 


Plauen’schen Grunde und in Steinbrüchen bei Bannewitz-Rippchen nur 
sehr geringe Mächtigkeit erreichen, entsprechen bereits den Schichten 
mit Inoceramus labiatus des Mittelpläners, welche erst weiter SO. bei 
Pirna zum mächtigen Bildhauersandstein sich entwickeln, denen dieselben 
thonigen Lagen im Lehmgrunde bei Rottwernsdorf zur Unterlage dienen, 


552 


wie die Schichten 7 des Bannewitzer Profils und die Mergellagen bei Prag 
oder bei Regensburg die Basis des Mittelpläners ausmachen. 

Aus diesen Nachweisen über die Zusammensetzung und Lagerung 
der Plänerschichten in Böhmen, Sachsen und bei Regensburg, darf der 
Schluss gezogen werden, dass in diesen 3 Gebieten die Entwicklung des 
Pläners mit denselben, d. h. gleichalterigen Gliedern beginne, in analoger 
Weise Schicht für Schicht fortschreitet und mit den entsprechenden 
Sandsteinbildungen oben abschliesst, oder dass diese Plänergebilde einem 
engverbundenen, gemeinschaftlichen Entwicklungsgebiete, das wir her- 
cynisches Procänreich zu nennen vorgeschlagen haben, angehören. 
Wir finden eine glänzende Bestättigung dieser Zusammengehörigkeit jetzt 
topisch weit auseinanderliegender, gleichalteriger Sedimentgebilde in dem 
sehr übereinstimmenden Charakter, welcher in den organischen Ein- 
schlüssen dieser verschiedenen Gebiete ausgeprägt ist. Vergleicht man in 
dieser Beziehung die Verzeichnisse der sächsischen, böhmischen, schle- 
sischen Plänerfauna unter sich. und mit den von mir aus der Gegend von 
Regensburg aufgeführten Arten, so kann man diese innigste Verwandt- 
schaft dieser verschiedenen Plänergebiete nicht verkennen: sie erweisen sich 
auch in paläontologischer Beziehung als Provinzen eines gemein- 
schaftlichen Faunenreichs. Zur näheren Begründung gebe ich in 
dem Folgenden ein Verzeichniss einiger der von mir selbst an Ort und 
Stelle gssammelten Plänerversteinerungen in Böhmen, oder durch Hrn. 
Schwager in mir genau bekannten böhmischen Oertlichkeiten erbeuteten 
und mir gefälligst mitgetheilten organischen Ueberresten mit einigen 
Bemerkungen und genauer Bezeichnung der Stufe, in weleher jede Art 
aufgefunden wurde, insofern nämlich entweder über die Feststellung der 
Species oder des Horizontes, in der sich findet, Mittheilungen wünschens- 
werth erscheinen. Es ist desshalb kein vollständiges Verzeichniss; 
dieses lässt sich jedoch leicht durch Hinzufügen der im Vorausgehenden 
angeführten Arten herstellen. 


553 


Palaeontologische Bemerkungen. 


MWieraster cortestudinarium Goldf. 


Ziemlich zahlreiche böhmische Exemplare habe ich mit den in 
den Pariser Sammlungen vorfindlichen Stücken, namentlich mit He- 
bert’schen Originalen verglichen und fand unter den sehr nahe ver- 
wandten Formen die beste Uebereinstimmung mit der bezeichneten Art; 
womit auch Prof. Hebert’s Ansicht zusammentraf. 

Fundstufe: Hundorfer Schichten von Krendorf und Kistrau. 

Dieselbe Art findet sich im Plänerkalk von Strehlen und im Kalk 

der Kagerhöhe bei Regensburg. 


Ananchytes gibba in. 


Diese Art ist ziemlich selten im Pläner von Hundorf. Aehnliche 
Formen beobachtete ich auch in dem Mergel von Priesen, jedoch so 
zusammengedrückt, dass keine sichere Bestimmung möglich war. 


Cyphosoma radiatum Sorign. 
C. granulosum Reuss (non Goldf.) 


5 ziemlich wohlerhaltene Exemplare gehören entweder zu (Ü. ra- 
diatum oder tenwistriatum Ag. Die ziemlich grossen und nicht häufigen 


554 


Wärzchen sprechen für die zuerst genannte Art, welche eine weite Ver- 
breitung in Frankreich besitzt. 
Fundstufe: Hundorfer Schicht, Krendorf, Kistrau, in Sachsen bei 
Strehlen. 


cf. Catopygus columbarius Lm. spec. 


Reuss führt aus den Mallnitzer Schichten von Drahomischel diese 
Art als C©. carinatus Ag. auf. Es liegen mir aus gleicher Schicht von 
Mallnitz selbst 4 Exemplare vor, welche auf die bezeichnete Art be- 
zogen werden können, die jedoch wegen schlechten Erhaltungszustandes 
mit Sicherheit nicht unbedingt damit sich vereinigen lassen. 
Fundstufe: Mallnitzer Schicht von Mallnitz. Die Exemplare von 
Tyssa und Pankratz dürften einer anderen Species angehören. 


Cidaris subvesiculosa dOrb. 


Sehr wohl übereinstimmende Exemplare fand ich in den Priesener 
Schichten von Priesen. Sie ist bei Regensburg ziemlich häufig. 


Megerleia lima Defre. spe. 
? Terebratula pectoralis Roem (Rss). 


Ich fand in dem Mergel der Hundorfer Schichten an den Lehm- 
brüchen bei Laun ziemlich häufig eine kleine Brachiopode, die äusser- 
lich Magas Geinitzi ähnlich ist. Sie unterscheidet sich jedoch schon 
bei flüchtiger Vergleichung durch geringere Dicke und genaue Unter- 
suchung lehrt sie als die bezeichnete Art kennen. Die entfernt stehenden 
kleinen Wärzchen und das durchscheinende Dorsalseptum lassen diese 
kleine Art leicht erkennen. Dass Terebratula pectoralis (Roem), welche 
Reuss aus dem Plänerkalk anführt, hierher gehört, ist mehr als wahr- 
scheinlich. Auch Ulr. Schlönbach, dessen neueste Publikation mir 
soeben zugeht), erwähnt diese Art (a. a. O. $. 152). 


1) Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt in Wien Jahrg. 1868. I. S. 142. Es ist auffallend, 
dass der Verfasser hier, wie bei mehreren früheren Gelegenheiten wiederholt seine Be- 
theiligung an der Richtigstellung der Gliederung der böhmischen Plänerschichten in einer 
Weise darstellt, als ob die von Anderen und auch von mir in neuester Zeit über denselben 


Magas Geinitzi Ui. Schloenb. 


Sehr häufige Versteinerung in den Mallnitzer Schichten an allen 
Fundorten Böhmens, auch häufig in den entsprechenden Schichten bei . 
Regensburg. 


Mhynchonella Wantellana Sow. (non Rss.) 


Es liegen mir zwei Exemplare mit 14—15 groben, von dem Wirbel 
her sehr bestimmt ausgesprochenen, scharfen Rippen und mit langem 
Schnabel vor, Eigenschaften, welche sie von Rh. dimidiata leicht unter- 
scheiden lassen. 

Fundstufe: Unterpläner, Sandstein von Tuchomeritz in zwei 

Exemplaren. 


HEhynchonella dimidiata Sow. spec. 
Rh. depressa Dav. 


Von dieser Art liegen mir zahlreiche Exemplare aus dem Unter- 


pläner-Sandstein von Tuchomeritz vor. z 


Terebratulina striata (Wahl. Dav. 


Ein grosses typisches Exemplar liest mir aus den Hundorfer 
Schichten von Krendorf vor. 


Terebratulina cehrysalis Schloth. spec. 
Terebratula strialtula Rss. 


Aus den tiefern Schichten des Unterpläners von Schwarzochs und 


aus den mergeligen oberen Lagen des Mittelpläners am weissen Berg 
bei Prag. 


Gegenstand veröffentlichten Arbeiten nur als ein Ausfluss seiner eigenen älteren, theils 
mündlichen, theils schriftlichen Mittheilangen angesehen werden müssten, und als ob wir 
Anderen uns alle durch unsere Publikationen einer Art Plagiats schuldig gemacht hätten. 
Ich glaube, die äusserste Grenze der Bescheidenheit nicht zu überschreiten, wenn ich diesen 
Wiederholungen gegenüber erkläre, dass auf meine Studien über die böhmische Pläner- 
bildung jene vorgeblichen Mittheilungen nicht den geringsten Einfluss ausübten, sondern 
dass ich einzig und allein aus meinen eigenen Untersuchungen mein Urtheil mir zu ver- 
schaffen, in der glücklichen Lage war. 


Abh.d.II. Cl.d. k. Ak.d. Wiss. X. Bd. II. Abth. 71 


556 


Terebratulina rigida Sov. 
Terebratula gracilis Rss. 


Eine in Böhmen sehr häufige Art, welche sich, soweit meine Er- 
fahrungen reichen, lediglich auf die Hundorfer Schichten beschränkt. 


Terebratula phaseolina Lim. 
A. Schloenb. Jahrb. der k. k. Reichst. 1868 S. 150. 


Sehr zahlreiche Exemplare finden sich in dem Unterplänersandstein 
bei Tuchomeritz und Kl.-Herrndorf. Ich bemerke an sehr gut erhaltenen 
Schalen eine sehr feine radicale Streifung, welche besonders am Stirn- 
rand deutlich sichtbar ist. 


Terebratula semiglobosa Sow. 


Häufige, aber, so weit meine Erfunde reichen, auf die Hundorfer 
Schichten beschränkte Art: Hundorf, Krendorf, Kistrau, Rannayberg, 
Lehmbrüche bei Laun. 


Terebratula Tornacensis dArch. 
Eine breite, grosse Form, welche vollständig mit der d’Archiac’schen 
‘Art übereinstimmt. 
Fundstufe: Conglomerat des Unterpläners von Statenitz bei Prag. 


Ostrea vesicularis Im. 
(Reuss. Verst. d. Böhm. Kr. T. 30 Fig. 2, 3, 4). 

Die mir vorliegenden Exemplare aus den Mallnitzer Schichten sind 
sämmtlich klein, mit sehr veränderlicher Beschaffenheit des Wirbeltheils, 
weil die Schale zuweilen nicht aufgewachsen und in diesem Falle in 
eine nicht oder kaum merklich seitlich ausgebogenen Verlängerung aus- 
läuft, oder aufgewachsen stark abgestutzt vorkommt. — In den ex- 
tremsten Formen ist die Anheftungsfläche fast halb so gross, als der 
übrige Schalentheil; zuweilen zeigt sich auch eine nicht von der An- 
heftung herrührende Abstumpfung am Wirbel, wie bei O. proboscidea. 
Unter den zahlreichen Exemplaren sind mir keine grösseren, als Reuss 
sie auf Taf. 30 Fig. 4 darstellt, zur Hand gekommen. Diese constante, 


557 


geringe Grösse ist sehr bemerkenswerth für die Mallnitzer Schichten. 
Die in der Form ähnlichen Exemplare aus den Hundorfer Schichten 
sind durchgehends etwas grösser und ziemlich dünnschalig. 


Fundstufen: 1) Mallnitzer Schichten an fast allen Orten ihres 
Auftretens, ungemein häufig oberhalb der Hasinamühle, bei Mallnitz, 
Drahomischel, Neuschloss; 2) Hundorfer Schichten von Kistrau. 

‘ Häufig in den analogen Schichten Sachsens und bei Regensburg. 


Ostrea Beussi Gümb. (Geogn. Besch. v. Bayern Bd. II. 8. 769). 
O. lateralis Rss. (Verst. v. B. Kreid. T. 27 Fig. 44—47). 


Es ist diess eine von 0. lateralis Nils. und O. canaliculata d’Ork. 
wohl unterscheidbare Art, deren grosse Schale nicht. oder kaum be- 
merkbar an den Anwachswülsten vorstehend aufgeblättert ist, wodurch 
sie sich von O. lateralis Nils. unterscheidet, auch wird sie viel wulstiger 
als O. canaliculata d’Orb, von der sie überdiess durch ihre kürzere und 
breitere Form abweicht. Die kleine Schale besitzt dagegen stärker vor- 
stehende Aufblätterungen einzelner Anwachsstreifen, ähnlich wie O. la- 
teralis. | 

Fundstufen: Die Hundorfer Schichten im Mergel von Kostic 

Reuss’sche Lokalität seiner O. lateralis, Kistrau, Lehmbrüche bei 

Laun, Krendorf; dann in dem obersten glauconitschen Mergel am 

Egerufer bei Laun, im Mittelpläner am weissen Berg bei Prag, 

häufig in gleichalterigen Schichten Sachsens und bei Regensburg. 


Ostrea af. biauriculata Ln. 


In dem tiefsten Conglomerat der Unterpläners von Schwarzochs bei 
Prag kommen häufig grosse Austerschalen vor, die der bezeichneten Art 
nahe stehen, jedoch meist so zertrümmert gefunden werden, dass man 
kein vollständiges Bild der ganzen Muschel erhält und die Bestimmung 
daher etwas unsicher bleibt. Ein Exemplar in 2 Schalen gleicht sonst 
vollständig den Exemplaren aus dem französischen Cenoman, ist jedoch 
am Wirbel undeutlich. Ich glaube, dass hierher O. operculata Rss. und 
z. Th. auch O. trapezoides Rss. zu ziehen ist. 

1A 


558 


Ostrea semiplana Sov. 
O. sulcata (Blum) Rss. (V. d. b. Kr. T. 28; F. 3—4). 
O. flabelliformis Rss. (u. a. O. T. 28 F. 7—16). 


Die sehr ausgezeichnete Art ist eben so häufig, wie charkteristisch 
für die Hundorfer Schichten und findet sich fast an allen Orten ihres 
Vorkommens z. B. an den Lehmbrüchen bei Laun, an Hardhübel, an 
der Hasinamühle, bei Krendorf; auch im glaukonitischen Mergel am 
Egerufer bei Laun. 

In den Priesener Schichten bei Priesen sind die Exemplare constant 
klein und wenig gefaltet. 

Häufig in Sachsen und auch bei Regensburg nicht selten. 


Ostrea diluviana l. 


Typische Form in den untersten Conglomerat-Bänken des Unter- 
pläners von Schwarzochs bei Prag, wie in Sachsen und bei Regensburg. 


Ostrea carinata Lm. 

Diese Art kommt nicht selten in dem sog. Unterplänersandstein 
von Kl.-Herrndorf und Statenitz bei Prag, wie bei Plauen und Regens- 
burg vor. 


©Ostrea plicatula Reuss spec. (non Lm.) 
O. plicata Goldf. p. j 


Reuss giebt (a. a. O.) S. 44; Taf. 31, Fig. 5—7 eine Lamark’sche 
O. plicatula unter andern auch aus dem Exogyrensandstein von Mallnitz 
an; Lamark hat jedoch nur eine O. plicata (Anim. s. vert. VI. pag. 199) 
nicht eine ©. plicatula beschrieben, welche d’Orbigny mit O. flabellata 
Goldf. vereinigt als Synonym unter O. flabella d’Orb aufführt. Es liegt 
mir ein freilich nicht sehr gut erhaltenes Exemplar aus dem Exogyren- 
sandstein von Tschentschitz (Mallnitzer Schichten) vor, welches den 
Charakter der O0. plicata Goldf. (mit Ausschluss der übrigen Auctoren) 
theilt und in hohem Grade der O. pyrenaica Leym. von Royan ähnlich, 
wahrscheinlich damit ident ist. Da jedoch mein Exemplar diese Gleich- 


m“ 


559 


stellung nicht mit voller Sicherheit erlaubt, der Name 0. plicata viel- 
fach verschieden zerbraucht ist, so schlage ich vor, vorläufig für die 
der O. pyrenaica Leym. ähnliche Auster der Mallnitzer Schichten den 
Reuss’schen Namen O0, plicatula zu verwenden. 


Fundstufe: Mallnitzer Schichten von Tschentschitz (Ceneiz). 


Spondylus spinosus Sow. spec. Var. 


Die aus den Hundorfer Schichten stammenden Spondylen, welche 
mir in zahlreichen Exemplaren vorliegen, stimmen sehr gut mit der 
Sowerby’schen Darstellung und sind vollständig den Formen von 
Strehlen gleich. Dass diese Form abweichend ist von jener des höheren 
Belemnitellenpläner’s hat zuerst Hebert in ein klares Licht gestellt 
(Bull. d. 1. soc. geol. d. Franc. 2 Ser. t. XVI. p. 148 und 149). Er 
belässt der älteren, sehr ungleich klappigen Form, welche typisch zu 
Gravesend vorkommt, den Sowerby’schen Namen Sp. spinosus und gibt 
der mehr gleichklappigen Art des Belemnitellen-Pläners, wie sie bei 
Meudon gefunden wird, den Namen Spondylus aequalis Heb. Vergleicht 
man nun die böhmischen und sächsischen Formen mit jenen von 
Gravesend, von der ich Exemplare besitze, so ist nicht zweifelhaft, 
dass sie mit diesen mehr übereinstimmen, als mit der Meudon-Art. Doch 
ist auch in Vergleichung zu ersterer ein gewisser constanter Unterschied 
bemerkbar, den auch Goldfuss beobachtet zu haben scheint, indem 
er einen Spondylus duplicatus von Sp. spinosus abtrennt. Die Rippen 
an erwachsenen Exemplaren der Hundorfer Schichten (auch von Streh- 
len) sind namentlich auf der flachen, mit Stacheln besetzter Schale 
viel flacher, mehr niedergedrückt, noch mehr, als diess bei Sp. spinosus 
schon angedeutet ist; ausserdem ist bei gleicher Dicke die Schale weniger 
hoch und etwas länger, wodurch der ganze Umriss mehr der Kreisform 
sich nähert. Im Ganzen ist eine Hinneigung zu der auch noch zu 
Sp. spinosus gezogenen Form aus dem Hippuritenkalk von Bains de Rennes 
aus den Bergen der Corbieres zu bemerken. 


Fundstufen: Hundorfer Schichten von Kostiz und Kistrau; oberer 
glauconitischer Mergel vom Egerufer bei Laun. 


560 


Spondylus lineatus Goldf. (Rss.) 


Typische Formen. 
Fundstufe: Hundorfer Mergel von Kostiz und Kistrau. Beide 
Spondylus-Arten finden sich auch in Sachsen und bei Regensburg. 


Lima canalifera Gold. 


Geinitz glaubt (Quad. in Deutschl. S. 190 u. 192) zwei Arten 
Lima canalifera und L. multistriata sowohl nach ihrer Form, als in ihrem 
Horizonte unterscheiden zu müssen; die mit 18—20 Rippen hält er für 
den Typus der ersten Art, die mit 25—30 Rippen bezeichnet er als 
L. multistriata, jene als die jüngere, diese als die ältere Art. Es ist 
desshalb nicht ohne Interesse, eine Anzahl böhmischer Formen von 
Mallnitz und Drahomischel aus den ächten Mallnitzer Schichten in dieser 
Beziehung zu untersuchen. Es ergibt sich daraus, dass diese fast constant 
20—25 Rippen besitzen, also zwischen beiden oben genannten stehen, 
wie denn auch nach meinen neuesten Untersuchungen der geologische 


Horizont beider Arten nahe zusammenfällt. Es scheint demnach natur- 


gemäss, beide Formen in einer Art vereinigt zu lassen. 


Lima elongata Sow. spec. 


L. Reussi d’Orb. 
L. multicostata (Gein.) Reuss a. a. A. F. 38 Fig. 18. 


Reuss hat die in dem glauconitischen Mergel bei Laun häufig vor- 
kommende kleine Form, wie ich glaube, richtig zu der Sowerby’schen 
Art gezogen (verlg. meine Bemerk. in dem Verzeich. der Verstein. bei 
Regensburg im Corresp. d. zool.-mineral. Vereins v. Regensburg 1868 
8. 72), während sie d’Orbigny zum Typus einer neuen Art erhoben hat. 


Dieselbe Form kehrt auch in den Hundorfer Schichten von Kutschlin: 


und Kostiz wieder. Abweichend ist die Form aus den tiefsten Con- 
glomeratschichten; dagegen vermag ich die Form aus dem Mergel des 
Tunnels von Gr.-Skal nicht davon zu trennen. 


Lima cf undulata Rs. 


Es liogen mir von 2 Fundstellen der Hundorfer Schichten von 
Kistrau und aus den glauconitischen Mergeln von Laun Exemplare einer 


561 


grossen, stark ungleichseitigen Lima vor, die in die Nähe der Reuss’schen 
L. undulata gehören. Es scheint die Form darunter zu sein, die Reuss 
selbst unter ZL. undulata von Laun anführt. Sie ist jedoch viel länger, 
schmäler, als die Abbildung und schliesst sich innigst an L. rapa d’Orb. 
Sie wäre wohl damit zu vereinigen, wenn nicht bei letzterer, wenigstens 
nach den vorliegenden Exemplaren. von le Mans, die kippen oben völlig 
abgeplattet, die Zwischenräume durch Querleistchen grubig punktirt 
erschienen, während in der böhmischen Form die Rippen gegen die 
Mitte schwach, durch sehr zahlreiche, feine Anwachsstreifchen bedeckt 
und die schmalen Zwischenräume ohne Punktgrübchen sind. Noch be- 
sonders zeichnet die böhmische Form die starke, wellige Biegung der 
Rippchen und ihre starke Biegung nach auswärts am hintern Rande in 
der Nähe des Wirbels aus, indem hier die Radialrippchen nicht dem 
hintern Rande parallel laufen, sondern fast senkrecht zu demselben 
gebogen sind, wie diess auch noch auf dem hinteren Ohr der Fall ist. 
Ob hier eine besondere Art vorliege, lässt nur eine fortgesetztere Ver- 
gleichung bestimmen. 


Lima pseudocardium Rss. 


Die typische Art wurde nur in der Mallnitser Schicht von Mallnitz 
beobachtet. 


Pecten laevis Nils. 


Fundstufen: Hundorfer Schichten von der Hasinamühle; Prie- 
sener Schichten von Priesen. 


Pecten virgatus Nils. 


Die typische Form fand ich nur in den obersten Lagen des Mittel- 
pläners unter den Mallnitzer Schichten bei Neuschloss und Drahomischel. 
In anderen Gegenden greift seine Verbreitung weiter. 


Pecten membranaceus Nils. 


Fundstufen: Hundorfer Schichten von Kistrau. 


562 


Pecten subpulchellus n. spec. 


Pecten subaratus Rss. (non Nils). 


Pecten pulchellus Gein. (non Nils). 


Es liegen mir zahlreiche Exemplare eines sehr kleinen Pekten aus 
den Hundorfer Schichten von den Lehmbrüchen vor Laun vor, die 
zweifelsohne unter Pecten subaratus Rss. zu verstehen sind, mit welcher 
Art jedoch kaum eine nähere Aehnlichkeit besteht, wie diess Geinitz 
bereits erkannt hat, indem er sie dem Pecten pulchellus Nils zuweist. 
Fassen wir jedoch diese Art nach der Goldfuss’schen Darstellung auf, 
so ist die böhmische Form auch von dieser verschieden. Die sehr kleine, 
aus 2 ungleich verzierten Schalen bestehende, verhältnissmässig dicke 
Form zeichnet sich durch 18—20 hohe, stark ausgeprägte Radialrippchen 
aus, die selten in der Nähe des Wirbels, häufiger am Rande gegabelt 
und von feinen Anwachsstreifchen dicht bedeckt sind; diese bilden auf 
der einen Schale entfernt vorstehende dornartige Schüppchen auf den 
Rippen, bei der anderen Schale nur zierliche Streifchen, welche auch 
über die mit den Rippchen nahezu gleich breiten Furchen fortsetzen. 
Von radialen Streifen, wie sie Goldfuss bei P. pulchellus abbildet, sieht 
man Nichts. Dagegen zeigen sich an beiden Seitenrändern stark nach 
aussen gebogene Streifchen, durch welche die längs den Seitenwänden 
verlaufende Rippchen wie zerschlitzt erscheinen. Die beiden, fast gleich 
grossen Ohren sind durch radial und diagonal sich kreuzende Rippchen 
verziert. Die Schalen sind 6 mm. hoch und breit bei 3 mn. Dicke. 


Pecten Dujardini Roem. 
findet sich in den Mallnitzer Schichten. 


Pecten rarispinus Reus. 


Diese ausgezeichnete Art bildet mit P. cenomanensis d’Orb. (squa- 
mulosus Duj.), mit P. Dujardini Roem. und P. cicatrisatus Goldf. eine 
Formreihe und unterscheidet sich von P. Dujardini Roem., mit der sie 
Geinitz zu vereinigen geneigt ist, durch höhere, schmälere, mittelst 
eines deutlichen Dorns verzierten Rippchen; P. cenomacensis d’Orb ist 
breitrippiger und hat nur 7 Hauptrippen; P. cicatrisatus Goldf. endlich 


563 


ist Srippig, flacher gebaut und durch sehr ausgeprägte Sekundärrippchen 
ausgezeichnet. 

Fundstelle: Hundorfer Schichten in den glauconitischen Mergeln 
an der Eger bei Laun. 


Pecten squamifer Gein. 
Pecten Dujardini Rss. (non Roem.) 

Es ist diess eine durch die 3 Leistchen in den breiten Zwischen- 
furchen zwischen den dreitheiligen Rippchen von dem ächten Pecten 
Dujardini Roem. verschiedene Art. 

Fundstelle: Hundorfer Schichten. Podhrad-Mühle und glauco- 
nitischer Mergel am Egerufer bei Laun. 


Pecten dentieulatus Hagen. 


Diese Form, welche mit v. Hagenow’s Beschreibung (N. Jahrb. 1842 
S. 549) aufs genaueste übereinstimmt, ist vor allen Verwandten der 
Gruppe des Pecten serratus durch die kleinen, feingedornten Rippchen, 
welche den Zwischenraum zwischen den grossen Rippen ganz ausfüllen, 
ausgezeichnet. 
Fundstufe: Priesener Schichten von Priesen. 


Pecten quinquecostatus Sow. 

Typische Formen mit 4 Zwischenrippen bemerkte ich in den Hun- 
dorfer Schichten an den lehmbrüchen bei Laun. 
Pecten asper Im. 


Diese Art findet sich wiewohl spärlich in den Conglomeratbänken 
des Unterpläners bei Tuchomeritz und Kl.-Herrndorf. Zweifelhaft sind 
die Fragmente, welche ich in den tiefsten Grünsandstein-Schichten bei 
Neuschloss, das Rothliegende unmittelbar bedeckend, auffand. 


Pecten digitalis Roem. 


Diese von Reuss aus Böhmen nicht aufgeführte Art fand sich in 


einem ausgezeichneten Exemplar in den Conglomeratbänken des Unter- 


pläners von Schwarzochs. Geinitz giebt sie auch von Tyssa an. 
Abh.d. II.Cl.d.k.Ak.d. Wiss. X. Bd. II. Abth. 72 


564 


Pecten phaseolus In. 
Pecten decipiens Reuss (a. a. O. S. 31; T. 45 Fig. 3). 


Von der durch Reuss sehr ausführlich beschriebenen Art liegen 
mir zahlreiche Exemplare aus den Conglomerat-artigen tiefsten Schichten 
des Unterpläners von Schwarzochs und Tuchomeritz bei Prag mit beiden 
Schalen aus den Erfunden des Hrn. Schwager vor. Nach Vergleichungen 
mit französischen Exemplaren unterliegt es keinem Zweifel, dass die 
böhmische Form zu der genannten d’Orbigny’schen Art gehört. Die 
fast glatte, hochgewölbte Schale wird in Folge von Abreibung oder 
Abwitternng der obersten Lage rippig, wie es auch der Steinkern ist; 
diese Rippchen scheinen an den unverletzten Exemplaren nur als dunkle 
Streifchen durch. Die fast gleich grossen Ohren sind durch ausgezeich- 
nete Anwachsstreifchen quer gestreift; die kleinere Schale ist flach, in 
der Mitte meist sogar etwas vertieft; besitzt 25 breite, ganz flache, 
niedrige Radialrippchen, die etwas schmäler, selten so breit, als ihre 
Zwischenräume sind, und wie diese durch feine Anwachsstreifchen ver- 
ziert sind. Längs den Seitenrändern ist eine ziemlich breite Fläche 
glatt ohne Radialrippchen. Die von Reuss Taf. 39 Fig. 22 gegebene 
Abbildung stellt die kleine Schale des Pecten (Janira) phaseolus d’Orb dar. 


Fundstellen: Unterpläner von Schwarzochs und Tnchomeritz. 


Enoceramus Cuvieri Sow. 
I. Cripsü (n. Mant.) Reuss part. 
I. planus (n. Mü) Rss. 


non I. (Cuvieri Rss. 


Bei der Schwierigkeit der richtigen Unterscheidung der verwandten 
Inoceramus-Arten herrscht bis in die neueste Zeit eine sehr verschieden- 
artige Auffassung und Abgrenzung der Arten. Es liegen mir von 
Priesen zahlreiche Exemplare vor, die alle zu der typischen I. Ouweri 
Sow. gehören. An Ort und Stelle sah ich trotz fleissiger Umschau auch 
nicht die kleinsten Spuren einer anderen Art. Dieselbe kehrt an allen 
Fundorten der Priesener Schichten wieder, wie sie auch in Bayern 
auf gleichem Horizonte vorkommt. 


un 


Inoceramus Brongniarti Park. 


Ich fand in dem Plänerkalk von Hundorf, Krendorf, Kistrau JIno- 
ceramen-Formen, die keinen Zweifel über die Identität mit der ächten 
Mittelpläner-Art übrig lassen. Wahrscheinlich gehören hierher auch 
I. striatus (non Mant.) Rss. und 7. concentricus (Park) Rss. Die Mall- 
nitzer Schichten enthalten gleichfalls diese Art. / 


Inoceramus striato-tconcentricus Gümb. 


Geogn. Besch. d. K. Bayern Bd.II. 5. 766 u. Corresp. d. zool. 
min. Vereins in Regensburg 1868. S. 69 T.II, Fig. 4. 


Im Mittelpläner (sog. Plänersandstein am weissen Berg bei Prag. 


Inoceramus labiatus Bronen. 


Sehr typische Formen fand ich in dem lockeren, gelben Plänerkalk 
von Perutz und an zahlreichen, dem Mittelpläner zugehörigen Schichten, 
namentlich am weissen Berg bei Prag. 


Avicula coerulescens Goldf. 


Ob Avicula coerulescens Nils. ? 


Avicula anomala (n. Sow.) Rss., Gein. 


Die als Avicula anomala aufgeführte böhmische Art aus dem Pläner 
mit Inoceramus labvatus ist nicht die typische Art Sowerby’s, vielmehr 
schliesst sie sich an die Form von Haldem an, die Goldfuss mit Av- 
cula coerulescens Nils. vereinigt, ob mit Recht, wage ich nicht zu ent- 
scheiden. Sie unterscheidet sich von Avicula anomala Sow. sowohl durch 
ihre constant geringere Grösse, durch die weit geringere Anzahl entfernt 
stehender Radialstreifchen und durch das Fehlen der Eintiefung auf dem 
mittleren Schalentheil. 

Mittelpläner von Neuschloss, Lippenz, Schaf berg bei Gross-Lippenz 
mit Pecten virgatus und Inoceramus labiatus. 


Avicula anomala Sow. (non Rss., Gein) 


Grosse Form mit zwei Hauptkanten, zwischen welchen der Haupt- 
schalenkörper etwas eingetieft ist und hier mit 10—12 starken Radial- 
1 


566 


rippchen, welche durch entfernt stehende Anwachsstreifchen durchkreuzt 
werden. Diese Streifchen sind schuppig-blättrig und erzeugen auf der 
Höhe der Radialrippchen eine dornig-schuppige Aufblätterung. 
Fundstufe: Mir nur aus den Conglomeratschichten des Unter- 
pläners von Schwarzochs bekannt. 


Pinna decussata Gold. 

Sehr gut mit der Goldfuss’schen Darstellung übereinstimmende 
Exemplare aus dem Mittelpläner mit Inoceramus labiatus von Gross-Lippen 
bei Laun. 


Arca striatula Rss. 


Eine sehr charakteristische Art, die mit A. Hugardiana d’Orb kaum 
entfernte Aehnlichkeit aufzuweisen hat. 
Ueberall in den Priesener Schichten. 


Arca radiata Mi. 
Arca Geinitzi Rss. 


eine mit Ara propingua Zitt. und A. inaequidentata verwandte Form, welche 
sich durch ihre gleichmässige Ausbreitung von beiden unterscheidet, 
dagegen mit Arca Geinitzi ident erscheint. 

Fundstufe: Priesener Schichten bei Priesen. 


Arca ce. Matheroniana Orb. 
Arca glabra Rss. (non Park.) 


Häufig kommen Steinkerne einer Art in den Mallnitzer Schichten 
vor, welche Reuss als Arca glabra abgebildet und beschrieben 
hat. Ich habe zahlreiche Exemplare von Steinkernen aus sehr ver- 
schiedenen Fundorten Böhmens und bei Regensburg mit Steinkernen 
der Arca glabra von Blackdown genau verglichen und finde con- 
stante Unterschiede darin, dass jene Steinkerne vorn abgerundeter, 
nach hinten mehr ausgezogen und schärfer gekantet sind. Ob jedoch 
unsere Form mit der ächten A. Matheroniana d’Orb ident ist, wage ich 
nicht zu bestimmen. Soviel ist sicher, dass sie nicht zu Arca k- 


567 


geriensis d’Orb gehört, zu welcher Geinitz (d. Quad. 8. 162) die 
böhmische Art zieht. 
Fundstelle: Mallnitzer Schicht bei Mallnitz, Cencic, Hasina- 
mühle, Drahomischel, wie bei Regensburg. 


Pectunculus annulatus Rs. 


Häufig vorkommende Steinkerne zeichnen sich durch ihre ver- 
längerte Form und die vielen wulstigen Anwachsstreifen aus. Diese 
Form gehört in die Gruppe des P. subconcentricus Lm., lässt sich jedoch 
nicht näher identificiren. 

Fundstelle: Mallnitzer Schichten von ÜOenciz und Laun. 


Pectunculus ıf. sublaevis Sovw. 


Steinkerne aus der Gruppe des P. sublaevis Sow. bezeichnet Reuss 
als P. lens Nils. und brevirostris (?) Sow. Geinitz vereinigt ähnliche 
Formen unter ?. lens und d’Orbigny zieht wenigstens die Gold- 
fuss’sche Form des P. sublaevis, die sicher nicht die Sowerby’sche 
ist, zu P. lens. Ich theile die Ansicht, die Zittel ausspricht, dass man 
Steinkerne auf P. lens Nils. mit Sicherheit nicht zurückführen könne, 
und halte es für naturgemässer, diese Formreihe einstweilen davon ge- 
trennt zu halten. 

Fundstufen: Mallnitzer Schichten von Cenciz, Drahomischel, 


Laun. 


Nucula striatwläa Roem. 


non Nucula pectinata Sow. 

Ich habe wohlerhaltene Exemplare aus den Priesener Schichten mit 
der ächten Sowerby’schen Art zusammengehalten und mich von der 
Verschiedenheit beider überzeugt. Unsere Form ist relativ weniger dick, 
weit feiner, weniger dicht gestreift, die Rippchen, welche diese Streifung 
erzeugen, sind bei Nucula pectinata Sow. stark ausgeprägt, oben flach, 
und durch deutliche, etwas schmälere Rinnen getrennt; bei N. striatula 
Roem. dagegen erheben sich aus sehr flachen Vertiefungen von beiden 
Seiten zulaufende flache Rippchen, die sehr unbestimmt gegen die Rinnen 
abgegrenzt sind. Auch ist das Mondchen in der Mitte bei N. st. weniger 


Sur 
r ir 
a 


568 


tief, in der Mitte wieder etwas erhöht, während bei N. p. diese Ver- 
tiefung fast gleichmässig verläuft. Ich theile daher auch die Ansicht von 
Geinitz, der diese Form zu N. p. zieht (Charakt. S. 160), jetzt nicht 
mehr, nachdem ich zahlreichere Exemplare untersucht habe. 
Fundstelle: Priesener Schichten von Priesen und andern Orten. 


Nueceula semilunaris v. Buch. 
Typische Exemplare häufig in den Priesener Schichten Böhmens. 


Nueula produeta Nils. 
Häufig in den Priesener Schichten bei Priesen. 


Nucula siliqgua Gold. 


Exemplare aus den Priesener Schichten von Priesen stimmen voll- 
ständig mit der Reuss’schen Abbildung und Beschreibung, sind aber 
constant nicht einmal halb so gross, wie die Goldfuss’sche Art. 


Cyprina () rostrata Gein. 
Grosse Steinkerne aus den Mallnitzer Schichten unterhalb Lippenz 


schliessen sich zunächst an Oyprina ligeriensis d’Orb und stimmen mit 
der Steinkernform von Kieslingswalda ganz gut überein. 


Cardita corrugata Rss. 
©. tenuicosta (non Fitt. d’Orb.) 

Reuss führt die Cardita unter der Bezeichnung C. tenuicosta auf. 
Vorliegende Exemplare aus dem Hundorfer Pläner von Kostitz und 
Kistrau stimmen jedoch nicht mit jener Art; ihr Umriss ist mehr ge- 
rundet, als bei ©. t., namentlich ist das hintere Eck fast ganz verwischt, 
so dass der untere Rand in einem ununterbrochenen Bogen zum hinteren 
Rande verläuft. Ausserdem ist die Schale viel feiner radial gestreift. 
Es möchte daher vorzuziehen sein, die frühere Reuss’sche Bezeichnungs- 
weise beizubehalten. 


Crassatella arcacea Roem. 
C. regularis (d’Orb.) Rss. 
Mehrere Exemplare des glauconitischen Mergels von Laun schliessen 


Br 
an 


569 


Formen ein, welche sich bald enger der typischen Art, bald mehr der 
©. vindinnensis d’Orb (mehr als CO. regularis d’Orb) nähern. Sie sind 
meist in Folge von Verdrückung sehr verunstaltet. 


Cardium Hillanum sov. 


Diese Form aus der Mallnitzer Schicht von Mallnitz fällt durch 
ihre namhafte Grösse (1'/3 so gross, als die grösste Form von Black- 
down) auf und scheint sich von der typischen Tenomanart durch die stei- 
lere, hintere, mit Radialrippchen bedeckte Abfallfläche zu unterscheiden. 

Normal und übereinstimmend mit der englischen Form kommt die 
Art in dem Grünsandstein des Unterpläners bei Perutz vor über den 
dortigen Pflanzen-führenden Schichten. 


Cardium pustulosum v. Mü. 


Steinkern mit grossen Tuberkeln, häufig in den Mallnitzer Schichten 
von Mallnitz, Cenciz u. s. w. 


Cardium productum Sov. 
C. alternans Rss. (a. 0. T.-31; Fig. 15, 16). 
C. intermedium Rss. (d. s. T. 40; Fig. 13). 


Typische Form in den Mallnitzer Schichten mit Magas Geinitzi- 
Schloen. in Mallnitz. 


Cardium of. intermedium Rs. et asperum Mü. 


Eine nur in einem Exemplar vorliegende Form aus den Hundorfer 
Schichten von Laun ist ausgezeichnet durch etwa 25 feine Rippchen 
mit grossen Knötchen, zwischen welchen 3 feinere Rippchen ebenfalls 
mit Knötchen (nicht mit grubig-punktirten Zwischenräumen) liegen. Die 
Form ist der des C. intermedium Rss. resp. productum in der Jugend- 
form sehr ähnlich, scheint jedoch eine selbstständige Art auszumachen. 


Cardium priesenense n. sp. 


Die an Cardium semipapillatum Rss. sich anschliessende Art aus der 
Gruppe des C. Cornuelianum d’Orb. ist doppelt so gross, als die erst- 


570 


genannte Art, weniger hoch, länger, mit sehr groben, entfernt stehenden 
unregelmässigen Anwachswülsten und dazwischen verlaufenden Anwachs- 
streifen, hinten mit entfernt stehenden, starken Radialrippchen, die an 
den Kreuzungspunkten mit den concentrischen Wülsten unregelmässig 
gekerbt sind, versehen; gegen die Schalenmitte treten diese Radial- 
rippchen immer weiter auseinander, werden schwächer und verschwinden 
gegen den vorderen Schalentheil fast gänzlich. Ganz aussen am vorderen 
Rande zeigen sich wieder Andeutungen der Radialrippchen. 


Fundstufe: Priesener Schichten von Priesen. 


Luecina lenticularis Gold. 


Häufige Steinkerne von allen Fundpunkten der Mallnitzer Schichten. 


Arcopagia decussatä Roem. spec. 


Sehr deutliche Exemplare aus den Mallnitzer Schichten von Cenciz. 


Pholadomya caudatä Roem. 


Exemplare, welche genau mit der Form bei Regensburg und Roding 
übereinstimmen, kommen im Kalksandstein bei böhm. Kamnitz vor. 


Panopaea plicata Sow. sp. 


Aus den Mallnitzer Schichten von Cenciz. 


Panopaea c regularis dor. 


Steinkernform aus den Mallnitzer Schichten von Cenciz. 


Trigonia limbata «Orb. 
T. alaeformis Rss. (non Park.) 


Diese Art findet sich mit Pholadomia caudata im Kalksandstein von 
böhmisch Kamnitz. 


Dentalium polygonatum Rs. 


Häufig in den Priesener Schichten von Priesen. 


x 


Dentalium submedium n. sp. 


Dentalium medium Rss. (non Sow.) 


Unter der Bezeichnuug Dentalium medium Sow. führt Reuss eine 
Art auf, die ich von Priesen und böhm. Kamnitz besitze; sie ist zwar 
der genannten Art ähnlich, aber doch auf das Bestimmteste durch die 
zahlreichen Längstreifchen, welche nicht wechselnd gröber und feiner, 
sondern gleich stark sind, verschieden. 


Avellana incrassata Gein. 


Diese Art, die ziemlich häufig in den Priesener Schichten von Priesen 
sich findet, wird von Geinitz mit A. d’Archiaciana d’Orb. zusammen- 
gestellt. Da die Vertiefungen zwischen den Streifchen viel breiter, als 
bei letzterer Art, nicht punktirt, sondern gestreift sind, und die Längs- 
streifchen glatt erscheinen, erachte ich beide Arten als verschieden. 


Turritella multistriata Rs. 


Typische Formen: finden sich häufig in den Hundorfer Schichten 
und auch im glauconitischen Mergel am Egerufer bei Laun. 


Fusus (0) costato-striatus Gold. 
Buccinum productum Rss. 


Ein sehr gut erhaltenes Fragment mit 3 Umgängen stimmt sehr 
gut sowohl mit der Reuss’schen Darstellung, als mit jener der Gold- 
fuss’schen Art, wesshalb ich beide vereinige. Es ist bemerkenswerth, 
dass das vorliegende Exemplar aus den Priesener Schichten von Priesen 
stammt; Reuss gibt die Species aus dem Grünsand von Laun an. 


Pyrula ?, Cottai Roem. 


Diese Art wird von Geinitz zu Murex quadratus Sow. gezogen, 
vorliegende Exemplare, welche schon durch ihre Grösse von den 
englischen Species abweichen, stimmen sehr genau mit Roemer’s Dar- 

Abh.d.II.C1.d.k. Ak.d. Wiss. X.Bd. II. Abth. 13 


572 


stellung. Die geringere Anzahl der Längsstreifen, ihre grössere Stärke, 
die grössere Breite des Feldes zwischen den beiden Kanten und die 
sehr ausgezeichnete Querstreifung lassen die böhmische Art gut von 
dem Murex quadratus Sow. unterscheiden. 


Fundstufe: Hundorfer Schichten bei Laun. 


Bostellaria Beussi Gein. 


Sehr schön in den Priesener Schichten bei Priesen. 


BRostellaria megalopitera Rs. 


scheint, wie auch Geinitz annimmt, zur vorigen Art zu gehören. 


Bostellaria sienopteraäa Gold. 


Rostellaria calcarata Gein. Rss. (non Sow.) 


Da die vorliegenden Exemplare constant einen graden oder nur 
ganz wenig gekrümmten Flügel mit nur einem scharfen Kiel, ferner 
grade, selbst auf der letzten Windung sehr markirte Rippen und da- 
zwischen liegende Vertiefungen besitzen, so halte ich diese Form aus 
den Priesener Schichten für ident mit der Art von Aachen und beide 
bestimmt verschieden von der R. calcarata Sow. 


Pieurotomaria seriato-granulata Gold. 


Diese Art scheint mit Pl. secans Rss. (non d’Orb) dieselbe Art 
zu sein. 


Fundstufe: Mallnitzer Schichten von Cenciz. 


Baculites anceps In. 


Sehr gut erhaltene, verkieste Exemplare zeigen genau die Loben, 
wie sie d’Orbigny (P. france. t. cret V. 139 Fig. 7) angiebt. Es ist 
bemerkenswerth, dass der Sipho nicht- im Scheitel der Bauchwölbung, 
sondern stets etwas seitlich liegt. 


Fundstufe: Priesener Schichten überall. 


573 


Baculites rotundus Rss. 


Loben, ähnlich wie bei 5. anceps Lm., jedoch besonders dadurch 
ausgezeichnet, dass der nur zweispaltige, dicklappige Rückensattel fast 
gleiche Höhe, wie die 2 Hauptseitensättel erreicht. Es ist diese Art 
vermuthlich nur Jugendform zur vorigen Art. 


Turriliies costatus (?) Lm. 


Es liegen mir 2 Exemplare von Priesen vor, das eine mit kalkiger 
Schale, das andere verkiest. Beide schliessen sich ihrer Form nach an 
T. costatus Lm. und zeigen den rundlich -viereckigen Querschnitt, die 
3 Höckerreihen sind jedoch durch eine fortlaufende Rippe ausgezeichnet, 
und nicht unterbrochen, wie wenigstens bei den ausgewachsenen Exem- 
plaren der typischen Art. Die beiden Exemplare sind klein, daher die 
bemerkte Eigenthümlichkeit leicht nur als Folgen des Jugendzustandes 
gedeutet werden kann. 


Hamites Boemeri Gein. 
Hamites simplex d’Orb. part. 


Form mit einfach entfernt stehenden, hohen Rippen, die fast in 
gleicher Stärke über die ganze Breite der Röhre quer verlaufen. 


Fundstufe: Priesener Schichten von Priesen. 
Helioceras plicatilis Roem. spec. 
Hamites plicatilis Rss. (non Sow.) 


Ein sehr wohl erhaltenes Exemplar aus den Hundorfer Schichten 
von Kistrau gehört dieser Art an. 


Scaphites binodosus Roem. 


Eine Art aus den Priesener Schichten von Priesen, dick, gross mit 


- 2 Reihen gleich dicker Knoten längs der Ränder der Seitenflächen, auf 


welchen die Knoten durch zickzackförmig verlaufende flache Rippchen 
73* 


574 


verbunden sind; über die breite hochgewölbte Extremfläche (Bauchseite) 
laufen schmale, etwas höhere Rippchen, durchschnittlich 5 zwischen 
zwei Knoten. 


Scaphites Geinitzi dOrb. 


d’Orbigny bezeichnete in seinem Prodrome die mit Scaphites 
obliquus verwandte, von Geinitz als 8. aequalis aufgeführte Art unter 
dem obigen Namen von Villedieu und Strehlen. Geinitz zieht aber 
zu Sc. aequalis noch ausserdem Sc. obliquus Sow., Sec. costatus und 
Sc. striatus Mant. und endlich selbst noch Ammonites Cottae Roem. und 
Rss. Als Typus von Scaphites Geinitzi muss die Art von Strehlen gelten. 
Damit vollständig gleiche Formen liegen mir aus den Hundorfer 
Schichten von Laun, Kistrau und Hundorf selbst vor. Damit stimmen 
auch Exemplare aus dem sog. Scaphitenpläner Hannovers. 

Es ist hier nun besonders die Frage wichtig, ob Ammonites Cottae 
Roem. gleichfalls derselben Art angehöre. Was diese Form aus dem 
Plänerkalk von Hundorf anbelangt, so ist diess nicht zweifelhaft. 
Es liegen mir aber sehr zahlreiche Exemplare aus den Priesener Schichten 
von Priesen, von Rannayberg u. s. w. vor, die diess nicht erkennen 
lassen. Nicht wenige Exemplare sind vollständig erhalten und zeigen, 
dass der meist verkieste oder in Eisenerz umgewandelte Hauptschalentheil 
der inneren Windungen mit der abstehenden äusseren Windung voll- 
ständig Scaphiten-artig zusammenhängt. Die Form ist in der That 
ein Scaphites- Die Ammoniten-ähnlichen inneren Windungen tragen 
ganz den Charakter des Ammonites Cotiae Roem.; sie sind glatt, und 
werden erst weiter nach Aussen auf der Externfläche gerippt; die nach 
Innen schwache, nach Aussen stärkere Rippen gabeln sich an einem 
kaum bemerkbaren Knötzchen ; auch setzt sich hier und da eine Zwischen- 
falte ein. So erreicht die Schale vier Windungen; dann erst trennt 
sich der äussere Umgang als Wohnkammer ab und es beginnt eine 
Aenderung in der Schalenverzierung. Die angedeuteten Knötchen treten 
deutlich hervor, es laufen von ihnen je 2 feine Falten über die Extern- 
fläche und dazwischen setzen noch weitere 2 Falten sich ein. Gegen die 
Mündung zieht sich die Schale etwas knieförmig zusammen und schliesst 


575 


mit einem Mundsaum. Die feinen Rippchen und die viel zahlreichern 
Knötchen (30 auf einen Umgang, gegen 20 bei Scaphites Geinitzi) scheinen 
diese Art der Priesener Schichten von jener der Hundorfer zu trennen. 


Scaphites Cottai Roem. spec. 
Ammonites Cottae (Roem.) Rss. 


Nach der eben. gegebenen Darstellung unterscheidet sich diese Art 
von der vorigen Species. An einem Exemplar sieht man an der 
Mündung ein Ohr, sehr ähnlich, wie es bei den lingulaten Ammoniten vor- 
zukommen pflegt. Diess nähert die Scaphitenform in dieser Hinsicht 
wieder den Ammoniten. 


Fundstufe: Priesener Schichten von Priesen, böhm. Kamnitz, 
Ranayerberg. 


Ammonites Germari Reuss. 


Dieser höchst seltene Amaltheen-artige Ammonit besitzt einen deut- 
lich tief abgegrenzten, feingekerbten Kiel und einfach gegen Aussen 
nach vorwärts gebogene geknotete Rippen. Das einzige mir vorliegende 
Exemplar ist nicht gut genug erhalten, um zu entscheiden, ob wir es 
hier mit einem wirklichen Amaltheen oder mit einem Cristaten zu thun 
haben. Geinitz vergleicht die Art mit Am. Woollgari Mant. (A. caro- 
linus d’Orb.); näher stellt sie sich der indischen Art Stolitzka’s, dem 
Ammonites serrato-carinatus, der einen mit entfernt stehenden sägeähn- 
lichen Kerben verzierten Kiel trägt, wodurch er sich von dem fein- 
gekerbten Ammonites Germari leicht unterscheidet. 


Aus den Hundorfer Schichten von Wolenitz bei Koschtitz. 


Ammonites peramplus Mat. 


Sehr typische Exemplare sind in Böhmen häufig in den Mallnitzer 
Schichten von Cenciz, in den Hundorfer Schichten von Laun und 
Hundorf, im Mittelpläner (Plänersandstein vom weissen Berg bei Prag), 
und insbesondere in dem sog. Isersandstein. 


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576 
Ammonites Woollgari Mant. 


Ammonites rhotomagensis Rss. (n. Defr.) 


? Ammonites carolinus d’Orb. 


In 5 Exemplaren liegt mir diese Art vor, von denen 3 Exemplare 
aus den Mallnitzer Schichten von Mallnitz, Cenciz und Laun, 2 Exem- 
plare vom weissen Berg bei Prag aus dem im Alter gleich stehenden 
sog. Plänersandstein unter der dortigen Forminiferen-Schicht stammen. 
Alle stimmen unter sich und mit der durch Sharpe näher fixirten Art 
auf das Genaueste überein. 


Ammonites Cunnigtoni Sharpe. 


Ein grosses Exemplar mit dicken, rundlichen Umgängen, fast qua- 
dratischem Querschnitte und spärlichen Rippen, welche auf den Seiten 
dornig geknotet, auf der Externfläche mit etwas verwischten Knoten 
verziert sind, zeigt zwischen je zwei Seitenrippen noch zwei andere 
Rippen auf der Externfläche, die gegen die Seiten hin verschwinden; 
mit Zuzählung des Kielknotens sind hier mithin drei Reihen Knoten 
vorhanden, nämlich je ein Knoten zur Seite und der Knoten des Kiels. 
Bisweilen ist eine dieser Externrippen mit den Hauptrippen durch eine 
schiefe Wulst verbunden. Der Knoten der Seitenrippen, welcher oben 
an der Externfläche steht, ist stets sehr verlängert; dornartig vorstehend 
und der grösste von allen. Die Uebereinstimmung mit Sharpe’s Dar- 
stellung ist so gross, dass ich kein Bedenken trage, die böhmische Art 
hierher zu rechnen. 


Fundstufe: Hundorfer Schicht in dem glauconitischen Mergel am 
Egerufer bei Laun. 


Belemnites plenus Blain. spec. 


Diese Art findet sich selten neben Trigonia sulcataria in dem tiefsten 
Unterpläner an der Mühle bei Kl.-Herrndorf. 


577 


Diese wenigen Bemerkungen über einige Versteinerungsarten aus 
dem böhmischen Pläner werden genügen, auch in paläontologischer 
Beziehung den innigen Zusammenhang der verschiedenen Provinzen des 
hereynischen Procängebiets erkennen zu lassen. Da in diesem 
ganzen hercynischen Gebiete Ablagerungen älterer Zeit (Galt und Neacom- 
bildungen) gänzlich fehlen, so muss man annehmen, dass in Folge einer 
dislocirenden Katastrophe eine Einwanderung dieser Fauna, wahrschein- 
lich von Norden ‘aus dem subhercynischen Gebiete in das neugebildete 
hercynische Plänermeer stattgefunden habe, und wird es aus der Iso- 
lirung der in ein ganz neues Gebiet eingewanderten Thierwelt und aus 
ihrer Abgeschlossenheit leicht erklärlich finden, dass hier eine sehr 
eigenthümliche Fortentwicklung, bedingt durch die äusseren Verhältnisse 
der Existenz, stattgefnnden habe. 


» 


en 


Beiträge 
Foraminiferenfauna 
der 


nordalpinen Eoeängebilde. 


Von 


C. W. Gümkel. 


Abh.d.II.C1.d.k.Ak.d. Wiss.X. Bd. II. Abth. 74 


A} 


oghiliod 


- = _ 


EDS.) 


 saustasseliniasıoT 


‚sosiglehror 


Beiträge 


zur 


Foraminiferenfauna 


der 
nordalpinen, älteren Eocängebilde oder der Kressenberger 
Nummulitenschichten. 
Von 


C.-W. Gümbel. 


In dem Abschnitte meines Werkes: „Geognostische Beschreibung 
der bayerischen Alpen, 1861, Gotha b. Just. Perthes‘‘, welcher von 
den in den älteren Eocängebilden am Nordrande unseres Alpengebirgs 
eingeschlossenen organischen Ueberresten handelt, wurde, abgesehen von 
den Nummuliten und einigen anderen grösseren Foraminiferen- 
Arten, des Vorkommens dieser kleinen Thierformen nur vorübergehend 
gedacht. Es waren mir bei Abfassung jenes Abschnittes ausser den 
Nummuliten überhaupt nur wenige Species der Foraminiferen bekannt, 
welche bis dahin in den älteren eocänen oder den sog. Kressen- 
bergerNummulitenschichten aufgefunden worden waren, (a.0.8.536 und 
653). Erst die Entdeckung weicher schlämmbarer Mergel im Traunthale, 
bei dem Orte Hammer, welche dort den sog. Granitmarmor begleiten 
und in welche dieser selbst stellenweise übergeht, gab Veranlassung, 
mich von dem Reichthume an kleineren Foraminiferen in diesen 
Gebilden zu überzeugen. Nachdem einmal dieser Fund gemacht war, 

74* 


582 


glückte es mir, an fast allen Orten, wo der sog. Granitmarmor vor- 
kommt und mit Mergel wechsel-lagert oder in ein mergelreiches, durch 
Verwitterung bröcklich zerfallendes Gestein übergeht, ähnliche Einschlüsse 
von Foraminiferen (ausserderNummuliten) nachzuweisen und durch 
Auswaschungen zu gewinnen. Aber auch selbst der dunkelgraue thonige 
Sand und Sandmergel, welcher in dem sog. Jobsensteinbruche un- 
weit der Weitwies d.h. unmittelbar bei dem Kressenberg aufgeschlossen 
ist, enthält ausser zahllosen kleinen und grossen Nummuliten eine nicht 
unbedeutende Menge anderer Foraminiferen-Arten in sehr gutem 
Erhaltungszustande, während, abgesehen von den grossen nummuliten- 
artigen Formen, in den harten, nicht schlämmbaren Sand- und Eisen- 
erzflötzen eine vielleicht nicht minder grosse Anzahl nur in Trümmern 
und Bruchstücken von den in ihre einzelnen Kammern zerfallenen Exem- 
plaren oder in fast unkenntlichem oft überrindetem Zustande umhüllt 
und als Steinkerne eingeschlossen ist, wie diess von Ehrenberg (,‚über 
den Grünsand u. s. Erläuterung des organischen Lebens“ in Abh. d. 
Akad. d. Wiss. zu Berlin für 1855 ausgegeben 1856, 8.136 u. ff.) längst 
erkannt und nachgewiesen worden ist. Dass auch der sehr feste Num- 
mulitenkalk, der sog. Granitmarmor und der rauheHornstein- 
kalk solche organische Reste von kleinen Foraminiferen umschliessen, 
bedarf demnach wohl keiner besonderen Erwähnung. Jede angeschliffene 
und polirte Fläche derselben zeigt uns die Durchschnitte zahlreicher 
Arten. 

Mehrere Jahre lang fortgesetzte Untersuchungen dieser Schichten 
in Bezug auf ihre Einschlüsse an Foraminiferen und die gefälligen Mit- 
theilungen eines reichen Materials durch Herrn Apotheker Pauer in 
Traunstein, für dessen uneigennützige Unterstützung ich mich zum wärm- 
sten Danke verpflichtet fühle, haben mir nach und nach so zahlreiche 
merkwürdige Arten derselben geliefert, dass ich es jetzt als an der Zeit 
erachte, hierüber einen Nachtrag zu meiner früher erwähnten Arbeit 
über die Fauna der Kressenberger-Nummulitenschichten zu 
liefern. 

Diese Untersuchung ist nicht bloss im Allgemeinen von Interessen, 
indem sie uns mit z. Th. neuen, z. Th. schon bekannten Arten, aber 
an bisher unbekannten Oertlichkeiten und in neuen Schichten und Stufen 


583 


des Tertiärgebirgs bekannt macht, sondern sie verspricht noch ganz 
insbesondere lehrreiche Aufschlüsse zu geben über die Wechselbeziehungen 
zwischen der Foraminiferenfauna dieser älteren Tertiärablagerungen und 
den diesen an mehreren Punkten unmittelbar zur Unterlage dienenden 
jüngeren Kreideschichten. Auch lassen sich durch Vergleichung dieser 
Fauna mit derjenigen gleichalteriger Sedimente in anderen Gegenden 
und Tertiärbecken wichtige Anhaltspunkte zur Beurtheilung der Aehn- 
lichkeit und Unähnlichkeit in der früheren Bevölkerung gleichzeitiger 
und benachbarter Meeresbecken gewinnen. Diess führt uns endlich zu 
Betrachtungen über Umfang, Ausbreitung und Zusammenhang der 
allgemeinen Wasserbedeckung während der ältesten Tertiärzeit. 

Es scheint zwar diese Classe von Thierresten, von welcher hier die 
Sprache ist, nicht sehr geeignet, ergiebige Studien in den so eben an- 
geführten Richtungen vorzunehmen. Denn von Foraminiferen werden 
häufiger, als es bei höher organisirten Thieren der Fall ist, Arten ange- 
führt, welche in nicht zu unterscheidenden Formen durch mehrere For- 
mationen, ja Perioden hindurch fortexistirten und demgemäss in sehr 
verschiedenartigen ungleichalten Schichten eingeschlossen gefunden 
werden. Auf der anderen Seite aber sehen wir gerade bei dieser Thier- 
Classe eine oder mehrere verwandte Formengruppen — die sog. Num- 
muliten — zwar nicht zum ersten!) Mal auf Erden, aber zum ersten Mal 


1) Es wurden schon mehrfach Nummuliten-Arten aus älteren, vortertiären Schichten, besonders 
aus Gliedern der Procän- oder Kreideformation angegeben (Bronn’s Lethaea geogn. VI. 
S. 213); aber immer blieben Bedenken gegen diese Angaben unbeseitigt. Erst neulich hat 
nun Fraas in seinen geologischen Beobachtungen aus dem Orient mehrere Nummuliten- 
Arten (N. variolaria Sow. var. prima Fraas N. arbiensis Conr. und N. cretacea Fraas, letztere 
aus anstehendem Hippuritenkalk des Wadi Jös bei Jerusalem) angeführt, welche er als un- 
zweifelhafte Kreide-Nummulitenansieht Dadurch wäre denn auch das plötzliche, massen- 
hafte Auftreten dieses Geschlechtes in der ältesten Tertiärzeit dieses Erdstrichs leichter 
erklärlich, weil sich in diesen zugleich die nächsten Vorläufer der Tertiärarten gefunden hätten. 

Aus älteren Formationen, nämlich aus dem Bergkalke von Mjatschkowa bei Moscau 
führt bereits Rouiller (Bull. dela soc. des Natur. de Moscau 1849 Nr. II. S. 337 pl.K. F. 69 
et 77 eine Nummulina (N. antiquior) auf, für die” jedoch Eichwald in seiner Lethaea 
rossica (5 libraison 1859 S. 352) eineden Nummuliten nahe verwandte Gattung „Orobias‘ auf- 
stellen zu müssen glaubt. Zugleich macht er uns mit einer zweiten Species aus denselben 
Schichten bekannt, die er Orobias aequalis Eichw. benennt. Indessen kann man aus diesen 
Angaben, die sich nicht auf gründliche mikroskopische Untersuchungen stützen, weder die 
Ueberzeugung gewinnen, dass diese merkwürdigen Formen wirklich zu Nummulina gehören, 


584 


in einer erstaunlichen Artenfülle zur Tertiärzeit in der Reihe der lebenden 
Wesen zum Vorschein kommen und sich über einen, wie es scheint, räum- 
lich scharf abgegrenzten, sehr ausgedehnten Flächenraum der Erde — in 
einem schmalen Striche von den Pyrenäen bis zu den östlichen Theilen 
Asiens — verbreiten.!) Nur wenige Arten schweifen über dieses alpine 
Gebiet Europa’s und Asien’s bis in die Tertiärbecken von Nordfrank- 
reich, Belgien und Südengland hinüber, und es darf angenommen werden, 
dass kaum mehr als einzelne Arten die Zeit, während welcher sich die 
erste Stufe der Tertiärperiode bildete, überdauerte und dass dieses Ge- 
schlecht aus dem Reiche der jetzt lebenden Thierwelt ganz verschwunden 


noch sich von der Berechtigung eines neuen Geschlechtes überzeugen. Für die allgemeinere 
Auffassung ist es fast von gleicher Bedeutung, ob das Genus Nummulina, oder ein ihr sehr 
ähnliches bereits zur carbonischen Zeit existirte. Es genüst hier festzustellen, dass der 
Typus dieses in jüngeren Formationen so Arten- und Individuen-reichen Geschlechtes bereits 
frühzeitig vorgebildet war und dass damit die Möglichkeit einer weiteren Fortentwicklung 
dieser Formreihe gegeben ist. Zeuschner’s Angabe (N. Jahrb. f. Mik. 1842 3. 429), 
dass Nummuliten in der Tatra in Lias vorkämen, beruht auf einer irrigen Auffassung der 
dortigen Lagerungsverhältnisse. 


Auch Buvignier beschreibt (1852) eine jurassische Art: Nummulina Humbertina aus 
oberjurassischem Astarten-Mergel am SO.-Rande des Pariser Beckens (Statistique geol. d. 
Dep. de la Meure 1852), ohne dass seither dieser Fund weiter bestättigt oder widerlegt 
wurde. Einen sehr ähnlichen organischen Körper habe ich selbst aus den oberjurassischen 
Schichten von Krummbach bei Amberg in Franken erst jüngst, aber leider nur in zwei Exem- 
plaren gesammelt. Derselbe ist, wie fast alle Versteinerungen dieses interessanten Fund- 
punktes in Hornstein verwandelt und desshalb an der Oberfläche nicht gut erhalten. Der 
im Ganzen linsenförmige, in der Mitte mässig gewölbte, im Durchmesser 4,5 mm. haltende 
und in der Mitte 1,0 mm. dicke Körper besitzt gegen 5 Spiralumgänge, welche, äusserlich 
durch die seitlich übergreifende Kammerverlängerung 'verdeckt, nicht sichtbar sind; die 
Oberfläche erscheint daher glatt. Die innere Struktur stimmt im Allgemeinen mit jener 
der Nummuliten, deren Flügelkammern ganz fehlen, so dass die Seiten nur mit Verdickungs- 
schichten ohne Lateralöffnungen bedeckt sind. Die Struktur der Schale und Kammer- 
zwischenwände, das Kanalsystem und die Kammerverbindungen sind die nämlichen, wie bei 
Nummulites, so dass ich kein Bedenken trage, auch diesen organischen Körper den Num- 
muliten anzureihen und ihn als Nummulites jurassica zu bezeichnen, weil ich nicht wage, 
ihn mit Buvignier’s Species zu vereinigen. Die fränkische Art besitzt nämlich geringere 
Dicke (1,0 mm. gegen 2,0 mm.), keine nabelförmige Erhöhung in der Mitte und viel weniger 
zahlreiche Kammern von grösseren Dimensionen (0,6 mm. hoch und 0,4 mm. breit), als die 
Art des Astartenmergels. Von schief verlaufenden radienförmigen Streifehen an der Ober- 
fläche sind deutliche Spuren nicht zu erkennen, was möglicher Weise von der corrudirten 
Oberfläche herrühren kann. 


1) d’Archiac, Descript. d. anim. fossiles du graupe nummulitique de l’Inde; 1853 p. 76. 


585 


ist.!) Gerade dieser Umstand der fast ausschliesslichen Entwicklung 
ganzer Gattungen der Foraminiferen in denjenigen alttertiären 
Schichtgesteinen, deren organische  Einschlüsse wir zum Gegenstand 
unserer Untersuchung gewählt haben, macht es ganz insbesondere wün- 
schenswerth, nachzuforschen, in wie weit diese Ausschliesslichkeit auch 
auf andere Gattungen oder Arten der Foraminiferen sich erstreckt. 

Wir wissen bereits aus der genaueren Untersuchung der tieferen 
Schichten des Tertiärbeckens von Paris, mit dessen Gestein unsere Num- 
mulitenschichten am Fusse der Alpen von gleichem Alter sind, dass 
dort neben den Nummuliten auch andern Gattungen in vielen Arten 
und oft in ungeheurer Individuen-Anzahl vorkommen — wie gewisse Mi- 
liola- und Alveolinen- (Borelis)-Arten, — dass ganze Gesteins- 
schichten fast ausschliesslich aus deren Ueberresten bestehen. Solche 
Gesteine tragen von diesen Einschlüssen dann auch ihren besonderen 
Namen: Milioliten-, Alveoliten- (oder Borelis-) Kalk. Da die 
Nummuliten in den Gesteinsschichten unserer Alpenvorberge min- 
destens ebenso häufig an Individuen und viel reicher an Arten, als in 
gewissen ausseralpinen Schichten sich finden, so ist es für unsere Ver- 
hältnisse eine Frage von grossen Interessen, ob auch jene die Num- 
muliten gewöhnlich begleitenden ausseralpinen Arten bei uns wieder- 
kehren, oder durch andere Formen vertreten seien. 

Auch nach anderer Richtung versprechen unsere Untersuchungen 
Bedeutung zu gewinnen, indem sie den Unterschied klar machen können, 
welcher zwischen den älteren und zwar Zunächst den Kreide-Foramini- 
feren-Faunen und der Fauna unserer Nummulitenschichten besteht. 
Diess erlangt durch den Umstand noch ganz besondere Wichtigkeit, 
dass beide Bildungen, die der Procän- (Kreide) Formation und die Num- 
mulitengesteine mehrfach unmittelbar benachbart gelagert sind oder 
sich direkt berühren, wodurch es möglich wird, die organischen Ein- 
schlüsse beider Bildungen gleichsam von einer Fundstelle mit einander 
zu vergleichen. 


\) Reuss, Entwurf u. system. Zus. der Foraminiferen. Sitzb. d. Wiener Acad. Bd. 44. 1861 
S. 391. 


586 


Es bietet sich hierbei zugleich Gelegenheit zu untersuchen, in 
welchem Maasse — wie diess von höher organisirten Thierarten seltener 
bisher festgestellt werden konnte — einzelne Species von den tieferen 
oder älteren Sedimenten — in die jüngeren übergehen und ob diese Er- 
scheinung sich etwa durch die Annahme erklären lasse, dass diese in 
das jüngere Gestein übergegangenen Arten der älteren Formation viel- 
leicht durch Aufschlämmen aus der ersten Lagerstätte fortgeführt, in das 
jüngere Gestein auf sekundärer Lagerstätte wieder eingebetten wurden. 

Es finden sich nämlich in nächster Nähe des durch seine reichen 
Nummulitenschichten berühmten Kresserberges und unmittelbar 
an demselben einerseits schwarzgraue, versteinerungsreiche Mergel der 
jüngeren Alpenkreide oder der sog. Gosaubildung und andererseits 
lichtgraue Kalkmergel der jüngsten Kreideabtheilung mit Belemnitella 
mucronata (Senonbildung) als Unterlagen unter den Nummulitenschichten 
ausgebreitet. Dasselbe Verhältniss der unmittelbaren Aufeinander- 
lagerung lässt sich auch in Gerhartsreither oder Götzreuther 
Graben bei Siegsdorf direkt beobachten. 

Das enge Traunthal schliesst nämlich von Traunstein an in 
südlicher Richtung in rascher Folge die überaus versteinerungsreichen 
Molasseschichten auf und zwar von der jüngeren neogenen Meeres- 
molasse (an der Hammerschmiede in Traunstein und am Gehänge der Traun 
unterhalb «der Hasslacher Mühle), durch die Zwischenstufe der 
gelben Blättermolasse!), hier erfüllt mit Fischresten (Meletta spec.) 
Blätterabdrücken und Süsswasserconchylien (an der blauen Wand) bis 
zur oligocänen?) oder unteren Molasse, welche in ihren zwei 
Stufen entwickelt, in der oberen durch ein Pechkohlenflötz am Buchberg 
und in der unteren durch die Sandmergel des Thalberg- oder Doll! 
berggrabens mit sehr gut erhaltenen und sehr zahlreichen Versteiner- 
ungen ausgezeichnet ist. In den organischen Einschlüssen der älteren 


1) Siehe meine Beschreib. der geogn. Verh. des bayer. Alpengeb. S. 770. 


2) Es scheint auf einer Begriffsverwirrung von Oligocän und Eocän zu beruhen, wenn der 
Hr. Verfasser der Lethaea Südbayerns 5.310 Anm. Sandberger und mir zumuthet, die Mo- 
lasse für eocän erklärt zu haben. 


587 


Molassemergel des Thalbergsgraben begegnet uns eine interessante Er- 
scheinung, die mit der vorliegenden Aufgabe in engerer Beziehung steht. 
Ausser den in meinem Werke über die bayerischen Alpen aus diesen 
Schichten und von dieser ergiebigen Fundstelle (S. 700) aufgeführten 
Arten sind mir seitdem durch neuere Nachforschungen noch zahlreiche 
Formen zugekommen, von welchen mehrere nach den Bestimmungen 
meines verehrten Freundes und trefflichen Kenners der Tertiärfauna 
Prof. Frid. Sandberger’s als neu zu betrachten sind, während andere 
mit bereits bekannten als identisch sich erwiesen haben. Es wird dadurch 
die schon früher ausgesprochene Annahme, dass diese Schichtenreihe 
dem Oligocän einzuleiben sei, aufs Neue unbestättigt. 

Merkwürdiger Weise finden sich in denselben Gesteinsstückchen aus 
dem Thalberggraben, welche diese oligocänen Thierformen umschliessen, 
auch Nummuliten und zwar keineswegs sehr vereinzelte Exemplare. 
Es sind grosse Formen, welche, wie jene des Granitmarmors, ver- 
kalkt sind und auch der Gestalt nach mit Arten dieses Gesteins, nicht 
etwa mit jenen übereinstimmen, die Bornemann (Zeitsch. d. deutsch. 
geol. Gesellsch. XII, 8. 158 t. VI. £. 3—9) aus dem Unteroligocän von 
Westeregeln beschreibt, oder mit der Art des ebenfalls oligocänen Asterien- 
kalkes von Bordeaux (Nummulites Garansiana Renev.). Der Erhaltungs- 
zustand der Exemplare aus dem Oligocänmergel des Thalberggrabens 
lässt uns in keinem Zweifel über ihren Ursprung. Alle sind nämlich 
abgerollt, zerstückelt und an den dünnen Rändern durchgehends abge- 
brochen. Unter diesen Umständen müssen diese Einschlüsse als auf 
sekundärer Lagerstätte befindlich betrachtet werden und es ist an- 
zunehmen, dass sie aus dem leicht zerstörbaren Mergel der benachbarten 
Nummulitengebilde, welche in den höheren Theilen des Traunthales 
reichlich entwickelt vorkommen, ausgewaschen und in die Molasse einge- 
schwemmt wurden. 

Vom Thalberggraben aufwärts verhindert der unermessliche Schutt, 
der an den Thalrändern angehäuft ist und selbst über die höheren Theile 
der Vorberge reicht, die Beobachtung des direkten Zusammenschlusses 
der tieferen Gesteinsschichten. Nur von Stelle zu Stelle tauchen ein- 
zelne Schichtenköpfe aus der Ueberdeckung hervor oder werden von 
dem tief eingegrabenen Wasserrinnsal der Traun blossgelegt. So sehen 

Abh.d. II. C1.d. k. Ak.d. Wiss. X. Bd. II. Abth. 75 


588 


wir an der Brücke der Wernleiten unterhalb Siegsdorf dünnplattigen 
Molassesandstein durch das Bett der Traun durchstreichen und den 
tieferen Untergrund des nächsten Hügels, in dem ein Keller eingegraben 
wurde, ausmachen. Diese Molasseplatten beherbergen Fischreste, 
ähnlich jenen des Glarner Fischschiefers (Palaeorhynchus giganteus And. 
Wagn., Alosina salmonea„And. Wagn. u. A.) und weisen auf einen merk- 
würdigen Zusammenhang mit dem fernen Westen hin. Spuren ähnlichen 
Plattensandsteins trifft man auch noch im Orte Siegsdorf selbst an. 

Gewöhnlich stellen sich hinter d. h. südwärts von der Molassen- 
region in den ersten Vorbergen der Alpen Gesteinsbildungen eigenthüm- 
licher Art ein, die man von der Schweiz her als Flysch zu bezeichnen 
sich gewöhnt hat. 

Solche Flyschmergel, welche durch die häufig in ihnen vorkom- 
menden Fukoiden (Chondrites intricatus, Ch. Targioni) und Helminthoiden 
so bestimmt charakterisirt sind, fehlen im Traunthale zunächst südlich 
von der Molasse und erscheinen erst viel weiter im Süden, im Fürberg, 
in dem Hügel, worauf das Kirchlein ‚‚Mariaeck‘‘ steht, im Disselwalde, 
Sulz- und Teisenberge. Der meist durch eine Terraineinbuchtung zwischen 
dem Zug der Molassehügel und den hohen Vorbergen der Alpen schon 
äusserlich wohl abgegrenzte Zwischenraum wird von den Gebilden der 
sog. Numulitenschichten und der zunächst älteren Gesteine der 
Procän- (Kreide-) Formation eingenommen. Diess findet insbeson- 
dere auch im Traunthale zwischen Molasse- und Flyschgebiet statt. 

An nicht wenigen Punkten gehen in der nächsten Nähe des Traun- 
thales bei Siegsdorf neben der Molasse zuerst dunkel-schwarz-graue, 
sandige Mergel zu Tag aus, welche gemäss ihrer zahlreichen, organischen 
Einschlüsse den sog. Gosau- und Belemnitellenschichten der Alpen 
im Alter gleichkommen. 

Ich fand diese Schichten anstehend in dem Hohlwege vor der 
Barbara-Halde an der Erzstrasse von Siegsdorf nach dem Kressenberg, 
ohne deutliche Versteinerungen mit Ausnahme von Foraminiferen der 
Belemnitellen-Schichten. Auf ähnliche Mergel an dem Wege hinter 
Siegsdorf bei der Höpflinger Mühle hatte Herr Apotheker Pauer mich 
aufmerksam gemacht, in dessen Begleitung ich diese Fundstelle später 
besuchte. -Fortgesetzte Untersuchungen der nächsten Umgebung lehrten 


589 


nun noch mehrere Fundorte des zu Tag ausgehenden Procänmergels 
kennen, so z. B. in einer kleinen Mergelgrube beim Lohmann zwischen Eisen- 
arzt und Bergen am Fusse des Fürbergs und in einem Seitengraben des 
Höllgrabens bei dem Bade Adelholzen. Am schönsten und ausgedehn- 
testen sind die Schichten jedoch in dem Graben aufgeschlossen, welcher 
durch den waldigen Bezirk zunächst N. von dem Gehöfte Gerhartsreit 
oder Götzreuth gegen die Höhe des Wollsberg hinaufreicht. Die 
schwarzgrauen, glimmerhaltigen, düunschichtigen Mergel, in dem mittlern 
Theile des Grabens unter dem Gerölle aufgeschlossen, enthalten ausser- 
ordentlich zahlreiche, meist sehr wohl erhaltene Thierreste, darunter sehr 
viele Foraminiferen (vergl. l. c. S. 557 u. 568). Die Schichten streichen 
nahezu von W. nach O. und fallen, wenigstens an einer Stelle, die nicht 
durch Schichtenabrutschung eine Aenderung erlitten zu haben scheint, 
unter 65° nach Norden. Unter den zahlreichen Erfunden der neuesten 
Zeit, welche das fortgesetzte Ausbeuten dieser Schichten ergab, sind uns 
bei dieser Gelegenheit vor Allen jene an Foraminiferen von grösster 
Wichtigkeit. 

Schon in den oberen Theilen des Grabens begegnet man häufig 
Fragmenten von Granitmarmor, die von Nummuliten strotzen und noch 
höher herabgeschwemmter, kalkiger Erde voll von den kleinen organ- 
ischen Ueberresten des Nummulitenkalkes und des ihn begleitenden 
grünen Mergels. 

Wo oben der Hügel sich zu ebnen beginnt, stehen nun auch die 
Nummulitenschichten selbst an. Obwohl Schutt und Geröll hier 
zwischen den letzten, obersten Gosauschichten und den ersten, untersten 
Nunmulitenkalkbänken liegt, so dass eine unmittelbare Aufeinander- 
lagerung beider nicht direkt entblösst ist, so kann doch darüber kein 
Zweifel bestehen, dass die Nummulitenschichten unmittelbar und zwar 
abweichend (Einfallen in St. 12 im 60° nach Süden) auf den Gosau- 
mergeln aufruhen. 

Da gerade die weichen Mergel der Nummulitengebilde dieses Fundortes 
zahlreiche Foraminiferen enthalten und zu gewinnen gestatten, so ergiebt 
sich dadurch eine sehr passende Gelegenheit, die Foraminiferenfauna dieser 
Schichten mit jener des unmittelbar darunter gelagerten Gosaumergels 
zu vergleichen. 

19° 


590 


Nicht weit von dieser Stelle, etwas mehr östlich und näher gegen 
den Eisenerzbergbau am sog. Kressenberg findet ein ähnliches, nicht 
minder interessantes Lagerungsverhältniss zwischen den durch Bergbau 
aufgeschlossenen Schichten der Nummulitenformation und einer Schichten- 
reihe, welche nach lithologischen und paläontologischen Charakteren 
zwar der alpinen Kreideformationen angehört, aber eine andere, höhere 
oder jüngere Stufe, als jene im Gerhartsreiter Graben — nämlich die 
Stufe der Belemnitella mucronata darstellt, statt. 

Um für den ärar. Eisenerzbergbau am Kressenberg eine möglichst 
tiefgelegene Wasserseige zu erhalten, hat man von der sog. Pattenau 
den tiefen Pattenauer Stollen in der Richtung von NW. nach SO. zu 
treiben angefangen. Der Stollen steht vom Mundloch an in den Geröll- 
und Schuttmasseen, welche hier, wie erwähnt, die Oberfläche weit und 
breit bedecken. Endlich fuhr man festes Gebirge an und zwar licht- 
grauen, sehr festen, dunkelgeflammten, schwefelkiesreichen Mergel, der 
nach der Gesteinsbeschaffenheit sehr von dem weichen, dunkelschwarzen 
Gosaumergel abweicht und seine zahlreichen Versteinerungen auch in einem 
ganz anderen Erhaltungszustande, als dieser, umschliesst. Im Gosaumergel 
besitzen die Muscheln und Schnecken ihre wohl erhaltene Schale oft 
noch mit irisirendem Glanze, in den Pattenauer festen Mergeln dagegen 
ist die Schale kalkig verhärtet, oder man findet bloss Steinkerne. Was 
nun aber die Arten von org. Einschlüssen anbelangt, welche in beiden 
bis jetzt beobachtet wurden, so weisen diese einen Niveauunterschied 
auf das Bestimmteste nach, wie ich bereits früher (vgl. l. c. 8.533 und 
575) festgestellt habe. Zahlreiche Foraminiferen, Micraster coranguinum, 
Östrea vesicularis, Inoceramus, Cripsi, Scaphites ornatus, Hamites biplicatus, 
ganz insbesondere Belemnitella mucronata, welche Arten im Pattenauer 
Mergel, nicht aber im Gosaumergel vorkommen, genügen für die Fest- 
stellung der Senonstufe der ersteren, während die Gosauschichten be- 
kanntlich als Aequivalente der älteren Stufen zu betrachten sind. 

Dieser Mergel vom Alter der senonischen Kreide steht auch 
vermöge der Stelle, die er im Gebirge einnimmt, mitten zwischen dem 
älteren Gosaumergel, welcher an zahlreichen Punkten der Voralpen zu 
Tag ausstreicht, und den Nummulitengebilden, wie solche im SO. am 
Kressenberge durch den Bergbau aufgeschlossen sind. Es ist zu ver- 


591 


muthen, dass dieser im Pattenauer Stollen angefahrene, obere Kreide- 
mergel das unmittelbar Liegende der Kressenberger Nummuliten- 
schichten bildet, ein Verhältniss, welches beim Fortbetrieb des Stollens 
der direkten Beobachtung würde zugänglich gemacht worden sein, wenn 
derselbe nicht inzwischen wäre aufgelassen worden. 

Das Glied der Nummulitenformation, welches, wenn auch nicht 
das an Foraminiferen reichste, so doch ausgiebigste, der sog. Granit- 
marmor und der diesen begleitende Mergel, bildet wesentliche und 
charakteristische Lagen unserer alpinen Tertiärschichten, welche, wie die 
Aufschlüsse in der Nähe des Bergbaues am Kressenberg lehren, eine 
etwas tiefere Stellung, als die Eisenerzflötze selbst einnehmen, aber zu 
derselben Schichtenreihe gehören. 

Es dürfte zweckmässig sein, über die einzelnen Fundorte, von 
welchen bisher Foraminiferen in den Schichten der Nummulitenbild- 
ungen unserer Alpen bekannt wurden, einige orientirende Bemerkungen 
gleich hier anzufügen. Wir reihen dieselbe in der Richtung von West 
nach Ost aneinander. gi 

In dem Westdistrikte, in der Umgebung des Grünten und bei 
Sonthofen bilden die dem Granitmarmor entsprechenden Nummiliten- 
kalke an zahlreichen Punkten hochaufragende Felsenriffe in der Nähe 
der auch dort vorkommenden Eisenerzflötze. Zu den bemerkenswerthesten 
Punkten sind die alte Burg bei Burgberg, der Starzlachwasserfall, die 
Felsen am Kotters, Moostrauf, des Fluchensteins und an den Fuchslöcher 
bei Tiefenbach, sämmtlich südlich vom Grünten und bei Wangeritz am 
Nordgehänge desselben zu zählen. Leider finden sich hier keine weichen 
schlämmbaren Mergel neben dem Nummiltenkalk, welche es möglich 
machen würden, die auch hier durch zahlreiche Durchschnitte in dem 
festen Kalke nachweisbaren Foraminiferen isolirt, gut erhalten und der 
Art nach genau bestimmbar zu gewinnen. 

Auch die Eisenerzflötze am Grünten selbst und in seiner Nachbar- 
schaft enthalten, ähnlich wie jene am Kressenberg, aber viel weniger 
häufig Nummuliten und grössere Foraminiferen. 

Von diesem Nummulitengebiete des Westens müssen wir weit ost- 
wärts am Rande der Alpen fortgehen, um wieder auf analoge Schichen 
zu stossen. Diess ist zuerst wieder in der Gegend von Tölz der Fall. Hier 


592 


zieht am Nordgehänge des Blombergs von Enzenau unter dem Stallauer- 
Eck über die Jodqnelle am Sauersberg und den Wackersberg bis zur 
Bockleiten am Isarthale ein schmaler Zug der Nummulitengesteine 
häuptsächlich in der Beschaffenheit des röthlichen, rauhen Quarzkalkes 
(Enzenauer Marmors) fort. Nahe oberhalb Bockleiten im Isarthale nimmt 
der Kalk ganz die Natur des Granitmarmors an und der Steinbruch, 
welcher dort auf diesem Lager angelegt ist, deckt zugleich auch weiche 
schlämmbare Mergel (Einfallen in St. 12 mit 60° nach $.) auf, welche 
die ganze kleine Thierwelt, wie am Kressenberge und im Götzreuther 
Graben, beherbergen. Es ist bemerkenswerth, dass auch die unterhalb 
Bockleiten gefasste Jod-haltige Quelle den Mergeln der Nummulitenschichten 
entspringt. Versteinerungsarmer Mergelthon in grosser Mächtigkeit 
scheidet hier im Isarthale Nummulitenbildung und die nördlich vorliegende 
oligocäne Molasse, wie sie oberhalb und unterhalb der Tölzer Brücke 
mächtig ansteht nnd zahlreiche Versteinerungen umschliesst. Nach 
neuer, beträchtlicher Unterbrechung ist der Nummulitenkalkfels in geringer 
Entblössung wieder im Leitzachthale etwas unterhalb der Mündung des 
Kaltenbachs am Fusse des Gschwendbergs (Einfallen in St. 92 mit 40° 
nach N.) von mir nachgewiesen worden. Doch ist das Vorkommen auf 
eine sehr kleine Strecke und auf ein einziges Felsriff festen Kalkes 
beschränkt. Dass übrigens diese Gebilde wohl noch an mehreren anderen 
Zwischenpunkten dieser Gegend bei Miesbach, vielleicht oberflächlich 
von Schutt bedeckt, zu finden sind, beweisen lose Stücke, welchen man 
am Nordfusse der Gindelalp, bei Rettenbach und im sog. Lohergraben 
nicht selten begegnet. 

Mächtiger entwickelt findet sich dieser Schichtencomplex östlich vom 
Inn. Wir haben hier lediglich die Nummulitenbildung vom Alter der 
Kressenbergerschichten im Auge und haben auch bisher nur von den 
diesen analogen d. h. älteren Ablagerungen gesprochen. Im Innthal- 
gebiet sind besonders die jüngeren Stufen der Nummuliten-führenden 
Eocänformation (Reuter- und Häringerschichten) sehr verbreitet. 

Von diesen jüngeren Ablagerungen ist hier nicht weiter die Rede. 
Aber auch die ältere Stufe — die der Kressenbergerschichten — 
beginnt sofort am Östrande des Innthals im Orte Neubeuern und setzt 
in den benachbarten berühmten Steinbrüchen von Sinning, deren Material 


595 


dem Nummulitenkalke seine sehr ausgedehnte Verwendung und seinen 
Namen (Granitmarmor) verschafft hat, fort. In Neubeuern selbst und in 
seiner nächsten Umgebung ist das Gestein sandig, rauh und eisenschüssig, 
selbst zu Mühlsteinen tauglich (bei Altbeuern Einfallen in St. 1/2 mit 70°S8.), 
oder auch sehr fein, dicht in Form eines Grünsandsteins zu Schleifsteinen 
brauchbar. Das eigentliche kalkige Gestein — der sog. Neubeurer- 
oder Granitmarmor bricht erst bei Sinning in mächtigen Lagen und 
ist auch hier von grünen, mergeligen, z. Th. schlämmbaren Zwischenlagen, 
die jedoch selten Foraminiferen umschliessen (Einfallen in St. 12 mit 
60° nach S.), begleitet. 

Am reichlichsten und reichsten zeigen’ sich die Nummulitengebilde 
im Traungebiete von Bergen bis Achthal und gewinnen ihr Maximum 
in und am Kressenberge selbst. (Vgl. 1. c. 644399). Besonders sind es die 
Kalklager und kalkige Mergel, welche von organischen Einschlüssen 
strotzen. Auch kommen sie in dieser Gegend an sehr vielen Punkten 
natürlich oder künstlich aufgeschlossen vor und sind dadurch der Unter- 
suchung leicht zugänglich. Minder reich, obwohl stellenweise auch dicht 
erfüllt mit Versteinerungen, erweisen sich hier die sandigen und eisenreichen 
Flötze; da aber gerade diese, durch einen sehr lebhaften Bergbau schon 
von alten Zeiten her abgebaut, überaus günstige Gelegenheit boten, die 
eingeschlossenen Versteinerungen zu beobachten und zu sammeln, so 
sind gerade sie es, welche diesen Gebilden ihren grossen Ruf verschafft 
haben und aus welchen auch die meisten Versteinerungen, die bisher 
bekannt wurden, stammen. 

Diese sandigen, Eisen- und Glauconit-reichen Gesteine, deren Binde- 
mittel aus einem eisenhaltigen Mergel besteht, sind zwar oft leicht zer- 
reiblich, aber doch kann man ausser den grösseren Nummuliten und 
Orbitoiden die übrigen Foraminiferen kaum anders, als in überrindeten 
Stücken und in zerbrochenen oder zerfallenen Kammern in Form von 
Steinkernen auffinden. Schleift man ein Stückchen des als Eisenerz 
benützten Gesteins an, so treten nach dem Befeuchten mit schwacher 
Säure in den angeschliffenen Eisenerzkörnchen so vielfach regelmässige 
Zeichnungen hervor, welche das überaus häufige Vorhandensein organ- 
ischen Körper namentlich der Foraminiferen nachweisen, dass wir zur 
Annahme berechtigt sind, ein grosser Theil dieser Gesteinsmasse stamme 


594 


aus dem organischen Reiche. Gleichwohl hält es schwer, oder ist in 
meisten Fällen unmöglich, dieses Organische in kleinster Form auf be- 
stimmte Species zu beziehen. Es ist diess um so schwieriger, als wir 
es auch bei diesen mikroscopischen Körperchen mit einer Art von 
Steinkern oder mit Steinkerntheilchen zu thun haben, wie in so auf- 
fallender Weise selbst unter den Ein- und Zweischalern die meisten in 
den Kressenberger Erzschichten nur als Steinkerne erhalten sind und 
selten der Species nach genau bestimmt werden können. Es ergiebt sich 
hierbei ein merkwürdiger Unterschied. Bei fast allen Gasteropoden ist die 
Kalkschale ganz oder bis auf dürftige Reste verschwunden; ebenso bei 
vielen Gattungen der Zweischaler. Unter letzteren sind es ganz insbe- 
sondere die Monomyen, welche sich dadurch auszeichnen, dass ihre 
Schalen meistentheils mehr oder weniger gut sich erhalten haben. Die 
Gattungen Ostrea, Gryphaea, Exogyra, Vulsella, Pecten und Spondylus 
sind durch mehrfache Arten in den Kressenberger Erzflötzen vertreten, 
welche noch ihre Schale besitzen. Der Grund dieses besseren Erhalten- 
seins muss wohl in der eigenthümlich organischen Struktur der Mono- 
myerschalen gegenüber jener der Dimyarier, vielleicht hauptsächlich 
in der reichlicheren Entwicklung der Kalkstäbchenmasse, die aus spathigem 
Kalk besteht, und in der hornigen Substanz, wie bei den Linguliden 
gesucht wurden. Aehnliches ist bei den BDrachyopoden der Fall, deren 
Schale gleichfalls durchweg noch vorhanden ist, wie bei den Ürinoideen 
und Echinodermen überhaupt, ferner bei den grösseren Nummuliten-Arten 
und den Anthozoen. 

Die eigentlichen Erzflötze des Kressenbergs versprechen aus diesem 
Grunde einen geringen Beitrag zu der Foraminiferfauna — die Nummu- 
liten und Orbitoiden ausgenommen — zu liefern. In dem Maasse, als 
in dem Gestein der Kalkgehalt des Bindemittels sich verringert, und 
einer thonigen Masse Platz macht, stellen sich die organischen Einchlüsse 
in ihren Schalen mehr oder weniger gut erhalten ein. Meist ist die 
Schalensubstanz in eine weisse, pulverige oder mehlartige, leicht zerstör- 
bare Masse verwandelt. So erhielt ich aus dem Nebengestein des Maurer- 
schurfes durch neuere Sprengarbeiten zahlreiche Exemplare mit ziemlich 
gut erhaltener Schale und in den noch thonreicheren Zwischenschichten 
in dem Steinbruche beim Jobsen sind die feinsten Oberflächenverzierungen 


595 


der Schalen noch sehr gut erkennbar. Aber diese thonigen Schichten, 
die in der ausgeprägten Form beim Bergbau „Stockletten“ genannt 
werden, enthalten verhältnissmässig weniger häufig organische Reste, 
von Foraminiferen nur die kleineren Nummuliten in Menge. Dass dieses 
schwarzgraue, thonige Gestein voll Nummuliten und mit allerdings wenigen, 
aber den Arten der begleitenden Eisenerzflötzen vollständig gleichen Formen 
von Muscheln und Schnecken, welches am Kressenberg unter der Be- 
zeichnung Stockletten das Neben- und Zwischengestein der Erzflötze 
ausmacht, nicht identisch sein kann mit dem schwarzgrauen Mergel- 
schiefer des Gerhardsreiter Grabens, welcher keine Nummuliten, dagegen 
zahlreiche und ausschliesslich die Kreidebildungen charakterisirende Con- 
chylien umschliesst, wird nach den Lagerungsverhältnissen und den 
unzweideutigen organischen Einschlüssen Jedem klar, welcher nicht von 
dem Vorurtheile befangen ist, dass die chemische Beschaffenheit prädo- 
minirend vor Lagerung und vor den organischen Einschlüssen über die 
geognostische Identität der Gebirgsglieder zu entscheiden habe, Diese 
Ansicht wird durch vielfache direkte Beobachtungen widerlegt, welche 
lehren, dass ein und dieselbe Schicht an zwei, selbst benachbarten Orten 
aus chemisch ganz verschiedenen Massen zusammengesetzt sein kann, 
ohne aufzuhören, denselben geognostischen Horizont darzustellen; wie 
ebenso auch umgekehrt der Fall oft eintritt, dass der Masse nach nicht 
zu unterscheidende Gesteinslagen ganz verschiedenen geognostischen 
Schichtenreihen angehören. Ich erinnere nur beispielsweise an die kalkige 
Beschaffenheit der Gryphaea arcuata-Bank in Schwaben gegenüber der 
reinsandigen in Franken. Es tritt zwar mit dieser chemischen Aen- 
derung des Gesteins meist auch eine gewisse Eigenthümlichkeit der 
Fauna ein, weil diese materielle Verschiedenheit Folge besonderer Ver- 
hältnisse ist, welche auch mit auf die Existenzbedingungen dieser oder 
jener Organismen örtlich einwirkten. Es fehlen hier oder dort gewisse 
Arten und andere treten dafür ein. 

Aber diese Aenderung ist nirgends so gross, dass etwa an der 
einen Stelle der sandigen Entwicklung eine reine Liasfauna entwickelt 
wäre, während an einem anderen Punkte mit Kalkgestein neben den 
Liasarten Formen der Kreide oder der Trias vermengt vorkämen. Eine 

Abh. d. II.C1.d.k. Ak. d. Wiss. X. Bd. II Abth. 76 


596 


solche bunte Zusammenmengung hat sich bis jetzt noch an keiner Stelle 
nachweisen lassen, wenn nicht etwa aus verschiedenen Schichten ausge- 
waschene Versteinerungen auf secundärer Lagerstätte zusammengeschwemmt 
worden sind. Dagegen hat sich eben so sicher ergeben, dass in Schichten- 
systemen, die unmittelbar auf einander folgen und ohne irgend eine 
örtliche oder nachbarliche Störung ununterbrochen eine nach der anderen 
entstanden sind, gewisse identische oder doch kaum unterscheidbare 
ähnliche Arten in beiden zugleich vorkommen, von dem einen Lager in 
das nächste hinüberreichen und erst bei grösseren Abschnitten zwischen 
verschiedenen Schichtenreihen oder Formationen, welche sich örtlich 
einstellen und immer als Folgen von Störungen angesehen werden müssen, 
nach und nach verschwinden und anderen, entschieden abweichenden 
Arten Platz machen. Diess bestättigt sich auch in den zeitlich und 
räumlich benachbarten Schichten des Kressenbergs. 

Von diesem wichtigen Punkte der Eutwicklung von Nummuliten- 
schichten gegen Osten stösst man am äussersten Rande des Hochgebirgs 
bis zum Salzachthale nur an wenigen Stellen noch auf entblösste alt- 
tertiäre Ablagerungen. Dagegen breiten sich diese, ähnlich wie im Inn- 
thale tiefer gleichsam schon im Innern des Gebirgs beckenförmig in dem 
Kessel der Saalach zunächst bei Reichenhall, und am Fusse des Unters- 
berges bis gegen Hallthurım aus. Hier sind es die beiden unterscheid- 
baren Stufen der Nummulitenschichten, welche unmittelbar neben und über 
einander gelagert vorkommen, die ältere Schichtenreihe, welche gleich- 
alterig mit den Gebilden des Kressenbergs und den tieferen Lagen der 
Eocänablagerungen von Paris ist und die jüngere, welche ich mit den 
Schichten von Reit im Winkel als ein Zeitäquivalent des Sable moyen 
oder des Bartonthons ansehe. n 

Die Nummulitenschichten setzten nun ostwärts jenseits der 
Salzach in den Vorbergen der österreichischen Alpen weiter fort, aber 
diese Ablagerungen liegen bereits ausserhalb des engeren Gebiets meiner 
Untersuchungen. EN 

Die Schichten, auf deren Foraminiferen-Einschlüsse diese Unter- 
suchungen sich beschränken, gehören demnach der älteren Schichten- 
reihe, den sog. Kressenberger Nummulitenschichten, insbeson- 


597 


dere dem Nummulitenkalke (sog. Granitmarmor) mit seinen Mergellagen, 
dem System der Eisenerzflötze und den diese begleitenden schwarzen 
sandigen Mergeln an. 

Sehen wir uns zunächst um bisher näher beschriebene und geschil- 
derte Foraminiferenfaunen von gleichalterigen oder doch im Alter nahe 
stehenden Schichten um, so sind mit Ausnahme der Nummuliten, über 
welche d’Archiac eine klassische Arbeit geliefert hat, merkwürdiger 
Weise bisher über eocäne Foraminiferen sehr wenige Untersuchungen 
angestellt worden.!) Selbst die so reiche Fauna des Pariser Beckens 
hat bisher keine umfassende Bearbeitung gefunden und die bekannt gewor- 
denen verhältnissmässig wenigen Arten sind nur zerstreut da oder dort?) 
beschrieben. Es ist sehr zu beklagen, dass dadurch eine sehr wichtige Ver- 
gleichung der verschiedenen Foraminiferenfauna der sich im Alter zunächst 
stehenden Schichtencomplexe fast unausführbar geblieben ist, obwohl ich 
durch Untersuchung eines durch Herrn Deshayes besondere Güte mir 
zugekommenen reichen Materials der Eocänschichten des Seinebeckens, 
soweit diess thunlich war, diesem Mangel, wenigstens im Allgemeinen, 
abzuhelfen bemüht war. 

Noch näher stehen unseren Schichten offenbar die eigentlichen 
Nummulitenbildungen Südfrankreichs und der Südalpen. Wir besitzen 
über deren organische Einschlüsse zahlreiche vortreffliche Monographien, 


1) d’Archiac et J. Haime, Desc. d. anim. fossil. d. groupe numm. de Y’Inde 1853. 
Roualt, Desc. d. foss. d. terr. &oc&ne de Pau. (Mem. d. l. soc. geol. 2. ser. t. II.) 
d’Archiac, Desc. d. foss. d. groupe numm. des envir. de Bayonne et de Dax. (Mem. d. 1. 

soc. geol. 2. Ser. t. II. u. III.) 

Bellardi, les foss. numm. d. C. de Nice (Mem. d. ]. soc. geol. 2 ser. tom. IV.) 
Deshayes, Desc. d. cog. foss. de Crimee. (Mem. d. ]. soc. geol. t. III.) 
Leymerie, Mem. sur l. terr. numm. des Corbieres. (Mem. d. 1. soc. geol. 2 Ser. tom. I.) 
Joly et Leymerie, L. result. de rech. sur les numm. 
Schlumberger, Obser. s. quelg. esp. d’inf. Ann. d. sc. nat. 3 ser. 1845. 


2) Lamarck, sur 1. foss. d. env. d. Paris in Ann. d. Museum t. V. u. VII. 

Deshayes, Desc. d. cogq. foss. d. en. d. Paris t. 101—106 (ohne Text) u. Mem. sur 1. Alveol. 
in Ann. d. soc. nat. t. XIV. 1828. 

d’Orbigny, tab. meth. d. 1. Cl. d. ceph. (Ann. d, soc. nat. 1826.) et Diet. univers. d’h. 
naturelle vol. V. p. 662 1844. 

Dujardin, in Ann. d. soc. nat. 1835 t. III. u. IV. 

Parker und R. Jones, 1. s. foram. from th. N. Atlantie. (Phil. trans. 1865.) 

76” 


598 


aber in allen diesen sind ausser den Nummuliten und Nummuliten-artigen 
grösseren Foraminiferen nur auffallend wenige andere Gattungen erwähnt, 
so dass es scheinen könnte, als ob in jenen Bildungen die kleineren 
Foraminiferen schwierig aus dem Gestein zu isoliren wären oder nur 
sehr selten vorkämen.  Indessen haben mich meine eigenen Beobachtungen, 
die ich eben bei Verona anzustellen Gelegenheit fand, überzeugt, dass 
auch hier noch ein reicher Schatz zu heben ist, indem mir die ausge- 
waschenen Mergel aus dem Hohlweg W. von Castello di Petro und die 
Mergel von Sardagna bei Trient zahlreiche Foraminiferen geliefert haben. 
Merkwürdiger Weise sind darunter gleichfalls, wie im Norden, die Mi- 
liolideen und Frondicularideen kaum vertreten, dagegen kommen hier sehr 
zahlreich die Rotalideen und Cristellarideen neben den ÖOrbitoiden und 
Nummuliten, welche weit vorherrschen, vor. 

Auch aus der Schweiz sind trotz der vortrefflichen Arbeiten von 
Rütimeyer!) und Kaufmannn?) nur wenige andere Arten, als aus 
der Gruppe der Nummulitideen beschrieben. Doch erwähnt Kaufmann 
eine grosse Mannigfaltigkeit von Formen, ohne jedoch bis jetzt uns mit 
diesen Arten näher bekannt zu machen. Auch Kübler und Zwingli?) 
bilden einige wenige Arten aus Nummulitenschichten und Flysch der 
Schweiz ab. Am vollständigsten ist wohl die Foraminiferenfauna aus 
eocänen Schichten durch Reuss in seinem Beitrag zur Fauna der oberen 
Nummulitenschichten von Oberburg in Steiermark (Denksch. d. Wiener 
Acad. B. 23.) zu unserer Kenntniss gebracht worden; aber diese Schichten 
sind leider nicht reich an diesen Thierformen. Andere eocäne Arten 
sind zerstreut in den Schriften verschiedener Gelehrten beschrieben 
worden. Die eocäne Foraminiferenfauna ist demnach — abgesehen von 
den Nummulitiden — im Ganzen nur dürftig bekannt und es bieten 
sich daher geringe Anhaltspunkte der Vergleichung für unsere Fauna 
mit gleichalterigen Ablagerungen anderen Oertlichkeiten dar. Desto voll- 
ständigeres Licht ist durch Reuss und Bornemann über die Fora- 


1) Ueber d. Schweizer Nummulitenterrain 1850. 
2) Beiträge z. geol. Karte der Schweiz. 5. Lieferung. 1867. 
3) Mikroscopische Bilder aus der Urzeit der Schweiz. 


599 


miniferenfauna der nächst jüngeren Tertiärstufen, namentlich des Sep- 
tarienthon’s verbreitet worden, wie überhaupt durch Reuss viele mittel- 
tertiäre Ablagerungen auf’s Gründlichste bezüglich ihres Gehaltes an 
Foraminiferen geprüft worden sind. 

Einen kleinen Beitrag zur Erweiterung der Kenntnisse dieser Faunen 
habe ich selbst in meinem Alpenwerk dadurch zu liefern versucht, dass 
ich über die Foraminiferen der Häringer Schichten einige Mittheilungen 
machte. Einige weitere Bemerkungen und Berichtigungen werden über 
diesen Gegenstand gelegentlich im Folgendem hier gegeben werden. 

Auch die Fauna der Wiener Tertiärbildungen, welche von d’Orbigny 
so vortrefflich bearbeitet und in neuerer Zeit durch Czizek, Reuss, 
Stache und Karrer noch wesentliche Bereicherung erhalten hat, muss 
in das Bereich unserer Betrachtungen gezogen werden. Anderer Seits 
ist es von grossem Interesse, auch die nächst älteren Foraminiferen- 
Faunen in Beziehung mit jener unserer Nummulitenschichten zu setzen, 
was durch die klassischen Arbeiten d’Orbigny’s und von Reuss über 
Kreide- und Gosauforaminiferen ermöglicht wurde. Insbesondere sind 
es die letzteren und jene der alpinen Belemnitellen-Schichten, welche 
dadurch erhöhte Bedeutung gewinnen, weil sie demselben topischen Strich, 
wie die der Nummulitenschichten angehören, und wie schon erwähnt, beson- 
ders zahlreich selbst in den Schichten auftreten, welche die Unterlage 
unserer Nummulitenschichten ausmachen. Ich habe bereits in meinem 
Alpenwerk (8. 568 und 575) eine Anzahl von Foraminiferen aus Gosau- 
und Belemnitellen-Bildungen der Alpen namhaft gemacht, ohne jedoch 
deren sehr grosse Artenzahl auch nur annähernd zu erschöpfen. Selbst 
die Nachträge, welche früher hierzu geliefert wurden, bedürfen noch 
vielfacher Ergänzungen. 

Wir gehen nun zur speziellen Aufzählung der bisher mir bekannt 
gewordenen Foraminiferen-Arten aus den: südbayerischen, älteren 
Nummulitenschichten über, wobei die Bemerkung vorausgeschickt werden 
muss, dass ich bezüglich der zu Orbitoides gehörigen Arten durch zahl- 
reiche, gütige Zusendungen von vielen Seiten in die Lage versetzt wurde, 
eine fast vollständige Monographie auch der nicht bayerischen Vorkomm- 
nisse zu liefern. 


600 


Artenbeschreibung. 


Lituolideae, 
EHaplophragmium. 


BHEaplophragmium tuba, n. sp. 
Taf. I, Fig. 1. 


Eine unregelmässige, vielgestaltige, bald freie, bald aufsitzende Form 
mit einem stabförmig verlängerten, gradgestreckten, oberen Theil und 
einem unregelmässig spiralen oder knollenförmigen unteren Theile. 
Der erstere besteht aus unregelmässig rundlichen, oft einseitig abge- 
platteten Kammern von geringer Anzahl, die zuweilen gegen das obere 
Ende etwas an Grösse zu nehmen, mit breiter Basis aneinandergereiht, 
durch seichte horizontale Nähte getrennt sind. In dem unteren Theile 
schliessen die Kammern zu einem Haufwerk zusammen. Die Oberfläche 
ist starkkörnig, rauh und höckerig. 

Grösse: 3,5 mm. lang, oben 0,9 mm. breit, unten 1,3 mm. breit. 

Vorkommen: im sog. Granitmarmor und dessen mergeligem Zwischen- 
lager am Hammer im Traunthale aufgewachsen auf Austerschalen in den 
Erzflötzen des Kressenberg und aus dem Granitmarmor von Sinning 
oder Neubeuern. 

Diese Art steht dem Haplophragnium (Spirolina) simplex Rss. (Sitz. 
d. Wiener Acad. Bd. 18 S. 232 Taf. 2, Fig. 30) aus dem Kasseler Sand 
am nächsten, unterscheidet sich aber durch eine weniger schlanke Ge- 
stalt, namhaftere Grösse und rauhere Oberfläche. Unter den zahlreichen 
Arten der Tertiärgebilde von Paris dürfte die von Deshayes (l. c. T. 105 
Fig. 28. 28) abgebildete Form zu vergleichen sein. 


601 


Uvellideae. 


Clavulina. 


Clavulina antipodum Stache. 


Foram. aus den tertiären Mergeln des Whaingarva-Hafens (Novara u Neu-Seel. Pa- 
laeont. Abth. S. 167; Taf. XXI, Fig. 3 u. 4). 

Die vorliegenden Formen aus den Nummulitenschichten der nörd- 
lichen Voralpen schliessen sich so eng an die Neu-Seeländische Art an, 
namentlich ‘an die in Fig. 3 und 4 abgebildete Varietäten, dass ich die- 
selbe nicht davon zu trennen im Stande bin. Hierbei ist jedoch zu 
bemerken, dass bei den unregelmässigen, vielgestaltigen Olavulinen eine 
Artengleichstellung keine grosse Sicherheit zulässt. | 

Vorkommen: in den Mergeln des Nummulitenkalks in Götzreuther 
Graben bei Siegsdorf, selten. 


Clavulina eocaena n. sp. 
Taf. I, Fig. 2a u. 2b. 

Gehäuse kurz, oben aus 3—4, gradgestreckten, fast stielrunden, 
im Querschnitte ungefähr ovalen, durch querhorizontal laufende, ziemlich 
tiefe Nähte getrennten Kammern bestehend, welchen unten 4—5 in undeut- 
lich zweireihiger Ordnung gestellte kleinere Kammern sich anschliessen. 
Die letzte, obere Kammer trägt die rundliche Oeffnung in der Mitte auf 
einer kaum bemerkbaren Erhebung; die ersten unteren Kammern sind 
verhältnissmässig sehr klein. Die ganze Oberfläche ist grobkörnig rauh. 

Grösse: 2,0 mm. lang und 0,9 mm. breit. 

Vorkommen: in den Mergeln des Nummulitenkalks von Hammer 
und Roll zunächst der Kisenerzflötzen am Kressenberg. 

Diese Art reiht sich zunächst an Cl. variabilis Schwag. (Nov. Exp. 
Palaeont. II. S. 197 Taf. 4 Fig. 8), welche jedoch viel kleiner, grob- 
körniger und in den oberen Kammern ziemlich stielrund ist. 


602 


% 


Gaudryina. 


Gaudryina pupa Gümb. spec. 
Taf. I., Fig. 3a u. 3b. 


Lichenopora (?) pupa, Gümbel in’geogn. Beschreib. d. südbayr. Alpengeb. 1861 S. 654. 


Ziemlich grosse, im oberen Theile vom rundlichen Umrisse, nach 
unten kegelförmig zulaufende, schwach seitlich zusammengedrückte, oben 
schief abgestutzte Art. 

In dem oberen Theile stehen die zahlreichen, nicht hohen Kammern 
alternirend, sie sind durch ziemlich tiefe Nähte geschieden und an den 
Seiten durch eine ziemlich scharfe Kante, von welchen sie sich flacher 
zur oberen Naht, steiler zur unteren Naht einsenken, gebrochen. In dem 
unteren Theile stehen die rasch kleiner werdenden wenigen Kammern in 
undeutlich dreireihiger Spirale und sind an den Seiten ziemlich gleich- 
mässig gewölbt, durch schwache Einschnürungen getrennt. Die Mündung 
steht am innern Rande der letzten Kammer. Die Schale ist sehr rauh, 
gekörnelt, selbst runzelig uneben. 

Grösse: 3,0 mm. lang, oben 1,4 mm., unten 1,1 mm. dick. 

Vorkommen: Sehr häufig an allen Fundorten des Nummuliten- 
kalks, auch von Sinning. 

Diese Art, welche mir früher in sehr schlechtem Erhaltungszustande 
vorlag, habe ich irrthümlich als eine Bryozoö angesprochen (geogn. 
Besch. d. südb. Alpengeb. 1861 S. 654 als Lichenopora (?) pupa auf- 
geführt); sie ist eine der eigenthümlichsten und charakteristischsten 
Arten unserer Nummulitenschichten. 


Gaudryina subglabra n. sp. 
Taf. I., Fig. 4a u. 4b. 

Eine kleine, stampfkonischrunde, seitlich schwach comprimirte, im 
Querschnitte rundlich ovale Form, deren obere 8 alternirend gestellte 
Kammern durch tiefe Nahteinschnürungen getrennt sind, während die 
untern Kammern ohne Einschnürungen verbunden erscheinen. Die hoch- 
gewölbten, oberen Kammern fallen von einer Kante mit schmaler Fläche 


603 


rasch zur unteren Naht ab, die in der Mitte eingedrückt vertieft ist. Die 
querspaltige Mündung steht am Unterrande der letzten Kammer. Die 
Oberfläche ist wenig rauh, fast glatt. 

Grösse: 1,75 mm. lang, in der Mitte 0,8 mm. dick. 

Vorkommen: Selten in dem Mergel des Nummulitenkalks am 
Hammer im Traunthal. 

Diese Art steht der @. globifera Rss. (Z. d. geol. Ges. Bd. IV. S. 18), 
auch der Kreidespecies @. rugosa d’Orb nahe. Letztere ist jedoch sehr 
rauh und in dem untern Theil deutlich dreikantig. 


Plecanium. 


Plecanium eocaenum n. spec. 
Tafel I., Fig. 3 bis a und b. 


Das seitlich stark zusammengedrückte, sonst runde, nach unten spitz 
zulaufende, puppenähnliche Gehäuse besteht aus 12—15 wechselständigen 
Kammern, welche an Grösse von oben nach unten rasch abnehmen und 
durch starke Nahteinschnürungen getrennt sind; die letzte obere ver- 
hältnissmässig dicke Kammer trägt an der seitlichen Septalfläche unter 
dem wulstigen Rande die enge Spaltenmüudung. Die Schalenoberfläche 
ist durch grubige Unebenheiten sehr rauh. 

Grösse: 2,2 mm. lang, oben 0,5 mm. dick, in der Mitte 0,35 mm. dick. 

Vorkommen: selten in den Mergeln des Nummulitenkalks am 
Traunthalrande. 

Plecanium Sturi Karr. aus dem Wiener Neogen. (Sitz. d. Wien. Ac. 
Bd. 50. 1864. S. 13 T. 1 F. 1) hat grosse Aehnlichkeit mit unserer 
Art ist jedoch doppelt so gross, weniger zusammengedrückt, d. h. mit 
einem der Kreisform sich nähernden Querschnitte versehen. 


Plecanium Mariae «Orb. spec. 


var. inerme Rss. 
Taf. I., Fig. 3ter a und b. 
Eine seitlich stark zusammengedrückte, nach unten keilförmig zu- 
laufende, flache, grobgekörnelte Form mit, 18—20 wechselständigen 
Abh. d. II. C1.d. k. Ak.d. Wiss. X. Bd II. Abth. 17 


604 


seichten Kammern, welche in der Mitte verdickt, gegen den Rand 
schneidig zulaufend, in nach Abwärts gekehrte sägezahnartige Zacken 
endigen und durch sehr schräg verlaufende, seichte Nähte von einander 
getrennt sind. Die oberste Kammer ist hochgewölbt ohne seitliche Zacken, 
die überhaupt etwas unregelmässig vorkommen, und trägt die rundliche 
Öeffnung unter der schmalen Septalfläche. 

Grösse: 2,0 mm. lang, in der Mitte 0,5 mm. breit. 

Vorkommen: In den Mergeln des Nummulitenkalks vom Hammer 
im Traunthal. 

Die Form, welche wir hier der Auffassung von Reuss (Sitz. d. 
Wien. Acad. Bd. LV. S. 48) folgend zur d’Orbigny’schen Wiener Art 
und zwar der von Reuss aus dem Salzthon von Wielictzka beschriebenen 
Varietät „inerme,“ ziehen, stimmt in allen wesentlichen Charakteren mit 
der jungtertiären Species überein. 

In meiner Beschreibung der südbayerischen Alpen (a.a.0. S. 596) habe 
ich auch eine Ovulitidea, nämlich die Ovulites margaritula Lm. aufgezählt. 
Vergleichungen mit Originalexemplaren haben mich belehrt, dass diese 
Bestimmung falsch war. Nähere Untersuchung des einzigen vorliegenden 
Ovulites-ähnlichen Gehäuses lassen es sogar zweifelhaft, ob nicht bloss 
Lagena-Form oder das abgebrochene Kammenstück einer Nodosaridea 
. vorliege. Bis zu weiteren Funden, welche dieses entscheiden, soll hier 
nur beiläufig auf diese Form aufmerksam gemacht werden. 


Cornuspirideae. 


dcornuspira. 


Cornuspira nummulitica Gümb. 
T. I., Fig. 5a u. 5b. 

Gehäuse mit 8—10 deutlich erkennbaren Windungen, welche zu 
einer länglich-runden, tellerförmigen, gleichseitigen Scheibe sich an 
einander schliessen; die Windungeu sind im Querschnitte oval, abge- 
rundet, die letzte äussere nahe doppelt so breit, als die vorausgehende, 


605 


mit einer nach dem Centrum seichten Vertiefung; Oberfläche der Schale 
glatt; Oeffnung rund. 

Grösse: 1,3 mm. im Dm., 0,25 mm. dick. 

Vorkommen: Sehr selten im Nummulitenmergel vom Hammer. 

Von der verwandten C. cretacea (Reuss, böhm. Kreid. I. S. 35 
T. 13; Fig. 64,65 u. Sitz. d. Wien. Ac. Bd. 46 S. 34 T. 1 F. 10—12) 
durch weniger zahlreiche Umgänge, durch die rundliche Mündung und 
die fast glatte Schalenoberfläche verschieden, schliesst sich unsere Art 
der Septarienthon-Form C. polygyra Rss. (Sitz. d. Wien. Ac. Bd. 48, 
S. 39, T. 1 Fig. 1) an, die jedoch gleichfalls zahlreichere Umgänge 
(13—15 hat; diese sind sehr schmal, wachsen nach Aussen langsam an 
Breite, so dass der letzte Umgang nahe so breit als der vorletzte ist. 
Die Art des Wiener Sandsteins C. Hoernesi Karr. (a. d. Sitz. d. Wien. 
Ac. Bd. 42. 1865. S. 4, t. I. F. 10) ist vielleicht nicht von unserer 
Art verschieden, doch wage ich nicht, mich definitiv für die Identität 
zu entscheiden. 


Orbitulitideae. 


Alveolina 


Alveolina oblonga Des. 
: Taf. I., Fig. 6. 


Discolithes sphaeroideus oblongus, Fortis 1802. Mem. p. serv. a hist. n. dil’Italle II. p. 113 
pl. 3 Fig. 8cu.d. 


Alveolina oblonga, Deshayes 1828 (Ann. d. sc. natur. XIV. p. 232.) 

Grosses, fast walzenförmiges, nach beiden Seiten etwas verjüngtes 
und dann plötzlich stumpf abgebrochenes, polsterähnliches Gehäuse mit 
sehr breiten, flachen Windungen, welche dicht aufeinander liegen und 
die vorausgehenden ganz umschliessen. Ein Umgang enthält 7—9 durch 
sehr schwache Einschnürungen oder Linien geschiedene Kammern, welche 
in sehr zahlreichen Röhrchen getheilt sind, daher die schmale, fast ganz- 
gradlinige, nur schwach gebogene Endfläche wie punktirt erscheint. Die 
Oberfläche ist zierlich quer gestreift. 

Grösse: 4,7 mm. lang, 2,0 mm. dick. 

Te: 


606 


Vorkommen: Ziemlich häufig in den Mergeln zwischen den Eisen- 
erzflötzen am Kressenberg, im sog. Jobsen Steinbruch, selten in den 
Mergeln des Nummulitenkalks im Traunthal, in welchen oft grosse ab- 
gerollte Steinkerne sich finden. 

Diese Art unterliegt bezüglich des Verhältnisses der Länge zur 
Dicke grossem Wechsel, ohne dass sich eine sichere Grenze zur Ab- 
scheidung besonderer Arten ziehen lässt. 


Lagenıdezae. 


Lagena. 


Lagena perovalis n. sp. 
ara Kioare 

Gehäuse länglich eirund, nach unten etwas spitzzugerundet, oben 
ohne bemerkbare Spitze; Oberfläche glatt. 

Grösse: 0,14 mm. lang, 0,08 mm. dick. 

Vorkommen: Sehr selten in den Mergeln des Nummulitenkalks 
vom Hammer. 

Von der zunächst stehenden L. globosa Walk. (test, minut. rar. p. 3 
Taf. I. Fig. 8) ist unsere Art sehr bestimmt durch ihre länglich, nicht 
dem Kugeligen sich nähernden Form und durch das Fehlen der Zu- 
spitzung nach Oben sehr bestimmt verschieden. Weiter zu vergleichen 
ist Ehrenberg’s Miliola sphaeroidea (Microgeologie Taf. 23, Fig. 1), von 
welcher jedoch nur ein Durchschnitt gezeichnet ist. Dieser lässt eine 
Gleichstellung beider Formen zwar vermuthen, aber nicht mit Sicherheit 
feststellen. 


Lagena tricincta n. sp. 
Taf. I., Fig. 8a u 8b. 

Eine kleine, zu der Gruppe der Lagena marginata Walk. gehörende 
Form, im Umrisse rund, seitlich stark zusammengedrückt, nach Oben 
in eine kurze, die runde Mündung tragende Spitze auslaufend, nach 
Unten abgerundet. Die Mitte der Seiten werden von einer hochge- 


607 


wölbten, an der Oberfläche rauhen Scheibe gebildet, welche gegen den 
Rand zu von einen: mehr platten Ring umgeben ist. An der Peripherie 
laufen 3 hohe Rippen rings herum und bilden mit den dazwischen 
liegenden Riunen eine ringartige Erhöhung. 

Grösse: 0,92 mm. Durchmesser, 0,55 mm. dick. 

Vorkommen: Sehr selten im Nummulitenkalk vom Götzreuther 
Graben bei Siegsdorf. 

Von der sehr ähnlichen 2. marginata Walk. spec. (Tert. min. rar. 
p. 3 T. 1 Fig. 7) unterscheidet sich unsere Art durch ihre rauhe Ober- 
fläche und durch die eng stehenden, parallel verlaufenden, ringartigen 
Streifehen. Die Lagena castrensis Schwag. (in v. Hochst. Novara. Pa- 
laeon. II. Th. S. 208 T. 5 Fig. 22) steht ebenfalls nahe, unterscheidet 
sich aber, abgesehen von der verschiedenen Grösse, durch die Quer- 
streifelung der Rinnen zwischen den ringförmigen Streifchen. 


Lagena bifrons n. sp. 
Taf. I., Fig. 9a u. 9b. 


Gehäuse unregelmässig ungleichseitig, birnförmig, nach Oben in eine 
lange, einseitswendige, schiefe Spitze, welche die rundliche Mündung 
trägt, auslaufend, nach Unten abgeplattet und mit einer Sockel-artigen 
Wulst verselien. Auf der einen Seitenhälfte des einkammerigen Gehäuses 
laufen 5 Längsrippchen, 4 schmälere und eine mittlere, stärkere; in den 
Rinnen zwischen diesen Rippen bemerkt man 7—10 Punktgrübchen, die 
andere Seite ist fast ganz glatt. 

Grösse: Mit der Spitze 2,0 mm. lang, 0,68 mm. dick. 

Vorkommen: Nicht selten in dem Mergel vom Hammer, aus der 
Roll und vom Götzreuther Graben. 

Diese merkwürdige und höchst auffallende Form, die nach näherer 
Untersuchung zu Lagena im weiteren Sinn gehört, reiht sich dem Formen- 
typus von L. distoma-aculeata Parker a. Jones (Foram. from. the N. 
Atl. a. arctic. oceans Phil. Trans. MDCCCLXV. S. 420 T. 18 Fig. 6) 
aus dem Grobkalk von Grignon an, unterscheidet sich aber sehr bestimmt 
durch den Mangel der Körnelung und die vertikalen Rippchen. 


608 


HBhaagena synedra n. sp. 
Taf. I., Fig. 10a u. 10b. 

Eine lange, dünne, Pfriemen-artige, etwas geschweifte, nach beiden 
Enden spitz zulaufende, starkgekörnelte Form von rundlich-eckigem 
Querschnitte, so dass die schmalen 3—5 längslaufenden Seitenflächen 
ohne scharfe Kante aneinander stossen und Längskanten nur angedeutet 
erscheinen. 


Grösse: 3,5 mm. lang, 05 mm. in der Mitte dick. 


Vorkommen: Ziemlich häufig in den Mergeln des Nummulitenkalks 
an Traunthal, am Kressenberg und im Höllgraben. 

Diese Art aus der Gruppe der Lagena sulcata Walk. a Jacob var. 
distoma Park. a. Jones. (Foram. f. th. N. Atl. a. arct. Oc. S. 356 T. IN, 
Fig. 20) steht der Lagena distoma-margaritifera Park. a. Jones (a. a. O. 
S. 357 T.18 F.6) zunächst, mit welcher Art sie gleiche Schalenstruktur 
erkennen lässt, unterscheidet sich deutlich durch rundlich-eckigen Quer- 
schnitt und die runde Form der kleineren Körnchen, welche bei 
L. distoma margaritifera gross und in die Länge gezogen sind. 


Nodosarıdeae. 


Nodosaria. 


Neodosaria pumilio n. sp. 
ER 


Eine sehr kleine, glatte Form mit 6—8 kugeligen Kammern, von’ 
denen die oberste dem Tonnenförmigen sich nähernd eine lange Mund- 
spitze trägt; die Kammern sind durch cylindrische Zwischentheilchen, 
halb so lang, als der runde Theil der Kammern verbunden, nehmen von 
oben nach unten an Grösse ab, bis zur untersten Embryonalkammer, 
welche wieder grösser, als die zunächst vorangehende ist und in eine 
feine Spitze ausläuft. 


Grösse: 1,5 mm. lang, oberste Kammer 0,2 mm. dick, vorletzte 
0,13 mm. dick, unterste Kammer 0,22 mm. dick. ° 


609 


Vorkommen: Häufig an allen Orten, wo Nummulitenkalk vor- 
kommt. 


Die zierliche Art schliesst sich der Reuss’schen N. stipitata (Sitz. 
d. Wiener Acad. Bd. 48 S. 65 T. 7 F. 88) aus dem Septarienthon von 
Kreuznach an, die jedoch durchweg weniger kugelrunde als eiförmige 
Kammern, aufweist. Von den gleichfalls verwandten d’Örbigny’schen 
Arten: N. rudis und semirugosa ist unsere Art durch ihre glänzend 
glatte Oberfläche verschieden. 


Nodosaria rudis «Orb. 
(Foram. foss. d. bass. tert. d. Vienne p. 35 T. 1 F. 17.) 


Von dieser Art des Badener Tegels liegen Formen vor, die zwar 
etwas weniger lange, cylindrische und dickere Zwischentheile besitzen, 
sonst aber gut übereinstimmen. 

Vorkommen: Ziemlich häufig in den Mergeln des Nummuliten- 
kalks mit der vorigen Art. 


Nodosaria Kressenbergensis n. sp. 
Taf. I., Fig. 12. 


Kleine aus 7—9 kugelig-runden Kammern bestehende Form; die 
Kammern sind durch ganz kurze, dicke, cylindrische Zwischentheilchen, 
an welchen der runde Theil der Kammern ziemlich scharf sich abgrenzt, 
verbunden; die oberste grösste trägt auf breiter Spitze die runde 
Mündung; die folgenden Kammern nehmen an Grösse langsam ab, bis 
zur untersten, wieder etwas grösseren, welche eine dicke, kurze Spitze 
trägt. 

Grösse: 3,0 mm. lang; Dicke der obersten Kammer 0,5 mm.; der 
mittleren 0,37 mm.; der untersten 0,4 mm. 

Vorkommen: Ziemlich häufig in den Mergeln des Götzreuther 
Grabens und am Hammer. 

Diese sehr ausgeprägte Form hat in N. antipodum Stache (a. a. O. 
S. 194 T. XXII F. 19) einen nahen Verwandten, ist jedoch durch die 
doppelte Grösse und die bestimmtere Abgrenzung der Kammerzwischen- 
theile unterscheidbar. 


610 


Nodosaria alpigena n. sp. 
Takrla, Rioola: 


Bruchstücke einer sehr grossen Art mit kugelig-runden, durch sehr 
kurze, dicke Zwischentheile verbundenen Kammern, deren oberste, nicht 
ausgezeichnet grössere Endkammer allmählig in eine kurze, dicke Spitze 
verläuft. Die Oberfläche ist glänzend und glatt. 


Grösse zweier erhaltener Kammern: 2,2 mm. lang und 1,0 mm. dick. 


Vorkommen: Bruchstücke ziemlich häufig in dem Kalkmergel von 
Hammer und im Götzreuther Graben. 

Diese Art, durch ihre namhafte Grösse ausgezeichnet, dürfte eine 
sehr bedeutende Länge erreicht haben. Nodosaria ambigua Costa (Pa- 
leont. d. r. d. Napoli-S. 141 T. XII. F. 9 aA) ist von gleicher, Grösse, 
jedoch sitzen bei dieser die kugeligen Kammern ohne Zwischenglied mit 
breiter Basis direkt aufeinander. Nodosaria limbata d’Orb. theilt. diese 
Eigenthümlichkeit und ist zugleich viel kleiner; N. radula Lmk. endlich, 
die gleichfalls in diese Formenreihe gehört, ist nicht zureichend scharf 
charakterisirt. 


Neodosaria tumidiuscula n. sp. 
T. I., F. 14 (20mal vergrössert). 


Kleine Form mit zahlreichen, kugelrunden Kammern, die durch 
kurze, cylindrische Zwischentheile verbunden sind; die oberste letzte ist 
mehr länglich rund, etwas grösser als die vorausgehenden, gegen die 
breite Spitze stumpf zulaufend; die drei untersten Kammern sind kaum 
durch Einschnürungen geschieden zu eiuem fast walzenförmigen Körper 
verbunden; die zweitletzte Kammer ist sehr klein, fast walzenförmig, 
die letzte wieder etwas grösser, kugelig und mit einer Spitze versehen. 


Oberfläche glatt. 
Grösse: Ganze Länge 2,2 mm.; Dicke in der obersten 0,35 mm.; 
in der untersten Kammer 0,15 mm. 


Vorkommen: Ziemlich selten in dem Nummulitenmergel vom 
Hammer. 


611 


Nodosaria internodifera 
Taf. I., Fig. 15. 


Bruchstücke einer, wie es scheint, kammerreichen, langgestreckten 
Art, deren tonnenförmige Kammer in der Mitte hochgewölbt, gegen die 
beiden Nähte zu dünner werden, dann wieder rasch sich erweitern und 
mit diesem kurzen, erweiterten, abgestutzt kegelförmigen Theile zu- 
sammenstossen; es entsteht daher an den Nähten eine abgestutzt doppelt- 
kegelförmige, wulstartigeErhöhung. Anfangs- und Endkammer unbekannt; 
Oberfläche glatt. 

Grösse einer Kammer: 0,9 mm. lang; 0,7 mm. dick. 

Vorkommen: Selten in dem Nummulitenmergel vom Hammer. 

Die höchst auffallend ausgezeichnete Art hat nur wenige Verwandte 
wie z. B. N. cannaeformis Rss. (Sitz. d. Wien. Acad. Bd. 42 1860 8. 364 
T.I., F. 2), deren Nahtwülste jedoch kleiner sind und deren Oberfläche 
mit Anwachslinien bedeckt ist. 


Nodosaria coccoptycha 
Taf. I, Fig. 16. 


Bruchstücke einer grossen Art mit länglich-eirunden Kammern, 
welche mit schmaler Basis an einander gereiht sind, so dass bei der 
hohen Wölbung der Kammern tiefe Nahteinschnürungen entstehen; die 
oberste Endkammer zeichnet sich durch etwas grösseren Umfang aus 
und verläuft in eine stumpfe Spitze; die Embryonalkammer ist nicht 
bekannt. Die Oberfläche besitzt sehr zarte, etwas schräg verlaufende 
Streifchen, die von kleinen Körnchen dicht besetzt sind. 

Grösse einer Kammer: 1,2 mm. lang, 0,75 mm. dick. 

Vorkommen: Nicht selten im Mergel vom Hammer und aus dem 
Götzreuther Graben bei Siegsdorf. 


Unsere Art hat in Costa’s N. alternans (Palaeon. d. r. d. Napoli 
8. 143 T. 13 F. 16) eine nahe Verwandte; die letztere ist jedoch viel 
feiner und zarter gestreift und zeigt ganz anders geformte Kammern. 
Abh. d. II.C1.d.k. Ak. d. Wiss. X. Bd. II Abth. 78 


612 


Nodosaria subobliquestriata n. sp. 
Taf. L., Fig. 17. 


Kleine, langgestreckte Form mit zahlreichen, langtonnenförmigen 
Kammern, welche in der Grösse nur wenig von einander abweichen mit 
Ausnahme der ersten, untersten, etwas dickeren, welche in eine kleine, 
stumpfe Spitze ausgezogen ist. Ueber die Oberfläche laufen feine, schief- 
gewendete, zahlreiche Streifehen, welche besonders in den Nahtein- 
schnürungen deutlicher hervortreten. Die obere, Endkammer ist nicht 
bekannt. 

Grösse von 5 Kammern: 3,7 mm.; mittlere Dicke 0,4 mm. 

Vorkommen: Selten in den Mergeln vom Hammer. 

Diese Art erinnert an Dentalina interlineata Rss. (Z. d. d. geol. 
Ges. VII. S. 287, T. XI. F. 2) aber nur bezüglich der Oberflächenver- 
zierung, denn diese ist fast ohne alle Einschnürungen, 


Nodosaria Paueri n. sp. 
| Taf. I., Fig. 18. 


Eine mittelgrosse, aus 5 Kammern bestehende Art, die Kammern 
von oben nach unten an Grösse etwas abnehmend, in der Mitte etwas 
gewölbt, schliessen mit nur seichten Nahteinschnürungen dicht an einander, 
so dass das ganze Gehäuse eine fast cylindrische Gestalt annimmt; die 
oberste, kleinste Kammer ist in eine kurze Spitze ausgezogen, fast glatt, 
die übrigen mit feinen, zahlreichen, gerade verlaufenden Streifchen be- 
deckt; die unterste Kammer ist die grösste und in eine Stachelspitze 
verlängert. 

Grösse: 3,4mm. lang; im Mittel 0,5 mm. dick. 

Vorkommen: Im Mergel des Götzreuther Grabens. 

Diese Art hat entfernte Aehnlichkeit mit N. cylindrella Rss. (Sitz. 
d. Wien. Ac. Bd. XVII S. 28, T. 1 F. 2), die jedoch weniger dick, 
weniger stark gestreift un dunten in eine ganz kleine Kammer sehr spitz 
ausläuft. Von Kreidearten schliesst sich N. longecauda Rss. (Z. d. d. 


613 


g. Ges. Bd. 7 8. 267, T. 8 F. 12) an, die jedoch grobstreifig ist und 
keine verdickte Embryonalkammer besitzt. 


Nodosaria granitocalcarea n. sp. 
PILFBIG, 


Bruchstücke einer kleinen Art mit einfach-kugelrunden Kammern, 
die ohne Zwischentheile dicht an einander gereiht sind. Anfang- und 
Endtheil fehlen; die Oberfläche ist etwas rauh. Die drei zusammen- 
hängenden Kammern sind von annähernd gleicher Grösse. 


Grösse einer Kammer: 0,5 mm. lang; 0,42 mm. dick. 


Vorkommen: Selten ım Granitmarmor vom Hammer und im 
Höllgraben bei Adelholzen. 


Diese Form, die bei der gleichen Grösse der vorhandenen Kammern 
eine ansehnliche Länge zu erreichen scheint, reiht sich zunächst der 
vorausgehenden an, ist jedoch nur halb so gross, an der Oberfläche 
rauher und die Kammern sind dichter an einander geschlossen. 


Nodosaria pycenostyla n. sp. 
T.L, F. 20. 


Kammerreiches Bruchstück, bestehend aus nahezu gleich grossen, 
fassförmigen Kammern, die mit breiter Basis aneinander schliessen, so 
dass das ganze Gehäuse, soweit es erhalten ist (ohne End- und Anfangs- 
kammer), fast walzenförmig mit schwachen Einschnürungen an den 
Nähten erscheint. Oberfläche glatt. 


Grösse einer Kammer: 0,5 mm. lang; 0,4 mm. dick. 
Vorkommen: Selten im Mergel des Nummulitenkalks am 
Traunthal. 


Diese Art ähnelt der vorigen, unterscheidet sich aber leicht durch 
die mehr länglich, als kugelis runde Kammerform. 
18” 


614 


Nodosaria annulifera n. sp. 
has !lany dene 

Eine sehr kleine Art mit eiförmigen zahlreichen (8—9) Kammern, 
die dicht an einander gereiht sind und von oben nach unten regelmässig 
an Grösse abnehmen; die oberste grösste Kammer trägt eine oben fast 
erweiterte Spitze, die unterste, kleinste endigt stumpf; die Oberfläche 
ist glänzend glatt. 

Grösse: 2,0 mm. lang; Dicke der obersten Kammer 0;3 mm.; der 
mittleren 0,25 mm.; der untersten 0;13 mm. 


Vorkommen: Häufig in den Mergeln des Nummulitenkalks am 
Traunthal. 


Nodosaria Flurli. 
2 Be 

Gehäuse mit zahlreichen (5—7) tonnenförmigen Kammern, die 
ziemlich hochgewölbt mit breiter Basis sich an einander schliessen, von 
oben nach unten in der Art an Grösse abnehmen, dass die oberen nur 
wenig an Grösse differiren, während die untern rasch sich verjüngen, 
die unterste nähert sich dem Kugeligen und ist in eine lange Spitze 
ausgezogen. Oberfläche glatt. 

Grösse: Ganze Länge 4,4 mm.; Dicke oben 0,5 mm.; unten 0,4 mm. 


Vorkommen: Selten im Mergel des Götzreuther Grabens. 


Nodosaria culminiformis n. sp. 
a a wer 


Kleine Art mit tonnenförmigen, doppelt so langen, wie dicken 
Kammern, die oben ziemlich gleich gross in den 2 untersten Kammern 
rasch an Grösse annehmen; die vorletzte ist die kleinste, die letzte 
unterste wieder etwas grösser, fast kugelig rund, stumpf endigend, oder 
mit sehr kleiner, kurzer Spitze versehen. Oberfläche glatt. 

Grösse des aus 5 Kammern bestehenden Bruchstücks 2,2 mm. lang; 
oben 2,5 mm.; unten 0,22 mm. dick. 


615 


Vorkommen: Ziemlich häufig an den verschiedenen Fundorten 
des Nummulitenkalks. 

Die vorausgehende Art, die jedoch durch ihre grössere Dimensionen 
und die Form der unteren Kammern sich auszeichnet, ist dieser Art 
ähnlich. Sie schliesst sich enge an N. culmen Costa (Pal. d. Nap. 8. 162 
t. 13 £. 15), die sich durch ihre stabförmigen Kammern unterscheidet. 
Auch Schwager’s N. tympaniplectriformis (v. Hochstetter Novar. Pal. II. 
S. 215 T. 5 F. 34) ist zu vergleichen, letztere besitzt jedoch längere 
und schmälere Kammern. 


Nodosaria resupinata n. sp. 
T.I., F. 24a u. 24b. 


Bruchstücke mit tonnenförmigen, zweimal so langen als dicken, nahe 
gleichgrossen Kammern, die mit breiter Basis an einander schliessen und 
unten mit einer dicken, kugelförmigen Embryonalkammer abschliessen ; 
diese trägt eine kaum bemerkbare Spitze. Die oberste Kammer ist 
nicht bekannt. Oberfläche glatt. 

Grösse eines Bruchstücks mit 3 Kammern: 2,8 mm. oben; 0,5 mm. 
dick; unten 0,4 mm. dick. 


Vorkommen: Selten in dem Mergel bei Hammer. 


“ Diese Art gehört in die Formreihe der vorausgehenden Species und 
zeichnet sich durch ihre grosse, runde Anfangskammer aus; die oberen 
Kammern scheinen bezüglich ihrer Dimensionen verschiedenen Schwank- 
ungen zu unterliegen; wenigstens findet mau ziemlich häufig einzelne 
Kammern, die sich durch ihre lange, tonnenförmige Gestalt bemerkbar 
machen, wie die Tafel I., Fig. 24° dargestellten, welche vielleicht einer 
anderen Art angehören, aber nicht bestimmt genug charakterirt werden 
können. 


Nodosaria hectica n. sp. 
T.L, F. 2. 


Einzelne Kammern von  langgestreckter, tonnenförmiger Form, 
5—6 so lang, wie dick; Oberfläcke glatt. 


616 


Grösse: 2,0 mm. lang; 0,4 mm. dick (eine Kammer). 
Vorkommen: In deı Nummulitenmergeln am Traunthal. 


Diese durch ihre Form und Grösse ausgezeichnete Art können wir 
mit keiner bekannten identificiren. 


Nodosaria subalpina, n. sp. 
T.I, F.26au.b. 

Gehäuse mit zahlreichen, ziemlich gleichgrossen, eiförmigen, mit 
gradverlaufenden, derben (18) Streifchen verzierten Kammern, welche 
mit breiter Basis an einander gereiht, durch seichte Einschnürungen 
getrennt sind; die oberste Kammer ist in eino lange, derbe Spitze aus- 
gezogen, oben glatt; die Embryonalkammer fehlt. 

Grösse: 6 Kammern 3,3 mm. lang; im Mittel 0,4 mm. dick. 

Vorkommen: Nicht selten in den Mergeln des Traunthals. 

Die verwandte Nodosaria Paueri unterscheidet sich von dieser sehr 
bestimmt durch geringere Anzahl der Kammern, durch geringere Wölbung 


und weniger tiefe Einschnürungen, endlich durch weniger zahlreiche 
Streifchen. 


Nodosaria pachycephala .. sp. . 
N. Er 2% 


Kleine, kurzgedrungene, oben sehr dicke, nach unten rasch spitz 
zulaufende Form mit 5—6 kugeligen, mit sehr breiter Basis dicht auf 
einander sitzenden Kammern, die nur seichte Einschnürungen zeigen; 
die 2 obersten Kammern sind sehr gross, die oberste bis zur runden 
Mündung allmählig zulaufend, oben glatt, die unteren Kammern sind 
sehr klein; die Oberfläche bis gegen d'’e Spitze mit feinen, entfernt 
stehenden Rippchen bedeckt. 

Grösse: 2,2 mm. lang; mittlere Dicke 0,6 mm. 

Vorkommen: Sehr selten im Mergel vom Hammer. 


Der äusseren Form nach, abgesehen von der vollständig geraden 
Richtung, ist Dentalina capitata Boll. (Geogn. d. deutsch. Ostseeländer 


617 


1846 8. 177 T. 2 F. 13) mit unserer Art zu vergleichen. Es genügt 
jedoch die Beschaffenheit der unteren Kammern in’s Auge zu fassen, um 
vor jeder Verwechselung zu schützen. Zunächst verwandt ist Nodosaria 
tenuicosta Costa (a. a. O. S. 160, T. XII, F. 5 u. T. XVI, F. 8—12), 
von der sich unsere Art durch die gleichmässige Grösseabnahme der 
unteren Kammern, durch die mit den übrigen gleich grosse, nicht grössere 
Embryonalkammer und die entfernter stehende Streifung genügend 
unterscheidet. 


Nodosaria eocaena n. sp. 
1 a 


Bruchstücke einer kleinen, zierlichen Art mit ziemlich gleichgrossen 
kugeligen, durch tiefe Einschnürungen von einander gesonderten Kammern, 
welche von 18—20 verhältnissmässig starken, erhabenen Rippchen be- 
deckt sind; End- und Anfangskammern fehlen. 


Grösse einer Kammer 0,7 mm. lang; 0,6 mm. dick. 
Vorkommen: Ziemlich häufig in den Mergeln des Traunthales. 


Unter den zahlreichen, bis jetzt bekannt gewordenen gerippten No- 
dosarien ist keine Art, die vollständig mit unserer Form übereinstimmt. 
Wenn man auf Grösse und Gestalt der Kammern, auf die Anzahl der 
Rippchen, die allerdings bei jeder Species innerhalb gewisser Grenzen 
Schwankungen unterworfen sind, kein Gewicht legte, so müsste man die 
ganze Formenreihe ähnlicher Arten zusammenwerfen, ein Verfahren, 
welches allerdings wenig Mühe verursacht. Nach dieser Auffassung würde 
unsere Art N. raphanus Lin. zufallen. Eine so weite Artenumgrenzung 
halten wir jedoch weder für naturgemäss, noch für praktisch nützlich. 


Nodosaria Helli n. sp. 
1% 1,7499, 


Bruchstücke einer sehr kleinen Art mit zahlreichen, länglich-runden, 
durch ziemlich tiefe Einschnürungen von einander gesonderten Kammern, 
welche mit wenigen (9—10), verhältnissmässig dicken und hohen Rippchen 


618 


bedeckt sind; die oberste (?), etwas längere Kammer verläuft in eine 
stumpfe Spitze. 

Grösse der 5 Kammern: 2,0 mm. lang; 0,4 mm. dick. 

Vorkommen: Selten in den Mergeln vom Hammer. 

Diese Art gehört zur Formgruppe der N. raphanistrum Lin., welche 
sich von N. bacillum Defr. durch ihre Kleinheit und länglich-runde 
Kammern, von der vorausgehenden N. eocaena durch geringere Grösse 
und weniger zahlreiche Rippchen, von N. raphanistrum Lin. durch ge- 
ringere Grösse und geringere Anzahl von Rippchen unterscheidet. 
Bornemann’s Dentalina acuticosta Rss. (Z. d. d. geol. Ges. VII. S. 325 
T. 13 F. 9) scheint hierher zu ziehen sein, soweit es das abgebildete 
Fragment zu beurtheilen erlaubt. Unter den Kreidearten stehen N. poly- 
gona Rss. und N. Zippei Rss. am nächsten; sie unterscheiden sich durch 
die weniger tiefen Einschnürungen. 


Nodosaria bacillum Def:. 
T.1I, F. 30. 


Bruchstücke einer Art mit vielen, gleichmässig dicken, soweit er- 
halten, durch seichte Nahteinbuchten getrennten Kammern, welche mit 
9—12 hohen, entfernt stehenden Rippchen verziert sind und dadurch 
mit der Wiener Form vollständig übereinstimmen. End- und Anfangs- 
theile sind nicht erhalten. 


Grösse der 5 zusammenhängenden Kammern: 2,4 mm. lang; 
0,6 mm. dick. 


Vorkommen: Ziemlich häufig in allen Fundorten des Nummu- 
litenmergels. 


Da von dieser Art nur Bruchstücke bis jetzt gefunden wurden, 
welche, wenn sie der N. bacillum angehören, den oberen, durch Naht- 
einschnürungen charakterisirten Kammern entsprechen, während jene 
Theile noch nicht gefunden wurden, welche nach unten fast cylin- 
drische Form annehmen, so bleibt es unsicher, ob die Gleichstellung 
vollständig zutrifft. In jedem Fall ist der Anschluss an die Wiener 
Tertiärart eine innigste. 


619 


Nodosaria Maximiliana n. sp. 
T. I, F. 31 (in nur 5facher Vergrösserung). 

(?) N. enneagona Roualt 1850 (Mem. d.1. soc. geol. d. Fr. 2. Ser. t. III. p. 466 pl. XIV. fig. 12). 

Grosse, sehr stattliche Form mit sehr zahlreichen Kammern, deren 
oberen hochgewölbt und durch tiefe Einschnürungen getrennt sind, 
während die Kammern gegen die Mitte und nach unten zu einem fast cylin- 
drischen, nur schwach eingeschnürten Gehäuse sich verbinden und endlich 
mit einer kleinen, stumpf zugespitzten Embryonalkammer schliessen ; die 
oberste Kammer ist zusammengedrückt rundlich und läuft allmählig in 
eine nicht hohe, glatte Spitze aus. Die Oberfläche ist mit 8—10 (vor- 
herrschend 10) schmalen, hohen, auf der Höhe wellig gebogenen Rippchen 
verziert; die 3fach breiteren Zwischenräume sind glatt, durch Einsatz 
neuer Rippchen wechselt die Zahl derselben von 8—10. 

Grösse eines Bruckstücks mit Endkammer 16 mm. lang, mittlere 
Dicke 1,6 mm. 

Vorkommen: Selten in den Mergeln der Maximilianszeche am 
Kressenberg und am Hammer. 

Diese durch ihre Grösse leicht kenntliche Art schliesst sich an 
N. bacillum d’Orb., N. affinis d’Orb., N. polygona Rss. und N. Zippei Rss., 
welche sie aber alle an Grösse weit übertrifft. Die Roualt’sche 
N. enneagona (M&m. d. 1. Soc. geol. d. Fr. 2. Ser. III. 1848 p. 466, 
T. XIV, F. 12) scheint identisch zu sein, in welchem Falle gleichwohl 
die zu enggefasste, daher falsche Bezeichnung enneagona nicht beibehalten 
werden könnte. — Parker a. Jones ziehen selbst die Roualt’sche 
Art zu N. raphanistrum Lin.! 


Nodosaria latejugata n. sp. 
Taf. I., Fig. 32. 


Bruchstücke mit der Embryonalkammer bestehen aus kugelig-runden, 
dicht auf einander gesetzten, durch tiefe Einschnürungen getrennten 
Kammern, deren unterste, etwas (/3) grössere in eine lange Spitze aus- 
läuft. Ueber die Oberfläche laufen 9—12 hohe, schmale, oben wellig 

Abh.d.II.Cl.d.k. Ak.d. Wiss. X. Bd. II. Abth. 79 


620 


geschweifte Rippchen, nur 1a so breit, als’ die weiten Zwischenräume. 
Auf der untersten Kammer vermehren sich die Rippchen durch Einsatz 
auf 12—15. 

Grösse der 3 Kammern: 3,0 mm. lang; Dicke der untersten 
Kammer: 1,2 mm. 


Vorkommen: In Nummulitenmergel des Götzreuther Grabens. 


Diese Art unterscheidet sich von der vorigen durch geringere Grösse, 
durch ihre grössere Embryonalkammer und tiefere Einschnürungen. Die 
Kreidearten N. inflata Rss. theilt die Eigenthümlichkeit der Erweiterung 
der Embryonalkammer, besitzt jedoch kaum bemerkbare oder wenigstens 
doch ganz seichte Nahteinschnürungen. N. Catesbyi d’Orb. besitzt 
nur einige (2) Kammern, während die vorliegende Art aus zahlreichen 


Kammern zusammengesetzt ist. 


Nodosaria sceptriformis n. sp. 
Taf. I., Fig. 33. 


Eine kurze, dicke Form mit 4, durch tiefe Einschnürungen getrennten, 
länglich runden Kammern, deren oberste die grösste, in eine stumpfe 
Spitze ausgezogen ist, während die Embryonalkammer die kleinste, 
kugelig und unten stark abgerundet ist. Ueber die Oberfläche laufen 
6 hohe, schmale Rippchen, welche in den tiefen Nahteinschnürungen 
besonders stark hervortreten, auf den Embryonalkammern dagegen fast 
verschwinden. 

Grösse: 2,5 mm. lang; im Mittel 0,5 mm. breit. 

Vorkommen: Selten im Mergel vom Hammer. 


Diese Art gehört in die Formgruppe der N. scalaris Batsch., 
zeichnet sich aber von ähnlichen Formen durch die spitzlose, kleine, 
fast glatte, kugelige Embryonalkammer aus. N. badenensis d’Orb. hat 
mehr kugelig (nicht länglich) runde Kammern und zahlreiche Rippchen, 
die selbst auf der Embryonalkammer nicht: fehlen. 


Dentalina. 


Dentalin aherculea n. sp. 
T..I.; +E}, 34, 

Gehäuse sehr gross, glatt, stark gebogen mit zahlreichen, grossen, 
tonnenförmigen, nach unten stetig an Grösse abnehmenden Kammern, 
die durch schwache Einbuchtungen und etwas schief verlaufende Nähte 
getrennt sind; die obere Kammer ist am grössten, umgekehrt birnförmig, 
allmählig in eine einseitig stehende, stumpfe Spitze auslaufend, während 
die unterste Kammer klein, kugelig abgestumpft erscheint. 

Grösse: 8,2 mm. lang; oberste Kammer 1,0 mm. dick; unterste 
Kammer 0,4 mm. dick. 

Vorkommen: Selten im Nummulitenmergel des Götzreuther 
Grabens. 

Die durch ihre riesige Grösse ausgezeichnete Form dürfte mit keiner 
bekannten zu verwechseln sein. 


Dentalina fusiformis Günb. 
(Geogn. Besch. d. bayer. Alp. S. 671.) 
IN TLSeR, 33aursan. 


Eine sehr kleine, schwach gekrümmte, glatte Form mit 5—6 von 
oben nach unten an Grösse stetig abnehmenden, länglich eiförmigen 
Kammern, welche durch kaum bemerkbare Einschnürungen und fast 
horizontal verlaufende Nähte getrennt sind; die oberste verhältnissmäsig 
grosse Kammer läuft in eine etwas seitlich gestellte kurze Spitze aus, 
während die unterste Kammer an sich schon spitzenförmig verdünnt, 
mit einer kleinen Spitze endigt. 

Grösse: 1,4—1,4 mm. lang. 

Vorkommen: Häufig im Nummulitenmergel aller Fundorte, auch 
aus dem Granitmarmor von Sinning, und ebenso in den Mergelschichten 
der jüngsten Nummulitenschichten von Häring. 

Aehnliche Arten aus der Kreide sind D. sororia Rss. und D. gracilis 
d’Orb., aus Tertiärschichten D. badenensis d’Orb., D. inornata d’Orb., 

eb 


622 


D. obliguata Rss. u. A. unterscheiden sich von unserer Art constant 
durch zahlreichere Kammern, tiefere Nahteinschnürungen und schiefer 
gestellte Nähte. 


Dentalina linearis (Roem.) Reuss. 


T. 1, F. 362 u. 36b. 
Reuss in Sitz d. Wien. Äc. Bd. 44 S. 42 T. II; F. 15, 


Kleine, wenig gebogene, spindelförmige, glatte Art mit 7—9 länglich 
runden Kammern, von welchen die oberste umgekehrt birnförmig, in 
eine fast mittelständige Spitze ausgezogen, durch eine seichte Nahtein- 
schnürung und fast horizontal verlaufende Naht von den unteren 
Kammern geschieden ist; die unteren allmählig kleiner werdenden 
Kammern schliessen sich ohne deutliche Nahteinschnürungen zu einem 
fast walzenförmigen Theil an einander, so dass die einzelnen Kammern 
nur an den durchscheinenden Kernen erkannt werden können. Die 
unterste Kammer ist klein und abgestumpft. 

Grösse: 2,0 mm. lang. 

Vorkommen: Nicht selten in dem Nummulitenmergel fast sämmt- 
licher Fundorte. 

Diese Form aus den älteren Tertiärschichten bietet gegen die 
Kreideart keine bemerkbare und constante Unterschiede, wesshalb sie 
mit derselben identificirt wurde. Die etwas bedeutendere Grösse recht- 
fertigt keine Trennung. 


Dentalina glandifera n. sp. 
DL, 3% 37: 

Eine sehr kleine, zierliche, glatte Art mit 5—6 länglichrunden 
Kammern, welcha in den oberen Kammern durch seichte Einschnürungen, 
in den unteren weniger deutlich getrennt sind, alle Nähte verlaufen nicht 
stark schief, sondern fast horizontal. Die oberste Kammer ist gross, 
länglich-eiförmig, und in eine kurze mittelständige Spitze auslaufend; 
die unterste Kammer ist sehr klein, knopfartig abgerundet. 

Grösse: 1,48 mm. lang. 


623 


Vorkommen: Ziemlich häufig in’ den Mergeln der Nummuliten- 
kalkfundstellen. 

Diese Art unterscheidet sich von den zunächst verwandten aus der 
Formengruppe der D. commnnis d’Orb. durch die abgesetzten oberen 
Kammern und die horizontalen Nähte, insbesondere von D. elegans d’Orb. 
durch die geringe Anzahl Kammern und das Fehlen der Spitze; auch 
Nodosaria oblonga Costa (a. a. O. T. 13 F. 13) steht ihr sehr nahe; ist 
vielleicht damit identisch. 


Dentalina globulicauda n. sp. 
TL,;F58. 

Eine sehr kleine, aus zahlreichen glatten Kammern bestehende Art; 
die oberen, kugelrunden Kammern sind durch kurze, cylindrische Zwischen- 
theile getrennt, die unteren Kammern reihen sich direkt an einander; 
alle nehmen von oben nach unten stetig an Grösse ab, so dass die letzte 
unterste Kammer sehr klein, etwas länglich rund, wie eine Spitze er- 
scheint; die oberste Kammer trägt eine mittelständige, plumpe Mün- 
dungsröhre. 

Grösse: 2,0 lang. 


Vorkommen: Häufig in den Mergeln fast aller Nummulitenkalk- 
fundstellen unserer Alpen. 

Vorstehende Art gehört in die nicht artenreiche Gruppe der D. 
Adolpkina d’Orb., von welchen sie sich durch ihre verhältnissmässig 
langen Zwischentheile und das Fehlen der Körnelung unterscheidet. 
D. soluta Rss. ist kaum in Vergleichung zu ziehen. 


Dentalina Adolphina «Orb. 
EL E.32. 
d’Orbigny (For. foss. d. terr. ter. d. Vienne p. 5l, t..1 f. 18—20). 
Die verbreitete Art findet sich in sehr übereinstimmenden Formen 


auch in den Nummulitenschichten. 


Vorkommen: Ziemlich häufig in dem Mergel des Nummuliten- 
kalks der meisten Fundstellen. 


Dentalina acuticauda Rs. 


T.I., E. 40. 
Reuss Zeitsch. d d. geol. Ges. Bd. III, S. 62 T. III F. &. 


Die Art von Hermsdorf stimmt mit Ausnahme der Grösse, welche 
bei der Nummulitenform das Doppelte der obligocänen übersteigt, sonst 
so vortrefflich, dass ich sie nicht zu trennen wage. 


Vorkommen: Häufig in dem Nummulitenmergel vom Hammer, 
Götzreuther Graben, Roll, Höllgraben. 


Dentalina gliricauda n. sp. 
TalseT Al, 


Eine schlanke, wenig gekrümmte, glänzend-glatte Art mit zahlreichen 
Kammern, welche fast ohne Einschnürungen dicht an einander gereiht 
und durch gerad verlaufende Nähte getrennt sind; nur an den oberen 
Kammern bemerkt man seichte Nahteinschnürungen, die oberste Kammer 
ist etwas kleiner, als die vorausgehende, birnförmig und trägt eine kurze, 
mittelständige Spitze; von der zweiten Kammer an nehmen diese, nach 
unten allmählig an Grösse ab bis zur letzten Embryonalkammer, welche 
wieder etwas grösser, als die zunächst vorausgehende ist, und unten ab- 
gerundet abschliesst. 

Grösse: 4,0 mm. lang. 

Vorkommen: Nummulitenmergel vom Hammer. 

Von der verwandten D. acuticauda Rss. unterscheidet sich unsere 
Art durch die fast ganz fehlenden Einschnürungen, die eigenthümlich 
glasglänzende Schale und die grössere, runde Embryonalkammer. 


Dentalina capitata Boll. 


Reuss, Sitz. d. Wiener Acad. Bd. XVII. S. 233, T. 1., F. 5. 


Ziemlich häufig vorkommende Formen stimmen mit der Reuss’schen 
Abbildung und Beschreibung, namentlich der Varietät Sandbergeri sehr 


625 


gut überein, nur dass die subalpine eocäne Art etwas stärker ge- 
streift ist. 

Vorkommen: Ziemlich häufig in dem Mergel fast aller Fundstellen 
vom Nummulitenkalk. 


Denialina Münsteri Rss. 
Tr, ma, 

Reuss, Sitz. d. Wiener Acad. Bd. XVII. S. 225, T. I., F. 8. 

Nodosaria elegans, v. Mü. Roem. in Leonh. in Bronn. J. 1838 S. 382, T. 3, F. 1. 

Die vorliegende Art stimmt mit Ausnahme der weniger verdickten 
ersten Kammer mit der norddeutschen Form sehr gut. 

Vorkommen: Nicht selten in dem Mergel des Nummulitenkalks 
vom Hammer. 


Dentalina pungens Rss. 


var. rugulosa. 
| p1., Fl44, 
Reuss, Zeitsch. d. d. geol. Ges. Bd. III. S. 64, T. III, F. 13. 


Eine lange, schlanke, wenig gekrümmte Form mit zahlreichen (16—18) 
oben durch schwache Einschnürungen getrennten, nach unten ununter- 
brochen fortlaufenden Kammern, welche gegen das untere Ende allmählig 
kleiner werden und bis zu einer Spitze sich verschmälern; alle Kammern 
sind durch horizontal verlaufende Nähte geschieden. Ueber die Ober- 
fläche laufen zahlreiche, feine Streifchen, welche besonders unten stark 
hervortreten, eine Art Runzelung erzeugend und gegen oben wenigstens 
an den Nahteintiefungen deutlich sich zeigen, auf den gewölbten Theil 
der Kammern aber fast verschwinden. Die oberste, birnförmige Kammer 
trägt eine kurze Spitze und ist fast ganz glatt. 


Grösse: 3,6 mm. lang. 
Vorkommen: Wie die vorigen. 


Obwohl bei unserer Form die Streifung oben weniger deutlich, 
dagegen unten‘in 'eine Art Runzelung verstärkt ist, entgegengesetzt der. 


626 


Oberflächenverzierung von D. pungens von Hermsdorf, so dürfte doch 
kein wesentlicher Unterschied festzustellen sein, um beide Formen zu 
trennen. Wegen der Runzelung ist die eocäne Art als Varietät bezeichnet. 


Dentalina nummulina n. sp. 
TslseF. 45, 

Eine grosse, dicke, schwachgebogene, nach unten spitz zulaufende 
Form mit 7, äusserlich nicht abgetrennten Kammern, bei denen nur in 
dem obersten Theil Einschnürungen angedeutet sind; über die Oberfläche 
verlaufen gerade oder nur wenig schiefe, feine, sehr zahlreiche Längs- 
rippchen, so breit, als die dazwischen liegenden Rinnen. 

Grösse: 2,2 mm. lang; im Mittel 0,6 mm. dick. 

Vorkommen: Nicht selten in den Nummulitenmergeln vom Hammer, 
Götzreuther und Roll-Graben. 


Die in ihrer Grösse und in Form der ersten untersten, bald spitzen, 
bald mehr abgestumpften Kammern etwas vielgestaltige Form schliesst 
sich an die Arten D. sulcata Nils. (n. d’Orb.) (Reuss in Z. d. d. geol. 
Ges. VII. S. 269, T. 8 F. 14°) und D. Könincki Rss. (Sitz. d. Wien. 
Acad. Bd. 42 S. 356, T.I., F. 3), sowie an die folgende D. fissicostata. 
Von den ersteren unterscheidet sich unsere Art bei geringerer Grösse, 
durch die fast ganz fehlenden Nahteinschnürungen, von der Cragform 
durch geringere Krümmung, grössere Dicke in den oberen Kammern, 
durch das Fehlen einer deutlichen Stachelspitze und zahlreichere Rippcheu. 


Dentalina fissicostata n. sp. 
T--L, E. 36, 


Eine grosse, dicke, wenig gekrümmte, nach unten zulaufende, in einer 
etwas verdickten Embryonalkammer abgerundet abschliessende Art mit 
7, nur in dem oberen Theil durch seichte Einschnürungen getrennten 
Kammern, deren oberste sehr grosse in eine etwas seitlich stehende, 
oben glatte Spitze ausläuft; über die Oberfläche laufen unten 16 —20 
Längsrippchen, die sich durch Gabelung und Einsetzung gegen oben bis 
auf 24—30 vermehren; sie sind ungefähr so breit, als die Zwischenräume 


627 


und verlaufen etwas schief auf der ersten Kammer in zickzackförmiger 
Biegung. Das unterste Ende, wie die Spitze, ist glatt. 

Grösse: 5,5 mm. lang, oben 1,0 mm.; unten 0,4 mm. dick. 

Vorkommen: Nicht selten in den Nummulitenmergeln des Traun- 
thals. 

Diese Art schliesst sich zunächst an D. divergens Rss. des Grün- 
sands von N. Jersey (Sitz. d. Wiener Ac. Bd. 44 8. 335, T. 7 F. 5), 
ist jedoch grösser, unten nicht stachelspitzig, sondern kugelförmig ab- 
gerundet und von zahlreichen Rippchen bedeckt. Von der vorausgehenden 
scheidet sie ausserdem die derbere Berippung. Zu gleicher Formgruppe 
gehört auch Schwager’s Nodosaria crassitesta (Novara, Palaeont. II. Th. 
S. 224 T.V. F.55), welche durch das Fehlen einer Kammervergrösserung 
in der obersten Kammer charakterisirt ist. 


Dentalina truncana n. sp. 
T. I, F. 47a u. 47b. 


Eine grosse, dicke, stark gekrümmte, nach unten sich verschmä- 
lernde, mehr oder weniger spitz zulaufende Form mit 7—9, nur im 
oberen Theile durch ziemlich tiefe Einschnürungen sichtbar getrennten 
Kammern, über deren Oberfläche unten 6, oben durch Einsetzen auf 
9—10 vermehrte, sehr schmale, auf ihrer Höhe wellig gebogene Ripp- 
chen verlaufen; die Zwischenräume zwischen den Rippchen sind 3—4mal 
breiter, als diese. Die oberste Kammer trägt eine ziemlich mittelstän- 
dige Spitze; die unterste endigt in einer kleinen, stumpfen Spitze. 


Grösse: 5,6 mm. lang; oben 1,0 mm.; unten 0,3 mm. dick. 


Vorkommen: Ziemlich häufig in dem Nummulitenmergel vom Ham- 
mer, Götzreuther Graben, Schönram am Traunthal. 


Bezüglich der Art und Weise, in welcher der untere Theil mehr 
oder weniger stumpf oder spitz ausgezogen ist, unterliegt diese Species 
einigen Schwankungen, welche jedoch nicht constant und nicht wesentlich 
genug scheinen, um noch weitere Arten abzugrenzen. 

Abh. d. II.C1.d. k. Ak. d. Wiss. X. Bd. II. Abth. S0 


628 


Glandulinideae. 


Glandulina. 


Glandulina nummularia n. sp. 
T.I., F. 50. 

Gehäuse länglich eiförmig, unterhalb der Mitte etwas eingeschnürt, 
nach oben und unten etwas abgerundet, verlängert, die Oberfläche glän- 
zend glatt; Mundöffnung rundlich mit schwachen Strahlen. 

Grösse: 1,6 mm. lang; 0,9 mm. dick. 

Vorkommen:. Nicht selten im Nummulitenmergel der meisten 
Fundorten. 

Gegen die sehr verwandte Gl. obtusissima Rss. (Sitz. d. Wiener Ac. 
Bd. 48 S. 66 T. 8 Fig. 92, 93) ist unsere Art länger, schmäler, nach 
unten schwach zugespitzt, oben ohne deutliche Spitze. Es liegt mir 
noch eine Reihe von Glandulinen-Formen aus dem Nummulitenmergel 
vom Hammer aus der Gruppe der @!l. obtusissima, aequalis und elliptica, 
aber immer nur in je einem Exemplar vor, so dass ich über die 
Beständigkeit ihrer Form keinen sichern Anhaltspunkt gewinnen 
konnte, wesshalb ich sie vorläufig keinen besonderen Arten zutheilen 
möchte. 


Lingulina. 


Lingulina bursaeformis n. sp. 
a a RE 
Grosse, im Umrisse länglich-runde, breitgedrückte, nach oben ab- 
gerundete, nach unten abgerundet zulaufende Form mit mässig gewölbten 
Seiten, welche gegen den Rand zu von einem schmalen, flachen Saum 
umgeben sind; dieser Saum trägt, sich nach oben erweiternd, auf einer 
schwachen Erhöhung die spaltenförmige Mündung; die 3—5 Kammern 
sind durch seichte Einschnürungen getrennt, die unteren undeutlicher, 


629 


als die oberen, von welchen die oberste mehr als 1/3 der ganzen Länge 
einnimmt. Oberfläche glatt. 


Grösse: 3,7 mm. lang; 1,1mm. dick. 
Vorkommen: Sehr selten im Mergel vom Hammer. 


Lingulina carinata d’Orb. (?) (Ann. d. sc. nat. 1826 p. 91) und 
Costa (Palaeont.’d. r. di Napoli p. II. p. 179, T. 16, F. 25) ist die 
nächste Formverwandte, jedoch kleiner, nach unten mehr verschmälert, 
nach oben gleichmässiger zugespitzt und die oberste Kammer mehr als 
doppelt so gross, als das ganze Gehäuse. 


Lingulina tuberosa n. sp. 
Taf. I., Fig. 52 au. b. 


Eine vielgestaltige, kleine, glänzend-glatte Form mit 5—6 kugeligen, 
kaum seitlich etwas zusammengedrückten, daher im Querschnitte rundlich- 
ovalen Kammern, welche durch tiefe Nahteinschnürungen getrennt, nach 
unten an Grösse abnehmen; die oberste, grösste ist länglich eiförmig 
und trägt auf einer kaum bemerkbaren Spitze die spaltenförmige Mün- 
dung, die unterste Kammer ist bald kleiner, bald etwas grösser, als die 
vorausgehende. 

Grösse: Durchschnittlich 3,3 mm. lang. 

Vorkommen: Sehr häufig an allen Fundstellen des Nummuliten- 
kalks. 

Lingulina nodosaria Rss. (Sitz. d. Wien. Ac. Bd. 46 S. 59, T. V. 
F. 12) aus den norddeutschen Procänschichten steht unserer Art sehr 
nahe, ist jedoch stärker zusammengedrückt und weniger tief an den 
Nähten eingeschnürt; die Wiener L. rotundata d’Orb. unterscheidet sich 
durch die grössere Dicke der zweiten Kammer und Grösseabnahme der 
oberen letzten Kammer, welche bei der eocänen Art immer von allen 
die grösste ist, endlich durch eine deutliche Mundspitze, die unserer 
Art fehlt; im ganzen Habitus ist die Wiener Art mehr fassförmig, 
nach 2 Enden sich verjüngend, unsere Art rübenförmig, nur nach 
unten sich verjüngend. 

80* 


630 


Pleurostomellideae. 


Pleurostomella. 


Pleurostomella eocaena n. sp. 
T.I., F. 53a u. 53b. 


Eine kleine, nach unten ziemlich gleichmässig zulaufende Art mit 
8—10 stark gewölbten, ziemlich so breiten als hohen, etwas schmäleren 
Kammern, die durch tiefe Nahteinschnürungen geschieden sind; das 
ganze Gehäuse erscheint seitlich zusammengedrückt; die Nähte schief 
verlaufend; die oberste Kammer trägt seitlich die länglich-runde Septal- 
fläche mit einer länglich-runden Mündung; Oberfläche glatt. 

Grösse: 2,2 mm. lang; oben 0,6 mm. dick. 

' Vorkommen: Selten im Mergel vom Hammer. 

Pl. alternans Schwager (Novara, Päl. II. S. 238 T. VI., Fig. 79, 80) 
scheint nahe verwandt, ist jedoch von mehr ovalem Querschnitt, besitzt 
weniger Kammern und eine längliche Mündung. Die beiden Arten aus 
den westphälischen Kreideschichten Pl. fusiformis und P. subnodosa Rss. 
unterscheiden sich durch die kugelige Form der Kammern. 


Pleurostomella rapa n. sp. 
TiL,..,64 

Eine kurze, dicke, aus 4—5 Kammern bestehende Form; die Kam- 
mern sind sehr ungleich gross, hochgewölbt, durch tiefe Nahteinschnür- 
ungen getrennt, wobei die Nähte sehr schief verlaufen. Die oberste 
Endkammer ist mehr, als doppelt so lang, als das ganze Gehäuse, die 
nächsten Kammern nehmen so rasch an Grösse ab, so dass die erste, 
unterste, Kammer wie in eine Spitze ausläuft. Die Septalfläche ist länglich 
rund und trägt eine spaltenförmige Mündung. Oberfläche glatt. 

Grösse 1,0 mm. lang; Dicke der oberen Kammer 0,6 mm. 

Vorkommen: Sehr selten im Mergel des Götzreuther Grabens. 

Diese Art, die sich durch ihre kurze, dicke Form von der voraus- 
gehenden unterscheidet, schliesst sich zunächst der Pl. brevis Schwag. 


631 


(a. a. O0. S. 239 T. VI, F.81) an, ist jedoch langgestreckter, nach unten 
spitz auslaufend und die Kammer von länglich-runder Form. 


Frondieularideae. 


EBEhabdogonium. 


Ekhabdogonium haeringense n. sp. 
T. I, F.55au.b. 

Eine kurze, gedrungene, scharf dreiseitige Form, welche sich nach 
unten allmählig zu einem stumpfen Ende verschmälert; die Seitenflächen 
zwischen den 3 fast leistenartig vorspringenden Kanten, schwach ge- 
wölbt; mit 10—12 niedrigen Kammern, deren Nähte in flach bogen- 
förmigen Linien auf den Seitenflächen angedeutet sind; die oberste 
hochgewölbte Kammer trägt eine centrale Spitze mit runder Oeffnung; 
die Oberfläche ist rauh, matt. 

Grösse: 2,0 mm. lang; oben 0,9 mm. dick. 

Vorkommen: Sehr häufig in den jüngsten Nummulitenschichten 
von Häring. 

Obgleich diese Art nicht in den Kressenberger Nummulitenschichten 
vorkommt, habe ich hier die Beschreibung beigefügt, weil tertiäre Arten 
sehr selten bis jetzt beobachtet wurden. Mit dem Rh. minimum Rss. 
aus dem Salzthon von Wieliczka hat unsere Art geringe Aehnlichkeit. 


Vaginulinideae. 


Vaginulina. 


Vaginulina laevigata Roem. 


Roemer, Leonh. a. Bronn. Jahrb. 1838 S. 383, T. 3, F. 11. 
Reuss, Sitz. d. Wiener Ac. Bd. XVII 1855 S. 226, T. L, F. 9. 


Die Formen aus den eocänen Mergeln stimmen vollständig mit den 
oligocänen Formen von Crefeld überein. 


Vorkommen: Sehr selten in dem Nummulitenmergel vom Hammer. 


632 


Vaginulina laminaeformis n. sp. 
Taf. I., Fig. 48a u.b. 

Grosse, vollständig glatte, dünne Form mit ganz ebenen Seiten- 
flächen und ausgeschweiftem Rücken, der gleichfalls abgeplattet, in der 
Mitte etwas vertieft, gegen die Seite schwach berandet ist. Die sehr 
zahlreichen, enggestellten Kammern sind durch sehr schief nach vorn 
bogenförmig abwärts gebogenen Nähte geschieden; die Oberfläche ist 
glänzend und glatt. 

Grösse: 2,8mm. lang; 1,1mm. breit; 0,25 mm. dick. 

Vorkommen: Vereinzelt in dem Nummulitenmergel von Schönram 
bei Eisenerz. 

Diese Form ist durch ihre ganz gleich bleibende, sehr geringe 
Dicke ausgezeichnet. 


Vaginulina eocaena. 
T.L,F.9au.b. 

Kleine, ziemlich dicke, glatte, nach unten etwas zulaufende Form 
mit zahlreichen, durch bogenförmige Nähte getrennten Kammern, deren 
oberste, grösste, die rundliche, kurze Spitze trägt, sie ist hinten und vorn 
abgerundet und von der kaum hervorragenden Embryonalkammer aus 
mit zahlreichen Längsstreifen, die gegen oben verschwinden, bedeckt. 

Grösse: 2,0 mm. lang; grösste Breite 0,9 mm.; mittlere Dicke 0,3 mm. 


Vorkommen: Selten im Nummulitenmergel vom Hammer. 


CristeNarıdenze. 


Marginulina. 


Marginulina tumida Rss. 
ln E5% 
Reuss, Sitz. d. Wien. Ac. Bd. 48 S. 48, T. 3; F. 32—55. 
Eine kleine, aus 4—5 Kammern bestehende, glatte Form, deren 
oberste Kammer von eiförmigem Umrisse so lang, als alle andern zu- 


633 


sammen und über 1!ya so dick ist; alle Kammern sind durch tiefe Nahtein- 
buchtungen von einander getrennt und die unteren wenig seitlich angesetzt. 

Grösse: 1,9 mm. lang; 0,5 mm. dick; 0,45 mm, breit.. 

Vorkommen: Ziemlich selten in dem Nummulitenmergel der Stein- 
brüche von Schönram am Traunthale. 

Eine vielen Abänderungen unterworfene Form, welche mit der 
M. similis d’Orb. zunächst verwandt, vielleicht mit dieser Art vereinigt 
werden dürfte. Wenn trotz dieser Aehnlichkeit hier die Zusammen- 
ziehung beider Arten nicht vorgenommen wurde, so soll damit nur 
ausgedrückt werden, dass unsere eocäne Art jener Form von Hermsdorf 
näher steht, als der von Baden. 


Marginulina pachygaster n. sp. 
T. I, F. 60. 

Eine kleine, glatte, aus 4 dicken, kugeligen Kammern bestehende 
Form, bei welcher die 2 oberen Kammern sehr gross, die 2 unteren 
sehr klein, letztere seitlich gestellt sind; die oberste Kammer trägt auf 
kurzer, halbrandlicher Spitze die runde Oeffnung; die Nahteinbuchten 
sind tief, oben horizontal, unten schief gestellt. 

Grösse: 2,0 mm. lang; zweite Kammer 0,8 mm. dick. 

Vorkommen: Selten im Nummulitenmergel vom Götzreuther Graben. 

Verwandte Formen: N. pedum d’Orb. von Wien, M. pediformis Born. 
von Hermsdorf und M. infarcta Rss. (Sitz. d. Wien. Acad. Bd. 48 S. 48, 
F. 36) unterscheiden sich alle durch eine grössere Anzahl Kammern, 
von welchen theils nur eine, theils mehrere gegenüber den übrigen an 
Grösse vorwalten. 


Marginulina coronata n. sp. 
DER 
Kleine, aus 8—9 kugelig-runden Kammern zusammengesetzte, unten 
schwach ausgebogene Form, deren 2 oberste Kammern verhältnissmässig 
sehr gross und dick, durch tiefe Nahteinschnitte getrennt sind, während 
die unteren Kammern mit breiter Basis sich berühren und nur sehr 


634 


schwache Nahteinbuchtungen besitzen. Die Oberfläche ist mit undeutlich 
in Längsreihen geordneten Körnchen bedeckt, die namentlich an den 
2 oberen Kammern deutlicher reihenweise geordnet erscheinen, 

Grösse: 1,7 mm. lang; oberste Kammer 0,6 mm. dick. 

Vorkommen: Selten in den Nummulitenmergeln vom Hammer. 

Verwandte Formen sind: Marg. hirsuta d’Orb. und M. cristellarioides 
Czj. (Haidinger’s nat. Abh. Bd. U. d. 140 T. XI, F. 14—16), beide 
aus dem Wiener Tegel; jedoch besteht letztere aus nach unten wenig 
an Grösse abnehmenden Kammern mit ganz unregelmässig vertheilter 
Körnelung, bei ersterer ist die Körnelung ebenfalls unregelmässig und die 
oberen Kammern so weit auseinanderstehen, dass sich ihre Kugeln nur 
wenig berühren. 


Marginulina granitacalcarea n. sp. 
TI, F.62.:(42) 


Lange, schmale Form von ovalem, vorn schneidig zulaufendem 
Querschnitte mit zahlreichen, niedrigen, durch schieflaufende Nähte ge- 
trennten Kammern, von welchen die oberste, grösste die seitliche, kurze 
Spitze trägt; die unterste, kleinste, kugelig, wenig seitlich gestellt ist. 
Ueber die mässig gewölbten Seiten, an denen keine Nahterhöhungen zu 
bemerken sind, laufen zahlreiche Längsstreifehen, die sich nach oben 
fast: verlieren. 

Grösse: 3,0 mm. lang; 0,5 mm. breit; 0,4 mm. dick. 


Vorkommen: Selten im Nummulitenmergel vom Hammer. 


Marginulina tonsilaris n. sp. 
T. I, F.56au.56b. 


Eine kleine, mässig dicke, nach oben und unten etwas zulaufende 
Form mit 10—12 Kammern, von denen die oberste, dick eiförmig, 
kopfförmig durch eine starke Einschnürung von den übrigen Kammern 
gesondert, glatt, auf ausgezogener randlicher Spitze die runde Mündung 
trägt, während die übrigen Kammern niedrig, und breit durch bogen- 
förmige Nähte und nur ganz seichte Nahteintiefungen abgetrennt sind; 


635 


die untersten Kammern sind seitlich gestellt; nach vorn und hinten 
läuft das Gehäuse zu, ohne scharfe Kanten zu bilden; über die Ober- 
fläche laufen feine entfernt stehende Rippchen, die sich gegen oben 
verlieren, ehe sie die Endkammer erreichen. 

Grösse: Ganze Länge 2,2 mm; mittlere Breite 0,7 mm.; mittlere 
Dicke 0,5 mm. 


Vorkommen: Selten in dem Nummulitenmergel vom Hammer. 


Diese Form erinnert an eine Monstrosität der folgenden Art, da 
sie jedoch öfters wiederkehrt, scheint dadurch ein Art-Charakter aus- 
gedrückt zu sein. 


Marginulina rugoso-striata n. sp. 
T.1L, F. 57a u. 57b. 


Eine breite, stark zusammengedrückte, schmale, wenig eingerollte, 
fast gleich breite Form mit kaum gewölbten Seitenflächen, die nur unten 
etwas verdickt sind; hinten zu einem schmalen Rücken abgerundet, läuft 
das Gehäuse nach vorn zu einem nicht scharfen Kiel zusammen; die 
Seiten sind mit 8—10 bogenförmigen Rippchen verziert, die gegen die 
obere Endkammer sich verwischen; die Kammerwände stehen nur wenig 
vor, und sind im unteren Theil nur schwach durchscheinend. 


Grösse: Ganze Länge 1,7 mm.; mittl. Breite 0,9 mm.; mittl. Dicke 
0,4 mm. 


Vorkommen: Selten in dem Nummulitenmergel vom Hammer. 

Diese Art aus der Gruppe der M. Jonesi Rss. und M. Müller Rss. 
ei. d. Wien. Ae. Bd. 46. TV. FE. 19 und T. VI. E. 1), dann der 
M. semiluna d’Orb. unterscheidet sich von den ersteren durch ihre ge- 
ringere Dicke, von letzterer durch ihre grössere Dicke und den Mangel 
des Rückenflügels. Von der vorausgehenden trennt sie, abgesehen von 
der kopfförmigen Endkammer, die gröbere Berippung. 


Marginulina fragaria n. sp. 
T. I, F. 58a, 58b u. 58ec. 
Gehäuse wechselnd bald kurz, breit und flach, bald langgestreckt, 


schmal und rundlich; Seiten kaum oder schwach gewölbt, nach vorn 
Abh.d.II.Cl.d.k. Ak.d. Wiss. X. Bd. II. Abth. 81 


636 


und hinten zu einem Kiel zusammenlaufend mit 8—10 Kammern, deren 
Nähte bei der breiten Form kaum sichtbar, bei der schmalen Form 
oben durch seichte Einschnürungen getrennt sind; auf den Seiten stehen 
länglich runde 6—10 Knötchen, welche auf den Nähtwänden aufgesetzt, 
zugleich ins Längsreihen geordnet sind. Die Oberfläche der letzten 
Kammer, welche eine fast mittelständige Spitze trägt, ist glatt, bei der 
schmalen Form sind sogar die 2—3 oberen Kammern glatt. 

Grösse: Ganze Länge 2,2—3,2 mm.; mittl. Breite der typischen 
Form 1,1 mm.; der schmalen 0,6 mm.; mittl. Dicke der ersten 0,6 mm., 
der zweiten 0,5 mm. 

Vorkommen: Ziemlich häufig im Nummulitenmergel vom Hammer, 
Schönram, Götzreuther-Roll- und Höllgraben. 


Soweit die hier vereinigten Formen in ihren Extremen auseinander 
stehen, so eng sind dieselben durch stetige Zwischenformen verbunden, 
so dass sich innerhalb derselben keine bestimmte Grenze ziehen lässt. 
Wir haben hier eine wirklich formreiche Art, wie es eben nicht alle 
Arten sind. Mit derselben lassen sich M. echinata und rugosa Neugeb. 
dann M. Hochstetteri und Cristellaria infrapapillata Stache vergleichen, 
welche jedoch theils durch die allgemeine Form, theils durch die Form 
der Knötchen sich von unserer Art bestimmt unterscheiden, 


Cristellaria. 


Cristellaria nummulitica n. sp. 
T.L, F. 63a-b. 


Kleine, ziemlich plattgedrückte Form, im Umrisse länglich oval, 
nach vorn und hinten zulaufend, am Rücken abgerundet, vorn schneidig, 
glatt, mit 9—12 sehr schmalen Kammern, welche durch sehr stark ge- 
bogene und vorn weit herablaufende, etwas vorstehende Nähte getrennt 
sind; die obere Kammer verjüngt sich in eine fast randliche, kurze 
Spitze, während die Septalfläche ungefähr bis zur !/3 der Höhe herabreicht. 

Grösse: Ganze Länge 2,3 mm.; mittl. Breite 0,7 mm.; mittl. Dicke 
0,3 mm. 


637 


Vorkommen: Selten in dem Nummulitenmergel des Götzreuther 
Grabens. 

Die Art schliesst sich an die Wiener Art: Cr. cymboides d’Orb; von 
der sie sich durch die grössere Anzahl der Kammern, geringere Dicke 
und das weniger tiefe Herabreichen der Septalfläche unterscheidet und 
an Or. incurvala Rss. (Sitz. d. Wien. Ac. Bd. 46. S. 66. T. VI F. 18), 
die jedoch umgekehrt vorn abgerundet, und hinten spitzwinkelig, ausser- 
dem sehr stark gekrümmt ist. 


Cristellaria subarcuata n. sp. 
TIL, F 6a, 

Eine kleine, längliche, nach unten zulaufende, seitlich stark zusam- 
mengedrückte, unten wenig eingerollte, oben schief abgestutzte Form 
mit 8—9 niederen, durch sehr schief verlaufende Nähte getrennte Kam- 
mern; die Nähte stehen nicht leistenartig vor, sondern verlaufen in einer 
ganz schwachen Eintiefung; vorn abgerundet, laufen die Seiten nach 
hinten schneidig zu; die kurze Septalfläche trägt eine randliche, ziemlich 
hohe Spitze. 

Grösse: Ganze Länge 1,8 mm.; mittl. Breite 0,55 mm.; mittl. Dicke 
0,3 mm. 

Vorkommen: Nicht häufig indem Nummulitenmergel vom Hammer. 

So nahe diese Art sich an C. arcuata Karst. (Reuss Sitz. d. W. Ad. 
Bd. 18 S. 233 T. 3 F. 34—26) anschliesst, so bieten doch die geringere 
Grösse, das Fehlen der Nahtleisten, die geringere Einrollung, die schmälere 
Form, das weniger tiefe Herabreichen der Septalfläche sichere Abgrenzungs- 
momente für unsere Art, welche übrigens auch der Ü. increscens Rss. 
(Sitz. d. W. Ac. Bd. 48. T. 4 F. 47—48) ähnlich wird. Letztere ist 
vorn sehr breit. 


Cristellaria gladius Phil. spec. 
Philippi, Beit. z. Kennt. d. Tert. d. nw. Deutschl. 1843. S. 40 T. 1 F. 37. 


Obwohl die uns aus den Eocänschichten vorliegende Form gegen 
jene des N. Deutschlands, die auch Reuss (Sitz. d. Wien. Ac. Bd. 18. 
S1* 


638 


5.232) beschreibt, sich durch eine doppelte Zuschärfung nach vorn und 
hinten auszeichnet, so stimmen doch alle übrigen Charaktere zu gut 
überein, um es zweckmässig erscheinen zu lassen, bei den überhaupt 
wechselnden Formen von (©. gladius, eine neue Art abzugrenzen. 
Vorkommen: Selten im Nummulitenmergel vom Hammer. 
Die in der geognost. Beschreibung des bayer. Alpengebirgs S. 671 
erwähnte COristellaria asperula ist auf Taf. I Fig. 65 nachträglich abgebildet. 


Cristellaria kressenbergensis n. sp. 
at. 1,, 810 466 


Kleine, stark gekrümmte, im Querschnitte schmal eiförmige, auf die 
ganze Länge fast gleich breite, nach vorn und hinten scharf zulaufende 
Form mit zahlreichen (9—12) Kammern, die durch wenig gebogene 
leistenartig vorragende Nahtwände getrennt sind; diese Nahtrippen schwellen 
nach vorn an und endigen an dem vorderen, selbst schmal flügelartig 
verdünnten Rande plötzlich, während sie auch hinten allmählig verlaufen. 

Grösse: Länge2,0 mm.; mittl. Breite 0,6 mm.; mittl. Dicke 0,3 mm. 

Vorkommen: Ziemlich selten indemNummulitenmergel vomHammer. 

Diese mit der vorigen sehr verwandte Art unterscheidet sich leicht 
durch die fast horizontalen Nahtleisten, die nach vorn knotig ange- 
schwollen sind. 


Cristellaria cumulicostata n. sp. 
TT.,0E767amu07D: 


Grosse, langgestreckte, oben etwas breitere, unten stark eingerollte 
Form mit 12 Kammern, welche durch schiefe Nähte getrennt sind; die 
Nähte bilden auf der Mitte der Seitenflächen hohe leistenartige Vor- 
sprünge, die nach vorn und hinten verschwinden; die Seiten laufen nach 
vorn zu einer kielartigen Schneide, nach hinten zu einer mehr stumpfen 
Kante zusammen. 

Grösse: Länge 3,4 mm.; mittl. Breite 0,9 mm.; mittl. Dicke 
0,65 mm. 


639 


Diese Art gehört in die Formenreihe von (©. bacillum Rss.; CO. ensis 
Rss., Marginulina trilobata d’Orb. (Kreide) und ©. Gosae Rss. Am nächsten 
stehen die beiden letztgenannten Arten; doch ist erstere kleiner, schmäler 
und gleichmässiger auf den Seiten gewölbt; die Gosauspecies (Reuss 
Denk. d. Wien. Ac. Bd. VII. 1854. S. 67 T. 25 F. 10 u. 11) ist un- 
regelmässiger breit, weit weniger eingerollt, und ihre Kammern sind 
weniger hoch. 


Crisiellaria truncana n. sp. 
T. I., E. 682 u. 68b. 


Eine in der Grösse veränderliche, im Umrisse spitzeiförmige, vorn 
gerade abgestutzte, hinten bogenförmig gekrümmte, sehr zusammengedrückte 
scheibenartige Form, welche nur in dem eingerollten, untern Theil etwas 
verdickt ist; gegen den Rücken schmal zulaufend, und einen Flügelsaum 
bildend, besteht das Gehäuse aus 12—15 niedrigen Kammern, welche 
durch gegen den Rücken fast rechtwinklig gestellte nach vorn rasch 
und tief nach abwärts gebogene Nähte getrennt sind; die Septalfläche 
der obersten Kammer reicht bis nahe zur spiralen Einrollung herab. 

Grösse: Länge 2,0 mm.; mittl. Breite 1,0 mm.; mittl. Dicke 0,15 mm. 


Vorkommen: Selten im Nummulitenmergel vom Götzreuther 
Graben. 


Bezüglich der Grösse unterliegt diese Art grossen Schwankungen; 
es liegen Exemplare von 2,0 mm. bis 4,5 mm. Länge und entsprechenden 
Breite und Dicke vor, die sonst in keiner Weise abweichende Charaktere 
bemerken lassen. C. tricarinella Rss. (Sitz. d. Wien. Ac. Bd. 46. 8. 68 
T. VII F. 9) ist sehr ähnlich, jedoch durch geringere Anzahl d. h. 
höhere Kammern, durch geringere Einrollung und den dreirippigen 
Rückentheil leicht unterscheidbar. 


Cristellaria dilutestriata n. sp. 
Taf. I, ie. 69. 


Eine grosse, stark plattgedrückte, nach hinten abgerundete, nach 
vorn scharf zulaufende, wenig eingerollte Form mit mässig hoch gewölbten 


640 


Seitenflächen, über welche 5—6 gegen oben verschwindende Längs- 
rippchen verlaufen; die zahlreichen (15—18), niedrigen Kammern sind 
von bogenförmig gekrümmten, nicht vorstehenden Nähten geschieden ; 
längs des Rücken zieht ein schmaler Flügelsaum; die auf kurzer rand- 
ständiger Spitze befindliche Oeffuung ist rundlich. 

Grösse: Länge 3,9 mm.; mittl. Breite 1,1 mm.; mittl. Dicke 0,3 mm. 

Vorkommen: Sehr selten in dem Nummulitenmergel vom Hammer. 

Die an gewisse Flabellinen erinnernde Art schliesst sich sehr enge 
an ©. auricula B. Mü. (Reuss Sitz. d. Wien. Acad. Bd. 18. S. 41 T.3 
F. 38), welche jedoch eingetiefte Nähte und statt Längsrippchen Längs- 
furchen auf der Oberfläche besitzt. 


BRobulina. 


Bobulina acutimargo Rs. 
T. II., F. 76 bis a u. b. 
Reuss (Zeit. d. d. geol. Ges. Bd. III. S. 67 T. IV F. 21) 
Bornemann (a. d O. Bd. VII. S. 332. T. 14 F. 6. 7) 
Die vorliegenden Formen zeigen vollständige Uebereinstimmung mit 
der vonBornemann gegebenen Darstellung, weniger mit der Beschreibung 
von Reuss. 


Vorkommen: Ziemlich häufig an allen Fundstellen des Nummu- 
litenkalks. 


BRobulina declivis Bornem. 
7.108 7622u.0b. 
Bornemann, Zeitsch. d. d. geol. Ges. Bd. VII. S. 333 T. 15. F. 11. 


Gegen die Art von Hermsdorf unterscheidet sich unsere eocäne 
Form nur durch etwas grössere Anzahl von Kammern (12—15) und 
etwas bedeutendere Grösse, Eigenthümlichkeiten, welche jedoch keine 
Arten-Abgrenzung rechtfertigen. 

Vorkommen: In dem Mergel vom Hammer und von Sinning 
(Neubeuern). 


641 


Eobulina alato-limbata n. sp. 


T. I, F. 70a u. b 


Im Umrisse fast kreisrund, zusammengedrückt, mit ziemlich gewölbten 
Seiten, grosser Nabelscheibe, und scharfem Rande, der deutlich mit 
einem Flügelsaum versehen ist; die 7—9 breiten Kammern werden durch 
die Nabelscheibe tangirende, gegen den Rücken schwach gebogene Nähte 
getrennt; die Septalfläche ist schwach vertieft; die Oberfläche glatt. 

-« Grösse: Durchmesser 2,5 mm.; grösste Dicke 0,7 mm. 
Vorkommen: Nicht selten im Nummulitenmergel vom Hammer. 
Eine sehr grosse Verwandtschaft mit der Bornemann’schen R. lim- 

bata (Zeitsch. d. d. geol. Ges. Bd. VI. T. XV. F. 4, 5, 6) ist nicht zu 

verkennen; doch spricht der deutliche Flügelsaum und die mehr als 
doppelte Grösse für die Selbstständigkeit der eocänen Art. 


Robulina Kressenbergensis n. sp. 


T.1, F. 7la u b. 


Im Umrisse fast kreisförmige, etwas länglich runde, stark zusammen- 
gedrückte, glatte Form, stark gewölbt, gegen die letzte Kammer etwas 
stark anschwellend ohne deutliche Nabelscheibe, gegen den Rand scharf 
zulaufend, ohne Kiel zu bilden, abgerundet, gegen die Mitte gleich- 
mässig gewölbt mit 9 Kammern im letzten Umgange, die durch wenig 
gebogene, schwach durchscheinende Nähte getrennt sind. Die Mitte 
ist durch eine weissliche Färbung ausgezeichnet, wie bei einer Nabel- 
scheibe, die jedoch sich nicht deutlich unterscheiden lässt; die Wand 
der etwas vertieften Septalfläche verläuft geschwungen bis zur Mitte 
des Gehäuses und ist gegen innen leistenartig begrenzt. 

Grösse: Durchmesser 1,8 mm.; grösste Dicke 0,76 mm. 

Vorkommen: Ziemlich häufig im Nummulitenmergel von Hammer. 

Diese Art hat in der jungtertiären R. subangulata Rss. (Sitz. d. 
Wien. Acad. Bd. 48. S. 53, T. VI; F. 64) ihre nächsten Verwandten. 


642 


BRokbulina pterodiscoidea n. sp. 
IT mama: 

Grosse, im Umrisse länglich runde, stark zusammengedrückte, flach- 
gewölbte, scheibenförmige Art, mit kleiner, einseitiger, nicht oder schwach 
vorstehender Nabelschwüle und schmalem Flügelsaum; der letzte Umgang 
mit zahlreichen, 12—15 schmalen Kammern, welche durch stark gebogene 
Nähte getrennt sind; Oberfläche glatt; Septalfläche schmal und nicht hoch. 

Grösse: Durchmesser 2,4 mm.; grösste Dicke 1,0 mm. 

Vorkommen: Nicht selten im Nummulitenmergel vom Hammer 
und von Götzreuther Graben. 


R. limbosa Rss. (Sitz. d. Wien. Ac. Bd. 48 S. 55; T. VI F. 69) 
und R. radiata Born. (Zeitsch. d. d. geol. Ges. S. 334; T. 15. F. 1) 
sind zunächst zu vergleichen. Die erstere Art ist breitflügeliger, dicker, 
weniger reich an Kammern; die letztere schmalflügeliger und im Ganzen 
schmäler; unsere Form stellt sich in die Mitte zwischen beide, als ein 
vermittelndes Bindeglied und ist ausgezeichnet durch die grosse Anzahl 
der Kammern in einem Umgange. Auch die sehr schmale Septalfläche 
ist für unsere Art charakteristisch. 


Bobulina rosetia n. sp. 
PAST ‚ARst7saın. D: 

Eine im Umrisse ziemlich kreisrunde, breitgeflügelte, dicke, vom 
Rande zum Centrum sich verstärkende Form, mit 5—6 Kammern auf 
dem letzten Umgang, die durch sehr gekrümmte, etwas vertiefte Nähte 
getrennt sind; sie schliessen sich im Centrum zu einer sehr kleinen 
Nabelschwüle zusammen; der Flügelsaum ist durch Einschnitte in der 
Richtung der Nähte ausgezackt; Oberfläche glatt. 

Grösse: Durchmesser 1,6 mm.; grösste Dicke 0,38 mm. 

Vorkommen: Selten im Nummulitenmergel vom Hammer, 


Diese Art ähneln Oristellaria colorata Stache (Novar. 1 Th. Pal. 
S. 229 T. XXIM. F. 9) und R. dimorpha Rss. (Zeitsch. d. d. geol. Ges. 
S. 67; T. IV; F. 23). Von erster Art unterscheidet sich unsere Form 
bei bedeutenderer Grösse durch grössere Dicke und besonders gleich- 


643 


mässige grosse Kammern des letzten Umgangs. R. dimorpha ist weit 
weniger dick, ohne Flügelsaum und reicher an Kammern; R. prominula 
Rss. (Zeit. d. d. geol. Ges. Bd. VII. S. 271 T. IX. F. 3) endlich ist 
gleichfalls viel weniger dick, viel schmäler geflügelt und die Nähte der 
zahlreicheren Kammern sind leistenartig erhaben. 


Robulina radiifera n. sp. 
Taf. II., Fig. 76. 4a—b. 


Gehäuse im Umrisse fast kreisrund, zusammengedrückt, scheiben- 
förmig, am Umfange nicht ununterbrochen bogenförmig, sondern nach 
Art eines Polygons eckig; gegen die Mitte anschwellend, gegen den Rand 
zulaufend, fast kielartig scharf; in der Mitte mit einer Nabelschwüle, 
welche rings durch eine Vertiefung isolirt ist; an dieser Vertiefung 
schliessen die Kammern mit einer knotenartigen Anschwellung rasch ab; 
der letzte Umgang besteht aus 9 Kammern, die durch seichte Naht- 
buchten getrennt sind, die Nähte verlaufen fast rein radical mit schwacher 
Biegung. 

Grösse: Durchmesser 2,1 mm.; grösste Dicke 0,8 mm. 

Vorkommen: Selten im Nummulitenmergel vom Hammer. 


Die Art entbehrt näherer Verwandte und gehört zu den markirtesten 
dieser Formgruppe. 


BRobulina gutticostata n. sp. 
EAN Hz 


Eine grosse, im Umrisse fast kreisrunde, flach scheibenförmige Art, 
mit breitem Flügelsaum und 7—9 Kammern auf dem letzten Umgange, 
welche durch schwach gebogene Nähte getrennt sind; äusserlich stehen 
auf diesen Nähten grössere Knötchen, welche im Centrum zu einer un- 
regelmässigen Rosette verbunden sind ; die Septalfläche ist hoch und schmal. 


Grösse: Durchmesser 2,5 mm’; grösste Dicke 0,8 mm. 


Vorkommen: Sehr selten im Nummulitenmergel vom Hammer. 
Abh. d. II. Cl.d. k. Ak. d. Wiss. X. Bd. IT. Abth. 82 


644 


Cristellaria cassis-d’Orb. und Robulina cultrata d’Orb. haben entfernte 
Aehnlichkeit, ihr breiter Flügelsaum allein schon genügt, sie von unserer 
Art zu unterscheiden. 


Bobulina Norigemma n. sp. 
A 


Eine kleine dicke, im Umrisse fast kreisförmige, gegen das Centrum 
gleichmässig anschwellende, gegen den Rand scharf zulaufende Form mit 
12—15 Kammern im letzten Umgange, die durch stark gebogene, wenig 
leistenartig vorragende Nähte getrennt sind; die sonst glatte Oberfläche 
ist nur im Centrum mit einem Kranz kleiner Körnchen um eine mittlere 
Anschwellung bedeckt, wodurch eine Art Rosette gebildet wird; die niedere, 
breite Septalfläche ist von einem schmalen, leistenartigen Rand umsäumt. 

Grösse: Durchmesser 1,8 mm.; grösste Dicke 1,1 mm. 


Vorkommen: Sehr selten im Nummulitenmergel vom Götzreuther 


Graben. 


Polymorphinideae. 


Bulimina. 


Bulimina (rumcana n. sp. 
12,27 7asu:b: 


Dicke, eiförmige, oben kugelige, nach unten zugespitzte, nicht zu- 
sammengedrückte Art, unten mit 8—9 Längsrippchen, die auf dem obersten 
Umgange verschwinden; die 3—4 gleichförmig gewölbten Umgänge 
schliessen sich ohne Eintiefungen der Nähte eng an einander; der letzte 
obere Umgang ist sehr gross und trägt auf der schief stehenden Fläche 
der letzten Kammer an dem innern seitlichen Rand die enge Mündung. 


Grösse: Ganze Höhe 1,4mm.; grösste Dicke 1,1 mm. 
2.3 . 
Vorkommen: Sehr selten im Nummulitenmergel vom Hammer, 
im Granitmarmor von Sinning. 


645 


Bei dieser Art kommt DB. costata d’Orb. und B. Buchiana d’Orb. 
zur Vergleichung, von welchen sich unsere Art durch ihre kurz kegel- 
förmige Gestalt, die unten spitz zuläuft und durch den engen Anschluss 
der Umgänge unterscheidet. 


Uvigerina. 


Uvigerina eocaena n. sp. 
0, /E2 78: 

Ziemlich veränderliche Art, deren typische Formen breit eiförmig, 
nach unten spitz zulaufend, nach oben abgerundet aus grossen ziemlich 
gewölbten, etwas breiteren, als hohen, durch seichte Nahteinschnürungen 
getrennten Kammern bestehen; die Oberfläche mit Ausnahme der obersten 
Fläche ist mit hohen, schmalen, etwas wellig verlaufenden, z. Th. sich 
gabelnden Rippchen zwischen doppelt so breiten Zwischenräumen be- 
deckt; die Mündung liegt auf einem hohen, nach oben sich erweiternden 
Röhrchen. Sie ändert in längeren und schmäleren Formen ab. 

Grösse: Höhe 1,3 mm.; grösste Dicke 0,7 mm. 

Vorkommen: Selten im Nummulitenmergel vom Hammer. 


Eine verwandte Form ist Schwager’s U. crasse-costata (Novara, 
Palae. II. S. 248 T. VII F. 94), die jedoch relativ länger und schmäler, 
sowie mit viel höheren Rippchen bedeckt ist. 


Globulina. 
Globulina guttula Rss. 


Reuss, Zeitsch. d. d. geol. Ges. Bd, III. S. 82. T. VI; F. 46. 
Mit der Hermsdorfer Art übereinstimmende Formen. 


Vorkommen: Selten im Nummulitenmergel vom Hammer. 


Globulina subgibba n. sp. 
HE W.. 798 


Eine etwas länglich runde, nicht zusammengedrückte, glatte, glän- 
82° 


646 


zende, unten kugelig runde, oben kaum merklich verlängerte Form, die 
3 letzten äusserlichen Kammern durch kaum bemerkbare Nähte getrennt. 

Grösse: l1,1lmm. hoch und 0,85 mm. dick. 

Vorkommen: Nicht selten im Nummulitenmergel vom Götzreuther 
Graben und vom Hammer. 

Von der weit verbreiteten @. gibba d’Orb. musste die eocäne Form 
desshalb getrennt werden, weil sie bei fast doppelter Grösse nach oben 
gegen die Mündung kaum bemerkbar zugespitzt ist, während @. gibba 
hier deutlich zugespitzt ist. 


Globulina subalpina n. sp. 
T.IL, F.%au.b. 


Eine grosse, stark, etwas ungleich zusammengedrückte, im horizon- 
talen Querschnitte eiförmige, im vertikalen Umrisse breit ovale, unten 
wohl gerundete, oben etwas stark erweiterte und dann in eine kurze 
Spitze ausgezogene, glatte Form, deren drei äusserlich sichtbare Kam- 
mern von fast gleicher Höhe, die oberste aber etwas breiter durch sehr 
seichte, oft kaum bemerkbare Nahteintiefungen geschieden sind. 

Grösse: 1,8 mm. hoch; 1,0 mm. dick; 1,6 mm. breit. 

Vorkommen: Sehr selten im Nummulitenmergel vom Haminer, 
Sinning. 

Gl. amygdaloides Rss. von Hermsdorf ist ähnlich, jedoch weniger 
zusammengedrückt und besitzt sehr ungleich grosse Kammern, von 
denen die letzte bis zum untern Rande reicht. 


Globulina asperula n. 3. 
Taf. II., Fig. 81 au. b. 


Kleine, kugelig runde Form, deren 3 Kammern äusserlich kaum zu 
unterscheiden sind; die runde Mündung findet sich auf der obersten 
Kammer, ohne dass diese in eine Spitze sich verlängert; die Oberfläche 
ist mit verhältnissmässig grossen rundlichen Körnchen dicht besetzt. 

Grösse: 0,6 mm. dick und hoch. 


647 


Vorkommen: Nicht selten indem Nummulitenmergel vom Hammer. 

Diese Art ist, die eocäne Vertreterin der jüngern @. spinosa d’Orb., 
welche mit konisch zulaufenden Körnchen besetzt ist und nach oben 
sich stark zuspitzt. 


Polymorphina. 


Polymorphina compressiuscula n. sp. 
T. Il., F. 82a u. b. 


Eine im Umriss ovale, unregelmässig plattgedrückte, nach oben und 
unten etwas ausgezogene, unten glatte, oben hochgewölbte Form, mit 
etwas ausgeschweiftem comprimirtem und kielartig vorstehendem Rande, 
auf dem oben die Mündung tragende, kaum vorragende Spitze aufgesetzt 
ist; die Kammern sind breit, nicht hoch, aber hochgewölbt, unten flach 
und durch ganz seichte Nahteinschnürungen getrennt; die Oberfläche 
ist glatt. 

Grösse: 1,7mm. hoch; 0,8mm. breit; 0,5 mm. dick. 

Vorkommen: Sehr selten im Nummulitenmergel vom Hammer und 
aus dem Götzreuther Graben. 

P. Humboldti Borne. (Zeitsch. d. d. geol. Ges. Bd. VII. S. 347, 
T. 18 F. 7—8) zeigt entfernte Aehnlichkeit. Durch den kielartigen, 
fortlaufenden Rand ist unsere Art leicht kenntlich. 


Textilarideae. 


Textilaria. 


Textilaria flabelliformis n. sp. 
T. II., F. 83a u. b. 


Eine im Umrisse fast kreisrunde, nach unten sehr wenig ver- 
schmälerte, oben schief abgestutzte Form, welche gegen die beiden Seiten 
und den unteren Rand scharf zuläuft. Auf den Seitenflächen sind die 
Nähte als schmale, stark nach aussen und unten gekrümmte Rippchen 


648 


leistenartig sichtbar, in der Mitte vereinigen sie sich zu einer breiten, 
derben Mittelrippe. Die Mundöffnung liegt auf der breiten schief ge- 
neigten Septalfläche. 


Grösse: 1,4 mm. hoch; 1,1 mm. breit; 0,7 mm. dick. 
Vorkommen: Selten mit der vorigen Art in dem Granitmarmor 
von Neubeuern oder Sinning. 


Die Form unterliegt bezüglich ihrer Länge und Breite einigem 
Wechsel. 


Venilina') n. gen. 


Gehäuse verlängert, zusanımengedrückt, in dem unteren Theil breit, 
unten keilförmig zulaufend mit in zwei Längsreihen alternirend geord- 
neten Kammern nach Art der Textilarien, die oberen Kammern einfach 
in gerader Reihe übereinander geordnet, oben mit einer spaltenförmigen 
Mündung nach Art der Lingulina. Mischtypus von Textilaria und Lin- 
gulina neben Schizophora Rss. stehend. 

Zu diesem Genus gehören ausser der zunächst zu beschreibenden 
Art aus den Nummulitenschichten auch Schwager’s Bigenerina nico- 
barensis (Novara; Pal. II Th. S. 196. T. 4 F. 7) und eine neu aufge- 
fundene Art aus den Häringer Schichten Venilina haeringensis Gümb. 


Venilina nummulina n. sp. 
TIL, F.84ab. 


Der obere Theil besteht aus 2 oder 3 zusammengedrückten, fast 
gleich breiten, auf der Seite flachgewölbten, von schwachen, in der 
Mitte horizontalen, zu beiden Seiten sich bogenförmig herabziehenden 
Nahteinschnürungen getrennten, längs der Nähte von nicht hohem wulst- 
artigem Rand umgebenen Kammern, deren oberste auf schmaler Septalfläche 
die enge Mündungsspalte trägt; der untere Textilarien-ähnliche Theil 
besteht aus einer Doppeltreihe wechselständiger, platt gedrückter, gegen 
die Mitte etwas gewölbter, gegen den Rand scharf zulaufender zahlreicher 


1) Venilia, Gattin des Janus. 


649 


Kammern, deren Nähte leistenartig erhöht vorstehen und unregelmässig 
winkelige und runzelige Zeichnungen bewirken. 
Grösse: 1,6 mm. lang; 0,8 mm. breit; 0,35 mm. dick. 
Vorkommen: Nicht selten in dem Nummulitenmergel vom Hammer. 
Zur Vervollständigung fügen wir auch die Beschreibung einer 3ten 
sehr interessanten Species von Häring bei. 


Venilina haeringensis n. sp. 
T. IL., F. 84 bis a u. b. (20mal linear vergrössert). 


Eine kurze, breite zusammengedrückte im Umriss breit eiförmige, 
nach unten ziemlich spitz zulaufende, oben horizontal abgestumpfte Ge- 
stalt mit 1 oder 2 oberen Lingulina-artigen Kammern, die niedrig und 
breit von undeutlich abgegrenztem Randsaum umgeben sind, in dem 
Textilarien-ähnlichen, unteren Theil mit 16—18 wechselständigen Kam- 
mern, die nach unten rasch klein werden, treten die Nahtwände als 
derbe Leisten hervor, bilden am Rand Auszackungen und auf den Seiten 
zwischen sich grubige Vertiefungen; die Oberfläche ist rauh; die Spalte 
auf der horizontalen, wulstig umrandeten Septalfläche ist lang, spaltenartig. 

Grösse: 0,7 mm. lang; 0,6 mm. breit; 0,25 mm. dick. 

Vorkommen: Nicht selten in dem Mergel der jüngsten Nummu- 
litenschichten von Häring. 

Diese Art unterscheidet sich leicht durch ihre kurze, breite Form 
und ihre zackigen Ränder von der vorausgehenden älteren Form des 
Nummulitenkalks. 


Rotalideae. 


B otalia. 
BRotalia bimammata n. g. 
T. IL, F. 85a--c, 


Im Umrisse fast kreisrunde, dicke, beiderseits stumpf kegelige, gegen 
den Rand verflachte Form mit dünnem, abgerundetem Rande, die Spiral- 


650 


seite weniger hoch gewölbt, als die Nabelseite; auf ersterer sind 3 Um- 
gänge mit zahlreichen durch sehr schief nach rückwärts gebogene Nähte 
getrennte Kammern und einer kleinen Schwüle in der Mitte sichtbar; 
auf der hochgewölbten Nabelseite erkennt man weniger deutlich unter- 
scheidbare Umgänge und eine grössere Nabelschwüle; Mündung lang 
spaltenförmig; auf der Nabelseite bemerkt man gegen das Ende des ersten 
Umgangs eine feine wellig gebogene Streifung. 

Grösse: 2,2 mm. Durchmesser; Höhe der Spiralseite 0,5 mm,; 
Höhe der Nabelseite 0,8 mm. 

Vorkommen: Ziemlich häufig an allen Fundstellen des Nummu- 
litenkalks. 


BRotalia campanella n. sp. 
T. I, F. 86a—e. 

Eine in Bezug auf Grösse veränderliche Form von kreisrundem 
Umrisse, auf der Nabelseite hoch glockenförmig gewölbt, auf der Spiral- 
seite nur mässig gewölbt und in einem scharfen Rand sich verflachend, 
mit 3 schmalen Umgängen und grosser Schwüle; die kleinen, zahlreichen, 
durch schief stehende Nähte getrennten Kammern sind nur schwierig 
zu unterscheiden; Mündung spaltenartig lang; Oberfläche glänzend glatt. 

Grösse: Im Mittel Durchmesser 2,0 mm.; Höhe der Nabelseite 
1,5 mm.; Höhe der Spiralseite 0,3 mm. 

Vorkommen: Sehr häufig an allen Fundpunkten des Nummuliten- 
kalks. 

Trotz der ansehnlichen Differenz, welche bezüglich der Grösse ver- 
schiedener vorliegender Exemplare herrscht, zeigen sich doch so viel- 
fache Uebergänge, dass bei der sonstigen Form übereinstimmig eine 
weitere Artenabgrenzung nicht gerechtfertigt erscheint. Unsere Art 
schliesst sich der R carinata d’Orb. von Cuba zunächst an. 


Rotalia eocaena n. spec. 
T. IL, F. 87a-b. 
Kleine, im Umrisse fast kreisrunde, beiderseits fast gleich hoch, flach 
kegelig gewölbte Form, auf der Spiralseite etwas weniger hoch, als auf 


651 


der Nabelseite, beiderseits mit grosser Schwüle; auf der Spiralseite sind 
3, auf der Nabelseite nur ein Umgang sichtbar, die schmalen, zahlreichen 
Kammern — 12—15 auf einem Umgang — sind durch sehr schiefe 
Nähte getrennt; Oberfläche etwas rauh. 

Grösse: Durchmesser 1,4 mm.; Höhe der Nabelseite 0,3 mm. ; Höhe 
der Spiralseite 0,2 mm. 

Vorkommen: Mit der vorigen, jedoch seltener. 

Von R. bimammillata unterscheidet sich diese Art durch weniger 
hohe Wölbung bei geringerer Grösse und dadurch, dass auf der Nabel- 
seite nur ein Umgang sichtbar ist. R. caracolla Röm. (Reuss, Sitz. 
d. Wien. Ac. Bd. 46. S. 84. T, X, F. 6) besitzt viel kleinere Nabel- 
schwüle und viel engere Umgänge. 


Rotalia pteromphalia n. sp. 
T. II, F. 882 b, ce. 


Kleine, im Umrisse fast kreisrunde, auf der Spiralseite hohe, auf 
der Nabelseite weniger hoch gewölbte Form mit schmalem Flügelsaum, 
von dem aus sich die Seiten allmählig erheben und der selbst wellig 
aus- und eingebogen ist. Die Spiralseite lässt 3 schmale Umgänge mit 
zahlreichen engen Kammern und in der Mitte eine grosse, stark hervor- 
ragende Schwüle erkennen; auf der flachgewölbten Nabelseite ist nur 
ein Umgang sichtbar. 

Grösse: Durchmesser 1,2 mm.; Höhe der Spiralseite 0,4 mm. ; 
Höhe der Nabelseite 0,4 mm. 

Vorkommen: Ziemlich selten in dem Nummnlitenmergel vom 
Hammer. 


BRotalia polygonata n. sp. 
T. II., F. 89a-e. 


Kleine, im Umrisse fast kreisrunde, am Rande kantige Form, auf 
der Spiralseite mässig flach gewölbt mit einer vorstehenden starken 
Schwüle, 3 schmalen Umgängen, bei denen die Kammern kaum zu er 
kennen sind; die Nabelseite steigt von dem scharfen Rande steil gewölbt 

Abh.d.1I.C1.d.k.Ak.d. Wiss.X. Bd. II. Abth. 83 


652 


an, um rasch nach innen wieder sich zu einer Nabelvertiefung einzu- 
senken, hier ist ein Umgang sichtbar mit 9 Kammerf, welche durch 
nur wenig von der radialen Richtung abweichende, schwach gebogene 
Nähte mit ziemlich tiefen Einschnürungen getrennt sind; die Mündung 
ist kurz spaltenförmig. 

Grösse: Durchmesser 1,6 mm.; Höhe der Spiralseite 0,6 mm.; Höhe 
der Nabelseite 0,4 mm. 


Vorkommen: Selten im Nummulitenmergel vom Hammer, 


EBotalia ammophila n. sp. 
a 


Kleine, im Umriss länglich runde Form, auf der Spiralseite flach 
gewölbt, gegen die Mitte verflacht und etwas eingesenkt, mit 11/2 sicht- 
baren Umgängen, welche aus sehr zahlreichen (15) sehr schmalen, durch 
sehr stark gekrümmte Nähte und seichte Einschnürungen getrennt sind; 
die Nabelseite ist flach, gegen die Mitte schwach vertieft; beide Seiten 
laufen gegen den Rand scharf zu, der letztere ist aber nicht schneidig, 
sondern abgerundet; die Septalfläche der letzten Kammer verhältniss- 
mässig gross, gewölbt. Oberfläche glatt. 

Grösse: Durchmesser 1,5 mm.; ganze Dicke 0,6 mm. 

Vorkommen: Nicht selten an fast allen Fundstellen unseres Num- 
mulitenkalks. 

Von dieser Form beobachtet man rechts und links gewundene, 
grössere und kleinere Exemplare, die sonst keine bemerkenswerth ab- 
weichenden Merkmale an sich erkennen lassen. 


Botalia macrocephala n. sp. 
T. II., F. 91a--b. 


Kleine, länglich runde, auf beiden Seiten fast gleich hochgewölbte, am 
zulaufenden Rande abgerundete Form; die Spiralseite etwas höher als 
die Nabelseite gewölbt; mit 1a sichtbaren Umgängen und einer Mittel- 
schwüle, nur die letzten 7 Kammern sind durch bogenförmig gekrümmte, 


653 


tiefe Nahteinschnürungen gesondert, die andern Kammern des ersten 
Umgangs lassen.sich nicht unterscheiden; die letzte Kammer ist verhält- 
nissmässig sehr dick und endet mit einer hochgewölbten Septalfläche, 
welche schief gegen unten gerichtet ist. Die Oberfläche ist grubig rauh. 
Auf der Nabelseite, die in der Mitte etwas vertieft ist, lässt sich nur 
ein Umgang erkennen. 

Grösse: Durchmesser 1,1mm.; Höhe der Nabelseite 0,17 mm.; 
Höhe der Spiralseite 0,2 mm. 

Vorkommen: Ziemlich häufig an allen Fundstellen des Nummu- 
litenkalks. 

Rotalia Brongniarti d’Orb. ist zu vergleichen; letztere ist jedoch 
einseitiger, die Grössezunahme der Kammer erfolgt noch rascher als bei 
obiger Art, auch fehlt die Mittelschwüle. Unsere Art kommt rechts 
und links gewunden vor. 


BRotalia capitata n. sp. 
Tre 972922 

Eine im Umrisse länglich runde, sehr ungleichseitige Form, auf 
der Spiralseite ziemlich hoch gewölbt, umfassend, mit nur einem sicht- 
baren Umgang und kleiner Schwüle; nur die letzten Kammern sind 
durch tiefe schwachgebogene Nahteinschnürungen gesondert, die Kam- 
mern nach dem Innern zu sind undeutlich abgegrenzt; auf der kaum 
gewölbten, oft flachen, selbst etwas vertieften Nabelseite zeigen sich 
ähnliche Kammereinschnürungen bei den 5—6 letzten Kammern; gegen 
das Centrum ist eine seichte Eintiefung; die grosse Septalfläche ist 
hochgewölbt, nicht gekantet. Oberfläche sehr grob, rauh. 

Grösse: Durchmesser 2,0 mm.; Höhe 0,9 mm. 

Vorkommen: Häufig im Nummulitenmergel vom Hammer und aus 
dem Götzreuther Graben. 


Botalia truncana n. sp. 
T. I., FE. 93a —c. 
Eine im Umrisse fast kreisrunde, auf der Spiralseite sehr flach ge- 
wölbte, auf der Nabelseite ziemlich hochgewölbte Form, welche am Rande 
83* 


654 


breit gekielt ist; auf der Spiralseite sind ungefähr 3 Umgänge mit sehr 
zahlreichen, durch sehr schiefe Nähte gesonderte Umgänge und eine 
Mittelschwüle sichtbar; die Nabelseite steigt vom scharfen Rand rasch 
wulstig auf und senkt sich gegen die Mitte wieder schwach ein; sie 
zeigt einen umfassenden Umgang mit 9—10 schmalen, durch vorstehende 
Nahtleisten und schwache Eintiefungen gesonderte Kammern; in der 
Mitte bilden die zusammenstossenden Nähte eine Rosetten-ähnliche Zeich- 
nung, die jedoch zuweilen undeutlich ist; die ganze Oberfläche ist mit 
Punktgrübchen dicht besetzt. 
Grösse: Durchmesser 1,7 mm.; ganze Dicke 0,7 mm. 


Vorkommen: Nicht selten im Nummulitenmergel vom Hammer. 


BRRotalia cochleata n. zp. 
T. II., F. 94a—c. 


Eine kleine, dicke, Trochus-ähnliche Form; auf der Nabelseite hoch- 
zewölbt, ganz umfassend, mit 6 kaum sichtbaren, durch radial laufende _ 
Nähte gesonderte Kammern, in der Mitte zeigt sich eine nabelartige Ver- 
tiefung; der Rand ist scharf und von einer wulstigen Leiste eingefasst, 
die Spiralseite flach, erhebt sich nur wenig gegen die Mitte, mit drei 
durch die Fortsetzung des genannten leistenähnlichen Randes abgegrenzten 
Umgängen ohne unterscheidbare Kammern und einer Mittelschwüle; die 
Septaltläche ist breit, hochgewölbt, mit einer länglich rundlichen Mün- 
dung, welche sich dicht an vorletztem Umgange befindet. Gehäuse rechts 
und links gedreht. 

Grösse: Durchmesser 1,1mm; ganze Dicke 0,7 mm. 


Vorkommen: Nicht selten im Nummulitenmergel von Schönram 
ım Traunthale vom Hammer und aus dem Granitmarmor von Sinning. 

Diese mit Bornemann’s Valvatina umbilicata (Zt. d. d. geol. Ges. 
Bd. VII; T. 12 F, 5) höchst merkwürdig übereinstimmende Form gab 
durch Anschleifen sehr bestimmt ihre Zusammensetzung aus drei Um- 
gängen mit je 9 Kammern zu erkennen; während Bornemann’s Art 
nur aus einer Kammer bestehen soll. Unsere Art gehört in die Gruppe 
der R. globosa Hag. spec. (Reuss, Sitz. d. Wien. Ad. Bd. 44. 1861. 
Ss. 330 T. VII; F. 2), welche jedoch nur wenig ungleichseitig ist. 


655 


Von der in der geognostischen Beschreibung des bayer. Alpengebirgs 
aus den Häringer Schichten erwähnten Rotalia megomphalus (8. 671) 
geben wir auf Tafel II in Figur 94 bis a b c nachträglich eine Ab- 
bildung und verweisen bezüglich der Beschreibung auf obige Stelle. 


Discorbina. 


Discorbina polysphaerica n. sp. 
T. I, F. 95a—b. 


Eine im Umrisse fast kreisförmige, kugelige Form, schwach zusam- 
mengedrückt, mit 7—9 hochgewölbten Kammern, die auf der Spiralseite 
durch tiefe Nahteinschnitte kugelig gesondert erscheinen, auf der Nabel- 
seite jedoch dicht an einander schliessen; die letzte Kammer ist ver- 
hältnissmässig sehr gross, fast doppelt so gross, als die übrigen zusammen 
und besitzt am unteren Rande eine wulstige Erhabenheit, um welche sich 
eine durch grobe Punktirung ausgezeichnete Fläche zeigt; die Scheiden 
der Kammern sind doppelt randig. 

Grösse: 1,8 mm. Durchmesser; 1,4 mm. Dicke. 

Vorkommen: Selten im Mergel vom Hammer. 

Die Form besitzt einige Aehnlichkeit mit @lobigerina regularis d’Orb., 
aber leicht schon äusserlich durch den Mangel der Punktirung zu unter- 
scheiden. 


Discorbina megasphaerica n. sp. 
T. II, F. 96a—b. 


Eine grosse, @lobigerina-ähnliche, im Umrisse fast kreisrunde, seit- 
lich kaum bemerkbar zusammengedrückte Form mit grossen, kugeligen, 
durch tiefe Einschnürungen gesonderten Kammern; auf der Spiralseite 
sind 5, auf der Nabelseite 3 sichtbar; die letzte Kammer ist mehr als 
doppelt grösser, als die übrigen zusammen; in der etwas vertieften Mitte 
liegt eine durch grosse Punktirung ausgezeichnete Fläche, während die 
übrige Oberfläche glatt erscheint. Mündung nicht deutlich unterscheidbar. 

Grösse: Durchmesser 2,2 mm.; Dicke 1,9 mm. 


656 


Vorkommen: Sehr selten im Mergel vom Hammer. 


Diese Art steht der vorigen sehr nahe, ist jedoch doppelt so gross 
bei geringerer Anzahl von Kammern, die durch tiefere Einschnürungen 
auf beiden Seiten gesondert sind. 

Die Valvulina allomorphinoides Rss. (Sitz. d. Wien. Ac. Bd. 40. 8.79 
T. XI; F. 6) ist äusserlich sehr ähnlich; doch fehlt ihr das grobpunktirte 
Feld, unsere Art dagegen entbehrt der Valva an der Mündung. 


CC alcarina. 


Calcarina tetra@dra n. sp. 


Ty4lL,.P, 9%, anblı,; 


Eine grosse, im Umrisse ungefähr gleichseitig dreieckige, im Ganzen 
tetraödrische Form mit 4 unregelmässig langen, fast cylindrischen, am 
Ende abgebrochenen Strahlen und wenig gewölbtem Scheibentheil; die 
Strahlen, durchschnittlich so lang, als der Hauptkörper, verdicken sich 
etwas gegen die Basis und sind von groben, unregelmässigen Längs- 
rippchen bedeckt, welche gegen den Hauptkörper in eine auch letz- 
teren dicht bedeckende körnige Runzelung übergehen; die Endfläche 
der Strahlen ist mit concentrischen Ringen gezeichnet; die durch An- 
schleifen erst sichtbar werdenden Kammern sind mit 3—4 Umgängen, 
ungefähr 9 auf je einen Umgang vertheilt; und werden durch die Röhren- 
bündeln der Strahlen, die fast bis zur Embryonalkammer reichen, unter- 
brochen; die innern Strukturverhältnisse stimmen mit jener der Calcarina 
calcitrapoides Lam. im Allgemeinen überein. 

Grösse: Durchmesser von einem Strahlenende bis zur gegenüber- 
stehenden Fläche des Hauptkörpers 2,4 mm. 

Vorkommen: Sehr selten im Mergel vom Hammer. 

Dieselbe Art erhielt ich aus der Pisaör Sammlung durch Hrn. Prof. 
Meneghini unter dem Namen Orbitordes cornuta n. spec. mit etwas län- 


geren Dornen von Mosciano bei Florenz mit Orbitoides stellata und 
O. stella. 


Bosalina. 


Bosalina subumbonaita n. sp. 
T. I., F. 98a—e. 


Im Umrisse fast kreisrund, eckig gebrochen, klein, beiderseitig 
mässig gewölbt; auf der Spiralseite sind 3 schmale, ebenfalls eckig be- 
srenzte Umgänge ohne erkennbare Kammern sichtbar; in der Mitte ist 
eine Schwüle; auf der Nabelseite zeigen sich 5, am Rande durch Ein- 
schnürungen, die gegen das Centrum verschwinden, tief gelappte, breit 
dreiseitig umgrenzte Kammern; Oberfläche glatt; Rand flügelartig scharf. 

Grösse: Durghmesser 1,1mm.; Dicke 0,6mm. , 

Vorkommen: Nicht selten im Mergel vom Hammer. 

Unsere Art erinnert an Rotalia umbonata Rss. (Zeitsch. d. d. geol. 
Ges. Bd. III. S. 75. T. V F. 35); die, abgesehen von nur halber Grösse, 
durch die bis zur Mitte reichenden Nahteinschnürungen sich leicht kennt- 
lich macht. 


Rosalina rudis Rss. 
Taf. II., Fig. 99a—c. 


Eine im Umrisse länglich runde, fast gleichseitig gewölbte, Planorbis- 
ähnliche Form, die stark zusammengedrückt, scheibenförmig, am Rücken 
breit gerundet ist; die Spiralseite zeigt 11%a—2 Umgänge mit je 9 
breiten schwach gesonderten Kammern, auf der Nabelseite sind die 
Nahteinschnürungen tiefer und setzen über den breiten Rücken fort, der 
dadurch wie gekerbt erscheint; in der Mitte findet sich eine seichte 
Nabelvertiefung; Oberfläche ist grobgrubig punktirt; die Septalfläche 
zur Fläche etwas schief gestellt. 

Grösse: Durchmesser 1,2 mm.; Dicke 0,4 mm. 

Vorkommen: Selten im Mergel vom Hammer und Götzreuther 
Graben. 

Steht der R. rudis Rss. (Sitz. d. Wien. Ac. Bd. 46. 8. 87 T. XI 
F. 7) so nahe, dass ich mit Ausnahme etwas geringerer Grösse (0,7 mm.) 
kein Unterscheidungsmerkmal auffinden konnte, 


658 


BRosalina Calymene n. sp. 


T. I., F. 1008—c. 


Eine kleine, fast gleichseitige, stark zusammengedrückte, mässig 
gewölbte, im Umrisse kreisrunde, auf beiden Seiten gegen die Mitte 
vertiefte Form, am sehr breiten Rücken abgerundet, auf der Spiralseite 
mit 2—3 sichtbaren Umgängen mit je 9—10 Kammern, welche von 
radial verlaufenden, leistenartig vorstehenden Nähten gesondert sind; 
diese Nahtleisten laufen über den Rücken und die Nabelseite, wo sie 
gegen die Mitte undeutlich werden, fort; die hochgewölbte, breite Septal- 
fläche ist etwas schief nach unten gestellt; die Oberfläche grob punktirt. 

Grösse: Durchmesser 1,4 mm.; Dicke 0,7 mm. 


Vorkommen: Sehr selten im Mergel vom Götzreuther Graben. 


Rosalina asterites n. sp. 
T. II., F. 101a—c. 


Eine im Umrisse länglich runde, ungleichseitige, schwachgewölbte 
Form, auf der Spiralseite stärker gewölbt, mit 2 Umgängen, die letzte 
sehr breit mit 7 Kammern, die gegen aussen sehr rasch an Grösse zu- 
nehmen und rings von einem wulstigen Rand umgeben sind; diese Wülste 
bilden in der Mitte eine Art Rosette; auf der Nabelseite ist das Gehäuse 
schwächer gewölbt, gegen die Mitte etwas vertieft; die Nähtwülste sind 
hier undeutlicher, oft sogar durch eine seichte Rinne vertreten. Öber- 
fläche fast glatt. Die Septalfläche ist hochgewölbt. 

Grösse: Durchmesser 1,7 mm.; Dicke 0,5 mm. 

Vorkommen: Selten im Mergel vom Hammer und Götzreuther 
Graben, im Granitmarmor von Sinning. 

Mit dieser Form ist R. Binkhorsti Rss. (Sitz. d. Wien. Ac. 44. 8. 

T. I F. 3) und R. (?) an Auriculina Cort. (Pal. d. r. d. Napoli p. 

T. 17; F. 7) zu vergleichen. Die erstere ist weniger dick und hat un- 
regelmässige Kammern; besonders ist die Septalfläche nicht entwickelt; 
auch die Costa’sche Form zeigt sich in ähnlicher Weise verschieden. 


Truncatulina. 


Truncatulina kallomphalia n. sp. 
T. II., F. 102a, b, c. 


Eine im Umrisse fast kreisrunde, am Rande eckig gebrochene, 
linsenförmige, fast gleich hochgewölbte Art; auf der Spiralseite mit 2 
undeutlich abgegrenzten Umgängen und einer Schwüle; die durch radial 
verlaufende Nähte gesonderten Kammern sind nur in den letzten Theilen 
schwach angedeutet; auf der etwas stärker gewölbten Nabelseite sind 


‚ die 9 Kammern durch seichte Nahteinschnürungen gesondert; eine hohe 


Schwüle in der Mitte ist durch eine sie rings umgebende Eintiefung isolirt; 
der Rand lauft ziemlich schneidig zu, die Septalfläche ist schmal, drei- 
seitig, am Grunde mit langer Mündung. Die Oberfläche ist grobgrubig 
punktirt. 

Grösse: Durchmesser 1,7 mm.; Dicke 0,8 mm. 

Vorkommen: Selten im Mergel vom Hammer. 


Diese Art gehört in die Formgruppe der Rotalina Voltziana d’Orb. 
aus der Kreide, welche auf der Nabelseite schwächer, auf der Spiralseite 
hoch kegelförmig gewölbt ist. 


Truncatulina sublobatula n. sp. 
T. I., F. 103a—c. 


Im Umrisse länglich-rund, sehr ungleichseitig, auf der Spiralseite 
flach, oder schwach vertieft, auf der Nabelseite gewölbt, am Rande scharf, 
mit einer kielartigen Leiste; auf der Spiralseite mit 1—1'/a Umgängen 
und 9—12 durch Nahteinschnürungen gesonderte Kammern, in der Mitte 
etwas vertieft; auf der Nabelseite sind die Kammern ebenfalls durch 
Nähte tief gesondert und in der Mitte stark vertieft; die dreieckig, nach 
unten schiefstehende, gewölbte Septalfläche ist, wie die ganze Oberfläche, 
grobgrubig rauh. 

Grösse: Durchmesser 2,5 mm.; Dicke 0,7 mm. 

Vorkommen: Häufig an allen Fundstellen des Nummulitenkalks, 
auch von Sinning. 

Abh. d. II.Cl.d. k. Ak. d. Wiss. X. Bd. II Abth. 84 


660 


Mit unserer Art ist 7. lobatula d’Orb. von Nussdorf und 7. com- 
munis Roem. (N. Jahrb. 1838 S. 389 T. III. F. 56) zu vergleichen. Erstere 
ist 5mal kleiner, und hat überdiess eine geringere Anzahl Kammern 
auf einen Umgang; T. Boueana ist höher gewölbt; die gleichfalls vielfach 
kleinere T. communis ist höher gewölbt, am Rand ohne Leiste, auch 
liegt die Septalfläche in gleicher Ebene mit der Nabelseite. 


Truncatulina grosserugosa n. sp. 
T. II, F. 104a—b. 


Im Umriss fast kreisrund, auf der Spiralseite flach, auf der Nabel- 
seite hochgewölbt, Rand ohne kielähnliche Zuschärfung, etwas abge- 
rundet, auf der Spiralseite mit 1—1!/a Umgang, gegen innen etwas 
vertieft und mit undeutlich durch schwache Nahteinschnürungen geson- 
derten Kammern; auf der Nabelseite sind nur die 2—3 letzten Kammern 
durch Einschnürungen gesondert zu erkennen; gegen die Mitte ist diese 
Seite stark vertieft. Die Mundfläche ist verhältnissmässig schwach ge- 
wölbt, fast glatt, während die übrige Oberfläche durch sehr grobe Gruben 
stark rauh erscheint. 

Grösse: Durchmesser 2,5—3,0; Dicke 1,2 mm. 


Vorkommen: Nicht selten an allen Fundstellen des Nummuliten- 
kalks. 


Truncatulina cristata n. sp. 
T. I., F. 105a—b. 


Grosse, vielgestaltige, im Umrisse kreisrunde, bald in einer Ebene 
gewundene, bald auf der Nabelseite aus der Ebene aufsteigende Art, die 
auf der Spiralseite angeheftet, vertieft und unregelmässig gestaltet ist; 
am Rande mit einem Fussgestell-ähnlichen Leistenansatz versehen, von 
dem aus die Nabelseite fast senkrecht aufsteigt, erscheint sie dann gegen 
die Mitte starkgrubig vertieft; der Rand gegen diese Vertiefung ist un- 
regelmässig zerschlitzt, mit Fetzen und dornähnlichen Fortsätzen besetzt; 
Kammern sind äusserlich nicht sichtbar; die ganze Oberfläche mit Aus- 
nahme eines Theils der Septalfläche ist mit rundlichen Wärzchen dicht 


661 


besetzt und sehr rauh; die enge Spalte am innern Rande der letzten 
Kammer ist spaltenförmig und setzt auf die untere Seite fort. 
Grösse: Durchmesser 3,0 mm.; Dicke 1,8—2,0 mm. 
Vorkommen: Ziemlich häufig im Mergel vom Hammer, Roll- 
und Götzreuther Graben. 


Globigerina. 


Globigerina bulloides «Orb. 
T. IL, F. 106a—b: 
d’Orbigny, S. Goss. Foram. v. Wien S. 163 T. 9, F. 4—6. 
Kleine in ihrer Beschaffenheit mit der Wiener Art übereinstim- 
mende Form. 
Vorkommen: Sehr häufig in allen Fundstellen des Nummulitenkalks. 


Globigerina alpigena n. ». 
T. II., F. 1072—b. 

Grosse Form aus 4 kugeligen, in Grösse wenig verschiedenen Kam- 
mern, welche in einer Spiral geordnet sind, bestehend, die Oberfläche 
erscheint glatt, weil sie nur äusserst fein punktirt ist. 

Grösse: Durchmesser 1,2 mm.; Dicke 0,8 mm. 

Vorkommen: Sehr selten im Mergel vom Hammer. 

Diese Art steht der Wiener @. quadrilobata d’Orb. nahe, ist jedoch 
4mal grösser und so fein punktirt, dass sie selbst bei mässiger Ver- 


grösserung glatt erscheint. 


Globigerina asperula n. sp. 
T. II, F. 1082—b. 
Ziemlich grosse, im Umrisse länglich-runde Form mit 4 kugeligen 
Kammern, von deren 3 nahezu gleiche Grösse haben, während die 
vierte etwas kleiner ist; die Oberfläche ist grob punktirt. 


Grösse: Durchmesser 0,8 mm.; Dicke 0,5 mm. 
84* 


662 


Vorkommen: Ziemlich häufig an allen Fundstellen des Nummu- 
litenkalks. 

Globigerina quadrilatera d’Orb. ist sehr ähnlich, doch nur halb so 
gross. 


Globigerina eocaena n. . 
T. 1, F.1098-b. 

Ziemlich grosse, aus 9 kugeligen, allmählig an Grösse zunehmenden, 
in eine Spirale mit 21/e Umgängen gestellten Kammern bestehende Form, 
deren Oberfläche gröblich punktirt ist; von der Nabelseite gesehen, sind 
nur 4 grössere und eine fünfte kleinere Kammer sichtbar. 

Vorkommen: Ziemlich häufig an den meisten Fundstellen des 
Nummulitenkalks. 

Diese Art ist durch ihre beträchtliche Grösse von @!. cretacea d’Orb. 
und @!. bulloides d’Orb., sowie durch feine Punktirung ausgezeichnet. 


Nummulitideae. 


Gehäuse spiral eingerollt, die Kammern in spiraler Reihenfolge 
geordnet, in der Reihe der Spirale durch einen grösseren Kanal am 
unteren Rande der Scheidewände unter sich, nicht mit der Kammer der 
nächstfolgenden Spirale verbunden. 


Heterostegina «Worb. 


Heterostegina reticulata Rüt. 
T. IL, F. 1102—b. 
Rütimeyer, üb. d. Schweiz. Nummulitenterrain S. 109 T. IV., F. 61. 
Heterostegina heWwetica, Kaufmann 1867. (Beit. z. geol. Kart. d. Schweiz. 5. Lief. S. 153, 
T. IX.; Fig. 6—10.) 

Eine grosse, dünnscheibenförmige, stark zusammengedrückte, gegen 
die einseitig näher dem Rande liegende grosse Schwüle verdickte, sonst 
fast gleich dicke, nicht ganz ebene, sondern etwas wellig gebogene, 
an dem schmalen Rande abgerundete Form mit sehr zahlreichen, schmalen, 


663 


sichelförmig geschweiften, nach Aussen sich erweiternden, oft auch ge- 
theilten Kammern, welche durch sehr zahlreiche, gleichfalls annähernd 
spiral gestellten Sekundärwänden abgetheilt werden; die Kammer- und 
Sekundärwände bilden namentlich in den letzten Kammern mehr oder 
weniger deutlich vorstehende Erhöhungen, wodurch die Oberfläche netz- 
artig oder grubig uneben wird; die grosse Mittelschwüle ist durch ihre 
milchweise Farbe und ihren Glasglanz besonders hervorgehoben. Die 
Septalfläche, wo sie erhalten ist, zeigt eine Reihe feiner Kanalöffnungen. 

Grösse: Grösster Durchmesser 4,5—5,0 mm.; durchschnittliche 
Dicke 0,6 mm.; grösste Dicke 1,5 mm. 

Vorkommen: Sehr häufig im Nummulitenkalk in den Brüchen bei 
Achthal, am Kressenberg, am Hammer, im Götzreuther-, Roll- und Holl- 
graben, bei Bergen, bei Bocksleiten unfern Tölz; häufig im Nummuliten- 
kalk im Hohlwege vor der Porta S. Giorgio, am Castell di Petro in 
Verona (selbst gesammelt). 

Diese ausgezeichnete Form ist zuerst von Rütimeyer (a. a. 0.) 
in kleinen Bruchstücken beschrieben worden. Seiner und des Conser- 
vators des Berner Museums Herrn Js. Bachmann’s Güte verdanke ich 
die Gelegenheit, diese Schweizer-Originalexemplare, an welcher ich die 
Uebereinstimmung mit unserer Form ermitteln konnte, zu untersuchen. 

Ebenso setzte mich die Gefälligkeit des ausgezeichneten Geognosten 
Prof. Kaufmann in den Stand, die Originale seiner Heterostegina 
helvetica mit den Exemplaren aus Bayern und mit der Rütimeyer’schen 
Art zu vergleichen. Da sie vollständig übereinstimmen, können wir auf 
die Rütimeyer’sche Bezeichnung zurückgreifen. 


®perculina. 


ÖOperculina granulata Leym. 
T. H., F. 111a—b. (fünffache Vergrösserung.) 
Leymerie, Mem. d. l. Soc. geol. d. France. 2. Serie, T. I, p. 359; pl. XIII, f. 12. 
Die aus unseren subalpinen Nummulitenschichten zahlreich vor- 
liegende Exemplare stimmen so vollständig mit jenen aus dem Nummu- 
litenkalk von Bize, dass ich sie unbedenklich vereinige. Unsere Form 


664 


wechselt mit 12—18 Kammern im letzten Umgang, mit mehr oder 
weniger starkgekörnelten Nahtleisten, mit bald stark hervortretendem, 
bald sogar etwas vertieftem Centraltheil. Alle diese Formen sind durch 
Uebergänge eng verbunden. 


Vorkommen: Ueberaus häufig in dem Mergel zwischen den Eisen- 
erzflötzen am Kressenberg, im Jobsen Steinbruch, seltener im Nummu- 
litenmergel vom Hammer, Götzreuther- und Roll-Graben ; im Nummuliten- 
kalk von Castell bei Verona (selbst gesammelt) von Biaritz (vieux part. 
Bartonien C. May.), von Herrn C. Mayer erhalten. 


©pereculina canalifera dArch. 


T. H., F. 112. (in natürlicher Grösse.) 
d’Archiac, Dese. d. foss. d. gr. numm. de I’ Inde. 1. Bd. S. 182 pl. XI. f. 1a—b. 


Mehrere vorliegende Exemplare stimmen mit der d’Archiac’schen 
Darstellung; es sind flach gedrückte, selbst nach innen etwas vertiefte, 
am Rande meist etwas verdickte Formen. Der breite Rückensaum ist 
nach Aussen abgerundet; sehr zahlreiche Kammernähte (30 im äusseren 
Umgange) stehen dicht gedrängt, verlaufen von innen fast radial, biegen 
sich erst im letzten Drittel stark rückwärts, ragen über die Oberfläche 
vor und sind — wenn nicht abgerieben — gröblich gekörnelt. 

Grösse: Durchmesser 14,0 mm.; Dicke 1,5—2,0 mm. 

Vorkommen: Selten in den die Eisenerzflötze begleitenden Mergeln 
am Kressenberg, im Jobsen Steinbruch. 

In der Nähe unserer Art steht auch O. Doissyi d’Arch. (Mem. d. 
l. Soc. geol. d.Fr.027'Ser "TI HR. 8.27 BE IR E26), von”welcher 
nur ein Durchscnitt gezeichnet ist, deren Oberfläche man jedoch nicht 
kennt, sie ist höchst wahrscheinlich dieselbe Art. Schafhäutl beschreibt 
(Lethaea von Südbayern 8. 105 T. 14 F. 4) eine O. biconcava aus dem 
Eisenerzflötz von Kressenberg nach einem einzigen gut erhaltenen 
Exemplar; er giebt die Nahtleisten rund und nicht gekörnelt an. Es 
scheint mir, dass dieses Exemplar etwas abgerieben und desshalb glatt 
erscheint. Da es von gleicher Fundstelle stammt, halte ich dasselbe 
um so mehr für identisch mit unserer Art. 


ÖOperculina ammonea Lern. 
Leymerie in Mem. d. l. soc. geol. d. France. 2. Serie T. I. p. 359 pl. XIIL; f. 11. 


Ziemlich häufig vorkommende Operculinen zeigen dieselbe Eigen- 
thümlichkeit, wie die Art aus den Corbieres, wie ich schon in meiner 
Beschreibung der bayerischen Alpen S. 608 angeführt habe. 

Vorkommen: In den Mergeln und sandigen Lagen der Nummu- 
litenschichten an zahlreichen Stellen vom Kressenberg bis zum Grünten 
sehr häufig bei Granella (Samml. v. Prof. Süss) aus Val. d’Organa 
(Samml. d. A. de Zigno); Val Leone bei Zovencedo ($. v. P. Süss); 
ungemein häufig in einem grauen Mergel am Wasserfall bei Besagno 
am Monte Baldo (eigene Aufs.). 


Opereculina sublaevis n. sp. 
T. IL, F. 113a, b, ec. (10mal vergrössert.) 


Ziemlich kleine, zarte, dünne, fast durchsichtige, ganz glatte und 
platte Art mit drei Umgängen, deren ebene Seiten nur gegen den Rand 
etwas verdickt sind, daher die Mitte schwach vertieft erscheint; die 
zuerst radial, danı in letztem Drittel rasch rückwärts gebogenen Nähte 
der wenig zahlreichen Kammern (9—12 auf dem letzten Umgang) sind 
nur unbedeutend über die Oberfläche erhöht; der Rücken ist verhält- 
nissmässig breit, glatt, die Septalfläche mit einer engen Spalte am Grunde 
ist ebenfalls glatt. 

Grösse: Durchmesser 2,3 mm.; Dicke 0,25 mm. 


Vorkommen: Häufig in dem Mergel zwischen den Eisenerzflötzen 
des Kressenbergs und in dem Nummulitenkalk vom Götzreuther Graben. 

Man könnte diese Form als Jugendzustand von O ammonea Leym. 
halten. Genaue Vergleichungen weisen aber sehr bedeutende Verschieden- 
heiten nach. Wahrscheinlich ist sie mitunter auch als O. complanata 
angesprochen worden, die sich gleichfalls bestimmt von ihr unter- 
scheidet. 


Nummulites. 


Das auch in unseren nordalpinen Eocänschichten durch überaus 
zahlreiche Individuen und durch sehr zahlreiche Arten vertretene Ge- 


666 


schlecht der Nummuliten ist von d’Archiac sehr gründlich und er- 
schöpfend bearbeitet worden. Trotzdem sind die einzelnen Arten ohne 
grosses Vergleichungsmaterial sehr schwierig richtig zu erkennen und 
zu bestimmen. Da mir letzteres zur Zeit abgeht, beschränke ich mich 
vorläufig bei den Nummuliten auf die Aufzählung der durch d’Archiac 
anerkannten nordalpinen Arten und auf einige wenige Beisätze hierzu, 
indem ich mir eine ausführliche Beschreibung für eine spätere Arbeit 
vorbehalte. 

Von den Synonymen habe ich nur diejenigen anzuführen versucht, 
welche sich auf nordalpine Arten in den beiden Abhandlungen von 
Herrn Prof. Schafhäutl beziehen (N. Jahrb. v. Leonh. u. Bronn. 1846 
S. 406 T. VIU.; Fig. 1—31 g. Th.) und in Südbayerns Lethaea geognostica 
1863 S. 54—105, soweit Beschreibung und Abbildung eine Deutung 
gestatten. Im Uebrigen verweise ich auf die Synonymic in d’Archiac’s 
Monographie Desc. d. anim. fossiles d. groupe nummulitique de l’Inde 1853. 


Gruppe der 


Nummwulites Complanata Ln. 
N. orbicularis maxima Schafh. (1846 T. VIIL, F. 1) sec. d’Archiae. 


Vorkommen: Nicht sehr häufig in den Nummulitenschichten am 
Grünten, von Stalzlach, Höllgraben, Mariaeck und am Traunthal im 
Eisenerz vom Kressenberg. 


Nummulites Dufrenoyi «A. 
N. orbiculatus Schafh. Leth. geogn. von Südb. (S. 101 T. XII., F. 4; T. XIIL, F. 1). 


d’Archiac hat den Namen N. Dufrenoyi aufrecht erhalten, Schaf- 
häutl dagegen nimmt die Priorität seines Namens in Anspruch, weil 
er 1846 die Species N. orbicularis benannt hatte; dagegen ist aber 
zu bemerken, dass orbicularis und orbiculatus (wie in der Lethaea geogn. 
1863) nicht idente Worte sind, sie sind jedoch wahrscheinlich ver- 
tauscht worden, um die Priorität beanspruchen zu können, weil bereits 
1831 Hoenighaus (N. Jahrb. 1831) die Bezeichnung orbicularis ver- 
braucht hat. 


667 


Vorkommen: In sandigen Schichten am Burgberg, Stallau, im 
Nummulitenkalk vom Höllgraben, Mariaeck, Götzreuther Graben, Schön- 
ramm, im Eisenerz vom Kressenberg. 

Herr Prof. Kaufmann führt in seinen paläont. Beiträgen (5. Lief. 
d. Beit. z. geol. Karte d. Schweiz 1865) 4 sehr verwandte Operculinen- 
arten (S. 151 u. fd.) an, ohne dass ich mich jedoch von ihrer Ueberein- 
stimmung mit der oben beschriebenen Art überzeugen konnte. 


Nummulites intermedia dArch. 


Vorkommen nach d’Archiac am Grünten und bei Sonthofen, 
auch im Höllgraben, 


Nummwulites laevigata Im. 
N. rhomboidalis Schaffh. 1846 (a. a. 0. S. 184) (sec. d’Arch.) 
N. lenticularis crassa Schaffh. das. (sec. d’Arch.) 
N. conulus Schaffh. 1863 Leth. S. 96. T. XII. F. 11; T. 65b, F. 16 (?) 
Vorkommen: In den Schichten der Eisenerze am Kressenberg 


und im Nummulitenkalk bei Bergen, im Höllgraben, im Götzreuther 
Graben. 


Nummulites perforata d0rb. 


Vorkommen: Im Eisenerz vom Kotters am Grünten u. Kressenberg. 


Nummulites RBamondi Defr. 
N. subellipticus Schaffh. (L. g. S. 93. T. 12, F. 3; T. 13, F. 5, 6; T. 14, F. 5). 
N. guttula Schaffh. (1863 S. 96 T. XII F. 8 T. XVL F. ]). 


Vorkommen: Im Eisenerz am Kressenberg und bei Neubeuern, 
im Nummulitenkalk von Bergen und Höllgraben. 


Nummulites biaritzensis dArch. 


N. reticulatus Schaffh. 1866 S. 98 T. 7, F. 7,10 T.9 F.2 u. 6. 
N. modiolus Schaffh. (1863 8. 99 T. 65b F. 20) 
Vorkommen: In den Eisenerzschichten am Kotters bei Sonthofen 
Abh.d. II. Cl.d.k. Ak.d. Wiss. X. Bd. II. Abth. 85 


668 


und am Kressenberg; bei Neubeuern und Eisenerz; im Nummulitenkalk 
vom Höllgraben bei Siegsdorf. 


Nummwulites obesa Leym. 
N. amygdala Schaffh. (1863 S. 99 T. IX. F. 6 u. 7.) 


Vorkommen: Im Eisenerzflötz am Kressenberg und im Nummu- 
litenkalk vom Höllgraben. 


Nummulites striata dor». 
(N. eontorta Desh.) Gümb. (irrthümlich S. 596 aufgeführt.) 


Vorkommen: In den Eisenerzlötzen am Kressenberg und bei 
Neubeuern; im Nummulitenkalk vom Höllgraben und bei Sinning. 


Nummulites Murchisoni Brunn. 


N. Murchisoni (Br.) Schaffh. (1863 S. 104 T. XIII. F. 1.) 
(?) N. Lyelli Schafth. (non d’Arch. 1863 S. 104 F. XII. F. 2.) 


Vorkommen: Im Grünsandstein am Burgberg bei Sonthofen, in 
den Eisenerzflötzen am Maurer Schurf und auf dem Maxflötz am 
Kressenberg. 


Nummulites planulata d’Orb, 


N. teruncius Schaffh. (1863. S. 94. T. X. F. 3. T. XIV. 2.) 
N. catillus Schaffh. (1863. S. 94. T. X. F. 6.) 


Vorkommen: Im Sandstein vom Stallau, bei Neubeuern, am Kressen- 
berg, im Nummulitenkalke vom Höll-, Roll-, Götzreuther Graben, und 
unterhalb Mariaeck. 


Nummulites scabra Ln. 
N. elliptieus Schaffh. 1846. N. J. S. 418 non N. ellipticus Schaffh. 1863. 


Vorkommen: In den Eisenerzflötzen am Kressenberg. 


669 
Gruppe de Assilinen. 


Nummulites exponens 7). d. Sow. 
N. exponens (Sow.) Schaffh. part. (1863 S. 91 T. XI. F. 2.) 


Vorkommen: In den Eisenerzschichten vom Kressenberg und im 
Nummulitenkalk fast aller Fundstellen. 


Nummwuwlites granulosa Arch. 


Vorkommen: In den Mergeln der Eisenerzflötze am Kressenberg 
und Grünten, im Nummulitenkalk vom Hammer, Höllgraben und 
Mariaeck. 


Numimnwlites spira de Roissy. 
Assılina depressa d’Orb. 


Vorkommen: Häufig im Nummulitenkalk fast aller Fundorte, auch 
in den Eisenerzflötzen des Kressenbergs. 


Nummulites mammillata Arch. 
N. rota Schaffh. (1863 S. 92 T. X.; F. 4.) 


Vorkommen: Im Nummulitenkalk von Grünten (Fluchenstein 
bei Neubeuern, bei Sinning, im Höllgraben und Mariaeck. 


Mehrere Arten der Lethaea geognostica von Südbayern so: 
Nummulites discus, Schaffh. 
Pr biga, Schaffh. 
= ellipticus, Schaffh. (1863, nicht 1846) 
e libum, Schaffh. 
konnte nicht näher gedeutet werden. Von dem sog. Nummulites excavatus, 
Schaffh. (1865 8. 105) ein Körper, der keine Kammern oder Zellen 
besitzt, kann begreiflicher Weise nicht weiter die Rede sein, wenn es 
sich um Nummuliten handelt, da ein solcher kaum sicher als ein orga- 
niseher sich zu erkennen giebt. 
85* 


670 


Orbitoides wOrb. 1847. 
(Prodrome II. p. 334.) 

Nummulites et, Lenticulites part. auct. 
Discolithus, part. Fortis (Mem. hist. naturelle de l’ Italie Vol. II. 1802.) 
Lycophris, partim. Defrance 1816—1830 (Diet. des scien. natur. t. XXIV, 271, 272). 
Lenticulites, part. Schlotheim 1820 (S. Petrefactenkunde S. 89). 
Asteriacites, Schlotheim 1822 (Nachträge z. P. S. 71). 
Nummulites, Boub&e 1832 (Bull. d. 1. Soc. geol. d. Fr. II. p. 445). 
Orbitulites, Michelin 1840—1847 (Iconograph. zooph. p. 278). 
Orbitoides, d’Orbigny 1847—1850 Prodrome II. p. 334. 


Orbitulites et Calcarina (?), d’Archiae (1846 Mem. d. 1. soc. geol. de France II. Ser. 
T. H. p. 194 Taf. VI. Fig. 6a; 1848. id. II. ser. T. II. p. 404 Taf. VIII.) 1850 
Hist. d. progres. d. l. geol. Vol. III. p. 230. 


Orbitulites, Rütimeyer 1848 u. 1850 (ü. d. Schweiz. Nummulitenterrain, S. 110). 
Orbitulites, Catullo 1856 D. terr. d. sed. super della Venezia. 


Orbitulites, Al. Rouault, 1848 (Mem. d. 1. soc. geol. d. France. II. Ser. T. III. p. 463, 
p). XIV. fig. 6). 


Lycophris, Sowerby (geol. transa. 2. ser. Vol. V. pl. 24; fig. 15, 16). 
Orbitoides, Carpenter 1850 Quart. Journ. of the geol. soc. Vol. VI.; p. 32. 


Hymenocyclus, Bronn. Lethaea geogn. 1853. S. 250 u. 1860 (d. Klass. u. Ordn. d. 
Tbierr. I. S. 71). 


Lycophris, Orbitoides et Orbitulites, Carter. 1853 (Ann. a. mag u.f. natur. hist. 2 Ser. 
Vol. xI=S.W2RuR): 


Orbitoides, Archiac, 1854 (Description des anim. foss. de l’ Inde; p. 349; Palaeont. 
in Viquesnel, Voyage d. 1 Turquie d’Europe 1855—1867; Palaeontologie in 
Tschihatcheff Asie Mineure, 1866. 


Cyelosiphon, Ehrenberg 1856 (Abh. d. Berl. Ac. d. Wiss. für 1855 S. 168). 


Orbitoides, Ehrenberg 1856 (Abhandl. d. k. Ac. der Wissensch. in Berlin für 1855 
S. 168 T. IV Fig. II—-VI). 


Orbitoides, Reuss 1861 (Sitz. d. Ac. d. Wiss. in Wien. Bd. XLIV. S. 309 u. $. 393). 
Orbitoides, Carter 1861 id. 3 Ser. Vol. VIII. S. 446). 


Hymenocyclus, Orbitulites et Calcarina, Gümbel 1861 geogn. Besch. d. bayer. Alpen 
S. 546. 


Orbitordes, Carpenter 1862 (Introduct. of the stud. of the Foraminifera). 
Hymenocyclus et Asterodiseus, Schafhäutl 1863, Südbayern, Lethaea geogn. S. 106 u. ff. 
Hrymenocyclus, v. Schauroth 1865 (Verzeichniss der Verst. zu Coburg). 
Hymenocyclus, Eichwald 1866 (Lethaea rossica. IX. Liefr. S. 185 u. folg.). 
Orbitoides, Kaufmann 1867 (Beit. zur geol. Karte d. Schweiz. V. Lief. S. 155). 


Im Folgenden will ich versuchen, bei diesem so schwierigen Genus, 
bei welchem bisher fast bloss äussere, oft sehr trügerische Merkmale 
zur Artenfeststellung benützt wurden, auf Grund der mittelst Dünn- 


671 


schliffe miskroskopisch ermittelten inneren Struktur mit gleichzeitiger 
Berücksichtigung der äusseren Beschaffenheit, sichere Anhaltungspunkte 
für die Artenabgrenzung zu gewinnen. Durch die überaus freundlichen 
Mittheilungen reichen, ausserbayrischen Materials bin ich in die ange- 
nehme Lage versetzt worden, nicht bloss die Formen sehr verschiedener 
Fundorte mit einander vergleichen zu können, sondern auch eine fast 
vollständige Monographie dieser Gattung, soweit Arten desselben bis 
jetzt bekannt sind, zu liefern. Ganz insbesondere fühle ich mich zu 
grösstem Danke für die sehr gefälligen Mittheilungen verpflichtet den 
Herrn Vicomte d’Archiac, dessen Güte ich besonders werthvolles 
Vergleichsmaterial aus Biaritz, versehen mit den Originalbestimmungen 
dieses ausgezeichneten Paläontologen, verdanke, Herrn Prof. Süss in 
Wien, welcher mir in seltener Liberalität sein gesammtes Orbitoides- 
Material aus den norditalienischen Eocänschichten anvertraute, Herrn 
Prof. Meneghini in Pisa, der mich mit einem überausreichen Material, 
meist schon bestimmt und in Arten gesondert, aus den verschiedensten 
Gegenden Italiens in wohlwollenster Weise unterstützte, Herrn Baron 
de Zigno, aus dessen ausgezeichneter Sammlung ich mir das bezügliche 
Material von den Vicentinischen Fundstellen zur Untersuchung auswählen 
durfte, Herrn Prof. Rütimeyer in Basel, welcher mir die Uebersendung 
seiner Originalen aus der Berner Staatssammlung durch die Gefälligkeit 
des Herrn Js. Bachmann vermittelte, Herrn Prof. Kaufmann in Chur, 
welcher die Gefälligkeit hatte, autentisch bestimmte Exemplare seiner 
neuen Arten zu übersenden, sowie Herrn Prof, C. Mayer in Zürich, 
der mir Einiges von Biaritz mitzutheilen die Freundlichkeit hatte. Möge 
es mir gelungen sein, durch die bestmögliche Benützung dieser reichen 
Zusendungen meinen innigsten Dank durch die That zu bekräftigen. 
Auch Herrn v. Schlagintweit bin ich für die gestattete Untersuchung 
eines Theils des aus Indien mitgebrachten Rohmaterials an Nummuliten- 
kalk sehr verbunden, wie meinen Freunden Prof. Zittel und Geinitz 
für die Mittheilung der in ihren paläontologischen Sammlungen vorfind- 
lichen Exemplare von Orbitoides. Ausserdem fand ich noch vor dem 
Drucke dieser Abhandlung Gelegenheit, in den reichen Sammlungen von 
Verona und Vicenza die dort vorfindlichen Aufsammlungen einer genauen 
Prüfung zu unterziehen und mich an mehreren Punkten im Vincentinischen, 


672 


bei Verona, dann bei Trient, Roveredo, am Monte Baldo und am Gardasee 
autoptisch über die Lagerungsverhältnisse der dortigen Nummuliten- 
schichten, welche durch Prof. Süss eben erschienene klassische Arbeit !) 
in ein ganz neues Licht gestellt worden sind, zu belehren und an 
mehreren Stellen reiche Aufsammlungen zu machen, welche nicht un- 
wesentlich dazu beitrugen, die früher gewonnenen Resultate fester zu 
gründen. 


Allgemeine Beschreibung: 


Das Gehäuse ist mehr oder weniger regelmässig kreisrund, scheiben- 
oder linsenförmig, nach Aussen ganz randig oder mit stern- und strahlen- 
förmigen Vorsprüngen und Auszackungen versehen; gegen die Mitte 
verdickt, gegen den Rand verjüngt und zugeschärft, ziemlich gleichseitig 
gewölbt, oder auf der einen Seite mehr verdickt, als auf der anderen, 
vom Rande gegen die Mitte gleichmässig anlaufend, in der Mitte selbst 
in vielen Fällen mit einer knopfförmigen Anschwellung, welche entweder 
auf beiden Seiten oder nur einseitig entwickelt ist, versehen. Die Ober- 
fläche ist im Uebrigen mehr oder weniger gleichförmig gewölbt oder 
mit von der Mitte ausstrahlenden sternförmig oder strahlenförmig gegen 
den Rand verlaufenden Verdickungen verziert, und durch kleine hervor- 
ragende Wärzchen, welche durch theils ziemlich regelmässig sternförmig, 
theils mehr unregelmässig netzförmig verlaufende, schmale Leistehen 
unter sich verbunden sind, etwas uneben und rauh; die Oberfläche 
erhält dadurch meist ein grubiges oder punktirtes Aussehen. Im Innern 
besteht das Gehäuse aus 3—5 meist verhältnissmässig sehr grossen, 
durch weite Oeffnungen unter sich verbundenen Oentral- oder Anfangs- 
kammern, welche sich um eine meist sehr grosse Embryonalkammer 
in spiraliger Anordnung anreihen. An diese Gruppe der spiral- 
förmig geordneten Centralkammern schliessen sich zunächst in meist 
unregelmässiger Anordnung kleinere Kammern an, welche jedoch nach 
und nach gegen Aussen deutlich in cyclischen Reihen sich aneinander 


1) Ueb. d. Gliederung des vicent. Tertiärgebirges, Sitzb. d. Acad. d. Wiss. in Wien Bd. LVII. 
Juli 1868. 


673 


schliessen und gegen den Rand zu meist an Grösse etwas zunehmend in 
mehr oder weniger regelmässigen, durch Einsatz von neuen Reihen oder 
strahlenförmigen Ausbiegungen in etwas verbogenen Kreisen bis zum 
äussersten Rande concentrisch fortsetzen. Diese meist in der Mittelfläche 
des linsenförmigen Gehäuses oder in Folge ungleichseitiger Verdickung 
etwas näher nach einer Seitenfläche gerückten Kammern sind der eigent- 
liche Träger und Mittelpunkt der Entwicklung, desshalb, wir sie als 
Haupt- oder Mediankammern bezeichnen. Diese Mediankammern 
sind unter sich und andern Nachbarkammern der Seitenflächen (Lateral- 
kammern) durch doppelte Scheidewände getrennt, welche entweder eben 
und flach oder schwach gewölbt oder nach aussen und innen stark 
bogenförmig gekrümmt sind, wodurch die Mediankammern im ersten 
Falle einen rektangulären Querschnitt, im zweiten einen dachziegel- 
förmigen (d.h. mit bogenförmigen Ende gedacht) zeigen und im Ganzen 
die Form eines Ziegelsteins oder eines Gewölbsteins besitzen. Die Median- 
kammern stehen in zweifacher Art durch grosse Kanäle mit einander 
in Verbindung und zwar die Mediankammern desselben Kreises durch 
Kanäle, welche die radial verlaufenden Scheidewände in der Richtung der 
Kreise an der nach Innen gerichteten Basis der Kammern durchbrechen 
(eyelische Hauptkanäle) und die Mediankammern verschiedener Kreise 
durch Querkanäle, welche ungefähr radial, etwas nach vorn und rück- 
wärts gerichtet verlaufen, die kreisförmig gestellten Scheidewände durch- 
brechen und jedesmal eine Mediankammer des einen Kreises mit den 
zwei nächst benachbarten Kammern der folgenden oder vorangehenden 
Kreise in direkte Verbindung setzt (Radialhauptcanäle). Ausser diesem 
Interlocularkanalsystem laufen zwischen den Scheidewänden sowohl 
in radialer, als in cyclischer Richtung etwas weniger dicke Kanäle, 
welche sich direkt mit einander verbinden und ein ähnliches durch das 
ganze Gehäuse verzweigtes Interseptalkanalsystem darstellen, wie 
es bei den Nummuliten sich findet. Von diesen, wenigstens von den 
radial verlaufenden Interseptalkanälchen zweigen sich nicht sehr zahl- 
reiche, noch feinere Kanälchen ab, welche die Radialscheidewände durch- 
brechend in die Mediankammern einmünden. 

Neben den Mediankammern besteht das Gehäuse aus den in 
mit der Oberfläche ungefähr parallel verlaufenden concentrisch-schaligen 


674 


Schichten geordneten Kammern, welche an die Mediankammern sich 
seitlich anschliessen und die Verdickung des Gehäuses bewirken; sie 
sind durchschnittlich kleiner und von viel weniger regelmässiger Form, 
als die Mediankammern und haben die Bedeutung von Hilfs- oder 
Nebenkammern. Wir bezeichnen sie als Lateralkammern, entsprechend 
der mehr oder weniger häufig durch Zwischenwände quergesonderten 
Flügelkammern der Nummuliten. Jede concentrisch-schalenartige Lage, 
in welcher diese Lateralkammern über einander geordnet vorkommen, 
scheint einem Kreise der Mediankammern normalmässig zu entsprechen; 
doch findet sich durchweg eine geringere Anzahl solcher Lagen vor, 
so dass oft einer grossen Anzahl von Mediankammerkreisen nur eine 
Schalenschicht von Lateralkammern entspricht, indem wahrscheinlich 
beim steten Fortwachsen der Mediankammerreihen an der Peripherie 
die Schichten oder Reihen an den Seiten obliteriren. Je nachdem nun 
bald auf dieser, bald auf jener Seite mehrere oder weniger solche 
Lateralkammerschichten unentwickelt bleiben, entsteht die oft bemerkte 
Ungleichseitigkeit vieler Orbitoiden, welche Eigenthümlichkeit im Ganzen 
mehr individueller Natur ist, als für bestimmte Arten ausschliesslich 
charakteristisch. Auch die Lateralkammern sind durch aus zwei 
Blätter bestehende Zwischenwände getrennt; es lassen sich bei den 
besten mir zu Gebote stehenden, durch Eisenoxyd prächtig infiltrirten 
Exemplaren aus dem Eisenerzflötz vom Kressenberg bei diesen Zwischen- 
wänden der Lateralkammern wohl hier und da ein Loslösen beider 
Blätter an der in die entstandene Höhlung eingetretene infiltrirte Sub- 
stanz erkennen; ich vermochte jedoch hier Interseptalkanäle nicht be- 
stimmt nachzuweisen. Dagegen stehen die Lateralkammern unter sich 
in engster Verbindung und zwar einmal durch grössere Kanäle, welche 
die Radialwandungen durchbrechen und in einer mit der Längen- 
erstreckung der Lateralkammern fast gleichen Richtung, nur ein wenig 
auf- und abwärts geneigt, jede Lateralkammer mit den Nachbarkammern 
in unmittelbare Verbindung setzte — Lateralcanäle —; es scheinen 
deren 8—12 bei jeder Kammer vorhanden zu sein, da im Querschnitt 
in der Regel an jedem Kammerende 2 solcher Kanäle sichtbar sind. 
Eine weitere Verbindung wird durch sehr zahlreiche, äusserst feine Kanäle 
(ich zählte auf einer Wandfläche 125—130), welche die den cyclischen 


675 


Zwischenwänden entsprechenden Wände (nie die radial laufenden) durch- 
ziehen. — Porenkanäle — Diese erzeugen nach Aussen an der 
Oberfläche mündend die feine, poröse Beschaffenheit der grubigen Ver- 
tiefungen, während die Radialwände die’ leistenartig vorstehenden, stern- 
oder netzförmig verlaufenden Rippchen bilden, welche die Wärzchen ver- 
binden. Die Reihe der innersten Lateralkammern zunächst der Median- 
kammern ist mit diesen sowohl durch Lateralkanäle, als durch Porenkanäle, 
wie sie zwischen den Lateralkammern selbst bestehen, in Verbindung gesetzt. 

Innerhalb der Schichten der Lateralkammern durch diese quer- 
durchgreifend und mehr oder weniger senkrecht zur Ebene der Median- 
kammer gestellt, kommen überdiess noch eigenthümliche, massive, kegel- 
förmige Zapfen vor, deren abgerundete Basis die Oberfläche berührt und 
über diese hervortretend die früher bezeichneten Wärzchen erzeugt, 
während sie nach dem Innern sich verjüngend mit der Spitze bis zur 
Medianebene reichen oder früher enden. Diese porenlosen, durch die 
Uebereinanderlagerung von Uhrgläser-artigen Kalkschalen gebildete Kegel- 
pfeiler dienen offenbar zur Verstärkung des an sich lockeren, durch 
die zahlreichen Kammerräume vielfach durchbrochenen Gehäuses. 

Durch diese Hauptcharaktere unterscheiden sich die in einen Haupt- 
genus vereinigten Nummuliten-ähnlichen Gehäuse, welche sich äusserlich 
oft nur schwierig als von Nummuliten verschieden erkennen lassen, von 
ihren nächsten Verwandten sehr bestimmt. Die sternförmigen und strahlig 
gerippten Arten lassen an sich schon auf dem ersten Blicke eine Ver- 
wechselung nach keiner Seite zu. Die glatten, linsenförmigen Formen 
dagegen sind durch weniger auffallende, äussere Charaktere von Nummu- 
hites, Oycloclypeus und Orbitulites verschieden. Die zahlreichen, freilich 
an manchen, nicht gut erhaltenen Exemplaren schwierig zu erkennenden 
Wärzchen der Oberfläche gestatten bei einiger Uebung die Orbitoiden 
von den selbst z. Ih. auch warzigen, aber stets mit spärlicheren und 
grösseren Wärzchen bedeckten Nummuliten zu trennen, während ein 
Querbruch mit Hilfe einer selbst schwach vergrösserenden Loupe ge- 
nügt, um die sehr kleinen, höchst zahlreichen Mediankammern der 
Orbitoiden von den grossen, im Querschnitte herzförmig gestalteten 
Kammern der Nummuliten zu unterscheiden. Die cyclische Anordnung 
der Mediankammern und deren Verbindung durch radiale Hauptkanäle 

Abh. d. II.C1.d. k. Ak. d. Wiss. X. Bd. II. Abth. 86 


676 


giebt dann die tiefere Verschiedenheit mittels des Mikroskopes zu er- 
kennen. Cwycloclypeus entbehrt der Lateralkammern und der cyclischen 
Hauptkanäle, während die Orbituliten in der Mitte meist vertieft, oder 
doch ganz verflacht sind und ausserdem an der Oberfläche cyclisch ge- 
ordneten Kammern besitzen. 

Gehen wir etwas näher auf die Organisation der Orbitoiden ein, so 
giebt uns zunächst die äussere Form zu einigen Bemerkungen Ver- 
anlassung. Als die typische Form kann man wohl die linsenförmige 
bezeichnen, von welchen nun verschiedene Abänderungen zum Vorschein 
kommen. Zunächst zeigen sich einige Arten, namentlich in dem Jugend- 
zustande sehr dünn (O. papyracea, O. tenella) und lassen die linsen- 
förmige Gestalt nur am centralen Theil erkennen, während die Ränder 
äusserst dünn, selbst durchscheinend bleiben. Nach den zahlreichen 
mir während der Untersuchung zu Gesicht gekommenen, kleinsten 
Formen, die ich mit Bestimmtheit als Jugendzustände grösserer Arten 
erkennen konnte, beginnen die Orbitoiden überhaupt mit einem dünnen, 
fast scheibenförmigen, wenig verdickten Centraltheil, deren Ränder meist 
durchscheinend dünn sind. Mit dem zunehmenden Alter verdicken sich 
nun die verschiedenen Arten in höchst auffallend verschiedener Weise; 
es treten bei gewissen Gruppen die radialen Verdickungen hervor und 
es verstärkt sich die warzige Beschaffenheit der Oberfläche. Eine Gruppe 
bildet in der Mitte eine regelmässige, scharf abgegrenzte, nabelförmige 
Erhöhung auf beiden Seiten und behält diesen Charakter in allen Alters- 
zuständen bei. Bei anderen Arten tritt dieser centrale Nabel nur als 
individuelle Erscheinung auf, er ist oft nur angedeutet, oft deutlich 
ausgebildet, oft auf beiden Seiten gleichmässig vorhanden oder er fehlt 
auf einer Seite, ohne dass die Formenreihe, an welcher diese Erscheinung 
wahrgenommen wird, irgend andere Unterscheidungsmerkmale bietet. 
Für gewisse Gruppen ist die Nabelbildung zweifelsohne nur eine un- 
wesentliche Erscheinung. Daraus folgt aber noch keineswegs, dass sie 
bei allen Orbitoiden-Arten (O. papyracea) in gleicher Weise aufzufasssn 
sei, vielmehr beobachtete ich bei mehreren hunderten Exemplaren das 
constante Vorkommen der Nabelerhöhung neben anderen charakteristischen 
inneren Unterscheidungsmerkmalen (O0. applanata, O. tenuicostata u. A.), 
so dass diese Erscheinung für gewisse Arten gewiss als wesentlich 


677 


äusseres Kennzeichen gelten darf. Bei vielen Arten breitet sich das 
Gehäuse, abgesehen von zufälligen Störungen, eben und flach aus, so 
dass die Ränder mit der Medianfläche annähernd in einer Ebene liegen 
(die meisten Arten), während bei andern der Rand gebogen, wellen- 
förmig unregelmässig gekrümmt (0. papyracea, O. tenella), oder selbst 
ziemlich regelmässig sattelförmig gebogen erscheint (0. ephippium). Auch 
diese Besonderheiten, welche Manchen nicht beachtungswerth erscheinen, 
gewinnen durch die Vergleichung sehr zahlreicher Exemplare für die 
Artenabgrenzung einen gewissen Werth, 

Der Rand der Orbitoiden ist meist etwas zugeschärft, abgestumpft, 
hellgefärbt und gestattet oft wenigstens einen Theil des letzten 
Kreises der Mediankammern mit der Loupe zu erkennen, auf welche 
noch keine Lateralkammern sich aufgebaut haben. Bei den Arten mit 
strahlen- und sternförmigen Zeichnungen ist der Rand ausgezackt, um 
um so tiefer, je älter die Individuen sind. 

Bezüglich der Oberflächenbeschaffenheit haben wir besonders auf 
die über dieselbe meist stark vorragende Enden der Kegelpfeiler, welche 
die rauhe Beschaffenheit und das punktirte Aussehen verursachen, unsere 
Aufmerksamkeit zu wenden. In Bezug auf ihre Grösse, auf den Zwischen- 
raum zwischen den einzelnen Wärzchen, d. h. auf ihre Entfernung 
von einander und bezüglich des Umstandes, ob sie über die ganze 
Oberfläche in gleicher Grösse und in gleicher Entfernung gestellt 
sind, muss vor Allem darauf aufmerksam gemacht werden, dass alle 
diese Verhältnisse mit dem Alter der Individuen wechseln und dass 
man daher zur richtigen Vergleichung nur gleich grosse oder relativ 
gleich alte Exemplare der Untersuchung unterwerfen darf. Auch ist 
ganz besonders nicht ausser Acht zu lassen, dass sehr viele Exemplare 
an der Oberfläche abgerieben oder verletzt sind, und die Verhältnisse 
der Wärzchen nicht genau festzustellen gestatten. 

Untersucht man znnächst kleine, d. h. junge Exemplare z. B. von 
O. papyracea, so zeigen sich die Wärzchen sehr unansehnlich und klein, 
kaum über die Oberfläche vorstehend. Dieses bleibt bei O. tenella selbst 
bei grossen Exemplaren der herrschende Charakter. Indem das Indi- 
viduen wächst, legen sich um die äusseren Enden der Kegelpfeiler neue 
Schichten an, sie werden dadurch immer grösser und rücken enger an 

86* 


678 


einander, je älter die Exemplare einer Art sind. Hier tritt nun noch 
der Umstand hinzu, dass im fortschreitenden Wachsthum wohl auch 
neue Kegelpfeiler zwischen den alten einzutreten beginnen. Dieses 
alles wirkt zusammen, dass in der Regel alte Exemplare mit zahlreicheren 
und dickeren Wärzchen bedeckt erscheinen, als jüngere und dass gegen 
den äusseren Rand die Wärzchen etwas kleiner sind, als gegen die Mitte. 
Bei flachen, sich nicht stark verdickenden Arten (O. papyracea, O. tenella, 
O. ephippium, O. applanata) ist diese Differenz gering, während sie bei 
den dicken Arten (0. nummulitica, O. dispansa, O. strophiolata, O. stella) 
in auffallender Weise ins Auge fällt und mit dem innersten Wesen dieser 
Arten in Beziehung steht. Dieses dürfte genügen, um auf die Bedeutung 
der Oberflächenbeschaffenheit und auf den relativen Werth hinzuweisen, 
welche sie für die Artenabgrenzung besitzt. Ein höchst merkwürdiges 
Verhalten hat die ausgezeichnete, dicke Art O. caracaiensis, welche trotz 
ihrer Dicke nur ganze dünne, schlanke Kegelpfeiler besitzt, :aufzuweisen, 
und daraus ergiebt sich, wie tief selbst diese Verhältnisse mit der inneren 
Organisation des Gehäuses verknüpft sind. Ihre Grösse, ihre Entfernung 
von einander, ihre relative Beschaffenheit im centralen und randlichen 
Theil liefern daher unter der früher erwähnten Voraussetzung gleichfalls 
Momente, welche die Abgrenzung der Arten mitbestimmen helfen. 

Da die stern- und strahlenförmige Verzierung der Oberfläche von 
der inneren Struktur abhängt, so wird diese erst später näher zu er- 
örtern sein. 

Alle Untersuchungen an Orbitoiden und auch die meinigen, welche 
ich an den zu mikroskopischen Präparaten im hohen Grade geeigneten, 
durch Eisenoxdausfüllungen aller früheren Hohlräume ausgezeichneten 
Exemplaren aus den Eisenerzen des Kressenbergs zu machen Ge- 
legenheit fand, stimmen darin überein, dass die Entwicklung um eine 
verhältnissmässig grosse Embryonal- oder Primordialzelle mit einer 
Anzahl spiralgeordneter Kammern beginnt. Um diese legen sich zunächst 
Segmente relativ kleiner Kammern in einer scheinbaren Unregelmässigkeit 
an, bis sich aus einem Segment endlich ein geschlossener Kreis oder 
besser „Ring“ herausgebildet hat. Trotz vieler Präparate ist es mir nicht 
vollständig gelungen über die Natur der Embryonal- und der ersten 
Spiralkammern vollständig ins Klare zu kommen, weil in der Mitte die 


679 


infiltrirte Substanz (Eisenoxyd, Glauconit oder Kalkspath) meist das ganze 
Centrum erfüllt, ohne die Scheidewände deutlich unterscheiden zu lassen, 
als ob im Laufe der Zeit diese innersten Theile abgestorben, die 
Wandungen mehr oder weniger zusammengebrochen und dadurch der 
eindringenden Ausfüllungsmasse bereits ein theilweise zerstörter Raum 
überlassen worden wäre. Für diese Annahme spricht der Umstand, dass 
einzelne Individuen ohne centralen Theil existirten und sich fortent- 
wickeln konnten; wie Fragmente beweisen, die ich unter anderen fand 
und welche ohne Centraltheil an allen Rändern ringsum neue Ansätze 
von Median- und Lateralkammern erkennen liessen. Die Umwandlung 
der spiralen Anordnung der Kammern in die cyclische hat ihren 
Grund in der radialen Verbindung der Mediankammern mittelst der 
Hauptkanäle, daher diese als der eigentliche Grundcharakter der Gattung 
zu betrachten sind. 

Die Mediankammern zunächst um die centrale Gruppe der spiralen 
Anfangszellen sind meist in auffallender Weise kleiner, als jene weiter 
nach dem äusseren Rande. Ich habe auf die Grössenverhältnisse der 
Mediankammern meine besondere Aufmerksamkeit gerichtet und in den- 
selben sehr constante Eigenthümlichkeiten der verschiedenen Arten 
erkannt, welche eine der hauptsächlichsten Hilfsmittel der Bestimmung 
abgeben. Hierbei muss man aber das eben erwähnte Verhältniss der 
Kammervergrösserung nach Aussen nicht ausser Augen verlieren. Man 
muss bei Arten, welche in dieser Richtung bezüglich ihrer Ueberein- 
- stimmung oder Verschiedenheit geprüft werden sollen, stets die Median- 
kammern in annähernd gleicher Entfernung von der Mitte in ihren 
Grösseverhältnissen vergleichen. Denn die Mediankammer, einmal ge- 
bildet, erleidet, wie sehr sich das Individuum noch weiter entwickeln 
und vergrössern mag, in ihrer äusseren Form und Grösse keine Ver- 
änderung weiter; sie bleibt eine constante. Da mich aber sehr zahl- 
reiche Bestimmungen an Exemplaren ein und derselben Art von der 
übereinstimmenden Grösse dieser Mediankammern und von ihrer. Ver- 
schiedenheit bei verschiedenen Species, wenn sie nahezu gleichweit vom 
Centrum entfernt sind, überzeugt haben, glaube ich ein ganz besonderes 
Gewicht auf diese Grössenverhältnisse legen zu dürfen, welche sich freilich 


680 


nur mit Zuhilfenahme des Mikrometers ‘mit hinreichender Schärfe be- 
stimmen lassen. 

Die Form der Mediankammern unterliegt verschiedenen Modifika- 
tionen. Im Allgemeinen ist: eine Kammer von 4 längeren, ebenen 
Seitenflächen und zwei etwas gewölbten Endflächen begrenzt, wie sich 
diess bei einem Parallelschnitt, (d. h. parallel mit der Medianebene) 
beobachten lässt. Der von diesen Wänden eingeschlossene Hohlraum, 
welcher von der Sarkode des Thieres ausgefüllt war, zeigt dagegen in 
Folge einer ungleichen Verdickung der Kammerwände nach Aussen und 
Innen eine oft merklich abweichende Form, wie sich deutlich da zu 
erkennen giebt, wo Eisenoxyd oder Glauconit den Hohlraum vollständig 
erfüllt hat und man mittelst Säuren die durch kalkige Theile ersetzten 
Wände entfernt hat. Man erhält auf diese Weise länglich-runde, oben 
ausgebogene, unten eingestülpte Körper mit nach Aussen zulaufenden 
Seitenwänden, welche im Querschnitte eine längliche, mondförmige oder 
spatelförmige Gestalt zeigen (siehe Taf. III. F. 21). In manchen Arten sind 
die Kreise oder Ringe, in welchen die Mediankammern geordnet sind, 
häufig durch eingeschobene Ringtheile, welche allmählig sich bis zur 
normalen Grösse entwickeln, in dieser eine Strecke fortlaufen, dann oft 
sich wieder zusammenziehen und verschwinden, in ihrem regelmässigen 
Verlaufe gestört. Insbesondere tritt diess häufig bei den stern- und 
strahlenförmigen Arten ein. Hier sind in der Richtung der an der Ober- 
fläche verdickten Strahlen und Rippen in der Medianebene die in diese 
fallenden Mediankammern in anffallender Weise bogenförmig erweitert, 
so dass auch in der Ebene der Mediankammer durch diese Erweiterung 
der Kammern eine ähnliche stern- oder strahlenförmige Zeichnung sich 
wiederholt, wie sie an der Oberfläche der Rippchen bemerkbar gemacht 
ist. Zugleich tritt hier noch ein höchst merkwürdiger Umstand hinzu. 
Die Mediankammern nämlich, welche innerhalb des Sterns oder der 
Strahlenrippchen fallen, sind nicht nur bogenförmig nach Aussen, 
sondern auch in der Dicke erweitert und durch Querwände oder La- 
mellen in Sekundärkammern abgetheilt. Man hat diese Erscheinung, 
auf welche namentlich Kaufmann in seiner sehr guten Arbeit über 
Orbitoiden des Pilatusstockes aufmerksam gemacht hat (l. c. 8.158 u. £. 


681 


Taf. X. Fig. 10) als eine Vervielfältigung der Mediankammerlage an- 
gesprochen. Der Umstand jedoch, dass die Wände der Mediankammern 
durch ihre derbere Consistenz sich deutlich erhalten zeigen und dass 
innerhalb derselben die viel zarteren Querwände vorkommen und dass 
manche der erweiterten und verdickten Mediankammern nicht mit 
solchen Querwänden versehen sind, lässt diese unzweideutig als Sekundär- 
wände erscheinen. Diese Beschaffenheit der Mediankammern innerhalb 
der strahligen Verdickungen, welche durch deren Erweiterung bedingt 
scheinen, ist so eigenthümlich, dass sie diese Formengruppe von den 
ächten Orbitoöiden entfernt stellen würde, wenn es nicht auch eine ganze 
Gruppe nicht gestrahlter, sondern einfach linsenförmigen Arten gäbe, 
deren Mediankammern nicht nach einzelnen vom Central ausgehenden, 
strahlenartigen Partieen, sondern nach dem ganzen Umfange nach Aussen 
hin erweitert und durch Sekundärscheidewände unterabgetheilt sind 
(0. nummulitica). Auf diese Weise zeigen sich jene äusserlich abweichende 
Formen wieder innigst mit der Gruppe der typischen Orbitoiden (0. pa- 
Pyracea) verbunden. Eine weitere Formeigenthümlichkeit der Median- 
kammern bemerken wir bei einer weiteren, äusserlich nicht im Geringsten 
von der typischen unterscheidbaren Gruppe, als deren Repräsentant 
Orbitoides dilatata Michelot. aufgestellt werden kann. Diese. äussere 
Formähnlichkeit ist so gross, dass ich durch die Güte des Herrn 
Vicomte d’Archiac Exemplare unter der Bezeichnung ©. Fortisi 
(0. papyracea) erhielt, welche dieser Gruppe zufallen. Mit Ausnahme der 
rundlichen Form der Mediankammern sprechen alle übrigen Verhältnisse 
für die Zugehörigkeit zu den Orbitoiden. 

Es ist aber die Frage, ob auch Orbitoides Mantelli Mort. spec. bei 
dieser Gruppe der mit rundlichen Mediankammern versehenen Orbitoiden 
oder überhaupt bei dem Genus Orbitoides verbleiben darf, wie d’Orbigny 
(Bull. geol. 1848 b. p. 147 als Orbitoides americana bezeichnet) ange- 
nommen hat. Ehrenberg glaubt (Berl. Mon. Bericht 1855 8.272 u. ff.) 
in seiner Eintheilung der Polythalamien hierfür ein von Orbitoides und 
Sorites, den zwei nächstverwandten Genera, getrenntes Genus: Cyclosipho 
aufstellen zu müssen, das sich durch einen einfacheren Schalen-Bau, durch die 
rundliche statt quadratische Form der Mediankammern und durch eine 
unregelmässige Vertheilung der Verbindungsröhrchen von ÖOrbitoides und 

x 


682 


durch das Vorhandensein eines deutlichen Verbindungskanals (Sipho) von 
Sorites unterscheide. Auch in Bronn’s Classen und Ordnungen des 
Thierreichs (1861) ist im Clavis der Rhyzopoden das Geschlecht Cyclo- 
siphon aufgenommen. Carpenter dagegen (Quart. Jour, o. th. geol. Soc. 
1850 p. 32 und 1862 Introd. to th. stud. of. Foram. p. 298 pl. XX.) 
belässt diese Form bei Orbitoides, während Carter (Ann. Mag. o.n. 
hist. 1851 B. X. p. 175 und 1861 vol. VIII. 3. Ser. p. 329 pl. XVI. 
fig. 2) sie als Orcitolites getrennt hält. Da, wie wir gesehen haben, 
rundlich-geformte Mediankammern bei Orbitoides auftreten, die sonst 
äusseren und inneren Verhältnissen bis zum Verwechseln mit Orbitoödes 
übereinstimmen und an dem zur Untersuchung vorliegenden Material 
nach keiner Seite hin Eigenthümlichkeiten entdeckt wergen konnten, 
welche zu einer Lostrennung von Orbitoides uns zu nöthigen scheinen, 
so halte ich es für angezeigt, die Arten mit rundlichen Mediankammern 
in einer Untergruppe bei Orbitoides zu belassen. 

So wenig die Formen der Mediankammern zur Aufstellung beson- 
derer Genera Anhaltspunkte geben, so geeignet scheinen dieselben, 
mehrere grössere Gruppen oder Subgenera zu bilden, deren charak- 
teristische Unterschiede wir auf diese Verhältnisse gründen zu dürfen 
glauben. 

Nicht geringerem Wechsel unterliegen die Formen der Lateralkam- 
mern, welche vielfach verkümmert, durch die Kegelpfeiler in ihrer Aus- 
dehnung beeinträchtigt und überdiess an sich namentlich in der Grösse 
weniger Schranken unterworfen sind, als die Mediankammern. Im Allge- 
meinen sind sie ziegelsteinförmig ausgebildet, während der Raum, den siein 
sich schliessen, unregelmässig abgerundet mit Ein- und Ausbeugungen ver- 
sehen ist. Dieses lässt sich sehr deutlich an Exemplaren aus dem Eisenerz 
des Kressenbergs versehen, bei welchen der Kammerraum mit Eisenoxyd 
ganz ausgefüllt ist und bei welchen nach Entfernung der kalkigen 
Wände mittelst Salzsäure die Form der früheren Kammerhöhlung in der 
ganzen Schärfe hervortritt (Taf. IIl., Fig. 29b). Auf diese Weise zeigen 
sich knollen- und plattenförmig abgerundete Körnchen, welche durch 
die Ausfüllungsmasse der grösseren Kanäle oft noch unter sich ver- 
bunden sind, oder wenn dieses nicht der Fall ist, doch an zahlreichen, 
dornartigen Hervorragungen die Spuren der abgebrochenen Kanäle 


683 


aufzuweisen haben. Solche isolirte Kammerausfüllungen gleichen in hohem 
Grade manchen Eisensteinkörnchen, welche das bekannte Eisenerz des 
Kressenbergs zusammensetzen helfen. Sie erinnern auch sehr lebhaft an 
gewisse Serpentinklümpchen im Urkalke, welche dem Eo200n angehören 
und in höchst auffallender Weise an die abgerundeten Pargasit-Knöllchen, 
bei welchen man sogar noch häufig die erwähnten Zuspitzungen und die 
Spuren der Verbindungskanäle erkennen kann. Ich habe schon früher 
auf diese Analogie der Pargasit-Ausbildung aufmerksam gemacht und 
glaube mich mehr und mehr für ihre Zugehörigkeit zu den organischen 
Formenkreisen aussprechen zu müssen. R 

Auch die Porenkanälchen sind häufig durch Eisenoxyd ausgefüllt 
und solche Präparate geben in Dünnschliffen das Bild der inneren Orga- 
nisation mit einer Klarheit, die nichts zu wünschen übrig lässt (Ver- 
gleiche Zeichnung T. III, Fig. 21). 

Die Kegelpfeiler spielen bei den Orbitoideu eine grosse Rolle. 
Obwohl an sich porenlos, werden sie zuweilen doch von einzelnen 
Kanälchen durchzogen, wie sich bei infiltrirten Exemplaren deutlich 
beobachten lässt. Solche Durchlöcherungen sind nicht zu verwechseln 
mit den meist viel dickeren, kanalartigen, das ganze Gehäuse durch- 
ziehenden Röhrchen, welche meist auch mit Eisenoxyd oder Grünerde 
erfüllt sind, und zweifelsohne die Hohlräume früherer Bohrschwämme 
darstellen (vergleiche: Vioa, Cliona, Thoosa und Aehnliches), wie diese 
Höhlungen bereits Carpenter auch von Schmarotzern herrührend be- 
zeichnet hat (Ehrenberg’s ‚locker verästete Gefässstrahlen‘‘ Abh. d. Acad. 
d. Wiss. für 1855 T.IV., Fig. U., IV. und VIII. als querziehende Bänder). 
In der Kalkmasse, welche die Kegelpfeiler bilden, lässt sich sowohl im 
verticalen, als horizontalen Querschnitte eine weitere Struktur unter- 
scheiden. Sie bestehen offenbar in Folge ihres successiven Wachsthums 
aus Uhrglas-ähnlich übereinander liegenden Schichten oder Schalen, den 
Schalen der Weichthiere analog. Zwischen den einzelnen Schalen liegende, 
etwas dunkler gefärbte Streifchen geben zur Vermuthung Anlass, dass 
Membrane zwischen diesen Schalenschichten vorkommen. Auch beobachtet 
man im Längschnitte den Seitenrändern ungefähr parallele, nach der 
Spitze des Kegels convergirende, dunklere Streifen, welche im Horizontal- 
schnitt oft eine sternförmige oder zellenähnliche Zeichnung darstellen 

Abh.d. II. Cl.d.k. Ak.d. Wiss. X. Bd. II. Abth. 87 


684 


und offenbar auch von membranöser, organisirter Substanz herrühren; sie 
scheint zwischen die reinere Kalkmasse eingefügt zu sein. Es besteht daher 
ein solcher Kegelpfeiler aus conisch nach innen verjüngten pyramiden- 
artigen Kalktheilchen, welche von einer membranösen oder krumösen 
Substanz umgeben und im vertikalen Sinne aus vielen Schalen zusammen- 
gesetzt erscheinen. Die helleren und dunkleren zellenartigen Zeichnungen, 
welche der horizontale Durchschnitt zeigt, rühren von diesem Wechsel 
reiner und krumöser Kalkmasse her. So weit die mir zugänglichen 
Vergrösserungen reichen, bestehen auch die Scheidewände aus durch 
krumöse Theile trüben, compakten Kalkmassen, deren Substanz freilich 
durch die überaus häufig durchbrechenden Porenkanälchen an Deutlichkeit 
nicht gewinnt. Aus dem Umstande, dass in vielen Fällen die Kammer- 
räume und die Kanäle anstatt mit Eisenoxyd ganz ausgefüllt zu sein, 
nur wie mit einer dünnsten Membrane dieser Substanz überzogen sind, 
glaube ich folgern zu dürfen, dass die Wandungen der Kammern, der 
Kanäle und überhaupt der Kalkscheiden mit einer Membran-ähnlichen 
Decke überkleidet waren. 

Mehrere interessante Einzelheiten in der Organisation dieser Thier- 
reste werden wir bei der Beschreibung der verschiedenen Arten näher 
zu erörtern Gelegenheit finden. 

Der nun folgenden Arten-Beschreibung mögen einige orientirende 
Bemerkungen vorangesetzt werden dürfen, welche den Standpunkt des 
Verfassers bezüglich der Art und Artenabgrenzung näher erörtern und 
den Leser in den Stand setzen, das Material nach seinen eigenen An- 
sichten sich zurecht zu legen. 

Ich theile zwar nicht die Ansicht, dass die Art etwas absolut 
Constantes, sondern nur der zeitweilige Ausdruck gewisser constanter 
Eigenthümlichkeiten‘ sei, welche sie von gleichzeitig existirenden Arten 
erkennbar unterscheiden lassen, dass sie als eine Constante in der Zeit 
anzusehen sei und durch gewisse innere und äussere Verhältnisse mit 
der Zeit Aenderungen erfahren kann, welche, solang diese inneren und 
äusseren Momente der Lebensbedingungen die gleichen bleiben, keine 
Ursache zu weiteren Abänderungen in sich schliessen. Gleichwohl nehme 
ich an, dass die Art in dieser Auffassung ihrer zeitweiligen Existenz 
ein naturgemässer Begriff sei, der in den meisten Fällen eng gezogene 


685 


Schranken gesetzt sind. Schwieriger ist die Frage über die Abgrenzung 
der Art zu beantworten. Jede Eigenthümlichkeit, welche sich constant 
an einer grösseren Reihe von Naturkörpern beobachten lässt und nicht 
von Zufälligkeiten abhängig ist, und anderen ähnlichen Formen nicht 
zukommt, reicht im Allgemeinen hin, gute Arten abzugrenzen. Wie 
viele Eigenthümlichkeiten und auf welche wesentliche Theile eines orga- 
nischen Körpers sich diese zu beziehen haben, um eine Art zu bestimmen, 
ist mehr oder weniger dem subjektiven Ermessen und Abwägen des 
Einzelnen anheimgegeben. Es scheint desshalb in der That die Art 
gewisser Maassen nur ein subjektiver Begriff. Gute, d. h. natur- 
gemässe Arten aufzustellen, ist daher eine Sache des wissenschaft- 
lichen Taktes und Scharfblicks. Nichts ist leichter und müheloser, als 
eine ganze Reihe von Formen, die als Arten auseinander gesondert sind, 
zusammenzuwerfen und in eine Art zu vereinigen. Um diese wohlfeile 
Arbeit darf Niemand zu beneiden sein, um so weniger, als sie anstatt 
der Naturforschung zu nützen, diese in sehr gefährliche und weil solche 
leicht zu betreten und allgemein zugänglich sind, verwirrende, statt zum 
Ziel führende Bahnen einzulenken droht. Ich theile ganz die Ansicht, 
welche in dieser Beziehung der grosse Wiener Meister Reuss so treffend 
wie schlagend ausgesprochen hat. 

Insbesondere in Bezug auf die Orbitoiden, welche in letzter Zeit 
durch englische Gelehrte bezüglich ihrer Organisation in das klarste 
Licht gestellt, aber bezüglich der Artenabgrenzung in vielfach weite 
Grenzen eingeschlossen wurden, scheint es nothwendig, über die Hilfs- 
mittel der Artenabgrenzung sich noch näher auszusprechen. 

Es ist bereits in der vorangehenden allgemeinen Schilderung dieser 
Thierreste besonders der Werth und Unwerth der verschiedenen zu unter- 
scheidenden Theile und ihrer eigenthümlichen Beschaffenheit hervor- 
gehoben worden, wie z. B. das Auftreten einer Nabel-ähnlichen Central- 
scheibe bei gewissen Formenreihen, die grössere oder geringere Ver- 
dickung der Lateraltheile und die ebene oder wellige Ausbreitung des 
ganzen Gehäuses. Ich muss daran erinnern, dass solche Schwankungen, 
auch wenn sie innerhalb gewisser Formen nicht als constant erkannt werden 
können, gleichwohl in anderen Reihen die Bedeutung eines charakteristischen 
Merkmals erlangen können; wie denn überhaupt nur ein vorurtheilsfreies 

87* 


686 


Abwägen aller Verhältnisse zu einer naturgemässen Auffassung der 
verschiedenen Arten führt. Besondere Schwierigkeiten bietet die 
Gattung Orbitoides besonders in Bezug auf ihre verschiedenen Alters- 
zustände und Grösse, mit welchen auch häufig das äussere Ansehen 
wechselt. Ich glaube überhaupt, dass man zuverlässige Artenbestimmungen 
nach den bloss äusserlich sichtbaren Merkmalen nicht vornehmen kann, 
obwohl diese nur der Ausdruck der inneren Organisation sind, vielmehr 
ist es hierzu nöthig, die erforderlichen Dünnschliffe anzufertigen und 
diese mikroscopisch zu untersuchen. Wer sich dieser Mühe nicht unter- 
ziehen will, muss auf eine Bestimmung dieser Thierformen verzichten. 

Das meiste Gewicht lege ich auf die Form und Grösse der Median- 
kammern, von welchen die übrigen Verhältnisse vorherrschend bedingt 
sind. Sie scheinen auch das passende Moment darzubieten, um die um- 
fangsreiche Reihe in geeignete Untergattungen zu zerlegen. Bezüglich 
der Grösse erinnere ich daran, dass bei der Verschiedenartigkeit der 
Mediankammern in den innersten Kreisen und am äusseren Rande bei 
der Vergleichung möglichst gleich weit von dem Centrum abstehende 
Theile des Gehäuses untersucht werden müssen, in welchen sich, ob 
alte oder junge Individuen vorliegen, die gleiche Kammerbildung wieder- 
holt findet. Wenn man 5—6 mm. vom Centrum entfernt die Median- 
kammern beobachtet, ist man in jedem Fall sicher, soweit es die mir 
bekannt gewordenen Arten betrifft, über der Region der innersten, meist 
verhältnissmässig kleinen Kammern hinaus die Partie, in welcher die 
Mediankammern ihre mittlere Grösse besitzen, zur Vergleichung benützen 
zu können. Nur bei den Arten- mit nach Aussen erweiterten und durch 
Querwände abgetheilten Wänden muss man auch die mehr randlichen 
Kammern näher prüfen. Die Dicke der Scheidewände, die Anzahl der 
Lateralkammerschichten, die Grösse und Häufigkeit der Kegelpfeiler 
dienen ebenfalls als Anhaltspunkte der Beurtheilung. Die Enden der 
Pfeiler ragen als kleine Wärzchen über die Oberfläche vor und gewähren, 
wenigstens bei mehreren Arten, durch ihre verschiedene Grösse und 
Stellung ebenfalls Hilfsmittel der Bestimmung, die man jedoch immer 
mit einiger Vorsicht benützen soll. 

Bezüglich der erforderlichen Schliffe, welche für die verschiedenen 
Arten anzufertigen sind, ist zu bemerken, dass meist ein Schnitt durch 


687 


die Medianebene oder einen Theil derselben genügt. Man unterscheidet 
in dieser Beziehung: Medianschnitt, welcher in der Ebene der 
Medianschicht geführt wird, Parallelschnitt, welcher mit diesem 
parallel durch die Lateralkammern gelegt ist und Querschnitt, welcher 
senkrecht zu den- vorigen geht. 

Wir geben nun zunächst eine Uebersicht der Untergattungen und 
Arten dieses Geschlechts. 


Uebersicht. 


®Orbitoides dOrb. 1850. 


I. Subgenus: Discocyelina. 


Gehäuse linsenförmig oder dünnscheibenförmig, mit durch 


Wärzchen rauher Oberfläche und einer Lage nach Aussen nicht 
durch Querwände abgetheilten Mediankammern vom ungefähr rektan- 
gulären Querschnitte. 


1) 


2) 


3) 


D. papyracea Boubede spec.; dünnscheibenförmig, am Rande 
wellig gebogen mit oder ohne centrale Verdickung, an der 
Oberfläche warzig, mit breiten Mediankammern. 

D. ephippium Schloth. spec.; ziemlich dünn, regelmässig sattel- 
förmig gebogen, an der Oberfläche warzig, mit breiten Median- 
kammern, 

D. tenella Gümb.; sehr dünn, durchscheinend, etwas wellig 
gebogen, in.der Mitte nicht oder schwach nabelförmig ver- 
dickt, sehr schwachwarzig und mit sehr schmalen Median- 
kammern. 


4) D. aspera Gümb.; linsenförmig, gegen die Mitte allmählig ver- 


5) 


dickt, ohne nabelförmige Erhöhung, nicht verbogen, an der 
Oberfläche rauhwarzig, mit im Querschnitte fast quadratischen 
Mediankammern. 

D. applanata Gümb,; dünne, scheibenförmige Art mit sehr 
deutlich abgegrenztem Nabel-förmigem Knopf im Centrum auf 


688 


beiden Seiten, auf der Oberfläche warzig-rauh, die Wärzchen 
in der Mitte etwas grösser, am Rande eben, nicht wellig 
gebogen. 

6) D. dispansa 3. d. Sow. spec.; am Rande sehr dünn, in der 
Mitte mit sehr starker und grosser Nabel-artiger Verdickung, 
Oberfläche rauh, die Wärzchen der Centralscheibe sehr gross. 


U. Subgenus: Bhipidocyclina. 


Gehäuse linsenförmig, aussen rauh, mit nach aussen stark er- 
weiterten, durch Querwände getheilten Mediankammern von ungefähr 
rektangulärem Querschnitte. 

1) Rh. nummulitica Gümb.; dick, gegen die Mitte allmählig ver- 
dickt, an der Oberfläche rauh, mit gegen die Mitte grösser 
werdenden, dichtstehenden Wärzchen. 

2) Rh. multiplicata Gümb.; weniger dick, gegen die Mitte an 
Dicke kaum zunehmend, auf der Oberfläche mit sehr entfernt 
stehenden grossen Wärzchen. 


3) Rh. strophiolata Gümb.; gross, am Rande dünn, gegen die Mitte 
mit grosser, sehr starker, Nabel-förmiger Verdickung und an 
der Oberfläche nngleich warzig, am Rande mit feinen, im 
Centrum mit grossen Wärzchen. 

4) Rh. karakaiensis d’Arch.; sehr dick, fast kugelig, gleichmässig 
gewölbt, mit kleinen, fast gleichgrossen Knötchen und mit am 
Rande vielfach zertheilten Mediankammern. 


II. Subgenus: Aktinocyclina. 


Gehäuse flachlinsenförmig, kreisrund mit zahlreichen, von einer cen- 
tralen Nabel-förmigen Verdickung auslaufenden Strahlen, die gegen 
den Rand zu gegabelt sind, oder durch Einsätze sich vermehren und 
mit diesen Strahlen entsprechenden, erweiterten Mediankammern, die 
im Uebrigen ungefähr einen rektangulären Querschnitt besitzen. 


1) A. radians d’Arch. spec.; ziemlich dickwulstig, etwas wellig 


689 


gebogen mit dickem Centralknopf und dicken Radialstrahlen ; 
die Mediankammern im Durchschnitt schmal und lang. 

2) A. tenuicostata Gümb.; sehr dünn, stets ebenflächig, mit zahl- 
reichen, schmalen, feinen Radialrippchen und ungleich grossen 
Wärzchen; Mediankammern wie bei 4. radians. 

3) A. variecostata Gümb.; mässig dick, gross, gegen die Mitte 
allmählich verdickt, mit zahlreichen, theils gegabelten, theils 
eingesetzten Radialrippchen und sehr schmalen und sehr langen 
Mediankammern. 

4) A. patellaris Schloth. spec.; mässig dick, gross mit einer rasch 
anschwellenden Verdickung im Centrum und wenigen, nur ein- 
oder zweimal gegabelte Rippchen, die gegen den Rand fast 
verschwinden, Mediankammern niedrig und breit. 


IV. Subgenus: Asterocyelina. 


Gehäuse linsenförmig, mit dornähnlichen, wenig zahlreichen 
Vorsprüngen am Rande. 

1) A. stellata d’Arch.; mässig-dieke, 4—6 strahlige Form mit sehr 
dicken, von der Mitte allmählig sich verdünnenden Strahlen, 
die in dem Centrum sich kreuzen. 

2) A. priabonensis Gümb.; dünn, ebene Form mit 4—6 schmalen, 
hohen, plötzlich verdickten Strahlen, zwischen welchen das 
übrige Gehäuse eben ausgebreitet ist. 

3) 4. stella Gümb.; sehr dicke, in der Mitte gleichmässig gewölbte 
und nur am Rande mit dornartigen Strahlen versehene Art. 


V. Subgenus: Lepidocyelina. 


Gehäuse flachlinsen- oder dünnscheibenförmig mit rundlich be- 
grenzten Mediankammern. 
1) L. Mantelli Morton spec.; gross, flach, linsenförmig, mit sehr 
zahlreichen, nicht grossen Mediankammern und mit nicht 
sehr zahlreichen Lateralkammern. Oberfläche fast glatt. 


690 


2) L. dilatata Michelotti; gross, fach, scheibenförmig, mit sehr 
zahlreichen, kleinen Mediankammern und zahlreichen Lateral- 
kammern. Oberfläche fast glatt. 


3) L. burdigalensis Gümb.; klein, dick-linsenförmig, mit wenigen, 
sehr grossen Mediankammern und gleichfalls sehr grossen 
Lateralkammern von geringer Anzahl; Oberfläche mit 5—8 
verhältnissmässig sehr dicken Wärzchen (Ende der Pfeiler) 
gegen die Mitte besetzt, sonst grubig, strahlig, uneben. 


Nach dieser kurzen Uebersicht gehen wir zur Artenbeschreibung 
über, wobei zu bemerken ist, dass bei der Grössenangabe der Median- 
kammern, wo es nicht ausdrücklich anders bemerkt ist, die mittlere 
Grösse, 5—6 mm. vom Centrum gegen den Rand zu gemessen wurde. 


I. Discocyelina. 


1) Orbitoides papyracea Boubee spec. 


Tat, Riole 


Nummulites papyracea, Bubee 1832 Bull. d. 1 soc. d Fr. Il. p. 445. 

(?) Discolithes nummiformis, Fortis 1802. M&m. p. servir a ]’ hist. nat. d. 1’ Italie. 
Y. II, p. 102 pl. II., Fig. A,B, C. 

(?) Nummulites mamillata, de Roissy (Hist. nat d. moll. p. 57) 

Orbitulites Pratti, Michelin 1840—1847 (Jcon. zool. p. 278 pl. 63, Fig. 14). 


Orbitulites submedia, d’Archiac 1846 (Mem. d. 1. soc. geol. d. Fr. 2. Ser. t. II.; p.194 
t. VL, Fig. 6a). 

Nummulites umboretieulatus, part., Schafhäutl 1346 (N Jahrb. 1846 S. 416; T. VIII., 
Fig. 5 und 6 (?) = 

Orbitoides papyracea, d’Orbigny 1847 u. 1850 (Prod. H. p. 334). 

Orbitoides papyracea, (d’Orb.) Lyell 1848 (Geol. Quart. Journ. IV. p. 10—17). 

Orbitulites discus, Rütimeyer 1848 (Bibliothec un. d.Geneve) und 1850 (U. d. Schweiz. 
Numm. p. 116 T. V. Fig. 71 u. 81). 

Orbitulites Fortisii, d’Archiaec 1850 (Mem. d. 1. soc. geol. d. Fr. 2 ser. V. III. p. 404 
pl. 8 Fig. 10a, 1la u. 12a et hist. des progress. d. 1. geol. Vol. III. p. 230. 

Orbitulites papyracea, d’Archiac 1850 (l. c. p. 405. pl. VIII Fig. 13a). 

Orbitulites submedia (0. Pratti), d’Archiac 1850 (l. c. p. 406). 

Orbitulites submedia, Roualt 1850 (daselbst p. 463). 

Orbitulites Fortisii, Roualt 1850 (l. c. p. 463 pl. XIV., Fig. 6).. 


Orbitoides Pratti, Carpenter 1850 (Geol. Quart. Journ. Vol. VI. p. 33 T. VL: 
Fig. 32—36). 


691 


Orbitulites Parmula part., Rütimeyer 1850 (Ueb. d. Schweiz. Numm. p. 117, T. V.; 
Fig. 72, 73). 
Hymenocyclus papyraceus, Bronn. 1853 (Leth. geogn. p. 251, T. 35° F. 10. 


Orbitoides Pratti, Carter 1853 (Journ. Bombay, Br. r. as. soc. Vol. V. p. 137 und 
Ann. a. Magaz. of. nat hist. 2 Ser. Vol. XI. p. 174). 


Orbitoides Fortisü, d’Archiac 1854 (Desc. d.an. foss. d. gr. numm. d. l’Inde II. p. 350). 
Orbitulites submedius, d’Arch. Renevier 1854 (Bull. d. soc. geol. d. Fr. XII. p. 97u. 39). 


Orbitoides Pratti, Ehrenberg 1856 (Abh. d. Ac. d. Wiss. Berlin für 1855 S. 138; 
T. IV. Fig. 1.— VII). 


Orbitulites Pratti et Orbitulites nummuliformis Catullo, 1856 (S. terr. d. Sedim. sup. 
d. Venezio p. 26 u. 27 T. I. Fig. 9 und 12. 


Orbitulites Roncana Catullo (l. c. p. 25 T. I. Fig. 8). 


Orbitulites Fortisii et Hymenocyclus papyraceus, Gümbel 1861 (Geogn. Beschr. d. 
bayr. Alpen p. 596). 


Orbitoides Fortisii, Carpenter 1862 (Introduet. of. Foraminif. p. 298 t. XX. Fig. 1. 
12, 13, 14—16). 


Hymenocyclus umbo et cymbalum Schafhäutl, 1863 (Südbayern’s I,ethaea geogn. p. 106 
u. 107, T. XIV. Fig. 5, Fig. 7 und 8). 


Hymenocyclus Fortisii, papyraceus, v. Schauroth 1865 (Verz. d. Verstein. in Coburg 
S. 181). 

Hymenocyclus discus, parmula et Fortisii, Eichwald, 1866 (Lethaea ross. p. 185--187 
T. XV., Fig. 1, 17 u. 14.) 


Orbitoides discus et Fortisii Kaufmann 1867 (Beit. zur geol. Kart. d. Schweiz p. 160 
u. 166 F. X., Fig. 11—16). 


Das Gehäuse ist dünn, bei jungen und kleinen Exemplaren papierdünn, 
bei grossen mässig-dick (zwei Millimeter bei 15—20 mm. Durchmesser), 
vom Aussenrande gegen die Mitte gleichmässig, aber wenig verdickt, 
im Centrum mit einer im Verhältnisse zum ganzen Gehäuse kleinen, nabel- 
förmigen Erhöhung versehen, welche entweder beiderseits gleich stark, 
oder auch verschieden stark, auf der einen Seite fehlen, oder sogar 
durch eine schwache Vertiefung ersetzt, oder auch ganz fehlen und nur 
spurweise angedeutet sein kann; zuweilen zeigen sich ringförmige Wülste 
concentrisch um die Mitte, meist ist die Oberfläche sonst ohne Zeichnung 
mit Ausnahme kleiner Wärzchen, die Enden der Kegelpfeiler, wodurch 
die Oberfläche schon dem unbewaffneten Auge rauh oder fein chagrinirt 
erscheint; die Wärzchen stehen über die ganze Oberfläche ziemlich gleich- 
wässig dicht und besitzen ziemlich gleiche Grösse, nur am äussersten Rande 
sind sie etwas kleiner und bei den Formen mit deutlichem Nabelknopf 
nehmen sie gegen die Mitte etwas an Grösse zu. Das Gehäuse breitet 

Abh. d. II.Cl.d. k. Ak. d. Wiss. X. Bd. II. Abth. 88 


692 


sich nie in einer ebenen Fläche aus, sondern ist immer mehr oder 
weniger stark gebogen, oft in welligen Biegungen fast sattelförmig ge- 
krümmt, meist jedoch nur am Rande uneben wellig. Der Medianschnitt 
zeigt eine grosse, meist an den Rändern zusammengebrochene Embryonal- 
kammer mit einigen Spiralkammern, um welche nun zuerst kleine, im 
Durchschnitte fast quadratische, in Kreisen geordnete Kammern sich an- 
reihen. Ganz junge Exemplare zeigen nur diese Anfangsreihen und daher 
nur kleine, fast quadratische Kammerdurchschnitte. Die Kammern 
nehmen rasch nach Aussen an Grösse zu und werden dann noch weiter 
nach Aussen nicht mehr in gleichem Grade grösser, sondern erweitern 
sich nur sehr langsam. Die Kammerkreise sind vielfach durch Ein- 
schieben neuer und das Auskeilen früherer Kreise unregelmässig und 
ungleich. Die Mediankammern (von Scheidewand zu Scheidewand der 
umschliessenden Wände gerechnet) sind im Durchschnitte von rektan- 
gulärer Form und im Durchschnitte (5—6 mm. vom Centrum gemessen) 
0,12 mm. lang (von der Mitte einer cyclischen Scheidewand zur andern 
gemessen) 0,06—0,65 mm. breit (von Mitte einer radialen Scheidewand 
im Medianschnitte bis zur Mitte der anderen) und 0,062 dick (von der 
Mitte einer radialen Scheidewand im Querschnitte bis zur Mitte der 
andern gemessen)!). Die Scheidewände sind mässig dick, der Raum der 
Mediankammern (an infiltrirten Ausfüllungsmassen sehr scharf zu be- 
stimmen) mässig kleiner, als der äussere Kammerumriss, im Medianschnitte 
von rektangulärem, nach aussen etwas abgerundetem Querschnitte, im 
Haupt-Querschnitte mehr oder weniger halbmondförmig. Die Lateral- 
kammern sind im Allgemeinen kleiner, weniger hoch und in ziemlich zahl- 
reichen Verdickungsschichten (bei grossen Exemplaren 30—40) geordnet. 
Ihre Ausfüllung (durch Säuren isolirt) zeigt eine unregelmässig knollige 
Form der Hohlräume in den Lateralkammern. 

Die Kegelpfeiler sind im Hauptquerschnitte schlank, sie nehmen 
nach Aussen nur langsam an Umfang zu und sind an der Oberfläche nur 
mässig hoch gewölbt. Die übrige Organisation lässt sich aus den aus- 
führlichen Zeichnungen leicht entnehmen. 

Ich vereinige unter dieser Art eine namhafte Zahl z. Th. sehr ab- 


1) Bei allen folgenden Angaben ist immer dasselbe Verhältniss, wie hier, vorausgesetzt. 


693 


weichender und meist als verschiedene Arten bisher aufgefasster Formen 
nur nach einer sehr sorgfältigen Prüfung einer sehr grossen Anzahl von 
Exemplaren, wobei wir namentlich Originale der d’Archiac’schen Arten 
durch die Güte des Herrn Vicomte (O0. Fortisii von Biarritz; 0. Pratti 
(0. papyracea Boub6e var.) von Biarritz, Originale der Rütimeyer’schen 
Bestimmung in Exemplaren aus der Berner Sammlung, welche ich der 
Gefälligkeit des Auktors verdanke, dann sehr zahlreiche Exemplare aus 
italienischen Fundstellen durch die Freundlichkeit von Herrn Prof. 
Süss in Wien und Prof. Meneghini in Pisa, sowie meiner eigenen 
Aufsammlungen, im Tridentinischen bei Riva, Verona und Vicenza, ferner 
von den Exemplaren aus Lakpat unter Sevan in Scinde vom rechten 
Indusufer aus der Sammlung der Herren Gebrüder v. Schlagintweit 
neben den zahlreichen Exemplaren der bayerischen Fundstellen, nament- 
lich des Kressenbergs zur Vergleichung dienten. Ich konnte weder in 
der inneren Struktur aller dieser Formen irgend erhebliche Differenzen 
entdecken, noch in der äusseren Beschaffenheit constante Merkmale 
auffinden, welche eine weitere Artenabtrennung begründen könnten. 
Alle Formen, die durch äussere Merkmale als besondere Arten 
unterscheidbar erscheinen, erweisen sich bei einem grossen Vergleichungs- 
material durch alle möglichen Uebergänge, welche die scheinbar guten, 
äusseren Merkmale als nicht constante erkennen lassen, so eng ver- 
bunden, dass sich keine Scheidewand dazwischen aufrecht erhalten lässt. 
Orbitoides Pratti (Michelin) d’Arch. nach den erwähnten Original- 
Exemplaren, von d’Archiac selbst identificirt mit O. papyracea Boube6e 
von Biarritz, von welcher er seine O. submedia nach den Mittheilungen 
in dem neuesten Werke (Palaeont. de France 1868) getrennt hält; sind 
allerdings kleine, sehr dünne Exemplare ohne auffallenden Nabelknopf 
in der Mitte (Taf. III, Fig. 8 u. 11); aber ich bemerkte gleichwohl an 
2 Exemplaren eine Spur einer centralen knopfförmigen Verdickung; im 
Uebrigen tragen sie ganz den Charakter der rauhen Oberfläche, der 
welligen Biegungen und der Verhältnisse ihrer Dicke, wie die mit einer 
deutlichen Verdickung versehenen Exemplare aus dem Kressenberg und 
aus Italien. Ihre innere Struktur dient uns als Typus für die Beur- 
theilung dieser Art. Ganz gleiche Formen, genabelt und ungenabelt, 
grösser und kleiner, bald mehr eben scheibenförmig, bald wellig, sattel- 
88* 


694 


förmig und unregelmässig gebogen finden sich zu Hunderten in den 
Mergeln und Erzen des Kressenbergs. Es handelt sich zunächst darum, 
ob wir damit die typische O. Fortisö d’Arch. vereinigen dürfen. Die 
Exemplare mit der Originalbestimmung d’Archiac’s von Biarritz haben 
ganz den Habitus der O. papyracea. welche nur mittelalte, mehr glatte 
Formen derselben Reihe darstellen. Ich fand unter den Exemplaren der 
Biarritzer O. Fortisii vollständig nabellose und deutlich genabelte von 
gleicher Grösse und sonst ganz gleicher Beschaffenheit, wie diess auch 
bei den Kressenberger Exemplaren vorkommt. In der inneren Struktur 
im Vergleich zu jener der O. papyracea von Biarritz ist auch nicht der 
geringste Unterschied zu erkennen, Unter O. submedia d’Arch. scheinen 
die kleineren, deutlich genabelten, und wenig verbogenen Formen ver- 
einigt zu sein; indess konnte ich auch bei dieser häufig im sandigen 
Mergel. am Kressenberg (Jobser Steinbruch) beobachteten Form eine Ab- 
grenzung gegen die typische Art weder nach inneren, noch äusseren 
Merkmalen vornehmen. Es sind junge Exemplare, die Uebergänge in 
grössere häufig erkennen lassen. d’Orbigny zieht diese Form in s. 
Prodrome V. II. p. 335 bereits zu O. papyracea. Mit allem Grund glaube 
ich desshalb der auch schon von Carpenter vollzogenen Zusammen- 
ziehung dieses Formenkreises beitreten zu dürfen. Was die Originale 
von Rütimeyer’s Orbitulites discus und O0. Parmula anbelangt, so 
leisten die Exemplare der ersten Art vom Schwendi die besten Ga- 
rantien für die Vereinigung beider Formenreihen, indem einzelne Exem- 
plare mit deutlichem Nabelknopf im Centrum versehen sind, wornach sie 
in die Reihe der 0. Fortisä gehören würden, während andere sonst 
absolut gleiche Exemplare ziemlich gleichmässig gewölbt erscheinen. 
Ihre innere Struktur stimmt sowohl unter sich, als mit jener der ty- 
pischen O. papyracea und O. Fortisii von Biarritz ganz überein. Die 
Exemplare von der Bründlalp am Pilatus aus dem Berner Museum 
gleichen vollständig mittelgrossen Formen der O0. papyracea von Biarritz, 
während andere Exemplare von Pilatus, die ich durch die Gefälligkeit 
des Herrn Prof. Kaufmann (Originale zu dessen Auffassung von 0. 
discus) sich der Form des O. Fortisii anschliessen. Was Orbitoides Par- 
mula Rüt. angeht, so ist die Form von Gross bei Einsiedel unzweifelhaft 
dieselbe, wie O. Fortisii von Biarritz; jene von Berglikehle ist weniger gut 


695 


erhalten, lässt jedoch auch kaum einen Zweifel an der gleichen Ueberein- 
stimmung übrig. In Bezug auf die übrigen Synonymen bedarf es keiner 
weiteren Erläuterung. 

Die Form von Scinde, die ich untersucht habe, stimmt in ihrer 
inneren Struktur sehr genau mit unserer europäischen Art; in ihrem 
Aeussern tritt sie, meist stark verbogen, mit und ohne eine nabel- 
förmige Erhöhung in der Mitte, auf und ist durchschnittlich mit etwas 
markirteren, gröberen Wärzchen auf der Oberfläche bedeckt. 

Von den einzelnen Fundstellen führe ich nur diejenigen speziell 
auf, von welchen ich Originale selbst untersucht und bestimmt habe. 

Biarritz, in den Pyrenäen (von H! Vic. d’Archiac erhalten) ins- 
besondere von Vieux part. von Biarritz (von Prof. C. Mayer als aus 
Bartonien stammend erhalten), Schwendi, ‚Canton Appenzell, Bründlenalp 
am Pilatus, Gross bei Einsiedeln (?) Berglikehle in der Schweiz, am 
Grünten, im Nummulitensandstein, im Nummulitenkalk durch die ganzen 
bayrischen Voralpen, ungemein häufig im Kressenberger Eisenerz, im 
mergeligen Sand des Jobser Steinbruch’s am Kressenberg, bei Mattsee 
in den österreichischen Alpen; in Italien: Eingang in das Val del Bovo; 
im Raninakalk von Purga; bei Grancona; Berge von Verona; in den 
oberen Lagen der Priabona Schichten von Massano; aus dem Val Sca- 
ranto; bei Gichelina am Eingang in das Thal von Priabona; bei 
St. Martino (Sammlung des Herrn Prof. Süss) bei Mosciano unfern 
Florenz (Meneghini’sche Sammlung), häufig in den Sammlungen von 
Verona und Vicenza; aus Val guttaro bei Verona (Meneghini), von 
Palarea bei Nizza (eben daher), von Val d’Organa und von St. Giovanni 
Ilario (Samml. von B. de Zigno); von allen Berggehängen zunächst um 
Verona, z. B. Hohlweg vor der Porta $. Giorgio, am Castella di Pietro, 
im Giordino Ginsti (nach eigenen Aufsammlungen), am Fuss des Dos 
Trento bei Trient und am Dorf Sardagna daselbst (eigene Aufsamm- 
lung), um Roveredo bei St. Maria, und am westlichen Thalgehänge 
zwischen Chiusole, Isera und Ravazzone (eig. Samml.); am Monte Baldo, 
an dem Castell von Brentonico und bei Besagno (eig. Samml.), bei 
Riva zwischen Arco und Nago und oberhalb des Dorfs Torbole (eig. 
Aufsammlung); endlich von Lakpat in Scinde. Ausserdem scheint 


696 


diese häufige und weit verbreitete Art zwischen den Pyrenäen und 
dem Himalayagebirge in älteren und jüngeren Nummulitenschichten 
vorzukommen. 


2) Orbitoides ephippium Schloth. spec. 
T. IM  Eig. 10, 16,380: 3% 


Lenticulites ephippium, Schlotheim 1820 (Die Petrefakt. S. 89). 
Nummulites ephippium, Keferstein 1834 (Naturgesch. d. Erd. II. S. 513). 
Nummulina ephippium, Pusch. 1837 (Pal. Pol. p. 164; T. 12, Fig. 17). 


Orbitolites sella, d’Archiac 1850 (M&m. d. 1. soc. geol. d. France 2 Seri T. III. p. 405: 
pl. VIII. Fig. 16a). 


Nummulina onychomorpha, Catullo 1850 (Ann di Fisica Venezia 1850 p. 245). 
Lycophris ephippium, J. v. Sowerby in Grant’s Geol. Cutsch. 

Lycophris ephippium, Carter 1853 (An. Mag, of Nat. hist. 2 Ser. t. XI. p. 174). 
Hymenocyclus ephippium, v. Schauroth 1835 (Verg. d. Verst. S. 182). 

Hymenocyclus ephippium, Eichwald 1866 (Leth. ross. IX. lib. S. 186 pl. XV. Fig. 4). 

Das Gehäuse ist ziemlich dünn, (bei 10 mm. Dm. = 1 mm.) gegen 
die Mitte allmählig nur sehr wenig verdickt, in der Mitte ohne nabel- 
förmige Verdickung, (nur sehr selten Andeutungen einer solchen und 
noch seltener deutlicher einseitiger Knopf (Exemplar von Scinde). Die 
Oberfläche ist durch kleine, nicht dichtstehende, wenig vorragende Wärz- 
chen, welche bei vielen Exemplaren nicht deutlich sind, bedeckt, so dass 
sie fast glatt erscheint; die sattelförmige Biegung ist sehr regelmässig 
und nicht durch weitere wellige Biegungen undeutlich. Die Form der 
Kammern ist dieselbe, wie bei O. papyracea, nur sind die Mediankammern 
unter sonst gleichen Verhältnissen entschieden schmäler, 0,10—0,12 mm. 
lang und 0,04 mm. breit-und dick. Die Lateralkammern stehen in nicht 
zahlreichen Schichten über einander, wesshalb das Gehäuse bis in die 
Mitte ziemlich dünn bleibt; die Kegelpfeiler sind noch schlanker und 
entfernter gestellt, als bei der vorigen Art. 

Diese nahe an die typische Form von O. papyracea grenzende Art, 
über deren Scheidung von letzterer, obgleich mir ein sehr reiches 
Material vorlag, ich gleichwohl keine volle Sicherheit gewinnen konnte, 
unterscheidet sich von diesen durch die Regelmässigkeit der sattelförmigen 
‚Gestalt, durch etwas entfernt stehende, noch schwächere Kegelpfeiler, 


697 


geringere Anzahl von Lateralkammerschichten und insbesondere durch 
die schmälere Korm der Mediankammern. Man kann von einer Lokalität 
Hunderte von Exemplaren aussuchen, die von gleicher Grösse und gleicher 
Biegung dem aufgestellten Charakter entsprechen, aber es laufen mit 
denselben so viele annähernd und allmählig zu den nach Art mancher 
Varietäten von O. papyracea gebogenen Formen übergehende Exemplare 
mit unter, dass es schwer hält zu bestimmen, wo die Grenze zwischen 
beiden zu ziehen sein möchte. 

Die Biarritzer Exemplare stimmen genau mit den italienischen von 
Priabona und ebenso mit jenen aus dem Südtiroler Nummulitenkalke; die 
von Scinde sind etwas dicker, das eine Exemplar mit einem ziemlich 
„bedeutenden centralen Knopf zeichnet sich noch durch die bedeutendere 
Grösse der Wärzchen auf der knopfförmigen Erhöhung aus, die jedoch 
auf der Gegenseite, wo die Erhöhung fehlt, ebenfalls nicht vorhanden 
sind, zum deutlichen Beweise ihrer geringen Bedeutung. 

Fundorte: Biarritz, Priabona ganze Schichtenlagen bildend (Schichten 
mit 0. ephippium) sehr gross (bis 17 mm. im Dm.) und zuweilen mit 
schwachem Centralknopf; Granella (häufig), Val Scaranto (häufig), (sämmt- 
lich aus der Sammlung von Prof. Süss); bei Fumane unfern Verona 
(Meneghini’sche Sammlung), Sammlungen in Verona und Vicenza 
(häufig) und nach eigener Aufsammlung, besonders typisch von Ciuppio 
bei Vicenza (Meneghini’s Sammlung); nicht ganz sicher Mortola 
bei Nizza (ebendaher), von St. Giovanni (Samml. d. Baron de Zigno); 
im Nummulitenkalk vom Hammer bei Traunstein sehr selten, bei Lakpat 
in Scinde nicht selten. 

Ausserdem erscheint sie neben der vorigen Species durch das ganze 
bezeichnete Gebiet der Nummulitenschichten verbreitet zu sein. Nach 
Eichwald findet sich in der Krimm, in Armenien und in den Kar- 
pathen. — 

Ich muss diese Species einer weiteren Beobachtung empfehlen, um 
festzustellen, ob da, wo sie mit O. papyracea zusammen vorkommt, sich 
die oben bezeichneten Charaktere als constante bewähren oder nicht. 
Catullo’s Nummulina onychomorpha, über welche mir die Original-Abhand- 
lung nicht zu Gebote stand, ist nach d’Archiac’s Annahme übereinstim- 
mend mit seiner O. sella und demnach auch mit O. ephippium. zu vereinigen. 


698 


3) Orbitoides tenella Günb. n. sp. 


fe DI Fig. 1, 2, 30m. 31. 
Orbitoides papyracea, part. auct. 

Das Gehäuse ist sehr dünn, durchscheinend, wenigstens am Rande, 
und nach dem Centrum nur sehr wenig verdickt; in der Mitte mit 
niederem, nabelförmigem Knopfe oder ohne denselben, im Ganzen uneben, 
am Rande wellig, jedoch nicht stark verbogen; die Oberfläche ist mit 
nur kleinen Wärzchen bedeckt, fast glatt; die Kammern theilen im 
Allgemeinen die Verhältnisse der vorigen Art, sind aber unter übrigens 
gleichen Verhältnissen durch ihre geringe Breite im höchsten Grade 
ausgezeichnet; bei einer Länge von 0,10 mm. beträgt die Breite nur 
0,03 mm.; die Scheidewände sind sehr dünn und zart; die Verdickungs- 
schichten sehr wenig zahlreich. 

Diese Art, welche man wohl als eine Jugendform von ©. papyracea 
auffassen könnte, unterscheidet sich, wie mich vielfache Untersuchungen 
beider Arten von gleicher Grösse gelehrt haben, constant durch beträcht- 
lich geringere Dicke, auch bei grösseren Exemplaren (von 10—12 mm, 
Dm.) und durch die auffallend schmale Form ihrer Mediankammern, so 
dass eine Verwechselung nicht wohl stattfinden kann. Da ich diesen 
Charakter an vielen Exemplaren constant finde, halte ich die Art für 
gut begründet. 

Fundort: Bis jetzt nur in dem Nummulitenkalke der bayerischen 
Alpen (Hammer, Götzreuther Graben, Schöneck u. s. w.) nicht häufig 
und in den von mir untersuchten Schichten zunächst an der Stadt Verona 
‚mit O. papyracea, namentlich im Hohlweg vor der Porta S. Giorgio. 


4) Orbitoides aspera Gümb. n. sp. 
T. III, Fig. 13, 14, 33 und 34. 

O. submedia, d’Arch. part. 
O. Pratti, auct. part. \ 
(?) Orbitulites convexa, Catullo (D. terr. d. sed. sup. delle Venezia 1856 p. 25 t.1., £. 7). 
Das Gehäuse ist linsenförmig, gegen die Mitte allmählig und ziemlich 
stark verdickt, ohne hier in eine nabelförmige Erhöhung überzugehen, 
gegen den Rand hin bleibt das Gehäuse immer noch mässig verdickt, 


699 


wodurch bei der ohnehin nur geringen Grösse, welche diese Art zu 
erreichen scheint (8—12 mm.), die ausgeprägte Form einer Linse bedingt 
ist. Das Gehäuse ist weder im Ganzen, noch auch am Rande verbogen 
oder gekrümmt. Die Oberfläche wird von ziemlich grossen, entfernt 
stehenden, gegen die Mitte an Grösse sichtbar zunehmenden Wärzchen 
bedeckt und ist stark rauh. Die Kammern haben im Allgemeinen die 
Form der vorangehenden Arten; jedoch besitzen die Mediankammern 
einen auffallend dem Quadratischen sich nähernden Querschnitt; ihre 
Länge beträgt 0,05 mm. bei einer Breite von 0,041 mm. und erweitern 
sich nach dem Rande zu, wie der Querschnitt zeigt, ziemlich stark, 
ohne Querwände zu erhalten. Die Kegelpfeiler sind derb und nehmen 
nach Aussen rasch an Stärke zu. 

Diese Art, welche durch ihre beträchtlichere Dicke bei geringem 
Durchmesser, durch die regelmässige, nicht verbogene Gestalt, durch 
die viel rauhere Oberfläche, durch die derberen Kegelpfeiler, durch den 
quadratischen Querschnitt der Mediankammern und durch deren all- 
mählige, starke Erweiterung gegen den Aussenrand leicht und be- 
stimmt sich von allen vorausgehenden Arten unterscheidet, hat ihren 
äusserlich nächsten Verwandten in O. nummulitica der folgenden Gruppe, 
ist jedoch weniger dick und mit weniger ungleich grossen Wärzchen 
bedeckt, abgesehen von den Differenzen ihrer inneren Organisation. Es 
ist sehr wahrscheinlich, dass Catullo’s Orbitulites convexo-convexa diese 
Art darstellen soll. Doch erlaubt weder Abbildung noch Beschreibung, 
diess mit einiger Sicherheit zu entscheiden. Einige hierher gehörige 
Exemplare erhielt ich aus den Nummulitenschichten von Biarritz 
unter dem Namen Orbitoides iutermedia d’Arch. Eine solche Art existirt 
nicht, wohl aber eine Nummulites intermedia d’Arch., überdiess ist der 
Name schon anderweitig verbraucht, wesshalb ich hier einen neuen 
Namen vorschlage. Auch scheint ein Theil der unter O. submedia d’Arch. 
und wohl auch 0. Pratti gezählten Formen dieser Art zuzufallen. Da 
aber d’Archiac’s Darstellung deutlich genabelte Exemplare dazu zählt, 
so musste ich auf diesen Namen, um nicht die Synonymen noch mehr 
zu verwirren, verzichten. 

Fundorte: Nummulitenkalke in den bayerischen Alpen (Hammer, 
Götzreuth, Kressenberg, Schöneck) häufig; bei Biarritz (v. d’Archiac’sche 

Abh.d. II. C1.d. k. Ak d. Wiss. X. Bd. II. Abth. 39 


700 


Sendung), bei Mosciano unfern Florenz (Meneghini’sche Sammlung), 
aus den Appenninen, Consuma (ebendaher), von Caldiero bei Verona 
(Menighini’sche Sammlung), im Hornstein von Pretora Majella im 
Apennin (Meneghini’sche Sammlung). In der Zigno’schen Sammlung 
fand ich diese Art von Granella und Brendola, ausserdem sammelte ich 
sie selbst in den Schichten zunächst um Verona. 


5) Orbitoides applanata Gümb. n. sp. 
T. UI, Fig. 17, 18, 35, 36, 37. 
Orbitoides Fortisü, part. auct. 
” submedia d’Arch. (?) part. 
er. Pratti auct. part. 

Das Gehäuse ist sehr dünn, regelmässig kreisförmig, in der Mitte 
plötzlich zu einem hohen und dicken Centralknopf verdickt, vollständig 
flach, weder im Ganzen, noch am Rande verbogen oder wellig gekrümmt. 
Die Oberfläche wird durch viele, am Rande kleineren, in Kreisen geord- 
neten, gegen die Mitte grösser werdenden Wärzchen bedeckt. Die 
Kammern gleichen im Allgemeinen denen der vorausgehenden Arten; 
jedoch sind sie im Verhältniss zur Länge sehr schmal, nämlich 0,08— 
0,12 mm. lang und nur 0,045 mm. breit. Die Lateralkammerschichten 
sind nur im Centrum zahlreich, am Rande gering an Zahl. Die Kegel- 
zapfen kurz und dick. 

Diese Art, von der mir sehr zahlreiche Exemplare mit ganz con- 
stantem Charakter vorliegen, lässt sich zunächst nur mit gewissen 
Jugendformen von O. (Fortisii) papyracea, d. h. mit den in der Mitte 
genabelten vergleichen. Doch ist der Habitus, gleich grosse Exemplare 
neben einander gehalten, ein auffallend verschiedener, indem die jungen 
genabelten Formen von O. papyracea stets uneben wellig und. gleich- 
mässig rauh sind, die von O. applanata durch ihre ebene Ausbildung und 
die deutlich ungleich-rauhe Oberfläche schon äusserlich auf den ersten Blick 
sich als abgesondert zu erkennen geben. Die auffallend schmale Form der 
Mediankammern, welche unsere Art mit O. tenella in Verbindung bringt, 
bedingt weiter eine Differenz auch ihrer inneren Natur nach. Das 
Vorhandensein eines centralen Knopfs scheint hier wesentlicher Charakter 


701 


zu sein. Dadurch, sowie durch die rauhe Oberfläche und das Fehlen der 
welligen Biegung entfernt sie sich von der weit dünneren ©. tenella. 
Mit O. aspera steht sie nicht in so naher Verwandtschaft, um damit ver- 
wechselt werden zu können. Da V. d’Archiac auch Priabona als Fundort 
seiner O0. submedia anführt, dürfte ein Theil dieser Species unserer 
O. applanata zufallen. 

Fundorte: Ungemein häufig mit Operculinen bei Granella, selten 
im oberen Theile der Schichten von Priabona (Sammlung v. Prof. Süss 
u. Meneghini), im Val Scaranto und del Boro, (Sammlung des Herrn 
Prof. Süss) bei Giorette im Vicentinischen, von Catania (Meneghini’sche 
Sammlung); von Mortola bei Nizza (ebendaher), in der Sammlung des 
Herrn Bar. de Zigno fand ich sie von Granella, Brendola und Val 
d’Organo; sehr bemerkenswerth ist ihr wiewohl selteneres Vorkommen 
von Vieux part. bei Biarritz (Send. v. Prof. ©. Mayer) mit Operculina 
granulata und O. papyracea; von Salcedo liegt sie in der v. Mün- 
ster’schen Sammlung; ausserdem findet sie sich zu Lakpat in Scinde. 


6) Orbitoides dispansa 7. v. Sow. spec. 
T. II., Fig. 40—47. 


Lyeophris dispansus J. de Sowerby (Geol. Transact. 2 ser. Vol. 5 pl. 24 Fig. 15, 16) 
Orbitulites dispansa d’Archiac 1850 (Hist. d. progres d. 1. Geol. Vol. III. p. 230). 


Lycophris dispansus Carter 1853 (An. a. Mag. of. nat. hist. 2 ser. Vol. XI. p. 172. 
pl. VII. Fig. 23) et Journ. Boub. Br. as. Soc. Y., p. 136 pl. II. Fig. 23—29). 


Orbitoides dispansa d’Arch. 1854 (Desc. d. an. foss. de I’ Inde II. p. 349. 
Orbitoides dispansa Carter. 1861 (id. p. 446, pl. XVI., Fig 1 a. pl. XVII. Fig. 1). 


Das Gehäuse ist am Rande sehr dünn und schwillt gegen die Mitte 
plötzlich zu einem umfangsreichen, dicken Knopf an, bis zu welcher der 
übrige Theil des Gehäuses nur wenig an Dicke zunimmt. Die Oberfläche 
erscheint durch ziemlich grosse Wärzchen stark rauh, auf dem Central- 
knopf nehmen diese Wärzchen noch sehr an Grösse zu, jedoch sind die 
Kegelpfeiler, deren Ende sie bilden, verhältnissmässig schlank, ziemlich 
gleich dick; diess bewirkt, dass auch bei den kleinsten Exemplaren 
(Jugendformen) die mittelsten Wärzchen sehr beträchtliche Grösse be- 
sitzen. Die Mediankammern sind ungefähr doppelt so lang, als breit, 

89* 


702 


- 


nämlich 0,8 mm. lang und 0,04 mm. breit, gegen den Rand zu ziemlich 
erweitert und nur von wenigen Lagen der Lateralkammerschichten bedeckt, 
während diese in der mittleren knopfförmigen Verdickung sehr zahl- 
reich sind. 

Diese Art unterscheidet sich durch ihren grossen und dicken Central- 
knopf und die grossen Wärzchen auf demselben sehr deutlich von allen 
bisher genannten Arten. Diesem Verhalten entspricht auch die innere 
Organisation, die von den allen vorausgehenden Species abweicht. Ich 
habe sehr zahlreiche Exemplare von Lakpat in Scinde untersucht und 
mich von der völligen Uebereinstimmung mit den einheimischen, euro- 
päischen Formen überzeugt. 

Fundstelle: Lakpat!) in Scinde (Samml. der Gebr. v. Schlagint- 
weit), im Nummulitenkalk der bayerischen Alpen von Schöneck und 
aus dem Höllgraben sehr selten, dann im Val Scaranto OÖ. von Mantua 
(Samml. v. Prof. Süss), bei‘ San Martino (ebendaher), bei San Givo 
(ebendaher), aus den Schichten von Mosciano bei Florenz (Sammlung 
v. Prof. Meneghini in Pisa), aus den Tuffschichten von Teola in den 
Euganeen (ebendaher), vom Val d’Organa (Bar. de Zigno’s Sammlung) 
von Salcedo (v. Münster Sammlung), aus dem oberen Theile der 
Priabona-Schichten von Massano (Samml. v. Prof. Süss) und endlich 
nach eigenen Erfunden zunächst um Verona am Castello di Pietro. 


II. Rhipidocyclina. 


‘) Orbitoides nummulitica Gümb. spec. 
T. IV., Pie, 1, 2, 3; 17 une, 

Hrymenocyelus (?) nummuliticus Gümbel 1861 (Geogn. Besch. v. Bayern I. S. 653). 
Hymenocyclus rugosus Schafhäutl, 1863 (Südbayern’s Leth. geogn. S. 107 T. XTV., Fig. 6). 
Orbitoides varians Kaufmann 1867 (geol. Beschreib. d. Pilatus S. 158 T.X., Fig. 1—10). 
Das Gehäuse ist klein, durchschnittlich nicht über 5—6 mm. im 
Dm. und dabei 1,5—2 mm, dick, aufgeschwollen linsenförmig mit zahl- 
reichen, dicht stehenden, grossen Wärzchen an der Oberfläche, welche gegen 
die bei allmählig zunehmender Dicke stark angeschwollene Mitte bedeutend 


1) Bei Carter steht immer Lukput offenbar derselbe Fundort, wie der v. Schlagintweit’sche. 


703 


grösser (0,10 mm.) sind, als an dem dünnen, nicht sehr scharf zulaufenden 
Rande (0,06 mm.). 

Im Medianschnitte zeigen sich die Mediankammern sehr zahlreich, nach 
der Mitte hin sind sie ziemlich regelmässig in Kreisen geordnet, während 
nach Aussen die Kreise durch zahlreiche Einschiebungen und Aus- 
keilungen an Regelmässigkeit verlieren. Die Mediankammern sind im 
Durchschnitte 0,07—0,09 mm. lang und 0,04 mm. breit; sie erweitern 
sich nach Aussen, besonders in der Dicke und sind gegen den Rand 
hin durch sekundäre Querwände abgetheilt, so dass hier mehrere Lagen 
von Mediankammern nach der Quere über einander zu liegen scheinen. 
Ich glaube, dass wir es nicht mit mehreren Lagen, sondern nur mit 
Sekundärkammern der primären Mediankammern zu thun haben, was 
das stellenweise Fehlen dieser Querwände beweist, in welchem Falle 
dann die ursprüngliche Mediankammer ohne Querwände sehr gross 
erscheint. Im Uebrigen schliesst sich diese Art ihrer Organisation nach 
vollständig an die vorausgehende Gruppe an. 

Ich verdanke der Gefälligkeit des Herrn Prof. Kaufmann in Chur 
Originale seiner von ihm als Orbitoides varians beschriebenen Art (a. a. O.). 
Ihre Untersuchung hat mich gelehrt, dass, soweit die vorliegenden Exem- 
plare es erweisen, die Schweizer Art, welche durch Herrn Kaufmann 
so gut beschrieben und abgebildet wurde, vollständig übereinstimmt mit der 
von mir schon 1861 beschriebenen Art, aus dem Granitmarmor (Nummuliten- 
kalk) der bayer. Alpen. 

Durch ihre sehr beträchtliche, gleichmässig zunehmende Dicke und 
durch ihre grosse Wärzchen im Centrum ist unsere Art, welche unter 
allen vorausgehenden nur mit Orbitoides aspera verwechselt werden 
könnte, auf den ersten Blick unterscheidbar, wie noch entschiedener 
durch die abweichende, innere Struktur nachgewiesen werden kann. 

Fundorte: Bayerische Alpen: Nummulitenkalk von Sinning, Schön- 
eck, Hammer, Höllgraben, auch im Stockletten (schwarzer Mergel) der 
Kressenberger Eisenerzflötze, in den jüngeren Nummulitenschichten von 
- Reichenhall, nach Kaufmann im Flysch zwischen Wängenalp und 
Gschwändalp und am rechten Schlierenufer hinter Seewli; in Italien zu 
Mosciana bei Florenz (Meneghini’sche Sendung), bei Catanea (ebendaher), 
im Hornstein von Pretora Majella im Apennin (Meneghini’sche Samm- 


704 


lung), aus den Euganeen (Meneghini’sche Sammlung); typisch fand ich 
sie zunächst um Verona ziemlich häufig. 


8) Orbitoides multiplicata Gümb. n. sp. 
T. IV., Fig. 20—24. 


(2) Orbitulites convexo-convexa Catullo 1856 (D. terr. di sedim. sup. delle Venezie, 
p: 52 T. I, Fig. 7. 


(2) Hymenocyclus concammeratus Schafhäutl pars (a. 0. S. 108 T. XIV. Fig. 9 par.). 

Das Gehäuse ist ziemlich gleichmässig dick, nicht sehr gross (6— 
10 mm. im Dm.) gegen die Mitte nur schwach verdickt, am Rande 
wenig verdünnt; die Oberfläche ist mit sehr entfernt stehenden, sehr 
grossen Wärzchen besetzt, welche gegen das Centrum sich kaum in 
Grösse und Lage geändert zeigen; sie stehen durchschnittlich 0,3 mm. 
auseinander. Die Mediankammern sind verhältnissmässig klein gegen 
Innen, nach Aussen rasch erweitert und durch Querschnitte in Sekundär- 
kammern mehrfach abgetheilt; durchschnittlich messen sie 0,06 mm. in 
der Länge und 0,04 mm. in der Breite. Die Kegelpfeiler erweitern sich 
rasch nach Aussen, so dass sie eine stumpfkegelige Form gewinnen. 
Die Schichten der Lateralkammern sind nicht sehr zahlreich, etwa so 
wie bei O. papyracea. 

Diese ausgezeichnete Art, welche kaum mit einer anderen zu ver- 
wechseln sein dürfte, wenn man ihre Charaktere erkannt hat, nähert 
sich in dem Habitus den Arten O. papyracea und O. aspera der vorigen 
Gruppe, ist aber gleichmässiger dicker, als erste und dünner als letztere 
und auf den ersten Blick an den entfernt stehenden grossen Wärzchen 
zu erkennen. Unter H. concammeratus scheint Schafhäutl (a. a. O.) 
sowohl Formen von O. aspera als von 0. multiplicata zusammengefasst 
zu haben; aber weder Beschreibung, noch Abbildung ist zureichend, 
dieses herauszufinden. Ebenso muss unentschieden gelassen werden, ob 
Catullo’s Orbitulites convexo-convexa hierher oder zu O. aspera gezogen 
werden darf. 

Fundorte: Nummulitenkalk in den bayer. Alpen vom Hammer, 
Schöneck, in den Schichten der Eisenerzflötze am Kressenberg, in Italien 
in den Schichten des Pentacrinus didactylus von Cima di Giova (Samml. 
v. Prof. Süss) und von Mont. Spilecco (ebendaher). 


705 


Sehr wahrscheinlich dürfen wir hierher Catullo’s Orbitulites con- 
vexo-convexa zählen. In diesem Falle würde unsere Art noch eine weitere 
Verbreitung in Italien besitzen. 


9) Orbitoides strophiolata Gümb. n. spec. 
T. IV., Fig. 25a u. b; 26, 27 u. 28. 
(?) Orbitulites angulata Catullo 1856 (D.terr.d. sedim. sup.d. Venezie p.27 T.I. Fig. 11). 


Das Gehäuse ist gross, am Rande dünn, gegen die Mitte mit grossem, 
sehr dickem, nabelförmigem Knopfe; die Oberfläche ist am Rande bedeckt 
von kleinen Wärzchen, welche gegen die Mitte an Grösse zunehmen, 
und ohne besonders hoch über die Oberfläche hervorzutreten, hier eng 
gestellt im Durchmesser 0,2 mm. erreichen. Die Mediankammern im Mittel 
0,09 mm. lang und 0,066 mm. breit, erweitern sich gegen den Rand und 
werden hier von Scheidewänden in Sekundärkammern getheilt; in der 
Mitte finden sich auf beiden Seiten 24—30 Schichten von Lateral- 
kammern, die sich gegen den Rand hin rasch bis auf 5—6 verringern. 
Die in der Mitte auftretenden Kegelpfeiler sind sehr dick und von stumpf- 
kegeliger Form. 

Diese nur in wenigen Exemplaren vorliegende Art entspricht in der 
Gruppe der Rhipidocyclinen der O. dispansa der Discocyclinen, mit 
welcher Art dieselbe allerdings verwechselt werden kann, wenn man 
nicht ihre innere Organisation prüft. Indess liefert schon äusserlich der 
grössere Umfang, das mehr allmählige Anschwellen zum Centralknopf, 
die obwohl etwas grösseren und enger stehenden, gleichwohl nicht 
stark vorragenden Einden der Kegelpfeiler Merkmale genug, um beide 
sonst sehr verwandte Formen zu unterscheiden. Es ist bemerkenswerth, 
dass diese Art äusserlich auffallender Weise der Carter’schen Orbitulites 
Mantelli ähnlich ist; doch lässt die rektanguläre Form ihrer Median- 
kammern uns nicht zweifeln, dass diese Aehnlichkeit eine nur an- 
nähernde sei. 

Fundorte: Bis jetzt nur iu einzelnen Exemplaren beobachtet im 
Nummulitenkalke vom Hammer (bayer. Alpen), von Verona (v. Münster’sche 
Sammlung ohne nähere Angabe des Fundorts) und von St. Bartolemeu 
di Rosignano im Piemontesischen (Meneghini’sche Sammlung). Gehört 


706 


Orbitulites angulata Cat. zu diesen Species, wie wahrscheinlich ist, so 
wären als Fundorte Ronca und Sangonini hinzuzufügen. Ohne Unter- 
suchung der inneren Struktur ist hierüber nicht bestimmt zu ent- 
scheiden. 


10) ®rbitoides karakaiensis d’Arch. n. spec. 
T. IV., Fig. 42, 43 u. 44. 


Orbitulites karakaiensis d’Archiac 1850 (Hist. d. progr&s d. 1. geol. V. II.). 


Das Gehäuse ist sehr gross, sehr dick, kugelig-linsenförmig, vom 
ziemlich scharfen Rande allmählig bis zur Mitte verdickt ohne abge- 
setzten Centralknopf, die Oberfläche ist besetzt von verhältnissmässig 
kleinen, über das ganze Gehäuse nahezu gleich grossen, wenig vor- 
ragenden Wärzchen; die Mediankammern sind verhältnissmässig (zur 
Dicke) sehr klein, durchschnittlich nur 0,046 mm. lang und 0,04 mm. 
breit; sie erweitern sich in den äusseren Reihen gegen den Rand zu 
und scheinen hier vielfach getheilt. Doch reichen meine wenigen Prä- 
parate nicht vollständig zu, um zu entscheiden, ob hier durch eine Art 
Ueberwallung- der Lateralkammern über die Ränder die Mediankammern 
obliteriren, wie es ein Präparat vermuthen lässt, oder ob eine vielfache 
Theilung nach mehreren Richtungen stattfindet. 

Die Schichten der Lateralkammern sind bei der Dicke des Gehäuses 
besonders entwickelt; damit steht auch die Dicke aller Kammerwände, 
die bei dieser Art besonders sich bemerkbar macht, im Zusammenhange. 
Die Kegelpfeiler sind im Querschnitte äusserst häufig und zeichnet sich 
durch ihre lange, schlanke Form von denjenigen aller anderen Arten 
besonders aus. 

Obwohl das Verhältniss der Mediankammern am äusseren Rande 
nicht ganz festgestellt ist, bieten sich bei dieser Art so gute und auf- 
fallende Charaktere dar, dass die Art wohl mit keiner anderen, wenn 
nicht mit O. strophiolata und entfernter mit 0, dispansa in Parallele 
gestellt werden kann. Ihre fast kugelige Form, die zahlreichen, kleinen, 
über die ganze Oberfläche fast gleichgrossen Wärzchen gestatten eine 
augenblickliche sichere Bestimmung dieser Art. Ich erhielt dieselbe durch 


707 


die besondere Güte des Herrn Vicomte d’Archiac unter der Be- 
zeichnung: 
Orbitoides dispansa J. v. Sow. spec. 
(0. karakaiensis d’Archiac) 

aus Rumelien. Aus welchen Gründen der so gründliche Kenner der 
Nummuliten seine früher aufgestellte, wie wir gesehen haben, so ganz 
ausgezeichnete Art mit der sehr entfernt stehenden O. dispansa identi- 
fieirte, ist mir nicht klar. Ich hoffe, diese Species wieder in ihr Recht 
einsetzen zu können. Bei Untersuchung der Orbitoöden von Scinde 
glückte es mir unter den als Nummuliten zuerst zurückgelegten Exem- 
plaren diese prächtige Form wieder zu entdecken. Diese stimmt auf 
das Auffallendste mit der Art aus Rumelien überein äusserlich sowohl, 
als insbesondere in Bezug auf die Grösse der Mediankammern, ein Um- 
stand, der mir auf’s Neue die relative Zuverlässigkeit dieses Hauptorgan’s 
der Orbitoiden in das glänzendste Licht setzt. Es ist eine wohl oft mit 
Nummuliten verwechselte, aber an den feinen Wärzchen leicht unter- 
scheidbare Art. 

Fundorte: Rumelien (aus der Sammlung des Herrn Vic. d’Archiac) 
und Lakpat in Scinde (Sammlung der Gebr. v. Schlagintweit). 


III. Actinocyeclina. 


ll) Orbitoides radians däArch. spec. 


T. II, Fig. 116a—d; Taf. IV., Fig. 11--15. 


Orbitulites radians d’Archiac 1850 (Mem. d. 1. soc. geol. d. F. 2 ser. Vol. III, p. 405; 
pl. VIII., Fig. 15). 


Orbitoides radians Carpenter 1856 (Phil. trans. CXLVI. S. 181 u. ff.). 
Orbitulites radians d’Arch. Gümbel 1861 Geogn. B. v. Südbayern. S. 596. 
Orbitoides radians (d’Orb.) Kaufmann 1867 a. a. O. S. 109. 


Das Gehäuse ist in der Jugend dünn, mit dieckem, scharf abge- 
grenztem Centralknopf und unregelmässig-höckerigen Ansätzen an der 
Stelle der Strahlenrippen, oder mit schwachen Ansätzen der letzteren; in 
dem normalen Grössezustand (bei 8mm. Dm.) flach, mit grossem, halb- 
kugeligem Centralknopfe, welcher rings durch eine Art Vertiefung ab- 

Abh. d. II.Cl.d. k. Ak. d. Wiss. X. Bd. II. Abth. 90 


708 


gegrenzt ist; jenseits derselben gegen den Rand zu erheben sich aus 
den in dem Jugendzustand angedeuteten höckerähnlichen Wülsten un- 
gefähr 10 Radialrippchen; diese verengen sich von ihrem dickeren, cen- 
tralen Ende gegen den Rand zu ein wenig und breiten sich am Rande 
selbst wieder etwas aus, wobei zuweilen eine Gabelung der Rippchen 
eintritt. Zwischen diesen Hautrippchen sind gegen den Rand zu meist 
gleich viele oder auch noch mehrere kleinere eingesetzt, welche etwa 
in der Mitte der Scheibe endigen; zuweilen laufen sie, nicht in rein 
radialer, sondern etwas schiefer Richtung gewendet so dicht an die 
Hauptrippchen, oder ihr Anfang ist so verwischt, dass sie als eine Ver- 
zweigung der Hauptrippchen erscheinen. Bei sehr gut erhaltenen Exem- 
plaren ist der Centralknopf und die Höhe der Radialrippchen von 
gleichgrossen Wärzchen bedeckt; während auf den Zwischentheilen nur 
schwache Wärzchen bemerkbar sind. Die Radialrippchen erheben sich 
meist allmählig aus der Fläche des Gehäuses, sie sind niedrig, abge- 
rundet, und verschmelzen gegen den Rand zu allmählig mit dem Rand- 
theil selbst. 

Im Innern zeigt der Medianschnitt ein sehr eng gestelltes System 
zahlreicher Cyclen von Mediankammern (40—50). Sie schliessen sich um 
die ziemlich grosse Gruppe der spiral verlaufenden Embryonalzellen, deren 
Wandungen oft zerstört und deren Raum durch Infiltrationen undeutlich 
geworden ist (F. 15). Die Unregelmässigkeit der Kreise, welche durch 
ungemein häufiges Einsetzen neuer und durch das Auskeilen bestehender 
Cyclen hervorgerufen wird; erhöht sich noch besonders durch die beträcht- 
lichen Ausbiegungen aller Mediankammern, welche den Radialrippchen an- 
gehören. Durch diese Ausbiegungen der Mediankammern entsteht auch in 
der Ebene der Mediankammern ein der strahlenförmigen Verzierung der 
Oberfläche entsprechende Zeichnung. Die Kammern in diesen den Radial- 
rippchen entsprechenden Theilen sind von grösseren Dimensionen, als 
die der dazwischen liegenden Theile und höchst wahrscheinlich durch 
Querwände abgetheilt, was ich jedoch nicht sicher ermitteln konnte. 
Die Mediankammern in den nicht den Rippchen entsprechenden Theilen 
messen durchschnittlich !) 0,13 mm. in der Länge und 0,045 in der Breite. 


1) Auch hier gelten immer noch dieselben Normen, wie sie bei der Beschreibung von O. pa- 
Pyracea aufgestellt wurden. 


709 


Die Wärzchen der Oberfläche stehen durchschnittlich 0,14 mm. aus- 
einander und bilden auf dem Querschnitte die Enden der meist dicken, 
stumpf-kegelförmigen Pfeiler. Herr Kaufmann gibt diese Art aus 
den Pectiniten-Schichten an; ich habe nicht Gelegenheit gehabt, weder 
Exemplare von diesem Fundpunkte, noch von Biarritz zu untersuchen. 
Um trotzdem der Identität mit den d’Archiac’schen Species sicher zu 
sein, habe ich Exemplare Herrn d’Archiac zur Revision der Be- 
stimmung zu geschickt und der Entdecker dieser schönen Art hat mich 
der vollständigen Uebeinstimmung mit der Art von Biarritz versichert. 

Fundorte: Sehr häufig im Nummulitenkalke der bayerischen Alpen 
vom Grünten bis zum Kressenberg, bei Biarritz, am Südfuss des Pilatus 
und am Rengpass nach Kaufmann, dann von Teola in den Euganeen 
(Meneghini’sche Sendung), nicht selten in den Schichten zunächst um 
Verona (Castello etc. etc. nach eig. Aufsammlungen). Ob Nummulites 
radiata var“ Roissy (Hist. nat. des Moll. p. 55) hierher gehört, ist mehr 
als zweifelhaft, wogegen der Fortis’sche Discolithes radiato-confertus 
von Brendola (a. a. O. pl. II. Fig. X.) der ähnlichen O0. variecostata 
zugehört. Von Herrn Prof. Meneghini erhielt ich nicht gut erhaltene 
Exemplare unter der Bezeichnung Orbitoides heliaca n.sp., von Mosciano 
bei Florenz, welche höchst wahrscheinlich hierher zu zählen sind. 


12) Orbitoides tenuicostata Gümb. n. spec. 
T. I., Fig. 114a—c; T. IV., Fig. 35. 


(2) Discolithes gqradraginta radiatus Fortis (a. a. O. p. 108 pl. II. Fig. Y (nicht Z). 
Orbitulites patellaris Brunner z. Th. 

Lunulites subradiata Catullo 1856 (D. terr. d.sedim. sup. delle Venezie, p. 28T. I. Fig. 13). 
(?) Orbitoides lucifera Kaufmann 1867 (a. O0. S 157 T. IX. Fig. 17-—21). 


Das Gehäuse ist gross, im Dm. 10—12 mm.; sehr dünn, sehr eben- 
flächig; im Centrum ist eine nabelförmige Verdickung, zwar nicht sehr 
gross, aber sehr scharf abgegrenzt; die von ihr auslaufenden Radial- 
strahlen sind niedrig, schmal und zart, so dass sie bei etwas schlechter 
Erhaltung fast verschwinden. Die gegen die Mitte nur aus 10 Strahlen 
bestehenden Rippchen sind am Rande durch Einsatz neuer Rippchen 
bis auf 35—40 vermehrt. Die ganze Oberfläche ist mit scharf abge- 

90* 


710 


grenzten, zierlichen Knötchen besetzt, welche gegen den Rand sich in 
Kreisen geordnet zeigen; sie sind auf dem Centralknopf und auf den 
Radialrippchen durchgängig doppelt so gross, als auf der übrigen Ober- 
fläche. Der Rand selbst ist durch die etwas vorspringenden Rippchen 
schwach ausgezackt. Die Mediankammern sind in ziemlich regelmässigen 
Kreisen nach Art der vorausgehenden Species geordnet, in der Richtung 
der Rippchen nur schwach ausgebogen; im Mittel messen sie in der 
Länge 0,12 mm., in der Breite 0,04mm. Der Bau ist sonst, wie bei 
O. radians. i 

Diese Art unterscheidet ‘sich vor den vorausgehenden durch geringere 
Dicke, durch ihre Ebenflächigkeit, grössere Zartheit und Feinheit der 
Radialrippchen und die ungleich grossen Wärzchen der Oberfläche. 

Ob Orbitoides lucifera Kaufm. sicher hierher gehört, wage ich nicht 
zu entscheiden, obwohl ich durch die Güte des Entdeckers dieser Art 
in der Lage war, Originale zu untersuchen. Bisher fanden sich leider nur 
Hohlabdrücke und diese dürften kaum zureichen, um eine Species wieder 
zu erkennen. Diese Eindrücke im Gestein entsprechen ihrer Grösse und 
Zartheit nach am ehesten der zierlichen, durch ihren zarten Habitus 
leicht kenntlichen Art. 

Soweit Abbildung und Beschreibung erkennen lassen, gehört hierher 
auch die Catullo’sche Lunulites subradiata von Priabona, Pralorano 
und Antole bei Belluno. 

Fundorte: Häufig in Italien bei Granella; in den Schichten mit 
O. ephippium bei Priabona; im Eingang in das Val del Boro (sämmtlich 
aus der Sammlung des Herrn Prof. Süss); an den Rolligstöcken (hier- 
her O. patellaris Brunner der Berner Sammlung (Br.); die ganz sicher _ 
zu unserer Art gehört), als Orbitoides lucifera nach Kaufmann im Pekti- 
nitenschiefer vom Pilatus, am Südfusse des Mutterschwandberges, auf der 
weissen Flüh am Vitznauer-Stock. 


13) Orbitoides variecostata Günb. n. spec. 
T. IV., Fig. 33a u. b; 34. 


Discolithes radüis confertis Fortis 1802 (a. a. O. II. p. 108 T. II. Fig. X. 
Orbitulites patellaris Brunner part. 
Orbitulites patellaris Rütim. part. (a. a. ©. T. V. Fig. 76 und 77, nicht 75). 


Das Gehäuse ist gross, im mittleren Durchmesser mit 15 mm., dünn 


711 


und eben, mit diekem Centralknopf und dicken, zahlreichen Radial- 
rippchen (25—40), von welchen etwa 10 von dem sich nach Aussen 
allmählig verflachenden Centralknopf ausgehen, die übrigen durch Einsatz 
und deutliche Gabelung erst gegen den Rand hin hervortreten. Die Haupt- 
rippen zeigen etwa in ihrer Mitte eine Anschwellung nach der Breite. 
Die Oberfläche ist mit eng gestellten, ziemlich gleich grossen Wärzchen 
besetzt, die ungefähr 0,07 mm. auseinander stehen. Die Mediankammern 
sind in unregelmässige Kreise geordnet, in der Lage der Radialrippchen 
schwach ausgebogen und sehr schmal, bei 0,18 mm. Länge nur 0,04 mm. 
breit. Diese schon durch ihre constante Grösse auffallende, sehr dünne 
Art ist überdiess durch die dichtstehenden Wärzchen äusserlich gut zu 
erkennen und durch die langen und schmalen Mediankammern auf das 
Bestimmteste verschieden. 

Ich habe nach den Originalen aus der Berner Sammlung bestimmen 
können, dass ein Theil der von Rütimeyer zu O. patellaris gerechneten 
Art hierher gehört. 

Fundorte: Oberer Theil der Priabona Schichten, bei Mossana, 
Terebratulaschicht bei San Martino, Raninakalk von Parga, (sämmtlich 
aus der Sammlung von Prof. Süss), bei Verona (v. Münster’sche 
Sammlung), Brendola im Vicentinischen nach Fortis, am Castel rotte bei 
Verona (Meneghini’sche Sammlung), Berglikehle an den Ralligstöcken 
nach Rütimeyer. 


14) Orbitoides patellaris Schloth. spec. 
T. IV., Fig. 29—32. 

Asteriacites patellaris Schlotheim (Petref. II. S. 71, T. 11 Fig. 6). 

Orbitulites patellaris Rütimeyer part. und 

Orbitulites furcata Rütimeyer 1850 (a. a. O. t. V.; Fig. 75). 


(?) Orbitoides asterifera Carter 1861 (An. a. Mag. of. th. n. hist. 3 ser Vol.8 p 451. 
pl. XVII, Fig. 3). 


Nummulina umbo-costata Schafhäutl 1852 (N. Jahrb. 1852 S. 148). 
Orbitulites patellaris Gümbel 1861 (Geogn. Besch. d. bayer. Alp. S. 596). 
Asterodiscus patellaris Schafhäutl 1863 (Südbay. Leth. geogn. S. 108 T. XV. Fig. 3). 
Das Gehäuse ist meist sehr gross bis 20 mm. im Durchmesser, dünn, 
verbogen oder wellig gekrümmt, mit einem verhältnissmässig nicht 
dicken, deutlich abgegrenzten Knopf, mit nicht sehr zahlreichen (10— 


712 


15) einfach, selten doppelt gegabelten Radialrippchen versehen, welche 
gegen den Rand sich verschwächen und am äussersten Rande kaum 
mehr deutlich zu erkennen sind. Die Oberfläche ist mit entfernt 
stehenden, verhältnissmässig nicht dieken Wärzchen besetzt, deren Ent- 
fernung durchschnittlich 0,13 mm. beträgt. Die Mediankammern stehen 
in ziemlich regelmässigen Kreisen, die in der Richtung der Radial- 
rippchen nur wenig ausgebogen sind; sie zeichnen sich vor den Median- 
kammern aller Arten dieser Gruppe durch ihre kurze Form aus; indem 
sie durchschnittlich in der Länge 0,10 mm., in der Breite 0,053 mm. 
messen (Fig. 32). Die Scheidewände sind dabei auffallend diekwandig. 

Die schon lange bekannte, sehr grosse Art zeichnet sich durch die 
geringe Anzahl der meist einfach gegabelten, nach Aussen undeutlich 
werdende Radialrippchen und durch die entfernt stehenden, ziemlich 
gleich grossen Wärzchen der Oberfläche äusserlich aus. Die Grösse der 
Mediankammern gibt in ihrer inneren Struktur ein weiteres Moment 
der Unterscheidung ab. 

Hierher gehört die Rütimeyer’sche O. furcata, wie mich die 
Untersuchung der Originale aus dem Berner Museum belehrt hat. Sonst 
scheint diese Art vielfach verkannt worden zu sein. Ueberhaupt ist die 
Unterscheidung der Arten dieser Gruppe mit einigen Schwierigkeiten 
verknüpft. Da ich aber zwischen den unterschiedenen Arten constante 
Unterschiede und keine Uebergänge beobachten konnte, halte ich die 
Arten für naturgemäss. Wer kein Gewicht auf äussere und innere Merk- 
male legen will, kann sich die Sache leichter machen und alle Formen 
dieser Gruppe in eine Species zusammenziehen. 

Fundorte: Bis jetzt selten beobachtet; häufig im Eisenerz vom 
Kressenberg, in der Schweiz vom Stierendungel und Berglikehle in 
den Ralligstöcken, in Italien von Castelrotte bei Verona (Meneghini’s 
Sendung und eigene Aufsammlung). 

Sehr wahrscheinlich gehört hierher die Carter’sche Species O. asteri- 
fera aus Scinde, die ich jedoch nicht untersucht habe. 

Was Hymenocyclus patellaris Eichwald (L. ross. S. 187 T. XV. 
Fig. 2) sei, ist nicht zu entwirren, da Abbildung und Beschreibung in 
völligem Widerspruche stehen. 


713 
IV. Asterocyeclina. 


15) Orbitoides stellata «Arch. 
T. I., Fig. 115a—e; T. IV., Fig. 4—7. 


(?) Discolithes Fortis (a. a. O. pl. II., Fig. 5, T., U. u. V.) 


Calcarina (2) stellata d’Arch. 1846 (Mem. d. 1. soc. geol. d. Fr. 2 ser. t. II. p. 199 
pl. VIL, Fig. 1a). 


(?) Orbitulites stellaris Brunner 1848 (Mitth. d. naturf. Ges. in Bern 1848). 


Orbitulites stellata d’Archiac 1850 (Mem. d. 1. soc. geol. d. Fr. 2 ser. T. III. p. 405, 
pl. VIII., Fig. 14). 


Oalcarina stellata Gümbel 1861 (Geogn. Besch. d. bayr. Alpen S. 596). 
Asterodiseus pentagonalis Schafhäutl 1863 (Südbayern Leth. geogn. S. 107 T. XV.; 


Fig. 2). 
ae stellatus v. Schauroth 1865 (Verz. d. Verst. in Coburg. S. 182). 

Das Gehäuse mit einem, mehr oder weniger dicken, linsenförmigen 
centralen Theil und von demselben auslaufenden, radialen, dornartigen 
Auszackungen, meist 5, jedoch auch 4 und 6 an Zahl, zwischen welchen 
sich mehr oder weniger weit vorgreifend ein dünner Gehäusetheil aus- 
breitet. Die Oberfläche ist mit zweierlei Wärzchen dicht besetzt, mit 
grösseren auf dem mittleren Theil und den Rippen und mit schwächeren 
auf,den Zwischentheilen. Die Medianzellen beginnen um eine Gruppe 
ziemlich grosser Embryonalzellen erst in ziemlich kleiner Form, werden 
nach Aussen grösser und sind entsprechend der dornartigen, dicken 
Radialrippchen in nach Aussen kegelartig sich erweiternden Strahlen 
stark ausgebogen, so dass sich die sternförmige Form des ganzen Ge- 
häuses in der Zeichnung der Mediankammern wiederholt. Diese er- 
weiterten Mediankammern der Strahlen sind durch Querwände in Sekundär- 
kammern abgetheilt. Die Mediankammern zwischen den Strahlen sind 
in ziemlich regelmässige, durch die Ausbiegungen der Strahlen unter- 
brochene Kreise geordnet. Die Lateralkammern, in nicht zahlreichen 
Schichten übereinander gestellt, sind sehr klein, die Kegelpfeiler dagegen 
kurz und dick. Im Uebrigen finden wir auch hier ganz die Struktur 
der Orbitoiden. 

Diese Art wechselt vielfach in der Anzahl der Radialrippen und 
der mehr oder weniger deutlichen Abgrenzung des centralen Theils und 
der Ausfüllung der Zwischentheile.. An manchen Exemplaren erscheint 


714 


der centrale Theil nur durch den Zusammentritt der Strahlenrippen 
gebildet und ist nicht rundlich abgegrenzt. 5 Strahlen sind weit vor- 
herrschend, doch 4 auch nicht selten; einzeln bemerkt man Exemplare 
mit 6 und 3 Strahlen. Besonders charakteristisch ist die Form der 
Strahlenrippen. Sie fallen von ihrem leistenartigen, jedoch abgerundeten 
Rücken allmählig dachförmig nach den Seiten ab und verlaufen so nach 
und nach in den Zwischentheil. Dieser selbst ist bald fast nur ange- 
deutet, so dass das Gehäuse sternartig aus weit vorspringenden Rippchen 
besteht, bald erfüllt er den Zwischenraum zwischen 2 Strahlen ganz, 
wodurch das Gehäuse das Aussehen eines Pentagons mit fünf Strahlen 
gewinnt; bald verbindet er zwar die Strahlenenden, ist aber in der Mitte 
tief ausgebuchtet. Sehr merkwürdig ist die Beschaffenheit der Median- 
kammern in den Strahlenrippen. Ein Querschnitt senkrecht zu der 
Längenachse dieser Strahlen (T. IV., Fig. 7) zeigt die Erweiterung in 
Form eines breitgedrückten Kegels und die Theilung in Sekundär- 
kammern, ein Verhältniss, welches wir schon bei den vorausgehenden 
Gruppen kennen gelernt haben. | 

Die durchschnittliche Grösse dieser Art ist 6mm., im mittleren 
Scheibentheil beträgt die Dimension der Mediankammern in der Länge 
0,04 mm., in der Breite 0,024 mm. In der Richtung der Sternrippen, 
in denen die Kammern stark erweitert sind, bemerkt man besonders 
häufig Einsätze neuer Segmente. 

Da ich keine Originale der d’Archiac’schen Species zur Unter- 
suchung mir verschaffen konnte, habe ich Exemplare aus dem bayer. 
Nummulitenkalk Herrn Vic. d’Archiac zugesendet, der die Gefälligkeit 
hatte, diese zu prüfen; in Folge dieser Untersuchung erklärte er sie für 
vollständig identisch mit jenen von Biarritz. 

Fundorte: Sehr häufig im Nummulitenkalke der bayer. Alpen, 
Hammer etc. etc. auch bei Reichenhall; bei Priabona; am Mt. Spileeco; 
im Vicentinischen (diese sämmtlich ital. Exemplare aus der Sammlung 
des Herrn Prof. Süss); bei Verona (v. Münster’sche Sammlung); im 
Hornstein von Pretora Majella im Apennin (Meneghini’sche Sendung); 
in der Sammlung von B. de Zigno auch: von Brendola; häufig um 
Verona (eigene Aufsammlung); bei Biarritz (d’Archiac). Die aus der 
Berner Sammlung gefälligst mitgetheilten Exemplare der Brunner’schen 


715 


Originale zu O. stellaris sowohl von Platti bei Lauenen, als vom Stieren- 
dungel stimmen in Grösse und in den allgemeinen Verhältnissen mit 
O. stellata. Leider ist ihr Erhaltungszustand nicht gut, die Oberfläche 
corrodirt, die Verzierung nicht mehr kenntlich umd die innere Struktur 
nicht zu beobachten. Es konnte daher nicht absolut sicher festgestellt 
werden, ob die Schweizer O. stellaris Brunner ganz zu O. stellata oder 
z. Th. auch zur folgenden Art gezogen werden darf. Junge Exemplare 
theilte mir Herr Prof. Meneghini zugleich mit 0. stella (0. quadrillum 
Menegh.) von Mosciano bei Florenz mit. 


16) Orbitoides priabonensis Gümb. n. spec. 
T. IV., Fig. 36a u. b —4l. 

(2?) Orbituites stellaris Bruuner partim. 1848 (Mitth. d. naturf. Ges. in Bern Jan. 1848). 

Das Gehäuse ist ganz flach, sehr dünn mit 5, jedoch auch mit 4 
oder mit mehr Strahlenrippen verziert; diese Rippchen sind dünner, 
schmäler, höher, als jene der O. stellata, auf ihrer ganzen Länge fast 
gleich breit, nur dicht am Rand etwas weniges erweitert; sie zeigen 
zuweilen Neigung zur Gabelung, oder es lässt sich eine Andeutung von 
zwischeneingesetzten kleinen Rippchen bemerken. Der Scheibentheil 
zwischen den Rippchen ist eben und gleich dick zum Unterschied von 
O. stellata, bei welcher er muldenartig vertieft ist und sich allmählig 
zu den Rippen erhebt, bei unserer Art dagegen treten die Rippen 
plötzlich steil aus dem ebenen Theile hervor. Besonders charakteristisch 
für diese Art ist die Beschaffenheit der Oberfläche der Wärzchen, welche 
auf den Rippen und auf dem zwischenliegenden Theile fast gleich gross 
sind, während sie bei O0. stellata sehr verschiedene Grösse zeigen. Auch 
bezüglich der Grösse der Mediankammern ist ein bemerkbarer Unter- 
schied; die Länge beträgt 0,06 mm., die Breite 0,03 mm. Sonst ist die 
Anordnung und Vertheilung dieselbe, wie bei den vorausgehenden Species. 
Fundstelle: Ungemein häufig bei Priabona (Sammlung des Herrn 
Prof. Süss); aus Tuffschichten von Zovencedo (ob richtig?) (Samml, 
v. Prof. Menighini) im Tuff von Teola in den Euganeen (ebendaher). 
Hieran reiht sich eine nur in einem Exemplar vorliegende Form 

(F. 41), die ich durch Prof. Süss von Scarantana erhielt. Sie zeichnet sich 
durch ihre Grösse (im Dehm. = 12 mm.) und dadurch aus, dass zwischen 

Abh.d.II.C1.d. k. Ak d. Wiss. X. Bd. I. Abth. 91 


716 


den 5 Hauptstrahlenrippen regelmässig eine kleinere am Rande eingesetzt 
erscheint und die Hauptrippen am Rande eine Neigung zur Gabelung 
zeigen. Der Öberflächenbeschaffenheit nach schliesst sie sich zunächst 
an Orbetoides priabonensis an, ihre Mediankammern besitzen jedoch andere 
Grössenverhältnissee, sie sind nämlich 0,08 mm. lang und 0,04 mm. breit. 
Vorläufig mag diese Form, die ich der weiteren Beachtung empfehlen 
möchte, als eine Varietät der vorstehenden Art: var. Scarantana gelten. 


17) ®rbiteides stella Gümb. spec. 
71%, Big. 1172, bare TTV, Biere 100719 
Hymenocyclus stella Gümbel 1861 (Geogn. Besch. d. bayer. Alp. I. S. 653). 
Orbitoides asteriscus Kaufmann 1867 (Beit. z. geol. K. d. Schweiz. V. L. S.155 T.IX.; 
Fig. 11—16). 
Orbitoides quadrillum part. Meneghini in manusc. 

Das Gehäuse ist dick-linsenförmig. mit randlich angesetzten, dornen- 
artigen, vorherrschend 5, jedoch auch 4 und 6 zugespitzten Strahlen- 
rippchen; die Oberfläche ist dicht mit kleinen Wärzchen bedeckt, von 
welchen die des centralen dicksten Theiles durch ihre bedeutendere Grösse 
sich auszeichnen. Bezüglich der innern Struktur schliesst sich diese Art 
genau an O. stellata an, nur in. Bezug auf Grössenverhältnisse treten 
bedeutende Differenzen hen Die Mediankammern sind im Querschnitte 
fast quadratisch 0,028 lang und 0,027 breit. Diese in ‚mittlerer. Grösse 
3 mm. messende Art unterscheidet sich durch ihre bedeutende Dicke in 
dem mittleren Theil, durch das Fehlen der Erhöhungen von Rippen auf 
diesen 'Theilen, welche nur am Rande dornartig vorstehend: sichtbar 
werden und durch die geringere Grösse der Medialzellen sehr bestimmt 
von Orbitoides, stellata. Nur in ganz jungen, kleinen Exemplaren tritt 
eine schwache Erhöhung der Strahlenrippen hervor, die fast. bis zur 
Mitte sichtbar bleibt. 

Ich habe Originale der Orbitoides asteriscus Kaufmann, welche ich 
von dem Entdecker dieser Art in der Schweiz selbst erhielt, untersucht 
und sie vollständig übereinstimmend gefunden mit den Originalen aus 
dem bayerischen Nummulitenkalke. 

Fundorte: Nummulitenkalk der bayerischen Alpen: Hammer, 
Sinning, Höllgraben,, Kressenberg, auch in den Schichten von  Reichen- 


717 


hall; in der Schweiz nach Herrn Kaufmann im Flysch zwischen 
Wängen und Gschwänd und am rechten Schlierenufer hinter Seewli; in 
Italien bei Verona (v. Münster’sche Sammlung) und nach eigener Auf- 
sammlung am Castello di Pietro; Mosciano bei Florenz und von Catania 
(Pisaer Sammlung des Herrn Prof. Meneghini) aus den Euganeen 
(ebendaher). 


V. Lepidocyeclina. 


15) Orbitoides dilatata Michelotti. 
T. IV., Fig. 45a u. b u. 46. 
Orbitulites intermedia Michelotti part. 
Orbitoides Fortisii d’Arch. in Samnml. 

Gehäuse gross, dünn, flach ausgebreitet, mehr oder wenig stark 
verbogen und wellig gekrümmt, gegen die Mitte allmählig schwach 
verdickt, in der Mitte mit kleiner, knopfförmiger Erhöhung, welche 
auch fehlt oder nur auf einer Seite vorkommt; die ganze Form stimmt 
auf's genaueste mit der von Orbitordes papyracea (Fortisü), so dass man 
sie äusserlich schwierig zu unterscheiden im Stande ist. Die Oberfläche ist 
mit oft verwischten, kleinen, entfernt stehenden Wärzchen bedeckt, Die 
Mediankammern liegen meist ausserhalb der Mittelfläche des Gehäuses, 
so dass z.B. 18—20: Schichten: der Lateralkammern auf einer Seite und 
nur 8—10 auf der andern liegen. Am Rande, wenn die Oberfläche etwas 
abgewittert ist, erkennt man meist auf einer Seite mit der Loupe schon die 
Mediankammern, welche sich durch ihre rundliche, schuppenähnliche Form 
sehr auffallend von der Kammerform der andern ‘Orbitoiden unterscheiden. 
Die Mediankammern sind im Durchschnitte spatelförmig nach Aussen 
von einem Bogen, nach Innen von zwei sich in der Mitte berührenden 
Bögen (die äussere Begrenzung der 2 benachbarten Kammern des voran- 
gehenden Kreises) und zwei radialen Linien begrenzt und stehen in sehr 
regelmässigen Kreisen so geordnet, dass sich auch noch spiralige Reihen, 
wie bei Orbitulites, herausfinden lassen. Diese verhältnissmässig zahl- 
reichen Mediankammern sind seitlich durch Kanäle mit den Kammern 
desselben Kreises und durch schief-radiale Kanäle mit den Nachbar- 
kammern der nächst anschliessenden Kreise, wie bei Orbitoides, in Ver- 

Br 


718 


bindung gesetzt, wie dies Carpenter bei Orbitoödes Mantelli (Introd. 
of th. stud. o. for, pl. XX.; Fig. 5) darstellt, verbunden. Ich stelle 
daher diese ausgezeichnete Art mit O. Mantelli in eine Gruppe zu- 
sammen. Die Mediankammern schliessen in sehr kleiner Form sich in 
den innersten Kreisen einer kleinen Gruppe von Embryonalkammern 
an und erweitern sich ziemlich stark nach Aussen. Durchschnittlich 
beträgt der Durchmesser der rundlichen Mediankammern 0,12 mm. Die 
Lateralkammern sind länglich geformt und in der Mitte zahlreich vor- 
handen etwa in 18—20 Schichten über einander; die Kegelpfeiler 
bleiben schmal und schlank. 

Fundorte: Vorhügel S. von Orso, von Loredo über dem Parke 
(beide aus der Sammlung des Herrn Prof. Süss) bei Molere (Piemont) 
in Untermiocänschichten (Meneghini’sche Sammlung); von Herrn Vic. 
d’Archiac erhielt ich sie unter der Bezeichnung 0. Fortisü (O. inter- 
media Michelotti) von Carcare in Italien aus unteren Miocänschichten. 
Herr Prof. Meneghini theilte mir wahrscheinlich dieselbe Art ferner aus 
den unteren Miocänschichten von Sasello im Piemontesischen in einer 
höchst ausgezeichneten Form mit, von der mir leider nicht das erforder- 
liche Material zu Gebote stand, um zu entscheiden, ob es eine eigene 
Art ist, oder der eben beschriebenen angehört. 


19) ®Orbitoides Mantelli Mort. spec. 


Abb. Carpenter Introd. t. th. st. of. Foraminif. pl. XX. 

Nummulites Mantelli Morton. (Synop. o. th. org. Remains 1834 p. 45 t. 5 £. 9). 
Orbitoides americana d’Orb. (Bull. d. 1. soc. geol. 1848 b, V. p. 147). 

Orbitoides Mantelli Lyell. 1848 (Quart. Journ. o. th. geol. Soc. IV. p. 12). 
Orbitoides Mantelli d’Orb. 1850 (Prod II. p. 406). 


Orbitoides Mantelli Carpenter 1850. (Quart. Journ. o. th. g. Soc. VI. p. 32 1862 et 
Intro. t. th. stud. o. Foram. p. 298 pl. XX.). 


(?) Orbitulites Mantelli Carter 185% (Ann. c. Mag. of. nat. hist. Vol. X. 2. ser. p. 175 
das. Vol. XI. 2 ser. p. 177 pl. VII. f 30—35; das. 3 ser. Vol. XLIII., 1861 
p. 329 pl. XVI. £. 2. 


(2) Hymenocyclus Mantelli Bronn 1856 (Tıeth. geog. p. 253 T. XXXV® Fig. 11). 


Bezüglich der ausführlichen Beschreibung dieser Art muss ich auf 
Carpenter verweisen, da mir kein genügendes Material vorlag, um zu be- 
urtheilen, ob alles, was diese Forscher der Art zuweist, nach der engeren 


719 


Auffassung einer Artumgrenzung wirklich dazu gehört, und ob das, was 
Carter unter seinen Orbitulites Mantelli versteht, damit übereinstimmt, wie 
ich kaum annehmen möchte. 

Meine eigenen Untersuchungen beschränken sich auf die Einschlüsse 
in einem Stück Zeuglodonkalk, welches ich der Güte des Herrn Prof. 
Dr. Geinitz in Dresden verdanke. Die in diesem Kalk eingeschlossenen 
Orbitoiden sind sehr gross, flach-scheibenförmig, verhältnissmässig sehr 
dünn, gegen die Mitte etwas verdickt, mit warzenförmiger Anschwellung; 
die Oberfläche ist fast glatt, wenigstens nicht auffallend rauh; die Median- 
kammern äusserst zahlreich, besitzen die Form, wie bei der vorigen 
Art, auch in der Grösse lässt. sich kaum ein namhafter Unterschied be- 
merken; im Ganzen stimmt diese Form des Zeuglodonkalks so nahe 
mit der O. dilatata überein, dass mich nur die freilich auch mit meinen 
Beobachtungen nicht genau übereinstimmenden Darstellungen Garpen- 
ter’s veranlassen, beide vorläufig bis zur gründlicheren Untersuchung 
getrennt zu halten. 

Unter den v. Schlagintweit mitgebrachten Material von Lakpat 
in Seinde fand ich keine dieser Art entsprechende Form, so nahe 
äusserlich auch O. strophiolata stehen mag, welche deutlich Median- 
kammern mit rektangulärem Durchschnitte besitzt. 

Fundort: Im eocänen Zeuglodonkalk in Alabama, in den Schichten 
der Vicksburggruppe (Neuöocän) von Jackson in Mississipi nach Conrad, 
dann nach Carpenter auch von Cutsch in Ostindien. 

Hier reiht sich weiter eine Form an, die ich durch die Gefälligkeit 
des Herrn Prof. Meneghini in Pisa unter der Bezeichnung Orbitoides 
Mozambiquensis Menegh. von Mosambique erhielt. Sie lässt sich, wenn 
nicht durch geringere Grösse der Mediankammern, kaum spezifisch von 
den vorausgehenden Arten unterscheiden. 


20) Orbitoides burdigalensis Günb. 
Lycophris spec. var. v. Münst. in schedul. 


Die kleine, dicklinsenförmige Art besitzt verhältnissmässig sehr 
grosse, der Form nach rundliche Mediankammern, welche in geringer 
Anzahl die grossen Embryonalkammern in cyclischen Reihen umgeben 


720 


uud zugleich auch in radial verlaufenden Bogen geordnet erscheinen; 
diese Kammern sind gegen die Mitte hin klein und nehmen nach Aussen 
rasch an Grösse zu; die wenig zahlreichen Lateralkammern entsprechen 
in ihrer Grösse den Mediankammern, sie sind lang, niedrig und durch 
dicke Wände von einander geschieden; zwischen denselben sind 
gegen die Mitte zu einige wenige, dicke, kurzkegelförmige Pfeiler ein- 
geschoben; auf der Oberfläche bilden diese hohe, im Verhältniss zur 
Grösse des linsenförmigen Körpers stark vorragende Wärzchen, während 
auf den äusseren, dem Rande nahe liegenden Theilen grubige Ver- 
tiefungen und sternförmige Leistchen angedeutet sind. 

Durch diese Eigenthümlichkeiten zeichnet sich die Art von allen 
übrigen in einer Weise aus, dass eine Verwechselung nicht wohl statt- 
finden kann. 

Ich: fand zahlreiche Exemplare dieser merkwürdigen Species in der 
v. Münster’schen Sammlung des hiesigen paläontologischen Kabinets 
als Lycophris unter mehreren Artennamen von Bordeaux angeführt. 
Diese Angabe scheint im Ganzen richtig, doch wird eine nähere Be- 
stimmung des Fundorts und der Fundschichten vermisst?). Vorläufig 
müssen wir diese Art den mitteltertiären Schichten im Allgemeinen zu 
theilen, ohne jedoch eine Garantie für die Richtigkeit dieser Angabe 
übernehmen zu können. 

Noch ist zu bemerken, dass Ehrenberg (Abh. d. Berliner Ac. d. 
Wiss. für 1855 S. 168 T. IV. Fig. 8—10 und 11 und 12 verschiedene 
Orbitoiden, nämlich Orbitoides javanicus von Gua Linggomanik; Orbitoides 
microthalama aus Kalkstein von Java und Cyelosiphon (ähnlich der 
O. Mantelli in Alabama) aus dem Orbitoidenkalk von Java anführt. Die 
ersteren Formen schliessen sich eng an jene der O. papyracea und sind 
vielleicht damit identisch. Von den übrigen vermag ich nichts Näheres 
anzugeben, da ich mir kein Untersuchungsmaterial verschaffen konnte. 

Werfen wir einen Blick zurück auf die Vertheilung und Verbreitung 
der Orbitoiden, so ergibt sich in letzterer Beziehung, dass diese ganz 
zusammenfällt mit jenen der Nummuliten innerhalb der indoalpinen 


1) Ich darf wohl an Fachgenossen die Bitte richten, im Falle sie Näheres über das Vorkommen 
dieser besonders interessanten Art wissen, mir gefälligst Mittheilung zu machen. 


72] 


Zone., Tertiäre Arten kennt man bis jetzt nicht in den gleichalten 
Schichten der ausseralpinen Ablagerungen. Dagegen greifen sie wahr- 
scheinlich von dem östlichen Asien hinüber nach Amerika, wo eine 
analoge Art im. jungeocänen Zeuglodon-Kalk in erstaunlicher Häufigkeit 
getroffen wird  (Orbitoides Mantelli). Dieselbe Art soll übrigens nach 
Carpenter auch in Asien (Cutsch) wiederkehren. In Afrika, wo dieses 
Geschlecht sicher die Nummuliten in Aegypten begleitet, obwohl ich 
noch keine Exemplare von dort gesehen habe, dringt es bis Mosambique 
in einer entweder mit der Amerikanischen identen oder doch sehr nahe 
verwandten Art vor. 

In demselben Maasse bestimmt, wie in Bezug auf die topische Ver- 
breitung, ist auch ihr vertikales Vorkommen begrenzt. Ihr erstes Auf- 
treten beginnt in den jüngsten Procänschichten von Mastricht, wo nach 
den glänzenden Untersuchungen von Reuss!) die Zycophris Faujasi Defr. 
ohne Zweifel: der Gattung Orbitordes angehört. Diess scheint die älteste 
Art zu sein. , Bronn’s Angabe von 8—10 Arten in der Kreide (Leth. 
geogn.11l. S.251) beruht offenbar auf einem Irrthum, da weiter ebendaselbst 
(Leth. geogn. II. Bd. V. Abth. 8. 94) nur eine Art in der Kreide erwähnt 
wird. Aehnliche Körper, welche ich in den von Benecke zu dem Dogger 
gerechneten, wahrscheinlich liasischen Kalk und Mergel mit Terebratula 
fimbria und Megalodus pumilus bei Roveredo angetroffen habe, stehen 
Orbitoides zwar nahe, müssen aber doch davon getrennt gehalten werden. 

„Aus. den jüngsten Procänschichten geht das Genus nun in die ältesten 
Tertiärbildungen über und reicht, soviel wir wissen, in einer Art bis 
in ‚die mittleren Neogenschichten. Bezüglich ihrer Vertheilung in diesen 
Tertiärablagerungen ergeben sich aber noch grosse Schwierigkeiten, weil 
das Alter der Lager, aus dem die Exemplare stammen, meist nicht 
scharf bestimmt ist, obwohl durch die neueste klassische Arbeit von 
Süss über die Gliederung des Vicentinischen Tertiärgebirg’s in dieser 
Richtung ein Riesenschritt vorwärts gethan wurde. Selbst bei den von 
Herrn Prof. Süss aus dem Vicentinischen erhaltenen, so zahlreichen 
Erfunden bleibt es oft für mich schwierig, zu bestimmen, in welche 
Reihe der aufgestellten Stufen gerade die Schicht gehört, aus welcher 


1) Sitz.-Ber. d. k. österr, Acad. d. Wiss. natur, Cl. Bd. XLIV. 1861 S. 309, 


722 


die Exemplare gesammelt wurden, da ja an manchen Lokalitäten mehrere 
Stufen über einander entwickelt sind. Noch viel schwieriger ist diese 
Feststellung bezüglich der übrigen Fundorte aus Italien und selbst von 
Biarritz, wo, wie bekannt, mehrere Horizonte sich unterscheiden lassen. 
Die wenigen eigenen Untersuchungen, die ich jüngst in Südtirol und 
Norditalien anzustellen Gelegenheit fand, reichen nicht aus, Schlüsse von 
allgemeinerer Gültigkeit zu ziehen. Daher bleibt vorläufig die Vertheilung 
der Orbitoiden in der von mir auf’s Genaueste untersuchten nordalpinen 
(bayerischen) Nummulitenzone die einzige Norm, mit welcher wir das 
Vorkommen an anderen Lokalitäten in Vergleichung bringen können. 
Hier in dem nordalpinen Gebiete beschränken sich aber die Orbitoiden fast 
ganz auf die untere Stufe, die sog. Kressenberger Schichten, auf 
die Eisenerz-Schichten und die begleitenden Nummulitenkalke, von welchem 
Complex ich nachgewiesen habe, dass er im Alter der Stufe des Pariser 
Grobkalks gleichstehe. Weder in den nächstjüngeren Reiter-Nummu- 
litenschichten von Reit im Winkel (wohl aber bei Reichenhall) vom 
Alter der sables moyens (Bartonien), noch in den noch jüngeren Häringer 
Schichten habe ich bis jetzt eine Spur von Orbitoiden entdeckt, obwohl 
sich in ihnen Nummuliten finden. Scheiden wir in den Kressenberger 
Schichten die Eisenerzflötze mit ihren Mergelzwischenlagen von 
dem eigentlichen Nummulitenkalke, so ergibt sich hier schon eine 
Differenz. In beiden zusammengenommen bestimmte ich: Orbitoides pa- 
pyracea, zweifelhaft ephippium, tenella, aspera, dispansa, nummulitica, multi- 
plicata, strophiolata, radians, patellaris, stellata und stella. Darunter sind 
sämmtliche, ©. patellaris ausgenommen, im Nummulitenkalke gefunden 
worden, während die Eisenerzflötze nur OÖ. papyracea, tenella, aspera, 
multiplicata und O. patellaris in sich schliessen. Diese Differenz scheint 
mir jedoch mehr dem Umstande verschiedener Gesteinsbeschaffenheit 
(d. h. Verschiedenheit der Beschaffenheit des Meeres, aus welchem die 
Gesteine abgesetzt wurden) zugeschrieben werden zu müssen, als der 
Verschiedenheit im Horizonte der beiden sehr benachbarten Schichten, 
die ich als zu einer Stufe gehörig ansehe. Der Nummulitenkalk in den 
Nordalpen hat die grösste Aehnlichkeit mit dem Nummulitenkalk der 
Südalpen sowohl bei Trient, als am Mont Baldo und bei Riva als ins- 
besondere zunächst bei Verona (um das Castello di Pietro). In den 


725 


mergeligsen Schichten mit Serpula spirulaea, Bourguetocrinus ist hier das 
Hauptlager von Orbitoiden (papyracea, stella, tenella, aspera, dispansa, 
nummulitica, stellata und stella). Die Uebereinstimmung der Orbitoiden- 
fauna ist eine so bestimmt ausgesprochene, dass dadurch allein die 
Parallele zwischen nord- und südalpinem Nummulitenkalke festgestellt 
erscheint. Bei den südalpinen Bildungen fällt jedoch in hohem Grade 
die Häufigkeit jener Form auf, die ich vorläufig noch als O. ephippium 
getrennt gehalten habe, und von der ich im Norden bis jetzt nur 
ein einzig deutliches Exemplar beobachtete. Süss bezeichnet als das 
Hauptlager der Orbitoiden die kalkigen Mergel-Schichten mit Serpula 
spirulaea und Operculina ammonea über dem Hauptnummulitenkalk, 
wonach es scheinen könnte, als ob die Lager bei Verona, wie jene des 
nordalpinen Nummulitenkalks der Süss’schen dritten Stufe (Priabona 
Schichten) zugerechnet werden müssten. Diess dürfte nun nach meinen 
Beobachtungen der Lagerungsverhältnisse im Südtirol und im Verone- 
sischen nicht zulässig sein, da der die oben bezeichneten Orbitoiden 
in allerdings weicheren, mehr mergeligen Zwischenlagen einschliessende 
Nummulitenkalk zunächst auf die als tiefste Stufe so bestimmt gekenn- 
zeichneten rothen Rhynchonellenschichten folgt und petrographisch 
wie paläontologisch sich als die zweite Süss’sche Stufe des Haupt- 
nummulitenkalks von Brusa Ferri bei Bolca erweist. Ich erachte das 
Zusammenvorkommen der oben genannten Orbitoiden-Arten als charak- 
teristisch für diesen tieferen Horizont der Nummulitenschichten. 
Namentlich dürften O. stellata, nummulitica, patellaris, radians, dispansa 
und aspera, wahrscheinlich auch variecostata sich lediglich auf diese 
älteren Schichten beschränken, während O. papyracea, ephippium, stella 
über diesen engeren Schichtencomplex hinübergreifen. Denn es existirt 
unbezweifelt noch eine zweite Orbitoöden-reiche Schichtenreihe, welche 
die dritte Süss’sche Stufe der Priabona Schichten mit Operculina ammonea 
(in Unzahl) und mehr vereinzelten Serpulae spirulaeae darstellt. Darin treten 
nun massenhaft Orbitoiden auf, so dass sie ganze Bänke füllen; und zwar 
darunter noch in zahlreichen Exemplaren O. papyracea meist kleiner und 
dünner, als in den tiefen Schichten, wie auch von Vieux part bei Biarritz, 
daneben O. ephippium in Unzahl und als ausschliesslich diesen oberen 
Schichten eigen: O. applanata, O. priabonensis, O. tenuicostata. Dagegen 
Abh. d. II. Cl.d. k. Ak.’d. Wiss. X Bd. II Abth. 92 


724 


scheinen in diesem Horizonte zu fehlen: O. nummulitica, O. radians, 
O. patellaris, wahrscheinlich auch O. variecostata und stellata. Doch mag 
eine oder die andere Art auch höher oder tiefer vorkommen. Es ist das 
Vorstehende das Ergebniss von nur vorläufigen Studien und ich empfehle 
es den einheimischen Forschern, diese Verhältnisse der Artenvertheilung ge- 
nauer im Detail festzustellen. Vielleicht gelingt es dann, zwischen der 
Form-reichen Artengruppe der Orbitoides papyracea noch weitere feste 
Unterscheidungsmerkmale zur Abgrenzung von älteren und jüngeren 
Arten aufzufinden und die innigen Beziehungen zwischen dieser Art 
und O. ephippium ganz in’s Klare zu setzen. 

Von nicht eocänen, tertiären Orbitoiden kenne ich bis jetzt sicher 
nur Orbitoides dilatata, während über die wahrscheinlich mitteltertiäre 
Orbitoides burdigalensis eine volle Sicherheit ihrer Lagerstätte noch nicht 
gewonnen werden konnte. Bezüglich der übrigen Foraminiferen fehlt es 
noch an zureichendem Vergleichsmaterial, wenn wir die Nummulitideen ab- 
rechnen. Jedoch gestatten meine bis jetzt allerdings nur sehr wenigen 
Untersuchungen der Foraminiferenreste in den Nummulitenkalken von 
Südtirol und Norditalien gleichwohl schon den Schluss zu ziehen, dass 
sich in diesen die gleiche Uebereinstimmung mit den gleichalterigen 
Schichten in den Nordalpen offenbart, wie wir diess bezüglich der Orbitoöden 
und Nummulitideen gesehen haben. Gegenüber der Foraminiferenfauna 
des Pariser Beckens vermissen wir auch hier den vorwaltenden Reichthum 
an Miebiolideen, während Rhabdoideen, Cristellarideen und die Genera mit 
mehrfach poröser Kalkschale (Reuss) weit vorwalten. 

Die nächstältere Foraminiferen-Fauna, die wir durch die Belem- 
nitellen-Mergel vom Pattenauer Stollen oder die sog. Nierenthal- 
Schichten und durch die Gosauschichten in unseren Alpen reprä- 
sentirt finden, weist einen entschieden abweichenden Charakter auf. Zwar 
stellen sich auch in den Mergeln der Belemnitellen zahlreiche Nodosarien, 
Dentalinen und Oristellarien ein, oft sogar mit grosser Formähnlichkeit 
im Vergleiche zu den Arten der Nummulitenschichten, aber es gesellen sich 
dazu sehr reich an Arten und Individuen die Frondicularien und Texti- 
larien, wogegen die Genera mit doppelt durchlöcherten Kalkschalen sich 
auf einige wenige beschränken und Nummulitideen ganz fehlen. 

So zeigt sich demnach auch in der Foraminiferen-Fauna der 


725 


älteren nordalpinen Nummulitenschichten jenes allgemein-gültige Gesetz 
über die Vertheilung der Thierarten in früheren Zeitperioden der Erd- 
bildung, nach welchen die Ablagerungen jener alttertiären Zeit gegenüber 
der Fauna früherer und späterer Periode durch eigenthümliche Thier- 
arten charakterisirt, insbesondere durch das Auftreten sehr zahlreicher 
Arten und zahlreicher Individuen von Nummuliten und Orbitoiden aus- 
gezeichnet ist, während zugleich eine beschränkte Anzahl von Arten 
der Form nach an frühere, ältere anknüpft und mit jüngeren durch . 
Formübergänge in unmittelbarer Verbindung tritt. 


IDruckfehler - V erzeichniss. 


Seite 623 sechste Zeile von unten statt 32 lies 39. 
„ 624 vierte Zeile von unten setze hinzu: T. I, F. 42. 
„ 634 dreizehnte Zeile von oben statt granitacalcarea lies granitocalcarea. 
„ 643 siebente Zeile von oben statt 764a—b lies 76aa—bb. 
„ 690 fünfzehnte Zeile von oben statt Fig. 1 lies Fig. 3—12; 19—29. 
„ 698 siebente Zeile von unten statt 33 lies 32. 
„ 702 neunte Zeile von unten fehlt zwischen 3; 17 die Ziffer 16. 
„ 717 neunte Zeile von oben statt 4öau.b u. 46 lies 45a u.b, 46 u. 47. 


92° 


726 


Tafel 1. 


Wo es nicht besonders angegeben ist, hat man 


10Omalige Vergrösserung anzunehmen. 


Fig. 1. Haplophragmium tuba n. sp. 
2. Clavulina eocaena n. sp. 


” 


” 


a) Seitenansicht. 
b) Ansicht von oben. 


3. Gaudryina pupa n. sp. 


a) Seitenansicht. 
b) Ansicht von oben. 


3bis Plecanium eocaenum n. sp. 


äter 


a) und b) wie 4. 


Plecanium Mariae d’Orb. 


var. inerme. 
a) und b) wie 4. 


4. Gaudryina subglabra n. sp. 


[e2i 


a) Ansicht von d. breiten Seite. 


b) Ansicht von d. schmalen Seite. 
. Cornuspira nummulitica Gümb. 


a) Ansicht von oben. 
b) Seiten-Ansicht. 


. Alveolina oblonga Desh. 


7. Lagena perovalis n. sp. 


8 


. L. tricincta n. sp. 


a) Seiten-Ansicht. 
b) Ansicht von oben. 


9, L. bifrons n. sp 


a) Seiten-Ansicht. 
b) Von oben. 


. L. synedra n. sp. 


a) Seiten-Ansicht. 
b) Von oben. 


. Nodosaria pumilio n. sp. 
. N. Kressenbergensis n. sp. 
. N. alpigena n. sp. 


30. 


Erklärung der Abbildungen auf Tafel 1.—IV. 


Nodosaria tumidiuscula (20mal vergr.) 


ib 


III 


. internodifera n. sp 


coccoptycha n. sp. 


. subobliquestriata n. sp. 
. Paueri n. sp. 

. granito-calcarea n. sp 
. pycnostyla n. Sp. 


annulifera n. sp. 
Flurli. 
culminiformis n. sp. 
resupinata n. SP- 
a) 2 Glieder. 
b) u. c) wahrscheinlich dazu ge- 
hörige Endglieder. 


. hectica n. sp. 


subalpina n. sp. 


. pachycephala n. sp- 


eocaena n. Sp. 
Helli n. sp. 


. bacillum Defr. 


Maximiliana n sp. (ömal). 


. latejugata n. sp. 


sceptriformis n. Sp- 


. Dentalina herculea n. sp. 
oD: 


fusiformis Gümb. 
a) u. b) verschiedene Formen. 


D. linearis Roem. 
D. glandifera n. sp. 
D. globulicauda n. sp. 
ID: 
D 
D 
D 
D 


Adolphina d’Orb. 


. acuticauda Rss. 
. gliricauda n Sp. 
. capitata Boll. 
. Münsteri Rss. 
D); 
=D: 


pungens Rss. 
nummulina n. Sp. 


48. 


49, 


3. 


ö4. 


59. 


56. 
87. 
58. 
59. 
60. 
61. 


62. 
63. 


64. 


69. 


66. 


67 


68. 


Dentalina fissicostata n. sp. 


. D. truncana n. sp. 


a) kurze, dicke Form. 
b) lange, zugespitzte Form. 
Vaginulina laminaeformis n. sp. 
a) Ansicht von d. breiten Seite. 
b) Ansicht vom Rücken. 
V. eocaena n. sp. 
a) u. b) Ansicht vond. breiten und 
schmalen Seite. 


. Glandulina nummularia n. sp. 
. Lingulina bursaeformis n. sp. 


a) Ansicht von d. breiten Seite. 
b) Ansicht von d. schmalen Seite. 


. L. tuberosa n. sp. 


a) Seitenansicht. 

b) Ansicht von oben. 
Pleurostomella eocaena n. sp. 
a) 
b) 
P. rapa n. sp. 

Rhabdogonium haeringense Gümb. 

a) Seitenansicht. 

b) Ansicht von oben. 
Marginulina tonsilaris n. sp. 

a) u. b) Seitenansichten. 

M. rugoso-striata n. sp. 

a) und b) wie 56. 
M. fragaria. 

a) u. b) wie 56. 

c) eine langgestreckte Form. 
M. tumida Rss. 

M pachygaster n. sp. 

M. coronata n. sp. 

M. granitocalcarea n. sp. 

Oristellaria nummulitica n. sp. 
a) Ansicht von d. breiten Seite. 
b) Ansicht vom Rücken. 

0. subarcuata n sp. 

a) Seiten-Ansicht. 

b) Front-Ansicht. 

C. asperula Gümb., vom Häring. 

a) u. b) wie 64. 

0. Kressenbergensis n. sp. 
C. cumulicostata n. sp. 
a) Seiten-Ansicht. 
b) Front-Ansicht. 
C. truncana n. sp. 
a) u. b) wie 67. 


Seitenansichten. 


Fig. 69. Cristellaria dilute-striata n. sp. 

„ 70. Robulina alato-limbata n. sp. 
a) u. b) wie 67. 

„ 71. R. Kressenbergensis n. Sp. 

72. R. pterodiscoidea n. sp. 

73. R. rosetta n. sp. 

74. R. gutticostata n. sp. 

„ 75. R. florigemma n. sp. 


Tafel II. 


Fig. 76. Robulina acutimargo Rss. 
a) u. b) Seiten- u. Front-Ansicht. 
„  76bis. R. declivis Born. 
a) u. b) Seiten- u. Front-Ansicht. 
76aa u. bb. R. radiürfera n. sp. 
77. Bulimina truncana n. sp. 
a) Seiten-Ansicht. 
b) Ansicht von oben. 
„ 78. Uvigerina eocaena n. sp. 
„ 79. Globulina subgibba n. sp. 
a) u. b) Ansicht von der Seite 
und oben. 
„80. G@. subalpina n. sp. 
a) u. b) ebenso. 
„ 81. @. asperula n. sp. 
a) u. b) ebenso 
„ 82. Polymorphina compressiuscula n. sp. 
a) u. b) Ansicht von d. breiten u. 
schmalen Seite. 
„ 83. Textilaria flabelliformis n. sp. 
wie 82. 
„» 84. Venilina nummulina n. sp. 
a) u. b) Ansicht von der Seite 
und oben. 
„ 84bis V. haeringensis n. sp- 
a) u. b) ebenso. 
„ 85. Rotalia bimammata n. sp. 
a) b) u. c) Spiral, Nabel, s. Seiten- 
Ansicht. 
„ 86 R. campanella n. sp. 
a) u. b) Grosse Form in Spiral- 
u. Seiten-Ansicht. 
c) u. d) Kleine Form in Spiral- 
u. Frontansicht. 
e) niedere, breite Form. 
„ 87. R. eocaena n. sp. 
a) b) c) Spiral-, Nabel- u. Front- 
Ansicht. 


101. 


102. 


103. 


104. 


105. 


106. 


107. 


108 


109. 


110. 


Rotalia pteromphalia n. sp. 
a) b) c) wie 87. 


. R. polygonata n. sp. 


a) b) c) wie 87. 


. R. ammophila n. sp. 
a) u. b) Spiral- u. Front-Ansicht. 


macrocephala n Sp. 
a) b) ce) wie 87. 
capitata n sp. 


R. 
R. 
a) u. b) Spiral- u. Nabel-Ansicht. 
. R. truncana n. sp. 
R. 


a) b) e) wie 87. 
cochleata n. sp 
a) b) ce) wie 87. 


95. Discorbina polysphaerica n. sp. 
a) u. b) Spiral- u. Front-Ansicht. 
. D. megasphaerica n. sp. 


a) u. b) wie 9. 


. Calcarina tetraödra n. Sp. 


a) Seiten-Ansicht. 
b) Durchschnitt. 


. Rosalina subumbonata n. sp. 


a) b) ce) wie 37. 
R. rudis Rss. 
a) — c) wie 87. 


. R. Calymene n. sp. 


a) —c) wie 87. 
R. asterites n. sp. 
a) --c) wie 87. 
Truncatulina kallomphalia n. sp. 
a) — c) wie 97. 
T. sublobatula n. sp. 
a) — c) wie 87. 
T. grosserugosa n. sp. 


a) u. b) Spiral- u. Nabel-Ansicht. 


T. eristata n. sp. 
a) u. b) wie 104. 
Globigerina bulloides d’Orb. 
a) u. b) wie 104. 
G. alpigena n. sp. 
a) u. b) wie 104. 
G. asperula n. sp. 
a) u. b) wie 104. 
G. eocaena n. SP. 
a) u. b) wie 104. 
Heterostegina reticulata Rüt. 
a) Seiten-Ansicht. 
b) Front-Ansicht. 


Fig. 


111. Operculina granulata Loym. 
(öfache Vergrösserung ) 
a) u b) wie 110. 
c) natürliche Grösse. 
O. canalifera d’Arch. 
(in natürl. Grösse.) 
a) u. b) wie 110. 
O sublaevis n. sp. 
a) natürliche Grösse. 
b) u. c) (10mal vergr.) wie 110. 
Orbitoides tenuicostata n. sp. 
a) u. b) natürliche Grösse, Seiten- 
u. Front-Ansicht. 
c) ein Theil (ömal vergr ) 
stellata d’Arch. 
a) 5strahlige Form, natürl. Grösse. 
b) diese 5mal vergrössert. 
c) kleine, dünnstrahl. Form n. G. 
d) 4strahlige Form (nat. Gr.). 
e) 4strahlige Form (5mal vergr.). 
radians d’Arch. 
a) junge Exempl. in nat. Gr. 
b) dieselb. ömal vergr. 
c) normale Grösse in nat. Gr. 
d) normale Grösse 5mal vergr. 
stella Gümb. 
a) in natürlicher Grösse. 
b) 5mal vergr. 
c) ein Theil in 10malig. Vergr. 


112. 


113. 


114. 


115. O. 


116. ©. 


17.20: 


Tafel III. 


.la. Orbitoides tenella n. sp. 


aus d. Nummulitensch. vom Hammer 
in natürlicher Grösse, flache Seite. 
1b. Desgl. in Front-Ansicht. 
2a. Orbitoides tenella n. sp. 
aus dem Nummulitensdst. vom Kres- 
senberg in nat. Grösse, flache Seite 
2b. Desgl. in Front Ansicht. 
3, 4, 5 und 6 Orbitoides papyracea Boub. 
verschiedene Formen aus dem nord- 
alpinen Nummulitenkalk in natür- 
licher Grösse. 
a) die flache Seite. 
b) die Front-Ansicht. 


Fig. 7. 


10. 


IT. 


12. 


13. 


14. 


16. 


17. 


18. 


19. 


20. 


21. 


Orbitoides papyracea Boub. 
Original von ©. Pratti Mich. von 
Biarritz in natürlicher Grösse. 
a) flache Seite. 
b) Front-Ansicht. 


. Orbitoides papyracea Boub. 


Original zu O. Fortisii d’Arch. von 
Biarritz in natürlicher Grösse. 
a) u. b) wie oben. 


. Desgl. aus dem Kressenberger Num- 


mulitensandstein (Eisenerz). 
a) u. b) wie oben. 
Desg]. kleinste oder sehr junge Form aus 
dem Nummulitenkalke vom Hammer. 
a) in natürliche Grösse. 
b) 5mal vergrössert. 
Desgl. (Original d’Archiac’s von O. 
Fortisii d’Arch. von Biarritz). 
a) u: b) wie Fig. 1—9. 
Desgl. (0. Fortisii d’Arch.) aus Italien. 
a) und b) wie oben. 
Orbitoides aspera n. sp. 
in natürlicher Grösse aus dem Num- 
mulitenkalke vom Hammer. 
a) n. b) wie oben. 
Orbitoides aspera n. sp. 
in natürlicher Grösse von Biarritz. 
(d’Archiac’s Sendung). 
a) u. b) wie oben. 


‚ Orbitoides ephippium C. v. Sow. 


In natürlicher Grösse; Nummuliten- 
kalk vom Hammer. 
a) u. b) wie oben. 
Desgl. (0. sella d’Arch.). 
Original von Biarritz in nat. Gr. 
a) u. b) wie oben. 
Orbitoides applanata n. sp. 
von Granella in nat. Grösse. 
a) u. b) wie oben. 
Desgl. von Massano. 
a) u. b) wie oben. 
Orbitoides papyracea Boub. 
Parallelschnitt in ömalig. Vergrösser- 
ung (Kressenberg). 
Desgl. in 75mal. Vergr. mit Median- 
und Nebenkammern (Kressenberg). 
Desgl. in 75mal. Vergr. Querschnitt 
mit Median-Nebenkammern und Kegel- 
pfeilern (Kressenberg;). 


td 
[> 


29. 


4l. 


729 


. Orbitoides papyracea; Querschnitt in 
5m. Vergrösserung (Kressenberg;). 

. Desgl. Mediankammer in 75m. Vergr. 
von ©. Fortisü d’Arch. von Biarritz 
(Original). 

. Desgl. Mediankammer in 75m. Verer. 
(0. Fortisii d’Arch. von Biarritz Orig). 

. Orbitoides papyracea Boub. 

Mediankammer in 75m. Vergr. (0 
Pratti Mich. von Biarritz) Orig. 
v. d’Archiac. 

. Desgl. Kleinere Form. 

. Desgl. Oberfläche mit dem Knötchen 
der Kegelpfeiler-Enden von Biarritz 
(0. Fortisii d’Arch.) in 75mal. Vergr. 


. Desgl. ebenso von Biarritz (0. Pratti 


Michel.) in 75m. Vergrösserung. 
Desgl. vom Kressenberge die Ausfüllung 
der Mediankammern (29) undder Neben- 
kammern (29b) mit Eisenoxyd zeigend 
nach Entfernung der Wände mittelst 
Säuren in 75m. Vergrössserung. 
. Orbitoides tenella n. sp. 
Mediankammer in 75m. Vergr. 
. Desgl. Die Oberfläche in 75m. Vergr. 
. Orbitoides aspera n. sp. 
Querschnitt in 20m. Vergr. 
. Desgl. Mediankammern in 75m. Vergr. 
. Desgl. Oberfläche mit den Knötchen 
der Kegelpfeiler in 75m. Vergr. 
. Orbitoides applanata n. sp. 
Die Mediankammern in 75m. Vergr. 
. Desgl. Die Oberfläche gegen d.äusseren 
Rand zu in 75m. Vergr. 
. Desgl. Die Oberfläche gegen die Mitte 
zu in 75m. Vergr. 
. Orbitoides ephippium C. v. Sow. 
Die Mediankammer in 75m. Vergr. 
. Desgl. Die Oberfläche in 75m. Vergr. 
. Orbitoides dispansa C. v. Sow. 
Exemplare aus Scinde in nat. Gr. 
a) u. b) wie oben. 
Desgl. Von gleicher Fundstelle, etwas 
grössere Form in nat. Gr. 
a) u. b) wie oben. 
u. 43. Desgl. kleinere und grössere 
Form aus d. nordalpinen Nummuliten- 
kalke vom Hammer in natürl. Grösse. 
a) u. b) wie oben. 


” 


- 


LI. 


. Orbitoides dispansa. 


. Dies. 


.„ Dies. 


Ex. von Seinde. 
Die Mediankammer in 75mal. Vergr. 
gegen die Mitte. 


. Desgl. Die Mediankammer gegen den 


Aussenrand zu in 75m. Vergr. 


. Desgl. Die Oberfläche in 75m. Vergr. 


am Aussenrande. Ex. von Scinde. 


. Desgl. Die Oberfläche in 75m. Vergr. 


in der Mitte. Ex. von Scinde. 


Tafel IV. 


. Orbitoides nunmulitica Gümb. 


Parallelschnitt in öm. Vergr. 


. Desgl. In Querschnitt in 5m. Vergr. 


Desgl. In 20m. Vergr. 

Orbitoides stellata d’Arch. 
Parallelscehnitt in 5m. Vergr. 

Dies. Im Querschnitte in 10m. Vergr. 

Dies. DieMediankammern in 7öm. Vgr. 

Der Durchschnitt der Radien 

senkrecht zu ihrer Länge in 75m. Verg. 


. Orbitoides stella Gümb. 


mit Parallelschnitt in öm. Vergr. 


. Dies. im Querschnitt in 10m. Vergr. 
10. 


Dies. Die Mediankammern in 75m. 
Vergr. 
Orbitoides radians d’Arch. 


ein Theil im Parallelschnitte in 
10m. Vergr. 


. Dies. junge Form. Die Mediankam- 


mern in 75m. Vergr. 
Typische Form. Die Median- 
kammern in 75m. Vergr. 


. Dieselbe Art var. furcata. Die Median- 


kammern in 75m. Vergr. 


. Dies. Typische Form im Querschnitte 


bei 10m. Vergr. 


. Orbitoides nummulitica Gümb. 


Die Mediankammern in 75m. Vergr. 
gegen den Aussenrand. 


. Dies. gegen die Mitte. 
. Dies. Oberfläche mit den Höckern der 


Kegelpfeiler in 75m. Vergr. 


. Orbitoides stella Gümb. 


die Oberfläche in 75m. Vergr. 


. Orbitoides multiplicata n. ‘sp. 


In natürlicher Grösse von Spiletto. 
a) u.b)v.d. flachen Seite u. Front. 
Dies. vom Kressenberg in nat. Grösse. 
a) u.b)v.d.flachen Seite u. Front. 


. Dies. Querschnitt in 20m. Vergr. 


Dies. Oberfläche in 75m. Vergr. 


. Dies. Die Mediankammern in 75m. V. 
5. Orbitoides strophiolata n. sp 


vom Hammer in natürl. Grösse. 
a)u b) v.d.flachen Seite u. Front. 


. Dies. Die Mediankammern in 75m. V. 
. Dies. Die Oberfl. gegen d. Aussenrand. 
. Dies. Die Oberfl. in d. Scheibenmitte. 
. Orbitoides patellaris Schloth. 


in natürl. Grösse vom Kressenberg. 


. Dies. von Veruna. 
. Dies. vom Kressenberg. 
. Dies. 


Die Mediankammer in 75m. V. 
Orbitoides variecostata n. sp. 
In nat. Grösse vom San Martino. 
a) u. b) Flach- u. Front-Ansicht. 
. Dies. Die Mediankammern in 75m. V. 


. Orbitoides tenwicostata n. sp. 


Die Mediankammern in 75m. Vergr. 


. Orbitoides priabonensis n. sp. in.n. G. 


a) u. b) Flach-u. Front-Ansicht. 

u. 38. Dies Mediankammer in 75m. V. 
Dies. Oberfl., ebener Theil bei 75m. V. 

. Dies. Oberfl. auf den Radien bei 75m. V. 


. Orbitoides radians (2) var. Scarantana. 


in natürl. Grösse. 
a) u. b) Flach- u.Front-Ansicht. 
. Orbitoides karakaiensis d’Orb. 
in nat. Grösse (Orig. v. Vic. d’Archiac) 
aus Rumelien. 
a) u. b) Flach-u.Front-Ansicht. 
. Dies. Mediankammern gegen d. Aussen- 
rand in 75m. Vergr. 
. Dies. Mediankammern gegen die Mitte 
in 75m. Vergr. 


- 45. Orbitoides dilatata Michelotti nat. Gr. 


a) u. b) Flach-u. Front-Ansicht. 

. Dieselbe Art, die Mediankammern in 
75m. Vergr. 

. Dies. Die Oberfläche in 75m. Vergr. 


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Math jehys. (I NH (riimbel, Beiträge zur Foramimferen Fauna 


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Buetor Adin. ; Lith.Anst.v.Br.KelleriMünd 


„Math. jılnys. CKL a x (rimbel Beiträge zur Foraminferen Ama. 


7 


Inhalt. 


Seite 
Versuche über die Wasserverdunstung auf besätem und unbesätem Boden. Von R E 
August: Vogel : 2° 2. 20 SE ae Pe 3 20 


Das Chronoskop, Instrument zur Bestimmung der Zeit der Polhöhe ohne 
Reehnung. Von C. A. v. Steinheil. Mit 2 lithogr. Tafeln und 6 Tabellen 357 


Die Grosshirnwindungen des Menschen mit Berücksichtigung ihrer Entwick- B-. ; 
lung bei dem Fötus und ihrer Anordnung bei den Affen. Neu unter- 
sucht und beschrieben von Dr. 7. L. W. Bischoff. Mit sieben Tafeln . 388 


Beiträge zur Kenntniss der Procän- oder Kreide-Formation im nordwestlichen : 
Böhmen in Vergleichung mit den gleichzeitigen Ablagerungen in Bayern vB 
und Sachsen.‘ Von .C..W, Gümbel ... =... m... 2 Sl 

Beiträge zur Foraminiferenfauna der nordalpinen Eocängebilde. Von ©. W. Gümbel. Br: 
Mit 4 Tafeln . r. 


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MATHEMATISCH-PHYSIKALISCHEN CLASSE 


DER KÖNIGLICH BAYERISCHEN 


> AKADEMIE num WISSENSCHAFTEN. 2 


ZEHNTEN BANDES 


DRITTE ABTHEILUNG. 
IN DER REIHE DER DENKSCHRIFTEN DER XXXVII. BAND. 


wis° 


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MÜNCHEN, | 
1870. \ 
VERLAG DER K. AKADEMIE, 
IN COMMISSION BEI G. FRANZ. 
2 


ABHANDLUNGEN 
DER 
MATHEMATISCH-PHYSIKALISCHEN CLASSE 


DER KÖNIGLICH BAYERISCHEN 


AKADEMIE ver WISSENSCHAFTEN. 


ZEHNTEN BANDES 
DRITTE ABTHEILUNG. 


ABHANDLUNGEN 


MATHEMATISCH-PHYSIKALISCHEN CLASSE 


DER KÖNIGLICH BAYERISCHEN 


AKADEMIE vun WISSENSCHAFTEN. 


ZENHTEN BANDES 
DRITTE ABTHEILUNG. 
IN DER REIHE DER DENKSCHRIFTEN DER XXXVII. BAND. 


MÜNCHEN, 
1870. 


VERLAG DER K. AKADEMIE, 
IN COMMISSION BEI G. FRANZ. 


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Inhalt. 


Ueber die Naturverhältnisse der verschiedenen Linien, welche für einen Durchstich 
des centralamerikanischen Isthmus in Vorschlag sind. Von Moritz Wagner 


Ueber das Verhältniss der Harnsäure und des Guanin’s zur Vegetation. Von 
August Vogel . 


Das bayerische Präcisions-Nivellement. Von Carl Max Bauernfind . . . 


Beiträge zur Anatomie des Hylobates leueiscus und zu einer vergleichenden Anatomie 
der Muskeln der Affen und des Menschen. Von Th. L. W. Bischoff. Mit 
5 Tafeln Be RE re a et 


Seite 


198 


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= >7%%: 


Ueber die 


Naturverhältnisse 


der verschiedenen Linien 


welche 


für einen Durchstich des centralamerikanischen Isthmus 
in Vorschlag sind. 


Von 


Moriz Wagner. 


Abh. d. II, C1.d. k. Ak. d. Wiss. X. Bd. III. Abth. 1 


Ueber die 
Naturverhältnisse 


der verschiedenen Linien 


welche 


“ für einen Durchstich des centralamerikanischen Isthmus in Vorschlag sind. 


Von 


Moriz Wagner. _ 


Die bis jetzt noch so lückenhafte und ungenügende Kenntniss der 
hypsometrischen und geognostischen Verhältnisse von mehr als drei 
Vierttheilen des Gesammtareals im Staat Panama hat zu einer Verzöger- 
ung des Entschlusses der nordamerikanischen Regierung geführt, die 
Durchstechung des Isthmus thätig in Angriff zu nehmen. Inswischen 
rückte die Beendigung des Kanals in der Landenge von Suez immer 
näher. 

Um die unermesslichen Vortheile des erleichterten Verkehrs mit 
Asien den Seehandel treibenden Nationen Europa’s nicht allein zu über- 
lassen, erklärte die Regierung von Washington endlich doch ihren 
bestimmten Entschluss, einen interoceanischen Kanal in Central-Amerika, 

1* 


4 


welcher für die nordamerikanische Handelsmarine eine Lebensfrage ge- 
worden, an dem günstigsten Punkt, den eine neue zweijährige hypsometrische 
uud geognostische Untersuchung des Landes ermitteln würde, auf ihre 
Kosten bauen zuwollen. 

Ein auf dieses grossartige Projekt bezüglicher Vertragsentwurf 
wurde der Republick Columbia, zu welcher der Isthmusstaat gehört, 
vorgelegt, vom Senat in Santa Fe de Bogota aber vorläufig aus politi- 
schen Rücksichten abgelehnt. 

Die amerikanische Regierung wird inzwischen ihren Plan nicht fallen 
lassen und nöthigenfalls die volle Unabhängigkeit des Staates Panama 

begünstigen. 

| Die unermessliche Völkerwanderung, welche in Amerika, jetzt durch 
die beendigte Pacific-Bahn neu angeregt, wie eine Weltfluth von Ost 
nach West sich drängt, macht die Sprengung der Schranke im central- 
amerikanischen Isthmus zu einer gebieterischen Nothwendigkeit und 
zwar nicht nur im Interesse der Vereinigten Staaten, sondern im Interesse 
des ganzen Welthandels, der hier in einem ganz andern Grade bethei- 
ligt ist, als bei der Anlage des Suezkanals. 

In der folgenden Zusammenstellung der für einen Kanalbau nach 
dem Stand der bisherigen Forschungen möglichen Linien will ich deren 
Länge und die Höhe ihrer Scheitelpunkte angeben, soweit sie nach 
diesen Untersuchungen bis jetzt genau bestimmbar sind. | 


Am wenigsten zuverlässig sind noch immer die Angaben über die 
Cordillere der Provinz Darien, wo eine genaue Erforschung der Ober- 
flächengestaltung auf grössere Hindernisse stösst als sonst irgendwo. 

Die Linien von Honduras, Costa Rica und Chiriqui, welche wohl 
für Eisenbahnbauten, aber nimmermehr für einen Schiffskanal sich eignen, 
lasse ich in dieser Zusammenstellung weg. 

Trotz der Schönheit, Grösse und Sicherheit jener wunderbaren 
Naturhäfen, welche die Isthmen von Honduras und Chiriqui (Veragua) 
an beiden Oceanen besitzen, sind alle nüchternen Beobachter zur festen 
Ueberzeugung gekommen, dass bei der Höhe und Breite des Wasser- 
scheidenden Dammes hier weder von einem Schleusenkanal noch von 
einem Tunnelbau ernstlich die Rede sein kann. 


a 


Länge der Höhe der 
Vorgeschlagene Linien im Kanalisation Wasserscheide 
in englischen Meilen. in englischen Fussen. 


Isthmus von Tehuantepec: 
Pass Tarifa 150 684 
La Chivela 150 780. 


Isthmus von Nicaragua: 
von der Mündung des San Juanflusses nach der 


” 


- Salinas-Bai 1421/ 270 
(durch das Sapoathas) 
Realejo 212 210 
San Juan del Sur 154?/3 540 


Isthmus von Panama: 
Landenge zwischen der Limon-Bai 


und dem Golf von Panama 4712 262 
San-Blas und Rio Chepo ‚30a 630(?) 
Darien 46(?) 800?) 


(zwischen der Caledonia-Bai und dem 
Golf von San Miguel). 


Provinz Choco zwischen dem mitt- 
leren Lauf des Rio Atrato und der 
Mündung des Rio Jurador 48 506 

Die Haupteinwürfe gegen den Isthmus von Tehuantepec, dessen 
geographische Lage dem Handel der Vereinigten Staaten sehr günstig 
wäre, sind: 1) die beträchtliche -Länge der erforderlichen. Kanalisation; 
2) die Höhe der Pässe und die dadurch nothwendige bedeutende Zahl 
der Schleusen. Von den bisher entdeckten und gemessenen 6 Pässen 
ist keiner unter 684° und- es würden dazu wenigstens 60 Schleusen 
erforderlich sein. 3) Der Mangel guter Häfen. An der Nordost-Seite 
ist selbst durch Kunst ein guter Hafen nicht zu schaffen, und in, der 
Bai von Vendoza (Golf von Tehuantepec) am Stillen Ocean würden dazu 
sehr kostspielige Wasserbauten nothwendig sein. 

Gegen einen Kanalbau im Isthmus von Nicaragua, wo 7 verschiedene 
Richtungen in Vorschlag gebracht wurden, ist gleichfalls die zu beträcht- 
liche Länge der Kanalisation einzuwenden. | 

Die natürlichen Wasserstrassen des Rio San Juan, dessen Bett die 
Cordillere durchbricht, und des Nicaragua-Sees wirken bei oberfläch- 


6 


licher Betrachtung sehr bestechend, verlieren aber beträchtlich ihren 
Werth, wenn man ihre meist unzureichende Tiefe mit den Erfordernissen 
eines interoceanischen Kanals vergleicht, der für Seeschiffe von 2000 
Tonnen eine Tiefe von 8 Meter haben müsste. Die Baggerarbeiten im 
San Juan-Fluss, der nur theilweise benützt werden könnte, und im 
Nicaragua-See, der nach Caudy’s Tiefmessungen gleichfalls im westlichen 
Theil zu seicht für grosse Seeschiffe ist, würden immense Summen 
erfordern. 

Gegen die Richtung des Kanals durch die Ebene von Leon!), wo 
die Wasserscheide zwischen dem Managua-See und dem Stillen Ocean 
sich auf 17 Meter erniedrigt und die übrigen Terrainhindernisse nicht 
bedeutend sind, ist mit Recht auf die Unmöglichkeit hingewiesen wor- 
den, den Rio Telica für die Scheitelstrecke des Kanals abzuleiten. Die 
Schleusen müssten durch die Becken des Nicaragua- und Managua-Sees, 
von welchen ersterer 56° über dem Ocean liegt, gespeist und der tren- 
nende Damm in der Ebene von Leon bis unter das Niveau des grossen 
Binnensees durchbrochen werden — bei der beträchtlichen Breite dieses 
Dammes ein colossales Unternehmen! — 

Die von Belly und Oerstedt vorgeschlagene Linie vom Nicaragua- 
See durch das Sapoa-Thal nach der Salinas-Bai besitzt keinen Fluss, 
der an Wasserreichtthum dem Rio Chagres vergleichbar und für die 
Füllung der höhern Schleusenbassins, die über dem Niveau des Sees 
liegen, genügend wäre. Die Zahl der nothwendigen Schleusen in dieser 
Richtung könnte nicht unter 10 sein. Ein Durchstich des trennenden 
Höhezugs im Niveau des Sees aber wäre doch eine äusserst kostspielige 
Arbeit, welche mindestens dreihundert Millionen Dollars verschlingen 
würde. 

‚ Von den drei vorgeschlagenen Richtungen im Isthmus von Panama 
kann die Landenge von Chepo und San Blas nicht mehr in Frage kom- 
men, seitdem die von mir vorgenommene Untersuchung und Messung 
der Cordillere in der Spalte des Rio Mamoni, die weitere Recognos- 


» 
1) Louis Napoleon hat diese Linie befürwortet in der Schrift, welche er während seiner Gefangen- 
schaft in Ham über die Kanalfrage veröffentlichte. Damals (1844) war weder die Höhe der 
Wasserscheide noch die mittlere Tiefe der beiden Seen ermittelt. 


7 


cirung des östlichen Gebirgszugs von Chepo und die Beobachtungen im 
oberen Bayana-Thal die mächtigen Hindernisse constatirte, welche einem 
Durchbruch in dieser Richtung entgegenstehen. 

Die Landenge von Darien bleibt gleichfalls so lange ausser Frage, 
als nicht genauere und zuverlässigere Untersuchungen, als die von Gis- 
borne, Cullen, Bourdiol und Airiau die Möglichkeit eines Kanalbaus in 
dieser Richtung nachgewiesen haben. | 

Die Landenge zwischen der Limon-Bai und dem Golf von Panama 
hat zwar den wesentlichen Nachtheil, dass sie an der pacifischen Küste 
einen guten Hafen entbehrt und dass hier Bagger-Arbeiten für das 
Kanalbett noch mindestens 3 Seemeilen weit in das seichte Meer fort- 
geführt werden müssten. Auch wäre bei einem Schleusenkanal in der 
Scheitelstrecke vielleicht ein Reserve-Becken nothwendig, um bei unzu- 
reichendem Wasserzufluss aus dem Rio Chagres während der Trocken- 
zeit von Februar bis Mai die oberen Schleusen-Bassins zu füllen. 

Ersterer Nachtheil wird aber durch den Umstand vermindert, dass 
der Golf von Panama nicht wie die Küsten der nördlichen Staaten 
Central-Amerika’s den Drehstürmen der Papagayos und anderen heftigen 
Windstössen ausgesetzt ist, und dass der schöne, geräumige und sichere 
Hafen der Limon-Bai an der atlantischen Seite als Ruhepunkt für 
ankommende Schiffe aus beiden ÖOceanen dienen könnte, da die Durch- 
fahrt von der pacifischen Seite leicht, schnell und sicher stattfinden 
würde. Auch scheint sich der Grund des Golfs von Panama wenigstens 
theilweise zu erfolgreichen Bagger-Arbeiten mit Dampfmaschinen zu 
eignen. 

Die bewunderungswürdigen Resultate, die man in jüngster Zeit im 
Isthmus von Suez bei sehr schwierigen Parthieen, namentlich bei dem 
Durchbruch der Höhenzüge von El Girsch und Serapeum und im Terrain 
zwischen den Bitterseen und dem Rothen Meer durch die Anwendung 
kolossaler Dampf-Baggermaschinen erlangte, von welchen die sogenannten 
„Excavateurs & sec“ auch im trocknen Boden mit dem besten Erfolg 
arbeiteten, lassen mit Zuversicht erwarten, dass durch die mächtigen 
Mittel, über welche heute die Technik verfügt, auch in Central-Amerika 
viele Menschenhände erspart und ähnliche Resultate erreicht werden 


können. 


Allerdings sind die geognostischen Verhältnisse in centralameri- 
kanischen Isthmus für solche Bagger-Arbeiten weniger günstig, als in 
der Landenge, welche Asien und Afrika verbindet. 

Ein Viertheil des Kanalbaus würde selbst in der eigentlichen Land- 
enge von Panama immer durch härtere Schichten von Tuffen und 
Conglomeraten, theilweise selbst durch sehr compakte vulkanische Felsen 
geführt werden müssen. Im Ganzen würde aber auch hier die Bagger- 
‘maschine in weicher Dammerde operiren können, besonders in der nörd 
lichen Abdachung der Wasserscheide. 

Der zweite jener erwähnten Nachtheile würde viel minder bedenk- 
lich sein, da ein möglicher Wassermangel im Rio Chagres nur in den 
zwei trockensten Monaten zu fürchten wäre. Bei einem Durchstich im 
Niveau des Meeres aber käme letzterer Einwurf gar nicht in Betracht. 
Für den grossartigen Aufschwung, welchen der Verkehr zwischen der 
West- und Ostküste Amerikas namentlich in Folge des zunehmenden 
ungeheuren Auswandererstromes sicher nehmen wird, kann nach meiner 
Ueberzeugung nur ein Kanal im Niveau des Meeres genügen. 

Obwohl das Bestehen der interoceanischen Eisenbahn ein unschätz- 
barer Vortheil für einen Kanalbau ist, und dessen Kosten bedeutend 
vermindern würde, so hat der nordamerikanische Genie-Oberst Totten 
die zu einem Schleusenkanal erforderlichen Kosten doch auf mindestens 
80 Millionen Dollars, die Kosten eines Kanals im Meeresniveau aber 
auf 200 Millionen Dieilaze angeschlagen. 

Nach den bei solchen Kostenanschlägen oft iederhnlten Erfahrungen 
sind dieselben in der Regel um ein Drittheil und selbst um die Hälfte 
niedriger, als sich später bei der Ausführung so colossaler Bauten ergibt. 
Diese Erfahrung hat man in jüngster Zeit auch bei dem Suezkanal 
gemacht, welchen man nach dem Ueberschlag der Fachmänner mit einem 
Capital von 150 bis 180 Millionen Fres. vollenden zu können hoffte, 
während in Wirklichkeit der Bau bereits über 200 Millionen Fres. 
gekostet hat. Dieselbe optimistische Täuschnng der Ingenieure und die 
gleiche fatale Enttäuschung der Aktionäre wird sich auch in Central- 
Amerika wiederholen. 

Nichtsdestoweniger steht die Thatsache fest: der Kanalbau ist auch 
hier mit den jetzigen Mitteln der Technik ausführbar und, wie viel er 


9 


auch kosten mag, er wird dem Welthandel noch unendlich mehr nützen, 
als die Durchstechung der Landenge von Suez. Auch wird er trotz der 
enormen Grösse der Kosten wahrscheinlich rentabler werden, da der 
Aufschwung des Verkehrs zwischen den beiden Oceanküsten Amerika’s 
für den Welthandel viel schwerer ins Gewicht fällt, u“ der erleichterte 
Verkehr mit Ost-Asien. \ 

Die Hoffnung, einen Kanal durch den Isthmus von Darien anzu- 
legen, welcher vor der Landenge von Panama den Vortheil von zwei 
herrlichen, den grössten Handelsflotten genügenden Naturhäfen voraus 
hat, wird man solange nicht aufgeben, als noch der grössere Theil des wald- 
bedeckten Gebirgsterrains in der nördlichen Hälfte Dariens unerforscht ist. 

In dem Vertragsentwurf, welchen die nordamerikanische Regierung 
mit der Republik Columbia hinsichtlich der Ausführuug eines Schiffs- 
kanals vorlegte, war die Bestimmung enthalten: „zwei Jahre auf die 
vorbereitenden Arbeiten einer genauen Terrainuntersuchung zu verwen- 
den, bevor man sich für eine bestimmte Richtung entscheiden würde.“ 
Diese Untersuchungen werden daher jedenfalls zu einer bessern wissen- 
schaftlichen Detailkenntniss der hypsometrischen und geognostischen 
Verhältnisse in den Provinzen Panama, Darien, Chepo und Chiriqui 
führen, als wir sie gegenwärtig besitzen. Auch die physische Geographie 
Amerika’s wird durch die Ergebnisse dieser von zuverlässigen Beob- 
achtern und Fachmännern begleiteten, mit den besten Instrumenten und 
überhaupt mit ee Mitteln ausgeführten Forschungen bedeutend 
gewinnen. 

Die ernche, eine erhebliche Erniedrigung der Cordillere in der 
Provinz Darien zwischen der Caledonia-Bai an der atlantischen Seite und 
dem Golf von San Miguel am Stillen Ocean aufzufinden, sind in den 
letzten zehn Jahren öfters wiederholt worden, obwohl die missglückten 
früheren Versuche von Gisborne und Cullen und der tragische Ausgang. 
der Expedition des Lieutenant Strain abschreckend genug hätten wirken 
können. Die Schönheit, Grösse und Sicherheit der Ankerplätze an beiden 
Oceanen erweckten jedoch immer wieder die Sehnsucht und die Hoff- 
nungender Kapitalisten und Spekulanten Nordamerika’s für den Kanalbau 
durch Darien. England, Frankreich und Nordamerika schickten seitdem 
wiederholt Ingenieure, welche Anfangs voll frischen Muthes an ihre 


Abh.d.II.Cl.d.k.Ak.d. Wiss. X. Bd. III. Abth. 2 


10 


Aufgabe gingen, dann aber in der feuchten Hitze und im Kampfe mit 
den unsäglichen Hindernissen des tropischen Urwaldes diesen Muth gar 
bald verloren und die Gebirgslandschaften von Darien wieder verliessen, 
ohne die von Humboldt so dringend empfohlene hypsometrische Auf- 
nahme der ganzen Längenausdehnung des wasserscheidenden Höhe- 
zuges vom Atrato-Thal bis zur eigentlichen Landenge von Panama aus- 
geführt zu haben. Eines der merkwürdigsten Beispiele, wie selbst die 
sonst so praktischen Nordamerikaner, durch trügerische Hoffnungen 
verlockt, die unermesslichen Schwierigkeiten einer vollständigen Explo- 
ration des Isthmus von Darien immer und immer wieder unterschätzten, 
lieferte die Expedition des Ingenieurs Davidson im Jahre 1866. Diese 
Expedition war mit bedeutenden Mitteln ausgestattet und richtete doch 
gar nichts aus. Unter der Leitung eines der tüchtigsten amerikanischen 
Ingenieure und mit genauen umfassenden Instruktionen des Contread- 
mirals Davis, welcher sich mit dieser Kanalfrage sehr eingehend beschäf- 
tigt, versehen, sollte diese Expedition den Isthmus von Darien in zwei 
verschiedenen Richtungen vom Golf von San Miguel ausgehend über- 
schreiten. Herr Davidson verliess aber das Land, ohne selbst nur die 
Wasserscheide zwischen beiden Oceanen erreicht zu haben. 

Von Zeit zu Zeit hörte man freilich tiefe Posaunenstösse von einer 
angeblichen Entdeckung der gewünschten Senkung der Isthmuscordillere. 
Der „Star and Herald“, das Hauptblatt von Panama, theilte diese freu- 
digen Posaunenstösse mit, die aber bald wieder verklungen waren, ohne 
die ersehnten Dollars aus den Goldsäcken von New-York und Boston zu 
locken, auf die es doch eigentlich abgesehen war. Jeder Reisende, der, 
vom Golf von San Miguel ausgehend, den Hauptfluss Dariens aufwärts 
fahrend und dann mittelst der Picadura in das Innere der dichten 
Urwälder von Süd nach Nord vordringend, die ersehnte Einsattelung 
‘des Höhenzuges suchte, wollte bei seiner Rückkehr, wenn nicht die 
volle Erfüllung seiner Hoffnungen, doch aber etwas Aehnliches gefunden 
haben. Bei genauer Prüfung der mitgetheilten Resultate erkannte man 
aber immer entweder das Unzureichende derselben oder man glaubte, 
guten Grund zu haben, der strengen Wahrheitsliebe der Reisenden und 
der Genauigkeit ihrer Beobachtungen, Messungen oder Schätzungen der 
wasserscheidenden Höhe zu misstrauen. 


11 


Es muss Allen, welche die Naturverhältnisse Darien’s nicht aus 
eigner Anschauung kennen, höchst befremdend erscheinen, dass die 
Isthmuscordillere und ihr südliches Flussnetz noch immer so ungenügend 
bekannt sind und dass die Hauptfrage: wie viel Fuss die Einsenkung 
der Kette über dem Meer und wie breit ihr Durchmesser an der 
günstigsten Stelle ist, noch immer unbeantwortet geblieben. Bei der 
nicht sehr beträchtlichen Ausdehnung dieser Provinz, deren Flächen- 
inhalt nicht grösser ist, als der von Württemberg und Baden zusammen- 
genommen, muss die geographische Thatsache, dass drei Viertheile von 
seinem Areal noch „unerforschtes Land“ sind, merkwürdig genug 
erscheinen. 

Die Reiseliteratur, welche die Beschreibung des Isthmus von Darien 
zum Gegenstande hat, ist gleichwohl seit den berichten Balboa’s, welcher 
1513 die Wasserscheide zwischen beiden Oceanen zum erstenmale über- 
schritt, nicht eben klein zu nennen. Der ungünstige Umstand aber, 
dass jeder der kühnen Wanderer, die in das Innere der Urwälder ein- 
drangen, nur eine sehr schmale Linie rechts und links vom Pfad, den 
er eingeschlagen, übersehen und beschreiben konnte, minderte überaus 
den Werth ihrer topographischen Beobachtungen und damit auch 
die geographische Bedeutung ihrer Entdeckungen. Der dichte Tropen- 
wald gewährt den dortigen unabhängigen Indianern und den wilden 
Thieren ein gesichertes Asyl, ist aber sonst der Fluch dieses Landes, 
die Verzweiflung des Entdeckungsreisenden und das grösste Hemmniss 
der wissenschaftlichen Erforschung wie der Kulturverbreitung. Wer 
von der Natur eine teleologische Ansicht hegt, hätte fast ein Recht 
anzunehmen, dass der Schöpfer den Isthmus von Darien zu einer ewigen 
Wildniss verdammt habe. 

Nächst der Dichtigkeit des Pflanzenreichthums ist der Mangel eines 
überragenden Gipfelpunktes, der dem Besteiger einen orientirenden topo- 
graphischen Ueberblick der Cordillere und des Reliefs der ganzen 
Landenge von Darien gewähren könnte, der unglücklichste Umstand. 

Nirgendwo dürfte sich die Anwendung des Luftballons zu topo- 
graphischen Beobachtungen dringender empfehlen und bedeutsamere Resul- 
tate hoffen lassen, wie in diesen Landschaften. Der Ballon müsste an 


einem Seil befestigt von der Seite des caraibischen Meeres aufsteigen 
I 


12 


und der beobachtende Versuch an fünf oder sechs Punkten wiederholt 
werden. Erst nach einer solchen Recognoscirung aus der Vogelperspek- 
tive wäre dann die genauere Richtung einer nivellirenden Wanderung 
im Querprofil der Cordillere festzusetzen. 

Die Beschreibungen der Buccaneers aus dem 17. Jahrhundert, welche, 
von befreundeten Indianern geführt, die Isthmuscordillere in. verschie- 
denen Richtungen überschritten, sind zwar sehr wichtige Quellen, reichen 
aber zu einem Urtheil über die Reliefverhältnisse in Bezug auf einen 
Kanal se wenig aus, wie die verschiedenen ungenügenden „Surveys“ der 
englischen und französischen Ingenieure und Entdeckungsreisenden der 
neuesten Zeit. 

Capitain Sharp überstieg 1680 die Cordillere von der Caledonia- 
Bai ausgehend und erreichte erst nach zehntägigem Marsch die Ansied- 
lung Santa Maria am Rio Tuyra?). Er erwähnt nichts von einer tie- 
feren Einsenkung des Gebirges. Dagegen macht sein Gefährte Lionel 
Wafer, welcher die Izthmuscordillere sowohl an der Caledonia-Bai, als 
am Rio Concepeion überschritt, in seiner allgemeinen Beschreibung die 
auffallende Bemerkung: ‚dass der Hauptgebirgszug nicht aus einem 
ununterbrochenen Kamm, sondern aus einer Reihe von Hügeln bestehe, 
zwischen welchen sich oft breite Thäler (?) hindurch winden.“ 

Wenn die Angabe Wafer’s genau und richtig wäre, ‚so hätte‘ sie 
eine grosse Bedeutung. Durch ganz Mittelamerika ist nämlich überall, 
wo der Kettenbau der Cordillere verschwindet und Gruppen von Hügeln, 
in gleicher Richtung sich folgend, die Kettenform ersetzen, eine für die 
"Geologie und Orographie sehr wichtige Thatsache bemerkbar. Der Gra- 
nit, das älteste Eruptivgestein, und der ihm petrographisch ganz nahe 
stehende Gneis scheint hier überall die Kettenform zu bedingen. Mit- 
unter wird der Gneis durch Glimmerschiefer ersetzt. Wo aber diese 
ältesten krystallinischen Gesteine ganz verschwinden und an ihrer Stelle 
Trachyte oder basaltähnliche Dolerite im Centrum des Isthmus auftreten, 
da findet man höchst merkwürdiger Weise stets eine relativ beträcht- 
liche Erniedrigung der Wasserscheide. Diese Erscheinung wiederholt 


3) S. Capitain Sharp’s Journal im IV. Band der Collection of Voyages, London 1729. 


# 


13 


sich im Isthmus von Tehuantepec und am nördlichen Ende der Provinz 
Choco, ganz ähnlich wie in der eigentlichen Landenge von Panama. 

Die Angabe Wafer’s ist aber vonz weifelhaftem Werth, da sie von den 
brittischen und nordamerikanischen Reisenden der neuesten Zeit, nament- 
lich von Prevost, dem Kommandanten des Kriegsschiffes Virago, welcher 
1853 vom Golf von San Miguel ausgehend bis zum Quellgebiet des Rio 
Chucunaque vordrang, und vom amerikanischen Lieutenant Strain, wel- 
cher im Januar 1854 von der Caledonia-Bai aufsteigend die Cordillere 
überschritt, keineswegs bestätigt wurde. Beide konnten nirgendwo eine 
Unterbrechung oder tiefere Einsenkung des Gebirges auffinden, dessen 
niedrigste Depression immer noch gegen 1000’ betrug, statt der 150°, 
von welcher Herr Gisborne früher gefabelt hatte.- 

Französische Reisende, welche die Provinz Darien besuchten, aber 
die Gefahren und Strapazen scheuten, die dem heldenmüthigen Strain 
und seinen meisten Begleitern das Leben kosteten, wiederholten zwar 
die Angabe Wafer’s, aber allem Anschein nach nicht aus eigener Beob- 
achtung. 

Alle Erkundigungen, die ich selbst in Panama bei der Landes- 
regierung und in den kartographischen Documenten ihres Archis, sowie 
mündlich bei einzelnen Ansiedlern, Eingebornen und fremden Besuchern 
Darien’s eingezogen, sind mit dieser Angabe in Widerspruch. 

Wenn jedoch der verlebte Lord Palmerston im brittischen Parla- 
ment die Ausführung eines Durchstiches von Darien mit Bestimmtheit 
für eine ausgemachte Unmöglichkeit erklärte: „weil: die beide Oceane 
trennende Cordillere 7 bis 8 Mal so hoch sei“, so hat S. Lordschaft 
jedenfalls eine sehr voreilige Behauptung ausgesprochen. Lord Palmer- 
ston berief sich damals auf die Mittheilungen des Herrn Gisborne, deren 
, Unzuverlässigkeit längst dargethan und deren Widersprüche von Dr. Karl 
Neumann in einem vortrefflichen kritischen Aufsatz der „Zeitschrift für 
allgemeine Erdkunde‘ sehr richtig beleuchtet und ganz nach Verdienst 
gewürdigt worden sind. 

So lange in dem Gebirgszug westlich von der Caledonia-Bai noch 
eine so bedeutende Strecke als „ganz unerforschtes Gebiet“ welches nie 
der Fuss eines zuverlässigen Beobachters betreten, bezeichnet werden 
muss, kann man weder die Ausführbarkeit noch die Unmöglichkeit eines 


- 


14 


Kanalbaues durch die Landschaft Darien behaupten. Auch ist für die 
Entscheidung dieser Frage die Höhe der Isthmuscordillere nicht allein 
massgebend, sondern der Durchmesser in der Breite und die geognostische 
Beschaffenheit des Bodens kommt dabei vielleicht noch mehr in Betracht. 

Wenn die Cordillere selbst zu hoch, aber der Durchmesser stellen- 
weise bis auf eine halbe Seemeile oder noch weniger sich verengern 
sollte — was zwar nicht wahrscheinlich, aber doch auch keineswegs 
unmöglich wäre — so würde der Bau eines freilich sehr kostspieligen 
Tunnels hier jedenfalls ausführbar und einem Tunnel an der von Kennish 
entdeckten Stelle zwischen dem mittleren Atrato-Thal und dem Stillen 
Ocean vorzuziehen sein. | 

Engländer und Nordamerikaner haben bei ihren verschiedenen Ver- 
suchen, dieses für den künftigen Weltverkehr wichtigste geographische 
Problem zu lösen, weder die ihnen sonst eigenthümliche nachhaltige 
Energie, noch die richtige Einsicht in die dortigen Naturverhältnisse 
gezeigt. Ihr praktisches Talent, von welchem sie anderwärts, namentlich 
bei dem eben beendigten Bau der Pacific-Bahn, so grossartige Proben 
gegeben, scheint die Amerikaner in der Tropenzone mitunter ganz im 
Stiche zu lassen, obgleich. man ihnen die interoceanische Eisenbahn 
zwischen Aspinwall und Panama verdankt. 

In Darien und Veragua hatten die Amerikaner nach einigen ganz 
ungenügenden Versuchen das Feld der Erforschung jener unbekannten 
Binnengegenden den Franzosen fast ganz allein überlassen. Dr. Lebreton, 
ein sehr gebildeter praktischer Arzt, welcher den Isthmus seit vielen 
Jahren bewohnt, hat wiederholte Entdeckungsreisen nach Darien unter- 
nommen und war dabei auch einmal von französischen Ingenieuren 
begleitet. Er schiffte den Rio Tuira, Darien’s wasserreichsten Strom, 
hinauf und drang bis zur Einmündung des Rio Nique vor, konnte aber 
weder die gehofite Depression der Cordillere noch die in dortiger Gegend 
verborgenen reichen Goldminen von Caria, welche die Spanier einst 
mit bedeutendem Erfolg ausgebeutet hatten, auffinden. 

Die Expedition des französischen Ingenieurs Bourdiol, welcher 
1861 von den Ingenieuren Barnave und Champevifle begleitet sich 
ganz auf die Aufgabe einer Nivellirung der Landenge von Darien be- 
schränken wollte, lieferte nur äusserst ungenügende Resultate. 


15 


Als die höchste Leistung französischen Schwindels in der Kanalfrage 
möchte ich die Schrift des Herrn Airiau bezeichnen, welche unter dem 
Titel „Canal interocdanique par l’Isthme du Darien“ 1860 in Paris mit 
Karten und Plänen sehr schön und verführerisch ausgestattet erschien. 
Der Verfasser ist ein französischer Legitimist, welcher in der Republik 
Columbia längere Zeit lebte, auch den Isthmus von Darien besuchte und 
sich am Golf von San Miguel einige Monate aufgehalten hat. Von dort 
machte er kleine Excursionen in das Innere, ohne jedoch die waldbedeckte 
Wasserscheide zwischen beiden Oceanen je selbst überschritten zu haben. 
Von den vagen und widersprechenden Mittheilungen der Eingebornen 
über die Bodenbeschaffenheit an den oberen Zuflüssen des Rio Chucu- 
naque hat Herr Airiau offenbar nur die seinem Projekt günstig lauten- 
den mitgetheilt und auch diese offenbar in sehr entstellter Weise und 
unkritischer Deutung. Seine Karten und Pläne mit ihren Detailbeschreib- 
ungen würden sehr verlockend sein, wenn sie eine unbefangene Prüfung 
aushielten. 

Nach diesem französischen Plan sollte der künftige Kanalbau von 
12 Lieues Länge von der Einmündung des Rio Lara in den Rio Savannas, 
also unter 8° 30° N. Br. und 80° 20'W.L. v. P. ausgehend, in schiefer 
Linie von Südwest nach Nordost nach dem mittleren Lauf des Öhucunaque 
führen. Dort sollte der Bau eine Ebene von 21 Kilometer Breite durch- 
schneiden, die zwischen den Flüsschen Sucubti und Chiati liegt. Im Quell- 
gebiet des Sucubti wird die Oordillere selbst durchbrochen, welche nach 
den Angaben der französischen Reisenden hier eine angebliche Depression 
„d’une cinquantaine de metres“ über die Ebene darbieten soll. Ihren 
Durchmesser anzugeben hat der Verfasser vergessen, aber er versichert, 
‚ dass sie (ähnlich, wie in der eigentlichen Landenge von Panama) gar 

keine wirkliche Gebirgskette bilde, sondern nur aus ‚einer Reihe von 
'felsigen Hügeln oder isolirten Pics“ bestehe. Aus welchen Gesteinarten 
diese Pics bestehen, wird nicht erwähnt. Ueber die für einen Durch- 
. stich so wichtige Frage der petrographischen Beschaffenheit und der 
Lagerungsverhältnisse ist in dieser Schrift überhaupt nichts gesagt, 
sondern es wird nur bemerkt: „diese Pics (Cerros) seien durch Schluchten 
(Quebradas) geschieden, womit die Natur gleichsam von selbst dem In- 
genieur die Richtung für den Kanalbau angedeutet habe.‘ Den Indianern 


16 


der Umgebung von Puerto Escoces, versichert Herr Airiau, seien diese 
natürlichen Passagen wohl bekannt. 

Wie viel in diesen Angaben französischer „Entdeckungsreisender‘ 
über die Binnenlandschaften Dariens Wahrheit, Irrthum oder absichtlicher 
Schwindel ist, das zu @ntscheiden mag den künftigen exacten Beob- 
achtungen gewissenhafter Forscher vorbehalten bleiben. Mir scheinen 
die Angaben von Airiau und Consorten auf einer Compilation all’ der 
verschiedenen Mittheilungen älterer und neuerer brittisöher und ameri- 
kanischer Wanderer in diesem Gebiet zu beruhen, untermischt mit den 
vagen Mittheilungen der Eingebornen und den ergänzenden Combinationen 
eigener Phantasie. Auf Glaubwürdigkeit haben dieselben keinen Anspruch. 

So gering die Wahrscheinlichkeit von der wirklichen Existenz einer 
beträchtlichen Senkung der Isthmuscordillere von Darien, wie sie zur 
Ausführung eines Kanalbaues im Niveau des Oceans gewünscht wird, 
auch sein mag, so liegt die Möglichkeit, dass sie dennoch existirt, so 
lange noch offen, als die von Humboldt empfohlene genaue Nivellirung 
des Kammes der Cordillere (oder der Wasserscheide der Hügelreihe, 
wenn eine eigentliche Kette nicht vorhanden ist) in deren ganzen Längen- 
erstreckung nicht wirklich ausgeführt ist. 

Die seit meiner Rückkehr von einem andern Franzosen, Herrn Felix 
Belly, gemachte angebliche Entdeckung einer beträchtlichen Depression 
im Isthmus von Nicaragua oder genauer gesagt in der schmalen Land- 
enge, welche die Salinas-Bai am Stillen Ocean von dem Wasserbecken 
des grossen Nicaragua-Sees trennt, würde, selbst wenn sie sich als ganz 
richtig bestätigen sollte, die überwiegenden Vorzüge der Landenge von 
Panama nicht beeinträchtigen. Wenn auch die nicht volles Vertrauen 
verdienenden sehr günstigen Beobachtungen und Angaben des Herrn 
Felix Belly ganz gegründet sein sollten, würde dort dieHöhe der trennen- 
den Wasserscheide 40 Meter über dem Niveau des Nicaragua-Sees (der 
nach Baily’s Bestimmung 128° höher, als der Stille Ocean ist) bei einer 
Breite von mindestens 10 Kilometer betragen. Da die dortige Scheitel- 
strecke bei dem Mangel eines höher liegenden Flusssystems unmöglich 
mit dem nöthigen Wasser gespeist werden könnte, so eignet sich der 
Isthmus an der Salinas-Bai nicht für die Anlage eines Kanals mit 
Schleussen. Der wasserscheidende Höhenzug müsste also im Niveau des 


17 


Oceans bis zu einer Tiefe von 48 Meter (mit Inbegriff des Kanalbeckens) 
durchgegraben werden — ein Projekt, das selbst Herrn. Michel Che- 
valier fast ‚zu kolossal‘‘ erscheint. Der Höhenzug besteht aus Schichten 
vulkanischer Tuffe und Conglomerate, von welchen nur die oberen 
ziemlich locker und leicht zerreiblich, die tieferen aber so compact sind, 
dass sie selbst durch die sehr verbesserten Dampfbaggerapparate, mit 
welchen die Herrn Lavalley und Borell im Isthmus von Suez operirten 
und dort selbst auf ziemlich festen Sandboden überaus günstige Resul- 
tate erzielten, nicht ausgehoben werden könnten, sondern durch Meissel 
und Sprengpulver, durch Hacke und Spaten durchbrochen werden müssten. 
Es ist aber mit grösster Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass man dort 
unter den Conglomeratschichten stellenweise auf noch härtere trachytische - 
oder doleritische Gesteine stossen wird. 

Die von Herrn Belly mächtig ausposaunte angebliche Entdeckung 
‚einer so tiefen Einsenkung des Höhenzuges der westlichen Küstenzone 
von Nicaragua halte ich jedoch für eine ähnliche Uebertreibung, wie 
jene frühere französische Behauptung der Herren Salomon und Morel 
von der Existenz einer noch tieferen Depression in der eigentlichen 
Landenge von Panama zwischen den Quellen des Rio Bernardino und 
Rio Cana Quebrada. 

Ich selbst habe bereits im Januar 1854 nach einem längeren Auf- 
enthalt im Staat Costarica, begleitet von Dr. Karl Scherzer, das obere 
Sapoa-Thal und die erwähnte Landenge zwischen der Salinas-Bai, und 
dem Nicaragua-See überschritten und keine Einsenkung des Höhenzuges 
unter 80 Meter über dem Niveau des Sees gefunden. Die damaligen 
Beobachtungen wurden allerdings nicht mit einem Fortin’schen Quecksilber- 
barometer, sondern mit einem Vedi’schen Aneroidbarometer vorgenommen. 
Waren mit diesem Instrument sehr genaue Messungen auch nicht möglich, 
so ist doch kaum anzunehmen, dass eine irrige Differenz über 20 Meter 
betragen haben kann, zumal da das Aneroid in gutem Zustande sich 
befand. Die angebliche Depression von 40 Meter, die sog. Belly’sche 
Entdeckung, wird sich bei genauerer Beobachtung wahrscheinlich auf 
60 Meter steigern, was auch nahebei der Angabe des dänischen Bo- 
tanikers Dr. Oerstedt entsprechen würde. Die Trachyttuffe, welche dort 
vorherrschen, hat Herr Belly bei gänzlichem Mangel aller mineralogischen 
Abh.d.II. Cl.d.k.Ak.d. Wiss. X. Bd. III. Abth. 3 


18 


Kenntnisse für Kalksteine angesehen! (Kalkstein fehlt in der ganzen 
Länge des Höhenzuges der Küste.) 

Die vergleichweise sehr günstigen hypsometrischen Verhältnisse in 
der Landenge von Panama, welche durch die Entdeckung der Depression 
zwischen Obispo und Paraiso constatirt sind und zum Bau einer inter- 
oceanischen Eisenbahn in dieser Richtung Veranlassung gaben, scheint 
Herr Michel Chevalier noch jetzt gänzlich zu ignoriren. Derselbe hat 
fünf Jahre nach der Entdeckung des Summit-Passes im Journal des 
Debats eine vergleichende Uebersicht der Messungsresultate in den ver- 
schiedenen Isthmusgegenden Amerikas publicirt, ohne diese wichtige 
Depression zu erwähnen. Der berühmte französische Nationalökonom 
hält die vom fransösischen Ingenieur Garella an der Wasserscheide 
zwischen dem Rio Bernardino und Rio Paya erlangten Messungen noch 
für massgebend und entscheidend für die Höhenverhältnisse der Land- 
enge von Panama, in einer Frage, die doch bei ihrer hohen Bedeutung 
für den Weltverkehr ein gründlicheres Studium und Kenntniss aller 
darüber vorhandenen Dokumente erfordern sollte. 

Selbst annähernde barometrische Höhenaufnahmen waren vor den 
Reisen von Baily und Garella, also noch vor wenigen Jahrzehnten, in 
der ganzen Ausdehnung des mittelamerikanischen Isthmusgebietes und 
besonders in den Provinzen Darien, Panama und Veragua nie gemacht 
worden mit Ausnahme einer nicht ganz genauen barometrischen Messung 
des Cerro de Ancon bei Panama durch Jorge Juan, welche auch 
Humboldt erwähnt, und einer Messung der Wasserscheide zwischen 
Alt-Panama und Portobelo durch Obrist Lloyd. In dem Humboldt’schen 
Atlas (Paris 1834) befindet sich eine Karte des Andengebirges (Esquisse 
hypsometrique des noeuds de montagnes et des ramifications de la 
Cordillere des Andes depuis le. cap Horn jusqu’ & l’Isthme de Panama), 
welche in Bezug auf die Höhenverhältnisse im Innern der Landenge 
von Panama wesentlich irrige Angaben enthält, vielleicht durch eine 
falsche Schätzung der Lage des Cerro de Ancon und der von Lloyd 
bestimmten  Wasserscheide. In Bezug auf die Cordillere von Chepo 
giebt die Humboldt’sche Karte 30—90 Toisen (jedoch mit einem Frage- 
zeichen) an. Auf welche Autorität hin Humboldt diese noch irrigere 
Höhenangabe citirt, ist nicht erwähnt. Bei den Messungen, die ich im 


19 


Monat März 1858 gemeinschaftlich mit Dr. Kratochwil auf dem Kamm 
der. Cordillere nördlich von Chepo unternahm, ergab das Mittel der 
Kammhöhe 453 Meter (Resultat von 8 Beobachtungen). Den höchsten 
Gipfel der Cordillere (im NNW von Chepo), bestimmte ich zu 735 Meter. 

Die auffallende Lücke in der Reliefkenntniss eines der wichtigsten 
Theile der Neuen Welt hat Humboldt in seinem klassischen Werk über 
Mexiko mit Nachdruck hervorgehoben. Der Mangel aller hypsometrischen 
Bestimmungen der verschiedenen Wasserscheiden, Passsenkungen und 
mittleren Kammhöhen in einem Lande, welches seit den ersten Jahr- 
zehnten der spanischen Conquista als Passageland eine so hohe Be- 
deutung hatte, bis in die neueste Zeit ist ein um so auffallenderes 
Faktum, als die französischen Akademiker Condamine und Bouguer und 
nach ihnen die spanischen Geometer und Physiker Jorge Juan und 
Antonio Ulloa bereits im vorigen Jahrhundert, mit Messinstrumenten 
reichlich ausgestattet, die Landenge überschritten, merkwürdigerweise 
ohne auch nur daran zu denken, auf dem Wege von Portobelo nach 
Panama an der Scheitelhöhe des Isthmus und der Wasserscheide zwischen 
beiden Oceanen ihre Barometer zu befragen. 

Als der berühmte General Bolivar nach errungener Unabhängigkeit 
seines Vaterlandes die Präsidentschaft der damals sehr ausgedehnten 
Republik Columbia bekleidete, beauftragte er im März 1828 den 
brittischen Genieobersten Lloyd und den schwedischen Capitain Fallmac 
mit einer wissenschaftlichen Untersuchung des Isthmus von Panama zur 
Lösung der Frage über die Ausführbarkeit eines Schiffskanals. Beide 
waren Fachmänner und mit allen erforderlichen Instrumenten und 
Mitteln so reichlich versehen, dass man einiges Recht zu haben glaubte, 
von ihren Arbeiten bedeutende Ergebnisse und die Lösung der wesent- 
lichsten Aufgaben hinsichtlich einer genauen Erforschung der Richtung, 
Formen- und Höhenverhältnisse der Gebirge und Höhenzüge in der 
ganzen Länge von Atrato-Thal bis zum Golfe von Chiriqui zu erhalten. 

Die von dieser wissenschaftlichen Mission wirklich erlangten Re- 
sultate blieben aber selbst hinter den billigsten Anforderungen sehr, 
sehr weit zurück. Weder die Cordillere von Darien noch die von 
Veragua wurden von Lloyd und Fallmac explorirt. Nur ein einziger 
Scheitelpunkt der Wasserscheide zwischen dem Flussgebiet des Chagres 

» Bi 


20 


und den Zuflüssen der südlichen Abdachung, ward von ihnen gemessen 
und auch dieser Punkt ist an einer für das Hauptproblem unpassenden 
Stelle bestimmt, nemlich bei den Altos von Maria Enrique, welche den 
äussersten westlichen Ausläufer der Gebirgskette von Darien und Chepo 
bilden, wo die Sierra als ausgedehnter Höhenrücken noch in mehr 
kettenähnlicher Form erscheint und wo das System dieser Kettenform 
und der von ihm abhängigen parallelen und transversalen Gliederung 
des ganzen Gebirgsbaus seine Verwandlung in eine Reihe rundlicher 
Hügelgruppen noch nicht gefunden hat. 

Obrist Lloyd bestimmte dort in einer Entfernung von 21 Kilometer 
von Panama den höchsten Punkt der Wasserscheide zwischen dem Quell- 
gebiet des Rio Chilibre (Confluenten des Chagres-Flusses und des Rio 
San Juan de Diaz) der südlichen Abdachung mit 196 Meter 39 c. über 
der mittleren Fluthhöhe des Golfes von Panama, welche er irrig auf 
1 Meter 7 c. über der mittleren Fluthhöhe des atlantischen Oceans 
feststellte (die neuesten genauen correspondirenden Beobachtungen der- 
amerikanischen Ingenieure in Aspinwall und Panama ergeben eine ganz 
gleiche mittlere Wasserhöhe für beide Oceane). 

Herr Michel Chevalier meint hinsichtlich dieser vom General Bolivar 
ausgerüsteten wissenschaftlichen Mission: die Herren Lloyd und Fallmac 
hätten in ‘der heissen Luft des Isthmus wohl mehr geruht und ge- 
schlafen, als beobachtet und gemessen. In dem äusserst mageren Be- 
richt, welchen Oberst Lloyd nach beendigter Reise veröffentlicht hat, 
schweigt er hinsichtlich der Frage einer hypsometrischen Untersuchung 
des Hügellandes in dem ganzen Längenprofil zwischen Pennon grande 
und Cerro Trinidad, wo die Cordillere als Kette verschwindet und mit 
ihr die plastische Form des Bodens sich auffallend verändert. 

In ganz vager Weise äussert er, dass er einen Durchschnitt vom 
R. Trinidad nach der Südsee für die rathsamste Richtung eines 
Schleussenkanals halte, bewahrt aber hinsichtlich der Kapitalfrage: ‘ob 
für die Scheitelstrecke eines solchen Kanals dort auch wohl das hin- 
reichende Wasserquantum vorhanden, ein auffallendes Stillschweigen. 

Herr Chevalier meint sehr richtig: der Obrist Lloyd, sonst ein 
Officier von namhaftem Ruf und Kenntnissen, habe das Unzureichende 
seiner dortigen Terrainstudien wohl selbst gefühlt und sei vom Isthmus, 


21 


wo ihm die Hitze und die giftigen Miasmen des Bodens zusetzten, ge- 
flohen, um den Einwirkungen eines gefährlichen Klimas zu entgehen. 
Hätte Obrist Lloyd nur eine der trachytischen Hügelgruppen im Westen 
der Pennon grande bestiegen, so würde er wohl eine bessere topographische 
Einsicht in den wichtigsten Theil der Landenge gewonnen, die merk- 
würdige Thatsache einer auffallenden Aenderung der Reliefformen er- 
kannt und die verschiedenen Depressionen und Flusswindungen zwischen 
dem Cerro Mitra und dem Quellgebiet des R. Ahoyagua zur Fortsetzung 
hypsometrischer Untersuchungen ernstlich empfohlen haben. . 

Einige Jahre nach Obrist Lloyd’s Rückkehr trat der Franzose 
Morel mit der Behauptung auf: er habe an der Wasserscheide zwischen 
den Confluenten des R. Trinidad und des R. Bernardino eine Depression 
entdeckt, deren Erhebung über den Stillen Ocean nur 10 Meter 40 c. 
betrage. Diese mit ungemeiner Dreistigkeit aufgestellte und verbreitete 
Behauptung, welche sogleich eine französische Gesellschaft unter der 
Leitung des Herrn Salomon veranlasst hatte, in dortiger Gegend ausge- 
dehnte Grundstücke zu kaufen, erregte bei allen Freunden der Erdkunde 
ungewöhnliches Aufsehen. War die Angabe richtig, so konnte der Bau 
einer Eisenbahn. und selbst eines Schiffskanals in der bezeichneten 
Richtung bei vergleichender Prüfung der übrigen Terrainverhältnisse 
weder schwierig noch übermässig kostspielig sein. Die auf angebliche 
' Messungen gestützte Behauptung Morel’s machte besonders in Frank- 
reich optimistische Erwartungen rege, welchen bald die traurigste Ent- 
täuschung und mit ihnen das Ende der Speculation folgen sollte. 

Im Auftrage der französischen Regierung begaben sich zwei er- 
probte Ingenieure, die Herren Garella und Courtines, nach dem Isthmus 
von Panama .und untersuchten insbesondere das von Morel angegebene 
Terrain. Obwohl die Thätigkeit auch dieser beiden Fachmänner durch 
die abspannende Wirkung der tropischen Hitze und den ‚üblen Einfluss 
des Isthmusklimas offenbar beeinträchtigt wurde, so verdankt man ihren 
Arbeiten doch die ersten bestimmten Aufschlüsse über die hysometrischen 
Verhältnisse des Profils der Landenge zwischen den Üerros de los 
Hormigueros (9° N. B. 79° 42° W. L.) und dem Cerro Potrero del 
Arado (8° 58° N. B. 79° 47‘ W. L.) in einer Ausdehnung von etwa 
8 englischen Meilen. Garella hat die Resultate seiner Arbeiten in einer 


22 


besondern Schrift 1845 veröffentlicht. Seine Messungen widerlegten 
vollständig die angebliche Entdeckung des Herrn Morel. Garella . be- 
stimmte die Stelle der Wasserscheide im obern Bernardinothal (zwischen 
den Bächen R. Congo und R. Piscado) auf 115 Meter 20 ec. und an der 
von Herrn Morel und der Gesellschaft Salomon bezeichneten, angeblich 
niedrigsten Depression auf 128 M. 72 ce. (46 M. 96 c. höher als die 
Wasserscheide am Rio Obispo und R. grande.) Wegen der dort vor- 
kommenden Terrainschwierigkeiten 'schlug Herr Garella eine mehr seit- 
liche Richtung zwischen Cerro Ahoyagua (520) und Cerro de Paja 
(420°) bei einem der Verbindungsjöcher vor, welche von den dortigen 
Erhebungscentren strahlenförmig auslaufen !). Dieses dammartige Joch 
bildet in einer Höhe von 140 Meter die Flussscheide zwischen dem 
R. Paja (nördliche Abdachung) und dem R. Ahoyagua (südliche Ab- 
dachung). 

Dieser von Garella für den interoceanischen Kanalbau vorge- 
schlagene Uebergangspunkt der Wasserscheide des Isthmus, welcher 
6 Seemeilen westlich und 3 Meilen südlich vom Summit gelegen, über- 
ragt letztern um 70 Meter 14 e., als» fast um das Doppelte. Dass 
Herr Garella eine so bedeutend tiefere Senkung des Scheitelpunktes der 
Landenge im Obispo-Thale so nahe bei der von ihm untersuchten Gegend 
an einem Punkte, den einer der alten Maulthierwege zwischen Gorgona 
und Panama kreuzt, nicht aufgefunden hat, wäre in Berücksichtigung 
der deprimirenden Wirkung des Klimas einigermassen verzeihlich. 
Weniger zu entschuldigen ist die Bestimmtheit seines Urtheils hinsicht- 
lich der für einen Schiffskanal hier einzig passenden Richtung bei so 
ungenügender Recognoscirung und so unzureichenden Messungen: „ÜO’est 
entre les deux bassins du Caimito et du Cara Quebrada qu’il convient 
de chercher le point de passage d’un canal de communication entre 
les deux oceans“. So lautete der ebenso anmassende, als irrige Aus- 
spruch des französischen Chefingenieurs. | 

Als Beweis, dass in andern Richtungen zwischen den verschiedenen 
Erhebungsentren nicht niedrigere Passsenkungen und Querspalten irgend 
einer Form vorhanden seien, beruft sich Herr Garella nicht etwa auf 


» 


1) S. meine Karte der Landenge von Panama in Petermann’s Geographichen Mittheilungen 1861. 


23 


Gipfelbesteigungen, welche ihm eine topographische Einsicht in die 
Reliefform gegeben und die er im Quellgebiet R. grande und R. Obispo 
auch sicher nicht ausgeführt hat, sondern er führt als Wahrscheinlich- 
keitsgrund die eines denkenden Mannes. ganz unwürdige Bemerkung an: 
dass die Pelekane bei ihren häufigen Wanderungen von einem Ocean 
zum andern in der von ihm bezeichneten und vorgeschlagenen Richtung 
den Isthmus überfliegen. Als ob ein Höheunterschied von einigen 
hundert Fuss für die Flugrichtung von Strichvögeln bestimmend sein 
könnte und als ob auf so vage Beobachtungen hin ein so bestimmter 
Ausspruch, wie der oben angeführte, zu rechtfertigen wäre! — 

Die Schwierigkeiten genauer Terrainbeobachtungen und Messungen 
sind allerdings gross ın einem Lande, wo das hunderttheilige Thermo- 
meter in den Nachmittagsstunden + 30° bis 33° erreicht und wo bei 
der Masse verwesender Organismen in einer feuchten Atmosphäre sich 
die giftigsten Miasmen bilden. Das Klima des Isthmus von Panama 
ist von der Zeit der ältesten spanischen Ansiedlungen unter Diego de 
Nicuesa und Rodrigo de Golmenares bis auf die jüngste Vergangenheit, 
wo der Bau der Eisenbahn einer beträchtlichen Zahl von chinesischen 
und indischen ‘Arbeitern das Leben kostete, mit Recht traurig be- 
rüchtigt. Die Fieber im Innern der Landenge sind seltener, als an der 
Küste, wo das Salzwasser der eindringenden .Meeresfluth die giftige 
Wirkung der wmalarıa besonders in der Nähe der Flussmündungen 
steigert. Aber auch dort hinterlassen diese tropischen Wechselfieber 
gewöhnlich sehr schlimme Folgen, welche die Kräfte des Körpers zer- 
stören und den Geist schwächen und deren üble Nachwirkungen oft 
von hartnäckiger Dauer sind. 

Da nach dem Stand der bisherigen Forschungen die Linie von der 
Limon-bai nach dem Golf von Panama unter allen bisher untersuchten 
Landschaften die meiste Aussicht hat, für einen interoceanischen Schiffs- 
kanal in Angriff genommen zu werden, so gebe ich von ihr in der 
folgenden Darstellung eine eingehende Beschreibung ihrer Naturver- 
hältnisse. Diese Schilderung möge als eine Ergänzung und Berichtigung 
der physisch-geographischen Skizze betrachtet werden, welche ich früher 
in Petermann’s „Geographischen Mittheilungen“ (1861) mit Karte ver- 
öffentlichte. Die seither vorgenommene genauere Bestimmung der dort 


24 


von mir gesammelten Gesteinarten, Pflanzen und Thiere gestattet mir 
hier eine ausführlichere und richtigere Schilderung des Naturcharakters 
dieser wichtigen Landschaft, als ich damals zu geben im Stande war. 
Da das Isthmusgebiet in, Bezug auf Vegetation und Thierreich noch 
wenig erforscht und zur Vergleichung des Charakters der Floren und 
Faunen von Nordamerika und Mexiko einerseits, von Südamerika 
andererseits, besonders aber in Bezug auf die geographische Verbreitung 
der Organismen zwischen beiden Oceanen von grosser Wichtigkeit ist, 
so hoffe ich, dass die beigefügten Bemerkungen über die vorkommenden 
häufigsten Pflanzen und Thierarten dem Botaniker wie dem Zoolögen 
einiges Interesse bieten. 

Zur richtigen Beobachtung und Auffassung der von dem Cordilleren- 
system Süd- und Nordamerikas so auffallend abweichenden vertikalen 
Configuration der Landenge zwischen der Limonbai und dem Golf von 
Panama sind Besteigungen einzelner Gipfel an verschiedenen Punkten 
des Innern unerlässlich. Sehr dominirende Berggipfel, hochgelegene 
Punkte, von welchen der Blick die Landenge in ihrer ganzen Breite 
zwischen beiden Oceanen beherrschen könnte, existiren zwar nicht in 
diesem Theile der Landenge. Die Gipfel der einzelnen Trachyt- und 
Doleritkuppen nnd die Höhen der verschiedenen Wasserscheiden bieten 
hier im Ganzen geringere Differenzen als in irgend einem andern .Ge- 
birgssystem Amerika’s dar. Gleichwohl wäre ohne die Besteigung ver- 
schiedener Höhepunkte nahe der Wasserscheide eine genaue Orientirung. 
hinsichtlich der verwickelten Formenverhältnisse und der Richtung der 
einzelnen Höhengruppen unmöglich. 

Der Cerro de Ancon der nächste Hügel bei der Stadt Panama, der 
sich nach meiner Messung 511 P. F. über der mittleren Fluthhöhe des 
Golfes von Panama erhebt und dessen dachförmige Gipfelhöhe leicht 
zugänglich, ist nur für den Ueberblick der Inseln der Küstenumsäumung 
des Golfes und der nächsten Höhenzüge des Festlandes geeignet, nicht 
für das Studium des Reliefs im Centrum der Landenge. Zu diesem 
Zweck ist die Besteigung der von der ‚Küste entfernteren höheren 
Trachytberge wie des Cerro Comboy (9% 3° 20“ N. B. 79% 43° 10° 
W. L. v. G.) und des Cerro grande, (9% 5° N. B. 79° 43° W. B.) der 
sich südöstlich vom kreisrunden Thal von Matachin nach meiner baro- 


25 


metrischen Bestimmung 909 P. F. erhebt, jedem Beobachter zu empfehlen. 
Auch die Doleritkuppe des Cerro de los Hormigeros, welche nahe der 
Wasserscheide zwischen dem Rio Aquacate und R. Mandingo sich 694° 
erhebt, ist zum Ueberblick der plastischen Verhältnisse der Landschaft 
geeignet. Diese Hügelgruppe ist nahe dem Wege gelegen, welcher von 
dem Städtchen Chorrera nach dem Dorfe Gorgona führt, und daher 
ziemlich -leicht zugänglich. Für den nördlichen Theil des Isthmus ge- 
währt der Cerro Pelado, der sich an der Nordseite des Thales von 
Matachin 707,3 P. F. erhebt, durch seine centrale Lage (9° 8’ N. B. 
79° 31° W. L.) und durch seine ganz isolirte Stellung einen sehr 
günstigen Beobachtungspunkt namentlich für die orographischen Ver-‘ 
hältnisse der nördlichen Abdachung und für die Topographie des Thales 
von Matachin. 

Das wichtigste Resultat, welches aus einer genauen Beobachtung 
dieses Höhensystems im Vergleich mit dem Gebirge von Veragua und 
Costarica im Nordwesten und mit der Cordillere von Chepo und Darien 
im Osten hervorgeht, ist die Thatsache einer deutlichen Unterbrechung 
der Cordilleras als Kette und einer Vertretung dieser Kettenform durch 
ein von ihr verschiedenes Formensystem, welches auf ganz veränderte 
geologische Verhältnisse bei der Entstehung dieses Höhenzuges schliessen 
lässt. 

Statt des fortlaufenden Höhenrückens oder Kammes einer eigent- 
lichen Cordillere — eine Benennung welche im spanischen Amerika 
gewöhnlich für zusammenhängende Gebirgsketten gilt, deren mittlere 
Erhebung nicht unter 1000° ist — treten, relativ niedrige Hügelgruppen 
auf, die aus der waldigen Ebene zwischen beiden Oceanen scheinbar in 
einem regellosen Chaos sich erheben. ‘Bei genauerer Betrachtung er- 
kennt man in dem Höhensystem der Landenge sowohl in den Formen 
der Gruppen, als in deren Stellung und Richtung eine bestimmte An- 
ordnung, die von den Gebirgssystemen Süd- und Nordamerika’s sehr 
verschieden ist. 

In den Formen der einzelnen Hügel und Berge in der Gebirgslücke 
zwischen der Limonbai und dem Golfe von Panama ist die Kegelform 
häufig mit gewölbten kuppenförmigen - Gipfeln vorherrschend wie sie 
unter allen Himmelsstrichen trachytische Bildungen und noch bestimmter 
Ah. d. II. Cl.d. k. Ak. d. Wiss. X. Bd. III. Abth. 4 


26 


die unter sich nahe verwandten Basalte, Dolerite und Trappgebilde 
charakterisirt. Die spanisch redenden Eingebornen des Isthmus geben 
dieser conischen Bergform vorzugsweise den Namen Cerro, der sonst 
auch für jeden selbstständigen Berg oder hervorragenden Gipfel ge- 
braucht wird, während langsgestreckte Berge mit. kammförmigen Höhen- 
rücken oder kettenförmige Höhenzüge von nicht beträchtlicher Aus- 
dehnung gewöhnlich mit dem Namen Sierra bezeichnet werden. 

Sehr hohe Kegelberge, welche zwischen dem Atrato-Thal und 
Chiriqui jedoch nicht vorkommen, werden von den Creolen fast immer 
„Volcan“ genannt, auch wenn ınan von ihrer vulkanischen Thätigkeit 
aus der Vergangenheit nicht die geringste Spur hat. 

In der relativen Stellung der einzelnen Hügel der Landenge ist eine 
rundliche, eirkus- oder halbringförmige Gruppirung besonders bezeich- 
nend. Joche vermitteln die Verbindung der verschiedenen Kegel zu 
diesen rundlichen Gruppen, welche kesselförmige Erhebungsthäler ein- 
schliessen. . Keiner der Trachyt- und Doleritkegel zeigt eine Giptel- 
öffnung oder die Bildung eines Eruptionskraters. Ebenso scheinen 
wirkliche Lawaströme, schlackige Rapilli, Bimssteine, Pechsteine, Obsidiane 
und ähnliche vulkanische Kraterproducte hier wie in der ganzen Aus- 
dehnung vom Atratothale an gänzlich zu fehlen, bis nahe der Nordwest- 
grenze der Provinz Veragua, wo der Volcan de Chiriqui, ein jetzt er- 
loschener, aber in vorhistorischer Zeit lange thätig gewesener, wahrer 
Vulkan am Fusse der Cordilleren sich erhebt. In der relativen Läge 
der verschiedenen durch dammartige Fortsätze verbundenen Gruppen 
des Hügelsystems von Panama ist eine bestimmte Reihenfolge, welche 
der Richtung der Vulkanreiche Centralamerika’s einigermassen eut- 
spricht, unverkennbar. 

Die Zone der Landenge, in welcher die Cordillere als Kette ver- 
schwindet, und durch die so eben beschriebenen Gruppen trachytischer 
und doleritische Bildungen unterbıochen ist, nimmt in schiefer Linie 
von Nordost nach Südwest den Raum zwischen den Altos de Maria 
Enrique (90 13° N. 3.790 31° W. L.) oder — wenn man die mit ihr 
verbundene kammförmige Höhengruppe der Sierra del Peiion grande 
als das äusserste südwestliche Ende der Cordillere von Chepo betrachten 
will “was. ich bei unzureichender Beobachtung in jenem Theile der 


27 


Jandenge nicht mit Bestimmtheit zu entscheiden wage) — der Land- 
enge von den Parallelkreisen bis 9° 10° N. B. und dem Meridian 79° 
34° bis 79° 55° W. L. ein, wo das äusserste südöstliche Ende. des hohen 
granitischen Gebirgsbaues der COordillere von Veragua plötzlich in die 
waldige Ebene abfällt. Eine scharfe Grenze der Lücke des Kettenbaues 
ist an der Nordostseite in der Richtung von Chepo schwieriger zu be- 
stimmen als in der Gegend von Chorrera an dem südwestlichen Ende 
des doleritischen Hügelgruppenzuges, weil dort die Formenveränderungen 
weniger schroff, die Beobachtung aber durch die Hindernisse der dichten 
Waldvegetation noch mehr erschwert ist. Die ganze Länge dieses Hügel- 
gruppensystems kann man auf S—10 deutsche Meilen annehmen. Neben 
der Aenderung in der Reliefform, welche selbst bei flüchtiger Beob- 
achtung keinem geübten Auge entgehen wird, ist das Verschwinden des 
Granits und der ihm verwandten ältesten‘ plutonischen Eruptivsteine in 
der ganzen Ausdehnung dieses Gebietes eine auffallende geologische 
Thatsache. Ueberall, wo im Isthmus eine wahre Cordillere, eine fort- 
laufende Gebirgskette vorhanden, bildet in der Regel der Granit oder 
ein von ihm gehobenes krystallinisches Schiefergestein, oft auch als 
Gneissgranit den Uebergang in gneissähnliche Textur verrathend das in 
Masse vorwiegende Höhengestein, besonders an. dem nördlichen Abfall. 
In der so eben bezeichneten Strecke der Landenge scheinen die Granite 
jedoch gänzlich zu fehlen und statt ihr r treten nur jüngere Eruptiv- 
steine mit ihren ausgedehnten Conglomerat- und Tuffbildungen auf. 

Da der Isthmus von Panama seines übelberüchtigten Klimas wegen 
nur von wenigen Forschern flüchtig besucht worden ist und keiner 
von diesen sich die Mühe genommen hat, verschiedene Höhen im 
Innern der Landenge zu besteigen und mit aufmerksamen Blick deren 
Relief zu studiren, so ist es einigermassen begreiflich, dass diese merk- 
würdige Thatsache einer wesentlichen Veränderung in den plastischen 
Formen der Gebirgslücke zwischen Veragua und Chepo von einzelnen 
Beobachtern, wie Napoleon Garella zwar vage angedeutet aber nicht 
scharf erkannt, nie mit bestimmten Zügen dargestellt und daher auch 
von den meisten Geographen fast ignorirt worden ist. Diese Veränderung 
der vertikalen Configuration , das bestimmte Aufhören der Cordillere 
zwischen der Limonbai und dem Golfe von Panama ist aber für die 

4* 


28 


physische Erdkunde und für die wichtige Frage des heutigen und 
künftigen Weltverkehrs, die sich an die Möglichkeit einer Durchstechung 
dieser Landenge knüpft, eine ebenso bedeutungsvolle geologische That- 
sache wie der Wechsel in der horizontalen Configuration, wie die plötz- 
liche Einschnürung des Welttheils im Nordosten der Provinz Choco und 
wie die ebenso plötzliche Aenderung in der Richtung und im ganzen 
Naturcharakter der Gebirgszüge, welche sowohl die eigenthümlichen 
Küstencontouren als die plötzliche Umwandlung der vertikalen Gliederung 
im Innern des langgestreckten centro-amerikanischen Isthmus bedingt 
vom Atrato-Thal bis zum Thal des Guazocoalco, der letzten Einschnürung 
des Continents, in einer schiefen Linie mit einer Ausdehnung, welche 
10 Parallelkreise und 17 Meridiane umfasst. 

Unter den von mir mit möglichster Vollständigkeit gesammelten 
vulkanischen Gesteinen des Isthmus, aus welchen die meisten Berge, 
besonders alle Erhebungen über 200 metres bestehen, sind die Trachyte 
denen der Cordilleras von Darien, Veragua, Costarica sehr ähnlich und 
mit jener Trachytvarietät der hohen Anden von Ecuador und Peru 
welche man Andesit benannt hat, in einzelnen Handstücken dem blossen 
Auge kaum unterscheidbar. Gleichwohl scheinen diese Isthmus-Trachyte 
theilweise ein etwas grösseres specifisches Gewicht und geringeren 
Kieselsäuregehalt als die von mir aus Ecuador und Peru mitgebrachten 
auffallend kieselsäurehaltigen älteren trachytischen Gesteine zu enthalten. 
In den meisten trachytischen Felsarten dieser Gegenden waltet eine 
porphyrartige Structur vor, obwohl sie nicht zu den eigentlichen 
Trachyt-Phorphyren gehören, denen bekanntlich die Hornblende mangelt 
während unter den Isthmus-Trachyten,, namentlich die grobkörnigen 
Gesteine mitunter. äusserst hornblendereich sind. ‚Dieses Mineral er- 
scheint als eine wenn nicht wesentliche doch charakteristische Bei- 
mengung des Trachyts theils in prismatischen theils in nadelförmigen, 
vollkommen spaltbaren schwarzglänzenden Krystallen — die grösseren 
meist 4—5 Mm., die kleineren 1—2 Mm. lang !). 


1) Die von mir aus der Landenge von Panama mitgebrachten Gesteinarten, welche alle 
wesentlichen Bildungen in dem ganzen vom Bau der interoceanischen Eisenbahn aufge- 
schlossenen Querprofil des Isthmus repräsentiren, sind Eigenthum der geognostischen 


29 


Vulkanische Uebergangsgesteine vom Trachyt zum Dolerit kommen 
in der Landenge von Panama, besonders an deren südlicher Wasser- 
scheide noch häufiger vor als in andern Theilen des Isthmus und auf 
einem fast noch beschränkteren Raum fast so häufig wie in dem grossen 
vulkanischen Gebiet der Anden von Ecuador. Bei dunklerer Färbung, 
Abnahme des Feldspaths und Zunahme von Magneteisen und Augit, 
zugleich mit Zunahme des specifischen Gewichts schwanken diese Fels- 
arten zwischen den Gruppen der trachytischen urd basaltischen Ge- 
steine. Dieselben lassen dann eine ziemlich willkürliche petrographische 
Bestimmung zu, indem sie bald der einen, bald der andern dieser vul- 
kanischen Gesteingruppen beigesellt und wohl am passendsten als Trachy- 
Dolerirte (nach der Benennung Abich’s) bezeichnet werden können. 

Die Ansichten der kenntnissreichsten Petrographen, denen ich diese 
Gesteine zur Untersuchung mittheilte, sind etwas schwankend und 
weichen von einander beträchtlich ab. Diese abweichenden Ansichten 
zeugen von den Schwierigkeiten, die weder durch mineralogische noch 
durch chemische Untersuchungen ganz befriedigend gelöst werden können 
und im Gegenstand selbst liegen. Die Gesteinarten sind eben noch viel 
weniger wirkliche Species als die Organismen; sie zeigen zahllose 
Uebergänge. Die an der südlichen Seite der Wasserscheide gegen den 
Stillen Ocean anstehenden trachy-doleritischen Gesteine haben gewöhn- 
lich eine grünlich schwarze, durchscheinende, sehr magneteisenreiche 
Grundmasse von splittrigem Bruch. Sie sind quarzfrei. In den kleinen 
Tafeln von Feldspath konnte keine Zwillingsstreifung erkannt werden. 
Es ist also wahrscheinlich doch Sanidin, wofür auch die Frische des 
Minerals spricht. Indessen ist in der Feldspathgrundmasse so viel 
Talkerde enthalten, dass man nach Professor Haushofer’s Meinung doch 


Staatssammlung Münchens. Nach der Untersuchung derselben durch Professor Haushofer 
nähern sich diese am häufigsten vorkommenden Trachyte von porphyrartigem Gefüge am 

‘ meisten den Sanidin-Oligoklas-Trachyten des Drachenfelses am Rhein. Die Sanidin-Kıystalle 
nehmen in der grauen Grundmasse einen beträchtlichen Raum ein. Der Oligoklas erscheint 
neben ihnen weniger deutlich und ist stark kaolinisirt. Rothbraune prismatische Krystalla 
sind wahrscheinlich Verwitterungsproducte von Amphibol Kleine Blättchen von schwarzem, 
Magnesia-Glimmer sind seltner. Die Grundmasse enthält zwar ziemlich viel Magneteisen 
doch etwas weniger als die dunklern grünlichschwarzen Trachyte, die mehr an der Südseite 
vorkommen und den Uebergang in doleritähnliche Gesteine vermitteln. 


30 

mit Sicherheit auch auf Oligoklas in beträchtlicher Menge schliessen 
darf. Das Nebeneinandervorkommen dieser beiden, allerdings sehr nahe 
stehenden Feldspathvarietäten dürfte für dieses Isthmus-Gestein ein 
Gegensatz zu den Andesiten und Trachy-Doleriten der südamerikanischen 
Anden besonders charakteristisch sein. Einzelne dunkellauchgrüne 
erdige Theile lassen auf zerstörten Augit schliessen. Das specifische 
Gewicht dieser Trachy-Dolerite ist auffallend hoch — 2,83. 

Die Trachyte bilden sowohl auf dem Festlande der Südküste als 
auch auf einigen Inseln im Golfe von Panama gewöhnlich die langge- 
streckten und massigen, sowie auch die höheren mitunter fast pyra- 
midenförmigen Berge und Hügel. In der nördlichen Hälfte der Land- 
enge, besonders im Centrum zu beiden Seiten des Chagresthales 
dominiren sie mit ihren Tuffbildungen. vollständig. All’ die ausge- 
dehnten sedimentären, mitunter sehr muschelreichen submarinen Tuff- 
bildungen der Tertiärzeit nahe der Küste des caraibischen Meeres, 
besonders die neogenen Bildungen der Sierras Quebrancha, Mindi und 
Pina bestehen aus lockeren zerreiblichen Gesteinen , zu welchen zer- 
riebener und zertrümmerter Trachyt das Hauptmaterial geliefert hat. 
Die mehr trachy-doleritischen Bildungen, welche stellenweise in wirk- 
liche Dolerite übergehen, und die der englische Geolog Hopkins als 
‘ amphibolische Gesteine anführt, während andere amerikanische Geologen 
sie Trapp nennen, nehmen nur strichweise an den südlichen Gehängen 
der Wasserscheide einen grössern Raum ein. Sie herrschen z. B. im 
ganzen Flussgebiete des Rio grande vor, der fast nur dunkelgefärbte 
Rollsteine von dieser Gruppe, dagegen nur wenige hellfarbige Trachyte 
und gar keine Granitgeschiebe in seinem Bett angehäuft und nach dem 
Meere gewälzt hat. Dasselbe gilt von dem Rio Bernardino und Caimito, 
westlich vom Rio grande -gelegen. Auch in dem dortigen Höhen- 
systeme des südlichen Gehänges der Wasserscheide bilden die Trachy- 
Dolerite das dominirende Gestein, während der eigentliche porphyrartige 
Trachyt seltener ansteht. 

In ihren äusseren Formen haben. die doleritähnlichen Gebilde der 
Landenge auffallende Aehnlichkeit mit ihren trachytischen Nachbar- 
felsen. Ihre selbstständigen Berge und Hügel zeigen wie diese, doch 
seltener und minder regelmässig, die Kegel- oder Glockenform mit dom- 


3l 


artigen Gipfeln. Die Wölbung der Gipfel ist gewöhnlich bestimmter 
ausgeprägt, während die eigentlichen Trachytkegel mitunter auch zuge- 
spizt erscheinen. Langgestreckte dachförmige Rücken oder steil an- 
steigende Mauern wie an den Küsten von Chiriqui und San Salvador 
bilden sie im eigentlichen Isthmus von Panama selten. Ausgezeichnet 
aber sind die Trachy-Dolerite und ihre Uebergangsgesteine durch die 
bereits erwähnte bald ringförmige, bald halbringförmige Gruppirung,, 
und durch strahlenförmige, zuweilen gebogene Joche, welche die ver- 
schiedenen Kegel verbindend runde oder halbrunde Kesselthäler ein- 
schliessen. 

Sehr schön und deutlich sieht man diese rundlichen kesselförmigen 
Erhebungsthäler bei der Station Paraiso im südlichen Flussgebiet dicht 
an der Kisenbahn, in dem ganzen Höhenzuge zwischen dem Rio grande 
und Rio Bernardino, im Quellgebiet des Rio Obispo und an_dem nörd- 
lichen Punkt von dem Thal Matachin, welches zum Flussgebiet des 
Rio Chagres gehört. Minder ausgeprägt ist diese-eireusförmige Gruppirung, 
welche an die bereits von Humboldt erwähnte rundliche Gruppenstellung 
in gewissen vulkanischen Centren ds liochlandes von Quito erinnert, 
in dem nordöstlichen Theil dieser Landschaft der Provinz Panama, wo 
die einzelnen Dolerit- und Tuffhügel und die theilweise zusammenhängenden 
dachförmigen Trachytbildungen der Sierra del Peion mehr in Reihen 
geordnet erscheinen. Fast in der ganzen Länge zwischen Cerro Mitra 
und der Sierra Trinidad herrschen dagegen die bereits beschriebenen 
eigenthümlichen rundlichen Höhengruppirungen vor oder es ist wenigstens 
eine Tendenz dazu in dem Höhenzuge wahrzunehmen. Die jüngsten 
basischen augit- und magneteisenreichen Gesteine, welche meist an den 
Rändern der Trachyte anstehen, und den von diesen übrig gelassenen 
Raum einnehmen, erheben sich zu keiner bedeutenden Höhe. Ich habe 
in der eigentlichen Landenge von Panama keinen Dolerithügel gefunden, 
dessen Höhe 285 Meter überschreitet. Da wo diese Gesteine im Contakt 
mit eigentlichen Trachyten und trachytischen Conglomeraten anstehen 
wie am ÜCerro Calderon, Cerro Calvario und an den Cerro de los Hor- 
migueros nahe der Wasserscheide zwischen dem Rio grande und Rio 
Mandingo (einen südlichen Zufluss des Rio Chagres) scheinen sie die 
älteren Bildungen zu durchsetzen. 


32 


Sedimentäre Bildungen, welche zwischen der Küste des Panama- 
golfs und dem Thal von Matachin (17 Miles landeinwärts) zu Tage 
treten, nehmen in dieser Zone einen verhältnissmässig geringern Raum 
ein, als im Centrum und an der Nordseite der Landenge. Es sind zu- 
nächst der Küste und in den Umgebungen der Stadt Panama röthliche 
Conglomerate und Trümmergesteine, welche Bruchstücke von älteren 
krystallinischen Felsarten, besonders von Porphyren, Graniten und 
Syeniten mit gänzlichem Ausschluss der Dolerite, Trachyt-Dolerite, 
eigentlichen Trachyte u. s. w. enthalten. Sie kommen nicht nur an 
der Küste vor, sondern setzen auch unter dem Wasserspiegel des 
Oceans fort und sind bei tiefster Ebbe bis 1a Meile vom Strande zu 
verfolgen. Auch auf ‘den Inseln bilden sie oft die Ränder der unge- 
schichteten jüngeren krystallinischen Bildungen. Die Grösse der Ein- 
schlüsse ist sehr wechselnd. Röthliche Färbung durch Eisenoxyd, der 
mit Thon ein festes Cement bildet, ist dieser ältesten sedimentären 
Isthmusformation eigenthümlich. Nach ihrer petrographischen Be- 
schaffenheit wie nach ihrer Lagerung zu urtheilen scheinen sie am 
äussersten Südrande der Landenge das Rothfliegende der permischen 
Formation zu vertreten. Darüber lagern dunkle Schiefer, welche an 
verschiedenen Stellen der Golfküste, besonders südwestlich von der 
Mündung des Rio grande an der Bai von Nique anstehen und vielleicht 
den Zechstein, ein anderes Glied der permischen Formation, re- 
präsentiren. 

Alle tiefer im Innern vorkommenden sedimentären Bildungen der 
Landenge sind jüngern Ursprungs und ‚gehören wohl sämmtlich den 
mittleren und oberen Tertiärabtheilungen der Miocän und Pliocänperiode 
an. Es sind besonders die Conglomierate, Breccien und Tuffe der s. g. 
vulkanischen Gesteine dort im weiten Umfang entwickelt. Die Zer- 
reibung und Zermalmung trachytischer Gesteine hat das meiste Material 
zu diesen Schichten geliefert. Dunklere Gesteine, doleritische Bruch- 
stücke und Trümmergesteine erscheinen erst in den obern Schichten. 
In der Reihe dieser tertiären Bildungen sind die harten Conglomerate 
und Breccien, welche bei Barbacoa fast im Centrum des Isthmus 
(9° 7’ N. B. 79° 47° W. L. v. Gr.) an beiden Ausgängen der eisernen 


Brücke durch Steinbrüche aufgeschlossen sind, besonders bemerkens- 


33 


werth. Es ist das schönste und für den technischen Gebrauch der 
Bahn bei seiner soliden Härte nnd Festigkeit wichtigste Gestein der 
Landenge. Die durch deutliche Absonderung getrennten Schichten sind 
von sehr verschiedener Mächtigkeit und schwanken von 1/2 bis 1Y/ıo 
Meter. Sie streichen von Nord-Nordost nach Süd-Südwest und fallen 
in schwacher Neigung von 15—20° von Süd nach Nord ab. Am linken 
Ufer nahe dem Stationshause von Barbacoa sind mächtige Schichten 
durch Steinbrüche aufgeschlossen, von welchen einige bis zu 3 Meter 
im Durchmesser erreichen. In weissgrauer und röthlich grauer sehr 
harter thoniger Grundmasse schliessen sie eckige Trümmer eines weiss- 
lich grünen Trachyts ein, den ich merkwürdiger Weise trotz sorg- 
fältiger Untersuchung der Gegend in einem Umkreis von fast 10 Miles 
nirgends als compaktes Gestein anstehend gefunden habe. Dieses breccien- 
artige trachytische Conglomerat wurde besonders für den nördlichen 
Theil der Eisenbahn als Baustein verwendet, während für die südliche 
Hälfte mehr der Trachy-Dolerit des Paraisothales nahe dem Rio grande 
verbraucht wurde. Fossile Schalthiere scheinen in dieser Bildung ganz 
zu fehlen, während dieselben in den jüngsten neogenen Schichten an 
der Nordseite des Isthmus bei Gatun in der Sierra Mindi und in dem 
‚niederen Hügelzuge der Sierra Quebrancha in grosser Menge vorkommen. 
Dagegen sind in der ganzen südlichen Zone des Isthmus fossile Ein- 
schlüsse jedenfalls selten. Einige Spuren davon, doch durch ihre 
schlechte Beschaffenheit unbestimmbare Exemplare, finden sich in den 
harten Kalksteinen an dem Ufer des Rio Obispo, wo diese Felsart aber 
nur sehr sporadisch auftritt. In den jüngsten basaltischen Tuffen und 
Conglomeraten der Kesselthäler zwischen Rio grande und Rio Bernar- 
dino fand ich trotz sorgfältigster Nachforschung keine Spur von fossilen 
Muscheln, was hinsichtlich der submarinen Bildung dieser südlichen 
Tuff-Formationen zu einigem Zweifel berechtigt. 

Zwischen dem nördlichen Höhenzuge der Sierra Quebrancha 
9% 15° — 99 21° N. B. bis 499 49° — 79° 56' W.L. v. G. und den deutlich . 
submarinen Tuffbildungen, welche das untere Thal des Chagres- 
Flusses von dem Thal des Rio Pina scheiden, breitet sich eine waldbe- 
deckte und theilweise sumpfigeEbene aus, welche die Eisenbahn zwischen 
Aspinwall und Gatun durchschneidet. Das Schichtenprofil der äussersten 
Abh.d. II. Cl.d.k.Ak.d. Wiss. X. Bd. III. Abth. 5 


34 


südwestlichen Ausläufer der Sierra Quebrancha ist dort durch Stein- 
brüche aufgeschlossen. Bei dem Stationshause von Gatun am rechten 
Chagresufer bildet die obersten Schichten ein mit kleinen zerriebenen 
Trümmergesteinen gemengter Thon von rothbrauner Färbung, sehr 
eisenhaltig, der sich unter dem Einflusse der Atmosphäre leicht zersetzt 
und in eine gelblich braune Erde zerfällt. Die Schichten sind fast 
horizontal gelagert. Die mittlere Mächtigkeit der Formation übersteigt 
nicht 6 Meter. Die darin eingeschlossenen Muschelfragmente sind stark 
zertrümmert und lassen deshalb nicht immer eine scharfe Bestimmung 
zu. In ihrer grossen Mehrzahl aber scheinen sie mit den noch heute 
in der Limonbai vorkommenden Arten identisch zu sein. 

Unter diesen jüngsten Tertiärbildungen der Neogenzeit (Pliocän) 
liegt ein Conglomerat, welches in seinen obersten Schichten tuffartig 
ist, von hellgrauer Farbe mit kalkthonigem Bindemittel in Salzsäure 
stark brausend. Die Mächtigkeit lässt sich nicht genau bestimmen, da 
die tiefern Schichten nicht deutlich aufgeschlossen sind. Das Material 
dazu hat hauptsächlich zermalmter und zerriebener Trachyt geliefert. 
Nach unten wird das Gefüge feinkörniger, das Conglomerat ist sand- 
steinähnlich. Nach deutlicher Schichtenabsonderung folgt darunter ein 
anderes sehr grobes Conglomerat aus zusammengebackenen Rollsteinen, 
welche von Haselnussgrösse bis Faustgrösse wechseln und aus den ver- 
schiedensten trachytischen Varietäten bestehen. Das Fehlen von Ein- 
schlüssen jüngerer trachy-doleritischer Fragmente scheint zu beweisen 
dass diese muschelreichen, submarinen Schichten zwischen der Bildung 
der Trachyte und der Dolerite abgelagert sind. Dieses grobe Conglomerat 
hat auf den ersten Anblick einige Aehnlichkeit mit der Nagelflue der 
Alpen, doch besitzt es nicht deren Härte. Das Bindemittel ist ziemlich 
locker. Das Gestein zersetzt sich an den aufgeschlossenen Schichten 
im Contakt mit der Atmosphäre leicht und schnell und zerfällt dann 
in einen lehmigen Kies, der zu den Erdarbeiten des Bahnbaues benützt 
wird. Seemuscheln kommen darin in grosser Menge vor, doch selten 
wohl erhalten. 

In den obersten sandsteinartigen Schichten fand ich die fossilen 
Zähne eines kolossalen Raubfisches aus der Familie der Haie Carcharo- 
don megalodon. Unter den Muscheln scheint in diesen Schichten die 


35 


grössere Hälfte der Species"mit den im caraibischen Meere noch lebenden 
Arten übereinzustimmen. 

Die folgende Uebersicht der theils von mir, theils von den ameri- 
kanischen Ingenieuren erlangten Höhenbestimmungen und meiner Be- 
obachtungen sowohl über die Formationen des Bodens als über den 
Charakter der Flora in der von der interoceanischen Eisenbahn durch- 
schnittenen Landenge von Panama mit beigefügter Angabe der ver- 
schiedenen Entfernungen von der Nordküste gibt eine Uebersicht der 
hypsometrischen und geognostischen Verhältnisse des Isthmusprofiles 
in einer Länge von 47 englischen Meilen. Einige Bemerkungen über 
die geographische Vertheilung der für den Naturcharakter wichtigsten 
und bezeichnendsten Pflanzen- und Thierarten zwischen beiden Ocean- 
küsten sind beigefügt. 


Uebersicht 


der hypsometrischen und geognostischen Verhältnisse in dem Profil der 

Landenge zwischen der Limonbai und dem Golfe von Panama mit 

einigen Bemerkungen über den Charakter und die geographische Ver- 
theilung der Flora und Fauna zwischen den beiden Oceanküsten. 


Ort der Beobachtung: Aspinwall. 


Höhe über dem mittleren Wasserstand der Limonbai 3,75 engl. F. 

Insel Manzanillo. Madreporenkalk. Oberste Schicht ist eine quartäre 
Bildung mit Ueberresten von Meeresthieren , besonders Corallen und 
Conchylien, deren Species mit den noch jetzt in der Limonbai und an 
der Küste des caraibischen Meeres lebenden Arten ganz übereinstimmen. 
Die zum Theil sehr wohl erhaltenen Conchylien sind mit der Damm- 
erde, welche die oberste Lage bildet, gemischt. 

Die üppige Vegetation der Insel hat am Dünensaum den Charakter 
der tropischen Litoralflora Amerikas, deren schmale Zone an der Limon- 
bai eine durchschnittliche Breite von 300 Meter hat. An feuchteren 
Stellen gesellen sich Sumpfpflanzen dazu. Die Arten der Insel sind 
dieselben, welche den Rand der Limonbai auf dem Festlande bedecken, 
jedoch in etwas geringerer Zahl. Rhizophoren und Avicennien bilden 
der Insel gegenüber einen Theil des Sumpfwaldes bei den Morästen von 

5* 


36 


Mindi. Die Kokospalme gedeiht auf der Insel gut, trägt aber hier 
weniger zum physiognomischen Charakter der Landschaft bei, wie an 
der Küste des Golfes von Panama. Bezeichnende Pflanzen sind: Cres- 
centia cucurbitina Linn. Ipomoea pes caprae Sw. I. fistulosa Mart. I. 
urbica Chois. Mimosa asperata Linn. Uranthera recurva Naud. Nes- 
pera aquatica Naud. Neterophila inudata Mart. Der giftige Manzanillo- 
baum (Hippomane mancinella Linn.) von dem die Insel den Namen hat, 
kommt am Strande vor, ist aber hier nicht so häufig wie an der Küste 
des Stillen Oceans bei Panama. Dieser merkwürdige Baum, dessen 
giftige Wirkungen übertrieben geschildert worden sind, fehlt dem west- 
lichen Afrika, kommt aber auch auf einigen westindischen Inseln vor. 


Ort der Beobachtung: Monkey-Hill. 


Entfernung von der Limonbai: 1 Miles 1200‘. Höhe über dem 
mittlern Wasserstand der Limonbai: 13 engl. F. 

Tertiäre Formation. Jüngste pliocäne Bildungen, deren horizontale 
Schichten durch Steinbrüche sehr schön aufgeschlossen, Fischzähne und 
fossile Muscheln enthalten, welche mit den noch jetzt im caraibischen 
Meere vorkommenden Arten zur grössern Hälfte übereinstimmen. Hier 
fand ich in den mittlern Schichten den bereits erwähnten colossalen 
Zahn eines gewaltigen Raubfisches Carcharadon megalodon, der für die 
jüngeren (pliocänen) Schichten der Tertiärperiode charakteristisch ist. 
Es sind im Ganzen ziemlich weiche, lockere, zerreibliche, lose Gesteine, 
tuffartig. Einige bestehen ganz aus losen Geröllmassen , statt der 
festeren Conglomerate, welche erst tiefer im Innern der Landenge an 
Consistenz zunehmen. Die Schichten liegen fast horizontal und be- 
stehen nach oben dicht unter der Humusdecke gewöhnlich aus einem 
ziemlich lockern, sandigen gelbröthlichen stark eisenhaltigen Thon. 

Tropische Sumpfpflanzen sind für diese merkwürdige Zone der 
Isthmusflora besonders bezeichnend. In der Nähe der Küste Rhizo- 
phoren, Avicennien, Convolvulacen, Leguminosen, Combretaceen vor- 
herrschend. Sehr häufig: Conocarpus erecta Dec. und Lacuncularia 
racemosa Gärtn. übrigens mit denselben Pflanzenarten gemischt, die auch 
im Innern der Insel Manzanillo vorkommen. 


37 


Ort der Beobachtung: Mindi-Ebene. 

Sumpfige Fläche zwischen den niedrigen Erhebungen der Sierra 
Mindi und dem Höhenzuge der Sierra Quebrancha. 

Entfernung von der Limonbai: 22 engl. Miles. Höhe über dem 
Ocean: 6,23 engl. F. 

Festes Gestein ist nicht aufgeschlossen. Angeschwemmter Boden 
durch die Alluvionen des Rio Mindi und einstmals durch die Gewässer 
des Rio Chagres gebildet. Die ganze Ebene und Küstenumgebung der 
Limonbai bestand aus einem Sumpfe, bevor der R. Chagres und seine 
Zuflüsse sich in dem jetzigen tiefern Flussbett sammelten und nach 
dessen Mündung an der Westseite der jetzigen Bai ergossen. Die Ebene 
ist mit Sumpfwald bedeckt. Palmen besonders häufig, worunter die so 
eigenthümliche Manicaria saccifera.. Gaertn. (Die Bussupalme der 
Brasilianer) mit 10—15’hohen, krumm gebogenem Stamm, die auch die 
morastigen Niederungen am Amazonenstrom bewohnt und deren sack- 
förmige Spatha ein dauerhaftes Zeug liefert. Neben ihr auch andere 
Palmenarten: Thrinax argentea Lood.. (Palma de escoba) im Unterholz, 
Desmoncus oryacanthos Mart. (Die Matambapalme an den Waldrändern) 
"und eine Bactrisart häufig. Musaceen und Cannaceen dominiren im 
Unterholz. Heliconia psittacorum Linn. vorherrschend. Unter den 
Waldbäumen besonders die Familien der Euphorbiaceen , Tiliaceen, 
Rubiaceen vertreten. Rondeletia panamensis Dec. Hasseltia floribunda Bth. 


Ort der Beobachtung: Gatun, Station und Dorf. 


Entfernung von der Limonbai: 6 Miles 590°. Höhe über dem 
Ocean: 18,11 engl. F. 

Jüngste Tertiärformation. Unter den Alluvialschichten liegen die oberen 
neogenen Bildungen, Tuff-und Geröllmassen von geringer Härte, doch weniger: 
locker als die Tuffschichten bei Monkey-hill, noch reicher an Seemuscheln, 
von denen die grosse Mehrzahl mit den noch in beiden Oceanen lebenden Arten 
identisch ist. Besonders zahlreich vertreten ist unter den fossilen Strand- 
schnecken die Gattung Turritella.. Aus andern Seeschneckenfamilien sind 
namentlich die Gattungen Conus, Oliva, Cassis und von den Acephalen die 
Gattungen Pecten, Cardium, Venus etc., die auch jetzt noch in zahl- 
reichen Individuen die beiden benachbarten Oceane bewohnen, in diesen 


38 


neogenen (pliocänen) Tertiärbildungen vorherrschend. Die wahrschein- 
lich sehr langsame Erhebung dieser Schichten fällt wohl mit den Durch- 
brüchen trachy-doleritischer Gesteine im Centrum der Landenge 
zusammen. 

Dieselben Bildungen stehen auch am linken Ufer in geringer Ent- 
fernung vom Flussbett an. Am rechten Ufer bilden sie den kleinen 
Höhenzug der Sierra Quebrancha, dessen Richtung dem Streichen 
analog von 8. W. nach N. O. geht. Das Dorf am linken Ufer liegt 
nur 3 Meter über dem mittleren Stande des R. Chagres.. Die Um- 
gebung des Dorfes ist bis auf eine Viertelmeile geklärt. In den Wäldern 
an beiden Flussufern ist der Espav& (Rhinocarpus excelsa Bert.) einer 
der Riesen unter den tropischen Bäumen. Neben ihm Calycophyllum 
tubulosum Dec. und von den Palmen Iriartea exorrhiza Seem. und die 
bereits obenerwähnte merkwürdige, auch am Anazonenstrom vorkommende, 
von Martius beschriebene Manicaria saccifera, deren sackförmige Spatha 
als Beutel dient oder auch von Negerbuben als Mütze über den Kopf 
gezogen wird. In der Umgebung von Gatun ist auch der gewöhnlichste 
Fundort der „Flor del espiritu santo‘“ (Peristeria alata Hook.) der 
Wunderblume aller Orchideen, welche bei kirchlichen Festen der Be- 
völkerung eine Rolle spielt. Sie wächst mit Vorliebe parasitisch auf 
Felsen und Bäumen, welche von Sumpfpflanzen umgeben sind. Gegen 
das Innere nimmt sie ab und erscheint vereinzelter und seltener in der 
trockenen südlichen. Zone des Isthmus. Eine der herrlichsten Pracht- 
pflanzen, die ich hier in den Sumpfwäldern sammelte ist Pachira 
aquatica Aubl. aus der Familie der Sterculiaceen. Andere nennens- 
werthe Pflanzenarten, die ich in den Umgebungen von Gatun fand, 
sind: Ruyschia souroubea W. Trichanthera gigantea Ns. Von Amaryl- 
lideen erscheint bei Gatun Crinum erubescens A. Bezeichnende Pflanzen 
sind ferner Muscuma urens Dc. Cephaelis tomentosa Vahl. Rhytiglossa 
divergens Ns. Aus der Familie der Acanthaceen sammelte ich hier die 
prächtige Aphelandra pulcherrima Kth. und eine neue Art der Gattung 
Justicia. Charakteristisch sind aus der Familie der Gräser: Panicum 
- trichanthum Ns. und P. pilosum Sw. 


39 


Ort der Beobachtung. 


Waldige Ebene zwischen Gatun und den Steinbrüchen von Tiger-hill 
Entfernung von der Limonbai: 7,10 Miles. Höhe über dem mittlern 
Wasserstand des Oceans: 17,79 engl. F. 


Tertiäre Formation, Tuffe und lockere Conglomerate wie bei Gatun. 
Abnahme der fossilen Schaalthierreste. Die tropische Waldflora ist hier 
dieselbe wie zwischen der Limonbai und Gatun. 


Ort der Beobachtung: Tiger-hill. 

Entfernung von der Limonbai: 9 M. 910‘. Höhe über dem Meer: 22°. 

Jüngere tertiäre Bildungen. Ein grauer trachytischer Tuff, der 
auch grössere Bruchstücke und Geschiebe von krystallinischen Fels- 
arten, besonders Trachyte, doch keine Basalt- und Doleritfragmente 
einschliesst. Das Gestein ist von mässiger Consistenz, scheint dem Ein- 
fluss der Atmosphäre ziemlich zu widerstehen und wird zum Bahnbau 
benützt. Die Formation erscheint hier von bedeutender Mächtigkeit. 
Schichtenabsonderung ist kaum bemerkbar. Sehr üppige Vegetation 
von immergrünen tropischen Bäumen mit Schmarozerpflanzen bedeckt, 
bei seltenem Blattfall den Einfluss eines gleichmässig heiss-feuchten 
Klimas verrathend. Die Fauna besonders reich an Reptilien. Unter 
den Säugethieren namentlich Affenarten der Gattungen Mycetes und 
Ateles häufig, während die kleinen niedlichen Aeffchen der Gattung 
Chrysothrix hier noch zu fehlen .und in ihrem Vorkommen auf die 
lichteren Wälder an der pacifischen Seite des Isthmus besonders auf die 
Buschwälder der Savannas beschränkt zu sein scheinen. Unter den 
Raubthieren kommen zwar der Jaguar (Felis onca) und der Kuguar 
(F. concolor) vor, sind aber bei weitem nicht so häufig und viel weniger 
gefährlich, als sie in der Landenge noch in der Mitte des vorigen Jahr- 
hunderts nach den Angaben der spanischen Ingenieurofficiere Don Jorge 
Juan und Anton Ulloa gewesen zu sein scheinen. Von kleineren Raub- 
thieren: Procyon cancrivorus Ill. und Didelphys cancrivora Gm., welche 
durch ganz Centralamerika verbreitet sind. Aus der Ordnung der 
Edentaten sind das Faulthier (Bradypus didactylus) und zwei Gürtel- 
 thierarten (Dasypus unieinctus et novemeinctus) ziemlich häufig. 


40 


Ort der Beobachtung: Lion-Hill Station der Eisenbahn. 


Entfernung von der Limonbai: 10 Mil. 3400‘. Höhe über dem 
Ocean: 21‘. { 

Alluvialbildungen. -Feste Gesteine und aufgeschlossene Schichten 
fehlen. Die Humusdecke ist sehr mächtig und von einer überaus 
reichen Flora bedeckt. Der tropische Urwald erscheint von hier bis 
zur Station Barbacoa, welche näher dem Centrum der Landenge liegt, 
in seiner grössten Schönheit, Ueppigkeit und Mannigfaltigkeit der Arten. 
Unter den Palmen erreicht Iriartea exorrhiza Seem. hier ihre grösste 
Höhe; Thrinax argentea Ludd. häufig im Unterholz mit eigenthümlichen 
Arten von überaus prachtvollen Musaceen und Cannaceen, welche weder 
in Brasilien, noch in Mexiko vorkommen und eine ziemlich beschränkte 
Verbreitungszone zu haben scheinen. Unter den Waldbäumen sind be- 
sonders reich vertreten die Familien der Anacardiaceen , Rubiaceen, 
Tiliaceen, Myrtaceen, Euphorbiaceen, Clusiaceen, Sterculiaceen, Byxineen, 
Melastomaceen. Die Fauna ist besonders reich an prachtvollen Vögeln 
mit dem buntesten Gefieder. Zahlreiche Papageien, Tukane (Rham- 
phastos carinatus) und Colibris. Unter letzteren: Calothorax Calliope 
Gould. Erythronota Edwardi. Bause. welche Arten dem Isthmus 
eigen und Lampornis Mango Linn, welche durch ganz Südamerika ver- 
breitet, aber nordwärts den Isthmus nicht zu überschreiten scheint. 


Ort der Beobachtung: Ahorca Lagarto (kleine Ansiedlung von 
Mulatten und Zambos.) 
Entfernung von der Limonbai 12 M. 4400‘. Höhe über dem Ocean 26‘. 
Alluvialbildungen. Keine anstehenden Gesteine. „Tropischer Hoch- 
wald wie bei Lion-Hill. 


Ort der Beobachtung: Bohio Soldado (Station). 
Entfernung von der Limonbai: 15 M. 2000‘. Höhe über dem Ocean: 40°. 
Trachytische Tuffe und Conglomerate. Eine englische Meile von 
Bohio Soldado steht ein schieferig, gelblich braunes, stark eisenhaltiges, 
sandsteinähnliches Conglomerat an, welches fast horizontal lagert von 
1—3‘ Mächtigkeit und unter der Einwirkung der Atmosphäre in dünne 


41 


Blättchen zerfällt. Darunter liegt trachytischer Tuff. Ganz nahe der 
Station sind die Schichten einer sehr harten Breccie aufgeschlossen. 
Die Grundmasse ist dunkelgrau mit thonigem Bindemittel. Unter den 
Einschlüssen sind eckige Trachyttrümmer vorherrschend. Die sehr 
mächtigen horizontalen Schichten streichen hier von S. O. nach 8. W. 
ER ossile Muscheln fehlen; der Vegetationscharakter ist derselbe wie bei 
Lion-Hill. 


Ort der Beobachtung: Frijole. 

Entfernung von der Limonbai: 18 M. 3200‘. Höhe über dem 
Ocean: 36’. 

Zwischen Bohio und Frijole stehen Trachyttuffe, Conglomerate und 
Breccien an, welche keine fossilen Organismen einschliessen. Ueppiger 
Urwald. Pacuaipalmen (Astrocaryum) und Ceibabäume (Eriodendron 
anfractuosum Dec.) von grosser Schönheit. Chorisia roseas Seem, 
Ochroma Lagopus Sm. Lindackeria laurina Presl. Viele Melastomaceen. 
Sagraea scabrosa Naud. Miconia racemosa Dec. Staphidium pauciflorum 
Dec. Clidemia cyanocarpa Benth. Im Unterholze des Hochwaldes als 
Schattenpflanzen: Cupania sylvatica Seem. Picramnia umbrosa Seem. 
Mikania Guaco H. et B. 


Ort der Beobachtung: Barbacoa. Station (eiserne Brücke über 
den R. Chagres). 

Entfernung von der Limonbai: 23 M. 300‘. Höhe über dem Ocean: 62°. 

Trachyte und trachytische Trümmergesteine vorherrschend. Mäch- 
tige grobe und feinkörnige, oft sandsteinähnliche Conglomerate mit ein- 
geschlossenen Trachyttrümmern sind besonders an der Chagresbrücke 
sehr schön aufgeschlossen und zeigen dieselbe Streichungslinie wie die 
Schichten bei Bohio Soldado, liegen aber nicht so horizontal, sondern 
fallen in einen Winkel von 16° N. O. nach S. W. ab. Der Durchmesser 
der einzelnen Schichten varirt von 1!ya‘ bis 3°. Die Physiognomie 
der Waldflora ist dieselbe wie bei Frijole. 


Ort der Beobachtung: Baila Monos (Ansiedlung von Mulatten und 
| Mestizen.) 

Entfernung von der Limonbai: 25 M. 800°. Höhe über dem Ocean: 53‘. 
Abh. d. IT. C1.d. k. Ak. d. Wiss. X. Bd. III. Abth, 6 


42 


In der Umgegend dieser Ansiedlung ist die äusserste Nordgrenze 
der porphyrartigen Doleritbildungen und trachy-doleritischen Ueber- 
gangsgesteine, welche sich in kleinen Hügeln an beiden Ufern des 
R. Chagres erheben. Am rechten Ufer nahe dem Stationshause von 
Barbacoa stehen merkwürdige trachytische Breccienschichten an. In 
einer Grundmasse,, deren Farbe weissgrau, bräunlich oder dunkelgrau 
ist, sind eckige Stücke eines grünlichen, dichteren weicheren Trachytes 
von erdiger Beschaffenheit, der ganz aus Feldspath besteht, einge- 
schlossen. Die verbindende Grundmasse aus zerriebenen krystallinischen 
Gesteinen ist härter als die Einschlüsse. Die Schichten fallen in 
schwacher Neigung von 16° von S. nach N. ab. Ihre Streichungslinie 
ist dieselbe wie bei den Conglomeratbildungen am linken Ufer. Das 
Material zu diesen schönen Breccien scheinen verschiedene Abänderungen 
zertrümmerter Trachyte mit Ausschluss der dunklern doleritischen Ge- 
steine geliefert zu haben. Die Flora ist reich und üppig mit kaum 
verändertem Charakter, doch fehlen bereits viele der prächtigen Sumpf- 
pflanzen, welche die Umgebung von Gatun zieren. Aus der Familie der 
Pandaneen treten hier Carludovica incisa Wendl. C. gracilis Liebm. und 
eine schöne eigenthümliche Cyelanthusart auf. Unter den vorkommenden 
Palmen sind Elaeis melanococca Mart. und Chamaedorea Caesperiana. 
Kl., unter den Aroideen Philodendron lingulatum Schtt. und eine eigen- 
thümliche Varietät von Ph. hederascum Schtt. zu erwähnen. Sowohl 
die hier vorkommenden monocotyledonischen als die dikotyledonischen 
Pflanzenarten setzen durch die folgenden Stationen bis in das Centrum 
der Landenge fort und die meisten überschreiten auch die geringe 
Höhe der Wasserscheidee Doch sind auch besonders unter den ein- 
samenlappigen Pflanzen, die im Ganzen eine engere Verbreitungszone 
haben, manche ganz auf die atlantische Addachung des Isthmus be- 
schränkt. Von Baila Monos bis Gorgona sind noch folgende Arten 
für den Vegetationscharakter bezeichnend: Aristolochia grandiflora Sw. 
Nectandra leucantha Ns. Micania orinocensis Kth. Erigeron bonariensis 
L. Neurolaena lobata R. Br. Centropogon surinamensis Prl. Capraria 
biflora L. Blechum Linnaei Ns. Borreria verticilata. Mey. Lasionema 
glabrescens Benth. Psychotria marginata Sw. } 


43 


Ort der Beobachtung Mamey (Maum6e). 

Station am linken Ufer des R. Chagres, der hier von Kaimanen 
stark bevölkert ganz nahe der Eisenbahn ein Fluss von ansehnlicher Breite ist. 

Entfernung von der Limonbai: 26 M.2100°. Höhe über dem Ocean: 62°, 

Das Stationshaus steht 55° über dem Wasserstande des Chagres 
im Januar bei Beginn der trockenen Jahreszeit. Der Fluss hat hier 
nach meiner genauen Messung eine mittlere Breite von 210 engl. F., 
eine mittlere Tiefe von 5‘, einen Lauf von 2° in der Secunde. Unter 
dem Gerölle des Flussbettes finden sich neben Trachyten und Trachy- 
Doleriten auch granitische Geschiebe, Quarze und Kalksteine, welche 
vom obern Laufe herabgewälzt worden und von den Felsen stammen, 
welche einige Meilen nördlich-von Cruces und besonders oberhalb der 
Vereinigung des, R. Chagres mit dem R. Pequeni dicht am Ufer an- 
stehend sich erheben. Dort wo das Höhensystem des Isthmus wieder 
als Cordillere in wahrer Kettenform erscheint, dominirt der Granit, der 
stellenweise in Syenit übergeht. Trachytische Felsarten sind dort 
seltener und Dolerite scheinen unter den Rollsteinen des Oberlaufes 
ganz zu fehlen. 

Bei Mamey tritt die erste kleine natürliche Savanne an der atlan- 
tischen Abdachung des Isthmus vom dichten Hochwald umgeben auf. 
Für die Physiognomie der Vegetation ist das im Vergleiche mit den 
nördlichen Waldgegenden überaus zahlreiche und üppige Vorkommen 
parasitischer Pflanzen auf Stämmen und Aesten der Waldbäume bezeich- 
nend. Prächtige Bromeliaceen, Loranthaceen und Orchideen schmücken 
die Bäume in der Nähe der Station. Unter den zahlreichen blühenden 
Pflanzen, welche ich hier in der sogenannten trockenen Jahreszeit von 
December bis April sammelte, führe ich folgende Arten an, welche für 
die Flora der waldbedeckten Binnenlandschaften des Isthmus von 
Panama besonders charakteristisch sind: Passiflora coriacea Juss. P. 
vitifolia Kth. (beide Arten mit wunderschönen Blüthen ungemein häufig 
am Waldsaume um Aeste und Stämme gewunden) Pavonia coccinea 
Endl. Hibiscus spathulatus Gr. Melochia lupulina Sw. Phyllanthus 
conami Sw. Stenolobium. coeruleum Benth. Desmodium axillare De. 
Rhytiglossa dianthera Gr. Plumbago scandens [. Alsodeia sylvatica Sw. 
Aus der Familie der Convolvulaceen sind hier und bei der folgenden 


44 


Station Gorgona besonders häufige Arten: Calonyction speciosum Ch. 
Ipomaea pterodes Ch. I. variabilis Ch. Evolvolus nummularis L. Cara- 
cuata lingulata Sch. Sehr reich vertreten ist unter den Schmarozer- 
pflanzen der Bäume die schöne Gattung Tillandsia, zu deren häufigsten 
Arten T. glaucophylla Gr. und T. saeciculata Sw. gehören. 


Ort der Beobachtung: Gorgona. 

Dorf und alte Ansiedlung von Mestizen, Negern und Zambos. Die 
Hütten stehen in geringer Entfernung von dem Stationshäuschen mit 
Mais und Bananenpflanzungen von prächtigem Urwalde umgeben. 

Entfernung von der Limonbai: 28 M. 3200‘. Höhe über dem Ocean: 76°. 

Trachytische Bildungen; seltener und sporadisch Trachy-Dolerite. 

Zwischen Mamey und Gorgona beobachtet man an der Eisenbahn 
und noch häufiger im Flussbett anstehend massige porphyrartige 
Trachytgesteine. Geschichtete Tuffe und Conglomeratbildungen treten 
von Gorgona an gegen S. etwas mehr zurück und nehmen im Ver- 
hältniss zu den ungeschichteten krystallinischen Felsarten einen ge- 
ringeren Raum ein. Porphyrartiger Trachy-Dolerit steht sporadisch am 
Flussbett an. In dem plastischen Formencharakter der Landschaft be- 
merkt man eine auffallende Veränderung durch das Auftreten theils 
isolirter theils rundlicher oder halbkreisförmiger Gruppen conischer 
Hügel, welche durch dammförmige Erhebungen oder Jöcher verbunden 
sind und die für den südlichen Theil der Landenge charakteristischen 
Thalkessel umschliessen. In der Physiognomie der Waldflora tritt gleich- 
falls eine wesentliche Aenderung ein. Der feuchte Niederschlag nimmt 
von hier an gegen Süden ab, auch die weicheren starkthonhaltigen 
Tuffe, welche die Feuchtigkeit zurückhalten. Mit ihnen nimmt die 
Ueppigkeit und Schönheit des Hochwaldes, wie auch die Mannigfaltigkeit 
der Baumarten entschieden ab. Eine kleine Anzahl von Baumarten 
scheint bereits zwischen Gorgona und Matachin ihre äusserste Ver- 
breitungsgrenze gegen Süden zu erreichen, unter den Palmen die beiden 
Iriartea-Arten und verschiedene Musaceen des Unterholzes. In der Um- 
gegend von Gorgona wächst die schöne von Humboldt beschriebene 
Palma real der Antillen (Oreodoxa regia H.) deren isolirtes Vorkommen 
im Isthmus D. Seeman zuerst constatirte. Ausser den bei der Station 


45 


Mamey angeführten Arten erwähne ich unter den bei Gorgona vor- 
kommenden für die Isthmusflora charakteristischen Pflanzen: Artanthe 
tuberculata Mig. Peperomia tuberosa Gr. P. cyclophylla Miq. Potho- 
morphe ÖOttonis Mig. Micania orinocensis Kth. Cosmos caudatus Kth. 
Hebeclinium macrophyllum Dec. Hyptis capitata Jacq. Passiflora foetida 
L. Unter den Waldbäumen prangt ein wunderschöner mit einer Fülle 
der herrlichsten Blüthen bedeckter Baum Sterculia carthagenensis Jacgq. 
aus der Familie der Büttneriaceen. An den Rändern des Urwaldes 
sammelte ich: Heliocarpus papayanensis Kth. Bunchosia glandulifera 
Kth. Paullinia thalictrifolia Seem. und eine andere noch unbeschriebene 
Art derselben Gattung. Aus den Familien der Connaraceen und 
Simarubaceen finden sich hier Connarus panamensis Gr. und. Quasia 
amara L. besonders häufig. Sehr reich vertreten in diesen Binnenland- 
schaften des Isthmus ist die Familie der Melastomaceen, von welcher: 
Clidemia rubra Mart. Heteronoma diversifolium De. Arthrostemma 
lanceolatum Gr. A. ladanoides Gr. ausgezeichnete Arten sind. Von 
andern bezeichnenden Arten dieser Binnenflora der Landenge, welche 
dem Küstenstrich beider Oceane fehlen, erwähne ich: Cuphea antisi- 
philitica Kth. Myrceia ambigua Dec. Hirtella racemosa Lam. Phaseolus 
lunatus L. Ph. semierectus L. Desmodium axillare Dec. 


Ört der Beobachtung: Matachin. 

Mittelpunkt der Landenge, grosses Dorf, von Negern, Mulatten. und 
Zambos bewohnt. Hier befinden sich auch Kaufläden und Weinschenken 
von Europäern und Nordamerikanern. Die von Aspinwall und Panama 
kommenden Eisenbahnzüge machen hier eine Viertelstunde Halt. Die 
nächsten Umgebungen sind gelichtet und nur mit einzelnen Gruppen 
von Palmen bedeckt. Im Thal von Matachin sind geognostische und 
botanische Excursionen sehr lehrreich und nach den verschiedensten 
Richtungen einladend. 

Entfernung von der Limonbai: 30 Miles. Höhe über dem Ocean: 71‘. 
Trachyt und trachytische Tuffe an der Nordseite, Trachydolerite mehr 
an der Südseite vorherrschend. 

In dem eirunden Kesselthal von Matachin ist die charakteristische 
Reliefform des südlichen Höhensystems der Landenge scharf und be- 


46 


stimmt ausgeprägt. Es ist ein Erhebungsthal von etwa 10 engl. 
Meilen im Umfange von conischen Anhöhen in ungleichen Entfernungen 
und deren Verbindungsjöchern begrenzt. Die höchsten dieser Trachyt- 
kegel erheben sich im N. (Cerro Pelado) und N. O. (Cerro de Pisa). 
Zwischen beiden Höhen ist das Thal durch den Stromdurchbruch des 
R. Chagres geöffnet. An der W.- und N.-Seite des Thales treten mehr 
helle trachytische, an der S.- und O.-Seite mehr dunkle doleritische Ge- 
steine auf. Der hier anstehende Trachyt hat meist porphyrartiges Ge- 
füge. An andern Stellen zwischen Matachin und Mamey steht besonders 
am linken Ufer des R. Chagres ein grauer Trachyt ohne Porphyrgefüge 
an. Im Flussbett des R. Chagres bei Matachin fand ich auch viele 
Rollsteine. von Granit unter dem vulkanischen Gerölle. Dieser Granit» 
der in der eigentlichen Landenge selbst nirgendwo ansteht, scheint von 
den Bergen oberhalb Oruces zu stammen. 

Die Flora des Thales von Matachin ist durch die grosse Häufig- 
keit von Palmen, Farrenkräutern, Gräsern und die Erscheinung von 
lichtliebenden Bäumen und Gesträuchen der Savanne, besonders aus den 
Familien der Verbenaceen , Dilleniaceen , Papilionaceen , Melastomaceen, 
Malpighiaceen etc. etc. charakterisirt. Der tropische Wald ist lichter, 
minder üppig und artenreich als an der N.-Seite des Isthmus, die Wald- 
bäume sind weniger hoch und dickstämmig , die Schattenpflanzen des 
Unterholzes nehmen ab. Der klimatische Einfluss, die abnehmende 
Regenmenge und die längere Dauer der trockenen Jahreszeit ist von 
Matachin an gegen 8. an der Physiognomie der Flora sehr deutlich zu 
beobachten. Unter den Bäumen des Waldsaumes und der Savanne die 
Chunga-Palme (Acrocomia scelerocarpa Mart.) und die Corazo-Palme 
(Bactris minor Jacq.). Unter den Gräsern der Savanne: Eragrostis 
acutiflora N. v. E. Gymnotrix complanata N. v. E. und verschiedene Pas- 
palusarten. Besonders auffallend ist in diesen Binnengegenden des 
Isthmus der Artenreichthum parasitischer Farrenkräuter, namentlich 
aus der Sippe der Polypodiaceen. Am stärksten vertreten sind die 
Gattungen Aspidium, Asplenium, Pteris, Adiantum. 

Die von mir mit besonderer Aufmerksamkeit gesammelten Arten 
aus der Familie der Farren wurden von Prof. Mettenius untersucht und 
bestimmt. Hübsche und hervorragende Farrnkräuterarten der Isthmus- 


47 


flora sind: Marginaria Wagneri Mett. M. incana. Polypodium plumula 
Radd. Aspidium tetragonum. Mett. A. Wagneri Mett. Asplenium fur- 
catum Sw. A. auritum Mett. et auriculatum Mett. Pteris’Kunzeana Ag. 
P. propinqua Ag. P. caudata Lin. P. arachnoidea Dec. Adiantum pul- 
verulentum L. A. villosum Sw. A. Kaulfussii Kz. et triangulatum. 
Kaulf. A. tetraphyllum Willd. Nephrolepis punctulata Pl. N. occiden- 
talis. Pl. | 

Zur Charakteristik der Fauna im Innern der Landenge von Panama 
sind die von mir gesammelten Reptilien und Süsswasserfische schon 
deshalb am geeignetsten, weil sie im Ganzen eine viel beschränktere 
Verbreitungszone haben als Säugethiere, Vögel und Insekten. Besondere 
Aufmerksamkeit widmete ich den vorkommenden Fidechsen und 
Schlangen. Aus der Familie der Iguanen sind besonders häufig vor- 
kommende Arten: Basiliscus mitratus. Daud. B. vittatus Wiegm. Iguana 
tuberculata Laur. Tropidolepis spinosus Wiegm. Unter den Lacerten 
ist der auch in Brasilien lebende Cnemidophorus murinus Wagl. hier 
nicht selten. Unter den Giftschlangen Bothrops atrox Wagl. und Lachesis 
muta Daud. Von letzterer sah ich Exemplare von 5° Länge und 3“ 
Durchmesser. Diese furchtbare kolossale Giftschlange, deren Zeichnung 
der Boa constrietor ähnlich, bewegt sich sehr langsam und ist deshalb 
nicht sehr gefährlich, wenn man den Wald mit Vorsicht durchwandert. 


Ort der Beobachtung: Obispo Station. 
Entfernung von der Limonbai: 31 Mil. Höhe über dem Ocean: 75‘. 

Trachytische und doleritische Bildungen vorherrschend. Dazwischen 
häufiges Anstehen von Tuffen und Conglomeraten. 

In der nächsten Umgebung des Stationshauses stehen quartäre 
Tuffbildungen an. Unter den eingeschlossenen Trümmergesteinen finden 
sich auch doleritische Bruchstücke. An den Ufern des R. Obispo 
sporadisches Vorkommen von hellfarbigen Kalksteinen voll Foramini- 
feren. Dieser sehr harte lichte Kalkstein steht im obern Chagresthal 
in pralligen Felswänden an. Südlich vom Obispo gegen die Station 
Empire sind Kieseleisensteine von Eisenoxyd zinnoberroth gefärbt in 
grossen oft kugelförmigen Knollen in Thonschichten eingelagert, welche 
nahe der Eisenbahn aufgeschlossen sind. Die tropische Flora nimmt 


48 


von hier an noch mehr den Uebergangscharakter des südlichen Wald- 
gürtels an. Daher zunehmende Zahl der Bäume mit Blattfall, die je- 
doch unter den immergrünen Bäumen kaum den zehnten Theil 
betragen. Abnalime der Palmen, Musaceen und Farren des Unterholzes. 
Micania Guaco H. et B. seltner. Unter den Hügelpflanzen, besonders 
die Familien der Malvaceen, Büttneriaceen, Asclepiadeen, Euphorbiaceen. 
Pavonia Typhalea Cav. Sida rhombifolia Linn. Melochia melissaefolia 
Benth. Gonolobus virescens Dec. Crotolaria Guatemalensis Benth. 


Ort der Beobachtung: Empire, Station. 

Entfernung von der Limonbai: 35 M. 4500‘. Höhe über dem mitt- 
lern Wasserstand der Limonbai: 21‘. 

Trachy-doleritische Gesteine mit grünlich schwarzer sehr magnet- 
eisenreicher Grundmasse, Sanidin und Oligoklas enthaltend, im speci- 
fischen Gewicht von 2,83 erheben sich nahe der Wasserscheide des 
Isthmus gewöhnlich umgeben von Sedimentbildungen vulkanischer Tuffe 
und Conglomerate, zu welchen zerriebene und zertrümmerte Trachyte 
(Andesite) und Dolerite das Material geliefert haben. Ein mandelstein- 
artiges trachy-doleritisches Conglomerat, dessen zahllose Drusenräume 
wit Skolezit (Kalkmesotyp) ausgefüllt sind, steht nahe dem Stations- 
häuschen in geneigten Schichten an. Zwischen Obispo und Empire 
das südlichste Vorkommen sporadischer,, hellfarbiger Kalkfelsen mit 
zahllosen Foraminiferen, die aber sehr zertrümmert und schwer zu be- 
stimmen sind. Die Farbe des Kalksteines ist grauweiss oder gelblich 
weiss von splitterigem Bruch, dem Dolomit in Farbe ziemlich ähnlich, 
doch weniger hart und in Salzsäure stark brausend. Er enthält auch 
Muscheln , worunter die Gattung Pecten, doch ist es mir nicht ge- 
lungen, wohl erhaltene Exemplare von erkennbaren Arten zu finden. 
Ob diese Kalkformation der Jura- oder der Kreideperiode angehört, ist 
zweifelhaft. 8 

Die Vegetation behält den gleichen Charakter. Unter den häufigsten 
und für die,Flora bezeichnendsten Pflanzen der Waldränder sind zu er- 
wähnen: Gonzales Panamensis Per. Alibertia edulis Rich. Mucuna 
altissima Dec. Bellucia Aubletii Naud. Miconia impetiolaris Dec. M. 


49 


longistyla Stend. Ardisia coriacea. Sw. Auguria trifoliata Linn. Cassia 
fisula Linn. 


Ort der Beobachtung: Summit. 


Scheitelpunkt der Depression und Wasserscheide zwischen den Zu- 
flüssen beider Oceane dem Rio grande und R. Obispo. Höchste Steigung 
der interoceanischen Eisenbahn. (Die eigentliche Erhebung des Passes 
ist 287° — welche durch künstliche Erniedrigung um 24° redueirt 
worden ist.) 

Entfernung von der Limonbai: 37 M. Höhe über dem mittlern 
Wasserstand beider Oceane: 262°. 

Dolerite und dunkle Conglomerate. Zwischen den Zuflüssen des 
R. Chagres (nördliche Abdachung atlantische Seite) und dem Rio grande 
(südliche Abdachung stiller Ocean) bildet die schmale und tiefe De- 
pression des sogenannten Summit einerseits den trennenden Damm der 
Wasserscheide, andrerseits die verbindende Brücke zwischen den beider- 
seitigen Erhebungsthälern. An diesem Damm tritt ein doleritähnliches 
Gestein zu Tage, welches in seinem Aussehen vom Basalt petrographisch 
schwer zu unterscheiden, aber bei dem Mangel an Olivin und Zeolith 
doch kein wirklicher Basalt ist. Das Gestein geht stellenweise in 
Trachy-Dolerit über. In der Nähe der Wasserscheide ist dasselbe oft 
in kugelförmigen Massen abgesondert, von denen sich bei der Ver- 
witterung concentrische Schaalen ablösen und dann in eine aschgraue 
oder lederbraune Erde zerfallen. Diese kugelförmigen Massen sind ge- 
“ wöhnlich von Tuffen umschlossen. Das Bindemittel ist erdig und weich, 
wackenähnlich. Zwischen dem Summit und dem Stationshause von 
Paraiso steht dicht an der Eisenbahn dieselbe Felsart in säulenförmigen 
Absonderungen an, ein sehr dichtes, hartes, dunkelblauschwarzes Ge- 
stein, reich an Augit und Magneteisen. An den Rändern beider Thal- 
kessel erheben sich doleritische Kuppen bis nahebei 600°. Diese jüngeren 
vulkanischen Erhebungen scheinen an den Cerros Culebra, Gordo, Mitra 
die als Nachbargesteine anstehenden Trachyte und Trachyttuffe zu 
durchsetzen. Die Eisenbahn schneidet am Summit einen der alten Wege 
zwischen Gorgona und Panama. 
Abh. d. II. Cl.d.k.Ak.d. Wiss. X. Bd. III. Abth. 


= 
/ 


50 


Der tropische Wald, welchen die Gehänge der conischen Hügel 
bedeckt, ist dichter, schwieriger zu durchdringen als im Thalgrunde. 
Der Einfluss grösseren Lichtreizes begünstigt hier auf den Gehängen 
ein äusserst üppiges Wachsthum der Buschvegetation. Vom ÖObispothal 
abwärts gegen Paraiso nimmt die Waldflora mehr und mehr den 
Charakter an, welcher die südliche Isthmusvegetation von der nörd- 
lichen wesentlich unterscheidet und der in Abnahme der Mannigfaltig- 
keit der Gattungen und Arten, in Abnahme der Schattenpflanzen und 
der immergrünen Sträucher, in Zunahme der Lichtpflanzen und der 
Bäume und Sträucher mit Blattfall hauptsächlich besteht. Der Einfluss 
der geringern Feuchtigkeit und der längern Dauer des Verano +(der 
trockenen Jahreszeit) wird immer deutlicher. Daher Abnahme der 
Palmen, Farrnkräuter, Cannaceen, Musaceen, Pandaneen, Aroideen so- 
wohl im Unterholz als unter den Schmarozerpflanzen, dagegen Zunahme 
der Leguminosen, Malvaceen, Dilleniaceen, Malpighiaceen, Verbenaceen, 
Büttneriaceen. In den Wäldern sind die Familien Acanthaceae und 
Tiliaceae noch vorherrschend. 


Ort der Beobachtung: Paraiso. 

Entfernung von der Limonbai: 38 Miles 4500. Höhe über dem 
Ocean: 137 engl. Fuss. 

Dorf und Ansiedlung von Negern, Mulatten und Mestizen, in 38 
Hütten wohnend, mit einem Stationshäuschen am linken Ufer des Flüss- 
chens R. grande, für das der spanische Name wie ein Spottname klingt, _ 
da sein Bett schmal und seicht ist. Dagegen ist die Benennung des 
Ortes „Paradies“ durch die üppige Schönheit der Vegetation, die Frucht- 
barkeit der Landschaft und die malerische Scenerie der Hügel wohl 
gerechtfertigt. Diese vulkanischen Hügel umgeben das ziemlich kreis- 
runde Kesselthal, welches gegen Südost geöffnet ist. Der Rio grande 
fliesst in dieser Richtung durch den durchbrochenen Kessel der Neigung 
des Bodens folgend. Zehn dieser ‚ÜCerros‘“‘, welche vom Stationshäus- 
chen am besten zu übersehen sind, zeichnen sich durch ihre mehr oder 
minder regelmässige conische Form aus. Der Gipfel ist gewöhnlich 
kuppenförmig, nicht abgestutzt wie bei den wirklichen Vulkanen. Bei 
andern niedrigeren Kuppen ist diese Form weniger bestimmt ausgeprägt. 


5l 


Auch die meist strahlenförmig auslaufenden, verbindenden Joche be- 
stehen aus mehr dunklen Gesteinen mit zunehmendem Magneteisen und 
Augit, während der ältere Trachyt mit Oligoklas, der die höheren 
Kegelberge des Längenprofils bildet, hier mehr zurücksteht. All’ diese 
vulkanischen Hügel, auf denen sich nirgendwo ein Krater geöffnet zu 
haben scheint, sind mit Wäldern, bedeckt, in welche das Eindringen 
mühsam und fast nur mit der Machete möglich ist. Da das Unterholz 
meist aus stacheligen Büschen oder Euphorbiaceen besteht, deren Milch- 
saft schmerzliches Jucken verursacht, auch an Mosquitos, giftigen 
Ameisen und andern Plagegeistern des Südens kein Mangel ist, _so ge- 
hört eine wahre Begeisterung für die Geologie dazu, um unter Er- 
duldung so vielfacher Qualen all’ diese Hügel zu untersuchen. Ueberall, 
‚wo ich in Höhen von 300° über der Thalsohle aufgeschlossenes Gestein 
anschlug, war es trachy-doleritisch, während in der Tiefe des Thales 
und am Fusse der Hügel sich Tuffe und Conglomerate absetzten. Im 
Flussbett des R. grande bemerkte ich nur vulkanische Felsarten als 
Geschiebe, dagegen weder Kalke noch ältere krystallinische Gesteine. 

Das Kesselthal von Paraiso bildet in südwestlicher Richtung das 
letzte der kreisförmigen Erhebungsthäler zwischen der Limonbai und 
dem Golf von Panama. Die tiefste Einsenkung der Umwallung ist an 
der Nordwest- und Südostseite, wo die Richtung der Depression für die 
Bahnrichtung benützt wurde. 

Die Flora der Umgebung von Paraiso ist noch reich und üppig, 
hat aber bereits entschieden mehr den Charakter der pacifischen Seite 
Centralamerika’s. In ihrer Gesammtphysiognomie der Flora an der at- 
lantischen Abdachung noch sehr verwandt, tritt doch in dieser Flora 
der Südseite bereits: eine gewisse Anzahl von Arten auf, welche der 
Nordseite der Landenge fehlt, während andere der bei Gatun und Mamey 
noch häufig vorkommenden Pflanzen im Thal von Paraiso nicht mehr 
bemerkt werden. Die scharfe Trennung des Vegetationscharakters ist 
indessen in der eigentlichen Landenge viel weniger durch eine be- 
stimmte Grenzlinie gezogen, als in der Provinz Darien, im Distrikte 
Chepo und in den Provinzen Veragua und Chiriqui, wo eine Cordillere 
in Kettenform die Verbreitung vieler Pflanzenarten hindert, während 
über die niedrige Wasserscheide in der Landenge von Panama die 

7 


52 \ 


Wanderung der Organismen durch Winde und andere Ursachen 
leichter war. 

Unter den verschiedenen Pflanzenfamilien sind im Kesselthal von 
Paraiso und auf den bewaldeten Hügelgehängen der Seitenthäler be- 
sonders die Papilionaceen durch viele in den Monaten December bis 
März der trockenen Jahreszeit blühende Arten vertreten, worunter ich 
folgende als besonders vorherrschend und charakteristisch erwähne: 
Teramnus uncinatus Sw. Dioclea guinanensis Benth. Centrosema pubes- 
cens Benth. Desmodium ascendens. D. cajanifolium De. Von Rubiaceen 
ein prachtvoller Waldbaum Macrocnemum candidissimum Vahl. Dieser 
herrliche Baum, der schönste der ganzen Isthmusflora, von den Mestizen 
Guayavo colorado genannt, ist in den Monaten Januar und Februar mit 
prächtigen weissen Blüthen ganz überschüttet. Neben ihm findet sich 
ein anderer einheimischer Baum aus derselben Familie: Manettia pana- 
mensis Walp. Noch häufiger wächst am Waldsaume und selbst bis 
dicht an der Eisenbahn ein überaus schöner Strauch aus der Familie 
der Gesneraceen: Gesneria tubiflora Cav. mit prächtig rothen Blüthen 
und mit ihm gesellschaftlich Episcia pulchella Mart. Unter den Ranken- 
pflanzen sind durch ausserordentliche Schönheit hervorragend: Passiflor& 
Seemanni Gr. und P. pubescens Gr., während die bei Gorgona und 
Mamey. vorhommenden schönen Arten derselben Gattung nicht bis an 
die Südgehänge sich zu verbreiten scheinen. Unter den Palmen ist 
Bactris subglobosa Wendl. besonders häufig, wogegen die bei Gorgona 
noch so häufige Iriartea exorhiza im Paraisothal zu fehlen scheint. 
Häufig dagegen ist Carludovica palmata R. P. aus der Familie der 
Pandaneen. 

Unter den baumartigen Gräsern, welche die Hügel an beiden Ufern 
des R. grande zieren, erreicht eine ausgezeichnete Art der Gattung 
Arthrostylidium (aus der Unterordnung der Bambuseen) eine Höhe von 
über 30°. Von andern Gramineen, die ich hier sammelte, sind bezeich- 
nende Arten: Chloris radiata Sw. Paspalum paniculatum L. P. conju- 
gatum B. Panicum pallens Sw. P. martinicense Gr. Orthopogon loliaceus 
Spr. Tricholaena insularis Gr. 

Aus andern Pflanzenfamilien erwähne ich unter den häufigen und 
für den Charakter der Vegetation dieses Thales besonders bezeichnenden 


53 


Arten aus meinen von hier mitgebrachten Sammlungen Corchorus sili- 
quosus L. Muntingia calubura L. Ipomea pterodes Ch, Cissus trifoliata 
L. Quamoclit hederaefolia De. Elatherium carthagenense L. Abelmoschus 
moschatus Mx. Helicteres guazumifolia Kth. Serjana samydea Gr. S. 
pubescens Kth. Euphorbia pilulifera L. E. hypericifolia L. Combretum 
farinosum Kth. Cuphea parviflora Hook Conostegia speciosa. Naud. 
Browallia demissa L. Tradescantia triandra Kth. T. cayanensis Rich. T. 
cumanensis Kth., Clibadium asperum Dc. Wedelia carcasana L. Calea 
cacosmioides Lest. Cyauthula prostrata. G. Jacobinia ciliata Ns. Rythi- 
glossa pectoralis Ns. Im Unterholz der Wälder kommt durchaus häufig 
ein kleiner, mit dicken scharfen Dornen versehener Akazienbaum, Acacia 
macracantha. Humb. vor, welcher Aufenthalt der rothen giftigen Ameisen 
ist, deren Bisse auf der Haut unerträgliche Schmerzen verursachen. 
Derselbe ist auch der gewöhnliche Nestbaum der Colibris, die unter 
dem Schutze dieser Ameisen, denen kein Raubthier nahe zu kommen 
wagt, sicher brüten. ; 


Ort der Beobachtung: Pedro Miguel, Ansiedlung, Rio Caimitillo 
(Brücke). | 

Entfernung von der Limonbai: 40 M. Brücke 41 M. Höhe über 
dem Ocean 88° Brücke 34°, 

Zwischen Paraiso und Pedro Migual tritt am’ Bahnwege dicht am 
linken Ufer des R. grande ein porphyrartiger Trachy-Dolerit zu Tage. 
Das Gefüge dieses vulkanischen Gesteins ist ausgezeichnet porphyrartig. 
Das Gestein bildet hier theilweise grosse kugelförmige Massen, deren 
concentrische Schaalen leicht verwittern, sich ablösen und in eine 
braungelbe Erde zerfallen. Viele kugelförmige Blöcke desselben liegen 
abgelöst von den Felsen am Wege. Bis zur Brücke des Caimitilloflüss- 
chens ist das Wasser durch die Fluth der Südsee aufgestaut. Die 
Krabben und Weichthiere des Meeres schwimmen bis hieher in dem 
brakischen Wasser. 

In der Vegetation ist hier der Charakter der südlichen Isthmus- 
zone bereits bestimmt ausgeprägt. Der Einfluss des trockenen Klimas 
in der Wald- und Buschflora macht sich entschieden geltend. Gänz- 
liches Verschwinden vieler Wald- und Schattenpflanzen des Unterholzes 


54 


der nördlichen (atlantischen) Zone, während charakteristische Arten des 
Buschwaldes der Savanne, lichtempfängliche Pflanzen, in immer grösserer 
Zahl auftreten. Sehr bemerkbare Abnahme der Palmen, Aroideen, 
Scitamineen, Farrnkräuter, sowohl hinsichtlich der Arten als Individuen- 
zahl. Dagegen Zunahme der Familien: Verbenaceae, Dilleniaceae, Ano- 
naceae, Malpighiceae, Acanthaceae. Die Myrtaceen, Melastomaceen, 
Papilionaceen, Compositen sind noch durch zahlreiche Individuen ver- 
treten, aber theilweise durch andere Arten als in den dichten Hoch- 
wäldern der Nordseite des Isthmus. 


Ort der Beobachtung: Station Rio grande. 


Entfernung von der Limonbai: 43 M. Höhe über dem mittlern 
Wasserstand der Limonbai: 17‘. 

Der Landschaftscharakter ändert sich. Die doleritische ‚Cerros“ 
treten meist nur noch vereinzelnt auf; circusförmige Gruppirung und 
kesselförmige Einsenkung. Das Thal des R. grande erweitert sich und 
geht in die Küstenebene über, aus welcher die isolirten kuppen- oder 
dachförmigen trachytischen Durchbrüche inselartig doch mit der Küsten- 
configuration parallel in einer von N. OÖ. nach S. W. fortsetzenden ge- 
bogenen Reihe geordnet auftreten. Oberhalb des Stationshauses sind 
zur Rechten der Eisenbahn die Schichten eines röthlich braunen Tuffes 
und sandsteinartigen Conglomerates aus minder fein zerriebenen Bruch- 
stücken trachy-doleritischer Gesteine bestehend aufgeschlossen. Die sehr 
ungleiche Mächtigkeit der Schichten wechselt von 3‘ bis 4’. Sie 
streichen ebenso wie die ausgedehnten Tuffbildungen des Hügellandes 
zwischen den Bächen Caimitillo und Cardenas von OÖ. N. O. nach W.S.W. 
und fallen in einem Winkel von 34° von N. W. nach 8.0. ab. Im 
Flussbett des R. grande wie in den Betten der beiderseitigen Zuflüsse 
dominiren unter den Rollsteinen die porphyrartigen Dolerite und ihnen 
ähnliche dunkle Trachyte mit Ausschluss des Granits, Gmneisses, Glimmer- 
schiefers und -Quarzes, welche in dem südlichen Flusssysteme dieser 
Isthmusdepression nicht vorkommen. f 

Die Flora trägt von hier an den bestimmten Charakter des Sa- 
vannengürtels, welcher den Küstenebenen der südlichen Zone zwischen 
der Waldzone des Centrums und dem Dünensaum des Oceans eigen- 


55 


thümlich ist. Grasebenen mit inselartigen Gruppen von Bäumen und 
Büschen , welche denjenigen tropischen Pflanzengattungen angehören, 
die eine langdauernde Trockenheit vertragen und starken Lichtreiz 
lieben, sind vorherrschend. Der anhaltende Regenmangel dauert in 
dieser Zone von Ende December bis Mitte Mai bei einer mittlern 
Temperatur von 27°C. Nur in der Nähe der Küste behält der tropische 
Urwald seine Grösse und Pracht und es finden sich sporadisch manche 
Arten der nördlichen Waldzone durch Wanderung verbreitet. 

In den vorherrschend trockenen, minder hochstämmigen und leichter 
zugänglichen Waldgruppen des Savannengürtels treten besonders die 
lichtfreundlichen Familien der Verbenaceen, Dilleniaceen, Leguminosen 
in vielen Arten und zahllosen Individuen auf. Folgende Arten sind für 
den Naturcharakter dieser Savannenwälder besonders bezeichnend: 
Duranta Plumieri Jaeq. Petrea volubilis Jaeq. Cornuta pyramidata Linn. 
Davilla lucida Pretl. D. multiflora St. H. Curatella americana Linn. 
Tetracea oblongata Dec. Byrsonima Cumingiana Juss. Acacia spadici- 
gera Cham. Desmodium barbatum Benth. Eriosema lanceobatum Benth. 
Cassia diphylla Lam. C. alata Linn. Waltheria americana Linn. Melochia 
serrata Benth. 

Minder reich als in der Waldzone der Mitte und des nördlichen 
. Küstenstriches sind die Familien der Compositen, Myrtaceen und Me- 
lastomaceen in diesem Savannenstrich vertreten. Doch erscheinen hier 
die der tropischen Savannennatur eigenthümlichen meist durch die 
ganze Länge der Tropenzone in den westlichen Küstenstrichen von 
Ecuador bis Mexico verbreiteten Arten. So z. B. die überall häufige 
Eugenia sericifolia Benth. (ein merkwürdiger Strauch der kleinen lichten 
Savannenwäldchen, welcher sich auch einzeln aus diesen Baumgruppen 
absondert und in die offene Grasflur vorrückt). Myrcia acuminata Dec. 
Psidium Guiava R. Miconia impetiolaris Dec. Conostegia speciosa Nau. 
Eupatorium conyzoides Wahl. E. laevigatum Lam. und von der Familie 
der Myrtaceen der in Südamerika weit über die Grenzen der Tropen 
hinaus verbreitete Strauch Campomanesia glabra Benth. Von Anona- 
ceen: Xylopia grandifiora St. Hil. und X. frutescens Aubl. von Malpi- 
ghiaceen:, Byrsonima Cumingiana Juss. Bunchosia mollis Benth. Mal- 
pighia glabra Linn. var. acuminata (an den Rändern der Savannen- 


56 


wäldchen). Unter den krautartigen Savannensträuchern in ungeheurer 
Zahl die drei sensitiren Mimosaarten: M. pudica Linn., M. somnians 
Dec. und M. floribunda W. In der niedern Flora dieser tropischen 
Grasfluren sind besonders die Familien der Polygaleen, Gentianaceen» 
Violaceen in zahlreichen Individuen vertreten. Unter den Savannen- 
gräsern: Digitaria marginata L. Eragrostis ciliaris Br. Setaria glauca 
P. B. Paspalum paniculatum L. Panicum maximum Jacg, Cyprus flavo- 
mariscus Gr. 


Ort der Beobachtung: Panama, Bahnhof am stillen Ocean. 


Entfernung von der Limonbai: 47 M. 3020. Höhe über dem 
mittlern Wasserstand beider Oceane: 20’. 

Röthliche grobe Conglomerate und Trümmergesteine, vielleicht dem 
„Rothliegenden‘ der permischen Formation zugehörig. 

Bei Panama treten dicht am Seeufer die Schichten eines Con- 
glomerats zu Tage, welches sehr hart in einem thonigen Bindemittel 
ältere krystallinische Gesteine einschliesst (Granite, SYyenite Porphyre). 

Die Schichten streichen im Mittel von O.N.O. nach W.S. W. und 
fallen in schwacher Neigung von 14° von W. nach O. ab. Die stark 
röthlich gefärbte Cementmasse dieser Trümmergesteine mit vorwaltendem 
Eisenoxyd, ihre Härte, die krystallinischen Einschlüsse, die ganze petro- 
graphische Beschaffenheit, wie die Lagerung dieser ältesten im Isthmus 
aufgeschlossenen , sedimentären Bildungen machen es ziemlich wahr- 
scheinlich, dass dieselben dem obern Rothliegenden der permischen 
Formation (unterm Trias) analog ist. Fossile Einschlüsse, welche allein 
den Beweis liefern, scheinen freilich zu fehlen. Die Stadt Panama 
selbst steht auf diesen röthlichen Conglomeraten,, die auch auf den 
Inseln des Golfs: Flamenco, Perico, San Jose, wie auf der etwas süd- 
licher gelegenen Tabogagruppe aufgeschlossen sind. 

Der durch Jorge Juan’s und Ulloa’s erste und einzige Höhenmessung 
im Isthmus berühmt gewordene Cerro de Ancon erhebt sich im Nord- 
westen der Stadt, die von seinem Fusse durch eine kleine schmale, mit 
Buschwald bedeckte Ebene getrennt ist. Dieser Cerro ist die letzte 
der Hügelbildungen des Festlandes in der eigentlichen Landenge nahe 
der Eisenbahn. Der Cerro de Ancon ist von den nördlichen Cerros- 


%. 


57 
gruppen getrennt, besitzt keine conische Form und keinen kuppen- 
förmigen Gipfel, sondern ist ein von N. nach Süd in die Länge ge- 
streckter Hügel mit kammförmigen Gipfelrücken. Ein sandsteinartiges 
Conglomerat ist oben aufgeschlossen. Vom Gipfel des Cerro de Ancon 
hat man einen schönen Rundblick über einen Theil des Isthmusreliefs 
besonders zwischen dem R. Algoroso und R. grande über das Seege- 
stade und die nächsten Inselgruppen des Golfes von Panama. Aus der 
Flora der nächsten Umgebung der Stadt Panama und vom Fusse des 
Cerro de Ancon erwähne ich folgende Arten, die nicht im Innern der 
Landenge vorzukommen scheinen: Petiveria alliacea L. Gossypium 
barbadense L. und die wunderschöne Caesalpinia pulcherrima Sw. Aus 
der Familie der Aroideen fand ich sehr häufig Philodendron biprimati- 
fidum Schtt. und in den Sümpfen nahe der Stadt Pistia stratiotes L. 
Von parasitischen Orchideen erscheinen in der Umgegend von Panama 
besonders häufig: Sobralia Fenzliana Rehb. Oncidium altissimum Smith 
OÖ. ampliatum Lindl. Trigonidium Seemanni Rehb. Brassavola venosa 
Lindl. 3 

Unter den cultivirten Pflanzen ist in den Gärten und Haciendas 

ganz besonders häufig der schöne, dichtbelaubte und wöhlthätigen 
Schatten gewährende Mangobaum: Mangifera indica L. und die auch 
wild wachsende Ananassa sativa Lindl., welche Columbus in Veragua 
bereits cultivirt fand. 
Der schmale Küstensaum trägt eine eigenthümliche Vegetation, 
welche von der Wald- und Savannenzone scharf geschieden ist und sich 
vornemlich durch Arten auszeichnet, denen ein salzgeschwängerter Boden 
Bedürfniss ist. Pflanzen mit lederartig glänzenden , ganzrandigen 
Blättern sind vorherrschend, worunter die Familien: Euphorbiaceae, 
Combretaceae, Leguminosae, Crescentiaceae, Olacineae, Compositae, Mal- 
vaceae, Convolvulaceae in wenigen Arten, aber zahlreichen Individuen 
repräsentirt sind. 

Unter den höhern Pflanzen ist die Cocospalme (Cocos mucifera 
Linn.) der häufigste und schönste Baum, der zwar im lockern Dünen- 
sande selbst nicht gut gedeiht, doch in geringer Entfernung davon auf 
festerm Boden, den die Brandung des Meeres nur seltener berührt, 
hochstämmiger auftritt und reichere Fruchttrauben trägt. Neben der 
Abh.d. II. Cl. d.k.Ak. d. Wiss. X. Bd. I. Abth. 3 


58 


Cocospalme der giftige und übertrieben gefürchtete Manzanillobaum 
(Hippomane mancinella Linne) hier an der Südküste wie an der Nord- 
küste Mittelamerikas besonders häufig. Crescentia cucurbitina und: 
Paritium tiliaceum bilden das Dickicht und die den beiden Oceanküsten 
eigenthümliche Ipomoea Pes caprae breitet ihre langen kriechenden 
Zweige hier wie an der Limonbai weit über den Dünensaum der Küste 
aus. An feuchten sumpfigen Uferstellen besonders an der Mündung 
des R. grande bilden Rhizophora Mangle Lin. und Avicennia nitida 
Jacg. undurchdringliche Strandwälder ganz so wie an der Nordküste, 
Auch Lacuncularia racemosa Gärt. und Chrysobalanus Icaco L. wachsen 
hier ebenso häufig wie bei Aspinwall. Dagegen scheinen nur auf die 
Küste des Stillen Oceans beschränkt: Colicodendron avicennaefolium 
Seem. Combretum farinosum Kth. Eugenia Gayaquilensis Dec. Ximenia 
americana Linn. Prosopis horrida Kth. Pithecolobium oblongum Benth. 
Pectis diffusa Hook. Edmonstonia pacifica Seem. Die grössere Mehr- 
zahl ihrer Arten aber hat die pacifische Küstenflora in Panama, Veragua, 
Chirqui und Darien mit der atlantischen Seite gemeinschaftlich. Die 
meisten dieser Litoralpflanzen besitzen eine sehr ausgedehnte geographische 
Verbreitung. 

In der Fauna des Isthmus ist zwischen beiden Oceanküsten eine 
sehr merkliche Verschiedenheit der vorkommenden Arten nur: bei den- 
jenigen Thierklassen wahrnehmbar, welche eine geringe Fähigkeit der 
Ortsbewegung besitzen z. B. bei den Süsswasserfischen, Land- und Süss- 
wasserschnecken, den nicht fliegenden Insektenu.s. w. Vögel, Schmetterlinge 
und Hymenopteren sind dagegen an beiden Oceanen in grösster Mehr- 
zahl dieselben. Von Säugethieren und Reptilien haben nur sehr wenige 
Arten ‘die niedrige Wasserscheide nicht überschritten. Bei den Süss- 
wasserfischen, wie auch bei den Coleopteren, nimmt die Zahl der jedem 
Küstengebiet eigenthümlichen Arten beträchtlich zu. 

Die Fauna der Säugethiere des Isthmus stimmt mit der Fauna der 
südlichen und mittlern Staaten Centralamerikas namentlich Costarica’s 
und Nicaragua’s wesentlich zusammen. .Die Mehrzahl der vorkommenden 
Arten ist durch die ganze Tropenzone Südamerikas verbreitet. Unter 
den Affen sind die Gattungen Mycetes, Ateles und Cebus in den 
dichteren und hochstämmigeren Wäldern der atlantischen Abdachung 


59 


durch zahlreichere Individuen vertreten als an der pacifischen Seite, wo 
die lichteren Buschwälder dagegen mehr von den Gattungen Callithrix 
und Chrysothrix bewohnt werden. Brüllaffen hörte ich noch bei Paraiso, 
dagegen nicht mehr in den lichten Savannenwäldchen zwischen Panama 
und Veragua, wo sie ganz zu fehlen scheinen. Von Chiropteren kommt 
am Golfe von Panama wie am Golfe von Nicoya Anoma villosa Gray 
vor. Aus der Familie der Ursinen ist Procyon cancrivous lllig., aus 
der Familie der Beutelratten Didelphys cancrivora Gm. wahrscheinlich 
durch die ganze Länge und Breite der Landenge verbreitet. Wenn die 
grossen raubgierigen Katzen Felis Onca und Felis discolor dem Isthmus 
nirgends ganz fehlen, so leben sie doch sehr zurückgezogen ‚und ver- 
steckt in den Wäldern. Ihr zufälliges Begegnen ist für den Sammler 
ein seltenes Ereigniss und fast gefahrlos, da diese Raubthiere hier einen 
auffallend scheuen, feigen Charakter besitzen. Häufiger ist Felis pardalis 
die Pardelkatze, deren Fell von den Indianern oft zu Markt ge- 
bracht wird. 

Die Ordnung der Nagethiere ist wie in Costarica durch eigenthüm- 
liche Arten der Gattungen Habrothrix, Calomys und Loncheres be- 
zeichnet, welche nach Fitzingers Untersuchung von den nahe verwandten 
Arten Südamerika’s bestimmt genug abweichen, um sie als eigene 
Species aufstellen zu können. Aus Europa sind mit den Schiffen unsere 
beiden Rattenarten M. rattus und M. decumanus eingewandert und 
haben sich so vermehrt, dass sie eine grosse Plage für die Häuser ge- 
worden sind. Der in den Savannenwäldern ziemlich häufige kleine 
Hase scheint mit Lepus sylvaticus identisch, welcher von Südcarolina 
bis Brasilien verbreitet ist. Das hier viel seltener als in Nordamerika 
vorkommende bunte Eichhörnchen ist wohl nur eine Varietät von 
Sciurus variabilis. 

Aus der Ordnung der Edentaten sind Choloebus didactylus Il. 
Xenurus verrucosus Wagn. Dasypus novemcinctus L. zu erwähnen. 
Alle drei Arten gehen durch den ganzen Tropengürtel der neuen Welt. 
Von Pachydermen ist das Vorkommen von Tapirus americanus um so 
mehr einer besondern Erwähnung werth als die Verbreitung dieses 
grossen Dickhäuters bis in die Gebirge Centralamerika’s früher be- 
zweifelt wurde. Andr. Wagner war noch der irrigen Ansicht, dass der 

8* 


60 


Tapir nicht den Atrato überschreite und ganz auf die Tropenzone 
Südamerika’s beschränkt sei. Ich beobachtete seineSpuren an den Flüssen 
der Provinzen Panama und Chiriqui nicht selten und habe von einem 
am Fusse des Vulkans Chiriqui erlegten grossen Exemplar einen wohl- 
erhaltenen Schädel mitgebracht. Das Nabelschwein Dicotyles torquatus 
mit weisslicher Schulterbinde ist durch ganz Centralamerika verbreitet 
und durchstreift ähnlich wie in Guiana und Brasilien in grossen Rudeln 
die Wälder von der heissen Tiefregion bis zur Kammhöhe der Cordillere 
(5000°). Von Hirschen kommen zwei Arten vor: Cervus rufus und 
ein anderer etwas grösserer Hirsch im Gebirge, der wahrscheinlich mit 
C. mexicanus zusammenstimmt. An der Küste Centralamerika’s wie 
besonders anch in der Nähe der Inseln des Golfes von Panama lässt 
sich nicht selten ein Wallfisch sehen, der, noch nicht genau untersucht 
und bestimmt, nach der Beschreibung der Balaena australis wenigstens 
an Grösse, Farbe des Bauches und Form des Kopfes sehr nahe kommt. 

Von Schlangen erhielt ich in Panama ein Exemplar der kleinen 
giftigen Seeschlange: Pelamys bicolor Daud. in Weingeist von meinem 
dortigen Freund Dr. Kratochwil mit der Versicherung, dass dieselbe im 
Golf von Panama gefangen worden sei. Indessen gebe ich doch die 
Möglichkeit eines Irrthums von seiner Seite um so mehr zu, als das 
Vorkommen dieser im indischen Ocean häufigen Schlange eine sonder- 
bare mit allen übrigen Vorkommnissen der geographischen Verbreitung 
der Schlangen im Widerspruch stehende Erscheinung wäre. Anderer- 
seits ist freilich auch die Möglichkeit einer solchen wirklichen Ver- 
breitung nicht zu bestreiten, da der Wanderung dieser leicht schwim- 
menden, nur im Meerwasser lebenden Schlange kein Hinderniss im 
Wege steht. 

Eine andere dem Isthmus eigenthümliche Giftschlange aus der 
Familie der Crotalinen ist Teleuraspis Schlegeli Benth. Durch den 
ganzen Isthmus verbreitet sind die gefährliche Schlange Bothrops 
lanceolatus Wagl., die auch in Brasilien vorkommt und die bereits er- 
wähnte riesige Lachesis muta Daud. Sehr gefürchtet durch die Giftig- 
keit ihres Bisses sind die Korallenschlangen: Elaps semipunctatus D. 
et B. und Elaps fulvius L., welch’ letztere Art auch in Mexiko und 
Nordamerika bis Charleston verbreitet ist, dagegen in Südamerika fehlt 


61 


und dort durch die ihr nahe stehende Elaps corallinus L. vertreten ist, 
Aus anderen Schlangenfamilien sind die giftlosen Arten Xiphosoma 
hortulanum Wagl. Herpetodryas carinatus Schl. Petalognathus nebulosus 
L. Xenodon rhabdocephalus Boi., Oxyrrhopus multifasciatus D. B. 
Dipsas annulata Schl. Dryophylax aestivus Schl. zu erwähnen , welche 
sämmtlich eine sehr weite geographische Verbreitung haben und vom 
Isthmus auf den südamerikanischen Continent bis Brasilien übergehen. 
Dem Isthmusgebiet eigenthümlich sind dagegen die von mir gesam- 
melten Schlangenarten: Leptophis intermedius Jan. und Ablabes tessel- 
latus Jan. Aus der Familie der Iguanen sind Norops auratus Wagl. 
und Tropidolepis spinosus Wiegm. und von Alligatoren der von mir an 
der Südseite des Isthmus entdeckte und von Siebold und Fitzinger als 
neue Art erkannte: Alligator veraguensis Sieb. einer besondern Er- 
wähnung würdig. Für die Gesetze der geographischen Verbreitung der 
Organismen ist die Thatsache von grosser Bedeutung, dass die meisten 
Süsswasserthiere trotz der ausserordentlich niedrigen Wasserscheide in 
der eigentlichen Landenge von Panama entweder ausschliesslich nur 
der Südseite oder der Nordseite angehören, während die ungeheure 
Mehrzahl der Landthierarten, besonders derjenigen Species, welche 
fliegen oder sich sehr leicht bewegen, an beiden Abdachungen der 
Landenge identisch ist. 


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Ueber das Verhältniss 


der 


Harnsäure und des Guanin’s 


zur Vegetation. 


Von 


August Vogel. 


Abh. d. II. Cl.d. k. Ak. d. Wiss. X. Bd. III. Abth. 9 


erillörlısV Rub Tode. 


Ay 


vage 


Ueber das Verhältniss der Harnsäure und des Guanin’s 
zur Vegetation. 


Von 


August Vogel. 


Harnsäure und Guanin — diese niemals im Peruguano fehlenden 
Bestandtheile — sind als Stickstoffhaltige Endprodukte der regressiven 
Stoffmetamorphose zu betrachten. Insbesondere erscheint das Guanin 
durch die Art und Weise seiner Umsetzung in Sarkin, in Xanthin und 
in Harnsäure jedenfalls im lebenden thierischen Organismus als transi- 
torischer Träger des Stickstoffs, der von den Stickstoffhaltigen Gewebs- 
bestandtheilen herstammt. 

Das Verhalten des Guanin’s und der Harnsäure zur Vegetation war 
bis jetzt durch direkte entscheidende Versuche noch nicht erschöpfend 
dargethan!), somit konnte auch der Antheil dieser Substanzen an der 
notorischen Wirkung des Guano als Düngmittel nicht bekannt sein. 

Eine Versuchsreihe, deren Resultate hier zur Mittheilung kommen, 
hatte es sich zur Aufgabe gestellt, der Beurtheilung des Guanin’s und 
der Harnsäure in ihrer Bedeutung auf Pflanzenernährung einige sichere 
Anhaltspunkte darzubieten. 

Vor der Beschreibung der ausgeführten Versuche ist noch der Dar- 
stellung des Guanin’s, wie solches als Versuchsmaterial verwendet wurde, 
Erwähnung zu thun. ÖObschon dieser Körper in den Excrementen der 
Spinnen gefunden worden ist und aus diesem Materiale sehr rein dar- 


1) J.. v. Liebig, der chemische Prozess der Ernährung der Vegetabilien. 1865. 
9* 


66 


gestellt werden kann, so schien es doch geeigneter, sich das Guanin 
direkt aus dem Guano zu verschaffen, da es sich in diesem Falle um 
die Wirksamkeit desselben im Guano selbst handelt. 

Zur Darstellung des Guanin’s wurde ausschliesslich bester Peruguano 
(aus Hamburg bezogen) verwendet. Die Darstellung geschah durch 
längeres 'Kochen grösserer Mengen; dieses Peruguano’s mit Wasser unter 
Zusatz von Kalkhydrat. Das Kochen. wurde stets so lange fortgesetzt, 
bis eine abfiltrirte Probe kaum noch gefärbt erschien. Nach Uebersät- 
tigung der filtrirten Lösung mit Essigsäure schlägt sich das Guanin mit 
etwas Harnsäure gemengt nieder. Die Trennung des Guanin’s von der 
Harnsäure geschieht am besten, indem man den durch Essigsäure aus 
der alkalischen Lösung erhaltenen Niederschlag mit verdünnter Salzsäure 
kocht, wobei sich das Guanin löst, die Harnsäure aber zurückbleibt. 
Aus der salzsauren Lösung wird das Guanin durch überschüssiges Am- 
moniak gefällt. Zu bemerken ist noch, dass auf diese Weise auch aus 
dem besten Peruguano niemals mehr, als 0,6 proc. reinen Guanin’s als 
farbloses krystallinisches Pulver erhalten werden konnte. 


Da es bei den folgenden Versuchen Aufgabe wurde, geringe Mengen, 
ja mitunter Spuren von Guanin im Gemenge mit grösseren Quantitäten 
von verschiedenen Erden aufzufinden, so musste es von Interesse sein, 
eine charakteristische Reaktion des Guanin’s, ähnlich der Murexidbildung 
der Harnsäure mit Salpetersäure, anwenden zu können. Charakteristisch 
ist zwar allerdings die Silberverbindung des Guanin’s 

€ Hs Ns # + A, N®s, 
welche sich aus kochender Salpetersäure in feinen glänzenden Nadeln 
abscheidet. Als bestimmte Erkennungsreaktion hat sich aber der Silber- 
niederschlag in diesem Falle nicht geeignet erwiesen, da hier das Guanin 
mit verschiedenen Erden vermengt aufgefunden werden musste, wobei 
der nie ganz fehlende Gehalt an Chloriden in denselben die Reaktion 
unsicher machte. Dagegen hat sich folgendes Verhalten des Guanin’s 
als charakteristisch und zugleich als hinreichend empfindlich ergeben. 
Verdampft man nämlich eine Lösung von Guanin in rauchender Salpeter- 
säure auf einem Platinblech, so hinterbleibt ein glänzender gelber Rück- 
stand, der auf Zusatz von Kali sich unter rothgelber Färbung löst, die 
beim Verdunsten in’s Violettrothe übergeht. Diese Farbenveränderung 


67 


ist so in die Augen fallend, dass nach dieser Methode sehr geringe 
Mengen von Guanin mit Erden und Pflanzenüberresten. gemischt nach- 
gewiesen weıden konnten. 

Für die Auffindung der Harnsäure diente selbstverständlich die be- 
kannte Murexidreaktiöon und das Verhalten der Harnsäure zu salpeter- 
saurem Silberoxyd, wodurch, wie man weiss, noch die geringsten Spuren 
von Harnsäure unzweifelhaft erkannt werden können. 

Um die Bedeutung des Guanin’s und der Harnsäure, — dieser 
beiden, obschon im Peruguano nicht in grossen Mengen vorkommenden, 
aber doch immerhin wesentlichen Bestandtheile — zur Pflanzenernährung 
kennen zu lernen, schien es vor- Allem von Wichtigkeit, deren Verhalten 
im reinen Zustande zu verschiedenen Ackererden, dann zu einigen Ve- 
getabilien festzustellen, da sich hieraus das Verhalten dieser Substanzen, 
wenn sie im Peruguano enthalten sind, zu Boden und Pflanze natürlich 
von selbst ergeben muss. 

Die Arbeit theilt sich hiernach zunächst in folgende gesonderte 
Abschnitte. 

I. Versuche: über das Verhalten des Guanin’s und der Harnsäure 
zu verschiedenen Bodenarten. | 

II. Versuche über das Verhalten des Guanin’s und der Harnsäure 
zu einigen Vegetabilien, welche auf den damit behandelten Bodenarten 
gezogen. 

I. 
Die Bodenarten, welche zu diesen Versuchen dienten, waren folgende: 
1) ein Kieselsandboden, 
2) ein Thonboden, 
3) ein Kalkboden, 
4) ein humöser Boden. 

Diese vier Bodenarten sind als Vertreter sämmtlicher, in den man- 
nichfachsten Abstufungen in einander übergehender Erdarten zu betrachten. 
Die Erforschung ihrer Verhältnisse zum Guanin und zur Harnsäure darf 
daher im Allgemeinen als ausreichend und maasgebend für die Beur- 
theilung dieser Frage erscheinen. Ohne in die ausführliche chemische 
Analyse dieser vier Ackererden näher eingehen zu wollen, — die ana- 
lytischen Specialitäten sind überdiess, da es sich hier nur um allgemeine 


68 


Charakterisirung handelt, von sekundärer Bedeutung, — mögen nur fol- 
gende Angaben, welche zur Beurtheilung ihrer Natur ausreichend er- 
scheinen, eine Stelle finden. 

1) Der Kieselsandboden enthielt 90 proc. Sand, der grösstentheils, 
wie er auch am häufigsten vorkömmt, aus Quarz bestand; demselben 
war nur wenig Glimmer beigemengt. Der Rest vertheilte sich auf Kalk 
nebst Spuren von Thon und Eisenoxyd. Dieser Boden gehörte somit 
zu den unfruchtbaren und unter den Vegetabilien, die kärglich auf dem- 
selben lebten, sind nur Elymus arenarius und Carex hirta, nebst Festuca 
glauca zu erwähnen. 

2) Der Thonboden enthielt 68 proc. Thon, ausserdem 6 proc. Eisen- 
oxyd-oxydul, nur sehr wenig Kalk, keinen Humus. Dieser Boden ist 
somit als ein sogenannter strenger Boden zu bezeichnen. Seine Vege- 
tation war vorzugsweise Potentilla reptans. 

3) Der Kalkboden war ein künstlich dargestellter; er bestand aus 

70 proc. kohlensaurer Kalkerde nebst 4 proc. kohlensaurer Magnesia, 
ausserdem war dem Boden noch etwas weiss gebrannte Knochenerde, 
geschlämmter Thon und Quarzsand beigemengt worden. 
} 4) Der humöse Boden, ein Haideboden, bestand nur zur Hälfte aus 
Mineralbestandtheilen, hauptsächlich Kieselsand und Glimmer. Unter den 
organischen Bestandtheilen befanden sich 14 proc. löslicher Huminkörper. 
Das Uebrige bildeten unverweste Pflanzenüberreste. 

Da, wie man weiss, Ackererde im frischen Zustande stets Ammoniak, 
wenn auch gewöhnlich nur in geringen Spuren, enthält, der Nachweis 
der Zersetzungsprodukte des Guanin’s und der Harnsäure aber vorzugs- 
weise auf die Entdeckung des Ammoniak’s sich bezog, so war es noth- 
wendig, sich zunächst von dem Gehalte an Ammoniak in den für die 
Versuche verwendeten Erden zu überzeugen. Mit dem wegen seiner 
Empfindlichkeit bekannten Nessler’schen Reagens wurden die vier Erden 
auf Ammoniakgehalt sorgfältigst geprüft. Kalk-, Sand- und Haideboden 
zeigten sich ganz frei von Ammoniak, nur im Thonboden waren Spuren 
von Ammoniak bemerkbar. Es fehlt somit der Ammoniakgehalt in diesen 
Erden entweder gänzlich oder ist verschwindend gering. Zu grösserer 
Sicherheit wurden indess die Erden vor dem Versuch noch in dünnen 
Schichten ausgebreitet, bei 100° CO. längere Zeit getrocknet, so dass 


69 


hierauf auch im Thonboden keine Reaktion auf Ammoniak mehr entdeckt 
werden konnte. 

Die Beimischung des Guanin’s und der Harnsäure zu den Erden 
war in der Weise vorgenommen worden, dass die zugesetzte Menge 1 proc. 
betrug. Durch direkte Versuche an herausgenommenen Proben der Erd- 
gemische hatte sich die Ueberzeugung herausgestellt, dass beide Bestand- 
theile, Guanin und Harnsäure, in dieser Vertheilung durch die erwähnten 
Reaktionen noch deutlich nachweisbar waren. 

Nachdem Guanin und Harnsäure durch inniges Mengen in einer 
Reibschaale gleichmässig mit den Erden vertheilt worden waren, wurden 
die Gemenge in Glasgefässe von 5‘ Tiefe und 15° Durchmesser gebracht 
und von Zeit zu Zeit mit destillirtem Wasser befeuchtet, so dass die- 
selben den für die Vegetation geeigneten Wassergehalt zeigten. Die Ge- 
fässe befanden sich nebeneinander, in gleicher Weise dem Einflusse der 
Temperatur, des Lichtes und der Atmosphäre ausgesetzt. Von Zeit zu 
Zeit erfolgte mittelst eines Spatels die Umarbeitung des Bodens, um. 
auch die unteren Schichten an die Oberfläche zu bringen. Der Vorrath 
des zum Begiessen verwendeten destillirten Wassers war in wohlver- 
schlossenen Flaschen aufbewahrt, um eine Absorption von Ammoniak 
aus der Atmosphäre zu verhindern; dasselbe wurde stets vor der An- 
wendung zum Begiessen auf Ammoniak geprüft. 

Die Untersuchung der Erden, welche nach der angegebenen Art 
in erster Reihe mit Guanin, in zweiter Reihe mit Harnsäure vermischt 
waren, geschah zu drei verschiedenen Zeitabschnitten und zwar 14 Tage, 
4 Wochen und 6 Wochen nach der Aufstellung der Versuchsgemenge. 
Sie bezog sich zunächst auf den direkten Nachweis des Guanin’s und 
der Harnsäure nach den bekannten Methoden. 

Wenngleich die charakteristischen, jenen Reaktionen eigenthümlichen 
Farbenveränderungen bei der ersten Vornahme der Untersuchung, nach- 
dem also seit der Aufstellung 14 Tage verflossen, noch deutlich wahr- 
nehmbar waren, so konnte doch kein Zweifel darüber bestehen, dass 
bereits zu diesem Zeitpunkte schon eine Verminderung in dem Guanin- 
und Harnsäuregehalte eingetreten war. 

Nach vier Wochen konnte im Thon- und Kalkboden von Harnsäure 
keine Spur mehr wahrgenommen werden; der Sandboden zeigte noch 


70 


schwach die Murexidreaktion, in noch geringerem Grade der Humus- 
boden. Es ergibt sich hieraus, dass im Sand- und Humusboden die 
Zersetzung der organischen Substanzen, insonderheit der Harnsäure, 
langsamer vor sich geht, als im Thon- und Kalkboden. Es mag un- 
entschieden bleiben, ob nicht im Sand- und Humusboden noch Spuren 
von Guanin vorhanden gewesen; die angegebene Reaktion auf Guanin 
ist allerdings nicht in dem hohen Grade empfindlich, wie die Murexid- 
reaktion auf Harnsäure, so dass hierin vielleicht der Grund liegen mag, 
dass geringe Spuren von Guanin der Nachweisung entgehen konnten. 


Nach Verlauf von sechs Wochen, dem Zeitpunkte der 3. Unter- 
suchung, waren auch im Thon- und Kalkboden nicht die leisesten Spuren 
von Harnsäure vermittelst der Murexidreaktion mehr wahrzunehmen. 
In einem mit der eben beschriebenen Versuchsreihe gleichzeitig ausge- 
führten Versuche waren dieselben vier Erden mit Peruguano gemischt 
in offenen Gefässen unter denselben Verhältnissen, wie angegeben, zur 
“Beobachtung aufgestellt worden. 


Auch diese mit Peruguano versetzten Erden, nachdem sie einige 
Wochen durch Begiessen mit destillirtem Wasser feucht erhalten worden, 
zeigten nach dieser Zeit durchaus keine Murexidreaktion mehr; es war 
somit die im Peruguano enthaltene Harnsäure ebenfalls nur durch den 
Einfluss feuchter Erden gänzlich verschwunden, d. i. umgesetzt worden. 


Nachdem also, wie gezeigt worden, das Guanin und die Harnsäure 
als solche in verhältnissmässig kurzer Zeit vollständig verschwunden 
waren, musste es Aufgabe sein, die Zersetzungsprodukte beider, nämlich 
Ammoniak und Salpetersäure, in den Erden nachzuweisen. Schon die 
qualitative Untersuchung der vier Erden ergab die Gegenwart von Am- 
moniak in auffallender Weise. Herausgenommene Proben der Erden 
wurden mit Wasser behandelt, filtrirt, die filtrirte Lösung mit kaustischem 
Kali versetzt und derselben hierauf das bekannte Nessler’sche Reagens 
zugefügt. Während die Erden vor ihrer Behandlung mit Guanin und 
Harnsäure, wie schon früher bemerkt, durchaus keine Ammoniakreaktion 
zeigten, ergab sich nun sofort auf das deutlichste der charakteristische 
rothe Niederschlag, am stärksten trat derselbe ein beim Thonboden. 
Diess mag wohl daher rühren, dass der Thonboden als ein schwerer 


71 


Boden das Ammoniak hartnäckiger zurückzuhalten vermag, als die übrigen 
zum Versuche verwendeten Bodenarten von ınehr lockerer Struktur. 

In Beziehung auf das Nessler’sche Reagens für Ammoniak, welches 
im Verlaufe der Ausführung dieser Arbeit sehr häufig zur Anwendung 
gekommen, muss bemerkt werden, dass ich zur Darstellung desselben 
folgende Vorschrift als die geeignetste erkannt habe. Man löst 7,5 Gramm 
Jodkalium in 30 C. C. destillirten Wassers, versetzt mit Quecksilber- 
chloridlösung so lange als der Niederschlag durch Schütteln wieder ver- 
schwindet, setzt 18 Gramm kaustischen Kali’s in 18 C. C. destillirten 
Wassers gelöst hinzu und verdünnt mit destillirtem Wasser auf 180 0.C. 
Lösung. Die auf solche Weise hergestellte Quantität des Reagens 
wird am besten auf mehrere mit Glaskork wohlverschlossene Gläser ver- 
theilt, jedes ungefähr zu 100 C. C. Inhalt. Da, wie ich wiederholt 
beobachtet habe, das Tageslicht nicht ohne zersetzende Wirkung auf die 
Zusammensetzung des Reagens zu sein scheint, so dürfte die Aufbewah- 
rung im Dunkeln zu empfehlen sein. Selbstverständlich muss das zu 
den Versuchen angewendete destillirte Wasser, um Irrungen zu vermeiden, 
vollkommen Ammoniakfrei sein; der Vorschlag, dem Wasser vor der 
Destillation etwas doppeltschwefelsaures Kali zuzusetzen, verdient daher 
volle Berücksichtigung. Da indess doch bei aller Vorsicht der Aufbe- 
wahrung das Reagens nicht besonders haltbar ist, so erscheint nach 
meinem Dafürhalten dessen Darstellung in grösserer Menge als die hier 
angegebene, nicht rathsam. 

Die Prüfung auf Salpetersäure geschah in der Art, dass heraus- 
genommene Proben der Erden mit Wasser ausgezogen und die wässrigen 
Lösungen im Wasserbade nahezu abgeraucht wurden. Hierauf mit destil- 
lirtem Wasser verdünnt, trat unter Zugabe von etwas Indigolösung und 
chemisch reiner Schwefelsäure augenblicklich Entfärbung ein, und es 
konnte sogar noch ein zweiter und dritter Tropfen schwefelsauren 
Indigo’s zugesetzt werden, um die Gegenwart von Salpetersäure entschie- 
den zu kennzeichnen. 

Als Resultat ergab sich in den vier Erden eine deutliche Reaktion 
auf Salpetersäure, man darf daher annehmen, dass Guanin und Harn- 
säure dem Boden beigemischt, nach einiger Zeit als Ammoniak und 
Salpetersäure in demselben vorhanden sind. Es bedarf kaum der Er- 

Abh. d. II. C1.d. k. Ak.d. Wiss. X. Bd. III. Abth. 10 


72 


wähnung, dass die Erden vor ihrer Behandlung mit Guanin und Harn- 
säure bei der damit vorgenommenen Prüfung auf Salpetersäure keine 
Spur von Reaktion in der angegebenen Art zeigten; es ist also der 
nun vorhandene Salpetersäuregehalt ganz und gar auf Rechnung der 
umgesetzten Zusätze von Guanin und Harnsäure zu bringen. 

Die Salpetersäurebestimmung musste sich selbstverständlich auf den 
qualitativen Nachweis beschränken; dagegen ist es versucht worden, die 
Grösse des Ammoniakgehaltes in den vier Erden festzustellen. Da hiezu 
natürlich, um vergleichbare Resultate zu erhalten, die Erden bei 100° C. 
getrocknet werden mussten, so war namentlich beim Kalkboden ein wenn 
schon unbedeutender Verlust an Ammoniak unvermeidlich. Die durch 
den Versuch erhaltenen Zahlen dürften daher um ein Geringes unter 
dem wahren Gehalte stehen. Die Ammoniakbestimmung selbst geschah 
in bekannter Weise nach Boussingault’s Methode!) durch Erwärmen der 
mit Wasser übergossenen und damit geschüttelten Erden unter Zusatz 
von kaustischer Magnesia und Auffangen eines Theiles des Destillations- 
wassers in Normalschwefelsäure. Durch Zurücktitriren der Normal- 
schwefelsäure mit Natronlauge fand sich der Ammoniakgehalt. 

Die Anwendung der gebrannten Magnesia nach der Boussingault’- 
schen Vorschrift muss bei dieser Art der Untersuchung ganz besonders 
hervorgehoben werden. Ich habe schon bei einer früheren Gelegenheit 
gezeigt”), dass Kali, Natron, Kalk oder Baryt mit oder ohne Erwärmen 
bei längerer Berührung mit eiweissartigen Körpern auf diese eine zer- 
legende Wirkung äussern. Ihre Anwendung gestattet daher, wenn es 
sich um Substanzen handelt wie Ackererde, Thon und andere in diese 
Gruppe gehörende Objekte, welche der Natur der Sache nach neben 
Ammoniaksalzen noch Proteinkörper enthalten, keine Sicherheit der Am- 
moniakbestimmung. Es ist gezeigt worden°®), dass z. B. in einer und 
derselben Guanosorte durch Behandlung mit Kalkmilch weit mehr Am- 
moniak gefunden wurde, als durch Magnesiamilch und zwar in dem 
Verhältniss von 158 : 100. Diess kann nur daher rühren, dass der 


1) Ann. de Chim. et de Phys. 58. 378. 
2) Akadem. Sitzungsberichte. 20. März 1866. S. 308. 
3) a. 2.0. 


73 


kaustische Kalk theilweise auf die Zersetzung der stickstoffhaltigen Sub- 
stanzen des Guano’s einwirkt und hiemit einen nicht unerheblichen Ein- 
fluss auf die Quantität des erhaltenen Ammoniak’s bedingt. Die kau- 
stische Magnesia dagegen zersetzt die Ammoniaksalze vollständig, ohne auf 
die eiweissartigen Substanzen eine wesentlich zerlegende Wirkung zu äussern. 
Es ergaben sich nach der beschriebenen Methode der Ammoniak- 
bestimmung folgende Resultate: 
Ammoniakgehalt in Procenten: 
I:sThonboden: - ya 1-s11w10,301 


II, Kalkboden: u. 140180 0,270 
11.» Saadbeden. IH atr=rVi-n05 281 
IV..»Humusboden;;,. x. 1.39.0342 


Der Vergleich der ersteren drei Versuchszahlen zeigt, dass der Thon- 
boden am reichsten an Ammoniak geworden, der Kalkboden aber am 
wenigsten Ammoniak enthielt, der Sandboden ungefähr in der Mitte 
beider stand. Der verhältnissmässig geringere Ammoniakgehalt des Kalk- 
bodens erklärt sich, wie schon erwähnt, aus der Natur dieses Bodens 
selbst, indem wahrscheinlich durch Umsetzung von Kohlensäure ein Ver- 
lust an Ammoniak veranlasst wurde. 

Der im Verhältniss etwas grösser gefundene Ammoniakgehalt des 
Humusbodens ist vielleicht nicht ausschliesslich als Ergebniss der Ver- 
setzung des Guanin’s und der Harnsäure aufzufassen; bei der grossen 
Menge organischer Substanzen, welche diese Bodenart charakterisiren, 
ist das Ammoniak zum Theil auch wohl von der Beimengung animalischer 
Bestandtheile unter den Pflanzenbestandtheilen des Bodens mitbedingt, 
obschon bekanntlich die hier mit Absicht in Anwendung gebrachte 
kaustische Magnesia die Zersetzung der Proteinstoffe weniger als ein 
anderes Alkali befördert. 

Als Hauptresultat dieser ersten Versuchsreihe ergibt sich, dass 
Guanin sowohl als Harnsäure mit den vier Hauptrepräsentanten der 
Bodenarten vermischt durch den Einfluss des Wassers und der Luft 
nach einiger Zeit in Ammoniak und Salpetersäure übergeführt werden. 
Es stimmt diess ganz mit der bekannten Erfahrung überein, dass die 
Bestandtheile des Harns, wenn derselbe auf einer porösen Oberfläche 
z. B. auf Torfpulver ausgegossen ist, weit schneller in Ammoniak und 

10* 


74 


Kohlensäure sich umsetzen, als bei der Aufbewahrung im flüssigen Zu- 
stande, wobei die Berührung mit der Luft beschränkter ist. Ein ähn- 
licher Grad der Vertheilung findet statt, wenn die Harnsäure als Düng- 
mittel dem Boden beigemischt ist. In diesem Falle tritt die Zersetzung 
weit schneller ein, als bei der einfachen Behandlung mit Wasser. 


Lässt man in Wasser suspendirte Harnsäure in einem flachen Ge- 
fässe an der Luft stehen, so bemerkt man allerdings sogar nach einiger 
Zeit keine Veränderung; bei der Behandlung mit kaustischem Kali ent- 
wickelt indess die Harnsäurelösung nach wenigen Tagen Stehen schon 
deutlichen Geruch nach Ammoniak, dessen Gegenwart auch auf das Ent- 
schiedenste durch das Nessler’sche Reagens nachgewiesen wurde. 


Es kann keinem Zweifel unterliegen, dass Guanin und Harnsäure, 
wenn sie als Bestandtheile des Peruguano’s dem Boden zugeführt werden, 
durch ihre Zersetzung dessen Gehalt an Ammoniak vermehren. Wie 
schon oben gezeigt ist sowohl Guanin als Harnsäure in einem mit Peru- 
guano gedüngtem Boden nach einiger Zeit nicht mehr nachweisbar. 
Direkte Versuche, die Zunahme des Ammoniakgehaltes in den mit Peru- 
guano gedüngten Bodenarten, so weit sie auf Rechnung der Guanin- 
und Harnsäurezersetzung kommen, quantitativ zu bestimmen, konnten 
kein entscheidendes Resultat geben; bei dem doch immerhin geringen 
Gehalte des Peruguano’s an Guanin und Harnsäure zu den schon fertig 
gebildeten Ammoniaksalzen, welche durch solche Düngung dem Boden 
zugeführt werden, musste es unentschieden bleiben, welcher quantitative 
Antheil den Zersetzungsprodukten des Guanin’s und der Harnsäure an 
der allerdings sehr wesentlichen Bereicherung der Bodenarten durch 
Guanodüngung zugekommen. 

II. 


In dieser zweiten Versuchsreihe wurden zunächst die 4 Erdarten, 
wie sie zu den beschriebenen Versuchen gedient hatten, beibehalten und 
zwar in derselben Weise je mit 1 Proc. Guanin und Harnsäure vermischt. 
Zur Aussaat ist Hafer gewählt worden. Die Haferkörner waren aus einer 
grösseren Menge von Samen ausgesucht und bei der Aussaat wurde das 
Verhältniss der im landwirthschaftlichen Betriebe üblichen Menge, näm- 
lich 2 bis 3 Centner auf 40,0000°, um das Doppelte überschritten. Es 


75 


schien diese Verdopplung der üblichen Aussaatmenge desshalb nothwendig, 
um eine grössere Menge von Pflanzen für den Versuch zu erhalten. 

Auf jedes der mit den Erden gefüllten Gefässe, welche wie ange- 
geben 15” Durchmesser hatten, kamen 1,8 Gramm Samen. Zum Ver- 
gleiche waren 4 Gefässe von derselben Grösse mit den 4 Erden ohne 
Beimengung von Guanin und Harnsäure gefüllt und auf diese in ana- 
loger Weise der Hafersamen gesät worden. 

Die Aussaat hatte am 21. April 1869 stattgefunden. Das Begiessen 
geschah mit destillirtem ammoniakfreien Wasser und zwar nach Bedürf- 
niss jeden Tag oder nach 2 bis 3 Tagen. Die Keimentwicklung der 
Haferkörner lag mit ganz geringen Unterschieden zwischen dem 28. April 
und 4. Mai, am 15. Mai hatten die Pflanzen im Durchschnitte sämmtlich 
eine Höhe von 0,5‘ erreicht. Ein wesentlicher Unterschied in der Ent- 
wicklung der Vegetation zwischen den mit Guanin und Harnsäure ver- 
setzten Bodenarten und zwischen den ungedüngt angewendeten war nicht 
zu bemerken. Gegen Ende Mai konnte die Vegetationsentwicklung, so 
weit sie unter diesen Verhältnissen möglich erschien, als vollendet be- 
trachtet werden. Die Pflanzen wurden unmittelbar über dem Boden ab- 
geschnitten und im frischen Zustande gewogen. Die Gewichtsunterschiede 
der Ernten auf gedüngtem und ungedüngtem Boden lagen innerhalb der 
Gränzen, welche Zufälligkeiten bei Vegetationsversuchen in kleinerem 
Maasstabe unvermeidlich bedingen, in keinem Falle durften die geringen 
Unterschiede als maasgebend für die Beurtheilung im Allgemeinen an- 
gesehen werden. 

Die Untersuchung eines Theiles der frischen Pflanzen, welche auf 
den mit Harnsäure behandelten Bodenarten gezogen worden, auf Harn- 
säure, hatte ein entschieden negatives Resultat ergeben; in keiner der- 
selben gelang es, die Murexidreaktion zu constatiren; es zeigte sich in 
dieser Beziehung durchaus kein Unterschied zwischen den Pflanzen, je 
nachdem sie auf dem mit Harnsäure behandeltem Boden oder auf den 
Bodenarten ohne diesen Zusatz gezogen waren. Hiernach bedarf es kaum 
der Erwähnung, dass die Prüfung auf einen Guaningehalt mittelst einer 
weniger empfindlichen Reaktion kein Resultat gewähren konnte. Ge- 
setzten Falles auch wirklich Guanin oder Harnsäure in irgend einer 
Verbindung von den Wurzelfasern aufgesogen worden wäre, so könnten 


76 


diese auf keinen Fall in den Pflanzen nachgewiesen werden, da nach 
physiologischen Erhebungen alsbald in den ersten Wegen, also noch in- 
nerhalb der zartesten Wurzelorgane, die Umbildung der assimilirbaren 
Stoffe vor sich geht. So saugen die Wurzeln nach Ansicht der meisten 
Pflanzenphysiologen Humin- und Ulminsaure Salze (an Ammoniak ge- 
bunden) ein und doch kann bereits in den ersten Zellen kein Humin- 
körper mehr nachgewiesen werden. 

In einem gleichzeitig angestellten Nebenversuche war der Thonboden 
mit einer weit grösseren Menge von Harnsäure, ungefähr 20 Proc. be- 
tragend, vermengt und darauf Hafer gesät worden. Auch die von einem 
so überreich mit Harnsäure gedüngten Boden geernteten Pflanzen ergaben 
bei der Untersuchung keine Spur eines Harnsäuregehaltes, welcher sogar 
in den Wurzelspitzen nicht nachweisbar war. 

Man darf nach obigen Versuchen mit vollster Entschiedenheit be- 
haupten, dass lebende Vegetabilien, welche auf einem mit Guanin und 
Harnsäure behandelten Boden gezogen worden, weder Guanin, noch Harn- 
säure in unverändertem Zustande enthalten. 

Nach Mulder werden nur die Humussäuren mit den Alkalien und 
Ammoniak direkt aufgenommen, indess alle anderen organischen Stoffe 
schon vor der Aufnahme durch die Pflanzenwurzeln eine Umsetzung er- 
fahren müssen. Die Pflanzen nehmen hiernach nicht bloss Kohlensäure 
und Ammoniak aus dem Boden auf, sondern zugleich in Wasser lösliche 
organische Salze, welche sofort in ihren ersten Wegen schon umgesetzt 
werden. Hierin liegt die Beförderung der Fruchtbarkeit durch Ammoniak, 
weil es condensirt im Boden mit der Ulmin-, Gein-, Humin-, Quell- und 
Quellsatzsäure ebenso wie mit Kali u. a. Salze bildet, die von der Pflan- 
zenwurzel aufgenommen und alsbald zersetzt werden. Animalischer 
Dünger, Harn, Blut u. s. w. sind aus dem Grunde so werthvoll für die 
Vegetation, weil sie neben Ammoniak den Pflanzen auch Huminsäure 
u. dgl. darbieten. 

Wegen nicht ausreichender Menge der auf den verschiedenen Boden- 
arten geernteten Pflanzen musste von einer quantitativen Ammoniak- 
bestimmung, wie sie mit den Bodenarten ausgeführt worden, Umgang 
genommen werden, indem diese Art von Bestimmungen bekanntlich ein 
grösseres Material erfordert, als die ausgeführten künstlichen Vegetations- 


77 


versuche liefern konnten. Dagegen waren die Ernten mehr als zureichend, 
um den in den verschiedenen Pflanzen enthaltenen Stickstoff quantitativ 
zu bestimmen. Zur Stickstoffbestimmung wurden die bei 110° C. ge- 
trockneten Pflanzen verwendet. Die Methode der Stickstoff bestimmung, 
welche hier in allen Fällen zur Anwendung kam, war die bekannte 
Methode der Verbrennung mit Natronkalk und Auffangen der Verbren- 
nungsprodukte in titrirter Schwefelsäure. Die Resultate folgen hier 
zur leichteren Uebersicht in schematischer Zusammenstellung, wobei zur 
Veranschaulichung des Vergleiches der Stickstoffgehalt der auf unge- 


düngtem Boden gezogenenen Haferpflanze stets — 100 gesetzt ist. 
Stickstoffverhältnisse der Haferpflanze auf verschiedenen 
Bodenarten. 
a. ohne Dünger. b. mit Guanin. c. mit Harnsäure. 
I. 11. In. IV. 
Thonboden. Kalkboden. Sandboden. Humusboden. 
a. ohne Dünger . 100 100 100 100 
b. mit Guanin . . 98 100 104 99 
c. mit Harnsäure . 102 102 104 99 


Es ergibt sich aus diesen Vergleichszahlen auf das Deutlichste, dass 
die Beimischung von Guanin und Harnsäure in dem angeführten Ver- 
hältnisse zu den verschiedenen Bodenarten keinen regelmässig wesent- 
lichen Einfluss auf den Stickstoffgehalt der darauf gezogenen Pflanze 
ausgeübt habe. 

Zur Vervollständigung dieser Versuchsreihe wurde endlich noch die 
Haferernte, welche sich auf dem mit ungefähr 20 Proc. Harnsäure ver- 
setzten Thonboden ergeben hatte, auf ihren Stickstoffgehalt geprüft. Der 
Stickstoffgehalt ergab sich im Vergleiche mit der auf ungedüngtem Boden 
gezogenen Pflanze (= 100) zu 134. Diess entspricht einer Vermehrung 
des Stickstoffes, wie derselbe nach früheren, bei einer anderen Gelegenheit 
angestellten Versuchen ungefähr durch eine sehr ergiebige Stallmist- 
düngung erzielt werden kann. — 

Schacht!) vermuthet nicht mit Unrecht, dass die Düngerwirkung 


1) Der Baum. Berlin 1853. S. 292. 


78 


des Chilisalpeters, des Guano’s u. a. auf ihrem Stickstoffgehalte beruhe; 
namentlich wirke das an Harnsäure gebundene Ammoniak wohlthätig 
auf die Vegetation. Da die Verwesung zu Gunsten des Lebens wirkt, 
so glaubt er, dass diese Stoffe vor der Aufnahme durch die Pflanze 
noch weitere Zersetzung erleiden. Die Ansichten der meisten Physiologen 
und Chemiker gehen ebenfalls dahin, dass die so geschätzten stickstoff- 
haltigen Düngersorten eben wegen ihres Stickstoffs wirksam sind, indem 
es für wahrscheinlich gilt, dass Stickstoff sich mit Wasserstoff zu Am- 
moniak und der Kohlenstoff mit Sauerstoff zu Kohlensäure verbinde. 
Nicht ohne bedeutenden Werth dürfte hier die Entscheidung Boussin- 
gault’s sein. Nach seinem Dafürhalten erleidet die leblose organische 
Materie unter dem Einflusse von Feuchtigkeit und Wärme in Berührung 
mit Luft wesentliche Veränderungen und geht nach mehrfachen Um- 
setzungen allmälig in den Zustand einfacherer Zusammensetzung über. 
Die organischen Materien, die einer Zersetzung am schnellsten anheim- 
fallen, sind immer diejenigen, welche Stickstoff enthalten. In Auflösung 
oder nur feucht sich selbst überlassen, zeigen sie alle charakteristischen 
Merkmale der Fäulniss und als das Resultat ihrer vollendeten Zersetzung 
treten Ammoniaksalze auf. Das Wasser begünstigt diese Umsetzungen, 
indem es selbst seine Bestandtheile dazu hergibt. Als ein schlagendes 
Beispiel führt er das Faulen eines quaternären Körpers, des Harnstofts, 
unter Mitwirkung des Wassers an. 100 Theile Harnstoff liefern nach 
ihm 130 Theile kohlensauren Ammoniaks. Die Fähigkeit der organischen 
stickstoffhaltigen Körper, sich bei Gegenwart von Wasser und Wärme 
freiwillig zu zersetzen, leitet er von der Neigung des Stickstoffs ab, mit 
Wasser Ammoniak zu bilden. Auch J. v. Liebig geht von der Ansicht 
aus, dass stickstoffhaltige organische Materien bei ihrer Zersetzung stets 
Ammoniak liefern. Somit laufen die verschiedensten Ueberzeugungen 
in dem einen Punkt zusammen, dass die stickstoffreichen Düngsubstanzen 
in Folge von Fäulniss Umwandlung zu Ammoniaksalzen erfahren. 

Um nun diese Annahmen zu prüfen, d. h. denselben eine sichere 
experimentelle Basis zu bieten, diente folgender Versuch, der zugleich 
bezweckte, die Frage, ob Harnsäure und Guanin direkt als Pflanzennahrung 
auftreten, ihrer endlichen Lösung entgegenzuführen. 

Zu dem Versuche ist Sedum Telephium gewählt worden. Diese 


719 


- Pflanzenspecies schien hiezu besonders geeignet,. da sie bekanntlich als 
Natronpflanze zu den Fetikräutern gehört und mit einer grossen Menge 
von Wurzelfasern versehen ist. Der Pflanzenstock wurde mit Sorgfalt aus- 
gehoben und durch Wasser vollständig von anhaftenden Erdtheilen befreit. 
Die Wurzeln bestanden aus ungefähr 30 spindelförmigen Wurzelknollen 
mit vielen Wurzelhaaren. Die Pflanze selbst war kräftig und bestand 
aus sechs Stengeln von bereits 1’ Höhe, die Blätter waren 2° lang 
und 1” breit. 

Zu dem anzustellenden Versuche diente eine Lösung von 6 Gramm 
harnsauren Natron’s in einem Liter destillirten vollkommen ammoniak- 
freien Wassers. In diese Lösung, welche somit 0,6 Proc. harnsauren 
Natron’s enthielt, — in einem passenden Porcellangefässe befindlich — 
wurde die Pflanze mit ihrem Wurzelstocke eingesetzt. Die Pflanze hielt 
sich in der ersten Zeit ganz gut. Nach 4 Tagen schon bemerkte man 
in der Flüssigkeit deutlich mittelst des Geruches die beginnende Ammoniak. 
bildung und das entstandene Ammoniak "konnte auch vermittelst eines 
in Salzsäure getauchten Glasstabes durch Bildung der bekannten weissen 
Nebel von Chlorammonium, sowie mit anderen Reagentien nachgewiesen 
werden. Uebrigens enthielt die Lösung noch den grösseren Theil: unzer- 
stetzten harnsauren Natron’s. Unterdessen welkten die älteren grösseren 
Stengel. Nach Verlauf von 10 bis 12 Tagen war die Harnsäure gänz- 
lich verschwunden und es fand sich nur kohlensaures Natron und 
‚Ammoniak in Wasser gelöst. Der Wurzelstock selbst lieferte eine Menge 
neuer, gesunder und lebenskräftiger Triebe. Der Versuch hatte daher 
ein vollkommen lebensfähiges Individuum zum Objekt. Die neugebildeten 
Triebe, so wie die Wurzelhaare dienten zur experimentellen Erforschung 
folgender Endresultate. | 
Die Wurzelhaare, da bekanntlich die Pflanzen nur mittelst dieser 
die Bodennahrung: aufnehmen, wurden, nachdem sie vollständig mit 
destillirtem Wasser gereinigt und getrocknet, mit dem gleichen Gewichte 
Kalı und der l4fachen Menge Wassers zum Sieden erhitzt und in ein 
Gemeng von 2 Theilen Schwefelsäure und 8 Theilen Wasser filtrirt. 
Es war kein Niederschlag zu bemerken. Ein Theil der Kalilösung mit 
Salpetersänre in mässiger Wärme abgedampft und mit Ammoniak betupft 
zeigte nicht die mindeste Murexidreaktion. Von der nach angegebener Art 
Abh. d. II. Cl.d. k. Ak. d. Wiss. X. Bd. III. Abth. 11 


80 


hergestellten Flüssigkeit wurde endlich noch ein Tropfen mit einem 
halben Tropfen Pottaschelösung versetzt und mittelst eines Glasstabes 
auf ein vorher mit salpetersaurem Silberoxyd befeuchtetetes weisses 
Filtrirpapier -gebracht. Nach dieser von Schlangenbiss mitgetheilten 
Methode wird wie Versuche gezeigt haben noch !/50o0oo Harnsäure durch 
einen gelben Flecken nachgewiesen. Die Reaktion trat: aber nicht im 
Mindesten ein. Es ist somit in den Wurzelfasern dieser in Harnsäure- 
lösung gezogenen Pflanze keine Spur von Harnsäure enthalten. Wenn 
man überhaupt mit Bestimmtheit und Grund behaupten will, dass Harn- 
säure und Guanin als direkte Pflanzennahrungsmittel wirken, so müssten 
sie doch wohl zunächst in den ersten Wegen nachweisbar sein und zwar 
wie im vorliegenden Falle bei ganz gesunden Pflanzenindividuen, denn 
bei kranken oder vielleicht theilweise abgestorbenen Pflanzen könnte 
durch Capillarwirkung allerdings Harnsäure im unveränderten Zustande 
aufgenommen werden. Da schon die Wurzelfasern keine Harnsäure 
enthielten, so bedarf es kaum der Erwähnung, dass die frischen Triebe 
der Pflanze in derselben Weise auf Harnsäure untersucht keine Spur 
davon wahrnehmen liessen. Dass indess Harnsäure und Guanin nur 
indirekt als Pflanzennahrung dienen, izt übrigens aufs Klarste schon 
. dadurch bewiesen, dass wie gezeigt die Lösung der Harnsäure in Be- 
rührung mit frischen Pflanzenwurzeln alsbald anfing, ammoniakalisch 
' zu werden, bis zuletzt jede Spur von Harnsäure aus der Lösung ver- 
schwunden war. 

'- Die vergleichende Stickstoffbestimmung der in Harnsäure und in 
Ackererde gezogenen Wurzelfasern geschah nach der früher schon 
näher bezeichneten Methode. Die Vermehrung des Stickstoffgehaltes 
durch Behandeln der Pflanze mit Harnsäure steht nach mehreren unter 
sich sehr übereinstimmenden Versuchen im Verhältniss von 100 : 195, 
sie ist demnach keineswegs eine unwesentliche. Da in den Wurzeln 
keine Spur von Harnsäure nachgewiesen werden konnte, so beweist 
demnach dieser Versuch, dass eine Düngung mit Harnsäure nur durch 
Umsetzungin Ammoniak, d.h. indirekt, für die Pflanzenernährung beitragen 
‚könne. Dasselbe ist der Fall bei der Behandlung der Pflanze mit Guanin. 

Das getrocknete Kraut der ‚frischen Triebe der in Ackerde und 
der. unter dem Einflusse von Harnsäure gezogenen Pflanze zeigte in 


81 


Beziehung auf Stickstoffgehalt nahezu dasselbe Verhältniss wie die 
Wurzelfasern. 

Es ist schon oben als Vermuthung angegeben worden, dass 
kranke oder theilweise abgestorbene Pflanzen durch Capillarwirkung 
Harnsäure unter Umständen aufnehmen könnten. Diess ist wie direkte 
Versuche gezeigt haben in der That der Fall, namentlich mit abge- 
schnittenen Pflanzentheilen. Zweige von Vitis vinifera, in eine Lösung 
von harnsaurem Natron eingestellt, begannen schon nach wenigen 
Stunden zu welken und in ihren vertrockneten Blättern konnte man 
nach einiger Zeit Spuren von Harnsäure deutlich nachweisen. 

Aber auch mit dem Wurzelstocke aus der Erde genommene Pflanzen, 
‘wie Malva rotundifolia, Arenaria u. a. verwelken alsbald in der Lösung 
von harnsaurem Natron, ohne wie Sedum Telephium neue Triebe zu 
bilden. Die Wurzeln verlieren in dieser Lösung alsbald ihre Lebens- 
fähigkeit, wie sich schon aus deren äuserem Ansehen ergibt. In diesem 
Zustande vermögen auch die Wurzelfasern Spuren von Harnsäure in 
die oberen Theile der Pflanze zu führen, woselbst sie nachweisbar waren. 
Wir haben es hier in diesem Falle mit einer todten Pflanze zu thun 
und es ist das Aufsteigen von Harnsäure in die vertrockneten Pflanzen- 
organe unter den gegebenen Umständen ebenso wenig auffallend, als 
als wenn dasselbe mit Streifen von Filtrirpapier vor sich ginge. Wenn 
daher von früheren Beobachtern in einzelnen Pflanzentheilen wirklich 
Harnsäure nachgewiesen und daraus der Schluss gezogen worden ist, 
dass Harnsäure als direkte Pflanzennahrung auftrete, so erklärt sich 
diess wohl daraus, dass jene Versuche ohne Zweifel todte Pflanzen zum 
Gegenstande hatten. . Sobald die in eine Harnsäurelösung eingestellte 
Pflanze aufhört lebensfähig. zu sein, so ändert sich selbstverständlich 
das Verhältniss zur Aufnahme von Salzen aus Lösungen und somit auch 
zur Aufnahme von Harnsäure. Das Aufsaugen folgt nur den Gesetzen 
der Capillarität. Wahrscheinlich beruht die ganze Controverse der An- 
sichten darauf, dass man mit Pflanzen operirte, deren Wurzeln alsbald 
in der Harnsäurelösung abstarben und nicht wie Sedum Telephium in 
unserem Versuche neue Triebe zu erzeugen vermochten. Es ist für 
diese Art der Versuche, wobei die Pflanze unmittelbar in die Lösung 
eingestellt wird, unumgänglich Bedingung, nur solche Pflanzen zu wählen, 

2) 


82 


deren Wurzeln in»der Harnsäurelösung ihre Lebensfähigkeit bewahren, 
indem je nachdem man die eine oder andere Pflanzenspecies zum Ver- 
suche . verwendet, das Resultat ein ganz anderes sein wird. Wurzelt 
die Pflanze in einem Boden, der mit harnsäurehaltigen Substanzen 
gedüngt ist, so kann von einer direkten Aufnahme um ‘so weniger die 
Rede sein, als Harnsäure und Guanin, wie ausführlich gezeigt worden, 
durch Berührung mit Luft und Wasser im Boden selbst schon Zersetzung 
erfahren. 

Es dürfte hier der Ort sein, noch einiger Versuche über ‘den 
chemischen Unterschied zwischen rohem und aufgeschlossenem Peruguano 
zu erwähnen; obgleich dieser Gegenstand schon wiederholt von hervor- 
ragenden Chemikern behandelt worden ist, so möchten doch vielleicht 
die hier anzuführenden Versuche im Stande sein, einen Beitrag zur weiteren 
Aufklärung des zwischen beiden bestehenden Verhältnisses zu liefern. 

Wenn behauptet worden ‚ist, dass Harnsäure von concentrirter 
Schwefelsäure unzersetzt aufgelöst werde, so widerspricht dieser Angabe 
der thatsächliche Umstand, dass im aufgeschlossenen Peruguano die 
Murexidreaktion stets in weit geringerem Grade als im Rohguano auf- 
tritt. Behandelt man peruanischen Rohguano mit Salpetersäure und 
Ammoniak in bekannter Weise, so erhält man stets die charakteristische 
rothe Färbung überaus deutlich; dieselbe Guanosorte im aufgeschlossenen 
Zustande zeigt diese Reaktion fast kaum bemerkbar. 

Die vergleichenden Bestimmungen der Harnsäuremengen im rohen 
und aufgeschlossenen Guano haben folgende Resultate ergeben: 

I. Roher Peruguano, Harnsäure 4. „NUProe. 
I. ' Aufgeschlossener Peruguano, Harnsäure 0,74 „ 

Ein einfacher Versuch zeigt, dass diese ledeutende und meines 
Wissens zum erstenmale quantitativ nachgewiesene Verminderung des 
Harnsäuregehaltes in aufgeschlossenem Peruguano von einer Zersetzung 
der Harnsäure durch den Aufschliessungsprozess selbst herrühre. !) 
Lässt man nämlich eine klare Lösung von Harnsäure in Schwefelsäure 
portionenweise in Wasser einfliessen, so entsteht allerdings ein Nieder- 


1) Harnsäure mit. concentriter Schwefelsäure unter Erwärmen ‚behandelt löst sich unter 
„schwacher Bräunung und geringer Gasentwicklung; hiebei ist schweflige Säure- und Butter- 
"säuregeruch zu bemerken.‘ h | 


83 


schlag von unzersetzt gebliebener Harnsäure, jedoch zeigt der von dem 
Niederschlage abgegossene oder filtrirte Theil der Lösung deutlich 
Ammoniakgehalt mittelst des Nessler’schen Reagens. Es liegt hier der 
Einwand nahe, dass das Nessler’sche Reagens beim Nachweise von 
Ammoniak in harnsäurehaltigen Flüssigkeiten insoferne Irrthümer hervor- 
rufen könnte, als Harnsäure selbst mit Quecksilbersalzen schon Fällungen 
bewirkt. Allein bei den hier beschriebenen Versuchen war die Harn- 
_ säure vorher stets vollständig abgeschieden, falls solche überhaupt noch 
vorhanden. Uebrigens ist: auch der Niederschlag, insoferne derselbe von 
Harnsäure herrührt, völlig weiss, während der durch die geringste Spur 
von Ammoniak entstandene Niederschlag gelb, ja sogar gelbroth ist, 
und folglich leicht von dem weissenHarnsäureniederschlage unterschieden 
werden kann. Unzweifelhaft ist demnach ein Theil der Harnsäure durch 
Behandeln mit concentrirter Schwefelsäure in schwefelsaures Ammoniak 
umgesetzt'worden. Dasselbe findet natürlich auch statt beim Aufschliessen 
des Peruguanos mit der in demselben enthaltenen Harnsäure, nur noch 
weit vollständiger durch die längere Berührung des Guano’s mit Schwefel- 
säure und hieraus, erklärt sich denn auch die mit aufgeschlossenem 
Guano in weit geringerem Grade auftretende Murexidreaktion. Der 
Stickstoffgehalt der Harnsäure ist hiernach durch den Aufschliessungs- 
prozess für den Guano als Düngmittel keineswegs verloren gegangen, 
sondern tritt vielmehr in einer von der Pflanze weit leichter aufnehm- 
baren Form als .schwefelsaures Ammoniak auf. 

Eine ähnliche theilweise Umsetzung in Ammoniak, wie sie bei der 
Behandlung der Harnsäure mit Schwefelsäure nachgewiesen worden, 
findet auch statt, wenn man Guanin in Schwefelsäure löst. Wie bei 
der Harnsäure entsteht auch hier ein Niederschlag durch Wasser in der 
schwefelsauren Guaninlösung und der vom Niederschlage abgegossene 
Theil der Lösung zeigt deutlich Ammoniakreaktion mittelst des Nessler’- 
schen Reagens. 

Direkte Stickstoffbestimmungen mit rohem und ana ce 
Guano ausgeführt haben folgende Resultate ergeben: 

I. Roher Guano, Stickstoffgehalt 10,1 Proc} 
II. Aufgeschlossener Guano, Stickstoffgehalt 92 
Die hier angegebenen Zahlen sind das Mittel aus drei ganz nahe 


84 
@ 


übereinstimmenden Versuchen. Diese Art der Stickstoffbestimmung 
ergibt selbstverständlich den Gesammtgehalt an Stickstoff, d. h.. den 
Stickstoff der complexen organischen Verbindungen zugleich mit dem 
Stickstoffgehalte des im Guano enthaltenen Ammoniaks. Da nun aber 
ein Theil der complexen organischen Verbindungen des Guano’s durch 
die Operation des Aufschliessens in Ammoniak übergeführt wird, wie im 
Vorhergehenden gezeigt worden, so konnte schon a priori ein etwas 
grösserer Ammoniakgehalt des aufgeschlossenen Guano’s im Vergleiche 
mit dem rohen Guano erwartet werden. Die direkte Bestimmung des 
Ammoniaks in beiden Guanosorten hat diess in der That auf das 


Entschiedenste bestätigt. 
Ammoniakgehalt 


I. Rohguano, 1,99 „Prog, 

II. Aufgeschlossener Guano 8,16 „ 

Wie man aus den Zahlen des Gesammtstickstoffgehaltes erkennt, 
besteht in der Gesammtmenge des Stickstoffes zwischen rohem und 
aufgeschlossenem Guano ein Unterschied von 1,5 Proc. Hiemit stimmen . 
auch frühere Versuche in dieser Beziehung nahe überein, indem stets 
um 1,5 bis 2,5 Proc. Stickstoff im aufgeschlossenen Guano weniger, als 
im rohen aufgefunden wurden. Es wäre ein grosser Irrthum, hieraus 
zu schliessen, dass durch die Operation des Aufschliessens selbst ein 
Verlust an Stickstoffgehalt herbeigeführt werde. Denken wir uns ein 
Pfund gesiebten Rohguano’s mit Schwefelsäure aufgeschlossen, so wird 
natürlich nach dem Aufschliessen das ursprüngliche Gewicht um so viel 
vermehrt sein, als der Schwefelsäurezusatz betragen. Es muss daher 
der Stickstoffgehalt, da er nun auf eine grössere Gewichtsmenge vertheilt 
ist, stets nach diesem Verhältnisse im Vergleiche zum ursprünglichen 
Stickstoffgehalte verringert erscheinen. Wenn durch Analysen der Stick- 
stoffgehalt im rohen und aufgeschlossenen Guano gleichgross gefunden 
worden, so ist unter der Voraussetzung, dass die analysirte Sorte von 
Rohguano auch der aufgeschlossenen Sorte zu Grunde liege, — wie diess 
bei den hier beschriebenen Versuchen der Fall war — mit aller Be- 
stimmtheit ein Fehler in der Ausführung des Versuchs anzunehmen. 
Um den Zuwachs an Schwefelsäure, welchen der Guano durch den 
Prozess des Aufschliessens gewinnt, kennen zu lernen, wurde die Ge- 


85 


sammtmenge der Schwefelsäure im aufgeschlossenen und im rohen 
Guano bestimmt. Bie Bestimmung geschah in der Art, dass man von 
jeder der beiden Guanosorten gewogene Mengen in ein schmelzendes 
Gemisch von Salpeter und kohlensaurem Natron eintrug und aus der 
angesäuerten Lösung der geschmolzenen Masse die Schwefelsäure mittelst 
Chlorbaryum fällte. 
Es ergaben sich folgende Resultate: 
I. Rohguano, Schwefelsäuregehalt 6,4 Proc. 
II. Aufgeschlossener Guano, j 18,1 


”’ 

Der aufgeschlossene Guano enthält somit um 11,7 Proc. Schwefel- 
säure mehr, als der Rohguano, welcher Ueberschuss selbstverständlich 
‘bei der Bestimmung der einzelnen Bestandtheile in Rechnung zu bringen 
ist. Die folgende Zusammenstellung der einzelnen Bestandtheile des 
Peruguano im rohen und aufgeschlossenen Zustande, wie sie die ver- 
gleichende Analyse ergeben, bietet nach meinem Dafürhalten ein anschau- 
liches Bild von dem Einflusse der Aufschliessungsoperation auf die 
Gruppirung der Bestandtheile in beiden Guanosorten. 


Uebersichtliche Zusammenstellung der Bestandtheile des rohen und 


aufgeschlossenen Peruguano’s. 
Rohguano Guano Wirklicher 


aufgeschlossen Proc. Gehalt nach Abzug 
mit12Proc.SOs der 10Proc.SOs z. Aufschl. 


Harnsäure 2 " Proe.(1,533 N.) ©U,02 0,84(0,28N) 
Schwefelsäure Ban 10,10 — 
Blbspkomäure a)lösliche 2,8 „, ; 10,40 _ 
b)unlösl. 9,06 „ 1,50 u 
- 6,580 N. „(7,634 N. 
Ammoniak a 8,16 a 
Stickstoff 10,50 (Rest 2,587) 9,20 10,45(Rest2,536) 


Im aufgeschlossenen Guano fehlen, wie man aus der Zusammen- 
stellung ersieht, 3,16 Proc. Harnsäure, welche jedoch bereits in Ammoniak 
umgebildet im Ammoniakgehalte zu suchen sind. 3,16 Harnsäure ent- 
sprechen 1,28 Ammoniak, gerade um diese Menge hat auch der aufge- 
schlossene Guano wirklich an Ammoniak zugezommen, denn 9,27—7,99 — 
1,28. Der Rest von Stickstoff, (2,5) findet sich noch im unzersetzten, 
Zustande als nachwirkende Quelle. 


86 


Ich erfülle mit grösstem Vergnügen eine Pflicht der Anerkennung, 
wenn ich hier am Schlusse das wesentliche Verdienst hervorhebe, welches 
Herr Ludwig Raab sich um die Ausführung dieser Arbeit erworben 
und mich dadurch zu besonderem Danke verpflichtet hat. 

Es erübrigt noch, die Hauptresultate der hier mitgetheilten Ver- 
suche in einigen Hauptpunkten zusammenzufassen: 

1) Harnsäure und Guanin werden in einer jeden Bodenart nach 
einiger Zeit in Ammoniak und Salpetersäure übergeführt; der Gehalt des 
Bodens an diesen Bestandtheilen erfährt daher durch Zusatz von guanin- 
und harnsäurehaltigen Materialien eine Bereicherung. 

2) Pflanzen, welche auf einem mit Harnsäure und Guanin gedüngten 
Boden gezogen sind, enthalten weder in den Wurzeln, noch in den 
Blättern die geringste Spur von Harnsäure und Guanin. 

3) Durch eine reichliche‘ Düngung des Bodens mit Guanin- und 
Harnsäure erscheint der Stickstoffgehalt der Haferpflanze im Vergleiche 
zur Pflanze auf gewöhnlichem Ackerboden gezogen, um etwas vermehrt. 

4) Durch die Einstellung frischer Pflanzen in Lösungen von Guanin 
und Harnsäure wird die Zersetzung dieser beiden Substanzen sehr 
wesentlich beschleunigt. 

5) Die Untersuchung einzelner Theile der in Lösungen von Guanin 
und Harnsäure eingestellten lebensfähigen Pflanzen zeigte keine Spur 
eines Gehaltes von Harnsäure und Guanin. Dagegen ergaben die Wurzeln 
und Blätter der mit Guanin und Harnsäure in Berührung gestandenen 
Pflanzen eine Vermehrung des Stickstoffgehaltes zu erkennen im Ver- 
gleiche zum Stickstoffgehalte derselben Pflanzengattung, wenn sie im 
Freien, auf gewöhnlichem Ackerboden gewachsen war. 

6) Guanin und Harnsäure lösen sich in Schwefelsäure nicht ohne 
theilweise Zersetzung auf, vielmehr wird ein Theil in schwefelsaures 
Ammoniak umgewandelt; der Verlust des Guano’s an Harnsäure und 
Guanin durch Aufschliessen gleicht sich daher durch eine entsprechende 
Vermehrung des Ammoniakgehaltes aus. 

7) Im aufgeschlossenen Peruguano finden sich die Pflanzennähr- 
stoffe schon grossentheils zur direkten Aufnahme vorbereitet, während. 
der noch unzersetzte Theil als fernere Nährquelle fortwirken kann. 


Bayerische Präcisions-Nivellement. 


Von 


Carl Max Bauernfeind. 


Abh.d.II.Cl.d.k. Ak.d. Wiss. X. Bd. III. Abth. 12 


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Ergebnisse 


des in 


Verbindung mit der Europäischen Gradmessung in Bayern 


ausgeführten 


Präcisions-Nivellements. 


Von 


Carl Max Bauernfeind. 


Die erste allgemeine Conferenz der mit einer Mitteleuropäischen 
Gradmessung betrauten Regierungs-Commissäre, welche in Berlin vom 
15. bis 22. Oktober 1864 stattfand, hat es als wichtig erkannt, dass 
in allen bei dieser Gradmessung betheiligten Ländern neben den trigono- 
metrischen Höhenbestimmungen Nivellements erster Ordnung ausgeführt 
werden, welche, den Eisenbahnen und Landstrassen folgend, die Meeres- 
spiegel an den Küsten Europa’s zu verbinden und in allen Ländern 
unseres Continents eine grosse Zahl von dauerhaften, genau einnivellirten 
Marken als Grundlagen für Höhenmessungen zweiter Ordnung zu schaffen 
bestimmt sind. 

Dieser Beschluss wurde von der im Jahre 1867 ebenfalls zu Berlin 
abgehaltenen zweiten allgemeinen Conferenz wiederholt bestätigt und 
hiebei das geometrische Nivellement mit Anwendung der bekannten 
Methode des „Nivellirens aus der Mitte der Station“ namentlich zur 
Verbindung der verschiedenen Meere für unentbehrlich erklärt. 

Bayern war bei dieser letzten Conferenz zum ersten Male vertreten, 
obwohl es längst seine Betheiligung an der Mitteleuropäischen Grad- 

12? 


90 


messung, die seitdem zur „Europäischen‘‘ sich erweiterte, zugesagt und 
einen sachverständigen Bevollmächtigten aufgestellt hatte. Herr Professor 
Seidel und ich, die Bayerischen Commissäre bei der zweiten allgemeinen 
Conferenz, hegten damals noch die Hoffnung, unser Landtag werde die 
von der Königlichen Staatsregierung für die neunte Finanzperiode zu 
Gradmessungs-Arbeiten geforderte Summe von zwanzigtausend Gulden 
mit der bestimmten Aussicht auf weitere Willigungen zur Vollendung 
dieser Arbeiten genehmigen; diese Hoffnung ging jedoch nicht in 
Erfüllung, indem der mit höchster Entschliessung des Königl. Staats- 
ministeriums des Innern für Kirchen- und Schul-Angelegenheiten vom 
10. Juli 1868 bei der Königl. Akademie der Wissenschaften und aus 
Mitgliedern derselben gebildeten „Bayerischen Commission für die 
Europäische Gradmessung‘‘ bloss die Hälfte der genannten Summe als 
ausserordentliche Bewilligung zur Verwendung für ihre Arbeiten in den 
Jahren 1868 und 1869 überwiesen wurde. 

Da diese Ueberweisung erst mit Beginn des Monats August erfolgte 
und eine unentbehrliche Vorarbeit zur theilweisen Revision der Bayerischen 
Landestriangulation, beziehungsweise zur Herstellung zweier neuen 
Dreiecksketten zwischen Sachsen und der Schweiz einerseits, Oesterreich 
und Württemberg oder Baden andrerseits, nämlich die Veröffentlichung 
der Bayerischen Landesvermessung durch denDruck noch immer fehlte 
(wie sie auch heute noch fehlt): so beschloss die genannte Commission, 
die bewilligte Geldsumme vorzugsweise auf das Nivellement des Landes 
in der Hauptrichtung von Nord nach Süd zu verwenden, um nicht am 
Ende zwei mit ungenügenden Fonds begonnene Arbeiten (Triangulation 
und Nivellement) gleichzeitig in’s Stocken gerathen zu sehen und sich 
selbst wegen unzweckmässiger Verwendung öffentlicher Mittel Vorwürfe 
machen zu müssen. Denn es ist gewiss, dass ein ganz Bayern durch- 
ziehendes, mit Oesterreich, Sachsen, Württemberg und der Schweiz 
verbundenes, mit aller Sorgfalt ausgeführtes Nivellement als Bindeglied 
in dem Europäischen Höhennetze und als Grundlage weiterer Höhen- 
messungen im eigenen Lande einen selbständigen Werth hat, während 
die Triangulation, wenn sie wegen Mangels an Mitteln nicht vollständig 
zum Abschlusse gebracht wird, wie jede unvollendete wissenschaftliche 
Arbeit werthlos ist. 


98 


Mit der Ausführung des eben erwähnten Beschlusses der Bayerischen 
Gradmessungs-Commission betraut, erhielt ich zu diesem Behufe auf 
meinen Antrag hin zwei von mir aus der Reihe meiner ehemaligen 
Zuhörer und Praktikanten gewählte, durch Kenntnisse, Geschicklichkeit 
und Charakterfestigkeit ausgezeichnete Ingenieure als Assistenten zuge- 
theilt, nämlich den Herrn August Vogler aus Wiesbaden vom 1. August 1868 
und den Herrn Ferdinand Löwe aus Schweinfurt vom 1. Mai 1869 an. 
Da die Vorbereitungen für das Nivellement und namentlich die Her- 
stellung der hiezu nöthigen Messinstrumente längere Zeit in Anspruch 
nahmen, die Hoffnung aber auf vollständige Durchführung der Baye- 
rischen Gradmessungsarbeiten, zu denen die Triangulation in erster 
Linie zählt, niemals aufgegeben wurde, so erhielt Herr Vogler von der 
Commission die Erlaubniss, zu seiner Instruction den von Herrn Professor 
Sadebeck geleiteten Triangulirungs-Arbeiten der K. Preuss. Gradmessungs- 
Commission auf der Station Barnitz bei Wittenberg während der Zeit 
vom 1. September bis 14. Oktober 1868 beizuwohnen. Die praktischen 
Erfahrungen, welche sich Herr Vogler hiebei sammelte, werden unseren 
späteren trigonometrischen Arbeiten sicherlich zu gute kommen. 

Obwohl es wünschenswerth gewesen wäre, das von den Herren 
Vogler und Löwe unter meiner Leitung und Verantwortlichkeit ausge- 
führte Bayerische Hauptnivellement vor seiner Publication noch mit 
einigen Strecken zu erweitern und dadurch vollständiger zu machen, so 
finde ich mich doch in Folge einer Aeusserung des Herrn Budget- 
Referenten der zweiten Kammer des gegenwärtig versammelten Landtags 
schon jetzt veranlasst, über unsere gemeinsame Thätigkeit in Sachen 
der Europäischen Gradmessung öffentlich zu berichten und hiemit den 
Nachweis einer der Grösse der aufgewendeten Staatsmittel völlig entspre- 
chenden Leistung der bei der Königlichen Akademie der Wissenschaften 
bestehenden Gradmessungs-Commission zu liefern. 


Uebersicht der Nivellements- Arbeiten. 


Gäbe es noch gar kein Eisenbahnnetz in Bayern, so hätten wir 
‘gleichwohl das Höhennetz aus denselben Strecken zusammensetzen müssen, 
welchen die wichtigeren Bahnen folgen. Denn wie für unsere grosse 
Verkehrsstrasse kommt es auch bei dem Hauptnivellement darauf an, 


92 


die Verbindung des Nordens und des Südens auf dem kürzesten Wege 
herzustellen, mit möglichster Fühlung nach Osten und Westen. Da die 
vorhandenen Eisenbahnen diesen Weg schon geebnet haben, so war nichts 
natürlicher, als die Planie derselben zu nivelliren. Die für den Bahnbau 
ausgeführten und ihren Zweck vollkommen erfüllenden technischen 
Nivellements liessen sich für den vorliegenden wissenschaftlichen Zweck 
nicht verwenden, weil sie, zu verschiedenen Zeiten und mit den verschie- 
denartigsten Hilfsmitteln hergestellt, die erforderlichen Daten zur Beur- 
theilung ihrer Genauigkeit nicht gewähren, und auch bezüglich der 
Punkte, auf welche sich die Höhenangaben jener Nivellements beziehen, 
keine hinreichende Garantie bieten. 

Unser Operationsplan umfasste zunächst die ganze Südnordbahn 
von Hof bis Lindau, dann eine um das Fichtelgebirg geschlungene 
Schleife (Hof-Eger-Weiden-Bayreuth-Neuenmarkt-Hof), ferner einen 
Ausläufer von Lichtenfels gegen Coburg, und schliesslich eine zweite 
Schleife um den Bodensee. Von dieser Umgrenzung haben wir, da die 
Oesterreichischen Nivellements vielleicht erst in ferner Zukunft bis an 
den Bodensee werden ausgedehnt werden, den Theil von der Württem- 
berger Grenze bei Kressbronn über Lindau und Bregenz bis St. Marga- 
rethen und Rorschach in der Schweiz nivellirt, in der sicheren Aussicht, 
dass die übrigen Uferstrecken von den betheiligten geodätischen Com- 
missionen in der Schweiz, in Baden und Württemberg demnächst in das 
Höhennetz werden einbezogen werden. Mit der Vollendung des Nivellements 
um den Bodensee ist es möglich, alle an diesem grossen Wasserbecken 
aufgestellten Pegel auf eine gemeinsame Horizontalebene zu beziehen 
und hiedurch unter sich vergleichbar zu machen, womit selbstverständ- 
lich die Pegelbeobachtungen erst einen wissenschaftlichen Werth erlangen. 

Eine dritte mit unserem Nivellement zusammenhängende Schleife 
ist von Bayerischer und Württembergischer Seite vorbereitet, nämlich 
jene, welche die Orte Nördlingen, Aalen, Heidenheim, Ulm, Augsburg 
und Donauwörth umfasst. Der Württemberger Theil ist bereits vollendet 
und an unsere Fixpunkte in Nördlingen und Neu-Ulm angeschlossen, 
während auf Bayerischer Seite nur noch die Strecke zwischen Augsburg‘ 
und Ulm zu nivelliren ist. Sollten die Mittel für diesen Polygon-Ab- 
schluss nicht gewährt werden, so entgeht zwar unseren Arbeiten eine 


93 


wichtige Controle und dem Lande eine grosse Zahl wichtiger Höhen- 
marken, der Hauptzweck des Nivellements, die gegenseitige Höhenlage 
der Meeresspiegel direkt zu messen, wird hiedurch jedoch nicht beein- 
trächtiget. 

Sobald die Linie Augsburg-Ulm nivellirt sein wird, ist auch ein 
viertes Polygon zum Abschluss gebracht, nämlich das von Augsburg-Ulm- 
Friedrichshafen-Lindau-Kempten-Augsburg, da auf Württembergischer 
Seite die Strecke Ulm-Friedrichshafen-Nonnenhorn und auf Seite Bayerns 
die Strecke Nonnenhorn-Lindau-Kempten- Augsburg bereits vollendet 
ist. Ohne die Linie Augsburg-Ulm bilden das dritte und vierte 
Polygon zusammen ein einziges grosses, welches nördlich von Nörd- 
lingen, südlich von Lindau, östlich von Augsburg und westlich von Ulm 
begrenzt ist und einen Umfang von 66,7 deutschen Meilen oder 495 
Kilometer hat. 

In unserem Plane liegt es ferner, eine sichere Grundlage für 
Höhenmessungen zweiter Ordnung im Bayerischen Hochgebirge durch 
ein Nivellement von Augsburg über München nach Rosenheim und von 
dort einerseits nach Salzburg, andererseits nach Kufstein und Innsbruck 
zu schaffen. Auch hier liesse sich mit Oesterreichischer Beihilfe eine 
grosse Schleife zuwegebringen, welche für die Topographie der Alpen 
von Bedeutung wäre, nämlich die Linie Augsburg-München-Rosenheim- 
Innsbruck-Füssen-Kempten, während ein Nivellement von München über 
Weilheim nach Füssen dieses Polygon sofort in zwei andere nicht minder 
wichtige Schleifen zerlegen würde. Das Nivellement nach Innsbruck kann 
nicht umgangen werden, wenn das Deutsche Höhennetz mit dem Adria- 
tischen Meer verbunden werden soll, und darum hoffen wir sicher auf 
Gewährung der hiefür erforderlichen Geldmittel von Seite der betheiligten 
Staaten und auf die vereinigte Wirksamkeit ihrer Geodäten. 

Als höchst wünschenswerth erscheint uns endlich ein Nivellement 
von Bamberg über Schweinfurt, Würzburg und Aschaffenburg zum 
Anschlusse an die Höhennetze von Baden und Hessen; doch dürfte 
dasselbe erst in zweiter Linie zur Ausführung zu empfehlen sein, da 
‘ die Verbindung unseres an die Ostsee reichenden Nivellements mit dem 
von der Nordsee ausgehenden durch die Nivellirungen in Baden und 
Württemberg herzustellen ist. 


94 


Kehren wir nach dieser kleinen Abschweifung in das Gebiet der 
Hoffnungen wieder zur Wirklichkeit zurück, so ist zunächst anzuführen, 
dass auf allen nivellirten Linien an gut gelegenen massiven Stations- 
gebäuden und Kunstbauten (namentlich steinernen Brücken) in Abständen 
von beiläufig zehn Kilometer Höhenmarken nach Sächsischem Muster, 
deren Besorgung wir der Güte des Herrn Oberbergraths Weisbach in 
Freiberg verdanken, angebracht sind. Da dieselben Marken auch in 
Preussen Anwendung finden, so ist das Höhennetz zwischen der Ostsee 
und dem Bodensee, soweit es Preussen, Sachsen und Bayern angeht, 
gleichförmig und dauerhaft bezeichnet. Zwischen diesen, weiter unten 
zu beschreibenden Höhenmarken wurden andere in kleineren Abständen 
und jedesmal bei Unterbrechung der Arbeit an dazu geeigneten Objeeten 
durch horizontale in Stein gehauene und mit einer schwarzen Rinne 
umgebene Flächen hergestellt. Diese Marken sind zuweilen mit den 
eingemeisselten Buchstaben H. M. (Höhenmarke) bezeichnet und mit den 
übrigen ihrer örtlichen Lage nach in dem am Schlusse dieser Abhandlung 
beigefügten „Verzeichnisse der Fixpunkte‘‘ beschrieben. 

Die Erlaubniss zum Anbringen der erwähnten Höhenmarken wurde 
von den in- und ausländischen Stellen, Aemtern und Gesellschaften 
bereitwilligst ertheilt, was hiemit öffentlich anerkannt wird. 

Da Herr Vogler, wie Eingangs erwähnt, vom 1. September bis 
zum 14. Oktober 1868 auf der preussischen Station Barnitz bei Witten- 
berg an den dortigen Triangulirungsarbeiten theilnahm und von da ab 
einige Tage lang das Sächsische Nivellirverfahren beobachtete, so konnte 
das Bayerische Nivellement erst mit dem 28. Oktober jenes Jahres in 
Angriff genommen werden. Von da ab bis zum 13. Dezember — 
länger gestattete die Witterung nicht im Freien zu arbeiten — wurden 
die Höhenmarken der Stationen zwischen Eger und Bamberg befestigt 
und die Strecken Culmbach-Bamberg und Lichtenfels-Coburg nivellirt. 
Während des Winters hat Herr Vogler die zur Berechnung der Beob- 
achtungen erforderlichen Hilfstabellen angelegt und diese Beobachtungen 
selbst berechnet. Am 19. April 1869 begann die auswärtige Arbeit von 
Neuem bei Culmbach, vorerst noch mit einem einzigen Instrumente, 
nach dem am 1. Mai erfolgten Eintritte des Herrn Löwe aber mit 
zwei Nivellir-Instrumenten, beide aus dem mechanischen Institute von 


95 


Ertel & Sohn in München. Die Beobachtungsarbeiten des Jahres 1869 
dauerten bis zum 18. November, somit im Ganzen sieben Monate. 


In dieser Zeit wurden 98,3 deutsche Meilen oder 729 Kilometer 
nivellirt. Rechnet man die im November und Dezember 1868 vollendeten 
Strecken mit 11,3 Meilen oder 84 Kilometer hinzu, so sind im Ganzen 
109,6 Meilen oder 813 Kilometer doppelt nivellirt? worden. Demnach 
treffen auf jeden der acht Monate durchschnittlich 100 und auf einen 
Tag nahezu 3,3 Kilometer. Erwägt man jedoch, dass es in jenen acht 
Monaten nur 180 brauchbare Arbeitstage gab und von diesen wieder 
52, an welchen theils wegen Nichtbesetzuug der zweiten Assistenten- 
stelle, theils wegen nothwendiger Reparatur eines Nivellirinstrumentes 
nur Ein Instrument thätig war, so beträgt die an jedem Beobachtungstage 
von den beiden Ingenieuren gemeinschaftlich erledigte Strecke 5,25 Kilom. 
oder 0,71 Meilen. Dabei versteht es sich von selbst, dass jene 81 Tage, 
welche zum Nivelliren nicht geeignet waren, theils zur Herstellung von 
Fixpunkten und Befestigung von Höhenmarken, theils zu vorläufigen 
Berechnungen der Beobachtungen und Reinschriften der Beobachtungs- 
Journale verwendet wurden. Die Originalhefte liess ich mir regelmässig 
nach München senden, in der doppelten Absicht, sie durchzusehen und 
das in ihnen enthaltene, mit grossen Kosten erworbene Beobachtungs- 
material vor Verlust zu schützen. 


Den beiden Assistenten, welche auf den oben bezeichneten Strecken 
von 813 Kilometer Länge im Ganzen 73 in vertikale Wände eingelassene 
Messingcylinaer und 524 wagrecht eingehauene Steinflächen unter 
Anwendung von 5900 Instrumenten-Ständen einnivellirten, waren 5 Mess- 
gehilfen zugetheilt, von denen 3 zum Tragen der Ziellatten und 2 zum 
Schirmhalten und Aufschreiben verwendet wurden. Einer der Latten- 
träger, Steinhauer von Profession, richtete in den Tagen und Stunden, 
welche zu Beobachtungen nicht benutzt werden konnten, die Fixpunkte 
zu, während die beiden Schreiber bei der Berechnung des Nivellements 
Dienste leisteten; ein Geschäft, das sie auch noch im verflossenen Winter 
zu verrichten hatten, infoferne sie nicht bei der Bestimmung der 
Constanten der Instrumente und der Untersuchung der Ziellatten als 
Gehilfen thätig waren. 

Abh.d.II. Cl. d. k. Ak. d. Wiss. X. Bd. III. Abth. 13 


96 


In der nachfolgenden Darstellung werde ich zuerst eine Beschreibung 
der Instrumente und ihres Gebrauchs beim Doppelnivellement geben, 
dann die Ergebnisse der Constantenbestimmung und Lattenuntersuchnng 
mittheilen, ferner die Art der Berechnung der Nivellements erörtern 
und schliesslich mit dem Verzeichnisse der Fixpunkte auch eine Tafel 
der vorläufig bestimmten Höhen-Ooten dieser Punkte vorlegen. 

Dass diese Coten nur vorläufige sind, wird nicht befremden, wenn 
man weiss, dass zur Zeit weder der Generalhorizont für die Europäischen 
Präcisions-Nivellements feststeht, noch eine Ausgleichung der Beobachtungs- 
fehler in den Nivellements aller Länder stattgefunden hat. Die Abänder- 
ungen der in Rede stehenden Coten werden sich aus den eben erwähnten 
Verbesserungen und der Höhen-Differenz zwischen dem Bayerischen 
provisorischen und dem Europäischen definitiven Nivellementshorizont 
zusammensetzen. 

Für den gegenwärtigen Zweck war es angezeigt, zunächst den für 
die Bayerischen Eisenbahnen gültigen Generalhorizont zu wählen, welcher 
1600 Bayr. Fuss oder 466,976 Meter über dem Nullpunkt des Hafen- 
pegels in Lindau liegt. Durch diese Wahl wird eine unmittelbare 
Vergleichung der Ergebnisse unseres Nivellements mit dem für die Staats- 
Eisenbahnen hergestellten möglich, während es für die in Aussicht 
stehende Umrechnung der Coten gleichgültig ist, wie hoch oder wie 
tief der provisorische Horizont lieg. Um jedoch schon jetzt eine 
annähernde Berechnnng der Meereshöhe der Bayerischen Fixpunkte 
möglich zu machen, führe ich noch an, dass in meinen „Beobachtungen 
und Untersuchungen über die Genauigkeit der barometrischen Höhen- 
messungen etc.‘“‘ (München, 1862) auf Seite 8 die Quellen angegeben 
sind, nach welchen der Bayerische Eisenbahn-Horizont. 2951,24 bayr. Fuss 
oder 861,35. Meter über dem Nullpunkt des Pegels zu Amsterdam und 
2953,49 bayr. Fuss oder 862,00 Meter über dem Niveau des adriatischen 
Meeres in den Lagunen bei Venedig liegen soll. Hienach kann man 
vorläufig die Meereshöhe eines Fixpunktes finden, wenn man die in 
der Tabelle zum Verzeichniss der Fixpunkte enthaltene Cote von 862» 
abzieht. 


ro 


Der Nivellirapparat. 


Die von Ertel & Sohn in München hergestellten Nivellir-Instrumente 
zeichnen sich vor anderen durch grosse optische Kraft der Fernrohre 
und ungemeine Empfindlichkeit der Libellen aus. Ihr Mechanismus 
stimmt im Ganzen mit dem schon länger in diesem Institute üblichen 
überein, und nur in Einzelnheiten sind auf mein Verlangen neuere 
Constructionen zur Anwendung gekommen, wie aus der nachfolgenden 
Beschreibung hervorgeht. 


Das Stativ aus kichenholz ist leicht und fest nach dem Muster 
der Berliner Stative, namentlich des Jähns’schen Messtisches, gearbeitet. 
Die Füsse sind durchbrochen, unten mit Auftritten versehen und oben 
gabelföürmig mit den Vorsprüngen des Stativkopfs verbunden. Das 
Instrument wird unten durch einen Haken mit dreiarmiger Feder 
und Schraubenmutter am Stative festgehalten. Die Fussschrauben, von 
denen in der Zeichnung eine fehlt, ruhen auf drei mit dem Stativkpof 
verbundenen Messingplättchen. Eine dieser Schrauben greift mit ihren 
Spitzen in die trichterförmige Vertiefung der Unterlage, die andere 
in eine dreikantige Kerbe des zweiten Plättchens, während der 
dritte (abgerundete). Schraubenfuss frei auf seinem Messinglager 
ruht. Diese Einrichtung entspricht ganz ihrem Zwecke, den Schrauben 
bei einer Ausdehnung des Dreifusses freie Bewegung zu gestatten. Der 
Centralzapfen ist unten von einem niedrigen Messingeylinder umgeben, 
an dem der Klemmring schleift, oben endigt er mit einer kurzen, zum 
Festhalten der Hülse für das Fernrohrlager dienenden Schraube. Der 
Vorgang bei der horizontalen groben und feinen Drehung ist dem 
Sachverständigen sofort aus der Zeichnung klar. Die genannte 
Hülse dreht sich bei geöffneter Klemme frei um den konischen 
Stahlzapfen und wird dabei zur Vermeidung der Zapfenreibung durch 
ein quer über ihrer Centralbohrung angeschraubtes federndes Plättchen 
getragen. An dem seitwärts angebrachten Arme befindet sich die 
Klemm- und Mikrometer-Vorrichtung zur groben und feinen Vertikal- 
bewegung. Die Axen der Hülse und des Fernrohrs schneiden 
sich. Das Fernrohrlager ist ein mit der Hülse fest verbundener 
Halbeylinder von Messing, dessen gabelförmige Enden rechtwinklig 

k3° 


98 


ausgeschnitten sind, um die Lagerringe des Fernrohrs aufzunehmen. 
Wagrechte, mit Schrauben festzustellende Schliessen halten Fernrohr und 
Libelle zusammen. Kleine in diesen Schliessen befindliche Löcher nehmen 
(mit dem nöthigen Spielraum) die an der Fassung angebrachten 
Zäpfchen der Libelle auf, um diese bei dem Transport des Instruments 
vor dem Absturz zu sichern. 

Das Fernrohr hat ein Objectiv von 20 Linien Oeffnung und 
17,5 Zoll Brennweite. Das mit einem Getriebe zu bewegende Huyghens’sche 
ÖOcular gewährt eine 32 malige Vergrösserung. Dieses Ocular ist in den 
Figuren 5, 6, 8 nach drei aufeinander senkrechten Richtungen durch- 
schnitten. Man entnimmt daraus, dass der die Collectivlinse tragende 
und auf einem Stahlkegel gehaltene Ring durch vier Stellschrauben 
centrirt und zugleich gegen die Mundfläche des Triebrohrs gepresst 
wird. Das Fadenkreuz besteht aus einem vertikalen und drei horizontalen 
Fäden. Der vertikale und der mittlere horizontale Faden kleben auf 
einer Scheibe, deren Form durch die zu Fig. 7 gehörigen Durchschnitte 
und Projectionen versinnlicht ist. Die Verstärkungen rechts und links 
tragen den Horizontalfaden und bilden eine Nuth für die Schieber der 
beweglichen Fäden, während der Vertikalfaden auf den über und unter 
der Bohrung der Scheibe angeschraubten Verstärkungen ausgespannt 
ist. Die Schieber sind nach Massgabe dieser Bohrung und Verstärkung 
ausgeschnitten. Eine gebogene Stahlfeder und zwei ihr entgegenwirkende 
Stellschräubchen dienen zur Berichtigung der ausserhalb der Mitte 
liegenden Horizontalfäden. Diese beiden Fäden und der ihnen parallele 
mittlere bezeichnen auf dem Bild der Ziellatte drei Punkte, deren 
Höhen, zu einem Mittel vereinigt, ein genaueres Resultat geben als der 
mittlere Faden allein. Gleichzeitig kann damit die Entfernung der 
Latte vom Instrument bestimmt werden. 

Die auf dem Fernrohr stehende Libelle ist mit einer in Pariser 
Linien getheilten Scala, deren Theile einem Winkel von nahezu 4,5 Secunden 
entsprechen, versehen und in eine halbrunde, oben mit einem Deckel 
geschützte Hülse so gefasst, dass nur die Theilung freibleibt. Die Ziffern 
sind weiss auf den gebräunten Messingdeckel geschrieben, so dass von den 
rechts und links vom Nullpunkte liegenden 22 Theilstrichen jeder fünfte 
bezeichnet ist. Die Libellenfüsse und die an ihnen angebrachten Stell- 


99 


schräubchen weichen von den bekannten Einrichtungen der grossen 
Ertelschen Nivellir-Instrumente nicht ab. 

Die Ziellatten, von vollständig ausgetrocknetem Tannenholze und 
wie Reissschienen aus Längsstreifen zusammengesetzt, haben eine Länge 
von wenig über 3 Meter, eine Breite von 1 Decimeter und eine Dicke 
von 1,5 Centimeter. Zum Schutz gegen Biegung sind sie auf der 
Rückseite mit einer Rippe versehen, wodurch ihr Querschnitt ein 
T-förmiger wird. An den zwei breiten Seiten dieser Rippe befinden 
sich die zum Halten nöthigen Handgriffe und die zur Verticalstellung 
erforderlichen Dosenlibellen. Letztere werden durch einen an der Latte 
anzuschraubenden Senkel geprüft. An den beiden Hirnenden ist die 
Latte mit Stahlplatten beschlagen. Ihre Theilung geht bis zu Centimeter 
und läuft auf zwei zusammenstossenden Streifen von je 3 Centimeter 
Breite von unten nach oben in der Art, dass im Fernrohre die ungeraden 
Centimeter zur Rechten weiss und zur Linken schwarz erscheinen, die 
geraden aber umgekehrt. Von Decimeter zu Decimeter sind Ziffern 
angebracht, der mittlere Meter ist überdiess durch rothen Grund 
kenntlich gemacht. Die Mitte jedes Decimeters bezeichnet ein schief- 
stehendes Quadrat, welches von den vier dort zusammentreffenden 
Centimeterfeldern je einen Zipfel abschneidet. 

Beim Gebrauch werden die Latten auf gusseiserne Fussplatten 
von cylindrischer Form aufgesetzt. Jede dieser Platten ist etwas über 
ein Kilogramm schwer, hat unten drei Spitzen und oben einen umleg- 
baren Handgriff, so dass sie der Arbeiter leicht tragen und in den 
Boden befestigen kann. In der Oberfläche der Platte steckt ein stählerner 
halbkugelförmiger Knopf, und auf diesen wird die Latte mit der 
entsprechenden Höhlung ihres untern Beschlägs gestellt. Bei dieser 
Stellung kann die Latte niemals die obere Grundfläche der Platte 
berühren, wenn diese auch ziemlich schief liegen sollte. 

Zum Abnehmen der Höhen der bereits erwähnten aus Messingbolzen 
bestehenden Marken dient der Lattenschieber, ein an der Kante der 
Lattentheilung verschiebbares mit wagrechter Absehlinie, Zeiger und 
Theilung versehenes Lineal. Die Absehlinie ist durch Diopter herge- 
stellt, die Theilung geht bis zu Millimetern und braucht nur die nächsten 
Centimeter der Latte zu umfassen. Das Verfahren der Höhenabnahme 


100 


selbst besteht einfach darin, dass bei einspielenden Dosenlibellen (also 
lothrechter Lattenstellung) die Diopter auf das in der Axe liegende 
Bohrloch der Höhenmarke gerichtet, die ganzen Centimeter an der 
Latte und die Theile derselben an dem Schieber abgelesen werden. Um 
allenfallsige Fehler in den Richtungen der Absehlinie und der Latte zu 
beseitigen, wird dieses Verfahren auch an der andern Lattenkante 
wiederholt und aus beiden Messungen das Mittel genommen. 

Was die Höhenmarken betrifft, von denen schon einige Male die 
Rede war, so besteht ihr wesentlichster Theil aus einem Messingbolzen 
von 1 Decimeter Länge und 2 Centimeter Dicke, welcher sich nach 
der Mauer hin kegelförmig verstärkt und nach aussen ein centrales 
4 Millimeter weites Bohrloch hat. Dieser Bolzen wird mit Hilfe von 
Bleiringen und Oement in der betreffenden eylindrischen Steinbohrung 
horizontal befestigt, während rechts und links von ihm in die Mauer 
getriebene Holzdübel dazu dienen, eine gusseiserne Platte mit der 
Aufschrift „Höhenmarke“ zu tragen. Diese Platte ist durch Schrauben 
an die Dübel befestigt, und zwar so, dass ein in ihrer Mitte angebrachtes 
Loch die centrale Bohrung des Messingbolzens erkennen lässt. Um 
diese gegenseitige Lage zu erreichen, wird während des Anheftens der 
Gussplatte durch diese ein Oentrirstift in den Bolzen gesteckt und 
wagrecht gerichtet. Die Aufschrift der Höhenmarken und ein über die 
Mittelöffnung hingehender wagrechter Streifen sind auf vielen Platten 
weiss emaillirt, während der grössere Theil diesen schützenden und 
leicht sichtbaren Ueberzug nicht besitzt. 


Das Nivellir-Verfahren. 


Durch die Methode des Nivellirens „aus der Mitte der Station“ 
werden die constanten Fehler, welche in der Beschaffenheit des Instrumentes, 
sowie in der Erdkrümmung und Strahlenbrechung ihren Grund haben, 
grösstentheils eliminirt, wesshalb diese Methode allen anderen vorzuziehen 
ist. Umjedoch gegen grobe Messungsfehler geschützt zu sein und ein Urtheil 
über die Grösse der übrigbleibenden unvermeidlichen Beobachtungsfehler 
zu erlangen, wird jede Linie zweimal aus der Mitte nivellirt. 

Dieses doppelte Nivellement lässt sich mit je Einem Standpunkte 
des Instruments ausführen, wenn man nur die Standpunkte der Latte‘ 


101 


verdoppelt, so dass unmittelbar hintereinander zwei Paare von Punkten 
einnivellirtt werden. Durch das Nivellement ‚mit doppelten Anbinde- 
punkten“, welches in Bayern consequent durchgeführt wurde, erhält die 

Messung grosse Durchsichtigkeit und die operirenden Ingenieure sind 
in den Stand gesetzt, schon während der Aufnahme die Beobachtungs- 
fehler annähernd zu bestimmen und sofort zu verbessern. Auch werden 
die beiden Nivellements unter gleichen äussern Bedingungen gemacht, 
was ihre Verbindung zu einem einzigen erleichtert. 

Die Fig. 1 der beigedruckten Zeichnung gibt von dem ange- 
wendeten Nivellirverfahren ein deutliches Bild. Für den Standpunkt (5) 
des ersten Instrumentes (1) steht die Ziellatte zuerst in u, dann in 
o, hierauf in o‘, dann in u‘, während die horizontale Visir-Ebene (ab) 
dieselbe bleibt; für den Standpunkt (6) desselben Instruments oder auch 
eines zweiten (I,) erfolgen die Ablesungen in der Visirebene (cd) nach 
einander für die Punktpaare u‘, o‘ und o‘, u“, und so wiederholt sich 
von Station zu Station das Ablesen von zwei Punktpaaren bis zum 
Schluss der Arbeit. Man sieht, dass hiedurch der Höhenunterschied H 
zweier Fixpunkte in die Theile h,, h, h,, h,....h, zerlegt wird, von denen 
der erste die Höhenlage der horizontalen Visirlinie über dem ersten 
Fixpunkt, der zweite den Höhenunterschied der Visirebene des ersten 
und zweiten Instrumentenstands, der dritte den Höhenunterschied der 
Visirebene des zweiten und dritten Stands u. s. w., endlich der Theil h? die 
Höhenlage der Visirlinie des letzten Instrumentenstands über dem zweiten 
Fixpunkt gibt. Jeder der Theile h, h,h,, h, ...h,, deren algebraische 
Summe — H ist, wird doppelt, und zwar um Theilungs- und Schätzungs- 
fehler möglichst auszugleichen, auf zwei verschiedenen Stellen der 
Ziellatte gemessen.!) Zu diesem Behufe braucht nur die zweite Fuss- 
platte (u) etwas tiefer gelegt zu werden als die erste (o). 

_ Die Differenz der zwei Werthe eines Stückes h gibt den Fehler 
für den einzelnen Stand und die algebraische Summe aller dieser kleinen 
Differenzen den Schlussfehler der Strecke zwischen zwei Fixpunkten. 
Ueberschritt dieser Fehler auf eine Standlänge (I, I) von a Meter die 


1) Man könnte auch sagen: jeder der Theile h,, h, ... wird 6mal und an 6 Stellen der Latte 
gemessen, weil zu jedem Rück- oder Vorblick die Ablesung an den 3 Fäden des Oculars gehört, 
welche zu einem Mittel vereinigt werden. 


102 


Grösse Ya Decimillimeter, so wurde die betreffende Messung von h 
sofort wiederholt. Folgten mehrere Ueberschreitungen nacheinander, so 
wurden die Standweiten verkleinert. Diese richteten sich somit ganz 
nach der Gunst der Verhältnisse, und so lange die Schlussfehler bei 
scheinbar ungünstigem Wetter die vorgeschriebene Grenze nicht über- 
schritten, durften die Beobachtungsarbeiten fortgesetzt werden. 

Dem eben beschriebenen Verfahren haftet noch ein Uebelstand an. 
Zur Messung eines der Höhentheile h,, h,... gehören nämlich die beiden 
Vorblicke eines früheren und die zwei Rückblicke eines unmittelbar 
darauffolgenden Standes. Arbeitet man nur mit Einem Instrumente, so 
können die Fehler jener Vorblicke erst entdeckt werden, wenn der 
frühere Stand bereits verlassen ist. Dieser Mangel wird zwar für die 
Hälfte aller Messungen gehoben, wenn zwei Instrumente gleichzeitig so 
voreinander her arbeiten, dass auf das eine sämmtliche ungeraden, auf 
das andere sämmtliche geraden Standnummern entfallen, weil dann die 
Grösse jedes der Lattenabschnitte h,, h, .. zwischen den Visirebenen 
eines Doppelstandes sofort von beiden Seiten geprüft und ohne 
neue Aufstellung des Instruments wiederholt gemessen werden 
kann; um jedoch diesen Uebelstand ganz zu beseitigen, wurden die 
oben beschriebenen Fussplatten so abgeändert, dass eine über der 
anderen fest aufgesetzt werden konnte, was lediglich eine kleine 
Aushöhlung der Bodenfläche der oberen für den Stahlknopf der unteren 
erforderte. Jeder Messgehilfe trug stets zwei zusammengehörige Platten 
bei sich, wovon er die eine in den Boden zu treten, die andere aber 
auf die erste zu legen und dann wieder abzunehmen hatte, wenn die 
zweite Ablesung an die Reihe kam. Der Abstand der höchsten Punkte 
der beiden stählernen Plattenknöpfe betrug etwa 3,5 Centimeter und 
wurde für jedes Paar auf Decimillimeter genau bestimmt. War nun 
beim Nivelliren die zuerst auf dem oberen Stahlknopf, dann auf dem 
unteren ruhende Ziellatte abgelesen worden, so musste die Differenz 
dieser Ablesungen den bekannten Abstand m der Stahlknöpfe geben, 
oder es musste, wenn o und u die aufeinander folgenden Ablesungen 
bezeichnen, die Gleichung stattfinden: 

o+tm=u, 

mit deren Hilfe je zwei Rück- oder Vorblicke unter sich verglichen 


103 


werden konnten. Von dieser Vergleichung hing es ab, ob diese Rück- 
oder Vorblicke zu wiederholen waren oder nicht. 

Weil die Erhöhung der Ziellatte auf dem oberen Stahlknopf 3,5 °" 
betrug, so erfolgte die Abschätzung der Decimaltheile an allen drei Fäden 
sowohl in einem andern Centimeterfeld als auch an einer andern Stelle des 
Feldes wie zuvor, wo die Latte auf dem untern Stahlknopf stand, und es 
konnten dadurch gewohnheitsmässige, namentlich durch Irradiation des 
Auges erzeugte Schätzungsfehler sofort bemerkt und verbessert werden. 

War für zwei Rück- und Vorblicke die Grösse e in dem Ausdrucke 

ON my lee 

grösser als Yd, wo d den Abstand der Ziellatte vom Instrument in 
Metern bedeutet und e in Decimillimetern zu verstehen ist, so wurden 
nicht bloss die betreffenden Blicke, sondern der ganze Stand wiederholt, 
um alle mittlerweile eingetretenen Veränderungen am Instrumente oder 
in der Atmosphäre nicht unberücksichtigt zu lassen. Veränderungen 
in der Lage der Fussplatten wurden niemals beobachtet, so lange 
dieselben neben einander lagen, und erst nach dieser Erfahrung ging 
man zum Aufeinanderlegen der Platten über. Lässt sich hiedurch auch 
eine während des Uebergangs von einem Doppelstande zum andern 
mögliche Verschiebung der Fussplatte nicht mehr erkennen, so waren 
die Vortheile der neuen Einrichtung doch so überwiegend, dass auf 
die eben berührte Möglichkeit keine weitere Rücksicht genommen wurde. 
Denn die Correspondenz zwischen den beiden Instrumenten, welche 
bisher durch Sprachrohr und geschriebene Zettel unterhalten wurde 
beschränkte sich jetzt auf wenige ausserordentliche Mittheilungen, da 
an jedem Instrumente die mit demselben begangenen Beobachtungsfehler 
selbständig ermittelt werden konnten. 

Es bedarf wohl kaum der Erwähnung, dass auf das Auflegen und 
Abheben der oberen Platte, sowie auf die Reinhaltung des Zwischen- 
raums beider grosse Sorgfalt verwendet wurde. Da man sich indessen 
in dieser Beziehung nie ganz auf die Messgehilfen verlassen kann, so 
dürfte sich ein von Herrn Ingenieur Vogler ausgehender Vorschlag; 
nur Eine Platte zu verwenden, die Latte aber mit zwei Theilungen zu 
versehen, deren Anfangspunkte um eine constante Grösse übereinander 
liegen, zur Ausführung empfehlen. 

Abh. d. II. Cl.d. k. Ak. d. Wiss. X. Bd. III. Abth. 14 


104 


Am Eingange dieses Abschnitts wurde schon erwähnt, dass durch 
das nunmehr beschriebene Nivellirverfahren die meisten constanten Fehler 
des Instruments und der Beobachtung eliminirt werden. Die folgenden 
Mittheilungen erfordern, dass wir diese Fehler nunmehr einzeln auf- 
zählen; es gehören hieher: 

1. die Neigung der Libellenaxe gegen die Fernrohraxe; 

2. die Neigung der mittleren Visirlinie gegen die Fernrohraxe; 
3. die Verschiedenheit der Ringdurchmesser des Fernrohrs; 

4. die Ungleichheit des Abstands der Horizontalfäden; !) 

5. die ungleiche Neigung der Ocularröhre gegen die Fernrohraxe;?) 
6. die Durchbiegung des ganzen Fernrohrs, und endlich 

7. der Einfluss der Erdkrümmung und Strahlenbrechung. °) 


Die Mitte zwischen zwei Lattenstellungen, welche bei diesen 
Eliminationen vorausgesetzt wird, wurde lediglich durch Abschreiten 
bestimmt. Was nun in Folge dieses Verfahrens von den Fehlern 
Nr. 1 bis 4 und Nr. 6 sich etwa noch anhäufte, ward beim Schluss 
einer Abtheilung dadurch fast ganz weggeschafft, dass man für jedes 
Instrument in dessen letzter Aufstellung die Summe aller Lattenabstände 
des Rückblicks mit der Summe aller Lattenabstände des Vorblicks 
ausglich. Diese Massregel wurde nur dann unterlassen, wenn die 
dadurch bedingte Ungleichheit der Zielweiten für den letzten Instrumenten- 
stand einen bedeutenden Fehler der Gattung Nr. 5 und Nr. 7 hätte 
befürchten lassen. In solchen Fällen wurde die algebraische Summe 
der Fehler Nr. 1 bis 4 gemessen und für den Ueberschuss der summirten 
Zielweiten des Rückblicks oder des Vorblicks eine entsprechende Oorrection 


1) Diese Ungleichheit äussert auf das Mittel der drei Faden-Ablesungen einen ähnlichen Einfluss 
wie der Fehler Nr. 2 auf die Ablesung am Mittelfaden. 

2) Das Auswärtsbewegen der Ocularröhre ist zuweilen von einem Sinken des dem Auge zuge- 
wendeten (hinteren) Endes begleitet; unsere Ingenieure beobachteten indess diesen Fehler 
bloss bei Einem Instrumente, und auch da nur, wann die Ziellatte dem Objectiv des Fernrohrs 
bis auf ungefähr 10 Meter genähert werden musste. 

3) Die Strahlenbrechung fällt selbstverständlich nur in dem Falle aus, dass sie bei gleichen 
Abständen der Ziellatte vom Instrumente wirklich gleich gross ist, wie vorausgesetzt wird ; 
mehrfache Beobachtungen zwingen mich jedoch, an der Allgemein-Gültigkeit dieser Voraussetzung 
zu zweifeln. Bei Sonnenschein wird die näher am Boden liegende Luftschichte wärmer sein, 
als die höher gelegene und folglich eine andere Strahlenbrechung haben als diese. 


105 


berechnet. Die genaue Abgleichung der Zielweiten geschah auf Grund 
der Lattenabschnitte, welche, dem Abstande der äusseren Ocularfäden 
entsprechend, sogleich während der Arbeit ermittelt und bis zum Schluss 
der Abtheilung fortlaufend summirt wurden. 

Man muss zugeben, dass der wirkliche Nutzen einer solchen Schluss- 
abgleichung nicht ganz ihrem theoretischen Werthe entspricht. Denn 
dieser beruht auf der stillschweigenden Voraussetzung, die Fehler des 
Instruments blieben während der Aufnahme einer ganzen Abtheilung 
gleich gross, während sie in der That innerhalb gewisser Grenzen 
schwanken. Häufige Beobachtungen bewiesen jedoch, dass diese Grenzen 
in dem vorliegenden Falle sehr nahe aneinander liegen, jene Voraus- 
setzung also nahezu erfüllt ist. Erst auf Grund dieser Erfahrungen 
wurde das beschriebene Verfahren angenommen, während früher die 
Fehler Nr. 1, 2 und 4 für jeden Vor- und Rückblick durch Drehen 
des Fernrohrs um 180° und Umsetzen der Libelle eliminirt wurden. 

Konnte hienach auf Grund bestimmter Erfahrung eine verzögernde 
Vorsichtsmassregel, welche anfangs 24 und später 18 Fadenablesungen 
für jeden Instrumentenstand forderte, aufgegeben werden, so musste 
dagegen in Folge weiterer Erfahrungen unserer Ingenieure eine andere 
eingeführt werden. Es zeigte sich nämlich, dass rasche Temperatur- 
wechsel ein allmähliges Heben oder Sinken des Fernrohrs und damit 
der Visirlinie bewirkten, abgesehen davon, dass der aufthauende 
Boden ein Nachsinken des Instrumentes hervorrief, und dass zuweilen, 
namentlich am Abend, die Theilung der Latte gehoben erschien, 
wenn nach einer Pause Rück- und Vorblicke wiederholt wurden. Diese 
Erhöhung überschritt sowohl den möglichen Beobachtungsfehler als die 
gewöhnliche Grösse der terrestrischen Strahlenbrechung, und es lässt 
sich dieselbe nur durch eine abnorme Refraction, erzeugt durch unregel- 
mässige Dichtigkeitsverhältnisse der untersten Luftschichten, in denen 
das Nivelliren vor sich geht, erklären. 

Gegen diese Refractionswirkungen sowohl als gegen das eben 
besprochene Heben und Sinken des Fernrohrs suchten wir uns durch 
folgende Modificationen des oben beschriebenen Nivellirverfahrens zu 
schützen: es wurden nämlich nunmehr in jedem Stande auf die Ablesung 
eines Rückblicks sofort die beiden Vorblicke erledigt und dann erst der 

14* 


106 


zweite Rückblick nachgeholt. Wir gingen hiebei von der Ueberzeugung 
aus, dass die angezeigten schädlichen Veränderungen, wenn sie allmählig 
erfolgen, für die beiden (negativen) Rückblicke ihren kleinsten und 
grössten, für die beiden (positiven) Vorblicke aber einen mittleren Werth 
erlangen und folglich aus dem Resultate der Nivellements-Berechnung 
nahezu verschwinden müssen. 

Da das Nivellir-Instrument wegen der Einwirkung der Sonne und 
des Windes fast nie ganz ruhig ist, seine Theile also in einer gewissen 
Spannung sich befinden, welche eine veränderliche Neigung der Visirlinie 
zur Folge hat, wie man an der Bewegung der Libellenblase erkennen 
kann: so entschlossen wir uns, nach dem Vorgange Anderer das genaue 
Einstellen der Luftblase in die Mitte aufzugeben und uns mit einer 
Annäherung an diesen Stand zu begnügen, dafür aber vor und nach 
der Aufnahme der drei Fäden jedesmal die beiden Enden der genannten 
Blase ablesen zu lassen und das Mittel aus beiden Messungen als den 
Stand der Libelle anzusehen, für welchen das Mittel der Fadenablesungen 
Gültigkeit hat. 

Demnach bedürfen alle Lattenablesungen noch einer Reduction 
auf die wagrechte Lage der Libellenaxe, welche von der Zielweite, 
dem Winkelwerth eines Niveautheils und dem Ausschlag der Luftblase 
abhängt. Die genaue Berechnung dieser Reduction geschah erst 
im Winter, für den Bedarf am Instrumente genügte eine rasche 
Ausrechnung mit runden Zahlen, welche übrigens von den strengen 
Werthen nur bei grossen Ausschlägen um 1 bis 3 Decimillimeter 
abweichen. Für die Zukunft (wenn es für unser Präcisions-Nivellement 
eine solche gibt) ist die Benützung der weiter unten zu beschreibenden 
graphischen Tafeln in Aussicht genommen, welche die am Beobachtungs- 
orte erforderlichen Correctionen schnell und sicher liefern. 

Die Geschäfte bei der Aufnahme waren in folgender Weise geordnet. 
War ein Doppelstand vollendet und von dem einen Instrumente her der 
Ruf ‚‚fertig‘‘ und vom anderen der Ruf ‚ab‘ erfolgt, so nahmen die 
beiden rückwärtigen Lattenträger die Fussplatten vom Boden und der 
ganze Zug setzte sich in Bewegung. Nur der vordere Lattenträger (der 
Steinhauer) blieb stehen und bewachte seine Platten sorgfältig. Er 
übernahm die Latte des zweiten Gehilfen, sobald dieser herankam, und 


Pn 


107 


ging sodann vor, um wieder den Platz an der Spitze des nächsten 
Doppelstands einzunehmen. Der letzte Träger übergab seine Latte dem 
mittleren, welcher seinerseits so rasch als möglich den Platz zwischen 
beiden Instrumenten einnahm. Auf solche Weise kamen alle Latten 
gleich häufig zur Verwendung. Der Schreiber des vorangehenden 
Instruments hatte mittlerweile die drei nächsten Zielweiten abgeschritten 
und so die Plätze der beiden Instrumente und der mittleren Latte auf 
dem Boden markirt. Der vordere Lattenträger musste seinen Standort 
selbst abschreiten. Auch die Instrumente blieben in der einmal ange- 
nommenen Reihenfolge und wurden auf ihre neuen Plätze getragen, ohne 
vom Stativ abgelöst zu werden. Dort trat man die Stative behutsam 
in den Boden und klemmte sie fest. Dann wurde die Zapfenaxe des 
Instruments soweit lothrecht gestellt, dass beim langsamen Umwenden 
des Fernrohrs keines der Enden der Luftblase unter der Niveaufassung 
verschwand. Nun erst begann die Lattenablesung, beim Rückblicke 
zuerst über der tieferen, beim Vorblick zuerst über der höheren Fussplatte. 

Der Eintrag erfolgte in lithographirte Tafeln von nachstehender 
Einrichtung. Der Kopf dieses Schema blieb in den Listen der Raum- 
ersparniss halber weg, während er hier zur Erläuterung ausgefüllt ist, 
Dagegen erleichterten dort eine Reihe feiner Verticallinien, welche hier 
fehlen, das scharfe Untereinanderreihen gleichwerthiger Stellen. Die vier 
breiten Spalten nehmen die fünfstelligen Fadenablesungen auf, die acht 
schmalen die Stände der Luftblase (links das Öcularende, rechts das 
Öbjectivende) in Zehnteln eines Scalentheils, welcher 1 Par. Linie beträgt, 
ausgedrückt. 

Die oberen Libellenablesungen sind vor denen der Fäden, die 
unteren nach diesen gemacht worden. Zieht man nun von den für 
einen Blick erhaltenen vier Zahlen die beiden kleineren von den 
grösseren über’s Kreuz ab, so müssen zwei gleiche oder nahezu gleiche 
Differenzen entstehen, wenn die Libellen-Ablesungen richtig waren; ihre 
Summe wurde darunter in die Spalte der kleineren Zahlen eingetragen. 
Dann zog man die Summen beider Libellenspalten, und ihre Gleichheit 
bewies die Richtigkeit der Rechnung. Die Zahl der dritten Zeile der 
Libellenspalte (z. B. 8, 24, 10 ...) bedeutet also den vierfachen Neig- 
ungswinkel der Libellenaxe in Zehnteln eines Theils der Scala, oder 


108 


cO8El LyPrel GEOFL OF14 


corlr 07807 6057 0518 


90 — ofyajssuppg | OGGLI GISOL O9FII 00 20]17o7ssupypg 


IT N oe | 00881 az zul |ggoH1 II An oe] 


LAN Dumg | CgE91 08091 | 0L1 100991 y an puıg 


G6cHl LE681 Selä6l 0858 


G88CH 01817 GLyCY 4858 


10+-107yoJssuppg | CL9TI OTSLII 120 8 10. — 2oyeJssn]ups 


I N OUT | 00871 OF681 Gy &Ll | 991 III N 9%] 


g N pueS | O169T 09491 | 821 79T |SEyIsT | SIL | 691 g IN pueIs 


to | O0 go | mo. tqo | mo || go | mo 
eye, | =e- =  — j|kayger] Me ee SE 3 en 
"949 1o]yoF SıoarL | otoarl Sısarl i oodrT ‘990 AoTyoF 
-SSN]TOS ‘OIYer] A9p oygepdssn.g oygepdssug -SSn]UOg “oyyeT 10p 


pun spueIg sop pun spuegg sop 
Gero AOJOLL, 90l0H aTouoH EREIEIN N or 


oyoııqıon oyorıqyony 


"PuoyueAuos SEM TOpJig "wpeN Au] G ‘95 1Og0PO '6IST 
"c SunjlogIgqy ‘yaeyasioy — Y9ouroyy 9Lurr 
IT IN JUDWILISUL 


109 


den einfachen Neigungswinkel in Vierzigsteln eines Scalentheils ausge- 
drückt. Betrachtet man diesen Neigungswinkel in der rechtseitigen 
Libellenspalte als positiv und in der linkseitigen als negativ, so hat er 
gleiches Vorzeichen mit der Correction, welche dem daneben stehenden 
Fadenmittel (15502, 15158, 13937 ...) beigefügt werden muss, um es 
auf die wagrechte Libellenaxe zurückzuführen. 

Neigungswinkel von mehr als hundert !/ıo Scalentheilen oder von 
mehr als 2,5 x 4,5 = 11 Secunden, kamen äusserst selten und von 
mehr als 15 Sekunden niemals vor. Etwa 87 Procent derselben liegen 
innerhalb 1 Theil, d. h. innerhalb 4,5 Secunden, und der durchschnitt- 
liche Neigungswinkel beträgt 1/40 Theile oder 1,5 Secunde. Libellen 
mit 20” Neigung auf 1’ Ausschlag wären für diese Neigung schon 
zu unempfindlich. 

Der untere ÖOcularfaden ist jedesmal zuerst abgelesen worden, 
wesshalb er in der ersten Zeile der Fadenspalte steht. Die Summe 
aller drei Ablesungen und ihr Mittel ist, wie man sieht, ebenfalls 
eingeschrieben. Ausserdem sind zu beiden Seiten der Tabelle erstens 
die Differenzen der Ablesungen an den oberen und unteren Fäden 
(5285, 5280, 5250 ...), zweitens die Nummern der Stände und Latten, 
sowie drittens die ermittelten Messungsfehler eingetragen. 

Die beiden Schreiber waren so vortrefflich geübt, dass sie fast 
unmittelbar nach Beendigung des Dictirens ihre Tafel dem Ingenieur 
einhändigten, welchem nur noch die Controle der Rechnung und die 
Ausmittlung der Messungsfehler übrig blieb. Durch dieses Ineinander- 
greifen wurde Zeit gewonnen und doch grössere Sicherheit erreicht, 
als durch Selbstaufschreiben der Beobachtungen möglich wäre. 

Waren die zwei Bogen starken Hefte mit dem Eintrage am 
Instrumente gefüllt, so wurden sie sorgfältig aufbewahrt, während der 
darauffolgenden Regen- oder Feiertage nocheinmal durchgerechnet und 
Auszüge, welche die ganze Aufnahme umfassten, in die beiden Instru- 
menten gemeinschaftliche Rechenliste, sowie in das Verzeichniss der 
Fixpunkte eingetragen. Nachdem auch dieser Eintrag collationirt war, 
erfolgte die Absendung der Originalhefte, wie schon erwähnt, an den 
gegenwärtigen Berichterstatter, der sie sammelte und in grösseren 
Partieen binden liess, um sie dereinst, wenn die Bayerische Gradmessungs- 


110 


Commission ihre Arbeiten schliessen wird, bei der k. Akademie der 
Wissenschaften zu hinterlegen. 


Die Constanten der Instrumente. 
1. Abstand der äusseren Fäden. 


Da die Entfernung der Latte vom Instrumente aus dem Latten- 
abschnitte hergeleitet wurde, welcher beim Visiren zwischen die äusseren 
Ocularfäden trifft, so musste zunächst der parallaktische Winkel w 
bestimmt werden, unter dem die in der Bildebene des Objectivs befind- 
lichen äusseren Horizontalfäden vom optischen Mittelpunkte dieses 
Objectivs aus erscheinen. Denn ist dieser Winkel bekannt, so ist die 
gesuchte Zielweite genau genug durch die Gleichung 

e=a cot u 
ausgedrückt, worin e die Entfernung der Latte vom Objectiv und a den 
Lattenabschnitt bezeichnet. Der Winkel w wird kleiner, wenn die 
Latte dem Fernrohre näher steht, folglich sind die beiden Factoren des 
Products a cot w veränderlich. Man kann aber dieses Product in zwei 
Theile zerlegen, wovon der eine constant ist und der andere nur mehr 
den veränderlichen Factor a enthält. 

Zu dem Ende bezeichne 9 den Werth von w, welcher der Stellung 
des Fadenkreuzes in der Brennebene des Objectivs, d. h. der Brennweite 
f entspricht. Nennt man v den Abstand der äusseren Horizontalfäden 
von einander und b die Bildweite des Objectivs, zu welcher der Winkel 
gehört, so gelten, wie man leicht einsieht, mit hinreichender Annäherung 
die beiden Gleichungen: 
tang p = 2 


tang v = f 


V 
b’ 
Hieraus folgt sofort 
btang v = ftang g, 
und da aus optischen Gründen 
b(e—f) = ef 
ist, so wird der Abstand 
EIIANLCOBINE IT. 

Vermehrt man die Constante f um den Abstand des Objectivs 

von der Drehaxe des Fernrohrs (welcher etwa > f beträgt) und nennt 


1m 


die neue Constante k, so wird die von der Instrumentenaxe aus gezählte 
Zielweite 
E=acotp-+k. 

Von den zwei Constanten k und cot bestimmt man die erstere 
am sichersten durch direkte Messung, die letztere aber dadurch, dass 
man eine grössere Reihe von zusammengehörigen Werthen von E und a 
herstellt und dann den-Werth von cotp berechnet, welcher allen diesen 
Beobachtungen am bessten entspricht. 

Für unsere beiden Instrumente ist 

KR 30.378; 
für das Instrument Nr. 1 ergaben die im Herbste 1868 angestellten 
Versuche: 
Cote p=—n137,46; 40,08 
p = 0°24' 57,3 + 04,9. 

Als im Frühjahr 1869 mit zwei Instrumenten zu arbeiten begonnen 
wurde, haben wir das Fadenkreuz des Instruments Nr. II mit dem des 
Nr. I in Uebereinstimmung gebracht, und dieses geschah im Laufe des 
verflossenen Sommers durch die Ingenieure noch zweimal in Folge 
davon, dass das Fadenkreuz des zweiten Instruments schadhaft und mit 
neuen Fäden versehen worden war. Die beiden ersten Male (in München 
und Eger) wurde das Instrument Il durch Vermittelung gleicher Latten- 
ablesungen bei gleichen Zielweiten nach dem Instrument Nr. I gerichtet, 
das dritte Mal aber (in Reuth) wurden die Objective beider Instrumente 
gegen einander gekehrt, die Fadenkreuze in die Brennweiten eingestellt 
und dann durch Correction am Instrumente II zu gegenseitiger Deckung 
gebracht. Nach Beendigung der Feldarbeit zeigten die in München wieder- 
holt angestellten Constantenbestimmungen nicht bloss eine Abweichung 
der Winkel 9 unter sich, sondern auch von dem oben angegebenen 
Werthe. Es fand sich nämlich für das Instrument 

Nral, Es cou @=1 13541 0,03, 
0325511, 0A 029, 
Nr.«Il: ucoß.p =.136,32 + 0,05, 
p = 0°25'13“,08 + 0“,51. 

Da nicht genau zu bestimmen war, wann die Aenderung des Faden- 

abstands eintrat, da ferner die Unterschiede zwischen den Ergebnissen 


Abh. d.Il.Cl.d.k. Ak. d.Wiss.X. Bd. III. Abth. 15 


112 


der ersten und letzten Versuche nur gering sind, und da endlich eine 
grosse Genauigkeit in der Bestimmung der Zielweiten nicht nothwendig 
ist, so hielten wir es für ausreichend, der definitiven Nivellements- 
Berechnung folgende Mittelwerthe von cotg p zu Grunde zu legen, 
nämlich für das Instrument 

Nr! klsestgugle] 39,59 

Nr. Hs Weote"gp)=N1 37,0%, 

Hiemit werden die zur Berechnung der Zielweiten dienenden 
Formeln für 
Nr. I: E = 137,598 + 0” ,78 
Nr.ıM% JE =!13700234-. 03,98; 

und diese bieten jedenfalls ausreichende Genauigkeit auch in dem Falle, 
wo aus E die Correction c wegen schiefer Lage der Libellenaxe zu 
berechnen ist. Denn setzt man in dem Ausdrucke der Correction 

ea=rBitgie ='E oatg 1% 
für « seinen grössten Werth von 15 Secunden ein, nimmt man ferner 
cotg um eine Einheit falsch bestimmt und a = 0”,8 an (ein Fall, der 
1869 nur ein Mal vergekommen ist), so beträgt der hiedurch begangene 
Fehler in c nur 0,06 Millimeter, während die Messungen und Rechnungen 
nur bis auf Decimillimeter ausgedehnt sind. 


32. Winkelwerth eines Theils der Libellenscala. 


Die Kenntniss dieses Werthes p ist zur Berechnung der eben 
erwähnten Correction c erforderlich, weil der Neigungswinkel « nur 
mittelbar durch den in Pariser Linien ausgedrückten Ausschlag der 
Luftblase bestimmt wurde. Die Erforschung des Werthes von p geschah 
auf einem Legebrette der zur polytechnischen Schule in München gehörigen 
geodätischen Sammlung, dessen dritte Fussschraube mit feinem Gewinde 
und Theiltrommel versehen ist. Einem Trommelumgang entspricht ein 
Neigungswinkel des Legebretts von 315‘,86. Bei den Versuchen stand 
das Legebrett auf einer horizontalen Steinunterlage. 

Zur Bestimmung der Temperatur verwendeten wir die Libellen 
selbst. Da nämlich diese an den beiden Enden zugeschmolzen sind, 
also von den Flüssigkeiten nichts entweichen kann, so ist die Länge 
der Luftblase eine stetige Function der Temperatur der Flüssigkeit 


113 


und des Glases. Diese Function ergab sich aus einer Reihe von Ver- 
suchen, welche mit einem in schmelzendem Schnee auf seinen Null- 
punkt geprüften feinen Thermometer von Geissler gemacht wurden. 
Stellt man nämlich diese Function durch eine auf ein rechtwinkliges 
Axensystem bezogene Curve dar, deren Abscissen Temperaturgrade 
(nach Celsius) und deren Ördinaten Blasenlängen (in Pariser Linien) 
sind, so kann man sofort erkennen, dass diese Curve mit genügender 
Schärfe als ein Stück einer Parabel betrachtet werden kann, deren 
Parameter der ÖOrdinatenaxe parallel läuft. Unter dieser Annahme 
wurde die Temperaturcurve einer Reservelibelle nach der Methode 
der kleinsten Quadrate berechnet, wobei sich fast genau das auf 
graphischem Wege gewonnene Resultat ergab. Wir unterliessen dess- 
halb die gleiche Berechnung für die übrigen Libellen, von denen die 
gefassten in Luft, die ungefassten in Wasser mit dem Thermometer 
verglichen wurden. Nimmt man den Ablesungsfehler der Blasenlänge, 
in Temperatur ausgedrückt, zu 0°%,1 C an (und er beträgt selten mehr), 
so wird aus den Curven die Temperatur der Reservelibellen bis auf 
/a°C und die der gefassten Libellen bis auf '/2°C sicher zu entnehmen 
sein, was für unsern Zweck vollkommen ausreicht. 

Im Winter 1868—69 hatten wir für das Instrument Nr. I den Winkel- 
werth eines Libellentheils im Freien bei + 6° C mittl. Temperatur zu 4”, 41 
bestimmt, und dieser Werth liegt den zur Berechnung der Beobachtungen 
aus dem Jahre 1868 dienenden Tafeln zu Grunde. Für die Arbeiten 
des Jahres 1869 war auch die Libelle am Instrumente Nr. II im Voraus 
untersucht und bei + 16° mittl. Temperatur der Werth von p = 4°,02 
gefunden worden. In Eger wurden diese Versuche wiederholt uud es 
ergaben dieselben bei + 18° mittlerer Temperatur p = 4'/,19. Ausgedehnte 
Versuche zur Bestimmung von p wurden im verflossenen Winter vor- 
genommen, wobei wir uns der Hoffnung hingaben, eine Beziehung 
zwischen der Temperatur t, dem Winkelwerth p und dem Krümmungs- 
halbmesser r der Libelle feststellen zu können. Aus allen Versuchen 
konnte indessen nur so viel erkannt werden, dass mit allmählig steigender 
Temperatur t der Werth von p etwas ab- und folglich jener von r etwas 
zunimmt, und dass diese Werthe von mehreren Einflüssen abhängen, 
deren Bestimmung zu schwierig ist. Denn es zeigten sich oftmals bei 


52 


114 


gleichen Temperaturen Schwankungen der Winkelwerthe, welche bis 
zu 0,5 anstiegen, während bei den Temperaturen zwischen + 13° 
und 23° C Werthdifferenzen von 0‘,9 vorkamen. 

Hienach wird es begreiflich sein, dass wir von der Einführung 
verschiedener Werthe für p, welche anfangs beabsichtigt war, abstanden 
und uns mit mittleren Werthen für alle Rechnungen begnügten. Aus 
einer graphischen Zusammenstellung sämmtlicher Versuche mit jeder 
zum Nivelliren benützten Libelle ergab sich für das Jahr 1869 und das 
Instrument 

Nr.eHpe PER 
Norge Apr. 

Die Unsicherheit dieser Mittelwerthe hann nach unseren Erfahrungen 
möglicherweise den fünften Theil ihrer eigenen Grösse betragen, was 
bei dem Maximalausschlag der Libellen von 15’ einen Winkelfehler von 
3“ und bei der grössten Zielweite von 100” einen Fehler in der Correction c 
von 0”,0015 gäbe. Zur Erzeugung dieses Fehlers müssten drei sehr 
seltene Fälle zusammentreffen, sein Auftreten ist also sehr unwahr- 
scheinlich. Wie unwahrscheinlich dasselbe aber ist, geht daraus hervor, 
dass nur etwa 13 Procent aller Libellen-Ausschläge den Werth von 5” 
überschritten haben, dass also unter Annahme der ungünstigsten Ver- 
hältnisse für 87 Procent der Beobachtungen die Fehler in ce nur 
0”,0005 betragen können. Da das Mittel aller Ausschläge nur etwa 1,5 
beträgt, so beläuft sich der mit dieser Neigung der Libellenaxe verbundene 
mögliche Eehler auf 0”,00015 oder 1,5 Einheiten der letzten beibe- 
haltenen Decimale. 

Ohne Zweifel ist die überwiegende Mehrzahl der wirklich aus der 
Unsicherheit von p entsprungenen Fehler weit kleiner geblieben, und 
da sie eben sowohl positiv als negativ auftreten können, so haben 
sie zwar zur Vergrösserung des wahrscheinlichen Fehlers beigetragen, 
müssen aber in ihm mit einbegriffen sein. 


4. Ungleichheit der Ringdurchmesser. 


Die Stahlringe unserer Fernrohre ruhen auf rechtwinkelig ausge- 
schnittenen Lagern, und sie wurden auf eben solchen Lagern geprüft, 
welche zu diesem Zweck eigens auf das Legebrett aufgepasst worden 


115 


waren. In Fig. 4, welche eine Projection dieser Lager und der Stahl- 
ringe auf eine zur Fernrohraxe nahezu senkrechte Ebene vorstellt, 
bedeuten I’GI, K’HK die Lager, AI’, BK’K die Stahlringe, CDF die 
Fernrohraxe, ABF, IKF die Kegelelemente, welche durch die ungleichen 
Ringe bestimmt werden, und der Winkel w stellt die Neigung der zu 
AB parallelen Libellenaxe gegen die Fernrohraxe vor. 


Dieser Winkel w, welcher null sein soll, war zu bestimmen, und 
es geschah dieses dadurch, dass man das Fernrohr in dem feststehenden 
Lager umlegte und jedesmal den Ausschlag der Libelle beobachtete. 
Dabei konnte mit einer horizontalen Stellschraube die Libellenaxe stets 
in einer und derselben Verticalebene erhalten werden. 


Sind A, B die höchsten in einer Horizontalen gelegenen Ring- und 
Ruhepunkte der Libelle, wird ferner deren Abstand der Einheit gleich 
gesetzt und heissen die Ringhalbmesser AC, BD beziehlich R undr, so ist 

tan w=R—r. 
Nennt man ferner den Abstand AG =H, den BH = h und den Neigungs- 
winkel der Kegelseite AB gegen die Verbindungslinie GH der Lager- 
'scheitel, nämlich AFG = o, so ist 

tango=H—.h. 


Die höchsten Punkte A’ und B‘ der Ringe in der zweiten Lage des 
Fernrohrs ergeben sich, wenn man vonA undB aus die Parallelen AA’ 
und BB‘ zieht; A’B‘ stellt dann die Libellenaxe und v deren Neigung 
gegen den Horizont AB vor, welche durch den Ausschlag der Luftblase 
gemessen wird. 


Man findet den Winkel v aus den Gleichungen: 

tang v=2.AB’=2(H—h)=2tango. 

Wird die Differenz H—h durch R und r ausgedrückt, unter der 
hier vorliegenden Bedingung, dass GI=CI=R und HK=DK =1r ist, 
so wird zunächst 

H=R+Ry2=R(1+y?2) 
h=r+r vae(l +y2) 
und folglich durch Subtraction: 
tangv=2(1+y2)(R—r) = 4,82(R —r). 


116 


Wegen Kleinheit der Winkel kann man das Verhältniss von 


WERELanBI wa or 
win tan ve p 
oder rund = 1/; setzen, und dieses Verhältniss bleibt auch dann noch 


bestehen, wenn AB in der ersten Lage nicht genau horizontal, sondern 
um den Fehler der Libelle geneigt war. Von der strengen Berichtigung 


der Libelle hängt somit der Erfolg der vorliegenden Untersuchung 
nicht ab. 


Das Messungsverfahren, welches im verflossenen Jahre angewendet 
wurde, schliesst den Einfluss der Ring-Differenz ohnehin aus, und im 
Jahre 1868 konnte die Ungleichheit der Ringdurchmesser, welche nur 
0,01 betrug, ebenfalls als verschwindend klein betrachtet werden. 


4. Tafeln für die Entfernungen. 


Für die Beobachtungen des Jahrs 1868 war aus der Gleichung 
E.— 137,76-.2 1 0,78 
eine Tafel berechnet worden, welche für das Argument a oder den 
Lattenabschnitt zwischen den äusseren Horizontalfäden, der immer 
zwischen 0,"1 und 1",1 lag, die Entfernung E angab. Da indessen 
die Kenntniss der einzelnen Zielweiten in Metern keinen grossen Nutzen 
gewährt, so wurde später bloss die Summe der Zielweiten jeder 
Abtheilung berechnet, und zwar für eine Anzahl von n Ständen aus 
der Gleichung 
E, =:137,76 a, # 2n. 07,78, 
worin E, die Summe von 2n Zielweiten und a, die Summe von 2n 
Lattenabschnitten bezeichnet. 
Für die Messungen des Jahres 1869 dienten in gleicher Weise 
folgende Ausdrücke zur Berechnung der Standweiten, nämlich 
für das Instrument Nr. I: 
3739 a, L 23m 0278 
und für das Instrument Nr. II: 
BE, 154.044, 262 2,0,0%78. 


n 


5. Tafeln für die Höhencorrectionen. 


Die Correction c wegen geneigter Libellenaxe ist der Tangente 
des Neigungswinkels « und der Entfernung E proportional. Da jedoch « 


%uU7 


den Werth von 15‘ nie übersteigt, so kann man statt der Tangente 
den Bogen und daher 

ce=Eeutg 1" 
setzen, und da « nicht in Gradmass, sondern in Zehnteln der Libellen- 
theile gemessen wurde, so tritt an dessen Stelle der Werth 

a = Yo pl. 

worin p die Länge eines Scalentheils und 1 die in den Beobachtungs- 
journalen für die Libellenausschläge eingetragenen und durch 4 dividirten 
Zahlen bedeutet. Setzt man für E seinen oben entwickelten Werth 
acot g + k ein und drückt c in Decimillimeter aus, so wird 
1 1000 P 
oneneE (acot + k)l, 
wobei a und k in Metern zu nehmen sind. 

Für die Messungen des Jahres 1868 wurden die vierstelligen 
Logarithmen des Bruchs c:] nach dem Argument a, welches zwischen 
0”,1 und 1,"1 in Intervallen von 0,001 wuchs, in eine Tafel gebracht; 
für jene des Jahres 1869 waren der zwei Instrumente wegen zwei 
solcher Tafeln nöthig, die Logarithmen wurden aber nur auf drei 
Stellen berechnet und die Argumente wuchsen zwischen 0”,1 und 0”,7 
in Intervallen von 0”,002. Diese weit beschränkteren Tafeln reichten 
in Bezug auf Genauigkeit vollkommen und hinsichtlich ihres Umfanges 
beinahe für alle Fälle aus. Zur Berechnung von c waren ausser diesen 
Logarithmen noch die von 1 nöthig, welche einer vierstelligen Logarith- 
mentafel entnommen wurden, während zum Aufschlagen der Zahl c die 
vierstellige Logarithmandentafel von I. H. T. Müller diente. 

Obwohl diese Rechnung verhältnissmässig rasch von Statten ging 
und sehr scharf ist, war bei den zehntausend doppelt zu rechnenden 
Correctionen doch eine grössere Beschleunigung wünschenswerth. Unsere 
Ingenieure ersetzten desshalb die numerischen Tafeln durch graphische, 
welche die Werthe von c bis auf Hundertel-Millimeter genau zu 
entnehmen gestatteten. Die Gleichung c= Eotg1‘ lässt sich nämlich 
als Hyperbel construiren, bezogen auf ihre rechtwinkeligen Asymptoten, 
und indem man für c nach einander die Werthe 1, 2,3 .... Decimilli- 
meter setzt, erhält man über demselben Coordinatensystem eine Schaar 
von Hyperbeln, deren Punkte den Werthen von c für verschiedene 


» 


118 


zusammengehörige Grössen von E und « entsprechen. Auch in diese 
graphischen Tafeln wurden die Argumente a und 1 statt E und « 
eingeführt, so dass einem Centimeter der Axe der a und op der 
Axe der 1 gleiche Längen entsprechen, wodurch eine vortheilhafte Lage 
der Hyperbeln gegen die Axen erzielt wurde. Durch Einführen des 
Arguments a wird der Nullpunkt des Coordinatensystems um die 
Grösse k tang p in der Richtung der Axe der a verschoben. 

Fig. 9 stellt ein Stück einer graphischen Tafel, wie sie sich 
unmittelbar am Instrument gebrauchen lässt und von der schon oben 
(Seite 106) die Rede war, vor. Dort erhält man nämlich 1 in Theilen 
von der Grösse Yıo p, daher auch die Axe der 1 in solche Theile 
getheilt ist. Ferner entsprechen die Curvenpunkte hier nicht den 
Werthen c = 1, 2, 3 ... sondernc = 1%, ?/, °/a ... Decimillimeter. 
Der Gebrauch dieser Tafel wird erleichtert durch ein in der Richtung 
der Axe der a verschiebliches Hornplättchen, auf welchem ein Strich 
die Richtung der Axe der | angibt und als Zeiger dient. Längs dieses 
Strichs ist die Bezifferung der letztgenannten Axe beigefügt. 

Es dürfte sich empfehlen, die Tafeln im zehnfachen Massstab zu 
entwerfen und photographisch zu verkleinern. Eine dabei etwa entstehende 
Verzerrung der Curven wäre von derselben Verzerrung des Coordinaten- 
netzes begleitet und daher unschädlich; die Lage der Curven im Netze 
würde aber auf diesem Wege genauer angegeben werden als durch 
unmittelbare Zeichnung. Proben an unseren Instrumenten bewiesen, dass 
das Aufsuchen des strengen Werthes von c aus den graphischen 
Tafeln sogar weniger Zeit erfordert als die bisherigen Näherungs- 
Berechnungen, welche auf dem Felde ausgeführt wurden. 


Untersuchung der Ziellatten. 


Das gewöhnliche Verfahren, Latten zu theilen oder richtiger: die 
schwarzen und weissen Felder mit Farbe aufzutragen, vermehrt die 
Quellen der Theilungsfehler um eine, welche nicht unbedeutend ist. Die 
Grenzlinien der genannten Felder werden nämlich mit einer in schwarze 
Farbe getauchten Reissfeder ausgezogen, und die Flächen zwischen je 
zwei solchen Linien hierauf mit dem Pinsel ausgefüllt. Dieses Verfahren 
bringt es mit sich, dass die schwarzen Felder etwas breiter als die 


119 


weissen sind, abgesehen davon, dass bei dem Ausfüllen der Zwischenräume 
der Pinsel manchmal die Grenzlinie überschreitet. Desshalb war es 
nöthig, der Vergleichung der Latten mit dem Normalmasse eine Unter- 
suchung des Verhältnisses der Breiten der schwarzen und weissen 
Felder vorauszuschicken. 


1. Breiten der weissen und schwarzen Felder. 

Da die Abschätzung der ganzen und halben Millimeter ausschliess- 
lich in den weissen Feldern der Latte stattgefunden hat, so ist der 
mittlere Werth w eines solchen Feldes, gemessen durch den mittleren 
Werth aller schwarzen und weissen Felder, zu bestimmen, weil damit 
alle geschätzten Bruchtheile der Centimeter zu multipliciren sind; und 
da ausserdem auch der Anfangspunkt der Schätzung nicht mit der 
idealen Grenze des Feldes zusammenfällt, sondern um !/a (1 — w) Centi- 
meter innerhalb derselben liegt, so erhält man aus dem im weissen 
Felde abgeschätzten Centimeter-Bruchtheil B den wirklichen Bruch- 
theil © durch die Gleichung 

C=wB+1 (l—w). 

Zur Ermittlung von w wurde die Breite jedes Centimeters in jedem 
der zwei Streifen der Lattenscala mit gutgetheilten prismatischen Mass- 
stäben von Elfenbein auf Decimillimeter genau gemessen, wodurch man 
600 Masse für jede Latte und 1800 für die drei Latten erhielt. Aus 
je 300 zusammengehörigen Werthen wurde die mittlere Breite der 
weissen Centimeterfelder und aus je 600 Werthen die mittlere Breite 
aller Felder gefunden, wie folgt: 


a. Mittlere Breite der weissen Felder, Latte I Latte II Latte III 
in der Einheit des Prüfungsmass- & I a 
stabes ausgedrückt: 0,9688 0,9747 0,9675 

b. Mittlere Breite aller Felder, mit be 4 = 
derselben Einheit gemessen: 0,9993 1,0023 1,0015 


c. Verhältnisszahl w der in (a) und 

(b) ausgedrückten mittleren Felder- 

breiten: 0,9694 0,9725 0,9661 
d. Wahrscheinlicher Fehler von w, 

wenn man dessen Werth auf ein 

beliebiges weisses Feld anwendet: 0,0067 -=+0,0073 + 0,0082 
Abh. d. II. Cl. d.k. Ak.d. Wiss. X.Bd. II. Abth. 16 


120 


e. Wahrscheinlicher Fehler von w, Latte I Latte II Latte III 
wenn man dessen Werth zur Be- 
rechnung einer grossen Anzahl von 
Bruchtheillen B, welche an ver- 
schiedenen Stellen der Latte abge- 
schätzt wurden, benützt: +.0,00107° 320,000977 00034 


Da die hier angegebenen drei Werthe von w alle sehr nahe an 
0,97 liegen, so mag es mit Rücksicht auf die grossen wahrscheinlichen 
Fehler derselben (d) und die hinzutretenden unvermeidlichen Schätzungs- 
fehler während der Aufnahme gestattet sein, für jede der drei Latten 

w = 0,97 . 
zu setzen und diesen Werth auch für das Mittel aus I und II, welches 
0,9710 beträgt, sowie für das Mittel aus I, II, III, welches = 0,9694 ist, 
beizubehalten. Demnach wird die allgemeine Gleichung für die redu- 
cirten Bruchtheile: 
00897 B 7 0.045 

Zur Erleichterung der Rechnung wurden nicht die Bruchtheile einer 
jeden einzelnen Ablesung reducirt, sondern sofort jene des Mittels aus 
drei zusammengehörigen Fäden, und wenn mehrere solcher Fadenmittel 
zu einer Summe zu vereinigen waren, sogleich die Summe ihrer ÜOenti- 
meter-Bruchtheile. Dabei liess man das zweite Glied 0,015 der Gleichung 
ganz weg, weil es sich bei gleicher Anzahl der Rück- und Vorblicke 
ohnehin aufhebt. 


2. Prüfung der Meterlänge. 


Die bisher erörterte Beschaffenheit der Lattenscala erschwerte 
auch die Massvergleichung, welche sich nicht bloss auf die ganze Länge 
der Latte, sondern auch auf ihre Unterabtheilungen zu erstrecken hatte. 
Da aber nicht jedes einzelne Lattenstück h,h,h,... des Nivellements 
auf das Normalmass reducirt werden kann, so muss man sich begnügen, 
eine grössere Zahl von Stücken der Scala mit dem Urmasse zu 
vergleichen und daraus einen gemeinsamen Werth für die Einheit 
abzuleiten, mit vorwiegender Berücksichtigung jener Theile des Mass- 
stabs, auf welchen die grössere Zahl aller Messungen vollzogen wurde. 
Die gemessenen Stücke h,, h,,h,... werden dann nicht im Einzelnen 


121 


berichtigt, wohl aber lässt sich beim Zusammenfassen vieler derselben 
erwarten, dass man für die Berechnung ihrer Gesammtheit den möglichst 
richtigen Werth zu Grunde gelegt habe. 

Mit Rücksicht auf diesen Zweck und die vorhandenen Hilfsmittel 
schien es rathsam, die Meterlänge auf jeder der drei Latten zwanzigmal 
doppelt zu bestimmen, nämlich von Decimeter zu Decimeter, und aus 
diesen Bestimmungen das Mittel zu nehmen. Die grössere Zahl von 
Massvergleichungen fiel dadurch auf den mittleren Theil der Latte, welchem 
bei Ausführung unseres Nivellements (der durchschnittlich geringen Steig- 
ungen der Eisenbahnen wegen) die Stücke h, h,, h, ... vorzugsweise 
entnommen worden sind. Im Ganzen waren also 120 Bestimmungen 
der Meterlänge erforderlich, und es sind deren noch 8 nachgetragen 
worden, um einen entstandenen (übrigens unbegründeten) Zweifel zu 
beseitigen. Diese 128 Messungen wurden in den hellen Tagesstunden 
vom 8. bis 13. Februar d. J. vorgenommen. 

Es wurden dazu zwei prismatische messingene Meterstäbe von 
Breithaupt in Cassel verwendet. Der rechteckige Querschnitt dieser 
Stäbe hat Seiten von 1 und 2 Centimeter, und auf einer der breiten 
Massstabflächen sind Endstriche angebracht, zwischen denen sich eine 
Centimetertheilung und an einem Ende auch eine Millimetertheilung 
befindet. Die Theilstriche laufen nur auf einer Seite bis zur Kante 
aus, und diese Kante wurde mit der Lattenscala in Berührung gebracht, 
während die Theilungsfläche des Massstabs senkrecht darauf stand. Zur 
Messung des Abstands der Grenzen eines Meters der Latte von den 
Endstrichen des Messingmeters diente ein dem geodätischen Institut 
der hiesigen polytechnischen Schule gehöriges Fadenmikroskop mit 
l5öfacher Vergrösserung und beweglicher Glasplatte mit Strichnetz. Der 
Werth eines Umgangs der Trommel wurde an der Millimetertheilung 
der Vergleichungsmassstäbe bestimmt, und zwar bei jeder einzelnen 
Massvergleichung, also unter derselben Temperatur, bei welcher diese 
erfolgte, aber unter beständigem Wechsel der zur Prüfung verwendeten 
Millimeter. 


Die Temperatur wurde mit Hilfe der Reservelibellen und der 
dafür entworfenen Temperaturcurven gefunden. Eine Libelle lag dicht 
an dem Massstab, die andere in einiger Entfernung davon. Beide 

Io 


122 


stimmten in ihrer durchschnittlichen Angabe innerhalb 0°,2 CO überein, 
und da dieser Unterschied von Zufälligkeiten herrühren kann, so nahm 
man das Mittel aus den Angaben beider Thermometer als die Temperatur, 
bei welcher die Vergleichung stattfand. Diese Temperatur schwankte 
während einer Reihe von Beobachtungen, welche zuweilen 4 Stunden 
in Anspruch nahm, nie um mehr als 0°,5 C, wesshalb wir eine solche Beob- 
achtungsreihe als bei gleicher Temperatur gemacht ansahen, zumal wir 
wegen des ausgleichenden Mediums (Luft) kaum hoffen konnten, die 
Temperatur des Masstabs genauer als auf 09,5 C bestimmt zu haben. 

Sämmtliche Massvergleichungen fanden im ungeheizten Zimmer bei 
sorgfältig verschlossenen Thüren und Fenstern und einer Temperatur 
von + 7° bis + 13°C statt. Latten und Messapparat sind stets in 
diesem Raume verblieben, und erstere lagen hiebei auf niederen Böcken 
über zwei langen Tischen, auf welchen ein besonders dafür gefertigtes 
Kästchen mit dem Mikroskop hin und her geschoben werden konnte. Es 
versteht sich von selbst, dass letzteres genau auf die Entfernung eingestellt 
wurde, welche der Berührungslinie der beiden Scalen entsprach. Da 
die die Scalen tragenden Flächen senkrecht zu einander standen, so 
war die Axe des Mikroskops unter einem Winkel von 45° gegen jede 
Fläche geneigt. 

Die ideale Metergrenze ist auf der Lattenscala wegen des oben 
besprochenen Constructionsfehlers nicht klar bezeichnet und wurde 
darum in der Mitte zwischen den sich überragenden Grenzen zweier 
aufeinander folgenden Centimeter angenommen und durch Einstellung 
auf jede dieser Grenzen gefunden. Zur Erläuterung dieses Verfahrens 
haben wir in Fig. 3 eine Abbildung des Gesichtsfelds des Mikroskops 
beigefügt. In dieser Figur bedeutet a den Messingmassstab mit einem 
Theilstrich und b die Latte mit zwei sich übergreifenden schwarzen 
Feldern, zwischen deren Grenzlinien hier der Theilstrich c steht, dessen 
Abstand sowohl von der einen als von der anderen mit dem Mikroskop 
zu messen war. 


Von den beiden Messingmasstäben ist nach den Angaben Breit- 
haupts der eine bei 0°, der andere bei + 18° © genau 1 Meter lang. 
Wir verwendeten zu jeder Massvergleichung beide Stäbe und erhielten 
so zwei von einander ganz unabhängige, zu verschiedenen Zeiten aufge- 


123 


nommene Werthe, die uns einen Einblick in die Genauigkeit unserer 
Messung gestatteten. Diese wäre sicherlich noch grösser ausgefallen, 
wenn die Ränder der Lattentheilung nicht zackig wären. Aber auch 
so noch stellt sich der wahrscheinliche Beobachtungsfehler, welcher bei 
einer einzigen Meterbestimmung begangen wurde, geringer dar als die 
Unsicherheit der Annahme, dass für eine grosse Zahl von an beliebigen 
Stellen gemessenen Lattenabschnitten derjenige Reductionswerth Geltung 
habe, welcher aus 20 Massvergleichungen einer Latte abgeleitet wurde. 


Zur Bestimmung des Ausdehnungscoefficienten y der Messingstäbe 
war uns durch deren verschiedene Länge bei gleicher Temperatur ein 
einfacher Weg vorgezeichnet. Aus dem Abstande ihrer Endstriche bei 
+ 6°7 C fanden wir aus 12 Messungen 

100 y = 0,0019450 + 0,0000085, 

ein Resultat, welches sich nur wenig von anderen zuverlässigen Angaben 
entfernt. Es liegen demselben freilich zwei Voraussetzungen zu Grunde, 
über die sich noch streiten lässt: einmal, dass 7 für beide Stäbe gleich sei, 
und dann, dass deren Längen wirklich gerade bei 0° und 18° genau 1 Meter 
betragen. Eine Prüfung dieser Voraussetzungen war uns in Ermangelung 
eines Normalmeters mit Comparator für jetzt nicht möglich; wir hoffen 
aber, in einiger Zeit sie nachholen zu können. Uebrigens müsste der 
hier angegebene wahrscheinliche Fehler noch viel grösser sein, wenn er 
auf die nachfolgenden Reductionszahlen einen merklichen Einfluss 
äussern sollte. 

Den Ausdehnungscoefficienten des Holzes zu bestimmen, hielten 
wir nach den alten und neuen Erfahrungen, welche über die Veränder- 
lichkeit hölzerner Massstäbe vorliegen, für zwecklos; wir hatten nur 
Sorge getragen, dass die Latten vor der Vergleichung mit dem Meter- 
stabe in einem Raume von mittlerer, sich wenig ändernder Feuchtig- 
keit der Luft aufbewahrt wurden. 

Hienach und mit Rücksicht darauf, dass beim Nivelliren jede 
Latte gleich oft aufgestellt wurde, ist es gerechtfertigt, die Reductions- 
zahlen von je zwei oder drei Latten in eine Mittelzahl zu vereinigen 
und die gemessenen Höhenunterschiede mit dieser Zahl auf das Normal- 
mass zu reduciren, wie wir es in der That auch gethan haben. In der nach- 
stehenden Tafel sind sowohl die einzelnen, als auch die mittleren hier in 


124 


Betracht kommenden, aus unseren Massvergleichungen abgeleiteten 
Reductionszahlen enthalten. 


KA SR Ein Meterder Latte Bei einer mitt- i | i | f | 
N misst nach den |leren Temperatur ——— 
Meterstäben der Latte von in Millimetern. 
| 

if 1”, 000371 9,20 0,083 0,019 0,017 0,004 
1: 1 , 000312 9,4 0,116 0,026 0,021 0,005 
III 1 ‚000274 858 0,095 0,021 0,014 | 0,003 
as (I+D) 1 , 000342 923 0,101 0,016 0,019 0,003 
|1s(I+II+I0)| 1,000819 | 9,0 0,099 | 0,013 | 0,018 | 0,002 


Die hier vorkommenden Buchstaben haben folgende Bedeutung: 


ist der wahrscheinliche Fehler, den man auf den Meter begeht, 
wenn man für ein beliebig gewähltes Lattenstück oder für mehrere 
an derselben Stelle der Latte gemessene Stücke den in der 
zweiten Spalte enthaltenen Mittelwerth (M) einführt, indem man 
die Angaben der Latte mit M multiplicirt; 


ist der wahrscheinliche Fehler für den Meter, welcher bei der 
Multiplication einer Summe von Lattenstücken mit dem betreffenden 
Werthe von M dann begangen wird, wenn die einzelnen Stücke 
auf allen möglichen Stellen der Latte gemessen wurden, wie 
dieses z. B. beim Nivelliren auf sehr ungleich geneigtem Terrain 
vorkommt; !) 


ist der wahrscheinliche Beobachtungsfehler, welcher bei der 
Bestimmung Eines Meters auf der Latte begangen wurde; 


ist der wahrscheinliche Beobachtungsfehler, welcher an den in 
der zweiten Spalte enthaltenen Mittelwerthen haftet. Während 
also ff von der Unsicherheit der Beobachtung herrührt, ist der 
5 bis 7mal grössere Werth i’ eine Folge mangelhafter Theilung 
der Latte. 


1) Für die einzelnen Latten (I, II, III) ist ı‘ cs weil es aus 20 Werthen mit dem wahr- 
20 


a 


scheinlichen Fehler i gefunden wurde. 


Die Berechnung der Aufnahmen. 


In der Beschreibung des Nivellirverfahrens ist die Art und Weise, 
wie die Ablesungen in das Beobachtungsheft eingetragen und die am 
Instrumente erforderlichen Berechnungen gemacht wurden, bereits 
angegeben worden, und aus den Bemerkungen über die Anlage der 
erforderlichen Hilfstafeln zur Bestimmung der Zielweiten (E) und der 
Reductionen (c) wegen geneigter Libellenaxe geht ferner der Gang der 
definitiven Berechnung des Nivellements im Wesentlichen schon hervor. 
Es bleibt mir daher nur noch anzugeben übrig: wie sich die Ingenieure 
gegen grobe Messungsfehler schützten, welche Controlen der Rechnung 
angewendet wurden, und worin wir einen Massstab für die Genauigkeit 
des vorliegenden Nivellements suchten und fanden. 


1) Durch den Uebertrag aus den Beobachtungsheften in die 
Rechenliste gewannen die Ingenieure schon auf der Reise eine Zusammen- 
stellung der Ergebnisse, welche einer vorläufigen Berechnung der 
Höhenunterschiede H zweier Fixpunkte als Grundlage diente, und da 
die meisten Fixpunkte auf Eisenbahn-Kunstbauten angebracht sind, 
so konnten die so berechneten Werthe von H theils noch auf der Reise, 
theils nach der Heimkehr mit denjenigen Höhendifferenzen verglichen 
werden, welche sich aus den für den Eisenbahnbau hergestellten 
Nivellements berechnen liessen. Am Bodensee diente überdiess der 
Wasserspiegel zur Oontrole gegen grobe Messungsfehler, indem derselbe 
an einem ruhigen Tage auf sämmtliche Höhenmarken des Seeufers 
eingemessen wurde. 


2) Die Richtigkeit der Rechnung ergab sich dadurch, dass eine 
und dieselbe Grösse von zwei Personen stets zweimal und, wo möglich, 
auf verschiedenen Wegen bestimmt wurde. Es wird genügen, von den 
sehr einfachen Rechnungsoperationen nur einige mitzutheilen. 


Das Mittel der drei Fadenablesungen a, b, c eines Rück- oder 
Vorblicks war schon vor dem Eintrag in die während des Sommers 
geführte Rechenliste doppelt aus Y/3(a+b-+ c) berechnet worden. Im 
Winter wurde sodann eine zweite Rechenliste angelegt, welche die 


126 


Differenzen (a— b) und (b—-c) enthielt, aus denen zur Controle jenes 
Mittels die Summe 

u 

gebildet wurde, in der b die Ablesung am mittleren Faden bedeutet. 
Die Summen (a—b)+(b—.c) controlirten die Lattenabschnitte (a—c), 
welche die Zielweiten messen. 

Auch die Correction wegen der Neigung der Libellenaxe wurde 
auf zweierlei Weise berechnet. Bezeichnen nämlich R und r die schon 
verbesserten mittleren Lattenablesungen der Rückblicke, V und v die 
der Vorblicke, und stellen R und V die Ablesungen über den tieferen, 
r und v jene über den höheren Fussplatten vor, so muss für alle 
Ablesungen zwischen zwei aufeinanderfolgenden Fixpunkten die Gleichung 
erfüllt werden: 

H==&V- sR=>3v— Dr (1) 
und folglich auch diese: 
SV+ $_r= IS RH+Ev. (2) 

Die Berechnung von H nach der Gleichung (1) wurde in der 
ersten Rechenliste, die Controle (2) in der später angelegten ausgeführt. 
Sind nun 


RE AR 
die Libellenausschläge in ao p, welche zu den Blicken 
BA V. 


gehören (gemäss der Ordnung des Aufnahmehefts), und unterscheiden 
die Marken (,) und („) einen vorhergehenden und den unmittelbar 
darauf folgenden Instrumentenstand, so wurden in die erste Rechenliste 
die doppelt gerechneten zusammengefassten Ausschläge 

Yu(y, —P,) und Yı(d —a,), 

Y(y, —P,) und Yı(d, -—a,), us. w. 
eingetragen. Aus diesen, nunmehr in Yıo p ausgedrückten Ausschlags- 
Differenzen und dem Mittel aller vier Zielweiten eines Standes wurden 
sodann zwei Üorrectionen berechnet, welche den Vorblicken 

v ma? und Vu.'sw: 
zukommen, während die Rückblicke und damit die Unterschiede V—R 
und v—-r, sowie die Gleichung (1) unverändert blieben. 


127 


Dieses Zusammenfassen der Ausschläge, welches zur Einschränkung 
der logarithmischen Rechnungen beizutragen bestimmt war, bietet beim 
Gebrauch der graphischen Tafeln keinen Vortheil mehr, wesshalb es in 
Zukunft wegfallen wird; und was die Einführung der mittleren Ziel- 
weite des Standes in die Rechnung betrifft, so ist hiefür lediglich deren 
geringer Unterschied von den betreffenden Rück- und Vorblicken, sowie 
die Kleinheit der Libellenausschläge massgebend gewesen. 

In anderer Weise wurden diese Ausschläge für die zweite Rechen- 
liste zusammengefasst. Diese sollte neben der durch Gleichung (2) aus- 
gedrückten Controle noch jene Prüfung gestatten, welche zur Ermittelung 
der Standfehler nöthig war, ob nämlich, wenn h den Unterschied der 
Visirhöhen zweier sich folgenden Stände vorstellt, die Gleichung 

he Ne Ruin ir (3) 
oder die daraus folgende: 

Veprieißn-es (4) 
erfüllt wird. Genügten die Vor- und Rückblicke der vorletzten Gleich- 
ung nicht, ergaben dieselben vielmehr die besonderen Werthe: 

h’ =w — ru, Ve==iR; 
und zwischen h‘ und h“ die Beziehung 


h“’=h"+e, (5) 
so wurde der Standfehler &e entweder aus der Gleichung 
e=(v —V)+(R,—r) (6) 
oder aus der anders geschriebenen: 
2 we) (VOTEN) @) 


berechnet. Der Gleichung (6) gemäss wurden die den Blicken 
RN ER ler! 
zugehörigen Libellen-Ausschläge 
2 I J ) 0, 9 P, 
zusammengefasst, die Differenzen 
(7 ze d,) ’ (a, En P,) 
gebildet und die betreffenden Correctionen den graphischen Tafeln ent- 
nommen. 
Gehören nun allgemein zu den Blicken R, r, v, V eines Standes 
die Ausschläge «, ß, y, d, so waren in der ersten Rechenliste die Grössen 
Abh.d. II.C1.d. k.Ak.d. Wiss. X. Bd. III. Abth. 17 


128 


(—P) und (d — «), in der zweiten die Unterschiede (« — ß) und 
(y — d) gebildet worden. Zur Controle der Rechnung liessen wir aus 
der ersten Liste die Differenz 

Val re ae) 
und aus der zweiten die Summe 

N Aeler—) 
herstellen und zusehen, ob beide gleich gross sind, wie es ihre Zu- 
sammensetzung verlangt. 


In ähnlicher Weise wurden auch die aus den Libellen-Ausschlägen 
gefundenen Correctionen wegen geneigter Axen der Libellen geprüft; 
es würde aber zu weit führen, diese einfachen Rechnungsoperationen 
hier umständlich zu beschreiben. Dagegen kann im Hinblicke auf das 
Nachfolgende nicht unerwähnt bleiben, dass, wo wegen Ueberschreitung 
der Fehlergrenze Wiederholungen der Aufnahme eines Standes vorge- 
kommen sind, der Standfehler e nicht etwa der besseren, sondern dem 
Mittel aller ausgeführten Messungen entnommen wurde. Solcher Wieder- 
holungen waren unter 5900 Ständen im Ganzen 815 und folglich durch- 
schnittlich auf je 29 Stände 4 nöthig. 

3. Aus den nach Gleichung (3) bestimmten Werthen h‘ und h“ 
ergibt sich "2 (h‘+h“) als der wahrscheinlichste Werth von h, und 
aus den Gleichungen 

h"—h=1%(h—h“)=+ Ye 
h“ Eh h —. Ua (h’— h‘) — Ua & 


der mittlere Fehler einer einzigen Messung h‘ oder h“ zu + a und 


der mittlere Fehler des arithmetischen Mittels zu + ! e. 


Bei nur zwei Messungen ist dieser Fehler jedenfalls sehr unsicher 
bestimmt, wenn aber viele Lattenabschnitte 


bi he ee. h, 
mit den mittleren Beobachtungsfehlern 
Ya, SE ae ae 


zu einer Summe H, dem Höhenunterschiede zwischen zwei Fixpunkten, 
vereinigt werden, so wird sowohl der mittlere Fehler m als der wahr- 


129 


scheinliche Fehler w dieser Summe um so genauer erhalten, je grösser 
die Zahl der zu H gehörigen Stücke ist, es wird nämlich 
n=+%RVs +E+&+....+8& 

Re ee een (8) 
vorausgesetzt, dass bei der Messung schon alle constanten Fehler be- 
rücksichtigt sind, und diese nur noch mit den unvermeidlichen Beob- 
achtungsfehlern behaftet ist. 

Unter dieser Voraussetzung lässt sich noch genauer als w der 
wahrscheinliche Fehler W einer Polygonseite, deren Höhenunterschied 


SEE H Sc H EB or, 220: +H, 
ist, angeben, indem 
DU ee a: (9) 


wird. Da die Bayerischen Polygone, wie schon Eingangs erwähnt, noch 
nicht abgeschlossen sind, so konnte W nur für einige Strecken berechnet 
werden, während w für jede Abtheilung unseres Nivellements zwischen 
je zwei benachbarten Fixpunkten festgestellt wurde, wie aus dem nach- 
folgenden Verzeichnisse dieser Punkte hervorgeht. Den Werthen von 
w sind eben daselbst noch jene Werthe w‘’ beigefügt, welche die 
wahrscheinlichen Fehler auf einen Kilometer angeben und sich aus der 
Formel 


berechnen, in der D den Abstand der Endpunkte einer nivellirten Ab- 
theilung in Kilometern bedeutet. 


Wenn man uns die erforderlichen Geldmittel zur Vollendung des 
Bayerischen Höhennetzes gewährt, so werden wir aus den Werthen 
von W die Gewichte der Nivellements der Polygonseiten behufs der 
Schlussausgleichung dieses Höhennetzes ableiten und die dabei sich er- 
gebenden Correctionen, den wahrscheinlichen Fehlern w proportional, 
an die Zwischenpunkte vertheilen. Vorläufig führen wir über die Ge- 
nauigkeit der von unseren Ingenieuren in den Jahren 1868 und 1869 
ausgeführten Arbeiten nur folgende Thatsachen an: 

1. Die um das Fichtelgebirge gezogene, auf Seite 3 bereits er- 
wähnte 240,6 Kilometer lange Schleife (Franzensbad-Eger-Weiden-Bay- 
Kir 


130 


reuth-Neuenmarkt- Hof-Franzensbad) wurde ringsum doppelt nivellirt 
und schliesst in Franzensbad mit 0”,1080 Differenz, während sich der 
wahrscheinliche Fehler nur auf 0”,0114 berechnet. 


2. Die Polygonseite Franzensbad-Hof wurde von Sachsen aus über 
Plauen und von Bayern aus einmal über Asch und dann über Weiden 
und Bayreuth nivellirt. Die Sächsische Linie ist 110, die kleine Bay- 
rische 56, die grosse Bayerische Linie 201 Kilometer lang, und es 
fanden den auf die Höhenmarken in den Bahnhöfen der genannten Orte 
bezogenen Höhenunterschied: die Sächsischen Ingenieure = 55”,3288 
und die Bayerischen (mit Rücksicht auf die Gewichte der Nivellements 
ihrer beiden Linien) = 55",2128, woraus eine Differenz von 0",1160 
folgt, während der wahrscheinliche Fehler unsrerseits nur = 0",0046 
und von Sächsischer Seite = 0”,0405 gefunden wurde. 


3. An der grossen 495 Kilometer oder 66,7 deutsche Meilen um- 
fassenden Schleife Nördlingen-Augsburg-Kempten-Lindau-Friedrichshafen- 
Ulm-Aalen-Nördlingen haben die Ingenieure der beiden betheiligten 
Staaten gearbeitet. Die Anschlusspunkte befinden sich auf dem Bahn- 
hofe in Nördlingen und am Zollhause in Nonnenhorn bei Lindau, und 
es hat die Bayerische Strecke eine Länge von 270, die Württemberger 
von 225 Kilometer. Am 19. Mai d. J. wurden, um jeden Verdacht einer 
gegenseitigen Beeinflussung der Messungsresultate abzuhalten, nach Ueber- 
einkunft der betreffenden Commissäre, sowohl in München als in Stuttgart 
die Coten der Anschlusspunkte auf die Post gegeben, wobei sich eine 
Gesammtdifferenz von 0”,109 auf 495000” herausstellte; ein Resultat, 
welches nicht günstiger erwartet werden konnte, obgleich sich (unter 
der Voraussetzung, dass die Bayerischen und Württembergischen Nivel- 
lements gleich genau sind) der wahrscheinliche Fehler nur auf 
+. 07,0129, berechnet, 


Dieser Fehler ist somit in allen drei hier aufgeführten Fällen kleiner 
als der am Schlusse gefundene wirkliche Fehler, so’ unbedeutend dieser 
letztere auch ist. Die Unterschiede zwischen den wahrscheinlichen und 
wirklichen Fehlern können zwar in Folge der in Bayern, Württemberg 
und Sachsen noch weiter vorzunehmenden Massreductionen und Aus- 
gleichungsrechnungen etwas kleiner werden als sie jetzt sind, viel wird 


131 


aber die Aenderung nicht betragen, und es ist desshalb wohl der Mühe 
werth, sich zu fragen, woher diese Unterschiede kommen. Meine An- 
sicht hierüber ist folgende. 

Trotz aller auf die Construction und Behandlung der Instrumente, 
sowie auf die Vervollkommnung und Ausführung der Nivellirmethoden 
verwendeten Sorgfalt, können noch gewisse. constante Fehlerquellen 
in denselben vorhanden gewesen sein, die sich der Berechnung entzogen 
haben, und es kann in Folge ungleicher Erwärmung der unteren Luft- 
schichten, in denen nivellirt wird, die terrestrische Strahlenbrechung zu 
beiden Seiten des Nivellirinstruments zeitweise ungleich gross gewesen 
sein und hiedurch nachtheilig gewirkt haben; unmittelbar erkennbar waren 
aber diese Wirkungen jedenfalls nicht, weil sonst die an Ort und Stelle 
sofort verglichenen Beobachtungen der Ingenieure nicht übereingestimmt 
hätten!). Die Fehlerquelle, welche hier im Spiele war, musste so beschaffen 
sein, dass sie die Uebereinstimmung zweier aufeinander folgenden Messungen 
der Lattenstücke h und der Plattendicken m innerhalb der oben angegeb- 
enen Grenzen nicht störte und gleichwohl ihre successiven Wirkungen 
addirte; eine solche Fehlerquelle ist aber ausser der unregelmässigen 
Strahlenbrechung wohl auch die Loth-Abweichung, welche auf einzelne 
Theile der Schleifen um das Fichtelgebirge und das Allgäu ihren Einfluss 
geäussert und einen dem berechneten wahrscheinlichen Fehler nahe- 
kommenden wirklichen Schlussfehler mit verhindert haben kann. 

In der siebenten Sitzung der zweiten allgemeinen Conferenz der 
Europäischen Gradmessung?) habe ich die Behauptung aufgestellt, dass 
der polygonale Abschluss eines Nivellements noch keine ausreichende 
Controle für die Genauigkeit desselben sei, wesshalb ein doppeltes Nivelliren 
jeder Strecke nothwendig werde. Bei der Discussion, welche sich darüber 
entsponnen hat, begnügte ich mich mit dem Hinweise auf die Möglich- 
keit gleich grosser entgegengesetzter Fehler, welche sich zwar bei der 


1) Es kann in der That in Folge der Strahlenbrechung die Visirlinie 5b (Fig. 1) anders ge- 
krümmt sein als 6c, ohne dass dadurch die der Vergleichung zu Grunde liegenden Beding- 
ungenh—=V,— R,—=yv,—r, und o+m=u (S.102) gestört werden, wenn die beiden Vor- 
blicke oder die beiden Rückblicke rasch nach einander erfolgen. 

2) Bericht über die Verhandlungen der vom 30. September bis 7. Oktober 1867 zu Berlin ab- 
gehaltenen allgemeinen Conferenz der Europäischen Gradmessung, S. 145 u. ff. 


132 


Abgleichung aufheben, aber in den Zwischenpunkten verbleiben und 
durch diese auf die Höhenbestimmungen zweiter Ordnung übergehen. 
Ich hätte schon damals beifügen können, dass selbst ein ganz fehlerfrei 
nivellirtes Polygon nicht nothwendig am Anfangs- und Endpunkte einerlei 
Cote zu haben braucht, da Störungen in der Richtung der Schwerkraft, welche 
in den Umfang dieses Polygons fallen und nicht ebenfalls gleich und 
entgegengesetztsind, eine Ootendifferenz erzeugen müssen; ich unterdrückte 
aber diesen aus meiner Idee, durch exactes Nivelliren grössere Loth- 
abweichungen aufzufinden, unmittelbar folgenden Satz, weil die Richtigkeit 
seiner Voraussetzung von Freunden und Fachgenossen, denen ich sie 
gesprächsweise mittheilte, noch bezweifelt wurde. Durch das oben be- 
rührte Missverhältniss zwischen den wahrscheinlichen und wirklichen 
Schlussfehlern war ich veranlasst, die eben ausgesprochene Idee wieder 
aufzunehmen, und es wurde mir in Folge davon die Genugthuung zu 
Theil, die Zweifel an ihrer Richtigkeit, welche auch Mathematiker von 
Gewicht anfänglich äusserten, nunmehr beseitigt zu sehen, was mich 
hoffen lässt, dass auch der in gleicher Richtung sich bewegende Wider- 
spruch von Fachgenossen verschwinden wird, sobald sie meine einem 
anderen Orte vorbehaltene besondere Mittheilung über diesen Gegen- 
stand näher geprüft haben werden. 


k Do da dsu >32 


Pl 
St 


Verzeichniss der Fixpunkte. 


Erklärung der Ueberschriften und Zeichen. 


bezeichnet die laufende Nummer der Höhenmarken und Fixpunkte; 
die Nummer einer Abtheilung zwischen zwei benachbarten Fixpunkten, nach 
der Reihenfolge der Aufnahme; 
die Anzahl der zu einer Abtheilung gehörigen Aufstellungen der Instrumente; 
bedeutet die Distanz zweier sich folgenden Fixpunkte in Metern; 
deren Höhenunterschied in Metern; 
den wahrscheinlichen Fehler dieses Unterschieds in Zehntelmillimetern ; 
denselben Fehler, redueirt auf D = 1 Kilometer, auch in Zehntelmillimetern ; 
bedeutet Höhenmarken in verticalen Wänden, aus einem Messingbolzen mit 
centraler Bohrung bestehend ; 
bedeutet wagrechte, in Stein gehauene und mit einer Rinne umgebene Vierecke, 
welche zur Bezeichnung von Fixpunkten dienen; 
bedeutet ebensolche Vierecke, in welche zur deutlicheren Bezeichnung die Buch- 
staben HM (Höhenmarke) eingemeisselt sind, oder auch viereckige Cement- 
platten, welche in rauhe und bröckelnde Steine eingesetzt wurden ; 
bedeutet wagrecht geebnete, in der Regel mit einem Rand von schwarzer Oel- 
farbe umgebene, zur Bezeichnung von untergeordneten Fixpunkten dienende 
Steinflächen. 
bezeichnet die Planiehöhe oder die Schwellenoberfläche einer Eisenbahn ; 
bedeutet Wegstunde und bezieht sich auf die in Bayern gebräuchliche Be- 
zeichnung der Wegstrecken. 

Die Coten in Metern gehen von einem Generalhorizont aus, welcher 


1600° Bayr. = 466,976” über dem Nullpunkt des Lindauer Bodenseepegels und 
(nach vorläufigen Ermittelungen) 862” über dem Meeresspiegel liegt. 


Die eingeklammerten Abtheilungen kr 250 } bilden Zweignivellements zu Höhen- 


marken und Fixpunkten, auf deren Coten das durchlaufende Nivellement sich 
nicht stützt. 


;: BA: f 
m: OILHPIT EEE 


+, 


135 


Neuenmarkt — Eger — Bayreuth — Neuenmarkt. 


una jun 4 H ze u 


Neuenmarkt — Marktschorgast. 


1. Höhenmarke & zu Neuenmarkt 
511,7368 


2. Fixpunkt unter der Höhenmarke zu Neuenmarkt, Betriebshauptgebäude, Nord- 
seite, in den Sockel neben der Thür zur Expedition gehauen 


+ 1,4332 513,1700 
3. Wegdurchlass südl. der Bahn, westl. Stirndeckplatte, = bei St 20,1-+ 330” 
1 4 467 — 3,9369 1l 123 16 509,2331 


4. Bahngrenzstein Nr. 56 nördlich der Bahn, ungefähr 60" westlich vom Beginn 
der schiefen Ebene, [] bei St 20,5 + 150” 


2 ) 1309 —17,7267 09 8l 08 491,5064 


5. Wegdurchlass für den nördlichen Bahngraben, östl. Stirndeckplatte, [J bei 
St 20,7 + 170m 


3 8 759 —18,9512 07 44 08 472,5552 
6. Wegdurchlass bei St 21,0 + 130” , westliche Stirndeckplatte, U 
4 12 1071 —26,5873 09 81 09 445,9679 


7. Futtermauer auf der nördlichen Bahnseite, westlicher Gesimsquader, [] bei 
St 21,2 + 180m 


5 h) 794 —20,0229 10 104 11 425,9450 


8. Futtermauer an der Südwestseite des Bahndamms, Gesimsstein 40” von deren 


Anfang, U bei St 21,5 + 60” 


6 11 992 — 24,4803 10 91 10 401,4647 

9. Futtermauer auf der Südseite des Bahndamms, östlicher Gesimsstein, U) bei 
St 21,7 + 90m 

1 9 775 —19,2353 09 79 10 382,2294 


10. Bahndurchfahrt Nr. 13, westliche Stirn, nördlicher Gesimsstein, [) dicht an 
der Brüstung bei St 21,9 + 0” 


8 8 664 — 16,0560 07 53 09 366,1734 
11. DO) unter der Höhenmarke zu Marktschorgast, in den Sockel gehauen. 
9 6 569 —10,5421 08 67 11 355,6313 


12. Höhenmarke © am Betriebshauptgebäude zu Marktschorgast neben dem 
Eingang zum Wartesaal I u. II Classe, 


— 6797 353,9586 
Abh. d. II. Cl. d.k. Ak. d. Wiss. X. Bd. III. Abth. 18 


136 


13 


14. 


15. 


16. 


1% 


18. 


19. 


20. 


2]. 


22. 


23. 


Neuenmarkt — Eger — Bayreuth — Neuenmarkt. 


Ad mDoy.ı HM 


w|lw|w | Cote 


Marktschorgast — Falls. 
Bahngrenzstein Nr. 70 östlich der Bahn U bei St 22,3 + 250” 
1 8 1168 — 7,2015 13 177 12 348,4298 


Bahndurchfahrt Nr. 19 für den Weg nach Kolbenhof, nördliche Stirn, östlicher 
Gesimsstein, U] bei St 22,6 4 190” 


1u.2 16 2226 —18,31.97 14 186 09 336,7116 


Bahngrenzstein südlich der Bahn, neben der westlichen Stirn des Bahndurch- 
lasses, = bei St 23,0 + 270” 


3 10 1562 —16,1643 13 180 11 320,5473 


Haltestelle Falls, Bahngrenzstein südöstlich der Bahn neben dem Weg nach 
Stammbach, = bei St 23,3 + 80" 


4 6 921 — 8,4024 12 140 12 312,1449 


Falls - Stammbach. 
Wegdurchlass nördl. der Bahn, westl. Stirndeckplatte, [] bei St 23,7 250” 


1 1 1662 — 6,9447 11 120 08 305,2002 
Bahngrenzstein Nr. 33 nördlich der Bahn, — bei St 24,1 +4 240” 
2 11 1464 —11,3388 20 387 16 293,8614 


Öffne Bahndurchfahrt Nr. 35%, nördliches Widerlager, östlicher Stirn - Flügel, 
äusserster Gesimsstein, [] bei St 24,3 + 90" 


3 5 BOT 0 os 64 10 988,1112 
Curvenstein bei St 24,4 + 15", = 
4 6) 292 — 2,6731 12 131 Fl 285,4381 


Bahngrenzstein ohne Nummer südlich der Bahn, 45” östlich vom Wärterhaus 
178, DO bei St 24,7 + 170m 


5 10 1266 — 6,9594 12 153 1l 278,4787 


‘ Granitner Fundamentstein unter der westlichen Ecklisene an der Ladehalle 


zu Stammbach, U] bei St 25,0 + 320" 
6 11 1260 + 2,3199 10 110 09 280,7936 


Ecke zwischen Mittelbau und westlichem Flügel 


Höhenmarke © am Betriebshauptgebäude zu Stammbach, Perron, in der 
— 1,6073 04 19 — 279,1913 


137 


Neuenmarkt — Eger — Bayreuth — Neuenmarkt. 


Koh fen y H Iv|w|w | Octe 


— ——n 


Stammbach — Münchberg. 


24. Bahngrenzstein Nr. 80 südöstlich der Bahn, U) bei St 25,6 — 10" 
1 12 1901 —10,6327 15 215 11 270,1659 
25. Bahndurchfahrt Nr. 48 bei Schödlas, südliche Stirn, westlicher Gesimsstein, 
U] dicht an der Brüstung bei St 26,1 — 10" | 
2 14 1850 — 3,3840 12 149 09 266,2819 
26. Bahngrenzstein Nr. 123 südöstlich der Bahn neben der Ueberfahrt, U bei 
St 26,5 +4 75% 
3 16 1575 —+16,9838 17 285 13 283,2657 
27. Bahngrenzstein ohne Nummer südlich der Bahn, auf dem höchsten Terrain- 
punkt, — bei St 26,8 + 65” 
4 7: 1111 —+10,7823 12 143 11 294,0480 


23. Bahngrenzstein südlich der Bahn in der Nähe von Weiler Poppenreuth, U] bei 
St 27,0 + 140m 


5 7 BD ae a ul 2197 15 302,5933 
29. Grenzstein Nr. 61 nördlich der Bahn, an der Strasse, bei St 27,0 + 340” 
6 3 207 + 1,2821 04 13 08 303,8754 


30. Gewölbte Bahnbrücke Nr.57 mit 2 Oeffnungen für Chaussee und Bach (Pulschnitz), 
östliche Stirn, nördlicher schiefer Flügel, oberer Deckstein, DJ dicht an der 
Brüstung, bei St 27,4 + 285” 


Ü 11 1437 +14,8835 11 125 09 318,7589 
31. Fixpunkt unter der Höhenmarke zu Münchberg, in den Sockel gehauen 
8 JOD Tal. .10 94 10 324,4920 


thür zum Wartesaal 3. Classe, Perron. 


32. [tr zum © am Betriebshauptgebäude zu Münchberg, neben der | 
— 1,3207 323,1713 


Münchberg — Schwarzenbach. 


33. Bahngrenzstein westlich der Bahn, nördlich vom Weg, an der zweiten Ueber- 
fahrt südlich vom Wärterhaus 193, bei St 27,8 + 290” , höchster Punkt 
des Kopfes. 


1 4 461 + 3,3848 13 163 19 327,8768 

34. Gewölbte Bahnbrücke Nr. 67 über die Pulschnitz, südliche Stirn, äusserste 
westliche Gesimsplatte, [dichtan der Brüstung, bei St 27,9 + 240” 

2 4 322 + 3,2670 08 62 14 331,1438 
le) 


138 


Neuenmarkt — Eger — Bayreuth — Neuenmarkt. 


“ei Klelee 


35. Bahngrenzstein Nr. 51 südlich der Bahn bei St 28,4 + 185”, höchster Punkt 
des abgerundeten Kopfes 


3 16 1796 + 6,3466 16 271 12 337,4904 


36. Wegdurchlass nördlich der Bahn bei der Ueberfahrt für einen Waldweg, 
westliche Stirn, nördlicher Deckstein, — bei St 28,6 + 85” 


& 8 640 + 4,5924 13 183 17 342,0828 


37. Bahnbrücke Nr. 73, über den Ulrichsbach, kurz vor seiner Vereinigung mit 
der Pulschnitz und Saale; nordwestliche Stirn, nordöstlicher Deckstein, 
Ü bei St. 28,7 + 2800 


5 7 615 + 4,2772 16 261 21 346,3600 


38. Gewölbte Bahnbrücke Nr. 75 für den Hollbach, nördl. Stirn, östl. Böschungsflügel, 
oberer Deckstein, [] dicht an der Brüstung bei St 29,1 + 70” 


6 10 1257 + 2,4444 11 111 09 348,8044 


39. Gewölbte Bahnbrücke Nr. 78 mit 3 Oeffnungen über die Saale bei Seulbitz, 
westliches Widerlager, südlicher Böschungsflügel, oberer Deckstein, [] dicht 
an der Brüstung bei St 29,4 + 200" 


Y. 10 1228 + 2,5097 15 217 13 351,3141 


schichte des Seulbitzer Mühlhauses, nordwestliche Ecke 
fr 5 307 —+ 5,7263 06 37 11 357,0404 
41. [ter Kante de des östlichen Pfeilers der Seulbitzer Bahnbrücke, dicht 5 


40. [sc auf dem vorspringenden Stein der unteren Granithaustein-Sockel- 


der Kante des südlichen Pfeilerkopfes 
+ 6,3593 357,6734 


42. Bahndurchlass Nr. 80, nördliche Stirn, östlicher Böschungsflügel, oberer Deck- 
stein, [J bei St 29,7 + 70" Pl. 


8 11 994 —+ 1,8515 05 29 05 353,1656 
43. Curvenstein bei St 29,7 + 100". Geebnete = auf dessen östlicher Ecke 
8/9 1 28 — 0,1277 04 14 22 353,0379 


44. Ueberfahrt Nr. 57, Wegdurchlass südlich der Bahn, östliche Stirn, mittlere 
Gesimsplatte, = bei St 30,2 + 40” 
9 14 1827 + 3,8030 07 43 05 356,8409 
45. Gewölbter Bahndurchlass Nr. 84, nördliche Stirn, östlicher Böschungsflügel, 
oberer Deckstein, [] bei St 30,2 + 120” 
9/10 1 89 4 0,3335 02 3 06 357,1744 


139 


Neuenmarkt — Eger — Bayreuth — Neuenmarkt. 


Nr ro. au | li 


w’ | Cote 


46. Bahngrenzstein Nr. 108, südlich der Bahn bei St 30,4 — 70”, höchster Punkt 
des Kopfes, etwas geebnet 


10 8 557 — 0,1825 08 58 10 356,9919 


47. Bahngrenzstein Nr. 32, nördlich der Bahn, östlich der Ueberfahrt bei Förbau, 
U bei St 30,7 — 90m 


11 8 1074 — 2,0046 09 8) 09 354,9873 
48. Wesdurchlass südl. der Bahn, nördliche Stirndeckplatte, = bei St 31,1 — 90" 
12 15 1484 + 1,7403 09 87 08 356,7276 


49. Fixpunkt unter der Höhenmarke zu Schwarzenbach, [] auf der Treppenwange 
13 9 934 + 1,1450 08 58 08 357,8726 
50. ‚Höhenmarke © am Stationsgebäude zu Schwarzenbach neben der Thür zum 
Wartesaal I. und II. Classe, Perron h 
— 1,5389 356,3337 


Schwarzenbach — Oberkotzau. 


51. Fixpunkt im Mauerkranz der Drehscheibe zu Schwarzenbach, [] auf der West- 
seite neben dem südlichen Pralleisen zum Aufhalten der Wagen 


13/1 2 102 + 0,5638 04 13 11 358,4364 
52. Gewölbte Bahnbrücke Nr. 18 mit 3 Oeffnungen über die Lamitz bei Fattigau, 


östliche Stirn, nördlicher Böschungsflügel, oberster Deckstein, [] innen an 
der Brüstung bei St 32,0 — 85” 


1 21 2325 —+12,0213 10 109 07 370,4577 

53. Schiefer offener Bahndurchlass Nr. 22 für den Oberkotzauer Mühlbach, nörd- 
liches Widerlager, westlicher Krönungsstein, [] bei St 32,6 + 105” 

2 17 2414 + 5,3332 09 75 06 375,7909 

54. Fixpunkt über der Höhenmarke zu Oberkotzau, Bahndurchlass (Fluthbrücke) 

Nr. 30, mittlere westliche Stirndeckplatte, [] bei St 32,7 + 195”, ungefähr Pl 

3 3 537 + 0,7694 03 07 04 376,5603 


gewölbten Bahndurchlasses Nr. 30, gleich südlich beim Betriebshauptgebäude 


55. [geräte © zu Oberkotzau, im Schlussstein an der westlichen Stirn des 
1 + 0,6371 01 01 377,1974 


140 


56. 


57. 


58. 


59. 


60. 


61. 


63. 


64. 


65. 


66. 


Neuenmarkt — Eger — Bayreuth — Neuenmarkt. 


ea) en: | H Iv|w | w | Cote 


Oberkotzau — Hof. 


Bahndurchlass Nr. 32, westliche Stirn, nördlicher Böschungsflügel, oberster 
Deckstein, gehauener Streifen bei St 33,0 — 45” Pl 


1% 5 789 + 0,4796 05 23 05 377,0399 
Bahndurchlass Nr. 34, östl. freiliegende Stirndeckplatte, [] bei St 33,2 + 35” 
1e U 822 + 2,6474 07 44 07 379,6873 


Gewölbte Bahnbrücke Nr. 37 mit 9 Oeffnungen über. die Saale bei der Moschen- 
dorfer Mühle, westliche Stirn, Gesimsplatte in der Mitte der Brücke, 
U innen an der Brüstung bei St 33,7 — 35" Pl 


2 16 1770 — 2,8093 12 138 09 376,8780 
Futtermaver längs dem vorspringenden Bogen der Saale, Deckstein 225” südlich 
vom Wärterhaus 217, U) bei St 33,9 + 20” 

3 Dr 796 ——059239 09 87 10 375,9481 


Steinplatte über den Bahngraben vor Bahnwärterhaus 218, U] dicht am Rand 
bei St 34,1 + 220” 


4 6 938 — 2,1544 10 107 11 373,7937 
Curvenstein bei St 34, 2 + 250", westliche Ecke 
5 5 401 — 4,0885 03 06 04 369,7052 


Bahndurchlass Lit. A für den südöstlichen Graben der Chaussee nach Bayreuth, 
nordöstliche Stirndeckplatte, U) am äusseren Rand bei St 34,5 + 310” 


6 11 1177 —11,1244 08 58 07 358,5808 


Gewölbte Bahndurchfahrt Nr. 46, östliche Stirn, südliche Gesimsplatte, [innen 
an der Brüstung bei St 34,8 — 30” Pl 


7 5 772 — .0,9260 05 27 06 357,6548: 
Fixpunkt an der Südwestecke der Einsteighalle in Hof, oberer Sockelabsatz [] 
10 5 662 — 0,6514 04 14 05 357,0034 


Höhenmarke © auf dem Bahnhof Hof, Mittelpfeiler der Einfahrt in die Einsteig- 
halle, Westseite 


1 — . 1,1856 02 5 11 355,8178 


Südliche der beiden Drehscheiben der Einsteighalle in Hof, [] auf der Kranz- 
mauer, Nordseite dicht bei der Schiene 


2 122 + 0,6160 01 02 04 357,6194 


141 


Neuenmarkt — Eger — Bayreuth — Neuenmarkt. 


Nr 


law | rl" w | Cote 


67. Fixpunkt an der neuen katholischen Kirche in Hof, erster Strebepfeiler 
neben dem westlichen Thurm, [] auf dem unteren Sockelabsatz 


9 7 509 + 6,1445 05 25 07 363,1479 
68. A ermre © an der katholischen Kirche in Hof, über dem Fixpunkt 
— 1,9000 ae 
— Be Sockelkante (planmässige Podiumhöhe) 
966 360,49 } 


63. Gewölbte Bahndurchfahrt Nr. 46, östliche Stirn, südliche Gesimsplatte, [] innen 
an der Brüstung bei St 34,8 — 30” Pl. 


8 10 1075 — 5,4881 09 78 09 357,6598 


Oberkotzau — Rehau. 


55. Höhenmarke © zu Oberkotzau 
377,1974 


54. Fixpunkt über der Höhenmarke zu Oberkotzau, mittlere westliche Stirndeck- 
platte der Fluthbrücke Nr. 30, U) bei St 32,7 + 195”, etwa Pl (Bei 
St 0 der Strecke Oberkotzau-Eger) 


— 0,6371 376,5603 
69. Offener Bahndurchlass Nr. 10, südöstliches Widerlager, nordöstliche Deckplatte, 
U) bei St 0,5 + 60" Pl 
1 17 1930 — 5,1782 09 74 06 370,7821 
70. Offener Bahndnrchlass Nr. 19 bei Wurlitz, westliches Widerlager, nördlicher 
Deckstein, D bei St 1,2 + 160m Pl 
2 20 2691 —16,5584 06 35 04 354,2237 


71. Offener Bahndurchlass Nr. 23, östliches Widerlager, nördlicher Deckstein, 
U bei St 1,5 — ld" Pl] 


3 10 939 — 3,4115 08 61 08 350,8122 
72. Bahngrenzstein nördlich der Bahn bei St 2,0 — 155", = 

Ei 18 1710 — 7,7032 10 99 08 343,1090 
73. Fixpunkt unter der Höhenmarke zu Rehau, in den Sockel gehauen 

5 13 1000 — 7,8766 09 89 09 335,2324 


74. ‚Höhenmarke © am Betriebshauptgebäude zuRehau, Perron,. zwischen Ecklisene 
und Fenster der Expedition h 


— 1,2824 333,9500 


142 


Neuenmarkt — Eger — Bayreuth — Neuenmarkt. 


Nr 


A ee H Ile | or 


Rehau — Selb. 


75. Eiserne Fischbauchträger-Brücke Nr. 52 mit einer Oeffnung über den Grünau- 
oder Perlenbach, nördliches Widerlager, westlicher Stirnflügel, nördliche 
Gesimsplatte, [J bei St 3,0 -4 45” 


l 22 2936 —21,9805 13 179 08 313,2519 
76. Offener Bahndurchlass Nr. 57, östliches Widerlager, südl. Deckplatte, [] bei 
St 3,4 + gom 
2 15 1514 — 14,3055 07 50 06 298,9464 
77. Curvenstein bei St 4,0 — 45", = auf der Westseite des Kopfes 
3 21 2097 —21,1601 08 62 05 277,7863 


78. Offener Bahndurchlass Nr. 72, südliches Widerlager, westliche Deckplatte, 
MEber St 4,3. a5u 


4 11 1121 — 10,9067 07 56 07 266,8796 


79. Bahngrenzstein Nr. 176 bei St 4,8 + 110”, nordöstlich der Bahn, nördlich 
der Ueberfahrt, U) 


5 21 2006 —19,8555 11 115 08 247,0241 

80. Fixpunkt unter der Höhenmarke zu Station Selb, in den granitnen Sockel 
gehauen. 

6 13 1747 — 9,7903 06 31 04 237,2338 


westlichen Eeklisene und der Eingangsthür zum Wartesaal 3. Classe. 


31. | westichen © auf Station Selb, Betriebshauptgebäude, Perron, zwischen 5. 
— 1,4699 235,7639 


Selb — Asch. 
82. Bahnwärterhaus Nr. 22 bei St 6,2 — 75", nördliche Ecke des Sockels, = 


ıl 26 3256 — 4,0329 09 74 05 233,2009 
83.  Fixpunkt unter der Höhenmarke zu Asch, = auf dem Sockel 
2 26 3943 —12,3904 12 148 06 220,8105 


84. [Höhenmarke & am Betriebshauptgebäude zu Asch, Perron, zwischen dem 
Fenster zunächst der westlichen Ecklisene und der Eingangsthür zum 


Ingenieurbureau. 
— 1,1256 219,6849 
85. (Drehscheibe auf dem Bahnhof Asch, Ostseite der Kranzmauer, DJ dicht beim 
H Geleise Pl N 
2 178 + 0,8817 02 6 06 221,6922 


143 


Neuenmarkt — Eger — Bayreuth — Neuenmarkt. 


— 


Nr EEE H wlan lw ı Cote ' 


Asch — Hasslau. 


86. Offener Bahndurchlass Nr. 26, südliches Widerlager, westlicher tale, 
U] bei St 7,9 — 190” Pl 


1 18 2208 —+-15,2280 11 123 07 236,0385 
87. Wegdurchlass Nr. 32 a oder b für den nordöstlichen Bahngraben, nordwestliche 
Stirndeckplatte, [J bei St 8,6 + 270” 
2 21 3041 —+30,9206 12 145 07 266,9591 
88. Fixpunkt im Felseneinschnitt bei Wärterhaus Nr. 34, nördliche Böschung, =) 
auf einer Steinspitze, etwas über Pl bei St 9,0 + 180% 
3 9 1392 +13,5346 10 106 09 __280,4937 
89. []J auf der Umfassungsmauer der Brückenwage zu Station Hasslau, westliche 
Ecke, Pl 
4 16 2457 -+23,9324 13 172 08 304,4261 


90. Fixpunkt unter der Höhenmarke zu Hasslau, in den Sockel gehauen 
5 1 112 — 0,6793 01 1 03 303,7468 


91. ‚Höhenmarke © zu Hasslau, Betriebshauptgebäude, Perron, zwischen Ostlicher 
Ecklisene und Fenster. ! 


a le 302,4753 


Hasslau — Franzensbad. 


92 Curvenstein bei St 10,5 — 150" U 
1 ill 2646 —+25,1851 07 54 05 328,9319 
93. Offener Bahndurchlass Nr.61, nordöstliches Widerlager, südöstliche Deckplatte, 
O bei $t. 10,5 + 205m Pl. 
2 2 354 + 3,9179 03 7 04 332,8498 ° 
94. Offener Bahndurchlass Nr. 65, südöstliches Widerlager, südwestliche Deckplatte, 
U bei St 11,0 + 135" 
3 12 1781 +-17,5421 08 61 06 350,3919 
95. Blechbalkenbrücke Nr.67 (Baunummer 45) für die Chaussee Adorf-Franzensbäd, 
nordöstl. Widerlager, südöstl. Eckdeckplatte, [] bei St 11,2 — 105” P] 
4 4 503 —+ 5,2046 05 21 06 355,5965 
Abh. d. II,Cl.d. k. Ak.d. Wiss. X. Bd. III. Abth. 19 


144 


Neuenmarkt — Eger — Bayreuth — Neuenmarkt. 


Nr 


a pad d EN |w jan 


w' | Cote 


96. (Fixpunkt auf Chausseeplaniehöhe, Blechbalkenbrücke Nr. 67, südwestliches 
Widerlager, unterste vorspringende Steinschichte des südöstlichen Kegels 
bei St 11,2 — 100” . 


5 2 + 5,4594 04 14 361,0559 


97. Eiserne Gitterbrücke über die Chaussee Adorf-Franzensbad, nördliches Wider- 
lager, westlicher Stirnflügel, südlicher Deckstein, U] bei St 11,8 — 45" Pl 


5 un. 670 17 2273 —+21,0836 04 17 03 376,6801 


98. Bahngrenzstein westl. der Bahn, neben der Ueberfahrt, = bei St 11,9 + 100” 
7 6 555 + 4,5776 03 08 04 381,2577 


99. Gewölbte Bahndurchfahrt für Mühlweg und Bach, südwestliche Stirn, nördliche 
Deckplatte, DJ bei St 12,0 + 160” 


8 5 497 + 4,2585 03 08 04 385,5162 


100. Bahngrenzstein nördlich der Bahn, an der sächsischen Bahnwärtertafel neben 
Meilenstein 1660, = bei St 12,6 — 55" 


9 13 2057 —+19,8878 12 156 09 405,4040 


101. Offene Bahndurchfahrt für den Promenadeweg von Franzensbad nach Lohma, 
westliches Widerlager, vordere Deckplatte des südlichen Stirnflügels, U] bei 
St 12,6 + 90” 


10 1 158 + 0,8014 01 1 03 406,2054 


102. Fixpunkt auf der Umfassungsmauer der Brückenwage zu Station Franzenshad, 
U auf der nördlichen Ecke. (Die untere Cote ergibt sich aus dem Nivelle- 
ment über Bayreuth). 


413,0081 
11 6 918 + 6,8027 04 13 04 419,9001 
103. (Fixpunkt nnter der Höhenmarke zu Franzensbad, auf einem Pflasterstein neben 
dem Kellerloch, = ohne Dauer. (Die untere Cote aus dem Nivellement 

über Bayreuth) 
412,6565 
12 1 99 — 0,3516 03 11 1l 412,5485 


untere Cote aus dem Nivellement über Bayreuth) 
411,0500 


104. Me: © auf Station Franzensbad, Betriebshauptgebäude, Perron. (Die | 
410,9420 


— 1,6065 


145 


Neuenmarkt — Eger — Bayreuth — Neuenmäarkt. 


Nr 


Adel be | H | w [om Jüw je Cote 
Franzensbad — Eger. 


105. Schiefe eiserne Gitterbrücke über den Schladabach, nördliches Widerlager, 
westliche Stirndeckplatte, [] bei St 13,3 — 75" 


1 9 1503 +10,9776 04 18 03 423,8777 


106. Wegdurchlass für den südwestlichen Bahngraben, bei der Ueberfahrt neben 
Bahnwärterhaus 410 A; westl. Stirndeckplatte, [J] bei St 13,5 + 15” 


2 6 842 — 0,1714 07 46 07 423,7063 
107. Erster Fixpunkt auf dem Viadukt über die Eger, Pfeiler Nr. 4, vom nördl. 


Widerlager aus gezählt. Oestlicher, mit Zinnen bekrönter Pfeilerkopf, DJ bei 
St 14,3 + 30m Pl 


3 22 2981 — 16,1804 12 150 07 407,5259 


108. Zweiter Fixpunkt auf dem Viadukt über die Eger, südlichster mit Zinnen 
bekrönter Pfeiler (Nr. 3 vom südlichen Widerlager aus). Westlicher Pfeiler- 
kopf, [J bei St 14,3 + 300” Pl 

4 2 262 — 2,6699 04 15 08 404,8560 


109. Fixpunkt auf der Drehscheibe der Staatsbahn im Bahnhof Eger, vor der westl. 
Locomotivremise, Nordwestseite der Kranzmauer, [] dicht am äussersten 
Strang. 


5 6 848 — 6,6830 03 08 03 398,1730 


110. (Nordwestecke der östlichen (sächsischen) Locomotivremise, Deckplatte der 
Futtermauer, unter den Sockel der Remise eingemauert, U] dicht daran, etwa 


bei St 14,6. 
6 2 242 + 0,1226 02 04 04 398,2956 
111. U) auf der Drehscheibe der Ostbahn zu Station Eger, Nordseite der Kranz- 
mauerbekrönung. 
1! 4 629 — 0,5772 03 08 04 397,5958 


112. Höhenmarke an der Wegbrücke für die Chaussee von Eger nach Pograth bei 
St 26,6 — 90” (nach der Zählung der Ostbahn). Mittlere Oeffnung, öst- 
licher Pfeilersockel, 1,"00 über Pl 


8 4 601 — 2,6261 05 22 06 394,9697 


Eger — Waldsassen. 


113. Gewölbte Bahndurchfahrt Nr. 8, östliche Stirn, nördlichster Gesimsstein, 
U bei St 25,9 + 240” Pl 


1 15 2247 — 2,4599 08 61 05 392,5098 
19% 


146 


Neuenmarkt — Eger — Bayreuth — Neuenmarkt. 


w’ | Cote 


A dteDn y | HM | w |üm 


114. Basaltbock westlich der Bahn, 42” in direkter Entfernung von dem Stun- 
denstock XXV, 4. Auf der fast wagrechten Oberfläche des stufenartigen 
Blocks =, mit schwarzer Oelfarbe umzogen. 


2 16 2130 — 9,5250 13 159 09 382,9848 


115. Gerade Fachwerksbrücke Nr. 21 über den Hundsbach, östliches Widerlager, 
südlicher Stirnflügel, vorletzte Deckplatte gegen Osten, [J bei Stunde 
24,8 — 145” Pl 


3 24 3466 — 0,6395 09 88 05 382,3453 


116. Steimerner Röhrendurchlass durch den Bahnkörper bei St 24,2 — 95%, [] am 
Rand des westlichen Deckelsteins. 


4 15 2207 — 7,5820 08 68 06 374,7633 . 
117. Fixpunkt unter der Höhenmarke zu Waldsassen, in den untern Sockelabsatz 
gehauen. 
5 9 1305 — 3,9806 04 14 03 370,7827 


gegen die Stadt hin, südlich neben dem Eingang 


118. [ren de © auf Station Waldsassen, Betriebshauptgebäude, a 
—. 1,5774 369,2053) 


Waldsassen — Mitterteich. 
119. Blechbalkenbrücke Nr. 11, nördliches Widerlager, östlicher Stirnflügel, U auf 
dem Deckstein bei St 23,6 + 90” Pl 
1 7 871 + 0,4837 03 9 03 371,2664 
120. Gewölbte Bahnbrücke Nr. 9 (Durchfahrt), östliche Stirn, südliche Decken 
U bei Stunde 23,5 + 120”, Pl 
2 3 360 — 0,0249 05 21 08 371,2415 
121. Gewölbte Bahndurchfahrt Nr. 6, östliche Stirn, zweiter Deckstein von Süden 
her, U] bei St 23,1 + 25” Pl 
3 12 1573 — 1,3746 09 87 07 369,8669 
122. Gewölbte Bahnbrücke Nr.2 über die Lausnitz, östliche Stirn, siebenter Gesims- 
stein von Süden her; 1,45” lang. U] bei St 22,5 + 25" Pl 
4 15 2217 — 5,4670 07 49 05 364,3999 
123. Bahndurchfahrt Nr. 28, westliche Stirn, südliches Widerlager,, südlichster 
Flügeldeckstein, 1,6” lang, D bei St 21,9 — 180” Pl 
h) 21 2445 — 10,3535 11 126 07 354,0464 


147 
Neuenmarkt — Eger — Bayreuth — Neuenmarkt. 


Nr 4 hd d En|y lan 


w' | Cote 


124. U auf der Drehscheibe zu Station Mitterteich, nördlichster Punkt der Kranz- _ 
maner. 


6 8 1009 — 5,5213 05 AU 05 348,5251 
125. Fixpunkt unter der Höhenmarke zu Station Mitterteich, auf dem Pflasterstein, 
—= nicht dauerhaft. 
7 1 108 — 0,5241 01 1 03 348,0010 
126. ‚Höhenmarke & am Betriebshauptgebäude zu Mitterteich, Perron, westliche 
| Ecke neben der Thür zur Post. ' 
— 1,6495 346,3515 


Mitterteich — Wiesau. 


127. Offener Bahndurchlass Nr. 21, östliches Widerlager, nördlicher Stirnflügel, 
[J auf dem 2,1” langen Deckstein bei St 21,2 — 150” Pl 


1 10 1449 — 3,1539 06 33 05 344,8471 
128. Offener Bahndurchlass Nr. 20, nördliches Widerlager, östlicher Stirndeckstein, 
U bei St 21,1 Pl 
2 2 222 — 0,0183 02 5 05 344,8288 
129, SteinernerRöhrendurchlass auf der Südostseite der Bahn, unter der Ueberfahrt 
am Wärterhaus Nr. 80, südlicher Deckelstein, = bei St 20,6 4 45” 
3 15 1812 —- 3,4755 07 50 05 341,3533 
130. Steinerner Röhrendurchlass für den westlichen Bahngraben, unter der Ueberfahrt 
am Wärterhaus Nr. 79. Südlicher Deckelstein, U bei St 20,3 + 125” 
4 9 1020 —+ 8,4950 07 45 07 349,8483 
131. Fixpunkt auf dem Sockel des Betriebshauptgebäudes zu Wiesau, Südseite, : 
nahe dem Perron, bei St 20,0 — 115” 
5 12 A 6907 55 06 355,0245 


132. U] auf der Umfassungsmauer der Brückenwage, Westseite 
1 93 + 0,5691 02 06 08 355,95936 


Wiesau — Reuth. 


133. Gewölbte Bahndurchfahrt Nr. 10 für den Weg von Wiesau nach Leygast, 
nordwestliche Stirn, U) bei St 19,5 + 75", Pl 
1 ) 1554 +13,1102 05 29 04 368,7038 


134. Bahndurchlass Nr. 6, westliche Stirndeckplatte, = auf der oberen Kante 1” 
unter Pl bei St 18,9 4 175” 
2 14 2130 + 3,7206 09 80 06 372,4244 


148 


135. 


136. 


137. 


138. 


139 


141. 


142. 


143. 


144. 


i 
“ 


Neuenmarkt — Eger — Bayreuth — Neuenmarkt. 


SERIEN ECHIERE: 


w‘ | Cote 


Offener Bahndurchlass Nr. 3, nördliches Widerlager, westlicher Stirnflügel, 
Deckstein 2,4” lang, U] bei St 18,6 — 80” Pl 


3 hal 1360 + 5,0080 08 62 07 377,4324 


Schiefe Blechbalkenbrücke Nr. 19, nördliches Widerlager, nordwestlicher Stirn- 
flügel, nördlicher Deckstein, [] bei St 17,9 + 90= Pl 


4 {97 * oana mer A971 08 66 05 381,7045 


Gewölbte Bahndurchfahrt Nr. 14 mit 2 Oeffnungen über den Gränzbach und 
Mühlweg, nordwestliche Stirn, U] auf einem Deckstein 1,25” lang, bei 
St 17, 0 + 195m Pl 


5 16 2086 —+11,9394 06 40 04 393,6439 


U auf der Kranzmauer der Drehscheibe zu Station Reuth, Nordseite, dicht 
aussen bei dem östlichen Schienenstrang. 


6 8 828 + 4,3263 07 47 08 397,9702 


Fixpunkt unter der Höhenmarke zu Station Reuth, in den unteren Sockelab- 
satz gehauen. 


7 3 154 — 20:7023 02 4 05 397,2679 


Höhenmarke © am Betriebshauptgebäude zu Reuth, Südwestseite, gegen die 
Strasse, zwischen Fenster und südlicher Ecke 


— ar 395,8908 


Reuth — Windisch - Eschenbach. 
Gewölbte Bahndurchfahrt Nr. 10 für den Weg nach dem Lehen, östliche Stirn, 
zweite Gesimsplatte von Süden her, U] bei St 16,5 + 325” Pl 
1 8 965 + 6,5861 11 115 11 404,5563 


Gewölbte Bahndurchfahrt Nr. 6, nordöstliche Stirn, Deckstein, U] bei 
St 16,2 — 125” Pl 


2 9 1513 + 8,6168 06 31 05 413,1731 


Gewölbte Bahndurchfahrt Nr. 3 für den Weg von Pleisdorf zur Schweinmühle, 
nördliche Stirn, östlicher Gesimsstein, U] bei St 15,7 + 155” Pl 


3 u 1562 + 0,2156 il 124 09 413,3887 


Offener Bahndurchlass bei St 15,7 — 135", südöstliches Widerlager, nord- 
östlicher Stirnflügeldeckstein, U] Pl 


4 3 310 + 1,9536 02 4 “03 415,3423 


149 
Neuenmarkt — Eger — Bayreuth — Neuenmarkt. 


Nr D y H Ir im 


w’ | Cote 


145. Gewölbte Bahnbrücke Nr. 1 über die Fichtelnaab, nordöstliche Stirn, südöstlicher 
ausspringender Stirnflügel, erster Gesimsstein, U] ausserhalb der Brüstung 
bei St 15,5 4 60”, etwas unter Pl 


5 3 527 + 3,0913 06 38 08 418,4336 
146. Eiserne Fachwerksbrücke Nr. 28 über die mit der Fichtelnaab vereinigte 


Waldnaab, südliches Widerlager, östlicher Stirnflügel, 4. Gesimsstein von 
Süden her, 1,5" lang, U] bei St 15,2 — 145” Pl 


A | J 


6 8 1327 + 9,2736 09 78 08 427,7072 

147. Fixpunkt unter der Höhenmarke zu Windisch-Eschenbach, in den Sockel 
gehauen 

7 8 1192 + 7,0099 07 5l 07 434,7171 


148. (Höhenmarke & am Betriebshauptgebäude zu Windisch-Eschenbach, nord- 
N westliche Schmalseite, Mitte des Gebäudes h 
— 1,5043 433,2128 


Windisch - Eschenbach — Neustadt. 


149. Schiefe eiserne Fachwerksbrücke Nr. 22 mit 2 Oeffnungen über die Waldnaab, 
südliches Widerlager, östlicher Stirnflügel, südlicher Gesimsstein, U] bei 

St 14,7 — 115” Pl 
1 6 736 + 2,3649 05 29 06 437,0820 


150. Schiefe eiserne Fachwerksbrücke Nr. 21 mit 3 Oeffnungen über die Waldnaab, 
südöstliches Widerlager, östlicher Stirnflügel, vierter Gesimsstein von Süden 
her, 1,7” lang, [] bei St 14,5 + 17" Pl 

2 4 571 + 1,6867 04 20 06 438,7687 


151. Fixpunkt im Felseneinschnitt 125% nördlich vom Wärterhaus Nr. 58 bei 
St 14,2 — 90”, östliche Böschung, nahezu Pl 


3 ) 1231 + 3,3852 07 56 07 442,1539 
152. Eiserne Fachwerksbrücke Nr. 17 in der Curve mit 2 Oeffnungen über die 


Waldnaab, nördliches Widerlager, östlicher Stirnflügel, sechster Deckstein 
von Norden her, 1,6" lang, U] bei St 14,0 + 45” Pl 


4 5 703 + 2,6932 02 b) 03 444,8471 
153. Offener Bahndurchlass Nr. 10, östlicher Stirndeckstein, UJ bei St 13,3 + 4” Pl 
5 18 2659 + 5,9574 ul 129 07 450,8045 


154. Eiserne Fachwerksbrücke Nr. 7 mit 2 Oeffnungen über die Waldnaab, nord- 
westliches Widerlager, nordöstlicher Stirnflügel, [DJ] bei St 13,1 + 300” Pl 


6 4 561 — 0,0732 06 32 08 450,7313 


150 


Neuenmarkt — Eger — Bayreuth — Neuenmarkt. 


A dium y mm | m kei mh Mies 


155. 


157. 


158 


a 


159. 


160. 


161. 


162. 


163. 


164. 


165. 


166. 


Offener Bahndurchlass Nr. 5, östliche Stirndeckplatte, U] bei St 12,9 + 175” Pl. 
7 6 777 + 0,0700 05 26 06 450,8013 
Schiefe eiserne Fachwerksbrücke Nr. 4 mit 2 Oeffnungen über die Waldnaab, 
südliches Widerlager, östlicher Stirnflügel, zweiter Deckstein von Süden 
her, 1,8” lang, U) bei St 12,8 — 50" SM 
8 4 598 1,5033 05 25 06 452,3048 
Fixpunkt unter der Höhenmarke zu Neustadt an der Waldnaab, in den Sockel 
gehauen 
) 13 1665 + 2,2449 08 70 06 454,5497 


Höhenmarke © am Betriebshauptgebäude zu Neustadt an der Waldnaab, 
Perron, Westseite, zwischen nördlicher Ecke und Thür 


— 1,5682 452,9815 
[] auf der Umfassungsmauer der Wage, Westseite Pl 
10 1 166 + 0,6131 03 8 07 455,1628 


Neustadt — Weiden. 


Offener Bahndurchlass Nr. 7, westl. Stirndeckplatte, U] bei St 11,8 + 125” Pl 
1 12 1684 — 0,1879 09 8l 07 454,9749 
Eiserne Fachwerksbrücke Nr. 4 mit einer Oeffnung über die Schweinenaab, 
südliches Widerlager, westlicher Stirnflügel, zweiter Deckstein von Süden 
her, 1,7% lang, L) bei St 11,2 — 80” Pl 
2 16 2472 7 4,5299 10 95 06 459,5048 
Gewölbter Bahndurchlass Nr. 1 für den Weidingbach, westliche Stirn, zweiter 
Gesimsstein von Süden her, 1,95" lang, U) bei St 10,9 — 145” Pl 
3 7 1127 + 4,0481 09 80 08 463,5529 
Gewölbter Bahndurchlass Nr. 1 für den Weidingbach auf der Bayreuther Balin, 
gegenüber dem vorigen, westliche Stirn, zweiter Deckstein von Norden her, 


[) bei St 0,1 + 240” Pl 
4 1 94 + 0,9712 01 1 03 464,5241 | 


D auf der Drehscheibe zu Weiden, Nordseite der Kranzmauer, westlich dem 
Geleise 


5 5 758 + 02095 06 34 07 464,7336 
Fixpunkt unter der Höhenmarke zu Weiden, in die Treppenstufe gehauen. 
6 2 156 — 0,3689 01 1 03 464,3647° 


Höhenmarke © am Betriebshauptgebäude zu Weiden, Ostseite gegen die, 
Stadt, Mittelpfeiler am Haupteingang, Sandstein, Monolith. 


— 1,8143 462,5504 


Nr 


163. 


167. 


168. 


169. 


170. 


71. 


172. 


173. 


174, 


151 


Neuenmarkt — Eger — Bayreuth — Neuenmarkt. 


Kl 


BD H vw ow 


w’ | Cote 


Weiden — Parkstein - Hütten. 


Gewölbter Bahrdurchlass Nr. 1 für den Weidingbach auf der Bayreuther 
Bahn, [] bei St 0,1 + 240" Pl 


464,5241 
Gedeckter Bahndurchlass Nr. 7, südl. Stirndeckplatte, = bei St 1,1-+75" 
2 26 3532 — 8,2856 13 165 07 456,2385 


Offene Bahndurchfahrt Nr. 2 mit Blechträgern, östliches Widerlager, Deckplatte 
des südlichen Stirnflügels, [] bei St 1,9 + 210” 


3 22 3121 —14,5861 13 160 07 441,6524 


Wegbrücke Nr. 3 bei St 2,1 + 180”, nördliches Widerlager, Sockeloberfläche 
an der westlichen Ecke, = 0,50" über Pl 


4 5 710 — 8,1885 06 37 07 438,4639 


Gewölbte Bahndurchfahrt Nr. 4, südliche Stirn, östlicher Deckstein, U bei 
St 2,3 — 75”, 0,30% über Pl 


5 3 483 7 2,9280 06 33 08 440,4919 


Laderampe auf Station Parkstein-Hütten, östliche Schmalseite, südliche 
Puffernische, Sohlenplatte von Granit, [] 0,57” über Pl 


6 20 2936 7.1.4938 09 90 06 441,9857 


Parkstein - Hütten — Schwarzenbach — Pressath. 


Gedeckter Bahndurchlass Nr. 10, südwestliche Stirn, zweiter Deckstein von 
Nordwesten her, U) bei St. 3,2 4 185", 0,47” unter Pl 


1 5 687 + 1,1498 03 10 04 443,1355 


Gedeckter Bahndurchlass Nr. 12, südwestliche Stirn, südöstlicher Deckstein, 
U bei St 3,7 — 175n,.0,47” unter Pl 


2 11 1485 — 0,6325 11 124 09 442,5030 


Gedeckter Bahndurchlass Nr. 13, südwestliche Stirn, nordwestliche Deckplatte, 
Ü bei St 3,9 — 30”, 0,47” unter Pl 


3 7 905 = 3,1334 03 11 03 445,6367 


Gedeckter Bahndurchlass Nr. 14 mit 2 Oeffnungen, südwestliche Stirn, zweite 
Deckplatte von Nordwesten her, [] bei St 4,0 + 50", 0,47" unter Pl 


4 4 458 + 1,1136 02 05 03 446,7503 


Abh. d. II. Cl.d. k. Ak.d. Wiss. X. Bd. III. Abth. 20 


152 


Neuenmarkt — Eger — Bayreuth — Neuenmarkt. 


a 3 wo | 


176. 


177. 


178. 


179. 


180. 


181 


1 


182. 


183. 


184. 


185. 


H 


www | Cote 


Gedeckter Bahndurchlass Nr. 19 bei St 4,5 +4 140”, südwestliche Stirn, [J auf 


dem mittleren Deckstein, 0,49" unter Pl 


1 


16 


1994 


— 4,9201 


11 


117 


08 


441,8302 


Gedeckter Bahndurchlass Nr. 23, südwestliche Stirn, südöstliche Deckplatte, 


U bei St 4,9 + 105”, 0,50” unter Pl 


2 


10 


1195 


— 1,2006 


07 


94 


07 


440,6296 


Offener Bahndurchlass Nr. 26, südwestliche mittlere Stirndeckplatte, U) bei 


St 5,3 + 155m Pl 


3 


14 


1752 


— 1,1455 


10 


102 


08 


439,4841 


Laderampe zu Station Pressath, östliche Stirnmauer, nördliche Puffernische, 
Sohlenplatte von Granit, [] 0,58” über Pl 


4 


8 


926 


— 2,8375 


04 


20 


05 


436,6466 


Fixpunkt unter der Höhenmarke zu Pressath, in den untern Sockelabsatz 


gehauen 
5 


1 


65 


+ 0,2460 


01 


1 


04 


436,8926 


Höhenmarke & am Betriebshauptgebäude zu Pressath, Südostseite zwischen 
den beiden Fenstern 


— 1,6433 


Pressath — Trabitz. 


435,2493 


Offener Bahndurchlass Nr. 28, südliche Stirndeckplatte, DL] bei St. 5,8 — 85” 


! 


3 


317 


+ 0,2481 


03 


12 


06 


437,1407 


Eiserne Fachwerksbrücke Nr. 1 mit einer Oeffnung über die Haidenaab, nördliches 
Widerlager, östlicher Stirnflügel, zweiter Deckstein von Norden her, U] bei 


St 6,0 — 105" Pl 


2 


Laderampe zu Trabitz, südliche Stirn, östliche Puffernische, Sohlenplatte von 
Granit, D 0,58" über Pl 


3 


7 


3l 


1100 


4545 


— 3,2367 


— 9,4919 


Trabitz — Kemnath. 


05- 


16 


29 


262 


05 


08 


433,9040 


494,4121 


Eiserne Fachwerksbrücke Nr. 12 mit 3 Oeffnungen über die Haidenaab, nord- 
westliches Widerlager , südwestlicher Stirnflügel, zweiter Deckstein von 


Norden her, U bei St 7,4 — 100” Pl 


1 


4 


655 


— 0,5520 


05 


25 


06 


423,8601 


153 


Neuenmarkt — Eger — Bayreuth — Neuenmarkt. 


Nr 


Kl ed Hu | w [wi lim |i Cote 


186. Offener Bahndurchlass Nr. 17, südwestliches Widerlager, nordwestlicher Deck- 
stein, U) bei St 8,0 + 23= Pl 


2 15 2362 — 8,3502 11 123 07 415,5099 


187. Gedeekter Bahndurchlass Nr. 21, südwestliche Stirn, nordwestliche Deckplatte, 
FE} bei St. 8,6 — 30”, 0,48= unter Pl 


3 14 2181 — 2,5786 08 69 06 412,9313 


188. Laderampe zu Station Kemnath, Schmalseite der Rampenmauer, südliche 
Puffernische, Sohlenplatte von Sandstein, [] 0,60” über Pl 


4 2 337 — 1 02 + 03 411,5396 
189. Fixpunkt unter der Höhenmarke zu Kemnath, in den Sockel gehauen 
5 2 122 — 0,2512 01 2 04 411,2884 


190. Höhenmarke © zu Station Kemnath-Neustadt am Culm, Betriebshaupt- 
| gebäude, Ostseite, südlich neben der Eingangsthür zu den Dienstwohnungen 


— 1,6752 409,6132 


u — 


Kemnath — Kirchenlaibach. 
191. Offener Bahndurchlass Nr. 1, südliche Stirn, mittlere Deckplatte, [DJ bei 
St 9,0 + 210m, Pl 
1 12 1362 PB 2.0612 09 83 08 413,3496 
192. Offener Bahndurchlass Nr. 2, östliches Widerlager, südlicher Böschungsflügel, 
oberste Deckplatte, [] bei St 9,4 — 55= Pl 
2 10 1220 — 4,4161 08 63 07 408,9335 


193. Offener Bahndurchlass Nr. 5, südliche Stirn, mittlere Deckplatte, [J bei 
St 9,8 — 320” Pl 


3 10 1194 — 1,2681 05 29 05 407,6654 


194. Gedeckter Bahndurchlass Nr. 10, nördliche Stirn, mittlere Deckplatte, = auf 
deren oberer Kante, bei St 10,5 + 57”, 0,30" unter Pl 
4 21 3009 — 7,2744 09 79 05 400,3910 
195. Fixpunkt auf der Laderampe zu Kirchenlaibach, östliche Stirnmauer, 
nördliche Puffernische, Sohlenplatte, [J 0,67” über Pl 
5 2 212 — 1,0820 03 8 06 399,3090 
20° 


154 


Neuenmarkt — Eger — Bayreuth — Neuenmarkt. 


Nr w? | w’ | Cote 


u raw 


H | w 


Kirchenlaibach — Seybothenreuth. 


196. Offene Bahndurchfahrt Nr. 13, östliches Widerlager, südlicher Stirnflügel, 
vierter Deckstein von Osten her, [J bei St 11,0 + 55m Pl 


1 12 1644 + 9,8170 07 45 05 409,1260 

197. Fixpunkt, = auf dem Findling (Sandstein) bei St 11,5 + 40”, südlich 
der Bahn 

2 16 2013 -+14,8312 09 82 06 423,9572 


198. Offene Bahndurchfahrt Nr. 18, östliches Widerlager, südlicher Stirnflügel, 
mittlerer Deckstein, [J bei St 11,7 — 2= Pl 


3 5 00 +56014 0 93 06 429,5586 


199. Oftene Bahndurchfahrt Nr. 1, südöstliches Widerlager, südwestliche Stirnflügel- 
deckplatte, [] bei St 12,1 + 110” Pl 


4 12 1609 1,0907, 07 45 05 437,5493 


200. Fixpunkt auf der Laderampe zu Seybothenreuth, westliche Stirnmauer, nörd- 
liche Puffernische, Sohlenplatte, [] 0,52” über Pl 


5 4 526 — 218851 02 6 03 435,6642 


201. ‚Fixpunkt unter der Höhenmarke zu Seybothenreuth, in die untere Treppen- 
stufe gehauen 


6 2 122 = 0,3932 01 1 03 436,0574 


202. ‚Höhenmarke © zu Seybothenreuth, Betriebshauptgebäude, Nordseite, dem 
Perron entgegengesetzt, westlich der Eingangsthür N 


— 1,7090 434,3484 


Seybothenreuth — Bayreuth. 
203. Gewölbte Bahndurchfahrt Nr. 4, südwestliche Stirn, nordwestlicher Brüstungs- 
stein, bei St 12,6 + 210”, [J 0,30” über Pl 
1 9 16 +61 0 20 04 441,8405 


204. Gewölbte Bahndurchfahrt Nr. 13, südwestliche Stirn, zweiter Brüstungsstein 
von Südosten her, bei St 13,4, [] 0,35” über Pl 


2 14 2742 +21,6320 10 101 06 463,4725 


205. Gewölbte Bahndurchfahrt Nr. 15, südwestliche Stirn, zweiter Brüstungsstein 
von Südosten her, bei St 13,6 — 125”, DJ] 0,30” über Pl 


3 4 615 7 2,9743 02 03 «02 466,4468 


155 


Neuenmarkt — Eger — Bayreuth — Neuenmarkt. 


EIER EESIR ZI I RZ 


206. Gewölbte Bahnbrücke Nr. 21 über den rothen Main, südwestliche Stirn, nord- 
westl. Gesimsplatte, [] innen an der Brüstung bei St 14,4 + 105” Pl 


4 19 3203 +28,3091 10 91 05 494,7559 


207. Gewölbte Wegbrücke Nr. 25 bei St 14,7 + 115”, nördliches Widerlager, 
vorspringender Fundamentstein, nordöstliche Ecke an der Biegung der Dohle, 
U) unter Pl 


5 8 1126 12 3,0719 08 68 08 498,4334 


208. Wegbrücke Nr. 27 mit hölzernen Trägern bei St 14,38 + 200” , südliches 
Widerlager, östliche Sockelecke, — Pl 


6 4 473 + 3,6287 04 17 06 502,0621 


209. Blechbalkenbrücke Nr. 36 über den Mühlbach des Mains, südöstliches Wider- 
lager, südwestlicher Stirnflügel, östl. Deckstein, U) bei St 15,4 + 240” Pl 


T 14 2257 -+16,1219 08 69 06 518,1840 


210. Grosse Drehscheibe vor der Locomotivremise der Ostbahn zu Bayreuth, OD auf 
der Ostseite der Kranzmauer. 


8 4 571 — 0,4772 04 18 06 517,7068 

211. Fixpunkt unter der Höhenmarke zu Bayreuth, in den unteren Sockelabsatz 
gehauen 

2) 2 256 — 0,1814 01 2 04 517,5254 


Mitte des Wandpfeilers, westlich neben dem mittleren Fenster. 


212. fie des © am Betriebshauptgebäude zu Bayreuth, Nordseite in = 
— 1,7385 515,7869 


Bayreuth — Harsdorf. 
213. Fixpunkt auf der Quelleinfassung in der nordwestlichen Böschung des Bahn- 
einschnitts, bei St 5,3 + 50” (Zählung der Staatsbahn) U] unter Pl 
1 9 1377 — 9,3754 06 37 05 508,1500 
214. Offener Bahndurchlass Nr. 65, südliches Widerlager, östlicher Stirnflügel, süd- 
liche Deckplatte, [) bei St 4,8 — 180” Pl 
2 14 2125 — 3,5636 09 73 06 504,5864 
215. Offener Bahndurchlass Nr. 53 bei Stunde 4,1 + 8”, nördliches Widerlager, 
Deckstein des östlichen Böschungsflügels, [| am Rand, 0,05” unter Pl 
3 18 2397 + 6,8242 11 128 07 511,4106 


156 


Neuenmarkt — Eger — Bayreuth — Neuenmarkt. 


Nr s I md y EM Lm amt im je wi 


216. Offener Bahndurchlass Nr. 38 mit 2 Oeffnungen, südwestlicher Pfeilerkopf, 
Deckplatte, DJ 0,05” unter Pl bei St 3,3 + 105” 


4 18 2885 + 1,4342 12 132 07 512,8448 


217. Fixpunkt unter der Höhenmarke zu Harsdorf, in den Fundamentstein gehauen. 
5 10 1589 + 4,6957 05 26 04 517,5405 


218. _Höhenmarke © an der Haltestelle Harsdorf, Expeditionsgebäude, Südostseite, 
östliche Ecklisene. h 
==0#11869 515,7536 


Harsdorf — Trebgast — Neuenmarkt. 
219. Gedeckter Bahndurchlass Nr. 22, nordöstliche Stirn, zweite Deckplatte von 
Norden her, U] 0,06” unter Pl bei St 2,0 + 110” 
1 18 3274 -+14,4688 10 95 05 552,0093 


220. Gewölbter Bahndurchlass Nr. 15 nördlich der Haltestelle Trebgast, nord- 
westliche Stirn, Gesimsstein unter Pl, = bei St 1,4 — 130” 


2 16 2487 + 4,6445 09 83 06 536,6538 


221. Gewölbte Bahnbrücke Nr. 12 mit 4 Oeffnungen über den weissen Main, nord- 
westliche Stirn, nördliche Gesimsplatte, Viereck dicht an der Schmalseite 
der Brüstung, bei St 1,0 — 120” 


1 12 1485 BHO 08 63 07 528,4828 


222. Offener Bahndurchlass Nr. 2, südöstliches Widerlager, nordöstlicher Stirnflügel, 
Deckstein, [DJ] bei St 0,2 — 165” Pl 


2 20 3023 — 16,6163 11 118 06 511,8665 


2. Fixpunkt unter der Höhenmarke zu Neuenmarkt, Nordseite des Betriebshaupt- 
gebäudes, in den Sockel neben der Thür zur Expedition gehauen. 


D 3 388 -E21,3035 01 2 02 513,1700 
a Bayreuther Drehscheibe, Kranzmauer, Pl 
2 + 0,62 513,79 


157 


Neuenmarkt — Lichtenfels — (Coburg) — Bamberg. 


Nr A a vn ı H |w [om | m | Cote 


Neuenmarkt — Untersteinach. 


1. Höhenmarke zu Neuenmarkt 
511,7368 


2. Fixpunkt unter der Höhenmarke zu Neuenmarkt, Betriebshauptgebäude, Nord- 
seite, in den Sockel neben der Thür zur Expedition gehauen 


+ 1,4332 513,1700 
223. Bahngrenzstein Nr. 122 südlich der Bahn, U) bei St 19,7 + 230” 
4 Guss las, res. . iO 90 09 519,9042 


224. Gewölbter Bahndurchlass für den Seitengraben der Schorgast, südwestliche 
Stirn, DJ dicht an der Brüstung bei St 19,3 + 70m 


3 12 1646 A] 14 201 11 527,8453 


225. Bahngrenzstein Nr. 10, nördlich der Bahn, gegenüber der Drahtmühle, U] bei 
St 18,8 + 300m 


2 8 1626 26.5973 16 254 13 534,4426 


226. Bahnbrücke über die Steinach. gleich westlich von Station Untersteinach, 
östliches Widerlager, südliche Deckplatte, [] bei St 18,4 + 40m 


1 ge = gas + 8548 14 202 11 542,9674 


Untersteinach — Culmbach. 


227. Bahngrenzstein mit abgebrochener Ecke, neben einem Wegdurchlass über den 
Bahngraben, = bei 18,0 + 320” 
5 6 1195 + 3,4989 18 317 15 546,4663 


228. Offener Bahndurchlass Nr. 71 bei der Forstlassmühle, westliches Widerlager, 
südlicher Böschungsflügel, oberste Deckplatte, II bei St 17,7 + 10” 


4 7 1426 3, 11 123 09 550,0442 
— (Aichpfahl der Forstlassmühle 
1 + 2,0825 552,1267 


229. Offener Bahndurchlass Nr. 66 für den Cauernburger Bach, westliches Wider- 
lager, nördlicher Stirnflügel, vordere Deckplatte, [] bei St 17,3 + 65” 


3 8 1423 + 2,6570 13 158 11 552,7012 


230. Blechbalkenbrücke Nr. 61 über das Fluthbett des Mains, westliches Widerlager, 
Deckplatte des nördlichen Stirnftügels, [J bei St 16,9 + 245” 


2 9 1288 + 2,4510 09 83 08 555,1522 


158 


Neuenmarkt — Lichtenfels — (Coburg) — Bamberg. 


Nr 


A Ile | H vi 


w’ | Cote 


231. Fixpunkt unter der Höhenmarke zu Culmbach, auf die Treppenwange gehauen 
1 6 962 = ,1,2476 11 114 11 556,3998 


232. ‚Höhenmarke & am Betriebshauptgebände zu Culmbach, neben dem Haupt- 
eingang von der Stadt aus 


1 —ı 1,1528 04 16 555,2470 


Culmbach — Mainleus. 
233. Bahndurchlass Nr. 53, südliche Stirn, Deekstein, U) bei St 16,4 + 105” 


1 6 1128 214, 2,894: 09 80 08 560,6352 
234. Gewölbter Bahndurchlass Nr. 18, südl. Brüstungsstein, U] bei St 16,0 + 235” 
2 7 1336 St 08 67 07 562,4924 


235. Bahngrenzstein südl. der Bahn, östl. vonder Ueberfahrt, bei St 15,7-+220”, höchster 
Pnnkt des Kopfes 


3 6 1129 + 3,6044 09 90 09 566,0968 


236. Gewölbter Bahndurchlass Nr. 38, südliche Stirn, oberster Deckstein des west- 
lichen Böschungsflügels, U bei St 15,5 + 90” 


4 6 994 —=93098 10 31 10 563,7910° 


237. U] unter der Höhenmarke zu Mainleus, in einen Pflasterstein gehauen 
d 4 898 — 3,9352 06 33 06 559,8558 


238. Höhenmarke © am Stationsgebäude zu Mainleus, Perron, neben der Thür zum 
Wartesaal ! 


1 — 1,2924 03 10 558,6234 


Mainleus — Mainroth. BER 


239. Bahngrenzstein Nr. 56 südlich der Bahn, am Ausgange des Bahneinschnitts, 
— bei St 14,9 + 60m 


: 1 6 1350 tr 9,4975 11 113 09 565,3533. 
240. Dlauf dem Kopf des Bahngrenzsteins Nr. 12 nördl. der Bahn, bei St 14,6+80% 
2 5 1101 + 4,5605 17 273 16 569,9138 . 
241. Bahngrenzstein Nr. 36 bei St 14,0 + 350” 
3 8 1958 + 5,6196 10 110 08 575,5334 


242. Bahndurchlass Nr. 16 bei der Haltestelle Mainroth, südliche Stirn, Deckplatte, ! 
D bei $t 13,7 + 260m 


4 5) ## 1208 +02,1698 10888: 92 09 576,7032 


159 


Neuenmarkt — Lichtenfels — (Coburg) — Bamberg. 


Nr 


SEIERBCHIEIE: 


w' | Cote 


Mainroth — Burgkundstadt. 


243. Ackergrenzstein zwischen der Chaussee nach Burgkundstadt und dem Bahn- 
körper, an der höchsten Stelle des Ackers, U] bei St 13,6 + 265” 


l 2 366 — 0,0631 02 03 03 576,6401 
244. Bahngrenzstein Nr. 35 südlich der Bahn, = bei St. 13,3 + 180” 

2 5 1212 + 2,8172 07 47 06 579,4573 
245. Gewölbter Bahndurchlass Nr. 12, südl. Stirn, Gesimsstein, [U] bei St 12,9+ 175" 

3 6 1504 + 0,8335 08 70 07 580,2908 


246. Bahnbrücke Nr. 7 über den Mühlbach, südlicher Deckstein des östlichen 
Widerlagers, U] bei St 12,4 + 260” 


4 8 1756 2,3372 10 106 08 582,6280 
247. DO) unter der Höhenmarke zu Burgkundstadt, auf die Treppenwange gehauen 
5 2 416 — 0,4050 07 46 11 582,2230 


248. Höhenmarke & am Betriebshauptgebäude zu Burgkundstadt, Perron, neben 
der Thür zur Expedition. 


— 1,4623 580,7607 


Burgkundstadt — Hochstadt. 


249. Gewölbte Bahnbrücke Nr. 3a über das Fluthbett des Mühlbachs, UL] auf der 
nördlichen Brüstung bei St 12,1 + 45” 


1 5 922 + 1,2498 07 45 07 583,4728 
250. Gedeckter Bahndurchlass Nr. 2, südl. Stirndeckplatte, U) bei St 11,9 + 135” 

2 4 660 + 1,0256 10 99 12 584,4984 
251. Bahngrenzstein Nr. 26 südl. der Bahn, an der Ueberfahrt, [J bei St 11,5 — 10” 

3 7/ 1627 522789709 10 109 08 586,8959 


252. Blechbalkenbrücke Nr. 56 über das gewöhnlich trockene Fluthbett des Mains, 
westliches Widerlager, oberster Deckstein des nördlichen Flügels, U] bei 
St 11,3 — 40% 


4 3 770 — 0,2698 06 sl 06 586,6261 


253. Blechbalkenbrücke Nr. 54 über das Altwasser des Mains, östliches Widerlager, 
nordwestlicher Stirnflügel, Deckstein, I] bei St 11,1 + 25” 
5 3 665 + 0,8727 07 52 09 587,4988 
Abh. d. II.C1.d.k. Ak.d. Wiss. X. Bd. III. Abth. 21 


160 


Nr 


254. 


255. 


256 


i 


257. 


258. 


259. 


260. 


261. 


262. 


263. 


Neuenmarkt — Lichtenfels — (Coburg) — Bamberg. 


A "jun y mM lee | 


Cote 


Offener Bahndurchlass Nr. 54a mit 2 Oeffnungen, westliches Widerlager, 


südliche Deckplatte, [J bei St 10,9 + 236” 


6 3 531 + 0,0480 05 24 07 
U] unter der Höhenmarke zu Hochstadt, auf der Treppenwange 
7 3 435 — .0,3475 05 21 07 


587,5468 


587,1993 


Höhenmarke © am Betriebshauptgebäude zu Hochstadt, Perron, neben 


dem Eingang zum Gepäckbureau 
0807 


Hochstadt — Lichtenfels. 


Offene Bahnbrücke Nr. 52 mit 2 Oeffnungen östlich von der „Grub“, am 


586,1096 


Zusammenfluss des Mains und der Rodach. Westliches Widerlager, nördliche 


Stirn, U] bei St 10,6 — 10” 
l 6 943 + 2,3638 09 75 09 


589,5631 


Bahngrenzstein Nr. 27 nördlich der Bahn, bei St 10,2 + 50”, = auf dem 


Kopf des schiefstehenden Steins 
2 7 1421 + 3,6683 04 14 03 


Grenzstein nördlich der Bahn, gezeichnet B. W. 5, nahe am Main, bei 


St 9,9 + 45”, höchster Punkt des Kopfes 
3 6 1118 =1742.0295 16 253 15 


593,2314 


595,2609 


Offener Bahndurchlass Nr. 49a, östliches Widerlager, südliche Deckplatte, 


Ü bei St 9,2 + 170m 
4 1 ORT re 


Bahndurchlass Nr. 48c nahe der Vereinigung der Staats- und Werra-Bahn, 


östliches Widerlager, nördlicher Deckstein, U] bei St 8,7 + 340m 


5 8 1685 + 9,0290 11 130 09 
Fixpunkt unter der Höhenmarke zu Lichtenfels, in die granitne Treppenstufe 
gehauen 
6 4 644 + 0,4102 05 27 06 


589,1229 


598,1519 


598,5621 


Höbenmarke © zu Lichtenfels, am Betriebshauptgebäude der Staatsbahn, 


mittlerer Sandsteinpfeiler am Corridor gegen die Stadt hin 
— 1,4892 


597,0729 


161 


Neuenmarkt — Lichtenfels — (Coburg) — Bamberg. 


Nr 


een H vi" w | Cote 


Liehtenfels — Ebersdorf. 


261. Bahndurchlass Nr. 48c östlich von Lichtenfels, nahe der Vereinigung der 
Staats- und Werrabahn, östliches Widerlager, nördlicher Deckstein, [] bei 
St 0,2 — 140% (Zählung auf der Werrabahn) 


598,1519 


264. Gewölbte Bahnbrücke Nr. 3 über den Main, Nordende der westlichen Brüstung, 
U an der einspringenden Ecke bei St 0,5 + 55” 


1 7 1305 — 7,9432 07 56 07 590,2087 
265. Grenzstein Nr. 82 westlich der Bahn, bei St 0,8 + 145” 


2” 7 1199 — 5,0242 09 73 08 585,1845 

966. Grenzstein Nr. 150 östlich der Bahn, bei St 1,2 + 10”, höchster Punkt des 
Koptes 

3 9 1350 — 6,1706 15 229 13 579,0139 


267. Gewölbte Bahnbrücke Nr. 16 bei dem Weiler Seehof, östliche Brüstung, 
U bei St 1,5 + 10” 


4 7 1090 — 5,3658 17 293 16 573,6481 


968. Grenzstein 185 östlich der Bahn bei St 1,7 4 275m 
5 6 1006 — 5,7052 15 233 15 567,9429 


969. Durchfahrt 250” nördlich der bayerischen Grenze, westliches Gesims, U] 

6 10 er eg 909 80 07 550,9606 
970. Bahngrenzstein westlich der Bahn, 10” nördlich der Meilentafel 18,94, U 

T 3 419 — 4,0798 06 36 09 546,8808 


971. DO im der Sandsteinfelsbank im Bahneinschnitt südlich Station Ebersdorf, 
westliche Böschung, 15” südlich von Meilentafel 18,88 


8 3 45  — 422380 06 30 08 542,6528 


272. D auf Station Ebersdorf, in den Felsen des Bahneinschnitts gehauen, westliche 
Böschung, gegenüber der Meilentafel 18,80 


9 4 621 — 5,2669 07 51 09 537,3859 
2aE® 


Nr 


273. 


274. 


275. 


276. 


277. 


278. 


273, 


280. 


281. 


282. 


283. 


Neuenmarkt — Lichtenfels — (Coburg) — Bamberg. 


a je lien | H a a 


Ebersdorf — Niederfüllbach. 


Bahngrenzstein südlich der Bahn, =, 15” von Meilentafel 18,63 
1 8 1269 ra! 13 162 u 547,3430 


Bahndurchlass bei Wärterhaus 133, an der Ueberfahrt, nördliche Stirn, U auf 
dem mittleren Deckstein 


2 11 1863 1.3378 12 144 09 558,6808 
Gewölbte Bahnbrücke mit 3 Oeffnungen über den Füllbach bei Grub amForst, 
südliche Stirn, westliche Deckplatte U 
3 4 sıll + 3,1165 07 44 07 563,7973 
Bahngrenzstein neben dem Durchlass bei Wärterhaus 132, gegenüber der Meilen- 
tafel 18,24, dicht bei der Ueberfahrt, höchster Punkt des abgerundeten Kopfes 
4 2 934 + 20905 02 5 04 565,8888 
Schiefstehender Bahngrenzstein nördlich der Bahn, =, 18” östlich von dem 
Meilenstein 18,10 
5 5 1037 + 4,9113 05 30 05 570,8001 
Untere Treppenstufe zum Eingang in den Wartesaal der Haltestelle Nieder- 
füllbach, Ostseite des Hauses, U 
6 4 621 + 0,3768 06 34 07 571,1769 


Niederfüllbach — Coburg. 


Bahngrenzstein mit flachem Kopf neben Meilentafel 17,92, O von schwarzer 
Oelfarbe 
1 5 761 + 5,3796 09 82 10 577,0565 


Flacher Kopf eines Grenzsteins östlich der Bahn, einem trocken gemauerten 
Wegdurchlass gegenüber, bei Meilentafel 17,77 


2 6 1117 N 06 42 06 574,7237 
Grenzstein mit flachem Kopf westlich der Bahn, =, 15” südlich von Meilen- 

tafel 17,45 
3 11 2413 — 3,6376 14 199 09 571,0861 
Fixpunkt unter der Höhenmarke zu Station Coburg, in die Bodenplatte gehauen 
4 4 944 — 3,8615 06 33 06 567,2246 


Höhenmarke © zu Coburg, Perron, an dem mittleren Strebepfeiler des 
Betriebshauptgebäudes 
— 1,4771 565,7475 


Nr 


263. 


262. 


284. 


285. 


286. 


287. 


288. 


163 


Neuenmarkt — Lichtenfels — (Coburg) — Bamberg. 


Bed fen} H www | Cote 
Lichtenfels — Staffelstein. 


Höhenmarke © zu Lichtenfels 
597,0729 


Fixpunkt unter der Höhenmarke zu Lichtenfels, in die granitne Treppenstufe 


gehauen 
+ 1,4892 598,5621 


Bahngrenzstein Nr. 132 an der hölzernen Fluthbrücke mit 4 Oeffnungen bei 
St 8,3 + 100m 


1 5 1117 + 3,1081 05 21 04 601,6702 
Bahngrenzstein Nr. 6 nördl. der Bahn, bei St 7,8-+ 65”, östl. von der Ueberfahrt 

2 8 1886 — 3,2224 17 277 12 598,4478 
Bahngrenzstein südlich der Bahn, ] bei St 7,5 + 180” 

3 6 999 + 1,0047 11 130 11 599,4525 
Bahndurchlass Nr. 30, südliche Stirndeckplatte, = bei St 7,1 + 130” 

4 9 1530 + 2,7632 08 66 07 602,2157 
Fixpunkt uuter der Höhenmarke zu Staffelstein, = in der Treppenstufe 

5 5 762 — 3,7602 07 44 08 598,4555 


Stadt hin, westlicher Pfeiler 


289. [sinae hin © zu Staffelstein, Vorhalle des Stationsgebäudes gegen die 


290. 


291. 


292. 


293. 


294. 


— 1,4457 597,0098 


Staffelstein — Ebensfeld. 


Wegdurchlass südlich der Bahn an der Ueberfahrt Nr. 11, östliche Stirndeck- 
platte, = bei Stunde 6,6 + 250% 


1 5 1011 + 1,8576 06 34 06 600,3131 
Bahngrenzstein ohne Nummer südlich der Bahn, = bei St 6,1 + 15m 

2 ) 2089 + 6,9979 11 121 08 607,3110 
Bahngrenzstein Nr. 49 nördlich der Bahn, = bei St 5,5 + 210” 

3 10 2028 9,8313 08 59 05 610,1483 


[] unter der Höhenmarke zu Ebensfeld, in den vorderen Stein der Treppen- 
stufe gehauen. 
4 2 348 — 2,6946 04 14 06 607,4537 


Höhenmarke © zu Ebensfeld, auf dem Perron neben der Thür zum | 
| — 1,4978 605,9559 


164 


Neuenmarkt —- Lichtenfels — (Coburg) — Bamberg. 


a ea ep F ER | vw (dm im jede 


Ebensfeld — Zapfendorf. 
295. Grenzstein Nr. 79 südlich der Bahn, = bei St 5,2 + 120= 


1 5 873 + 3,6813 06 40 07 611,1350 
296. Bahngrenzstein Nr. 57 und Nr. 1 nördl. der Bahn bei St 4,8 + 190” 
2 7 1410 + 2,2469 09 87 08 613,3819 


297. Bahngrenzstein neben einem Fussteig, gegenüber der Kapelle bei Unterleiter- 
bach, bei St 4,6 + 100m 


3 4 835 + 0,6053 04 19 05 613,9872 
298. Grenzstein Nr. 62 südlich der Bahn, bei St 4,3 +80”, an dem Bergabhang 
4 6 | — 0,3604 05 29 05 613,6268 


299. Gewölbte Bahnbrücke Nr. 69 über das Altwasser des Mains, U] auf der süd- 
lichen Brüstung, bei St 3,9 + 300% 


5 6 1963  +929565 07 48 06 615,8833 


300. [J unter der Höhenmarke zu Zapfendorf, auf der Treppenwange neben dem 
Haupteingang zum Stationsgebäude, gegen das Dorf hin 


6 3 541 — 0,1043 03 07 04 615,7790 
301. (Höhenmarke © am Betriebshauptgebäude zu Zapfendorf 
— 1,4945 614,2845 


Zapfendorf — Breitengüssbach. 


302. Offener Bahndurchlass für das Wasser des Chausseegrabens, östliches Wider- 
lager, nördlicher Anlaufstein, [] ganz an der Kante, bei St 3,6 
1 5 995 + 1,8524 04 19 04 617,6314 


303. Pflasterstein des Böschungspflasters auf der Nordseite des Bahndamms, an 
einem die Bahn überschreitenden Fusssteig, = bei St 3,2 + 60” 


2 6 1374 + 1,5386 09 86 083 
619,1700 
304. Bahngrenzstein Nr. 49 zwischen Chaussee und Bahn, = bei St2,9 + 230” 
3 4 352 — 1,4998 05 26 05 617,6702 


305. Bahngrenzstein Nr. 61 südlich der Bahn, am östlichen Beginn des Bahnein- 
sehnitts, = bei St 2,4 + 30” 


4 g 2061 — 0,9024 11 119 08 616,7678 


165 
Neuenmarkt — Lichtenfels — (Coburg) — Bamberg. 


Nr Pen y m wie 


w’ | Cote 


306. Grenzstein ohne Nummer nördlich der Bahn, an der Vereinigung zweier 
Fusspfade, 75% westlich von der Bahnbrücke über den Mühlbach, bei 

St 2,1 + 200m 
5 4 952 — 3,0977 06 42 07 613,6701 


307. Fixpunkt unter der Höhenmarke zu Breitengüssbach, in den sichtbaren Vor- 
sprung des Fundamentsteins gehauen 


6 2 302 — 0,8227 03 09 05 612,38474 


neben dem Eingang zum Wartesaal 


308. |" neben ae © am Betriebshauptgebäude zu Breitengüssbach, a 
— 1,5312 611,3162 


Breitengüssbach — Bamberg. 


309. Bahngrenzstein ohne Nummer östlich der Bahn, etwas schief stehend, = bei 
St 1,9 + 155m 
1 3 527 + 0,1790 01 2 02 613,0264 


310. Gewölbter Bahndurchlass Nr. 48, nördl. Stirn, östlicher Gesimsstein, U dicht 
an der Kante bei St 1,6 4 210” 


2, 5 1044 SS 10 104 10 616,7585 
311. Gewölbte Bahnbrücke Nr. 44 mit 2 Oeffnungen über den Leitenbach, westl. 
Brüstung, höchster Punkt eines schwarz bezeichneten Vierecks, bei 
St 1,2 + 275m 
3 7 1438 2 2,8671 07 45 06 619,6256 


312. Bahngrenzstein Nr. 16 am östlichen Ende des Einschnitts bei Haltstadt, = 
bei St 0,9 + 135” 


4 6° .1952 — 1,4209 09 76 08 618,2047 
313. Bahngrenzstein Nr. 8 nördlich der Bahn, = bei St 0,7 + 185” 

5 4 691 — 0,6643 06 40 08 617,5404 
314. = am Sockel (Südostecke) des Bahnwärterhauses Nr. 49, bei St 0,5 + 300” 

6 5 621 + 2,9584 11 126 14 620,4988 


315. Gewölbter Bahndurchlass über einen Feldgraben, westliche Stirn, südlicher 
Flügel, oberster Deckstein, U] bei St 0,4 + 225” 


U 3 448 -1:11,9319 07 46 10 622,4307 


166 


Neuenmarkt — Lichtenfels — (Coburg) — Bamberg. 


317. 


318. 


319. 


318. 


320. 


321. 


322. 


le la Mer 


Grenzstein ohne Nummer, östlich von dem Feldweg zwischen der Würzburger 
und Hofer Bahn, U bei St 0,4 — 10” 


g* 3 233 +08750 © 3 04 623,3057 


Schiefer offener Bahndurchlass Nr. 36, südlich dem Weg von Bamberg nach 
Gundelsheim, südl. Widerlager, Eckstein nach Osten, U] bei St 0,2 + 260” 


8” 4 470 — 0,4063 07 48 10 622,8994 


Fixpunkt unter der Höhenmarke am Bahnhof Bamberg, [] in der obersten 
Treppenstufe 


& 8 1019 — 1,1153 04 17 04 621,1839 


Höhenmarke & zu Bamberg, an einem der Mittelpfeiler des Corridors am 
Betriebshauptgebäude, gegen die Stadt hin 


— 1,5400 619,6439 


Bamberg — Nürnberg — Nördlingen — Augsburg. 


Bamberg — Hirschaid. 


Fixpunkt unter der Höhenmarke zu Bamberg, U in der obersten Treppenstufe 
621,1839 
Grenzstein ohne Nummer bei Weichenwärterhaus Nr. 31, an der Einmündung 


zweier Fusspfade auf dem Bahnhof Bamberg, U) ohne Dauer, bei Stunde 
15,3 + 300% . 


1 6 646 + 0,0081 09 82 11 621,1920 
Bahngrenzstein ohne Nummer östlich der Bahn, [J bei St 15,7 — 5” 
2 7 675 — 0,6664 03 11 04 620,5256 


Bahngrenzstein Nr. 204 östlich der Bahn, = bei St 15,5 + 37” 
3 5 701 — 0,8411 06 34 07 619,6845 


167 
Bamberg — Nürnberg — Nördlingen — Augsburg. 


Nr 


a hs un | H ww | w | oe 


323. Gewölbter Bahndurchlass Nr. 18 mit 2 Oeffnungen, westliche Stirn, südlicher 
Stein der oberen Gesimslage, [] 0,20” über Pl, bei St 14,0 + 30m 


4 38 5510 — 6,8138 16 271 07 612,8707 


324. Gewölbter Bahndurchlass Nr. 13 mit 2 Oeffnungen, östliche Stirn, nörd- 
licher Gesimsstein, [] aussen an der Brüstung etwas unter Pl, bei 
St 13,0 + 140m 


5 22 3608 — 1,1277 10 101 05 611,7430 
325. Fixpunkt unter der Höhenmarke zu Hirschaid, in die Treppenwange gehauen 
6 1 149 — 0,9453 01 01 03 610,7977 


Bahnseite, zwischen südlicher Eingangsthür und Fenster 


326. en © zu Station Hirschaid, DBetriebshauptgebäude, 
— 1655315 609,2664 


Hirschaid — Eggolsheim. 


327. Wegdurchlass westl. der Bahn, unter der Ueberfahrt bei Stunde 12,3-——- 75” , nördl. 
Stirndeckplatte, [] etwas über Pl 


1 16 2666 — 3,3999 ul 111 06 607,3978 

328. Gewölbter Bahndurchlass Nr. 2, westl. Stirn, nördl. Deckplatte, [J 0,08” unter 
Pl bei St 11,9 — 23m 

2 10 1437 — 0,2516 11 118 09 607,1462 


329. Gewölbter Bahndurchlass Nr. 91, westliche Stirn, nördlicher Gesimsstein, 
[] innen an der Brüstung bei St 11,5 — 162” 


3 12 1629 — 0,5394 07 52 06 606,6068 

330. Fixpunkt unter der Höhenmarke zu Eggolsheim, in die Fundamentschichte 
gehauen. 

4 2 210 — 0,3775 02 05 05 606,2293 


331. (Höhenmarke & am Expeditionshaus der Haltestelle Eggolsheim, Nordseite, 
| östliche Ecke. h 


— 1,5676 604,6617 


Eggolsheim — Forchheim. 


332. Gewölbter Bahndurchlass Nr. 81, westliche Stirn, oberster südlicher Flügel- 
deckstein, U] bei St 10,9 — 105” Pl 
1 13 2100 — 2,0625 08 70 06 604,1668 


Abh. d. Il.Cl.d.k. Ak. d.Wiss.X. Bd. III. Abth. 22 


168 


Bamberg — Nürnberg — Nördlingen — Augsburg. 


2 hs 


333. 


334. 


335. 


336 


“| 


337. 


338. 


339. 


340. 


341 


E| 


342. 


343. 


*D 


ee: 


w’ | Cote 


Offener Bahndurchlass Nr. 74, südliches Widerlager, östlicher Böschungsflügel, 


oberster Deckstein, [J 0,11” unter Pl bei St 9,8 — 45m 


2 


25 


4031 


— 6,2029 


16 


250 


08 


597,9639 


Gedeckter Bahndurchlass Nr. 72, nördliches Widerlager, östlicher Flügeldeck- 
stein, U] bei St 9,6 — 50” Pl 


3 


6 


749 


— 21085 


08 


57 


09 


596,8554 


Fixpunkt unter der Höhenmarke zu Forchheim, in die Treppenstufe gehauen 


4 


3 


258 


— 0,5327 


04 


18 


08 


596,3227 


Höhenmarke © zu Station Forchheim, Betriebshauptgebäude, Westseite gegen 


die Stadt, nördlicher Pfeiler der mittleren Oeffnung zur Vorhalle 


1 


11 


— 1,4688 


Forchheim — Baiersdorf. 


Gewölbte Bahnbrücke Nr. 63 mit 3 Oeffnungen, westliche Stirn, nördliche 
Gesimsplatte, [J an der äusseren Kante, bei St 9,2 — 205”, nahezu Pl 


1473 


=. 1,1153 


11 


112 


09 


594,8539 


597,4380 


Bahngrenzstein gegenüber Bahnwärterhaus Nr. 4, südlich der Ueberfahrt, 


östlich dem Bahndamm, tief unter Pl. bei St 9,0 — 195" 


2 


6 


731 


1241209 


06 


97 


07 


598,5585 


Gedecekter Bahndurchlass Nr. 53, östl. Stirndeckplatte, [] bei St 8,6 — 140” 


3 


L] unter der Höhenmarke zu Baiersdorf, auf der Treppenwange 


4 


10 


24 


1443 


3800 


— 181,39 


— 7,9129 


11 


14 


124 


209 


09 


07 


596,6846 


591,7717 


Höhenmarke © zu Station Baiersdorf, Betriebshauptgebäude, Westseite gegen 
den Marktflecken hin, nördlich neben dem Eingang 


1 


12 


1749 


— 1,4459 


Baiersdorf — Erlangen. 


Offener Bahndurchlass Nr. 29, nördliches Widerlager, oberster Deckstein des 
westlichen Böschungsflügels, [J bei St 7,1 — 60®= Pl 


— 1,3549 


08 


60 


06 


590,3258 


590,4168 


Offener Bahndurchlass Nr. 26, nördliches Widerlager, oberster Deckstein des 
westlichen Böschungsflügels, U] bei St 6,9 — 60% 


2 


6 


745 


— 0,8219 


08 


58 


09 


589,5949 


169 


Bamberg — Nürnberg — Nördlingen — Augsburg. 


Nr 


A | 3 | D | H | w | w? | w‘ | Cote 
344. Gewölbter Bahndurchlass Nr. 20, westliche Stirn, oberster Deckstein des südl. 
Böschungsflügels, [] innen an der Brüstung, bei St 6,4 + 165” 

3 12 1645 — 1,8208 06 40 05 587,7741 


345. Gredeckter Bahndurchlass vor dem nördlichen Tunnelportal, Deckplatte neben 
der oestlichen Stirndeckplatte, [J bei St 6,1 — 260” 


4 10 1546 — 1,3231 09 77 07 586,4510 


346. Gedeckter Bahndurchlass vor dem südlichen Tunnelportal, östliche Stirndeck- 
platte, DJ bei St 5,9 + 105” nahezu Pl 


5 3 371 — OST 04 20 07 586,2613 
347. Fixpunkt unter der Höhenmarke zu Erlangen. 
6 11 1441 — 3,6253 12 146 10 582,6360 


348. Höhenmarke & am Betriebshauptgebäude zu Station Erlangen, Perron, 
| Westseite zwischen der 6. und 7. Thür von Süden her N 
— 1,7166 580,9194 


Erlangen — Eltersdorf. 
349. Schiefe gewölbte Bahnbrücke Nr. 5, westliche Stirn, südlicher Gesimsstein, 
[] innen an der Brüstung, bei St 5,3 + 190” 
1 6 717 — 0,5456 05 28 06 582,0904 


350. Gewölbter Bahndurchlass Nr. 1, westl. Stirn, Deckstein über dem nördlichen 
Böschungsflügel, [] bei St 4,8 — 80" 


2 16 2147 — 6,9375 12 142 08 575,1529 

351. Bahngrenzstein bei St 4,5 — 12”, am östlichen Rand der Planie, [] auf dem 
Kopf 

3 15 1792 — 1,8096 k1 119 08 573,3433 


352. Fixpunkt auf der Umfassungsmauer der Wage, zu Station Eltersdorf, 
westliche Seite, [J dicht an der Wand, Pl 


4 1 41 + 0,1433 01 01 05 573,4866 


Eltersdorf — Poppenreuth. 
353. Gewölbter Bahndurchlass Nr. 14, westliche Stirn, nördliche Deckplatte, 
U] 0,05® unter Pl bei St 3,7 — 140” 
1 16 2327 — 0,7266 11 132 08 572,7600 
227 


170 


Nr 


—_— 


354. Wegdurchlass für den östlichen Bahngraben, nördliche Stirndeckplatte, [J bei 


355. 


356. 


357. 


358. 


359. 


360 


| 


361. 


362. 


363. 


Bamberg — Nürnberg — Nördlingen — Augsburg. 


ı 


St 3,3 — 100” 


2 


Gewölbter Bahndurchlass bei St 2,7 -- 


g 


1447 


H 


— 4,0888 


Deckstein, [J 0,06” unter Pl 


3 


20 


2391 


— 4,3405 


07 
130, 


11 


55 


06 


| w | w? | ‚w’ | Cote 


568,6712 


westliche Stirn, nördlicher 


126 


07 


564,3307 


Bahn- und Wegdurchlass Nr. 6° an der nördlichen Ueberfahrt bei der Halte- 
stelle Poppenreuth, Einmündung in den östlichen Bahngraben, U] auf dem 
Böschungsflügel unter Pl bei St 2,1 — 15” 


4 


16 


1991 


Poppenreuth — Fürther Kreuzung, 


— 0,2066 


10 


110 


07 


564,1241 


Gewölbte Bahnbrücke Nr. 4 mit einer Oeffnung über die Pegnitz, westliche 
Stirn, Gesimsstein über dem nördl. Widerlager, [J innen an der Brüstung 
bei St 1,7 — 150® Pl 


1 


10 


1622 


— 0,9886 


08 


60 


06 


563,1355 


Bahngrenzstein am nördlichen Eingang zum Bahnhof Fürther Kreuzung, 


zwischen Staats- und Ludwigsbahn, [] auf dem Kopf. 


2 


4 


666 


— 1,5064 


04 


14 


05 


561,6291 


[) unter der Höhenmarke zu Station Fürther Kreuzung, auf der Treppenwange 


3 


Höhenmarke © zu Station Fürther Kreuzung, Betriebshauptgebäude, Ost- 


1 


42 


_ 27308 


01 


01 


05 


560,8983 


seite zwischen Eingangsthür des Mittelbaues und südlichem Fenster 


Kopf 
1 


U 


Fürther Kreuzung — Nürnberg. 
Bahngrenzstein Nr. 96 nordöstlich der Bahn bei St 1,3 — 75%, [] auf dem 


128 


— er 


Te 0,1108 


12 


132 


13 


559,3670 


561,0746 


Bahngrenzstein nördlich der Bahn, bei St 0,4 + 70%, [] auf dem Kopf 


2 


Granitne Treppenstufe am Eingang zum Wärterhaus bei Nr. 85, westliche 


22 


3196 


— 7,4059 


1l 


115 


06 


553,6687 


Schmalseite, = dicht an der Wand, bei St 0,3 — 120%, ohne Dauer 


3 


5 


575 


— "4,6201 


05 


29 


07 


552,0486 


171 
Bamberg — Nürnberg — Nördlingen — Augsburg. 


Nr 


ah alen ı um | er Cote 


364. Fixpunkt unter der Höhenmarke zu Station Nürnberg, Betriebshauptgebäude, 
in die Treppenwange gehauen 


4 7 1014 — 0,2142 08 62 08 551,8344 


365. ‚Höhenmarke & am Betriebshauptgebäude zu Nürnberg, Stadtseite, nach 
| Norden, Mittelbau, westlich neben der westlichen Thür ' 


— 2,0884 549,7460 

366. Fixpunkt unter der Höhenmarke der Lorenzer Kirche, in den Sockel gehauen 

9 741 — 0,1152 05 21 05 551,7192 

367. Höhenmarke & an der Lorenzer Kirche in Nürnberg, südliche Langseite, 
Sakristei 

— 1,9028 549,8164 


Nürnberg — Reichelsdorf. 


363. Granitne Treppenstufe bei St 0,3 — 120” 
552,0486 


368. Bahnbrücke Nr. 6 über den Ludwigskanal, südliches Widerlager, westlicher 
Stirnflügel, dritter Gesimsstein von Süden her, [] bei St 45,6 + 15" Pl 


2 5 608 — 1,5760 04 15 05 550,4726 
369. Bahngrenzstein westlich der Bahn bei St 45,4 + 3”, UL] auf dem Kopf 
3 6 756 29.0205 06 32 07 551,5431 


370. Schiefer offener Bahndurchlass Nr. 45 mit 2 Oeffnungen, südliches Widerlager, 
westlicher Deckstein, [3 bei St 44,9 + 15" Pl 


4 14 1852 — 0,5260 09 89 07 551,0171 
371. Offener Bahndurchlass Nr. 38, nördliches Widerlager, oberer Deckstein des 
westlichen Böschungstlügels, [] 0,07” unter P] bei St 44,3 — 160» 
5 15 2414 — 0,2108 09 87 06 550,8063 
372. Expeditionshaus an der Haltestelle Reichelsdorf bei St 43,8 — 155%, West- 
seite am Perron, Sockeloberfläche, [] etwa 1” über Pl 
6 10 1852 — 3,3085 15 215 11 547,4978 


112 


373. 


374. 


375. 


376. 


377. 


379. 


380. 


381. 


Bamberg — Nürnberg — Nördlingen — Augsburg. 
A | J | D | H | w | w? | w' | Cote 
Reichelsdorf — Schwabach. 


Gewölbte Bahnbrücke Nr. 31 mit 5 Oeffnungen über die Rednitz bei Wolkers- 
dorf, östl. Stirn, nördlicher ausspringender Stirnflügel, innerer Brüstungs- 
stein, U) in der Ecke, 0,28” über Pl bei St 43,2 — 100" 


1 16 2185 — 6,4179 10 -109 07 541,0799 

Gedeckter Bahndurchlass Nr. 27, südwestliche Stirndeckplatte, [J bei 
St 42,6 — 75”, etwas unter Pl 

2 18 2207 — 10,0070 11 114 07 531,0729 

Gewölbte Bahnbrücke Nr. 24 mit drei Oeffnungen über die Schwabach, west- 


liche Stirn, dritter Gesimsstein von Norden her, [] innen an der Brüstung 
bei St 42,1 + 190m Pl 


3 12 1601 — 5,9317 06 31 04 525,1412 


Fixpunkt unter der Höhenmarke zu Schwabach, [] auf der Treppenwange 
4 5 670 — 2,1232 02 06 03 522,4180 
Höhenmarke © zu Station Schwabach, Betriebshauptgebäude, Perron, südl. 


der Thür zum Wartesaal 3. Klasse 
— 1,6918 520,7262 


Schwabach — Roth. 


Gedeekter Wegdurchlass neben einem Bahndurchlass am Wärterhaus Nr. 66, 
östliche Stirndeckplatte, [J 0,11” über Pl bei St 41,9 — 75 


1 3 378 + 0,6722 04 15 06 523,0902 

Gewölbter Bahndurchlass Nr. 19 für den Igelsgraben, südliche Stirn, östliche 
Gesimsplatte, DJ] innen an der Brüstung bei St 41,2 — 150” 

2 20 2695 — 4,6234 12 144 07 518,4668 

Gewölbte Bahnbrücke Nr. 16 mit 2 Oeffnungen über den Mainbach, südwest- 


liche Stirn, zweiter Gesimsstein von Süden her, [] innen an der Brüstung 
bei St 40,9 — 105” Pl 


3 10 1067 + 4,7780 09 83 09 523,2448 
Gewölbte Bahndurchfahrt Nr. 11 für den Weg von Untermainbach nach 

Walpersdorf, westl. Stirn, südl. Deckstein, [] bei St 40,5 — 77m Pl 
4 13 1463 + 4,9000 08 65 07 528,1448 


173 
Bamberg — Nürnberg — Nördlingen — Augsburg. 


Nr 2 13. wD |) H Benz 


382. Bahngrenzstein an der südlichen Waldecke am Wärterhaus Nr. 59 bei 
St 40,1 — 125%, = mit der Erde fast verglichen 


b) 10 1531 — 0,3232 09 80 07 527,8216 
383. Fixpunkt unter der Höhenmarke zu Station Roth, in die Treppenstufe gehauen 
6 24 3548 — 6,7778 07 52 04 521,0438 


Vorhalle, neben dem Eingang zum Wartesaal 3. Klasse 


384. | Vorhaie, © zu Roth, Betriebshauptgebäude, Perron, Westseite unter der 
— 1,4021 519,6417 


Roth — Georgensgemünd — Pleinfeld. 


385. Gewölbte Bahndurchfahrt Nr. 49, nordwestliche Stirn, zweiter Gesimsstein von 
Nordosten her, [] innen an der Brüstung bei St 38,7 — 105m 


1 13 1678 — 2,4056 07 54 06 518,6382 
386. Gewölbter Bahndurchlass Nr. 43, nördliche Stirndeckplatte, [] 0,09% unter Pl 
bei St 38,1 — 40m 
2 18 2179 — 4,6189 10 99 07 514,0193 
387. Gewölbte Bahnbrücke und Durchfahrt Nr. 39 mit 3 Oeffnungen, westl. Stirn, 
südl. Gesimsstein, [innen an der Brüstung bei St 37,6 — 45m Pl 
3 18 1864 — 4,6793 11 119 08 509,3400 
388. Gewölbte Bahnbrücke Nr. 33 über die fränkische Rezat, westliche Stirn, südl. 
Deckstein, U bei St 37,0 — 15m Pl 
4 15 2201 — 3,1787 10 92 06 506,1613 
389. Gewölbte Bahndurchfahrt Nr. 30, westliche Stirn, oberster Deckstein des 
nördlichen Böschungsflügels, [] 0,04” unter Pl bei St 36,5 — 215” 
1 12 2064 — 7.808 04 20 03 499,0704 
390. Gewölbte Bahnbrücke Nr. 23 mit einer Oeffnung bei Mühlstedten, westliche 
Stirn, U] auf dem 2. Gesimsstein von Süden her, 0,12” unter Pl bei 
St 35,8 — 210% 
2 20 2535 — 12,7314 15 219 09 486,3390 
391. Gewölbter Viaduct Nr. 16 mit 8 Oeffnungen über das Thal der Brama, west]. 
Stirn, Gesimsstein, [] innen an der Brüstung bei St 35,0 — 95 Pl 
3 22 2928 — 6,3862 13 181 08 479,9528 


174 


Nr 


392. 


393. 


394 


ı 


395. 


396. 


397. 


398. 


399. 


400. 


401. 


Bamberg — Nürnberg -- Nördlingen — Augsburg. 


u 


H 


w' | Cote 


Gewölbte Bahnbrücke Nr. 12, westliche Stirn, U) innen an der Brüstung bei 
St 34,6 — 55m Pl 


4 


) 


1434 


— 7,5428 


13 


159 


11 


472,4100 


DO unter der Höhenmarke zu Station Pleinfeld, auf dem Untersatzstein für 


einen Pfosten des abgenommenen Wetterdachs 


5 


6 


996 


—_ eat 


05 


24 


05 


467,4333 


Höhenmarke © zu Pleinfeld, am alten Betriebshauptgebäude, Nordwestseite 


gegen die Bahn, mittlerer Wandpfeiler 


Pleinfeid — Langlau — Gunzenhausen. 


— 1,4195 


466,0138 


Gewölbter Bahndurchlass Nr. 66, nördliche Stirn, Deckplatte, [J 0,05” unter 
Pl bei St 33,3 4 18" 


1 
Gedeckter 


28 


Bahndurchlass Nr. 56 mit 2 Oeffnungen vor 


3775 


— 8,1846 


11 


130 


06 


der Haltestelle 


459,2487 


Langlau, nördl. Stirndeckplatte über der östl. Oeffnung, U] 0,06% unter 
Pl bei St 31,9 — 75” 


2 


35 


5310 


—25,9079 


13 


181 


06 


433,3408 


Gewölbter Bahndurchlass Nr. 50, nördliche Stirn, zweiter Deckstein von Osten 


her, U] 0,06” unter Pl bei St 31,1 + 8” 


1 


Gedeckter Bahndurchlass Nr. 48 mit 2 Oeffnungen, nördliche Stirn, U] auf 


22 


2906 


— 4,8919 


14 


184 


08 


428,4489 


dem zweiten Deckstein von Westen her, 0,06” unter Pl bei St 30,5 + 90” 


2 


14 


2143 


+ 4,2477 


11 


117 


07 


432,6966 


Gedeckter Bahndurchlass Nr. 43 mit 2 Oeffnungen, nördliche Stirn, Gesims- 
platte über der östl. Oeffnung, [] 0,05” unter Pl bei St 30,0 — 125” 


3 


Gewölbte Bahndurchfahrt Nr. 41 bei St 29,8 + 35%, südliche Stirn, U auf 


14 


2093 


+ 8,2565 


09 


dem Westende der Brüstung, 0,49% über Pl 


4 


5 


582 


— 0,0974 


05 


88 


25 


06 


07 


440,9531 


440,8557 


Fixpunkt unter der Höhenmarke zu Gunzenhausen, in die Treppenstufe 


gehauen 
5* 


2 


239 


+ 0,0205 


01 


2 


03 


440,8762 


175 
Bamberg — Nürnberg — Nördlingen — Augsburg. 


Nr 


nen H Iw|w| ww | Cote 


402. E=. unter der Höhenmarke zu Gunzenhausen, in den Sockel gehauen 
52 2 239 — 0,2434 02 6 05 440,6123 


403. Höhenmarke © zu Gunzenhausen, Betriebshauptgebäude, Perron, Nordwest- 
seite, nordöstlicher Flügel, ganz nahe bei dem vorspringenden Mittelbau 


— 1,6086 439,2676 


Gunzenhausen — Kronheim — Wassertrüdingen. 


401. Fixpunkt unter der Höhenmarke zu Gunzenhausen, in die Treppenstufe 
gehauen 
440,8762 


404. Gewölbte Bahnbrücke Nr. 40 mit 9 Oeffnungen über die Altmül, [J auf der 
östlichen Brüstung, 0,58” über Pl bei St 29,6 — 2” 


1 4 551 — 0,4344 05 27 07 440,4418 


405. Gewölbte Bahndurchfahrt Nr. 33, nordwestliche Stirn, südwestliche Deckplatte, 
U] bei St 28,6 — 195” Pl. 


2 24 3918 —19,2746 11 131 06 421,1672 


406. Gewölbter Bahndurchlass Nr. 27a vor Kronheim, westliche Stirn, südlicher 
Deckstein, U 0,04” unter Pl bei St 27,6 + 10” 


3 24 3525 —18,7343 09 84 05 402,4329 

407. Bahngrenzstein Nr. 104 östlich der Bahn, bei St 27,0 + 150%, U] auf dem 
Kopf 

1 14 2073 +10,0616 10 104 07 412,4945 


408. Gedeckter Bahndurchlass Nr. 18 mit 2 Oeffnungen, nordwestliche Stirn, nord- 
östliche Deckplatte, [] 0,04” unter Pl bei St 26,8 + 25” 


2 6 891 + 4,1108 05 21 05 416,6053 


409. Gewölbte Bahnbrücke Nr. 17 mit 3 Oeffnungen, westliche Stirn, Gesimsstein, 
U] innen an der Brüstung, bei St 26,6 + 160” Pl 


3 5 590 + 2,9422 09 79 12 419,5475 


410. Gewölbter Bahndurchlass Nr. 14, westl. Stirn, zweiter Deckstein von Norden 
her, U] bei St 26,3 + 135" Pl 


4 7 1148 + 5,6395 04 15 04 425,1870 
Abh. d. II.Cl.d.k. Ak. d. Wiss. X. Bd. III. Abth. 23 


176 


Bamberg — Nürnberg — Nördlingen — Augsburg. 


SA 3, 5D | H Iw| m | w |, Cote 


411. Gedeckter Bahndurchlass Nr. 9 mit 2 Oeffnungen, westliche Stirn, nördlicher 
Deckstein, UL] bei St 26,0 — 40m Pl 


5 10 1306 + 6,5088 07 47 06 431,6958 

412. Fixpunkt unter der Höhenmarke zu Wassertrüdingen, in den Sockel gehauen, 
0,99” über Pl 

Br 6 638 -51,572.00 03 11 04 433,2658 


die Stadt, zwischen mittlerem Fenster und südlicher Thür 


413. [ii Bad, © zu Wassertrüdingen, Betriebshauptgebäude, Westseite in 
00503 432,0155 


Wassertrüdingen — Oettingen. 


414. Gewölbte Bahnbrücke Nr. 6 mit 8 Oeffnungen, westliche Stirn, [] in der Ecke der 
Brüstung am vorspringenden südl. Stirnflügel, bei St 25,6 — 100” Pl 


1 8 935 + 4,6432 05 28 05 437,9090 
415. Gewölbter Bahndurchlass Nr. 4, südwestliche Stirn, südöstlicher Deckstein, 
U) 0,07” unter Pl bei St 25,3 — 100” 
2 9 1126 =122. 0,8518 05 27 05 438,7605 
416. Gewölbter Bahndurchlass Nr. 2, westliche Stirn, zweiter Deckstein von Süden 
her, U] 0,04% unter Pl bei St 25,1 + 120” 
3 4 502 — 0,0548 03 8 04 438,7057 
417. Gewölbte Bahnbrücke mit einer Oeffnung über den Rohrbach, westliche Stirn, 
nördlicher Gesimsstein, UL] bei St 24,6 — 60" Pl 
4 13 2048 — 0,7004 07 48 05 438,0053 


418. Offener Bahndurchlass bei St 24,4 + 115”, westlicher Stirndeckstein, DJ Pl 
5 5 563 -r 2,1435 07 Di 10 440,1488 
419. Gewölbter Bahndurchlass Nr. 53, westl. Stirn, U) innen dicht an der Brüstung, 
bei St 23,8 — 25m Pl 
6 19 2382 ee eat 10] 132 07 442,0065 
420. Gewölbte Bahnbrücke Nr. 47 mit 5 Oeffnungen über die Wörnitz, westliche 
Stirn, nördl. Gesimsstein, [] innen an der Brüstung bei St 23,0 —30® Pl 
Z 22 2991 + 0,6257 12 146 07 442,6322 


177 


Bamberg — Nürnberg — Nördlingen — Augsburg. 


Nr 


ne BE A IR 


w’ | Cote 


421. U) unter der Höhenmarke zu Oettingen, in den Sockel gehauen 
8 12 1379 + 0,7659 09 84 08 443,3981 
422. Höhenmarke © zu Oettingen, Betriebshauptgebäude, Westseite gegen die 
Stadt, zwischen dem Fenster und der nördlichen Thür 
12397 442,1624 


Oettingen — Dürrenzimmern — Nördlingen. 


423. Gewölbter Bahndurchlass Nr. 41, westliche Stirn, zweiter südl. Gesimsstein, 
[] innen an der Brüstung bei St 22,0 — 35m Pl 


1 17 2443 + 1,5704 10 100 06 444,9685 
424. Bahngrenzstein östlich der Bahn an der Haltestelle Dürrenzimmern, [] etwa 
0,2uaber Blibenst 2,1 =E 1252 
2 24 3196 — 8,7560 13 163 07 436,2125 
425. Offener Bahndurchlass Nr. 30, nördliches Widerlager, westlicher Stirnflügel, 
nördlicher Deckstein, U) bei St 19,6 + 70m Pl 
1 ae 5639,, SE mrans,. 18.168 05 437,9383 
426. Würtemberger horizontaler Fixpunkt Nr. 134. Gewölbter Bahndurchlass über 


die Eger, auf der Bahn nach Aalen. Glasmarke in das südwestliche Gesims 
eingelassen. 


2 12 1619 — 6,8909 06 38 05 431,0474 


427. Fixpunkt unter der Würtemberger vertikalen Höhenmarke Nr. 135, in den 
Sockel gehauen 


3 4 425 — 0,3698 04 17 06 430,6776 

428. ‚Würtemberger vertikale Höhenmarke Nr. 135, Locomotivremise der Bahn nach 
Aalen, Nordwestseite, südwestlicher Pfeiler des mittleren T'hores ! 

— 0,4687 430,2089 


429. Fixpunkt über der bayerischen Höhenmarke am Betriebshauptgebäude zu 
Nördlingen, in den Sockel der Ecklisene gehauen 


4 6 534 — 0,2412 05 21 06 430,4364 


430. [Bayerische Höhenmarke & am Betriebshauptgebäude zu Nördlingen, Nord- 
seite, Perron, innen neben der nordwestlichen Ecklisene, in dem Sockel 
befestigt 

+ 0,2394 430,6758 


232 


178 


Nr 


Bamberg — Nürnberg — Nördlingen — Augsburg. 


A ed ı 


431. 


432. 


433. 


434. 


435 


1 


436. 


437. 


438. 


439. 


5 


3 


H 


272 


+ 0,1205 


01 


1 


02 


ler m 


Fixpunkt unter der Höhenmarke an der Wegbrücke am südlichen Ende des 
Bahnhofes Nördlingen, in den Sockel gehauen 


430,5569 


Bayerische Höhenmarke & an der Wegbrücke am südlichen Ende des Bahn- 


hofs Nördlingen, westlichster Pfeiler, Ostseite desselben, Mitte. 


Nördlingen — Möttingen — Harburg. 


— 0,8756 


429,6813 


Fixpunkt unter der Höhenmarke an der Wegbrücke im Bahnhof Nördlingen 


Wegdurchlass südlich neben der Bahn, als Fortsetzung eines Bahndurchlasses, 
nördliche Stirn, östlicher Böschungsflügel, Anlaufstein, [] 0,64” unter Pl 


bei St 17,2 — 65” 


1 


Fixpunkt unter der Höhenmarke zu Möttingen, in die steinerne Thürschwelle 


gehauen 
2 


44 


14 


6968 


1749 


+14,8450 


+ 2,2066 


16 


03 


261 


11 


06 


03 


430,5569 


445,4019 


447,6085 


Höhenmarke © zu Möttingen, Betriebshauptgebäude, Rückseite des west- 
lichen Flügels, westlich neben dem Eingang 


Gewölbte Bahnbrücke Nr. 12 mit 2 Oeffnungen, südwestliche Stirn, Gesims- 
stein, [] innen an der Brüstung bei St 16,6 — 195” Pl 


Bahngrenzstein Nr. 47 nordwestlich der Bahn, bei St 16,2 + 140%, = auf 


il 5 
dem Kopf 
2 Ü 


685 


1153 


41.7991 


+ 0,9545 


+ 0,2299 


04 


06 


13 


37 


04 


06 


445,8864 


448,5630 


448,7929 


Schiefe Blechbalkenbrücke Nr. 63 mit 5 Oeffnungen über die Wörnitz, westl. 
Widerlager, nördl. Stirnflügel, Gesimsplatte, U) bei St 15,5 — 140” Pl 


3 


24 


3634 


+ 0,9413 


12 


143 


06 


449,7342 


Schiefe Bleehbalkenbrücke Nr. 60 mit 5 Oeffnungen über die Wörnitz bei 
Rohnheim, westliches Widerlager, nördlicher Stirnflügel, [J auf dem Wan- 
genstein bei St 14,6 + 50® Pl 


4 


20 


2411 


— 4,4266 


09 


79 


06 


445,3076 


179 


Bamberg — Nürnberg — Nördlingen — Augsburg. 


Nr wi H Iw|w|w | Cote 


440. Schiefe Blechbalkenbrücke Nr. 55 mit 5 Oeffnungen über die Wörnitz, süd- 
östliches Widerlager, nordöstlicher Stirnflügel, [l auf dem Wangenstein bei 
St 14,2 + 175m Pl 


5 8 1367 + 4,3634 06 35 05 449,6710 
. 441. Fixpunkt unter der Höhenmarke zu Harburg, in den Sockel gehauen 
6 2 333 — 1,0491 03 9 05 448,6219 


442. (Höhenmarke & zu Station Harburg, Betriebshauptgebäude, Perron, (Ostseite) 
nördliche Ecklisene 


— 0,9817 447,6402 


Harburg — Donauwörth, 

443. Wegdurchlass für den südwestlichen Bahngraben, südöstliche Stirn, östlicher 
Flügeldeckstein, [] bei St 13,5 — 50”, nahezu Pl 

1 18 2497 — 3,6826 07 49 04 444,9393 


444. Gewölbte Bahnbrücke Nr. 39 mit 5 Oeffnungen über die Wörnitz bei Wörnitz- 
stein, südliche Brüstung, östlicher Gesimsstein, [J innen an der Brüstung 
bei St 12,5 — 280% Pl 

2 28 3962 + 8,6922 10 100 05 453,6315 


445. Schiefe Bahndurchfahrt Nr. 28 mit Blechträgern, südliches Widerlager, west- 
licher Stirnflügel, Gesimsstein, [] bei St 11,2 + 130” Pl 


3 29 4440 + 2,0145 12 139 06 455,6460 


446. Höhenmarke & ım Tunnel zu Donauwörth, südöstliches Portal, südwest- 
liches Widerlager, auf der Leibung, nahe der Stirn 


4 5 497 — 1,0795 02 6 03 454,5665 


447. Schiefe Bahnbrücke Nr. 24 mit 2 Oeffnungen im Bahnhof, südwestlicher Stirn- 
flügel, nordwestliches Widerlager, Deckplatte, [] Pl 


5 2 290.2 17664 03 8 06 456,3329 


Donauwörth — Mertingen — Nordendorf. 


448. Gewölbte Bahnbrücke Nr. 152 mit 3 Oeffnungen über einen Donauarm, west- 
liche Stirn, [] innen an der Brüstung bei St 10,8 — 6" Pl 
1 8 967 + 0,3602 08 57 08 456,6931 
449. Offener Bahndurchlass bei St 10,2 — 100” , "südliches Widerlager, westlicher 
Stirnflügel, südliche Deckplatte U Pl 
2 15 2326 + 2,1443 11 113 07 458,8374 


180 
Bamberg — Nürnberg — Nördlingen — Augsburg. 


Nr a. allem ab 2 u er E 


w' | Cote 


450. Gerade Blechbalkenbrücke Nr. 4 mit 4 Oeffnungen, nördlicher Pfeiler, östliches 
Haupt, Gesimsstein, [] etwa 0,20% unter Pl bei St 8,9 + 70= 


3 38..,,.1587 2 za 132 05 451,9795 

451. Hölzerne Bahnbrücke Nr. 12 mit 8 Oeffnungen, nördliches Widerlager, west- 
licher Stirnflügel, nördlicher Deckstein, [] bei St 8,4 — 115= Pl 

1 18 2043 — 3,8065 11 127 08 448,1730 


452. Bahngrenzstein Nr. 35 östlich der Bahn, = bei St 7,3 — 150” 
2 26 4117 — 6,2421 IN 297 08 441,9309 
453. DJ auf der Umfassungsmauer der Wage zu Station Nordendorf, westliche 
Langseite, nördliches Ende Pl 
3 7 1141 — 3,0514 05 30 05 438,8795 


Nordendorf — Meitingen — Gersthofen. 


454. Offener Bahndurchlass Nr. 3, nördliches Widerlager, westlicher Böschungs- 
flügel, oberster Deckstein, [J 0,02” unter Pl bei St 5,7 — 40” 


1 28 4703 — 7,6182 13 158 06 431,2013 


455. Fixpunkt unter der Höhenmarke zu Meitingen, 0,65% über Pl, ohne Dauer 
2 4 626 — 2,3950 03 13 05 428,8063 


456. ‚Höhenmarke © zu Meitingen, Betriebshauptgebäude, Perron, nördlicher 
Wandpfeiler h 


— 1,5665 427,2398 


457. Bahngrenzstein Nr. 2 westlich der Bahn, = bei St 4,5 — 195” 
1 26 4004 — 5,6555 12 154 06 423,1508 


458. Bahngrenzstein Nr. 91 östlich der Bahn bei St 3,4 + 110” 
2 32 3794 —16,6279 14 189 07 406,5229 


459. Bahngrenzstein Nr. 57 östlich der Bahn, = bei St 2,6 + 110” 
3 26 2992 — 9,0146 12 147 07 397,5083 
460. Fixpunkt zu Gerstho fen, Stationsgebäude, Westseite gegen die Bahn, südl. 
Thür, südliches Ende der Treppenstufe, [] 0,51” über Pl 
4 18 3026 — 29.0269 09 73 05 388,4814 


181 


Bamberg — Nürnberg — Nördlingen — Augsburg. 


w’ | Cote 


ya Hu | vw jum 


Gersthofen — Augsburg. 


461. Gedeckter Bahndurchlass Nr. 13 mit 2 Oeffnungen, östliche Stirn, [J über der 
nördlichen Oeffnung bei St 0,6 — 5" Pl 


1 32 4561 — 151681 13 AT 06 387,3133 


462. Offener Bahndurchlass Nr. 1 der Ulmer Bahn, östliches Widerlager, nördlicher 
Stirnflügel, Deckplatte, DJ] bei St 0,6 + 8” 


2 2 106 2153330 02 3 05 385,9203 


463. Gewölbte Bahnbrücke Nr. 10 über die Wertach, nordöstliche Stirn, südöstl. 
Gesimsplatte unter der Brüstung, [) an der Schmalseite bei St 0,3 + 25” Pl 


3 8 1094 — 6,6335 05 28 05 379,2868 


464. U) auf der Kranzmauer der nordwestlichen Drehscheibe an der Einsteighalle 
des Bahnhofs Augsburg, Nordwestseite, westl. neben dem Hauptgeleise Pl 


4 10 1123 — 7,0505 07 44 06 372,2363 


465. Bahngrenzstein Nr. 58 nordöstlich der Bahn auf der Lindauer Strecke, [] bei 
St 0,2 + 175m 


B) 8 949 — 0,4090 02 03 02 371,8273 


466. Höhenmarke © an der Wegbrücke, südöstlich vom Bahnhof Augsburg, süd- 
westlicher Pfeiler, Nordostseite, Mitte, über dem hohen Sockel 


6 3 280 — 2,1525 02 03 03 369,6748 
464. [] auf der Kranzmauer der Drehscheibe an der Einsteighalle 
372,2363 
467. Fixpunkt unter der Höhenmarke an der Einsteighalle 
U 1 31 — 0,2957 01 1 06 371,9406 


468. Höhenmarke © in der südwestlichen Einsteighalle des Bahnhofs Augsburg, 
Nordwestende, innere Quermauer des die beiden Hallen verbindenden Quer- 
baues, Südostseite (innere) der südwestlichen Ecklisene 


— 1,4042 370,5364 


182 


Augsburg — Kempten — Lindau — Rorschach. 


Nr 


a..j6.3) jeb, Ir Ein 


” 1 dm |tm | Cote 


Augsburg — Inningen — Bobingen. 


466. Höhenmarke an der Wegbrücke südöstlich vom Bahnhof Augsburg, südwest- 
licher Pfeiler, Nordostseite, Mitte, über dem hohen Sockel 
369,6748 


465. Bahngrenzstein Nr. 58 nordöstlich der Bahn auf der Lindauer Strecke, [] bei 
SE0, 29 17m 


6 3 280 + 2,1525 02 3 03 371,3273 
469. Bahngrenzstein Nr. 72 östlich der Bahn, U bei St 0,5 — 100” 
1l 6 851 — 2,9693 05 28 06 368,8580 


470. Bahngrenzstein Nr. 46 westlieh der Bahn, bei Station Inningen, nördlich 
dem Expeditionsgebäude, [J bei St 1,7 + 85” 


2 32 4666 — 15,3670 ul 126 05 352,9910 

471. Gewölbter Bahndurchlass Nr. 8, westliche Stirn, mittlerer Deckstein, [] bei 
St 2,6 + 140m 

1 21 3400 —11,0408 112 138 06 341,9502 


472. Gewölbte Bahndurchfahrt Nr. 7, westliche Stirn, Gesimsstein, U) innen an der 
Brüstung bei St 2,9 + 153” 


2 8 1163 — 0,9130 06 42 06 341,0372 

473. Höhenmarke & zu Bobingen, Betriebshauptgebäude, Nordseite, östliche 
Ecklisene. 

- 3 8 1058 — 6,3427 06 37 06 334,6945 


Bobingen — Grossaitingen — Schwabmünchen. 


474. [] auf der Wage der Station Bobingen, südwestliche Ecke der Umfassungs- 
mauer Pl 


4 2 92 + 1,6244 02 6 08 336,3189 


475. Wegdurchlass Lit. F für den westlichen Bahngraben, nördliche Stirndeckplatte, 
[U] bei St 3,8 — 8”, etwas über Pl 


1 15 2130 — 6,6232 10 9 07 329,6957 


476. Gewölbter Bahndurchlass Nr. 4 südl. von Haltestelle Grossaitingen, west- 
liche Stirn, Gesimsplatte, [] bei St 4,9 — 75m Pl 


2 26 4059 —11,3253 13 168 06 318,3704 


183 


Augsburg — Kempten — Lindau — Rorschach. 


Nr 


477. 


478. 


479. 


480. 


481. 


482. 


483. 


484. 


485. 


a Pen; H www | oe 


Gewölbter Bahndurchlass Nr. 32, westl. Stirn, Gesimsplatte, [J] 0,12” unter 
Pl bei St 6,0 — 75" 


1 26 4098 —14,3354 14 198° 07 304,0350 


Höhenmarke & am Betriebshauptsebäude zu Schwabmünchen, Westseite 
gegen den Marktflecken, zwischen südlicher Thür und Mittelfenster des 
Mittelbaues 


2 6 838 — 4,1825 07 55 08 299,8525 


Fixpunkt unter der Höhenmarke zu Schwabmünchen, in den Sockel gehauen 


3 1 78 + 1,3066 02 03 06 301,1591 


Schwabmünchen — Westereringen — Buchloe. 


Gewölbte Bahndurchfahrt Nr. 31, westliche Stirn, Deckplatte, U] 0,05” unter 
Pl bei St 6,4 1'323” 


3 6 774 + 0,6863 04 13 04 301,8454 


Gewölbter Bahndurchlass Nr. 25, westliche Stirn, Deckstein des südlichen 
Böschungsflügels, U] bei St 7,3 — 75m Pl 


2 19 3243 — 5,6474 08 61 04 296,1980 


Offener Bahndurchlass Nr. 22 südlich der Haltestelle Westereringen, süd- 
liches Widerlager, westliche Stirndeckplatte, [J bei St 7,8 — 75” Pl 


1 12 1845 — 4,8252 07 48 05 291,3728 


Blechbalkenbrücke Nr. 6 über die Gennach, nördliches Widerlager, westlicher 
Stirnflügel, Cementplatte 5 innen an der Brüstung eingelassen, bei 
Sb EP 


3 54 9772 —-42,9389 14 191 04 248,4339 


Blechbalkenbrücke Nr. 4 über die Gennach, südliches Widerlager, westlicher 
Stirnflügel, Ü innen an der Brüstung bei St 10,4 + 100” Pl 
2 1 82 — 0,3984 01 1 03 248,0355 


Höhenmarke © am Betriebshauptgebäude zu Buchloe, Perron, Westseite, 
südlicher vorspringender Seitenbau, nördlicher Wandpfeiler 


1 8 1134 — 6,5187 03 11 03 241,5168 


Abh.d.II,Cl.d. k. Ak.d. Wiss. X. Bd. III. Abth. 24 


184 


Augsburg — Kempten — Lindau — Rorschach. 


en H Erz 


w’ | Cote 


486. 


487. 


488. 


489. 


490. 


491. 


492. 


493. 


494. 


Buchloe — Pforzen — Kaufbeuren. 


Offener Bahndurchlass Nr. 2 neben der Ueberfahrt, nördliches Widerlager, 
westliche Stirnflügeldeckplatte, [J bei St 10,9 + 6” Pl 
6 5 643 + 0,5829 04 20 06 242,0997 
Bahngrenzstein östlich der Bahn, südlich vom Bahnwärterhaus Nr. 44 bei 
St NDAE 05% 
5 31 4437 —11,6658 12 150 06 230,4339 


Bahngrenzstein westlich der Bahn bei St 12,4 — 105" 
4 8 1035 — 4,6880 05 26 05 225,7459 
Feldgrenzstein am westlichen Rand der Füllgrube neben dem Bahnwärterhaus 
Nr. 45 westlich der Bahn, bei St 12,6 — 90m 
3 6 760 — 3,1581 04 13 04 222,5878 
Gedeckter Bahndurchlass Nr. 71 für einfache Bahn, östliche Stirn, nördliche 
Gesimsplatte, [] bei St 13,0 — 155” Pl 
2 10 1443 — 6,9921 07 53 06 215,5957 


Gewölbte Bahndurchfahrt Nr. 68 südlich der Haltestelle Pforzen, westliche 
Stirn, U] innen an der Brüstung bei St 14,3 — 80” Pl 


1 34 n 4908 — 17,4674 13 172 06 198,1283 
Gedeekter Bahndurchlass Nr. 62, östl. Stirndeckplatte, = bei St 14,8+ 125" Pl 
3 17 2075 — 1,2231 08 67 06 196,9052 


Gewölbter Bahndurchlass Nr. 60, west]. Stirndeckplatte, = bei St 15,3 — 50” Pl 
2 13 1677 —- 5,0913 05 30 04 191,8139 
Gewölbte Bahnbrücke Nr. 58 über die Wertach, nordwestliche Stirn, Cement- 


platte 09 über dem südwestlichen Widerlager, innen an der Brüstung einge- 
lassen, bei St 16,0 + 220” Pl 


1 21 2945 —10,8542 08 68 05 180,9597 


Kaufbeuren — Biessenhofen. 


Fixpunkt unter der Höhenmarke zu Kaufbeuren, in die südliche Treppenwange 
gehauen 
1 4 454 — 0,8386 04 13 05 180,1211 


185 


Augsburg — Kempten — Lindau — Rorschach. 


Nr 


ii lem. H ww low | Ooe 


Stadt, südlich neben der südlichen Eingangsthür 
— 1,6976 178,4235 
497. Bahngrenzstein Nr. 27 westlich der Bahn, = bei St 17,4 + 245”, nahe bei 
Bahnhof Biessenhofen. 
2 34 4725 — 16,0100 14 196 06 164,1111 


496. [Seat si © am Betriebshauptgebäude zu Kaufbeuren, Westseite gegen a 


Biessenhofen — Ruderatshofen — Aitrang. 


498. Bahngrenzstein Nr. 41 südlich der Bahn, = bei St 18,2 + 80” 
il 20 2820 — 14,394] 11 122 07 149,7170 
499. Wage im Bahnhof Ruderatshofen, östlicher Auflagerstein für das eiserne 
Gestell auf der Südseite, [J 0,67” unter Pl bei St 18,8 — 60m 
2 16 2094 — 10,0548 06 34 04 139,6622 


500. Gedeckter Bahndurchlass Nr. 40, südliche Stirndeckplatte, = 0,69” unter Pl 
bei St 19,2 — 9” 


1 15° D41540 10 3446.09 84 07 129,3176 
501. Fixpunkt auf der Wage zu Aitrang, südöstl. Auflagerstein, [J 0,74” unter Pl 
2 18 2681 —14,1620 11 112 06 ‘ 115,1556 


502. Cementpiatte [5 auf dem gedeckten Bahndurchlass Nr. 33, östliche Stirn, 
Deckplatte, 0,05” unter Pl bei St 20,1 — 75m 


3 4 607 — 4,2758 02 3 02 110,8798 


Aitrang — Günzach. 
503. Bahngrenzstein Nr. 25 nördl. der Bahn bei St 20,7 — 90%, höchster Punkt 
des gewölbten Kopfes, dicht an der Nordseite des Steins 
1 17 2220 — 20,5688 13 162 09 90,3110 
504. Gewölbter Bahndurchlass Nr. 27, nördl. Stirn, zweite Deckplatte von Osten 
her, U] 0,02” unter Pl bei St 20,8 + 280” 
2 6 745 — 6,7211 04 13 04 83.5899 
505. Gewölbter Bahndurchlass Nr. 18 dicht bei der Wasserscheide, nördliche sun 
deekplatte, [J 0,03” unter Pl bei St 22,0 — 90” 
3 28 4122 —39,4300 11 131 06 44,1599 
506. Gewölbte Bahndurchfahrt Nr. 14 vor dem Bahnhof Günzach, nördliche Stirn, 
östl. Gesimsstein, Cementplatte £5 0,11” unter Pl bei St 22,5 — 120” 
4 14 1796 +15,8983 08 61 06 60,0582 
24° 


186 


Augsburg — Kempten — Lindau — Rorschach. 


auf an aan 


Günzach — Wildpoldsried. 


507. Bahngrenzstein Nr. 18 nordwestlich der Bahn, mit der Erde fast verglichen, 
— bei $t 23,6 — 70m 


1 36 4155 +30,2955 15 214 07 90,3537 

508. Gewölbter Bahndurchlass Nr. 1, westliche Stirndeekplatte, Cementplatte & 
etwas unter der inneren Kante (Pl) eingelassen, bei St 23,8 + 70” 

2 8 877 + 2,4128 06 35 06 92,7665 


509. Gewölbte Bahndurchfahrt Nr. 2, südliche Stirn, Gesimsstein, [] innen an der 
Brüstung bei St 24,1 — 115” Pl 


3 7 943 + 8,4489 08 65 08 101,2154 


510. Gewölbter Bahndurchlass Nr. 72, westliche Stirn, nördlicher Gesimsstein, 
U] innen an der Brüstung bei St 25,0 — 60” Pl 


4 26 3393 —+33,6652 11 112 06 134,8806 

51l. Offener Bahndurchlass Nr. 68 hinter Station Wildpoldsried, nördl. Wider- 
lager, Deckplatte am zweiten Geleis, Cementplatte £9 bei St 25,3 + 30” Pl 

5 12 1201 —+ 4,2380 05 27 05 139,1186 


Wildpoldsried — Betzigau — Kempten. 


512. Gewölbter Bahndurchlass Nr. 65, westliche Stirndeckplatte, [] 0,07” unter Pl 
bei St 25,5 + 80” 


1 8 794 + 0,0653 05 23 05 139,1839 


513. Hölzerne Balkenbrücke Nr. 59 mit 3 Oeffnungen östl. von Bahnhof Betzigau, 
östliches Widerlager, oberster Deckstein des nördlichen Böschungsflügels 
2 Bl 


2 12 1780 — 0,0884 08 61 06 139,0955 


514. Offene Bahndurchfahrt Nr. 55, südwestliches Widerlager, nordwestlicher Stirn- 
flügel, Deckplatte, U] 0,07® unter Pl bei St 26,2 + 100” 


1 7 869 + 0,6201 07 41 07 139,7156 


515. OD auf einem Findling östl. der Bahn, im Anschnitt nahe am Wärterhaus 102 
bei St 27,1 — sgm 


2 25: Slda a red, or 150 07 155,7479 
516. ee: Nr. 27 nordwestlich der Bahn, gegenüber dem Findling h 
3 1 24 10 - 01 1 a. 156,7560 


187 


Augsburg — Kempten — Lindau — Rorschach. 


Eden, H vw bwl | Cote 


517. Hölzerne Fachwerksbrücke mit 3 Oeffnungen über die Iller, östliches Wider- 
lager, südlicher vorspringender Kopf der Stirnmauer, Gesimsplatte, einge- 
lassene Cementplatte &I bei St 27,4 + 70m Pl. 


4 12 1289 + 9,7455 07 52 06 165,4934 


518. Illerbrücke, westliches Widerlager, südliche ausspringende Nische, [] innen an 
der Brüstung, bei St 27,4 + 190” 


B) l 124 — 0,0249 01 1 03 165,4685 
519. (Fixpunkt unter der Höhenmarke zu Kempten 
6 6 504 + 0,0981 04 16 04 165,5666 


einem Wandpfeiler zwischen zwei Fenstern 


520. [en Ws © am Bahnhof Kempten, Betriebshauptgebäude, Perron, " 
— 1,6619 163,9047 


Kempten — Waltenhofen — Oberdorf — Immenstadt. 


521. Gewölbte Bahndurchfahrt Nr. 32, westliche Stirn, Gesimsstein, [J innen an 
der Brüstung bei St 28,5 + 26” Pl 


1 19 2637 —14,9662 08 70 05 150,5023 


522. Hölzerne Fachwerksbrücke vor Station Waltenhofen, südliches Widerlager, 
östl. ausspringende Nische, [] innen an der Brüstung bei St 29,2-+ 130” Pl 


2 18 2715 — 4,3655 09 80 05 146,1368 


523. Gewölbte Bahndurchfahrt Nr. 17, westliche Stirn, [] innen an der Brüstung 
bei St 30,0 — 20” Pl 


l 22 2829 — 8,6830 09 73 05 137,4538 


524. Schiefer Wegdurchlass östlich der Bahn, vor Station Oberdorf, nördliche 
Srirn, F]yber.St,30,7 ;2 250 


2 18 2669 119377 08 60 05 125,4961 


525. Offener Bahndurchlass bei St 31,8 + 130%, nordöstliches Widerlager, nord- 
westlicher Stirnflügel, nordöstlicher Deckstein, [] 0,07” unter Pl 


1 30 4171 +27,2584 12 138 06 152,7545 


526. Hölzerne Wegbrücke über die Iller, bei Bahnwärterhaus 133, nordwestliches 
Widerlager, südwestl. Stirnflügel, Deckstein, [J bei St 32,9 — 170” etwas 
über Pl \ 

% 28 3820 — 6,8157 10 95 05 145,9388 


188 


Augsburg — Kempten — Lindau — Rorschach. 
g g p 


Nr aa lep | H Ilm | w | Com 


527. Hölzerne Balkenbrücke Nr. 72 mit 2 Oeffnungen für Weg und Bach, östlich 
vom Bahnhof Immenstadt, östliches Widerlager, südlicher Stirnflügel, 
Ü innen an der Brüstung bei St 33,4 + 20” Pl 


3 14 2054 — 14,3640 04 13 03 131,5748 


Immenstadt — Oberstaufen. 


528. Gewölbter Bahndurchlass Nr. 71, nördl. Stirn, östl. Deckstein, [J 0,02” unter 
Blper SE 23.0... 1eb> 


1 7 919 + 1,2322 05 22 05 132,8070 

529. Gedeckter Bahndurchlass Nr. 462, nördliche Stirndeckplatte, [J 0,05% unter 
Pl bei $t 34,7 — 215m 

2 Di 3706 + 0,8923 11 126 06 133,6998 


530. Bahngrenzstein Nr. 55 nördlich der Bahn zwischen Bahn und Weg, = bei 
Sn 39, ar 50 


3 14 1852 — 1,4500 09 83 07 132,2498 

531. Offener Bahndurchlass bei St 35,5 — 30”, Östliches Widerlager, Deckstein, 
el 

4 12 1819.22 23.0993 05 30 05 129,1545 


532. Gedeckter Bahndurchlass Nr. 34, nördliche Stirndeckplatte, = auf der inneren 
Kante, bei St 36,0 — 105= Pl 


5 16 1798 — 3,5350 07 48 05 125,6195 


533. Bahngrenzstein Nr. 324 südöstlich der Bahn, bei St 36,3 — 130” 
6 8 1098 — 4,5748 05 25 05 121,0447 
534. Gedeekter Bahndurchlass Nr. 24, östlicher Böschungsflügel, oberster Deckstein 
des Ueberfalls nördl. der Bahn, [] 0,03” über Pl bei St 37,1 — 70m 
7 24 3039 —19,3816 11 126 06 101,6631 


535. Bahngrenzstein Nr. 70 nördlich der Bahn bei St 37,8 — 90” 
8 19 2636 —22,7774 10 96 06 78,8857 
536. Höhenmarke © am Tunnel nordöstlich Oberstaufen, nordwestliches Portal, 
nordöstliches Widerlager, Leibung nahe der Stirn bei St 37,9 + 60% 
) 4 463 — 5,7057 03 9 04 73,1800 


189 


Augsburg — Kempten — Lindau — Rorschach. 


El moi Bu] on jiw je. Got 


Oberstaufen — Harbatzhofen — Röthenbach. 
537. Gedeckter Bahndurchlass bei St 37,9 + 115”, nordöstliche Stirndeckplatte, 


— unter Pl 
1 1 are. 03 8 05 74,8076 
538. Gedeckter Bahndurchlass Nr. 62 ,östl. Stirndeckplatte, = bei St 38,5 — 20” 
9 14 92048. #10,1797° 06 39 04 84,9873 


539. Festliegender Bruchstein östlich der Bahn im Damm für die Doppelbahn, 
EU] bei St 39,5 + 58% 

3 26 3000 Andale. 10 93 05 101,9091 

540. Gewölbte Bahnbrücke Nr. 9 mit 3 Oeffnungen vor Station Harbatzhofen, 


nordöstliche Stirn, südöstlicher Gesimsstein, [] innen an der Brüstung bei 
Stia39,7 T+25m 


4 4 719,7 707050, 04 15 05 102,6141 
541. Bahngrenzstein Nr. 110 südlich der Bahn bei St 40,5 + 70” 
1 21 3024 —+24,5852 10 97 06 127,1995 


542. Hölzerne Fachwerksbrücke Nr. 139 mit 3 Oeffnungen über den Ellhofer Tobel, 
östliches Widerlager, nördlicher Stirnflügel, ID bei St 40,9 — 135” 


2 10 1278 —+12,4368 08 61 07 139,6361 
543. Bahngrenzstein westlich der Bahn, U] bei St 41,2 

3 10 1234 + 11,9577 06 32 05 151,5938 
544. U] unter der Höhenmarke zu Röthenbach, Fundamentschichtenoberfläche Pl 

4: 18 2101 —-11,5482 07 44 05 162,9420 


545. ‚Höhenmarke © bei Röthenbach, Wegbrücke Nr. 134 für die Staatsstrasse 
| von Isny nach Scheideck, südöstl. Widerlager, bei St 41,8 — 120” 


— 1,4654 161,4766 


Röthenbach — Hergatz. 
546. Gewölbter Bahndurchlass Nr. 116, südliche Stirn, westlicher Stirnflügel, = auf 
der oberen Kante der Stirndeckplatte, bei St 43,0 + 100 
1 33 4729 —47,9118 11 124 05 210,8538 


547. Hölzerne Fachwerksbrücke (Viaduct) Nr. 88 mit 3 Oeffnungen über das Thal 
der Laiblach. Südwestliches Widerlager, südöstlicher Stirnflügel, [J innen 
an der Brüstung bei St 44,5 — 30” Pl 


2 39 5438 —+53,5972 12 141 05 264,45 10 


190 


Augsburg — Kempten — Lindau — Rorschach. 


1 


04 


04 


08 


04 


04 


06 


07 


vl w| wm | Cote 


265,6342 


304,9790 


306,2938 


332,3792 


348,8990 


389,5481 


394,9593 


Nr A | J | D | H 
548. Viaduct Nr. 88, nordöstliches Widerlager, südöstliche Stirn, D] innen an der 
Brüstung bei St 44,5 + 95” Pl 
3 1 ee >) 
549. Bahngrenzstein Nr. 163 südöstlich der Bahn, bei St 45,6 — 140”® unter Pl 
4 26 3872 —+39,3448 09 78 
550. Drehscheibe am Südwestende des Bahnhofs Hergatz, Kranzmauer zwischen 
dem westlichen Geleisstück, U bei St 45,7 + 90” Pl. 
5 4 GM De andgı >66 37 
Hergatz — Schlachters — Oberreitenau. 
551. Wegdurchlass westl. der Bahn für den Bahngraben, = bei St 47,1+200” , nahe- 
zu Pl 
1 32 5322 —+26,0854 10 104 
552. Weg- und Bahndurchlass Nr. 49 im Bahnhof Schlachters, nordöstliche Stirn 
des Wegdurchlasses, Deckplatte, I] bei St 48,2 + 20%, etwas über Pl 
> 24 3926 + 16,5198 07 52 
553. Gewölbte Bahnbrücke Nr. 37 mit 1 Oeffnung, nördliche Stirn, U] auf dem 
östlichen 2,4” langen Deckstein bei St 49,5 — 130” Pl 
1 29 NmAssE an Eaotsagt Ta Hii1sı 
554. Fixpunkt unter der Höhenmarke zu ÖOberreitenau, auf die Treppenwange 
gehauen 
2 TEN 3087. 54119, 0 47 
555. ‚Höhenmarke © am Stationsgebäude zu Oberreitenau, nördliche Schmalseite, 


1 


556. 


557. 


nahe der östlichen Ecke 


Wegdurchlass für den westlichen Bahngraben, südliche Stirndeckplatte, U] bei 


— 1,6948 


Oberreitenau — Lindau. 


St 50,0 + 135” etwas über Pl 


1 


Gewölbte Bahnbrücke Nr. 18, westliche Stirn, südlicher Brüstungsstein, [] bei 


9 


1173 


+ 9,2897 


St 50,8 — 45%, 0,28m über Pl 


2 


19 


2798 


+27,7367 


06 


11 


41 


lH 


06 


06 


393,2645 


404,2490 


431,9857 


Nr 


558. 


559. 
560. 
561. 
562. 


\ 


564. 


563 


565 


566. 


567. 


568. 


191 


Augsburg — Kempten — Lindau — Rorschach. 


A 


JENECHKIEIKEEE: 


Weinbergsgrenzstein östlich der Bahn, = bei St 51,0—150” 
3 5 643 + 5,3120 06 3l 07 437,2977 
Wegdurchlass Nr. 15 neben der Bahn in der Strasse nach Nonnenhorn, nord- 
westliche Stirndeckplatte, [I bei St 51,2 — 30 
4 10 1169 —+13,1732 06 35 05 450,4709 
Bahngrenzstein Nr. 90 an der nordöstlichen Rampe der Ueberfahrt, Nordwest- 
rand derselben, 27% von der Bahnachse entfernt 
5) 5 572 + 2,2922 06 36 08 452,7631 
Bahndurchlass Nr. 8, nordöstliche Stirndeckplatte, [] 0,06% unter Pl bei 
St 51,4 — 135” 
6 1 99 + 0,9749 03 ) 10 453,7380 
Fixpunkt unter der Höhenmarke am Thorbogen vor dem Bahnhof Lindau, in 
den Sockel gehauen 
7 12 1651 + 8,8952 05 29 04 462,6332 


Nordseite, östliches Widerlager 


Höhenmarke & am Thorbogen vor dem Eingang zum Bahnhof en 
— 1,4822 461,1510 


Fixpunkt unter der Höhenmarke an der Einsteighalle im Bahnhof Lindau, auf 
die Bodenplatte gehauen 


8 3 331 — 0,3668 02 4 04 462,2664 
Höhenmarke © an der Einsteighalle im Bahnhof Lindau 
— 0,3579 461,9085 


Fixpunkt auf der Hafenmauer bei den Pegeln, & 
9 6 550 + 1,9051 04 18 06 464,1715 


Pegel 


Höhenmarke © an der Quaimauer des Hafens, neben dem eingemeisselten 
10 1 + 0,4701 01 1 464,6416 


Oberkante des hölzernen Pegels, welcher über dem eingemeisselten befestigt 
ist. (Abstich von da zum obersten Theilstrich des eingemeisselten Pegels: 
+ 0,276” ) 

11 1 + 0,1716 464,343 1 


Abh. d. II. Cl.d. k. Ak. d. Wiss. X. Bd. III. Abth. 25 


192 


Augsburg — Kempten — Lindau — Rorschach. 


Nr nz: we ji w | Cote 
569. Dritter Fusstheilstrich an dem hölzernen Pegel 
+ 1,7573 466,1004 
570. Nullpunkt dieses Pegels, angenommen zu 
+ 0,8756 466,9760 
— Mittlerer Wasserspiegel am 2. November 1869 Nachmittags von 3/4 bis 3° Uhr 
466,451 


Lindau — Bregenz. 


560. Bahngrenzstein Nr. 90 an der nordöstlichen Rampe der Ueberfahrt, Nordwest- 
rand derselben, 27% von der Bahnachse entfernt 


452,7631 

571. Stundensäule am Zusammenstoss der Enzisweiler und Bregenzer Strasse, nord- 
westlich der letzteren, = 

1 22 1800 + 10,0099 08 61 06 462,7730 


572. (Südlicher Abweisestein am Zusammenstoss der Enzisweiler und Bregenzer 
Strasse am Exercirplatz, = 


2 1 45,2 .2).9.03054.. 7301 1 05 462,7835 
573. Wegbrücke über die Laiblach, westliches Widerlager, nördlicher Böschungs- 
flügel, oberster Deckstein, U] 
3 29 4093 — 1,2257 14 185 07 461,5473 
574. Strassendurchlass über den Mühlkanal der Laiblach, nördliche Stirn, westliche 
Deckplatte der Brüstung, & 
4 1 58 — 0,3045 02 3 07 461,2428 
575. OD auf dem mit Platten belegten Fussweg über der Stützmauer dicht beim See 
nördlich Bregenz, 33% nördlich von dem ersten vorspringenden Ruheplatz 
5 15 2583 + 1,5998 09 88 06 462,8426 
576. 0) auf der Quaimauer westlich der Einfahrt zum Bregenzer Hafen, dicht am 
Rand einer Deckplatte 
6 12 1644 + 1,0481 04 17 03 463,8907 


193 


Augsburg — Kempten — Lindau — Rorschach. 


lolel a | |e|r 


Höhenmarke © an der Hafenmauer, östlich neben dem eingemeisselten Pegel 
1 41 + 0,7178 01 1 05 


cerechnet: 8° Fa 84 östr. = 8, 3838’ 
+ 2,6502 467,2587 


von der Höhenmarke aus gemessen 


+ 1,830 466,439 


578. Pe des eu Pegels zu Bregenz; von der Höhenmarke aus 
von a Wasserspiegel am 2. November 1869 Nachmittags 3Y/a bis 3%« Uhr, \ 


Bregenz — Hard — Fussach. 


579. Grenzstein am Kreuzweg gegenüber Kloster Mererau, = 


1 107 2638 — 1,9498 07 44 04 461,9409 


580. ‚Grenzstein am Waldsaum, neben dem Waldweg von Mererau nach Rieden, = 
2 1 145 — 20772062 01 2 04 DEN. 


581. ‚Gewachsener Stein in der engen Gasse des Dorfes Rieden von Mererau her, = 
2° 16 1485 —14,8482 08 58 06 446,3465 


582. Fixpunkt auf einem der äussersten festgelagerten Steine des Leitwerkes bei dem 
Weg von Mererau zum Fähreplatz nach Hard, = 


3 13 1640 — 3,6351 06 31 04 458,3058 


583. Gewölbte Wegbrücke über den Bach in Hard, westliche Stirnmauer, Ober- 
fläche des nördlichen gemauerten Strebepfeilers = 


4 13 1633 + 4,5793 05 23 04 462,8851 


584. Gewölbte Strassenbrücke mit 2 Oeffnungen über einen Arm der Lautrach, 
105” nordöstlich der Nebenstrasse nach Fussach, nordwestliche Stirn, süd- 
licher Brüstungsstein, ©) auf dem Sitz 


] 11 1592 — 0,0389 06 41 05 462,846? 


585. (Fixpunkt auf der östlichen Quaimauer des Landungsdammes bei Fussach, 
85® nördlich von einem Stundenstein, gezeichnet „1l'/‘. Deckplatte, CI dicht 
am Rand 

2 12 1746 + 1,4169 06 34 04 464,2631 

23° 


194 


Augsburg — Kempten — Lindau — Rorschach. 


Nr 


A HD min Alu 


Höhenmarke © an der Hafenmauer bei Fussach, 145” nördl. vom BE 
n 2 148 + 0,8081 01 1 03 465,0712 
587. (ra des oberen hölzernen Pegels zu Fussach, vom Fixpunkt Nr. | 


aus gerechnet 
—+ 3,0048 467,2679 


Mittlerer Wasserspiegel am 2. November 1869 Nachmittags von 3!/a bis 
33/a Uhr, von der Höhenmarke aus gemessen 


+ 1,370 466,442 


Fussach — St. Margarethen — Rheineck. 


588. Prallstein gegenüber dem Wegweiser an der Kreuzungsstelle der Strassen von 
Höchst nach Bregenz und "Feldkirch , Scheunenecke des Schwanenwirths- 
hauses zu Höchst, = 


1 23 3666 — 9,6157 09 81 05 460,2305 

589. Stundenstein, 65” östlich von dem Prallstein, = auf der höchsten Stelle des 
Kopfes, an der Nordseite 

2 1 69 — 0,0056 02 3 07 460,2249 


390. Deckstein der Rampenstützmauer bei der Fähre zwischen Höchst und St. Mar- 
garethen, auf dem rechten Rheinufer, U 


3 7 737 + 0,3305 05 23 06 460,5610 
591. Gewölbter Wegdurchlass unter der Zufuhrstrasse von der Fähre zum Bahnhof 


St Margarethen, nördlich der Bahn, unter einem Kreuzweg, nordwestliche 
Stirn, nordöstlicher Böschungsflügel, & 


4 5 55 ) 0,8804) 04 15 05 459,9806 

592. Fixpunkt auf der Stützmauer des Bahndammes südöstlich Rheineck, 23” nord- 
westlich der Ueberfahrt zur Fähre, = 

1 24 3614 + 1,5850 09 79 05 461,5656 


593. ‚Schiefer offener Bahndurchlass für den Mühlbach bei der Rheinecker Fähre, 
| westliches Widerlager, nördlicher Stircnflügel, Eckquader, & | 


2 1 93 — 0,1607 01 1 03 461,4049 


594. Offener Bahndurchlass nordwestl. der Station Rheineck, südöstliches Wider- 
lager, nordöstlicher Stirnflügel, Eekquader, & 


3 6 714. W223 0NsBn >: 03 11 04 461,7017 


195 
Augsburg — Kempten — Lindau — Rorschach. 


Nr 


hi |*D 


H www | Cote 
Rheineck — Rorschach. 


595. Offener Bahndurchlass 230% südöstlich Bahnwärterposten 96, nordwestliches 
Widerlager, nordöstlicher Stirnflügel, Deckstein 2,5” lang, &5 Pl 
1 15 2329 + 0,8304 07 45 04 462,5321 


596. Offener Bahndurchlass am östlichen Eingang zum Bahnhof Rorschach, bei 
Bahnwärterhaus Nr. 85, westliches Widerlager, südlicher Deckstein 5 Pl 


2 25 4027 + 0,1748 06 41 03 462,7069 


597. Gewölbter Bahndurchlass gegenüber Bahnwärterhaus Nr. 580, südliche Stirn- 
deekplatte, c5 Pl 


3 10 1225 2 15,3108 03 11 03 464,0177 

598. Fixpunkt auf der Hafenmauer neben dem eisernen Pegel, [9 dicht am Rand, 
Hafenseite 

4 3 315 + 0,4925 01 02 03 464,5102 


Nähe des am Sockel befestigten eisernen Pegels 
5 1 65 + 0,6851 01 17004 465,1953 


600. (Eiserner Pegel am Kornhaus, in den Sockel eingelassen. Dreizehnter Fuss- 
strich, Kante, an der Mitte des darüber befindlichen quadratischen Zollaus- 
schnitts anvisirt 


599. nz © an der Hafenmauer beim Kornhaus in Rorschach, in al 


1 — 0,1389 01 1 463,7713 
601. (Berechneter Nullpunkt dieses Pegels 
! + 3,9000 ea 
602. Eiserner Pegel an der Quaimauer, Oberfläche gleich Theilstrich 10,8 über Null 
1 — 0,0740 464,4362 
603. Berechneter Nullpunkt dieses Pegels 
+ 3,2400 467,6762 


— Mittlerer Wasserspiegel am 2. November 1869 Nachmittags von 3!/a bis 
3%4 Uhr an dem Pegel bei der Quaimauer beobachtet. 
21,233 466,443 


196 


Lindau — Kressbronn. 


Nr a ja en H nz a u 


Lindau — Nonnenhorn — Kresshronn. 


559. Wegdurchlass Nr. 15 .neben der Bahn, in der Strasse von Lindau nach 
Nonnenhorn, nordwestl. Stirndeckplatte, C9 bei Bahnstunde 51,2 — 30” 


450,4709 
604. Gewölbter Wegdurchlass Nr. 19 für den Bach von Öberreitenau, nördliche 
Stirn, 5 
1 19 1566 —+ 7,1576 08 zul 07 457,6285 
605. Kreuzweg östlich Nonnenhorn, zwischen Landstrasse und See, = auf dem 
zweiten Prallstein von Norden her 
2 28 3147 — 6,5138 12 145 07 451,1147 


606. Landesgrenzstein gegenüber dem Zollhaus bei Nonnenhorn, gezeichnet „B W 4“ 
— auf der Pyramide. (Dieselbe ist um einige Millimeter abgestumpft 


worden). 
3 10 873 — 10,7149 03 10 03 440,3998 
607. Prallstein 5” nordöstlich vom Landesgrenzstein, = 
4 2 — 0,2769 01 1 440,1229 


westseite des Zollhauses am Kellerfenster 
5 1 19 —+ 0,6797 04 19 32 440,8026 


609. (Neue bayerische Höhenmarke &, Nordostseite des Zollhauses bei Nonnenhorn, 
| östlich neben der Eingangsthür 


608. | estnte de vertikale Höhenmarke Nr. 233, Glaswürfel auf der nn 


6 1 19 — 1,1894 01 01 07 438,9335 
— Alte bayerische Höhenmarke, jetzt entfernt, unter der neuen 
N 1 19) 20.0494 140,0735} 


606. Landesgrenzstein „B W 4“ 
440,3998 


610. Landesgrenzstein „B W 3“, höchster Punkt der schief abgestumpften Pyra- 
mide, am Zusammenstoss der Landstrasse und des Weges längs der Grenze 


1 S 860 + 6,1706 03 12 04 446,5704 


611. Zollhaus zuKressbronn. Würtembergische vertikale Glasmarke Nr.232, Nord- 
ecke des Hauses, in den Sockel eingelassen 
2 10 741 —+-16,4563 06 32 07 463,0267 
— Mittlerer Wasserspiegel des Bodensees am 2. November 1869 Nachmittags von 
3l/a bis 3% Uhr 
ul 466,437 


Stand. 


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A Stand 6. 


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Beiträge 


zur 


Anatomie des Hylobates leuciscus 


und 


zu einer vergleichenden Anatomie der Muskeln 


der Affen und des Menschen. 


Von 


Th. L. W. Bischoff. 


Abh.d. II.Cl.d. k. Ak.d. Wiss. X.Bd. III. Abth. 26 


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Beiträge 


Anatomie des Hylobates leueiscus 


und zu einer vergleichenden Anatomie der Muskeln der Affen 


und des Menschen. 


Von 
Professor Dr. Th. L. W. Bischoff. 


Im vergangenen Winter erhielt ich unter freundlicher Vermittlung 
des Naturalienhändlers Herrn G. A. Frank in Amsterdam durch die 
grosse Liberalität des Hrn. Dr. Westermann, Vorsteher des zoologischen 
Gartens in Amsterdam, einen daselbst verstorbenen Hylobates leuciscus 
ganz frisch und wohlerhalten zum Geschenk. 

Die seltene Gelegenheit ein solches Thier frisch zu untersuchen, 
durfte ich nicht unbenutzt vorüber gehen lassen, und da ich glaube, 
dass die Resultate dieser Untersuchung bei dem Interesse, welches be- 
sonders die menschenähnlicheren Affen fortwährend in gesteigertem 
Maasse auf sich ziehen, eine Veröffentlichung verdienen, so erlaube ich 
mir dieselben hiemit der naturhistorischen mathematischen Classe der 
Akademie vorzulegen. 

Ich habe dabei vorzugsweise den Muskeln meine Aufmerksamkeit 
gewidmet, und da ich im Besitze eines Chimpans& und zahlreicher anderer 
Affen in Weingeist war, und endlich auch noch so glücklich war, dass 
Hr. Professor Lucae in Frankfurt die grosse Güte hatte, mir einen 
jungen Orang zur Untersuchung der Muskeln zu überlassen, so habe 
ich dadurch die Möglichkeit einer Uebersicht der Anordnung der Muskeln 
bei diesen Thieren erlangt, die ich vorzüglich zur Prüfung des bekannten 

26* 


200 


Huxleyschen Satzes benutzt habe: ‚Dass die Unterschiede in der Muskel- 
anordnung zwischen den sogenannten menschenähnlichen Affen und dem 
Menschen geringer seien, als zwischen diesen Affen und den übrigen 
Mitgliedern ihres Stammes.“ Es ergab sich dabei von selbst die Auf- 
merksamkeit vorzüglich auf Hand und Fuss, oder um unpartheiisch zu 
sein, auf die Endglieder beider Extremitäten zu richten, und hoffe ich 
daher auch zur Entscheidung der an diese sich knüpfenden Frage einige 
Beiträge geben zu können. 

Wir besitzen, so viel ich habe ermitteln können, keine Monographie 
über den anatomischen Bau eines Hylobates. Mehrere Angaben finden sich 
in dem Artikel Quadrumana der Cyclopädia of Anatomy and Physiologie 
Vol. IV. p. 194 von W. Vrolik. Das Gehirn ist abgebildet und einige 
Bemerkungen über den Luftsack, Kehlkopf, die Lungen, Magen und 
Darm finden sich bei Sandifort in seiner Ortleedkundige Beschryving 
van een volwassen Orang-oetan in den Verhandelingen over de natuurlyke 
Geschiedeniss der Neederlandsche Bezittingen Leyden 1840. Sehr schätzens- 
werthe Beiträge lieferte Professor Huxley in seinen Vorlesungen über 
die Structur und Classification der Säugethiere in der Med. Times und 
Gazette. 1864. I p. 618 et sqq. Ueber das Aeussere der Hylobates 
und namentlich des Hylobates leuciscus sind die betreffenden zoologischen 
Werke von Raffles, Cuvier, Geoffroy, Lesser, Audibert etc. nachzu- 
sehen. Ich begnüge mich in dieser Hinsicht eine Photographie des 
Kopfes meines Thieres zu geben, welche man namentlich mit der von 
Häckel auf dem Titelblatte seiner natürlichen Schöpfungsgeschichte ge- 
gebenen vergleichen möge. Eine interessante Nachricht über das Ver- 
halten eines lebenden Hylobates syndactylus während der Ueberfahrt, gegen 
deren Ende derselbe indessen leider starb, gab Bennet in seinen Wanderings 
in New south Wales, mitgetheilt in Frorieps Notizen 1835. Nr. 936. 

. Mein Hylobates war noch ein junges nicht ausgewachsenes Thier, 
zwar nach vollendetem Zahnwechsel, aber mit nur vier Backzähnen, weib- 
lichen Geschlechtes. 

Das ganze Thier vom Scheitel bis zur Ferse, die Knie 

gestreckt, maass . . 2, ST Guns 
Der Rumpf vom Scheitel So zum Steiss I 
Von der Schulterhöhe bis zum Ellenbogen . . . . 22 „ 


201 


Vom Ellenbogen bis zur Handwurzel . . . . .... 22 Ctm. 
Dierkland®” im" Mittelinger+ „PUR Tay: zunat. PIERRE 
DOM ODerseROHREI BI ANDERN Tan. Mad IND DO ig SEM 
Der tWirtterschenkeN mM NORA TBERIURNON An Eee 
Der Fuss in der mittleren Zehke . . Ol 


Das Gewicht des sehr mageren Thieres beta 1730 Grm., etwas 
mehr als 31/2 Zollpfund. 


I. Das Skelet. 


Ueber das Skelet bin ich nicht im Stande aus eigener Beobachtung 
etwas Neues auszusagen, da ich das Thier mit den Muskeln in Spiritus 
aufbewahrt habe. Ich begnüge mich daher mit folgenden Angaben 
nach Huxley, Vrolik und Lucae, von welchen Vrolik am angegebenen Orte 
auch eine leider nur verkleinerte Abbildung des Schädels und Skeletes 
des Hylobates syndactylus gegeben hat. 

Es ist bekannt, dass das Skelet des Hylobates in manchen Punkten 
mit dem des Menschen mehr übereinstimmt, als das des Orang und des 
Chimpanse, und hierin nur vom Gorilla übertroffen wird. 

Am Schädel sind die Arcus supraciliares und die Lineae semicircu- 
lares stark entwickelt; allein letztere stossen auch bei dem Männchen 
nicht auf dem Schädel in einer Crista zusammen. Der Interorbital-Raum 
ist breit wie beim Menschen; die Nasenbeine sind beim jungen Thiere 
doppelt, verwachsen später, sind aber breiter als beim Orang und 
Chimpanse. Die grossen Flügel des Keilbeines erreichen die Schläfen- 
beine in ansehnlicher Ausdehnung. Der Gesichtstheil des Schädels ist 
überhaupt breit und nicht so vortretend, wie bei den anderen Anthro- 
poiden. Das Kinn hat eine vertikale Richtung und runde Form; der 
Processus coronoideus des Unterkiefers ist nicht sehr hoch. In all die- 
sem nähert sich der Gibbon-Schädel dem des Menschen. Dagegen 
ist der Schädel verhältnissmässig noch kleiner als bei den anderen 
Anthropoiden. Der Processus mastoideus fehlt, das Foramen magnum 
ist mehr nach hinten gerückt; der äussere Rand der Orbita ist wegen 
starker Entwicklung der pars orbitalis des Wangenbeines stark ange- 
schwollen. Die Ala magna des Keilbeines trägt Nichts zur Bildung der 


202 


Orbita bei und der obere Rand der Schuppe des Schläfenbeines ist wie 
beim Orang und Chimpanse mehr gerade. Die Näthe des Zwischenkiefers 
persistiren bis nach dem Ausbruch der bleibenden Zähne; der Gaumen 
ist lang und schmal; der horizontale Ast des Unterkiefers lang. 

Auch in Beziehung auf die Wirbelsäule nähert sich Hylobates in 
vielen Stücken dem Menschen mehr als der Orang und Chimpanse. Er 
hat zwar 13 Rückenwirbel, was ja auch bei dem Menschen zuweilen 
vorkommt; aber 5 Lendenwirbel, deren Stärke und Breite von vorne 
nach hinten zunimmt, und ein wahres, ansehnlich breites, jedoch wenig 
ausgehöhltes Kreuzbein. Die Stellung der Gelenkfortsätze der Halswirbel, 
die Neigung der Dornfortsätze der vier oberen Rückenwirbel, die Gestalt 
der Querfortsätze und Dornfortsätze der Lendenwirbel ist ganz menschen- 
ähnlich. Das Brustbein besteht aus denselben Stücken wie beim Menschen, 
Handgriff, Körper und Schwertfortsatz; doch ist dasselbe verhältniss- 
mässig breiter und kürzer, und der Körper besteht aus zwei symetrischen 
Seitenhälften. Trotz des breiten Kreuzbeines zeigt indessen das übrige 
Becken nach Professor Huxley eine bemerkenswerthe Degradation. Das 
Darmbein ist schmal, vorne flach und hinten concav; die Symphysis 
ossium pubis ist sehr lang und der Arcus pubis fast verschwunden. 
Die Tubera Ischii bilden von unten angesehen einen sehr offenen Winkel, 
und besitzen eine flache oder schwachconcave Endfläche für die Callo- 
sitäten der Haut, welche ansehnlich sind. Der gerade Durchmesser des 
Beckens ist lang, der quere kurz, das Becken daher eng. 

Dagegen entfernt sich Hylobates in Beziehung auf die Länge der 
Extremitäten, besonders der oberen, welche in aufrechter Stellung die 
Erde berühren, am Meisten von allen Anthropoiden von dem Menschen. 
Dieses ist nach den Untersuchungen von Professor Lucae (Die Hand 
und der Fuss. Ein Beitrag zur vergleichenden Osteologie der Menschen, 
Affen und Beutelthiere. Frankfurt a./M. 1866.) auch in Beziehung auf das 
Verhältniss derselben zur Wirbelsäule der Fall. Dennoch steht der Hylobates 
in Beziehung auf das Verhältniss der Länge des Armes und des Beines 
zu einander, ausser dem Ohimpanse, dem Menschen am nächsten, indessen 
ist auch bei ihm, wie bei allen Anthropoiden, der Arm grösser. Rück- 
sichtlich des Verhältnisses von Ober- und Unterarm, so ist ersterer bei 
Hylobates kleiner, während er bei den übrigen Anthropoiden grösser 


203 


ist. Der Oberschenkel ist zwar bei allen Anthropoiden grösser als der 
Unterschenkel, allein beim Hylobates ist dieser Unterschied am grössten. 
Bei meinem Hylobates leuciscus ist er gering, nur 2 Ctm.; bei einem 
Skelet von Hylobates Lar. dagegen 4 Ctm. Ebenso hat derselbe eine 
grössere Hand als Fuss und entfernt sich darin am Meisten von dem 
Menschen unter den Anthropoiden. Dem Hylobates ist es ferner in 
Betreff der Ober- und Unterextremitäten noch eigen, sagt Professor Lucae, 
dass das Caput humeri wenig nach hinten tritt, der Processus cubitalis 
aber wieder eine etwas schräge Lage von innen und unten nach aussen 
und oben annimmt. In der Dyaphyse des Oberarms erscheint auch eine 
Beugung, jedoch nicht wie beim Orang mit der Convexität nach hinten, 
sondern nach vorne. Das Schulterblatt entfernt sich ansehnlich von 
dem des Menschen, denn die Wurzel der Spina neigt sich stark dem 
unteren Winkel zu, und die Fossa supraspinata wird dadurch viel grösser. 
In Beziehung auf die Hand ist ferner zu bemerken, dass am Carpo- 
Metacarpalgelenk!) des Daumens kein Sattel, sondern eine freie Arthrodie 
vorhanden ist, indem die ausgehöhlte pfannenartige Gelenkhöhle am 
Metacarpus des Daumens auf einem runden Gelenkkopf des Os multan- 
gulum majus articulirt. Der Schenkelhals ist sehr kurz und die Spitze 
des Trochanter major überragt den Kopf des Femur. Der Hals dieses 
Knochens bildet einen grösseren Winkel zur Axe der Condylen, als bei 
den übrigen Anthropoiden. Am Fuss ist der Tarsus verhältnissmässsig 
lang und gross, allein der Fersenfortsatz ist kurz, und statt nach oben, 
nach unten ausgehöhlt, aber nicht um die Axe gedreht. Der äussere 
Rand der Talusrolle steht wie bei allen Affen aussen höher. Die grosse 
Zehe ist ungleich grösser und stärker als beim Orang und articulirt 
auf einer Walze im Charnier. 


I. Die Muskeln. 


Was die Muskeln meines Hylobates betrifft, so habe ich sie zwar 
Alle sorgfältig präparirt; allein es scheint mir keinen besonderen Werth 


1) Herr Professor Lucae hat mich gebeten, zu bemerken, dass Pag. 21. Zeile 10 und Pag. 48. 
Zeile7 und Zeile30 seiner Abhandlung statt Tarso-metatarsal, Metacarpo-phalangeal Gelenk 
und Pag. 29 Zeile 3, statt Carpo-metacarpal, Metacarpo-phalangeal Gelenk gelesen werden muss. 


204 


zu haben, dieselben alle systematisch aufzuzählen und zu beschreiben. 
Ich halte es für werthvoller, vorzüglich nur von denjenigen zu sprechen, 
welche Abweichungen von der Muskulatur des Menschen oder anderer 
Affen darbieten, und namentlich in Beziehung auf letztere einen genaueren 
Vergleich der Anordnung ihrer Muskeln mit denen des Menschen zu 
geben. Ich habe zu diesem Zweck einen jungen weiblichen Chimpanse 
und Orang, dann einen ausgewachsenen männlichen Cynocephalus Maimon, 
mehrere Cercopitheci und Macaci, die Extremitäten einer Pethecia hirsuta 
und einen Hapale penicillata benutzen können, deren Muskeln ich selbst 
präparirt und mit einander verglichen habe. Zugleich habe ich dabei 
auch die Muskeln des Gorilla nach der Beschreibung von Duvernoy in 
seinen Memoires des Grands Singes pseudo-authropomorphes in den 
Archives du Museum d’histoire naturelle, T. VII berücksichtigt. 

Die Gesichtsmuskeln, deren starke Entwicklung und Isolirung 
für den Menschen so charakteristisch ist, sind bei Hylobates wenig ent- 
wickelt. Duvernoy hat zwar bei dem Gorilla die Mehrzahl derselben 
einzeln darstellen können und beschrieben, namentlich den Orbicularis 
palpebrarum, Pyramidalis nasi, Zygomaticus major (keinen minor), Levator 
labii superioris alaeque nasi, Levator labii superioris proprius, Levator 
anguli oris, Orbicularis oris, Buccinator und einen Quadratus menti während 
der Triangularis oder Depressor anguli oris und der Levator menti nicht 
genannt wurden. Die Abbildung zeigt aber, dass alle diese Muskeln 
in ihrer Entwicklung weit hinter der bei dem Menschen zurückgeblieben 
sind, während der Subcutaneus colli namentlich in seiner in das Gesicht 
übergehenden Partie sehr stark ausgebildet ist. Bei meinem jungen 
Chimpans& und Orang und ebenso bei dem Hylobates, sind die Gesichts- 
Muskeln bis auf den Orbicularis palpebrarum, Orbicularis oris und 
Buccinator alle nur als reine Hautmuskelfasern vorfanden, welchen man 
zwar nach ihrer Richtung entsprechende Namen wie bei dem Menschen 
geben könnte, die aber so wenig von einander isolirt sind, dass dieses 
kaum gerechtfertigt erscheinen würde. Das ist ebenso bei den anderen 
Affen der Fall und ich glaube, dass man ganz füglich bei dem alten 
Satze stehen bleiben kann, dass sich der Mensch von allen Thieren und 
auch von den höchst stehenden Affen sehr wesentlich durch die starke 
Entwicklung und die Isolirung seiner Gesichtsmuskeln auszeichnet. Die 


205 


Affen sind zwar vortreffliche Gesichtsschneider, und die niedrigen Leiden- 
schaften von Begierde und Zorn drücken sich in Verzerrungen ihres 
ganzen Gesichtes recht kräftig aus. Allein der physiognomische Ausdruck 
des Gesichtes, der bei dem Menschen alle seine Seeien-Regungen und 
Leidenschaften so charakteristisch und treu abspiegelt, steht ebensoviel 
höher, als die Entwicklung der Gesichts-Muskeln vollkommener ist, 
als bei den Affen ist. Auf keinen Fall aber wäre hier Gelegenheit ge- 
geben, mit Professor Huxley zu sagen, dass die Anthropoiden in der 
Entwicklung ihrer Gesichtsmuskeln dem Menschen näher, als ihren 
anderen Stammverwandten stehen, denn es findet sich eben eine all- 
mählige Degradation, die vom Gorilla anfängt und sich bis auf die 
niedrigsten Affen fortsetzt. 

Von den Muskeln an der vorderen Seite des Halses erwähne ich 
zuerst 

Den Sternocleidomastoideus. Dieser ist bei dem Hylobates 
vollkommen in zwei Muskeln getrennt. Der Sternomastoideus reicht 
in seinem Ursprung weit über das Manubrium sterni herab, und der 
Cleidomastoideus setzt sich an die untere Fläche des Schädeltheiles fest, 
der etwa dem Processus mastoideus entspricht, welcher als solcher beim 
Hylobates, wie bei den meisten Anthropoiden fehlt. Diese Zerlegung 
des Sternocleidomastoideus in zwei Muskeln findet sich beim Gorilla 
nicht; sie findet sich aber beim Orang und Chimpanse, dagegen sie bei 
den niederen Affen, dem Cynocephalus, Cercopithecus, Macacus, Pethecia, 
Hapale wieder fehlt. Der Huxleysche Satz passt also hier gar nicht; 
der Gorilla ist in Betreff dieses Muskels dem Menschen, aber auch den 
niederen Affen gleich. Der Orang, Chimpanse, Hylobates sind allerdings 
von diesen, aber auch vom Menschen in gleicher Weise verschieden. 
Als Varietät findet sich diese Spaltung auch zuweilen beim Menschen. 

In Beziehung auf den ÖOmohyoideus scheint kein anderer Unter- 
schied zwischen Mensch und Affen vorhanden zu sein, als dass sein Tendo 
intermedius öfter fehlt. Doch ist es bemerkenswerth, dass der ganze 
Muskel bei meinem Orang auf beiden Seiten fehlt. Dieses ist nach der 
Angabe anderer Autoren, Cuvier, Sandifort, Alix etc. bei anderen Orangs 
nicht der Fall, und scheint also nur eine individuelle Abweichung zu 
sein. Nach Hr. Alix entspringt er übrigens bei dem von diesem unter- 
Abh. d. II. Cl.d. k. Ak.d. Wiss. X. Bd. III. Abth. 27 


206 


suchten Orang ausser vom Schulterblatt auch noch vom Schlüsselbein, 
was bekanntlich auch öfter beim Menschen der Fall ist. 

Der Digastricus maxillae inferioris verhält sich beim Hylobates 
wie beim Menschen; namentlich setzt sich sein Tendo intermedius an 
das Zungenbein fest und durchbohrt hier den Stylohyoideus. Dieses 
ist auch bei allen Affen der Fall mit Ausnahme des Orang, bei welchem 
dieser Muskel merkwürdiger Weise nur seinen hintern Kopf besitzt, und 
sich mit einer starken Sehne an den Winkel des Unterkiefers festsetzt. 
Es ist schwer zu sagen, ob dieser Muskel dadurch beim Orang an Kraft 
seiner Wirksamkeit auf den Unterkiefer gewinnt oder verliert. Denn 
was er etwa durch Ablösung von dem immerhin beweglichen Zungen- 
bein gewinnt, das verliert er durch seine nähere Befestigung an dem 
Gelenk. Jedenfalls entspricht diese Anordnung des Omohyoideus bei 
dem Orang dem Huxleyschen Satze nicht. 

Die Scaleni zeigen bei meinem Hylobates ebenso wenig wie beim 
Orang und Chimpanse eine wesentliche Abweichung von der Anordnung 
derselben beim Menschen. Es findet sich ein Scalenus anterior und 
posterior zwischen denen die Art. subclavia über die erste Rippe herüber- 
geht. Freilich der Frankfurter Orang besitzt den Scalenus anterior 
auffallender Weise nicht. Allein das scheint wieder eine individuelle 
Abweichung zu sein; nach den übrigen Autoren fehlt dem Orang dieser 
Muskel nicht. Ausserdem theilt mir Hr. Alix mit, dass er auch bei 
dem Orang wie bei dem Chimpanse und anderen Affen, ein kleines 
Muskelbündel findet, welches von dem tuberculum anterius des Quer- 
fortsatzes des 6. Halswirbels zur ersten Rippe geht, welches beim 
Menschen wenigstens in der Regel fehlt. Ein Scalenus tertius, für 
den beim Menschen das Kennzeichen gilt, dass er sich an die zweite 
Rippe festsetzt, fehlt bei allen Anthropoiden und eigentlich auch den 
übrigen Affen. Denn es ist doch wohl nur eine Modification des Ver- 
haltens des Scalenus posterior, wenn derselbe bei den übrigen Affen 
ausser an die erste, auch an die 2., 3., 4. und selbst 5. Rippe hinab- 
steigt und darin eine auffallende Abweichung von der Anordnung beim 
Menschen zeigt. Hier bestätigt sich der Huxleysche Satz: die Anthro- 
poiden stehen in der Anordnung dieses Scalenus posterior dem Menschen 
näher als die übrigen Affen. 


207 


Bei allen Affen, auch den Anthropoiden und dem Hylobates, findet 
sich an den Seiten des Halses ein langer Muskel der vom Schultergürtel 
entspringend, sich an den Querfortsatz des ersten Halswirbels festsetzt. 
Mit Unrecht sagt Hr. Broca Bulletins de la Soc. d’Anthropologie de 
Paris, IV. 1869, pag. 313, dass dieser Muskel beim Gorilla und Chimpanse 
fehle. Duvernoy beschreibt ihn p. 175 seiner genannten Abhandlung 
und bildet ihn Pl. XI, I, 4 vom Gorilla ab. Beim Chimpans& beschrieben 
ihn alle neueren Autoren und ich sehe ihn selbst bei meinem Exemplare. 
Ich nenne ihn Omo-cervicalis und nicht cleido-cervicalis oder acromio- 
trachealis wie Cuvier und Andere, weil er rücksichtlich seines Ursprunges 
vom Schultergürtel bei verschiedenen Affen variirt. Bei den vier Anthro- 
poiden entspringt er allerdings vom Schlüsselbein; allein bei Cynocephalus 
schon vom Acromion und bei Macacus sogar auch noch von der Spina 
scapulae, daher weder der Name cleido-cervicalis noch acromio-trachealis 
passt. Allein dieser Muskel ist gegen Huxley ein glänzender Beweis 
der Verwandtschaft aller Affen untereinander, welche ihn sämmtlich 
besitzen, während er bei dem Menschen sich nie auch nur als Varietät 
findet. Denn auch ein von Theile als Varietät bei einem Menschen be- 
schriebener und von der Mitte des Schlüsselbeins entspringender Muskel 
gehört nicht hieher, da dieser sich an den Querfortsatz des 4. nnd 
5. Halswirbels festsetzte, während der Omo-cervicalis der Affen stets 
an den Querfortsatz des Atlass geht. 

M. Levator scapulae und Serratus anticus major. Diese 
beiden Muskeln sind bekanntlich bei dem Menschen ganz von einander 
getrennt, der eine liegt an der Seite des Halses der andere an der Seite 
der Brust. Allein die Affen geben uns den vollkommensten Beweis, 
dass beide Muskeln zusammengehören, und einen einzigen grossen Muskel 
darstellen, der von den Rippen der Brust- und Hals-Wirbel (von den 
Querfortsätzen der letztern) an die ganze Basis des Schulterblattes geht. 
Das ist bei Oynocephalus, Macacus, Cercopithecus und Hapale ganz evident, 
indem die von der ersten Rippe entspringenden Bündel unmittelbar mit 
solchen von dem Querfortsatze des siebenten und sechsten etc. Hals- 
wirbels ausgehenden zusammenhängen. Bei den vier Anthropoiden ist 
es aber nicht so; bei ihnen verhalten sich beide Muskeln wie bei dem 


Menschen, indem sie bei dem Mangel der von den Querfortsätzen der 
2 


208 


unteren Halswirbel entspringenden Zacken, durch einen Zwischenraum 
von einander getrennt sind. Hier also findet Professor Huxleys Satz 
eine Bestätigung: die Anthropoiden stehen dem Menschen näher als 
ihren nächsten Stammverwandten. Uebrigens ist es bekannt, dass der 
Levator scapulae auch bei dem Menschen zuweilen von mehr als den 
vier oberen Halswirbeln entspringt; Henle sah ihn viermal von sämmt- 
lichen Halswirbeln ausgehen, so dass er also in diesem Falle ganz wie 
bei den Affen angeordnet war. 

Die Nackenmuskeln, der Cucullaris, Splenius, Complexus und 
Biventer, vor Allem die Rhomboidei sind bei allen Affen stärker ent- 
wickelt als bei dem Menschen. Selbst an meinem Orang findet sich, 
wie bei den niederen Affen durchgehends, ein Bündel des Rhomboideus 
welches herauf bis an das Hinterhaupt geht. Herr Broca (Bulletins de 
la Soci&te d’Anthropologie de Paris 1869, IV, p. 312,) findet dieses nicht 
wahrscheinlich weil Duvernoy sagt, dass der Kopftheil des Cucullaris 
beim Gorilla schwach sei. Doch sagt Duvernoy selbst, dass er sich 
von den Dornfortsätzen aller Halswirbel ‚mit Ausnahme der beiden 
obersten entwickle, während er bei dem Menschen nur von dem Dorn- 
fortsatze des 7. Halswirbels entspringt. Vom Rhomboideus sagt Duvernoy 
nur, dass sein Ursprung von den Dornfortsätzen breiter sei, als sein 
Ansatz an das Schulterblatt, daher er also wahrscheinlich weit hinauf 
an die Dornfortsätze der Halswirbel befestigt ist. Bei meinem Orang 
und Chimpanse sind diese Nackenmuskeln offenbar alle relativ stärker 
entwickelt wie beim Menschen. Die Anthropoiden stehen daher in der 
Stärke der Entwicklung dieser Nackenmuskeln ihren niederen Verwandten 
näher als dem Menschen. 

Der Pectoralis major hat bei dem Hylobates eine portio clavicularis 
und eine portio sternocostalis von denen besonders erstere sehr stark 
ist, und letztere mit ihren untern Bündeln in die Scheide des Rectus 
abdominis übergeht. Auch der Gorilla und Chimpans& haben eine 
Portio clavicularis und sternocostalis des Pectoralis major. Beim Gorilla 
ist erstere stark von letzterer getrennt, indem sich der Luftsack zwischen 
beide drängt. Beim Chimpans& ist die portio sternocostalis besonders 
stark entwickelt. Bei dem Orang fehlt dagegen bemerkenswerther Weise 
die portio clavicularis ganz; die portio sternalis entspringt fast nur vom 


209 


manubrium sterni und von ihr ganz getrennt, entspringt von 5., 6. und 
7. Rippenknorpel eine sehr starke portio costalis. Cynocephalus hat auch 
eine portio clavicularis, aber dazu nur eine portio sternalis, welche längs 
der Mittellinie des ganzen Brustbeines entspringt, in welcher die Muskeln 
beider Seiten zusammenstossen. ÜCercopithecus, Macacus, Pithecia be- 
sitzen nur eine portio sternalis, die clavicularis und costalis fehlen. — 
Rücksichtlich dieses Muskels stehen Gorilla, Chimpanse und Hylobates 
dem Menschen näher als ihren niedrigeren Verwandten; beim ÖOrang 
verhält es sich umgekehrt. 

Der Pectoralis minor zeigt sowohl rücksichtlich seines Ursprunges 
als Ansatzes beträchtliche Verschiedenheiten sowohl zwischen Menschen 
und Affen als den Affen unter einander. Bei meinem Hylobates ver- 
hält er sich merkwürdiger Weise allein von allen Affen in Ursprung 
und Ansatz ganz wie beim Menschen. Beim Orang und Chimpanse 
entspringt er zwar auch wie beim Menschen von der 3—5 Rippe, 
allein er setzt sich beim Orang nicht an die Spitze, sondern an die 
Basis des Processus coracoideus, und beim Chimpanse gar nicht an 
diesen, sondern an die Kapsel des Schultergelenkes und mit dieser an 
den Oberarmkopf. Bei dem Gorilla hat er zwei ganz getrennte Portionen, 
deren eine breit mit sechs Zacken von der 5. Rippe, die zweite vom 
5. und 6. Rippenknorpel entspringen und sich beide an den Processus 
coracoideus ansetzen. Bei Cynocephalus und den übrigen Affen hat 
der Pectoralis minor zwei ganz getrennte Portionen, deren eine von 
dem Rande des Brustbeines bis zum 6. Rippenknorpel entspringt und 
sich an die Spitze des Proc. coracoideus und Lig. coracoid. acromiale an- 
setzt; die zweite Portion entspricht in ihrem Ursprung einigermassen 
der diesen Affen fehlenden Portio costalis des Pectoralis major, indem 
sie von den Knorpeln der 8. und 9. Rippe entspringt, und nach unten 
in die Scheide des Rectus abdominis übergeht; allein diese hier breit 
entspringenden Muskelbündel gehen nach oben in eine Sehne und 
Aponeurose über, welche sich in unmittelbarer Continuität mit der 
Sehne des übrigen Pectoralis minor an den Oberarmkopf und an der 
Scheide und Sehne des Biceps festsetzt.!) Rücksichtlich dieses Muskels 


!) So wenigstens interpretire ich die Verhältnisse von Pectoralis major und minor bei Cyno- 
cephalus Maimon. Professor Pagenstecher (Zoologischer Garten VIII. 1867. p. 123) betrachtet 


210 


kann man also nur vom Hylobates sagen, dass er dem Menschen näher 
steht, als seinen niedrigeren Verwandten, bei den andern Anthropoiden 
ist dieses nicht der Fall, obgleich sie auch wieder eigenthümliche 
Modificationen zeigen. Besonders aber vom Gorilla, dessen Muskulatur 
sonst der des Menschen am Nächsten steht, ist es hervorzuheben, dass 
sein Pectoralis minor bemerkenswerth anders angeordnet ist. — Uebrigens 
verdient es erwähnt zu werden, dass in einem Falle von De Souza sich 
der Pectoralis minor auch beim Menschen nicht an den Processus 
coraioideus, sondern an die Kapsel des Schulter-Gelenkes festsetzte. 

Der Biceps brachii entspringt auffallender Weise bei dem Hylobates 
allein von allen Affen mit seinem kurzen Kopfe nicht von dem Processus 
coracoideus, sondern von dem tuberculum minus des Oberarmkopfes, 
nach Huxley von der Sehne des Pectoralis major, was bei meinem 
Exemplar nicht der Fall ist. Doch ist es interessant, dass auf der 
rechten Seite auch vom Schulterhacken ein schwaches Muskelbündel 
entspringt, welches mit seiner dünnen Sehne sich mit der Sehne des 
kurzen Kopfes vereinigt. Sodann ist es bemerkenswerth, dass die 
beiden Ursprungssehnen des Biceps bei Hylobates mitten durch die 
Ansatzsehne des Pectoralis major hindurch gehen und hier von einer 
Schleimscheide bekleidet sind. Bei allen übrigen Affen, Anthropoiden und 
Anderen, verhält sich der Biceps ganz wie beim Menschen. 

M. Latissimo condyloideus. So nenne ich einen bei allen Affen 
vorkommenden, nicht unbeträchtlichen Muskel, der von der Ansatzsehne 
des Latissimus dorsi an der spina tuberculi minoris des Oberarms ent- 
springt, und sich an der hinteren inneren Seite des Oberarms herab- 


die Sache bei Cynocephalus seu Mandrilla Leucophaea anders. Er zieht meine untere 
Portion des Pectoralis minor zum Pectoralis major. Allerdings entspringt jene in unmittel- 
barer Continuität mit dem unteren vom Sternum kommenden Bündel des letzteren. Allein 
im weiteren Fortgang tritt ein Zwischenraum zwischen beiden, und dann eine Kreuzung 
ihrer Fasern ein. Die des genannten Muskelbündels wenden sich nach oben und ihre Sehne 
verbindet sich unmittelbar mit der des Pectoralis minor, so dass erstere als eine von Proc. 
coracoideus längs des Tuberculum majus bis zu dessen Spina sich herabziehende Fort- 
setzung letzterer erscheint. Die aus den unteren Bündeln der Sternalportion des Pectoralis 
major dagegen hervorgehende Sehne wendet sich gerade nach aussen an die Spina tuberculi 
majoris. Hier hängen beide Sehnenausbreitungen allerdings zusammen, lassen sich aber 
von einander trennen. Meine Anschauungsweise stimmt mit den Verhältnissen beim Gorilla 


überein. 


211 


zieht, um theils in die den Biceps bedeckende Fascie überzugehen, 
wie bei Cynocephalus, theils sich an das Ligamentum intermusculare 
internum und an den Condylus internus des Oberarmes festzusetzen.’ 
Bei Hylobates geht er nur bis zur Mitte des Oberarms herab; beim 
Orang ganz bis an den Condylus, wo er vom Nervus ulnaris durch- 
bohrt wird. Dieser Muskel fehlt bekanntlich dem Menschen ganz und 
gar; denn er ist nicht mit jenem oft auch bei den Affen vorhandenen, 
von dem Latissimus ausgehenden Bündel zu verwechseln, welches sich 
an die Fascie der Achselhöhle ansetzt, noch mit jenem, welches sich 
mit der Sehne des Pectoralis major zuweilen verbindet. Da aber alle 
Anthropoiden ihn besitzen, so findet sich bei ihm der Huxleysche Satz 
durchaus nicht bestätigt. 

Der M. Coracobrachialis verhält sich nach Duvernoy 1.1. p. 81, 
beim Gorilla ganz wie beim Menschen. Wood, welcher (Journ. of Anat. 
and Phys. I. 1866 p. 49) als Varietät bei dem Menschen eine zuweilen 
vorkommende zweite Portion dieses Muskels beschreibt, citirt Duvernoy 
irrthümlich, als beschreibe er auch beim Gorilla eine zweite sogleich 
näher zu erwähnende Portion. Vielmehr findet sich dieselbe nach 
Duvernoy auch nicht beim Orang, wo sie dagegen Church gefunden haben 
will, während sie bei dem Frankfurter Orang so wie bei dem Hylobates 
fehlt. Beim Chimpans& besitzt dagegen dieser Muskel, wie schon Vrolik 
angegeben, an seinem Ursprung eine ziemlich starke zweite Portion, 
welche sich über das tuberculum minus des Oberarmkopfes herabzieht 
und an dessen Spina ansetzt. Dasselbe ist bei Cercopithecus, Macacus 
und Hapale der Fall, während Cynocephalus und Pithecia diese Portion 
nicht besitzen. Der Huxleysche Satz findet also bei diesem Muskel für den 
Gorilla, Orang und Hylobates keine Anwendung, weil auch Cynocephalus 
und Pithecia diese zweite Portion nicht besitzen, und für den Chimpanse, 
der sie besitzt, und sich dadurch vom Menschen unterscheidet, nicht, 
weil auch Cercopithecus, Macacus und Hapale diese Portion haben. 

Der Supinator longus verhält sich bei allen Affen wie bei dem 
Menschen; nur bei Hylobates ist er viel kürzer, erreicht den Processus 
styloideus des Radius nicht, sondern setzt sich an der Mitte dieses 
Knochens an. 

Den Supinator brevis finde ich ebenfalls bei allen Affen wie bei 


212 


dem Menschen angeordnet, auch bei Cynocephalus. Professor Pagen- 
stecher ertheilt demselben hier einen Ursprung von dem unteren Drittel 
der Linea aspera (Angulus internus s. lateralis) neben dem Brachialis 
internus und lässt ihn sich an die Tuberositas ulnae ansetzen (1. c. p. 130). 
Dieses ist ein Irrthum. Was Professor Pagenstecher beschreibt, ist nur 
eine allerdings etwas stark abgesetzte äussere und untere Portion des 
Brachialis internus. Der Supinator brevis liegt wie immer unter den 
Extensores carpi auf dem oberen Ende des Radius, und verhält sich 
ganz wie gewöhnlich. 

Der Extensor indicis proprius der Hand zeigt bei den Affen 
mannigfach verschiedene Verhältnisse. Nur bei dem Gorilla hat er wie 
bei dem Menschen nur eine Sehne für den Zeigefinger. Bei dem Orang, 
Chimpanse, Cynocephalus, Cercopithecus, Macacus hat er auch eine 
zweite Sehne für den Mittelfinger; bei dem Hylobates drei Sehnen für 
2., 3. und 4. Finger. Bei Pithecia geht seine Sehne nur an den Zeige- 
finger, allein sie wird von einer Branche der Sehne des Extensor pollicis 
longus verstärkt und es findet sich noch ein besonderer Extensor für 
den 3. und 4. Finger. Bei Hapale fehlt der Extensor indicis, der 2. 
und 3. Finger erhalten dafür eine Sehne vom Extensor pollicis longus 
und für den 4. Finger ist ein besonderer Extensor vorhanden. Hier 
findet also eine Anwendung des Huxleyschen Satzes nur auf den Gorilla, 
nicht aber auf den Chimpans& wie Hr. Broca sagt, statt. 

Der Extensor digiti minimi proprius verhält sich beim Gorilla, 
Chimpanse, Hylobates, Cercopithecus, Macacus, Pithecia, Hapale wie beim 
Menschen; beim Orang und Cynocephalus giebt er dagegen auch noch 
dem 4. Finger eine Sehne. Der Huxleysche Satz bestätigt sich also 
nicht. 

Der Extensor pollicis longus zeigt beim Gorilla, Orang, Hylobates, 
Cynocephalus und Macacus dieselbe Anordnung wie beim Menschen. 
Bei’ meinem Chimpans& hat er rechts zwei, links eine Sehne. Bei Cer- 
copithecus verbindet er sich mit der Sehne des Extensor indicis ; bei 
Pithecia hat er 4 Sehnen, eine für den Daumen, zwei für den Zeige- 
finger, eine für den Mittelfinger. Bei Hapale hat er drei Sehnen, zwei 
für den Daumen und eine für den Zeigefinger. Der Huxleysche Satz 
findet keine Anwendung. 


213 


Der Extensor pollicis brevis fehlt bei allen Affen, mit 
Ausnahme des Gorilla. Für diesen gilt also darin der Huxleysche Satz. 

Der Abductor pollicis longus verhält sich beim ÖOrang, 
Cynocephalus, Pithecia und Hapale wie beim Menschen. Beim Gorilla, 
Chimpanse, Hylobates, Cercopithecus und Macacus lässt sich dagegen 
die Sehne in zwei Theile theilen. Dabei gehört nicht etwa die eine 
Sehne wie beim Menschen einem Extensor pollicis brevis an, sondern 
dieser fehlt wie angegeben, wirklich ganz und die Theilung der Sehne 
erscheint nur als eine weiter fortgesetzte Spaltung des Ansatzes an das 
Os multangulum majus und an den Mittelhandknochen des Daumens. 
Daher kommt diese Spaltung der Sehne auch beim Gorilla vor, wo 
ausserdem der Extensor pollicis brevis sich findet.!) In diesem Punkte 
sind also wiederum die Affen untereinander ähnlicher, als mit dem 
Menschen. 

Der Flexor digitorum communis sublimis zeigt rücksicht- 
lich| des Zerfallens seines Muskelbauches in die einzeln für die vier 
Finger bestimmten Bündel beim Gorilla und Cercopithecus ohngefähr 
das gleiche Verhalten wie beim Menschen, bei dem ja auch individuelle 
Verschiedenheiten in dieser Hinsicht ganz gewöhnlich sind. Bei dem 
ÖOrang und Cynocephalus ist der Muskelbauch in zwei Theile getheilt, 
während er beim Chimpanse und Macacus fast gar nicht, beim Hylo- 
bates aber vollkommen in 4 Bündel zerfällt. Bei Pithecia besitzt er 
eine Hauptmuskelmasse, welche alle 4 Sehnen abgiebt; aber mit dem 
Palmaris longus entspringt noch ein schwaches Bündel gemeinschaftlich, 
dessen Sehne sich mit der für den 5. Finger bestimmten verbindet. Bei 
Hapale bildet der Muskel auch nur eine Masse für alle 4 Sehnen, aber 
an der Handwurzel löset sich noch eine Sehne ab, welche sich mit den 
Sehnen des Flexor dig. comm. profundus verbindet. Der Huxleysche 
Satz findet bei diesem Muskel keine Anwendung. 


1) Prof. Pagenstecher sagt (l. c p. 132), dass bei seiner Mandrilla leucophaea der Abductor 
poll. long., Extensor poll. longus und breyis in inniger Verbindung einen gemeinsamen 
Ursprung nehmen, ihre Sehnen jedoch getrennt bleiben. Bei Cynocephalus Maimon und 
Sphinx ist dieses bestimmt nicht der Fall, sondern der Extens. poll. longus ist ein gut 
getrennter Muskel, der Extens. poll. brevis fehlt, und nur die Sehne des Abductor pollicis 
longus ist gespalten. Der Ansatz am Daumen entscheidet darüber, dass beide Theile dieser 
Sehne dem Abductor, nicht die eine dem Extens. poll. brevis angehören. 


Abh. d. II. Cl.d.k. Ak.d. Wiss. X.Bd. III. Abth. 28 


Der Flexor digitorum communis profundus. Das Be- 
merkenswertheste für ihn ist, dass er den Flexor pollicis longus, 
der bei allen Affen fehlt, soweit davon überhaupt die Rede ist, durch 
eine schwache von ihm zum Daumen abgehende Sehne ersetzt. So findet 
sich z. B. beim Gorilla, Chimpanse, Hylobates und Macacus ein vom 
Radius entspringendes Muskelbündel, dessen Sehne für den 2. Finger 
bestimmt ist, aber auch eine schwache Sehne zum Daumen abgiebt. 
Der übrige Muskel zerfällt dabei mehr oder weniger, bleibt auch wohl 
ganz in eine Masse vereinigt. Nach Huxley soll das Sehnen- 
Rudimet des Flexor poll. longus beim Gorilla nicht von der Sehne des 
Flexor communis ausgehen, sondern sich in der Fascie der Hand ver- 
lieren. (l. c. I p. 538.) Bei dem Orang fehlt auch noch die schwache 
den Flexor poll. long. ersetzende Sehne. Herr Broca sagt (l.c. p. 320) 
die beim Orang und den Gibbons fehlende Sehne des Flexor poll. longus 
werde durch eine kleine vom Abductor poll. ausgehende Sehne ersetzt 
und findet darin eine bemerkenswerthe anatomische Abweichung von 
dem Verhalten beim Gorilla und Chimpanse. Das würde sie auch sein; 
allein Hylobates erhält, wie schon gesagt eine schwache Sehne für den 
Daumen vom Flexor dig. comm. prof. und bei meinem Orang wenigstens, 
finde ich Nichts des Art, wie Hr. Broca angiebt. Bei Cynocephalus, 
Cercopithecus und Hapale entspringt die schwache Sehne für den Flexor 
poll. long. von der noch unterhalb des Lig. carpi volare proprium un- 
getrennten Sehnenmasse des Flexor dig. comm. prof. Bei Pithecia bildet 
dieser Muskel an seinem Ursprung eine einzige ungesonderte Masse; 
aber von dem Condylus internus entspringt gemeinschaftlich mit dem 
Flexor dig. comm. sublimis ein Muskelbündel, dessen Sehne sich unter 
dem Lig. carpi volare proprium zwar mit den noch vereinigten Sehnen 
des Flexor dig. comm. profundas verbindet, aber doch vorzugsweise an 
den Daumen geht, und daher eine Art von Flexor pollicis longus dar- 
stellt. Bei allen Affen aber gilt der für die Bedeutung der Hand und 
und des Daumens wichtige, Huxley widersprechende Satz: dass sie in 
Beziehung auf den Flexor dig. comm. prof. und den Flexor pollicis 
longus einander sehr nahe stehen, vom Menschen aber bedeutend ab-. 
weichen. Auch kann ich nicht unterlassen zu erwähnen, dass nach 
Prof. Huxleys Angabe (Med. Times 1864 II. p. 145) bei Stenops tardigradus 


215 


der Flexor pollieis longus und Flex. dig. comm. prof. zwei gesonderte 
Muskeln sind. Die Sehne des ersteren versorgt den Daumen, 2., 3. und 
4. Finger, die Sehne des zweiten giebt auch eine Branche zum Daumen 
und dann zum 4. und 5. Finger, so dass, wie Prof. Huxley selbst sagt, 
hier eine Anordnung an der Hand gefunden wird, annähernd wie ge- 
wöhnlich an dem Fusse der Affen. 

Von den kurzen Muskeln des Daumens zeigen der Abductor 
pollieis brevis und Opponens in ihrer Anordnung bei allen Affen 
keine bemerkenswerthe Abweichung. Dagegen bieten dieselben in Betreff 
des Flexor brevis und Adductor pollicis sehr interessante Verhältnisse 
dar. Es lässt sich nämlich zeigen, dass diese beiden Muskeln in ihrer 
vollkommensten Entwicklung bei einigen Affen beide zweiköpfig sind, 
dass aber bei anderen Affen einer der Köpfe rudimentär werden oder 
selbst ganz eingehen, oder beide zu einer Masse verschmelzen können. 

So hat der Flexor brevis bei Cynocephalus (Tab. III Fig. 1 b. und c.), 
Cercopithecus, Macacus, Pithecia und Hapale ganz entschieden zwei 
Köpfe, von denen der eine sich an die äussere, der andere an die innere 
Seite der Basis der ersten Phalange festsetzt, der äussere mehr ober- 
flächlich von dem Lig. carpi volare proprium und dem Os multangulum 
majus, der innere mehr in der Tiefe von dem Os multangulum minus, 
-Os capitatum und deren Bandapparat entspringt. Dieser innere ist 
schwächer als der äussere, und wird manchmal erst sichtbar, wenn man 
den nach innen neben ihm liegenden Adductor obliquus (d) präparirt 
‚hat. Bei dem Orang und Hylobates ist dieser innere Kopf sehr viel 
schwächer als der äussere und von dem Adductor ganz in die Tiefe 
gedrängt, ja bei meinem Örang fehlt er auf der einen Seite ganz. 
Dieses ist aber auch beim Gorilla und Chimpanse der Fall; bei ihnen 
fehlt der innere Kopf ganz und nur der äussere ist stark entwickelt. 

Auch der Adductor pollicis hat bei dem Üynocephalus und 
Chimpanse zwei vollkommen von einander getrennte Köpfe, ein caput 
obliguum (d) noch von den Handwurzelknochen vorzüglich aber von der 
Basis der ersten Phalange des 2. und 3. Fingers, und ein Caput trans- 
versum (e), von dem Mittelhandknochen des Köpfchens des 2. Fingers ent- 
‚springend. Bei dem Gorilla, Orang, Cercopithecus und Macacus sind beide 
.Köpfe dem Ursprunge nach vorhanden aber zu einer Masse vereingt. Bei 

283* 


216 


Pithecia und Hapale fehlt der Obliquus und nur der transversus ist 
vorhanden. 

Die Kenntniss dieses verschiedenartigen Verhaltens dieser beiden 
Muskeln bei den Affen, führt zu der Einsicht dass dieselben auch bei 
dem Menschen jeder zwei Köpfe besitzen, indess in anderer Weise als 
dieses meistens in der menschlichen Anatomie gelehrt wird. Der innere 
Kopf des Flexor pollicis brevis (Tab. V Fig. 1. d.) ist nämlich bei dem 
Menschen sehr schwach und wie beim Orang und Hylobates ganz durch 
den Adductor obliquus (e.) in die Tiefe gedrängt, so dass er erst nach 
Entfernung desselben sichtbar wird. Er ist bisher entweder gar nicht 
beachtet, oder von Dursy und Henle unter der Bezeichnung des Interosseus 
internus I. oder pollicis et indiecis beschrieben worden. Was man ge- 
wöhnlich bei uns als inneren Kopf des Flexor brevis beschreibt, ist der 
Adductor obliquus (e), der so wie der Transversus (f) beim Menschen 
stark entwickelt ist, so dass beide Köpfe wie bei dem Gorilla, Orang, 
Cercopithecus und Macacus zu einer Masse vereinigt sind, deren Trennung 
nur durch den Durchtritt des Ramus profundus der Arteria radialis zur 
Bildung des Arcus volaris profundus bezeichnet wird. Ich habe diese 
Kritik der kurzen Daumenmuskeln des Menschen, an der Hand ihrer 
Entwicklung bei den Affen, an einem anderen Orte (Sitzungsberichte 
d. math. nat. Klasse d. bayer. Ak. d. W. 1870. I. 3. p. 303) ausführ- 
licher entwickelt. Hier genügt es schliesslich zu bemerken, dass in dem 
Verhalten dieser beiden Muskeln keiner der Anthropoiden mit dem 
Menschen ganz übereinkommt, sie aber auch in verschiedener Weise von 
ihren niederen Stammverwandten verschieden sind. 

Die Interossei der Hand der Affen sind im Allgemeinen wie die 
des Menschen angeordnet, d.h. sie zerfallen in vier Interossei externi und 
drei interni, und von jenen setzen sich zwei an den Mittelfinger, dessen 
Median-Ebene dadurch das Adductions- und Abductions-Centrum für die 
vier Finger wird; die Adduction erfolgt durch die interni, die Abduction 
durch die externi. Professor Huxley (Med. Times 1864 I. p. 177) hat 
mehr ihre Flexionswirkung auf die erste, und ihre Streckwirkung auf die 
zweite und dritte Phalange, welche vorzüglich durch Duchenne dargelegt 
wurde, ins Auge gefasst. Sie wird bekanntlich durch den doppelten Ansatz 
der Sehne der Interossei an die Basis der ersten Phalange und ihren 


217 


Uebergang in die den Rücken der Finger bedeckende Strecksehne, er- 
klärt. Erstere soll die Beugung der ersten Phalange, letztere die Streckung 
der zweiten und dritten bewirken. Professor Huxley adoptirt dabei die 
Angabe Bouviers, dass schon bei dem Menschen eine Spaltung der 
Muskeln und ihrer Ansatzsehnen nachzuweisen sei, und giebt an, dass 
diese Spaltung bei den Affen, namentlich dem Gorilla, aber auch bei 
dem Chimpanse, dem Orang und den übrigen Affen noch deutlicher 
hervortrete, so dass aus jedem Interosseus zwei gesonderte Muskeln 
entstehen. Nach meinen Beobachtungen lässt sich die Lehre Bouviers beim 
Menschen nur zuweilen an einzelnen Interosseis bewahrheiten; in der 
Regel kann man, ohne eine Zerlegung der Sehnen erkennen zu können, 
nur nachweisen, dass sich jeder Interosseus sowohl an die Basis der 
ersten Phalange festsetzt, als in die Strecksehne übergeht, wie es auch 
die meisten neueren Anatomen, z. B. Henle, Luschka und Andere nicht 
Anders angeben. Den Gorilla konnte ich nicht untersuchen; Duvernoy 
aber sagt Nichts von einer solchen Spaltung der Muskeln. Bei meinem 
Chimpanse, Orang und Hylobates kann ich sie ebenfalls nicht auffinden, 
vielleicht indessen weil sie noch zu junge und kleine Thiere sind. Bei 
meinem Cynocephalus Maimon gelingt dagegen diese Zerlegung wenig- 
stens einiger Interossei in zwei, wenn auch an ihrem Ursprunge ver- 
einigte, in ihrem Veılauf sich von einander trennen lassende Portionen, 
und will ich also im Ganzen nicht widersprechen, dass diese in ihrem 
Ansatze zweigetheilte Beschaffenheit der Interossei durch ihr Verhalten 
bei den Affen deutlicher nachgewiesen wird, als dieses bei dem Menschen 
möglich ist. 

Es kommt indessen dabei noch ein Verhalten der kleinen Muskeln 
sowohl in der Vola manus als Planta pedis der Affen in Betracht, welches 
bis jetzt fast ganz unbekannt geblieben ist, zu dessen Beschreibung ich 
mich jetzt wende. 

In der Vola manus des Hylobates nämlich habe ich zuerst, als ich 
die Interossei desselben präparirte, ausser diesen einen Muskelapparat 
entdeckt, der wie ich sogleich erwähnen will, sich auch in der Planta 
pedis findet, der mir bis dahin ganz unbekannt war, von dem ich nie etwas 
gehört und gelesen hatte, welcher mir aber um so bemerkenswerther er- 
schien, da er sich auch an der Vola manus und Planta pedis aller anderen 


218 

Affen, mit Ausnahme vielleicht des Gorilla und Orang, vorfindet, Später 
überzeugte ich mich, dass allerdings auch einige frühere Autoren wahr- 
scheinlich oder bestimmt von diesem Muskel-Apparat bei dem einen 
oder andern Affen Etwas gesehen haben, ohne indessen seine ganze 
Ausdehnung und seine allgemeine Verbreitung zu ermitteln. 

So sagt Cuvier in seinem Lecons d’Anatomie Compar&ee Seconde 
Edit. Tom. I pag. 455 von diesem Apparate zwar Nichts bei der Be- 
schreibung der Handmuskeln und der Interossei der Hand der Affen. 
Allein bei der Beschreibung der Fussmuskeln pag. 561 sagt er: „On 
trouve chez les singes, ou moins dans le magot et les cynoc£phales, 
deux opposants ou adducteurs propres des quatrieme et cinquieme doigts, 
qui naissent sous les moyen et petit cuneiformes et se portent sur le 
cöte interne de la töte de la premiere phalange de ces doigts, en passant 
obliquement sous les interosseux. Ils contribuent puissament & raprocher 
ces doigts du pouce.“ Es ist kein Zweifel, dass Cuvier hier am 
Fuss den von mir auch an der Hand beobachteten Muskelapparat be- 
schrieben hat. 

Duvernoy sagt leider bei seiner Beschreibung der Hand- und Fuss- 
muskeln des Gorilla gar Nichts, was sich auf diesen Muskelapparat 
beziehen liesse, und es ist daher zweifelhaft, ob derselbe sich hier nicht 
findet, oder übersehen worden ist. Bei Beschreibung der Interossei der 
Hand des Chimpanse, die er p. 110- vergleichsweise giebt, findet sich 
eine Aeusserung, die ich auf die betreffenden Muskeln beziehe. Bei 
der Beschreibung des dritten Interosseus palmaris sagt er nämlich: 
„I se subdivise vers la t&te de quatrieme metarcarpien en deux faisceau 
presque egaux; le premier est comme chez l’homme; le second est 
renforce par un faisceau qui vient du cinquieme metacarpien et vient 
former le bord de l’aponevrose d’attache de l’interosseux dorsal du 
quatrieme doigt.‘“ Diese Angabe ist zwar undeutlich und liesse sich 
vielleicht auf die vorher beschriebene Spaltung der Interossei beziehen; 
allein da Duvernoy gerade dem 5. Finger dieses accessorische Bündel 
zuschreibt, an welchem sich wirklich bei dem Chimpause einer der 
von mir beobachteten accessorischen Muskeln findet, so halte ich 
es dennoch für wahrscheinlich, dass Duvernoy ihn sah, aber als ein 
Bündel des dritten Interosseus internus auffasste, was er indessen keines- 


219 


weges ist. Sonderbarer Weise spricht Duvernoy an der genannten Stelle 
auch von einem interosseux palmaire quatrieme semblable & celui de 
P’homme? wovon ich nicht weiss, was er damit meinte. 

Auch Gratiolet und Alix können möglicher Weise bei dem Chimpanse 
Etwas von diesen Muskeln gesehen haben. In ihren Recherches sur 
V’Anatomie du Troglodytes Aubryi in den Nouvelles Archives du Museum 
d’histoire naturelle Tom. II pag. 191 findet sich bei der Beschreibung 
der Interossei plantares eine Note in der es heisst: N. On pourrait 
considerer comme des interosseux plantaires deux faisceaux musculaires 
confondus avec les interosseux dorseaux du troisiöme doigt mais qui 
peuvent en ötre separes par la dissection. Il en resulterait que le doigt 
median aurait & la fois deux interosseux dorseaux et deux interosseux 
plantaires ce qui retablirait la symötrie. An der Hand bemerkten auch 
sie Nichts. 

Gewiss ist es ferner, dass Prof. Huxley bei seinen Cynopithecinis 
die betreffenden Muskeln gesehen hat; denn er sagt l. c. II p. 40: In 
addition to these (interossei) there are three extra muscles, arising 
from fascia over the heads of the metatarsal bones in the middle of the 
foot and passing obliquely to the second, fourth and fifth digits. Hier 
ist ausser der vollkommen richtigen Angabe des Ursprungs und Ver- 
laufs, besonders desshalb kein Zweifel, weil Prof. Huxley wenigstens 
von den Interrossei der Hand ihre oben besprochene Spaltung gerade 
auch bei diesen Cynopithecinis erwähnt. Bei den übrigen Affen sagt 
aber auch Prof. Huxley von diesen Muskeln Nichts. 

Am Entschiedensten habe ich endlich zufällig gefunden, hat Prof. 
Halford in Melbourne den betreffenden Muskelapparat bei Macacus ge- 
sehen, sogar, wenn auch mangelhaft, abgebildet und den Muskeln den 
Namen Contrahentes digitorum gegeben, den ich ihnen auch beigelegt 
hatte: In einer Broschüre: Not like Man bimanous and biped, not yet 
quadrumanous, but cheiropodous Melbourne 1863, werden zwar sonder- 
barer Weise diese Muskeln von der Hand nicht beschrieben und abge- 
bildet, ja ausdrücklich verneint. Allein pag. 11 beschreibt er sie als 
Contrahentes digitorum am Fuss, und zwar giebt er dort vier solcher 
Contrahentes an, von denen indessen der erste, der innere Kopf des 
‚Flexor brevis pollicis ist, und bildet sie Tab. II Fig. 2 ab. Auch in 


220 


seinen tabellarischen ‚Lines of demarcation between Man, Gorilla and 
Macaque, Melbourne 1864, pag. 19, werden diese Contrahentes digitorum 
des Fusses aufgezählt. Inzwischen sieht man unbestreitbar aus allen 
diesen Angaben, dass keiner ihrer Autoren ein Bewusstsein davon hatte, 
dass es sich dabei um einen ganz eigenthümlichen Muskelapparat aller 
Affen mit Ausnahme, wie gesagt, vielleicht des Gorilla und Orang 
handelt, den ich jetzt näher beschreiben werde, und zwar der bessern 
Uebersicht wegen zugleich an Hand und Fuss. 

Unter den Sehnen der langen Beugemuskeln der Hand und des 
Fusses mit den Lumbrical-Muskeln, findet sich eine Aponeurose über 
die Interossei ausgespannt, welche mit dem Ursprung der beiden 
Adductoren und dem Ligamentum carpi volare profundum in Verbindung 
steht oder von ihnen ausgeht, und sich gegen die Basis der ersten 
Fingerphalangen hinzieht. Bei dem Menschen ist diese Aponeurose nicht 
besonders entwickelt, wohl aber bei den Affen. Von dieser Aponeurose 
nun entspringen an der Handwurzel die Musculi contrahentes und 
ersetzen, so weit sie vorhanden sind, die Aponeurose, indem sie sich 
gegen die Basis der ersten Phalangen der Finger hinziehen. Sie werden 
am Sichersten, und als von den Interossei, mit welchen sie in gleicher 
Richtung und an selben dicht anliegend verlaufen, verschieden, präparirt, 
wenn man sie mit dieser Aponeurose, und dieselbe hinten von dem Lig. 
carpi volare profundum ablösend, darstellt. Ihre Zahl und Anordnung 
ist aber bei den verschiedenen Affen etwas verschieden. 

Wie es sich mit diesen Muskeln bei dem Gorilla verhält ist vor 
der Hand unentschieden, da Duvernoy wie gesagt Nichts über sie be- 
merkt, es mir aber nicht möglich war, durch eine neue Untersuchung 
zu entscheiden, ob sie ihm wirklich fehlen oder wie bei den übrigen 
Affen übersehen worden sind. 

Bei den beiden Exemplaren von ÖOrang, von welchen ich in dieser 
Hinsicht Kenntniss besitze, nämlich bei dem Frankfurter, den ich selbst 
untersuchte und bei einem in Paris in dem Museum d’Historie naturelle 
befindlichen Exemplare, welches Herr Dr. Alıx mit Genehmigung des 
Professor der vergleichenden Anatomie Herrn Dr. Gervais auf meine 
Bitte zu untersuchen die Güte hatte, fanden sich die Musculi contrahentes 
digitorum nicht, aber sie wurden durch besonders starke Fasern jener 


2 


221 


genannten die Interossei bedeckenden Aponeurose ersetzt, die vorzüglich 
für den zweiten und vierten Finger stark ausgebildet waren. Beide 
untersuchte Exemplare waren übrigens noch jung und weiblichen Ge- 
schlechtes; es wäre immer möglich, dass diese sehnigten Fasern bei 
anderen älteren und stärkeren Individuen sich zu Muskeln entwickelten, 

Bei dem Chimpanse, einem auch noch jungen und weiblichen Thiere, 
fand ich zwei Contrahentes an der Hand, einen für den 5. und einen 
für den 4. Finger, welche sich an der Radialseite der Basis der ersten 
Phalange dieser Finger festsetzten. An dem Fusse findet sich nur ein 
Contrahens für die grosse Zehen-Seite der Basis der ersten Phalange 
der 5. Zehe. Herr Dr. Alix fand diese Muskeln bei dem von ihm mit 
Gratiolet untersuchten Exemplare von Trolodytes Aubry bei wiederholter 
Untersuchung nicht, sondern an deren Stelle jene aponeurotischen Fasern. 
In der That sind sie nur schwach entwickelt und nur bei sehr sorg- 
fältiger Präparation von den Interosseis zu trennen. 

Bei Hylobates leuciscus finden sich an der Hand zwei Contrahentes 
für den 2. und 5. Finger und am Fusse einer für die 5. Zehe, wie bei 
meinem Chimpanse. 

Bei Cynocephalus Maimon fand ich bei einem Exemplar an der 
Hand zwei Contrahentes für den 4. und 5. Finger bei einem anderen nur 
einen für den 5. Finger. Am Fusse sind sie bei beiden Exemplaren stark 
entwickelt und zwar einer für die kleine Zehen-Seite der zweiten Zehe 
und zwei für die grossen Zehen-Seite der 4. und 5. Zehe. Von ihnen 
gebe ich Tab. Il und Tab. IV Abbildungen. Tab. III Fig. I zeigt diese 
Muskeln von der Hand in der Lage; Fig. 2 sind sie oben abgeschnitten 
und nach vorne geschlagen, wobei die Interossei zum Vorscheine kommen. 
Ebenso zeigt Tab. IV Fig. I diese Muskeln am Fusse in der Lage und 
Fig. 2 abgelöset und gegen die Zehen hin zurückgeschlagen. 

Macacus cynomolgus besitzt bei dem von mir untersuchten Exemplar 
an der Hand nur einen Contrahens für den kleinen Finger. Berr 
Professor Lucae in Frankfurt schreibt mir aber, dass er bei einem von 
ihm untersuchten Exemplare wie bei Cynocephalus zwei dieser Muskeln 
für den 4. und 5. Finger gesehen habe. An dem Fusse aber 
besitzt Macacus wie Cynocephalus drei, für die zweite, vierte und 
fünfte Zehe. 

Abh.d.1Il.Cl.d. k. Ak. d. Wiss. X. Bd. III. Abth. 29 


222 


Cercopithecus sabaeus und Pithecia hirsuta besitzen bei den von 
mir untersuchten Exemplaren an der Hand einen Contrahens für den 
fünften Finger und am Fusse drei für die zweite, vierte und fünfte Zehe. 

Bei Hapale penicillata, fand ich an der Hand zwei Contrahentes 
für den 4. und 5. Finger, an dem Fusse ebenfalls zwei für die 2. und 
5. Zehe. 

Ein ganz besonderes Vergnügen gewährt es mir, mittheilen zu können, 
dass Herr Professor Lucae diese Musculi contrahentes nun auch bei 
einem Ateles marginatus an Hand und Fuss und zwar in eigenthümlich 
starker Entwicklung aufgefunden, und mir diese Beobachtung mitzutheilen 
gestattet hat. 

An dem Fusse dieses Ateles finden sich in ganz ähnlicher Weise 
wie bei Cynocephalus drei dieser Contrahentes, der stärkste für die 
Fibularseite der zweiten Zehe, ein schwächerer für die Tibialseite der 
fünften, und der schwächste für die Tibialseite der vierten Zehe. 

In der Hand sieht man dagegen nach Zurückschlagen der Sehnen 
der langen Beugemuskeln zunächst nur einen von der Handwurzel zur 
Ulnarseite des zweiten Fingers gehenden Contrahens. An seinem vorderen 
Ende wird er ausser von dem Ursprung des Adductor pollieis transversus 
von einer feinen Muskellage bedeckt, welche von dem vorderen Ende 
des 4. Metacarpus sehnig, und von dem noch zu erwähnenden Oontrahens 
des 5. Fingers fleischig ausgehend, quer und sich zuspitzend an die 
Ulnarseite der Basis der ersten Phalange des 2. Fingers geht und sich 
hier mit dem Contrahens dieses Fingers verbindet. Eine zweite feine 
Muskellage entspringt ziemlich breit von dem Ulnarrande des Contrahens 
für den 2. Finger mehr gegen dessen oberes Ende hin, und ihre Fasern 
laufen gegen die Radialseite der Basis der ersten Phalange des fünften 
Fingers, wo sie sich zuspitzend mit dem Contrahens für diesen fünften 
Finger festsetzen. Dieser Oontrahens für den fünften und sodann ein 
dritter für die Radialseite der vierten Zehe, kommen erst dann zum 
Vorschein, wenn man die genannten beiden feinen Muskellagen von 
ihren Ursprüngen abgeschnitten und zurückgeschlagen hat. Der mittlere 
ist mit dem unter ihm liegenden Interosseus so vereinigt, dass es be- 
sonderer Sorgfalt zur Trennung von demselben bedarf. 

Es hat also dieser Ateles an der Hand drei wie bei den anderen 


223 


Affen angeordnete Contrahentes und ausserdem noch jene beiden feinen 
dieselben verbindenden Muskellagen, welche ihre Wirkung zum Zusammen- 
legen der Hand nur noch mehr verstärken müssen. 

Aus dieser Uebersicht geht hervor, dass 1) die Entwicklung 
dieser Musculi contrahentes an dem Fuss stärker ist als an der Hand, 
und 2) der Mittelfinger und die Mittelzehe nie einen solche Contrahens 
besitzen, dieselben vielmehr so an den übrigen Fingern und Zehen an- 
gebracht sind, dass sie dieselben gegen den Mittelfinger und die Mittel- 
zehe hinbewegen, Adductoren jener gegen diese sind, daher sie die 
Bezeichnung als Contrahentes verdienen. 

Der Rectus abdominis verhält sich bei den vier Anthropoiden 
insoferne übereinstimmend in seiner Anordnung mit der bei dem Menschen, 
- als er bei ihnen nicht über den Knorpel der 5. Rippe hinausgeht, und 
seine Scheide spannende Muskelfasern von dem Pectoralis major erhält. 
Der Chimpanse und Hylobates haben indessen schon vier vollkommene 
Inscriptiones tendineae, zwei über und zwei unter dem Nabel, was beim 
Menschen selten der Fall ist, indem die vierte meist ganz fehlt, oder 
doch nur sehr unvollkommen ist. Der Orang besitzt zwei vollkommene 
Inscriptionen über dem Nabel und zwei und eine halbe unter dem 
letzteren; der Gorilla hat nach Duvernoy fünf vollständige Inscriptionen. 
— Bei den übrigen Affen zeigt dagegen der Rectus in Beziehung auf 
seinen Ursprung vom Brustkorbe allerdings ein bedeutend von dem 
Menschen abweichendes Verhalten. Er entspringt nämlich mit einer 
sehnigen Aponeurose unter dem Pectoralis major vom ganzen Rande 
des Brustbeines bis herauf zur ersten Rippe, und die von dieser Aponeurose 
sich entwickelnden Muskelfasern gehen über die Rippenknorpel herüber, 
ohne sich an dieselben anzusetzen. Von dem äusseren Theile der ersten 
Rippe entspringt sodann ein eigener Muskel, der sich von oben und 
aussen an jene Aponeurose inserirt, und sie nach oben zu spannen 
bestimmt erscheint. Ausserdem besitzen diese niederen Affen sechs 
Inscriptiones tendineae. Es ist also richtig, dass in der Anordnung 
dieses Muskels die Anthropoiden eine grössere Uebereinstimmung mit 
dem Menschen, als mit ihren niederen Stammverwandten darbieten, 
Allein auch bei ihnen, und somit bei allen Affen, bietet der Rectus 
durch seine starke Entwicklung und die stärkere Ausbildung der 

29% 


224 


Inseriptiones den Baucheingeweiden einen stärkeren Schutz, als dieses 
bei dem Menschen der Fall ist, was offenbar mit der grösseren Leb- 
haftigkeit und Gewaltsamkeit ihrer Bewegungen bei dem Erklettern der 
Bäume in Verbindung steht. 

Dass der Gluteus maximus sowie die Glutei überhaupt bei 
keinem Affen, und auch nicht bei den Anthropoiden, auch nur entfernt 
eine so starke Entwicklung zeigt wie bei dem Menschen, ist längst be- 
kannt und mit Recht mit dem aufrechten Stand und Gang des Letzteren 
in Verbindung gebracht worden. In dieser Hinsicht entfernen sich die 
Anthropoiden weiter von dem Menschen als von ihren Stammverwandten. 
Dieses gilt auch von dem Gorilla, Orang und Hylobates, bei welchen 
sonst die untere Partie des Muskels ziemlich stark entwickelt ist, und sich 
nicht nur an den obersten Theil der Linea aspera unterhalb des Trochanter 
major, sondern bei dem Gorilla an die ganze Linea aspera bis zum Knie, 
und beim Orang und Hylobates bis zur Mitte des Oberschenkels ansetzt. Bei 
diesen drei Affen muss daher der Oberschenkel mit besonderer Kraft 
nach hinten erhoben werden können. Wenn dieses bei den Gibbons als 
den besten Kletterern mit Recht mit dieser Bewegungsform in Verbindung 
gebracht wird, so spricht die starke Entwicklung derselben Muskelpartie 
bei dem Gorilla und ÖOrang für dieselbe Function, und zeigt, dass auch 
sie vorzüglich für das Erklettern und Festhalten an den Bäumen, nicht 
für die aufrechte Stellung organisirt sind. 

Der Pyriformis findet sich zwar bei allen Affen, allein es ist von 
ihm zu bemerken, dass er fast überall, namentlich beim Orang, Chim- 
panse, Cynocephalus etc. mit dem unteren Rande des Gluteus medius 
vollständig vereinigt ist, und eben nur durch diejenigen Bündel dieses 
Muskels dargestellt wird, welche nicht von der hinteren Fläche des 
Darmbeins, sondern von der vorderen Fläche des Kreuzbeins entspringen 
und durch die Incisura ischiadica major aus dem Becken hervortreten. 
Die genannten Anthropoiden sind dabei ihren niederen Stammverwandten 
ähnlicher als dem Menschen. 

Sehr bemerkenswerther Weise findet sich gerade bei zweien der 
Anthropoiden ein accessorischer Gesäss-Muskel, welcher sowohl dem 
Menschen als den niederen Affen fehlt, welchen Traill (Memoirs of the 
Wernerian nat. History Soc. Vol. III p. 29) zuerst bei dem Chimpanse 


225 


beobachtete, und M. Scansorius nannte. Derselbe ist ganz besonders 
stark beim Orang entwickelt, entspringt von dem vorderen Rande des 
Darmbeins und setzt sich mit einer kurzen Sehne an den vorderen oberen 
Rand des Trochanter major neben den Gluteus minimus fest. Er ist 
von diesem letzteren Muskel bei dem Orang durch einen ansehnlichen 
Zwischenraum getrennt, während bei dem Chimpanse beide Muskeln 
so nahe aneinander liegen, dass man den Scansorius nur für eine vordere 
Partie des Gluteus minimus halten könnte. Dieses ist bei dem Hylobates 
so sehr der Fall, dass es mir kaum möglich scheint, bei ihm noch von 
einem Scansorius zu sprechen; bei allen übrigen Affen muss man geradezu 
sagen, dass dieser Scansorius fehlt. Dagegen findet sich dicht nebenan 
beim Hylobates ein ganz ansehnlicher Muskel, welcher von dem untersten 
Theile des vorderen Randes des Darmbeins und von dem oberen Rande 
der Pfanne entspringt, am äusseren Rande der Cauda des Ileo-Psoas 
herabsteigt, und sich neben diesem an die äussere Seite der Wurzel des 
Trochanter minor festsetzt. Man könnte geneigt sein ihn für ein an 
der genannten Stelle entspringendes accessorisches Bündel des Ileo-Psoas 
zu halten; er wird indessen von demselben durch die platte Ursprungs- 
sehne des Rectus femoris, die zwischen beiden Muskeln herabtritt, ge- 
trennt, und dadurch als selbstständiger Muskel charakterisirt. Dieser 
Muskel findet sich auch bei Cynocephalus, Cercopithecus und Macacus, 
aber in abnehmender Stärke entwickelt, so dass er bei letzterem nur 
noch ein schwaches Bündel darstellt. Rücksichtlich des Scansorius aber 
muss man sagen, dass der Orang und Chimpanse dem Menschen un- 
ähnlicher sind als die niederen Affen. Wie es sich bei dem Gorilla 
verhält, weiss ich nicht, da Duvernoy Nichts von diesem Muskel erwähnt. 

Die langen und dünnen Schenkelmuskeln, Sartorius und Gracilis 
vorne, Semimembranosus und Semitendinosus hinten, sind bei 
allen Affen, auch den Anthropoiden, verhältnissmässig viel stärker ent- 
wickelt, als bei dem Menschen. Der Semimembranosus und Semiten- 
dinosus verdienen dabei ihren Namen bei allen Affen, auch den Anthro- 
poiden, nicht, indem sie weder eine so breite und eigenthümlich in 
den Muskel eingreifende Sehne wie der Semimembranosus, noch eine 
so lange wie der Semitendinosus des Menschen besitzen, sondern aus 
gleichmässig parallel verlaufenden Muskelfasern gebildet sind. Dabei 


226 


geht der Semitendinosus mit seiner breiten Sehne bei allen Affen sehr 
weit bis gegen die Mitte des Unterschenkels herab, was offenbar eine 
viel kräftigere Beugung des Unterschenkels durch denselben bedingt. 
Alle vier Muskeln sind entschieden bei dem Klettern ganz vorzüglich 
betheiligt, und daher auch bei den Anthropoiden in grösserer Ueber- 
einstimmung mit ihren niederen Stammverwandten, als mit dem Menschen 
entwickelt. 

Ganz dasselbe gilt für die Adductores femoris, welche eben- 
falls bei allen Affen ganz besonders stark entwickelt sind. Nur bei 
dem Gorilla zerfallen sie nach den Angaben von Duvernoy in dieselben 
Gruppen, Pectineus, Adductor longus, brevis und magnus wie bei dem 
Menschen. Bei dem Orang konnte ich nur eine Eintheilung in einen 
Adductor longus und magnus unterscheiden. Bei dem Chimpanse, 
Hylobates und allen anderen von mir untersuchten Affen, bis auf den 
Hapale, zerfällt dagegen die Adductoren-Masse in fünf Gruppen, indem 
zu den genannten noch eine Abtrennung einer starken Muskelpartie von 
dem unteren Rande des Adductor magnus hinzukommt, welche einen 
besonderen Muskel darstellt, der von dem unteren Theile des auf- 
steigenden Astes des Sitzbeines entspringt und sich an den condylus 
internus des Öberschenkels festsetzt. Zwischen diesem Muskel und 
dem eigentlichen Adductor magnus tritt die Arteria und Vena cruralis 
hindurch, ganz zwischen Muskelfasern eingeschlossen, nicht durch eine 
Spalte in der Sehne des Adductor magnus, wie dieses beim Menschen 
der Fall ist. — Bei Hapale fehlt der Pectineus, dagegen haben sich 
die obersten, fast horizontal verlaufenden Muskelbündel des Adductor 
magnus bei diesem Affen zu einem eigenen Muskel abgetrennt, welcher 
vom aufsteigenden Aste des Sitzbeines entspringt, und sich zwischen 
Trochanter major und minor an den Oberschenkel festsetzt. 

Der Tensor fasciae latae, so wie diese ganze Fascie, ist bei 
allen Affen, auch den Anthropoiden viel schwächer entwickelt als bei 
dem Menschen. Jener Muskel ist oft kaum als ein selbstständiger 
Muskel vorhanden, sondern nur als ein Theil der vorderen Fasern des 
Gluteus maximus zu betrachten. Dieses hängt offenbar mit der freieren 
und isolirteren Action der Oberschenkelmuskeln bei den Affen, wie sie 
bei dem Klettern nothwendig war, zusammen, während für den Menschen 


227 


ihre straffere Zusammenhaltung bei dem aufrechten Stand und Gang 
nothwendig war. 

Der Biceps femoris bietet bei den Affen ebenfalls überall 
eigenthümliche, von dem Menschen verschiedene Verhältnisse dar. Bei 
diesem gehen bekanntlich die Muskelfasern beider Köpfe in eine starke 
Sehne über, welche sich an das Capitulum fibulae festsetzt. Nur wenige 
Fasern vom oberen Rande der Sehne verweben sich mit der Fascie 
femoris und gehen an die tuberositas patellaris der Tibia; eben so wenige 
gehen vom unteren Rande der Sehne in die Fascia cruris über. Bei 
dem Gorilla hat nach Duvernoy der Biceps ebenfalls zwei Köpfe; der 
lange Kopf soll sich an die Tibia ansetzen, der kurze von der ganzen 
linea aspera entspringen, sich an das Capitulum fibulae befestigen und 
in die Fascia cruris übergehen. Bei dem Orang geht die Sehne des 
langen Kopfes breit in die Fascia femoris und patellaris über, und setzt 
sich dann nicht an das Capitulum fibulae sondern weiter unten an die- 
selbe. Der ganz getrennte kurze Kopf setzt sich allerdings an das 
Capitulum fibulae, geht aber vorzüglich in die Fascia cruris mit seiner 
Sehne über. Beim Chimpans& und Hylobates verhält sich der Biceps 
am meisten menschenähnlich, nur geht sein kurzer Kopf grösstentheils 
in die Fascia cruris über. Bei den niederen Affen hat der Biceps da- 
gegen nur einen, den langen Kopf, welcher sich aber nicht an die Fibula, 
sondern an die Tibia ansetzt, grösstentheils aber mit seiner Sehne in 
die Fascia genu et cruris übergeht. Hiernach muss man sagen, dass 
in Beziehung auf diesen Muskel die Anthropoiden, vorzüglich der 
Chimpanse und Hylobates, zwar dem Menschen ähnlicher sind als ihren 
niederen Stammverwandten, dass aber dennoch auch jene, besonders 
Gorilla und Orang, noch beträchtliche Verschiedenheiten von dem Menschen 
darbieten. 

Der Tibialis anticus ist bekanntlich beim Menschen ein einfacher 
Muskel mit einer einfachen Sehne, welche sich indessen dennoch mit 
zwei kurzen Zipfeln an das erste Keilbein und an die Basis des ersten 
Mittelfussknochens festsetzt. Dieser zweifache Ansatz der einfachen 
Sehne dieses Muskels beim Menschen, entwickelt sich bei den Affen 
bis zu einer vollständigen Zerlegung des ganzen Muskels in zwei, ja 
diese Spaltung kann selbst noch weiter bis zur Bildung eines dritten 


228 


! 


Muskels gehen. Bei dem Gorilla erstreckt sich nach Duvernoy diese 
Spaltung nur bis auf die Sehnen, nicht auf den Muskel, die Sehne aber 
ist vollständig in zwei Theile zerlegt die sich gesondert an die beiden 
genannten Knochen ansetzen. Bei dem Orang und Chimpanse ist da- 
gegen auch der Muskel vollständig in zwei zerlegt, ja bei meinem 
Chimpanse findet sich noch ein vollkommen isolirter, wenn gleich 
schwacher, dritter Tibialis anticus, welcher im Anfang gemeinschaftlich 
mit dem Extensor digit. long. entspringt, sich aber bald von ihm trennt, 
und an der Fussbeuge in zwei feine Sehnen übergeht, die sich an dem 
inneren Fussrande festsetzen. Merkwürdiger Weise besitzt aber der 
Hylobates nicht nur wieder einen einfachen Muskel mit einfacher Sehne, 
sondern derselbe setzt sich auch nur an das Os cuneiforme I fest. Alle 
anderen Affen haben dagegen wieder einen vollständig doppelten Tibialis 
anticus. Die drei höheren Anthropoiden stehen also darin ihren niederen 
Stammverwandten näher als dem Menschen, während es sich beim 
Hylobates umgekehrt verhält. 

Dass die Gastrocnemii bei keinem Affen auch nur annäherungs- 
weise die starke Entwicklung zeigen, wie bei dem Menschen, ist eine 
längst bekannte Sache, und wurde immer mit unter die mit dem auf- 
rechten Stande und Gange des Menschen auf das Genaueste in Ver- 
bindung stehenden Eigenthümlichkeiten und Unterschiede desselben von 
den Affen gerechnet. Aber auch in Beziehung auf den Tendo Achillis 
unterscheiden sich die drei höheren Anthropoiden wesentlich von dem 
Menschen, indem derselbe eigentlich gar nicht wie bei diesen als isolirte 
Sehne entwickelt ist, sondern die Muskelfasern bis an den Ansatz an 
dem Fersenbein herab laufen. Dieses ist dagegen bei dem Hylobates 
und den niedrigeren Affen nicht der Fall; hier ist die Sehne als solche 
wie beim Menschen stärker entwickelt. Bei Hapale ist der Tendo 
Achillis auffallend stark. Es ist daher klar, dass in Beziehung auf den 
Tendo Achillis die niederen Affen sogar dem Menschen ähnlicher sind 
als die drei höheren Anthropoiden. 

Der Soleus ist bei allen Affen ebenfalls schwach und hat bei allen 
nur einen, nämlich den von der Fibula entspringenden Kopf, und da 
sämmtliche Anthropoiden davon keine Ausnahme machen, so sind sie 
also darin ihren niederen Stammverwandten ähnlicher als dem Menschen. 


229 


Bei dem Cynocephalus läuft der Soleus fleischig an der inneren Seite 
des Tendo Achillis bis zum Fersenbein herab, Es ist dagegen ein Irr- 
thum wenn Professor Pagenstecher (l.c. p. 135) sagt, dass er sich wie 
beim Menschen verhalte; er entspringt nur von der Tibia. 

Der Plantaris fehlt bei allen vier Anthropoiden ganz. Ich sage 
das nach der genauen Untersuchung von Orang, Chimpans& und Hylobates 
bestimmt, obgleich ich sehr wohl weiss, dass dieser Muskel und seine 
Sehne bei mehreren der übrigen Affen so fest an dem Gastrocnemius 
und dem Tendo Achillis haftet, dass man genau nachsehen muss, um 
sich von seiner Gegenwart zu überzeugen. Allein diese sorgfältige 
Untersuchuug zeigt, dass dieser Muskel bei den niederen Affen überall 
entwickelt ist, ja bei Cynocephalus, Cercopithecus, Macacus und Pithecia 
lässt: sich seine starke Sehne leicht über das Fersenbein hinüber bis in 
die Planta pedis verfolgen, wo er in die Aponeurosis plantaris über- 
geht. In Beziehung auf diesen Muskel stehen also die niederen Affen dem 
Menschen näher als die Anthropoiden. 

Alle Affen besitzen wie der Mensch einen Peroneus longus und 
brevis und beide verhalten sich auch rücksichtlich des Ansatzes ihrer 
Sehnen, wie bei dem Menschen. Was indessen den Peroneus longus 
und seine Befestigung an, und seine Wirkung auf den Matatarsus I 
betrifft, so ist daran zu erinnern, dass nach den genauen Untersuchungen 
von Professor Lucae (l. c. p. 18) die Verbindung des Matatarsus I mit 
dem Os cuneiforme bei dem Menschen eine Amphiarthrose, kein Sattel- 
gelenk ist, in welcher sich der Matarsus der Zehe horizontal, lateral 
und medianwärts, in geringerem Grade auch vom Dorsum nach der 
Planta verschieben lässt, sein Capitulum aber durch straffe Bänder mit 
dem benachbarten verbunden, also wenig beweglich ist. Bei den Affen 
. aber ist jenes Gelenk ein Sattelgelenk, die Bänder sind nicht so straff 
und zwischen dem Köpfchen des ersten und zweiten Matatarsus besteht 
keine Berührung, sondern ein freier Zwischenraum. Dadurch ist es 
möglich, dass wie schon Giraldes bemerkt, und Herr Broca bestätigt 
hat, der Peroneus longus bei den Affen mehr isolirt auf die grosse Zehe 
wirken und zwar dieselbe in Opposition zu den übrigen Zehen bringen 
kann, während er bei dem Menschen nur auf den ganzen Vorderfuss 
wirkt. 

Abh. d.II. Cl.d. k. Ak. d. Wiss. X. Bd. III. Abth, 30 


230 


Ein Peroneus tertius fehlt allen Affen. 

Dagegen besitzen die niederen Affen sämmtlich, wie ich gefunden 
habe, einen vierten Peroneus den ich parvus nennen will. Derselbe liegt 
zwischen Peroneus longus und brevis, entspringt von der Fibula und 
ist sehr genau an ersteren angeheftet, geht aber schon am Unterschenkel 
in eine dünne Sehne über, welche an den äusseren Fussrand angelangt 
und hier durch Bänder festgehalten, jetzt längst dieses Fussrandes zu 
der ersten Phalange der kleinen Zehe verläuft, und sich hier mit der 
Sehne des Flexor dig. commun. longus verbindet. Huxley beschreibt 
diesen Muskel bei den Cynopithecini, Med. Times and. Gaz. 1864. II p. 40 
und nennt ihn Peroneus quinti digiti. Dieser Muskel und seine Sehne 
entspricht offenbar der bekannten Sehne, welche fast immer bei dem 
Menschen von der Sehne der Peroneus brevis ausgeht, längs des äusseren 
Fussrandes verläuft, und dieselbe Verbindung mit der Strecksehne der 
kleinen Zehe vom Extensor digit. comm. longus eingeht. Unter den 
mancherlei Varietäten und der Vermehrung der Peronei beim Menschen 
(Siehe Henle Anatomie I. 3. pag. 282.) findet sich übrigens keine ver- 
zeichnet, welche diese Sehne mit einem eigenen Muskel in Verbindung 
zeigt, wie dieses bei jenen Affen der Fall ist. Da nun die Anthropoiden 
zwar auch nicht diesen Muskel aber auch, wenigstens bei den bisher 
beobachteten und beschriebenen Exemplaren, nicht jene Sehne besitzen, 
so sind sie dennoch in dieser Hinsicht verschiedener von dem Menschen 
als die niederen Affen. 

Der Extensor hallucis longus verhält sich bei allen Affen wie 
bei dem Menschen in Betreff seines Ursprunges und Ansatzes; doch 
halte ich es für der Mühe werth zu erwähnen, dass seine Sehne bei 
allen, selbst dem Gorilla, mit Ausnahme des Hylobates, nicht wie bei 
dem Menschen, über den Rücken des Fusses zur grossen Zehe tritt, 
sondern mit dem Tibialis anticus an den inneren Fussrand geht, hier durch 
ein starkes Band an dem Os cuneiforme I festgehalten wird, und nun 
längs des Fussrandes zur ersten Phalange der grossen Zehe verläuft. 
Der Muskel muss bei dieser Einrichtung die grosse Zehe ebenso wirksam 
abduciren als strecken. Es ist bemerkenswerth, dass allein bei dem 
Hylobates die Sehne wie beim Menschen verläuft. 

Der Extensor hallucis brevis findet sich bei allen Affen und 


231 


ist kaum zu verstehen, wie man ihn hat vermissen können. Denn wenn 
er auch an seinem Ursprunge, wie bei dem Menschen, mit dem Extensor 
digit. commun. brevis genau zusammenhängt, so ist er doch bei den 
meisten Affen stärker wie bei dem Menschen entwickelt, und bei der 
abducirten Richtung der grossen Zehe auch in seinem Verlauf stärker 
von dem communis getrennt. Richtig ist es indessen, dass er bei einem 
Exemplare meiner Macacus auf einer Seite fehlt. Bei dem Orang und 
Gorilla ist die Richtung seines Verlaufes fast ganz quer. Bei Pithecia 
hat er zwei Sehnen, eine für die grosse und eine für die zweite Zehe, 
welche indessen ausserdem auch noch von dem Extensor comm. brevis 
und longus versorgt wird. Bei Hapale ist der Muskel mit den übrigen 
Bündeln des Extensor commun. brevis sehr genau vereinigt, und nur 
seine Sehne getrennt. 

Der Extensor digit commun. brevis giebt, wie beim Menschen, 
auch bei keinem Affen eine Sehne zur kleinen Zehe. 

Sehr bemerkenswerth verschieden von dem Menschen ist das Ver- 
halten des Flexor digitorum communis brevis, des Flexor digi- 
torum communis longus und des Flexor hallucis longus bei den 
Affen. Bei dem Menschen giebt bekanntlich der Erstere die vier durch- 
bohrten Sehnen für die 2. bis 5. Zehe ab. Der Flexor dig. comm. longus 
liefert dagegen die durchbohrenden Sehnen für alle vier Zehen und erhält 
in der Fusssohle einen Verstärkungs- und Directions-Muskel für seine 
Wirkung in der Längenaxe der Fusssohle, die Caro quadrata Silvii. 
Ausserdem entspringen von seinen Sehnen die vier Musculi lumbricales. 
Der Flexor halluceis longus ist fast ausschliesslich für die grosse Zehe 
bestimmt, und seine Sehne setzt sich an deren zweite Phalange fest; 
doch giebt sie fast immer in der Fusssohle eine schwache Verbindung 
zu der noch ungetheilten Sehne des Flexor digitorum communis longus 
ab, welche vorzugsweise zur 2. Zehe geht. 

Was nun zuerst den Flexor dig. comm. brevis bei den Affen be- 
trifft, so ist er bei allen schwächer als bei dem Menschen entwickelt. 
Bei dem Gorilla theilt er sich nur in zwei Köpfe, deren Sehnen an die 
2. und 3. Zehe gehen. Dasselbe ist der Fall bei dem Orang, doch 
‚liefert er noch eine dritte Sehne, welche sich mit der für die 4. Zehe 
bestimmten und vom Flexor dig. comm. longus stammenden verbindet. 

302 


232 


Auch beim Chimpanse, Cynocephalus und Pithecia liefert er die durch- 
bohrten Sehnen für die 2. und 3. Zehe, die letztere verbindet sich 
aber noch mit einem von dem Flex. dig. comm. long. ausgehenden 
Muskel- und Sehnenbündel. Bei dem Hylobates, Cercopithecus und 
Macacus liefert er nur die Sehne für die zweite und bei Hapale nur 
für die 5. Zehe, die aber auch noch von dem Flexor dig. comm. 
longus verstärkt wird. Diejenigen Zehen, für welche hiernach der 
Flexor dig. comm. brevis keine durchbohrte Sehne abgiebt, erhalten 
ihre durchbohrten Sehnen von einer fleischigen Masse, welche die 
untere Fläche der noch ungetheilten, aber schon verbreiterten Sehne 
des Flexor digit. communis longus bedeckt. Dabei ist noch zu er- 
wähnen, dass bei dem Gorilla und Hylobates sich für die 5. Zehe nur 
eine schwache Sehne von der für sie bestimmten Sehne des Flexor 
dig. comm. longus ablöset, die nicht durchbohrt wird und sich nur ein- 
fach an die zweite Phalange festsetzt. 

Bei den vier Anthropoiden fehlt die Caro quadrata Sylvii; bei 
den niederen Affen ist sie zwar vorhanden, aber meist schwach, und 
die Sache macht sich so, dass man sagen kann, sie wird ganz oder 
theilweise dürch die fleischige‘ Masse ersetzt, welche die untere Fläche 
der Sehne des Flexor dig. comm. longus bedeckt, und die nicht vom 
Flexor dig. comm. brevis herrührenden durchbohrten Sehnen liefert. 

Der Flexor digitorum communis longus liefert dann ausser den 
von seiner Sehne entspringenden Theilen des Flexor brevis bei allen 
Affen, mit Ausnahme des Hylobates, die durchbohrenden Sehnen für die 
2. und 5. Zehe und die entsprechenden lumbricales; bei dem Hylobates 
dagegen nur die für die 5., welcher ausserdem der lumbricalis fehlt. 

Der Flexor hallucis longus verdient diesen Namen bei den Affen 
nicht mehr in dem ausschliesslichen Sinne wie bei dem Menschen. Er 
giebt in der That nur noch bei dem Gorilla für die grosse Zehe eine 
sehr starke Sehne ab, allein ausserdem liefert er zugleich perforirende 
Sehnen für die 3. und 4. Zehe, nebst den betreffenden Lumbricales, welche 
beim Menschen vom Flexor digitorum comm. longus herrühren. Bei 
allen anderen Affen, mit Ausnahme des Orang, giebt er zwar auch noch 
für die grosse Zehe eine Sehne ab, allein dieselbe ist schwach und bei 
dem Orang fehlt auch diese noch meist ganz. Ich fand zwar auf der 


233 


linken Seite zwischen den beiden Köpfen des Flexor hallucis bei dem 
Frankfurter Orang eine feine Sehne, welche der des langen Beugers in 
ihrem Verlauf und Anheftung entspricht, allein sie steht nicht mit dem 
Flexor hallucis longus in Verbindung sondern entspringt von der Fascie 
des Hautballens, welcher sich an der Wurzel der grossen Zehe bei diesem 
Affen findet. Dagegen liefert der dem Flexor hallucis longus ent- 
sprechende starke Muskel bei allen Affen, auch bei den drei anderen 
Anthropoiden die perforirende Sehne nebst den zugehörigen Lumbricales 
für die 3. und 4. Zehe, bei dem Hylobates auch für die zweite, die 
wie ich oben angegeben, nicht von dem Flexor dig. comm. longus bei 
diesem Affen herrührt. Was Hr. Broca (l. c. p. 323) zu der Aussage 
veranlasst hat, dass bei vielen Pitheciern die grosse Zehe anstatt einer 
Beuge-Sehne, deren zwei und zwar eine perforirende und eine perforirte 
erhalte, wie die übrigen vier Zehen, vermag ich nicht zu sagen. Ich 
habe diese Einrichtung bei keinem der von mir untersuchten Pitheciern, 
Cercopithecus, Macacus, Cynocephalus etc. gefunden, und kenne auch 
keine ähnliche Angabe eines anderen Beobachters. Bei allen diesen 
Affen sollte man eigentlich gar nicht mehr von einem besonderen Flexor 
hallucis longus sprechen, doch kann man den ihm entsprechenden 
Muskel auch nicht Flexor digit. comm. perforans nennen, weil er doch 
auch der grossen Zehe eine Sehne giebt und nicht alle perforirenden 
Sehnen von ihm, sondern zwei derselben auch vom Flexor digit. 
communis longus herrühren; und dieser kann eben desshalb auch nicht 
Flexor digit communis perforatus heissen, obgleich wenigstens zwei 
perforirte Sehnen von ihm geliefert werden. Professor Pagenstecher 
schlägt vor sie Flexor digitorum communis longus tibialis und fibularis 
zu nennen, weil der eine in der That fast ausschliesslich von der Fibula 
der andere von der Tibia entspringt. Die Sehnen beider Muskeln stehen 
übrigens ausserdem in der Fusssohle in genauer, durch Sehnenfasern 
vermittelten Verbindung, jedoch immer so, dass man, was die perforirenden 
Sehnen betrifft, bestimmt angeben kann, dass die für die 2. und 5. Zehe 
vom Flexor digit comm. long., die für die 3. und 4. vom sogen. Flexor 
hallucis longus geliefert werden. Obgleich es daher richtig ist, dass 
der Flexor hallucis longus auch bei dem Menschen einige sehnigte 
Verbindungen mit dem Flexor dig. comm. longus unterhält, obgleich 


234 


ferner bei allen Affen ausser dem Orang der Flexor hall. longus wirklich 
eine Sehne zur grossen Zehe abgiebt, muss man dennoch sagen, dass 
die Anordnung dieser beiden Muskeln inclusive der des Flexor dig. 
commun. brevis bei den Anthropiden verschiedener von der bei dem 
Menschen ist, als von der bei den niederen Affen. In Beziehung auf 
die Caro quadrata stehen sogar diese niederen Affen dem Menschen 
näher als die Anthropoiden. 

Was die Anordnung der kurzen Muskeln der grossen Zehe, des 
Abductor hallucis, des Flexor brevis und des Adductor betrifft, so 
stimmt dieselbe bei den Affen im Wesentlichen mit der derselben 
Muskeln bei dem Menschen überein, namentlich besitzt der Flexor 
brevis hallucis zwei von dem Keilbein und dem Lig. calcaneo-cuboideum 
plantare ausgehende Köpfe, und ebenso der Adductor zwei, den Adductor 
obliquus und transversus. Allein in der näheren Ausbildung dieser 
Muskeln finden sich einige Verschiedenheiten bei den verschiedenen 
Affen. So hat der Gorilla nach Duvernoy zwar nur einen, nämlich 
den inneren (medialen) Kopf des Flexor brevis, allein der äussere (laterale) 
ist übersehen oder wenigstens falsch gedeutet worden, weil er nur 
schwach und von dem Adductor obliquus in die Tiefe gedrängt ist. 
Duvernoy hat ihn nämlich, wie Dursy und Henle an der Hand des 
Menschen (siehe oben) für einen Interosseus plantaris gehalten. Er sagt 
(l. c. p. 116) On pourrait considerer comme l’analogue d’une interosseux 
plantaire un faisceau musculeux qui s’attache le long de la face externe 
et palmaire du metatarsien du pouce, qui va se terminer au tendon de 
V’adducteur. Allein wenn man nun diesen lateralen Kopf des Flexor 
brevis bei dem Chimpanse, Hylobates und allen anderen Affen gesehen 
hat, wo er überall vorhanden ist, nur verschieden stark entwickelt und 
bald mehr bald weniger durch den Adductor obliquus in die Tiefe ge- 
drängt, so ist es sehr wahrscheinlich, dass diese Beschreibung Duvernoys 
beim Gorilla ebenfalls auf diesen lateralen Kopf des Flexor hall. brevis 
passt. An dem Fusse des Cynocephalus sieht man ihn Tab. IV Fig. 1. 
am lateralen Rande des Adductor obliquus hervorsehen. Beim Hylobates 
ist er sehr schwach, und beim Orang konnte ich ihn nicht von dem 
hier ganz besonders starken Adductor obliquus trennen. Da er aber 
beim Gorilla, Orang, Hylobates jedenfalls schwächer als bei den niederen 


235 


Affen und bei dem Menschen ist, so entfernen sich jene Anthropoiden 
in dieser Hinsicht weiter von dem Menschen, als ihre niederen Stamm- 
verwandten. 

Rücksichtlich des Adductor obliquus und transversus, welcher 
letztere bekanntlich bei dem Menschen sehr schwach entwickelt ist, so 
finden sich bei allen Affen beide, obgleich bei verschiedenen Affen ver- 
schieden ausgebildet. So sind sie beim Gorilla, Orang, Cynocephalus 
(Siehe Tab. IV Fig. 1 und 2 d. und e.), Cercopithecus beide stark ent- 
wickelt und von einander getrennt. Beim Chimpanse, Hylobates, Pithecia 
und Hapale sind ebenfalls beide vorhanden, allein miteinander ver- 
schmolzen. Bei Macacus finden sich beide getrennt, der transversus 
ist schwach. Wahrscheinlich hat der letztere Fall zu der irrigen 
Behauptung Veranlassung gegeben, dass der transversus bei den Affen 
fehle, was nicht im Mindesten der Fall ist. Im Gegentheil man kann 
sagen, dass in der Stärke seiner Entwicklung die Anthropoiden ihren 
niederen Stammverwandten näher stehen, als dem Menschen. 

Herr Dr. Alix schreibt mir, dass bei dem von ihm untersuchten 
Chimpanse und ÖOrang, sich von dem Transversus pedis eine kleine 
Sehne ablöse, welche sich bei dem Chimpanse lateral, bei dem Orang 
aber an der unteren Fläche der Basis der zweiten Phalange der grossen 
Zehe ansetze, und so gewissermassen die fehlende Flexor-Sehne ersetze. 
Ich habe oben bemerkt, dass bei dem Frankfurter Orang sich auf der 
linken Seite eine kleine Sehne, in ihrem Verlauf und Ansatz der des 
Flexor hall. long. entsprechend, vorfand, welche aber nicht von dem 
Adductor transversus, sondern von der Fascie des grossen Zehen-Ballens 
ausgieng. 

Einen Opponens hallucis, d.h. einen von den Fusswurzelknochen 
entspringenden und sich an den lateralen Rand und die untere Fläche 
des Os metatarsi I ansetzenden, von dem Adductor und lateralen Kopf 
des Flexor brevis hallucis verschiedenen Muskel, habe ich unter den 
Affen nur beim Orang und Macacus gefunden, als eine auffallende Eigen- 
thümlichkeit dieser beiden Affen. Auch Huxley erwähnt derselben beim 
Orang (Med. Times 1864 I. p. 596). 

Die Interossei des Fusses zeigen bei allen Affen eine sehr auf- 
fallende und bemerkenswerthe Abweichung in ihrer Anordnung von 


236 


denen des Fusses des Menschen. Letzterer besitzt bekanntlich vierInterossei 
externi und drei interni, welche so angebracht sind, dass die ersteren die 
vierZehen von der durch die zweite Zehe gelegten Medianebene abduciren, 
die letzteren gegen dieselbe adduciren; die zweite Zehe hat zwei externi. 
Bei allen Affen dagegen ist es, wie schon Duvernoy vom Gorilla und 
Gratiolet und Alix vom Chimpans& angeben, die dritte oder mittlere 
Zehe, gegen deren Medianebene die Abduction und Adduction durch 
die interossei erfolgt, und diese dritte Zehe besitzt zwei Interossei externi. 
Der Fuss des Affen verhält sich also in dieser Hinsicht genau wie seine 
Hand und die Hand des Menschen, ist dagegen verschieden von dem 
Fusse des Meuschen. 

Dass auch an dem Fusse aller Affen mit Ausnahme von Gorilla 
und Orang, die Contrahentes digitorum und zwar selbst stärker 
als an der Hand entwickelt sind, habe ich schon oben mitgetheilt. Ich 
mache aber hier noch besonders darauf aufmerksam, dass sie an Hand 
und Fuss die gleiche Wirkung mit den Interossei ‚externi besitzen, 
nämlich die Finger und Zehen gegen den Mittelfinger zu adduciren. — 


Nachdem ich in dem Vorhergehenden etwa fünfzig Muskeln so- 
wohl bei den vier Anthropoiden, als den niederen Affen besprochen 
habe, welche irgend eine Eigenthümlichkeit in ihrem Verhalten zeigen, 
so ziehe ich daraus zunächst den Schluss, dass der Ausspruch Huxleys: 
„Dass die anthropoiden Affen rücksichtlich dieses Verhaltens ihrer Muskeln 
dem Menschen näher ständen, als ihren niederen Stammverwandten“ nicht 
richtig ist. 

Nur bei vier dieser Muskeln, dem Scalenus posterior, Serratus 
anticus major nebst Levator scapulae, dem Rectus abdominis und dem 
Peroneus parvus ist es richtig, dass dieselben bei den niederen Afien 
Anordnungen zeigen, welche den vier Anthropoiden fehlen, während sie 
sie sich bei diesen wie beim Menschen verhalten. 

Bei einer grösseren Zahl, etwa 12 bis 14 Muskeln, welche bei den 
niederen Affen von dem Menschen verschiedene Anordnungen darbieten, 
zeigt allerdings einer oder der andere Anthropoide, namentlich der 
Gorilla, eine Uebereinstimmung mit dem Menschen. Allein dann findet 


237 


sich dieses entweder bei den übrigen Anthropoiden nicht, oder es zeigt 
sich, dass alsdann auch einer oder der andere der niederen Affen die 
menschliche Anordnung besitzt. Dahin gehört z. B. der Sternocleido- 
mastoideus, Pectoralis major und minor, Extensores digitorum, Biceps 
femoris, die Adductores femoris, die Contrahentes digitorum etc. 

Die bei weitem grösste Anzahl von Verschiedenheiten in der An- 
ordnung der Muskeln bei den niederen Affen, findet sich dagegen auch 
bei den Anthropiden; diese stimmen darin mit ihren Stammverwandten 
überein und unterscheiden sich dadurch von dem Menschen z. B. der 
Omo-cervicalis, Latissimo-condyloideus, Flexor pollieis longus, die Glutei, 
der Scansorius, der Tensor fasciae latae, die Gastrocnemii, der Soleus, 
Flexor digitorum pedis communis brevis und longus, Flexor hallueis 
longus, die Interossei pedis etc. 

Ja es giebt endlich sogar einige Muskeln, welche bei den niederen 
Affen übereinstimmend mit dem Menschen angeordnet sind, bei den 
Anthropoiden aber fehlen z. B. der Plantaris, und die Caro quadrata Silvil. 


Ich muss hier nun ausdrücklich bemerken, dass Huxley selbst den 
obigen ihm zugeschriebenen Satz rücksichtlich der Muskeln, nur ganz 
allgemein ausgesprochen hat. Er sagt p. 84 seiner bekannten Schrift: 
Evidence as to Man’s place in nature: Whatever part of the animal 
fabric — whatever series of muscles, whatever viscera might be 
selected for comparison, the resoult would be the same — the lower Apes 
and the Gorilla would differ more, than the Gorilla and the Man.“ 

Allein dieser allgemeine Satz ist eben auch in Beziehung auf die 
Muskeln ein populärer Gemeinsatz geworden, wie in Beziehung auf das 
Gehirn und seine Windungen. Er ist ausserdem auch speciell für die 
Muskeln von Herrn Broca in einem ausgezeichneten Artikel: L’ordre 
des Primates. Parallele anatomique de l’homme et des singes. Bulletins 
de la Soc. D’Anthropologie Tom. IV. 1869. pag. 2283—400. ausführlich 
vertreten worden; und somit sehe ich mich veranlasst, diesem Satze so 
wie bei dem Gehirne, so auch bei den Muskeln entgegenzutreten. 

Ich glaube in meiner Abhandlung über die Grosshirnwindungen in 
diesen Denkschriften Bd. X Abth. II für diese Gehirnwindungen bewiesen 
zu haben, dass so gewiss auch dieselben bei dem Menschen und den 
Affen nach demselben Typus angeordnet sind, dennoch die Kluft zwischen 
Abh. d. II. Cl.d.k. Ak.d. Wiss. X. Bd. III. Abth. 31 


238 


der Ausführung dieses Typus bei dem Menschen und den Anthropoiden 
grösser ist, als die zwischen dem Gehirn dieser Anthropoiden und dem 
ihrer niederen Stammverwandten. Ich glaube gezeigt zu haben, dass 
die Ausbildung dieser Hirnwindungen von dem Örang bis zum Lemur 
eine ununterbrochene Reihe bildet; die Kluft zwischen dem Gehirn des 
Orang und des Menschen aber noch nicht ausgefüllt ist.!) 

In ähnlicher Weise hat mich das specielle Studium der Muskeln 
der Affen belehrt, dass die Anordnung derselben bei den Anthropoiden 
grössere Verschiedenheiten von dem Menschen darbietet, als von den 
übrigen Affen. Es unterliegt keinem Zweifel, dass im Allgemeinen, so 
wie in ‘der Skeletbildung, so auch in der Anordnung ihrer Muskeln, 
die Affen dem Menschen am nächsten stehen. Es ist ferner unzweifel- 
haft richtig, dass die Anthropoiden, und unter ihnen vorzüglich der 
Gorilla, abermals dem Menschen sich in dieser Anordnung der Muskeln 
am nächsten anschliessen. Allein ebenso sicher ist es, dass in Beziehung 
auf die Verschiedenheiten, welche denn doch noch zwischen den Anthro- 
poiden, dem Gorilla und dem Menschen übrig bleiben, ein geringerer 
Unterschied zwischen ihnen und den niedrigeren Affen als zwischen 
ihnen und dem Menschen besteht. Man kann bei den Muskeln nicht 
wohl, wie bei dem Gehirn und seinen Windungen, von einem höheren 
Grade von Ausbildung und Vollendung sprechen, wenigstens nicht im 


1) Dieses Resultat meiner Untersuchungen über die Hirnwindungen hat Herr Dr. Prunner-Bey 
die Güte gehabt, der anthropologischen Gesellschaft in Paris in der Sitzung vom 19. Febr. 
1869 mitzutheilen, und dabei auch die Aeusserung, dass obgleich der erwähnte Huxleysche 
Satz in den Augen von Layen eine sehr auffallende und für den angestrebten Beweis der 
sehr nahen Verwandtschaft des Chimpans& und Orang mit dem Menschen sehr schlagende 
Thatsache auszusprechen scheine und desshalb nicht wenig Aufsehen erregt, und grosse 
Verbreitung gefunden habe, derselbe dennoch, selbst als ganz richtig angenommen, durch- 
aus Nichts Auffallendes oder für jenen Zweck Beweisendes aussage. 

Diese Aeusserung ist in derselben Sitzung, ich weis nicht aus welchem Grunde, von 
Herrn Dally sehr missdeutet worden, als wenn dadurch irgend ein Zweifel gegen die Geltung 
uud Bedeutung des Herrn Prof. Huxley in der vergleichenden Anatomie ausgesprochen 
worden sei. Gewiss ist, dass mir nichts ferner als dieses dabei gelegen hat. Ich schätze 
Herrn Prof. Huxley als ausgezeichneten und geistreichen vergleichenden Anatom sehr 
hoch. Allein auch von dem höchststehenden Gelehrten kann einmal eine Aeusserung ge- 
macht werden, welche nicht begründet ist, und namentlich von dem nicht wissenschaftlichen 
Publikum einseitig aufgefasst wird. Ich weise deshalb jene Reclamation des Herrn Dally, 
als mein angebliches Urtheil über Herrn Huxley berichtigend, hiedurch zurück. 


259 


Allgemeinen. Denn es liesse sich sehr wohl behaupten, dass die Muskeln 
der Affen mit Rücksicht auf gewisse Bewegungsformen eine höhere 
Ausbildung und Vollendung zeigten, wie die des Menschen. Allein es 
ist nicht zu verkennen, dass in Beziehung auf diese Bewegungsformen 
und die Muskeln, durch welche sie ausgeführt werden, alle Affen unter- 
einander ähnlicher sind, als selbst der Höchststehende derselben dem 
Menschen. Auch die Affen zeigen untereinander in Beziehung auf diese 
Muskeln wieder Verschiedenheiten, vielleicht auch grössere oder geringere 
Vollkommenheiten. Aber sie bilden kaum in dieser Hinsicht eine voll- 
kommene Reihe; manchmal zeigt ein niedrig stehender Affe in einer 
oder der anderen Beziehung, in einer oder der anderen Muskel-Gruppe 
wieder eine höhere Vollkommenheit, als sie bei einem sonst höher 
stehenden sich findet. Es kommt eben darauf an, welche Bewegungs- 
form und welche Leistung man in dieser Hinsicht als die höher stehende 
betrachtet. Und wenn man in dieser Hinsicht ganz allgemein die Be- 
wegungsform des Ergreifens, Festhaltens und Kletterns, der Bewegungs- 
form des aufrechten Stehens und Gehens entgegenstellt, so kann man 
fast behaupten, dass sie in der Reihe der Affen in einem umgekehrten 
Verhältniss stehen. Zum Klettern, Festhalten, Ergreifen sind die Muskeln 
auch noch bei den niedrigsten Affen vortrefflich ausgebildet und ange- 
ordnet. Eine Möglichkeit zum aufrechten Stehen und Gehen entwickelt 
sich aber erst unter den drei höheren Anthropoiden; ihr sonstiger 
nächster Verwandter der Hylobates entfernt sich hierin wieder von 
ihnen bedeutend und übertrifft sogar seine niederen Genossen in seiner 
Kletterbefähigung. Allein in Beziehung auf diesen aufrechten Stand 
und Gang sind in Vergleich mit dem Menschen auch noch bei dem 
Gorilla die Muskeln so ungenügend entwickelt, und dagegen in Beziehung 
auf das Klettern, Festhalten und Ergreifen in so viel grösserer Ueber- 
einstimmung mit den niederen Affen, dass darin eben die Negation des 
Huxleyschen Satzes auf das Deutlichste hervortritt. 

Dieses ist auch in den bekannten Lebens-Erscheinungen und Be- 
wegungsweisen aller Affen so deutlich ausgesprochen, dass es unnöthig 
scheint, darüber Worte zu verlieren. Herr Broca bemüht sich aber 
wie ich glaube in seiner genannten Abhandlung ganz vergebens, dess- 
halb die physiologische Function der Muskeln und ihre anatomische 

az 


240 


Auordnung auseinander zu halten, und nur auf letztere etwas zu geben, 
wenn durch sie eine grössere Uebereinstimmung zwischen den Muskeln 
des Gorilla und des Menschen dargethan zu werden scheint. Es kommt 
dabei doch nicht ganz allein auf Ursprung und Ansatz so wie den da- 
durch etwa veranlassten Namen eines Muskels an, sondern auch auf 
die Stärke seiner Entwicklung, auf die nähere Anordnung seiner Muskel- 
fasern und Sehnen; endlich natürlich auch auf die Existenz oder das 
Fehlen eines Muskels. Dass der Tibialis anticus z. B. bei den Affen 
in zwei Muskeln zerlegt ist, hat bei Herrn Broca keine Bedeutung, weil 
dieser Muskel sich auch beim Menschen an zwei Knochen festsetze. 
Dass aber die Nackenmuskeln bei den niederen Affen, z. B. bei Cynoce- 
phalus stärker entwickelt sind als bei dem Chimpanse oder Orang, das 
bringt er wieder für die grössere Menschenähnlichkeit letzterer in die 
Wagschale, obgleich es sich um dieselben Muskeln nach Ursprung und 
Ansatz handelt. Die physiologische Function eines Muskels lässt sich 
von seinem anatomischen Verhalten nicht trennen, und in Beziehung 
auf beide ist es sicher, dass sich alle Affen einander näher stehen, als 
auch der höchste dem Menschen. 

Es bedarf wohl keiner besonderen Hinweisung darauf, dass es sich 
bei dieser Frage nach der Uebereinstimmung oder Verschiedenheit der 
Muskeln des Menschen und der Affen, ganz vorzüglich um die Extre- 
mitäten handelt, uud dabei die Verschiedenheiten und Uebereinstimmung 
zwischen vorderer und hinterer Extremität, zwischen Hand und Fuss 
zur Sprache kommt, wodurch es sich denn auch entscheiden muss, ob 
die Affen mit Recht oder Unrecht Vierhänder im Gegensatze vom 
Menschen als Zweihänder und Zweifüsser genannt werden können 
und müssen. 

Professor Huxley hat sich bekanntlich in seiner berühmten Schrift: 
Evidence as to Man’s place in nature vorzüglich gegen die von Tyson, 
wie es scheint, herrührende, von Buffon, Blumenbach, Cuvier und fast 
allen folgenden Zoologen und Zootomen angenommene Bezeichnung der 
Affen als Vierhänder erklärt und zu beweisen gesucht, dass das hintere 
Endglied der Affen ebenso gut ein Fuss sei, wie das des Menschen, so 
wie dass, welches auch die Differenzen zwischen Hand und Fuss des 
Menschen und denen des Gorilla sein mögen, die Differenzen zwischen 


241 


denen des Gorilla und denen der niedrigeren Affen noch viel grösser 
seien. 

Zum Beweise des ersten Satzes glaubt er zunächst den Unter- 
schied zwischen Hand und Fuss des Menschen auf drei 
absolute anatomische Verschiedenheiten zurückführen zu können: 

1) Auf die Anordnung der Fusswurzelknochen. 

2) Auf das Vorkommen eines kurzen Beugemuskels und kurzen 

Streckmuskels am Fusse, welche der Hand fehlen. 

3) Auf das Vorhandensein des langen Wadenmuskels, Peroneus longus 

am Fusse, dem kein Muskel an der Hand vollkommen entspreche. 

Zum Beweise des zweiten Satzes beschränkt sich Professor Huxley 
auf den Vergleich der Hand und des Fusses des Gorilla mit denen des 
Orang, und glaubt darthun zu können, dass dieselben verschiedener von 
einander seien, als die Hand und der Fuss des Menschen von denen 
des Gorilla. 

Es wird zweckmässig sein diese beiden Sätze ebenfalls in ihrer 
Beleuchtung von einander zu trennen. 

Da glaube ich nun zuerst hervorheben zu müssen, dass in Beziehung 
auf den Knochenbau, der Ausspruch, dass Hand und Fuss sich nur 
durch die Verschiedenheit in der Anordnung der Hand- und Fusswurzel- 
Knochen von einander unterscheiden, viel zu beschränkt und zu unbe- 
stimmt ist. Hand und Fuss, oder besser obere und untere Etremität 
unterscheiden sich noch in viel mehr Punkten der Anordnung ihrer 
Knochen, als nur gerade in der Hand- und Fusswurzel. 

Darüber dass beide Extremitäten eine grosse Analogie in ihrem 
ganzen Knochenbau besitzen, besteht bei keinem Anatomen ein Zweifel, 
obgleich über die nähere Durchführung derselben noch keineswegs Alle 
einig sind. Ohne mich hier über die darüber herrschenden Ansichten 
ausführlicher einlassen zu können, beschränke ich mich hier auf 
Folgendes. 

Die Analogie und Homologie von Oberarm und Oberschenkel sind 
unbestritten, obgleich die Verschiedenheit der Axendrehung beider 
Knochen, vermöge deren der Oberarm seine Convexität nach hinten, 
der Oberschenkel nach vorne gerichtet zeigt, nicht übersehen werden 
darf. In Beziehung auf den Vorderarm schliesse ich mich der in neueren 


242 


Zeiten besonders von Flourens (Annales des Sc. nat. 1838 Tom. X p. 25) 
von Martins (Memoires de l’Acad. des Sc. et Lettres de Montpellier 1857. 
N.S.I. HI p. 471), Owen (On the Archetype p. 167), Gegenbauer (Unter- 
suchungen zur vergleichenden Anatomie der Wirbelthiere I. p. 117), und 
Humphry (Essay on the Limbs of vertebrate Animals und The Myologie 
of the Limbs of Pteropous. Journ. of Anat. and Physiol. 1869 p. 297.) 
aus vergleichend anatomischen und embryologischen Gründen unterstützten 
Ansicht an, dass der Radius der Tibia, die Ulna der Fibula entspricht, 
obgleich ein so gewiegter Anatom wie Henle (Handbuch der Anatomie I. 
p- 205) wieder den Radius mit der Fibula, die Ulna mit der Tibia 
parallelisirt. Wie besonders die beiden Letzteren der oben genannten 
Autoren, Gegenbauer und Humphry mit Recht hervorheben, sind vordere 
und hintere Extremitäten bei niederen Wirbelthieren (Amphibien) und 
bei den Embryonen höherer, ganz gleich gerichtet. Sie stehen unter 
rechten Winklen von dem Rumpfe ab, die Ellenbogen und Knie-Seite 
nach oben, die Radial- und Tibial-Seite nach vorne, die Ulnar- und 
Fibularseite nach hinten gerichtet. Wenn bei der weiteren Entwicklung 
Knie und Ellenbogen sich beugen, so erfolgt an beiden Extremitäten 
eine Rotation nach entgegengesetzten Richtungen. Der Oberarm mit 
dem Ellenbogen dreht sich nach rückwärts, der Oberschenkel und das 
Knie nach vorwärts; der tibial Condylus, Tibia und grosse Zehe, die 
anfangs nach vorne gerichtet waren, wenden sich nach einwärts, radial 
Condylus, Radius und Daumen, die anfangs auch nach vorne sahen, wenden 
sich nach aussen. Aber während die Knochen der unteren Extremität 
in dieser veränderten Stellung verharren, tritt in den Vordergliedern 
der vorderen Extremität. in Vorderarm und Hand, eine Rotation nach 
Innen, eine Pronation ein, so dass der untere Theil des Radius und die 
Hand nach innen gerichtet werden. Diese entgegengesetzten Rotationen 
bringen die verschiedenen Richtungen der oberen und unteren Extre- 
mität hervor. Der Processus olecranon und die Patella, so wie über- 
haupt der Ansatz des Extensor des Vorderarms an die Ulna, der des 
Unterschenkels aber an die Tibia, welche man vorzüglich gegen diese 
sich sonst allseitig bestätigende Parallele beibringt, können gegen die- 
selbe kein hinreichendes Hinderniss abgeben. Die Patella ist sicher nur 
ein Sesambein, dessen Existenz oder Fehlen sicher keine typische, sondern 


.243 


nur eine functionelle Bedeutung hat; das Ölecranon ist aber nur eine 
Apophyse der Ulna, die bei verschiedener functioneller Bedingung und 
Gelenkbildung fortfallen kann. ° Die Wanderung des Extensoren-Ansatzes 
von der Ulna auf die Tibia steht mit den Rotationen der Knochen im 
Zusammenhang. Bergmann (Müllers Archiv für Physiologie 1841. p. 202) 
hat in interessanter Weise gezeigt, wie bei den Salamandern und Tritonen 
bei denen sich jene Rotationen gewissermassen zuerst zu entwickeln 
anfangen, die Insertion des Extensor cruris allmählig von der Fibula 
auf die Tibia herüberrückt. 

In Beziehung auf die Fusswurzelknochen parallelisire ich das 
Pyramidenbein dem Fersenbein; das Mondbein dem Kahnbein und dem 
Sprungbein; das Schiffbein dem Centrale der Affen, Insectivoren und 
Nager; das Cuneiforme I dem multangulum majus; das Cuneiforme II 
dem Multangulum minus; das ÖCuneiforme III dem Capitatum; das 
Cuboideum dem Hamatum. 

In Beziehung auf diese Parallelisirung der Handwurzelknochen, waren 
bisher fast Alle der Ansicht Viq d’Azyrs und Owens gefolgt, dass der 
Calcaneus dem Triquetrum und Pisiforme entspreche, wofür man an- 
führte, dass die Tuberositas Calcanei sich an dem Fersenbein als eine 
besondere Epiphyse an dessen hinterer Fläche entwickelt, während das 
Erbsenbein anderer Seits nur ein selbstständig gewordener Fortsatz des 
Triquetrum sei. Das Lunatum sollte ferner dem Astragalus, das Scaphoideum 
dem Naviculare entsprechen. Hiergegen erklärt sich indessen Gegenbauer 
(l.c. p. 121) aus Gründen der allmähligen Hervorbildung der einzelnen 
Hand- und Fusswurzelknochen in der Thierreihe. Das Pisiforme ist 
nach ihm überhaupt kein typisches Carpusstück und braucht desshalb 
im Tarsus kein Homologon; der Calcaneus besteht auch niemals aus 
zwei wirklich gesonderten Stücken, und die erste Entwicklung des Fersen- 
beinfortsatzes wird schon bei den Reptilien beobachtet. Er stellt da- 
gegen obige Parallele auf, der ich beigetreten bin. 

Dass die Mittelhandknochen den Mittelfussknochen, die Finger mit 
ihren Phalangen den Zehen mit ihren Phalangen entsprechen, braucht 
kaum erwähnt zu werden. 

Allein trotz dieser vollständigen Analogie und Homologie der 
Knochen der oberen und unteren Extremität ist es doch einleuchtend 


244 


und unbestreitbar, dass die „Anordnung‘‘ fast aller dieser Knochen an 
oberer und unterer Extremität verschieden ist, und eben diese Ver- 
schiedenheit der Anordnung macht aus einer oberen Extremität eine 
untere, oder wenn man lieber will, aus einer unteren eine obere. Will 
man also die Verschiedenheit der Extremitäten charakterisiren, so muss 
man diese Verschiedenheit der Anordnung in allen ihren Knochen 
analysiren, und kann diese Analyse nicht allein auf die Fusswurzelknochen 
beschränken. 

Ich kann mir dieses hier nicht zur Aufgabe machen, glaube auch, 
dass dieses im Allgemeinen nicht nothwendig ist, weil die Verschieden- 
heit der Anordnung der Knochen der beiden Extremitäten schon oft 
und genügend analysirt worden ist. Allein es ist wichtig, daran fest- 
zuhalten, dass diese Analyse auf alle Knochen einer Extremität ange- 
wendet werden muss, um zu entscheiden, ob sie mehr einer Hand 
oder mehr einem Fusse entspricht. Dass die hintere Extremität eines 
Affen viele Aehnlichkeit in der Anordnung ihrer Knochen mit denen 
eines Fusses hat, liegt ja auf der Hand. Es fragt sich nur ob die 
Aehnlichkeiten mit einer Hand oder mit einem Fusse grösser sind, 
und darauf werde ich bei Besprechung des zweiten Satzes von Huxley 
zurückkommen. Ich sage hier nur: Es genügt nicht auf die Fuss- 
Aehnlichkeit der Knochen-Anordnung der dritten Abtheilung einer 
Extremität hinzuweisen, um dieselbe dadurch zu einem Fusse zu 
stempeln. 

Ganz ähnlich verhält es sich meiner Ansicht nach aber auch mit 
den Muskeln, wobei es ausserdem, wie mir scheint, auch noch möglich 
ist zu zeigen, dass der Ausspruch Huxleys, dass die Existenz eines 
Peroneus longus und eines Flexor und Extensor digitorum communis 
brevis charakteristische und wirkliche Unterschiede zwischen Hand und 
Fuss seien, bestritten werden kann. Ich glaube, dass es möglich ist 
zu zeigen, dass sämmtliche Muskeln der unteren Extremität, mit wenigen 
durch die Verschiedenheit der Function bedingten Ausnahmen, ihre 
Homologen an denen der oberen haben. Allein auch ihre „Anordnung“ 
hat bedeutende Modificationen erfahren, um aus der Hand einen Fuss 
oder umgekehrt zu machen. 

Auch hierbei beschränke ich mich auf den Unterschenkel und 


245 


den Unterarm, und berufe mich rücksichtlich der Schulter und des 
Beckens, sowie des Oberarmes und Oberschenkels auf die in der neuesten 
Zeit besonders von Engländern ausgeführten Arbeiten: von Wood 
(Comparative Anatomy of the Muscles of the Schoulder. Journal .of 
Anat. and Physiol. I. 1866 p.44. — Macalister: Notes on an instance 
of irregularity in the muscles around the schoulder joint. Ibid. II. 1867. 
p. 316. — Derselbe: On the arrangement of the Pronator Muscles in the 
Limbs of vertebrate animals. Ibid IV. p. 335. — Derselbe: On the 
Homologies of the Flexor Muscles of the Vertebrate Limbs. Ibid. 1867. 
— Derselbe: Contributions towards the formation of a correct System 
of Muscular Homologies. Annales and Mag. of Nat. Hist. 1868. Nr. 5. — 
Humphry: The Disposition and Homologies of the Extensor and Flexor 
Muscles of the Leg and Forearm. Journ. of Anat. and Physiol. IV. p. 320. 
— Rolletson: On the Homologies of certain Muscles connected with 
the Schoulder joint. Transactions of the Linnean Soc. Vol, XXVI p. bog. 
— Wymann: On the Symmetry and Homology of Limbs. Procedd. of 
Boston Nat. Hist. Soc. 1867. Vol. XI. 

Um aber eine Parallele zwischen den Muskeln des Vorderarms und 
und der Hand und denen des Unterschenkels und des Fusses durch- 
führen zu können, muss man sich die obere Extremität in dieselbe 
Stellung wie den Fuss denken, d.h. die Hand in die stärkste Pronation 
und Extension, die Volarfläche auf den Boden aufgestellt, die Rücken- 
fläche nach vorne, oder mit anderen Worten die Stellung auf allen Vieren. 
Sodann gehe ich von der functionellen Thätigkeit der Muskeln aus, weil 
wir durch sie am leichtesten auf die homologen Muskeln geleitet werden, 
zugleich aber auch erkennen, wie weit mit der Veränderung der Function 
auch eine Aenderung in der „Anordnung“ der Muskeln einhergeht. 

Wir haben nun an der Hand sechs Bewegungsformen: Flexion und 
Extension, Adduction und Abduction, Pronation und Supination. Suchen 
wir dieselben Bewegungsformen für den Fuss auf und die Muskeln, welche 
sie an Hand und Fuss bewirken, so erhalten wir folgende Uebersicht: 


Flexion der Hand Flexion des Fusses 
Flexor carpi radialis Tibialis posticus wenn der Fuss ge- 
streckt ist 
Flexor carpi ulnaris Gastrocnemius und Soleus 


Abh.d.Il.Cl.d.k. Ak. d. Wiss. X. Bd. III. Abth. 32 


246 


Extension der Hand 
Extensores Carpi radiales longus 
und brevis 
Extensor Carpi unlnaris 


Adduction der Hand 
Flexor und Extensor carpi radiales 


Abduction der Hand 
Flexor und Extensor carpi ulnares 


Pronation der Hand und Er- 
hebung des äusseren Hand- 
randes 

Pronator teres und quadratus 


Supination der Hand und 
Erhebung desinnerenHand- 
randes 

Supinator longus und brevis 


Extension des Fusses 
Tibialis anticus 
Peroneus brevis in geringem Grade 
wenn der Fuss gebeugt ist 


Adduction des Fusses 
Tibialis posticus und anticus 


Abduction des Fusses 
Peroneus longus und brevis 


Pronation des Fusses und 
Erhebung des äusserenFuss- 
randes 

Peroneus longus und brevis 


Supination des Fusses-und 
Erhebung desinneren Fuss- 
randes 

Tibialis anticus. 


Um nun diese Analogien, oder besser vielleicht Homologien, richtig 
zu verstehen, müssen die verschiedenen und veränderten Aufgaben von 
Hand und Fuss im Auge behalten werden. 

Da ist es denn offenbar, dass die Flexion des Fusses bei dem 
aufrechten Gange von grösster Bedeutung war und mit grosser Kraft 
erfolgen muss, um das Gewicht des ganzen Körpers heben und fort- 
bewegen zu können. Daher die starke Entwicklung der Beugemuskeln 
des Fusses gegenüber der der Flexoren der Hand. Die Wirkung der 
Gastrocnemii und des Soleus ist noch gesteigert, durch ihre Befestigung 
an den, wenn gleich kurzen doch diesseits des Unterstützungspunktes 
gelegenen Arm eines zweiarmigen Hebels. Je länger dieser Hebelsarm 
um so kräftiger die Wirkung. Indessen erfolgt die Beugung des Fusses 
doch höchstens ‚bis zum Uebergang in die gerade Linie mit dem 
Unterschenkel, während die der Hand darüber ansehnlich hinaus geführt 
werden kann. Dem entsprechend finden wir die Beugemuskeln des Fusses 
kurz und dick, die der Hand länger und dünner, da es bei jenen auf 
sehr kraftvolle, weniger ausgedehnte, bei diesen auf ausgedehnte und 
rasche Zusammenziehungen ankommt. 


247 


Der Gastrocnemius mit dem Soleus entspricht aber dem Flexor 
carpi ulnaris, der Tibialis posticus dem Flexor carpi radialis. Die An- 
ordnung der beiden ersteren Muskeln ist allerdings eine sehr verschiedene 
von einander. Allein auch dem Flexor carpi ulnaris ertheilt man mit 
Recht zwei Köpfe, deren einer vom Condylus externus des Oberarms, 
der zweite von der Ulna entspringt, die beide durch den Nervus ulnaris 
voneinander getrennt werden. Diesen beiden entspricht der Ursprung 
des äusseren Kopfes des Gastrocnemius von dem Condylus externus des 
Oberschenkels und des Soleus von der Fibula. Bei der starken Ent- 
wicklung beider Muskeln bei dem Menschen, hat sich aber auch ihr 
Ursprung auf den Condylus internus des ÖOberschenkels und auf die 
Tibia ausgedehnt. Der Ansatz der Achillessehne am Fersenbeine ent- 
spricht dem Ansatz des Flexor carpi ulnaris an dem Os pisiforme. 
Ursprung und Ansatz des Tibialis posticus und des Flexor carpi radialis 
sind zwar einander nicht ganz gleich, lassen sich aber doch leicht auf- 
einander zurückführen. 

Nach Professor Huxley entspricht der Gastrocnemius mit dem Soleus 
und Peroneus brevis dem Extensor carpi ulnaris (Med. Times 1864. Ip. 204). 
Da keine Gründe für diese auffallende Deutung, welche die Hauptbeuge- 
muskeln des Fusses mit einem Streckmuskel parallelisirt, angegeben sind, 
so ist es auch nicht möglich dagegen zu argumentiren. 

Da der Fuss sich schon seiner natürlichen Stellung nach in einer 
starken Extension befindet (Dorsalflexion) so ist es erklärlich, dass die 
Muskulatur zu seiner Extension nur schwach entwickelt ist. Es ist vor- 
züglich der Tibialis anticus, welcher sie bewirkt; der Peroneus brevis nur 
in schwachem Grade und nur dann, wenn der Fuss vorher flectirt war. 
Die Streckung der Hand erfolgt dagegen viel ausgiebiger und energischer 
durch drei Muskeln. Dem Tibialis anticus entsprechen die beiden Exten- 
sores carpi radiales, dem Peroneus brevis der Fxtensor carpi ulnaris. 

Für die Abduetion und Adduction der Hand sind keine be- 
sonderen Muskeln vorhanden; sie erfolgen in vollkommen hinreichendem 
Grade durch die seitliche Combination der Beuge- und Streck-Muskeln; 
die Abduction durch die combinirte Wirkung der Extensores und des 
Flexor carpi radialis, die Adduction durch die combinirte Wirkung des 
Flexor und Extensor carpi ulnaris.. Auch die Adduction des Fusses 

32= 


248 


‚erfolgt durch seitlich combinirte Action von Streck- und Beuge-Muskeln 
durch den Tibialis anticus und posticus, welche, wie wir eben gesehen, 
den Extensores carpi radiales und dem Flexor carpi radialis entsprechen. 
Die Abduction des Fusses erfolgt durch den Peroneus brevis als homo- 
logem Muskel von dem Extensor carpi radialis. Er sollte sich dazu 
mit seinem gleichseitigen Antagonisten dem Gastrocnemius und Soleus 
combiniren, welche, wie oben erörtert, dem Flexor carpi ulnaris ent- 
sprechen. Allein die Aufgabe dieser beiden erstgenannten Muskeln, den 
Fuss zu beugen, nimmt dieselben ausschliesslich in Anspruch; daher 
sehen wir, dass dem Peroneus brevis zur Abduction des Fusses ein 
zweiter kräftiger Muskel beigegeben ist, das ist der Peroneus longus. 

Dieser Muskel scheint nun eine Ausnahme in der Parallele zwischen 
Fuss und Hand zu machen, es scheint ihm kein Muskel an der Hand 
zu entsprechen. Wie soll man sich diese Ausnahme erklären? 

Ich halte es durchaus nicht für ungereimt eine Verdopplung des 
Extensor carpi ulnaris am Fusse als Erklärung für dieses Auftreten 
eines an der Hand nicht unmittelbar repräsentirten Muskels anzunehmen. 
Wir sahen der Extensor carpi ulnaris wird am Fusse durch den Peroneus 
brevis repräsentirt. Der Peroneus longus unterstützt ihn sowohl in 
seiner Thätigkeit als Abductor des Fusses, als auch bei der Erhebung 
des äusseren Fussrandes, und das war nothwendig weil der dem Flexor 
carpi ulnaris entsprechende Gastrocnemius und Soleus für die Beugung 
des Fusses in Anspruch genommen sind. In solchem Falle ist es nicht 
ohne Analogie, dass sich ein Muskel verdoppelt, ja wir haben diesen 
Fall bei dem Extensor carpi radialis unmittelbar vor Augen. Er ist 
an der Hand doppelt, sein Analogon an dem Fusse aber, der Tibialis 
anticus bei dem Menschen und dem Gorilla einfach. Hier wird um so 
weniger irgend Jemand glauben, dass durch die Verdopplung die Ana- 
logie aufgehoben werde, als wir wissen, dass bei den übrigen Affen auch der 
Tibialis anticus sich verdoppelt. Ja das Verhalten dieses Muskels giebt 
uns auch weitere Aufklärung über das Verhalten des Peroneus longus, 
sich mit seiner Sehne in der Fusssohle zu verbreiten und an den 
Metatarsus der grossen Zehe anzusetzen. Denn dasselbe geschieht bei 
der Verdopplung des Tibialis anticus bei den Affen. Seine eine Sehne 
oder sein einer Theil setzt sich ebenfalls an den Metatarsus der grossen 


249 


Zehe und functionirt als deren Adductor, so dass er von verschiedenen 
Autoren geradezu so genannt wird. Sein verdoppelter Antagonist ist 
der Peroneus longus und brevis. 

Ich glaube also das Auftreten des Peroneus longus am Fusse, auf 
eine blosse Verschiedenheit der ‚Anordnung“ des analogen Muskels der 
Hand zurückgeführt zu haben, welche in der verschiedenen Bestimmung 
von Hand und Fuss ihre Erklärung findet. 

Nach Professor Huxley (Med. Times l. c. p. 204) entspricht der Tibialis 
anticus dem Extensor metacarpi pollicis, d. h. dem Abductor pollieis 
longus, weil er sich an das Os cuneif. I. und Os metatars. I. in gleicher 
Weise ansetzt, wie der Abductor pollicis longus an das Trapezium und 
den MetarcarpusI. Allein bei dem Menschen existirt wegen der straffen 
Gelenkverbindung des Metatars. I. mit dem Os cuneiforme I. so gut wie 
gar keine Abduction der grossen Zehe, sondern nur eine Adduction des 
ganzen Fusses. Es bedarf also für jene Bewegung der grossen Zehe 
auch keines Muskels; für diese des Fusses aber wohl, zugleich mit einem 
Extensionsmuskel für den Fuss. Darin liegt Grund genug, den Tibialis 
anticus mit den Extensores carpi radiales zu parallelisiren, welche sonst 
gar keine Analogie am Fusse haben würden, während sich doch ihre 
Function am Fusse findet. Die Huxleysche Analogie nimmt einen Muskel 
‘am Fusse an, der keine Function hat, und ihr fehlt einer für eine 
Function die wirklich besteht. Da scheint es mir richtiger die „An- 
ordnungen“ der analogen Muskeln sich etwas nach dem Bedürfniss 
veränderen zu lassen, den Ansatz der Extensoren von dem 2. und 3. Mittel- 
handknochen an den ersten Mittelfussknochen und einen Fusswurzel- 
knochen wandern zu lassen. Die Verdopplung des Tibialis anticus bei 
den Affen wird dadurch auch noch verständlicher. — Den Tibialis 
posticus parallelisirt auch Huxley mit dem Flexor carpi radialis. 

Die Pronation und Supination der Hand wird bekanntlich 
durch die Drehung des Radius um die Ulna in sehr ergiebigem Maase 
und durch vier besondere Muskeln, den Pronator rotundus und quadratus 
und den Supinator longus und brevis bewirkt (denn ich bleibe dabei, dass 
der Supinator longus auch wirklich die Supination bewirkt, notabene, 
wenn die Hand in der Pronation sich befindet; ausserdem ist er freilich 
nur ein Flexor des Vorderarms). In der Weise findet sich am Fuss 


250 


keine Pronation und Supination, da beide Knochen, Tibia und Fibula, 
sich nur in höchst geringem Grade umeinander drehen lassen, und dem- 
gemäss fehlen an dem Unterschenkel und Fuss auch die Analoga jener 
Muskeln. Denn ich bin mit Dr. Macalister (Journ. of Anat. and Phys. IV. 
1869. p. 339.) gegen Prof. Humphry (Ibid. p. 329.) der Ansicht, dass der 
Vergleich Meckels und Huxleys des Pronator teres mit dem Popliteus 
verfehlt ist. Der Ursprung des Pronator teres vom Condylus internus 
und des Popliteus vom Condylus externus ist zwar nicht, wie Dr. Maca- 
lister meint, gegen diese Homologie geltend zu machen; denn bei der 
Axendrehung, welche der Oberarm im Oberschenkel erfahren hat, ist 
dessen Condylus internus zum externus und der externus zum internus 
geworden. Allein die oberflächliche Lage des Pronator, die tiefe des 
Popliteus und das ganz abweichende Verhältniss zu den Gefässen und 
Nerven widersprechen, wie mir scheint, dieser Homologie zu sehr. Der 
Popliteus, indem er sich an den Condylus externus und die Tibia an- 
setzt, scheint mir auf diese beiden Knochen nur einen sehr schwach 
beugenden Einfluss auszuüben, dagegen vorzüglich zur Spannung der 
Kniegelenkkapsel und Erhaltung der Lage des Zwischengelenkknorpels 
bestimmt zu sein, in welcher ersteren Bestimmung er dem Supinator 
brevis am Ellenbogen entspricht. Aber auch für die Ansicht Macalisters 
den inneren Kopf des Gastrocnemius als homologen Muskel für den 
Pronator teres anzusprechen, sehe ich gar keinen Grund, da die Be- 
wegungsform der Rotation in diesem Sinne dem Fusse ganz fehlt, und 
daher ganz begreiflich ist, dass alle vier für dieselbe bestimmten Muskeln 
ebenfalls fehlen. 

Dennoch vollführt der Fuss eine Art Pronation und Supination, 
indem sowohl der innere als äussere Fussrand erhoben und der Fuss 
dabei etwas um seine Längenaxe gedreht werden kann. Diese Pronation 
oder besser Erhebung des äusseren Fussrandes vollzieht der Peroneus 
brevis und noch mehr der Peroneus longus, welcher letztere Muskel 
dabei zugleich die Zehen sämmtlich einander nähert, besonders auch 
die grosse Zehe adducirt und die Fusssohle hohl macht. Die Supination 
oder die Erhebung des inneren Fussrandes besorgt der Tibialis anticus. 
Die Möglichkeit zu dieser Bewegungsform ist allerdings bei gestrecktem 
Knie nur gering, und bei gebeugtem Knie erfolgt sie mehr in dem 


251 


Knie- als in dem Fuss-Gelenk. Allein sie ist doch auch in letzterem 
möglich, wie ich mich durch ausdrückliche Versuche überzeugt habe. 

Bei der Hand ist diese Bewegung wegen der Einrichtung des Hand- 
gelenkes so gut wie nicht möglich. Die Ränder der aufgelegten Hand 
können immer nur durch Rotation der Vorderarm-Knochen erhoben 
werden. Die Muskeln, auch wenn ihre Analoga vorhanden sind, wie 
der Extensor carpi ulnaris für den Peroneus brevis und die Extensores 
carpi radiales für den Tibialis anticus, können diese Erhebung der Hand- 
ränder nicht bewirken. Sie war hier bei der ausgedehnten Rotations- 
möglichkeit des ganzen Vorderarmes und der Hand von keiner Bedeutung. 

Diese Darstellung der Functionen der Hand- und Fussmuskeln führt 
daher, wie mir scheint, zu dem Resultat, dass man für alle Muskeln 
des Fusses an der Hand analoge und homologe Muskeln findet, ausser 
für die Pronatoren und Supinatoren, welche als neu hinzugekommene 
Muskeln für die Hand zu betrachten sind. 

Gehen wir zu den Finger- und Zehen-Mauskeln über, so hat Prof. Huxley 
bekanntlich auch bei ihnen, wiederum nur allein von der anatomischen 
Anordnung, nicht aber von der Function der Muskeln ausgehend, einen 
zweiten charakteristischen Unterschied zwischen Hand und Fuss in der 
Gegenwart eines Extensor und Flexor brevis digitorum communis auf- 
stellen wollen. Dass alle andern Finger- und Zehen-Muskeln miteinander 
übereinstimmen, war schon bisher von Allen angenommen, und ist 
neuerdings von mir, wie ich glaube, in meiner kleinen Note über die 
kurzen Muskeln des Daumens noch genauer nachgewiesen worden. 
Nur fehlt der grossen Zehe noch der Opponens pollicis, der an der 
Hand hinzugekommen ist, zu einem abermaligen Beweise, dass die 
Function nicht nur über die Anordnung, sondern selbst die Existenz 
eines Muskels entscheidet. Bei den kurzen Muskeln der kleinen Zehe 
und des kleinen Fingers ist die Homologie vollständig. 

Was nun aber die Existenz eines kurzen Streck- und Beugemuskels 
an dem Fusse betrifft, welche an der Hand fehlen, so läuft dieser Unter- 
schied alsbald auch nur auf den einer verschiedenen Anordnung derselben 
Muskeln zurück, sobald wir die Sache von der functionellen Seite be- 
trachten, welche mir doch bei .der endlichen Lösung der Frage, die 
Hauptsache zu sein scheint. 


252 


Der Typus um den es sich hier handelt, sind doppelte Muskeln 
für die Streckung und Beugung der Glieder der vier Finger und Zehen, 
solche für die zweite und für die dritte Phalange. Nun haben wir an 
der Hand schon wirklich die zwei Fingerbeuger, den perforatus und 
perforans vollkommen entwickelt, und ebenso am Fuss, nur dass der 
perforatus hier vom Unterschenkel an die Fussohle verlegt ist. Bei 
den Streckmuskeln ist allerdings der tiefe beim Menschen an der Hand 
nur in einzelnen Theilen entwickelt; Extensor dig. indieis und Extens. 
dig. minimi proprius. Als Varietäten kommen aber Sehnen und Muskel- 
bündel auch für die übrigen Finger vor. Es ist also nicht sehr zu 
verwundern, dass wir am Fuss diesen tiefen Streckmuskel ebenfalls und 
zwar zusammenhängend vorfinden. Er hat den kleinen Streckmuskel für 
die grosse Zehe mit sich verbunden, und die Sehne für die kleine Zehe 
fehlt dafür meistens. Dieses sind meines Erachtens lauter unter- 
geordnete Modificationen. Die Kürze des Muskels und seine Verlegung 
auf den Fussrücken scheint mir mit der starken Extensions-Stellung 
des Fusses zum Unterschenkel in Verbindung zu stehen. 

Ich komme also zu dem Schlusse, dass der Unterschied zwischen 
Hand und Fuss, nicht in der Gegenwart oder dem Fehlen eines oder 
des andern Muskels beruht, sondern wie bei den Knochen in der Ver- 
schiedenheit der „Anordnung“ dieser Muskeln, welche durch die Ver- 
schiedenheit des Gebrauches beider Extremitäten bedingt ist. Es sind 
auch hier nicht ein oder zwei Muskeln, um die es sich handelt, sondern 
es sind sehr viele, man könnte fast sagen alle. Obgleich typisch die- 
selben Muskeln, sind sie dennoch je nach ihrem Gebrauche sehr ver- 
schieden, selbst nach Ursprung und Ansatz, Stärke der Entwicklung, 
von riesenhafter Vergrösserung und Verdopplung, bis zum gänzlichen 
Fehlen, angeordnet. 

Es lässt sich also der Unterschied zwischen Hand und Fuss nicht 
so kurz und mit so wenigen Charakterzügen wie Professor Huxley dieses 
thun zu können glaubte, definiren, sondern es bedarf hiezu einer aus- 
führlichen Durchführung für Knochen und Muskeln und unzweifelhaft 
auch für Gefässe und Nerven. So wie beide Extremitäten in ihrer 
ersten embryonalen Anlage ganz gleich sind, so entwickeln sie sich auch 
nach einem und demselben Typus, aber in sehr verschiedener Ausführung 


253 


desselben, je nach ihrer zukünftigen Bestimmung. Die Gegenwart eines 
Calcaneus und Astragalus, eines Peroneus longus, eines Flexor und 
Extensor digitorum communis brevis machen allein noch lange nicht 
eine Extremisät zu einem Fusse. Ihre Gegenwart lässt sich recht wohl 
denken, und dennoch kann eine Extremität weit mehr den Gesammt- 
Charakter und den Gebrauch einer Hand als eines Fusses haben. 

Von diesem Standpunkte ausgehend, muss man aber, wie mir scheint, 
zugeben, dass die hintere Extremität der Affen wegen der Ge- 
sammt-Anordnung ihrer Knochen und Muskeln richtiger die Bezeichnung 
einer Hand als eines Fusses verdient. 

Professor Huxley hat sich auch hier in seinem Widerspruch gegen 
die Bezeichnung der Affen als Vierhänder, auf das Endglied, auf 
Hand und Fuss im engeren Sinne beschränkt, was meiner Ansicht nach 
auch nicht statthaft ist. Er behauptet, dass die Fusswurzelknochen des 
Gorilla in allen wichtigen Beziehungen der Zahl, Anordnung und Form 
denen des Menschen entschieden gleich sind. Die Unterschiede der 
Mittelfussknochen und Finger schlägt er nicht hoch an. In Beziehung 
auf die Muskeln sei ein Peroneus longus, ein Flexor und Extensor 
digitorum communis vorhanden, und somit die charakteristischen Merk- 
male für einen Fuss gegeben. Mögen aber auch, sagt er weiter, die 
Unterschiede zwischen Hand und Fuss des Menschen und des Gorilla 
sein, welche sie wollen, die Unterschiede ‘zwischen denen des Gorilla 
und denen der niedrigeren Affen sind noch grösser. (Evidence as to Man’s 
Place p. 90 et sqq.) 

Ich glaube nun, zeigen zu können, dass dieser Ausspruch von 
Professor Huxley nicht begründet, und eine irrige Anwendung seiner nicht 
genügenden Differential-Diagnose zwischen Hand und Fuss überhaupt ist. 

In Beziehung auf die Knochen der Hand und des Fusses der Affen 
glaube ich mich damit begnügen zu können, aufdie sehr sorgfältig und 
genau durchgeführten Untersuchungen von Professor Lucae hinzuweisen. 
Dieser aber schliesst aus seinen auf alle Fuss- und Handwurzelknochen 
ausgedehnten Vergleichungen: dass die sogenannte hintereHand 
der Affen sowohl anatomisch als auch physiologisch weit 
mehr Uebereinstimmung mit der menschlichen Hand als 
mit dem Fusse des Menschen oder mit irgend einer 
Abh. d. II. Cl.d. k. Ak.d. Wiss. X. Bd. III. Abth. 33 


254 


terminalen Abtheilung der Extremitäten in der ganzen 
Säugethierreihe besitzt, und dass in der That nur mehr ober- 
flächliche Formähnlichkeiten mit dem menschlichen Fusse vorkommen, 
(1:.0.:9..5.1.) 

Ich werde nun versuchen, die Verschiedenheiten in der Muskulatur 
des Fusses des Menschen von der des Fusses der Affen darzuthun, und 
zu zeigen, dass dieselbe bei letzteren sich mehr der ihrer Hand an- 
schliesst, wobei ich mich ebenfalls auf Fuss und Hand im engeren Sinne 
beschränken werde, obgleich wie gesagt, der Vergleich durchaus auf 
die ganze Extremität ausgedehnt werden muss, um ein vollkommen 
richtiges Bild zu erlangen. Ich werde hiebei zwar Manches oben schon 
Gesagte wiederholen müssen; allein es dürfte doch geeignet sein, hier 
eine speciell auf die Frage der Anordnung der Muskeln am Fusse 
gerichtete Zusammenstellung zu geben. 

Wir vergleichen hier aber zuerst die Waden- Muskeln, Gastrocnemii 
und Solei, welche, wie wir gesehen, dem Flexor carpi ulnaris homolog 
sind. Die Stärke ihrer Entwicklung beim Menschen und den Affen 
erlaubt kaum einen Vergleich; ihre Masse entspricht bei den Affen 
weit mehr ihrem Flexor carpi ulnaris, als der der Wade des Menschen. 
Dagegen sind die Muskelfasern des Muskels bei den Affen länger und 
gehen bis herunter zum Fersenbein. Hieraus folgt, dass der Affe seinen 
Fuss viel weniger kraftvoll, aber ausgedehnter beugen kann als der 
Mensch. Beides correspondirt augenscheinlich mit der Bestimmung des 
Fusses des Menschen zum Stehen und Gehen, und der des Affen zum 
Greifen und Festhalten. 

In Beziehung auf die Extensoren des Fusses gleicht der Fuss des 
Affen weit mehr der Hand als dem Fusse des Menschen. Der Affe hat 
nicht nur auch einen Extensor ulnaris im Peroneus brevis, sondern 
zwei Extensores radiales wie die Hand, in dem doppelten Tibialis 
anticus. 

Die Abduction und Adduction des Fusses so wie die Erhebung des 
äusseren und inneren Fussrandes der Affen, erfolgt mit weit grösserer 
Intensität und Extensität, wie die des Menschen, und gleicht mehr den 
analogen Bewegungen der Hand, obgleich keine vollkommene Rotation 
gegeben ist. Dieses ist vorzüglich in der Anordnung und Verbindung 


255 


der Gelenke des Affenfusses ermöglicht. Allein auch die dabei be- 
theiligten Muskeln, der Tibialis anticus und posticus, sowie die Peronei 
sind stark und der Tib. anticus und Peroneus longus auch relativ stärker 
als bei dem Menschen entwickelt. Diese Bewegungsformen sind bei 
dem aufrechten Stand und Gang von geringerer Bedeutung, ja ihre 
grössere Ausbildung würde diesen Stand und Gang unsicher gemacht 
haben, wie er bei den Affen wirklich ist, während diese grössere Beweg- 
lickkeit für den Affen beim Klettern und Festhalten von grösster Wichtig- 
keit war, und ihn seinen Fuss wie eine Hand gebrauchen lässt. In 
Beziehung auf den Peroneus longus habe ich oben schon bei seiner 
Beschreibung bei den Affen beigebracht, dass er wegen der freieren 
Verbindung des Os metatarsi I mit dem Os cuneiforme I eine viel aus- 
gedehntere Adduction, selbst Flexion und damit Opposition der grossen 
Zehe bewirken kann, als dieses bei dem Menschen möglich ist. Bei 
dem aufrechten Stand und Gang war dieses von keiner Bedeutung; aber 
für das Ergreifen und Festhalten muss diese Möglichkeit einen Fuss 
weit mehr einer Hand näheren, und ihm einen Ersatz für die manglende 
freie Rotation bieten. 

Die Beuger der Zehen des Affen zeigen ferner bedeutende Ab- 
weichungen in ihrer Anordnung von denen des Menschen. Der Flexor 
dig. comm. brevis liefert bei keinem Affen mehr oberflächliche oder 
durchbohrte Sehnen als zwei für die zweite und dritte Zehe; sehr häufig 
ist er bis auf eine für die zweite Zehe reducirt. Die durchbohrten 
Sehnen für die übrigen Zehen, kommen von einer Fleischmasse der 
Sehnen der langen Beuger, die dem Menschen ganz fehlt. Der Flexor 
dig. communis longus und der Flexor hallucis longus verhalten sich 
ganz anders zu einander und zu den von ihnen versorgten Zehen wie 
in der Regel beim Menschen. Bei diesem ist der Flexor hallucis longus 
fast ausschliesslich für die grosse Zehe bestimmt, deren kräftige Beugung 
bei dem Gehen zur Frtheilung des letzten Stosses zur Fortbewegung 
von der grössten Wichtigkeit ist. Er ist ein besonders in seiner unteren 
Partie sehr stark und eigenthümlich entwickelter Muskel, was ich eben 
mit seiner kraftvollen, raschen und kurzen Zusammenziehung im letzten 
Momente des Vorwärts-Stosses in Beziehung erachte. Unter den Affen 
schickt nur noch bei dem Gorilla dieser Muskel seine Hauptsehne zu 

3 


256. 


der grossen Zehe; bei den übrigen sinkt sie zu einer schwachen Branche, 
herunter, ja bei dem ÖOrang verliert dieser Muskel auch noch diese 
ganz, und geht so seiner Bedeutung für die grosse Zehe ganz verlustig., 
Dagegen tritt er in eine sehr genaue Verbindung mit den Sehnen des. 
Flexor dig. communis longus, den er zu einem Theile ersetzt, indem 
er grösstentheils die perforirenden Sehnen für die 3. und 4. Zehe ab- 
giebt. Der Flexor dig. comm. longus aber büsst bei den Affen um 
ebensoviel von seiner Bedeutung bei dem Menschen ein, da er nur noch 
zu der 2. und 5. Zehe die perforirenden Sehnen sendet, dafür aber wie 
gesagt, von einer seine untere Fläche bedeckenden Fleischmasse die 
perforirten Sehnen für die 4. und 5. oder 3., 4. und 5. Zehe liefert. 
Dazu fehlt endlich gerade bei den Anthropoiden die Caro quadrata, 
Silvii gänzlich oder wurde nur zuweilen schwach entwickelt gesehen. 
Ich weiss nun sehr wohl, dass auch bei dem Menschen der Flexor 
hall. longus Theil an der Bildung der perforirenden Sehnen besonders 
der 2. Zehe nimmt. Ich weiss ferner, dass wir durch die fleissigen 
Arbeiten, vorzüglich von Turner (Transactions of the roy. Soc. of Edin- 
bourg Vol. XXIV 1864—69 pag. 175.), Eilhard Schulze (Zeitschrift 
für wissensch. Zoologie Bd. XVII 1867 pag.1.) und Gies (Archiv für 
Anat. und Physiologie 1868 pag. 231) zahlreiche und darunter sehr. 
bemerkenswerthe affenähnliche Anordnungen der Sehnen für die Beuge- 
muskeln des Fusses bei dem Menschen kennen gelernt haben; ich 
kenne auch die interessante Anordnung dieser Sehnen, welche Flower 
(Journ. of Anat. and Phys. I. 2. p. 303. 1867.) bei einem Buschweibe 
beobachtete. Allein alle diese Thatsachen mögen für die Transmutations- 
Lehre eine grosse Bedeutung haben, dennoch ist die Regel der An- 
ordnung der Sehnen dieser Beugemuskeln in der Fusssohle des Menschen 
eine ganz andere als die bei den Affen, und kann eine bedeutungsvolle 
Verschiedenheit in derselben nicht geläugnet werden. Anatomisch bringt 
sie offenbar den Fuss des Affen seiner Hand näher; denn wir haben 
gesehen, dass bei ihr ebenfalls der Flexor pollicis longus sich meistens 
ganz mit dem Flexor digitorum commun. perforans vereinigt findet. 
Physiologisch aber bedingt die erwähnte Verbindung zwischen Flexor 
hall. long. und Flexor dig. comm. longus offenbar eine combinirte 
Beugung der grossen, dritten und vierten Zehe einer, und der zweiten 


257- 


uud fünften Zehe anderer Seits, im Ganzen also doch trotz der genauen 
Verbindung der Sehnen untereinander, eine isolirtere Action der einzelnen 
Zehen, als dieses bei dem Menschen der Fall ist; und auch dadurch 
wird der Affenfuss der Hand ähnlicher. 

Ebenso erscheint mir auch das Fehlen der Caro quadrata Sylvii 
in der Fusssohle der Affen bedeutungsvoll. Dieser Muskel bewirkt 
offenbar beim Menschen, wenn ich so sagen soll, eine Correctur in der 
Richtung der Wirkung des Extensor dig. communis longus. Nach dem Ur- 
sprung und der Lage des Letzteren an der inneren hinteren Seite des Unter- 
schenkels und nach der Art des Eintrittes seiner Sehne in die Fusssohle an 
der inneren Seite derselben, müsste die Richtung seines Zuges nicht in der 
Axe des Fusses, sondern unter einem Winkel auf dieselbe erfolgen. 
Dieses wäre für den aufrechten Gang wenig vortheilhaft gewesen, da 
die Wirkung des Stosses durch die Beugung der Zehen dadurch eben- 
falls nicht geradeaus, sondern nach Jnnen gerichtet werden würde. 
Die gleichzeitige Zusammenziehung der Caro quadrata aber, welche von 
der äusseren Seite her sich schräg an die noch vereinigten Sehnen des 
Flexor dig. comm. longus ansetzt, wird die Wirkung dieses Muskels in 
der Axe der Fusssohle erhalten, und geradeaus richten. Bei dem Ge- 
brauche des Fusses der Affen war dieses von keiner Bedeutung; im 
Gegentheil, die schräge Wirkung der Beugemuskeln auf die Zehen muss 
deren Adduction gegen die grosse Zehe befördern, was bei dem Ankrallen 
und Festhalten durch den Fuss von grösserem Nutzen ist. Durch Alles 
dieses aber steht die Anordnung dieser Beugemuskeln der Zehen der 
ihrer Finger weit näher, als denen des Fusses des Menschen. 

Was die Extensoren der Zehen betrifft, so sind sie, besonders der 
Extensor digit. comm. brevis bei den Affen stärker entwickelt, und 
nach Duvernoys Bemerkung die Sehnen des Extens. dig. comm. longus 
und brevis mehr miteinander verschmolzen als bei dem Menschen. Die 
Sehne des Extens. hallucis longus läuft bei der viel abducirteren Stellung 
der grossen Zehe bei den Affen als bei dem Menschen, weit schräger 
gegen den Metatarsus und die grosse“Zehe, durch ein Band, welches 
vom Os naviculare zum Metatarsus I geht, festgehalten. Bei den niederen 
Affen läuft die Sehne auch nicht über den Rücken des Metatarsus zur 
zweiten Phalange der grossen Zehe, sondern längs dessen medialen 


258 


Randes, wo sie durch ein Band an dem ersten Keilbein festgehalten 
wird. Der Muskel wird dadurch ebensosehr zu einem Abductor als 
Strecker der grossen Zehe, was wiederum mit ihrem Gebrauche zum 
Anklammern und Festhalten in Verbindung steht. 

Der Extensor hallucis brevis ist zwar keine Eigenthümlichkeit für 
den Affen, wie Einige gemeint, da er sich auch bei dem Menschen 
findet; allein er ist doch stärker bei Jenen als bei Diesem entwickelt, 
stärker von dem Fxtensor digit. commun. brevis getrennt, und ver- 
läuft mehr transversal über den Fussrücken zur grossen Zehe. 

Die kurzen Muskeln der grossen Zehe sind zwar im Allgemeinen 
bei den Affen in Uebereinstimmung mit denen des Menschen angeordnet; 
allein es finden sich doch bemerkenswerthe Unterschiede besonders bei 
den Anthropoiden. So fehlt dem Orang der laterale Kopf des Flexor 
brevis, wenigstens ist er mit dem Adductor obliquus sehr vollständig 
vereinigt; beim Gorilla, Hylobates und Pithecia ist er schwach und durch 
den Adductor obliquus in die Tiefe gedrängt. Nur bei Cynocephalus, 
Macacus, Cercopithecus ist er stärker und deutlich entwickelt. Der Ad- 
ductor transversus ist bei den meisten Affen sehr stark entwickelt, so dass 
er z.B. bei dem Chimpanse und Hylobates mit dem Adductor obliquus 
zusammenfliesst. Der Fuss des Affen gleicht darin vollkommen seiner 
Hand und viel mehr der Hand als dem Fusse des Menschen, bei dessen 
Hand beide Adductoren ebenfalls sehr stark, an dem Fusse aber der 
Transversus sehr schwach sind.!) 

Die Anordnung der Interossei des Fusses der Affen zeigt jene be- 
merkenswerthe Abweichung von der des Fusses des Menschen, deren 
ich schon oben gedacht habe. Die mittlere Zehe, und nicht die zweite, 
wie bei dem Menschen, besitzt zwei Interossei externi und die Wirkung 
der Interossei ist dadurch bei den Affen auf die Adduction und Abduction 
gegen die mittlere Zehe oder gegen die durch dieselbe gelegte Median- 
Ebene gerichtet. Der Fuss des Affen verhält sich daher in dieser Hinsicht 
ganz wie die Hand des Affen und die Hand des Menschen, bei welchen 
der Mittelfinger ebenfalls die Adductions und Abductions-Ebene bildet. 


1) Ich verweise in letzterer Hinsicht auf meine Bemerkung: Ueber die kurzen Muskeln des 
Daumens und der grossen Zehe in den Sitzungsberichten der k. bayer. Akad. d. Wissensch. 
1870. I. 3. p. 303. 


259 


Endlich verdienen in dieser Hinsicht auch noch die unter der Be- 
zeichnung der Contrahentes digitorum von mir beschriebenen kleinen 
Muskeln der Planta pedis eine besondere Berücksichtigung. Es ist 
zwar ungewiss, ob sie sich bei dem Gorilla und dem Orang finden; 
allein von dem Chimpans& an sind sie vorhanden und bilden eine ebenso 
bemerkenswerthe Abweichung von dem Fusse des Menschen, dem sie 


durchaus fehlen, als sie eine Uebereinstimmung zwische Hand und Fuss 
des Affen darstellen. Auch sie sind Adductoren der Zehen und Finger 


gegen die Mittelzehe und vervollständigen auf diese Weise den aus- 
gedehnten Adductions- und Abductions-Apparat der Zehen zu einander 
und von einander, der bei dem Menschen weit geringer entwickelt ist. 

Die meisten dieser Eigenthümlichkeiten in der Anordnung der Fuss- 
muskeln finden sich sowohl bei den Anthropoiden, auch dem Gorilla, als bei 
den übrigen Affen. Für den Orang und Macacus ist noch hervorzuheben, dass 
sie an der grossen Zehe einen Opponens, d. h. einen von den Fusswurzel- 
knochen an den medialen Rand des ersten Metatarsusknochen gehenden 
Muskel besitzen, der diesen ihren Fuss der Hand noch ähnlicher macht. 

Ich glaube auf solche Weise durch eine genaue Analyse der Fuss- und 
Zehen-Muskeln erwiesen zu haben, dass man unmöglich mit Prof. Huxley 
die Gegenwart eines Peroneus longus und eines Flexor und Extensor 
digitorum communis brevis als einen Beweis der Uebereinstimmung des 
Fusses der Affen mit dem Fusse des Menschen betrachten kann. Viel- 
mehr. ergiebt sich aus der vergleichenden Analyse dieser Muskeln der 
Affen und des Menschen, dass die Verschiedenheit der Anordnung der- 
selben eine bedeutende und sich fast auf alle diese Muskeln erstreckende 
ist. Bei dem Menschen ist diese Anordnung durchweg darauf berechnet, 
dem Fusse sowohl diejenige Festigkeit als Beweglichkeit zu ertheilen, 
welche bei dem aufrechten Stand und Gang nothwendig war. Die 
Flexion und Extension des Fusses, der Zehen, und vorzüglich der grossen 
Zehe, sind die ausgebildeten Bewegungen. Bei dem Affen fehlt diese 
Beweglichkeit zum Beugen und Strecken des Fusses und der Zehen 
nicht, sie ist vielmehr vielleicht extensiv noch ausgebildeter; aber ihre 
Intensität ist geringer und in Beziehung auf die Grosse Zehe steht sie 
besonders zurück. Zugleich aber ist bei dem Affen die Abduction und 
Adduction und die Möglichkeit der Erhebung der Fussränder als Ersatz 


260 


für die fehlende Rotation viel entwickelter als beim Menschen. Der 
Fuss verliert dadurch an Festigkeit seiner Streck- und Beuge-Bewegungen, 
gewinnt aber bedeutend an Vielseitigkeit dieser Bewegungen. Es ergiebt 
sich also durch diese Analyse nur die Bestätigung der alten Lehre, 
dass der Fuss des Affen eben so ungeeignet für den aufrechten Stand 
und Gang, als ganz vortrefflich für das Festhalten, Anklammern und 
Erklettern der Bäume eingerichtet ist. Dadurch besitzt aber ihr Fuss 
eine grössere Aehnlichkeit mit einer Hand, als mit einem Fusse. Ich 
halte daher die Ordnung der Quadrumanen mit Prof. Lucae 
für eine vollkommen berechtigte. 

Es ist nicht meine Absicht, mich hier ausführlicher auf den Streit 
über eine Definition von Hand und Fuss einzulassen. Es ist, wie ich 
glaube, der gemeinsame Fehler aller, welche bis dahin gegeben worden 
sind, dass sie sich zu sehr auf ein einzelnes oder einige wenige physio- 
logische oder anatomische Merkmale einlassen. Dieses gilt sowohl für 
die Definition von Huxley, als für die von Cuvier oder Geoffroy 
St. Hilaire. Herr Broca macht hievon eine bemerkenswerthe Ausnahme; 
er sucht die Unterschiede von Hand und Fuss auf allgemeinere Charaktere 
aller drei Haupt-Abtheilungen einer Extremität zu basiren, sucht die- 
selben vorzugsweise von den anatomischen Verhältnissen zu entnehmen, 
und geht nicht sowohl darauf aus zu zeigen, dass die hintere Extremität 
der Affen ein Fuss sei, was er gewissermassen als selbstverständlich 
annimmt, sondern darauf zu zeigen, wie aus einem Fusse eine Hand 
wird, so wie, dass dieses vollständig erst bei dem Menschen, und ihm 
zunächst nur von den Anthropoiden erreicht wird. 

Ich muss mir eine vollständigere Kritik dieser mit viel Geist und 
Kenntnissen durchgeführten Entwicklung ebenfalls versagen, da sie mich 
zu weit von meinem vorzüglich auf die Betrachtung der Muskeln basirten 
Thema abführen würde. Ich beschränke mich darauf zu bemerken, 
dass Herr Broca meiner Ansicht nach vergeblich von der physiologischen 
Basis der hier einschläglichen Untersuchungen loszukommen sucht. So 
wie er selbst sagt: qu’ il ya des rapports necessaires entre le jeu des 
organes es leur constitution materielle (pag. 285.) so kommt er auch 
immer wieder auf physiologische Motive in dem anatomischen Bau der 
betrachteten Theile zurück. Er schliesst mit Recht die Cetaceen, die 


261 


Amphibien — Säugethiere, die Fledermäuse von seinen Untersuchungen 
aus, weil ihre Extremitäten für besondere Bewegungs-Modificationen 
adaptirt sind, und für die Pronations- und Supinationsmöglichkeit der 
hinteren Extremität der Didelphen findet er keine andere anatomische 
Erklärung als dass: ‚ils n’auraient pas &t& qualifiöss de paradoxaux 
si leur organisation ne differait par une multitude de caracteres de celle 
des mammiföres ordinaires.‘‘ (pag. 289.) 

Ich glaube, dass wir vorläufig wenigstens noch gezwungen sind, 
die uns erkennbare physiologische Function eines Organes als den 
Erklärungsgrund für seinen Bau hinzunehmen. Ich weiss wohl, dass 
diese teleologische Anschauung den Forderungen der Wissenschaft nicht 
entspricht. Wir sollten den Bau eines Organes als das Resultat gewisser 
mechanischer, auch wohl chemischer Bedingungen, und die Function als 
das nothwendige Resultat der mechanischen und chemischen Constitution 
des Organes beurtheilen und erkennen. Allein leider sind wir noch 
himmelweit von diesem Ziele der Wissenschaft entfernt, es ist dazu noch 
nicht der Anfang des Anfanges gemacht. Basirt doch der glänzenäste 
und neueste Aufschwung der organischen Naturwissenschaften,, die 
sogenannte Transmutations-Theorie und ihr wirksamster Hebel, die 
Lehre von der natürlichen Züchtung, ganz auf solch teleologischer 
Anschauung. 

Wir machen uns also auch keines so grossen Fehlers schuldig, 
wenn wir die Function eines Gliedes, einer Extremität, als entscheidend 
für ihren Character erachten, sobald wir dieselbe in Uebereinstimmung 
mit ihrem einmal gegebenen Baue zu bringen vermögen. Kein Mensch 
bezweifelt die Berechtigung und die Richtigkeit der Bezeichnung eines 
Organes zur freien Bewegung in der Luft als einen Flügel, oder in dem 
Wasser als einer Flosse. Und so glaube ich denn sind wir auch be- 
rechtigt, die Bewegungsart, Form und Zweck einer Extremität als 
Kritik und Charakter für seine Bezeichnung als Hand oder Fuss zu 
benutzen. 

Es ist dabei durchaus nicht nothwendig, dass diese Charaktere sich 
überall scharf ausgesprochen finden. Im Gegentheil, es müssen und 
werden sich überall Uebergangsformen finden, zumal wenn ’die Evolutions- 
Theorie eine Wahrheit ist; und dennoch werden wir solche Charaktere 
Abh. d. I. Cl. d.k. Ak.d. Wiss. X.Bd. III. Abth. 34 


262 


aufstellen können, welche uns in dem individuellen Falle nicht darüber 
im Zweifel lassen können, ob wir es mehr mit einer Hand, oder mehr 
mit einem Fusse zu thun haben. 

Ich denke nun darüber sind Alle einig (auch Herr Broca p. 281.) 
dass der Fuss ein Organ für Stand und Gang, die Hand ein Organ zum 
Greifen und Festhalten ist. Mehr aber auch nicht. Ich kann Herrn 
Broca nicht beistimmen, wenn er für die Hand auch die Function des 
Tastens in ihren Begriff mit hineinziehen will. Denn wenn Herr Broca 
sagt, dass bei der Beschränkung des Begriffes einer Hand auf Greifen 
und Festhalten, es auch Greiffüsse und in mehreren Ordnungen der 
Säugethiere, bei Vögeln und Reptilien Hände gebe, so finde ich gegen 
diese Bezeichnung, wenn sie mit der gehörigen Einschränkung und in 
Uebereinstimmung mit dem anatomischen Baue angewendet wird, Nichts 
einzuwenden. Der Papagei, das Chamäleon haben wirklich einen Greif- 
Fuss, d.h. ein Organ, welches die Charaktere beider Extremitäten - in 
einem gewissen Grade theilt. Würden wir aber das Tasten als einen 
nothwendigen Charakter für eine Hand mit hinzuziehen, so würde es 
wieder auf den Grad der Feinheit des Tastens ankommen, und wir 
einerseits wohl nur dem Menschen eine Hand zuschreiben können, 
andererseits aber auch in Verlegenheit sein, wie wir andere Tastorgane 
der Thiere, den Rüssel eines Elephanten z. B. bezeichnen sollten, von 
dem wir wirklich sagen, er gebrauche ihn wie eine Hand. 

Es muss also unter allen Umständen jene Definition von Hand und 
Fuss cum grano salis und auf überhaupt im Ganzen gleichartig gebaute 
Theile angewendet werden. Wir dürfen gar nicht erwarten, dass sie 
sich nur scharf getrennt überall gegeben finden, sondern können von 
vorne herein überzeugt sein, dass sich Uebergänge finden, und dass 
es auf ein mehr oder minder ankommt, ob wir in dem gegebenen Falle 
die eine oder die andere Bezeichnung anwenden müssen. Halten wir 
uns zunächst an die Säugethiere, so werden wir z. B. sagen müssen, 
streng genommen haben Einhufer, Wiederkäuer, Dickhäuter nur Füsse; 
nur der Mensch hat eine Hand. Allein in allen anderen Ordnungen 
fast, mit Ausnahme der Cetaceen und Pinnipedien, haben wir Uebergänge. 
Wir werden uns alsbald sagen müssen, dass sich zwei Aufgaben für 
die Extremitäten herausstellen, nicht nur die Stütz- und Ortsbewegung, 


263 


sondern auch das Erfassen, Greifen und Festhalten. Es beginnt wie 
Huxley sehr richtig p. 91. seiner oft erwähnten Schrift sagt, eine Theilung 
der physiologischen Arbeit für die verschiedenen Extremitäten und es 
fragt sich nur, wie weit ist diese bei den verschiedenen Thieren aus- 
geführt und erreicht worden? So wie wir aber bei den Fleischfressern, 
bei den Nagern Beispiele der beginnenden Arbeitstheilung mit über- 
wiegendem Stütz- und Bewegungs- und minder ausgebildetem Greif- 
Organ haben, so haben wir in den Affen Organismen mit überwiegendem 
Greif- und geringer entwickeltem Stütz-Apparat. In der Klasse der 
Affen selbst aber setzt sich diese Theilung der Arbeit weiter fort. Bei 
den niederen Affen ist das Greif-Organ absolut vorherrschend, sie sind 
in der That reine Vierhänder. Indem wir sie aber bis zu den Anthro- 
poiden, endlich bis zu dem Gorilla verfolgen, sehen wir, dass die Arbeit 
des Greifens und die Arbeit des Stützens immer mehr auf die vorderen 
und hinteren Extremitäten vertheilt wird, jene immer geschickter zum 
Greifen, ungeschickter zur Stütze, diese immer geschickter zur Stütze, 
ungeschickter zum Greifen werden. Das Ende dieser Arbeitstheilung 
wird nur in dem Menschen erreicht, dessen hintere Extremitäten wirklich 
nur Stütz- und Bewegungs-Örgane, die vorderen wirklich nur Greif- 
Organe sind, ja sich noch weiter zu wirklichen Tast-Organen ausbilden. 
Es kann sich dabei in der That nicht darum handeln, dass wir wissen, 
dass auch der Fuss des Menschen sich zum Greif-Organ ausbilden lässt; 
dass unsere civilisirte Fussbekleidung den Fuss in dieser seiner Fähig- 
keit beschränkt, dass es hin und wieder einen verwilderten Menschen 
gegeben haben soll, welcher auf allen Vieren sich bewegen konnte, und 
andere, welche affenartig Bäume erklettern. Hier genügt es wirklich, 
wie mir däucht, nur darauf hinzuweisen, dass die höher entwickelte 
Organisation immer bis auf einen gewissen Grad auch zu der Function 
der niederen befähigt ist. Die Thatsachen der allgemeinen Erfahrung 
sowie die wissenschaftliche und namentlich die anatomische Unter- 
suchung entscheidet darüber unzweifelhaft, dass nur die obere Extre- 
mität des Menschen eine wirkliche Hand, nur die untere ein wirklicher 
Fuss ist. 

Die Frage in Beziehung auf die Extremitäten der Affen lautet nun 
nicht mehr so: Ist ihre vordere Extremität eine Hand, ist ihre hintere 

34* 


264 


Extremität ein Fuss? sondern so: ist ihre vordere Extremität mehr 
eine Hand als ein Fuss? ist ihre hintere Extremität mehr ein Fuss 
als eine Hand? 

In Beziehung auf ihre vordere Extremität sind Alle einig, sie ist 
eine Hand, sie ist wenigstens mehr eine Hand als Fuss, obgleich sie 
die Entwicklung der menschlichen Hand noch lange nicht erreicht hat. 

Aber auch in Beziehung auf die hintere Extremität stehe ich nicht 
an zu behaupten: sie ist ebenfalls mehr eine Hand als ein Fuss. Dafür 
spricht die allgemeine Erfahrung des ungeschickten und ungenügenden 
Gebrauches dieser hinteren Extremität zum Stand und Gang und ihr 
äusserst geschiekter Gebrauch als Ergreifungs-Organ, beim Erfassen, 
Festhalten und Klettern. Dafür spricht in gleicher Weise die anatomische 
Vergleichung der hinteren Extremität des Affen nach Knochen und 
Muskeln mit denen seiner vorderen Extremität. 

Die letztere, die anatomische Vergleichung zeigt unzweifelhaft eine 
grosse typische Uebereinstimmung der hinteren Extremität des Affen 
mit einem Fusse; denn wie Herr Broca mit Recht hervorhebt, der Fuss 
ist das typische Gebilde, aus dem sich auch die Hand hervorbildet. 
Allein die Charaktere und anatomischen Eigenthümlichkeiten, welche 
den Fuss zur Hand machen, sind an der hinteren Extremität des Affen 
weiter entwickelt, als an der unteren Extremität des Menschen; das 
zeigt der Vergleich ihrer Knochen und Muskeln, welche eine Verschieden- 
heit nachweiset, die nicht auf einen Knochen oder einen Muskel, sondern 
man kann sagen, auf Alle ausgedehnt ist. 

Dabei ist es gewiss, diese Unterschiede im Knochen- und Muskelbau 
der unteren Extremität der Affen von dem des Menschen werden kleiner, 
je mehr wir uns in der Reihe der Affen erheben. Es lässt sich da ein 
höchst interessanter und allmähliger Fortschritt nachweisen und 'an 
der Spitze der Affen steht in dieser Hinsicht allgemein anerkannt der 
Gorilla. Allein ich behaupte im Widerspruch mit Herrn Prof. Huxley: 
der Unterschied zwischen dem Menschen und dem Gorilla ist grösser, 
als zwischen diesem und dem Chimpans& oder als zwischen dem Chimpans& 
und Orang oder diesem und dem Hylobates etc. Alle wesentlich 
abweichenden Charaktere in dem Bau der hinteren Extremität der Affen 
und des Menschen besitzt auch noch der Gorilla; in diesen wesentlichen 


265 


Charakteren stimmt er aber noch mit seinen Stammverwandten, aller- 
dings in allmählig bei diesen sich steigernder Weise überein. Es ist 
ein populäres aber unwissenschaftliches Vorurtheil, eine Hand für etwas 
Vollkommeneres als einen Fuss zu halten; und daher das Sträuben dem 
Affen vier Hände zu ertheilen. Der Fuss ist zu seinem Zweck durch- 
aus ebenso vollkommen, wie die Hand für den ihrigen. Gewiss aber 
ist derjenige Organismus der vollkommenste, der beide Organe in voll- 
kommenster Weise besitzt, und das ist nur der Mensch. 

Ich behaupte für die Extremitäten-Bildung (analog wie für die Ent- 
wicklung der Windungen des Gehirnes): Die Differenzirung der Extremitäten 
zu Hand und Fuss entwickelt sich bei den Affen in aufsteigender Reihe 
allmählig, der Sprung von Einem zum Andern ist nicht gross. Der 
Uebergang vom Gorilla zum Menschen aber ist nicht ein allmähliger, 
er erfolgt mit einem noch grossen Sprunge; die Kluft, die sie trennt, 
ist nicht ausgefüllt, ihre Ausfüllung muss noch gefunden werden. — 


Schliesslich kann ich nicht unterlassen, hier noch auf eine interssante 
Notiz von E. Carrer über die Anordnung der Arterien und Muskeln bei 
einem Idioten aufmerksam zu machen. (Journ. of Anat. and Phys. Sec. 
Ser. Nr. IV. 1869 Mai p. 241.) Obgleich es sehr bemerkenswerth ist, 
dass sich in ein und demselben Individuum eine so grosse Anzahl von 
Arterien und Muskel-Varietäten vorfanden, so ist doch unter denselben, 
namentlich unter den letzteren keine, welche eine specifische Affen- 
ähnlichkeit anzeigte. Sie sind entweder eigenthümlicher Art, wie 
z. B. das Verhalten des Lumbricales an der Hand; oder solche die man 
auch sonst öfter bei normalen Menschen findet, wie die Verschmelzung 
unseres Abductor pollicis longus und Extensor pollicis bıevis (die Carrer 
Extensor metacarpi pollicis und Extensor primi internodii pollicis nennt) 
zu einem Muskel, aber mit drei Sehnen, die an das Os naviculare und 
an die erste und zweite Phalange des Daumens gingen. Ebenso verhält 
es sich mit der Gegenwart eines besonderen Extensors für den Mittel- 
finger. Besonders interessant ist mir auch die Verschmelzung der beiden 
Extensores carpi radiales an der rechten Hand zu einem Muskel mit 
drei Sehnen. Diese auch sonst wohl, obgleich selten, beobachtete 
Varietät zeigt, dass Verschmelzung zweier Muskeln, also auch wohl 


266 


Theilung eines sonst einfachen in zwei, wie an dem Tibialis anticus der 
Affen, kein so befremdliches Factum ist, und daher von mir auch 
wohl rücksichtlich des Peroneus brevis und longus angenommen werden 
konnte. 

Leider nennt übrigens Carrer sein Object einen Idioten, woraus, 
obgleich er sagt, dass derselbe ein solcher fast von Geburt an gewesen 
sei, nicht hervorgeht, dass und ob derselbe ein Mikrocephalus war. 
Auch aus einigen Angaben über den Schädel, der erst in Zukunft weiter 
beschrieben werden soll, lässt sich dieses nicht erkennen. Es gehört 
sonst gewiss nicht unter die kleinsten Einwürfe gegen die atavistische 
Anschauung der Mikrocephalen, dass sich dieser Atavismus immer nur 
in dem Schädel und Gehirn ausgedrückt finden soll, während alle anderen 
Organe den normalen menschlichen Typus an sich tragen. Die Zukunft 
wird diesen Punkt gewiss bei der Untersuchung von Mikrocephalen 
nicht ausser Acht lassen. Gerade bei den Muskeln würde es sich wohl 
sicherer, als an dem Gehirn herausstellen lassen, ob man es bei einem 
Mikrocephalus mit einem Atavismus ’oder mit einem pathologischen 
Process zu thun hat. — 


IH. Die Eingeweide. 


Von den Verdauungsorganen zeigt der Magen und Darm 
meines Hylobates äusserlich durchaus menschenähnliche Formverhältnisse, 
namentlich war der Blinddarm mit einem gut entwickelten Processus 
vermiformis ganz wie beim Menschen gestaltet; die Taeniae Coli waren 
schmal, aber die Haustra gut entwickelt. Der Dünndarm war mit dem 
Zwölffingerdarm 210 Ctm. lang; der Dickdarm mit dem Mastdarm 
44 Ctm; der Processus vermiformis 4,5 Ctm. lang. Der von Sandifort 
untersuchte Hylobates syndactylus besass einen 311,2 Ctm. langen Dünn- 
darm und einen 119,2 Ctm. langen Dickdarm: der Blinddarm war sehr 
weit, 19,3 Ctm. im Umfang; der Wurmfortsatz 9,5 Ctm. lang. Da mein 
Hylobates vom Scheitel bis zum After 38 Ctm. lang war, so war sein 
Dünndarm 5 bis 6 mal, der Dickdarm ohngefähr gerade so lang als 
sein Rumpf. Bei Hylobates syndactylus ist das Verhältniss zwischen 
Dünndarm und Rumpf, welcher 550 Ctm. lang war, ohngefähr dasselbe; 


267 


allein der Dickdarm ist mehr als viermal länger. Bei Hylobates leuciscus 
verhält sich der Dünndarm zum Dickdarm wie 6:1, bei Hylobatas 
syndactylus wie 3:1; ein sehr auffallender Unterschied. Das Verhältniss 
der Länge des Rumpfes des Menschen zu der des Dünndarms wird im 
Mittel ebenfalls wie 5:1 angenommen; der Dünndarm ist 6 bis 7 mal 
länger als der Dickdarm. Die Verhältnisse sind daher bei Hylobates 
leuciscus menschenähnlicher als bei Hylobates syndactylus, bei welchem 
sich dieselben mehr Jenen eines Grassfressers nähern. 

Die Dünndarm-Schleimhaut besitzt keine Valvulae conniventes 
Kerkringü, welche bekanntlich auch bei allen anderen Anthropoiden 
fehlen. Die Villi intestinales waren dagegen gut entwickelt, zeigten 
aber eine auffallende schwärzliche Pigmentirung, die sich auch nach dem 
Aufenthalt in Weingeist erhalten hat. 

Die Leber ist ganz menschenähnlich gestaltet. Sie ist durch eine 
ansehnliche tiefe Incisura interlobularis und das Lig. suspensorium an 
ihrer oberen Fläche in einen rechten und linken Lappen getheilt. An 
der unteren Fläche findet sich ein Lobulus quadratus und Spigelii, letzterer 
mit einem Tuberculum papillare und caudatum, welches letztere mit 
dem rechten Leber-Lappen in ausgedehntem Umfange verwachsen ist, so 
dass die Fossa pro Vena cava eine ziemlich tiefe Furche an der hinteren 
Fläche der Leber bildet. Auch die Fossa pro Vesica fellea ist ziemlich 
tief; die Gallenblase länglich. 

Das Pankreas ist länglich, schmal, der Kopf nicht stark entwickelt 
und enthält nur einen Ductus pancreaticus. 

Die Milz ist nicht gross. Bennet (Wanderings in New South Wales 
und Frorp. Notizen 1835 N. 936 pag. 198.) meint die Leber sei bei einem 
von ihm geöffneten Hylobates syndactylus verhältnissmässig zur Milz 
grösser gewesen als beim Menschen ; eine besonders bei dem wechselnden 
Grössenverhältnisse der Milz unbestimmte Aussage. 

Rücksichtlich der Athemwerkzeuge habe ich an dem Kehlkopf 
meines Hylobates leuciscus Nichts besonderes bemerken können. Bennet 
sagt 1. c. dass bei Hylobates syndactylus die Epiglottis nur durch eine 
geringe stumpfe und eckige Erhabenheit angedeutet gewesen sei. Dieses 
muss eine individuelle Eigenthümlichkeit gewesen sein, denn Sandifort 
sagt (l.c. p. 38.) dass die Epiglottis seines Hylobates syndactylus lang, 


268 


der freie Rand abgerundet und ein wenig umgebogen, und der Stiel 
gegen den Kehlkopf zu gewölbt war. Indessen bemerkt er, dass das 
Frenulum oder Lig. glosso-epiglotticum medium sich fast an den freien 
Rand der Epiglottis angesetzt habe, so dass zwischen der Wurzel der 
Zunge und der Epiglottis keine Vertiefungen waren. Dieses ist wohl die 
Ursache der Angabe Bennets. 

Mein Hylobates leuciscus hat keinerlei Art von Kehlsack, nur 
sind die Morgagnischen Taschen nach oben ziemlich stark ausgebuchtet, 
so dass sie bis zwischen Schildknorpel und Zungenbein hinauf ragen 
ohne indessen die Membrana hyothyreoidea hervorzutreiben. Der 
Kehlsak scheint auch bei allen anderen Arten von Hylobates zu fehlen, 
ausser beim Syndactylus. Bei diesem findet sich nach Sandifort (]. c. p. 33.) 
ein ansehnlicher, zwischen Zungenbein und Schildknorpel hervortretender, 
einfacher Kehlsack, welcher unmitelbar über den oberen Stimmbändern 
zwei ovale weit offenstehende Zugänge vom Kehlkopf aus besitzt. Herr 
Broca, welcher in den Bulletins de la Soc. d’Anthropologie 1869. IV. 
p. 368—374. eine sehr interessante Uebersicht über die Verschiedenheit 
der Entwicklung der Kehlsäcke bei den Affen giebt, sagt, Hylobates 
syndactylus habe zwei vollkommen von einander getrennte Kehlsäcke, 
deren beide Oeffnungen aber unter der Epiglottis einander sehr dicht 
genähert und kaum durch eine dünne Scheidewand von einander ge- 
trennt seien. Gewissermassen also gerade das Gegentheil von Sandifort, 
welcher einen einfachen Kehlsack und zwei Oeffnungen beschreibt. Da 
Bennet von dem von ihm beobachteten Hylobates syndact. auch nur 
einen einfachen Kehlsack mit doppeltem Eingang beschreibt und aus- 
drücklich sagt, dass er sich dadurch vom Orang unterscheide, welcher 
zwei Säcke besitzt, so ist vielleicht bei Broca ein Irrthum anzunehmen. 

Die Stimmritze ist nach Sandifort p. 33 bei Hylobates syndact. 
wegen der Dicke und Spannung der Ligamenta vocalia inferiora sehr 
eng (zeer naauw). Pag. 38 sagt er dagegen sie sei zeer wijd en langwerpig. 
Die COartilagines Santorinianae und Wrisbergi sind bei Hylob. syndact. 
stark entwickelt. Bei Hylobates leuciscus nur die ersteren. 

Die Luftröhre besitzt nach Sandifort bei Hylob. syndact. 21 schmale 
Knorpelhalbringe, welche an ihrem hinteren Abschnitt durch einen breiten 
häutigen Theil miteinander verbunden werden. Sie erweitert sich von 


269 


oben nach unten von einem Umfang von 54 Mm. bis zu 63. Mein 
Hylobates leuciscus hat nur 16 Knorpelringe an seiner Luftröhre und 
dieselbe ist oben und unten gleich weit. 

Die Lunge besitzt bei Hylobates leuciscus sowohl, als nach Sandi- 
fort auch bei syndactylus, auf der rechten Seite vier, auf der linken 
zwei Lappen. Von den vier Lappen rechter Seits ist indessen der 
innere untere und hintere nur klein, und desshalb von Bennet wohl 
übersehen worden. Hr. Broca aber legt auf diesen sogenannten Lobulus 
azygos ein besonderes Gewicht. Er liegt in der Tiefe zwischen rechtem 
Bronchus, der Wirbelsäule, dem Herzbeutel und dem Zwergfell, auf welches 
er aufstösst. Er ist bei den Vierfüssern mit horizontaler Stellung und 
vertikaler Lage des Herzens besonders entwickelt und legt sich zwischen 
Zwergfell und Herz. Da er beim Menschen, Gorilla, Orang und Chimpanse 
fehlt, so nähert sich Hylobates darin, dass er sich bei ihm findet, mehr 
den übrigen Affen, welche ihn ebenfalls besitzen. Er ist sogar bei meinem 
Leuciscus nicht so gar klein und an seiner Spitze nochmals gespalten. 
Zwischen Herzbeutel und Zwergfell legt er sich indessen nicht, da ersterer 
wenn auch in nicht bedeutendem Umfang, mit letzterem verwachsen ist. 
Herr Broca sagt er sei bei den Gibbons presque nul; nur ein sehr kleiner, 
von dem rechten unteren Lungenlappen kaum verschiedener Lappen, und 
scheine nur eine Verlängerung desselben zu sein. Das müsste bei den 
übrigen Hylobates- Arten also anders sein als bei meinem Hylobates 
leueiscus, wo er gar nicht so unbedeutend und ganz getrennt ist. 

Das Herz liegt bei meinem Hylobates leuciscus mit seiner Längen- 
axe fast in der Längenaxe der Brusthöhle und des Körpers. Der Herz- 
beutel ist an das Zwergfell, wenn auch nicht in grosser Ausdehnung, 
angewachsen; die V.cava inferior ist nicht sehr lang. Herr Broca hat 
pag. 357 auf diese Punkte: die Lage und Befestigung des Herzens und 
die Länge des Cava inf. in Beziehung auf die natürliche und gewöhn- 
liche Stellung der Thiere aufmerksam gemacht, und angeführt, dass 
der Gorilla und Chimpans& in dieser Hinsicht ganz die Anordnung bei 
dem Menschen zeigen. Hylobates scheint eine mittlere Stellung in dieser 
Hinsicht einzunehmen, wie Cebus und Pithecus. Es stimmt das ohne 
Zweifel auch mit der Lebensweise der Affen, die, wenn sie auch nicht 
Abh.d. II. Cl.d.k. Ak. d. Wiss. X.Bd. III Abth. 35 


270 


aufrecht gehen, sich doch vielfach in aufrechter Haltung des Rumpfes 
auf den Bäumen befinden. 

Der Ursprung der grossen Gefässe aus dem Bogen der Aorta zeigte 
die Fleischfresser-Anordnung, d. h. einen Truncus anonymus für die 
rechte Subclavia und rechte und linke Carotis communis, doch ist 
letztere schon stark von den beiden anderen Gefässen gesondert, ähnlich 
wie beim Orang. Bei dem Gorilla und Chimpans& fand sich in den bis 
jetzt beobachteten Fällen die Anordnung wie bei dem Menschen. Die 
Injection der Arterien meines Hylobates war leider wegen alsbaldigen 
Platzens der rechten Subclavia missglückt. So weit ich indessen das 
Verhalten der Arterien noch berücksichtigen konnte, bemerkte ich an 
demselben keine besonderen Abweichungen. 


Mein Hylobates leuciscus war, wie bereits bemerkt, ein Weibchen. 
In Beziehung auf die inneren Geschlechtsorgane habe ich von den- 
selben Nichts Besonderes zu bemerken. Die Eierstöcke waren, da das 
Thier noch jung und wahrscheinlich noch nicht geschlechtsreif war, noch 
klein, 12 Mm. lang, 5 hoch, 3 dick, und an ihrer Oberfläche ganz glatt 
ohne Spuren von Narben oder gelben Körpern durch vorausgegangene 
ÖOvulation. Auch keine irgend grösseren Graafischen-Bläschen liessen 
sich an der Oberfläche erkennen, dagegen solche mit den darin ent- 
haltenen Eiern auf Durchschnitten, besonders in der Randzone än sehr 
grosser Zahl zu beobachten waren. Die Eileiter verliefen in den Rändern 
der breiten Mutterbänder mit ziemlich starken Windungen und waren aus- 
präparirt 30 Mm. lang. Das Infundibulum ist stark befranzt und die 
Fimbria ovarii gegen 10 Mm. lang. Der Uterus war ein Uterus simplex 
von Grösse und Form wie bei einem einjährigen Mädchen. Eine Portio 
vaginalis uteri ist kaum vorhanden, und ebenso nur eine vordere schwach 
entwickelte Muttermundslippe. Die Scheide zeigt eine stärkere vordere 
und schwächere hintere Columna rugarum. Einige bemerkenswerthe 
Eigenthümlichkeiten zeigen aber die äusseren Genitalien (Tab. V Fig. 2u.3). 
Eigentliche Schaamlippen sind nicht vorhanden, wenn man nicht die die 
Schaamspalte begränzenden Hautränder als grosse Schaamlippen be- 
zeichnen will. Die Clitoris ragt in der oberen Commissur dieser Haut- 


271 


ränder stark hervor, und ist von einem Praeputium umgeben, welches 
aber die Glans clitoridis ganz frei lässt. Diese ist an ihrer unteren 
Fläche gespalten und an die Basis der Ränder der Furche setzen sich 
zwei kleine Fältchen als frenula an. Besonders auffallend aber ist eine 
aus der Scheidenöffnung hervorragende, von dem seitlichen und oberen 
Umfang derselben ausgehende, aus zwei oben zusammenhängenden Hälften 
zusammengesetzte Haut-Falte, welche dem Scheiden-Eingang ein sonder- 
beres Ansehen giebt. Erst dachte ich es sei eine Art kleiner Schaam- 
Jippen, dann es sei ein Hymen; allein das passte Alles nicht, letzteres 
namentlich nicht, da die Harnröhrenöffnung hinter der Falte liegt (Wie 
die auf der Abbildung durch die Harnröhre hervorragende Stecknadel 
zeigt). Erst nachdem ich die Scheide unten aufgeschnitten hatte, erkannte 
ich die eigentliche Beschaffenheit dieses Gebildes. 

Da besteht nämlich diese Art Klappe aus zwei oben in einander- 
‚übergehenden, nach unten in die Seiten-Ränder des Scheiden-Einganges 
‚sich verlierenden, die Harnröhren-Oeffnung umschliessenden Falten, 
gleichsam eine in den Scheiden-Eingang vorragende Fortsetzung der Harn- 
röhre. Wenn man den unten eingeschnittenen Scheidenvorhof auseinander 
schlägt (Fig. 3.), so sieht man, dass ausserdem auf jeder Seite noch drei 
‚von den oberen Seitenrändern des Scheiden-Eingangs ausgehende Falten in 
geringerer Grösse vorhanden sind, die nun dem Scheiden-Eingang das 
Ansehen geben, als wenn er oben und an den Seiten mit einer Hals- 
krause umgeben wäre. Dagegen ist der untere Umfang des Scheiden- 
Einganges ganz frei von solchen Falten und namentlich keine Spur 
eines Hymens vorhanden. Ich besitze die weiblichen Genitalien von 
ziemlich vielen Affen, namentlich auch vom Orang und Chimpanse, 
habe aber bei keinem derselben etwas Aehnliches an der Harnröhren- 
Mündung und dem Scheiden-Eingang gesehen. 

Die Nieren, Nebennieren, Harnleiter, Harnblase boten 
Nichts Bemerkenswerthes dar. 


IV. Das Gehirn. 


Das Gehirn meines Hylobates war sehr wohl erhalten, und stimmt 
rücksichtlich seiner Verhältnisse im Allgemeinen, mit den von Sandifort 
35* 


22 


und Gratiolet gegebenen Abbildungen überein. Dagegen kann ich Flower 
(Philos. Transact. 1862. I. p. 185 u. Nat. Hist. Revew 1863. p. 283) und 
Huxley (Med. Times. 1864. I. p. 648) darin nicht beistimmen, dass die 
hinteren Lappen des grossen Gehirns eine sehr bemerkenswerthe Reduction 
gegen die der Gehirne der anderen Anthropoiden darin zeigen, dass sie 
das kleine Gehirn nicht mehr völlig bedeckten. Bei meinem Hylobates 
ist das kleine Gehirn vollständig durch die Hinterlappen des grossen 
Gehirns bedeckt, wie selbst noch die Abbildungen (Tab. II Fig. 1 und 3) 
des herausgenommenen erhärteten Gehirnes zeigen, obgleich dabei wie 
gewöhnlich das kleine Gehirn sich nach hinten gezogen hat. 

In Beziehung auf die Furchen und Windungen, so stimmen die- 
selben zwar auch im Allgemeinen mit den auf den oben erwähnten 
Abbildungen dargestellten überein, und es wird dabei bleiben, dass das 
Gehirn der Gibbons den Uebergang von dem der drei anderen Anthro- 
poiden zu dem von Semnopithecus und Ateles bildet. Allein ich habe 
doch erfahren, eine wie andere Sache es ist, ein Gehirn selbst in der 
Hand zu haben und zu studiren, oder sich nur durch Abbildungen 
leiten lassen zu müssen. Ich habe durch das genauere Studium der 
Windungen dieses Hylobates eine wesentlich andere Anschauung von 
dem Verhalten, namentlich der Stirnwindungen der Affen er- 
halten, als ich in meiner Abhandlung: Ueber die Grosshirnwindungen 
des Menschen etc. 1868. entwickelt habe. 

Ich habe allerdings auch schon dort p. 68. meine Meinung dahin 
ausgesprochen, dass die niederen Affen eigentlich nur zwei Stirnwindungs- 
züge besitzen, und zwar einen oberen, in welcher erster und zweiter 
Stirnwindungszug des Menschen vereinigt seien, und einen unteren, 
welcher dem 3. Stirnwindungszuge des Menschen entspreche. Ich glaubte, 
dass die an den Seiten des Stirnlappens des Affengehirns verlaufende 
Bogenfurche der vorderen Primärfurche des menschlichen Fötus- 
Gehirnes entspreche, und den dritten Stirnwindungszug von dem 
zweiten, resp. zweiten und ersten scheide. Diese dritte Stirnwindung 
glaubte ich verlaufe bei den niederen Affen nur noch nicht ge- 
bogen um den vorderen Schenkel der Fossa Sylvi, weil dieser 
Schenkel eben nur sehr wenig oder gar nicht entwickelt sei. Beides 
glaubte ich erst bei den Anthropoiden Affen zu finden, welche 


273 


eben dadurch sich dem menschlichen Gehirne mehr zu nähern an- 
fangen. 

Letztere Ansicht halte ich auch noch jetzt aufrecht, allein für die 
übrigen Affen habe ich jetzt die Ueberzeugung, dass ihnen die dritte 
Stirnwindung noch ganz fehlt, und diese nur bei Denjenigen, wo der 
vordere Schenkel der Fossa Sylvii sich zu entwickeln anfängt, ebenfalls 
zuerst auftritt. Die niederen Affen haben nur einen oberen ersten, und 
einen unteren zweiten Stirnwindungszug, welche durch die erwähnte 
Bogenfurche voneinander getrennt werden, und von welchen die zweite 
namentlich die Orbitalfläche des Stirnlappens einnimmt. Erst bei Hylo- 
bates fängt der vordere Schenkel der Fossa Sylvii (Tab. II Fig. II u. ill 5) 
an hervorzutreten, und erst hier entsteht die Bogenwindung (c.), welche 
um diesen vorderen Schenkel herumläuft, die sich dann beim Chimpanse 
und Orang weiter entwickelt findet, wiewohl sie noch weit hinter ihrer 
Ausbildung beim Menschen zurückbleibt. 

Ich habe mich an den Abbildungen durch eine an der Augenfläche 
der Stirnlappen der Affengehirne, und namentlich auch des Gehirns 
von Hylobates verlaufende, und gegen die vordere Bogenfurche ge- 
richtete Furche täuschen lassen, von der ich zwar mit Recht p. 62. 
meiner Abhandlung gegen Pansch angab, dass sie nicht der vordere 
Schenkel der Fossa Sylvii sei, mich aber dennoch verleiten liess, die 
um ihr vorderes oberes Ende herumlaufende Windung für die dritte 
Stirnwindung zu halten, welche beim Orang und Chimpans& nur stärker 
zusammengezogen verlaufe. Jetzt sehe ich deutlich, dass dieses un- 
richtig ist. Die noch schwach entwickelte, um den noch kurzen 
vorderen Schenkel des Fossa Sylvii (5.) herumlaufende Windung (c.), 
entspricht derselben Windung an dem ÖOrang-Gehirn meiner früheren 
Abhandlung, (Tab. VII. Fig. 26. A’. 3.) bei welchem sich auch noch 
die andere Furche aber nicht näher bezeichnet findet, die ich an 
dem Gehirn des Hylobates (Fig. 25) für dem vorderen Sckenkel der Fossa 
Sylvii entsprechend hielt. 

Ich glaube also jetzt, dass (Tab. II. Fig. 1. a) die ganze obere Fläche 
des Stirnlappens des Gehirns von Hylobates, wie aller anderer Affen, 
dem oberen oder ersten Stirnwindungszug des Menschen entspricht. 
Fig.I. II. II, zeigen bei b. den zweiten Stirnwindungszug, und bei c. 


274 


die noch wenig entwickelte dritte Stirnwindung. Mit der geringen 
Entwicklung der letzteren bei den Affen hängt die noch geringe Ent- 
wicklung des unteren Theiles der Centralwindungen zusammen, daher 
die zweite Stirnwindung bei den niederen Affen von deren unterem 
Ende ausgeht, während sie von dem Chimpanse und Orang an weiter 
hinaufzurücken scheint. Das Alles hängt mit der ganz verschiedenen 
Gestalt des Stirnlappens bei dem Menschen und den Affen zusammen, 
auf die ich schon früher aufmerksam machte. So wie die dritte Stirn- 
windung mit dem vorderen Schenkel der Fossa Sylvii sich auszubilden 
anfängt, wird der Stirnlappen breit und auch die beiden Oentralwindungen 
senken sich weiter über die Fossa Sylvii herab. Es war ein Ueberrest 
des Einflusses Gratiolets, der mich bestimmte bei den Affen durchweg 
drei Stirnwindungen festhalten zu wollen, obgleich ich sehr wohl er- 
kannte, dass es ihm gar nicht geglückt war, ihre Gränzen irgend 
genügend zu bezeichnen. Ich bin jetzt darüber im Klaren, die niederen 
Affen haben nur zwei Stirnwindungszüge. Erst wo der vordere Schenkel 
der Fossa Sylvii sich zu bilden anfängt, fängt auch die dritte Stirn- 
windung an aufzutreten, und dieses ist, so weit ich jetzt die Affen- 
gehirne kenne, erst bei dem Hylobates in nennenswerther Weise der Fall. 

In Beziehung auf die Centralfurche und die beiden Central- 
windungen hängt die vordere auch bei meinem jetzigen Hylobates- 
‘Gehirne noch fast ganz mit den Stirnwindungen zusammen, und ich kann 
mich auch jetzt nicht zur Annahme eines typischen Antero-parietal Sulcus 
von Turner entschliessen, obgleich auch Ecker einen solchen unter der 
Bezeichnung Sulcus praecentralis aufgenommen hat. Ich halte es für 
eine Verwechselung, wenn Ecker diese Furche schon bei dem Fötus 
zu sehen glaubt. Die vordere Primär-Furche, welche bei diesem schon 
im 7. Monate erscheint, zieht sich nicht vor der zukünftigen vorderen 
Centralwindung in die Höhe, sondern krümmt sich, wie ich gezeigt 
habe, stark nach vorne herum, um die zweite und dritte Stirnwindung 
voneinander zu scheiden. Daher bleiben denn auch, wie ich ebenfalls 
schon früher gezeigt habe, die beiden oberen Stirnwindungen immer 
in mehrfacher Verbindung mit der vorderen Centralwindung, was nicht 
der Fall sein könnte, wenn vor ihr eine typische Furche in die 
Höhe zöge. 


275 


Etwas anders kann ich mich zu der längs der hinteren Central- 
windung heraufziehenden Furche, dem Sulcus interparietalis von Turner 
und Ecker verhalten, und ihrer Beibehaltung und Bezeichnung bei- 
stimmen. Jch habe schon früher gesagt, dass sie meiner hinteren 
Primären Radiärfurche entspricht, und weiche nur darin von Ecker 
ab, dass ich sage, dieselbe zieht sich um das obere Ende (les hinteren 
Schenkels der Fossa Sylvii zur Abscheidung ‚meiner ersten und zweiten 
Scheitelbogen-Windung herum, und schickt einen Fortsatz nach oben, 
um den Vorzwickel von der hinteren Oentralwindung abzuscheiden. 
Dieses ist auch bei meinem Hylobates der Fall. (Fig. I. u. Il. 10.) 

Der Vorzwickel (Fig. I. e.) ist bei dem Hylobates ziemlich 
breit und stark entwickelt und steht mit der hinteren Centralwindung 
rechts durch zwei, links durch eine Wurzel in Verbindung. Vor Allem 
aber ist meine obere innere Scheitelbogen- Windung (h) 
Gratiolets Premier Pli de passage externe sehr schön. und deutlich 
ausgebildet. Sie stellt eine ansehnliche, das obere Einde der Fissura 
perpend. interna umkreisende, von dem Vorzwickel nach dem Zwickel 
ganz oberflächlich übergehende Bogenwindung dar, durch welche das 
obere Ende der Fiss. perpend. interna von der Fiss. perpend. externa 
getrennt wird, so dass also auch der Klappdeckel der übrigen Affen 
nur unvollständig entwickelt ist. Die Windung ist vollständiger aus- 
gebildet als bei Ateles und Semnopithecus und selbst vollständiger als 
bei den meisten Exemplaren vom Orang. 

Es freut mich, dass meine Voraussagung (pag. 78 meiner früheren 
Abhandlung) diese Windung werde auch bei dem Chimpanse nicht 
fehlen, jetzt durch die Beobachtung mehrerer Chimpans6-Gehirne durch 
Turner (Procedings of the royal Soc. of Edinb. Vol. V 1862—66.) erfüllt 
worden ist. Diese Windung erscheint bei dem Chimpanse bald an der 
Oberfläche auf beiden oder einer Seite, und scheidet dann die Fiss. 
perpendicularis interna und externa voneinander, bald sinkt sie mehr 
oder weniger in den Uebergang dieser beiden Furchen ineinander hinein 
und erscheint dann in der Form von Gratiolets Premier Pli de passage 
interne. Ich kann meine Ansicht, dass die genannten beiden Uebergangs- 
windungen Gratiolets eine und dieselbe homologe Windung seien, auch 
jetzt noch nach Eckers Einwurf (pag. 43. Anmerkung) nicht zurück- 


276 


nehmen. Ich habe nochmals alle meine Cercopithecus- und Oynocephalus- 
Gehirne durchgesehen, und kann weder bei ihnen noch bei irgend einem 
andern Affengehirn beide Windungen zugleich erkennen, was überhaupt 
nie der Fall ist, und selbst nach Gratiolet nicht. In Betreff des Cerco- 
pithecus füge ich meinen früheren Angaben, dass die in meinen Händen 
befindlichen Exemplare von C. Sabaeus ebensowenig eine erste äussere 
Uebergangswindung zeigen, als die von R. Wagner gegebene Abbildung, 
noch hinzu, dass auch C. aethiops nach Gratiolets eigener Abbildung 
(Tab. VIII. Fig. 6.) nicht die erste sondern die zweite Uebergangswindung 
besitzt, welcher Unterschied zwischen zwei so nahe verwandten Arten 
doch sehr auffallend wäre. Ecker hat zu dem von mir pag. 79 An- 
merkung meiner früheren Abhandlung angegebenen Fällen, dass beim 
Menschen die erste Uebergangswindung oder meine obere innere Scheitel- 
Bogenwindung statt lateralwärts im Bogen vom Vorzwickel zum Zwickel, 
zuweilen median- und abwärts im Bogen nach hinten verläuft, einen 
anderen ähnlichen Fall hinzugefügt. Gerade diese Fälle aber beweisen 
die Homologie der oberen äusseren und oberen inneren Uebergangs- 
windung Gratiolets. 

Herr Broca hat (l. c. pag. 391.) ebenfalls eine Abbildung eines 
Chimpanse-Gehirns nach einer von einem Abgusse entnommenen Photo- 
graphie gegeben, welche, wie er mit Recht bemerkt, viel complicirtere 
Windungen zeigt, als irgend eine der früheren von Tiedemann, Schroeder 
van der Kolk, Gratiolet oder Turner gegebenen Abbildungen. Herr 
Broca erblickt mit Recht an diesem Gehirn einen Premier Pli de Passage 
externe im Gegensatze zu Gratiolets Ausspruch, dass derselbe dem 
Chimpans&e zum grossen Unterschiede von dem Gehirne des Orang fehle. 
Allein ich bin nicht im Stande, die Interpretation Herrn Brocas der 
Windungen dieses Chimpans&-Gehirns an dieser Uebergangsstelle zwischen 
Scheitel- und Hinterhaupt-Lappen zu theilen, besonders wenn ich mich 
an die Definitionen Gratiolets für seinen Premier und Second pli de 
passage externe halte. Herr Broca glaubt in der Windung I,1,I 
linker Seits seiner Abbildung den Premier Pli de Passage externe und 
in b, b, b die nicht unterbrochene Fissura perpendiularis externa; in 
der Windung 2, 2, rechter Seits den Second pli de Passage externe und 
in der Furche a, a,a, die durch dieselbe unterbrochene Fissura perpend. 


277 


externa zu sehen. Nach meiner Ansicht ist auf beiden Seiten der 
Zusammenhang zwischen der Fissura perpend. interna und externa durch 
einen grossen Premier Pli de passage externe, nämlich durch eine das 
. obere Ende der Fiss. perpend. interna umgebende und lateralwärts in 
die Fiss. perpend. externa sich hineindrängende Bogenwindung unter- 
brochen, welche nach Gratiolets Definition von dem Lobule du deuxiöıme 
pli ascendant ‚(meinem Vorzwickel) ausgeht, und au sommet du lobe 
posterieur (meinem Zwickel) übergeht. Von einem Deuxieme Pli de 
Passage externe, welcher nach Gratiolet ‚‚passe de la portion descendante 
du pli courbe au lobe posterieur‘‘ sehe ich in der Abbildung gar Nichts; 
denn was mit 2, 2 bezeichnet ist, entspricht dieser Definition durchaus 
nicht, und ist wie die Windung der beiden vorderen I, I der linken 
Seite nur der hintere Schenkel des Premier Pli de Passage externe. 
Von einem Deuxieme Pli de Passage externe ist gar Nichts zu sehen: 
er müsste entweder ganz in der Tiefe des Fissura perpend. externa 
liegen, oder er fehlt, wie ich glaube, auch hier ganz. (cf. meine Ab- 
handlung über die Grosshirnwindungen p. 81.) 

Die untere innere Scheitelbogen-Windung Fig. ll. m, ver- 
läuft bei meinem Hylobates oberflächlich und trennt dadurch die Fiss. 
perpend. interna von der Fiss. Hippocampi wie bei den übrigen niederen 
Affen. Dieses ist nach einer schon früher von mir citirten Angabe 
Flowers (l.c. p. 283.) bei einem von diesem untersuchten jungen Gibbon 
nicht der Fall, wo wie bei Ateles und wie bei dem Menschen beide Furchen 
zusammenfallen und das untere Ende der Fiss. perpend interna von 
der lateralwärts gerichteten unteren inneren Bogenfurche umgeben wird. 
Durch die Beschreibung und Abbildung von Turner |. c. pag. 585. Fig. 3. 
wissen wir jetzt, dass letzteres auch beim Chimpanse der Fall ist, worin 
eine bemerkenswerthe Verschiedenheit zwischen diesem und dem Orang 
gegeben ist und der Chimpanse dem Menschen näher kommt. Dieses 
wechselnde Verhalten bei nahe stehenden Arten, ja wie es scheint, bei 
verschiedenen Individuen derselben Art, beweiset aufs Neue die Richtig- 
keit meiner Ansicht, dass Gratiolets Deuxieme pli de Passage interne 
nicht bei einigen Affen (eben Ateles, Hylobates, Chimpanse) und dem 
Menschen fehlt, sondern bei diesen eben nur anders gerichtet verläuft, 
und homolog mit meiner unteren inneren Bogenwindung ist. 

Meine erste und zweite Scheitelbogen-Windung (Fig. Il. 
u. Fig. III f. u. g.) (Pli marginal superieur u. Pli courve) sind bei Hylobates 
Abh. d. II. Cl.d. k. Ak. d. Wiss. X. Bd. III. Abth. 36 


278 


sehr gut und einfach entwickelt, und umkreisen das obere Ende des 
hinteren Schenkels der Fossa Sylvii und der Fissura parallela. Eine 
dritte Scheitelbogen-Windung ist nicht vorhanden; man könnte an ihrer 
Stelle besonders auf der rechten Seite einen troisieme oder quatrieme 
Pli de Passage externe annehmen, wenn diese Windungen überhaupt 
etwas Charakteristisches hätten. 

Der Hinterhaupts-Lappen ist durch eine Fissura perpend. ex- 
terna ganz gut abgetrennt, doch ist dieselbe wie gesagt, oben durch 
die obere Scheitelbogenwindung von der Fiss. perpend. interna ge- 
trennt, und ein eigentlicher Klappdeckel (Operculum) besteht desshalb 
nicht. Der Zwickel zeigt auf seiner hinteren Fläche drei sternartig 
auseinanderlaufende Furchen und eine horizontal von der hinteren auf 
die innere Fläche herumziehende. An dieser inneren Fläche bemerkt 
man die Fissura Hippocampi Fig. IV. 7., welche indessen nicht wie gewöhn- 
lich bis an die hintere Spitze des Lappens verläuft, und sich erst hier 
in zwei Schenkel theilt, sondern schon weit früher in zwei Arme zer- 
fällt, von denen der eine hinter der Fiss. perpend. interna parallel mit 
derselben in die Höhe steigt, der andere bis an das hintere Ende des 
Hinterhauptlappens gelangt, und dort einfach ausläuft. An der unteren 
Fläche des Hinterhauptlappens bemerkt man die Fissura collateralis (8), 
welche einen inneren unteren und äusseren unteren Windungszug oder 
ein zungenförmiges (k) und ein spindelförmiges Läppchen (l) von ein- 
ander scheidet. Beide reichen um den hinteren äusseren Rand des 
Lappens herum und hängen mit den Windungen des Zwickels zusammen. 
Auf der linken Seite ist der innere äussere Windungszug noch einmal 
durch eine mit der Fissura collateralis parallel verlaufende Furche ab- 
getheilt; nach vorne stehen diese beiden unteren Hinterhaupt-Windungs- 
züge wie immer in unmittelbarem Zusammenhange mit den Windungs- 
zügen des Schläfenlappens. 

Dieser Schläfenlappen ist durch die Fissura parallela(11) und durch 
eine mit derselben parallel laufende Fiss. temporalis secunda (12) in drei 
Züge getheilt, in den ersten oberen (p), zweiten mittleren (0) und dritten 
inneren (n) Schläfenwindungszug; letzterer ist der Gyrus Hippocampi. 

An der medialen Fläche jeder Hemisphäre bemerkt man die 
Fissura calloso marginalis (9), welche den Gyrus cinguli (r) von den 
inneren Windungen des ersten Stirnwindungszuges und dem oberen 
Schlussbogen der Central-Windungen abscheidet. ‘Nach hinten und oben 


20:3 


hängt der Gyrus cinguli mit dem unteren Theile des Vorzwickels (dem 
Lobule quadrilatere), nach hinten und unten mit dem Gyrus Hippocompi 
und zungenförmigen Läppchen zusammen. 

Die Insel ist zwischen den drei Schenkeln der Fossa Sylvii von 
dem unteren Bogen der Centralwindung und von der dritten Stirn- 
windung ganz verdeckt, aber an ihrer Oberfläche noch glatt ohne 
Windungen. 

Die Corpora mammillaria oder Eminentiae candicantes sind an 
der Basis des Gehirns vollkommen getrennt entwickelt, so dass mir die 
Vorzeigung der Photograhie des Gehirns eines Gibbon durch Herrn 
Broca (l. c. p. 394), an welchem die genannten Körper noch einfach 
waren, und nur in der Mitte eine kleine Furchung zeigten, sehr auf- 
fallend ist. 

Das kleine Gehirn stimmt in der Anordnung seiner Lappen 
sehr mit dem des Menschen überein. An der unteren Fläche der 
Hemisphären ist aber zwischen Mandeln, keilförmigem Lappen und 
Flocken ein ansehnlicher stärk zerklüfteter Lappen eingeschoben, welcher 
dem menschlichen kleinen Gehirne fehlt. 

Nach Allem diesem kann ich Herrn Broca (l. c. pag. 383) abermals 
nicht darin beistimmen, dass das Gehirn der Anthropoiden von dem 
Gehirne der niedrigeren Affen verschiedener sei, als von dem des 
Menschen ‚et que presque sans transition qu’en arrivant au chimpanze 
et & l’Orang, nous voyons apparaitre le type superieur“. Das Gehirn 
des Hylobates bildet einen vollständigen und schrittweisen Uebergang 
von dem Gehirn des Orang, Chimpanse und Gorilla zu dem des Ateles, 
Semnopithecus, Oynocephalus etc. Es schliesst sich dem Gehirn der 
drei höheren Anthropoiden durch eine stärkere Ausbildung des vorderen | 
Schenkels der Fossa Sylvii und durch das erste deutliche Auftreten einer 
dritten Stirnwindung um denselben herum; durch eine stärkere Ent- 
wicklung des Vorzwickels und einer oberen inneren Scheitelbogenwindung 
und durch zahlreichere secundäre und tertiäre Furchen und Windungen 
vollkommen zur Vervollständigung der ununterbrochenen Reihe von 
Hapale bis zum Orang an. Ein ähnlicher Uebergang vom ÖOrang zum 


Menschen fehlt uns. 
i 


36 


80 


r 
I 


Tabellarische Uebersich | 


Hylobates leu- 


j 


. . . | 
Muskeln Bol Orang Utang " osl a i made phala 
nach Duvernoy niger ciseus Maimon | 
k ı 
; Orbieularis palpe- | Hängen grössten- Ebenso. Treten grössten- Ebenso. 
Gesichtsmuskeln brarum, Pyramida- en, theils Kr mehr als 
lis, Zygomaticusma- | wenn sie sich auch gesonderte Muskeln 
jor, Levator labii | durch die Richtung auf. 
superioris proprius, | der Fasern bestim- 
Levator labii superi- men lassen. 
orisalaeque nasi, Le- 
vator angulioris, Or- 
bicularis oris, Qua- 
dratus menti, Bucei- 
nator sind zu unter- 
scheiden. 
Digastricus Wie beim Menschen. | Hat nur den hintern | Wie beim Menschen. Ebenso. Ebenso. 
: h Kopf und setzt sich 
mazxillae infer- mit einer starken 
ori Sehne an den Winkel 
nz des Unterkiefers fest. 
I 
Sterno - cleido- | Wie beim Menschen. | Nach Cuvier u. Du- | Ganz in zwei Por- Ebenso. Links nicht stärker! 
; vernoy ganz inzwei| tionen getrennt. getrennt wie beim 
mastoideus. Portionen getrennt, Menschen; rechtsist 
nach mir wie beim von der Portio clavi 
Menschen. cularis ein besond 
Bündel abgelöst. 
Omohyoideus. | Wie beim Menschen. | Fehlt nn meinem | Wie beim Menschen. Ebenso. Ebenso. 
| | rang. 

Omocervicalis, | Vom Acromialende Ebenso. Ebenso. | Ebenso. Vom Acromion & 
des Schlüsselbeines den Querfortsatz des 
an den Querfortsatz Atlasses. 

des Atlasses. 
Scalenus anterior 2 Fehlt bei meinem | Wie beim Menschen. Ebenso. Ebenso. 
Orang. 

Scalenus poster- ? Wie beim Menschen Ebenso. Ebenso. Kommt mit einem 
a starken Bündel vor 
or. der 5., 4., 3., 2m 

Rippe u. d. Querfort 
satze des 6. u. 7.Hals 
wirbels u. setzt sict 
an die Querfortsätze 
aller Halswirbel fes 

Serratus oanticus| Sind getrennt wie Ebenso. Ebenso. Ebenso. Beide entspringen 


major und Le- 
vator scapulae. 


beim Menschen. 


zusammenhängend 
von den 10 oberen 
Rippen und denQue 
fortsätzen aller Hals 
wirbel und setzer) 
sich am ganzen hin) 
teren Rande und 
oberen Winkel dei 
Schulterblattes fest 


der Muskeln der Affen. 281 


 Cercopitheeus | Macacus eyno- Elanaie peniecil- 


Pitheecia hirsuta 


| 
| sabäus molgus lata 
| | Menschen ist grösser als zwischen dem 


Gorilla und den übrigen Affen, obgleich 
ı die Individualisirung der einzelnen Muskeln 


Ebenso. Ebenso ? | Ebenso. "Der Unterschied zwischen dem Gorilla und 
| immer mehr und mehr verschwindet. 


Ebenso. Ebenso. ? Hat zwei Köpfe, der | Der Unterschied des Orang vom Menschen 
vordere ist sehr an- |ist grösser als der der übrigen Affen von 
sehnlich. dem Menschen. 
Beide Portionen Wie der vorige. ? “Beide Portionen |Der Unterschied der Atnhropoiden mit 
um von einander kaum von einander | Ausnahme des Gorilla vom Menschen ist 
getrennt. getrennt. grösser als der der übrigen Affen vom 
Menschen. 


Ebenso. Ebenso. ? Wie beim Menschen. |Der Unterschied des Orang vom Menschen 
ist grösser als der der übrigen Affen vom 
Menschen. 
f Ebenso. Ebenso, aber auch ? Vom Acromion. |Der Unterschied der Anthropoiden vom 
von der Spina sca- Menschen ist grösser als von den übrigen 
pulae. Affen. 
Ebenso. Ebenso. ? Wie beim Menschen. | Der Unterschied des Orang vom Menschen 


ist grösser als von den übrigen Affen. 
Ebenso. Ebenso. 2 Wie bei Cynocepha- | Der Unterschied der Anthropoiden vom 
lus. Menschen ist geringer als der von den 
übrigen Affen. 
Ebenso. 2 Wie bei Cynocepha-|Der Unterschied der Anthropoiden vom 
lus. Menschen ist geringer als der von den 
übrigen Affen. 


282 


DL ___ [lo ee oo m ee, ——— 
Troglodytes |Hylobates leu- 


'D 


rilla Cynocephalus‘ || 
Muskeln 60 Orang Utang F i „p 
nach Duvernoy niger eisceus Maimon 
zu = ——s 
mboideus. Stärker wie beim |Hatnoch ein bis ans| Stark entwickelt, Ebenso. Noch ein besonderes 
‚Rhombosdeus Menschen. Hinterhaupt hinauf- | geht aber nicht bis bis ans Hinterhaupt 
gehendes Bündel. ans Hinterhaupt. gehendes Bündel. 
Pectoralis Hat eine ganz ge-| Hat nur eine Portio |Hat wie beim Men-| Ebenso; die Portio | Hat nur eine Portio f 
B trennte portio cla-| sternalis vom Ma- |scheneine Portio cla- | clavicularis ist sehr | clavieularis u. ster- }" 
MAJOrY. vicularis und eine | nubrium sterni und |vicularis und Sterno stark. nalis, welche letztere f" 
Sterno - costalis. eine stark davon ge- | costalis; letztere ist in der Mittellinie des 
trennte Portio cos- |stark und geht in Brustbeines mit der 
talis vom 5., 6. und | die Scheide des Rec- der anderen Seite zu- 
8. Rippenknorpel. tus über. sammenstösst u. vom! 
- Manubrium sterni | 
bis zum Processug 
xiphoideus herab- 
reicht. I 
Pectorali Besitzt zwei getrenn N nntspringt von der | Ursprung wie beim | Wie beim Menschen. En 
Or atr « 
Er ; te Portionen, deren |3. und 4. Rippe und Menschen, setztsich > ‚wovondiel 
minor. eine mit 6 Zacken | setzt sich andieBa- |aber an die Kapsel eine dem pectoralig 


Biceps brachü. 


Coracobrachia- 
lis. 


von der 5. Rippe ent- 
springt, die 2. von 
dem 6.u. 7. Rippen- 
knorpel; beidesetzen 
sich an den Proces- 
sus coracoideus. 


sis des Processus 
coracoideus. 


Wie beim Menschen. 


Wie beim Menschen. 


Ebenso. 


Ebenso. 


und den Kopf des 
Humerus. 


Ebenso. 


en 


‘dern vom Tubereulum minus des Ober- 
armes; doch findet sich rechts auch ein 
schwaches in eine dünne Sehne über- 
gehendes Bündel, welches vom Processus 
coracoid. kommt; die Ursprungssehnen | 

—— beider Köpfe gehen 


Fr Scheide der Sehnen 
des Biceps an. 
| 


minor des Menschen entspricht, 
aber vom Brustbein bis zur 6. 
Rippe entspringt und sich a 2 
die Spitze des Processus cora- 
coideus und das Ligamentum 
coracoacromiale ansetzt; d 
andere entspricht der Portio 
costalis des Pectoralis major 
des Menschen, geht nach unten 
in die Scheide des Recti 
über und setzt sich an den 
Kopf des Oberarms und die 


| Der kurze Kopf ent- | Wie beim Menschen, 
springt nicht v. Pro- | 


cesus coracoid., son- 


durch die Ansatz- 
sehne des pectoralis 
major hindurch. 


Ist in zwei Portio- 
nen getrennt, die 
sich aber beide an 
die Spina Tubereuli 
minoris und die in- 
nere Fläche des 
Oberarmes fest- 
setzen. 


Wie beim Menschen. 


Ebenso. 


283 


Cercopithecus | Macacus eyno- 


Pitheeia hirsnta | Hapale_ penicil- 


übrigen Affen, 


sabäus molgus lata 
Ebenso. Ebenso. De Wie bei Troylodytes | Der Unterschied der Anthropoiden vom 
und Hylobates. Menschen ist grösser als der von den 


lat nur eine Portio 
ternalis, die sich 
rie die des Vorigen 
verhält. 


Hylobates vom Menschen ist geringer, der 
desOrang grösser als der von den übrigen 
ffen. 


Ebenso. ? Wie beim Macacus. | Der Unterschied des Gorilla, Chimpanse u. 


Ebenso. Setzt sich nur zum | Wie beim Macacus.|Der Unterschied des Gorilla und Orang 


Theil an den Proces- vom Menschen ist grösser, der des Chim- 
sus coracoideus aber panse und Hylobates geringer als der von 
auch 'noch an: den den übrigen Affen. 
Kopf des Oberarmes 

fest. 


A BE 2 a 


Ebenso. Ebenso, Ebenso. Ebenso. Der Unterschied des Hylobates vom Men- 

schen ist grösser als der von den übrigen 

Aıien. Die übrigen Anthropoiden u. Affen 
sind dem Menschen gleich. 


mm nn a Re a 


‚t noch eine obere Ebenso, Wie beim Menschen. Ebenso. Der Unterschied des Chimpans& vom Men- 


ine Portion, die schen ist grösser als der vom Cercopithecus 
'b um das Tuber- und Macacus. 


284 


Muskeln 


Gorilla 


nach Duvernoy 


Orang Utang 


Hylobates leu- 
ciscus 


Troglodytes 
niger 


" Latissimo - con- 
dyloideus. 


Entspringt von der 
Sehne des Latissimus 
dorsi und setzt sich 
an das Ligamentum 
intermusculareinter- 
num und den Con- 
dylus internus des 
‚ Oberarmes. Ist 
schwach. 


Kommtkaumbis zum 
Condylus und wird 
vom Nervus ulnaris 


durchbohrt. 


Extensor indicis 
proprius. 


Hat nur eine Sehne. 


Hat 2 Sehnen für 
Zeige- und Mittel- 
finger. 


Geht bis zum Con- | Geht nur in dasLiga- 
dylus internus. mentum intermuseu- 
lare bis zur Mitte des 

Oberarmes über. 


Hat 3 Sehnen für die 
3 mittleren Finger. 


Ebenso. 


Extensor digiti 


Cynocephalus 
Maimon 
— 


= 


Ist stark und geht 
ausser dem Ansatz 
an den Condylus in- 
ternus in die dem 
Trieeps bedeckende 

Fascie über. “ 


Hat 2 Sehnen für 
Zeige- und Mittel- 
finger. 


Sehnen fü 


Hat nur eine Sehne. | Hat 2 Sehnen für | Hat nur eine Sehne. Ebenso. Hat 2 
el Re 2 kleinen und Ring- kleinen und Ring- 
MINTMY Pproprvus. Fin ger. Finger. 
| 
Extensor pollieis | Wie beim Menschen. Fehlt. Fehlt. Fehlt. Fehlt. 
brevis. 
Extensor pollicis Wie beim Menschen. Ebenso. Hat rechts 2, links | Wie beim Menschen. Ebenso. 
longu nur 1 Sehne. 
Us. 
Abductor pollicis | Scheint in 2 Theile | Wie beim Menschen. | Hat rechts 1, links | Hatauf beiden Seiten | Wie beim Menschen. 
Horn getheilt zu sein. 2 Sehnen. 2 Sehnen. “ 
Flexor digitorum | Wie beim Menschen, Ebenso. Ebenso. Ebenso. Ist am Ursprung in 
ei 9 . , vom Condylus inter- 2 Portionen getheilt 
communis subli- nus und vom Radius. | und kommt nicht 
MiS. vom Radius. — 


| 285 


1 [ Le} [} F 
jercopithecus | Macacus cyno- |. anlars Hapale penicil- 
NBTERD" y Pithecia hirsuta| "D  P 
'  sabäus molgus lata 
Ebenso. Geht bis an den Con- Ebenso. Ebenso. Der Unterschied aller Anthropoiden vom 
dylus internus. Menschen ist grösser als der von allen 


übrigen Affen. 


E 


mit dem Extensor | Finger erhalten eine |schen ist kleiner, der aller übrigen An- 

pollieislongus, dafür | Sehne vom Extensor | thropoiden grösser als der von den übrigen 

findet sich ein beson- | pollicis longus; aus- Affen. 

derer Extensor für |serdem für den 4. 

den 3. und 4. Finger. | Finger ein beson- 
derer Muskel. 


, nur eine Sehne. Ebenso. Ebenso. Ebenso. Der Unterschied des Gorilla, Chimpanse 
und Hylobates vom Menschen ist geringer, 
der des Orang grösser als der von den 

übrigen Affen. 


Ebenso. Ebenso. Ist =: der 2. und 3.|Der Unterschied des Gorilla vom Men- 


schen ist kleiner, der der übrigen An- 
thopoiden grösser als der von den übrigen 


| Fehlt. Fehlt. Fehlt. Fehlt. Der Unterschied des Gorilla vom Men- 
1 
ffen. 


| 


)lıe Sehne verbin- Wie beim Menschen. | Hat 4 Sehnen, eine} Hat 3 Sehnen, 2 für 


Der Unterschied des Gorilla, Orang und 
sich rechts mit für den Daumen, 2|den Daumen und 1 


Hylobates vom Menschen ist kleiner, der 


(des Zeigefingers. für den Zeigefinger, für den Mittelfinger. | des Chimpanse grösser als der von den 
1 für den Mittel- übrigen Affen. 
Finger. 
Sehne lässt sich Ebenso. Hat nur eineeinfache Ebenso. Der Unterschied des Gorilla, Chimpanse 
s in 2 theilen. Sehne. und Hylobates vom Menschen ist grösser, 
der des Orang kleiner als der von den 
übrigen Affen. 


Hauptbündel, wel- |Portionen vom Con- | Menschen ist geringer als der vön den 

ches vom condylus | dylusinternus, nicht übrigen Affen. 

internus entspringt | vom Radius; schickt 

und für alle 4 Finger |aber ausser zu den 

Sehnen gibt, u.einem | vier Fingern in der 

zweiten kleinen Bün- | Handwurzel noch 

del, welches mit dem [eine Sehne zu der 

Palmaris longus ent- | Sehne des flexor di- 

springt und sich mit | gitorum communis 

der für den kleinen profundus. 

Finger bestimmten 
Sehne verbindet. 


Ebenso. Ebenso. Besteht aus einem | Entspringt mitzwei |Der Unterschied der Anthropoiden vom 


.d.II.Cl.d.k. Ak.d. Wiss. X. Bd. III. Abth. IT 


286 


Muskeln 


Gorilla 


nach Duvernoy 


Orang Utang 


Flexor digit. 
comm. profun- 
dus. 


Flexor pollicis 
longus. 


Flexor pollicis 
brevis. 


Adductor trans- 
versus et obli- 
quus. 


Contrahentes di- 
gitorum. 


Rectus abdomi- 
NIS. 


Gracilis. 


Besteht aus einer 
grösseren Portion, 
welche sich leicht in 
3 für den 3. 4.und 5. 
Finger theilen lässt, 
|und aus einer ganz 
davon getrennten, 
welche zum Zeige- 
| finger geht, und eine 
schwache Sehne für 
den Daumen abgibt. 


Fehlt. 


Nur einäusserer star- 

ker Kopf, der aber 

auch vom 3. Mittel- 

handknochen kom- 
men soll. 


| 
Sind beide vorhan- 
den und vereinigt. 


Scheinen zu fehlen. 


Entspringt vom 5. 
Rippenknorpel und 
hat 5 Inscriptiones. 


Sehr stark. 


Ebenso, nur keine 


Sehne für den 
Daumen. 


Fehlt. 


ZweiKöpfe, äusserer 

stark, innerer sehr 

schwach und in die 
Tiefe gedrängt. 


Beide vereinigt. 


Troglodytes 
niger 


Hylobates leu- 
ciscus 


Ist in. 3 Portionen 
getrennt, von denen 
die vom Radius ent- 
springende eine ganz 
schwache Sehne für 
den Daumen abgibt. 


Fehlt. 


Nur ein äusserer 
Kopf. 


Beide getrennt. 


Nicht in Portionen 
getrennt sonst wie 
der Vorige. 


Fehlt. 


Ein starker äusserer 

und ein schwacher, 

innerer Kopf in der 
Tiefe. 


Beide vereinigt und 
schwach. 


Scheinen zu fehlen. 


Ebenso. 


Ebenso. 


Zwei am 4. und 5. 
Finger. 


Hat 4 Inscriptiones 


Ebenso. 


{ 
| 
| 


| 


Cynocephalus. 
Maimon. 


Ist sehr stark, ent 
springt auch noe 
vom Condylus inter 
nus des Oberarme 
mit einem getrenz 
ten Bündel, die Sek 
nen sind noch unte 
dem Ligamentum 
carpi volare prop 
vereinigt, und gebe 
von ihrer Vorde 
fläche eine schwach 
Sehne für den 
Daumen ab. 


Fehlt. 


Be 
2 Köpfe, der innen 
etwasschwächerun 
tiefer als der äusser!) 


2 bel 
Beide getrennt, 
Transversus schw£ 
cher, obliquus star 
ee. 


Schmal und dünn. 


Zwei am 2. und 5 Zwei am 4. und® 
Finger. Finger. 
Ebenso. Entspringt mit eine 

sehnigen Aponeuros 
—_ ____ unter dem Pectoralil 
major und minor- vom Rand) 
des Brustbeines bis zur erstel 
Rippe, geht über die Rippen 
knorpel, ohne sich an sie anz 
setzen und hat 6 Inscriptiones 
an obige Aponeurose inserir 
= sich ein von der 

Rippe entspringer 

der besonderer 
Muskel. 
I 


Sehr stark. 


Cercopithecus 
sabäus. 


Ebenso. 


Fehlt. 


Beide vereinigt. 


fo! Ebenso. 


ner am 5. Finger. 


Ebenso. 


; Ebenso. 


Macacus cyno- 
molgus 


Pitheeia hirsuta 


N 
[0 0) 
| 


Hapale peniecil- | 
lata. | 


Der Muskelbauch 
lässt sich leicht in 
in 4 Portionen tren- 
nen, von welchen die 
v. Radius entspring- 
ende eine schwache 
Sehne für den Dau- 

men abgibt. 


subl. von dem Condylusinternus und geht 
in eine lange Sehne über, welche sich 
zwar in der Handwurzel mit den ver- 
einigten Sehnen der flex. dig. com. prof. 
| verbindet, aber doch vorzugsweise -den 


Entspringt mit einer 
ungesondertenMasse 
vonder Ulnaunddem 
Ligamentum  inter- 
musculare und dem 
Radius; ein beson- 
deres Bündel kommt 
gemeinschaftlichmit 
dem flexor dig. com. 


— flex. poll. long. dar- 


stellt. 


Bildet nur eine Mas- | Der Unterschied der Anthropoiden vom 

se,derenSehnennoch ı Menschen ist grösser als der von den 

in der Handwurzel übrigen Affen. 

vereinigt sind, und 

dort eine schwache 

Sehne zum Daumen 
abgeben. 


Fehlt. 


Fehlt bis auf vor- 
stehendes Rudiment. 


Der Unterschied der Anthropoiden vom 
Menschen ist grösser als der von den 
übrigen Affen. 


Fehlt. 


Ebenso. 


Ebenso. 


Ebenso. 


Ebenso. 


Beide getrennt. 


Ebenso. 


Ebenso. Da beim Menschen ein starker äusserer 
und schwacher innerer Kopf sich findet, 
so ist der Gorilla und Troglodytes ver- 
schiedener vom Menschen als die übrigen 


Affen, bei welchen sich zwei Röpfe finden. 


Ebenso. Die Anthropoiden uud niederen Affen ver- 
halten sich theils wie der Mensch, theils 


verschieden von demselben. 


Zwei zum 4. und 5. 


Der Unterschied des Gorilla und Orang 
Finger. 


vom Menschen ist geringer, der des Chim- 
panse und Hylobates grösser als der von 
den übrigen Affen. 


Ebenso. 


Ebenso. 


Ebenso. 


Wie beim Macacus. | Der Unterschied der Anthropoiden vom 
Menschen ist geringer als der von den 


übrigen Affen. 


Ebenso. Der Unterschied der Anthropoiden vom 
Menschen ist grösser als der von den 


übrigen Affen. 


37. 


288 


Hylobates leu-| Cynocephalus || 


Muskeln Gorilla Orang Utang Troglodytes 
i nach Duvernoy niger GRRES 
‚Adductores fe- | Wie beim Menschen. | Es lässt sichnur ein | Zerfallen in 5 Grup- Ebenso. 


moris. 


Ist schwach und nur 
in seinem unteren 
Bündel stärker. In- 
serirt sich an den 
ganzen Oberschenkel 
bis zum Kniegelenk. 


Gluteus maxi- 
mus. 


Scansorius. Fehlt. 


Pectineus, Adductor 


|longus und Adductor 


magnus unter- 
scheiden. 


Ist schwach. 


Ist stark entwickelt 
und erscheint als ein 
ganz vom Gluteus 
minimus getrennter, 
vom vorderen Rande 
des Os Ilii entspring- 
ender und an den 
Trochanter major 


pen zwischen deren 

beiden untersten die 

Arteria cruralis hin- 
durchgeht. 


Sehr schwach. 


Ist vorhanden, er- 
scheint aber fast nur 
als ein vorderer, von 
dem vorderen Rande 
des Os llii entspring- 
ender Theil des Glu- 
teus minimus. 


Ebenso, die unteren 
Bündel ziehen sich 
aber bis zur Mitte 
der Linea aspera 
herab. 


Fehlt; es findet sich 
aber ein eigenerklei- 
ner von der Spina 
ant. inf. Ossis Ilii 
entspringender und 
sich an die Basis 
des Trochanter mi- 
nor ansetzender 


Maimon 


Ebenso. 


Sehr schwach. 


Erscheint nur als 
vorderer Theil des 
Gluteus minimus. 
Auch der bei dem 
vorigen genannte 
Muskel findet sich 
schwach entwickelt. 


sich ansetzender Muskel. 
Muskel. 
Tensor fasciae Schwach und fast Ebenso. Ebenso. Ebenso. Ebenso. 
ganz mit dem vor- 
latae. deren Rande des 
Gluteus maxim. ver- 
einigt. | 
) ;c |Zwei Köpfe, caput | Zwei ganz getrennte | Wie beim Menschen; Ebenso. Hat nur den sehr 
Bicep ö femoris. longum = die Tibia? | Köpfe; d. lange geht | der kleine Kopf geht starken langen Kopf, 
caput breve von der |in die Fascia femo- | mit seiner Sehne welcher mit seinen 
ganzen Linea aspera |riset genu über und | grösstentheils in die Sehnenfasern sich 
an das Capitulum |setztsichandieMitte | Fascia cruris über. nur wenig an die 
fibulae und an die | derFibula;derkurze Tibia ansetzt, gröss- 
Fascia cruris. setztsich auch an die tentheils in die Fas- 
Fibula und geht in cia femuris u. cruris 
die Fascia cruris übergeht, ohne sich 
über. an die Fibula anzu- 
setzen. 
Semimembrano- Sind stark, ganz Ebenso. Ebenso. Ebenso. Ebenso. 
; . | fleischig u. verdienen 
SUS et semitendi- ihre Namen nicht; 
NOSUS. der Semitendinosus 


geht mitseiner Sehne 
sehr weit an die 
Tibia herab. 


- 


Macacus cyno- 
molgus ’ 


Cercopithecus 
sabäus 


Pitheeia hirsuta 


289 


Hapale penicil- 
lata 


Ebenso. Ebenso. Wie beim Menschen. | Pectineus fehlt; von | Der Unterschied des Gorilla aber, auch der 
dem Adductor mag- | Pithecia, vom Menschen ist geringer, der 
nus lässt sich aber |der übrigen Anthropoiden grösser als der 
ein starkes oberstes von den übrigen Affen. 

Bündel unterschei- 
den, welches vom 
aufsteigenden Ast 
des Sitzbeines ent-. 
springt u. sich zwi- 
schen trochanter ma- 
jor u.minor ansetzt. 

Ebenso. Ebenso. Ebenso. Ebenso. Der Unterschied der Anthropoiden vom 

Menschen ist grösser als der von den 
übrigen Affen. 
| 
Ebenso. Ebenso. Ebenso; der kleine |Ist ziemlich stark |Orang, Chimpanse und Hylobates sind ver- 
Muskel fehlt. v. Gluteus minimus |schiedener von dem Menschen, als von den 
getrennt u. gut ent- niederen Affen. 
wickelt. Der kleine 
Muskel fehlt. 

Ebenso. | Ebenso. Ebenso. Ebenso. Der Unterschied der Anthropoiden vom 
Menschen ist grösser als der von den 

übrigen Affen. 

Ebenso. Ebenso. Ebenso. Ebenso. Der Unterschied des Gorilla und Orang 
vom Menschen ist grösser, der des Chim- 
panse und Hylobates kleiner als der von 

den übrigen Affen. 

Ebenso. Ebenso. Ebenso. Werden nur durch Der Unterschied der Anthropoiden vom 
einen dünnen Mus- | Menschen ist grösser als der von den 
kelrepräsentirt, wel- übrigen Affen. 
cher theils von der 
Wurzel des Schwan- 
zes, theils von dem 

Sitzknorren ent- 
springtundsich ganz 


mit dem Gracilis ver- 
einigt. 


290 


nn nn) ln nn nn nn nn nn u | 


Muskeln 


Gorilla 


nach Duvernoy 


Tibialis anticus. 


Theilt sich von der! 
Fussbeuge an in zwei 
Theile, deren Sehnen 
die eine sich an das 
erste Keilbein, die 
zweite an den Me- 
tatarsus I ansetzt. 


Extensor hallu- | Wie beim Menschen, 


cis longus. 


doch läuft seine 
Sehne nicht über den 
Rücken, sondern an 
der Seite des Me- 
tatarsus der grossen 
Zehe, und geht dann 
erst auf den Rücken 
der Phalangen über. 


Extensor hallu- 
eis brevis. 


Wie beim Menschen, 

nur stärker von dem 

Extens. digit. com. 
brevis getrennt. 


Gastrocnemü u. 
Soleus. 


Plantaris. 


Sind schwach, bleib. 
fleischig bis z. Ansatz 
and.Fersenbein; der 
Soleus entspringt 
nur von der Fibula. 


Fehlt. 


Peroneus longus 
und brevis. 


Wie beim Menschen. 


Peroneus tertius. 


Fehlt. 


Peroneus par- 
vus. 


Fehlt. 


Troglodytes  Hylobates leu-| Cynocephalus : 
Orang Utang = I ea % ; p 
niger » eiscus Maimon 
Ist fast ganz doppelt.) Ist vollständig dop- | Ist nur einfach wie Ist doppelt. 
pelt, ja es findet sich | beim Menschen, und 
noch ein 3. Tibialis | setzt sich auch nur 
anticus, welcher mit an das os cunei- 
dem Extens.dig.com. forme I]. 
long. vereinigt ent- 
springt, sich an der 
Fussbeuge in 2 feine 
Sehnen theilt, d. sich 
an den inneren Fuss- 
rand festsetzen. 
Ebenso. Ebenso. Verlauf der Sehne | Verlauf der Sehne, 
wie beim Menschen. |an der Seite des Os 
metatarsi I. 
Ebenso Ebenso. Ebenso. Ebenso. 
Ebenso. Ebenso. Der Tendo Achillis Ebenso. 
mehr wie beim Men- 
schen; sonst ebenso. 

Fehlt. Fehlt. Fehlt. Ist sehr stark, und. 
seineSehnegehtüber 
das Fersenbein in die 

Fascia Plantaris 
über. 

Ebenso. | Ebenso. | Ebenso. | Ebenso. 

Ebenso. Ebenso. Ebenso. Ebenso. 

Ebenso. Ebenso. Ebenso. Findet sich zwischen 


Peroneus longus u. 
brev. läuft mit seiner 
dünnen Sehne längs 
des äusseren Fuss- 
randes u. setzt sich 
an die Basis der 1. 
Phalange derkleinen 

Zehe fest. 


Cercopithecus 
sabäus 


Ebenso. 


Hatrechtszwei, links 
nur einen Extens. 
hall. longus, deren 
Sehnen üb. die Mitte 

des Os Metatarsi I 
j laufen. 


Fehlt rechts, links 
wie beim Menschen. 


Ebenso. 


Ebenso. 


Ebenso. | 


Ebenso. 


Ebenso. 


Macacus eyno- 
molgus 


Ebenso. 


Nur ein Extens. hall. 
long.; Verlauf der 
Sehne an der Seite! 
des Os Metatarsi 1. 


Wie beim Menschen. 


Ebenso, 


Ebenso. 


Ebenso. 


Ebenso. 


Ebenso. 


291 


. A Hapale peniecil- 

Pitheeia hirsuta p P 
lata 

Ebenso. Ebenso. Der Unterschied der Anthropoiden vom 

Menschen ist mit Ausnahme des Hylobates 

grösser als der von den übrigen Affen. 
Ebenso. Ebenso. Der Unterschied der Anthropoiden von 
R dem Menschen ist grösser als der von den 
übrigen Affen. 


Hat 2 Sehnen, eine 
für die grosse, eine 
für die zweite Zehe, 
welche ausserdem 
auch noch v. Extens. 


| digit. com. brev. ver- 


Ist sehr mit dem |Der Unterschied der Anthropoiden von 
Extens. digit. com. | dem Menschen ist grösser als der von den 
brevis vereinigt. übrigen Affen. 


sorgt wird. 
Ebenso. Der Tendo Achillis |Der Unterschied der Anthropoiden vom 
ist sehr stark; sonst | Menschen ist grösser als der von den 
ebenso. R übrigen Affen. 
Verhältnissmässig Ebenso. Der Unterschied der Anthropoiden vom 
stark aber mit dem Menschen ist grösser als der der übrigen 
äusseren Kopfe des ffen. 
Gastrocnemius sehr 
vereinigt. 
Ebenso. Ebenso. Kein Unterschied der Affen von dem 
Menschen. 
Ebenso. Ebenso. Der Unterschied der Anthropoiden vom 
Menschen ist grösser als der von den 
übrigen Affen. 
Ebenso. Ist als Muskel nicht | Der Unterschied der Anthropoiden vom 


Menschen ist kleiner als der von den 
übrigen Affen; doch verhält sich auch 
Hapale wie der Mensch. 


ı zu unterscheiden ; 
vom Peroneuslongus 
löst sich eine kleine 
\längs des äusseren 
Fussrandes bis zur 
ersten Phalange der 
kleinen Zehe ver- 
laufende Sehne ab. 


292 


Muskeln 


Gorilla 


nach Duvernoy 


Flexor digitorum 
comm. brevis. 


kommt. Flex. dig. com. long.; | ihre Sehnen von eben 
ab, die aber nicht | dieser fleischigen 

perforirt wird. Masse. 
Caro quadrata Fehlt. Ebenso. Ebenso (nach Gra- Fehlt. Ist vorhanden und 
Sn tiolet schwach vor- verbindet sich mit 
ylvü. handen). der Sehne des Flex, 
dig. comm. long. 
oü Nimmt nicht Theil Ebenso. Ebenso. Nimmt Theil an der | Ebenso, giebt aber d. 

exor digitorum g 


comm. longus. 


Flexor hallucis 
longus. 


Flexor hallucis 
brevis. 


Theilt sich in nur 2 
Bündel, deren Seh- 
nen andie 2. und 3. 
Zehe gehen ;d. Sehne 
fürd.4 Zehe kommt 
fleischig von der un- 
teren Fläche der Seh- 
ne des Flexor digit. 
com.long.; dieSehne 
für die 5. Zehe löst 
sich von der Sehne 
des Longus ab und 
wird nicht perforirt. 


an der Bildung der 
Sehne des Flex. hall. 
longus, sondern lie- 
fert ausser den vor- 
her genannten Seh- 
nen des Flex. dig. 
comm. brevis nur die 
perforirend. Sehnen 
für die 2. u. 5. Zehe 
und die entsprechen- 
den Lumbricales. 


Liefert ausser der 
starken Sehne für 
die grosse Zehe die 
perforirenden Seh- 
nen f. d. 3. u.4. Zehe, 
von denen auch die 
entsprechend. Lum- 
bricalesentspringen. 


Hat nur einen Kopf; 
der innere ist wahr- 
scheinl. schwach und 
in.d. Tiefe gedrängt. 


Orang Utang 


Hat auch nur zwei 
Fleischbündel, deren 
Sehnen an die 2.u.3. 
Zehe gehen; eine 3. 
Sehne verbindet sich 
mit der für die 4. 
Ziehe von der fleisch- 
igen unteren Fläche 
der Sehne des Flex. 
dig. com. long. ge- 
lieferten Sehne, von 
welcher Fleischpar- 
tie auch die Sehne 
für die 5. Zehe 


Ist einausserordentl. 
starker v. d. Condyl. 
extern. des Femur, 
der ganzen Fibula u. 
dem Ligam. inteross. 
entspringender Mus- 
kel, welcher aber 
keine Sehne zur gr. 
Zehe, sond. nur die 
perforirenden Sehn. 
fürd.3 u.4.Zehe mit 
den entspr. Lumbr. 
abgibt. Es findet sich 
eine isolirte Sehne 
für die grosse Zehe 
zwischen den kurzen 
Muskeln derselben. 


Hat nur einen Kopf. 


Troglodytes 
niger 


Liefert ebenfalls 2 
Sehnen für die 2.u.3. 
Zehe; letztere erhält 
aber auch noch ein 
Muskelbündel von d. 
unteren fleischigen 
Fläche der Sehne des 
Flex. dig. com.long.., 
von welcher auch 
noch die Sehnen für 
die 4. und 5. Zehe 
abgehen; letztere ist 
sehr schwach. 


Giebt eine starke 
Sehne für die grosse 
Zehe und die per- 
forirenden für die 
3. und 4. Zehe, mit 
den entsprechenden 

Lumbricales. 


Hat zwei Köpfebeide 
| vom Os cuneiforme. 


nn 


Hylobates leu- 
eiseus 


Giebt nur eine Sehne 
für die 2. Zehe ab; 
für die 3. u.4. Zehe 
kommen die ent- 
sprechenden Sehnen 
v. d. unteren fleisch- 
igen Fläche d. Sehne 
des Flex. dig. com. 
long.; die 5. Zehe er- 
hält gar keine; es 


Cynocephalus 
Maimon 


Besitzt zwar zwei 
Fleischbündel, allein % 
nur eine Sehne ge- 
langt selbstständig 
zur zweiten Zehe; die U 
zweite verbindetsich 
mit einem von der 
unteren fleischigen 
Fläche der Sehne des 
Flexor dig. comm. 


löst sich nur eine | longus ausgehenden 
feine Sehne von der | Bündel zur Sehne 
für die 5. Zehe be- | für die 3. Zehe; die 
stimmten Sehne des | 4.u.5. Zehe erhalten 


Bildung der Sehne | perforirenden Seh- 
des Flex. hall. long. | nen f.d.2. u. 5. Zehe 
und giebt die per- | mitden entsprechen- 


forirende Sehne nur 
für die 5. Zehe. 


Giebt eine starke 
Sehne zur grossen 
Zehe und drei per- 
forirende Sehnen zur 
2., 3. u. 4. Zehe mit 
den entsprechenden 
Lumbricales für die 
3. u. 4. Zehe; die 2.| 
hat keinen lumbri- 
calis. 


Hat zwei Köpfe, der 
innere schwach und 
in d. Tiefe gedrängt. 


den Lumbricales. 


Giebt die Sehne für 
die grosse Zehe und 
die perforirenden 
Sehnen für die 3.u. 
4, Zehe ab mit den 
entsprechend Lum- 

bricales. R 


Hat zwei gut ent- 
wickelte Köpfe. 


293 


bh. d. 11. Cl.d.k. Ak.d. Wiss. X. Bd. III. Abth. 


Cereopithecus Macacus eyno Pitheciahirsuta Hapale penicil 
sabäus molgus lata 

Besteht nur aus Ebenso. Wie beim Cyno- | Giebt nur eine Sehne | Der Unterschied der Anthropoiden vom 
in. einzigen dünnen cephalus. für die kleine Zehe,| Menschen ist grösser als der von den 
ündel für die zweite doch erhält dieselbe übrigen Affen. 

Zehe; dieSehnen für verstärkende Mus- 

lie 3., 4. u. 5. Zehe kelfasern jv. d. unter- 

kommen von der en fleischigen Fläche 
leischigen unteren d. Flexor dig. comm. 

"läche der Sehne des long., welche auch 

Flex. dig. comm. die perforirten Seh- 

long. nen für die 2., 3.u. 
4. Zehe abgibt. 

Ebenso. Ebenso. Ist schwach vorhan- Wie bei Cyno- |Der Unterschied der Anthropoiden vom 
den, verbindet sich cephalus. Menschen ist grösser als der der übrigen 
aber mit der Sehne Affen. 
des Flex. hall. long. 

Ebenso. Ebenso. Ebenso. Ebenso. Der Unterschied der Anthropoiden vom 

Menschen ist grösser, als der von den 
übrigen Affen 
| 
| 
\ | 
Ebenso. Ebenso. Ebenso. Ebenso. Der Unterschied der Anthropoiden vom 
Menschen ist grösser, als der von den 
übrigen Affen. 
| 
J) 
| 
Ebenso. Ebenso. Ebenso. Ebenso. Der Unterschied des Anthropoiden vom 
Menschen ist grösser als der von den 
. übrigen Affen. 


38 


294 


i Troglodytes | Hylobates leu- n 1 
Muskeln | Gorilla Orang Utang glo yt Hy Cy ocepha us. 
| nach Duvernoy niger eiseus Maimon 
Adductor obli- Beide vorhanden Ebenso. Beide miteinander | Beide getrennt und Ebenso. 
quus und trans- und getrennt, vereinigt und stark. stark. 
Versus. 
Opponens hallu- Fehlt. Ist vorhanden. Fehlt. Fehlt. Fehlt. 
cis. 
OContrahentes di- Fehlen. Fehlen. Einer zur 5. Zehe. | Einer zur 5. Zehe. | Drei 4. und) 
: 5. Zehe. 
gitorum. 
Interossei pedis.| Die dritte Zehe be- Ebenso. Ebenso. Ebenso. | Ebenso. 
sitzt zwei Interossei 
externi und bildet 
die Abductions- und 
Adductions-Ebene. 


295 


Cercopithecus | Macacus .ceyno- |... _...1: Hapale penicil- 
pr” E Pithecia hirsuta P P 
sabäus molgus lata 
Ebenso. Beide getrennt, der | Beide vereinigt. Ebenso. Der Unterschied der Anthropoiden vom 
Transvers. schwach. Menschen ist grösser als der von den 
übrigen Affen. 
Ist vorhanden. Fehlt. Fehlt. Fehlt. Der Unterschied des Orang vom Menschen 
ist grösser als der von den meisten übrigen 
Affen. 


Drei zur 2., 4. und |Drei zur 2., 4. und | Drei zur 2., 4. und| Zwei zur 2. und |Der Unterschied des Gorilla und Orang 

5. Zehe. 5. Zehe. 5. Zehe. 5. Zehe. vom Menschen ist kleiner, der des Chim- 

panse und Hylobates grösser als der von 
den übrigen Affen. 


Ebenso. . Ebenso. | Ebenso. | Ebenso. Der Unterschied der Anthropoiden vom 
Menschen ist grösser als der von den übrigen 
ffen. 


296 


Beschreibung der Abbildungen. 


Sämmtliche Abbildungen sind nach Photographien von Herrn Kupferstecher E. Meermann 
gestochen worden. 


Tab. I. Giebt den Kopf des Hylobates leueiscus von vorne und von der Seite. Die Absicht ist 
durch solche Darstellungen nach Photographien, ungetreuen und Phantasie-Porträten von Affen 
entgegen zu treten. 


Tab. II Das grosse Gehirn des Hylobates leuciscus nach photographischen Aufnahmen 
nach Erhärtung im Alkohol. Fig. 1. Ansicht von oben. Fig. 2. Ansicht von unten. Fig. 3. 
Ansicht von der Seite. Fig. 4. Ansicht von innen. Fig. 5. Ansicht von hinten. Letztere 
photographische Aufnahme ist von einem aus der Schädelhöhle entnommenen und nach dem 
Gehirn ausmodellirten Abgusse angefertigt, weil das Gehirn selbst für diese Ansicht von hinten 
durch deu Aufenthalt im Weingeist zu abgeplattet war. Für alle Figuren gelten nachfolgende 
Bezeichnungen: 
. Centralfurche 
. Senkrechte innere Oceipital-Furche 
. Senkrechte äussere Oceipital-Furche 
. Stamm der Fossa Sylvii 
Vorderer 
Hinterer Schenkel derselben 
. Fissura Hippocampi 
. Fissura collateralis 
. Fissura calloso-marginalis 
. Hintere Primärfurche (Suleus interparietalis. Turner) 
. Fissura parallela 
Erste, obere 
Zweite, mittlere 
. Dritte, untere Stirnwindung 
Vordere, 
. Hintere Centralwindung 
. Obere Scheitelwindung (Vorzwickel) 
Erste, 
. Zweite, Scheitelbogenwindung 
. Obere innere Scheitelbogenwindung (Premier Pli de passage externe) 
. Obere Hinterhaupt-Windung (Zwickel) 
. Untere innere Hinterhaupt-Windung (Zungenförmiges-Läppchen) 
Untere äussere Hinterhaupt-Windung (Spindelförmiges Läppchen) 
Untere innere Scheitelbogen-Windung (Deuxieme Pli de passage interne) 
. Gyrus Hippocampi 
. Mittlere, 
. Obere Schläfenwindung 
Gyrus einguli 
. Balken. 


Soon pomr 


-- 
„ 


masep 


enseos5B- Fr. rn mo 


297 


“ 


Tab. Ill. Die Vola manus eines grossen Cynocephalus Maimon in natürlicher Grösse nach 
Entfernung der Sehnen der langen Beuger. 

Fig. 1. Die Muskeln dieser Vola manus in situ. 

a. Abductor pollieis brevis. b. Lateraler. c. Medialer Kopf des Flexor brevis. d. Adductor 
obliquus. e. Adductor transversus. f. Abductor dig. minimi. g. Flexor dig. minimi. h. Opponens 
dig. minimi. i. Zwei Contrahentes digitorum. k. Interosseus int. tertius. 1. Interosseus extern. 
quartus. 

Fig. 2. Die Muskeln der Vola manus nach theilweiser Ablösung und Zurückschlagung. 

a. Abductor pollicis brevis vom Lig. carpi vol. prop. abgelöset und zurückgeschlagen, 
wodurch k. der Opponens pollicis und b. und c. die beiden Köpfe des Flexor brevis frei werden. 
d. Adductor obliquus. e. Adductor transversus, beide abgeschnitten und zurückgeschlagen. 
f. Abductor dig. minimi. g. Flexor brevis dig. minimi. h. Opponens dig. minimi. i. und i‘ die 
beiden Contrahentes abgeschnitten und zurückgeschlagen. 1. 2. 3. 4. Die vier Interossei externi. 
I. II. III. Die drei interossei interni. 


Tab. IV. Die Planta pedis desselben Cynocephalus Maimon in natürlicher Grösse nach 
Entfernung der Sehnen der langen Beuger. 

Fig. 1. Die Muskeln in situ. 

a. Abductor hallucis. b. Lateraler, c. medialer Kopf des Flexor brevis. d. Adductor obliquus 
d. Adductor transversus. f. Abductor dig. minimi: g. Flexor dig. min. brevis. h. Interosseus 
internus tertius i. Drei Contrahentes digitorum. 

Fig. 2. Die Musculi contrahentes durchschnitten und zurückgeschlagen. 

a. Abductor hallucis. b. Lateraler, c. medialer Kopf des Flexor brevis.. d. Adductor 
obliquus. e. Adductor transversus. f. Abductor dig. minimi. g. Flexor dig. minimi brevis. i. Die 
drei abgeschnittenen und zurückgeschlagenen Contrahentes. 1. 2. 3. 4. Die vier Interossei externi 
I. II. III. Die drei Interossei interni. 


Tab. V. Fig. 1. Eine menschliche Hand, °/s der natürlichen Grösse. 

a unda‘. Der durchschnittene und zurückgeschlagene Abductor pollicis brevis. b. Opponens 
pollieis. c. Der laterale Kopf des Flexor pollicis brevis mit seinen beiden vom Lig. carpi volare 
proprium und Lig. carpi volare profundum entspringenden und sich an das laterale Sesambein 
ansetzenden Portionen. Zwischen ihm und dem Opponens ist eine Sonde durchgeschoben. d. Der 
kleine mediale durch den Adductor obliquus in die Tiefe gedrängte Kopf des sich an das mediale 
Sesambein ansetzenden Flexor pollicis brevis durch einen Faden etwas hervorgezogen. e. Der 
Adductor pollicis obliquus. f. Der Adductor pollieis transversus; zwischen beiden ein Zwischen- 
raum durch welchen der Ram. prof. der Art. radialis hindurch tritt. 

Fig. 2. Die äusseren Genitalien vom Hylobates leuciscus. 
Fig. 3. Dieselben, die Scheide aufgeschnitten und auseinandergelegt, so dass man die den 
Scheiden-Eingang und die Harnröhre umgebenden Falten sieht. 


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Abhandl. d. math. phijs. Cl. X. W. Bischoff Anatomie des Hüjlobates. 


Abhandl. d. math. phijs. Cl. X. HI. Bischoff Anatomie des Hiyjlobates. 


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Taf. II. 


Bischoff Anatomie des Hijlobates. 


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Abhandl. d. math. phajs. 


Taf. IV. 


des Kijlobates 


Anatomie 


Bischoff 


Abhandl. d. math. phujs. CUX_M. 


Taf. V. 


Bischoff Anatomie des Hijlobates 


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Inhalt. 


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Ill. Abtheilung. II 
Seite ; 
} 
| eben, die Naturverhältnisse der verschiedenen Linien, welche für einen Duichstich 

des centralamerikanischen Isthmus in Vorschlag sind. Von Moritz Wagner 1 
| Ueber das Verhältniss der Harnsäure und des Guanin’s zur Vegetation. Von 
August Vogel ch Era: 2 I. 0, Sans) mies Aa, SEHBEBEBERe A ee 


Das bayerische Präcisions-Nivellement. Von Carl Max Bauernfeind . . . 87 


Beiträge zur Anatomie des Hylobates leuciseus und zu einer vergleichenden Anatomie 
der Muskeln der Affen und des Menschen. Von Th. L. W. Bischoff. Mit 
5. Dafeln.. ng) 2 a un Te. Via 2 a N 


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