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Full text of "Abhandlungen der Königlich Bayerischen Akademie der Wissenschaften"

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ABHANDLUNGEN 


MATHEMATISCH-PHYSIKALISCHEN CGLASSE 


DER KÖNIGLICH BAYERISCHEN 


AKADEMIE ver WISSENSCHAFTEN. 


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DREIZEHNTEN BANDES 


IN DER REIHE DER DENKSCHRIFTEN DER XLVIII. BAND. 


MÜNCHEN, 
1880. 
VERLAG DER K. AKADEMIE, 
IN COMMISSION BEI G. FRANZ. 


Inhalt des XIII. Bandes, 


I. Abtheilung. 
Studien über fossile Spongien. Erste Abtheilung. I Hexactinellidae Von 
Karl Alfred Zittel ER ee 2 ee >06 RE 
Studien über fossile Spongien. Zweite Abtheilung. II Lithistidae. Mit zehn 
lithographirten Tafeln. Von Karl Alfred Zittel Ne 
Die Anwendung der Wage auf Probleme der Gravitation. Von Ph. von Jolly 


II. Abtheilung._ 
Studien über fossile Spongien. Dritte Abtheilung. Monactinellidae, Tetracti- 
nellidae und Caleispongiae. Von Karl Alfred Zittel Eu 
Die Veränderlichkeit in der Zusammensetzung der atmosphärischen Luft. Von 
0 OR KR RO a N 
Theorie der Gärung. Von 0. von Nägeli EL NEE > 
Vergleichend anatomische Untersuchungen über die äusseren weiblichen Ge- 
schlechts- und Begattungsorgane des Menschen und der Affen, insbesondere 
der Anthropoiden. Von Dr. Th. L. W. von Bischoff. Mit sechs Tafeln 
Abbildungen EN WERE RE ERS E yle: Becan aaa Dale 


Ill. Abtheilung. 


Beiträge zur Anatomie des Gorilla. Von Dr. Th. L. W. von Bischoff in München 

Das Bayerische Präcisions-Nivellement. Fünfte Mittheilung von Karl Max 
von Bauernfeind. Mit einer Uebersichtskarte 2 ; . 

Ueber die Berechnung der wahren Anomalie in nahezu parabolischen Bahnen. 
Non Theodor Kitter von Oppolzser » » .» 2 nun ! 

Ueber die äusseren weiblichen Geschlechtstheile des Menschen und der Affen, 
Nachtrag von Dr. Th. L. W. von Bischoff. Mit zwei Abbildungen 

Ergebnisse aus Beobachtungen der terrestrischen Refraktion. Erste Mittheilung 
enthaltend die Feststellung von Thatsachen. Mit zwei Steindrucktafeln. 
Von Karl Max von Bauernfeind 


Seite 


155 


49 


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Nachträgliche Berichtigung zur ersten Abtheilung der Studien über fossile 
Spongien. 


Beim Umbrechen des Satzes ist leider auf Seite 15 eine sinnentstellende Vertauschung 
der Worte Coralliospongia und Calieispongia vorgekommen ; ausserdem steht auf derselben 
Seite Zeile 5 v. ob. „gemmulae ohne Nadeln“ anstatt „mit Nadeln.“ 


Die Zeilen 3—8 auf 8. 15 sind darum durch beifolgende Einlage zu ersetzen. 


Calicispongia. S. Kent. 
Schwammkörper mit einem aus verflochtenem oder isolirten Nadeln bestehenden, 
niemals netzförmigen und zusammenhängenden Skelet. Gemmulä mit Nadeln. 


Coralliospongia. Gray. 
Schwammkörper mit anastomosirendem oder zusammenhängendem netzförmigen 
Skelet. Gemmulä häutig, ohne Nadeln. 


ABHANDLUNGEN 


MATHEMATISCH-PHYSIKALISCHEN CLASSE 


DER KÖNIGLICH BAYERISCHEN 


AKADEMIE »er WISSENSCHAFTEN. 


DREIZEHNTEN BANDES 
ERSTE ABTHEILUNG. 
IN DER REIHE DER DENKSCHRIFTEN DER XLVII. BAND. 


MÜNCHEN, 
1878. 


VERLAG DER K. AKADEMIE, 
IN COMMISSION BEI G. FRANZ. 


Inhalt. 


Studien über fossile Spongien. Erste Abtheilung. I. Hexactinellidae. Von Karl 
Alfred Zittel MT: 


Studien über fossile Spongien. Zweite Abtheilung. II. Lithistidae. Mit zehn 
lithographirten Tafeln. Von Karl Alfred Zittel ee 


Die Anwendung der Waage auf Probleme der Gravitation. Von Ph. von Jolly 


Seite 


1 


Studien 


über 


fossile Spongien 


von 


Karl Alfred Zittel, 


ordentl. Mitglied der k. bayer. Akademie der Wissenschaften. 


Abh.d. II. Cl.d.k. Ak. d. Wiss. XIII. Bd. I. Abth. 1 


Studien über fossile Spongien 


von 


Karl Alfred Zittel, 
ordentl. Mitglied der k. bayrerischen Akademie der Wissenschaften. 


I. Hexactinellidae. 


Systematische Stellung der Hexactinelliden. 


Unter den zahlreichen Entdeckungen O. Schmidts im Gebiete der 
Spongiologie hat in paläontologischer Hinsicht keine eine Bedeutung von 
so grosser Tragweite erlangt, wie die Aufstellung und Begrenzung der 
Ordnungen der Hexactinelliden und Lithistiden. !) Es war zwar schon früher 
von Wyville Thomson ?) auf die verwandtschaftlichen Beziehungen der 
Ventriculiten aus der englischen Kreide mit gewissen lebenden Kiesel- 
spongien hingewiesen: worden, aber erst nachdem OÖ. Schmidt gezeigt 
hatte, dass die sogenannten Glasschwämme (Vitrea) W. Thomson’s zwei 
fundamental verschiedene Typen, die Hexactinelliden und Lithistiden ent- 
halten, von denen jeder zahlreiche fossile Vorläufer besitzt, war für 
die Palaeontologie eine Grundlage geschaffen, auf welcher man fortbauen 
konnte. 


1) Grundzüge einer Spongienfauna des Atlantischen Gebietes. Leipzig 1870. 
2) The depth 5 of the Sea. Royal Dublin Society. April 1869 und 1873. $. 483. 
1* 


Wie ich in einer früheren Abhandlung ?) bereits nachgewiesen habe, 
wurde die Anregung der genannten Forscher von den Paläontologen 
wenig beachtet, man hielt nach wie vor an den verfehlten Systemen von 
d’Orbigny und Fromentelfest und obwohl schon früher durch Etallon, # 
F. A. Roemer) und neuestens durch Pomel®) schüchterne Versuche 
gemacht worden waren, den Strukturverhältnissen auch bei den fossilen 
Spongien einige Rechnung zu tragen, so blieben dieselben wegen der 
bisher fast ausschliesslich angewendeten makroscopischen Untersuchungs- 
Methode beinahe resultatlos. 

Mittlerweile ist die Kenntniss der lebenden Hexactinelliden und 
Lithistiden durch Carter, ”) W. Marshall,®) Saville Kent,®) Bo- 
werbank, !%) Wyville Thomson, '!) Wright !?) u. A. so wesentlich 
gefördert worden, dass diese verhältnissmässig spät entdeckten Ordnungen 
der Spongien jetzt zu den am sorgfältigst studirten gehören. 

Ueber die Abgrenzung der Hexactinelliden und Lithistiden, welche 
noch von Gray als Coralliospongia, von W. Thomson als Vitrea und 
von Bowerbank als Siliceo-fibrous Sponges vereinigt worden waren, be- 
steht jetzt zwischen den meisten Kennern der lebenden Spongien keine 
nennenswerthe Differenz mehr. Die Unterscheidung beider Ordnungen ist 
in der That ungemein scharf und auch für die fossilen Formen mit 
gleicher Sicherheit durchführbar. 

Bei den Hexactinelliden besteht nämlich das Kieselskelet aus Ele- 
menten, denen fast ausnahmslos drei rechtwinklich sich kreuzende Axen 
zu Grunde liegen, während bei den Lithistiden die Axen meist unter 


3) Ueber Coeloptychium. Abh. der k. bayr. Ak. II. Cl. Bd. XII. Abth. III. 1876, 

4) Actes de la societe jurassienne d’emulation pendant 1858. Porrentruy 1860. 8. 129. 

5) Die Spongitarien des Norddeutschen Kreidegebirges. Palaeontographica XIII. 1864. 

6) Paleontologie de la Province d’Oran. 5. fase. Spongiaires. 1872. 

7) Annals and Magazine nat. hist. 4. Ser. vol. XII. 1873. S. 349 u. 437. 

8) Zeitschrift für wissenschaftliche Zoologie Bd. XXV. Supplem. u. Bd. XXVII. S. 118. 

9) Monthly mieroscop. Journ. 1870. vol. IV. S, 241. 

10) Monograph of the siliceo-fibrous Sponges. Proceed. zool. soc. Lond. part. I. 1869 S. 66 II. 
ibid. S. 323. III. 1875. S. 272. IV. ibid. S. 503 V. ibid. S. 558 VI. 1876. S. 535. - 

11) Annals and Mag. nat. hist. 4 Ser. vol. I. 1868. S. 119; The Depth of the Sea. 1873 u. Philos. 
transactions 1869. (on Holtenia) S. 701. 

12) Quart. journ. mieroscop. Soc. vol. X. 1870. 8. 4. 


5 


einem Winkel von 120° 13) zusammenstossen und auf diese Weise der Haupt- 
sache nach vierstrahlige Körper bilden, die in eigenthümlicher Weise 
mit einander verbunden sind, wie dies in einer späteren Abhandlung ge- 
zeigt werden soll. 

Neben den drei- und vieraxigen Grundformen kommen sowohl bei 
Hexactinelliden als auch bei Lithistiden einaxige Nadeln in reichlicher 
Menge und mehr vereinzelt auch vielaxige Kieselkörper vor. 1%) 

OÖ. Schmidt, Carter und Marshall finden zwischen den Hexac- 
tinelliden und den übrigen jetzt lebenden Spongien keine engeren Be- 
ziehungen. Die Ordnung steht vollständig isolirt und lässt nach keiner 
Richtung Uebergänge zu anderen Familien erkennen. Wenn Saville 
Kent anfänglich in der Gattung Dorvillia ??) ein Bindeglied zwischen 
Hexactinelliden und Thetyiden gefunden zu haben glaubte, so stellte sich 
später heraus, '6) dass die von Kent beobachteten sechsstrahligen Nadeln 
zufällig in den Schwammkörper gelangt waren und dass somit die Gat- 
tung Dorvillia als Synonym von Tethya aus der Literatur zu ver- 
schwinden habe. 

Nicht weniger scharf als die lebenden, sind die fossilen Hexacti- 
nelliden von allen anderen Spongien, namentlich auch von den Lithistiden 
geschieden. Es widerspricht dieser Satz den in meiner Monographie von 
Coeloptychium ausgesprochenen Anschauungen, !?) welche ich auf das 
Vorkommen der freien Kieselgebilde in den Coeloptychien-Skeleten be- 
gründet hatte. Ich glaubte damals aus dem Vorkommen und dem Er- 
haltungszustand dieser vielgestaltigen Körper den Schluss folgern zu 
dürfen, dass der Gattung Coeloptychium Kieselnadeln von einaxigem, 3-, 
4-, 5- und vielaxigem Typus zugehören, allein meine fortgesetzten Studien 
über fossile Spongien belehrten mich, dass die freien Kieselgebilde 
nur in seltenen Fällen noch so innig mit dem zusammenhängenden 
Skelet verbunden sind, dass sie systematissh verwerthet werden können. 
Häufig findet man an gewissen Localitäten ganz verschiedene Spongien- 


13) Nicht 130°, wie in meiner Monographie über Coeloptychium S. 45 in Folge eines Druckfehlers 
angegeben wird. 

14) Letztere sind mit voller Sicherheit nur bei Lithistiden nachgewiesen. 

15) Monthly mieroscop. journ. 1870. S. 295. 

16) Annals and Mag. nat. hist. 1871. 4 ser. vol. VII. S. 37 u. vol. X. S. 209. 

17) 1. ce. S 34. 49. 53. 


6 


körper mit den gleichen Nadeln erfüllt und eime Prüfung des umschlies- 
senden Gesteins zeigt auch fast immer eine Ueberfülle an entsprechenden 
Gebilden. Die Spongiennadeln spielen in petrogenetischer Hinsicht über- 
haupt eine viel grössere Rolle, als bisher angenommen wurde. !°) 

Was nun die in meiner Monographie von Öoeloptychium abgebildeten 
freien Kieselgebilde betrifft, so glaube ich jetzt die auf Taf. VII darge- 
stellten Formen und namentlich die unregelmässig gestalteten mit den 
kurzen Axencanälen zum grössten Theil auf bestimmte Lithistiden- 
Gattungen zurückführen zu können. Zur gleichen Ordnung dürfte wohl 
auch die Mehrzahl der auf Taf. VI abgebildeten Anker, Vier- und Acht- 
strahler gehören. 

Im Allgemeinen möchte ich mich nunmehr den Anschauungen Carter’s 
anschliessen und den freien Kieselgebilden, welche sich wahrscheinlich 
als zufällige Einschwemmungen in den Coeloptychien-Gerüsten finden, 
einen verschiedenartigen Ursprung zuschreiben. 

Damit wird selbstversändlich auch meinen aufdie Beschaffenheit der freien 
Kieselnadeln basirten systematischen Folgerungen !”) die Grundlage entzogen. 

OÖ. Schmidt ?”) leitet in einer phylogenetischen Tafel die lebenden 
Hexactinelliden von den fossilen „Ventriculitidae“ ab. Wenn mit der 
letzteren Bezeichnung lediglich eine Altersverschiedenheit ausgedrückt 
werden soll, so lässt sich dagegen Nichts einwenden. Als systematischer 
Begriff jedoch müssen die Ventrieulitidae, wenigstens in dem von ©. Schmidt 
angewendeten Sinne verschwinden, da sie sich in jeder Hinsicht den ächten 
Hexactinelliden anschliessen. : 

Ebenso wenig dürfen die sogenannten „Vermiculatae“, welche O.Schmidt 
als Vorläufer der Lithistiden ansieht, von diesen geschieden werden. 
Die Bezeichnung Vermiculatae wäre indess auch aus dem weiteren Grunde 
zu beseitigen, weil sich unter den fossilen Spongien „mit wurmförmigem 
(rewebe“ sowohl ächte Lithistiden, als Kalkschwämme mit anastomosirenden 
Fasern befinden. 

Ob die Lithistiden als ein Seitenzweig aus den Hexactinelliden her- 
vorgegangen sind, wie W. Marshall?!) auf speculativem Wege wahr- 


18) Vgl. auch Rutot Ann. de la soc. malacologique de Belgique IX. 1874. 
19) 1. ec. S. 53. 

20) 12.083: 

21) Ideen über d. Verwandtschaftsverh. der Hexactinelliden. Zeitschr. f. wiss. Zool. XXVII. S. 134. 


scheinlich zu machen sucht, muss vorläufig dahin gestellt bleiben. Vom 
paläontologischen Standpunkt lässt sich kaum etwas für diese Hypothese 
geltend machen; denn wenn über die Verbreitung der fossilen Lithistiden 
auch wenig: Verlässliches veröffentlicht ist, so haben sich dieselben doch 
keinenfalls erst in der Kreide, wie Marshall annimmt, entwickelt. Ich 
kenne aus dem Jura zahlreiche typische Lithistiden, ja es treten dieselben 
schon in der Silurzeit (Aulocopium) als ein selbstständiger Stamm neben 
den Hexactinelliden auf. 

Bis jetzt scheinen somit die Untersuchungen über lebende und fossile 
Hexactinelliden für diese Ordnung eine allseitige scharfe Begrenzung zu 
ergeben. 


Erhaltungszustand der fossilen Hexactinelliden. 


Bei der überraschenden morphologischen Uebereinstimmung vieler 
fossilen und recenten Formen muss es einigermassen befremdlich erscheinen, 
dass die engen verwandtschaftlichen Beziehungen von den Paläontologen 
bisher gänzlich verkannt wurden. 

Die Hauptursache dieser Erscheinung beruht in der bisherigen 
mangelhaften, rein makroscopischen Untersuchungs-Methode der Paläon- 
tologen. Es darf jedoch andererseits auch nicht verschwiegen bleiben, 
dass abgesehen von Farrea bis in die neueste Zeit nur solche Formen 
von lebenden Hexactinelliden (Hyalonema, Euplectella) bekannt waren, 
welche als die differenzirtesten Ausläufer der ganzen Gruppe mit den 
fossilen Vertretern die geringste Uebereinstimmung zeigen. Dazu kommt 
nun noch der höchst eigenthümliche Erhaltungszustand sehr vieler fossiler 
Hexactinelliden, welcher fast mit Nothwendigkeit irrige Anschauungen 
über die chemische Zusammensetzung dieser Schwammkörper hervor- 
rufen musste. 

Ein Blick in die paläontologische Literatur zeigt uns denn auch bis 
in die neueste Zeit die abweichendsten Ansichten über die ursprüngliche 
Beschaffenheit der hier näher zu betrachtenden fossilen Spongien. 

Von den älteren Autoren (Guettard, Parkinson, Münster, Gold- 
fuss u. A.) wurden die versteinerten Seeschwämme entweder für Umwandlungs- 
gebilde horniger Skelete oder für ursprüngliche Kalkskelete erklärt. Toul- 
min Smith bezeichnet den ursprünglichen Zustand der Ventriculiten als 


8 


„membranaceous“. D’Orbieny, Etallon, Quenstedt, Pictet und 
Fromentel halten fast alle fossilen Formen für Kalkschwämme (Petro- 
spongia). Unter den Autoren, welche in neuerer Zeit auf spongiologischem 
Gebiete thätig waren, schliessen sich Pagenstecher, Capellini, Rosen, 
Sinzow, Harvey Holl, Kayser u.A. der Meinung an, dass die fossilen 
Skelete kalkige oder kieselige Pseudomorphosen eines ursprünglich aus 
Hornfasern bestehenden Körpers seien. Nur F. A. Römer und A. Pomel 
schreiben wenigstens einer Anzahl von fossilen Formen ein kieseliges 
Skelet zu. 

Diese Unsicherheit über die ursprüngliche chemische Beschaffenheit 
erregt Befremden, namentlich da es sich um eime so widerstandsfähige 
Substanz, wie Kieselerde handelt. Dass gewisse Spongien aus der weissen 
Kreide von England und Norddeutschland (z. B. aus den Quadraten- 
Mergeln von Ahlten, Coesfeld), und namentlich aus dem Malm des fränkisch- 
schwäbischen Jura durch Behandlung mit verdünnter Salzsäure so voll- 
ständig vom Nebengestein befreit werden können, dass die Skelete ganz 
rein, wie frisch aus dem Meere entnommen erscheinen, war wenigstens 
für die jurassischen Formen schon seit längerer Zeit bekannt. Nichts 
desto weniger wurden diese schönen Skelete in der Regel als Umwand- 
lungsprodukte von Horn- oder Kalkschwämmen betrachtet. Der Grund 
zu dieser Annahme lag darin, dass in den Schichten, welche solche 
Spongien enthalten, meist zahlreiche andere Versteinerungen mit ursprüng- 
lich kalkigen Schalen (Mollusken und Echinodermen) verkieselt vor- 
kommen. Ueberdies zeigte sich, dass in manchen Fällen die Hälfte oder 
ein kleiner Theil eines Schwammkörpers durch Behandlung mit verdünnter 
Säure vortrefflich präparirt wurde, während sich die ganze übrige, schein- 
bar gleichartig beschaffene Masse vollständig auflöste. Durch Herstellung 
von Dünnschliffen liess sich ermitteln, dass derartige vollständig lösliche 
Spongien in der That ein aus Kalkspath bestehendes Skelet besitzen. 

Im schwäbisch fränkischen und im schweizerischen Jura sind Spongien, 
welche morphologisch mit den lebenden Hexactinelliden vollkommen 
übereinstimmen, häufiger mit Kalk- als mit Kieselskeleten versehen. An 
anderen Localitäten dagegen, z. B. bei Natthein, Oerlingen, Muggendorf, 
Engelhardsberg u. s. w. erscheinen die Spongien, wie fast alle anderen 


o) 


Versteinerungen in roh verkieseltem Zustand, der jedoch augenscheinlich 
unter Einfluss des Fossilisationsprocesses hervorgerufen wurde. 

In den oberen Kreideablagerungen von Ahlten, Linden und Lem- 
förde in Hannover, Coesfeld in Westfalen sind die hexactinelliden Spon- 
gien gleichfalls fast ohne Ausnahme kieselig. Aber während die Skelete 
aus Nattheim und den zuletzt genannten jurassischen Fundorten eine 
halbkrystallinische, rauhe Beschaffenheit angenommen haben und bei 
mikroscopischer Betrachtung die feineren Strukturverhältnisse (wie Axen- 
canäle, Verzierung der Fasern) nicht mehr erkennen lassen, verhalten 
sich die cretacischen Formen unter dem Mikroscop ganz ähnlich, wie 
macerirte Skelete von lebenden Hexactinelliden. 

Eine entsprechende Beschaffenheit besitzen auch die kieseligen Theile 
solcher Spongien, bei denen ein Theil des Skeletes aus Kalkspath besteht 
oder welche aus Schichten stammen, in denen kalkige und kieselige Skelete 
neben einander vorkommen. Hieher gehören insbesondere die Formen 
aus den eigentlichen Spongitenkalken des weissen Jura y und d‘ in 
Schwaben und Franken. Bei derartigen Vorkommnissen lässt sich zum 
Voraus kaum bestimmen, ob das Skelet bei Behandlung mit Säure völlig 
zerstört oder vorzüglich macerirt wird. Die hier gewonnenen, zuweilen 
prachtvollen, zuweilen ganz fragmentarischen Kieselskelete stehen, was 
Erhaltung der feinsten Verzierungen und Deutlichkeit der Axencanäle 
betrifft, nur wenig hinter den lebenden Hexactinelliden zurück. In optischer 
Hinsicht jedoch zeigen sie ein eigenthümliches Verhalten. 

Legt man nämlich kleine durch Aetzen gewonnene Fragmente oder 
Dünnschliffe in Canadabalsam oder in irgend ein anderes Harz mit ähnlichem 
Brechungscoefficient, so erhält man bei Prüfung unter dem Mikroscop ein sehr 
undeutliches Bild. Die Umrisse sind nicht scharf abgegrenzt und alle feineren 
Verzierungen kommen kaum zum Vorschein. Das Objekt hebt sich wenig 
von der einschliessenden Substanz ab und zeigt offenbar ganz ähnliche 
Lichtbrechungsverhältnisse, wie Canadabalsam. Behandelt man dagegen 
das gleiche Objekt mit Glycerin oder Wasser, so lässt das Bild an Klar- 
heit und Schärfe nichts zu wünschen übrig. Es müssen darum sämmt- 
liche Präparate, welche von derartigen Spongien herrühren in Glycerin 
eingeschlossen werden. Das gleiche Verhalten zeigen auch viele cretacische 
Spongien aus dem norddeutschen und böhmischen Pläner, bei denen 
Abh d.II.Cl.d.k. Akad.d. Wiss. XIII. Bd.I. Abth. 2 


10 


ebenfalls nur einzelne Theile des Skeletes noch aus Kieselerde bestehen 
und beim Aetzen mit Salzsäure zurückbleiben. 

Für lebende Kieselspongien, sowie für fossile Skelete von den oben 
genannten Localitäten der Kreideformation, wo die hexactinelliden 
Schwämme stets kieselige Beschaffenheit zeigen, ist Canada-Balsam das beste 
Medium zur Herstellung von Präparaten. Bringt man dagegen lebende oder 
cretacische Spongien, die in Canadabalsam vorzüglich klare Bilder liefern, 
in Glycerin, so zeigt sich eine ähnliche Erscheinung, wie wenn man 
Juraspongien mit Canadabalsam behandelt. Das Bild verliert alle Schärfe 
und Klarheit, ja es wird unter Umständen so verwischt, dass es bei 
einigermassen heller Beleuchtung kaum noch zu sehen ist. 

Mit diesen auffallenden Erscheinungen correspondirt auch ein ab- 
weichendes Verhalten unter polarisirtem Licht. Sämmtliche recente 
Kieselspongien, von welcher Form auch die Skelettheile sein mögen, 
bestehen aus einfach brechender amorpher Kieselerde. Ebenso verhalten 
sich viele cretacische Formen, welche in Canadabalsam eingeschlossen 
werden müssen. Bringt man jedoch ein in Glycerin oder Wasser be- 
handeltes Präparat von den oben beschriebenen jurassischen Formen unter 
den Polarisationsapparat, so erhält man bei Drehung des Nicol’schen Prisma 
die lebhaftesten Farbenerscheinungen. Die Gerüstfragmente oder Nadeln 
zeigen das für Quarz so charakteristische fleckige buntfarbige Irisiren 
und zwar manchmal ebenso stark wie kleine Quarzkörnchen, welche 
zufällig mit in das Präparat gelangt sind. Ein ähnliches optisches Ver- 
halten kenne ich an organisirter Kieselerde sonst nicht. Man beobachtet 
zwar an Diatomeen oder Radiolarien zuweilen schwache Farben bei 
Drehung des Prisma, niemals aber eine so intensive Erscheinung, wie 
bei den beschriebenen jurassischen oder cretacischen Spongien. Zwischen 
dieser entschieden doppelt brechenden und der unverändert amorphen 
Kieselerde gibt es nun vielfache Uebergangsstadien. Die Kieselschwämme 
aus der Quadratenkreide von Linden bei Hannover z. B. sind sowohl in 
Canadabalsam, als auch in Glycerin sichtbar und bei diesen erhält man 
auch im Polarisations-Mikroscop bei einer gewissen Stellung des Prisma 
schwache Farbenerscheinungen. 

Dieses sonderbare optische Verhalten weist mit Bestimmtheit darauf 
hin, dass in den älteren Kieselspongien eine physikalische Veränderung 


11 


eingetreten ist, wodurch die ursprünglich einfach brechende Kieselerde 
in doppelt brechende übergeführt wurde Ob diese Erscheinung durch 
starke Zerklüftung und zahlreiche feine Risse oder durch eine Umlagerung 
der Moleküle hervorgerufen wurde, ähnlich wie dies bei der langsamen 
Umwandlung von amorphem Zucker in krystallinischen stattfindet, oder 
ob hier chemische Einflüsse mitgewirkt haben, vermag ich vorläufig nicht 
zu entscheiden. ??) Jedenfalls beweisen aber die optischen Eigenschaften 
der erwähnten fossilen Kieselspongien, dass eine gewisse Veränderung in 
der Substanz der Skelete eingetreten ist. Diese Thatsache wird noch 
bestätigt durch ihre sonstige Beschaffenheit. 

Bei auffallendem Licht betrachtet, erscheinen dieselben nicht lebhaft 
elasglänzend und durchsichtig wie lebende Kieselspongien, sondern matt, 
weiss und undurchsichtig. Von den feinen concentrischen Schichten, aus 
welchen die Kieselgebilde der Spongien aufgebaut sind, ist selbst bei den 
stärksten Vergrösserungen nie etwas wahrzunehmen, auch ist die ganze 
Oberfläche durch zahllose kleine Vertiefungen und Erhöhung mehr 
oder weniger corrodirt. Durch Canadabalsam oder Glycerin können die 
ursprünglich trüben Fragmente allerdings vollständig oder doch mehr 
oder weniger durchsichtig gemacht werden, ohne jedoch die wasserklare 
Beschaffenheit der recenten Glasschwämme zu erhalten. 

Da diese Erscheinungen am auffallendsten an solchen Localitäten 
beobachtet werden, wo gleichzeitig fossile Hexactinelliden oder Lithistiden 
mit verkalkten Skeleten vorkommen, so drängt sich der Gedanke 
an eine physikalische Veränderung unwiderstehlich auf. Zum gleichen 
Schlusse führt auch das Verhalten gegen ätzende Alkalien. Während 
sich nämlich amorphe Kieselerde in Kali- und Natronlauge ziemlich leicht 
auflöst, werden die jurassischen Hexactinelliden mit doppelter Lichtbrechung 
auch bei starkem Kochen wenig angegriffen und lössen sich erst nach 
langer Digestion unter Hinterlassung eines sehr geringen Rückstandes auf. 
Etwas leichter löslich sind die wenig veränderten cretacischen Kiesel- 
skelete mit einfacher Lichtbrechung. 


22) Aehnliche optische Erscheinungen beim Feuerstein, welcher doch gewiss wie der einfach 
brechende Menilith ursprünglich aus amorpher Kieselerde entstanden ist, lassen auch für die 
massenhaften Kieselausscheidungen in der Kreide eine derartige Umwandlung vermuthen. 


9* 


Von beachtenswerther Seite wurde in mündlicher Erörderung die 
Vermuthung geäussert, es habe unter den fossilen Spongien Formen 
gegeben, welche zwar morphologisch vollständig mit gewissen lebenden 
Hexactinelliden oder Lithistiden übereinstimmten, bei denen jedoch das 
Skelet ursprünglich nicht aus Kieselerde, sordern aus kohlensaurem 
Kalk zusammengesetzt gewesen sei. 

Eine mikroscopische Prüfung der verkalkten Hexactinelliden wider- 
legt diese Annahme sofort. Wenn man z. B. an einem Schwammkörper 
aus dem weissen Jura von Streitberg, der zur Hälfte verkalkt, zur Hälfte 
kieselig ist, einen Dünnschliff des verkalkten Theils untersucht, so zeigt 
sich, dass die rechtwinklich sich kreuzenden Trabekeln, welche cubische 
Maschen bilden aus krystallisirtem Kalkspath bestehen. In der allge- 
meinen Form sind die kalkigen Skelettheile von den kieseligen nicht zu 
unterscheiden, aber während bei den letzteren im Innern der Trabekeln 
die Axencanäle aufs Deutlichste erhalten sind, erweisen sich die kalkigen 
Theile als vollständig dieht. Der Kalkspath bildet eine gleichmässige, 
undifferenzirte Masse. Der Mangel an Axencanälen in den kalkigen und 
deren Vorhandensein in den kieseligen Theilen ein und desselben Schwamm- 
körpers scheint mir den unwiderleglichen Beweis zu liefern, dass Kiesel- 
erde die ursprüngliche Substanz des Skeletes bildete und dass die aus 
Kalkspath bestehenden Hexactinelliden und Lithistiden nur in Folge des 
Fossilisations-Processes ihre chemische Beschaffenheit geändert haben. 
An die Stelle der ursprünglich vorhandenen amorphen Kieselerde ist 
demnach Kalkspath getreten. 

Diese etwas ungewöhnliche Pseudomorphose verlangt, dass vor dem 
Eindringen des kohlensauren Kalkes das Kieselskelet aufgelöst und weg- 
geführt wurde. Bei der verhältnissmässig leichten Löslichkeit von amorpher 
Kieselerde in einem mit alkalischen Substanzen imprägnirten Wasser bietet 
dieser Process nichts Auffallendes, namentlich wenn man bedenkt, welche 
ausgedehnte Oberfläche die mit Axencanälen versehenen und aus concen- 
trischen Lagen bestehenden Kieseltheile dem Lösungsmittel darboten. 

Das Vorkommen von Hexactinelliden und Lithistiden, bei denen 
entweder ein Theil oder auch das ganze Kieselgerüst beseitigt ist und 
bei denen die Stelle der Kieselfasern durch hohle Röhrchen, welche 
in der eingedrungenen Gesteinsmasse ein Maschennetz bilden, eingenommen 


13 


wird, gehört in der That zu den ganz gewöhnlichen Erscheinungen. 
Solche Beispiele hat bereits Toulmin Smith aus der weissen Kreide 
von England beschrieben, noch häufiger zeigt sich dieser Erhaltungs- 
zustand bei den Spongien aus der eisenschüssigen und sandigen oberen 
Kreide von Saratow in Russland. Durch Behandlung in verdünnter Säure 
werden bei solchen Schwammkörpern einzelne und zwar meist nur kleine 
Parthien des Skeletes prächtig macerirt, während sich weitaus der 
grössere Theil des Fossils vollständig auflött. Eine Prüfung mit der 
Loupe zeigt dann auch sofort, dass an den löslichen Stellen das Kiesel- 
gerüst durch feine Hohlräume ersetzt ist, die ein treues Bild des ursprüng- 
lichen Skeletes liefern. ?°) 

Nicht selten zeigen sich die durch Beseitigung der Kieselfasern 
entstandenen Hohlräume ganz oder theilweise mit rostfarbigem Eisen- 
oxydhydrat ausgefüllt. Dieser Erhaltungszustand ist besonders häufigim nord- 
deutschen und böhmischen Pläner, seltener bei Spongien aus der weissen 
Kreide, aus dem Sandstein von Saratow und aus dem oberen Jura. 

Die Ausfüllung der Hohlräume durch krystallisirten Kalkspath kommt 
hauptsächlich in den Schwammkalken des oberen Jura in der Schweiz, 
Würtemberg, Bayern und Polen vor. Hier gibt es Lokalitäten, wo 
sämmtliche Kieselgerüste vollständig in Kalkspath umgewandelt sind 
(Würgau, Boll, Oberbuchsiten), während an anderen (z. B. Schauer- 
graben bei Streitberg, Wodna bei Krakau) die ursprüngliche Kieselsubstanz 
erhalten blieb, jedoch die früher erwähnte optische Beschaffenheit annahm. 

Hält man obige Erklärungsweise der verschiedenen Erhaltungs- 
zustände für richtig und bei der morphologischen Identität der fossilen 
und lebenden Hexactinelliden sind andere Hypothesen, welche den 
betreffenden Spongien ein ursprünglich horniges oder kalkiges Skelet 
zuschreiben, geradezu unannehmbar, so entsteht die Frage, wo die aufge- 
löste Kieselerde der Spongiengerüste hingekommen sei. 

In der weissen Kreide macht diese Frage keine besondere Schwierig- 
keiten. Es wird ja das massenhafte Vorkommen von Feuersteinknollen 
ziemlich allgemein durch eine Concentration der Kieselerde erklärt, 


23) Vgl. darüber Rosen. Ueber die Natur der Stromatoporen. Dorpat. 1867. S.16 u. f. Dass die 
von Rosen versuchte Erklärung dieser Erhaltungszustände irrig ist, dürfte sich aus obigen 
Auseinandersetzungen ergeben. 


14 


welche durch Auslaugung kieseliger Organismen und insbesondere von 
Spongien gewonnen wurde. Auch in den Spongitarienkalken des weissen Jura 
fehlen solche Kieselausscheidungen nicht vollständig, wenn sie auch weniger 
reichlich vorhanden sind, als in der weissen Kreide. In gewissen Regionen 
freilich (Spongienschichten von Boll, Streitberg etc.) sucht man vergeblich 
nach Feuersteinknollen und dennoch finden sich an solchen Localitäten 
neben wenig veränderten Kieselskeleten auch zahlreiche in Kalkspath 
umgewandelte Exemplare. In solchen Fällen wurde die ausgelaugte 
Kieselerde häufig zur Verkieselung anderer Versteinerungen verwendet, 
denn gerade in unmittelbarster Nähe von Spongien zeigen sich die meisten 
Mollusken und Echinodermenschalen in Kieselerde umgewandelt. Aber 
auch in anderer Form scheint die ausgelaugte Kieselerde im Gestein 
vertheilt zu sein. Beim Behandeln von ganz oder theilweise verkalkten 
Juraspongien erhält man nämlich im Aetzrückstand häufig zahllose 
rundliche, mit tiefen Eindrücken versehene rauhe Kieselscheibchen oder 
auch ganz unregelmässig gestaltete wurmförmige Körper. ?*) 

Ausser den bisher beschriebenen Erhaltungszuständen findet man 
zuweilen den ganzen Schwammkörper von Schwefelkies durchdrungen 
und theilweise ın Brauneisensten umgewandelt. Solche Vorkommnisse 
gewähren, wie die roh verkieselten Exemplare nur ein Bild der äusseren 
Form, zur Untersuchung der Strukturverhältnisse sind sie ganz ungeeignet. 


Classifications-Versuche von Sav. Kent, Carter und Marshall. 


Alle bisherigen Versuche, die Verwandtschaftsverhältnisse der Hexacti- 
nelliden in einer systematischen Classification auszudrücken, mussten sich 
wegen der völligen Unkenntniss des feineren Baues der fossilen Formen, 
auf die lebenden Repräsentanten beschränken. Da Bowerbank unter 
den „Fibro-siliceous Sponges“ sowohl die Hexactinelliden als Lithistiden 
begreift und seine in kleinen Abtheilungen erschienene Monographie 
eigentlich nur aus Speciesbeschreibungen besteht, so kann dieselbe hier 
nicht näher in Betracht kommen. 


24) Ein derartiger Körper ist bei Oscar Schmidt (Spong. Atl. Oc. T. II. fig. 19) abgebildet. 


15 


Der erste Versuch zu einem System rührt von Saville Kent?°) her. 
Die Hexactinelliden zerfallen nach diesem Autor in zwei Unterordnungen: 


Coralliospongia. Gray. 
Schwammkörper mit einem aus verflochtenen oder tsolirten Nadeln bestehenden, 
niemals netzförmigen und zusammenhängenden Skelet. Gemmulä ohne Nadeln. 


Calicispongia.. S. Kent. | 

Schwammkörper mit anastomosirenden oder zusammenhängendem netzförmigen 

Skelet. Reproductiv Gemmulä häutig, ohne Nadeln. 

W. Marshall‘) hat bereits den Bedenken, welche gegen eine 
systematische Verwerthung der noch so wenig bekannten Gemmulä 
bestehen, Ausdruck verliehen. Für fossile Formen ist dieses Merkmal 
natürlich unbrauchbar. Aber auch die Gruppirung der Gattungen 
erscheint nicht naturgemäss. In der ersten Unterordnung stehen z. B. 
Euplectella und Habrodietyon neben Farrea und Aphrocallistes, während 
die beiden ersteren doch offenbar viel nähere Beziehungen zu Hyalonema, 
Askonema, Holtenia etc. aufweisen. Dass die Lithistiden-Gattung Mac 
Andrewia Gray noch bei den Coralliospongien Platz findet, dürfte auf 
einem Versehen beruhen. 

Eine vollständige Uebersicht aller bis zum Jahr 1873 bekannten 
lebenden Hexactinelliden nebst einer systematischen Anordnung veröffent- 
lichte Carter in zwei vortrefflichen Abhandlungen über Hexactinelliden 
und Lithistiden. ?) Der ausgezeichnete Spongienkenner hebt zunächst 
den Unterschied zwischen den „Skeletnadeln“, welche das eigentliche 
Kieselskelet bilden und meist eine ziemlich gleichförmige Beschaffenheit 
besitzen und den sogn. „Fleischnadeln“ hervor, welche stets frei in 
der Sarkode eingebettet sind und sich meist durch ihre winzige Grösse 
und ausserordentliche Mannichfaltigkeit der Form auszeichnen. 

Carter zerlegt die Hexactinelliden in folgende drei Gruppen: 28) 

1. Vitreohexactinellida. Nadeln durch verkieselte Fasern verbunden. 
Dactylocalyx, Myliusia, Euplectella, Aspergillum, 
Aphrocallistes, Aulodictyon, Farrea, Sympasgella. 

25) Montlhly microscop Journ. vol. IV. S. 242. 
26) ]. c. XXV. S. 146 


27) Ann. Mag. nat. hist. 1873. 4 ser. Vol. XII. S. 348 u. 437. 
28) Ann. Mag. nat. hist. 1873. S. 357 u. 1875. S. 199: 


16 


2. Sarcohexactinellida.. Nadeln durch amorphe Sarkode verbunden. 
Askonema, Crateromorpha, Rosella, Habrodictyon, 
Hyalonema, Pheronema, Meyerina. 

3. Sarco-vitreohexactinellida. Nadeln theils durch Kieselfasern, theils durch 

amorphe Sarkode verbunden. 
Euplectella cucumer. 

Die zwei ersten Familien zerfallen in mehrere Unterabtheilungen, 
für welche theils die äussere Form des Schwammkörpers, theils die 
Beschaffenheit der „Fleischnadeln“ namentlich der sogen. „Rosetten“ mass- 
sebend sind. 

Wie man sieht, legen Kent und Carter bei Abgrenzung ihrer 
Hauptgruppen in erster Linie darauf Gewicht, ob das Skelet nur aus 
isolirten Nadeln besteht oder ob die einzelnen Theile mit einander ver- 
schmolzen sind und ein zusammenhängendes Gerüste bilden. So viele 
Vorzüge nun auch die Carter’sche Eintheilung gegenüber der von 
Sav. Kent besitzt, befriedigen kann sie nicht, wenn Formen von so 
offenbarer Verwandtschaft wie Euplectella Aspergillum, Habrodictyon und 
Euplectella cucumer in drei verschiedene Familien gebracht werden. 
Eine weitere Schwäche des Carter’schen Systems scheint mir darin zu 
bestehen, dass der Beschaffenheit der Fleischnadeln ein zu hohes, jener 
des eigentlichen Skeletes ein zu geringes Gewicht beigelegt wird. 

Die erste Abhandlung W. Marshall’ ?°) zerfällt in einen allge- 
meinen und einen speciellen Theil. Im ersteren gibt Marshall zunächst 
eine kritische Uebersicht der bisherigen Arbeiten über die Hexactinelliden, 
ferner eine Darstellung ihrer äusseren Gestalt und Verbreitung und lässt 
darauf eine sehr sorgfältige Beschreibung der Sarkode und des Skeletes 
dieser Spongien folgen. Der vom Kieselskelet handelnde Abschnitt 
bietet besonderes Interesse dar. Marshall weist darin nach, dass 
sämmtliche Hexactinelliden aus Nadeln bestehen, die in ihrer Gestalt 
dem Achsensystem eines Octaöders folgen. Aus der Spaltung oder Ver- 
kümmerung einzelner Strahlen oder ganzer Axen lassen sich die mannich- 
faltigen complicirten oder reducirten Kieselgebilde bleiten. 


29) Untersuchungen über Hexactinelliden. 1. e. Bd. XXV. 


17 


Bei den einfachsten Formen, den Stabnadeln, zeigt sich sehr häufig 
noch in den Axencanälen die kreuzförmige Anordnung der drei recht- 
winklichen Axen. Diese Axencanäle sind darum auch von besonderer 
Wichtigkeit bei den Hexactinelliden.. Marshall beschreibt ausführlich 
die Verhältnisse, welche die Axencanäle und deren Cylinder, sofern solche 
vorhanden sind, bei den verschiedenen Formen aufweisen. Im Allgemeinen 
sind die Axencanäle bei den Hexactinelliden mit zusammenhängenden 
Kieselgerüsten bedeutend weiter, als bei denen mit isolirten Nadeln. 

Besondere Aufmerksamkeit schenkt Marshall ferner der Verbin- 
dung der Kieseltheile im Schwammkörper. Diese erfolgt nach Mar- 
shall auf dreierlei Weise: 1) die Nadeln sind nur durch Sarcode ver- 
einigt und bleiben isolirt, 2) sie sind verschmolzen oder 3) sie ver- 
wachsen. 

Bei der „Verschmelzung“ sind die Nadeln nur oberflächlich, durch 
geschichtete Kieselsubstanz zusammengekittet, die Axencanäle selbst 
bleiben vollständig isolirt und fliessen niemals ineinander. Bei Euplectella 
Aspergillum findet die Verkittung durch. plattenförmige „Neubildung“ 
von Kieselerde statt, welche brückenartige Verbindungen zwischen zwei 
benachbarten Nadeln herstellt. Bei Farrea, Aphrocallistes und Eurete 
werden in der Regel zwei nebeneinander liegende Axencanäle von einem 
gemeinsamen Kieseleylinder umschlossen. Auf. dieses Verhalten hatte 
bereits Carter (im Gegensatz zu Bowerbank) aufmerksam gemacht, aber 
während der englische Spongiologe das Vorkommen zusammenhängender 
Axencanäle von benachbarten Nadeln bei den Hexactinelliden läugnet, 
glaubt W. Marshall bei einer einzigen Form (Sclerothamnus) ein zusammen- 
hängendes Canalsystem der verwachsenen Sechsstrahler beobachtet zu 
haben. Diese Erscheinung wird als „Verwachsung“ bezeichnet und 
derselben eine besondere phylogenetische Bedeutung zugeschrieben. 

Im speciellen Theil nimmmt die eingehende Darstellung einer neuen 
Euplectella (E. Oweni) mit freien Kieselnadeln hervorragendes Interesse 
in Anspruch, weil Marshall hier in überzeugendster Weise darlegt, dass der 
Verkittung sämmtlicher oder einzelner Nadeln beiE. Aspergillum und Cucumer 
nur eine ganz secundäre Bedeutung zukommt und dass bei den drei Formen 
in allen wesentlichen Merkmalen (in der äusseren Form, in der Gestaltung 
und Anordnung der Skelet- und Fleischnadeln) die grösste Ueberein- 
Abh.d. II.Cl.d.k. Ak.d. Wiss. XIII. Bd. I. Abth. 3 


18 


stimmung herrscht, so dass eine generische Trennung derselben ganz 
undenkbar ist. 

Mit diesem Nachweis wird die Carter’sche Eintheilung der Hexacti- 
nelliden wesentlich erschüttert. Marshall sucht dieselbe denn auch in 
einer zweiten Abhandlung ?°) durch eine neue Classification zu ersetzen. 
In dieser legt er auf die Verwachsung der Axencanäle bei Sclero- 
thamnus grosses Gewicht. Er denkt sich die Hexactinelliden ur- 
sprünglich aus Chalynthus ähnlichen Schwämmen entstanden, bei denen 
sich im Syneytium parallel verlaufende Sarcodezüge bildeten, welche sich 
rechtwinklig kreuzten und auf diese Weise ein Fachwerk mit cubischen 
Maschen erzeugten. Dieses Sarcodegitterwerk wurde darauf durch 
Ablagerung von Kieselerde befestigt und zwar bildeten sich nach Mar- 
hall anfänglich zusammenhängende Gerüste mit durchlaufenden Axen- 
canälen (Sclerothamnus und fossile Hexactinelliden?), die später mehr 
oder weniger vollständig in vereinzelte Sechsstrahler zerfielen. 

Nach dieser Auffassung zerlegt Marshall die Hexactinelliden in 
zwei Gruppen: 

I. Synauloidae. 

Das Lumen der Röhren der verschiedenen Nadeln hängt, wie diese selbst, 
continuirlich mit einander zusammen, so dass das ganze Giltergewebe des 
Schwammes von einem gleichfalls zusammenhängenden Röhrensystem 
durchzogen ist. 

Sclerothamnus. Marsh. 


II. Asynauloidae. 

Das Lumen der Schenkel verschiedener Nadeln hängt nie zusammen; jede 
Nadel ist, was den ÜOentralfaden betrifft, ein selbständig entwickeltes 
Individuum. 

Die Asynauloiden zerfallen wieder in drei Familien: 

a) Monakidae mit einer einzigen Nadelform, dem reinen Sechs- 
strahler.. Eurete. Marsh. 

b) Pleionakidae, Hauptmasse des Skelets aus reinen, voll entwickelten 
Sechsstrahlern bestehend, daneben Besengabeln oder Rosetten oder 


30) Ideen über die Verwandtschaftsverhältnisse der Hexactinelliden. 1. c. Bd. XXVII. 


15) 


beide zusammen. In den Maschen des Skelets herrscht die cubische 
Form vor. 
1. Nadeln unverschmolzen. 
Lanuginella, Askonema. 

2. Nadeln verschmolzen. 

Farrea, Dactylocalyx, Periphragella, Aulodictyon, Fiel- 
dingia, Aphrocallistes. 

c) Pollakide, Hexactinelliden mit zahlreichen Nadelformen, mit beson- 
derem Dermalskelet und Auskleidung der Magenhöhlungen, meist mit 
Wurzelschopf. In den Maschen, besonders des Dermalskelets, herrscht 
die einfach quadratische Form vor. 

Holtenia, Crateromorpha, Rosetta, Sympagella, Phaco- 
dietyon, Euplectella, Habrodictyon, Labaria, Phero- 
nema, Semperella, Hyalonema. 

Niemand wird die Vortheile verkennen können, welche die von 
Marshall vorgeschlagene Gruppirung der Gattungen besitzt. Namentlich 
die Aufstellung der Familie der Pollakiden scheint mir ein überaus glück- 
licher Griff zu sein. Sie umfasst unstreitig die am meisten differenzirten, 
mannichfaltigsten und zierlichsten Hexactinelliden, welche sich von den 
fossilen Vorläufern am weitesten entfernen. Obwohl der Erhaltung dieser 
Formen kein Hinderniss im Wege stünde, so sind bis jetzt in den Erd- 
schichten noch keine Ueberreste davon entdeckt worden. Die ganze Gruppe 
scheint auf die Gegenwart beschränkt zu sein und ihr spätes Auftreten 
würde somit auch für die Hexactinelliden eine fortschreitende Entwick- 
lung vom Unvollkommenen zum Vollkommneren andeuten. 

In anderen Punkten freilich bin ich nicht in der Lage den Anschau- 
ungen Marshall’s zu folgen. Wäre die Annahme richtig, dass dem 
festen Hexactinellidenskelet ein aus weichen Sarcodezügen bestehendes 
Gitterwerk vorausging, so müssten die älteren fossilen Hexactinelliden 
nothwendiger Weise, wie dies Marshall auch voraussetzt, zu den 
Synauloiden gehören. Dies ist indess keineswegs der Fall. Meine Unter- 
suchungen der fossilen Formen haben gezeigt, dass die zusammenhängenden 
Gittergerüste ausnahmslos aus verschmolzenen Sechsstrahlern bestehen, 
deren Axencanäle zwar häufig übereinander liegen und dann anscheinend 
zusammenfliessende Röhren bilden, aber in Wirklichkeit sind sie stets 

3* 


20 


getrennt und meist liegen sie auch wie bei den lebenden Gattungen 
Farrea, Eurete und Aphrocallistes in der Art neben einander, dass die 
zu den verschiedenen Sechsstrahlern gehörigen Axenfäden deutlich geschieden 
erscheinen, Dieses Verhalten der fossilen Formen veranlasste mich zu 
einer abermaligen Prüfung der Gattung Sclerothamnus, von welcher ich 
ein Fragment der Güte des Herrn Dr. Marshall verdanke. Die optischen 
Verhältnisse bei dem mir zur Verfügung stehenden Material sind leider 
sehr ungünstig, indem die Axencanäle nur bei gewisser Beleuchtung und 
auch dann nur sehr undeutlich zum Vorschein kommen. Nach Kochen 
des Skelets in Schwefelsäure oder Salpetersäure treten die äusserst feinen, 
von Axencylindern umgebenen Canäle jedoch etwas deutlicher hervor 
und man kann sich überzeugen, dass auch bei Sclerothamnus das Gitter- 
gerüst durch Verschmelzung einzelner Sechsstrahler zu Stande kam, 
deren Axencanäle sich begegnen und sich häufig so übereinander legen, 
dass sie scheinbar eine einzige Röhre bilden ohne jedoch wirklich in 
einander zu fliessen. 

Damit wird aber die Abtheilung der Synauloiden überflüssig ?') und 
Sclerothamnus tritt in die Gruppe der Pleionakiden ein. 

Es blieben also noch die drei Abtheilungen der Monakiden, Pleiona- 
kiden und Pollakiden, welche auf die grössere oder geringere Differen- 
zirung der Skelettheile basirt sind. 

Ob es unter den lebenden Hexactinelliden überhaupt Monakiden 
gibt, scheint mir noch zweifelhaft. Von der einzigen hieher gerechneten 
Gattung Eurete Semp. ist nur ein „sehr stark gebleichtes und abge- 
spültes“ Exemplar vorhanden. Da nun das zusammenhängende Kieselskelet 
vollständig mit Farrea übereinstimmt und Bowerbank ®?) bei Farrea 
fistulata (welche vielleicht identisch mit Eurete siniplieissima Marsh. ist) 
nachgewiesen hat, dass „Spicula überall in grosser Zahl vorhanden sind, 
wo das Skelet mit dunkelbrauner Sarkode überzogen ist, dass aber nicht 
eine einzige Nadel zu sehen ist, wenn die Sarkode fehlt“, so halte 
ich die Gruppe der Monakiden in der Marshall’schen Auffassung für 
bedenklich. 


31) Herr Dr. Marshall hat sich, wie er mir brieflich mittheilt, gleichfalls von dieser Thatsache 
überzeugt und wird die Synauloiden in einer demnächst zu veröffentlichtenden Abhandlung 
zurückziehen. 

32) l. ce part. III. S. 276. 


21 


Für den Palaeontologen ist überhaupt jede auf die freien Nadeln 
basirte Classification unbrauchbar, da sich nur in sehr seltenen Fällen 
die Zusammengehörigkeit von Hexactinelliden-Skeleten mit den benach- 
barten „Fleischnadeln“ beweisen lässt. Ueberdiess kommen, wie ich 
bereits in meiner Monographie von Coeloptychium gezeigt habe, unter 
den freien fossilen Kieselgebilden ungemein wenige von hexactinellidem 
Typus vor. Ich habe namentlich niemals eine Spur von „Rosetten, 
Tannenbäumchen, Besengabeln“ und von denanderen, allerdings meist winzig 
kleinen und sehr zerbrechlichen Formen auffinden können, von denen 
Carter bei Abrennung seiner Gattungen vorzugsweise Gebrauch macht. 

Will man den „Fleischnadeln“ eine überwiegende systematische 
Bedeutung zuerkennen, so bleiben aber nicht allein die fossilen Hexacti- 
nelliden unbestimmbar, sondern auch alle diejenigen lebenden Formen, 
deren Skelete abgespült und nicht mehr mit Sarcode bekleidet sind. 

Abgesehen von diesem praktischen Bedenken, stehen einem der- 
artigen Classificationsprineip auch noch innere Gründe gegenüber. Die 
Fleischnadeln bilden gewissermassen die äussere Verzierung des Schwamm- 
körpers, sie sind zu vergleichen mit dew Gefieder der Vögel und 
mit der Hautbedeckung der Fische, Reptilien und Säugethieren. Stellen 
wir uns auf den Boden der Transmutationstheorie, so haben wir in 
den Fleischnadeln sicherlich diejenigen Theile des Schwammkörpers 
vor uns, welche am leichtesten durch Anpassung sich verändern 
und welche darum den ursprünglichen: Typus am leichtesten ab- 
streifen. Ganz anders verhält es sich mit den Skeletnadeln. Schon 
ihr passend gewählter Name deutet an, dass ihnen eine ähnliche 
Bedeutung zukommt wie dem Knochengerüst der Vertebraten. Die 
Skeletnadeln der Hexactinelliden bilden den conservativsten Theil des 
Körpers dieser charakteristischen Schwämme. Mit ausserordentlicher Zähig- 
keit halten sie den Grundtypus des Sechsstrahlers fest und wenn auch 
bei dem höchsten Zweige des Stammes, bei den Pollakiden, durch 
Reduction der Strahlen mancherlei aberrante Formen vorkommen, so 
lassen sie sich doch stets auf den Sechsstrahler zurückführen. 


22 


Eigene Beobachtungen. 


Ist es möglich, die Skeletnadeln zur Grundlage eines Systemes zu 
machen, so dürfte ein solches unbedingt die vererbten Eigenthümlich- 
keiten und somit die natürlichen Verwandtschaftsbeziehungen der Hex- 
actinelliden am schärfsten zum Ausdruck bringen. Wenn aber bisher 
von den Zoologen gerade den eigentlichen Skeletnadeln geringere Auf- 
merksamkeit, als den Fleischnadeln geschenkt wurde, so lag dies offenbar 
in der Gleichförmiekeit, welche selbst ziemlich entfernt stehende Gattungen 
in ihrer Skeletbildung besitzen. Bei den Fleischnadeln traten die Diffe- 
renzen bestimmter hervor und überdies mussten dieselben schon wegen 
ihrer wunderbaren Schönheit das Interesse der Entdecker am lebhaftesten 
fesseln. So finden wir denn in den Abhandlungen von 0. Schmidt 
und Carter die Fleischnadeln sehr sorgfältig, das Skelet nur wenig 
berücksichtigt. Grössere Aufmerksamkeit wurde demselben von W. Mar- 
shall und namentlich von Bowerbank geschenkt, welchem man die 
eingehendsten Analysen von lebenden Hexactinelliden mit zusammen- 
hängendem Gittergerüst und zahlreiche Abbildungen von unübertrefflicher 
Naturwahrheit verdankt. 

Bei den fossilen Hexactinelliden sind die Skeletnadeln in der Regel 
das einzige, was überhaupt der Beobachtung zugänglich ist und schon 
aus diesem Grund muss denselben besondere Beachtung zugewendet 
werden. Sie sind aber auch in systematischer Hinsicht keineswegs so 
unbrauchbar, wie bisher vielfach angenommen wurde. 

Für die ganze Entwickelung und Gestaltung der Skeletnadeln ist die 
Art und Weise, in welcher sie sich mit einander verbinden, massgebend. 

In dieser Hinsicht zerfallen die Hexactinelliden in zwei natürliche 
und wie es scheint scharf getrennte Gruppen: 


I. Lyssakina. Zitt. 
Formen, bei denen die Skeletnadeln in der Regel isolirt bleiben und nur 
durch Surcode verbunden sind. 


II. Dietyonina. Zitt. 
Formen, bei denen die Skeleinadeln in regelmässiger Weise verschmolzen 
sind und ein zusammenhängendes Gitterwerk mit cubischen oder 
polyedrischen Maschen bilden. 


23 


Die Lyssakinen unıfassen sämmtliche Sarcohexactinellidae Carter’s, 
ausserdem aber auch Euplectella Aspergillun und cucumer. Wie bereits 
Marshall gezeigt hat, erfolgt die Verkittung der Skeletnadeln bei den 
zwei letztgenannten Forınen durch ein Uebermaass von Kieselsäure, welche 
im Syneytium abgeschieden wird und welche die sonst durch Sarcode 
eingenommenen Zwischenräume der Nadeln wenigstens stellenweise ausfüllt. 
Die Skeletnadeln selbst werden durch diese Kieselausscheidung weder in 
ihrer Anordnung, noch in ihrer Ausbildung gehemmt und es kann daher 
dieser Erscheinung, welche ich als „Verkittung“ bezeichne, nur ganz 
secundäre Bedeutung beigeleet werden. Bei den Lyssakinen selbst würde 
sich eine weitere Gruppirung nach der grösseren oder geringeren Diffe- 
renzirung der Fleischnadeln, wie sie in ähnlicher Weise von W. Mar- 
shall für die Asynauloiden vorgeschlagen wurde, empfehlen. Die wenigen 
bis jetzt bekannten fossilen Repräsentanten dieser Unterordnung besitzen 
höchst wahrscheinlich nur eine Form von Skeletnadeln und wären darum 
als Monakiden den Pleionakiden und Pollakiden gegenüber zu stellen. 

Die zweite Gruppe der Dietyoninen enthält die Hexactinelliden 
mit regelmässig verschmolzenen Sechsstrahlern. Bei normaler Ent- 
wicklung erfolgt die Verschmelzung in der Art, dass jeder Arm einer 
Nadel sich dicht an den entsprechenden Arm eines benachbarten 
Sechsstrahlers anlegt. Die beiden Strahlen werden sodann von einer 
gemeinsamen Kieselhülle, welche sich gleichförmig um dieselben ab- 
lagert. zusammengeschweisst und verschmelzen so vollständig mitein- 
ander, dass ıhre ehemalige Selbstständigkeit nur noch durch die 
Anwesenheit von zwei getrennten Axencanälen angedeutet wird. Auf 
diese Weise entstehen regelmässige zusammenhängende Gittergerüste, 
bei denen jeder Balken aus zwei Armen von zwei verschiedenen Nadeln 
besteht. Häufig treten nun Unregelmässigkeiten in der Anordnung der 
Gittermaschen dadurch ein, dass ein Sechsstrahler gewissermassen die 
Reihe verlässt und seine Arme in beliebiger Weise an das übrige Gerüst 
ankittet. Heften sich ein oder zwei Strahlen solcher unregelmässig 
gelagerter Nadeln zufällig an das verdickte Kreuzungscentrum eines 
Sechsstrahlers an, so können von einem derartigen Centralpunkt 
mehr als sechs Arme ausgehen. Eine * sorgsame Prüfung ergibt 
jedoch immer, dass die überzähligen Axencanäle zu einem benachbarten 


24 


Sechsstrahler gehören und gewöhnlich auch das Centrum des Axenkreuzes 
nicht erreichen. Andere Unregelmässigkeiten werden dadurch veranlasst, 
dass sich einzelne Strahlen umbiegen oder ihre Richtung verlassen, 
wobei die beiden Arme einer Axe nicht mehr in gerader Linie verlaufen. 

Die Stelle, wo sich die Axencanäle kreuzen, also das ideale Centrum, 
von welchem alle sechs Arme einer Nadel ausstrahlen und wo die 
Kieselröhren zusammentreffen, ist stets durch eine Anschwellung, „den 
Kreuzungsknoten“, angedeutet. 

Für die Systematik der Hexactinelliden bietet die Beschaffenheit 
der Kreuzungsknoten wichtige Anhaltspunkte. Es treten hier zwei Modi--. 
ficationen auf. 

1. Die Kreuzungsknoten bilden um das eingeschlossene 
sechsstrahlige Axenkreuz der Üentralcanäle eine einfache 
stärkere oder schwächere Verdickung. (Farrea, Aphrocallistes, 
Craticularia, Porospongia etc.) 

2) Die Kreuzungsknoten haben die Gestalt eines hohlen 
Octaöders. Diese eigenthümliche Bildung entsteht dadurch, dass die 
Kieselausscheidung des Syneytiums an den Kreuzungsknoten in gerim- 
gerer Menge stattfindet. Die Centralcanäle der sechs Strahlen bilden 
ein von ganz dünnen Röhren umgebenes Axenkreuz in einem ‚hohlen 
octaödrischen Raum, welcher durch schräge Kieselbalken, womit die sechs 
verdickten Arme der verschmolzenen Sechsstrahler verbunden sind, 
begrenzt wird. Solcher schräger Verbindungsbalken gibt es stets 12 um 
einen Kreuzungsknoten und zwar liegen dieselben immer genau wie die 
Kanten eines regulären Octaöders. Je nach dem Umfang dieses von 
dichten Kieselstäben umschlossenen Hohlraumes, je nach der Stärke der 
octaödrischen Kanten und je nach der mehr oder weniger regelmässigen 
oder verzerrten Gestalt des Lumens an Stelle der Seitenflächen der hohlen 
Octaöder ergeben sich für die Systematik werthvolle Merkmale. Bei 
günstiger Erhaltung lässt sich mit voller Bestimmtheit erkennen, dass 
die Axencanäle ununterbrochen durch den Hohlraum verlaufen und ein 
höchst zierliches Axenkreuz in demselben bilden. Da jedoch ihre Kiesel- 
hüllen sehr dünn sind, so werden sie leicht zerstört und die octaödrischen 


Knotenpunkte gewähren dann das von ©. Schmidt für Seyphia_ striata 
beschriebene Bild. 3?) 


33) Atlant. Spong. 'T. II Fig. 16. 


25 


Unter den lebenden Hexactinelliden kennt man Gittergerüste mit 
solchen octaödrischen Knotenpunkten (Laternen-Nadeln) nur bei Myliusia 
Grayi. Bow. und Myliusia Zitteli. Marsh. M. S., bei den fossilen Formen 
dagegen sind sie sehr verbreitet. (Coeloptychium, Ventriculites, Becksia, 
Plocoscyphia, Pachyteichisma etc.) 

Eine eigenthümliche Erscheinung bei den Gattungen Farrea, Dactylocalyx 
und Aphrocallistes bilden die winzig kleinen sechsstrahligen Sternchen, welche 
mit einem Strahl auf einer Kieselfaser des Gittergerüstes festgewachsen 
sind, sonst aber den übrigen Sechsstrahlern des Gerüstes in jeder Hinsicht 
gleichen und auch feine Axencanäle besitzen, während sonst in den 
wurzelartigen Fortsätzen oder Dornen der Kieselfasern nie Canäle zu 
beobachten sind. Möglicher Weise sind diese Sternchen, die ich auch 
bei einzelnen fossilen Hexactinelliden kenne, junge, noch unausgebildete 
Nadeln, möglicher Weise vertreten sie aber auch die Funktionen der Fleisch- 
nadeln, obwohl sie nicht frei in der Sarcode liegen. Bowerbank 
bildet solche kleine Nadeln bei vielen Farrea-Arten ab, Carter bezeichnet 
sie als Afterbildungen. 

Im Allgemeinen sind die Verschiedenheiten, welche die Gittergerüste 
der fossilen Hexactinelliden aufweisen, so erheblich, dass man in vielen 
Fällen schon ein kleines isolirtes Fragment oder ein Präparat generisch 
bestimmen kann. Die Grösse der Maschen, die octa@drische oder dichte 
Beschaffenheit der Kreuzungsknoten, die Verzierung der Kieselfasern mit 
Stacheln, Dornen oder wurzelartigen Ausläufern, sowie die Anordnung 
der verschmolzenen Sechsstrahler selbst liefern wichtige systematische 
Anhaltspunkte, die bei ein und derselben Art oder auch Gattung nur 
wenig varliren. 

Immerhin würde indess die einseitige Berücksichtigung der Mikro- 
struktur des Gerüstes zu keinem befriedigenden Ergebniss führen. 
Mehrere, in sonstigen Merkmalen sehr differirende Formen besitzen fast 
genau übereinstimmenden Skeletbau. So hat schon W. Marshall °®%) 
gezeigt, dass das Balkenwerk von Eurete in so hohem Grade mit dem 
mancher fossiler Hexactinelliden übereinstimmt, dass es bisweilen ganz 
unmöglich ist, zu sagen, ob ein mikroscopisches Präparat von dem 


34) Untersuchungen 1. c. S. 186. 
Abh.d. II. Cl.d.k. Ak.d. Wiss. XIII. Bd. I. Abtb. 4 


26 


recenten philippinischen Schwamme oder von einem fossilen der fränkischen 
Schweiz herrührt. Die gleiche Erscheinung zeigen mehrere Gattungen 
fossiler Hexactinelliden, wenn man sie unter einander vergleicht. 

Man bedarf somit zur Abgrenzung der Genera noch anderer Merk- 
male. Da die Fleischnadeln bei den fossilen Skeleten in der Regel 
fehlen oder da die Zugehörigkeit isolirter Kieselgebilde, wenn solche 
überhaupt vorhanden sind, mit den benachbarten Skeleten nur selten zu 
beweisen ist, so können dieselben in einem Systeme der Dietyoninen, 
welches sich auch auf die fossilen Formen erstrecken will, nur nebenbei 
verwerthet werden. 

Um so werthvoller sind dafür die Eigenthümlichkeiten, welche die 
Oberfläche des festen Skeletes, ferner das Wasser-Canalsystem mit den 
dazu gehörigen Ostien und endlich die äussere Form des Schwamm- 
körpers darbieten. 

1. Die Oberfläche der Dictyoninen-Skelete unterscheidet sich bei 
manchen Gattungen in keiner Weise von den inneren Theilen. Die 
Gittermaschen besitzen dieselbe Grösse, die Kieseltrabekeln die gleiche 
Anordnung und Beschaffenheit wie das übrige Skelett, kurz die Oberfläche 
ist vollständig nackt. Dieser verhältnissmässig seltene Fall ist bei ver- 
schiedenen Arten der lebenden Gattungen Eurete, Farrea und Myliusia 
bekannt, unter den fossilen Dietyoninen besitzen z. B. Pachyteichisma 
und Verrucocoelia nackte Oberfläche. 

Viel häufiger sind jedoch entweder beide Oberflächen oder wenigstens 
die äussere ganz oder theilweise mit Deckschichten von verschieden- 
artiger Beschaffenheit versehen. Auf die Wichtigkeit der Deckschichten 
(Perienchym Etallon, Epidermis F. A. Roemer, couche pelliculaire Pomel) 
haben schon Etallon, Roemer und Pomel die Aufmerksamkeit gelenkt. 

Eine häufige Form von Deckschichtbildung besteht darin, dass sich 
die in der Ebene der Oberfläche gelegenen Arme der äussersten Sechs- 
strahlerschicht verdicken oder plattig ausbreiten oder durch Absendung 
von Seitenästen, welche wieder mit einander verschmelzen und sich gleich- 
zeitig verdicken, rauhe und löcherige rechtwinklich gekreuzte Balken 
von sehr ungleicher Form bilden. Der nach Aussen gerichtete Strahl 
der Sechsstrahler verkümmert stets, der nach unten gerichtete dagegen 
steht mit dem Gittergerüst in Verbindung. 


27 


Derartige Deckschichten sind nur leichte Modificationen des Gitter- 
gerüstes selbst. Sie lassen meist noch eine maschenartige Anordnung 
deutlich erkennen, obwohl das Lumen der Maschen beträchtlich und 
sehr ungleich verengt sein kann. Je nach der stärkeren oder geringeren 
Abscheidung von Kieselerde erhält die Oberfläche eine grob- oder fein- 
löcherige Beschaffenheit: Aus der regelmässigen Lage der Axencanäle 
lässt sich übrigens auch in der Deckschicht noch die Anordnung des 
darunter liegenden Gittergerüstes erkennen. (Beisp. Marshallia, Callo- 
dietyon, Pleurope, Plocoscyphia, Unterseite von Coeloptychium, Crati- 
cularia etc.) 

Zuweilen entstehen Deckschichten dadurch, dass die oberste Sechs- 
strahlerschicht des Skeletes wurzelartige Fortsätze aussendet, welche mit 
einander anastomosiren und auf diese Weise ein aus dichten Kieselfasern 
bestehendes verfilztes Gewebe bilden. Dasselbe überzieht entweder die 
Oberfläche gewisser Theile des Schwammkörpers oder es füllt nur die 
Maschen der obersten Lage des Gitterskeletes aus. (Etheridgia). 

Eine grössere Unabhängigkeit vom eigentlichen Skelet erhält die 
Deckschicht, wenn sie eine grob- oder feinlöcherige Kieselhaut bildet, in 
welcher Axenkreuze von der Grösse und Form der in den Skeletnadeln 
befindlichen regellos vertheilt liegen. (Sporadopyle, Craticularia, Sphen- 
aulax, Sporadoscinion etc.) 

In ganz anderer Weise entstehen unabhängige Deckschichten, wenn 
die äussere, innere, oder auch beide Oberflächen des Schwammkörpers 
von einer zuweilen äusserst zarten Spinnwebe ähnlichen Hülle von Sechs- 
strahlern übersponnen ist, welche in verschiedener Weise entweder nur 
an den Spitzen oder mit der ganzen Schenkellänge aneinander gekittet 
sind. (Casearia, Cypellia, Tremadictyon etc). Auch bei diesen Sechsstrahlern, 
welche sich zuweilen sehr wesentlich von denen des übrigen Skeletes 
unterscheiden, ist der nach Aussen gerichtete Strahl stets verkümmert. 
Bei gewissen Gattungen (Cypellia) sind die grossen Sechsstrahler der 
Deckschicht zuweilen nur an ihren Spitzen durch schwache kieselige 
Brücken untereinander verbunden, bei anderen liegen sie wie Sterne in 
einer dünnen Kieselhaut eingebettet, welche die Oberfläche des Schwammes 
überzieht. (Porocypellia, Porospongia). 

In denjenigen Fällen, wo die Nadeln der Deckschicht eine von den 

4* 


28 


Skeletnadeln abweichende Gestält besitzen, vertreten sie ohne Zweifel 
die Fleischnadeln, ob dies aber auch dann der Fall ist, wenn die Deck- 
schicht nur durch eine Verdichtung des Skeletes selbst entsteht, scheint 
mir zweifelhaft. Die Frage wird sich wohl erst entscheiden lassen, wenn 
einmal lebende Hexactinelliden mit ähnlicher Beschaffenheit der Ober- 
fläche bekannt sein werden. 

Bei einzelnen fossilen Dietyoninen (Oystispongia, Lepidospongia) ist 
die Aussenseite des Schwammkörpers mit einer dichten Kieselhaut über- 
zogen, welche gänzlich frei von Axenkreuzen oder eingeschlossenen 
Nadeln ist. 


Diese verschieden entwickelten Oberflächengebilde haben offenbar 
den Zweck, dem Schwammkörper grössere Festigkeit zu verleihen und 
ihn gegen Angriffe von Aussen zu schützen. Die Deckschichten selbst 
beeinflussen übrigens auch die äussere Erscheinung der fossilen. Spongien 
in so hohem Masse, dass ihnen bereits A. Roemer und Pomel eine, wie 
mir scheint, allerdings zu weit gehende systematische Bedeutung beilegten. 


. . . . . . . . .,\ 

2) In physiologischer Hinsicht wichtiger als die Deckschichten ist 

das Canalsystem zur Circulation des ein- und ausströmenden Wassers, 
nebst den dazu gehörigen Oeffnungen. 


Bei den Hexactinelliden besitzen die Wände der Schwammkörper 
meist nur geringe Dicke und umschliessen einen sehr weiten CGentralraum 
von röhriger, cylindrischer oder trichterförmiger Gestalt. Bei den kreisel-, 
trichter- und cylinderförmigen Hexactinelliden wird man den weiten 
Centralraum am besten als gemeinsame Magenhöhle auffassen und somit 
derartige Spongien als monozoische Körper betrachten; die obere 
terminale Oeffnung wäre dann als Osculum zu bezeichnen. Bei ästigen, 
plattigen, knolligen und aus mäandrischen Röhren zusammengesetzten 
Körpern ist die Individualitätsfrage in der Regel schwer zu entscheiden, 
da die bisher meist als Oscula gedeuteten Oeffnungen oft ganz beliebig 
vertheilt sind und häufig mit Gastralhöhlen kaum in Beziehung zu stehen 
scheinen. (Guettardia, Pleurostoma, Pleurope.) 

Im Gegensatz zu diesen Oscula und Pseudo-Oscula verhalten sich die 
Wege, auf denen das Wasser in den Schwammkörper eindringt und den- 
selben durchspült, bei den verschiedenen Formen ausserordentlich constant 


29 


und liefern dadurch treffliche systematische Anhaltspunkte Nach 
Haeckel°®) ist das Canal- und Wassergefäss-System das bedeutendste, 
physiologisch und morphologisch wichtigste Organsystem aller Spongien. 
Es bestimmt nicht allein die wesentlichsten Unterschiede in der Körper- 
form der verschiedenen Gruppen, sondern auch mehr oder weniger die 
Struktur und Form des Skeletes.*“ ; 


Im Allgemeimen zeigt das Canalsystem bei den Hexactinelliden sehr 
einfache Verhältnisse, die in vielfacher Hinsicht an jene der Syconen erinnern. 
In der Regel beschränkt sich dasselbe auf eine grosse Anzahl einfacher, 
sehr selten verzweigter Canäle, welche in radialer Richtung entweder 
senkrecht oder schräg in die Wand eindringen. Nur ausnahmsweise 
durchbohren die Canäle die ganze Dicke der Wand (Aphrocallistes), viel 
häufiger beginnen sie entweder auf der Aussen- oder Innenseite der 
Wand und endigen blind unmittelbar unter der entgegengesetzten Ober- 
fläche. (Ventriculites, Coscinopora, Sporadopyle etc... Auf diese Weise 
stehen dann die meist runden ÖOstien der beiden Oberflächen in alter- 
nirenden Reihen. 

In der einfachsten Form wird die Wassercirculation bewerkstelligt, 
wenn bei dünner Wandung des Schwammkörpers das Gitterskelet und 
die Oberfläche so grobmaschig sind, dass das Wasser ungehemmt ein- 
dringen und wieder austreten kann. In diesem Fall sind eigentliche 
Canäle überflüssig und es dürfte im lebenden Zustand wohl jeder 
Maschenöffnung der Skeletoberfläche eine Dermalpore im Syncytium ent- 
sprochen haben. Beispiele von Hexactinelliden mit grobmaschigem Skelet 
ohne alle Canäle und Ostien bieten die Gattungen Farrea, Eurete, 
Myliusia, Marshallja, Callodictyon. 

Bei gewissen Hexactinelliden ‚ kann die Wassercirculation in 
Ermangelung eigentlicher Radialcanäle durch eine starke Faltung der 
Wand bewirkt werden. Es gibt z. B. Ventriculiten, bei denen sich die 
Wand in mäandrische Falten legt, zwischen denen auf beiden Ober- 
flächen tiefe Längsfurchen vom oberen Rande des Bechers bis zur Basis 
verlaufen. Diese Furchen genügen vollständig für die Durchspülung des 


35) Die Kalkschwämme 1. S. 210. x 


30 


Schwammkörpers und es können demgemäss auch alle Radialcanäle oder 
grösseren Oberflächenöffnungen fehlen. 

Wenn sich jedoch bei Hexactinelliden mit mäandrisch gefalteter 
Wand die Falten dicht nebeneinander legen und auf diese Weise eine 
continuirliche Mauer bilden (Ventriculites) oder wenn die Wand eine 
ungewöhnliche Dicke erlangt (Pachyteichisma), dann stellt sich das 
Bedürfniss nach einem Canalsystem ein, welches das Wasser in das Innere 
des Skeletes zu führen vermag. Es treten jetzt die blinden Radial- 
canäle auf, deren Östien in verschiedener Weise auf den beiden Ober- 
flächen vertheilt sind. 

Im Allgemeinen lässt sich für die Hexactinelliden die Regel consta- 
tiren, dass mit der Stärke der Wand oder mit der Dichtigkeit des 
Gittergerüstes die Entwicklung des Canalsystems gleichen Schritt hält. 
Sämmtliche Gattungen mit sehr feinmaschigem Gewebe besitzen Canäle 
und zwar selbst dann, wenn die Wand zu einer papierdünnen Lamelle 
redueirt ist. (Leptophragma Murchisoni). 

Ein ganz eigenthümliches, complicirtes Canalsystem besitzen einige 
der ältesten Hexactinelliden mit kugeligen, ungestielten Schwammkörpern 
(Astylospongidae).. Bei diesen merkwürdigen Schwämmen besitzt die 
Wand eine sehr bedeutende Dicke: die Centralhöhle fehlt entweder ganz 
oder sie befindet sich als eine trichterförmige Vertiefung auf der Ober- 
seite. Die ganze Masse des Schwammkörpers wird von zahlreichen in 
Radien gelegenen einfachen Canälen durchzogen, die von der Peripherie 
nach dem Centrum verlaufen. Diese Radialcanäle werden von anderen, 
stärkeren Canälen gekreuzt, die gleichfalls in Radialreihen geordnet sind, 
aber den Schwammkörper seiner ganzen Höhe nach durchziehen, indem 
sie parallel der Oberfläche verlaufen. Diese an lebenden und meso- 
lithischen Hexactinelliden niemals vorkommende Beschaffenheit der Canäle 
entspricht fast genau dem bei gewissen Lithistiden beobachteten Wasser- 
gefäss-System. Auf die Mikrostruktur der Skeletnadeln scheinen indess 
die Canäle bei den Astylospongiden keinen Einfluss ausgeübt zu haben, 
denn diese unterscheiden sich vom Skelet der Lithistiden schon so scharf 
als jene der späteren Hexactinelliden. 

Neben dem eigentlichen Wassergefäss-System findet sich bei einzelnen 
Hexactinelliden auch ein sogenanntes Inter-Canalsystem. Die röhren- 


sl 


artigen Hohlräume und grösseren oder kleineren Oeffnungen an der 
Oberfläche, welche Haeckel ?%) mit diesem Namen bezeichnet, entstehen 
lediglich in Folge eigenthümlicher Verwachsung gewisser Theile der 
Schwammkörper. Sie haben mit dem eigentlichen Canalsystem physio- 
logisch Nichts gemein und zeigen auch niemals constante Verhältnisse 
in ihrem Verlauf oder in ihrer Gestalt. Was Haeckel über das Inter- 
canal-System der Kalkschwämme sagt, hat im Wesentlichen auch für die 
Hexactinelliden Giltigkeit und ich kann darum einfach auf die classische 
Monographie der Calcispongien verweisen. 

Bei den Hexactinelliden entsteht ein Intercanal-System nur an 
zusammengesetzten Stöcken und zwar hauptsächlich dann, wenn die 
Cormen aus Röhren zusammengesetzt sind, welche labyrinthisch durch- 
einander wachsen und unregelmässige Zwischenräume frei lassen. In aus- 
gezeichneter Weise zeigt sich das Intercanal-System entwickelt bei 
Etheridgia, Tremabolites, Cystispongia und Plocoscyphia. 

Man muss sich sehr hüten, die scheinbaren Magenhöhlungen (Pseudo- 
gastren) und Mündungen (Pseudostomen), welche das Intercanal-System 
an der Oberfläche bildet (Etheridgia, Plocosceyphia etc.) mit wirklichen 
Gastralräumen und deren Mündungen zu verwechseln. Eine Untersuchung 
der Vertiefung wird in den meisten Fällen sofort zeigen, dass derartige 
Scheinmägen nicht in die eigentliche Skeletmasse eingesenkt sind und 
von einer continuirlichen Wand begrenzt werden, sondern dass sie vielmehr 
Zwischenräume von meist unregelmässiger Gestalt darstellen, deren Wan- 
dungen durch die Aussenseite verschiedenwerthiger Theile eines Schwamm- 
körpers gebildet werden. 

3) Obwohl die äussere Form der Schwammkörper im Allge- 
meinen der grössten Veränderlichkeit unterworfen ist und in allen neueren 
Systemen der lebenden Spongien kaum noch berücksichtigt wird, so 
verdient dieselbe doch bei den Glas- und Kalkschwämmen mit festen 
steinartigen Skeleten höhere Beachtung. Man wird zwar nur ausnahms- 
weise Gattungen sofort an ihrer charakteristischen äusseren Gestalt zu 
erkennen im Stande sein (Coeloptychium, Euplectella), da sich im Allge- 
meinen die gleichen Formen bei den Hexactinelliden, Lithistiden und 


56) Kalkschwäwmme I]. S. 275. 


en 
os 
ID 


Kalkschwämmen mit anastomosirenden Fasern genau wiederholen. Auch 
ist es absolut unmöglich einen becher-, schüssel-, trichter- oder cylinder- 
förmigen Schwamm aus der Ordnung der Hexactinelliden generisch zu 
bestimmen, ohne die Skeletstruktur und das Canalsystem zu berück- 
sichtigen. 

Nichtsdestoweniger darf die allgemeine Körperform als secundäres 
Hilfsmittel bei einer natürlichen Systematik nicht vernachlässigt werden. 
Sind die verwandtschaftlichen Beziehungen einer Hexactinellide durch 
Untersuchung des Skeletes und des Canalsystems festgestellt, dann liefert 
die äussere Erscheinung in der Regel vorzügliche Merkmale zur Unter- 
scheidung der Gattungen und Arten. 

Haeckel und Carter, denen man gewiss keine Unterschätzung 
des mikroscopischen Baues und noch weniger eine Ueberschätzung der 
äusseren Erscheinung des Schwammkörpers vorwerfen kann, haben inner- 
halb der grösseren Gruppen die Gattungen sowohl bei den Caleispongien, 
als auch bei den Hexactinelliden vorzugsweise nach ihrer äusseren Form 
unterschieden. Was aber bei den lebenden Spongien berechtigt ist, wird 
auch bei den fossilen zulässig sein. 

Die ganze Gestalt des Schwammkörpers, die Beschaffenheit und 
Stärke der Wand, die Grösse, Form und Lage der Centralhöhle, die Art 
und Weise der Verwachsung bei den polyzoischen Formen liefern werth- 
volle Momente für die Systematik. Besonderes Interesse verdient auch 
die Befestigung der Schwämme am Boden. Der Mangel einer sogn. 
Wurzel und die Beschaffenheit derselben, wenn sie vorhanden ist, dient 
zuweilen zur Erkennung der verschiedenen Gattungen. 

Bei den fossilen Dietyoninen sind bartförmige, aus langen isolirten 
Kieselnadeln bestehende Wurzeln bis jetzt nicht mit Sicherheit nach- 
gewiesen. Meist bildet die Wurzel eine stielförmige Verlängerung, eine 
knollige oder plattige Ausbreitung oder eine verästelte Basis des Schwamm- 
körpers. Dieselbe besteht aus Kieselelementen, die entweder mit denen 
des übrigen Schwammkörpers in Form und Anordnung mehr oder 
weniger übereinstimmen oder das Gewebe der Wurzel lässt eine weit- 
gehende Differenz gegen das eigentliche Gitter erkennen. Die Gitter- 
struktur wird undeutlich, und die Wurzel besteht aus parallelen, langen 
Kieselfasern meist ohne Axencanäle, deren Entstehung aus Hexactinelliden- 


"88 


Gewebe in der Regel nur noch durch die in mehr oder weniger regel- 
mässigen Abständen befindlichen Querverbindungen angedeutet wird. 
Eine ausführlichere Frörterung aller bisher erwähnten Verhältnisse 
muss ich einer speciellen Arbeit über die in Deutschland vorkommenden 
fossilenSchwämme vorbehalten. Zu dieser umfangreichen Monographie liegen 
bereits ein Theil des Textes, sowie die Abbildungen der Mikrostruktur fast 
aller Hexactinelliden-Gattungen vollendet vor. Ich bin zu dieser grös- 
seren Arbeit theils durch den beklagenswerthen Zustand der paläospongio- 
logischen Literatur, theils aber auch durch ein Gefühl der Verantwort- 
lichkeit gedrängt worden, welches mir gebietet auf der durch eine neue 
Untersuchungsmethode gewonnenen sicheren Basis nicht nur das rohe 
Gerüste eines Systemes in der vorliegenden Abhandlung aufzubauen, 
sondern das Gebäude auch in fertigem Zustande den Fachgenossen zu 
übergeben. Der Beschaffung des Materials zu einer umfassenden Unter- 
suchung fossiler Spongien stehen freilich grössere Schwierigkeiten im Wege, 
als ich anfänglich vermuthete; denn im Allgemeinen erfreuten sich diese 
Versteinerungen bisher nur in geringem Maasse der Aufmerksamkeit. In 
Folge dieses Umstandes fehlt es noch an grösseren vollständigen Samm- 
lungen, selbst in den reichhaltigsten Museen sind in der Regel nur 
einzelne Localitäten in genügender Weise vertreten. Es ist mir indess 
durch die grosse Zuvorkommenheit zahlreicher befreundeter Fachgenossen ?”) 
schon jetzt gelungen, nicht allein aus Deutschland und Böhmen eine 
grosse Anzahl der von Goldfuss, Münster, Ferd. Roemer, Reuss, 
Geinitz, Schlüter, F. A. Roemer u. A. beschriebenen Arten theils in den 
typischen Originalstücken, theils in Exemplaren zu erhalten, welche mit 
authentischen Bestimmungen der Verfasser versehen waren, sondern auch 
aus Russland und England erlangte ich durch die Güte der Herren 
F. Schmidt in St. Petersburg, Prof. Sinzow in Odessa, Constantin Mi- 
laschewitsch in Moskau und Edw. Lee in Torquay ein reiches Ver- 


37) Es drängt mich an dieser Stelle den Herren, welche mir in liberalster Weise Material zu 
meinen Untersuchungen zur Verfügung stellten, meine Erkenntlichkeit öffentlich auszusprechen. 
Ich habe meinen Dank namentlich darzubringen den Herren K. Andrae in Bonn, E. Beyrich 
in Berlin, W. Dames in Berlin, Theodor Fuchs in Wien, W. Gümbel in München, H. B. 
Geinitz in Dresden, J. Krenner in Pesth, Ott mer in Braunschweig, Ferd. Roemer in 
Breslau, H. Roemer in Hildesheim, A. Schlönbach in Salzgitter, Cl. Schlüter in Bonn, 
K. von Seebach in Göttingen und G. Tschernack in Wien. 


Abh.d.1I.Cl.d.k. Ak.d. Wiss. XIII. Bd. I. Abth. 5 


34 


gleichs-Material. Für Mittheilung lebender Hexactinelliden und Lithistiden 
bin ich Herrn Dr. W. Marshall in Weimar und Herrn Dr. J. W. Carter 
in BudleighSalterton zu besonderem Danke verpflichtet. 

Der nachstehende Versuch eines Hexactinelliden-Systems ist nicht 
aus dem Wunsche hervorgegangen; die bisherigen Classificationen um 
jeden Preis umzugestalten, allen nachdem die mikroscopische Unter- 
suchungsmethode, welche sich bereits bei den lebenden Hexactinelliden so 
vortrefflich bewährt hatte, auch auf die fossilen Spongien angewendet 
worden war, ergaben sich so viele neue Thatsachen und Gesichtspunkte, 
dass nothwendiger Weise nicht nur in den bisherigen Classifications- 
versuchen der fossilen, sondern auch der lebenden Hexactinelliden mehr 
oder weniger tiefgreifende Veränderungen nothwendig wurden. 


Uebersicht der fossilen und lebenden Hexactinelliden geordnet 


nach ihren Verwandtschafts-Verhältnissen. 


Classe: Spongiae. 
Ordnung: Hexactinellidae. O. Schmidt. 
Kieselschwämme mit isolirten oder gitterförmig verschmolzenen Nadeln von 
sechsstrahliger Form. Sämmtlichen Kieselgebilden liegt ein Awenkreuz aus 
drei rechtwinklich sich schneidenden Centralcanälen zu Grunde. Ausser 
den eigentlichen Skeleinadeln?®) sind häufig noch zahlreiche isolirte „Fleisch- 
nadeln‘“ von meist sehr zierlicher Form vorhanden. 


I. Unter-Ordnung: Dietyonina. 


Skelet-Nadeln in der Art verschmolzen, das jeder Arm eines Sechsstrahlers 
sich an den entsprechenden Arm einer benachbarten Nadel anlegt, wobei beide 
von einer gemeinsamen Kieselhülle umschlossen werden. Die zusammen- 


38) Die Skeletnadeln werden von Carter (l. c. 8. 353) ursprünglich definirt als: „large spicules 
which are only concerned in the formation of the supporting structure or skeleten“. In einer 
soeben erschienenen Abhandlung „on two vitreohexactinellid sponges“ (Ann. Mag. nat. hist. 
1877. 8. 121) wird die Bezeichnung „Skeletnadeln‘‘ lediglich auf die grösseren, [reien Kiesel- 
gebilde der Hexactinelliden angewendet. Die verschmolzenen Sechsstrahler, welche das zu- 
sammenbängende Gitterskelet bilden und welche ich in der vorliegenden Abhandlung vorzugsweise 
Skeletnadeln genannt habe, heissen bei Carter „vitrous fibre“. (Anmerkung während des 
Druckes). 


35 


hängenden Skelete bestehen aus einem Gitterwerk mit Maschen von cubischer 
und unregelmässiger Form. Fleischnadeln vorhanden oder fehlend. 


1. Familie: Astylospongidae. 


Schwammkörper sehr dickwandig, ungestielt, frei (zuweilen auch mit breiter 
Basis festgewachsen). Wassergefässsystem aus radialen von der Oberfläche 
nach dem Centrum gerichteten Canälen bestehend, zu denen meist noch 
Verticalröhren kommen, die ebenfalls zu 8—10 in radialen Reihen 
stehen. Gittergerüst ziemlich unregelmässig mit dichten 
Kreuzungsknoten. 


Astylospongia F. Roem. Silur. 
Palaeomanon F. Roem. Silur. 
Protachilleum. Zitt. Silur. 
Eospongia. Billings. Silur. 


2. Familie: Euretidae. 
Schwammkörper becherförmig, cylindrisch, kreiselförmig oder ästig, fest- 
gewachsen. Skelet güterförmig, die Kreuzungsknoten der verschmolzenen 
Sechsstrahler undurchbohrt. Oberfläche nackt oder durch Verdichtung der 
äusseren Skeletschicht geschützt, zuweilen mit einem sehr zarten Netz ver- 
schmolzener Nadeln überzogen,. welche in der Form'von denen des übrigen 
Skeletes wenig abweichen. Diese maschige Oberhaut überspinnt auch die 
Ostien. Wurzelstruktur jener des übrigen Schwammkörpers ähnlich. Fleisch- 
nadeln fehlend oder vorhanden. 


a. Canalsystem wohl entwickelt. Ostien der blinden Radialcanäle 
abwechselnd auf beiden Oberflächen. 

?Protospongia. Salt. Silur. 

Calathium. Billings. Silur. 

Archaeocyathus. Billings. Silur. 

?’Trachyum. Billings. Silur. 

?Steganodictyon. M’Coy. Devon. 

Tremadictyon. Zitt. Ob. Jura. 

Craticularia. Zitt. Mittl. u. ob. Jura. Kreide. Miocaen. 

?Eubrochus. Sollas. Gault. 

Sphenaulax. Zitt. Ob. Jura. 


5* 


36 


Sporadopyle. Zitt. Ob. Jura. 
*Sclerothamnus. Marsh.??) 
b. Canalsystem fehlend oder kaum entwickelt. 

*Farrea. Bowb. Tertiär. 

*Eurete. Marshall. 

Verrucocoelia. Ob. Jura. Kreide. 

*Aulodietyon. S. Kent. 

3. Familie: Coseinoporidae. 

Schwammkörper becherförmig, sternförmig oder ästig, öfters zusammen- 
gedrückt. Radialcanäle sehr zahlreich, einfach, gerade, blind. Ostien 
klein, Skelet feinmaschig, dicht, steinartig, durch die zahlreichen Radial- 
canäle an einer regelmässigen Bildung von cubischen Maschen gehindert. 
Kreuzungsknoten der Sechsstrahler dicht, selten durchbohrt. Deckschicht 
meist fehlend oder nur durch Verdichtung der äussersten Skeletlage gebildet. 


?Bothroconus. King. Dyas. 
Leptophragma. Zitt. Kreide. 
Pleurostoma. Roem. Kreide. 
Guettardia. Mich. Kreide. Eocaen. 
Coscinopora. Goldf. Kreide. 


4. Familie: Mellitionidae. 

Schwammkörper üästig, kugelig oder plattig. Wand von zahlreichen röhren- 
förmigen Wassercanälen vollständig durchbohrt und dadurch in waben- 
ähnliche Zellen eingetheilt. Skeletnadeln mit dichten Kreuzungsknoten. Ober- 
fläche (?2nackt oder) mit einer zarten, maschigen oder porösen Kieselhaut 
übersponnen, welche auch die Oeffnungen der Canäle bedeckt. Wurzel fehlt. 

*Aphrocallistes. Gray. Kreide. Miocaen. 

*?Fieldingia Sav. Kent. *°) R 


5. Familie: Ventrieulitidae. 
Schwammkörper einfach oder polyzoisch, becher-, trichter-, cylinder-, kreisel- 
förmig oder ästig. Wand mäandrisch gefaltet. Gittergerüst mit octaedrisch 


39) Die mit * bezeichneten Gattungen gehören der Jetztzeit an. 
40) Ausserdem Stauronema Sollas. Vgl. Anhang. (Spätere Anmerkung.) 


37 


durchbohrten Kreuzungsknoten. Canalsystem meist wohlentwickelt. Radial- 


canäle blind. Beide Oberflächen mit Ostien oder Längsfurchen. Deck- 
schicht selten fehlend, in der Regel durch Verdichtung der äussern Skelet- 


lage entstanden. Wurzel aus verlängerten, durch Querbrücken verbundenen 
Kieselfasern ohne Axencanäle bestehend. 


a. Ohne Wurzel. 


Pachyteichisma. Zitt. Jura. 
Trochobolus. Zitt. Jura. 


b. Mit Wurzel. 
Ventriculites. Mantell. Kreide. 
Schizorhabdus. Zitt. Kreide. 
Tretostamnia. Pomel. Miocaen. 
Rhizopoterion. Zitt. Kreide. 
Sporadoscinia. Pomel. Kreide. 
Licmosinion. Pomel. Kreide. 
Polyblastidium. Zitt. Kreide. 


c. Oberrand des Bechers mit feinporöser Deckschicht. 
Cephalites. Toulmin Smith (p. p.). Kreide. 


d. Aeussere Oberfläche mit einer dichten Kieselhaut versehen. 


Lepidospongia. Roem. Kreide. 


6. Familie: Staurodermidae. 
Schwammkörper kreisel-, trichter-, cylinderförmig, selten ästig. Gütterskelet 
mehr oder weniger regelmässig. Kreuzungsknoten dicht oder octaedrisch durch- 
bohrt. Aeussere oder beide Oberflächen der Wand mit sternförmigen Na- 
deln versehen, welche sich in der Form von denen des übrigen Skeletes 
unterscheiden und entweder nur lose mit einander verkittet sind, oder in 
einer zusammenhängenden Kieselhaut eingebettet liegen. 


a. Canalsystem wohl entwickelt. Schwammkörper becherförmig, eylindrisch 
oder ästig. 


Cypellia. Pomel. Jura. 
Stauroderma. Zitt. Jura. 


38 


Porocypellia. Pomel. Jura. 
Casearia. Quenst. Jura. 
b. Canalsystem schwach entwickelt. Schwammkörper plattig. 


Porospongia. d’Orb. Jura. 
Ophrystoma. Zitt. Kreide. 
?Placochlaenia. Pomel. Miocaen. 


7. Familie: Maeandrospongidae. 


Schwammkörper aus mäandrisch verschlungenen und anastomosirenden, dünn- 
wandigen Röhren oder Blättern bestehend. Canalsystem fehlend oder kaum 
entwickelt. Imtercanalsysiem stets vorhanden. Deckschicht fehlend oder 


eine zusammenhängende Kieselhaut auf der Oberfläche bildend. 


a. Ohne besondere Deckschicht. 
Plocoscyphia. Reuss. Kreide. 
*Dactylocalyx. Stutchb. 
*Periphragella. Marshall. 
"Myliusia. Gray. (p. p.) 
; b. Mit Deckschicht. 
Tremabolites. Zitt. Kreide. 
Etheridgia. Tate. Kreide. 
Toulminia. Zitt. Kreide. 
Camerospongia. d’Ürb. Kreide. 
Cystispongia. Roem. Kreide. 


8. Familie: Callodietyonidae. 


Schwammkörper becherförmig. Wand aus sehr regelmässigem weitmaschigem 
Gittergerüst mit octaödrischen Kreuzungsknoten bestehend; Canalsystem 
fehlend oder auf die zuweilen sehr dicke Deckschicht der Aussenseite be- 
schränkt. Im Innern der Wand findet die Wassercirculation direct durch 


die Maschen des Gitterskelets statt. 


a. Wand nackt. 
Callodietyon. Zitt. Kreide. 
Marshallia. Zitt. Kreide. 
Becksia. Schlüter. Kreide. 


39 


b. Aussenseite der Wand mit einer dicken Deckschicht versehen, welche 
in der Struktur mit dem Wurzelgewebe übereinstimmt. 


Pleurope. Zitt. Kreide. 
Diplodietyon. Zitt. Kreide. 


; 9. Familie: Coeloptychidae. 

Schwammkörper schirmförmig, gestielt. Wand dünn, tief gefaltet, die 
Centralhöhle in radiale Kammern zerlegt. Oberseite flach oder vertieft ganz 
von einer zusammenhängenden Deckschicht überzogen, welche in der Regel 
aus abwechselnd grob und fein porösen Streifen besteht. Canalostien nur 
auf der Unterseite des Schirms auf dem Rücken der Falten, zuweilen auch 
auf dem Stiel. Gittergerüst mit grossen, regelmässigen cubischen Maschen. 
Die Kreuzungsknoten der verschmolzenen Sechsstrahler octaedrisch durch- 
bohrt; Arme der Sechsstrahler mit dornigen und wurzelartigen Fortsätzen. 


Coeloptychium. Goldf. Kreide. 


II. Unter-Ordnung: Lyssakina. 
Ganzes Skelet aus Nadeln bestehend, welche nur durch Sarkode (ausnahms- 
weise auch durch plattige Kieselsubstanz in unregelmässiger Weise) verbun- 
den sind. Fleischnadeln meist reichlich vorhanden und sehr differenzirt. 


1. Familie: Monakidae. Marshall. 
Ganzer Schwammkörper nur aus gleichartigen Nadeln zusammengesetzt. 
Acanthospongia. Salt. Silur. Kohlenkalk. 
Stauractinella. Zitt. Jura. 


2. Familie: Pleionakidae. Marsh. 
Hauptmasse des Skeleis aus reinen Sechsstrahlern, daneben Besengabeln oder 
N Rosetten. 
*"Askonema. Kent. 
*Lanuginella. Schmidt. 


3. Familie: Pollakidae. Marsh. 
Form der Skelet- und Fleischnadeln sehr mannigfaltig. Besonderes Dermal- 
skelet und Auskleidung der -Magenhöhlungen vorhanden. Basis meist einen 
Wurzelschopf aus langen Kieselnadeln bildend. 


40 


*Holtenia. Schmidt. 
*Pheronema. Leidy. 
*Crateromorpha. Gray. 
*Rosella. Carter. 
*Sympagella. Schmidt. 
*P]lacodictyon. Schmidt. 
*Euplectella. Owen. 
*Habrodictyon. W. Thomson. 
*Labaria. Gray. | 
*Semperella. Marshall. (Meyerina. Gray.) 
*Hyalonema. (Carteria) Gray. 
?Acestra. Roem. Silur. 


Existenzbedingungen und Verbreitung der fossilen Hexacti- 
nelliden. 


W. Marshall gibt in seiner ersten, mehrfach erwähnten Abhand- 
lung*') eine tabellarische Uebersicht des geographischen und bathy- 
metrischen Vorkommens der lebenden Hexactinelliden, Darnach finden 
sich diese Schwämme von circa 65° n. Br. bis gegen 50° s. Br. und 
zwar in der beträchtlichen Tiefe von 500 bis 4000 Fuss. Die lebenden 
Hexactinelliden sind somit exquisite Tiefseebewohner. 

Diese Thatsache berechtigt a priori zu dem Schlusse, dass auch die 
fossilen Formen wahrscheinlich unter ähnlichen Verhältnissen existirt 
haben. Berücksichtigt man nun die Art und Weise des Vorkommens der 
fossilen Hexactinelliden, so gelangt man in der That zum gleichen 
Resultat. $ ; 

Die paläozoischen Formen gewähren in dieser Hinsicht allerdings 
keinen Aufschluss. Die bis jetzt im Silur bekannten Gattungen (Astylo- 
spongia, Palaeomanon, Protachilleum, Eospongia, Protospongia, Calathium, 
Trachyum, Archaeocyathus, Acanthospongia und ?Acestra) unterscheiden 
sich in wesentlichen Merkmalen von den späteren Hexactinelliden und 


41) 1. c. 8. 150. 


4] 


bedurften möglicherweise anderer Lebensbedingungen als ihre Nachfolger. 
Im Devon, Kohlenkalk und im der Dyas ist unsere Ordnung bis jetzt 
nur durch die sehr ungenügend untersuchten Gattungen Steganodietyon 
(Devon), Acanthospongia (Carbon) und Bothroconis (Dyas) vertreten. 
In Canada finden sich Archaeocyathus und Eospongia in der Potsdam-. 
Calathium und Trachyum im der Quebec-Gruppe, also bereits in den 
ältesten Silur- (resp. Cambrischen) Bildungen; in Tennessee liegen 
zahlreiche Exemplare von Astylospongia und Palaeomanon im mittel- 
silurischem Kalk, während in Europa die erstere Gattung in Esthland und 
Gotland in obersilurischen Ablagerungen und in ganz Norddeutschland 
als Diluvialgeschiebe auf secundärer Lagerstätte aufgefunden wird. In 
der Regel werden die Spongien begleitet von Brachiopoden. Trilobiten 
und Pteropoden und kommen in Ablagerungen vor, denen ıman wohl 
ebensogut einen pelagischen als litoralen Charakter zuschreiben darf. 

Aus Trias und Lias sind bis jetzt keine Hexactinelliden bekannt und 
auch im Dogger finden sich nur vereinzelte Exemplare der Gattungen 
Tremadietyon und Craticularia und zwar im unteren Oolith, m der 
Bath- und Kelloway-Gruppe. 

Eine reiche Entfaltung von Hexactinelliden zeigt der obere Jura, 
jedoch nur da, wo derselbe in der Form von Kalkstein auftritt. Die 
Spongitenkalke des weissen Jura y und d, sowie der sog. Birmensdorfer 
Schichten in Polen, im schweizerischen und französischen Jura und in 
der Gegend von Niort sind die Hauptfundorte von jurassischen Hexacti- 
nelliden und Lithistiden. Ganz vereinzelt treten sie auch in der Corallen- 
facies verschiedener Localitäten auf. Sie fehlen jedoch vollständig den 
schlammigen oder sandigen Litoralbildungen Nordfrankreichs, Englands 
und Norddeutschlands.. Wirft man einen Blick auf die übrige Fauna 
der eigentlichen Spongitenkalke, so spricht auch der Reichthum an 
Brachiopoden, Crinoiden und stellenweise an -Foraminiferen, sowie der 
‚ Mangel an ächten uferbewohnenden Gastropoden und Lamellibranchiern 
für eine Entstehung dieser Ablagerungen in tiefem Wasser. Die im 
oberen Jura verbreiteten Gattungen sind Tremadicetyon, Craticularia, 
Sphenaulax, Sporadopyle, Verrucocoelia, Pachyteichisma, Trochobolus, 
Cypellia, Stauroderma, (Casearia, Porospongia, Porocypellia, Stau- 


ractinella. 
Abh.d. II. Cl.d.k. Ak.d. Wiss. XIIT. Bd. I. Abth. 6 


42 


Zum gleichen Ergebniss führt die Verbreitung der Hexactinelliden 
in der Kreideformation. Sie fehlen in den älteren Stufen fast ganz oder 
kommen doch nur vereinzelt vor. Erst mit der Genoman-Gruppe 
stellen sie sich da in grösserer Menge ein, wo die als „Pläner“ ent- 
wickelten Ablagerungen durch Reichthum an Foraminiferen und Armuth 
an Litoralthieren den Charakter von Tiefseegebilden tragen. In Nord- 
deutschland, Sachsen, Böhmen, Schlesien und Polen liegen die ausgiebigsten 
Fundorte für mitteleretacische Hexactinelliden aus den Gattungen Ventri- 
eulites, Cystispongia. Camerospongia, Diplodietyon, Plocoseyphia, Pleu- 
rostoma etc. 

Die grösste Mannichfaltigkeit an fossilen Hexactinelliden und Lithi- 
stiden liefert die obere Abtheilung der cretacischen Formation, jedoch 
nur in solchen Ablagerungen, welche wie die Schreibkreide oder gewisse 
Kreidemergel seit langer Zeit aus vielfachen Gründen als Tiefseebildungen 
betrachtet werden. Im litoralen Kreidetuff von Maestricht, im Korallen- 
kalk von Faxoe oder in der craie pisolitique des Pariser Beckens hat 
ınan bis jetzt vergeblich nach Hexactinelliden gesucht. Die cretacischen 
Hexactinelliden zeichnen sich zum grössten Theil durch octa&drisch durch- 
bohrte Kreuzungsknoten der Sechsstrahler gegenüber den paläozoischen und 
jurassischen Formen aus und gehören mit wenig Ausnahmen eigenthüm- 
lichen, auf die Kreideformation beschränkten Gattungen an.  (Ventri- 
culites, Schizorhabdus, Liemosinion, Sporadoscinia, Rhizopoterion, Cepha- 
lites, Lepidospongia, Leptophragma, Pleurostoma, Guettardia, Coscinopora, 
ÖOphrystoma, Plocoscyphia, Tremabolites, Etheridgia, Toulminia, Camero- 
spongia, Oystispongia, Marshallıa, Callodietyon, Pleurope, Diplodietyon, 
Coeloptychium). Mit der Juraformation gemeinsam sind nur die Gat- 
tungen Craticularia und Verrucocoelia. 

Der Mangel an eigentlich abyssischen Absätzen in Nordeuropa während 
der verschiedenen Phasen der Tertiärzeit dürfte den Mangel an Hexacti- 
nelliden in dieser Formation am einfachsten erklären. Abgesehen von 
kleinen Skelettrümmern, die möglicher Weise zu den Gattungen Farrea und 
Myliusia gehören aus eocänem Sandstein von Brüssel*?) und aus miocänem 
Sand von Ruditz in Mähren, sowie einem miocänen Aphrocallistes aus 


42) Rutotl. c. pl. 3. Fig. 33. 34. 


43 


kKussland kenne ich keine tertiären Hexactinelliden aus dem nördlichen 
und mittleren Europa. 

Aber auch in den südeuropäischen Nummulitenbildungen, denen man 
theilweise wenigstens eine Entstehung in tiefem Wasser zuschreibt, 
kommen sie auffallender Weise nur als grosse Seltenheiten vor. Der 
einzige sichere Nachweis besteht in einer eocänen Gruettardia, welche 
d’Archiac aus der Gegend von Biarritz beschrieben hat. 

Diese vorläufig noch unaufgeklärte Lücke wird indess durch A. Pomel’s 
wichtige Entdeckung von zahlreichen Miocänspongien in der Provinz 
Oran theilweise ausgefüllt. Unter den nordafrikanischen Hexactinelliden 
spielt die Gattung Craticularia Zitt. (Laocoetis Pom.) durch erstaunlichen 
Formenreichthum die Hauptrolle, daneben werden noch Arten von Aphro- 
callistes (Badinskia Pom.), Tretostamnia Pom. und Placochlaenia Pom, 
sowie eine beträchtliche Menge Lithistiden beschrieben. 

Wenn sich somit die fossilen Hexactinelliden durch ihre eigenthüm- 
liche geologische Verbreitung fast ebenso bestimmt als Tiefseebewohner 
ausweisen, wie ihre lebenden Verwandten, so gewinnen wir in diesen 
Organismen ein wichtiges Moment zur Beurtheilung der Bildungsweise 
urweltlicher Ablagerungen. 

Die Beschränkung der fossilen Hexactinelliden auf Tiefseeabsätze 
bedingt aber auch mit Nothwendigkeit das sprungweise, durch lange 
Unterbrechungen geschiedene Auftreten derselben. In Formationsgliedern, 
welche bis jetzt nur in litoraler Facies bekannt sind, gibt es keine 
Hexactinelliden. Die verschiedenen Spongienhorizonte sind desshalb 
auch theilweise durch enorme zeitliche Zwischenräume auseinander ge- 
rückt. Es folgen z. B. auf die silurischen Formen unmittelbar 
die oberjurassischen (im Devon, Kohlenkalk und in der Dyas kennt man 
keine eigentlichen Spongitenschichten) und auch diese sind wieder 
durch eine weite Kluft von den mittel- und obercretacischen ge- 
schieden. Dies erklärt am besten die fundamentalen Verschiedenheiten. 
der im Alter aufeinander folgenden Spongienfaunen in Silur, in Jura, in 
Kreide und im Miocän. Wir haben uns unter diesen Umständen eher 
darüber zu wundern, dass überhaupt einzelne Gattungen zwei Formationen 
gemein sind, als dass z. B. die jurassischen und cretacischen Hexacti- 
nelliden grosse Verschiedenheiten aufweisen. 

6* 


44 


Es dürfte überhaupt wenige erhaltungsfähige Abtheilungen des 
'Thierreichs geben, von welchen die Paläontologie ein gleich fragmen- 
tarisches Bild ihrer Phylogenie liefert. Unsere ganze Kenntniss der fossilen 
Hexactinelliden beschränkt sich auf vereinzelte weit zerstreute Reste 
einer Entwicklungsreihe, deren Zwischenglieder vielleicht in Ablagerungen 
begraben liegen, welche jetzt unter den Meeresspiegel versenkt sind 
oder sich in noch unerforschten Erdtheilen befinden. Dass bei solchen 
Verhältnissen die Construction von Stammbäumen zur Zeit wenigstens 
ein ebenso unfruchtbares als undankbares Bemühen bleiben muss, bedarf 
kaum noch der Erwähnung. 


Uebersicht 


der fossilen Hexactinelliden-Gattungen. *°) 
A. Dietyowina. Zitt. 


1. Familie: Astylospongidae. 
Astylospongia. Ferd. Roem. 
Silur. Fauna des westl. Tennesee. 8. 8. 


Schwammkörper kugelig oder dick scheibenförmig, frei, ohne Anwachsstelle. 
Oentralhöhle klein, schwach veriieft oder ganz fehlend. Wassercirculations- 
system aus zahlreichen von der Peripherie nach dem Centrum verlaufenden 
und aus verlicalen dem Umriss des Schwammkörpers parallelen Canälen 
gebildet. Skelet aus verschmolzenen Sechsstrahlern mit dichten Kreuzungs- 
knoten bestehend. Gittergerüst unregelmässig mit polyödrischen, dreieckigen 


43) Beiden mit Diagnosen versehenen Gattungen habe ich abgesehen von wenigen Ausnahmen die 
Mikrostructur selbst untersucht. Genera, von denen mir keine Originalstücke zugänglich waren, sind 
ohne weitere Bemerkung unter Hinweis auf die Originalbeschreibung eitirt. Eine Synonymik 
wurde nicht angestrebt, wohl aber sind bei jeder Gattung eine oder mehrere typische Arten 
als Beispiele angegeben. Wo mir eine Art nur aus Abbildung und Beschreibung bekannt 
wurde, ist ein beigefügt. Diejenigen Arten, von denen ich die Originalexemplare eines 
früheren Autors untersuchen konnte, sind mit * bezeichnet. 


45 


oder viereckigen Maschen. In der Regel heften sich an einen Kreuzungs- 
knoten Arme mehrerer benachbarten Sechsstrahler an. 
Astylospongia praemorsa. Goldf. sp. Roem. |. ec. I. 1. 
Astylospongia castanea. Roem. Silur. Fauna von Sadewitz II. 3. 


Palaeomanon. F. Roem. Sılur Fauna. des westl. Tennsee. 8. 12. 


Von voriger Gattung nur durch die napfförmige Gestalt, weite Central- 
höhle und grösseren Ostien «auf den Seiten verschieden. 
P. cratera. F. Roem. 1. e. IL. 4. 


Protachilleum. Zitt. 


Schwammkörper pilzförmig, gestielt, Oberseite gewölbt, ohne Centralhöhle. 
Skelet aus grossen verschmolzenen Sechsstrahlern mit verdickten Kreuzungs- 
knoten bestehend. 

+P. Kayseri. Zitt. Kayser Beitr. zur Geol. und Paläontol. der Argent. 
Republik Il. 1. S. 22. t. V. Fig. 10. 


?’Eospongia. Billings. 
Geolog. Surv. of Ganada. Palaezoic foss. Vol. I. S. 19. 


3. Familie: Euretidae. 


Protospongia. Salter. 
Quart. journ. geol. Soc. 1864. XX. S. 238 t. XII. 12. %%) 


Calathium. Billings. 
Palaeozoic fossils. Geolog. Surv. of Canada. Vol. I. 1865. S. 208—211. 
335—38. 358. 


’Trachyum. Billings ibid. S. 211. 
Archaeocyathus. Billings ibid. S. 3—5. 354. 


?Steganodictyum. M’Coy. 
Palaeozoic fossils of the Cambridge Museum. t. 2 A. Fig. 14. 


44) ? Amphispongia Salt. (Mem. geol. Surv. Explanation of Edinburgh Sheet etc. pl. 2. Fig. 3) ge- 
hört möglicher Weise hierher, vielleicht aber auch zu den Lyssakinen. 


46 


Tremadictyon. Zitt. 


Becherförmig, tellerartig, walzig. Centralhöhle weit. Wand auf beiden 
Seiten mit ziemlich grossen in alternirenden Reihen stehenden rhom- 
boidischen oder ovalen Ostien. Badialcanäle blind. Wurzel knollig. Giter- 
skelet der Wand und Wurzel aus grossen, aber ungleichen und unregel- 
mässig geformten Maschen bestehend, indem die Arme der verschmolzenen 
Sechsstrahler sich häufig verdicken oder plattig ausbreiten. Kreuzungs- 
knoten dicht. Oberfläche der Wand beiderseits mit einem äusserst zarten, 
maschigen Netz verschmolzener Sechsstrahler überzogen, welches auch die 
Ostien überspinnt. Wurzel ohne Ostien und Canäle. 
Scyphia reticulata. Goldf. t. VI. 1. 
(Scyphia polyommata. Goldf.). 
Spongites obliquatus. Quenst. Jura t. 81. 9r. 


Craticularıa. Zitt. 


Schwammkörper einfach oder üästig. Beide Oberflächen mit zahlreichen 
rundlichen oder ovalen ÖOstien, welche in verticalen und horizontalen Reihen 
stehen und sich rechtwinklich kreuzen; zuweilen liegen die Ostien der einen 
Oberfläche auch in Längsfurchen. Die blinden Radialcanäle sind gerad- 
linig, ziemlich stark. Skelet aus grossen verschmolzenen Sechsstrahlern mit 
dichten Kreuzungsknoten bestehend, welche ein regelmässiges, lockeres Netz- 
werk mit cubischen Maschen bilden. Zuweilen ein Deckgespinnst wie bei 
Tremadictyon vorhanden. 

"Scyphia parallela. Goldf. t. II. 3. 

Scyphia clathrata. Goldf. II. 1. 

*Scyphia paradoxa. Münst. Goldf. XXI. 6. 

*Scyphia Beaumonti. Reuss. Böhm. Kr. t. XV. 12. 

jLaocoetis infundibulata. Pom. Paleontologie de l’Oran. T’® 3. 4. 

fLaocoetis dichotoma. Pom. 1. c. t. IIP® 3. 5. 


Eubrochus. Sollas. *) 
(eolog. Mag. 1876. S. 398. 


45) Die Gattung Eubrochus ist ungenügend charakterisirt, möglicherweise identisch mit Craticularia. 


47 


Sphenaulax. Zitt. 
Kreisel-, becher- oder keilförmig. - Oberrand abgestutzt. Wand dick, in 
grobe mändrische Falten gelegt, die auf der Aussenseite durch tiefe Längs- 
furchen geschieden sind. Die Falten von blinden Radialcanälen durchzogen, 
deren runde Ostien an der Wand der Ceniralhöhle münden und in hori- 
zontalen und vertikalen Reihen stehen, welche sich rechtwinklich kreuzen. 
Skelet und Deckhaut wie bei Craticularia. 
Sceyphia costata. Golfd. t. I. Fig. 10. 


Sporadopyle. Zitt. 
Becherförmig, trichterförmig oder ästig. Aeussere Oberfläche mit zerstreut 
oder im Quincunz stehenden Ostien. Radialcanäle einfach, blind. Innere 
Wund mit reihenförmig geordneten Ostien. sSkelet und Oberflächenschicht 
ähnlich Craticularia. 
Scyphia obliqua. Goldf. II. 5° >“ 
*Seyphia texturata. Goldf. I. 5. 
*Scyphia secunda. Mst. Goldf. XXXIH. 7. 
Spongites ramosus. Quenst. Jura. t. 83. ı. 


Verrucocoelia. Etallon. 

Actes de la societe jusassiene d’&mulation de Porrentruy 1860.8. 129. 
Polyzoisch, ästig, häufig mit knospenarlig um einen gemeinsamen Stamm 
gestellten Kelchen. Centralhöhlen röhrig, communicirend, mit terminaler 
Oeffnung oder geschlossen. Canalsystem kaum entwickelt, Ostien sehr klein, 

unregelmässig vertheilt. Oberfläche nackt. Skelet wie Sporadopyle. 
Achsencanäle der Sechsstrahler weit. 

*Scyphia verrucosa. Goldf. t. XXXVIIL. 8° 

Scyphia gregaria. Quenst. Jura. t. 81. 80. 

*Polycoelia laevigata. F. A. Roem. Spongit. t. XL. 8. 


3. Familie: Coscinoporidae. 


?Bothroconis. King. *°) 
A. Monograph of the Permian fossils. Pal. Soc. 1849. S. 14. 


46) Die Stellung dieser Gattung ist sehr zweifelhaft. Nach der Abbildung (Perm. foss. t. II. Fig. 7a) 
scheint sie zu den Hexactinelliden zu gehören. Noch problematischer ist Conis Lonsd. 
Quart. journ. V. S. 55—65 aus Atherfield, die möglicher Weise ein Kalkskelet besass. 


48 


Leptophragma. Zitt. 
Schwammkörper becherförmig. Wand dünn. Beide Oberflächen mit zahl- 
reichen, kleinen, meist in Längs- und (uerreihen geordneten Ostien 
von ganz feinen, blinden Radialcanälen. Skelet steinartig aus dichtem 
Gittergewebe von ziemlich unregelmässiger Anordnung bestehend. Die 
Maschen zwischen den Kieselfasern von sehr verschiedenartiger Gestalt. 
Kreuzungsknoten der Sechsstrahler dicht. Struktur der Wurzel mit der 
Wand übereinstimmend. 
*Seyphia Murchisoni. Goldf. t. LXV. 8. 
Scyphia striato-punctata. Roem. Kr. 3. 7. 
Scyphia angularis. Roem. Kr. 3. 2. 
Scyphia fragılis. Roem. Kr. 3. ıı. 


Pleurostoımna. Roem. (p. p-) 

Nordd. Kr. 8. 5. 
Schwammkörper blatt- und becherförnüg oder ästig, stets stark zusammen- 
gedrückt, mit einer Reihe grosser Oeffnungen an den abgerundeten schmalen 
Seiten. Wund dünn, beiderseits mit zahlreichen, unregelmässig geordneten, 

kleinen Ostien. Radialcanäle einfach blind. Skeletstruktur wie bei 

voriger Gattung. 
Pleurostoma radiatum. Roem. Kr. 1. 11.*%) 
Pleurostoma Bohemicum. Zitt. nsp. 


Guettardia. Mich. 

Ieonogr. zoophyt. 5. 121. 
Schwammkörper sternförmig gefaltet. Die 3—8& Falten der Wand reichen fast 
bis zum Centrum und werden von zwei parallelen, ebenen Wänden begrenet, 
die einen canalartigen, in die Centralhöhle mimdenden Raum einschliessen. 
Auf den stumpfen Kanten der Flügel befinden sich mehrere übereinander 
stehende grosse Oeffnungen. Beide Oberflächen der Wand sind mit zahl- 

reichen, runden Ostien von feinen, blinden Liadialcanälen bedeckt. 

Skelet wie bei Pleurostoma. 

Guettardia stellata. Mich. Ic. zooph. pl. 30 (exel. Fig. 6.) 

TVentriculites quadrangularis Mant. geol. Sup. XV. 6. 

Pleurostoma trilobata. Roem. Spongit. V. 8. 


47) Pleurostoma lacunosum. Roem. gehört in die Familie der Callodietyonidae und ist die typische 
Species der Gattung Pleurope. 


49 


fGuettardia Thiolati. d’Arch. M&m. Soc. geol. 2 ser. II. pl. V. 15. 
pl. VIII. 5—7. 


Coscinopora. Goldf. 
Petr. Germ. 1. S. 30. 
Becherförmig, mit verästelter Wurzel. Wand beiderseits mit zahlreichen 
im Quincunx stehenden Ostien von geraden blinden Radialcanälen bedeckt. 
Skelet zwischen den Canälen aus sehr unregelmässigem Gittergerüst gebildet, 
welches sich sowohl an der Oberfläche, als an den Wandungen der Canäle 
durch Zwischenbalken verdichtet. Kreuzungsknoten der Sechsstrahler zum 
Theil octaedrisch durchbohrt, zum Theil dicht. Wurzel aus langen durch 
Querbrücken verbundenen Kieselfasern bestehend. 
Coscinopora infundibuliformis. Goldf. IX. 16. XXX. 10. 
Coscinopora macropora. Goldf. ibid. IX. 17. 


4. Familie: Mellitionidae, 


Aphrocallistes. Gray. 

Proceed. zool. Soc. 1858. $. 115. 
Polyzoisch, ästig, knollig; die röhrigen Aeste am Ende geschlossen. Wand 
aus prismatischen, beiderseits offenen Radialröhren von sechsseitiger Form 
bestehend. Diese perforirenden Radialcanäle sind durch dünne Wände aus 
Gitterskelet geschieden. Letzteres besteht aus verschmolzenen Sechsstrahlern, 
welche durch die Canäle an einer regelmässigen Anordnung gehindert sind. 
Die Kreuzungsknoten sind undurchbohrt. Bei den lebenden Arten überzieht 
ein sehr zartes Gitternetz die Oberfläche und die Ostien der Canäle; ausser- 

dem sind sog. Desengabeln als Fleischnadeln reichlich vorhanden. 

Scyphia alveolites. Roem. Kr. II. 6. 

Aphrocallistes beatrix. Gray. Proceed. zool. Soc. 1858. $. 115. 

Aphrocallistes Bocagei. Wright. Quart. journ. mieroscop. Soc. vol. X. 
Be24.,pr 1: 


5. Familie; Ventriculitidae. 


Pachyteichisma. Zitt. 
Kreiselförmig oder schüsselförmig, mit sehr dicker aus senkrechten, mäan- 
drischen Falten bestehender Wand. Die Falten sind auf der Aussenwand 


durch tiefe, auf der Innenwand durch seichte Längsfurchen von einander 
Abh.d. 11.01. d.k. Ak.d. Wiss. XIII. Bd. I. Abth. 7 


50 


geschieden. Im Innern der Falten befinden sich blinde Radialcanäle, deren 
runde Ostien in Längsreihen auf der Magenwand stehen. Durch Abreibung 
der Oberfläche sind die Canäle häufig auch äusserlich sichtbar. Skelet aus 
sehr regelmässig geordneten grossen Sechsstrahlern mit octaedrischen Knoten- 
punkten bestehend. Deckschicht und Wurzel fehlen. 
Pachyteichisma Carteri. Zitt.: 
(= Fungit. Knorr & Walch Petref. tab. F. 3. Nr. 48. Fig. 5.) 
‘ Spongites lopas. (Juenst. Jura. 83. 5. 


Trochobolus. Zitt. 
Kreiselförmig oder cylindrisch, dickwandig mit ziemlich enger Centralhöhle. 
Oberfläche mit schollenförmigen Erhöhungen, welche durch tiefe Kurchen 
von einander geschieden sind. Die Ostien der meist gewundenen Radial- 
canäle befinden sich auf der Wand der Leibeshöhle. Skelet ähnlich der 
vorigen Gattung, die Maschen jedoch beträchtlich kleiner. Deckschicht und 
Wurzel fehlen. 
Trochobolus crassicosta. Zitt. nsp. (Ob. Jura. Streitberg.) 
Scyphia texata. Goldf. XXXH. 7. 


Ventriculites. Mantell. 

Fossils of the South Downs. pag. 167—178. 
Schwammkörper schüssel-, becher-, cylinder- oder trichterförmig. _Üen- 
tralhöhle weit. Wand mäandriscn gefaltet, die Falten entweder auf einer 
oder auf beiden Seiten durch. Längsfurchen geschieden oder dicht an- 
einander gedräng. KRadialcanäle zahlreich, ziemlich wei, meist in 
Längsreihen stehend, stets blind, ihre Ostien in sehr verschiedener Weise 
geordnet, theils auf beiden Seiten vorhanden, theils auf der inneren oder 
äusseren Oberfläche der Wand durch Furchen ersetzi. Skelet aus ver- 
schmolzenen Sechsstrahlern mit octaödrischen Kreuzungsknoten. Anordnung 
derselben mehr oder weniger unregelmässig, Maschen ziemlich gross. Die 
Oberfläche der Wand und der Canäle durch plattige Ausbreitung oder 
Verdickung der Sechsstrahlerbalken zu einer porösen Deckschicht verdichtet. 

Wurzel aus langen, durch Querbrücken verbundenen Längsfasern 

ohne Awencanäle. 
Ventriculites striatus. T. Smith. Ann. Mag. 1848. XII. 6 u. 13. 
*Scyphia Oeynhauseni. Goldf. LXV. 7. 


51 


*Coeloptychium muricatum. Roem. Kr. IV. 16. 
Scyphia angustata. Roem. Kr. VII. 10. 
*Scyphia Zippei. Reuss. Böhm. Kr. XVII. 5. 


Schizorhabdus. Zitt. 


Stabförmig, gegen oben schwach erweitert. Die ganze Wand auf einer Seite 

vom Rand bis zum Beginn der Wurzel aufgeschlitzi. Beide Seiten mit 

mehrfach sich spaltenden Längsfürchen versehen, in welchen sich die Ostien 

der blinden Radialcanäle befinden. Wurzel sehr stark verlängert, einfach, 

selten mit sSeitenknospen; auf der Oberfläche gefurcht, im Innern mit 
zahlreichen Verticalröhren. Mikrostruktur wie bei Ventricultes. 
Schizorhabdus libycus. Zitt. nsp. 


Tretostamnia. Pomel. 
Pal&eontologie de /’Oran. 8. 70. 


Rhizopoterion. Zitt. 


Schwammkörper becherförmig, gegen unten allmälig in einen sehr dicken 
verlängerten Stamm übergehend, welcher an seiner Basis horizontale Seiten- 
äste aussendet. Beide Oberflächen des oberen becherförmigen Theiles mit 
länglich ovalen, in alternirenden Lüngsreihen stehenden Ostien von blinden 
Radialcanälen bedeckt. Die Radialcanäle nehmen nach unten immer schiefere 
Richtung an und verwandeln sich schliesslich in verticale Röhren, welche 
in grosser Zahl den Stamm und die Wurzelausläufer des Schwammkörpers 
durchziehen. Mikrostruktur des Dechers wie bei Ventriculites. Stamm und 
Wurzeläste bestehen aus länglichen Kieselfasern ohne Axencanäle, die durch 
Querverbindungen ein hexactinellidenähnliches Gitterwerk hervorrufen. 
*Scyphia cervicornis. Goldf. IV. 11. XXV. 11. 


Sporadoscinia. Pomel. (emend. Zitt.) 
Pal&ont. de POran. 8. 84. 


Becher- oder cylinderförmig, gegen unten verschmälert, mit kurzer, einfacher 

oder ästiger Wurzel. Beide Oberflächen der Wand mit einer zusammen- 

hängenden, zuweilen porösen Deckschicht überzogen, in welcher zahlreiche 

Axenkreuze eingebettet liegen. Im dieser Deckschicht eingesenkt befinden 

sich auf der Aussenseite unregelmässig geformte Ostien von blinden Radial- 
Te 


52 


canälen. Auf der Innenseite stehen die Ostien in alternirenden Reihen 
oder in Längsfurchen. Wurzel schwach entwickelt, mit Verticalröhren. 
Mikrostruktur der vorigen Gattung ähnlich. 
Scyphia mierommata. Roem. Kr. II. 11. 
*Scyphia Decheni. Goldf. LXV. 6. 
*COribrospongia cariosa. Roem. Spongit. IX. 7. 


Licmosinion. Pomel. 
Palöont. de l’Oran. 8. 89. 
Schwammkörper blattförmig, mit kurzem Stiel festgewachsen. Beide Ober- 
flächen der Wand mit zahlreichen, ziemlich grossen, unregelmässig gestellten 
Ostien von blinden Canälen versehen. Skelet aus octaödrisch durchbohrten 
Sechsstrahlern bestehend, auf der Oberfläche zu einer porösen Deckschicht 
mit Axencanälen verdichtet. 
*Diplostoma folium. Roem. Spongit. IX. 6. 


Polyblastidium. Zitt. 
Schwammkörper polyzoisch, mit zahlreichen rings um eine verlängerte Axe 
stehenden Knospen. Letztere sind von kreiselförmiger Gestalt, am Ober- 
rand abgestutzt mit ziemlich enger ÜOentralhöhle. Güttergerüst weit maschig, 
mit octaedrisch durchbohrten Kreuzungsknoten. Die ganze Oberfläche von 
einer zusammenhängenden, porösen Deckschicht mit zahlreichen Axenkreuzen 
überzogen. Radialcanäle und Ostien fehlen. In den Zwischenräumen des 
Skelets befinden sich zahlreiche isolirte Stabnadeln. 
P. luxurians. Zitt. nsp. (Linden bei Hannover). 


Cephalites. T. Smith. (pars). *) 
Ann. Mag. 1848. S. 46. 279. 
Wie Ventriculites, nur Oberrand des Trichters abgestutzt, etwas verdickt 
und mit fein poröser Kieselhaut überzogen. 
jCephalites longitudinalis. T. Smith. Ann. Mag. nat. hist. 1848 pl. XIV. 1. 
}Cephalites guttatus, T. Smith. ib. XIV. 2. 
jCephalites paradoxus. T. Smith. ib. XIV. 3. 


Lepidospongia. Roem. 
Spongit. 8. 9. 
Aeussere Form ähnlich Ventriculites; Wand dünn, mäandrisch gefaltet, auf 


48) Ich kenne diese Gattung, welche übrigens in viel engerem Sinn als bei T. Smith gefasst ist, 
nur aus Beschreibung und Abbildung. 


33 


der Innenseite mit Längsfurchen. Aeussere Oberfläche mit einer dichten 

Kieselhaut überzogen, welche durch zahlreiche, in horizontaler Richtung ver- 

laufende Querspalien unterbrochen ist. Skeletstruktur wie bei Ventriculites. 
L. rugosa. Schlüt. Spongitariensch. des Münsterl. I. 1—4. 


6. Familie: Staurodermidae. 
Cypellia. Pomel. (emend. Zitt.) 

Pal&ont. de l’Oran S. 76. 
Kreiselförmig, schüsselförmig oder ästig, dickwandig ohne Wurzel. Gitter- 
gewebe unregelmässig, Kreuzungsknoten löcherig oder octaedrisch durchbohrt. 
Radialcanäle meist gebogen, perforirend, mit rundlichen oder länglichen, 
unregelmässig vertheilten Ostien auf beiden Seiten. Aeussere Oberfläche 
mit grossen kreuzförmigen Sechsstrahlern, deren nach Aussen gerichtete 
Arme verkümmert sind. Diese grossen Nadeln sind entweder durch plattige 
oder fadenförmige Kieselbrücken unregelmässig mit einander verkittet oder 

sie liegen in einer löcherigen Kieselhaut, welche die ganze Oberfläche 
überzieht. 
Scyphia rugosa. Goldf. II. 6. 
(Spongites dolosus. Quenst. S. 671). 


Stauroderma. Zitt. 
Polyzoisch. Trichter- oder tellerformig, oben ausgebreitet mit seichter 
Oentralhöhle.e. Wand dick. Auf der inmeren (resp. oberen) Oberfläche mit 
zahlreichen, Mündungen von vertieften Magenhöhlen. Aeussere (resp. 
untere) Oberfläche. wie bei Tremadictyon beschaffen. - Güterskelet ziem- 
lich unregelmässig, die Kieseltrabekeln oft verdickt oder plattig aus- 
gebreite. Kreuzungsknoten undurchbohrt. Die Ostien der Badialcanäle 
liegen auf der Aussenwand, die Canäle gehen schräg durch die Wand, 
laufen dann eine Strecke weit unter der innern Oberfläche fort und münden 
in die Oscula der Oberseite. Deide Oberflächen mit einer aus verkitteten 
Kreuznadeln von mässiger Grösse bestehenden Deckschicht übersponnen. 
Spongites Lochensis Quenst. Jura. t. 89. 96. 
(= Seyphia Buchi. Goldf. XXXN. 8). 


Porocypellia. Pomel. (emend. Zitt.) 
Paleont. de l’Oran 8. 77. 


Kreisel- oder bernförmig, klein, dickwandig, mit dem spitzen unteren Ende 


54 


festgeheftet. Centralhöhle röhrenförmig, an ihrer Wand mit runden, in 
Längsreihen stehen Ostien von einfachen, geraden Radialcanälen. Gitter- 
skelet unregelmässig mit octaedrischen Kreuzungsknoten; die Seitenöffnungen 
der hohlen Octaeder sind klein und meist ungleich, oft etwas verzerrt. 
Oberfläche und Oberrand mit einer glatten, von grossen runden Poren 
durchlöcherten Kieselhaut überzogen, in welcher die Axen von grossen 
Sechsstrahlern eingebettet liegen. 
"Scyphia pyriformis. Golaf. IH. 9. 


Casearia. Quenst. 

Jura S. 681. 
Oylindrisch oder becherförmig, nach unten zugespitzt, durch zahlreiche Ein- 
schmürungen in ringförmige Abschnitte getheilt. Centralhöhle röhrenförmig. 
Oberfläche mit einem sehr regelmässigen Gittergewebe überzogen, das aus 
normal verschmolzenen Sechsstrahlern mit breiten und kurzen Armen besteht, 
bei denen der nach Aussen gerichtete Arm siets verkümmert ist. Diese 
Deckschicht dringt an den Einschmürungsstellen in die Wand ein und 
bildet convexe Böden, wodurch die einzelnen Segmente von einander ge- 
schieden werden. Die Ostien der geraden HRadialcanäle sind aussen und 
innen von der Deckschicht übersponnen. Das eigentliche Gitterskelet der 
Wand ist ungemein wnregelmässig, indem sich die verschmolzenen Sechs- 
strahler ohne Ordnung um die Canäle gruppiren und überdies oft plattig 
ausgebreitete und verzerrte Arme besitzen, in denen wieder selbstständige 

Awenkreuze liegen. Die Kreuzungsknoten sind undurchbohrt. 
*Scyphia articulata. Goldf. II. 8. 
Casearia eurygaster. Zitt. 


Porospongia. d’Orb. 
Cours elem. de Paleont. I. S. 211. 
Plattig ausgebreitet, seltener kmollig oder cylindrisch., Auf der Oberseite 
mit mehr oder weniger zahlreichen kreisrunden Mündungen von Magen- 
höhlen. Die mit Osculis versehene Oberfläche ist von einer fein porösen 
oder dichten Kieselhaut überzogen, worin schwach erhabene, sehr grosse 
Kreuznadeln, sowie zahlreiche kleine sechsstrahlige Axenkreuze eingebettet 


. 


55 


liegen. Unterseite mit einem zarten, maschigen Netze verkitteter Kreuz- 
nadeln übersponnen. Die Wand besteht aus regelmässig zu cubischen 
Maschen von beträchtlicher Grösse verschmolzenen Sechsstrahlern mit dichten 
Kreuzungsknoten. Auf der Unterseite befinden sich kleine Ostien von ganz 
kurzen schwach entwickelten Canälen. 

*Manon marginatum. Goldf. XXXIV. 9%" 

*Manon impressum. Münst. ib. XXXIV. 10. 

*Porospongia fungiformis. Zitt. Goldf. XXXIV. 8*®* 


OÖphrystoma. Zitt. 

Von voriger Gattung durch die Deckschicht, in welcher nur kleime Axen- 
kreuze liegen und durch die octaödrisch dwrchbohrten Kreuzungsknoten der 
Skeletnadeln unterschieden. 

*Porospongia micrommata. Roem. Spongit. IV. 14. 


?Placochlaenia. Pomel. 1. c. 73. 


7. Familie: Maeandrospongidae. 


Plocoscyphia. Reuss. 

Böhm. Kr. S. 77. 
Schwammkörper knollig, kugelig oder unregelmässig, aus mäandrisch ge- 
wundenen, anastomosirenden und communicirenden Röhren oder Blättern be- 
stehend. Oberseite gewölbt, eben oder mit einer centralen Einsenkung. Wände 
der Röhren sehr dünn, zuweilen mit kleinen Ostien. Skelet aus ziemlich regel- 
mässig geordneten verschmolzenen Sechsstrahlern mit octaedrisch durch- 
bohrten Kreuzungsknoten bestehend. Bei einzelnen Arten besitzen die der 

Oberfläche genäherten Gitternadeln undurchbohrte Kreuzungsknoten. 

*Plocoscyphia labyrinthica. Reuss. Böhm. Kr. t. XVIIL 10. 

*Achilleum morchella. Goldf. XXIX. 6. 

*Plocoscyphia maeandrina. Roem. Spongit. X. 8. 


Tremabolites. Zitt. 
Schwammkörper knollig oder plattig, aus mäandrisch gewundenen, anastomosiren- 
den, dünnwandigen Röhren oder Blättern bestehend. Oberseite mit einer glatten, 
feinporösen Kieselhaut überzogen, in welcher ziemlich grosse, rundliche oder 


56 


ovale Oeffnungen, die zum Intercanalsystem gehören, liegen. Skelet aus 
verschmolgenen Laternennadeln bestehend. 
Manon megastoma. Roem. Kr. 1. 9. 
Coeloptychium confluens. Fischer v. Waldh. Bull. Soc. imp. des natur. 
de Moscou 1843. vol. XVI. pl. XVIL. 1. ' 


Etheridgia. R. Tate. 

Quart. journ. geol. Soc. 1874. vol. XXI. 43. 
Halbkugelig; auf der ebenen Unterseite gehen vom Üentrum radiale Röhren 
aus, welche entweder durch breite Querbrücken verbunden sind oder dicht 
nebeneinander liegen. Diese Röhren senden gegen oben verschlungene und 
anastomosirende Röhren aus, welche die halbkugelige Oberseite bilden. Diese 
ist von einer glatten, feinporösen Kieselhaui überzogen; in ihrem Scheitel 
befindet sich eine tiefe Einsenkung ; andere gleichfalls dem Intercanalsystem 
angehörige Oeffnungen von unregelmässiger Form sind ohne alle Ordnung 
auf der Oberseite vertheili. Das Skelet der dünnwandigen Röhren besteht 

aus Laternennadeln. 

Coeloptychium verrucosum. Fischer v. Waldh. Bull. Soc. imp. des 
nat. de Moscou 1843. vol. XVI. pl. XVL 

Coeloptychium Goldfussi. Fisch. ib. 1844. XVIL pl. VIL 2. 3. 

jEtheridgia mirabilis. R. Tate. Quart. journ. geol. Soc. 1864. XXI. 
DE VE 


Toulminia. Zitt. 
Schwammkörper becherförmig, sehr dickwandig, mit tiefer Centralhöhle. 
Wurzel verästelt. Wand aus dünnen mäandrisch gewundenen Blättern 
bestehend. Oberrand abgestuzt, breit, mit glatter, feinporöser Kieselhaut 
überzogen. 

jCephalites catenifer. Toulmin Smith. Ann. Mag. nat. hist. 1848. 
pl. WW. p. 14. 15:16: 

fCephalites compressus. T. Smith. ib. XIV. 10. 


Camerospongia. d’Orb. 
1847. Traite el&em. de Paleont. II. S. 212. 
Schwammkörper kugelig, halbkugelig oder birnförmig. Obere Hälfte mit 
einer glatten, dichten oder feinporösen Kieselhaut überzogen, in der Mitte 


57 


mit einer kreisrunden trichterförmigen Vertiefung. Untere Hälfte des 
Schwammkörpers «uf der Aussenseite mit gewundenen Rippen. Der 
Schwammkörper selbst besteht aus dünnwandigen, mäandrisch verschlungenen 
Röhren, welche aus mehreren Lagen regelmässig geordneter verschmolzener 
Sechsstrahler mit octaedrisch durchbohrten Kreuzungsknoten 
zusammengesetzt sind. 

Scyphia fungiformis. Goldf. LXV. 4. 

Gephalites campanulatus. Toulm. Smith. 1. ec. pl. XIV. 12. 13. 

*Camerospongia Schlönbachi. Roem. Spongit. 3. 5. 


Cystispongia. Roem. 
Spongit. 7. 
Birnförmig, eiförmig, vollständig von einer dichten Kieselhaut überzogen, 
welche nur eine oder mehrere (2—4) grosse umrandete Oeffnungen von 
unregelmässiger Gestalt frei lässt; diese Oeffnungen sind beträchtlich ver- 
tieft. Im Innern befinden sich mäandrisch verschlungene, sehr dünnwandige, 
undeutlich radial geordnete Röhren, deren geschlossene Enden in die zu 
den grossen Oeffnungen gehörigen Einsenkungen hineinreichen. Das Gitter- 
skelet der Röhren besteht aus verschmolzenen Sechsstrahlern mit undurch- 
bohrten Kreuzungsknolen und zeigt meist eine sehr unregelmässige Anordnung, 
indem sich Arme von Sechsstrahlern an die Kreuzungsknoten einer benach- 
barten Nadel anheften. 


Cystispongia bursa Quenst. Roem. Spongit. IV. 7. 


Ss. Familie: Callodietyonidae. 


Callodictyon. Zitt. 
Trichterförmig, dünnwandig.  Centralraum sehr weit. Wand eben, aus 
mehreren Schichten verschmolzener Sechsstrahlern bestehend, welche reihen- 
förmig geordnete quadratische Maschen bilden. Die Kreuzungsknoten der 
Sechsstrahler sind octaedrisch durchbohrt, die Kieselarme mit Dornen be- 
waffnet. Die Oberflächenschicht wird durch plattige Ausbreitung der Kiesel- 
stäbe der äusseren Skeletlagen gebildet, wobei jedoch alle Maschen zur 
Wassercirculation offen bleiben. Canäle und Ostien fehlen. 
C. infundibulum. Zitt. nsp. (Ob. Kreide von Ahlten.) 
Abh. d. I. Cl.d. k. Ak.d. Wiss. XII. Bd. I. Abtb. 8 


Marshallia. Zitt. 

Wie vorige Gattung, aber die dünne Wand mit wenigen breiten spiralen 
oder longitudinalen Falten versehen, auf deren Rücken sich vereinzelte 
grössere Oeffnungen befinden. 

*Pleurostoma tortuosum. Roem. Spongit. VI. 1. 
*Coeloptychium alternans. Roem. Kr. IV. 6. 


Becksiıa. Schlüt. 

Sitzungsb. d. niederrh. Ges. Bonn. 1868. S. 93. 
Schwammkörper becherförmig, an der Basis mit stacheligen Anhängen. 
Centralraum sehr weit. Oberer Theil der dünnen Wand eben, gegen die 
Basis mit groben, rundlichen Falten, zwischen denen Oeffnungen freibleiben. 
Diese Oeffnungen stehen mit Röhren in Verbindung, welche sich in einem 
horizontalen Hohlring vereinigen. Die Wand des Bechers in den Röhren 
besteht aus regelmässig geordneten Laternennadeln, deren Arme mit Stacheln 

oder wurzelförmigen Fortsätzen verziert sind. 

Becksia Soekelandi. Schlüt. Spongitarienschichten des Münsterlandes 

DCDUETLE Ted Be 


Pleurope. Zitt. 
Schwammkörper schmal, blattförmig, verlängert, zusammengedrückt, auf den 
schmalen Seitenflächen mit grossen, runden oder ovalen Oeffnungen. Basis 
verlängert, aus dichten Längsfasern mit Querverbindungen bestehend. Die 
Wand des oberen Theiles des Schwammkörpers wird aus 3—5 regelmässig 
angeordneten Schichten verschmolzener Sechsstrahlern mit  octaedrischen 
Kreuzumgsknoten gebildet, welche grosse cubische Maschen zwischen sich 
frei lassen. Dieses Gitterskelet wird jedoch auf der Aussenseite von mehr 
oder weniger dicken Schichten des Wurzelgewebes überzogen; letzteres. vst 
auf der Oberfläche mit zahlreichen kleinen Ostien versehen und von feinen 
Radialcanälen durchzogen, welche sich indess nicht in das Gitterskelet der 
Wand fortsetzen. Die Innenseite der Wand ist nackt und mit vielen kleinen 
Ostien versehen, die mit den Maschen des Gittergerüstes communiciren. 
Die Wurzel besitzt weder Ostien noch Candle. 


Pleurostoma lacunosum. Roem. Kr. I. 19. 


Diplodictyon. Zitt. 
Schwammkörper zusammengedrückt, breit, mit dickem, knolligem Stiel und 
flacher Basis. Die schmalen Seiten, wie. bei Pleurope, mit grossen rund- 
lichen Löchern. Die Wand des zusammengedrückten Dechers besteht aus 
zwei verschiedenen Skeletschichten. Die innere wird von regelmässig ver- 
schmolzenen Laternennadeln mit sehr dicken, glatten Armen gebildet; die 
äussere dagegen ist aus unregelmässig geordneten Sechsstrahlern mit dichten 
Kreuzungsknoten zusammengesetzt. Diese Sechsstrahler der Aussenseite ent- 
wickeln sich gegen unten immer stärker und bilden das Material des ganzen 
Wurzelstockes. Die äussere Loge der Wand isi am oberen Theil des 
Schwammkörpers mit zahlreichen Ostien von Radialcanälen bedeckt, welche 
nur bis zur innern weitmaschigen Schicht reichen. Auf der Imnenwand 
dienen die Maschenöffnungen als Einströmungsostien. 


*Scyphia heteromorpha. Reuss. Böhm. Kr. XVII. 1. 2. (non 3. 4.) 


9. Familie: Coeloptychidae. 


Coeloptychium. Goldf. vgl. S. 39. 


Coeloptychium agaricoides. Goldf. (Zitt. Abhandlungen k. bayr. Ak. 
el Baal. IN. 3.59.) 
Coeloptychium deciminum. Roem. Zitt. ibid. 


8. 62 
Coeloptychium lobatum. Goldf. Zitt. ibid. S. 73. 


. 


B. Lyssakina. Zitt.*°) 
Acanthospongia. M’Coy. Synopsis Silur. foss. of Ireland 8. 67. 


Die grosse Axe der Nadeln wird 5—10"”" lang, die beiden andern sind 
kürzer. Die Kreuzungsknoten sind verdickt und dich. Die 6 Arme 


49) Möglichlicher Weise ist zu den Lyssakinen auch die Gattung Astraeospongia Roem. als aber- 
rante Form zu rechnen, obwohl die grossen aus Kalkspath bestehenden Sternnadeln dieses 
Schwammes 3 in einer Ebene liegende Axen und ausserdem noch eine senkrechte, jedoch 
immer verkümmerte Axe besitzen. : 

g* 


60 


werden gegen die Spitzen dünner und schwellen gegen das Centrum an. 
Axencanäle deutlich sichtbar. 
}Acanthospongia Siluriensis. M’Coy. 1. c. 8. 67. 
Acanthospongia Smithi. Young. Nature 1876. 8. 481. 


Stauractinella. Zitt. 
Form des Schwammkörpers kugelig, ungestielt. Skelet aus grossen, ein- 
fachen isolirten Sechsstrahlern mit ungleich langen Armen bestehend. In 
der Regel ist ein Strahl stark verlängert (6—8”" lang). Die Stelle 
wo sich die 6 Arme kreuzen, ist kaum verdickt, überhaupt besitzen die 
Arme ihrer ganzen Länge nach so ziemlich die gleiche Stärke. 
St. jurassica. Zitt. 


?Acestra. F. Roem. 
Fossile Fauna der Geschiebe von Sadewitz. S. 56. t. VI. 7. 


Die stabförmigen Körper sind möglicher Weise Nadeln aus dem 
Wurzelschopf einer Hexactinellide. 


Nachtrag. 


Die vorstehende Abhandlung wurde am 13. Januar 1877 in der 
mathem.-physikalischen Classe vorgelegt und gelangte unmittelbar darauf 
in den Druck. In den ersten Tagen des Februar kam mir die Januar- 
Nummer der „Annals and Magazine of Natural history* pro 1877 zu 
Gesicht, worin eine Abhandlung von W. J. Sollas „on Stauronema, a 
new genus of fossil Hexactinellid Sponges, with a description of its two 
species, St. Carteri and St. lobata“ enthalten ist. 

Herr Sollas beschreibt sehr ausführlich die äussere Form, den 
Aufbau und die Mikrostruktur der blattförmigen, an den Seitenrändern 
etwas umgebogenen Schwammkörper und beschäftigt sich zum Schluss 
eingehend mit dem Erhaltungszustand und den eigenthümlichen bei 
diesen Versteinerungen vorkommenden Fossilisationserscheinungen. Ich 
kann mir nicht versagen, auf diese Arbeit des Herrn Sollas mit beson- 
derer Befriedigung hinzuweisen. Er ist der einzige Paläontologe, dessen 
Untersuchungsmethode mit der in vorstehender Abhandlung, sowie in 
meiner Monographie von Coeloptychium eingeschlagenen der Hauptsache 
nach übereinstimmt und es spricht gewiss für die Zuverlässigkeit der- 
selben, wenn zwei ganz unabhängig arbeitende Beobachter in wesentlichen 
Punkten zu gleichem Ergebniss gelangen. 

Als ich im August 1876 bei Gelegenheit der Generalversammlung 
der Deutschen geologischen Gesellschaft zu Jena in einem Vortrag über 
die Organisation und Systematik der fossilen Spongien°®) unter Vorlage 


50) Zeitschr. d. deutschen geolog. Ges. XXVII. S. 631. 


62 


zahlreicher nach mikroscopischen Präparaten hergestellter Zeichnungen 
auf die grosse Uebereinstimmung gewisser lebender und fossiler Hexactı- 
nelliden hinwies und gleichzeitig die bei fossilen Hexactinelliden und 


Lithistiden so häufie 


g zu beobachtende Umwandlung des ursprünglich 


kieseligen Skeletes in Kalkspath °!) erörterte, wurden mir im Privat- 
gespräch mehrfache Bedenken gegen diese chemische Substitution ge- 
äussert. Es scheint mir darum bemerkenswerth, dass Herr Sollas in dieser 
Frage genau dieselbe Ansicht ausspricht; ebenso stimmen seine Beob- 
achtungen bezüglich des optischen Verhaltens der fossilen Hexacti- 
nellidenskelete vollständig mit den meinigen überein. °?) 

Was die Gattung Stauronema betrifft, die bis jetzt nur aus dem 
Gault von Folkestone und dem oberen Grünsand der Insel Wight be- 
kannt ist, so schliesst. sich dieselbe zunächst an Aphrocallistes an. 

Aus der ausführlichen Beschreibung und den bildlichen Darstellungen 
von Sollas glaube ich folgende Gattungsdiagnose ableiten zu dürfen: 


Familie: Mellitionidae. Zitt. 
Gattung: Stauronema. Sollas. 


Schwammkörper blatiförmig, an den Seitenrändern etwas umgebogen, auf 
einer Seite gewölbt, auf der andern concav, mit der verschmälerten Basis 
festgewachsen. Wand dick mit zahlreichen geraden im (Quwincunz stehenden 
perforirenden Canälen. Das Skelet besteht aus einem sehr regelmässigen 
Gitterwerk ziemlich grosser Sechsstrahler, deren Arme und dichte Kreuzungs- 
knoten so beträchtlich verdickt sind, dass die Maschen ein kleines Lumen 
und eine rundliche Gestalt erhalten. Beide Oberflächen sind mit einer 
dünnen Kieselhaut überzogen, welche von zahllosen ungleichgrossen, rund- 
lichen oder unregelmässig geformten Poren und Oeffnungen durchbrochen 
ist. Diese poröse Deckschicht überspinnt auch die Ostien der Canäle. 
St. Carteri u. lobata. Sollas. 


‚»l) Vgl. diese Abhandlung 8. 11. 12. 13, 

52) „J cannot attempt to explain all the various mineral changes and replacements which we have 
now described; they are as obcure as most of the pseudomorphic alterations which oceurs in 
fossilization; but two most important facts stand out from all the rest in my mind: — first, 
that siliceous fibre may be completely replaced by carbonate of lime without obliterating its 
structure; and next, that spicular silica may with laps of time pass from the colloid to the 
erystalline state.“ 1. c. 8. 21. 


63 


Schliesslich möchte ich noch bemerken, dass Herr Sollas die 
Stromatoporen ??) für Hexactinelliden hält, eine Auffassung, welche ich 
nicht zu theilen vermag. Die zoologische Stellung von Stromatopora 
und Parkeria scheint mir nach den neuesten scharfsinnigen Untersuch- 
ungen Carter’s5#) kaum noch zweifelhaft zu sein. Darnach sind 
die genannten Gattungen weder Spongien, noch Foraminiferen, sondern 
die nächsten Verwandten der Hydractinien mit kalkigem Skelet und 
schliessen sich als solche den Hydromedusen an. Zur gleichen Gruppe 
gehört nach Lindstroem ®) auch die Gattung Labechia Edw. u. H. 
aus der ehemaligen Ordnung der Zoantharia tabulata. 


München, den 15. Februar 1877. 


58) 1. c. S. 2. 
54) Annals and Magazine of nat. hist. 1877. vol. XIX. S. 44. 
55) ibid. 1870. vol. XVII. S. 4. 


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Studien 


über 


fossile Spongien, 


Zweite Abtheilung: 


Lithistidae. 


Von 


Karl Alfred Zittel, 


ordentl. Mitglied der k. bayer. Akademie der Wissenschaften. 


Abh.d.II.Cl.d.k. Ak.d. Wiss. XIII. Bd. I. Abth. 


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Studien über fossile Spongien. 


II. Lithistidae. 


A. Allgemeiner Theil. 


Seit Veröffentlichung der ersten Abtheilung dieser Studien ist die 
Literatur über fossile Spongien um ein Werk von hervorragender Be- 
deutung. bereichert worden. Vom fünften Bande der „Petrefaktenkunde 
Deutschlands“ von F. A. Quenstedt sind die drei ersten Lieferungen 
erschienen. Dieselben handeln ausschliesslich von fossilen Spongien. Auf 
16 Foliotafeln wird der bewunderungswürdige Reichthum an Seeschwämmen 
im weissen Jura von Schwaben und Franken zur Anschauung gebracht 
und zwar stehen die Abbildungen hinsichtlich ihrer Naturwahrheit und 
Genauigkeit bis jetzt unübertroffen da. Leider hat es Herr Professor 
Quenstedt verschmäht, auch den histologischen Verhältnissen seine Auf- 
merksamkeit zu schenken. Die Strukturverhältnisse sind nur so weit 
berücksichtigt, als sie sich mit der Lupe erkennen lassen und dadurch 
ist der zoologische Werth dieses wichtigen Werkes wesentlich beein- 
trächtigt. Bei der Gruppirung der einzelnen Formen wird dem geolo- 
gischen Vorkommen und dem allgemeinen Habitus in erster Linie Rech- 

9* 


68 


nung getragen, auf eine systematische Behandlung des Materials im 
zoologischen Sinne ist von vornherein Verzicht geleistet; es bleibt dem 
Leser überlassen, die an einzelnen Species gemachten Beobachtungen zu- 
sammenzufassen und daraus Gattungen, Familien u. s. w. zu construiren. 
Quenstedt’s Monographie besteht lediglich aus Speciesbeschreibungen; 
Gattungsnamen für einzelne Gruppen werden zwar gelegentlich vorge- 
schlagen, jedoch selten im Text consequent beibehalten und niemals durch 
Diagnosen präcisirt. z 

Bei den Gitterschwämmen wird gelegentlich auf die lebenden 
Hexactinelliden hingewiesen, bei allen übrigen Formen dagegen ver- 
misst man Andeutungen über ihre Stellung zu den Spongien der Jetzt- 
zeit. Fossile und lebende Seeschwämme stehen darum in Quenstedt’s 
neuester Publikation noch ebenso unvermittelt gegenüber, wie in den 
Werken von Goldfuss, Michelin, d’Orbigny, Fromentel u. A. 
So vortrefflich auch Quenstedt die äussere Erscheinung und theilweise 
auch das Canalsystem der oberjurassischen Lithistiden, welche zumeist unter 
den Gattungsnamen Siphonia, Cnemidium (Unemispongia), Tragos und 
Planispongiae begriffen werden, durch zahlreiche Abbildungen zur An- 
schauung bringt, so erhalten wir doch nicht die mindeste Belehrung 
über ihre feineren Struckturverhältnisse und systematische Gruppirung. 
Es dürften desshalb auch die nachfolgenden, nach anderer Methode und 
anderen Gesichtspunkten ausgeführten Untersuchungen durch die Quen- 
stedt’sche Monographie nicht überflüssig geworden sein. 

Den ersten sicheren Nachweis von der Existenz fossiler Lithistiden 
verdankt man Oscar Schmidt.!) Bald darauf (1871) erkannte H. Carter?) 
einige isolirte Kieselkörperchen aus dem Grünsand von Haldon als 
Lithistiden-Reste. Gabelanker und vierstrahlige Skelet-Körperchen von 
Lithistiden bilden P. Wright?) aus der Kreide von Irland und Rutot?) aus 
eocänem Sand von Brüssel ab. In einer Abhandlung über die fossile 
Spongiengattung Pharetrospongia erwähnt endlich Herr W. J. Sollas, dass 
die Gattungen Siphonia und Polypothecia zu den Lithistiden gehören. °) 


1) Grundzüge einer Spongienfauna des Atlantischen Gebietes. Leipzig 1870. S. 24. 

2) Annals and Magaz. of nat. history. 4 ser. vol. VII. S. 112. 

3) Report of Belfast Naturalist’s field Club 1873. 74 Append.t. fig. 16, 17, 18. t. III fig. 2, 3. 8—10. 
4) Annales de la societe malacologique de Belgique t. IX 1874 pl. III fig. 9—11. 22—26. 43. 45 u. 46. 
5) Quarterly journ. geol. Soc. 1877. vol. XXX S. 252. 


69 


Ich selbst habe mich seit mehr als zwei Jahren fast ausschliesslich 
mit dem Studium der fossilen Spongien beschäftigt und bereits bei Ge- 
legenheit der Jahres-Versammlung der deutschen geologischen Gesellschaft 
in Jena im Herbst 18769), sowie bei der 50. Naturforscher-Versammlung 
in München im September 1877°) Mittheilungen über die Organisations- 
verhältnisse, Mikrostructur und geologische Verbreitung der fossilen Hexac- 
tinelliden und Lithistiden gemacht und dieselben durch Vorlage mikro- 
scopischer Präparate und zahlreicher Zeichnungen erläutert. 

Darauf beschränkt sich meines Wissens Alles, was bis jetzt über das 
Vorkommen fossiler Lithistiden bekannt geworden ist. Auch die Literatur 
über die lebenden Vertreter dieser Spongiengruppe besitzt nur geringen 
Umfang. Die ersten hierher gehörigen Formen wurden von Johnson,®) 
Gray,’) Bowerbank'®) und Bocage'') beschrieben, jedoch trotz der 
Eigenthümlichkeit ihrer Struktur-Verhältnisse nicht von den übrigen See- 
schwämmen mit glasartigem (siliceo-fibrous) Skelet geschieden. Erst im 
Jahr 1870 veranlasste die Untersuchung mehrerer im Atlantischen Ocean 
neu entdeckter Arten Oscar Schmidt!?) zur Errichtung einer selbst- 
ständigen Ordnung der Lithistiden. Oscar Schmidt bezeichnet (l. c. 
S. 21) als solche „die Spongien mit zusammenhängendem Kieselge- 
webe, dessen Fasern nicht nach dem dreiaxigen Typus wachsen, sondern 
ein scheinbar ganz regelloses Gewirr bilden. In diesem ist in der Regel 
eine centrifugale und eine concentrische Hauptrichtung nicht zu verkennen, 
worin sich jedoch nicht der Einfluss eines dominirenden Nadeltypus aus- 
spricht, sondern die Anpassung an die allgemein gültigen Strömungs- 
verhältnisse. Obschon auch ihre Sarcode Eigenschaften hat, welche sie 
einigermassen den Hexactinelliden und mit ihnen wahrscheinlich den 
fossilen Spongien nähert, schliessen sie sich in dem bei jener Gruppe ganz 
unklaren Canalsystem ganz eng an die (anderen) lebenden Spongien an. In 


6) Zeitschr. d. deutschen geolog. Ges. Band 28. S. 631. 

7) Amtl. Ber. über d. 50. Versammlung deutscher Naturforscher u. Aerzte in München 1877. S. 161. 
8) Proceed. zool. Soc. Lond. 1863. S. 259. 

9) ib. 1859. S. 565. fig. 1.; 1867. S. 507 u. 1868. S. 565. 

10) ib. 1869. S. 66—100. pl. II—VI. 8. 323. 

11) Journal des Sc. math. Phys. et Nat. Lisbonne 1869 No. IV. 

12) Grundzüge einer Spongienfauna des Atlant. Gebietes. Leipzig 1840. 8. 21. 


70 


der äusseren Körperform ist innerhalb der Familie keine Uebereinstim- 
mung, doch sind schüssel- und löffelförmige Arten häufig.“ 

Was dieser Charakteristik an Schärfe und Bestimmtheit abgeht, wird 
ersetzt durch die sorgfältige Beschreibung und Abbildung von acht Arten, 
welche O. Schmidt unter die drei Gattungen Leiodermatium, Corallistes 
und Lyidium vertheilt. 

Eine vollständige Zusammenstellung und kritische Besprechung 
sämmtlicher bis zum Jahre 1873 bekannter Lithistiden veröffentlichte 
H. Carter.") 

In dieser trefflichen Abhandlung werden die Merkmale der Lithi- 
stiden schärfer, als es durch Oscar Schmidt geschehen war, festge- 
stellt und die ganze Gruppe folgendermassen charakterisirt: „Spicules 
developed upon a quadriradiate division of the central canal, held together 
by amorphous sarcode and an interlocking of their filigreed arms, forming 
a reticulated glassy structure, whose interspaces are more or less irregular 
and curvilinear. Composed of two kinds of „Skeleton spicules“, viz. 
those which form a layer on the surface and are accompanied by minute 
or „flesh spicules“ characterizing the species, and those forming the body, 
which are more or less alike in all the species and accompagnied by 
fewer flesh-spieules.. The skeleton spieules of the surface, which, for 
the most part, are provided with a smooth, pointed, vertical shaft, directed, 
inwards, and a horizontal head of different shapes according to the species, 
will be termed „surface-“ and the spicules of the body, which inter- 
lock with their neighbours through a filigreed development of all the 
arms, will be termed „body-spicules.“ 

« Von Carter wurden ausserdem später mehrere durch Professor W y- 
ville Thomson an Bord der Porcupine im Atlantischen Ocean aufge- 
fischte Tiefsee-Lithistiden einer genauen Analyse unterworfen.'*) 

Auch A. Pomel”) gibt in seinem grossen Werk über die fossilen 
Spongien von Oran (Pl. A., B und E.) Abbildungen von mehreren lebenden 
Lithistiden. Leider fehlt jedoch den Gattungen Cisselia, Aegophymia und 
Pumicia Pom. eine genauere Beschreibung der feineren Strukturverhältnisse, 


13) Annals and Mag. nat. hist. 1873. 4 Ser. vol. XII. S. 349—372. 437—472. 
14) ib. 1876. 4 Ser. vol. XVIII 8. 460 —468. 
15) Paleontologie de l’Oran. 1873. 


rt 


so dass sich kauim mit Sicherheit entscheiden lässt, ob dieselben mit bereits 
. bekannten Formen übereinstimmen, oder ob sie als neue Gattungen oder 
Arten zu betrachten sind. 

Aeussere Gestalt. 

Die äussere Erscheinung der Lithistiden ist überaus mannigfaltig und 
selbst innerhalb ein und derselben Gattung nichts weniger als beständig. 
Bei der soliden, steinartigen Beschaffenheit des Skeletes hätte man eine 
grössere Formbeständigkeit als bei den übrigen Spongien, erwarten können, 
allein trotz dieses Umstandes lässt sich auch auf die Lithistiden der Satz 
anwenden, dass die allgemeine Gestalt in der Systematik der Spongien 
nur eine secundäre Rolle zu spielen hat und niemals zur Charakterisirung 
von Ordnungen oder Familien verwerthet werden darf. 

Die Lithistiden ahmen am häufigsten die Form von Schüsseln, 
Bechern, Blättern, Kreiseln, Cylindern nach, aber auch kugelige, birn- 
förmige, knollige und unförmliche Körper erscheinen nicht selten, während 
ästige und buschige Stöcke nur bei wenigen Gattungen vorkommen. Sie 
sind in der Regel festgewachsen. Bei vielen entwickelt sich der untere 
Theil des Schwammkörpers zu einem längeren oder kürzeren Stiel, welcher 
am Ende wieder mit wurzelartigen Ausläufern versehen ist; andere be- 
festigen sich mit breiter Basis auf ihrer Unterlage, ja leben unter Um- 
ständen als parasitische Krusten auf fremden Körpern und nur wenige 
(Aulocopium, Plinthosella, Spongodiscus) scheinen überhaupt jeder An- 
heftungsstelle zu entbehren. 

Von den Hexactinelliden unterscheiden sich die Lithistiden im All- 
gemeinen durch ihre viel diekeren Wandungen und durch das dichtere 
Gewebe des Kieselskeletes. Dünnwandige Röhren oder mäandrisch ge- 
wundene zarte Blätter, welche man nicht selten bei den Hexactinelliden 
beobachtet, (Euplectella, Eurete, Plocoscyphia, Myliusia), kommen bei den 
Lithistiden nie vor. Der Schwammkörper besteht aus einer compakten, 
steinartigen Masse von grosser Festigkeit, welche bei makroscopischer 
Betrachtung. eher an die Struktur gewisser Korallen und Hydromedusen 
mit stark entwickeltem Coenenchym als an jene der eigentlichen Spongien 
erinnert. 

Von wesentlichem Einfluss auf die äussere Erscheinung ist das Vor- 
handensein oder der Mangel einer oder auch mehrerer Magenhöhlen. 


72 


Senkt sich eine einzige centrale Leibeshöhle von trichter- oder röhren- 
förmiger Beschaffenheit in einen Schwammkörper von cylindrischer, kegel- 
förmiger, kugeliger oder birnförmiger Gestalt ein, so steht der mono- 
zoische Charakter desselben ausser Zweifel. Die Gattungen Aulocopium, 
Melonella, Cylindrophyma, Coelocorypha, Scytalia, Pachynion, Siphonia, 
Trachysycon, Phymatella, Theonella, Discodermia, Isoraphinia u. A. ge- 
hören hierher. 

Ebenso entschieden dürfen als polyzoische Stöcke solche Formen be- 
trachtet werden, bei denen vereinzelte grössere Oscula mit entsprechend 
vertiefter Canal-Einsenkung in grösserer Entfernung auf einem knolligen 
oder ästigen Körper vertheilt sind, wie z. B. bei den Gattungen Astro- 
bolia und Astrocladia. 

Eine für gewisse fossile Lithistiden sehr charakteristische Erscheinung 
ist der Ersatz einer einfachen Magenhöhle durch eine grössere oder ge- 
ringere Anzahl, theils zu Bündeln gruppirter, theils in Reihen geordneter, 
theils unregelmässig vertheilter Verticalröhren, welche in senkrechter 
oder doch nahezu senkrechter Richtung die Skeletmasse des Schwamm- 
körpers durchdringen und meist bis zur Basis hinabreichen. Diese Röhren 
sind gewöhnlich kreisrund, unverzweigt, federkielartig und in ihrer ganzen 
Länge nahezu von gleichem Durchmesser, während die eigentlichen Magen- 
höhlen sich immer mehr oder weniger nach unten verengen. Ihre Münd- 
ungen liegen im Scheitel oder am Oberrand des Schwammkörpers, der 
in den meisten Fällen eine cylindrische, ästige oder länglich birnförmige 
Gestalt besitzt. Bei dieser Gruppe von Lithistiden ist die Frage nach der 
monozoischen oder polyzoischen Natur schwierig zu lösen. Ihr Canal- 
system verhält sich genau, wie bei den monozoischen Formen der ersten 
Gruppe und wenn die Fortpflanzung durch Knospung erfolgt, so besitzt 
jeder Zweig eine ähnliche Zahl von Röhren, wie der Mutterkörper. Will 
man somit jede der eben beschriebenen Röhren als besondere Magenhöhle 
betrachten und man ist hiezu berechtigt, da dieselben ohne allen Zweifel 
als Ausfuhrcanäle dienen, so bieten uns die hierher gehörigen Spongien 
Beispiele von „syndesmotischen“ Formen, bei denen jede Person nur 
in Verbindung mit mehreren andern zu existiren vermag. Die Gattungen 
Jerea, 'Thecosiphonia, Polyjerea, Marginospongia, Stichophyma, Jereica, 
Turonia, Doryderma, Carterella u. A. dienen als Typen dieser Erscheinung. 


75 


Noch schwieriger stellt sich die Individualitätsfrage bei den becher- 
und vasenförnigen Schwämmen. Hier schliesst die Wand einen gegen 
oben sehr weiten, gegen unten trichterartig verengten Centralraum ein, 
dessen Deutung als Magenhöhle nicht unbedenklich ist, obwohl zahlreiche 
gleichartige Radialcanäle von einheitlicher Beschaffenheit und Richtung 
in denselben münden. In manchen Fällen gewinnen nämlich die Oscula 
dieser Radialcanäle eine beträchtliche Grösse und erhalten ihrerseits 
wieder Zuzug von besonderen Seitencanälchen, so dass sie selbst die Rolle 
von Schornsteinen oder Magenhöhlen spielen und der ganze Schwamm- 
körper, wie jene des lebenden Badeschwammes füglich als zusammen- 
gesetzter Stock angesehen werden kann. Da übrigens junge Stöcke die- 
selbe becher- oder vasenförmige Gestalt besitzen, wie die vollständig 
ausgewachsenen, da ferner die Entwickelung eines der beschriebenen Oscula 
zu einem selbstständigen, dem Mutterkörper ähnlichen Stock niemals 
beobachtet wird und da überdies diese secundären Magenhöhlen zugleich 
auch als Radialcanäle der Gesammtcolonie fungiren, so lasse ich die 
Individuenfrage unentschieden, bezeichne derartige „strobiloide Stöcke“ 
als einfache Schwammkörper und stelle sie in Gegensatz zu den „zu- 
sammengesetzten“, bei welchen durch verschiedenartige Knospung mehrere 
derartige strobiloide Individuen von übereinstimmendem Habitus zu einer 
Colonie vereinigt werden. Wir haben also hier, wie bei den Hexactinel- 
liden, wahrscheinlich polyzoische Formen, die in ihrer äusseren Erschein- 
ung einem Einzel-Individuum gleichen und einem solchen in gewissem 
Sinne auch ‘gleichwerthig sind. Diese Auffassung findet darin eine 
weitere Stütze, dass zuweilen in ein und derselben Gattung die Central- 
höhle an Umfang einbüsst und’ sich allmälig zu einem weiteren oder 
engeren Trichter umgestaltet, dessen Deutung als Magen kaum zweifelhaft 
sein kann. Man steht übrigens bei den trichter- und vasenförmigen Ge- 
stalten stets vor dem Dilemma, ob der Central-Raum als gemeinsame Aus- 
fuhröffnung zu betrachten sei und ob das Canalsystem als ein einheit- 
liches, zusammengehöriges aufgefasst werden darf, oder ob jedes grössere 
Osculum, mit dem zugehörigen Canal als besondere Magenhöhle fungirt. 
Für die letztere Annahme spricht noch der Umstand, dass zuweilen neben 
becherförmigen Arten ein und derselben Gattung auch plattige Formen 


ohne alle Centralhöhle vorkommen, bei denen die mit Osculis versehenen 
Abh. d. II. Cl. d. k. Ak.d. Wiss. XII. Bd. I. Abth. 10 


74 


Canäle offenbar als Magenhöhlen dienen. Man sieht aus solchen Bei- 
spielen, dass die Abgrenzung der Individuen bei den Lithistiden, wie bei 
allen Spongien eine sehr unsichere und unvollkommene ist und darum 
auch nur mit Vorsicht in der Systematik verwerthet werden darf. 

Zu den zweifelhaften Typen von becherförmiger Gestalt, bei denen 
die Individualitätsfrage im einen oder anderen Sinne entschieden werden 
kann, je nachdem man den Schwammkörper als einen strobiloiden Stock 
oder als einfache Person erklärt, gehören die Gattungen: Verruculina, 
Amphithelion, Epistomella, Leiodorella, Hyalotragos, Azorica, Mac Andrewia, 
Corallistes, Leiodermatium, Callopegma u. A. 

Wenn schon bei den vasenförmigen Lithistiden das Vorhandensein 
einer einfachen Magenhöhle zweifelhaft erscheint, so fehlt dieselbe ganz 
entschieden einer Anzahl plattiger, knolliger oder scheibenförmiger Li- 
thistiden, bei denen eine oder auch beide Oberflächen lediglich mit kleinen 
Mündungen oder auch nur mit feinen Poren versehen sind, von denen 
feine Canäle mehr oder weniger tief in den Schwammkörper eindringen. 
Diese Poren spielen genau dieselbe Rolle, wie die Oscula bei der vorher- 
gehenden Gruppe und können somit entweder als Magenhöhlen besonderer 
Individuen eines polyzoischen Stockes oder als Canalostien eines einfachen, 
unregelmässig gestalteten Schwammkörpers betrachtet werden. Hierher 
sind die Gattungen Chonella, Seliscothon, Chenendopora, Ragadınla- etc. 
zu rechnen. 

Bei einer letzten Gruppe von Lithistiden herrscht endlich vollkommene 
Astomie. Der ganze Schwammkörper besteht aus einem lockeren gleich- 
mässigen Gewebe von Skeletelementen, in deren Zwischenräumen sich die 
Wassercirculation ohne Beihilfe von Canälen oder Magenhöhlen vollzieht. 
Die fossilen Gattungen Platychonia, Lecanella, Bolidium, Mastosia und 
Spongodiscus liefern bei den Lithistiden Beispiele dieser Art. 


Canal-System. 

Das Wassercirculations-System bietet bei den Lithistiden grössere 
Abwechslung, als bei den Hexactinelliden und übertrifft an Mannigfaltig- 
keit sogar das der Kalkschwämme. Bei der compakten und dickwandigen 
Beschaffenheit der meisten Lithistiden-Skelete konnte eine Wasserführung 
in der Regel nur dadurch bewerkstelligt werden, dass sich bestimmte 


75 


Wege bildeten, welche frei von Skeletelementen blieben. Indem sich nun 
die letzteren rings um diese constanten Wasserröhrchen ablagerten, trat 
schliesslich eine förmliche Versteinerung des Canalsystems ein, die uns 
bei den Lithistiden in Stande setzt, an macerirten oder fossilen Skeleten 
das Canalsysteın ebenso sicher zu studiren, als an frischen Exemplaren. 

Es lassen sich bei den Lithistiden sechs verschiedene Modifikationen 
der Wassercirculation unterscheiden: 

1) Ein besonderes Canalsystem fehlt vollständig. 

2) Von einer oder beiden Oberflächen dringen feinere oder gröbere, 
gebogene und häufig verzweigte Canäle mehr oder weniger tief in die 
Wand ein. 

3) Einfache oder ästige, mehr oder weniger gebogene Canäle ver- 
laufen in nahezu horizontaler Richtung von Aussen nach Innen und endigen 
in der Magenhöhle, während ein zweites System ähnlicher Radialcanäle 
in centrifugaler Richtung die Wand durchzieht und an der Oberfläche 
ausmündet. 

4) Einfache, gerade, oft haarfeine Radialcanäle durchziehen die Wand 
in centrifugaler Richtung von Innen nach Aussen; neben diesen verläuft 
zuweilen ein zweites System bogenförmiger dem äusseren Umfange mehr 
oder weniger parallele Canäle, welche in die Magenhöhle einmünden. 

5) Der Schwammkörper wird von verticalen Röhren durchzogen, zu 
denen häufig noch Radial-Canäle hinzukommen. 

6) Die ganze Wand besteht mehr oder weniger deutlich aus senk- 
rechten Skeletlamellen, oder keilförmigen Abschnitten, zwischen denen die 
Wassercirculation in radialer Richtung stattfindet. 

Der erste und einfachste Fall, gänzlicher Mangel eines eigentlichen 
Canalsystems, kommt nur bei wenigen Gattungen (Spongodiscus, Lecanella, 
Platychonia, Bolidium, Mastosia) von kugeliger, scheibenförmiger oder knol- 
liger Gestalt vor. Es erfolgt hier die ganze Wassercirculation lediglich 
durch die grösseren oder kleineren Zwischenräume der Skeletsubstanz. 
An der Oberfläche fehlen alle grösseren Oscula, und ebenso findet sich 
bei diesen Formen nie eine Magenhöhle. Entweder bietet die Oberfläche 
genau dieselbe Struktur, wie der ganze übrige Schwammkörper (Spongo- 
discus) oder die Skeletsubstanz verdichtet sich etwas und lässt dazwischen 
feine, rundliche Poren frei. (Bolidium, Mastosia). 

10% 


| 
[er) 


Von dieser einfachsten Einrichtung gibt es alle Zwischenstufen zur 
zweiten Modification, bei welcher die Oberfläche mit grösseren oder 
kleineren Oeffnungen besetzt ist, von denen mehr oder weniger gebogene 
Canäle in das Innere der Wand eindringen. In der äussern Erscheinung 
der hierhergehörigen Lithistiden herrscht die Becher-, Vasen-, Napf- oder 
Blatt-Form vor. Bei gewissen Gattungen (Chonella) sind die Oeffnungen 
kaum 1a—1 mm. gross, porenförmig und dem entsprechend auch die Canäle 
fein und wenig entwickelt. Die blattförmigen oder becherartigen Schwamm- 
körper besitzen also ebenfalls keine ausgesprochenen Magenhöhlen, wenn 
nicht etwa der weite Centralraum der Becher als solche aufgefasst wird. 
Zuweilen sind beide Oberffächen gleichartig beschaffen und die Canäle 
dringen von beiden Seiten entweder als einfache, zuerst etwas gebogene 
Röhrchen, in das Skelet ein, oder sie theilen sich gegen Innen in zwei 
bis drei Aeste. Eine so ausgiebige Verästelung, wie sie Haeckel bei 
den Leuconen beschrieben hat, konnte ich bei Lithistiden niemals beob- 
achten. Auch penetrirende, die ganze Dicke der Wand durchsetzende 
Canäle fehlen in der ganzen zweiten Gruppe, dagegen gibt es allerdines 
Fälle, wo die Canäle erst unmittelbar unter der entgegengesetzten Ober- 
fläche endigen. (Öhenendopora). 

Nicht immer sind die beiden in entgegengesetzter Richtung verlaufen- 
den Canalsysteme gleichmässig entwickelt. Sehr häufig trägt eine Ober- 
fläche 4—5 mm. messende oder noch grössere vertiefte (Hyalotragos, 
Chenendopora) oder hervorragende und gerandete Oscula, (Verruculina, 
Epistomella, Mac Andrewia, Azorica) und die andere ist lediglich mit feinen 
Poren besetzt. Es wird dann das eine System zu einem Capillarnetz her- 
abgedrückt, während das andere vorzugsweise die Wasserausfuhr (viel- 
leicht auch Zufuhr?) besorgt. In der Regel stehen bei den becherförmigen 
Schwammkörpern die grösseren Oscula auf der inneren Oberfläche (Ver- 
ruculina, Corallistes, Mac Andrewia), doch auch der entgegengesetzte Fall 
lässt sich nachweisen. (Leiodermatium). Sind beide Oberflächen mit grös- 
seren Osculis besetzt (Leiodorella, Amphithelion,) so kann man aus der 
Grösse der Mündungen auf die Entwicklung des Canalsystems einen Rück- 
schluss ziehen. 

Die dritte Modification des Canalsystems zeigt sich nur bei 
Gattungen mit wohl entwickelter Magenhöhle von cylindrischer, kreisel- 


ar 


förmiger oder ähnlicher Gestalt. Betrachtet man die Wand des Magens 
als die innere Oberfläche eines becherförmigen Schwammkörpers, so gilt 
alles was über den Verlauf des Canalsystems der vorhergehenden Gruppe 
erwähnt wurde, auch für die vorliegende. Die Ostien der nach der Magen- 
höhle einmündenden Radialcanäle stehen entweder in Reihen oder gänz- 
lich regellos vertheilt. Die von ihnen in die Wand eindringenden Canäle 
sind etwas wellig gebogen, seltener geradlinig; gegen Aussen nehmen sie 
allmälig an Stärke ab, indem sie sich zuweilen in wenige Aeste ver- 
gabeln. Aehnliche Canäle entspringen im Innern der Wand und nehmen 
ihren Verlauf in radialer Richtung nach Aussen, wo sie mit kleineren 
oder grösseren Ostien an der Oberfläche münden. Die Gattungen Cy- 
liädrophyma, Phymatella, Inostelia, Calymmatina, Megalithista u. A. be- 
sitzen ein derartiges Canalsystem. 

Bei einer vierten Gruppe von kugeligen, birnförmigen, kreisel- 
förmigen oder eylindrischen Schwammkörpern mit meist enger ÜOentral- 
höhle ziehen gerade, zuweilen haarfeine Radialcanäle in horizontaler oder 
schräger Richtung vom Centrum nach der Peripherie und münden an der 
Oberfläche als feine Poren aus. Diese Canäle sind dicht gedrängt, in grosser 
Zahl vorhanden und niemals verästelt; sie verleihen dem Schwamm im 
Quer- oder Längsschnitt eine faserähnliche Struktur. Manchmal com- 
binirt sich mit diesen strahligen Radialcanälen noch das Canalsystem der 
vorhergehenden Gruppe. Als typische Gattungen dieser Art sind zu 
nennen: Coelocorypha, Scytalia, Pachynion. 

Etwas complicirter wird das Canalsystem bei der fünften Gruppe, 
wohin Aulocopium, Siphonia und einige verwandte Gattungen gehören. 
Bei diesen münden in die trichterartige Magenhöhle bogenförmige an- 
fänglich dem Umfang parallele, gegen die Mitte aber fast senkrechte 
Canäle von ansehnlicher Stärke. Ausser diesen Bogencanälen verlaufen 
in schräger Richtung von Innen nach Aussen einfache gerade Radıal- 
canäle von ähnlicher oder geringerer Stärke, deren Zahl im Verhältniss 
zu ihrem Durchmesser steht, so dass bei Formen mit dicken Radial- 
canälen (Siphonia, Melonella) verhältnissmässig wenige vorhanden sind, 
während dieselben zuweilen (z. B. bei gewissen Aulocopien) durch ihre 
haarförmige Beschaffenheit und dichtgedrängte Stellung fast den Anschein 
einer faserigen Struktur erwecken. Diese Modification des Canalsystems 


78 


ist bereits von F. Roemer") für die Gattung Aulocopium, von Quen- 
stedt'”) für Melonella und von Sowerby), für Siphonia vortrefflich 
abgebildet worden. 


Eine sehr charakteristische Form von Canälen bei den Lithistiden 
sind die Verticalröhren, welche schon oben (S. 72) beschrieben wurden. 
Dieselben scheinen häufig die Centralhöhle zu ersetzen (Jerea, Jereica, 
Stichophyma, Carterella. Sie stehen entweder in Bündeln beisammen oder 
sind mehr vereinzelt und durchziehen als runde Röhren die ganze Länge 
des Schwammkörpers; bei ästigen Stöcken sind der Hauptstamm und alle 
Nebenäste von solchen Röhren durchbohrt. Die Wände derselben sind 
gewöhnlich mit Poren, den Mündungen feiner Radialcanälchen versehen. 
Besitzt das Skelet eine sehr lockere Beschaffenheit und stehen die Ver- 
ticalröhren dicht gedrängt, so können sie einen polygonalen Durchmesser 
annehmen und sind dann gewöhnlich durch dünne Wände von einander 
geschieden. (Hyalotragos, Pyrgochonia). Mit den Röhrencanälen können 
sich noch Radialcanäle der verschiedensten Art combiniren. 


Ein letzter Typus von Canalsystem scheint, soweit mir bekannt, 
nur bei einzelnen Lithistiden vorzukommen. Hier besteht die ganze, meist 
dicke Wand des becher-, schüssel-, kreiselförmigen oder cylindrischen 
Schwammkörpers aus verticalen Blättern von geringer Dicke oder aus 
keilförmigen Ausschnitten, welche durch senkrechte, einfache oder gegen 
Aussen gegabelte Spalten von einander geschieden sind. Der ganze 
Schwamm erhält dadurch einen entschieden radiären Aufbau und erinnert 
in manchen Fällen an einen Korallenkelch mit zahlreichen Sternleisten. 
(Taf. I. Fig. 11®). Die verticalen Spalten werden in gewissen, regelmäs- 
sigen Abständen durch Skeletlagen überbrückt, welche somit jede Spalte 
in ein ganzes System übereinanderstehender paralleler Radialcanäle zer- 
legen. Letztere durchbohren die Wand und münden an der äusseren 
Oberfläche und auf der Wand der Centralhöhle in rundlichen oder 
verzerrten Poren. Ausgezeichnete Beispiele für diese Form des Canal- 


16), Die fossile Fauna der silurischen Diluvialgeschiebe von Sadewitz Taf. II Fig. 1°, 2», 3b 
Tat Iu. Eie. 1 P)270, 

17) Petrefaktenkunde Deutschlands V. Taf. 126. Fig. 61. 62. 62. 

13) Fitton, Strata between the Chalk. Geol. Trans. 2 ser. vol. IV. pl. XV *. Fig. 4--7. 


79 


systems liefern die Gattungen Cnemidiastrum, Corallidium und Selis- 
cothon. | 

Schliesslich mag noch erwähnt werden, dass sehr häufig auf der 
Oberfläche, wo die Wachsthumszunahme des Schwammes erfolgt, also 
namentlich am Scheitel, die in der Bildung begriffenen Canäle als strahlige 
Furchen von sehr verschiedenartiger Beschaffenheit erscheinen und bis zu 
einem gewissen Grad den Verlauf des Canalsystems im ganzen Schwamm- 
körper anzeigen. 


Skelet- und Erhaltungszustand. 


Das Skelet der Lithistiden zeichnet sich durch seine steinartige, feste 
Beschaffenheit aus. Die Sarkode tritt gegenüber den kieseligen Abson- 
derungen zurück und ist bei lebenden Formen in verhältnissmässig ge- 
ringer Quantität vorhanden. Da überdies die Wände oder auch der 
ganze Schwammkörper eine ansehnliche Dicke besitzen und meist nur 
von verhältnissmässig feinen Canälen durchzogen sind, so dürfen dieselben 
zu den dauerhaftesten und widerstandsfähigsten Spongien gerechnet werden. 
Es verschmelzen zwar die kleinen Skeletelemente nicht, wie bei den He- 
xactinelliden, zu einem zusammenhängenden Gerüst, aber sie sind so innig 
mit einander verflochten, dass sie auch nach dem Absterben des Thieres 
nicht auseinderfallen und nicht wie die Nadeln anderer Kieselschwämme 
von den Wellen zerstreut werden. Diese steinartige Beschaffenheit der 
Lithistiden macht dieselben vorzugsweise zur Erhaltung in den Erd- 
schichten geeignet. In der That gehört ein grosser Theil der ehemaligen 
Petrospongien hierher. Wohlerhaltene, durch Salzsäure vom Nebengestein 
befreite Skelete unterscheiden sich in ihrer ganzen Erscheinung und Be- 
schaffenheit kaum von frisch macerirten oder direct dem Meere ent- 
nommenen, abgestorbenen Körpern recenter Formen. 

Es gibt gewisse Lokalitäten, namentlich in der oberen Kreide Nord- 
deutschlands (Ahlten, Lemförde und Linden in Hannover, Vordorf und 
Biewende in Braunschweig, Coesfeld, Legden und Darup in Westfalen), 
wo die fossilen Lithistidenskelete fast gänzlich unverändert überliefert 
wurden. Man hat die Gesteinsstücke lediglich mit verdünnter Salzsäure 
zu behandeln, um nach kurzer Frist das ganze Skelet in untadeliger 
Schönheit vor sich zu sehen. Auch in der weissen Kreide von England 


50 


und Frankreich kommen zuweilen Lithistiden namentlich aus der Gattung 
Siphonia (Choanites) vor, die in einer Rinde von Feuerstein eingeschlossen, 
die Skeletelemente in vorzüglicher Erhaltung zeigen: allein bei diesen 
ist das Canalsystem mit ınehliger, kieseliger Substanz ausgefüllt, welche 
sich durch Behandlung mit Säure nicht beseitigen lässt. 

Die bisher genannten Skelete verhalten sich bei mikroscopischer 
Untersuchung genau, wie lebende Lithistiden. Sie besitzen in Canada- 
balsam, Harzen und Glycerin die gleichen optischen Eigenschaften wie jene. 

Nur selten findet sich jedoch dieser günstige Erhaltungszustand. 

In England scheint die weisse Kreide von Flamboroughhead in 
Yorkshire die zahlreichsten Lithistiden zu liefern; allein wenn auch diese 
Exemplare nach Behandlung mit Salzsäure alle äusseren Merkmale des 
Schwammkörpers und namentlich das Canalsystem in bewunderungswür- 
diger Schönheit erkennen lassen, so eignen sich dieselben doch wenig 
zur mikroscopischen Untersuchung. Die einzelnen, meist zu Fasern ver- 
einigten Skeletelemente, sind fast immer durch Zufuhr von Kieselerde 
mit einander verschmolzen, mehr oder weniger in krystallinische Kiesel- 
erde umgewandelt und so sehr verändert, dass es nur ausnahmsweise noch 
gelingt, ihre ursprüngliche Gestalt zu ermitteln. Aehnlich verhalten sich 
auch gewisse Exemplare aus dem Coralrag von Nattheim und den oberen 
Juraschichten von Muggendorf und Amberg im fränkischen Jura. 

Ein anderer Verkieselungsprocess findet bei den meisten aus der 
mittleren und oberen Kreide von Frankreich (Touraine, Normandie), sowie 
bei vielen aus der norddeutschen Kreide stammenden Lithistiden statt. 
Bei diesen ist zwar das Skelet häufig wohlerhalten, aber in alle Zwischen- 
räume derselben ist Feuerstein eingedrungen, so dass an eine Isolirung 
der einzelnen Theilchen nicht mehr gedacht werden kann. Eine Betrachtung 
mit scharfer Lupe unter dem Mikroscop bei auffallendem Licht führt in 
solchen Fällen meist am schnellsten zur Bestimmung; zur eingehenderen 
Untersuchung dagegen müssen Dünnschliffe hergestellt werden. Unter 
Umstände genügen auch feine durchscheinende Splitter. 

In Braunschweig (bei Boimstdorf und Gliesmarode) finden sich der- 
artig erhaltene, von Feuerstein durchdrungene Lithistiden auf secundärer 
Lagerstätte (Diluvium) in grosser Menge. Das Skelet ist häufig dunkel- 
gefärbt und stellenweise etwas zersetzt, jedoch der Hauptsache nach er- 


sl 


halten und durch Dünnschliffe sichtbar zu machen. Aehnlich verhalten 
sich die meisten Kreidespongien aus der Touraine. Bei den letztern ist 
jedoch der Zersetzungsprocess nicht selten weiter vorgeschritten; man 
bemerkt in Dünnschliffen nur vereinzelte, wohl erhaltene Skeletelemente, 
dazwischen liegt eine Unzahl schwärzlicher oder rostbrauner Kügelchen 
(wahrscheinlich von Eisenoxydhydrat), die bald ganz unregelmässig ver- 
theilt, bald unzweifelhaft in die leeren Formen von früher vorhandenen 
und ausgelaugten Skeletelementen gelangt sind und dieselben vollständig 
ausfüllen. 


In der weissen Kreide von England, sowie in der Umgebung von 
Rouen liegen in grosser Menge unförmliche Feuersteinknollen, aus welchen 
sich beim Zerschlagen häufig trefflich erhaltene Spongien herauslösen, 
Der Schwammkörper wird durch eine weisse, poröse Rinde von zersetztem 
Feuerstein umhüllt. Gewöhnlich befindet sich zwischen derselben und dem 
Schwamm noch eine dünne Schicht von schneeweissem Kieselmehl, worin 
zahlreiche wohl erhaltene Spongiennadeln liegen. Der Schwammkörper 
selbst zeigt entweder die bereits oben bei den Lithistiden von Flamborough- 
head beschriebene Erhaltung oder noch öfter ist er im Innern vollständig 
mit homogener Feuersteinmasse ausgefüllt. In dieser ist alle Spongien- 
struktur zerstört; sie erscheint in Dünnschliffen als gleichförmige, amorphe 
Substanz. Die Oberfläche der Schwämme dagegen, sowie alle mit weissem 
Kieselmehl bedeckten Stellen pflegen vortrefflich erhalten zu sein und 
eignen sich dieselben vorzüglich zur Untersuchung bei auffallendem Licht. 


Ein minder günstiger Erhaltungszustand der verkieselten Lithistiden 
besteht darin, dass die ursprünglichen Skeletelemente aufgelöst und weg- 
geführt wurden und nunmehr durch Hohlräume ersetzt sind, die in der 
kieseligen Ausfüllungsmasse liegen und ein negatives, mehr oder weniger 
treues Abbild des früher vorhandenen Skeletes darstellen. Zahlreiche 
Exemplare aus der Touraine, aus der weissen Kreide von England, aus 
dem Grünsand von Regensburg und dem Coralrag von Nattheim, Gingen, 
Muggendorf und Amberg zeigen diese Erscheinung. 


Aehnliche „negative“ Skelete, jedoch nicht in Feuerstein, sondern in 
Phosphorsäure -haltigen glaukonitischen Kalksand eingehüllt, finden sich 
in der oberen Kreide von Saratow in Russland, wo zuweilen die Hohlräume 
“ Abh.d. II. Cl.d.k. Ak.d. Wiss. XIUI. Bd. I. Abth. 11 


82 


auch von Brauneisenstein ausgefüllt erscheinen. Ich habe auf (diesen Er- 
haltungszustand, der auch bei den Hexactinelliden vorkommt, schon in 
der ersten Abtheilung dieser Studien (l. ec. S. 15) aufmerksam gemacht. 


Lithistiden, bei denen das ursprüngliche Kieselskelet durch rostfar- 
biges Eisenoxydhydrat ersetzt ist, finden sich besonders häufig in der 
Mucronaten- und Quadratenkreide von Schwiechelt, Peine und Vordorf in 
Braunschweig, zuweilen bei Ahlten in Hannover, in der weissen Kreide 
von Frankreich, ferner im norddeutschen, böhmischen und sächsischen 
Pläner, öfters auch im fränkisch-schwäbischen Jura. 


Schliesslich wären noch die verkalkten Lithistiden-Skelete zu er- 
wähnen. Schon an den Stücken von dem berühmten Spongien-Fundort 
Sutmerberg bei Goslar lassen die meist kieseligen Skelete.der Lithistiden 
den Beginn einer Pseudomorphose erkennen. Legt man dieselben in ver- 
dünnte Salzsäure, so werden zuweilen ein Theil des Schwammkörpers und 
zwar in der Regel die Oberfläche und die der Oberfläche zunächst ge- 
legenen Parthieen aufgelöst. Das übrige Skelet bestekt aus Kieselerde, 
ja nicht selten ist das Innere geradezu mit Feuerstein imprägnirt. 


Untersucht man die kieseligen Skelettheile näher, so zeigen sie meist 
eine matte, corrodirte Oberfläche, und die feineren Verzierungen der 
kleinen Skeletkörperchen sind grossentheils verschwunden. In optischser 
Hinsicht unterscheiden sie sich von lebenden und anderen cretacischen 
Lithistiden dadurch, dass sie fast die gleiche Lichtbrechung wie Canada- 
balsam besitzen und desshalb in Glycerm, Wasser, Oel oder sonstigen 
Medien untersucht werden müssen. Aehnlich verhalten sich auch die Li- 
thistiden aus gewissen oberjurassischen Fundorten im fränkisch - schwäbi- 
schen Jura (Schauergraben bei Streitberg, Uetzing in Franken, Sozenhausen, 
Pappelau und Sontheim in Würtemberg) und im Krakauer Gebiet (Wodna, 
Kobilany, Luszowice), nur ist hier die Verkalkung in der Regel viel weiter 
vorgeschritten, als am Sutmerberg, so dass beim Aetzen grosse Parthieen 
des Schwammkörpers zerstört werden. Die zurückbleibenden Theile ver- 
halten sich optisch wie die an den gleichen Fundorten vorkommenden 
Hexactinelliden. ?°) 


20) Vgl. 1 Abthlg. 8. 10. 11. 


33 


In der Regel beschränkt sich die Pseudomorphose der oberjurassischen 
Lithistiden nicht auf einzelne Parthieen des Schwammkörpers, sondern 
meist zeigt sich das ganze Skelet durchaus in Kalkspath umgewandelt. 
Ausnahmslos sind bei derartigen Formen die Zwischenräume zwischen den 
Skelettheilchen und die Canäle mit Gesteinsmasse und zwar gewöhnlich 
mit Kalkstein ausgefüllt. In den schwäbisch - fränkischen Spon- 
gitenkalken des weissen Jura ?, y und d sind die meisten Lithisti- 
den vollständig verkalkt und nur hin und wieder erhält man beim 
Aetzen vereinzelte kieselige Skeletkörperchen im Rückstand. Denselben 
Brhaltungszustand zeigen die Lithistiden aus den oberen und unteren 
Spongitenkalken der Schweiz (Badener und Birmensdorfer Schichten) und 
des französischen Jura, des Rhonethals, der Cevennen und der Gegend von 
Niort. Auch im Pläner von Sachsen und Böhmen überwiegen die 
verkalkten Skelete.e Eine Erklärung dieser auffälligen Umwandlung 
habe ich bereits in der ersten Abtheilung dieser Studien zu geben ver- 
sucht. (S. 13. 14.) 


Merkwürdigerweise ist bei der Pseudomorphose eines ursprünglich 
kieseligen Skeletes in Kalkspath in der Regel keine beträchtliche Formver- 
unstaltung der kleinen Skelettheilchen eingetreten. Schleift man z. B. ein 
Cnemidiastrum oder einen Hyalotragos aus dem schwäbischen Jura an einer 
beliebigen Stellean und untersucht die Schlifffläche mit Lupe oder bei auffal- 
lendem Lichte unter dem Mikroscop, so heben sich die etwas dunkel gefärbten, 
aus Kalkspath bestehenden Skeletkörperchen scharf von der eingedrungenen 
lichten Gesteinsmasse ab und es lässt sich die Struktur auf solche Weise 
ohne weitere Vorbereitung erkennen. Bei einiger Uebung genügt über- 
haupt schon die Betrachtung mit Lupe, ja unter Umständen sogar mit 
blossem Auge, um die verschiedenen Gattungen von Hexactinelliden und 
Lithistiden sofort zu erkennen. 


Carter unterscheidet im Skelet der Lithistiden dreierlei charakter- 
istische Kieselgebilde : 
1) die eigentlichen durch Sarkode und durch ihre filigranartig 


verzweigten Enden mit einander verflochtenen „Skelet-Nadeln;“ 
11* 


84 


2) die in der Regel mit einem verticalen Schaft versehenen „Ober- 
flächen-Nadeln“ und 

3) die sogenannten „Fleisch-Nadeln“: einaxige Kieselkörperchen 
von meist geringer Grösse, welche in grösster Menge an der Oberfläche 
des Schwammkörpers frei in der Sarkode liegen, aber auch mehr oder 
weniger häufig im Innern vorkommen. 

Von diesen drei Bestandtheilen fehlen die kleineren Fleisch-Na- 
deln?!) sämmtlichen fossilen Lithidisten. Aber auch an lebenden Exem- 
plaren sind .dieselben nur dann zu beobachten, wenn die Skelete noch 
mit ihrem Sarkodeüberzug versehen sind. Ist letztere durch Fäulniss 
entfernt, so sind mit ihr auch die winzigen Körperchen verloren gegangen. 

Nach den neuesten Untersuchungen von Sollas werden die Fleisch- 
nadeln durch Alkalien rasch zerstört und dürften desshalb wohl auch 
dem Fossilisationsprozess nicht lange widerstehen. 

Abgesehen von diesen kleinen Fleischnadeln sind viele Lithistiden 
auch noch mit grösseren einaxigen Stabnadeln oder Walzen versehen, 
welche gleichfalls in grosser Menge an der Oberfläche oder auch in den 
Canälen liegen und zuweilen einen vollständigen Nadelüberzug bilden 
Diese grösseren Stabnadeln scheinen bei gewissen fossilen Lithistiden die 
ankerförmigen Oberflächen-Nadeln zu ersetzen und mögen somit weiter 
unten mit jenen genauer betrachtet werden. 

Auf die eigentlich skeletbildenden Elemente der Lithistiden, welche 
die Hauptmasse des Schwammkörpers ausmachen, passt die Bezeichnung 
Nadeln schlecht. Höchst selten erinnern diese Körperchen in ihrer Gestalt 
an Nadeln; sie sind nie einfach, geradlinig und beiderseits oder an einem 
Ende zugespitzt, sondern es sind stets zusammengesetzte, mehr oder weniger 
stark verästelte, meist mit wurzelartigen Anhängen versehene Körperchen 
die mit den kieseligen Skeletelementen anderer Spongien ur geringe 
Aehnlichkeit besitzen. Ich halte es desshalb auch für unstatthaft bei den 
Lithistiden von „Skelet-Nadeln“ zu sprechen und werde dafür die 
Bezeichnung Skelet-Elemente oder Skelet-Körperchen wählen. 

Im Ganzen herrscht bei den Lithistiden eine grosse Uebereinstimmung 


21) Gute Abbildungen dieser kleinen Fleischnadeln findet man in Bowerbank's Monographie der 
Kiesel-Spongien 1. c. pl. V. fig. 7. 8. pl. VI. fig. 8, 10. 11. 12. 13. 14. pl. XXIIL fig. 6. 


85 


hinsichtlich der Form ihrer Skelet- Körperchen, so dass dieselben 
für sich allein nur ausnahmsweise zur Charakterisirung einer Gattung 
ausreichen. 


Bei den ausgeprägtesten und wahrscheinlich auch höchststehenden 
Lithistiden sind fast sämmtliche Bestandtheile des Skeletes, sowohl die 
eigentlichen Skeletkörperchen als auch die Oberflächennadeln vierstrahlig, 
was übrigens nicht ausschliesst, dass einer von den 4 Strahlen eine von 
den drei übrigen abweichende Ausbildung erhält. Ich bezeichne diese 
Gruppe als Tetracladina. Legt man ein beliebiges Stück vom Skelet 
einer Phymatella, Siphonia, Callopesma, Aulaxinia, Turonia, Jerea u. A. 
(Taf. VII. 2. 5°. Taf. IX. Taf. X. 1—4) unter das Mikroscop, so zeigt 
sich dasselbe aus lauter ähnlich geformten und auch in der Grösse ziemlich 
übereinstimmenden vierstrahligen Körperchen zusammengesetzt. Sämmt- 
liche vier gleichlange Arme treffen im Centrum unter Winkeln von 120° 
zusammen; sie sind meist glatt, seltener mit warzigen Auswüchsen be- 
setzt und an ihren dem Centrum abgewendeten Enden in wenige kurze 
Aeste vergabelt, die ihrerseits wieder mit wurzelartigen Ausläufern besetzt 
sein können. Je nachdem sich die 4 Arme zuerst in 2 oder mehr dicke Aeste 
und diese wieder in feinere Zweige oder sogar in kurze Fasern vergabeln, 
entstehen an den Enden polsterartige, aus kleinen wurzelförmigen Fasern 
zusammengesetzte Ausbreitungen. Bei günstiger Erhaltung erkennt man 
ım Innern dieser Kieselkörperchen ein vierstrahliges Kreuz von Canälen, 
welche den Axen einer gleichseitigen Pyramide entsprechen. Die vier 
unter 120° im Centrum zusammenstossenden Canäle haben häufig nur 
geringe Länge, sie hören entweder schon vor der ersten Vergabelung 
der Arme auf, oder sie spalten sich durch Bifurcation und gehen noch 
eine kurze Strecke in die beiden Hauptäste hinein, ohne jedoch die wurzel- 
förmigen Ausläufer zu erreichen. Meist sind diese Canäle haarfein, zu- 
weilen aber auch, wahrscheinlich durch chemische Einflüsse während des 
Fossilisationsprocesses ansehnlich erweitert. In: meiner Abhandlung über 
Coeloptychium ??) habe ich eine Anzahl derartiger Körperchen aus dem 
inneren Skelet verschiedener Lithistiden - Gattungen abbilden lassen. 
Unter den lebenden Lithistiden schliessen sich die Gattungen Kaliapsis, 


22) Denkschriften d. k. Bayr. Ak. II. Cl. Bd. XII. t. VII. fig. 11—15. 20 - 23. 28. 32. 38. 


36 


(Taf. I. 12) Discodermia (Taf. I. 7), Racodiscula und Theonella (Taf. I. 
9) den obengenannten fossilen Formen an. 

Die Verbindung derselben erfolgt in der Weise, dass sich die aus- 
gebreiteten und verästelten Enden von 2 oder mehr Armen benachbarter 
Vierstrahler aneinander legen, wobei sich ihre wurzelartigen Fortsätze so 
dicht in einander verflechten, dass das Skelet nicht leicht in seine ein- 
zelnen Theilchen zerfallen kann. 

Bei den Gattungen Spongodiscus (Taf. X. 6) und Plinthosella (Taf. X. 
5) zeichnen sich die mehr oder weniger regelmässig vierstrahligen Skelet- 
körperchen durch ihre knorrige Beschaffenheit und die geringe Ver- 
ästelung ihrer Arme aus. Fast die ganze Oberfläche dieser Vierstrahler 
ist mit stumpfen, warzigen Auswüchsen besetzt, einer der vier Arme zu- 
weilen verkürzt und die Enden derselben etwas verdickt. Das Axenkreuz 
im Innern besteht aus 4 kurzen, haarfeinen Canälen, die durch spätere 
Einflüsse stark erweitert werden können. ??) Die Verbindung dieser knor- 
rigen Vierstrahler erfolgt dadurch, dass sich die Enden benachbarter Arme 
dicht aneinander legen, so dass dadurch ein scheinbar zusammenhängen- 
des, grobfaseriges Skelet hervorgerufen wird. In der Regel besteht bei 
den Lithistiden der ganze Schwammkörper (abgesehen von den Oberflächen- 
Nadeln) aus gleichartigen Skeletelementen, so dass es ziemlich ‚gleichgültig 
ist, von welchem Theil desselben irgend eine Probe mikroscopisch unter- 
sucht wird. Bei einzelnen Tetracladinen jedoch (Siphonia, Phymatella 
(Taf. VIII. 3), Aulaxinia (Taf. VIII. 4) unterscheidet sich die Basis vom 
oberen, eigentlichen Schwammkörper durch abweichende Mikrostruktur. 
Hier werden die normalen, mit stark vergabelten Armen versehenen Vier- 
strahler gegen unten immer unregelmässiger und gestalten sich theilweise 
zu langgestreckten, an den Enden ästig vergabelten und ausserdem mit 
Seitenausläufern versehenen Kiesel-Fasern um. Zwischen den verlängerten 
Fasern liegen mehr oder weniger zahlreich kürzere, ästige Skeletkörper- 
chen, die sich im Ganzen als unregelmässige Vierstrahler zu erkennen 
geben. Bemerkenswerth ist der Umstand, dass die in die Länge gezerrten 
Wurzelelemente nicht 4 Axencanäle, sondern nur einen einzigen und zwar 
meist kurzen und feinen Central-Canal besitzen. 


23) Abbildungen derartiger Vierstrahler finden sich in meiner Monographie der Gattung Coelop- 
tyckium Taf. VII. Fig. 16. 17. 18. 19. 20. 


87 


Durch diese letztgenannten Wurzelelemente werden die Tetracladinen 
mit einer anderen Gruppe von Lithistiden verbunden, die ich wegen ihrer 
ungewöhnlich grossen und langgestreckten Skeletelemente unter der Be- 
zeichnung Megamorina (uögıov Theilchen) zusammenfasse. 

Bei diesen verschwindet der vierstrahlige Bau fast ganz oder lässt 
sich nur ausnahmsweise nachweisen; aber auch dann sind die vier 
Arme immer ungleich entwickelt, verschiedenartig verzweigt und stossen 
überdiess nicht unter bestimmtem Winkel im Centrum zusammen. Die 
glatten, meist langgestreckten gebogenen Körperchen erreichen eine Länge 
von 2—4 mm. und sind schon mit unbewaffnetem Auge deutlich erkennbar. 
‚Bei einzelnen Gattungen (Doryderma (Taf. VII. 1), Lyidium (Taf. I. 10), 
Heterostinia (Taf. v1. 3) sind dieselben in mehrere ungleiche Aeste getheilt, 
die sich wieder in wenige kurze und stumpfe Seitenzweige vergabeln 
können; bei anderen (Megalithista Taf. VI. 4, Carterella Taf. VII. 2) ent- 
springen an den Enden der langgestreckten und gekrümmten Skelet- 
körperchen kurze Aeste, die rasch an Dicke abnehmen und sich meistnur ein- 
höchstens zwei mal vergabeln. Ausserdem gehen vom Hauptstamm hin und 
wieder kurze knorrige Fortsätze aus. Bei der Gattung Isoraphinia (Taf. 
VII. 3) nehmen die Skeletkörper beinahe die Form einfacher, gekrümmter, 
cylindrischer Nadeln an, erweisen sich jedoch durch ihre verdickten und 
häufig in zwei kurze Aeste gespaltenen Enden als ächte Lithistidenelemente. 

Sämmtliche Megamorinen besitzen einen einfachen Axencanal, welcher 
zuweilen fast die ganze Länge des Hauptstammes durchzieht, ohne jedoch 
jemals an den Enden zu Tage zu treten, zuweilen aber auch nur als kurzer 
haarfeiner Centralcanal in der Mitte der ästigen Skeletkörperchen liest. 

Die letzteren setzen entweder für sich allein das ganze innere Skelet 
des Schwammkörpers zusammen (Isoraphinia, Doryderma, Lyidium, Me- 
galithista) oder sie sind von viel kleineren stark verästelten Kiesel- 
elementen begleitet (Heterostinia), diein ihrem ganzen Verhalten mit denen 
der nächsten Gruppe übereinstimmen. Die Verbindung der grossen Me- 
gamorinen-Körperchen geschieht in der "Weise, dass sich die gebogenen 
ästigen Enden an benachbarte Skeletkörperchen anlegen und dieselben 
manchmal vollständig umfassen. 

Eine kleine, bis jetzt nur in fossilem Zusand bekannte Gruppe von 
Lithistiden zeichnet sich durch unregelmässig ästige Skeletkörperchen aus, 


88 


deren Aeste in einem knotig verdicktem Centrum zusammenstossen, 
Da dieselben an ihren Enden nur mässig verzweigt sind, so entsteht 
ein maschiges Netzwerk, das in manchen Fällen grosse Aehnlichkeit 
mit dem Gittergerüst gewisser Hexactinelliden erhält und bei flüchtiger 
Betrachtung auch damit verwechselt werden kann. Durch die Gabelung: 
der 4—7 in der Regel glatten Arme erweisen sich diese Spongien, für 
welche ich die Bezeichnung Anomocladina gewählt habe. als ächte 
Lithistiden. Die Gattungen Cylindrophyma (Taf. V. 6), Melonella, Lecanella 
(Taf. VI. 1) und Mastosia (Taf. VI. 2) sind die Repräsentanten dieser 
Gruppe, aus welcher sich möglicherweise die Tetracladina entwickelt 
haben. 

Bei der grossen Mehrzahl der Lithistiden besteht” das Skelet weder 
aus diesen Anomocladinen-Körperchen,. noch aus deutlichen Vierstrahlern, 
noch aus grossen schwach verästelten Megamorinen-Elementen, sondern 
aus zierlichen, theilweise winzigen Kieselkörperchen. welche sich durch 
ihre unregelmässig ästige, vielzackige Form auszeichnen. Die schlanken 
gekrümmten Aeste sind entweder gleichmässig entwickelt oder einer gibt 
sich durch seine Stärke und Länge als Hauptstamm zu erkennen. von 
dem die übrigen als Nebenäste ausgehen. Hauptstamm und Aeste sind 
stets mit wurzelartigen oder knorrigen, einfachen oder gegabelten Seiten- 
Ausläufern besetzt. Diese fligranartig gezackten Körperchen, nach welchen 
ich diese Gruppe Rhizomorina nenne, gabeln sich nicht selten in 4 Haupt- - 
arme und erinnern dann an die Tetracladinen. doch stossen die 4 Aeste 
höchst selten regelmässig unter Winkeln von 120° zusammen. Im All- 
gemeinen lässt sich für die Rhizomorinen hinsichtlich ihrer Vergabelung 
kein allgemein gültiges Gesetz aufstellen, sie sind unregelmässig geformt 
und nur innerhalb ein und derselben Gattung und Art von bestimmter 
typischer Form. 

Das Vorhandensein eines Axencanals ist meist schwierig zu constatiren, 
da die runden zackigen Aestchen bei durchfallendem Licht in der 
Regel vollständig dicht erscheinen. Bei günstiger Erhaltung und Be- 
leuchtung konnte ich indess sowohl an lebenden, als auch an fossilen. 
Rhizomorinen einen Axencanal beobachten. Bei den jurassischen Formen 
Hyalotragos (Taf. IH. 4.5), Platychonia (Taf. II. 8—10), Cnemidiastrum 
(Tat. II. 1—3 u. s. w.) befindet sich im Hauptstamm ein kurzer, ge- 


89 


rader und einfacher, an beiden Enden geschlossener Axencanal bei den 
cretacischen und recenten Rhizomorinen folgt der weite, undeutlich be- 
grenzte und zuweilen wie ein etwas bräunlich gefärbter Kernstreifen durch- 
schimmernde Axencanal, dem Verlauf des Hauptstammes und sendet in 
der Regel auch Abzweigungen in die grösseren Aeste; die kleineren Aeste 
und wurzelförmigen Anhänge dagegen sind vollkommen dicht. ©. Schmidt 
hat derartige Axencanäle bei Corallistes microtuberculatus (1. c. t. II. 
Fig. 4) und Corallistes typus (l. ec. t. II. Fig. 3) abgebildet. Unter den 
fossilen Lithistiden lassen die Gattungen Seliscothon (Taf. IV. 3) Chonella. 
Verruculina u. A. die Axencanäle deutlich erkennen. 


In der Anordnung und Verbindung dieser kleinen zackigen Skelet- 
Elemente herrscht grosse Mannichfaltigkeit. Entweder verflechten sich die 
feinen Fortsätze der benachbarten Körperchen zu einem lockern, ver- 
worrenen Gewebe, das beim Aetzen entweder in seine einzelnen Theilchen 
zerfällt, zuweilen aber auch in lockerem Zusammenhang bleibt, oder sie 
gruppiren sich dicht zusammen und bilden anastomosirende oder paral- 
lele Faserzüge, in welchen die meist nach bestimmten Richtungen ge- 
lagerten Theilchen mit ihren Aestchen und wurzelartigen Fortsätzen sehr 
innie mit einander verflochten sind. 


Grössere Manmnichfaltigkeit, als bei den eigentlichen Skeletele- 
menten herrscht bei den isolirten Kieselgebilden, die theils an der Ober- 
fläche, theils im Skelet zerstreut liegen und welche als „Oberflächen- 
Nadeln“ und „Fleischnadeln“ bezeichnet werden. Dieselben gehören 
entweder zu den einaxigen oder zu den vieraxigen Kieselgebilden. 


Die ersteren bieten keine nennenswerthen Eigenthümlichkeiten dar. 
Stabnadeln in der Länge von 0,5”"" bis 10 und 20”” schwankend lassen 
sich in den verschiedensten Abstufungen beobachten. Sie sind meist 
beiderseits zugespitzt und spindelförmig, zuweilen an einem Ende stumpf, 
am andern spitz oder auch beiderseits abgerundet. Am häufigsten sind 
sie gerade, doch kommen auch gebogene Sförmig- und zuweilen wellig- 
gekrümmte Nadeln vor. Ihre Oberfläche ist glatt, seltener dornig. Bei 
einer lebenden, noch unbeschriebenen Art, die ich von Herrn Dr. W. 
Marshall mitgetheilt erhielt, finden sich lange, wellig gekrümmte Na- 
deln, die in regelmässigen Abständen mit zugeschärften kragenartigen 

Abh. d. II. Cl.d. k. Ak.d. Wiss. XIII. Bd. I. Abth. 12 


90 


Vorsprüngen versehen sind und in ihrem Habitus an die von Bower- 
bank (Monogr. Brit. Sp. pl. I Fig. 14) abgebildete Nadelform erinnern. 

In viel mannichfaltigerer Gestalt erscheinen die Nadeln des vier- 
axigen Typus, die man mit Carter besser als „trifid“ oder „ternate“ be- 
zeichnen würde, da eine Axe immer abweichend entwickelt ist und bald 
als langer Schaft, bald als kurzes Stielchen, bald nur als knopfförmige 
Verdickung erscheint. Völlige Gleichheit der 4 Strahlen kommt bei den 
Lithistiden, wie es scheint, nie oder doch nur höchst selten vor. Ich 
habe wenigstens die sogenannten spanischen Reiter weder an lebenden, 
noch an fossilen Formen beobachtet. 

Am öftesten findet man Anker mit langem einfachem, am freien 
Ende verschmälertem Schaft. Die drei Zinken am entgegengesetzten 
Ende sind selten einfach und dann meist kurz (patento-ternate, recurvo- 
ternate, expando-ternate, incurvo-porrecto-ternate spicules u. s.w. nach Bo- 
werbank 1. c. Fig. 45—54, Fig. 128. 129), gewöhnlich spalten sie sich wieder 
in zwei (sehr selten in mehr) Zinken und bilden dann sogenannte Doppel- 
anker (bifurcated-expando-ternate spicules Bowb. 1. c. pl. V. Fig. 130, furcated 


attenuato - patento -ternate Fig. 50. 52, spiculated dichotomo- patento- 


ternate Fig. 53 u. s. w.). 

Bei den einfachen Ankern divergiren die 3 Zacken entweder unter 
gleichem Winkel schräg nach aussen, oder sie sind zurückgekrümmt. Das- 
selbe kommt auch bei den Gabelankern vor, doch liegen bei diesen 
die 3 gegabelten Zinken viel häufiger in einer Ebene und gehen recht- 
winklich vom Schafte aus oder sie biegen sich mit ihren Enden sogar 
etwas rückwärts. In meiner Monographie der Gattung Coeloptychium 
habe ich auf Taf. VI Fig. 5—30 und Taf. VII Fig. 1—10 zahlreiche der- 
artige ankerförmige Gebilde, die vermuthlich sammt und sonders von 
Lithistiden herrühren abgebildet, so dass eine weitere Beschreibung über- 
flüssig erscheint. Unter diesen Abbildungen befinden sich einige (Taf. 
VII Fig. 9. 10), bei denen die Gabelarme nicht glatt und gerade, sondern 
auf der Aussenseite mit ästigen Auswüchsen versehen sind. Aehnliche 
ınit knorrigen Warzen besetzte Gabelanker kommen auch bei einer le- 
benden Lithistidenform (Corallistes noli tangere Taf. I. 2°) vor. 

Eine bemerkenswerthe Modification der Gabelanker mit rechtwink- 


lich vom Schaft abstehenden Armen lässt sich bei der Gattung Theonella 


91 


beobachten. (Taf. I. 9°*°“) Hier ist der Schaft zu einem kurzen zu- 
gespitzten Stiel reducirt, die drei Arme sind von oben zusammengedrückt, 
gebogen und an den Enden in 2 kurze Aeste gespalten. (vgl. Bowb. 
l. ec. Fig. 306 und Proceed. zool. soc. 1869 pl. V Fig. 8. 9). Bei der fos- 
silen Gattung Ragadınia (Taf. X 4°) und einer mir durch Herrn 
Carter freundlichst mitgetheilten lebenden noch unbeschriebenen Racodis- 
cula ist der Schaft noch kürzer und die sehr breiten, zusammengedrückten 
Arme spalten sich in 2, 3 oder mehr unregelmässige Lappen. (Taf. 1. 8.) 
Im Centrum derselben befindet sich ein ganz kurzes, vierstrahliges Axen- 
kreuz. Oberflächennadeln dieser Art habe ich m meiner Monographie 
von Coeloptychium Taf. VII Fig. 25—27, 29—30 abgebildet. Von Carter 
wurden ähnliche Formen aus dem Grünsand von Haldon?®) unter dem 
Namen Dactylocalycites Vicaryi beschrieben. Redueirt sich der Schaft zu 
einem winzigen Stielchen, werden die Strahlen der Axencanäle noch kürzer, 
die niedergedrückten Arme des Gabelankers breiter und die lappigen 
Aeste derselben zahlreicher, so entstehen Gebilde, wie die in meiner Mono- 
eraphie von Coeloptychium Taf. VII Eig. 36. 37. oder wie die von Öse. 
Schmidt (l. ce. Taf. II Fig. 8) als Corallistes polydiscus Sdt. (non Bo- 
cage) von Bowerbank (Brit. spong. Fig. 104—106) als foliato-peltate 
spicules, und von Carter (l. c. pl. 7. Fig. 3. 4.) als Dactylocalycites po- 
Iydiscus aus dem Grünsand von Haldon dargestellten kurzgestielten, viellap- 
pigen Kieselscheiben. Taf. I. 12. zeigt derartige Scheibchen bei Kaliapsıs. 


Diesen schliessen sich unmittelbar die bald kreisrunden, bald ovalen 
ganzrandigen Kieselscheibehen von Discodermia polydiscus Bocage (vgl. 
Bowb. Proceed. zool. soc. 1869 pl. VI Fig. 10. 11) an, bei denen sich 
im Centrum ein winziges, conisches Stielchen und ein kurzes 4strahliges 
Axenkreuz befindet. Dieselben Scheiben hat Carter (l. c. pl. VII Fig. 
5) auch fossil aufgefunden und diesen dürften sich wohl auch die grossen 
unregelmässigen und eckigen Kieselplatten der fossilen Gattung Plintho- 
sella (Taf. X. 5°) anreihen. 


Möglicherweise gehören in die Nähe von Discodermia auch jene zier- 
lichen, am Rande durchbrochenen Kieselscheibchen mit stark entwickelten. 
vielfach gespaltenen Radialcanälen, wovon ich schon früher mehrere 


24‘ Ann. Mag. nat. hist. 1871. 4 ser. vol. VII. pl. 7 Fig. 1. 2. 


u 


12* 


92 


Exemplare habe abbilden lassen (Coeloptychium Taf. V Fig. 32—35). 
Aehnliche beschreibt Carter aus dem Grünsand von Haldon (l. e. pl. IX. 
Fig. 40—42). 

Kehren wir wieder zu den einfachern, kurzgestielten Gabelankern mit 
gebogenen Armen von Theonella zurück, so schliessen sich an diese an- 
dere etwas complieirtere Formen an. Es reducirt sich nämlich der Schaft 
zu einem kurzen conischen Stiel und die gebogenen Arme senden Seiten- 
ästchen aus, die wieder mit wurzelartigen Auswüchsen besetzt sind. Da- 
durch entstehen zierliche Gebilde (vgl. Bowbk. Proceed. zool. soc. 1869 
pl. V 2—4 und pl. XXV 4), welche sich in ihrem Aussehen den 
eigentlichen Skeletkörperchen schon bedeutend nähern. (Mac Andrewia. 
Taf. I. 3°%. Noch grösser wird diese Aehnlichkeit, wenn auch der 
kurze Schaft an seinem Ende in filigranartige Aeste ausläuft. (Azorica 
Pfeifferae Cart.) 

Bei diesen letztgenannten „Oberflächen-Nadeln“ sind die Beziehungen 
zu den Skeletelementen schon ganz unzweifelhaft; es gibt aber viele und 
namentlich fossile Lithistiden, bei denen die Kieselkörperchen der Ober- 
fläche zwar durch abweichende Grösse und Verästelung vom übrigen Skelet 
differiren, aber doch nur als modificirte Skeletkörperchen aufgefasst, nicht 
aber auf ankerartige Bildung zurückgeführt werden dürfen (Leioderma- 
tium, Leiodorella, Verruculina, Amphithelion, Seliscothon, Chonella etc.) 
Ich halte derartige „Oberflächen-Nadeln“ lediglich für junge, noch un- 
entwickelte Skeletelemente. 

Die Anordnung der ankerförmigen Oberflächen- Nadeln ist fast un- 
veränderlich derart, dass der Schaft nach innen, die Zinken dagegen 
gegen Aussen gerichtet sind. Bei Corallistes, Turonia (Taf. IX. 2) 
Callopegma (Taf. VII. 5°), Calymmatina, Theonella (Taf. I. 9°), u. A. 
bilden die in einer Ebene ausgebreiteten Doppelzinken der Gabelanker 
ein ungemein zierliches sternförmiges Pflaster, dessen Zwischenräume 
im lebenden Zustand mit Sarkode und winzigen Fleischnadeln aus- 
gefüllt war. Bei Doryderma (Taf. VII 1° zeichnen sich die mit 
kurzen Doppelzinken versehenen Anker durch die ansehnliche Länge 
ihrer Schäfte aus. Sie sind zu dichten Büscheln zusammengruppirt 
und stecken mit ihren Zacken nach Aussen in maschenartigen Vertief- 
ungen des Skeletes. Auch die lappigen und gezackten, kurzstieligen 


93 


Anker sowie die Kieselscheiben von Discodermia u. A. bilden eine mehr 
oder weniger dichte Oberflächenschichte, die um so vergänglicher ist, je 
‚weniger tief die nach innen gerichteten Stiele in die Skeletmasse ein- 
dringen. 

Sehr enge drängen sich in der Regel jene Oberflächen -Gebilde zu- 
‚sammen, welche in ihrem Gesammthabitus am wenigsten von den eigent- 
lichen Skeletkörperchen abweichen und wahrscheinlich nur junge, noch 
unausgebildete Skelettheilchen sind. Dieselben bilden unter Umständen 
eine scheinbar dichte und glatte Kieselhaut, die entweder nur gewisse 
Theile des Schwammkörpers (Turonia, Chenendopora, Thecosiphonia) be- 
deckt, oder aber als eine förmliche feine Kieselhülle den ganzen Schwamm 
überkleidet. (Calymmatina, Taf. II 2, Astrocladia),. D’Orbigny, Fro- 
mentel, Courtiller und Pomel haben auf diese eigenthümliche Deck- 
schicht wiederholt hingewiesen, dieselbe aber vielfach mit den Epithekal- 
Gebilden der Korallen oder dem dichten Ueberzug der fossilen Kalks- 
chwämme verwechselt. 


Versuch einer Systematik der Lithistiden. 


Ueber die Stellung der Lithistiden zu den übrigen Spongien gehen 
die Ansichten der Zoologen etwas auseinander. 

O0. Schmidt?®) gruppirt in seiner letzten grösseren Abhandlung 
sämmtliche Spongien in 4 Ordnungen: die erste enthält die Hexactinel- 
liden mit sechsstrahligen Nadeln, die zweite umfasst die Spongien 
mit ankerförmigen Nadeln oder mit Nadeln des pyramidalen Typus; die 
dritte jene mit einaxigen Kieselnadeln sowie alle nadellosen Formen, 
und die vierte die Kalkschwämme. 

In der zweiten Ordnung finden wir die Familie der Lithistiden neben 
den Geodiniden, Ancoriniden und den fossilen Vermiculaten. Dass diese 
letztere, übrigens nur provisorisch aufgestellte Familie nicht aufrecht er- 
halten werden kann, da sie aus den verschiedenartigsten Elementen be- 
. steht, habe ich bereits anderwärts nachgewiesen.?°) Es bleiben somit für 


25) Grundzüge einer Spongienfauna des Atl. Geb. S. 83. 
26) Studien über fossile Spongien 1. S. 6. 


94 


die zweite Ordnung nur die ehemaligen Corticaten (Geodinidae und An- 
corinidae) nebst den Lithistiden übrig. 

An ähnlicher Stelle finden wir die Lithistiden auch in der 3. Auf- 
lage des Claus’schen Handbuchs der Zoologie. Claus stellt die Calci- 
spongia allen anderen Seeschwämmen (Fibrospongia) als gleichwerthige 
Gruppe gegenüber. Die Fibrospongia werden in 12 Familien zerlegt, von 
denen die Ancoriniden, Geodmiden, Lithistiden und Hexactinelliden in der 
angegebenen Reihenfolge den Schluss bilden. Wir finden also auch hier 
die Lithistiden in unmittelbarster Nachbarschaft einerseits der Geodiniden 
und Ancoriniden und anderseits der Hexactinelliden. 

Eine abweichende etwas complicirtere Eintheilung der Spongien ist 
von H. Carter?‘) vorgeschlagen worden. Von den 8 Ordnungen Car- 
ter’s: Carnosa, Ceratina, Psammonemata, Raphidonemata, Echinoneinata. 
Holoraphidota, Hexactinellida und Calcarea entsprechen die 5 ersten und 
ein grosser Theil der 6. der dritten Gruppe Oscar Schmidt’s. Von den 
5 ersten Ordnungen zerfällt jede wieder in 2—4 Gruppen und diese wie- 
der eine grössere Anzahl von Familien. 

Die Ordnung der Holoraphidoten ist unter allen die umfänglichste und 
besteht aus Bestandtheilen, die kaum in sehr enger genetischer Beziehung 
stehen dürften. Wir finden nämlich unter den 5 hierhergehörigen Gruppen 
einerseits die Renierida, Suberitida und Potamospongida (Spongilla) mit 
einaxigen Nadeln und anderseits die Pachytragida und Pachastrellida mit 
drei- oder vier-strahligen Kieselelementen. Unter den Pachastrelliden befindet 
sich dann als Section dritter Ordnung die Familie der Lithistinen. 

Ich beschränke mich auf die Erwähnung dieser drei neuesten Classi- 
ficationsversuche der Spongien, da ich schon früher nachzuweisen ver- 
sucht habe, wie wenig sich die ältere Ansicht von Bowerbank, Gray 
und Wyville Thomson, die Lithistiden und Hexactinelliden in engere 
Verbindung zu bringen, rechtfertigen lässt. 

In einem Punkt stimmen Oscar Schmidt, Claus und Carter 
überein: sie stellen die Lithistiden unmittelbar neben die Geodiniden und 
Ancoriniden (Pachytragidae Cart). Aber während ihnen Claus den Rang 
einer selbständigen Ordnung zuerkennt, treten sie bei Oscar Schmidt 


27) Annals and Mag. nat. hist. 1875. 4ser. vol. XVI. S. 1. 126. 176. 


B; 


95 


nur noch als Familie einer Ordnung auf, welche alle Spongien mit 
vierstrahligen Nadeln umfasst, und bei Carter sind sie sogar zu einer 
Unterabtheilung (Familie) der Pachastrelliden degradirt. 


Die Uebereinstimmung der Lithistiden mit den genannten Spongien 
besteht darin, dass die ankerförmigen Oberflächen-Nadeln vieler 
Lithistiden-Gattungen gewissen Skelet-Nadeln der Ancoriniden und 
„Geodinidden zum Verwechseln ähnlich sehen. Damit ist aber auch Alles 
erschöpft, was sich zu Gunsten der Verwandschaft dieser Spongien mit 
den Lithistiden sagen lässt. Zieht man dagegen in Betracht. dass bei 
den Lithistiden weder typische Vierstrahler (wie bei Steletta), noch Acht- 
strahler, noch Kieselsternchen, oder strahlige Kieselkugeln und Kiesel- 
scheiben beobachtet werden, so ergibt sich schon bei den freien Kiesel- 
gebilden eine namhafte Differenz. Dieselbe ist aber geradezu fundamental, 
sobald man die eigentlichen Skeletelemente berücksichtigt. Keine bis jetzt 
bekannte Ordnung der Spongien besitzt ähnliche zusammengesetzte. man- 
nichfach verästelte Kieselkörperchen. Wenn den Tetracladinen auch ein vier- 
strahliges Axenkreuz zu Grunde liegt, so besteht doch ein tiefgreifender 
Unterschied zwischen den vierstrahligen Sternen der Pachytragiden, bei 
denen die einzelnen Arme gerade und zugespitzt sind und den an den 
Enden mehr oder weniger verästelten Lithistidenkörpern. Auch für die 
eigenthümliche Verbindung der letzteren zu einem meist innig verfloch- 
tenen Gewebe und für die dadurch hervorgerufene steinartige Beschaffenheit 
des ganzen Schwammkörpers lässt sich höchstens bei den Hexatinelliden, 
nicht aber bei den übrigen Kieselschwämmen eine gewisse Analogie auf- 
finden. Nimmt man schliesslich noch auf das complicirte Canalsystem 
und die äussere Erscheinung der Lithistiden Rücksicht, so sind es unter 
den Kieselspongien wieder nur die Hexactinelliden, sowie eine später noch 
näher zu charakterisirende, ausgestorbene Gruppe von Kalkschwämmen, 
welche sich in Vergleich bringen lassen. 


Schliesslich spricht auch die geologische Verbreitung der Lithistiden 
und die ausserordentliche Constanz, womit sie ihre Skeletmerkmale aus 
den frühesten Erdperioden fortgeerbt haben, für das hohe Alter dieser 
Gruppe und gegen ihre Entstehung oder auch nur engere Verwandtschaft 
mit den Pachytragiden, die ich eher als einen aberranten Seitenzweig der 


96 


Lithistiden auffassen möchte, wenn überhaupt ein genetischer Zusammen- 
hang beider angenommen werden soll. 

Alle diese Thatsachen veranlassen mich die Lithistiden als eine be- 
sondere, den Hexactinelliden gleichwerthige Ordnung anzusehen, die ihren 
Platz im System zwischen den Pachytragiden, Geodiniden und Ancorini- 
den einerseits und den Hexactinelliden anderseits erhalten muss. 


Eine speciellere Classification der Lithistiden ist bis jetzt von keiner 
Seite angestrebt worden, da die wenigen lebenden Gattungen keine weiteren 
Unterabtheilungen nothwendig erscheinen liessen und über die fossilen 
Formen bisher soviel wie Nichts bekannt war. Carter liefert in seiner 
schon mehrfach erwähnten Zusammenstellung allerdings werthvolle Winke 
zu einer Gruppirung der lebenden Lithistiden und deutet auch schon an, 
an, dass die Gattung Corallistes Sdt. aus verschiedenartigen Elementen 
zusammengesetzt sei, allein eine systematische Anordnung oder auch nur 
eine schärfere Charakterisirung der einzelnen Gattungen lag offenbar nicht 
in der Absicht des ausgezeichneten englischen Spongiologen. 


Fügt man den lebenden Formen die weit zahlreicheren fossilen bei, 
so ergibt sich das unabweisbare Bedürfniss nach einer systematischen An- 
ordnung des umfänglichen Materials. 

Wie bei den Hexactinelliden berücksichtige ich auch hier in erster 
Linie für die Charakterisirung der grösseren Gruppen die Merkmale der 
eigentlichen Skeletkörperchen, in zweiter Linie die Oberflächen - Nadeln 
und das Canalsystem und in dritter die äussere Form. 


Nach diesen Principien zerfallen die Lithistiden in 4 Familien 
(Rhizomorina, Megamorina, Anomocladina und Tetracladina) und diese 
zum Theil wieder in mehrere Sectionen. 


Uebersicht und Schlüssel zum Bestimmen der fossilen und lebenden 
Lithistiden-Gattungen. 


Classe: Spongiae. 
Ordnung: Lithistidae. O. Schmidt 1870. 

Massive, steinartige, diekwandige, meist festgewachsene Kieselschwämme von sehr 
mannichfaltiger äusserer Form. Monozoisch oder polyzoisch. Mit centraler Magen- 
höhle oder zerstreuten Osculis. Magenhöhle zuweilen durch verticale Röhren ersetzt. 
Schwammkörper aus mehr oder weniger deutlich vierstrahligen, oder unregelmässig 


97 


ästigen, an den Enden der Aeste oder auch ihrer ganzen Länge nach mit knorrigen 
oder wurzelartigen Ausläufern versehenen, gebogenen, innig verflochtenen aber nicht 
verwachsenen Skeletelementen, zuweilen auch aus diesen und aus ÖOberflächen- 
Nadeln von vieraxigem oder einaxigem Typus zusammengesetzt. Die Oberflächen- 
Nadeln entweder Gabel-Anker mit langenı nach Innen gerichtetem Schaft, oder kurz- 
sestielte Anker mit gebogenen, zuweilen knorrigen oder ästigen Zinken, oder kurz- 
gestielte Kieselscheiben oder endlich einaxige Nadeln von verschiedener Form und 
Grösse. Ausserdem in der Sarkode winzige Fleisch- Nadeln von einaxigem Typus. 


1. Familie: Rhizomorina. 


Skelet- Körperchen unregelmässig ästig, mit kürzeren oder längeren, ein- 
fachen oder zusammengesetzten, wurzelartigen Ausläufern oder knorrigen Auswüchsen 
besetzt, mit einfachem oder ästigem Centralkanal. Skelet-Elemente zu wirren Faser- 
zügen zusammen gruppirt oder locker in einanderverflochten. Öberflächen-Gebilde 
häufig denen des übrigen Skeletes ähnlich, ausserdem einaxige Nadeln und Gabel- 
Anker vorhanden. 


A) Skeletkörperchen mässig verzweigt, mit kurzem, einfachem Canal 
im Hauptstamm; locker mit einander verflochten. 


a) Schwammkörper diekwandig, kreiselförmig, knollig oder schüsselförmig mit verticalen 
häufig gegen aussen vergabelten Radialspalten, in welchen feine reihenförmig überein- 
ander stehende Radialcanäle verlaufen. 


2. L = ; kreiselförmig, knollig oder schüsselförmig mit kleinen 
Cnemidiastrum. Zi. Jura . . \ runden Canalostien auf den Radialspalten. 
an a era kreiselförmig. Oberfläche bis zum Oberrand' mit Epi- 

z i eh dermis überzogen. 


b) Schw. schüsselförmig, kreiselförmig oder plattig. Radiales Canalsystem sehr fein, 
undeutlich entwickelt, im Centrum zuweilen Verticalcanäle. 


schüsselförmig oder kreiselförmig. Oscula auf der Innen- 


"ag Zitt. Re: 
HELLES Zr | seite. Verticalcanäle vorhanden. 


schüsselförmig. Erhabene Oscula auf beiden Seiten. 
Verticalcanäle im Centrum. 


Pyrgochonia. Zitt. Jura 


scheibenförmig. Oberseite gewölbt, kraus, mit Central- 


Discostroma. Zitt. Jur 
; = höhle. Unterseite mit glatter Epidermis. 


Epistomella. Zit. Jura . S 
porös. 


plattig, eylindrisch, knollig. Beiderseits mit gerandeten 
Osculis; dazwischen glatte Epidermis. 

Platyehonia. Zitt. Jura . . __plattig. Beiderseits mit feinen Poren. 

Abh. d. II. Cl. d. k. Ak. d. Wiss. XIII. Bd. I. Bbth. 13 


\ 
| plattig. Oberseite mit erhabenen Oseulis. Unterseite 
Leiodorella. Zitt. Jura . | 


98 


B) Skeletkörperchen stark verästelt, mit ziemlich weitem ver- 
zweigtem Canal, häufig zu Faserzügen verflochten. 


a) Schw. knollig oder ästig, ohne deutliches Canalsystem. Oberfläche mit zerstreuten, 
bald grubigen, bald strahligen Oseulis, zuweilen auch nur mit feinen Poren. 


Bolidium. Zitt. Kreide. . . _knollig oder ästig ohne Oscula. 


. , : [ knollig mit zerstreuten strahligen oder grossen gruben- 
Astrobolia. Zitt. Kreide (en 


b) Schw. schüsselförmig, becherförmig, ohrförmig oder plattig. Wand auf einer oder 
beiden Oberflächen mit Osculis oder Poren, von denen einfache oder schwach verästelte 
meist gebogene Canäle in senkrechter Richtung in die Wand eindringen dieselbe aber 
nicht durchbohren. Oberflächen-Nadeln, wenn vorhanden, den Skelet - Elementen ähnlich, 
oder Gabelanker, zuweilen auch Anker mit drei zurückgebogenen Zacken. Ausserdem 
einaxige Nadeln meist reichlich vorhanden. 


Chonella. Zitt. Kreide becher- oder schüsselföürmig. Beide Oberflächen mit 
Poren versehen. 
[ste becher- oder tellerförmig. Wand aus ver- 


Seliscothon. Zitt. Kreide tiealen Blättern bestehend, auf den Radialcanälen 
der Innenseite stehen kleine Oscula. 
becherförmig, gestielt, mit ästiger Wurzel. Innenseite 
mit zerstreuten, vertieften Osculis. Stiel mit Vertical- 
röhren, Skeletkörperchen ziemlich gross, knorrig. 
dünn, incrustirend. Oberfläche mit Poren und feinen 
Furchen. 
becher-, schüsselföormig oder gebogen scheibenförmig, 
Oscula auf der Innenseite. Oberfläche mit einer Schicht 
Gabelanker bedeckt. 
fächerförmig, wellig gefaltet. Oberseite mit Osculis, Un- 
terseite porös. Oberflächen-Nadeln auf der Unterseite 
y gebogene Anker mit kurzen verdickten Zinken, auf 
der Oberseite glatte, unregelmässig verästelte Kör- 
perchen von geringer Grösse. 
vasen- oder keulenförmig. Innenseite mit warzigen Os- 
culis. Oberflächen-Nadeln aus kurzem Schaft und drei 
‘ ästigen feingezackten und gebogenen Armen be- 
stehend. Fleischnadeln einaxig, doppelt zugespitzt. 
vasenförmig, gestielt. Warzige Oscula auf der Innenseite. 


Chenendopora. Lamzx. Kreide 


Arabescula. Carter. lebend 


Corallistes. Sdi. lebend . 


Heterophymia. Pomel.lebend 


Mac Andrewia. Gray. lebend 


Skeletkörperchen klein. Hauptäste glatt, an den Enden 
stark verzweigt. Oberflächen-Gebilde den Skeletele- 
menten ähnlich. 

wie Azorica, aber die hervorragenden Oscula auf der 
Aussenseite. 

schüssel-, becher-, ohr-förmig oder plattig. Innen- 
(Ober-) Seite mit hervorragenden, warzigen Osculis. 
Oberflächenelemente denen des Skeletes ähnlich. 

Amphithelion, Zitt. Jura Kreide wie Verrueulina, aber beiderseits mit warzigen Osculis. 


Azorica. Cart. lebend 


Leiodermatium. Sdt. lebend 


Verrueulina. Zitt. Kreide 


99 


c) Schw. massiv, eylindrisch, Scheitel gewölbt, abgestutzt oder vertieft. Im Innern 
mit zerstreuten oder bündelförmig gruppirten Verticalröhren. Radialcanäle einfach, vom 
Centrum nach der Peripherie ausstrahlend. 


Stichophyma. A | Scheitel gewölbt mit zerstreuten, warzigen Osculis, 
\ welche mit Verticalröhren in Verbindung stehen. 
| Scheitel abgestutzt oder vertieft, in der Mitte mit 

| einem Bündel Verticalröhren. 
keulenförmig, Scheitel gewölbt, mit mehreren feinen 
> { in einer kleinen Vertiefung mündenden Verticalröhren. 
Pomelia. Zitt. Miocaen. lebend Ausserdem an den Seiten vereinzelte mit Röhren ver- 


sehene Gruben. Oberfläche fein porös. 


Jereica. Zitt. Kreide . 


d) Schw. ceylindrisch, kreiselförmig oder kugelig, diekwandig mit einfacher Central- 
höhle. Schräge, haarfeine, perforirende, zuweilen auch gröbere, in die Magenhöhle ein- 
mündende Radialcanäle vorhanden. 


Coelocorypha ZU Kenda ı. | kugelig oder Breirelfonuuz: Magenhöhle seicht; nur 
feine Radialcanäle vorhanden. 
| eylindrisch. Magenhöhle bis zur Basis reichend. Ausser 


Scytalia. Zitt. Kreide den feinen Radialcanälen noch gröbere in die Magen- 
höhle einmündende Canäle vorhanden. 
eylindrisch. Magenhöhle weit, tief. Skeletelemente 
knorrig, sehr gross. Oberflächenkörperchen klein, fein, 
verzweigt. 
Stachyspongia. Zitt. Kreide . eylindrisch. Magenhöhle einfach, röhrig. Oberfläche 
mit kegelförmigen Höckern. 


Pachynion. Zitt. Kreide 


32. Familie: Megamorina. 


Skeletelemente gross, verlängert, glatt, gebogen, unregelmässig ästig oder nur 
an den Enden vergabelt, mit einfachem Axencanal; locker in einander verflochten. 
Dazwischen zuweilen kleinere Skeletkörperchen von rhizomorinem Typus. Ober- 
flächen-Nadeln einaxig oder Gabelanker. 


ceylindrisch oder schüsselförmig mit einfacher Central- 
Megalithista. Zitt. Jura . . höhle. In der Oberflächenschicht zahlreiche Stab- 
nadeln und vereinzelte Gabelanker. 
cylindrisch oder ästig, im Centrum mit einem Bündel 
Verticalröhren. Oberfläche maschig; in den Maschen 
liegen Büschel von kurzgezackten Gabelankern mit 
sehr langem nach Innen gekehrtem Schaft. 
schüsselförmig, beiderseits mit Ostien von groben ein- 
fachen Canälen. Skeletelemente ästig, glatt‘, mit 


Doryderma. Zitt. Kreide e | 
| verdickten Enden. Oberflächen-Nadeln einaxig. 


Lyidium. 0. Schmidt. lebend 


eylindrisch, sehr verlängert, mit durchlaufenden Ver- 
ticalröhren. Skeletelemente sehr lang, wenig ästig. 
13* 


Carterella. Zitt. 


100 


Er : eylindrisch, mit weiter Centralhöhle, Skeletelemente nadel- 
Isöraphinja. Zt. Breidei | ähnlich, nur an den Endenschwach gegabelt oder verdickt. 
vasenförmig, gestielt, mit ästiger Wurzel. Wand bei- 
derseits mit Ostien und Radialcanälen. Skelet theils 

aus grossen, ästigen Megamorinen theils aus klei- 
neren, knorrigen Rhizomorinen-Elementen bestehend. 


Heterostinia. Zitt. Kreide . 


3. Familie: Anomocladina. 


Skeletelemente aus 4 oder mehr glatten, in einem verdiekten Centrum zusammen- 
stossenden Armen bestehend, welche an ihren Enden vergabelt sind. Ausserdem Stab- 
nadeln in grosser Menge vorhanden. 


kugelig oder birnförmig, mit weiter Centralböhle, in 
welche bogenförmige Canäle einmünden. Ausserdem 


Melonella. Zitt. Jura . . .- schräge, vom Centrum gegen oben und aussen ver- 
laufende Radialeanäle vorhanden. Basis mit Kiesel- 
epidermis. 

f , eylindrisch, mit weiter Uentralröhre. Radialcanäle hori- 

Cylindrophyma. Zitt. Jura tal 

Lecanella. Zitt. Jura . . . schüsselförmig, dünnwandig, Canalsystem fehlend. 

Massa Zi. ( knollig, mit warzigen Erhabenheiten, Oberfläche mit 


\ feinen Poren. 


4. Familie: Tetracladina. 
Skeletelemente vierstrahlig, die vier Arme an den Enden verästelt oder verdickt, 
mit vier unter‘Winkel von 120° zusammenstossenden Axencanälen. Oberflächen-Nadeln 


in der Regel reichlich vorhanden (Gabelanker, lappige oder ganzrandige Kiesel- 
scheiben, Stabnadeln). 


a) Schw. halbkugelig bis kreiselförmig, nicht fest gewachsen. Basis mit runzeliger 
Kieselhaut überzogen. Skeletelemente undeutlich vierstrahlig, die glatten Arme an den 
Enden stark verästelt. Magenhöhle einfach, mit Ostien von bogenförmigen Canälen ; ausser- 
dem schräg nach aussen gerichtete einfache Radialcanäle. 

Aulocopium. Oswald. Silur. 


b) Schw. cylindrisch, birnförmig, kugelig, selten schüsselförmig, einfach oder ästig. 
Skeletelemente mit vier gleichen glatten, selten etwas knorrigen, an den Enden ästig ver- 
zweigten Armen. Oberfläche mit Gabelanker und einaxigen Nadeln. 


Phymatella. | eylindrisch, mit knolligen Auswüchsen, Centralhöhle 
\ weit, Radialcanäle horizontal. 
länglich, birnförmig, massiv. Oberfläche mit Längs- 
furchen!, in welchen Radialcanäle münden. Wurzel 
mit verzerrten, länglichen Skeletelementen. 
Callopegma. Zitt. Kreide . . f schüsselförmig, mit weiter Centralhöhle. Oberfläche mit 
U  Gabelanker. 


Aulaxinia. Zitt. Kreide . 


101 


feigenförmig, mit röhriger Magenhöhle. Oberfläche mit 
conischen Warzen. Radialcanäle horizontal. 

feigen- oder birnförmig gestielt. Centralhöhle weit, mit 
Ostien gebogener Radialcanäle; ausserdem schräg 
von Innen nach Aussen verlaufende Canäle. 

([ wie Siphonia, aber mit einem Bündel Verticalröhren, 

deren Ostien im Scheitel ausmünden. 

keulenförmig. Scheitel mit den Ostien kurzer Verti- 
calröhren. Seiten mit Vertiefungen, in welche Canäle 
ausmünden. 

becherförmig; gestielt. Wand von Verticalröhren durch- 
zogen. 


Trachysycon. Zitt. Kreide . | 
J 
\ 
| buschig. Alle Individuen von Röhrencanälen durch- 


Siphonia. Park. Kreide. . . 


Jerea. Lamz. Kreide 


Nelumbia. Pomel. Kreide 


? Marginospongia. d’Orb. Kreide 


Polyjerea. From. Kreide zogen. Oberfläche mit Kieselhaut auskleinen, ästigen 
Lithistidenkörperchen überzogen. © 

einfach oder ästig, eylindrisch massiv. Oscula zerstreut, 
mit röhrigen Canälen in Verbindung. 

ästig oder einfach. Die Individuen kreiselförmig mit 
einfacher Magenhöhle. Oberfläche rauh, vollständig 
von einer Kieselhaut überzogen, worin Gabelanker 
liegen. 

einfach oder polyzoisch. Individuen kreiselförmig. Schei- 
tel mit vertiefter Grube, worin Mündungen von Ver- 
ticalröhren. Basis und ein Theil der Seiten mit Kie- 
selhaut überzogen. 

unregelmässig, knollig. Oberseite gewölbt oder conisch, 

Turonia. Mich. Kreide . . . rauh mit Längsfurchen. Im Innern zerstreute Ver- 

ticalröhren. Basis mit Kieselhaut, worin Gabelanker. 


Astroeladia. Zitt. Kreide 


Calymmatina. Zitt. Kreide . 


Thecosiphonia. Zitt. Kreide 


ce) Skeletelemente vierstrahlio, an den Enden stark verästelt. In der Oberfläche 
kurzschaftige Gabelanker mit gebogenen Zinken oder mit lappigen oder runden, kurzge- 
stielten Kieselscheiben. 
becherförmig. Aussenseite porös, Innenseite mit zahl- 
Theonella Gray.Kreide u. lebend | reichen, nicht erhabenen Osceulis. Anker der Ober- 
fläche mit gebogenen Gabelzinken. 
Discodermia, BocageKreide,lebend becherförmig. Oberfläche mit ganzrandigen rundlichen 
Kieselscheiben. - 
inerustrirend, dünn, ohne Oscula. Oberfläche mit zack- 
| igen, viellappigen, kurzgestielten Kieselscheibchen. 
keulenförmig, knollig, cylindrisch oder becherfürmig. 
Oberfläche mit lappigen, kurzgestielten Kieselscheiben. 
| schüsselförmig oder blattförmig. Oberfläche mit Fur- 


Kaliapsis. Bowbk. lebend . . 


Racodiseula. Zitt. Kreideu. lebend | 


Ragadinia. Zitt. Kreide . chencanälen. Deekschicht aus lappigen, kurz gestiel- 


ten Kieselscheiben uud Stabnadeln bestehend. 
d) Skeletelemente gross, vierstrahlig, knorrig, an den Enden entweder ganz schwach 


verzweigt oder nur verdickt. 

3 S : kugelig oder knollig. Oberfläche mit grossen, ziegelar- 
Flinthosella, Zi. Kreide | tigen, ganzrandigen oder lappigen Kieselscheiben. 
[ scheibenförmig. Oberseite mit strahligen Rippen. Ca- 


Spongodiscus. Zitt. Kreide naleysterm fehlt 


102 


Im vorliegenden System sind mit wenigen Ausnahmen nur solche Genera aufge- 
nommen, welche ich selbst mikroscopisch untersucht habe. Eine Anzahl Gattungen von 
Billings, Courtiller, Pomel u. A. habe ich unbeachtet gelassen, da die vorhandenen Be- 
schreibungen und Abbildungen über die feineren Strukturverhältnisse keinen Aufschluss 
gewähren. 

Einige Schwierigkeiten macht die silurische Gattung Aulocopium. Ihre Skeletelemente 
sind von ziemlich indifferentem Typus; sie gleichen in mancher Hinsicht den Tetracladinen, 
aber ihre Unregelmässigkeit nähert sie ebenso sehr den Anomocladinen und selbst ge- 
wissen Rhizomorinen. Es ist dies für die Entwicklungsgeschichte des Lithistidenstammes 
ein bedeutungsvoller Fingerzeig. In der Silurformation scheinen die verschiedenen Gruppen 
noch nicht ihre spätere Differenzirung erlangt zu haben; die Merkmale, welche sich nach- 
träglich ‚auf einzelne Familie vertheilten, sind theilweise noch in dem alten Collectivtypus 
vereinigt. 

Eine ähnliche Stellung nehmen auch die Anomocladina ein, Sie zeigen Beziehungen 
nach allen Seiten; allein es ist vorläufig nicht möglich , sie mit irgend einer anderen 
Gruppe der Lithistiden in genetischen Zusammenhang zu bringen. 

Die übrigen Gruppen Rhizomorina, Megamorina und Tetracladina lassen sich wie 
ein Blick auf die Tafeln zeigt, nach ihrer Mikrostruktur sehr sicher von einander unter- 
scheiden. Eine auffallende Verschiedenheit zeigen die Jurassischen Rhizomorinen durch ihren 
kurzen einfachen Axencanal gegenüber den cretacischen und recenten Repräsentanten dieser 
Gruppe. Sämmtliche jurassische Gattungen der Rhizomorinen besitzen überhaupt sehr 
ähnliche Skeletkörperchen , so dass zur generischen Bestimmung die Skeletbeschaffenheit 
allein nicht ausreicht. Das Gleiche gilt mutatis mutandis auch von den ceretacischen Rhi- 
zomorinen und Tetracladinen. 


Aufenthalt und Verbreitung der lebenden Lithistiden. 


Der Umstand, dass im Jahr 1859 die erste zu den Lithistiden gehörige lebende 
Form (Mae Andrewia Azorica Gray) beschrieben wurde, beweist hinlänglich, dass 
diese Schwämme nicht zu den leicht zugänglichen Bewohnern unserer Meeresküsten 
gehören. In der That, fast alle bis jetzt bekannte Arten sind durch das Schlepp- 
netz aus dem Ocean hervorgeholt worden, und die wenigen Anhaltspunkte über ihre 
bathymetrische Verbreitung, welche man 0. Schmidt und Carter verdankt, sprechen 
dafür, dass die Lithistiden Tiefen zwischen 75 und 374 Faden bewohnen, und häufig 
in Gesellschaft von Hexactinelliden vorkommen. Ueber ihre geographische und 
bathymetrische Verbreitung gibt nachstehende Tabelle Aufschluss?®): 


28) Die mit * bezeichneten Arten hatte ich Gelegenheit in natura zu untersuchen. 


103 


Art. Vaterland. Br Gewährsmann. 
A. Rhizomorina. 
3 S hi 3 4 i ; R 
ee ne on) || wueıh wer | TB-ITA | Carter 
Indien; Florida. y 
* 5 Masoni Bowbk. sp. . . Madeira. ? 
(Dactylocalyx Masoni.Bowbk. ) 
* ; en microtuberculatus. Sdt. . St. Jago, CapVerde. ? 
- elegantior. Sdt. Portugal. ? 
* 5 noli-tangere. Sdt. Portugal, St. Jago. ? 
Heterophymia(Dactylocalyx)heteroformis. 
(Val. sp.) Bowbk. Ak Shanghai. R 
»Mac Andrewia Azorica Gray. Azoren ; Faröer In- 
seln; St. Vincent, 
W. Indien. aA Carter: 
* „» (Corallistes) clavatella Sdt. | Florida. 152—270 | O. Schmidt. 
»Pomelia Schmidti. Zitt. Florida. ? 
»Azorica Pfeifferae. Cart. . Madeira,St.Vincent)| 75—374 | Carter. 
” (Corallistes) borealis. Cart. sp. | Faröer Inseln. ? 
»Leiodermatium Iynceus. Sdi Portugal. ? 
h ramosum. Sdt. . Florida. 125 O0. Schmidt. 
»Arabescula parasitica. Cart. . Canal. Seychellen. ? 
B. Megamorina. 
»Lyidium torquilla. Sat. Cuba. 970 Dr 
C. Tetracladina. 
»Theonella Swinhoei. Gray. Formosa. ? 
2 (Dactylocalyx) Pratti. Bowbk. | Ost-Indien. 2 
 Jabuee ferruginea. Haeck. in sched. ? ? 
Racodiscula asteroides. Cart. sp. . Florida. 152— 270 | ©. Schmidt. 
(Corallistes polydiscus Sdt. non. Bowbk.) 
* = Sp. noV. Philippinen. ? Carter. 
»Kaliapsis cidaris. Bowbk. . Süd-See. ? 
»Discodermia polydiscus. Bocage sp. . | Portugal, St. Jago, 
(Dactylocalyz: polydiscus Bowbk.) St. Vincent. 75—374 | Carter. 


104 


Phyletische Entwickelung. 


Aus der Lebensweise der lebenden Lithistiden darf wohl gefolgert werden, dass 
auch ihre fossilen Vorfahren einen Aufenthalt in mässig tiefem Wasser bevorzugt 
haben. Sehr häufig werden die fossilen Lithistiden, namentlich im oberen Jura und 
stellenweise auch in der oberen Kreide von zahlreichen Hexactinelliden begleitet, 
doch gibt es auch Localitäten (z. B. die Kreide der Touraine, Normandie und York- 
shire) wo die Lithistiden massenhaft, die Hexactinelliden dagegen nur äusserst spärlich 
vorkommen. Dies deutet an, dass die Existenzbedimngungen für die beiden Spongien- 
Gruppen ähnlich, aber doch nicht identisch waren. Im Allgemeinen scheinen die 
lebenden Lithistiden niemals in so grossen Tiefen vorzukommen, wie die Hexactinelliden. 

„Ablagerungen, worin die letzteren überwiegen, dürften darum in tieferem Wasser ge- 
bildet sein, als Lithistiden-reiche Gebilde. 

In entschieden litoralen Absätzen kennt man fast gar keine fossilen Lithistiden 
und dieser Umstand erklärt wohl vorzugsweise das offenbar sehr lückenhafte Material 
in unseren paläontologischen Museen. Sie sind auf vereinzelte, räumlich und zeitlich 
meist weit entfernte Ablagerungen beschränkt, von denen jede in der Regel eine 
ganz andere Spongienfauna enthält als die früher oder später gebildeten Schichten. 
Eine stetige und allmählige Entwicklung der fossilen Lithistiden lässt sich nicht 
nachweisen, ja sogar der Uebergang einer Gattung, geschweige denn einer Art von 
einer Formation in die folgende ist kaum zu constatiren. 

Die paläozoischen Formationen haben bis jetzt erst eine einzige sicher bestimmte 
Gattung (Aulopium) geliefert??). n 

Aus Trias und Lias sind mir keineLithistiden bekannt; dagegen habe ich in der 
Hohenegger’schen Sammlung aus braunem Jura des Krakauer Gebietes eine Melonella 
und eine Species von Unemidiastrum gefunden. 

Ungemein zahlreich, namentlich an Individuen, treten die Lithistiden in den 
Spongitenkalken des weissen Jura auf. Hier herrschen besonders die Gattungen Une- 
midiastrum, Hyalotragos, Platychonıa und Cylindrophyma vor. Mehr vereinzelt 
finden sich Leidorella, Epistomella, Pyrgochonia, Discostroma, Mesalithistida, Le- 
canella, Mastosia und Melonella. Sie finden sich im unteren weissen Jura in mässiger 
Zahl neben den dort vorherrschenden Hexactinelliden, ihre Hauptentwickelung tritt 
aber erst im weissen Jura d ein, wo die Hexactinelliden etwas spärlicher werden. In 
den älteren Horizonten der Kreideformation fehlen die Lithistiden zwar nicht gänzlich, 
kommen aber doch nur als Seltenheiten vor. Dagegen ist die Cenomanstufe die 
Heimath zahlreicher Arten von Siphonia, Jerea, Stichophyma, Chonella, Verrueulina, 
Amphithelion. Berühmte Fundorte sind der Grünsand von Blackdown und Haldon 


29) Möglicherweise gehören auch die ungenügend beschriebenen Gattungen Aulocopina, Cala- 
thium und Eospongia Billings zu den Lithistiden. Die silurischen Genera Archaeocyathus und Trachyum 
Billings bedürfen einer mikroscopischen Untersuchung, um festzustellen, ob sie wirklich den Hexacti- 
nelliden zuzutheilen sind. 


105 


in Wiltshire, die glaukonitische Kreide der Normandie und Touraine, der untere 
Pläner von Norddeutschland, Sachsen, Böhmen und Bayern. 

Den Höhepunkt ihrer Entwicklung erreichten die Lithistiden in der oberen 
Kreide. In der Touraine und Normandie, in Yorkshire und in gewissen Gebieten 
Norddeutschlands (am Sutmerberg, bei Ahlten, Linden, Boimstdorf, Ilsenburg, 
Döhrnten, Salzgitter) ist der Formenreichthum an Lithistiden geradezu erstaunlich. 
Die Gattungen Chonella, Seliscothon, Chenendopora, Verruculina, Amphithelion, Bo- 
lidium, Astrobolia, Stichophyma, Jereica, Uoeloeorypha, Sceytalia, Pachynion, Dory- 
derma, Isoraphinia, Phymatella, Callopegma, Trachysycon, Jerea, Polyjerea, Astro- 
eladia, Turonia, Ragadinia, Plinthosella, Spongodiscus u. A. haben hier entweder 
ihre ausschliessliche oder doch ihre vorwiegende Verbreitung. Mit der Juraformation 
hat die Kreide auffallender Weise keine einzige Gattung gemeinsam. 

Nach Ablauf der Kreideformation finden sich in Nordeuropa nurnoch le 
Trümmer von Lithistiden (z. B. im Eocänsand von Brüssel), dagegen hat Pomel in 
‘der Provinz Oran in Algerien eine ungemein reiche miocäne Lithistidenfauna ent- 
deckt und beschrieben. Leider stand mir aus diesem Gebiete kein Material zur Ver- 
fügung und da die Pomel’schen Beschreibungen und Abbildungen nur die äussere 
Form und das Canalsystem berücksichtigen, auf die feineren Strukturverhältnisse 
dagegen wenig Rücksicht nehmen, so muss ich vorläufig mein Urtheil über die 
meisten Gattungen noch zurückhalten. Im Gesammthabitus scheint sich indess die 
Lithistidenfauna aus dem Miocän von Oran mindestens ebenso eng an die lebenden 
Formen anzuschliessen, als an jene der Kreideformation. Unter den zahlreichen Arten 
der Gattungen Sceytophymia, Pleurophymia und Onemaulax dürften sich bei genauerer 
Untersuchung Vertreter von Corallistes, Mac Andrewia und Azorica finden, dagegen 
scheinen die in massenhafter Individuenzahl entwickelten Genera Jereopsis, Jerea, 
Allomera, Meta u. s. w. eher auf cretacische Vorläufer hinzuweisen. Ich habe mich 
zu meinem Bedauern genöthigt gesehen, die Pomel’schen Gattungen im speciellen Theil 
grösstentheils zu ignoriren, da eine definitive Einreihung derselben in das System 
erst dann möglich sein wird, wenn ihre Strukturverhältnisse genauer untersucht sind. 

Die nachstehende Tabelle gibt eine übersichtliche Darstellung der historischen 
Aufeinanderfolge der Lithistiden und gleichzeitig einige Andeutungen, wie man sich 
etwa ihre phyletische Entwicklung vorstellen könnte. An geschlossene Formenreihen 
oder gar an die Construction eines Stammbaumes lässt sich bei unserer lückenhaften 
Kenntniss der fossilen und lebenden Lithistiden vorläufig ebenso wenig, wie bei den 
Hexactinelliden, denken. 


Abh. d. IL Cl. d. k. Ak. d. Wiss. XIII. Bd. I. Abth. 14 


P Rhizomorina. Megamorina. 
Leiodermatium. 
Azorica. Discodermia. 
a Mac Andrewia. Pomel; Racodiseula. 
Jelzineit. Heterophymia, a Theonella. 
Corallistes. Be “  Kaliapsıs. 
Arabescula. Lyidium. 
? Marisca. 
Corallistes. 9 ee 
(Seytophymia, Pleurophy- Aha 
mia, Aegophymia). A streblia. 
Miocaen. |? Cnemaulax. ? Psilobolia. ? Dichojerea. 
?Spongoconia, ? Taseoconia, ? Pliobunia. ofenes 
? Tretolopia, ? Adelopia. ? Pleuromera. Bart 
DE AN ? Tereopsidea. 
? Histiodia. ? Allomera. ? Tereopsis. 
Callopegma. 
Phymatella. 
Aulaxinia. x 
Turonia. 
Calymmatina. 
Thecosiphonia. 
Obereundmitt- En nn E 
lere Kreide. Amphithelion. Marginojerea. 
Verrueulina. Polyjerea. 
Plococonia. Stachyspongia. Jereica. Isoraphina. Nelumbia. Discodermia. 
Seliscothon. Pachynion. Stichophyma. Heterostinia. Jerea. Ragadinia. 
Chenendopora. Coelocorypha. Astrobolia. Doryderma. Trachysycon. Plinthosella. 
Chonella. Sceytalia. Bolidium. Carterella. Siphonia. Spongodiscus 
Unt. Kreide. | Chonella. Jereica. 
Leiodorella. ß 
on a Anomocladina 
Malm Platychonia. Mesalithista. Lecanella. 
(weisser Jura). Discostroma. ' 
Corallidium. Pyrgochonia. Cylindrophyma 
Cnemidiastrum. Hyalotragos. Melonella. 
Dogger Cnemidiastrum. Melonella. 
Silur Formation. AsurloreorpEru.m: 


107 


B. Specieller "Theil. 


Das Material, welches dem speciellen Theil zu Grunde liegt, ist durch die Freund- 
lichkeit. womit meine Untersuchungen von vielen Seiten gefördert wurden, sehr um- 
fangreich geworden. Von zahlreichen in Deutschland und Böhmen vorkommenden Arten 
hatte ich Gelegenheit die Originaltypen von Münster, Goldfuss, F. A. Römer, 
Reuss und Ferd. Römer zu untersuchen, bei andern lagen mir wenigst 
authentisch bestimmte Exemplare vor. Ausser den bereits in der ersten Abtheilung 
genannten Herrn, welche mir fortdauernd ihr Wohlwollen durch Ueberlassung werth- 
voller Materialien an den Tag legten, erhielt ich durch die Herren P. von Loriol 
und Al. Humbert in Genf die gesammte Spongien-Sammlung des Genfer Museum’s, 
das sich durch grossen Reichthum namentlich an französischen Vorkommnissen aus- 
zeichnet. Diese letzteren wurden noch wesentlich vermehrt durch eine Sendung ver- 
kieselter Spongien aus der Touraine, für welche ich Herrn Prof. Geinitz in Dresden 
zu Danke verpflichtet bin. Aus Norddeutschland erhielt ich durch die Güte des Herrn 
Director Dr. von Groddeck in Clausthal eine Anzahl Originalien F. A. Römer’s, 
mein früherer Zuhörer Herr Dr. Steinmann in Strassburg hatte die Freundlich- 
keit, die reichsten Localitäten in Braunschweig und Hannover für das hiesige Museum 
auszubeuten, von Herrn Prof. Dr. Hosius in Münster wurden mir Spongien aus 
der westfälischen Kreide zugeschickt und von den Herrn Gottsche und Dr. Meyn 
bekam ich eine Anzahl Geschiebe aus Holstein und der Gegend von Hamburg. Von 
besonderer Wichtigkeit waren aber vor Allem die herrlich erhaltenen Stücke aus der 
oberen Kreide von Ahlten und Linden in Hannover, welche mir von meinem ver- 
ehrten Freunde Prof. von Seebach in Göttingen zur Untersuchung anvertraut wurden. 

An Jura-Spongien ist die Münchener paläontologische Staatssammlung sehr 
reich. Mancherlei Neues aus Schwaben konnte mir indess von Herrn Apotheker 
Wetzler in Günzburg, Herrn Pfarrer Dr. Engel in Ettlenschiess und Herrn Bau- 
inspektor Klemm in Geislingen mitgetheilt werden. Allen den genannten Herren, 
insbesondere aber auch Herrn H. Carter in Budleigh Salterton, Dr. W. Marshall 
in Weimar und Prof. OÖ. Schmidt in Strassburg, welche mich durch Mittheilung 
lebender Lithistiden unterstützten, fühle ich mich zu wärmstem Danke verpflichtet. 


Ich habe mich in dieser zweiten Abtheilung nicht wie bei den Hexactinelliden 
auf kurze Diagnosen der Genera beschränkt, sondern denselben in der Regel noch 
einige Bemerkungen, welche zum besseren Verständniss dienen dürften, beigefügt. 
Ausserdem ist jede Gattung von einem Verzeichniss derjenigen Arten begleitet, welche 
ich mit Sicherheit dahin rechnen zu dürfen glaube. Von den mit * versehenen 
Formen lagen mir die Originalstücke der betreffenden Autoren vor. Für die treff- 


lichen Abbildungen der mikroscopischen Skeletelemente, welche diese Abhandlungen 
14* 


108 


begleiten, bin ich abermals Herrn Conrad Schwager besonderen Dank schuldig. 
Dieselben sind (mit wenigen besonders bezeichneten Ausnahmen) in der gleichen 
Vergrösserung mittelst Camera lucida gezeichnet und liefern dadurch ein zuver- 


lässigeres Bild der relativen Dimensionsverhältnisse, als die umständlichsten Angaben 
von Maassen. 

Für die häufiger vorkommenden Abkürzungen gibt beifolgendes Literaturver- 
zeichniss den Schlüssel. In der Regel habe ich nur die Abbildungen eitirt und zwar 
mit Fettschrift die Tafel, mit kleinerer Schrift die Figuren bezeichnet. 


Court. Ep. foss. 


Et. Leth. Br. 


From. 


Intr. 


Gein. Elbth. 


Goldf. 


Mich. Ie. 


Pom. 


Quenst. Handb. 


DE] 


„ 


Reuss. 


Roem. 


„ 


„ 


Jura 
Bein..30) 


Kr. 


Kr. 


Spong. 


Sad. 


Courtiller A. Eponges fossiles des Sables du terrain cretace su- 
perieur des environs de Saumur., (Etage Senonien d’Orbieny). 
Annales de la Societe Linndenne de Maine et Loire. 1861. 
volgLy. 

Etallon et Thurmann, Lethaea Bruntrutana ou etudes pale- 
ontologiques et stratigraphiques sur le Jura Bernois. Neue 


Denkschriften der schweizerischen naturforschenden Gesellschaft. 
1863. Bd. XIX. und XX. 


Fromentel E. de, Introduction &a l’etude des &ponges fossiles. 
Memoires de la Soc. Linndenne de Normandie. Vol. XI. 1859. 
Geinilz, das Elbthalgebirg in Sachsen. Palaeontographica. 
BARS 2 


— Goldfuss und Münster, Petrefacta Germaniae. Bd. I. 1826— 1833. 


Michelin Hard., Iconographie zoophytologique. Paris. 1340— 1847. 
Pomel A. Paleontologie ou description des animaux fossiles de 
la Province d’Oran. Zoophytes. Oran. 1872. 

Quenstedt F. A. Handbuch der Petrefaktenkunde. 2. Aufl. 1867. 
Quenstedt F. A. Der Jura. Tübingen 18. 

(Quenstedt F. A. Petrefaktenkunde Deutschlands. Bd. V. Ko- 
rallen. Leipzig 1877. 

Reuss A. E. Die Versteinerungen der böhmischen Kreideforma- 
tion. Stuttgart 1845. 
Roemer F. Ad. Die Versteinerungen der Norddeutschen Kreide- 
formation. Hannover 1841. 

Roemer F, Ad. Die Spongitarien des Norddeutschen Kreidege- 
birges. Palaeontographica. XIII. 1864. 


Roemer Ferd. Die fossile Fauna der silurischen Diluvial-Ge- 
schiebe von Sadewitz bei Oels in Nieder-Schlesien. Breslau 1861. 


30) Während des Druckes ist mir die 4. Lieferung dieses Werkes zugegangen. Ich konnte 
wenigstens theilweise noch auf dieselbe Bezug nehmen. 


A. Rhizomorina. Zitt. 


Cnemidiastrum Zitt.. Taf. II. Fig. 8. 12. Taf. III. Fig. 1. 2. 


Syn. Cnemidium p. p. Achilleum p. p. Goldf.; Onemidium und Onemispongia Quenst.; 
Cupulospongia p. p. d’Orb.; Cnemiopelta, Cnemipsechia, Pachypsechia, ? Ceriopelta, Trachy- 
einclis Pomel (non Onemidium d’Orb. Pomel.). 


Schw. kreisel- oder. kegelförmig, eylindrisch oder schüsselförmig, mit vertiefter 
Centralhöhle, monozoisch, selten polyzoisch. Die dicke Wand wird von zahlreichen 
senkrechten Radialspalten (Rinnen) durchzogen, welche sich gegen aussen häufig ein- 
oder mehrfach gabeln und dann anastomosiren. Diese geraden oder welligen Radial- 
spalten sind durch eine mindestens doppelt so breite Skeletmasse von einander ge- 
schieden. An Stücken deren Oberfläche nicht abgerieben ist, zeigen sich die Radial- 
spalten aus lauter in verticalen Reihen dicht über einander folgenden Canälen 
zusammengesetzt, deren runde porenförmige Oeffnungen in den Rinnen deutlich zu 
unterscheiden sind. Auch im Innern der Wand sind die einzelnen Canäle einer Reihe 
häufig durch eine dünne Schicht Skeletmasse geschieden, zuweilen zerfliessen sie aber 
auch in einander und bilden einen einzigen Spaltcanal, welcher die ganze Höhe der 
Wand durchsetzt. Sind diese Spalten mit Gesteinsmasse erfüllt, welche der Verwit- 
terung grösseren Widerstand entgegensetzt, als das Skelet, so ragen sie als strahlige 
Leisten am Scheitel vor und verleihen dem Schwammkörper einige Aehnlichkeit mit 
dem Kelch einer Sternkoralle. 

Bei günstiger Erhaltung beobachtet man, dass die äussere und innere Oberfläche 
der Wand mit einer fast glatten Deckschicht bekleidet ist, aus welcher die runden, 
reihenförmig geordneten Oscula der Radialcanäle entweder als kleine durchbohrte 
Wärzehen hervorragen (Taf. II. Fig. 8°.) oder einfach eingesenkt sind. (Taf. II. 
Fig. 5.) Goldfuss hat ein mit wohl erhaltenen Osculis versehenes Exemplar von 
Cnemidiastrum stellatum unter dem Namen Cn. granulosum (35. 7.) vortrefflich ab- 
gebildet. 

Die meist in Kalkspath umgewandelten Skeletkörperchen sind von mässiger 
Grösse, gekrümmt, unregelmässig geformt, an den Enden ästig und überall mit zu- 
gespitzten oder stumpfen, dornigen Auswüchsen besetzt. 


Ich habe mich genöthigt gesehen für diese Gattung den Goldfuss’schen Namen Cne- 
midium aufzugeben, obwohl sich derselbe durch Quenstedt in Süddeutschland für die 
schüssel- und kreiselförmigen Schwämme mit strahligen Rinnen aus dem oberen Jura ein- 
gebürgert hat. Goldfuss hatte nämlich unter Cnemidium sehr verschiedene Dinge zu- 
sammengeworfen, und obwohl bei Aufstellung der Gattungsdiagnose offenbar Cnemidium 
rimulosum und stellatum besonders in’s Auge gefasst worden waren, so gehört doch gerade 
die erste Species (Cnemidium lamellosum) zu der Hexactinelliden-Gattung Pachyteichisma. 


110 


Quenstedt beschränkte den Namen Cnemidium im Jahre 1543 (Flötzgeb. S. 424) auf 
die Formen vom Habitus des Cnemidium stellatum, rimulosum u. s. w., leider folgten 
aber die französischen Autoren (d’Orbigny, Fromentel, Pomel) seinem Beispiel nicht, son- 
dern zogen es vor, Cnemidium lamellosum Goldf. als Typus der Gattung zu betrachten. 
Bei Pomel führt sogar eine Familie der Dictyosclerosa den Namen Cnemidiens. Da der 
Name Cnemidium nachträglich von anderen Autoren auf die verschiedensten Kalk- und 
Kieselschwämme bezogen wurde, so dürfte die Unterdrückung desselben das einzige sichere 
Mittel bilden, Confusionen zu vermeiden. 

In Quenstedt’s neuestem Werke (Petref. V.) finden sich auf Taf. 126, 127 und 128 
zahlreiche sehr naturwahre Abbildungen von oberjurassischen, meist ziemlich stark abge- 
riebenen Formen, welche die äussere Erscheinung und das Canalsystem vortrefflich 
illustriren. Mit den Goldfuss’schen Arten, namentlich mit Cn. stellatum, verfährt Quen- 
stedt allerdings ziemlich willkürlich. 


Geologische Verbreitung: In der Juraformation. 
1) Cnemidium stellatum Taf. IH. Fig. 1. 2 Goldf. &. 2. (non 30. 3). 
(Onemidium gramulosum. Münst. Goldf. 35. 7) 
(Cnemispongia Goldfussi. Quenst., Petr. V. 126. Fig. 73. 74 t. 12%. 1—16.) 
2) Cnemidium striato-punctatum. Goldf. 6. 3. 
(Onemispongia Goldfussi. Quenst. p. p. Petr. 127. 19. 20. 21. 22.) 
3) Cnemidium corallinum. Quenst. Jura 84. 1. Petr. 127. 16. 17. 18. 
4) Cnemidium rimulosum. Taf. III. Fig. 3. Goldf. 6. 4. Quenst. Petr. 128. 1-5. 
(Tragos granulosum. Quenst. Petr. 129. 4. 5.) 
5) Cnemidium pluristellatum. Zitt. 
(Onemidium stellatum Quenst. (non Goldf.) Jura 8. 676. Petr. 128. 6. 7.) 
(? Onemidium stellatum. Goldf. 30. 3 (non 4. 2.) 
*6) Achilleum tuberosum. Münst. Goldf. 34. 4. 


7) ns cancellatum. Münst. Goldf. 34. 5. 
S) Cnemidiastrum Hoheneggeri. Zitt. Taf. II. Fig. 8. Unt. weisser Jura. Wodna bei 
Krakau. 


Corallidium. Zitt. 
Sgn. Onemidium p. p. Quenst. 
Schw. kreiselförmig, kegelförmig bis eylindrisch; Scheitel mit enger Magen- 
höhle, von welcher zahlreiche äusserst feine Rinnen ausstrahlen, die den Schwamm- 


körper als verticale Spalten durchsetzen. Seiten vollständig mit einer dichten, etwas 
runzeligen Hülle überzogen. 


Einzige Art im oberen Jura von Kelheim. 


1) Cnemidium diceratinum. Quenst. Hdb. 1852. t. 61. Fig. 20. Petr. V. 128. 10— 12. 


Hyalotragos. Zit. Taf. III. Fig. 4. 5. 


Sgn. Tragos p. p. Goldfuss (non Schweigger), Quenst. et. auct., Chenendopora 2. D., 
Oupulospongia p. p., Ohenendroscyphia p. p. From; ? Oymbochlaenia, ? Bothrochlaenia, Dia- 
cyparia Pomel. 


Schw. schüssel-, teller-, triehter- oder kreisel-förmig, gegen unten zugespitzt 
' oder kurz gestielt. Oberseite vertieft, bald mit unregelmässig zerstreuten grösseren und 
sehr wenig vertieften, bald mit dichtgedrängten kleineren Oseulis versehen. Aussen- 
wand porös, oder mit einer glatten, meist concentrisch runzeligen Deckschicht über- 
zogen In der Mitte der vertieften Oberfläche mündet eine grössere oder geringere 
Anzahl verticaler Röhren, welche bis zur Basis den Schwammkörper durchziehen. 
Ausserdem verlaufen in der Wand parallel der Oberfläche sehr feine Radialcanäle von 
der Basis bis zum Oberrand und da dieselben häufig in radiale Verticalreihen ge- 
ordnet sind, so entsteht eme der Gattung Cnemidium ähnliche, jedoch viel feinere 
und undeutlichere strahlige Struktur. 


Die meist in Kalkspath umgewandelten Skeletelemente sind ziemlich gross und 
bestehen aus einem gebogenen, in mehrere zackige Aeste gespaltenen Stamme, der 
nur spärlich mit dornigen Auswüchsen besetzt ist. Sie sind lose mit einander ver- 
flochten, niemals in grösseren Mengen zu Faserzügen zusammengruppirt, sondern 
reihen sich meist einzeln aneinander und verursachen auf diese Weise ein lockeres 
Maschennetz, das bereits von Goldfuss (3. 10° und 35. 5°) vortrefflich abgebildet 
worden ist. 


Diese Beschaffenheit des Skelets ist ungemein charakteristisch. Der ganze Schwamm- 
körper wird von einem Capillarnetz von Canälen durchzogen und das Skelet bildet 
eigentlich nur die äusserst feinen Wände dieser Canälee Wenn die letzteren eng neben 
einander stehen, wie im Centrum, so nehmen sie in der Regel polygonale Form an und 
erinnern einigermassen an die Röhren der Gattung Favosites. 

Nur an der Oberfläche und zwar sowohl auf der äussern, wie auf der inneren sind 
die Skeletkörperchen dichter mit einander verflochten und bilden dadurch zuweilen eine 
dem unbewaffneten Auge dicht erscheinende glatte Kieselepidermis. 


Diese im oberen Jura überaus häufige Gattung unterscheidet sich von Cnemidiastrum 
vornehmlich durch den Mangel grober Radialspalten und von der cretacischen Gattung 
Verruculina, abgesehen von der abweichenden äusseren Form, durch das lockere, grobma- 
schige Skelet, durch die Form der mit einfachem Canal versehenen Skeletelemente, durch 
die Gruppirung derselben, sowie durch die verticalen Canäle. 

Goldfuss hat mehrere Formen dieser Gattung unter dem Aristotelischen Namen 
Tragos beschrieben, den Schweigger schon früher einem lebenden Hornschwamm bei- 
gelegt hatte. Zu Tragos rechnete indess Goldfuss auch noch andere, theils zu Kiesel- 
theils zu Kalkschwämmen gehörige Formen, so dass eine Beibehaltung dieses Namens aus 
zwiefachem Grunde unstatthaft erschemnt. In Quenstedt’s Petrefaktenkunde V. 


112 


Taf. 128. 129. sind die oberjurassischen Arten vortrefflich abgebildet; nichts desto we- 
niger unterliegt deren Unterscheidung wegen des meist mangelhaften Erhaltungszustandes 
grossen Schwierigkeiten. Die besten Stücke, welche ich kenne, stammen aus dem unteren 
weissen Jura (Zone des Am. transversarius) des Krakauer Gebietes, gehören jedoch meist 
unbeschriebenen Arten an. Bei den schwäbischen und fränkischen Exemplaren sind durch 
den Fossilisationsprocess und durch nachträgliche Verwitterung häufig gerade die bezeich- 
nendsten Merkmale verloren gegangen, so dass viele derselben als unbestimmbar bei Seite 
gelegt werden müssen. 
Sämmtliche Arten ‘finden sich im oberen Jura. 
*1) Hyalotragos (Tragos) patella. Taf. III. Fig. 4. 5. Goldf. sp. 5. 10. u. 85. 4. 
Quenst. Petr. +. 128. 26. 27. 28.5 BI. 23: 
2) ? Tragos radiatum. Goldf. 35. 2. Quenst. Petr. 128. 24. 25. 
3) „ reticulatum. Goldf. 35. 5. Quenst. Petr. 129. 10— 15. 


4) „  Infrajugosum. Quenst. ib. 129. 6. 
*5) „ rugosum. Goldf. 35. 4. 
6) „ pezizoides. Goldf. 5. 8. 


(Tragos fistulosum. Quenst. ib. 128. 15—23.) 


Pyrgochonia. Zit. 

Syn. Tragos p. p. Goldf., Quenst.; Forospongia p. ». d’Orb. Pomel. 

Schw. becherförmig, auf beiden Seiten mit werandeten, warzig hervortretenden 
ganz seicht in die Skeletmassen eingesenkten Osculis. Skeletstruktur und Canalsystem 
wie bei Hyalotragos, die Verticalröhren im Centrum schwaeb entwickelt. 

Die typische Art dieser Gattung (Tragos acetabulum. Goldf. 5. 9.) wurde von d’Or- 
bigny zu Forosponseia gerechnet. Da unter diesem Namen jedoch Formen aus verschie- 
denen Gattungen zusammengefasst wurden, und die Diagnose „Spongiaire lamelleux ou 
cupuliforme, cribl& de pores des deux cötes“ auf ein halbes Dutzend anderer Gattungen 
besser passt, so wurde derselbe fallen gelassen. j 

Abgeriebene Exemplare dieser oberjurassischen Gattung sind leicht mit Hyalotragos 
zu verwechseln. 

1) Pyrgochonia (Tragos) acetabulum. Goldf. t. 5. 9. Quenst. Petr. 129. 7. 8. 18. 

(Tragos infranudatum. Quenst. ib. 129. 6.) 
( » verrucosum. Goldf. 35. 6.) 


Discostroma. Zit. 

Syn. Tragos p. p. Quenst. 

Schw. scheibenförmig oder flach triehterförmig ; Oberseite gewölbt, polsterartig, 
mit krausen Gruben und Erhöhungen, in der Mitte mit centraler, zuweilen enger, 
aber ziemlich tiefer Centralhöhle. Unterseite kurz gestielt, mit diehter runzliger Deck- 
schicht. Skelet und Canalsystem wie bei Hyalotragos. 

Nur im oberen Jura. 

1) Discostroma (Tragos) intricatum. Quenst. Petr. 129. 20. 


113 


s 


Leiodorella. Zitt. Taf. II. Fig. 5. Taf. II. Fig. 11. 
(Asios glatt, doo« Haut.) 


Syn. Planispongia p. »., Tragos p. p. Quenst. 


Schw. plattig, ohrförmig, wellig gebogen, zuweilen knollig oder inerustirend. 
Beide Oberflächen mit glatter, scheinbar dichter Deckschicht überzogen, aus welcher 
zerstreute, gerandete, runde Oscula hervorragen. Von diesen dringen kurze röhrenartige, 
etwas gebogene und an ihren Enden verästelte Canäle senkrecht in die Wand ein. 

Das Skelet besteht aus einem ziemlich dicht verflochtenen Gewirr ästiger 
Lithistidenkörper mit kurzem einfachem Axencanal. Die kurzen und dicken Aeste 
sind mit einer mässigen Anzahl spitzer Fortsätze versehen. Die dichte Oberflächen- 
schicht wird durch kleine zackige und ästige Körperchen gebildet, deren Form wegen 
ungünstiger Erhaltung nicht sicher zu ermitteln war. 

Diese Gattung entspricht in ihrer äusseren Erscheinung ebenso genau der cretacischen 
Gattung Ampithelion, wie Epistomella als jurassischer Vorläufer von Verruculina angesehen 
werden kann. Beide jurassische Genera stimmen hinsichtlich ihrer Skeletelemente mit Hyalo- 
tragos, Cnemidium und Platychonia überein, während die cretacischen Gattungen durch viel 
schlankere, dünnere, überall mit knorrigen oder wurzelartigen Fortsätzen versehene Skelet- 
körperchen ausgezeichnet sind. Die Axencanäle der ersteren sind kurz und fein, während 
jene von Verruculina und Amphithelion mit ansehnlichem Durchmesser die ganze Länge 
des Hauptstammes durchziehen und sich hin und wieder auch in die Nebenäste ver- 
zweigen. Bis jetzt nur im oberen Jura bekannt. 


1) Leiodorella expansa. Zitt. t. II. Fig. 5. Taf. III. Fig. 11. 

Lappig oder ohrförmig, ziemlich dicke Blätter bildend, Rand abgerundet. Oscula 
gerandet, warzig hervorragend, in spärlicher Zahl weit auseinander stehend. Transversarius- 
Schichten. Wodna bei Krakau. 

2) Tragos tubatum. Quenst. Petr. 129. 19. 

Ausserdem mehrere andere Arten aus dem weissen Jura der Schweiz, Schwaben, 
Franken und dem Krakauer @ebiet. 


Epistomella. Zii. Taf. II. Fig. 3. Taf. III. Fig. 12. 
"(erei auf, oroue Mund.) 

Syn. Planispongia p. p., Spongites p. p. Quenst. 

Schw. ohr- oder blatt-förmig, seitlich gestielt. Oberseite mit zerstreuten, ge- 
randeten, runden Osculis; Unterseite mit Poren. Magenhöhlen der Oscula mässig 
vertieft. 

Skelet und Canalsystem wie bei Leiodorella. 

Im oberen Jura selten. 


Epistomella clivosa. Quenst. Petr. 131. 4. 5. 
Abh. d. II. Cl. d. k. Ak. d. Wiss. XIII. Bd. I. Abth. 15 


114 


Platyehonia. Zit. Taf. III. Fig. 8. 9. 10. 

Syn. Spongites p. p. Planispongia p. pP. Quenst., Amorphospongia p. p, d’Orb., ? Plo- 
cocoelia EBtallon. 

Schw. blattförmig, ohrförmig, wellig gebogen, gefaltet, selten becher- oder 
schüsselförmig. Beide Oberflächen mit Poren besetzt. Canalsystem sehr unvollkommen 
entwickelt, zuweilen lediglich durch das lockere wirre Geflecht des Skeletes ersetzt; 
häufig bewegt sich die Wasserströmung aber auch in zahlreichen reihenweise geord- 
neten Capillarröhren durch die ganze Länge der Wand und verleiht dieser ein fa- 
seriges oder strahliges Aussehen (vgl. Goldfuss t. 33 Fig. 5a.). Die Skeletelemente 
unterscheiden sich wenig von denen der Gattung Hyalotragos und sind auch genau 
in derselben Weise mit einander verflochten. 

Diese Gattung ist schwer definirbar ; sie stellt sich einerseits Hyalotragos unmittelbar 
zur Seite, anderseits ist sie namentlich in ihren äusseren Merkmalen Chonella sehr ähnlich. 
Von Hyalotragos unterscheidet sich Platychonia durch die ganz unregelmässige, meist 
plattige, seltener schüssel- oder becherförmige Gestalt, durch den Mangel an grösseren 
Osculis und an verticalen Röhrencanälen; von Chonella durch die abweichende Beschaffen- 
heit des Skeletes. Während sich nämlich bei Platychonia die ziemlich grossen, mässig ver- 
ästelten Skeletkörperchen einzeln mit einander verflechten und äusserst feine, vielfach über- 
brückte Züge zwischen den Capillarcanälen bilden, gruppiren sich die weit kleineren, stärker 
verästelten und gezackten Elemente von Chonella gerne zu gröberen Fasern zusammen 
und geben dadurch dem Skelet eine weit dichtere und solidere Struktur. Diese Be- 
schaffenheit bedingt aber ein wohl entwickeltes Canalsystem und in der That dringen bei 
Chonella von den porenförmigen Oeffnungen der Oberfläche senkrechte Canäle in die 
Wand ein. 1 

Im oberen Jura gibt es verschiedene Arten dieser Gattung, deren Unterscheidung 
indess schon wegen des mangelhaften Erhaltungszustandes grosse Schwierigkeiten verur- 
ursacht. Quenstedt fasste sie früher als Spongites vagans zusammen, unterscheidet aber 
neuerdings Petr. V. 8. 317—323 unteı dem Namen Planispongiae verschiedene Arten. 

1) Platychonia (Spongites) vagans. Taf. III. Fig. 8. Quenst. Jura 82. 8. 

2) Platychonia auriformis. Taf. III. Fig. 9. Quenst. Petr. V. 131. 1. 

3) Seyphia Schlotheimi. Münst. Taf. HI. Fig. 10. Goldf. 33. 5. 

4) Spongites triangulus. Quenst. Petr. V. 131. 2. 

5) 2 stragulus. Quenst. ib. 131. 9. 

+6) 2 feralis. Quenst. ib. 131. 14. 

7) ? Plococoelia obsura. Et. Leth. Br. 59. 16. 


Bolidium. Zitt. Taf. IV. Fig. 8. 
Syn. Amorphospongia p. p. D’Orb., Röm.; Amorphofungia p. p. From.; ? Lithosia, 
? Cladolithosia Pomel.; Stellispongia p. p. Röm.; Sparsispongia Gein., Achilleum p. p. Reuss. 


Schw. knollig, mit gerundeter oder warziger Oberfläche, zuweilen ästig, dick. 
Oberfläche nur mit feinen Poren versehen. Skelet aus kleinen knorrigen, ge- 


115 


krümmten, an den Enden verästelten Lithistidenkörperchen bestehend. Oberfläche 
in der Nähe der Basis häufig mit einer dichten Lage junger, in einander verfilzter 
Skeletkörperchen bedeckt. 

Ich fasse unter dieser Bezeichnung eine Anzahl indifferenter, formloser Schwamm- 
körper ohne grössere Ostien oder Canäle zusammen, welche sich hinsichtlich ihrer Skelet- 
beschaffenheit von Astrobolia und Chonella nicht unterscheiden lassen. Sie wurden bisher 
in der Regel zu Amorphospongia gerechnet. 


*]) Amorphospongia palmata. Roem. Spongit. 19. 8. Senon, Sutmerberg. 


Astroboliıa. Zitt. 


Syn. Asterospongia p. p. Roem., Stellispongia p. p. Roem.; Cnemidium p. p. Reuss.; 
Cytoracea, Rhagosphecion, Asteropagia p. p. Pomel. 


Schw. knollig, ganz unregelmässig geformt. Ganze Oberfläche mit gröberen 
oder feineren Poren, von welchen dünne Canäle in das Skelet eindringen; ausserdem 
auf der Oberseite mehrere grössere Oscula, welche durch einmündende Furchen ein 
sternförmiges Aussehen erhalten. Skelet gleichmässig aus knorrigen, an den Enden 
ästigen Lithistidenelementen, welche in ihrer Form mit denen von Bolidium über- 
stimmen, gebildet. 

Die Arten dieser durch die strahligen Oscula und durch die unregelmässige Form 
leicht kenntlichen Gattung wurden bisher meist unter der Bezeichnung Asterospongia oder 
Stellispongia aufgeführt. Diese Gattungen bilden aber ein Mixtum compositum von Lithi- 
stiden, Kalkschwämmen, Wurzelfragmenten u. s. w. so dass es nicht möglich ist eine der- 
selben in dem von d’Orbigny und Römer gemeinten Sinne aufrecht zu halten. Für die 
Formen mit grossen, grubigen Osculis (Stellispongia impressa Roem.) errichtete Pomel 
eine besondere Gattung Üytoracea. 

Alle Arten finden sich in der Kreide. 


*]) Cnemidium conglobatum. Reuss. Böhm. Kr. 16. 2. 3. Cenoman. 


2) Cnemidium stellatum. Reuss. ib. 16. 1. Cenoman. 
(Stellispongia Reussi. Gein. Elbthalgeb. 6. 3.) 


3) Stellispongia Michelini. Gein. ib. 6. 2. Cenoman. 


*4) a5 hemisphaerica. Roem. Spongit. 17. 3. Senon. 

#5) 55 conglomerata. Roem. ib. 17. 4. Turon, Salzgitter. 

6) Asterospongia globosa. Roem. Spongit. 19. 5. Senon. Sutmerberg. 

N) hs tenella. Roem. 54. 6. Senon. Sutmerberg. 

8) Stellispongia Plauensis. p. p. Gein. Elbthalgeb. 6. 1. (non Taf. 5. Fig. 7—8) 
Cenoman. 


9) Stellispongia impressa. Roem. Spongit. 17. 2. Senon. Sutmerberg. 
(Quenst. Petr. V. t. 133. 12.) 
?10) Stellispongia grandis. oem. ib. t. 17. 1. Sutmerberg. 


15* 


116 


Die Gattungen Tretolopia, Adelopia. Pliobunia, Streblia, Pliobolia und Psilo- 
bolia Pomel aus dem Miocän von Oran würden sich ihrem äusseren Habitus am 
besten hier anschliessen. 


Chonella. Zitt. Taf. III. Fig. 6. 7. 
(zovn Trichter.) 


Syn. Cupulospongia p. p., W’Orb.; Chenendopora p. p. auct.; Oculispongia p. P., Stelli- 
spongia p. p. Roem.; Cupulochonia, Dischonia p. p. Fromentel. 

Schw. unregelmässig trichter- oder tellerförmig, einfach oder zusammengesetzt, 
zuweilen aus einem zusammengebogenen Blatt bestehend; kurz gestielt oder mit ver- 
diekter Wurzel. Beide Oberflächen mit kleinen ovalen oder runden porenförmigen 
Oeffnungen besetzt, von welchen gerade oder gebogene Öanälchen in das Innere der 
Wand eindringen. Diese besteht aus einem wirren Geflecht von Fasern, die aus kleinen 
unregelmässig gestalteten, filigranartig gezackten und an den Enden ästigen Kiesel- 
körperchen zusammengesetzt sind. Die Enden dieser Skeletelemente werden häufig 
durch ein ziemlich dichtes Gewebe winziger Kieselkörperchen von ähnlicher Form, 
aber weniger gezackt, verbunden. Sowohl auf der Oberfläche, als auch im Geflecht 
der Wand liegen zahlreiche einaxige Nadeln von verschiedener Form und Grösse und 
ganz vereinzelt auch kleine Anker, deren 3 Zinken rückwärts gebogen sind. 

Als Typus der vorliegenden Gattung betrachte ich Cupulospongia tenuis Röm., von 
welcher mir zahlreiche trefflich erhaltene Stücke aus Linden in Hannover und Biwende 
in Braunschweig vorliegen. 

Chonella unterscheidet sich von der sehr nahe stehenden Gattung Seliscothon nur 
durch den Mangel einer radialen Anordnung der Skeletelemente. ‚Von den älteren Autoren 
wurden die hierher gehörigen Arten meist als Cupulospongia und Chenendopora be- 
zeichnet, In der äusseren Erscheinung zeigt Chonella in der That auch die grösste Aehn- 
lichkeit mit Chenendopora Lamx. Die Skeletbeschaffenheit beider Gattungen ist indess sehr 
verschieden. Bei Chenendopora besitzen die Skeletkörperchen eine viel ansehnlichere 
Grösse, sind weniger stark verästelt, nicht filigranartig gezackt,, sondern mit knorrigen 
stumpfen Höckern besetzt. Ausserdem zeichnet sich Chenendopora durch stärkere Canäle 
und meist auch durch einen langen, mit starken Verticalröhren durchzogenen Stiel aus. 

Alle bekannten Arten stammen aus der Kreide. 


1) Cupulospongia tenuis. Taf. III. Fig. 6. 7. Roem. Spongit. 17. 7. Senon. 

2) Achilleum auriformis. Rloem. Kr. 1. 3. Senon. Peine. 

3) Cupulospongia contorta. Roem. Spongit. 18. 2. Cenoman, 

4) Cupulospongia Roemeri, Gein. Elbthalgeb. I. 8. 29. t. 5. Fig. 1—6. Cenoman. 

5) Chonella Geinitzi. Zitt. Cenoman. | 
(Stellispongia Plauensis. p. p. Gein. Elbthalgeb. S. 30. t. 5. Fig. 6—8 non t. 6. 
Fig. 1). 


117 


An Chonella reihen sich wahrscheinlich die Pomel’schen Gattungen Cne- 
maulax, Spongoconia, Taseoconia und Pliobolia aus dem Miocän von Oran an, von 
denen bis jetzt nur die äussere Form bekannt ist. Hieher wohl auch: 


Plococonia. Pomel. Pal. de l’Oran. S. 248. 
Syn. Spongia, Plocoscyphia p. p. auct. 
Schw. aus mäandrisch gewundenen, dicken Lamellen bestehend, gestielt. Skelet? 


1) Spongia contorto-lobata. Mich. Icon. 42. 1. Senonien. Tours. 


Seliscothon. Zitt. Taf. IV. Fie. 2. 3. 4. 
(veAis Blatt, zu9wrv Becher). 


Syn. Scyphia Goldf.; Spongia Phil.; Chenendopora p..p., Qupulospongia p. p., Ocel- 
laria p. p. Roem.; Trachydictya, Laosciadia Pomel. 


Schw. teller-, schüssel-, trichter- oder becher-förmig, gestielt. Oberrand dick, 
gerundet oder schräg abgestutzt. Wand aus dünnen, radialen, senkrechten Lamellen 
zusammengesetzt. welche durch spaltförmige Zwischenräume von gleicher Breite ge- 
schieden sind. Diese leeren Zwischenräurie ersetzen das Canalsystem und dienen zur 
Wassereirculation, Oberseite (Innenseite) mit runden, seichten Ostien, zuweilen auch 
nur mit zahlreichen porenförmigen ÖOeffnungen bedeckt. Unterseite (Aussenseite) 
glatt, oder mit einer verdichteten Kieselhaut bekleidet. Die Ostien der Oberfläche 
münden direct in die radialen Verticalspalten. 


Das Skelet besteht aus feinen, unregelmässig verästelten Kieselkörperehen, dıe 
allenthalben mit dornigen oder wurzelartigen Auswüchsen besetzt sind und sich an 
den Enden der Hauptarme sparrig vergabeln. Diese Lithistidenkörperchen legen sich 
in den Verticallamellen der Wand dicht neben einander und sind durch ihre seit- 
liehen und endständigen wurzelartigen Fortsätze innig miteinander verflochten. Ein- 
zelne derselben ragen in gewissen Abständen in die Verticalcanäle herein und heften 
sich mit ihren Enden an die benachbarte Lamelle an, indem sie auf diese Weise 
eine balkenartige Brücke zwischen den beiden Lamellen herstellen. (vgl. Goldf. t. 65. 
Fig. 5°”) An der Oberfläche sind die Skeletkörperchen etwas stärker verästelt, als im 
im Innern und bilden dort eine fein poröse Deckschicht, in welcher zahlreiche dop- 
pelt zugespitzte Stabnadeln eingestreut liegen. 


Diese Gattung unterscheidet sich von Chonella durch die radialen Verticallamellen, 
aus denen die Wand zusammengesetzt ist und durch den Mangel an besonderen Canälen. 
Manchmal freilich wird die blätterige Beschaffenheit der Wand undeutlicher, die einzelnen 
Lamellen sind gebogen, häufiger durch Querbrücken verbunden, so dass schwer zu classi- 
fieirende Formen entstehen, welche einen fast unmerklichen Uebergang zur Gattung Cho- 
nella bilden. 


118 


Pomel schlägt für die hiehergehörigen Schwämme zwei Gattungen vor, wovon 
Laoseiadia die mit deutlichen Ostien versehenen Formen, wie S. plana Phil. sp. in sich 
begreift, während unter dem Namen Trachydietya die Arten mit feinporöser Oberfläche, 
wie $. Mantelli, gemeint sind. Letztere Gattung befindet sich im Pomel’schen System 
unter den Gitterschwämmen (Hexactinelliden). 

Simmtliche Arten stammen aus der mittleren und oberen Kreide. 

1) Spongia plana. Phil. Geology of Yorksh. II. t. 1. Fig. 1. Upp. Chalk. 
3) Spongia capitata. Phil. ib. t. 1. Fig. 2. Upp. Ch. 
*3) Chenendopora explanata. Taf. IV. Fig. 2. Roem. Spongit. 16. 3. Senon. 
*4) Scyphia Mantelli. Taf. IV. Fig. 3. Goldf. 65. 5. Senon. 
5) Seliseothon Roemeri. Pomel sp. Senon. 

(Cupulospongia Mantelli. Roem. (non Goldf.) Spongit. 17. 6.) 
6) Cupulospongia gigantea. Taf. IV. Fig..4. Roem. Spongit. 18. 1. Senon. 
7) Cupulospongia marginata. Roem. Kr. 2. 7. Senon. 

*8) Ocellaria subtilis. Roem. Spongit. 7. 5. Senon. 

(Die Abbildungen Taf. 133. Fig. 4—7 in Quenstedt’s Petrefactenkunde V. stellen 
verschiedene Arten der Gattung Seliscothon dar.) 


Chenendopora. Lamx. Taf. III. Fig. 13. 14. 
1821. Exposition method. des genres de l’ordre des Polypiers. Sr ro en Tl Wire. OU 


Syn. Chenendopora p. p. auct.; Jerea p. p. Mich.; Bicupula, Platispongia, Cupulo- 
spongia Court. 

Schw. becher-, trichter- oder napf-förmig, diekwandig, meist mehr oder weniger 
lang gestielt, mit wurzelartiger, ästiger Basis, selten ungestielt. Oberrand abgestutzt 
oder gerundet, breit. Innenseite des Bechers mit vertieften, unregelmässig vertheilten 
Osculis besetzt, von welchen einfache gerade oder gebogene Canäle in die dicke Wand 
eindringen und unmittelbar unter der entgegengesetzten Oberfläche endigen. Gegen 
unten verlaufen die Canäle immer schräger und werden schliesslich zu Vertical- 
röhren, welche die ganze Länge des Stieles durchziehen und sich in die Wurzelver- 
zweigungen fortsetzen. Aussenseite des Bechers zuweilen mit einer feinporösen, ziemlich 
dichten runzeligen Deckschicht überzogen. 


Das Skelet besteht aus knorrigen, fast durchaus mit warzigen Höckern besetzten 
ästigen Lithistidenkörpern von ziemlich ansehnlicher Grösse. Die Enden der Zweige 
sind gegabelt, zaserig verästelt und sämmtliche wurzelartige Fortsätze mit stumpfen 
knorrigen Auswüchsen versehen. 


Die wurzelartigen Enden der benachbarten Skeletelemente sind mit einander ver- 
flochten und bilden an der Oberfläche die oben erwähnte feinporöse Deckschicht. Am 
Stiel, dessen Oberfläche meist mit Längsfurchen versehen ist, sind die knorrigen 
Skeletkörperchen stark in die Länge verzerrt. 


1) 


Von Äsolirten Kieselgebilden finden sich grosse Stabnadeln ziemlich häufig. 
Diese schon von Lamouroux im Jahre 1821 aufgestellte Gattung ist vielfach 
verkannt und der Name Chenendopora auf Spongien von sehr verschiedener Struktur an- 
gewendet worden. Die typische Art (Chenendopora fungiformis Lamx.) stammt, wie Mi- 
chelin nachgewiesen hat, nicht aus dem Jura von Caen, sondern aus den oberen Kreide- 
Ablagerungen der Normandie. Sie kommt nebst verwandten Formen roh verkieselt massen- 
haft in der Touraine vor, von wo Courtiller unter den Gattungsnamen Bicupula, 
Platispongia und Cupulospongia eine grosse Anzahl meist schlecht charakterisirter Arten 
beschrieben hat. 
Bis jetzt sind nur cretacische Arten bekannt. 
1) Chenendopora fungiformis. Taf. II. Fig. 13. 14. Lama. 1. e. t. 75. Fig. 9. 10. 
(Guettard. Mem. tome III pl. 9. Fig. 1.) 
(Parkinson Org, rem. II. pl. 11. Fig. 5.) 
(Michelin. Icon. p. 130. pl. 34. Fig. 3 (non Fig. 2). 


Zu der gleichen oder doch zu sehr nahe stehenden Arten gehören folgende 
von Courtiller aus der Gegend von Saumur beschriebenen Formen: 
a) Bicupula gratiosa, capitata, compressa, clavata, excavata, auricula, prolifera, 
pateraeformis, lata, sinuata, conica Court. pl. 35. 36. 37. 
b) Platispongia speculum, discus, verticalis, rupa, obliqua Court. pl. 38. 
c) Cupulospongia glomerata, contorta, infundibulum, elegans, terebrata Court. 
pl. 39. 
3) Seyphia terebrata. Mich. Ic. 29. 4. Senon. 
3) Chenendopora pateraeformis. Mich. ib. 37. 2. Senon. 
4) Chenendopora pocillum. Mich. 33. 5. Senon. 
Jerea arborescens. Mich. p. p. Icon. t. 42. Fig. 2° (non 2°) ist die Wurzel einer 
Chenendopora. 


An Chenendopora schliessen sich wahrscheinlich an: 

Poecilospongia. Court. Ep. 8. 9. 

„Schw. becherförmig mit mehr oder weniger verenster Oeffnung. Centralhöhle un- 
regelmässig, mit horizontalen Streifen oder Furchen und Osculis versehen. Aeussere Uber- 
fläche ungleich, oft eingedrückt; Oscula vorzüglich in diesen Vertiefungen gelegen.“ 

Ob. Kreide. Touraine. 


Dimorpha Court. Ep. 8. 7. 

Syn. Tragalimus, Dimorpha, Elasmalimus Pomel. 

„Unterer Theil wie Cupulospongia. Innere Seite des Becherrandes bildet Ausbreit- 
ungen von verschiedener Form, welche alle auf der Aussenseite Oscula tragen und die 
sich beinahe immer mit ihrer oberen Parthie vereinigen, indem sie am Scheitel nur eine 
oder zwei kleine Oeffnungen frei lassen. 

Ob. Kreide. Touraine. 


120 


Arabescula. Carter. Taf. I. Fig. 11.°!) 
(Ann. Mag. nat. hist. 4 ser. vol. XII. S. 464. pl. 17, Fig. 7—9.) 


Schw. dünn, inerustrirend; Oberfläche mit Poren und feinen Furchen. Skelet 
aus gebogenen, ästigen, filigranartig gezackten Skeletkörperehen bestehend, welche sich 
mit den benachbarten verflechten und eine membranartige Ausbreitung bilden; dieselben 
sind auf der Aussenseite glatt, auf der Innenseite mit kleinen Warzen besetzt. 

Nur lebend. — Seychellen und Aermel-Canal. 


Corallistes. 0. Schmidt. (em. Zitt.) Taf. I. Fig. 1. 2. 
Atlant. Spong. S. 22. 


Schw. becher-, schüssel- oder gebogen scheiben-förmig. Oscula auf der Ober- 
(resp. Innen-) Seite. Skeletkörperchen gekrümmt, unregelmässig ästig, an den Enden 
mit wurzelartigen Ausläufern, am Stamm und den Aesten mit kmorrigen Warzen be- 
setzt. Axencanal den Aesten folgend, verzweigt, ziemlich weit, aber undeutlich begrenzt. 
Manchmal hat es den Anschein, als ob der unbestimmt angedeutete Axencanal aus 
mehreren neben einander herlaufenden Canälen zusammengesetzt sei. (Taf. I. Fig 2°.) 


Beide Oberflächen sind mit einer Schicht Gabelanker bedeckt, deren ausge- 
breitete Zinken in einer Ebene liegen, während der Schaft nach Innen gerichtet ist. 

Die fünf hierher gehörigen lebenden Arten, von denen ich nur Corallistes elegantior 
nicht aus eigener Anschauung kenne, sind bereits auf S. 103. erwähnt. Ich habe auf Taf. 1. 
Fig. 2% das von Herrn Prof. O0. Schmidt freundlichst mitgetheilte Original- Exemplar von 
Coralüstes noli-tangere in natürlicher Grösse abbilden lassen, um die überraschende äusser- 
liche Aehnlichkeit dieses recenten Vertreters der Lithistiden mit gewissen fossilen Formen 
zur Anschauung zu bringen. Fig. 2° derselben Tafel stellt das Skelet und Fig. 2° einen 
Gabelanker von Corallistes noli-tangere Sdt. dar und zwar sind diese Figuren genau in 
der gleichen Vergrösserung gezeichnet, wie alle übrigen Bilder der folgenden Tafeln, welche 
die Skeletstruktur der fossilen Lithistiden darstellen. 


In gleicher Vergrösserung sind Taf. I. Fig. 1°, mehrere Skeletkörperchen und 
Fig. 1% die Gabelanker der Oberfläche von Corallistes microtuberculatus Sdt. gezeichnet. 
Von Corallistes Bowerbanki Johnson und C. Masoni Bowbk. liefert die Bowerbank’sche 
Monographie der „siliceo- fibrous sponges“ Proceed. zool. soc. 1869. pl. II. Fig. 5—8 und 
pl. VI. Fig. 1—4 vortreffliche Abbildungen. 


An Corallistes schliessen sich wahrscheinlich die ungenügend charakterisirten Gat- 
tungen Oegophymia, Pumicia, Cisselia, Scythophymia, Pleurophymia und Histiodia Pomel an. 


31) Die bis jetzt nicht in fossilem Zustand bekannten Gattungen sind mit Cursivschrift 
gedruckt. 


121 


Heterophymia. Pomel. Pal. de l’Oran. S. 143. 

Syn. Dactylocalyx p. p. Bowb. 

Schw. fächerförmig oder blattförmig, wellig gefaltet. Oberseite mit grossen, zer- 
streuten Osculis, Unterseite porös. Skelet-Elemente wie bei Corallistes, die beiden 
Oberflächen dagegen mit verschiedenen isolirten Kieselkörpern versehen. Unterseite 
mit langgestielten, etwas gebogenen Ankern mit kurzen verdickten Zinken und grossen 
Stabnadeln. Oberseite mit glatten, unregelmässig verästelten Körperchen von geringer 
Grösse. 

Die einzige hierher gehörige lebende Art aus China (Dactylocalyx heteroformis. 
Bowbk.) ist in Bowerbank’s Monographie 1. ce. $. 86 ausführlich beschrieben und auf 
Taf. IV. Fig. 1—4 abgebildet. 

A. Pomel hat für diese Gattung, welche in der Sammlung des Jardin des plantes 
den Manuscript-Namen Coseinospongia heteroformis Valenc. trägt, die Bezeichnung Hetero- 
phymia vorgeschlagen, da Coscinospongia leicht zu Verwechslungen mit der Hexactinelliden- 
Gattung Coscinopora Goldf. führt. 

Bowerbank hatte die vorliegende Art zu Dactycalyx gestellt, allein dieser Name 
muss auf eine lebende Hexactinelliden-Form beschränkt bleiben. 


Mac Andrewia. Gray. Taf. I. Fig. 3. 
1859. Proceedings zool. Soc. of London. 8. 438 pl. XV. 


" Sym. Dactylocalyx p. p. Bowbk.; Corallistes p. p. Schmidt. 

Schw. becher-, schüssel- oder keulen-förmig. Innenseite mit zerstreuten, warzig 
hervortretenden Osculis. Skeletkörperchen gebogen, ästig, an den Enden stark wurzel- 
artig verzweigt; die Hauptäste glatt, mit wenig dornförmigen Auswüchsen besetzt. 
Oberflächen-Nadeln mit kurzem, zugespitztem Schaft, von dessen äusserem Ende drei 
gebogene ästige Arme in horizontaler Richtung ausgehen. Diese platt gedrückten Arnıe 
sind an beiden Rändern mit zackigen Fortsätzen und Seitenästchen besetzt. Ausser- 
dem winzige, doppelt zugespitzte Fleischnadeln in grosser Zahl vorhanden. 

Von den beiden bis jetzt bekammten lebenden Arten ist Mac Andrewia Azorica von 
Gray und Bowerbank (l. e. pl. V. Fig. 1—5) beschrieben und abgebildet. 

Von Mac Andrewia (Corallistes) elavatella Sdt. habe ich auf Taf. I. Fig. 3% ein 
Exemplar aus Florida in natürlicher Grösse und daneben Fig. 3° einige Skeletkörperchen, 
Fig. 3° ein Stück Oberfläche in 50 facher Vergrösserung darstellen lassen. 

Das Original verdanke ich Herrn Prof. Oscar Schmidt. 


Azorica. Cart. Taf. 1. Fig. 6. 
Ann. Mag. nat. hist. 4 ser. XII. S. 442. 


Schw. becherförmig, stark gefaltet, kurz gestielt; auf der Innenseite warzenförmige 
Oscula, auf der Aussenseite feine Poren; Skelet aus kleinen, glatten, unregelmässig 
ästigen, an den Enden wurzelartig verzweigten Kieselelementen bestehend. Oberflächen- 

Abh. d. II. Cl. d. k. Ak. d. Wiss. XIII. Bd. I. Abth. 15 


122 


schicht mit Körperchen von ähnlicher Form, welche sich nur durch vereinzelte Knoten 
von den inneren unterscheiden. Fleischnadeln stabförmig. — Recent. 

Da das Skelet der einzigen bekannten Art (Azorica Pfeifferae. Cart.) noch nicht ab- 
gebildet ist, so habe ich ein Stück der inmeren Wand nach einem von Herrn Carter freund- 
lichst mitgetheilten Fragment aus Madeira darstellen lassen. 


Leiodermatium. 0. Schmidt. Taf. I. Fig. 5. 
Spongienfauna des Atlant. Oceans 8. 21. 


Wie Azorica, die Oscula aber auf der Aussenseite. Nur recent. 

Die Abbildungen der Skeletkörperchen dieser Gattung im Schmidt’schen Werk (t. III. 
Fig. 2) sind nicht gelungen. Es schien mir desshalb nothwendig, dieselben nochmals zeichnen 
zu lassen und zwar nach einem Präparat, welches vom Original- Exemplar von Leioderma- 
tium Iynceus Sdt. herrührt. 


Verrueulina. Zitt. Taf. IV. Fig. 1. 

Syn. Spongia p. p. Phill.; Manon. p. p. Roem. Reuss; Chenendopora p. p. Mich. 
Roem. Gein. : 

Schw. unregelmässig trichter-, napf-, ohr- oder blattförmig, häufig gebogen, 
mit kurzem Stiel aufgewachsen oder sitzend, Rand abgerundet. Oscula nur auf der 
oberen (resp. inneren) Seite auf warzenartig hervorragenden Erhöbungen befindlich. 
Die untere }(änssere) Wand ist mit zahlreichen feinen, porenförmigen Oeffnungen 
versehen. Von den Osculis dringen ziemlich weite gebogene Canäle etwa bis in die 
Mitte der dieken Wand ein und nehmen dabei von allen Seiten zahllose Capillar- 
röhrchen auf. Etwas feinere von Aussen nach Innen verlaufende Canäle begmnen auf 
der äusseren (unteren) Fläche und bilden die dort befindlichen Poren. 

Durch die zahlreichen feinen Canäle werden die kleinen Kieselelemente 
des Skeletes zu anastomosirenden Fasern zusammengruppirt, welche dem unbe- 
waffneten Auge als ein wurmförmiges Geflecht erscheinen. Unter dem Mikroskop 
betrachtet, stellt sich jede dieser scheinbar einfachen Fasern als ein Aggregat von 
kleinen, länglichen, gebogenen, mit vielen kürzeren und längeren wurzelartigen Seiten- 
ästen versehenen Kieselkörperchen dar, welche durch die Seitenausläufer dicht mit 
einander verflochten sind. Sowohl die mit erhabenen Oseculis, als auch die mit Poren 
versebene Seite des Schwammkörpers ist mit einer scheinbar dichten Deckschicht 
bekleidet. Indess auch diese besteht aus einem innigen Geflecht von filigranartig ge- 
zackten Kieselkörperchen, welche sich von denen der Wand nur durch geringere 
(srösse, und zuweilen auch durch stärkere Entwickelung der Seitenäste unterscheiden. 
Ich halte diese Oberflächen - Kieselgebilde für junge unentwickelte Skeletkörperchen. 
Die verdichtete. Oberhaut, welche auch die röhrig verlängerten Wände der Oscula 
bildet, löst sich an geätzten Exemplaren leicht ab und dann bemerkt man in der 
Regel auf der Oberfläche einfache oder vergabelte, horizontale Canäle, welche in die 
verticalen Röhren der Oscula eiumünden. 


123 


Von freien Kieselgebilden kommen zugespitzte oder abgestumpfte, gerade oder 
gebogene Stabnadeln von verschiedener Grösse vor. 


Diese von den älteren Autoren als Manon und Chenendopora bezeichnete Gattung 
steht den noch jetzt lebenden Gattungen Azorica und Leiodermatium sowohl nach der 
äusseren Form, als auch nach der miskroscopischen Beschaffenheit des Skeletes sehr nahe. 
Alle drei zeichnen sich durch den Mangel einer besonderen, aus anker- oder scheiben- 
förmigen Nadeln gebildeten Oberflächenschicht aus. Dieselbe ist ersetzt durch- eine dichte 
Lage von jungen Skeletkörperchen, welche von denen der Wand nur wenig abweichen. 

Die vorliegende Gattung kann übrigens mit den genannten lebenden Formen nicht 
vereinigt werden, da sich die Skeletkörperchen sehr bestimmt durch ihre knorrige Be- 
schaffenheit von den glatten und an den Enden wurzelartig verzweigten Elementen von 
Azorica und Leiodermatium unterscheiden. Sie sind überdies erheblich grösser, als jene 
der lebenden Gattungen. 

Von Chenendopora Lamx. unterscheidet sich Verruculina durch die warzenförmig er- 
höhten Oscula und namentlich durch die kurzen gebogenen Magenhöhlen, welche nur bis 
in die Mitte der Wand reichen. Ueberdies besitzt Chenendopora stets trichter- oder becher- 
förmige Schwammkörper und meist eine lange von Verticalröhren durchzogene Wurzel. 

Alle bisher bekannten Arten der Gattung Verruculina stammen aus der mittleren 
und oberen Kreide. 


1) M. (Manon) mierommata. F. A. Roem. Kr. I. 4.; Quenst. Petr. V. 132. 52. 
Quadraten Kr. Sutmerberg. 

*2) Manon seriatopora. Taf. IV. Fig. 1. F. A. Roem. Kr. I. 6. Quad. Kr. Sut- 
merberg. 

*3) Manon Phillipsi. Reuss. Böhm. Kr. 19. 7—9. 
(Chenendopora undulata Gein. Elbthalgeb. 7. 5—6) non Ch. undulata. Mich. 
34. 3. nec non Ch. fungiformis. Lamx. Mich. 34. 2. Bei diesen beiden 
Arten ist die Nummerirung auf Taf. 34 vertauscht.) 

Cenoman. Böhmen. Sachsen. 

4) Manon distans. F. A. Roem. Nord. Kr. S. 3. Quadr. Kr. Goslar. 

*5) Chenendopora aurita. F. A. Roem. Spongit. S. 43. Quadr. Kr. Hannover. 

6) Spongia marginata. Phil. Yorksh. 1. 5. Upp. Chalk. Quenst. Petr. V. 132. 54. 


Amphithelion. Zi. Taf. III. Fig. 15. 
(«ugi ringsum, 97An Warze.) 
Syn. Manon ». p. Roem. Reuss; Verrucocoelia und Chenendopora p. p. F. A. Roem.; 


Diplostoma p. p., Chenendroscyphia p. p. From.; Stelgis p. p., Cladostelgis, Pleurostelgis. 
Pomel. 


Schw. triehter-, schüssel-, ohr- oder blatt-förmig, seltener ästig; gestieit. Bei- 
IS 


124 


derseits mit warzenförmig hervorstehenden Oscenlis besetzt. Oscula der inneren resp. 
oberen Seite der Wand meist grösser als die der äusseren Oberfläche. Canalsystem, 
Skelet und Oberflächenschicht wie bei Verruculina. 

Die vorliegende Gattung hat vielleicht nur die Berechtigung eines Subgenus, denn 
die ganze Differenz von Verruculina besteht darin, dass die erhabenen Oscula sich nicht 
auf die Innenseite des Trichters beschränken, sondern auch auf der äusseren Oberfläche 
vorhanden sind. Zuweilen zeigen die beiderseitigen Oscula gleichmässige Ausbildung, in der 
Regel übertreffen indess die inneren jene der Aussenseite an Grösse; letztere sinken zu- 
weilen zu feinen, runden, aber stets etwas hervorragenden Poren herab. 

Pomel hat die hieher gehörigen Formen in 3 Gattungen vertheilt, sonderbarer 
Weise wird aber als typische Art der Hauptgattung Stelgis eine Hexactinelliden -Form 
(Ventrieulites radiatus Mant.) angeführt. 


Sämmtliche Arten stammen aus der oberen Kreide. 

1) Spongia oseulifera. Phill. Geology of Yorksh. II. t. I. Fig. 3. Upp. Chalk. 
9) Manon eircumporosum. Quenst. Petr. V. 132. 55. Senon. 

*3) Manon miliaris. Reuss. Böhm. Kr. 19. 10—13. Cenoman, 


4) Manon tenue. F. A. Roem. Kr. 1. 7. Turon. Cenoman. 
(Chenendopora tenuis. Quenst. Petr. V. 131. 8. 132. 14—48.) 


5) Chenendopora crassa. Roem. Spongit. 16. 1. Cuvieri-Plaener. 
6) Spongia convoluta. Quenst. Petr. V. 132. 49.. 50. Ob. Kr. 
7) Verrucospongia macrommata. Taf. III. Fig. 15. Roem. Spongit. 16. 4. Senon. 


8) Verrucospongia damaecornis. Roem. Spongit. 16. 5. Cenoman. 


Stichophyma. Pom. Taf. IV. Fig. 5—6. 


Manon p. p. Roem. Reuss.; Verrucospongia p. p. d’Orb. Roem.; Polyjerea p. p. Roem.; 
Stichophyma, Pomel. 


Schw. einfach, seltener ästig, walzen-, keulen-, kreisel-förmig oder knollig. Auf 
dem Scheitel befinden sich einige in der Regel umrandete und etwas vorstehende 
Oeffnungen von Verticalcanälen, welche fast die gauze Höhe des Schwammkörpers 
durchbohren. Auch auf den Seiten sind meist warzenartig hervorragende Oscula vor- 
handen, die mit horizontalen Canälen in Verbindung stehen, oder dieselben sind 
durch einfache rundliche Oeffnungen ersetzt. Ausser den grösseren Vertical- und 
Horizontal-Canälen sind noch ganz feine von der Öentralaxe nach der Peripherie aus- 
strahlende Radialcanälchen vorhanden. Die Basis ist meist verengt, aber nicht gestielt. 

Das Skelet besteht aus kleinen, kurzen, gekrümmten, unregelmässig in mehrere 
Aeste vergabelten Körpern, welche allseitig mit kurzen, wurzelartigen Fortsätzen be- 
setzt sind. An der Oberfläche drängen sich dieselben zuweilen dieht zusammen und 
bilden eine dem unbewaffneten Auge fast glatt erscheinende Deckschicht. 


125 


Die hierher gehörigen Arten wurden von d’Orbigny zu Verrucospongia gerechnet. 
Da übrigens unter diesem Namen Kalk- und Kieselschwämme aus verschiedenen Gattungen 
zusammengefasst wurden, so ist es zweckmässig den Namen ganz fallen zu lassen, 
namentlich weil schon bei den Hexactinelliden eine Gattung Verrucocoelia vorhanden ist. 
Sämmtliche von mir untersuchte Formen stammen aus der Kreideformation. 
1) Manon turbinatum. Taf. IV. Fig. 5. Roem. Kr. I. 5. Senon. Sutmerberg. 


2) Stichophyma serialis. Pom. Pal d’Oran $. 188. 
(Manon turbinatum. Reuss. Böhm. Kr. S. 78. t. 19. Fig. 1—6.) Cenoman. 
3) Manon sparsum. Taf. IV. Fig. 6. Reuss. B. Kr. S. 78. t. 18. Fig. 12—20. 
Cenoman. 


4) Polyjerea verrucosa. Roem. Spongit. 13. 5. Cuvieri Pl. Salgitter. 


Nachstehende unvollständig bekannte Gattungen dürften sich am besten an Sticho- 
phyma anreihen lassen: 


Allomera. Pomel. Pal de l’Oran. p. 194. 


Schw. einfach, schief, mit dickem Stiel festgewachsen, oft ziemlich kurz, fast sitzend, 
kugelig oder länglich, am Scheitel abgestutzt, woselbst bei jungen Individuen vereinzelte, 
bei älteren ein lockerer Bündel von Verticalröhren münden. Eine Seite, welche durch die 
schiefe Stellung des Schwammes zur oberen wird, ist von völlig dichter Struktur; die 
Oberflächen der übrigen Seiten sind mit feinen Poren bedeckt. Letztere sind namentlich 
auf der nach unten gerichteten Oberfläche entwickelt. Scheitel dicht, mit feinen Furchen 
versehen. 

Skeletstruktur unbekannt. 

Im Miocän von Öran. 


Pleuromera. Pomel ib. S. 199. 


Schw. 'einfach, plattig, sitzend, Unterseite mit Poren versehen, Oberseite dicht, mit 
einer Grube, worin röhrenförmige Canäle münden. Rand dick mit feinen Furchen. 


Im Miocän von Oran. 


Perimera. Pomel ib. S. 200. 


Syn. Polystoma. Court. (non Zeder) p. P. 

Schw. knollig, zusammengesetzt. Die Individuen im Scheitel mit einer runden Oeffnung, 
mit welcher eine röhrenförmige Magenhöhle in Verbindung steht. Einzelne Theile der 
Oberfläche mit porenförmigen Oeffnungen versehen. 

Skelet? 

Obere Kreide. 

Polystoma boletiformis, simplex, elongata, lobata, contorta, irregularis, ambigua etc. 
Court. Ep. t. 12. Fig. 5. 6. pl. 13. pl. 14. Senon. 


126 


Meta. Pomel. Pal de l’Oran. S. 188. 


Schw. eylindrisch, keulenförmig oder beinahe kugelig. Oscula zerstreut im Scheitel. 


Miocän. Oran. 


Marisca. Pomel. Pal de l’Oran. S. 192. 


Schw. birnförmig, bis kugelig, im Scheitel mit gestrahlter Grube, worin ein Bündel 
feiner Ausströmungsröhren mündet. Oberfläche mit zerstreuten grossen Poren. 


Miocän. Oran. 


Pomelia. Zitt. Taf. I. Fig. 4. 


Schw. keulenförmig bis cylindrisch, kurzgestielt, mit breiter Basis festgewachsen. 
Scheitel gewölbt mit einer grubenförmigen Vertiefung, worin sich mehrere kleine, kreis- 
runde Mündungen von feinen, den Schwammkörper durchziehenden Verticalröhren be- 
finden. Vereinzelte mit Röhrencanälen verschene Gruben von gleicher beschaffenhett 
bemerkt man auch an den Seiten. Oberfläche sehr regelmässig mit feinen Poren 
versehen. Skelet aus kurzen gekrümmten, ziemlich dicken ästigen, überall mit 
knorrigen Fortsätzen versehenen Lithistidenkörperchen bestehend, welche in Züge ge- 
ordnet sind und zwar in der Art, dass sich die vergabelten Enden der Aeste dicht 
in einander verfilzen. Die Skeletkörper der Oberfläche haben die gleiche Gestalt, wie 
jene im Innern. 

Der Taf. I. Fig. 4 abgebildete recente Schwammkörper aus Florida wurde mir von 
Herrn Prof. O0. Schmidt unter der Bezeichnung Corallistes ? polydıscus mitgetheilt. Eine 
Untersuchumg des Shkeletes zeigte indess sofort, dass das Stück weder zu Discodermia noch 
zu Racodiseula gehören könne; aber ebenso wenig liess sich dasselbe mit irgend einer an- 
deren noch jetzt existirenden Lithistiden - Gattung vereinigen. Leider fehlen dem weissen, 
übrigens schr frisch aussehenden und soliden Original- Exemplar, alle Oberflächen- und 
Fleischnadeln ; sie sind offenbar mit der Sarcode weggeführt worden, wenn überhaupt der- 
gleichen vorhanden waren. i 

Ich habe diese Gattung mach Herrn A. Pomel, dem Entdecker der miocänen Spon- 
gienfauma in Oran benannt. Sie steht verschiedenen von Pomel als Jerea, Polyjerea, Ma- 
risca und Jereopsis bezeichneten Schwämmen aus Oran äusserlich ungemein nahe, so dass 
ich vermuthe, dass sich ein Theil derselben viel eher an die vorliegende Gattung anschliessen, 
als an die cretacischen Jerea- und Jereica-Formen. 


Jereiea. Zi. Da IV. Fig. 11..12. Taf. V. Big. 1 
(Jerea u. &rxös ähnlich.) 
Syn. Jerea p. p. auct.; Polyjerea p. p. auct.; Spumispongia p. 9. Quenst. 
Schw. einfach oder zusammengesetzt, eylindrisch, kreisel-, birn-, keulen- oder 
umgekehrt kegelförmig, kurz gestielt und mit horizontal ausgebreitetem scheiben- 
artigem Fuss festgewachsen. Scheitel abgestutzt oder mit seichter Grube, worin 


127 


die Mündungen einer grösseren oder geringeren Anzahl runder Ausfuhrröhren, 
welche in verticaler Richtung die ganze Höhe des Schwammkörpers durchziehen. 
Oberfläche gleichmässig mit porenförmigen Oeffnungen besetzt, von welchen haar- 
feme Radialeanälchen bis zum Centrum des Schwammes eindringen. 

Das Skelet besteht aus feinen, wurzelartigen, unregelmässig verzweigten oder 
auch einfachen Kieselkörpern, welche durch zahlreiche kürzere und längere Seiten- 
ästehen ein zierliches filigranartiges Aussehen erhalten. Dieselben liegen dicht neben 
und durchemander und sind durch ihre wurzelartigen Auswüchse mit einander ver- 
flochten und in radiale Züge vereinigt, die dem unbewaffneten Auge als einfache 
Fasern erscheinen. 

Bei gewissen Arten (J. punctata Taf. V. Fig. 1) stehen die Radialcanälchen 
in Verticalreihen und in diesem Falle werden die senkrechten Wände zwischen zwei 
benachbarten Canalreihen von den stark entwickelten, wurzelartig verästelten und 
dicht in einander verfilzten Enden der knorrigen Skeletkörperchen gebildet, deren 
Hauptarnıe sich als Verbindungspfeiler zwischen zwei benachbarte Verticallamellen 
legen.” 

Diese Gattung ist in ihrem Habitus den Jereen so ähnlich, dass sie ohne Unter- 
suchung der Mikrostruktur nicht davon unterschieden werden kann. Die Skeletelemente 
sind bei Jerea allerdings ganz verschieden geformt und auch ganz anders angeordnet. Es 
sind dort mehr oder weniger regelmässige Vierstrahler von ziemlich ansehnlicher Grösse, 
welche ein lockeres, maschiges Gewebe bilden und lediglich durch ihre verästelten Enden 
mit einander verbunden sind. Bei der vorliegenden Gattung dagegen haben die viel kleineren 
langgestreckten Skeletkörperchen eine unregelmässige Form und sind zu faserähnlichen Strängen 
vereinigt. Aeusserlich unterscheidet sich Jereica von Jerea durch die feineren und gleichmäs- 
sigeren Poren auf der Oberfläche, durch den Mangel einer verästelten Basis und durch 
die sehr zahlreichen, haarfeinen Radialcanälchen. Häufig stehen die Oscula der Vertical- 
röhren in einer scharf begrenzten seichten Scheitelgrube. 

Als typische Jereica-Arten erwähne ich: 

*]) Jerea polystoma. Taf. IV. Fig. 11. 12. Roem. Spongit. 12. 5. Senon. Ahlten. 

*3) Jerea tuberculata. Roem. ib. 13. Fig. 3. Senon. Ahlten. 


3) Jerea punctata. Taf. V. Fig. 1. Goldf. 65. 13. Senon. Sutmerbersg. 
(Spumispongia punctata. Quenst. Petr. V. 134. 10—12.) 

4) Jerea sexplicata. Roem. Spongit. Senon. 12. 4. 

5) Spumispongia alveare. Quenst. Petr. V, 134. 20. Senon. Ilsenburg. 

Hieher wohl auch Jerea ocellata, oligostoma, tesselata und mammillosa Roem. aus 
der Kreide von Ilsenburg. 

Höchst wahrscheinlich gehören viele der von Pomel aus dem Miocän von Oran 
als Jerea, Jereopsis, Ischadia, Polyjerea und Dichojerea beschriebenen Schwämme zu Jereica; 
eine sichere Bestimmung derselben wird aber erst möglich sein, wenn ihre Mikrostruktur 
untersucht ist. 


Coelocorypha. Zitt. Taf. II. Fig. 4. Taf. IV. Fig. 9. 10. 
(xoiRos hohl, xooupn Scheitel.) 

Syn. Seyphia p. p., Siphonia p. p., Eudea p. p., Siphonocoelia p. p. F. A. Roem.; 
Spumispongia p. p. Quenst. 

Schw. einfach oder zusammengesetzt, aus einem oder mehreren, mit breiter 
Basis verwachsenen oder eylindrischen Individuen bestehend. Im gewölbten Scheitel 
befindet sich eine röhrenförmige, mehr oder weniger tief in den sehr diekwandigen 
Schwammkörper eindringende zuweilen auch ganz seichte Magenhöhle. Häufig gehen 
vom oberen Rand derselben strahlenförmige, verästelte, auf der Oberfläche verlaufende 
Furchen aus. Die Seiten sind gleichmässig mit zahlreichen poreuförmigen Oeffnungen 
bedeckt, von denen feine Radialeanälchen in die Skeletmasse eindringen. 

Das Skelet besteht aus kleinen, unregelmässig verästelten, überall mit warzigen 
oder dornigen Fortsätzen bewaffneten Lithistidenkörperchen. Zuweilen befindet sich 
auf einem Theil der Oberfläche eine scheinbar glatte Deckschicht, die aus jungen 
dicht verfilzten Skeletkörperchen gebildet wird. 

Die vorliegende Gattung ist von Scytalia durch ihre engere und seichtere Central- 
höhle, durch die plumperen, knorrigeren Skeletkörperchen und durch den Mangel stärkerer 
in die Centralhöhle einmündender Radialcanäle unterschieden. Keine isolirten Nadeln be- 
obachtet. 


a. Einfache Formen: 
1) Siphonocoelia nidulifera. Roem. Spongit. t. 11. 3. Senon. 
*9) Eudea crassa. Ioem. ib. 10. 4. Senon. 
3) Coelocorypha subglobosa. Zitt. Taf. II. Fig. 4. Taf."VI. Fig. 9. Senon. 
(Spumispongia punctata p. p. Quenst. Petr. V. 134. 9. 13. 14. 15.) 
4) Chaetetes eretaceus. Trautsch. Bull. soc. nat. Mosc. 1877. t. VI. Fig. 5. 
Senon. 


5) Scyphia acuta. Roem. ib. t. II. Fig. 4. Senon, Sutmerberg. 


b. Zusammengesetzte Formen: 
6) Polycoelia familiaris. oem. Spongit. 11. 10. Senon. Sutmerberg. 
*7) Siphonia socialis. Taf. IV. Fig. 10. oem. Nord. Kr. 2. 5. Senon. Sutmerberg. 


Seytalia, Zit. Taf. V. Fig. 3. 4. 
(oxur@An Walze.), 
Syn. Seyphia p. p., Siphonocoelia p. p., Jerea p. p., Eudea p. p. auct., Tubulospongia 
p- pP. Court.; ? Oladocalpia, Calpia p. p. Pomel. 


Schw. länglich walzen-, seltener keulen-förmig, einfach oder ästig, diekwandig, 
mit runder, röhrenförmiger, gewöhnlich bis in die Nähe der Basis reichenden Cen- 
tralhöhle, In diese münden zahlreiche Radialeanäle, welche gegen aussen dünner 
werdend und sich öfters verüstelnd an der Oberfläche in porenartige Ostien ausgehen. 


Vom unteren Ende der Centralhöhle verlaufen senkrechte Canälchen bis in die ver- 
schmälerte Basis. 

Das Skelet besteht aus gebogenen, mit zugespitzten wurzelförmigen Ausläufern 
versehenen, an den Enden etwas ästigen Lithistidenkörperchen, zwischen denen zu- 
weilen Stabnadeln und verschiedenartige Anker mit 3 und 6 Zinken eingestreut sind. 

Die hieher gehörigen Formen bilden eine Gattung , welche in ihrer fiusseren Form 
mit verschiedenen Kiesel- und Kalkschwämmen von ganz abweichender Mikrostruktur über- 
einstimmt. Fromentel hat allen einfachen, eylindrischen, mit runder Centralröhre versehenen 
fossilen Spongien ohne Rücksicht auf die Strukturverhältnisse den Namen Siphonoeoelia 
beigelegt und diese Bezeichnung hat auch ziemlich allgemein Eingang in die Literatur 
gefunden. Die beiden in der Introduction ü l’ötude des &ponges fossiles eitirten Formen 
(S. elegans Münst. und S. compressa. From.) gehören indess ebensowenig zu den Lithistiden, 
als alle übrigen, von Fromentel spüter beschriebenen und abgebildeten Siphonocoelia-Arten. 

Möglicherweise füllt ein Theil der von Courtiller als Tubulospongia bezeichneten 
Formen der Gattung Seytalia zu, ich habe indess keine Gelegenheit gehabt die Mikro- 
struktur dieser Spongien zu studiren. 

Simmtliche Arten stammen aus der Kreide. - 

*1) Jerea turbinata. Taf. V. Fig. 3. Roem. Spongit. 12. 1. Senon. Ahlten. 

*9) CUnemidium pertusum. Reuss. Böhm. 16. 7. 8. 11—14. Üenoman. 

3) Spongia radieiformis. Taf. V. Fig. 4. Phil. Yorksh. Il. t. I. Fig. 9. Senon. 

4) Spongia terebrata. Phil. ib. t. 1. 10. Senon. 

5) Spongia digitalis. Roem. Spongit. 10. 10. Tourtia. 
*6) Ventrieulites mieroporus. Roem. Spongit. 7. 6. Senon. 
7) Eudea annulata. Roem. Spongit. 11. 2. Turon. 
‘ 8) Epeudea nodosa. Roem. ib. 14. 3. Cenoman. 
9) Spongitas eylindripes. Quenst. Petr. V. 133. 21. 22. Cuv. Plaener. 
[? Tubulospongia insignis, limbata, elongata, ficoidea, contorta, dendroidea (non T. 


tuber und multiporella).] 


Stachyspongia. Zitt. Taf. V. Fig. 5. 
(or«@yvs Achre.) 
Syn. Siphonocoelia p. pP. Rocm. 
Schw. eylindrisch, stark verlängert, an den beiden Enden etwas verschmälert, 


sehr diekwandig, mit einfacher, den ganzen Schwamm von der Spitze bis zur Basıs 
durchziehenden Centralhöhle. Auf der Aussenseite mit ziemlich grossen kegelförmigen 


Höckern besetzt. 
Skelet und Canalsystem, wie bei Seytalia. Nur in der Kreide. 


1) Siphonocoelia spiea, Taf. V. Fig. 5. Roem. Spongit. 11. 5. Tourtia. 
9) Siphonoeoelia tubereulosa. Zoem. 11. 4. Senon. Sutmerberg. 


Abh. d. II. Cl.d. k. Ak. d. Wiss. XIII Bd. I. Abth. 17 


Pachinion. Zitt. Taf. V. Fig. 2. 
(rr&yvs dick, is Faser.) 
Syn. Jerea p. p. Roem. 


Schw. walzen- oder keulen-förmig, einfach, gegen die Basis verschmälert und 
kurz gestielt. Centralhöhle weit, einfach, tief; an ihrem unteren Ende mit mehreren 
Verticalröhren, welche sich in die Basis fortsetzen. Die dieke Wand erscheint dem 
unbewaffneten Auge aus groben anastomosirenden Fasern zusammengesetzt, welche 
weite ganz unregelmässig verlaufende, gebogene Lücken zur Wassercirculation 
zwischen sich frei lassen. Diese Fasern bestehen aus gekrümmten, an den Enden 
ästigen und überall mit kurzen Höckern und Knorren besetzten Lithistidenkörpern 
von ansehnlicher Grösse, welche durch ihre Aeste und Fortsätze in einander ver- 
flochten sind. An der Oberfläche zieht sich über das grobe Skelet eine Deckschicht, 
welche aus kleinen, zierlichen, filigranartig gezackten und stark verästelten Kiesel- 
körperchen und zahllosen in denselben eingespickten Gabelankern besteht. Die di- 
chotomen Zacken der letzteren liegen in einer Ebene, der verlängerte Schaft ist nach 
innen gerichtet. 

Einzige Art: 

1) Jerea scripta. Taf. V. Fig. 2. Roem. Spongit. 13. 1. aus der Mucronaten-Kreide 
von Schwiechelt und Thadensen bei Duddenstedt. 

Das Göttinger Museum besitzt zahlreiche vortrefflich erhaltene Exemplare dieser 
Gattung. 


B. Megamorina. 


Megalithista Zitt. Taf. VI. Fig. 4. 
Syn. Bulespongia p. p. Quenst. 


Schw. birnförmig, cylindrisch oder becherförmig, diekwandig, mit ziemlich 
weiter, röhriger Centralhöhle. Sowohl die äussere Oberfläche, als auch die Wand der 
Magenhöhle sind mit runden, verschieden grossen, unregelmässig zerstreuten Ostien 
besetzt, von denen kräftige Canäle in die Wand eindringen. 

Das Skelet besteht aus sehr grossen, glatten, stets gekrümmten, an beiden 
Enden meist in 2—3 Aeste vergabelten Kieselkörpern, die mit kürzeren oder län- 
geren Axencanälen versehen sind. Dieselben sind ganz unregelmässig mit einander 
verflochten. Von sonstigen Kieselgebilden kommen noch einfache Stabnadeln und 
selten Gabel-Anker vor, welche an Grösse hinter den lithistidenartigen Skeletkörpern 
zurückstehen. 

Die typische Art dieser Gattung aus dem Coralrag von Nattheim ist: 

1) Megalithista foraminosa. Zitt. Taf: VI. Fig. 4. 


Unregelmässig eylindrisch oder länglich eiförmig, an der Oberfläche zuweilen mit 


Bi. 
Fan" 
. 


131 


wenigen breiten Längsfalten oder Höckern. Ostien von verschiedener Grösse, die grösseren 
nicht gleichmässig vertheilt, sondern auf einzelne Parthieen concentrirt. Centralhöhle ziem- 
lich weit. Oberrand gerundet. 

Ist bisher mit Cylindrophyma milleporata Goldf. zusammengeworfen worden, welcher 
sie in ihrem äussern Habitus auch vollständig gleicht. Möglicherweise gehört hieher auch 
eines der beiden von Quenstedt (Petr. V. 120. 7) als Eulespongia bezeichneten Frag- 
mente aus dem weissen Jura & des ÖOerlinger Thales bei Ulm. 


Doryderma. Ziit. Taf. VII. Fig. 1. 
(dsov Lanze, d&pu« Haut.) 


Syn. Spongia Phil.; Polyjerea. p. p. Roem.; Dichojerea p. p. Pomel. 


Schw. einfach oder zusammengesetzt cylindrisch, birnförmig, plattig oder aus wal- 
zigen, gabeligen, an den Enden abgerundeten Aesten bestehend. Im Innern mit mehreren 
der Längs-Axe parallelen Verticalröhren. Oberfläche mit Vs bis 11» mm. grossen, 
maschenartigen Oeffnungen versehen, welche durch eine netzförmige Lagerung der 
Skeletkörper gebildet werden. Von diesen Ostien dringen einfache Radialeanäle in 
das Innere des Schwammkörpers ein. 

Die ganze Masse des Skeletes besteht aus sehr grossen glatten Lithistiden- 
körpern von unregelmässig ästigem Bau; die dieken Arme dieser Körper sind 
stets mehr oder weniger gebogen, ein oder zweimal vergabelt, an den Enden nie 
in wurzelartige Ausläufer verästelt. Ihr Axencanal ist kurz, einfach, selten an einem 
Ende in 2—3 kurze Aeste zertheilt. Sie sind locker mit einander verflochten und 
bilden an der Oberfläche ein grobmaschiges Netz. An gut erhaltenen Exemplaren sind 
die Maschen (Taf. VI. Fig. 1*) mit einem dichten Bündel langschaftiger Gabelanker 
ausgefüllt, die eine gewisse Aehnlichkeit mit Turnierianzen besitzen. Das nach Innen 
gerichtete Ende des Schaftes ist zugespitzt, das entgegengesetzte verdickt und am 
äusseren Ende mit drei sehr kurzen Zinken versehen, die sich in der Regel noch 
einmal gabeln, häufig aber auch einfach bleiben. Sind mehrere benachbarte Maschen 
vollständig mit diesen Spiessnadeln ausgefüllt, so verdecken die gegabelten Köpfe 
das darunter liegende Skelet vollständig, indem sie eine dem unbewaffneten Auge 
feinkörnig erscheinende Deckschicht bilden. Ausser diesen Gabelankern, die in ihrer 
Grösse sehr variiren, kommen auch noch glatte Stabnadeln vor. 


Die von Carter (Ann. Mag. 1871. vol. VII. pl. 8) abgebildeten Skeletkörper aus 
dem Grünsand von Haldon gehören höchst wahrscheinlich zur vorliegenden Gattung; 
ebenso glaube ich, dass die unter der Bezeichnung Geodites haldonensis. Cart. 1. c. pl. 10 
abgebildeten lanzenförmigen Anker von Doryderma herrühren. Auch von den als Moni- 
lites beschriebenen Nadeln Cart. 1. c. pl. 9. Fig. 46. 47 habe ich einmal ein Exemplar 
bei Doryderma gefunden. 

1) Polyjerea dichotoma. Taf. VII. Fig. 1. Roem. Spongit. 16. 1. Quenst. Petr. 
VOR INENSenon: 


132 


2)2Spongia ramosa. Mant. Geol. Yorksh. 15. 11. Senon. 
3) Doryderma cylindrica. Zitt. nsp. 
Einfach, ceylindrisch, gegen oben verengt unten mit kurzem Stiel. Mehrere zerstreute 
Verticalröhren im Innern. In der Mucronaten-Kreide von Ahlten und Biewende. 


Lyidium. O. Schmidt. Taf. I. Fig. 10. 
Atlant. Spong. 8. 


Schw. schüsselförmig, beiderseits mit den grossen, runden Ostien einfacher Canäle. 
Skeletkörper glatt, gekrümmt, ästig, die Aeste an den Enden in eine scheibenartige 
oder becherförmige Ausbreitung ausgehend. In der Surcode der Oberfläche liegen 
zahlreiche einfache Stubnadeln von ansehnlicher Grösse. Recent. 


Carterella Zi. Taf. II. Fig. 7. und Taf. VI. Fig. 2. 
Syn. Jerea p. p. Roem. Gümb.; Eulespongia p. p. Quenst. 


Schw. eylindrisch, sehr verlängert, gegen unten verschmälert; Scheitel abge- 
rundet, gewölbt, mit den zerstreuten Oeffnungen von mehreren runden, federkiel- 
artigen Verticalröhren, welche die ganze Länge des Schwammes durchziehen. Öber- 
fläche mit unregelmässig geformten, meist länglichen ÖOstien, gegen unten ‘mit 
Längsfurchen. Von der Oberfläche führen zahlreiche feine horizontale Radialcanäle 
bis zum Centrum. 


Das Skelet besteht der Hauptsache nach aus grossen, fadenförmigen, meist 
etwas wellig gebogenen oder gekrümmten, beiderseits abgestumpften nadelähnlichen 
Körpern mit starken und langen Axencanälen. Dieselben sind stellenweise mit 
kurzen höckerigen Auswüchsen versehen, und zuweilen sind ihre beiden etwas ver- 
dünnten Enden schwach verästelt. Diese Skeletkörper liegen zu dicken, der Haupt- 
axe parallelen Strängen zusammengruppirt und sind dicht ineinander verflochten. 
Zwischen ihnen befinden sich in polsterähnlichen Parthieen kleine stark verästelte und 
überall mit knorrigen Auswüchsen versehene Lithistidenkörperchen. 


In der Kreide 


1) Carterella eylindrica Zitt. nsp. Taf. II: Fig. 7" * 
(= Jerea arborescens, cylindrica und elongata Gümb. Ostb. Grenzgeb. S. 761.) 


Sehr lange, cylindrische, einfache, seltener gegen oben dichotom gespaltene Körper, 
seitlich etwas zusammengedrückt, mit langer, einfacher, stark gefurchter Wurzel; Scheitel 
gerundet. Auf der Öberfliche grob netzförmig gegittert mit zahlreichen geraden 
Horizontalcanälen, welche dem Querschnitt ein strahliges Aussehen verleihen. Der ganze 
Schwamm wird von mehreren Verticalröhren durchzogen und besteht aus groben, glatten, 
gebogenen Fasernadeln, die nur selten Neigung zur Vergabelung zeigen. 


Im Grünsand von Kelheim und Regensburg sehr häufig. 


135 


*2) Jerea spiculigera. Taf. VII. Fig. 2. Roem. Spongit. 12. 6. Quenst. Petr. 
V. 135. 1. 2. ‘Cuvieri-Pläner und Macronaten-Kreide. 
?3) Eulespongia sp. Quenst. Petr. V. 135. 1. 2. Cuv. Plaener. 


Heterostinia. Zit. Taf. VI. Fig. 3. 
(Ereoos, ungleich, core, Skelet.) 

Becherförmig, meist gestielt, mit ästiger Wurzel. Beide Oberflächen mit zer- 
streuten, eingesenkten Ostien von Radialcanälen; ım Stiel Verticalcanäle. 

Skelet aus zweierlei Elementen von verschiedener Grösse bestehend. Die 
kleineren, welche die Hauptmasse des Schwamnikörpers bilden, sind stark gekrümmt, 
vielästig und überall filigranartig gezackt; die grossen glatt, ästig mit verdünnten 
und zugespitzten Enden. 

Die einzige mir bekannte Art (Heterostinia cyathiformis. Zitt.) stammt aus der 
Senonkreide von Rouen. Sie stimmt in ihrer äusseren Form vollständig mit den Figuren 
von Chenendopora subplena und obliqua. Mich. Icon. 41. 1. 2. überein und es ist mir 
auch sehr wahrscheinlich, dass Michelin bei der Beschreibung der einen oder anderen 
Art unsere Heterostinia vor Augen hatte. 

Das Genfer Museum besitzt zahlreiche Exemplare dieser merkwürdigen Gattung. 


Isoraphinia. Zit. Taf. VII. Fig. 3. Taf. V. Fig. 8. 
(toos, gleich, ödpıs, Nadel.) 

Sym. Siphonocoelia p. p. Roem. Eulespongia p. 2. Quenst. 

Walzenförmig einfach, gegen unten verschmälert, gestielt, oben gerade ab- 
gestutzt; Wand von mässiger Dicke, Centralhöhle weit, röhrenförmig. Oberfläche 
ziemlich eben, ohne grössere Ostien. Der ganze Schwammkörper besteht aus sehr 
grossen, schwach gebogenen, walzigen, an den Enden verdickten, selten diehotom 
gespaltenen Nadeln mit weitem und langem Üentralcanal. Im Innern der Wand 
sind diese Nadeln zu Bündeln vereinigt und in der Weise mit einander verbunden, 
dass ihre etwas gekrümmten Enden in regelmässigen Abständen in einem Knoten 
zusammentreffen und dort förmlich in einander verflochten sind. In jedem derartigen 
Knoten vereinigen sich mehrere radial zusammenlaufende Nadelbündel in der Art, dass 
sie das Bild eines vierstrahligen Lithistidenkörpers im Grossen wiederholen. An der 
Oberfläche liegen Nadeln von derselben Form und Grösse regellos neben und durch 
einander, und kilden eine dichte, zuweilen I—3 mm. dicke Deckschicht. 

Freie Nadeln von anderer Form habe ich nicht beobachtet. 

Die typische Art dieser Gattung: 

*]) Siphonocoelia texta. Taf. V. Fig. 8. Taf. VII. Fig. 3. Roem. Spongit. 

10. fig. 11 findet sich sehr häufig im Cuvieri Pläner von Döhrnten bei 
Salzgitter. Gute Abbildungen gibt Quenst. Petr. V. 135. 3. 4. 5. 6. 7. unter 
der Bezeichnung Eulespongia texta. 

Möglicherweise gehört auch Siphonocoelia hirta. Roem. Spong. 11. 6 zu Isoraphinia. 


©. Anomocladina. 


Cylindrophyma. Ziüt. Taf. V. Fig. 6. 
Syn. Scyphia auct.;. Siphomocoelia p. p. Froment.; Hippalimus p. p. d’Orb. 


Cylindrisch, gegen unten etwas verschmälert, diekwandig, mit weiter röhriger 
oder trichterförmiger, bis zur Basis reichender Centralhöhle Auf der Wand der 
Magenhöhle befinden sich runde Ostien von horizontalen Radialcanälen, die tief in 
die Wand eindringen, indem sie gegen Aussen immer feiner werden. Oberfläche 
mit kleineren zerstreuten Ostien bedeckt, mit denen ebenfalls horizontale Einström- 
ungs-Canäle in Verbindung stehen. 

An gut erhaltenen Exemplaren ist das untere Ende des Schwammkörpers mit 
einer Kieselepidermis überzogen. 

Skelet aus ästigen Kieselkörperchen bestehend, bei denen von einem etwas ver- 
dickten Centralknoten mehrere glatte Arme ausstrahlen, die sich an ihren distalen 
Enden in 2—3 kurze, in wurzelartige Fasern auslaufende Aeste vergabeln. Diese 
Enden legen sich an entsprechend gebildete Enden benachbarter Skeletkörperchen 
und bilden mit jenen polsterartig:, knorrige Knoten. Da die Arme häufig nahezu 
rechtwinklich von dem Centrum ausstrahlen und auch die verdickten Vereinigungs- 
stellen an ihren Enden in ziemlich gleichen Abständen sich befinden, so erhält das 
Skelet eine regelmässige, maschige Beschaffenheit, welche an die Struktur gewisser 
Hexactinelliden erinnert. 

Diese im oberen Jura von Schwaben und Franken ungemein häufige Gattung findet 
sich meist in schlecht erhaltenem Zustand, welcher der mikroscopischen Untersuchung 
grosse Schwierigkeiten entgegenstellt. In den tieferen Schichten (weisser Jura 8 und y) 
ist das Skelet fast immer in Kalkspath umgewandelt, im oberen weissen Jura 
(ö, e und [) dagegen ist der ganze Schwammkörper meist roh verkieselt und wenig 
zur Untersuchung geeignet. Es liegen mir indess aus Gussenstadt, Sontheim und Beuren 
eine Anzahl Stücke vor, bei denen sich das Skelet in untadeliger Schönheit erhalten 
hat und nach diesen sind die Zeichnungen Taf. V. Fig. 6. ausgeführt. 

Nur im oberen Jura. 

1) Scyphia milleporata Taf. V. Fig. 6. Goldf. 3. 2. (male) Quenst. Petr. V. 121. 
NH 
2) Scyphia millleporacea. Goldf. 33. 10. 


Melonella. Zit. Taf. V. Fig. 7. 
Syn. Siphonia p. Goldf. Quenst. 


Schw. apfelförmig oder halbkugelig, mit breiter oder ganz kurz gestielter 
Basis. Unterseite mit runzeliger, dichter Kieselhaut bekleidet. Centralhöhle trichter- 
förmig, tief, aber nicht sonderlich breit. Wand der Magenhöhle mit zahlreichen, in 
Längsreihen stehenden, runden Canalostien versehen. Die Hauptcanäle verlaufen 


135 


bogenförmig, parallel der äussern Umfangslinie und werden von einem zweiten 
System etwas feinerer Wassercanäle gekreuzt, welche sich von der Basis der Magen- 
höhle in schräger Richtung gegen Oben und Aussen wenden. Diese letzteren (Ein- 
strömungs-Canäle) münden, nachdem sie die ganze Dicke des Schwammkörpers durch- 
zogen haben, an der Oberfläche in rundlichen Ostien von mittlerer Grösse. An ab- 
geriebenen Exemplaren erscheinen die concentrisch gebogenen Canäle als radiale, 
vom Scheitel ausstrahlende Furchen. (Vgl. Quenst. Petr. V. 126. 61—64.) 


Skelet wie bei Cylindrophyma; an sämmtlichen mir vorliegenden Exemplaren 
in Kalkspath umgewandelt. 

Diese bis jetzt nur im oberen Jura aufgefundene Gattung steht in ihrer äusseren 
Form den Gattungen Aulocopium und Siphonia sehr nahe, unterscheidet sich aber sehr 
leicht von beiden durch die Skeletstruktur. 


Einzige Art. 
1) Melonella (Siphonia) radiata. Quenst. Jura S. 679. t. 82. Fig: 13. und Petr. V. 


t. 126. 60—72. 
(Siphonia pyriformis p. p. Goldf. Petr. 35. 10. (non t. VI. Fig. 7.) 


Lecanella. Zi. Taf. Vl. Fig. 1. 


Niedrig trichterförmig bis schüsselförmig, dünnwandig, beiderseits mit feinen 
Poren besetzt, ohne entwickeltes Canalsystem; Wand gegen den Öberrand etwas 
dünner werdend. 

Skelet aus unregelmässig ästigen Kieselkörpern von ziemlich beträchtlicher 
Grösse bestehend. Die 4—6 glatten Aeste gehen von einem knotig verdickten oder 
scheibenartigen Centrum aus und spalten sich an ihren Enden in 2 bis 3 kurze, 
abgerundete, conische Aestchen. Sonstige Auswüchse (Höcker, Dornen oder zaserige 
Fortsätze) sind nicht vorhanden. Die an der Oberfläche liegenden Skeletkörper 
zeigen etwas regelmässigere Form (Taf. V1. Fig. 1”, als die aus dem Innern der 
Wand und lassen sich vielleicht als stark modifieirte Gabelanker mit kurzem Schaft 
deuten. Ausserdem ist die Oberfläche mit grossen einfachen Stabnadeln und-zahl- 
losen Geodia-ähnlichen Kieselkugeln bedeckt. 

Es liegt mir von dieser Gattung das Fragment eines sehr niedrigen Trichters aus 
dem weissen Jura & von Sontheim vor, der im vollständigen Zustand einen Durchmesser 
von 150 mm. besass.. Das Skelet ist prachtvoll erhalten; die grossen ästigen Kiesel- 
körperchen sind locker mit einander verbunden und bilden ein unregelmässiges Maschen- 
netz, welches an das Gittergewebe der Hexactinelliden erinnert. Diese Skeletbeschaffen- 
heit macht eine Verwechselung mit der äusserlich nicht zu unterscheidenden Gattung 
. Platychonia unmöglich. 

Ich bezeichne das Original-Exemplar aus dem weissen Jura ge von Sontheim, welches 
obiger Beschreibung zu Grunde liegt, als Lecanella pateraeformis. Höchst wahrscheinlich 
gehört auch Quenstedt’s Spongites flabellum Petr. V. 131. 7. hierher. 


136 
Mastosia. Zit. Taf. VI. Fig. 2. 


(udoros, Zitze.) 


Schw. knollig, mit: breiter ausgehöhlter Basis. Oberseite mit zahlreichen grossen 
zitzenförmigen Höckern besetzt, welche dem Schwammkörper eine gewisse Aehnlich- 
keit mit der Euter eines kleinen Wiederkäuers verleihen. Die Oberfläche der Höcker 
und ihrer Zwischenräume ist gleichmässig fein porös. Oscula fehlen, ebenso ein 
deutliches Canalsystem. 

Das Skelet besteht aus kleinen Kieselkörperchen, bei denen von einem knopf- 
förmig verdickten Centrum 6—8 glatte, gerade oder schwach gebogene Arme aus- 
gehen. Dadurch dass sich diese Arme entweder direkt an einen benachbarten Knoten 
oder mit ihrem etwas verdiekten Ende an den Strahl eines Nachbarsterns anheften, 
entsteht ein Hexactinelliden-ähnliches Gitterwerk. 

Der ganze Schwammkörper des Original-Exemplars ist mit Nadeln und isolirten 
Kieselkörperchen gespickt, von denen wohl nur ein Theil zu Mastosia gehört. Unter den 
letztern sind die geodienartigen Kugeln am massenhaftesten. Ausserdem findet man 
grosse und kleine an einem Ende oder beiderseits zugespitzte Stabnadeln, kleine walzen- 
förmige Nadeln mit gerundeten Enden, einfache Vierstrahler (spanische Reiter) und zwar 
mit glatten oder auch mit dornigen Armen (Bowb. 84), Nadeln mit kurzem Schaft und 
kurze Gabel-Anker. 

Ich kenne diese merkwürdige neue Gatfae nur aus den Grenzschichten des weissen 
Jura & und { von Sozenhausen bei Günzburg, wo sie durch Herrn Apotheker Wetzler 
entdeckt wurde. 

Die grössten der vorliegenden Stücke erreichen einen Durchmesser von beinahe 2 dm. 

Ich nenne die typische Art M. Wetzleri. 


D. Tetracladina. 


Aulocopium. Oswald 1846. Taf. VIII. Fig. 1. 


(Schlesische Gesellschaft für vaterl. Cultur 1847. 8. 58. 1861. F. Roemer, fossile Fauna 
von Sadewitz S. 2.) 


Schw. frei (nicht festgewachsen), halbkugelig, seltener kugelig oder kreisel- 
förmig, mit vertiefter Centralhöhle; Unterseite mit einer runzeligen, dichten Kiesel- 
hant überzogen. Vom unteren Ende der Centralhöhle strahlen zahlreiche Wasser- 
Canäle nach der Peripherie aus; ausser diesen Radialeanälen münden noch gebogene, 
der Umfangslinie parallele Canäle von grösserem Durchmesser in die Magenhöhle. 

Das Skelet besteht aus glatten unregelmässig vierstrahligen Elementen, bei 
denen sich jeder Strahl am Ende wurzelförmig verästelt. In der Regel sind die- 
selben reihenweise in der Art geordnet, dass die verzweigten Enden von zwei benach- 
barten Reihen in einer den Radialcanälen des Schwammkörpers parallelen Ebene an 


Bey: 
Yi . 


137 


einander stossen. Dadurch wird im Querschnitt des Schwammkörpers die strahlige 
Struktur noch wesentlich erhöht. 

Im norddeutschen Diluvium, namentlich auf Sylt, finden sich die Aulocopien als 
Chalcedongeschiebe.e An solchen Exemplaren ist in der Regel die mikroseopische Struktur 
des Skeletes wohl erhalten und kann durch Dünnschliffe sichtbar gemacht werden. An 
anderen Orten, wie bei Sadewitz in Schlesien, ist der ganze Schwammkörper von Kalk- 
stein ausgefült und das ursprüngliche Kieselskelet in Kalkspath umgewandelt. Den 
gleichen ungünstigen Erhaltungszustand zeigen auch die aus anstehenden -Silurschichten 
Esthland’s stammenden Stücke, von denen ich durch die Güte des Herrn Akademikers F. 
Schmidt in St. Petersburg eine reiche Serie zur Untersuchung erhielt. An den Sade- 
witzer Formen ist zuweilen der obere Theil verkalkt, der untere dagegen, soweit die 
Runzelschicht reicht, in Chalcedon umgewandelt. Letzterer löst sich dann nicht selten 
vom übrigen Schwammkörper ab, so dass beide Theile isolirt gefunden werden. 

Sämmtliche Arten stammen aus der Silurformation : 

1) Aulocopium aurantium Osw. in F. Roem. Sad. S. 4. t. I. Fig. 1°". 


2) B diadema Osw. ibid. S. 5. t. I. Fig. 1°". 

3) n hemisphaericum. F. Roem. ib. 8. 6. t. I. Fig. 3. 
4) = cepa. F. Roem. ib. 8. 7. t. II. Fig. 2. 

5) n diseus. F. Roem. ib. 8. 8. t. II. Fig. 1. 

6) er eylindraceum. F. Roem. ib. 8. 9. t. II. £. 2. 


Phymatehla.0 Zi. TakzIl: Big.)T. Tab VIl.; Fig. 2. 3: 
(pvue Geschwulst.) 


Syn. Seyphia ». p. Roem. Mich. Court.; Siphonia p. p. Reuss; Eudea »p. »., Cylindro- 
spongia p. p.. Hippalimus p. p. Roem.; Polythyra, Hypothyra, ? Physocalpia Pomel. 

Schw. einfach, cylindrisch, birn-, flaschen-förmig oder knollig; sitzend oder 
lang gestielt, mit tiefer und ziemlich weiter bis zur Wurzel reichenden Centralhöhle; 
:n der Nähe der Basis mit wulstigen oder knolligen Auswüchsen, die durch Ver- 
tiefungen von einander geschieden sind. Manchmal ist die Wand an diesen ver- 
tieften Stellen sogar durchbrochen und mit grossen Löchern versehen. Oberfläche 
mit zahlreichen, unregelmässig zerstreuten, kreisrunden oder ovalen Ostien von ver- 
schiedener Grösse bedeckt, von denen einfache Radialcanäle in die Wand eindringen. 
Aehnliche horizontale Canäle beginnen in der Nähe der Oberfläche und münden in 
die Centralhöhle. Das Skelet besteht aus regelmässig vierstrahligen Körperchen von 
ziemlich ansehnlicher Grösse. Die 4 Hauptarme sind glatt und rund, ihre Enden in 
mehrere mit kurzen wurzelartigen Fortsätzen versehene Aeste vergabelt. 

An gut erhaltenen Stücken zeigt die Oberfläche einen Beleg von zierlichen Gabel- 
Ankern. Ausserdem liegen zahlreiche einaxige, doppelt zugespitzte oder walzige Nadeln 
von verschiedener Grösse zwischen den Lithistidenkörperchen. 

Bei einzelnen Arten geht der Schwammkörper nach unten in einen zuweilen 
50—80 mm. langen, cylindrischen Stiel aus. Derselbe unterscheidet sich von dem oberen 

Abh.d. II. Cl.d. k. Ak.d. Wiss. XIII. Bd. I. Abth. 18 


158 


Theil nicht allein durch den Mangel an Östien, sowie durch das Vorhandensein von Ver- 
ticalröhren, sondern auch durch eine ganz abweichende Mikrostruktur. Schon dem unbe- 
waffneten Auge erscheint der Stiel aus langen, etwas gekrümmten, der Längsaxe paral- 
lelen Fasern zusammengesetzt. Unter dem Mikroscop erweisen sich diese Fasern als stark in 
die Länge gezerrte Lithistidenkörper, bei denen sich ein Strahl auf Kosten der übrigen, 
welche zu schwachen Seitenästen reducirt sind, vergrössert. Die vierstrahlige Form wird 
dadurch ganz undeutlich und auch die 4 Axencanäle sind durch einen kurzen in dem 
verlängerten Arm befindlichen einfachen Canal ersetzt. Je weiter nach unten, desto 
schwächer werden die Seitenäste. Im oberen Theil des Stieles dagegen liegen zwischen 
den Längsfasern noch kleine, undeutlich vierstrahlige, stark verästelte Lithistidenkörperchen. 
Sämmtliche Arten stammen aus der oberen Kreide. 


*1) Eudea intumescens. F!. A. Roem. Spongit. 11. 1. Cuv. Pläner. Quenst. Petr. V. 
133. 23— 26. 

*9) Cylindrospongia heteromorpha. Roem. ib. 8. 11. Cuv. Pläner. 

3) Scyphia heteropora. Taf. VIII. Fig. 2. Roem. Kr. 2. 3. Quadr. Kr. 

*4) Phymatella bulbosa. Taf. II. Fig. 1. Zitt. nsp. 

Vielgestaltig, an der Basis sehr stark verdickt und mit knolligen Aus- 
wüchsen versehen, ungestielt. Centralhöhle von verschiedener Weite. Ziemlich 
häufig in der Quadratenkreide von Biewende in Braunschweig und in der 
Mucronaten-Kreide von Ahlten in Hannover. 

5) Spongites plicatus. Quenst. V. 134. 1. 2. Pläner. Oppeln. 

6) Spongites tuberosus. Quenst. Petr. V. 8. 388. t. 133. Fig. 18—20. Senon. 

7) Hippalimus lobatus. Roem. Spongit. 10. 1. Senon. 

8) ?Hippalimus depressus. Roem. Spongit. 10. 2. Senon. 

*9) Siphonia elongata. Reuss. Böhm. Kr. 34. 1. Cenoman. 
*10) ?Actinospongia dichotoma. Roem. Spongit. 19. 4. Cuv. Pläner. 

11) Seyphia trilobata. Mich. Icon. 28. 2. Cenoman. 

12) Seyphia attenuata. Court. Ep. pl. 5. 2. Senon. 

13) Seyphia perforata. Court. ib. 5. 3. Senon. 

14) Scyphia conica. Court. ib. 5. 7. Senon. 

Hieher vielleicht auch Scyphia echinata, mammillata, sphaerica, coronata, digitata. 

Court. ib. pl. 6. Senon. 


Aulaxinia. Zit. Taf. VIII. Fig. 4. 
(«vA«E Furche.) 
Syn. Siphonocoelia p. p. Roem. 


Schw. länglich birnförmig bis eylindrisch, gestielt. Scheitel mit ganz seichter 
breiter Vertiefung, von welcher kräftige Furchen ausgehen, die an den Seiten des 
Schwammkörpers bis zum Anfang des Stieles herablaufen. Dieselben sind durch er- 
habene Zwischenräume von ungefähr gleicher Breite von einander geschieden. Auf 


139 


den letzteren stehen in Längsreihen geordnet runde Ostien, von welchen Canäle in 
den diehten Schwammkörper eindringen. Auf der einfachen, seltener ästigen Wurzel 
fehlen die Ostien. 

Das Skelet des eigentlichen Schwammkörpers ist: genau wie bei Phymatella 
beschaffen. Vereinzelte Gabelanker mit langem Schaft, sowie grosse Stabnadeln lassen 
auf die Anwesenheit einer besonderen Oberflächen-Nadelschicht schliessen. Die Wurzel 
besteht aus sehr unregelmässig verzerrten, vierstrahligen Körpern, bei denen ein Arm 
stark verlängert ist und den blinden Centralcanal enthält; gegen das untere Ende 
des Stieles ist die Oberfläche von sehr langen, mit zahlreichen kurzen Seitenästen 
versehenen, etwas wellig gebogenen Fasern bedeckt. Auch bei diesen ist der einfache 
Axencanal kurz und beiderseits geschlossen. 

Die einzige bis jetzt bekannte Art ist: 

*1) Siphonocoelia suleifera. Taf. VII. Fig. 4. Roem. Spongit. 11. 7. aus der 

oberen Kreide von Linden, Ahlten und Dolberg bei Hamm. 


Callopesma. Zitt- Taf. WM. Fig. 6. Taf. VII. Fig. 5. Taf. IX. Fig. 1. 
(x@ARos schön, anyuc Gerüst.) 

Syn. Cupulospongia p. p. auct. 

Schw. schüssel- oder triehter-förmig, sitzend oder kurz gestielt, diekwandig; 
äussere Oberfläche mit runden Poren, innere im Oentrum zuweilen mit grösseren Os- 
culis versehen, von denen Verticalcanäle in den Schwammkörper eindringen. 

Das Skelet ist grobmaschig, locker und besteht aus grossen ziemlich regel- 
mässigen Vierstrahlern mit glatten Armen, welche an ihren Enden sehr stark ver- 
ästelt sind, so dass an den Vereinigungsstellen der Arme dicke, aus wurzelartigen 
Fasern bestehende Polster entstehen. Die kurzen Canäle der 4 Arme bilden im 
Centrum ein vierstrahliges Kreuz. Die Oberfläche des’ Schwammkörpers ist an gut 
erhaltenen Exemplaren mit zahlreichen Gabelankern belegt, deren verlängerter Schaft 
gegen Innen gerichtet ist. Ausser diesen Gabelankern kommen noch zahlreiche Stab- 
nadeln von verschiedener Form und Grösse und vereinzelte kleine Anker mit 3 zu- 
rückgebogenen einfachen Zinken vor. 

Die 2 bis jetzt bekannten Arten stammen aus der oberen Kreide von Norddeutsch- 
land und Belgien. 3 

*]) Callopegma acaule. Zitt. Taf. II. Fig. 6°” Taf. VIII Fig. 5. 

Schüsselförmig bis halbkugelig, entweder mit ganz kurzem warzenförmigem 
Stiel aufgewachsen oder frei. Sehr dickwandig, im Grunde der vertieften 
Oberfläche mehrere grosse, runde Oscula.. Aussenwand porös. Unterseite mit 
einigen vorspringenden Höckern versehen. 

Ahlten, Linden, Ciply. 

*9) Callopegma Schlönbachi. Zitt. Taf. IX. Fig. 1. 

Schüssel- oder trichter-förmig; Centralhöhle sehr weit und tief, Schwamm 
mit breiter Basis festgewachen. Mucronaten-Kreide. Ahlten. 

18* 


140 


Trachysycon. Zit. Taf. IX. Fig. 4. 
Syn. Plocoscyphia p. p. Roem.; Sporocalpia p. P. Pomel. 


Schw. feigen- bis länglich ei-förmig, gestielt, mit röhrenförmiger Centralhöhle, 
auf deren Wand die Ostien der ziemlich groben Radialcanäle liegen. Oberfläche mit 
conischen, zugespitzten Warzen besetzt, von deren Gipfel feine Furchen nach allen 
Seiten ausstrahlen. Der Stiel und der unterste Theil des verdickten Schwammkörpers 
sind glatt, nur mit porenförmigen Ostien versehen, zuweilen mit einer runzeligen 
Kieselhaut überzogen. 

Skeletkörperehen ziemlich gross, unregelmässig vierstrahlig. Die 4 dicken und 
kurzen Hauptarme kurz und glatt, an den Enden in mehrere knorrige Aestchen 
vergabelt. 

Die einzige bis jetzt bekannte Art dieser Gattung ist Trachysycon (Plocoscyphia) 
muricatum. Roem. Spongit. S. 20. t. X. Fig. 9 aus der Quadraten-Kreide des Sutmer- 
bergs bei Goslar. 

Pomel erwähnt dieselbe unter dem Namen Sporocalpia, worunter indess eine ächte 
Hexactinellide (Plocoseyphia Morchella Roem.) und die vorstehende Lithistidenform ver- 
einist sind. 


Siphonia. Park. 1822. Taf. IX. Fig. 5. 6. 7.°%) 


Syn. Caricoides Guettard;, Siphonia p. p. Park. et auct.; Ohoamites p. p. Mant.; Hal- 
lirhoa Lamx.; Siphoneudea und Polysiphoneudea From., Siphonia, Hallirhoa, Angidia p. P., 
Plethosiphonia, Polysiphonia, Pterocalpia, ? Physocalpia Pomel. 


Schw. feigen-, birn- oder apfel-förmig, zuweilen durch Einschnürungen lappig, 
meist einfach, kurz oder lang gestielt, selten ungestielt. Scheitel mit tief eingesenkter 
Centralhöhle, auf deren Wand sich die meist in Längs- und Querreihen geordneten, 


31) Erst während des Druckes der letzten Bogen dieser Abhandlung kam mir das Novemberheft vom 
23. Band des Quarterly Journal of the igeological society 1877 zu Gesicht, worin sich (S. 790) eine 
grössere Abhandlung von J. Sollas über die Struktur und Verwandtschaft des Genus Siphonia be- 
findet. Ich freue mich auf die bemerkenswerthe Uebereinstimmung der Resultate dieser trefflichen Ar- 
beit mit meinen eigenen Beobachtungen hinweisen zu können. Alles was Herr Sollas über die Mikro- 
struktur, über die Verbindung der Skeletkörperchen, über das Canalsystem und über Erhaltungszu- 
stand anführt, steht mit meinen Angaben in Einklang. Auch über die Verwandtschaft mit den le- 
benden Lithistiden und namentlich mit der Gattung Discodermia befinden wir uns in Uebereinstimm- 
ung. Verschiedene Punkte, z. B. die Anordnung der Skeletkörperchen, die übrigens bei den einzelnen 
Arten sehr stark variirt, ferner die verschiedenen Erhaltungszustände sind von Hrn. Sollas mit grosser 
Sorgfalt studirt und eingehender geschildert, als im allgemeinen Theil meiner Abhandlung. Wer sich 
für diese Fragen specieller interessirt, wird darum bei Sollas vielfache Belehrung finden. Die einzige 
nennenswerthe Differenz zwischen Herrn Sollas und mir besteht darin, dass ich Siphonia Websteri - 
Sow. zu Jerea stelle und aus praktischen Gründen die Genera Siphonia und Jerea trenne. 


141 


runden Ostien von Ausfuhrcanälen befinden. Diese ziemlich weiten Canäle verlaufen 
bogenförmig, parallel dem äusseren Umfang des Schwammes, werden gegen die Mitte 
hin aber immer steiler und stellen sich schliesslich senkrecht, indem sie als Röhren- 
bündel in den Stiel und die Wurzel fortsetzen. Die Bogencanäle nehmen gegen 
Aussen an Stärke ab und beginnen an der Oberfläche in mehreren feinen Röhrchen, 
welche sich vereinigen und dann der Cloake zulaufen. Ausser diesen Haupteanälen 
sind noch zahlreiche schwächere Einströmungscanäle vorhanden, welche schräg von 
Innen nach Aussen verlaufen, die Bogencanäle kreuzen und an der Oberfläche in ver- 
tieften runden Östien beginnen. 

Das Skelet wird aus ziemlich grossen, deutlich vierstrahligen Lithistidenkörpern 
gebildet. Die vier Arme sind glatt oder mit schwachen Höckern versehen, ihre Enden 
mehr oder weniger stark in 2—3 oder mehr mit wurzelförmigen Fortsätzen ver- 
sehene Aeste vergabelt, die mit den entsprechenden Verästelungen benachbarter 
Skeletkörperchen verflochten sind und dadurch förmliche Polster bilden. In der Regel 
sind die Skeletkörperchen nach dem Verlauf der Canäle reihenförmig angeordnet und 
die verdiekten und verflochtenen Enden derselben bilden förmliche Radial-Bänder>?). 

An der Oberfläche, in den Canälen und im Skelet selbst finden sich grosse 
Stabnadeln, selten auch Anker mit gabeligen Zinken°?). 


Viele Arten dieser formenreichen Gattung verändern mit zunehmender Grösse ihre 
äussere Gestalt. Junge Exemplare sind meist cylindrisch und von beinahe senkrechten 
Röhren durchbohrt, bei weiterem Wachsthum schwellen sie in der Mitte an und nehmen 
nach und nack birnförmige oder fast kugelige Form an. Diese Veränderungen stellt So- 
werby bei Siphonia tulipa in einer Reihe schöner Abbildungen dar. (Geol. Trans. 92. 
ser. V. t. 15.) 


In der äusseren Erscheinung steht Siphonia der Gattung Jerea sehr nahe; ja sie 
ist durch unmerkliche Uebergänge mit derselben so enge verbunden, dass sich schwer eine 
scharfe Grenze ziehen lässt. Der einzige Unterschied beruht in dem Vorhandensein einer 
vertieften Centralhöhle bei Siphonia, in welcher die Ostien der gebogenen Hauptcanäle 
münden. Typische Formen mit enger, tiefer Centralhöhle und stark gebogenen Canälen 
weichen erheblich von Jerea ab; wird jedoch die Centralhöhle weit und seicht, dann 


32) Die Mikrostruktur der Wurzel stimmt meist mit jener des übrigen Skeletes überein, nur 
bei einzelnen Arten mit sehr langem Stiel sind sämmtliche Arme der Skeletkörperchen oder wenigstens 
einer derselben verlängert und in parallele Züge nach der Richtung der Längsaxe angeordnet. Die 
Arme sind ästig, aber die Enden derselben nicht wurzelartig zerfasert, sondern einfach. Die Verbin- 
dung der Körperchen erfolgt desshalb auch nicht mehr durch die Verflechtung der verdiekten wurzel- 
artigen Enden sondern sie schieben sich locker zwischen entgegenkommende Aeste anderer Körperchen 
und werden auf diese Weise an einander gehalten. (Sollas 1. c. pl. XXVI. Fie. 7.) 

33) Mantell (Medals of creation 2 ed vol. I. S. 234) bildet bereits isolirte Nadeln von Cho- 
anites Königi ab. Die kleinen vierstrahligen Körper sind übrigens keine Nadeln, sondern Skeletelemente, 
deren wurzelartig verzweigte Enden abgebrochen sind. 


142 


stellen sich auch die Canäle steiler und es entstehen Formen, die sich unmittelbar an Je- 
reen anschliessen. 

Die feinere Struktur des Skeletes, sowie die isolirten Kieselgebilde stimmen bei 
Siphonia und Jerea völlig überein. 

Diese unzweifelhafte Verwandtschaft beider Gattungen findet auch in der Literatur 
ihren Ausdruck. 

Parkinson’s3*) unbestimmte Diagnose von Siphonia passt ebenso gut auf Jerea 
wie auf Siphonia und in der That finden sich unter den später von Parkinson als Si- 
phonia abgebildeten Schwämmen neben einer Anzahl ächter Siphonien auch zwei Jerea- 


Arten. 
Fast gleichzeitig mit Parkinson publicirte Mantell (Geolosy of Sussex vol. I. 


8. 178) eine Gattung Choanites, welche er mit dem lebenden Aleyonium ficus Lin. ver- 
glich. Auch hier ist die Charakteristik sehr unbestimmt gehalten. Von den 3 Arten ge- 
hören die 2 ersten zu den Hexactinelliden, während sich die letzte (Ch. Königi) trotz 
ihres eigenthümlichen‘, durch den Erhaltungszustand bedingten Aussehens Parkinson’s Si- 
phonien anschliesst. 

In einem späteren Werk (Medals 2. ed. S. 230. 233) hält übrigens Mautell Si- 
phonia und Choanites auseinander und unterscheidet Choanites durch den Mangel eines 
mit Röhren versehenen Stiels. 

Von den meisten späteren Autoren wurde die Gattung Choanites fallen gelassen und 
mit Siphonia vereinigt. Nur Ounnington (Institut 1849. XVII. 14.) will in der tief 
eingesenkten Centralhöhle und in einem angeblich vorhandenen Spiralcanal, ‘welcher am 
Boden der letzteren beginnt und sich in 5—6 Windungen um diese in die Höhe zieht, 
Merkmale zur generischen Unterscheidung gefunden haben. Indess weder die Abbildungen 
von Mantell und Dixon, noch meine Untersuchung verschiedener Original-Exemplare 
aus England lassen das Vorhandensein eines solchen Spiralcanals erkennen. 

Von Goldfuss, Michelin, F. A. Römer, Reuss, d’Orbigny u. a. Autoren 
wurden unter dem Gattungsnamen Siphonia sehr verschiedene Schwämme zusammengefasst; 
Courtiller rechnet eine grosse Anzahl ächter Jereen zu Siphonia, während Fromentel 
und Pomel die beiden Gattungen in zwei verschiedene Familien stellen, und jede der- 
selben wieder in einige weitere Gattungen zerlegen. 

Trotz dieser verschiedenartigen Verwendung des alten Parkinson’schen Namens 
habe ich denselben dennoch für die oben näher beschriebenen Spongien festgehalten, weil 
derselbe für die typischen Formen wie Siphonia piriformis, tulipa, fieus, nueiformis ete. 
bisher fast ohne Ausnahme in Gebrauch stand und weil Parkinson diese jedenfalls 
unter seiner Gattung Siphonia begriffen wissen wollte. 

Die geologische Verbreitung der Gattung Siphonia beschränkt sich auf die Kreide- 
formation. Von den typischen Formen lassen sich die gelappten als ein besonderes Sub- 
genus Hallirhoa Lamx. unterscheiden. 


34) An indroduction to the study of fossil organic remains S. 50, 


in 


143 


A. Von typischen Siphonia-Arten mögen erwähnt werden: 
1) Siphonia piriformis. Taf. IX. Fig. 7. Goldf. Petr. 6. 7° Mich. Icon. 33. 1. Senon, 
2) Siphonia tulipa. Zitt. Taf. IX. Fig. 5°°). Cenoman. Blackdown. 


(Siphonia piriformis. Sow. in Fitton. geol. Trans. 2 ser. vol. VI. pl. XV). 
(Siphonia Websteri. Quenst. (non Sow.) Petr. V. 135. 15—19.) 


3) Siphonia Geinitzi. Zitt. 


(Siphonia pyriformis. Gein. Elbthalgeb. I. 8. 38. t. 9. t. 10. Fig. 4) Cenoman. 


4) Siphonia bovista. @ein. ib. t. 10. Fig. 5. 6. Cenoman. 

5) Siphonia feus. Taf. IX. Fig. 6. Goldf. 65. 14. Senon. 

6) Choanites Koenigi. Mant. Geol. Suss. t. 16. Fig. 19—21. Ob. Kr. 
7) Siphonia incrassata. Goldf. 30. 5. Senon. 


8) 

9) 
10) 
11) 
12) 
13) 
14) 
15) 


nuciformis. Mich. Icon. 33. 4. ? Cenoman. 

4 multioculata. Mich. ib. 33. 6. Turon. 

arbuscula. Mich. ib. 33. 2. Turon, 

x ficoidea. Mich. ib. 29. 5. Cenoman. 

5 acaulis. Mich. ib. 38. 2. Cenoman. 

G ornata. F. A. Roem. Spongit. 10..9. Quadr. Kr. 
Morrisi. Mant. Med. 2 ed. $. 254. Upp. Ch. 

= Kittoni. Mich. Icon. 29. 6. Senon. 


Ausserdem zahlreiche meist schlecht charakterisirte und vielfach mit bereits früher 


beschriebenen Formen zusammenfallende Arten von Courtiller, wie Siphonia decipiens, 
osculata, parasitica, sphaerica, curta, cylindrica, intermedia, conica, rariosculata etc. 


B. Subgenus Hallirhoa. Lama. 
1) Hallirhoa costata. Lamx. Mich. ib. 31. 3. Cenoman. 


2) 
3) 


5 brevicostata. Mich. Icon. 31. 1. Cenoman. 
n Tessonis. Mich. ib. 34. 1. Cenoman. 


Hieher vielleicht auch Scyphia alata und palmata Courtiller. 


35) Ich habe diese im Grünsand von Blackdown und Haldon ungemein häufige und in allen 
grösseren Sammlungen verbreitete Art mit einem neuen Namen belegt. Sie wird in der Regel mit Si- 
phonia piriformis Goldf. vereinigt, unterscheidet sich aber durch die plötzliche Einschnürung des birn- 
förmigen Kopfes unmittelbar über dem ungewöhnlich schlanken, dünnen und sehr verlängerten Stiel, 
durch die groben Bogen- und Radial- Canäle, durch die Mikrostruktnr sowohl des Körpers als auch 
namentlich des Stieles schr bestimmt von der im Senon verbreiteten S: piriformis. Quenstedt trennt 
diese Art in seinem neuesten Werk ebenfalls von $. piriformis, identifieirt sie jedoch irrthümlicher 
Weise mit Jerea Websteri Sow., von welcher Sollas (l. c.) neuerdings gute Abbildunger und Beschrei- 
bung veröffentlicht hat. Siphonia Fittoni' Mich. aus der oberen Kreide schliesst sich enger an Siph. 
piriformis Goldf. als an Siphonia tulipa Zitt. an. 


e 


144 


Jerea. Lamouroux. Taf. X. 1. 2. 


(1821 Exposition method. des genres de l’ordre des Polypiers. 8. 79. t. 78. Fig. 3.) 


Syn. Siphonia p. p-, Jerea p. p. auct.; Manon p. p. Goldf.; Bhysospongia, Jerea, 
Cupulina, Siphonia p. p. Courtill.; Polypothecia p. p. Bennet, Mich.; Jerea p. p., Rhizospongia 
(Rhysospongia) d’Orb.; Jerea, Polyjerea p. p., Rhizospongia, Rhizostele, Rhizogonium Pomel. 


Schw. birnförmig, kugelig, umgekehrt flaschenförmig, conisch bis eylindrisch, 
einfach, seltener zu ästigen Stöcken verwachsen, mit kurzem oder langem Stiel 
und mehr oder weniger verdickter, zuweilen massig entwickelter, ausgebreiteter 
oder ästiger Basis. Scheitel abgestutzt, oder mit einer Einsenkung, stets mit einer 
Anzahl runder Oeffnungen, den Mündungen eines Bündels röhrenförmiger Vertical- 
canäle, welche entweder in senkrechter oder etwas dem äussern Umriss !ent- 
sprechender Biegung den ganzen Schwammkörper bis zur Basis durchsetzen. Ober- 
fläche mit zahlreichen, ungleich grossen, zerstreuten kleinern Ostien, von denen 
gröbere oder auch haarfeine Canäle bis in das Centrum des Schwammes eindringen. 
Am Stiel verschwinden diese Ostien allmälig. 

Das Skelet des eigentlichen Schwammkörpers sowie des Stieles und der Wurzel 
besteht aus vierarmigen Kieselkörpern von ziemlich ansehnlicher Grösse; die Arme 
sind in der Nähe des Vereinigungspunktes in der Regel glatt, zuweilen aber auch 
mit knorrigen, stumpfen Auswüchsen besetzt, ihre Enden mehr oder weniger wurzel- 
artig verästelt, zuweilen sogar zu verfilzten Ballen verdickt. Bei einzelnen Arten 
spalten sich alle oder einzelne Arme in zwei Hauptäste. Sämmtliche Skeletelemente 
sind mit einander durch die verästelten Enden der Arme verflochten. 


Von isolirten Kieselgebilden kommen vereinzelte Gabelanker und einfache Stab- 
nadeln vor.- 


Die Gattung Jerea wurde schon im Jahr 1821 von Lamouroux in unverkenn- 
barer Weise charakterisirt und abgebildet. Goldfuss beschreibt mehrere Arten unter 
den Gattungs-Namen Jerea, Siphonia und Manon, auch Michelin vermischt Jerea mit 
Siphonia, dagegen schliesst sich d’Orbigny etwas enger der Lamouroux’schen Auf- 
fassung an, zweigt jedoch die mit sehr massiger horizontal ausgebreiteter Wurzel ver- 
sehenen Formen unter dem Namen Rhizospongia (im Prodrome Rhysospongia) von 
Jerea ab. Michelin hatte derartige Wurzeln, welche in der Touraine häufig isolirt 
vorkommen, schon früher der Gattung Polypothecia zugetheilt. 

Fromentel begnügte sich die zusammengesetzten Formen als Polyjerea von den 
einfachen zu trennen, Courtillier und Pomel dagegen zerlegen Jerea in mehrere Gat- 
tungen. Für Courtillier gehören nur die Formen mit gerade abgestutztem Scheitel zu 
Jerea, die mit Scheitelvertiefung versehenen werden Cupulina genannt. Eine grosse An- 
zahl ächter Jereen werden vom gleichen Autor zu Siphonia und die mit grosser Wurzel 
und kurzem, dickem Stiel versehenen zu Rhysospongia d’Orb. gerechnet. 


Da die vermeintliche Epithek von Rhizospongia d’Orb. nicht existirt, so halte ich 


145 


diese Gattung für ebenso überflüssig, wie Rhizostele, Rhizogonium und Rhizogonima. 
Pomel spaltet aber auch die zusammengesetzten stockförmigen Jereen in mehrere 
Gattungen. Der Name Polyjerea wird lediglich für die Formen mit Basilarprolification 
beibehalten, wie Jerea caespitosa und gregaria Mich., Siphonia ternata Reuss etc. Für 
die ästigen Formen, welche sich durch Seitenknospung vermehren, stellt er zwei besondere 
Gattungen auf. Diese beiden Genera Callojerea und Dichojerea sind lediglich auf äusser- 
liche Merkmale basirt und enthalten zum Theil ganz fremdartige Elemente, welche sich 
meist ziemlich weit von Jerea entfernen; sie können darum schon aus terminologischen 
Gründen nicht aufrecht erhalten bleiben. Auf die Unterschiede von Jerea mit der äusser- 
lich ungemein nahestehenden Gattung Jereica Zitt. wurde schon früher hingewiesen. 

Die Gattung Jerea beginnt in der Kreide und reicht möglicher Weise bis ins Miocaen, 

wenn einzelne der von Pomel aus Oran beschriebenen Arten wirklich hieher gehören sollten. 

Als typische Arten mögen angeführt werden: 

*1) Jerea pyriformis. Lamx. Expos. meth. S. 79. t. 78 Fig. 3. Cenoman. 
(= Jerea pyriformis und elongata p. p. Mich. Icon. 36. 3. u. 39. 4.) 
(= Jerea amygdaloidea. Gümb. Ostbayr. Grenzgeb. S. 771.) 
3) Aleyonolithes Stadensis. Blumb. Spec. archaeol. tell. II. Fig. 5. 6. 
(= Siphonia %ucumis Mke. Jahrb. 1841. t. I. Fig. c.) 
(= Siphonia, Kraussi Hag.) 
(= Jerea pyriformis u. elongata Mich. p. p. 1. c.) 
(= Jerea pyriformis u. intricata. Court. pl. 34. f. 2. 3.) 
3) Jerea Quenstedti Zitt. Taf. X. Fig. 2. Quadr. Kr. Linden bei Hannover. 
= Siphonia ficus Quenst. Petr. V. 135. 20—23.) 
An obige Arten schliessen sich an: 

4) Siphonia prolifera, clavata, acuta, polycephala, difformis, ?coronata, acaulis 
Court. Cupulina elata, pocillum, latiosulcata, glomerata, rhysospongioides, 
elongata, parallela, ficoidea, capitata, acaulis. Court. Epong. foss. des envir. de 
Saumur. pl. 29. 30. 

5) Siphonia ternata Reuss. Böhm. Kr. II. 17. 1. 3. Turon. 

6) Jerea excavata Taf. X. Fig. 1. Mich. Icon Baader 
(= Polypothecia Pictonica. Mich. ib. 3%. 1.) 

(= Jerea tuberosa. Mich. ib. 39. 3.) 
‘ (Rhysospongia Pictonica, pateraeformis, eyathiformis, vestita, crassa, elongata, 
semiglobosa, elavata, attenuata, trumcata, costata, digitata. Court. I. c. pl. 1—4.) 
7) Siphonia multiformis. Bronn. Leth. geogn. 27. 20. Peine. 


Marginospougia. dOrb. Prodr. II. S. 137. 
Syn. Alcyonium Lam. ; Chenendopora p. p. Mich.; Marginojerea From.; Margino- 
spongia, Placojerea Pom. 
Schw. becher- oder trichter-förmig, gestielt. Oberrand mit zahlreichen, runden 
Abh. d. 11. Cl.d.k. Ak. d. Wiss. XIII. Bd. I. Abth. 19 


146 


Oefinungen von röhrigen Verticalcanälen, welche die ganze Wand und den Stiel 
durchziehen. Skelet? — Nur in der Kreide. 
1) Aleyonium infundibulum. Lamzx. 1830. (teste d’Orb.) 
(Chenendopora Parkinsoni. Mich. Ie. 81. 1.) Cenoman. 
9) Marginospongia irregularis. d’Orb. Prodr. Et. 22. Nro. 1500. Senon. 
?3) Jerea Desnoyersi. Mich. 1. ce. 89. 1. 


Nelumbia. Pomel. 1872. 
Pal. d’Oran. 8. 194. 

Sym. Polystoma Court. p. P- 

Schw. keulenförmig, gestielt, Scheitel abgestutzt oder mit schwacher Vertiefung, 
bedeckt mit runden Ostien von Vertiealcanälen, welche nicht sehr tief (?) m den 
Schwammkörper eindringen. Seiten mit vereinzelten Vertiefungen, in welche kurze 
gewundene oder gerade Quereanäle einmünden. Nach Courtiller ist der Schwamm 
zuweilen mit einer zarten Kieselhaut überzogen. 

Skelet wie bei Jerea. 

Die Verbreitung dieser erst unvollständig bekannten, vielleicht nur als Section von 
Jerea zu betrachtenden Gattung beschränkt sich auf die obere Kreide. 

Courtiller 1. c. bildet auf Taf. 15 verschiedene Formen ab, die vielleicht zu einer 
einzigen Species gehören und stellt dieselben als besondere Section in seine Gattung 
Polystoma. 


Polyjerea. Fromentel emend. Zitt. 

Syn. Jerea Mich.; Siphonia ». p. Court.; Jerea p. p. d’Orb.; Polyjerea, Dichojerea 
». p. Pom. (non Polyjerea F. A. Roem.) 

Schw. zusammengesetzt buschig oder ästig, selten einfach, die cylindrischen 
oder tonnenförmigen Einzel-Individnen oft an ihrer Basis verwachsen, mit gerun- 
detem Scheitel, in welchem mehrere Oeffnungen von röhrenförmigen Verticalcanälen 
ausmünden, die den ganzen Schwammkörper durchziehen. Die Basis, sowie die ganze 
oder ein grosser Theil der Oberfläche des Schwammes sind mit emer glatten Kiesel- 
epidermis bekleidet, unter welcher dieOstien der wenig entwickelten Radialcanäle liegen. 

Das Skelet besteht der Hauptsache nach, wie bei Jerea aus ziemlich grossen, 
glatten Vierstrahlern mit wurzelartig verzweigten Enden, ausserdem aber noch aus 
sehr kleinen ungemein zierlich filigranartig verästelten, undeutlich vierstrahligen 
Kieselkörperchen, welche sich an der Oberfläche eng aneinander legen und die dichte 
Kieselhaut bilden. 

Diese Gattung unterscheidet sich von Jerea hauptsächlich durch die Kieselepidermis, 
welche meist den ganzen Schwamm überzieht, durch die sehr schwach entwickelten Ra- 
dialcanäle, sowie durch die zusammengesetzte Form. 

Die Vermehrung erfolgt entweder durch basilare oder durch seitliche Knospung. Im 
ersten Falle entstehen buschige, im zweiten baumförmig verästelte Stöcke. 


147 


Ich beschränke die Gattung Polyjerea lediglich auf die mit Kieselhaut bekleideten, 
fast immer zusammengesetzten Formen, wie P. caespitosa und gregaria Mich., für welche 
Fromentel seine Gattung Polyjerea ursprünglich aufgestellt hat. In die Gattung Jerea 
dagegen verweise ich sämmtliche stockförmige Jereen mit wohlentwickelten Radialcanälen, 
der die Kieselepidermis fehlt. Zu diesen letzteren gehören fast alle von Roemer unter 
dem Namen Polyjerea beschriebenen Formen aus der norddeutschen Kreide. 

Polyjerea steht der Gattung Thecosiphonia überaus nahe. Bei letzterer beschränkt 
sich die Kieselhaut auf den unteren Theil des Schwammkörpers, die Einzel - Individuen 
zeichnen sich durch beträchtlichere Grösse aus, die viel zahlreicheren Verticaleanäle münden 
in eine Scheitelvertiefung und die Radialcanäle sind viel besser entwickelt. 

Als typische Art habe ich eine im Senon bei Evreux sehr häufig vorkommende 
Form 

1) Polyjerea ramifera Zitt. untersucht, welche sich von Jerea gregaria und caes- 
pitosa durch deutlichere Trennung und Vergabelung der Aeste unterscheidet. 


Es gehören ferner hieher: 
2) Jerea arborescems. Mich. 42. 2°. Senon. (non 2°.) 
3) „  gregaria. Mich. Icon. 38. 1. Senon. 


4) „ ceaespitosa. Mich. 41. 4. Senon. 
(Siphonia arborescens. Court. t. 24. Fig. 2.) 


Astrocladia. Zit. Taf. IX. Fig. 9. 


(«ozno Stern, #Addos Zweig.) 


Syn. Siphonia p. p. Mich.; Asterospongia p. p., Stellispongia p. p. Roem.; Callojerea 
». p. Pomel. 


Schw. eylindrisch oder durch dichotome Verzweigung baumförmig, massiv, ohne 
Centralhöhle. Oberfläche mit einer glatten, scheinbar dichten Deckschicht überzogen, 
in welcher vereinzelte, sehr entfernt stehende Oscula liegen. Gewöhnlich bestehen 
dieselben aus einigen kurzen, feinen Röhren, welche im Grunde einer gemeinsamen 
kleinen Vertiefung oder auch auf einer warzenförmigen Erhöhung ausmünden. Diese 
Oscula erhalten sehr oft ein ausgezeichnet sternförmiges Aussehen durch radiale an 
den Enden fein verästelte Furchen, welche unter der Deckschicht auf der Oberfläche 
der eigentlichen Skeletmasse nach den Ausströmungsöffnungen verlaufen. Ausser den 
sternförmigen oder aus Röhrenbündeln bestehenden Osculis ist die Oberfläche unter 
der Deckschicht mit feinen Poren, den Oeffnungen kleiner Radialeanälchen versehen. 
Durch den ganzen Schwammkörper verlaufen in der Richtung seiner Längsaxe einige 
feine Verticalröhren 

Das Skelet besteht aus kleinen, deutlich vierarmigen Lithistidenkörperchen mit 
kurzem Axenkreuz; die Arme sind glatt, an ihren Enden stets sehr stark wurzel- 
artig verzweigt, so dass an den Berührungsstellen mit den Nachbararmen förmliche 


Polster von Kieselgeflecht entstehen. Die beinahe dichte Deckschicht ist aus sehr 
1192 


148 


kleinen, dicht ineinander verflochtenen , stark verästelten Lithistidenkörperchen von 
unregelmässiger Form gebildet und blättert leicht ab. Besondere Oberflächen-Nadeln 
scheinen zu fehlen. 

*1) Asterospongia laevis. Roem. Spongit. 19. 2. Cuv.-Plaener. 


*9) Asterospongia subramosa. Taf. IX. Fig. 9. Roem. ib. 19. 3. Quadr. Kr. Sut- 
merberg. Ahlten. i 


*3) Stellispongia verrucosa. Roem. ib. 1%. 5. Quadr. Kr. 2 
4) Siphonia ramosa. Mich. Icon. zooph. 28. 5. Courtill. 24. 1. 


*5) Tremospongia clavata. Roem. Spongit. 13. 13. Cuv.-Plaener. 


Thecosiphonia Zitt. Taf. X. Fig. 3. 


Lymmnorea ». p. Tremospongia F. A. Roem.; Tremospongia Gein. non d’Orb.; Di- 
estosphecion p. p-., Cytorca Pomel; Polyjerea p. p. From. 


Schw. einfach oder zusammengesetzt; die Individuen gross, länglich, kreiselförmig 
oder eylindrisch; Scheitel mit seichter Vertiefung, in welche ein Bündel röhren- 
förmiger Verticaleanäle einmündet. Von diesen Canälen verlaufen die obersten fast 
parallel mit dem Umfang und verursachen an abgeriebenen Exemplaren strahlige 
Furchen auf der Oberfläche; die in der Mitte befindlichen durchziehen in nahezu 
senkrechter oder sogar in etwas nach Aussen divergirender Richtung den Schwamm- 
körper. Ausser diesen Hauptcanälen "beobachtet man noch schräge von Aussen nach 
Innen und Unten gerichtete Radialcanäle, deren runde Östien auf der Oberfläche zer- 
streut liegen. Letztere ist rauh, mit gekrümmten Gruben und Furchen versehen. 
Die einfache oder mit wurzelartigen Anhängen besetzte Basis, sowie ein grösserer 
oder kleinerer Theil des ganzen Schwammkörpers sind mit einer dichten kieseligen 
Deckschicht überzogen. Bei zusammengesetzten Stöcken verbindet diese Epithek 
sämmmtliche verwachsene Individuen. 


Die Skeletelemente sind von ansehnlicher Grösse, regelmässig vierarmig; die vier 
Strahlen glatt mit wurzelartig verzweigten Enden. Sie unterscheiden sich durch ihre 
ansehnliche Grösse von denen der Gattung Siphonia. Vereinzelte Stabnadeln liegen 
zerstreut im Skelet. 


Diese von Roemer und Pomel gänzlich verkannte und mit Kalkschwämmen ver- 
einigte Gattung steht den Gattungen Siphonia und Jerea sehr nahe, unterscheidet sich 
aber von beiden sofort durch die stark entwickelte Deckschicht, sowie auch durch grössere 
und regelmässigere Skeletelemente. Vortreffliche Abbildungen dieser Gattung gibt Quen- 
stedt im 5. Band seiner Petrefaktenkunde Deutschlands. (Taf. 133. Fig. S. 9. 10. 11.) 

*1) Lymnorea nobilis. F. A. Roem. Spongit. 15. 1. Cuvieri-Plaener. 

*2) Tremospongia grandis. Taf. X. Fig. 3. Roem. ib. 15. 3. Cuvieri-Plaener. 

3) Tremospongia Klieni. Gein. Elbthalgeb. I. S. 28. 4. 3. Cenoman. 


149 


Calymmatina. Zit. Taf. II. Fig. 2. Taf. IX. Fig. 8. 
(zeAvuue Hülle, Ueberzug.) 


Syn. Cnemidium p. p., Sceyphia p. p. Mich.; Turonia p. p. d’Orb.; ? Pseudosiphonia 
Court. 


Schw. zusammengesetzt oder einfach. Die Einzel-Individuen kreiselförmig, kurz- 
eylindrisch oder knollig, meist durch basale Verwachsung zu Stöcken verbunden. 
Wand dick, Scheitel gerundet, mit einfacher Centralhöhle. Basis häufig mit Aus- 
wüchsen verseben, dickknollig oder zu einem Stiel verschmälert. An gut erhaltenen 
Exemplaren ist der ganze Schwammkörper mit einer diehten, glatten oder runzeligen 
Kieselhaut überkleidet. Dieselbe ist indess in der Regel am Scheitel und dem obern 
Theil der Seiten abgerieben. Diese der Epidermis beraubten Parthien sind stets mit 
vertieften, ganz unregelmässigen, kurzen Längs- und Querfurchen bedeckt und er- 
halten dadurch eine rauhe Oberfläche. Im Grund dieser Furchen liegen Ostien von 
einfachen Radialcanälen, die gegen Innen feiner werden. Aehnliche Canäle verlaufen 
in umgekehrter Richtung” von Aussen nach der Oentralhöhle. 


Das Skelet besteht aus zweierlei Elementen: 1) aus ziemlich grossen, vierstrah- 
ligen Lithistidenkörpern mit stark wurzelförmig verzweigten Enden und knorrigen 
oder glatten Armen; 2) aus sehr kleinen, durchaus knorrigen Kieselkörperchen von 
unregelmässiger oder undeutlich vierstrahliger Form, welche in den Zwischenräumen 
der grösseren Skeletelemente liegen. Diese kleinen Körperchen drängen sich an der 
Oberfläche dieht aneinander und bilden die oben beschriebene glatte oder runzelige 
Deckschicht, unter welcher die Ostien der Aussenseite münden. 


Bei günstiger Erhaltung bemerkt man in der Deckschicht zierliche Gabelanker, über- 
diess liegen zahlreiche grosse Stabnadeln im Skelet und in den Canälen zerstreut. 


Diese Gattung steht Turonia Mich. am nächsten, unterscheidet sich aber von 
dieser, abgesehen von ihrem abweichenden äussern Habitus durch das, Vorhandensein 
einer einfachen Centralhöhle, ausserdem durch die massenhaft zwischen den grossen 
Vierstrahlern vertheilten, kleinen knorrigen Kieselkörperchen, welche bei Turonia meist 
auf die Basalgegend beschränkt sind. Wahrscheinlich gehört Courtiller’s ungenügend 
charakterisirte Gattung Pseudosiphonia ebenfalls hieher. 


Bis jetzt sind nur Arten aus der oberen Kreide der Touraine bekannt. 
1) Scyphia sulcataria var. inflata. Mich. Ic. 28. 4. Senon. 
(Onemidium crassum. Mich. ib. 28. 3.) 


*9) Calymmatina rimosa. Zitt. Taf. II. Fig. 2. Taf. IX. Fig. 8. Senon. 
(Seyphia dichotoma. Mich. (non Bennet) Icon. 28. 5.) 


?3) Pseudosiphonia tuberculata. Court. Ep. 28. 1. 2. Senon. 


Turonia. Mich’ Taf. 1X Bro 2,33. 
1846 lIeonogr. zoophyt. S. 125. 


Syn. Turonifungia From.; Hippalimus p. p. Roem.; Turonia Pomel. 


Schw. sehr unregelmässig geformt, knollig oder biconisch, au der Basis, der 
unteren Hälfte oder auch nahezu auf der ganzen Oberfläche mit einer scheinbar glatten, 
rindenartigen Deckschicht von der Dieke eines Blattes feinen Papiers überzogen. Die 
nicht mit dieser Deckschicht bekleideten Parthieen (in der Regel die obere Hälfte) sind 
rauh, zuweilen mit strahligen, von einer oder mehreren seichten Vertiefungen aus- 
gehenden kräftigen Furchen durchzogen, in denen am Scheitel zerstreute, röhren- 
förmige Vertiealcanäle ausmünden. 

Das Skelet besteht aus ziemlich grossen, glatten, vierstrahligen Lithistidenkör- 
pern, welche mit den benachbarten Vierstrahlern durch kurze, plumpe, wurzelartige 
Verzweigungen verwachsen sind. Dadurch. dass fast immer 4 Arme von benachbarten 
Körperchen auf diese Weise sich verbinden, entstehen verdickte, rundliche Knoten. 
Die vierarmigen Skeletkörperchen besitzen ein feines Axenkreuz. 

In der Epidermis-ähnlichen Deckschicht unterscheidet man kleine, überall mit 
stumpfen und zugespitzten Fortsätzen versehene, platte, undeutlich dreiästige Lithi- 
stidenkörperchen , welche dicht über- und nebeneinander gelagert sind und kaum 
hin und wieder eine porenförmige Oeffnung frei lassen, ausserdem Gabelanker, deren 
drei sparrig gegabelte, verlängerte Zinken in einer Ebene, und zwar in der Regel ganz 
auf der äusseren Oberfläche liegen, wo die zierlichen, sechsarmigen Sterne bei gün- 
stiger Erhaltung schon mit der Lupe zu erkennen sind. 

Auf den durch die beschriebene Deckschicht unbedeckten Theilen des Schwamm- 
körpers liegen häufig grosse Stabnadeln zerstreut. 

Sämmtliche Arten aus der oberen Kreide. 


1) Turonia variabilis. Mich. Icon. 35. 1—8. Senon. Touraine. 
(T. variabilis u. sulcata Court.) 


2) Turonia constrieta. Taf. IX. Fig. 2. Zitt. nsp. 

Unregelmässig birnförmig, mit breiter fast horizontal abgestutzter Basis, welche mit 
zahlreichen stumpfen Höckern und Vertiefungen besetzt ist. Oberseite verlängert, stumpf- 
kegelförmig, mit unregelmässigen Quereinschnürungen ; im Scheitel gewöhnlich mit seichter 
Vertiefung, von welcher Furchen entspringen, die an den Seiten herablaufen und sich 
gegen unten in feine Aestchen vergabeln. Die glatte Deckschiebt überzieht in der Regel 
nur die Basis, zuweilen auch noch den unteren Theil der Oberseite. 

In der Mucronaten-Kreide von Ahlten häufig. 


3) Turonia induta. Zitt. Taf. IX. Fie. 2. 
Klein, knollig oder lappig, beinahe ganz von Epidermis überzogen. 
Quadr. Kreide. Linden. 


?4) Hippalimus depressus. Roem. Spongit. 10. 2. Senon. 


151 


Theonella. Gray. Taf. I. Fig. 9. 
(1868 Proceed. zool. Soc. p. 438. pl. XV,) 


Becherförmig, dickwandig, Centralhöhle einfach, Basis breit. Skelet aus kleinen 
Vierstrahlern mit stark verzweigten Enden bestehend. Oberflächenanker mit kurzem 
Schaft und 3 vergabelten, gebogenen horizontalen Zinken. 

Nur recent. 

1) Theonella Swinhoei. Gray I. c. Formosa. Taf. I. Fig. 9" 

2) Dactylocalyx Pratti. Taf. I. Fig. 9% * Bowbk. Proceed. 200l. Soc. 1869. 8. 89 
pl. V. Fig. 6—11. 

3) Theonella ferruginea. Haeck. Taf. I. Fig. 9. 

Ich habe das Skelet dieser neuen Species, von welcher ich durch Herrn Prof. Haeckel 
ein kleines Fragment mitgetheilt erhielt, abbilden lassen. Die Gabelanker der Oberfläche 
stimmen genau mit Th. Swinhoei überein. Die Skeletkörperchen dagegen unterscheiden sich 
durch ihre glatten Aeste vom den knorrigen der beiden vorigen Arten. 


Racodiseula. Zit. Taf. I. Fig. 8. 
Syn. Corallistes p. p. Sdt.; ? Dactylocalyecites Cart. 


Keulenförmig, knollig, eylindrisch oder becherförmig. Skelet aus unregel- 
mässig vierstrahligen Körperchen gebildet, deren Arme an den Enden stark ver- 
ästelt sind. Oberfläche mit kurzgestielten lappigen Kieselscheiben bedeckt. 

Recent und in der Kreide. 

1) Racodiscula asteroides. Cart. sp. Ann. Mag. 1873. vol. XI. 8. 441. 
(Corallistes polydiscus. p. p. Sdt. (non Bocage) Atl. Spong. 3. 8. 9. Florida.) 
2) Racodiscula nsp. Taf. I. Fig. 8. Philippinen (vgl. Cart. Ann. Mag. 1876. 
S. 464.) 
23) Dactylocalyeites Vicaryi. Cart. Ann. Mag. 1871. vol. VII. pl. VII 1. 2. 6. 
Cenoman. Haldon. 


Discodermia. Bocage. Taf. 1. Fig 7. 
(1869. Journ. des sc. math. phys. et nat. Lisbonne No. IV. pl. XI. fie. 1.) 


Becherförmig. Skeletkörperchen vierstrahlig mit stark verästelten Enden. Beide 
Oberflächen mit ganzrandigen (oder vielzackigen), sehr kurz gestielten Kieselscheiben 
bedeckt. 

Recent und in der Kreide. 

1) Discodermia polydiscus. oc. 1. ec. und Bowbk. Proceed. zool. Soc. 1869. 
S. 96. pl. VI. fig. 10—14. Recent Portugal, Cuba, Florida. 

?2) Dactylocalyeites callodiscus. Cart. Ann. Mag. nat. hist. 1871, vol. VII. pl. IX. 

fig. 40—42. Cenoman. Haldon. 

?3) Dactylocalyx ähnliche Scheiben. Zitt. Coelopt. 5. 32 — 35. Senon. Haldem, 

Vordorf. 


Kaliapsis. Bowbk. Taf. I. Fig. 12. 
(1869. Proceed. zool. Soc. S. 338 pl.. 25. fig. 25.) 


Incerustirend, dünn, ohne Oscula und Poren. Skelet aus glattarmigen Vier- 
strahlern bestehend, deren Enden feinverzweigt und filigranarlig gezackt sind. Bei 
den Skeletkörperchen der Basis ist der nach unten gerichtete Arm micht verästelt, 
sondern conisch zugespitzt. Oberfläche von vielzackigen oder ganzrandigen, im Centrum 
gekörnelten Kieselscheiben mit kurzem Stiel bedeckt. 


Recent. 
1) Kaliapsis cidaris. Bowbk. 1. e. Süd-See. 


Ragadinia Zit. Taf. E, Fig. 4. 
(oayas, Rık.) 

Syn. Cupulospongia p. p. Roem. 

Schw. ohrförmig, plattig oder schüsselförmig, seitlich mit kurzem Stiel fest- 
gewachsen, Wand dick, Rand abgerundet. Beide Oberflächen mit vielfach anastoma- 
sirenden rissigen Furchen, die entweder eine undeutlich radiale Anordnung erkennen 
lassen oder einen ganz unregelmässigen Verlauf besitzen, sich in verschiedenster 
Richtung durchkreuzen und zuweilen undeutlich sternförmige Figuren bilden. 

Von diesen Furchen dringen Canäle in gerader oder schräger Richtung in die 
Wand ein. 

Die 4 Arme der Skeletkörperchen sind in zwei oder mehr ziemlich lange warzige 
Aeste vergabelt, deren Enden wieder mehrfach gezackt sind. Ein Theil der vier- 
strahligen Körperchen ist ziemlich gleichmässig mit rundlichen, warzigen Höckern 
besetzt, während bei andern die 4 Hauptstämme in der Nähe des Centrums entweder 
glatt oder nur mit spärlichen Höckern versehen sind. 

Ausser den eigentlichen Skeletelementen befindet sich auf der Oberfläche eine 
vollständige Deckschicht aus glatten, grösseren und kleineren eigenthümlich geformten 
Kieselkörpern. Die grösseren besitzen einen stachelförmigen Schaft von dessen ver- 
dicktem Ende drei breite, horizontale, in zwei, drei oder ınehr, tief zerschlitzte Lappen 
getheilte Arme ausgehen. Im Centrum dieser gestielten lappigen Scheiben, welche den 
Öberflächenscheiben von Racodiseula zum Verwechseln ähnlich sehen, befindet sich 
ein kleines vierstrahliges Axenkreuz. 

Die lappigen Kieselscheiben werden mit einander verbunden durch ein Netz- 
werk von kleinen glattarmigen, aber mit grossen Zacken besetzten, unregelmässig 
geformten Kieselkörperchen 

Es ist bis jetzt erst eine einzige Art dieser interessanten Gattung beschrieben, 
welche Roemer Üupulospongia rimosa (Spongit. 8. 51. t. 17. Fig. 8) nannte. Die 
zahlreichen aus der oberen Kreide von Ahlten stammenden Exemplare, welche mir zur 
Untersuchung vorliegen, dürften sich indess in 2-3 verschiedenen Arten vertheilen, 
Einzelne Stücke erreichen eine Breite von 130—150 mm. bei einer Dicke der Wand von 


30 mm. 


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153 


Plinthosella. Zit. Taf. II. Fig. 10 u. Taf. X. Fig. 5. 


(aAiv$os Ziegel.) 
Syn. ? Achilleum und Amorphospongia ». p. Roem. 


Schw. kugelig oder unregelmässig knollig, frei oder mit kurzem Stiel 
festgewachsen, ohne Üentralhöhle. Oberfläche mit ganz unregelmässig” vertheilten 
Furchen und zerstreuten .Oeffnungen versehen, welche mit mehr oder weniger tiefen, 
gebogenen Canälen in Verbindung stehen. 

Der ganze Schwammkörper ist aus einem lockeren, groben Geflecht zusammen- 
hängender vierstrahliger Skeletkörper von ansehnlicher Grösse zusammengesetzt. Die- 
selben sind überall mit warzenartigen, rundlichen Knorren versehen und an den Enden 
gar nicht oder nur sehr schwach verästelt. Die einzelnen Skeletkörperehen sind zwar 
nicht verwachsen, allein sie legen sich mit ihren Enden so dicht aneinander an, dass 
sie beinahe ein Gewebe von anastomosirenden Fasern bilden. 

Die Oberfläche wird Yon einer dieken Schicht grosser, ziegelartig übereinander 
liegender, schuppiger Kieselplatten von ganz unregelmässiger Gestalt bedeckt; dieselben 
sind bald rundlich, bald polygonal, zuweilen verlängert und fast einer breiten Stabnadel 
ähnlich ; wieder andere sind lappig oder gar mit langen Fortsätzen besetzt. Ihre Ober- 
fläche zeigt eine rauhe, grubige Beschaffenheit. Axencanäle scheinen darin nicht vor- 
handen zu sein. 

Nur in der Kreide, 

1) Plinthosella squamosa. Zitt. Taf. II. Fig. 10. Taf. X. Fig. 5. 


(?Achilleum deforme. Roem. Kr. $. 2.) 


5—25 mm. grosse kugelige Körper. Das Skelet unter der Schuppendecke ist von 
Furchen durchzogen und mit rundlichen Östien versehen. 
Quadratenkreide von Ahlten und Linden in Hannover. 


Spongodiscus. Zitt. Taf. II. Fig. 9. Taf. X. Fig. 6. 
Syn. Turonia p. p. Court.; Lithosia p. p. Pomel. 


Schw. scheiben-, linsen-förmig oder halbkugelig, mit rundlichem oder rundlich 
sechsseitigem Umfang. Rand zugeschärft. Eine Oberfläche (seltener beide) schwach 
gewölbt, die andere eben und mit radialstrahligen Rippen bedeckt. Das Skelet 
besteht aus grossen, überall mit rundlichen Wärzchen besetzten vierstrahligen 
Lithistidenkörpern, bei denen die Enden der 4 Arme nicht verästelt sondern nur 
etwas verdickt oder höchstens ganz schwach gegabelt sind. Sie legen sich unmittelbar 
an die Enden benachbarter Skeletkörper an; dadurch entsteht ein ziemlich weitma- 
schiges, anastomosirendes Skelet, in welchem das Wasser ungehemmt circeuliren konnte. 
Es fehlt darum auch ein besonderes Canalsystem. Von isolirten Kieselgebilden kommen 
grosse Stabnadeln vor. 

Abh. d. II. Cl. d. k. Ak. d. Wiss. XIII. Bd. I. Abth. 20 


154 


Ich kenne 2 Arten aus der oberen Kreide: 


1) Spongodiscus radiatus. Zitt. Taf. II. Fig. 9 *b- Taf. X. Fig. 6. 
(Turonia radiata Court. Ep. foss. t. 40. Fig. 9. 10.) 


Scheibenförmig, Oberseite mit radialen Rippen und Furchen; Unterseite 
schwach gewölbt, glatt. Häufig in Feuersteinkugeln der Umgegend von Rouen 


und der Touraine. Orig. Ex. im Museum von Genf, 


3) Turonia mammillata. Court. ib. pl. 40. Fig. 7. 8. Touraine. 


Seite 13 Zeile 12 


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Tafel 1. 


Lithistiden der Jetztzeit. 


I. Rhizomorina. 


Fig. 1. Corallistes mierotuberculatus. Sdt. von Cap Verde (Original Exemplar 
von Herrn Professor Dr. ©. Schmidt). 
a. Oberflächenschicht aus Gabel-Ankern gebildet. 
b. Mehrere Gabel-Anker aus der Oberflächenschicht. 
c. Skeletkörperchen aus der Mitte der Wand. 
Fig. 2. Corallistes nolitangere. Sdt. von Florida. 
a. Original Exemplar von Prof. O. Schmidt in natürlicher Grösse. 
. Ein Gabel-Anker. 
. Ein Stück vom Skelet der Wand. 
. Ein einzelnes Skeletkörperchen mit Axencanal. 


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. Stück eines Skeletkörperchens sehr stark vergrössert, um die scheinbare Zu- 
sammensetzung des Axencanals aus vielen Röhren zu zeigen. 
f. Ein glattes Skeletkörperchen aus der Wand. 
Fig. 3. Mac Andrewia clavatella. Sdt. sp. von Florida. 
a. Original Exemplar von Prof. O. Schmidt in natürlicher Grösse. 
b. Mehrere Skeletkörperchen aus dem Innern des Schwammkörpers. 
c. Oberflächenschicht mit filigranartig gezackten Gabel-Scheibchen und 
Fleischnadeln. 
Fig. 4. Pomelia Schmidti. Zitt. aus Florida. 
a. Original Exemplar von Prof. OÖ. Schmidt in natürlicher Grösse. 
b. Oberfläche des Schwammkörpers. 
c. Skelet im Innern des Schwammkörpers. 
d. Zwei isolirte Skeletelemente. 
Fig. 5. Leiodermatium lynceus. Sdt. aus Portugal. 
Eine Parthie des Skeletes im Innern der Wand vom Original Exemplar im 
R Besitze des Herrn Prof. Dr. O. Schmidt in Strassburg. 
Fig. 6. Azorica Pfeifferae. Cart. von Madeira. 
Eine Parthie des Skeletes, nach einem von Herrn H. Carter mitgetheilten 
Fragment. 
Fig. 11. Arabescula parasitica. Cart. von den Seychellen. 
a. Eine Parthie des Skeletes von der Unterseite. 
b. Ein Skeletkörperchen von oben gesehen mit Axencanal, 
Nach einem von Herrn H. Carter mitgetheilten Präparat. 


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Fig. 8 
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Fig. 12 
Fig. 10 


(Sämmtliche Abbildungen sind, mit Ausnahme der Figuren 2°“ 3° und 4* von 


II. Tetracladina. 


Discodermia polydiscus. Bocage. St. Vincent. 

Ein Skeletkörperchen aus dem Innern der Wand, deutlich vierstrahlig mit 
Axencanal. 
Racodiscula nsp. von den Philippinen. 

Oberflächenkörperchen mit lappigen Armen nebst einigen Fleisch-Nadeln. (Nach 
einem von Herrn H. Carter mitgetheilten Fragment.) 


: Theonella ferruginea. Haeck. Patria? 


Inneres Skelet. 


- Theonella Pratti. Bowb. sp. 


Ein Öberflächen-Anker mit gebogenen Gabel-Armen. 
Kaliapsis cidaris. Bowbk. aus der Süd-See. 

Ein Stück des parasitischen Schwammkörpers von unten gesehen. Die 
conisch-zugespitzten einfachen Arme der Vierstrahler der untersten Skeletschicht 
sind in derZeichnung unten rechts nach oben, in der oben links nach der Seite 
gerichtet. Darüber liegen die gezackten Kieselscheibchen der Deckschicht. In 
Fig. 12° ist ein solches Scheibchen isolirt gezeichnet. 


III. Megamorina. 


Lyidium torquilla. Sdt. von Cuba. 
a. Zwei Skeletelemente. 
b. Eine Stabnadel der Oberfläche. 
Nach dem Orig. Exemplar im Besitze des Herrn Professor ©. Schmidt. 


Herrn Conrad Schwager in 64facher Vergrösserung durch die Camera lucida ge- 
zeichnet und auf Stein gravirt. Der unten beigefügte Maassstab [= 1 Millimeter nat. Gr.] 
gibt die Vergrösserung genau an.) 


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Tafel 1. 


Fossile Lithistiden. 


Phymatella bulbosa. Zit. aus der Mucronaten-Kreide von Ahlten in 
Hannover, gesammelt von HerrnDr. Steinmann. Orig. Ex. im paläontologischen 
Museum von München. 


- Ein Stück der Oberfläche etwas vergrössert. 


Calymmatina rimosa. Zitt. aus der Senon-Kreide von La Renaudiere bei 
Vierzon. Touraine. 

Epistomella clivosa. @Quenst. sp. Aus dem oberen Jura (£) von Sozen- 
hausen bei Günzburg. 3% von oben; 3®- eine Parthie der Unterseite. 
Coelocorypha subglobosa. Zitt. aus der Quadraten-Kreide des Sutmer- 
bergs bei Goslar. 

Verticaler Durchschnitt in der Medianebene. a 
Leiodorella expansa. Zitt. aus den Schichten mit Am. transversarius von 
Wodna bei Krakau. 

Callopegma acaule. Zitt. aus der Mucronaten-Kreide von Ahlten, Hannover. 

a. Exemplar in natürlicher Grösse aus dem geologisch - paläontologischen Mu- 


seum der Universität Göttingen, 
b. Ein Stück Oberfläche der Aussenseite etwas vergrössert. 


Carterella eylindrica. Zitt. aus dem Cenoman-Grünsand von Kelheim 


bei Regensburg. 


7° Ein Stück Oberfläche etwas vergrössert. 


Cnemidiastrum Hoheneggeri. Zift. aus den Schichten des Ammonites 

transversarius von Wodna bei Krakau. 

Ein Stück Oberfläche mit den Mündungen der Radialcanäle etwas vergrössert. 

Cnemidiastrum tuberosum. Mstr. sp. Oberfläche von der Wand der 

Centralhöhle mit Osculis der Radialcanäle. Natürliche Grösse. 

Spongodisceus radiatus. Zitt. aus der Senonkreide von Evreux bei Rouen. 
9a. Oberseite. IP- Skelet schwach vergrössert. 9° Unterseite eines kleineren 


Exemplars. 


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Zittel, Studien über fossile Spongien ll. 


- Abh.d. k.bayr- Akad. H.fl. Bd XU.2. 


Taf... 


Tafel HI. 


Rhizomorina. 


Fig. 1.2. C'nemidiastrum stellatum. dGoldf. sp. Verschiedene Skeletkörperchen 


Fig. 


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aus dem weissen Jura (8) von Streitberg in Franken. 
Cnemidiastrum rimulosum. Goldf. sp. Ebendaher. Skeletkörperchen. 
Hyalotragos patella. Goldf. sp. Isolirte Skeletkörperchen aus dem weissen 
Jura von Streitberg. 
Hyalotragos rugosum. Mst. sp. Ebendaher. Ein Stück des Skeletes im 
Zusammenhang. 
Chonella tenuis. Roem. sp. aus der Quadraten-Kreide von Linden, Hannover. 
Ein Stück Oberfläche der Innenseite schwach vergrössert. 
Chonella tenuis. Roem. sp. Ein Stück des Skeletes der Oberfläche im Zu- 
sammenhang. 
Anker mit drei Zinken. 7° Kleinere Skeletelemente aus der Nähe der Oberfläche. 
Platychonia vagans. d@uenst. sp. aus dem unteren weissen Jura von 
Streitberg in Franken. 
Platychonia auriformis. Quenst. sp. Ebendaher. 
Platychonia Schlotheimi. Mstr. sp. aus dem oberen weissen Jura (£) 
von Sozenhausen bei Ulm. 
Leiodorella expansa. Zitt. aus den Schichten des Am. transversarius von 
Wodna bei Krakau. 
Epistomella’clivosa. @uenst. sp. aus dem oberen weissen Jura (£) von 
Sozenhausen. 
Chenendopora fungiformis. _Lamx. Aus der Senonkreide von Chatel- 
lerault. Touraine. Skeletkörperchen aus der Wand des Bechers. 
Chenendopora fungiformis. _Lam«x. aus der Senonkreide von Evreux 
bei Rouen. 

Skeletelemente aus dem Stiel. 
Amphithelion macrommata. Roem. sp. aus der Mucronaten-Kreide von 
Ahlten in Hannover. Verschiedene Skeletkörperchen. 


(Sämmtliche Figuren sind mittelst Camera lucida in 64facher Vergrösserung von 
Herrn Conrad Schwager gezeichnet und auf Stein gravirt). 


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_Tittel, Studien über fossile Sponsien II. Taf. I. 


) .d. k. bayı: Akad IC. Bd.XM.2. gedr.v. Br. Keller,i. München. 


Fig. 1.2. 


Fig. 
Fig. 4 
Fig. 5 
Fig. 6 
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Fig 

Fig. 9 
Fig. 10 
Fig. 11 
Fig. 12 
Fig. 13 
Fig. 14. 
Fig. 15. 


Tafel IM. 


Rhizomorina. 


Cnemidiastrum stellatum. dGoldf. sp. Verschiedene Skeletkörperchen 
aus dem weissen Jura (#) von Streitberg in Franken. 

Cnemidiastrum rimulosum. Goldf. sp. Ebendaher. Skeletkörperchen. 
Hyalotragos patella. Goldf. sp. Isolirte Skeletkörperchen aus dem weissen 
Jura von Streitberg. 

Hyalotragos rugosum. Mst. sp. Ebendaher. Ein Stück des Skeletes im 
Zusammenhang. 

Chonella tenuis. Roem. sp. aus der Quadraten-Kreide von Linden, Hannover. 
Ein Stück Oberfläche der Innenseite schwach vergrössert. 

Chonella tenuis. Roem. sp. Ein Stück des Skeletes der Oberfläche im Zu- 


sammenhang. 


7b. Anker mit drei Zinken. 7 Kleinere Skeletelemente aus der Nähe der Oberfläche. 


Platychonia vagans. (uenst. sp. aus dem unteren weissen Jura von 
Streitberg in Franken. 
Platychonia auriformis. Quenst. sp. Ebendaher. 
Platychonia Schlotheimi. Mstr. sp. aus dem oberen weissen Jura (£) 
von Sozenhausen bei Ulm. 
Leiodorella expansa. Zitt. aus den Schichten des Am. transversarius von 
Wodna bei Krakau. 
Epistomellaclivosa. @Quenst. sp. aus dem oberen weissen Jura (6) von 
Sozenhausen. 
Chenendopora fungiformis. Lamx. Aus der Senonkreide von Chatel- 
lerault. Touraine. Skeletkörperchen aus der Wand des Bechers. 
Chenendopora fungiformis. Lamx. aus der Senonkreide von Evreux 
bei Rouen. 

Skeletelemente aus dem Stiel. 
Amphithelion macrommata. Roem. sp. aus der Mucronaten-Kreide von 
Ahlten in Hannover. Verschiedene Skeletkörperchen. 


(Sämmtliche Figuren sind mittelst Camera lucida in 64facher Vergrösserung von 
Herrn Conrad Schwager gezeichnet und auf Stein gravirt). 


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12. 


Tafel IV. 


Rhizomorina. 


Verruculina seriatopora. ARoem. sp. aus der Mucronaten-Kreide von 
Ahlten. Hannover. 
a. Oberfläche mit Osculis. b. Skeletkörperchen aus der Wand. 
Seliscothon explanatum. Roem. sp. Ebendaher 
a. Zwei Verticallamellen der Wand; dazwischen die Radialcanäle, welche durch 
Querbrücken von einander geschieden sind. 
b. Oberfläche mit Oseculis. 
Seliseothon Mantelli. Goldf. sp. aus der Quadraten-Kreide von Coesfeld. 
Westfalen. 
Mehrere Skeletkörperchen im optischen Querschnitt mit deutlich sichtbaren 
Axen-Canälen. 
Seliscothon marginatum. Roem. sp. aus der Quadraten-Kreide vom Sut- 
merberg. 
Ein Skeletkörperchen aus der Wand. 
Stichophyma turbinata. Roem. sp. Ebendaher. 
a. Oberfläche. b. Zwei Skeletkörperchen. 
Stichophyma sparsa. Reuss. aus dem Cenoman-Pläner von Schillinge bei 
Bilin. 
Zwei Skeletkörperchen. 
Seliscothon giganteum. NRoem. sp. aus der Quadraten-Kreide des Sut- 
merbergs bei Goslar. 
Zwei isolirte Skeletkörperchen. 
Bolidium palmatum. Roem. sp. aus der Quadraten-Kreide des Sutmerbergs. 
Drei Skeletkörperchen von Römer’s Original Exemplar der Amorphospongia 
palmata. 
Coelocorypha subglobosa. Zitt. aus der Quadraten-Kreide des Sutmerbergs. 
Coelocorypha socialis. Roem. sp. Ebendaher. Zwei Skeletkörperchen von 
Römer’s Original Exemplar der Siphonia socialis. 
Jereica polystoma. Roem. sp. aus der Mucronaten-Kreide von Ahlten in 
Hannover. Oberfläche. 
Jereica polystoma. Roem. sp. Ebendaher. 
Eine Parthie des Skeletes aus dem Innern des Schwammkörpers mit dem 
Lumen eines Radial-Canals. 


(Sämmtliche Abbildungen sind mittelst Camera lucida in 64 facher Vergrösserung 
von Herrn Conrad Schwager gezeichnet und auf Stein gravirt). 


Studien über fossile Spongien II. Tarn. 


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Rhizomorina. 


Jereica punctata. dGoldf. sp. aus der Quadraten-Kreide des Sutmerbergs 
bei Goslar. 

Eine Parthie vom Skelet. 
Pachinion seriptum. ARoem. sp. aus der Mucronaten-Kreide von Schwie- 
chelt in Braunschweig. 

a. Ein Stück des Skeletes aus dem Innern des Schwammkörpers in 25 facher 

Vergrösserung. 

b. Mehrere isolirte Skeletkörperchen aus dem Innern der Wand. 

c. Kleine glatte Skeletkörperchen von der Oberfläche. 

d. Ein Gabel-Anker der Oberfläche von der Seite und von unten. 
Seytalia turbinata. Roem. sp. aus der Mucronaten-Kreide von Ahlten 

a. Ein Stück des Skeletes aus dem Innern des Schwammkörpers. 

b. Ein isolirtes Skeletelement. 

c—f. Anker und Stabnadeln. 

Sämmtliche Präparate rühren von Römer’s Orig. Exempl. der Eudea turbinata her. 
Sceytalia radiciformis. Phi. sp. aus der Mucronaten-Kreide von Ahlten. 

a. Skelet an der Oberfläche b. Zwei Skeletkörperchen aus dem Innern der Wand. 
Stachyspongia spica. Roem.sp. Aus dem Cenomanien von Neu-Wallmoden. 

Ein isolirtes Skeletkörperchen aus dem Innnern. 


Anomocladina. 


Cylindrophyma milleporata. G@oldf. sp. aus dem oberen Jura (e) von 
Beuren, Gussenstadt und Sontheim. 
a. Ein Stück des Skeletes im Zusammenhang aus der Nähe der Oberfläche; 
von Beuren. 
b. Dessgleichen von einem Exemplar aus Gussenstadt. 
. Isolirte Skeletkörperchen mit theilweise abgebrochenen Enden. 
. Ansicht des Skeletes im Längsschnitt bei schwacher Lupenvergrösserung. 


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Melonella radiata. Goldf. sp. aus dem oberen weisen Jura von Hossingen. 
Ansicht des Skeletes im Längsschnitt bei schwacher Lupenvergrösserung. 


Tetracladina. 


Isoraphinia texta. Roem. sp. aus dem Cuvieri Pläner von Döhrnten bei 
Salzgitter. 

a Ansicht des Skeletes bei schwacher Lupenvergrösserung. 

b. Oberfläche bei derselben Vergrösserung. 


(Mit Ausnahme von Fig. 2*, 6°, 7 und 8°” sind alle übrigen Figuren mittelst 


Camera lucida in 64 facher Vergrösserung von Herrn Conrad Schwager gezeichnet 
und auf Stein gravirt.) 


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Tafel VI. 


Anomocladina. 


Lecanella pateraeformis. Zitt. aus dem weissen Jura (e) von Sontheim. 
a. Eine Parthie vom Skelet aus dem Innern der Wand. b. Skeletkörperchen 
der Oberfläche. 
Mastosia Wetzleri. Zitt. aus dem oberen weissen Jura (e u. [) von So- 
zenhausen bei Günzburg. 
a. Mehrere Skeletkörperchen theils im Zusammenhang, theils isolirt. b. Stab- 
nadeln von der Oberfläche. 


Megamorina. 


Heterostinia eyathiformis. Zitt. aus der Senon-Kreide von Evreux. 
Calvados. 

Eine Parthie vom Skelet mit grossen, glatten Skeletkörpern, die in den 
kleinen gezackten eingebettet liegen. 
Megalithista foraminosa. Zitt. aus dem oberen weissen Jura (e) von 
Nattheim. 

a. Exemplar in natürlicher Grösse. 

b. Eine Anzahl Skeletelemente im Zusammenhang. 

e. Isolirte Skeletelemente. 

d. Ein Anker von der Oberfläche. 


(Mit Ausnahme von Fig. 4* sind alle Figuren in 64facher Vergrösserung mittelst 


Camera lucida gezeichnet.) 


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Tafel VI. 


Megamorina. 


Fig. 1. Doryderma dichotoma. Roem. sp. aus der Mucronaten-Kreide von Ahlten 


a. Skeletelemente eines Faserzuges im Zusammenhang. 
b. Ein Büschel Gabel-Anker aus einer Masche der Oberfläche it nach innen 


gerichteten Schäften. 25 mal vergrössert. 
c. Mehrere dieser Gabel-Anker isolirt und 64 mal vergrössert. 
d. Isolirte Skeletelemente. 
e. Eine Parthie der Oberfläche in zweifacher Vergrösserung. 
Fig. 2. Carterella spiculigera. Roem. sp. aus der Mucronaten-Kreide von Ahlten. 
a. Ein Stück Skelet im Zusammenhang. 
b. Ein isolirtes Skeletkörperchen. 
Fig. 3. Isoraphinia texta. Roem. aus dem Cuvieri Pläner von Döhrnten bei Salzgitter. 
a. Eine Parthie aus dem Innern der Wand in 25 facher Vergrösserung. 
b. Ein isolirtes Skeletelement. 


(Fig. 1° 1° u. 3% sind 25mal; Fig. 1% zweimal, die übrigen Figuren 64mal 


vergrössert.) 


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Tafel VI. 


Anomocladina. 


Fig. 1. Lecanella pateraeformis. Zitt. aus dem weissen Jura (e) von Sontheim. 
a. Eine Parthie vom Skelet aus dem Innern der Wand. b. Skeletkörperchen 
der Oberfläche. 
Fig. 2. Mastosia Wetzleri. Zitt. aus dem oberen weissen Jura (e u. [) von So- 
zenhausen bei Günzburg. 
a. Mehrere Skeletkörperchen theils im Zusammenhang, theils isolirt. b. Stab- 
nadeln von der Oberfläche. 


Megamorina. 


Fig. 3. Heterostinia cyathiformis. Zit. aus der Senon-Kreide von Evreux. 
Calvados. 
Eine Parthie vom Skelet mit grossen, glatten Skeletkörpern, die in den 
kleinen gezackten eingebettet liegen. 


Fig. 4. Megalithista foraminosa. Zitt. aus dem oberen weissen Jura (e) von 
Nattheim. 
a. Exemplar in natürlicher Grösse. 
. Eine Anzahl Skeletelemente im Zusammenhang. 
. Isolirte Skeletelemente. 
d. Ein Anker von der Oberfläche. 


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(Mit Ausnahme von Fig. 4* sind alle Figuren in 64facher Vergrösserung mittelst 
Camera lucida gezeichnet.) 


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Zittel, Studien über fossile Spong 


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Tafel VII. 


Tetracladina. 


Aulocopium aurantium. ÖOsw. Silurgeschiebe in Chalcedon umgewandelt 

von Sylt. 

Phymatella heteropora. Roem. sp. aus der Mucronaten-Kreide von Ahlten. 
Ein Stückchen vom Skelet im Innern des Schwammkörpers. 


- Phymatella tuberosa. NRoem. sp. aus der Quadraten-Kreide von Linden 


bei Hannover. 
Eine Parthie aus dem Stiel. 
Phymatella sp? aus der Mucronaten-Kreide von Ahlten. 
Eine Parthie des Skeletes aus dem Stiel. 
Aulaxinia sulcifera. Roem. sp. aus der Mucronaten-Kreide von Ahlten. 
a. u. b. Isolirte Skeletelemente vom oberen Theil des Schwammkörpers. 
c. Skeletelemente des Stieles. 
Callopegma acaule. Zitt. (vergl. Taf. II. Fig. 6) aus der Mucronaten- 
Kreide von Ahlten in Hannover. 
a. Oberfläche mit dem Beleg von Gabel-Ankern. 
b. Skelet im Innern der Wand. 


(Sämmtliche Objekte sind in 64 facher Vergrösserung mittelst Camera lucida gezeichnet.) 


Taf. VI. 


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it el, Stirdien über fossile Spon 


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Tafel IX. 


Tetracladina. 


Callopegma Schloenbachi. Zitt. aus der Mucronaten-Kreide von Ahlten. 

a. Eine Parthie des Skeletes aus dem Innern der Wand. 

b. Ein isolirtes Skeletelement der Wand. 

c. Ein Gabel-Anker. 

d. Eine Stab-Nadel. 

Turonia induta. Zit. aus der Quadraten-Kreide von Linden bei Hannover. 

Öberflächenschicht mit Gabel-Ankern. | 
Turonia constricta. Zift. aus der Mucronaten-Kreide von Ahlten. 

Eine Parthie des Skeletes aus dem Innern des Schwammkörpers. 
Trachysycon muricatum. Roem. sp. aus der Quadraten-Kreide vom Sut- 
merberg. 

Siphonia tulipa. Zitt. aus dem Grünsand von Blackdown. 

Skelet im Innern des Schwammkörpers. 

Siphonia ficus. Goldf. Senon-Kreide vom Sutmerberg. 

a. b. Isolirte Skeletkörperchen. 

Siphonia piriformis. Goldf. aus der Senon-Kreide von Evreux. Calvados. 

a. Aus dem Innern. 

b. Oberfläche mit einer porenförmigen Canal-Oeffnung. 

Calymmatina rimosa. Zitt. (vgl. Taf. II. Fig. 2) aus der Senon-Kreide 
von La Renaudiere bei Vierzon. Touraine. Dichte Oberflächenschicht. 


Astrocladia subramosa. oem. sp. aus der oberen Kreide von Ahlten. 
Parthie aus der Wand. 


(Sämmtliche Objecte sind in 64facher Vergrösserung durch die Camera lucida gezeichnet.) 


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el. Studien über fossile Spen 


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Fig. 


Tafel X, 


Tetracladina. 


1. gJerea (Polypothecia) excavata. Mich. aus der Senon-Kreide von Meaulnes 


2. 


in der Touraine, 
Aus der Wurzel. 

Jerea Quenstedti. Zitt. aus der Quadraten-Kreide von Linden bei Hannover. 
a. Mehrere Skeletelemente aus dem Innern desSchwammkörpersim Zusammenhang. 
b. Ein isolirtes Skeletelement mit gegabelten Armen. 

Thecosiphonia grandis. Roem. sp. Cuvieri Pläner von Ost Haringen, 

Hannover. = 

Ragadinia rimosa. Roem. sp. aus der Mucronaten-Kreide von Ahlten. 

a. Skeletelemente im Zusammenhang b. isolirt. 

c. Eine lappige Kieselscheibe mit Schaft von der Seite. 

d. Kleine glatte Kieselfasern von der Oberfläche. 

e. Stabnadel. 

f. Lappige Kieselscheiben der Oberfläche. 
Plinthosella squamosa. Zitt. (vergl. Taf. II. Fig. 5) aus der Mucronaten- 
Kreide von Ahlten. 

a. Skelet. 

b. Eine Kieselscheibe der Oberfläche. 
Spongodiscus radiatus. Zift. aus der Senon-Kreide von Eyreux bei Rouen. 


(Sämmtliche Figuren in 64 facher Vergrösserung.) 


a re = a un 


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Tal.X. 


Die Anwendung der Waage 


Probleme der Gravitation. 


Von 


Ph. v. Jolly. 


Abh. d. II. Cl. d. k. Ak. d. Wiss. XIII. Bd. I. Abth. 21 


Die Anwendung der Waage 


auf 


Probleme der Gravitation. 


Von 
Ph. v. Jolly. 


Die Vervollkommnung der Waage in Construction und Ausführung 
gibt Veranlassung zu neuen Anwendungen der Waage. Die Leistungs- 
fähigkeit dieses ältesten der Messinstrumente lässt sich dahin bezeichnen, 
dass in Vergleichung zweier Kilogrammstücke gleichen Materials mit 
einmaliger Wägung der unvermeidliche Fehler auf + 0,05 Milligramm, 
dass also in dem arithmetischen Mittel der Resultate wiederholter Wäg- 
ungen der Fehler leicht auf + 0,01 Milligramm eingeengt erscheint. Um 
dies zu erreichen müssen einerseits in Construction und Ausführung der 
Waage gleich näher zu bezeichnende Bedingungen erfüllt sein, und müssen 
andererseits bei Aufstellung und Gebrauch der Waage bestimmte Vor- 
schriften beachtet werden. 

Die analytischen Waagen sind meist mit Balken und Schalen-Arre- 
tirungen versehen. Es reicht dies nicht aus um Gewichtsunterschiede 
zweier Kilogrammstücke bis auf Bruchtheile eines Milligramms festzu- 
stellen. Eine minimale Aenderung in den Auflagen der Achatplatten auf 
den Endschneiden des Waagebalkens hat eine Aenderung in der Länge 
der Hebelarme zum Erfolg. Beträgt diese auch nur den zehnmillionten 
Theil der Länge des Hebelarmes, so verschiebt sich dem entsprechend 
die Einstellung des Zeigers der Waage. Bei einer Belastung von 1 Kilo- 

20 


158 


gramm ändert sich in diesem Falle die Angabe der Waage schon um 
0,1 Milligramm. Ist die Waage nur mit Balken und Schalen-Arretirung 
versehen, so erfolgt die Auflage des Gehänges beinahe nach jeder Aus- 
lösung auf einer andern Linie der Endschneiden. Die Schneide ist eben 
auch bei sorgfältigster Ausführung nicht eine mathematische Linie, und 
die Achatplatte des leicht beweglichen Gehänges legt sich mit der Lösung 
der Schalenarretirung bald auf eine der Drehungsachse der Waage näher 
bald entfernter liegende Linie der Endschneide auf. Das Einspielen der 
Zunge erfolgt daher nach jeder Lösung der Arretirung an einem andern 
Punkt der Scale. Die Angaben der Waage werden um so überein- 
stimmender ausfallen, je mehr die Unveränderlichkeit aller Auflagelinien 
gesichert wird. Durch Arretirung der Endschneiden und passende Führung 
des Gehänges wird dies wesentlich gefördert. Die Auslösung muss auf beiden 
Seiten möglichst gleichzeitig erfolgen und muss in der Art sanft einge- 
leitet werden, dass jede Erschütterung des Wagebalkens vermieden erscheint. 

Ein zweiter Punkt, der in der Construction analytischer Waagen 
nicht selten unbeachtet bleibt, besteht in einer Vorrichtung zur Parallel- 
Stellung der Schneiden. Meist wird diese Parallel-Stellung vom Mecha- 
niker nach dem Augenmaase ausgeführt. Methodisch kann sie durch 
passend zur Bewegung der Endprismen angebrachten Stellschrauben 
erreicht werden. Die Prüfung erfolgt am exactesten nach der schon von 
Gauss angegebenen Methode. Ist die Endschneide parallel mit der Mittel- 
schneide, so beschreibt sie bei der Schwingung die Oberfläche eines 
Cylinders, in jeden andern Falle die eines Kegels. Ein kleiner mit dem 
Gehänge zu verbindender Planspiegel giebt nur in dem ersten Falle die 
mit einem Ablesefernrohr zu beobachtende Spiegelbilder in ungeändeter 
Lage. Die Correction lässt sich unter Anwendung der Stellschrauben 
mit grosser Exactheit ausführen. 

Der geradlinige Verlauf der Schneiden, der Härtegrad des Stahles, 
und die Ebenheit der Achatplatten sind Punkte, auf welche der Mechaniker 
bei der Ausführung eine besondere Achtsamkeit zu verwenden hat. 
Zeigen die Schneiden unter der Maximalbelastung nach 24stündiger Be- 
lastung keine Verbreitung der überhaupt nur äusserst feinen Glanzlinie, 
so wird man darauf rechnen können, dass auch nach jahrelangem Ge- 
brauche Empfindlichkeit und Richtigkeit der Waage ungeändert bleiben 


159 


Die Ablesung der Stellung des Waagebalkens mit Zeiger am Grad- 
bogen ist zur Bestimmung der Zehntel der Millisramme nicht mehr 
ausreichend. Erst unter Anwendung von Spiegelablösungen können kleine 
Differenzen in der Stellung des Balkens noch mit Exactheit verfolgt 
werden. Der Spiegel ist über der Mitte des Waagebalkens, senkrecht 
zur Längenrichtung des Balkens, befestigt, die Scale in einer Entfernung 
von beiläufig 3 Meter aufgestellt, und die Ablesung erfolgt mit einem 
Ablesefernrohr. An einer von mir gebrauchten Waage erzeugte bei einer 
Belastung von einem Kilogramm ein Uebergewicht von 2 Millisrammen 
einen Ausschlag von 17,9 Scalentheilen. Ein Scalentheil entspricht also 
einem Uebergewicht von 0,1173 Milligramm. 


Sind vom Mechaniker die Bedingungen erfüllt, welche Empfindlich- 
keit und Richtigkeit der Waage sichern, so hat man zunächst ein brauch- 
bares Messinstrument. Bei Erprobung der Leistungsfähigkeit des In- 
strumentes müssen selbstverständlich alle Ursachen, die eine Aenderung 
der Hebelarme oder eine Störung in der Ablesung zur Folge haben 
könnten, fern gehalten werden. Zunächst ist also für erschütterungsfreie 
Aufstellung der Waage, der Scale und des Ablesefernrohres zu sorgen, ebenso 
müssen die Auslösung der Arretirung und der Reiterverschiebung ohne 
Erschütterung der Waage erfolgen. 


Man wird auch unter Beachtung dieser naheliegenden Vorsichts- 
maassregeln bemerken, dass nicht selten bei zwei auf einander folgenden 
Versuchen das Einspielen der Waage nicht an exact gleicher Stelle der 
Scale eintritt. Der Grund hiervon liegt beinahe ausschliesslich an einge- 
tretenen Temperatur-Aenderungen. Ein Oeffnen und Wiederschliessen 
des Waagekastens ist ausreichend Temperatur-Differenzen der Hebelarme 
herbeizuführen, welche eine geänderte Länge der Hebelarme, also auch 
eine geänderte Einstellung zur Folge haben. Es dauert je nach der 
Grösse dieser Temperatur-Differenz längere oder kürzere Zeit bis der 
Waagebalken nach Schliessung des Kastens in seiner ganzen Ausdehnung 
gleiche Temperatur besitzt. 

Absichtlich zu diesem Zwecke ausgeführte Versuche lassen die Wir- 


kungen solcher ausnehmend kleinen Temperatur-Differenzen nachweisen. 
Die Waage zeigt sich nach denselben als ein Thermoskop, welches an 


160 


Empfindlichkeit mit der Thermosäule wetteifert. In der That beträgt 
die Temperatur-Differenz auch nur 0,01°C., so berechnet sich unter zu 
Grundlegung des bekannten Ausdehnungs-Coefficienten des Messings die 
eintretende Verlängerung zu 0,000000186. Das statische Moment des 
Kilogrammstückes nimmt also gerade so zu, wie dies bei ungeändeter 
Länge des Hebelarmes durch eine Gewichtszulage von 0,186 Milligramm 
eingetreten wäre, und bei der Waage von der oben angegebenen Em- 
pfindlichkeit wird die Aenderung des Ausschlages 1,6 Scalentheilen 
betragen. 

Zweierlei Wege wurden, um dem Einfluss der Temperatur-Differenzen 
zu messen, eingeschlagen. Im ersten Falle wurde eine brennende Stearin- 
kerze in der Entfernung von 1,5 Meter in der verlängerten Richtung 
des Waagebalkens ausserhalb des geschlossenen Waagekastens aufgestellt. 
Die von der Kerze ausgehenden Wärmestrahlen konnte also erst nach 
ihrem Durchgange durch die Glastafel, welche die Seitenwand des Waage- 
kastens bildet, zum Waagebalken gelangen. Nach 7 Minuten zeigte sich 
im Ausschlag der Waage eine Aenderung von 10 Scalentheilen in dem 
Sinne einer Verlängerung des der Kerze zugewendeten Hebelarmes, 
während ein in der Nähe des Waagebalkens befestigtes Thermometer eine 
Temperaturzunahme von noch nicht 0,1°C. zeigte. 

In einer zweiten Versuchsreihe war der Waagekasten mit einem 
zweiten Kasten überstülpt, der aussen und innen mit Silberpapier über- 
zogen war. Die vordere Seite dieses athermanen Kastens bestand aus 
zwei beweglichen Hälften. Je nachdem rechts oder links einer dieser 
Hälften entfernt wurde, war der rechte oder der linke Hebelarm der im 
verschlossenen Glaskasten befindlichen Waage der Bestrahlung durch die 
gegenüber liegenden Objecte ausgesetzt. Bei den Versuchen bestanden 
diese Objecte einfach in der der Waage in einem Abstande von 3,5 Meter 
gegenüberstehenden Wand. Dieselbe ist beleuchtet durch den Reflex der 
dem Fenster des Waagezimmers gegenüberliegenden Gebäude, und sendet 
der Waage je nach der Bewölkung des Himmels mehr oder weniger 
Wärmestrahlen zu. Wurde nach dem Einspielen der Waage der ather- 
mane Schirm rechts entfernt, so wurde bespielsweise nach 20 Minuten 
eine Verschiebung von 2,8 Scalentheilen im Sinne einer Verlängerung 
des Balkens bemerkt. Wurde der Schirm wieder vergesetzt, so ver- 


161 


minderte sich der Auschlag, aber erst nach einer Stunde war das Ein- 
spielen wieder nahezu an der Ausgangsstelle eingetreten. Wurde endlich 
der athermane Schirm links entfernt, so war noch wieder nach 20 Mi- 
nuten eine Verschiebung und zwar in entgegengesetzter Richtung wie bei 
dem ersten Versuche und in beiläufig gleichem Betrage zu bemerken. 
Werden beide athermanen Schirme gleichzeitig entfernt, so bleibt das 
Einspielen der Waage selten ungeändert, ein Beweis, dass die Zustrahlung 
auf die beiden Hebelarme nicht vollkommen die gleiche ist. Man ent- 
geht aber sofort diesen Ungleichheiten im Ausschlage, wenn man durch 
Vorsetzen der athermanen Schirme gleiche Zustrahlung sichert. _ 

Ein besonderer Fall der Wirkung der Wärme ist noch ausdrücklich 
hervorzuheben. Es kann vorkommen, dass die Hebelarme rechts und 
links nicht absolut gleiche Verlängerung bei gleicher Temperaturerhöhung 
erfahren. Der Waagebalken ist durch Guss hergestellt, er wird mit der 
Feile bearbeitet, vielleicht auch mit dem Hammer gerichtet. Auf voll- 
kommen gleiche Molecularanordnung beider Hälften und auf vollkommen 
gleiche Spannung wird man also nicht rechnen dürfen. Eine Differenz 
in den Ausdehnungs-Ooefficienten der Hebelarme rechts und 'links wird 
hievon die Folge sein. Eine sehr kleine Differenz reicht aber hin, um 
mit geändeter Temperatur des Waagebalkens auch eine Aenderung im 
Ausschlage hervortretend zu machen. Folgende Versuche bestätigen dies, 
und geben zugleich Anhaltspunkte um die etwa vorhandene Verschieden- 
heit der Ausdehnungs-Coefficienten der beiden Hebelarme zu berechnen. 

Der Waagekasten war bei allen Versuchen unter einem zweiten mit 
Silberpapier überzogenen zweiten Kasten aufgestellt. Die Versuche wurden 
in frühen Tagesstunden ausgeführt, in welchen der Wechsel der Tem- 
peratur ausnehmend klein sich zeigte, meist 0,1° nicht erreichte. Die Wä- 
gungen wurden nach der Methode der Vertauschung der Gewichtsstücke 
“rechts und links vollzogen. Die Gewichtstücke waren Kilogramme aus 
Messing: galvanoplastisch mit Nickel überzogen. Sie waren vor der Ver- 
nickelung sorgfältig polirt, und wurden nach der Vernickelung mit dem 
Polirstahl geglättet. Unter den gewöhnlichen atmosphärischen Einflüssen 
zeigen sie sich nach bald einjähriger Dauer vollkommen ungeändert. In 
der folgenden Tabelle enthält die erste Kolumne die Temperaturen des 
Waagekastens, die zweite und dritte die Oerter der Gewichtsstücke sammt 


162 


Zulagegewichte in Grammen, und die vierte Kolumne die an der Scale 
abgelesene Zahl. Die Kilogrammstücke sind mit K, und K, bezeichnet. 


Temperatur Schale links Schale rechts Scale 


SR 10.0056 Ks 741,6 
K, + 0,003 K, 741,2 
As 010056 K, 739,0 
K, + 0,003 K, 737,0 
+ 0,6  K,-+ 0,0056 K, 734,2 
K, + 0,003 K, 735,2 
+66  K,-+0,0056 K, 743,1 
K, + 0,003 K, 741,7 


Da ein Zulagegewicht auf der Schale rechts von 0,1173 Milligramm’eine 
Erhöhung der Scalenzahl um eine Einheit bewirkt, so können die bei 
gleichen Temperaturen erhaltenen Scalenzahlen auf gleiche Einspielungs- 
stellen an der Scale umgerechnet werden. Man erhält: 


+52  K,-+0,0056 K, 741,6 
K,-+ 0,0029531 K, 741,6 
+35 . K,-1.0,0056 K, 739,0 
K, +0,0027654 K, 739,0 
— 06° K,-+ 0,0056 K; 734,2 
K,- 0,0028827 K, 734,2 
+ 6,6  K,-+ 0,0056 K, 743,1 
K,-+ 0,0028358 K, 743,1 


Diese vier, jeweils bei gleichen Temperaturen ausgeführten, Gewichts- 
vergleichungen von K, und K, geben nach der Reihe 

K,=K, + 0,0013234 

—K, + 0,0014173 

—=K, + 0,0013586 

—=K, + 0,0013821 

Mittel K,=K, + 0,0013703 
Die Abweichungen der Einzelnversuche vom Mittel betragen noch , 
nicht + 0,05 mg, und bezeichnen hiermit die mit der benützten Waage 
erreichbare Genauigkeit. Zugleich geben die angeführten Beobachtungen 
unzweideutig zu erkennen, dass bei gleicher Belastung aber geänderter 
Temperatur des Waagebalkens das Einspielen der Waage an verschiedenen 
Stellen der Scale erfolgt, und zwar bei der gebrauchten Waage in der 
Art verschieden, dass eine Temperaturerhöhung auch eine Erhöhung der 


163 


abgelesenen Scalenzahl zur Folge hat. Der Hebelarm rechts wird also 
bei gleicher Temperaturzunahme stärker ausgedehnt als der links. 

Die Differenz der Ausdehnungs-Coefficienten der beiden Hebelarme 
lässt sich, gestützt auf die Differenz im Ausschlag der Waage berechnen. 
Ich wähle hierzu die bei den weitest aus einander liegenden Temperaturen 
gemachten Beobachtungen. 

Das Einspielen der Waage erfolgte in der Temperatur — 0,6°C an 
der Scale bei 734,2, und bei ungeändeter Belastung aber in der Tem- 
peratur 6,6°C. bei 743,1. Eine Temperatur-Differenz von 7,2° hatte also 
eine Erhöhung von 8,9 Scalentheilen zum Erfolg. Hätte man bei — 0,6° ein 
Einspielen bei 743,1 erzielen wollen, so hätte man auf der rechten Seite 
ein Gewicht von 0,1173. 8,9=1,0439 Milligramm zulegen, oder das Zu- 
lagegewicht auf der linken Seite um den gleichen Betrag vermindern 
müssen. Berücksichtiget man zugleich, das K,=K,+0,0013703, so 
hat man: 

Temperatur Schale links Schale rechts Seale 
—0,6  K,-+0,0032091 K, 743,1 
+ 6,6 K, + 0,0042061 K, 743,1 

Diese beiden Beobachtungen reichen aus um die Differenz der Aus- 
dehnungs-Coefficienten @ und 9, desrechten und des linken Hebelarmes zu 
berechnen. Aus der ersten Beobachtung erhält man, wenn 1] und r die 
Längen der Hebelarme links und rechts bezeichnen: 

1 (K, + 0,0032091)=r K,, 
und aus der zweiten folgt 
1 (148.72) (K, +0,0042061)=r (1+a.7,2) K,. 

Durch Division der ersten durch die zweite Gleichung fallen lundr 

heraus, und man erhält unter Berücksichtigung dass K,=1000: 
« — 8 = 0,000000138. 

Nach Messungen von Lavoisier und Laplace ist der Ausdehnungs- 
Coefficient gegossenen Messings 0,000018667, und der gehämmerten 
Messings 0,000018897. Der Unterschied ist 0,00000023, also beträcht- 
lich grösser als der für beide Hebelarme erhaltene. Die Ungleichheiten 
in den Molecularspannungen, die durch ungleich rasche Abkühlung nach 
dem Gusse und durch Bearbeitung eingetreten sind, erzeugten bei der 
geprüften Waage nur eine beiläufig halb so grosse Differenz der Aus- 

Abh.d. II. Cl.d. k. Ak.d. Wiss XIII. Bd. I. Abth. 92 


164 


dehnunungs-Coefficienten, als dieser zwischen gegossenem und gehäm- 
mertem Messing auftritt. 

Es war vorauszusehen, dass jede Waage individuell andere Werthe 
für die Differenz «—/ zeigen werde. So fand ich mit einer andern 
Waage, mit derselben, mit welcher ich die später zu erwähnenden Unter- 
suchungen ausführte, 

Temperatur Schale links Schale rechts Scale 


5,0 K, K, + 0,003 260,1 
K, K, + 0,005 256,0 

10,6 K, K,-+ 0,003 253,9 
K, K, + 0,005 250,6 

11,0 Re 00 252.2 
K, K, + 0,005 248,0 

13,5 IK K,-+0,008 249,3 


K, K, -+ 0,005 245,0 

Die Prüfung auf Empfindlichkeit der Waage ergab, dass ein Zulage- 
gewicht von 0,182 mg. in der Schale rechts eine Erhöhung um einen 
Scalentheil im Ausschlag der Waage zur Folge hat. Für gleiche Tem- 
peratur und gleichen Ausschlag nach vertauschten Gewichten erhält 


man dennoch: 


5,0 K, K, + 0,003 260,1 
K, K, + 0,0057462 260,1 

10,6 K, K, + 0,003 263,9 
K K, + 0,0056006 263,9 

11,0 K, K, + 0,003 252,2 
K, K, + 0,0057644 252,2 

13,5 K, K, + 0,003 249,3 
K, K, + 0,0057826 249,3 


Diese vier Gewichtsvergleichungen ergeben nach der Reihe: 
K,=K, + 0,0013731 
—R, + 0,0013003 
—K, + 0,0013822 
=K, + 0,0013913 
Mittel K,=K, + 0,0013617 
Die Differenz im Einspielen bei 5° und bei 13,5° beträgt 10,8 
Scalentheile. Da eine Erhöhung von einem Scalentheil ein Zulagege- 
wicht rechts von 0,182 mg. erfordert, so ist, wenn bei der Temperatur 
13,5 des Einspielen an der Scale bei 260,1 erfolgen soll, eine Zulage 


[4 Li 
(6 EN; 


165 


von 0,182. 10,3=1,7656 Milligramm erforderlich. Berücksichtigt man 
zugleich, dass K,=K,+ 0,0013617, so hat man 
Temperatur Schale links Schale rechts Scale 
5,0 K, K, +0,0043617 260,1 
13,5 K, K, —+0,0063273 260,1. 
Man findet hiernach 
a«—3 = —0,000000231. 
Der Ausdehnungs-Coefficient des linken Hebelarmes ist also bei der Waage 
Nr. 2 grösser als der des rechten. 

Hat man für eine Waage den Werth an «—/ bestimmt und ebenso 
das Zulagewicht, welches bei einer Belastung von 1 Kilogramm eine 
Aenderung im Ausschlage von einem Scalentheil bewirkt, so können auch 
Wägungen, die in verschiedenen Temperaturen ausgeführt sind, in Ver- 


gleich gebracht werden. Für die Waage Nr. 1 ist für eine Temperatur- 
Aenderung von je 1° eine Aenderung im Ausschlage von A =118, 
=1,27 Scalentheilen in Rechnung zu 


bringen. Es wird indess immer vorzuziehen sein die Gewichtsver- 
gleichungen, sei dies unter Anwendung der Methode vertauschter Ge- 
wichte oder der mit Tara, bei möglichst ungeändeter Temperatur des 
Waagebalkens auszuführen. Der Werth von «—/ ist eben eine gemes- 
sene Grösse, die also ihrerseits schon mit einem unvermeidlichen Fehler 


behaftet ist. 

Die nur äusserst geringe Aenderung, welche in den Längen der 
Hebelarme mit der Temperaturzunahme eintritt, ist der Grund aus 
welchem der, eben hiervon abhängende, veränderte Ausschlag der Waage 
nur bei grösserer Belastung messbar hervortritt. In der That wächst 
bei der Waage Nr. 1 mit einer Temperaturzunahme von 1° das sta- 
tische Moment auf der rechten Seite um 0,000000138 K, entspricht 
also für K=1000 Gramm eine Gewichtszulage von 0,138 Milligramm, 
und ändert den Ausschlag um 1,18 Scalentheile. Ein Gewicht von nur 
10 Gramm würde bei der gleichen Temperaturerhöhung des Balkens den 
Ausschlag nur um 0,018 Scalentheile, also um eine selbst mit dem 
Ablesefernrohr nicht mehr erkennbare Grösse ändern. 


Die Ausführung exacter Messungen ist unvermeidlich mit Schwierig- 
22 


und für die Waage Nr. 2 von 


166 


keiten und mit nicht unbeträchtlichem Zeitaufwand verbunden. Kennt 
man aber die Bedingungen, unter welchen erst exacte Resultate gesichert 
erscheinen, so kann durch methodisch geordnete Beobachtungen rascher 
das Ziel erreicht werden. Gewichtsvergleichungen grösserer Gewichts- 
stücke erfordern eine Fernhaltung aller Temperaturstörungen. Ein zweiter 
Kasten mit athermanen Wandungen und mit keiner grösseren, als zum 
Anblick des Spiegels erforderlichen, Oeffnung sichert die gleichförmige 
Zustrahlung, und in frühen Morgenstunden zeigt sich die Temperatur in 
einem nach Norden gelegenen Waagezimmer ausreichend constant. Die 
Beobachtungenszeiten auf diese Stunden verlegt führen rasch zu ver- 
gleichbaren Resultaten. Die Auslösung der Waage lässt sich leicht in 
der Art vollziehen, dass der Schwingungsbogen kaum 20 Scalentheile 
umfasst; nach einer halben Stunde ist er auf 2 bis 3 Scalentheile ver- 
mindert. Zwei Ablesungen reichen dann aus den Ausschlag zu bestimmen. 

Die Gewichtsvergleichungen zweier mit Nickel überzogener Kilogramm- 
stücke, welche mit den Waagen Nr. 1 und Nr. 2 ausgeführt wurden, 
liegen der Zeit nach um 4 Monate auseinander. Die erhaltenen Resultate 
weichen nur um 0,0086 Millisramm von einander ab, und kennzeichnen 
damit einerseits die Leistungsfähigkeit der Waage und andererseits die 
Unveränderlichkeit der Nickelüberzüge. Man müsste denn lieber an- 
nehmen wollen, dass die Aenderungen beider Stücke in 4 Monaten sich 
in absolut gleicher Weise vollzogen hätten. 

Gewichtsvergleichungen zweier Gewichtsstücke verschiedenen Materials, 
wie etwa aus Berekrystall und aus Platin, können micht mit gleicher 
Genauigkeit, wie jene der Gewichtsstücke gleichen Materiales ausgeführt 
werden. Es liegt dies nicht daran, dass die Erfahrungs-Constanten, die 
zur Berechnung der Luftgewichte zur Anwendung kommen, nicht mit 
genügender Genauigkeit bekannt wären, sondern in der nicht erreich- 
baren Gleichheit der Temperaturen der Gewichtsstücke. Die ungleiche 
Wärmecapacität bringt es mit sich, dass in einem Raume wechselnder 
Temperaturen, wie solche im Verlaufe von 24 Stunden eintreten, die Ge- 
wichtsstücke ungleichen Gang in den Temperaturen einhalten. Man kann 
sich aber leicht überzeugen, dass ein in Luft eingetauchter Körper, auch 
wenn seine Temperatur nur um Bruchtheile eines Grades die des umge- 
bunden Mediums übertrifft oder dagegen zurückbleibt, scheinbar leichter 


167 


oder schwerer wird. Es wäre erst besonders zu untersuchen, welchen 
Antheil dabei sich geltend machende Lufströmungen oder die an der 
Oberfläche absorbirten Luftgewichte an der Erscheinung haben. Einige 
in dieser Richtung ausgeführten Versuche machen es wahrscheinlich, 
dass lediglich Luftströmungen, an wärmeren Körper nach aufwärts, am 
kälteren nach abwärts, die Ursache der Anomalien sind. Wie sich dies 
immer verhalten mag, sicher ist, dass Gewichtsvergleichungen von Ge- 
wichtsstücken ungleichen Materiales erst durch Wägungen im luftleeren 
Raume mit grösserer Exactheit sich vollziehen lassen. 


Nachdem Aenderungen im Drucke eines Kilogramms, welche den 
zehnmillionten Theil des Gewichtsstückes betragen, messbar sind, liegt es 
nahe Probleme aufzusuchen, in welchen solche kleine Druckdifferenzen 
in Frage kommen. 

Zunächst bietet die Wirkung der Schwere der Erde soche Fälle. 
Die Beschleunigung durch die Schwere nimmt nach dem Gravitations- 
gesetze mit dem Quadrat der Entfernung vom Erdmittelpunkte ab, in 
gleichem Verhältnisse nimmt also auch der Druck eines Körpers auf die 
Unterlage ab. Ein Körper vom Gewichte Q, in der Entfernung r vom 
Erdmittelpunkte hat in der Entfernung r+h nur noch ein Gewicht 

r? 
N. G-Eh® 


h eine Höhe von nur wenigen Metern, so können die höheren Potenzen von 


Ist r der Radius der Erde an der Meeresoberfläche und 


" vernachlässiget werden, und man hat daher Q,=(, 2, Für h=5 m. 
würde, der mittlere Erdhalbmesser gleich 6366189 m gesetzt, die Ge- 
wichtsabnahme eines Kilogrammes sich schon zu 1,57 Milligramm be- 
rechnen. 


Die experimentelle Bestimmung von ı unterliegt keiner Schwierig- 


keit. Die Waage Nr. 2, dieselbe welche bei einem Uebergewicht von 
0,182 mg. eine Zunahme des Ausschlages von einem Scalentheil zeigte, wurde 
in einer Höhe von 5,5 Meter über dem Fussboden des Labaratoriums 
auf einem an der Wand befestigtem Tische aufgestellt. Der Boden des 
Waagekastens war durchbohrt und an Hacken der Schalen waren Drähte 


168 


aufgehangen, die an ihren unteren Enden Waagschaalen trugen. An 
jedem Hebelarm bestand also das Gehänge aus zwei Waagschalen einer 
oberen und einer unteren. Der Abstand beider Schalen betrug 5,29 Meter- 
Die herabhängenden Drähte waren gegen Bewegung durch Luftzug durch 
hölzerne Kanäle geschützt, die in verschliessbaren Kasten zur Aufnahme 
der unteren Waagschalen endeten. 

Die Gewichtsvergleichungen wurden in der Art ausgeführt, dass 
zunächst die Kilogrammstücke in den oberen Schalen sich befanden, und 
dass in einem zweiten Versuche das eine Kilogrammstück in einer der 
oberen, das andere in einer der unteren Schalen aufgelegt wurde. Die 
Methode der Wägung war die der Vertauschung der Gewichtsstücke rechts 
und links. Nach einer jeden Wägung, in welcher ein Gewichtsstück sich 
oben das andere sich unten befand, wurden beide Gewichtsstücke in den 
oberen Schalen aufgelegt und verglichen, um in dieser Weise etwaige 
Aenderungen, welche die Kilogrammstücke durch atmosphärische Ein- 
flüsse erfahren haben könnten, zur Wahrnehmung zu bringen. Die Ver- 
suche wurden zehnmal wiederholt, und ebenso viele Gewichtsver- 
gleichungen der Gewichtsstücke bei gleicher Entfernung vom Erdmittel- 
punkte wurden in der bezeichneten Ordnung ausgeführt. Die Messungen 
und Beobachtungen wurden sämmtlich in frühen Morgenstunden voll- 
zogen, weil nur auf diese Weise eine genügende Unveränderlichkeit der 
Temperatur gesichert erschien. Die Gewichtsverluste der Gewichtsstücke 
in den oberen und unteren Schalen sind um so unerlässlicher in Rech- 
nung zu ziehen, als die Temperaturen unten und oben, auch in nicht ge- 
heizten Zimmern, nicht unbedeutend von einander abweichen. Thermo- 
meter im oberen Waagekasten uud im Kasten, der die unteren Schalen 
einschloss, dienten zur Ablesung der Temperatur. Beide Thermometer 
waren vorausgehend nach dem Gange eines Luftthermometers abgeeicht, 
und waren in Zehntel Grade getheilt. Die Resultate der Beobachtungen 
sind in folgenden Tabellen niedergelegt. 


Erste Versuchsreihe. 


I. Beide Kilogrammstücke K, und K, in den oberen Schalen. 
Schale links Schale rechts Scale 
K, K, + 0,003 255,1 
K, K,-+0,006 251,1 


169 


Unter Berücksichtigung, dass ein Zulagegewicht von 0,182 mg. in 
der Schale rechts den Ausschlag um einen Scalentheil erhöhet, erhält man: 
K, =K, + 0,0013640. 

IH. K, unten, K, oben. 


Schale links Schale rechts Thermometer Barometer Seale 


unten oben unten oben 
K, K, + 0,005 9,6 10,5 721,9 721,45 253,9 
Kr K, + 0,003 9,6 110,87 721597721,45 251,0 


Man erhält hiernach; 

K,=K, -0,0007361. 

Die Differenz der Gewichtsverluste von K, und K, berechnet sich, 
unter Zugrundelegung des specifischen Gewichts des Messings zu 8,4 in 
bekannter Weise zu 0,0006864. Die Hygrometerstände waren notirt, ihr 
Einfluss auf die Differenz der Gewichtsverluste macht sich aber erst in 
den Tausendeln der Milligramme geltend, und wurde daher in dieser wie 
in allen folgenden Berechnungen ausser Acht gelassen. 

Da die Gewichtszunahme von K, in leeren Raume um 0,0006864 
grösser ist als die von K,, so hat man in leeren Raume 

K, = K,— 0,0000497. 
Die Differenz der Drucke von K, unten und K, oben ist demnach 
— 0,0000497 + 0,0013640 = 0,0013153. 


Zweite Versuchsreihe. 


I K, und K, oben. 
Schale links Schale rechts Scale 
K, K, + 0,003 251,9 
RE, K, + 0,005 248,0 
Man erhält hiernach 
K, =K, + 0,0013549. 
II. K, unten, K, oben. 
Schale links Schale rechts Thermometer Barometer Scale 


unten oben unten oben 
K, K,-+ 0,003 9,5 10,8 721,9 721,45 250,2 
K, K, + 0,005 9,5 10,8 721,9 721,45 252,5 


Man erhält hienach: 
K, = K,— 0,0006992. 


Die Differenz der Gewichtsverluste von K, unten und K, oben ist 


170 
Da K, im leeren Raume um den gleichen Betrag mehr 


0,0007371. 
zunimmt als K,, so hat man im leeren Raume 
K,=K,— 0,0000379. 
Der Unterschied der Gewichte von K, unten und K, oben ist daher: 


— 0,0000379 + 0,0013549 = 0,0013928. 


Dritte Versuchsreihe. 


I. K, und K, oben. 
Schale links Schale rechts Scale 
K K, + 0,003 249,3 
K, K,+0,005 245,0 
Man erhält hiernach 
K,=K,-+ 0,0013913. 
II. K, unten, K, oben. 
Schale reehts Thermometer Barometer Scale 
oben unten oben 


Schale links 


K, K,-+ 0,003 
K K,-+ 0,005 


2 


Man erhält hiernach: 
er — K,— 0,0004265. 
Die Differenz der Gewichtsverluste von K, unten und K, oben ist 


unten 
13,2 716,32 715,37 246,1 


12,4 
12,4 13,2 716,32 715,87 252,4 


0,00048195. Im leeren Raume ist demnach: 
K, = K,-+ 0,0000552. 
Der Unterschied der Gewichte von K, unten und K, oben ist daher 


+ 0,0000552 + 0,0013913 = 0,0014465. 


Vierte Versuchsreihe. 


I. K, und K, oben. 
Schale links Schale rechts Scale 
K, K,+0,008 255,1 
251,3 


K, K,-+ 0,005 


Man erhält hiernach 
K,=K,-+ 0,0013457. 
II. K, unten, K, oben. 
Schale links Schale rechts Thermometer Barometer Scale 
unten oben unten oben 
18 K,+ 0,003 11,3 12,1 723,38 722,73 245,5 
x K,-+ 0,005 11,3 12,1 723,38 722,73 252,8 


Man erhält hiernach: 
K, = K,— 0,0003357. 


171 


Die Differenz der Gewichtsverluste von K, unten und K, oben be- 
rechnet sich zu 0,0005204. Im leeren Raume ist demnach: 
K,=K,-+0,0001847. 
Der Unterschied der Gewichte von K, unten und K, oben. ist daher: 
0,0001847 — 0,0013457 = 0,0015304 


Fünfte Versuchsreihe. 
I. K, und K, oben, 
Schale links Schale rechts Scale 
K, K,+0,008 254,3 


K, K,+ 0,005 250,1 
Man erhält hiernach: 


K,=K,-+ 0,0013822. 
U. K, unten, K, oben. 


Schale links Schale rechts Thermometer Barometer Scale 


unten oben unten oben 
RK K,-+ 0,003 6,8 86 724,6 724,15 253,1 
K, K,-+ 0,005 6,8 8,6 724,6 724,15 254,2 


Man erhält hiernach: 
K, = K,-— 0,0008998. 
Die Differenz der Gewichtsverluste berechnet sich zu 0,0012008. Im 
leeren Raume ist demnach: 
K, = K,+0.0003010. 
Der Unterschied der Gewichte von K, unten und K, oben ist daher 
0.0003010 + 0,0013822 = 0,0016832. 


Sechste Versuchsreihe. 


I. K, und K, oben. 


Schale links Schale rechts Scale 

K K,-+ 0,003 252,2 

K, K,- 0,005 248,2 

Man erhält hiernach: 
K, = K,+ 0,0013640. 
I. K, oben, K, unten. 
Schale links Schale rechts Thermometer Barometer Scale 
unten oben unten oben 

K, K,-+ 0,003 Teer Sl m29;4 124,95 257,3 


K, K,-- 0,005 7,3 94 725,4 724,95 246 4 
Abh.d. II. Cl.d.k. Ak. d. Wiss. XIlI. Bd. I. Abth. 23 


172 


Man erhält hiernach: 
K,=K, + 0,0020102. 
Die Differenz der Gewichtsverluste berechnet sich zu 0,0008971. Im 
leeren Raume ist demnach: 
K,= K,-+0,0029073. 
Der Unterschied der Gewichte von K, unten und K, oben ist daher: 
0,0029073 — 0,0013640 = 0,0015433. 


Siebente Versuchsreihe. 


I. K, und K, oben. 


Schale links Schale rechts Scale 
K K,+ 0,003 251,2 
K, K,-+ 0,005 248,9 
Man erhält hiernach: 
K,= K,-+0,0012730. 
II. K, oben, K, unten. 


Schale links Schale rechts Thermometer Barometer Scale 


unten oben unten oben 
K, K,+ 0,003 a ee ee Al 
Ks K,+ 0,005 1 DEHERAN DEAN 


Man erhält hiernach 
K,= K,-+-0,0020010. 
Die Differenz der Gewichtsverluste berechnet sich zu 0,0007776. Im 
leeren Raume ist demnach: 
K,=K,+ 0,0027786. 
Die Differenz der Gewichte von K, unten und K, oben ist daher 
0,0027786 — 0,001273 = 0,0015056. 


Achte Versuchsreihe. 


I. K, und K, oben. 
Schale links Schale rechts Scale 


K, K,-+ 0,008 252,0 
K, K,+0,005 247,6 
Man erhält hiernach: 
K,-+ K,-+ 0,0014004. 


I. K, oben, K, unten. 


Schale links Schale rechts Thermometer Barometer Scale 


unten oben unten oben 
K, K,-+ 0,003 82 96 7245 724,05 259,2 
Rs K,-+ 0,005 8,2 9,6 724,5 724,05 248,0 


173 


Man erhält hiernach: 
K,=K, + 0,0020192. 
Die Differenz der Gewichtsverluste berechnet sich zu 0,0007952. Im 


leeren Raume ist demnach 
K,=K,-0,0028150. 
Die Differenz der Gewichte von K, unten und K, oben ist daher: 
0,0028150 — 0,0014004 = 0,0014146. 


Neunte Versuchsreihe. 


I. K, und K, oben. 
Schale links Schale rechts Scale 
K, K,+ 0,008 252,0 
K, K,+ 0,005 248,2 
Man erhält hiernach: 
K,= K,-+0,0013458. 
Barometer Scale 


II. K, oben, K, unten. 

Schale rechts Thermometer 
unten oben unten oben 
706,3 705,85 257,9 


Schale links 
KR, 0.008,17 807 10,0 
706,3 705,85 248,0 


K, 
Ks K,+ 0,005 10,0 
Man erhält hiernach: 
K,=K,-+ 0,0019009. 
Die Differenz der Gewichtsverluste berechnet sich zu 0,0010449. Im 


8,0 


leeren Raume ist demnach: 
K,—=K,-+ 0,0029458. 
Die Differenz der Gewichte von K, unten und K, oben ist daher: 
0,0029458 — 0,0013458 = 0,0016000. 


Zehnte Versuchsreihe. 


I. K, und K, oben. 

Schale links Schale rechts Scale 
K,+0,008 254,2 
250,7 


K, 
K, K,-+ 0,005 


Man erhält hiernach: 
K,=K, + 0,0013185. 
Barometer 


H. K, oben, K, unten. 

Schale rechts Thermometer 
unten oben unten oben 
10,9 705,0 704,55 256,0 


Schale links 
K,-+0,003 8,7 
K,+0,005 8,7 10,9 705,0 704,55 247,7 
233* 


Scale 


K, 
K, 


174 


Man erhält hiernach: 
K,=K,+0,0018463. 
Die Differenz der Gewichtsverluste berechnet sich zu 0,0011400. Im 
leeren Raume ist demnach: 
K,=K,- 0,0029863. 
Die Differenz der Gewichte K, unten und K, oben ist daher: 
0,0029863 —0,0013185 = 0,0016678. 


Die zehn Gewichtsvergleichungen der Gewichtsstücke in gleichem 
Abstande vom Erdmittelpunkte ergaben nach der Reihe 

K,= K,- 0,0013640 

= K, + 0,0013549 

=K, + 0,0013913 

— K,+0,0013457 

— K,+ 0,0013822 

— K, + 0.0013640 

= K, + 0,0012730 

—K,+ 0,0014004 

= K,+ 0,0013458 

=K, + 0,0013185 

Mittel K,=K, + 0,0013539 


Die grösste Abweichung der einzelnen Versuche vom Mittel beträgt 
nur 0,08 Milligramm, und spricht dafür dass überhaupt die erhaltenen 
Abweichungen nur den unvermeidlichen Fehlern, nicht aber der Verän- 
derlichkeit der Gewichtsstücke zuzuschreiben sind. 

Die Gewichtsabnahmen, welche nach einer Zunahme der Entfernung 
von 5,29 Meter vom Erdmittelpunkte eintreten, zeigen nicht die gleiche 
Uebereinstimmung. In Milligrammen ausgedrückt ergab sich für diese 
Gewichtsabnahmen nach der Reihe: 

1,3153 
1,3928 
1,4465 
1,5304 
1,6822 
1,5433 
1,5056 
1,4146 
1,6000 
1,6675 
Mittel 1,5099 


175 


Die Abweichungen treten hier schon in den Zehntel der Milligramme 
auf. Da sie nicht auf eine Veränderlichkeit der Gewichtsstücke zurück- 
zuführen sind, so liegt der Grund wohl ohne Zweifel nur darin, dass 
Gewichtsvergleichungen von Gewichtsstücken, die in Luft ungleicher 
Temperatur und ungleichen Druckes aufgehangen sind, mit grösseren 
unvermeidlichen Beobachtungsfehlern sich behaftet zeigen. In der That 
macht auch ein Fehler von 0,2°C. in der Temperatur Differenz der 
unteren und oberen Station sich schon in den Zehnteln der Millisramme 
geltend. 
Nachdem die Versuche ergaben, dass am Ort München ein Gewichts- 
stück Q, von einem Kilogramm, von einer unteren Station in eine um 
5,29 m höhere Station gebracht, um 1,5099 Milligramm abnimmt, so hat man 

Q, __ 1000000 — 1,5099 
Q, 1000000 

Nach dem Gravitationsgesetze ist: 

Q ES 2.5,29 a 1000000 — 1,662 
Q, 6366189 1000000 


Man hätte also eine Abnahme von 1,662 mg. erwarten sollen. Der 
Unterschied ist allerdings klein und beträgt nur 0,152 mg., auch ist auf 
die Fehlerquellen, die in der Reduction der Gewichte auf den leeren 
Raum auftreten, aufmerhsam gemacht. Immerhin ist aber der Unter- 
schied grösser, als man bei einer so ausgedehnten Versuchsreihe hätte 
erwarten sollen. Man könnte daher die Frage aufwerfen, ob die Art der 
Ausführung des Versuches auch vollkommen im Einklange stehet mit 
der unter Anwendung des Gravitationsgesetzes gemachten Veraussetzung. 
Das physikalische Institut liegt in einem der tieferen Stadttheile, ist 
massiv gebaut, und ist von massiven Gebäuden umgeben, oder den- 
selben naheliegend, während in der Rechnung vorausgesetzt ist, dass 
keine störenden Ursachen einwirken. Versuche in einem isolirt stehenden 
Thurm würde durch die Lage selbst und würden dadurch, dass grössere 
Abstände der Waagschalen in Anwendung gebracht werden könnten, viel- 
leicht auch durch mindere Veränderlichkeit der Temperaturen der unteren 
und oberen Stationen, exactere Resultate liefern. Ich werde nicht ver- 
säumen eine sich mir eben bietende Gelegenheit zur Wiederholung der 


Versuche zu benützen. 
Abh. d. II. Cl. d. k. Ak, d. Wiss. XIII. Bd. I. Abth, 24 


Günstige äussere Verhältnisse würden auch erlauben einen Versuch 
der Wägung der Erde auszuführen, d. h. zu bestimmen wie viel mal. 
mehr materielle Punkte die Erde besitzt als ein Körper bekannter Grösse 
und bekannter Dichtigkeit. Bei gleicher Aufstellung der Waage und bei 
den eben erwähnten Versuchen würde eine unter der unteren Waagschale 
aufgestellte, aus Bleibarren gebildete Kugel eine entsprechende Ver- 
mehrung des Zuges, also Erhöhung des Gewichtes erzeugen. Unter zu 
Grundelegung der für die mittlere Dichtigkeit der Erde aufgefundenen 
Zahl lässt sich der Halbmesser einer Bleikugel bestimmen, welche eine 
Gewichtszunahme eines Kilogrammstückes von 1 Miligramm bewirken 
könnte. Es ist mir einige Aussicht zur Ausführung des Versuches ge- 
geben, der dann rückwärts auf einem neuen Wege zur Bestimmung der 
mittleren Dichtigkeit der Erde benützt werden könnte. 


| 

| 

| 

| 

| 

‚ Studien über fossile Spongien. Erste Abtheilung. I. Hexactinellidae. Von Karl, 8 
| Alfred Zittel = u 0 el a 2 Ve 2 a 


& 


ars Studien über fossile Spongien. Zweite Abtheilung. II. Lithistidae. Mit zehn 
lithographirten Tafeln.. Von: Karl Alfred Zitiel „22 us. 


Die Anwendung der Waage auf Probleme der Gravitation. Von Ph. von Jolly 12 


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DREIZEHNTEN BANDES 1 


ZWEITE ABTHEILUNG 
IN DER REIHE DER DENKSCHRIFTEN DER XLVIII. BAND, 


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MÜNCHEN, | 
1879. | 
VERLAG DER K. AKADEMIE, | 
IN COMMISSION BEI G. FRANZ. 
— 


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Akademische nn ._ rei von F, Straub. RE: 


ABHANDLUNGEN 
DER 
MATHEMATISCH-PHYSIKALISCHEN CLASSE 


DER KÖNIGLICH BAYERISCHEN 


AKADEMIE oex WISSENSCHAFTEN. 


DREIZEHNTEN BANDES 


ZWEITE ABTHEILUNG& 
IN DER REIHE DER DENKSCHRIFTEN DER XLVII. BAND. 


MÜNCHEN, 
1879. 
VERLAG DER K. AKADEMIE, 
IN COMMISSION BEI G. FRANZ. 


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Inhalt. 


Studien über fossile Spongien. Dritte Abtheilung. Monactinellidae, Tetrac- 
tinellidae und Caleispongiae. Von Karl Alfred Zittel 


Die Veränderlichkeit in der Zusammensetzung der atmosphärischen Luft. Von 
Ph. v. Jolly . 


Theorie der Gärung. Von O©. v. Nägeli . 


Vergleichend anatomische Untersuchungen über die äusseren weiblichen Ge- 
schlechts- und Begattungsorgane des Menschen und der Affen, insbesondere 
der Anthropoiden. Von Dr. Th. L. W. von Bischoff. Mit sechs Tafeln 
Abbildungen 


Seite 


49 


75 


207 


a Bar Bis 


Studien 


über 


fossile Spongien. 


Dritte Abtheilung: 


Monactinellidae, Tetractinellidae und Calcispongiae. 


Von 


Karl Alfred Zittel, 


ordentl. Mitglied der k. bayer. Akademie der Wissenschaften. 


Abh.d. II. Cl.d.k. Ak.d. Wiss. XIII. Bd. I. Abth. 1 


Studien über fossile Spongien. 


III. Monactinellidae. Zit. 


In meiner Abhandlung „Zur Stammesgeschichte der Spongien“ !) habe ich, haupt- 
sächlich gestützt auf die von O. Schmidt (Atlant. Spong. S. 83) vorgeschlagene 
Gruppirung, folgende Ordnungen der Spongien angenommen: 1) Myxospongiae Haeck. 
2) Ceraospongiae Bronn. 3) Monactinellidae Zitt. 4) Tetractinellidae Marsh. 5) Li- 
thistidae O. Schmidt 6) Hexactinellidae 0. Schmidt 7) Caleispongiae Blainv. 

Zu den Monactinelliden rechne ich sämmtliche Spongien, deren Skelet aus ein- 
axigen Kieselnadeln besteht. Es gehören’ somit hieher O. Schmidt’s Familien 
der Chalineae, Renierinae, Suberitidinae, Desmacidinae und Chalinopsinidae. 

Von den zahlreichen einaxigen Kieselnadeln, welche Ehrenberg aus tertiären 
oder eretacischen Ablagerungen in der Mikrogeologie abgebildet und benannt hat, 
dürften wohl viele von Monactinelliden herrühren, aber nur selten besitzen diese 
Spongolithen eine so charakteristische Gestalt, dass sie isolirt noch mit Sicherheit 
bestimmt werden könnten. 

Zu den wenigen einaxigen Kieselgebilden von unverkennbarem Habitus gehören 
die von mir ?) unter dem Namen Esperites Carteri aus der oberen Kreide von Vor- 
dorf abgebildeten Klammern und Grabscheite, die ganz übereinstimmend auch bei le- 
benden Esperien vorkommen. 

Zu den Renierinen rechnet Carter ?) einen kissenförmigen, kreisrunden, schei- 
benartig zusammengedrückten, aus ziemlich grossen Stabnadeln bestehenden Schwamm 
(Pulvillus) aus dem Kohlenkalk von Schottland. 


1) Festgabe der philosophischen Facultät zum 50 jährigen Doctorjubiläum des Professor von 
Siebold. München 1878. 
2) Ueber Coeloptychium. Diese Denkschriften Bd. XII Taf. IV. Fig. 27—29. 
3) Annals and Magaz. nat. hist. 1878. 5 Ser. vol. I. S. 137. 
1* 


4 (94) 


Eine zweite krustenartig anf Hydractinien sitzende Gattung (kaphidhistia 
ib. S. 140) aus derselben Formation besteht aus wellig gebogenen Stabnadeln und 
schliesst sich nach Carter am besten an die lebende Gattung Hymeraphia an, welche 
nach der Schmidt’schen Eintheilung zu den Chalinopsiniden zu rechnen wäre. 

Den günstigsten Erhaltungszustand unter den fossilen Monactinelliden zeigen 
gewisse Suberitiden, von denen zuweilen noch zusammenhängende Skelete vorkommen. 
Ich kenne von diesen drei fossile Gattungen. 


Opetionella. Zitt. Taf. XI. Fig. 1. 
(orentıov Ahle). 


Schw. knollig oder rindenförmig, von unregelmässiger Gestalt; Oscula, Poren oder Canal- 
system nicht erhalten. Skelet aus einer ec. 12mm. dicken Schicht bestehend, die aus dicht 
aneinander gedrängten, parallellen Stabnadeln zusammengesetzt ist. Letztere sind 5—10 mm. 
lang, ahlenförmig, an beiden Enden scharf zugespitzt, in der Mitte am stärksten. 

Eine besondere Rindenschicht mit kleineren Stabnadeln, sternförmigen oder kugeligen 
Körpern habe ich an den vorliegenden Stücken nicht beobachtet; möglicherweise sind sie 
weggeschwemmt, möglicherweise waren sie überhaupt nicht vorhanden. Trotz dieses Mangels 
stelle ich die Gattung Opetionella in die Nähe von Donatia (Tethya) lyncurium Nardo, 
da die Nadeln beider Genera nicht nur die gleiche Form, sondern auch die gleiche An- 
ordnung erkennen lassen. Noch enger dürfte sich Carter’s Trachya (Ann. Mag. nat. 
hist. 1870. vol. VI. S. 178. pl. XIII. Fig. 11—16) anschliessen. Bei dieser Suberiten- 
Gattung besteht der ganze Schwammkörper gleichfalls nur aus Stabnadeln von zweierlei 
Grösse und Form, auch fehlt eine Rindenschicht. Von Opetionella unterscheidet sich Tra- 


chya lediglich durch Anwesenheit der kleineren Stabnadeln in der Aussenschicht, sowie , 


durch die Anordnung der grösseren Skeletnadeln um mehrere Kerne. 


Als typische Art der Gattung Öpetionella betrachte ich: Opetionella radians. Zitt. 


Taf. XI. Fig. 1 aus dem Cuvieri Pläner des Windmühlenberg bei Salzgitter. Eine grosse 
Anzahl Bruchstücke einer zweiten kleineren, plattigen, ganz unregelmässig gestalteten Art 
(Op. Jurassica Zitt.), bei welcher die Nadeln immer in Brauneisenstein umgewandelt sind, 
wurden mir von Herrn Inspektor Klemm aus den Impressakalken von Geislingen in 
Würtemberg mitgetheilt. 

Denselben Erhaltungszustand zeigen auch einige trichterförmige, vollständig aus zwei- 
spitzigen Stabnadeln bestehende Körper von der gleichen Localität, die in ihrem Aeussern 
eine gewisse Aehnlichkeit mit Sporadopyle obliqua besitzen. Ich stelle dieselben vorläufig 
zu Opetionella und nenne sie ihrem Entdecker zu Ehren Op. Klemmi. 


SColioraphus..Zits Tat. XII Wie. ja b.29. 


Schw. massiv, knollig oder krustenförmig, sehr unregelmässig; zuweilen löcherig 
und aus mäandrisch verschlungenen Blättern zusammengesetzt; Oberfläche wellig oder mit 
warzigen, durch gebogene und anastomosirende Thäler geschiedenen Erhöhungen. 


(95) 5 


Die ganze Masse des Schwammkörpers besteht aus wellig gekrümmten, einfachen, 
eylindrischen, an den Enden stumpfen, und ihrer ganzen Länge nach durch kragenförmige 
Anschwellungen knorrigen Nadeln, welchen sich in geringer Menge noch einfache Stab- 
nadeln beimischen, die an einem Ende spitz zulaufen, am andern etwas verdickt sind. Bei 
beiden Nadelformen lassen sich die ziemlich weiten, durchlaufenden und an der Spitze frei 
zu Tage tretenden Axencanäle sehr schön beobachten. Oscula oder Wassercanäle sind an 
den fossilen Skeleten nicht erhalten. 

Von dieser bemerkenswerthen Gattung kenne ich zwei Arten aus der oberen Kreide 
Norddeutschlands. Unter den lebenden Suberitiden existirt keine Form mit wurmförmig 
gekrümmten und knorrigen Nadeln. Ich habe sehr ähnliche Spiculae bei einer noch un- 
beschriebenen lebenden Lithistidenform aus der Gattung Corallistes gefunden, aus- 
serdem bildet Bowerbank (Monogr. Brit. Spong. I pl. I Fig. 14.) eine aus dem At- 
lantischen Ocean und zwar aus der Tiefe von 2070 Faden stammende (nodulated-cylin- 
drico-vermiceulated) Nadel ab, die sich nur durch schlankere Gestalt von denen unserer 
fossilen Gattung unterscheidet. Der Schwamm, von welchem die erwähnte Nadel Bower- 
bank’s herrührt, scheint bis jetzt noch nicht aufgefunden worden zu sein. Auch ©. 
Schmidt hat bei einer Ancoriniden Gattung (Craniella tethyoides. Sdt. Atlant. Sp. S. 66. 
t. VI. Fig. 9) ähnliche Nadeln gefunden. 

1) Scolioraphis cerebriformis. Zit. Taf. XI. Fig. 1. 

Schw. knollig oder krustenförmig mit gewölbter Oberfläche, auf welcher stumpfe, 
durch mäandrisch gewundene und anastomosirende Thäler getrennte Kämme und Höcker 
von verschiedener Gestalt hervorragen. Das Skelet besteht fast ausschliesslich aus knor- 
rigen, wurmförmigen ziemlich kurzen Nadeln, sowie aus vereinzelten, glatten Stabnadeln. 

Das Original-Exemplar dieser Art lag unter der Bezeichnung Amorphospongia sp. 
nov. im Münchener paläontolog. Museum und stammt aus der Quadratenkreide des Sut- 
merbergs. 

2) Secolioraphis anastomans. Zitt. Taf. XII. Fig. 2. 

Schw. knollig, löcherig aus dünnen verschlungenen und anastomosirenden Blättern 
bestehend. Skelet mit ziemlich langen, wurmförmig gekrümmten, knorrigen Nadeln, denen 
sich in grösserer Menge einfache Stabnadeln von verschiedener Grösse und Form beimischen. 

Quadratenkreide von Linden und Ahlten in Hannover. 


Clıona. Grant. 
Syn. Vioa Nardo, Clionites Morris, Eutobia Bronn. 


Zu dieser Gattung gehören Spongien, welche ein aus Hornfasern und Stabnadeln 
bestehendes Skelet besitzen und sich in Conchylien oder Steine einbohren. Sie bilden im 
Innern der von ihnen bewohnten Körper vielfach verästelte Gänge, welche sich bald ver- 
schmälern, dann wieder erweitern und auf diese Weise in kammerartige Abtheilungen zer- 
fallen. Mit der Oberfläche stehen sie nur durch walzenartige Gänge in Verbindungen, 
die mit einer kleinen runden Oeffnung ausmünden. 


6 | (96) 


Es ist mir trotz aller Bemühungen niemals gelungen, in den soeben beschriebenen 
Höhlungen fossiler Muschen oder Schnecken Spiculae aufzufinden, allein die Bohrgänge 
stimmen so gut mit denen der lebenden Clionen überein, dass man sie schon seit langer 
Zeit auf diese Spongiengattung bezieht. Am häufigsten scheinen sich die bohrenden Spon- 
gien Ostrea, Pecten, Inoceramus, Placuna und Avicula Schalen auszusuchen, doch habe 
ich sie auch in Pectunculus, Venus, Cytherea und in Cerithium giganteum beobachtet. 

Eingehende Untersuchungen über lebende Cliona-Arten hat Hancock !) veröffentlicht. 

Aus dem ‘Vorkommen von Bohrlöchern lässt sich die Existenz unserer Gattung mög- 
licher Weise schon bis in die Silurformation zurückverfolgen, sicherer dürften die Bohr- 
löcher in cretacischen Austern und Inoceramen zu Cliona gehören; am häufigsten kommen 
dieselben übrigens in der Tertiärformation vor. 

Es sind von Conybeare, Michelin, d’Orbigny und Pomel eine Anzahl 
Arten, theils unter dem Gattungsnamen Cliona, theils als Vioa aufgestellt worden, da 
indess von keiner einzigen die Skeletnadeln nachgewiesen wurden, so kann diesen Arten 
kein grosses Gewicht beigelest werden. 

Für völlig problematisch halte ich die in Belemmiten oder fossilen Conchylien vor- 
kommenden einfachen oder verästelten Bohrlöcher und Gänge, für welche Hagenow), 
Quenstedt und Etallon°) die Gattungen Talpina Hag., Dendrina Quenst., Hagenowia 
und Cobalia Et. vorgeschlagen haben. Ich kenne unter den lebenden Spongien keine Form, 
welche ähnliche Gänge aushöhlt und bin daher eher geneist, dieselben bohrenden Würmern 
zuzuschreiben. 


1V. Tetractinellidae. Marshall. 


Kieselspongien mit Nadeln des pyramidalen Typus. 
(Vierstrahbler, Achtstrabler, Anker). 


Die Ordnung der Tetractinelliden umfasst die zwei Familien der Geodinidae und 
Ancorinidae O. Schmidt’s oder denjenigen Theil der Carter’schen Holoraphidota, 
bei welchem das Skelet aus Kieselgebilden zusammengesetzt ist, denen das Axenkreuz 
einer dreiseitigen Pyramide zu Grunde liegt. Es sind dies sämmtliche Vertreter der 
Familie der Pachytragida und von der Familie der Pachastrelliden, wozu Carter 
auch die Lithistiden rechnet, die Gruppe der Pachastrellinen. 

Die ältesten Tetracetinelliden-Nadeln hat Carter’) aus dem unteren Kohlen- 
kalk von Cunningham Baidland in Ayrshire, Schottland beschrieben. Den ersten 


1) Ann. Mag. nat. hist. 1849. vol. III. 321—347. vol. IV. 855—357 und Natural history 
Transactions of Northumberland and Durham 1868. 

2) Jahrbuch für Min. Geol. und Petref. 1840. 8. 671. 

3) Petrefaktenkunde Deutschlands Cephalop. t. 30. Fig. 36. 37. 

4) Actes de la soc. jurass. d’&mulation Porrentruy. 1860. 

5) Annals and Mag. nat. hist. 1878. 5 Ser. vol. I. S. 139. 


(97) 7 
Nachweis von fossilen Nadeln aus der vorliegenden Ordnung verdankt man demselben 
verdienstvollen Spongiologen. 

Unter den isolirten Spongiennadeln im Grünsand von Haldon bildete Carter!) 
schon im Jahre 1871 eine erhebliche Anzahl ab, die sich in ihrer Form aufs engste 
an die Anker, Vierstrahler, Stabnadeln und Kieselkugeln der Gattungen Geodia, Pa- 
chastrella, Tethya und Steletta anschliessen. Wenn auch ein Theil derselben von 
Lithistiden herrühren dürfte, so gehören andere doch sicher zu den Tetraetinelliden. 
Carter bezeichnet die fossilen Nadeln je nach ihren Beziehungen zu lebenden Formen 
mit den Gattungsnamen Geodites, Dereites und Stelletites und gibt auf Taf. IX. und X. 
seine Abhandlung eine Reihe von Abbildungen. Eine bis jetzt nur in fossilem Zustand ‚be- 
kannte Gruppe von Stabnadeln, Vierstrahlern und Ankern mitringförmigen Einschnürgen 
werden unter dem Namen Monilites (l. ce. pl. IX. Fig. 44—47) zusammengefasst und 
“ bilden einen überaus charakteristischen, ausgestorbenen Typus. Ich habe vereinzelte 
Nadeln von gleicher Form in der norddeutschen Kreide von Ahlten aufgefunden, 
und von Rutot werden sie auch aus dem Eocänsand von Brüssel erwähnt. 

In meiner Monographie der Gattung Coeloptychium habe ich ebenfalls eine 
grosse Zahl isolirter Kieselgebilde abbilden lassen und damals irrthümlicher Weise 
Coeloptychium zugeschrieben. Die strahligen Kieselkugeln und Scheiben (l. c. Taf. V. 
Fig. 18—26) rühren wahrscheinlich von fossilen Stelleta- oder Geodia-Arten her, zu 
Pachastrella oder Geodia werden die stacheligen Kugeln 1. c. V. 27—30, zu Thetya, 
Callites oder Pachastrella die strahligen Sterne Fig. 31 gehören. Wie viele von den 
auf Taf. V, VI und VII abgebildeten vier-, sieben- und acht-strahligen Sternen und 
Ankern, sowie von den auf Taf. IV und V dargestellten einaxigen Nadeln von 
Pachytragiden, Pachastrelliden, Lithistiden oder anderen Spongien-Gruppen her- 
rühren, wird sich bei der indifferenten Beschaffenheit dieser Gebilde nicht mehr ent- 
scheiden lassen. Zu den Geodien glaube ich aber jetzt mit Bestimmtheit die dichten, 
ungestrahlten, eiförmigen Körper (Taf. IV. Fig. 52—59), sowie die Kugeln (l. ce. 
Fig. 66) rechnen zu müssen, seitdem ich ganz übereinstimmende Körper im oberen 
Jura in grosser Menge als Umkleidung einer Aushöhlung’gefunden habe, worin zahl- 
reiche Gabelanker und Vierstrahler zerstreut lagen. Solche elliptische, eiförmige und 
kugelige Körper finden sich im weissen Jura in Gesellschaft von Stabnadeln und 
Ankern überhaupt ungemein häufig. 

Die Anwesenheit von Tetractinelliden lässt sich auch im Lias und in der rhä- 
tischen Stufe constatiren. Ich habe durch Herrn Nelson Dale aus dem obern Lias 
des T'hales Conzei bei Pieve di Ledro in Süd-Tyrol ein e. 70mm. langes und 35mm. 
‚dickes Gesteinsstück erhalten, das vollständig aus grossen Kieselnadeln besteht. Neun 
Zehntel derselben sind einfach, doppelt zugespitzt und c. 4-5 mm. lang. Dazwischen 
liegen vereinzelte grosse Vierstrahler (spanische Reiter). 


1) Abhandlungen k. Bayr. Ak. II. Cl. Bd. XI. 


8 | (98) 


Ganz ähnliche gerade oder etwas gebogene Stabnadeln, untermischt mit Gabel- 
ankern und Hexactinelliden - Fragmenten, bilden am Hochfellen in den Bayerischen 
Alpen eine mehrere Centimeter dicke Lage im Horizont der Avicula contorta. 

Den Vorkommnissen im Grünsand von Haldon entsprechen am meisten die von 
Jos. Wright!) aus der Kreide von Irland beschriebenen Spongiennadeln, unter 
denen die Gattungen Geodites, Stelletites, Dercites und Monilites ebenfalls vertreten sind. 


Zahlreiche zu Geodia und Donatina gehörige Anker und Nadeln finden sich 
auch in den bei Brüssel im eocänen Sand vorkommenden Röhren, welche von Car- 
ter?) unter dem Namen Broeckia beschrieben worden sind. Die Spongiennadeln selbst 
wurden von Rutot?) zuerst genauer untersucht und abgebildet. 


Unter der Bezeichnung Esperites giganteus hatte Carter?) eine Sförmig ge- 
bogene, einaxige Nadelform von ansehnlicher Grösse aus dem Grünsand von Haldon 
erwähnt ; ähnliche Nadeln wurden später von Rutot (l. ce. pl. 3 Fig. 5 u. 29) aus 
dem Eocänsand von Brüssel und von mir (Abhandlungen d.k. bayr. Ak. II. Cl. vol. 
XII. Taf. IV. Fig. 25 u. 26) aus der oberen Kreide von Westfalen beschrieben; ich 
habe sie auch mehrfach im Aetzrückstand oberjurassischer Spongien gefunden. Nach- 
dem Carter) Nadeln von völlig übereinstimmender Grösse und Form unter einer 
Sammlung lebender Tiefseespongien in Gesellschaft von dreispitzigen Ankern be- 
obachtet hatte, glaubte er dieselben zu den Pachastrelliden stellen zu müssen und 
schlägt dafür den Namen Ophiraphidites. vor. 


Das Göttinger Universitäts-Museum besitzt aus der Quadratenkreide von Linden 
bei Hannover ein SOmm. langes, am oberen Ende 16mm., am unteren 9mm. breites 
etwas platt gedrücktes Fragment eines Kieselschwammes, der aus einfachen, mehr 
oder weniger wellig gebogenen, glatten Nadeln besteht, die ganz mit denen von Ophi- 
raphidites übereinstimmen. Die Länge dieser, mit ungemein weiten Axencanälen ver- 
sehenen Nadeln schwankt zwischen 1's und 5mm.; sie liegen alle in der Richtung 
der Längsaxe dieht auf einander gepackt, sind innig mit einander verflochten und 
lassen weder Raum für Längs- noch Quer-Canäle zwischen sich frei. Ganz vereinzelt 
finden sich mitten unter diesen gebogenen Stabnadeln auch einfache Vierstrahler, bei 
denen ein Arm meist stark verlängert ist, als Seltenheit wohl auch Gabelanker mit 
langem Schaft und kurzen Zinken. Ich nenne diese bemerkenswerthe Form Ophira- 
phidites ceretaceus. (Taf. XII. Fig. 2) 

Eine andere interessante ame Ten aus der an von Te- 
thya habe ich durch Herrn Dr. Steinmann aus der Quadratenkreide von Ahlten er- 
halten. Sie bildet eine besondere Gattung. 


1) Report. Belfast. nat. field Club. 1873. 74. Appendix. 

) Ann. Mag. nat. hist. 1877. vol. XIX. S. 382. 

) Annals de la Soc. malac. de Belgique 1874. vol. IX. pl. 
) 

) 


{SV} 


Ann. Mag. nat. bist. 1871 vol. VII. S. 131. pl. X. Fig. 7: 
ib. 1876 vol. XVIII. S. 458. 


2 
3 
4 
5 


(99) 9 


Tethyopsis Zitt. Taf. XI. Fig. 3. , 


ist von unregelmässig knolliser oder keulenförmiger Gestalt. Skelet der Hauptsache nach 
aus sehr grossen bis 5mm. langen, beiderseits scharf zugespitzten, geraden oder schwach 
gebogenen Stabnadeln bestehend, die in paralleler Richtung auf einander gelagert dem 
Innern des Schwammkörpers eine strahlige Struktur verleihen. Die Oberfläche wird von 
einer Schicht kleinerer, dreizinkiger Anker gebildet, deren langer Schaft nach Innen ge- 
richtet ist. Die drei Zinken sind meist gleichmässig entwickelt, fast horizontal ausgebreitet, 
mit ihren Spitzen etwas rückwärts gebogen. Zwischen diesen grossen Ankern finden sich 
ganz vereinzelt kleinere, bei denen die 3 kurzen Zacken hakenförmig rückwärts gebogen 
sind. Die Rinden-Anker sind ferner noch begleitet von kleinen, etwas gebogenen Stabna- 
deln und vereinzelten Vierstrahlern. 

Wenn die soeben beschriebenen Anker, Vierstrahler und kleinen Stabnadeln auch 
vorzugsweise auf der Oberfläche concentrirt sind, so bemerkt man dieselben doch auch im 
Innern des Schwammkörpers, jedoch stets nur in radialen Streifen, also wahrscheinlich als 
Auskleidung von Canälen. 

Diese Form steht der lebenden Tethya cranıum Zisso und verwandten Arten, auf 
welche Carter!) den Namen Tethya beschränkt wissen will, während OÖ. Schmidt dafür 
die Bezeichnung Tetilla vorgeschlagen hat, sehr nahe. Ich habe jedoch Bedenken getragen, 
die fossile Form mit den lebenden unter einem Gattungsnamen zu vereinigen, da die 
Anker der Oberfläche bei Tethyopsis viel eher denen von Geodia und Steletta gleichen, 
als jenen von Tethya lyncurium. 

Ich kenne bis jetzt nur ein einziges Exemplar, für welches ich den Namen Tethy- 
opsis Steinmanni vorschlage. 


Pachastrella. Sdt. Taf. XII. Fig. 4. 


Diese Gattung wurde im Jahre 1868 von Oscar Schmidt (Spongien der Küste von 
Algier S. 15) aufgestellt und folgendermassen charakterisirt: „Eine oberhautlose Compa- 
ginee mit Nadelformen vom Charakter theils der Compagineen, theils der Corticaten.“ In 
der Spongienfauna des Atlantischen Ocean’s werden zwei weitere Arten (P. abyssi und 
connectens Sdt.) abgebildet, allein eine genügende und ausführliche Charakteristik der Gat- 
tung sowie ausreichende Abbildungen der Skeletelemente verdankt man erst H. Carter?). 

Darnach umfasst Pachastrella massive, knollige oder plattige, häufig parasitische oder 
incrustirende Spongien, ohne bestimmte äussere Form und ohne besondere Rindenschicht. 
Oscula, Poren und Canäle sind nur an frischen, mit Sarcode versehenen Exemplaren deut- 
lich sichtbar. Skelet ohne Hornfasern, aus regellos durcheinander liegenden Nadeln von ver- 
schiedener Form bestehend. Die eigentlichen Skeletnadeln sind vorwiegend vierstrahlig, 
doch entwickelt sich ein Strahl sehr häufig zu einem verlängerten Schaft oder er ver- 
kümmert entweder zu einer knopfförmigen Anschwellung oder auch so vollständig, dass 


1) Ann. Mag. nat hist. 1871. vol. VI. S. 103. 
2) Annals and. Mag. nat. hist. 1875. vol. XVI. 8. 68 und 1576. vol. XVII. S. 406 —410. 
Abh.d. 11. Cl.d.k. Ak.d. Wiss. XIII. Bd. II Abth. 2 


10 (100) 


einfache Dreistrahler entstehen. Einzelne zuweilen auch alle Arme der Vierstrahler können 
sich einmal, seltener mehrfach gabeln. Ausserdem kommen mehr oder weniger häufig ein- 
fache Stabnadeln vor. Diese sowohl, als die Drei- und Vierstrahler sind in der Regel von 
verschiedener Grösse. Ausser den eigentlichen Skeletkörpern finden sich in grosser Menge 
winzige, nur bei starker Vergrösserung deutlich erkennbare Fleischnadeln von sehr ver- 
schiedener Form, welche vorzüglich zur Unterscheidung der Arten verwerthet werden können. 

Dieselben sind bald kleine stachelige, gerade oder gekrümmte Stäbchen, bald kugelige 
Stachelsterne, bald winzige Geodia ähnliche Kugeln, bald glatte elliptische Scheibchen u. 
s. w. Die Fleischnadeln sind an fossilen Exemplaren ebenso wenig erhalten, als jene der 
Hexactinelliden und Lithistiden. 

Bei Untersuchung des prächtigen Spongien-Materials aus der oberen Kreide von 
Ahlten in Hannover, welches ich von meinem Freund Professor von Seebach anvertraut 
erhielt, fanden sich 2 unscheinbare knollige Stückchen von geringer Grösse, die ich, nach- 
dem sich bei Behandlung mit Salzsäure ihre Zusammensetzung aus isolirten Vier- und 
Dreistrahlern gezeigt hatte, sofort als typische Pachastrellen erkannte. Als Vergleichsob- 
jekte hatte mir Herr Carter die lebenden Arten Pachastrella abyssi Sdt. und P. geodi- 
oides Cart. sowie zwei aus der oberen Kreide von Flamboroush head in Yorkshire stam- 
mende Fragmente mitgetheilt, von denen die letzteren abgesehen von ihrem ungünstigeren 
Erhaltungszustand genau mit der Ahltener Form übereinstimmen. 


Pachastrella primaeva. Zitt. Taf. XII. Fig. 4. 


besteht vorherrschend aus sehr grossen, plumpen, einfachen Vierstrahlern (spanischen Reitern), 
deren dicke Arme vom Centrum gegen die Enden allmählig an Stärke abnehmen und in 
eine Spitze auslaufen. Zuweilen sind die Arme ungleich lang und einer oder auch mehrere 
derselben gekrümmt, seltener sind einzelne, jedoch nie alle Arme am Ende in 2 oder 
4 Spitzen vergabelt. Zwischen diesen gewaltig grossen Körpern liegen zahlreiche kleine 
regelmässige Vierstrahler, sowie vereinzelte Gabelanker mit einfachem Schaft und dreiga- 
belisen Zinken. Selten kommen auch doppelt zugespitzte Stabnadeln vor. 

Wegen der gewaltigen Dimensionen der grossen Vierstrahler habe ich Taf. XII. 
Fig. 4b ein Fragment bei auffallendem Licht in nur 25 facher Vergrösserung zeichnen 
lassen. 


OR) 11 


V. Caleispongiae. 


Unter allen Abtheilungen der lebenden Spongien sind, Dank der glänzenden 
Monographie E. Haeckel’s,!) die Kalkschwämme am genauesten bekannt. Für die 
Paläontologie schien indess das bahnbrechende Werk des Jenenser Zoologen nicht 
die grosse Wichtigkeit zu besitzen, welche sich nach den früher herrschenden An- 
sichten über die fossilen Spongien von vornherein davon erwarten liess. Haeckel 
tritt mit grosser Entschiedenheit und vollem Recht der Anschauung entgegen, wor- 
nach die Mehrzahl der fossilen Seeschwämme ein kalkiges Faser- oder Gitter-Skelet 
gehabt haben sollten. „Bis jetzt — so heisst es Bd. I. S. 341 — sind noch gar 
keine fossilenKalkschwämme bekannt. Allerdings existiren in verschiedenen 
Pretrefacten-Sammlungen einzelne Stücke, welche die Etiquette von „fossilen Kalk- 
schwämmen“ tragen. Allein Alles, was ich von solchen selbst gesehen und zugesendet 
erhalten habe, gehört ganz sicher nicht Caleispongien an. Auch lässt sich von allen 
Beschreibungen und Abbildungen fossiler Spongien nicht eine ein- 
zige auf einen Kalkschwamm beziehen. Wer die lebenden Kalkschwämme 
kennt, wird auch bei der grossen Zartheit und Zerstörbarkeit derselben diesen 
Mangel an versteinerten Caleispongien ganz natürtich finden. Allerdings könnte man 
wenigstens erwarten, die mikroseopischen Kalknadeln derselben in verschiedenen Ge- 
steinen fossil vorzufinden, und wahrscheinlich werden solche auch noch bei genaueren 
mikrogeologischen Untersuchungen vielfach gefunden werden. Bis jetzt aber sind der- 
gleichen noch nicht beschrieben oder abgebildet worden.‘ 

Wenn eine Autorität, wie Haeckel, die Existenz fossiler Kalkschwämme mit 
solcher Entschiedenheit verneint, so mag es gewagt erscheinen, dass ich demunge- 
achtet einen beträchtlichen Theil der von Oscar Schmidt als Vermiculaten be- 
zeichneten fossilen Spongien mit wurmförmigem Faserskelet den Caleispongien zuweise. 

Nach Ausscheidung der Hexactinelliden, Lithistiden, Tetraetinelliden und Monac- 
tinelliden bleibt jedoch noch immer ein ansehnlicher Rest von fossilen Schwämmen übrig, 
welche sich durch die kalkige und zugleich faserige Beschaffenheit ihres Skeletes aus- 
zeichnen. Sie erinnern durch ihr anastomosirendes Fasergewebe und theilweise auch 
durch ihren äusseren Habitus au meisten an die lebenden Hornschwämme. Man hat 
sie vielfach auch für Ueberreste von solchen gehalten und angenommen, die Horn- 
fasern hätten sich im Lauf der Zeit in kohlensauren Kalk umgewandelt. 

In meinen ersten Publicationen über fossile Spongien ?) hatte ich dieselben als 
Caleispongia fibrosa bezeichnet und sie wegen der häufig vorkommenden, eigenthümlich 
strabligen Mikrostruktur der Kalkfasern als eine ganz isolirt stehende, ausgestorbene 


1) Die Kalkschwämme. Eine Monographie. Berlin 1872. 
2) Zeitschr. d. deutschen geolog. Ges. Bd. XXVIM. S. 631 und Neues Jahrb. für Mineralogie 
1877. S. 338. 
DIE 


12 (102) 


Ordnung betrachtet. Bei fortgesetzter Untersuchung und namentlich bei Anwendung 
stärkerer Vergrösserungen zeigten sich jedoch die Fasern an wohlerhaltenen Exem- 
plaren zuweilen aus nadelähnlichen Körpern zusammengesetzt. Diese Beobachtung, 
welche bald darauf auch von W. J. Sollas!) an einem aus kohlensanrem Kalk be- 
stehenden Faserschwamm aus dem Grünsand von Cambridge (Pharetrospongia Stra- 
hanı) bestätigt wurde, führte zu neuen Gesichtspunkten und veranlasste zunächst 
einen Vergleich mit den lebenden Kalkschwämmen. 

Bei (diesen besteht das Skelet aus isolirten, niemals verschmolzenen oder ver- 
kitteten, meist regelmässig angeordneten Kalknadeln von dreischenkliger, vierschenk- 
liger oder einschenkliger Form. Weitaus am verbreitetsten erscheimen die Dreistrahler. 

Nach Haeckel gibt es unter den lebenden Kalkschwämmen 18 Arten, deren 
Skelet ausschliesslich aus Dreistrahlern besteht, 44 Arten, welche Drei- und Vier- 
strahler und 61 Arten, die Dreistrahler, Vierstrahler und Stabnadeln besitzen. 
Ausschliesslich aus Vierstrahlern ist das Skelet bei 8 Arten zusammengesetzt und 
nur bei 6 Arten findet man lediglich Stabnadeln. 

Daraus folgert Haeckel, dass die Dreistrahler bei den Kalkschwämmen ur- 
sprünglich und primär die Hauptrolle spielen, dass hingegen die Vierstrahler nur 
als innere Anpassungs-Bildungen der Gastralfläche, die Stabnadeln aber umgekehrt 
als äussere Anpassungs-Bildungen der Dermalfläche zu betrachten sind. 

Eine bemerkenswerthe Eigenthümlichkeit der Kalknadeln ist ihre durchschnittlich 
geringe Grösse. Drei- oder Vierstrahler, bei denen der grösste Schenkel eine Länge 
von einem halben Millimeter erreicht, gehören schon zu den grösseren; sehr oft 
bleiben sie noch erheblich unter diesem Maass. Auch die Stabnadeln haben entspre- 
chend kleine Dimensionen. Die Axencanäle der Kalknadeln sind im Gegensatz zu 
den meisten Kieselnadeln so ausserordentlich fein, dass sie nur bei sehr starker Ver- 
grösserung sichtbar werden. Für alles weitere, was Form, Struktur und Anordnung 
der Skeletelemente bei den lebenden Kalkschwämmen betrifft, kann ich auf die er- 
schöpfenden Darstellungen Haeckel’s verweisen. (l. e. Bd. I S. 170— 209.) 

Es frägt sich nun, ob die oben genannten Caleispongia fibrosa den lebenden 
Kalkschwämmen zugetheilt werden dürfen, oder ob sie einer anderen Abtheilung der 
Spongien angehören ? 

Die chemische Beschaffenheit des Skeletes, welche bei den lebenden Schwämmen 
das zuverlässigste Kennzeichen liefert, darf bei den fossilen nur mit grosser Vorsicht 
verwerthet werden, denn es finden sich nicht allein ursprüngliche Kieselschwämme 
in kalkigem Zustand, sondern auch Kalkversteinerungen gehen häufig in kieseligen 
Zustand über. Es ist darum keineswegs ungewöhnlich, dass ein und dieselbe Art 
mit kieseligem und mit kalkigem Skelet auftritt. 

Von entscheidender Wichtigkeit für die Bestimmung aller Spongien ist nur die 
Mikrostruktur des Skeletes. In dieser Hinsicht zeigen die Faserschwämme höchst 


1) Quarterly journ. geol. Soc. 1877. S. 242, 


(103) 13 


auffällige Erscheinungen, welche sich übrigens durch spätere chemische und physi- 
kalische Veränderungen unschwer erklären lassen. 

Die Fasern schwanken je nach den Gattungen und Arten zwischen 0,3 und 
lmm. in der Stärke und davon hängt auch die mehr oder weniger lockere Beschaf- 
fenheit des Skeletgewebes zusammen. Sie sind stets unregelmässig gebogen, häufig 
bei ein und demselben Individuum von verschiedener Stärke (Hauptfasern und Se- 
cundärfasern) und die durch Anostomose hervorgerufenen Lücken von ungleicher 
Grösse und stets unregelmässiger Form. Die ältere Bezeichnung Spongien mit „wurm- 
förmigem Skelet‘“ passt am besten auf gewisse Kalkschwämme mit groben unregel- 
mässig gekrümmten Fasern. 

Zur mikroscopischen Untersuchung können nur Dünnschliffe verwendet werden, 
da an verkieselten Exemplaren die feineren Strukturverhältnisse zerstört sind. Man 
bedarf jedoch stärkerer Vergrösserungen (am besten 100—150fache), um deutliche 
Bilder zu erhalten, als bei den fossilen Hexactinelliden und Lithistiden, da die Be- 
standtheile der Fasern eine sehr geringe Grösse besitzen. 

Betrachtet man den Dünnschliff einer wohl erhaltenen Corynella aus der Tourtia 
von Essen oder einer Peronella aus dem Grünsand von Le Mans bei mässiger Ver- 
grösserung (etwa 50facher), so erscheinen die Fasern undeutlich parallel der Ober- 
fläche gestreift. Bei Anwendung stärkerer Vergrösserung lösen sich die Längslinien 
in kleine Stabnadeln auf (Taf. XII. Fig. 2), welche dicht an einander gelagert die 
ganze Faser zusammensetzen. Zuweilen sind sie deutlich durch eine im durchfallenden 
Lieht dunkel gefärbte Oberflächenschicht von einander geschieden, häufiger jedoch 
erscheint die Faser als eine lichte Kalkspathmasse, in welcher die einzelnen Nadeln 
nur mit Mühe noch zu erkennen sind. Gewöhnlich beobachtet man die Nadeln nur 
in der Längsrichtung der Faser und zwar in der Weise, dass ihre Enden überein- 
ander greifen, wodurch sie selten in ihrer ganzen Länge sichtbar werden. Ganz 
ausnahmsweise gelingt es auch, ihre Querschnitte als Packete winziger, durchsichtiger 
Kreise aufzufinden.!) Aus diesen ergibt sich, dass die Nadeln eine cylindrische Ge- 
stalt besitzen; ihre Länge schwankt zwischen 0,08 und O,1mm., hält sich somit stets 
in sehr bescheidenen Dimensionen. In der Regel besitzen die Stabnadeln der Fasern 
fast genau die gleiche Grösse und gleiche Form. Ein ungewöhnlich günstiger Er- 
haltungszustand ist Taf. XII. Fig. 3. dargestellt. Hier liegen die Stabnadeln mehr 
vereinzelt in einer homogenen, lichten Masse und heben sich deutlich aus derselben 
ab; an gewissen Stellen werden sie spärlich, an andern erscheint die ganze Faser, 
wie im ersten Falle aus Nadeln zusammengesetzt. Bemerkenswerth ist das Vor- 
kommen vereinzelter Dreistrahler von geringer Grösse Solche zwischen Stabnadeln 
eingestreute Dreistahler finden sich bei vielen Gattungen mehr oder weniger häufig. 
Sie differiren beträchlieh in ihren Dimensionen und erreichen zuweilen ansehnliche 


l) Sollas on Pharetrospongia. Quart. journ. geolog. soe. 1877. vol. XXXI. 8. 246. pl. XI. 
Fig. 6. 


14 (104) 


Grösse. Ihre Schenkel sind entweder gerade oder auch etwas gekrümmt, aber nie 
an den Enden gegabelt. Verhältnissmässig selten finden sich Spongien, bei denen 
die Fasern ausschliesslich aus Dreistrahlern bestehen. Ein ausgezeichnetes Bei- 
spiel dieser Art bietet Peronella eylindrica aus dem oberen Jura (Taf. XII. Fig. 4). 
Hier lassen sich an wohl erhaltenen Stücken die einzelnen Dreistrahler (denen auch 
Vierstrahler beigemischt zu sein scheinen) deutlich unterscheiden, und namentlich an 
der Peripherie, wo sich einzelne Nadeln etwas abgelöst haben und mit ein oder zwei 
Schenkeln über die Faser herausragen, sind dieselben gut erkennbar. 

Axencanäle habe ich weder bei den Stabnadeln noch bei den Dreistrahlern nach- 
weisen können. 

Nicht häufig sind die Nadeln so deutlich zu sehen, wie an den bisher beschrie- 
benen Präparaten. Oft hat eine beginnende Umkrystallisation ihre Contouren und 
Form verwischt und die Skeletfasern zeigen eine undeutlich lamellöse Struktur oder 
sie erscheinen, wie aus prismatischen Kalkspath-Körperchen zusammengesetzt, welche 
zuweilen vollständig in einander zerfliessen. Bei den Schwämmen des norddeutschen 
Hils und der Triasmergel von St. Cassian ist dieser Erhaltungszustand verbreitet. 

Sehr oft tritt eine totale Zerstörung der Nadeln, offenbar nach Einbettung des 
Schwammkörpers in die Erdschichten ein. Schon oben wurde eine Peronella aus Le 
Mans erwähnt, bei welcher die Nadeln stellenweise ganz vereinzelt in einer homo- 
genen Masse liegen. Man findet nun nicht selten Fasern, bei denen das eine Ende 
noch deutlich aus Nadeln zusammengesetzt erscheint, während das andere eine ganz 
dichte Beschaffenheit angenommen hat. An gewissen Localitäten (z. B. bei Maestricht) 
zeichnen sich die meisten Spongien durch strukturlose homogene Fasern aus. 

Eine weitere Veränderung erfolgt durch Umkrystallisation der Skeletfasern. Es 
bilden sich Krystallisationscentren, von denen nach allen Seiten feine Strahlen aus- 
gehen und da diese Centren in grosser Zahl theils in der Mitte, theils in der Nähe 
des Randes der Fasern liegen, so erhalten dieselben eine äusserst feine shaeroidisch- 
faserige Mikrostruktur (Taf. XII. Fig. 5). Auch dieser Erhaltungszustand kommt 
zuweilen an Exemplaren vor, bei denen sich einzelne Fasern noch deutlich als aus 
Nadeln bestehend erweisen. 

An gewissen Localitäten z. B. bei Nattheim, Muggendorf, Amberg, im schwä- 
bisch-fränkischen Jura, sowie im Terrain & chailles der Schweiz finden sich die Faser- 
schwämme ganz oder doch theilweise in kieseligem Zustand, wie überhaupt die meisten 
damit vorkommenden Versteinerungen; dieselben können, namentlich wenn sie in 
kalkigem Gestein eingebettet liegen, durch verdünnte Salzsäure vollständig vom Ne- 
bengestein gereinigt werden (Taf. XII. Fig. 6. 7) und geben dann an Schönheit und 
Frische den mitvorkommenden Hexactinelliden und Lithistiden Nichts nach. Unter- 
sucht man jedoch ihre Kieselfasern unter dem Mikroscop, so ist keine Spur von Na- 
delstruktur wahrzunehmen, die kieselige Masse erscheint trüb und wie aus winzigen, 
rauhen, körnigen oder wurmförmigen Körperchen, ohne bestimmte Form zusammen- 
gesetzt (Taf. XII. Fig. 6°). Im Vergleich zu den krystallklaren Gittermaschen der 


u BF ra 2: Dee 


(105) 15 


Hexactinelliden oder zu den durchsichtigen Lithistiden-Elementen, welche sich an den 
gleichen Localitäten finden, sind die verkieselten Skelete der Faserschwämme höch- 
stens durchscheinend und machen durchaus den Eindruck zerklüfteter und chemisch 
veränderter Gebilde. Zuweilen ist nur eine äussere Rinde des Schwammkörpers 
verkieselt, die Fasern im Innern dagegen blieben kalkig. In solchen Fällen habe 
ich die verkieselten Fasern stets von der oben beschriebenen rauhen Beschaffenheit, 
die Kalkfasern dagegen mit deutlichen Nadeln erfüllt gefunden. Hin und wieder 
scheinen allerdings die Nadeln auch nach der Verkieselung ihre Form bewahren zu 
können; es erhielt wenigstens Sollas (l. c. 8. 253) beim Behandeln von Pharetro- 
spongia Strahani mit verdünnter Säure an der Öberfläche kalkiger Fasern ver- 
kieselte, aus Nadeln bestehende Parthieen. Mir sind derartige Exemplare nie zu Ge- 
sicht gekommen, wohl aber kenne ich mehrere jurassische und einen triasischen Fa- 
serschwamm (Stellispongia variabilis) sowohl in kalkigem, als in kieseligem Zustand 
und stets ist bei dem letzteren jede Spur von feinerer Struktur zerstört. 

Dieser Umstand scheint mir den vollgültigen Beweis zu liefern, dass die Fasern 
ursprünglich aus Kalknadeln zusammengesetzt waren und sich erst 
später in Kieselerde umgewandelt haben. Ich halte somit die Faser- 
schwämme für ächte Calcispongien. 

Diese Ansicht widerstreitet dem oben erwähnten Ausspruch Haeckel’s, dass 
fossile Kalkschwämme nicht bekannt seien, sie steht aber auch in Widerspruch mit 
den Ansichten von Sollas und Carter, wornach ein entschiedener Faserschwamm 
aus dem Grünsand von Cambridge (Pharetrospongia) nicht zu den Kalk-, sondern 
zu den Kieselschwämmen gehören soll. Für Sollas waren Form und Lagerung der 
Nadeln, sowie die Erfahrung, dass bei den fossilen Spongien ursprüngliche Kiesel- 
skelete häufig in Kalkspath umgewandelt erscheinen, entscheidend, um Pharetro- 
spongia in die Gruppe der Holoraphidota zu stellen. 

Carter!) fasst die Gründe, welche es unwahrscheinlich machen, dass Phare- 
trospongia zu den Kalkschwämmen gehöre, folgendermassen zusammen. 1) Alle jetzt- 
lebenden Caleispongiae sind nicht allein sehr klein, sondern meistens geradezu 
winzig. 2) Mit Ausnahme eines halben Dutzend Arten besteht das Skelet der Kalk- 
schwämme aus Dreistahlern oder Vierstrahlern und die Stabnadeln sind stets gerade, 
nie bogenförmig gekrümmt. 3) Die Kalkschwämme sind so vergänglich, dass sie un- 
mittelbar nach ihrem Absterben förmlich „zerfliessen‘‘, und zwar wegen Mangel an 
Hornfasern und kieseligen Bestandtheilen. 4) Die Nadeln zerbrechen selbst in Ca- 
nada-Balsampräparaten ziemlich rasch, gehen in wässerige Kügelchen über und lassen 
nach einiger Zeit keine Spur ihrer Anwesenheit zurück. 

Alle diese gegen Pharetrospongia erhobenen Einsprüche beziehen sich auch auf 
die anderen Faserschwämme; sind sie stichhaltig, so wird damit die Möglichkeit des 
Vorkommens fossiler Kalkschwämme überhaupt auf das Bedenklichste erschüttert. 


1) Annals and. Mag. nat. hist. 1877. 5 Ser. I. S. 135. 136. 


16 | (106) 


Was nun zunächst die Grössenverhältnisse betrifft, so muss zugeben werden, 
dass die lebenden Caleispongien selten namhafte Dimensionen erreichten, indessen 
Stöcke von 50—100 mm. Höhe und Breite beschreibt Haeckel bei allen drei leben- 
den Familien, unter den Leuconen gibt es sogar Einzelindividuen von 30—40 mm, 
Länge und 15—20mm. Dicke. Diese letzteren sind in Grösse und äusserer Form fast 
nicht zu unterscheiden von den verbreitetsten Formen der fossilen Faserschwämme, 
wie Peronella und Corynella. Gerade wie die recenten Kalkschwämme an Grösse be- 
deutend hinter den übrigen Spongien zurückbleiben, so zeichnen sich auch die fos- 
silen Faserschwämme im Vergleich zn den Hexactinelliden und Lithistiden durch- 
schnittlich durch geringe Dimensionen aus. Die von Sollas beschriebene Gattung 
Pharetrospongia enthält zufälliger Weise neben Pachytilodia mit die grössten bis 
jetzt bekannten Formen von Faserschwämmen. Die Grössendifferenz zwischen den 
lebenden und fossilen Kalkschwämmen ist keinesfalls so beträchtlich, um die Wahr- 
scheinlichkeit einer Zusammengehörigkeit auszuschliessen. 

Von grösserem Gewicht ist der auf die Form der Skeletelemente bezügliche 
Einwurf. Dass bei den lebenden Kalkschwämmen Stabnadeln nur ausnahmsweise (bei 
nur 8 Arten) das Skelet bilden, lässt sich nicht bestreiten, allein es gibt doch sowohl 
bei den Asconen, als auch bei den Leuconen und Syconen lediglich aus Stabnadeln 
bestehende Gattungen. Es dürfte darum auch nicht überraschen, wenn die Skelete 
aller Faserschwämme lediglich aus Stabnadeln zusammengesetzt wären, denn erfahr- 
ungsgemäss knüpfen ausgestorbene oder in älteren Formationen reich entwickelte 
Familien viel häufiger an seltene und isolirt stehende lebende Formen an, als an 
solche die heutzutage auf dem Höhepunkt ihrer Entwicklung stehen. Auch die ein- 
förmige, gleichmässige Gestalt und Grösse der Spieulae bei den fossilen Faserschwämmen, 
sowie der absolute Mangel an bogenförmig gekrümmten Nadeln und Spongien kann 
zu Gunsten ihrer ursprünglich kalkigen Beschaffenheit hervorgehoben werden. 

Das Vorherrschen von Stabnadeln bei den fossilen Kalkschwämmen scheint mir 
aber noch aus einem anderen Gesichtspunkt von besonderer Bedeutung zu sein. Nach 
den übereinstimmenden Beobachtungen von Metschnikoff, Fr. Eilh. Schulze und 
Barrois treten im Embryo der meisten Kalkschwämme zuerst die Stabnadeln und 
später erst Drei- und Vierstrahler auf. Die Stabnadeln sind also nach dem biogene- 
tischen Grundgesetz die ältesten und primären Skeletelemente und sie müssten darum 
schon aus theoretischen Gründen vorzugsweise bei den fossilen Ahnen der Kalk- 
schwämme vermuthet werden. 

Dass übrigens die charakteristischen Dreistahler der Caleispongien bei den fos- 
silen Formen nicht fehlen, wurde bereits oben erwähnt. Sie liegen theils vereinzelt 
zwischen dem Stabnadeln, theils bilden sie in Gesellschaft von Vierstrahlern das 
ganze Skelet. Eine Verwechslung der Drei- und Vierstrahler von Peronella mit ähnlich 
geformten Skeletelementen von Kieselschwämmen (z. B. Steletta, Pachastrella u. s. w.) 
ist bei einiger Umsicht unmöglich. Die Spieulae der Kalkschwämme sind im Ver- 
gleich zu den erwähnten Kieselgebilden von winziger Grösse, ihre geraden oder ge- 


(107) 17 


bogenen Schenkel sind zugespitzt oder abgestumpft, stets einfach, niemals gegabelt, 
und ihre Axencanäle unendlich fein, an fossilen Exemplaren überhaupt nicht sicktbar. 

Der dritte Einwurf Carter’s bezieht sich auf die geringe Widerstandsfähigkeit 
der Kalkskelete gegen Wellenschlag und chemische Einflüsse. Nach den Beobach- 
tungen des erfahrenen Spongiologen, werden die fast ausschliesslich in seichtem 
Wasser lebenden Kalkschwämme in der kürzesten Zeit vollständig zerstört. Bei den 
fossilen Kalkschwämmen scheint nun allerdings die eigenthümliche Anordnung der 
Nadeln in Faserzüge, sowie die häufige Anwesenheit einer zarten Oberflächenschicht 
einigen Schutz gegen mechanische Zerstörung gewährt zu haben, dass aber die Nadeln 
geradeso wie die lebenden Formen chemischen Einflüssen nur geringen Widerstand 
leisteten, geht aus der Beschaffenheit der Kalkfasern hervor. Exemplare mit wohl 
erhaltenen, deutlich unterscheidbaren Nadeln finden sich höchst selten, viel häufiger 
sind die feinen Skeletelemente ganz oder theilweise zerstört, und die Fasern haben 
eine Struktur angenommen, welche die ehemalige Anwesenheit von Nadeln kaum 
noch vermuthen lässt. 

Es scheint mir somit, dass weder Grösse und äussere Form, noch die 
Skeletbeschaffenheit der fossilen Faserschwämme gegen ihre Zugehörig- 
keit zu den Kalkschwämmen sprechen!). 

Für die Beurtheilung der fossilen Faserschwämme dürfte auch ihr Vorkommen 
in entschieden litoralen Ablagerungen von Bedeutung sein, da die jetzigen 
Kalkschwämme zum grössten Theil nur in ganz geringer Tiefe leben. Die meisten 
finden sich in der Litoralzone von der Fluthgrenze bis zu 2 Faden Tiefe festgeheftet 
auf Steinen. Nur in spärlicher Zahl gehen sie bis zu 20 Faden herab, doch hat man 
vereinzelte Formen auch aus 60—70 Faden, ja eine einzige Art (Leucaltis bathybia) 
nach Haeckel sogar aus 542 Faden Tiefe heraufgezogen. 

Obwohl nach den Erfahrungen über die Metamophorse der fossilen Kiesel- 
schwämme in Kalkspath die chemische Beschaffenheit des Skeletes bei den fossilen 
Spongien nur mit grosser Vorsicht zu verwerthen ist, so dürfte es doch nicht gleich- 
gültig sein, dass vielleicht neun Zehntel aller bis jetzt bekannten fossilen Faser- 
schwämme und zwar aus den verschiedensten Formationen und Fundorten in kalkigem 
Zustande vorliegen, und dass verkieselte Exemplare in der Regel nur da vorkommen, 
wo beinahe alle ehemaligen Kalkschalen oder Skelete in Kieselerde umgewandelt sind. 

Nachdem ich den Beweis zu führen versucht habe, dass die fossilen Faser- 
schwämme zu den Caleispongien gehören, bleibt die weitere Frage zu ermitteln übrig, 
ob sich dieselben einer der jetzt lebenden Familien einfügen, oder ob sie eine selbst- 
ständige Gruppe bilden. 

Nach Haeckel zerfallen die Kalkschwämme in 3 Familien: Ascones, Leucones, 


1) Zu meiner grossen Genugthuung hat Herr H. Carter, nachdem ich ihm eine Anzahl fossiler 
Exemplare, sowie einige mikroskopische Präparate zugeschickt hatte, die Existenz fossiler Kalkschwämme 
als „unzweifelhaft“ erklärt. - 

Abh. d. II. Cl.d.k. Ak.d. Wiss. XIII. Bd. II. Abth. 3 


18 | (108) 


Syeones. Bei den Asconen ist die dünne Wand nur von vergänglichen Hautporen 
oder Locheanälen durchbohrt, bei den Leuconen entwickelt sich in der dicken Wand 
ein ziemlich eomplieirtes System von Asteanälen, bei den Syconen besteht der ganze 
Schwammkörper aus einfachen Radialtuben, welche sich nach der Magenhöhle öffnen. 

Die Syconen sind durch eine einzige im oberen Jura vorkommende Gattung 
fossil vertreten; die kalkigen Faserschwämme stimmen dagegen hinsichtlich ihres 
Canalsystems weder mit den Asconen noch mit den Syconen überein; wohl aber gibt 
es unter den lebenden Leuconen Formen mit absolut identischem Verlauf der Wasser- 
canäle. In dieser Hinsicht schliessen sich somit die fossilen Kalkschwämme am besten 
an die Leuconen an; gegen ihre Vereinigung mit denselben spricht aber entschieden 
die höchst auffallende Anordnung der Spiceulae in Faserzüge. 

Im Allgemeinen zeigt sich in der Vertheilung und Lagerung der Skeletelemente 
bei den Kalkschwämmen innerhalb der einzelnen Familien grosse Uebereinstimmung,. 
So liegen z. B. bei den Asconen die Dreistrahler fast alle in einer einzigen Schicht 
und sind vollständig in das Syneytiam eingebettet, von den Vierstrahlern dagegen be- 
finden sich die drei facialen Schenkel völlig in der Fläche des Dermalblattes, wäh- 
rend der vierte oder apicale Strahl frei in die Magenhöhle hineinragt. Auch die 
Stabnadeln sind ursprünglich ganz vom Syneytium umschlossen, doch springen sie 
nachträglich meist mehr oder weniger vor und bilden Büschel, Kränze und Borsten. 

Ueberaus regelmässig sind die Spieulae bei den Syconen vertheilt. Die Zu- 
sammensetzung der Wand aus Radialtuben bedingt eigenthümliche Differenzirungs- 
Verhältnisse im Skelet und eine bestimmte radiale Anordnung der einzelnen Theile. 
Man unterscheidet darum stets das eigentliche Skelet der Wand und der Radialtuben 
von dem Skelet der Gastral- und Dermal-Fläche. Ersteres besteht meist nur aus 
Dreistrahlern, sehr selten aus Stabnadeln oder Vierstrahlern; in der Regel bilden 
die Dreistrahler mehrere parallele Schichten und sind immer so gelagert, dass sich 
der sagittale Strahl gegen aussen kehrt, während die beiden lateralen (meist kür- 
zeren) Schenkel fast in einer Ebene schräg nach Innen divergiren. Auch im Dermal- 
und Gastral-Skelet zeichnen sich die Spieulae durch ihre gesetzmässige Anordnung aus. 

Ganz anders sind die Skeletelemente der Leuconen gelagert. Auch bei diesen 
zeigen die äussere Oberfläche und die der Magenhöhle eine von der eigentlichen 


Wand abweichende Beschaffenheit, so dass man ebenfalls Dermal-Skelet, Parenchym- _ 


Skelet und Gastral-Skelet unterscheidet. Im Innern der dieken Wand wird das Pa- 
renchym-Skelet aus einer Masse von Kalknadeln von verschiedener Form und Grösse 
gebildet, die ohne alle Ordnung durcheinander gestreut sind. Meist überwiegen 
die Dreistrahler, denen sich in geringer Menge Vierstrahler und Stabnadeln bei- 
mischen. Die Oberfläche der Leuconen ist entweder glatt oder stachelig. Das glatte 
Dermalskelet entsteht dadurch, dass sich die Spieulae dieht aneinander drängen, 
und etwas regelmässiger angeordnet sind, als im Innern der Wand. Das stachelige 
Dermalskelet wird durch grosse Stabnadeln gebildet, welche mit ihrem distalen Theil 


u Be, 


(109) 19 


über die Oberfläche hervorragen. In ähnlicher Weise wie das Dermalskelet entsteht 
auch das glatte oder stachelige Skelet der Gastralfläche. 

Wie man aus dieser flüchtigen Darstellung der Skeletverhältnisse bei den le- 
benden Kalkschwämmen sieht, unterscheiden sich die fossilen Formen wesentlich da- 
durch von den Asconen, Syconen und Leuconen, dass ihre meist einaxigen Nadeln 
in Faserzüge gruppirt sind, worin sie in paralleler Richtung zur Längsaxe der Faser, 
wie die Pfeile in einem Köcher, dicht aneinander liegen. Diese Eigenthümlichkeit, 
in Verbindung mit gewissen charakteristischen Merkmalen des Canalsystems und der 
äusseren Form, rechtfertigen die Aufstellung einer besonderen Familie, für welche 
ich die Bezeichnung Pharetrones (yao£rga der Köcher) vorschlage. 


Pharetrones. Zitt. 
Aeussere Form. 

Wie in allen anderen Ordnungen liefert die äussere Gestalt der Kalkschwämme 
wegen ihrer Unbeständigkeit und Mannichfaltigkeit keine Merkmale von entscheiden- 
der, systematischer Wichtigkeit. Man findet bei den Pharetronen fast alle Former- 
scheinungen wieder, welche bei den Lithistiden vorkommen; auch hier sind Cylinder, 
Keulen, Schüsseln, Becher, Blätter, Knollen und ästige Büsche oder Zweige die ver- 
breitetsten Gestalten. Im Allgemeinen erreichen aber die Lithistiden viel beträcht- 
lichere Dimensionen, während unter den Pharetronen Schüsseln vom 70—80 mm. 
Durchmesser oder Cylinder von der gleichen Höhe schon zu den ungewöhnlich statt- 
lichen Formen zählen. Immerhin überragt die durchschnittliche Grösse der Phare- 
tronen jene der lebenden Kalkschwämme um ein Beträchtliches. 

Die Wände besitzen eine ansehnliche Dieke und bestehen aus soliden anasto- 
mosirenden Kalkfasern. 

Die Magenhöhlen lassen sich meist sehr deutlich von den Canalostien oder 
Poren der Oberfläche unterscheiden. Sie sind bald röhrig vertieft und reichen vom 
Scheitel bis zur Basis, bald von trichterförmiger Gestalt, bald seicht, zuweilen sogar 
kaum in die Skeletmasse eingesenkt. 

Sämmtliche Pharetronen heften sich auf einer Unterlage fest. 


Das Canal-System 


stimmt bei vielen Pharetronen, namentlich bei solchen mit wohlentwickelter ver- 
tiefter Magenhöhle, mit dem der Leuconen überein. Es münden ungerade Astcanäle, 
welche mit ihren feinen verzweigten Enden in der Näbe der Oberfläche beginnen, 
und sich gegen Innen zu einem immer dicker werdenden Stamme vereinigen, in die 
Magenhöhle. Diese Canäle haben meist radialen Verlauf, doch stellen sie sich in der 
Mitte des Schwammkörpers namentlich bei seichter Magenhöhle zuweilen auch senk- 
recht und führen letzterer das Wasser von unten her zu. Die Canalostien auf der 
Gastralfläche stehen unregelmässig und sind in ihrer Grösse abhängig von der Stärke 
der Canäle. 
3* 


N 


20 (110) 


Bei Formen mit unentwickelten Magenhöhlen dringen feine, ungerade Canälchen 
von einer oder auch von beiden Oberflächen in die Wand ein, ohne dieselbe zu 
durchbohren. 

Nicht selten fehlen bestimmte Canäle vollständig und zwar beobachtet man 
diese Erscheinung sowohl bei Formen mit röhriger Magenhöhle, als auch an solchen 
ohne alle Oscula und Magenhöhlen. In allen Fällen, wo Canäle fehlen, zeigt das 
Skeletgewebe eine lockere Beschaffenheit, welche die Wassereirculation unbehindert 
gestattet. 

Höchst eigenthümlichen Erscheinungen der Wassercireulation begegnet man bei 
den Gattungen Verticillites und Celyphia. Bei der erstgenannten Gattung bestehen 
die eylindrischen Individuen mit röhriger Magenhöhle aus aufeinander geschichteten 
Hohlringen, von denen die Decke des einen immer als Basis für den folgenden dient. 
Nur die Wände dieser Ringe bestehen aus Nadelfasern, das Innere ist hohl. Von 
den Hohlräumen der Ringe führen feine Locheanäle in die Magenhöhle, und durch 
ähnliche Canäle stehen sie selbst unter einander in Verbindung. Bei Celyphia sind 
die Stöcke aus hohlen, kugeligen Individuen zusammengesetzt, die keine gemeinsame 
Magenhöhle besitzen und lediglich durch kleine runde Oeffnungen mit der Aussen- 


welt communiciren. 


Skelet und Erhaltungszustand 


der Pharetronen wurden bereits oben ausführlich geschildert, so dass über die Fasern 
und deren Bau nichts wesentliches mehr zu bemerken übrig bleibt. Eine beachtenswerthe 
Eigenthümlichkeit der Pharetronen besteht darin, dass niemals isolirte Oberflächen- 
Nadeln von charakteristischer Form oder besonderer Grösse vorkommen. Das Faser- 
skelet tritt entweder nackt und ungeschützt an die Oberfläche oder es ist von einem 
äusseren glatten Dermalskelet umhüllt, welches jedoch nicht wie bei den Lithi- 
stiden aus abweichend geformten Oberflächennadeln sondern genau aus denselben 
kleinen Nadeln besteht, wie das ganze übrige Skelet. Dem unbewaffneten Auge er- 
scheint die Dermalschicht der fossilen Kalkschwämme glatt oder concentrisch runzelig 
und ganz übereinstimmend mit der sogenannten Epithek der Korallen. Man hat 
sie desshalb bisher auch stets mit diesem Namen bezeichnet. Nur selten gelingt es 
übrigens ihre Nadelstruktur noch nachzuweisen, da sich gerade an der Oberfläche die 
chemischen Einflüsse besonders geltend machten und meist zur vollständigen Zerstör- 
ung der Skeletelemente führten. 


Systematik. 

Von einer speciellen Classification der formenreichen Familie der Pharetronen 
musste vorerst noch abgesehen werden, da nur bei wenigen Gattungen die Skelet- 
nadeln mit genügender Deutlichkeit beobachtet werden können. In der Regel muss 
man sich begnügen, die Anwesenheit von Spiculae überhaupt zu constatiren und nur 
ausnahmsweise ist man auch in der Lage die Form derselben genau zu unterscheiden. 


(111) 91 


Alle soustigen von der äusseren Form, dem Aufbau und dem Canalsystem entlehnten 
Merkmale erwiesen sich als unzureichend zur Aufstellung und namentlich zur scharfen 
' Abgrenzung natürlicher Gruppen. Ich habe darum im speciellen Theil die Gattungen 
in der Reihenfolge aufgezählt, wie sie sich nach der Gesammtheit ihrer der Beobach- 
tung zugänglichen Merkmale am besten aneinander anschliessen. 


Vorkommen, zeitliche Verbreitung und Stammesgeschichte. 


Im Gegensatz zu den Hexactinelliden und Lithistiden finden sich die Phare- 
tronen gesellig und in grösserer Menge nur in Ablagerungen litoralen Ursprungs, 
am häufigsten in mergeligen und sandigen Gesteinen, meist vermischt mit zahlreichen 
Gastropoden, Pelecypoden, Brachiopoden, Bryozoen und Echinodermen. Die ältesten 
Kalkschwämme, welche mir zur Untersuchung vorlagen, stammen aus dem devonischen 
Stringocephalenkalk von Vilmar in Nassau, einer durch Reichthum an schön erhal- 
tenen Gastropoden und Bivalven berühmten Localität. Sie gehören der formenreichen 
Gattung Peroaella an. Nach einer mündlichen Mittheilung von Herrn Prof. de Ko- 
ninck sollen zahlreiche, unbeschriebene Formen im Kohlenkalk von Tournay gefunden 
worden sein. Unter den von Geinitz und King beschriebenen Spongien der Dyas 
dürfte Eudea tubereulata King zu Corynella gehören, die meisten anderen sind sehr 
zweifelhaften, zum Theil sicher unorganischen Ursprungs. 

Die ausseralpine Trias hat nur in Schlesien eine Pharetronen-Gattung (Cory- 
nella) geliefert, dagegen findet sich in den Alpen bei St. Cassian und der Seeland- 
Alpe unfern Schluderba®h die erste reiche Kalkschwammfauna, in welcher 13 Gat- 
tungen mit zahlreichen Arten nachgewiesen worden sind. Diese Ablagerungen 
tragen das entschiedenste Gepräge von Litoralbildungen und sind erfüllt von jener 
charakteristischen Pygmäenfauna, die nach Fuchs in ehemaligen Tangwiesen gelebt 
baben soll. Die Gattungen Eudea, Peronella, Corynella, Verticillites, Colospongia, 
Stellispongia, Leiospongia, Pharetrospongia etc. repräsentiren bereits die wichtigsten 
Modifieationen, welche hinsichtlich des Aufbaus und der äusseren Erscheinung bei 
den Pharetronen überhaupt vorkommen. 

Aus der rhätischen Stufe der, bayerischen Alpen sind mir schlecht erhaltene 
zum Theil verkieselte Kalkschwämme bekannt, die sich jedoch nicht näher bestimmen 
lassen. Der Lias scheint für die Entwickelung von Spongien höchst ungünstig ge- 
wesen zu sein; er hat bis jetzt nur vereinzelte Kieselnadeln, aber keine zusammen- 
hängende Skelete weder von Kiesel- noch von Kalk-Schwämmen geliefert. 

Aus dem unteren Oolith von Bayeux und Port en Bessin in Calvados erwähnen 
Michelin und d’Orbigny zahlreiche Spongien, die zum grössten Theil zu den 
Pharetronen (Peronella, Corynella, Pharetrospongia, Stellispongia) gehören. Noch 
reichlicher finden sich dieselben Gattungen im Grossoolith von Ranville, St. Aubin 
und Langrune sowie in den gleichaltrigen Schichten des Krakauer Gebietes, insbe- 


sondere bei Balin. 


ID 
DD 


(112) 


Der obere Jura, welcher in den sog. Spongitenkalken des Juragebirges, so er- 
staunliche Mengen von Hexactinelliden und Lithistiden führt, ist arm an Kalk- 
schwämmen. Als Seltenheit erscheint hier der älteste Vertreter der Syconen (Seyphia 
punctata Goldf.), begleitet von Myrmecium rotula Mst. und Peronella eylindrica Goldf. 
Als Horizonte für Kalkschwämme können dagegen das Terrain ä chailles, das Coralrag 
von Nattheim und die kieseligen Jurakalke von Amberg bezeichnet werden. An diesen 
Localitäten finden sich verschiedene Arten von Peronella, Corynella, Eusiphonella, 
Crispispongia, Stellispongia, Eudea und Blastinia und zwar meist in verkieseltem 
Zustand. Auch aus der Gegend von Bruntrut und Chambery sind durch Etallon!) 
und Fromentel?) eine Anzahl oberjurassischer Kalkschwämme aus den genannten 
Gattungen beschrieben worden. 


In der Kreideformation scheinen die Pharetronen den Höhepunkt ihrer Ent- 
wicklung erreicht zu haben. Sie liegen massenhaft in verschiedenen Horizonten der 
unteren Abtheilung dieser Formation (Valenginien, Neocomien und Aptien) und es 
haben namentlich der norddeutsche Hils, das Neocom von St. Dizier, Germiney, 
Vassy, Morteau, Fontenoy u. s. w. in Frankreich, das Valenginien von Arzier, das 
Neocomien vom Mont Salöve, das Urgonien von la Rusille und Landeron, das 
Aptien von La Presta in der Schweiz und der untere Sand von Farringdon in Eng- 
land durch -die Arbeiten von Fromentel?°), F. A. Römer‘), Loriol?) und Sharpe) 
eine gewisse Berühmtheit erlangt. 


Im Cenomanian zeichnen sich die Toartia von Essen, der Gründsand von Le 
Mans und Cambridge durch Reichthum an trefflich erhaltenen Kalkschwämmen aus 
und schliesslich bildet der Kreidetuff von Maestricht die Localität, welche die letzten 
Vertreter der Pharetronen in grösserer Menge beherbergt. 


Wie aus nebenstehender Tabelle ($. 23) hervorgeht, stimmen die meisten cre- 
tacischen Gattungen mit den bereits im Jura vorkommenden überein. 


1) Thurmann und Etallon. Lethaea Bruntrutana. Neue Denkschriften der schweizerischen 
naturforschenden Gesellschaft. Bd. XIX und XX. 
2) Pillet et Fromentel. Description geologique et pal&ontologique de la colline de Lemenc 
Chambery 1875. 
3) Fromentel E. de. Introduction a l’etude des eponges fossiles. Mem. Soc. Lin. de la Nor- 
mandie vol. XI. 1859. 
Br Catalogue raisonne des Spongitaires de l’ötage Neocomien. Bull. Societe 
des sciences de lYonne 1861. 
4) RömerF.A. Die Spongitarien des norddeutschen Kreidegebirges. Palaeontographica XIII. 1864. 
5) Loriol P. de. Description des animavx invert. foss. du neocomien moyen du Mont. Saleve 1863. 
. Monographie des couches de l'etage Valenginien d’Arzier, in Pictet’s Materi- 
aux pour la Paleontologie Suisse 4 ser. 1868. 
r et Gillieron. Monographie de l’&tage Urgonien inferieure de Landeron. Mem. 
soc. helv. des sciences nat. vol. XXIII. 169. _ 
6) Sharpe. Quarterly journal of the geological society. 1854. vol. X. 


(113) 


Jetztzeit. 


Zeitliche Vertheilung der Kalkschwämme. 


Leucones. 


Leucetta. 
Leueylla. 
Leucyssa. 
Leucaltis. 
Leucortis. 
Leuculmis. 


Ascones. 


Ascetta. 
Asceylla. 
Ascyssa. 
Ascaltis. 
Ascortis. 
Asculmis. 
Ascandra. 


Leucandra. 


DD 
IS) 


Sycones. 


Sycetta. 
Sycylla. 
Syeyssa. 
Sycaltis. 
Sycortis. 
Syeulmis. 
Sycandra. 


Tertiär. 


Isyorleisritser Na dreslin. 


Obere und mitt- 
lere Kreide, 


— Verticillites. 
Peronella. 
Corynella. 

-? Hippalimus. 
Synopella. 


Pharetrones. 


Oseulospongia. 
Elasmostoma, 
Diplostoma. 
Pharetrospongia. 
Pachytilodia, 


Untere Kreide. 


Vertieillites. 
Peronella. 
Elasmocoelia. 
Conocoelia. 
Corynella. 
Stellispongia. 


Sestrostomella. 
Synopella. 
Oculospongia. 
Elasmostoma. 
Diplostoma. 
Pharetrospongia. 


Oberer Jura. 


Eudea. 
Pe&onella. 
Eusiphonella. 
Corynella. 
Myrmecium. 
Stellispongia. 
Sestrostomella. 
Blastinia. 
Crispispongia. 


Mittlerer Jura. 


Lias. 


Trias. 


Dyas. 


Eudea. 


Colospongia. 
Verticillites. 
Celyphia. 
Himatella. 
Peronella. 


Protosycon. 


Eudea. 
Peronella. 
Corynella. 
Lymnorea. 
Stellispongia. 
Sestrostomella. 
Pharetrospongia. 


Corynella. 
Stellispongia. 
Sestrostomella. 
Crispispongia. 
Pharetrospongia. 
- Leiospongia. 
?Peronella. 
?Corynella. 


Kohlenkalk. | 
Devon. 


? 


Peronella. 


sn (114) 


Auffallender Weise sind in der Tertiärformation, abgesehen von isolirten Nadeln 
im Rothen Crag, welche von Johnson der Grantia compressa zugeschrieben werden, 
keine Kalkschwämme nachgewiesen worden ; es scheinen somit die offenbar am meisten 
widerstandsfähigen Pharetronen mit Ende des mesolithischen Zeitalters erloschen zu sein. 


Im Gegensatz zu den Kieselschwämmen zeigt sich bei den Pharetronen eine 
ziemlich continuirliche Entwickelung. Viele Gattungen überschreiten die Grenzen von 
ein oder zwei Formationen und zeichnen sich durch ungewöhnliche Langlebigkeit aus. 
Auch die Formenveränderung innerhalb der Gattungen bewegt sich in bescheidenen 
Grenzen, so dass unter Umständen die Arten aus der obersten Kreide denen aus Jura 
und Trias zum Verwechseln ähnlich sehen. « 


In der ehemaligen Lebensweise der Kalkschwämme liegt wohl am einfachsten 
die Erklärung ihrer mehr geschlossenen Aufeinanderfolge. Sie waren Küstenbewohner 
und da im Allgemeinen mehr Litoral- als Tiefseebildungen der Untersuchung zu- 
gänglieh sind, so kann es auch nicht befremden, wenn die Kalkschwämme an zahl- 
veicheren Localitäten und in mehr Horizonten auftreten, als die auf Tiefsee-Ablager- 
ungen angewiesenen Hexactinelliden und Lithistiden. 


In phylogenetischer Hinsicht dürfen wohl die Pharetronen als diejenigen Formen 
betrachtet werden, aus denen sich die heutigen Leuconen und Asconen entwickelt 
haben. Will man mit Haeckel als Stammform der Kalkschwämme (abgesehen von 
den problematischen vorhergehenden und erhaltungsunfähigen Embryonaltypen) einen 
mit Osculum und Magenhöhle versehenen festsitzenden Olynthus annehmen, so muss 
man sich denselben mit Stabnadeln versehen denken, denn nicht nur treten die ein- 
axigen Skeletgebilde bei den Larven der heutigen Kalkschwämme zuerst auf und sind 
somit als die genetisch ältesten zu betrachten, sondern sie setzen auch bei den älteren 
Pharetronen ausschliesslich die Skelete zusammen. 


Auf eine eingehendere Besprechung des genetischen Zusammenhangs der ein- 
zelnen Gattungen bei den Pharetronen, wie dies Haeckel für die Genera der drei 
lebenden Familien gethan hat, muss angesichts der noch unvollkommenen Kenntniss 
des Details in der Skeletbeschaffenheit verziehtet werden; sie würde nur unzuver- 
lässige Resultate ergeben. Auch darüber ob, in welcher Weise und zu welcher Zeit 
die Aseonen und Leuconen sich aus den Pharetronen entwickelt haben, fehlt es vor- 
läufig noch an festen Anhaltspunkten. Wohl aber steht fest, dass sich die Familie 
der Syconen schon frühzeitig (jedenfalls schon im Jura) abgezweigt hat. 


(115) 25 


Uebersicht der fossilen Kalkschwämme, 


1. Familie: Ascones. Haeckel. 


Magenwand dünn, von unbeständigen Hautporen, wandungs- 
losen und vergänglichen Parenchym-Lücken, nicht vonbleibenden 
Canälen durchsetzt. Skeletnadeln meist in einer einzigen Schicht 
parallel der Oberfläche. 

Fossile Vertreter bis jetzt nicht bekannt. 


3. Familie: Leucones. Haeckel. 


Magenwand dick, unregelmässig von ungeraden und verästelten, 
meist anastomosirenden und ohne bestimmte Anordnung verlaufenden 
Asteanälen durchsetzt. Parenchymskelet aus regellos gelagerten Nadeln 
bestehend, ausserdem besondere Dermal- und Gastral-Schichten. 

Fossile Formen unbekannt!). 


3. Familie: Pharetrones. Zitiel. 


Wand diek, mit ungeraden Astcanälen oder ohne alle Canäle. Ske- 
letelemente zu anastomosirenden Fasern angeordnet. Dermalschicht 
häufig vorhanden. 


1) Durch Herrn Prof. Dr. Toula in Wien wurde mir vor einigen Tagen zwei der älteren Kreide 
zugehörige Gesteinsstücke aus Pirot in Bulgarien zugesandt, welche fast ganz aus kleinen, subeylin- 
drischen gegen unten verschmälerten Körpern von c. 10—15 mm. Länge und 3—4mm. Dicke bestehen. 
Die offenbar organischen Hohlkörper erinnern am meisten an die Gyroporellen der Trias, allein es 
fehlen ihnen die charakteristischen Poren und Canale derselben. In der Centralhöhle münden allerdings 
radiale Canäle, die sich gegen unten steiler stellen und-schliesslich vertical von unten in die Magen- 
höhle führen, allein ein Fasergewebe fehlt. Dagegen beobachtet man zuweilen in der meist homogenen 
Masse der Wand einzelne grosse Stabnadeln , und drei- oder vierstrahlige Spieulae, deren Form nicht 
genau zu ermitteln ist. Sollten diese massenhaft vorkommenden Körper, wie ich vermuthe zu den 
Leuconen gehören, so würde diese Familie somit schon in der Kreide beginnen. 

Spätere Anmerkung während des Druckes. 


Ah.d. II. Cl.d.k.b. Akd. Wiss. XIII. Bd. U. Abth. 4 


2%6 (116) 


Eudea. Lam. 
1821. Exposition meth. 8. 46. pl. 74. Fig. 1—4. 


Syn. Eudea p. p. d’Orb.; Verrucospongia p. p. d’Orb.; Epeudea, Ependea, Stegendea 
From.; Spongites, Orispongia Quenst.; Solenolmia, Verrucospongia, Eudea, Elasmeudea Pomel. 


Schw. einfach oder ästig, eylindrisch, keulenförmig oder birnförmig festge- 
wachsen; mit röhriger, enger, bis zur Basis reichender enger Centralhöhle. Das Skelet 
besteht aus groben anastomosirenden Fasern, welche sich an der Oberfläche mit Aus- 
schluss des Scheitels plattig ausbreiten, mit einander verschmelzen und eine glatte 
dichte Dermalschicht bilden, worin runde oder verzerrte, zuweilen gerandete Oeff- 
nungen liegen, die mit seichten Vertiefungen in Verbindung stehen. In derselben 
Weise besteht auch die Wand der Magenhöhle aus einer glatten Schicht, die nur 
von den porenförmigen Oeffnungen durchstochen ist. 

Das Canalsystem ist wegen der grossmaschigen Beschaffenheit des Skeletes un- 
deutlich entwickelt; das Wasser trat wahrscheinlich durch die grossen Ostien der Ober- 
fläche in den Schwammkörper, circulirte zwischen den groben Nadelfasern und gelangte 
durch die oben beschriebenen Poren in die Magenhöhle. An angeschliffenen Exem- 
plaren zeigen sich weder in Längs- noch Quer-Schnitten Canäle. 

Von dieser Gattung wurde schon im Jahre 1821 von Lamouroux eine Species 
aus dem Grossoolith von Caen beschrieben und Herrn Eudes-Delongchamps zu Ehren be- 
nannt. Michelin Ic. 58. 8 gibt eine neue vortreffliche Abbildung der gleichen Art, 
hält jedoch sonderbarer Weise die charakteristische glatte Epidermis der Oberfläche für 
einen fremden parasitischen Körper, für welchen er den Gattungsnamen Eudea beibehält, 
während die vermeintliche Unterlage als Scyphia clavarioides oder cymosa bezeichnet wird. 

d’Orbigny stellt Michelin’s Eudea cribaria wieder zur Lamouroux’schen Art, trägt 
jedoch den Namen Eudea auf eine grosse Anzahl cylindrischer Schwämme mit wohl ent- 
wickeltem Canalsystem. 

Fromentel endlich behält, allen Regeln der Terminologie entgegen, den Namen 
Eudea für einen grossen Theil der von d’Orbigny der Lamouroux’schen Gattung zuge- 
theilten Formen bei und bezeichnet die typische Art (E. clavata Zamz. —= Eudea cri- 
braria Mich.) mit einem neuen Gattungsnamen Epeudea (oder Ependea). Später errichtet 
Fromentel für die ästigen Formen eine besondere Gattung Stegendea (richtiger Ste- 
geudea). 

Pomel geht zwar wieder auf die Lamouroux’sche Anschauung zurück, gründet 
aber nebenher noch die überflüssigen Gattungen Elasmeudea und Solenolmia. 

Bei Quenstedt werden die oberjurassischen Arten in früheren Werken als Spon- 
gites, in der Petrefaktenkunde Deutschland dagegen unter dem Gattungsnamen Orispongia 
beschrieben. 

Von Eudea kommen mehrere Arten schon in der alpinen Trias vor; ihre Haupt- 
verbreitung findet die Gattung jedoch im oberen Jura. Hier sind die Exemplare häufig 
theils an ihrer Oberfläche, theils vollständig verkieselt, 


(117) 27 


1) Seyphia Manon. Münst. Beitr. IV. 1. 15. Trias. St. Cassian. 

2) Scyphia polymorpha. Klipst. Oestl. Alp. 19. 12. St. Cassian. 
(Verrucospongia polymorpha. Laube Fauna von St. Cassian 1. 12.) 

3) ?Epeudea pusilla. Zaube. 1. 1. St. Cassian. 

4) Eudea clavata. Lamx. Expos. meth. 74. 1—4 Bathonien. 
(Eudea cribraria. Mich. Ic. 58. 8.) 

5) Spongites perforatus. Quenst. Jura 84. 26. 27. Ob. Jura. 
(Orispongia perforata. Quenst. Petr. V. 124. 22—28). 


6) Orispongia globata. Quenst. ib. 124. 29— 34. Ob. Jura. 
(Manon peziza p. p. Goldf. 34. 8) 


7) Orispongia pisum. Quenst. ib. 124. 35. 36. 
8) Epeudea macropora, From. Polyp. cor. de Gray. 15. 2. Coralrag. 


9) Eudea corallina. Zt. Sur la classific. des Spongiaires du Haut-Jura Actes de 
la Soc. jurass. d’emulation 1860. 8. 147. Fig. 13. 


10) Ependea elongata. From. et Pill. Coll. de Lem. 12. 5. 6. Tithon. 
11) Stegendea ‚Pilleti. From. et Pill. ib. 13. 8. Tithon. 


Colospongia. Laube. 
Fauna von St. Cassian. S. 17. t. 1. Fig. 16. 
Syn. Manon p. p. Münst. Klipst.; Amorphospongia p. p. d’Orb. 


Schw. eylindrisch, keulenförmig, zuweilen ästig, aus kugeligen oder ringförmigen 
Segmenten aufgebaut, welche äusserlich durch tiefe Einschnürungen angedeutet sind. 
Oberfläche grob porös, die unteren Segmente zuweilen mit glatter, dichter Dermal- 
schicht bekleidet. Scheitel gewölbt. mit kleinem kreisrundem Osculum einer engen 
den ganzen Schwammkörper durchbohrenden Centralröhre. 

Die Segmente sind im Innern ausgefüllt von einem äusserst lockeren anasto- 
mosirenden Fasergewebe, das sich an den Wandungen etwas verdichtet. Canalsystem 
fehlt. 

Ich habe die Laube’sche Gattungsdiagnose nach einem wohlerhaltenen ästigen Exemplar 
von der Seeland-Alpe, welches im Durchschnitt eine Centralröhre zeigt, und nirgends eine 
Spur von Epithek erkennen lässt, modificirt. Colospongia vermittelt Eudea und Peronella 
mit Vertieillites. Von letzterer unterscheidet sich die vorliegende Gattung durch unvoll- 
kommener entwickelte Querböden sowie dadurch, dass die Segmente im Innern nicht hohl, 
sondern von lockerem Skeletsewebe erfüllt sind. 

Die einzige Art stammt aus der alpinen Trias. 

Colospongia dubia. Laube. Fauna von St. Cassian. 1. 16. 
(Mamon dubium. Mstr. Beitr. IV. 1. 11.) 


(Manon pertusum. Klipst. Oestl. Alp. 19. 14.) 
4* 


28 (118) 


Vertiecillites. Defr. 


Syn. Verticillites (Ellis) Defr., d’Orb.; Scyphia Goldf.; Verticillopora Blainv., Sharpe 
(non MCoy); Verticillocoelia From.; Vertieillites, Cystopora Pomel ; Verrucospongia p. p. Laube. 


Schw. einfach oder buschig. Einzelindividuen cylindrisch oder keulenförmig, an 
der Oberfläche häufig mit horizontalen Einschnürungen. Scheitel mit kreisrundem Os- 
culum. Der ganze Schwammkörper ist aufgebaut aus dünnwandigen Hohlringen, von 
denen sich jeder in der Weise dem vorhergehenden anfügt, dass die horizontale oder 
gewölbte Decke des ersteren zugleich den Boden des darauf folgenden bildet. Diese 
Ringe werden von einer senkrechten, vom Osceulum bis zur Basis reichenden Central- 
röhre durchbohrt. Die Wand der Centralhöhle, die äussere Wand und die Querböden 
sind vielfach durchlöchert und mit Canälen versehen, die in das Innere der hohlen 
Segmente führen. Sämmtliche Wandungen bestehen aus einem Gewebe anastomosi- 
render Kalkfasern. Bei einzelnen Arten werden die Böden der Hohlringe durch feine 
Verticalfortsätze der Skeletsubstanz mit einander verbunden. 

Die Mikrostruktur des Kalkskeletes ist in der Regel zerstört, so dass die Fasern 
bei starker Vergrösserung lediglich eine krystallinisch strahlige Beschaffenheit er- 
kennen lassen. An einem Exemplar von Verticillites anastomans Mant. aus dem 
Aptien von La Presta ist es mir indess gelungen, die Zusammensetzung der Fasern 
aus meist deutlich dreistrahligen Nadeln zu constatiren. Damit ist die Zugehörigkeit 
dieser Gattung, welche sich in ihrem Gesammthabitus auf das Innigste an Peronella 
anschliesst, zu den Spongien sicher gestellt. 

Ich kenne verschiedene Arten aus der Trias und unteren Kreide. 


a) Aus der Trias: 
1) Seyphia armata. Klipst. Beitr. 19. 13. 14. 
(Verrucospongia armata Laube Fauna v.. St. Cassian. 1. 10.) 
Ich habe durch Herrn Dr. Loretz eine Anzahl Exemplare von der Seeland-Alpe 
erhalten, welche die Hohlringe, die etwas gewölbten Horizontalböden und die perforirte 
Wand der Centralröhre vorzüglich erkennen lassen. 


b) Aus der Kreide. 

1) Verticillopora anastomans. Mantell. Wonders of Geology. S. 636. Fig. 3. Me- 
dals 2 ed. 8. 227. Fig. 4. 8. 229. Fig. 3. 
(Vertieillopora anastomans. Sharpe. Quart. journ. 1854. vol. X. pl. 5. 1.) 
(? Vertieillites trumcata. d’Orb. Prod. Et. 17. 560.) 

 (@ Discoelia Helvetica. Loriol. Urgon. Land. 5. 4—11.) 

2) Vertieillites digitata. d’Orb. ib. Et. 19. 357. 

3) Vertieillites incrassata. d’Orb. ib. Et. 20. 768. 

4) Thalamopora siphonioides. Mich. Ic. 53. 9. 

5) Verticillites cretaceus. Defr. Diet. sciene. nat. 1829. LVII. 5. 
(Verticillite dEllis. Defr. Diet. Atlas. Polyp. pl. 44. Fig. 1.) 


(119) 29 


(Verticillopora cretacea. Blv. Manuel Actinol. 66. 1.) 
(Verticillites cretaceus. Bronn Leth. geogn. 29. 5.) 

6) Vertieillites Goldfussi. d’Orb. Prod. Et. 22. 1463. 
(Scyphia verticillites. Goldf. 65. 9.) 


Celyphia. Pomel. 
Pal d’Oran. S. 229. 


Syn. Manon p. p. Mstr. Klipst.; Hippalimus p. p. @Orb.; Verrucospongia p. p. Laube. 


Schw. aus kugeligen oder eiförmigen, unregelmässig an einander gereihten, oft 
zu knolligen Massen vereinigten Individuen zusammengesetzt, welche je nach ihrem Alter 
beständig an Grösse zunehmen. Wand der Einzelindividuen dicht, von vereinzelten, 
gerandeten Osculis durchbohrt. Diese Wand umschliesst einen Hohlraum, welcher aus 
sehr unvollständig von einem ganz lockeren, aus feinen anastomosirenden Fasern ge- 
bildeten Gewebe ausgefüllt wird. 

Bei mikroskopischer Betrachtung erscheint sowohl die Wand, als auch das Fa- 
sergewebe im Innern dicht. Da indess die gleiche Beschaffenheit auch an vielen ächten 
Kalkschwämmen aus St. Cassian beobachtet wird, so könnte diese Beschaffenheit 
wolıl als eine Folge späterer Veränderungen betrachtet werden. 

Diese höchst eigenthümliche Gattung stelle ich nur mit vielen Zweifeln unter die 
Kalkschwämme. Die ganze äussere Erscheinung, die Zusammensetzung aus vereinzelten, 
wohl begrenzten Kammern erinnert eher an gewisse Foraminiferen; allein die theilweise 
Ausfüllung der Kammern durch ein lockeres Maschengewebe ist wieder unvereinbar mit 
dem Begriff einer Foraminifere. 

Die Struktur gewährt keinen Aufschluss über die zoologische Stellung dieser Gat- 
tung, welche sich, noch am besten an Colospongia und Verticillites einreihen dürfte. 

Die einzige Art stammt aus der Trias von St. Cassian. 

Manon submarginatum. Mst. Beitr. IV. 1. 9. 
(Manon pisiforme. Mstr. ib. 1. 8.) 
(Verrucospongia submarginata. Laube. Fauna von St. Cassian. 1. 11.) 


Himatella. Zit. 


(Ö@u«tıov Ueberzug.) 
Syn. Tragos p. p. Münst., Klipst.; Lymnorea p. p. @’Orb.; Lymnoretheles p. p. Laube. 


Schw. verkehrt kegelförmig, einfach. Scheitel schwach convex mit centralem, 
kreisrundem Oseulum: der Ausfuhröffnung einer engen, den ganzen Schwamm durch- 
bohrenden Röhre. Oberfläche bis zum Rand des Scheitels mit einer glatten oder con- 
centrisch-runzeligen Dermalschicht versehen. Radial- und sonstige Canäle fehlen. Im 
Längsschnitt zeigt das Faserskelet Neigung sich in regelmässigen Abständen parallel 
dem Scheitel etwas zu verdichten, so dass dadurch eine schwache Andeutung von 
Querböden hervorgerufen wird. 


30 (120) 


Diese Gattung verknüpft Peronella mit Colospongia und Verticillites. Die enge per- 
forirende Centralhöhle, der Mangel an Radialcanälen erinnert an Peronella, die allerdings 
nur leise Andeutung von Segmentbildung an die zwei letzgenannten Gattungen. Charak- 
teristisch für Himatella ist die glatte, bis zum Scheitel heraufgehende Epithek. 

Die einzige bis jetzt beschriebene Art findet sich in der alpinen Trias. 

Tragos milleporatum. Mstr. Beitr. IV. 1. 17. 


Peronella, Zitt. 
(reoovn kleine Röhre.) 

Syn. Scyphia, Siphonia, Spongia auct.; Eudea p. p., Hippalimus p. p., d’Orb.; Sipho- 
nocoelia p. p., Polycoelia p. p., Discoelia p. p., Stenocoelia Fromentel; Pareudea p.p. Etall. 
Dendrocoelia Laube; Coeloconia, Dyoconia, Gymnorea, Pliocoelia, Siphonocoelia, Loenocoelia 
Pomel ; Spongites, Dermispongia, Radieispongia Quenst. 

Einfach oder durch Knospung ästig; Einzel-Individuen cylindrisch diekwandig ; 
Scheitel gewölbt, seltener eben, in der Mitte mit engem, kreisrundem Osculum der 
röhrenförmigen Magenhöhle, welche mit nahezu gleichbleibendem Durchmesser die 
ganze Länge des Schwammkörpers bis in die Nähe der Basis durchbohrt. Einström- 
ungscanäle fehlen. Wand der Magenhöhle und Oberfläche porös. Aussenseite entweder 
nackt oder an der Basis, zuweilen auch bis in die Nähe des Scheitel mit dichter, 
concentrisch runzliger Epidermis überzogen. 

Das Skelet besteht aus meist groben, wurmförmig gekrümmten, anastomosiren- 
den Fasern, die ein wirres Gewebe bilden. In den unregelmässig geformten Maschen 
und Interstitien desselben cireulirte das Wasser, ohne dass besondere Canäle oder 
Östien erforderlich waren. Die porenförmigen Oeffnungen an der Oberfläche und auf 
der Wand des Centralcanals sind lediglich Lücken des Wurmgewebes. 

In der Regel besteht das Skelet "noch aus kohlensaurem Kalk an einzelnen Lo- 
calitäten jedoch, namentlich des oberen Jura sind fast alle Exemplare verkieselt. An 
letzteren sind die Nadeln, aus denen die Fasern bestehen, niemals erhalten. An kalkigen 
Skeleten dagegen lässt sich die Mikrostruktur meist mit Sicherheit constatiren, wenn 
auch deutlich erhaltene Nadeln selten beobachtet werden. 

Der Hauptsache nach scheinen die wurmförmigen Fasern aus dreistrahligen 
(vielleicht auch vierstrahligen) Nadeln zusammengesetzt zu sein, doch gesellen sich 
häufig auch einfache Stabnadeln in grosser Zahl bei. Die Grösse und Gestalt der Drei- 
strahler, namentlich die Länge der einzelnen, zuweilen gebogenen Schenkel, variiren 
bei den verschiedenen Arten beträchtlich. 

Diese von der Trias bis in die obere Kreide verbreitete, artenreiche Gattung lässt 
sich durch die enge, röhrenförmige Centralhöhle der cylindrischen Körper, sowie durch 
den Mangel aller Radialcanäle mit Leichtigkeit von verwandten Formen unterscheiden. 
Die hieher gehörigen Formen wurden von den älteren Autoren ‚Sceyphia, Spongia oder Si- 
phonia genannt, d’Orbigny vereiniste sie irrthümlicher Weise mit den Lamouroux’schen 
Gattungen Eudea und Hippalimus. 


(121) 31 


Etallon (Etudes paleont. sur le Haut Jura 1859 S. 142) schlug für einen Theil 
der von d’Orbigny als Eudea und Hippalimus bezeichneten Arten den Gattungsnamen 
Pareudea vor, unter welchem die jurassischen Formen der vorliegenden Gattung, sowie’ 
mehrere Eusiphonellen begriffen sind. 

Im gleichen Jahr stellte Fromentel (Introduction 8. 31) die Gattungen Siphono- 
coelia und Polycoelia auf, welche der Hauptsache nach Etallon’s Pareudea entsprechen. 
Die monozoischen Formen wurden Siphonocoelia, die polyzoischen Polycoelia und da dieser 
Namen bereits vergriffen, später (Catalogue rais. des Spongit. de l’&tage Neocomien 1861. 
8. 4) Discoelia genannt. 

Diese Berichtigung ist den meisten Autoren entgangen und der Name Polycoelia 
wurde darum von Laube durch Dendrocoelia, von R. Tate durch Coeloscyphia!), 
von Pomel durch Pliocoelia ersetzt. 

Eine generische Trennung der monozoischen uud polyzoischen Formen ist bei der 
vorliegenden Gattung durchaus unstatthaft, denn zuweilen erscheint ein und dieselbe Art 
als einfaches Individuum und als zusammengesetzter Stock. Ebenso wenig scheint mir die 
Gattung Stenocoelia From. (Cat. rais. S. 4) wohl begründet zu sein. Hieher rechnet 
Fromentel solche Discoelien, bei denen die Einzelindividuen fast bis zum Scheitel seit- 
lich mit einander verwachsen sind, so dass knollige Stöcke mit perforirten warzigen Er- 
hebungen gebildet werden. 

Quenstedt beschreibt in seinem neuesten Werk die jurassischen Formen unter 
der generischen Bezeichnung Spongites, Vermispongia und Radicispongia, die cretacischen 
meist als Scyphia. 

Die oben citirten Gattungen Pomel’s werden theils nach der vermeintlichen kie- 
seligen oder kalkigen Beschaffenheit des Skelets, theils nach der Stärke der anastomosi- 
renden Fasern, theils nach der äusseren Form unterschieden. 

Es scheint mir nicht unwahrscheinlich, dass bei besserer Kenntniss der Nadeln, 
welche die Skeletfasern zusammensetzen, eine Spaltung der unter Peronella vereinigten 
Formen in mehrere Gattungen durchführbar wäre, denn dass in dieser Hinsicht sehr be- 
deutende Abweichungen vorkommen, beweisen schon die Abbildungen der Skeletnadeln von 
Peronella cylindrica (Taf. XII. Fig. 4) aus dem oberen Jura und P. multidigitata Mich. 
sp. (Taf. XII. Fig. 3) aus der mittleren Kreide. Einer systematischen Verwerthung der 
Nadelformen bei den fossilen Kalkschwämmen stellt jedoch der mangelhafte Erhaltungszu- 
stand unüberwindliche Hindernisse entgegen. 

Als Beispiele der Gattung Peronella mögen nachstehende Arten genannt werden: 

a) Aus der Devon-Formation. 
1) Seyphia conoidea. Goldf. 2. 4. 
2) Seyphia constrieta. Sandb. Verst. des Rheinischen Uebergangsgeb. 37. 10. 
(Scyphia turbinata. Lonsd. non Goldf.) 

1) Nach der Abbildung von Coeloseyphia suleata R. Tate (Quart. journ. geol. soc. vol. 21. S. 
43) vermuthe ich, dass diese Art nicht zu den Kalkschwämmen, sondern zu den Hexactinelliden und 
zwar in die Nähe von Polyblastidium Ziti. gehört. 


32 


(122) 


b) Aus der Trias. 
1) Peronella Loretzi. Zitt. Seeland-Alpe bei Schluderbach. 
(Siphonocoelia nsp. Loretz Zeitschr. d. deutsch. geol. Ges. 1875. S. 832.) 
2) Seyphia subcaespitosa. Münst. Beitr. IV. 1. 14. 
3) Scyphia Caminensis. Beyr. in Eck. Ueber die Formation des bunten Sandsteins 
u. Muschelkalks in Oberschlesien. 1. 2. 


c) Aus dem Dogger: 

1) Spongia cymosa. Lamx. Exp. meth. 84. 7. 

(Seyphia cymosa. Mich. Ic. 58. 3.) 
2) Spongia pistilliformis. Lamx. ib. 84. 5. Mich. Ic. 58. 4. 
3) Spongia mamillifera. Lama. ib. 84. 11. 
4) Spongia clavarioides. Lamr. ib. 84. 8-10. 
5) Tragos tuberosum. Goldf. 30. 4. : 

(Spongites mamillatus. Quenst. Petr. 131. 37—39.) 
6) Spongites fuscus. Quenst. Petr. 131. 42. 


Aus dem Malm. 
1) Seyphia cylindrica. G@oldf. 2. 3. 3. 12. 
(Scyphia elegans. Goldf. 2. 8. u. 13.) 
(Seyphia cylindrica. Quenst. Petr. 123. 6—7. 9—15.) 
2) Pareudea jurassica. #t. Etudes pal. sur le Haut-Jura. Monographie de l’etage 
corallien. $S. 143 u. sur la classific. des Spong. Fig. 14. 
3) Pareudea Mosensis. Zf. ib. S. 144. 
(Seyphia furcata. Mich. Ic. 26. 3.) 
4) Spongia floriceps. Phil. Geol. Yorksh. 84. 24. 
5) Scyphia radieiformis. Goldf. 3. 11. 
(Radieispongia radiciformis. Quenst. Petr. 123. 15 —.26.) 
6) Parendea amicorum, Ef. Leth. Brunt. 58. 27. 
(Siphonia lagenaria. Mich. Ic. 26. 4.) 
7) Polycoelia bullata. From. Intr. 1. 9. . 
8) Spongia mamillaris. Mich. Ic. 26. 5. 
9) Spongites nodulosus. Quenst. Petr. 131. 23—30. 
?10) Spongites squamatus. Quenst. ib. 131. 31. 32. 


Aus der Kreide. 

1) Scyphia elavata. Roem. Nordd. Ool. 17. 24. Hils. 

(? Siphonocoelia eylindrica. From. Cat. rais. 1. 4.) 
2) Polycoelia divaricata. Roem. Spongit. 1. 8. 
3) Polycoelia ramosa. Roem. Nordd. Ool. 17. 27. Hils. 
4) Discoelia porosa. From. Cat. rais. 2. 4. Neocomien. 

(Polycoehia punctata. Roem. Spongit. 1. 7.) 
5) Limnorea monilifera. Roem. Spongit. 1. 5. 2. 5. Hils. 


(123) 33 


6) Discoelia dumosa. From. Cat. rais. 1. 6. Hils. 
(? Seyphia subfurcata. Roem. Nordd. Ool. 17. 28.) 
(Elasmocoelia Sequana. Roem. Spongit. I. 11. non From.) 

7) Siphonocoelia compressa. From. Intr. 4. 7. Neocomien. 

S) Disceoelia macropora. From. Cat. rais. 1. 7. Neoc. 

9) Polycoelia gemmans. From. Intr. $. 4. Neoc. 

10) Discoelia strangulata. From. Cat. rais. 2. 2. Neoc. 

11) Polyeoelia tuberosa. Roem. Spongit. 1. 9. Hils. 

12) Discoelia Perroni. From. Cat. rais. 2 1. Neoc. 


13) “ Ricordeana. From. Cat. rais. 2. 3. Neoc. 
14) is glomerata. From. Cat. rais. 2. 6. Neoe. 
15) S Cottaldina. From. in Lor. Et. Val. d’Arzier 8. 7. 8. Valanginien. 


16) . Arzieriensis. Lor. ib. 8. 11. 12. Valanginien. 

17) Siphonocoelia tenuicula. Zor. Urgon. Land. 4. 9. Urgon. 

18) en cyathiformis. Zor. ib. 4. 10—12. Urgon. 

19) Discoelia Gillieroni. Zor. ib. 4. 16—18. Urgon. 

20) Mi flabellata. Zor. ib. 4. 19—21. Urgon. 
(Hippalimus flabellatus. d’Orb. Prod. II. S. 97.) 

21) Discoelia Cotteaui. Lor. ib. 5. 1-3. Urgon. 

22) Seyphia furcata. Goldf. 2. 6. Tourtia. 

23) Spongia multidigitata. Mich. Icon. 51. 9. Cenoman. 

24) Scyphia micropora. Roem. Kr. 2. 6. Senon. 


Elasmocoelia. Roem. 
Syn. Elasmojerea. Fromentel. 


Schw. aus einem oder mehreren gebogenen und mit einander verwachsenen 
Blättern bestehend, welche ihrer ganzen Längsaxe nach von zahlreichen, runden, 
gleichdicken Magenhöhlen durchbohrt sind. Diese Röhren stehen in ein oder meh- 
reren Reihen, ihre runden Oeffnungen befinden sich auf dem oberen Rand. Radial- 
canäle fehlen. Skeletfasern grob. Oberfläche und Wand der Röhren porös. 

Diese Gattung wurde zuerst von Fromentel (Introd. S. 34) unter dem Namen 
Elasmojerea beschrieben, indess schon F. A. Römer zeigte, dass dieselben mit Jerea nichts 
gemein habe, wohl aber an Siphonocoelia angeschlossen werden müsse. Er veränderte darum 
auch den Namen in Elasmocoelia. Obwohl Römer’s E. Sequana nicht identisch ist mit 
Fromentel’s Elasmojerea Sequana, sondern zu Peronella dumosa From. sp. gehört, so ist 
nichts desto weniger die Bemerkung richtig, dass die Elasmocoelien nur aus reihenförmig 
geordneten und seitlich verwachsenen Peronellen bestehen. 

Sie bilden vielleicht nur eine Section von Peronella, welche sich an P. dumosa an- 
schliesst, der äussere Habitus derselben ist jedoch ein so eigenthümlicher, dass ich die 
Gattung Elasmocoelia aufrecht erhalten möchte. 

Ah.d. II. Cl.d.k. b. Ak d. Wiss. XIII. Bd. II. Abth. 5 


Bd, (124) 


Alle Arten stammen aus der unteren Kreide. 
1) Elasmojerea Sequana. From. Intr. 2. 3. Neocom. 


9) 3; crassa. From. Cat. rais. 2. 10. Neocon:. 
3) 3 plana. From. ib. 2. 9. Neocom. 
?4) a irregularis. From. ib. 2. 8. Neocom. 


5) Elasmocoelia orbiculata. Rloem. Spongit. 2. 11. Hils. 
6) Elasmojerea tortuosa. Lor. Urgon. Land. 5. 16. 17. Urg. 


Conocoelia Zit. 

Syn. Siphonocoelia p. p. From. Limnorea p. p. Roem. 

Schw. umgekehrt kegelförmig oder kreiselförmig, einfach oder durch Knospung 
am Öberrand polyzoisch, sehr dickwandig, Scheitel abgestutzt breit, mit centraler, 
sehr tiefer, trichterförmiger Magenhöhle. Oberfläche porös, mit horizontalen Zuwachs- 
ringen. Ein eigentliches Canalsystem fehlt, allein der Schwammkörper besteht aus 
successiv gebildeten, horizontalen Schichten von grobem, anastomosirendem Faserge- 
webe, welches schmale Zwischenräume zur Cireulation des Wassers zwischen sich frei lässt. 

Unter den Nadeln der Skeletfasern glaube ich einfache Stabnadeln, sowie Drei- 
strahler zu erkennen. Einzelne der letzteren sind 4—5mal so gross als die übrigen. 

Diese von Fromentel mit Siphonocoelia vereinigte Gattung erhält durch ihren 
blättrigen Bau, welcher einigermassen an den gewisser Rudisten (Radiolites und Sphaeru- 
lites) erinnert, dann aber auch durch die ungemeine Stärke der Wand, durch den abge- 
stutzten Oberrand und durch die zuweilen erscheinende, sonderbare Knospenbildung an dem- 
selben ein so charakteristisches Aussehen, dass sie leicht von Peronella zu unterscheiden ist. 

Im französischen Neocomien kommen in der Regel nur monozoische Individuen vor; 
‚im norddeutschen Hils jedoch finden sich auch polyzoische Stöcke. Ich habe durch Herrn 
Prof. Ottmer in Braunschweig eine Anzahl Exemplare erhalten, welche keinen Zweifel 
darüber lassen, dass Limnorea centrolaevis Roem. durch alle, Uebergänge mit einfachen In- 
dividuen von der Form der Conocoelia crassa From. verbunden ist. 

Die 2 bis jetzt bekannten Arten stammen aus der unteren Kreide. 

1) Siphonocoelia crassa. From. Cat. rais. 1. 1. 
9) Limnorea centrolaevis. Roem. Spongit. 1. 18. 


Eusiphonella. Zit. 

Syn. Scyphia. Goldf.; Siphonocoelia u. Discoelia p. p. From.; Pareudea p. p. Et. 

Schw. einfach oder durch basale oder seitliche Knospung ästig. Einzelpersonen 
eylindrisch, gegen unten verschmälert, dünnwandig mit weiter röhriger oder triehter- 
förmiger, bis zur Basis reichender Magenhöhle. Wand der Magenhöhle mit länglichen, 
in Verticalreihen stehenden Ostien, welche als Ausfuhröffnungen von horizontalen 
Radialeanälen dienen. Oberfläche mit groben Poren. 

Die anastomosirenden Fasern des Skeletes sind verhältnissmässig dünn und 
bilden ein lockeres Geflecht. 


(125) 35 


Durch‘ das wohlentwickelte System horizontaler Canäle unterscheidet sich diese, bis 
jetzt nur im oberen Jura bekannte Gattung leicht von Peronella. 
1) Sceyphia Bronni. Münst. Goldf. 33. 9. Quenst. Petr. 124. 1—15. 
(Siphonocoelia elegans. From. (non Goldf.) Intr. 1. 7.) 
(Parendea gracilis. Et. Leth. Brumt. 58. 30.) 
2) Seyphia intermedia. Münst. Goldf. 34. 1. Quenst. Petr. 125. 55—58. 
3) 4 perplexa. Quenst. Petr. 125. 56— 63. 


Corynella. Zitt. 
(zogvrn Kölbchen, Knospe.) 

Syn. Scyphia auct.; Onemidium p. p., Myrmecium p. p. Münst. Klipst.; Eudea p. »., 
Hippalimus p. p., Lymnorea p. p. d’Orb.; Eudea, Diseudea, Polycnemiseudea, Siphonocoelia 
P. P., Polycoelia (Discoelia) p. p., Monotheles, Distheles, Epitheles p. p. From.; Monotheles 
». »., Distheles, Endostoma, Polyendostoma p. p. Roem.; Copanon, Distheles, Dyocopanon, 
Onemicopanon, Hallisidia, Pachytoecia, Holosphecion Pomel. 

Schw. einfach, seltener zusammengesetzt. Einzelpersonen kolbenförmig, eylindrisch, 
kreisel- oder birnförmig; diekwandig. Scheitel abgestutzt oder gewölbt. Magenhöhle 
trichterförmig, mehr oder weniger vertieft, selten bis zur Basis reichend und am un- 
teren Ende in der Regel in einen Bündel verticaler Köhren aufgelöst. Osculum der 
Centralhöhle häufig durch offene Radialfurchen gestrahlt. In die Magenhöhle münden 
grobe, meist bogenförmig gegen Aussen und Unten gerichtete Radialcanäle ein, welche, 
je weiter sie sich von der Magenhöhle entfernen immer feiner werden. Oberfläche 
mit Ostien von feineren Einströmungscanälen versehen, welche meist in schräger 
Richtung gegen Innen und Unten einmünden und in die Radialeanäle der Magen- 
höhle verlaufen. Basis zuweilen mit dichter Dermalschicht. 

Skeletfasern ziemlich grob, hauptsächlich aus einfachen Stabnadeln bestehend, 
zwischen denen jedoch auch vereinzelte grosse Dreistrahler liegen. 

Die Entwieklung des Canalsystems bildet das charakteristische Merkmal dieser Gat- 
tung und unterscheidet sie sehr bestimmt von Peronella, mit welcher sie äusserlich am 
meisten übereinstimmt. Die groben Radialcanäle der Magenhöhle sind immer vorhanden, 
dägegen können allerdings die Einströmungsröhrchen zuweilen äusserst fein werden und 
unter Umständen ganz verschwinden. Dann fehlen natürlich auch die Östien auf der Ober- 
fläche. Die Beschaffenheit dieser Zufuhrcanäle varürt überhaupt ausserordentlich je nach 
den Arten; im Allgemeinen sind sie bei den triasischen und mitteljurassischen Arten am 
stärksten entwickelt. 

Sehr veränderlich ist auch die Magenhöhle. Zuweilen wird sie nahezu röhrenförmig, 
wie bei Peronella und reicht fast bis zur Basis, trägt aber dann immer grosse Canalostien, 
zuweilen bildet sie nur einen seichten Trichter, von welchem ein Bündel senkrechter und 
bogenförmig divergirender grober Canäle ausgeht. 

Trotz dieser, auch dem flüchtigen Beobachter auffallender Differenzen in Bezug auf 
Beschaffenheit der Magenhöhle und des Canalsystems lassen sich die Uebergänge zwischen 

5* 


36 (126) 


den Extremen so vollständig nachweisen, dass ich mich nieht entschliessen konnte, diesen 
Formenkreis in mehrere generische Gruppen zu zerlegen. 

Fromentel hat zum Theil auf unerhebliche Merkmale (Auftreten als einfache 
Personen oder in zusammengesetzten Stücken, Anwesenheit oder Fehlen einer Epithek), zum 
Theil auf unrichtige Beobachtungen eine ganze Reihe von Genera aufgestellt, die meiner 
Ansicht nach nicht haltbar sind. 

Das Canalsystem von Eudea, Diseudea und Polyenemiseudea From. ist entschieden 
unrichtig dargestellt, indem die Radialcanäle die Wand niemals durchbohren. Bei Mono- 
theles und Distheles ist die Magenhöhle nicht in der von Fromentel beschriebenen Weise 
seicht und oberflächlich, sondern gerade bei Monotheles stellata ansehnlich vertieft, trich- 
terförmig und am unteren Ende in Verticalröhren aufgelöst. Schwache Epithek findet sich 
an der Basis verschiedener Arten, andere sind allerdings vollständig nackt. 

Die Gattung Corynella ist von der Trias an bis in die oberste Kreide verbreitet. 
Als typische Arten sind zu erwähnen: 


a) Aus der Trias. 
1) Myrmecium gracile. Mstr. Beitr. IV. 1. 26. 27. 
3) Cnemidium pyriforme. Klipst. Beitr. 20. 5. 
3) Eudea rosa. Laube. Fauna von St. Cassian. 1. 4. 
4) Cnemidium astroites. Mstr. Beitr. IV. 1. 24. 
5) Seyphia capitata. Mstr. ib. 1. 12. 
6) Stellispongia clavosa. Laube. Fauna v. St. Cassian 2, 3. 


b) Aus dem Jura: 
1) Spongia lagenaria. Lamx. Expos. 84. 4. Mich. Icon. 58. 5. 
(Disendea lagenaria. From. Intr. 1. 5.) 
2) Hallirkoa lycoperdioides. Lamx. Expos. 78. 2. Mich. Icon. 58. 6. 
3) Aleyonites costata. Stahl. Correspondenzbl. Würtemb. landw. Ver. 1824. VI. 
S. 84. Fig. 29. 
(Spongites astrophorus alatus. Quenst. Petr, 124. 54—57.) 
4) Corynella Quenstedti. Zitt. 
(Spongites astrophorus caloporus u. cornucopiae. Quenst. Petr. 124. 58—64.) 
5) Corynella stolata. Zitt. 
(Spongites astrophorus stolatus u. parabolis. Quenst. Petr. 124. 65—69.) 
6) Parendea cornuta. Et. Leth. Bruntr. 58. 31. 
7) Cnemidium astrophorum p. p. Goldf. 35. 5“ (non 8®.) 
8) Crispispongia solitaria. Quenst. Petr. 124. 51—53. 
9) Parendea prismatica. Et. ib. 59. 1. 
10) Cnemidium parvum. Et. ib. 59. 2. 
11) Cnemidium capitatum. Münst. Goldf. 35. 9. 
12) Siphonocoelia globosa. From. Polypiers cor. de Gray. 15. 3. 
13) ” stellifera. From. ib. 15. 4. 


(127) 37 


14) Siphonoeoelia pyriformis. From. ib. 15. 5. 

15) 5 aspera. From. ib. 15. 6. 

16) Diseoelia Champlittensis. From. ib. 15. 7. 

17) Madrespongia madreporata. Quenst. Petr. 124. 70— 72. 
(Onemidium astrophorum. Goldf. 35. 8°) 

18) Polycnemiseudea corallina. From. Intr. 1. 6. 


Aus der Kreide. 
1) Sceyphia excavata. Roem. Nordd. Ool. 
(Siphonocoelia truncata. From. Cat. rais. 1. 3.) 
3) Siphonocoelia Neocomiensis. From. Cat. rais. 1. 2. 
(? Polyendostoma pyriformis. Roem. Spongit. 1. 3.) 
3) Distheles excavata. Roem. Spongit. 1. 19. 
4) Eudea globosa. Roem. Spongit. 1. 1. 
5) Monotheles punctata. Roem. Spongit. 1. 17. 


6) n stellata. From. Intr. 2. 6. 
7) Distheles depressa. From. Intr. 2. 7. 
8) a inflata. From. Cat. rais. 2. 5. 


9) T pedieulata. From. Cat. rais. 3. 1. 
10) Seyphia foraminosa. Goldf. 31. 4. 
(Endostoma foraminosum. Roem. Spongit. 14. 6.) 
11) Sceyphia tetragona. Goldf. 2. 2. 
(Endostoma tetragonum. Roem. Spongit. 14. 7.) 
(Polyendostoma sociale. Roem. ib. 14. 4.) 


Myrmecium. @Goldf. 
Petr. Germ. S. 18. 


Syn. Onemidium p. p. Goldf.; -Epitheles p. p. From.; Myrmecium, ? Gymnomyrme- 
cium Pom. 


Schw. klein halbkugelig, kugelig bis eylindrisch, gegen unten verschmälert, 
kurz gestielt, an der Basis mit glatter oder concentrisch runzeliger Dermalschicht, 
welche zuweilen auch die ganzen Seiten überzieht. Scheitel gewölbt, in der Mitte 
mit einem runden Osculum, das einer röhrenförmigen, engen den Schwammkörper 
in verticaler Richtung durchbohrenden Magenhöhle als Oeffnung dient. Ausserdem sind 
zahlreiche, kleine, porenförmige Ostien auf der Oberfläche vertheilt, soweit sie nicht 
von der Deckschicht bekleidet ist. 

In der Centralhöhle endigen ziemlich starke, bogenförmig von Aussen und 
Unten kommende, in der Nähe der Oberfläche vergabelte Radialcanäle. Ihre Ostien 
liegen meist in Längsreihen auf der Wand der Centralröhre. Weitere geradlinige Ca- 
näle dringen schräg nach Innen und Unten von den Oberflächen - Östien in den 
Schwammkörper ein. 


38 (128) 


Das Skelet besteht aus einem eng maschigen Geflecht ziemlich dünner anasto- 
mosirender Fasern, welche in der Regel aus Kalkspath, selten aus Kieselerde be- 
stehen. Nadeln habe ich mit voller Sicherheit nicht nachweisen können, indess ein- 
zelne Parthieen der Kalkspathfasern schienen mir drei- oder vierstrahlige Sterne zu 
enthalten. 

Diese Gattung unterscheidet sich von Corynella hauptsächlich durch die feinen 
Skeletfasern, durch die enge Üentralhöhlle und durch die sehr entwickelte Deckschicht, 
welche niemals fehlt und häufig den Schwammkörper bis zum Scheitel einhüllt. Sie ist 
vorläufig nicht sonderlich scharf begrenzt, allein die hieher gehörigen oberjurassischen 
Arten tragen ein so eigenthümliches Gepräge, dass ich mich nicht entschliessen konnte, die- 
selben mit Corynella zu vereinigen. 

1) Myrmecium hemisphaericum. Goldf. 6. 12. 

(Onemidium rotula. Goldf. 6. 6.) 
(Spongites rotula. Quenst. Petr. 126. 1—41.) 
a) var. biretiformis. Quenst. 126. 2—4. 6. 7. 
b) var. foliata. QOnenst. 126. 5. 
ce) var. cylindrata. Quenst. 126. S— 10. 
d) var. coniformis. Quenst. 126. 11—13. 
e) var. pedunculata. Quenst. 126. 14— 18. 30. 31. 
f) var. longiceps. Quenst. 126. 21— 26. 
2) Spongites indutus Quenst. Petr. V. 126. 42 - 46. 
3) 3 eircumseptus. Quenst. ib. 126. 55— 57. 


?Hippalimus. Lam. 
Syn. Hippalimeudea From.; (non Hippalimus d’Orb.; Roem. etc.) 


Schw. pilz- oder schirm-förmig, gestielt; Scheitel mit weiter, trichterförmiger 
Centralhöhle. Die schrägen Seiten des conischen Schirms mit Osculis besetzt. Unter- 
seite des Schirms, Stiel und Wand der Centralhöhle glatt, ohne Oscula. 

Ich kenne diese Gattung nur aus Abbildungen und bin desshalb über ihre systema- 
tische Stellung im Unklaren. Möglicherweise gehört sie in die Ordnung der Lithistiden. 

Die einzige Art H. lobatus Zamx. Expos. meth. 79. ] stammt aus dem Cenomanien 
von Villers in Calvados. 


Lymnorea. Lam. 
Syn. Mammillipora Bronn.; Lymnoreotheles From.; Lymnorea, Placorea Pomel. 


Schw. knollig, aus warzigen, zitzenartigen oder kugeligen Individuen bestehend, 
welche mit einander verwachsen und von einer gemeinsamen, dicken und runzeligen 
Basalepidermis überzogen sind. Auf dem Scheitel jedes Individuums befindet sich ein 
einfaches, zuweilen gestrahltes, wenig vertieftes Oseulum. 


(129) 39 


Ich besitze von der typischen Art dieser Gattung nur ungenügendes Material, wel- 
ches mir über die Beschaffenheit der Oscula und über die Tiefe der Magenhöhle keinen 
sicheren Anfschluss gewährt. An einem Exemplar aus Ranville habe ich mehrere der runden 
Köpfchen angeschliffen; die seichten Oscula, in welche eine Anzahl Radialcanäle einmün- 
deten, verschwanden hierbei bald, allein es blieben auf der Schlifffläche an deren Stelle 
einige zerstreute, runde Durchschnitte von feinen Verticalcanälen zurück, und dass diese 
den ganzen Schwammkörper durchziehen geht daraus hervor, dass beim Anschleifen der 
Basis des gemeinsamen Stieles im Centrum ein Bündel von feinen Canaldurchschnitten 
sichtbar wurde. Die Oscula scheinen somit nach unten in einfache feine Röhren fortzu- 
Setzen. 

Die einzig sicher hiehergehörige Art findet sich im mittleren Jura. 


Lymnorea mammillaris. Zamx. Expos. meth. 79. 2—4. Mich. Ic. 57. 10. 


Stellispongia. d’Orb. 

Syn. Manon, Achilleum, Onemidium auct.; Stellispongia dOrb.: Stellispongia, Enau- 
lofungia, Diasterofungia Froment.; Stellispongia, Limmoretheles p. p. Laube; Stellispongia, 
Astrospongia, Desmospongia, Didesmospongia, Ceriospongia, Etallon.; Ateloracia, Onemira- 
cia, Holoracia, Trachysphecion Pomel. 


Schw. einfach oder häufiger zusammengesetzt. Individuen kugelig, halbkugelig, 
keulenförmig oder eylindrisch ; Stock oft knollig, fast immer an der Basis, zuweilen 
auch auf den Seiten mit dicker, runzeliger Dermalschicht bekleidet. Scheitel gewölbt, 
mit einem seichten gestrahlten Osculum, in welehem eine grössere oder geringere 
Anzahl von Ausfuhrcanälen ausmünden. Die runden Ostien derselben liegen theils 
im Grund, theils auf den Seiten des Osceulum’s; erstere stehen mit verticalen, letztere 
mit radialen Canälen in Verbindung. Die obersten Radialcanäle sind häufig offen 
und bilden dann mehr oder weniger vertiefte Radialfurchen. Auf der ganzen übrigen 
Oberfläche des Schwammkörpers, soweit sie nicht mıt Epithek bedeckt ist, befinden 
sich kleinere Ostien, die mit verticalen oder schrägen Einfuhrcanälen in Verbindung 
stehen. 

Die anastomosirenden Skeletfasern besitzen meist eine ziemlich ansehnliche Stärke 

Ich habe den d’Orbigny’schen Namen Stellispongia auf diejenigen Kalkschwämme 
beschränkt, welche durch strahlige Oscula, in denen verticale und radiale Canäle münden, 
sowie durch zahlreiche kleinere Ostien auf der Oberfläche ausgezeichnet sind. Die runden 
Mündungen im Grunde der Oscula wurden bisher vielfach übersehen, sie fehlen jedoch keiner 
ächten Stellispongia. 

Fromentel’s Gattung Enaulofungia ist auf eine irrige Beobachtung basirt, denn 
gerade bei der typischen Art (E. corallina) sind die Östien auf der Oberfläche sehr deut- 
lich entwickelt. 

Die hieher gehörigen Arten stammen aus Trias, Jura und Kreide. 


40 


1) 


2) 


3) 


1) 


2) 


3) 


4) 


5) 
6) 


l) 


9)? 


(130) 


a) Aus der Trias. 
Cnemidium rotulare. Mstr. Beitr. IV. 1. 20.) 
(Onemidium Manon. Mstr. ib. 1. 20.) 
( hy astroites. Mstr. ib. 1. 24.) 
Cnemidium variabile. Mstr. 1. 21—23. 
(Cnemidium turbinatum. Mstr. I. c. 1. 19.) 
( = stellare. Klipst. Oestl. Alp. 20. 6.) 
( concinnum. Klipst. ib. 20. 7.) 
Tragos hybridum. Mstr. Beitr. IV. 1. 16. 


b) Aus dem Jura. 
Spongia stellata. Zamx. Expos. meth. 84. 13. 
(Spongia umbellata. Mich. Icon. 58. 1.) 
Enaulofungia corallina. From. Intr. 8. 11. 
(Enaulofungia globosa. From. ib. 4. 1.) 
(Onemidium piriforme u. rotula. Mich. Ic. 26. 6. 7.) 
(Astrospongia corallina. Et. Leth. 59. 8. 9.) 
Spongites glomeratus. Quenst. Jura 84. 10. 11. 
(Didesmospongia Thurmanni. Et. Leth. 59. 3.) 
(Stellispongia pertusa, aperta, hybrida u. glomerata. Et. Leth. 59. 4—7.) 
(Onemidium stellatum. Mich. Ic. 26. 8.) 
(? Astrospongia rugosa. Et. Leth. 59. 10.) 
Ceriospongia mundus-stellatus. Zt. Leth. 59. 11. 
(Diasterofungia mundistellata. From. Coll. de Lemenc. 12. 13.) 
Ceriospongia Bernensis. Et. Leth. 59. 12. 
Spongites semicinetus. @Quenst. Petr. 125. 2—9. 
c) Aus der Kreide. 
Stellispongia Sequana. From. Cat. rais. 3. 2. 
R subglobosa. Roem. Spongit. 1. 20. 


Sestrostomella. Zitt. 
(onoreov Sieb, orou« Mund.) 


Syn. Tremospongia p. p. d’Orb.,; Sparsispongia p P., Tremospongia p. p. From. ; 


Sparsispongia p. p., Diestosphecion p. p. Pomel.; Spongites p. p., Nudispongia Quenst.; Pa- 
laeojerea Laube. 


Schw. einfach, häufiger zusammengesetzt, buschig oder aus warzigen Individuen 


gebildet, die auf gemeinsamer Basis stehen. Einzelindividuen deutlich geschieden, 
eylindrisch keulenförmig oder halbkugelig, auf dem Scheitel mit einem seichten, zu- 
weilen gestrahlten Osculum, in welchem eine grössere Anzahl runder Ostien von ver- 
ticalen, röhrenförmigen Ausfuhrecanälen münden. Oberfläche porös, nackt oder an 
der Basis, zuweilen auch auf einem Theil der Seiten mit Dermalschicht bekleidet.) 


(131) 41 


Die hieher gehörigen Kalkschwämme wurden bisher entweder als Sparsispongia, Tre- 
mospongia oder Palaeojerea bezeichnet. Unter dem Namen Sparsispongia verstand d’Orbigny 
vorzugsweise gewisse mit Poren versehene Stromatoporen, sowie einige Kalkschwämme 
aus der oberen Kreide, die vonFromentel zu Tremospongia gestellt wurden. Von allen 
im Prodrome erwähnten Sparsispongia-Arten gehört keine einzige zur vorliegenden Gat- 
tung, während unsere Diagnose von Sestrostomella gerade die meisten Sparsispongien, sowie 
einen Theil der Tremospongien Fromentel’s einschliesst. Fromentel unterscheidet diese 
beiden Genera hauptsächlich nach dem Fehlen und Vorhandensein einer Epithek. Dass 
jedoch ein so unwesentliches und unbeständiges Merkmal bei den Spongien ebenso wenig 
wie bei den Korallen zur Unterscheidung von Gattungen verwerthet werden darf, zeigt 
sich am klarsten bei den fossilen Kalkschwämmen, wo man auf Grund dieser Differenz 
Formen von vollständiger Uebereinstimmung aller sonstigen wesentlichen Merkmale in ver- 
schiedene Genera eintheilen müsste. 

Da Fromentel die d’Orbigny’schen Namen Tremospongia und Sparsispongia ganz 
willkührlich gedeutet und d’Orbigny dieselben durch ganz unbestimmte und theilweise un- 
richtige Diagnosen charakterisirt hat, so halte ich es für zweckmässig beide Namen fallen 
zu lassen. 

Die Gattung Sestrostomella findet sich von der Trias an bis in die Kreide. 


a) Aus der Trias. 


1) Palaeojerea gracilis. Laube. Fauna von St. Cassian. 1. 4. 
2) Sestrostomella robusta. Zift. 
(Epeudea sp. Loretz. Zeitschr. d. d. geol. Ges. 1875. $. 832.) 


b) Aus dem Jura. 
1) Jerea biceps. Reuss. Denkschr. k. k. Ak. Wiss. Wien. Bd. XXVII. Sep. Abz. 
t: 1 Rigy'9. 
3) Spongites (Nudispongia) cribratus. Quenst. Petr. 125. 14— 18. 


c) Aus der Kreide. 
1) Sparsispongia flabellata. From. Cat. rais. 3. 6. 
2) = varians. From. Cat. rais 3. 8. 
3) Tremospongia bullata. From. Intr. 4. 10. 
4) Sparsispongia sulcata. Zor. iol. Et. Val. Arz. 9. 4. 


5) . gemmata. Lor. ib. 9. 5—17. 

6) Tremospongia Valanginiensis. Lor. ib. 9. 1. 

7) a divaricata. Lor. ib. 9. 2. 

8) Sparsispongia brevicauda. Lor. Urg. Land. 5. 19—21 u. 6. 8. 
9) n abnormis Zor. ib. 6. 3—6. 

10) 3 expansa. Lor. ib. 6. 7. 


Abh. 6. 11. Cl.d.k. Ak.d. Wiss. XIII. Bd. II. Abth. 6 


42 (132) 


Blastinia. Zitt. 
(A&orn Knospe.) 


Syn. Achilleum p. p. Goldf.: Actinospongia p. p-, Pterosmila p. p. Pom.; Astrospon- 
gia p. p. Et.; Tetrasmila p. p. From. 

Schw. knospen- oder keulenförmig, einfach, gegen unten allmälig in einen Stiel 
verschmälert. Scheitel mit strahlig zusammenlaufenden, mehr oder weniger tiefen 
Einschnürungen, welche sich etwa bis oder auch über die halbe Höhe des Schwamm- 
körpers fortsetzen. Die untere Hälfte ist mit einer runzeligen Dermalschicht über- 
zogen, die obere nackt, rauh und porös. Skelet aus wurmförmig gekrümmten, ver- 
flochtenen Fasern bestehend. Centralhöhle, Ostien und Canäle fehlen. 

Diese Gattung erinnert in mehrfacher Hinsicht an Stellispongia, unterscheidet sich 
aber leicht durch den Mangel einer mit Röhren versehenen Scheitelmündung, sowie eines 
Canalsystems. 

Pomel stellt die typische Art (Achilleum costatum Goldf.) zu Actinospongia d’Orb., 
betont jedoch bei A. ornata, auf welche d’Orbigny seine Gattung basirt hatte, das 
Vorhandensein „perforirender Proctiden“ sowohl in den Furchen, als auch auf den Rippen 
des Scheitels. Nach diesen Merkmalen dürfte Actinospongia d’Orb. mit Stellispongia iden- 
tisch sein. 

Ich glaube auch Spongites alatus Quenst. hieher rechnen zu dürfen, da die Struktur 
mehrerer Exemplare aus dem Blauthal ganz mit Achilleum costatum übereinstimmt. Ob 
aber Ceriopora alata Goldf. 11. 8 damit identisch ist, halte ich trotz der äusseren Aehn- 
lichkeit für zweifelhaft. Der Erhaltungszustand der verkieselten Stücke aus Franken ge- 
stattet keine Untersuchung der Mikrostruktur und nach dem allgemeinen Habitus würde 
ich die kleinen geflügelten Körperchen, welche Fromentel zu der Gattung Tetrasmila 
und Pomel zu Pterosmila rechnen, eher für Hydractinien oder Bryozoen halten. 

Nachdem Herr Steinmann!) wenigstens für Thalamospongia die Zugehörigkeit zu 
Hydractinien nachgewiesen hat, dürfte wohl die ganze Familie der Porosmiliens Pom. mit 
den Gattungen Thalamospongia d’Orb., Porosmila From. Heterosmila Pom., Coelosmila Pom., 
Pterosmila Pom. und Cladosmila Pom. dorthin zu verweisen sein. 

Alle Arten stammen aus dem oberen Jura. 

1) Achilleum costatum. Goldf. 34. 7. 
(Spongites costatus. Quenst. Petr. 125. 19—23.) 

?2) Actinospongia subcostata. Et. Qlassif. S. 150. 

3) Spongites alatus. Quenst. Petr. 125. 24. 25. 
Synopella. Zitt. 
(svv zusammen, 0727 Oeffnung.) 

Syn. Tremospongia p. p., Sparsispongia p. p. d’Orb., From.; Tremospongia, Oros- 
phecion, Aplosphecion Pomel. 

Schw. zusammengesetzt, selten einfach, halbkugelig oder knollig. Oberseite eben, 
gewölbt oder warzig mit unregelmässig zerstreuten Osculis, welche aus den getrennten 


* 1) Palaeontographica. XXV. 


(133) 43 


Oeffnungen von zwei oder mehr grösseren Ausströmungscanälen gebildet werden. 
Ausser diesen Osculis ist die Oberfläche mit kleinen Ostien von feinen Einströmungs- 
röhrchen versehen. Basis, häufig auch die Seiten mit dicker, runzeliger Dermalschicht 
überzogen. Skeletfasern grob. 

Diese Gattung lässt sich sowohl gegen Stellispongia als auch gegen Sestrostomella 
schwer scharf abgrenzen, wenn schon die typischen Arten ein eigenartiges Gepräge tragen. 
Sind die Oscula durch Radialcanäle gestrahlt, wie es hin und wieder vorkommt, so ist 
die Unterscheidung von Stellispongia schwierig; treten dagegen die Einzelindividuen als 
rundliche Köpfe bestimmter aus der Masse hervor, so entstehen Uebergänge zu Sestrosto- 
mella. Ich rechne zur vorliegenden Gattung nur knollise Formen, an denen die Einzel- 
individuen nicht scharf geschieden sind, sondern in einander zerfliessen. 

Die Arten vertheilen sich auf die verschiedenen Horizonte der Kreideformation. 

1) Lymnorea sphaerica. Mich. Ic. 52. 16. 
2) Tremospongia plana. From. Intr. 4. 10. 
3) Manon pulvinarium. Goldf. 29. 7. 


Oculospongia. From. 


Syn. Manon Goldf.; Oculispongia p. Pp., Tremospongia p. p. Roem.; Oculospongia 
Sphecidion Pomel. 


Schw. knollig oder keulenförmig, massiv; Scheitel mit wenig zerstreuten, kreis- 
runden ÖOsculis, von denen röhrenförmige Canäle in die Skeletmasse eindringen. Aus- 
senseite mit oder ohne runzelige Dermalschicht. Skelet aus groben anastomosirenden 
Fasern bestehend. 

Diese Gattung unterscheidet sich von Synopella lediglich durch ihre einfachen, kreis- 
runden nicht aus mehreren ÖOeffnungen zusammengesetzen Oscula.. Jura und Kreide. 

?]) Spongites sella u. binoceulatus. Quenst. Petr. 126. 58. 59. 

2) Oculospongia Neocomiensis. From. Intr. 2. S. 
3) Tremospongia dilatata. Roem. Spongit. 1. 24. 
?4) Limnorea mammillaris. Roem. Spongit. 1. 14. 
5) Oculospongia flabellata.' From. Cat. rais. 3. 4. 
6) x irregularis. Loriol. Land. 5. 15. 
7) Manon capitatum. @oldf. 1 4. 

8) ,„  tubuliferum. Goldf. 1. 5. 


Crispispongia. Quenst. 


Syn. Manon p. p. Goldf.; Conispongia Et., Pom.; Orispispongia p. p. Quenst.; Ver- 
rucospongia P. p. Laube. 


Schw. knollig, polymorph, zuweilen aus dicken, gewundenen und verwachsenen 
Blättern bestehend, meist mit breiter Basis auf fremden Körpern festgewachsen. 


Ganze Oberfläche oder nur der Scheitel mit einer dichten, glatten Dermalschicht über- 
. 6* 


44 (134) 


zogen, worin ziemlich grosse, runde oder verzerrte, häufig gerandete Oscula liegen ; 
dieselben sind entweder ganz seicht oder trichterförmig in die Schwammmasse einge- 
senkt, im Grund häufig mit Canalostien besetzt. Das Skelet besteht aus groben ana- 
stomosirenden Fasern. Canalsystem undeutlich entwickelt. 

Schon @oldfuss hat unter dem Namen Manon peziza auf Taf. 34 Fig. 8% b- zwei 
Arten der vorliegenden Gattung vortrefflich abgebildet. Etallon (sur la classifie. des 
Spong. du Haut-Jura 8. 149) stellte später für eine conische Art aus dem Coralrag von 
Valfın die Gattung Conispongia auf; da jedoch dieser Name für alle anderen Arten gänz- 
lich unzutreffend ist, so habe ich die von Quenstedt vorgeschlagene Bezeichnung Crispi- 
spongia gewählt, beschränke diesen Namen jedoch auf die unten verzeichneten Formen. 

Ich kenne eine noch unbeschriebene Art aus der Trias von St. Cassian; (ähnlich 
Verrucospongia erassa. Laube. 1. 13) alle übrigen finden sich im oberen Jura. 

1) Crispispongia pezizoides. Zitt. 
(Manon peziza. p. p. Goldf. 34. 8) 
2) Crispispongia expansa. Quenst. Petr. V. 124. 33—47. 
3) Conispongia Thurmanni. Et. Actes. soc. jurass. d’emulation 1860. S. 149 Fig. 16. 


Elasmostoma. Froment. 


Syn. Tragos p. p., Manon p. p., Spongia p. p. auct.; Elasmostoma, Porostoma p. P., 
Ohenendroscyphia p. p. From.; Tragos p. p., Chenendopora p. p., Elasmostoma, Cupulo- 
spongia p. p. Roem.; Elasmostoma, Trachypenia, Coniatopenia Pomel. 


Schw. meist aus einem ziemlich dünnen, gebogenen Blatt bestehend, zuweilen 
auch trichter- oder becherförmig. Eine Oberfläche mit glatter Dermalschicht, worin 
ganz seichte Oseula von rundlicher oder zerrissener Form liegen. Entgegengesetzte 
Oberfläche nackt, porös. Canalsystem fehlt. 

Skeletfasern grob, wie es scheint, vorzüglich aus einaxigen, häufig gekrümmten 
Stabnadeln und vereinzelten Dreistrahlern gebildet. 

Sämmtliche Arten finden sich in der Kreide. 

1) Tragos acutimargo. Roem. Nordd. Oolithgeb. .17. 26. Spongit. 1. 21. 
(Elasmostoma frondescens. From. Intr. 3. 6.) 
Elasmostoma Neocomiensis. Lor. Deser. anim. invert. foss. du Neocomien du 
Mont Saleve 22. 1. 2. E 
3) Chenendroscyphia crassa. From. Cat. rais. 4. 2. 


2 


— 


4) Porostoma porosa. From. ib. 2. 3. 

5) Chenendroscyphia mammillata. From. Cat. rais. 3. 4. 
?6) Elasmostoma cupula. Roem. Spongit. 1, 22. 

7) Oculospongia polymorpha. Roem. Spongit. 1. 16. 

8) Manon macropora. Sharpe. Quart. journ. geol. Soc. 1854. X. pl. 9. Fig. 3. 4. 
9) Cupulospongia Normanniana. d’Orb. Prod. II. S. 188. 
(Manon pezıza. Mich. Ic. 36. 5.) 


— 


(135) 45 


10) Manon peziza p. p. Goldf. 29. 8. 

11) Cupulospongia consobrina d’Orb. Prodr. II. S. 188. 
(Manon peziza p. p. Goldf. 1. 7. 8.) 
(Manon stellatum. Goldf. I. 9.) 

12) Spongia Trigeri. Mich. Icon. 53. 2. 


Diplostoma. From. (non Roem.) 
Syn. Forospongia p. p. @’Orb. 


Wie Elasmostoma, nur beide Oberflächen mit glatter Epidermis und seichten 
Osculis versehen. Kreide. 
1) Diplostoma Neocomiensis. From. Intr. 3. 3. 


Pharetrospongia. Sollas. 


Syn. Manon p. p., Chenendopora p. p. auct.; Qupulispongia p. p. @Orb.; Oupulo- 
chonia p. p. From.; Onpulospongia, Phlyctia, Trachyphiyctia, ? Heterophlyctia, ? Heteropenia 
Pomel., Pharetrospongia Sollas. 


Schw. becher-, trichter- oder blatt-förmig; im letzteren Fall das diekwandige 
Blatt stets gebogen oder gefaltet. Oberseite (resp. Innenseite) meist glatt, mit sehr 
kleinen Oseulis oder auch nur einfachen Poren. Aussenseite rauh, porös. Canalsystem 
fehlend oder aus feinen Röhren bestehend, welche von den beiderseitigen Oeffnungen 
in die Wand eindringen. Skelet aus anastomosirenden, wurmförmigen Fasern be- 
stehend, die vollständig aus einfachen Stabnadeln zusammengesetzt sind. 

Nachdem Herr Sollas (Quarterly journ. geol. Soc. 1877 S. 242) die Mikrostruktur 
und die Örganisationsverhältnisse der Pharetrospongia Strahani in so vortrefflicher Weise 
dargelegt hat, übertrage ich diesen Namen auf eine Anzahl Kalkschwämme von ähnlicher 
Struktur und Form, die bisher in der Regel zu Cupulospongia d’Orb. oder Cupulochonia 
From. gestellt wurden. Unter diesen Namen hat man indess die verschiedensten fos- 
silen Lithistiden, Hexactinelliden und Kalkschwämme zusammengeworfen, so dass es nicht 
rathsam erscheint einen derselben aufrecht zu erhalten. 

Ich habe die Gattungsdiagnose von Sollas etwas verändert und der aus einem ge- 
falteten Blatt bestehenden typischen Art (Ph. Strahani) eine Reihe von becherförmigen 
Schwämmen beigesellt, die in ihren sonstigen wesentlichen Merkmalen übereinstimmen. 
Die Gattung hat dadurch allerdings einen weiten Umfang und etwas vage Begrenzung 
erhalten, aber verschiedene misslungene Versuche zur Zerlegung in mehrere Genera haben 
mich schliesslich immer wieder zur Vereinigung aller unten angeführten Formen geführt. 
Sehr häufig ruft der Erhaltungszustand namhafte Differenzen hervor, die ursprünglich nicht 
existirt haben. So dürften wahrscheinlich alle Arten, bei welchen beide Oberflächen von 
gleichmässiger, rauher und poröser Beschaffenheit sind, die glatte, dünne Epidermis ver- 
loren haben, welche bei einzelnen Exemplaren aus Farringdon, Essen und Mestricht so 
trefflich erhalten blieb. 


46 


(136) 


Die Entwicklung oder der Mangel von Canälen hängt einerseits von der Grösse der 
Öscula und Ostien, anderseits von dem gröberen oder feineren'Maschennetz des Skeletes ab. 


Bei Cupulospongia Farringdonensis z. B. 


existirt ein Doppel-System von Ausfuhr- und 


Einströmungscanälen, während andere Arten der Canäle völlig entbehren. 


Gibt man der Gattung Pharetrospongia den von mir vorgeschlagenen erweiterten 
Umfang, so enthält sie Arten aus der Trias bis zur obersten Kreide. 


a) Aus der Trias. 


1) Achilleum patellare. Münst. Beitr. IV. 1. 6. 
b) Aus dem Jura. 


1) Spongia belvelloides. Zamx. Expos. 84. 1—3. 


ec) Aus der Kreide. 
3.5: 


1) Cupulochonia cupuliformis. From. Intr. 
2) Cupulospongia tenuipora. Roem. Spongit. 


a 


- 


252. 


3) Chenendopora multiformis. Roem. Spongit. 1. 13. 
4) Cupulochonia Sequana. From. Cat. rais. 4. 1. 


5) x tenuicula. From. Cat. rais. 4. 3. 

6) 5 profunda. From. ib. 4. 4. 
rar) 5 spissa. From. 4. 5. 

8) 3 exquisita. Zor. Arzier. 9. 9. 10. 

9) x insueta. LZor. ib. 9. 11. 

10) = Couloni-2 or. Urs, Wand. 6b. 172 751. > 
11) I Sabaudiana. Lor. Urg. Land. 7. 7. 8. 9. 
12) Eliselya. Dorsab. 72 11.19: 


13) en Farringdonensis. Sharpe. Quart. journ. geolog. soc. 1854. X. pl. 5. 
(Ohenendopora fungiformis. Mant. (non Mich.) Medals of Creation I. S. I 
14) Cupulospongia subpeziza. d’Orb. Prodr. Et: 22. Nr. 1521. 
(Manon peziza. Goldf. 5. 1.) 
? 15) Spongia boletiformis. Mich. Icon. 1. 1. 
? 16) Epitheles multiformis. Roem. Spongit. 14. 2. 


Pachytilodia. Zitt. 
(Teyvs dick, tiAos Faser.) 
Syn. Scyphia p. p. Goldf.; Hippalimus p. p. Roem. 
Schw. triehter- oder birnförmig, gross, sehr dickwandig, mit weiter Scheitel- 


vertiefung. Basis mit glatter Dermalschicht versehen. Sonstige Oberfläche nackt, ohne 


besondere Oscula oder Canalöffnungen. 
sehr dicken, 


Skelet aus einem grobmaschigen Netz von 
gekrümmten, anastomosirenden Kalkfasern bestehend, die zuweilen zu 


förmlichen Platten und Blasen zusammenfliessen und zwischen denen die Wassereir- 
eulation obne ein besonderes Canalsystem erfolgte. 


I: 


(137) 47 


Diese Gattung unterscheidet sich von Pharetrospongia durch ihre dicken Skeletfasern, 
den völligen Mangel eines Canalsystems und durch ihre sehr dicke Wand. 

Die typische Art Scyphia infundibuliformis Goldf. 5. 2 (Quenst. Petr. 132. 1—3.) 
findet sich häufig in der Tourtia von Essen. 


Leiospongia. d’Orb.!) 
Syn. Achilleum p. p. Mstr. Leiofungia From.; Leiospongia, Aulacopagia, Loenopagia, 
? Elasmopagia Pomel. 


Schw. knollig oder ästig, seitlich mit glatter oder concentrisch-runzeliger Ober- 
fläche; Scheitel aus einem krausen, ziemlich groben Gewebe anastomosirender Kalk- 
fasern bestehend, welche auch das Innere des Schwammkörpers zusammensetzen. Os- 
eula, Poren und Canalsysten fehlen. Die Wassercirculation konnte lediglich in den 
Zwischenräumen des Skeletes stattfinden. 

Est ist mir bei dieser Gattung nicht gelungen Nadeln in den Kalkfasern nachzu- 
weisen. Sämmtliche Dünnschliffe, welche ich von Exemplaren aus St. Cassian oder von der 
Seeland-Alpe hergestellt habe, zeigen krystallinisch-strahlige Struktur!). 

Von Laube wurden mehrere ächte Bryozoen mit Leiofungia, Cribroscyphia und 
Actinofungia vereinigt und auch Pomel stellt eine ächte Bryozoenform (Catenipora spon- 
giosa Klipst.) zu Aulacopagia. Alle diesen Formen lassen sich durch ihre röhrige Struktur 
leicht von den Faserschwämmen unterscheiden. 

Ich kenne die Gattung Leiofungia nur aus der alpinen Trias. 

1) Achilleum milleporatum. Münst. Beitr. IV. 1. 5. 


3) 5 radiciforme. Münst. ib. 2. 20. 
3) . verrucosum. Mst. ib. 1. 1. 
4) subcariosum. Mstr. ib. 1. 2. 


5) = reticulare. Mstr. ib. 4. 4. 
(non Leiofungia reticularis. Laube. Fauna v. St. Cassian 2. 8.) 
6) 3 rugosum. Mstr. ib. 1. 3. 


4. Familie: Sycones. Haeckel. 


Wand regelmässig aus geraden, unverästelten, radial gegen 
die Axe des Magens gerichteten Canälen oder Röhren (Strahl-Ca- 
nälen, Radial-Tuben, zusammengesetzt. Skeletnadeln regelmässig 
radial angeordnet; Dermal- und Gastral-Schicht vom Parenchym- 
Skelet verschieden. 


1) Die Stellung dieser Gattung bei den Pharetronen kann erst als vollkommen gesichert be- 
trachtet werden, wenn Nadeln in den Skeletfasern constatirt sind. Möglicherweise schliesst sich Leio- 
spongia, wie die meisten Arten der Genera Actinofungia From., Actinospongia d’Orb. und Amorpho- 
spongia d’Orb., bei welchen das Skelet aus anastomosirenden Kalkfasern besteht, an gewisse kalkige 
Hydrozoen (Millepora) an. 


48 (138) 


Protosycon. Zitt. 
Syn. Sceyphia p. p. Goldf.; Siphonocoelia p. p. From. 


Schw. einfach, eylindrisch oder keulenförmig, gegen unten verengt, mit weiter 
röhrenförmiger, bis zur Basis reichender Centralhöhle. Die Wand besteht aus auf- 
einander geschichteten hohlen Radialkegeln, deren Basis sich gegen die Centralhöhle, 
die Spitzen gegen Aussen richten. Durch diese nach Innen geöffneten Hohlkegel ent- 
stehen auf der Wand der Centralhöhle zahlreiche in Längsreihen geordnete Östien, 
die in die Hohlkegel führen. Da sich letztere gegen Aussen verengen und mit einem 
abgestumpften Kopf endigen, so werden zwischen ihnen gleichfalls conische aber 
gegen Innen zugespitzte Zwischenräume gebildet und wenn sowohl das Innere der 
Hohlkegel als auch diese Zwischenräume mit Gesteinsmassen ausgefüllt sind, so scheint 
es, als ob die Wand mit zweierlei Radialeanälen versehen sei, wovon die einen in 
die Centralhöhle münden während die anderen etwa in der Mitte der Wand beginnen 
und sich nach Aussen erweitern. 

Das Skelet scheint überwiegend aus drei- oder vier-strahligen Nadeln zusam- 
mengesetzt zu sein; es ist mir indess nie gelungen ihre Form mittelst Dünnschliffe 
ganz deutlich darzulegen. 

Ich trage kein Bedenken diese zierliche Gattung zu den Syconen zu stellen. Die 
ganze äussere Form des cylindrischen Schwammkörpers, sein Aufbau aus Radialtuben, 
die zahlreichen in Reihen geordneten Ostien auf der Wand der Centralhöhle und endlich 
die maschigen Zwischenräume auf der Aussenseite stimmen in überraschender Weise mit 
gewissen lebenden Syconen überein. Eine genaue Einordnung unter die recenten Gattungen 
ist indess wegen der unvollständigen Erhaltung der Skeletnadeln unmöglich. 

Die typische Art ist bereits von Goldfuss 3. 10 als Scyphia punctata gut ab- 
gebildet worden. Sie findet sich nicht gerade häufig in den mittleren Spongitenkalken 
des weissen Jura. Das Skelet besteht fast immer aus Kalkspath und zeigt undeutlich Na- 
delstruktur. Selten kommen auch Exemplare mit verkieseltem Skelet vor und ein solches 
dürfte O. Schmidt zu seiner Abbildung (Atlant. Spong. Taf. I. Fig. 21) vorgelegen 
haben. Das Fragment zeigt wahrscheinlich die Oberfläche der Magenhöhlenwand mit den 
Östien der Radialtuben, welche in regelmässigen Reihen stehen und dadurch einigermassen 
an Hexactinelliden erinnern. Wenn O. Schmidt in den Skeletfasern Canäle andeutet, so 
beruht dies auf einer Täuschung, sofern nämlich die fragliche Abbildung wirklich zu Scy- 
phia punctata gehört. Ich habe zum Vergleich mit der Schmidt’schen Figur ein ver- 
kieseltes Fragment mittelst Camera lucida nochmals zeichnen lassen. (Taf. XII. Fig. 7.) 

In Quenstedt’s Petrefaktenkunde Deutschlands finden sich (Taf. 131. 21—27) 
gute Abbildungen von Scyphia punctata. 


f 


A. 
4 


Fig. 1. 


Tafel XI 


Opetionella radians. Zitt. aus dem. Cuvieri Pläner des Windmühlenbergs 
bei . Salzgitter. 

a. Exemplar in natürlicher Grösse. 

b. Skeletnadeln in 28 facher Vergrösserung. 


Ophiraphidites eretaceus. Zitt. aus der Quadratenkreide von Linden 
bei Hannover. 

a. Exemplar in natürlicher Grösse im Göttinger Universitäts-Museum. 

b. Ein Stück des Skeletes (Stabnadeln und vereinzelte Vierstrahler) in 28facher 

Vergrösserung. 

c. Zwei grosse gebogene Nadeln in 28facher Vergrösserung. 

d. Ein Gabelanker mit drei kurzen, dichotomen Zinken. 
Tethyopsis Steinmanni. Zit. aus der Mucronaten-Kreide von Ahlten in 
Hannover. Skelet aus der Nähe der Oberfläche in 28 facher Vergrösserung. 
Pachastrella primaeva. Zit. aus der Quadraten-Kreide von Ahlten in 
Hannover. 

a. Exemplar in natürlicher Grösse im Göttinger Universitäts-Museum. 

b. Skelet in 25 facher Vergrösserung. 


Yittel, Studien über fossile Sp 


ongien II. 
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Tafel XI. 


Scolioraphis cerebriformis. Zitt. aus der Quadraten-Kreide vom Sut- 
merberg bei Goslar. 

a. Exemplar in natürlicher Grösse. 

b. Ein Stück Skelet in 28facher Vergrösserung. 
Scolioraphis anastomans. Zitt. aus der Mucronaten-Kreide von Ahlten 
in Hannover. (Ist im Text 8. 4. 5. irrthümlich als Fig. 2 bezeichnet.) Skelet- 
nadeln in 28facher Vergrösserung. 
Skeletfasern eines Kalkschwammes (Corynella tetragona) mit einaxigen 
Nadeln aus der Tourtia von Essen in 60 facher Vergrösserung. 
Skeletfasern von Peronella multidigitata. Mich. aus dem Grünsand von 
Le Mans in 60 facher Vergrösserung. 

Die Faser besteht aus homogener Kalksubstanz, in welcher deutliche Stabna- 
deln und vereinzelte Dreistrahler eingebettet liegen. 
Skeletfasern von Peronella eylindrica. Goldf. aus dem oberen Jura von 
Uetzing in Franken, vollständig aus Dreistrahlern zusammengesetzt. 60 fache 
Vergrösserung. 
Skelet von Corynella (Myrmecium) gracile. Msir. aus St. Cassian in Tyrol. 
In 60 facher Vergrösserung. 

Die Nadeln sind vollständig verschwunden und die Fasern haben sphäroidisch- 
strahlige, krystallinische Struktur angenommen. 
Peronella cylindrica. G@oldf. sp. aus Engelhardsberg in Franken. 

a. Verkieselte Skeletfasern in 60 facher Vergrösserung. 

b. Ebenso in 230 facher Vergrösserung. 
Ein blätteriges verkieseltes Fragment (parallel der Oberfläche) von Protosy- 
con punctatus. Goldf. sp. aus Streitberg in Franken. In 60 facher Ver- 
grösserung. 


; Zittel, Studien über fossile Spongien II. 
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Jbh.d.k.bayr: Akad. D.Cl. Da. X. 2 .Abth. 


4 


Bedr. v. Br. Keller, 1 München. 


Die 


Veränderlichkeit in der Zusammensetzung 


atmosphärischen Luft, 


Von 


Ph. v. Jolly. 


Abh. d. I. Cl.d.k. Ak. d. Wiss. XIII. Bd. II. Abth. 7 


ee 
ch 


Die 
Veränderlichkeit in der Zusammensetzung 


der 
atmosphärischen Luft. 


Von 
Ph. v. Jolly. 


Die eudiometrischen Versuche über die Zusammensetzung der Luft 
geben so übereinstimmende Resultate, dass man geneigt ist, die kleinen 
Abweichungen, welche die einzelnen Versuche zeigen, unvermeidlichen 
Fehlerquellen zuzuschreiben. Es waren zunächst Wägungen der Luft, 
welche mir diese Annahme zweifelhaft erscheinen liessen. Luft, stets 
am gleichen Orte — in einer Entfernung von 2 Kilometer von der Stadt 
geschöpft —, zeigte je nach den herrschenden Windrichtungen im Gewichte 
eines Liter Abweichungen bis zu einem Millisramm, also von einer Ge- 
wichtsgrösse, welche die Waage mit aller Sicherheit erkennen lässt. 

Zunahme oder Abnahmen im Gewichte eines Liter trockener kohlen- 
säurefreier Luft deuten Aenderungen in der Zusammensetzung der at- 
mosphärischen Luft an, deren Betrag in Procenten ausgedrückt, sich 
durch einfache Rechnung ergibt, sobald die specifischen Gewichte der 
Bestandtheile bekannt sind. Regnault !) fand als Mittel aus zahlreichen mit 
bekannter Exactheit ausgeführten Versuchen für die Gewichte von 1 Liter 

atmosphärischer Luft 1,293187 Gramm, 
Sauerstoff 1,429802 

- Stickstoff 1,256167 ” 

Bezeichnet x das Volumen des in einem Liter Luft enthaltenen Sauer- 
stoffgases, also 1—x das des Stickgases, so hat man: 
x. 1,429802 + (1 — x) 1,256167 = 1,293187. 

Es berechnet sich hiernach x zu 0,2132, daher der Sauerstoffgehalt 

nach Procenten ausgedrückt zu 21,52. Der Sauerstoffgehalt wäre hier- 


ER} 


1) Memoires de l’Academie des Sciences. Tom. XXI. p. 158. Paris 1847. 
7* 


52 


nach beträchtlich höher, als der nach irgend einer der eudiometrischen 
Untersuchungen gefundene Brunner fand für Luft geschöpft in Bern, 
20,80, Lewy in Kopenhagen 20,79, Marignac in Genf 20,81, Bunsen in 
Heidelberg 20,96, Regnault in Paris 20,90 bis 21,0. Der Unterschied 
ist micht unbedeutend, er erreicht nahezu ein halbes Procent. 

Die von Regnault gefundenen specifischen Gewichte sind die arith- 
metischen Mittel wiederholt ausgeführter Messungen, aber nicht minder 
zahlreich und minder exact sind die eudiometrischen Messungen. In 
beiden Richtungen ist Gelegenheit gegeben, nach bekannter Methode die 
Grösse des wahrscheinlichen Fehlers zu berechnen, und in beiden Fällen 
ergibt sich, dass derselbe noch nicht 0,01 eines Procentes überschreiten 
könnte. Es liegen also in dem einen oder in dem anderen Verfahren, 
vielleicht auch in jedem der Verfahren, constante nach einerlei Seite hin 
wirkende nicht aufgedeckte Fehlerquellen. Im Allgemeinen wird man 
geneigt sein, den Resultaten, die sich auf die Bestimmung der specifischen 
Gewichte stützen, die mindere Verlässigkeit zuzuschreiben. Indess werden 
erst wiederholte, unter Einengung der Fehlerquellen ausgeführte, Messungen 
die Entscheidung bringen können. 

Lassen auch nur wenige Probleme sich namhaft machen, in welchen 
ein Unterschied von einem halben Procent im Sauerstoffgehalt der Atmo- 
sphäre von entscheidendem Einflusse wäre, so hat es doch immer ein Inter- 
esse, den thatsächlichen Bestand festzustellen, auch wenn es nur darauf 
ankommen sollte, zu erkennen, in welcher Ausdehnung ein Wechsel ım 
Sauerstoffgehalt der Atmosphäre sich an einerlei Ort zur Zeit geltend 
macht, um hiermit eine Basis zum Vergleich für andere Orte und andere 
Zeiten zu gewinnen. Es liegen keine Erscheinungen vor, aus welchen 
man schliessen könnte, dass in historischer Zeit eine Aenderung in der 
Zusammensetzung der Atmosphäre sich vollzogen habe,. es liegen aber 
auch keine Messungen vor, die für eine solche Behauptung einen Anhalts- 
punkt bieten. Wollte man einen solchen gewinnen, so müsste die Sicher- 
heit in den Messungen viel weiter gehen, als die dermalen erreichbare. 
Eine Aenderung von auch nur ein Hundertel Procent würde gegenüber 
dem Gesammtvorrath an Sauerstoff in der Atmosphäre im organischen 
Leben sicher keine erkennbare Wirkung äussern. Und doch wäre eine 
Abnahme von ein Hundertel Procent bei der etwas über 4 Milliarden 


99 


Cubic-Kilometer betragenden Atmosphäre gleichbedeutend mit einem Ver- 
brauch von beiläufis 80000 Cubic-Kilometer des vorhandenen Vorrathes 
von Sauerstoff. Ein jährlicher Verbrauch von 1 Cubic-Kilometer, also 
von 1000 Millionen Cubic-Meter würde erst nach 80000 Jahren eine 
Abnahme von 0,01 Procent des Sauerstoffgehaltes der Atmosphäre zur 
Folge haben. Gleichwohl ist es wahrscheinlich, dass an der Erdoberfläche 
sich weit grössere Schwankungen geltend machen. Je nach dem Oxy- 
dations- und Reductionsprozesse in verschiedener Ausdehnung auftreten, 
werden die Schwankungen im Sauerstoffgehalt grösser oder kleiner werden, 
und wird eine grössere oder kleinere Zeit vergehen bis ein Beharrungs- 
zustand sich wieder hergestellt hat. 

Eine erneuerte Untersuchung zur Feststellung des fraglichen Wechsels 
im Sauerstoffgehalt der Atmosphäre ist erst dann angezeigt, wenn mit 
der anzuwendenden Messmethode eine grössere Einengung der unver- 
meidlichen Fehlerquellen zu erreichen ist. 

Die Methode, welche sich auf die Bestimmung der specifischen Ge- 
wichte der Luft und der Bestandtheile der Luft gründet, ist nicht ange- 
wendet, sie ist aber naheliegend, und verspricht bei der Vervollkomm- 
nung, welche in der Construction der Waage!) erreicht ist, exacte Resultate. 
Waagen mit Spiegelablesung machen es möglich bei der Maximalbelastung 
von 1 Kilogramm mit einmaliger Wägung eine Genauigkeit von + 0,05 
Millisramm zu erreichen. Ein Glaskolben von 1 Liter Inhalt fasst etwas 
über ein Gramm Luft, das Glasgewicht des Kolbens mit Glashahn ist noch 
nicht 150 Gramm. Die Wägung von 1 Liter Luft wird also erst in der 
5. Decimale unsicher. Abweichungen von grösserem Betrage bei Füllungen 
mit gleichem Gase haben also nicht ihren Grund in der Unsicherheit der 
Waage, sie hängen von der Natur des Gases oder auch von den, zur 
Füllung erforderlichen, Experimental-Arbeiten, Entleerung des Kolbens, 
Druckbestimmung des Gases bei 0° der Füllung, etc. ab. Versuche mit Gasen, 
die stets auf gleiche Weise bereitet sind, belehren über die Summe der 
Fehlergrössen. Es wird sich zeigen, dass dieselben „„, der Gewichtsgrösse 
von 1 Liter Gas nicht überschreiten. 


1) Das bei dem Gebrauch der Waage mit Spiegelablesung zu beachtende Verfahren habe ich in 
der Abhandlung „Anwendung der Waage auf Probleme der Gravitation“ Denkschriften der k. Ak. d. 
Wiss. B. XIII, Abth. I angeführt. 


au 
»> 


Regnault wendete Glaskolben, mit Messingfassung und Hahnverschluss, 
von nahezu 10 Liter Inhalt an. Das Gewicht des Glasballons war über 
ein Kilogramm. Es sind nicht ausdrücklich Messungen zur Bestimmung 
der Empfindlichkeit und Richtigkeit der Waage namhaft gemacht, es ist 
aber angegeben, dass die Gewichte gleicher Gase bei gleicher Temperatur 
und gleichem Druck Abweichungen von beiläufig „. zeigen. Es ist also 
mit Waagen verbesserter Construction mit Kolben von nur 1 Liter Inhalt 
die Fehlergrösse eine mindestens 6mal kleinere. Ueberdiess sind alle 
Arbeiten mit Kolben von nur 1 Liter Inhalt ohne Vergleich leichter aus- 
führbar als mit Kolben von 10 Liter. Auch reichen die Mittel der ge- 
wöhnlichen Ausrüstung eines Laboratoriums zu Messungen dieser Art aus. 
Eine gut ausgeführte Waage für 200 Gramm Maximalbelastung genügt 
zu den Messungen. 

Im Uebrigen wurde die zuerst von Regnault eingeführte Methode, 
der Tarakolben von gleichem Volumen mit den Gaskolben, benützt. Die 
Messungen werden mit derselben vollkommen unabhängig von den mit 
der Temperatur und dem Druck der Atmosphäre veränderlichen Gewichts- 
verlusten der Kolben, sie sind eben auf beiden Seiten stets die gleichen. 

Der Tarakolben wurde zunächst durch Zugiessen einiger Tropfen 
Quecksilber zu gleichem absolutem Gewichte mit dem Gaskolben gebracht. 
Zur Prüfung auf die Gleichheit der Volumina wurden die Kolben nach 
Art der Nicholsonschen Areometer ausgerüstet, d. h. es wurden Waag- 
schalen durch Drähte in passender Weise mit den Kolben verbunden, 
und die Auflagegewichte ermittelt, welche zur Eintauchung bis nahe zur 
Mündung der Kolben erforderlich waren. Durch Einziehen oder Auf- 
treiben des in diesen Versuchen nach offenen Tarakolbens ist mit geringer 
Uebung im Glasblasen eine grosse Annäherung in der Gleichheit der Vo- 
lumina zu erreichen. Das Volumen des Tarakolben, den ich benützte, 
zeigte schliesslich gegen den des Gaskolbens nur eine Differenz von 0,06 cub. 
Centimeter. Die Spitze des Tarakolbens wurde zugeschmolzen. Bei ge- 
schlossenem Hahn des Gaskolbens zeigten die Kolben auf die Waage ge- 
bracht einen von der Temperatur und dem Druck der Luft ganz unver- 
änderlichen Ausschlag. 

Das Programm für die Versucksanordnung ist höcht einfach. Der 
Gaskolben wird leer und wird gefüllt mit Gas gewogen. Die Differenz 


59 


der Gewichte ist das Gewicht des Gases von der Temperatur Null und 
von dem Drucke, bei welchem die Füllung erfolgte. 

Zur Entleerung des Kolbens wurde die Quecksilber-Luftpumpe ver- 
wendet, und die Verdünnung wurde in allen Fällen auf einen Druck von 0,02mm 
zurückgeführt, eine Verdünnung welche mit der Pumpe leicht und sicher 
erreichbar ist. Fig. 1 zeigt die Anordnung der Pumpe. Sie unterscheidet 
sich von der im Jahre 1865 publicirten Beschreibung!) nur dadurch, 
dass in das Abflussgefäss, welches durch einen Gummischlauch mit dem 
Evacuirungsgefässe verbunden ist, die Luft nur durch eine mit Chlor- 
Calicum gefüllte Röhre A eintreten kann. Das Quecksilber kömmt also 
nur mit trockener Luft in Berührung, und wird mit dem Gebrauch der 
Pumpe vollkommen ausgetrocknet. Befördert wird diese Austrocknung, 
wenn man durch die Austrocknungsröhre B Luft wiederholt in das Eva- 
cuirungsgefäss eintreten lässt. Ohne diese Austrocknung des Quecksilbers 
und der Gefässe bleiben Dämpfe zurück, die eben nicht erlauben den Druck 
restirenden Gases zu messen und die störend auf das Resultat der Ver- 
suche einwirken. 

Ist der Druck auf hundertel eines Millimeters herabgesunken, so ist 
die Druckdifferenz direkt am Barometer der Luftpumpe nicht mehr messbar. 
Ein einfacher Versuch macht ihn aber messbar. Man bestimmt voraus- 
gehend das Verhältniss des Volumens der in den Bohrungen, in den 
Hähnen und im Heberbarometer der Pumpe enthaltenen Luft zu dem 
Volumen des Evacuirungsgefässes. Das Abflussgefäss wird zu diesem 
Zwecke in die Höhe gezogen bis das Quecksilber eine Marke a am Halse 
des Evacuirungsgefässes tangirt. Der zu entleerende Kolben wird mit 
geschlossenem Hahne luftdicht auf der Mündung des Tellers mit Siegel- 
wachs — einer Mischung von Wachs und venetianisch Terpentin — be- 
festigt. Alle Kanäle sind bis zur Marke a mit Luft vom Drucke des 
Barometerstandes gefüllt. Lässt man das Ausflussgefäss herab, so dehnt 
sich die Luft in das Evacuirungsgefäss aus, das Barometer der Pumpe 
fällt und bezeichnet den Druck der ausgedehnten Luft. An der benützten 
Pumpe fiel, während der Ausgangsdruck 720 mm war, das Barometer auf 
6mm, die Ausdehnung war also eine 120fache. Wird bei nun offenem 
Hahn des zu entleerenden Kolbens mit Verdünnung der Luft in bekannter 


1) Die Pumpe ist in Carls Repertorium der Physik B. 1 von Georg Jolly beschrieben. 


56 


Art fortgefahren bis am Heberbarometer der Druck nicht mehr ablesbar 
ist, und wird hierauf bei geschlossenem Hahn des Gaskolbens das Queck- 
silber durch in die Höheziehen des Ausflussgefässes bis zur Marke a ge- 
bracht, so wird die verdünnte Luft um das 120fache comprimirt. Steigt 


hiermit das Heberbarometer auf 2,5 mm, so war die Verdünnung En — 0,02 mm. 

Man könnte auch, wie dies bei Regnault’s Versuchen der Fall ist, 
bei einer minder weit reichenden Verdünnung der Luft stehen bleiben, 
und den noch vorhandenen Druck von dem der Füllung in Abzug bringen. 
Es sind aber dann die Fehler zweier Barometerablesungen im Resultate 
enthalten, die sich leicht zu 0,lmm summiren können, während nach der 
bezeichneten Methode der Fehler der einen der Ablesungen sicher unter 
0,02 herabsinkt. 

Die Waage war mit Spiegelablesung versehen. Bei einer Belastung 
von 142 Gramm — dem Gewichte der Glaskolben — ergab ein Zulage- 
gewicht von 1 Milligramm einen Ausschlag von 9,8 Scalentheilen. Ein 
Scalentheil entspricht also einer Gewichtszunahme von 0,102 mg. 

Die Methode der Wägung war die der Vertauschung der Gewichte. 
Ein Beispiel wird das eingehaltene Verfahren erläutern. In dem folgenden 
Schema ist durch K der Kolben mit Glashahn, und durch T der Tara- 
kolben bezeichnet. 


Schale links Schale rechts Scale 
RE ji 757,2 
T K-+ 1,272 753,2 


Die Differenz der Scalentheile ist 4,0. Ein Zulagegewicht von 
4.0,102 — 0,408 mg in der Schale rechts würde den Ausschlag von 
753,2 auf 757,2 erhöhen. Man hat also auch 


Schale links Schale rechts Scale 
K-+ 127 T 757,2 
N K-+ 1,272408 757,2 


und erhält hieraus 
K = T — 1,272204. 

Auch diese Zahl bedarf noch einer Correctur wegen der Abweich- 
ungen der benützten Platingewichte von ihrem Sollwerthe.e Für den ge- 
wöhnlichen Gebrauch sind die käuflichen Platingewichte genügend genau 
abgeglichen, sie weichen aber alle mehr oder minder von ihrem Sollge- 


57 


wichte ab. Für den Gebrauch zu exacten Gewichtsbestimmungen ist es 
daher unerlässlich die Gewichtstücke zu prüfen und”den Befund in einer 
Correctionstabelle niederzulegen. Für die von mir gebrauchten Gewichts- 


stücke ergab sich: 
Sollgewichtt Normalgewicht 


05,8 = 0,5g — 0,304 mg 
0,4 22=0,5, 7 -30,120 
0,2, 0220,20 40,008 
0,2, = 02 — 0,083 
ON EEI0T IE 0029 
0,057. = 0,05 + 0,023 
0,02, = 0,02 — 0,011 
0,0255 370,02 °—0902 
OLE 0,01 0,055 
Reiter 0,01 = 0,01 —+ 0,097 


Die im angeführten Falle benützten Gewichtsstücke waren 0,5, 0,5,, 
0,2,, 0,05, 0,05, 0,02, und der Reiter am Hebelarme von der Länge 0,2 
des Wagebalkens. In Normalgewicht ausgedrückt ist demnach 

K=T — 1,271803. 
Die nicht corrigirte Zahl war 1,272204, also um 0,401 mg zu gross. 


Versuche mit Sauerstoff. 

Die Bereitung des Sauerstoff erfolgte auf elektrolytischem Wege. Das 
Gas, welches man im Beginn der Elektrolyse erhält, ist in doppelter Weise 
verunreiniget, es ist mit dem vom Wasser absorbirten Stickgase gemischt, 
und ist zum Theil ozonisirt. Je länger dauernd der elektrolytische Process 
fortgeführt wird, um so vollständiger wird alles Stickgas ausgetrieben. 
Nach 24 stündiger Dauer der Elektrolyse erscheint das Stickgas vollkommen 
beseitiget. Die Zersetzung des Ozons wird ebenso vollständig durch Leitung 
des Gases durch eine in Glühhitze erhaltene Glasröhre erzielt. Durch ein- 
 geschaltete Austrocknungsröhren war für vollständige Austrocknung des 
Gases gesorgt. ' 

Zur Entleerung des Kolbens wurde die Quecksilberluftpumpe benützt, 
und ebenso wurden die Zuleitungs- und Austrocknungsröhren, um jede 
Beimischung von Luft auszuschliessen, wiederholt mit Sauerstoff gefüllt 
und wieder entleert. 

Zwei andere Fehlerquellen können durch die, im Versuch einzu- 


haltende, Ordnung auf ein Minimum zurückgebracht werden. Das Ab- 
Abh.d.II.Cl.d.k. Ak.d. Wiss. XIII. Bd. II. Abth. 8 


58 


waschen des Kolbens mit Wasser und mit Weingeist hat bei häufiger Wieder- 
holung eine Gewichtsverminderung zum Erfolge. Sie ist unbedeutend, 
tritt aber nach häufiger Wiederholung des Abwaschens messbar auf. Anderer- 
seits können beim Füllen des Kolbens Staubtheile aus der Austrocknungsröhre 
mit übergeführt werden. Es erzeugt diess eine Gewichtszunahme. Beide 
Aenderungen im Gewichte des Kolbens erfolgen also im entgegengesetzten 
Sinne, und treten daher nach einmaliger Operation nur um so unbedeutender 
auf. Wird die Ordnung eingehalten den Kolben zuerst gefüllt und darauf 
entleert zu wägen, so sinkt der Betrag der Fehler auf ein Minimum zurück. 


I Gewicht des Kolbens gefüllt mit Ovon O’u. 714,45 mm K= T + 0,083799 
Gewicht des Kolbens mit OÖ vom Drucke 0,02 K= T — 0,272183 
Gewicht des OÖ von 0° u. 714,43 1,355982 
Gewicht des OÖ von 0° u. 760 mm. 1,442470 

II Gewicht des Kolbens mit O von 0° u. 711,30 K,= 7 Fr OR IB 
Gewicht des Kolbens mit O vom. 0,02 RM. Omar 
Gewicht des O von 0° u. 711,28 1,350100 
Gewicht des OÖ von 0° 760 mm 1,442579. 

III Gewicht des Kolbens mit O von 0° u. 715,02 K’—T 70.074902 
Gewicht des Kolbens mit O von 0,02 K = T — 0,272180 
Gewicht des O von 0° u. 715,00 1,347084 
(Gewicht des O von 0° u. 760 mm 1,442489. 

IV Gewicht des Kolbens mit O von 0° u. 720,42 K = T + 0,095182 
Gewicht des Kolbens mit O vom Drucke 0,02 En 
Gewicht des O von 0° u. 720,40 1,367406 
Gewicht des O von 0° u. 760 mm 1,442570. 

V Gewicht des Kolbens mit O von 0° u. 722,02 K = T +, 0,098103 
Gewicht des Kolbens mit O vom Drucke 0,02 K=/,T 120330 
Gewicht des OÖ von 0° u. 722,000 1,370483 
Gewicht des O von 0° u. 760 mm 1,442571. 

VI Gewicht des Kolbens mit OÖ von 0° 706,93 KZ T -+ 0,069659 
Gewicht des Kolbens mit O vom Drucke 0,02 KT — 1272188 
Gewicht des OÖ von 0° u. 706,91 1.341847 ° 
Gewicht des O von 0° u. 760 mm 1.442562. 

VlIGewicht des Kolbens mit O von 0° u..693,79 K= T + 0,044552 
Gewicht des Kolbens mit O.vom Druck 0,02 Ko, „7 —1,10202002 
Gewicht des O von 0° u. 693,77 1,316774 
Gewicht des OÖ von 0° u. 760 mm 1,449478. 


Für das Gewicht des Sauerstoffgases von 0° und 760 mm, welches 
der Kolben bei der Temperatur 0° fasst, wurde nach der Reihe erhalten: 


1,442470 
1,442579 
1,442489 
1,442570 
1,442571 
1,442562 
1,442478 
Mittel 1,442545 


Der wahrscheinliche Fehler des Mittels berechnet sich zu + 0,000013. 


Versuche mit Stickstoff. 
Zur DBereitung des Stickstoffes wurde trockene kohlensäurefreie 
atmosphärische Luft über in Glühhitze erhaltene Kupferdrahtnetze ge- 
leitet. Die orientirende Versuche liessen eine, indess leicht zu beseitigende, 
Fehlerquelle erkennen. Die Kupferdrahtnetze, die vorangehend durch 
Wasserstoffgas reducirt sind, halten Wasserstoffgas absorbirt zurück. Man 
erhält, wenn nicht für vollständige Entfernung des Wasserstoffgases ge- 
sorgt wird, wechselnde und stets zu kleine Gewichte Wird die Ver- 
brennungsröhre mit den reducirten Drahtnetzen mit Hülfe der Luftpumpe 
entleert, und wird, während Glühhütze eingetreten ist, die Luftpumpe in 
Thätigkeit erhalten, so ist in kurzer Zeit das Wasserstoffgas vollständig 
entfernt. Die Zuleitung der trockenen Luft erfolgt nach der Entfernung 
des Wasserstoffes. Man erreicht das gleiche Ziel, wenn man auf die 
reducirten Netze ein nicht reducirtes folgen lässt, es erfährt dies durch 
das ausgetriebene Wasserstoffgas eine Reduction. Durch eine darauf folgende 
Austrocknungsröhre wird der sich bildende Wasserdampf zurückgehalten. 
Der Glashahn des Kolbens war vor dem Gebrauch zu der folgenden 
Versuchsreihe gereiniget und neu eingefettet. Der s.g. optische Contact 
lässt leicht erkennen, ob die gleichförmige Vertheilung des Fettes erfolgt 
und ein vollkommener Verschluss gesichert ist. Der Kolben kann ohne 
Erneuerung der Einfettung des Hahnes zu einer ganzen Reihe von Ver- 
suchen verwendet werden. 
I Gewicht des Kolbens gefüllt mit N von 0° u. 715,61 Druck K 


— T — 0,076251 

Gewicht des Kolbens mit N vom Druck 0,02 Kerr ITS 
Gewicht des N von 0° u. 715,59 1,195422 
Gewicht des N von 0° u. 760 mm 1,269609 

II Gewicht des Kolbens gefüllt mit N von0° u. 717,95 K = T — 0,072568 

Gewicht des Kolbens mit N vom Druck 0,02 K = T — 1,271690 
Gewicht des N von 0° u. 717,93 1,199122 
Gewicht des N von 0° u. 670 mm 1,269389 


60 

III Gewicht des Kolben sgefüllt mit N von 0° u. 714,54 K = T — 0,078400 
Gewicht des Kolbens mit N vom Drucke 0,02 K = T — 1,271749 
Gewicht des N von 0° u. 714,42 1,193349 
Gewicht des N von 0° u. 760 mm 1,269307 

IV Gewicht des Kolbens gefüllt mit N von 0° u. 716,60 K= T — 0,074836 
Gewicht des Kolbens mit N vom Drucke 0,02 K=TT -— 1,271695 
Gewicht des N von 0° u. 716,58 1,196924 
Gewicht des N von 0° u. 760 mm 1,269449 

V Gewicht des Kolbens gefüllt mit N von 0° u. 711,78 K= T — 0,082659 
Gewicht des Kolbens mit N vom Drucke 0,02 K=T -— 1,271768 
Gewicht des N von 0° u. 711,76 1,188936 
Gewicht des N von 0° 760 mm 1,269515. 

VI Gewicht des Kolbens gefüllt mit N von 0° u. 710,27 K = T — 0,084423 
Gewicht des Kolbens mit N vom Druck 0,02 K= T — 1,271768 
Gewicht des N von 0° u. 710,25 1,186345 
Gewicht des N von 0° u. 760 mm 1,269443 

VII Gewicht des Kolbens gefüllt mit N von 0° u. 717,36 K= T — 0,073524 
Gewicht des Kolbens mit N vom Drucke 0,02 K= 770797785 
Gewicht des N von 0° u. 717,34 1,198221 
Gewicht des N von 0° u. 760 mm 1,269478. 


Für das Gewicht des Stickstoffgases von der Temperatur 0° und 
dem Drucke 760 mm, welches der Kolben bei der Temperatur 0° fasst, 
wurde nach der Reihe erhalten: 

1,269609 
1,269389 
1,269307 
1,269449 
1.269515 
1,269443 
1,269478 
Mittel 1,269455 

Der wahrscheinliche Fehler des Mittels berechnet sich zu + 0,000024, 
ist also doppelt so gross als der für die Gewichtsbestimmung von Sauer- 
stoff erhaltene, immerhin macht er sich aber erst in der 5. Decimale 
geltend. Da in beiden Fällen die gleiche Waage und die gleiche Methode 
der Wägung angewendet wurde, so wird man den Grund der grösseren 
Abweichungen in den Zahlen für N wohl nur darin zu suchen haben, 
dass die vollständige Reinheit der elektrolytisch erzeugten O grösser ist, 


61 


als die des N, welches unter Entziehung des Sauerstoffes der Luft be- 
reitet wurde. 
Versuche mit atmosphärischer Luft. 

Die Luft wurde, wie schon erwähnt, stets an demselben Orte, in 
einer Entfernung von beiläufig 2 Kilometer von der Stadt, geschöpft. 
Es diente hierzu ein Glasballon mit einer Ausrüstung wie Fig. 3 dies 
erläutert. Der Ballon war luftleer gemacht. An Ort und Stelle war es 
also nur nöthig einen der Hähne zu öffnen und nach der Füllung wieder 
zu schliessen. Im Ballon befanden sich einige Stücke Aetzkali. Zum 
Abfüllen wurde durch a Quecksilber eingelassen, und durch b die Luft 
durch eine Austrocknungsröhre in den Glaskolben geleitet. Die Aus- 
trocknungsröhre war vorausgehend mit der Luftpumpe evacuirt. 

Die Ordnung der Versuche wurde dahin abgeändert, dass Füllung 
und darauf folgende Wägung unter fünf verschiedenen Druckgrössen, wie 
solche die jeweiligen Barometerstände bei den Füllungen mit sich brachten, 
vollzogen wurden. Vor der ersten Füllung und naeh der letzten Füllung 
wurden die luftleer gemachten Kolben gewogen. Die Differenzen der 
beiden Wägungen des leeren Kolbens lassen die Fehlergrenzen erkennen, 
welche in Verbindung mit den Fehlerquellen der Waage nach allen 
zwischen liegenden Operationen sich geltend machen, und die Abweichungen 
der Gewichte der Luft, reducirt auf 0° und 760 bezeichnen die Fehler- 
grenzen der unter verschiedenen Drucken gefüllten Kolben. Die letzteren 
sind die grösseren, weil die Fehlerquellen der Barometerablesungen hin- 
zutreten. Für das Gewicht des leeren Kolbens wurde das arithmetische 
Mittel der beiden Wägungen zu Grund gelegt. 


I Luft geschöpft am 10. October. Barometer 715,7. 
Gewicht des leeren Kolbens K= T — 1,272413 


Druck Gewicht der Luft von 0°. Druck Gewicht der Luft von 0° 
713,90 1,226512 760, 1,505713 
713,03 1,224692 A 1,303367 
711,44 1,222128 ” 1,305545 
715,11 1,228420 3 1,305532 
714,00 1,226511 a 1,305529 


Mittel 1,305537 
Gewicht des leeren Kolbens K= T — 1,272345. 


62 


II Luft geschöpft am 27. October. Barometer 711,9 
Gewicht des leeren Kolbens K= T — 1,272345 


Druck Gewicht der Luft von 0° Druck Gewicht der Luft mit 0° 
ll 1,222672 760 1,305631 
714,98 1,228302 nr 1,305644 
713,62 1,226067 “ 1,305752 
717,41 1,232352 RN 1,305512 
717,66 1,233002 r 1,5305743 


Mittel 1,305656 
Gewicht des leeren Kolbens K= T — 1,272385 


II Luft geschöpft am 10. November. Barometer 704,0. Föhn. 
Gewicht des leeren Kolbenss K= T — 1,272355 


701,43 1,204287 760 1,304845 
698,64 1,199627 n 1,304937 
712,82 1,223928 ey 1,304937 
Da 1,222528 ” 1,304909 
717,57 1,231972 % 1,504818 


Mittel 1,304999 
Gewicht des leeren Kolbens K = T — 1,272443 


IV Luft geschöpft am 21. November. Barometer 716,8. 
Gewicht des leeren Kolbens K = T — 1,273015. Der Hahn war nea eingefettet. 


721,95 1,239726 760 1,305065 
720,18 1,236882 nr 1,305242 
714,56 1,227232 nn 1,305273 
715,52 1,228882 % 1,505274 
711,40 1,221652 a5 1,505110 


Mittel 1,305193 
Gewicht des leeren Kolbens K= T — 1,273317 


V Luft geschöpft am 5. December. Barometer 710,2. 
Gewicht des leeren Kolbens K= T — 1,273317 


707,16 1,214748 760 1,305515 
707,12 1,214688 ® 1,305525 
707,26 1,214938 " 1,305532 
707,30 1,215188 Y 1,305729 
704,20 1,209938 “ | 1,305645 


Mittel 1,305589 
Gewicht des leeren Kolbens RK = T — 1,173404 


63 


VI Luft geschöpft am 14. December. Barometer 720,8. 
Gewicht des leeren Kolbens K = T — 1,273404 


Druck Gewicht der Luft von 0° 
1722,94 1,241924 
722,01 1,240224 
720,96 1,238321 
721,01 1,239397 
73,19 1,225098 


wurde, verzeichnet. 


Datum 
2. Januar 
34. Januar 
9. Februar 
16. Februar 
7. März 
18. März 
9, Mai 
18. Mai 
7. Juni 
29. Juni 
15. Juli 
22. Juli 
2. August 
29. August 
11. Septbr. 
17. Septbr. 


Druck 
760 


Gewicht der Luft von 0° 
1,305588 
1,305481 
1,305376 
1,305601 
1,305581 

Mittel 1,305525 


Gewicht des leeren Kolbens K= T — 1,273463. 
Nachdem die angewendete Methode sich als brauchbar zu exacten 
Messungen bewährt hatte, wurden nach gleichem Schema beinahe durch 
alle Monate des Jahres Luftproben der Wägung unterzogen. In der 
folgenden Tabelle sind die erhaltenen Resultate zugleich unter Angabe 
der jeweils herrschenden Windrichtung, bei welcher die Luft geschöpft 


Gewicht 

1.505035 
1,505754 
1,305281 
1,305099 
1,305157 
1,305014 
1,305200 
1,305131 
1,305046 
1,305397 
1,305239 


1,305594 


1,305296 
1,305469 
1,305075 
1,304931 


Windrichtung 
S.W. 
NO. 
N.W. 
W. 
N.W. 


N.O. 
N.O. 
W. 
Föhn. 


Die Differenzen der Gewichte der Luftproben sind nicht unbeträcht- 
lich, sie gehen bis zu 0,9 mg, sind also nicht auf Unsicherheiten in 
den Wägungen zurückzuführen, sondern drücken eine Veränderlichkeit 


in der Zusammensetzung der Atmosphäre aus. 


Das grösste Gewicht war 


bei anhaltendem N.O.-Wind zu 1,305744, und: das kleinste- bei anhalten- 


64 


dem Föhn zu 1,304899 gefunden. Die Zusammensetzung der Luft, welche 
diesen Gewichten zukömmt, lässt sich, gestützt auf die Gewichte gleicher 
Volumina von OÖ und N, einfach berechnen. Das Gewicht des O wurde 
gefunden zu 1,442545 und das des N. zu 1,269455. Bezeichnet wieder 
x das Volumen des Sauerstoffs der bei anhaltendem Polarstrom geschöpften 
Luft, also 1—x das des Stickstoffs, so hat man 


x 1,442545 4 (1—x) 1,269455 = 1,305744, 
daher x = 0,20965. Im Procenten ausgedrückt ist also der Sauerstoffgehalt :: 
20,965. i 


Für die unter anhaltendem Föhn geschöpfte Luft hat man 


x. 1,442545 + (1—-x) 1.269455 = 1,304899, 
daher x = 0,20477. Im Procenten ausgedrückt ist also bei anhaltendem Aequatorial- 
strom der Sauerstoffgehalt kleiner und nur 
20,477. 


Die Versuche waren im Jahre 1875—76 ausgeführt, sie waren durch 
ganz andere Fragen veranlasst und wurden nur nebenbei aufgenommen. 
Da nach diesen Wägungen die Schwankungen im Sauerstoffgehalt der 
Atmosphäre viel beträchtlicher sind, als dies nach den eudiometrischen 
Messungen zu erwarten war, so war es angezeigt, auf Contralversuche 
bedacht zu nehmen. Es wurden solche erst im Jahre 1877 unter An- 
wendung eines Eudiometers, welches man als Kupfer-Eudiometer bezeichnen 
könnte, ausgeführt. Ich werde gleich auf die Beschreibung des Instru- 
mentes und auf die mit demselben erzielten Resultate zurückkommen. 
Nur will ich zuvor anführen, dass die Wägungen des OÖ und N sofort 
auch zur Bestimmung der specifischen Gewichte des Sauerstoffgases und 
des Stickstoffgases benutzt wurden. Es war hierzu nur nöthig das Ge- 
wicht des Wassers von 4° zu bestimmen, welches der Kolben in der 
Temperatur von 0° fasst. 


Die Wägungen gaben folgende Resultate: 
Gewicht des Glaskolbens. 


Schale links Schale rechts T’hermometer Barometer Scale 
142,0745 IN zeit 721,57 735,0 
K 142,0725 n ni 736,7 


Reducirt auf gleichen Ausschlag hat man: 
Schale links Schale rechts Thermometer Barometer Scale 
142,074331 K i al Va 736,7 
K 142,0725 n 5 736,7 
daher 
K = 142,073415. 


Der Kolben wurde mit destillirtem Wasser gefüllt. Eine ebenfalls 
mit destillirtem Wasser gefüllte Glasröhre war mit der Mündung des 
Kolbens verbunden, und der Kolben stand mit dieser Ausrüstung über 
Nacht in gestossenem Eis. Nach Entfernung der Nachfüllröhre war der 
Kolben bis zur Spitze mit Wasser von 0° gefüllt. Der Hahn wurde ge- 
schlossen noch während der Kolben in Eis stand. Da die Temperatur 
des Waagezimmers 6,4° war, eine Temperatur, bei welcher das Volumen 
des Wassers immer noch kleiner ist als bei der Temperatur 0° so war 
eine Sprengung des Kolbens bei geschlossenem Hahn nicht zu besorgen. 
Die Wägung ergab: 


Schale links Schale rechts Thermometer Barometer Hygrometer Scale 


1150,305 K 6,4 721,3 65°, 743,2 
K 1150,292 n n 5 745,5 
Reducirt auf gleichen Ausschlag erhält man: 

1150.304760 K 6,4 271,3 65% 745,5 
K 1150,292 n n n 745,5 
daher 


K = 1150,298380. 
In beiden Fällen, bei der Wägung des leeren wie bei der des ge- 
füllten Kolbens, sind die Gewichte nach den Sollgewichten des Gewichts- 
satzes angegeben. Die für den gleichen Gewichtssatz entworfene Corrections- 
tabelle ergibt, dass in Normalgewichten ausgedrückt die erste Zahl um 
0,001876 und die zweite um 0,001302 zu erhöhen ist. Man erhält hier- 
nach für das Gewicht des leeren Kolbens 
142,075291, 

und für das Gewicht des mit Wasser von 0° gefüllten Kolbens 
1150,299682. 

Das scheinbare Gewicht des Wassers von 0° ist hiernach 


1008,224391. 
Abh.d. II. Cl.d. k. Ak.d. Wiss. XII. Bd. II. Abth. 2) 


66 


Die Differenz der Gewichtsverluste des Wassers und der Gewichts- 
stücke — vergoldete Messingstücke vom specifischen Gewicht 8,4 -— be- 
rechnet sich zu 1,06248. Im leeren Raume würde man demnach für 
das Gewicht des Wassers erhalten 

1009,286871. 


Endlich ist um das Gewicht des Wassers zu erhalten, welches der 
Kolben in der Temperatur 0° vom Wasser von der Temperatur 4° fasst, 
mit dem Quotienten der Dichtigkeiten des Wassers von 4° und 0° zu 
multipliciren. Man erhält 

1009,286871 
0,999876 

Der Kolben fasst bei emem Inhalte von 1009,412 Cub.-Centimeter 
1,442545 g Sauerstoff, und 1,269455 Stickstoff. Man erhält hiernach 
für die geog. Breite von München von 48° 8° und der Höhe von 515 
Meter über der Meeresoberfläche das Gewicht 


— 1009,412. 


eines Liter Sauerstoff = 1,429094 
und eines Liter Stiekstoff —= 1,257614. 


Um diese Zahlen mit denen von Regnault erhaltenen zu vergleichen 
ist die Reduction der Gewichte auf die geog. Breite und die Höhe von 
Paris über der Meeresoberfläche auszuführen. 


Bezeichnet g das Gewicht eines Liter Sauerstoff in der Breite von 
45° an der Meeresoberfläche, R den mittleren Radius der Erde = 6366198, 
und g‘ das Gewicht in der geographischen Breite 9, und g die Höhe 
über der Meeresoberfläche, so ist 

1 — deos 2 
De 

R 

Nach der äusserst eingehenden und sorgfältigen Kritik von Lasch!) 
ist die Constante d = 0,0025935. 

Für den Ort München in der geog. Breite 48° 8‘ und der Höhe h 
— 515 m ist gefunden g’ = 1,429094. Es berechnet sich hiernach 

g = 1,4289206, 


1) Poggendorff’s Annalen, Ergänzungsband 87, S. 521. 


67 


und das Gewicht eines Liter Sauerstoff in der geog. Breite 48% 50° 14° 
von Paris und der Höhe von 60 m berechnet sich zu 
1,4293884 g@. N 

Regnault fand 1,429802. Der Unterschied ist 0,41 Milligramm. Die 
Gewichtsstücke, die ich benutzte, und die Correctionstafeln des Gewichts- 
satzes stützen sich auf eine Copie des in Berlin aufbewahrten deutschen 
Urkilogrammes. Regnault führt nicht an, ob für die Gewichtsstücke, die 
er gebrauchte, eine Correctionstabelle zur Reduction der Sollgewichte auf 
Normalgewichte in Anwendung gezogen wurde. Es ist daher nicht zu 
entscheiden ob die Differenz der für ein Liter Sauerstoff erhaltenen Ge- 
wichte in den gebrauchten Gewichtsstücken oder in der Verschiedenheit 
in der Reinheit des Sauerstoff begründet ist. 

Das Gewicht eines Liter Stickstoff wurde für München gefunden 
— 1,257614. Es berechnet sich hiernach das Gewicht eines Liters N 
für 45° am Meeresniveau zu 

1,2574614, 
und für Paris 
1,2578731. 

Regnault fand 1,256167, also ein Gewicht, welches um 1,706 Milli- 
gramm kleiner ist. Dieser Gewichtsunterschied lässt sich wohl kaum 
auf eine etwa unterlassene Reduction der gebrauchten Gewichtsstücke 
auf die Normaleinheit zurückführen, er ist höchst wahrscheinlich darin 
begründet, dass dem Stickstoffgase, welches Regnault anwendete, Wasser- 
stoff beigemengt war. Die orientirenden Versuche, die ich mit Stickstoff 
ausführte, ergaben in den Gewichten Abweichungen in einem Betrage bis 
zu 3 mg und die erst verschwanden, nachdem für Beseitigung jeder 
Spur von Wasserstoff gesorgt war. 


Die Wägungen der Luft und ihre Bestandtheile liessen den Wechsel 
in der Zusammensetzung der Atmosphäre erkennen. Dieses Verfahren 
setzt Vertrautheit mit dem Gebrauch der Waage voraus, ist aber, ein- 
mal organisirt, in physikalischen Laboratorien ohne besondere Schwierig- 
keit ausführbar. Zieht man in Betracht, dass die Zehntel der Milli- 

9* 


68 


gramme der erhaltenen Gewichte entscheidend sind für die Zehntel im 
Procentgehalt des Sauerstoff der zu prüfenden Luft, und sind es eben 
nur die Zehntel der Milligramme, welche in Einzelwägungen noch mit 
Sicherheit festgestellt werden können, so ist damit zugleich der nach der 
Wägungsmethode erreichbare Grad der Genauigkeit bezeichnet. Nur ge- 
stützt auf wiederholte Wägungen gleicher Luftproben kann grössere 
Exactheit erreicht werden. 

Eine viel weiter reichende Genauigkeit ist von einem eudiometrischen 
Verfahren zu erwarten, welches sich auf Druckmessungen der Luft vor 
und nach der Entziehung des Sauerstoffgases gründet. Da beiläufig — der 
Atmosphäre aus Sauerstoff besteht, und da + des mittleren atmosphärischen 
Druckes in Millimetern eine dreizifferige Zahl bildet, und da endlich 
Druckablesungen noch mit einer Genauigkeit von 0,1 mm ausführbar 
sind, so wird die Unsicherheit erst in den Hundertel der Procente sich 
bemerkbar machen. Allerdings werden die Fehlerquellen um so mehr 
sich häufen, je grösser die Zahl der erforderlichen Einzelablesungen ist. 
Ein eudiometrisches Verfahren, welches mit zwei Ablesungen die zu 
messenden Grössen liefert, wird einen Vorzug besitzen vor dem, welches 
drei oder mehrere Druckbestimmungen erfordert. 

In dem Eudiometer, welches ich anwendete, wurde das Sauerstoffgas 
der Luft durch eine, in Glühhitze versetzte, Kupferspirale entzogen. Der 
Druck der trockenen kohlensäurefreien Luft wurde in der Temperatur 
0°, und nach Entziehung des Sauerstoff wieder in der Temperatur 
0° gemessen. Beide Druckbestimmungen reichen zur Berechnung des 
Procentgehaltes der Luft an OÖ und N aus. 

Die Figur 4 erläutert die gebrauchte Anordung. A ist ein Glas- 
gefäss von beiläufig 100 cub.-cent. Inhalt, und. ist zur Aufnahme der 
Luftproben bestimmt. Es ist einerseits durch eine Schraube a verschliess- 
bar, und andererseits durch einen Dreiweghahn aus Glas bei b absperrbar. 
Die Mündung c wird mit .der Quecksilber-Luftpumpe in Verbindung ge- 
bracht, und bei passender Stellung des Dreiweghahnes wird die Entleerung 
des Gefässes bewirkt. Die Füllung mit Probeluft kann, während der 
Apparat mit der Luftpumpe verbunden ist, ausgeführt werden. 

Zur Erzielung der Temperatur 0° wurde das Gefäss A mit einem 
Blecheylinder B, der mit gestossenem Eis gefüllt war, umgeben. Der 


69 


Blecheylinder ist aus zwei Halbeylindern gebildet. und daher leicht zu- 
sammensetzbar und entfernbar. In der Abbildung ist der Cylinder B 
gesondert gezeichnet. 

Zur Messung des Druckes dient ein aus den Glasröhren d und g, 
die durch einen Gummischlauch verbunden sind, gebildetes Manometer. 
Die Röhre & ist in der federnden Hülse f verschiebbar, und auf dem 
Stativ ist eine Spiegelscala mit Millimetertheilung zur Ablösung der 
Stellung des Quecksilbers in der Monometerröhre g befestiget. 

Der Dreiweghahn macht es möglich, das Gefäss A und die Röhre d 
zugleich mit der Atmosphäre in Verbindung zu setzen. Bei dieser Hahn- 
stellung wird & so lange verschoben, bis das Quecksilber die bei m an- 
geschmolzene Glasspitze tangirt. Der Dreiweghahn wird darauf um 90° 
in solcher Richtung gedreht, dass A nur noch mit d communicirt. Der 
abgelesene Barometerstand gibt dann den Druck der Füllung bei 0°, und 
die an der Spiegelscala abgelesene Stelle des Quecksilbers bezeichnet die 
Lage der Spitze m. 

Die Kupferspirale s wird durch einen elektrischen Strom in Glüh- 
hitze versetzt. Ich habe zu den Versuchen Drähte von 60 cm. Länge 
und 0,5 mm. Durchmesser angewendet. Die Spiralwindungen des Drahtes 
hatten einen Durchmesser von etwa 1 cm., und waren dicht aneinander 
anschliessend. Die Abkühlungsfläche wird hiedurch vermindert und der 
Draht kömmt in lebhafte Glühhitze. Die Anwendung einer Batterie 
von drei Kohlenelementen zeigte sich ausreichend. 

Die Zuleitung des Stromes erfolgte durch Kupferdrähte von 3 mm. 
Durchmesser, an deren oberen Enden der Spiraldraht durch Klemmschrau- 
ben befestiget ist. 

Fig. 5, welche in vergrössertem Maassstabe die Verschlussschraube 
a darstellt, zeigt zugleich die Art der Leitung des Stromes. Der eine 
Draht ist direkt an der Stahlplatte, welche die Verschlussschraube bildet, 
angebracht. Die Stahlplatte bildet also einen Theil des Stromweges. 
Der zweite Zuleitungsdraht ist durch eine Glasröhre von der Stahlplatte 
isolirt. Der luftdichte Verschluss wird durch eine Büchse n, die mit ge- 
schmolzenem Siegellack gefüllt ist, vollkommen gesichert. Der Lederring 
zwischen Schraube und Fassung bedarf einiger Achtsamkeit. Er kann 
bei gewöhnlicher Temperatur vollkommen luftdicht schliessen, während 


70 


er bei der Temperatur 0° sich nicht mehr ausreichend zeigt. Ein Ueber- 
streichen der äussern Fuge mit Siegelwachs gibt einen vollkommen 
sichernden Verschluss. 

Der Draht wurde immer nur während 10 Minuten in Glühhitze er- 
halten. Nach drei- bis viermaliger Wiederholung ist alles Sauerstoffgas 
entfernt. Die sich bildende Oxydrinde blättert sich mit jeder Abkühlung 
grösseren Theiles ab. Es kommen also bei dem erneuerten Glühen immer 
wieder frische Metallflächen mit dem Gas in Berührung. 

Das Sauerstoffgas ist entfernt, wenn nach wiederholtem Glühen keine 
Druckabnahme mehr zu bemerken ist. Der Blecheylinder wird zum 
zweiten Male aufgesetzt, wird mit gestossenem Eis gefüllt, und die Röhre 
g wird in der Art verschoben bis das Quecksilber wieder die Spitze m 
tangirt. Der Barometerstand vermindert um die, durch die Oxydation 
des Kupfers bewirkte an der Spiegelscala abzulesende, Druckabnahme 
gibt den Druck des zurückgebliebenen Stickgases. 

Der Kupferdraht ist nach der Art der Herstellung im Ziehblech 
meist mit einer dünnen Lage Fett überzogen. Dieser Fettüberzug wird 
leicht und vollständig entfernt, indem man die Spirale vor dem Einsetzen 
in des Eudiometer durch einen galvanischen Strom auf kurze Zeit in 
Glühhitze versetzt. 

Die Prüfung auf die Leistungsfähigkeit des Eudiometers wurde unter 
Anwendung zweier verschiedener Füllungen mit Luft, die gleicher Luft- 
probe entnommen waren, ausgeführt. Man hätte also gleiche Zusammen- 
setzung zu erwarten. Die Differenzen in den Resultaten werden den 
Einfluss sämmtlicher Fehlerquellen auf das Endresultat bezeichnen. 

Die Luftprobe war bei herrschendem Westwind bei einem Barometer- 
stand von 709,48 mm. geschöpft. 

Vor Entziehung des Ö 


Druck der Luft im Eudiometer . . . AR 3 EISEN 
Manometer abgelesen an der ee STREIT. DR 
Nach Entziehung des O. 

Manometer abgelesen an der Spiegelscale . . . 169,7 


Differenz der Manometerstände bei 12,2 des Se 148,7 
Differenz der Manometerstände bei 0° des Quecksilbers . 148,42 
Barometerstand, reducirt auf 0° des Quecksilbers . . . 710,65 
Druck des Gases nach Entziehung ds OÖ . . . . . .. 562,13 


71 


Der Druck der Luft war vor Entziehung des O 708,50, und ist bei 
gleichem Volumen nach Entziehung des O nur 562,23. Auf gleichen 
Druck reducirt ist nach dem Mariotte’schen Gesetz das Volumen 1 auf 


562,23 


das Volumen 5 = 0,79355 zurückgegangen. 
In Procenten ausgedrückt hat man dader 79,355 N und 20,645 0. 
Nach 24 Stunden wurde der Draht wiederholt in Glühhitze versetzt, 
und darauf das Gefäss wieder auf die Temparatur 0° zurückgebracht. 


Es ergab sich 


Manometer abgelesen an der Spiegelscale 168,5 


Differenz der Manoweterstäinde . . . 1475 

Redueixtga ul Os AT 92 
Barometerstande. Pa rr709,38 
Druck des Gases . . . 562,16 


In Procenten ausgerechnet erhält man Ian sch, 79,345 N und 20,655 0. 


Ein dritter Versuch ergab nach wiederholtem Glühen des Drahtes 
79,350 N und 20,650 OÖ. Die grösste Abweichung ist also 0,01 Procent. 


Das Eudiometer wurde entleert und darauf mit Luft, welche der 
gleichen Luftprobe wie beim vorangehenden Versuche entnommen war, 
gefüllt. Es ergab sich: 

vor Entziehung des OÖ 
Druele der. Lült iu) Budiometer bei Or»... ... = =... 1% .709,35 
Nanoumeten eh ee N lie, EDO 


nach Entziehung des OÖ 


Manometer . . . a BEN SZREN 3. 0 10950 
Differenz der enge be 12, 7° des Quecksilbers 141,0 
Differenz der Manometerstände reducirt auf 0° . . ....140,72 
Barometer . . . . N ER OS 
Druck des Gases nach Ektrehung "des ONE 562,99 


In Procenten ausgedrückt erhält man hiernach 79 ‚366 N und 20,634 0 
Nach 24 Stunden und wiederholtem Glühen des Drahtes wurde 


erhalten 
Manometer . . . .. 160,6 
Differenz der ae ande bis 160 2 oeeheilbere . 139,6 
Differenz der Manometerstände reducirt auf 0° . . . . 139,25 
Barometer . . . 7020 
Druck des Gases nach Erkzehume le ) 0 3562,95 


In Procenten. ausgedrückt erhält man rs 79,361 N220,639 0. 


u | 
[86] 


Für Luft gleicher Beschaffenheit, welche in zwei getrennten Opera- 
tionen zur Füllung des Eudiometers verwendet wurde, ergeben die Ver- 
suche im Mittel 

bei der ersten Analyse 20,650 O0, 
und bei der zweiten 20,637 0. } 

Die Differenz ist also nur 0,013 Procent. In der That ist ja auch 
einzusehen, dass, wenn die Ablesungen der Druckgrössen vor und nach 
Entziehung des O mit einer Genauigkeit von + 0,05 mm. ausgeführt 
sind, die Abweichungen in den Bestimmungen des Procentgehaltes 0,02 
Procent nicht erreichen werden. 


Nach dem beschriebenen Verfahren wurden in den Monaten Juni 
und Juli, und dann wieder im Oktober und November 1877 Luftproben 
auf ihren Sauerstoffgehalt geprüft. Die folgende Tabelle enthält die Re- 
sultate nebst Angabe der Barometerstände und der Windrichtungen, bei 
welchen die Luft geschöpft wurde. 


Tag Sauerstoff in Procenten Barometer Windrichtung 
13. Juni 20,53 714,03 WL 
18. 20,95 717,7 N. 
24. 20,75 716,8 NO. 
27. 20,65 718,7 NO. 
31. 20,69 TS NO. 

3. Juli 20,66 716,9 ©. 
IN: 20,64 713,1 S. 
19. 20,56 713,9 SW. 
27. 20,75 719,9 NO. 
12= Oct: 20,78 715,7 0. 
14. 20,36 720,9 NW. 
15; 20,83 719,3 0. 
16. 20,75 128,3 ©. 
21. 20,84 723,0 Ö. 
23. 20,84 710,6 NW. 
27. 21,01 721,5 N. 
31. 20,85 714,2 W 

2. Nov. 20,91 Ta NO. 
10. 20,56 718,2 So. 
13. 20,67 707,0 W. 


20. 20,65 708,9 NW. 


73 


Die Resultate der eudiometrischen Messungen stimmen mit denen, 
die auf Grund von Wägungen erhalten wurden, vollständig überein. Nach 
beiden Messmethoden ergibt sich, dass der Sauerstoffgehalt der Atmosphäre 
nicht ganz unbeträchtlichen Schwankungen unterliegt. Die Luftproben 
des Jahres 1877 zeigen Unterschiede im Sauerstoffgehalt von 21,01 bis 
herab auf 20,53 Procent, und die im Jahre 1875—76 nach der Wägungs- 
methode gefundenen grössten und kleinsten Sauerstoffgehalte waren 20,96 
und 20,47 Procent. Der grösste Sauerstoffgehalt trat in beiden Jahr- 
gängen unter herrschendem Polarstrom, und der kleinste unter herrschen- 
dem Aequatorialstrom oder Föhn auf. Begreiflich ist damit nicht gesagt, 
dass in allen Fällen, in welchen die Windfahne nach N oder NO zeigt, 
nothwendig grösserer und bei S. und SW. kleinerer Sauerstoffgehalt, oder 
dass gar, wie in den extremsten Fällen, sich Unterschiede von 0,5 Procent 
mit jeder Drehung der Windfahne geltend machen. Je rascher die 
Windrichtungen wechseln, um so mehr hat man es mit einer Mischung 
verschiedener Luftmassen zu thun. Aber eben desshalb erhält man in 
diesen Fällen nie einen so hohen Sauerstoffgehalt wie bei anhaltendem 
Polarstrom, oder einen so niedern wie bei anhaltendem Aequatorialstrom. 

Der Satz der Unveränderlichkeit in der Zusammensetzung der At- 
mosphäre ist nicht aufrecht zu erhalten. Schon Regnault') hatte die 
Vermuthung der Veränderlichkeit in der Zusammensetzung der Luft aus- 
gesprochen, und hat es eben desshalb als trügerisch bezeichnet den 
specifischen Gewichten der Gase das der Luft als Einheit zu Grund zu 
legen. Gleichwohl hat er das Gewicht eines Liter Luft für die Breite 
und Höhe von Paris bestimmt und nach bekannter Rechnung das Ge- 
wicht eines Liter Luft für die Breite von 45°, wie die einer Normal- 
Constanten abgeleitet. 

Es liegen nur die Erfahrungen zweier Jahre vor; nach denselben 
waren in beiden Jahren die Schwankungen in der Zusammensetzung der 
Luft nahezu von gleicher Grösse. In dem einen der Jahrgänge war 
die Methode der Wägungen angewendet. In diesem Falle zeigt sich 
die Bestimmung der Zehntel des Procentgehaltes abhängig von der 
Feststellung der Zehntel der Milligramme des Gewichtes von einem 


1) Memoires de l’Acad&mie des Sciences T. XXI, p. 138. 
Abh.d.II. Cl.d.k. Ak.d. Wiss. XIII. Bd. II. Abth. 10 


74 


Liter Luft, die Hundertel von den Hunderteln der. Milligramme. Mit 
einer correct ausgeführten Waage kann dies geleistet werden. Immer- 
hin ist aber das Verfahren ein mühsames. Das Kupfereudiometer ist 
leichter zu handhaben, und gibt, wenn die Druckgrössen auf ein Zehntel 
eines Millimeters genau bestimmt werden, den Procentgehalt mit der 
Genauigkeit eines hundertel Procentes. Ich hatte den mühsameren Weg 
zuerst eingeschlagen, und suchte des auffallenden Resultates halber nach 
einer Controle, welche dann eben zur Construction des Kupfereudiometers 
führte. 

Ob von Jahr zu Jahr die Schwankungen stets in gleichen Grenzen 
erfolgen, und ob im Mittel der Sauerstoffgehalt in jedem Jahre der gleiche 
ist, wird erst durch eine ausgedehntere Beobachtungsreihe sich feststellen 
lassen. Zunächst ist es wahrscheinlich, dass ebenso wie die Dauer der 
Polar- und Aequatorströme an gleichem Orte nicht jedes Jahr die gleiche 
ist, auch kleine Differenzen im mittleren Sauerstoffgehalt sich von Jahr 
zu Jahr werden geltend machen. Auch wird man aus den Beobachtungen 
zweier Jahre schliessen dürfen, dass trotz der reicheren Vegetationsdecke 
südlicherer Breitegrade die Oxydationsprocesse — vielleicht in Folge der 
höheren Temperatur — die Reductionsprocesse überwiegen, während um- 
gekehrt der reichere Gehalt an Sauerstoff der Polarströme ein Zurück- 
treten der Oxydationsprocesse gegen die der Reduction für die nördlicheren 
Gegenden ausdrückt. 


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Theorie der Gärung 


C. v. Nägeli. 


Abh.d.II.Cl.d. k. Ak.d. Wiss. XIII. bd. II. Abth. 1l 


Theorie der Gärung 
von 


C. v. Nägeli. 


Gärung und Fäulniss (faulige Gärung) sind dadurch ausgezeichnet, 
dass bei Anwesenheit von gewissen lebenden Zellen (Hefenpilzen) grössere 
oder geringere Mengen von zusammengesetzten Verbindungen gespalten 
werden, ohne dass die sich zersetzende Substanz materiell zur Ernährung 
jener Zellen beiträgt. Es ist begreiflich, dass man von jeher versucht 
hat, diesen Process nach allgemeinen chemischen und physiologischen 
Vorstellungen sich zurecht zu legen. Wir haben vorzüglich drei Erklär- 
ungsversuche zu unterscheiden 1) die Zersetzungstheorie Liebig’s, 2) die 
Fermenttheorie der Gärungs-Chemiker, 3) die Sauerstoffentziehungstheorie 
Pasteur’s. 

Nach Liebig ist alle Gärung eine moleculare Bewegung, die ein 
in chemischer Bewegung d. h. in Zersetzung begriffener Körper auf andere 
Stoffe überträgt, deren Elemente nicht sehr fest zusammenhängen. Gärung 
(im engeren Sinne) und Fäulniss sollten nach demselben darin verschieden 
sein, dass bei der letzteren die Zersetzung durch das sich zersetzende 
Fäulnissmaterial (die Albuminate) selbst übertragen werde, so dass die 
begonnene Fäulniss durch eigene Bewegung fortdaure, nachdem die 
Ursache, welche den Anstoss gab, unwirksam geworden. Bei der Gärung 
dagegen vermöge der in Zersetzung begriffene Körper (der Zucker) nicht 
seine Bewegung zu übertragen; es müsse diess durch eine fremde Ursache 
geschehen, durch ein Ferment, welches somit nicht bloss zur Einleitung, 
sondern auch zur Unterhaltung der Bewegung nothwendig sei. Diese 
Definition von Gärung und Fäulniss machte die Theorie Liebig’s ausser- 


ordentlich anschaulich. 
11* 


78 


Zunächst ist nun zu erwähnen, dass gerade diese Unterscheidung 
unhaltbar war seit den wissenschaftlichen Versuchen von Schwann 
(1837) und Helmholtz (1843), welche bewiesen, dass Gärung und 
Fäulniss durch lebende Organismen bewirkt werden, und seit dem Be- 
kanntwerden von Appert’s praktischem Conservirungsverfahren, nach 
welchem organische Substanzen, die der Gärung oder der Fäulniss fähig 
waren, durch Tödtung der Organismen und ihrer Keime haltbar gemacht 
wurden. Diese Thatsachen erlauben uns nicht, Gärung und Fäulniss als 
ihrem Wesen nach verschiedene Vorgänge zu betrachten. 


Liebig!) legte bei dem letzten Versuche, den er machte, seine 
Theorie mit den Fortschritten der Wissenschaft in Uebereinstimmung zu 
bringen, grosses Gewicht auf die Erscheinungen, welche bei der von 
du Pasteur entdeckten Selbstgärung der Bierhefe zu beobachten sein 
sollen. In ausgewaschener Hefe trete bei 30 bis 35° C. eine wahre, bei- 
nahe stürmische Gärung ein, indem sich Kohlensäure und 8 bis 13,8 Proz. 
Alkohol von dem Trockengewicht der Hefe bilden; der Alkohol betrage 
bis auf 120 Proz. von derjenigen Menge, welche aus der ganzen Cellu- 
losemenge der Hefe entstehen könnte. Daraus wird der Schluss gezogen, 
dass in den Zellen ein in Zersetzung befindlicher Körper enthalten sei, 
welcher Zucker für die Selbstgärung liefere, und hierin eine Stütze für 
die Zersetzungstheorie gefunden. 


Die Richtigstellung der Thatsachen führt indessen zu einem anderen 
Ergebnis. Wenn die Versuche in der Weise angestellt werden, wie es 
von Liebig geschehen ist, so können die Spaltpilze nicht ausgeschlossen 
werden und man erhält das Produkt der Thätigkeit zweier verschiedener 
Hefenarten?). Ferner ist in seiner Berechnung der Cellulosegehalt viel zu 


1) Sitzungsberichte d. k. b. Akad. d. W.:1869. II. 323. 


2) Zunächst bemerke ich, dass ich unter Hefe überhaupt die sog. geformten Fermente ver- 
stehe, und dass ich die verschiedenen Hefenarten oder Hefenpilze als Sprosshefe (Wein- und Bierhefe) 
und als Spalthefe (Fäulnisshefe, Milchsäurehefe u. s. w.) unterscheide. 

Ich habe die der Selbstgärung überlassene Bierhefe bei den Liebig’schen Versuchen einige 
Male mikroskopisch untersucht, und Liebig führt meinen Befund wörtlich an. Er glaubte aber, 
meine Bemerkung, dass reichliche Fäulnisspilze unter den Bierhefezellen sich befänden, als unerheblich 
weglassen zu können. Auch bei anderen Hefenversuchen'‘, die Liebig in den Jahren 1868 und 1869 
anstellte, constatirte ich eine oft sehr reichliche Verunreinigung mit Spaltpilzen und empfahl zur Ver- 


23 


gering angenommen; er beträgt für Münchner Bierhefe nicht 18,7 son- 
dern 37 Proz. oder mehr, wie ich in der Mittheilung vom 4. Mai 1878 
an die k. b. Akad. d. W. nachgewiesen habe, so dass der ganze Alkohol- 
gehalt bei der Selbstgärung aus einem Theil der Cellulose abgeleitet 
werden kann. Die andere in der nämlichen Mittheilung nachgewiesene 
Thatsache, dass die Sprosshefezellen einen beträchtlichen Theil ihrer Cellu- 
lose als Pflanzenschleim in die Flüssigkeit austreten lassen, giebt uns 
nun den Schlüssel zur Erklärung der sogenannten Selbstgärung. Die in 
der Flüssigkeit befindlichen Spaltpilze verwandeln diesen Pilzschleim 
mit Leichtigkeit durch das von ihnen ausgeschiedene Ferment in Trau- 
benzucker, eine Fähigkeit, die der Sprosshefe gänzlich mangelt; sie ver- 
mögen selbst die noch unveränderte Membran der Sprosspilze anzugreifen. 
Der von den Spaltpilzen gebildete Zucker wird von den Sprosspilzen, die 
ihrerseits eine viel energischere Gärtüchtigkeit besitzen, in Alkohol und 
Kohlensäure gespalten. 

Um diese Frage durch thatsächliche Beobachtungen aufzuklären , stellte 
Dr. Walter Nägeli im Frühjabr 1875 einige Versuche an. Für 4 Proben (1, A, B, 
C und D) wurde Bierhefe angewendet, welche nach mehrmaligem Auswaschen sich 
unter dem Mikroskop als ganz rein und spaltpilzfrei erwies. Zu dem Hefenbrei, 
welcher 3,57 Proz. Trockensubstanz (bei 100° getrocknet) enthielt, wurde 1 Proz. 
Phosphorsäure (P, O,) zugesetzt, um die Spaltpilzbildung vollständig zu verhindern. 
A und B sollten zur Bestimmung der während der Versuchsdauer entwickelten 
Kohlensäure, C und D zur Bestimmung des gebildeten Alkohols dienen. In A und 
C war die Hefe vor dem Zutritt der Luft geschützt, in B und D war sie einer aus- 
giebisen Einwirkung von Luft ausgesetzt Die Temperatur (vom 11. Jan. an) war 
die des geheizten Zimmers. 

1,A. Kleines Kölbehen ganz gefüllt mit 95 ccm von dem angesäuerten Hefen- 
brei. Das aus demselben entweichende Gas gieng zuerst durch ein Gefäss mit 
Schwefelsäure und ein mit Chlorcaleium gefülltes Röhrehen zur Reinigung der Kohlen- 
säure, daun durch zwei Liebig’sche Kugelapparate mit Kalilauge und eın Kaliröhr- 
chen zur Gewichtsbestimmung und endlich durch ein zweites Kaliröhrchen zur Ab- 


hütung derselben, wiewohl umsonst, eine starke Ansäuerung der Versuchsflüssigkeit. Dieser Umstand 
ist bei der Beurtheilung jener Versuche immer zu berücksichtigen. 

Auch die Angabe meines Befundes über die Beschaffenheit der Membran bedarf einer Erläuterung. 
An jungen Zellen kann die Membran von dem anliegenden homogenen Plasma nicht unterschieden wer- 
den. An den älteren körnig gewordenen Zellen erscheint eine deutliche derbe Wandung, welche aus 
der Membran und anliegendem Protoplasma besteht, woraus aber nicht hervorgeht, dass die ‚Cellulose- 
membran während der Selbstgärung zugenommen habe oder auch nur gleichgeblieben sei. 


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haltung der Kohlensäure aus der Luft. Nach 9 Tagen wurde der Versuch unter- 
brochen und die noch in dem Kölbchen enthaltene Kohlensäure vermittelst Erwärmens 
und Luftdurchsaugens in den Kaliapparaten fixirt. Im Ganzen hatte sich aus den 
3,4 gr. Hefe (Trockengewicht) 0,125 gr. CO, entwickelt 

1, B. Kolben von 1100 ccm Inhalt mit der nämlichen Menge des angesäuerten 
Hefenbreis wie in A. Durch die den Boden bedeckende Hefe wurde fortwährend 
Luft durchgesaugt, welche durch Schwefelsäure und Kali gereinigt war, und die heraus- 
tretende Luft durch Kaliapparate geleitet wie bei A. Ueberdem wurde der Kolben 
täglich öfters geschüttelt, um die Hefe gleichmässig mit Luft in Berührung zu 
bringen. Nach 9 Tagen betrug das Gewicht der von den 3,4 gr. Hefe entwickelten 
Kohlensäure 0,205 gr. 

1, ©. Kleiner Kolben ganz gefüllt mit 350 cem des angesäuerten Hefenbreis 
(= 12,5 Trockensubstanz Hefe), mit Kautschukpfropf und Gärröhre, in welcher 
der Abschluss durch Quecksilber gebildet wurde, verschlossen. Nach 36 Tagen war 
keine bestimmbare Menge von Alkohol gebildet. 

1, D. Grosser Kolben von 3250cem Inhalt mit 350 cem Hefenbrei (wie in 0), 
mit Kork verschlossen. Der Kolben wurde öfter geschüttelt. Auch hier waren nach 
36 Tagen nur Spuren von Alkohol vorhanden. 

In allen 4 Proben war nach Beendigung des Versuchs keine Spur von Spalt- 
pilzen unter dem Mikroskop zu entdecken. Das Destillat von © und D war ein 
eigenthümlich riechendes Wasser, von schwach saurer Reaction, ohne bemerkbaren 
sauren Geschmack. — Die Vergleichung von A, B mit C, D zeigt, dass das Ver- 
hältniss zwischen Kohlensäure- und Alkoholbildung jedenfalls ein anderes ist als bei 
der geistigen Gärung, indem der Alkohol in viel geringerer relativer Menge erzeugt 
wurde. Es ist diess ein Umstand der mit der Selbstgärung anderer Pflanzenzellen 
übereinstimmt. 

Ganz das gleiche Resultat ergab ein später mit 9 Liter eines verdünnteren 
Hefenbreis angestellter Versuch, über den in der Mittheilung vom 4. Mai 1878 an 
die k. b. Ak. d. W. berichtet wurde. Der Hefenbrei enthielt 5,78 Proz. Trockensub- 
stanz und war mit 1 Proz. Phosphorsäure versetzt. Nach 13 Monaten war bloss eine 
sehr geringe (nicht bestimmbare) Menge von Alkohol vorhanden. 

Zwei Proben (2, A und B) wurden am 19. Febr. 1875 mit Bierhefenbrei, 
welcher 3,58 Proz. Trockensubstanz enthielt, ohne und mit Citronensäure im Brüt- 
kasten bei mittlerer Temperatur von 40° C. (33—41°) angestellt. 

2, A. Kleine Flasche mit 150 ccm Hefenbrei; am ersten Tag wurde ziemliche 
Gasentwickelung beobachtet. Nach 50 Stunden waren zahlreiche Spaltpilze zwischen 
den Hefenzellen sichtbar; eine Partie des stark trüben Inhaltes, in einem Probe- 
röhrchen zum Kochen erhitzt, liess keinen Geruch nach Alkohol wahrnehmen!). — 


1) Ich bemerke, dass diese Probe bei den Liebig’schen Versuchen den Alkohol sehr deutlich 
anzeigte. 


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6 Tage nach dem Beginn des Versuches war der Inhalt des Kolbens in starker 
Fäulniss begriffen; die Flüssigkeit reagirte schwach sauer (von Milch- und Butter- 
säure, welche durch die Spaltpilze aus dem Pilzschleim der Bierhefe gebildet worden). 
Die Sprosshefezellen waren gänzlich abgestorben und zum Theil schwarz gefärbt 
(Inhalt und Membran). Alkohol liess sich nicht nachweisen. 

2, B. Gleicher Versuch wie in A, aber die 150cem Hefenbrei waren mit 
0,75 gr. Citronensäure (also mit 0,5 Proz.) versetzt. Am ersten Tage ziemliche 
Gasentwicklung wie in A. Nach 50 Stunden waren nur wenige Spaltpilze zu finden ; 
beim Erwärmen einer Partie der klaren über der Hefe stehenden Flüssigkeit konnte 
kein Alkoholgeruch wahrgenommen werden. — 6 Tage nach dem Beginn des Ver- 
suches war die Oberfläche mit fructifizirender Schimmeldecke überzogen, und in der 
Flüssigkeit, in welcher ein Theil der Citronensäure durch den Schimmel verzehrt 
war, befanden sich schon ziemlich zahlreiche und grosse Spaltpilze. Alkohol war 
nicht zu bemerken. 

Der gleiche Versuch wurde am 26. Februar 1875 in etwas grösserem Maass- 
stabe (3, A, B, C, D) wiederholt. Der Hefenbrei enthielt, 4,91 Proz. Trockensubstanz. 
Enghalsige, mit Papier bedeckte Flaschen wurden damit ungefähr zu 4 gefüllt und 
in den auf 40° C. (38—41°) erwärmten Brütkasten gestellt. 

3, A, B. Zwei Flaschert je mit 450 cem Hefenbrei, ohne weiteren Zusatz. 
251& Stunden nach dem Beginn (24 Stunden nach dem Warmwerden) wurde der 
Inhalt der beiden Gläser in einen Kolben gegeben, dieser mit Kühler verbunden und 
auf dem Wasserbade erhitzt. Während 3 Stunden gieng kein Alkohol über. Zwischen 
den abgestorbenen Hefezellen befanden sich sehr zahlreiche stäbchenförmige Spalt- 
pilze. Die Flüssigkeit reagirte auch nach dem Kochen sauer (Milchsäure). 

3,C,D. Zwei gleiche Versuche wie 3, A, B; aber zu dem 450cem Hefenbrei 
wurden 2,5 gr. Citronensäure (also 0,55 Proz.) gegeben. 25! Stunden nach dem 
Beginn wurde der Versuch unterbrochen und der Inhalt wie in A, B behandelt. 
Der Erfolg war der nämliche. Spaltpilze mangelten gänzlich. 

Da möglicher Weise die Temperatur in den beiden Versuchen 2 und 3 etwas 
zu hoch für die Alkoholbildung war, so wurde am 13. März noch ein solcher (4, A, 
B, C, D, E, F) mit der günstigsten Temperatur von ziemlich constant 34° C. im 
Brütkasten angestellt. Je 500 cem Bierhefenbrei mit 3,09 Proz. Trockengewicht 
wurden in 6 enghalsige, leicht verkorkte Flaschen gegeben, so dass dieselben beinahe 
gefüllt waren. Die Hefe war durch wiederholtes Auswaschen fast ganz spaltpilzfrei 
gemacht worden. 

4, A, B. Zwei Flaschen mit je 500 cem Hefenbrei ohne weiteren Zusatz. 
37! Stunden nach dem Beginn des Versuches (36 Stunden nach dem Warmwerden): 
wurde der Inhalt der beiden Flaschen in eine grosse Retorte gebracht, mit Kühler 
verbunden und auf dem Wasserbad erwärmt. Es gieng fast bloss Wasser über; 
wenigstens konnte in dem (schwach sauer reagirenden) Destillat weder durch ein 
gewöhnliches Araeometer, welches ein specif. Gewicht von 1 angab, noch durch dem 


82 


Geschmack, noch durch Erhitzen in einem Proberöhrchen Alkohol nachgewiesen 
werden, während die Jodoformreaction allerdings denselben anzeigte. Spaltpilze 
hatten sich nur wenige gebildet. 

4, C, D. Zwei Flaschen ganz gleich wie A, B, aber mit je 2,5 gr. Citronen- 
säure (also mit 0,5 Proz.). Sie wurden gleichzeitig mit A, B in den Brütkasten ge- 
stellt und wieder herausgenommen, der Inhalt ebenfalls ganz gleich behandelt. Das 
Resultat war vollkommen das gleiche. Spaltpilze hatten sich keine gebildet. 

4, E, F. Zwei Flaschen ganz wie C, D, also mit 0,5 Proz. Citronensäure. 
Sie blieben aber 6 Tage länger, im Ganzen während 7. Tagen, im Brütkasten, 
und hatten nun beide Decken von Spaltpilzen. Der vereinigte Inhalt wurde wieder- 
holt abdestillirt. Das schliessliche Destillat liess mit den gewöhnlichen Mitteln keinen 
Alkohol erkennen. Ein gewöhnliches Araeometer gab ein spec. Gewicht von 1; ein 
sehr genaues Araeometer dagegen zeigte in dem 65 cem haltenden Destillat ein spec. 
Gewicht von 0,999, also einen Gehalt von 0,5 Proz. Alkohol. Wir können daher 
mit Bestimmtheit annehmen, dass die Hefe von E und F mit 30,9 gr. Trockenge- 
wicht nicht mehr als 0,5 gr. Alkohol gebildet hat (in dem Destillat befand sich 
jedenfalls weitaus die grösste Menge des Alkohols; könnte man voraussetzen, dass 
aller darin enthalten war, so wären es nur 0,325 gr.) 


Die angeführten Versuche ergaben alle ein wesentlich anderes Re- 
sultat als die von Liebig mitgetheilten 5 Versuche, bei welchen der 
Alkohol durch Destillation gewonnen wurde und von 8 bis 13,8 Proz. 
des Trockengewichts der angewendeten Hefe betrug. Bei unseren Ver- 
suchen konnte niemals Alkohol abdestillirt werden, und es ist sicher, 
dass die Menge desselben immer weniger als 1,6 Proz. der Hefe aus- 
machte. Es geht daraus das Eine unzweifelhaft hervor, dass die Menge 
der Alkoholbildung nicht von der Beschaffenheit der Hefe sondern von 
äusseren Umständen abhängt und dass die Hefenzellen in Folge der krank- 
haften Veränderung beim Absterben nur sehr wenig Alkohol erzeugen. 
Tritt derselbe in grösseren Mengen auf, so muss er auf einem anderen 
Wege entstehen, und es lässt sich wohl nur der bereits angegebene dafür 
in Anspruch nehmen, wobei das Zusammenwirken der Spaltpilze und der 
Sprosspilze erforderlich ist, der ersteren, um aus Cellulose Zucker, der 
letzteren, um aus Zucker Alkohol zu bilden!). 


1) Wie ich bereits angeführt habe, wurden bei denjenigen der Liebig’schen Versuche, bei 
welchen ich eine mikroskopische Untersuchung anstellte, reichliche Spaltpilze gefunden. 

Ihr Vorhandensein ergiebt sich übrigens auch aus dem Umstande, dass die Flüssigkeit in 
Folge der Selbstgärung der Bierhefe nach Liebig’s Beobachtung ziemlich viel Leucin enthielt. 


83 


Diese exceptionelle geistige Gärung setzt also das Wohlbefinden 
zweier Pilzformen voraus, die ungleiche Existenzbedürfnisse haben und 
durch CGoncurrenz einander leicht verdrängen. Es lässt sich daher schon 
zum voraus vermuthen, dass sie nur unter ganz besonderen Umständen, 
wo die beiden Gegner in ihrer Existenzfähigkeit sich die Wage halten, 
also nur selten eintreten wird. In der That mangelte sie in den ange- 
führten Versuchen entweder gänzlich oder beinahe gänzlich, indem 
die Spaltpilzbildung meist ausblieb, zuweilen aber auch allzusehr über- 
hand nahm. Um die Frage zu entscheiden, unter welchen Umständen 
aus Sprosshefe ohne Zusatz von Zucker am meisten Alkohol erhalten 
wird, müssten besondere Versuche angestellt werden, wobei besonders die 
Temperatur, die Wassermenge (die in unseren Versuchen wahrscheinlich 
für den genannten Zweck zu gering war) und ein geringer Zusatz von 
Säuren ins Auge zu fassen wären!). 


Damit ist der Zersetzungstheorie das wichtigste, oder eigentlich das 
einzige thatsächliche Argument entzogen, welches darthun sollte, dass im 
Plasma der Hefenzelle eine zur Zucker- und Alkoholbildung hinneigende 
Zersetzung thätig sei. Ich kehre nach dieser Abschweifung zu dem 
Hauptthema zurück. Da, wie ich zeigte, zwischen Gärung und Fäulniss 
kein principieller Unterschied besteht, da beide nur so lange thätig sind, 


Diese Verbindung wurde nicht von den Sprosspilzen ausgeschieden, sondern von den Spaltpilzen durch 
Zersetzung der von den Sprosspilzen ausgeschiedenen Peptone gebildet. Liebig’s Angabe, dass „man 
bei dieser Gärung nicht den geringsten Fäulnissgeruch beobachte“, hat keine Beweiskraft gegen das 
Vorhandensein von Fäulnissprozessen, denn bei Anwesenheit von Zucker oder zuckerbildenden Sub- 
stanzen schreitet die Fäulniss ziemlich weit fort, obne dass man sie mit dem Geruchsorgan wahrnimmt, 
weil die Ammoniakkörper von der durch die Spaltpilze gebildeten Milchsäure neutralisirt werden ; 
sowie man aber durch vorsichtiges Zusetzen von Alkalien die Säure bindet, tritt der Fäulnissgeruch 
sogleich sehr intensiv hervor. 

Diese Erklärung wird durch die Angabe Liebig’s bestätigt, dass die Flüssigkeit bei der 
Selbstgärung der Bierhefe stets sauer geworden sei, so dass sie zu fernerem Gebrauche neutralisirt 
werden musste. Die Säure konnte unter den vorliegenden Umständen nur Milchsäure sein, alienfalls 
gemengt mit Buttersäure, und die Säure konnte nur durch die Spaltpilze vermittelst Gärung aus 
dem Zucker entstehen. 


1) Liebig führt 5 Versuche an, alle mit reichlicher Alkoholbildung. Daraus folgt aber nicht 
etwa, dass sein Verfahren immer das gleiche Resultat gab. Er wollte nicht zeigen, auf welche Weise 
eine lebhafte Gärung erhalten werde, sonderu dass mehr Weingeist sich bilden könne, als der von ihm 
angenommenen Cellulosemenge entspreche. Er wählte daher nur die günstigen Fälle aus, während 
andere wohl wenig oder keinen Alkohol gaben. 

Abh.d. I. Cl.d.k. Ak.d. Wiss. XIII. Bd. II. Abth. 12 


4 


als sie von den lebenden Hefenzellen unterhalten werden, so müsste die 
Zersetzungstheorie, um dieser Erfahrung gerecht zu werden, annehmen, 
dass in allen Stadien der Gärung und Fäulniss die Hefe den Zersetzungs- 
zustand, in dem sie sich selbst befindet, dem Gärmaterial mittheile. Und 
da eine lebende Zelle als solche nicht in Zersetzung befindlich sein kann, 
sondern nur einzelne Stoffe sich zersetzen, indess andere sich bilden, so 
müsste die Theorie an diese Einzelvorgänge anknüpfen. Es könnten 
ferner nicht allgemein vorkommende, sondern nur specifische Zersetzungs- 
processe sein, welche die Gärungen bewirkten, da ja diese selber je nach 
der spezifischen Beschaffenheit der Hefenzellen verschieden sind, da bei- 
spielsweise das Zuckermolecül von den Sprosspilzen in Alkohol und Kohlen- 
säure, von den einen Spaltpilzen in Milchsäure, von andern in Butter- 
säure, von noch andern in Mannit u. s. w. gespalten wird. Es ist nicht 
möglich, dass die allgemeinen Zersetzungen der Albuminate, welche bei 
allen Pilzen den Ernährungs- und Wachsthumsprocess begleiten, Gärung 
hervorrufen, weil es’ keine solchen allgemeinen, allen Pilzen zukommenden 
Gärerscheinungen giebt. 

Nun mangelt aber der Zersetzungstheorie jede andere als die rein 
theoretische Grundlage. Wenn in den Hefenzellen eine Verbindung ent- 
halten wäre, welche durch ihre Zersetzung Gärung hervorbrächte, so 
müsste man sie ausziehen und somit den Gärvorgang von der Zelle 
trennen können, wie man den Körper, welcher den Rohrzucker invertirt, 
trennen kann. Jenes ist aber unmöglich, und somit ein thatsächlicher 
Anhaltspunkt für die Theorie nicht gegeben. 

Auch eine entschiedene Analogie ist nicht vorhanden. Denn so zahl- 
reich die Beispiele sind, wo eine physikalische Bewegung von den 
Molecülen eines Stoffes auf diejenigen eines anderen Stoffes übertragen 
wird, so dürfte doch der Fall kaum vorkommen, wo die chemische Be- 
wegung, insbesondere die Zersetzung einer Verbindung, lediglich durch 
ihre Anwesenheit das Zerfallen einer andern Verbindung veranlasst, inso- 
fern nicht etwa eine gleichzeitig erfolgende physikalische Bewegung mit- 
wirkt. Die nächsten und scheinbar die grösste Analogie zeigenden 


1) Die Liebig’sche Theorie veranlasste einige Versuche, um Zucker durch Stoffe zu spalten, welche 
bei gelinder Wärme sich leicht zersetzen. Dumas wendete Wasserstoffsuperoxyd an, OÖ. Loew (nach 
mündlicher Mittheilung) salpetrigsaures Ammoniak; der Zucker (sowohl Rohr- als Traubenzucker) 
blieb immer unverändert. 


85 


Beispiele, nämlich die chemischen Vorgänge, welche durch Contact- 
wirkung unorganischer oder organischer Stoffe zu Stande kommen, ver- 
halten sich entschieden anders, indem diese katalytischen Stoffe selber 
keine chemische Bewegung zeigen, sondern unverändert bleiben. 


Da die Zersetzungstheorie von den an den Hefenzellen selbst zu ge- 
winnenden Thatsachen und von allgemeinen Analogieen so mangelhaft 
unterstützt wird, so ist es begreiflich, dass die neueren Gärungschemiker 
eine andere Erklärung gesucht haben. Dieselben gehen von der wohl- 
bekannten und klar vorliegenden Wirksamkeit der (unorganisirten) Fer- 
mente aus und tragen dieselbe auf dıe Hefe über, indem sie annehmen, 
in den Hefenzellen sei neben allen andern Stoffen auch ein solcher vor- 
handen, welcher als Ferment wirke. So hätten die Sprosspilze ein 
besonderes Alkoholgärungsferment, die verchiedenen Spaltpilze hätten ein 
Milchsäuregärungsferment, ein Buttersäuregärungsferment, ein Ammoniak- 
gärungsferment (in der Hefe des faulenden Harns) und andere Fäulniss 
fermente u. s. w. 

Die Fermenttheorie wurde zuerst von Traube (1858) ausgesprochen 
und zuletzt noch von Hoppe-Seyler als für den Ohemiker selbstverständ- 
lich hingestellt. Es scheint mir jedoch zwischen der Fermentwirkung und 
der Hefenwirkung oder Gärung ein durchgreifender Unterschied zu 
bestehen‘). 


1) Bezüglich der Terminologie bemerke ich Folgendes. Zuerst kannte man die Wein- und 
Bierhefe, die man als Ferment bezeichnete. Nachher lernte man lösliche organische Verbindungen 
kennen (Diastase, Pepsin ete.), welche ähnliche Wirkungen zu haben schienen; man stellte dieselben 
mit den Hefen zusammen und nannte sie ebenfalls Fermente. Als man zu dem Bewusstsein ihrer 
Verschiedenheit von den eigentlichen Hefen gelangte, nannte man sie ungeformte oder unorga- 
nisirte Fermente im Gegensatz zu den geformten oder organisirten Fermenten, die aus 
Zellen bestehen. 

Nachgerade ist die Wirkung der ungeformten Fermente viel besser erkannt als die der orga- 
nisirten, und desswegen werden sie jetzt häufig schlechthin als Fermente bezeichnet. Indem die 
ungeformten Fermente den organisirten den Rang in der Erkenntniss abgelaufen, haben sie ihnen 
zugleich auch den Naınen geraubt. 

Ich bezeichne, um mich möglichst dem jetzigen Sprachgebrauche auzubequemen, die organisirten 
oder zelligen Fermente als Hefe, und ihre Wirkung als Hefen- oder Gärwirkung, im Gegen- 
satze zu Ferment und Fermentwirkung. Jedenfalls ist die Bezeichnung von geformten und 
ungeformten, organisirten und unorganisirten Fermenten keine glückliche. Man kann nicht wohl eine 

12* 


36 


Zunächst muss gegen die Fermenttheorie der nämliche Einwurf 
gemacht werden wie gegen die Zersetzungstheorie, dass nämlich der 
hypothetische, die Gärung verursachende Stoff nicht nachgewiesen, nicht 
aus den Zellen ausgezogen und dargestellt werden kann, wie diess dagegen 
mit den wirklichen Fermenten der Fall ist. Es giebt selbst Gärungs- 
chemiker, welche diese hypothetischen Fermentstoffe geradezu als von 
den Zellen untrennbar bezeichnen und damit einen wesentlichen Unter- 
schied gegenüber den wirklichen Fermenten zugeben, welche alle in 
Wasser löslich sind. Die Annahme, dass bei den Gärungen Fermente 
thätig seien, wäre also nur dann gerechtfertigt, wenn eine hinreichende 
Analogie in physiologischer und chemischer Hinsicht nachgewiesen werden 
könnte. Diess ist nicht der Fall; eine genaue Vergleichung zeigt uns 
sehr bemerkenswerthe Gegensätze. 

In physiologischer Beziehung sind zwei Momente hervorzuheben; 
das eine betrifft die räumlichen Verhältnisse. Die Ursache, welche Gärung 
bewirkt, ist untrennbar mit der Substanz der lebenden Zelle, d. h. mit 
dem Plasma!) verbunden. Gärung findet nur in unmittelbarer Be- 
rührung mit dem Plasma und, soweit die Molecularwirkung desselben 
reicht, statt. Will der Organismus in Räumen und auf Entfernungen, 
auf die er keine Macht durch die Molecularkräfte der lebenden Substanz 
auszuüben vermag, chemische Processe beeinflussen, so scheidet er Fer- 
ınente aus. Die letzteren sind besonders thätig in Hohlräumen des 
thierischen Körpers, im Wasser, in welchem Pilze leben, in plasmaarmen 
Zellen der Pflanzen. Es ist selbst sehr fraglich, ob der Organismus 
jemals Fermente bilde, welche innerhalb des Plasmas wirksam sein sollen; 
denn hier bedarf er ihrer nicht, weil ihm in den Molecularkräften der 


chemische Verbindung und einen aus zahlreichen chemischen Verbindungen bestehenden Organismus als 
Artbegriffe dem nämlichen Gattungsbegriff unterordnen. 

Das Richtigere wäre aber wohl, den Namen Ferment in dem ursprünglichen Sinne als synonym 
mit Hefe zu brauchen, und dagegen die modernen Fermente als Contactsubstanzen zu bezeichnen, da 
sie in der That von Schwefelsäure, Kali, Wasser nur darin abweichen, dass sie organische Verbin- 
dungen sind. 

1) Unter Plasma (meist Protoplasma genannt) verstehe ich den halbflüssigen schleimigen Inhalt 
der Pflanzenzelle, der aus wechselnden Mengen von unlöslichen und löslichen Albuminaten besteht. 
Meistens überwiegt die unlösliche Modification; es kann aber auch die lösliche Modification fast allein 
vertreten sein. Nur selten ist es bei Pflanzen möglich und auch nothwendig, die beiden Modificationen 
zu trennen. Mau kann sie dann als Stereoplasma und Hygroplasma bezeichnen (letzteres dem Plasma 
der Thierphysiologie analog). 


87 


lebenden Substanz viel energischere Mittel für chemische Wirkung zu 
Gebote stehen. 

Das andere physiologische Moment betrifft die Bedeutung, welche 
Gärung und Fermentwirkung für die Ernährung haben. Auch diese 
Erscheinungen müssen, wie alle Einrichtungen in der organischen Natur; 
ihre besonderen Zwecke erfüllen, und die Mittel, um diese Aufgaben zu 
vollbringen, müssen am zweckentsprechendsten gewählt worden sein. 

Die Fermente haben nun in den meisten Fällen die Aufgabe, Nähr- 
stoffe, die in unverwerthbarer Form vorhanden sind, in verwerthbare 
umzuwandeln, unlösliche löslich, nicht diosmirende diosmirfähig zu machen- 
Sie verwandeln die Albuminate in Peptone, Stärkemehl, Gummi, Cellulose 
in Glycoseformen, sie invertiren Rohr- und Milchzucker'), sie zerlegen die 
Fette in den keimenden Samen. 

In einigen besonderen Fällen scheinen die Fermente eine andere 
physiologische Aufgabe zu erfüllen. In gewissen Samen erzeugen sie 
scharfe, widerlich schmeckende oder giftige Stoffe. Das Emulsin spaltet 
das Amygdalin der bittern Mandeln in Zucker, Bittermandelöl und Blau- 
säure, das Myrosin zerlegt das myronsaure Kali in Zucker, Senföl und 
schwefelsaures Kali. Die scharfen Stoffe bilden sich in diesen und ähn- 
lichen Fällen, sowie die Samen zermalmt werden und mit Wasser in 
Berührung kommen, und ebenso, wenn sie Wasser aufnehmen und keimen. 
Sie haben offenbar den Zweck die Samen und die Keimpflanzen vor den 
Angriffen der Thiere zu schützen?). Ob aber die Abwehr der Feinde 


1) Man könnte allenfalls vermuthen, Rohr- und Milchzucker seien, weil sie diosmiren, schon an 
und für sich Nährstoffe, und die Invertirung geschehe, um sie gärungsfähig zu machen. Der Nutzen 
dieses Processes für die Hefenzellen würde dann in der Rückwirkung bestehen, welche der auf die 
Invertirung folgende Gärvorgang auf das Zellenleben ausübt. 

Dass diese Vermuthung nicht stichhaltig ist, geht aus der Thatsache hervor, dass auch die 
Schimmelpilze, denen das Gärvermögen mangelt, den Zucker sehr energisch invertiren, wie sich leicht 
durch Versuche nachweisen lässt. Wir müssen daraus schliessen, dass die Zuckerarten (Diglycosen). 
welche 12 Atome Kohlenstoff im Molecül haben, für die Ernährung ungeeignet oder jedenfalls weniger 
geeignet sind, als diejenigen mit 6 Atomen C (Glycosen). 

2) Es durfte als fraglich betrachtet werden, ob die in den Samen enthaltenen Glycoside beim 
Keimen zerlegt werden. Dieselben bilden sich beim Reifen der Samen, welche zu dieser Zeit noch 
viel Vegetationswasser enthalten; und ich hielt es für möglich, dass sie auch beim Keimen in den 
unverletzten lebenden Zellen unverändert bleiben und nur beim Zerreissen des Gewebes durch die 
Wirkung der Fermente zerfallen. Versuche haben das Gegentheil ergeben. Aus keimenden Senfsamen 
kann man in jedem Stadium, wenn man sie ohne mechanische Verletzung mit Weingeist behandelt, 
Senföl ausziehen, welches in den Samen vor dem Keimen nicht enthalten ist. 


88 


der einzige Grund ist, warum gewisse Glycoside und die Fermente, welche 
sie zerlegen, von den Pflanzen erzeugt werden, lässt sich vorerst nicht ent- 
scheiden. Es ist sehr wahrscheinlich, dass die Zersetzungsprodukte noch 
andere physiologische Dienste leisten. Der Zucker, der dabei immer 
auftritt, wird als Nahrung verwendet, und die scharfen, bitteren oder 
giftigen Stoffe dürften ebenfalls eine Function bei dem pflanzlichen Che- 
mismus vollbringen. 

Abgesehen von diesen besondern Fällen besteht der chemisch-physio- 
logische Charakter der Fermentwirkung bloss darin, nicht nährende oder 
schlecht nährende Verbindungen in besser- und überhaupt in die best- 


nährenden überzuführen. Die Hefen- oder Gärwirkung hat gerade den 


entgegengesetzten Charakter; ihre Produkte sind ausnahmslos schlechter 
nährende Verbindungen, und sie zerstört vorzugsweise die am besten 
nährenden Stoffe. Der Gegensatz tritt am auffallendsten bei den Kohlen- 
hydraten und den Proteinstoffen hervor. Während die Fermentwirkung 
aus denselben die Glycoseformen und Peptone (welche beiden alle anderen 
Nährstoffe übertreffen) erzeugt, zerlegt die Gärung diese Verbindungen 
in Alkohol, Mannit, Milchsäure, in Leucin, Tyrosin u. s. w. — Zuweilen 
folgen mehrere Gärungen aufeinander; dann nehmen ihre Producte stufen- 
weise an Nährfähigkeit ab. Wir können allgemein sagen, dass die Hefen- 
pilze durch jeden Gärprocess, den sie bewirken, das Medium, in welchem 
sie sich befinden, für die Ernährung chemisch ungeigneter machen. 

Man könnte vielleicht vermuthen, dass die Gärproducte einem Pilz 
bei der Coneurrenz Vortheile gewähren. Es ist aber eher das Gegentheil 
der Fall; durch dieselben wird eine Nährlösung immer so verändert, dass 
ein fremder Pilz darin existenzfähiger ist als derjenige Pilz, der die 
Gärung bewirkt. Diess bezieht sich aber nur auf die chemische Be- 
schaffenheit der gegorenen Flüssigkeit; ich werde nachher zeigen, dass der 
molecular-physiologische Gärungsakt selber für die Gärungspilze sich 
vortheilhaft erweist. 

Während die Vergleichung der Fermentwirkung und Gärung in 
physiologischer Beziehung keine Schwierigkeiten bietet, mangeln zur Ver- 
gleichung des chemischen Charakters noch die nothwendigen Thatsachen. 
Nur die Fermentwirkung scheint klar erkannt zu sein, indem wir annehmen 
dürfen, dass dabei die organische Verbindung Molecül für Molecül in 


89 


ihre Componenten zerfällt, — Dextrin in Traubenzucker, Rohrzucker in 
Invertzucker, Albuminate in Peptone. Die Umwandlung geht glatt und 
vollständig von statten; andere Producte der Fermentwirkung bilden 
sich nicht. 


Was die Gärung betrifft, so sind bis jetzt nur in einem Falle die 
Gärprodukte mit Rücksicht auf das Gärmaterial quantitativ bestimmt 
worden. Bei der geistigen Gärung zerfällt nicht die ganze Zuckermenge 
in Alkohol und Kohlensäure, wie man früher glaubte; sondern es wird, 
wie Pasteur nachgewiesen, ein kleiner Theil (ungefähr 5 Proc.) in 
anderer Weise zerlegt (in Glycerin, Bernsteinsäure und Kohlensäure)- 
Ebenso ist es sicher, dass bei der Milchsäuregärung nicht aller Zucker 
in Milchsäure umgesetzt wird; eine geringe Menge erfährt eine andere 
Zersetzung, wie die mehr oder weniger reichliche Entwicklung von Kohlen- 
säure beweist. 


Wenn wir diese beiden Beispiele als massgebend für die Gärung 
betrachten dürfen, so zeigen sie uns, dass neben der normalen Spaltung 
ein kleiner Theil des Gärmaterials in anderer Weise zerlegt wird, und 
dass unter den Produkten der letzteren Zersetzung sich Kohlensäure 
befindet, auch wenn sie unter den Produkten der normalen Spaltung 
mangelt. Dieses Moment nun scheint mir den chemischen Charakter der 
Gärung gegenüber der Fermentwirkung zu bedingen, indem bei der 
letzteren ein einfacher Spaltungsprocess statt hat. — Kohlensäure dürfte 
ein Nebenprodukt aller Gärungs- und Fäulnissprocesse sein und daher 
auch für alle der Name Gärung, womit man die Vorstellung von Gas- 
entwicklung zu verbinden gewöhnt ist, passend sein, während bei der 
Fermentwirkung nie Kohlensäure frei wird. 


Der angegebene Unterschied zwischen Fermentwirkung und Gärung 
wäre uns nicht recht verständlich, wenn beide Processe die gleiche Ur- 
sache hätten. Dagegen fällt jede Schwierigkeit weg, wenn die Gärung 
nicht durch eine Contactsubstanz sondern durch das lebende Plasma 
bewirkt wird. Wir begreifen dann, dass, — während das Ferment als 
einfache chemische Verbindung eine andere chemische Verbindung in 
einfacher und gleichartiger Weise verändert, so dass alle Molecüle die 
nämliche Zersetzung erfahren, — eine organisirte Substanz mit ihren 


90 


mannigfaltigen Molecularbewegungen und Molecularkräften eine compli- 
zirtere Zersetzung hervorbringt. 

Diese Betrachtung wird durch eine andere chemische Verschiedenheit 
unterstützt, welche wir zwischen Fermentwirkung und Gärung beobachten. 
Das organische Ferment kann meistens leicht durch eine andere Contact- 
substanz ersetzt werden, durch Säuren, Alkalien, selbst durch Wasser 
besonders bei erhöhter Temperatur. Anders verhält es sich mit den 
Gärungen, welche in den ausgesprochenen Fällen nur durch Hefe bewirkt 
werden. Wir müssen nämlich in dieser Beziehung unter den zahlreichen 
Gärprocessen zwei Gruppen unterscheiden: 1) diejenigen, welche auch bei 
Ausschluss von Sauerstoff erfolgen und 2) diejenigen, welche den Zu- 
tritt von Sauerstoff verlangen. Zu. den ersteren, welche wir als die ty- 
pischen Gärungen bezeichnen können, gehören alle Gärungen des Zuckers 
und der zuckerähnlichen Stoffe (Glycerin, Mannit) sowie der Peptone 
(Albuminate). Dieselben lassen sich durch kein anderes Mittel als durch 
die lebenden Hefenzellen hervorbringen. Zu der zweiten Gruppe gehören 
die Gärungen der Säuren, des Asparagins, Harnstoffs u. s. w., ferner die 
ÖOxydationsgärungen. Diese Zersetzungen können um so eher durch 
andere chemische Mittel hervorgebracht werden, je einfacher die Produkte 
sind (z. B. beim Zerfallen des Harnstoffes in Ammoniak und Kohlensäure), 
oder (wenn es Oxydationsgärungen sind) je mehr die Gärwirkung zurück 
und die Wirkung des Sauerstofis in den Vordergrund tritt (wie bei der 
Essigbildung aus Weingeist). 

Es scheint noch ein sehr bemerkenswerther Unterschied zwischen 
Fermentwirkung und Gärung in thermochemischer Beziehung zu bestehen, 
sofern wir aus den wenigen bekannten Fällen überhaupt etwas schliessen 
dürfen. Bei der Gärung wird Wärme frei und es entstehen Produkte, 
die zusammen eine geringere Menge von potentieller Energie enthalten. 
Bei der Fermentwirkung wird Wärme aufgenommen; die Spaltungspro- 
dukte stellen eine grössere Summe von Spannkraft dar. Ich werde 
später noch besonders auf diesen Punkt zurückkommen. 


Während die beiden erörterten Gärungstheorieen (die Zersetzungs- und 
die Fermenttheorie) sich auf den rein chemischen Standpunkt stellen, 


91 


L 


ist die Sauerstoffentziehungstheorie Pasteur’s vielmehr physiologischer 
Natur. Dieser Forscher ging von der von ihm als sicher hingestellten 
Annahme aus, dass alle Pflanzen, auch die niederen Pilze, zu ihrem Leben 
Sauerstoff bedürfen, wofür sie eine entsprechende Menge Kohlensäure 
ausscheiden. Eine Gruppe von niederen Pilzen zeige in dieser Beziehung 
ein besonderes Verhalten. Während alle anderen Pilze, wie die sämmt- 
lichen übrigen Gewächse, bloss freien Sauerstoff benützen können, so sollen 
die Hefenpilze, die ebenfalls bei Zutritt von freiem Sauerstoff am kräf- 
tigsten gedeihen, bei Mangel desselben gewissen leichter zersetzbaren 
organischen Verbindungen den Sauersoff zu entziehen und davon zu leben 
vermögen; wiewohl eine solche Vegetation ohne freien Sauerstoff, wenig- 
stens bei der Sprosshefe, kümmerlich bleibe. 


Diese aus seinen Versuchen erschlossene Thatsache benutzte Pasteur 
zur Begründung einer neuen Gärungstheorie.. Wenn die Hefenzellen 
freien Sauerstoff finden, so sollen sie keine Gärung bewirken. Nach 
Massgabe als ihnen. dieser mangelt, sollen sie das Gärmaterial angreifen, 
und indem sie demselben eine geringe Menge von Sauerstoff entziehen, 
es in seinem molecularen Gleichgewicht stören und zur Zersetzung ver- 
anlassen. 

Diese sinnreiche Theorie machte grosses Aufsehen, denn sie schien 
das dunkelste Gebiet der Gärungslehre zu erleuchten und für die Physio- 
logie der niederen Organismen neue und wichtige Aufschlüsse zu geben. 
Die experimentelle Grundlage, welche die Theorie stützen soll, erweist 
sich aber bei strenger Prüfung als unhaltbar. 


Pasteur beschreibt seine Versuche folgendermassen. Ein Kolben von Ya Liter 
Inhalt wird mit 100 cem Zuckerwasser und einer geringen Menge von eiweissartigen 
Nährstoffen beschickt, durch Kochen luftfrei gemacht und eine Spur Hefe zugesetzt. 
Die nämliche Nährflüssigkeit wird ferner in einen flachen Teller mit grosser Ober- 
fläche gegeben. Im ersteren Versuch (im luftfreien Kolben) vermehrt sich die Hefe 
kümmerlich und zersetzt das 60-, 80-, 100 fache ihres Gewichts Zucker. Im zweiten 
Versuch (im offenen Teller) vermehrt sich unter dem ausgiebigen Luftzutritt die 
Hefe wohl 100 mal rascher, zerlegt aber nur das 6 bis Sfache ihres Gewichts Zucker. 
Hieraus zog Pasteur den Schluss, dass die Hefe bei Luftabschluss eine mehr als 
20 mal grössere Wirksamkeit besitze als bei Luftzutritt. 

Anderweitige Angaben über die betreffenden Versuche mangeln, so dass wir 
uns über die Dürftigkeit und die wenig genaue Form derselben wundern, wenn wir 

Abh.d. 11. Cl. d.k. Ak.d. Wiss. XIII. Bd. II. Abth. 13 


92 


damit die anderen Gärungsversuche des berühmten Chemikers vergleichen, die an 
Vollständigkeit und Genauigkeit nichts zu wünschen lassen. Es ist gerade, als ob 
geringere Ansprüche an die experimentelle Begründung zu machen wären, wenn es 
sich um eine physiologische als wenn es sich um eine rein chemische Thatsache 
handelt. In dem vorliegenden Fall vermissen wir Angaben über die Hefenmengen, 
welche sich in dem einen und anderen Fall gebildet haben, über die Zeitdauer der 
Versuche, über den mikroskopischen und chemischen Befund. Dieses Alles wäre aber 
nothwendig, um ein sicheres Urtheil zu gewinnen, — die mikroskopische Untersuchung 
auch desswegen, weil nach Aussaat einer Spur Sprosshefe bei Luftabschluss sich ge- 
wöhnlich Spaltpilze, bei reichlichem Luftzutritt dagegen Schimmelpilze einstellen, 
welche das Resultat der Gärung modificiren. Diese Mängel berechtigen um so eher zu 
Zweifeln, als aus den numerischen Angaben Pasteur’s sich ein ganz anderes Re- 
sultat berechnen lässt als das von ihm angegebene. So dürftig auch die Angaben 
sind, so reichen sie nämlich für eine arithmetische Behandlung gerade aus. 

Aus der Angabe, dass die Hefe im Kolben das 80 fache, im Teller das 7 fache 
ihres Gewichts Zucker vergoren habe, folgt, dass bis zur Vergärung des Zuckers im 
Teller 11,4mal so viel Hefe gebildet wurde als im Kolben. 

Aus der Angabe, dass die Vermehrung der Hefe im Teller 100 mal rascher vor 
sich gegangen sei als im Kolben, und aus dem soeben gewonnenen Resultat be- 
rechnet sich ferner, dass zur Vergärung des Zuckers im Kolben eine $,$ mal längere 
Zeit erforderlich war als im Teller. 

Aus den Hefenmengen und aus den Zeiten ergiebt sich endlich die Wirksam- 
keit, und da zeigt sich, dass, wenn wir die Progression der Hefenzunahme in den 
beiden Versuchen in Anschlag bringen, die Wirksamkeit der Hefenzelle in der Zeit- 
einheit im Teller grösser ausfällt als im Kolben, während sie nach dem Ueberschlage 
Pasteur's 20mal geringer sein sollte. 

Ich bemerke hiezu folgendes. Da die Versuche von Pasteur mit einer Spur 
Hefe begannen, die sich während der: Versuchsdauer stetig vermehrte, so kann für 
jeden der beiden Fälle die Leistung der einzelnen Zelle nur aus der Summation der 
ganzen betreffenden Reihe berechnet werden; sie hat ihr genaues Mass in der 
Menge des zerlegten Zuckers, getheilt durch die Summe der Produkte aus den wirk- 
sam gewesenen Hefenmengen und ihren Zeiten. Leider ist es unmöglich, die erwähnte 
Summation auszuführen, weil die Progression der Zunahme für die Versuche unbe- 
kannt ist. Es kann nur aus anderweitigen Erfahrungen auf die vorliegenden Fälle 
ein Wahrscheinlichkeitsschluss gemacht werden. i 

Wenn in eine gegebene Menge von Nährflüssigkeit eine Spur Hefe ausgesäet 
wird, so ist die Zunahme derselben in der ersten Zeit eine geometrische Progression, 
indem sich die Zellenzahl in ziemlich gleichen Zeitabschnitten verdoppelt. Mit der 
Vermehrung der Zellen vermindert sich dann aber die Zunnahme immer mehr. 

Man kann sich ein Bild von dem Verhältniss der Gesammtwirksamkeit der 
Hefenvegetationen in den beiden Pasteur’schen Versuchen I und II machen, wenn 


93 


man die Zeitdauer als Abseisse (für I im Kolben im Ganzen 8,8mal so gross als für 
II im Teller) und die Hefenmengen für jeden Moment als Ordinaten (die letzte Or- 
dinate für II 11,4mal so gross als für I) aufträgt Die Flächeninhalte (zwischen 
der Abseisse, der letzten Ordinate und der Curve) geben dann die reeiproken Werthe 
für die durchschnittliche Wirksamkeit der einzelnen Zelle. Obgleich bloss die letzte 
Ordinate bekannt ist, so bleibt in dem vorliegenden Fall doch nur ein kleiner Spiel- 
raum für die Construction der Curven; und wenn ich die Erfahrungen, die aus 
zahlreichen Hefenkulturen gewonnen wurden, zu Hülfe nehme, so vermindert sich 
dieser Spielraum noch mehr. Es ergiebt sich daraus, dass der angegebene Flächen- 
inhalt in dem Versuch I etwas kleiner, in dem Versuch II aber merklich kleiner 
ausfallen muss, als wenn die Zunahme in arithmetischer Progression erfolgte und 
somit die Curve zur Geraden würde. Somit vergärt, wie ich bereits gesagt habe, 
eine Hefenzelle bei Luftzutritt (im Teller) während der nämlichen Zeit mehr Zucker, 
als wenn ihr der Sauerstoff entzogen wird (im Kolben). — Es versteht sich, dass 
diese Berechnung nur so weit richtig ist, als die numerischen Angaben Pasteur's 
genau sind. Auf welche Weise derselbe zu seinem gegentheiligen Resultate gelangte, 
bleibt mir unklar. Es geht aber aus diesem Beispiele deutlich hervor, wie leicht man 
sich bei oberflächlichem Ueberschlage über die Wirksamkeit der Zellen täuschen 
kann, wenn die darüber Aufschluss gebenden Summen durch Summationen verschie- 
dener Reihen mit verschiedener Zeitdauer gewonnen werden müssen. 

Uebrigens sind die Versuche, wie sie Pasteur anstellte, wenig geeignet zur 
Entscheidung der Frage: Wie verhält-sich die Gärwirkung der Hefe mit oder ohne 
Sauerstoff? und zwar desswegen, weil in der Versuchsgleichung drei unbekannte 
Grössen vorkommen: 1) die Zunahme, welche die mit einem Minimum beginnende 
Hefe mit Sauerstoff und ohne Sauerstoff unter übrigens gleichen Umständen zeigt (also 
die Gestalt der Curve), 2) die Gärwirksamkeit, welche der Mengeneinheit der mit 
und ohne Sauerstoff gewachsenen Hefe unter übrigens ganz gleichen Umständen 
(ohne oder mit Sauerstoff) zukäme, 3) der Einfluss, den die Anwesenheit und der 
Mangel von Sauerstoff auf die Gärwirksamkeit der nämlichen (unter gleichen Um- 
ständen gewachsenen und somit gleichgearteten) Hefe ausüben würde. 


Die vorliegende Frage musste daher durch andere Beobachtungen 
und Versuche entschieden werden. Ich stelle eine Thatsache voran, welche 
wenigstens eine principielle Lösung in der Art giebt, dass sie zeigt, wie die 
Hefenzelle in dem Moment, wo sie mit Sauerstoff in Berührung ist, 
auch Zucker vergären kann. Diese Thatsache ist die Essigätherbildung. 


Es ist bekannt, dass bei der geistigen Gärung zuweilen geringe 
Mengen von Essigäther (Aethylacetat) entstehen, und dass gewisse Weine 


etwas von dieser Verbindung enthalten. Ich habe, um Aufschluss über 
13* 


94 


den Vorgang zu erhalten, in den Jahren 1867 — 1869 eine Menge von 
Versuchen angestellt. Sie ergaben, dass, wenn die gärende Flüssigkeit 
Essigsäure enthält oder wenn verdünnter Weingeist durch Essigmutter in 
Essig umgewandelt wird, wenn also entweder fertige Essigsäure mit ent- 
stehendem Alkohol oder fertiger Alkohol mit entstehender Essigsäure in 
Berührung ist, durch Einwirkung von lebenden Zellen niemals Essigäther 
entsteht. — Diesen Fall haben wir im Allgemeinen bei der Wein- und 
Bierbereitung. In Folge der stürmischen Gärung entweicht eine grosse 
Menge von Kohlensäure, welche eine die Luft abschliessende Gasschicht 
über der gärenden Flüssigkeit bildet. Erst nach Beendigung der Gärung 
und Entfernung der Kohlensäure tritt Luft zu und es beginnt die Essig- 
bildung. 

Dagegen beobachtete ich oft reichliche Bildung von Essigäther, wenn 
es gelang, die beiden Gärprocesse gleichzeitig eintreten zu lassen. Diess 
ist auf zweierlei Art möglich, einmal durch Schütteln der Flüssigkeit 
mit Luft. Ich gab so geringe Mengen von Traubenmost- in grosse Kolben, 
dass nach dem Schütteln bloss die Wandungen benetzt waren, und schüt- 
telte dann die Kolben fleissig. Die Essigätherbildung begann sofort und 
zwar in einzelnen Fällen so intensiv, dass auch nur kleine Mengen des 
gegorenen Mostes ungeniessbar waren. Ich bemerkte übrigens, dass das 
Resultat dieses Versuches unter verschiedenen Umständen sehr ungleich 
ausfällt, und dass die Beschaffenheit der Hefe einen wesentlichen Einfluss 
auszuüben scheint. Während der Saft von rothen Tirolertrauben in der 
Regel mehr oder weniger Essigäther gab, konnte ich mit dem Saft von 
weissen italienischen Trauben sowie mit künstlichen Nährflüssigkeiten, denen 
eine Spur Bierhefe beigegeben wurde, meistens keinen erzeugen. 


Die andere Art, wie ich oft ziemlich reichliche Essigätherbildung er- 
hielt, ıst folgende. Es giebt Umstände (ich glaube, dass die Beschaffen- 
heit der Hefe dabei die wichtigste Rolle spielt), unter denen eine äusserst 
langsame Gärung eintritt. Die Hefe befindet sich dabei nicht innerhalb 
der Flüssigkeit, sondern bildet ein dünnes, an der Oberfläche schwim- 
mendes Häutchen, welches von blossem Auge von einer jungen zarten, 
noch glatten Kahmhaut nicht unterschieden werden kann. Es besteht 
aber nicht aus länglichen und lanzettlichen Kahmhautzellen, sondern aus 


Br 1 


95 


kugeligen oder ovalen Zellen!) und daneben aus Spaltpilzen. Wenn die 
Gärung auf dieses Häutchen beschränkt ist, so kann fast die ganze Menge 
des verschwindenden Zuckers zu Essigäther werden. Wenn aber noch 
Gärung innerhalb der Flüssigkeit hinzukommt, so bildet sich auch Alkohol. 


Die Essigätherbildung findet, wie aus den angeführten Thatsachen 
sich ergiebt, dann statt, wenn entstehender Alkohol und entstehende 
Essigsäure zusammentreffen. Es ist begreiflich, dass zwei Stoffe, die Ver- 
wandtschaft zu einander haben, im Augenblick ihrer Entstehung, wenn 
die Theile ihrer Molecüle (Atome und Atomgruppen) sich noch in leb- 
hafterer Bewegung befinden und das Gleichgewicht innerhalb der Molecüle 
noch nicht vollständig hergestellt ist, eine Verbindung eingehen können, 
die später im normalen Zustande nicht mehr möglich ist. — Wir müssen 
also annehmen, dass bei der Essigätherbildung Essigsäure und Alkohol 
in dem nämlichen räumlichen Punkt entstehen, sodass sie durch Mole- 
cularanziehung auf einander wirken können; — und da zur Essigsäure- 
bildung freier Sauerstoff nothwendig ist, so muss sich die Alkohol- 
bildende Zelle in einer Atmosphäre von Sauerstoff befinden. 


Die Umstände, unter denen die Essigätherbildung eintritt, beweisen 
uns die Unhaltbarkeit der Theorie, dass die Hefenzellen nur bei Aus- 
schluss von Luft den Zucker vergären können. Aber aus den Beobach- 
tungen gieng nicht sicher hervor, ob der Sauerstoff günstig oder un- 
günstig auf die Gärung einwirke. Es zeigte sich zwar, dass die nämliche 
Menge Traubenmost bei reichlichem Luftzutritt schneller vergor als ohne 
Luft. Aber unter jenem Einflusse bildete sich auch eine grössere Menge 
Hefe, und es war somit immer möglich, dass die Hefenzelle mit Sauer- 
stoff weniger Zucker zerlegte als ohne Sauerstoff. 

Es mussten daher noch Versuche angestellt werden, bei denen die 
Vermehrung der Hefe ausgeschlossen war. Diess war leicht in der Weise 
zu bewerkstelligen, dass gleiche Mengen von fertiger Hefe in blosse 


Zuckerlösungen gegeben und bei dem einen Versuch Luft durchgeleitet, 


bei dem anderen die Luft ganz ausgeschlossen wurde. 


1) In den meisten Fällen waren die Zellen genau kugelig (Saecharomyces sphaericus, wohl nur 
Anpassungsform). 


96 


Dr. Walter Nägeli führte im Jahr 1875 folgende Versuche aus. 

1. Ein kleines Kölbehen (A) wurde ganz gefüllt mit 65 eem. destillirtem Wasser, 
3 gr. Rohrzucker, 1 gr. Citronensäure und 5 gr. aufgeschlemmter Hefe, welche 0,24 gr. 
Trockensubstanz enthielt. Die Citronensäure wurde zugesetzt, um die Spaltpilzbildung 
zu verhindern. — Das aus dem Kölbcehen sich entwickelnde Gas gieng zuerst durch 
ein Gefäss mit Schwefelsäure, dann durch ein mit Chlorcaleiun gefülltes Röhrchen, 
dann durch zwei Liebig’sche Kugelapparate mit Kalilauge und durch zwei Kali- 
röhrchen. 

Ganz die gleiche Menge Wasser, Zucker, Säure und Hefe wurde in einen 
grösseren Kolben (B) von 1100 eem Inhalt gegeben, durch die Flüssigkeit, welche 
bloss den Boden bedeckte, fortwährend Luft durchgesaugt, welche zuvor durch Schwefel- 
säure und Kali gereinigt worden, und die aus dem Kolben heraustretende Luft durch 
ähnliche Apparate geleitet, wie dieaus dem kleinen Kölbehen. Der Kolben wurde überdem, 
um alle Flüssigkeit gleichmässiger mit dem Sauerstoff in Berührung zu bringen und 
um das Absetzen der Hefe zu verhüten, öfters geschüttelt, was bei dem kleinen und 
engen Kölbehen A nicht nothwendig schien. 

Man hatte nun zwei ganz gleiche Versuche, den einen ohne, den andern mit 
sehr viel Sauerstoff. Die erstere Gärung (A) gab nach 5 Tagen auf 100 Zucker 
29,2 Kohlensäure, die zweite (B) 36,2 Kohlensäure. 

2. Ganz gleiche Versuche wie in ], aber mit Weglassung der Citronensäure. 
Die Gärung war lebhafter; sie gab nach 5 Tagen in A auf 100 Zucker 37,4 Kohlen- 
säure, in B 49,4 Kohlensäure. In B war aller Zucker verschwunden; es hatte sich 
wenig Milchsäure gebildet. 


3. Ein Kölbehen von 350 cem Inhalt ıA) erhielt 200 cem Wasser, 30 gr. Rohr- 


zucker, 3 gr. Citronensäure, 50 cem Hefenbrei mit 1,74 gr. Trockensubstanz. — Das 
gleiche Gärmaterial wurde in einen 10mal so grossen Kolben (B, von 3500 ccm 
Inhalt) gegeben. — Beide Kolben waren mit Kork und Gärröhre verschlossen; zum 


Abschluss in der letzteren diente Glycerin. B wurde öfter, A hin und wieder ge- 
schüttelt; letzteres geschah namentlich, um die Hefe gleichmässiger in der Flüssigkeit 
zu vertheilen und ihr Absetzen zu verhindern. Nach 8! Tagen wurde in A auf 
100 Zucker 4,65 gr. Alkohol, in B 13,8 gr. Alkohol gefunden. In B hatte die Gär- 
flüssigkeit die Einwirkung von 40 mal mehr Luft erfahren als in A. 


4. Ganz gleiche Versuche wie in 3, aber mit Weglassung der Citronensäure, 
gleichzeitig angestellt. Wegen des rascheren Verlaufs der Gärung wurde nach 


4! Tagen unterbrochen. A enthielt auf 100 Zucker 41,3 Alkohol, B 48,8 Alkohol. 


In B war der Zucker fast vollständig verschwunden; es hatte sich etwas Milchsäure 
gebildet. 

5. Ein Kölbehen von 450 cem Inhalt (A) wurde mit 200 cem Wasser, 25 gr. 
Rohrzucker, 2,5 gr. Citronensäure und 50 ccm Hefenbrei, welcher 1,77 gr. Trocken- 
substanz enthielt, angesetzt. Die Luft im Kölbehen wurde durch Kohlensäure ver- 


Bair 


m 


drängt und ein Verschluss mit Gärröhre wie in 3 angebracht. — Das gleiche Gär- 
material kam ferner in einen grossen mit Luft gefüllten Kolben von 3300 cem In- 
halt. — Beide Kolben wurden öfter geschüttelt und dabei möglichst gleich behandelt. 

Nach 7!/e Tagen wurden in A auf 100 Zucker 3,76 Alkohol, in B 15,7 Alkohol 
erhalten. 

Alle Versuche stimmen darin überein, dass die mit Sauerstoff gärende Hefe 
wirksamer ist als die ohne oder mit weniger Sauerstoff gärende, und zwar war der 
Unterschied um so grösser, je früher die Gärung unterbrochen wurde. Diess ist 
begreiflich. Im Anfange sind die Flüssigkeiten in den beiden Versuchen (A und B) 
ganz gleich. Iu B vergärt unter dem Einflusse des Sauerstoffs viel mehr Zucker, 
Der dadurch gebildete Alkohol ist nun der weiteren Gärung hinderlich. Die Zu- 
sammensetzung der Gärflüssigkeit ist also in B sehr bald ungünstiger als in A und 
behält diesen Charakter während der ganzen Dauer des Versuchs. Daher wird die 
Differenz in der Menge des verschwundenen Zuckers immer geringer. Diese Menge 
verhält sich wie 10:42 ım Versuch 5 (in A waren 7,5 Proe., in B31 Proe. Zucker 
vergoren), wie 10:30 im Versuch 3 (in A waren 9,1 Proe., in B 27 Proc. Zucker 
vergoren), wie 10:12 im Versuch 1 (in A waren 60 Proe., in B 74 Proe. Zucker 
vergoren), wie 10:12 im Versuch 4 (in A waren 81 Proc, in B 96 Proc. Zucker 
vergoren), und wie 10:13 im Versuch 2 (in A waren 76 Proc., in B 100 Proc. Zucker 
vergoren). 

Es ist also ganz sicher, dass Zutritt von Sauerstoff der Gärung 
günstig ist, wenn keine Nährstoffe zugegen .sind und in Folge dessen 
die ganze Hefenmenge sich nicht oder nur unbedeutend vermehrt. Sind 
Nährstoffe vorhanden, so wirkt der Sauerstoff noch viel günstiger, weil 
dann unter seinem Einflusse auch die Vermehrung der Hefe lebhafter 
von statten geht!). 

Die Theorie Pasteur’s, dass die Gärung durch Mangel an Sauer- 
stoff erfolge, indem die Hefenzellen gezwungen seien, den Bedarf an Sauer- 
stoff dem Gärmaterial zu entnehmen, ist durch alle Thatsachen, die auf 


diese Frage Bezug haben, widerlegt. 


Nachdem ich gezeigt habe, dass jede der bisherigen Gärungstheorieen 
mit einzelnen Thatsachen im Widerspruch steht, gehe ich nun zu der 


1) Dumas (Ann. de Chim. et de Phys. 1874 (III) 80) leitete einen langsamen Strom von 
Sauerstoffgas durch eine gärende Flüssigkeit und behauptet, dass dadurch die Gärung nicht merklich 
beeinflusst worden sei. Da alle näheren Angaben mangeln (während bei anderen Versuchen und 
Controlversuchen die zur Begründung erforderlichen Einzelnheiten dargelegt werden), so wird eine 
Kritik und die Untersuchung, wie dieses Resultat physiologisch zu erklären sei, unmöglich. 


983 


Erörterung der Frage über, ob es nicht möglich ist, uns eine Vorstellung 
über den Gärprocess zu bilden, die allen beobachteten Erscheinungen 
Genüge leistet und in Uebereinstimmung mit der jetzigen Molecular- 
physik sich befindet. Ich halte es für zweckmässig, mit der Betrachtung 
der Fermentwirkung zu beginnen, weil dieselbe mit der Gärwirkung zwar 
nicht identisch, aber doch einigermassen anoloe ist. 

Die Fermente (Diastase, Invertin etc.) wirken wie verdünte Säuren, 
alkalische Lösungen, Wasser. Man sagte, die chemische Umsetzung ge- 
schehe durch katalytische Kraft, durch Contactwirkung. Selbstverständ- 
lich war diess keine Erklärung, sondern nur eine allgemeine Bezeichnung 
für eine Gruppe von gleichartigen Vorgängen. Das Gemeinsame dieser 
Vorgänge aber besteht darin, dass die Contactsubstanz bloss durch ihre 
Anwesenheit wirkt, dass sie dabei chemisch nicht betheiligt ist, dass sie 
selber keine Verbindung eingeht. Wenn man das Produkt der Contact- 
wirkung wegnimmt, kann die nämliche Menge Schwefelsäure oder heisses 
Wasser oder Ferment fortwährend neue Mengen Substanz umwandeln. 

Es ist mir nur eine von Bunsen herrührende Erklärung dieser 
Thatsache bekannt, welche von Hüfner im Jahr 1873 weiter ausgeführt 
wurde. Die Contactwirkung soll darin bestehen, dass die Contactsubstanz 
gewisse Atome oder Atomgruppen eines zusammengesetzten Molecüls 
stärker anziehe als den Rest und dadurch in Verbindung mit der Wärme- 
wirkung und mit den chemischen Anziehungen der Atome und Atom- 
gruppen unter einander eine neue Gruppirung, also eine chemische Um- 
setzung hervorbringe. Ich möchte diese Erklärung nur dahin ergänzen, 
dass die Contactsubstanz nicht blos durch Anziehung und Abstossung, 
sondern vorzüglich auch durch die Bewegungszustände ihrer Molecüle 
und Atome wirksam werde. 

Nach den jetzt massgebenden und ohne allen Zweifel ausreichend 
begründeten Vorstellungen der Molecularphysik haben die Molecüle, ab- 
gesehen von allfälligen fortschreitenden Bewegungen, auch um einen Gleich- 
gewichtspunkt schwingende (unter Umständen rotirende) Bewegungen, und 
diese schwingenden Bewegungen kommen auch jedem einzelnen Atom 
und jeder Atomgruppe im Molecül zu. Wenn die Temperatur steigt, so 
verwandelt die Substanz einen Theil der aufgenommenen freien Wärme 
in gebundene Wärme oder Spannkraft (specifische Wärme, Wärmecapa- 


99 


cität). Die Erhöhung der Spannkraft besteht darin, dass die Molecüle, 
sowie deren Atome und Atomgruppen lebhafter sich bewegen und inner- 
halb grösserer Ausschläge schwingen‘). Bei jeder chemischen Substanz 
erreicht man durch Erhöhung der Temperatur früher oder später einen 
Punkt, wo die Bewegungen innerhalb der Molecüle so intensiv werden. 
dass dieselben zerfallen, sich zersetzen und möglicher Weise neue Ver- 
bindungen eingehen. 


Was wird nun geschehen, wenn bei einer Temperatur, welche dieses 
Zerfallen noch nicht zur Folge hat, zwei Substanzen sich innig mit em- 
ander mengen (wie in einer Lösung), so dass ihre Molecüle in unmittel- 
barer Nähe sich befinden und aufeinander wirken? Die beiden Substanzen 
befinden sich vor der Berührung in ungleichen Bewegungszuständen: 
durch gegenseitige Einwirkung findet eine Ausgleichung statt. Das frühere 
Gleichgewicht in den Molecülen wird gestört. Ist die Störung gross genug, 
so zerfallen dieselben: ist sie geringer, so tritt ein neues Gleichgewicht 
an die Stelle. 


Es vertheilt sich beispielsweise Schwefelsäure in einer Dextrinlösung. 
Durch die Bewegungen der Schwefelsäuremolecüle werden gewisse Schwing- 
ungen m den Dextrinmolecülen so gesteigert, dass dieselben unter Auf- 
nahme von Wasser je in zwei Glycosemolecüle sich spalten. Bei etwas 
höherer Temperatur oder etwas grösserer Concentration der Schwefel- 
säure ist die Wirkung selbstverständlich eine energischere. — Die Schwefel- 
säuremolecüle erfahren ihrerseits durch die Bewegungen der Dextrinmolecüle 
gleichfalls eine Veränderung in ihren inneren Bewegungszuständen, allein 
sie sind durch ihre grössere Festigkeit vor Zersetzung geschützt. 


Die Wirkung der Fermente giebt uns einen Fingerzeig für die Be- 
urtheilung der Hefenwirkung. Obgleich beide Vorgänge, wie ich zeigte, 


1) In festen Körpern haben die ganzen Molecüle schwingende Bewegung, in Flüssigkeiten 
schwingende und fortschreitende, in Gasen nur fortschreitende Bewegung, abgesehen von der rotirenden, 
welche dem flüssigen und gasförmigen Zustande noch zukommt. In allen aber sind die Atome und 
die Atomgruppen der Molecüle in schwingender Bewegung, indem sie um ihre Gleichgewichtslagen 
hin und her schwanken, und die Schwingungsdauer wird jeweilen durch die Grösse der anziehenden 
und abstossenden Kräfte, sowie durch den Abstand von dem Atom, an dessen Werthigkeit sie fest- 
hängen, bedingt sein, wie die Schwingungsdauer eines Pendels durch den Abstand des Schwerpunktes 
vom Aufhängepunkt und durch die Grösse der Schwerkraft. 

Abh.d. II. C1l.d.k. Ak.d. Wiss. XIII. Bd. II. Abth. 14 


100 


in gewissen Beziehungen sich wesentlich verschieden verhalten, so dass wir 
sie unmöglich indentificiren dürfen, so besteht doch in einem allgemeinen 
Punkte, nämlich in dem molecularphysikalischen Zustandekommen Ueber- 
einstimmung. Wir können die Theorie der Fermentwirkung mutatis 
mutandis auf die Gärung übertragen, und wenn wir die veränderten Umstände 
berücksichtigen, so ergeben sich daraus die Verschiedenheiten, die zwischen 
beiden in Wirklichkeit bestehen. Wie bei der Contactwirkung der Fer- 
mente, werden auch bei der Hefenwirkung moleculare Schwingungszu- 
stände übertragen, dadurch das bisherige Gleichgewicht in den Molecülen 
des Gärmaterials gestört und dieselben zum Zerfallen veranlasst. 
Während aber das Ferment als einheitliche chemische Verbindung wirkt 
wirkt die Hefenzelle durch die combinirten Molecularbewegungen mehrerer 
Verbindungen, aus denen das lebende Plasma in bestimmten Zuständen 
besteht. 

GärungistdemnachdieÜebertragung vonBewegungszu- 
ständen der Molecüle, Atomgruppen und Atome verschie- 
dener das lebende Plasma zusammensetzender Verbindungen 
(welche hiebei chemisch unverändert bleiben) auf das Gärmaterial; 
wodurch das Gleichgewicht in dessen Molecülen gestört und 
dieselben zum Zerfallen gebracht werden!). 


Die molecularphysikalische Gärungstheorie, wie ich sie so- 
eben formulirt habe, hat Aehnlichkeit sowohl mit der Liebig’schen Zer- 
setzungstheorre als mit der Fermenttheorie der Chemiker; sie 
ist aber von beiden grundsätzlich verschieden. Sie lässt, was die Ver- 
gleichung mit der Zersetzungstheorie betrifft, die Verbindungen des leben- 
den Plasmas ohne chemische Umsetzung bloss durch ihre molecularen 
Bewegungen auf das Gärmaterial einwirken. Liebig spricht zwar im 
Verlauf der Darstellung zuweilen ebenfalls bloss von Uebertragung einer 
Bewegung, aber diese Bewegung wurde vorgängig stets als chemische 
Bewegung oder als Zersetzung aufgefasst. Der Gedanke, der: bei allen 


1) Es kommt hiebei weniger auf die Bewegungen der ganzen Molecüle, als auf die Schwingungen 
der Atome und namentlich der Atomgruppen an, wie das auch bei der Fermentwirkung der Fall ist 
und wie es auch bei der Wirkung vieler Gifte angenommen werden muss, wovon ich später noch 
sprechen werde. 


er ee 


101 


Wandlungen der Theorie unwandelbar festgehalten wurde, war der, dass 
eine in chemischer Umsetzung begriffene Substanz ihre Umsetzung auf eine 
andere in der Nähe befindliche Substanz übertrage. Zuletzt (1870) war 
es das Eiweis der lebenden Hefenzelle, welches durch seine Zersetzung, 
wobei Zucker abgespalten werde, den Anstoss zur Alkoholeärung geben 
sollte, — eine Theorie, die abgesehen von der mangelnden thatsächlichen 
Beeründung schon desswegen unannehmbar ist, weil sie für die zahlreichen 
übrigen Gärungen keine Anwendung findet. 


Mehr innere Verwandtschaft hat die molecularphysikalische Theorie 
mit der Fermenttheorie, indem in beiden Fällen die Spaltung eines zu- 
sammengesetzten Molecüls auf ähnliche Weise zu Stande gebracht wird. 
Die Verschiedenheit besteht darın, dass die Fermenttheorie die verschie- 
denen Gärungen durch eben so viele verschiedene Verbindungen verur- 
sacht werden lässt, dass sie also für den besondern chemischen Process 
eine besondere chemische Ursache voraussetzt, — während die molecular- 
physikalische Theorie die verschiedenen Gärungen durch das lebende 
Plasma erfolgen lässt, welches entsprechend seiner verschiedenen Organi- 
sation und Mischung, wie für die Ernährung, so auch für die Gärthätig- 
keit ungleiche chemische Wirkungen hervorbrinst. 


Durch die molecularphysikalische Gärungstheorie werden sofort mehrere 
charakteristische Eigenthümlichkeiten der Gärung erklärt. Wir begreifen 
einmal, dass der Gärprocess nur in den Zellen oder in unmittelbarer 
Nähe der Hefenzellen stattfindet und dass er nicht von denselben ge- 
trennt werden kann. 


Wir begreifen ferner, dass, während bei der Fermentwirkung eine 
gleichmässige Spaltung eintritt, bei der Gärung dagegen verschiedene Spalt- 
ungen mit einander combinirt sind, — dass diese verschiedenen Spaltungen 
‘kein constantes Verhältniss zeigen, sondern je nach der individuellen Ver- 
schiedenheit der Hefenzellen ihr quantitatives Verhältniss verändern, — 
und dass jede spezifisch organisirte Pilzzelle besondere Combinationen von 
Spaltungen hervorbringt, unter denen nur das Gemeinsame besteht, dass 
jedes Mal Kohlensäure frei wird. 


Wir begreifen endlich, dass die Gärwirkungen der Hefenzellen in 
14* 


102 


ihrer grossen Mehrzahl bis jetzt nicht auf künstlichem Wege zu Stande 
gebracht werden konnten. 


Einige andere Punkte, welche die Gärung betrefien und bei der 
Theorie derselben Berücksichtigung verdienen, verlangen eine besondere 
Besprechung. Ich beginne mit der Frage: findet die Gärung innerhalb 
oder ausserhalb der Zellen statt? 

Man hat schon seit langer Zeit angenommen, der Zucker dringe in 
die Hefenzellen ein und verlasse dieselben als Alkohol und Kohlensäure 
wieder. Diese Annahme ist bestritten worden. Gründe, die für oder 
gegen gesprochen hätten, wurden eigentlich nicht vorgebracht. Statt 
derselben entschieden doctrinäre Anschauungen, je nachdem die eine oder 
andere Annahme sich für die verschiedenen Gärungstheorien günstiger 
erwies. Ganz entscheidende Gründe stehen mir zwar ebenfalls nicht zu 
(Gebote; doch lässt sich durch einige thatsächliche Erwägungen der Frage 
etwas näher rücken und eine bestimmte Antwort wahrscheinlich machen. 

Machen wir uns zuerst klar, was geschehen muss, wenn die Alkohol- 
gärung im Innern der Zellen erfolgt. Nach Pasteur vergärt 1 or. Hefe 
(Trockengewicht) 50 Traubenzucker in 20 Tagen, also durchschnittlich 
2,5 gr. in 24 Stunden, 0,1 gr. in einer Stunde. In der ersten Zeit ist 
aber selbstverständlich die Gärung viel lebhafter als gegen das Ende. 
Nach Dumas (Ann. chim. phys. 1874 S. 82) vergären 10 gr. feuchte 
Hefe (worin 2 gr. Trockensubstanz) bei 24° C. 0,5 gr. Traubenzucker in 
20 Minuten, also 1 gr. Hefe (Trockengewicht) 0,75 gr. Zucker in 1 Stunde.) 


1) Alle Betrachtungen über die Wirksamkeit der Hefe müssen von dem physiologisch unbe- 
streitbaren und durch vielfache Thatsachen bestätigten Grundsatze ausgehen, dass unter gleichen Um- 
ständen die Menge der wirksamen Hefe und die Menge des in der Zeiteinheit vergorenen Zuckers im 
geraden Verhältniss zu einander stehen. Im Gegensatze hiezu kommt Dumas (a. a. 0.) zu dem selt_ 
samen Ausspruch, dass 20 gr. und 100 gr. der gleichen Hefe die nämliche Zeit (24 Min. bei 249 0) 
brauchen, um 1 gr. Glycose zu zerlegen. In der That würde das Gegentheil aus dem Wortlaute seiner 
Versuche folgen; denn derselbe sagt aus, dass einmal 10 gr. Hefe 0,5 gr. Glycose in 200 gr. Wasser 
während 23 Minuten vergoren, und ferner dass 50 gr. Hefe, 2,5 gr. Glycose und 1000 gr. Wasser in 
5 Partieen vertheilt, das gleiche Resultat in der gleichen Zeit ergaben. Ich vermuthe also das Vorhan- 
densein irgend eines Druckfehlers (2,5 gr. Glycose statt 0,5 gr.). Schützenberger (Gärungserscheinungen 
1876 S. 142) führt ohne weitere Bemerkung die Thatsache als erwiesen an. — Sollte wirklich ein 
Druckfehler vorliegen und die Versuche zu jenem Ausspruche berechtigen, so musste die Ursache in 


1053 


Nach den Erfahrungen bei unseren Versuchen werden von 1 gr. Unter- 
hefe der Münchner Brauereien (Trockengewicht) in einer 10 proz. Rohr- 
zuckerlösung, welche weinsaures Ammoniak als Nährstoff enthält und 
durch welche fortwährend Luft durchgeleitet wird, bei 30° C. während 
24 Stunden ungefähr 70 gr. Zucker vergoren, wobei die Hefe ihr Ge- 
wicht nach 18 Stunden verdoppelt. Nach 24 Stunden beträgt also dieses 
Gewicht etwas mehr als 2,5 gr., und es sind während 24 Stunden durch- 
schnittlich etwa 1,7 gr. Hefe wirksam, welche das 40 fache, während 1 Stunde 
das 1,67 fache ihres Gewichts Zucker zerlegen. 


Es müsste also, wenn der Spaltungsprocess im Innern geschieht, bei 
30° C. in jeder Zelle während 24 Stunden das 20,4fache Gewicht ihrer 
Trockensubstanz (in 1 Stunde das 0,85 fache Gewicht) Alkohol gebildet 
und ausgeschieden werden, — ferner während 24 Stunden das 1860 fache 
Volumen der feuchten (lebenden) Hefenzelle (in 1 Stunde das 77,5 fache 
Volumen) Kohlensäuregas.. Um diese arithmetischen Ergebnisse richtig 
beurtheilen und für einen Schluss verwerthen zu können, mangelt uns 
freilich die Vorstellung, wie viel Alkohol und Kohlensäure während einer 
bestimmten Zeit durch die Membran der lebenden Hefenzelle hindurch 
gehen können. Wir dürfen nicht aus der grossen Menge der Ausscheid- 
ungsprodukte sofort auf die Unmöglichkeit der Leistung schliessen, da in 
der Kleinheit der Zellen und in dem dadurch bedingten günstigen Ver- 
hältniss zwischen Membranfläche und Inhalt ein compensirendes Moment 
gegeben ist. 

Die Oberfläche einer Bierhefenzelle beträgt 0,0003 qmm., ihr Volumen 
0.000000'5 cbmm. Berechnen wir die Ausscheidung für ein hypothetisches 
Membranstück von lgcem., so muss durch dasselbe während einer Stunde 
eine Kohlensäuremenge von 0,013 cbem. hindurchgehen, was auf die Se- 
cunde 0,00000536 cbem. ausmacht, mit andern Worten: Durch die Mem- 
bran muss in der Stunde eine Kohlensäureschicht von 0,13 mm. Höhe, in 
der Secunde eine solche von 0,00003 mm. Höhe diffundiren. Die Leistung 


der Ungleichheit der begleitenden Umstände liegen. In wie weit eine solche Ungleichheit gegeben 
war, lässt sich allerdings nicht nachweisen, da die verschiedenen Ursachen, welche die Gärung oft 
sehr stark beeinflussen und welche daher bei solchen Versuchen vollkommen gleich gemacht sein müssen, 
nicht ausdrücklich erwähnt sind und also wohl nicht beachtet wurden. 


104 


erscheint uns nun ziemlich gering und um so eher möglıch, als die Kohlen- 
säure, wie die natürlichen schäumenden Getränke beweisen, von den Hefen- 
zellen in grosser Menge ohne Nachtheil für ihre Functionen ertragen wird. 
Wir dürfen also annehmen dass, wenn die Gärung im Innern der Zelle 
erfolgt, die Kohlensäurespannung, ohne die Gährung zu verhindern, zu- 
nimmt, bis sie ein stetes Abfliessen durch die Membran veranlasst. 

Anders könnte es sich mit dem Alkohol verhalten. Derselbe wirkt in 
grösserer Menge giftig auf die Hefenzellen. Wenn eine Gärflüssigkeit 
etwa 14 Proc. davon enthält, so wird die weitere Gärung unmöglich. 
In einer 14 proc. Alkohollösung aber sind in den Zellen kaum 7 Proc. 
ihres feuchten Gewichts Alkohol enthalten, weil das Wasser (83 Proc. 
des ganzen Gewichts) fast ausschliesslich als Imbibitionswasser des Plasmas 
und der Membran vorhanden ist und als solches eine verdünntere Lösung 
aufnimmt. Es muss also der Alkohol aus der Zelle fortgeschafft werden, 
ehe er auf 7 Proc. ihres Gewichtes sich anhäuft. — Anderseits wissen 
wir, dass der Alkohol im Vergleich mit Wasser nur langsam durch pflanz- 
liche und thierische Membranen diosmirt, dass eine Blase, in welcher 
Weingeist enthalten ist, wenig davon abgiebt, dagegen viel Wasser auf- 
nimmt. In der Hefenzelle gestalten sich die Verhältnisse in sofern anders, 
als dieselbe mit Flüssigkeit gefüllt ist und sich nicht weiter ausdehnen 
kann. Bei dem diosmotischen Process, welcher zwischen der alkohoi- 
reicheren Zellflüssigkeit und der alkoholärmern umgebenden Flüssigkeit 
stattfindet. muss ebenso viel Alkohol die Zelle verlassen, als dafür Wasser 
eintritt. Es handelt sich also darum, welche Mengen Alkohol und Wasser 
unter den gegebenen Verhältnissen in einer bestimmten Zeit durch eine 
Membran hindurch gehen. 

Mit dieser Frage verflicht sich eine andere. Die Hefenzelle muss 
nicht nur den durch Gärung gebildeten Weingeist ausscheiden sondern 
auch den dazu erforderlichen Zucker aufnehmen, und zwar muss fast 
doppelt so viel Glycose hinein, als Alkohol hinausgehen. Eine Zucker- 
lösung entzieht den Zellen, deren Flüssigkeit eine geringere Dichtigkeit 
hat, Wasser. Wir sehen unter dem Mikroskop wie die Hefenzellen in 
concentrirter Zuckerlösung sehr bedeutend ihr Volumen vermindern. Bei 
der gärenden Hefenzelle wirken also zwei Momente in entgegengesetztem 
Sinne, der eingeschlossene Alkohol, welcher Wasseraufnahme, und der 


105 


ausgeschlossene Zucker, welcher Wasserabgabe verlangt. In Wirklichkeit 
findet keine Wasserströmung statt; die Zelle behält ihre Volumen. Es 
bewegen sich blos einerseits die Zuckermolecüle, welche hinein, anderseits 
die Alkoholmolecüle und die Kohlensäuremolecüle (erstere in gleicher Zahl 
wie die Zuckermolecüle, letztere in doppelter Zahl), welche hinausgehen. 


Um thatsächliche Anhaltspunkte für diese diosmotischen Bewegungen zu ge- 
winnen, veranlasste ich Hrn. Dr. Oscar Löw (Adjunet am pflanzenphysiologischen 
Institut) folgende Versuche auszuführen. s 

Zwei Opodeldocegläser (A und B) wurden ganz mit 8,2 gewichtsprozentiger 
Alkohollösung gefüllt, dann mit Pergamentpapier bedeckt und gut zugebunden und 
jedes in eine Schale mit 10 prozent. Rohrzuckerlösung gelegt, so dass die Dialysations- 
membran senkrecht zwischen den beiden Flüssigkeiten stand. Man hatte nun einen ganz 
analogen Fall, wie ihn die alkoholbildende, in der Zuckerlösung befindliche Hefenzelle 
darstellt, indem das mit der Membran verschlossene Glas die Zelle darstellte. 

Das Glas A enthielt 159 cem. Alkohollösung (=156,37 gr) und lag in 700 cem. 
Zuckerlösung; die Membranfläche betrug 15,197 gem. ; der Versuch dauerte 15 Stunden; 
Temp. 16°C. Das Glas B fasste 147 cem. (=145,03 gr.); es befand sich gleichfalls 
in 700 cem. Zuckerlösung; Membranfläche 14,506 gem.; gleiche Versuchsdauer, 
Temperatur 28°C. Der hineindiosmirte Zucker wurde durch Verdampfen von Yıo 
des Inhalts und Trocknen bei 100° bestimmt. In dem Glas A befanden sich im 
Ganzen 3,17 gr., inB 3,52 gr. Zucker, -also in A eine 2,02 proz., in B eine 2,43 proz. 
Zuckerlösung. 

Da der Alkoholverlust durch Abdestilliren nur ungenau hätte ermittelt werden 
können, so wurde er mit Hülfe des specifischen Gewichts, des Volumens und des 
gefundenen Zuckers durch Probiren bestimmt, indem in einer 3 proz. Alkohollösung 
die betreffende Zuckermenge gelöst und noch so viel Alkohol zugefügt wurde, bis 
das gewünschte spezifische Gewicht erreicht war. Das specifische Gewicht der Flüs- 
sigkeit in dem Glase A betrug nach dem Versuch 1,0014. Eine Lösung von 
300 cem. Wasser, 6,34 gr. Zucker und 14,1 cem. absolut. Alkohol gab 318 cem Flüssig- 
keit (die doppelte Menge von A) mit dem nämlichen specifischen Gewicht von 1,0014. 


14,1 eem Alkohol = 11,195 gr. Es waren also in dem Glase A noch an 


5,597 gr. Alkohol enthalten; vor dem Versuch befanden sich darin 13,038 gr., und 
es sind somit 7,441 gr. Alkohol hinausdiosmirt. 

Das specifische Gewicht der Flüssigkeit in dem Glase B betrug nach dem Ver- 
suche 1,0019. Eine Lösung von 274 cem. Wasser, 7,04 gr. Zucker und 15,4 cem. ab- 
solut. Alkohol gab 294,7 cem. Flüssigkeit (die doppelte Menge von B) mit dem 
_ specifischen Gewicht 1,0019. 15,4 cem. Alkohol = 12,227 gr. Es waren demnach in 


RT > 6,113 gr. Alkohol vorhanden; vor dem Versuch ent- 


dem Glase B noch 


hielt es 12,044 gr. und hat also 5,921 gr. dureh Diosmose verloren. 


Zu 


106 


Durch die Membran A sind m 15 Stunden 3,17 gr. Zucker hinein und 7,441 gr. 
Alkohol hinausdiosmirt, oder auf 1 Stunde und 1 gem. berechnet durchschnittlich 
0,0139 Zucker und 0,0326 Alkohol. Durch die Membran B sind in 15 Stunden 
3,52 gr. Zucker hinein und 5,921 gr. Alkohol hinausgegangen, was für 1 Stunde und 
1 gem durchschnittlich 0,0162 Zucker und 0,0271 Alkohol ergiebt. 

Zur Vergleichung mit diesen Versuchen wurden noch solche angestellt, wo 
blosse Alkohollösung oder blosse Zuckerlösung gegen Wasser diosmirte. Da bei 
Vorversuchen sich herausstellte, dass aus einer 7—8 prozent. Alkohollösung nicht 
zu vernachlässigende Mengen «Alkohol verdunsten, so wurden, wie bei den beschrie- 
benen Versuchen, verschlossene Gläser angewendet. 


Zwei Opodeldoegläser (C und D) wurden ganz mit 8,2 gewichtsproz. Alkohol 
(spezif. Gewicht 0,9866) gefüllt, mit Pergamentpapier überbunden, und jedes in eine 
Schale mit 700 ecm. Wasser gelegt, so dass die verticale Membran die beiden Flüssig- 
keiten trennte. Das Glas C enthielt 155 eem. verdünnten Alkohol; die Membran- 
fläche betrug 14,507 gem. Versuchsdauer 15 Stunden; Temp. 16°C. Am Schlusse 
hatte der Inhalt des Glases ein spezifisches Gewicht von 0,9913 (was einer 4,9 ge- 
wichtsproz. Lösung enspricht). Es diosmirten in 1 Stunde durch 1 gem. Membran 
durchschnittlich 0,0235 gr. Alkohol hinaus. 

Das Glas D enthielt ebenfalls 155 cem. Flüssigkeit; Membranfläche = 15,384 gem. ; 
Versuchsdauer dieselbe (15 St.), Temp. 28°C. Nach dem Versuch war das spezif. 
Gewicht des Glasinhaltes 0,9912 (= 4,5 Proz. Alkohol). Es gingen in 1 Stunde 
durch 1 gem. der Membran durchschnittlich 0,0241 gr. Alkohol hinaus. 


Ferner wurden zwei Opodeldocgläser (E und F) mit 7,0 gewichtsproz. Alkohol 
(spezif. Gewicht 0,9885) gefüllt und im Uebrigen ganz wie C, D behandelt. Das 
Glas E enthielt 100 cem Flüssigkeit; Membranfläche = 10,738 gem.; Versuchsdauer 
14 Stunden; Temp. 16°C. Spezif Gewicht des Glasinhaltes nach dem Versuch 
0,9929 (= 3,99 gewiehtsproz. Alkohol). In 1 Stunde gingen durch 1 qem. Membran 
durchschnittlich 0,0200 gr. Alkohol hinaus. 

Das Glas F enthielt ebenfalls 100 cem. Flüssigkeit; Membranfläche = 12,560 gem. ; 
gleiche Versuchsdauer (14 St.); Temp. 28°C. Spezif. Gewicht des Gasinhaltes nach 
dem Versuch 0,9948 (= 3,00 Gewichtsproz. Alkohol). Es diosmirten in 1 Stunde durch 
1 gem. Membran durchschnittlich 0,022 gr Alkohol. 

Zu den Versuchen mit Zuckerlösung (G, H, I, K) dienten zwei offene Dialysatoren 
mit Pergamentpapier. Jeder erhielt 100 cem. Zuckerlösung von 1,03903 spezif. Ge- 
wicht (=10,5 Proz. Zucker) und wurde auf 400 cem Wasser gesetzt. 


G&. Membranfiäche 46,5 gem.; Versuchsdauer 16 Stunden; Temp. 16°C. Nach 
dem Versuch betrug das spezif. Gewicht des Inhaltes 1,0231 (= 6,4 Proz. Zucker). 


Es diosmirten im Ganzen 4,1 gr. Zucker hinaus, also in 1 Stunde durch 1 gem. Mem- 


bran durchschnittlich 0,00551 gr. 
H. Der nämliche Dialysator wurde zu einem Versuch bei 34°C. benutzt; Ver- 


2 


107 


suchsdauer 17 Stunden. Spezif. Gewicht nach dem Versuch 1,0182 (=5,1 Proz. 
Zucker). Im Ganzen giengen 5,4 gr. Zucker durch die Membran hinaus, in 1 Stunde 
durch 1 gem. durchschnittlich 0,00720. 

I. Membranfläche 44,1 gem. Versuchsdauer 16 Stunden; Temp. 16°C. Nach 
dem Versuch war das spezif. Gewicht des Inhalts 1,0240 (= 6,7 Proz. Zucker). Es 
diosmirten im Ganzen 3,8 gr. Zucker hinaus, in 1 Stunde durch 1 gem. Membran 
durchschnittlich 0,00538 gr. 

K. Der nämliche Dialysator wie I diente zu einem Versuche bei 34°C.; Dauer 
17 Stunden. Spezif. Gewicht nach dem Versuch 1,0186 (= 5.2 Proz. Zucker). Im 
Ganzen ditfundirten 5,3 gr. Zucker hinaus, in 1 Stundedurch 1 gem. Membran durch- 
sehnittlich 0,00670 gr. 


Diese Versuche wurden angestellt, um eine Vorstellung zu erhalten. 
in welchen Mengen und in welchen Verhältnissen Zucker und Alkohol 
durch eine todte Membran hindurchgehen, und um dieses Ergebniss mit 
der Leistung der lebenden Hefenzelle zu vergleichen. Die Hefe vergärt 
unter günstigen Umständen, wie ich angegeben habe, während einer Stunde 
das 1,67fache ihres Trockengewichts Zucker und bildet das 0,85 fache 
ihres Gewichts Alkohol. Da nicht alle Zellen sich gleich verhalten, da 
die einen wenig und manche gar nicht arbeiten, so können wir wohl 
annehmen, dass die kräftigsten wenigstens das Doppelte der durchschnitt- 
lichen Arbeit verrichten. Geschieht die Gärung im Innern, so müsste 
eine solche Zelle während einer Stunde das 3.34fache ihres Trockenge- 
wichtes Zucker aufnehmen und das 1,7fache ihres Gewichts Alkohol aus- 
scheiden. Diese Leistung erscheint uns nach dem ersten Eindruck eine 
Unmöglichkeit: berechnen wir sie aber auf die Flächeneinheit der Mem- 
bran, so stellt sich die Wirklichkeit in einem ganz anderen Lichte dar. 

Die feuchte lebende Bierhefenzelle hat etwa 17 Proz. Trockensub- 
stanz; ihr Volumen beträgt 0,000000°5 ebmm., ihr Gewicht 0,000000°0005 gr. 
ihre Oberfläche 0,0005 qımm. Sie muss also, unter den gemachten Voraus- 
setzungen, während einer Stunde 0,000000’000142 gr. Zucker aufnehmen 
und 0,000000'000072'25 gr. Alkohol ausscheiden, und zwar durch eine 
Membranfläche von 0,0003 qmm.  Diess giebt für 1 qem berechnet 
0,000047 gr. Zucker und 0,000024 gr. Alkohol in der Stunde, also nicht 
Ei 
300 
der gleichen Zeit gegeneinander durch 1 qcm. Pergamentpapier hindurch- 


gehen, wenn das letztere eine anfänglich 8 prozent. Alkohollösung und 
Abh.d. I. Cl.d.k. Ak.d. Wiss. XII. Bd. II. Abth. 15 


des Zuckers und nicht . des Alkohols, welche durchschnittlich ın 


108 


die 4,4fache Menge einer anfänglich 10 prozent. Zuckerlösung trennt 
und wenn der Versuch 15 Stunden dauert. — Die diosmotische Strömung 
wird zwar im Pergamentpapier gegenüber der Hefenzellmembran be- 
günstigt durch die gröblichen Räume, welche sich in dem ersteren be- 
finden und in der letzteren mangeln. Allein die daraus sich ergebende 
Beschleunigung dürfte mehr als aufgehoben werden durch die Verlang- 
samung in Folge der ungleich grösseren Dicke des Pergamentpapiers 
(diese Dicke beträgt 0,1 bis 0,11 mm, somit wohl mehr als 200 mal die 
Membrandicke einer Bierhefenzelle). 

Durch die lebende Membran der Hefenzelle muss bei innerer Ver- 
eärung fast doppelt so viel Zucker hinein, als Alkohol hinausgehen- 
Durch die todte Pergamentpapiermembran diosmiren die beiden Verbin- 
dungen unter den Versuchsbedingungen so ziemlich in den umgekehrten 
Verhältnissen, indem nur etwa halb so viel Zucker als Alkohol übertritt 
(nämlich 139 gegen 326 und 162 gegen 271), was ohne Zweifel auf 
Rechnung der grösseren Beweglichkeit der Alkoholmolecüle zu setzen ist, 
Allein dieser Umstand kann bei der Beurtheilung der Hefenthätigkeit 
kein Bedenken erwecken, da ja die von ihr verlangte Leistung so weit 
hinter der wirklichen Leistung einer todten Membran zurücksteht. Er würde, 
falls er auch für die lebende Hefenzellmembran gilt, höchstens zur Folge 
haben, dass der ım Innern gebildete Alkohol um so schneller die Zelle 
verliesse!). 

Die diosmotischen Verhältnisse geben uns also keine Antwort auf die 
Frage, ob der Zucker innerhalb oder ausserhalb der Zelle vergäre, da 
sie das Erstere ebensowohl als das Zweite erlauben. Aus der Gärflüssig- 


1) Aus den mitgetheilten diosmotischen Versuchen ergiebt sich noch eine Thatsache, die nicht 
auf die im Texte behandelte Frage Bezug hat, die aber wohl hervorgehoben zu werden verdient. Es 
ist die geringe Beschleunigung des diosmotischen Stromes, welche derselbe in der Wärme erfährt- 
Wenn die Temperatur von 16° auf 28°C. steigt, so vermehrt sich die Menge des gegen Wasser dios- 
mirenden Alkohols von 100 auf 103 und von 100 auf 112. Wenn die Temperatur von 16° auf 34° C. 
steigt, so vermehrt sich die Menge des gegen Wasser hindurchgehenden Zuckers von 100 auf 131 und 
von 100 auf 124. Diess beweist uns, dass an der gewaltigen Steigerung des Lebensprocesses in der 
Wärme die Aufnahme und Abgabe keinen bestimmenden Antheil hat. — Die mitgetheilten Versuche 
dürfen übrigens bloss für die erwähnten ganz allgemeinen Schlüsse benutzt werden. Sie erlauben 
weiter keine ins Einzelne gehende Vergleichung; für solche Zwecke müssten neue Versuche angestellt 
werden, bei denen gleiche Membranflächen, gleiche Flüssigkeitsmengen, gleiche Zeiten und Tempera- 
turen und wo möglich auch die gleichen Membranen anzuwenden wären. 


N OR 


109 


keit dringt jedenfalls eine bestimmte Menge Zucker in die Hefenzellen ein, 
wie eine bestimmte Menge von Kochsalz in die Zellen der Meerpftanzen. 
Geschieht die Gärung ausserhalb der Zellen, so findet der aufgenommene 
Zucker keine Verwendung und es unterbleibt die weitere Aufnahme. 
Verschwindet aber der eingedrungene Zucker durch Gärung, so werden 
fortwährend neue geringe Mengen aufgenommen. 


Wir müssen somit zur Entscheidung der vorliegenden Frage uns 
nach anderen Thatsachen umsehen, und diess kann nur in zwei Rich- 
tungen geschehen, 1) mit Rücksicht auf die Analogie der Pfanzenzellen 
überhaupt 2) mit Rücksicht auf die geistige Gärung im Besondern. 


kRücksichtlich der Analogie im Allgemeinen handelt es sich darum, 
ob die Pflanzenzellen nach aussen eine chemische Wirkung ausüben 
können? Wir dürfen uns dabei nicht etwa einfach auf das Beispiel der 
thierischen Zellen berufen, für welche eine solche Wirksamkeit wohl 
nicht zweifelhaft ist. Denn es sind ja die Structurverhältnisse wesent- 
lich ungleich. Die thierische Zelle hat unmittelbar an ihrer Oberfläche 
eine plasmatische, aus Albuminaten bestehende, chemisch wirksame Sub- 
stanz. In der Pflanzenzelle ist diese plasmatische Substanz mit einer 
Cellulosemembran bedeckt, in welcher zwar ebenfalls Lebensvorgänge 
stattfinden, aber solche von qualitativer Beschränkung und die vorzüglich 
in morphologischer und chemischer Umänderung der Membrantheilchen, 
sowie in der Einlagerung neuer Membrantheilchen und fremdartiger Sub- 
stanzen bestehen. 


Nach Allem, was wir aus Erfahrung wissen, müssen wir in der That 
die Pflanzenzelle als unfähig betrachten, durch unmittelbare Einwirkung 
eine chemische Umsetzung ausserhalb ihrer Membran zu Stande zu bringen, 
namentlich auch als unfähig, einer unlöslichen Substanz oder einer dios- 
motisch nicht eindringenden Lösung etwas zu entziehen. Wenn es 
den Anschein hat, als ob es doch der Fall sei, so geschieht die Einwir- 
kung nicht unmittelbar, sondern auf einem Umwege. So scheiden die 
Wurzelzellen Säuren aus, um die in dem Boden absorbirten Mineralsalze 
zu lösen; andere Zellen bewirken eine Lösung durch ausgeschiedene Fer- 
mente; Gewebezellen geben an einen Intercellularraum von ihrem Inhalt 
ab, sodass in demselben nun ein selbständiger Chemismus beginnen kann. 


15* 


110 


Die Spaltpilze vermögen dem Blut Sauerstoff zu entziehen; sie ent- 
nehmen ihn aber nicht direkt aus den Blutzellen, sondern aus dem Blut- 
plasma, aus welchem er durch Diffusion in die Spaltpilze hineingeht. 
Sowie in Folge dessen der Sauerstoff sich in dem Blutplasma vermindert, 
tritt er aus der lockeren Verbindung, in der er in den Blutzellen ent- 
halten ist, in die Flüssigkeit heraus. Es ist ganz der gleiche Vorgang, 
wie wenn farbloses Stärkemehl dem durch eingelagertes Jod braungelb 
gefärbten Albumin das Jod entzieht und sich nach und nach blau färbt. 


Es giebt eim anderes Beispiel, wo die Spaltpilze Sauerstoff entziehen, 
wo aber dieser Vorgang auf ganz andere Art zu Stande kommt. Wenn 
man eine Nährflüssigkeit, in welcher Spaltpilze leben, mit Lakmus färbt, 
so wird dieselbe um so schneller entfärbt (gelblich), je mehr der Luft- 
zutritt gehemmt ist. Dass diess Folge von Desoxydation ist, lässt sich 
leicht dadurch beweisen, dass durch Schütteln mit Luft der Farbstoff 
immer wieder hergestellt werden kann. 


Diese Sauerstoffentziehung ist nicht etwa als eine mechanische Aktion 
zu deuten, denn todte Zellen von der gleichen Structur lassen den Farb- 
stoff unverändert. Man kann auch nicht annehmen, dass die Zellen den- 
selben aufnehmen und als farblose Verbindung wieder ausscheiden. Denn 
der Lakmusfarbstoff, wie die löslichen Farbstoffe der Blüthen, geht wohl 
durch die lebende Membran, aber nicht durch den lebenden Plasma- 


schlauch hindurch‘). 


1) Durch besondere zu diesem Behufe angestellte Versuche mit Algenzellen ergab sich die 
vollkommene Uebereinstimmung im Verhalten des Lakmusfarbstoffes mit dem Anthocyan. Derselbe 
färbt den abgestorbenen, nicht aber den lebenden Inhalt von Algenzellen. Er diosmirt durch die 
unverletzte Membran lebender Zellen, wird aber von derselben nicht eingelagert, auch wenn sie mit 
dem Farbstoff eintrocknet oder zum Kochen erhitzt wird. Dagegen findet Aufspeicherung und mehr 
oder weniger intensive Färbung der Zellmembran statt, wenn dieselbe die Einwirkung der Schwefel- 
säure erfahren hat. Ich erinnere daran, dass auch die Stärkekörner, sofern sie unverletzt sind, den 
Lakmus nicht aufnehmen, und dass sie denselben nur soweit einlagern, als sie durch mechanischen 
oder chemischen Eingriff in ihrer Molecularstructur verändert und gequollen sind (W. Nägeli Bei- 
träge zur näheren Kenntniss der Stärkegruppe S. 77). 

Bemerkenswerth ist der Umstand, dass der Lakmusfarbstoff, während er mit Leichtigkeit 
durch die Membranen der lebenden Zellen diosmirt, die abgestorbenen Membranen von Spirogyra u.s. w. 
nicht zu durchdringen vermag. In zuckerhaltiger Lakmuslösung färbt sich der Raum zwischen der 
Membran und dem contrahirten Plasmaschlauch; dagegen bleiben die abgestorbenen und die conjugirten 
Zellen, insofern dieselben unverletzt sind, farblos. 


111 


Die Lakmusmolecüle bleiben also ausserhalb des Plasmainhaltes der 
Spaltpilzzellen in der Flüssigkeit (und in der Membran) und werden hier 
reduzirt. Wir haben eine chemische Wirkung der lebenden Zelle ausser- 
halb ihrer Substanz vor uns, und wir möchten geneigt sein, anzunehmen, 
dass die Zelle, welche ihr Sauerstoffbedürfniss nicht anderswie zu befrie- 
digen vermag, den Lakmus in ihrer nächsten Umgebung reduzire. Diese 
Annahme würde uns aber bloss begreiflich machen, welche Verwendung 
der entzogene Sauerstoff findet, nicht durch welche Mittel er entzogen 
wird. In letzterer Beziehung liegen uns, wie ich glaube, nur zwei Aus- 
wege vor. Entweder scheiden die Zellen Stoffe aus, welchen die Reduction 
gelingt, oder sie bewirken die Zersetzung durch eine wenn auch nur auf 
nınimale Entfernung vermittelte Störung des Gleichgewichts in Folge 
veränderter Bewegung der Molecüle und ihrer Theile. Im letzteren Falle 
wäre es unmittelbar ein Gärungsvorgang, im ersteren wahrscheinlich eine 
nächste Folge von Gärungsvorgängen. Denn nur durch Gärungen bilden 
sich, soviel wir mit Sicherheit wissen, aus lebenden Zellen eigentlich re- 
ducirende Stoffe wie Wasserstoff und Schwefelwasserstof, und nur Pilz- 
zellen, welche Gärung bewirken, vermögen eine Lakmuslösung zu entfärben, 
während die nicht gärtüchtigen Schimmelpilze sie unversehrt lassen. Die 
Reduction des Lakmus kann erst, wenn es sich um den mechanischen Vor- 
gang der Gärung handelt, besprochen werden. 


Die Entfärbung einer Lakmuslösung ist das einzige mir bekannte 
sichere Beispiel, wo vielleicht eine unmittelbare chemische Wirkung von 
Pflanzenzellen nach aussen angenommen, und das dann als Analogie für 
die Vergärung des Zuckers ausserhalb der Zellen benutzt werden könnte. 
Wir sind also bezüglich dieser letzteren Frage ausschliesslich auf die 
Erscheinungen bei der geistigen Gärung selbst verwiesen. Ein scheinbar 
hieher gehöriges, schon lange festgestelltes Factum ist folgendes. Wenn 
eine Hefenzellen-enthaltende und gärende Flüssigkeit durch eine Membran 
von einer zuckerhaltigen Flüssigkeit, in welcher sich keine Hefenzellen 
befinden, getrennt ist, so bleibt in dieser die Gärung aus. Diess ist ein 
sicherer Beweis, dass die Zerlegung des Zuckers nur in unmittelbarer Nähe 
der lebenden Zellen erfolgt und nicht etwa durch ein ausgeschiedenes, in der 


112 


Flüssigkeit sich vertheilendes Ferment bewirkt wird. Aber es giebt uns 
keinen Aufschluss über die Frage, ob die Zerlegung innerhalb oder ausser- 
halb der Zellen geschehe. Denn wenn auch Letzteres der Fall sein 
sollte, so muss, theils wegen der Dicke der trennenden Membran, theils, 
weil verhältnissmässig wenige Zellen dieselbe berühren, die Menge der 
jenseits der Membran freiwerdenden Gärprodukte (Alkohol und Kohlen- 
säure) selbst hinter den durch Diosmose hindurchgehenden zurückbleiben 
und von denselben verdeckt werden. 

Dagegen giebt es eine analoge Thatsache, welche einen bestimmten An- 
haltspunkt für die Annahme einer Gärthätigkeit ausserhalb der Zelle zu geben 
scheint. Schon im Jahre 1853 machte ich die auffallende Beobachtung, 
dass das Fleisch verschiedener Früchte, welche in schwach geschwefelten 
Traubenmost gelegt wurden, einen deutlichen Anfang der geistigen Gärung 
zeigte, ehe in dem Most selbst eine Spur von Gärung bemerkbar wurde. 
Seitdem habe ich das Nämliche an den verschiedensten Früchten in ver- 
schiedenen Flüssigkeiten (Wasser, Zuckerwasser mit oder ohne Zusatz von 
schwach antiseptischen Stoffen, Quecksilber, — aber nicht in Oelen) be- 
obachtet. Ich bemerke hiezu, dass bekanntlich die Sprosspilze, welche die 
zuckerhaltigen Beerenfrüchte und die aus demselben gepressten Säfte in 
Alkoholgärung versetzen, bloss äusserlich auf der Schale dieser Früchte 
und nicht im Innern des Gewebes sich befinden. Das Fleisch der Aepfel, 
Birnen, Trauben geräth nicht in Gärung, wenn man sorgfältig die Schalen 
entfernt, man mag dasselbe in eine Flüssigkeit legen oder in eine nach 
aussen abgeschlossene Atmosphäre von Luft bringen. 

Ich habe ganz unversehrte Früchte zu den Versuchen ausgewählt, 
und ich habe durch die genaueste mikroskopische Untersuchung der ge- 
gorenen Früchte die Abwesenheit von Sprosshefezellen im Innern des Fleisches 
derselben festgestellt, während die letzteren oft in Menge sich auf der 
Haut befanden. Ich kann mir daher die Gärung im Innern dieser Früchte 
nur durch die Annahme erklären, die Hefenzellen, die ausserhalb der Cu- 
ticula sich befinden, wirken zersetzend auf den Zucker in den nächst 
liegenden Zellen ein, also auf eine Entfernung von !/so bis '/o mm. 

Man wird mir wohl entgegnen, die eben angeführte Thatsache sei 
nichts anderes als die von mehreren, namentlich französischen Beobachtern 
untersuchte und mit dem Namen der spontanen oder Selbstgärung be- 


113 


zeichnete Erscheinung. Ohne diese Selbstgärung läugnen zu wollen, 
möchte ich doch vermuthen, dass vielleicht ein Theil der ihr zugezählten 
Erscheinungen auf die von mir vorgeschlagene Weise zu deuten ist. 
Dass in den von mir beobachteten Fällen nicht wohl Selbstgärung des 
Fruchtfleisches angenommen werden darf, muss ich aus dem bereits er- 
wähnten Umstande schliessen, dass das nämliche Fruchtfleisch, der Schale 
beraubt, unter sonst ganz gleichen Umständen unverändert bleibt, und 
ferner aus dem Umstande, dass die Erscheinungen wesentlich verschieden 
sind von der wirklichen Selbtgährung.') 

Ist meine Vermuthung gegründet, so lässt sich das verschiedene 
Verhalten reifer Früchte leicht erklären. Werden dieselben trocken auf- 
bewahrt, so gären sie nicht, weil die auf der Oberfläche befindlichen 
vertrockneten Hefezellen nicht wirksam werden. Das Nämliche ist der 
Fall, wenn man sie in fettes Oel einschliesst. — Befinden sich die Früchte 
in feuchter Luft oder in einem verschlossenen, also ebenfalls feuchten, 
lufthaltigen Raum, so faulen sie meistens durch Schimmelbildung und 
die Gärung unterbleibt ganz oder tritt nur schwach und vorübergehend 
auf. Unter den angegebenen Umständen ist wegen des reichlich vorhan- 
denen Sauerstoffs die Schimmelvegetation stärker als die Sprosspilzvege- 
tation und verdrängt diese. 

Legt man die Früchte in reines Wasser, so leben die vertrockneten 
Hefezellen auf der Fruchtschale wieder auf und bewirken zunächst Gärung 
im Innern der Früchte, welche sich durch den stechenden Gechmack der- 
selben, bei Kirschen und Trauben auch durch Gasblasen kundgiebt, die 
man von blossem Auge unter der Schale bemerkt. Erst später, wenn 
nach längerem Liegen im Wasser Zucker aus den Früchten heraus- 


1) Brefeld (Landwirthschaftl. Jahrbücher 1876, S. 325) beschreibt das Verhalten der Trauben- 
beeren bei der Selbstgärung in charakteristischer Weise. Dasselbe ist mir wohl bekannt; ich habe es 
an Trauben, die in verschlossenem Raume bei gewöhnlicher Temperatur und bei 0° längere Zeit auf- 
bewahrt wurden, sowie an anderen Früchten seit langer Zeit wiederholt beobachtet. Allein die Gärung, 
von der ich im Texte spreche, scheint mir durchaus davon verschieden. Nicht nur weicht Aussehen, 
Consistenz und Geschmack der Früchte gänzlich ab; sondern auch der Verlauf der Gärung ist ein anderer, 
indem dieselbe viel rascher erfolgt und in die gewöhnliche Gärung übergehend mit vollständiger Zer- 
legung des Zuckers endigt, während die Selbstgärung sehr langsam verläuft, nur einen Theil des 
Zuckers zersetzt und nach den Angaben von Brefeld Kohlensäure in sehr beträchtlichem Ueber- 
schusse erzeugt. 


114 


diosmirt oder durch Platzen derselben heraustritt, beginnt Gärung in der 
Flüssigkeit. Man beobachtet oft das Gleiche, wenn Früchte in einer 
feuchten sauerstoffarmen Atinosphäre liegen, oder in Quecksilber einge- 
schlossen sind. — In zuckerhaltigem Wasser, das keine oder wenig 
Nährstoffe enthält, scheint die Gärung im Fruchtfleisch und in der Flüs- 
sigkeit gleichzeitiee zu beginnen, aber sie wird jedenfalls in jenem früher 
bemerkbar. Denn die Früchte zeigen schon einen stechenden Geschmack, 
während das Zuckerwasser noch fade schmeckt. Dieser sehr auffallende 
Unterschied erklärt sich wohl einfach dadurch, dass die in den Früchten 
freiwerdende Kohlensäure in denselben wegen der unwegsamen Cuticula 
sich anhäuft, während die in der Flüssigkeit gebildete sich in derselben 
vertheilt und theilweise auch in die Atmosphäre verdunstet. — Wenn 
endlich die Früchte in einer zuckerhaltigen guten Nährlösung liegen, so 
wird die Gärung in der letzteren viel früher beobachtet als in den ersteren. 

Ich gebe die Theorie, dass die geistige Gärung im Fleische unver- 
letzter Früchte (nicht zu verwechseln mit der Selbstgärung) durch die 
auf der Fruchtschale sitzenden Hefenzellen geschehe, nicht als eine exact 
bewiesene Thatsache, sondern als eine durch zahlreiche Beobachtungen 
sehr nahe gelegte Wahrscheinlichkeit. Vollkommene Gewissheit muss 
erst aus fortgesetzten Versuchen wo möglich mit neuer Methode und 
neuer Fragestellung sich ergeben. 

Es giebt zwei andere Thatsachen im Gebiete der Gärung, welche 
noch bestimmter als die so eben besprochene Erscheinung eine Wirkung 
der Hefenzellen auf die umgebende Flüssigkeit beweisen. Die eine ist 
die Essigätherbildung, bei welcher, wie ich oben gezeigt habe (S. 94), 
Essigsäure und Alkohol in dem nämlichen räumlichen Punkt gleichzeitig 
entstehen müssen. Diess ist aber, da der Alkohol von den Sprosspilzen, 
die Essigsäure von den Spaltpilzen erzeugt wird, nur dann möglich, wenn 
die Gärthätigkeit nicht auf den Raum in der Zelle beschränkt ist, son- 
dern wenn die beiden unmittelbar nebeneinander liegenden Pilze ausser- 
halb ihrer Membran der eine Alkohol, der andere Essigsäure bildet. 

Die zweite Thatsache, welche die Annahme fordert, dass die mit 
der Gärung verbundene moleculare Bewegung auf die Flüssigkeit ausser- 
halb der Zelle sich verbreite, wird erst später besprochen werden. Sie 
besteht ın dem schädlichen Einfluss, den die energische Gärthätigkeit 


115 


eines Pilzes auf die Ernährung und das Wachsthum anderer in der näm- 
lichen Flüssigkeit befindlichen Pilze ausübt, und der nur in einer mole- 
cularphysikalischen Bewegung gefunden werden kann, da eine chemische 
Action ausgeschlossen ist. Nach den vorliegenden Erfahrungen wäre in 
diesem Falle die Entfernung, auf welche die Sprosshefenzellen die Flüs- 
sigkeit beherrschen, wenigstens auf Y/ıo bis /3o mm. anzuschlagen. 

Die mechanische Wirkung der Hefenzellen auf die für moleculare 
Verhältnisse beträchtliche Entfernung von mindestens '/30o bis 1/so mm., 
wie sie übereinstimmend in den beiden genannten Fällen angenommen 
werden muss, liesse sich in folgender Weise denken. Bei der Gärung 
werden nach der molecularphysikalischen Theorie die Schwingungen der 
Plasmamolecüle, ihrer Atomgruppen und Atome auf das Gärmaterial über- 
tragen. Die Uebertragung geschieht in der nämlichen Weise wie in allen 
analogen Fällen, wie bei der Fortpflanzung der Licht- und Tonschwing- 
ungen, der Wärme und der Elektrizität. Die Bewegungen eines Molecüls 
rufen in dem nächsten gleichartige Bewegungen hervor, diese in dem 
folgenden u. s. w. Von der Stärke der Ursache im Verhältniss zu allen 
andern Ursachen, welche auf die molecularen Bewegungen Einfluss haben, 
wird es abhängen, wie weit diese Kette von Ursache und Wirkung sich 
in bemerkbarer Weise geltend macht. 

Es müssen also die Zuckermolecüle bis auf eine gewisse Entfernung 
die Molecularbewegungen des lebenden Plasmas in einer gewissen Inten- 
sität empfinden. Steigern sich die besondern, den Ausschlag gebenden 
Schwingungen in einem Zuckermolecül bis zu einer bestimmten: Höhe, so 
zerfällt dasselbe in Alkohol und Kohlensäure. Es versteht sich, dass von 
hundert Molecülen in der Zeiteinheit um so zahlreichere zerfallen, je 
näher sie sich der Bewegungsursache, dem lebenden Plasma befinden, dass 
aber wegen der verschiedenartigen Ortsbewegungen, welche die in einer 
Flüssigkeit als Lösung vertheilten Molecüle ausführen, und wegen der ver- 
schiedenen, theilweise entgegengesetzten Ursachen, die auf die Schwing- 
ungen Einfluss haben, unzersetzte Zuckermolecüle überall bis in's Innere 
des lebenden Plasmas vorkommen. | 
Wie in freier Flüssigkeit muss (die Fortpflanzung auch ‚durch eine 
mit Zuckerlösung imbibirte Membran hindurch erfolgen, und dies um 


so mehr, als voraussichtlich die’ Cellulosemolecüle der Membran wegen 
Abh. d. 11. C).d. k. Ak. d. Wiss. XIII. Bd. Il. Abth. 16 


116 


analoger Zusammensetzung ebenso geeignet sind, die die Gärung bedin- 
genden Schwingungen fortzuleiten, als die Zuckermolecüle selber. Die 
Zellmembran verhält sich gegenüber der Gärungsbewegung ähnlich 
wie eine Fensterscheibe gegenüber den Licht- und Schallwellen. Das 
Plasma der Hefenzelle zerlegt also nicht bloss die Zuckermolecüle, die 
mit ihm in unmittelbare Berührung kommen, sondern auch solche, welche 
in der Hefenzellmembran, und solche, welche zunächst ausserhalb derselben 
sich in der Gärflüssigkeit befinden. Und eine Hefenzelle, die auf einer 
Fruchtschale aufsitzt, kann Zucker in den äussersten Fruchtzellen zer- 
legen; denn auch hier verbindet, abgesehen von den Cellulosetheilchen, 
eine ununterbrochene Reihe von Zuckermolecülen das Hefenplasma mit 
der Inhaltsflüssigkeit dieser Fruchtzellen. In den Hefenzellen ist nämlich, 
auch wenn sie in einer zuckerfreien Flüssigkeit liegen, immer etwas 
Zucker enhalten, somit auch in der Membran derselben; — und die Cu- 
ticula einer süssen Frucht, die von Flüssigkeit oder feuchter Luft um- 
geben ist, muss von einer wenn auch sehr verdünnten Zuckerlösung 
durchdrungen sein. 

Die anfänglich gestellte Frage: findet die geistige Gärung innerhalb 
oder ausserhalb der Hefenzellen statt? möchte ich also folgendermassen 
beantworten. Die Gärungsursache befindet sich in dem lebenden Plasma, 
also im Innern der Zelle, aber sie wirkt ziemlich weit (wenigstens \/5so mm.) 
über die Zelle hinaus. Die Zersetzung des Zuckers erfolgt zum gerin- 
geren Theil innerhalb der Hefenzellen, zum grössern Theil ausserhalb 
derselben. Letzteres aus folgenden Gründen. Da die Gärung in einer 
die Zelle umgebenden Sphäre von Flüssigkeit thätig ist, so muss die mit 
der Membran in Berührung kommende Zuckerlösung schon erheblich 
verdünnt sein, so dass verhältnissmässig wenig Zucker in die Zelle ein- 
dringt. In einer verdünnten Lösung aber, besonders wenn dieselbe als 
Imbibitionsflüssigkeit eine feste Substanz (Zellmembran, Stereoplasma) 
durchdringt, wird eine viel geringere Procentzahl von Molecülen zerfallen, 
besonders auch weil dieselben durch andere Molecularanziehungen ge- 
schützt sind; dagegen können dieselben bestimmte Bewegungszustände 
fortpflanzen. Es ist selbst denkbar, dass die Zuckermolecüle in einer 
Membran, nebst den Cellulosemolecülen derselben, bloss die Fortpflanzung 
der Gärungsbewegung ermitteln, selbst aber intact bleiben. 


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“4 


Diese "Theorie der theilweise extracellularen Vergärung gilt zunächst 
nur für die Hauptprodukte der Zersetzung, für Alkohol und Kohlensäure. 
Es bleibt vor der Hand unentschieden, wo die Nebenprodukte, Glycerin 
und Bernsteinsäure, entstehen; ich möchte vermuthen, dass sie innerhalb 
der Zelle sich bilden. ’ 

Wie mit der Alkoholgärung muss es sich auch mit allen anderen 
Gärungen verhalten. Die Hauptprodukte derselben: Milchsäure oder 
Buttersäure oder kohlensaures Ammoniak (aus Harnstoff) oder die Fäulniss- 
stoffe (aus den Albuminaten, resp. Peptonen) — entstehen zum Theil ausser- 
halb der die Zersetzung bewirkenden Spaltpilze, wodurch der schädliche 
Einfluss dieser Zersetzungsprodukte auf das Zellenleben vermindert wird. 

Die mechanische Vorstellung des Gärprocesses und die damit ver- 
bundene Möglichkeit einer äusseren Vergärung haben eine besondere Be- 
deutung für die Oxydationsgärungen, wozu die Oxydation des Alkohols 
zu Essigsäure gehört. Es ist Thatsache, dass die lebenden Zellen der 
Essighaut Sauerstoff auf den Weingeist übertragen, während andere, an 
der Oberfläche von geistigen Flüssigkeiten lebende Pilzzellen und auch 
alle todten Pflanzenzellen dies nicht vermögen. Es dürfte schwer, wo 
nicht unmöglich sein, mit Hülfe der sonst bekannten Erscheinungen sich 
eine physiologische Vorstellung zu machen, in welcher Art und Weise 
eine lebende Zelle, die ihrer Natur nach den Sauerstoff bloss aufnimmt, 
um dafür Kohlensäure auszuscheiden, dazu kommt, selber Oxydation zu 
bewirken, während die grünen Zellen, welche Sauerstoff ausscheiden, dies 
nicht vermögen. Die bisherigen Gärungstheorien sind unfähig, das Räthsel 
zu lösen; denn die Fermenttheorie, die noch am ehesten im Stande wäre, 
die Aufgabe zu erfüllen, müsste für ihr Oxydationsferment ganz andere 
Eigenschaften in Anspruch nehmen, als sie die wirklichen bekannten 
Fermente besitzen. 

Dagegen gestaltet sich die Erklärung mit Hülfe der molecular-phy- 
sikalischen Gärungstheorie ziemlich einfach. Die specifischen Bewegungs- 
zustände in dem lebenden Plasma der Essigmutterzellen werden auf die 
in die Zellen eingedrungenen Alkohol- und Sauerstoffmolecüle übertragen 
und durch diese auf die ausserhalb der Zellen befindlichen Alkohol und 
Sauerstoff fortgepflanzt. Erreicht die Störung des Gleichgewichts in den 


Molecülen einen gewissen Grad, so tritt mit Hülfe der chemischen Affinität 
16* 


118 


die Umsetzung ein. Ein Theil des Umsetzungsprocesses geschieht wohl 
innerhalb der Zellen, der grössere aber ausserhalb derselben. 

Bei der Oxydationsgärung wird, wie bei den übrigen Gärungen, von 
einem bestimmten Hefenpilz eine bestimmte chemische Umsetzung bewirkt. 
Es gibt noch eine: allgemeine Oxydation, die allen niederen Pilzen zu- 
kommt, und sich auf eine erosse Zahl von organischen Verbindungen, 
wie es scheint auf. alle löslichen, erstreckt. Mit Hülfe des freien Sauer- 
stoffs werden dieselben vollständig verbrannt. Der mechanische Vorgang 
ist offenbar der nämliche wie bei der Essigbildung; nur ist die Bewegung, 
vermittelst welcher die Verbrennung durch Sauerstoff möglich gemacht 
wird, eine viel energischere; sie wirkt etwa so wie grosse Hitze. 

Ich habe es oben unentschieden gelassen, ob die Entfärbung des Lak- 
mus durch Spaltpilze ein Gärvorgang sei oder nicht. Wäre sie diess, so 
hätten wir auch,eine Reductionsgärung, die ganz in gleicher Weise 
zu erklären wäre wie die übrigen Gärungen. Die bis zum Plasmaschlauch 
vordringenden Lakmusmolecüle erleiden durch die Molecularbewegungen 
des Plasma eine Störung im Gleichgewicht ihrer Theile, und da in dem 
Plasma ein Bedürfniss nach Sauerstoff vorhanden ist, mit anderen Worten, 
da es Verbindungen gibt, welche anziehend auf Sauerstoff einwirken, so 
wird dieser, in Ermangelung von freiem Sauerstoff, dem erschütterten 
Lakmusmolecül entzogen. Für sich (ohne Hülfe der Gärbewegung) wäre 
die Anziehung des Sauerstoffs durch das Plasma nicht hinreichend gross, 
um den Lakmus zu reduziren, denn die lebenden Schimmelpilzzellen ver- 
mögen, wie schon früher bemerkt wurde, dies nicht, und zwar eben 
desswegen weil ihnen das Gärvermögen abgeht. 

Es gibt eine andere Gärung, die gleichfalls in einer Reduction be- 
steht, aber rücksichtlich der mechanischen Bedingungen sich etwas anders 
zu verhalten scheint. Von Schiossberger und von Liebig wurde 
beobachtet, dass Wasserstofisuperoxyd durch Hefe unter lebhafter Ent- 
wickelung von Sauerstoffgas zersetzt wird, dass aber der Zusatz eines 


Giftes (Blausäure) die zersetzende Wirkung aufhebt. Da Wasserstoffsuper- 


oxyd eine leicht trennbare Verbindung ist, so genügt zur Spaltung des- 
selben die moleculare Erschütterung durch das lebende Plasma, dessen 
Sauerstoffbedürfniss keine notwendige Hülfe ist, wie sich aus dem reich- 
lich frei werdenden Sauerstoff ergibt. 


119 


Ein anderer Punkt, der die Theorie der Gärung nahe berührt, ist 
der bei dem Zerlegungsprocess erforderliche Kraftaufwand. Bei der Hefen- 
wirkung, ebenso bei der Fermentwirkung, wird in der chemischen Be- 
wegung eine Arbeit verrichtet. Die Einsicht in jene Wirkungen würde 
jedenfalls bedeutend gefördert, wenn wir eine Vorstellung von der Natur, 
der Grösse und dem Ursprung der dabei thätigen Kraft hätten. 

Ueber diese Frage sind die entgegengesetztesten Ansichten ausge- 
sprochen worden. Während Liebig gemeint hatte, dass die Zerlegung 
einer chemischen Verbindung (die Vergärung des Zuckers) eine grosse 
Kraftmenge in Anspruch nehme, welche durch die Zersetzung der Albu- 
minate geliefert werde, sprach Hoppe Seyler in neuester Zeit den 
ganz allgemeinen Satz aus, dass bei der Fermentwirkung, wohin er auch 
die Gärung zählt, „Körper entstehen von zusammen geringerer Verbren- 
nungswärme als diejenigen Stoffe, aus denen sie gebildet sind“. Nach 
der ersteren Ansicht wird bei der Gärung Wärme verbraucht, nach der 
zweiten frei; nach jener stellt der Kraftaufwand bei der Zersetzung einen 
positiven, nach dieser einen negativen Werth dar. 

Die gegentheiligen Aussprüche der beiden Forscher haben einen 
vorzugsweise doctrinären Ursprung. Zum Voraus aber besteht weder eine 
Wahrscheinlichkeit für die eine, noch für die andere Annahme, und eben 
so wenig dürfen wir von einem einzelnen Fall einen Schluss auf alle 
übrigen ziehen, da es sich ja um sehr verschiedenartige organische Ver- 
bindungen und um sehr verschiedenartige Zersetzungen derselben handelt. 
Es sollte also eigentlich für jeden einzelnen Fall festgestellt werden, ob 
Wärme frei oder gebunden wird und soweit diess nicht geschehen ist, 
kann bloss von einem sicheren Fall auf möglichst gleichartige Processe 
geschlossen werden. Leider sind diese thatsächlichen Anhaltspunkte zur 
Zeit noch aufs äusserste beschränkt. 

Was die eigentlichen Fermentwirkungen betrifft, so finden wir 
bei denselben nur einen einzigen Fall (die Invertirung des Rohrzuckers), 
bei welchem die Verbrennungswärmen ermittelt sind. Nach Frankland 
werden bei der Verbrennung von 1 gr. Rohrzucker 3348, bei der Ver- 
brennung von 1 gr. Krümmelzucker (crystall.) 3277 Cal. frei. 1 gr. 
Rohrzucker entspricht 1,1053 cerystall. Krümmelzucker (Traubenzucker); 
letztere aber liefern beim Verbrennen 3622 Cal. Also nimmt der 


120 


Rohrzucker bei der Invertirung durch Fermente, insofern wir den Invert- 
zucker in dieser Beziehung dem Traubenzucker gleich setzen dürfen!'), 
Wärme auf und zwar im Verhältniss von 3348 zu 3622 oder von 100 
zu 108. 

Dass der Trauben- oder Krümmelzucker mehr gebundene Wärme 
enthält als die entsprechende Menge Rohrzucker, ergiebt sich auch aus 
der Vergleichung der spezifischen Gewichte oder der aus denselben be- 
rechneten Molecularvolumen. Das Volumen eines Molecüls Rohrzucker 
(C,, H, O,,) beträgt 213, das Volumen von 3 Molekülen Wasser (H, O,) 54, 
von 3 Molecülen Eis 58,3, zusammen 267, resp. 271,3. Das Volumen 
von 2 Molecülen crystallisirten Traubenzuckers (CO, Hs; O,,) beträgt 283,6. 
Also steht das Volumen des Rohrzuckers sammt dem aufgenommenen 
Wasser im Vergleich mit der entsprechenden Menge Traubenzucker im 
Verhältniss von 267 zu 283,6 oder von 100 zu 106, resp. von 271,3 zu 
383,6 oder von 100 zu 104,5. Bei der Mischung zweier Flüssigkeiten 
wird mit der Verdichtung Wärme frei, mit der Verdünnung oder Volumen- 
zunahme Wärme gebunden. Die nämliche Regel dürfte auch in andern 
Fällen um so eher Gültigkeit haben, je weniger der chemische Charakter 
beim Uebergang in den andern Zustand sich verändert. Die nahe che- 
mische Verwandtschaft zwischen Rohrzucker und Invertzucker lässt es 
daher als sehr plausibel erscheinen, dass die Volumenzunahme bei der 
Invertirung unter Aufnahme von Wärme von statten gehe. 

Die Verbrennungswärme und die Volumenveränderung geben also 
das übereinstimmende Resultat, dass die Fermentwirkung auf den Zucker 
mit einer Steigerung der potentiellen Energie verbunden ist. Ausserdem 
giebt es keinen Fall von Fermentwirkung, wo wir aus Erfahrung etwas 
über die Veränderung der gebundenen Wärmemengen wissen, weil weder 
die Verbrennngswärmen noch die spezifischen Gewichte vor und nach dem 
Process bekannt sind. Die Verbrennungswärme des Holzes und die spe- 
zifischen Gewichte des Stärkemehls und Gummis können nicht zur Ver- 
gleichung mit Zucker benutzt werden; die erstere ist für Cellulose zu 


1) Es ist wohl im höchsten Grade wahrscheinlich, dass der Invertzucker, der ein Gemenge 
nach gleichen Molecülen von Dextrose (Traubenzucker) und Levulose, also von zwei isomeren Verbin- 
dungen (Cs Hı2 Os) ist, die gleiche oder nahezu die gleiche Verbrennungswärme giebt, wie der eine 
Gemengtheil desselben, und dass gegenüber dem Rohrzucker (Cı2z Ha» Oı1) im Wesentlichen die gleiche 
Verschiedenheit besteht. 


121 


gross, weil das Holz ausserdem noch kohlenstoffreichere Verbindungen 
enthält; die letzteren aber sind wegen der micellaren Structur von Stärke 
und Gummi zu gering. 

Zur Beurtheilung der Fermentwirkung haben wir nur das einzige 
Beispiel der Umwandlung von Rohrzucker in Invertzucker. Es dürfte 
einige Wahrscheinlichkeit dafür bestehen, dass diejenigen Fermentwirk- 
ungen, wo ebenfalls ein Molecül in zwei ihm ähnlich gebaute Molecüle 
unter Wasseraufnahme zerfällt, sich übereinstimmend verhalten, dass also, 
wie bei der Invertirung des Zuckers, auch bei der Umwandlung von Cel- 
lulose, Stärke, Pflanzenschleim, Gummi und Dextrin in gährungsfähigen 
Zucker, ebenso bei der Umwandlung der Albuminate in Peptone Wärme 
verbraucht wird. Dagegen lässt sich aus der Invertirung des Zuckers 
kein Schluss auf die Zerlegung der Glucoside herleiten. 

Ueber den Ursprung der bei der Fermentwirkung aufgenommenen 
Spannkraft kann kein Zweifel obwalten. Dieselbe kann, — da die Fer- 
mente (Diastase, Pepsin, Emulsin, Invertin etc.), so viel wir wissen, gleich 
den analog wirkenden unorganischen Contactsubstanzen (Wasser, Säuren, 
Alkalien), bei ihrer Arbeit keine Zersetzung erfahren, — nur von der 
umgebenden freien Wärme entnommen werden. 

Die Uebertragung ist leicht verständlich, wenn die Contactwirkung in 
der Art statt findet, wie ich oben wahrscheinlich zu machen suchte. 
Von dem Ferment gehen gewisse Schwinguneszustände auf die zu zer- 
legende Verbindung über. Dadurch werden diese Schwingungen im Fer- 
ment selbst geschwächt; und da ihre Intensität in Folge dessen nicht 
mehr der umgebenden Temperatur entspricht, so wird freie Wärme von 
den Fermentmolecülen aufgenommen und damit die frühere Schwingungs- 
intensität wieder hergestellt. Die Contactsubstanz vermittelt also bloss 
die Uebertragung von Kraft; sie verwandelt die freie Wärme des Me- 
dium’s, in dem sie sich befindet, in Bewegung ihrer Molecüle und ihrer 
Theile, und theilt diese Spannkraft wieder den Molecülen der zu zerle- 
genden Verbindung mit. 


Was die Hefenwirkungen betrifft, so können wir die Verän- 
derung in der Menge der gebundenen Wärme bei der geistigen Gärung 


122 


ziemlich genau ermitteln und ursächlich nachweisen. Für dieselbe hat 
Liebig!) die Behauptung aufgestellt, dass zur Zerlegung des Zuckers 
Wärme oder Kraft verbraucht werde. Um diess zu beweisen, stützte er 
sich auf eine Berechnung wonach der aus einer bestimmten Menge von 
Rohrzucker gebildete Alkohol beim Verbrennen eine grössere Anzahl von 
Wärmeeinheiten gebe als jene Zuckermenge, wozu noch die bei der 
Gärung frei werdende Wärme hinzukomme. Der ziemlich beträchtliche 
Ueberschuss werde durch die Arbeit der Hefe, und zwar durch die Albu- 
minate derselben geliefert. 

Wenn diess richtig wäre, so stünde es im Widerspruch mit der ganz 
sicheren physiologischen Thatsache, dass das Gärgeschäft für die Ernährung 
und das Wachsthum der Hefe förderlich ist, einer Thatsache, auf die ich 
nachher noch zurückkommen werde. Müsste die Hefenzelle für die Zer- 
lesung des Zuckers Kraft aufwenden, so könnte sie aus derselben keine 
Kraft entnehmen. 

Der Widerspruch klärt sich dadurch auf, dass in die Berechnung 
Liebig’s sich zwei Fehler eingeschlichen haben. Der eine, auf den auch 
schon von anderer Seite hingewiesen wurde, besteht darin, dass die Ver- 
brennung des festen Zuckers mit derjenigen des flüssigen Alkohols 
verglichen wurde. Diess ist aber unstatthaft, weil der vergärende Zucker 
gelöst (also im flüssigen Zustande befindlich) ist, und weil bei der Ver- 
brennung des festen Zuckers eine gewisse Zahl von Wärmeeinheiten auf- 
gebraucht wird, um denselben zu schmelzen, welche (noch unbekannte) 
Zahl zu der Verbrennungswärme hinzuaddirt werden muss. 

Der andere Umstand, welcher hätte berücksichtigt werden sollen, ist 
der, dass in dem Beispiel, welches zu der Berechnung Veranlassung gab, 
die Verbrennungswärme des Alkohols schr wahrscheinlich mit derjenigen 
des Traubenzuckers und nicht mit derjenigen des Rohrzuckers zu ver- 
gleichen ist. Indem die Rechnung von der Verbrennungswärme des Rohr- 
zuckers ausging, giebt sie uns nicht das Resultat der Alkoholgärung, 
sondern das vereinigte Resultat zweier Processe, der Fermentwirkung, 
welche den Rohrzucker invertirt, und der Hefenwirkung, welche den in- 
vertirten Zucker in Alkohol und Kohlensäure spaltet. 


1) Sitzungsberichte d. k. b. Akad. d. W. 1869. II. 427. 


123 


Die richtige Berechnung müsste also die Spannkraft des gelösten 
Traubenzuckers (nicht die des festen Rohrzuckers) in Ansatz 
bringen. In dieser Weise kann sie aber noch nicht ausgeführt werden, 
weil die Wärmemenge, welche erforderlich ist, um den Zucker aus dem 
festen in den gelösten (flüssigen) Zustand überzuführen, erst noch ermittelt 
werden muss. 

Es giebt aber eine andere Betrachtung, welche uns ganz unzweifel- 
haft die Unrichtigkeit der Liebig’schen Annahme beweist, und welche 
uns zeigt, dass nicht aus der Hefe, sondern aus dem vergärenden Zucker 
eine bedeutende Menge von Spannkraft frei wird. Dieselbe besteht in 
dem Zusammenhalte folgender zwei Thatsachen, dass während des Gär- 
geschäftes die Hefe ihre Substanz und damit die Menge ihrer gebundenen 
Wärme vermehrt, und dass trotzdem die Temperatur der Gärflüssigkeit 
bis um 10 und mehr Grade erhöht wird. 

Dank den Untersuchungen Pasteur’s kennen wir die substanziellen 
Veränderungen bei der Gärung genau. Wenn man reines Zuckerwasser 
(ohne Nährstoffe) mit Hefe vergären lässt, so werden 99 Proc. des Zuckers 
in Gärprodukte zerlegt (100 Rohrzucker werden zu 105,26 Invertzucker 
und geben 51,11 Alkohol, 49,42 Kohlensäure, 0,67 Bernsteinsäure und 
"3,16 Glycerin. 1 Proc. des Zuckers wird zur Ernährung der Hefen- 
zellen verwendet. Wir finden in der vergorenen Flüssigkeit die organi- 
schen Verbindungen, aus denen die Hefe vor der Gärung bestand, mit 
geringer Veränderung wieder. Das Trockengewicht derselben hat sich 
um so viel vermehrt, als Zucker der Gärung entzogen wurde (1 Proc. 
der ganzen Zuckermenge). Aber die organischen Verbindungen sind nicht 
mehr vollständig Baumaterial der Hefenzellen; ein Theil befindet sich, 
von den Zellen ausgeschieden, in der Flüssigkeit gelöst. Bezeichnen wir 
die organischen Stoffe, welche die Hefe zusammensetzen und die von ihr 
ausgeschieden wurden, als Hefensubstanz, so hat sich der Stickstoffgehalt 
der letzteren während der Gärung nicht verändert, und die stickstoff- 
haltigen Verbindungen selbst haben nur eine geringe Modification 
erfahren. Sie waren vorher fast ausschliesslich als Albuminate in den 
Zellen, und sie sind nachher noch zum grössten Theil als Albuminate in den- 
selben, zum kleinern Theil als Peptone und Eiweiss in der Flüssigkeit. Eine 


geringe Menge (höchstens 1—2 Proc.) hat sich in Leucin und andere Ver- 
Abh.d.1II. Cl.d. k. Ak. d. Wiss. XIII. Bd. II. Abth. 17 


124 


bindungen, unter denen aber das Ammoniak mangelt, zersetzt.!) Die stick- 
stofflosen Verbindungen waren vor der Gärung fast ausschliesslich als 
Cellulose in der Membran, und wir finden sie nachher in der Zunahme, 
die sie durch den Zucker erfahren haben, als Cellulose in der Membran 
und als Pflanzenschleim in der Flüssigkeit. 

Diese Thatsachen zeigen uns klar, dass die gebundene Wärme der 
Hefensubstanz während der Gärung eine der Gewichtszunahme entspre- 
chende Vermehrung zeigen muss. Vergleichen wir aber die Hefensubstanz 
vor der Gärung sammt dem Zucker, welchen sie zur Ernährung aufnimmt, 
mit der Hefensubstanz nach der Gärung, so kann die gebundene Wärme 
nur in ganz unbedeutendem Grade sich verändert haben; und es lässt 
sich nicht einmal angeben, ob diese Veränderung eher eine Abnahme oder 
eine Zunahme sein möchte. Die stickstoffhaltigen Verbindungen dürften, 
da sich ein Theil der Albuminate in Peptone umwandelte, eher freie Wärme 
aufgenommen, die stickstofflosen dagegen, da Traubenzucker in Cellulose und 
Pflanzenschleim überging, eher Wärme abgegeben haben. Immerhin ist die 
Wärmeabgabe oder die Wärmeaufnahme, welche die Hefensubstanz sammt 
ihren Nährstoffen während der Gärung erfährt, so gering, dass sie neben 
der übrigen Verminderung der gebundenen Wärmemenge ganz verschwindet. 

Diese Verminderung wird angezeigt durch die Temperaturerhöhung 
der gärenden Flüssigkeit und ferner durch die Verdunstung von Wasser 
und Kohlensäure. Dubrunfaut?) hat die bei der Gärung erzeugte 
Wärme bei einem Versuche mit 21400 Lit. einer Flüssigkeit, welche in 
einem Bottich aus Eichenholz sich befand, 2559 kgm. Rohrzucker ent- 
hielt und im Verlauf von 4 Tagen vergor, berechnet. Die ursprüngliche 
Temperatur von 23,70 C stieg während dieser Zeit auf 33,75°; die wirk- 
liche Temperaturerhöhung betrug aber, da die Abkühlung in dem um- 
gebenden Raum, dessen Temperatur zwischen 12 und 16° schwankte, auf 
4° geschätzt wird, 14,05°%.?) Es wurden 1181 kgm. Alkohol von 15° 


1) Ich verweise auf die frühere Mittheilung (Sitzungsberichte vom 4. Mai 1878), und auf die später 
in dieser Abhandlung folgende, in welchen beiden nachgewiesen wird, dass die Hefenzellen Peptone 
und Eiweiss ausscheiden, sowie auf die Anmerkung (pag. 82), in welcher ich zeigte, dass das von 
Liebig bei der Selbstgärung von Bierhefe beobachtete Leucin nicht direct aus den Sprosshefezellen, 
sondern aus den durch dieselben ausgeschiedenen und in Fäulniss übergegangenen Stoffen herstammte. 

2) Erdmann Journ. f. pract. Chem. Bd. 69 (1856) S.444. — Compt. rend.1856 (Nr. 20) S. 945. 

3) „L’elevation de temperature de toute la masse eüt done &t& de 14,05° au lieu de 10,05%, si 
la cuve avait ete & l’abri du refroidissement“. 


Br > 


125 


und 1156 kgm. Kohlensäure gebildet. Dubrunfaut gibt folgende 
Berechnung: 
Temperaturerhöhung von 21400 kgm. Flüssigkeit 


um 14,05° 300670 Cal. 
Von dem Holze aufgenommen 228001, 
1156 kgm. CO2, entwickelt bei der mittleren Temp. 
von 240 6090 „ 
19,236 kgm. verdunstetes Wasser (X 565) 10869 „ 
324915 Cal. 


Diese Ansätze werden beinahe gänzlich ohne erklärende Begründung 
hingestellt. Was den ersten und grössten betrifft, so wurde die Wärme- 
capacität der gärenden Flüssigkeit gleich der des nämlichen Volumens 
Wasser angenommen. Diess ist jedenfalls nicht ganz genau. Anfänglich 
sind in 21400 Lit. Lösung 2559 kgm. Rohrzucker, also in 100 Lit. Lös- 
ung 11,96 kgm. Rohrzucker und nach der Invertirung 12,59 kgm. was- 
serfreier Traubenzucker enthalten. Da die spezifische Wärme von Trauben- 
zuckerlösungen nicht bekannt ist, so müssen wir das Verhalten der Rohr- 
zuckerlösungen unserer Betrachtung zu Grunde legen. Eine Flüssigkeit 
mit 11,96 kgm. Rohrzucker in 100 Lit. stellt nahezu eine 11,5 proz. 
Lösung dar mit einem spezif. Gewicht von 1,0467 und einer spez. Wärme 
von 0,928. Die 21400 Lit. Flüssigkeit enthalten vor der Gärung 19800 
kgm. Wasser und 2559 kgm. Rohrzucker mit einem Gesammtgewicht 
von 22359 kgm. — Nach der Gärung sind noch 19780 kgm. Wasser 
und 1181 kgm. Alkohol vorhanden; das Gesammtgewicht beträgt 20961 
kgm. In 100 Gewichtstheilen Lösung sind 5,6 Gewichtstheile Alkohol 
enthalten (Dubrunfaut gibt 6,9 Volumprozente an, was das Nämliche ist). 
Das spezifische Gewicht von 5,6 gewichtsprozentigem Alkohol ist bei 
20°C. 0,9885 und bei 30°C. 0,9858 und die spezifische Wärme 1,0175. 

Die gärende Flüssigkeit ändert fortwährend ihre chemische Zusam- 
mensetzung und ihre Wärmecapacität. In dem vorliegenden Falle hätte 
es zur Temperaturerhöhung um 1°C. 

vor der Gärung 22359 X 0,928 = 20750 Cal. 
nach der Gärung 20960 X 1,0175 = 21327 Cal. 
bedurft; und die ganze Erhöhung um 14,05° erforderte für die ursprüngliche 


Zuckerlösung 291538 Cal., für die schliessliche Alkohollösung 298578 Cal. 
17* 


126 

Die Berechnung eines mittleren Werthes aus diesen Zahlen würde 
aber aus zwei Gründen unstatthaft sein. Einmal ist zu berücksichtigen, 
dass die bekannte specifische Wärme nur für gleichbleibende Constitution 
der Lösungen gilt. Wir wissen nicht, wie viel die specifische Wärme 
einer Flüssigkeit beträgt, deren Zuckergehalt im Abnehmen, deren Alkohol- 
gehalt im Zunehmen begriffen ist; wir kennen nicht die Differenz in der 
gebundenen Wärmemenge einer Zuckerlösung und einer Alkohollösung 
von gleicher Temperatur. 

Ferner wurde bei dem vorliegenden Versuch der Rohrzucker inver- 
tirt, was mit einer beträchtlichen Wärmeabsorption verbunden ist. Wenn 
wir uns auf die Verbrennungswärme des Krümmelzuckers von Frank- 
land verlassen dürfen, so werden bei dem Uebergang von 1 kgm. {Rohr- 
zucker in Invertzucker 101 Cal. aufgenommen; diess gäbe für 2559 kgm. 
Rohrzucker 258459 Cal. — Die Invertirung fällt im Allgemeinen mit der 
Gärung zusammen, und es wird die für die erstere erforderliche Wärme- 
menge von der letzteren geliefert. In dem fraglichen Versuche aber 
musste sie zum Theil der Gärung vorausgehen, denn, da die vollständige 
Vergärung schon in 4 Tagen erfolgte, so müssen wir annehmen, dass eine 
ziemlich grosse Menge von Hefe zugesetzt wurde. Es ist also wahr- 
scheinlich, dass die Flüssigkeit im Anfange keine Wärme nach aussen abge- 
geben, sondern eher solche aufgenommen hat, und dass die auf 4° geschätzte 
Abkühlung eine zu grosse Ziffer darstellt und dass damit auch die mit 
14,050 in Rechnung gebrachte Temperaturerhöhung zu hoch gegriffen ist. 

Während mir der aus der Wärmecapaeität berechnete Ansatz zu gross 
erscheint, möchte ich den für die Verdunstung der Kohlensäure einge- 
setzten für zu gering halten, obgleich als Verdunstungstemperatur, statt 
der Anfangstemperatur von 24°, wohl richtiger die bis auf 33,75 stei- 
genden Temperaturen zur Berechnung benützt werden, da ja die Erwär- 
mung auf diese Temperaturen schon bei dem Ansatz für die Wärmeca- 
pacität zur Geltung kam. Nach Thomsen') beträgt der Coefficient der 
Wärmeeinheiten, welche frei werden, wenn 1 Molecül CO, bei 18°C. von 
Wasser absorbirt wird, 5880, was für die Gewichtseinheit 133,64 W.E. 
giebt. Die Verdunstung von 1kgm. Kohlensäure verlangt also 133,64 Cal. 


1) Ber. d. deutsch. chem. Ges. 1873. S. 713 u. 1536. 


127 


und die Verdunstung von 1156 kgm. Kohlensäure verlangt 154168 Cal. 
bei einer Temperatur von 18°C. Diese Summe wird zwar in dem fraglichen 
Gärungsversuch, wo die Entwicklung der Kohlensäure bei einer von 24° bis 
zu 33,75° steigenden Temperatur vor sich ging, etwas geringer, allein sie 
muss immerhin den Ansatz von 6096 Cal. um ein Vielfaches überschreiten. 

Wenn auch die Ansätze von Dubrunfaut im Einzelnen angefochten 
werden können, so lassen sich doch, aus Mangel an experimenteller 
Erfahrung, statt derselben keine bestimmten Summen anschreiben, und 
da die einen Ansätze zu hoch, die anderen zu niedrig gegriffen sind, so 
mag die Gesammtsumme doch nicht allzuweit von der Wirklichkeit ent- 
fernt sein. 

Da die Gärung nicht im luftleeren Raum, sondern unter dem Drucke 
einer Atmosphäre geschah, so wurde eine gewisse Menge von Wärme 
dazu verwendet, um den mechanischen Widerstand, der sich der Ent- 
wicklung des Kohlensäuregases und des Wasserdampfes entgegensetzte, 
zu überwinden. Dubrunfaut hat diese mechanische Arbeit für die 
Kohlensäure auf 14535 Cal. angeschlagen, wodurch die Gesammtsumme 
der bei dem fraglichen Gärungsversuch erzeugten Wärme auf 339450 Cal. 
steigt. 

Hieraus berechnet sich, dass bei der Vergärung von 1 kgm. Rohr- 
zucker oder von 1,0526 kgm. Traubenzucker, wobei 0,51 kgm. Alkohol 
entstehen, 146,6 Cal. erzeugt werden. 


Kehren wir nun zu unserer eigentlichen Frage zurück, so ist ohne 
Weiteres klar, dass die beträchtliche Wärmeerzeugung bei der Alkohol- 
gärung nicht von der Hefe hergeleitet werden kann. 100 gr. Zucker 
lassen sich durch 1 gr. Hefe während längerer Zeit vergären. Wendet 
man 2 gr. Hefe an, so wird dazu weniger Zeit erfordert. Pasteur hat 
für diese Menge die Hefenprodukte und die Gewichtszunahme der Hefen- 
substanz festgestellt; in der letzteren ist, wie ich bereits angeführt habe, 
die Menge der gebundenen Wärme während der Gärung ziemlich unver- 
ändert geblieben. Würde aber die Hefe vollständig verbrennen, so dass 
sie ohne Rest in Kohlensäure, Wasser, Stickstoff und Aschenbestandtheile 
sich auflöste, würde also ihre ganze Spannkraft frei, so wäre damit nur 


128 


etwas mehr als die Hälfte der bei der Gärung erzeugten Wärme und 
wenig mehr als !/s des Kraftaufwandes gedeckt, welchen Liebig ihren 
Albuminaten zuschrieb'). 


Ich muss zwar beifügen, dass Liebig sich dieser Folgerung be- 
wusst war und dass er ihr durch die Theorie ausweichen wollte, in den 
Albuminaten sei eine viel grössere Menge von Spannkraft enthalten, als 
durch die Verbrennungswärme angezeigt werde’). Es ist überflüssig, auf 
diese mit der Erhaltung der Kraft im Widerspruche stehende Annahme 
einzutreten. Wenn die Spannkraft des Eiweisses sammt der Spannkraft 
des zur Verbrennung nothwendigen Sauerstoffes nicht in der Summe der 
Spannkräfte der Verbrennungsprodukte (Kohlensäure, Wasser, Stickstoff) 
sammt der freigewordenen Wärme enthalten wäre, so müsste der Ueber- 
schuss zu Nichts geworden sein. 


Es ist also unbestreitbar, dass die bei der geistigen Gärung frei 
werdende potientielle Energie entweder gänzlich oder bis auf eine ver- 
schwindend kleine Menge aus dem sich zersetzenden Gärungsmaterial 
stammt, nach der Gleichung: Die erzeugte Wärme ist gleich der Spann- 
kraft des vergorenen Zuckers weniger der Spannkraft des gebildeten 
Alkohols (und derjenigen der Nebenprodukte). Wäre die Berechnung der 
erzeugten Wärme von Dubrunfaut in ihren numerischen Ansätzen 


1) Ikgm. Rohrzucker vergärt durch 0,02kgm. Hefe. Dabei werden 146,6 Cal. erzeugt, während 
die Verbrennung der Hefe, wenn dafür die höchsten Ansätze gemacht, nämlich Cellulose und Pflanzen - 
schleim höher als Zucker und alle stickstoffhaltigen Verbindungen sammt den nicht bestimmbaren 
Extractivstoffen als Albuminate gerechnet werden, bloss 85,38 Cal. giebt. 

Cellulose und Pflanzenschleim 0,0074 > 3500 = 25,90 Cal. 


Fett 0,0010 x 9500 = 9,50 „ 

Albuminate 0,0102 x 4900 = 49,98 „ 

Asche 0,0014 — 
0,0200 85,38 „ 


2) Diese Theorie (Sitzungsberichte 1869. II. 430) wird durch die nämliche fehlerhafte Beweis- 
führung begründet, wie oben diejenige über die Arbeitsleistung der Hefe, indem die Verbrennungs- 
wärmen zweier Körper in verschiedenen Aggregatzuständen ohne Correctur verglichen werden. Aus 
der Thatsache, „dass 1 gr. Kohle im Cyan 43 Proz. mehr Wärme entwickelt als 1 gr. Kohlenstoff,“ 
folgt nicht, dass man „den Wirkungswerth stickstoffhaltiger Körper, als Kraftquellen, nicht nach der 
Anzahl der Wärmeeinheiten beurtheilen dürfe, die sie bei direkter Verbrennung entwickeln,“ sondern 
nur, dass es einer bedeutenden Wärmemenge bedarf, um den festen Kohlenstoff in den gasförmigen 
Zustand überzuführen, wobei übrigens auch noch die Wärmetönung bei der Dissociation des Cyans in 
Anschlag zu bringen ist. 


129 


unanfechtbar, so liesse sich mit Hülfe der Gleichung die Schmelzwärme des 
Zuckers bestimmen. Immerhin kann jetzt schon mit Sicherheit ange- 
nommen werden, dass diese Schmelzwärme im Vergleich mit Mineralsalzen 
einen sehr beträchtlichen Werth erreicht‘), Die experimentelle thermo- 
chemische Feststellung der Wärmetönungen bei den verschiedenen die 
Gärung betreffenden Vorgängen wäre in hohem Grade wünschenswerth. 

Von den übrigen Gärungen giebt uns nur die Buttersäuregärung des 


Traubenzuckers einigen Anhalt für die Veränderung der gebundenen 
Wärmemenge, weil die Verbrennungswärmen der beiden Verbindungen 
bekannt sind. Allerdings wissen wir nicht ganz sicher, wie die Spaltung 
der Zuckermolecüle erfolgt. Ohne Zweifel ist die Annahme der Gärungs- 
chemiker, dass 1 Mol. Traubenzucker sich in 1 Buttersäure, 2 Kohlen- 
säure und 4 Wasserstoff spalte, für gewisse Verhältnisse richtig. In an- 
dern Fällen findet, wie ich glaube, eine Zerlegung in Buttersäure, Kohlen- 
säure und Wasser statt, wobei auf 1 Mol. Buttersäure 1 Mol. CO, ent- 
steht, denn die Gasentwicklung ist viel weniger beträchtlich als sie es 
nach der ersten Zersetzungsformel sein müsste und das entweichende Gas 
besteht bloss aus Kohlensäure. Für diese Fälle nun ist es sicher, dass 
mit der Gärung eine bedeutende Erzeugung von Wärme verbunden sein 
muss, weil die Verbrennungswärme sammt der Schmelzwärme des Zuckers 
die Verbrennungswärme der Buttersäure übersteigt. 


Der Traubenzucker kann auch zuerst in Milchsäure sich spalten und 
dann die Milchsäure zu Buttersäure vergären. Es ist sehr wahrscheinlich, 
dass die gebundene Wärme der Milchsäure einen Zwischenwerth zwischen 
Zucker und Buttersäure darstellt und dass, wenn auf die Milchsäuregärung 
des Zuckers die Buttersäuregärung der Milchsäure folgt, in zwei Malen 
die Wärmemenge frei wird, die bei der Buttersäuregärung des Zuckers 
auf einmal sich entwickelt. Uebrigens zerfällt der Invertzucker nicht 
glattweg in 2 Milchsäuremolecüle; es findet daneben noch eine andere 
Zersetzung des Zuckers statt, wie die stets vorhandene Entwicklung von 


1) Aus der Vergleichung der bei der Gärung erzeugten Wärme nach Dubrunfaut und der 
Verbrennungswärme des Zuckers nach Frankland berechnet sich die Schmelzwärme des Trauben- 
zuckers zu 200 Cal. oder mehr (je nach dem Betrag der Verbrennungswärme des Alkohols), die 
Schmelzwärme des Rohrzuckers sammt der Invertirungswärme zu 300 Cal. oder mehr. 


130 


Kohlensäure beweist. Dadurch kann die Menge der bei der Milchsäure- 
bildung erzeugten Wärme nur vermehrt werden. 

Bei der Beurtheilung der Fermentwirkung habe ich aus dem Um- 
stande, dass eine Volumenzunahme eintritt, auf die Wahrscheinlichkeit 
einer Wärmeaufnahme geschlossen, weil die in einander übergehenden 
Verbindungen den nämlichen Charakter und die nächste chemische Ver- 
wandtschaft besitzen. Bei den Gärungsprocessen ist eine solche Folgerung 
nicht mehr am Platze, da die entstehenden Verbindungen stets eine we- 
sentlich geänderte Constitution zeigen. Es scheint selbst hier in der Regel 
das Gegentheil von dem, was man vielleicht-erwarten möchte, einzutreten, 
nämlich zugleich Volumenzunahme und Wärmeabgabe Alkohol und 
Kohlensäure nehmen ein grösseres Volumen ein als Zucker, wenn alle 
drei Verbindungen auf den flüssigen Zustand reduzirt werden. Vergleicht 
man Zucker, ferner Milchsäure, endlich Buttersäure, Kohlensäure und 
Wasser, also drei auf einander folgende Stufen der Gärung mit einander, 
so entspricht jede folgende Stufe bei geringerer latenter Wärme einem 
grösseren Volumen. 

Es ist diess vielleicht eine Erscheinung, die allen oder wenigstens 
den meisten Gärvorgängen zukommt. Bei denselben werden einfachere 
Verbindungen gebildet, unter denen sich sehr häufig Säuren befinden. 
Den Säuren aber scheint die Eigenthümlichkeit zuzukommen, dass sie mit 
indifferenten Verbindungen verglichen, bei grösserem Volumen eine ge- 
ringere Menge von gebundener Wärme enthalten. Am ausgezeichnetsten 
ist diess Merkmal bei der Kohlensäure ausgeprägt; selbstverständlich 
sind gleiche Aggregatzustände bei gleicher Temperatur zu vergleichen. 

Es ist wahrscheinlich, dass mit der Bildung von CO, immer eine 
bedeutende Volumenzunahme der Zersetzungsprodukte, aber auch eine 
bedeutende Abgabe von Wärme verbunden ist, wie diess ganz auffallend 
bei der Alkoholgärung hervortritt, wo trotz der hohen Verbrennungs- 
wärme des Alkohols die Kohlensäurebildung doch eine Verminderung der 
gebundenen Wärme in den gesammten Gärprodukten bedingt. Da nun 
wohl bei allen Gärprocessen sich Kohlensäure entwickelt, so dürften auch 
alle diese Processe mit der Alkoholgärung und Buttersäuregärung darin 
übereinstimmen, dass sie Wärme entbinden. 

Wenn diese meine Vermuthung begründet ist, so bekämen wir zu 


132 


den früher festgestellten physiologischen und chemischen Verschiedenheiten 
zwischen Fermentwirkung und Hefenwirkung (Gärung) noch den neuen 
Unterschied, dass bei der ersteren Wärme gebunden, bei der letzteren 
Wärme entbunden wird, dass bei der ersteren Verbindungen mit vermehrter, 
bei der letzteren solche mit verminderter Spannkraft entstehen. — Dass 
die Bildung von Spaltungsprodukten mit geringerer Verbrennungswärme 
in der That ein der Gärthätigkeit allgemein zukommender Charakter ist, 
geht auch aus dem Umstande hervor, dass dabei immer chemisch wenig 
resistente Verbindungen in solche mit grösserer Widerstandsfähigkeit zer- 
legt werden. Die gärungsfähigen Säuren werden durch Hitze, durch 
Alkalien oder durch Säuren leichter angegriffen, während die nicht mehr 
gärenden Endprodukte (Essigsäure etc.) eine grosse Festigkeit besitzen. 


Man könnte geneigt sein, aus der Thatsache, dass bei der Gärung 
aus dem Gärmaterial Spannkraft frei wird, den Schluss zu ziehen, dass 
eine gärende Verbindung gleichsam von selbst zerfalle und dass die Hefe 
dabei überflüssig sei. Diess wäre unrichtig; die lebenden Zellen müssen 
bei dem Zersetzungsgeschäft eine gewisse Kraft, mag dieselbe auch noch 
so gering sein, aufwenden, wie sich aus dem Umstande ergiebt, dass ohne 
lebende Hefenzellen die Gärung nicht beginnt, und dass sie in jedem 
Augenblick durch Tödtung der Zellen unterbrochen werden kann. 

Den Vorgang können wir uns etwa durch folgendes Beispiel deutlich 
machen. Der Stein, welcher auf einem Berge liegt, stellt eine beträcht- 
liche Summe von potentieller Energie dar, — eine Summe, die gleich ist 
der Kraft, welche erfordert wird, um ihn auf den Berg zu heben. Rollt 
er hinunter, so leistet er durch seinen Fall eine jener Kraftsumme ent- 
sprechende Arbeit. Er kommt aber nicht von selbst ins Rollen; es be- 
darf dazu eines geringen Anstosses; vielleicht genügt die Hand eines Kindes. 
Ein Quantum Zucker ist einer Menge solcher Steine zu vergleichen. Die 
Hefe muss fortwährend die Anstösse geben, um die in einer grösseren 
oder kleineren Gruppe von Zuckermolecülen angehäufte Spannkraft aus- 
zulösen. 

Diese Anstösse brauchen nur schwach zu sein. Man hat zwar gesagt, 


um den Zucker als eine relativ widerstandsfähige chemische Verbindung in 
Abb. d. I. C1.d.k. Ak.d. Wiss. XIII. Bd. II. Abth. 18 


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Alkohol und Kohlensäure zu zerlegen, bedürfe es einer sehr bedeutenden 
Kraft. Es ist allerdings wahr, dass diese Zersetzung durch die ein- 
greifendsten chemischen Mittel (Säuren, Alkalien u. s. w.) durch Hitze, 
Licht, Elektricität, auch durch mechanische Gewalt (Erschütterung) nicht 
möglich ist. Damit wird aber nicht ausgeschlossen, dass nicht ein spe- 
cifisches Mittel sie mit Leichtigkeit vollbringe. Ich möchte, um mich 
noch einmal eines Beispiels zu bedienen, ein Zuckermolecül (und über- 
haupt das Molecül einer complicirten chemischen Verbindung) einer Nuss 
vergleichen. Dieselbe widersteht einem grossen Druck, wird aber durch 
ein in die Nath eingeführtes Messer ohne Mühe geöffnet. Das Zucker- 
molecül hat gleichsam verschiedene solcher Näthe, wo es mit dem aller- 
geringsten Kraftaufwand gespalten werden kann, bei der einen in Alkohol 
und Kohlensäure, bei der anderen in zwei Milchsäuremolecüle, bei noch 
einer anderen in Mannit und Kohlensäure. 

Bei den Gärungen handelt es sich um ganz bestimmte, um specifisch 
verschiedene Eingriffe. Nehmen wir beispielsweise an, dieselben bestehen 
bloss in bestimmten Schwingungszuständen der gärungserregenden Mo- 
lecüle und ihrer Componenten, so wäre nach der verschiedenen Schwin- 
gungsdauer dieser Elemente die Zersetzung eine andere oder sie würde 
ganz unterbleiben. Wir wissen, dass durch gewisse Tonschwingungen 
fremde Körper in gleiche Schwingungen gerathen, und dass durch die- 
selben das Gleichgewicht sogar so sehr gestört werden kann, dass ein 
Zerspringen spröder Gegenstände die Folge ist. So könnten wir uns etwa 
denken, dass Schwingungen des Gärungserregers in der Prim, Sekund, Terz 
andere Atome oder Atomcomplexe im Zuckermolecül in heftigste Be- 
wegung versetzten, somit ungleiche Störungen des Gleichgewichts veran- 
lassten und beziehungsweise Alkoholgärung, Milchsäuregärung, Mannit- 
gärung bewirkten. 

Ich will hiemit nicht etwa eine bestimmte Theorie aussprechen, son- 
dern bloss die einfachste unter den Möglichkeiten anführen. Wenn wir 
bedenken, dass die verschiedenen Gärungen durch verschiedene Pilze ver- 
ursacht werden, und dass das Plasma ihrer Zellen nothwendig eine un- 


gleiche Zusammensetzung zeigt, indem die nämlichen Verbindungen in. 


ungleichen Mengenverhältnissen beisammen sind, ferner dass bei der Ueber- 


tragung der Bewegung die Anziehung und Abstossung zwischen allen vor- 


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handenen Theilchen eine entscheidende Rolle spielt, — so begreifen wir 
leicht, dass in den verschiedenen Fällen das Gleichgewicht innerhalb der 
Zuckermolecüle in ungleicher Weise gestört wird, indem das eine Mal 
diese, das andere Mal jene Atome und Atomgruppen in lebhaftere Be- 
wegung gerathen. 

Nur wenn die bestimmten Schwingungszustände des Gärungserregers auf 
das Gärmaterial einwirken, wird Kraft in der entsprechenden Weise über- 
tragen und die entsprechende Zersetzung veranlasst. Eine andere noch 
so grosse Kraft, die zur Verfügung steht, kann nicht die gleiche Arbeit 
leisten. Die grosse Menge von Spannkraft, welche bei der geistigen 
Gärung frei wird, besteht in andersartigen Schwingungszuständen und 
kann keine Zuckermolecüle zum Vergären bringen. Der Anstoss zum 
Zerfallen in Alkohol und Kohlensäure muss immer wieder von der Hefe 
ausgehen, eben weil er ein eigenartiger ist. 

Der Process der Spaltung eines Molecüls durch die Gärung besteht 
aus zwei Stadien, die namentlich auch bezüglich der Wärmetönung von 
einander verschieden sind. Zuerst wird das Gleichgewicht gestört, wofür 
eine gewisse, vorerst nicht zu ermittelnde, aber wahrscheinlich geringe 
Kraftmenge von der Hefenzelle auf das Molecül des Gärungsmaterials 
übergeht. Dann wird durch die neuen Anziehungen und Abstossungen, 
die bei der Gleichgewichtsstörung zur Geltung kommen, ein neues Gleich- 
gewicht zwischen den Theilen des Molecüls hergestellt, wobei eine be- 
trächtliche Wärmeentbindung statt hat. Die Beobachtung giebt uns nur das 
Gesammitresultat der beiden Stadien und zeigt uns, dass das zweite quan- 
titativ weit überwiegt. Insofern können wir auch, etwas weniger genau, 
- das zweite Stadium als die Ursache, das erste als die Veranlassung der 
Wärmeentbindung bezeichnen. 

Die Wärmemenge, welche das Molecül des Gärungsmaterials im 
ersten Stadium aufnimmt, ist jedenfalls gering im Verhältniss zu der- 
jenigen, welche es im zweiten abgiebt. Und wenn wir berücksichtigen, 
dass die Hefensubstanz während der Gärung ihre Spannkraft ziemlich 
unverändert behält, so möchten wir vermuthen, dass jene Wärmemenge 
auch absolut sehr gering sei. Indessen giebt uns diese Betrachtung keine 
Gewissheit. Es ist nämlich, wie ich in der Folge noch zeigen werde, 


Thatsache, dass bei dem Gärprocess Spannkraft auf die Hefenzellen über- 
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tragen wird, — und so wird es möglich, dass diese für ihre Arbeit mehr 
Kraft aufwenden, als es den Anschein hat, dass sie aber aus der gelei- 
steten Arbeit die aufgewendete Kraft wieder gewinnen und dadurch immer 
zu neuer Arbeit befähigt werden. 


Nachdem ich versucht habe, das Wesen der Gärung klar zu legen, will 
ich noch zeigen, wie befriedigend sich nach der molecularphysikalischen 
Theorie die besonderen Beziehungen, welche zwischen der Ernährung der 
Hefenzelle und der Funktion der Gärung bestehen, erklären lassen, während 
die bisherigen Gärungstheorien den Thatsachen nicht gerecht zu werden 
vermögen, und theilweise selbst mit denselben im Widerspruche stehen. 
Diese Beziehungen, welche durch meine langjährigen Versuche festgestellt 
wurden, lassen sich in folgenden Sätzen zusammenfassen. 

I. Der freie Sauerstoff, den sonst alle Pilze zu ihrem Leben bedürfen, 
kann bei vorhandener hinreichender Gärthätigkeit entbehrt werden. 

II. Die Oxydation durch freien Sauerstoff begünstigt aber ihrerseits 
die Gärthätigkeit. 

II. Die Gärthätigkeit einer Zelle befördert unter allen Umständen 
ihr eigenes Wachsthum. 

IV. Die Gärthätigkeit eines Pilzes benachtheiligt die Ernährung und 
das Wachsthum der übrigen Pilze, welche nicht für diese, sondern für 
andere Gärungen organisirt sind. 

Es würde weit über den Rahmen dieser Mittheilung hinausgehen, 
wenn ich im Einzelnen auf die Versuche eintreten wollte, welche diese 
Sätze beweisen. Uebrigens wird eine allgemeine Zusammenfassung der 
Resultate vorläufig um so eher genügen, als sie in Folge der zahlreichen 
Wiederholungen und Variationen der experimentellen Beobachtungen ziem- 
lich genau formulirt werden kann, so dass es Jedermann leicht sein wird, 
durch richtig angestellte Versuche sich zu orientiren und von der Richtig- 
keit zu überzeugen. 

I. Durch den ersten Satz wird der bisherige Streit, ob die niederen 
Pilze ohne Sauerstoff leben können oder nicht, in der Weise entschieden, 
dass sie es nur können, wenn sie Gärung von einer gewissen 
Intensität veranlassen. Zur Begründung führe ich folgende allge- 
meine Thatsachen an. 


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Die Schimmelpilze vermögen nicht, irgend welche Gärung zu erregen, 
und sie vermögen ebenfalls nicht, ohne freien Sauerstoff in irgend einer 
Nährlösung zu leben, mag dieselbe jede beliebige Zusammensetzung haben. 
Wie die Schimmelpilze verhalten sich diejenigen Sprosspilze, denen die 
Fähigkeit, Gärung zu verursachen, mangelt, mögen sie Sprosspilzformen 
irgend welcher Schimmelpilze sein oder zur Gattung Saccharomyces ge- 
hören (z. B. S. mesentericus, der Kahmpilz). 

Die übrigen Sprosspilze (Saccharomyces und Sprosspilzformen von 
Mucor-Arten) besitzen nur das Eine Gärvermögen, Zucker in Alkohol und 
Kohlensäure zu zerlegen. Uebereinstimmend damit können sie auch in 
den besten Nährlösungen, denen Zucker mangelt, nicht ohne freien Sauer- 
stoff leben!). Dagegen wachsen sie in allen sauerstofflosen Nährflüssig- 
keiten, insofern dieselben Zucker enthalten. Und zwar ist die Vermehrung 
eine ungeschwächte und somit eine unbegrenzte?), wenn Peptone in aus- 
reichender Menge die stickstoffhaltige Nahrung liefern; -— sie hört bei 
schlechterer Stickstoffnahrung früher oder später auf (die Zunnahme ist 
noch ziemlich reichlich in zuckerhaltiger, 0,5- bis 0,75 proc .Lösung von 
Liebig’schem Fleischextract, wenig reichlich in zuckerhaltigem Harn und 
in zuckerhaltigen Lösungen von Ammoniaksalzen). 

Ob es unter den Spaltpilzen ebenfalls (wie unter den Sprosspilzen) 
Formen giebt (besondere Species oder bloss Anpassungszustände), welche 
nicht gärtüchtig sind und ohne freien Sauerstoff nicht leben können, konnte 
durch Versuche, die hier besonders schwierig sind, noch nicht sicher 
festgestellt werden; — es ist aber wahrscheinlich?). Dagegen unterliegt 
keinem Zweifel, dass in allen den zahlreichen Fällen, in welchen Spalt- 
pilze bei Abschluss von Luft sich ernähren und wachsen, auch immer 
irgend eine Gärung stattfindet. 


1) Das äusserst spärliche Wachsthum, welches man zuweilen in sauerstofflosen Nährlösungen 
beobachtet, denen man Mannit zugesetzt hat, dürfte auf Rechnung einer Verunreinigung dieses Stoffes 
mit Zucker zu setzen sein. 

2) „Unbegrenzt* für den vorausgesetzten Fall, dass die schädlichen Gärprodukte entfernt 
würden. 

3) Die Darstellung Pasteur’s, dass es Spaltpilze gebe, welche nur leben und Gärwirkung aus- 
üben, wenn sie freien Sauerstoff finden (Aörobien), und solche, denen für beides Sauerstoffmangel Be- 
dingung sei, so dass sie selbst durch Zutritt von Luft getödtet werden (Anaörobien), beruht nach meinen 
Erfahrungen auf unrichtiger Beurtheilung mangelhafter Beobachtungen. 


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Begreiflicher Weise ist auch der Grad der Vermehrung der Spaltpilze, also 
der Grad der Ernährungsfähigkeit verschiedener sauerstofffreier Lösungen, 
namentlich wegen der Kleinheit der Zellen, viel schwieriger zu ermitteln 
als bei den Sprosspilzen. Dieser Grad hängt aber offenbar von zwei Um- 
ständen ab, von der Beschaffenheit der wirklichen Nährstoffe, die den 
Pilzen geboten werden, und von der Art der- Gärung, die diese bewirken. 
Unter den Nährstoffen wirken am günstigsten die Peptone!), unter den 
Gärungen die Zerlegung des Zuckers. 

Man beobachtet also, bei Ausschluss von Sauerstoff, die reichlichste 
Vermehrung der Spaltpilze, wenn zugleich Zucker und Peptone in der 
Nährflüssigkeit enthalten sind, während Zucker mit Asparagin, Harnstoff 
oder Ammoniaksalzen weniger günstig wirkt. Wird der Zucker durch 
Glycerin oder Mannit ersetzt, so findet eine weniger reichliche Ver- 
mehrung statt. 

Sind weder Zucker noch zuckerähnliche Stoffe vorhanden, so findet, 
bei Abschluss von Luft, nur dann ein ziemliches Wachsthum der Spalt- 
pilze statt, wenn die Flüssigkeit Peptone enthält; diese bieten einerseits 
die günstigsten Nährstoffe, anderseits aber ein Gärmaterial, das dem 
Zucker und den zuckerähnlichen Stoffen nachsteht. Die Ernährung der 
Spaltpilze hört gänzlich auf, wenn bei Sauerstoffmangel, sowohl zur Nahrung 
als zur Vergärung bloss Asparagin oder Harnstoff oder Ammoniaksalze 
von organischen Säuren zur Verfügung stehen. 

Diese Thatsachen dürften genügen um ein anschauliches Bild von 
den Umständen zu geben, unter denen der Genuss des Sauerstoffs für die 
niederen Pilze entbehrlich wird. Um nun die Frage zu entscheiden, durch 
welche Mittel dies geschieht, muss zunächst festgestellt werden, dass der 
Sauerstoff nicht etwa als Nährstoff für die Zellen nothwendig ist; — denn 
während die Spaltpilze in einer Peptonlösung, bei Abschluss von Luft 
wachsen, bedürfen sie in einer Lösung von weinsaurem Ammoniak des 
Zutrittes von Luft, obgleich die erstere verhältnissmässig arm, die letztere 
reich an Sauerstoff ist. Auch die Vergleichung aller anderen Fälle zeigt 


1) Die Peptone können durch Albuminate ersetzt werden; dann ist aber zu berücksichtigen, 
dass die Umwandlung in Peptone durch die ausgeschiedenen Fermente mehr oder weniger Zeit er- 
fordert und oft sehr langsam von statten geht. 


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uns deutlich, dass das Wachsthum der Pilze mit oder ohne Luft ganz 
unabhängig ist von dem grösseren oder geringeren Sauerstoffgehalt der 
Nährstoffe. $ 

Der Sauerstoff kann also nur dazu dienen, durch die bei der Oxy- 
dation (bei der Bildung von Wasser und Kohlensäure oder auch von 
complicirteren Oxydationsstufen) frei werdende Kraft die verschiedenen 
Lebensbewegungen in der Zelle zu unterhalten: nämlich die molecularen 
Schwingungsbewegungen (wohin auch die elektrischen Strömungen zu 
rechnen sind), ferner die Ortsveränderungen der Molecüle und endlich 
die Massenbewegungen. Wenn einer pflanzlichen oder thierischen Zelle 
der Sauerstoff entzogen wird, so hören, wie experimentell nachgewiesen 
ist, alle sichtbaren selbständigen Bewegungen, die sie früher zeigte, auf, 

Die Gärprocesse gleichen, wie wir gesehen haben, darin den Ver- 
brennungsprocessen, dass sie Wärme oder Spannkraft entbinden. Wir 
begreifen daher, dass unter allen Zellen nur die Hefenzellen ohne freien 
Sauerstoff leben können, weil sie die Wirkung des Sauerstoffs durch die 
Gärthätigkeit ersetzen. Aber sie vermögen diess nur, wenn aus der 
gärenden Substanz eine hinreichend grosse Menge von Spannkraft frei 
wird, wie diess bei der Gärung der Zuckerarten, des Glycerins, des Man- 
nits, der Peptone der Fall ist, während der Zerfall der gärfähigen Säuren 
(Aepfelsäure, Citronensäure, Weinsäure, Milchsäure etc.), ferner des Harn- 
stoffs, des Asparagins und anderer einfacher Stickstoffverbindungen zu 
wenig Kraft entwickelt, um die Lebensbewegungen im Gange zu erhalten. 

In einer sauerstofffreien Nährlösung dient die bei der Gärung ent- 
bundene Kraft dazu, die molecularen Bewegungen im Plasma zu unter- 
halten, und diese molecularen Bewegungen dienen ihrerseits dazu, neue 
Mengen von Gärmaterial zu zerlegen. Es ist diess eine Wechselwirkung, 
wie sie häufig auf natürlichem oder künstlichem Wege zu Stande kommt. 
Das brennende Gas einer Kerze erzeugt eine hohe Temperatur, welche 
neue Gasbildung und Verbrennung bewirkt. 

I. Die Gärthätigkeit einer Zelle wird befördert, wenn 
diese Zelle sich im Genuss des freien Sauerstoffs befindet. 
Ich habe diese Thatsache oben durch Darlegung der betreffenden Ver- 
suche bewiesen. Der Grund davon ist unschwer einzusehen. Die mole- 
cularen Bewegungen im. Plasma der Hefenzellen vermitteln einerseits die 


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Assimilation und Ernährung, anderseits die Gärthätigkeit. Die Kraft, welche 
diesen molecularen Bewegungen durch die Oxydation zugeführt wird, 
muss daher Wachsthum und Gärung gleichzeitig begünstigen. Je kräf- 
tiger eine Zelle vegetirt, um so gärtüchtiger ist sie, — ganz im Gegen- 
satz zu den Theorien von Pasteur und andern neuren Forschern, dass 
die Hefenzellen nur im krankhaften Zustande, wenn sie Mangel litten, 
Gärung bewirkten. 

Damit soll natürlich nicht gesagt werden, dass die nämlichen mole- 
cularen Bewegungen sowohl die Ernährungsfunktionen als die Gärung 
bewirken. Aber die verschiedenen, in den Molecülen des Plasmas thätigen 
Bewegungen. werden durch die nämliche Ursache unterhalten und ge- 
steigert, und sie bedingen einander auch gegenseitig. 

II. Die Gärthätigkeit einer Zelle befördert unter allen 
Umständen ihr eigenes Wachsthum. Dass diess für alle Fälle 
gilt, in welchen der Luftzutritt gehemmt ist, habe ich bereits bei I. ge- 
zeigt, wo die Ernährung überhaupt nur durch die Gärthätigkeit möglich 
gemacht wird. Schwieriger wird die Beurtheilung für die Fälle, in 
welchen die Hefenzellen sich im Genusse des Sauerstoffs befinden. Wir 
beobachten zwar ohne Ausnahme, dass mit der Gärung auch die Inten- 
sität des Wachsthums zunimmt, aber wir sind in der Regel nicht sicher, 
was wir als Ursache und was als Wirkung in Anspruch nehmen dürfen; 
es wäre ja ebensogut möglich, dass die lebhafte Gärung durch das leb- 
hafte Wachsthum bewirkt würde, als umgekehrt. 

Diese Unsicherheit des Urtheils lässt sich nie ganz beseitigen, wenn 
wir einen Hefenpilz nur mit sich selbst vergleichen. Wir beobachten, 
dass Bier- oder Weinhefe in einer Lösung von Zucker und weinsaurem 
Ammoniak sich viel stärker vermehrt als in einer Lösung von Glycerin 
und Pepton, und wir sind geneigt die erstere an und für sich als die 
schlechtere Nährflüssigkeit zu betrachten und den günstigen Erfolg der 
Gärthätigkeit zuzuschreiben, welche in der Glycerinlösung mangelt. Wenn 
aber Jemand behaupten wollte, dass der Zucker eine ungleich viel bessere 
Nahrung sei für die Alkoholhefe als das Glycerin und dass dieser Umstand 
allein die Ungleichheit im Wachsthum erkläre, so würden wir diese Be- 
hauptung zwar sehr unwahrscheinlich finden, aber wir könnten sie durch 
Versuche mit Alkoholhefe selbst nicht widerlegen. 


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Dagegen bleibt kaum ein Zweifel übrig, wenn wir mit der Alkohol- 
hefe andere nächst verwandte Pilze vergleichen. Wir sehen dann, dass 
Glycerin für alle nicht gärtüchtigen Pilze fast ein ebenso guter Nähr- 
stoff ist als Zucker, dass Sprosspilze, denen die Gärthätigkeit mangelt, 
durch Glycerin und Pepton besser ernährt werden als durch Zucker und 
weinsaures Ammoniak. Wir dürfen aber die Alkoholhefenpilze mit den 
“nicht gärtüchtigen Sprosspilzen um so eher vergleichen, als sonst beide 
in den verschiedenen Nährflüssigkeiten, denen der Zucker mangelt, voll- 
kommen gleich gut gedeihen, woraus wir schliessen können, dass die 
Ernährung in beiden sich gleich verhalte.e Wenn wir nun finden, dass 
mit dem Zusatz von Zucker die Alkoholhefenpilze immer sich ungemein 
viel rascher vermehren, so sind wir wohl berechtigt, die lebhaftere Er- 
nährung von der eingetretenen Gärthätigkeit berzuleiten. 

Ist die Thatsache richtig, so wird auch die Erklärung derselben nach 
den vorausgehenden Erörterungen leichtverständlich. Allerdings wendet 
das Plasma der Hefenzelle eine geringe Kraft auf, um das Gärmaterial 
zu zerlegen. Allein die aus dem letzteren ausgelöste Spannkraft, welche 
den molecularen Bewegungen im Plasma theilweise zu gute kommt, ist 
viel mal beträchtlicher, und die Summe der Lebenskräfte einer Zelle wird 
bedeutend erhöht, wenn dieselbe Gärthätigkeit ausübt. 

Man könnte nun vielleicht die Meinung hegen, dass die Gärung auch 
stofflich zum Wohlbefinden der Hefenzellen beitrage. Da das Gärma- 
terial nicht vollkommen in den normalen Spaltungsprodukten aufgeht 
(z. B. Traubenzucker in Alkohol und Kohlensäure), sondern zum geringen 
Theil in Nebenprodukte zerfällt (bei der geistigen Gärung in Glycerin 
Bernsteinsäure und vielleicht andere noch unbekannte Verbindungen), so 
wäre es möglich, dass unter den letzteren sich ein die Ernährung in be- 
sonderem Masse begünstigender Stoff befände. Diess ist aber durchaus 
unwahrscheinlich. Wäre es der Fall, so müsste man durch Zusatz des 
fraglichen Stoffes zu einer nicht gärenden (z. B. glycerinhaltigen) Nähr- 
flüssigkeit die nämlichen günstigen Resultate erlangen. Von einem solchen 
Stoff ist nach den zahlreichen Versuchen mit Lösungen von verschiedener 
Zusammensetzung nichts bekannt. 


Abh.d IICl.d.k. Ak.d. Wiss. XIII. Bd. II. Abth. 19 


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Die physiologischen Beziehungen zwischen Gärung und Ernährung, 
die ich bis jetzt erörtert habe, betreffen den einzelnen Pilz im Verhältniss 
zu den umgebenden Medien. Es giebt noch eine Beziehung, welche in 
sein Verhältniss zu anderen Hefenpilzen eingreift, welche also für ihn im 
Kampfe ums Dasein Bedeutung hat. 

IV. Die Gärthätigkeit eines Pilzes benachtheiligt die 
Ernährung und das Wachsthum der übrigen Pilze, welche 
nicht für diese, sondern für andere Gärungen organisirt 
sind. — Es ist gewiss die merkwürdigste unter den Beziehungen zwischen 
Gärung und physiologischer Funktion, dass die Thätigkeit einer Zelle 
nicht bloss förderlich für sie selber und ihresgleichen, sondern hemmend 
für andersartige Zellen sich erweist und dass dieser schädliche Einfluss 
nicht etwa durch Entziehung von Nährstoffen oder durch Ausscheidung 
von schädlichen Verbindungen, sondern lediglich durch das Vorhandensein 
der besonderen Gärthätigkeit bewirkt wird. Diese Beziehung war aber, 
wegen der manigfaltigen Complicationen, welche die Erscheinungen dar- 
bieten, und wegen des Widerspruchs, in welchem sie mit den allgemeinen 
Gesetzen der Concurrenz steht, am schwierigsten zu ermitteln. 

Bei den zahlreichen Versuchen mit Aussaat von verschiedenen Hefe- 
pilzen in das nämliche Glas bekam ich in der Regel Resultate, die den 
Erwartungen nicht entsprachen. Anfänglich zwar vermehren sich die 
verschiedenen Keime, jeder nach Massgabe seiner Eigenthümlichkeit 
und der ihm mehr oder weniger zusagenden äusseren Umstände. Dies 
geschieht so lange als die Pilze noch wenig zahlreich und daher in der 
Flüssigkeit derartig vertheilt sind, dass sie einander nicht beeinträchtigen 
können. Sowie sie aber so zahlreich geworden, dass sie durch Concur- 
renz auf einander wirken, so beobachtet man gewöhnlich, dass einer der- 
selben sich stark vermehrt und dass das Wachsthum der übrigen gänz- 
lich stille steht. Dies tritt um so sicherer ein, je gleichartiger die 
Nährflüssigkeit in allen ihren Theilen beschaffen ist. Sind locale Un- 
gleichheiten vorhanden, — z. B. durch Beimengung von festen Stoffen 
und gehemmte Circulation, oder durch ungehinderten Luftzutritt zu der 
Oberfläche, während die tieferen Flüssigkeitsschichten wenig oder keinen 
Sauerstoff erhalten, — so können zwei verschiedene Pilzvegetationen jede 
an ihrem Orte die Oberhand gewinnen und alle anderen Pilze verdrängen. 


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Diese Erscheinung könnte nach den Gesetzen der Concurrenz nur 
dann erklärt werden, wenn der überhandnehmende Pilz durch Ausschei- 
dung eines schädlichen Stoffes die Ernährung der übrigen verhindern 
würde. Da diese Annahme, wie ich nachher zeigen werde, unmöglich 
war, so blieb mir die Lösung des Räthsels lange Zeit zweifelhaft. Sie 
wurde erst gefunden, als besondere Versuche angestellt wurden, um eine 
praktische Erfahrung der Bierbrauerei wissenschaftlich zu begründen. 

Die Hefe der Bierbrauer ist fast rein von Spaltpilzen; sie kann bei 
jarelangem Betrieb, während welchem eine grosse Menge von neuen 
Zellengenerationen gebildet werden, diese Reinheit behalten. Dies ist eine 
sehr merkwürdige Erfahrung, da die Vermehrung in einer neutralen Nähr- 
lösung erfolgt. Wenn man nämlich in eine neutrale zuckerhaltige Lösung 
(auch in Bierwürze) eine Spur von Bierhefe aussäet und die Spaltpilze, 
welche in dem Wasser oder in der Hefe enthalten sind oder aus der Luft 
hereinfallen, nicht vollständig ausschliesst, so erhält man zuletzt meistens 
eine überwuchernde Spaltpilzvegetation. Dies tritt noch viel sicherer ein, 
wenn man von Anfang an nicht nur Bierhefenpilze, sondern auch Milch- 
säurepilze zur Aussaat benützt. Dadurch wird bewiesen, dass die Spalt- 
pilze in neutralen Flüssigkeiten besser gedeihen als die Sprosspilze, 
wobei ich bemerke, dass das entgegengesetzte Resultat erfolgt, wenn die 
zuckerhaltige Flüssigkeit eine gewisse Menge von organischen oder unor- 
ganischen Säuren enthält, indem dann immer die Spaltpilze durch die 
Sprosspilze verdrängt werden. 

Da die chemische Beschaffenheit der Bierwürze nicht die Ursache 
sein kann, warum die Spaltpilze beim Brauereibetrieb sich nicht ver- 
mehren, so lag die Vermuthung nahe, dass einer der begleitenden Um- 
stände entscheidend sei, vor allem die niedere Temperatur, bei welcher 
man die Bierwürze gären lässt, oder ein gewisser Gehalt von Alkohol, 
welcher bald erreicht wird, da man die Gärung mit einer gewissen Menge 
von Hefe ansetzt, oder die Sättigung mit Kohlensäure, welche aus dem 
gleichen Grunde bald eintritt, oder die Zugabe von Hopfenbitter, oder 
eine Combination der genannten Factoren. 

Diese Vermuthung bestätigte sich in keiner Weise. Wurden Spross- 
und Spaltpilze, beide in Spuren, zugleich in neutrale zuckerhaltige Flüssig- 


keiten (auch in Bierwürze) ausgesäet, so gewannen die Spaltpilze nach 
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einiger Zeit vollständig die Oberhand, mochten die Umstände so oder 
anderns beschaffen sein, — bei jeder beliebigen niederen Temperatur, 
auch bei 0°, bei jedem beliebigen die Vegetation nicht unterdrückenden 
Zusatz von Alkohol oder Hopfenbitter, bei vollständiger Sättigung mit 
Kohlensäure, auch bei Vereinigung mehrerer oder aller dieser Umstände. 

Da sich aber bei anderweitigen Versuchen gezeigt hatte, dass, wenn 
einmal die geistige Gärung ordentlich in Gang gekommen ist, dieselbe 
andauert und die sie bewirkende Sprosshefe allein sich vermehrt, so 
wurden Versuche in der Art angestellt, dass zur Aussaat eine grössere 
Menge von Bierhefe und nur Spuren von Spaltpilzen dienten. Der Er- 
folg war ganz überraschend. Mag die zuckerhaltige Nährflüssigkeit und 
die Temperatur wie immer beschaffen sein, so kann man durch Aussaat 
einer hinreichenden Quantität von Sprosshefe den gewünschten 
Zweck erreichen, dass nur diese sich vermehrt und die in geringer Menge 
vorhandenen Spaltpilze gar nicht wachsen. 

Bei der Concurrenz der Hefenpilze ist also die verhältnissmässige 
Zahl der Concurrenten von Bedeutung, und es muss die gegenseitige Ver- 
drängung durch andere Mittel erfolgen als bei allen übrigen Gewächsen. 
Bei den letzteren ist die Zahl, mit der jede Art in den Kampf ums 
Dasein eintritt, gleichgültig für das endliche Resultat, mag dasselbe in 
einer partiellen gegenseitigen Verdrängung und Herbeiführung eines Be- 
harrungszustandes, in welchem jede Art mit einem bestimmten durch- 
schrittlichen Prozentsatz vertreten ist, oder in der totalen Verdrängung 
einzelner Arten bestehen. Ist eine Art einmal in allzugrosser, eine an- 
dere in allzugeringer Menge vorhanden, so ist die Folge davon keine 
andere, als dass in der nächsten Zeit die erstere eine Abnahme, die 
letztere eine Zunahme erfährt. 

Suchen wir nun nach einer Erklärung für den regelwidrigen Ver- 
lauf der Concurrenz bei den Hefenpilzen, so bietet sich zunächst die An- 
nahme dar, dass die Ausscheidungs- und Gärungsprodukte der einen dem 
Leben der anderen hinderlich seien. Wir würden dann sogleich begreifen, 
dass eine grosse Zahl von Sprosspilzen, weil sie die Nährflüssigkeit mit einer 
verhältnissmässig grossen Menge von solchen Produkten verunreinigt, die 
Spaltpilzvegetion ganz unmöglich macht. Eine solche Annahme ist aber 
unstatthaft. Die Sprosspilze scheiden keine Stoffe aus, die anderen Pilzen 


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schädlich sind, sondern nur Stoffe, die eine vortreffliche Nahrung für 
dieselben bilden. Das Hefenwasser, wenn dasselbe die Ausscheidungspro- 
dukte der Bierhefe in hinreichender Menge enthält, gehört selbst zu den 
besten Nährflüssigkeiten für Spaltpilzvegetationen. Auch die Produkte 
der geistigen Gärung verhindern die Spaltpilze nicht zu wachsen. Wenn 
man die Sprosshefe einer gärenden Flüssigkeit in irgend einem Stadium 
durch Erhitzen tödtet und dann Spuren von Spross- und Spaltpilzen 
darin aussäet, so sind die letzteren immer die stärkeren. 


Der Grund, warum die Aussaat einer grösseren Menge von Spross- 
hefe für sie selber von Nutzen ist bei der Concurrenz mit den Spaltpilzen, 
liegt also nicht in irgend einer substanziellen Veränderung der Nähr- 
flüssigkeit. Er besteht nur in dem Vorhandensein einer bestimmten 
Gärungsbewegung. Dies ist auch deutlich aus den beobachteten That- 
sachen nachzuweisen. Wird in eine zuckerfreie neutrale Nährlösung eine 
grosse Menge Bierhefenzellen und nur eine Spur von Spaltpilzen gegeben, 
so vermehren sich die ersteren, welche keine Gärung erregen können, 
langsam, die letzteren dagegen sehr rasch, so dass sie die ersteren bald 
überwuchern. Das Nämliche ist ferner der Fall, wenn in einer zucker- 
haltigen neutralen Nährlösung sich zahlreiche Sprosshefezellen, die aber 
ihrer Natur nach nicht Gärung zu bewirken vermögen, mit sehr wenig 
Spaltpilzen befinden. Bringt man endlich zahlreiche Bierhefenzellen mit 
einer Spur von Spaltpilzen in eine neutrale Flüssigkeit, weiche mehr 
oder weniger Zucker enthält, so vermehren sich die ersteren allein, so 
lange die Gärung dauert; sowie dieselbe aber in Folge von Zuckermangel 
träge wird und aufhört, fangen die Spaltpilze an sich stark zu vermehren, 
indess das Wachsthum der Sprosspilze stille steht. 

Die grössere Zahl ist also für die gärtüchtigen Sprosspilze bei der 
Concurrenz mit den Spaltpilzen nicht an und für sich vortheilhaft, son- 
dern nur wenn zugleich ein dieser Zahl entsprechender Grad von Gär- 
ungsintensität eintritt. Desswegen kommt es, wenn in einer zuckerhal- 
tigen neutralen Nährlösung die Sprosspilze allein sich vermehren sollen, 
nicht auf das numerische Verhältniss der die Bierhefe verunreinigenden 
Spaltpilze an, sondern auf die Quantität der im Verhältniss zur Flüssig- 
keitsmenge zugesetzten Bierhefe. Um den angegebenen Zweck zu er- 


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reichen, muss die Gärflüssigkeit mit soviel Hefe angesetzt werden, dass 
sie möglichst bald in ordentliche Gärung geräth'). 

Nach Feststellung der Thatsache ist nun die Frage, wie dieselbe 
erklärt werden könne. Wie ist es denkbar, dass eine Zelle lediglich 
dadurch, dass sie moleculare (physikalische und chemische) Bewegungen 
verursacht, die Ernährung einer andern Zelle beeinträchtigt? Eine be- 
friedigende Antwort lässt sich, wie ich glaube, nur mit Hülfe der An- 
nahme erlangen, welche ich früher wahrscheinlich zu machen suchte, dass 
die Gärungsbewegung nicht bloss innerhalb der Zelle, sondern auch in 
einer dieselbe umgebenden Flüssigkeitssphäre stattfindet. 

Die molecularen Schwingungen im Plasma der Sprosshefezellen werden 
auf die Zellflüssigkeit und von dieser durch Fortpflanzung der Bewegung 
auf die ausserhalb der Zellen befindliche Lösung übertragen. Liegt eine 
Hefenzelle isolirt in der Flüssigkeit, so werden die Gärungsschwingungen 
in einer bestimmten Entfernung unmerkbar gering. Wenn aber zahl- 
reiche Hefenzellen durch eine Zuckerlösung vertheilt sind, so gerathen 
bald alle Zuckermolecüle in analoge Schwingungszustände, die jedoch 
nur in der nächsten Umgebung jeder Zelle stark genug sind, um eine 
Spaltung zu bewirken. 

Die ungleichen molecularen Schwingungen im Plasma der verschie- 
denen Hefenarten bedingen, wie ich früher erörtert habe, ungleiche 
Schwingungszustände in den Zuckermolecülen, welche in eigenartigen Stör- 
ungen des Gleichgewichtes bestehen und daher zu eigenartigen Spaltungen 
(Alkoholgärung, Milchsäuregärung, Mannitgärung) führen. Wenn nun in 


1) Daraus leitet sich die praktische Regel ab, um aus einer mit Spaltpilzen verunreinigten 
Bierhefe eine reine Hefe zu erziehen. Man bringt in eine gekochte zuckerhaltige Nährlösung gerade 
so viel Bierhefe, dass die Gärung sofort beginnt. Ehe diese beendigt ist, wird ein Theil der erzogenen 
Hefe in neue Nährlösung gebracht unter Beobachtung der gleichen Vorsichtmassregeln, und das Ver- 
fahren je nach dem Erfolg noch ein oder mehrere Male wiederholt. Da die Sprosspilze allein sich 
vermehren, so nimmt die verhältnissmässige Zahl der Spaltpilze mit jeder Kultur ab, und man er- 
hält zuletzt eine beinahe ganz reine Sprosshefe. Es ist sicherer und förderlicher, wenn man die Nähr- 
lösungen etwas sauer macht. 

Von dem Masse, in welchem die Reinheit der Sprosshefe zunimmt, 9kann man sich aus dem 
Umstande eine Vorstellung bilden, dass das Verfahren eine 5 bis 8fache Vermehrung in jeder Nähr- 
lösung gestattet. Bei gelungener Kultur nimmt die Prozentzahl der Spaltpilze nahezu in dem näm- 
lichen Verhältniss ab. 


145 


einem gegebenen Moment zahlreiche Sprosspilze und wenig zahlreiche 
Spaltpilze in einer Zuckerlösung vertheilt sind, so wird diese in die eigen- 
artigen Schwingungszustände der Alkoholgärung versetzt. Die wenig 
zahlreichen und isolirten Spaltpilze vermögen dagegen nicht aufzukommen, 
sie vermögen auch den nächst liegenden Zuckermolecülen nicht die der 
Milchsäuregärung oder Mannitgärung entsprechenden Schwingungszustände 
mitzutheilen. Es müssen im Gegentheil die durch die ganze Flüssigkeit 
verbreiteten, der Alkoholgärung zukommenden Bewegungen bis in die 
Spaltpilzzellen hinein ihre Wirkung äussern und hier die normalen Be- 
wegungszustände im Plasma beeinträchtigen. Denn da die Schwingungen 
im Plasma solche in der Flüssigkeit hervorgerufen, so müssen auch 
Schwingungen in der Flüssigkeit, die durch fremde Ursachen bedingt 
sind, diejenigen im Plasma verändern, — und da jede Hefenart eigen- 
thümliche Bewegungszustände auf die Flüssigkeit überträgt, so muss sie 
durch andersartige Bewegungszustände der Flüssigkeit abnormal, also 
krankhaft berührt werden. Wir begreifen daher, dass eine reiche Aus- 
saat und Vegetation von Sprosshefe die spärlich vorhandenen Spaltpilze 
am Wachsthum und an der Vermehrung hindert und somit unterdrückt. 

Es würde nun ein sehr grosses Interesse gewähren, wenn wir wüssten, 
wie gross die Wirkungssphäre einer Sprosshefenzelle angenommen werden 
kann. Die einzige Thatsache, die einigen und zwar nur dürftigen Auf- 
schluss darüber giebt, ist die Hefenmenge, welche man anwenden muss, 
um das Wachsthum der Spaltpilze unmöglich zu machen. Dieselbe be- 
trägt für 1 Lit. Nährlösung etwa 1,7 gr. Trockensubstanz oder 10 ccm. 
dicke und feste Hefenmasse, die bloss aus Zellen ohne anhängendes 
Wasser besteht. Wenn sich diese Hefe gleichmässig in der Nährflüssig- 
keit vertheilte, so käme auf eine Zelle das Hundertfache ihres Volumens 
Wasser und der Radius der Wirkungssphäre') würde nicht mehr als das 
2,3fache des Zellendurchmessers (das 4,6 fache des Zellenradius) betragen. 
Nun ist aber die Hefe weit davon entfernt, sich gleichmässig in der 
Flüssigkeit zu vertheilen. Ein ziemlicher Theil derselben befindet sich 
jeweilen auf dem Grunde, unter Umständen auch an der Oberfläche; die 


1) Radius der Wirkungssphäre gleich dem Abstand von dem Mittelpunkt der Zelle bis zum 
Umfang der Wirkungssphäre. 


146 


übrige Hefe ist in auf und absteigender Bewegung begriffen. Wir können 
somit annehmen, dass auf eine Zelle das Zwei- bis Fünfhundertfache ihres 
Volumens Wasser treffe, sodass dieselbe auf eine Entfernung wirken muss, 
die das Drei- und Vierfache ihres Durchmessers beträgt. Der Radius der 
Wirkungssphäre bei der Verdrängung der Spaltpilze wäre somit wenigstens 
auf 0,03 bis 0,04 mm. (Zellendurchmesser = 0,01 mm.), somit die Distanz 
von der Zellenoberfläche, wo die Wirkung noch bemerkbar ist, auf 0,025 
bis 0,035 mm. zu veranschlagen. 

Ich habe oben (8.112) aus anderen Thatsachen geschlossen, dass die 
Sprosshefenzelle auf eine Entfernung von 0,02 bis 0,05 mm. Zucker ver- 
gären könne. Die Bestimmung der beiden Wirkungssphären (Gärungs- 
und Verdrängungssphäre) führt daher ziemlich genau zu dem nämlichen 
Ergebniss. 


Da die Gärthätigkeit einer Zelle, wie ich gezeigt habe, auf fremde 
Zellen gleichsam giftig wirkt, so ist es nicht ohne Interesse, die Wirkung 
der Gifte auf lebende Zellen damit zu vergleichen. Ich will vorzugs- 
weise nur von dem Einfluss derselben auf die Gärungspilze sprechen, um 
nicht möglicher Weise Fremdartiges in die Vergleichung aufzunehmen. 

Die Gifte wirken ungleich, viele dadurch, dass sie eine chemische 
Veränderung in dem lebenden Plasma verursachen, wie dies beispiels- 
weise mit dem Chlor und dem Cyan der Fall ist, oder dass sie die lös- 
lichen Albuminate fällen, wie dies die Salze von Kupfer, Blei, Silber, 
Quecksilber und einige Säuren thun. 

Die übrigen Gifte, welche keine chemische Umsetzung zur Folge 
haben, können bloss als Contactsubstanzen Einfluss ausüben. Ihre Wir- 
kungsweise kann wieder verschieden sein, jenachdem mehr die Anziehung, 
welche von dem Giftmolecül und dessen Atomgruppen auf die Verbin- 
dungen des lebenden Plasma geltend gemacht wird, oder die Bewegungs- 
zustände, welche übertragen werden, entscheidend sind. 

Beispiele für das Vorwiegen der Anziehung bei der Contactwirkung 
finden wir in den Säuren. Alle Säuren verlangsamen schon in verhält- 
nissmässig geringen Mengen die Ernährung und die Gärthätigkeit; es 


147 


thun dies auch diejenigen Säuren, welche selber zur Ernährung dienen, 
wie die organischen, die Phosphor- und Schwefelsäure. Dass dieselben 
chemische Verbindungen eingehen, ist nicht wohl denkbar, weil mit der 
Abstufung der Concentration die Verzögerung des Lebensprocesses in allen 
Verhältnissen abgestuft werden kann. Da ferner die verschiedenen Säuren 
bei ganz ungleicher Zusammensetzung (man vergleiche Salzsäure, Schwefel- 
säure, Citronensäure) die nämliche Wirkung äussern, so können wir das 
Uebereinstimmende nicht in den Schwingungszuständen einer bestimmten 
Atomgruppe, sondern nur in dem chemischen Charakter der Säure finden. 
Die Annahme liegt nahe, dass das Säureradikal eine vorwiegende An- 
ziehung auf die Amidgruppen in den Albuminaten und Peptonen ausübe 
und dadurch das lebende Plasma in seiner normalen Bewegung störe. 
Diess ist um so wahrscheinlicher, als im Allgemeinen der schädliche Ein- 
fluss mit der Stärke der Säure zunimmt. 

Beispiele für giftige Contactwirkung, ohne dass eine vorwiegende 
chemische Anziehung im Spiele ist, bieten uns der Schwefelkohlenstoff, 
das Chloroform, die ätherischen Oele, einige Alkohole. Hier können es 
nur Bewegungszustände der Atome und Atomgruppen sein, welche einen 
nachtheiligen Einfluss auf die Plasmamolecüle haben. 

Es gibt auch giftige Substanzen, in denen die beiden Wirkungsarten 
des Contactes vereinigt sind. So verdankt die Ameisensäure ihre giftigen 
Eigenschaften nicht bloss der Anziehung, welche das Säureradikal ausübt, 
sondern zugleich noch besonderen Bewegungszuständen; denn geringe 
Mengen derselben vollbringen die nämlichen Störungen wie viel grössere 
Mengen anderer starker Säuren. — Ferner wirken wahrscheinlich ver- 
schiedene Verbindungen, die bei stärkerer Concentration eine chemische 
Veränderung im Plasma verursachen, in schwacher Lösung bloss durch 
Contact, so die Karbolsäure, die schweflige Säure, die Gerbstoffe, die 
giftigen Salze;!) — und zwar wäre bei den einen die molecularphysikali- 


1) Der Chemiker wird geneigt sein, die Wirkung dieser Gifte immer durch das Zustandekommen 
eines chemischen Prozesses zu erklären. Es ist aber zu berücksichtigen, dass in manchen Fällen das 
Wasser eine gewisse, wenn auch geringe Menge löst, ehe die chemische Wirkung eintritt. So werden 
Stärkekörner durch Jod erst blau gefärbt, wenn ein bestimmter Grad der Lösung überschritten wird. 
In gleicher Weise verhalten sich wohl auch viele Gifte zu den lebenden Zellen; die ersten Mengen 
verursachen noch nicht eine chemische Veränderung, aber sie stören die normalen Bewegungen. Diess 


Abh.d.II. Cl.d.k. Ak.d. Wiss. XIII. Bd. II. Abth. 20 


148 


sche Bewegung, bei den andern die chemische Anziehung entscheidend. 
Während Carbolsäure, Salicylsäure, die Gerbstoffe durch die Bewegungs- 
zustände besonderer Atomgruppen, die giftigen Salze durch die Beweg- 
ungszustände des Kupferoxyds, des Bleioxyds u. s. w. wirksam sein mögen, 
müssen wir bei der schwefligen Säure wohl vorzüglich an die Anziehung 
denken, welche die freien Werthigkeiten derselben auf den Sauerstoff der 
organischen Verbindungen ausüben, ohne denselben wirklich frei machen 
und sich aneignen zu können. 

Ueber die Wirksamkeit einzelner Gifte sind verschiedene Theorieen 
aufgestellt worden, wobei man, wie ich glaube, den Fehler gemacht hat, 
Erscheinungen, die erst nachträglich eintreten, als die unmittelbaren 
Folgen der giftigen Einwirkung zu betrachten. So hat man von der 
Schwefelsäure, dem Alkohol und anderen Substanzen behauptet, dass sie 
durch Wasserentziehung wirken. Auch die schweflige Säure soll diess 
thun, weil Pflanzenblätter in einer Atmosphäre mit geringen Mengen 
von schwefliger Säure vertrocknen. Es ist nun sicher, dass das Schweflig- 
säureanhydrid der Pflanzensubstanz nicht bloss Sauerstoff sondern auch 
Wasser entzieht. Allein dieses Gift verursacht in so geringen Mengen 
das Verderben der Pflanzen, dass die entsprechende minimale Wasser- 
menge keine Schuld an dem Vertrocknen der Blätter haben kann, welche 
in warmer trockner Luft viel mehr Wasser durch Verdunsten ohne Nach- 
theil verlieren. Uebrigens übt die schweflige Säure in den nämlichen 
geringen Quantitäten auf die im Wasser lebenden Pflanzen, wo die Wasser- 
entziehung ohne Bedeutung ist, einen eben so schädlichen Einfluss aus. 

Dass dieses Gift durch Contact wirkt, geht, wie ich glaube, mit 
grosser Wahrscheinlichkeit aus dem Verhalten der damit behandelten 
Hefenzellen hervor. Schweflige Säure in solcher Menge dem rothen 
Weinmost zugesetzt, dass sie denselben eben zu entfärben vermag, ver- 
hindert die Entwicklung der Hefenkeime, tödtet dieselben aber nicht. 
Man kann somit nicht wohl annehmen, dass sie eine Zersetzung ver- 
ursache, sondern bloss, dass sie durch ihre Anwesenheit einen schädlichen 


ist um so wahrscheinlicher, als geringe Mengen der Gifte den Lebensprocess nur verlangsamen oder 


in zeitweisen Stillstand versetzen, ohne ihn zu vernichten oder auch nur auf die Dauer zu beein- 
trächtigen. 


149 


Einfluss auf das lebende Plasma und dessen normale Bewegungen aus- 
übe. Sowie man nach kürzerer oder längerer Zeit Sauerstoff zu dem 
geschwefelten Weinmost zutreten lässt, so geht die schweflige Säure in 
Schwefelsäure über, der rothe Farbstoff wird wieder hergestellt, und bald 
beginnt auch, indem die Hefenkeime sich entwickeln und vermehren, 
Alkoholgärung. In gleicher Weise muss die schweflige Säure, die in der 
Nähe von Fabrikgebäuden in der Atmosphäre enthalten ist, auf die 
Blätter der höheren Pflanzen einwirken. Sie unterdrückt die Lebens- 
thätigkeit des Plasmas und das Vertrocknen ist eine secundäre Erschein- 
ung, welche immer eintritt, wenn in dem Gewebe der Blätter durch 
irgend eine schädliche Ursache die normalen Processe gestört werden. 

Da ein gärthätiger Pilz lediglich durch die molecularen Schwing- 
ungen, welche er in der Nährflüssigkeit veranlasst, das Leben anderer 
Pilze verhindert und da offenbar manche Gifte dasselbe thun, so lag der 
Gedanke nahe, man könnte vielleicht durch mechanische Erschütterung 
auf die Lebensthätigkeit der niederen Pilze einwirken, wie ja auch Er- 
schütterungen sehr auffällige Reactionen an reizbaren höheren Pflanzen 
hervorbringen. Diese Einwirkung wäre dann, nach Analogie der im 
Vorhergehenden besprochenen Thatsachen, im Allgemeinen eine nach- 
theilige, im besonderen Falle eine günstige. Ich habe aber früher diesen 
Gedanken wieder aufgegeben, weil es mir schien, dass die Bewegungen, 
die bei Versuchen auf mechanischem Wege in einer Flüssigkeit sich er- 
zeugen lassen, im Verhältniss zu den molecularen Bewegungen allzu lang- 
sam seien, um eine bemerkbare Störung zu veranlassen. Ich ging dabei 
von der Thatsache aus, dass in reissenden Gebirgsbächen und namentlich 
unter Wasserfällen eine Algenvegetation gedeiht. 

Nun ist aber in neuester Zeit die schädliche Wirkung der Er- 
schütterung von Nährflüssigkeiten behauptet und als experimentell er- 
'weisbar dargestellt worden. Es besteht selbst schon ein Prioritätsstreit 
über das Verdienst der Entdeckung zwischen Alexis Horvath und 
Paul Bert. Ersterer berichtet über seine Versuche in Pflüger’s Archiv 
(Bd. 17. S. 125. 1878) und geht dabei von den vermeintlichen Thatsachen 
aus, dass die Spaltpilze in den grösseren Arterien der Thiere sich nicht 
vermehren und dass einmal in einem strömenden Bache weder Thiere 
noch Pflanzen bemerkt wurden. Was die erstere Behauptung betrifft, so 

20* 


150 


habe ich sie schon früher auf ihre wirkliche Bedeutung zurückgeführt. !) 
Was aber den strömenden Bach betrifft, so wurde vielleicht die Vege- 
tation der mikroskopischen Gewächse darin übersehen. Wenigstens ist es 
Thatsache, dass in den reissenden Bächen der Alpen, in denen der Laie 
keine Pflanzen und Thiere sieht, von dem Botaniker auf den Steinen ein 
äusserst dünner Ueberzug von Algen vorzüglich aus der Gruppe der 
Nostochinen (Chroococcaceen etc.) gefunden wird. Der Mangel an grös- 
seren, dem blossen Auge sichtbaren, fadenförmigen Algen erklärt sich 
einfach aus dem Umstande, dass dieselben gegenüber der mechanischen 
Gewalt des strömenden Wassers sich nicht festzuhalten vermögen. 


Zu den Versuchen, welche Horvath im Laboratorium des Herrn 
Claude Bernard in Paris auszuführen Gelegenheit fand, dienten 20cm. 
lange, bis 2 cm. weite, an beiden Enden abgerundet-zugeschmolzene Glas- 
röhren, die zur Hälfte mit der Nährflüssigkeit, zur Hälfte mit Luft ge- 
füllt waren. „Die Röhren wurden durch einen Wassermotor geschüttelt, 
der ein Brett, auf welchem die Röhren horizontal befestigt waren, in 
horizontaler Richtung in eine 25 cm. umfassende Bewegung (100 bis 110 
Mal in der Minute) versetzte. Nach jeder Bewegung empfing das Brett 
durch eine besondere Einrichtung noch einen Extrastoss, was die Flüssig- 
keit noch heftiger schüttelte.“ 


Als Resultat wird angegeben, dass zwei geschüttelte Röhren nach 
24 Stunden noch klar geblieben waren und keine Vermehrung der Spalt- 
pilze zeigten, während zwei andere unter den gleichen Bedingungen, aber 
ın der Ruhe gehaltene Röhren sich trübten. Auch die ersteren zwei 
Röhren zeigten, nachdem sie während weiteren 28 Stunden ruhig gehalten 
wurden, Trübung und Vermehrung der Spaltpilze. Andere Röhren da- 
gegen, die sich 48 Stunden lang auf dem Schüttelapparat befanden, blieben 
nachher auch in der Ruhe klar und ohne Zunahme der Spaltpilze. Da- 
raus wird geschlossen, dass durch eine continuirliche Bewegung von 24 
Stunden die Vermehrung dieser Pilze verhindert und durch eine Beweg- 
ung .von 48 Stunden ihre Fähigkeit der Vermehrung aufgehoben werde. 


1) Die niederen Pilze in ihren Beziehungen zu den Infectionskrankheiten und der Gesundheits- 
pflege S. 124 (1877). 


151 


Diese Versuche sind geeignet, das Interesse der Physiologen in hohem 
Grade in Anspruch zu nehmen, und ich würde sie namentlich auch als 
Bestätigung für die molecularphysikalische Gärungstheorie und für die 
oben ausgesprochene Meinung betreffend die Wirkungsweise mancher 
Gifte begrüssen, wenn nicht einige kritische Bedenken gegen die Richtig- 
keit der Schlussfolgerungen sich mir aufdrängten. 

Das eine ‘Bedenken betrifft die Wirksamkeit der angewendeten 
Schüttelbewegung. Es ist klar, dass dieselbe von dem Grade der Er- 
schütterung abhängt, welcher seinerseits bedingt wird durch die Ge- 
schwindigkeit, mit welcher man die Flüssigkeit gegen die Glaswand 
schleudert. Wir vermissen darüber eine bestimmte Angabe, da aus den 
wenigen oben wörtlich angeführten Sätzen nur vermittelst willkürlicher 
Annahme eine Schätzung möglich ist. Befand sich das Brett in einer 
continuirlichen und gleichmässigen hin- und hergehenden Bewegung, 
machte es in dieser Art 100 bis 110 Excursionen von 25cm. in die 
Minute, waren die Röhren überdem in der günstigsten Stellung (die 
Längendimension parallel der Bewegungsrichtung), so legte die Flüssig- 
keit in 0,6 bis 0,55 Secunden einen Weg von 30 cm. (25 cm. Excursion 
des Brettes und 5 cm. halbe Länge der halbgefüllten Röhre) zurück, was 
in der Secunde eine Geschwindigkeit von 50 bis 54cm. ergiebt. Die 
Bewegung war aber wahrscheinlich keine gleichmässige, sondern eine 
stossweise mit zwischenliesenden Pausen, so dass die Geschwindigkeit 
wohl das Doppelte (100 cm.) betrug. Wäre aber die Stellung der Röhren 
eine andere als die vorhin angenommene, so würde die Bewegung der 
Flüssigkeit erheblich langsamer. Der seitliche Extrastoss. kann die Ge- 
schwindiskeit nur in unbedeutendem Masse durch Vergrösserung der 
Weglänge vermehrt haben, wenn er überhaupt eine Wirkung hatte. 
Schwerlich hat also die Geschwindigkeit, mit der die Flüssigkeit in den 
Röhren hin und her geschleudert wurde, viel mehr als 1 Meter in der 
Secunde betragen; ich will sie aber, um keinen Fehler zu begehen, zu 
2 m. annehmen. 

Vergleichen wir nun damit die Erschütterungen unter Wasserfällen, 
so müssen dieselben eben so gross sein, wo die Wassermasse bloss !/ı m. 
‚hoch fällt, weil sie mit der nämlichen Geschwindigkeit auf die Steine 
stösst, wie die Nährflüssigkeit auf dem Schüttelapparate von Horvath an 


152 


die Glaswandung. Wasserfälle von 5 bis 20 m. Höhe, die in den Alpen 
so häufig sind, prallen mit einer 5 bis 10 mal grösseren Geschwindigkeit 
auf, von den höheren Fällen gar nicht zu sprechen, wo die Geschwindig- 
keit den 20 bis 40 fachen Werth erreichen kann. Die Erschütterung 
verursacht die Töne, welche man bei grösseren Wasserfällen neben dem 
Geräusch wahrnimmt und welche, wie Heim gezeigt hat, bestimmte 
Accorde bilden. Ich halte es überhaupt für unmöglich, auf künstlichem 
Wege Wasserpflanzen in so heftige Erschütterung zu versetzen, wie sie 
die unter den Wasserfällen vegetirenden Algen zeitlebens erfahren. 

Es ist also sicher, dass es Algen giebt, welche im natürlichen Zu- 
stande ohne Nachtheil für ihre Ernährung und Fortpflanzung viel stär- 
kere Erschütterungen aushalten, als sie bei den Schüttelungsversuchen 
von Horvath erzeugt wurden. Daraus würde allerdings die Wahr- 
scheinlichkeit sich ergeben, dass die Unterbrechung und Vernichtung der 
Lebensthätigkeit, welche bei diesen Versuchen beobachtet wurden, nicht 
auf Rechnung der Bewegung zu setzen wären. Denn es lässt sich nicht 
wohl annehmen, dass die Spaltpilze, welche in jeder Beziehung als die 
widerstandsfähigsten Organismen sich erweisen und zugleich auch die 
kleinsten bekannten Zellen darstellen, gegen Erschütterung sich so viel 
empfindlicher verhalten sollten, als die ihnen in manchen Beziehungen 
nahe verwandten Nostochinen. — Ich könnte, ausser den unter Wasser- 
fällen wachsenden mikroskopischen Algen, als weitere Analogie noch an 
die grösseren auf Klippen wachsenden Meeralgen erinnern, welche bei 
anhaltendem Sturm durch die Brandung wohl in nicht geringere Beweg- 
ung gerathen als die Pilze in den Schüttelröhren, sowie an die Zweige 
und Blätter von Bäumen, welche bei dauerndem heftigem Wind gewiss 
noch heftiger erschüttert werden. 

Die Frage wäre somit, ob die Resultate der Horvath’schen Versuche 
nicht einer andern Ursache zugeschrieben werden können als der mecha- 
nischen Erschütterung. Dies ist mir allerdings nach meinen Erfahrungen 
über Spaltpilzkulturen nicht unwahrscheinlich. In dieser Beziehung sind 
zwei Momente ins Auge zu fassen, die Temperatur und die Zusammen- 
setzung der Nährlösung. 

Was die Temperatur betrifft, so schwankte sie bei dem ersten 
24 stündigen Versuch von Horvath zwischen 24° und 36°C., bei dem 


153 


zweiten 48 stündigen zwischen 30° und 36°C. Es ist dies im Allge- 
meinen die günstigste Temperatur für Spaltpilzkulturen. Der Wärme- 
grad, bei welchem das Wachsthum aufhört, liegt übrigens sehr ungleich 
hoch, je nach der chemischen Zusammensetzung der Nährlösung, meistens 
nur wenig höher als der günstigste Temperaturgrad. Es giebt manche 
Nährlösungen, welche nur eine geringe Erhöhung über 36°C. gestatten, 
ohne dass die Vermehrung der Spaltpilze stille steht, und auch solche, 
die man nicht einmal auf 36° erwärmen darf, ohne die Vermehrung zu 
hemmen. Bei den Horvath’schen Versuchen war die Temperatur für die 
angewendete Nährlösung zwar günstig, wie die Controlversuche mit den 
in Ruhe gehaltenen Röhren zeigen. Allein in den geschüttelten Röhren 
muss durch die mechanische Bewegung eine entsprechende Erhöhung der 
Temperatur eingetreten sein, indem ja schon Mayer 1842 zeigte, dass 
durch Schütteln das Wasser in einer Flasche von 12 auf 13° stieg. 

Es ist nun allerdings unbekannt, um wie viel die Wärme in den 
genannten Versuchen gestiegen, und fraglich, ob daraus der erhaltene 
Effect erklärt werden kann. Letzteres dürfte um so eher als möglich 
erscheinen, da die Ungleichheit im Effect zwischen dem 24 und 48 stün- 
digen Schütteln schwerlich allein die Folge der ungleichen Zeitdauer ist. 
Anders würde es sich verhalten, wenn die Temperatur schädlich wirkte, 
weil dieselbe beim 24 stündigen Versuch zwischen 24° und 36° schwankte, 
also wohl nur selten das Maximum erreichte und damit die zulässige 
Grenze überschritt, während beim 48 stündigen Versuch, bei welchem die 
Temperatur zwischen 30° und 36° betrug, diese Grenze während der 
gleichen Zeit viel häufiger überschritten werden musste. Es hätte somit 
beim 48stündigen Versuch die Gesammtdauer der schädlichen Tempera- 
turen nicht das Doppelte, sondern das Mehrfache von derjenigen beim 
24 stündigen Versuch betragen, und damit wäre das sonst unbegreifliche 
Resultat erklärt, dass beim 24stündigen Versuch bloss eine geringe 
Schwächung, ein rasch vorübergehender Starrezustand, beim 48 stündigen 
Versuch dagegen die Tödtung ') der Spaltpilze oder ‘wenigstens eine sehr 
intensive und nachhaltige Schwächung derselben beobachtet wurde. 


1) Aus dem Umstande, dass die vorher geschüttelten Röhren nach mehr als 48 stündigem Auf- 
enthalt im Brütofen ungetrübt blieben, schliesst Horvath, dass die Fähigkeit der Pilze, sich zu 


154 


Die soeben angestellte Betrachtung über die Temperatur in den ge- 
schüttelten Röhren lässt es als sehr wünschbar erscheinen, genau das 
andere Moment, die chemische Zusammensetzung der Nährflüssigkeit zu 
kennen. Leider gestatten die Angaben Horvath’s auch hierüber kein 
bestimmtes Urtheil. Er „benützte eine Flüssigkeit von folgender Zusam- 
mensetzung: Auf 1 Liter destillirten Wassers wurden genommen: 10 gr. 
neutrales weinsteinsaures Ammoniak, 5 gr. saures phosphorsaures Kali, 
5 gr. schwefelsaure Magnesia, und !/ gr. Chlorcaleium. Diese Lösung, 
gekocht und filtrirt, war völlig kiar und durchsichtig.“ Es ist voraus- 
zusehen, dass aus einer solchen Mischung ein reichlicher Niederschlag 
von phosphorsaurer Magnesia beim Filtriren entfernt wurde; es bleibt 
aber ungewiss, was zurückgeblieben ist und welche Zusammensetzung die 
klare Nährlösung wirklich hatte. Dies ist aber ein sehr wichtiger Punkt, 
wenn es sich um Kultur bei höheren Temperaturen handelt. Im Allge- 
meinen. vertragen die Spaltpilze in ungünstigen Nährlösungen weniger 
hohe Temperaturen; dabei kommt es wesentlich auf die Menge einzelner 
in Lösung befindlicher Stoffe an. Am wenigsten lassen sich saure Flüs- 
sigkeiten ohne Nachtheil erwärmen, und die Horvath’sche Lösung reagirte 
jedenfalls erheblich sauer, da in derselben sich 1/2 Proz. eines sauren 
Salzes befand. 

Für solche Versuche dürfte sich !/ bis 1 Proz. neutrales weinsaures 
Ammoniak mit einigen Proz. Zucker, noch besser aber Fleischextract 
oder Pepton mit Zucker empfehlen, da bei solcher Nahrung die Spalt- 
pilze den freien Sauerstoff entbehren können, den sie beim Genuss von 
Ammoniaksalz allein nöthig haben. Vor Allem aber sollten nach meiner 
Ansicht die Schüttelversuche bei gewöhnlicher oder nur mässig erhöhter 
Temperatur (jedenfalls nicht bei Brütwärme) angestellt werden, um ganz 
sicher zu sein, dass die durch den mechanischen Effect erzeugte Wärme 
niemals schädlich werden kann. 

Um schliesslich ein Urtheil über die Wirkung der mechanischen 
Erschütterung abzugeben, so möchte ich die Horvath’schen Behauptungen 


vermehren, aufgehoben worden sei. Es folgt indess daraus bloss eine ziemlich hochgradige Schwächung; 
die Brütwärme muss oft viel länger einwirken, ehe eine bemerkbare Vermehrung der geschwächten 
Spaltpilze eintritt. 


155 


nicht als unrichtig oder unmöglich erklären. Aber sie scheinen mir, mit 
Rücksicht auf die gemachten Einwürfe, nicht so sehr über jeden Zweifel 
erhaben, dass die Physiologie mit ihnen rechnen dürfte, und es wäre im 
‚höchsten Grade wünschbar, wenn eine Wiederholung der Versuche mit 
besseren Nährlösungen und bei niedrigeren Temperaturen stattfände. Die 
Sache ist nicht bloss für die Theorie der Gärthätigkeit und der Giftwir- 
kung, sondern für alle physiologischen Processe von hohem Interesse. 
Bis neue Erfahrungen uns sicheren Aufschluss geben, müssen wir die 
Wirkungen mechanischer Erschütterung auf die molecularen Bewegungs- 
zustände des lebenden Plasmas für problematisch halten. 


Es giebt noch eine sehr bemerkenswerthe Erscheinung der physio- 
logischen Thätigkeit, in welcher die gärenden Zellen sich anders ver- 
halten als die nicht gärenden, nämlich die Ausscheidung von Verbin- 
dungen des Zelleninhaltes.- In einer früheren Mittheilung ') wurde ge- 
zeigt, dass Bierhefe in Wasser, dem so viel Phosphorsäure zugesetzt ist, 
um die Spaltpilze abzuhalten, während längerer Versuchsdauer einen 
ziemlichen Theil ihrer Albuminate als Peptone ausscheidet, und dass das 
Nämliche beim Kochen der Hefe mit Wasser erfolgt. Ebenso findet man, 
wenn man Bierhefe nur so lange, dass sich die Spaltpilze nicht vermehren 
können, mit reinem Wasser stehen lässt, Peptone in der Flüssigkeit. Fügt 
man dagegen dem Wasser Zucker zu, so dass Gärung eintritt, so kommen 
nicht blos Peptone, sondern auch Albumin aus den Zellen heraus. Die 
bezüglichen Thatsachen sind folgende: 

Bei verschiedenen geistigen Gärungen, die im Brütkasten mit einem durchge- 
leiteten Luftstrom angestellt wurden, entdeckte Hr. O. Loew, Adjunct des pflanzen- 
physiologischen Instituts, am Rande der Flüssigkeit fibrinartige Massen. Dieselben 
waren ohne Zweifel unter der Einwirkung des Sauerstoffs aus Eiweiss entstanden. 
Wie kam aber das Eiweiss in die Nährflüssigkeit, welche anfänglich nur Ammoniak- 
salze enthielt? Es war im höchsten Grade unwahrscheinlich, dass sich Eiweiss aus 
Ammoniak und Zucker ausserhalb der Hefenzellen gebildet haben sollte, etwa nach 
Analogie der extracellularen Gärung. Aber es widersprach auch aller Erfahrung, 
dass Zellen Eiweiss spontan ausscheiden, oder dass denselben von angesäuertem Wasser 
(in den fraglichen Fällen reagirte die gärende Flüssigkeit stets sauer) Eiweiss ent- 


1) Sitzungsberichte der k. b. Akad. d. W. vom 4. Mai 1878. 
Abh.d. II. Cld.k. Ak.d. Wiss. XIII. Bd. II. Abth. 21 


156 


zogen werden sollte. Es wurden daher einige Versuche angestellt, um zu ermitteln, 
unter welchen Umständen Eiweiss und Fibrin in einer Flüssigkeit, welche Bierhefe 
enthält, auftreten. Dabei waren die Verhältnisse denjenigen, unter denen die Beob- 
achtung gemacht worden, möglichst gleichgehalten. 

Zu den Versuchen 1—10 dienten Kolben von ungefähr 1,5 Lit. Inhalt, jeder 
mit 250 gr. Wasser und 2 gr. Bierhefe (Trockengewicht). Das Wasser enthielt als 
mineralische Nährsalze 2 Proz. neutrales phosphorsaures Kali, 0,02 Proz. schwefel- 
saure Magnesia und 0,01 Proz. Chlorcaleium. Die Kolben standen in einem Brüt- 
kasten, dessen Temperatur 30—32° C. betrug. Durch die Flüssigkeit wurde ein 
continuirlicher Luftstrom geleitet. 

1) Da die Gärungen, bei denen Fibrinbildung beobachtet worden war, etwas 
Milchsäure und Essigsäure enthielten (in Folge neben her gehender Spaltpilzvegetation) 
so wurde zuerst untersucht, ob vielleicht diese Säuren das Austreten von Eiweiss 
aus den Zellen bewirken. Es wurden 2,5 gr. Milchsäure in den Kolben gegeben, 
so dass eine 1 proz. Lösung vorhanden war. Nach 15 Stunden fanden sich nur sehr 
schwache Spuren von Eiweiss, dagegen merkliche Mengen von Pepton in der Lösung, 

2) Essigsäure, in gleicher Menge angewendet, gab ganz das gleiche Resultat 
wie Nr. 1. . 

3) Bei Zusatz von 1 Proz. Milehsäure und 10 Proz. Rohrzucker, so dass eine 
lebhafte Gärung erfolgte, wurden nach der nämlichen Versuchsdauer ebenfalls nur 
äusserst geringe Spuren von Eiweiss in der Lösung beobachtet. 

4) Die Anwendung von 1 Proz. Essigsäure und 10 Proz. Rohrzucker hatte 
das gleiche Resultat wie Nr. 3 zur Folge. 

5) Die Lösung enthielt 1 Proz. kohlensaures Ammoniak (keinen Zucker). Nach 
der Versuchsdauer von 15 Stunden waren erhebliche Mengen von Eiweiss (kein 
Fibrin) in der Flüssigkeit. 

6) Die Lösung enthielt 1 Proz. kohlensaures Ammoniak und 10 Proz. Zucker. 
Nach 15 Stunden zeigte sie einen starken Eiweissgehalt und an dem Rande fibrin- 
artige Fasern. 

7) Der Zusatz von 1 Proz. salpetersaurem Ammoniak und 10 Proz. Zucker 
hatte ein ähnliches Ergebniss wie Nr. 6. Das in Lösung befindliche Eiweiss betrug 
7,3 Proz. des Trockengewichts der angewendeten Hefe. 

8) Bei Anwendung von 1 Proz. essigsaurem Ammoniak und 10 Proz. Zucker 
wurden wie bei Nr. 7 Eiweiss in der Flüssigkeit und fibrinartige Ausscheidungen 
am Rande derselben gefunden. Das Gewicht des Eiweisses betrug nach der gleichen 
Versuchsdauer von 15 Stunden 7,6 Proz. der Trockensubstanz der Hefe. 

Das Eiweiss wurde bei den Versuchen 7 und 8 durch Coagulation in ange- 
säuerter Lösung und Trocknen bei 100° bestimmt; das Fibrin machte in diesen beiden 
und auch in den anderen Fällen nur einen geringen Theil der Eiweissmenge aus. 


9) Pepton (1 Proz.) mit Zucker (10 Proz.) gab reichliches Eiweiss, aber keine 
fibrinartigen Ausscheidungen. 


157 


10) Leuein (1 Proz.) mit Zucker (10 Proz.) gab ebenfalls viel Eiweiss und da- 
neben äusserst geringe Fibrinbildung. 

11) Grössere Mengen von Bierhefe, welche man kürzere oder längere Zeit mit 
Wasser stehen lässt, scheiden bloss Peptone aus. Man findet in dem Wasser keine 
Spur von Eiweiss. 

Die fibrinartigen Massen, welche in den vorstehenden Versuchen in wechselnden 
Mengen beobachtet wurden, hatten ganz das Aussehen von Blutfibrin. Es waren 
elastische Fasern, welche in mässig concentrirter Salzsäure zu einer Gallerte auf- 
quollen und dann sich lösten. Sie machten immer nur einen geringen Theil des 
ausgeschiedenen Eiweisses aus und waren offenbar aus demselben entstanden. Um 
übrigens in dieser Beziehung thatsächliche Gewissheit zu erlangen, wurden noch fol- 
gende Versuche angestellt. 

12) 1 gr. Hühnereiweiss wurde mit 10 gr. neutralem phosphorsaurem Kali in 
500 gr. destillirtem Wasser gelöst und unter Durchleitung eines Luftstromes 12 
Stunden lang auf einer Temperatur von 30°C. erhalten. Nach dieser Zeit war mehr 
als die Hälfte des Eiweisses in eine schwammige elastische Masse verwandelt, welche 
die grösste Aehnlichkeit mit Blutfibrin zeigte. 

13) Ganz der nämliche Versuch wie Nr 12, nur mit Weglassung des phos- 
phorsauren Kalis, gab etwas weniger Fibrin. 

14) Ebenfalls der nämliche Versuch wie Nr, 12, aber mit 2,5 gr. Essigsäure 
statt des phosphorsauren Kalis, gab ungefähr die gleiche Menge Fibrin, also etwas 
mehr als Nr. 13. 

Ob die aus dem Eiweiss der Hefenzellen mit der aus dem Hühnereiweiss ent- 
standenen fibrinartigen Substanz wirklich identisch war, wie es den Anschein hatte, 
und wie sich beide zu dem Blutfibrin verhalten , bleibt dahingestellt. Ebenso muss 
es unentschieden gelassen werden, welche Umstände neben der Einwirkung des Sauer- 
stoffs der Luft auf die Umwandlung des Eiweisses Einfluss haben. Wie es scheint 
wird die Fibrinbildung durch die Anwesenheit von Säuren oder Salzen befördert. 

Zu den offenen Fragen gehört endlich auch das Verhältniss zwischen den von 
den Hefenzellen herstammenden fibrinartigen Massen und dem von Melsens (Jah- 
resbericht 1857 S. 531) erwähnten, sogenannten „künstlichen Zellgewebe‘‘, welches 
er vermittelst mechanischer Bewegung und vermittelst Durchleiten von Luft oder 
Kohlensäure aus Eiweisslösungen erhielt. 


Aus den eben mitgetheilten und den in der früheren Mittheilung !) 
enthaltenen Thatsachen müssen folgende Schlüsse gezogen werden: 

1) Die Sprosshefe scheidet, wenn sie keine Gärung bewirkt, in neu- 
tralen, in schwach und stärker sauren Flüssigkeiten bloss Peptone (kein 


1) Sitzungsberichte der k. b. Akad. d. W. vom 4. Mai 1878. ae 
1 


158 


Eiweiss) aus; das Nämliche geschieht unter den gleichen Umständen, wenn 
die Hefenzellen getödtet sind. 

2) Dagegen scheidet die Sprosshefe, auch wenn keine Gärung statt 
hat, in alkalischen Lösungen Eiweiss aus, die Zellen mögen lebend oder 
todt sein. 

3) Die Sprosshefe scheidet, wenn sie Zucker vergärt, in neutralen, 
schwach alkalischen und schwach sauren Flüssigkeiten Eiweiss aus. 

4) Dagegen scheidet sie auch bei lebhafter Gärung in stärker sauren 
Flüssigkeiten kein Eiweiss, sondern nur Peptone aus. 

Mit Hülfe der Gärthätigkeit diosmirt also das Eiweiss durch die 
Hefenzellmembranen unter Umständen, unter denen es ohne dieselbe 
nicht hindurchgeht. Die Gärthätigkeit übt in dieser Beziehung die gleiche 
Wirkung aus, wie eine alkalische Lösung, welche die Membranen durch- 
dringt. Dagegen wird diese Wirkung aufgehoben, wenn die Flüssigkeit 
stark sauer ist. 

Die Frage wäre nun, wie verhält sich die Theorie der Gärung zu 
den angeführten merkwürdigen Erscheinungen? Wie ist der mechanische 
Effect der Gärthätigkeit auf die Diosmose des Eiweisses zu erklären? Zu 
diesem Behufe müssen wir eine Vorstellung über die mechanischen Ur- 
sachen zu gewinnen suchen, warum Eiweiss unter gewöhnlichen Umständen 
nicht durch Membranen hindurchgeht. Es ist daher nöthig, etwas näher 
auf das Verhalten der verschiedenen Lösungen einzugehen. 

Gewöhnlich unterscheidet man zwei Gruppen von Stoffen, welche in Lösung 
ungleiche Eigenschaften zeigen, Krystalloide. und Colloide. Die ersteren haben die 
Fähigkeit, Krystalle zu bilden und durch Membranen zu diosmiren; sie geben 
spritzende Lösungen. Die letzeren vermögen nicht zu krystallisiren, nicht oder nur 
in geringem Masse durch Membranen hindurch zu gehen; sie bilden schleimige faden- 
ziehende Lösungen. Dieser Gegensatz war für den Entdecker gerechtfertigt; die 
jetzigen fortgeschrittenen Kenntnisse haben die Unterscheidung von Krystalloiden und 
Colloiden in der früheren Form mehr und mehr unhaltbar gemacht. Denn es giebt 
einzelne Krystalloide, welche diosmiren aber nicht krystallisiren, wie der Frucht- 
zucker; ferner gibt es Colloide, welche unter gewissen Umständen nicht, unter anderen 
leicht diosmiren, und ferner kennt man schon mehrere, welche in krystallähnlichen 
Formen sich ausscheiden, wie Albuminate, Amylodextrin und Inulin. Wir können 
also nicht zwei Gruppen von Stoffen, sondern nur verschiedene Eigenschaften unter- 
scheiden, die bald so, bald anders zusammentreffen, und bei der nämlichen Verbindung 
je nach den äusseren Einflüssen sich ungleich verhalten. 


159 


Die wichtigste Eigenschaft, in der die Lösungen sich verschieden zeigen, besteht 
in der moleeularen Constitution. In dieser Beziehung gibt es zwei Klassen, einerseits 
die Lösungen von Salzen, Zucker u. s. w.; anderseits diejenigen der organisirten 
Stoffe (Eiweiss, Stärke, Cellulose). In den ersteren sind zwischen den Wassertheil- 
chen die vereinzelten Molecüle, in den letzteren die vereinzelten Micelle (krystallini- 
sche Molecülgruppen) vertheilt. 


Wenn man einen Krystall von Salz oder von Zucker in Wasser legt, so lösen 
sich von demselben Molecüle ab, welche sich in der ganzen Flüssigkeitsmasse ver- 
breiten. Dieser Vorgang kommt zu Stande 1) durch das Verhältniss der Anziehung 
der Salzmolecüle unter sich, der Wassermolecüle unter sich und der Salzmolecüle zu 
den Wassermolecülen, und 2) durch die Bewegungszustände, in denen sich die klein- 
sten Theilchen befinden, durch die schwingende Bewegung der Krystallmolecüle und 
die fortschreitende Bewegung der Wassermoleeüle. Ist die lebendige Kraft, mit der 
ein oberflächliches Krystallmolecül in Folge seiner eigenen Schwingung und des 
Stosses der anprallenden Wassermoleeüle sich in der Richtung gegen das Wasser 
bewegt, vermehrt durch die Gesammtanziehung, welche das Wasser auf dasselbe aus- 
übt, grösser als die Summe der Cohäsion, durch welche es an den Krystall gebunden 
ist, und der Cohäsion des Wassers, welche es zu überwinden hat, so geht es in die 
Lösung über. Unter anderen, leicht zu beurtheilenden Umständen kehrt ein Molecül 
aus der Lösung zum Krystall zurück, um denselben zu vergrössern, oder auch um 
mit anderen Moleeülen den Anfang zu einem neuen Krystall zu bilden. In der ge- 
sättigten Lösung halten sich beide Bewegungen das Gleichgewicht. 


Während der Zucker sich in Wasser löst, ist die damit verwandte Stärke und 
Cellulose unlöslich ; es gehen keine Stärkemolecüle von dem Stärkekorn in das Wasser 
über. An diesem ungleichen Verhalten können verschiedene Ursachen betheiligt s ein 
die geringere Verwandtschaft von Stärke und Wasser, die grössere Cohäsion der 
Substanz des Stärkekorns, das grössere Gewicht und die schwächeren Bewegungs- 
zustände der Stärkemolecüle. Welcher Antheil an der Wirkung jeder der genannten 
Ursachen zukomme, ist für die vorliegende Betrachtung ohne Belang. 


Die Stärkekörner, die Cellulosemembranen, sowie alle andern organisirten Ge- 
bilde, sie mögen aus eiweissartigen, leimgebenden, elastischen, hornartigen oder anderen 
Substanzen bestehen, sind nicht unmittelbar aus den Molecülen aufgebaut, so dass 
diese eine continuirliche Zusammenordnung bilden würden, — sondern die nächsten 
Bestandtheile sind krystallinische Moleeülgruppen (Micelle), welche im imbibirten Zu- 
stande je durch eine Wasserschicht von einander getrennt sind. Die Krystallnatur 
der Micelle ergibt sich vorzüglich aus dem optischen Verhalten gegen das polarisirte 
Lieht, ihre Benetzung mit Wasserhüllen aus den Erscheinungen beim Aufquellen und 
Eintrocknen der organisirten Substanzen. Ich setze diese Kenntniss des organisirten 


160 


Baues, welcher schon vor 20 Jahren nachgewiesen wurde, voraus!) und verweise 
übrigens auch auf die Anmerkung am Schlusse dieser Abhandlung. 


In analoger Weise wie die Salz- und Zuckerkrystalle sich im Wasser in die 
einzelnen Moleeüle auflösen, können die organisirten Körper in einer geeigneten Lösungs- 
flüssigkeit in die Micelle zerfallen und eine Lösung bilden. Die Ursachen für den 
letzteren Vorgang sind die nämlichen wie für den ersteren. Da aber die (krystalli- 
nischen) Micelle selbstverständlich unter einander einen weniger festen Zusammen- 
hang haben als die Molecüle der nämlichen Verbindung, so ist es begreiflich, dass 
die Lösungsursachen sich schon mächtig genug erweisen, um Micelle von einem 
Körper loszutrennen und eine Micellarlösung zu bilden, während sie noch viel zu 
schwach sind, um die Micelle in die Molecüle zu zerlegen und eine Molecularlösung 
herzustellen. Alle organisirten Körper zerfallen zuerst in die Micelle, wenn über- 
haupt eine Trennung in kleinste Theilchen möglich ist; und im Allgemeinen sind 
von den organisirten Verbindungen bloss Micellarlösungen bekannt, die auf sehr ver- 
schiedene Weise erhalten werden. 


Die Annahme, dass die organisirten Substanzen bei der Lösung in die Micelle 
und nicht in die Molecüle zerfallen, ist nicht bloss eine theoretische Folgerung aus 
den vorhandenen Umständen, sondern sie wird auch durch mehrere T'hatsachen be- 
stätigt, welche zugleich die unterscheidenden Merkmale der Micellarlösungen gegen- 
über den Molecularlösungen aufzeigen. Die wichtigste Thatsache ist die, dass die 
kleinsten Theilchen der Lösungen organisirter Verbindungen beim Uebergang in den 
festen Zustand sich nicht zu Krystallen, sondern zu krystallähnlichen Körpern zu- 
sammenlegen, deren Bau mit dem der organisirten Substanzen übereinstimmt. Ich 
habe dieselben „Krystalloide‘‘ im Gegensatz zu den wirklichen Krystallen genannt, 
weil der Name Krystalloid für eine krystallisirende Substanz im Sinne von Graham 
entweder überflüssig ist, oder dann richtiger Krystallogen heisst. 


Die „Krystalloide‘‘ haben die grösste Aehnlichkeit mit Krystallen, aber sie im- 
bibiren sich mit Wasser, verlieren dasselbe wieder durch Verdunstung (Eintrocknen) 
und sind unter dem Einfluss stärkerer Mittel (Säuren, Alkalien u. s. w.) einer weiter- 
gehenden Quellung fähig. Die Micelle in den Krystalloiden sind also im benetzten 
Zustande durch Flüssigkeitsschichten getrennt. Diese Micelle erweisen sich mit Hülfe 
des polarisirten Lichtes als doppelbrechende winzige Kryställchen. Sie sind ferner, 
was ihre Zusammenordnung betrifft, entweder, wie die Molecüle in den gewöhnlichen 
Krystallen, in parallele Ebenen geordnet, die nach 3 räumlichen Dimensionen verlau- 
fend sich kreuzen (in den Krystalloiden der Albuminate), oder in Kugelschalen um 
einen gemeinsamen Mittelpunkt (in den Sphaerokrystalloiden von Inulin) oder in 


1) Nägeli Stärkekörner 1858; Sitzungsberichte der k. b. Akad. d. W. 8. März 1862 (Botani- 
sche Mittheilungen ], 183); Sachs Handbuch der Experimentalphysiologie der Pflanzen 1865; 
Nägeli und Schwendener Mikroskop 1877. 


161 


Cylindermänteln um eine gemeinsame Axe gelagert (in den Cylindrokrystalloiden 
oder Discokrystalloiden von Amylodextrin). Die Analogie mit den Krystallen besteht 
darin, dass die Micelle in der nämlichen Schicht gleichartig gerichtet sind, und dass 
die gleichlaufenden Schichten in ihrer Orientirung mit einander übereinstimmen. 

Die Krystalloide der Albuminate haben im Pflanzenreiche eine ganz allgemeine 
Verbreitung; !) sie entstehen auch aus Micellarlösungen auf künstlichem Wege. Von 
Kohlenhydraten ist bis jetzt die Krystalloidbildung bei Inulin und Amylodextrin 
gelungen. Es ist sehr wahrscheinlich, dass von allen Substanzen, welche Micellar- 
lösungen bilden, auch Krystalloidausscheidungen erhalten werden können. Aber das 
richtige Verfahren dafür zu finden, ist viel schwieriger als bei der Erzeugung von 
Krystallen, weil die Neigung, sich in unregelmässiger Weise an einander zu legen 
und amorphe Massen zu bilden, aus natürlichen Gründen bei den Micellen viel srös- 
ser ist als bei den Moleeülen. 

Die Micellarlösungen, welche durch den Zerfall der organisirten Körper ent- 
stehen, können ihren Charakter etwas verändern, indem die Micelle in kleinere Mi- 
celle zerfallen. Aber eine Auflösung in die einzelnen Molecüle scheint bei keiner 
organisirten Verbindung ohne chemische Umsetzung möglich zu sein. Am wahr- 
scheinlichsten lässt sich dieses Verhalten bei der Stärke darthun. Die durch Jod 
sich gelb und rothfärbenden Modificationen der eigentlichen Stärke, welche die gröss- 
ten Micelle haben, konnten noch nicht in Lösung erhalten werden. Die blaue Mo- 
dification der Stärke löst sich und geht durch wiederholtes Zerfallen der Micelle in 
das (durch Jod) violette, dann in das rothe Amylodextrin, nachher in das rothgelbe 
und zuletzt in das gelbe Dextrin über. *) Das letztere stellt noch eine Micellarlösung 
dar. Die Spaltung in die einzelnen Molecüle ist nur mit der chemischen Umsetzung 
in Zucker möglich. Ganz ebenso verhält sich die Cellulose; und die Albuminate so 
wie die leimgebenden Substanzen werden nur, indem sie sich in Peptone umwandeln, 
zu Moleeularlösungen. 

Die moleculare Unlöslichkeit der organisirten Verbindungen muss überhaupt als 
eine der wichtigsten Eigenschaften für das Bestehen der Organismen betrachtet 
werden. Nur dadurch, dass der lösliche Zucker in die unlösliche Cellulose über- 
geführt wird, ist die Sicherheit gegeben, dass die Zellmembran der Pflanzen unter 
allen äusseren Verhältnissen Bestand hat und nicht etwa einmal als Lösung davon- 
geht, und nur dadurch, dass die Zuckermolecüle in Cellulosemoleeüle sich umwandeln, 
welche als unlöslich nicht in Wasser sich fortbewegen, sondern mit anderen sich 
vereinigen, ist die Möglichkeit gegeben, dass im jedem kleinsten Raum Cellulose- 
ausscheidung und Micellbildung beginnen kann. Ebenso verdanken es die Albumi- 
nate nur ihrer molecularen Unlöslichkeit, dass sie nicht durch Diosmose aus den 
wasserbewohnenden Organismen entweichen, sondern als Micelle alle die verschiedenen 


1) A. F. W. Schimper, Proteinkrystalloide der Pflanzen. 1878. 
2) W, Nägeli, Stärkegruppe. 1874. 


162 


Aufgaben erfüllen können, welche dem Plasma zukommen, wobei es von sehr ver- 
schiedenen, meist nicht näher bestimmten Umständen abhängt, ob sie eine feste or- 
ganisirte Substanz oder eine Micellarlösung darstellen. 

Die Micelle sind in Lösung wegen ihres beträchtlicheren Gewichtes viel weniger 
beweglich, als es die Molecüle in Lösung sind, und legen sich daher leicht an einander 
an. Ich will diese Vereinigungen, welche mehrere charakteristische Eigenschaften 
der Micellarlösungen erklären, Micellverbände nennen. — Eine Lösung von Leim 
oder von Pectin ist in der Wärme dünnflüssig und gesteht bei gewöhnlicher Tempe- 
ratur zu einer Gallerte, welche möglicher Weise nur wenige Prozent Substanz ent- 
hält. Wir können uns dieses Gelatiniren wohl nur in der Art vorstellen, dass die 
Micelle sich in Ketten an einander anhängen und ein Gerüste von Balken mit weiten 
Maschen bilden, in welchem das Wasser eingeschlossen ist und durch Molecular- 
anziehung zwar nicht in einem ganz unbeweglichen, aber doch in einem weniger 
beweglichen Zustande festgehalten wird. Nur auf diesem Wege wird es möglich, 
mit wenig Substanz und viel Wasser ein festes Gefüge herzustellen, wie es uns die 
Gallerte darbietet. t) 

Da in den Micellarlösungen, besonders wenn sie mehr Substanz enthalten, die 
Micelle sich an einander anhängen, so erscheinen solche Flüssigkeiten matt und 
opalisirend, — ein Beweis, dass das Licht ungleich gebrochen wird. Wären die 
Micelle alle vereinzelt und in Folge dessen auch ziemlich gleichmässig vertheilt, wie 
dies für die Moleeularlösungen im Allgemeinen anzunehmen ist, so müsste bei der 
Kleinheit der Micelle die Lösung klar erscheinen. 

Da die Theilchen einer gelösten Substanz von den durcheinander wogenden 
Wassermolecülen um so schwieriger suspendirt erhalten werden, je grösser und 
schwerer sie sind, so bilden sich aus den Micellarlösungen viel leichter Niederschläge 
als aus den Molecularlösungen, und ebenso gehen moleeulare Niederschläge viel 
leichter wieder in Lösung als micellare Niederschläge. Aus der heissen Lösung von 
Amylodextrin fällt beim Erkalten ein grosser Theil heraus und von festem Amylo- 
dextrin wird durch kaltes Wasser nichts gelöst, während das aus kleineren Micellen 
bestehende Dextrin auch in der Kälte sich auflöst. 

Das Casein der Milch bildet eine vollkommene, wenigstens unter dem Mikroskop 
ganz klar erscheinende Lösung; es schlägt sich aber nach langer Zeit nieder. Ich 
habe im Jahre 1868 viele Versuche über Conservirung von Milch angestellt. Dieselbe 


1) Die Rechnung ergibt, dass für die Annahme kubischer Maschen, welche ein mittleres Verhält- 
niss zwischen Substanz und Wasser darstellen, beispielweise in einer Gallerte mit 3 Proz. Trocken- 
substanz der Durchmesser der wasserführenden Maschenräume zu der Dicke der die Kanten derselben 
bildenden, aus Micellketten bestehenden Balken das Verhältniss zeigt von 10 : 1 oder 11 : 1 je nach 
dem specifischen Gewicht der letzteren, — in einer Gallerte mit 10 Proc. Trockensubstanz das Ver- 
hältniss von 6 : 1 oder 8 : 1, — in einer Gallerte mit 20 Proc, Trockensubstanz das Verhältniss von 
4:1 ooder6: 1. 


163 


wurde in luftdicht verschlossenen Flaschen auf 110 bis 120° C. erwärmt. Bei hin- 
reichender Dauer der hohen Temperatur blieb die Milch 7 bis 8 Jahre unverändert, 
aber das Casein schied sich als Bodensatz aus, während die grösste Menge des Fettes 
eine Rahmdecke bildete. Die beginnende Scheidung wurde bei Zimmertemperatur 
4 bis 6 Monate nach dem Erhitzen als schmale wasserhelle Zone unter der Rahm- 
decke wahrgenommen; diese Zone wurde dann langsam breiter, und zuletzt war der 
grössere Theil der Flüssigkeit klar. Wurden solche Flaschen heftig geschüttelt (so 
gut es der Umstand, dass sie ziemlich gefüllt waren, erlaubte), so nahm die Milch 
wieder ganz das ursprüngliche Aussehen, das sie nach dem ‘Erhitzen gezeigt hatte, 
an. Doch zerfielen die Micellverbände, die beim Ausfällen entstanden waren, beim 
Schütteln offenbar nicht vollständig. Denn nach dem Schütteln begann, und zwar 
schon nach mehreren Tagen, wieder eine zwar langsame, aber diesmal in viel kür- 
zerer Zeit beendigte Scheidung. — Ich bemerke noch, dass, wenn das Erhitzen nicht 
lange genug dauerte oder nicht hoch genug stieg, um die Spaltpilze zu tödten, Ver- 
derbniss der Milch eintrat, welche bei höchster Schwächung der Pilze nur durch 
bitteren Geschmack, bei geringerer Schwächung ausserdem durch Gasentwicklung und 
Coaguliren des Caseins sich kundgab !). 


Die Micellarlösungen zeigen die Eigenthümlichkeit, dass sie bei langsamem 
Ausfliessen sich nicht in Tropfenform trennen, sondern zu langen dünnen Fäden 
ausziehen. Bei der langsamen Bewegung, wobei die Micelle in der nämlichen Rich- 
tung strömen, legen sie sich in Ketten aneinander und wirken so dem Bestreben 
der beweglichen Wassermolecüle zur Tropfenbildung entgegen. 


Die Annahme, dass die angeführten Erscheinungen der Micellarlösungen, welche 
sie so charakteristisch von den Molecularlösungen unterscheiden, wirklich durch die 
Micellverbände hervorgebracht werden, ist um so sicherer, als ganz ähnliche Erschei- 
nungen bei einem sichtbaren Object, nämlich bei den Spaltpilzen beobachtet werden, 
wenn dieselben aus Mangel an Eigenbewegung in einer Flüssigkeit sich zu Verbänden 
aneinander legen können. Die Spaltpilze geben dann der Flüssigkeit bei ungleicher 
Vertheilung ebenfalls ein opalisirendes Aussehen, sie machen dieselbe durch ihr Zu- 
sammenhängen schleimig und fadenziehend, sie bewirken langsam sich bildende 
Niederschläge, sie verketten sich zuweilen zu einem durch die ganze Flüssigkeit aus- 
gespannten Gerüste von äusserst zarten und zerbrechlichen Fäden, — was sich Alles 


1) Versuche, welche in neuester Zeit angestellt wurden, ergaben die merkwürdige Thatsache, 
dass in Flaschen, in denen bei grösster Schwächung der Spaltpilze die Milch sich klärte und ausser 
der Bitterkeit sonst keine Veränderung in Geschmack und Geruch zeigte, das Casein nach 2 Jahren 
vollständig in Pepton umgewandelt war (ohne Zweifel durch die von den Spaltpilzen ausgeschiedenen 
Fermente). Bei den früheren Versuchen war der dem Geschmacke nach ganz unveränderte Inhalt 
nicht auf Pepton und Casein geprüft worden, da in dem reichlichen Bodensatz der ganze Caseingehalt 
ausgefällt und die Wirksamkeit von lebenden Pilzen vollkommen ausgeschlossen zu sein schien. 


Abh. d. II. Cl.d. k. Ak. d. Wiss. XIII. Bd. I. Abth. 22 


164 


leicht mikroskopisch nachweisen lässt und uns die Berechtigung giebt, die nämlichen 
Wirkungen bei den viel kleineren Micellen aus analogen Ursachen herzuleiten. 

Die Neigung der Micelle, Verbände zu bilden, erklärt uns auch die Verschie- 
denheit zwischen Micellar- und Molecularlösungen bezüglich der Diosmose. Dass 
die ersteren nicht oder nur in geringer Menge durch Membranen hindurchgehen, 
glaubte ich früher auf Rechnung der beträchtlicheren Grösse und der dadurch be- 
dingten geringeren Beweglichkeit der Micelle gegenüber den Moleeülen setzen zu 
können. Indess reicht dieser Umstand allein nicht zur Erklärung aller Thatsachen 
aus, besonders da manche micellar-gelöste Substanzen unter den einen Umständen 
in geringer, unter anderen in grosser Menge diosmiren. Die Interstitien einer Cellu- 
losemembran sind gross genug, um Eiweissmicelle durchgehen zu lassen, wie wir 
beispielsweise aus dem Verhalten der Sprosshefenzellen in alkalischen Lösungen und 
bei der Gärung in schwachsauren Flüssigkeiten ersehen. Die Ursache, warum in 
anderen Fällen der Durchgang unmöglich ist, muss also darin liegen, dass die Micelle 
sich zu Verbänden aneinander legen, und dies wird natürlich da besonders leicht 
geschehen, wo sie beim Eintritt in die Kanäle von mikroskopischer oder selbst von 
mikroskopisch unsichtbarer Feinheit sich anhäufen und zugleich langsamere und 
gleichmässigere Bewegungen annehmen. 

Ich habe bereits angeführt, dass mir kein Grund vorhanden zu sein scheint, 
warum die Caseinmicelle in der Milch nicht eine vollkommene Lösung darstellen 
sollten; und der richtige Ausdruck für das Verhalten des Caseins in der Milch ist, 
wie ich glaube, „Micellarlösung‘‘ und nicht „stark aufgequollener Zustand‘‘, wie 
einige Forscher meinten. Der stark gequollene Zustand tritt erst beim Coaguliren 
auf, wenn die Micelle sich alle aneinander anlegen, in ähnlicher Weise wie es beim 
Gelatiniren des Leims und des Pectins der Fall ist. Die Milch geht bekanntlich 
durch ein Papierfilter; aber bald verstopfen sich die Poren durch die zusammen- 
hängenden Caseinmicelle. Eine gebrannte feinporige Thonplatte dagegen, auf welche 
man langsam Milch in einer 2 mm. dicken Schicht aufträgt, saugt, wie J. Lehmann 
gezeigt hat, das Serum auf und lässt Casein und Fett zurück. Offenbar legen sich 
die Caseinmicelle beim Eingang in die engen Poren zu Verbänden aneinander und 
machen damit ihr Eindringen unmöglich. Die Richtigkeit dieser Erklärung wird 
auch durch die Thatsache bewiesen, dass das auf Thonplatten gewonnene Casein in 
seinem Verhalten mit dem durch Lab gefällten übereinstimmt; es quillt in Wasser 
auf, geht aber nicht durch Filtrirpapier hindurch; dagegen bildet es in Kalkwasser 
wieder eine Lösung. 

Wenn meine Erklärung, warum Micellarlösungen nicht oder schwer diosmiren, 
richtig ist, so muss man die Diosmose vermehren können, dadurch dass man die 
molecularen Bewegungen in der Flüssigkeit lebhafter macht, oder dass man die 
Affinität der Micelle unter sich vermindert, indem durch beide Mittel die Micellar- 
verbände zum Zerfallen in die einzelnen Theile veranlasst werden. Diese Wirkung 
haben je nach der Substanz Säuren oder Alkalien, wobei einstweilen fraglich bleibt, 


165 


ob dieselben durch das eine oder das andere oder durch beide Mittel zugleich wirken. 
Wasser zieht aus den Bierhefenzellen kein Eiweiss aus, dagegen vermag dies eine 
alkalische Lösung. Die Anwesenheit von kohlensaurem Ammoniak verändert jeden- 
falls die Molecularbewegungen des Wassers, möglicher Weise macht es sie lebhafter, 
möglicher Weise nur spezifisch anders und dadurch geeignet, gerade die Micellarver- 
bände des Eiweisses zu trennen. Die Anwesenheit von kohlensaurem Ammoniak ver- 
ändert aber jedenfalls auch die Molecularanziehungen, und vielleicht genügt dies 
allein, um das Zerfallen zu erklären. Wahrscheinlich wirken beide Ursachen zu- 
sammen. — Die Diosmose von Eiweiss in alkalischer Lösung beruht also darauf, 
dass die Micellarverbände in die einzelnen Theile sich trennen, oder vielmehr, dass 
solche Verbände nicht zu Stande kommen. Dies ist um so begreiflicher, als ja al- 
kalische Flüssigkeiten auch festes Eiweiss zu lösen vermögen. — Andere organisirte 
Substanzen werden durch die Anwesenheit von Säuren befähigt, Micellarlösungen zu 
bilden oder in solchen durch Membranen zu diosmiren. Ausser den Kohlenhydraten 
nenne ich das Pepsin, welches in neutraler Lösung nicht, wohl aber in salzsaurer 
Lösung durch die Membran der Pflanzenzellen hindurchgeht '). 

Während die Alkalien die Trennung der Eiweissmicelle befördern, haben Säuren 
oft den gegentheiligen Erfolg; sie bewirken die Vereinigung der Biweissmicelle und 
den Uebergang der Lösung in den festen geronnenen Zustand. Daraus erklärt sich, 
warum das Eiweiss, welches aus gärthätigen Zellen in neutralen oder schwach sauren 
Lösungen herausdiosmirt, in stärker sauren Flüssigkeiten dies nicht vermag. 

Die Theorie, dass Micellarlösungen desswegen nicht diosmiren, weil die Micelle 
dicht an der Membran oder innerhalb derselben sich zu Verbänden aneinander legen, 
lässt sich experimentell auch dadurch prüfen, dass man das Verhalten der nämlichen 
Verbindung bei verschiedenen Temperaturen vergleicht. Die höhere Temperatur 
müsste, weil sie die Molecularbewegungen der Flüssigkeiten beschleunigt, auch die 
Diosmose steigern, und zwar die Diosmose der Micellarlösungen in höherem Grade 
als diejenige der Molecularlösungen, weil bei jenen noch ein günstiges Moment, die 
Trennung der Micellarverbände, hinzukommt. Zwar sind die Albuminate für solche 
Versuche ungeeignet, da die Eiweissmicelle ein exceptionelles Verhalten zeigen und 
durch Hitze zur Vereinigung veranlasst werden. ?) Dagegen erscheinen Leimlösungen 
dazu geeignet, denn sie werden in der Wärme dünnflüssig. 


1) Sitzungsberichte d. k. b. Akad. d. W. vom 4. Mai 1878. 

3) Der Umstand, dass Eiweisslösungen in der Hitze Micellarverbände bilden und fest werden, 
ist nicht im Widerspruche mit der Theorie, dass Micellarverbände, welche sich bei einer bestimmten 
Temperatur gebildet haben, bei höherer Temperatur zerfallen müssen (sofern nicht etwa vorher che- 
mische Umsetzung eintritt), so wenig als die Thatsache, dass ein Gemenge von Sauerstoff und Wasser- 
stoff bei gewöhnlicher Temperatur unverändert bleibt und erst bei hoher Temperatur sich zu Wasser 
vereinigt, im Widerspruche mit dem Gesetze steht, dass Temperatursteigerung alle Molecüle zur Dis- 


sociation bringt. 
22* 


166 


4 gr. Leim, mit destillirtem Wasser zu 100 cem. gelöst, wurden in einem Dia- 
lysator aus Pergamentpapier der Dialyse gegen 700 cem. Wasser unterworfen. Die 
Temperatur betrug 80°C. Nach 4 Stunden waren 0,243 gr. Leim übergetreten, wie 
sich aus dem bei 100° getrockneten Rückstand ergab. — Der nämliche Dialysator 
wurde nachher zu einem Versuch mit ganz den nämlichen Verhältnissen, aber bei 
gewöhnlicher Temperatur (15—16° C.) benutzt. Nach 16 Stunden waren 0,108 gr. 
Leim gegen das Wasser diosmirt. — Es gingen also bei gewöhnlicher Temperatur 
in der Stunde 0,00675 gr. Leim durch die Membran, bei 80° C. dagegen 0,06075 gr., 
d. i. genau die 9fache Menge. 

Es ist recht gut möglich, dass dieser grosse Unterschied durch zwei zusammen- 
treffende Momente bedingt wird, durch den Umstand, dass bei höherer Temperatur 
die diosmotischen Strömungen überhaupt lebhafter werden, und durch den Umstand, 
dass die Leimmicelle sich weniger leicht an einander legen und die Poren der Mem- 
bran unwegsam machen. Um dies zu beurtheilen, sollte man wissen, in welchen 
Verhältnissen die Moleeularlösung einer verwandten chemischen Verbindung (Leim- 
pepton) bei gewöhnlicher und bei höherer Temperatur diosmirt. Da eine solche nicht 
zu Gebote stand, so wurde ein Versuch mit Zucker angestellt. 

100 ecm. einer 10 procentigen Rohrzuckerlösung diosmirten in dem nämlichen 
Dialysator, der zu den Leimversuchen gedient hatte, gegen 700 cem. Wasser. Bei 
80°C. gingen während 4 Stunden 5,28 gr., also in der Stunde 1,32 gr. Zucker durch 
die Membran, bei 15—16° ©. dagegen während 16 Stunden 3,72 gr., also in der 
Stunde 0,2325 gr. Bei der höheren Temperatur betrug die Menge des übergetre- 
tenen Zuckers 5,68 mal so viel als bei gewöhnlicher Temperatur. 

Die Steigerung der Diosmose in der Wärme war also bei Zucker ebenfalls eine 
sehr beträchtliche, wenn sie auch nicht derjenigen beim Leim gleichkommt. Aus 
den angeführten Versuchen darf aber noch kein Schluss auf das Verhalten von Mo- 
lecular- und Micellarlösungen bei Temperaturerhöhungen gezogen werden. Es bedürfte 
für eine gründliche und sichere Beantwortung der Frage einer ganzen Reihe von 
experimentellen Thatsachen mit verschiedenen chemischen Verbindungen und mit 
verschiedenen Concentrationsstufen. 


Aus der vorstehenden Erörterung geht mit ziemlicher Gewissheit 
hervor, dass die Lösungen von organisirten Substanzen überhaupt und 
besonders auch diejenigen von Eiweiss nur desswegen nicht durch Mem- 
branen diosmiren, weil die Micelle sich aneinander anhängen, und dass 
die Diosmose erfolgt, sobald es in irgend einer Weise gelingt, die Ver- 
bände zu lösen und die Micelle zu isoliren. Diese Erkenntniss dient uns 
nun dazu, die Erfahrungsthatsache zu erklären, dass die Hefenzelle wäh- 
rend der Gärthätigkeit Eiweiss ausscheidet, was sie sonst nicht zu thun 
vermag. Wir können die Ursache davon nicht etwa in der Anwesenheit 


167 


der Gärprodukte finden; es wird im Gegentheil der durch die Gärung 
gebildete Alkohol die Neigung der Eiweissmicelle, sich aneinander zu legen, 
eher befördern als hemmen. Die Ursache kann also nur in einer ver- 
mehrten Bewegung der kleinsten Theilchen gefunden werden. 

In dieser Beziehung wissen wir, dass ein bestimmter Bewegungs- 
zustand des Plasma der Hefenzellen die Gärung bewirkt. Doch hilft uns 
dies noch nichts, denn der bestimmte Bewegungszustand ist dem Zellen- 
inhalt eigen, auch wenn kein zu vergärendes Material vorhanden ist 
Wir wissen aber ferner, dass der Gärprocess auf die Lebensbewegung sehr 
günstig zurückwirkt, dass die durch denselben ausgelösten Spannkräfte 
nur zum Theil als Wärme frei werden, zum Theil aber diejenigen mole- 
cularen Bewegungen verstärken, welche die Ernährung bedingen, also 
auch die molecularen Bewegungen der Zellflüssigkeit und der darin gelös- 
ten Stoffe, zu denen das gelöste oder circulirende Eiweiss gehört. Diese 
vermehrte Bewegung verhindert die Verbandbildung der Eiweissmicelle 
und gestattet ihnen, die Zelle diosmotisch zu verlassen. ') 

Die Eiweissausscheidung gärthätiger Sprosshefenzellen erfolgt nur in 
neutralen oder schwach sauren Lösungen. Dass sie in stärker sauren 
Flüssigkeiten aufhört, beweist uns bloss, dass durch die Säure die Dios- 
mose des Eiweisses in höherem Grade beeinträchtigt wird als die Gär- 
thätigkeit und die Ernährung der Zellen, dass durch die Säure die Ver- 
einisung der Eiweissmicelle mehr befördert als die Gärung verlangsamt 
wird. Daher kann in einer sauren Zuckerlösung die Ausscheidung von 
Eiweiss schon ganz aufhören, während die Gärung noch lebhaft von 
statten geht. 

Es befindet sich also der merkwürdige Einfluss, den die Gärung auf 
die Diosmose des Eiweisses ausübt, mit den Erscheinungen, die sich daran 
knüpfen, in voller Ueberstimmung mit der molecularphysikalischen Theorie 
und den aus ihr sich ergebenden Folgerungen, während jede der anderen 
Gärungstheorieen zur Erklärung besondere Hülfshypothesen in Anspruch. 
nehmen müsste. 


1) Der Verlust von Eiweiss ist zwar an und für sich eine Schwächung der Zelle. Er macht 
sich aber in diesem Falle nicht als solche geltend, da er nur einen Theil der durch die Gärthätigkeit 
bewirkten Mehrproduktion beträgt. 


168 


Zum Schluss scheint es zweckmässig, einige Bemerkungen über die 
Verbreitung der besprochenen Erscheinungen im Pflanzenreiche beizufügen. 
Was die Fermentwirkungen betrifft, so finden wir sie wohl bei allen 
Pflanzen, und nicht nur bei ihnen, sondern bei allen Organismen über- 
haupt. Unter den Fermenten gibt es solche, die eine mehr oder weniger 
allgemeine Verbreitung besitzen, während andere vielleicht besonderen 
Ordnungen oder Gattungen eigenthümlich sind. Die eigentlichen Gär- 
wirkungen dagegen sind sämmtlich spezifische Eigenschaften, insofern sie 
im normalen Zustande, d. h. bei gesunder kräftiger Vegetation nur be- 
stimmten Pilzformen zukommen, die Alkoholgärung nur einem Theil der 
Sprosspilze, !) die Milchsäuregärung nur gewissen Spaltpilzen, die Essig- 
gärung nur dem Essigpilz (Essigmutter und Essighäutchen) u. s. w. Dies 
ist der Grund, warum ich Bedenken trage, die gänzliche Verbrennung als 
Gärung zu betrachten, obgleich sie, wie ich bereits oben sagte, als me- 
chanischer Vorgang die nämliche Erklärung zu verlangen scheint, wie die 
Oxydationsgärung bei der Essigbildung. Allein sie kommt allen niederen 
Pilzen (wohin auch die schimmelartigen Generationen oder Anfänge der 
höheren Pilze zu rechnen sind) ohne Ausnahme zu, und sie oxydirt alle 
im Wasser gelösten organischen Verbindungen zu Kohlensäure, Wasser 
und Stickstoff; sie oxydirt selbst Ammoniak und mineralische Verbindungen. 
Die Verbrennung ist aber ungleich stark je nach dem Luftzutritt, daher 
im Allgemeinen viel lebhafter an der Oberfläche einer Flüssigkeit als 
unterhalb derselben. Sie ist ferner ungleich stark je nach der Beschaffen- 
heit der Pilze, wobei sich die Schimmelpilze wohl als die zur Oxydation 
tüchtigsten, gewisse Sprosspilze als die schwächsten erweisen. 


Im Allgemeinen also haben die niederen Pilze die Fähigkeit, die 
organischen Substanzen bei Anwesenheit von freiem Sauerstoff nicht bloss 
theilweise, sondern vollständig zu verbrennen. Eine Ausnahme macht der 


1) Ich habe hier nur die Alkoholbildung aus Zucker im Auge, da dieser Vorgang keinen Zweifel 
gestattet. In neuester Zeit sindAethylalkoholgärungen aus andern Verbindungen durch Spaltpilze ange- 
geben worden. Nach den Darstellungen kommen dabei verschiedene Pilzformen vor, und nach den 
Beschreibungen wäre es nicht unmöglich, dass darunter sich kleine und missgestaltete Spross- 
pilze befänden, wie man sie in ungünstigen Nährlösungen antrifft. Daher dürfte es noch frag- 
lich sein, wie das Gärungsresultat zu Stande kommt, und welche Rolle die verschiedenen Pilzformen 
dabei übernehmen. 


169 


Essigmutterpilz, welcher den Alkohol bloss zu Essigsäure') verbrennt. Es 
mangelt ihm zwar das Vermögen der vollständigen Oxydation nicht 
gänzlich, aber er besitzt es nur in geringem Masse. Er verbrennt in 
Jahresfrist nicht so viel Substanz zu Kohlensäure und Wasser, als eine 
gleiche Zahl von Micrococeus-Pilzen in einer Woche. Es gewährt einiges 
Interesse zu untersuchen, welchem Umstande wohl die Essigmutter dieses 
ausnahmsweise Verhalten nicht bloss unter ihren nächsten Verwandten, 
den Spaltpilzen, sondern unter allen niederen Pilzen verdanke. 

Die Essigmutter, welche aus einer zähen Gallerte (Pilzschleim) mit 
eingebetteten kurzen Stäbchen besteht, enthält 98,3 Proz. Wasser und 
1,7 Proz. Trockensubstanz und in der letzteren (nach einer Bestimmung 
von Dr. Oscar Löw) 1,82 Proz. Stickstoff und 3,37 Proz. Asche, während 
eine Micrococcus-Vegetation, in weinsaurem Ammoniak gezogen, beispiels- 
weise 10,65 Proz. Stickstoff und 6,94 Proz. Asche ergab. Wenn wir die 
Zusammensetzung der Bierhefe und der Micrococcus-Hefe zur Vergleich- 
ung benutzen, so erhalten wir für die Essigmutterzellen etwa 12,6 Proz. 
aschenfreien Zelleninhalt, 84 Proz. aschenfreie Cellulose (Pilzschleim) und 
3,4 Proz. Asche. Die Cellulose bildet die dicken schleimigen Membranen, 
welche zu dem Gallertkuchen verschmolzen sind. 

Diese chemische und anatomische Beschaffenheit giebt uns, wie ich 
glaube, eine ausreichende Erklärung für die eigenthümliche Wirkungs- 
weise. Nur die an der Oberfläche des Kuchens gelagerten Zellen be- 
finden sich in ähnlichen Verhältnissen, wie bei den übrigen Pilzen alle 
Zellen, indem sie an äussere Medien, an Flüssigkeit oder Luft angrenzen. 
Nur diese wenigen Zellen sind rüchsichtlich der Oxydationswirkung so 
günstig gestellt, wie die anderen Pilzzellen. Die Essigmutter entsteht an 
der Oberfläche der Flüssigkeit und bildet auf derselben einen immer 
dicker werdenden, den Wandungen des Gefässes dicht anliegenden Pfropf. 
An einem Kuchen von 100 qmm. Oberfläche und 10 mm. Dicke, der un- 
‚gefähr aus 5 Billionen Pilzen besteht, ist es nur etwa der 30000 bis 
40000 te Theil der Zellen, welcher unmittelbar an die Luft grenzt und 
die volle Einwirkung des Sauerstofis erfährt. Von da an abwärts ver- 
mindert sich die Sauerstoffmenge, so dass wohl nur wenige der obersten 
Zellschichten an der vollständigen Verbrennung Theil nehmen können. 


1) Nach soeben beendigten Versuchen auch den Methylalkohol zu Ameisensäure. 


170 


Daraus erklärt sich zur Genüge, warum in einer locker verpfropften 
oder offenen Essigflasche mit Essigmutter während eines ganzen Jahres 
der Essiggehalt nicht merklich abnimmt. Dass aber während der Essig- 
bildung der Alkohol nur zu Essigsäure und nicht weiter oxydirt wird, 
erklärt sich dadurch, dass zu den tieferen Zellschichten der Essigmutter- 
decke und zu der ganzen unter derselben befindlichen Flüssigkeit nur 
wenig Sauerstoff hingelangt. 

Der essigbildende Pilz stellt nicht immer die zähen glatten Gallert- 
kuchen dar, welche man als Essigmutter bezeichnet, und welche eine 
Dicke bis 60 und 100 mm. erreichen können. In anderen Fällen ist er 
ein dünnes schleimiges Häutchen, welches die Oberfläche der Flüssigkeit 
bedeckt, bald glatt, bald sehr fein gerunzelt erscheint und ungefähr die 
gleiche Dicke behält, da fortwährend die unteren älteren Partieen des- 
selben auf den Boden der Flüssigkeit sinken. Die Ursache der verschie- 
denen Beschaffenheit beruht wohl nur darauf, dass im einen Fall die 
Zellmembranen aus einer dichteren und zäheren, im anderen Falle aus 
einer weicheren und nicht so fest zusammenhängenden Gallerte bestehen'). 

Die Wirkung aber ist ganz analog. Das dünne schleimige Häutchen 
bildet einen Abschluss der Flüssigkeit gegen die Luft. Bloss seine obersten 
Zellschichten kommen mit einer reichlicheren Menge Sauerstoff in Be- 
rührung und bewirken vollständige -Verbrennung. In den unteren Zell- 
schichten und in der Flüssigkeit, soweit Essigpilze sich darin befinden, 
findet unvollständige Oxydation des Weingeistes zu Essigsäure statt. — Da- 
gegen scheint mir das weitere Verhalten der beiden Formen der Essig- 
pilze verschieden zu sein. Während die dicken Gallertkuchen einen 
Schutz für die Flüssigkeit bilden, gestatten die schleimigen Häutchen eine 
viel raschere Verbrennung der Essigsäure und somit eine viel raschere 
‚Verderbniss des Essigs?). 


1) Der Grund dieser Verschiedenheit scheint in der spezifischen Natur der Zellen (Species oder an- 
gepasste Varietäten), und nicht in der Zusammensetzung der Nährflüssigkeit zu liegen; wenigstens erhielt 
ich auf scheinbar gleichen, gegorenen Flüssigkeiten von selbst (ohne Einsaat einer bestimmten Essighefe) 
bald die dicken und zähen Gallertkuchen, bald die dünnen schleimigen Häutchen. 

2) In Frankreich, wo die Essigfabrikation aus Wein in Fässern vermittelst des Essigpilzes 
bewirkt wird, benutzt man, nach Pasteur’s Angaben zu urtheilen, die dünnen schleimigen Häut- 
chen, und das ist wohl rationell, da dieselben, wie meine Erfahrung zeigt, energischer funktioniren, 
und weil man den Prozess zur geeigneten Zeit unterbrechen kann. In der deutschen weinbauenden 
Schweiz waren’ wenigstens früher grosse Essigflaschen in den Haushaltungen heimisch. Sie standen 


u | 


171 


Ausser den beiden Formen des eigentlichen Essigpilzes giebt es noch 
einen Pilz, welcher zur Essigbildung in einer bestimmten Beziehung steht. 
Während die beiden ersteren auf neutralen und schwach sauren Flüssig- 
keiten (z. B. auf Bier) immer von selbst sich einstellen, erscheint auf 
stärker sauren Flüssigkeiten (auf den meisten alkoholarmen Weinen) zuerst 
der zu den Sprosspilzen gehörende Kahmpilz, und zwar um so sicherer, je 
mehr Säure vorhanden ist. Die Kahmhaut bedeckt ebenfalls die Ober- 
fläche und ist durch die starke gekröseähnliche Faltung ausgezeichnet, 
wesshalb sie mit Recht Saccharomyces mesentericus heisst. Von diesem 
Kahmpilz glaubt man gewöhnlich, dass er die Essigbildung vermittle. 
Ich theilte diese Meinung ebenfalls lange Zeit in Folge der bei zahlreichen 
Gärungsversuchen gemachten gelegentlichen Beobachtungen. Erst als 
besondere Versuche zur Erledigung dieser Frage von Dr. Walter Nägeli 
angestellt wurden, offenbarte sich der wahre Sachverhalt. 


Die Kahmhaut besteht anfänglich bloss aus Sprosspilzen (Saccharo- 
myces) und sie behält diese Reinheit um so länger, je saurer die Flüssig- 
keit ist. So lange ist auch von Essigbildung nichts zu bemerken. Dann 
treten, früher oder später, zwischen den Sprosspilzen Spaltpilze auf, erst 
in geringer, dann in zunehmender Zahl. Von jetzt an kann die Essig- 
bildung nachgewiesen werden. Die Function des Kahmpilzes ist unschwer 
zu errathen. Die Sprosspilze sind bekanntlich in sauren Flüssigkeiten 
existenzfähiger als die Spaltpilze. Sie treten also zuerst allein auf und 
sie wirken wie eine Schimmeldecke; sie verbrennen die Säure und 
machen nach hinreichender Dauer die Flüssigkeit neutral. Lange vorher 
aber können Spaltpilze in der Kahmhaut vegetiren, weil hier durch die 
Thätigkeit der letzteren die Flüssigkeit wenig sauer geworden ist. Der 
Kahmpilz hat also die Function, dem Essigpilz den Boden zu bereiten; 
er ist zur Essigbildung um so nothwendiger, je menr Säure der Wein 
enthält, und es wird uns begreiflich, warum in einem gegorenen Wein 
die Essigbildung unterbleiben kann, wenn man die Kahmhaut ausschliesst. 


in der Wohnstube, wurden nach Massgabe, als man ihnen Essig entnahm, mit Wein aufgefüllt, und 
jährlich einmal (meist am Charfreitag) von der. reichlich angewachsenen Essigmutter befreit, von 
welcher nur ein kleines Stück als Samen wieder in die Flasche kam. Für einen solchen Kleinbetrieb 
sind nur die langsamer oxydirenden und den Essig erhaltenden Gallertkuehen zweckentsprechend. 


Abh. d. I. Cl.d. k. Ak.d. Wiss. XIII. Bd. II. Abth. 25 


172 


Da aber nicht nur die Säuren, sondern auch der Alkohol die Vegetation 
der Pilze verhindert, so bedarf ferner ein Wein mit geringerem Säure- 
gehalt, damit er zu Essig werde, um so mehr der vorausgehenden Kahm- 
hautbildung, je alkoholreicher er ist. Erreicht aber der Alkohol einen 
gewissen Prozentsatz, der um so grösser sein muss, je weniger Säure vor- 
handen ist, so bleibt alle Pilzbildung aus). 

Nicht alle Decken von Sprosspilzen sind Kahmhäute und wirken als 
solche. Auf weinartigen Flüssigkeiten stellen sich zuweilen nach der 
Gärung Häute ein, die nicht faltig und gekröseähnlich, sondern locker- 
körnig aussehen, und die nicht aus länglichen und lanzettlichen, sondern 
aus ovalen und rundlichen Zellen bestehen. Solche Decken, obgleich sie 
lebhaft vegetiren und durch die Partieen, welche sich ab uud zu von 
ihnen ablösen und auf den Grund fallen, einen reichlichen Bodensatz 
bilden, verändern die Flüssigkeit nach mehreren Monaten scheinbar gar 


1) Die Synonymie der auf gegorenen Flüssigkeiten sich einstellenden Decken liegt in arger 
Verwirrung, weil man häufig die Morphologie und die Function derselben allzuwenig berücksichtigte. 
Nach meinen Beobachtungen sind folgende Formen zu unterscheiden : 

1. Essigmutter, wird sehr dick, zäh, gallertartig, mit glatter Oberfläche, oxydirt den Alko- 

hol zu Essigsäure, besteht aus Spaltpilzen. Ulvina aceti, Essigmutterpilz, auch unter dem 
Namen Mycoderma aceti. 

2. Essighäutchen, bleibt dünn, schleimig, glatt oder feinrunzelig, oxydirt den Alkohol zu 
Essigsäure, besteht aus Spaltpilzen. Mycoderma cerevisiae, auch unter dem Namen Myco- 
derma aceti und M. vini 

3. Kahmhaut, Gekrösehaut, wird ziemlich stark und ausgezeichnet gekröseähnlich- gefaltet, 
mit ziemlich festem Zusammenhang; besteht aus Sprosspilzen (Saccharomyces mesentericus), 
welche die Fruchtsäuren verzehren; nachher siedelt sich darin der Essigpilz (Spaltpilz) an, 
welcher den Alkohol zu Essigsäure oxydirt. Mycoderma vini. 

4. Falsche Kahmhaut, Glatthaut, wird ziemlich stark, bleibt aber faltenlos, von kör- 
nig-lockerem Zusammenhang, besteht aus Sprosspilzen, verzehrt die Fruchtsäuren nicht in 
bemerkbarer Weise und erlaubt dem Essigpilz nicht sich anzusiedeln. 

Essigmutter und Essighäutchen stellen sich auf geistigen Flüssigkeiten ein, die wenig 
Fruchtsäuren enthalten, dagegen ziemlich viel Essigsäure enthalten können, so namentlich 
auf Bier, auf Essig, welchem Wein oder Bier zugesetzt wird, selten auf schwachsauren Weinen. 
Die Kahmhäute dagegen erscheinen regelmässig auf Flüssigkeiten, die eine gewisse Menge 
von Fruchtsäuren besitzen, die Gekrösehaut auf gegorenem Weinmost und anderen Frucht- 
säften, die Glatthaut zuweilen auf eben solchen Flüssigkeiten, welche durch Zucker- und 
andere Zusätze verändert wurden. Zur Vollständigkeit möge noch die Decke erwähnt werden, 
die zuweilen auf ungegorenen Flüssigkeiten erscheint: 

5. Essigätherhäutchen, dünn, ungefaltet, besteht aus Sprosspilzen (Saccharomyces sphae- 
ricus) und aus Spaltpilzen (Essigpilz), deren gleichzeitige Action einen Theil des Zuckers in 
Essigäther überführt. 


173 


nicht, leiten auch keine Essigbildung ein. Offenbar bewirkt der Kahm- 
pilz eine viel energischere Verbrennung; ob daran bloss die spezifische 
Eigenthümlichkeit oder noch andere äussere Umstände Schuld sind, ist 
noch nicht aufgeklärt. 

Ich habe oben gesagt, dass auf zuckerhaltigen wenig sauren Flüssig- 
keiten bisweilen ein dünnes, meistens aus genau kugeligen Sprosspilzen 
mit beigemengten Spaltpilzen bestehendes Häutchen auftritt, welches 
Essigätherbildung veranlasst. Die Sprosspilze haben hier, wie sonst die 
untergetauchten Alkoholhefenpilze, die Function der geistigen Gärung, 
die Spaltpilze die Function der Essigbildung; aus der zeitlichen und 
räumlichen Vereinigung der beiden Prozesse ergiebt sich die Essigäther- 
bildung. Daneben ist zweifellos auch eine, aber jedenfalls geringe Ver- 
brennung thätig. 

Es haben also alle niederen Pilze das Vermögen, eine vollständige 
langsame Verbrennung in allen möglichen organischen, in Wasser gelösten 
Stoffen zu bewirken; ausserdem haben einzelne bestimmte die Fähigkeit, 
gewisse organische Verbindungen unvollständig zu oxydiren (Essiggärung) 
oder in eigenthümlicher Weise durch Gärung zu spalten. Aber die lang- 
same vollständige Verbrennung zeigt rücksichtlich der Intensität auch 
unter gleichen äusseren Umständen sehr grosse Verschiedenheiten, wie 
schon aus den angeführten Beispielen hervorgeht; die einen Pilze sind 
dazu viel geeigneter als die anderen!). Sie ist also eine allgemeine 
Eigenschaft mit spezifischer Abstufung in der Intensität, während alle 
Gärungen spezifische Eigenthümlichkeiten einzelner Pilzformen sind; 
und zwar lässt sich als Regel mit wenig Ausnahmen angeben, dass im 
Allgemeinen die Pilze, welchen die Gärtüchtigkeit abgeht, zur Ueber- 
tragung der vollständigen Verbrennung viel geeigneter sind. Wenn ein 
bestimmtes Gärvermögen nicht nur einer, sondern zugleich mehreren 
Pilzformen zukommt, so besteht auch hier eine spezifische Abstufung in 
der Intensität, wie das bei der Alkoholgärung (verschiedene Formen von 
Saccharomyces, Sprossformen von verschiedenen Mucor-Arten) deutlich ist. 


1) Die Versuche über die langsame Verbrennung besonders durch Schimmel- und Spaltpilze 


werden in einer besondern Abhandlung dargelegt werden. 
235 


174 


Es ist zwar von Pasteur die Theorie ausgesprochen worden, dass 
die Alkoholgärung eine ganz allgemeine Erscheinung sei in der organ- 
ischen Natur und dass sie jeder durch Sauerstoffmangel krankhaft affı- 
zirten vegetabilischen und animalischen Zelle zukomme, und auch von 
Anderen wurde Aehnliches wiederholt. Wäre diess richtig, so müssten 
höchst wahrscheinlich auch die übrigen Gärvorgänge als allgemeine 
Eigenschaften der organischen Substanz in bestimmten abnormalen Zu- 
ständen betrachtet werden. 

Die Frage nach der Verbreitung der Gärungen ist von zwei Seiten 
zu betrachten, zunächst mit Rücksicht auf die beobachteten Thatsachen 
und dann mit Rücksicht auf allgemein physiologische Gesichtspunkte. 
Was den ersten Punkt betrifft, so habe ich bereits oben dargethan, dass 
der Sauerstoffmangel nicht die Ursache der geistigen Gärung sein kann, 
weil die Hefenzelle in der Zeiteinheit mehr Zucker zerlegt, wenn sie im 
Genuss des Sauerstoffs sich befindet, als wenn ihr derselbe mangelt. Aus 
dieser Thatsache, sowie aus vielen anderen Beobachtungen ziehe ich den 
Schluss, dass die Hefenzellen um so gärtüchtiger sind, je kräftiger sie 
- vegetiren; sowie sie älter und schwächer werden, nimmt auch ihr Ver- 
mögen, Zucker in Alkohol und Kohlensäure zu spalten, ab. 

Nun ist allerdings nachgewiesen, dass auch in andern Pilzen und in 
verschiedenen Geweben der übrigen Pflanzen geringe Mengen von Alkohol 
entstehen. Hier ist es aber wirklich eine abnormale Erscheinung, da sie 
der Zelle im gesunden und lebenskräftigen Zustande mangelt und erst 
eintritt, wenn derselben die Nährstoffe, namentlich der Sauerstoff, entzogen 
werden. Wir finden also nicht sowohl eine Uebereinstimmung als einen 
Gegensatz rücksichtlich der Alkoholgärung zwischen den betreffenden 
Hefenzellen und den übrigen Zellen des Pflanzenreiches. Die letzteren 
(ob alle?) erlangen bei krankhafter Veränderung des Plasmainhaltes vor- 
übergehend und in geringem Grade eine Eigenschaft, welche jenen 
dauernd zukommt und in ihnen um so stärker entwickelt ist, je ge- 
sunder und kräftiger sie vegetiren. 

Rücksichtlich der übrigen Gärungen lässt uns die Erfahrung noch 
fast ganz im Dunkeln. Es unterliegt zwar keinem Zweifel, dass die be- 
treffenden Hefenzellen, wie bei der geistigen Gärung, um so energischere 
Zerlegung verursachen, je lebhafter sie wachsen. Es ist auch Thatsache, 


175 


dass ähnliche Spaltungsprozesse (Milchsäurebildung und Mannitbildung 
aus Zucker, Buttersäure- und Essigbildung, Zerfallen von Albuminaten in 
Ammoniakderivate und andere Stoffe) ausnahmsweise in den Pflanzenge- 
weben auftreten. Diess berechtigt uns aber noch nicht zu einem sichern 
Schluss; wir können bloss die Möglichkeit und allenfalls eine etwelche 
Wahrscheinlichkeit daraus ableiten, dass die verschiedenen Gärvermögen 
in gewissen abnormalen Zuständen allgemeine Erscheinungen der Pflan- 
zensubstanz seien, wie es mit der Alkoholbildung wirklich der Fall ist. 

Was die allgemein physiologischen Gesichtspunkte betrifft, so lassen 
sich zur Zeit nur zwei derselben, die nächste mechanische Ursache des 
Zersetzungsvorganges und seine phylogenetische Beziehung, besprechen, 
und zwar zunächst mit Rücksicht auf die hinreichend erforschte Alkohol- 
bildung. Wenn wir nach der molecularphysikalischen Theorie annehmen, 
dassbei der geistigen Gärung gewisse Bewegungszustände des Hefenplasmas 
auf die umgebenden Zuckermolecüle übertragen werden und in denselben 
das Gleichgewicht in eigenthümlicher Weise stören, so liegt in der wei- 
teren Annahme, dass dem lebenden Plasma anderer Zellen abnormal die 
gleiche Eigenschaft zukomme, nichts Auffallendes und Unwahrscheinliches. . 
Wenn dasselbe durch Entziehung der Nährstoffe oder durch andere schäd- 
liche Einwirkungen aus seinem gewöhnlichen Verhalten krankhaft ver- 
ändert und zuletzt getödtet wird, so durchläuft es eine abgestufte Reihe 
von Uebergangserscheinungen, von denen jede einen eigenthümlichen Bewe- 
gungszustand darstellt. Es liesse sich nun leicht denken, dass in dieser all- 
mäligen Abstufung auch derjenige Bewegungszustand einmal erscheint, 
welcher das Zerfallen des Zuckers in Alkohol und Kohlensäure bedingt, 
— und es wäre ebenso annehmbar, dass auch Bewegungszustände, welche 
andere Gärungen bewirken, nicht fehlten. Nach der Beschaffenheit aller 
äusseren und inneren Umstände wird der betreffende Bewegungszustand 
bald längere bald kürzere Zeit andauern, bald mehr bald weniger ener- 
gisch sein, bald eine grössere bald eine geringere Menge von Gärmaterial 
(Zucker) antreffen, und es muss daher die abnormale Alkoholbildung 
sich quantitativ sehr ungleich verhalten, wie dies in der That der 
Fall ist. 

Wenn die nämliche Erscheinung in einem Gebiete der. organischen 
Reihe in voller Ausbildung auftritt und einen wesentlichen Theil des 


176 


(Ganzen ausmacht, in einem andern aber verkümmert und bedeutungslos 
vorhanden ist, so wird dies gewöhnlich und mit Recht so gedeutet, dass 
sie dort, wo sie den Nutzen gewährte, sich ausgebildet habe, dass sie 
dagegen in den von jenem Gebiet abstammenden Gebieten, wo sie über- 
flüssig geworden, mehr oder weniger verkümmert sei und sich nur noch 
in vererbten Andeutungen erhalten habe. Eine solche Erklärung wäre 
aber für den vorliegenden Fall offenbar unstatthaft ; denn es wird Nie- 
mand etwa behaupten wollen, dass alle übrigen Pflanzen, in welchen ab- 
normale Alkoholbildung vorkommt, als Abkömmlinge der Sprosshefen- 
pilze zu betrachten seien. 

Es ist aber auch die entgegengesetzte Erklärung möglich; eine Er- 
scheinung ist bei den Vorfahren unscheinbar und ohne Bedeutung und 
bildet sich bei den Nachkommen, denen sie Nutzen gewährt, aus. Diess 
ınuss sogar immer der Fall sein; jede Eigenschaft muss, da sie nicht 
aus Nichts entstehen kann, bei den Vorfahren schon in irgend einer 
Weise als Anlage vorhanden gewesen sein. Nur sind diese Anlagen on 
augenfällig und nachweisbar. 

Das Vermögen, Zucker in Alkohol und Kohlensäure zu spalten, 
kommt dem Plasma einer Menge von Pflanzenzellen im krankhaften Zu- 
stande und in geringem, oft kaum bemerkbarem Masse zu. Es ist, wie 
so viele andere, eine aus den Molecularverhältnissen mit Nothwendigkeit 
hervorgehende Eigenschaft, die aber noch keine physiologische Bedeutung 
hat. Diese Eigenschaft kann im Laufe der Generationen zu- oder ab- 
nehmen; sie wird aber nach physiologischen Gesetzen nur da sich sehr 
bedeutend steigern und normal werden, wo die Vergärung des Zuckers 
sich als vortheilhaft erweist. Solches ist bei manchen Sprosspilzen ge- 
schehen. Warum nur gerade bei diesen, ist vorerst noch ein Räthsel. 
Es lässt sich kaum eine Andeutung geben, warum die Sprosspilze mehr 
als andere geeignet waren, durch geistige Gärung Kraft zu gewinnen 
und dadurch die Fähigkeit zu erlangen, in sauerstofflosen Flüssigkeiten 
zu leben. Indessen spricht dieser Mangel nicht etwa gegen die Auffas- 
sung überhaupt, da er ja im Grunde noch allen phylogenetischen Erklä- 
rungen anklebt. Dass es aber Pilze giebt, welche bald in nicht gärtüch- 
tigen Schimmelformen, bald in gärtüchtigen Sprosspilzformen auftreten 
(wie die Mucor-Arten), spricht ebenfalls nicht gegen die phylogenetische 


Ein 


. Erklärung, sondern beweist nur, wie leicht die beiden Zustände in ein- 
ander übergehen, wenn einmal beide zu Eigenschaften der gleichen Species 
geworden sind. 

Die selbständigen Sprosspilze (Saccharomyces) sind ohne Zweifel aus 
Schimmelpilzen entstanden und für sie besonders gilt die phylogenetische 
Ableitung der Gärtüchtigkeit. Der genetische Zusammenhang der Spalt- 
pilze mit andern niedern Pflanzen ist noch dunkel; es ist möglich, dass 
sie von den morphologisch verwandten Nostochinen (im weiteren Sinne) 
abstammen, wiewohl auch das Umgekehrte nicht ausgeschlossen ist. Inner- 
halb der Spaltpilzgruppe selber lassen sich manche morphologische Formen 
durch die Kultur leicht in einander umwandeln, und die specifischen . 
Gärtüchtigkeiten gehen ebenfalls durch Kultur leicht verloren oder werden 
-in andere übergeführt. Hier verhalten sich die verschiedenen morpho- 
logischen und physiologischen Merkmale innerhalb der Species ähnlich 
wie die Schimmel- und Sprossformen bei Mucor, indem sie unter geän- 
derten äusseren Umständen bald durch raschere bald durch langsamere 
Anpassung sich um- und ausbilden. 


Anmerkung, betreffend die Molecülvereinigungen. 


Da der. moleeulare Bau der organisirten Substanzen für die Theorie der Gärung 
im Allgemeinen und für die Erklärung einzelner Erscheinungen, wie beispielsweise 
der durch die Gärthätigkeit ermöglichten Ausscheidung von Eiweiss aus den Hefen- 
zellen, so wichtig ist, so will ich nachträglich noch einige Betrachtungen beifügen, 
welche das im Texte über die molecularen und micellaren Lösungen Gesagte er- 
gänzen und die Micellbildung in das richtige Licht zu der Gesammtheit der molecu- 
laren Verhältnisse stellen sollen. Ich knüpfe dabei an die Anschauung an, von 
welcher Pfeffer in seiner vortrefflichen Schrift „Osmotische Untersuchungen“ (1877) 
ausgegangen ist. 

Was zuerst die Terminologie betrifft, so gebraucht Pfeffer den allgemeinen 
Ausdruck ‚„Tagma‘“ für Moleeülverbindung, mit der Bemerkung, dass man schwerlich 
in der Chemie das an Zelle erinnernde Wort (Micell) einführen wollen werde. Es 
scheint demnach der etymologische Irrthum zu bestehen, dass eine barbarische Zu- 
sammensetzung von einem unbekannten, mit „mi“ anfangenden Wort und „cellula“ 


178 


vorliege, ähnlich etwa wie Aldehyd gebildet ist. — Ursprünglich hatte ich im Jahre 
1858 in Uebereinstimmung mit dem damaligen Sprachgebrauch die jetzigen Molecüle 
„Atome“ und die jetzigen Molecülgruppen „Molecüle“ genannt, indem es sich für 
mich nur darum handelte, für die kleinsten, von den Physiologen als Molecüle oder 
Molekeln bezeichneten Substanztheilchen eine bestimmte Vorstellung zu gewinnen. 
Nachdem dann die Chemie die beiden Wörter in der bekannten Unterscheidung in 
Anspruch nahm, so musste für Molecülgruppe ein neues Wort gesucht werden. Nach 
langem Ueberlegen (wobei Namen, die auf Krystallähnlichkeit oder Zusammenord- 
nung Bezug hatten, verworfen wurden) entschied ich mich für die ganz ungelehrte 
Benennung Micell (Diminutif von miea, Krume), weil sie nichts präjudieirt und 
sich für alle Zusammensetzungen eignet. Sie ist denn auch, nachdem ich mich schon 
durch längeren Gebrauch von der Zweckmässigkeit überzeugt hatte, in die II. Auf- 
lage des „Mikroskops‘* aufgenommen worden, — und ich denke, dass „Krümchen“ 
(micellum) ebenso gut eine Gruppe von kleinsten Theilchen bezeichnet, als „Kolöss- 
chen“ (molecula) die kleinsten Theilchen selbst. 


Was ferner den Begriff betrifft, so kann es für gewisse Betrachtungen voll- 
kommen zweckmässig sein, von einer ganz allgemeinen und unbestimmten Vorstel- 
lung auszugehen, wie Pfeffer von der allgemeinen Molecülverbindung (tagma) aus- 
gegangen ist. Gewiss hat aber auch das andere. Verfahren Berechtigung, einen Be- 
griff genau zu bestimmen und zu untersuchen, wie weit sein wirkliches Vorkommen 
sich erstrecke. Dieses Verfahren führt mich auf 3 ihrem Wesen nach verschiedene 
tagmatische Begriffe, welche nicht unter einen Oberbegriff zusammen gefasst werden 
können, weil je der vorhergehende sich zu dem folgenden verhält wie der Theil zum 
Ganzen; es sind das Pleon, das Micell und der Micellverband. 


In den Krystallen, welche Krystallwasser enthalten, zeigen die Molecüle H>O 
ein bestimmtes numerisches Verhältniss zu den Substanzmoleeülen oder Salzmolecülen, 
wie ich sie allgemein nennen will. So kommen z. B. auf 1 Mol. schwefelsaure 
Magnesia in den einen Krystallen 7, in den andern 12 Molecüle Wasser, auf 1 Mol. 
essigsaures Natron 3 Mol. Wasser, auf 1 Mol. Citronensäure und auf 1 Mol. Trauben- 
zucker 1 Mol. Wasser. Während das eigentliche Hydratwasser, durch Werthigkeiten 
gebunden, einen Theil des Salzmolecüls selbst ausmacht, befindet sich das Krystall- 
wasser als getrennte Molecüle neben demselben. Die Krystallwasser-führenden Sub- 
stanzen bestehen also aus Molecülgruppen, von denen jede 1, seltener 2 Molecüle 
Substanz (Salz) und 1 bis 24 Mol. Wasser enthält. Wie das Wasser die Molecül- 
gruppen bilden hilft, können auch verschiedene Salzmoleeüle zu solchen Einheiten 
zusammentreten, wie dies bei den Alaunarten so deutlich ist. 


Diese Moleeülgruppen habe ich in Ermangelung eines bessern Wortes bisher 
in meinen Notizen „Pleone‘‘ genannt (ro srAcor, Mehrzahl), und für den so häufigen 
Fall, dass Wasser einen Bestandtheil derselben ausmacht, „Hydropleone‘“. Vielleicht 
auch würde man zweckmässig „chemische Verbindung‘, wenn der Zusammenhalt 


179 


durch die Werthigkeiten erfolgt, und „chemische Vereinigung‘, wenn die Moleeüle 
in bestimmter Zahl zu Pleonen zusammentreten, unterscheiden. 

Die genannten Molecülgruppen gehören nicht bloss dem festen Zustande an; 
sie bestehen auch in der Lösung fort. Besonders überzeugend lässt sich dies für das 
Hydropleon nachweisen, welches zwischen den beweglichen Wassermoleeülen eine 
relativ feste Vereinigung darstellt. Den Massstab für seine Festigkeit giebt uns die 
Differenz in der Wärmetönung, wenn das wasserfreie und das wasserhaltige Salz sich 
lösen. Die grössere Wärmemenge, welche sich beim Lösen des wasserfreien Salzes 
entwickelt, entspricht dem Verluste an lebendiger Kraft (Bewegung), welche die in 
Hydropleonbildung eingehenden Wassermolecüle erleiden. 


Gänzlich verschieden vom Pleon ist das Micell, indem letzteres nichts anderes 
als einen winzigen, weit jenseits der mikroskopischen Sichtbarkeit liegenden Krystall 
darstellt. Das Pleon ist ein individueller Körper, gleich dem Molecül, welcher weder 
wachsen, noch getheilt werden kann, ohne seine Natur zu ändern, während das 
Micell wie der Krystall, wenn es sich vergrössert oder in Stücke zerschlagen 
_ wird, seine innere Beschaffenheit behält. Das Micell unterscheidet sich von dem 
Pleon durch die beträchtlichere Grösse; denn der geringe Wassergehalt in manchen 
organisirten Substanzen (in den dichtesten Schichten der Stärkekörner und Cellulose- 
membranen) verlangt, wie aus der Vergleichung mit weichen (wasserreichen) Schichten 
hervorgeht, unabweisbar die Annahme, dass viele Micelle nicht bloss aus Hunderten 
sondern aus vielen Tausenden von Molecülen krystallinisch (ohne zwischenliegendes 
Wasser) aufgebaut seien !). Möglicher Weise giebt es organisirte Substanzen, deren 
Moleeüle mit Krystallwasser fest werden; dann sind ihre Micelle aus zahlreichen 
Hydropleonen zusammengesetzt. Für die Stärke ist dies nicht wahrscheinlich ; wäre 
es der Fall, so müssten die Micelle der wasserarmen Schichten aus einer noch weit 
grösseren Zahl von Hydropleonen bestehen, als die Rechnung für die wasserfreien 
Molecüle ergiebt (weit über 10,000). 

Der innere Bau der Micelle ist krystallinisch, während die äussere Gestalt alle 
möglichen Formen zeigen kann. Ich habe diese Vorstellung seit 1858 unverändert 
festgehalten und bin offenbar missverstanden worden, wenn Pfeffer (Osmot. Uut. 
8. 150) sagt, ich hätte späterhin in die Definition organisirter Substanz „krystalli- 
nische oder wenigstens polyedrische‘ Micelle aufgenommen, und käme damit in 
Widerspruch mit meinen eigenen früheren Annahmen von kugeligen Anfängen. 
An der einen von Pfeffer eitirten Stelle sind aber die Micelle bloss als ‚‚krystalli- 
nisch“ bezeichnet und damit ihr innerer Bau gemeint; an der anderen citirten Stelle 
heisst es, dass „die Gestalt derselben im Allgemeinen eine polyedrische sein müsse‘‘, 
was nicht ausschliesst, dass die Anfänge kugelig sind. Die ursprüngliche Kugelge- 


1) Nägeli, Stärkekörner p. 331 ff. 
Abh. d. II. Cl.d.k. Ak.d. Wiss. XIII. Bd. II. Abth. 24 


180 


stalt der Micellanfänge habe ich übrigens immer nur als wahrscheinlich ausge- 
sprochen und dabei namentlich auch an den Mangel der Krystallisationsfähigkeit 
bei Stärke und Cellulose erinnert, indem ich damals die Amylodextrin-Crystalloide 
und die doppelbrechenden Eigenschaften der Micelle noch nicht kannte. Diese neuen 
Errungenschaften ändern indess nichts an der Vorstellung, wie der Aufbau eines 
organisirten Körpers (eines Stärkekorns, einer Zellmembran u. s. w.) zu Stande kommt, 
sie modifiziren nur wenig die Begründung. 

Wenn die organisirten Substanzen molecular-Jöslich wären, so hätten die Mi- 
celle, die aus solchen Lösungen sich ausscheiden, als Krystallisationsanfänge ohne 
Zweifel auch die äussere Gestalt von Krystallen, indem die sich anlagernden Mole- 
cüle vermöge ihrer Beweglichkeit im Wasser den Stellen der stärkeren Attraetion 
zuströmen würden. Da die organisirten Körper aber molecular-unlöslich sind, so 
wird die Vergrösserung eines Krystallanfanges wesentlich bedingt durch die Ursachen, 
welche die molecular-lösliche Verbindung in die unlösliche (Zucker in Stärke und 
Cellulose, Peptone in Albuminate u. s. w.) überführen. Der krystallinische Anfang 
eines Stärkemicells lagert ein neues Stärkemolecül nicht da an, wo es die Krystalli- 
sationskräfte verlangen würden, sondern da, wo das in Wasser unbewegliche Molecül 
entsteht. Desswegen können die Molecüle eines Micells doch genau die Anordnung 
haben, wie in einem richtigen Krystall, nämlich in parallelen Ebenen, die nach drei 
Dimensionen sich kreuzen mit entsprechend gleichmässiger Orientirung, — und dass 
diese Anordnung entweder in aller Strenge oder doch in weit überwiegendem Masse 
vorhanden ist, beweist uns die Doppelbrechung des Micells. Die äussere Gestalt der 
Micelle aber kann jede beliebige Abstufung von der regelmässigen Krystallform bis 
zur Kugel und zum ganz unregelmässigen Körper zeigen. Die ersten Anfänge sind 
aus verschiedenen Gründen wenigstens in einzelnen Fällen sehr wahrscheinlich ku- 
gelig; der wichtigste Beweis jedoch für diese Annahme lässt sich noch nieht bei- 
bringen, da er eine genauere Kenntniss der molecularen Kräfte, welche die chemische 
Umwandlung bedingen, und namentlich auch der räumlichen Anordnung dieser Kräfte 
voraussetzt. 

Ich habe früher (Stärkekörner 1858) angenommen, dass das Micell ausschliess- 
lich wie ein einfacher Krystall wachse, bin aber längst überzeugt, dass noch ein 
anderer Factor bei der Vergrösserung der Micelle mitwirkt. Die mechanischen und 
die räumlichen Bedingungen des Wachsthums von Stärkekörnern und Cellulosemem- 
branen, sowie der Erscheinungen beim Aufquellen dieser Gebilde verlangen die Theorie, 
dass nicht bloss die einzelnen Micelle wie Krystalle durch Auflagerung wachsen, 
sondern dass auch mehrere oder viele sich mit einander vereinigen und durch Ver- 
wachsung zusammengesetzte Micelle bilden, in analoger Weise wie mehrere einfache 
Krystalle zu einer Druse verwachsen. Die Vereinigung geschieht dadurch, dass der 
sonst mit Wasser erfüllte Zwischenraum zwischen zwei Micellen sich mit Substanz 
ausfüllt. Dabei passen selbstverständlich die Molecüle (oder Pleone) der beiden ver- 
wachsenden Micelle nicht genau aufeinander. An der Verwachsungsstelle ist daher 


181 


die regelmässige krystallartige Anordnung der Molecüle mehr oder weniger gestört, 
und hier vermögen die Quellungs- und Lösungsmittel, deren Angriffen die streng 
regelmässige Structur mit ihrer stärkeren Cohäsion noch widersteht, mit Erfolg ein- 
zugreifen und den Zusammenhang zu lösen. — Das Verwachsen kann sich wieder- 
holen, so dass also nun zusammengesetzte Micelle sich mit einander vereinigen, und 
dass zuletzt ein vielfach zusammengesetztes Micell entsteht. Je grösser und zusam- 
mengesetzter zwei verwachsende Micelle sind, um so weniger passen ihre Molecüle 
auf einander, um so weniger fest ist unter übrigens gleichen Umständen der Zu- 
sammenhang. Es erfolgen daher die Trennungen ebenfalls stufenweise; so beobachtet 
man an der Stärkesubstanz ein wiederholtes Zerfallen der zusammengesetzten Micelle, 
wobei jede folgende Stufe einer stärkeren Action der angewendeten Mittel entspricht. 

Grosse Micelle von höherer Zusammensetzung zerfallen aber nur dann leichter 
als kleinere und einfachere, wenn ihre Verwachsungen gleich alt sind, was für die 
Hauptmasse eines Stärkekorns zutrifft. Sind die einen Verwachsungen älter, so er- 
weisen sie sich auch fester und widerstandsfähiger, wahrscheinlich weil beim Wachs- 
thum des ganzen zusammengesetzten Micells die Vereinigungsstellen durch gemein- 
same Substanz von mehr ununterbrochener und regelmässiger Anordnung überlagert 
und geschützt werden. So sind in der ältesten Partie eines Stärkekorns (in der 
Rindenschicht, welche das geringste Wachsthum zeigt, da sie mit dem Quadrat des 
Radius zunimmt, indess die übrige Substanz mit der dritten Potenz des Radius sich 
vermehrt) die Micelle nicht bloss am grössten, sondern auch am widerstandsfähigsten 
gegen Quellungsmittel. 

Die Verwachsung der Micelle kann nach allen Seiten erfolgen und mehr oder 
weniger isodiametrische Körperchen bilden, wie diess ohne Zweifel in der inneren 
Partie des Stärkekorns der Fall ist. Oder sie kann einseitig sein und durch Ver- 
schmelzung einer Micellreihe linienförmige oder fibrillenförmige Körperchen bilden, 
wie dies für die Holz- und Bastzellen ihrer mechanischen Eigenschaften wegen ange- 
nommen werden muss, besonders für die besseren Bastsorten, deren Zugfestigkeit 
dem Schmiedeeisen und selbst dem Stahl gleich kommt. Diese fibrillenartigen zu- 
sammengesetzten Micelle sind übrigens nicht zu verwechseln mit den Primitivfasern, 
aus denen man sich früher die Pflanzenzellmembranen zusammengesetzt dachte, und 
welche nichts anderes als die mikroskopisch sichtbaren dichteren streifenförmigen 
Stellen der Membranschichten sind. 

Wahrscheinlich kommt Micellbildung nicht bloss bei den organisirten Körpern 
und in den aus denselben erhaltenen Micellarlösungen vor. Der gallertartige Zustand 
in welchem die Kieselsäure und andere unorganische Verbindungen auftreten, die 
Unfähigkeit dieser Verbindungen zu diosmiren, und die anderen äusserst mannig- 
faltigen Erscheinungen, welche sich an den gallertartigen Zustand knüpfen und so 
grosse Aehnlichkeit mit dem Verhalten der Albuminate zeigen, deuten mit grosser 
Wahrscheinlichkeit darauf hin, dass auch hier die Bildung von Micellen und Micell- 
verbänden Platz greift. Auch bei sehr concentrirten Lösungen muss wahrscheinlich, 

24* 


182 


wie ich später für den Zucker zeigen werde, das Vorhandensein von Micellen ange- 
nommen werden; vielleicht spielen dieselben auch eine Rolle in den übersättigten 
Lösungen, insofern nicht alle dieselben betreffenden Thatsachen aus verschiedenen 
„Hydraten‘‘ (d. h. Hydropleonzuständen) sich erklären lassen sollten. Endlich treffen 
wir in den Niederschlagsmembranen, mit denen man künstliche Zellen dargestellt 
hat, einen micellaren Bau. 

Die Micelle vereinigen sich aus einer Micellarlösung auf zwei verschiedene Arten 
zu Verbänden, entweder in regelmässiger Art, wobei sie nach den nämlichen Regeln 
zu einem Krystalloid zusammentreten, wie die Molecüle oder Pleone zu einem Kry- 
stall (die drei Normen, nach denen dies geschieht, habe ich im Text angegeben), — 
oder in unregelmässiger Weise, indem sie sich beliebig, bald mehr baumartig, bald 
mehr netzartig, an einander hängen. Diese unregelmässigen Verbände sind entweder 
getrennt in der opalisirenden Flüssigkeit, oder sie hängen alle zusammen und bilden 
eine stehende Gallerte. — Gemeinsam ist allen Micellverbänden, dass die einzelnen 
Micelle an der ganzen Oberfläche mit Wasser umgeben sind, und dass der Zusammen- 
hang nur durch grössere Annäherung der Micelle, somit durch Verminderung der 
trennenden Wasserschicht an bestimmten Stellen zu Stande kommt. 

Dass die Micelle aus einer Lösung bald zu regelmässigen, bald zu unregel- 
mässigen Verbänden sich zusammenordnen, erklärt sich leicht aus ihrer verschiedenen 
Gestalt und Grösse. Nur wenn die Micelle annähernd gleich gross und gleich ge- 
staltet sind, können sie sich, ähnlich wie Molecüle oder Pleone, zu regelmässigen 
krystallähnlichen Körpern vereinigen. Da jedoch die Micelle nie die vollkommene 
Gleichheit der Molecüle und Pleone erreichen, so bleiben auch die Krystalloide immer 
etwas hinter der strengen geometrischen Regelmässigkeit der Krystalle zurück (Sitz- 
ungsber. der k. b. Akad. d. W. vom 11. Juli 1862). In den künstlich erhaltenen 
Micellarlösungen scheinen die Micelle, wie dies übrigens begreiflich ist, meistens von 
ungleicher Grösse und Gestalt zu sein und daraus zum Theil die Schwierigkeit er- 
klärt zu werden, mit der sich Krystalloide aus denselben gewinnen lassen. 

Die organisirten Körper bestehen ebenfalls bald aus regelmässigen bald aus 
unregelmässigen Micellverbänden. Hier sind aber bezüglich des Zustandekommens 
andere Gesichtspunkte massgebend, da die Verbände nicht durch Zusammentreten 
ursprünglich getrennter Micelle aus einer Lösung, sondern durch Zwischenlagerung 
neuer Micelle zwischen die schon vorhandenen sich bilden. In dem organisirten 
Körper besteht der regelmässige Bau in einer gleichartigen Orientirung der Micelle, 
welche sich durch die doppelbrechenden Eigenschaften kundgiebt, und welche jeden- 
falls auch eine gewisse regelmässige schichtenweise Anordnung voraussetzt, aber eine 
grosse Mannigfaltigkeit in Form und Grösse der Micelle gestattet. Daher ist es denn 
eine gewöhnliche Erscheinung, dass die Micelle einer ganz regelmässig gebauten or- 
ganisirten Substanz (Stärkekorn, Zellmembran), nachdem sie sich getrennt haben 
und in Micellarlösung gegangen sind, nicht mehr oder nur in sehr beschränktem 
Masse zu regelmässigen Formen (Crystalloiden) sich vereinigen. 


183 


Wir haben also, wie aus dem Vorstehenden sich ergiebt, wenn wir alle mole- 

eularen Verhältnisse bis dahin, wo sie dem bewaffneten Auge sichtbar werden, be- 
rücksichtigen, 5 Stufen zu unterscheiden: Atome der chemischen Elemente, Moleeüle, 
Pleone, Micelle und Micellverbände. Nur die letzteren können, wenn sie eine be- 
sondere Grösse erreichen (wie dies z. B. in den Krystalloiden der Fall ist) unter 
dem Mikroskop wahrgenommen werden. Die Stufen sind im Allgemeinen scharf 
geschieden, indem sich jede zur folgenden verhält wie der Theil zum Ganzen. Das 
schliesst aber nicht aus, dass die eine für die nächstfolgende eintreten und ihre Rolle 
übernehmen kann, wie z. B. in den Quecksilberdämpfen die Atome als Moleeüle auf- 
treten, wie ferner so häufig die Molecüle unmittelbar zu Micellen oder Krystallen 
zusammentreten, insoferne sie nicht etwa auch bei Mangel an Krystallwasser zunächst 
Pleone (von bestimmter Molecülzahl) bilden. 
\ Die Aufgabe der Wissenschaft scheint mir nun die zu sein, bei jeder dem un- 
‚ sichtbaren Gebiete angehörenden Erscheinung zu bestimmen, welcher der oben ge- 
nannten Stufen dieselbe angehöre. Diese Aufgabe besteht für den physikalischen 
Theil der Chemie, besonders aber für die Molecularphysiologie, welche bei jedem 
Schritt das Bedürfniss empfindet, sich über jene Erscheinungen klar zu werden. 
Pfeffer hat die drei letzten Stufen (Pleon, Micell und Micellverband) als Tagma 
zusammengefasst, und es ist dies jedenfalls ein Fortschritt gegenüber dem gewöhn- 
lichen Verfahren, alles dem unsichtbaren Gebiete Angehörige als ‚„moleculare Ver- 
hältnisse‘‘ zu bezeichnen. Imdessen kann der letztere ganz allgemeine Begriff nicht 
entbehrt werden, und wenn man, was ebenfalls zweckmässig ist, in dem ganzen un- 
sichtbaren Gebiete zwei Gruppen unterscheiden will, so würde ich für natürlicher 
halten, die Scheidung an einer anderen Stelle zu vollziehen und die drei ersten 
Stufen den zwei letzten gegenüber zu setzen. Man würde dann die molecularen 
Verhältnisse im engeren Sinne und die micellaren Verhältnisse unterscheiden. Zu 
den ersteren würde Alles gehören, was die Atome, Molecüle und Pleone betrifft, 
also Alles, was dem eigentlich chemischen Gebiete angehört und sich nach bestimmten 
Verhältnisszahlen (Aequivalenten) verbindet oder vereinigt. Die letzteren dagegen 
würden Alles begreifen, was die Micelle und die Micellverbände betrifft, was dem 
eigentlich physikalischen Gebiete angehört, mit der Fähigkeit zu unbestimmter und 
unbegrenzter Vereinigung. — Aber diese allgemeinen Begrifte dürfen nur als Noth- 
behelf dienen, und das Augenmerk muss immer darauf gerichtet sein, zu den ein- 
zelnen Stufen als den natürlichen und concreten Begriffen vorzudringen. 

Wie wichtig die Unterscheidung der verschiedenen Stufen ist, zeigt sich be- 
sonders auch bei den diosmotischen Erscheinungen, welche in Folge der Schrift 
Pfeffer’s vorzüglich auch zu dieser Anmerkung Veranlassung gegeben haben. 
Der Durchgang eines gelösten Stoffes durch eine Membran wird ermöglicht durch 
das Wasser, das in derselben enthalten ist. Je mehr dieses Wasser durch die Sub- 
stanz beeinflusst ist, um so mehr wird die Diosmose eine besondere, von der 
Diffusion in Wasser (ohne trennende Membran) verschiedene Erscheinung. Der 


184 


Charakter der Diosmose (Verhältniss von Salz- und Wasserströmung, diosmo- 
tischer Druck u. s. w.) ist also um so ausgesprochener, je enger die mit Wasser 
gefüllten Poren der Membran sind. Auf diesen Punkt legt auch Pfeffer mit 
Recht grosses Gewicht; er unterscheidet Wasser, das unter dem Einfluss der 
molecularen Anziehung der Substanz steht, und solches, welches ausser- 
halb derselben sich befindet; ersteres bedingt die „moleculare“, letzteres die „capil- 
lare“‘ Diosmose, Wenn er aber den Nachweis von Wasser in einer tagmatischen 
Anordnung im Allgemeinen als ausreichend betrachtet, um eine diatagmatische Dios- 
mose anzunehmen, so halte ich es für zwecekmässig, auch in dieser Beziehung einen 
Sehritt weiter zu gehen, indem nur die letzte Stufe, der Micellverband, den Durch- 
gang von flüssigen und gelösten Stoffen erlaubt, das Micell selbst aber als unwegsam 
betrachtet werden muss. 

Ausser dem capillaren Wasser, welches die gewöhnliche Diffusion zeigt, haben 
wir nämlich in einer feuchten Membran noch zweierlei Wasser zu unterscheiden: 
dasjenige, welches die Oberfläche der Micelle zunächst umgiebt, und welches wir wohl 
am besten als Adhäsionswasser bezeichnen, — und dasjenige, welches allenfalls mit in 
die Zusammensetzung der Micelle eintritt und welches ich am liebsten Constitutions- 
wasser nennen möchte, wenn nicht dieser Ausdruck schon in mehrfachem Sinne ver- 
wendet worden wäre. Diese drei Arten von Wasser weichen in dem Grade der 
Beweglichkeit ihrer Molecüle von einander ab. Das capillare Wasser hat die vollen 
Molecularbewegungen des freien Wassers; in dem Adhäsionswasser sind die fort- 
schreitenden Bewegungen der Molecüle mehr oder weniger vermindert, und in dem 
Constitutionswasser (Krystallwasser, Pleonwasser) befinden sich die Moleeüle in einem 
starren, unbeweglichen Zustande. Anderes Wasser giebt es überhaupt nicht; denn 
die Elemente des eigentlichen Hydratwassers, das durch Werthigkeiten gebunden ist, 
‘ befinden sich ja nicht als H2O, sondern als HÖ in den Molecülen. 

Ueber die Bewegungszustände der Wassermolecüle, welche das Constitutions- 
wasser (Krystallwasser) des festen Zustandes bilden, geben uns die Lösungswärmen 
Aufschluss. Wenn das Wasser zu Eis wird, so verlieren die Molecüle ihre fort- 
schreitende Bewegung; diesem Verluste entspricht die Menge der freiwerdenden 
Wärme. Wenn ein Salz aus- einer Lösung das eine Mal ohne, das andere Mal mit 
Krystallwasser ausfällt, so zeigt uns die Differenz der Wärmeentwicklung an, wie viel 
die Wassermolecüle beim Krystallisiren an Bewegung einbüssen. Statt den bei der 
Krystallisation freiwerdenden Wärmemengen, können wir auch die beim Lösen des 
wasserfreien und wasserhaltigen Salzes absorbirten Wärmemengen messen, da in 
beiden Fällen natürlich die gleichen Werthe erhalten werden. 

Um ein Beispiel anzuführen, so krystallisirtt das schwefelsaure Natron als 
Glaubersalz mit 10 Aeq. Wasser; es kann aber auch wasserfrei erhalten werden. 
Beim Lösen des wasserfreien Salzes werden für jedes Molecül Salz 760 Cal. frei, beim 
Lösen des wasserhaltigen Salzes dagegen 18100 Cal. absorbirt. Die Differenz von 
+ 760 und — 18100 beträgt -+ 18860 Cal., welche Wärmemenge der Einbusse an 


185 


lebendiger Kraft von 10 Mol. H?O entspricht, wenn sich dieselben mit 1 Mol. 
Na?SO* zu einem Hydropleon vereinigen. Dies gilt für eine bestimmte Temperatur 
und eine bestimmte Menge des lösenden Wassers, und macht auf 1 Mol. H?O, 
welches in das Hydropleon eintritt, durchschnittlich 1886 Cal. aus. — Wahrschein- 
lich vereinigt sich das Molecül des wasserfreien Salzes bei der Lösung mit 10 Mol. 
H?O, zu einem Hydropleon. Dieser Umstand ist übrigens für das Ergebniss gleich- 
gültig. Mögen die Salzmolecüle in der Lösung nicht mit Wasser oder mit irgend 
einer beliebigen Anzahl von Wassermolecülen vereinigt sein, so muss, wenn das eine 
Mal die feste Verbindung Na? SO®, das andere Mal die feste Verbindung Na? SO* + 
10H°O sich in Wasser löst, im ersten Fall immer eine grössere Zahl von H?O- 
Moleeülen in den festen, oder eine kleinere Zahl von H?O-Moleeülen in den be- 
wegten Zustand übergehen als im zweiten Fall, und die Differenz muss immer 
10 Molecüle betragen. 


Wenn Wasser zu Eis oder Eis zu Wasser wird, so beträgt die Abgabe oder 
die Aufnahme von Wärme für jedes Molecül bei 0° 1442 Cal., bei 18°C. ungefähr 
1600 Cal. Da nun beim Krystallisiren von Glaubersalz bei 18°C. für jedes der 10 
Molecüle Krystallwasser durchschnittlich 1886 Cal. frei werden, so verliert das Wasser 
dabei mehr von seiner lebendigen Kraft als wenn es zu Eis wird; in dem Glauber- 
salzkrystall sind die Wassermolecüle unbeweglicher als im Eis. — Das Nämliche 
gilt für die übrigen Krystallwasser führenden Verbindungen, deren Wärmetönungen 
bekannt sind. Wenn man die Wärmemenge berechnet, welche für ein in den Kry- 
stall eintretendes Wassermoleeül frei wird, so ist sie in der Regel grösser als wenn 
ein Wassermolecül zu Eis wird; sie kann selbst mehr als den doppelten Werth er- 
reichen (so beim oxalsauren Ammoniak, oxalsauren Natron, weinsauren Kali). 


Wenn das Hydropleon mehrere Wassermoleeüle enthält, so befinden sich die 
einen in einem Zustande grösserer Starrheit als die anderen. Die moleculare Lös- 
ungswärme des wasserfreien essigsauren Zinkoxyds (Zn C*H#0%) beträgt + 9820 Cal., 
diejenige des Salzes mit 1 Mol. Krystallwasser + 6360 und diejenige des Salzes 
mit 2 Mol. Krystallwasser + 4240 Cal. Das erste Molecül Krystallwasser hat somit 


eine moleculare Lösungswärme von — 3460 Cal., das zweite eine solche von — 2120 
Cal., beide Moleeüle zusammen eine durchschnittliche Lösungswärme von — 2790 
Cal. — Die moleceulare Lösungswärme des phosphorsauren Natrons (Na?HPO%) 


beträgt im wasserfreien Zustande + 5481 Cal., mit 7 H?’O dagegen — 11328 
Cal. und mit 12 H2O — 22496 Cal. Die ersten 7 Molecüle Krystallwasser 


haben demnach eine durchschnittliche Lösungswärme von — 2401 Cal. für 
jedes Molecül, die 5 letzten eine solche von — 2234 Cal. und alle 12 zusammen 
eine solche von — 2331 Cal. Daraus ergiebt sich der allgemeine Schluss, dass das 


erste Moleeül Wasser, welches in ein Pleon eintritt und welches dasselbe auch zu- 
letzt verlässt, am meisten gebundene Wärme oder Bewegung verliert und dass jedes 
folgende eine geringere Einbusse erfährt. 


186 


Diese Thatsachen sind wichtig für die Beurtheilung des Bewegungszustandes, 
in welchem sich das allenfalls in den Micellen enthaltene Wasser befindet, und für 
die Entscheidung der Frage, ob Diosmose durch die Micelle hindurch möglich sei. 
Es wird Niemand daran zweiteln, dass eine Platte von Eis und ein Krystall mit 
Krystallwasser für gelöste Stoffe unwegsam sind, denn in beiden sind die Wasser- 
molecüle nicht verschiebbar, indem sie bloss um ihre Gleichgewichtslage schwingen. 
Wenn aber Wassermoleeüle mit in die Constitution der Micelle eingehen, so müssen 
sie sich darin in dem nämlichen starren Zustande befinden wie im Eis oder in jedem 
andern Krystall; und die Unbeweglichkeit muss um so grösser sein, in je geringerer 
Menge das Wasser im Verhältniss zur Substanz vorhanden ist. Betreffend diese 
Menge haben wir für die Stärke und die Cellulose bestimmte thatsächliche Anhalts- 
punkte. Der geringe Wassergehalt der dichten Schichten in den Stärkekörnern und 
in den Zellmembranen erlaubt bloss die Annahme, dass die Micelle aus wasserfreier 
Substanz bestehen, oder dass auf je 12 C höchstens 1 Mol. Krystallwasser komme. 
Wir haben für das Eine und Andere die Analogie der ohne Wasser oder mit Wasser 
krystallisirenden Zuckerarten. Ich halte es für viel wahrscheinlicher, dass die Stärke- 
und Cellulosemicelle kein Wasser enthalten. 

Die Nothwendigkeit der Annahme, dass die allenfalls in den Micellen einge- 
schlossenen Wassermolecüle starr seien, lässt sich übrigens auch aus einer anderen 
Erwägung schon zum Voraus darthun. Wenn eine Substanz (Salz) mit Krystall- 
wasser fest wird, so ist dies em Beweis dafür, dass unter den bezüglichen Umständen 
das Salzmoleceül die ihm zutreffenden Wassermolecüle stärker anzieht als die Salz- 
molecüle selbst. Das wasserfreie Salz entspricht also im genannten Falle einer ge- 
ringeren Summe von Anziehung, und da diese eine feste Vereinigung bedingt, so 
muss die grössere Summe von Anziehung nothwendig ebenfalls eine feste Vereinigung 
hervorbringen. Und die nämliche Bewandtniss hat es mit den Wassermolecülen, 
welche in die krystallinische Structur der Micelle aufgenommen werden. 

Aus diesen Gründen muss ich, gegenüber der Theorie Pfeffer’s einer dia- 
tagmatischen Diosmose, an meiner ursprünglichen Behauptung, dass die Micelle, ins- 
besondere diejenigen der Kohlenhydrate, für flüssige und lösliche Stoffe unwegsam 
seien, festhalten !). Die Diosmose durch eine Membran kann also nur durch das 
capillare und das Adhäsionswasser vermittelt werden. Ueber den Bewegungszustand 
des letzteren geben uns verschiedene Betrachtungen einigen Aufschluss. 


1) Wenn Pfeffer anführt, dass ich früher die Möglichkeit erwähnt habe, dass Wasser in den 
Micellen enthalten sei, und wenn er aus dem Vorhandensein von Constitutionswasser den Schluss zieht, 
dass dasselbe beim Trocknen ganz oder theilweise verloren gehe, so muss ich dagegen erwidern, dass 
ich schon ursprünglich (1858) das möglicher Weise eingeschlossene Wasser als Krystallwasser und 
mit Rücksicht darauf die Micelle als undurchdringlich bezeichnet habe. Solches Wasser würde auch 
nicht beim Trocknen verdunsten, sondern wohl erst, bei höherer Temperatur fortgehen. Alles, was 
Pfeffer von dem Constitutionswasser sagt, gilt nach meiner Ansicht bloss für das zwischen den 
Micellen befindliche Adhäsionswasser. 


187 


Viele Körper ziehen das Wasser energisch an und benetzen sich damit; sind 
sie porös, so werden sie davon durchdrungen. Die organisirten Substanzen nehmen 
nach dem Eintrocknen Wasser auf, indem die Neigung der Micelle, sich mit einer 
Wasserhülle zu umgeben, grösser ist als die im Uebrigen sehr bedeutende Anzieh- 
ung, die sie auf einander selber ausüben. Dieser Verwandtschaft der Micelle zum 
Wasser muss der Grad der Unbeweglichkeit entsprechen, in den dabei die Molecüle 
des letzteren gerathen. 

Die Imbibition setzt sich aus verschiedenen mechanischen Vorgängen zusammen. 
Einmal werden die Micelle von einander entfernt, und damit eine Arbeit geleistet, 
wie wenn ein Gewicht gehoben, resp. von dem Erdmittelpunkte entfernt wird. Dann 
nehmen die Micelle in Folge der Stösse, die ihnen die Wassermolecüle versetzen, 
lebhaftere (schwingende) Bewegungen an. Beide Arbeitsleistungen bedingen eine 
Abnahme der Bewegung der Wassertheilchen oder ihres Wärmevorrathes. Endlich 
wird eine gewisse Zahl von Wassermolecülen durch die Micelle in besonderem Grade 
angezogen; dieselben gehen in einen mehr oder weniger starren Zustand über, wobei 
Wärme frei werden muss. Alle drei Vorgänge haben eine Verminderung der Be- 
wegung der in die organisirte Substanz eingedrungenen Wassermolecüle zur Folge. — 
Bei der Imbibition vereinigen sich also drei Momente, von denen die beiden ersten 
Wärme binden, der letzte Wärme frei macht. Es war vorauszusehen, dass der letz- 
tere bedeutend überwiege, und dass daher mit der Benetzung ein Steigen der Tempe- 
ratur eintrete. 

Um darüber experimentelle Gewissheit zu erhalten, wurde Weizenstärkemehl 
durch Trocknen bei 60 bis 80°C. ziemlich wasserfrei gemacht und, nachdem es auf 
19° C. abgekühlt war, 100 gr. davon in 100 cem destillirtem Wasser von gleicher 
Temperatur eingerührt. Die Temperatur stieg sogleich auf 27°C., also um 8°. — 
Da das Stärkemehl wahrscheinlich noch etwas Wasser enthalten hatte, so wurde 
noch einmal eine Partie zwischen 80 und 90°C. getrocknet und der Gewichtsverlust 
bestimmt; derselbe betrug 13,1 Proz. 40 gr. von diesem getrockneten Weizenstärke- 
mehl, mit 40 ccm. Wasser, beide von der Temperatur 22° C., zusammengerührt, er- 
wärmten sich auf 33,6° C.,also um 11,6°. Diesmal enthielt das Stärkemehl nur noch 
_ geringe Spuren von Wasser ; denn eine andere kleinere Partie, die so lange bei 90° C. 
getrocknet wurde, bis kein Gewichtsverlust mehr erfolgte, zeigte eine Abnahme von 
13,3 Proz. — 40 gr. lufttrockenes Stärkemehl, mit 29,5 ccm. Wasser !) zusammen- 
gerührt, liess das Thermometer von 20,6°C. auf 23,3% steigen, also um 2,7%. Es 
bedingen somit die 13,1 Prozente Wasser, welche sich in der lufttrockenen Stärke 
befinden, beim Eintritt in die Substanz eine Temperaturerhöhung um 8,9° C. 


1) 40 gr. lufttrockenes Stärkemehl enthalten 5,24 Imbibitionswasser, somit 34,76 gr. Substanz. 
Bei Zusatz von 29,52 Wasser war die Menge des Wassers gleich derjenigen der trockenen Substanz 
wie in dem vorhergehenden Versuch. 


Abh. d. II. Cl.d. k. Ak. d. Wiss. XIII. Bd. II. Abth. 25 


188 


Die Wärmemenge, welche bei der Imbibition des trockenen Stärkemehls frei 
wird, rührt davon her, dass ein Theil des eintretenden Wassers in einen weniger 
bewegten Zustand übergeht. Jene Menge stellt aber nicht die ganze Summe der 
durch diesen Vorgang ausgelösten Wärme dar, weil ein Theil der letzteren dazu 
verwendet wird, um den Verlust zu decken, welcher aus dem Auseinandertreten der 
Micelle und ihrer lebhafteren Bewegung sich ergiebt. Die Wärmetönung bei der 
Imbibition zeigt uns also nur die Differenz zweier entgegengesetzter Wirkungen an, 
wie dies auch bei der Auflösung eines wasserfreien Salzes der Fall ist, wo die Hydro- 
pleonbildung als wärmeerzeugender, die Trennung und der Uebergang der starren 
Salztheilchen in die fortschreitende Bewegung als kälteerzeugende Processe zusam- 
mentreffen und als Gesammtergebniss bald ein Steigen, bald ein Sinken der Tempe- 
ratur verursachen. Nur sind beim Lösen eines Salzes die kälteerzeugenden Processe 
viel wirksamer und daher auch die Temperaturerniedrigungen der häufigere Fall. 


Wenn wir bestimmte Vorstellungen von der Grösse der Micelle hätten, so liesse 


sich bereehnen, wie viel Wärme auf das einzelne Micell und wie viel annähernd auf 


die Flächeneinheit frei wird, und es liesse sich ein Vergleich zwischen der Micell- 
benetzung und der Hydropleonbildung anstellen. Daran ist aber vorerst nicht zu 
denken, und man könnte nur auf einem Umwege durch eine Reihe vergleichender 
Versuche an Substanzen von ungleicher micellarer Constitution zu einem einige Ge- 
wissheit gebenden Resultat gelangen. Einstweilen genügt die beobachtete bedeutende 
Temperaturerhöhung zu dem Beweise, dass bei der Benetzung der Micelle wirklich 
ein ganz analoger Vorgang stattfinden muss wie bei der Hydropleonbildung. 100 gr. 
Weizenstärke nehmen nahezu 100 gr. Imbibitionswasser auf; davon waren in dem 
zu dem Versuche verwendeten lufttrockenen Stärkemehl noch 15,1 gr. enthalten 
(= 13,1 Proz.). Die Aufnahme dieser 15,1 gr. Wasser bewirkte eine Temperatur- 
erhöhung um 8,9°C., die Aufnahme der ganzen übrigen Wassermenge (84,9 gr.) nur 
eine weitere Erhöhung um 2,7° C.t). Es ist daher fast nur der geringe Theil des 
Imbibitionswassers, welcher in trockener Luft noch festgehalten wird, an der Tempe- 
raturerhöhung in hervorragender Weise betheiligt; seine Molecüle müssen sich, wie 
die Wassermolecüle der Hydropleone, nahezu in einem starren und eisähnlichen Zu- 
stande befinden. 


Die Erscheinungen, welche die Adhäsion des Wassers an festen Körpern und 
der Durchgang desselben durch Capillarröhren darbietet, beweisen, dass sich zunächst 
an der festen Substanz eine unbewegliche oder wenigstens eine schwer bewegliche 
Wasserschicht befindet. Aus der absoluten Grösse, welche für die Wirkungssphäre 
der bemerkbaren Anziehungskraft einer festen Oberfläche auf Wasser von Quincke 
bestimmt worden, und aus der absoluten Grösse, welche sich aus den Berechnungen 


1) Die beiden Zahlen 8,9 und 2,7 sind direkt vergleichbar, da in beiden Fällen gleiche Mengen 
von Stärke und Wasser die Temperaturerhöhung erfuhren. 


189 


von Thomson, Maxwell und andern Physikern, für den Raum eines Wasser- 
molecüls ergiebt, würde folgen, dass das Wasser bis auf die Entfernung von einigen 
Tausend Molecülen die Anziehung der festen Oberfläche in merklichem Grade erfährt 
und daher in verminderter Bewegung sich befindet. Anziehung und Bewegungsver- 
lust nehmen natürlich nach dem festen Körper hin zu, und steigern sich möglicher 
Weise in den unmittelbar angrenzenden Wassermoleceülen (in einer einfachen oder 
mehrfachen Schicht) zur vollkommenen Starrheit. 


Eine bessere Einsicht in die Bewegungszustände der durch Adhäsion gebun- 
denen, der festen Oberfläche zunächst liegenden Wassermolecüle vermag uns das 
Verhalten der Hydropleone zu geben. Die Salze haben im Allgemeinen eine grosse 
Verwandtschaft zu Wasser. Beweis hiefür giebt uns das Krystallwasser, welches 
manche beim Festwerden zurückhalten, und zwar mit so grosser Kraft, dass dasselbe 
in einem noch unbeweglicheren Zustande sich befindet als im Eis. Der Umstand, 
dass viele Salze ohne Wasser krystallisiren, beweist dagegen noch nicht ihren Mangel 
an Verwandtschaft zu Wasser, sondern bloss, dass die Salzmolecüle bei Anwesenheit 
von wenig Wasser auf die Molecüle des letzteren eine geringere Anziehung ausüben 
als auf die Salzmoleeüle selber. Ihre Anziehung auf das Wasser kann doch noch 
ziemlich bedeutend sein; nur ist sie nicht bloss relativ, sondern auch absolut geringer 
als bei den krystallwasserführenden Salzen, wie sich beispielsweise aus der Vergleich- 
ung der Wärmetönungen beim Lösen von Kali- und Natronsalzen ergiebt. Die ana- 
logen Verbindungen des Kaliums absorbiren eine viel grössere Wärmemenge als die des 
Natriums; die ersteren krystallisiren ohne, die letzteren mit Krystallwasser. So be- 
trägt die Wärmeentwicklung für ein sich in Wasser lösendes Molecül Jodnatrium 
+ 1220 Cal. und für Jodkalium — 5110 Cal., ferner für Bromnatrium — 150 Cal. 
und für Bromkalium — 5080 Cal, endlich für schwefelsaures Natron 4 760 Cal. und 
für schwefelsaures Kali — 6380 Cal. Daraus geht hervor, dass die Natronsalze, 
wenn sie in Lösung gehen, das Wasser viel fester binden als die Kalisalze, indem 
sie pro Molecül eine um eben so viel grössere Bewegungssumme in den Wasser- 
molecülen zur Ruhe bringen, als die Differenz in den molecularen Lösungswärmen: 
angiebt. 

Die Molecüle der Salze, welche mit Krystallwasser fest werden, sind auch m 
den Lösungen wenigstens mit eben so vielen Wassermolecülen zu Hydropleonen ver- 
einigt, als in dem festen Salz, das am meisten Krystallwasser enthält. Diese An- 
nahme wird durch die Wärmetönungen beim Lösen gefordert. Wenn aber ein Salz 
ohne Wasser krystallisirt, so folgt daraus nicht das Ausbleiben von Hydropleon- 
bildung bei der Lösung, sondern bloss ein durch die Wärmetönung angezeigter we- 
niger fester Zusammenhang der Hydropleone. Dass der (ohne Wasser krystallisirende) 
Rohrzucker in der Lösung wirklich mit Wassermolecülen vereinigt sein muss, lässt 
sich, wie ich nachher zeigen werde, aus den Temperaturveränderungen beim Auflösen 
nachweisen. Ebenso ist die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, dass ein Krystall- 


25 * 


190 


wasser-führendes Salz, wenn es sich löst, noch mehr Wasser anziehe und in seine 
Hydropleone aufnehme. 

Wenn wir die Salze, welche mit Wasser krystallisiren, mit einander vergleichen, 
so sehen wir, dass die Maximalzahlen der Wassermolecüle, die mit einem Salzmolecül 
vereinigt sind, mit der Grösse und Zusammensetzung des letzteren steigen. Die Ha- 
loidsalze krystallisiren höchstens mit 4, die schwefelsauren, kohlensauren, phosphor- 
sauren Salze höchstens mit 10 oder 12, die doppelmolecüligen Alaunsalze dagegen 
mit 24 Mol. Wasser. Jedes dieser Wassermolecüle muss, wie es die starke Anzieh- 
ung und die dadurch bedingte grosse Starrheit nicht anders zulassen, unmittelbar 
an das Salzmoleeül angrenzen und kann nicht etwa durch ein zwischenliegendes 
Wassermolecül mit demselben vereinigt sein. Damit sind aber nur die Stellen 
grösster Anziehung besetzt. Das Moleeularvolumen des Salzes erlaubt jeweilen we- 
nigstens der doppelten Anzahl von Wassermolecülen eine unmittelbare Vereinigung 
mit dem Salzmolecül. Diese überschüssigen Wassermolecüle, die unter allen Um- 
ständen an die virtuelle Oberfläche der Salzmolecüle anstossen müssen, werden ohne 
Zweifel durch die Anziehung der letzteren sich in verminderter Bewegung befinden, 
aber bei Weitem hinter der Starrheit der eigentlichen Krystallwassermoleeüle zurück- 
bleiben. Es ist somit im höchsten Grade wahrscheinlich, dass die in Lösung befind- 
lichen Salzmolecüle mit einer einfachen Lage von Wassermolecülen zu einem Hydro- 
pleon vereinigt seien, die aber vom ersten bis zum letzten ungleich grossen Anzieh- 
ungen entsprechen und daher auch in einen ungleichen Grad der Starrheit überge- 
gangen sind. 

Wie die Salzmolecüle der Lösung müssen sich auch die Micelle verhalten, mögen 
sie sich im gelösten oder im benetzten festen Zustande befinden; denn jedes ober- 
flächliche Molecül derselben zieht ebenfalls an der freien Anssenseite Wasser an, aber 
an verschiedenen Stellen mit ungleicher Kraft. Bei grösserer allgemeiner Verwandt- 
schaft werden an jedem Molecül einzelne Stellen sein, die eine vollkommene Starrheit 
der anstossenden Wassermolecüle bedingen. Die dazwischen liegenden Stellen be- 
wirken zwar eine geringere Bewegungslosigkeit, aber unter dem Schutze jener starren 
Molecüle können auch hier die Wassermolecüle sich in Ruhe befinden. Es muss 
also von der Verwandtschaft, die eine Substanz im Allgemeinen zu Wasser hat, ab- 
hängen, ob die zunächst an der Oberfläche ihrer Micelle befindliche einschichtige 
Lage von Wassermoleeülen vollkommen unbeweglich oder nur sehr schwer beweglich 
sei. In den meisten organisirten Substanzen dürfte diese Hülle nahezu unbeweglich 
sein, wenn wir die starke Anziehung berücksichtigen, welche Stärke, Cellulose, Albu- 
minate auf das Wasser ausüben, und von welcher der Feuchtigkeitsgehalt im luft- 
trockenen Zustande und die Erwärmung bei der Imbibition Zeugniss geben. 

Dieses einschichtige nahezu unbewegliche Häutchen von Wassermoleeülen um 
die Substanzmicelle ist nicht nur bei der Diosmose, sondern bei allen physiologischen 
Vorgängen zu berücksichtigen. Seine Starrheit wird vermehrt durch die Einlager- 
ungen fremdartiger, unorganischer und organischer Stoffe, welche keiner organisirten 


191 


Substanz ganz mangeln, und die wir uns wohl in keiner anderen Weise vorstellen 
können, als dass die Moleeüle dieser Stoffe sich an die Micelle anlegen, also an die 
Stelle von Moleeülen jenes Häutchens treten. Durch die Einlagerungen wird, wenn 
sie in geringer Menge vorhanden sind, das Wachsthum der Moleeüle innerhalb des 
Häutchens nicht gehemmt, wohl aber möglicher Weise die Unlöslichkeit bedeutend 
vermehrt. Sind sie aber reichlicher vorhanden, so können sie gleichsam einen Panzer 
um die Micelle bilden und dieselben nicht nur wachsthumsunfähig, sondern auch für 
Quellungs- und Lösungsmittel fast unangreifbar machen. Beispiele hiefür finden wir 
in gewissen Modificationen der Öellulose und zum Theil auch der Albuminate, 


Unter den Verbindungen, welche uns über die molecularen und micellaren 
Verhältnisse in der organischen Welt Aufschluss zu geben vermögen, stehen die 
Kohlenhydrate allen anderen voran. In ihnen ist die Verwandtschaft zu Wasser, 
die Löslichkeit der einen, die Imbibitionsfähigkeit der anderen, besonders ausgeprägt. 
Unter den molecularlöslichen Kohlenhydraten }) giebt uns der Rohrzucker das 
Beispiel einer Substanz, die ohne Wasser krystallisirt, in der wässrigen Lösung aber 
Hydropleone darstellt. Dies geht aus der Vergleichung der Wärmetönungen bei der 
Lösung von Rohrzucker und von krystallwasserfreiem Salz hervor. Wenn man ein 
solches Salz dem Wasser nacheinander partieenweise zusetzt, indem man nach jeder 
Lösung die Temperatur wieder auf die ursprüngliche Höhe bringt, so wird beim 
ersten Lösungsakt am meisten, bei jedem folgenden weniger Wärme absorbirt, und 
die Abnahme der absorbirten Wärmemenge fällt rasch ab. 

Als Beispiel führe ich das salpetersaure Ammoniak an (NH?NO°), welches fol- 
gende Resultate ergab. Das Salz wurde in Partieen von je 10 gr. zu 50 ccm. de- 
still. Wasser zugesetzt; die Anfangstemperatur betrug immer 18°C. Die Tempera- 
turerniedrigungen (das erste Mal von 18° auf 6,8°) wurden mit dem Thermometer 
gemessen; sie betrugen für 8 auf einander folgende Lösungen 11,2°C.; 8°; 6,6°; 
5,8%; 5,10; 4,6%; 4,2°; 3,8°. Als noch einmal 10 gr. Salz zugesetzt wurden, blieb 
etwa ein Drittel ungelöst und die Erniedrigung betrug 2,2°C.?). Wenn die verän- 
derte Wärmecapacität der Lösungen und die zunehmende Menge ihres Gewichtes in 
Anschlag gebracht werden, so bedingte bei dem eben angeführten Versuch jeder 
spätere Lösungsakt eine geringere Wärmeabsorption, was nichts anderes heisst, als 
dass die Gesammtsumme der Bewegungen jedes folgende Mal bei gleicher Menge der 


1) Dass die Zuckerarten im Gegensatz zu den übrigen Kohlenhydraten mit hinreichenden Wasser- 
mengen moleculare und nicht etwa micellare Lösungen bilden, geht mit vollster Sicherheit aus der 
vollkommenen Uebereinstimmung mit Salzlösungen hervor, indem sie unter allen Umständen mit 
Leichtigkeit durch Membranen diosmiren und aus gesättigten Lösungen als Krystalle fest werden. 


2) Die gesammten Temperaturerniedrigungen geben die Summe 51,5°C. Bei einmaligem Zusatz 
der ganzen Salzmenge erhielt Rüdorff ein Sinken der Temperatur von 13,6°C. auf — 13,6°, also eine 
Differenz von 27,2°C. Die gesättigte Lösung enthielt aber, wegen der niedrigen Endtemperatur, 
bloss 30 gr. Salz auf 50 Wasser. 


192 


in Lösung gehenden Salztheilchen eine geringere Zunahme erfuhr. Dieses Resultat 
ist ganz begreiflich, und es erweckt daher unser Interesse, dass der Rohrzucker sich 
wesentlich anders verhält, wie der folgende Versuch erweist. 

Zu 50 cem. Wasser wurden je 10 gr. feingepulverter Rohrzucker zugesetzt; die 
Anfangstemperatur betrug immer 20°C. Die Temperaturerniedrigungen (das erste 
Mal von 20° auf 19,2°) beliefen sich bei den 8 ersten Zusätzen auf 0,8°; 0,8°; 0,75°; 
0,7%; 0,65°; 0,65°; 0,6%; 0,6%. Dabei ist zu bemerken, dass der Zucker sich nur 
die ersten Male rasch, später aber langsamer löste, wobei natürlich etwas Wärme 
von aussen aufgenommen wurde. Beim 9., 10. und 11. Zusatz erfolgte die Lösung 
schon sehr langsam und auch unvollständig, so dass die Angabe der Temperaturer- 
niedrigungen, die übrigens nur wenig hinter den angegebenen zurückblieben, keinen 
Werth hat. Wenn also der Rohrzucker partieenweise gelöst wird, so bedingen die 
ersten und die letzten Zusätze beinahe die nämliche Ermässigung des Wärmegrades 
in der ganzen Masse. Diess ist schon an und für sich und besonders beim Vergleich 
mit dem salpetersauren Ammoniak auffallend, bei welchem das Thermometer bei dem ' 
1. Lösungsakt um 11,2°, beim 8. hloss um 3,8° sank. 

Der Unterschied im Verhalten des genannten Salzes und des Rohrzuckers lässt 
sich, wie ich glaube, nur durch die Annahme erklären, dass bei der Lösung des 
Zuckers noch ein wärmeerzeugender Process mitspielt, welcher bei den successiven 
Lösungsakten fast in gleichem Masse wie der kälteerzeugende Process abnimmt. Die 
Ursache der Wärmeerzeugung können wir bloss in der Anziehung finden, welche die 
Zuckermolecüle auf das zunächst liegende Wasser ausüben, so dass dasselbe in einen 
weniger bewegten Zustand übergeht. Die Menge der freiwerdenden Wärme muss 
aber mit jedem folgendem Zusatz geringer ausfallen, weil von den neu eintretenden 
Zuckermolecülen zum Theil solches Wasser in Anspruch genommen werden muss, das 
schon durch die früher gelösten Zuckermolecüle eine Minderung seiner Bewegung er- 
fahren hat. Wir müssen also- annehmen, dass der Rohrzucker im Wasser Hydropleone 
bilde, und dass, wenn die Hydropleonbildung vielleicht auch dem salpetersauren Am- 
moniak nicht mangelt, dieselbe beim Rohrzucker doch mit einer viel festeren Bind- 
ung der Wassermolecüle und in Folge dessen mit einer viel bemerkbareren Beein- 
flussung der Wärmetönung verbunden sei. 

In der Zuckerlösung lässt sich noch eine andere interessante Thatsache wahr- 
scheinlich machen, die Micellbildung. Dieser Gedanke wird uns nahe gelegt durch den 
ungleichen Charakter der Wärmetönungen, welche beim Verdünnen einer gesättigten 
Lösung von salpetersaurem Ammoniak und einer solchen von Rohrzucker auftreten. 
25 ccm. der gesättigten Lösung von salpetersaurem Ammoniak wurden mit 25 ccm. Wasser 
vermischt; die Temperatur beider Flüssigkeiten betrug 19,7°C. Beim Vermischen er- 
niedrigte sie sich auf 14,6°C., also um 5,1°. Das Gemisch wurde wieder auf 19,7° 
erwärmt und dann abermals 25 ccm. Wasser zugesetzt; das Thermometer sank dies- _ 
mal auf 18,2°, also um 1,5°. Diese Wärmeabsorption beim Verdünnen der Lösung 
eines Salzes, welches beim Lösen Wärme aufnimmt, ist eine allgemeine und bekannte 


193 


Thatsache. Man sollte also erwarten, dass eine Zuckerlösung bei Wasserzusatz eben- 
falls ihre Temperatur erniedrige, da der Zucker sich unter Wärmeaufnahme löst. 
Allein es tritt das Gegentheil ein. 

25 cem. der gesättigten Rohrzuckerlösung von 19,4°C. wurden mit 25 cem. 
der gleichen Temperatur vermischt; die Temperatur stieg auf 20,1°, also um 0,7°. 
Ein abermaliger Zusatz von 25 cem. Wasser, diesmal mit der Anfangstemperatur 
von 19,8°, hatte eine Erhöhung auf 20,0°, also um 0,2° zur Folge. — Ferner 
wurden 40 cem. gesättigte Zuckerlösung mit 10 cem. Wasser vermischt; die Tempe- 
ratur stieg von 19,4°C. auf 19,7°, also um 0,3%. Ein zweiter Zusatz von 10 ccm. 
Wasser bewirkte eine Erhöhung von 19,4° auf 19,6°, also um 0,2%. Ein dritter 
Zusatz von 10 cem. Wasser liess keine Temperaturveränderung mehr wahrnehmen. 


Es geht also bei der Verdünnung einer concentrirten Zuckerlösung neben dem 
kälteerzeugenden Process, der nothwendig vorhanden sein muss, wieder ein wärme- 
erzeugender Process nebenher, und zwar überwiegt diesmal der letztere. Die Wärme 
kann bloss durch Hydropleonbildung frei werden. Im Uebrigen aber sind zwei An- 
nahmen möglich. Entweder ist die gesättigte Zuckerlösung eine Molecularlösung ; 
dann sind alle Wassermolecüle mit den Zuckermolecülen pleonisch vereinigt. Die 
letzteren vermögen aber eine viel grössere Menge von Wasser anzuziehen, als ihnen 
die gesättigte Lösung darbietet. Daher wird bei der Verdünnung so lange Wärme 
frei, als noch Wasser sich mit Zuckermolecülen vereinigen und in einen Zustand ge- 
minderter Bewegung übergehen kann. — Oder die gesättigte Zuckerlösung ist eine 
Micellarlösung. Dann bewirkt der Zusatz von Wasser das Zerfallen der Micelle in 
die einzelnen Molecüle, welehe sich mit Wassermolecülen zu Hydropleonen vereinigen 
und somit wieder Wärme frei machen. 

Ob das Eine oder Andere wahrscheinlicher sei, darüber müssen andere Betrach- 
tungen entscheiden. Die bei gewöhnlicher Temperatur gesättigte Rohrzuckerlösung 
besteht aus 2 Theilen Zucker und 1 Theil Wasser; es treffen somit auf 2 Mole- 
eüle Zucker 19 Molecüle Wasser. Das Moleeularvolumen des Rohrzuckers im kry- 
stallisirten Zustande ist an oder 212,95, das des Wassers ist 13; es verhält sich 
also das erstere zu dem letzteren wie 11,831:1. Die Durchmesser der kugelig oder 
kubisch gedachten Molecularvolumen der beiden Verbindungen aber verhalten sich 

3 


wie Y11,831:1 oder wie 2,2786:1. Bei vorausgesetzter Kugelgestalt des Zucker- 
molecüls!) stösst demnach dasselbe, wenn es sich in einer hinreichenden Menge 
Wasser befindet, ungefähr an 44 Wassermolecüle an; wenn es aber, was wohl un- 
zweifelhaft ist, eine andere Gestalt besitzt, so berührt es eine entsprechend grössere 
Zahl, so dass wir wohl 50 als Minimum annehmen dürfen. In der gesättigten Lö- 
sung sind für jedes Zuekermoleeül bloss 9 bis 10 Wassermolecüle disponibel. Ist 
es eine moleculare Lösung, so müssen diese Wassermolecüle wegen der grossen Ver- 


1) Wenn ich hier und in der Folge von Grösse und Gestalt des Molecüls spreche, so verstehe 
ich darunter immer den Raum, den es sammt seiner Wirkungssphäre wirklich in Anspruch nimmt. 


194 


wandtschaft zwischen den beiden Verbindungen, mit den Zuckermolecülen zu Hydro- 
pleonen vereinigt sein,und zwar müssen sie die Stellen der grössten Anziehung ein- 
nehmen, während die übrigen Be der Oberfläche eines Zuckermoleeüls unbesetzt bleiben. 
Wir haben uns dann die Vorstellung zu bilden, dass das bei gewöhnlicher Tempe- 
ratur unbewegliche Zuckermoleeül durch die 9 oder 10 mit ihm vereinigten Wasser- 
moleeüle bewegungsfähig werde. Bei 40°C. genügen 6 Wassermolecüle, um dem Zucker- 
moleeül die Eigenschaften eines Flüssigkeitstheilchen zu verleihen, und mit dem wei- 
tern Steigen der Temperatur wird für diesen Zweck eine immer kleiner werdende Zahl 
von Wassermoleeülen erfordert, welche stets die der grössten Anziehung entspre- 
chenden Punkte der Oberfläche besetzen, bis zuletzt der Zucker ohne Hülfe von 
Wasser flüssig wird. 

Die Möglichkeit eines solchen Verhaltens ist sicher vorhanden; dann hat aber 
die gesättigte Rohrzuckerlösung bei jeder Temperatur, auch bei 0°, nicht eigentlich 
den Charakter einer Lösung, sondern eher den des geschmolzenen Zustandes, indem 
sie aus gleichartigen in Bewegung begriffenen Theilchen (den Hydropleonen) besteht. 
Mit der eigentlichen Lösung verbinden wir gewöhnlich die Vorstellung, dass Thejl- 
chen einer unlöslichen Substanz, also Theilchen, die bei der gegebenen Temperatur 
unbeweglich sind, durch die Stösse von Flüssigkeitstheilchen, also von Theilchen, 
die sich neben und durcheinander fortbewegen, in Bewegung erhalten werden. Dies 
ist für die gesättigte Zuckerlösung nur denkbar, wenn sie nicht eine moleeulare, sondern 
eine micellare Lösung darstellt, — und hierin eröffnet sich die zweite möglicheVorstellung. 

Dass die gesättigte Rohrzuckerlösung nicht eine Molecularlösung im gewöhn- 
lichen eben angegebenen Sinne sein kann, geht aus dem Grössen- und Zahlenver- 
hältniss der Zucker- und Wassermolecüle hervor. Ich will annehmen, dass das Vo- 
lumen, welches ein Moleeül einnimmt, in der Lösung sich gleich verhalte, wie wenn 
Zucker und Wasser getrennt sind. In Wirklichkeit wird das Verhältniss ein etwas 
anderes sein. Wenn Rohrzucker in grösserer Menge sich in Wasser löst, so findet 
Volumenzunahme statt; bei verdünnten Lösungen tritt Verdichtung ein. 100 Vo- 
lumtheile der bei gewöhnlicher Temperatur gesättigten Lösung enthalten 55,00 Vo- 
lumtheile krystallisirten Zucker und 44,17 Volumtheile Wasser; also hat beim Lö- 
sungsakt eine Volumvermehrung von 99,17 auf 100 statt gehabt. Diese Zunahme 
trifft ohne Zweifel den Raum, den die Zuckermolecüle einnehmen. Die schon oben 
gemachte Voraussetzung, dass in der Lösung das Moleeularvolumen des Zuckers zu 
dem des Wassers sich verhalte wie 11,831:1, begeht also einen kleinen Fehler, der 
aber für die nun folgende Erwägung fast ganz bedeutungslos ist und dessen Vermei- 
dung nur das Ergebniss noch steigern würde. 


Eine gleichmässige Vertheilung der freibeweglichen (nicht zu Hydropleonen 
vereinigten) Zucker- und Wassermolecüle in der gesättigten Lösung ist unmöglich; 
denn zwischen zwei polyedrisch gedachten Zuckermolecülen bliebe bloss ein Zwischen- 
raum, der kaum halb so gross wäre als der Durchmesser eines kugelig oder kubisch 
gedachten Wassermolecüls. Die Molecularlösung müsste also eine derartige ungleiche 
Vertheilung zeigen, dass die Zuckermolecüle stellenweise sich berührten, stellenweise 


5 195 


durch Wasser getrennt wären; es müssten selbst ziemlich ansehnliche Partieen in 
der Lösung stets nur aus Zuckermoleeülen bestehen. Diese Annahme ist unstatthaft, 
weil solche Partieen nichts anderes wären als geschmolzener Zucker, und weil der 
geschmolzene Zustand erst bei 166° eintritt und bei gewöhnlicher Temperatur sofort 
erstarren müsste. Stellt aber die gesättigte Rohrzuckerlösung eine Micellarlösung 
dar, so ist die Möglichkeit gegeben, dass die Micelle ganz von Wasser umgeben sind 
und durch das Wasser in beständiger Bewegung erhalten werden, wie die Molecüle 
in einer verdünnteren Lösung. 

Unter bestimmten Voraussetzungen lässt sich die Grösse der Zuckermicelle in 
der gesättigten Lösung bestimmen. Es ist dabei vor Allem wichtig zu entscheiden, 
durch wie viele Schichten von Wassermolecülen zwei Micelle wenigstens ge- 
trennt sein müssen. Aus den früheren Erörterungen ergiebt sich, dass das Zucker- 
molecül Wasser anzieht und in einen weniger bewegten oder starren Zustand ver- 
setzt. Es muss also auch das Zuckermicell von einer Lage theils starrer, theils wenig 
bewegter Wassermolecüle umgeben sein und ausserdem muss noch freies Wasser 
zwischen den Micellen vorkommen. Nehmen wir an, dass das sämmtliche Wasser 
für die einschichtigen Häutchen verwendet sei, dass also zwischen je 2 Micellen sich 
2 einfache Lagen von Wassermolecülen befinden, so müssen die Micelle durchschnitt- 
lich etwa aus 66 Zuckermolecülen bestehen. Verlangt die gesättigte Lösung 3, 4 
oder 5 Schichten von Wassermolecülen zwischen je 2 Micellen, so müssen diese 223, 
beziehungsweise 529 und 1033 Zuckermolecüle enthalten !). 

Es ist selbstverständlich, dass die Micellarlösungen nicht die angenommene 
Regelmässigkeit zeigen können. Diese Annahme sollte nur dazu dienen, um über- 
haupt eine Vorstellung der möglichen numerischen Verhältnisse zu gewinnen, die 


1) Da die Gestalt der Zuckermicelle unbekannt ist, nehme ich sie für die Rechnung kubisch 
an; andere Annahmen, wie etwa, dass sie die Gestalt von Zuckerkrystallen haben oder dass sie kugelig 
seien, würden zu beträchtlich grösseren Micellen führen. Die Rechnung ergiebt also Minimalwerthe. 

Wenn die gesättigte Lösung aus 2 Gew.th. Rohrzucker und 1 Gew.th. Wasser besteht, so ent- 
halten, wie bereits im Text bemerkt wurde, 100 Volumth. Lösung 55,00 Volumth. Zucker und 44,17 
Volumth. Wasser. Das Volumen des Zuckermicells zu dem seiner Wasserhülle muss sich also verhalten 
wie 55,00:44,17 oder wie 1: 0,303, und das Zuckermicell allein zu dem Micell sammt seiner Wasserhülle 


gprkiewkuel ek, 
wie 1:1,803. Die Durchmesser dieser beiden Würfel sind 1 und V 1,803 oder 1,2171. Somit ist, 


‘ wenn der Durchmesser eines Micells = 1, die Dicke der überall gleichmächtigen Wasserhülle 171 


oder 0,1085, und der mit Wasser erfüllte Abstand zwischen zwei Micellen beträgt 0,2171. — Das 
Volumen des Rohrzuckermoleceüls verhält sich zu dem des Wassermolecüls, wie ebenfalls bereits ange- 
geben worden, wie 11,831:1 und der Durchmesser (bei angenommener Würfelgestalt der Molecüle) wie 
2,2786:1° oder wie 1:0,438891. 

Wird nun das Volumen des Zuckermoleeüls als Einheit angenommen, und Bene wir mitx 
die gesuchte Zahl der Molecüle, welche ein Zuckermicell zusammensetzen, so ist / x der Durch- 
messer des Micells ausgedrückt in Molecüldurchmessern. Ferner ist, da der Durchmesser 
eines Wassermolecüls = 0,43891, wenn wir die Zahl der Wassermoleceülschichten, welche zwei 
Zuckermicelle trennen, mit n bezeichnen, der Abstand der letzteren n.0,43891; dies ist aber auch 

Abh. d. II.Cl.d.k. Ak.d. Wiss. XIII. Bd. II. Abth. 26 


196 


auch zur Vergleichung mit den verwandten organisirten Substanzen (Stärke und 
Cellulose) nicht ohne Interesse sind. In Wirklichkeit müssen die Micelle der Lösung 
ungleiche Grösse, Gestalt und Vertheilung im Wasser haben, wodurch die Grösse 
derselben im Allgemeinen die angenommenen Werthe unter den übrigens gleichen 
Voraussetzungen erheblich überschreitet. Mit Rücksicht darauf dürfen wir wohl an- 
nehmen, dass in der gesättigten Rohrzuckerlösung die Micelle wenigstens eine durch- 
schnittliche Moleeülzahl zwischen 200 und 1000 zeigen werden. 


Wir können ferner die Micelle in dem vorliegenden Falle, was Grösse und 
Gestalt betrifft, nicht als beständig betrachten. Vielmehr sind dieselben in stetem 
Wachsen und Abnehmen, in steter Neubildung und Auflösung begriffen, je nach den 
momentanen Einflüssen des umgebenden Mediums, je nachdem bei der unaufhörlichen 
wogenden Bewegung der Flüssigkeitstheilchen das Micell bald mit mehr bald mit 
weniger Wasser, bald mit Wasser, das einen grösseren, bald mit solchem, das einen 
geringeren Gehalt an gelösten Moleeülen besitzt, in Berührung kommt, je nachdem 
ferner das Micell in Regionen mit grösseren oder kleineren Mengen von freier Wärme 
gelangt, denn diese muss wegen der Verdunstung und wegen der beständigen Ver- 
änderung des Aggregatzustandes auch beständig wechseln. — Die gesättigte Micel- 
larlösung von Rohrzucker zeigt also rücksichtlich der zeitlichen Constanz eine we- 
sentliche Verschiedenheit gegenüber den Micellarlösungen von Dextrin und Gummi. 
Die Micelle der letzteren sind, weil unlöslich, auch unveränderlich. 


Wie der Rohrzucker verhält sich auch der Traubenzucker in gesättigter Lösung, 
für welche die nämlichen zwei Annahmen gemacht werden können. Entweder ist 
sie eine Flüssigkeit von Hydropleonen mit dem Charakter des geschmolzenen Zu- 
standes oder eine wirkliche Lösung von Micellen. — Bei 15°C. lösen sich in 100 
Wasser 81,68 wasserfreier Traubenzucker (CsHı206); also kommen auf 1 Molecül 
Zucker 12,24 Molecüle Wasser. Das Molecularvolumen des Zuckers ist ungefähr 
128,6 und verhält sich zu dem des Wassers wie 7,14:1 oder wie 1:0,140; die 
Durchmesser der beiden Moleeüle verhalten sich zu einander wie 1,926:1. Das 
Zuckermolecül wird in einer hinreichenden Menge Wasser (für vorausgesetzte Kugel- 
gestalt) wenigstens von 27 Molecülen Wasser berührt. 


Bildet der Traubenzucker bei der Sättigung eine micellare Lösung, so enthalten 
die Micelle das gewöhnliche Krystallwasser; sie sind dann aus Hydropleonen von 
CsHı1206-+-H»O zusammengesetzt. Sind die Micelle durch 2 Schichten von Wassermole- 


die Summe der beiden dem Micell angehörenden, diametral gegenüber liegenden Wassermolecülschichten. 
Da nun gefunden wurde, dass der Durchmesser des Micells sich zu dieser Summe verhält wie 1:0,2171, 


au Sm, MANS 
so haben wir die Proportion / x :n.0,43891 = 1:0,2171; daraus Y x = Sn ; V x —n2,0217 


und endlicn x =n?.8,2632. Indem man für n nacheinander die Werthe 2, 3, 4, 5 einsetzt, erhält 
man die im Texte angegebenen Zahlen der ein Micell bildenden Molecüle; dieselben verhalten sich 
wie die dritten Potenzen aus den Zahlen der trennenden Wassermolecülschichten. 


197 


cülen getrennt, so beträgt ihre Pleonzahl 25 ; befinden sich aber 3, 4 oder 5 Schichten 
von Wassermolecülen zwischen je zwei Micellen, so besteht jedes der letzteren aus 
83, beziehungsweise 197 und 385 Paaren von 1 Zucker- und 1 Wassermoleeül ?). 


Es versteht sich, dass die Erwägungen, welche sich für die gesättigten Zucker- 
lösungen anstellen lassen, auch für alle andern sehr leicht löslichen Stoffe gelten. 
Ob dabei die Micellbildung wirklich stattfinde, dürfte erst entschieden werden, wenn 
die genauen Wärmetönungen für die verschiedenen Concentrationen der Lösung er- 
forscht sind. Bis dahin ist die Theorie, dass Molecularlösungen bei der Annäherung 
an den Sättigungszustand in Micellarlösungen übergehen können, bloss eine nahe 
liegende Wahrscheinlichkeit. Sie kann einige Unterstützung finden an der verwandten 
Theorie, dass in geschmolzenen Körpern bei der Annäherung an die Erstarrungs- 
temperatur dem Festwerden ebenfalls Micellbildung vorausgehe, wie diess für das 
Wasser so ausserordentlich wahrscheinlich ist. Die einfachste Erklärung für die be- 
kannte Erscheinung, dass das Wasser mit dem Sinken der Temperatur bis zu 4°C. 
sein Volumen vermindert, dann bis zu 0° sich wieder ausdehnt, und beim Gefrieren 
noch eine stärkere Ausdehnung erfährt, scheint mir die, dass bei 4° noch alle Wasser- 
molecüle in Bewegung, also im flüssigen Zustande sich befinden, dass sie aber unter 
4° beginnen, sich zu kleinen Krystallanfängen oder Micellen zu vereinigen. Die 
Menge der Eismicelle vermehrt sich mit der Annäherung an den Nullpunkt und in 
Folge dessen nimmt auch das Volumen zu. Dabei bleibt das Wasser als Micellarlö- 
sung noch vollkommen flüssig, bis die dauernde Wärmeentziehung Eisbildung in 
grösserem und sichtbarem Masse bewirkt. 

Was die micellaren Verhältnisse der unlöslichen Kohlenhydrate (Stärke, Cellu- 
lose) betrifft, so setze ich die hier nicht weiter zu erörternde Thatsache als sicher 
voraus, dass im Allgemeinen (die Micelle im jugendlichsten Stadium und in äusserst 


1) Die gesättigte Traubenzuckerlösung enthält auf 100 Gew.th. Wasser 97,85 Gew.th. cerystalli- 
sirten Zucker (CeHı.Os + H:O), somit 100 Volumtheile Wasser und nun oder 70,6 Volumtheile 
Zucker ; das Volumen des Micells verhält sich also zu demjenigen seiner Wasserhülle wie 70,6:100 
oder wie 1:1,416. Ein kubisches Micell, gleich 1 gesetzt, bildet mit der zugehörigen Wassermenge, 
welche dasselbe überall gleichmässig umgiebt, einen Würfel von dem Volumen 2,416 und dem Durch- 

Bee er 
messer V 2,416 oder 1,3418. Wenn also der Durchmesser des Micells =1, so ist der wasserführende 


Abstand zweier Micelle = 0,3418. — Das Volumen eines aus 1 Zucker- und 1 Wassermolecül besteh- 


enden Hydropleons ist ar oder 142,86. Dasselbe verhält sich zum Molecularvolumen des Wassers 


wie’ 142,86:18 oder wie 1:0,1260, und der Durchmesser eines Hydropleons verhält sich zum Durch- 
messer des Wassermolecüls wie 1: 0,1260 oder wie 1: 0,50133. 


7 
Ist nun x die Zahl der Pleone, welche ein Micell bilden, somit V x der Durchmesser des Mi- 
cells in Pleondurchmessern, ferner n. 0,50133 der Abstand zwischen je zwei Micellen (welcher der 
Summe der gegenüberliegenden Wasserhüllen des einzelnen Micells gleich ist), so haben wir die Pro- 
se adelan 
portion Y x :n.0,50133 = 1: 0,3418, daraus a x — n.1,4667 und somit x = n?. 3,0834. 
26 * 


198 


wasserreichen Partieen machen wohl eine Ausnahme) polyedrische Micelle regelmässig 
zusammengefügt sind und in einander greifen, und dass dieselben im benetzten Zu- 
stande mit Wasserhüllen von nahezu gleicher Mächtigkeit umgeben, also überall 
durch Wasserschichten von ungefähr gleicher Dicke getrennt sind. Unter dieser 
Voraussetzung stehen der Wassergehalt und der Substanzgehalt eines organisirten 
Körpers in einem bestimmten Zusammenhang, indem jener mit der 2. Potenz, dieser 
mit der 3. Potenz der Micelldurchmesser zunimmt. Damit erhalten wir aber 
bloss eine Andeutung über die relative Micellgrösse ungleicher Quellungszustände. 
Um bestimmtere Vorstellungen zu gewinnen, müssen noch andere Thatsachen auf- 
gefunden werden, die sich für die Beurtheilung des micellaren Aufbaues verwenden 
lassen. 

Eine solehe Thatsache ist die Aufnahme von gelösten Stoffen. Indem wir den 
geringsten hiefür erforderlichen Zwischenraum zwischen den Micellen annehmen, ge- 
lingt es, wenigstens untere Grenzen für die Micellgrösse bei einem bestimmten Wasser- 
gehalt der Substanz festzustellen. In dieser Beziehung dürfen wir aber nicht den 
Durchgang gelöster Stoffe durch Membranen als massgebend betrachten, weil der- 
selbe nicht nothwendig zwischen allen Micellen erfolgt, sondern möglicher Weise be- 
sonders dafür hergerichtete Wege einschlägt. Thierische Membranen mit ihren gröb- 
lieben Räumen können selbstverständlich nicht in Betracht kommen. Der Pflanzen- 
zellmembran mangeln zwar solche capillare Räume, indem die stärksten mikrosko- 
pischen Vergrösserungen sie als homogen erscheinen lassen. Dennoch müssen auch 
in ihnen weitere Kanälchen die Micellarstructur durchziehen, wie folgende Betrach- 
tung zeigt. 

Die grössten durch Pflanzenzellmembranen diosmirenden Körperchen sind wohl 
die Eiweissmicelle, welche mit alkalischen Flüssigkeiten und, wie ich gezeigt habe, 
in neutralem und schwachsaurem Wasser unter dem Einflusse der Gärthätigkeit dios- 
miren. Bei dem wahrscheinlicher Weise so hohen Moleculargewicht des Eiweiss- 
molecüls müssen diese Micelle eine sehr ansehnliche Grösse besitzen und können un- 
möglich durch die gewöhnlichen Zwischenräume zwischen den Cellulosemicellen hin- 
durchgehen. Wenn die letzteren eine polyedrische, regelmässig in einander passende 
Gestalt besitzen, so verhält sich in den dichteren Schichten von 33,3 Prozent Wasser- 
gehalt, wie sie häufig vorkommen, der Abstand zwischen den Micellen zu dem Durch- 
messer derselben wie 1:4,6 (das spezifische Gewicht der Cellulose zu 1,6 ange- 
nommen). In diesen Zwischenraum zwischen den Micellen können zahlreiche Wasser- 
molecüle und allenfalls Moleeüle von Verbindungen, die im Wasser gelöst sind, ein- 
treten; für die Aufnahme von Micellen aber ist derselbe viel zu eng. Um Micelle 
von gleicher Grösse, wie die anliegenden, aufzunehmen, müsste er 5,6 mal weiter 
sein; dann aber wären diese Micelle erst als feste und unbewegliche Bausteine ein- 
gesetzt. Um dieselben frei hindurchschwimmen zu lassen, müsste der Zwischenraum 
noch viel weiter werden. 

Dies gilt aber nicht bloss für die Diosmose der Eiweissmicelle. Da die Micel- 


199 


larabstände in einer Membran durch die beiden Anziehungen von Substanz zu Sub- 
stanz und Substanz zu Wasser geregelt sind, und da sie in Folge dessen überall un- 
gefähr gleich gross sein müssen, so können überhaupt keine freibeweglichen Micelle 
darin eireuliren. Denn wenn auch an den Ecken der Membranmicelle die Zwischen- 
räume weiter sind als an den Seiten, so reichen sie doch für den Durchgang von 
Micellarlösungen lange nicht aus. Wir sind daher zu der Annahme genöthigt, dass 
an gewissen Stellen die Membranmicelle weiter auseinandertreten und förmliche Kanälchen 
zwischen sich lassen, welche sich zu den gewöhnlichen Micellarinterstitien ähnlich 
verhalten wie die Luft- oder Gummigänge in den Geweben zu den Intercellular- 
gängen. Es giebt selbst anderweitige Thatsachen, welche die Vermuthung nahe 
legen, dass solche Kanälchen in regelmässiger Vertheilung durch die Pflanzenzell- 
membran hindurchführen, so dass dieselbe, mit noch stärkeren Vergrösserungen, als 
wir sie besitzen, von der Fläche betrachtet, wie ein feines Sieb erscheinen würde. 

Wir dürfen also den Abstand der Micelle in einem organisirten Körper nur 
nach der molecularen Grösse derjenigen gelösten Verbindungen beurtheilen, von 
denen wir sicher sind, dass sie überall zwischen die Micelle eindringen. Man möchte 
wohl geneigt sein, dafür die verunreinigenden eingelagerten Stoffe zu benutzen; 
denn es sind dies Verbindungen, welche im molecular-gelösten Zustande in die or- 
ganisirten Körper hineingehen und unter dem Einfiuss der Molecularanziehung sich 
an die Micelle anlegen und von denselben gleichsam im unlöslichen Zustande fest- 
gehalten werden. Es ist wahrscheinlich, dass diese eingelagerten Stoffe (Kalk- und 
Kieselsalze, Farbstoffe, stickstoffhaltige Verbindungen, Jod) allen Micellen anhaften, 
weil durch dieselben beispielsweise die ganze Substanz eine gleiche Widerstands- 
fähigkeit gegen Quellungs- und Lösungsmittel erhält. Aber es wäre nicht absolut 
unmöglich, dass die einen oder andern bloss den Ecken, nicht den Seiten der Micelle 
anlägen, und dass daher ihre Moleculargrösse nur für die Eckenabstände, nicht auch 
für die Seitenabstände einen Massstab abgäbe. Somit bleibt als unzweifelhaft ent- 
scheidend nur diejenige gelöste Verbindung, durch welche die Micelle sich vergrössern, 
denn ihr Wachsthum muss überall vor sich gehen. Die plastischen Stoffe, durch 
welche Stärke und Cellulose wachsen, können aber nur Zuckerarten sein, weil die 
übrigen Kohlenhydrate molecular-unlöslich sind, und unter den Zuckerarten dürfen 
wir nur Glycoseformen, weil sie das kleinste Molecül besitzen, der Betrachtung zu 
Grunde legen. 

Der Abstand der Cellulose- und Stärkemicelle in den Zellmembranen und Stärke- 
körnern muss also mindestens so gross angenommen werden, dass Glycosemolecüle 
zwischen denselben eirculiren können. In dieser Beziehung ist Folgendes zu berück- 
sichtigen. Wie ich früher ausführte, befindet sich wenigstens eine einfache Schicht 
von Wassermolecülen an der Oberfläche der Micelle in Ruhe und darf für dios- 
motische Bewegungen nicht in Anspruch genommen werden. Es frägt sich somit 
noch, wie viel Raum das freibewegliche Glycosemolecül in Anspruch nehme. Dasselbe 
hat sammt dem Wassermolecül, welches es im krystallisirten Zustande festhält und 


200 


sicher auch im gelösten Zustande bewahrt, ein Volumen von 7,937 und einen mitt- 
leren Durchmesser von 1,995, wenn Molecularvolumen und Moleculardurehmesser des 
Wassers die Einheit bilden. Es ist aber möglich und nicht unwahrscheinlich , dass 
das Glycosemolecül an der ganzen Oberfläche die anstossenden Wassermoleeüle durch 
Anziehung bindet und in der Flüssigkeit mit fortführt. Dann würde der Hydro- 
pleondurchmesser 3,995 betragen. Je nachdem nun das Eine oder Andere der Fall 
ist, muss für die Cireulation der Glycosemolecüle der Abstand zweier Micelle zum 
Mindesten 5 oder 7 Wassermolecüldurchmesser betragen '). 

Für dieses Minimum des Abstandes lässt sich bei bestimmtem Wassergehalt 
der Stärke oder Cellulose die Grösse und Moleceülzahl der Micelle als Minimalwerthe 
berechnen. Für die Rechnung ist die Kenntniss des Molecularvolumens von Stärke 
und Cellulose, somit des Moleculargewichts und spezifischen ‚Gewichts erforderlich. 
Da die Constitution der genannten Verbindungen noch unbekannt ist, so bleibt 
nichts Anderes übrig als die Rechnung für Einheiten von je 12 C. mit den zugehö- 
rigen Mengen H und O, somit für die Formel Cı2H200:0 auszuführen. Was das 
spezifische Gewicht betrifft, so wird dasselbe für Stärkemehl zu 1,530 angegeben. 
Mit Rücksicht auf die Stärkemicelle ist dies offenbar zu gering. Es giebt zwei Ur- 
sachen, warum Stärkekörner ein geringeres spezifisches Gewicht haben als ihre Mi- 
celle. Einmal ist es schwer, selbst nach sorgfältigem Trocknen, alles Wasser aus 
den Stärkekörnern zu entfernen, — und ferner bleiben, wenn dies auch geschehen ist, 
immer leere Lücken zwischen den Micellen, deren Betrag nicht zu beurtheilen ist. 
Es giebt ebenfalls zwei Gründe, welche dafür sprechen, dass die Stärkemicelle ein 
grösseres spezifisches Gewicht selbst als Rohrzucker besitzen. Einmal ist die Stärke 
verhältnissmässig reicher an C, ärmer an H und O, — und ferner sind ohne Zweifel 
die Molecüle grösser und enthalten ein Mehrfaches von 12 ©. Da indessen keine 
Gewissheit hierüber besteht, so habe ich das spezifische Gewicht von Stärke und 
Cellulose bloss zu 1,6 (gleich dem Rohrzucker) angenommen. Dadurch wird das 
Volumen der Einheiten Cı2H20010 grösser, als es zweifellos in Wirklichkeit ist; ın 
Folge dessen giebt die Rechnuug kleinere Zahlen für die Micellgrösse und somit auch 
in dieser Beziehung Minimalwerthe. 

Der Wassergehalt der Stärkekörner und vieler Zellmembranen beträgt 50 Proz. 
In sehr diehten Schichten kann er unter 17 Proz. sinken, in sehr weichen Schichten 
beträchtlich über 90 Proz. steigen. Bei mittlerem Wassergehalt (100 Gew.th. Sub- 
stanz — 100 Wasser) bestehen die Micelle für die Annahme, dass ihr mittlerer Ab- 
stand 5 Wassermolecüldurchmesser betrage, aus 213 Molecülen (d. h. Einheiten von 


1) Man könnte nach den angegebenen Dimensionen meinen, dass der Abstand von 4 und 6 
Wassermolecüldurchmessern genüge. Es ist aber zu berücksichtigen, dass die Zuckermolecüle bloss 
für die Rechnung kugelig und kubisch angenommen wurden, dass sie ohne Zweifel ziemlich weit von 
dieser Gestalt entfernt sind und daher für ihre wälzenden Bewegungen zum Mindesten den angesetzten 
Raum bedürfen. 


201 


Cı2H20010), für die Annahme eines Abstandes von 7 Wassermoleeülen dagegen aus 
585 Mol. Wenn der Wassergehalt sich seinem Maximum nähert und 90,9 Prozent 
beträgt (100 Substanz + 1000 Wasser), so bestehen die Micelle für den 
Abstand gleich 5 und für denjenigen gleich 7 Wassermolecülen, aus 3 und bezieh- 
ungsweise aus 8 Moleeülen (Cı2Hz0010). Nähert sich der Wassergehalt seinem Mi- 
nimum und beträgt er 16,7 Proz. (100 Substanz + 20 Wasser), so sind die Micelle 
für den Abstand von 5 und von 7 Wassermolecülen aus 12344 und beziehungsweise 
aus 33862 Molecülen (Cı2H20010) zusammengesetzt }). 

Für die Rechnung wurde eine regelmässige Anordnung kubischer Micelle au- 
genommen, so dass der Zwischenraum zwischen denselben überall genau entweder 5 
oder 7 Wassermolecüldurchmesser beträgt. Die Annahme anderer, auch unregel- 
mässiger und unter sich ungleich grosser, polyedrischer Formen würde, vorausge- 
setzt, dass dieselben überall genau in einander passen und gleiche Abstände zeigen, 
ganz ähnliche Resultate für eine mittlere Grösse ergeben. Nun sind aber sehr wahr- 
scheinlich die Zwischenräume an den Ecken der Micelle grösser als an den Seiten, so 
dass dort etwas weitere diosmotische Wege offen stehen. Dadurch wird die Grösse 
der Micelle für einen bestimmten Wassergehalt der Gesammtsubstanz erhöht, — und 
diese Grösse wird noch mehr gesteigert für den Fall, dass in den Membranen, wie 
ich es als wahrscheinlich bezeichnet habe, besondere Wasserkanälchen vorkommen. 
Es ist dies ein ferneres Moment, warum die berechneten Zusammiensetzungen der 
Micelle Minimalwertbe darstellen. — Endlich ist noch zu bemerken, dass ich die 
Micelle als krystallwasserfrei angenommen habe, was mir aus chemischen und physi- 
kalischen Gründen wahrscheinlich ist. Zwar besteht immerhin die Möglichkeit, dass 
Stärke- und Cellulosemicelle, nicht dem Beispiel des Rohrzuckers, sondern dem des 
Traubenzuckers folgend, etwas Krystallwasser enthalten. Wäre dies der Fall, so 
würden dadurch die berechneten Molecülzahlen für die Micelle abermals vergrössert. 

Nachdem ich die micellaren Verhältnisse der Kohlenhydrate einlässlicher be- 
sprochen habe, will ich diejenigen der anderen Gruppe von Verbindungen, welche 


1) Das Molecularvolumen von Stärke und Cellulose (zu Cı2H2001» angenommen) verhält sich, 

wenn das spezifische Gewicht dem des Rohrzuckers gleich gesetzt wird, zu dem Molecularvolumen des 
3/1 wu, 

Wassers wie 1: 0,09 und die Durchmesser der beiden Molecüle verhalten sich wie 1 :V 0,09 oder 


1:0,44814. Der benetzte organisirte Körper (Zellmembran, Stärkekorn oder eine einzelne Partie der- 
selben) bestehe aus 100 Gew.th. Substanz und m Gew.th. Wasser, somit aus 62,5 Volumtheilen Sub- 
stanz und m Volth. Wasser. Ferner sei x die Zahl der Molecüle (Cı2H2v010), aus denen ein Micell 


ee 
zusammengesetzt ist, somit V x der Durchmesser des Micells, n die Zahl der Wassermolecülschichten 


zwischen zwei Micellen (in unserm Fall ist n = 5 und 7 gesetzt). Wir haben somit die Proportion 
4 N N R H n. 0,44814.. 3,9685 

Ta ru . 5 gem 3 — 3 — 0 
V x:n.0,4488314 = Y625: Ym + 625 — 62,5 und daraus / x SVmreEB_ Vor 


Durch Einsetzen der Werthe für n (5 und 7) und für m (100, 1000 und 20) ergiebt sich der Be- 
trag von x. 


202 


an der Organisation der Pflanze theilnimmt, der Albuminate nämlich, nur kurz in 
ihren Hauptmomenten betrachten, da ohnehin hier alle Anhaltspunkte für eine ins 
Einzelne gehende Erörterung mangeln. Der wichtigste Umstand, von dem auch 
die ganze Beurtheilung abhängt, liegt in der T’hatsache, dass die Albuminate bloss 
in micellaren Lösungen vorkommen. Ich glaube dies mit vollkommener Sicherheit 
aussprechen zu können, da ihren Lösungen durchaus die Eigenschaften abgehen, 
welche die Krystallogene auszeichnen. Sie verhalten sich bei neutraler Reaction 
wie die übrigen Colloide rücksichtlich der Diosmose und anderer physikalischer Eigen- 
schaften; ihre Theilchen legen sich nicht zu Krystallen, sondern zu Krystalloiden 
an einander. Die so auffallenden Erscheinungen, welche die verschiedenen Albumi- 
nate beim Uebergang aus dem gelösten in den coagulirten Zustand und umgekehrt 
zeigen, lassen sich, wie ich glaube, in genügender Weise nur erklären, wenn Micelle 
und nicht Molecüle die Lösung bilden. | 

Dass die Micelle der Albuminate, wie diejenigen der Stärke und Cellulose, kry- 
stallinische Körperchen sind, geht aus dem Verhalten der Krystalloide hervor. In 
diesem Zustande, in welchem zahlreiche Micelle in ihrer Orientirung übereinstimmen, 
offenbaren sie doppelbrechende Eigenschaften. Dass sie in allen anderen Zuständen 
diese Eigenschaften nicht erkennen lassen, ist leicht erklärlich, weil sie bald wegen 
unregelmässiger Anordnung, bald wegen zu spärlichem Vorkommen in wasserreicher 
Substanz es nicht zu einer bemerkbaren optischen Wirkung zu bringen vermögen. 

Die Albuminate, die in den Organismen immer mehr oder weniger verunreinigt 
oder mit anderen Verbindungen gemengt vorkommen, bezeichnet man gewöhnlich, 
je nachdem sie gelöst oder nicht gelöst sind, als Plasma oder Protoplasma. Zweck- 
mässiger für den Gebrauch und logischer in der Auffassung würde man sie allge- 
mein plasmatische Substanzen oder Plasma nennen und die beiden Modificationen, die 
gelöste und coagulirte (oder ungelöste) als Hygroplasma und Stereoplasma unter- 
scheiden. Ueberdem wäre ja, da gemeinhin der feste Zustand einer chemischen 
Verbindung aus dem gelösten hervorgeht (und bei den Albuminaten wird es sich 
im Allgemeinen ebenso verhalten), gegenüber dem gelösten „Plasma‘‘ das unge- 
löste „Protoplasma‘‘ richtiger Hysteroplasma zu nennen. 

Die Albuminatlösungen (Hygroplasma) sind vollkommene Lösungen mit unbe- 
dingter Beweglichkeit der Micelle, wie beispielsweise eine Gummilösung. Aber die 
Micelle haben eine sehr grosse Neigung sich zu Verbänden an einander zu legen, sei 
es, dass sie sich üherhaupt in unregelmässiger Weise vereinigen, sei es, dass sie 
Ketten bilden, welche sich baumartig verzweigen oder zu einem Netz verbinden 
können. Lösungen, welche solche Verbände in geringeren Grössenverhältnissen ent- 
halten, ändern desswegen nicht wesentlich ihren Charakter, indem sie bloss mehr 
schleimig, mehr opalisirend und weniger zur Diosmose geneigt werden. Nehmen 
die Verbände an Grösse zu und verbinden sie sich unter einander, so geht das Hygro- 
plasma in Stereoplasma über. Zwischen beiden Zuständen giebt es aber so allmälige 
Uebergänge, dass es zuweilen ganz willkürlich wird, ob man den einen oder andern 
annehmen will. Im Allgemeinen wird man es als Stereoplasma bezeichnen, sobald 


203 


es unter dem Mikroskop nicht mehr als homogene Flüssigkeit erscheint, sondern sich 
gegen eine wirkliche Flüssigkeit (Wasser) als verschieden abhebt. 

Was die Gestalt der Micelle und die Art ihrer Zusammenordnung im unge- 
lösten Zustande betrifft, so lässt sich nur bezüglich des Krystalloidplasmas mit Sicher- 
heit eine bestimmte Vorstellung bilden. Die Gestalt der Micelle ist in diesem Falle 
polyedrisch, ihre Anordnung zeigt die nämliche Regelmässigkeit, welche wir für die 
Molecüle oder Pleone in einem Krystall voraussetzen, und das Imbibitionswasser ist 
so vertheilt wie in der Stärke und Cellulose. Das Krystalloidplasma zeigt im be- 
netzten Zustande unter den bekannten Stereoplasmaformen allein die Eigenschaften 
einer relativ festen und nicht dehnbaren Substanz. 

Alles übrige Stereoplasma befindet sich bei Anwesenheit von Wasser in einem 
halbflüssigen Zustande, indem die kleinsten mikroskopisch sichtbaren Massen gegen 
einander verschiebbar sind; dabei besitzt es entweder aktive Massenbewegung in 
seinem Innern (Plasmaströmungen), oder es kommt ihm passive Bewegung zu, da 
es das Bestreben einer Flüssigkeit hat, sich zu Tropfenform zu gestalten. Es lässt 
uns aber bezüglich der Gestalt, Grösse und Vereinigung der Micelle gänzlich im 
Ungewissen. Bloss von dem wasserhellen Stereoplasma, das mit Recht Hyaloplasma 
genannt worden, lässt sich mit ziemlicher Sicherheit annehmen, dass die Micelle in 
demselben eine gleichmässige Vertheilung besitzen. Das Hyaloplasma bildet immer 
die äusserste Begrenzung der Plasmamassen als ein meistens sehr dünnes Häutchen, 
in welchem die Micelle wohl eine bestimmte Örientirung gegen die Oberfläche be- 
sitzen, sodass das Häutchen, wenn es dichter und dieker wäre, doppelbrechend er- 
scheinen würde. Die zarte, zur Oberfläche reehtwinkelige Streifung desselben, welche 
in einzelnen Fällen beobachtet wird, darf aber nicht etwa als der unmittelbare Aus- 
druck der Micellanordnung angesehen werden; sie mag damit zusammenhängen, hat 
aber als nächste Ursache wahrscheinlich eine andere Erscheinung, von der ich nach- 
her spreeben werde. 

Das Hyaloplasma stellt nur einen fast verschwindend kleinen, Theil des ganzen 
Stereoplasmas dar, welches im übrigen weisslich-trübe erscheint, — ein Beweis, dass 
die Plasmasubstanz und das Wasser nicht gleichmässig vertheilt sind, sondern in 
ihrer Zusammenordnung einen Wechsel von diehteren und weniger diehten Stellen 
bedingen. Es ist als „Körnerplasma‘‘ bezeichnet worden, ein Ausdruck, der mir 
weniger passend dünkt, weil dasselbe, wenn es auch meistens granulirt aussieht, doch 
oft keine Körnchen enthält, und weil die Körnchen wohl nicht als nothwendiges 
Merkmal anzusehen sind. Ich würde es daher, im Gegensatze zu Hyaloplasma, lieber 
Polioplasma nennen, wegen seines graulich-weissen Aussehens. 

Wenn ich das Polioplasma richtig auffasse, so entsteht es aus Hyaloplasma, 
und zwar in vielen, vielleicht in allen Fällen dadurch, dass sehr zahlreiche winzige 
(mit Wasser gefüllte) Vacuolen in demselben auftreten. Diese Vacuolenbildung und 
in Folge derselben eine schwammige oder maschenartige Beschaffenheit des Polio- 
plasmas ist in einzelnen Fällen sehr deutlich, und in anderen Fällen beobachtet man 

Abh.d.II.Cl.d.k. Ak.d. Wiss. XII. Bd. II. Abth. 27 


204 


von derselben aus bis zu einem fast homogenen weisslichen Aussehen eine allmälige 
Abstufung, so dass man an der Identität der Structur kaum zweifeln kann. Man 
begreift auch, dass die maschige Beschaffenheit bei hirreichender Kleinheit der Maschen 
bloss als Trübung wahrgenommen wird, bei einer gewissen Grösse der Maschen 
dagegen granulirt erscheint, indem die Vacuolen als Körnchen gesehen werden 
können. 

Ein neues Moment in der Differenzirung des Stereoplasmas tritt mit dem Vor- 
kommen wirklicher Körnchen auf. Diese Körnchen können fremdartige Substanzen 
(z. B. winzige Fetttröpfehen) sein; meistens bestehen sie aus verdichtetem Stereo- 
plasma und sind Plasmakörnchen. Dass die Körnchen in maschigem Polioplasma 
eingebettet sind, kann zuweilen keinem Zweifel unterliegen, und die Möglichkeit lässt 
sich nicht bestreiten, dass die Grundsubstanz des „Körnerplasmas‘“ immer maschiges 
Polioplasma ist, wenn sie auch ausnahmsweise ein fast hyalines Aussehen zeigen mag. 
Indessen muss ich auch die andere Möglichkeit zugeben, dass Körnchen in wirklichem 
Hyaloplasma sich bilden und dasselbe in eine zweite, ihrem Entstehen nach verschie- 
dene Modification von Polioplasma umwandeln. 

Die Verschiedenheit zwischen Hyaloplasma und Polioplasma besteht, wenn nicht 
etwa die chemische Zusammensetzung eine andere sein sollte, vielleicht bloss in der 
gleiehmässigen und ungleichmässigen Dichtigkeit, also in der räumlichen Vertheilung 
von Substanz und Wasser. Wahrscheinlich kommt aber noch ein fernerer Umstand 
hinzu, nämlich eine Ungleichheit in der micellaren Structur. Das Hyaloplasma- 
Häutchen, welches das Polioplasma umgiebt, hat wohl, wie ich bereits bemerkt habe, 
nicht bloss eine gleichmässige, sondern auch eine regelmässige Anordnung der Mi- 
celle, ähnlich wie in einer Cellulosemembran. Von den Micellvereinigungen im Polio- 
plasma dagegen möchte ich annehmen, dass sie überhaupt unregelmässig seien, mit 
grösseren und kleineren Zwischenräumen zwischen den Micellen. — Die Abgrenzung 
der Plasmakörper gegen das Polioplasma geschieht durch das Hyaloplasma ; wenn 
z. B. der Zellkern in Plasma von gleicher Dichtigkeit sich befindet, so ist er nur 
durch eine zarte Kreislinie, welche von seinem Plasmahäutchen herrührt, sichtbar. 

Das Hyaloplasma ist, wie die Cellulosemembran, für Micellarlösungen unter 
besonderen Bedingungen durchgangbar. Dies zeigen uns die Hefenzellen, welche 
Eiweiss sowohl in alkalischer Flüssigkeit, als bei vorhandener Gärthätigkeit in neu- 
traler und schwach saurer Flüssigkeit heraustreten lassen, wobei dasselbe das Hyalo- 
plasmahäutchen passiren muss. Im Uebrigen scheint letzteres der Diosmose micel- 
larer Lösungen grössere Hindernisse zu bereiten als die Cellulosemembran, wie die 
Thatsache beweist, dass gewisse Farbstoffe mit Leichtigkeit durch die lebende Cellu- 
osemembran, aber durchaus nicht durch das lebende Plasmahäutchen diosmiren. Ich 
möchte aus diesem Verhalten gegen verschiedene Lösungen den Schluss ziehen, dass 
das Hyaloplasma, wenigstens soweit dasselbe als begrenzendes Häutchen auftritt, wie 
die Schichten der Cellulosemembran und der Stärkekörner, aus einem regelmässigen 
Gefüge von Micellen besteht, deren Zwischenräume im Allgemsinen für Micelle un- 


205 


wegsam sind, dass aber in dieser gleichmässigen Zusammenordnung kanalartige Er- 
weiterungen vorkommen, welche senkrecht gegen die Oberfläche verlaufen und die 
durchschnittlich enger sind als diejenigen der Cellulosemembran, vielleicht auch im 
Gegensatz zu diesen sich je nach den massgebenden Einflüssen verengern und er- 
weitern können. Von diesen Kanälchen würde die zuweilen sichtbar werdende 
Streifung herrühren. 

Dass das Wasser, welches das Polioplasma durehdringt, Albuminatmicelle in 
Lösung enthalte, ist wenigstens für die Vacuolen uud die gröblichen Zwischenräume 
überhaupt nicht zu bezweifeln; denn wenn in einer entstehenden Vacuole nicht schon 
ursprünglich gelöste Micelle’ enthalten sind, so werden sich dieselben bald aus den 
darin befindlichen Peptonen bilden. Hat die Substanz des Polioplasmas einen ana- 
logen Bau wie das Hyaloplasma, so kann es selber abgesehen von besonderen kanal- 
artigen Erweiterungen, nicht von einer Micellarlösung durchdrungen sein. Besteht 
es aber, wie ich vermuthe, aus unregelmässigen, mehr ketten- und netzartigen Micell- 
verbänden, so ist es auch überall für die Aufnahme und den Durchgang von Micel- 
larlösungen geeignet. Von dem Bau des Polioplasmas muss es beispielsweise ab- 
hängen, ob in die pulsirenden Vacuolen eine Molecularlösung oder eine Micellar- 
lösung ausgeschieden wird, womit sich die andere Alternative verbindet, ob dabei ein 
grösserer oder geringerer Filtrationswiderstand zu überwinden ist. Es würde eine 
Molecularlösung in die Vacuolen austreten und dabei ein grösserer Widerstand zu 
überwinden sein, wenn das Polioplasmas ähnlich dem Hyaloplasma aus einem gleich- 
mässigen Micellgefüge bestände, oder wenn die Vacuolen mit einem Hyaloplasma- 
häutchen von solcher Beschaffenheit ausgekleidet wären, was Beides indess nicht sehr 
wahrscheinlich ist. Für diese und manche andere ähnliche Frage mangelt es übri- 
gens noch durchaus an den nöthigen Beobachtungsthatsachen, sowie an hinreichend 
gesicherten Haltpunkten der Theorie, von denen aus ein bestimmtes Urtheil ge- 
stattet wäre, 


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Vergleichend anatomische Untersuchungen 


über die 


äusseren weiblichen Geschlechts- und 
Begattungs-Organe 


des 


Menschen und der Affen, 


insbesondere der Anthropoiden. 


Von 


Dr. Th. L. W. v. Bischoff. 


Mit sechs Tafeln Abbildungen. 


Abh. d. II. Cl.d.k. Ak.d. Wiss. XIII. Bd. II. Abth. 23 


Vergleichend anatomische Untersuchungen 


über 


die äusseren weiblichen Geschlechts- und Begattungs. 
Organe des Menschen und der Affen, insbesondere 
der Anthropoiden. 


Von 


Prof. Dr. Th. v. Bischoff. 


Der geneigte Leser wird sich vielleicht erinnern, dass ich es mir 
seit längeren Jahren zur Aufgabe gemacht habe, den so oft gemiss- 
brauchten Ausspruch Huxleys genauer zu prüfen: „Dass wir ein System 
„von Organen vornehmen können, welches wir wollen, die Vergleichung 
„ihrer Modificationen in der Affenreihe uns zu einem und demselben 
„Resultate führe, dass die anatomischen Verschiedenheiten, welche den 
„Menschen vom Gorilla und Chimpanse scheiden, nicht so gross sind, als die, 
„welche den Gorilla von den niedrigeren Affen trennen.“ Ich glaube durch 
diese Prüfung bewiesen zu haben, dass dieser Satz in Beziehung auf das 
Gehirn, die Muskeln und die Eingeweide der Anthropoiden ein irriger 
ist, während Owen, Virchow, Aeby, Gratiolet, Luce u. A. seine Unrichtig- 
keit auch für den Schädel und das Skelet überhaupt dargethan haben. 
Dieser Nachweis hat indessen nicht verhindert, dass die einseitigen An- 
hänger der Descendenzlehre unverdrossen fortfahren, jenen Huxley’schen 
Satz als Beweis der bis jetzt durch Thatsachen nicht zu begründenden 
Abstammung des Menschen von den Affen anzuführen. Herr Häckel hat 


denselben im vorigen Jahre hier in München in seiner Rede bei der 
28* 


210 


Naturforscher-Versammlung, und wiederum in seiner neuesten Schrift: 
Freie Wissenschaft und freie Lehre p. 37 citirt, als wenn derselbe gar 
nicht bestritten und zu bestreiten wäre; die gegen denselben sprechenden 
Thatsachen, werden einfach ignorirt, oder wie man zu sagen pflegt, tod 
geschwiegen. Werden sie aber irgendwo mit zu grossem Nachdruck 
geltend gemacht, dann heisst es: Wir sagen ja gar nicht, dass der Mensch 
von den jetzt lebenden Affen abstammt, sondern leiten ihn nur von einem 
gemeinsamen Stamme mit diesen Affen ab. Die Beweise aber für diesen 
gemeinsamen Stammbaum werden immer wieder nur in der Anatomie 
der jetzt lebenden Affen gesucht, die dann freilich Nichts Anderes liefert, 
als die alte Einsicht, dass diese Affen in ihrem Baue dem Menschen von 
allen Thieren am Nächsten stehen. Aber selbst bei dem Nachweise 
dieses alten Satzes bleibt man gewöhnlich dabei stehen, die Aehnlich- 
keiten zwischen Menschen und Affen aufzusuchen; die Verschieden- 
heiten werden stillschweigend übergangen. Dieser die ganze Descen- 
denzlehre tief durchziehende grosse Fehler wird auch hier unbefangen 
durchgeführt. Ich habe mir vorgenommen, denselben diesesmal auch in 
Beziehung auf die weiblichen Genitalien, besonders die äusseren, zu ver- 
meiden und die Unterschiede zwischen den äusseren, weiblichen Geni- 
talien der Anthropoiden und des menschlichen Weibes nachzuweisen. - 


Ich trete dadurch auch diesesmal der Entwicklungslehre, selbst in 
Beziehung auf den Menschen, principiell durchaus nicht entgegen. Allein 
ich will abermals dazu beitragen, ihre übereilte, critiklose Annahme und 
Geltendmachung, durch welche der Sache nur’geschadet wird, zu mässigen. 
Die Descendenzlehre ist, wie nun auch Hr. Prof. Häckel unumwun- 
den ausspricht, eine historische, keine exacte Wissenschaftslehre. 
Ihre Wahrheit beruht also ganz auf Richtigstellung ihrer Documente, 
und reicht nicht weiter als diese Documente. Würde das 
nicht vergessen, so würden wir keine solche Ausschreitungen auf Gebiete 
wahrnehmen, auf welche die Descendenzlehre bis jetzt noch keine An- 
sprüche hat. 


Vielleicht wird man geneigt sein, mit Linne zu denken: Genitalium 
curiosior indagatio abominabilis displicet. Ich erlaube mir indessen da- 
rauf mit Clemens Alexandrinus Paedagogus Lib. II Cap. 10 zu antworten: 


211 


Non turpe videtur ad Lectorum utilitatem nominare et delineare partes, 
quas quidem Deum fabricari non puduit. 

Auch dürfte es heute, wo die Descendenzlehre auf die geschlecht- 
liche Zuchtwahl, als freilich sehr dunkele Einwirkung zur Hervor- 
bringung neuer organischer Formen, so grosses Gewicht legt, gerecht- 
fertigt sein, die Frage genauer zu untersuchen, in welchem Verhältniss 
diese, bei der geschlechtlichen Zuchtwahl gewiss keine unbedeutende 
Rolle spielenden Genitalien, bei den Affen und Menschen stehen. Scheint 
mir doch die ausserordentlich grosse und wunderbar mannigfaltige, oft 
höchst auffallende und sonderbare Formverschiedenheit der äusseren 
Genitalien in der Thierwelt, überhaupt eines der merkwürdigsten Pro- 
bleme für die Metamorphosenlehre der Descendenstheorie zu sein. 

Leider ist das Material zur Beantwortung der mir gestellten Frage, 
sowohl was die verschiedenen Menschenracen, als die Anthropoiden und 
Affen überhaupt betrifft, ausserordentlich selten und sehr schwierig zu 
beschaffen. Namentlich haben mir von den Anthropoiden nur die Geni- 
talien jüngerer Thiere zu Gebote gestanden. Dadurch habe ich zwar 
den Vortheil gehabt, diese Theile in ihrer intacten Beschaffenheit kennen 
zu lernen. Da es indessen sehr wahrscheinlich ist, dass sich in der Con- 
figuration dieser äusseren Genitalien auch bei den Affen mancherlei indi- 
viduelle und Altersverschiedenheiten finden, so wie solche unter den 
Menschen vorkommen, so werden meine Angaben in gewissen Beziehungen 
nur einen relativen Werth haben, Allein im Wesentlichen werden sie 
genügen auch hier die Unrichtigkeit des Huxley’schen Satzes nachzuweisen. 
Ausserdem werde ich aber auch Gelegenheit haben, das ganze Thema 
etwas ausführlicher zu besprechen, als es sich bis jetzt in der Literatur 
berücksichtigt findet. 

Es wird zweckmässig sein, zuerst eine kurze Erinnerung an die Be- 
schaffenheit der äusseren Genitalien von Europäerinnen vorauszuschicken; 
wenn ich gleich dieselben als hinlänglich bekannt voraussetzen kann. 
Aber es kommt mir darauf an, diejenigen Gestaltungsverhältnisse derselben 
besonders hervorzuheben, welche bei dem Vergleich der verschiedenen 
Racen und mit den Anthropoiden besonders zu berücksichtigen sind. 


212 


Wir unterscheiden bekanntlich an den weiblichen äusseren Genitalien 
1. die grossen Schamlippen, 2. die kleinen Schamlippen, 3. die Olitoris, 
4. den Scheidenvorhof mit der Harnröhren-Mündung, dem Bulbus ves- 
tibuli, dem M. bulbocavernosus, den Duverney’schen Drüsen und 
5. die Scheidenklappe oder den Hymen, an welchen sich 6. die Scheide 
anschliesst. 

1. Die grossen Schamlippen sind zwei senkrecht zwischen den 
Schenkeln von der Schamfuge nach dem Damm sich herabziehende, wul- 
stige Hautfalten, welche die Schamspalte, Rima pudendi, zwischen sich 
lassen. Sie gehen oben vor der Schamfuge in den Schamberg, MonsVe- 
neris, über und bilden hier die Commissura anterior s. superior. Ebenso 
sollen sie nach den meisten Autoren auch unten und hinten durch eine 
Commissura posterior s. inferior in einander übergehen, und hier bei ihrem 
Zusammentreffen, namentlich wenn man sie etwas anspannt, eine scharf 
vorspringende Falte, das s. g. Schambändchen, Frenulum labiorum, und 
oberhalb derselben, gegen den Scheidenvorhof zu, die s. g. schiffförmige 
Grube, Fossa navicularis bilden. Beide verschwinden in der Regel nach 
der Geburt eines ausgetragenen Kindes, indem das Frenulum einreisst, 
oder doch sehr ausgedehnt wird. Ich muss Luschka beistimmen, welcher 
in seiner Anatomie II. 2. p. 404 behauptet, dass dieses Frenulum labiorum 
nicht durch die hintere Commissur der grossen, sondern der kleinen 
Schamlippen gebildet werde. Wenn die letzteren stark entwickelt sind, 
und weit nach abwärts und hinten reichen, ist dieses offenbar der Fall. 
Aber auch wenn die kleinen Schamlippen wie gewöhnlich kürzer sind, 
und das hintere Ende der Schamspalte nicht erreichen, wo es dann den 
Anschein hat, als wenn die grossen Schamlippen die hintere Commissur 
und das Frenulum mit der Fossa navicularis bilden, überzeugt man sich 
doch, dass es die kleinen sind, welche an diesen Gebilden vorzüglich be- 
theiligt sind, wenn man sie etwas nach oben anspannt. Dann tritt das 
in diesem Fall meist nur schwach bemerkbare Frenulum deutlich hervor, 
und man sieht, dass sie es sind, welche auch hier hinten die unmittelbare 
Begrenzung der Schamspalte darstellen. Man kann dieses besonders deutlich 
bei neugeborenen Kindern sehen, bei welchen es zugleich meist deutlicher 
als bei Erwachsenen zu erkennen ist, dass die grossen Schamlippen an 
ihren unteren Enden mehr in den Damm verlaufen, als sich miteinander 


215 


verbinden. Auch die Entwicklungsgeschichte der grossen und kleinen 
Schamlippen, von der weiter unten noch die Rede sein wird, thut das- 
selbe dar. 

Die grossen Schamlippen tragen an ihrer äusseren, gegen die Schenkel 
hin gerichteten Fläche noch ganz die Charaktere der äusseren Haut, 
sind nur stärker pigmentirt und mit längeren und stärkeren Haaren be- 
setzt; an ihren inneren Flächen, mit welchen sie gegeneinander gerichtet 
sind, fangen sie allmälig an den Charakter der äusseren Haut zu verlieren, 
werden feiner und verlieren die Haare. Im kindlichen und jungfräulichen 
Zustande, liegen sie mit diesen ihren inneren Flächen dicht aneinander, 
so dass sie die zwischen ihnen gelegenen inneren Theile verbergen, wäh- 
rend sie nach oft vollzogenem Beischlaf und noch mehr nach Geburten, 
sich von einander entfernen, klaffen und die innerhalb gelegenen Theile 
sehen lassen. 

Bei Deutschen und, so viel ich weiss, bei allen Europäerinnen sind 
die grossen Schamlippen so stark entwickelt, dass sie sich deutlich mit 
einer Furche von der inneren Fläche der Schenkel absetzen, und als ein 
paar ansehnliche Hautwülste erscheinen. Sie mögen vielleicht in der Stärke 
ihrer Entwicklung bei verschiedenen Individuen Verschiedenheiten zeigen. 
Allein diese sind jedenfalls nicht so bedeutend, dass sie den Anatomen 
und Geburtshelfern auffallend gewesen wären. Gänzliches Fehlen derselben, 
wird nur als Missbildung bei Atresie der Genitalien oder als Bildungs- 
hemmung in Begleitung anderer Defecte beobachtet und beschrieben. 
(Parmentier. De Genitalium muliebrium externorum formae varietate. 
Diss. Bonnens. 1834.) Ä 

2. Die kleinen Schamlippen oder Nymphen werden gebildet durch 
zwei an der inneren Fläche der grossen Schamlippen und mit ihnen 
parallel herablaufende Hautfalten, deren obere oder vordere Vereinigung 
(Commissur) vorzüglich dadurch ausgezeichnet ist, dass sie hier zur Be- 
deckung des vorderen Endes, der sogenannten Glans der Clitoris dienen. Sie 
spalten sich nämlich bei dieser ihrer Vereinigung in zwei Schenkel, deren 
obere über der Glans clitoridis zusammenfliessen und das sogenannte 
Praeputium clitoridis bilden, die unteren aber sich an die untere Fläche 
der Glans als sogenannte Frenula clitoridis ansetzen. Dieses Verhal- 
ten, dass sie das Praeputium und die Frenula Clitoridis 


214 


bilden, sowie die Schamspalte unmittelbar begränzen, ist 
für die kleinen Schamlippen das Charakteristische und 
dient als Kritik für sie. Sonst sind sie in ihrem Verhalten so wech- 
selnd, dass man zu sagen pflegt, kein Theil des weiblichen Körpers komme 
in so verschiedener Gestaltung vor, als eben diese Nymphen. Gewöhnlich 
sind sie allerdings nur so lang, dass sie längs der inneren Fläche der 
grossen Schamlippe herablaufend, sich doch unten und hinten nicht mit- 
einander vereinigen, sondern nur seitlich den Scheidenvorhof begränzen. 
Wie ich aber schon angegeben habe, fliessen sie zuweilen doch unten 
auch in einer Commissur in einander über und bilden dann in deutlicher 
Weise das Frenulum labiorum. Andere male sind sie so klein, dass sie 
auf das Präputium und die Frenula clitoridis beschränkt sind. Meist sind 
sie oben breit und laufen nach unten spitz zu, aber ihre Breite ist doch 
gewöhnlich nicht so gross, dass sie nicht bei an einander genäherten 
Schenkeln von den grossen Schamlippen verdeckt seien. Oft aber sind sie so 
breit, dass sie als mehr oder weniger wulstige Kämme über die Rima 
pudendi beträchtlich hervorragen. Sie sind ferner vielleicht häufiger 
asymetrisch als symetrisch auf beiden Seiten entwickelt. Wenn sie inner- 
halb der Schamspalte von den grossen Schamlippen verdeckt liegen, so 
gleicht ihre Oberfläche nicht mehr der der äusseren Haut, namentlich 
tragen sie niemals Haare, sondern sie nehmen besonders an ihrer inneren 
Fläche die Charaktere der Schleimhäute an. Ragen sie aber vor der 
Schamspalte hervor, so ist der vorstehende Theil hautähnlicher und na- 
mentlich stärker pigmentirt. Zwischen ihren Lamellen enthalten sie kein, 
Fett, sondern nur gefässreiches Bindegewebe. 

3. In Beziehung auf die Clitoris will ich nur erwähnen, dass wenn 
dieselbe gleich auch bei Europäerinnen Verschiedenheiten in ihrer Ent- 
wicklung darbietet, und zuweilen selbst eine ansehnliche Grösse erreichen 
kann, sie doch in der Regel nicht vorsteht, und selbst ihre Glans vor 
dem Präputium vollkommen bedeckt wird. 

4. Der Scheidenvorhof, Vestibulum vaginae, hat bei Europäerinnen 
keine sehr bedeutende Tiefe und ist jedenfalls sehr viel kürzer, als die 
dahinter befindliche Scheide. Er ist von einer Schleimhaut bekleidet, die 
keine Falten bildet. An seiner oberen Wand bemerkt man die meist 
etwas vorspringende Mündung der Harnröhre, und an den Seitenwänden 


215 


die Mündungen von Schleimdrüsen, deren zwei meist etwas grösser sind, 
und den Ausführungsgängen der s. g. Duverney’schen oder Cowper’schen 
Drüsen angehören. Diese liegen an der äusseren Seite der unteren Enden 
der Seitenwände des Scheidevorhofes, und sind von einem Venengeflecht, 
dem Bulbus Vestibuli, und dieses von einem Muskel, dem M. bulboca- 
vernosus, früher als Constrictor cunni bezeichnet, umgeben. 

5. An dem Uebergang zwischen Vestibulum und Scheide findet sich 
bei dem menschlichen Weibe als normale und constante Bildung eine den 
Eingang in die Scheide theilweise verschliessende Hautfalte, der Hymen. 
Ich halte nach meinen Erfahrungen das Fehlen desselben für sehr selten, 
denn ich erinnerg mich keines einzigen der vielen von mir untersuchten 
älteren Embryonen und Neugeborenen, bei welchem derselbe gefehlt hätte. 
Die Stärke der Entwicklung und nähere Configuration ist allerdings ver- 
schieden; bei weitem am häufigsten stellt er indessen eine von dem unteren 
und hinteren Umfange des Scheiden-Einganges nach oben vorspringende 
halbmondförmige Falte dar, deren Hörner sich mehr oder weniger weit 
längs den Seitenrändern des Scheiden-Einganges bis zu der an der oberen 
Wand des Scheidenvorhofes befindlichen Harnröhren-Mündung hinziehen. 
Sind diese Hörner besonders stark entwickelt, so dass sie sich oben er- 
reichen, so entsteht der ring- oder scheibenförmige Hymen. Der von 
Luschka unterschiedene Hymen fimbriatus, wo derselbe in einzelne Fasern 
zertheilt ist, sowie ein doppelt perforirter Hymen, sind seltene Aus- 
nahmsfälle. 

6. Von der weiblichen Scheide ist, wie schon Blumenbach hervor- 
hebt, zunächst zu bemerken, dass sie sich wegen der Krümmung des Kreuz- 
und Steissbeines und der geringeren Beckenneigung, in ihrem Verlauf mit 
ihrer Axe sich weit mehr nach vorne wendet, als bei irgend einem 
anderen Säugethier. Ausserdem sind die Falten ihrer Schleimhaut beson- 
ders bemerkenswerth. Sie sind bei den Europäerinnen meistens stark 
entwickelt und bestehen aus zwei an der vorderen und hinteren Wand in 
querer Richtung verlaufenden Falten-Reihen (Columnae rugarum), die 
besonders in ihrem unteren Theile und an der vorderen Wand stärker 
entwickelt sind. An der vorderen Wand bilden sie gleich hinter der 
Harnröhren-Mündung einen stärkeren Vorsprung, der sehr gewöhnlich durch 
eine Längs-Furche in zwei Wülste getheilt ist. In das Scheidengewölbe 

Abh. d. II. Ak.d. Wiss. XIII. Bd. II. Abth 29 


216 


ragt die Portio vaginalis uteri, vorne 5—7 mm., hinten 18 mm. hinein, 
und bietet den Muttermund, mit der längeren vorderen und kürzeren 
hinteren Muttermunds-Lippe, dar. 

Es erscheint ferner zweckmässig hier auch noch an einige Punkte 
aus der Entwicklungsgeschichte, namentlich der äusseren Genitalien zu 
erinnern. 

Schon in einer sehr frühen Zeit, bei dem menschlichen Embryo aus 
der 8—9. Woche, (Tab. I. Fig. 5.} und bei einer Länge von etwa 3 cm. 
erhebt sich vor der Kloaken-Veffnung, d. h. vor der noch gemeinschaft- 
lichen Mündung des Mastdarms und der Urogenitalorgane ein kegelförmiger 
Höcker, der zukünftige Penis oder die Glitoris, welcher bald an seiner 
unteren Fläche eine Furche zeigt, die sich mit ihren Rändern in die Ränder 
der Cloakenöffnung verliert. Derselbe wächst in der nächsten Zeit stark, 
und nach aussen von ihm und der Cloakenöffnung bilden sich, ebenfalls 
noch ehe sich die Afteröffnung von der Urogenitalöffnung geschieden hat, 
zwei laterale starke Hautwülste aus, die selbst nach hinten die Cloaken- 
öffnung umgeben. 

Dann scheidet sich der After unter Entwicklung des Dammes von 
der Urogenitalöffnung, und jene Hautwülste begränzen dann seitlich nur 
noch diese Oeffnung, indem sie sich nach hinten und unten in den Damm 
verlieren. (Tab. I. Fig. 6.) Sie sind die Anlage für die grossen Scham- 
lippen bei dem weiblichen, und für den Hodensack bei dem männlichen 
Geschlecht. 

Indem sich nämlich jetzt der Geschlechtsunterschied entwickelt, ver- 
wachsen bei dem männlichen Geschlecht sowohl die Ränder der Furche 
des Geschlechtshöckers zur Bildung der Harnröhre,- als die Ränder der 
Hautwülste zur Darstellung des Hodensackes, und der Höcker wird unter 
immer stärkerem Wachsthum zum Penis. Bei dem weiblichen Geschlecht 
dagegen (Tab. I. Fig. 7.) erfolgen diese Verwachsungen nicht, sondern die 
ineinanderübergehenden Ränder sowohl der Furche des Genitalhöckers als der 
Urogenitalöffnung entwickeln sich stärker, und werden zu den Nymphen 
oder kleinen Schamlippen. Der Genitalhöcker bleibt in seinem Wachs- 
thum zurück, wird zur Clitoris und wird von der oberen Vereinigung 
der Nymphen in der Form des Praeputiums und der Frenula umgeben ; 
die äusseren Hautwülste aber werden zu den grossen Schamlippen. Nym- 


217 


phen und Praeputium schreiten in ihrem Wachsthum bis zur Mitte des 
fünften Fötus-Monates rasch und stark vorwärts, so dass sie stark vor 
den grossen Schamlippen vorstehen. Dann aber bleiben sie in ihrem 
Wachsthum gegen das der grossen Schamlippen zurück und werden nach 
und nach so von diesen verdeckt, dass sie bei dem europäischen Kinde 
bei der Geburt oft kaum noch gesehen werden. (Tab. I Fig. 8). 

Von der Entwicklung der inneren Genitalorgane erinnere ich nur 
daran, dass die Endstücke der Ausleitungskanäle der embryonalen Genital- 
Organe, Wolff’sche und Müller’sche Gänge, in die hintere Wand des unteren 
Endes der Allantois oder der zukünftigen Harnblase, mittelst eines alle 
vier Enden umschliessenden Stranges, des s. g. Genital-Stranges nach 
Thiersch, einmünden. Innerhalb dieses Stranges entwickeln sich, nach 
Verschmelzung der Endstücke der Müller’schen Gänge, aus denselben 
Scheide und Uterus. Diese haben dann mit dem untersten Ende der 
Allantois, der zukünftigen Harnröhre, nachdem sich dieselbe von dem 
Mastdarme getrennt hat, ein gemeinsames Endstück, den s. g. Sinus uro- 
genitalis, d. h. bei dem weiblichen Geschlechte den Scheidenvorhof. Da 
wo der Genitalstrang oder die sich aus ihm und in ihm entwickelnde 
Scheide in den Sinus urogenitalis einmündet, erhebt sich nach Dohrn 
(Schriften der Marburger Gesellschaft zur Beförderung der Naturwissen- 
schaften. Supplementheft 1. zu Bd. X) von dem hinteren Umfang dieser 
Einmündung von der 19. Embryonal-Woche an, eine Falte, der Hymen, 
welcher die Scheide von dem Sinus urogenitalis in der Form eines Halb- 
monds, oder auch wenn die Hörner desselben höher hinaufwachsen, eines 
Ringes, mehr oder weniger abschliesst. 


Wenn ich mich nun zuerst zur Beantwortung der Frage wende, ob 
die Beschaffenheit und Configuration der äusseren Genitalien der Weiber 
anderer Racen mit der beschriebenen der Europäerinnen übereinstimmt, 
oder ob sich Abweichungen finden, so habe ich es zunächst zu beklagen, 
dass sich weder in ethnologischen, noch anthropologischen, noch anato- 
mischen, noch geburtshülflichen Schriften darüber genauere Auskunft oder 
Mittheilungen finden. Im Allgemeinen gilt die Ansicht, dass im Wesent- 


lichen Uebereinstimmung herrsche, und nur in Beziehung auf die Nymphen, 
29* 


218 


so wie die Clitoris und ihr Praeputium, finden sich zahlreiche und oft wieder- 
holte Angaben über nationale Abweichungen, besonders bei den Weibern 
der äthiopischen Race. So sagt Cuvier in seinen Lecons d’Anatomie 
comparee Sec. Ed. Vol. VIII p. 249. „La conformation ordinaire des 
organes enterieurs de l’accouplement chez la femme ne present de diffe- 
rence dans les differentes nations, que celle, qui depent de la grande 
proportion des Nymphes chez les femmes de l’Asie et de /’Afrique.“ 


Es sind namentlich die Mittheilungen und Discussionen über die so- 
genannte Hottentotten-Schürze, deren ich hier wegen ihrer Beziehung zu den 
grossen und kleinen Schamlippen Erwähnung mache. Nachdem dieselbe 
von älteren Schriftstellern und Reisenden, besonders Ten Rhyne (Sche- 
diasma de promontorio Bonae Spei 1686 p. 33) bei Hottentottenweibern als 
eine Verlängerung der Nymphen bezeichnet worden war, behauptete 
Le Vaillant (Voyage dans l’Interieur de PAfrique I. II p. 348 Tab. VID, 
dass dieselbe durch eine künstliche Verlängerung der grossen Scham- 
lippen hervorgebracht werde, und bildete sie in der Form zweier mehrere ' 
Zoll langer, von der Gegend des Schamberges herabhängender, die Scham 
deckender Hautlappen ab, von welcher Abbildung ich bemerke, dass an der- 
selben kein Haarwuchs an der Stelle des Abganges dieser Hautlappen zu be- 
merken ist. In ähnlicher Weise beschrieb Otto (Seltene Beobachtungen H. 
p. 135) an dem Präparate einer vor vielen Jahren in dem Hospitale zu Breslau 
verstorbenen Negerin, einen zwischen der oberen Commissur der grossen 
Schamlippen entspringenden, vier Zoll lang vor der Scham herabhän- 
genden „Fleischlappen* als Hottentottenschürze. Die grossen Scham- 
lippen werden dabei zwar als klein und mager, aber doch bestimmt an- 
gegeben und abgebildet, ebenso der Haarwuchs auf dem Mons Veneris. 
Auch die kleinen Schamlippen werden als ungewöhnlich gross, um den 
After herumlaufend und eingekerbt beschrieben. 


Auch nach Sonnini (Sonnerat Voyages aux Indes orientales T. II. 
nouv. ed. par Sonnini Paris 1806 p. 321.) welcher den Angaben von 
Peron und Lesueur folgt, soll die Hottentotten-Schürze ein Anhang von 
8'/ cm. Länge sein, welcher dem Anschein nach von der oberen Com- 
missur der grossen Schamlippen herkommt. Es wird bestimmt gesagt, 
dass er nicht die Clitoris sei, denn diese existire darunter. 


219 


Dagegen wurde durch Cuvier (Memoires du Museum d’Hist. nat. I. III. 
p. 159), durch Joh. Müller (Archiv f. Physiologie 1834 p. 319.), durch 
Luschka (Monatsschrift für Geburtskunde 1868. Bd. XXXII. Hft. 5), neuer- 
dings auch durch Prof. Fritsch (Die Eingebornen Süd-Afrikas pag. 283) 
diese Hottentoten-Schürze als eine Hypertrophie der kleinen Schamlippen, 
auch wohl des Präputiums bei Hottentottinnen und Buschmänninnen er- 
wiesen, und gezeigt, dass Le Vaillants Angaben auf oberflächlicher Beob- 
achtung, die von Otto auf Verwechselung mit einer Hypertrophie der 
Clitoris beruhen. 

Dabei bemerkt indessen Cuvier, dass bei der von ihm untersuchten 
Venus Hottentotte die grossen Schamlippen wenig entwickelt waren, 
ein Oval von 4 Zoll umfassten und an der Scham keine anderen Haare 
als einige kurze wollige Flocken zu bemerken waren. ÜCloquet hat in 
seinem Atlas d’Anatomie de ’Homme Tab. 278 Fig. 4 und 5. die äusseren 
Genitalien dieser Venus Hottentotte, allerdings nur nach einer Nachbildung 
von Rousseau und verkleinert abbilden lassen, und diese Darstellungen 
finden sich in dem Atlass von Busch zu dessen: Thevret. u. prakt. Geburts- 
kunde Taf. X Fig. 66—68 reproducirt. In beiden Abbildungen sieht man 
die grossen Schamlippen und auch den Haarwuchs, wenn auch nicht stark 
entwickelt, doch deutlich dargestellt. Auf einer sehr schön ausgeführten 
Zeichnung, welche mein verstorbener Schwiegervater Tiedemann im Jahre 
1833 in Paris von dem in der Collection du Cabinet de ’Anatomie com- 
paree au Jardin du Roi befindlichen Präparate jener Venus Hottentotte 
anfertigen liess, sieht man die grossen Schamlippen zwar nicht stark, 
aber deutlich entwickelt. Der Mons Veneris ist wenig entwickelt, und 
Haare fehlen auf der Abbildung ganz, welche indessen nach einer Be- 
merkung des Herrn Dr. Brunner-Bay, dass er diese Haare zu seinen 
bekannten Untersuchungen über die Haarbildung bei verschiedenen Ra- 
cen benutzt habe, doch vorhanden sein müssen. Da die Abbildungen des 
Falles bei Cloquet nur in verkleinertem Massstabe, und wie gesagt, nur 
nach einem Modelle gegeben sind, so reproducire ich hier die von 
Tiedemann entnommene Abbildung, welche das ganze Verhalten sehr 
deutlich darstellt mit Ausnahme der Haare. (Tab. II. Fig. 9.) 

Auch Sommerville (Med. Chirurg. Transactions Vol. VII. P. I. p. 154. 
1816) sagt, dass die grossen Schamlippen bei den Hottentoten-Weibern, 


220 


kleiner seien als bei andern Weibern, so dass sie oft ganz zu fehlen 
scheinen; und die Grenze zwischen ihnen und den Nymphen schwer zu 
bestimmen sei; der Schamberg sei nur mit wenigem wollartisem Pflaum 
bedeckt, und schon bei Neugeborenen klaffe die Rima so, dass. die Nym- 
phen hervortreten, und dieses vermehre sich um die Zeit der Pubertät. 

Hr. Professor Fritsch beschreibt die Hottentotten-Schürze nach einem 
in Berlin befindlichen Präparate, welches er selbst mitgebracht hat, und 
sagt: die Labia majora zeigten sich in dem fraglichen Falle zwar nicht 
besonders stark entwickelt, doch waren sie deutlich und begränzten die 
Rima pudendi in normaler Weise gegen die Schenkel hin. Pag. 26 findet 
sich noch die besondere Angabe, dass die Ama-Xosa-Weiber die Pubes 
spärlich und schwach entwickelt, aber kraus wie das Haupthaar besitzen. 

Nach diesen über die Hottentotten-Schürze gemachten Angaben muss 
man annehmen, dass die Weiber gewisser Stämme der äthiopischen Race 
sich dadurch auszeichnen, dass bei ihnen die grossen Schamlippen nebst 
dem Mons Veneris und dem beiden angehörenden Haarwuchse, wenn auch 
nicht ganz fehlen, doch bemerkenswerth schwach entwickelt sind, während 
bei ihnen eine Hypertrophie der kleinen Schamlippen und des Prae- 
putiums der Clitoris sich findet. 

Ein anderes Thema bei dessen Besprechung von vielen Reisenden, 
Ethnologen, Aerzten etc. von der Beschaffenheit der äusseren weiblichen 
Genitalien die Rede ist, bildet die besonders bei vielen Stämmen der 
äthiopischen aber auch der caucasischen Race, bei Aegyptern, Arabiern, 
Nubiern, Abyssinieren, bei den Gallas, Mandingos, Congos, in Sudan, 
Sierra Leone etc, aber auch unter den Malayen und den Indianern in 
Peru vorkommende Sitte, der Beschneidung und der Excision der Clitoris, 
der Nymphen mit dem Präputium und der künstlichen Verschliessung 
‘der Scheide durch Circumcision und Infibulation. Eine ziemlich um- 
fassende Mittheilung giebt darüber Dr. Ploss in der Zeitschrift für 
Ethnologie 1871 p. 381. Von den grossen Schamlippen ist dabei mei- 
stens gar nicht, oder nur dann die Rede, wenn durch Excision der Cli- 
toris und Nymphen eine Verwachsung derselben in der Rima pudendi 
absichtlich oder zufällig erzielt wird. Ich entnehme daraus nur, dass 
bei allen diesen Völkerschaften, die grossen Schamlippen nicht fehlen, 
sondern in gewöhnlicher Weise entwickelt vorhanden sind. In Beziehung 


221 


auf die kleinen Schamlippen und die Clitoris geht aus diesen Mittheil- 
ungen hervor, dass zwar zuweilen eine ungewöhnliche Grösse und Ent- 
wicklung derselben, die aber auch öfter eine künstliche durch mecha- 
nische Manipulationen herbeigeführte ist, die Veranlassung zu deren Ex- 
stirpation und Circumeision zu geben scheint. In der Mehrzahl der 
Fälle ist diese Ursache aber offenbar nicht vorhanden, sondern Olitoris 
und Nymphen von gewöhnlicher Entwicklung. Ihre Aus- und Beschnei- 
dung: ist offenbar meistens eine Keuschheitsmassregel, durch welche Selbst- 
befleckung und Beischlaf vor und ausser der Ehe ohnmöglich gemacht 
werden soll. Von einem Bericht, welchen Dr. A. Bilharz in der Zeitschr. 
f. wissensch. Zoologie Bd. X pag. 291 über Beschneidung der Clitoris 
und der Nymphen giebt, will ich noch erwähnen, dass derselbe angiebt, 
dass die in den beiden von ihm beobachteten Fällen vorhandenen Carun- 
culae mystiformes am Scheiden-Eingang ganz evident die End-Köpfe der 
Palmae plicatae (soll wohl heissen Columnae rugarum) der Scheide, und 
keine Spur von Resten des Hymens zu sehen gewesen sein. Ich denke 

nicht, dass Dr. Bilharz selbst daraus etwa hat ableiten wollen, dass hier 
_ kein Hymen vorhanden gewesen sei; dagegen mache ich darauf aufmerk- 
sam, dass nach dieser Mittheilung die Columnae rugarum der Scheide. 
bei der betreffenden Neger- und Fellah-Frau vorhanden waren. Im 
Ganzen kann man aus allen dahin gehörigen Mittheilungen nur schliessen, 
dass die Beschaffenheit der äusseren Genitalien des Weibes der betref- 
fenden Racen, keine wesentlich von der der Europäerinnen abwei- 
chende ist. 

Von weiteren über die Beschaffenheit der äusseren weiblichen Geni- 
talien verschiedener Racen gemachten Mittheilungen, erwähne ich noch 
einer Aeusserung des Herrn Dr. von Scherzer in den Mittheilungen über 
die Körpergrösse verschiedener Völker der Erde in dem anthropologischen 
Theile der Beschreibung der Reise der Fregatte Novara um die Erde 
pag. 96, wo derselbe von javanischen Weibern sagt: „deren Hinterbacken 
seien flach, die Kreuzbeingegend convex vertieft, die Schamlippen wenig 
sichtbar, d.h. also wohl die Beckenneigung gross, die Vulva nach hinten 
gerichtet, und die grossen Schamlippen wenig entwickelt. 

Sodann findet sich auch in der Abhandlung des Dr. Weisbach: Ueber 
Körpermessungen verschiedener Racen (Zeitschrift für Ethnologie Bd. IX 


222 


Supplement 1877) eine Angabe, über zwei Sudannegerinnen, die der Ver- 
fasser in Constantinopel zu untersuchen Gelegenheit hatte. Es heisst da- 
selbst p. 176 von der älteren, welche schon geboren hatte: „Ihre rasirten 
Geschlechtstheile waren fast schwarz. Sie hatte ein volles Gefäss und 
kleine Schamtheile Die Symphysis bildete keinen solchen Vorsprung 
wie bei deutschen Weibern, indem der vordere Theil des Beckens gleich- 
förmig bogenförmig verlief. Die ebenfalls rasirten Geschlechtstheile der 
Jüngeren hatten eine mattschwarze Hautfarbe.... eine sehr kleine Vulva 
mit sehr niedrigen grossen Schamlippen und wenig entwickelten schiefer- 
grauen Nymphen, und die Symphyse von ähnlicher flachbogiger Gestalt, 
wie die Andere.“ 

Ernst Marno beschreibt in den Mittheilungen der anthropologischen 
Gesellschaft in Wien Bd. V, 1875 pag. 157 ein 13—15 jähriges Akka- 
Mädchen und pag. 366 ein älteres Akka-Weib, giebt auch von beiden 
eine Abbildung. Leider sind seine Angaben über die Geschlechtstheile 
dieses durch seine geringe Körpergrösse, grosse Entwicklung des Bauches 
und starke Einsattelung der Kreuzgegend ausgezeichneten "Negerstammes 
sehr kurz und dürftig. Von dem Mädchen heisst es nur: „die äusseren 
Geschlechtstheile zeigten nichts Besonderes“ und weiter: die übrigen ausser 
dem Kopfe bei nordischen Völkern behaarten Körpertheile (daher also 
auch ‘wohl die Schamtheile), kahl“. Von dem älteren Weibe wird p. 367 
nur gesagt: Aeussere Genitalien normal; wie die Achselhöhlen schwach 
behaart. Die gegebenen Abbildungen zeigen auch nur bei dem Weibe 
die Behaarung des Schambergs. Man kann indessen aus diesen Mitthei- 
lungen doch wohl mit Sicherheit schliessen, dass die grossen Schamlippen 
in gewöhnlicher Weise entwickelt waren. 

Dass Dr. Peschuel-Loesche in seiner Abhandlung: Indiscretes aus 
Loango, in der Zeitschrift für Ethnologie 1878. X. p. 17, in welcher er 
doch über die Geschlechtsverhältnisse dieses Negervolkes genauere Nach- 
richten giebt, als man sie sonst in Reisebeschreibungen zu finden pflegt, 
über die anatomische Beschaffenheit der weiblichen Genitalien Nichts 
mittheilt, bedaure ich zwar, glaube aber aus diesem Stillschweigen 
schliessen zu können, dass dieselben nichts Abweichendes von der For- 
mation der Geschlechtsorgane anderer Weiber darbieten. : Dass keine Art 
von Verunstaltungen Excision, Circumeision vorkommt, wird erwähnt. 


225 


Sehr erwünscht war es mir endlich in dem literarischen Nachlasse 
meines Schwiegervaters F. Tiedemann zwei sehr schöne und sorgfältig 
ausgeführte Zeichnungen der äusseren Genitalien zweier Negerinnen zu 
finden. Die eine derselben liess er 1835 auf einer Reise nach England 
nach einem in dem Hunterian Museum in London aufbewahrten Präpa- 
rate anfertigen. Die zweite erhielt er durch Prof. Sebastian, von einem 
in der anatomischen Sammlung in Gröningen befindlichen Präparate. 
Bemerkungen hat er weiter nicht dazu gemacht. 

Auf beiden Abbildungen sieht man die grossen Schamlippen ansehn- 
ich entwickelt und sie selbst wie den Mons Veneris stark mit krausen 
Haaren besetzt. An dem Londoner Präparate (dessen Abbildung ich auf 
Tab. II Fig. 10 wieder gebe) fällt es besonders auf, dass diese grossen 
Schamlippen unten und hinten in eine stark entwickelte nach hinten 
spitzig zulaufende Commissur übergehen, wie ich sie mir nicht jemals 
gesehen zu haben erinnere. Es scheint auch im Frenulum Labiorum 
vorhanden zu sein. Sie fehlt an dem Gröninger Präparat, wo diese Labia 
hinten zwar convergiren, aber dann in der Haut des Dammes verlaufen. 
Bei beiden ist die vordere oder obere Commissur deutlicher ausge- 
sprochen, als man sie gewöhnlich bei uns sieht, daher dieselbe z. B. 
Luschka in Abrede stellt. 

Auch die kleinen Schamlippen sind bei beiden Präparaten keines- 
wegs schwach entwickelt, wenn sie auch nicht bis ganz nach hinten und 
unten reichen und hier in keine Commissur übergehen. Aber ihre obere 
Commissur zur Bildung des Praeputium und der Frenula Glitoridis ist 
bei Beiden, besonders bei dem Gröninger, vollkommen, wenn auch nicht 
in ungewöhnlichem Maasse entwickelt. 

Ausserdem scheinen die Genitalien der Londoner Negerin von einer 
jüngeren noch weniger verbrauchten Person herzurühren, als die der 
Gröninger. Bei letzterer tritt die vordere Scheidewand mit der Columna 
rugarum im Hintergrunde des Scheiden-Eingangs sehr deutlich vor, wie 
dieses bei Personen, die oft geboren haben, gewöhnlich der Fall ist. 

Die Clitoris ist bei keinem der beiden Präparate irgendwie unge- 
wöhnlich gross. 


Abh.d. II Cl.d.k. Ak.d. Wiss. XIII. Bd. II. Abth. 30 


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Ich habe mich dann weiter an einige lebende Autoritäten gewendet, 
um von denselben Etwas über die Gestaltungs-Verhältnisse der äusseren 
Genitalien bei nicht europäischen Racen zu erfahren. 

Zunächst richtete ich meine Fragen an meinen Schwager, Dr. Hein- 
rich Tiedemann, der als practischer Arzt in Philadelphia lebt, indem ich 
hoffte, von demselben Etwas über die Genitalien von Negerinnen zu er- 
fahren. Derselbe wendete sich an Herrn Dr. Leydi, Professor der Ana- 
tomie in Philadelphia und Mitglied unserer Akademie. Allein ausser 
der bestimmten Aussage, dass die Negerinnen entschieden entwickelte 
grosse Schamlippen besitzen, ward es bis jetzt nicht möglich, genauere 
Auskunft, eine Photographie oder ein Präparat zu erhalten. Zwar hatte 
Prof. Leydi die Güte, meinem Schwager die Pudenda von drei Neger- 
innen von der anatomischen Anstalt zukommen zu lassen, und derselbe 
sendete solche auch an mich, aber leider mit dem Dampfschiff Pomme- 
rania, welches bekanntlich unterging, und damit auch die sehnlichst er- 
warteten Präparate. 

Sodann wandte ich mich an Herrn Dr. Prunner Bey in Pavia, welcher 
mir mit grösster Bereitwilligkeit alle ihm mögliche Auskunft auf meine 
Fragen ertheilte. Allein da er bei seinem Aufenthalte in Aegypten keine 
Gelegenheit zur Zergliederung einer Frauenleiche und zur Untersuchung 
von Kindern oder Jungfrauen hatte, so mussten sich seine Mittheilungen 
auf nachfolgende Angaben beschränken. Bei Weibern dunkler Racen 
schien ihm der Schamberg durchaus weniger gepolstert, als bei gut ge- 
bildeten Europäerinnen. Die Schamlippen sind bei der Negerin entschieden 
weniger aufgerichtet; sie klappen nach innen und nähern sich dem kind- 
lichen Zustande bei uns. Die Nymphen sind nicht besonders entwickelt, 
sondern mehr verkümmert, was indessen auch von deren oft vorkom- 
menden Beschneidung herrühren konnte. Auch bei Aegyptierinnen haben 
die grossen Schamlippen nur bei besonders gut gestalteten Personen die 
volle Schwellung und Aufrichtung wie gewöhnlich bei Europäerinnen. 
Eine grosse Clitoris kam Herrn Dr. Prunner Bey nicht zu Gesicht. Die 
Vagina ist bei der Negerin sicher wenig gerunzelt und oft fast glatt. 

Ferner hatte auch Herr Dr. Wernich in Berlin die grosse Freund- 
lichkeit, mir auf meine Fragen als Frucht seines Aufenthaltes und seiner 
gynäkologischen Praxis in Japan nachfolgende Notizen mitzutheilen, 


225 


welche gewiss als sehr erwünschte Ergänzungen seiner sehr ausführlichen 
Beschreibung der japanischen Frau, ihres Baues und ihrer Eigenthüm- 
lichkeiten in seinen geographisch-medicinischen Studien auf einer Reise 
um die Erde Berlin 1878 zu erachten sind. 

„l. Die Labia majora der Japanerinnen sind bei weitem nicht so 
gross und voll, wie die gleich gebauter Europäerinnen; sie fallen durch 
ihren Fettarmuth auf und sind auch bei jungen Personen durchgehends 
sehr schlaf. Auch der Mons Veneris zeigt ein weit dürftigeres Fett- 
polster. Die hintere Commissur und das Frenulum labiorum treten weit 
weniger hervor als bei uns. Der Haarwuchs am Mons Veneris ist gegen- 
über der Stärke des Haupthaares und der Dicke des einzelnen Haar- 
schaftes dürftig. Ausserordentlich bildet er ein scharf markirtes mit der 
Spitze nach unten gerichtetes Dreieck, der schmalovale, die Vulva ober- 
halb imitirende Contour herrscht vor. Der Schluss des Vestibulum Va- 
ginae ist ein mangelhafter, auch bei Personen, die als jungfräuliche be- 
zeichnet wurden, sah ich bei gespreizten Beinen die Rima klaffen. 

2. Die Nymphen sind klein, schlaff, zu Faltungen geneigt, selten 
von frisch rosenrother Farbe. Die hintere Commissur ist sehr dürftig 
entwickelt. Das Praeputium clitoridis ist mässig ausgebildet; besonderer 
Gestaltungen und Asymmetrien dieser Theile finde ich in meinen Notizen 
nicht Erwähnung gethan. 

3. Die Clitoris bot aussergewöhnliche Grössenverhältnisse bei Anfang 
gynäkologischer Explorationen nicht dar, auch ragte sie nieht ohne 
weiteres stärker hervor als bei Europäerinnen. Doch fand bei mindestens 
einem Drittheil der untersuchten Fälle eine deutliche Congestionirung 
der äusseren Theile statt, welches dann auch regelmässig von einer Vo- 
lumszunahme und nicht selten von Erection der Portio vaginalis be- 
gleitet war. Sehr bedeutende Grösse der Clitoris ist mir unter den 87 gynä- 
kologischen Fällen nicht vorgekommen. 

4. Ein unzerstörtes Hymen sah ich bei einer Japanerin nie. Eine 
mögliche Erschwerung der Immissio durch dasselbe wurde von den ja- 
panischen Assistenzärzten als eine sehr unwahrscheinliche Sache ange- 
sehen. Die Reste des beseitigten Hymens — als Carunculae myrtiformes. 
— waren nur bei wenigen Frauen in dürftigen Spuren, bei den meisten 


überhaupt nicht auffindbar. 
30* 


226 


Auch von den Columnae rugarum habe ich stets nur sehr unbe- 
deutende Eindrücke erhalten. Die meisten Scheiden waren, besonders 
auch bezüglich der vorderen Wand, sehr glatt und dabei sehr kurz. 
Die Einführung auch weitmündiger Specula ohne Obturator stiess nicht 
im Mindesten auf Schwierigkeiten.“ | 

Endlich hat auch Herr Prof. Fritsch auf meine Bitte die Güte ge- 
habt, durch nachfolgende Notizen über die äusseren Genitalien der von 
ihm besuchten Völkerschaften Süd-Afrikas, die in seinem interessanten 
Werke: Die Eingebornen Süd-Afrikas, Breslau 1872 mitgetheilten That- 
sachen zu vervollständigen. 

Es sind auch in Beziehung auf die Genital-Verhältnisse, die beiden 
Gruppen der Eingeborenen Süd-Afrikas, der A-bantu oder Kaffern im 
Süden, und der Koi-Koin oder Hottentotten mit den Buschmännern zu 
unterscheiden. 

In Beziehung auf die grossen Schamlippen und den Mons Pubis, 
sind dieselben bei den A-bantu gewöhnlich gut entwickelt, prall und voll, 
denjenigen der Europäerinnen durchschnittlich vielleicht sogar überlegen. 
Die Behaarung besteht aus spärlichen aufgekräuselten Löckchen von ge- 
ringer Grösse (0,5 cm. als Maximum) und an Beschaffenheit des Haares 
dem Haupthaare ähnlich. Entsprechend der guten Entwicklung der 
Labien ist der Verschluss der Rima pudendi bei jüngeren Personen voll- 
ständig, und scheint auch länger erhalten zu bleiben als bei Europäer- 
innen. — Bei den Koi-Koin ist bei starker Beckenneigung der vortre- 
tende Unterleib scharf gegen den Mons pubis abgesetzt, unter welchem 
die Rima pudendi stark nach hinten sinkt. Die Entwicklung und Fülle 
der Labia majora ist sehr wechselnd, durchschnittlich aber schwächer 
als bei den A-bantu und Europäerinnen. Dieselben sind häufig sehr 
kurz, nicht selten schlaff im Zusammenhange mit dem wechselnden all- 
gemeinen Ernährungszustande des Körpers. Letzteres gilt besonders von 
den Labia majora der Buschmänninnen. Der Verschluss der Rima pu- 
dendi ist in der Regel auch bei jüngeren Personen nicht erreicht. Die 
Behaarung verhält sich wie bei den A-bantu. 

Eine auffallende Vergrösserung der kleinen Schamlippen gehört nicht 
unter die Stammes-Merkmale der A-bantu und kommt nur gelegentlich 
vor. Die durchschnittliche Grösse dürfte die der Europäerinnen nicht 


227 


übertreffen, sie ist vielleicht sogar geringer. Die Pigmentirung ist ein 
schmutziges Grau. Starke individuelle Schwankungen der Grösse sind 
wohl vorhanden, doch fallen sie bei der mässigen Entwicklung im Ganzen 
nicht auf. — Bei den Koi-Koin ist dagegen eine Verlängerung der Labia 
minora als Stammes-Eigenthümlichkeit häufig beträchtlich, und scheint 
durch mechanische Dehnung befördert zu werden. Die Färbung ist sehr 
dunkel; die Epiderims fest, verhornt, einer Schleimhaut unähnlich. Diese 
Eigenthümlichkeiten sind bei den Buschmänninnen besonders auffallend. 

Eine Vergrösserung der Clitoris in irgend auffallendem Grade wurde 
bei den A-bantu nicht beobachtet, ist jedenfalls nicht häufig, und ge- 
wöhnlich übertrifft die Grösse die bei den Europäerinnen nicht. Dagegen 
ist die Clitoris bei den Koi-Koin häufig etwas vergrössert, wozu ebenfalls 
mechanische Manipulationen beitragen mögen. Andeutungen einer Fur- 
chung der Clitoris kommen bei beiden Stämmen nicht vor. 

Schleimhautfalten kommen im Scheidenvorhofe bei beiden Stämmen 
nicht vor. Bei Neugeborenen wurde ein halbmondförmiges Hymen be- 
obachtet. 

Die Scheide scheint sowohl bei A-bantu als Koi-Koin durchnittlich 
kürzer und weiter zu sein, als bei Europäerinnen. Zu einer Ocular-In- 
spection fand sich keine Gelegenheit; aber an dem mitgebrachten Präpa- 
rate der Buschmännin sind die Columnae rugarum noch deutlich zu erkennen. 


Ich habe mir sodann Präparate der Genitalien der Weiber und weib- 
lichen Embryonen von verschiedenen Racen zu verschaffen gesucht. Beide 
Quellen konnten freilich der Natur der Sache nach nicht sehr ergiebig 
sein; ich habe aber doch einige interessante Resultate erhalten. 

Herr Prof. Welcker in Halle hat die Güte gehabt, mir die Genitalien 
zweier Weiber aus Surinam zur Untersuchung zu überschicken, welche 
unzweifelhaft der dortigen Indianer-Race angehört hatten. Beide sind 
von erwachsenen Personen, einer wie es scheint älteren, und einer jün- 
geren. Ich schliesse auf die ältere, weil bei derselben die inneren Geschlechts- 
organe: Eierstöcke, Eileiter, Uterus untereinder und mit dem Mastdarm 
durch alte Adhäsionen so vielfach verwachsen sind, dass diese einzelnen 
Gebilde kaum mehr erkannt und unterschieden werden können, dieselbe 
auch nach der Beschaffenheit des Muttermundes und der äusseren Geni- 


228 


talien sehr wahrscheinlich geboren hat. Bei der zweiten, (von deren 
Genitalien ich Tab. III, Fig. 11 eine Abbildung gebe) ist dieses nicht der 
Fall, diese Organe sind alle vollkommen deutlich und getrennt, und in 
einer gewissen Gracilität oder Magerkeit entwickelt. Was ich aber von 
beiden hier besonders hervorhebe, ist Folgendes: 

Beide besitzen sehr vollständig und vollkommen entwickelte Labia 
majora, die nach oben in einen Mons Veneris übergehen, der so wie die 
Labia selbst reichlich mit Haaren besetzt ıst, wenn auch die von I 
grösstentheils mit der Scheere abgeschnitten zu sein scheinen. An der 
unteren oder hinteren Commissur ist bei keiner von Beiden ein Frenulum 
labiorum mit Fossa navicularıs deutlich ausgebildet; doch scheint das- 
selbe bei der jüngeren durch öftere starke Ausdehnung, um in das Vesti- 
bulum und die Scheide sehen zu können, eingerissen zu sein. 

Im jetzigen Zustande liegen die Labia majora mit ihren inneren 
Flächen nicht so dicht beieinander, dass die Rima pudendi geschlossen 
wäre, vielmehr treten die Labia minora und der Scheidenvorhof frei zu 
Tage. Die Labia minora sind bei beiden schwach entwickelt, und beson- 
ders bei II fast nur auf das Präputium und die Frenula clitoridis redu- 
cirt. Bei I. ist das linke Labium etwas grösser als das rechte; bei beiden 
erreichen die unteren auslaufenden Enden dieser Nymphen nicht die Mitte 
der Vulva. Die Clitoris ıst bei beiden schwach entwickelt, und die Glans 
von dem Präputium vollkommen gedeckt. Der Scheideneingang ist bei 
beiden, theils allerdings in Folge der Einwirkung des Alkohols, eng; bei 
I. finden sich einige Carunculae myrtiformes, bei I. noch ein erhaltener, 
wenn gleich durch die mechanische Untersuchung etwas eingerissener, auch 
nicht sehr ansehnlich entwickelter Hymen. Die Scheide ist bei beiden 
weder auffallend weit, noch lang, sie ist in ihrem oberen Theile weiter 
als im unteren und misst bei Berührung ihrer vorderen und hinteren Wand 
gegen 2,6 cm. im @Querdurchmesser, wodurch die Angabe Vespuccis 
(Lettere a Lorenzo di Medici. Edit. Badini p. 110) dass die Ureinwoh- 
nerinnen Amerikas sehr enge Geschlechtstheile haben sollen, kaum unter- 
stützt wird. In ihrem Inneren ist dagegen die Scheide auffallend glatt, die 
Columnae rugarum, selbst die vorderen, nur schwach und nur in ihrem 
unteren Theile entwickelt. Auch ist diese bei Nro. II. nicht, wie so häufig 
bei europäischen Weibern, in zwei Wülste gespalten. Da II. jedenfalls 


229 


einer Jungfrau, die nicht geboren hatte, angehörte, ist diese Faltenarmuth 
der Scheide auffallend. I. besitzt gar keine Portio vaginalis uteri, son- 


dern man bemerkt am Scheidengrund nur eine schwache Wölbunzs auf 
der sich der quere, ziemlich grosse Muttermund befindet, von welchem 
ich, obgleich er keine Narben und Einrisse zeigt, doch glauben möchte, 
dass er geboren hat. Nr. II besitzt eine Portio vaginalis uteri mit einem 
kleinen grübchenförmigen Muttermund, ‚wie man sie auch bei uns bei jün- 
geren, jungfräulichen Personen, und solchen die nie geboren haben, findet. 

Von den übrigen inneren Genitalien will ich nur noch bemerken, 
dass selbst bei Nr. II die Eierstöcke auffallend klein und mager sind; 
der linke grössere ist nur 9,5 mm. lang, 5,0 mm. hoch und 2,3 mm. dick. 
Die Eileiter sind dagegen ziemlich lang; der rechte misst auspräparirt 
14,7 cm. Der Fundus uteri misst zwischen den Mündungen der beiden 
Eileiter 20 mm.; die Dicke des Uterus beträgt nur 6 mm. 

Durch die Güte des Herrn Dr. Med. W. Nicati in Marseille erhielt 
ich ferner die Genitalien eines in Marseille am Typhus verstorbenen 
achtzehnjährigen Mädchens, der Tochter eines Franzosen aus den Pyrenäen 
(Basken) und einer eingeborenen Neu-Caledonierin, also einer Papua- oder 
Nigrito- Bastardin. Die Hautfarbe des Präparates ist grau-schwarz; das- 
selbe trägt alle Charaktere einer ganz intacten jungfräulichen Beschaffen- 
heit an sich. Die grossen Schamlippen sind nicht gross aber kräftig ent- 
wickelt, auffallend gewölbt, und bis aufihre innere Oberfläche mit krausen 
schwarzen, nicht wolligen Haaren besetzt. Sie sind 65 cm. lang und 1,7 cm. 
hoch, gehen nach oben in den Schamberg über, nach unten in den Damm, 
und bilden, wenn von einander entfernt, mit den kleinen Schamlippen eine 
Commissur, ein Frenulum labiorum mit Fossa navicularis. Die 5,0 cm. 
lange Rima pudendi ist geschlossen, und lässt keine Theile des Scheiden- 
vorhofes sichtbar werden. Der Damm von dem Frenulum bis zum vor- 
deren Afterrande misst nur 2,0 cm. Wenn man die grossen Labium von 
‘einander entfernt (Tab. III, Fig. 12), sieht man in dem ziemlich tiefen 
Scheidenvorhofe oben, die durchaus nicht stark entwickelte Clitoris, um- 
geben von ihrem Präputium und mit. ihren Frenula, welche den 
gut entwickelten kleinen Schamlippen angehören. Dieselben sind 
2,0 cm., von der Spitze der Clitoris an gemessen, lang und verlieren 
sich an der inneren Seite der grossen Schamlippen unterhalb deren 


230 


Mitte; bilden mit denselben die hintere Commissur, und haben 
Antheil an dem Frenulum labiorum. Die rechte Nymphe ist 0,6 cm. 
hoch, die linke etwas niedriger. An dem Scheiden-Eingang befindet sich 
ein deutlicher, halbmondförmiger Hymen, wenn gleich derselbe, wahr- 
scheinlich durch etwas unvorsichtige Inspection, an seinem Rande einge- 
rissen ist. Die Scheide ist vom Scheiden-Eingang bis zum Scheidengewölbe 
an der hinteren Wand 6,0 cm. lahg und unten 3,3 cm. breit. Sie bietet 
an ihrer inneren Oberfläche zwei stark entwickelte Columnae rugarum dar. 
An den Seiten des Scheidenvorhofes war ein M. bulbocavernosus und 
Bulbus vestibuli deutlich zu erkennen, wenn gleich schwach entwickelt. 
Eine Duverney’sche Drüse konnte ich nicht mit Bestimmtheit auffinden; 
jedenfalls muss sie sehr klein sein, und in dem vielen Fett der ganzen 
Dammgegend verborgen. Die Portio vaginalis uteri hat die Beschaffen- 
heit einer jungen Person, die noch nie geboren hat, mit kleinem querem 
Muttermund. Die Uterus ist klein zu nennen: 5,0 cm. lang; 2,2 cm. im 
Fundus breit, 1,5 cm. dick. Die rechte Eileiter ist 9,0 cm., der linke 
8,5°cm. lang; das rechte Lig. ovarii 2.5, das linke 1,5 cm. lang. Das 
Infundibulum mit den Fimbrien ist schwach entwickelt, die rechte Fimbria 
ovarii 3,5; die linke 4,7 cm. lang. Das rechte Ovarium ist 3,0 cm. lang; 
1,3 hoch; 1,2 dick; das linke 2,0 lang; 2,0 hoch und 0,8 dick. 


Es war mir ferner möglıch vier weibliche Fötus von verschiedenen 
aussereuropäischen Racen zu untersuchen, worauf ich, bei deren intacter 
Beschaffenheit, einen grossen Werth lege. Zwei, einen Neger und einen 
Japanesen Fötus erhielt ich durch, die Güte des Herrn Professor Welcker 
in Halle; eınen zweiten Neger-Fötus durch die Freundlichkeit des Herrn 
Prof. v. Lavalette St. George in Bonn. Ein Mulatten-, ein Chinesen- und 
ein Hottentotten-Fötus befinden sich in der hiesigen anatomischen Anstalt. 


Der Negerfötus aus Halle misst vom Scheitel bis zum Steiss 23, 
und bis zur Ferse bei gestrecktem Kinn 35 cm. und ist also wohl aus 
dem 7. Schwangerschafts-Monat. Die grossen Schamlippen (Tab. I. Fig. 3) 
sind an demselben auffallend stark und wulstig entwickelt, gehen oben 
in ein deutliches, doch nicht auffallend hervortretendes Promontorium über, 
und verlieren sich nach hinten und unten in den Damm. Die Nymphen 


231 


sind sehr stark entwickelt, und ragen, selbst bei geschlossener Rima, stark 
vor den grossen Schamlippen hervor. Sie bilden oben ein stark ent- 
wickeltes Praeputium clitoridis, laufen an der ganzen inneren Fläche der 
grossen Schamlippe herab und verbinden sich unten und hinten durch 
eine Commissur zur Darstellung eines Frenulum labiorum. In der Mitte ihres 
Verlaufes bilden sie auch noch eine auf beiden Seiten symmetrische, nach 
auswärts gerichtete Falte.e Die Glans clitoridis ist vollständig von dem 
Praeputium bedeckt, keineswegs stark entwickelt, und ihre Frenula erst 
wenig ausgebildet. Am Scheiden-Eingang findet sich ein gut ausgebildeter 
halbmondförmiger Hymen. 


Der Bonner Negerfötus misst vom Scheitel bis zum Steiss 22, bis 
zur Ferse 33 cm. und schätze ich denselben etwa 6 Monate alt. Die 
Bildung der äusseren Genitalien stimmt sehr mit der des oben beschrie- 
benen Hallenser Fötus überein. Auch hier sind die äusseren Genitalien 
sehr entwickelt; die grossen Schamlippen treten stark wulstig hervor, 
gehen aber weder oben noch unten in eine ausgesprochene Commissur 
ineinander über. Oben verlieren sie sich in den nicht sehr stark ent- 
wickelten Schamberg, unten convergirend in die Haut des Dammes. Die 
kleinen Schamlippen sind ebenfalls stark entwickelt und ragen beträcht- 
lich zwischen den grossen hervor. In ihrem oberen Theile bilden sie ein 
dickes Praeputium und die Frenula clitoridis; sodann verlaufen sie längs 
der ganzen inneren Fläche der grossen Schamlippen nach abwärts, gehen 
unten ganz in dieselbe über, vereinigen sich aber auch von beiden Seiten 
und bilden ein Frenulum labiorum. Die Clitoris ist nicht gross, und 
kommt mit ihrer Glans nicht unter dem Präputium zum Vorschein. Der 
Scheidenvorhof ist sehr wenig tief, besonders dadurch dass der sehr grosse 
halbmondförmige Hymen stark nach aussen gewölbt hervortritt, und mit 
seinem unteren Rande dicht hinter dem Frenulum labiorum abgeht. 

In einem Briefe G. Vroliks an meinen Schwiegervater Tiedemann 
aus dem Jahre 1836, in welchem er nach einem in seiner Sammlung 
befindlichen Präparate der Genitalien einer Buschmännin und eines Neu- 
Geborenen angiebt, dass die s. g. Hottentotten-Schürze aus einer Vergrös- 
serung und Verlängerung ausschliesslich der Vorhaut der Clitoris und 


nicht der Nymphen bestehe, sagt er: Et ce, que me paroit plus curieux 
Abh.d. II Cl.d.k. Ak.d. Wiss. XIII. Bd. II. Abth. 31 


232 


encore, dans l’enfant nouveau-ne se trouve deja la premiere ebouche de 
ce prolongement comme presdispositon inn6e. 

Der Mulattenfötus gehört einem 1864 hier in München gebornen 
Zwillingspaar an. Er misst vom Scheitel bis zum Steiss 25 bis zur Ferse 
38 cm. und ich schätze ihn aus dem Ende des 8. Monates, indem der 
männliche Fötus ansehnlich viel stärker und grösser und vom Scheitel 
bis zur Ferse 44 cm. lang ist. Die Vulva ist auffallend stark und gross 
und zwar zunächst schon die Labia majora, welche sehr breit und wul- 
stig sind und mit ihren oberen Enden in einen deutlich entwickelten Mons 
Veneris übergehen. (Tab. I. Fig. 2) Nach unten verlaufen sie sich mit 
ihren äusseren Rändern in die Haut des Dammes; die inneren Ränder 
gehen in Verbindung mit den unteren Enden der Nymphen in eine untere, 
hintere Commissur über, welche ein Frenulum labiorum bildet. Die Nym- 
phen sind nämlich sehr stark entwickelt, besonders in ihrem oberen Theile, 
welcher ein sehr wulstiges Praeputium clitoridis bildet; aber auch die 
Frenula sind stark ausgebildet. Beide Nymphen laufen dann an der 
ganzen inneren Seite der grossen Schamlippen, sogar mit Entwicklung 
einer nach aussen gerichteten Falte, herab, und vereinigen sich, wie gesagt, 
in einer unteren hinteren Commissur. Die Clitoris scheint nicht beson- 
ders gross zu sein, und ihre Glans wird ganz von dem Praeputium und 
den Frenula bedeckt. Es findet sich am Scheiden-Eingang ein deut- 
lich entwickelter Hymen. 

Der Chinesen-Fötus misst vom Scheitel bis zum Steiss 15, bis 
zur Ferse 25,5 em. und ich schätze ihn 5 Monate alt. Er besitzt deut- 
liche grosse Schamlippen die indessen weder oben noch unten durch eine 
Commissur in einander übergehen. (Tab. I. Fig. 4.) Das spitze obere 
Ende des rechten Labiums geht nicht so weit nach oben hinauf als das 
des linken, welches letztere allein in einen den Mons Veneris vertretenden 
Wulst übergeht, welcher die Fortsetzung der von ihrem Praeputium um- 
hüllten Clitoris ist. Nach unten verlaufen die grossen Schamlippen in 
die Haut des Dammes. Die kleinen Schamlippen bestehen eigentlich nur 
aus den Schenkeln des grossen Praeputiums, an denen noch keine Theilung 
in Frenula und Praeputium ausgebildet ist. Die hinteren Enden dieser 
schwach entwickelten Nymphen gehen nur bis etwa zur Mitte der Rima 
pudendi herab, bilden aber doch hinten ein Frenulum labiorum. Am 


233 


Scheiden-Eingang ist der Hymen erst sehr wenig entwickelt. Der Damm 
erschien mir auffallend breit, beinahe 5 mm. 

Der Javaner Fötus ist jetzt vom Scheitel bis zum Steiss 20 und 
bis zur Ferse 30 cm. lang. Allein er ist stark mitgenommen und viel- 
fach an ihm präparirt, der Hals besonders lang gedehnt, so dass er 
wirklich wohl kleiner und daher jünger war, als er nach der Länge 
scheinen könnte. Jedenfalls ist er jünger als der Neger-Fötus. Um die 
Vulva herum ist die Haut wegpräparirt, allein die grossen Schamlippen 
sind doch ganz vollkommen erhalten, wenngleich nicht sehr waulstig. 
(Tab. II. Fig. 13.) Sie gehen oben ineinander über, nähern sich auch 
unten einander, aber vorzugsweise sind es die kleinen Schamlippen, welche 
unten das Frenulum labiorum bilden. In ihrem oberen Theile sind die 
letzteren als Praeputium und Frenula Clitoridis stark entwickelt. Ein 
Hymen ist erst in schwachen Anfängen seiner Entwicklung zu erkennen. 


Ausserdem besitze ich noch einen kleinen Hottentotten-Fötus, 
welchen ich von Herrn v. Scherzer zum Geschenk erhielt. Er ist etwas 
gekrümmt, 3 cm. lang, also noch sehr jung etwa aus der 8. bis 9. Woche. 
Da sind dann freilich die Genitalien in ihrer Bildung noch so weit zu- 
rück, dass sie Nichts Specifisches darbieten. Die Scheidung der Urogeni- 
tal- und After-Oeffnung ist noch nicht erfolgt, aber im Beginn. Das 
Geschlechtsglied ist ansehnlich lang und an seiner unteren Fläche ge- 
furcht; zwei Wülste umgeben seitlich die Kloaköffnung. Es ist hienach 
freilich fraglich, ob er ein männlicher oder ein weiblicher Fötus ist. 


Aus diesen Mittheilungen und Untersuchungen, die freilich noch als 
dürftig bezeichnet werden müssen, geht, wie mir scheint, dennoch mit 
genügender Sicherheit hervor: dass die Weiber aller Menschenracen 
grosse und kleine Schamlippen besitzen. Beide varlıren allerdings in 
der Stärke und Vollheit ihrer Entwicklung. Die grossen Schamlippen 
sind bei einigen afrikanischen Völkerstämmen, aber durchaus nicht bei 
allen Negerinnen, dann auch bei Japaneserinnen schwächer als bei Euro- 
päerinnen entwickelt, fehlen aber wohl nie ganz. Ebenso sind umgekehrt 
die kleinen Schamlippen bei mehreren afrikanischen Stämmen sehr gross, 
so dass sie eine die Scham mehr oder weniger deckende Schürze bilden, 

31* 


234 


oder zur Beschneidung Veranlassung geben, während sie im Allgemeinen 
ihren Namen durch geringere Entwicklung rechtfertigen, in ihrer Be- 
ziehung zur Clitoris als Praeputium und Frenula derselben aber nie 
fehlen. Die Clitoris ist nur ausnahmsweise so gross, dass sie mit ihrer 
Glans frei vorsteht; sie ist niemals gefurcht. Ein Hymen findet sich 
allgemein, und zwar als weitgiltige Regel, ein halbmondförmiges. Die 
Scheide hat, wenn gleich in verschiedenem Grade der Ausbildung, immer 
Quer-Runzeln (Columnae rugarum), nie Längsfalten. 


Wenn ich mich nun zu den Affen wende, so habe ich es auch hier 
zuerst im Allgemeinen zu beklagen, dass die Angaben der Zoologen und 
Zootomen über die äusseren weiblichen Geschlechts-Organe derselben, nament- 
lich in Beziehung auf die Schamlippen, sehr unbestimmt und unkritisch sind. 


So finden sich selbst bei Buffon, Allgem. Historie der Natur. 
Leipzig 1770 Bd. VII. 2 u.Bd.VIll., dessen Mitarbeiter Daubenton doch sonst so 
gute und genaue Beschreibungen gibt, in Beziehung auf die Scham- 
lippen nur bei wenigen Affen unbestimmte Angaben über das Verhalten 
derselben; z. B. heisst es vom Gibbon pag. 57: die Lefzen der Scham 
waren nicht dick; p. 34 vom Orang: die Geburtsglieder des Weibleins 
sind äusserlich der: Weibspersonen ihren sehr ähnlich; pag. 97 vom 
Mandrill: Die Ränder der Scham waren sehr klein. Bd. VIII p. 25 vom 
Coaita (Ateles): Die Lefzen des Wurfes waren an dem Eingange der Scheide 
viel dicker als längs der Rinne der weiblichen Ruthe, welche einen Theil 
des Wurfes ausmachte; pag. 72 vom Uistiti(Hapale Jachus): Die Lefzen 
des Wurfes waren stark und ragten hervor; pag. 83 von der Pinche, 
(Hapale Oedipus): Die Vulva war gross und hatte starke Lefzen. Cuvier 
und Duvernoy (Lecons d’Anat. comp. Second edit. Vol. VIII p. 251) be- 
gnügen sich mit der Bemerkung: dass bei den Säugethieren die grossen 
Schamlippen oft zu fehlen scheinen; die Vulva besitze nur einen feinen 
Hautrand; auch der Mons Veneris fehle, da die Begattungsart eine andere 
wie bei dem Menschen sei, wenn man nicht die enormen Hautwülste der 
Cynocephalen, welche die Scheidemündung umgeben, dahin rechnen wolle. 
Selbst von den kleinen Schamlippen scheint Cuvier der Meinung gewesen 
zu sein, dass diese meistens bei den Affen fehlten. Denn in der oben 


235 


erwähnten Abhandlung über die Venus Hottentotte sagt er p. 268: Le 
voile des Boschimannes n’est pas un de ces particuliarites d’organisation, 
qui pourroient etablir un raport entre les femmes et les singes; car 
ceux-ci, loins d’avoir des nymphes prolongees, les on en general 
ä peine apparentes. Und p. 255 der Lecons heisst es sogar, dass 
die kleinen Schamlippen bei den Säugethieren überhaupt fehlen, wozu 
Duvernoy hinzufügt, dass dieses zu viel gesagt sei, da sie sich bei den 
meisten Nagern fänden, und bei dem Kaninchen sehr entwickelt seien. — 
Auch R. Wagner sagt in seinem Lehrbuch der vergleichenden Anatomie 
1835 p. 357: Die Nymphen oder inneren Schamlippen fehlen (bei den 
Säugethieren), und auch die äusseren sind wenig entwickelt oder nur ein 
paar haarlose Wülste, welche eine meist rundliche Schamspalte begränzen ; 
der Schamberg fehlt. -— F. S. Leuckart macht in seinen: Zoologischen 
Bruchstücken U. 1841. p. 37. Mittheilungen über die Bildung der Ge- 
schlechtsorgane, insbesondere der äusseren, einiger Affen. Pag. 41 heisst 
es von Kapuziner-Affen (Callithrix) s. Cebus capucinus: Der der Glans 
penis entsprechende Theil der Clitoris sei von einer kleinen Hautfalte, 
einer Andeutung der Vorhaut ohne Zweifel umgeben, welche sich an den 
Seiten der äusseren Geschlechtstheile in die wulstigen grossen äusseren 
Schamlippen verliere, was offenbar falsch ist, da sich das Praeputium in 
die kleinen Schamlippen fortsetzt. Derselbe Irrthum findet sich p. 43 
in Beziehung auf Cercopithecus Sabaeus wo es heisst: Es war dieser Theil 
(die Glans clitoridis) oberhalb und an den Seiten von einem starken Wulst, 
offenbar dem Praeputium, umgeben, und an demselben lagen jeder Seits 
die äusseren Schamlippen, die besonders in dieser Gegend deutlich waren, 
breit, nach vorne abgerundet, nach hinten schmäler werdend, faltig 
und sich in der Gegend der engen Scheidenöffnung, die etwas über !ya‘' 
hinter dem Kitzler lag, allmälig in die allgemeinen Bedeckungen verlierend 
An jenen beschriebenen Theilen fanden sich keine Haare (!) Die bei- 
gegebenen Abbildungen zeigen, dass es sich nur um die kleinen Scham- 
lippen handelt. — Stannius äussert sich in seinem und v. Siebolds Lehr- 
buch für vergl. Anatomie II. p. 463. „Die Scham wird von kaum er- 
hobenen Rändern oder von einfachen Wülsten, welche den grossen Scham- 
lippen des Menschen entsprechen, begränzt. Von den kleinen Schamlippen 
wird gar nicht gesprochen. — Milne Edwards der in seinen Lecons sur 


236 


la physiologie meist eine sehr vollständige Uebersicht der anatomischen 
Verhältnisse der besprochenen Organe gibt, begnügt sich T.IX p. 61 an- 
zugeben: L’entree des vois genito-urinaires affecte ordinairement la forme 
d’une fente longitudinale dont les deux bords, appeles grandes levres de 
la vulve, sont garnis de poils entierement et tapisses en dedans par une 
membrane muqueuse tres vasculaire. Und ebenso heisst es pag.63. „Elle 
(la glans du Clitoris) se continue en arriere avec de replis membraneux, 
situes sur les cötes de la vulve, auquelle on a donne les noms de petites 
levres ou de nymphes, d. h. also Milne Edwards nimmt an, dass es sich 
bei den Säu.ethieren und Affen überall so verhält, wie bei dem Menschen. 
— Auch in den Vorlesungen von Prof. Huxley über Classification und 
Structur der Säugethiere, mitgetheilt in der Medical Times 1864. I. finden 
sich kaum einige Notizen über das Verhalten der Genitalien; und in dessen 
Handbuch der Anatomie der Wirbelthiere, übersetzt von Ratzel 1873, 
wird bei den Säugethieren und speciell den Affen nur etwa des Verhal- 
tens des Penis und der Clitoris Erwähnung gethan. Pag. 97 wird noch an 
der Hand der Entwicklungs-Geschichte erwähnt, dass die grossen Scham- 
lippen dem Hodensack, die kleinen oder Nymphen der Vorhaut des 
männlichen Begattungsorganes entsprechen ; aber wo diese und jene sich 
finden wird nicht gesagt. 


Aus dieser Uebersicht der Angaben der angesehensten Autoren über 
vergleichende Anatomie geht wie mir scheint unzweifelhaft hervor, dass 
dem Verhalten der äusseren weiblichen Geschlechts- und Begattungsorgane - 
der Affen bisher nicht die hinreichende Aufmerksamkeit gewidmet worden 
ist, um über dasselbe irgend Etwas Zuverlässiges aussagen zu können. 
Ich habe mir also so viel Material als mö.lich zu verschaffen gesucht, 
um durch eigene Untersuchung eine Gewissheit zu erhalten. 


Ich wende mich zunächst zu den anthropoiden Affen und zwar be- 
ginne ich mit dem Chimpanze weil mir von demselben das meiste 
Material zugängig gewesen ist. Ich habe zwar die Genitalien der 
Dresdener Mafuka bereits in den: Mittheilungen der Kgl. zoolog. Museums 
zu Dresden 1877. Hft. II. pag. 252 beschrieben, allein der Zusammen- 
hang des Themas und neues Material, welches mir seitdem zu Gebote 
stand, erfordern hier die dortigen Angaben erweitert zu wiederholen. 


237 


Herr Dr. A. B. Meyer hat die Güte gehabt mir seitdem die Eingeweide 
eines zweiten, wenn auch etwas jüngeren Schimpanze-Weibchen zur Unter- 
suchung zu überlassen. Von Herrn Prof. Welker in Halle erhielt ich 
noch zwei andere wieder etwas jüngere Exemplare; und von zwei noch 
jüngeren, verdanke ich das Eine Herrn Prof. Lucae in Frankfurt, das 
andere gehört der hiesigen anatomischen Anstalt. Auch die Besitzerinnen 
der beiden letzteren hatten schon sämmtlich Milchzähne, während die 
übrigen gewiss Alle schon im Zahnwechsel, die Mafuka auch bereits 
110 cm. hoch war. Allerdings waren alle sechs noch nicht geschlechts- 
reif; allein wenn dieses vielleicht einer Seits meine Untersuchung mangel- 
haft erscheinen lässt, war doch, wie ich glaube, der Vortheil, dass nament- 
lich die äusseren Geschlechis- und Begattungsorgane intact waren, grösser. 


Schon bei der Beschreibung der Mafuka lag eine literarische Notiz 
über die Genitalien zweier erwachsener Chimpanze-Weibchen von Dr. Savage 
im Boston Journ. of nat. History 1844. p. 367 vor. Nach demselben 
befand sich die Vulva sehr weit nach hinten (porteriorly of the centre 
of the body), so dass sie bei sitzender Stellung der Thiere nicht gesehen 
werden konnte. Bei dem einen noch jüngeren aber doch trächtigen 
Thiere, sagt Dr. Savage, seien die Vulva und der Anus von dicken, schlaffen, 
stark hervortretenden Hautfalten von schmutzig brauner Farbe umgeben 
gewesen. Bei dem zweiten, älteren Individuum, welches zwei Junge 
hatte, befand sich der vordere Winkel der Vulva 5'/a Zoll (engl.) von der 
Symphysis ossium pubis entfernt und war dieselbe gemeinschaftlich mit 
dem After von sehr dicken hervorragenden Falten einer mit gelblichen 
Haaren besetzten Haut umgeben. Er sagt: This enlargement of the skin 
bildete ein elastisches Kissen von mehr als drei Zoll Dicke, welches bei 
dem Weibchen die Nates ersetzt, welche fast ganz fehlen. 


Ausführlichere Nachrichten über die weiblichen Genitalien einer, wie 
Sie glauben, besonderen Species von Chimpanze, Troglodytes Aubry gaben 
Gratiolet und Alix in ihrer Abhandlung in den Archives du Museum 
d’Hist. nat. II. 1865 p. 244. Nach denselben sind die grossen Scham- 
lippen nur durch zwei kaum vortretende Falten repräsentirt, welche die 
kleinen Schamlippen bei weitem nicht umgeben oder bedecken. Diese 
bilden einen starken Wulst und vereinigen sich naeh vorne zu einer Falte, 


238 


welche die Clitoris umgibt und sich auch an deren Wurzel ansetzt. Die 
Clitoris hat zwei Wurzeln und liegt 3 cm. vor der Harnröhren-Oeffnung. 
Zwischen den kleinen Schamlippen findet sich die längliche Schamspalte, 
welche in einen trichterförmigen, mindestens 3 cm. tiefen Scheidenvorhof 
führt. Aus demselben entwickeln sich drei Oeffnungen: eine in die Scheide, 
zwei andere, gegenüber der Harnröhre-Mündung, welche in zwei weite 
ohngefähr 2'/a cm. lange Kanäle führen, die in eine buchtige, in mehrere 
Abtheilungen getheilte Höhle übergehen. Dieselben liegen zwischen der 
Scheide und dem Rectum und sind mit einer talgartigen Materie erfüllt. 
Sie scheinen den Duverney’schen Drüsen des Weibes zu entsprechen. — 
Die Scheide ist ohngefähr 6',a cm. lang, eng, und hat ungefähr 1 cm. 
im Durchmesser, 3 cm. im Umfang. In ihrem Inneren besitzt sie zwei 
Reihen, eine vordere und hintere, transversaler oder vielmehr schräg 
gegen einander convergirender Falten. In ihrem unteren Ende ist sie 
von einem starken Sphincter umgeben, der auch die Urethra umfasst und 
mit dem Levator ani zusammenhängt. Von einem Hymen findet sich 
keine Spur. Der Uterus ist klein und dick, nicht mehr als 1 cm. hoch, 
aber 3 cm. breit, da er sich in zwei Hörner auszieht. Der Mutterhals ist 
3cm. lang, eng und zeigt in seinem Innern einen Arbor vitae sehr deut- 
lich. Die Portio vaginalis besitzt einen 4 mm. langen linearen Mutter- 
mund, der durch eine Querleiste in zwei Theile getheilt ist. Die Eileiter 
waren 5—6 cm. lang; die Eierstöcke 17 mm. lang, 12 mm. breit und 
zeigten keine Narben von zerplatzten Grafischen -Bläschen. Da ausser- 
dem die. zweite Dentition noch nicht beendet war, so glauben sie, dass 
das Thier noch nicht geschlechtsreif war, und sich noch nicht begattet hatte. 

In dem grossen Sammelwerke Barkows: Comparative Anatomie des 
Menschen und der menschenähnlichen Thiere 1862 Theil II Tab. 61 
finden sich Abbildungen der äusseren Genitalien des männlichen und 
weiblichen Chimpanze. Sie sind nicht unrichtig, wenn auch nicht cha- 
rakteristisch, aber doch desswegen von Werth, weil man bei einem Ver- 
gleich des Männchen und Weibchen sieht, dass die äussere Hautpartie, 
welche dem nicht entwickelten Hodensack entspricht, bei dem Weibchen 
durch eine ebenfalls wenig entwickelte Hautpartie repräsentirt wird, die 
den grossen Schamlippen analog sein würde, wenn sie stärker ausgebildet 
wäre. Die die Schamspalte unmittelbar begränzenden Hautfalten, welche 


239 


die Autoren als grosse Schamlippen bezeichnen, sind aber um so mehr 
nur als die Kleinen anzuerkennen. Tab. IV sind Fig. 14 die inneren Geni- 
talien eines jungen Chimpanze sehr ungenügend dargestellt. 

Endlich ist neuerdings in der Zeitschrift für Geburtshülfe und Gynä- 
kologie Bd. IH 1877 eine Abhandlung von Dr. G. v. Hoffmann über die 
weiblichen Genitalien eines 1876 im Berliner Aquarium verstorbenen, 
auch noch im Zahnwechsel begriffenen Chimpanze erschienen, die viel 
Eigenthümliches enthält. Von den äusseren Genitalien heisst es p. 3, 
dass die Clitoris, das Praeputium clitoridis und die kleinen Schamlippen 
unverhältnissmässig stark entwickelt, zwischen den mageren und flachen 
grossen Labien frei zu Tage gelegen. Der Hymen aber war ganz beson- 
ders beschaffen und bestand gewissermassen aus einer transversalen und 
vertikalen Schleimhautduplicatur, von welchen erstere von einer doppelten 
Öeffnung durchbrochen war, letztere ein unvollständiges Septum des 
unteren Theiles der Scheide bildete, und eine Raphe des transversalen 
Blattes erzeugte. Dr. v. Hoffmann ist geneigt, diese Bildunz des Hymens 
für die eigentlich normale auch bei dem Menschen zu halten. Er meint 
der Hymen sei als aus zwei bilateralen Hälften zusammengewachsen zu 
betrachten. Weiter besass die Vagina Querfalten, die besonders im 
Scheidengewölbe stark entwickelt waren, aber auch im unteren Ende 
derselben an der vorderen und hinteren Wand zwei den Columnae ru- 
garum entsprechende Wülste bildeten, die sich zu jenem senkrecht zum 
Hymen gestellten Septum vereinigten, und dadurch den unteren Theil 
der Vagina in eine rechte und linke Hälfte theilten. An der Innenfläche 
des Collum uteri bemerkte man niedrige Längsfalten. Das Vestibulum 
vaginae fand v. Hoffmann auffallend tiefer als das des Menschen. Er 
leitet aus diesen Verhältnissen, zu welchen noch einige in Betreff der 
. Befestigungen des Uterus kommen, ganz beträchtliche Verschiedenheiten 
zwischen den Genitalien des Menschen und des Chimpansen ab. Obwohl 
ich solche ebenfals finde, bin ich doch nach der Untersuchung der Geni- 
talien der sechs mir zu Gebote gestandenen Exemplare nicht im Stande, 
diese An,aben Dr. v. Hoffmanns alle zu bestätigen, und muss einen Theil 
derselben für individuelle Eigenthümlichkeiten des untersuchten Thieres 
halten, wie ich deren auch noch andere bei Einzelnen der von mir 


untersuchten Präparate bemerkt habe. 
Abh. d. 11. O].d. k. Ak.d. Wiss. XIII. Bd. II. Abth. 32 


240 


Bei der Mafuka, dem ältesten der von mir untersuchten Chimpanze 
Weibchen, sieht man (Tab. IV Fig. 14 und 15) zu beiden Seiten der 
etwa 3 cm. lanzen Schamspalte zwei ziemlich stark entwickelte Haut- 
wülste, welche von blasser Farbe nach aussen zu mit sparsamen Haaren 
besetzt sind. Auf den ersten Blick würde Jeder geneigt sein, dieselben 
für die grossen Schamlippen zu halten. Allein eine genauere Betrach- 
tung lehrt sogleich, dass dieses nicht der Fall sein kann. Denn an ihrer 
oberen Commissur schliessen sich diese beiden Falten an die Clitoris an 
und bilden deren Praeputium und Frenula; auch begrenzen sie die Scham- 
spalte allein, und sind daher nur für die kleinen Schamlippen oder 
Nymphen zu erklären. Sie „üehen auch hinten in eine Commissur über, 
aber entschieden nicht hinter dem After, wie Savage angiebt, sondern 
vor dem After. Dasselbe ist auch bei dem zweiten Dresdener Chim- 
panse der Fall. Bei diesem aber ist der After an seinem hinteren und 
Seitenrändern ebenfalls von einem ziemlich starken Wulste umgeben, der 
aber von den Schamwülsten ganz getrennt ist. Offenbar hatte Savage 
einen Ähnlichen Fall vor sich, übersah aber die Trennung der Scham- 
wülste von dem Afterwulst, und glaubte, dass jene sich um den After 
herumzögen. Uebrigens zeigen keine der vier anderen Präparate diesen 
Afterwulst, während die hintere Commissur der Schamwülste vor dem 
After bei den jüngeren Exemplaren sehr .entwickelt ist, und ein Frenu- 
lum labiorum und eine Fossa navicularis bildet. Die beiden Schamwülste 
sind von der inneren Fläche der Schenkel deutlich abgesetzt, ich finde 
aber bei keinem der sechs Exemplare an ihrer äusseren Seite noch irgend 
Etwas, was man mit Dr. v. Hoffman», als wenn auch schwach entwickelte 
und schlaffe, grosse Schamlippen deuten könnte. Das Einzige, was sie 
von den kleinen Schamlippen oder Nymphen des Menschen unterscheidet, 
ist der sparsame Haarwuchs an ihrer äusseren Fläche; wo sie sich aber 
in die Schamspalte einsenken, sind sie bereits vollkommen schleimhaut- 
artig. 

Die Clitoris ist ansehnlich entwickelt und springt bei der Mafuka 
gegen 2,5 cm. vor. Sie ist eigenthümlich und von den aller anderen 
Anthropoiden und sonst mir bekannten Affen verschieden gestaltet, drei- 
eckig mit breiter Basis und scharfer Spitze, an ihrer oberen von dem 
Praeputium keineswegs verhüllten Fläche gewölbt, an ihrer unteren, an 


241 


welche sich die Frenula ansetzen, gefurcht, und zieht sich diese Furche 
längs der oberen Wand des Scheidenvorhofes bis zur Harnröhrenmündung 
hin. Bei der Mafuka ist diese Clitoris eigenthümlich nach aufwärts ge- 
bogen an ihrer oberen Fläche der Länge nach concav an der unteren 
convex, und daher stark vorstehend; bei den anderen Exemplaren ist 
dieses nicht der Fall. Hier ist die Spitze der sonst gleichgestalteten 
Clitoris nach abwärts umgebogen. Ihr hinter der Haut gelegener Körper 
sowie ihre Crura sind stark entwickelt, und letztere von einem starken 
M. ischiocavernosus umgeben. Mit dem von Duvernoy Archives du Mu- 
seum d’Hist. nat. Tom. VIII. Tab. XVI Fig. 9 und 10 abgebildeten Penis 
des Männchen hat diese UClitoris keine Aehnlichkeit, es sei denn, dass 
man den freistehenden Theil ‘derselben allein mit der sehr kleinen Glans 
des Männchen vergleicht. Dieselbe sieht auch dreieckig aus, und wenn 
man sie sich vergrössert und gespalten denkt, würde sie allerdings der 
Clitoris des Weibchen gleichen. Bei Barkow ist 1. 1. Fig. 1 und 2 die 
Glans penis des Männchen lange nicht so bestimmt dargestellt als bei 
Duvernoy, und gleicht daher auch gar nicht der Glans clitoridis. 

Der Scheidenvorhof ist, wie Dr. v. Hoffmann richtig bemerkt, bei 
allen diesen Chimpanze verhältnissmässig tiefer als bei dem Menschen. 
Ausser der meist vorspringenden Mündung der Harnröhre, ist die Schleim- 
haut dieses Scheidenvorhofes mit Falten versehen, deren Anordnung mit 
der Uebergangsweise des Scheidenvorhofes in die Scheide in Beziehung 
steht. Hier finde ich nämlich bei keinem der sechs Präparate ein Hymen, 
namentlich kein irgendwie ähnliches, wie es Dr. v. Hoffmann beschreibt. 
Die Stelle ist allein durch die bogenförmigen Uebergänge der Längsfalten 
des Scheidenvorhofes ausgezeichnet. Ich kann die Anordnung derselben 
nicht besser als mit der der Columnae und Sinus mucosi Recti s. Morgagni 
des menschlichen Afters vergleichen; die Sinus finden sich an der Grenze 
zwischen Scheidenvorhof und Scheide und die Falten verlaufen sich in 
jenem nach aussen. Nur bei einem der aus Halle erhaltenen Präparate, 
kann man geneigt sein, von einer Hymen ähnlichen Anordnung zu 
sprechen, indem hier den Eingang in die Scheide eine niedrige ring- 
förmige Falte umgiebt. Allein dieses Präparat kann man nicht für ein 
normales halten; denn zu meiner Verwunderung bemerkte ich, dass an 


demselben die Harnblase, oder wenn man will, die Harnröhre in einer 


242 


weiten offenen Verbindung mit der Scheide steht, oder mit anderen 
Worten die vordere Scheidenwand hier fehlt. Ausserdem adhärirt hier 
den Wandungen der Scheide ein eigenthümliches faseriges Gewebe. wie 
von einer zerstörten Membran herrührend. Es muss also hier entweder 
ein pathologischer Process stattgefunden haben, oder es handelt sich um 
irgend eine Bildungs-Hemmung. Dasselbe möchte ich von dem von Dr. 
v. Hoffmann beschriebenen Verhalten annehmen, obgleich ich nicht glaube, 
dass man dasselbe als eine Hemmung in der gewöhnlichen Entwicklung 
des Hymens betrachten kann. Der Hymen ist, wie ich oben angegeben, 
besonders nach den Untersuchungen von Prof. Dohrn, eine transversal 
vorwachsende Schleimhaut-Falte an der Einmündungsstelle des Endes der 
Müller’schen und Wolff’schen Gänge oder des Genitalstranges von Thiersch 
in deu Sinus urogenitalis, Eine vertikale Scheidewand, theilweise oder 
totale, in der Scheide, kann als eine Bildungshemmung in der Entwick- 
lung des Genitalstranges aufgefasst werden; nicht aber jene transversal 
sich erhebende Falte des Hymens. Eine Bildungshemmung dieser, würde 
nur zu einem Fehlen oder einer unvollständigen Entwicklung der- 
selben führen. Und dieses ist der Fall bei dem Chimpanze, und wie wir 
sehen werden, auch bei allen anderen Anthropoiden und Affen. 

Die den Scheidenvorhof umgebenden Gebilde sind bei dem Chimpanze- 
Weibchen besonders stark entwickelt. Bei der Mafuka konnte ich die- 
selben, wegen ihrer übermässigen Erhärtung im Weingeist, bei und durch 
die gewöhnliche Präparationsweise nicht einzeln unterschieden; eine Zer- 
le,ung in Querschnitte war nicht ausführbar. Bei einigen der anderen 
Präparate überzeugte ich mich aber, dass erstens der Levator anıi sich 
mit seinen vorderen Bündeln zu beiden Seiten um das Ende der Scheide 
bis auf deren vordere, mit der Harnröhre vereinigten Fläche hinaufzıeht, 
und so einen Constrictor oder Compressor cunni darstellt. Sodann findet 
sich ein gut entwickelter M. bulbo-cavernosus, oder der ältere Constrietor 
cunni, und von demselben bedeckt ein Bulbus Vestibuli. Ob sich auch 
eine Duverney’sche Drüse findet, konnte ich aber nicht herausbringen, 
weil sich ausser jenen Muskeln und dem Bulbus hier bei diesen Affen 
ein sehr stark entwickeltes und festes Fasergewebe findet, in viel stärkerer 
Weise als bei dem menschlichen Weibe. Etwas Aehnliches wie die von 
Gratiolet und Alix beschriebenen Blindsäcke als Anhang zu dem Scheiden- 


245 


vorhof habe ich nicht finden können. Es müssen dieselben durch eine 
bedeutende Erweiterung der oben von mir beschriebene Sinus mucosi an 
der Uebergangs-Stelle des Scheidenvorhofes in die Scheide entstanden sein. 


An der Schleimhaut der Scheide kann ich bei allen sechs Präparaten 
nur Längsfalten, und zwar nur schwach entwickelte Längsfalten ent- 
decken, und durchaus Nichts den Columnae rugarum der Scheide des 
Weibes Entsprechendes. Die gegentheilige Angabe Dr. v. Hoffmann’s ist 
mir daher sehr befremdend. 


Die übrigen Verhältnisse der inneren Genitalien übergehe ich hier, 
zumal da ich dieselben in meiner erwähnten früheren Abhandlung aus- 
führlich angegeben habe. Sie boten übrigens keine specifischen Verschieden- 
heiten von denen des menschlichen Weibes dar. Doch gebe ich von 
denselben die Abbildung Tab. IV. Fig. 15. Ebenso füge ich noch eine 
Abbildung (Fig. 16) der äusseren Genitalien eines jüngeren Thieres hinzu, 
die ein ziemlich verschiedenes Ansehen von denen der älteren Mafuka 
besitzen; namentlich ist die Clitoris lange nicht so gross, obwohl grösser 
als es in der Abbildung scheint, weil man sie hier en face verkürzt sieht. 

Ueber die weiblichen Geschlechts-Organe des Orang-Utan kenne 
ich nur eine Mittheilung von Sandifort von einem ausgewachsenen Thiere. 
(Verhandelingen over de natuurlyke Geschiedenis der Nederland’sche over- 
seeische Bezittingen. Zoologie I. 1839 —44 Text. II Atlas p. 45.) Die- 
selbe enthält indessen nur Angaben über die inneren Genitalien. Der 
Uterus war trächtig und enthielt ein Ei von 0,020 m. Länge; die Placenta 
war noch nicht entwickelt, daher noch nicht zu entscheiden, ob sie wie 
nach Hunter (Öbservations on certain parts of animal oeconomy Lond. 
1786. p. 137.) aus zwei Theilen bestand. Die Eileiter waren 0,054 lang; 
das Infundibulum mit Franzen besetzt. Die Eierstöcke 0,027 lang und 
0,012 breit. — Barkow hat 1.l. Tab. IV. Fig. 15 die inneren weiblichen 
Genitalien sehr ungenügend abgebildet. 


Ich selbst kann über die weiblichen Genitalien des Orang-Utan nach 
drei Präparaten berichten. Die am meisten entwickelten stammen von 
einem halb ausgewachsenen vom Scheitel bis zum After 50 cm. bis zur 
Ferse bei möglichst gestreckten Knien 76 cm. langem Thiere. Es besass 
dasselbe eine sehr gedrungene Figur, mass von einer Schulter über den 


244 


Rücken zur anderen 21 cm. und der grösste Umfang des Rumpfes in 
der Gegend der falschen Rippen betrug 24 cm. Der Zahnwechsel ist 
vollkommen abgelaufen und auch der erste hintere Backzahn ist bereits 
unten und oben vorhanden. Auch die Untersuchung dieses Thieres ver- 
danke ich Herrn Dr. A. B. Meyer in Dresden. 

Die beiden anderen Präparate rühren von jüngeren Exemplaren her, 
deren eines mir Herr Prof. Lucae in Frankfurt a. M. znr Untersuchung 
überliess, das andere der hiesigen anatomischen Sammlung angehört, für 
die ich dasselbe von Herrn Frank in Amsterdam erhielt. Beide Thiere 
waren wohl gleich alt, besassen alle 20. Milchzähne aber noch keine 
Anzeichen des Wechsels. 

Die äusseren weiblichen Genitalien des Orangs (Tab. V. Fig. 17) sind 
nach diesen Präparaten sehr verschieden von denen des Chimpanze. Es 
findet sich hier nicht wie bei dem Chimpanze eine von irgend beträcht- 
licheren Hautwülsten umgebene Schamspalte, sondern etwa 2,5 cm. vor 
dem, von zahlreichen sternförmigen Falten umgebenen After, bemerkt man 
eine rundliche Vertiefung, in welche von oben eine von einem gut ent- 
wickelten Praeputium umgebene Glans clitoridis hineinschaut. Zu ihren 
beiden Seiten verlaufen zwei kleine hinter der Clitoris convergirende und 
ineinander übergehende, nach aufwärts divergirende, und sich bald ver- 
lierende Hautfalten. Drängt man die Theile etwas voneinander, so sieht 
man in die rundliche Schamöffnung hinein, über die die Clitoris herüber- 
ragt, und hinter der jene Hautfalten eine Commissur bilden. Man kann 
ja nicht darüber in Zweifel sein, dass die das Praeputium bildende Haut- 
falte den kleinen Schamlippen entspricht, aber ob die beiden seitlichen, 
die hintere Commissur bildenden Falten, ebenfalls den kleinen oder den 
grossen Schamlippen entsprechen, ist schwer zu entscheiden. Bei den 
beiden jüngeren Präparaten würde ich mich unzweifelhaft für die kleinen 
Schamlippen entscheiden. Der Zusammenhang und der Uebergang des 
Präputium in dieselben ist hier ganz deutlich, die seitliche divergirende 
Fortsetzung nach oben, noch kaum angedeutet. Bei dem älteren Präparat 
aber treten diese beiden Fortsetzungen nach oben neben der Clitoris so 
hervor, dass ich keine Gründe dagegen geltend machen könnte, wenn 
Jemand sie für die Rudimente von grossen Schamlippen erklären wollte. 
Ich für meine Person halte sie nur für eigenthümliche nach oben tre- 


ag: 


245 


tende Ausbuchtungen der kleinen Schamlippen bei gänzlichem Mangel 
der grossen. Die Clitoris ist ganz verschieden von der des Chimpanze, 
walzenförmig, seitlich etwas zusammengedrückt und besitzt eine abgerun- 
dete Eichel, die der des männlichen Orang Penis ganz ähnlich ist. (Siehe 
Barkow 1. 1. Tab. IX. Fig. 1, 2 und 3.) An ihrer unteren Fläche zeigt 
sie eine Furche, deren Ränder in die Frenula clitoridis übergehen, wäh- 
rend sie selbst zu der nur etwa 0,5 cm. dahinter liegenden Harnröhren- 
Mündung führt. Das Vestibulum Vaginae ist nicht so tief wie bei dem 
Chimpanse, aber ebenfalls ganz deutlich von der Scheide durch ähnliche 
Sinus mucosi und zwischen derselben stark vorspringende Falten abge- 
gränzt, die besonders an der oberen Wand neben der Harnröhren-Mün- 
dung stark entwickelt sind. Etwas dem menschlichen Hymen Aehnliches 
findet sich nicht. 

Die Scheide (Tab. IV Fig. 18) ist bei dem älteren Exemplar gegen 
2,6 cm. lang und 1 cm. im queren Durchmesser; ihre Schleimhaut be- 
sitzt schwache Längsfalten, die auch wo sie am stärksten entwickelt sind, 
keine Columnae bilden. Ihr Anfang ist auch hier von den vorderen 
Bündeln des Levator ani umgeben, die einen kräftigen Compressor va- 
ginae bilden müssen. Ebenso findet sich ein Bulbo-cavernosus und ein 
Bulbus vestibuli; eine Glandula Duverneyis konnte ich nicht unterscheiden. 

Der Uterus ist einfach, in seinem Körper noch wenig entwickelt, stärker 
in seinem Collum. Er hat mit letzterem einen Längendurchmesser von 
1,6 cm.; der Breitendurchmesser des Fundus ist 0,8 cm.; der Dickendurch- 
messer 0,5 cm. Die Portio vaginalis ist schwach entwickelt, fast noch 
häutig; der Muttermund rundlich, ziemlich weit; die vordere Mutter- 
mundslippe länger als die hintere. Der Canalis colli uteri zeigt eine 
ganz schön entwickelte Palma plicata. 

Die Eileiter verlaufen in den oberen Rändern der mit sehr vielem 
Fett durchsetzten breiten Mutterbänder, wenig gewunden, biegen sich 
aber mit ihren Abdominal-Enden ziemlich stark im Bogen nach hinten 
und innen gegen das laterale Ende der Eierstöcke hin, mit dem sie in- 
dessen, wie mir scheint, nicht durch eine riennenartige Fimbria ovarii, 
sondern nur durch eine feine Peritonealfalte in Verbindung stehen. 
Das Infundibulum ist mit stark entwickelten Fimbrien umgeben. Bei 
dem ältesten Exemplar ist der Eileiter 3,1 cm. lang. 


246 


Die Ovarien haben bei demselben Individuum einen Längendurch- 
messer von 1,7 cm., einen Höhendurchmesser von 0,7 cm. und einen 
Dickendurchmesser von 0,5 cm. Sie sind an ihrer Oberfläche ganz glatt, 
zeigen keine Hervorragungen von Graaf’schen Bläschen, keine Narben, 
keine Pigmentflecken, so dass ich nicht glaube, dass bereits eine Ovu- 
lation stattgefunden hatte. Auf sagittalen Schnitten eines Eierstockes 
zeigten sich in der Randzone desselben eine ganz ungeheure Menge pri- 
märer Follikel von durchschnittlich 0,056 = '/ıs mm. Durchmesser, zu- 
sammengesetzt aus einer kernfaserigen Follikelwand, und einem kaum ange- 
deuteten inneren Epithel derselben (Membr. granulosa), so wie einem das 
Innere fast ganz erfüllenden Keimbläschen mit Kern. Nur in wenigen 
grösseren Follikeln, deren grösster einen Durchmesser von 0,902 mm. hatte, 
konnte ich ein bereits fertig gebildetes Ei mit Zona von 0,113 = !/o mm. 
Durchmesser entdecken. 

Von einein Parovarium konnte ich wegen des vielen Fettes auch 
zwischen den Blättern der Ala Vespertilionis nur bei einem der jüngeren 
Exemplare eine Spur wahrnehmen. 

Ueber die Beschaffenheit der weiblichen Genitalien eines Gorilla 
kann ich in der ganzen Literatur keine Angabe finden, ausser der von 
Dr. R. Meyer in seiner Abhandlung über den Gorilla p. 25 &egebenen 
Notiz, dass Gautier Laboullay bei einem weiblichen Gorilla-Cadaver die 
Scheide und die Schamlippen gut ausgebildet gefunden habe, (ein Citat, 
welches ich nicht auffinden kann) und dass nach einer Angabe von Dr. 
H. Walter an dem in Lübeck befindlichen (ausgestopften) Weibchen eine 
Clitoris von einigen Linien Länge zu bemerken sei. 

Das mir von Gorilla zu Gebot stehende Material stammt von drei 
allerdings noch sehr jungen, aber doch schon mit dem vollständigen 
Milchgebiss versehenen Thieren. Zuerst erhielt ich von Herrn Dr. Bolau 
in Hamburg nur innere Genitalien, Uterus-Eierstöcke und Eileiter; dann 
von einem zweiten Exemplar nur die äusseren, und auch diese ohne den 
After. Endlich überliess mir Herr Director Dr. Meyer in Dresden einen 
ganzen jungen weiblichen Gorilla zur Untersuchung, der vom Scheitel bis 
zum Steiss 40 cm., bis zur Ferse 60 cm. misst. 

Zuerst ist hervorzuheben, dass die äusseren Schamtheile (Tab. VI, 
Fig. 19) von einer noch grösseren Unscheinbarkeit sind, als die bei dem 


247 


Orang. Die Gegend vor und unterhalb der Symphyse, zwischen den 
Schenkeln und den aufsteigenden Sitz- und absteigenden Schambein-Aesten 
zeichnet sich durch eine etwas weniger schwarze Hautfarbe, etwas ge- 
ringeren Haarwuchs als an der inneren Seite der Schenkel, und durch 
eine layerförmig gestaltete schwache Hervorragung der Haut aus, deren 
kleineren oberen Abschnitt die Scham, den hinteren grösseren, der After 
einnimmt. Beide sind kaum 1,5 cm. voneinander entfernt. Die Scham 
besitzt wieder eine layerförmige Gestalt, deren grösseren oberen Abschnitt 
die Clitoris mit ihrem Präputium, den hinteren längeren, schmaleren Ab- 
schnitt, die Rima pudendi einnimmt. Die letztere wird von kaum vor- 
stehenden Hauträndern begränzt, die an ihrer äusseren Seite schwarz 
pigmentirt und mit schwachen Haaren besetzt sind, mit ihren innern 
Rändern in den nicht pigmentirten, im frischen Zustand wahrschein- 
lich röthlichen haarlosen Scheidenvorhof übergehen. Oben bilden diese 
Hautränder ein ziemlich stark entwickeltes Präputium und setzen sich 
von unten als Frenula an die Glans clitoridis an. Sie sind also den 
kleinen Schamlippen zu parallelisiren, und von grossen Schamlippen findet 
sich keine Spur. 

Die Clitoris ist verhältnissmässig gross; ihr frei stehender Theil ist 
5—6 mm. lang, die Glans deutlich abgesetzt, pilzförmig und gleicht der 
von Duvernoy 1.1. Tab. XIV Fig. 5 und 6 abgebildeten Glans Penis des 
Männchen. An ihrer unteren Fläche ist sie gefurcht, und diese Furche 
zieht sich auch längs der oberen Wand des Scheidenvorhofes bis zur 
Harnröhren-Mündung fort. Der Körper der Clitoris zeigt zwei gut ent- 
wickelte Corpora cavernosa und ein Septum. Im Scheidenvorhofe finden 
sich ausser den die Harnröhrenöffnung umgebenden Vorsprüngen, am 
Scheiden-Eingang in einander übergehende und Sinus mucosi bildende 
Falten, welche bei dem einen Exemplar durch eine schwache feine ring- 
förmig vortretende Falte mit einander verbunden werden, wodurch ein 
Rudiment eines Hymen gebildet wird. Bei dem Dresdener Exemplar 
fehlt diese ringförmige Falte. Die Scheide (Fig. 20) ist an der hinteren 
Wand 4,5 cm. lang und 1 cm. breit, in ihrem Inneren ganz glatt. Die 
Portio vaginalis uteri ıst deutlich mit vorderer, längerer, und hinterer, 
kurzer Muttermunds-Lippe entwickelt; der Muttermund eine kleine quere 
Grube. 

Abh.d. II. Cl.d.k. Ak.d. Wiss. XIII. Bd. II. Abth. 33 


248 


Der Uterus ist noch schwach entwickelt, in seinem Halse stärker, als 
im Körper; bei dem Einen Exemplar 3, bei dem Andern 2,5 cm. lang, im 
Fundus etwas mehr als 1 cm. breit. Die Eileiter gehen ganz oben aus 
den Winkeln des Fundus hervor, sind gegen 5 cm. lang und verlaufen 
nur an ihrem Abdominal-Ende etwas gewunden und gegen das laterale 
Ende der Eierstöcke gebogen hin. Das Infundibulum ist nicht stark 
entwickelt und mit nur wenigen und kurzen Fimbrien besetzt, deren eine 
sich an das laterale Eierstock-Ende ansetzt. 

Die Eierstöcke sind verhältnissmässig lang und schmal, 3,4 mm. lang 
und 5 mm. breit und etwa 2—3 mm. dick. An ihrer Oberfläche zeigen sie 
die von Dr. Kapf beschriebene körnige und netzförmige Beschaffenheit der 
Eierstöcke jüngerer menschlicher Embryonen. 

Ueber die Genitalien von Hylobates habe ich bereits früher in 
meiner Abhandlung: Beiträge zur Anatomie des Hylobates leuciscus p. 74 
(270) berichtet, wiederhole aber hier das Wesentliche zur Vervollständi- 
gung um so mehr, als ich Einiges dort Gesagte zu berichtigen habe, 
nach den jetzt gesammelten weiteren Erfahrungen. Wie nämlich ange- 
geben, sind allerdings auch bei dem Hylobates eigentliche Schamlippen, 
ausser den die Schamspalte begränzenden Hauträndern nicht vorhanden 
(Tab. IV Fig. 21); da dieselben sich aber auch hier um die ziemlich 
stark vorstehende Clitoris als Präputium herumziehen und mit Frenula 
an dieselbe ansetzen, so sind dieselben nicht mit den grossen, sondern 
nur mit den kleinen Schamlippen zu vergleichen. Die ganz frei hervor- 
ragende Glans clitoridis ist ziemlich stark entwickelt, und wirklich eichel- 
förmig abgesetzt, und gleicht der des Orang. An ihrer unteren Fläche 
ist sie gefurcht, und diese Furche führt an der oberen Wand des Schei- 
denvorhofes bis zur Harnröhren-Mündung. Der Scheidenvorhof und seine 
Trennung von der Scheide ist bei Hylobates ganz besonders, und mehr 
als bei irgend einem anderen mir bekannten Affen, durch starke Ent- 
wicklung der Sinus mucosi und der dieselben von einander trennenden 
Falten ausgezeichnet, von denen namentlich zwei die Harnröhrenmündung 
umgebende so gross sind, dass sie in auffallender Weise vor die Rima 
pudendi hervorragen. Hier wird es ganz besonders deutlich, dass diese 
Falten des Scheidenvorhofes Etwas Anderes sind, als der Hymen, obgleich 
man bei oberflächlicher Untersuchung ganz besonders leicht sich versucht 


249 


finden könnte, sie als Hymen in Anspruch zu nehmen. — Die Scheiden- 
Schleimhaut (Fig. 22) zeigt ziemlich entwickelte Falten, oder eigentlich 
mehr Runzeln von denen man kaum sagen kann, ob die Längs- oder 
Quer-Richtung vorherrscht. Eine Portio vaginalis uteri ist kaum vor- 
handen, indem der Muttermund dicht an der vorderen Wand des Schei- 
den-Gewölbes liegt, und nur eine hintere Muttermunds-Lippe (nicht vor- 
dere, wie ich irrig früher 1.1. angegeben) vorhanden ist. Der Uterus ist 
einfach und von der Grösse und Gestalt des Uterus eines einjährigen 
Mädchens. Die Eileiter verlaufen ziemlich stark geschlängelt, messen 
auspräparirt 3 cm. und haben ein stark befranztes Infundibulum, welches 
sich mit einer 10 mm. langen Fimbria ovarii an den lateralen Winkel 
des Eierstocks ansetzt. Die Eierstöcke sind 12 mm. lang, 5 hoch, 3 dick 
und an ihrer Oberfläche ganz glatt, ohne Narben, grössere Graaf’sche 
Bläschen oder Corpora lutea. In der Randzone der Eierstöcke aber be- 
fanden sich sehr zahlreiche primäre Follikel mit darin enthaltenen Eiern. 


Aus dieser Untersuchung der äusseren weiblichen Genitalien der 
anthropoiden Affen geht hervor, dass dieselben im Ganzen wenig auf- 
fällig entwickelt sind. Die grossen Schamlippen und ein Mons Veneris 
fehlen ihnen fast ganz; denn, wenn ihr Analogon bei dem Orang bei er- 
wachsenen Thieren absolut und relativ auch ausgebildeter sein sollte, als 
bei den jungen, so werden sie doch immer gegen die menschlichen nur als 
unbedeutend bezeichnet werden können. Die Schamspalte wird von zwei 
Falten der äusseren Haut begränzt, die ihrer Beziehung zur Clitoris wegen 
mit den kleinen Schamlippen verglichen werden müssen. Dieselben sind 
bei den Chimpanze-Weibchen noch am Meisten entwickelt, werden aber 
bei den drei anderen Arten selbst im erwachsenen Zustande kaum eine 
gleich starke Ausbildung besitzen. Die Clitoris ist dagegen bei diesen 
Affen immer ansehnlich gross und tritt mit ihrer Glans frei hervor; sie 
gleicht der Glans penis des Männchen, ist aber bei dem Weibchen von 
Chimpanze selbst grösser als bei dem Männchen. An ihrer unteren Fläche 
ist sie immer gefurcht. Der Scheidenvorhof dieser Affen ist immer an- 
sehnlich tief und zeichnet sich überall durch Falten der Schleimhaut und 


Schleimerypten aus, welche wie es scheint bei Einzelnen selbst zu grös- 
33 * 


250 


seren Schleimbälgen werden können, und wahrscheinlich die Bartholini- 
schen und Duverney’schen Drüsen repräsentiren. Ein eigentlicher Hymen 
findet sich nirgends, doch ist die Gränze zwischen Scheidenvorhof und 
Scheide immer durch Vorsprünge markirt, welche meistens durch die 
bogenförmigen Uebergänge jener Falten des Scheidenvorhofes hervorge- 
bracht werden. Der um den Scheidenvorhof und Scheideneingang ge- 
lagerte Muskelapparat ist stark entwickelt, obgleich nicht von dem 
Sphincter und Levator ani gesondert; die vorderen Muskel-Bündel ziehen sich 
nicht nur um die Scheide, sondern selbst um die Harnröhre herum, auf deren 
oberer Fläche sie sich aponeurotisch vereinigen. Ob sich überall ein Bul- 
bus Vestibuli findet, bin ich nicht sicher; stark entwickelt ist er aber 


nirgends. — Die Scheidenschleimhaut besass, bei den von mir untersuchten 
Thieren nie quere Falten, Columnae rugarum, sondern war entweder 
ganz glatt, oder hatte schwache Längsfalten. — Die Portio vaginalis 


uteri ist, mit Ausnahme von Hylobates, gut ausgebildet, mit quer gerich- 
tetem Muttermund und vorderer und hinterer Muttermunds-Lippe vorhanden. 


Ich habe mir nun auch noch die weiblichen Genitalien von mög- 
lichst vielen anderen Affen zu verschaffen gesucht, und habe deren, ausser 
den in der hiesigen anatomischen Sammlung befindlichen, mit Unterstützung 
der Herren Professoren H. Welcker und R. Leuckart der verschiedensten 
Art in hinreichender Anzahl untersucht, um einen Vergleich mit denen der 
Anthropoiden anstellen zu können. 

An einem in der hiesigen anatomischen Sammlung befindlichen Prä- 
parate eines ausgewachsenen Colobus ursinus, wird die ansehnliche 
und klaffende Schamspalte von zwei an ihrer äusseren Seite schwarz 
pigmentirten und mit Haaren besetzten, mässıg starken Hautwülsten um- 
geben, welche als grosse Schamlippen gedeutet werden könnten, wenn 
nicht an ihrer oberen Commissur die Clitoris von ihnen nach Art eines 
Präputiums umfasst würde, und sie zugleich an ihrer inneren Fläche in 
die Schleimhaut des Scheidenvorhofes übergingen, wesshalb ich sie nur 
den kleinen Schamlippen parallelisiren kann. Die Qlitoris ist, übrigens 
auffallend klein, von einem zarten ausgezackten Blättchen von oben be- 
deckt, und an der unteren Fläche ihrer Glans nur schwach gefurcht, 


251 


auch setzt sich diese Furche nicht längs der oberen Wand des Scheiden- 
vorhofes bis zur Harnröhrenmündung fort, was als seltene Ausnahme 
unter den Affen bezeichnet werden muss. Der Scheidenvorhof besitzt 
auch nicht jene Falten mitihren Sinus mucosi bildenden, bogenförmigen Ueber- 
gängen, welche bei den Anthropoiden vorhanden sind. Der Uebergang in die 
Scheide wird aber durch ansehnliche Schleimhaut-Vorsprünge bezeichnet, 
die man geneigt sein könnte für Carunculae myrtiformes zu halten. 
Aliein die Untersuchung der Scheiden-Schleimhaut zeigt, dass dieselbe 
in ihrem ganzen Verlauf, vorzüglich aber an ihrem unteren Ende 
mit Längsreihen von eigenthümlichen Zotten besetzt ist, deren unterste 
eben jene Vorsprünge in den Scheidenvorhof bilden. Die Scheide selbst 
ist sehr auffallend lang, 6,3 cın.; dünnhäutig und misst platt gelegt, 1,5 cm. 
im Querdurchmesser. Eine Portio vaginalis uteri fehlt; der kleine runde 
Muttermund liegt nicht von Lippen umgeben an der etwas verdickten 
vorderen «Wand des Scheidengewölbes. Der Uterus ist fast nur häutig 
entwickelt, vom Fundus bis zum Muttermund 3,6 cm. lang, im Fundus 
2,3 cm., im Cervix 0,8 cm. breit; übrigens einfach, mit etwas gewölbtem 
Fundus. Die Eileiter verlaufen besonders in ihrer lateralen Hälfte stark 
geschlängelt in den freien Rändern der breiten Mutterbänder und setzen 
sich mit einer langen, gezackten Fimbrie an das laterale Ende der Eier- 
stöcke an. Sie sind auffallend, 6—7 cm. lang. Die Eierstöcke sind läng- 
lich gestaltet 16 mm. lang, 6 mm. breit und 2—3 mm. dick. 

Durch die Güte des Herrn Prof. Leuckart in Leipzig erhielt ich die 
Genitalien eines jedenfalls ausgewachsenen Cynocephalus Babuin, 
denn nach der Beschaffenheit des Muttermundes hatte das Thier bereits 
geboren. Ueber die äusseren Genitalien kann ich freilich Nichts aus- 
sagen, denn die Haut ist dicht an der Schamspalte abgeschnitten und 
ausserdem Scheidenvorhof und Scheide aufgeschnitten. Die Clitoris war 
auch abgeschnitten, und ist nur an das Präparat wieder angesteckt. Doch 
kann ich von ihr berichten, dass ihre Glans wie ein Hacken nach abwärts 
gekrümmt ist, und dieselbe sonderbarer Weise nicht an ihrer unteren 
Fläche, sondern auf ihrer oberen eingekerbt ist; man sieht keine Furche 
von ihr längs der oberen Wand des Scheidenvorhofes zur Harnröhren- 
mündung hinziehen. Trotzdem die Clitoris losgeschnitten war, lässt sich 
doch constatiren, dass sie auffallend weit, 5,5 cm. von der Harnröhren- 


252 


Mündung entfernt war, was wohl auch durch die Angabe von Cuvier (Lecons 
d’Anatomie comparee Vol. VIII p. 253) bestätigt wird, dass die Clitoris 
bei den Cynocephalen ganz von der Vulva getrennt und ansehnlich weit 
von derselben entfernt sei. Da das Thier jedenfalls bereits geboren hatte, 
so kann über das Fehlen eines Hymens Nichts Bestimmtes ausgesagt 
werden. Indessen finden sich an dem Scheiden-Eingang keine Spuren 
von Carunculae myrtiformes, sondern statt derselben einige Falten und 
Sinus mucosi, ähnlich wie bei den Anthropoiden. Die Scheide ist an 
ihrer hinteren Wand 6 cm. lang, unten eng, oben auffallend weit, 4 cm. 
Sie zeigt in ihrem Inneren auffallend viele Falten, wie ich sie bei keinem 
anderen Affen gesehen habe. Dieselben bilden zwar nicht solche Co- 
lumnae quer verlaufender Falten wie bei dem Menschen, aber doch be- 
sonders an der vorderen Wand ein Palmblatt d. h. eine vertikale Falte 
von der seitlich zahlreiche schräg aufwärts verlaufende Falten ausgehen. 
Die Portio vaginalis uteri ist gross und hat zwei wulstige Muttermunds- 
Lippen, die einen ziemlich weit offenstehenden Muttermund umgeben, 
woraus ich schliesse, dass das Thier bereits geboren hatte. Der Uterus 
ist sonst nicht gross, sondern eher schlank zu nennen; er ist gegen 5,5 cm. 
lang, im Fundus 2 cm. breit und gegen 1 cm. dick. Die Eileiter sind 
gegen 7 cm. lang und verlaufen in ihrer Abdominal-Hälfte gewunden, 
und wie es scheint stark rückwärts und einwärts gekrümmt, indem sie 
sich mit einer kurzen Fimbrie an den Eierstock ansetzen. Das Infundi- 
bulum und seine Fimbrien sind gut entwickelt. Die Eierstöcke sind klein 
und rundlich, 1 cm. lang und hoch und 0,5 cm. dick. Ueber ihre son- 
stige Beschaffenheit ist nicht viel zu sagen, da sie aufgesteckt gewesen 
waren. 

Im vorigen Winter hatte ich Gelegenheit, hier in einer Menagerie 
das Weibchen eines Cynocephalus Hamadryas während der Brunst zu 
beobachten. Allein bei demselben war die ganze Umgebung der Ge- 
schlechtstheile und selbst des Afters so enorm angeschwollen, dass gar 
keine Einzelheiten unterschieden werden konnten, und die ganze hellrothe 
Geschwulst nur einen scheusslichen Anblick darbot. 

Auch von einem zweiten, angeblich einem Cynocephalus angehörigen 
Präparate der hiesigen anatomischen Sammlung, bin ich nicht im Stande 
das Verhalten der äusseren Genitalien genau anzugeben, da auch hier 


253 


die Haut dicht um die Scham-Oeffnung herum weggeschnitten ist. Die 
Clitoris ist indessen eigenthümlich gestaltet, und liegt in einer von den 
verlängerten Schamlippen gebildeten, als ihr Präputium zu bezeichnenden 
Rinne, aber mit ihrem vorderen, fast 8 mm. langen Ende frei; die Eichel 
besteht aus zwei Blättchen, die sich mit ihren inneren Flächen aneinander 
legen, doch hat die Clitoris selbst keine Furche an ihrer unteren Fläche. 
Der Scheidenvorhof ist verhältnissmässig tief, und an seiner obern Wand 
mündet auf einem kegelförmigen Vorsprunge die Harnröhre. Von der 
Basis dieses Vorsprunges ziehen sich rechts und links zwei feine halb- 
mondförmige Fältchen längs des Scheiden-Eingangs hinab, hinter welchen 
sich andere Längsfalten der Schleimhaut des Scheidenvorhofes verlieren. 
Der untere Umfang des Scheiden-Einganges zeigt ebenfalls eine feine 
kleine halbmondförmige Falte, in welche zwei Längsfalten des Scheiden- 
vorhofes übergehen. Man könnte also sagen, es finde sich hier ein aus 
drei halbmondförmigen Fältchen bestehender Hymen; allein bei Vergleich 
mit den Verhältnissen bei anderen Affen überzeugt man sich, dass es sich 
hier auch nur um die Sinus mucosi handelt, welche sich in dem Scheiden- 
vorhof, an dem Scheideneingang bei fast allen Affen finden. — Die Scheide 
ist verhältnissmässig (2,5 cm.) lang und besitzt in ihrem unteren Ab- 
schnitt Längsfalten. Es ist eine Portio vaginalis uteri mit zwei Mutter- 
mundslippen vorhanden. Der Uterus ist einfach, menschenähnlich, aber 
noch fast häutig; wahrscheinlich war das Thier noch jung. Die Eileiter 
verlaufen nicht in den freien Rändern der breiten Mutterbänder und 
biegen sich mit ihrem lateralen Ende und Infundibulum so gegen das 
laterale Ende des Eierstockes um, dass dadurch eine Tasche erzeugt 
wird, in welcher der Eierstock theilweise gedeckt liegen konnte. Die 
Eierstöcke selbst sind noch klein, 5—6 mm. lang und bohnenförmig. 
Die in der hiesigen anatomischen Sammlung befindlichen äusseren 
Genitalien von Macacus nemestrinus sind denen des Orang, wie auch 
denen des jungen Chimpanze nicht unähnlich. Zwischen den beiden Ge- 
sässschwielen findet sich die längliche Schamspalte, umgeben von zwei 
schmalen Hautfalten, welche sich, nach oben etwas stärker entwickelt, als 
Präputium um die Clitoris herumziehen, und sich zugleich als Frenula 
an dieselbe ansetzen. Die Clitoris ist gefurcht, ihre Glans ist sichtbar, 
aber doch nicht sehr vorstehend. Von einem Hymen ist Nichts zu sehen, 


254 


sondern der Scheidenvorhof hat nur einige Längsfalten, welche an dem 
Scheiden-Eingang bogenförmig, Sinus mucosi bildend, in einander über- 
gehen. Die Scheide ist auffallend weit und ihre Schleimhaut stark ge- 
faltet; es finden sich Längsfurchen, zwischen denen die Schleimhaut mehr 
gerunzelt-als gefaltet ist; mit den Columnae rugarum besteht eigentlich 
keine Aehnlichkeit. Die Portio vaginalis uteri ist gut entwickelt mit 
querem Muttermund, aber doch nicht so ausgesprochener vorderer und 
hinterer Lippe. — Der Uterus ist emfach, es läuft aber über 
den ganzen Körper und Fundus eine senkrechte seichte Furche; der 
Körper ist dick. Die Eierstöcke sind rundlich, an ihrer Oberfläche ganz 
glatt. Die Eileiter verlaufen stark geschlängelt, aber nicht in dem freien 
Rande der breiten Mutterbänder, sondern dieser ist sehr fein entfaltet 
und legt sich über die Eierstöcke herüber. Da zugleich auch die runden 
Mutterbänder mehr breite Falten bilden, so liegen die Eierstöcke fast 
wie in einer Tasche. Das Infundibulum des Eileiters schliesst sich ganz 
dicht an das laterale Ende des Eierstockes an. 

Bei einem Macacus cynomolgus der hiesigen anatomischen Samm- 
lung verhält sich Alles fast geradeso. Die äussere Schaam ist auch hier eine 
Spaltöffnung zwischen den oberen Abschnitten der Gesässschwielen. Die 
Schamlippen beschränken sich fast ganz auf das Präputium und die Fre- 
nula der gefurchten und etwas mehr vorstehenden Clitoris. Am Scheiden- 
Eingang zeigen sich zahlreiche Sinus mucosi mit in dem Scheidenvorhofe 
verlaufenden Falten. Die Scheide ist sehr weit, mit dicken Wandungen, 
die Schleimhaut mit Längs- und Quer-Falten oder vielmehr Wülsten ver- 
sehen. Die Portio vaginalis uteri ist sehr gross, wulstig, der Muttermund 
eine quere Spalte, die hintere Muttermundslippe länger als die vordere. 
Der Cervix uteri stark entwickelt, der Körper rundlich. Die Eileiter 
verlaufen stark geschlängelt, ebenfalls nicht in dem freien Rande der 
breiten Mutterbänder und setzen sich mit einer Fimbrie an das laterale 
Ende des Eierstocks. Die breiten Mutterbänder und die Ala Vespertili- 
onis bilden eine gut entwickelte Tasche für die Eierstöcke. 

Die äusseren Genitalien eines zweiten, ebenfalls der hiesigen ana- 
tomischen Sammlung angehörenden Macacus cynomolgus, welcher 
vor Kurzem geboren hatte, ja wahrscheinlich kurz nach dem Geburts- 
Acte verstorben ist, zeigen eine längliche, ziemlich grosse Schaamspalte, 


255 


welche nach hinten fast bis zum After eingerissen ist. Auch hier kann 
die umgebende Hautfalte meiner Ansicht nach nicht mit den grossen, 
sondern nur mit den kleinen Schamlippen verglichen werden, indem sie 
oben in eine die Otitoris deckende Commissur übergehen, und sich auch 
an die Clitoris mit Frenula ansetzen. Letztere ist nicht sehr gross und 
bis in ihre Glans an ihrer unteren Fläche gefurcht. Am Scheiden-Ein- 
gange finden sich ziemlich stark vorragende, unregelmässige Schleimhaut- 
wülste. Die noch ansehnlich weite Scheide zeigt schwache Querfalten, 
aber keine Columnae rugarum. Die Portio vaginalis ist sehr gross, der 
Muttermänd weit offen und auch hier die hintere Muttermundslippe viel 
dicker und länger und tiefer in die Scheide herabragend, als die vordere. 
— Der Uterus hat eine eiförmige Gestalt; Längendurchmesser 7—8 cm.; 
(Juerdurchmesser 4,3 cm.; Dickendurchmesser auch 4,3 cm. Die Wände 
des Uterus sind gegen 2 cm. dick; die Uterushöhle ist gross, und in- 
wendig ganz rauh, uneben, zottig von der abgelösten Placenta. Beson- 
ders der Fundus uteri muss sich bei der Schwangerschaft stark entwickelt 
haben; denn die Eileiter münden fast ın der Mitte des Uterus. Diese 
Eileiter verlaufen stark geschlängelt in den breiten Mutterbändern, 
aber nicht in deren freien Rande, sondern in einer vorderen Falte, wäh- 
rend in einer hinteren Falte die Eierstöcke liegen. Eine stark ent- 
wickelte Fimbria ovarica setzt sich an das äussere Ende der Eierstöcke. 
Diese sind oval gestaltet; der rechte 1 cm. lang, 0,6 hoch, 0,4 dick, der 
linke 1,2 lang, 0.9 hoch, 0,5 dick; denn in diesem linken befindet sich 
das Corpus luteum, welches warzenartig über die Oberfläche hervorragt, 
und noch fast die ganze Dicke des Eierstockes einnimmt. 

Bei GCercopithecus sabaeus, dessen Genitalien ich von Hrn. Prof. 
Welker erhielt, liegt die nicht sehr grosse Olitoris ziemlich weit nach vorn 
und oben, umgeben von einem mächtigen, faltigen, runden Hautwulst, 
an welchem F. Leuckart grosse und kleine Schamlippen unterscheiden 
will, die ich aber nur für das merkwürdig stark entwickelte Präputium 
Clitoridis halten kann. Es setzt sich dasselbe auch mit zwei feinen Fältchen 
an die untere Fläche der gespaltenen Glans clitoridis an, und geht dann 
in eine 2 cm. lange Rinne über, welche in die ebenso weit nach hinten, 
l em. vor dem After, zwischen den Gefässschwielen liegende Vulva führt. 
Der Eingang in dieselbe ist rund und eng, und führt in einen Scheiden- 

Abh.d. II. Cl.d.k. Ak.d. Wiss. XII. Bd. II. Abthı 34 


256 


vorhof, der durch eine grössere Zahl von Sinus mucosi und deren Bogen- 
falten von dem Scheiden-Eingang abgetrennt ist. Ein eigentlicher Hymen 
findet sich nicht, und war nach der ganzen Beschaffenheit der Theile auch 
sicherlich nie vorhanden. Die Scheidenschleimhaut besitzt feine Längsfalten. 
Die Portio vaginalis uteri ist schwach entwickelt, indem fast nur eine 
vordere Muttermunds-Lippe vorhanden ist. Der Uterus ist einfach und 
menschenähnlich gestaltet; die Eileiter verlaufen wenig geschlängelt und 
zeigen an ihrem Abdominal-Ende ein eigenthümliches Verhalten. Ihr 
Infundibulum zeigt nämlich erstens keine Fimbrien, sondern besteht aus 
einer feingefältelten Membran, und dann wendet sich der Eileiter im letzten 
Stücke seines Verlaufes wieder medianwärts, und setzt sich auffallender 
Weise ohngefähr an die Mitte der vorderen Fläche des Hilus des Eier- 
stockes fest, von wo aus dann eine Falte zum lateralen Ende dieses Eier- 
stockes verläuft. In der That bedurfte es bei dem in Weingeist aufbe- 
wahrten Präparate einer sehr aufmerksamen Untersuchung, bis dieses 
Verhältniss klar wurde. Die Eierstöcke sind bohnenförmig und liegen 
ziemlich weit von dem Uterus entfernt, indem die Ligamenta ovarii über 
l cm. lang sind. Die von Leuckart gegebene Abbildung Tab. II, Fie. 4, 
die überhaupt fast nur in Umrissen ausgeführt ist, entspricht der Be- 
schaffenheit wenigstens des mir vorliegenden Präparates, sehr wenig. 
Von Hapale hatte mir Hr. Prof. Welcker zwei Exemplare zu Ge- 
bote gestellt; aber welcher Art sie wären, weiss ich nicht, da sie alle 
Haare verloren hatten. Da sie aber sehr grosse Ohren haben, so ver- 
muthe ich, dass sie H.rosalia oder chrysomelas angehören. Bei 
beiden sehr abgemagerten Thieren springt die Symphysis ossium ‚pubis 
sehr stark vor, und vor ihrer unteren Hälfte zeigt sich die 7 mm. lange 
vertikale, enge Schamspalte. Sie ist von zwei schwachen Hautwülsten 
umgeben, welche sich oben an die wenig vorspringende kleine Olitoris 
mit Präputium und Frenula ansetzen, sich nach aussen in die Haut ver- 
lieren, und nach innen in die Schamspalte fortsetzen. Nach hinten ver- 
lieren sie sich zum Theil in die Haut des Darmes, gehen aber auch mit 
ihren inneren Rändern, ein Frenulum bildend, ineinander über. 7 mm. 
dahinter liegt die grosse, weit aufstehende Afteröffnung. Die Clitoris ist 
in ihrer kleinen Eichel stark eingeschnitten, und längs ihrer unteren 
Fläche zieht sich, bis zu dem an dem hinteren Ende der Rima pudendi 


257 


liegenden Eingang in den Scheidenvorhof und bis zur Harnröhren-Mün- 
dung eine Rinne. Die Scheide ist verhältnissinässig lang und an ihrem 
Eingang konnte ich eine namentlich von Duvernoy beschriebene hymen- 
artige Bildung nicht auffinden. Duvernoy sagt in Cuviers Lecons d’Anat. 
compare T. VIII, p. 262: Cette membrane consiste dans l’Ouistiti et Mari- 
kina et le Coaita en deux replis semilunaires, dont les cornes se runissent 
en haut et en bas a deux colonnes, qui partagent dans leur longeur le 
parois superieure et. inferieure de la Vulve. Leur bord libre est un peu 
tourne du cot& de celle-ci; ils interceptent une fente perpendiculaire, ou- 
verte entre le vagin et la Vulve. Ich gestehe, das ich leider bei der 
von mir untersuchten Hapale Nichts der beschriebenen Art habe finden 
können. Die Uebergangsstelle zwischen Scheidenvorhof und Scheide ist 
wie immer durch einige Faltenvorsprünge bezeichnet, in welcher ich aber 
keine hymenartige Bildung erkennen kann. Die Scheidenschleimhaut be- 
sitzt schwache Längsfalten. Die Portio vaginalis uteri ist wenig ausge- 
sprochen entwickelt; der Uterus klein und einfach; die Eileiter verlaufen 
wenig gewunden und setzen sich mit ihrem Infundibulum dicht an das 
laterale Ende der länglichen Eierstöcke. 

Die hiesige anatomische Sammlung besitzt auch noch ein von mir 
selbst aus dem Thiere herausgenommenes Präparat der weiblichen Ge- 
schlechtsorgane von Hapale penicillata. Die Schamspalte ist hier 
ganz wie bei den Hallenser Exemplaren. An der oberen Commissur der 
beiden die Schamspalte einschliessenden Hautfalten, findet sich eine sehr 
kleine gefurchte Chtoris. An der Stelle des Hymens finde ich auch 
bei dieser Species Nichts von der von Duvernoy beschriebenen Bildung, 
sondern auch hier ist die Uebergangsstelle zwischen Scheidenvorhof und 
Scheide nur durch die zahlreichen Vorsprünge der Längsfalten der Scheide 
sehr bestimmt- ausgezeichnet. Der Uterus ist dem menschlichen sehr 
ähnlich gestaltet, mit einer gut ausgebildeten Portio vaginalis und 
Muttermunds-Lippen; die Eierstöcke sind rundlich und gut entwickelt. 

Bei einem gleichfalls von mir der hiesigen anatomischen Sammlung 
einverleibten Präparat von Hapale Oedipus, ist die Schamspalte von 
verhältnissmässig starken rundlichen Wülsten umgeben, welche in ihrer 
oberen Vereinigung, die kleine gefurchte Glans clitoridis mit einem Prä- 


putium umgeben. Die Furche zieht sich längs des ziemlich tiefen Schei- 
34* 


258 


denvorhofes zwischen zwei ansehnlichen Falten bis zu der sehr engen 
Harnröhrenmündung. Der Scheidenvorhof hat noch einige andere Längs- 
falten und wird von der Scheide durch die vorspringenden unteren Enden 
zahlreicher Längsfalten der Scheide abgeschieden. Die Scheide ist ver- 
hältnissmässig lang, 1,5cm. Die Portio vaginalis uteri zeigt einen ge- 
franzten Muttermund. Der Uterus ist einfach; die Eileiter verlaufen ge- 
schlängelt und haben ein grosses Infundibulum mit zahlreichen Fimbrien. 
Bei dem ersten Blicke auf die äusseren Genitalien eines weiblichen 
Stentor s. Mycetes ursinus aus der hiesigen anatomischen Samm- 
lung, könnte man sehr genei.tsein zu glauben, man habe ein Männchen mit 
gespaltener Harnröhre vor sich. Denn die kegelförmige Olitoris sieht 
ganz wie ein kleiner Penis mit zurückgezogener Vorhaut aus. der zwischen 
den beiden sehr wulstigen und aufgetriebenen Schamlippen so hervorragt, 
dass man die beiden Hälften eines Hodensackes, in welchem die Hoden 
liegen, zu sehen glaubt. Inzwischen ist es doch nur die Clitoris, welche 
sie zwischen sich fassen, sie setzen sich auch, freilich mit starkem Ab- 
satz, auf die Olitoris fort, und begränzen die an der unteren Fläche der 
Clitoris sich hinziehende und hinten in den Scheidenvorhof übergehende 
Schamspalte, wobei sie sowohl ihren Haarwuchs verlieren, als auch zuletzt 
an der Spitze der Clitoris und an ihrer Furche schleimhautartig werden. 
Der sehr grosse After liegt fast 1,5 cm. hinter der Schamöffnung und ist 
sehr eigenthümlich von einer glatten, fast 3 cm. im Durchmesser hal- 
tenden Hautplatte umgeben, welche sich nach vorne durch eine bogen- 
förmige Falte vom Damme abgränzt. 
inter der kleinen Schamöffnung bildet der Scheidenvorhof einen 
ansehnlichen Hohlraum an dessen Uebergang in die Scheide und an an- 
deren Stellen seiner Wandungen sich halbmondförmig gestaltete feine 
Schleimhaut-Vorsprünge finden, deren Anordnung schwer zu beschreiben 
ist, die ich aber am liebsten als entstanden durch bedeutende Erweite- 
ung des Sinus mucosi des Scheidenvorhofes bei anderen Affen bezeichnen 
möchte. Das Verhalten dieses Scheidenvorhofes ist so auffallend, dass 
man geneigt sein könnte, es für ein pathologisches zu halten, wenn nicht 
alle sonstigen krankhaften Erscheinungen fehlten, und nicht ein zweites 
Präparat einer anderen Species von Mycetes dieselbe Erweiterung des 
Scheidenvorhofes darböte, an welchem allerdings die klappenartigen Vor- 


259 


sprünge der Schleimhaut auf zwei von dein Vorsprunge der Harnröhren- 
Mündung ausgehende kleine Falten beschränkt sind. — Die Scheide ist 
3,5 cm. lang, ihre Schleimhaut ganz glatt, und zeigt an ihrem Ge- 
wölbe hinter der hinteren Muttermunds-Lippe eine einseitige Erweiterung. 
Die Portio vaginalis uteri ist fast auf die hintere Muttermunds-Lippe 
reducirt, indem der Muttermund dicht an der vorderen Wand des Schei- 
dengewölbes liegt. Der Uterus ist auffallend klein, denn er hat nur 
einen Längendurchmesser von kaum 1 cm. und ist im Fundus eben so 
breit. Seine Höhle ist beträchtlich und man kann nicht wohl zwischen 
einem Körper und Hals unterscheiden. — Die Eileiter sind kurz, und 
setzen sich mit ihrem beträchtlich entwickelten Trichter so an das late- 
rale Ende der Eierstöcke an, dass für diese eine, wenn auch unvoll- 
_ kommene, Tasche gebildet wird. Die Eierstöcke sind oval, glatt und 
besitzen etwa 8 mn. im Längendurchmesser. 

An dem Präparat einer anderen kleineren Art von Mycetes, (Sten- 
tor), welches ich Herrn Prof. Welker verdanke. umgiebt die längliche 
Schamspalte ebenfalls ein ansehnlicher rundlicher Hautwulst, den man 
auch geneigt sein könnte als grosse Schamlippen zu bezeichnen, wenn er 
nicht die an dem oberen Ende der Schamspalte hervorragende Clitoris 
an ihrer Basis mit einem Präputium umgebe, und sich unmittelbar in die 
Schamspalte fortsetzte und daher den kleinen Schamlippen als homolog be- 
zeichnet werden muss. Die Clitoris ist kegelförmig gestaltet, läuft in 
eine Spitze aus, und besitzt an ihrer unteren Fläche eine Furche, welche 
mit ihren Rändern unmittelbar in die Ränder der Schamspalte übergeht. 
Der After ist ansehnlich von der hinteren Commissur der Schamlippen- 
Wülste entfernt, etwas kegelförmig vorstehend und von sternförmigen 
Falten umgeben, aber nicht wie bei dem vorigen Exemplar durch eine 
Hautfalte abgegränzt. An der oberen Wand des Scheidenvorhofes mündet 
die Harnröhre auf einem Caput gallinaginis artigen Falten-Vorsprung: 
und an dem Introitus Vaginae befindet sich kein Hymen, sondern einige 
Sinus mucosi. Die Scheide ist in ihrem Innern ganz glatt. Eine eigent- 
liche Portio vaginalis uteri mit Muttermund und dessen Lippen findet 
sich nicht. sondern die Scheide setzt sich unmittelbar in die Höhle des 
Uterus fort. welcher sich nur durch etwas dickere Wandungen auszeichnet 
und in seinem Inneren feine Längsfältchen zeigt. Dieser Uterus ist zwar 


260 


äusserlich nicht getheilt, aber er zieht sich doch gegen die Eileiter hin 
in zwei Hörner aus. Die Eileiter verlaufen nicht in den freien Rändern 
der breiten Mutterbänder, sondern ziemlich entfernt von diesen Rändern, 
zeigen aber sonst ebenso wie die Eierstöcke Nichts besonders Bemerkens- 
werthes. In Carus u. Otto Tabulae Anat. compar. illustr. Heft V Tab. VII 
Fig. 9 findet sich eine etwas steife Abbildung der Genitalien von Mycetes 
fuscus, bei welchem eine Portio vaginalis uteri deutlicher, ausgebildet 
vorhanden zu sein scheint. 

Von Ateles (Coaita) sind die weiblichen Genitalien wegen der höchst 
auffallenden Entwicklung ihrer Clitoris schon von Buffon (Daubenton) 
(.l. Bd. VIH, 1. pag. 23, Tab. III) beschrieben und abgebildet worden. 
Er sagt von ihnen: Die Lefzen des Wurfes waren an dem Eingang der 
Scheide viel dicker als längs der Rinne der weiblichen Ruthe, und letz- 
tere beschreibt er als 1'/2 P.Z. lang und 1 Z.9L. im Umfang; die Eichel 
bestand aus zweien schwärzlichen Knollen die mit einer schlaffen Vorhaut 
umgeben waren, welche durch eine Furche abgesondert wurde, die sich 
längs der Ruthe bis an den Eingang in die Scheide fortsetzte. Diese 
Furche war breit und tief und bildete eine 1'/a Z. lange Rinne. Diese 
grosse Clitoris erwähnten dann auch Spix und Geoffroi St. Hilaire, und 
Duvernoy nennt den Coaita (l.l. p. 262) unter den Affen, welche ein 
Hymen besitzen sollen. 1835 lieferte F. Fugger in Berlin eine bekannte 
Dissertation: De singulari Clitoridis in simiis generis Atelis magnitudine 
et conformatione 1835, in welcher derselbe die äusseren weiblichen Ge- 
schlechtsorgane von Ateles pentadactylus, Beelzebuth und arachnoides 
näher beschreibt und von den ersten beiden Arten abbildet. Er lässt 
die Rima pudendi (fälschlich von ihm als introitus vaginae bezeichnet) 
unbedenklich von den grossen Schamlippen umgeben sein, die Nymphen 
dagegen fehlen oder kaum angedeutet sein, obgleich er jene sich an der 
Bildung des Präputium clitoridis betheiligen lässt. 

Es standen mir zwei Exemplare zur Untersuchung zu Gebot; das 
eine aus der hiesigen anatomischen Sammlung, das zweite von Herrn 
Professor Welker mir übersendet; aber von keinem von Beiden ist die 
Species angegeben. Nach der Beschaffenheit der Clitoris gehören aber 
beide nicht nur verschiedenen Species an, sondern sind auch verschieden 
von den von Fugger abgebildeten. 


261 


An dem Präparat der hiesigen anatomischen Sammlung ist die im 
Bogen vor der Scham herabhängende Clitoris von dem Rücken ihrer 
Wurzel bis zum Rande ihres Präputiums 5,5 cm. lang; von der Vereini- 
gung ihrer Crura bis zur Spitze der Glans 6,6 cm. und gleicht im Ganzen 
am meisten dem oberen breiten Ende eines silbernen Löffels. Sie ist von 
einem lockeren Hautüberzuge umgeben, welcher von der äusseren Haut 
ausgeht, und auch die Ränder der sich an der ganzen unteren Fläche 
der Clitoris hinziehenden Schamspalte bildet. Diese Haut trägt an dem 
Rücken der Wurzel der Clitoris und an der Aussenfläche der Schamlippen 
allerdings die Charaktere der äusseren Haut, ist dunkler pigmentirt und 
besitzt Haare. Allein weiter nach vorn an der Clitoris und namentlich 
an dem ausserordentlich entwickelten Präputium der Glans_ clitoridis, 
endlich an der unteren Fläche der Clitoris und an der Innenseite der 
Schamlippen besitzt sie die Charaktere einer Schleimhaut, ist fein und 
trägt keine Haare. Sie verhält sich also auch hier ganz wie bei den 
anderen Affen und kann ich sie daher nur als den kleinen Schamlippen 
analog bezeichnen. Nach hinten gehen diese Schamlippen in eine stark 
vorspringende Commissur über und von der Mitte derselben zieht sich 
eine Art Raphe bis zum After, an welchem ein Vorfall zu bemerken ist. 
Die Clitoris besitzt, wie ich schon sagte, zwei Crura, allein diese scheinen 
mir nicht mit ihrer Tunica albuginea von der Beinhaut der Sitzbeine 
ausgegangen, und auch nicht von einem M. ischiocavernosus umgeben 
gewesen zu sein, so wie sie denn auch nach der Untersuchung von J. 
Müller und Fugger kein cavernöses Gewebe enthalten, sondern nur aus 
Bindegewebe bestehen. Die Glans clitoridis gleicht vollkommen einer 
seines Nagels beraubten Fingerspitze mit ihrem Nagelbett. Sie ist an 
ihrer unteren Fläche nicht gefurcht, sondern diese Furche entwickelt sich 
erst an der Wurzel der Clitoris und zieht sich dann längs der oberen 
Wand des Scheidenvorhofes ansehnlich tief bis zur Harnröhren - Mün- 
dung hin. 

An dem Scheiden-Eingang kann ich entgegen der Angabe Duver- 
noy’s, keine Spur eines Hymens finden. Der Scheidenvorhof zeigt nur 
einige Falten, namentlich neben der Harnröhren-Mündung, welche durch 
Sinus mucosi an der Uebergangsstelle in die Scheide in einander über- 
gehen, dieselbe aber sehr wenig markiren. Aussen um den Scheidenvor- 


262 


hof ziehen sich zwei Bündel des Levator anı herum; das eine mehr 
nach vorn gegen die Wurzel der Clitoris hin, das andere mehr hinten 
um das Ende der Harnröhre. Einen Bulbus vestibuli, sowie Duverney- 
sche Drüsen konnte ich nicht auffinden. 

Die Scheiden-Schleimhaut besitzt nur in ihrem unteren Ende einige 
schwache Länesfalten und ist sonst glatt. Die Portio vaginalis uteri ist 
gut entwickelt, und die hintere Muttermunds-Lippe länger und rast 
tiefer in die Scheide hinab als die vordere. Der Uterus ist verhältniss- 
mässig klein, kaum 2cm. lang und 1 cm. breit. Auch die Eileiter sind 
kurz, biegen sich mit ihrem Abdominal-Ende medianwärts um und legen 
sich von oben mit ihrem Infundibulum auf die Eierstöcke auf. Sie ver- 
laufen nicht in den freien Rändern der breiten Mutterbänder, sondern 
etwas entfernt von denselben. Die Eierstöcke sind oval, glatt und der 
rechte hat an seinem medialen Ende einen kleinen Neben-Eierstock, wäh- 
rend von dem Parovarium Nichts zu sehen ist. 

An dem Hallönser Coaita ist die Clitoris 5cem. lang; ihre Glans 
hat aber eine Pilzform mit abgesetztem Rande und ist tief gefurcht. 
Die Vorhaut ist lange nicht so gross als bei dem Präparat der hiesigen 
Sammlung. Von einem Hymen konnte ich auch bei diesem Exemplar 
Nichts entdecken, das im Uebrigen Nichts weiter Besonderes darbot. 

An dem mir zu Gebote stehenden Exemplar von Callithrix s. 
Cebus capucinus aus Halle waren leider die äusseren Genitalien bei 
dem Ausbalgen ganz weggeschnitten worden. An der von F. Leuckart 
l.l. Tab. I Fig. 1 und 2 gegebenen Abbildung derselben, kann ich nicht 
wie Dieser grosse Schamlippen erkennen, denn die die Clitoris umgebenden, 
die Schamspalte zwischen sich lassenden und in den Scheidenvorhof über- 
gehenden Hautfalten kann ich nur mit den kleinen Schamlippen paralleli- 
siren. Die Olitoris liegt ansehnlich weit nach vorn, steht weit vor, 
gleicht nach Leuckart dem verkleinerten Penis des Männchen, enthält 
auch einen kleinen Knochen und besitzt an ihrer unteren Fläche eine 
Furche. Das von mir untersuchte Exemplar zeigt an der oberen Wand 
des Scheiden-Einganges, zu beiden Seiten der vorspringenden Harnröhren- 
Mündung zwei Sinus mucosi mit flügelartig sich längs den Seiten 
dieses Eingangs fortsetzenden feinen Fältchen. Auch diese möchte ich 
nicht als Hymen bezeichnen, da sie eine andere Stelle einnehmen, als 


sur. 


263 


der menschliche Hymen. Die Scheide ist in ihrem Innern ganz glatt; 
eine Portio vaginalis uteri kaum vorhanden. Der Uterus ist einfach, 
zeigt aber an seinem Fundus eine kleine Einkerbung, vielleicht das Pro- 
duct der Aufbewahrung ein Weingeist. Die Eileiter sind kurz und setzen 
sich mit ihrem Infundibulum und dessen Fimbrien ganz dicht an das 
laterale Ende des Eierstocks an. Diese Eierstöcke sind bohnenförmig 
gestaltet und verhältnissmässig gross. 


Die Genitalien eines neugeborenen Cebus hypoleucos, welchen 
ich von Hrn. Prof. Welker erhielt, waren mir in Beziehung auf die Frage 
nach einem Hymen besonders werthvoll. Sie zeichneten sich aber noch 
in anderer Hinsicht aus. Vor der hohen Symphysis ossium pubis 
besass die Haut ein besonders stark entwickeltes Unterhaut-Fettgewebe, 
welches an dem oberen Rande der Symphyse zu zwei ansehnlichen, durch 
eine Furche von einander abgetrennten Polstern ausgebildet war. Die 
kleine Schamspalte ist von zwei nicht sehr vortretenden Hautwülsten ein- 
geschlossen, welche nach oben am meisten vortretend, zur Darstellung 
eines, die kleine Clitoris fast ganz deckenden, Präputiums in einander 
übergehen. Nach Hinten verlaufen sie in den Damm, begränzen aber 
auch, wenn man sie auseinander zieht, den Eingang in den Scheidenvor- 
hof mit einer scharf vorspringenden feinen Falte (Frenulum). Die Cli- 
toris ist klein, stark gefurcht, und diese Furche zieht sich zwischen zwei 
scharf entwickelten Falten längs der oberen Wand des Scheidenvorhofes 
bis zu der ziemlich weit hinten liegenden Harnröhrenmündung. Es be- 
finden sich aber in dem Scheidenvorhofe ausser diesen beiden Falten noch 
andere, welche hinten an dem Eingang in die Scheide in Sinus mucosi 
miteinander übergehen, und so die Grenze zwischen Scheide und Scheiden- 
vorhof bezeichnen. Von einer anderen hymenartigen Bildung findet sich 
keine Spur. Die Scheide selbst besitzt nur noch in ihrem untersten Theile 
einige Längsfalten, und bietet sonst, sowie der Uterus, Eileiter und Eier- 
stöcke Nichts Besonderes dar. 


Es war mir möglich, auch noch die weiblichen Genitalien einiger Halb- 
affen zu untersuchen, was bei der Möglichkeit, dass dieselben vielleicht 
noch einige Menschenähnlichkeit aus dem gelobten Lande Lemurien gerettet 
hätten, nicht uninteressant schien. Das Auffallendste an ihnen war mir, 

Abh.d IICL.d. k. Ak.d. Wiss. XIII. Bd. II. Abth. 35 


264 


dass ihre Clitoris wie der Penis von der äusseren und zwar mit Haaren 
besetzten Haut bekleidet ist. 

So sieht man bei einem in der hiesigen anatomischen Sammlung 
befindlichen Präparat von Lemur anjuanensis an der oberen Com- 
missur zweier, die 11—12 mm. lange Schamspalte begränzenden,. äusser- 
lich mit Haaren bekleideten Hautfalten, die gleichfalls von der haarigen 
Haut überzogene, cylindrische oder wurmförmige, übrigens von keinem 
Präputium umgebene, Clitoris liegen. Sie ist bei Lemur nicht durch- 
bohrt, sondern besitzt von der Wurzel an, an ihrer unteren Fläche eine 
Furche, die zur Harnröhren-Mündung führt. An ihrer Basis trägt sie an 
der linken Seite noch einen zweiten kleineren, ähnlich gestalteten, auch 
von der Haut bekleideten, ja eigentlich nur aus der Haut bestehenden 
Auswuchs. Ich weiss nicht ob dieses ein Rudiment einer ganz gespal- 
tenen doppelten Clitoris sein soll; eine Rinne besitzt dasselbe nicht. Die die 
Schamspalte begränzenden Hautfalten gehen hinten 12 mm. vor dem After 
in eine Commissur über, die beim Anspannen selbst ein Frenulum und eine 
Fossa navicularis darbietet. Der grosse After ist von einem eigenen rund- 
lichen Hautwulst umgeben, und durch denselben vom Damme abgetrennt. Beim 
Uebergang in die Schamspalte verlieren die sie begränzenden Hautfalten 
die Haare und werden schleimhautartig. Es fehlt mir hier an einem 
Criterium zur Entscheidung, ob man diese Hautfalten grosse oder kleine 
Schamlippen nennen soll, da sie, wie gesagt, kein Präputium bilden. Da 
sie aber doch oben die Clitoris zwischen sich fassen, und die Schamspalte 
unmittelbar begränzen und bilden, glaube ich doch, dass man sie eher 
mit den kleinen Schamlippen parallelisiren muss. Der eigentliche Ein- 
gang in die Genitalien liegt hinten vor der hinteren Commissur der 
Schamlippen, ist rundlich und ziemlich eng. An dem Uebergang in die 
Scheide kann ich Nichts Hymenähnliches entdecken, obgleich die Stelle 
selbst sehr deutlich durch die vorspringenden unteren Enden von Schleim- 
hautfalten bezeichnet ist, welche der Länge nach die Scheide bekleiden 
und ansehnlich entwickelt sind. Im Fundus der Scheide findet sich eine 
stark ausgebildete Portio vaginalis uteri, deren hintere Muttermunds- 
Lippe auffallender Weise länger ist, d. h. weiter in die Scheide herab- 
ragt als die vordere. An dem Uterus ist der Mutterhals auch noch 
ziemlich derb entwickelt; dann folgt aber ein fast häutiger Mutterkörper, 


265 


der wieder in zwei kräftig ausgebildete Hörner übergeht. Aus diesen 
gehen stark abgesetzt die sehr geschlängelt verlaufenden Eileiter hervor, 
die sich mit einer Fimbrie ihres Trichters an das laterale Ende der rund- 
lichen Eierstöcke ansetzen. 

Buffon (Daubenton) hat Bd. VII. 1, pag. 105. Tab. XXIV, Fig. 4 die 
weiblichen Geschlechtstheile des Mokoko (Lemur catta) beschrieben und 
abgebildet. Sie unterscheiden sich von denen von L.anjouan. vorzüglich 
durch eine andere Beschaffenheit der Clitoris, die viel grösser, löffelförmig 
gebildet, und von einer ansehnlichen Vorhaut umgeben ist. 

An einem Präparat von Stenops (Species?) aus Halle ist zwar auch 
die Haut dicht um die Scham herum abgeschnitten; indessen sieht man 
doch, dass auch hier keine eigentlichen Schamlippen vorhanden waren, 
sondern sich die mit Haaren besetzte äussere Haut unmittelbar in 
die Schamöffnung fortsetzte. Dabei überzieht sie die ziemlich stark kegel- 
förmig vorspringende Clitoris vollkommen, auf deren Spitze, von längeren 
Haaren umgeben, die Harnröhren-Mündung liegt. Die Schamöffnung liegt 
ziemlich versteckt und eng an der Basis der Clitoris und wird 
hinten durch zwei nicht unbedeutende Hautwülste vom Damm geschieden. 
. Der grosse After liegt ansehnlich weit dahinter und der Damm zeichnet sich 
durch starken Haarwuchs aus. Die Scheide ist für die Grösse des Thiers 
und der übrigen Theile auffallend lang, gegen Acm. Ihr unteres Ende 
läuft in einem Bogen nach aufwärts in den Scheidenvorhof über, und 
kann ich an ihrem Eingang keine weitere hymenartige Vorrichtung finden, 
als die vorspringenden unteren Enden ziemlich zahlreicher Länesfalten, 
in welche die Schleimhaut der Scheide gelegt ist. An dem oberen Ende 
der letzteren befindet sich keine Portio vaginalis uteri, und überhaupt 
kein deutlicher Absatz für den Uterus, sondern man gelangt sogleich in 
die zwei kaum 1 cm. langen Hörner, die also einen Uterus duplex dar- 
stellen, aus welchen sich stark abgesetzt die Eileiter entwickeln. Diese 
laufen geschlängelt so in den Rändern der breiten Mutterbänder, dass 
sie durch ihren Ansatz an das laterale Ende und den Hilus der Eier- 
stöcke, eine Tasche bilden, in welcher die letzteren, wenn auch nicht 
ganz abgeschlossen, liegen. 

Buffon (Daubenton) hat 1.1. Bd. VII.1, Tab. XXXI, Fig. 4 die weib- 


lichen Genitalien des Lori (Stenops wahrsch. tardigradus) beschrieben und 
35* 


266 


abgebildet. Verschieden von dem vorstehenden wird nur pag. 121 an- 
gegeben, dass die Clitoris an ihrer Spitze getheilt war, und die Harn- 
röhren-Mündung zwischen den beiden Aestchen sich befand. Auch er- 
kannte Daubenton nicht, dass sich ein Uterus duplex findet, obwohl auch 
er keinen Körper des Uterus beschreibt. 

An einem Präparat der hiesigen anatomischen Anstalt von Oto- 
licnus crassicaudatus sind zwar die die Schamspalte umgebenden 
Hautgebilde nicht erhalten, wohl aber die Clitoris. Dieselbe ist gegen 
3 cın. lang, cylindrisch, 3mm. dick und ganz penisartig gestaltet. Die 
Glans ist von der mit Haaren besetzten Haut umgeben, welche ein Prä- 
putium in ähnlicher Weise, wie an dem männlichen Penis bildet. Auf 
der Spitze der Eichel ist die längliche Harnröhren-Mündung. Am Schei- 
den-Eingang ist kein Hymen zu sehen, allein die an dieser Stelle vor- 
springenden unteren Enden ziemlich stark entwickelter Längsfalten der 
Scheidenschleimhaut, bilden eine scharf markirte Grenze zwischen Scheide 
und Scheidenvorhof. Die Scheide ist 4 cm. lang; sie schliesst durch keine 
Portio vaginalis uteri ab, sondern es münden in ihr oberes etwas ver- 
dicktes Ende direct die beiden nur 5 mm. langen Uterus-Hörner ein, so 
dass wie bei Stenops ein Uterus duplex vorhandenist. Aus diesen Uterus- 
Hörnern entwickeln sich stark abgesetzt die Eileiter, welche stark ge- 
schlängelt in den breiten Mutterbändern bogenförmig auswärts, auf- 
wärts und rückwärts verlaufen, so. dass sie zwei Taschen bilden helfen, 
in denen die Eierstöcke ganz bedeckt liegen, obwohl die Taschen in 
offener Verbindung mit der Peritonealhöhle stehen. 


Diese Untersuchung der äusseren weiblichen Genitalien der mir zu 
Gebote gestandenen Affen, ausser den Anthropoiden, liefert auch hier das 
Resultat, dass dieselben keine grossen Schamlippen und keinen Mons 
Veneris besitzen, sondern die Rima pudendi nur von zwei Hautfalten be- 
gränzt. wird, welche, wegen ihrer Beziehung zur Olitoris als Analoga der 
kleinen Schamlippen betrachtet werden müssen. Allerdings sind dieselben 
bei einigen Arten, wie Cebus und Stentor so stark wulstig entwickelt, 
dass man sie auf den ersten Anblick gewiss allgemein als grosse Scham- 
lippen zu bezeichnen geneigt sein wird. Allein da sie das Präputium 


267 


und die Frenula clıtoridis bilden, darf man ihnen nicht diesen Charakter, 
sondern nur den der kleinen Schamlippen zuschreiben. — Die Clitoris 
ist bei fast allen Affen ansehnlich gross, vortretend und an ihrer unteren 
Fläche gefurcht. Ganz besonders gross ist sie bei Ateles, klein bei Ha- 
pale; bei den Halbaffen ist sie penisartig von der Haut bekleidet und 
bei Stenops, Otolicnus u. A. von der Harnröhre durchbohrt. -— Der 
Scheidenvorhof ist auch hier meist ziemlich tief, besitzt Falten, und ist 
durch solche von der Scheide abgegränzt, aber niemals durch ein eigent- 
liches Hymen. Von den den Scheidenvorhof umgebenden Gebilden kann 
ich nur von der Muskulatur sagen, dass dieselbe meist kräftig entwickelt 
ist; einen Bulbus Vestibuli und die Duverney’schen Drüsen konnte ich 
nicht beobachten. — Die Scheidenschleimhaut ist oft glatt, hat zuweilen 
aber auch stark entwickelte Falten; niemals aber Columnae rugarum. 
Die Portio vaginalis uteri ist öfters gut entwickelt vorhanden, fehlt aber 
auch öfter und es finden sich keine, oder nur eine Muttermunds-Lippe, 
bald die vordere, bald die hintere. Der Muttermund liegt dann bald an 
der vorderen, bald an der hinteren Gränze des Scheidengewölbes. Von 
den Halbaften haben Otolicnus und Stenops einen doppelten Muttermund 
und doppelten Uterus. 


Aus den vorstehenden Untersuchungen ziehe ich nachfolgende 
Schlüsse: 

1. Die Weiber aller Menschenracen besitzen, so weit sie bis jetzt 
bekannt sind, grosse Schamlippen und einen Schamberg mit dem auf 
beiden befindlichen stärkeren Haarwuchs. Bei -einigen Stämmen der 
äthiopischen Race, vorzüglich den Buchmänninen und Hottentottinen, 
scheint allerdings eine geringere Entwicklung des Schamberges, der 
grossen Schamlippen und des Haarwuchses auf beiden vorzukommen, 
ganz fehlen sie dagegen nirgends. 

2. Dagegen besitzen weder die Weibchen der Anthropoiden, noch 
der übrigen Affen einen Schamberg, grosse Schamlippen und stärkeren 
Haarwuchs an den äusseren Genitalien. Nur allein der Orang-Utan hat 
vielleicht eine schwache Andeutung grosser Schamlippen. 

3. Umgekehrt ist eine mässige Entwicklung der kleinen Schamlippen 
oder Nymphen mit Präputium und Frenula Clitoridis die Regel bei dem 


268 


menschlichen Weibe, wenn gleich eine stärkere und selbst sehr starke 
Entwicklung derselben nicht blos als individuelle Eigenthümlichkeit, son- 
dern auch als allgemeine Eigenschaft bei mehreren Völkerschaften der 
äthiopischen Race, namentlich bei Buschmänninnen und Hottentottinnen, 
in der Form der sogenannten Hottentotten-Schürze vorkommt. Doch ist 
dieses keineswegs bei allen Negerinnen auch nur in geringerem Grade 
der Fall; ja es lässt sich nicht einmal sicher constatiren, ob nicht in 
manchen Fällen die Sitte künstlicher Einwirkung eine Verlängerung der 
Nymphen und des Präputiums hervorbringt. 

4. Dagegen bilden bei den Anthropoiden und übrigen weiblichen 
Affen, die kleinen Schamlippen allein die Begränzung der Schamspalte, 
und sind als solche, namentlich als Präputium und Frenula clitoridis, 
meistens stark entwickelt. Dass die die Schamspalte begränzenden Haut- 
falten mit den kleinen und nicht mit den grossen Schamlippen zu 
parallelisiren sind, geht, obwohl sie an ihrer äusseren Fläche meistens 
die Charaktere der äusseren Haut und einen wenn auch geringen Haar- 
wuchs besitzen, aus ihrer Beziehung zur Clitoris, deren Vorhaut und 
Bändchen sie bilden, und auch daraus hervor, dass sie eben die Schamspalte 
unmittelbar zwischen sich fassen. 

5. Die Anthropoiden und fast alle Affenweibchen besitzen eine nicht 
nur relativ, sondern meist selbst absolut grössere Clitoris als das mensch- 
liche Weib. Die Glans clitoridis ist gewöhnlich viel stärker bei jenen 
als bei diesem entwickelt, oft deutlich von dem Körper abgesetzt, an ihrer 
unteren Fläche fast ausnahmslos gefurcht, und diese Furche setzt sich 
bis zur Harnröhren-Mündung an der oberen Wand des Scheidenvorhofes 
fort. Ungewöhnliche Grösse oder gar Furchung der Clitoris bei dem 
menschlichen Weibe kommt nur als individuelle Abweichung und Hem- 
mungs-Bildung vor. 

6. Kein Anthropoiden- oder Affenweibchen besitzt an dem Scheiden- 
Eingang ein Hymen in der bei dem menschlichen Weibe allgemeinen 
und normalen Form einer von dem unteren und den Seiten-Rändern 
an dem Scheiden-Eingang halbmondförmig vorspringenden häutigen Klappe. 
Allerdings ist bei den Anthropoiden sowie bei anderen Affen, der Ueber- 
gang aus dem Scheidenvorhofe in die Scheide fast immer deutlich mar- 
kirt, und zwar entweder durch bogenförmige ineinander übergehende 


269 


Falten der Schleimhaut des Scheidenvorhofes, oder durch die unteren 
Enden der Schleimhaut-Falten der Scheide. Jene Bogenfalten fliessen sogar 
zuweilen, wenn gleich selten und nur individuell, in einander über, und 
bilden dann eine niedrige ringförmige Falte an dem Scheiden-Eingang ; 
ein unbefangenes Urtheil wird indessen diese Bildung niemals mit der 
Bildung des menschlichen Hymens gleichstellen. 


7. Der Scheidenvorhof ist bei den Anthropoiden und Affen überhaupt 
immer tiefer als bei dem menschlichen Weibe und zeichnet sich häufig, 
durch die eben erwähnten Falten und deren bogenförmige Uebergänge 
(Sinus mucosi) aus, welche bei dem menschlichen Weibe ganz fehlen. 
Ich vermuthe, dass dieselben bei jenen die Duverney’sche oder Bartho- 
linische Drüsen bei diesen ersetzen, welche daher bei den Affen fehlen 
würden. Ich habe sie nirgends finden können, wage aber dennoch ihr 
Fehlen nicht bestimmt auszusprechen, da ihr Auffinden bekanntlich oft 
besonders an älteren Weingeist-Präparaten sehr schwierig und die Stärke 
ihrer Entwicklung sehr individuell ist. 

8. Die Scheide der Anthropoiden und anderer Affen zeigt nie jene 
eisenthümlichen, unter dem Namen der Columnae rugarum bekannten 
Falten der Schleimhaut, wie bei dem menschlichen Weibe. Es scheint 
zwar, dass diese Falten auch bei den Weibern verschiedener Racen und 
Völkerschaften verschieden stark entwickelt sind; allein sie fehlen doch 
in dem unteren Theile der Scheide nie ganz, während sich in der Scheide 
der Affen entweder gar keine, oder meistens nur Längsfalten, selten, wie 
bei Cynocephalus palmblattähnlich angeordnete oder Faltenzotten finden. 


9. Es ist längst bekannt, dass mit der stärkeren Beckenneigung bei 
den Anthropoiden und anderen Affen als bei dem menschlichen Weibe 
die Scheide bei jenen einen mehr geraden Verlauf nach hinten, bei diesem 
einen mehr gebogenen Verlauf nach vorne nimmt. 

Diese Eigenthümlichkeit, so wie die von 1., die Entwicklung eines 
Schamberges und der grossen Schamlippen, steht wie schon Blumenbach, 
und Cuvier hervorhoben, offenbar mit dem Modus coeundi bei den Affen 
a posteriori, bei dem Menschen ab anteriori in Zusammenhang. Die 
Wahrheit der Angabe von Fouche d’Obsonville (Observations philos. sur 
les moeurs d’animaux 6trangeres pag. 167), dass man Affen sich ab an- 


270 


teriori habe begatten sehen, ist aus diesen organischen Bedingungen 
ebenso unwahrscheinlich, als die Mittheilung von Dr. Pechuel-Loesche 
(Zeitschr. f. Ethnologie 1878 p. 26) merkwürdig ist, dass bei den Loango 
Negern, sowie der Angabe nach, bei den Tschuktschen und Namollos 
{im östlich russischen Asien an der Sibirischen Küste) der Coitus liegend 
von der Seite ausgeführt werde. 

Da nun in allen diesen Punkten; Fehlen der grossen Schamlippen 
und des Mons Veneris mit stärkerer Haarentwicklung: stärkerer Bu 
wicklung der Nymphen und der Clitoris, sowie Furchung und stärkerer 
Ausbildung der Glans der letzteren: Fehlen einer eigentlichen Scheiden- 
klappe und der Columnae Rugarum der Scheide: gestreckterem Verlauf 
der Scheide nach hinten und dem Coitus a posteriori, die Anthropoiden- 
Affen mit ihren niederen Stammverwandten übereinstimmen, und von 
dem menschlichen Weibe sich unterscheiden, so erachte ich den Huxley- 
schen Satz: dass die Anthropoiden-Affen sich in allen anatomischen Ver- 
hältnissen mehr an den Menschen, als an ihre niederen Stammverwandten 
anschliessen, auch für die weiblichen äusseren Geschlechts- und Begat- 
tungsorgane für widerlegt. 

Man kann ferner durchaus nicht einfach’ sagen, dass die Gestaltung 
der äusseren Geschlechtsorgane der Anthropoiden oder der Affen über- 
haupt, ein Stehengebliebensein auf einer niederen Entwicklungsstufe 
bezeichnet, gegen Jie Gestaltung derselben Organe des menschlichen 
Weibes, oder dass,. anders aufgefasst, diese eine höhere Entwicklungsstufe 
erreicht hätten als jene. Denn wie ich oben angegeben habe, treten die 
grossen Schamlippen schon in einer sehr frühen Zeit bei dem mensch- 
lichen Embryo auf, wenn von den übrigen äusseren Geschlechtsorganen 
kaum der Geschlechtshöcker angedeutet ist. Bedeuteten die Geschlechts- 
organe der Affen daher eine niederere Entwicklungsstufe, so müssten wir 
bei ihnen gerade eine sehr starke Entwicklung der grossen Schamlippen 
erwarten. 

In der hiesigen anatomischen Sammlung befindet sich der Fötus 
eines langgeschwänzten Affen, der freilich vom Scheitel bis zur Schwanz- . 
wurzel schon 6 cm. misst, und was noch mehr zu bedauern, von mir in 
seinem Glase ganz aufgetrocknet gefunden wurde. Doch gelang es ihn 
so weit aufzuweichen, dass sein weibliches Geschlecht bestimmt zu er- 


271 


kennen und zu constatiren war, dass das grosse gefurchte Geschlechts- 
glied und die Vulva von keinen irgend stärker entwickelten Hautwülsten 
umgeben ist. 

Umgekehrt verhält es sich in Beziehung auf die Clitoris und die 
Nymphen. Diese sind, wie wir gesehen haben, im früheren Embryonal- 
leben des Menschen relativ viel stärker entwickelt als später. Diesen 
Zustand bieten uns die Affen als bleibende Bildung dar, welche also eine 
niedere Entwicklungsstufe bezeichnet. Starke Entwicklung der Clitoris 
und der Nymphen ist daher auch, wie es scheint, eine Eigenthümlich- 
keit, welche bei den Weibern niederer Race, namentlich der äthiopischen 
häufiger als in anderen Racen vorkommt. Bei denselben finden wir 
auch die, wenn gleich seltenen Beispiele einer Verkümmerung der grossen 
Schamlippen. 


Abh.d.11.Cl.d k.Ak.d. Wiss XIII.Bd. II. Abth. 96 


6) 
1 
[S) 


Beschreibung der Tafeln. 


nn 


Tabula I. 


Fig. I. Aeussere Genitalien einer Deutschen; nach einer Photographie eines in 
der hiesigen anatomischen Sammlung befindlichen Präparates. g 


Fig. II. Aeussere Genitalien eines achtmonatlichen weiblichen Mulatten-Fötus, 
nach einer Photographie des in der hiesigen anatomischen Sammlung 
befindlichen Originals. 

Fig. III. Aeusere Genitalien eines siebenmonatlichen weiblichen Negerfötus, nach 
einer Photographie des in der anatomischen Sammlung zu Halle aufbe- 
wahrten Fötus. 

Fig. IV. Aeussere Genitalien eines in der hiesigen anatomischen Sammlung befind- 
lichen fünfmonatlichen Chinesen-Fötus; ebenfalls nach einer Photographie. 

Fig. V, VI und VII. Copien dreier über die erste Entwicklung der äusseren weib- 
lichen Genitalien von Professor Ecker in seinen Erläuterungstafeln zur 
Physiologie Tab. XXIX gegebenen Abbildungen. Fig. V aus der achten, 
Fig. VI aus der zehnten, Fig. VII aus der zwölften Woche des Embryo- 
nallebens; V und VI zweimal vergrössert. 

Fig. VIII. Aeussere Genitalien eines neugeborenen Mädchens, die grossen Schamlippen 
etwas von einander entfernt. Nach einer Photographie eines Präparates 
der hiesigen anatomischen Sammlung. 


Tabula II. 

Fig. IX. Copie einer von Tiedemann von den äusseren Genitalien einer Buschmännin, 
der sogen. Venus Hottentotte, in Paris entnommenen Abbildung. Die 
grossen Schamlippen sind schwach entwickelt. 

Fig. X. Copie einer von Tiedemann nach einem in dem Hunterian Museum in London 
befindlichen Präparate über die äusseren weiblichen Genitalien einer 
Negerin entnommenen Abbildung. 


Tabula III. 
Fig. XI. Aeussere weibliche Genitalien eines 18 jährigen Bastard-Mädchen einer Neu- 
Caledonierin und eines Basken; nach einer Photographie des mir von 
Dr. Nicati in Marseille gesendeten, und jetzt der hiesigen anatomischen 
Sammlung einverleibten Präparats. 
Fig. XII. Aeussere weibliche Genitalien einer Indianerin aus Surinam; nach einer 
| Photographie eines Präparates der anatomischen Sammlung in Halle. 
Fig.XIII. Aeussere weibliche Genitalien eines Javaner-Fötus aus dem sechsten Monate; 
ebenfalls nach einer Photographie eines Präparates der anatomischen 
Sanımlung in Halle. 


oeoÄAanuapwomw- 


- 
(9) 


. Grosse Schamlippen. 
. Kleine Schamlippen. 


. Präputium Clitoridis. 

. Frenula Clitoridis. 

. Frenulum labiorum. 

. Scheidenvorhof. 

. Harnröhren-Mündung. 

. Falten und Sinus mucosi des Schei- 


. Hymen. 


Tabula IV. 


. XIV. Aeussere weibliche Genitalien des Dresdener Chimpanse Mafoka; nach 


einer Zeichnung des Hrn. Stud. Med. Pauli nach der Natur. 


. XV. Die äusseren weiblichen Genitalien eines jüngeren Chimpanse, nach einer 


Photographie, von eimem von Hrn. Prof. Lucae in Frankfurt gesen- 


deten Thiere. 


. XVI. Die gesammten weiblichen Genitalien, Harnblase und Mastdarm des 


Chimpanse Mafoka. Die Scheide nebst dem Scheidenvorhofe und dem 
Uterus sind von der linken Seite her aufgeschnitten und auseinander 
geschlagen. Nach einer Zeichnung des Herrn Pauli. 

Tabula V. 


. XVII. Aeussere Genitalien eines halberwachsenen, von Hrn.Dr. A. B. Meyer in 


Dresden gesendeten Orang-Outan; nach einer Photographie. 


. XVIII. Die gesammten Genitalien nebst Harnblase und Mastdarm desselben Thieres; 


Scheidenvorhof, Scheide und Uterus auf der linken Seite aufgeschnitten 
und auseinandergelegt. Nach einer Photographie. 


Tabula VI. 


Photographie. 


. XIX, Aeussere weibliche Genitalien eines Gorilla aus Dresden nach einer 


. XX. Die gesammten Genitalien nebst Harnblase und Mastdarm desselben 


Thieres: Scheidenvorhof und Scheide auf der linken Seite aufge- 
schnitten und auseinander gelegt; nach einer Photographie. 


. XXI. Aeussere weibliche Genitalien von Hylobates jemeisuss nach einer Zeich- 


nung von Hrn. Stud. Med. Klausner. 


. XXII. Die gesammten Genitalien nebst Harnblase und Mastdarm desselben Thieres. 


Scheidenvorhof und Scheide auf der linken Seite aufgeschnitten; nach 
einer Zeichnung des Hrn. Klausner. 


Gemeinschaftliche Bezeichnungen aller Figuren: 


Clitoris. 


{} 
| 
| 
denvorhofes. | 
| 


11. Scheide. 

12. Portio vaginalis uteri mit Mutter- 
mund und Muttermunds-Lippe. 

13. Uterus. 

14. Eileiter. 

14*Rundes Mutterband. 

15. Infundibulum des Eileiters. 

16. Eierstock. 

17. Harnblase. 

18. Mastdarm. 

19. After. 


36 * 


‚ Einleitung . 


Aeussere eibliehe Besehlschtenreane der ee 


Inhalt, 


nn 


Einiges aus der Entwicklungs-Geschichte der weiblichen alien 


Aeussere weibliche Geschlechtsorgane nicht europäischer menschlicher Racen 
1. Literatur über dieselben . 


2. Briefliche Mittheilungen mehrerer Reisenden über dieselben & 


9. Präparate über dieselben 
a) Von Erwachsenen . 
b) Vom Fötus . 


Aeussere weibliche Gesch hie von Affen 


1. Literatur über dieselben . 
2. Beschreibung derselben von Antbropoiden 


a) Chimpanse 

} b)ROrane ee: 
C)aKon laser 
d) Hylobates 


3. Beschreibung derselben von Srackn Aften ei Halbaffen 


Schlussbemerkungen 


. 


Pag. 
209 
212 
216 
217 
218 
224 


Alad.D.C.Bd A072 Abth, Ei Schörg. 


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v.Bischoff, Geschlechtsorgane der Affen. Taf. W. 


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| 
Inhalt. 


tinellidae und Caleispongiae. Von Karl Alfred Zittel 


Die Veränderlichkeit in der Zusammensetzung der atmosphärischen Luft. Von 
Ph. v. Jolly . 


Theorie der Gärung. Von ©. v. Nägel . 
83 


Vergleichend anatomische Untersuchungen über die äusseren weiblichen Ge- 


schlechts- und Begattungsorgane des Menschen und der Affen, insbesondere 


der Anthropoiden. Von Dr. Th. L. W. von Bischoff. Mit sechs Tafeln 
Abbildungen ; 


Studien über fossile Spongien. Dritte Abtheilung. _Monactinellidae, Tetrac- 


Seite 


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75 


2 MATHEMATISCH- PHYSIKALISCHEN GLASSE 


. DER KÖNIGLICH BAYERISCHEN 


DREIZEHNTEN BANDES 


DRITTE ABTHEILUNG. | 
IN DER REIHE DER DENKSCHRIFTEN DER XLVIII. BAND. | 


MÜNCHEN, 

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VERLAG DER K. AKADEMIE, 

IN COMMISSION BEI 6. FRANZ. | u 


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ABHANDLUNGEN 


DER 


MATHEMATISCH-PHYSIKALISCHEN CLASSE 


DER KÖNIGLICH BAYERISCHEN 


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DREIZEHNTEN BANDES 
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ABHANDLUNGEN 


MATHEMATISCH-PHYSIKALISCHEN CLASSE 


DER KÖNIGLICH BAYERISCHEN 


AKADEMIE »ux WISSENSCHAFTEN. 


DREIZEHNTEN BANDES 


DRITTE ABTHEILUNG. 
IN DER REIHE DER DENKSCHRIFTEN DER XLVIII. BAND. 


MÜNCHEN, 
1880. 
VERLAG DER K. AKADEMIE, 
IN COMMISSION BEI G. FRANZ. 


Inhalt. 


Beiträge zur Anatomie des Gorilla. Von Dr. Th. L. W. von Bischoff in München 
Das Bayerische Präcisions-Nivellement. Fünfte Mittheilung von Karl Max 


von Bauernfeind. Mit einer Uebersichtskarte 


Ueber die Berechnung der wahren Anomalie in nahezu parabolischen Bahnen. 
Von Theodor Ritter von Oppolzer . 


Ueber die äusseren weiblichen Geschlechtstheile des Menschen und der Affen, 
Nachtrag von Dr. Th. L. W. von Bischoff. Mit zwei Abbildungen 


Ergebnisse aus Beobachtungen der terrestrischen Refraktion. Erste Mittheilung 
enthaltend die Feststellung von Thatsachen. Mit zwei Steindrucktafeln. 
Von Karl Maas von Bauernfeind 


Seite 


1178) 


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Von 


Dr. Th. L. W. v. Bischoff 


in München. 


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Beiträge zur Anatomie des Gorilla 


von 


Dr. Th. L. W. Bischoff in München. 


Mit Vergnügen habe ich die mir durch die Freundlichkeit des Herrn 
Director Dr. A.B. Meyer in Dresden gebotene Gelegenheit ergriffen, einen 
Jungen weiblichen Gorilla anatomisch zu untersuchen, der mir ausser dem 
Skelet, dem Gehirn und einigen Fragmenten der weiblichen Genitalien 
bisher durch eigene Beobachtung noch nicht bekannt war. 

Leider befand sich, wie gewönlich, der Cadaver des Thieres in einem Zu- 
stande, welcher eine genaue und umfassende anatomische Bearbeitung und 
Untersuchung ohnmöglich machte. Derselbe war offenbar nach dem Tode des 
Thieres zuerst in einen bereits weitfortgeschrittenen Zustand der Fäulniss ge- 
rathen und dann in ganz starken Weingeist gesteckt worden. Nachdem erstere 
bereits Vieles z. B. das Gehirn, die Epidermis ete. ganz zerstört hatte, hatte 
der letztere einen solchen Grad der Erhärtung herbeigeführt, dass es 
z. B. ohnmöglich war, die Haut im Ganzen abzuziehen, ja dieses an 
Händen und Füssen, ausserordentlich schwierig, am Kopf und Gesicht gar 
nicht ausführbar war, selbst nach längerem Einweichen im Wasser. 

‘ Meine Resultate sind also nur sparsam und manchmal unsicher; 
dennoch glaubte ich sie bei der Seltenheit der Gelegenheit bekannt machen 
zu sollen. Sie betreffen vorzugsweise die Muskeln und Eingeweide; Gefässe 
und Nerven war es nicht möglich zu berücksichtigen. 

Das Thier, welches wie gesagt, weiblichen Geschlechtes ist, besitzt 
alle zwanzig Milchzähne vollkommen entwickelt, aber noch keine Spur 
der bleibenden Zähne. Es misst vom Scheitel bis zur Ferse bei mög- 


lichst gestreckten Knieen, 60 Ctm.; vom Scheitel bis zum Steiss 40. Die 
1* 


4 


Länge der oberen Extremität von der Schulter bis zur Spitze des 
Mittelfingers beträgt 38 Ctm.; die Länge der untereh Extremität von der 
Höhe des Trochanter major bis zur Spitze der Mittelzehe, bei möglichst 
gestrecktem Knie und gebeugtem Fusse, 26 Ctm. Die obere Extremität 
ist also noch immer, wie bei allen Affen, länger als die untere; die Ver- 
hältnisszahl ist 100:70, während sie beim menschlichen Weibe nach Krause 
100:141,5 ıst. Da nach Hr. Prof. Aeby (Morpholog. Jahrbuch IV. 1878 
p- 296) bei dem erwachsenen Gorilla die Verhältnisszahl zwischen oberer 
und unterer Extremität 100: 88,6 beträgt, ich dieselbe mir sogar von einem 
anderen Gorilla (ich glaube einem Pariser) wie 100:95 aufgeschrieben 
habe, so scheint es, dass der Unterschied zwischen Gorilla und Mensch 
in dieser Hinsicht mit fortschreitendem Alter und Wachsthum der Esteren 
abnimmt. Bei dem Menschen nimmt bekanntlich das Yerhältniss des Längen- 
unterschiedes zwischen oberer und unterer Extremität mit dem Alter und 
Wachsthum zu. Denn bei dem neugeborenen Mädchen beträgt dasselbe am 
Skelet 100 :106—-108 und steigt erst allmälig bis zum 15—16. Lebensjahre 
auf 100:140—145. Der erwachsene Gorilla steht also in dieser Hinsicht dem 
memschlichen Kinde näher, oder letzteres ersterem; aber das Kind ent- 
fernt sich von dem Gorilla um so mehr, je mehr es wächst. 
| Die Muskeln. 

Bis vor Kurzem war die allerdings umfassende und gründliche Be- 
schreibung der Muskeln des Gorilla durch Duvernoy, (Archives du Museum 
d’Hist. nat. T. VIII. 1855—56 p. 75) so ziemlich die einzige Quelle unserer 
Kenntniss der Myologie dieses Thieres, zu welcher Huxley in seinen Vor- 
lesungen über die Classification und die Structur der Säugethiere (Med. 
Times 1864, Vol. I. p. 537) einige Zusätze geliefert hatte. Im Jahre 1873 
gab sodann A. Macalister in den Proceedings of the royal Irish Academy 
Vol. I. Ser. I. p. 501 eine kurze aber neue Beschreibung der Muskeln 
eines jungen, weiblichen Gorilla; und soeben (April 1879) erhalte ich von 
Dr. Chapman in Philadelphia eine abermalige, noch kürzere Beschreibung 
derselben, von einem 15—18 Monate alten männlichen Thiere (Proceedings 
of the Academy of nat. Sciences of Philadelphia 1878. p. 385. Wo 
Wymann nach einem Citat Macalisters die Muskeln eines Gorilla be- 
schrieben hat, weiss ich nicht. 

Das Object ist also nicht mehr unbekannt und es lässt sich vermuthen, 


5 


dass auch Herr Prof. Hartmann in Berlin, sowie Herr Dr. Bolau in 
Hamburg, die ebenfalls im Besitz von Gorilla Cadavern sind, auch deren 
Muskeln bearbeiten werden. Dennoch halte ich auch die Mittheilung 
meiner Beobachtungen nicht für nutzlos, da selbst Wiederholungen des 
Bekannten, bei einem so merkwürdigen und doch seltenen Thiere ihren 
Werth haben und ich ausserdem die Bemerkuns gemacht habe, dass Varie- 
täten in der Anordnung der Muskeln der Anthropoiden überhaupt und 
des Gorilla insbesondere, wie mir scheint sehr bemerkenswerther Weise, 
häufig auftreten. Es sind, wie ich glaube, noch nicht zwei Orang, Chim- 
panse, Gorilla untersucht worden, bei denen die Anordnung der Muskeln 
ganz dieselbe war, und wenn dabei auch vielleicht einige Irrthümer mit 
unterlaufen, so ist das doch gegenüber der Häufigkeit der Muskelvarietäten 
beim Menschen auffallend. 


1. Gesichts- und Kopfmuskeln. 


Ich kann allerdings von dem Verhalten der Gesichts- und Kopf- 
muskeln meines Gorilla, wegen des Zustandes der völligen Verhornung 
der Haut durch den Weingeist und bei dem Zustande grosser Abmagerung- 
fast Nichts aussagen. Duvernoy hat 1. I. p. 191 diese Muskeln fast ganz 
in Uebereinstimmung mit den menschlichen beschrieben und auch theil- 
weise Pl. XII. Fig. ©. abgebildet; und da er allein ein ausgewachsenes 
Thier bearbeitete, so erhalten dadurch seine Angaben eine besondere Zu- 
verlässigkeit. Er glaubt nur, dass wegen der starken Entwicklung der 
Kiefer diese Muskeln bei dem Thiere einen ganz anderen physiognomischen 
Effect hervorbringen, als bei dem Menschen. Auch Macalister gibt fast alle 
Gesichtsmuskeln wie beim Menschen an; nur ein Lacrymalis und Corrugator 
supercilii sollen gefehlt haben und nur ein Zygomaticus vorhanden gewesen 
‚sein; er nennt die drei Muskeln für das äusssere Ohr, einen starken Retrahens, 
breiten Attollens und schwachen Attrahens, von denen Duvernoy Nichts sagt. 


Ich habe mich bei meinem Gorilla nur davon überzeugen können 
wie schon früher bei dem Hylobates, Chimpanse und Orang, dass die Ge- 
sichtsmuskeln bei diesen Affen zwar so vorhanden sind, dass man dieselben 
Züge der Fasern unterscheiden kann, wie bei dem Menschen. Allein 
ausserdem, dass sie entschieden schwächer entwickelt, ihre Bündel weniger. 
dick sind, hängen sie so zusammen, dass wenn man die Trennungen bei 


6 


dem Menschen nicht kennen würde, man schwerlich die einzelnen Muskeln 
wie bei diesem unterscheiden würde. Herr Dr. Meyer hat mir zum Ver- 
gleich auch einen halbausgewachsenen Orang überlassen, bei dem die 
Zähne schon gewechselt haben, der ferner gut conservirt und ausserdem 
sehr fett auch im Gesicht war, so dass die Gesichtsmuskulatur sich ver- 
hältnissmässig günstig bearbeiten liess. Herr Prof. Rüdinger hat diese 
Präparation ausgeführt, und ich glaube, es wird erwünscht sein, wenn 
ich Figur I eine Abbildung dieses Präparates in natürlicher Grösse gebe. Man 
kann an demselben allerdings einen M. frontalis und occipitalis, einen Orbi- 
cularis palpebrarum mit seinen verschiedenen Zonen; aber keinen Corrugator 
supercilii, einen starken Procerus, einen Levator labii superioris alaeque nasi, 
einen starken Levator labii superioris proprius und einen Levator anguli oris 
unterscheiden. Einen breiten Zygomaticus würde ich nur mit dem Zygomati- 
cus, minor des Menschen parallelisiren, weil er nur mit den Bündeln des 
Orbicularis oris zusammenhängt oder von ihnen und der Kopf- Gesichts- 
Fascie ausgeht, aber nicht vom Jochbeine entspringt. Ein Compressor nasi fehlt 
sowie auch die Nasenflügel-Muskeln sich kaum unterscheiden lassen, was 
bei der schwachen Entwicklung der äusseren Nase dieses Affen kaum zu 
verwundern ist. Der Orbicularis oris ist ganz ausserordentlich stark ent- 
wickelt, obwohl seine Bündel nicht so stark von einander getrennt sind, 
als bei. dem Menschen und man an seiner oberflächlichen Schichte die 
kreisförmige Anordnung seiner Fasern kaum erkennet, weil dieselben alle 
unmittelbar in die Haut übergehen. Die vier Mm. incisivi sind gut ent- 
wickelt. Der Triangularıs und Quadratus menti hängen sehr genau mit 
dem Subcutaneus Colli oder dem Platysma zusammen. Dieser ist wie bei 
allen diesen Affen stark entwickelt, geht unten sehr breit von der Brust und 
der Schulter aus, und geht auch sehr breit in das Gesicht über, obgleich 
sich ein guter Theil seiner Fasern auch an den Unterkiefer ansetzt. An ‘ 
dem Buccinator sowie den vier Kaumuskeln fand ich Nichts von der An- 
ordnung „beim Menschen Abweichendes. Alle diese Muskeln sind auch 
schon vor Jahren von Owen (Proceedings of the Zoolog. Soc. of London 
I. 1830. pag. 28) vom Orang angegeben worden, aber eine gute natur- 
getreue Abbildung fehlte bis jetzt; denn Sandifort gibt dieselben gar nicht, 
und die von Cuvier sind sehr unvollkommen. 
Die äusseren Ohrmuskeln habe ich bei keinem Anthropoiden auffinden 


ll 


könnem Bei dem Gorilla, an welchem sich die Ohren noch befinden, 
glaube ich bestimmt sagen zu können, dass sie bei diesem jungen Thiere 
‚nicht vorhanden sind, denn ich habe selbst mit dem Mikroskop in den 
Gegenden, wo sie sich finden sollen, keine quergestreiften Muskelfasern 
erkennen können. Vielleicht bilden sie sich im späteren Alter noch aus, 
Bei dem Orang und Chimpanse wage ich es nicht so bestimmt ihre Ge- 
genwart zu läugnen, weil die Ohren mit der Haut abgeschnitten waren, 
und dabei möglicher Weise die Muskeln mit fortgenommen wurden. Bei 
dem Orang findet sich in gleicher Höhe mit dem Orbicularis palpebrarum 
und bis an denselben hinangehend, ein dünner platter Muskel, dessen 
Fasern sich nach auswärts über die Jochbeingegend ausbreiten. Ob der- 
selbe ein eigenthümlicher Theil des Epieranius oder vielleicht ein Stück 
des Attrahens auriculae ist, kann ich nicht sagen. Sandifort und Vrolik sagen 
bei dem Orang und Chimpanse nichts von den Gesichts- und OÖhrmuskeln 
bilden sie auch nicht ab. Gratiolet und Alix beschreiben sie Archives 
du Museum d’Hist. nat. 1865 II. p. 209 beim Chimpanse und geben auch eine 
kleine Abbildung in '/s der natürlichen Grösse, Pl.IX. Fig.1. Hier sind die 
Muskeln viel zu sehr von einander „etrennt; der Auricularis superior ist sehr 
weit nach vorne verlegt; der Auricularis anterior wird als M. tragicus be- 
zeichnet und beschrieben; ein Aur. posterior wird nicht erwähnt. 

Champenys (Jour. of Anat. and Phys. Sec. Series 1871. pag. 177) 
nennt von den Gesichtsmuskeln des Chimpanse den Orb. oris, Levat. lab, 
sup, Lev. anguli oris, Depressor lab. inf. als mutilated, not well difteren- 
ciated, not distinguishable.e Dann heisst es beide Zygomatici waren 
durch einen Muskel repräsentirt. Over its most anterior origin a second 
strip rose from the temporal fascia, but fused with the rest of the muscle 
half an inch below the zygoma. 

Mein Schwager Dr. H. Tiedemann in Philadelphia hat bei einer auf- 
merksamen Beobachtung zweier lebenden Chimpansen während eines 
halben Jahres nie eine Bewegung der äusseren Ohren bei denselben 


wahrgenommen. 
2. Hals- und Nackenmuskein. 


Ich habe bereits erwähnt, dass sich bei dem Gorilla ein ansehnlicher 
Subcutaneuscolli vorfindet. 
Der Sternocleidomastoideus, welcher nach Duvernoy (pag. 174) 


8 


beim Gorilla nicht in zwei Portionen getrennt sein soll, ist bei "meinem 
Exemplar entschieden in seinem ganzen Verlauf in eine Portio sternalis 
und Portio clavicularis: zerlegt, wie auch Macalister angibt, obgleich er 
irrthümlich auch Duvernoy diese Angabe zuschreibt. 

Auffallender Weise fehlt meinem Gorilla der Sternothyreoideus, 
welchen Duvernoy pag. 198 beschreibt und abbildet, Pl. XV. Fig. A und B. 
Auch bei dem Orang und Chimpanse ist der Sternothyreoideus schwach, 
was eine immerhin bemerkenswerthe Verschiedenheit von dem Menschen ist. 

Der Thyreohyoideus, den man gewöhnlich nur als eine Fort- 
setzung des Sternothyreoideus betrachtet, ist vorhanden. 

Der Sternohyoideus ist dagegen kräftig entwickelt und besitzt 
in seinem unteren Drittel eine Inscriptio tendinea. 

Ebenso der Omohyoideusaber ohne Inscriptio tendinea. Der Diga- 
stricus maxillaeinferioris mit 2Köpfen, die drei Griffelmuskeln, 
der Genio— und Mylo-hyoideus, der Genio — und Hyoglossus, 
sind gut entwickelt vorhanden. In meinen Beiträgen zur Anatomie des Hylo- 
bates habe ich (p. 10) angegeben, dass der damals von mir untersuchte 
Orang nur den hinteren Kopf des Digastricus besass; dieses ist auch bei dem 
mir jetzt vorliegenden der Fall, und da Sandifort (Verhandl. over natuurl. 
Geschied. der Neederl. overzee. Bezittingen 1839—1849 p. 29) und Owen 
(1.1.p.29) schon längst dieselbe Beobachtung machten, so scheint dieses nicht 
blos eine Varietät, sondern eine Eigenthümlichkeit des Orang zu sein. 

Die tiefen vorderen Halsmuskeln Longus colli, Rectus capitis 
anterior major und minor, Scalenus primus und secundus 
sind .kräftig entwickelt; der Scalenus tertius, beim Menschen von 
der 2. Rippe entspringend, fehlt wie bei den übrigen Affen, auch dem 
Gorilla. — Der Omo-cervicalis, welcher nach Broca (Bull. de la Soc. 
d’Anthropol. IV. 1869, p. 313) dem Gorilla und Chimpanse fehlen soll, 
findet sich gut entwickelt bei meinen Exemplaren, sowie ihn auch Duvernoy, 
Huxley und Macalister angeben. Der Gorilla theilt also hierin die Mus- 
kulatur der übrigen Affen und weicht von der des Menschen ab. 

An den übrigen seitlichen und hintern Nackenmuskeln Cucullaris, 
Levator scapulae, Splenius capitis et colli, Tracheloma- 
stoideus, Biventer, Complexus, Rectus capitis posterior 
major und minor, Obliquus capitis superior und inferior, 


9 


konnte ich Nichts Besonderes beobachten. Sie sind alle kräftig entwickelt, 
namentlich auch der Trachelomastoideus. Der nicht getheilte Rhom- 
boideus ist zwar kräftig, reicht aber nicht bis hinauf an’s Hinterhaupt. 


3. Brust, Bauch- und Rückenmuskeln. 

Der Pectoralis major bietet bei meinem Gorilla, ausser seiner 
sehr kräftigen Entwicklung, Nichts Abweichendes vom Menschen dar. Er 
besitzt eine Portio clavicularis und sterno-costalis, welche letztere bis zur 
8 Rippe hinabreicht. Da auch der Chimpanse und Hylobates beide 
Portionen wie beim Menschen angeordnet besitzen, so zeigt also nur der ° 
Orang, wie ich mich aufs Neue bei dem mir vorliegenden Exemplar 
überzeuge, die Eigenthümlichkeit, dass er keine Portio.clavicularis, sondern 
eine von der Articulatio sterno clavicularis entspringende und eine stark 
davon getrennte Portio sterno-costalis besitzt. 

Der Pectoralis minor entspringt bei meinem Exemplar ganz wie 
beim Menschen von der 3. 4. und 5.Rippe, und setzt sich an die Spitze 
des Processus coracoideus fest. Bei dem von Duvernoy beschriebenen 
Exemplar besass er dagegen zwei getrennte Portionen, deren obere mit 
5 Dentationen von den 5 obersten Rippen, die untere von dem 6. und 
7. Rippenknorpel entsprang. Von beiden sagt er, dass sie sich an den 
Processus coracoideus ansetzen, während Broca 1.1. p. 317 angibt, dass nach 
- Auzoux diese Insertion an der Cavitas glenoidalis des Schulterblattes stattfinde, 
wie dieses gewöhnlich beim Chimpanse der Fall ist. Macalıster lässt ihn 
sich dagegen wie beim Menschen an die Spitze des Processus coracoi- 
deus ansetzen. 

Der Subclavius fehlt nicht, wie Duvernoy sagt, sondern ist, wie 
auch Macalister angibt, zwar vorhanden, aber schwach und liegt unter 
einem sehr starken Ligamentum Sterno-claviculo-coracoideum bedeckt. — 
Der Serratus anticus major entspringt von den eilf obersten Rippen 
mit 12 Zacken, und lässt die 12. und 13.Rippe frei. Er setzt sich auch 
wie bei den anderen Athropoiden nur an die Basis Scapulae und nicht 
auch an die Querfortsätze der unteren Halswirbel fest. Daher fliesst er nicht 
mit dem Levator Scapulae, wie bei den niederen Affen zusammen, sondern 
ist durch einen Zwischenraum von den unteren Zacken desselben getrennt. 
Macalister sagt, dass bei seinem Gorilla der Serratus magnus nur von 

Abh.d. 11. Cl.d.k. Ak. d. Wiss. XIII. Bd. III. Abth. 2 


10 


10 Rippen entsprungen sei, and its levator anguli scapulae segment was 
attached to three cerivcal processes (A—6). Weiter sagt er: I could not 
divide the serratus in the Gorilla, as J did in the Chimpanzee, nor dit it 
extend as far as the twelfth rip in the former, as it dit in the latter. 
Das wären, wenn ich diesen Satz recht verstehe, bedeutende Verschieden- 
heiten von der Anordnung bei meinem Gorilla. — Der Serratus 
posticus superior warschwach entwickelt; einen Serratus posticus 
inferior konnte ich nicht auffinden, was mich bei der grossen Nähe 
der 13. Rippe an dem Hüftbeinkamm nicht sehr befremdete, da hier kaum 
ein Spielraum für die Abwärtsbewegung dieser unteren Rippen sich findet. 
Duvernoy und Macalister erwähnen den Muskel nicht. Bei dem Orang 
glaubte ich eine schwache Spur desselben zu finden. 

Von den Bauchmuskeln reichte der Rectus abdominis herauf 
bis zum 5. Rippenknorpel, und hatte fünf inscriptiones tendineae, vier 
oberhalb und eine unterhalb des Nabels. Die Angabe Gratiolets u. Alix 
(l. 1. p. 250) dass der Troglodytes niger und Aubryi sich in Betreff 
seiner Muskulatur von dem Gorilla nur dadurch unterscheide, dass der 
M. obliquus externusssich nicht an das Ilium ansetze, sondern von dem- 
selben durch ein Bündel des Latissimus dorsi getrennt werde, qui vient de 
se placer dans le plan du grand oblique et vase terminer au partie externe 
de son aponevrose, lenkte meine Aufmerksamkeit auf das Verhalten dieses , 
Muskels bei den vier Anthropoiden. Ich fand in der That, dass bei dem 
Chimpanse die von der Spitze der 12. Rippe entspringenden hintersten 
und untersten Fasern des Obliquus externus sich nicht an die Crista 
und Spina Ilii ansetzen. Der Latissimus dorsi entspringt nicht nur von 
dem ganzen vorderen Theil der Crista Il, sondern selbst noch 
von dem Ligamentum Puppartii und im Aufsteigen wie beim Menschen 
von der 12., 11., 10. und 9. Rippe, wo seine Zacken in die Ursprungs- 
zacken des Obliquus externus eingreifen. Nach Champenys 1. 1. p. 208 
soll dagegen beim Chimpanse der Obliquus externus mit sieben Zacken 
von der 5.—11. Rippe entspringen, deren zwei unterste mit dem Latis- 
simus dorsi, die fünf oberen mit dem Serratus ant. maj. ineinandergreifen. 
Er soll sich dann auch in der Ausdehnung eines halben Zolles an die 
Crista und Spina Ilii ansetzen. Bei dem Gorilla entspringt der Obliquus 
externus von der sechsten bis zur dreizehnten Rippe; die oberste Zacke 


11 


correspondirt mit der untersten und hintersten Zacke der Pars costalis 
des Pectoralis major. Dann folgen fünf Zacken, mit welchen er bis zur 
elften Rippe in ‘die Zacken des Serratus anticus major eingreift. Aber 
die von den fünf untersten Rippen von der 8—13. entspringenden Zacken, 
greifen zugleich mit fünf von diesen 5 untersten Rippen entspringenden 
Zacken des Latissimus dorsi zusammen, welche die drei untersten Zacken 
des Serratus anticus major decken. Die letzte, von der 13. Rippe ent- 
springende Zacke des Obliquus externus ist wegen des äusserst geringen 
Zwischenraumes zwischen der letzten Rippe und dem Hüftbeinkamm sehr 
kurz, setzt sich aber ebenso wie die von der 12. Rippe entspringende 
Zacke an den vordersten Theil und die Spina ant. sup. des Hüftbein- 
kammes fest. Den Zwischenraum zwischen der 13. Rippe und dem Hüft- 
beinkamme füllt ganz vorn diese letzte Zacke des Obliquus externus aus; 
dann folgt ein Stück Bandmasse, dem vorderen Blatt der Fascia lumbo- 
dorsalis angehörend, und dann der Quadratus lumborum. — Wieder an- 
ders sind die Verhältnisse beim Orang. Die letzte Zacke des Obliquus 
entspringt hier nicht von der letzten, sondern von der vorletzten Rippe 
und setzt sich an das vordere Ende und die Spina des Hüftbeinkammes 
an. Weder sie, noch eine der folgenden Zacken greifen in Zacken des 
Latissimus dorsi ein, sondern dieser entspringt nur von dem Hüftbein- 
kamm bis zu dessen Spina. Nur in der Tiefe entspringen einige wenige 
Fasern dieses Latissimus von der 13. und 12. Rippe, welche sich den 
von der Fascia lumbodorsalis entspringenden Bündeln anschliessen. Der 
vordere Rand des Latissimus bedeckt nur den Ursprung des Obliquus 
von den Rippen. 

Abermals verschieden ist das Verhalten der betreffenden Muskeln 
bei Hylobates. Hier entspringt der Obliquus externus von den acht 
unteren Rippen von der 5. bis zur 13. Im Hinabsteigen schliesst er sich 
hinten an das oberflächliche Blatt der Fascia lumbodorsalis an, und be- 
festigt sich hierauf an den ganzen vorderen und oberen Theil des Hüft- 
beinkammes, bis zum Lig. Puppartü. An den sechs unteren Rippen greift 
er mit ebensovielen Zacken des Latissimus dorsi zusammen, welcher 
seinerseits gar nicht vom Hüftbeinkamme, sondern nur von der Fascia 
lumbodorsalis und den genannten Rippen entspringt. Aber der Obliquus 
greift auch mıt den Zacken des Serratus anticus major zusammen, dessen 


D* 


12 


Dentationen aber an den sechs unteren Rippen von den Ursprungszacken 
des Latissimus dorsi bedeckt werden. 

Die verschiedenartige Anordnung dieser Muskeln, von denen wiederum 
keine mit der beim Menschen übereinstimmt, hängt gewiss mit dem ver- 
schiedenen Verhalten der „Taille“ dieser Affen, und dann mit der relativ 
stärkeren Entwicklung des Latissimus dorsi zusammen, der vereint mit 
dem starken Teres major gewiss eine viel kräftigere Rückwärtsbewegung 
des Arms bewerkstelligt, als bei dem Menschen. 

Die mit der Bezeichnung der Linea semilunaris Spigelii und semis- 
circularis Duglasii belegte Anordnung der Sehnen und Muskelfasern des 
Transversus und Obliquus internus abdominis fand ich beim 
Gorilla nicht ausgesprochen. Eimen Pyramidaliskonnte ich nicht auf- 
finden. Die langen Rückenmuskeln Sacrolumbaris und Longissimus 
dorsi, Multifidus spinae, boten Nichts Besonderes dar, ebensowenig 
wie der Quadratus lumborum, welcher letztere sehr kurz ist und 
seinen Namen kaum verdient. 

4. Die Muskeln der oberen Extremität. 

Die Schulterblattmuskeln: Supra- und Infra-spinatus, Sub- 
scapularis, Teres minor und major, verhalten sich wie beim 
Menschen, nur dass ich den Teres major verhältnissmässig sehr stark ent- 
wickelt finde, während ihn Macalister moderate nennt. Auch über den Del- 
toideus, Coracobrachialis, Biceps, Brachialis internus und 
Latissimus dorsi finde ich Nichts Besonderes zu berichten. Dagegen finde 
ich einen deutlichen, wenn gleich nicht starken Latissimocondyloi- 
deus in Uebereinstimmung mit Duvernoy, Macalister und Chapmann, welchen 
Broca mit Unrecht bei dem Chimpanse und Gorilla bestreitet (1.1. p. 313). 

Am Vorderarm fehlt auf beiden Seiten der Palmaris longus. 
Auch Duvernoy und Chapmann fanden ihn nicht, während Macalister ihn 
mit der auch beim Menschen vorkommenden Varietät beschreibt, dass 
er mit einer platten Sehne entsprang. — Der Pronator teres entspringt 
nur von dem Condylus internus humeri und nicht aueh von dem Processus 
coronoideus der Ulna, was auch Chapmann von seinem Gorilla angibt, 
‚während Macalister umgekehrt dieses caput coronoideum als stark beschreibt 
und abbildet. Bei meinem Gorilla löste sich vom Brachialis internus 
ein kleines Bündel ab und verband sich mit dem Pronator teres, während 


13 


Duvernoy eine solche Verbindung zwischen dem Deltoideus und Brachialis 
internus beobachtete. 

Der Flexor digitorum communis sublimis zerfällt bei meinem 
Gorilla in vier fast ganz von einander getrennte Muskeln. Zwei derselben 
an der Radialseite des Vorderarms herablaufende, gehören dem 3. und 
4. Finger an und an die für den 3. Finger bestimmte Sehne schliesst 
sich ein eigenes auch von dem Condylus internus entspringendes, aber 
vollständig in die genannte Sehne übergehendes Muskelbündel an. Von 
den zwei anderen Portionen des Flexor sublimis läuft eine oberflächlich 
an der Ulnarseite herab und geht zu dem 5. Finger; die zweite verläuft 
mehr in der Tiefe nach der Radialseite hin, und gehört dem 2. Finger 
an. Von einem Flexor pollicis longus ist keine Spur, weder einer 
Sehne noch eines Muskelbauches vorhanden. Der Flexor digitorum 
profundus zerfällt vollständig in zwei Theile, von denen der stärkere 
für den 3., 4. und 5. Finger bestimmte, vom Condylus internus Humeri 
der Ulna und dem Ligam. interoseum, der zweite für den Zeigefinger 
von dem Radius und dem Ligam. interosseum entspringt. Die Sehne des 
letzteren Bündels gibt in der Hand zwei Lumbricales ab, von welchen 
der eine sich mit dem von der Sehne des 3. Fingers entspringenden ver- 
einigt. Die Sehnen des 4. und 5. Fingers haben auch ihre Lumbri- 
cales. Alle vier schlagen sich um den medialen Rand der Basis der 
der ersten Phalange der vier betreffenden Finger herum und gehen in die 
Strecksehne über. — Diese Anordnung stimmt mit der von Duvernoy 
beschriebenen so ziemlich überein, nur dass derselbe die zweite für den 
Zeigefinger bestimmte Portion des Flexor profundus zu einem eigenen 
Flexor indicis proprius macht und von demselben eine schwache Sehne 
zum Daumen gehen lässt, welche den Flexor pollicis longus ersetzen soll. 
Huxley fand zwar auch eine, wie er meint, den Flexor poll. longus 
repräsentirende Sehne, welche aber nicht mit den anderen Flexoren in 
Verbindung stand, sondern sich in der Fascia palmaris ausbreitete und 
theilweise an das Trapezium und Os metacarpi I ansetzte, so dass der 
Muskel, wie er selbst sagt, functionell fehlte. Macalister fand diese Sehne 
ebenfalls nicht, sagt aber dennoch, dass in dem ganzen Flexor profundus 
were easily discriminable the germs of the flexor pollicis longus and of 
the flexor profundus digitorum und setzt dann noch hinzu: The flexor 


14 


pollicis mainly supplied the index in the Gorilla — eine etwas auf- 
fallende Auffassung, die noch complicirter dadurch wird, dass Macalister 
gleich darauf von der Fascie der Handwurzel eine platte Sehne ausgehen 
lässt, welche er sich mit einem Streifen an die Basis des ersten, und mit 
ihrer Endausbreitung an die Basis der zweiten Phalange des Daumens 
ansetzen lässt, und dieselbe als die wahre Sehne des Flexor pollicis longus 
betrachtet. Chapmann konnte, wie ich an beiden Händen seines Gorilla 
keinen Flexor pollicis longus, weder Muskel noch Sehnen finden. Es 
bleibt also wohl dabei, dass sich in dieser bemerkenswerthen Hinsicht des 
Gorilla, wie alle seine Stammverwandten (mit Ausnahme von Pithecia 
hirsuta verhält), (Vgl. meine Schrift über Hylobates p. 18) und wesentlich 
von dem Menschen unterscheidet. 

Von dem Flexor carpi radialis und ulnaris, sowie von dem 
Pronator quadratus meines Gorilla habe ich Nichts Besonderes zu 
berichten. Dasselbe ist rücksichtlich der beiden Extensores carpi 
radiales, des Extensor carpi ulnaris, des Extensor digit- 
orum communis und des Extensor digiti minimi proprius 
der Fall, welche sich sämmtlich wie beim Menschen verhalten. Der 
Supinator longus zeigt die Eigenthümlichkeit, dass sich von ihm ein 
Bündel abzweigt, welches mit seiner Sehne in die Fascia antibrachii über- 
geht. Herr Prof. Langer gibt indessen in seiner soeben erschienen Ab- 
handlung: über die Muskulatur der Extremitäten des Orang (Sitzungsbericht 
der Wiener Akad. d. Wissensch. Bd. LXXIX. 3. Abth. 1879. p. 3) 
ein ähnliches Verhalten des Supinator longus beim ÖOrang an. Der 
Supinator brevis und Anconeus quartus verhalten sich wie ge- 
wöhnlich. Es findet sich auch bei diesem Gorilla nur ein Extensor 
pollicislongus, kein Extensor pollcis brevis. Der Abductor 
pollicislongus hat zwei Sehnen und lässt sich mehr oder weniger weit 
spalten, aber .diese Sehnen setzen sich an das Os multangulum majus und die 
Basis des Mittelhandknochens des Daumens, nicht an die erste Phalange an. 
Auch Huxley sagt desshalb, dass der Extensor pollicis brevis bei dem Gorilla 
fehle. Bei Duvernoy herrscht eine ziemliche Verwirrung in Betreff der beiden 
zuletzt genannten Muskeln. In den Abbildungen ist Tab. VII. Fig. A. 11 und 12 
ein Abductor pollicis longus und ein Extensor pollicis brevis deutlich von 
einander getrennt abgebildet, und die Sehne des letzteren geht bis an 


FE En 


15 


die erste Phalange des Daumens. Dasselbe zeigt Fig. B, nur ist hier 
noch an der Sehne des Extensor pollicis brevis (3°) eine zweite kleine 
Sehne (3‘) angedeutet, von welcher es in der Beschreibung der Tafeln 
heisst: seule trace du court extenseur de ’homme. Im Text (p. 99) wird 
zuerst ein Court extenseur du pouce beschrieben, von dem es heisst er 
sei ganz gut von der fleischigen Partie des Abductor poll. long. getrennt, 
obgleich anfangs die Sehnen beider vereinigt seien und er setze sich an 
die erste Phalange des Daumens. Dann wird der Abductor pollicis longus 
beschrieben und abermals gesagt, er sei wirklich von dem Extensor 
pollieis brevis geschieden, aber auch er soll sich an die Basis der ersten 
Phalange des Daumens ansetzen.-. Dann folgt die Beschreibung eines 
Muskels Cubito-sus-trapezien, von dem es heisst: C’est un muscle depen- 
dant du long abducteur dans l’homme; mais qui en est completement 
separe dans le Gorille. Il devient ainsi un muscle du carp. Und dann 
heisst es noch: Ainsi, dans ’homme, le court extenseur est ordinairement 
un muscle distinct et le muscle precedent (Cubito-sus-trapezien) est reuni 
au long abducteur dont il n’est qu'une portion. Dans le Gorille, au con- 
traire, le court extenseur est reduit & un tendon grele provenant de celui 
du long abducteur du pouce (comme cela a lieu quelquefois par exception 
chez des sujets humains) et ce dernier muscle est separe du cubito 
sus-trapezien. — Macalister sagt p. 504: The extensor ossis metacarpi 
‚pollieis had a double tendon, to the trapezium and metacarpal bone; 
there was no extensor of the first phalanx. Dagegen gibt Chapmann in 
bestimmten Widerspruch mit Huxley einen Extensor ossis metacarpi pol- 
lieis (Abductor polliecis longus), einen Extensor primi internodii pollicis 
(Extensor pollicis brevis) und einen Extensor secundi internodii pollicis 
(Extensor . pollicis logus) an. Dennoch bleibe ich auf Seite Huxleys 
und Macalisters und glaube mehr, dass der Extensor pollieis brevis für 
die erste Phalange des Daumens auch bei dem Gorilla, wie bei allen 
Affen, fehlt, und dass die Beschreibungen Duvernoys und Chapmann’s 
individuelle Varietäten betreffen. Der Grund für diesen meinen Glauben 
ist der, dass eben auch‘ beim Menschen, wo der Extensor poll. brevis 
für die erste Phalange wohl nur sehr selten fehlt, doch die Sehne für 
den Abductor pollicis longus immer zwei, manchmal drei getheilt ist, 
deren eine sich an das Os multangulum majus, die andere an die Basis des 


16 


Os metacarpi des Daumens ansetzt, daher Verwechslungen leicht 
möglich sind. 

Der Extensor indicis proprius ist bei meinem Gorilla ausser- 
ordentlich schwach, die Sehne so dünn, und legte sich so an die Sehne 
von dem Extensor dig. communis an, dass ich sie anfangs übersah. Doch 
ist ihre Gegenwart und ihr Verhalten interessant, weil, wie ich schon 
früher angegeben habe, (Hylobates p. 16) der Gorilla der einzige Affe 
ist, welcher einen eigenen nur für den Zeigefinger bestimmten Streck- 
muskel hat, während bei den übrigen mehr oder weniger ein Extensor 
digitorum communis profundus sich findet, welcher ausser für den Zeige- 
finger auch noch für andere Finger bestimmt ist. Immerhin bleibt es 
aber bemerkenswerth, dass der Muskel auch bei dem Gorilla so schwach 
ist, dass er schwerlich die charakteristische indicatorische Bedeutung des- 
selben bei dem Menschen besitzt. 

An der Hand meines Gorilla war die Haut und alle Theile so durch 
den Weingeist erhärtet, dass es nicht gelang, diese Haut ohne Verletzung 
der kleineren Muskeln herunterzubringen. Ich fand also auch keinen 
Palmaris brevis, welchen indessen Duvernoy beim Gorilla und Humphry, 
(Journ. of Anat. and Physiol. 1867.1.p. 267), beim Chimpanse erwähnt. Den- 
noch war ein Abductor pollicis brevis und unter demselben der Op- 
ponens mit Sicherheit nachzuweisen. Dagegen gelang es mir nicht, das Ver- 
halten desFlexor brevis genau zu ermitteln; denn den äusseren Kopf 
konnte ich nicht sicher von dem Opponens und den inneren nicht sicher von 
dem Adductor obliquus trennen. Indessen erkannte ich so viel, dass 
dieser innere Kopf entweder wie bei dem Chimpanse und meistens bei 
dem Menschen ganz fehlt, oder wenigstens nur sehr schwach, wie bei 
dem ÖOrang und Hylobates, entwickelt, und in die Tiefe gedrängt ist, 
wenn man nämlich den von dem Os multangulum minus entspringenden 
Theil des Abductor obliquus, als inneren Kopf des Flexor brevis be- 
trachten will, obgleich er sonst weder in seinem Verlauf noch Ansatz an 
das innere Sesambein von jenem getrennt ist. Die beiden Abductoren, 
der obliquus und transversus, sind übrigens bei meinem Gorilla stark 
entwickelt. Duvernoy beschreibt im Text (p. 106) nur einen Flexor 
brevis, einen Abductor und einen aus zwei Portionen bestehenden Opponens. 
pollicis. In der Beschreibung der Abbildungen aber findet sich ein 


14. 


Abductor brevis, ein Opponens, ein Flexor brevis und ein Adduc- 
tor. Auch Macalister beschreibt einen zweiköpfigen Abductor, Opponens 
Adductor und einen zweiköpfigen Flexor brevis und gibt auch eine 
Abbildung. Ebenso Dr. Chapmann dessen Abbildung aber sehr unvoll- 
kommen ist. 

Bei dem Orang findet sich indessen, wie ich an dem Dresdener 
Exemplar sehe, und auch Herr Prof. Langer soeben (l. ]. p. 7) angibt, 
ein eigenthümliches Verhältniss. Hier findet sich ein Abductor, Opponens 
und äusserer und innerer Kopf des Flexor brevis, aber neben dem inneren 
Kopfe noch ein selbstständiger kleiner Muskel, dessen Sehne an die zweite 
Phalange sich ansetzt und die Stelle des Flexor longus vertritt. Dann 
sind die Adductoren durch zwei Muskeln vertreten, deren einer von dem 
Os metacarpi III an die Basis der ersten Phalange, der zweite von dem 
Os Metacarpi U entspringt und sich an den Mittelhandknochen des Daumens 
ansetzt, auch in die Strecksehne übergeht. Herr Prof. Langer nennt Letzteren 
einen zweiten Opponens, was er auch seiner Insertion nach unstreitig ist. 
Doch möchte ich glauben, dass, während der erste Muskel dem Adductor 
obliquus entspricht, der zweite den Adductor transversus darstellt, der Ur- 
sprung des ersten und der Ansatz des zweiten aber die auffallenden Ab- 
weichungen durch das grosse Missverhältniss des kleinen Daumens zu den 
langen übrigen Fingern erfahren haben. Man müsste sonst sagen, dass 
der Adductor obliquus fehle und ausser dem Adductor transversus ein 
eigener, nur bei dem ÖOrang vorhandener, Adductor opponens vor- 


. handen sei. 


Uebrigens verweise ich in Beziehung auf diese Muskeln auf meinen 
Aufsatz in den Sitzungsberichten der k. bayer. Ak. d. W. 1870 I. p. 303 
und Hylobates (p. 215. 19.) 

“ Der kleine Finger des Gorilla besitzt einen Abductor, Flexor 
brevis und Adductor oder Opponens. 

Die sieben Interossei verhalten sich wie beim Menschen; nur ist 
die innere, von dem lateralen Rande der Mittelhandknochen des 3. und 
4. Fingers entspringende Partie der entsprechenden Interossei externi so 
stark entwickelt, dass dieselbe gewissermassen eigene Muskeln darstellt 
deren Sehnen auf den Rücken der ersten Phalange übergeht und sich 


hier mit der Strecksehne verbindet, während der andere Theil 
Abh. d. II. Cl.d.k. Ak.d. Wiss. XI. Bd. III. Abth. 3 


18 


jedes Muskels sich an die Basis der ersten Phalange *ansetzt. Anfangs 
war ich versucht die erst genannten Theile der Interossei externi 
für die Contrahentes digitorum der Affenhand zu halten; allein sie ent- 
sprechen denselben weder nach Ursprung, noch Ansatz, noch Funktion, 
so dass ich für den Gorilla das Fehlen dieser Contrahentes, wenigstens 
nach meinem Exemplar, aussprechen muss, Weder Duvernoy, noch Huxley, 
noch Chapmann, noch Macalister sagen irgend Etwas von diesen Contra- 
hentes. Huxley sagt die Interossei der Hand seien an jeder Seite jeden 
Fingers doppelt (also müssten acht vorhanden sein). Die mehr auf dem 
Rücken gelegenen inserirten sich an der Seite der ersten Phalanx; die 
anderen verbänden ihre Sehnen mit der Extensoren-Sehne und seien die 
Extensoren der letzten Phalanx; was ich nicht wohl verstehe. 

Macalister sagt: The palmar interossei were one-headed, adductors 
for the index, annularis and medius, together with an extra abductor for 
the medius. Ich glaube diese letztere Angabe bezieht sich auf den eben 
erwähnten stark entwickelten inneren Theil des Interosseus externus tertius. 
Wird man daher nicht etwa bei einem erwachsenen Gorilla noch 
Spuren der von der tiefen Handfascie entspringenden Contrahentes finden, 
so wird es dabei bleiben, dass dieser Affe in dieser Hinsicht sich mit dem 
ÖOrang, an dessen Hand ich auch bei dem mir jetzt vorliegenden Exem- 
plar keine Contrahentes, ebensowenig wie»Herr Prof. Langer bei dem 
seinigen, finde, von allen anderen unterscheidet, und dem Menschen 
anschliesst. 


5. Muskeln der unteren Extremität. 


Ich erwähne zunächst, dass mein Gorilla an dem mehr als eine Halb- 
kugel bildenden Schenkelkopf ein ansehnlich langes Ligam. teres besitzt. 

Von den Hüftmuskeln finde ich über den Psoas major, Psoas 
minor und Iliacus internus Nichts zu bemerken. 

Die Gesässmuskeln sind schwach und besonders gilt das von dem 
Gluteus maximus für seine vom Hüftbein, Kreuzbein und Steiss- 
bein entspringenden Theile Dagegen ist der vom Ligamentum sacro 
tuberosum und der Tuberositas Ischii entspringende Theil stark entwickelt, 
und setzt sich der Muskel auch nicht nur unterhalb des Trochanter major, 
sondern noch eine ansehnliche Strecke weiter hinab an das Labium ex- 


19 


ternum der Linea aspera fest. Herr Prof. Henke hat mich vor einigen 
Jahren darauf aufmerksam gemacht, dass bei dem Orang ein Theil der 
von dem Tuber ossis ischii entspringenden und an die Linea aspera an- 
setzenden Fasern nicht dem Gluteus maximus sondern dem langen Kopf 
des Biceps angehören. Dieses ist, wie auch soeben Herr Prof. Langer 
1. 1. p. 10 angibt, für den Orang ganz richtig, von dem ich p. 28 meiner 
Schrift über Hylobates- auch nur gesagt hatte, dass bei ihm die 
Fasern des Gluteus sich bis zur Mitte des Oberschenkels an die Linea 
aspera festsetzen, allerdings pag. 31 aber nicht angegeben habe, dass sich 
auch der lange Kopf des Biceps an dieselbe Linea aspera festsetzt. Bei 
dem Gorilla ıst dieses nun nicht der Fall, sondern die an die Linea 
aspera sich ansetzenden Fasern gehören alle dem Gluteus maximus an, 
wie dieses auch Duvernoy und Huxley angeben. Dieser Theil des Gluteus 
ist von Einigen als eigener Muskel beschrieben und Ischio-femoralis benannt 
worden. Ich habe. schon bei dem Hylobates darauf aufmerksam gemacht, 
dass diese ganze Entwicklung und Anordnung des Gluteus maximus offen- 
bar darauf hinweiset, dass seine Wirkung bei diesen Anthropoiden-Affen 
sich nicht vorzugsweise auf die Aufrichtung des Stammes auf den unteren 
Extremitäten, sondern auf die Rückwärts-- und Aufwärtsziehung der 
unteren Extremität bezieht, wie dieses bei dem Klettern vorzugsweise 
zur Anwendung kommt. Und dieses gilt auch vom Gorilla Der 
Gluteus medius entspringt vom ganzen Hüftbeinkamme, vom Kreuzbein 
und dem oberen Theile der hinteren Fläche des Hüftbeines; der Gluteus 
minimus entspringt weniger von dieser hinteren Fläche, als vom vor- 
deren Rande des Hüftbeins und vom Sitzbein und entspricht in diesem 
Ursprunge mehr dem Scansorius der übrigen Affen, welcher aber dem 
Gorilla wie dem Hylobates fehlt. 
Duvernoy und Chapmann erwähnen des Scansorius beim Gorilla 
gar nicht und Macalister sagt, er sei bei demselben mit dem Gluteus 
medius vereinigt. Es wird also doch wohl daraus hervorgehen, dass er 
wirklich fehlt. 

Rücksichtlich dieses Muskels habe ich pag. 29 meiner Schrift über 
den Hylobates gesagt, dass er bei dem Orang: besonders stark entwickelt 
und von dem vorderen Rande des Gluteus minimus durch einen ansehn- 


lichen Zwischenraum getrennt sei, was bei dem von mir untersuchten 
3* 


20 


Chimpanse und Hylobates so wenig der Fall war, dass man ihn für 
eine Partie des Letzteren halten könne. Das scheint nun auch in anderen 
Fällen bei dem Orang der Fall zu sein, so dass Herr Prof. Henke, wie er 
mir mittheilte, wirklich glaubte, dass er bei dem auch von ihm untersuchten 
Orang aus Dresden nicht mit dem Gluteus, sondern mit dem Iliacus internus 
zusammenhänge. Allein ich habe mich bei demselben Thiere überzeugt, 
dass er doch, und zwar ganz ansehnlich entwickelt, sich findet, nur auf 
der rechten Seite, die Hr. Prof. Henke allein untersucht hatte, schwerer als 
auf der linken von dem Gluteus minimus zu trennen war. Das Muskel- 
bündel, welches Hr. Prof. Henke für den Scansorius hielt, ist dasselbe, welches 
ich bei dem Hylobates (l. 1. p. 29) und anderen Affen beschrieb, und 
auch für einen Theil des Ileo-Psoas hielt, von dem dasselbe aber durch 
die Ursprungssehne des Rectus femoris getrennt ist. Auch Herr Prof. 
Langer beobachtete bei seinem Orang den Scansorius (l. 1. p. 10). - 


Auch bei einem Chimpanse aus Dresden habe ich mich aufs neue 
überzeugt, dass der Scansorius vorhanden ist, obgleich er ebenfalls schwerer 
von dem Gluteus minimus zu trennen war. Macalister sagt, dass er in 
einem Chimpanse mit dem Gluteus medius, in einem anderen mit dem 
minimus verbunden gewesen sei, und da auch Champney’s (Journal of Anat. 
and Physiol. VI. 1871/72 pag. 193) ihn, wenn gleich unvollkommen von 
dem Gluteus minimus getrennt, bei dem Chimpanse fand, so scheint das 
Resultat sich doch dahin zu entscheiden, dass dieser Muskel sich bei dem 
Orang und Chimpanse findet, bei dem Gorilla und Hylobates fehlt. 


Der Pyriformis ist bei meinem Gorilla so sehr mit der unteren 
Partie des Gluteus medius vereinigt, dass man ihn nur als denjenigen 
Theil dieses Muskels bezeichnen kann, der von der vorderen Fläche des 
Kreuzbeines entspringt und durch die Incisura ischiadica major aus dem 
Becken heraustritt. Auch Macalister sagt, dass derselbe in seinem Falle 
untrennbar von dem Gluteus medius gewesen sei; da ihn aber Duvernoy 
als einen ganz getrennten und ansehnlichen Muskel (unter dem Namen 
Pyramidalis) beschreibt und abbildet, und da es auch bei den Chimpanses 
vorkommt, dass er bald getrennt, bald vereinigt mit dem Gluteus medius 
ist, so muss diese Verschiedenheit wohl bei beiden Thieren- als eine indi- 
viduelle Varietät betrachtet werden. 


21 


Die beiden Obturatorii verhalten sich wie gewöhnlich, nur dass 
der internus ganz mit dem Quadratus femoris zusammenhängt. Von 
den beiden Gemellis kann ich bei meinem Gorilla nur den unteren, 
vom Tuber Ischii entspringenden, nicht auch den oberen von der Spina 
. erkennen, während Duvernoy und Macalister beide beschreiben. 


Der Tensor fasciae latae ist bei dem Gorilla wie bei allen Affen 
nur schwach entwickelt; auch der Sartorius ist schwach, dagegen der 
Gracilis relativ viel stärker wie bei dem Menschen. 


Die Adductoren Gruppe ist auch bei dem Gorilla stark entwickelt, 
und man kann sie leicht in fünf Muskeln zerlegen, indem nicht nur ein Pec- 
tineus, Adductor longus, brevis und magnus vorhanden sind, 
sondern von der Crista pubis zwei Muskeln entspringen, welche Duvernoy 
beide zum Pectineus rechnet, deren inneren man aber auch zum Adductor 
brevis rechnen könnte, weil er sich mit dessen Sehne vereinigt. Macalister 
unterscheidet einen Adductor primus, or condyloid Adductor, einen Ad- 
ductor magnus, brevis ond longus and Pectineus. Von dem Extensor 
eruris d. i. Rectus, Vastus internus, externus und Cruralis, 
wüsste ich Nichts Besonderes zu vermelden. 


Von den Flexoren des Unterschenkels ist auch bei dem Gorilla der 
Biceps ganz in zwei Muskeln getrennt; ich habe aber schon gesagt, 
dass sich der lange Kopf nicht auch an die Linea aspera des Ober- 
schenkels ansetzt, wie beim Orang, sondern er setzt sich nur an die 
Fibula an und geht stark in die Fascia cruris über; der kurze Kopf ist 
stark, setzt sich an das Capitulum fibulae und geht auch in die Fascie 
über. — Der Semimembranosus und Semitendinosus sind wie 
bei den anderen Affen stärker fleischig als beim Menschen und verdienen 
ihre Bezeichnung eigentlich’ nicht; doch sagt Macalister von dem Se- 
mitendinosus seines Gorilla: It hat its usual inscriptions. 

An dem Unterschenkel ist der Tibialis anterior bei meinem 
Gorilla eigentlich nur einfach vorhanden, und theilt sich seine Sehne nur 
etwas vollständiger wie bei dem Menschen in zwei Theile zum Ansatz 
an das erste Keilbein und an die Basis des Mittelfussknochens der grossen 
Zehe. Ueber den Extensor hallucis longus und Extensor digit- 
orum communis longus finde ich Nichts zu bemerken, als dass auch 


22 


dem Gorilla jener bei dem Menschen als Peroneus tertius bezeichnete 
Theil des Extensor communis longus fehlt. 


Die Flexoren des Fusses: Gastrocnemii und Soleus sind auch 
bei dem Gorilla schwach, doch gehen auch hier die Muskelfasern bis 
herunter an das Fersenbein, so dass die Achillessehne nicht so wie bei 
dem Menschen hervortritt. Auffallend ist es, dass Macalister von seinem 
Gorilla sagt, dass die beiden Köpfe des Gastrocnemius nicht von einander 
zu trennen gewesen seien, was sich wohl nur auf ihren unteren Theil 
beziehen kann. Dass der Soleus bei dem Gorilla Macalisters einen 
schwachen Ursprung auch von der Tibia besass, ist wohl nur eine indi- 
viduelle Varietät, da dieses weder in dem Falle von Duvernoy noch Chap- 
mann noch bei meinem Thiere der Fall war. 


Der Plantaris fehlt, wie es scheint, bei dem Gorilla immer, da 
keiner der Autoren denselben auffand. Es scheint dieses auch bei dem 
Orang und Hylobates der Fall zu sein, wo denselben ebenfalls Niemand 
ausser Sandifort beobachtete. Anders verhält es sich bei dem Chimpanse. 
Auch bei diesem hatte ich ihn an dem von mir bei Abfassung meiner 
Schrift über den Hylobates untersuchten Thiere auf der rechten Seite 
vermisst und desshalb den Plantaris unter die Muskeln gerechnet, durch 
deren Fehlen sich die Anthropoiden sogar mehr von dem Menschen 
unterscheiden, als die anderen Affen, welche denselbe besitzen. Nun fand 
aber Herr Prof. Brühl in Wien den Plantaris bei einem von ihm unter- 
suchten Chimpanse, wo ihn auch Vrolik unter dem Namen Jambier grele 
angibt, (l. 1. p. 23 und 36) was mir entgangen war. Dieses hat nun 
gedlachtem Herrn Professor Gelegenheit geboten, sich mit viel Emphase 
und Behagen in der Wiener medicinischen Wochenschrift 1871 Nr. I. 
pag. 4 gegen mich und gegen den von mir ausgesprochenen Satz zu er- 
klären, obgleich der Herr Professor selbst die Ueberlegung aussprach, 
dass bei der Untersuchung nur weniger Individuen, mit Recht die Frage 
entstehen könne, ob die etwaigen Befunde Regel oder Ausnahme seien, 
wobei er wohl so billig hätte sein können vorauszusetzen, dass bei dem 
von mir untersuchten Exemplare von Chimpanse der Plantaris wirklich 
gefehlt habe. Ich habe damals alsbald auch die linke Extremität unseres 
Chimpanse präparirt und an ihr, sowie später an einem anderen Exem- 


23 


plare auf beiden Seiten den Plantaris leicht gefunden. Auch Sandifort, 
Huxley und Humphry geben ihn beim Chimpanse an. Gratiolet und 
Alıx vermissten ihn auf beiden Seiten; Macalister auf der rechten Seite, 
Wilder auf der linken Seite; ganz fehlte er in den von Traill und Embleton 
untersuchten Objecten, so dass derselbe also gerade beim Chimpanse sehr 
variabel zu sein scheint. — Was den Orang betrifft, so ist Sandifort: 
(Verhandl. over d. naturl. Geschiedenis de Neederl. overzee. Bezittingen 1839 
— 1849, p. 50,) der einzige Autor, welcher den Plantaris bei diesem Affen 
nennt und sagt, dass seine Sehne in die Aponeurosis plantaris übergehe. 
Owen erwähnt seiner in seiner Abhandlung in den Proceedings of the 
zoolog. Soc. of London I. 1830—1831 gar nicht. Cuvier sagt in seinem 
grossen Muskel-Kupferwerk I: Il n’y a point de plantaire grele, ou plutöt 
il se confond intimement dans sa longeur avec le gastrocnemien interne. 
Duvernoy fand den Muskel bei drei Exemplaren des ÖOrang nicht. 
Ebensowenig Church (Nat. Hist. Review. 1862. June.) und auch den beiden 
von mir untersuchten Orang fehlte er. Ich kann also wohl bei meiner 
Aussage bleiben, dass dieser Muskel zu denjenigen gehört, durch dessen 
Fehlen die Anthropoidenaffen sich weiter von dem Menschen entfernen, 
als die übrigen Affen. 

Der Popliteus ist bei dem Gorilla ganz kräftig entwickelt, und 
nachdem ich sehe, dass dieses bei allen vier Anthropoiden in beträcht- 
lichem Grade der Fall ist, und der Muskel bei ihnen fleischiger, weniger 
sehnig und straff als bei dem Menschen ist, das Kniegelenk bei den Affen 
auch weit mehr als bei dem Menschen eine Pronation und Supination 
gestattet, so nehme ich meinen Widerspruch gegen die von Meckel 
und Huxley aufgestellte Homologisirung dieses Muskels mit dem Pronator 
teres (Anat. des Hylobates pag. 54) zurück. Dabei steht seiner gleich- 
zeitigen Wirkung auf Spannung der Gelenkkapsel Nichts entgegen. Bei 
dem Menschen, dessen Knie eine grössere Festigkeit und Unbeweglichkeit 
haben musste, ist diese letzte Funktion allein geblieben; aber bei den 
Affen ist der Popliteus offenbar auch Pronator. Mehrere Autoren haben 
in dem Popliteus von Anthropoiden einen Sesamknorpel beschrieben, 
Macalister auch bei seinem Gorilla. In meinem Exemplar des Gorilla 
ist kein solcher vorhanden, aber wohl bei dem Orang. 

Von dem Peroneis finden sich beim Gorilla nur zwei; der Peroneus 


24 


longus und brevis, ein parvus fehlt und selbst über die als Rudi- 
ment desselben zu betrachtende, am äusseren Fussrande verlaufende, sich 
mit der Strecksehne der kleinen Zehe verbindende und vom Peroneus 
brevis ausgehende Sehne, blieb ich zweifelhaft. Diese Sehne hatte ich 
auch bei dem früher von mir untersuchten Chimpanse vermisst, und da, 
wie ich damals glaubte, weder sie noch der Peroneus parvus von irgend 
Jemand bei einem anthropoiden Affen angegeben worden war, so rechnete 
ich das Fehlen dieser Sehne bei diesen Anthropoiden zu den Punkten, 
in welchen diese Anthropoiden verschiedener von dem Menschen seyen, 
als ihre niederen Stammverwandten, bei welchem sich nicht nur diese 
Sehne, sondern auch der zugehörige Muskel findet. In Beziehung aut 
den Chimpanse und die betreffende Sehne war dieses indessen schon 
damals ein Irrthum von mir. Bereits 1864 sagte Huxley 1. 1. p. 429 
vom Chimpanse er besitze a very small muscular Slip, arising from 
the calcaneum, apparently detached from the abductor digiti minimi, and 
ending in a tendon inserted into the base of the fifth metalarsal bone, 
wich might be called abductor ossis metacarpi quinti. Und weiter hin 
heisst es: Although not hitherto noticed in anatomical works, Mr. Wood 
has frequently seen in the human foot a muscle precisely corresponding 
to that above described. Von dem Gorilla sagt Huxley p. 538 nur: The 
peroneus tertius were at all absent, und ebenso vom Orang p. 586, und 
pag. 646 vom Hylobates. Auch Gratiolet und Alix haben in ihrem 
Werke über Troglodytes Aubryi (1866 pag. 198) die genannte Sehne be- 
schrieben. Sie sagen: En sortant de sa derniere gaine (derriere la mal- 
leole) le Perone court. emett un tendon egal en volume & celui duW’n muscle 
lombrical, qui apr&s avoir envoy& une petite expansion sur Yapophyse du 
cingui6me metatarsien, se place au cöt& externe et dorsal de cet os ou 
il est retenu dans une long gaine fibreuse et se rend au cöte externe 
du cinquieme doigt, ou il represente un digitation du muscle pedieux. 
Aber auch Herr Prof. Brühl fand später bei dem von ihm untersuchten 
Chimpanse die betreffende Sehne und diente ihm dieselbe 1. 1. p. 78 zu 
einer weiteren ausführlichen Apostrophe gegen mich. Eine Revision bei 
dem von mir untersuchten Chimpanse ergab erneuert, dass sich bei diesem 
Exemplar keine Spur der Sehne fand; allein bei dem zweiten, jetzt von 
mir präparirten Chimpanse aus Dresden, ist dieselbe auf beiden Seiten 


25 


vorhanden. Macalister drückt sich in Beziehung auf den von ihm unter- 
suchten Gorilla etwas zweifelhaft aus. Er sagt: The peroneus longus is 
weaker than the brevis; the peroneus quinti exists as a tendon in both 
(Gorilla and Chimpanse); there is no peroneus tertius. Champenys be- 
schreibt ebenfalls 1. 1. p. 202 vom Chimpanse eine vom Peroneus brevis aus- 
gehende Sehne, welche längs des Mittelfussknochens der kleinen Zehe 
verlaufend, sich mit der Strecksehne der genannten Zehe (and lumbricalis?) 
verbinde Vom Orang wird nirgends etwas von einem Peroneus parvus 
oder von der genannten Sehne des Peroneus brevis erwähnt. Cuvier 
bildet dieselbe Tab. 19, Fig. 3 seines Muskelwerkes beim Orang nicht 
ab, und ich habe bei dem Dresdener Orang Nichts von derselben 
finden können. - 

Herr Dr. Ruge (Morphol. Jahrbuch Bd. IV. 1878 p. 632) sagt auch, 
dass der Ext. brev. dig. V, für welchen er den Peroneus parvus hält, beim 
Orang, den er selbst untersuchte, ganz zu Grunde gegangen sei, also 
auch jene Sehne gefehlt habe. Wenn er hinzufügt, Vrolik habe diese 
Sehne beim Chimpanse angegeben, so ist dieses ein Irrthum. Weder 
pag. 23 bei der Beschreibung der Peronei beim Chimpanse, noch pag. 38 
‚bei der vergleichenden Betrachtung findet sich eine Erwähnung derselben 
und Fig. 2, Tab. V zeigt auch Nichts von derselben. 

Herr Prof. Langer gibt 1. 1. p. 13 an, dass er bei dem von ihm 
untersuchten Orang, linkerseits ein in die Fascienkapsel der Peronei einbe- 
zogenes, spulrundes Muskelchen fand, welches sich mit einer langen feinen 
Sehne noch ober dem unteren Viertheile der Fibula anheftet, und nach- 
dem es den Knöchel umgangen hat, sich an dem Kleinzehenrande der 
Fusswurzel bis gegen die Basis Metatarsi V fibrös ansetzt. Herr Prof. 
Langer will denselben indessen nicht für das Rudiment des Peroneus 
parvus gelten lassen, weil daraus keine Sehne für die kleine Zehe aufzu- 
finden war, sondern mit jenem Muskel vergleichen, der sich selten bei 
dem Menschen findet, sich in der Gegend des Fersenbeines festsetzt und 
von Otto Peroneus quartus, von Linhart Tensor membranae synovialis. 
tarsi genannt wurde. 

Das Resultat läuft also, wie in Betreff des Plantaris, darauf hinaus, 
dass meine Bemerkung zwar nicht auf den Chimpanse passt, der in Be- 


ziehung auf dieses Rudiment des Peroneus parvus dem Menschen ebenso nahe: 
Abh.d II. Cl.d.k. Ak.d. Wiss. XIII. Bd. III. Abth. 4 


26 


steht, als seine niederen Verwandten, wohl aber auf die drei anderen 
Anthropoiden. 

Ueber die Bedeutung dieses unter den Anthropoiden beim Chim- 
panse durch eine Sehne repräsentirten Muskels, herrscht eine ziemliche 
Verschiedenheit, ja Verwirrung der Ansichten, welche ganz besonders da- 
durch unterstützt wird, dass der Muskel sehr verschiedene Namen hat, 
unter welchen besonders seine Bezeichnung als Peroneus tertius sehr 
schlimm wirkt, weil durch dieselbe eine Verwechslung mit dem bei dem 
Menschen als Peroneus tertius bezeichneten Theile des Extensor digitorum 
communis longus veranlasst wird. 

Gewöhnlich, (z. B. auch von Prof. Brühl) wird Meckel als derjenige 
bezeichnet, welcher den dritten Peroneus, d. h. meinen Peroneus parvus, zu- 
erst bei denSäugethieren beschrieben haben soll. Dieses ist aber be- 
sonders in Beziehung auf die Affen durchaus nicht der Fall. 

Meckel sagt in seinem System der vergl. Anatomie Bd. III, p. 625. 
Es finden sich im Allgemeinen zwei äussere Heber oder Beuger des 
Fusses; die Wadenbeinmuskeln, der obere längere.... und der untere 
kurze. Von letzterem sagt er weiter pag. 629: Die Sehne des Kurzen 
spaltet sich beim Menschen gewöhnlich in zwei Schenkel, von denen der 
eine sich an den Höcker des fünften Mittelfussknochens, der andere an 
den äusseren Rand der vierten Sehne des langen Zehenstreckers und an 
den vierten oberen Zwischenknochenmuskel ansetzt. 

Auch in dem Handbuch der menschlichen Anatomie I. pag. 590 
beschreibt Meckel von dem Peroneus brevis zwei Sehnen deren äussere 
sich an den Höcker des Mittelfussknochens, die innere längere sich 
theils an die Mitte der oberen Fläche des Körpers dieses Knochen 
theils, sich abermals spaltend, an den äusseren Rand der’ vierten Sehne 
des langen Zehenstreckers hefte, theils an der oberen Fläche des vierten 
äusseren Mittelfussmuskels verliere. Er fügt dann noch hinzu er ent- 
spreche zum Theil dem kleinen Strecker des fünften Fingers. 

Er sagt dann weiter, diese beiden Muskeln, (Peroneus longus und 
brevis) seien nicht bei allen Thieren vorhanden, und beschreibt ihre An- 
ordnung in den verschiedenen Ordnungen der Säugethiere, unter denen 
sich allerdings mehrere finden, bei denen der Peroneus brevis sich mit 
seinen Sehnen mehr oder weniger über den Rücken der 5., 4. selbst 


27 


3. Zehe verbreitet, sich bei dem Ameisenfresser in zwei Köpfe spaltet, 
auch bei dem Ai doppelt ist, bei welchem auch der Peroneus longus 
zwei Köpfe hat etc. Allein nirgends sagt Meckel einfach, dass sich zwischen 
Peroneus longus und brevis noch ein dritter Muskel, nämlich eben mein 
Peroneus parvus findet, vielmehr von den Quadrumanen sagt er pag. 629 
ganz bestimmt, dass sich bei ihnen, wie bei dem Menschen nur die beiden 
gewöhnlichen Wadenbeinmuskeln finden. 

Weiter spricht Meckel p. 637 der vergleichenden Anatomie von den 
 Zehenstreckern und unterscheidet einen langen und einen kurzen gemein- 
schaftlichen, und einen langen der grossen Zehe, und sagt page. 638: 
Ausserdem finden sich nicht selten mehrere eigene Strecker vorzüglich der 
äusseren Zehen, die bei anderen Thieren, namentlich, wie sich nach- 
her ergeben wird, bei dem Menschen, durch den unteren Theil des langen 
Streckers, der gewöhnlich hinten am fünften Mittelfussknochen stehen 
bleibt und den Namen des dritten Wadenbeinmuskels führt, angedeutet 
worden. Pag. 647, welche Stelle Prof. Brühl besonders citirt, wird dieser 
dritte Wadenbeinmuskel, d. h. der untere Theil des langen Streckers bei 
dem Seehunde und Marder als „eigener Strecker der fünften Zehe, vom 
gemeinschaftlichen getrennt“, beschrieben. 

Endlich erwähnt Makel pag. 649 dieses fünften von dem langen 
Zehenstrecker nur künstlich trennbaren Bauches, der den Namen des 
dritten Wadenbeinmuskels führe, von dem Menschen, und sagt: Unstreitig 
ist wohl dieser Muskel derselbe, der bei den Affen und mehreren anderen 
Thieren als eigener Strecker der fünften, selbst vierten Zehe erscheint. 
Man sieht also, dass Meckel in keiner Weise unseren Peroneus parvus 
gekannt hat. 

Dagegen ist Burdach d. J. wie mir scheint der Erste, welcher 1838 
in dem neunten Bericht von der kgl. anat. Anstalt zu Königsberg, heraus- 
geben von Rathke, p. 46, den in Rede stehenden Peroneus parvus aber 
leider unter der Bezeichnung von Peroneus tertius, beschreibt, und ihn 
bei den Affen als einen Abductor digiti quinti longus bezeichnet; 
fälschlich glaubt auch er, dass Meckel diesen Muskel als eigenen Strecker 
der fünften Zehe bezeichne, während derselbe wie gesagt nur von dem 
Peroneus tertius des Extens. dig. comm. longus spricht. 


Cuvier sagt in seinen Lecons d’Anatomie comparee Vol. I. p. 540: 
4* 


28 


Der Mensch hat drei Peronei, welche an das Wadenbein befestigt sind, 
und deren Sehnen hinter dem Malleolus externus verlaufen. Er unter- 
scheidet sie als Peroneus longus, brevis und medius, und sagt von letzterem, 
er gehe bis zur ersten Phalange der kleinen Zehe und diene zum Ab- 
ziehen derselben von den übrigen Zehen. Bei der Beschreibung der 
Extensoren der Zehen (p. 552) bei dem Menschen sagt er bei dem Extensor 
digitorum communis longus Nichts von dem als Peroneus brevis bei uns 
bekannten Bündel dieses Streckers, sondern beschreibt nur die vier Sehnen 
desselben zu den vier Zehen. Da nun der Mensch den dritten mit dem 
Peroneus longus und brevis verlaufenden Muskel (meinen Peroneus parvus 
der Affen) nicht, wohl aber den Peroneus tertius von dem Extensor digit, 
comm. longus besitzt, so muss man annehmen, dass Cuvier diesen unter 
der Bezeichnung als Peroneus medius verstanden hat, obwohl er seine 
Sehne hinter dem Malleolus verlaufen lässt, was nicht der Fall ist. Von 
einem Peroneus medius, weder einem mit den beiden anderen Peroneis. 
noch mit dem Extens. dig. comm. longus bei Affen oder anderen Säuge- 
thieren verlaufenden, sagt Cuvier in den Lecons absolut Nichts, woraus 
man abermals schliessen muss, dass er unter seinem Peroneus medius 
unseren Peroneus tertius des Extens. dig. comm. longus verstanden hat. 

In dem grossen von Cuvier und Laurillard herausgegebenen Muskel- 
kupferwerk werden in der Liste des Muscles im ersten Bande ebenfalls 
drei Peronei mit denselben Bezeichnungen: ‚Peronier long. &; Peronier 
moyen &'; und Peronier court e'; aufgeführt. Diese drei Bezeichnungen 
werden sodann durchweg bei den Affen zur Bezeichnung der wirklichen 
drei Peronei und die Bezeichnung Peronier moyen &' zur Bezeichnung meines 
Peroneus parvus und seiner längs des äusseren Fussrandes zur kleinen 
Zehe verlaufenden Sehne benutzt. Für unseren Peroneus tertius von dem 
Extens. dig. comm. longus findet sich, da der Muskel und die Sehne bei 
den Thieren ganz fehlt, gar keine Bezeichnung. Leider aber wird bei dem 
Neger Pl. 8 und 9 die Bezeichnung e’ zur Bezeichnung dieses Peroneus 
tertius von dem genannten Extensor benützt, wodurch natürlich Verwirrung 
und Verwechslungen veranlasst werden. Auf Tab. 19, wo Fig. 3 die 
Muskeln des Unterschenkels und Fusses des Orang abgebildet sind, findet 
sich weder unter den Peroneis noch bei dem Extensor dig. comm. longus 
ein Muskel oder eine Sehne mit der Bezeichnung e!, woraus also folgen 


29 


würde, dass der Peronier court fehle. Allein die Zeichnung lehrt, dass 
dieses nicht gemeint ist, wie es auch in der Natur nicht ist; mit e? ist 
wirklich der Peroneus brevis bezeichnet; der Peronier moyen e' fehlt. 
Hiedurch wird die Verwirrung abermals vergrössert. Zum Ueberfluss 
sagt Cuvier in der Beschreibung: Je n’ai point trouve le Peronier petit! 
wodurch die Verwirrung ihren Gipfel erreicht. 

Ich habe oben schon erwähnt, dass Huxley die dem dritten Peroneus 
bei dem Chimpanse entsprechende Sehne und den betreffenden Muskel bei 
anderen Affen als Abductor ossis metacarpi quinti bezeichnet. In der 
Anatomie der Wirbelthiere wird dieses Muskels, wie überhaupt der 
Peronei, keine Erwähnung gethan, und nur gesagt, dass. der Peroneus 
tertius (vom Ext. dig. comm. long.) dem Anthropomorphen fehle. In 
der Med. Times 1864. Vol. HI p. 40 benennt Huxley den dritten Pero- 
neus der Cynopithecini und die ihm entsprechende Sehne des Peroneus 
brevis beim Menschen als Peroneus quinti digiti. Henle sagt in seinem 
Handbuch der Anatomie I. 3. p. 293: Der kurze Strecker versorgt in 
der Regel nur die vier medialen Zehen; die fünfte erhält eine Sehne, 
die dasselbe leistet, vom Peroneus brevis. Dieselbe Homologie vertritt auch 
Dr. Ruge (l. 1. pag. 631), der den betreffenden Peroneus der Affen gerade- 
zu Extens. brev. dig. quinti nennt. Dr. Ruge glaubt dabei die Homologie 
des Peroneus tertius des Menschen von dem Ext. dig. comm. longus, mit 
einem Extens. dig. quinti vom Ext. dig. comm. brevis verwerfen zu 
können, weil erstens beide gleichzeitig auftreten können, und zweitens der 
Peroneus III stets auf der vorderen Fläche des Unterschenkels als ein 
Theil des Extens. dig. comm. longus sich befindet, während der Extens. 
dig. II bei den Affen seine typische Lage hinter dem Malleolus bewahre. 
Was indessen ersteren Grund betrifft, so kommt als Varietät beim Menschen 
auch eine Sehne für die kleine Zehe vom Ext. dig. comm. brevis vor, 
und es müsste erst bewiesen werden, dass alsdann die Sehne vom Peroneus 
brevis für die kleine Zehe fehlt. Den zweiten Grund gestehe ich nicht zu ver- 
stehen, selbst wenn ich annehme, dass die Ziffer II ein Druckfehler statt V ist, 
da er mir gegen die Bedeutung der Sehne des Peroneus parvus als eines Streck- 
muskels, und mehr für die als eines Abductors (Huxley) zu sprechen scheint; 
denn die Lage spricht dafür, dass der Peroneus brevis der an den 
Unterschenkel hinaufgerückte Kopf des Ext. comm. brevis. dig. V. ist. 


30 


Ueber den Tibialis posterior wüsste ich bei dem Gorilla Nichts 
Besonderes zu berichten. 

In Beziehung auf die Zehenmuskeln kann ich nur die Angabe 
Duvernoy’s bestätigen, dass der Flexor digitorum comm. brevis 
als eigener Muskel nur schwach ist, und nur für die zweite und dritte 
Zehe die durchbohrte Sehne für die zweite Phalange abgibt. Die durch- 
bohrten Sehnen für die vierte und fünfte Zehe kommen von zwei schwachen 
Muskelbündeln des Flexor dig. comm. longus s. fibularis. Dieser 
liefert vorzüglich die durchbohrenden Sehnen für die dritte Phalange der 
zweiten und fünften Zehe. Die entsprechende Sehne für die dritte und 
vierte Zehe liefert dagegen vorzüglich der Flexor hallucis longus, 
s. digitorum communis tibialis, der aber auch an den durchbohr- 
enden Sehnen der 2. und 5. Zehe betheiligt ist. Dieser Flexor hall. longus, 
der sehr kräftig entwickelt ist, theilt sich nämlich noch in dem untersten 
Theile seiner Muskulatur in zwei Theile, deren einer in die starke Sehne 
für die grosse Zehe übergeht, der andere sich mit der Sehne des Flexor 
digit. comm. long. verbindet und, wie gesagt, vorzüglich die durchbohr- 
ende Sehne für die 3. und 4. Zehe liefert, aber auch Antheil an denen 
der 2. und 5. Zehe hat. Von den vier durchbohrenden Sehnen ent- 
springen bei meinem Gorilla vier kräftige Lumbricales. 

Diese Anordnung der Sehnen der Beugemuskeln des Fusses bei meinem 
Gorilla stimmt, wie gesagt, fast genau mit der von Duvernoy gegebenen 
Beschreibung überein, ausser, dass die für die fünfte Zehe bestimmte Sehne 
des Flexor brevis bei Duvernoy nicht gespalten war. Macalister dagegen 
sagt: der Flexor digit. brevis war stark, sendete aber keine Sehne zur 
kleinen Zehe. Der Flexor digitorum longus sendete Sehnen zur 2., 3., 
4. und 5. Zehe, der Flexor hall. longus zur 1.. 2., 3. und 4. Zehe. In 
Beziehung auf den Flexor dig. communis brevis sagt Dr. Chapmann 
ebenfalls, dass er nur die durchbohrten Sehnen für die 2. und 3. Zehe 
abgebe, die Sehnen für den 3. und 4. Finger kämen vom Flexor dig. 
comm. longus und Flexor hallucis longus. Ersterer liefere dann die durch- 
bohrenden Sehnen für die 2. und 3. Zehe, letzterer für die 3. und 4. Zehe. 
Duvernoy gibt 4 Lumbricales an; Huxley will nur zwei gesehen haben. 
Macalister erwähnt dieselben gar nicht und Chapmann sagt, sie waren 
gut entwickelt. 


Be a 


31 


Mein Gorilla besitzt keine Caro quadrata Sylvii oder Quadratus 
plantae. Derselbe fehlte auch den von Duvernoy und Dr. Chapmann 
untersuchten Thieren, welch Letzterer diesen Muskel, wie die Engländer 
überhaupt, Flexor accessorius nennt. Dagegen sagt Huxley, derselbe sei 
beim Gorilla gut, und Macalister, er sei schwach entwickelt. Ich habe 
diesen Muskel bei keinem der von mir untersuchten Anthropoiden ge- 
sehen, ausser bei dem Dresdner Orang, wo er sich schwach entwickelt 
findet. Gratiolet und Dr. Chapmann wollen denselben aber zuweilen beim 
Chimpanse gesehen haben; Humphry (Journ. of Anat. and Phys. 1867, 
p. 254) sah ihn ebenfalls bei einen Chimpanse auf einer Seite; bei einem 
zweiten auf beiden Seiten schwach entwickelt; bei einem Orang fehlte er, 
wogegen ihn Herr Prof. Langer (l. 1. p. 14) bei dem von ihm unter- 
suchten Orang wieder sah und abbildet. 

Von dem Extensor digitor. communis brevis kann ich nur 
sagen, dass der für die grosse Zehe bestimmte Theil desselben kräftig ent- 
wickelt und stark von den übrigen getrennt ist; die kleine Zehe bekommt 
keine Sehne von diesem Extensor brevis. 

Die grosse Zehe besitzt nach meiner Anschauung 1) einen stark ent- 
wickelten Abductor; 2) einen Flexor brevis, dessen medialer Kopf 
stark entwickelt ist und sich mit dem Abductor verbindet, während sein 
lateraler Kopf sehr schwach und in die Tiefe gedrängt ist, auch nicht 
mehr von den Fusswurzelknochen, sondern vom Mittelfussknochen der 
grossen Zehe entspringt, und sich mit dem Adductor obliquus verbindet; 
3) einen Adductor obliquus und 4) einen besonders stark entwickelten 
und in vier, von den vier lateralen Mittelfussknochen entspringenden, 
Bündeln zeriegten Adductor transversuss. Transversalis plantae. 
Duvernoy beschreibt dagegen nur einen Abductor einen einköpfigen, 
Flexor brevis und einen Adductor obliquus und transversus; Macalister 
einen Abductor, einen einköpfigen Flexor brevis und nur einen Adductor 
aber einen Opponens. 

Auch Halford will beim Gorilla einen Opponens hallucis gefunden 
haben, der vom inneren Keilbein entspringe, und sich an den Metatarsal- 
knochen der grossen Zehe der ganzen Länge nach inserire, wobei er sich 
auch auf Duvernoy beruft. Allein wie schon Willie Thomson (The transver- 
salis pedis on the foot of Gorilla p. 9) bemerkt, sagt Duvernoy nur, dass der 


32 


Opponens von dem Flexor brevis zugleich repräsentirt werde. In der 
That finde auch ich keinen Opponens, und was man dafür gehalten, ist, wie 
ich vermuthe, nur der in die Tiefe gedrängte laterale Kopf des Flexor bre- 
vis. Nur beim Orang finde ich mit Cuvier, Owen Huxley und Langer 
einen Opponens hallucıs. 

Die kleine Zehe besitzt einen Abductor und einen mit demselben 
genau verbundenen Flexor brevis, aber auch einen Opponens, in 
sofern mit dem Flexor brevis entspringende Muskelfasern vorhanden sind, 
die sich an den lateralen Rand des Mittelfussknochens ansetzen. Duvernoy 
beschreibt nur einen Abductor und Flexor brevis, den er aber auch 
Opposant nennt. Macalister führt einen Abductor, Flexor brevis und 
Adductor an, welchen letzteren ich nicht verstehe, da Macalister auch 
einen Interosseus für die kleine Zehe angibt. 

Dr. Ruge fand bei seinen Untersuchungen über die Entwicklungs- 
vorgänge an der Muskulatur des menschlichen Fusses (Morpholog. Jahr- 
buch Bd. IV. Supplem. 1878 p. 127), dass die kleine Zehe im Anfang 
keinen Opponens besitzt. Erst durch die Aberration von Muskelfasern des 
Flexor brev. dig. min. auf das Köpfchen und die Aussenfläche des fünften 
Metatarsalknochens wird allmählig die Anlage eines Opponens bemerkbar 
und kommt an die untere Fläche des Flexor zu liegen. Noch später 
zeigt er eine Abnahme und es kommt (wie gewöhnlich) beim Erwachsenen 
zu einem gänzlichen Schwunde. Daran schliesst sich an, dass bei den 
Anthropoiden und Affen überhaupt, zuweilen ein Opponens die. minimi 
vorkommt, zuweilen fehlt. Ich sah einen solchen wie Gratiolet auch bei 
einem Chimpanse. 

Die Interossei verhalten sich bei meinem Gorilla auffallender Weise 
wesentlich wie am Fusse des Menschen, d. h. die zweite Zehe hat zwei 
interossei externi. Dieses war an dem Exemplar von Duvernoy nicht der 
Fall, sondern die dritte Zehe hatte zwei Interossei externi wie die 
Hand des Menschen. Da dieses auch bei allen anderen Anthropoiden 
und Affen der Fall ist, so war daraus ein Moment der Uebereinstimmung 
des Fusses der Affen mit einer Hand zu entnehmen. Bei meinem Gorilla 
ist dieses nun nicht der Fall, sondern sein Fuss verhält sich in dieser - 
Hinsicht wie der Fuss der Menschen. Ausserdem fand sich noch eine 
Verschiedenheit zwischen dem rechten und linken Fusse, denn an diesem 


33 


hatte die dritte Zehe zwei Interni, die vierte wieder zwei Externi und 
die fünfte einen Internus. Der linke Fuss hat dagegen an der dritte 
und vierten Zehe, an jeder einen Externus und einen Internus, an der fünften 
den dritten Internus. Macalister sagt, dass sich bei seinem Gorilla die 
Interossei des Fusses wie die der Hand verhalten, stimmt also mit Du- 
vernoy überein. Nur. sei der zweite Abductor für die Mittelzehe nicht 
vorhanden, der sich an dem Mittelfinger fand. Ich kann diesen nur für 
einen besonders stark entwickelten Kopf des Externus tertius halten, der 
aber hier am Fuss auch nicht vorhanden war. 

Nach den Untersuchungen des Hr. Dr. Ruge (Morphologisches Jahr- 
buch Bd. IV Supplem. 1878 p. 127) wären Varietäten in der Anordnung der 
Interossei, namentlich der dorsales nicht besonders auffallend. Denn der- 
selbe will durch seine embryologischen Untersuchungen gefunden haben, 
dass namentlich die Interossei dorsales ursprünglich nicht zweiköpfig 
sind, sondern aus zwei Muskelgruppen zusammengesetzte Gebilde, aus 
einem plantaren und einem dorsalen Muskel, welcher letztere von dem 
Extensor digitorum communis abzuleiten sei. 

Von den Contrahentes digitorum konnte ich auch an dem 
Fusse meines Gorilla keine Spur nachweisen. Dr Ruge ist (l. 1. p. 645) 
geneigt den Adductor hallucis zu den Contrahentes zu rechnen, weil beide 
bei dem Orang von dem Ramus profundus des N. plantaris externus versorgt 
werden, während der Abductor hallucıs und der Flexor brevis ihre 
Nerven von dem N. plantaris internus erhalten. 


Aus dieser Untersuchung der Muskeln des Gorilla ergiebt sich dass: 

Erstens dem Gorilla mehrere Muskeln fehlen, welche sich bei dem 
Menschen in der Regel finden und zwar: 

Die äusseren Ohrmuskeln; der Sterno hyoideus; a Scalenus tertius; 
der Palmaris longus; der Flexor pollicis longus; der Extensor Hoinlenk 
brevis; der Serratus posticus inferior; der Pyramidalis; der Gemellus 
superior; der Peroneus tertius (vom Extens. dig. comm.); der Tibial-Ur- 
sprung des Soleus; der Plantaris; die Caro quadrata. 

Zweitens besitzt der Gorilla einige Muskeln, die dem Menschen 
fehlen, nämlich: 

Abh.d.II.Cl.d k. Ak..d. Wiss. XIIl. Bd. III. Abth. 


or 


34 


Der Latissimo-condyloideus und der Opponens der kleinen Zehe; es 
findet sich ein fünfter Adductor femoris. Zugleich kommen Verbind- 
ungen unter Muskeln und Muskelbündel vor, die der Mensch nicht 
besitzt z. B. eine Verbindung zwischen dem Brachialis internus und dem 
Pronator teres; des Biceps mit dem Coracobrachialis; Uebergang eines 
Bündels des Supinator longus in die Fascia antibrachii ete. 

Drittens findet sich ein abweichendes Verhalten gleichnamiger 
Muskeln zwischen dem Gorilla und dem Menschen, nämlich: 

Die Gesichtsmuskeln sind schwächer entwickelt und unvollkommen 
von einander getrennt. Das Platysma ist stärker; der Sternocleidoma- 
stoideus besteht aus zwei ganz getrennten Theilen; die Rhomboidei sind 
nicht getrennt, aber der einfache Muskel sehr stark; der Subclavius ist 
sehr schwach; der Rectus abdominis hat fünf Inscriptiones; der Obliquus 
externus hat einen ausgedehnteren Ursprung; die Flexoren der Finger sind 
in ihren Muskelbäuchen anders angeordnet; der Extensor indieis ist sehr 
schwach; die Daumenballen-Muskeln verhalten sich anders; die Interossei 
manus externi haben zum Theil sehr starke und getrennte innere Köpfe; 
der Gluteus maximus setzt sich weit herab an das Labium externum der 
Linea aspera an; der Pyriformis ist von dem Gluteus medius nicht ge- 
trennt; der Obturator externus ist mit dem Quadratus femoris ganz ver- 
einigt; der Tensor fasciae latae ist äusserst schwach; der Biceps femoris 
ist ganz in zwei Muskeln getrennt; der Semimembranosus und Semiten- 
dinosus verdienen diesen Namen nicht, denn sie sind ganz fleischig; der 
Popliteus ist sehr stark; der Tendo Achillis ist bis zur Ferse mit Muskel- 
fasern besetzt. Die Sehnen der Flexoren der Fusszehen verhalten sich 
anders wie beim Menschen. 

In der bei weitem grösseren Mehrzahl dieser Abweichungen stimmt 
der Gorilla sowohl mit den ihm zunächstehenden Anthropoiden als auch 
mit niedriger stehenden Affen überein. Er ist also in dieser Hinsicht 
bedeutend verschiedener von dem Menschen als von seinen übrigen 
Stammverwandten. 

Sehr interessant ist die Uebersicht, welche Herr Prof. Langer in 
seiner erwähnten Abhandlung p. 18 über die bei dem Orang vorkomm- 
enden Abweichungen in der Anordnung der Extremitäten-Muskeln, von 
der des Menschen gibt. 


Die Eingeweide. 
1. Verdauungsorgane. 


a. Zunge, Gaumen, Magen. 


Das untersuchte Thier war, wie gesagt, weiblichen Geschlechtes und 
noch jung, besass aber alle 20 Milchzähne vollständig ausgebildet. 


Die Zunge (Fig. II. a.) ist verhältnissmässig schmal, von der Basis 
des Kehldeckels bis zur Spitze 52 Mm. lang und 21 Mm. breit, wie 
2,5:1. Die Zungenspitze ist mehr viereckig als rund, auf dem Rücken 
eine tiefe Längsfurche; wie weit an diesen Gestalt Verhältnissen die Er- 
härtung im Weingeist betheiligt ist, ist schwer zu bestimmen. Duvernoy 
bezeichnet die Zunge seines Gorilla als verhältnissmässig breit (p. 187). 
Die Zungenspitze ist frei aber ein Zungenbändchen fehlt; die untere 
Fläche der Zungenspitze zeigt eine nach hinten divergirende Furche, 
deren Ränder von zarten Schleimhautfältchen begränzt werden. Die Münd- 
ungen der Ductus Whartoniani der Unterkieferdrüsen bilden keine solche 
Hervorragungen, Carunculae sublinguales, wie beim Menschen. Auf dem 
Rücken der Zunge stehen vorne zahlreiche Papillae filiformes, vereinzelte 
nicht grosse Papillae conicae; weiter hinten sieben oder vielleicht acht 
Papillae circumvallatae, auf beiden Seiten drei nach hinten convergirende, 
eine grössere hinten in der Mitte; sie bilden also wie beim Menschen 
eine V förmige Figur. Duvernoy beobachtete an seinem älteren Gorilla 
acht Papillae, zwei grosse und sechs kleine unregelmässig stehende. Auf 
der Abbildung sieht man nur vier. Bei dem jüngeren Exemplar sah er 
nur sechs ebenfalls unregelmässig stehende (]. 1. p. 188). 


In meinen Untersuchungen über die Eingeweide eines Chimpanse- 
Weibchen in den Mittheilungen aus dem kgl. zoolog. Museum zu Dresden 
Heft II p. 251 habe ich angegeben, dass bei demselben die Papillae 
eircumvallatae, von hinten betrachtet, in der Form eines. Y stehen, und 
angegeben, dass dieses wohl auch mit der Angabe von Huxley üherein- 
stimmt, welcher ihnen die Stellung eines T zuschreibt. Ebenso beschreibt 
sie Duvernoy und bei zwei neuerdings von mir un ersuchten Zungen von 
Chimpanse aus Dresden und Halle verhielten sie sich ebenso, nur befanden 


sich bei ersterem rechts nur zwei, links vier Papillen. Ich gab aber 
5* 


36 


schon an, dass Cavanna diese Papillen wie beim Menschen wie ein V 
stehend fand, und sehe, dass Wymann (Proceedings of the Bost. Soc. of 
nat. Hist. Vol. V 1856 p. 275) sagt, es fänden sich nur drei Papillae 
cerumvallatae, ob im Ganzen oder auf jeder Seite wird nicht angegeben. 
Am Auffallendsten ist, dass Humphry (Journ. of Anat. and Physiol. 1866 
I. p. 263) zwölf Stück dieser Papillen in einer Längsreihe in der Mitte 
Zunge und ausserdem noch zwei auf der einen und eine auf der anderen 
Seite stehend fand. 

Sandifort bildet vom Orang sieben V förmig stehende Papillae 
circumvallatae ab und auch die Zungen der beiden von mir untersuchten 
Orang besitzen deren sieben, die bei beiden Thieren unsymetrisch stehen. 

Immerhin ist die geringe Zahl dieser Papillen bei den Anthropoiden 
bemerkenswerth, da der Mensch 14—18 derselben besitzt. 

Am Auffallendsten war mir, dass weder bei dem Gorilla, noch bei 
irgend einem anderen Anthropoiden die Balgdrüsen an der Wurzel der 
Zunge jemals die starke Entwicklung und namentlich nie jene Oeffnungen 
derselben zeigen, welche an der Zunge des erwachsenen Menschen so all- 
gemein vorkommen. Da dieses Ansehen auch nicht bei gesunden Kindern 
in den früheren Lebensjahren sich findet, so bin ich geneigt, dasselbe auf 
pathologische Einflüsse zurückzuführen. 

Dagegen befremdete es mich an der Wurzel der Zunge des Gorilla 
eine ziemlich grosse Anzahl 2—3 Mm. langer, meist konisch gestalteter 
Zotten zu sehen, welche bei hinreichender Vergrösserung selbst wieder, 
namentlich an ihrer Basis, mit kleineren Zotten besetzt erscheinen (Fig. II 
a., b., c.). Ich sah aber dann, dass Duvernoy dieselben ebenfalls sowohl bei 
dem älteren als jüngeren Gorilla angibt, und auch Tab. XV. Fig. B. abbildet, 
Bei einer Revision der Zungen der zwei mir vorliegenden Chimpanse sah 
ich sie dann hier ebenfalls, aber sehr viel weniger entwickelt; die Zungen 
zweier Orang aber zeigten keine Spur derselben. 

An den Seitenrändern der Zunge des Gorilla bildet die Schleimhaut 
wie beim Menschen zahlreiche parallel hinter einanderstehende senk- 
rechte Fältchen. 

Das Gaumensegel mit den Gaumenbogen und dem Zäpf- 
chen sowie die Mandeln sind bei dem Gorilla gut entwickelt. Auf den 
Mandeln stehen zum Theil ähnliche Zotten wie auf der Zungenwurzel 


37 


aber man sieht daselbst auch die bekannten Oeffnungen der Balgdrüsen. 
Auch Duvernoy fand bei seinen Exemplaren ein Zäpfchen und schreibt 
demselben einen stark entwickelten feinhäutigen Saum zu, der bei meinem 
Thier vielleicht in Folge der Einwirkung des Weingeistes nicht so be- 
merkbar ist. 

Von dem Orang wird, wahrscheinlich der Angabe Owens (l.]. p. 5) 
folgend, gewöhnlich angegeben, dass derselbe kein Zäpfchen des Gaumen- 
segels besitze. Dieses ist auch in sofern richtig, als in der That der untere 
freie Rand des Gaumensegels einen einfachen Bogen bildet, von dessen 
Mitte keine Verlängerung herabhängt Wenn man aber das Gaumensegel 
an seiner hinteren Fläche betrachtet, so sieht man hier einen stark vor- 
tretenden, von der Spina palatina posterior sich 1'ya—2 Ctm. herab- 
ziehenden Wulst, der offenbar dem Zäpfchen entspricht, welches nur den 
freien Rand des weichen Gaumens nicht erreicht. Dieser Wulst enthält 
auch den sogenannten Musculus azygos uvulae, welchen auch schon San- 
difort 1. 1. Tab. VI. Fig. 1 c. abzeichnet, ohne sich so weit ich das 
Holländische verstehe, sonst über das Zäpfchen auszusprechen. Fine 
schwache Andeutung dieses Wulstes zeigt auch zuweilen das menschliche 
Gaumensegel, und findet sich dieselbe auch bei dem Gorilla. 

Die drei Speicheldrüsen sind bei dem Gorilla gut entwickelt, nament- 
lich die Unterkieferdrüse. 

Nachdem Herr Gegenbaur in jüngster Zeit (Morphol. Jahrbuch 1878 
Bd. IV. pag. 573.) die Aufmerksamkeit der Anatomen auf die Falten der 
Schleimhaut des vorderen Theiles des harten Gaumens gelenkt hat, hielt 
ich es für angezeigt, dieselben auch bei meinem Gorilla zu beachten und 
gebe ich Fig. II. von denselben eine Abbildung in natürlicher Grösse. 
Man sieht dieselben blattrippenartig von einer mittleren Linie, von 
welcher sie ausgehen, sich etwas gebogen nach aussen ziehen, und zwar 
nicht ganz symmetrisch auf beiden Seiten. Auf der rechten Seite zählt 
man acht, deren vorderste die schwächste und ebenso die beiden hinteren 
schwach entwickelt sind. Links sind es auch acht, deren vorderste eben- 
falls die schwächste ist, die drei hinteren correspondiren aber nicht ganz 
denen der linken Seite. 

Und da mir das Material zu Gebote stand, so habe ich zum Ver- 
gleich auch noch diese Gaumenfalten vom Orang wie Chimpanse und vom 


38 


Hylobates abbilden lassen, und gebe diese Darstellungen Fig. IV’— VII. 
Dabei ist vorzüglich die von Herrn Gegenbaur gegebene Abbildung 
(Fig. IV.) eines jüngeren Orang zu vergleichen, woraus man wie mir 
scheint, entnehmen kann, dass diese Falten mit fortschreitendem Alter, 
sowohl vorn als hinten verschwinden. Die vordersten Falten sind vorzüg- 
lich reducirt. Bei den beiden fast gleichalterigen Chimpansen finden sich 
sieben bis acht und sind dieselben zieinlich asymmetrisch angeordnet. Der 
Hylobates ist ein älteres Thier, welches die Zähne bereits gewechselt hat; 
die Falten sind aber noch kräftig und zwar acht auf jeder Seite und 
symmetrisch, ziemlich weit nach hinten gehend, ausgebildet. Wenn man 
die von Herr Gegenbaur gegebenen Abbildungen von Cercopithecus und 
Ateles hinzunimmt, kann man schliessen, dass die Ausbildung dieser 
Gaumenfalten auch mit der höheren Entwicklung einer Thierart abnimmt. 
Es werden aber dazu noch fernere Beobachtungen nöthig sein. 

Der Magen (Fig. IX) meines Gorilla hat, besonders wenn das Ge- 
schlecht bei diesem Thiere einen ähnlichen Einfluss äussern sollte wie 
beim Menschen, eine mehr rundliche Gestalt wie bei diesem und unter- 
scheidet sich dadurch auch bemerkenswerth von dem Magen des Orang 
und Chimpanse, da deren Magen eine mehr längliche Gestalt hat. Seine 
Lage in der Leiche war mehr senkrecht, die kleine Cuvatur mehr nach 
rechts und oben, der Fundus und die grosse Curvatur mehr nach links 
und unten. Der Durchmesser vom Pylorus bis zum Fundus betrug 9 Ctm., 
der senkrechte Durchmesser von der Cardia gerade herunter 7 Ctm. Der 
Magen war leer und fasste mässig ausgedehnt 90 C ctm. Wasser. 


b. Der Darm. 


Der ganze Darmcanal war 263 Otm. lang und davon kamen auf 
den Dünndarm 200, auf den Dickdarm 63 Ctm. Da das ganze Thier 
60 Ctm. lang war, so verhält sich der Darm zur Körpergrösse ohngefähr 
wie 4,4:1 und der Dünndarm zum Dickdarm wie 4,2:1. Die Pars 
horizontalis superior des Duodenum war sehr kurz, etwa 3 Ctm.; die 
Pars desendens 6 Ctm. und die Pars horizont. inferior, die etwas auf- 
wärts von rechts nach links verlief, etwa ebenso lang. Der Blinddarm 
(Fig. XI) war, was auch Huxley ]. 1. pag. 564 angibt, ansehnlich gross 
5 Ctm. lang; ebenso der Processus vermiformis 6 Ctm. lang und 6 Mm. 


39 


Durchmesser. Dieser Wurmfortsatz geht nicht trichterförmig, sondern wie 
beim erwachsenen Menschen plötzlich in der Nähe der Einsenkung des Dünn- 
darms von dem Blinddarm ab. Das Coecum liegt ganz frei beweglich 
ringsherum in das Bauchfell eingeschlossen. Da dieses auch von anderen 
Anthropoiden angegeben wird, z. B. von Wymann (Proceedings of the 
Boston Soc. of Nat. Hist. Vol. V. 1856 pag. 275) vom Chimpanse, so ist 
die Ansicht Brocas (l. 1. pag. 342) nicht aufrecht zu erhalten, dass sich 
die Anthropoiden durch die Befestigung des Coecums von den übrigen 
Affen unterscheiden und dem Menschen anschliessen, bei welchen übrigens 
ebenfalls das Coecum oft ganz frei und beweglich ist. Das Colon 
ascendens ist dagegen unbeweglich befestigt; das Colon transversum ist 
durch das Netz mit dem Magen verbunden und an seinem Mesocolon 
transversum beweglich befestigt; das Colon descendens ist wieder angewach- 
sen, das S. romanum frei, der Mastdarm befestigt, Alles wie beim Men- 
schen. Der Dickdarm ist sehr ungleichmässig in seinem Durchmesser und 
diese Verschiedenheit erhält sich auch nach starkem Aufblasen mit 
Luft. Das Coecum und Colon adscendens sind weit, haben stark ent- 
wickelte Haustra und besitzen aufgeblasen und dann wieder entleert und 
platt zusammengefallen, einen Durchmesser von 7 Ctm. Das Colon 
transversum ist viel enger, nur 3 Otm. breit und hat wenige Haustra; das 
Colon descendens und S. romanum sind wieder weiter, haben 3,5—4 Ctm. 
im Querdurchmesser und besitzen auch wieder mehr Haustra. Der Mast- 
darm ist 7 Ctm. lang, hat einen Durchmesser von 3 Ctm. und besitzt 
starke Wandungen. Der After ist wie bei allen Affen weit. Der Wins- 
lov’ sche Beutel war hinter dem Magen sehr vollkommen entwickelt und 
sein Zugang, d. h. das Foramen Winslovii, nahm die ganze kleine Cur- 
vatur des Magens ein. Das Netz war ansehnlich gross. 

Bei drei von Herrn Dr. Bolau (Abhandl. aus dem Gebiete der Naturw. 
1876. p. 13 u. ff.) untersuchten Gorillas, verhielt sich die Länge des 
Darms zu der des Körpers nach meinen Berechnungen wie 4,2:1; 5,0:1; 
5,0:1, wobei zu bemerken, dass I am grössten und ältesten war. Auf 
diesen würde mein Gorilla in der Körpergrösse folgen mit dem Verhält- 
niss zum Darm wie 4,4:1. Es scheint daraus hervorzugehen, dass die 
relative Darmlänge mit fortschreitendem Alter an Grösse abnimmt, was 
ja auch beim Menschen der Fall ist. 


40 


Die relativen Längenverhältnisse zwischen Dünndarm und Dickdarm 
waren in ‘den Fällen von Hr. Dr. Bolau sehr verschieden; bei I wie 
3,1:1; bei III wie 2,7:1; bei II wie 4,8:1. Mein Gorilla stellt sich 
zwischen II und II wie 4,2:1. Da III von Dr. Bolau das kleinste Thier 
war, so lässt sich die Verschiedenheit kaum auf das fortschreitende Alter 
schieben, sondern es müssen starke individuelle Verschiedenheiten ob- 
walten, was allerdings auch beim Menschen der Fall ist. 

Der Wurmfortsatz war auch in den Fällen von Hr. Dr. Bolau lang: 9,5 
und 5,5 Ctm. und war im ersten Falle schneckenförmig aufgerollt. 

Die Schleimhaut des Dünndarms zeigt nicht nur zahlreiche, gut ent- 
wickelte Zotten, sondern auch Valvulae conniventes. Ich habe die An- 
gabe des Hr. Dr. Bolau von deren Gegenwart beim Gorilla in meiner 
Abhandlung über die Eingeweide des Chimpanse bezweifelt, weil ich bis 
dahin diese Falten bei keinem Anthropoiden und Affen überhaupt ge- 
sehen hatte, und ein Irrthum möglich schien, wenn die Schleimhaut 
durch die stärkeren Zusammenziehungen der Muskelhaut in Querfalten ge- 
legt erscheint, wie ich das namentlich an dem Chinpanse Mafoka von 
Dresden beobachtete. Allein ich habe mich jetzt mit Sicherheit überzeugt, 
dass auch mein Gorilla Valvulae conniventes besisitzt; allerdings, wie 
auch Hr. Dr. Bolau angegeben, im Duodenum nieht, auch reichen sie 
nicht weit nach abwärts im Darm, stehen auch nicht dicht, und sind 
sehr niedrig, aber sie sind sicher eh wie Fig. X von einem 
oberen Stück des Jejunum zeigt. 

Ich habe nun, so weit mir möglich, die Literatur über diesen in- 
teressanten Gegenstand weiter nachgesehen, und finde, dass die Angaben 
verschieden sind. Owen vermisste (1830 1. l. p. 4) die Valvulae conni- 
ventes bei einem Orang und von da an scheint sich die Angabe des 
Fehlens dieser Falten bei den Anthropoiden in allen Hand- und Lehr- 
büchern festgesetzt zu haben. Doch giebt Vrolik dieselben 1841 bei 
dem Chimpanse an, und Sandifort beschreibt dieselben 1844 1. 1. p. 42 
vom ganzen Jejunum des Orang, bildet sie auch Tab. VII Fig. 2 im 
Duodenum, aber so ab, dass man wohl bezweifeln könnte, ob es nicht 
durch die Zusammenziehung der Muskelhaut hervorgebrachte Falten sind. 
1856 giebt J. C. Mayer in Wiedmanns Archiv für Zoologie Vol. XXI. 
p- 294 sie vom Chimpanse als schwach, vom Orang als gross und zahl- 


4 


41 


reich an. Unter den von Barkow 1.1. gegebenen Abbildungen lässt Vol. II 
Tab. 66 Fig. 3 am Duodenum des Chimpanse keine Valvulae conniventes 
erkennen, wohl aber zeigt Tab. 55 Fig. 5 ein Stück Jejunum des Orang 
mit solchen wie beim Menschen. Die beiden, jetzt auf’s Neue von mir 
untersuchten Dünndärme des Orang aus Dresden und aus der hiesigen 
zoolog. Sammlung, sowie der eines zweiten Chimpanse aus Dresden zeigen 
keine Spur der genannten Falten. Ich halte nach Alle diesem ihre 
Gegenwart beim Orang und Chimpanse für zweifelhaft, beim Gorilla, 
wenn gleich in schwacher Entwicklung, für gewiss; individuelle Ver- 
schiedenheiten sind doch in einem solchen Punkte nicht wahrscheinlich. 


c. Die Leber. 


Die Leber meines Gorilla (Fig. IX) hat einen Längendurchmesser 
von 11,5 Ctm.; der senkrechte Durchmesser beträgt 6,7 Ctm.; die Dicke 2,5. 
Wenn die Eintheilung der Leber in einen rechten und linken Lappen, 
durch die Incisura interlobularis und das Ligamentum suspensorium mit 
dem Lig. teres angegeben wird, so hat der rechte Lappen einen Längen- 
durchmesser von 6,5 Ctm., der linke von 5,0 Ctm. Der rechte Leber- 
lappen aber besitzt einen der Fossa longitudinalis dextra anterior entsprech- 
enden und bis zum Ligamentum coronarium eindringenden tiefen Ein- 
schnitt, in welchem auch die Gallenblase liegt. Dagegen ist die Fossa 
longitud. sinistra ant. gar nicht vorhanden, indem sie ganz von Leber- 
substanz überbrückt ist, durch welche das Ligament teres hindurchtritt. 
Eine Fossa longitud. dextra posterior findet sich nur in sofern, als die 
Vena cava inferior durch den oberen stumpfen Rand der Leber hindurch- 
tritt. Eine Fossa longitud. sinistr. posterior ist vorhanden, und in ihr 
liest auch der Faserstrang der obliterirten Vena umbilicalis oder des Duc- 
tus venosus. Sie ist ganz von dem Tuberculum papillare des Spiegel’schen 
Lappens bedeckt. Da auch die Fossa transversa wenig tief entwickelt ist, 
so bietet die untere Fläche der Gorilla-Leber keineswegs das eigenthüm- 
liche Ansehen und die H förmige Figur der menschlichen Leber dar. 
Der Lobulus quadratus ist kaum ausgesprochen; der Lobulus Spigelii aber 
gross, besonders lang 6,5 Ctm., und beide Tubercula sind an ihm ent- 
wickelt. Die Gallenblase ist klein und ihr Ductus cysticus verbindet sich 

Abh.d. 11. Cl.d.k. Ak.d. Wiss. XIII. Bd. III. Abth. 6 


42 


sehr bald mit dem kurzen Ductus hepaticus zu dem verhältnissmässig 
langen Ductus choledochus. 

Die Leber des Gorilla scheint aber ein in ihren individuellen Ge- 
staltungs-Verhältnissen sehr wechselndes Organ zu sein. Huxley sagt von 
ihr d. 1. p. 564: Die Leber des Gorilla unterscheidet sich wesentlich von 
der menschlichen, indem sowohl der rechte als der linke Lappen durch 
tiefe Fissuren getheilt sind. Die Lebern der drei von Hr. Dr. Bolan (l. l.. 
p. 16) beschriebenen Gorilla waren alle drei verschieden in Beziehung 
auf ihre Eintheilung in verschiedene Lappen, aber alle drei besassen 
tiefe Einschnitte, durch welche bald der rechte, bald der linke Lappen 
getheilt war. Auch bei dem von Auzoux beobachteten Gorilla war der 
rechte Leberlappen in zwei Lappen getheilt. Man kann daher vom Gorilla 
nicht mit Broca (l. 1. p. 344) sagen, dass sich die Leber der Anthropoiden 
mehr der menschlichen als der der niederen Affen in Beziehung auf ihre 
Theilung anschliese. Herr Dr. Bolau hat dieselbe Bemerkung gemacht. 

An dem Pankreas des Gorilla konnte ich Nichts Eigenthümliches 
beobachten. 

Die Milz meines Gorilla besitzt eine eigenthümliche, dreieckige, 
sichelförmige Gestalt mit dickerem oberen und langausgezogenem, schwanz- 
artigen, unteren Ende. In ihrer Convexität misst sie 13,5 Ctm. 


2. Athemorgane. 


Der Kehlkopf des Gorilla ist von Duvernoy in allen seinen Theilen 
so genau beschrieben worden, dass es mir überflüssig erscheint, von diesem 
kaum wesentliche Differenzen zeigenden Organe, eine nochmalige Be- 
schreibung zu geben. Ich erwähne nur, dass der Aditus Laryngis mit 
dem Kehldeckel, den vortretenden Cartilagines arytaenoidei, den Liga- 
menta aryepiglottica, und dem Sinus pyriformis, ein sehr menschen- 
ähnliches Ansehen darbietet. Die Ventriculi Morgagni sind stark entwickelt, 
aber nur der rechte setzt sich in den unpaaren in der Mitte zwischen 
Zungenbein und Kehlkopf vordringenden, nur kleinen, etwa nussgrossen 
Kehlsack fort. Die geringe Entwicklung des letzteren, gegen dessen 
grosse Ausbildung bei dem von Duvernoy beschriebenen Gorilla, bei 
welchem auch zwei laterale Ausgänge aus dem Kehlkopf sich fanden, 


453 


wird wohl vorzüglich auf das Geschlecht und dann das Alter zu schieben 
sein. Die Stimmbänder sind kurz und daher der sogenannte Stimmtheil 
der Stimmritze fast nicht länger als der Athemtheil zwischen den Car- 
tilagines arytaenoidei. 

An der Luftröhre zähle ich vom Kehlkopf bis zu ihrer Theilung 
18 Halbringe. 

Die Lunge meines Chimpanse besitzt rechts vier, links zwei Lappen 
und unter den rechten einen ganz ansehnlichen sogenannten Lobulus 
azygos s. impar. Indem derselbe also nicht, wie Hr. Broca (l. 1. p. 336) 
angiebt, bei dem Gorilla fehlt, sondern sich bei ihm wie bei dem Hylo- 
bates findet, so kann wie mir scheint, das Fehlen desselben nicht als 
ein Argument für die aufrechte, sein Vorkommen nicht für die horizontale 
Stellung der Thiere als charakteristisch betrachtet werden, insofern gerade 
von dem Gorilla angegeben wird, dass er mehr wie alle anderen Affen 
die aufrechte Stellung und den Gang annimmt, und erstere doch auch 
überhaupt bei dem Aufenthalte auf Bäumen vorherrscht. Auch beim 
Gorilla schiebt sich indessen dieser Lungenlappen nicht zwischen den 
rechten Bronchus, die Wirbelsäule den Herzbeutel und das Zwerchfell 
denn der Herzbeutel ist bei dem Gorilla in bedeutendem Umfange an 
das Zwerchfell angewachsen. Huxley sagt (l. 1. p. 564) die Lunge des 
Gorilla sei in dieselben Lappen getheilt wie bei dem Menschen. 


3. Das Herz. 


Nach Gautier Laboullay, (citirt von Dr. R. Meyer in seiner Ab- 
handlung über den Gorilla p. 25) soll das Herz des Gorilla sehr gross, 
viel grösser als das des Menschen sein, und an seiner Basis einen Um- 
fang von 1!ya' Par. gehabt haben. Huxley sagt (l. 1. p. 654) das Herz 
gleiche in seiner Form sehr dem menschlichen, und der Ursprung der 
grossen Gefässe aus dem Arcus Aortae sei der gewöhnliche beim Menschen, 
nämlich ein Truncus Anonymus für rechte Subelavia und Carotis, dann 
die linke Carotis, zuletzt die linke Subclavia. 

Das Herz meines Gorilla war ganz blutleer und zusammengefallen, 
hat in der That menschenähnliche Form, erscheint mir aber doch be- 
merkenswerth klein; denn es hat nicht die Grösse des Herzens eines 


neugeborenen Kindes und misst innerhalb seiner Kammern im Längen- 
6* 


44 


und Breitendurchmesser nur 4 Ctm. Es lag mehr in der Mitte des 
Brustraumes als das menschliche Herz, und der Herzbeutel war im be- 
trächtlichen Umfange von gegen 4 Ctm. mit dem Centrum tendineum 
des Zwerchfelles verwachsen. Die Vena cava inferior ist kurz. Herr 
Broca sagt 1. 1. p. 359, dass bei dem Gorilla und Chimpanse sich das 
Herz rücksichtlich seiner Lage am meisten von der der Vierfüsser entferne 
und genau der der Zweifüsser entspreche, was ja auch dem Leben dieser 
Thiere auf den Bäumen ganz angemessen ist, auch wenn wir die Affen 
und den Gorilla nicht zu den Zweifüssern rechnen. 

Der Ursprung der vier grossen Arterien aus dem Arcus Aortae, ist 
wie auch Hr. Broca und Hr. Dr. Bolau angeben, bei meinem Gorilla wie 
der bei dem Menschen, d. h. zuerst ein Truncus anonymus für rechte 
Subelavia und Carotis, dann die linke Carotis und zuletzt die linke Subelavıa. 
Ich habe in meiner Abhandlung über die Eingeweide des Chimpanse 
nachgewiesen, dass dieser Ursprung der grossen Gefässe auch bei den 
Individuen der verschiedenen Arten der Anthropoiden, wenigstens von 
Orang und Chimpanse, ein verschiedener ist. Ich kann den dort ange- 
führten Beispielen jetzt noch hinzufügen, dass bei einem Chimpanse aus 
Halle der Truncus Anonymus für rechte Subelavia und Carotis auffallend lang 
war, und bei dem Dresdner Chimpanse II findet sich ebenfalls die 
menschliche Anordnung. 

Der mir vorliegende Dresdner ÖOrang besitzt dagegen die Fleisch- 
fresser-Varietät mit ansehnlich langem Truncus Anonymus für die drei 
ersten Gefässe. Alle bis jetzt bekannten Gorilla besassen dagegen die 
beim Menschen gewöhnliche Anordnung. 


4. Harnwerkzeuge und Geschlechtsorgane. 


Von den Harnwerkzeugen erwähne ich nur, dass, wie auch 
schon Hr. Bolau angab, die Nieren nur eine einzige Papille besitzen, wenn 
sich gleich einige der Malpighischen Pyramiden entsprechende unvoll- 
kommene Scheidewände in der Niere finden. Die Harnblase ist verhält- 
nissmässig gross. Die Nebennieren erscheinen mir auch ansehnlich. 


Die weiblichen Geschlechtsorgane habe ich zwar schon in 
meinen vor Kurzem erschienenen: Vergleichend anatomischen Untersuch- 


45 


ungen über die äusseren weiblichen Geschlechtsorgane des Menschen und 
der Affen, insbesondere der Anthropoiden, beschrieben. Allein der Voll- 
ständigkeit wegen glaube ich das dort über den Gorilla Gesagte hier 
wiederholen zu sollen. 

Die äusseren Geschlechtsorgane, wenigstens die dieses noch jungen 
Thieres, zeigten äusserst wenig Auffallendes. Die ganze Regio pubis, 
inclusive der Dammgegend, tritt sehr wenig hervor und zeigt nur eine 
ganz geringe leierförmige Wulstung, ist auch durchweg mit Haaren besetzt. 

Der wie bei allen Affen sehr grosse After ist weit auffallender als 
die ganz geringe wenig hervortretende Schamspalte. Dieselbe ist noch 
keine 2 Ctm. lang. An ihrer oberen Commissur tritt die mit einer pilz- 
förmigen Eichel versehene, und an ihrer unteren Fläche gefurchte Clitoris 
hervor. Dieselbe ist von einem Praeputium umschlossen, welches sich 
auch mit zwei kleinen Frenula an die Ülitoris ansetzt. Die Fortsetzung 
dieses Praeputiums und der Frenula bildet die Begränzung der Scham- 
spalte, welche also als kleine Schamlippen oder Nymphen bezeichnet 
werden müssen. Dieselben zeichnen sich aber durch gar Nichts, durch 
keine besondere Wulstung aus, und sind auch äusserlich bis zur Scham- 
spalte mit Haaren besetzt. Nach Gautier-Laboulay sollen Schamlippen 
und Scheide bei einem erwachsenen Thiere „gut ausgebildet“ gewesen 
sein, und nach Dr. H. Walter besitzt das Lübecker Exemplar „deutlich 
eine gut ausgebildete Clitoris von einigen Linien Länge“ (Dr. R. Mayer d. 
Gorilla: p. 25). 

Durch die Schamspalte gelangt man in den Scheidevorhof, der sich wie 
bei allen Affen, namentlich den Anthropoiden, durch den Columnae rectae 
und Sinus mucosi des menschlichen Afters ähnliche Falten und Ver- 
tiefungen auszeichnet, die, wie ich glaube, den Duverney’schen Drüsen 
entsprechen. An der oberen Wand des Scheidenvorhofes zieht sich die 
Furche der Clitoris gegen die Harnröhren-Mündung hin. Ein dem 
Hymen analoges Gebilde findet sich nicht. Aeusserlich ist der Scheiden- 
vorhof und Scheiden-Eingang von einem starken, mit dem Levator anı 
zusammenhängenden Muskelapparat umgeben. Ob sich daselbst auch 
ein Venven-Plexus, ein Bulbus Vestibuli, findet, konnte ich nicht ent- 
scheiden. — Die Scheide ist an ihrer hinteren Wand 4,5 Ötm. lang und 
platt zusammengelegt 1 Ctm. breit, in ihrem Inneren ganz glatt, ohne 


46 


irgend eine Spur von Columnae rugarum oder dergleichen. Die Portio 
vaginalis uteri mit einem querstehenden Muttermund und vorderer und 
hinterer Muttermunds-Lippe ist gut ausgebildet. Der Uterus hat menschen- 
ähnliche Gestalt, ist aber noch wenig entwickelt, in seinem Halse stärker 
als im Körper. Er hat eine Längenaxe von 2,5 Ctm., eine Queraxe im 
Fundus von 1 Ctm. — Die Eileiter gehen ganz oben aus den Seiten- 
winkeln des Fundus hervor, und verlaufen gegen 5 Otm. lang, fast ohne 
Windungen in den Rändern der breiten Mutterbänder. Ihr Abdominalende 
ist mit nicht stark entwickelten Fimbrien besetzt und biegt sich gegen 
das laterale Ende der Eierstöcke, mit welchen sie durch eine Fimbrie 
in Verbindung gesetzt sind, um. Die Eierstöcke sind lang und schmal, 
34 Mm. lang, 5 Mm. breit und 2—3 Mm. dick, sind noch wenig ent- 
wickelt, zeigen äusserlich keine Graaf’sche Bläschen, sondern die körnige 
und netzförmige, von Dr. Kapf beschriebene Beschaffenheit der Eier- 
stöcke junger menschlicher Embryonen. 


47 


Beschreibung der Abbildungen. 


Sämmtliche Abbildungen sind nach Zeichnungen angefertigt, welche Herr Stud. 
Med. Ferd. Klausner, Assistent an der hiesigen anatomischen Anstalt, nach der Natur 
entworfen hat, wofür ich diesem Herrn meinen besten Dank sage. 


Fig. I. Stellt die Gesichtsmuskeln der rechten Kopfseite des halberwachsenen 
Orang von Dresden nach der Präparation durch Hr. Prof. Rüdinger dar. 


1. M. orbieularis palpebrarum. 7. M. triangularis s. depressor anguli 
2. M. procerus. oris. 
3. M. levator labii superioris alaeque nasi 8. M. quadratus s. depressor labii in- 
4. Die punktirten Linien bezeichnen den ferioris. 

in der Tiefe bedeckt liegenden M. 9. M. subeutaneus colli. 

levator anguli oris. 10. Muskelfasern, von denen es zweifel- 
5. M. zygomaticus minor. haft blieb, ob sie dem M. attrahens 
6. M. orbieularis oris. auriculae angehörten. 


Fig. II. a. Die Zunge des Gorilla. Man sieht sieben bis acht Papillae circumvallatae 
und an der Wurzel der Zunge die Zotten, die wohl noch dichter als auf 
der Abbildung stehen, der Deutlichkeit wegen aber in geringerer Zahl 


dargestellt sind. — b und ce. sind zwei etwas vergrösserte dieser Zotten. 
Fig. III. Die Gaumenfalten des Gorilla Q 
Fig. IV. Die Gaumenfalten des Orang nach Hr. Gegenbaur. 
Fig. V. Die Gaumenfalten eines älteren Orang 9. 
Fig. VI. Die Gaumenfalten eines Chimp,nse 9. 
Fig. VI. Die Gaumenfalten eines etwas älteren Chimpanse 9. 
Fig. VIII. Die Gaumenfalten eines Hylobates leueiscus ©. 
Fig. IX. Magen, Leber, Milz, Pancreas des Gorilla. 
Fig. X. Ein Stück des Jejunum des Gorilla mit den Valvulae conniventes. 
Fig. XI. Der Blinddarm mit dem Wurmfortsatz des Gorilla. 


48 


eo oapov- 


- 
[e>) 


Hr 
DD 


Fig. XIII. Zunge, Kehlkopf, Luftröhre, Lunge und Herz des Gorilla. 


. Zungenspitze. 


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@ ap on 


17 


M. omohyoideus. 


. Glandula sublingualis. 18. Rechter Herzvorhof. 

. Glandula submaxillaris. 19. Rechte Herzkammer. 

. Kehlkopf. 20. Linke Herzkammer. 

. Unpaarer Luftsack. 21. Vena cava inferior. 

. Luftröhre. 22. Vena cava superior. 

. Rechte Lunge mit vier Lappen. 23. Vena anoyma dextra. 

. Linke Lunge mit zwei Lappen. 24. Vena superficialis colli (?) 

. Lobulus azygos s. impar der rechten 25. Vena anonyma sinistra. 
Lunge. 26. Arteria pulmonalis. 

. Hinterer Bauch u. Sehne d. M. di- 27. Ductus arteriosus Botalli. 
gastricus. 28. Arcus Aortae u. Aorta thoraecica. 

. Vorderer Bauch desselben. 29. Truncus anonymus. 

. M. stylohyoideus. 30. A. subelavia dextra. 

M. styloglossus. 31. A. Carotis dextra. 

. M. stylopharyngeus. 32. A. Carotis sinistra. 

. M. mylobyoidens. 33. A. Subelavia sinistra. 

. M. sternohyoideus. 

Druckfehler. 


Auf dem Titel muss es heissen: statt „mit zwei Tafeln“ mit vier Tafeln. 


es heissen statt 13. u. 12. Rippe, 12. u. 11. Rippe. 
„des“ der und Z. 10 von oben muss die Klammer hinter hirsuta 


geschlossen werden. 


„und Hylobates“ und auf meine Abhandlung über Hylobates. 


„des Letzteren* des Gluteus minimus. 


„Mitte Zunge“ Mitte der Zunge. 
„die schwächste“ am schwächsten. 


Pag. 11 Z. 22 von oben muss 

Pag. 14 Z. 9 von oben statt 

Pag. 15 Z. 9 vonunten statt „logus“ longus. 
Pag. 16 Z. 9 von unten statt 

Pag. 13 Z. 8 von oben statt „jeden“ jedes. 
Pag. 20 Z. 2 von oben statt 

Pag. 21 Z. 16 von oben statt „ond“ and. 
Pag. 30 Z. 18 von oben statt „denen“ der. 
Pag. 36 Z. 6 von oben statt 

Pag. 37 Z. 6 von unten statt 

Pag. 40 Z. 17 von unten statt „besisitzt“ "besitzt. 
Pag. 40 Z. 2 von unten statt 


„Wiedmanns“ Wiegmanns. 


h.bayr. Akad I CLIM1d.3. Abt: Litkır. I Schonig. 


schoff. En oe des Oorilla. 


5 Tab.I. 


Behn.J SCHINEZ 


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lith.v. J. Schönig. 


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bh.d.k.bayr Akad LOL IW bad3.Abth. 
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(choff, zur Anatomie des Gorilla. 


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Wöichr.v. I Schönzg. 


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" DkadIA U Bd3.Abth. 


Bayerische Präcisions-Nivellement. 


Fünfte Mittheilung 


von 


Carl Max von Bauernfeind. 


Mit einer Uebersichtskarte. 


Abh.d. II. Cl.d.k. Ak.d. Wiss. XIII. Bd. III Abth. T 


Ergebnisse 
des in 


Verbindung mit derBEuropäischenGradmessung in Bayern 


ausgeführten 


Präeisions-Nivellements. 


Fünfte Mittheilung 
von 


Carl Max v. Bauernfeind. 


Die vorliegende Mittheilung über das Bayerische Präcisions-Nivellement, 
der Reihenfolge nach die fünfte der seit dem Jahre 1870 in den Ab- 
handlungen der mathematisch-physicalischen Classe der K. Bayerischen 
Akademie der Wissenschaften erschienenen Veröffentlichungen über diesen 
Gegenstand, schliesst sich an die vierte vom Jahre 1876 (Bd. XI, Abth. 3, 
Seite 83 bis 132) an und umfasst jene Beobachtungs- und Rechnungs- 
arbeiten der Jahre 1876 bis 1878, welche noch. nöthig waren, um das 
über die 7 Regierungsbezirke rechts des Rheins ausgedehnte Bayerische 
Präcisionsnivellement zu vollenden. Was an dergleichen Messungen in 
unserem Lande ferner noch zu leisten ist, sind nur weitere Anschlüsse 
an die Präcisionsnivellements von Nachbarstaaten oder Bestimmungen von 
Fixpunkten erster Ordnung für die mit der Gradmessung nicht unmittelbar 
zusammenhängende topographische Landesaufnahme. Es ist demnach jetzt 
auch der Zeitpunkt gekommen, dieser Abhandlung eine definitive Aus- 
gleichung der unvermeidlichen Beobachtungsfehler in den geschlossenen 
Nivellementsschleifen und eine zusammenfassende Darstellung der Haupt- 
ergebnisse des Bayerischen Präcisionsnivellements beizufügen. In den 


TREE 


52 


oben bezeichneten drei Jahren 1876, 1877, 1878 wurden die Beobacht- 
ungen und Berechnungen wie in den vorausgegangenen acht Jahren von 
1868 mit 1875 unter meiner Oberleitung von Assistenten des geodätischen 
Instituts der technischen Hochschule dahier, welche in den Ferienmonaten 
als Ingenieure der K. Bayerischen Commission für die Europäische Grad- 
messung thätig sind, ausgeführt, und zwar in den Jahren 1876 und 1877 
von dem Privatdocenten Herrn O. Decher, dem für das Controlnivelle- 
ment der Hauptfixpunkte der Ingenieurpracticant Herr 0. Weber bei- 
gegeben war, und im Jahre 1878 von Herrn O. Decher in Verbindung 
mit dem Assistenten Herrn M. Haid. Wie seit dem Jahre 1868 leistete 
auch in den Jahren 1876 bis 1878 bei den Beobachtungen und im Winter 
und Sommer des gegenwärtigen Jahres bei den Berechnungen erspriess- 
liche Dienste der Messgehilfe und Hilfsrechner F. Hesselbarth. Ebenso 
hat sich seit 11 Jahren ein Stamm des übrigen Gehilfenpersonals für 
die Bezeichnung der Fixpunkte und die Aufstellung der Nivellirlatten in 
dem Steinmetzen Wilhelm aus Hof und dem Sammlungsdiener Gessner 
von hier erhalten. Wird weiter noch in Erwägung gezogen, dass auch 
die beiden Nivellirinstrumente, welche im Jahre 1868 für das Bayerische 
Präcisionsnivellement angefertigt und seit jener Zeit nur hiefür verwendet 
wurden, stets die gleichen waren und bloss drei durch den Gebrauch 
stark abgenützte Nivellirlatten durch neue ersetzt werden mussten, so 
lässt sich nicht verkennen, dass in der hierdurch erzielten Stetigkeit des 
Messungs- und Rechnungsverfahrens eine Garantie für die Genauigkeit 
unserer Arbeiten überhaupt und für die bei den Ausgleichungsrechnungen 
angenommene gleiche Genauigkeit der Beobachtungen insbesondere liegt. 
Diese Behauptung findet ihre volle Bestätigung nicht bloss in dem 
mittleren Fehler der Beobachtungen, welcher weit’ unter der von der 
Allgemeinen Conferenz der Europäischen Gradmessung festgesetzten 
obersten Grenze liegt, sondern auch in der merkwürdigen Uebereinstimm- 
ung unseres Nivellements mit einem des K. Preussischen geodätischen 
und des K. K. Oesterreichischen militärgeographischen Instituts, sowie 
der K. Württembergischen Gradmessungscommission. Von den Anschlüssen 
an Preussen und Württemberg wird weiter unten noch besonders die 
Rede sein; den an Oesterreich übergehen wir, da sich die vorläufigen 
amtlichen Mittheilungen des Herrn Oberst Ganahl bloss auf eine Strecke 


53 


zwischen Passau und Salzburg bezogen, welche nur 3 Millimeter Ab- 
weichung von der bayerischerseits zwischen beiden Punkten gefundenen 
Höhendifferenz ergab. Die gute Uebereinstimmung des Oesterreichischen 
Präcisionsnivellements mit dem Bayerischen längs der Grenze beider 
Strecken wird sich am besten aus den bald zu erwartenden Oesterreichischen 
Publicationen ergeben. 

In dem nachfolgenden Berichte ist die bisher beobachtete Reihen- 
folge der einzelnen Abschnitte eingehalten und nur um einen Abschnitt 
über die Ausgleichung des Bayerischen Höhennetzes vermehrt worden. 


Uebersicht der Nivellementsarbeiten in den drei letzten Jahren 
und in der Zeit von 1868 bis 1878. 

Die Nivellirungsarbeiten der Bayerischen Gradmessungscommission 
in den Jahren 1876 und 1877 umfassten die Aufsuchung, Bezeichnung 
und Einmessung von Hauptfixpunkten in allen rechtsrheinischen Kreisen 
des Königreichs, soweit dieses nicht schon in früheren Jahren geschehen 
war. Ueber den Zweck und die geeignetste Lage dieser Hauptfixpunkte, 
deren Herstellung auf der zweiten Allgemeinen Conferenz der Europäischen 
Gradmessung zu Berlin im Jahre 1867 von dem inzwischen verstorbenen 
Göttinger Professor Sartorius v. Waltershausen angeregt worden war, 
habe ich mich bereits in der vierten Mittheilung über das Bayerische 
Präcisionsnivellement (Abh. der II. Klasse der K. Akad. Bd. XII, Abth. 3, 8.88 
u. 89) ausgesprochen; es ist demnach hier bloss zu bemerken, dass die 
Zahl derselben im diesseitigen Bayern 77 beträgt und ihre Numerirung 
(gesondert von jener der übrigen, mit arabischen Ziffern bezeichneten 
1520 Fixpunkte, ihrer geographischen Lage von Nord nach Süd ent- 
sprechend) mit römischen Ziffern erfolgte. Im Ganzen sind somit in 
Bayern 1597 Punkte ihrer Höhenlage nach aufs genaueste bestimmt, 
und es treffen hievon 

1313 auf wagrecht abgearbeitete Flächen (Erste Mittheilung, 8. 133), 
. 276 auf Höhenmarken mit starken Messingbolzen (Ebendaselbst, S. 100), 

8 auf polirte Sockel von Denkmälern (Vierte Mittheilung, S. 88). 

Auf der beiliegenden Uebersichtskarte des Bayerischen Präcisions- 
nivellements sind die Hauptfixpunkte durch das Zeichen U], die mit 
Höhenmarken bezeichneten Fixpunkte durch ein in die Nivellementslinie 


94 


gelegtes Viereck [|] und die auf wagrechten Flächen angebrachten Fix- 
punkte durch ein an der Nivellementslinie liegendes schwarzes Quadrat u 
bezeichnet und grösstentheils numerirt. In dem weiter unten folgenden 
Fixpunktsverzeichnisse sind alle Punkte numerirt und ihrer horizontalen 
und verticalen Lage nach deutlich beschrieben. 

Die im Jahre 1876 auf die Ausführung der oben bezeichneten 
Nivellementsarbeiten verwendete Zeit fiel zwischen den 6.:September 
und 7. Oktober und umfasste 30 Reisetage, von denen 22 zu Beob- 
achtungen geeignet waren und hiezu benützt wurden. In dieser Zeit 
wurden in Weiden, Eger, Oberkotzau, Marktschorgast, Bayreuth, Neuen- 
markt, Kulmbach, Lichtenfels, Bamberg, Schweinfurt, Würzburg, Aschaffen- 
burg, Nürnberg, Bruck, Neumarkt i/0. und Nördlingen 14 Höhenmarken 
und 41 Hauptfixpunkte hergestellt und in Bezug auf die schon vor- 
handenen Fixpunkte einnivellirt. 

Im Jahre 1877 erfolgte in gleicher Weise in der Zeit vom 2. Sep- 
tember bis 11. Oktober, also in 40 Tagen, wovon 25 zur Arbeit im 
Freien verwendbar waren, die Fertigstellung von 23 Höhenmarken und 
31 Hauptfixpunkten in den nachbenannten Orten: Mühldorf, Rosenheim, 
Oberaudorf, Kiefersfelden, Holzkirchen, Oberstaufen bei Lindau, Immen- 
stadt, Kempten, Buchloe, Augsburg, Donauwörth, Gunzenhausen, Lands- 
hut, Geiselhöring, Plattling, Regensburg und Schwandorf. 

Die in den beiden Jahren 1876 und 1877 aufgewendeten 70 Reise- 
tage, wovon sich 47 als Arbeitstage eigneten, gestatteten eine Strecke 
von 56,6 Kilometer mit 666 Instrumentenständen und einer mittleren 
Zuelweite von 43m doppelt zu nivelliren. Diese kleine Zielweite war 
eine Folge der stärkeren Neigungen und der vielfachen Windungen der 
Strassen, welche von den Eisenbahnen ab bis zu den Hauptfixpunkten 
nivellirt werden mussten. Oefters nötkigten auch der öffentliche Ver- 
kehr auf den Strassen, die Erschütterung des Instramentes durch vorüber- 
fahrende Fuhrwerke, ferner Wind und Staub zu kürzeren Zielweiten, um 
die Ablesungsfehler auf ein Minimum zu bringen. Zu diesen Störungen 
kamen in Ortschaften, die vorzugsweise für Anbringung von Hauptfix- 
punkten geeignet waren, noch die, welche aus der Neugierde der den 
nivellirenden Ingenieur umgebenden Zuschauer und aus dem in den 
Strassenwindungen fortwährend stattfindenden und die Augen angreifenden 


> 42) 
Wechsel zwischen Licht und Schatten entsprangen. Hieraus folgt von 
selbst, dass man unter solchen Umständen in einem Tage bei Weitem 
nicht dieselbe Strecke doppelt nivelliren kann, wie an Eisenbahnen mit 
geringen Neigungen und schwachen Krümmungen, auf denen nur die 
verkehrenden Züge eine kurze Unterbrechung der Arbeit bedingen. In 
dem vorliegenden Falle, wo es sich um Herstellung von Hauptfixpunkten 
handelte, liesse sich eher fragen, wie viel Zeit auf die Bestimmung eines 
solchen Punktes zu verwenden ist, und auf eine solche Frage, wenn sie 
gestellt würde, könnten wir nach unsern Erfahrungen antworten: 2 Reise- 
tage oder 1,5 Arbeitstage genügen für einen Ort mit einem Hauptpunkt, 
denn unser Ingenieur Decher hat in 70 Reise- oder 47 Arbeitstagen in 
33 Ortschaften 72 Hauptfixpunkte gesetzt. 

Im Jahre 1878 wurden als Fortsetzung und Schluss der längs des 
Bayerischen Hochgebirgs ausgeführten und im Vorlande sich hinziehenden 
Nivellements von Salzburg über Rosenheim nach Holzkirchen die Strecken 
Holzkirchen-Tölz, Penzberg-Tutzing, Tutzing-Weilheim-Peissenberg, Ober- 
dorf-Biesenhofen auf Eisenbahnen und die dazwischen liegenden Strecken 
Tölz-Bichel-Penzberg, Peissenberg-Schongau-Oberdorf, sowie die am Kochel- 
see vorüber nach dem Walchensee führende Strecke Bichel - Kochel - Ur- 
feld auf Landstrassen nivellirt. Hierbei wurde auf Eisenbahnen stets die 
in der Ersten Mittheilung (Seite 100 bis 110) beschriebene Methode des 
Nivellirens mit Doppelständen angewendet; auf Strassen musste von dieser 
Methode abgesehen werden, nachdem erkannt worden war, dass zur Er- 
reichung annähernd gleicher Zielweiten für Rück- und Vorblick an 
beiden Instrumenten ein eben so grosser Zeitaufwand nöthig ist als für das 
Doppelnivellement der gleichen Strecke mit nur einem Instrumente; das 
Nivellirverfahren unterschied sich übrigens nur durch die Weglassung 
der Doppelstände von dem auf Eisenbahnen: seine Genauigkeit ist somit, 
was Beobachtung betrifft, der auf Eisenbahnen zu erreichenden gleich, 
nur die Zielweiten sind in Folge der grösseren Gefälle und schärferen 
Krümmungen der Strassen kleiner als auf Eisenbahnen. 

Die Arbeiten des Jahres 1878 begannen am 31. August und wurden 
von den Ingenieuren Decher und Haid bis zum 19. September gemein- 
sam fortgesetzt, von diesem Tage an erfolgte die Trennung der Messungs- 
gesellschaft in 2 gesonderte Abtheilungen, da nur mehr Strassen. zu ni- 


96 


velliren waren. Herr Decher stellte in der Zeit vom 20. bis 30. Sep- 
tember, worunter 6,5 Arbeitstage, das Nivellement von Unter-Peissenberg 
bis Schongau und auf den Gipfel des Hohen Peissenbergs in einer Länge 
von 21 Kilometer und vom 1. bis zum 14. October die 26 Kilometer 
lange Strecke Bichel-Kochel-Urfeld in 7,5 Arbeitstagen her, während 
Herr Haid in der Zeit vom 20. September bis 4. Oktober mit 12,5 
Arbeitstagen das Nivellement von Oberdorf bis Schongau in einer Länge 
von 36 Kilometer vollendete, so dass sich also auf Strassen eine durch- 
schnittliche tägliche Leistung von 3 Kilometer erreichen liess. (Die 
letztere Strecke wurde im Jahre 1879 wiederholt nivellirt, da der Schluss- 
fehler des Polygons, von dem die Strecke Oberdorf-Schongau eine Seite 
bildet, zu gross war. In der That ergab das zweite, von Herrn Decher 
und Haid ausgeführte, doppelte Nivellement einen geringeren Schluss- 
‚fehler, als das erste, nämlich 6,70 Centimeter auf 371,642 Kilometer statt 
der früher auf die gleiche Länge gefundenen 9,91 Centimeter). 

In den Jahren 1876 und 1877 waren für die Herstellung der Haupt- 
fixpunkte im Ganzen 56,6 Kilometer doppelt nivellirt worden. Hiezu 
waren 666 Instrumentenstände bei einer mittleren Zielweite von 43 
Meter nothwendig. Im Jahre 1878 wurde eine Gesammtlänge von 158 
Kilometer doppelt nivellirt mit Hilfe von 2014 Instrumentenständen und 
einer mittleren Zielweite von 40 Meter. Trennt man die auf Bahnlinien 
hergestellten Nivellements von denen auf Strassen, so ergibt sich für 
jene eine mittlere Zielweite von 54 und für diese von 32 Meter. Dieser 
Unterschied erklärt sich aus den sehr starken Neigungsverhältnissen der 
nivellirten Strassen und wird noch ersichtlicher, wenn man die Zahlen 
der Instrumenstände für einen Kilometer vergleicht. Diese Zahlen be- 
tragen durchschnittlich für Eisenbahnen 9, für Strassen 17 und stehen 
somit nahezu in dem Verhältniss von 1:2. 

Das Maximum der Ständezahl, welches am Hohen Peissenberg und 
am Kesselberg vorkam, betrug 40 pro Kilometer bei Steigungen von 
18 Prozent, und 79 in einem Tage auf 2 Kilometer Länge und 168 Meter 
Erhebung, d. i. 79 pro Tag bei 8,4 Procent mittlerer Neigung. 

Nach Seite 85 der vierten Mittheilung waren bis zum Schlusse des 
Jahres 1875 doppelt nivellirt 2179,4 Kilometer oder 293,72 geographische 
Meilen. Rechnet man hiezu die in den Jahren 1876 und 1877 her- 


97 


gestellten 56,6 Kilometer und die im Jahre 1878 hinzugekommenen 
158,0 Kilometer Doppelnivellement, so beträgt die Gesammtlänge des 
Bayerischen Präcisionsnivellements 2394 Kilometer oder 322,62 geo- 
graphische Meilen. Diese doppelt nivellirten Linien durchziehen nach 
der Uebersichtskarte das diesseitige Bayern nach allen Richtungen, 
und es kommt durchschnittlich ein gewöhnlicher Fixpunkt auf 1,5 Kilo- 
meter Entfernung. 


Das Nivellirapparat und die Constanten der Instrumente in 
den drei letzten Jahren und in der Zeit von 1868 bis 1878. 


Es ist schon oben erwähnt worden, dass der Nivellirapparat während 
der ganzen Dauer des Bayerischen Präcisionsnivellements stets der gleiche 
war mit Ausnahme einiger Latten, die in Folge von Beschädigungen bei 
dem Transport oder weil die Theilungen in Folge äusserer Einflüsse an 
den Grenzlinien der schwarzen und weissen Felder an Schärfe verloren 
hatten, durch neue ersetzt werden mussten. Schon früher war an die 
Stelle der im Jahre 1868 angeschafften Latte Nr I eine neue la ge- 
treten und im Jahre 1878 musste auch die Latte Nr II, weil sie einen 
Sprung bekommen hatte, ausser Gebrauch gesetzt werden. Dieser Verlust 
und die schon erwähnte Arbeitstheilung machte noch zwei neue Latten 
nöthig, denen man die Bezeichnung Nr VI und Nr VII gab, da bis 
dahin bereits fünf Latten (I, Ia, II, III, IV) vorhanden waren. Die 
Längen der neuen Latten wurden im Herbste 1878 und im Winter von 
1878 auf 1879 mit denselben metallenen Meterstäben, welche zur Ab- 
gleichung der älteren Latten verwendet worden waren, mehrmals unter- 
sucht und ergaben sich hiebei folgende Resultate, ein nomineller Meter der 


Latte Nr VI ist bei 17,50 C um 0,0025 mm kleiner, als 1 wirkl. Meter 
” ” vu ” n 1 7,0 2 b2] ” 0,2 3) 3 0 ” ” ”» b>] ” 


” 


Ausser diesen beiden neuen Latten waren die älteren Latten Ia mit 
0,999999 mm und II mit 1,000274 m Länge des nominellen Meters auf 
den Strassenstrecken und die Latten Ia, II, III auf den mit Doppelständen 
ausgeführten Eisenbahnstrecken im Gebrauch. Es war demnach die nömi- 


nelle Meterlänge für die Latten 
Abb.d. II. Cl.d.k. Ak. d. Wiss. XIII. Bd. III. Abth. 8 


Ta, U, I = %% (la+II+ I) = 1,000192 bei 12,2% 0 
Ia und II = " (la+ IH) = 1,000132 bei 13,7°C 
VI und VI = Ys (VI+ VO) = .0,999841 bei 17,3% C 


Die Verhältnisszahl der mittleren Felderbreite der weissen Gentimeter- 
flächen zu allen schwarzen und weissen fand sich für die Latte Nr VI = 
0,9714 und für die Latte Nr VII = 0,9750, wofür im Mittel wie bei 
allen übrigen Latten 0,97 gesetzt wurde. Demnach beträgt die Correction 
der einzelnen Felder 0,03 B, wenn B der im weissen Centimeterfeld 
geschätzte Bruchtheil ist. 

Die Constanten des Instruments Nr I, welches im Jahre 1876 allein 
Verwendung fand, wurden am 19. September zu Lichtenfels, wo sich bei 
heiterem, ganz windstillem Wetter eine geeignete Strecke vorfand, be- 
stimmt und 

cateag —— 157,307 > 0,021 
gefunden, so dass zur Berechnung der Entfernungen E der Ausdruck 
benützt werden konnte: 
ee lee 


Im Jahre 1877 erfolete für dasselbe Instrument Nr I die Constanten- 
bestimmung zweimal unter sehr günstigen Verhältnissen, nämlich am 
7. September in Rosenheim mit 

cote y = 136,92 + 0,0037 
und am 2. October in Geiselhöring mit dem Resultate 
coteyp = 137,18 4 0,0045 


Zur Bestimmung der Entfernungen E wurden demnach folgende 
Ausdrücke benützt: 
für das erste Drittel der Strecken E = 136,92a + 0,78 
EIER ZWEILE = fi h E =) 137,093.) 10% 8 
ee dirıtbern ne E = 137,18a + 0,78 


Im Jahre 1878 fand für jedes der beiden Nivellirinstrumente eine 
dreimalige Constantenbestimmung statt, nämlich am 1. September in 
Hofzkirchen, am 9. September in Penzberg und am 2. October wieder- 
holt in Penzberg. Die Ergebnisse waren folgende: 


99 


Für das Instrument Nr I: 
cotg p = 136,92 + 0,0074; E = 136,92a + 0,78 vom 1. Sept. mit 8. Sept. 
Be 157,10 0,0078 ° 3 0197,17 40,78 7 „9,5, I, 
cote p = 137,32 400076 E= ar 3Bar 0. DS Difagon, SSNTENer 

Für das Instrument Nr II: | 
cotg y = 146,87 + 0,049; E = 146,87a + 0,78 vom 1. Sept. mit 8. Sept. 
cotg p = 146,59 + 0,062. E = 146,59a + 0,78, may ee 
cotg p = 147,32 4 0,054 E = 147,324 40,78, 20. , 442, 0et: 


Bei diesem 2. Nivellirinstrumente hat den früheren Jahren gegen- 
über eine beträchtliche Aenderung des Fadenabstandes im Mikrometer 
des Fernrohrs stattgefunden, und es rührte diese Aenderung ohne Zweifel 
von der Reparatur her, die an diesem Instrumente nach seiner Benützung 
zum Nivellement des Döbraberges in Folge von Erschüttungen durch 
den Transport auf der Eisenbahn nothwerdig wurde Um die Aender- 
ungen der Fadenabstände in beiden Nivellirinstrumenten in dem Zeitraum 
von 11 Jahren zu übersehen, habe ich folgende Tafel zusammengestellt, 
in welcher v=ftangy den Abstand der äusseren Horizontalfäden des 
Mikrometers bezeichnet und die Brennweite f= 0,52 m: ist. 


® 
Zeit Instrument I | Instrument II | 
| der | 
er 
cotg p p {) cotg p p v 
1868 137,76 1497,3 3,115 — — — 
1869 137,41 1501,0 8,185 136,32 Kalo 3,515 
1570 137,93 1495,4 3,770 136,39 1512,3 3,813 
1871 137,76 1497,3 3,775 136,33 1513,0 3,814 
1872 137,09 1504,6 3,793 13,17 1503,7 Ben! 
137,16 1503,8 Ds 137,07 1504,85 3,194 
- 1873 136,56 1510,4 3,508 137,12 1504,2 302, 
136,55 5072 3,800 ar 1504,2 3.1 


S* 


60 


An | Instrument I Instrument II 
der 
Bestimmung; PR 
| eotg p p UV cotg 9 p V 
| | ulE rn 
1874 136,41 1512,1 3,812 137,35 1501,7 3,786 
| 137,00 1505,6 3,796 | 138,54 1488,8 3,758 
1875 | 137,06 | 1504,9 3,74 | — = — 
| 136,99 1505,7 3,76 ,|  — _ _ 
1 137,08 1504,7 3,73 | — _ = 
1876 || 137,37 1501,5 3785 | — = = 
1877 | 136,92 1506,4 3,798: 0, = a 
| 137,18, | .1503.% 3191, er ey 
1878 | 136,92 1506,4 3,798 146,87 1404,4 3,541 
| 137,17 1503,7 3,791 146,59 1407,1 3,547 
| 137,32 1502,1 3,787 147,32 1400,1 3,530 


Aus dieser Tafel ergibt sich, dass sich am Instrumente Nr I der 
Fadenabstand v innerhalb 11 Jahren nur zwischen den Grenzen 3,812 und 
3,770 mm, d.i. um 0,042 mm geändert hat, während am Instrumente NrlI 
eine bedeutende Aenderung im letzten Jahre seines Gebrauchs gegenüber 
den früheren Jahren von 1869 bis einschliesslich 1874 sich ergab. Diese 
Aenderung rührt, wie schon erwähnt, von der Reparatur her, welche das 
zweite Instrument nach seinem Gebrauche zum Nivellement des Döbraberges 
in Folge einer Beschädigung durch den Transport nöthig hatte. (Der Döbra- 
berg, ein Bayerischer trigonometrischer Punkt, ist zwar nicht in das Präci- 
sionsnivellement eingeschlossen, war aber für die zwischen ihm und dem 
Kapellenberge in Sachsen angestellten Refractionsbeobachtungen ebenfalls 
genau zu nivelliren und daher an die Fichtelgebirgsschleife bei Münch- 
berg anzuschliessen). In den ersten 6 Jahren 1869 mit 1874 schwankten 
die Fadenabstände des Instrumentes Nr II nur zwischen den Grenzen 
3,753 und 3,815 mm, also um 0,062 mm; sowie sie im Jahre 1878 
zwischen den Werthen 3,5350 und 3,541 mm blieben, also sich nur um 
0,011 mm änderten; der Unterschied des absoluten Abstandes in den 


61 


Jahren 1874 und 1878 von 0,247 mm kann nur vom Mechaniker her- 
rühren, der die Fäden um etwa Ya Millimeter näher an einander be- 
festigte, als es früher der Fall war. 


Abschlüsse von Polygonen und Anschlüsse an die Präcisions- 
nivellements der Nachbarstaaten. 

In der vierten Mittheilung (Seite 87 und 88) wurde berichtet, dass 
in Bayern bis Ende 1875 bereits 6 Polygone zum Abschluss gelangt 
waren; die Zahl dieser Abschlüsse wurde in den Jahren 1876 und 1877 
nicht vermehrt, da sich die in dieser Zeit ausgeführten geodätischen 
Arbeiten bloss auf die Feststellung von Hauptfixpunkten bezogen, für 
welche oft grössere Zweiglinien doppelt zu nivelliren waren. Im Jahre 
1870 kam dagegen noch ein siebentes Polygon zum Abschlusse, nämlich 
das in der beiliegenden Karte mit Nr. VI bezeichnete, welches die Strecken 
Augsburg - München - Holzkirchen - Tölz-Penzberg-Schongau-Kempten-Buch- 
loe-Augsburg umfasst , eine Gesammtlänge von 371,642 Kilometer und 
einen Abschlussfehler #4 = + 0,067 m hat, so dass in ihm der Kilo- 
meterfehler allerdings 3,475 Millimeter beträgt. Dieser nächst der 
Differenz in der Fichtelgebirgsschleife (Polygon Nr. I) grösste Abschluss- 
fehler in den Bayerischen Nivellementsschleifen hat seinen Grund sicher- 
lich erstens in den Lothablenkungen durch das nahe Hochgebirge und 
insbesondere den Hohen-Peissenberg, an dessen Fusse die Strecke Penz- 
berg- Schongau hinzieht, und zweitens in den starken Steigungen und 
Gefällen der zwischen Tölz und Penzberg, dann zwischen Unterpeissen- 
berg, Schongau und Oberdorf nivellirten Strassenstrecken. 

Dass diese Behauptung richtig ist, wird ebenso, wie im Fichtelge- 
birge, durch ein wiederholtes Doppelnivellement der eben genannten 
Strassenstrecken bestätigt, welches ein nur sehr wenig vom ersten ab- 
weichendes Resultat lieferte; eine Abweichung, wie. sie etwa dem Zustande 
der genannten Strassenstrecken entspricht, während der grössere Theil 
des Fehlers (zweifelsohne wegen der vorhin erwähnten constant wirkenden 
Anziehung des Gebirgs und der Lattenänderung) bestehen blieb. 

Ausser den Eisenbahn- und Strassenstrecken, welche in den sieben 
abgeschlossenen Polygonen doppelt und theilweise vierfach nivellirt 
wurden, treten mehr oder minder lange ebenso genau nivellirte Strecken 


62 


als Polygonsseiten angrenzender Länder auf: so am Polygon Nr I die 
Strecke Oberkotzau-Hof, am Polygon Nr II die Strecken Lichtenfels- 
Coburg und Bamberg-Schweinfurt-Würzburg-Aschaffenburg-Kahl, am Po- 
lygon Nr V die Strecken Kempten - Immenstadt - Lindau - Nonnenhorn - 
Kressbronn und Lindau-Bregenz-Fussach-St. Margarethen-Rorschach, am 
Polygon Nr VI die Strecke Bichel-Kochel-Urfeld (Walchensee) und am 
Polygon Nr VII die Strecken Rosenheim-Oberaudorf-Kufstein und Rosen- 
heim-Prien-(Chiemsee)-Traunstein-Salzburg-Berchtesgaden-Königssee. Alle 
diese hier aufgezählten Strecken können erst zur Ausgleichung gelangen, 
wenn sie von den betreffenden Nachbarländern als Seiten von Nivelle- 
ments-Polygonen benützt und diese Polygone vollständig abgeschlossen 
werden, wie es zur Zeit mit den an Württemberg und Baden gelegenen 
Strecken geschieht und mit den an Oesterreich grenzenden in Aussicht 
gestellt ist. 

Der erste Nivellements - Anschluss, den wir Bayerischerseits ange- 
strebt haben, war der mit dem Königreiche Sachsen auf der Strecke 
zwischen Hof und Franzensbad, von dem bereits in meiner Ersten Mit- 
theilung (Seite 130) gesprochen wurde. Da jedoch die Revision des 
Sächsischen Nivellements, welche Herr Regierungsrath Professor Nagel 
in Dresden als Nachfolger des verstorbenen Oberbergrathes Weisbach 
zu Freiberg in Aussicht stellte, noch nicht vollzogen und jedenfalls das 
Ergebniss derselben für die "bezeichnete Anschlussstrecke mir unbekannt 
ist, so kommt dieser Anschluss vorläufig um so weniger in Betracht, als 
ich vorhabe, unser Polygon I von der Ausgleichung der Bayerischen 
Polygone nach der Methode der kleinsten Quadrate auszuschliessen, und 
zwar deshalb, weil ein grosser Theil des beträchtlichen Schlussfehlers 
von constanten Fehlerquellen, wie Lothablenkungen u. a. m., herrührt und 
solche Fehler nicht wie zufällige ausgeglichen werden dürfen. 

Nächst Sachsen kamen wir mit Württemberg in Berührung, und 
ich habe schon auf Seite 130 meiner Ersten Mittheilung berichtet, dass 
die Bayerischen und Württembergischen Conmnissäre übereingekommen 
waren, am 19. Mai 1870 die von ihnen gefundenen Coten der Anschluss- 
punkte Nördlingen und Nonnenhorn des 495 Kilometer umfassenden 
grossen Bayerisch - Württembergischen Polygons Nördlingen - Augsburg- 
Kempten - Lindau - Nonnenhorn - Friedrichshafen - Ulm - Aalen - Nördlingen 


63 


gleichzeitig in München und Stuttgart auf die Post zu geben, und dass 
sich hiebei eine Gesammtdifferenz von 0,109 auf 495000 Meter Länge 
oder ein Kilometerfehler von 4,9 Millimeter herausstellte. Dieser An- 
schlussfehler hat sich in Folge der Vergleichung der Nivellirlatten, 
welche seinerzeit in Bern vorgenommen wurde, und wobei die Bayerischen 
eine normale Länge hatten, auf 0,012 Meter vermindert, wodurch der 
mittlere Kilometerfehler des in Rede stehenden Polygons auf 0,54 Milli- 
meter herabsank. 


An der Westgrenze von Bayern wurde dessen Präcisionsnivellement 
ausser an Württemberg auch an die Fixpunkte bei Kahl Nr 88la und 
Nr 852a mit den Coten 750,090 und 750,096 angeschlossen, welche 
zu dem von Herrn Professor Börsch hergestellten ehemaligen Kur- 
hessischen, nunmehr Preussischen Präcisionsnivellement gehören. (Vergl. 
meine Zweite Mittheilung, S. 83). Das Kgl. Preussische geodätische 
Institut hat ferner seine Nivellements auch an unsere Höhenmarke in 
Coburg © Nr 283, Cote 565,7475 m (Erste Mittheilung, Seite 162) und 
an die von uns ebenfalls nivellirte Württembergische Höhenmarke in 
Kressbronn angeknüpft. Die Cote Kressbronn ist in meiner Ersten Mit- 
theilung (S. 196) unter Fixpunkt Nr 611 mit 463,0267 angegeben und 
es wurde somit Bayerischerseits auf der 485,234 Kilometer langen Strecke 
von Coburg bis Kressbronn ein Höhenunterschied von 565,7475—463,0267 
= 102,7208 m gefunden, während mir Herr Professor Börsch als 
Sectionschef des Kgl. Preussischen geodätischen Instituts am 6. April 1879 
amtlich Folgendes mittheilte: 

„An das Kel. Niederländische Präcisionsnivellement in drei Punkten 


bei Denekamp, Bentheim und Venlo anschliessend, ergibt sich über 
Hannover, Magdeburg, Halle und Eisenach die Bayerische Höhenmarke 


am Stationsgebäude von Coburg © zn 295,33 28 a1 ubeiH.ps 
über Mainz, Basel, Radolfzell dagegen 

die Höhenmarke am Stationsgebäude 

von Friedrichshafen (W.H.) = 405,5709 


somit die Höhendifferenz Friedrichs- 
hafen - Coburg = + 110,2386 h a5 


64 


Nach dem Württembergischen Präci- 
cionsnivellement ist die Höhendif- 
ferenz Friedrichshafen (W.H.)-Zoll- 
haus in Kressbronn (W.H.) = .— 7,5071 


daher die Höhendifferenz Coburg © — 
Kressbronn (W.H.) — + 102.7515m 
und somit der Abschlussfehler in dem 
Polygon (Coburg - Nürnberg - Augs- 
burg-Lindau-Kressbronn-Friedrichs- 
hafen-Radolfzell-Basel-Mainz-Coburg) 
—=192,7315—102,7208= 0,0107 m 


ein Resultat, welches nicht besser gewünscht werden kann.“ 


Aus der vorstehenden Mittheilung des Herrn Professor Börsch 
berechnet sich die Höhe des Bayerischen Eisenbahnhorizonts, der auch 
für unser Präcisionsnivellement gilt, zu 565,7475 + 295,3323 = 861,0798m 
über dem Nullpunkt des Amsterdamer Pegels. 


Ferner ergibt sich nach Seite 83 meiner Zweiten Mittheilung aus 
den ebenfalls von Herrn Professor Börsch herrührenden und in einem 
Briefe aus Berlin vom 21. November 1871 enthaltenen „vorläufigen“ 
Daten über die Fixpunkte Nr 881a und Nr 882 a bei Kahl eine Höhe 
des fraglichen Horizonts über dem Nullpunkt des Pegels zu Swinemünde = 
861,0729 m. 


Hienach liegen die Nullpunkte der genannten Pegel in einer Ni- 
veaufläche, da die Abstände 861,0798 und 861,0729 sich nur um 7 Milli- 
meter von einander unterscheiden: wir können also mit Zuversicht die 
Höhe des Horizonts des Bayerischen Präcisionsnivellements = 861,0798 m 
über dem Nullpunkt des Amsterdamer Pegels (A.P.) annehmen. Damit 
ist jedoch keineswegs gesagt, dass dieses auch die Höhe des genannten 
Horizonts über dem Mittelwasserspiegel der Nordsee bei Amsterdam 
oder über dem Mittelwasserspiegel der Ostsee bei Swinemünde sei, denn 
das Mittelwasser der Nordsee soll bei Amsterdam 0,144 m und das der 
. Ostsee bei Swinemünde 0,023 m tiefer liegen, als der Nullpunkt des be- 
treffenden Pegels. 


65 


Diese Angaben über die Mittelwasserstände, sind wenigstens zur Zeit 
noch unsicher und werden wohl erst später berichtigt werden. Es war 
daher ein verdienstliches Unternehmen der trigonometrischen Abtheilung 
der Kgl. Preussischen Landesaufnahme, an der Kg]. Sternwarte zu Berlin 
einen Normalhöhenpunkt aufzustellen, der für alle Zeit eine unveränder- 
liche Lage hat und 37 Meter über dem Normalnullpunkt liegt, welcher 
mit dem Nullpunkte des Pegels zu Amsterdam zusammenfällt. (Vere!. 
Seite 3 und 4 des Werkes: „Der Normalhöhenpunkt für das Königreich 
Preussen, festgelegt von der trigonometrischen Abtheilung der Landes- 
aufnahme ‚“ Berlin 1879, Selbstverlag). Für das Bayerische Präcisions- 
nivellement folgt aus dieser Thatsache, dass alle Coten desselben in 
Meereshöhen verwandelt werden, welche sich auf den Preussischen Normal- 
nullpunkt beziehen, wenn man sie von 861,0798 m abzieht, wie es in 
dem am Schlusse dieser Mittheilung befindlichen Höhenverzeichnisse auch 
geschehen ist. 


Ausgleichung des Bayerischen Präcisionsnivellements nach der 
Methode der kleinsten Quadrate. 


Bereits im Jahre 1867 habe ich in der siebenten Sitzung der zu 
Berlin abgehaltenen zweiten Allgemeinen Conferenz der Europäischen 
Gradmessung die Behauptung aufgestellt, dass der polygonale Abschluss 
eines Nivellements keine ausreichende Controle für dessen Genauigkeit 
sei, da in Folge von Störungen in den Schwererichtungen selbst ein ganz 
fehlerfrei nivellirtes Polygon nicht nothwendig am Anfangs- und End- 
punkte einerlei Cote zu haben oder zu schliessen brauche (Vergl. meine 
Erste Mittheilung, S. 132). Dieser Satz wurde inzwischen vielfach an- 
gefochten, ist aber schliesslich doch und namentlich durch die verdienst- 
lichen Arbeiten des Herrn-Zachariae im 80. Bande der Astronomischen 
Nachrichten und in dessen selbstständigem Werke „Die geodätischen 
Hauptpunkte“ (übersetzt von Lamp), sowie durch den Aufsatz des Herrn 
Prof. Helmert im 81. Bande der Astronomischen Nachrichten zur Geltung 
gekommen. Wenn aber nunmehr feststeht, dass nur die auf parallelen 
Niveauflächen sich hinziehenden Nivellementsschleifen sich vollständig 
schliessen; wenn ferner durch dreifaches Nivellement nachgewiesen ist, 


dass in unserer Fichtelgebirgsschleife (Polygon Nr I), abgesehen von der 
Abh. d. II. Cl. d.k. Ak.d. Wiss. XIII. Bd. II. Abth. 9 


66 


nur unbedeutenden Einwirkung der geoidischen Erdgestalt, die Massen- 
anziehungen und wohl auch, bei aller Vortrefflichkeit unserer Nivellir- 
latten, deren Theilungsfehler entschieden theilhaben an dem grossen 
Schlussfehler von 0,1080 m auf 244,772 Km (6,9 mm auf 1 Km); und 
wenn es endlich durch das gleiche Verfahren höchst wahrscheinlich wird, 
dass in dem am Hohen-Peissenberge hinziehenden Polygon Nr VI der 
nicht unbeträchtliche Schlussfehler von 0,0670 m auf 571,642 Kın (3,48 mm 
auf 1 Km) ebenfalls zum Theil auf Lothablenkungen und Lattenunsicher- 
heiten beruht: so ist man nach den Grundsätzen der Wahrscheinlichkeits- 
rechnung nicht berechtigt, die Schlussfehler, wie sie sind, der Ausgleichung 
zu unterwerfen, weil ein Theil von ihnen von drei constanten Fehler- 
quellen (Geoidfläche, Lothablenkung, Lattenveränderung) herrührt und 
dieser Theil, wenn überhaupt, für sich sehr schwierig zu bestimmen ist. 
Ich hatte mir daher Anfangs vorgenommen, dieser letzten Mittheilung über 
das Bayerische Präcisionsnivellement eine von der Bedingung des genauen 
Polygonschlusses ausgehende Ausgleichung nicht beizufügen; in der Er- 
wägung jedöch, dass durch eine solche empirische Interpolations-Ausgleich- 
ung einer anderweitigen, die Massenanziehung und Lattenveränderung 
berücksichtigenden spätern Bearbeitung des vollständig vorliegenden Be- 
obachtungsmaterials nicht vorgegriffen wird, und dass die fragliche 
Ausgleichung jedenfalls den formellen Werth hat, eindeutige Höhen zu 
geben, welche fehlen, so lange die Polygone noch offen sind: aus diesen 
Gründen gab ich meine erste Absicht auf und entschloss mich zur Aus- 
gleichung von 6 ganz in Bayern gelegenen Polygonen (Nr II bis Nr VID; 
das Polygon Nr I aber, welches das Fichtelgebirge umgibt, nahm ich 
wegen der Gewissheit, dass der grössere Theil des Abschlussfehlers auf 
constante Fehlerquellen zurückzuführen ist, nicht mit in den Bereich der 
Ausgleichung nach der Methode der kleinsten Quadrate auf, sondern 
brachte es vorläufig nur dadurch zum Schlusse, dass ich den Rest des 
Schlussfehlers, welcher nach Feststellung der verbesserten Coten der 
Fixpunkte Nr 1 (Neuenmarkt) und Nr 166 (Weiden) noch verblieb, auf 
den Umfang Neuenmarkt-Schorgast-Oberkotzau-Franzensbad-Eger-Weiden 
den Entfernungen proportional vertheilte Vielleicht gelingt es, wenn 
die mehrfach erwähnten, bei steilen Terrainstrecken auftretenden Latten- 
änderungen genauer untersucht sind, womit Herr Docent Decher beauf- 


67 


tragt ist, den von den Latten herrührenden Theil der constanten Fehler Ö', 
festzustellen. Den der Geoidfläche zukommenden Theil d, des Schluss- 
fehlers /, kann man nach der von Zachariä und Helmert aufgestellten 
Formel r.d,=0,0052 Psin 2% berechnen, worin r der Erdhalbmesser, 
y die mittlere Breite und P die Projections-Fläche des Nivellementszugs 
auf die mittlere Meridian-Ebene ist. Fügt man dann den vom reinen 
Nivellementsfehler des Bayerischen Präcisionsnivellements (höchstens 
1 Millimeter pro Kilometer) abhängigen Fehlertheil d, hinzu, so kann 
man auf den Betrag d, der Störung durch Massenanziehung schliessen, 
indem d, = A, — (d,+d, + 0,) ist. 

Was nun die strenge Ausgleichung der 6 Polygone Nr II mit Nr VII 
betrifft, so ist darüber folgendes zu bemerken. Als Eckpunkte dieser 
Polygone wurden die Höhenmarken (©) an den Betriebshauptgebäuden 
der betreffenden Bahnlinien angenommen, und eine Ausnahme hievon ist 
nur in München und Augsburg gemacht, indem in der Residenz die 
Höhenmarke Nr 744 an der Brücke im Bahnhofe, welche die Salzstrasse 
mit der Bayerstrasse verbindet, und in Augsburg, wo seinerzeit der Bahn- 
hof im Umbau sich befand, die Höhenmarke Nr 707 an der Gögginger 
Wegbrücke den Eckpunkt bezeichnet. Demmach haben die alphabetisch 
geordneten Eckpunkte der in Rede stehenden Polygone in den gedruckten 
Fixpunktverzeichnissen folgende Nummern: 

Augsburg Nr 707, Franzensbad Nr 104, Holzkirchen Nr 762, Kempten 
Nr 520, München Nr 744, Neuenmarkt Nr 1, Neuulm Nr 655a, Nürnberg 
Nr 365, Passau Nr 1279, Penzberg Nr 1490, Regensburg Nr 1106, Rosen- 
heim Nr 784, Weiden Nr 166. 

Sämmtliche Höhenunterschiede und Seitenlängen der einzelnen Poly- 
gone sind nunmehr auf solche Höhenmarken bezogen, wesshalb die unten 
folgenden Zahlen von jenen in der früheren Ausgleichung (Vierte Mittheil- 
ung des Bayerischen Präcisionsnivellements, Seite 110 bis 132) etwas ver- 
schieden sind. In der nachfolgenden tabellarischen Uebersicht heissen, wie 
früher, die Seiten der einzelnen Polygone s, die beobachteten Höhenunter- 
schiede d, die verbesserten Höhenunterschiede d’ und die Schlussfehler der 
Polygone .4. Dieser Zusammenstellung wurden die verbesserten Höhenunter- 
schiede d’ beigefügt, wie sie die Ausgleichung ergab, wobei jedoch das Po- 
lygon Nr I nach der vorausgehenden Bemerkung besonders behandelt wurde. 

9* 


683 


PolygonNrI 


s Km) d(m) d’ (m) 


1) Weiden-Bayreuth-Neuenmarkt 3,= 79,990 + 49,1864 — 49,1830 
2) Neuenmarkt-Oberkotzau-Fran- 

zensbad s, =. 95,214 — 100,6368 — 100,7480 
3) Franzensbad-Eger-Weiden 8, —=..67,496, 2123.,51,6084:,,5E9650 


242,700 4,=+0,1080 er 


Polygon Nrül 


s(Km) d(m) 


1) Weiden-Bayreuth-Neuenmarkt s,= 79,990 + 49,1864 + 49, 1830 
2} Neuenmarkt-Bamberg-Nürn- 


berg 8, =:134,879917-.138,0092 7380034 
3) Nürnberg-Regensburg s=1100,923U771129, 558 a 
4) Regensburg-Schwandorf-Weiden s, = 86,969 — 57,6179 — 57,6216 


402,761 4,=+0,0239  — 


' Polygon Nr ll 


s(Km) d’ (m) 


1) Regensburg-Nürnberg s; = 100,923 + 29. "5538 128 56 47 
2) Nürnberg-Nördlingen-Augsburg s, = 173,828 — 179,1385 — 179,1272 
3) Augsburg-München 8. —6056L —- 1.31.9722 ee 
4) München- Geiselhör ing-Regens- 

burg s, = 147,266 + 181,5183 + 181,5182 


482,584 1,= 0,0586 == 


Polygon Nr IV 


1) ee ae 

burg = a 266 air 181. "3183 4: 181, ‚5182 
2) Regensburg-Geiselhöring- 

Passau 05255403. ,74:,087,.1068-6 7, 3701088 
3) Passau-Simbach-München S1l=.1579;025...—:.218,6744 12130862 


451,694 4,= + 0,0202 44 


69 


Polygon NrV 


s (Km) d(m) d’(m) 
1) Augsburg-Offingen-Neuulm Se 84022. 7.,.192567 + .19,227] 
2) Neuulm-Memmingen-Kempten ss = 85,951 — 225,9297 — 225,9395 


3) Kempten-Buchloe-Augsburg s,= 102,667 + 206,7028 + 206,7124 
272,640 4,=+0,0098 — 


Polyaonm NeVI 
s(Km) d’(m) 


1) München-Augsburg ss = 60,567 + 31.9722 Jr 3:,955% 
2) Augsburg-Buchloe-Kempten ss, = 102,667 — 206,7028 — 206,7124 
3) Kempten-Schongau-Penzberg sı, = 132,252 + 92,1513 + ı 92,1238 
4) Penzberg-Tölz-Holzkirchen Ss 40,052 u-rh40 — 80,1225, 
5) Holzkirchen-München SE = So 762,7003 -- 162,7552 


371,642 4,= +0,0670 ee 


Il 


I! 
| 


Polygon Nr VII 


s(Km) d(m) d (m) 
1) Holzkirchen-München 730.104 777 17628.603 -- 162,7552 
2) München-Grafing-Rosenheim sa= 64,322 + 744257 + 74,4301 
3) Rosenheim-Holzkirchen Be 38109 HI — 237,18553 


138,555 7,= —0,0019 — 


Die der Ausgleichung nach der Methode der kleinsten Quadrate 
unterworfenen 6 Polygone (Nr II bis Nr VII) geben 6 Bedingungsgleich- 
ungen. Bezeichnet man die an den beobachteten Werthen d noch anzu- 
bringenden Verbesserungen mit v, so lauten die Bedingungsgleichungen, 
schematisch zusammengestellt, wie folgt: 


Mann Val Yoyz ll Ve | V7|V5 | Vo Bes Yıı | Vı2 | Via | Var | V55 | Vie | Vız | Vıs | Vıs 
2 21, Jet a ee a are A a MERREGE e Ne a 
(Sl: il W. u . ‘ Ja, iR ! R , \ . a 7 A 
(4) { ul ee © b k : 5 ; Ah, =V0 
(5) | SR NR . +1 —1+1 . B R | A = 
Bene. eo. Be ll-ll-Hl] |. eo 
ara) elle 0 
I | | I | 


Unter der Voraussetzung, dass erstens der mittlere Fehler einer 
nivellirten Strecke proportional der Quadratwurzel aus deren Länge ist, 
dass zweitens als Gewichtseinheit das Gewicht der Summe (S) aller Polygon- 
seiten angenommen wird, und dass drittens die Gewichte der Strecken 


89-8... 8 DIEB, Pr - Pu bezeichnet.werden, ist 
= - On Di Se See Sie 1.672.349 Km 


und die Bedingungsgleichungen geben dann folgende Correlatengleich- 
ungen: 


Ko,incK, | SKK, ©) IR, K, 


Ne 
ee, 
: +1 
+1 1 


> 
= 
Da Ta Ts a a a a a u a u 


Pıa Vıa 


Hieraus folgen die Normalgleichungen und die Summen-Normal- 
gleichung, welche selbstständig aus den Correlatengleichungen gebildet 
und zur Controle in der weiteren Rechnung mitgeführt wurde. 


| | | 


= VS utrTHeg Se 2 


LTdq Ita Std eId ed Fra 017 64 64 ini 9A ui ed 
BE ee 2 4 Dan dene 
a ne ee rt bl 2 de Ba 
wa Sr ah rg un | 
ea Rare. mal se 
5 LTq LId Ira Stq an! sı an! 81 
erı wu Dura Tee EI 1 
PTA tg an! ar! 
== ©r R —_ = —— —— 
2%, I De ur 
TA oTq 6d 61 
= + . Be Re nr An 
ee sd sd Sol Sul. Hal des °d 
Er IN 3 Deren br 


—1 
180) 


Führt man für S und sämmtliche s die gegebenen Zahlenwerthe 
ein, so erhält man zunächst für die reciproken Gewichte: 


1 i 
een ne een 
Ps S Pıa 
1 
0 ee ae 
Pı S Pıs S 
1 
12% 2.0060348 ie 06 
P5 S Pıa 
1 
=. 3,2) 059004 2 a 
Ps S P5 
i 1 
2 Er hr 5 003949 
P: N Pıs S 
1 ? 
le = 1. _ 0.091588 
Ps S Pır S 
| 1 
= 2722 ,0088059 nen 
Ps S Pıs S 
1 
ER 0A Zee 
Pıo S Pıs S 
2, N oo 
Pıı S 
und damit die Normalgleichungen: 
| K, RK, K, K, K, K, 4 
+ 0,24084| — 0,06035 3 hi +0,0239 = 0 
— 0,06035| + 0,28857| + 0,08306 — 0.03622 —0,0356 = 0 
1. 0,08806| + 0,27010 | 0,0202 = 0 
: © + 0,16303| — 0,06139 : —+0,0095 =0 
— 0,03622 — 0,06139) + 0,22222| + 0,02159)+ 0,0670 = 0 
+ 0,02159| + 0,08285 —0,0019 =0 
0,18049| + 0,28006| + 0,35816| + 0,10164| + 0,14620, + 0,10444+0,0804 = 0 
| 


Die Auflösung dieser Gleichungen nach den Gauss’schen Algorithmus 
liefert nun folgende reduzirte Normalgleichungen. 


G K, K, K, K, K, A 
—+- 0,24084 — 0,06035 —+0,02390 = 0 
EM — 0,25058 +-.0,09824 = 0 
+ 0,27345| +4 0,08806 —- 0,03622 —0,03260 = 0 
+1 + 0,32203 — 0,13246 —0,11922 = 0 
+ 0,24173 + 0,01166 +0,03071 = 0 
+1 + 0,04824 —-0,12704 = 0 
—+- 0,16303| — 0,06139 —+.0,00980 = 0 
+1 — 0,37656 —0,06011=0 
+ 0,19374| + 0,02159) +0,06490 = 0 
+1 + 0,11143/| +0,33499 = 0 
— 0,08044 —0,00913 = 0 
au | —0,11350 = 0 
und hieraus findet man für die einzelnen K folgende Werthe: 
K, = -0,07201 K, = +010868 K, = —0,11097 
K, = -0,19102 K, = -034764 K, = +0,11350. 


Setzt man diese Werthe in die Summen-Normalgleichung, so wird auch 
diese befriedigt (0,12269 — 0,12273 = 0) und dadurch die Richtigkeit 
obiger Correlaten bestätigt. 


Aus den Correlatengleichungen erhält man nun zunächst die einzelnen 
Werthe der Produkte pv, dann die v selbst und durch Multiplication 
dieser beiden die Produkte pvv, wie nachstehende Tafel zeigt: 

Abh. d. II. Cl. d. k. Ak. d. Wiss. XIII. Bd. III. Abth. 


10 


pv v pvv 


| 


(3) — 0,07201 
(4) — 0,07201 
(5) | + 0,18069 
(6) | + 0,07201 


0,00344 0,000 247 7144 
0,00581 0,000 418 3781 
0,01090 0,001 969 5210 
0,00374 0,000 269 3174 


nette 


(7) — 0,10868 0,01130 | 0,001 228 0840 
(8) — 0,45632 | — 0,01653 | 0,007 542 9696 
(9) — 0,00159 | — 0,00014 | 0,000 000.2226 
(10) | — 0,1107 | — 0,00827 | 0,000911 9329 
(11) | + 0,11027 | + 0,01180 | 0,001301 1860 
(12) | — 0,19102 | — 0,00960 | 0,001 833 7920 
(13) | + 0,19102 | -+ 0,00982 | 0,001 8758164 
(14) | + 0,15662 | + 0,00961 | 0,0015051182 
(15) | — 0,34764 | — 0,029749 | 0,009 556 6236 
(16) | + 0,34764 | + 0,00833 | 0,002 895 8412 
(17) | — 0,23414 | — 0,00506 | 0,001 1847484 
(18) | + 0,11350 | + 0,00437 | 0,000495 9950 
(19) | — 0,11350 | — 0,00259 | 0,000 2399650 


[pvv] = 0,033531 2258 


Die Berechnung von [pvv] aus den Werthen von 4 der reduzirten 
Normalgleichungen liefert in genügender Uebereinstimmung hiemit 
0,053525 9904. Hieraus ergibt sich der mittlere Fehler der Gewichts- 
einheit 


a ye = +0,0747565 


und der mittlere Fehler für einen Kilometer doppelt nivellirte Länge: 


=, ME 720001898: — 123mm: 


m Zee 
V 1672,349 


Zu dieser Fehlerbestimmung haben die Polygone V, VI, VII, welche 
zum Theil in den Vorbergen der bayerischen Alpen liegen, mit beige- 


= 
id 


tragen, und es ist daher klar, dass 1,8 mm den reinen Nivellirungsfehler 
nicht darstellt, weil in den Abschlüssen der letztgenannten Polygone 
constante, von der Massenanziehung und der Lattenunsicherheit herrührende 
Fehler enthalten sind. Wir haben auch die drei dem Theile von Bayern 
angehörigen Polygone II, IH, IV, welcher sich zwischen dem Rhön- und 
Fichtelgebirge einerseits und den Alpen und deren Vorbergen andrerseits- 
hinzieht, für sich ausgeglichen und für dieselben gefunden: den mittleren 
Fehler der Gewichtseinheit (m,) = £ 0,05812 und den Kilometer-Fehler 
(m) = + 1,42 mm. Auch dieser letztere Werth stellt für Bayern den 
reinen Nivellirungsfehler noch nicht vor. Derselbe kann nur auf ganz 
ebenen und von Gebirgen gleichweit entfernten Strecken gefunden werden. 
Unsere Untersuchungen hierüber sind noch im Gange, vorläufig wissen 
wir nur, dass er kleiner als 1 mm ist. 


Es tritt nun die Frage nach den verbesserten Coten an uns heran. 
Fassen wir zu dem Ende zunächst die Strecke Coburg-Lichtenfels-Nürnberg- 
Nördlingen-Augsburg-Buchloe-Kempten-Lindau-Kressbronn ins Auge, so 
ergeben sich für dieselbe die folgenden Zahlenwerthe, zu welchen bemerkt 
werden muss, dass die erste und letzte Strecke nicht zu den ausge- 
glichenen Polygonen gehören. 


he (Gemessene Verbesserte 
Strecke Länge : 3 
Neigung Neigung 

Coburg-Lichtenfels | 21,001 + 31,3254 + 31,3254 
Lichtenfels-Nürnberg \ 92,207 — 47,3269 — 47,3229 
Nürnberg-Nördlingen- Augsburg | 173,828 = — 791279 
Augsburg-Buchloe-Kempten 102,667 — 206,7028 —206,7124 
Kempten-Lindau-Kressbronn 95,531 +299,1220 | -+299,1220 
Coburg-Kressbronn 485,234 — 102,7208 —102,7151 


Behält man nun für Coburg die auf Seite 162 der Ersten Mittheilung 
enthaltene Cote, nämlich 
10* 


Nr 283, Höhenmarke zu Coburg mit 565, 7475 


bei, so ergeben sich für die vorstehenden Strecken-Endpunkte folgende 
verbesserte Coten: 


Nr 263, Höhenmarke © zu Lichtenfels = 597,0729 (alt 597,0729) 
- Nr 365, Höhenmarke © zu Nürnberg = 549,7500 (alt 549,7460) 
Nr 707, Höhenmarke © zu Augsburg = 370,6228 (alt 370,6075) 
Nr 520, Höhenmarke © zu Kempten = 163,9104 (alt 163,9047) 
Nr 611, Höhenmarke © zu Kressbronn = 463,0324 (alt 463,0267) 


Ferner erhält man für das Polygon Nr II ausser dem schon be- 
stimmten Eckpunkte Nürnberg noch folgende verbesserte Coten: 


Nr 1, Höhenmarke © zu Neuenmarkt = 511,7466 (alt = 511,7368) 
Nr 166, Höhenmarke © zu Weiden = 462,5636 (alt = 462,5504) 
Nr 1106, Höhenmarke © zu Regensburg = 520,1852 (alt = 520,1540) 


Für die übrigen Polygone Nr III bis Nr VII einschliesslich ergeben 
sich die noch nicht bestimmten Coten der Endpunkte wie folgt: 


Nr 744, Höhenmarke ®© zu München = 338,6671 (alt = 338,6353) 
Nr 1279, Höhenmarke © zu Passau = 557,3533 (alt = 557,3303) 
Nr 653a, Höhenmarke © zu Neuulm — 389,8499 (alt = 389,8442) 
Nr 762, Höhenmarke © zu Holzkirchen = 175,9119 (alt = 175,8750) 
Nr 1490, Höhenmarke © zu Penzberg —= 256,0342 (alt = 255,9890) 
Nr 784, Höhenmarke © zu Rosenheim = 413,0972 (alt = 413,0629) 


Hält man die Coten für Neuenmarkt (511,7466) und Weiden (462,5636), 
wie sie sich aus der strengen Ausgleichung ergeben haben, fest, so beträgt 
das verbesserte Gefälle d‘’ von Weiden nach Neuenmarkt +49,1830 gegen- 
über dem durch Messung gefundenen von +49,1864. Dadurch gehen 
0,0034 von dem Schlussfehler 4, = 0,1080 ab, so dass nur mehr 0,1046 
auf die Strecken Neuenmarkt-Franzensbad und Weiden-Franzensbad zu 
vertheilen sind. Von diesen Strecken ist die erste 95,214 und die zweite 
67,496 Kilometer lang; vertheilt man daher den Schlussfehler 0,1046 
auf beide Strecken proportional den Entfernungen, so wird die verbesserte 


77 


Steigung von Weiden bis Franzensbad = —(51,6084—0,0434) = — 51,5650. 
Hiermit berechnet sich die Cote für Franzensbad aus beiden Punkten 
Neuenmarkt und Weiden ganz gleich, nämlich 


Nr 104, Höhenmarke © zu Franzensbad = 410,9986 m. 


Das am Schlusse dieser Abhandlung nach dem Verzeichniss der ge- 
wöhnlichen und der Hauptfixpunkte weiter noch beigefügte Verzeichniss 
der verbesserten Coten und Meereshöhen aller Fixpunkte bedarf hienach 
keiner Erläuterung in Bezug auf die Berechnung der Coten und Meeres- 
höhen, von denen wir (nach Seite 63 u. ff.) wissen, dass sie sich auf den 
Nullpunkt des Amsterdamer Pegels und folglich auch auf den Nullpunkt 
des Normalhöhenpunkts der Berliner Sternwarte beziehen. In Bezug auf 
die Anordnung des fraglichen letzten Verzeichnisses bemerke ich nur, 
dass die Reihenfolge der Fixpunkte nach ihren Nummern als die natür- 
lichste erscheint, weil sie auch die der fünf Mittheilungen über das 
Bayerische Präcisionsnivellement ist, in denen die besondere Lage jedes 
Punkts nach seiner Zahl aufgefunden werden kann. Die Zählung geht 
in der Ersten Mittheilung vom Jahre 1870 von Nr 1 Dis; Nr 611, 
in der Zweiten Mittheilung vom Jahre 1872 von Nr 612 bis Nr 994, 
in der Dritten Mittheilung vom Jahre 1874 von Nr 995 bis Nr 1233, 
in der Vierten Mittheillung vom Jahre 1876 von Nr 1234 bis Nr 1405, 
in der Fünften Mittheilung vom Jahre 1879 von Nr 1406 bis Nr 1555. 


Die Hauptfixpunkte sind am Schlusse des Verzeichnisses enthalten 
und in dieser fünften Mittheilung unter Nr I bis Nr LXXVI näher be- 
schrieben. Aus den beigefügten schon früher bestimmten gewöhnlichen 
Fixpunkten geht die Art des Nivellements-Anschlusses der Hauptfixpunkte 
an die Polygonseiten hervor. Durch die Beisetzung der Ortschaften, an 
denen eine grosse Zahl von Fixpunkten stehen, orientirt man sich auch 
leicht aus deren Nummer über ihre geographische Lage. 


Verzeichniss der Fixpunkte. 


Fortsetzung und Schluss. 


Erklärung der Ueberschriften und Zeichen. 


Nr Laufende Nummer der Höhenmarke oder des Fixpunktes; und zwar bezeichnen 
die mit arabischen Ziffern gedruckten Zahlen die gewöhnlichen Fixpunkte des 
Präcisionsnivellements im Umfange der Polygone, während die mit römischen 
Ziffern gedruckten Zahlen den theils innerhalb theils ausserhalb der Polygone 
liegenden Hauptfixpunkten zugehören. 

A Nummer einer Abtheilung zwischen zwei benachbarten Fixpunkten, nach der ° 
Reihenfolge der Aufnahme; 

J Anzahl der Stände des Instruments in einer Abtheilung; 

Z die in derselben angewendete mittlere Zielweite in Meter; 

D die Distanz zweier sich folgenden Fixpunkte in Meter; 

deren Höhenunterschied in Meter; 

wahrscheinlicher Fehler von H in Millimeter ; 

derselbe Fehler, reducirt auf D = 1 Kilometer, in Millimeter ; 

messingene Höhenmarken (Bolzen mit centraler Bohrung) in verticalen Wänden; 

wagrechte, in Stein gehauene und mit einer Rinne umgebene Vierecke, welche 

zur Bezeichnung von Fixpunkten dienen ; 

dergleichen, mit den eingemeisselten Buchstaben HM (Höhenmarke), oder auch 

viereckige Cementplatten, in rauhe oder bröckelnde Steine eingesetzt; 

= wagrecht geebnete Steinflächen zur Bezeichnung untergeordneter Fixpunkte ; 
Pl Planiehöhe (Schwellenoberfläche) der Eisenbahn ; 
St Wegstunde (halbe Bayerische Meile), bezieht sich auf die m Bayern gebräuch- 
liche Bezeichnung der Bahnstrecken. Eine Bayerische Meile misst 7415". 
Die Kunstbauten der Bahnen sind theils auf grössere Strecken fortlaufend, 
theils nach den bei dem Baue bestandenen Sectionen numerirt. 
Die eingeklammerten Abtheilungen !....} bilden Zweignivellements zu Höhen- 
marken und Fixpunkten, auf deren Coten das durchlaufende Nivellement sich 
nicht stützt. 


x & More 


Hauptfixpunkte in Hof, Oberkotzau, Eger. 


79 


| 


am Eingange zum südlichen Flügel-Hauptbau, Stadtseite 


1 


12 


44 


1047 


1 9,9773 


0,6 


0,4 


0,6 


Nr als|z|o | Hu In || | i ce 
I Katholische Pfarrkirche in Hof, © am ersten Strebepfeiler neben dem west- 
68. lichen Thurm 
361,2479 
55. Gewölbter Bahndurchlass Nr 30 südlich vom Betriebshauptgebäude in Ober- 
kotzau, © im Schlussstein der westlichen Stirn (in Folge des Stations- und 
Bahnumbaues jetzt zerstört) 
377,1974 
54. Gewölbter Bahndurchlass (Fluthbrücke) Nr 30, [_] über die Höhenmarke auf 
der mittleren westlichen Stirndeckplatte bei St 32,7 + 195” ungefähr Pl 
376,5603 
1406. Betriebshauptgebäude im Bahnhof Oberkotzau, Westseite, Pfeiler zwischen 
den Eingängen zu den Wartsälen I., II. und III. Classe, [3 im Sockelvorsprung, 
0,9475” über Bahnhof-Pl 
1 1 27 54 — 0,9827 0,0 0,0 0,0 375,5776 
1407. Strassenbrücke über die Saale in Oberkotzau, rechtseitiges (östliches) 
Widerlager, nördlicher Vorkopf, [_] auf dem Abdeckstein 
2 4 50 397 —+ 0,6098 0,3 0,1 0,5 376,1874 
1408. — auf der Fensterbrüstung über der Höhenmarke an der Pfarrkirche in 
Oberkotzau 
3 2 31 124 + 0,2876 0,2 0,0 0,5 376,4750 
I. Pfarrkirche in Oberkotzau, Ostseite der Sakristei, © in der Mitte der 
Wandfläche, 0,70” über Terrain 
4 2 31 124 —+ 0,6871 0,1 0,0 0,4 376,8745 
112. Wegbrücke für die Chausee von Eger nach Pograth, bei St. 26,6—90” 
(Zählung der ehemaligen bayrischen Ostbahn), mittlere Oeffnung, © am öst- 
lichen Pfeilersockel, 1,00” über Pl 
394,9697 
1409. (Betriebshauptgebäude im Bahnhof Eger, I auf der rechtseitigen Treppenwange 


397,2470 


80 


Haupffixpunkte in Eger, Marktschorgast. 


ala|z|» | 4m Im lo [m |. oo 


1410. g Betriebshauptgebäude im Bahnhof Eger, [I auf der linkseitigen Treppenwange 
am Eingange zum nördlichen Flügel-Hauptbau, Stadtseite, 0,6405” über 
Bahnhof-Pl 


2 12 45 1027 2,3069 0,6 0,4 0,6 397,2766 


110. Nordwestecke der östlichen (sächsischen) Locomotivremise, Deck platte der 
Futtermauer, unter dem Sockel der Remise eingemauert, [_] dieht daran 


398,3015 
1411. -[[) unter der Höhenmarke an der Stadtpfarrkirche in Eger, im Sockelvorsprung 


1 19 32 1205 —-15,9102 0,6 0,3 0,5 414,2117 


I. Stadtpfarrkirche in Eger, Südostseite des östlichen Chores, © an dem ersten 
südlichen Strebepfeiler links von der Mitte des Chores, 2,05” über Terrain 


—=0373 413,1142 


1412. Stadtpfarrkirche in Eger, Nordseite des östlichen Chores, zweiter Strebe- 
pfeiler rechts von der Mitte des Chores an der Ostseite des nördlichen Kirch- 
thurmes, 7) im Sockelvorsprung, 0,95” über Terrain 


2 2 27 109 — 0,0255 0,0 0,0 0,0 414,1862 


12.  Betriebshauptgebäude im Bahnhof Marktschorgast, © neben dem Ein- 
gange zum Wartsaal III. Classe 
353,9586 


ll. [0 unter der Höhenmarke am Betriebsgebäude in Marktschorgast im 
Sockelvorsprung, 0,4852” über Bahnhof-Pl 
355,6313 


IV. Pfarrkirche in Marktschorgast, Westseite des Thurmes, £&5 im Sockel- 
vorsprung, 2,0” links vom Haupteingange, 0,87” über Terrain 


1 15 26 774 -+30,2805 0,4 0,2 0,5 385,9118 


1.  Betriebshauptgebäude im Bahnhof Neuenmarkt, © an der Nordseite neben 
dem Eingange zur Expedition 
511,7368 


2. |] unter der Höhenmarke am Betriebsbauptgebäude in Neuenmarkt, im 
Sockel, 0,5190” über Bahnhof-Pl 
513,1700 


81 


Bayreuth, Kulmbach. 


Bm D | +H I leln Cote 


515,7869 


+ 1,7527 517,5396 


555,2470 


556,3998 


— 1,1842 553,6513 


Nr 
1413. Strassendurchlass Lit. ce in 16 K” der Strasse von Bayreuth nach Neuen- 
markt, rechtseitiges Widerlager, [_] auf dem nördlichen Flügeldeckstein, 
Eckstück 
1 3 39 234 -+ 0,2832 0,4 0,1 0,8 513,4532 
1414. Strassendurchlass Lit.a in 16 K” der Strasse von Bayreuth nach Neuen- 
markt, [_] auf dem östlichen Flügeldeckstein 
2 3 52 all — 3,2963 0,2 0,0 0,3 510,1569 
212. Betriebshauptgebäude im Bahnhof Bayreuth, Nordseite, © in der Mitte des 
Wandpfeilers, westlich neben dem mittleren Fenster 
211°. [[) unter der Höhenmarke am Betriebshauptgebäude in Bayreuth auf der 
untern Treppenstufe ([_] im weichen Sandstein fand sich ausgetreten, daher 
neu gearbeitet und nivellirt) 
V. Denkmal von Jean Paul Friedrich Richter in Bayreuth, unterster Sockel- 
absatz, Durchschnittshöhe der 4 Ecken desselben 
1 16 38 1222 213,92.98 0,6 0,4 0,6 521,4694 
232. DBetriebshauptgebäude im Bahnhof Kulmbach, © neben dem Haupteingang 
von der Stadt aus 
231. [U] unter der Höhenmarke am Betriebshauptgebäude in Kulmbach, auf der 
Treppenwange, 0,8507” über Bahnhof-Pl 
1415. [[] unter der Höhenmarke am Rathhaus der Stadt Kulmbach, im Sockel- 
vorsprung 
1 6 54 655 — 1,9643 0,5 0,2 0,6 554,8355 
VI. Hauptfront des Rathhauses der Stadt Kulmbach, © neben der westlichen 
Ecklisene, 2,0” über Terrain 
263. Betriebshauptgebäude im Bahnhof Lichtenfels, © am mittleren Sandstein- 


pfeiler des Corridors gegen die Stadt hin 
597,0729 


Abh.d. II. Cl.d. k. Ak.d. Wiss. XIII. Bd. III. Abth. 11 


82 


Hauptfixpunkte in Lichtenfels, Bamberg, 


w‘ | Cote 


598,5621 


589,9937 


539,0858 


619,6459 


621,1839 


620,5087 


620,4970 


622,3342 


600,7684 


wlalalz| » | are vw 
262. U) unter der Höhenmarke am Betriebshauptgebäude in Lichtenfels auf der 
granitnen Treppenstufe, 0,5315 über Bahnhof-Pl 
1416. [[] unter der Höhenmarke an der Stadtpfarrkirche in Lichtenfels, im 
Sockelvorsprung 
1 6) 37 591 — 8,565+# 0,6 0,3 0,8 
VII. Stadtpfarrkirche in Lichtenfels, Nordseite, © unter dem 3. Fenster in der 
Längsachse von Ost nach West gezählt, 1,65" über Terrain 
— 29079 
319. _Betriebshauptgebäude im Bahnhof Bamberg, © an einem der Mittelpfeiler 
des Corridors, gegen die Stadt hin 
318. [) unter der Höhenmarke am Betriebshauptgebäude in Bamberg, auf der 
obersten Treppenstufe, 0,3917 über Bahnhof-Pl 
1417. Sophienbrücke über die Regnitz in Bamberg, rechtseitiges Widerlager, nord- 
östlicher Flügel, [_] auf der Abdachung des Hauptgesimses ausserhalb der 
Brüstung 
1 M 50 699 — 0,6752 0,4 0,1 0,4 
1418. Sophienbrücke über die Regnitz n Bamberg, linkseitiges Widerlager, süd- 
östlicher Flügel, [] auf der Abdachung des Hauptgesimses ausserhalb der 
Brüstung i 
2 | 58 117 — 0 0,0 0,0 0,0 
1419. Geyerwörthbrücke (Fischbauchträger mit 2 Oeffnungen) über die Regnitz in 
Bamberg, rechtseitiges Widerlager, südöstlicher Flügel, [[] neben dem 
Brüstungsendpfeiler 
3 Age 21140 Eaen837 0 oo 
1420. [] unter der Höhenmarke am Dom in Bamberg, im Sockelvorsprung 
4 11 25 547 — 21,5658 0,5 0,2 0,6 
Vi Dom in Bamberg, nordwestliches Seitenschifl, © in der dritten Lisene vom 


Hauptportal in der Mitte der nordwestlichen Front, 2,30” über Terrain 


— 0,9303 


599,7781 


En 


83 


Bamberg, Schweinfurt. 


Nr A | J | 2 | D | —H | w | w? | w‘ | Cote 
IX. Denkmal des Franz Ludwig von Echter, Fürstbischof von Bamberg und Würz- 


1417. 


1421. 


1422. 


1418. 


968. 


967. 


1423. 


1424. 


burg, auf dem Cornelienplatz in Bamberg, unterster Sockelabsatz, Durch- 
schnittshöhe der 4 Ecken 


5 2 17 67 -+1.4,3187 0,1 0,0 ..0,5 602,0871 


Sophienbrücke über die Regnitz in Bamberg, rechtseitiges Widerlager, nord- 
östlicher Flügel, [_] auf der Abdachung des Hauptgesimses ausserhalb der 
Brüstung 620.5087 
Kettenbrücke über die Regnitz in Bamberg, rechtseitiges Widerlager, nord- 


östlicher Pilon (linkseitig vom Bahnhof aus gesehen), Nordseite, [|] auf dem 
Sockel 


ii 5 43 428 20.5972 0,2 0,0 0,2 621,1059 


Kettenbrücke über die Regnitz in Bamberg, linkseitiges Widerlager, süd- 
licher Pilon (rechtseitig von der Stadt aus gesehen), Südseite, [_] auf dem 
Sockel 


2 3 45 257 — 0,0425 0,5 0,1 0,7 621,0634 
Sophienbrücke über die Regnitz in Bamberg, linkseitiges Widerlager, süd- 
östlicher Flügel, [) auf der Abdachung des Hauptgesimses ausserhalb der 
Brüstung 

3 6 33 392 — 0,5688 0,4 0,2 0,7 620,4946 
© an dem nordöstlichen Stollenportal Nr XII südwestlich vom alten Bahnhof 


Schweinfurt, Stirn der Scheidemauer 
649,4150 


Schacht der Stollendohle vor dem nordöstlichen Portal, Westecke der Um- 


fassunesmauer Pl 
3 ‚Oo 650,8245 


Rathhaus der Stadt Sehweinfurt, nordöstlicher (linkseitiger) Aufgang zu 
demselben von der Stadt aus, & auf dem Sockel des Thorpfeilers 

1 8 46 188 — 8,0202 0,5 0,3 0,6 642,8043 
[] unter der Höhenmarke an der St. Johanneskirche in Schweinfurt, im 
Sockelvorsprung 

2 4 27 235 — 5,7067 0,3 0,1 0,5 637,0976 
St. Johanneskirche in Schweinfurt, südliche Front des Querschiffes, © in 
der südöstlichen Ecklisene neben dem Portal rechts 

— 1,4565 635,6411 
je 


84 


Hauptfixpunkte in Würzburg, Aschaffenburg. 


a | a Jim) | ne I me] wre 


940. 


941. 


X. 


888. 


3%. 


Gewölbter Bahndurchlass Nr VI, südliche Stirn, westlicher Gesimsstem, [|] 
0,07” unter Pl bei St 0,4 4 113” 
688,3633 


Regeneinlauf neben dem Wasserkrahn bei dem Maschinenhaus westlich vom 
Betriebshauptgebäude in Würzburg, = auf dem südlichen Rand, Bahnhof-Pl 


10 64 1279 73146861 0,6 0,3 0,5 680,6772 


Betriebshauptgebäude des neuen Bahnhofs zu Würzburg, westlicher Flügel- 
bau, © an der östlichen Hausteinlisene auf der Perronseite, Nordseite 


678,4714 


Einlauf des städtischen Kanals am östlichen Ende des Juliusspitals in Würz- 
burg, [] auf dem Randstein 


1 6 56 608 7,2191 0,3 0,1 0,4 685,6905 
Denkmal von Julius Echter von Mespelbrunn, Fürstbischof von Würzburg, ) 


der Juliuspromenade in Würzburg, unterster Sockelabsatz, Durchschnitts- 
höhe der 4 Ecken 


2 2 45 180 210756 0,1 0,0 0,4 | 
Letzter Bogen der nordwestlichen Arkaden am Residenzplatz n Würzburg, 
neben dem nördlichen Obelisk, [_] auf der Sockeloberfläche 

3 6 55 666 — 4,6350 0,5 0,3 0,6 681,0555 
Königliche Residenz in Würzburg, westliche Ecke, & im Sockelband unter 
der Ecklisene neben dem Eingange zur Schlosskapelle, 1,60” über Terrain 

4 3 48 285 — 2,2487 0,3 0,1 0,6 678,8068. 
Letzter Bogen der südwestlichen Arkaden am Residenzplatz in Würzburg, 
neben dem südlichen Obelisk, [_] auf dem Sockel 

5 1 65 130 1,8469 0,3 0,1 0,8 680,6537 


[] auf der grossen Drehscheibe vor der Locomotivremise am Westende des 
Bahnhofs Aschaffenburg, Nordwestseite der Kranzmauer Pl 


732,6750 


Betriebshauptgebäude im Bahnhof Aschaffenburg, Perronseite, © in der 
Mitte des Mittelbaues (unzugänglich wegen der darüber angebrachten Stationsuhr) & 


730,3808 } 


1429. 


1430. 


1431. 


XII. 


1432. 


XIV. 


350. 


1433. 


KV. 


35 


Hauptfixpunkte in Aschaffenburg und Bruck bei Nürnberg. 


als |» | zu |v|w|e | 0 


DI) im Sockelvorsprung des Betriebshauptgebäudes zu Aschaffenburg neben 
dem Eingange zum Gepäckbureau 


1 5 53 533 —=0,77158 0,2 0,0 0,2 731,8992 
U] auf dem gedeckten Bahndurchlass für den Bahngraben am östlichen Ende 


des Bahuhofs Aschaffenburg neben der Klattbacher Ueberfahrt links, 
nördlicher Auslauf, rechtseitiger Flügeldeckstein 


2 3 50 302 + 0,7180 0,2 0,0 0,3 732,6172 
Residenz in Aschaffenburg, südöstliche, äussere Ecke, [_] auf dem vor- 
springenden Wulst des Sockels 

1 10 45 905 — 2,7924 0,6 0,4 0,7 729,8248 
Südliehes Haupteinfahrtsthor zur Residenz in Aschaffenburg, linkseitiger 
Pfeiler, 7] auf dem Sockel 

2 2 26 102 0523 0,0 0,0 0,0 729,7123 


Schlosshof der k. Residenz zu Aschaffenburg, © an der Westseite des alten 
Thurmes, 1,85” über Terrain, 0,45” von der südwestlichen Ecke 


3 2 27 108 — 1,6291 0,1 0,0 0,4 728,0832 
Stadtpfarrkirche in Aschaffenburg, Nordseite — im unteren Sockelvor- 
sprung der Eceklisene, 1,90” von der nordwestlichen Ecke, 0,51” über Terrain 

4 3 49 294 — 1,2570 0,4 0,2 0,7 729,3402 


Stiftskirche n Aschaffenburg, Westseite des Thurmes, Mitte des süd- 
westlichen Strebepfeilers, © im Sockel, 1,70” über Terrain, 0,20” unter dem 
Sockelvorsprung 


5 6 25 280 — 7,5058 0,3 0,1 0,5 721,3344 


U) auf dem gewölbten Bahndurchlass Nr 1 westlicher Stirn-Deckstein über 
dem nördlichen Böschungsflügel, bei St. 4,8—80”. 


U] unter der Höhenmarke an der Pfarrkirche im Markte Bruck, im Sockel- 
vorsprung 
1 13 47 1218 + 6,6001 0,7 0,5 0,6 581,7530 


Pfarrkirche im Markte Bruck, zwischen Erlangen und Nürnberg, Nordseite, 
© 1,40” links neben dem Seiteneingang 
— 1,3403 580,4127 


86 


Hauptfixpunkte in Nürnberg, 


wlals|z|o | tu | | | | oo 


365. Betriebshauptgebäude in Nürnberg, Stadtseite nach Norden, © am Mittel- 
bau, westlich neben der westlichen Thür 


549,7460 


364. [I] unter der Höhenmarke am Betriebshauptgebäude zu Nürnberg, auf 
der Treppenwange, 0,4772 über Bahnhof-Pl 
551,8344 


1434. Spittlerthorthurm in Nürnberg, Nordostseite neben der Eingangsthür zu 
demselben von der Ludwigsstrasse links, [_] unter der städtischen Höhenmarke 
1 15 52 1347 — 2,0283 0,9 0,7 0,7 553,8627 


XVI. St. Lorenzerkirche in Nürnberg, südliche Langseite, © an der Sakristei 
549,8164 


366. [DD] unter der Höhenmarke an der St. Lorenzerkirche in Nürnberg, im 
Sockelvorsprung 


551,7192 


1455. [DD] unter der Höhenmarke an der St. Sebalduskirche in Nürnberg im 
Sockelvorsprung 


1 11 3l 681 + 4,8489 0,6 0,3 0,7 556,5681 


XVII. (St. Sebalduskirche in N ürnberg, Nordseite der angebauten Kapelle am 
nördlichen Seitenschiff, & zwischen den beiden Fenstern, 1,75” über Terrain 


— 1,0481 555,5200 

1436. |) unter der Höhenmarke an der St. Johanneskirche in Nürnberg im 
Sockelvorsprung 

2 18 37 1547 u fe 0,8 0,6 0,7 554,7830 


XVII. (St. Johanneskirche in N ürnberg, Nordseite, © unter dem zweiten Fenster 


Jvon Osten nach Westen gezählt, 1,62” über Terrain 
— 1,4510 553,3320 
1457. [_) auf der geneigten Fensterbrüstung des östlichen Chorfensters in der Längs- 
achse der St. Johanneskirche n Nürnberg 


3 1 24 49 — 2,3364 0,0 0,0 0,0 552,4466 


87 


Gunzenhausen, Neumarkt i./O., Regensburg. 


“ja|s|2|o | u I"|n W | Che 
403. _Betriebshauptgebäude im Bahnhof Gunzenhausen, Perron, Nordwestseite, 
© am nordöstlichen Flügel ganz nahe dem vorspringenden Mittelbau 

439,2676 
402. [_] unter der Höhenmarke am Betriebshauptgebäude in Gunzenhausen, im 
Sockelvorsprung, 0,6527 über Bahnhof-Pl 
440,6123 
XIX. Protestantische Pfarrkirche in Gunzenhausen, ® an der Südseite des 
Kirehthurmes, 1,90” über Terrain 
2 15 44 1153 + 2,4456 0,7 0,5 0,7 443,0579 
1209. _Betriebshauptgebäude im Bahnhof Neumarkt i.O., Ostfront, © beim Thür- 
pfosten am Haupteingang von der Stadt her 
» 431,5572 
1208. — unter der Höhenmarke am Betriebshauptgebäude in Neumarkt i./O. auf 
der Treppenstufe 
433,1775 
RX. Stadtpfarrkirche in Neumarkt i/O., © an dem Strebepfeiler neben dem 
südlichen Haupteingang rechts, 1,75” über Terrain 
1 I 51 912 — 2,8373 0,6 0,3 0,6 436,0148 
1438. [7] im Sockelvorsprung der Stadtpfarrkirche in Neumarkt i./O. neben dem 
südlichen Haupteingang rechts 
2 1 24 49 —+ 1,2073 0,2 0,0 1,0 437,2221 
1106. Betriebshauptgebäude im Bahnhof Regensburg, Nordseite, © am mittleren 
Bogenpfeiler der Vorhalle gegen die Stadt 
520,1540 
1105  [[] unter der Höhenmarke am Betriebshauptgebäude in Regensburg auf 
der Treppenstufe, 0,2250 über Bahnhof-Pl 
521,7946 
XXI Kiisshrücke für die Staatsstrasse von Regensburg nach Kumpfmühl, 
nördliches Widerlager, © in der gewölbten Durchfahrt für die Zufuhrstrasse 


zur Güterhalle, Stadtseite in der Mitte, 1,60” über Terrain 
1 3 52 832 — 2,2841 0,5 0,2 0,5 aa) 


88 


Hauptfixpunkte in Regensburg, Schwandorf, Weiden, 


w|als|z| 0 | 2a I» |m|lm| 
1439. [[] unter der Höhenmarke am Dom in Regensburg, auf der Terrasse 
1 10 52 1045 — 1,4059 0,5 0,2 0,4 520,3887 
XXI. (Dom in Regensburg, Westseite, südlicher Thurm, © im südwestlichen 
Strebeeckpfeiler in der Mitte 
— 2177166 518,6721 
1440. [L] unter der Höhenmarke am Rathhaus der Stadt Regensburg, im Sockel- 
vorsprung 
2 6 28 337 — 2,7161 0,2 0,1 0,4 523,1048 
XXIII. Rathhaus der Stadt Regensburg, Ostseite des Saalbaues, Lisene unter dem 
Erker, © in der Mitte, 1,55” über Terrain 
— 1,0814 522,0234 
1132. Betriebshauptgebäude im Bahnhof Schwandorf, Nordostseite, © am Haupt- 
eingang von der Stadt her 
500,8849 
1131. [_] unter der Höhenmarke am Betriebshauptgebäude in Schwandorf, auf 
der Treppenstufe, 0,5192” über Bahnhof-Pl 
502,3486 
XXIV. Stadtpfarrkirche in Schwandorf, Südwestseite des Kirchthurmes, © in der 
Mitte, 1,55" über Terrain 
1 5." Ma 107 ve lzaası 063 : 0E° 6,3 774020005 
166. Betriebshauptgebäude im Bahnhof Weiden, Ostseite gegen die Stadt, © am 
Mittelpfeiler des Haupteingangs 
462,5504 
165. [_] unter der Höhenmarke amı Betriebsbauptgebäude zu Weiden, auf der 
Treppenstufe, 0,2867” über Bahnhof-Pl 
464,35647 
XXV. Stadtpfarrkirche in Weiden, Ostseite des Thurmes, links neben dem Ein- 


gange zu demselben, CI) im Sockelvorsprung, 1,20” über Terrain, 1,5” von 
der Thurmecke rechts, sowie 1,5” vom Thürpfosten links 


1 9 57 1031 — 1,0563 0,8 0,6 0,3 463,3084 


89 


Landshut, Geiselhöring, Plattling. 


Baar | |# 


1065. DBetriebshauptgebäude im Bahnhof Landshut, © am nordöstlichen Pfeiler, 
dicht neben dem Eingange zu Portier, 1,6390” über Bahnhof-Pl 


469,1665 


1441. Strassenbrücke über die Isar in Landshut, linkseitiges (nördliches) Wider- 
lager, östlicher Flügel, [_) auf dem Gesimsdeckstein, neben dem Endpfeiler 


1 6 46 549 -+- 0,4018 0,4 0,1 0,5 469,5683 


XXVI. Standbild Sr. Majestät des Königs Maximilian II. von Bayern, in der Altstadt 
Landshut, oberer Sockel, Durchschnittshöhe der 4 Ecken 


2 6 34 414 — 0,9054 0,5 0,2 0,7 468,6629 

1442. [[] unter der Höhenmarke an der St. Martinskirche in Landshut, auf der 
Treppenstufe 

3 8 41 655 — 1,0836 0,4 0,1 0,5 468,4847 


XXVII. St. Martinskirche in Landshut, westliches Hauptportal, © in der link- 
seitigen (nördlichen) Lisene 


= 11945 466,6902 


1089. Betriebshauptgebäude im Bahnhof Geiselhöring, Südostseite, © dicht 
neben dem Eingange zum Telegraphenbureau, 1,9797” über Bahnhof-Pl 


500,5476 


1443. |) unter der Höhenmarke an der Pfarrkirche in Geiselhöring im Sockel- 
vorsprung 


1 10 46 913 — 5,5044 0,6 0,4 0,6 506,0520 


XXVIII. Pfarrkirche in Geiselhöring, Südseite des une, © in der Mitte, 
0,80” über Terrain 
— 0,6869 505,3651 


1252. © am alten Betriebsgebäude in Plattling, Südostseite, rechts neben dem 
Eingang vom Markte her 


538,5978 

1251. — unter der Höhenmarke am alten Betriebsgebäude in Plattling, auf 
dem Wangenstein 

540,3203 


Abh.d. 11. Cl.d.k. Ak.d. Wiss. XIII. Bd. III Abtn. 12 


90 


Hauptfixpunkte in Plattling, Sandbach, Passau, 


w|alı |z|o| zu Ilm |m) oe 


1444. |) unter der Höhenmarke an der Pfarrkirche in Plattling, im Sockel- 
vorsprung 


1 4 43 345 + 0,1548 0,3 0,1 0,5 540,4751 


Giebelmauer, 1,70” über Terrain 


XXIX. (Pfarrkirche in Plattling, Südostseite, © in der Stirn der nordöstlichen 
— 0,7777 539,6974 


1445. [L) auf der gedeckten Bahndurchfahrt am Ostende des neuen Bahnhofs in 
Plattling, westliches Widerlager, nördlicher Flügeldeckstein (Linie nach 
Passau) i 


2 5 39 393 — 0,8253 0,2 0,1 0,4 539,6498 


1446. |[_] unter der Höhenmarke am neuen Betriebshauptgebäude im Bahnhof Platt- 
ling auf dem rechtseitigen Wangenstein der Haupteingangstreppe, 0,8140” 
über Bahnhof-Pl 

3 5 50 504 — 0,9845 0,5 0,2 0,7 538,6653 


1447. Neues Betriebshauptgebäude in Plattling, Südseite, © neben dem Haupt- 
eingang vom Markte her 
— 11925 536,9428 


XXX. Eiserne Fachwerkbrücke Nr. 3 mit 6 Oeffnungen über die Isar bei Plattling, 
1254. linkseitiges Widerlager, © am nördlichen Brückenportal 
537,3735 


XXXI. Löwendenkmal, zwischen den Stationen Sandbach und Passau, ® im 
1272. Sockel in der Mitte der Südseite 
555,6300 


XXXII. Strassenbrücke über die Donau bei Passau, ® am ersten südlichen 


1256. Pfeiler vom rechtseitigen Ufer her, Südseite 
564,0258 


XXXII. Eiserne Fachwerkbrücke Nr LIX mit 1 Oeffnung über den Inn bei Passau, 
1282. © am mittleren Pfeiler des nördlichen (linkseitigen) Eingangsportals, bei 

Profil 799 + 70,5” 
556.1088 


XXXIV. Redoutengebäude der Stadt Passau, © an der Südfront 
1290. 
559,7120 


Al 


Neuhaus, Poking, Mühldorf, Aufkirchen, Bogenhausen. 


—- 


w|lalsılz|o| zu || w | Cote 
XXXV. Strassenbrücke über den Inn zwischen Neuhaus und Schärding, [_Jauf 
1396. dem ersten Pfeiler vom linkseitigen (bayerischen) Ufer her, südlicher Vorkopf, 
553,4380 
XXXVI. Pfarrkirche im Dorfe Poking, zwischen Neuhaus und Simbach a./ll., 
1391. Westfront des Thurmes, © in der Mitte 
i 536,7602 
| 1309. Betriebshauptgebäude im Bahnhof Mühldorf, © am ersten Pfeiler, süd- 
östlich von der Stadt her 
447,8258 
1308. U] unter der Höhenmarke am Betriebshauptgebäude in Mühldorf, auf dem 
Wangenstein der Freitreppe . 
. 449,6437 
1307. [] auf dem linkseitigen Wangenstein der Locomotivdrehscheibe im Bahn- 
hof Mühldorf 
450,3106 


XXXVNJ. Kriegerdenkmal in der Stadt Mühldorf, oberer Sockel, Durchschnittshöhe 
der 4 Ecken 


1 26 34 1777 —-25,9523 0,7 0,6 0,6 476,2629 


XXXVII. Strassenbrücke Lit. e im 82 K” über den Inn bei der Stadt Mühldorf, 
linkseitiges Widerlager, &5 auf dem westlichen Flügeldeckstein neben der 
Statue des hl. Nepomuk 


2 4 55 412 — 1,8307 0,2 0,0 0,3 478,0936 


XXXIX. Oberfläche des Marmorblockes in der Pyramide bei Aufkirchen, welcher 
1351. den Endpunkt der Basis trägt 


373,6565 
XL. Oberfläche der isolirten Säule in der westlichen Kuppel der kgl. Sternwarte 
1346. zu Bogenhausen bei München 

325,7773 
XLI. Oberfläche des Pfeilers im Haupteingange der kgl. Sternwarte zu Bogen- 
1345. hausen bei München 

332,2951 


122 


Hauptfixpunkte in Oberföhring, München, Holzkirchen, Rosenheim, 


we ı D | +H vr leln Cote 
XLII. Oberfläche des Marmorblockes in der Pyramide bei Oberföhring nächst 
1340. München, welcher den Anfangspunkt der Basis trägt 347.6626 
747. D&D auf der steinernen Sockelbank am Mittelbau des k. Polytechnikums in 
München, Nordostecke 345.3330 
XLIII. Hof des kgl. Polytechnikums in München, polirte Oberfläche des süd- 
lichen Eudpunktes des Comparators, Comp. S. E. P. 
1 3 45 267 —- 1,1361 0,4 0,2 0,8 346,4691 
XLIII*. Ebendaselbst polirte Oberfläche des nördlichen Endpunktes des Comparators, 
Comp. N.E.P. 
2 2 40 161 —+- 0,1764 0,1 0,0 0,8 346,6455 
XLIV. Haupteingang zum k. Staatsschulden-Tilgungsgebäude mn München vom Karls- 
746. platz her, & am westlichen Thorgewände 342,0554 
XLV. Hauptportal zur Frauenkirche in München, © an der südlichen Wand 
749. des nördlichen Kirchthurmes 341,9310 
762. Betriebshauptgebäude im Bahnhof Holzkirchen, Nordseite am Perron, 
© im Mittelbau, 2,2347” über Bahnhof-Pl 175,8750 
1448, unter der Höhenmarke an der Pfarrkirche in Holzkirchen, im Sockel- 
vorsprung 
1 13 43 1119 — 5,5022 0m 0,4 0,6 170,3728 
XLVI Pfarrkirche m Holzkirchen, Nordseite des Kirchthurmes, © in der Mitte, 
1,85” über Terrain 
— 1,3825 168,9903 
784. Altes Betriebshauptgebäude in Rosenheim, Haupteingang von der Stadt 
her, Nordseite, ® an der westlichen Seitenfläche des vortretenden Portals 
413,0629 
783. == unter der Höhenmarke am alten Betriebshauptgebäude in Rosenheim, 
auf der Treppenstufe 414,6047 
1449. |_] unter der Höhenmarke an der Fortbildungsschule der Stadt Rosenheim, 
auf der Treppenwange 
1 3 47 281 + 0,9389 0,2 0,0 0,4 415 5436- 
XLVI. Fortbildungsschule der Stadt Rosenheim an der Strasse zum alten Bahnhof, 


Westseite, © in der linkseitigen Lisene des Haupteingaugs, 2,05” über Terrain 
— 1,7576 413,7860 


93 


Rosenheim, bei Oberaudorf und Kiefersfelden 


=[al:lel> | & |- je |e| 


817. [_) auf der gewölbten Bahnbrücke Nr I mit 7 Oeffnungen über den Inn, nord- 
östliches Widerlager, südöstlicher vorspringender Stirnflügel, nordöstlicher 
Quader der unteren Brüstungsschichte, bei St 20,1 + 203”, 0,35 über Pl 


409,0410 


1450. Bahnbrücke mit 2 Oeffinungen über den Hammerbach im neuen Bahnhof 
Rosenheim, [_] auf dem südwestlichen Vorkopf des Pfeilers (Flussaufwärts) 


1 22 54 2391 + 4,6792 Hai 1,1 0,7 413,7202 


1451. [_] unter der Höhenmarke am neuen Bahnhofsgebäude in Rosenheim, auf 
der obersten Treppenstufe, 0,7420 über Bahnhof-Pl 


2 6 52 624 2152009 0,4 0,1 0,5 412,5193 
1452. [Neues Betriebshauptgebäude im Bahnhof Rosenheim, Stadtseite, © neben] 


dem Haupteingange rechts 
— 1,6910 410,8283] 


782. [_] auf der gewölbten Bahnbrücke Nr 2 mit 3 Oeffnungen, über den Markt- 
Canal, am Westende des alten Bahnhofs in Rosenheim, südliche Stirn, 
Gesimsstein des östlichen vorspringenden Stirnflügels 


3 b) 46 831 + 2,1378 0,7 0,4 0,7 415,2571 


806. [)] auf der gewölbten Bahnbrücke Nr 27, südwestliche Stirn, südöstlicher 
Gesimsstein bei St. 6,9 4+ 140” 0,03” unter Pl zwischen den Stationen Ober- 


audorf und Kiefersfelden 
382,3711 


XLVIII. Felsenwand beim Weber an der W.and (zum Weiler Burgberg ge- 
hörig), östlich vom Hause 10” von der Kante desselben, © mit 0,3” langem 


Bolzen 
il 16 29 943 ° °—25,0708 0,7 0,5 0,7 357,3003 


812. TI) auf dem südlichen . Gesimsstein der Stützmauer für die Westseite des 
Bahnkörpers bei St. 8,6 + 313”, 0,02” unter Pl zwischen den Stationen 
Kiefersfelden und Kufstein 

381,6684 


1453. [) auf dem Markstein [o] östlich vom Auslauf des Bahndurchlasses auf der 
Grenzlinie zwischen Bayern und Tyrol an der Pflasterböschung gegen den Inn 
bei der Klause 

1 3 53 319 -+ 0,1088 0,1 0,0 0,2 381,7772 


94 


Hauptfixpunkte am Chiemsee, bei Salzburg, Berchtesgaden und Königssee. 


Nr 


SEREIREETHRITIEIE: 


811. 


1455. 


— auf dem Strassendurchlass in der Staatsstrasse von Kiefersfelden nach 
Kufstein, nordwestliche Stirn, südwestlicher Gesimsstein, (nächst dem 
bayerischen Nebenzollamt I. Classe) 


2 2 60 239 — 0,4589 0,2 0,1 0,5 381,3183 


[_] unter der Höhenmarke an der Otto-Kapelle im Sockelvorsprung 
3 4 24 188 — 5,6094 0,3 0,1 0,7 375,7089 


Otto-Kapelle an der Staatsstrasse von Kiefersfelden nach Kufstein, 
© im südlichen Pfeiler des Chores, zweiter in der Achse von Südwest nach 
Nordost gezählt 

— 1,3504 374,3785 


Anwesen des Dampfschiffbesitzers Herrn Fessel in Stock am Chiemsee, 
Bahnstation Prien, © im Sockel des Nebengebäudes, Ostseite desselben, 


ım Hafen 
340,8203 


Blechträgerbrücke Nr II mit 5 Oeffnungen über die Salzach bei Salzburg, 
östliches Widerlager, © am der Südseite des nördlichen Eckthurmes, bei St. 


43,0 + 340” 
eig 435,8398 


Hauptstollen des Ferdinandsbergs des kgl. Bergwerkes bei Berchtesgaden, 


© neben dem Eingange rechts 
329,2822 


Steil abfallende Felsenwand am linkseitigen Ufer der Königsache, oberhalb des 
Steges für den Fussweg in die Schönau beim Schmiedhanslgut Hs.-Nr. 3! 
in der Oberschönau, © mit 0,3° langem Bolzen, Südost 


309,1530 


Schleussenwehr am Abflusse der Königsache aus dem Königssee, DI auf 


dem linkseitigen Widerlager 
259,2432 


[] über der bayerischen Höhenmarke am Betriebshauptgebäude in Nörd- 
lingen, in dem Sockel der Ecklisene, 0,7747” über Bahnhof-Pl 
430,4364 
U] unter der Höhenmarke an der Stadtpfarrkirche in Nördlingen im 
Sockelvorsprung 
1 11 44 964 — 2,5337 0,7 0,5 0,7 427,9027 


SIEIEHEIEBIETHERE: 


Hauptfixpunkte in Nördlingen, Donauwörth. 


w’ | Cote 


LV. 


1456. 


447. 


INT: 


1457. 


1458. 


707. 


1459. 


1460. 


1461. 


Thurmes) im Wendgässchen, © in der linkseitigen Wandfläche 


[ars im in Nördlingen, westliches Hauptportal (Westseite des 
— 0,6739 427,2288 


[)] auf dem Sockelvorsprung des nordwestlichen Eckstrebepfeilerss an dem 
nördlichen Seitenschiff der Stadtpfarrkirche in Nördlingen, Westseite des 
Pfeilers 

2 2 15 59 — VIE 0,0 0,0 0,0 426,9119 


[] auf der schiefen Bahnbrücke Nr 24 mit 2 Oeffnungen über den Kaibach 
im alten Bahnhof Donauwörth, südwestlicher Stirnflügel, nordwestliches 
Widerlager, Deckplatte 456.3329 


Stadtpfarrkirche m Donauwörth, Nordseite des Kirchthurmes, © in der 
Mitte, 1,81” über Terrain 


1 ) 31 561 — 13,6361 0,6 0,3 0,8 442,6968 


[] auf dem rechtseitigen Wangenstein der Aufgangstreppe zum neuen Bahn- 
hofsgebäude in Donauwörth, 1,1562” über Bahnhof-Pl 


1 15 50 1510 + 0,3006 0,6 0,4 0,5 456,6335 


Portal des neuen Betriebshauptgebäudes im Bahnhof Donauwörth, Nord- 
seite, © über dem rechtseitigen Wangenstein der Aufgangstreppe 
— 1,6868 454,9467 


© an dem südwestlichen Pfeiler der Wegbrücke für die Strasse von Augs- 
burg nach Göggingen, in der Mitte der Nordostseite des Pfeilers, über 
dem unteren Sockel 370.6075 


— unter der Höhenmarke am neuen Betriebshauptgebäude im Bahnhof Augs- 
burg, im Sockelvorsprung, 1,0122” über Bahnhof-Pl 


1 6 57 680 + 0,6218 0,5 0,2 0,6 371,2293 


Neues Betriebshauptgebäude im Bahnhof Augsburg, nordöstlicher Flügel- 
hauptbau, © in der südwestlichen Ecklisene zwischen dem Wartsaal III Ciasse 
und dem Damensalon, Westseite gegen den Perron 


— 0,7037 370,5256 


U) auf der Bahndurchfahrt am nordwestlichen Ende des Bahnhofs Augsburg 
für die Pferseerstrasse, südliches Widerlager, östlicher Flügel, innen an der 
Brüstung 

“2 4 52 419 + 5,0749 0,2 0.072053 374,3042 


96 


Hauptfixpunkte in Augsburg, Ulm. 


w|als|2|»| #8 \s»|e|w| co 


463. ({Gewölbte Bahnbrücke Nr 10 über die Wertach, nordöstliche Stirn, südöstliche 
Gesimsplatte unter der Brüstung, [|] am der Schmalseite, bei St. 0,3 + 


25. Bl, | 
| 
| 


3 6 56 673 —+ 4,9812 0,5 0,3 0,7 379,2854 


schnittshöhe der 4 Ecken 


LVN. [rise auf dem Frauenhof in Augsburg, oberer Sockel, Durch- 
1 15 49 1473 — 4,8248 0,6 0,3 0,5 369,4794) 


LVII. Rathhaus der Stadt Augsburg, Westseite, © an der südwestlichen Stirn- 
mauer des Mittelbaues neben dem Hauptportal rechts, 1,67” über Terrain 


1.16 48 1536. — 0,9548 0,7. .05...,0,6..,,873,3694 

1462. [L) bei der Höhenmarke am Rathhaus der Stadt Augsburg auf der untersten 
Treppenstufe am Hauptportal, Ecke nach Süden 

2 1 16 33 215533 0,1 0,0 0,7 374,9227 

707. © an dem südwestlichen Pfeiler der Wegbrücke für die Strasse von Augs- 

burg nach Göggingen, in der Mitte der Nordostseite des Pfeilers über 


dem unteren Sockel 
370,6075 


1463. [_] unter der Höhenmarke an der katholischen St. Ulrichskirche in Augs- 
burg, im Sockelvorsprung 
L 12 41 990 ne 0,5 0,2 0,5 366,6284 


LIX. Katholische St. Ulrichskirche in Augsburg, © im Strebepfeiler neben dem 
nördlichen Haupteingang links (östlich) im Kirchenhof, 1,80” über Terrain 


— 4,1016 365,5268 
LX. Hauptportal des Münsters in Ulm, Nordwestseite des rechtseitigen Vorpfeilers, 


1405. © im Sockel 
382,5307 


LXI. Oestliches Thor der gewölbten Donaubrücke Nr IV mit 5 Oeffnungen zwischen 
Neu-Ulm und Alt-Ulm, © an der Südseite des nördlichen” Thorpfeilers 


383,9849 


454. [DL] auf der Blechbalkenbrücke Nr 4 über die Gennach, südliches Widerlager, 
westlicher Stirnflügel innen an der Brüstung 


248,0355 


N 


Buchloe, Kempten. 


[als |2|o| zu | lmle| oo 


1464. [|] unter der Höhenmarke am neuen Bahnhofsgebäude in Buchloe, auf der 
Treppenstufe 


1 10 57 1147 — AST 0,5 0,3 0,5 243,1178 


1465. Neues hof geben in Buchloe, Südseite, © links am unieneans 
vom Orte her, 2,0” über Terrain, 2,5830” über Bahnhof-Pl 


— 1,8861 241,2317 


484. [] auf der Blechbalkenbrücke Nr 4 über die Gennach, südliches Widerlager, 
westlicher Stirnflügel innen an der Brüstung 
248,0355 


1466. ı[_] auf der untersten Treppenstufe des nördlichen Eingangs zum Kirchhof in 
Buchloe, Westseite des linken Thorpfeilers 
ll 17 51 1719 —13,0265 0,7 0,5 0,5 235,0090 


LXII. Pfarrkirche in Buchloe, Nordseite des Kirchthurmes, © in der Mitte, 1,70” 
über Terrain 


2 17 5l 1732 — 15,6446 0,8 0,7 0,6 232,3909 
517. Hölzerne Fachwerkbrücke mit 3 Oeffnungen über die Iller bei Kempten, 


rechtseitiges (östliches) Widerlager, südlich vorspringender Kopf der Stirn- 
mauer, Gesimsplatte, eingelassene Cementplatte [I bei St. 27,4 + 70” 


165,4934 


518°. FEbendaselbst, linkseitiges (westliches) Widerlager, südlicher Flügel in der 
Nische, [_] auf dem Gesimsdeckstein (Fixpunkt wurde neu gearbeitet, da der 
ursprünglich vorhandene zerstört war) 


1 1 62 123 — 0,0235 0,0 0,0 0,0 165,4699 


1467. Locomotivdrehscheibe am nördlichen Ende des Bahnhofs in Kempten, |] 
auf der nordwestlichen Treppenwange des Einsteigschachtes, Bahnhof-Pl 


2 Bez 809 —+ 0,5344 0,6 0,3 0,6 166,0043 
LX1H. Stiftskirche der Stadt Kempten, südwestliche Ecke auf der Südseite des 


Thurmes, © im der Mitte der Ecklisene, 1,65” über Terrain 
1 18 33 171 -+20,6378 0,7 0,5 0,7 186,6421 


1468. (= neben der Höhenmarke der Stiftskirche in Kempten, unten auf der 
Treppenstufe 
2 1! 10 20 + 1,6221 0,0 0,0 0,0 188,2642 


Abh.d. IL. Cl.d.k. Ak. d. Wiss. XII. Bd. II. Abth. 13 


98 


Hauptfixpunkte in Kempten, Immenstadt, Oberstaufen, Lindau, 


T»lola Tee Te ee 


Protestantische Kirche in der Altstadt Kempten, © auf der nordwestlichen 
Stirnmauer des Mittelschiffs, neben dem westlichen Hauptportal, 1,65” über 


3 10 39 772 + 7,8715 0,7 0,5 0,8 194,5136 


Strassenbrücke über die Iller in Kempten, rechtseitiges (östliches) Wider- 


4 6 3) 422 — 2,5949 0,4 0,1 0,6 197,1085 
[_] auf der Bahnbrücke Nr 72 mit 2 Oeffnungen für den Weg und den Steig- 
bach östlich vom Bahnhof Immenstadt, östliches Widerlager, südlicher Stirn- 


flügel, innen an der Brüstung, 1,7555” unter Bahnhof-Pl 
131,5748 


Kriegerdenkmal in Immenstadt, oberster (dritter) Sockelabsatz, Durch- 


1 4 49 391 —+ 0,8237 0,4 0,2 0,6 132,3985 


© am Tunnel nordöstlich der Station Oberstaufen, nordwestliches Portal, 
nordöstliches Widerlager, Leibung nahe der Stirn bei St. 37,9 + 60” 1,2575” 


73,1800 


[] unter der Höhenmarke an der Pfarrkirche in Oberstaufen, auf der 


1 7 25 353 — 28100 0,6 0,3 1,0 70,3100 


Pfarrkirche in Oberstaufen bei Immenstadt, Westseite, © im Stirnpfeiler 
des Mittelschiffes neben dem Portal rechts, 1,90” über Terrain 


— 1,8508 68,4592 


Kriegerdenkmal in Oberstaufen bei Immenstadt, oberster Sockel, Durch- 


9 in) 37 221097 80:0: : 70:02 00 69,2063 
Einfahrt zum Bahnhof Lindau, Nordseite, © am Thorbogen, östliches 
461,1510 


Quaimauer des Hafens in Lindau, © neben dem eingemeisselten Pegel 


Nr | 
LXIV. 
Terrain 
1469. 
lager, |] auf dem südlichen Flügeldeckstein 
Dar, 
LXV. 
schnittshöhe der 4 Ecken 
536. 
unter Bahnhof-Pl 
1470. 
Treppenstufe 
LXVI. 
LXVI. 
schnittshöhe der 4 Ecken 
LXVII. 
563.  Widerlager 
LXIX. 
567. 


464,6416 


39 


Bregenz, Fussach, Rorschach, Tölz, Seeshaupt, Schongau, bei Kochel, 


walls |z2| Do | gu emo | om 


LXX. Hafenmauer in Bregenz, © neben dem eingemeisselten Pegel östlich 
577. 
464,6085 


LXXI. Hafenmauer bei Fussach, © 170” nördlich vom Stundenstein „1!“ 
580. : 
465,0712 


LXXH. Hafenmauer beim Kornhaus in Rorschach, © in der Nähe des am Sockel . 
599. befestigten eisernen Pegels 
465,1953 


LXXIIH. Pfarrkirche in Tölz, nördliches Sejtenschiff, & im Sockel des nordwestlichen 
Eckstrebepfeilers, 2,05” über Terrain 
202,5188 


LXXIV. Pfarrkirche im Dorfe Seeshaupt, Nordseite, © in der Mitte des Thurmes 
1,7” über Terrain 
264,3411 


LXXV. Pfarrkirche in Schongau, © am nordöstlichen Strebepfeiler des östlichen 
Chores, 1,85” über Terrain , 
149,5097 


LXXVI. Pfarrkirche auf dem Hohenpeissenberg, Südseite, © an dem Strebepfeiler 
der westlichen Stirnmauer der Kirche, Südostseite des Thurmes, 2,0” über 


Terrain 
= 1198.4776 


LXXVII. © (Bolzen 0,30” lang) an einer Felsenwand, Ausläufer der Sonnenspitze am 
Kochelsee links (südlich) an der Staatsstrasse von München nach Mitten- 
wald bei Kilometer 67 4 150” gegenüber dem Flosszimmerplatz 

254,3911 


100 


Holzkirchen-Tölz-Penzberg-Tutzing. 


a\s|a|o»| su |" Im |) ce 


1471. 


„1472, 


1473. 


1474. 


1475. 


1476. 


1477. 


1478. 


1479. 


© am Betriebsgebäude m Holzkirchen, Nordseite am Perron, Mittelbau, 
2,2347” über Pl 


175,8750 


[) auf dem Sockel der Signal-Glockensäule bei Babnwärter-Posten Nr 23 
der Linie Holzkirchen-Tölz, nordöstliche Ecke, bei Kilometer 38 + 54” 


1 13 60 1555 — 1,8106 0,7 0,5 0,6 177,6856 


[) auf der Umfassungsmauer der Wage in der Station Oberwarngau, süd- 
westliche Ecke, 0,224” über Bahnhof-Pl 


2 a7 61 4517 —31,8786 1,1 1,2 0,5 145,8070 


FD) auf dem Sockel der Signal-Glockensäule beim Wechselwärter-Posten arı 
nordwestlichen Ende der Station Schaftlach gegen Oberwarngau, nördliche 
Ecke, 0,332” über Bahnhof-Pl 


3 34 66 4493 —42,0734 1,0 1,0 0,5 103,7336 


© am Betriebsgebäude in Schaftlach, Perronseite, nördliche Ecke des, 
Hauses neben dem Eingange zur Expedition links 


4 2 öl 204 — 2,1143 0,2 0,0 0,5 101,6193 


[] auf dem Sockel der Signal-Glockensäule bei Bahnwärter-Posten Nr 28, 
südöstliche Ecke 


1 22 67 2942 + 26,4525 0,8 0,6 0,5 128,0718 


)] auf dem Sockel der Signal-Glockensäule beim Wechselwärter-Posten am 
westlichen Ende der Station Reigersbeuern, nordwestliche Ecke, 0,377” 
über Bahnhof-Pl 


2 JE 58 1961 + 14,0628 0,6 0,4 0,5 142,1346 


7] auf dem Sockel der Signal-Glockensäule bei Bahnwärter-Posten Nr 30 
südliche Ecke 


3 30 60 3575 + 17,9829 1,0 1,1 0,5 160,1175 


[_] auf dem Sockel der Signal-Glockensäule beim Wechselwärter-Posten am 
südlichen Ende des Bahnhofs Tölz, nordöstliche Ecke 


4 15 69 1930 —+-14,5686 0,5 0,3 0.4 174,6861 


0,529” über Bahnhof-Pl 


[) unter der Höhenmarke am Betriebsgebäude in Tölz im we 
5 2 69 275 — 0,3525 0,1 0,0 0,3 174,3336 


101 


Holzkirchen-Tölz-Penzberg-Tutzing. 


elee Ie [lH 


1480. [© am Betriebsgebäude in Tölz, Perronseite (Osten) Mitte der Mauerfläche, 
zwischen dem Eingange zur Expedition und dem linkseitigen Fenster 


— TU 172,6539 


LXXIIT. (Pfarrkirche in Tölz, nördliches Seitenschiff, & im Sockel des nordwestlichen 
Strebeeckpfeilers, 2,05” über Terrain 


1 18 29 1046 —+27,8327 0,7 0,4 0,7 202,5188 


1481. Isarbrücke in Tölz, [_] auf dem Abdeckstein der nordöstlichen Flügelmauer 
des rechtseitigen (östlichen) Widerlagers 


2 19 30 1157 —+37,1468 0,7 0,4 0,6 211,8329 


1482. == auf dem Kilometerstein 0,5 der Staatsstrasse von Tölz über Bichel nach 
Schongau 
3 9 32 576 — 5,3508 0,5 0,2 0,6 206,4821 


1483. |[_] auf dem 2. Kilometerstein der Staatsstrasse von Tölz nach Schongau 
4 18 44 1578 —19,0389 0,7 0,5 0,6 187,4432 


1484. [_] auf dem 7. Kilometerstein der Staatsstrasse von Tölz nach Schongau 

5 54 47 5023 —31,7022 1,2 1,5 0,5 155,7410 

1485. Gewölbter Strassendurchlass Lit. b in Kilometer 9, |] auf dem südlichen 
Flügeldeckstein des linkseitigen Widerlagers 

6 21 37 1561 + 34,6646 0,5 0,3 0,4 190,4056 


1486. [L] auf dem 9. Kilometerstein der Staatsstrasse von Tölz nach Schongau 
7 7 32 446 —+ 6,4225 0,2 0,0 0,3 196,3281 
1487. Hölzerne Strassenbrücke Lit. b in Kilometer 5 über den Steinbach, [_] auf 


dem rechtseitigen Widerlager, südöstlicher Flügeldeckstein (Lit. b in Kilo- 
meter 55 der Staatsstrasse von München nach Mittenwald) 


8 40 37 2950 —+31,1133 1,0 1,1 0,6 227,9414 
1488. [I] auf einem Felsenblock an der Vereinigung der Strassen von Benedikt- 


beuern und Tölz her nach Penzberg, vor dem Wegweiser „nach Tölz‘ 
(mit Rasen überdeckt) 


$) 8 25 397 —-14,2908 0,5 0,3 0,8 242,2322 


Holzkirchen-Tölz-Penzberg-Tutzing. 


SEIESEIEHEETBEIEIEZE 


1489. [[) auf einer zu Tage stehenden Felsenbank nördlich der Distrikts-Strasse 
nach Penzberg an der ersten starken Steigung nach Ueberschreitung der 
Loisach (unmittelbar nach dem Eintritte der Strasse in den Wald) 


10 29 40 2338 + 9,3363 0,8 O7 0,6 251,5685 
1490. © am Betriebsgebäude des Bahnhofs Penzberg, Perronseite (Norden), nord- 

westliche Ecke rechts neben dem Eingange zum Wartesaal III. Classe 

11 36 40 2849 —+ 4,4205 0,8 0,7 0,5 255,9890 


1491. ([_] auf der Umfassungsmauer der grossen Drehscheibe im Bahnhof Beh ir) 
Bahnhof-Pl 


12 2 69 976.845 120155., 7022 00.,.08 an 
1492. Gedeckter Bahndurchlass Nr XXII über einen Moosgraben, |] auf dem südwest- 


lichen Flügeldeckstein des linkseitigen Widerlagers bei Kilometer 58,0 + 425”, 
4,2386” über Pl der Station Staltach 


1l 28 66 3719 + 2,7910 1,0 1,0 0,5 258,7800 


1493. Bahnbrücke Nr XX über den Ausfluss des Ostersees, [_] auf dem rechtseitigen 
Widerlager, südöstlicher Flügeldeckstein, bei Kilometer 53,5 + 0” 


2 38 64 4855 —-10,3680 1,1 1,2 0,5 269,1480 


1494. auf der Umfassungsmauer der Wage in der Station Seeshaupt, Bahnhof-Pl 
3 00, 1 BT h SOAlBL Ir 853145 um aA Lot ze 


1495. (= neben der Höhenmarke am Betriebsgebäude in Seeshaupt, unten auf 
i= Treppenstufe 


4 20 63 2570 — 8,4289 0,7 0,4 0,4 260,7191 


1496. © am Betriebsgebäude in Seeshaupt neben dem Haupteingange vom Orte 
her (Ostseite) rechts, 1,75" über Terrain 


5 20 63 2571 —10,1352 0,7 0,4 0,4 259,0128 


Re im Dorfe Seeshaupt, Nordseite, © in der Mitte des a 
1. «10 . 46 . 1552. esse 06 08 0 oe 


1497. ([] auf dem Sockel der Grenzsäule auf der Nordseite des Kirchhofs zu Sees- 
Dia gegen das Seeufer 4 


2 4 13 103 + 6,2612 0,3 0,1 1,0 270,6023 


105 


Holzkirchen-Tölz-Penzberg-Tutzing. 


w|a|ıl|z| D | zus tele Cote 


1878 Abends 6!/ Uhr (bewegt) 


jisrs ab Wasserspiegel des Würmsees am südlichen Ende am 11. enoen] 
+ 5,0840 975,6863l 


1489. Gedecekter Bahndurchlass Nr IX bei Kilometer 47 + 380”, []) auf dem link- 
seitigen Widerlager, nordöstlicher Böschungsanfänger 


1 3l 59 3634 —21,9371 0,9 0,8 0,5 237,0757 
1499. [_] auf der westlichen Umfassungsmauer der Wage im Bahnhofe Bernried Pl 
2 8 62 984 — Te 0,5 0,3 0,6 229,4030 


1500. Gewölbte Bahnbrücke Nr IV bei Kilometer 43 + 760”, [_] auf dem südlichen 
Widerlager, südwestlicher Flügeldeckstein 


3 22 60 2657 + 20,7788 0,9 0,8 0,5 250,1818 


1501. [_] auf dem 42. Kilometerstein der Linie Penzberg-Tutzing-München, 
12,84” unter Pl der Station Diemendorf 


4 13 67 1744 — 7,8697 0,7 0,5 0,6 242,8121 

1502. [_) unter der Höhenmarke am Betriebsgebäude in Tutzing, auf der obersten 
Treppenstufe, 0,449” über Bahnhof-Pl 

B) 18 67 2399 —+ 6,6161 0,8 0,7 0,5 249,4282 


1503. © am Betriebsgebäude in Tutzing im Haupteingang vom Orte her (Osten), 
auf der rechtseitigen Gewandung in der Mitte 


— 1,7048 247,7234 


1504. Gewölbte Bahnbrücke Nr LXIII mit 3 Oeffnungen über den Grünbach, 
[) auf der untern (östlichen) Brüstung in der Mitte bei Kilometer 48 + 390”, 
0,25” über Pl 


1 55 59 6539 —+31,1760 1,3 1,7 0,5 273,9881 


1505. == auf der Thürschwelle, links neben dem Eingang zur Expedition in Wils- 
hofen, Perronseite, 0,40” über Pl 
2 b) 58 579 — 3,7964 0,5 0,2 0,6 277,1845 


1506. [) auf dem 51. Kilometerstein der Linie München-Tutzing-Unter- 
peissenberg 


3 17 60 2030 —+19,2086 0,8 0,7 0,6 296,9931 


104 


Tutzing-Unterpeissenberg-Schongau-Kaufbeuren. 


w|la|s|2|, 2 | 4a Im |melm | soo 


1507. [[) unter der Höhenmarke am Betriebsgebäude in Weilheim auf der oberen 
Treppenstufe des Haupteingangs, 0,61" über Bahnhof-Pl 


4 20 63 2519 —+ 2,1451 0,7 0,5 0,5 299,1382 


1508. © am Betriebsgebäude in Weilheim, im Haupteingang von der Stadt her, 
(Osten) auf der rechtseitigen Gewandung in der Mitte { 


— la 297,4231 
1509. Eiserne Fachwerkbrücke Nr LXII mit 3 Oeffnungen über die Amper, [|] auf 
dem linkseitigen Widerlager, nördlicher Flügeldeckstein 
1 17 62 2094 — 1,2840 0,6 0,3 0,4 300,4222 
1510. [_] unter der Höhenmarke am Betriebsgebäude in Unterpeissenberg, 
auf der Treppenstufe des Haupteingangs, 0,09" über Bahnhof-Pl 
2 34 64 4357 —37,5095 1,0 1,1 0,5 262.9127 


1511. (© am Betriebsgebäude in Unterpeissenberg, Haupteingang vom Orte her 
(Südostseite) auf der rechtseitigen Gewandung in der Mitte 


— 1,1027 261,1500 


1512. |) auf dem offenen Bahndurchlass NrIV bei Kilonieter 61 + 250”, recht- 
seitiges Widerlager, südöstlicher Flügeldeckstein, an der Kreuzung mit der 
Staatsstrasse von Tölz nach Schongau (bei Kilometer 46 derselben) 


1 11 67 1473 + 5,5716 0,5 0,3 0,4 268,4843 
1513. [_) auf dem gedeckten Strassendurchlass Lit. b in Kilometer 48 der Staats- 
strasse von Tölz nach Schongau, nördlicher Stirndeckstein 
9. °48°..194= 1819  118,0479 08 206). >06. ae 
15l4. |[_] auf dem gedeckten Strassendurchlass Lit. a in Kilometer 49, südsüd- 
westlicher Stirndeckstein über dem rechtseitigen Widerlager 
3 28 14 768 —49,8776 0,5 0,3 0,6 100,3588 


1515. [_) auf dem gedeckten Strassendurchlass Lit. b in Kilometer 49, nördlicher 
Stirndeckstein über dem linkseitigen Widerkager 


4 6 28 336 — 2,5535 0,2 0,0 0,3 97,8053 


1516. [_] auf der 50. Kilometersäule der Staatsstrasse von Tölz nach Schongau, 
nordöstliche Seite des Fundaments 


5 22 28 1256 —-14,4470 0,6 0,3 0.5 112,2523 


105 


Tutzing-Unterpeissenberg-Schongau-Kaufbeuren. 


ale fe nl eo 


1517. [) auf dem gedeckten Strassendurchlass Lit. e in Kilometer 51, südlicher 
Stirndeckstein in der Mitte 


6 12 33 803 —12,2210 0,5 0,2 0,5 100,0313 


1518. 5 auf dem gedeckten Strassendurchlass Lit. ce in Kilometer 53, östlicher 
Stirndeckstein in der Mitte, in der Ortschaft Hötten 
7 27 35 1881 — 7,1404 0,8 0,7 0,6 92,8909 
1519. [[] auf dem gedeckten Strassendurchlass Lit. a in Kilometer 55, nördlicher 
Stirndeckstein in der Mitte, bei Kilometer 54 — 2” 
8 22 41 1372 + 7,6150 0,7 0,4 0,6 100,5059 
1520. [_] auf dem gewölbten Strassendurchlass Lit. a in Kilometer 57, linkseitiges 
Widerlager, nordwestlicher Flügeldeckstein 
9 3) 35 2090 —43,7742 0,5 0,3 0,4 144,2801 
1521. Gewölbte Strassenbrücke Lit. a in Kilometer 59 mit 3 Oeffnungen über den 


Mühlbach, rechtseitiges Widerlager, [|] auf dem Gesimsdeckstein ausserhalb 
der Brüstung im ersten Feld, bei Peiting 


10 25 45 2246 —-13,9053 0,6 0,4 0,4 158,1854 
1522. [L] auf dem gedeckten Strassendurchlass Lit. a in Kilometer 62, südlicher 

Stirndeckstein, 10” vom 61. Kilometer 

11 41 33 2724 —+28,5276 0,8 0,7 0,5 186,7130 
1523. Lechhrücke bei Schongau, rechtseitiges Widerlager, südwestlicher Flügel, 

[_] auf dem Gesimsdeckstein ausserhalb der Brüstung 

12 10 40 792 — 1,1457 0,5 0,3 0,6 185,5673 
LXXV. Pfarrkirche in Sehongau, © am nordöstlichen Strebepfeiler des Chores, 

1,85” über Terrain 

13 24 32 1539 — 36,0576 0,5 0,2 0,4 149,5097 
1524. Gewölbter Strassendurchlass Lit. a in Kilometer 63 der Staatsstrasse von 

Sehongau nach Oberdorf, [_) auf der Deckplatte am Auslauf 

1 15 36 1076 —23,8400 0,4 0,2 0,4 173,3497 


1525. [L) auf der 65. Kilometersäule der Staatsstrasse von Tölz über Schongau 
nach Oberdorf 


2 38 30 2316 —39,5070 1,0 0,9 0,6 133,8427 
Abh.d.II.Cl.d. k. Ak. d. Wiss. XIII. Bd. III. Abth. 14 


106 


Tutzing-Unterpeissenberg-Schongau-Kaufbeuren. 


NEDIENETIEIEIEIE: 


U) auf dem Grenzstein zwischen den Regierungsbezirken Oberbayern und 
3 29 47 2737 —20,1670 0,6 0,4 0,4 113,6757 


[] auf einem Abweisstein im Orte Erbenschwang an der Strassen-Ecke 


4 24 47 2249 — ehllela | 0,8 0,6 0,5 103,8826 


[] auf dem gedeckten Strassendurchlass Lit. a in Kilometer 72, Deckplatte 
5 16 33 1048 —24,4870 0,5 0,3 0,5 79,3956 


[] auf dem 72. Kilometerstein der Staatsstrasse von Tölz über Schongau 


6 19 26 995 —39,1692 0,6 0,4 0,6 40,2264 


[] auf dem gedeckten Strassendurchlass Lit. b in Kilometer 73, Deckplatte 


7 25 17 904 —44,5151 0,5 0,2 0,5 — 4,2887 


[] auf dem 74. Kilometerstein der Staatsstrasse von Tölz über Schongau 


8 22 27 1182 —29,3540 0,5 0,2 0,4 —33,6427 


[] auf dem gedeckten Strassendurchlass Lit. a in Kilometer 76, Deckplatte 


Io 24 1024 —49,3100 0,7 0,5 0,7 -15,6673 


[| auf dem gedeckten Strassendurchlass Lit. a in Kilometer 77, Deckplatte 


10 28 26 1443 —-27,4918 0,5 0,3 0,4 43,1591 


[] auf denı gedeckten Strassendurchlass Lit. a in Kilometer 80, Deckplatte 


11 37 35 2626 —+36,8862 0,8 0,6 0,5 80,0453 


Nr 
1526. 
Schwaben, bei Kilometer 67 + 750” 
1527. 
circa 15” von der 70. Kilometersäule 
1528. 
am Einlauf 
1529. 
nach Oberdorf 
1530. 
am Einlauf 
1531. 
nach Oberdorf im Orte Krottenhill 
1532. 
am Einlauf 
1533. 
am Einlauf über dem linkseitigen Widerlager 
1534. 
am Auslauf über dem rechtseitigen Widerlager 
1535. 


[] auf dem gedeckten Strassendurchlass Lit. a in Kilometer 81, Deckplatte 
am Auslauf über dem linkseitigen Widerlager 


12 24 36 1706 +18,3351 0,7 0,5 0,6 98,3804 


ZIEBEZICHEFTHIERE 


107 


Tutzing-Unterpeissenberg-Schongau-Kaufbeuren. 


w' | Cote 


1537. 


1538. 


1539. 


1540. 


1541. 


495. 


496. 


[] auf dem 82. Kilometerstein der Staatsstrasse von Tölz über Schongau 
nach Oberdorf 


13 23 28 1284 + 5,8810 0,6 0,4 0,6 104,2614 


Strassenbrücke (Blechbalkenbrücke) mit 2 Oeffnungen über die Geltnach im 
Orte Bertoldshofen, [_] auf der südwestlichen Stützmauer des linkseitigen 
Widerlagers 


14 20 19 747 —+43,4093 0,5 0,3 0,6 147,6707 


[] auf dem 8. Kilometerstein der Staatsstrasse von Kaufbeuren nach 
Füssen 


15 38 54 4097 + 5,9826 1,0 1,0 0,5 153,6533 


— auf der Laderampe im Bahnhof Biesenhofen, westliche Ecke 
16 23 45 2083 —+ 6,6410 0,8 0,6 0,5 160,2943 


© am Betriebsgebäude in Biesenhofen, Perronseite, südliche Ecke, 2,16” 
über Bahnhof-Pl 


Lu 1 43 87 — 0,8975 0,0 0,0 0,0 159,3968 
[[] auf dem Strassendurchlass Lit. A rechts (westlich) der Bahn in der Ueber- 


fahrt der Staatsstrasse von Kaufbeuren nach Biesenhofen, beim Bahn- 
wärter-Posten Nr 40, nördlicher Flügeldeckstein des rechtseitigen Widerlagers 


1 18 66 2383 —-10,6054 0,6 0,4 0,4 170,0022 
— unter der Höhenmarke am Betriebsgebäude in Kaufbeuren auf der 
südlichen Treppenwange 

2 22 70 3091 --10,0522 0,8 0,6 0,5 180,0544 
© am Betriebsgebäude in Kaufbeuren, Westseite gegen die Stadt, südlich 
neben dem Haupteingang von der Stadt her 

RO) 178,3565 


ir 


108 


Zweignivellement von Biesenhofen nach Oberdorf. 


wla|ln|z|o | u |w|m || oo 
1559. == auf der Laderampe im Bahnhof Biesenhofen, westliche Ecke 
160,2943 
1542. Bahnbrücke über die Wertach, rechtseitiges Widerlager, [|] auf dem 
mittleren Deckstein, östlicher Flügel 
1 33 63 4127 —12,6071 0,8 0,7 0,4 147,6872 
1543. |) unter der Höhenmarke am Betriebsgebäude in Oberdorf auf der oberen 
Treppenstufe, 0,74” über Bahnhof-Pl 
2 21 59 2493 — 15,9556 0,7 0,5 0,5 131,7316 
1544. © am Betriebsgebäude in Oberdorf, Haupteingang vom Orte her, nördlicher 
Pfeiler 
— 1,6494 130,0822 
Zweignivellement auf den Hohenpeissenberg. 
1517. [D) auf dem gedeckten Strassendurchlass Lit. e in Kilometer 51. der Staats- 
strasse von Tölz nach Schongau, südlicher Stirndeckstein in der Mitte 
100,0313 
1545. [[) unter der Höhenmarke an der Pfarrkirche auf dem Hohenpeissenberg, 
im Sockelvorprung 
1 96 —226,8302 —126,7989 
LXXVL. Pfarrkirche auf dem Hohenpeissenberg, Südseite, © an dem Strebepfeiler 


der westlichen Stirnmauer der Kirche, Südostseite des Thurmes, 2,0” über 
Terrain 
— 1,6787 —128,4776 


109 


Zweignivellement von Bichel nach Walchensee. 


ZEIESBENETZ EZ EI 
1487. Hölzerne Strassenbrücke Lit. b in Kilometer 5 über den Steinbach, [_] auf 


dem rechtseitigen Widerlager, südöstlicher Flügeldeekstein (Brücke Lit. b in 
Kilometer 55 der Staatsstrasse von München nach Mittenwald) 


297,9414 


1546. Strassendurchlass Lit. a in Kilometer 57 der Staatsstrasse von München 
nach Mittenwald, = auf einer Sohlenschwelle des nordwestlichen Seiten- 
grabens am Auslauf rechts 


1 19 56 2129 —+ 9,3278 1,0 ll 0,7 237,2692 

1547. {_] auf dem Sockel der 60. Kilometersäule der Staatsstrasse von München 
nach Mittenwald, westliche Ecke 

2 35 48 3354 + 8,3414 0,9 0,8 0,5 245,6106 


1548. |] auf einem Felsblock, südöstlich der Staatsstrasse, bei Kilometer 61 + 150” 
3 18 33 1174 — 34,3612 0,7 0,5 0,6 211,2494 
1549. Hölzerne Strassenbrücke Lit. e in Kilometer 64 mit 1 Oeffnung über den neu 


angelegten Canal bei Kochel, [] auf einem vorstehenden Quaderstück, 
südlicher Flügel, rechtseitiges Widerlager 


4 32 39 2483 —44,4226 0,9 0,8 0,6 255,6720 


1550. Hölzerne Strassenbrücke Lit. b in Kilometer 67 mit 1 Oeffnung über den 
Schellenbach, [_] auf dem rechtseitigen Widerlager, östlicher Flügeldeckstein 


5 45 29 2634 + 0,8102 0,7 0,5 0,5 256,4822 
_ .. Wasserspiegel des Kochelsee’s am 10. Oktober 1878, 12!/2 Uhr el 


+ 5,1024 261,5846 
1551. == unter der Höhenmarke sub. Nr LXXVII in einen Felsblock gearbeitet 
6 13 41 1078 — 0,3761 0,5 0,2 0,4 256,1061 
LXXVM. 


(südlich) an der Staatsstrasse von München nach Mittenwald bei Kilo- 
meter 67 -+ 150” gegenüber dem Flosszimmerplatz am Ufer des Kochelsee’s 


© (Bolzen 0,30” lang) an einer Felsenwand, Auslauf der Sonnenspitze = 
— 1,7150 254,3911 


1552. [) an der Felsenwand, 8,0” abwärts von der Gedenktafel über die Erbauung 
der Strasse über den Kesselberg, nordöstlich derselben bei Kilometer 68 
2.9802 


1 67 16 1739 _--176,5135 1,1 1,2 0,8 79,5926 


110 


Zweignivellement von Bichel nach Walchensee. 


"je s [= [= [* me 


1553. DI auf der rechtseitigen (westlichen) Felsenwand auf dem Kamm des Kessel- 
berges, 30” von der Wegabzweigung zum Herzogstand 


2 34 16 937 —78,4223 0,7 0,5 0,7 1,1703 


1554. [DJ] auf dem Sockel der 70. Kilometersäule der Staatsstrasse von München 
nach Mittenwald, westliche Ecke 


3 6 13 159 —-14,1212 0,2 0,1 0,6 15,2915 


— Mittlerer Wasserspiegel des Walchensee's am 12. Oktober 1878, 4 Uhr 
Nachmittags 


—-44,3586 59,6501 


1555. Gedeckter Strassendurchlass Lit. e in Kilometer 72, [_] auf dem südöstlichen 
Stirndeckstein am Auslauf über dem rechtseitigen Widerlager 


4 28 32 1779 —+-39,9107 0,6 0,4 0,5 55,2022 


LXXVIH. © (Bolzen 0,30” lang) an einer Felswand, - Ausläufer des Farchenberges 
(zum Gebirgstock des Heimgarten gehörig) rechts (westlich) an der Staats- 
strasse von München nach Mittenwald bei Kilometer 72 + 250” am 
Ufer des Walchensee’s 


1 get: BIN ne Tach OA ON 55,7758 


Zu dem nachfolgenden Verzeichniss der Coten und Meereshöhen sämmtlicher 
Fixpunkte ist Folgendes zu bemerken: 

a) dasselbe kann, was den Ort der Fixpunkte betrifft, nur in Verbindung mit 
den vorausgehenden fünf Mittheilungen über das Bayerische Präcisionsnivellement 
gebraucht werden; 

b) bloss die mit Namen (Neuenmarkt, Marktschorgast ete ) bezeichneten Fixpunkte 
und jene, deren Abstand — 0 ist, befinden sich an dem genannten Orte, 
alle übrigen liegen in der Richtung eines Orts zum folgenden, und es sind 
desshalb die unter den Ortsnamen angebrachten Anführungszeichen nur in 
diesem Sinne aufzufassen. 


Be 


Verzeichniss der Coten und Meereshöhen sämmtlicher Fixpunkte. 


(Das Wort Stat bezeichnet die Schwellenoberfläche der Eisenbahnstationen.) 


117 


Ab- | Verbess. | Meeres- [Punkt Ort | Ab- | Verbess. | Meeres- 
stand Cote höhe Nr stand Cote höhe 
Neuenmarkt 0.) 511,7466| 349,3332] 33 Münchberg 461 | 327,8579| 533,2119 
x R 0 | 513,6890| 347,3908| 34 N .. 322 | 331,1347| 529,9451 
2 MR 0 | 513,1798| 347,9000| 35 ; n 1796 | 337,4802| 523,5996 
2 x 467 , 509,2426| 351,8372] 36 re x 640 | 342,0721) 519,0077 
r £ 1309 | 491,5151| 369,5647| 37 : 615 | 346,3490| 514,7308 
Mi 3, 759 | 472,5634| 388,51641| 38 3 1257 | 348,7925| 512,2873 
5; Rn 1071 | 445,9756| 415,1042]| 39 Seulbitz 1228 | 351,3015| 510,7783 
5 n 794 , 425,9520| 435,12781 40 n EN 307 | 357,0278| 504,0520 
s “ 992 | 401,4710| 459,6088]| 41 I ; 0 | 357,6608| 503,4190 
H 54 775 | 382,2352] 478,8446| 42 H N 994 | 353,1523| 507,9275 
664 | 366,1788| 494,9010| 43 L m 28 | 353,0246| 508,0552 
Marktschorgast 569 | 355,6363| 505,4435]| 44 R f 1827 | 356,8264| 504,2534 
% F 0 | 353,9636| 507,1162| 45 | Ye u 89 | 357,1599] 503,9199 
en “ 0 | 356,1165| 504,9633]| 46 | u B 557 | 356,9771| 504,1097 - 
R A 1168 | 348,4348| 512,6450| 47 4 in 1074 | 354,9717| 506,1081 
n en 2226 | 336,7152] 524,3646| 48 i: A 1484 | 356,7110)| 504,3688 
5 . 1562 | 320,5499| 540,5299| +9 Schwarzenbach a./S.| 934 | 357,8550| 503,2248 
Falls 921 | 312,1469| 548,9329| ©50 n: S 0 | 356,3161| 504,7637 
M „ 1662 | 305,2011| 555,8787| Stat | s RN 0 |, 358,4364| 502,6434 
f eh 1464 | 293,8614| 567,2184| 51 > i 102 | 358,4192) 502,6606 
= „ 607 | 288,1108| 572,9690| 52 N $. 2325 | 370,4390) 409,6408 
" a5 292 | 285,4375) 575,64231 53 2414 | 375,7706| 486,3092 
1266 | 278,4773) 582,6025| 54 Oberkotzau 537 | 376,5397| 484,5401 
Stammbach 1260 | 280,7964| 580,2834| ©55 | ” 4 0 | 377,1768| 483,9030 
R; a 0 | 279,1891) 581,8907| Stat | % ” 0 | 376,5251| 484,5547 
ER R 0 | 280,7993| 580,28051| 56 ; = 789 | 377,0193) 484,0605 
1901 | 270,1625) 590,9173| 57 : 822 | 379,6667| 481,4131 
Schödlas 1850 | 266,2773| 594,8025| 58 nr ; 1770 | 376,8574| 484,2224 
„ ; 1575 | 283,2601| 577,8197 59 2. a 796 | 375,9275]| 485,1523 
» " 1111 | 294,0417| 567,0381 60 " r 938 | 373,7731| 487,3067 
> 5 826 | 302,5864 558,4934]| 61 % 401 | 369,6846| 491,3952 
{8 „ 207 | 303,8684 557,2114| 62 hr ea 1177 | 358,5602| 502,5196 
1437 | 318,7510: 542,3288 63 4 R 772 | 357,6342| 503,5456 
Münchberg 1022 | 324,4834| 536,5964]| 64 Hof 662 | 356,9828] 504,0970 
. n 0 | 323,1627| 537,9171] ©65 e - 0 | 355,7976| 505,2822 
0 | 325,2165, 535,8633| Stat 3 3 0 | 357,6194| 503,4604 


112 
Punkt ot Ab- | Verbess. | Meeres- | Punct Ort Ab- | Verbess. | Meeres- 
Nr stand Cote höhe Nr 2 stand Cote höhe 
n 2 
66 Hof 122 | 357,5988| 503,4810| 105 Franzensbad 1503 | 423,9333| 437,1465 
67 Et, 509 | 363,1273| 497,9525| 106 una 842 | 423,7613| 437,3185 
©68 ME 0 | 361,2273| 499,85251 107 BETT 2981 | 407,5790| 453,5008 
54 Oberkotzau 0 | 376,5397| 484,5401] 108 TR 262 | 404,9089| 456,1709 
69 nk 1930 | 370,7603| 490,3195] 109 AR 848 | 358,2254| 462,8544 
70 ER, 2691 | 354,2001| 506,8797] 110 Eger 242 | 398,3480) 462,7318 
71 et: 939 | 350,7880| 510,2918| 111 BR 629 | 397,6478) 463,4320 
72 ER 1710 | 343,0837| 517,9961} ©112 ER RR 601 | 395,0213|1 466,0585 
78 Rehau 1000 | 335,2065| 525,3733] Stat ten 0 | 397,9171| 463,1627 
074 DR, 0 | 333,9241| 527,1557| 113 la 2247 | 392,5600| 468,5198 
Stat h ; 0 | 336,0084| 525,0714| 114 | 2130 | 383,0336| 478,0462 * 
75 a 2936 | 313,2241| 547,8557| 115 ey] 3466 | 382,3919] 478,6879 
76 ; ä 1514 | 298,9176| 562,1622] 116 KERN 2207 | 374,8084| 486,2714 
77 32 2097 | 277,7562| 583,3236| 117 Waldsassen 1305 | 370,8270| #90,2528 
78 WE; 1121 | 266,8488| 594,2310| ©118 + Sony. 0 | 369,2496] 491,8302 
79 le 2006 | 246,9921) 614,0877| Stat TUR 0 | 371,2974| 489,7824 
80 Selb 1747 | 237,2005| 623,879] 119 EP FRR 871 | 371,3101|1 489,7697 
©81 en, 0 | 235,7306| 625,3492] 120 TE 360 | 371,2850] 489,7948 
Stat e 0 | 238,0248| 623,0550| 121  , 1573 | 369,9094| 491,1704 
82 elair 3256 | 233,1655| 627,9143] 122 Ah; 2217 | 364,4410| 496,638 
3 Asch 3943 | 220,7726| 640,3072] 123 RE 2445 | 354,0859) 506,9939 
©84 » 0 |, 219,6470| 641,4328| 124 | 1009 | 348,5639| 512,5159 
Stat non 0, 221,6922] 639,3876| 125 Mitterteich 108 | 348,0399| 513,0399 
85 ER, 178 | 221,6543| 639,4255| ©126 re 0 | 346,3904| 514,6894 
86 2 2208 | 235,9992! 625,0806| Stat u; 0 | 348,5251] 512,5547 
87 N 3041 | 266,9178| 594,1620| 127 | 1449 | 344,8850| 516,1948 
88 aa. 1392 | 280,4515| 580,6283] 128 ae 222 | 344,8665| 516,2133 
89 nn 2457 | 304,3824| 556,6974| 129 Ann! 1812 | 341,3898| 919,6900 
% Hasslau 112 | 303,7030| 557,3768| 130 Me 1020 | 349,8842| 511,1956 
©91 5 0 | 302,4315| 558,6483| 131 Wiesau 1431 | 355,0595| 906,0203 
Stat a: 0 | 304,4261| 556,6537| 132 Aa. 93 | 355,6285| 505,4513 
92 ee 2646 | 328,8864| 532,1934] Stat SEEN 0 | 355.5936] 905,4862 
93 En 354 | 332,8040| 528,2758| 133 nl} 1554 | 368,7377| 492,3421 
94 “ 1781 | 350,3450) 510,7348| 134 rt 5; 2130 | 372,4569| 488,6229 
95 | 503 | 355,5493| 505,5305] 135 ri: 1360 | 377,4641| 483,6157 
u 3 0 | 361,0087| 500,0711] 136 ie! 2454 | 381,7346| 479,3452 
97 * k 2273 | 376,6314| 484,4484] 137 ; A 2086 | 393,6727| 467,4071 
98 ne 555 | 381,2087| 479,8711| 138 Ehe | 828 | 397,9984| 463,0314 
99 n | 497 | 385,4669| 475,6129| 139 Reuth 154 | 397,2961| 463,7837 
100 \ 2057 | 405,3533| 455,7265| ©140 en 0 | 395,9190) 465,1608 
101 . i 158 | 406,1546| 454,9252| Stat Re 0 | 397,9702| 463,1096 
102 r j 918 | 412,9567| 448,1231| 141 an A 965 | 404,5839| 456,4959 
103 Franzensbad 99 | 412,6051| 448,4747| 142 rn 1513 | 413,1998) 447,8800 
©104 La 0 | 410,9986| 450,0812| 143 a 1562 | 413,4143| 447,6655 
Stat BETEN 0 | 412,9001| 448,1797| 144 310 | 415,3677| 445,7121° 


113 


Punkt Ort Ab- | Verbess. | Meeres- | Punkt 0% | Ab- | Verbess. | Meeres- 
Nr stand Cote höhe Nr stand Cote höhe 
145 Reuth 527 | 418,4587| 442,6211| Stat Trabitz 0 | 424,9921| 436,0877 
146 u r 1327 | 427,7314| 433,3484] 185 L ee 655 | 423,8721| 437,2077 
147 |Windisch-Eschenbach| 1192 | 434,7406| 426,3392] 186 nn 2362 | 415,5218I 445,5580 

@148 I “ 0 | 433,2363| 427,8435| 187 a ke 2181 | 412,9431| 448,1367 
Stat 2 . 0 | 435,1791) 425,9007| 188 hr ee 337 | 411,5514| 449,5284 
149 “ f 736 | 437,1050| 423,9748| 189 Kemnath 122 | 411,3002] 449,7796 
150 " ee 971 | 438,7913| 422,2885] ©1S0 e > 0 | 409,6250| 451,4548 
151 A r 1231 | 442,1757| 418,9041| Stat 2 : 0 | 412,1396] 448,9402 
152 A = 703 | 444,8685| 416,2113] 191 K. 5 1362 | 413,3613| 447,7185 
153 = ; 2659 | 450,8242| 410,2556| 192 R .c 1220 | 408,9452| 452,1346 
154 R 1 561 | 450,7506| 410,3292] 193 1194 | 407,6770| 453,4028 
155 a m 777 | 450,8201) 410,2597| 194 ni * 3009 | 400,4025| 460,6773 
156 n, 4“ 398 | 452,3232) 408,7566] 195 Kirchenlaibach 212 | 399,3205| 461,7593 
157 Neustadt 1665 | 454,5671| 406,5127| Stat I E 0 | 399,9790] 461,1008 

©158 A . 0 | 452,9989| 408,0809$ 196 h- 1644 | 409,1374| 451,9424 
Stat f. | 0 | 455,1628] 405,9170| 197 R; r 2013 | 423,9685| 437,1113 
159 br r 166 | 455,1800) 405,8998| 198 % 700 | 429,5699|) 431,5099 
160 F R 163+ | 454,9909| 406,0889| 199 Ir R 1609 | 437,5605| 423,5193 
161 er \ 2472 | 459,5194 401,5604| 200 ee 2 526 | 435,6754| 425,4044 
162 I ” 1127 | 463,5667| 397,5131| 201 Seybothenreuth 122 |: 436,0686| 425,0112 
163 e, e 94 | 464,5379| 396,5419] ©202 3 a 0 | 434,3596| 426,7202 
164 % R 758 | 464,7469|- 396,3329]| Stat R : 0 | 436,1842| 4924,8956 
165 Weiden 156 | 464,3779| 396,7019| 203 ss ee 1446 | 441,8516| 419,2282 

©166 5; ; 0 | 462,5636| 398,5162] 204 E 2742 | 463,4835| 397,5963 
Stat = N 0 | 464,6514| 396,4284| 205 ® N 615 | 466,4578| 394,6220 
167 h; 3 3592 | 456,2515| 404,8283| 206 M 3203 | 494,7668| 396,3130 
168 a r 3121 | 441,6653| 419,41451 207 1a i 1126 | 498,4442| 362,6356 
169 h, “ 710 | 438,4767| 422,6031]| 208 R en 473 \ 502,0729| 359,0069 
170 R “ 483 | 440,5047| 420,5751] 209 E 2257 | 518,1947| 349,8851 
171 | Parkstein-Hütten | 2936 | 441,9984| 419,0814| 210 x r 571 | 517,5175| 343,3623 
Stat # er 0 |, 442,5557| 418,5241| 211 Bayreuth 256 | 517,5361| 343,5437 
172 ; r 687 | 443,1482| 417,9316| ©212 B Be 0 | 515,7976| 345,2823 
173 fl 2 1485 | 442,5156| 418,5642] Stat & 0 | 517,7068| 343,3730 
174 N ; 905 | 445,6493| 415,4305| 213 1377 | 508,1606| 352,9192 
175 r H 458 | 446,7628| 414,3170| 214 4 2125 | 504,5969| 356,4829 
176 3 3 1994 | 441,8427| 419,2371| 215 Y “ 2397 | 511,4210| 349.6588 
177 B a 1195 | 440,6420| 420,4378| 216 f, a 2885 | 512,8551| 348,2247 
178 ; % 1752 | 439,4964| 421,5834] 217 Harsdorf 1589 | 517,5507| 343,5291 
179 N; 926 | 436,6589) 424,4209| ©218 > 0 | 515,7638| 345,3160 
180 Pressath 65 | 436,9049| 424,1749| Stat S A 0 | 517,6605| 343,4193 

©181 PR £ 0 | 435,2616] 425,8182] 219 “ , 3274 | 532,0194 329,0604 
Stat n e 0 | 437,2266| 423,85321 220 Trebgast 2487 | 836,6638| 324,4160 

182 a ä 317 | 437,1530| 423,9268] 221 Mn > 1485 | 528,4927| 332,5871 
183 5 in 1100 | 433,9162] 427,16361 222 Neuenmarkt 3023 | 511,8763| 349,2035 
184 Trabitz 4545 | 424,4241| 436,6557| 223 2 ee 1113 | 519,9140| 341,1658 


Abh. d. II. Cl.d. k. Ak.d. Wiss. XIII. Bd. III. Abth, 


15 


114 


Punkt Ort | Ab- | Verbess. | Meeres- er 0 " Ab- | Verbess. | Meeres- ” 
Nr stand Cote höhe Nr stand Cote höhe 

224 Neuenmarkt 1646 | 527,8548| 333,2250] Stat Lichtenfels 0 | 599,0936| 261,9862 
225 Bu 1626 | 534,4514| 326,6284] 264 ck, 1305 | 590,2087| 270,8711 
226 | Untersteinach | 1746 | 542,9758| 318,1040] 265 a De 1199 | 585,1845| 275,8953 
Stat ß , 0 | 542,2014| 318,8784| 266 RB, 1350 | 579,0139! 282,0659 
227 Arie - 1195 | 546,4744| 314,6054| 267 1.0£k ;, 1090 | 573,6481| 287,4317 
228 A138 1426 | 550,0520) 311,0278| 268 DE 1006 | 567,9429| 293,1369 
229 or, 1423 | 552,7087| 308,3711| 269 Anh; 1822 | 550,9606| 310,1192 
230 ber, 1288 | 555,1594| 305,9204] 270 Is, 419 | 546,8808| 314,1990 
231 Kulmbach 962 | 556,4067| 304,6731] 271 AbE; 425 | 542,6528| 318,4270 
©232 KADKE, 0 | 555,2539| 305,8259] 272 Ebersdorf 621 | 537,3859| 323,6939 
Stat OR, 0 | 557,2505| 303,8293] 273 It) 1269 | 547,3430| 313,7368 
233 Eh 1128 | 560,6419| 300,4379| 274 EUR, ;, 1863 | 558,6808| 302,3990 
234 WR, 1336 | 562,4988| 298,5810) 275 HEAF 811 | 563,7973| 297,2825 
235 y A 1129 | 566,1029| 294,9769| 276 : ,n 284 | 565,8888| 295,1910 
236 ar. 994 | 563,7969| 297,2829| 277 DRCH ‚, 1037 | 575,8001) 290,2797 
237 Mainleus 898 | 559,8615) 301,2183| 278 | Niederfüllbach 621 | 571,1769| 289,9029 
©238 OR . 0 | 558,6291| 302,4507] 279 TR 761 | 577,0565| 284,0233 
Stat ih, 0 | 560,2144 300,8654] 280 Ban 1117 | 574,7237| 286,3561 
239 NObE . 1350 | 565,3587| 295,7211] 281 Eh 2413 | 571,0861| 289,9937 
240 » » | 1101 | 569,9189| 291,1609| 282 Coburg 944 | 567,2246| 293,8552 
241 Eh - 1958 | 575,5381| 285,5417] ©283 SE 0 | 565,7475| 295,3323 
242 Mainroth 1208 | 576,7076| 284,3722] 284 Lichtenfels 1117 | 601,6702) 259,4096 
243 AIR 366 | 576,6444| 284,43541 285 EN | 1886 | 598,4479| 262,6319 
244 el De 1212 | 579,4613| 281,6185] 286 EN | 999 | 599,4527| 261,6271 
245 ENER 1504 | 580,2945| 280,7853] 287 KR | 1530 | 602,2159| 258,8639 
246 aup- 1756 | 582,6313| 278,4485| 288 Staffelstein 762 | 598,4553] 262,6240 
247 | Burgkundstadt 416 | 582,2262] 278,8536] ©289 KORK. 0 | 597,0101| 264,0697 
©248 ee 0 | 580,7639| 280,3159| Stat PAR | 0 | 598,5775| 262,5023 
Stat IR. 0 | 582,8395| 278,2403| 290 AU ER 1011 | 600,3134| 260,7664 
249 TR, 922 | 583,4758| 277,6040] 291 AU 2089 | 607,3114| 253,7684 
250 Au 660 | 584,5012| 276,5786| 292 re | 2028 | 610,1488| 250,9310 
251 nDIe., 1627 | 586,8983| 274,1815] 293 Ebensfeld 348 | 6074542) 253,6256 
252 Del, 770 | 586,6284| 274,4514] ©294 ESHE 0 | 605,9564| 255,1234 
253 , 665 | 587,5009| 273,5789] Stat Abe 0 | 607,8424| 253,2374 
254 AR. 531 | 587,5488| 273,5310] 295 AL 873 | 611,1355) 249,9443 
255 Hochstadt 435 | 587,2012| 273,8786| 296 tee. 1410 | 613,3825| 247,6973 
0256 len 0 | 586,1115| 274,9683] 297 NUM, 835 | 613,9878| 247,0920 
Stat Sue - 0 | 587,8943| 273,1855| 298 AR 1127 | 613,6275| 247,4523 
257 nel, 942 | 589,5648| 271,5150) 299 UER, 1263 | 615,8840! 245,1958 
258 Erle, 1421 | 593,2327| 267,8471| 300 Zapfendorf 541 | 615,7798) 245,3000 
259 3 2 1118 | 595,2620) 265,8178] ©301 Ra 0 | 614,2853| 246,7945 
260 ER 2471 | 589,1234| 271,9564| Stat ih, 0 | 616,5090| 244,5708 
261 BEN .; 1685 | 598,1520| 262,9278] 302 Kiep,, 995 | 617,6322| 243,4476 
262 Lichtenfels 644 | 598,5621] 262,5177| 303 BR. 1374 | 619,1709! 241,9089 
©0263 ERSE 0 | 597,0729| 264,0069| 304 EIER, 952 | 617,6711| 243,4087 


5 


Nr 


305 
306 
307 
©308 
Stat 
309 
310 
sl 
312 
313 
314 
315 
316 
317 
318 
©319 
Stat 
320 
321 
322 
323 
324 
325 
©326 
Stat 
327 
328 
329 
330 
©331 
Stat 
332 
334 
335 
©336 
Stat 
337 
338 
339 
340 
©341 
Stat 
342 
343 


Zapfendorf 


>] 


Breitengüssbach 


„ 


Verbess. | Meeres- [Punkt 
Cote Nr 


Ab- 
stand 


616,7688 
613,6711 
612,8485 
611,3173 
613,1899 
613,0275 
616,7596 
619,6268 
618,2059 
617,5417 
620,5001 
622,4320 
623,3070 
622,9007 
621,1853 
619,6453 
621,5756 
621,1934 
620,5270 
619,6860 
612,8724 
611,7449 
610,7996 


609,2683 
611,6260 
607,3998 366 
607,1483| 253,9: 367 
606,6089 368 


606,2314| 254,8484| 369 
604,6638 
606,5149 
604,1690| 256,9108] 372 
597,9663| 263,1135 
596,8578 
596,3251| 264,7547| 374 
594,8563| 266,2235| 375 
596,6834| 264,3964] 376 
597,4405| 263,63931 ©377 
598,5610| 262,5188 
596,6872| 264,3926| 378 
591,7745| 269,305] 379 
590,3286| 270,7512] 380 
592,1057| 268,9741| 381 
590,4196| 270,6602] 382 
589,5978| 271,4820| 383 


Meeres- 
höhe 


Verbess. 
Cote 


Baiersdorf 1645 | 587,7770| 273,3028 


„„ ” 1546 
5; n 371 
1441 
„ ne 0 

„ „ 0 

„ „ 717 
„ „ 2147 

» „ 1792 
Eltersdorf 41 
„ 7 0 
2327 
1447 
= hr 2391 
Poppenreuth 1991 

en 5 1622 

a eh 666 
Fürther Kreuzung 42 


„ „ 575 
Nürnberg 


» „ 741 
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MN 3 608 
re n 756 
1852 
E Mn 2414 
Reichelsdorf 1852 
» ” 0 

ak cn 2985 
2207 
Es 4 1601 
Schwabach 670 
0 

0) 
378 
2695 
& 1067 
1463 
1531 
3548 


586,4540 
586,2643 
582,6391 
580,9225 
583,1646 
582,0935 
575,1561 
573,3466 
573,4899 
573,4866 
572,7634 
568,6746 
564,3342 
564,1277 
563,1392 
561,6328 
560,9020 
559,3707 
561,0784 
553,6726 
552,0525 
551,8384 
549,7500 
552,3116 
551,7232 
549,8204 
550,4767 
551,5473 
550,0214 
550,8105 
547,5024 
548,4978 
541,0846 
531,0777 
525,1461 
522,4230 
520,7312 
523,0587 
523,0952 
518,4720 
523,2501| 337,8297 
528,1502| 332,9296 
527,8270| 333,2528 
521,0495| 340,0303 


274,6258 
274,8155 
278,4407 
280,1573 
277,9152 
278,9863 
285,9237 
287,7332 
287,5899 
287,5932 
2883164 
292,4052 
296,7456 
296,9521 
297,9406 
2994470 
300,1778 
301,7091 
300,0014 
307,4072 
309,0273 
3092414 
311,3298 
308,7682 
309,3566 
311,2594 
310,6031 
309,5325 
311,0584 
310,2693 
313,5774 
312,5820 
319,9952 
330,0021 
335,9337 
338,6568 
340,3486 
338,021 
337,9846 
342,6078 


15° 


116 


« 


Punkt O1 Ab- | Verbess. | Meeres- | Punkt Ort Ab- | Verbess. 
Nr stand Cote höhe Nr stand Cote 
©384 Roth 0 | 519,6474| 341,4324] Stat Öttingen 0 | 444,3121 
Stat , 5 0 | 521,4538| 339,6260] 423 5 r 2443 | 444,9783 
385 nn , 1678 | 518,6440| 342,4358] 424 Dürrenzimmern 3196 | 436,2225 
386 "N 2179 | 514,0252] 347,0546| 425 x h 5632 | 437,9487 
337 a a 1864 | 509,3461| 351,7357| 426 . N; 1619 | 431,0579 
388 | Georgensgmünd | 2201 | 506,1675| 354,9123] 427 > h 423 | 430,6881 
389 ni en 2064 | 499,0767| 362,0031] 428 ® 0 | 430,2194 
390 , 1 2535 | .486,3455| 374,7343] 429 Nördlingen 534 | 430,4470 
391 = : 2923 | 479,9595| 381,1203] ©430 \. % N; 0 | 430,6864 
392 Br, 1434 | 472,4168| 388,6630| Stat Dt 0 | 431,211 
393 Pleinfeld 996 | 467,4401| 393,6397| 431 e E. 272 | 430,5675 
©394 er 0 | 466,0206| 395,0592] ©432 : I, 0 | 429,6919 
Stat L 2 0 | 467,4688| 393,6110]| 433 n hs 6968 | 445,4129 
395 E % 3775 | 459,2558| 401,8240] 434 Möttingen 1749 | 447,6197 
396 Langlau 5310 | 433,3482] 427,7316| ©435 } 9 0 | 445,8976 
Stat = RR 0 | 433,2808| 427,7990} Stat Ri u 0 | 447,3800 
397 & , 2906 | 428,4565| 432,6233] 436 „ n 685 | 448,5742 
398 # ; 2143 | 432,7044| 428,3754] 437 4 1153 | 448,3042 
399 . = 2093 | 440,9610) 420,1188] 438 o R 3634 | 449,7457 
400 L 2 582 | 440,8636| 420,2162]| 439 ” n 2411 | 445,3193 
401 Gunzenhausen 239 | 440,8842| 420,1956] 440 E R 1367 | 449,6828 
402 er ß 0 , 440,6203| 420,4595| 441 Harburg 333 | 448,6337 
©403 a, 0 | 489,2756| 421,8042] ©442 REN 0 | 447,6520 
Stat „ : 0 | 441,2650| 419,8148| Stat 4 h 0 | 449,6576 
404 Ki s 551 | 440,4498| 420,6300| 443 h R 2497 | 444,9512 
405 a E 3918 | 421,1754] 439,9044| 444 en : 3962 | 453,6437 
406 Kronheim 3525 :| 402,4414| 458,6384|] 445 „ hr 4440 | 455,6585 
Stat i ’ 0 | 402,3929| 458,6869| ©446 Donauwörth 497 | 454,5790 
407 x 2073 | 412,5031] 448,5767| 447 n ” 220 | 456,3454 
408 il e 891 , 416,6140 444,4658] 448 E ER 967 | 456,7057 
409 r ; 590 | 419,5562| 441,5236] 449 I; % 2326 | 458,8502 
410 ik ’ 1148 | 425,1952] 435,8846| 450 n 5 4587 | 451,9926 
411 x o 1306 | 431,7047| 429,3751| 451 # he 2043 | 448,1862 
412 | Wassertrüdingen 638 | 433,2747| 427,8051| 452 A I 4117 | 441,9444 
©413 N N 0 | 432,0244| 429,0554] 453 Nordendorf 1141 | 438,8930 
Stat ns Ä 0 | 434,2558| 426,8240] Stat r ; 0 | 438,8795 
414 n : 935 | 437,9180) 423,1618] 454 e 4703 | 431,2151 
415 7 En 1126 | 438,7695| 422,3103] 455 Meitingen 626 | 428,8202 
416 a j 502 | 438,7148| 422,3650| ©456 ” > 0 | 427,2537 
417 AN ; 2048 | 438,0145| 423,0653| Stat ” nn 0 | 429,4563 
418 = 2 563 | 440,1580) 420,9218| 457 ” h; 4004 | 423,1649 
419 ” hr 2382 | 442,0159) 419,0639| 458 x 1 3794 | 406,5373 
420 5; Ö 2991 | 442,6418| 418,43801 459 ” „ 2992 | 397,5229 
421 Öttingen 1379 | .443,4078| 417,6720| 460 Gersthofen 3026 | 388,4962 
©422 K.TER,; 0 | 442,1721| 418,9077| Stat NER; 0 | 388,9914 


Meeres- 


höhe 


416,7677 
416,1015 
424,8573 
423,131 
430,0219 
430,3917 
430,8604 
430,6328 
430,3934 
429,8687 
430,5123 
431,3879 
415,6669 
413,4601 
415,1822 
413,1998 
412,5056 
412,2756 
411,3341 
415,7605 
411,3970 
412,461 
413,4278 
411,4292 
416,1286 
407,4361 
405,4213 
406,5008 
404,7344 
404,3741 
402,2296 
409,0872 
412,8936 
419,1354 
422,1868 
422,2003 
429 8647 
432,2596 
433,8261 
431,6235 
437,9149- 
454,5425 
463,5569 
472,5836 
472,0884 


Er 


Punkt Ort Ab- | Verbess. | Meeres- | Punkt Ort Ab- | Verbess. | Meeres- 
Nr stand Cote höhe Nr stand Cote höhe 

461 Gersthofen 4561 | 387,3284| 473,7514] 497 Biesenhofen 4725 | 164,1203| 696,9595 
462 \ e 106 | 385,9354| 475,1444] Stat e 0 |, 161,5244| 699,5554 
463 er 1094 | 379,3019| 481,7779| 498 3 » 2820 | 149,7260| 711,3538 
464 = L 1123 | 372,2515) 488,8283| 499 Ruderatshofen 2094 | 139,6710| 721,4088 
465 br . 949 | 371,8426| 489,2372| Stat Hi 0 | 138,9922) 722,0876 
©466 Augsburg 280 | 369,6901) 491,3897| 500 A = 1540 | 129,3262) 731,7536 
467 > en 31 | 371,9558| 489,1240| 501 Aitrang 2681 | 115,1640| 745,9158 
©468 Ä 5 0 |, 370,5516) 490,5282| Stat n 5 0 | 114,4156) 746,6642 
Stat 4 ; 0 ı 372,2415| 488,8383 nn 5 : 607 | 110,8881] 750,1917 
469 = R 851 | 368,8732| 492,2066| 50: br 2220 90,3191) 770,7607 
470 Inningen 4666 | 353,0058| 508,0740| 504 en ; 745 83,95980| 777,4818 
Stat r " 0 | 352,3400| 508,7398]| 505 En or 4122 44,1676| 816,9122 
471 A 5 3400 | 341,9646| 519,1152] 506 Günzach 1796 60,0657| 801,0141 
472 e} F 1163 | 341,0515) 520,0283]| Stat ” 0 59,9107| 801,1691 
©473 Bobinge 1058 | 334,7087| 526,3711| 507 ad 4155 90,3608| 770,7190 
Stat | H 0 | 336,3189| 524,7609| 508 | “ 877 92,7735| 768,3063 
474 . i 92 | 336,3331| 524,7467| 509 > £ 943 | 101,2223| 759,8575 
475 EN 5 2130 | 329,7097| 531,3701| 510 e >. 3393 | 134,8572) 726,1926 
476 Grossaitingen 4059 | 318,3840| 542,6958] 511 Wildpoldsried 1201 | 139,1251] 721,9547 
Stat u R 0 | 318,7394| 542,3404| Stat Bi = 0 | 139,0946| 721,9852 
477 u e 4098 | 304,0483| 557,0315| 512 En A 794 | 139,1903| 721,8895 
©478 | Schwabmünchen 838 | 299,8657| 561,2141| 513 Betziga 1780 , 139,1018] 721,9780 
479 x \. 79 | 301,1723| 559,9075| Stat a h 0 | 139,1355| 721,9443 
Stat A R 0 | 301,7836| 559,2962| 514 ri 2 869 | 139,7218| 721,3580 
480 F 3 774 | 301,8585| 559,2213| 515 hr ä 3149 | 155,7538| 705,3260 
481 4 1% 3243 | 296,2108 564,8690| 516 4 ” 0 | 156,7619| 704,3179 
482 | Westereringen 1845 | 291,3854| 569,69444 517 E 5 1289 | 165,4992| 695,5806 
Stat “A er 0.| 291,5588| 569,5210| 518 4 E 124 | 165,4743| 695,6055 
483 Ir h 9772 | 248,4456| 612,6342] 519 Kempten 804 | 165,5723| 695,5075 
484 I: BR 82 | 248,0472| 613,0326] ©520 % “ 0 | 163,9104| 697,1694 
©485 Buchloe 1134 | 241,5284| 619,5514] Stat u 5 0 | 166,0043| 695,0755 
Stat Be 0 | 243,8147| 617,2651| 521 je K. 2637 | 150,5080] 710,5718 
486 2 n 643 | 242,1112) 618,9686| 522 Waltenhofen 2715 | 146,1425) 714,9373 
487 el = 4437 | 230,4450| 630,6348| Stat € ” 0 | 143,2988| 717,7810 
488 u 3 1035 | 225,7569| 635,3229] 523 5 = 2829 | 1374595] :725,6203 
489 x y. 760 | 222,5988) 638,4810| 524 Oberdorf 2669 | 125,5018] 735,5780 
490 2 M 1443 | 215,6065| 645,4733] Stat 2 “ 0 | 125,5211| 735,5587 
491 Pforzen 4908 | 198,1387| 662,9411j 525 M N 4171 | 152,7602| 708,3196 
Stat 1 EL 0 | 197,9263| 663,1535] 526 * = 3820 | 145,9445| 715,1353 
492 a4 = 2073 \ 196,9154| 664,1644| 527 Immenstadt 2054 | 131,5805) 729,4993 
493 h e 1677 | 191,8239| 669,2559| Stat 1 e 0 | 129,8193| 731,2605 
494 2 he 2945 | 180,9694| 680,1104] 528 h, he 919 | 132,8127| 728,2671 
495 Kaufbeuern 454 | 180,1308| 680,9490| 529 hi Y 3706 | 133,7055| 727,3743 
©496 n r4 0 | 178,4332| 682,6466| 530 14 Re 1852 | 132,2555| 728,8243 

Stat nn = 0 | 180,9866| 680,0932| 5831 N en 1319 | 129,1602| 731,9196 


118 


or Ab- | Verbess. | Meeres- |Punkt Ort Ab- | Verbess. | Meeres- 
Nr i stand Cote höhe Nr stand Cote höhe 
32 Immenstadt 1798 | 125,6252) 753,45461 570 Lindau 0 | 466,9817| 394,0981 
533 ler LIMM, 1098 | 121,0504| 740,0294] 571 RB, 1800 | 462,7787| 398,3011 
534 t “ 3039 | 101,6688| 759,4110] 572 ENDTS HE 45 | 462,7892| 398,2906 
535 uf, 2636 | 78,8914| 782,1884| 573 SM 4093 | 461,5530| 399,5268 
©536 Oberstaufen 463 | 73,1857| 787,8941| 574 RE, 58 | 461,2485| 399,8313 
Stat as; 0 | 71,9295| 789,1503| 575 ,, 2583 | 462,8483| 398,2315 
537 ANGER, 113 | 74,8133| 786,2665| 576 Bregenz 1644 | 463,8964| 397,1834 
538 irrt, 2048 | 84,9930| 776,0868| ©577 BUOEH; 41 | 464,6142) 396,4656 
539 2, 3802 | 101,9148| 759,1650| 578 Rust, 0 | 467,2644| 393,8154 
540 Harbatzhofen’ 712 | 102,6198| 758,4600| 579 ARE, 2638 | 461,9466| 399,1332 
Stat a; 0 | 105,6561| 755,4237| 580 ke, 143 | 461,2004| 399,8794 
541 uk, 3024 | 127,2050| 733,8748| 581 ER, 1485 |, 446,3522] 414,7276 
542 ET 1278 | 139,6418| 721,4380| 582 N, 1640 | 458,3115| 402,7683 
543 he, 1234 | 151,5995| 709,4803| 583 E;; 1633 | 462,8908| 398,1890 
544 Röthenbach 2101 | 162,9477| 698,1321| 584 ns , 1592 | 462,8519! 398,2279 
©545 BE, 0 | 161,4823| 699,5975| 585 Fussach 1746 | 464,2688| 396,8110 
Stat ANEERSL,; 0 | 156,3850| 704,6948| ©586 Be, 148 | 465,0759| 396,0029 
546 u, 4729 | 210,8595| 650,2203 587 | , 0 | 467,2736| 393,8062 
547 ERKL,, 5438 | 264,4567| 596,6231 588 | aRuAle,, 3666 | 460,2362) 400,8436 
548 BG, 119 | 265,6399) 595,4399| 589 as, 69 | 460,2306| 400,8492 
549 ee, 3872 | 304,9847| 556,0951| 590 iR: Vi 737 | 460,5667| 400,5131 
550 Hergatz 611 | 306,2995| 554,7803]| 591 | St. Margarethen | 515 | 459,9863| 401,0935 
Stat KIA, 0 | 306,2938| 554,7860| 592 sa 1778 3614 | 461,5713| 399,5085 
551 RR, 5322 | 332,3849| 528,6949| 593 EL. 93 | 461,4106| 399,6692 
552 Schlachters 3926 | 348,9047| 512,1751| 594 Rheineck 714 | 461,7074| 399,3724 
Stat AN, 0 | 349,0490| 512,0308| 595 ERS, 2329 | 462,5378| 398,5420 
553 A, 4686 | 389,5538) 471,5260| 596 ll, 4027 | 462,7126| 398,3672 
554 Oberreitnau 1017 | 394,9650| 466,1148| 597 WE; 1225 | 464,0234| 397,0564 
0555 nk, 0 | 393,2702! 467,8096| 598 Rorschach 315 | 464,5159| 396,5639 
Stat ei ed 0 | 395,9193| 465,1605| ©599 r ö 65 | 465,2010) 395,8788 
556 SUR TR 1173 | 404,2547| 456,8251| 600 RR, 0 | 463,7770| 397,3028 
557 we, 2798 | 431,9914| 429,0884| 601 ERNE, 0 | 467,6770| 393,4028 
558 EINE; 643 | 437,3034| 423,7764] 602 IISEE, 0 | 464,4419| 396,6379 
559 Micht,, 1169 | 450,4766| 410,6032| 603 re, 0 | 467,6819| 393,3979 
560 AM, 572 | 452,7688| 408,3110| 6064|. Lindau 1566 | "457,6342| 403,4456 
561 NEL, 99 | 453,7437| 407,3361] 605 BES, 3147 | 451,1204| 409,9594 
562 ERAEEE. 1651 | 462,6389| 398,4409| 606 Nonnenhorn 873 | 440,4055| 420,6743 
©563 MlST;, 0 | 461,1567| 399,92314 607 RE, 0 | 440,1286| 420,9512 
564 Lindau 331 | 462,2721| 398,8077| 608 3, 19 | 440,8083| 420,2715 
©565 Hr Kt, 0 | 461,9142] 399,1656| ©609 ER OL,, 19 | 438,9392| 422,1406 
Stat BALL, 0 | 462,6104| 398,4694| 610 NACH, 860 | 446,5761| 414,5037 
566 SER 550 | 464,1772| 396,9026| 611 Kressbronn 741 | 463,0324| 398,0474 
©567 Eng ER, 0 | 464,6473| 396,4325| 612 Augsburg 1107 | 382,1337| 478,9461 
568 wirt, 0 | 464,3488| 396,7310| 613 u; 2016 | 378,4909| 482,5889 
569 DL0eH,, 0 | 466,1061| 394,9737| 614 OR, 1083 | 378,8639| 482,2159 


” 


w 


FI ERLEBEN EEE WOW WEBER 


a 


119 


Ort Ab- | Verbess. | Meeres- | Punkt Ort Ab- | Verbess. | Meeres- 
stand Cote höhe Nr stand Cote höhe 

Westheim 0 | 377,0912| 483,9886| -649 Nersingen 698 | 402,0450| 459,0348 
2 0 | 379,1433| 481,9365| Stat h; a 0 | 402,0382) 459,0416 

3 = 3461 | 392,1994! 468,8804] 650 R: = 8021 | 391,1607| 469,9191 
Diedorf 1607 , 389,4726| 471,6072] 651 hr a 1252 | 391,2131) 469,8667 
hr In 0 | 389,2983| 471,7815| 652 Neu-Ulm 408 | 390,5489| 470,5309 
. 4 1435 | 386,6795| 474,4003] ©653a | 4 60 | 389,8499| 471,2299 
Gessertshausen 2218 | 384,3180| 476,7618] Stat r j 0 | 390,7782) 470,3016 
e n 37 | 382,5134| 478,56644 654 ı. h 1003 | 385,9885] 475,0913 
, e 0 | 384,3046| 476,7752] 655 2 il 0 | 385,9876| 475,0922 
4 : 823 | 382,3111| 478,76871 656 # ° 240 | 385,3621) 475,7177 
13 FE 3906 | 385,8712| 475,2086| ©657 Donaubrücke 0 | 383,9906| 477,0892 
Mödishofen 3668 ı 397,1727, 463,3071] 658 h “ 114 | 385,2187| 475,8611 
n + 0 , 391,6062) 469,4736| 659 Neu-Ulm 781 | 391,8124| 469,2674 
4 437 | 397,9234| 463,15641| 660 R 2; 1233 | 390,5361|1 470,5437 
Mr = 930 | 398,9979) 462,0819] 661 r N 1152 | 387,6156] 473,4642 
Dinkelscherben 1595 | 397,7494| 463,3304] 662 N % 1966 | 381,8415| 479,2381 
h 4 0 | 399,9555) 461,1243] 663 }: 4 882 | 381,68611 479,3937 
! er 2649 | 387,4569| 473,6229] 664 4 es 1023 | 379,4359| 481,6439 
h ns 4475 | 364,6389| 496,4409] 665 Senden 2706 | 375,0315| 486,0483 
h. 2661 | 364,1293|] 496,9505| ©666 a R 66 | 373,1825) 487,8973 
oR en 3817 | 384,5025| 476,5773] Stat re r 0 | 375,0930| 485,9868 
Jettingen 1068 | 387,7717| 473,3081] 667 nr R 1294 | 372,5964| 488,4834 
h, ; 0 | 389,7119| 471,3679| 668 I; A 2308 | 366,6750| 494,4048 
u “ 525 'ı 391,8182) 469,2616| ©669 Vöhringen 1917 | 361,0543| 500,0255 
h 664 | 397,2479| 463,8319] Stat h, “ 0 , 362,8569) 498,2229 
Burgau 2016 | 404,2292) 456,8506| 670 k; x 1441 | 359,5113| 501,5685 
; r 0 | 404,7361| 456,3437| 671 Bellenberg 1365 | 357,7957| 803,2841 
r ; 3982 | 412,8028| 448,2770| Stat x: 3 0 | 357,7171| 503,3627 
7 ne 3412 | 420,3677| 440,7121| 672 A ; 887 | 355,8205| 505,2593 
Alt-Offingen 910 | 421,4599| 439,6199| 673 e r 921 | 354,6087| 506,4711 
N 1 0 | 419,7756| 441,3042] 674 Illertissen 2302 | 349,3392| 511,7406 
5 n 0 | 422,0807| 438,9991] ©675 A Ä 0 | 347,8734| 513,2064 
Neu-Offingen 0 | 417,2739| 443,8059| Stat h " 0 ı 349,5260| 511,5538 
6 a. 6536 | 417,6537| 443,4261| 676 . f 302 | 349,3381)| 511,7417 
A pi 161 | 419,2095| 441,8703] 677 e. A 2513 | 343,1790| 517,9008 
b; 3. 1282 | 416,3281| 444,7517| 678 : n 2476 | 336,3983| 524,6815 
Günzburg 303.1 415,5664| 445,5134] 679 Altenstadt 1585 | 332,4085| 517,6713 
2 & 0 | 415,5581| 445,5217] ©680 2 81 | 330,9385) 530,1413 
en n 349 | 415,2554| 445,8244| Stat hr G 0 | 332,4061|) 528,6737 
Leipheim 4728 | 411,4470| 449,6328] 681 4 ri 1762 | 328,8270| 832,2528 
& \ 0 | 411,4068| 449,6730| 682 a e 1683 | 325,4086| 8398,6712 
2 2 3043 | 407,7735, 453,3063| ©683 Kellmünz 1315 | 319,4557| 541,6241 
r : 2403 , 404,1496| 456,9302| Stat s L 0 | 320,9939| 540,0859 
2 s 574 | 403,4622| 457,6176| 684 B: .. 186 | 320,9957| 540,0841 
993 | 403,3109| 457,7689| 685 \ 2 252 | 320,6349| 540,4449 


120 


Punkt Ort Ab- | Verbess. | Meeres- BE Ort Ab- | Verbess. | Meeres- 
Nr stand | Cote höhe Nr stand | Cote höhe 
686 Kellmünz 0 311,3209| 549,7589] Stat Althegnenberg 0 | 328,2001) 532,8797 
687 Fellheim 3665 | 295,4024| 565,6774] 724 n n 761 | 323,2331] 537,8467 

©6883 ; Pr 74 | 293,5311| 567,5487| 725 :; en 710 | 320,6910| 540,3888 
Stat 5; os 0 | 295,4013| 565,6785| 726 Haspelmoor 2051 | 319,5792| 541,5006 

©689 Heimertingen 4000 | 279,0078| 582,0720| Stat e ” 0 | 319,5325) 541,5473 
Stat h; 5, 0 | 280,8877| 580,1921| ©727 Y : 492 | 317,8894 543,1904 
690 R: ; 1418 | 284,6687| 576,4111] 728 Ex e 1053 | 321,9479| 539,1319 
691 2 ; 4837 ı 263,8140| 597,2658| 729 = 4 1167 , 325,7634 535,3164 
692 Memmingen 105 | 263,4345| 597,0453| 730 “ | 979 | 328,9693] 532,1105 

©693 en en 0 | 262,1034| 598,9764| 731 Nannhofen 846 | 331,5512] 529,5286 
Stat 0 | 263,8036| 597,2762| Stat ca H 0 | 331,8954| 529,1844 
694 “ R 5547 | 237,9931| 623,0867| 732 F 579 | 333,3886| 527,6912 
695 a 4590 | 205,5501| 655,5297| 733 h; F 2232 | 339,8667| 521,2131 
696 Grönenbach 3020 | 186,0354| 676,0444| 734 p- 1109 | 341,9123| 519,1675 

©697 N: 0 | 184,6166| 676,4632] 735 " 710 | 343,0671) 518,0127 
Stat e + 0 | 186,3970| 674,6828| 736 Maisach 1704 | 346,2025| 514,3773 
698 g 2 2044 | 173,6723| 687,4075| ©737 A, 37 | 344,7190) 516,3608 
699 2 % 3396 | 157,7382] 703,3416| Stat h: A 0 | 346,1777| 514,9021 
700 Dietmannsried 3330 | 172,2755| 688,8043] 738 Olching 4957 | 355,8027| 505,2771 

©701 2 4 0 | 170,8151| 690,2647] Stat h; 3 0 | 356,4434 504,6364 
Stat Y Ä 0 | 172,8381| 688,2417| ©739 Lochhausen 7042 | 345,8754| 515,2044 
702 n ie 813 | 175,9034 685,1764| Stat ” \ 0 | 346,8415| 514,2383 
703 Häusing 4512 | 175,8692| 685,2106| 740 ni 5 1211 | 344,4192] »516,6606 
Stat n ” 0 | 175,8724| 685,2074| 741 Pasing 3939 | 336,1315| 524,9483 
704 cu . 585 | 173,0996, 687,9802| Stat % r 0 | 336,1026) 524,9772 
705 > ” 2050 | 166,5925| 694,4873] 742 5; 5009 | 336,4670| 524,6128 
706 Kempten 2660 | 160,1502) 700,9296] 743 % ; 1844 | 340,1723| 520,9075 

©707 Augsburg 0 | 370,6228| 490,4570] ©744 München 0 | 338,6671| 522,4127 
708 5 5 3656 | 375,1448| 485,9550| Stat % : 0 | 340,9393| 520,1405 
709 ” 105 | 375,1263| 485,9535] 745 5 1663 | 343,6640| 517,4158 
710 | ” 1514 | 375,2489| 485,8309] ©746 35 ; 0 | 342,0872| 518,9926 
71 E 2379 | 368,6907 492,3891| 747 ” 1110 | 345,3648| 515,7150 
712 h ; 2353 | 361,8130) 499,2668| 748 en 548 | 343,1246| 517,9552 
713 er ; 2661 | 354,8756) 506,2042] ©749 ” 0 | 341,9628) 519,1170 
714 ; 1746 | 350,4813| 510,5985] 750 ® 1694 | 336,2862) 524,7956 

©715 Mering 481 | 347,5901| 513,4897| 751 rn 1046 | 332,6948| 528,3850 
Stat 0 | 349,5419| 511,5379]Comp * on S.E.P.| 346,5009, 514,5789 
716 ’ ; 1162 | 346,5657| 519,5141}Comp * e „ N.E.P.| 346,6778| 514,4020 
717 3 373 | 345,4308| 515,6490] ©752 Mittersendling 2945 | 314,4290) 546,6508 
718 A 823 | 842,7417| 518,8381]| Stat n $ 0: 316,3206| 544,7592 
719 h > 730 | 340,2550| 520,82481 ©753 Grosshesselohe 4384 ı 299,8628] 561,2170 
720 h, A 1055 | 336,7497| 524,3301| Stat n 5 0 , 301,8681| 559,2117 
721 1 n 1383 | 332,1226| 528,9572] 754 x 460 | 301,8395| 559,2403 
722 “ 4 1371 | 327,3405| 533,7393] 755 h. hi 1271 | 296,3562| 564,7236 

©1723 Althegnenberg 373 | 324,3203| 536,7595| ©756 Deissenhofen 6154 | 264,6680| 596,4118 


Endpunkt des im Hofe des K. Polytechnikum® zu München erbauten Längeneomparators. 


* Die Bezeichnungen Comp. 8. E. P. und Comp. N. E. P. bedeuten den südlichen und den nördlichen 


121 


Punkt Ort Ab- | Verbess. | Meeres- [Punkt Ort Ab- | Verbess. | Meeres- 
Nr stand Cote höhe Nr stand Cote höhe 
Deisenhofen 0 | 266,5131) 594,56671 792 Raubling 123 | 399,3525| 461,7273 
e, 7381 | 244,6510| 616,4288] 793 e N 1911 | 395,6529) 465,4269 
Sauerlach 251 | 242,6891| 618,3907| 794 > * 1735 | 389,3161] 471,7637 
“ = 0 | 244,4694| 616,61041 ©795 Brannenburg 329 | 386,7313] 474,3485 
& A 772 | 240,9841| 620,09571 Stat 3 i 0 | 388,9390) 472,1408 
ae 4880 | 205,0481| 656,0317| 796 „ 169 | 389,0676| 472,0122 
% a 2577 | 185,3581| 675,72171] 797 n 1042 | 393,4003 467,6795 
Holzkirchen 2289 | 175,9119) 685,1679] 798 e n 1130 | 394,6001, 466,4797 
” .. 0 | 178,1097| 682,9701] 799 B- 2 470 | 394,1420| 466,9378 
a3 2137 | 197,9938| 663,0860) 800 Fischbach 1179 | 394,0700, 467,0098 
en x 3435 | 230,1732] 630,9066| Stat 0 | 394,0517| 467,0281 
A Be 338 | 233,5049| 627,5749| 801 2 EX 1695 | 394,7064| 466,3734 
x 4 3162 | 265,7430| 595,3368 802 a 1401 | 395,4171| 465,6627 
= “ 3807 | 305,4355| 565,64431 803 " 2 3675 | 383,6779| 477,4019 
esterham 701 | 304,6990| 556,38081 804 Oberaudorf 881 | 379,9798| 481,1000 
4 0 | 303,1374| 557,9424| ©805 | 0 | 378,8631) 482,7167 
n 3 0 | 305,5273) 555,7525| Stat 4 nl 0 , 380,5318| 480,5480 
i; ; 4013 | 333,9418| 527,1380] 806 & .“ 702 | 382,4054| 478,6744 
% A 2447 | 346,4961| 514,5837| 807 E 3 1290 | 387,7031| 473,3767 
Bruckmühl 865 | 347,5707| 513,5091] 808 = i 1394 | 390,3185| 460,7613 
0 |! 349,5683| 511,5115] 809 r n 1844 , 378,2170) 482,3628 
S 424 | 350,3900, 510,6898| ©810 Kiefersfelden 283 | 376,2217| 484,8581 
” a 2978 | 367,1177| 493,9621] Stat ” ,4 0 | 378,4474| 482,6324 
Heufeld 1511 | 373,8152| 487,2646| 811 2: 1175 | 381,3532) 479,7266 
Er 0 | 369,6437| 491,4361| 812 : 3 559 | 381,7027| 479,3771 
= # 824 | 377,0728| 484,00701 813 er N 1174  379,9789| 481,1009 
Aibling 1236 | 379,5673| 481,5125] 814 Kufstein 582 | 379,4228| 481,6570 
, 2 0 | 381,5537| 479,5261| O815 Ä, n 58 | 377,6174| 483,4624 
Y r 898 | 385,4899| 475,5899] Stat er 2 0 | 379,3885| 481,6913 
Kolbermoor 3601 | 397,7370| 463,3428| 816 Rosenheim 753 | 413,5919] 447,4879 
x ‚ 0 | 399,1051| 461,9747| 817 N „ 679 ' 409,0753| 452,0045 
3 : 2706 | 406,8139) 454,2659| 818 e= R 3003 | 384,9538| 476,1260 
” ; 1607 | 413,1050) 447,9748| ©819 | Stephanskirchen | 1053 | 379,5855| 481,4943 
B} 989 | 415,2927| 445,7871| Stat ne 0 | 381,4512] 479,6286 
Rosenheim 450  414,6390| 446,4408| 820 r & 1506 | 383,9878] 477,0920 
: > "0 |) 413,0972| 447,9826| 821 y 3 4783 | 370,8701| 490,2097 
; he 0 | 413,2613| 447,8185] 822 ie “ 3460 | 340,2186| 520,8612 
& 3 328 | 415,0911| 445,9887) ©823 Endorf 534 | 334,4107| 526,6691 
{ \ 2812 | 413,0461, 448,0337| Stat 5 “ 0 | 336,2164| 524,3634 
fr ; 1912 | 407,4135| 453,6663] 824 25 RN 6744 | 334,9995| 526,0803 
% { 1384 | 405,9314| 455,1484] 825 he Bi 884 | 333,3793| 527,7005 
5 „ 782 | 405,6926] 455,3872] ©826 Prien 675 | 328,6936| 532,3862 
Raubling 773 | 400,9898| 460,0900| Stat a; 4 0 | 330,4793| 530,6005 
7 a) 0 | 402,8390) 458,2408] 827 > 4 5203 | 336,4655, 524,6143 
= & 767 | 401,4010) 459,6788] ©828 Bernau 0 | 334,9350| 526,1448 
16 


Abh. d. II Cl.d.k. Ak.d. Wiss. XIII. Bd. III. Abth. 


Bernau 
„ bh 


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Ueberse 


„ 


Traunstein 
22 


e) 


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Tanter 


” 9” 


bE 


„ 


Teisendorf 


Verbess. | Meeres- [Punkt Ort Ab- | Verbess. | Meeres- 
Cote höhe Nr stand Cote höhe 
336,7512| 524,3286] 868 Treisendorf 524 | 433,2879| 427,7919 
330,0425| 531,0373] 869 En Hi 1079 | 436,3392) 424,7406 
334,1058 526,9740 870 Freilassing 925 | 440,2918| 420,7880 
334,4132| 526,6666| E871 320 | 438,0661| 423,0137 
332,9593| 528,12051 Stat 0 | 440,2575| 420,8223 
335,0215| 526,0583] 872 323 | 439,9515| 421,1283 
333,2338| 527,8460| 873 346 | 439,4237| 421,6561 
816,4359| 544,6439] 874 n 358 | 439,3933| 421,6865 
307,5669| 553,5129]| 875 532 | 439,3725| 421,7073 
286,9302| 574,1496]| 876 RN . 3031 | 437,9646| 423,1152 
276,2066| 584,8732] ©877 ae 2 1285 | 435,8741| 425,2057 
276,1723| 584,9075| 878 Salzburg 8319 | 438,1495| 422,9303 
272,4325| 588,6473| C879 Kahl 0 | 748,5836| 112,4962 
263,4210| 597,6588| 880 n 0 | 750,2088| 110,8710 
250,0857| 610,9941| 881 3 0 | 750,0907| 110,9891 
250,6302| 610,4496) 882 " i 0 | 750,0914| 110.9884 
252,6313| 608,4485] 883 a A 753 | 749,0412| 112,0386 
263,8677| 597,2121| 884 Dettingen 4351 | 749,1259| 111,9539 
262,1791) 598,9007| Stat ” * 0 | 749,4745| 111,6053 
264,1024| 596,9774] 885 Klein-Ostheim 4221 | 746,7010) 114,3788 
265,1482| 595,9316| Stat re 0 | 746,1096| 114,9702 
253,0568 608,0230| ©886 a 926 | 744,0462| 117,0336 
246,0548| 615,0250| 887 < 3 3290 | 740,5732| 120,5066 
241,3602| 619,7196)| 888 Aschaffenburg 1758 | 732,6764| 128,4034 
242,1575) 618,9223] 889 526 | 731,8963] 129,1835 
252,7375| 608,3423] ©890 0 | 730,3822| 130,6976 
254,6187 606,46111 Stat „ 0 | 732,6750| 128,4048 7 
254,9814 606,0984| 891 250 | 732,5534| 128,5264 
265,5552| 595,52461 892 2112 | 724,3106| 136,7692 
271,5949| 589,4849| 893 4022 | 703,8714| 157,2084 
279,4072| 581,6726] 894 a S: 2066 | 694,9392) 166,1406 
295,9437| 565,13611 895 Laufach 1718 | 687,8197| 173,2601 
323,1699| 537,9099] Stat En 0 | 687,8183| 173,2615 
336,4225| 524,6573] 896 a“ 194 | 687,7167| 173,3631 
356,1346| 504,9452] 897 a 954 | 682,6874| 178,3924 
355,7735) 505,3063| 898 506 | 672,5246| 188,5552 
357,7841| 503,2957] 899 1151 | 649,9385) 211,1413 
357,8184 503,2614] 900 3235 | 585,5883| 275,4915 
365,4671| 495,6127| ©901 s % 36 | 583,9484| 2771314 
380,0371, 481,0427] 902 Heigenbrücken 1093 | 585,5544| 275,5254 
393,4456| 467,6342| ©903 [ nn 136 | 583,9607| 277,1191 
403,2645| 457,8153| Stat ä 0 | 585,5530| 275,5268 
414,6747| 446,4051] 904 ” 4227 | 606,9286| 254,1512 
426,0336, 435,0462| 905 " 5459 | 636,7604| 224,3194 
431,0447| 430,03511 906 2 4100 | 659,4980|) 201,5818 


4 


123 


Punkt Ort Ab- | Verbess. | Meeres- | Punkt Ort Ab- | Verbess. | Meeres- 
Nr stand Cote höhe Nr stand Cote höhe 
907 Partenstein 360 ı 660,7044| 200,3754] ©943 Würzburg 664 | 666,9735| 194,1063 
Stat hi 0 | 660,7030| 200,3768] 944 420 , 671,9300| 189,1498 
908 a 3178 | 678,4566! 182,6232] 945 R 2999 | 641,1622]) 219,9176 
909 1682 | 686,7437| 174,3361| ©946 0 | 639,6498| 221,4300 
910 7 e 1349 | 693,2089| 167,8709| 947 da er 2079 | 623,7457| 237,3341 
911 Lohr 196 | 692,4667| 168,6131f 948 Rottendorf 1194 | 614,2937| 246,7861 

©912 0 | 691,8771| 169,2027] Stat 0 | 614,2923| 246,7875 
Stat 0 | 693,2075] 167,8723] 949 4387 | 594,7544| 266,3254 
913 1491 | 698,6713| 162,4085| 950 3030 | 584,2173| 276,8626 
914 £ n 5500 | 703,9881| 157,0917| 951 ” & 904 | 582,4477| 278,6321 
915 2 cE 5558 | 701,1470| 159,9328| 952 Seligenstadt 1132 | 580,6275| 280,4523 
916 Gemünden 795 , 701,6907| 159,3891| Stat 0 | 580,6261| 280,4537 

@©917 a. 68 | 699,8151] 161,2647| 953 = n 3275 | 594,0378| 267,0420 
Stat ; R 0 | 701,6893| 159,3905] 954 Bergtheim 2187 | 589,8818] 271,1980 
918 Wernfeld 3847 | 700,7692| 160,3106| ©955 ” " 0 | 588,4536| 272,6262 
Stat n. 0 | 700,1400| 160,9398| Stat 0 | 590,5804| 270,4994 
919 hr " 325 | 701,1096| 159,9702| 956 en a 1258 | 590,2790| 270,8008 
920 en 1185 | 700,4540| 160,6258| 957 Essleben 4444 | 603,5111| 257,5687 
921 1607 | 699,4193| 161,6605| 958 = N 804 | 604,5266| 256,5532 
922 1986 | 699,8417| 161,2381| 959 Weigolshausen 2692 | 613,1447| 247,9351 
923 E. e% 2646 | 698,5290, 162,5508] ©960 0 | 611,7290| 249,3508 
924 Karlstadt 2154 | 695,3605| 165,7193] Stat a > 0 | 613,7133| 247,3665 

©925 0 | 693,9641| 167,1157| 961 Bergrheinfeld 5364 | 630,6451| 230,4347 
Stat r, ; 0 | 696,22651 164,8533] Stat 0 | 627,4437| 233,6361 
926 353 | 696,2279| 164,85191 962 ; 1084 | 631,6782| 229,4016 
927 £ 6173 | 693,4543| 167,6255] 963 2674 | 640,5635| 220,5163 
928 Ei En 484 | 693,2527| 167,8271| 964 975 | 644,5218|] 216,5580 
929 Retzbach 65 | 691,0275| 170,0523|1 965 . b 2519 | 648,0621] 213,0177 

©930 0 | 689,8147| 171,2651| 966 = r 999 | 650,8377| 210,2421 
Stat 0 |, 693,6013] 167,4785] 967 Schweinfurt 98 | 650,8259| 210,2539 
931 ? 5 776 | 694,0133| 167,0665| ©968 71 | 649,4164| 211,6634 
932 ee a 1604 | 694,1524| 166,9274| Stat e 0 | 650,8245| 210,2553 
933 Thüngersheim 1268 | 693,6444| 167,43541 969 r 1258 | 649,4123| 211,6675 
Stat 2 ee 0 | 693,6430]| 167,4368] 970 5 BR 2747 | 647,5235| 213,5563 
934 4 r 2170 | 692,8374| 168,2424] ©971 Schonungen 1463 | 645,3832) 215,6966 
935 E “ 2607 | 688,2200) 172,8598] Stat % 4 0 |. 647,4818| 213,5980 
936 Veitshöchheim 1145 | 683,0234| 178,0564] 972 212 | 647,3331) 213,7467 
Stat a 0 | 683,0220) 178,0578| 973 7 Hi 3323 | 645,8304| 215,2494 

5.1937 % re 1999 | 685,3009| 175,7789| 974 Gädheim 2096 | 643,7468| 217,3330 
938 „ 5 1543 | 688,1865| 172,8933] ©975 % k 0 | 642,5605) 218,5193 
939 R 1 1896 | 688,3647| 172,7151| Stat R 4 0 | 644,7154| 216,3644 
940 Würzburg 1283 | 680,6711) 180,4087] 976 .% I 4165 | 643,2006| 217,8792 

©941 re 2 219 | 678,4728| 182,60701 977 Obertheres 2239 | 642,7097| 218,3701 

. Stat 23 J 0 | 680,6697| 180,4101| Stat " A 0 | 642,6483, 218,4315 

51942 r s 1184 | 675,4940) 185,58581 978 3284 | 641,7424| 219,3374 


124 
ee ar EEEEEEEREEEEEEEEEEEEREEREE TEREEEEEREEREEREN EEREEEEEEEEEEREEEEEEEREHESEREREEEEEEEEEEEREEHEEEEEEEEE TEEREEEEEREEREEEEEEN EEREREEEEEREREEEEREEHEEEEEN NERRHEREREERRREEEEEREEEEG 
Punkt De Ab- | Verbess. | Meeres- |Punkt De Ab- | Verbess. | Meeres- 
Nr stand Cote höhe Nr stand Cote höhe 
979 Obertheres 1085 | 639,8061) 221,2737| 1014 Zorneding 1671 | 303,6157) 557,4641 
©980 Hassfurt 813 | 638,6769| 222,4029| ©1015 Kirchseeon 2908 | 299,0219| 562,0579 
Stat er 0 | 640,0555| 221,0243| Stat a; 0 | 301,2436| 559,8362 
981 NR nl 324 | 640,0716| 221,0082] 1016 1,8805; 2780 | 310,4034| 550,6764 
982 eg 6152 | 637,3868| 223,6930| ©1017 Grafing 2328 | 317,3008) 543,7790 
983 Zeil 410 | 636,5616| 224,5182] Stat Enz, 0 | 819,4289| 541,6509 
©984 Re 0 | 635,0293| 226,0505| 1018 BR 316 | 319,4001| 541,6797 
Stat | 0 | 637,1602| 223,91961 1019 a 1365 | 326,3337| 534,7461 
985 nl 1086 | 635,8931| 225,1867| 1020 EUR 2570 | 338,9487| 522,1311 
986 Ebelsbach 4700 | 633,0855| 227,9943| 1021 ON >| 1388 | 345,7777| 515,3021 
Stat | 0 | 633,0841| 227,9957] ©1022 Assling 1820 | 350,8323| 510,2475 
987 Be 100 | 633,1862) 227,8936| Stat BEL 0 | 352,9999| 508,0799 
988 Es 3591 | 633,2000| 227,8798| 1023 | 3309 | 368,5117| 492,5681 
989)  Staffelbach 3654 | 629,0908| 231,9890| ©1024 Ostermünchen | 3263 | 357,0686| 504,0112 
Stat 2,4 0 | 629,0494| 232,0304| Stat | 0 | 359,1847| 501,8951 
990 nl 4143 | 626,3977| 284,6821| 105) . „ „ 6881 | 391,6822| 469,3976 
991 Oberhaid 873 | 626,3046| 234,7752| ©1026) Karolinenfeld 560 | 390,4602) 470,6196 
Stat Be 0 | 626,2432| 234,8366| Stat A 0 | 392,5598] 468,5200 ° 
992 Eee 1714 | 625,5159| 235,5639] 1027 BREN | 1097 | 397,1288| 463,9510 
993 u: 1791 | 620,6515| 240,4283| 1028 Rosenheim 1005 | 402,2113| 458,8685 
994 Bamberg 2162 | 623,7665| 237,3133] 1029 München 985 | 339,3243| 521,7555 ° 
995 München 1151 | 332,0286| 529,0512] 1030 u: 1772 | 345,8601| 515,2197 
996  Thalkirchen 1845 | 3371743) 523,9055] 1031 Pe 921 | 348,2878| 512,7920 ° 
Stat Mr, 0 | 337,6292| 523,4506] 1032 BR I. 4765 | 366,0167| 495,0631 
997 mat 32 | 337,1629| 523,9169|©1033| Feldmoching 357 | 364,3929| 496,6869 
998 re 680 | 337,4065| 523,6733| Stat a 0 | 366,2687| 494,811 
999 Mn 182 | 337,4062| 523,6736| 1034 A 2380 | 374,492) 486,5869 
1000 a] 1544 | 335,9235| 525,1563| ©1035| Schleissheim 1684 | 376,0363| 485,0435 ° 
1001| Haidhausen 2101 | 330,1141) 530,9657| Stat Ha 0 | 378,0644| 483,0154 © 
1002 1 269 | 330,1146| 530,9652]| 1036 ” 2462 | 384,8481| 476,2317 
©1003 0 | 328,4002) 532,6796| 1037 HERD. 1806 | 390,0216| 471,0582 
Stat 5 0 ' 330,1803| 530,8995] ©1038 Lohhof 612 | 388,7594| 472,3204 
1004 ER 1107 | 331,6852) 529,3946| Stat END 0 | 390,7602] 470,3196 
1005 BE 2011 | 336,0764| 525,0034| 1039| EN 3753 | 397,1170| 463,96287 
©1006 Trudering 1249 | 332,2841| 528,7957| 1040 gF n 2342 | 399,6794 461,4004 
Stat a, 0 | 334,4811| 526,5987| ©1041 Neufahrn 865 | 397,9575| 463,1223 
1007 nt 945 | 331,7364| 529,3434| Stat RB 3, 0 | 399,9296| 461,1502 
1008 RR: 3291 | 323,5916| 5374882] 1042 LAD, 2646 , 405,0994| 455,9804 
©1009 Haar 1199 | 318,2331| 542,8467| 1043  , 3074 | 408,8708| 452,2090 
Stat u 0 | 320,4585| 540,6213| 1044 ei 2993 | 414,0729| 447,0069 
1010 1396 | 317,3296| 543,7502| ©1045 Freising 1530 | 413,7553| 447,3245 
1011 Br 4084 | 312,0705| 549,0095| Stat 0, 0 | 415,8060| 445,2738 
1012 2197 | 303,8581| 557,2217| 1046 AIG}, 341 | 415,8374| 445,2424 
©1013 Zorneding 288 | 302,1020| 558,9778| 1047 RN, 2185 | 421,8925| 439,1873 
Stat 0 | 304,1177| 556,9621| 1048 |, 3872 | 425,0584| 436,0214 


+) ” 


Punkt Ort Ab- | Verbess. | Meeres- | Punkt Ort Ah- | Verbess. | Meeres- 
Nr stand Cote höhe Nr stand Cote höhe 
©1049 Langenbach 3355 |, 4831,0507| 430,0291| - Stat! Laberweinting 0 , 492,7405| 368,3393 

Stat 5 ” 0 | 433,2465| 427,8333] 1086 313 | 492,7358| 368,3440 
1050 : “ 2828 | 440,2483| 420,8315] 1087 h " 2990 | 501,8883| 359,1915 
1051 = ei 865 | 440,6327| 420,4471| 1088 Geiselhöring 2968 | 502,5903| 358,4895 
1052 > Kr 3196 | 447,2618| 413,8180] ©1089 119 | 500,5789| 360,5009 
1053 Moosburg 384 | 446,9128) 414,1670| Stat 0 | 502,5273| 358,5525 
Stat “ 0 , 446,8814| 414,1984| 1090 1797 | 510,0750| 351,0048 
1054 R 2 2498 | 447,9262| 413,15361 1091 5 MW 6715 | 518,5661| 342,5137 
1055 2 r 3519 | 454,7463| 406,33351 ©1092 Sünching 16 | 516,6848| 344,3950 
©1056 Bruckberg 377 | 453,1868| 407,8930|] Stat R 0 | 518,7340|) 342,3458 
Stat , n 0 | 454,7470| 406,33281 1093 ” “ 1124 | 514,1617| 346,9181 
1057 N EE 40 | 454,4316| 406,6482]| 1094 Taimering 3440 | 519,6120) 341,4678 
1058 2 1349 | 458,5567| 402,5231] Stat 5, fi 0 | 519,4522| 341,6276 
1059 b 2243 | 460,4563| 400,6235| 1095 Moosham 3349 | 518,5837| 342,4961 
1060 ; a2 1096 | 462,5976| 398,4822] ©1096 u nn 38 | 516,8443| 344,2355 
1061 ? & 2240 | 464,4503| 396,6295| Stat “ 0 , 518,9660| 342,1138 
1062 h; f 2783 | 468,1990| 392,8808| 1097 r a 1745 | 522,4745| 338,6053 
1063 „ 792 | 468,9749| 392,10491 1098 Mangolding 2820 | 521,3291] 339,7507 
1064 " A 1281 | 470,6845 »390,3953] Stat en 0 | 521,2978| 339,7820 
©1065 Landshut 1228 | 469,1978| 391,8820| 1099 es 2778 | 522,5091| 338,5707 
Stat r; B. 0 | 470,8055| 390,2743| 1100 n & 1399 | 519,2931| 341,7867 
1066 „ 69 | 470,7659| 390,3139] ©1101) Obertraubling 102 | 517,1671|) 343,9127 
1067 , 4 2217 | 466,8759) 394,2039| Stat 23 nn 0 | 519,2888| 341,7910 
1068 }; A 1340 | 463,7378| 397,3420| 1102 R 3339 | 524,2084| 336,8714 
1069 e R. 3285 | 444,5235| .416,5563]| 1103 3 2790 | 527,5190| 333,5608 
©1070 Mirskofen 547 | 442,6743| 418,4055| 1104 = n 1267 | 522,6219|) 338,4579 
Stat l; l 0 | 444.2875| 416,7923| 1105 Regensburg 447 | 521,8258| 339,2540 
1071 % 1512 | 434,4242| 426,6556| ©1106 r 0 | 520,1852] 340,8946 
1072 1166 , 426,2783| 434,8015| Stat R: 0 | 522,0196] 339,0602 
1073 ! a. 4310 | 418,7953| 442,2845| 1107 & 1637 | 524,0345| 337,0453 
1074 l Ä 752 | 424,8738| 436,2060| 1108 e£ a 258 | 524,0702| 337,0096 
1075 h R 1309 | 434,0445 427,03531 1109| Wealhallastrasse 597 | 526,1170| 334,9628 
©1076 Ergoldsbach 1642 | 439,1654| 421,9144| Stat ER R 0 | 526,0860| 334,9938 
Stat ., R 0 | 441,2923| 419,7875| 1110 Wutzelhofen 3160 | 517,9898| 343,0900 
1077 h A 2022 | 450,9540| 410,12581 1111 8 1583 | 517,7347| 343,3451 
1078 h a 842 | 453,8716| 407,2082] 1112 $ “ 3885 | 517,4516| 343,6282 
1079 Neufahrn 1909 | 457,4396| 403,6402| 1113 > r 1335 | 516,5726| 344,5072 
Stat e ‚“ 0 , 457,4288| 403,6510, 1114 Regenstauf 979 | 518,3782) 342,7016 
1080 e. ” 4345 | 470,9500| 390,1298] ©1115 1, Ä 0 | 516,8776| 344,2022 
©1081) Niederlindhardt 396 | 468,8405| 392,2393] Stat e: ” 0 | 518,6766| 342,4032 
Stat r R 0 , 471,0887) 389,9911| 1116 Mt a 475 | 519,7734| 341,3064 
1082 a A 1986 | 479,1696! 381,9102| 1117 a e. 1928 | 514,6207| 346,4591 
1083 Y x 2567 | 486,8427| 374,2371| 1118 A, h 4407 | 492,9285|) 368,1513 
1084| Laberweinting 2347 | 492,3891| 368,6907| 1119 Ponholz 2114 | 483,1029) 377,9769 
©1085 1, & 0 | 490,8070| 370,2728] ©1120 h, MN 25 | 481,2581| 379,8217 


, 


126 
Punkt Ort Ab- | Verbess. | Meeres- [Punkt | Ort Ab- | Verbess. | Meeres- 
Nr stand Cote höhe Nr stand Cote höhe 
Stat Ponholz 0 | 483,4474| 377,6324] ©1157 Luhe 121 | 470,0004| 391,0794 
1121 TIER 1796 | 474,9489| 386,1309| Stat DEU 0 | 472,9653| 388,1145 
1122 m,f0e 1291 | 471,4427| 389,6371] 1158 0; 1133 | 475,1062| 385,9736 
©1123 Haidho 89 | 469,4306| 391,6492| 1159|) Rottenstadt 2515 | 469,8503| 391,2295 
Stat R. 0 | 471,5431| 389,5367| Stat TE 0 | 469,8226| 391,2572 
1124 i 1463 | 478,9696| 382,1102] 1160 B, 1598| 464,5622] 396,5176 
1125 2454 | 489,9437| 371,1361| 1161 Weiden 2186 | 465,1068| 395,9730 
1126 AEG 2270 |, 501,4568| 359,6230| 1162) Regensburg ) 1881 | 520,1642| 340,9156 
1127 Klardorf 2743 | 507,0565| 354,0233] ©1163 Prüfening 1890 | 511,5810) 349,4988 
©1128 - 82 | 505,5088| 355,5710] Stat Eu 0 | 513,9959| 347,0839 
Stat R 0 | 507,0174| 354,0624| 1164 Ih 1311 | 510,2085| 350,8713 
1129 2 1810 | 506,3217| 354,7581] 1165 bob. 291 | 509,6923| 351,3875 
1130 BEN; 3054 | 504,8374, 356,2424] 1166| Etterzhausen 4393 | 467,9674| 393,1124 
1131| Schwandorf 1668 | 502,3780| 358,70181 ©1167 “üb - 34 | 466,4909| 394,5889 
01132 0 | 500,9143| 360,1655| Stat 808; 0 | 467,7899) 393,2899 
Stat 0 | 502,8678| 358,2120| 1168 a 1508 | 452,9013| 408,1785 
1133 h 534 | 502,1590 358,9208| 1169 Eichhofen 1402 | 442,7345| 418,3453 
1134 EIER. 2978 | 499,9427| 361,1371| ©1170 EB 21 | 441,0438) 420,0360 
1135 Irrenlohe 763 | 498,5414| 362,5384] Stat t s 0 | 443,0895| 417,9903 
©1136 65 | 496,8288| 364,2510| 1171 Eiah 593 | 441,4338| 419,6460 
Stat 0 | 498,7333] 362,3465| 1172 alt 2258 | 428,1742| 432,9056 
1137 DRS, 2063 | 497,7771| 363,3027| 1173 ur. 1409 | 422,5571| 438,5227 
1138 Kule., 752 | 497,6236| 363,45621 1174 i 1162 | 425,5343| 435,5455 
1139| Schwarzenfeld | 1316 | 494,7845| 366,2953| 1175 ah 1391 | 425,0662| 436,0136 
Stat Aa, 0 | 494,7555| 366,3243| ©1176 Laaber 186 | 422,8686| 438,2112 
1140 Y 1194 | 496,5304| 364,5494| Stat i 0 | 424,9850) 436,0948 
1141 ; 3 1043 | 494,6687| 366,4111| 1177 4 107 | 425,0184, 436,0614 
1142 AUS YER 750 | 495,6733|1 365,4065| 1178 \ i 1440 | 418,3953| 442,6845 
1143 Bes. 2592 | 494,3357| 366,7441| 1179 2 1360 , 410,7550) 450,3248 
1144 Naabburg 1849 | 493,6734| 367,4064| 1180 2 2023 | 405,6928) 455,3370 
©1145 81 | 491,5850| 369,494s| 1181 850 | 408,0002] 453,0796 
Stat NE. 0 | 493,6247| 367,4551| 1182 hä 186 | 408,0639) 453,0159 
1146 URS: 461 | 492,8416| 368,2382|©1183| Beratzhausen 711 | 404,8427 456,2371 
1147 Big; 3086 | 491,5815| 369,4983| Stat KIT 0 | 406,9114| 454,1684 
1148 Pfreimt 1065 | 490,1025| 370,9773| 1184 Mausheim 4543 | 391,6016| 469,4782 
Stat | 0 | 490,0785) 371,0013| Stat Lob. 0 | 392,3279| 468,7519 
1149 LER 1051 | 487,2090| 373,8708| 1185 ae 5047 | 367,2726) 493,8072 
1150 Hal. 4095 | 485,2230| 375,8568| 1186 Parsberg 773 | 363,8317| 497,2481 
1151 Wernberg 1486 | 479,9670| 381,1128| ©1187 h 114 | 361,4680| 499,6118 
©1152 N, : 49 | 478,2187| 382,8611| Stat Rab, 0 | 363,7968| 497,2830 
Stat ALLER 0 | 480,3585| 380,7213| 1188 ls: | 309 | 363,0984| 497,9814 
1153 R 91 | 480,3867| 380,6931| 1189 3 1 3793 | 368,5287| 492,5511 
1154 Pete 3095 | 481,2737| 379,8061]| 1190| Seubersdorf 3216 | 349,7083| 511,3765 
1155 En; 3180 | 479,4426) 381,6372] ©1191 cab, 37 | 347,8341| 513,2457 
1156 a 3 2103 | 473,4516| 387,6282| Stat 0 | 350,0021| 511,0777 


rn n 


127 


8 


1192 
1193 
1194 
1195 
1196 
1197 
1198 
1199 
©1200 
Stat 
1201 
1202 


1203 
1204 
1205 
1206 
1207 
1208 
©1209 
Stat 
1210 
1211 
1212 
1213 
1214 
1215 
©1216 
Stat 
1217 
1218 
1219 
1220 
1221 
©1222 
Stat 
1223 
1224 
1225 

- ©1226 
Stat 
1227 
1928 
1229 
21230 
123i 


Seubersdorf 


Neumarkt i/0 


” ” 


n 2 


Postbauer 


Feucht 


n r» 
” r» 


n n 


Dutzendteich 


1349 
1167 
1785 
1073 
1835 
1077 
314 
1369 
93 


Punkt Ort Ab- | Verbess. | Meeres- | Punkt Ort Ab- 
Nr stand Cote höhe Nr 5 stand 


Verbess. | Meeres- 
Cote höhe 
344,4299| 516,6499] ©1232 Dutzendteich 74 | 539,9227| 321,1571 
342,6826|) 518,4772] Stat N - 0 | 542,2248| 318,8550 
345,5467| 515,5331] 1233 Nürnberg 1840 | 548,73691 312,3429 
393,3885) 507,6913] 1234 Geiselhöring 2955 | 908,8865| 352,1933 
365,6077| 495,47211 1235 4 s 2813 | 515,1965| 345,8833 
372,6824| 488,3974] 1236 . h 3240 | 517,5788| 343,5010 
372,8049| 488,2749]| 1237 P g 2206 | 525,9380| 335,1418 
376,6019| 484,4779| 1238 A 4 4014 | 535,4189| 325,6609 
374,5202| 486,5596] ©1239 Straubing 392 | 533,3316| 327,7482 
356,5651| 504,5147| Stat s > 0 | 535,4856| 325,5942 
386,8662|) 474,2136] 1240 ” R 389 | 535,1136| 325,9662 
393,8991!| 467,1807| 1241 H r 4320 | 531,5178) 329,5620 
403,6085| 457,4713] 1242 2 3 2217 | 531,2099| 329,8699 
420,8500| 440,2298] 1243 N ? 1925 | 532,7183| 328,3615 
429,9977| 431,0821] 1244 B 2 1985 | 535,2267| 325,8581 
433,7802) 427,2996] ©1245) Strasskirchen 1087 | 533,3867| 327,6931 
433,7833|) 427,2965] Stat 2 a 0 | 535,3086| 325,7712 
433,2154| 427,8644] 1246 x 5 422 | 534,9958) 326,0840 
431,5951) 429,4847| 1247 5 ‚ 2696 | 534,7605| 326,3193 
433,7454| 427,3344| 1248 : i 4716 | 535,1065| 325,9733 
436,2597| 424,8201| 1249 e x 3067 | 535,3460| 325,7338 
428,6265| 432,45331 1250 Plattling 1624 | 540,9000, 320,1798 
414,3382) 446,7416| 1251 a 1 368 | 540.3467| 320,7331 
399,5606| 461,5192] ©1252 e n 0 | 538,6242) 322,4556 
401.4158| 459,6640| Stat R E 0, 539,4783| 321,6015 
402,0532) 459,0266| 1253 E 1 1189 | 538,2654 322,8144 
400,0197| 461,0601| ©1254 ß 3 0 | 537,3999) 323,6799 
402,0143| 459,0655| 1255 ; 177 | 538,2782| 322,8016 
420,0752) 441,0046| 1256 L E 3697 | 541,9026| 319,1772 
440,2189| 420,8609| 1257 E Re 4719 | 543,4639| 317,6159 
447,6716| 413,4082] 1258 a R 1681 | 545,5391) 3155407 
475,2598| 385,8200| 1259 ä 2 2219 | 544,3590| 316,7208 
489,0015| 372,0733| ©1260 Osterhofen 1111 |, 543,0091) 318,0707 
488,1944| 372,8854| Stat & A 0 , 544,1200, 316,9598 
490,3349| 370,7449| 1261 4 r 1954 | 549,1728| 311,9070 
487,3239| 373,7559| 1262 3 ’ 6342 | 550,2156) 310,8642 
496,0380| 365,0418] 1263 E 8 1976 | 5593,8425| 307,2373 
494,3971) 366,6827| 1264 ; a 2009 | 553,8339) 307,2459 
491,6956| 369,3842] 1265 4 B 2787 | 547,7235| 313,3563 
493,9893| 367,0905| 1266 Vilshofen 416 | 547,3890) 313,6908 
503,1494| 357,9304| ©1267 = a 0 | 545,6158| 315,4640 
517,0982| 343,9816| Stat! 4 3 0 | 547,9713| 313,1085 
528,5422| 332,5376| 1268 . x 958 | 552,3769) 308,7029 
540,4178 320,6620|] 1269 4 5 1969 | 552,1853| 308,8945 
541,8495 319,2303] 1270 Sandbach 3649 | 557,0265) 304,0533 


128 


—L—— nn nn 


Punkt oe Ab- | Verbess. | Meeres- | Punkt 
Nr stand Cote höhe Nr 
Stat Sandbach 0 | 557,0025| 304,07731 ©1309 
1271 2 I 2852 | 550,9445| 310,1353| Stat 
©1272 5 F 3233 | 555,6536| 305,4262| 1310 
1273 Schalding 2056 | 559,4780| 301,6018] 1311 
Stat E 0 | 559,4545| 301,6253] ©1312 
1274 3 2 900 | 557,6109| 303,4689| Stat 
1275 R 4 2922 | 559,9861| 301,0937| 1313 
1276) L 4 1081 | 560,3131| 300,76678 1314 
1277 x f 1119 | 559,2575| 301,8223| 1315 
1278 Passau 661 |, 559,0908| 301,9890). Stat 
©1279 ? 0 | 557,3533| 303,72651 1316 
Stat e \ 0 | 559,5203| 301,5595] 1317 
1280 2 N 797 | 558,5074| 302,5724] 1318 
1281 £ 130 | 558,2839| 302,7959| ©1319 
©1282] I F 0 | 556,1318| 304,9480| Stat 
1283| ho] 238 | 557,6899| 303,3899|: 1320 
1284 x A 582 | 555,9415| 305,1383| ©1321 
1285 “ ı 1267 \ 568,5504| 292,5294| Stat 
©1286 h “ 32 | 564,0489| 297,0309| 1322 
1287 z R 1118 | 568.7251| 292,0547| 1323 
1288 e A 926 | 565,7041) 295,37571 1324 
1289 E 1 166 | 560,4607| 300,6191| 1325 
©1290 4 F 42 , 559,7351| 301,3447| ©1326 
©1291 Simbach 0 | 510,9703| 350,1095| Stat 
Stat t E 0 | 513,6966| 347,3832] 1327 
1292 £ 5 0 | 512,9423| 348,1375] Stat 
1293 ABA: 431 | 513,7353| 347,34451 1328 
1294 5 £ 1978 | 504,4601| 356,6197| 1329 
1295 e 3 767 | 500,5487| 8360,5311| 1330 
1296 Tun 2329 | 493,2698| 367,8100|] 1331 
1297 ’ 2 3767 | 486,2451| 374.8347| ©1332 
1298 Marktl 3768 | 491,7089| 369,3709| Stat 
©1299 : 4 0 | 489,8692| 371,2106] 1333 
Stat £ 5 0 | 492,0715| 369,0083] Stat 
1300 N ;, 3348 | 500,8147| 360,2651| 1334 
1301 Perach 4058 | 497,5595| 363,5203| ©1335 
Stat 3 5 0 | '498,0500| 363,0298| Stat 
1302 i h 3763 | 493,9737| 367,1061| 1336 
©1303)  Neu-Oetting 1937 | 489,8037) 371,2761| Stat 
Stat % % 0 | 491,8070| 369,2728| 1337 
1304 EI ATZE 516 | 491,5107| 369,5691] 1338 
1305 e B 4875 | 468,5410)| 392,5388| 1339 
1306 s L 3369 | 461,2110| 399,8688] 1340 
1307 Mühldorf 3909 | 450,3463| 410,7335| 1341 
1308 ee, 240 | 449,6794 411,4004] 1342 


Ge Ab- | Verbess. | Meeres- 
stand Cote höhe 
Mühldorf 0 | 447,8615| 413,2183 
or, 0 , 450,3106| 410,7692 
eles 602 | 450,0539| 411,0259 
5. oa; 5228 | 444,7374| 416,3424 
Ampfing 2298 | 440,4095| 420,6703 
Lars, 0 | 442,7544| 418,3254 
Lalllinn,; 331 | 442,4976| 418,5822 
as 2950 | 437,4276| 423,6522 
Weidenbach 1684 | 436,5973| 424,4825 
ae 0 | 436,5626| 424,5172 
LTE 4126 | 432,0096| 429,0702 
Er, 2898 | 428,9415| 432,1383 
Schwindegg 757 | 497,3252| 433,7546 
Er 0 | 495,7744| 435,3054 
) 0 | 428,5805| 432,4993 
Dorfen 6575 | 419,6544| 448,4254 
ELSE 282 | 410,3541| 450,7257 
BO 0 | 412,9509| 448,1289 
hr, 2188 | 411,4056| 449,6742 
Bernd 1966 | 408,6356| 452,4449 ° 
eh 2939 | 393,8635| 467,2163° 
rt 5520 | 367,0019| 494,0779 ° 
Walpertskirchen | 2241 364,7465| 496,3333 
res 0 | 366,7200| 494,3598° 
Hörlkofen 2615 | 356,4745| 504,6053 
er 0 | 356,6425| 504,4373° 
nl 1110 | 356,6370| 504,4428 
agb, 2788 | 359,9181| 501,1617° 
De 2495 | 363,0977| 497,9821° 
Schwaben 1935 | 353,5823| 507,4975° 
EINER 261 | 351,4282| 509,6516 
ae 0 | 353,8109| 507,2689 
Poing 4520 | 345,2765 515,8033 
u} 0 | 345,7100| 515,3698° 
Feldkirchen 5982 | 338,0577| 528,022]° 
a 382 | 335,9562! 525,1236° 
ai 0 | 338,3421| 522,7377° 
Riem 3636 | 340,6758 520.4040° 
’ N 0 | 340,5856 520,4942 
Haidhausen 2804 | 339,3562| 521,7236 
Oberföhring | 4300 | 348,1015| 512,978 
is 0 | 347,7047| 513,375 
RE, 0 | 347,6938| 513,386 
ET 141 | 348,0990| 512,980 
Basis-Anfang 0 | 347,7035| 513,3768 


Aufkirchen 


Basis-Ende 
Salzburg 


Schellenberg 


” n 


Berchtesgaden 


n 7 
n n 
7 7 
Unterstein 
Königssee 
n n 
Prien 


n n 


Simbach 


Ering 


n » 
Malching 


129 
m nn EG EBD OOo oT eamB Do Te Te —_——— _— ET 
Ab- | Verbess. | Meeres- |Punkt Ort Ab- | Verbess. | Meeres- 
stand Cote höhe Nr stand Cote höhe 
3756 | 333,3586) 527,7212]1 1387 Tutting 1539 | 522,5223) 338,5575 
35 | 333,3605| 527,7193] 1388 er : 1492 | 525,4244| 335,6554 
57 | 332,3250| 528,75481 1389 $ R 3489 | 533,0270| 328,0528 
81 | 324,7736| 536,30621 1390 Poking 2673 | 537,7196| 323,3602 
4156 | 361,5906| 499,4892] ©1391 ’ : 0 | 536,8012] 324.2786 
5594 | 385,7297| 475,3571] 1392 ; E 407 | 538,5096| 322,5702 
4812 | 374,1369| 486,9429| 1393 E = 2393 | 543,6695| 317,4103 
0 | 373,7087| 487,3711| 1394 Mittich 6332 | 554,6425| 306,4373 
0 | 373,6879| 487,3919| 1395 N 5 643 | 551,1143|) 309,9655 
0 | 435,8660| 425,2138| 1396| Neuhaus a/Inn | 1518 553,4798| 307,6000 
0 | 487,8745| 423,2053| 1397 Schärding 1435 | 552,4158) 308,6640 
296 | 437,9088| 423,1710| ©1398 R % 917 | 545,0125| 316,0673 
1456 | 437,5282| 423,5516| Stat ? R 0 | 546,6295| 314,4503 
395 | 434,9859|) 426,0939| 1399 H B 352 | 546,6716| 314,4082 
1247 | 427,9439) 433,1359] 1400 R n 2623 | 545,3460| 315,7338 
599 | 432,8185| 428,2613| 1401 Wernstein 2334 | 546,0401| 315,0397 
1130 | 439,7032| 421,37661 Stat H 3 0 | 546,0717| 315,0081 
1208 | 440,0377| 421,0421| 1402 » Passau 4211 | 559,5047| 307,5751 
1293 | 435,5727| 425,5071| 1403 Neu-Ulm 907 , 388.0537| 473,0261 
2298 | 426,9586) 434,1212] 1404 Ulm 591 | 383,2663| 477,8135 
4172 | 406,4273| 454,6525] ©1405 e 2 0 | 382,5364| 478,5434 
1825 | 399,9764| 461,1034] 1406 Oberkotzau 54 | 375,5570| 485,5228 
1527 | 393,5271) 467,5527| 1407 Y n 397 | 376,1668| 484,9130 
595 | 385,6091| 475,4707| 1408 ; 2 124 | 376,4544| 484,6254 
814 | 381,1295| 479,9503] 1409 Eger 1047 | 397,2986| 463,7812 
2159 | 368,3300| 492,7498| 1410) # 1027 | 397,3282| 463,7516 
2884 | 344,0031| 517,0767| 1411 h a 1205 | 414,2582| 446,8216 
0 | 329,3165| 531,7633] 1412 r 5 109 | 414,2327| 446,8471 
2547  331,1478] 529,9320] 1413 Neuenmarkt 234 , 313,4630| 547,6168 
2190 | 321,4657| 539,6141| 1414 5 z 311 | 310,1667| 550,9131 
96  320,7605| 540,519] 1415 Kulmbach’ 653 | 554,8424| 306,2374 
904 | 310,8362| 550,2436] 1416 Lichtenfels 591 | 589,9937| 271,0861 
0 | 309,1873| 551,8925| 1417 Bamberg 699 | 620,5101| 240,5697 
1959 | 288,2834| 572,7964] 1418 h 117 | 620,4984| 240,5814 
2004 | 259,2775| 601,8023) 1419 n - 1140 | 622,3356| 238,7442 
0 | 259,2728| 601,80705 1420 a + 547 | 600,7698| 260,3100 
1500 | 339,9429| 521,13691 1421 f s 428 | 621,1073) 239,9725 
254 | 342,2376| 518,84221 1422 F 5 257 |» 621,0648| 240,0150 
0 | 340,8546| 520,2252] 1423 Schweinfurt 733 | 642,8057| 218,2741 
3071 | 499,6866| 361,3932] 1424 x n 235 | 637,0998| 223,9800 
899 | 522,5975| 338,4823] 1425 Würzburg 608 | 685,6919| 175,3879 
2368 | 507.1349| 353,9449| 1426 h 666 , 681,0569| 180,0229 
3076 | 519,8159| 341,26391 1427 & R 130 | 680,6537| 180,4261 
3988 | 517,821] 343,6977| 1428| Aschaffenburg 933 | .731,9006| 129,1792 
4842 | 522,4967| 338,5831] 1429 ä 5 302 | 732,6186| 128,4612 


n n 


a Abh. d. 11. Cl. d.k.Ak.d. Wiss. XIII. Pd. III. Abth. 


17 


130 R 
Punkt | Ort Ab- | Verbess. | Meeres- | Punkt Dr Ab- | Verbess. | Meeres- 
Nr ; stand Cote höhe Nr stand Cote höhe 
1430| Aschaffenburg 903 | 729,8262| 131,2536) ©1474 Schaftlach 204 | 101,6584| 759,4214 
1431 2 i 102 | 729,7123| 131,3675| Stat £ a 0 , 104,0651| 757,0147 
1432 4 & 294 | 729,3416| 131,7382] 1475 2 2 2942 | 128,1109) 732,9689 
1433 Bruck 1218 | 581,7544| 279,3254| 1476| Reigersbeuern 1961 | 142,1743| 718,9055 
1434 Nürnberg 1347 | 553,8667| 307,2131] Stat E a 0 | 142,5116) 718,5682 
1435 n A 681 | 556,5695| 304.,5103] 1477 x 2 3575 | 160,1576| 700,9222 
1436 n E 1347 | 554,7844| 306,2954] 1478 Tölz 1930 | 174,7270 686,3528 
1437 a s 49 | 552,4466| 308,6332] 1479 A e 275 | 174,3745| 686,7053 
1438| Neumarkt 1/0 49 | 437,2600| 423,8198] ©1480 h 2 0 | 176,6948| 684,3850 
1439 Regensburg 1045 | 520,4199| 340,6599] Stat a 5 0 | 174,8621| 686,2177 
1440 R n 337 | 523.1360| 337,9438| 1481 £ R 1157 | 211,8742| 649,2056 
1441 Landshut 549 | 469,5996| 391,4802| 1482 R 3 576 | 206,5236| 654,5562 | 
1442 3 a 655 | 468,5160| 392,5638| 1483 t 5 1578 | 187,4848| 673,5950 
1443 Geiselhöring 913 | 506,0833| 354,9965] 1484 a 3 5023 | 155,7830 705,2968 
1444 Plattling 345 | 540,5015) 320,5783] 1485 2 2 1561 | 190,4486| 670,6312 
1445 n s 393 | 539,6762| 321,4036| 1486| Ober-Enzenau 446 | 196,8714) 664,2084 
1446 - & 504 | 538,6917| 322,3881| 1487 H a 2950 | 227,9848| 633,0950 
©1447 h ® 0 | 586,9692| 324,1106] 1488 A = 397 | 242,2762| 618,8036 
1448 Holzkirchen 1119 | 170,4097| 690,6701| 1489 L R 2338 | 251,6126, 609,4672 
1449 Rosenheim 381 , 415.5779| 445,5019| ©1490 Penzberg 2849 | 256,0342) 605,0456 
1450 E 5 2391 | 413,7545| 447,3253] Stat a E 0 | 258,0045| 603,0758 
1451 h x 624 | 412,5586| 448,5262] 1491 A 3 276 | 258,0497| 603,0301 
©1452 3 “ 0 | 410,8626| 450,2172] 1492 Staltach 3719 | 258,8265| 602,2533° 
1453|  Kiefersfelden 319 | 381,8115] 479,2683| Stat h 2 0 | 263,0186| 598,0612 
1454 N 4 188 | 375,7432| 485,3366| 1493 n ® 4855 | 269,1962] 591,8836 
1455 Nördlingen 964 | 427,9133| 433,1665| 1494 Seeshaupt 2418 | 260,8826| 600,1972 
1456 “ 3 59 | 426,9225| 434,1573| 1495 4 x 152 | 260,7682) 600,3116 
1457 Donauwörth 1510 | 456,6460| 404,4338] ©1496 s a 0 | 259,0619 602,0179 
©1458 Foa > A 0 | 454,9592) 406,1206| Stat h h 0 , 260,8335| 600,2463 
1459 Augsburg 680 | 371,2446| 489,8352] 1497 H = 1657 | 270,6514| 590,4284 
©1460 - n 0°) 370,5409| 490,5389]| 1498 N n 3634 | 237,1260) 623,9538- 
1461 £ a 419 | 374,3195| 486,7603| 1499 Bernried 984 | 229,4537| 631,6261 
1462 e 33 |, 374,9380| 486,1418| Stat y “ 0 | 229,4030| 631,6768 | 
1463 s ; 990 | 366,6437| 494,4361] 1500 n 3 2657 | 250,2334| 610,8464 
1464 Buchloe 1147 | 243,1295| 617,9503] 1501 E a 1744 | 242,8643| 618,2155 
©1465 - 5 0 | 241,2434| 619,8364] 1502 Tutzing 2399 | 249,4804 611,5994 
1466 h ; 1719 | 235,0207| 626,0591] ©1503 J s 0 | 247,7756| 613,3042 
1467 Kempten 809 | 166,0101)| 695,0697| Stat A 3 0 | 249,8767| 611,2031 
1468 a : 20 | 188,2700| 672,8098] 1504 5 ; 6539 | 274,0426 587,09372 
1469 r 5 422 | 197,1143| 663,96551 1505 Wilshofen 579 | 277,8392| 583,2406 
1470 Oberstaufen 353 70,3157| 790,7641| Stat E & 0 | 278,1845| 582,8953 
1471 Holzkirchen 1555 | 177,7225| 683,3573] 1506 . ö 2030 | 297,0485r 564,0313 
1472| Oberwarngau 4517 | 145,8442| 715,23561 1507 Weilheim 3519 | 299,1945| 561,885 
Stat A Mr 0 | 146,0305| 715,0493| ©1508 A “ 0 | 297,4794 563,600& 
1473 Schaftlach 4493 | 103,7717| 757,3081] Stat a n 0 | 299,7482| 561,3316 


A ee ae ee 


131 


Punkt Ort Ab- | Verbess. | Meeres- Punkt Ort Ab- | Verbess. | Meeres- 
Nr stand Cote höhe Nr stand Cote höhe 
1509 Weilheim 2094 | 300,4792| 560,60061 1533 Krottenhill 1443 43,2295| 817,8503 
1510| Unterpeissenberg | 4357 | 262,9712) 598,1086| 1534 Ob 2626 | 80,1166| 780,9632 
©1511 Pa re 0 | 261,2085! 599,87131 1535| A 5 1706 98,4523| 762,6275 
Stat ” “ 0 | 263,0027| 598,0771| 1536 % : 1284 | 104,3347| 756,7451 
1512 hi hs 1473 | 268,5433| 592,53651 1537 Bertoldshofen 747 | 147,7433| 713,3365 
1513 he ; 1812 | 150,2961| 710,7837| 1538 Hr n; 4097 | 153,7317| 707,3481 
1514 v 768 | 100,4187| 760,6611$ 1539 Biesenhofen 2083 | 160,3690| 700,7108 
1515 zn ; 336 97,8653| 763,2145| ©1540 en e 87 | 159,4716) 701,6082 
1256 | 112,3128) 748,7670| Stat ‘, s 0 | 161,5244| 699,5554 
h: ” 803 | 100,0921| 760,9877| 1541 „ 2383 | 170,0778| 691,0020 
Hötten 1831 92,9523| 768,12751 1542 nn = 4127 | 147,7619| 713,3179 
„ - 1372 | 100,5678| 760,5120 1543| Oberdorf 2493 | 131,8063| 729,2735 
„ „ 2090 | 144,3427| 716,7371| ©1544 si; 3: 0 | 130,1569| 730,9229 
Peiting 2246 | 158,2488| 702,8310| Stat 4 ir 0 | 132,4390| 728,6408 
Bol .; 2724 , 186,7773) 674,3025| 1545| Hohenpeissenberg — [—126,7381| 987,8179 
s ” 792 | 185,6319) 675,4479| 1546 Bichel 2129 | 237,3126| 623,7672 
Schongau 2615 | 173,4152| 687,6646| 1547 f. 3354 | 245,6540| 615,4258 
AubOE,; 1316 | 133,9090) 727,1708| 1548 nee 1174 | 211,2928] 649,7870 
„ ” 2737 | 113,7430| 747,3368| 1549 Kochel 2483 | 255,7154| 605,3644 
Erbenschwang 2249 | 103,9507| 757,1291| 1550 M 2634 | 256,5256| 604,5542 
rs ” 1048 79,4640, 781,6158| 1551 h 1078 | 256,1495) 604,9303 
; 995 40,2952| 820,7846| 1552 „a 1759 79,6360| 781,4438 
5 4 904 | — 4,2196) 865,2994] 1553 { . 937 1,2137) 859,8661 
Krottenhill 1182 | —33,5732| 894,6530] 1554 Urfeld 159 15,3349| 845,7449 
7 = 1024 15,7371) 845,3427| 1555 Walchensee 1779 55,2456| 805,8342 
Hauptfixpunkte. 

u 

Ort Verbess. | Meeres- | Punkt Ort Verbess. | Meeres- 

Cote höhe Nr Cote höhe 

Hof 361,2273| 499,8525| XII Aschaffenburg | 728,0846| 132,9952 
Oberkotzau 376,8539| 484,2259| XIV n = 721,8358| 139,2440 
Eger 413,1607| 447,9191| XV Bruck 580,4141| 280,6657 
Marktschorgast 385,9168| 475,1630| XVI Nürnberg 549,8204| 311,2594 
Bayreuth 521,4801| 339,5997] XVIL “ 3 559,9214| 305,5584 
“Culmbach 593,6582| 307,42161 XVII a A 559,3320| 307,7478 
Lichtenfels 589,0858| 271,9940| XIX Gunzenhausen 443,0658| 418,0140 
Bamberg 599,7795| 261,3003 XX Neumarkt i/O 436,0527| 425,0271 
- x 602,0871| 258,992 XXI Regensburg 519,5417| 341,5381 
Schweinfurt 635,6425| 225,4373| XXI a = 518,7033| 342,3765 
Würzburg 687,7675| 173,3123[| XXI “ { 522,0546| 339,0252 
a 2 678,8068| 182,2730| XXIV Schwandorf 494,9299| 366,1499 


Ne 


183 
Punkt Ort Verbess. | Meeres- | Punkt Ort Verbess. | Meeres- 
Nr Cote höhe Nr Cote höhe 
XXV Weiden 463,5216 397,7582]| LI Berchtesgaden 329,3165| 531,7633 
XxVI Landshut 468,6942| 392,38561 LIII 2 A 309,1873| 551,8925 
XXVIl S p  466,7215, 394,3583] LIV Königssee 259,2775| 601,8023 
XXVIOI Geiselhöring 505,3964| 355,6834| LV Nördlingen 427,2394| 433,8404 
XXIX Plattling 339,7238| 321,3560| LVI Donauwörth 442,7093| 418,3705 
VOOL r " 937,3999| 323,6799| LVI Augsburg 369,4947| 491,5851 
XXXI Sandbach 995,6536| 305,4262] LVIIL a h 373,3847| 487,6951 
XXXI Passau 564,0489| 297,0309| LIX N f 365,5421| 495,5377 
XXX : 2 556,1318| 304,94800| LX Ulm 382,5364| 478,5434 
XXXIV 2 x 599,7351| 301,3447| LXI . n 383,9906| 477,0892 
XXXV Neuhaus a/Inn 999,4798| 8307,6000| LXII Buchloe 232,4026| 628,6772 
XXXVI Poking 996,8012| 324,2786| LXII Kempten 186,6479| 674,4319 
XXXVII Mühldorf 476,2986| 384,7812| LXIV 2. 194,5194| 666,5604 
XXXVIN e a 478.1293| 3832,9505| LXV Immenstadt 132,4042| 728,6756 
XXXIX Aufkirchen 373,6879| 487,39191 LXVI Oberstaufen 68,4649| 792,6149 
XL Bogenhausen 324,7736| 536,3062] LXVIL e Pi 69,2120| 791,8678 
XLI B 332,3250| 528,75481 LXVIIL Lindau 461,1567| 399,9231 
XL Oberföhring 347,6938| 513,3860| LXIX u n 464,6473| 396,4325 
XLIN München 346,5009) 514,5789 LXX Bregenz 464,6142| 396,4656 
XLIIA 2 4 346,6773) 514,4025| LXXI Fussach 465,0769| 396,0029 
XLIV 5 ” | 342,0872| 518,9926| LXXI | Rorschach 465,2010| 395,8788 
XLV 5 a 341,9628| 519,1170| LXXIL Tölz 202,5597| 658,5201 
XLVI Holzkirchen 169,0272) 692,0526| LXXIV Seeshaupt 264,3902| 596,6896 
XLVI Rosenheim 413,8203 447,2595| LXXV Schongau 149,5743| 711,5055 
XLVII Oberaudorf | 357,3346| 503,7452| LXXVI Hohenpeissenberg |-128,4168| 939,4966 
XLIX Kiefersfelden 374,4128| 486,66701 LXXVIL Kochelsee 254,4345| 606,6453 
L Stock bei Prien 340,8546| 520,2252] LXXVIU Walchensee 55,3192) 805,2606 
LI Salzburg 435,8741| 425,2057 
Berichtigungen. 
Seite 7 (55) Zeile 10 v. o. statt „einem“ zu lesen „zwei“ Hauptpunkte; 
13 KO. L)E Sl ED Peer „1870* 1878: 
162 CA) ER „192% ? „102“; 
1018. 66 OB, „dieser“ >» „der zweite“; 
20, (68), DU: —49 +49; 
zei alla) = 6vu „LXXVII“ A TDNSXSV III: 
a6, (IA SELL, „em“ „m“; 
BER LO)E TA - „Heimgarten“ „Herzogstand“ ; 
62, (LO) „2,5736“ „0,5736* ; 
MESSE oe Br shjte)n „327,8679* ; 
SL LET) Selber AO NEAUSE „490,6408* ; 
re ae lz 0 „465,0759* „465,0769“ ; 
120120) Ya „97,0453* 4 997,6458°. 
er l20)e>% Sur 0 94064011.78: » n846,67278°, 
72 (120) , Su „514,4020° , „514,4025° ; 
3 ae) 6 De ,ol8-888l0 77,0002518,388 kn; 


133 


Anhang 


betreffend die in den Abhandlungen der mathematisch-physicalischen Classe der K. 
Bayerischen Akademie der Wissenschaften vom Jahre 1876, Bd. XII, Abthlg. 3, 
Seite 128 u. ff. enthaltene und daraus besonders abgedruckte 


„Bestimmung des geographischen Längenunterschieds zwischen 
Leipzig und München.“ 


Die geodätische Uebertragung des für das Polytechnikum in München und die 
Sternwarte zu Leipzig bestimmten Längenunterschieds auf die Sternwarte zu Bogen- 
hausen erforderte bekanntlich eine unter ziemlich misslichen örtlichen Verhältnissen 
auszuführende Triangulation, deren Ergebnisse in der vorstehend bezeichneten Ab- 
handlung auf Seite 186 (58) bis 193 (65) mitgetheilt sind. 

Mehrere der damals von meinem Assistenten, Herrn Dr. J. H. Franke, be- 
stimmten Dreieckspunkte wurden von demselben Geodäten in seiner Eigenschaft als 
Kataster-Trigonometer in neuester Zeit wiederholt für die Aufnahme der Stadt 
München gegen die Coordinatenaxen der Bayerischen Landesvermessung festgelegt, 
wobei sich auffallenderweise ein erheblicher Unterschied zwischen den neuen und 
alten Coordinatenwerthen der Punkte P,P, P,P,P, ergab. 

Die sofort von uns vorgenommene Untersuchung dieser Erscheinung zeigte bald dass 
der bemerkte Unterschied nicht in den Messungen sondern in der Anwendung eines 
falschen Reductionsfactors lag, indem Herr Franke bei der Verwandlung der in 
Bayerischen Ruthen gegebenen Coordinatenwerthe in Metermass nicht mit dem 
richtigen Factor sondern mit dessen reeciprokem Werthe multiplieirt 
hat; ein Fehler, dessen auch ich mich bei der Revision der Rechnungen dadurch 
schuldig machte dass ich den Reductionsfaetor nicht weiter prüfte. 

Nach Beseitigung des bedauerlichen Fehlers weichen die aus zwei verschiedenen 
Bestimmungen berechneten Coordinaten der oben bezeichneten Punkte sehr wenig 
von einander ab; ich theile jedoch nur die der neuesten Triangulation entsprechenden 
Werthe mit, weil bei deren Berechnung der Ausgangspunkt auf der Attika des Poly- 
technikums nicht blos unter günstigeren Bedingungen als früher, sondern auch mit 
Benützung der unterdessen verbesserten Coordinaten des für die erste Triangulation 
gegebenen Hilfspunkts P (Thurm der protestantischen Kirche) bestimmt werden konnte. 


> 


134 


Die jetzigen in Meter ausgedrückten Coordinaten des Punktes A mitx = + 1113,12 
y= + 357,60 zu Grunde gelegt, ergeben sich in den geodätischen Rechnungen der 
Eingangs angezogenen „Bestimmung“ nun folgende Aenderungen: 


Seite 189 (61): Coordinaten der 4 Beobachtungspfeiler : 


Pi .2.x =. 76 Aa Ivy 5098, 
P,...x= + 106374 y = + 37256 
P,...x= + 1040,64 y = -+ 450,80 
P,...x= + 1248,09 y = + 361,07. 
Seite 190 (62): Auf den wahren Meridian reducirte Coordinaten : 
a An N 
P, Rn oe, 
P,...x = + 104067 y' = + 450,73 
P,....x = + 1248,12 y‘ = + 360,98 


von denen jedoch nur in Betracht kommt: 
P, mit x, —2-1,01248,]22undey, => 1,.1260,98 
Seite 191 (63) P, P, = 2903,16 mit log = 3,4628715 
SP, P, = 279% 25‘ 09',7 
Seite 192 (64): Auf Zeile 2 soll es heissen x, = 1248,12 


auf Zeile 5: & = 206265 = = 40',30 


in Gl. (y): 9, =9 + &, = 48° 09° 00",30 
auf Zeile92 y, = | 300,98 


in Gl. (6): 7, = 206265 Fr ae — 1°,165 
"COS p, 
in G. (6): 4, =A—n, = 290 13° 57,53, 
In Folge eines Druckfehlers steht ferner in Zeile 14 
xl = 0122,99 ,8talt x, = 1 7.0702,99 
so dass sich hiernach in Zeile 15 und 17 die Werthe ergeben: 


& = 206265 — — 24,96 
r 
% =9+ 5 = 48° 08 44',96. 
Hiermit erhält man weiter 
7 = 206265 ——- = 121,126 = 8,075 a) 
TCOSp, 
= A4+ 9m = 29° 16° 16,13 (&) 
Es wird also der Breitenunterschied 9, — 9%, = 15',34 (n) 
ferner wird der Längenunterschied A, — A, = 138',60 


und damit 


1"165 +8°075 = 9240 + 0001 (9) 
Seite 193 (65) soll stehen: 
Zeile 3: 3" 17186 — 9240 = 3" 7916 + 0°018 (1) 
Zeile 9: 9°,240 — 0°,027 = 9°,213 
Zeite 12: 3"17°154— 9213 = 3" 79H + 0018 () 


Zeile 15: statt 0,36 nur 0,16 Zeitsecunde. 


Hiernach beträgt der geographische Längenunterschied zwischen Leipzig und 
Bogenhausen, wenn man ihn auf die Beobachtungspfeiler beider Sternwarten 
bezieht: 3” 7°946 und wenn man ihn für die Mittel der Sternwarte in Leipzig und 
der westlichen Kuppel der Sternwarte in Bogenhausen berechnet: 3” 7°941; zwei 
Werthe, welche nach einer Mittheilung des Herrn Professors von Oppolzer in Wien 
mit den aus den telegraphischen Längenbestimmungen Leipzig— Wien und München— 
Wien berechneten Längenunterschieden 3” 7°920 (Steib-Weineck) und 3” 7'887 
(Albrecht) in befriedigender Weise übereinstimmen. 


München, Ende Oktober 1879. 
C. v. Bauernfeind. 


alle UEO= TORA+ EDS EN! «6: 
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Ueber 


die Berechnung der wahren Anomalie 
in nahezu parabolischen Bahnen, 


Von 


Theodor Ritter von Oppolzer. 


Abh. d. II.Cl. d. k. Ak. d. Wiss. XIII. Bd. III. Abth. 15 


- 


2 


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7 


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Ueber 
die Berechnung der wahren Anomalie 


in nahezu parabolischen Bahnen. 


Von 
Theodor Ritter von Oppolzer. 


Die Berechnung der wahren Anomalie in nahezu parabolischen Bahnen 
stösst immer auf besondere Schwierigkeiten, die darin zu suchen sind, dass 
die durch die Analyse hergestellten geschlossenen Formen für die Ver- 
bindung der Zeit mit dem Orte in der Bahn ihre praktische Anwend- 
barkeit in diesem Falle verlieren, wiewohl man durch Anwendung 
grösserer logarithmischer Tafeln oft eine hinreichende Annäherung er- 
halten kann. Bedenkt man die ganz bedeutende Mehrarbeit, die grössere 
logarithmische Tafeln bei ihrer Anwendung verursachen und ausserdem 
den Umstand, dass sich dieses Mittel für Bahnen, die sich nur sehr 
wenig von der Parabel unterscheiden, nicht anwendbar erweist, so wird 
man es begreiflich finden, dass mehrfache Versuche gemacht wurden, 
um diesem Uebelstande abzuhelfen. Sehr zweckmässige Vorschläge sind 
von Bessel und Brünnow nebst den hierzu nöthigen Hilfstafeln publieirt 
worden, doch verdient unstreitig das von Gauss in der Theoria motus 
angegebene Verfahren wegen seiner umfassenderen und bequemeren An- 
wendbarkeit den Vorzug. Dasselbe ist aber dem Nachtheile unterworfen, 
dass die Rechnung eine indirekte ist und das Ziel nur durch eventuell 
mehrfach wiederholte Versuche erreicht werden kann; allerdings hat 
Gauss seiner Methode eine solche Form gegeben, dass bei den gewöhnlich 
stattfindenden Verhältnissen die Versuche auf ein Minimum von Arbeit 


reducirt sind. Ich werde in den folgenden Zeilen ein Verfahren angeben, 
18: 


140 


welches frei von diesem Nachtheile ist und nur eine äusserst kurze und 
bequeme direkte Rechnung erfordert. 

Bezeichnet man mit e die Excentricität, mit v die wahre Anomalie 
und setzt der Kürze halber: 


so gilt bekanntlich die folgende Relation: 
Euyälznen ‚| 


er nee Te aa ehe 
2 “ ner en na: rer 


Re, >> 1) 


in welcher Gleichung k die Konstante des Sonnensystemes, t die Zeit, die 
seit der Perihelpassage in Einheiten des mittleren Sonnentages verflossen 
ist, und q den Perihelabstand der vorgelegten Bahn darstellt. Ist die 
Bahn eine Parabel, so wird e=o und die Bestimmung von r aus t wird 
mit Hilfe einer kubischen Gleichung hergestellt; die Lösung dieser ku- 
bischen Gleichung ist aber bekanntlich durch die Herstellung der sog. 
Barker’schen Tafel sehr erleichtert. Eine solche Tafel findet sich mit 
verschiedenen Abänderungen an mehreren Orten; ich beziehe mich in 
dem Folgenden hauptsächlich auf jene Form, die ich der Barker’schen 
Tafel in meinem Lehrbuche der Bahnbestimmung gegeben habe; dieselbe 


gibt mit dem Argumente: M=tg°?, sofort den Werth der zugehörigen 
wahren Anomalie in der Parabel. Ist e aber eine mässige Grösse, wie 
dies stets bei nahezu parabolischen Bahnen der Fall sein wird, so wird 
jedenfalls mit Hilfe der Barker’schen Tafel ein Näherungswerth für die 
wahre Anomalie erhalten werden können; die obengenannten Methoden 
und auch die hier zum Vortrage gebrachte ziehen von diesem Hilfs- 
mittel Nutzen. 

Ich führe zunächst zwei Unbekannte x und f in das Problem ein, 
zu deren Bestimmung nothwendig 2 Bedingungsgleichungen gegeben sein 
müssen. Die eine Bedingung wähle ich so, dass der Gleichung: 


u 


1 
eh 2) 
3” B 


141 


genügt wird. Multiplicirt man beiderseits mit f so erhält die Gleich- 
ung rechter Hand jene Form, die in parabolischen Bahnen zur Bestimm- 


rag: 1 ! 
ung der wahren Anomalie dient, nur tritt statt ig. v die Unbekannte 


fx ein; man kann daher zur Bestimmung der Grösse fx die Barker’sche 
Tafel benützen, sobald f bekannt ist, da der links vom Gleichheitszeichen 
in 2) stehende Ausdruck in einem gegebenen Falle einen bestimmten 
numerischen Werth annimmt. Als zweite Bedingung für die Bestimmung 
der Unbekannten nehme ich an, dass zwischen r und x die Relation 
besteht: 


wen ee le zn Muse 3) 


in welchem Ausdrucke A,, A,, A,,... ausschliesslich nur Funktionen von 
e sein werden, deren Bestimmung weiter unten vorgenommen werden 
wird. Bildet man nach 3) die positiven ungeraden Potenzen von r, so 
wird man erhalten: 


Pe TE Be x DB,EexRi pe N 


ale ea nn \ 


in welchen Gleichungen die durch grosse römische Buchstaben darge- 
stellten Coöfficienten nur Funktionen von & sein werden; ausserdem aber 
wird die Darstellung der B, C, D,... Coöfficienten als Funktionen von 
A, A,, A,... mit Hilfe des polynomischen Satzes keinen weiteren Schwierig- 
keiten unterworfen sein. Substituirt man nun die Ausdrücke 3) und 4) 
in die Gleichung 1), und ordnet nach den ungeraden Potenzen von x, so 
findet sich sofort mit Rücksicht auf 2): 


142 


Vergleicht man die zu gleichen Potenzen von x gehörigen Coeffhi- 
cienten, so finden sich sofort zur Bestimmung der auftretenden Unbe- 
kannten die Relationen: 


P-1hBeldı—,) 
Se 
BREBNSE N. 
Bo Gm ann 


Es ist also f ebenfalls blos eine Funktion von & Die Gleichungen 
5) enthalten die Lösung des Problemes, da dieselben die Bestimmung 
der A, A», A,... Coöfficienten nach steigenden Potenzen von & gestatten. 
Ich werde hier vorerst nicht die Mittel angeben, mit deren Hilfe man 
diese Berechnung ausführen kann, um den Gang der Entwicklung nicht 
weiter zu stören; nur so viel will ich gleich erwähnen, dass Herr Robert 
Schram, den ich ersucht habe in Verbindung mit Herrn F. K. Ginzel 
die hierfür nöthigen numerischen Operationen durchzuführen, sich in 
einer höchst umsichtigen Weise seiner mühevollen und umfassenden Auf- 
gabe entledigt hat; die von demselben zu diesem Ende entwickelten sehr 
zweckmässigen und übersichtlichen Rechnunssvorschriften lasse ich am 
Schlusse dieser Abhandlung nach seinen eigenen Worten folgen. 


Die folgenden Coöfficienten sind nach den zwei verschiedenen unten 
näher beschriebenen Methoden bestimmt worden; die Zahlen für jede 
der beiden Methoden sind durch eine doppelte Rechnung geprüft, indem 
sowol Herr R. Schram als auch Herr F. K. Ginzel unabhängig von ein- 
ander die diessbezüglichen sehr umfassenden Rechnungen durchgeführt 
haben. Da die so erhaltenen numerischen Werthe gleichsam durch eme 
vierfache Rechnung geprüft erscheinen, so kann an der Richtigkeit der 


145 


folgenden Angaben nicht gezweifelt werden. Es fand sich indem die 
Entwicklung bis zu den 8. Potenzen von & inclusive durchgeführt wurde: 


| 


Kol, 52 218875 3 632832 + 2302525440 °_ 
ı 5 15 78% 3081875 197071875 931164609375 
__ 156796508160 ° __946239939256320 
79148991796875  575974874994140625 


_ 37 128, 26665 ?_ 1105918 ® 3677736960 + 234632816640 > 

27175 7875 5031875 197071875 931164609375° 79148991796875 
1347692975124480 © 

I STEITASTAIGAL A005 


920 47805 1560226 2 4463842215 3 257171191200 # 
7875 3031875 197071875 931164609375  TO1ABOO1796875° 
1373122204587235 5 
7 57897487499410065 


6) 


| 
__ 198285 2555854 Ar 9982712015 u 271236337740 ec 1291566156007785 Ba 4 | 
* 3031875 197071875 951164609375 79148991796875 573974874994140625 


_ 7250264 _ 9064008855 Pet: 325397795760 Sr 1277657780431350 ar 
> 197071875 931164609375 . 79148991796875 578974874994140625 


_ 19310697825 _ 545876711100 un 1528051031511075 2? 
6 931164609375 79148991796875 578974874994140625 


wa 926120631240 __ 2720305768808895 an 
7 7 79148991796875 578974874994140625 


3824106664843950 
s  578974874994140625 


Hiermit erscheint das Problem völlig gelöst, denn nach der ersten 
Gleichung in 5) ist f eine einfache Funktion von A,, kann also für eine 
gegebene Excentrieität leicht berechnet werden; die Bestimmung von fx 
mit Hilfe der Barker’schen Tafel ist oben bei der Gleichung 2) näher 


1 VER: 
erläutert; es hat daher die Ermittlung des Werthes =tg,v mit Hilfe 


der Gleichung 3) keine weitere Schwierigkeit als die einer ziemlich 
ausgedehnten numerischen Operation. Es stellt sich daher nur noch die 
Aufgabe, ‘diese letztere durch zweckmässig konstruirte Hilfstafeln auf ein 
möglichst geringes Mass zurückzuführen. 

- Die Tabulirung von f als Funktion von & ist leicht genug auszu- 


144 


führen und in der That enthält dieam Schlusse angehängte Tafel I nebst einer 
später zu erläuternden Grösse E die diessbezüglichen Hilfsmittel. Wollte 
man aber mit Hilfe einer Tafel unmittelbar aus x nach der Gleichung 
3) den Werth von 7 rechnen, so würde eine sehr voluminöse und unbe- 
queme Tafel mit doppeltem Eingange nöthig sein; ich habe desshalb 
diesen Ausdruck noch weiter umgeformt, so dass die verhältnissmässig 
kleine Tafel mit doppeltem Eingange, die schliesslich nothwendie: ist, 
nur ganz geringfügige Korrektionen ergibt, die sogar so klein sind, dass 
sie selbst für eine 7 stellige Rechnung in den praktisch wichtigen Fällen 
verschwinden. Macht man 


A, 7) 


so wird sofort E als Funktion von & darzustellen sein mit Rücksicht auf 
die numerischen Werthe der Gleichungen 6); die diessbezüglichen numeri- 
schen Werthe von log E sind in die TafelI aufgenommen. Setzt man 
weiter 

n. Se x* 


373.920 mh 8) 
It 


G=14.n+ 


in welcher Reihe die Coefficienten von n die Anfangsglieder beziehungs- 
weise der Reihen A, As, A,... sind, so wird man 7 auf die Form 


bringen können, in welchem Ausdrucke offenbar H einen Werth annehmen 
wird, der sich von der Einheit nur um eine Grösse dritter Ordnung von & 
unterscheiden kann; es wird also logH selbst innerhalb der Grenzen 
der hier entwickelten Methode als eine kleine Korrektionsgrösse er- 
scheinen, die eine Funktion von &e und n ist. Die Grösse G erscheint 
als Funktion von n und findet mit dem diessbezüglichen Argumente in 
der Tafel II Aufnahme; die Korrektionsgrösse logH habe ich in die 
Tafel III mit doppeltem Eingange gebracht mit den, Argumenten e und 
n, diesebe gibt die betreffenden Korrektionen in Einheiten der 7. Deci- 
male; es sind der Uebersichtlichkeit halber auf die linke Seite des aufge- 
schlagenen Buches die für Hyperbeln auf die rechte Seite die für Ellipsen 


DE Pu 


ENRIRERRER 


145 


geltenden Korrektionen aufgenommen, d. h. für die letzteren sind beide 
Argumente positiv, für die ersteren negativ. 

Die explicite Entwicklung der Grösse log H als Funktion von & und n 
würde ziemlich weitläufige numerische Operationen veranlassen, ich habe 
es desshalb vorgezogen, dieselbe dadurch zu ermitteln, dass die nach 
der Formel 3) neunstellig berechneten strengen Werthe für r mit den mit 
derselben Genauigkeit berechneten zugehörigen Werthen von xG verglichen 
wurden; die Differenz der beiden logarithmischen Werthe ist die gesuchte 
Korrektion. Herr F. K. Ginzel, dem ich so vielfache Unterstützung bei 
meinen Rechnungen verdanke, hat diese nicht unbeträchtliche Arbeit 
nebst der Anfertigung der übrigen Tafeln mit grosser Sorgfalt durchaus 
auf neun Decimalen genau durchgeführt und sich dadurch ein dauerndes 
Verdienst für die Astronomie erworben. Die Tafeln selbst werden unten 
innerhalb so weit ausgedehnter Grenzen, dass sie wol nur von den periodi- 
schen Kometen kurzer Umlaufszeit in den seltensten Fällen überschritten 
werden, auf sieben Stellen abgekürzt mitgetheilt: die letzte Stelle ist daher 
mit Rücksicht darauf, dass die Rechnung neunstellig geführt wurde, in den 
drei dieser Abhandlung angehängten Tafeln nahezu völlig verbürgt. Um 
überall die neunte Stelle annähernd richtig zu erhalten, war es bei den Grenz- 
werthen in einigen Fällen nöthig mehr Glieder zu berücksichtigen, als durch 
die obigen Entwicklungen bekannt sind; es bot aber in der That gar keine 
Schwierigkeit durch Induktion die folgenden Coöfficienten mit hinreichender 
Annäherung anzugeben. Was die Grenzen der unten folgenden Tafeln an- 
langt, so sind dieselben weiter gezogen, als es durchaus nöthig ist, denn 
schon vor Eintritt der Grenzfälle bieten die gewöhnlichen Methoden 
zur Bestimmung der wahren Anomalie ohne Anwendung ausgedehnterer 
logarithmischer Tafeln, die nöthige Sicherheit. 

Es erübrigt also nur noch den Gebrauch der folgenden Tafeln zu 
erläutern und die Formeln zusammenzustellen, deren man bei der Be- 
rechnung bedarf. 

Zunächst wird man die für einen bestimmten Kometen als constant 
auftretenden Grössen ermitteln. Ist e die Excentricität, so wird man 
rechnen: 


2 A) 


Abh.d. 11. C1.d.k Ak.d. Wiss XIII. Bd. III. Abth. 19 


146 


Mit &e als Argument entlehnt man der TafelI die Logarithmen von 
fund E, und bildet sofort: 


EN VE: ß=eE B) 


wobei q den Perihelabstand vorstellt. Die Berechnung der Grössen e, @ und A 
sind für gegebene Elemente nur einmal durchzuführen und können den 
vorbereitenden Rechnungen angeschlossen werden. Ist t die seit der 
Perihelpassage verflossene Zeit in Einheiten des mittleren Sonnentages, 
so bildet man zunächst das Argument M für diejenige Barker’sche Tafel, 
die in meinem Lehrbuche für Bahnbestimmungen aufgenommen ist, nach 


M=aet I) 


und entlehnt damit aus derselben den Winkel w. Benützt man die 
Luther’sche Tafel, die Encke in der zweiten Auflage der berühmten Olbers’- 
schen „Abhandlung über die leichteste und bequemste Methode die Bahn 
eines Kometen zu berechnen“ publieirt hat, so hat man anstatt « zu 
setzen «U, wobei ist: logC = 9:9601277. 

Es findet sich gun x und weiter das Argument n nach: 


1 
zw | 
2 Te 
f | I) 
n=nx 


Aus der Tafel II wird nun mit dem Argumente „n“ der Logarithmus 
von @ entlehnt, aus der Tafel II mit den Argumenten „n und e“ die 
Korrektionsgrösse log H, die in Einheiten der siebenten Decimale ver- 
standen ist und in der Regel unmerklich sein wird; es ist dann schliesslich 


tg : vxGH II) 
womit die gesuchte wahre Anomalie gegeben ist. 


Ich werde nun noch die bei dieser Methode nöthigen Rechnungen 
durch drei Beispiele erläutern und wähle hierzu als die beiden ersten die 


147 


von Gauss in der Theoria motus bei demselben Probleme angeführten 


Zahlen 


1) e = 096764567, logq = 97656500, t= 63°54400 (Theoria motus 


Artikel 43). 
Die Rechnung der 


log (1—e) = 85099324 log f — 
2 
at e),— 02939469 — ‚logq = 
l 
log e = 82159855 5 log su eo 
2—= -0:0164432 loga = 
logE = 9I:I9997940 log ß = 


Konstanten nach A) und B) stellt sich wie folgt: 


9-9971225 


03515250 


3:3964584 


0:3451059 
82157795 


Hiermit ist die Rechnung der Konstanten abgeschlossen; für die durch 
t bestimmte Zeit wird sich nach I)—-III) die Rechnung zur Ermittlung 


der wahren Anomalie in der folgenden Weise gestalten: 


loet=. 1:8630745 
loeM= 21481804 
vu ee 
sw —, 499336865 

1 
zw =. 0:0632379 
logx= 00721754 
log& = 0:0040111 
logH = 0 

1 
8, v= 0:0761865 

1 
lan 50°0°0‘00 
v_ #10020.0.00 


logx’ = 01443508 
logn= 83601303 


n= 00229156 


Man sieht aus diesem Beispiele, welches von Gauss dem Halley’schen 
Kometen entlehnt wurde, dass die Korrektion wegen logH völlig ver- 


schwindet. 


19* 


148 


2) e=1'2618820, logq = 0'0201657, t=65'41236 (Theoria motus 
Artikel 46 II) 


log (1—e)= 9,4181056 log f = 0°'0191498 
3 
log (1-re)=  0'3544699 TS logq — 99697515 
au | 
log: = 9,0636357 o log ae 0:0267200 
e = — 0:1157806 log@«= 00156213 
logE= 0:0013453 logß = 9,0649810 


Mit diesen Konstanten findet man weiter: 


logt=  1'8156598 
logM =, 1:831284 
w= 70°31'14'28 


Aw — 35 ass A 

jl £ 
g,w = 9:8494195 
lo@x — = 9:8302697.°logx = 296605594 
logG = 99909244 logn= 8,7255204 
Ice ist = +5 n = — 0:0531521 
tg v =  9:-8211946 

1 


—vy —=.9981'3000 
0678907200: 


Diese beiden der Theoria motus entlehnten Beispiele geben für die 
umfassende Anwendung meiner Methode keine Anhaltspunkte, sie zeigen, 
dass in der überwiegenden Anzahl der Fälle in der Anwendung 
ohne Bedenken t=x@ allein gesetzt werden kann; ich will nun an 
einem extremen Beispiele zeigen, was die hier zum Vortrag gebrachte 
Methode zu leisten vermag und wähle hierfür Bahnelemente die dem 
Faye’schen Kometen entlehnt sind. Die Excentrieität überschreitet wenig 


N 


149 


den Werth von 0'5, und die gewöhnlichen Metnoden sind ohne besondere 
Schwierigkeit anwendbar, doch glaube ich, dass der hier in Vorschlag 
gebrachte Rechnungsmechanismus für die kleineren Anomalien bequemer 
ist. Es sei: 

e = 0:5549454, logq = 02304435 


damit ergeben sich die Konstanten wie folgt: 


& = + 02862187, log « — 95422560 
logf— 99425786, log? — 9-4523956 


für t= 260 findet sich: 


logt= ,2:4149733 
loegM= 19572293 
LEN) 


_w= 41°15:32124 
: 
tg5w= 99431249 
logx= 00005463 logx’= 0:0010926 
lor& —.EN5L5A3TU Morn!— 9:4534882 
logH = — 668 nr .02841 1171 
ji 
ze 0:0550532 
1 
5V= 483711868 


IM IABEBE 


Rechnet man dasselbe Beispiel nach den bekannten geschlossenen 
Formeln, so ergibt sich zunächst der Logarıthmus der täglichen mittleren 
siderischen Bewegung in Bogensekunden: 26769613 und damit die 
mittlere Anomalie für die vorgelegte Zeit 34°19'36''14. Die excentrische 
Anomalie findet sich nach einigen Versuchen (loge‘ = 50586754): 
2252.95477, also: 


logtg „E = 97834022 
1+e 
log V- — 0.2746510 
1 


in vollkommener Uebereinstimmung mit dem obigen auf viel bequemere 
Weise erhaltenen Werthe. 

Es erübrigt noch einige Bemerkungen zu machen betreffs des um- 
gekehrten Problemes, nämlich der Ermittlung der Zeit aus der wahren 
Anomalie. Der Gleichung 3) kann man ohne Schwierigkeit die Form geben: 


®2 jl 1 
er Piig,v+Btg,w) 


wobei die Werthe von P, und P, in Tafeln mit dem Argumente: 


0) = Is o ı v° 
er 29 

gebracht werden können; ich theile aber die diessbezüglichen Tafeln hier 

nicht mit, weil sich dieselben bereits im II. Bande meines Lehrbuches 

zur Bahnbestimmung der Kometen und Planeten publicirt finden. 

Es erübrigt nur noch auf die Methoden näher einzugehen, welche 
zur Ermittlung der oben auftretenden numerischen Coöfficienten ge- 
dient haben, und ich lasse, wie schon oben erwähnt, zu diesem Ende die- 
von Herrn R. Schram mir übergebene Darstellung des befolgten Ver- 
fahrens folgen. 

In den Geichuneen. 5) wurde,, da Ay, A,.... By BD... Creme 
Reihen nach steigenden Potenzen von & sind, eingeführt: 


ANZIAN EA DESS AL Are ee ee 
BB. Bo eo be bee ee 


151 


und nach Einsetzung dieser Reihen in die vorgelegten Gleichungen wurden 
die Coöfficienten der gleichen Potenzen von & einander gleichgesetzt. Man 
erhielt so aus jeder Gleichung ein System von Bedingungsgleichungen : 


ale B 430 | 
10 5 Ar 77 0 
3 4 
Bı=— Ant 2Bo Bn=+,+20, Ant 2B, 
Bis = — A, +2 B,, B> = +2 C2— A; 35 2 B, 3 C,, 
Bi; — —Ay»t2Bs 
‚4 {2} 
Bo= 75 t+200—3Du 
Ba=—5+204-3Du—Aut2Bn—305+4Dn 
B, = +20,—3D;a— Ay, +2B,—3C,r4D, 12 


5 
Bo = 77 72% 3Do+ 4E,, 


6 
B, -=+ a2 5 3D,„t4E,—Ayt2Bo — 3 Ca r4 Da, — 
—5En 


Ba=+20,—3D,4+4E,»— Ay, rt 2Bu—- 30, 74D, — 55 


an an er up ee 


Diese Gleichungen konnten nicht zur Bestimmung der Unbekannten 
ausreichen, sondern man musste sich ein weiteres Gleichungssystem ver- 
schaffen aus der Abhängigkeit der Grössen B, C, D, E..... von A. Es 
ist nach dem polynomischen Satze wenn man 
DNA PEN FNx+HNxeHN,x.... setzt 


! BR" © : BR Da er 
Ny= Sippe A A Au mit den Bedingungen: aß +y+-... = 19) 


und aa; Pb ver». 


ist nun aber A, = (Aut A,, yo Ausy ne) “ so ist der Coöfficient von y’ 
gleich 


! «e N ‚ 
oe EN Rn Me „ mit den Bedingungen: « +P'+y'+..=o 
unda a Ak ich ar ee 
ebenso für Ak = (AA year An yes Je der Coöfficient von 13) 
y° gleich } 


Su ai ER nn A mit den Bedingungen: «" +ß"4+y '+.. = 


a al Ta ae 


undre'" a’ = ja .bre sn yaıcıe 


Setzt man die Werthe aus 13) in 12) ein, so wird, wenn r+s=p 


n! Eu Br y' BU rn 
N ap auge ig IN ne RP Ad a 47 St ür ER, Gn 
Re 
mit.den Bedingungen a. 17... Ko. Bis os en 
0.2 Baar nsar.. Ivo: bo. ben be dk en nee 
ana ebene. ar Beben a 
Da nun 
3 B,, ein Coöfficient in der Entwicklung zur 3. Potenz 
B) 0 ” ” » ” ” ” 5. ” 
Dan z f „ & len. fir 
ist, so wird man haben: 
2! ; 
B, 2. En „A. mit den Bedingungen: a+ß+y=3; 


ka Eu 
a, 9b ne — m wa 2b 1 Mer p 


4! 
mp Sarat,! de! 
a+ß+y+d4e=5;aa+ßb+yc+dd+tse=m; 
cat Bbtyc rodd-tee=p 


@ B % d € B . 
A, Ayyı Au. Asa A... mit den Bedingungen: 


Jede dieser Gleichungen lieferte nun ein System von Bedingungs- 
gleichungen: 


B,=Ayn+ An ON au, ) 
B, =A,t2A,An * G,, = A,, ar 4 A, Ayo 
B, =; Ay % 2A,» An Ar Ad C, — Ay +4 An Ay a % AR, 
1 
Bo = Ay + 2 AynAyot 3A Du =Ay+3 Alto 
B;, =Ay,t2A, Aut 2 AA, + Ay Ai D,, =A,+6A,An 14) 
ausserdem ist wegen Ay= 1, Ayı = Ay = Ay: . .. = 0 
er 0, - D,- En Baalaie,n — Av 
I 6, -D, =E; Aroma — UN 
Br — 0 —D, Ne — A, 
2 ] 


Diese Gleichungen in Verbindung mit 11) gestatten nun eine successive 
Bestimmung der Grössen Ay Au An-..- Ay Ası As...... A a 

Um die erhaltenen Resultate einer durchgreifenden Controle zu 
unterziehen, wurden die Coöfficienten der f? Reihe nach einer ganz 
anderen Methode nochmals gerechnet. 

Setzt man zwischen x und r eine Relation voraus von der Form: 

ze Meer erde... 
ziel, = 1 HB, Er B, er...) 
so werden zunächst die B Coefficienten völlig bestimmte Funktionen der 
A’ Coöfficienten sein; jeder dieser Coöfficienten wird durch eine Reihe 
nach steigenden Potenzen von & darzustellen sein. Substituirt man diese 
- Reihen in die Gleichung 2), ersetzt aber den links vom Gleichheitszeichen 
Abh.d. II. Cl.d.k. Ak.d. Wiss. XIII. Bd. III. Abth. 20 


15) 


154 
stehenden Ausdruck durch die Relation 1), so wird, wenn für f? eine 


1 
Funktion von der Form 3 Re rer 


und für A und B 
A,=AntAnet Ag tAse tr... 
N NE ee 


1 
3 
1 
3 


Dee 


BB. th Boeı Be Die 19 


eingeführt wird, die Gleichsetzung der Coöfficienten der gleichen Potenzen 
sofort ergeben: 


1 ’ 3 
ze 3 Bu=+r7 
Du | a 
en B1= 39, Bo Au 7 
Pa N B2=— 39, B,— 3 P, Bon —Ası 
9=| An . 
= we 2 16) 
D) 4 
Di Bu B,= ig 
f ‘ 2 3 . 3 
Bu=—39,Bo—Antz Bu=+,739, BA, 
B,=—3 p, Bı—3 2 Bo—Az Ba»= 39, BD, 3 P, B, Pr A, 


Diese Gleichungen in Verbindung mit dem ersten Gleichungssysteme 
von 14) gestatten aber die Grössen 9, ı $3.... in völlig unabhängiger Weise 
zu bestimmen und es erscheint somit, da in der ersten Methode alle späteren 
Coöfficienten bei der Berechnung der f? Coöfficienten auftreten, die ganze 
Entwicklung durchgreifend controlirt. 


nr, 


155 


20* 


Tafel I. 
| I} 
€ losf | Diff. | logE |Dif. & log: f Diff. log E Dift. 
—0:300 || 00462482 | _ ‚.-.. 00031720 —0:250 | 0:0392507 - | 0:0027090 
—0:299 | 0461106 | Z12.6 00316201 Tun || —0249 | 0391082 | 1425 | ooaaa05 | — 93 
—0:298 | 0459730 Z1s7g | 0031539 | 9, | —0:248 | 0389656 | 1426 || 0028900 | Z 23 
—0297 | 0458352 | 132g | 0031449 | Zn | —0247 | 0388229 | _1427 | 0026805 | — 9 
0296 | 0456974 |" 0031358 —0:246 | 0386801 | "|| 0026709 | — 96 
1380 91 | | 1429 — 95 
—0:295 | 010455594 | _ 1399 00031267 | _gg || —0245 | 0'0385372 | 1499| 00026614 | _ 95 
— 0294 | 0454214 | Ziag9 | 0031176) Zg1 || —0244 | 0383942 | 1430 | 0026519. | = 90 
—0:293 | 0452832 | 1595| 0031085 29, || —0'243 | oasasıı 1451| 0o2saaa | — 26 
—0:292 | 0451450 1394 | 0030994 ig, | —0:242 | 0381079 | Z14s2 | 0026328 | = 90 
0291 | 0450066 0030903, U || -0:241 | 0379646 1433 | 0026232 
| 2 | —1384 || —91 | —1434 — 96 
—0290 , 0:0448682 0:0030812| _ 0, || —0:240 | 00378212 | _,4.- | 00026136 
—0:289 | 0447297 | Z 1356, 0020720 97 ||| —0239 | oarerez 1435 | oo2s0a0 | = 26 
— 0288 | 0445911 | Zisss | 0030629] Z51 || —0238 | oaraaaı | 1426 | 0025944 | = 36 
—0:287 | 0444593 | Z1sg5 | 0030538] Z5 || —0237 | 0373904 | 1437 | 0025848 | — 96 
0.286 | 0443135 0030446 | = || —0:236 | 0372465 | 139 | ooası52 | —° 
—1389 92 | —1439 196 
— 0285 | 00441746 | _ 1399 | 0'0080354| 95 ||| —0:235 | 00371036 | _ 7440.) 00025656 | _ 94 
—0284 1 0440356 | 1390 | 00302621 =; ||| —0:234 | 0a69586 | _1449 | 0025560 | = 26 
—0:283 | 0438965 | Z1505 | 00soızı! 245 | —0233 | oseeıaa | —142 | 0025463 | = 97 
—0:282 | 0437573 | 21802 | 00soozs| =; ||| —0232 | osseroa | —1442 | ooasser | — 96 
0:81 | 0436180 93 | ooagasz | 92 III - 0231 | 0365958 | — 0025270. | = 
—1394 —92 x) —1444 a 
0,280 | 00434786 | _ aor | 0'0029895 0'230 || 00363814 . | 0:0025173 
—0:279 | 0433391 | _1502 | 0029802 | =, || —0:229 | oas2368 | 1446 | ooasorz | = 26 
— 0278 | 0431995 | _1506 | 0029710 | Zg5 ||| —0:228 | 0360922 | —1448 | oo2asso| = 97 
— 0277| 0430598 | 21502 | 0oage18| Zg, ||| —0:227 | osssara | 1448 | ooaasss| = 97 
— 0276 | 0429200 98 | 0029525 | 9° ||| -0:226 | 0358025 9 002a7Be | 
1399 _92 —1449 —9R 
— 0'275 || 00427801 | 1499100029433 | 95 ||| —0'225 | 0:0356576 | _ 145] | 00024689 | _ gg 
0274| 0426401 | Z1400 0029340 | 95 1] —0:224 | osssıas | 1451| oozassı | = 2% 
—0:273 | 0425001 | 21400 | 0029247 | =, || —0:223 | 0353673 | 1452 | 0024494 | = 97 
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- 0,250 || 0:0392507 00027090 | 0:200 | 0:0319983 0.0022927 


156 


Tafel I. 
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—1494 in —1551 —107 
_ 0.185 | 0:0297700 0:0020720 —0:135 | 00221562 | _ 1.» | 0'0015524 
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- 0181| 0291716 0020314 | 102 ||| 0131 | 0215342 | 1997| 0015097 
| 1499 —102 | —1558 —107 
— 0180 | 00290217 | 1.00 |\0:0020212 0'130 | 00213784 00014990 
—0:179 | 0288717 | 1509| 0020ırı] Zios | 0129 | ozıaaes | 1250| ooı4sea | 108 
0178 | 0287215 | Z1205 | 00200091 Z105 | —0128 | ozıoses [71260 | ooıazzs| —107 
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0175 || 0:028270 00019702 | _ 105 ||| --0125 | 0:0205976 0:0014452 
—0174|| 0281199 | 1307 | 0019600 | =105 || —0:124 | oaoaaıı | 21263 | oo1asaa| 108 
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0170 | 0:027516 1 ||0:0019189 —0:120 || 0:0198137 0:0013912 
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Tafel I. 
| I 
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0129406 | Ziesr || 0009141 | =11, | —0r027I| 0046352 | —1606 | 0003298 | "150 
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0122889 | 1622 | 0008685 | 114 || —0023| 0039554 | —1702 | ooozsı6 | Z15r 
0121257 | _1654 | 0008571 | 211, || 0.022] 0037851 | =1702 | 0002695 | —151 
0119623 0008457 —0:021| 0036146 | — 0002574 | 121 
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Tafel I. 
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159 
Tafel I. 


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160 


Tafel I. 

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— 0'250 


Abh.d. Il. Cl.d.k. Ak. d. Wiss. XIII. Bd. III. Abth. 


Tafel II. 


+1489 


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Tafel II. 


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Berichtigung: 


In Folge einer bei Herstellung des Satzes der Tafel III nothwendigen Abänderung 
in der Anordnung der Zahlen hat man in den beiden letzten Zeilen der pag. 144 zu 
lesen: es sind auf pag. 164 und 165 die für Hyperbeln, auf pag. 166 und 167 die 
für Ellipsen ... . i 


Ueber 


dıe äusseren weiblichen Geschlechtstheile 
des Menschen und der Affen. 


Nzehbtrrae 


von 


Dr. Th. L. W. v. Bischoff, 


Mit zwei Abbildungen. 


Abh.d.11.Cl.d. k. Ak.d. Wiss. XIII. Bd. III. Abth. 


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Ueber 


die äusseren weiblichen Geschlechtstheile 
des Menschen und der Affen. 


Nachtrag 
von 


Dr. Th. L. W. v. Bischoff. 


In meiner Abhandlung über _die äusseren weiblichen Geschlechtstheile 
des Menschen und der Affen, insbesondere der Anthropoiden, habe ich er- 
wiesen, dass diese Geschlechtstheile bei dem menschlichen Weibe nach 
einem ganz anderen Typus als bei den Affen, und insbesondere den Anthro- 
poiden, gebildet sind, und zwar so, dass man jene nicht wohl als eine 
höhere Entwicklungsform dieser, noch diese als eine niedere Entwicklungs- 
form jener betrachten kann. Die Hauptunterschiede zwischen beiden 
Formen lassen sich kurz dahin zusammenfassen, dass bei den Affen die 
grossen Schamlippen so gut wie ganz fehlen, die kleinen dagegen, sowie 
die zu ihnen gehörige Clitoris und der Scheidenvorhof stark entwickelt 
sind, auch der die grossen Schamlippen und den Schamberg bei dem 
Weibe auszeichnende stärkere Haarwuchs, ein wirklicher Hymen und die 
Columnae rugarum der Scheide bei den Affen fehlen. 

Der Zufall hat mich seitdem in den Besitz zweier Präparate gesetzt, 
welche in eigenthümlicher Weise diese meine Nachweisung der Gestalt- 
ungsverhältnisse der äusseren weiblichen Genitalien erläutern, indem das eine 
einer niederen Menschenrace angehörend, den menschlichen Typus in ausge- 


prägter Weise an sich trägt; das zweite von einer hochstehenden Menschenrace 
22* 


172 


abstammend umgekehrt dem Affentypus und der Hottentottenschürze- 
Bildung sich anschliesst. 

Das erste Präparat rührt von einem Negermädchen von 12 Jahren 
vom Senegal her, welches mir in zuvorkommender Weise von Herrn Dr. 
Fallot, Chef de Clinique de l’Ecole de Medecine zu Marseille, wo das 
Mädchen gestorben war, zugeschickt wurde. 

Diese Genitalien sind äusserlich von einem tiefen dunkel Schwarz; 
die grossen Schamlippen sind stark entwickelt und wulstig, gegen 6 cm. 
lang und 2'/e cm. breit. Sie gehen oben in einen reichlich mit Fett 
unterlegten Schamberg über, nach unten und hinten verlaufen sie in den 
Damm und bilden hier zugleich die hintere Commissur der Schamspalte, 
ohne indessen ein scharf vorspringendes Frenulum labiorum zu erzeugen, 
weshalb auch eine eigentliche Fossa navicularis fehlt. An ihrer äusseren 
Fläche sind sie, wie auch der Schamberg mit noch wenig entwickelten, 
sich kräuselnden Haaren besetzt. Sie begränzen die 47 cm. lange Scham- 
spalte, die nach oben klafft und die kleinen Schamlippen vortreten lässt, 
während sie in ihrem unteren hinteren Theil den Scheideneingang um- 
geben. Die kleinen Schamlippen sind im Gegensatz zu den grossen 
schwach und vorzugsweise nur in ihrem vorderen, das stark entwickelte 
Praeputium clitoridis bildenden Theile entwickelt. Denn die eigentlichen 
Nymphen sind kaum 13 mm. lang, erreichen sich hinten und unten bei 
Weitem nicht, bilden also kein Frenulum, sondern verlieren sich rasch 
niedrig werdend, an der inneren Fläche der grossen Schamlippen. Die 
Clitoris ist allerdings verhälsnissmässig in allen ihren Theilen gut ent- 
wickelt, doch wird ihre kleine Glans vollständig von dem, wie gesagt, 
stark ausgebildeten Praeputium verdeckt, und setzen sich auch die vor- 
deren Enden der Nymphen mit zwei kleinen Frenula an ihre untere 
Fläche an. Der Scheideneingang ist eng und von unten mit einem gut 
ausgebildeten, halbmondförmig vorspringenden Hymen begränzt. Einen 
den Scheidevorhof umgebenden M. bulbocavernosus, sowie den Plexus 
vestibuli und Dyverney’sche Drüsen konnte ich nicht unterscheiden, da 
das Präparat leider zu lange Zeit in Carbolsäure gelegen hatte, durch 
deren Einwirkung alles Binde- und Muskelgewebe gallertig aufgequollen 
und nicht wohl zu präpariren war. Die Scheide ist an ihrer vorderen 
Wand vom Scheideneingang bis zum Scheidengewölbe 6 cm. lang, und 


175 


platt von vorne nach hinten zusanımengedrückt, 3 em. breit. Die Schleim- 
haut zeigt stark entwickelte Columnae rugarum und selbst im oberen 
Theile der Scheide noch Querfalten. Die Portio vaginalis uteri ist gut 
entwickelt, der Muttermund ist etwas offenstehend und nicht scharf be- 
gränzt; die vordere Muttermundslippe ragt ansehnlich weiter in die 
Scheide hinab, als die hintere, daher die hintere Scheidenwand auch an- 
sehnlich länger ist als die vordere. 

Der Uterus hat noch eine ausgeprägt kindliche Form, d. h. der 
Körper ist verhältnissmässig schwach, der Mutterhals und die Portio 
vaginalis stark entwickelt, er hat in seinen wenig scharf begrenzten Di- 
mensionen einen Längendurchmesser von 4 cm., einen Querdurchmesser 
am Fundus zwischen den Insertionsstellen des Eileiters von 1,5 cm., und 
eine Dicke von 1cm. Die schmalste Stelle des Mutterhalses hat einen 
Durchmesser von 1,2cm. Der Canal des Mutterhalses ist 2,5 cm lang, 
und zeigt in seinem Innern einen nicht besonders schön entwickelten 
Arbor vitae. 

Der rechte Eileiter ist 5,6 cm. lang, und verläuft in ziemlich enge 
Windungen gelegt, in seinem Bauchfellüberzug, hat ein stark entwickeltes 
mit starken Fimbrien umgebenes Infundibulum, und schliesst sich mit 
einer besonders stark ausgebildeten Fimbria ovarii an das äussere Ende 
des Eierstockes an. Er besitzt auch noch ein zweites kleineres, mit 
schwächeren Fimbrien besetztes Ostium abdominale. Der linke Eileiter 
ist etwas kürzer, hat auch kein zweites Ostium abdominale, an der ent- 
sprechenden Stelle sitzen aber einige verkümmerte Fimbrien. — Die 
Eierstöcke sind lang und schmal, 26 mm. lang, 10 mm.“ hoch und 6 mm. 
dick. Die Oberfläche der Eierstöcke ist nicht narbig aber doch uneben; 
Graafsche Follikel sind weder an der Oberfläche noch auf Querschnitten 
mit unbewaffnetem Auge sichtbar. Die Rindenschichte der Eierstöcke ist 
verhältnissmässig dick und dicht; die scheinbare Gränze des Epithels an 
dem Hilus stark ausgeprägt; das Parovarium ist leidlich gut entwickelt. 

Das zweite Präparat wurde mir freundlichst von Herrn Professor 
Dr. His in Leipzig zugeschickt. Dasselbe stammt von einem besonders 
schön gebauten 21jährigen Mädchen her, einer Korbflechterin, welche 
sich aus unbekannten Gründen ums Leben brachte. Die Genitalien tragen 
im Ganzen den Charakter einer vollkommnen und guten Ausbildung einer 


174 


Jungfrau, wenigstens sicher einer Solchen, die noch nie geboren, auch 
jedenfalls keinen öfteren Beischlaf ausgeübt hatte, an sich. Aber sie 
bieten die bemerkenswerthe Abweichung von dem gewöhnlichen Verhalten 
dar, dass die grossen Schamlippen sehr schwach entwickelt sind, und 
ebenso wie der Schamberg, kaum einige Spuren von Haaren zeigen, die 
kleinen Schamlippen dagegen ausserordentlich stark ausgebildet sind. 

Nach oben verflachen sich die kaum ausgesprochenen gegen 6 cm. 
breiten grossen Schamlippen fast ganz, indem sie breit in den Schamberg 
übergehen; nach unten treten sie zwar etwas mehr hervor, werden hier 
aber so schmal und spitz, dass sie sich bei ihrem Uebergang in den 
Damm nicht erreichen, und an der hinteren Commissuren Bildung gar 
keinen Antheil nehmen. Die rechte grosse Schamlippe bleibt dabei ein- 
fach, die linke aber besitzt in ihrem unteren Verlauf an ihrer äusseren 
Seite eine ziemlich tief eindringende Längsfurche, wodurch sie in zwei 
Theile getheilt wird, deren innerer sich an der hinteren Commissur mit 
der kleinen Schamlippe verbindet. Rechts ist diese Spaltung der grossen 
Schamlippe kaum angedeutet. 

Die kleinen Schamlippen sind im Gegensatz zu den grossen sehr 
stark entwickelt, in ihrem mittleren Theile 3,7 cm. lang und an ihrer 
äusseren Seite, wo sie mit den grossen Schamlippen zusammenhängen, 
2,6 cm. hoch. Sie gehen oben und vorne. sowie unten und hinten durch 
stark entwickelte Commissuren ineinander über, die von dem mittleren, 
die eigentlichen Nymphen bildenden Theile, stark abgesetzt sind. Die 
obere Commissur geht wie immer mit zwei Schenkeln von dem oberen 
Rande der Nympffe aus, deren äusserer grösster, das stark entwickelte, 
gewissermassen doppelte Praeputium clitoridis bildet, während der innere 
schwächere sich als Frenulum an die untere Fläche der Glans clitoridis 
ansetzt. Die hintere untere Commissur ist ebenfalls ungewöhnlich stark 
entwickelt, und bildet einen die Schamspalte nach unten und hinten 
abschliessenden 12 mm. hohen Vorsprung, ein so zu sagen, riesenhaftes 
Frenulum labiorum. Die rechte kleine Schamlippe geht in dieses Frenu- 
lum mit einem scharfen Absatz und Einschnitt über; die linke all- 
mälig, indem sie sich, wie oben gesagt, mit dem inneren Theile der ge- 
spaltenen grossen Schamlippe vereinigt. Der Scheidenvorhof wird durch 
diese starke Entwicklung der beiden kleinen Schamlippen und ihrer 


175 


Commissuren, besonders des unteren und hinteren, ungewöhnlich tief. 
An seiner oberen Wand befindet sich 3 cm. hinter der Clitoris die von 
einigen Schleimhautläppchen begrenzte Harnröhren-Mündung. Die Cli- 
toris und ihre ganz von dem Praeputium verdeckte Eichel sind klein, 
die Crura clitoridis und der M. Ischiocavernosus schwach entwickelt. 
Auch der M. bulbocavernosus ist schwach, der Bulbus vestibuli wie ge- 
wöhnlich; eine Duverney’sche Drüse konnte ich, wahrschemlich wegen sehr 
schwacher Entwicklung, nicht auffinden. Der Scheideneingang ist eng 
und von unten und seitlich von noch stark vorhandenen Resten des Hymens 
abgegrenzt. Die in ihrer Mitte quer durchschnittene Scheide ist abge- 
plattet 4 cm. breit, ihre beiden Columnae rugarum, besonders die vordere, 
sind stark entwickelt. 

Der Uterus ist in seinem Halse etwas nach links eingeknickt, und 
für eine Person, die sicher noch nicht geboren hat, gross zu nennen. Er 
hat vom unteren Rande der vorderen Muttermundslippe bis zum Fundus 
einen Längendurchmesser von 7,7cm.; an der schmalsten Stelle einen 
Querdurchmesser von 5 cm., und eine Dicke von 2,5 cm. Die Portio 
vaginalis uteri ist gross und gegen 5 cm. breit;' die vordere Mutter- 
mundslippe ist 4 mm., die hintere 15 mm. lang; der Muttermund bildet 
eine 15 mm. lange Spalte ohne Einrisse und Narben. Die Eileiter ver- 
laufen etwas geschlängelt, und der rechte ist auspräparirt und etwas ge- 
streckt, 12 cm. lang. Das Infundibulum und die Fimbrien desselben sind 
schwach entwickelt; eine eigentliche Fimbria ovarü fehlt ganz, und nur der 
Rand der Bauchfellfalte verbindet das Infundibulum mit dem äusseren 
Ende des Eierstockes. Diese Eierstöcke sind gut entwickelt, der rechte 
35 mm. lang, 23 mm. hoch und 12 mm. dick ; der linke 30 mm. lang, 23 mm. hoch 
und 15 mm. dick. Die Oberfläche beider Eierstöcke ist narbig; aber ohne 
deutliche Graaf’sche Bläschen oder Corpora lutea im jetzigen Zustande 
erkennen zu lassen. Der linke Eierstock aber zeigte an seinem äusseren 
Ende ein grosses 16—18 mm. im Durchmesser besitzendes Graaf’sches Bläs- 
chen. Dasselbe enthielt einen dicklichen, breiigen, von der abgestossenen 
und aufgelösten Membrana granulosa gebildeten röthlichen Inhalt, welcher 
vergebens nach einem Eie durchsucht wurde, obgleich solches unzweifel- 
haft vorhanden war, denn der ganze Follikel hatte eine sonst ganz normale Be- 
schaffenheit. Die Person war wahrscheinlich der Ovulationsperiode nahe. 


176 


Soweit solches zu ermitteln war, war die geschilderte Bildungsab- 
weichung bei der betreffenden Person ganz individuell und weder bei 
der Mutter noch bei Schwestern vorhanden. 


Bei dieser Gelegenheit sehe ich mich veranlasst zu bemerken, dass 
der hiesige Wachsmodelleur Zeiller sen. die Modelle der äusseren Geni- 
talien eines erwachsenen männlichen und weiblichen Gorilla feil bietet, 
welche von denen eines kräftigen Mannes und eines alten Weibes in 
Nichts verschieden sind. Zeiller giebt an, diese Modelle den seiner Zeit 
in Offenbach ausgestopften Gorilla des Lübecker uaturhistorischen Mu- 
seums entnommen zu haben. Nun ist mir mit voller Gewissheit bekannt, 
dass in Lübeck und Offenbach sich nur die in Rum aufbewahrten Bälge 
und die Skelete von Gorilla befunden haben. Bei dem Weibchen waren 
die äusseren weiblichen Genitalien vom Bauche her durch einen neben 
der Clitoris in die Scheide geführten Längsschnitt gespalten, und Dr. 
Walter in Offenbach konnte an denselben nur noch „deutlich eine gut 
ausgebildete Clitoris von einigen Linien Länge“ beobachten, wie Dr. R. 
Mayer in seiner zur Säcularfeier der Seckenbergischen Stiftung verfassten 
Denkschrift pag. 25 mittheilt. In dem fünften Bericht des Offenbacher 
Vereins für Naturkunde 1864 p. 61 theilt Dr. Meyer selbst über das 
Männchen Folgendes mit: „Zu erwähnen ist schliesslich noch besonders 
der kleine und dünne Penis und das kurze und kleine Scrotum, welche 
in gar keinem Verhältniss zu der kolossalen Grösse des Thieres stehen 
und nicht auf Rechnung der Einschrumpfung im Tode oder etwa auf das 
hohe Alter desselben bezogen werden, sondern möglicher Weise in einem 
Bildungsfehler begründet sein können“. Herrn Dr. Meyer war damals 
wahrscheinlich nicht bekannt, dass sich überhaupt bei allen anthropoiden 
Affen die äusseren männlichen Genitalien durch ihre auffallende Kleinheit 
auszeichnen. An den getrockneten und ausgestopften Bälgen dieser Gorilla 
ist jetzt natürlich, wie der jetzige Conservator des Lübecker naturhistori- 
schen Museums, Hr. Dr. Lenz, mir freundlichst mitzutheilen die Güte hatte, 
noch weniger Etwas mit Sicherheit zu erkennen. „Die eingetrocknete Olitoris 
ist auch jetzt noch aufzufinden, weitere Details aber, grosse oder kleine Scham- 
lippen sind nicht zu constatiren; eine Aehnlichkeit mit menschlichen Ge- 
nitalien nicht im Entferntesten vorhanden, wohl aber mit der von Ihnen 


177 


in Ihrer Abhandlung Tab. VI Fig. 19 gegebenen Abbildung.“ Und wenn 
gleich diese nur von jungen Thieren entnommen ist, so besteht doch gar 
keine Möglichkeit einer solchen Metamorphose der äusseren Genitalien 
durch das Alter, dass daraus die Zeiller’sche Form entstehen könnte. „Bei 
dem Männchen bildet das Scrotum eine halbkugelige 20 mm. vortretende, 
65 mm. im Durchmesser besitzende Hervorragung, vor der in einer Ent- 
fernung von 1 cım. der 2 cm. lange und 7 mm. dicke Penis von der Bauch- 
wand entspringt.“ 

Diese Lübeck - Offenbacher Gorilla können also in keiner Weise die 
Originale zu den Zeiller’schen Modellen abgegeben haben. 

Von anderen Angaben über die äusseren Genitalien vom Gorilla ist 
nur die Beschreibung derjenigen eines alten Männchen von Duvernoy in dessen 
Abhandlung p. 208 über die grossen pseudo-anthropomorphen Affen be- 
kannt. Er sagt daselbst, dass die Eichel des Penis schwarz und durch 
die Oeffnung der Harnröhre tief vertikal eingeschnitten ist, so dass sie 
zwei abgerundete seitliche Lappen dieser Oeffnung bildet. An den Seiten 
und vorzüglich oberhalb der Eichel erhebt sich ein beträchtlicher faltiger 
Wulst, der ihr die Gestalt eines Pilzes giebt. Der Penis besitzt unmittel- 
bar hinter der Eichel nur einen geringen Durchmesser, nimmt aber rasch 
zu, so dass er eine kegelförmige Gestalt erhält. Die diesen Theil über- 
ziehende Haut, ist sehr runzlich, besonders in die Quere, und nicht so 
dunkel schwarz als die Eichel. Eine Vorhaut, wenn eine solche existirt, 
scheint nur einen Theil des Penis zu decken. Dieser Penis ist klein, 
7 cm. lang und an der Eichel 12 mm., an der Wurzel 25 mm. dick. — 
Diese Beschreibung und ebensowenig die gegebene Abbildung passen 
nicht im Mindesten auf das von Zeiller angefertigte Modell. 

Ich halte mich also für berechtigt und verpflichtet zu erklären, dass 
die Zeiller’schen Modelle Phantasiegebilde sind. 


Abh.d. 11. Cl.d.k. Ak. d. Wiss. XIII. Bd. III. Abth. 25 


- 178 \ 


Beschreibung der Abbildungen. 

Fig. I. Aeussere Geschlechtsorgane eines 12 jährigen Negermädchens vom Senegal. 

Fig. I. Aeussere Geschlechtsorgane einer 21 jährigen Selbstmörderin aus Leipzig. 
Beide Abbildungen sind von Hrn. Zeichenlehrer Schönig nach der Natur und 


auf Stein gezeichnet. . 


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.. 


Ergebnisse 


aus 


Beobachtungen der terrestrischen Refraction 


von 


Carl Max von Bauernfeind. 


Erste Mitteilung, 


enthaltend die Feststellung von Thatsachen. 


Mit zwei Steindrucktafeln. 


Abh.d. II. Cl.d. k. Ak. d. Wiss. XIII. Bd. III. Abth. 24 


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Ergebnisse 


aus Beobachtungen der terrestrischen Refraetion 


von 


Carl Max von Bauernfeind. 


Als ich im Jahre 1857 mich entschloss Untersuchungen über den 
Wert und die Genauigkeit barometrischer Höhenmessungen anzustellen, 
erkannte ich es als ein erstes Erforderniss dieser Untersuchung, einen 
sicheren Vergleichungs-Massstab zu schaffen durch Herstellung eines ge- 
nauen geometrischen Nivellements eines sehr hohen Berges, dessen Ab- 
hänge zur Errichtung von Beobachtungsstationen geeignet sind. Ich er- 
wählte hiezu den Grossen Miesing im Bayerischen Hochgebirge, da sein 
Scheitel mehr als tausend Meter über der Thalsohle bei Geitau liegt und 
sein Abhang gegen den von diesem Orte über die Steilnalpe und die 
Grosstiefenthalalpe zum Gipfel des Miesing führenden Fussweg geeignete 
Plätze zu Beobachtungsstationen bot. Diese Stationen sollten der Idee 
nach gleich hoch über einander liegen, in Wirklichkeit aber wichen ihre 
Höhen in Folge der Forderung dass die Oertlichkeit einen freien Platz 
gewähren müsse, um einige Meter von dem mittleren Höhenunterschiede 
ab; eine Abweichung die, weil sie keine theoretische Forderung der be- 
absichtisten Untersuchungen verletzte, sondern nur minder einfache Re- 
ductionen der Beobachtungen zur Folge hatte, völlig zulässig war. 

Das erste geometrische Nivellement des Hohen Miesings hatte ich 
selbst, das zweite mein damaliger Assistent, Herr Chr. Herold, in drei sehr 
schönen Tagen mit dem Erfolge ausgeführt, dass die aus je 233 Nivellir- 
stationen hervorgegangenen Höhenunterschiede nur um 0,12 m von einander 


und um 0,06 m vom Mittel abwichen, so dass die aus zwei guten Nivelle- 
24* 


182 


ments gefundene Höhe von 1068,29 m bis auf +0,06 m sicher bestimmt 
und somit den barometrischen Höhenmessungen gegenüber als absolut 
richtig anzusehen war. Der vierte Theil des Gesammt-Höhenunterschiedes 
beträgt 267,07 Meter, in der That aber lag die zweite Station 270,29 m über 
der ersten, die dritte 270,02 m über der zweiten, die vierte 263,10 m 
über der dritten, die fünfte 264,88m über der vierten. Jede dieser 
Stationen war mit je zwei von zehn meiner damaligen Zuhörer besetzt, Stu- 
direnden der Ingenieurschule ä. ©. in München, welche in der Zeit vom 
16. bis 29. August 1857 unter meiner Leitung und stetigen Controle mit 
allem Eifer und grösster Gewissenhaftigkeit beobachteten. 

Die Ergebnisse jener Arbeiten und meiner hieran geknüpften um- 
fangreichen Studien über die Physik der Atmosphäre habe ich erst im 
Jahre 1862 unter dem Titel „Beobachtungen und Untersuchungen über 
die Genauigkeit barometrischer Höhenmessungen und die Veränderungen 
der Temperatur und Feuchtigkeit der Atmosphäre mit der Höhe“ ver- 
öffentlicht, und es wissen seitdem die Gelehrten und Techniker erstens, 
dass und warum die barometrischen Höhenmessungen nur zu bestimmten 
Stunden richtige Werte liefern und zweitens, dass die in jener Schrift 
aufgestellten Relationen über Temperatur, Druck und Dichtigkeit in be- 
liebiger Höhe der Atmosphäre von mir zur Grundlage zweier in den 
Astronomischen Nachrichten von Schumacher und Peters erschienenen 
Abhandlungen über die atmosphärische Strahlenbrechung gemacht wurden, 
von denen die erste (1364, Band 62) die Bessel’schen mittleren Refractionen 
bis zu 90° Zenithdistanz genau darstellte und die zweite (1866, Band 67) 
die am Kaukasus zuerst beobachtete Abnahme des Coefficienten der ter- 
restrischen Strahlenbrechung mit der Höhe des Beobachtungsorts als eine 
notwendige Folge meiner Luftdichtigkeitsformel voraussagte. 

Die schwierige und kostspielige Arbeit des doppelten Nivellirens 
eines sch mehr als tausend Meter über seinen Fuss und fast zwei- 
tausend Meter über das Meer erhebenden Berges habe ich je- 
doch nicht in der einzigen Absicht unternommen, Klarheit in die 
Anschauungen über den Wert und die Genauigkeit der barometri- 
schen Höhenmessungen zu bringen: ich wollte sie auch zur direkten 
Messung der terrestrischen Strahlenbrechung und Vergleichung derselben 
mit den nach verschiedenen Formeln berechneten Refractionen benützen. 


183 


Denn ich war überzeugt, dass die auf diesem Wege gewonnenen Resultate 
nur dann einen wissenschaftlichen Wert haben können, wenn bei der Be- 
stimmung des hier in Betracht kommenden Höhenunterschiedes der Be- 
obachtungsorte der Strahlenbrechung kein Einfluss gestattet wird, wie es 
wohl bei einem geometrischen, niemals aber bei einem trigonometrischen 
Nivellement des fraglichen Höhenunterschieds geschieht, das verschiedene 
Geodäten (auch Herr General J. J. Baeyer) vor mir zu ihren Untersuch- 
ungen angewendet haben. 
Die hier in Betracht kommende Methode der Refractionsbeobacht- 
ungen ist folgende. 
Bezeichnen in der beigedruckten 
Fig. 1. Fig. 1 die Buchstaben D und K zwei 
Beobachtungsorte, M N die unter beiden 
durchgehend gedachte Meeresfläche, EK 
den wahren Horizont von K, DF jenen 
von D, DE=x den durch geometri- 
sches Nivellement gefundenen Höhen- 
unterschied zwischen den Punkten D 
und K: so lassen sich aus dem Dreiecke 
CDK mit den Winkeln A=CDK, 
B=CKD und C=DCK und den Seiten 
a=(CK und b=CD die wahren Zenith- 
distanzen in D und K leicht berechnen. 
Es ist nämlich die wahre Zenithdistanz 
von Kim D=VDK=-Z = 18° 
c — A, vnD inK=V'’KD=Z'= 180% 
-—B. und es kommt also nur auf die 
Bestimmung der Winkel A und B an, um Z und Z‘ zu kennen. Nun 
ist A+B=180°—C und C aus dem Horizontalabstande der Punkte D 
und K bekannt; es findet sich folglich A—B aus der Gleichung 


b—: ı 
tg: B—A)= 5, tg: B+A) (1) 


und wenn in D die scheinbare Zenithdistanz VDK'=z und in K die 
scheinbare Zenithdistanz V'KD’ =z' beobachtet ist, die terrestrische Re- 
fraction 


184 


in D=Az =Z —z =180°—(A+2) (2) 

in K= Az! = Z' —z' = 180° — (B+ 7‘) (3) 

Die Formel Nr 1 kann auch so geschrieben werden dass die ge- 
messene Höhe x und der Winkel C darin sichtbar werden. Setzt man 
nämlich den bis K genommenen Erdhalbmesser CK=a=r, so ist 
CD=b=n+tx und folglich b—-a=x und b+a=2r-x; da ferner 
tg, (B+A)=tg(90° — 5C) = cotg-C, so wird mit Vernachlässigung von 


x gegen den Erddurchmesser 2r, 


tg; (B—A)= - cotg ;C (4) 


De 

Nach den Gleichungen (2) und (3) ändern sich die Refractionen Az 

und Az‘ in D und K mit den Winkeln A und B, und da diese Winkel 

nach (4) von dem gemessenen Höhenunterschiede x und der durch © 

ausgedrückten Entfernung EK abhängen, so findet man durch Differen- 

tiiren der Gl. (4) den Einfluss eines Fehlers dx in x auf die Winkel A 
und B und hiemit auf die Refractionen Az und Az’ wie folgt: 


d(Az)=—dA=+sinB—A) . (5) 
U(am)=—dB-— sin BA) (6) 


Es sind somit die Fehler in den Refractionen dem Fehler in der 
gemessenen Höhe direkt und dieser Höhe selbst umgekehrt proportional, 
woraus hervorgeht dass die Höhenunterschiede namentlich dann, wenn 
sie nicht gross sind, nur durch geometrisches Nivellement bestimmt 
werden dürfen. (Wäre beispielsweise x=30,2m und dx=1m für EK 
= 47958 m,logr, = 6,8043649 und C=1552", so würde Az um + 8,5’ 
und Az‘ um — 8,5 falsch werden). 

Von der eben beschriebenen einfachen Methode, zu der ich nichts 
Neues hinzugefügt habe als die Forderung dass der Höhenunterschied 
der Beobachtungsorte durch geometrisches Nivellement bestimmt werde, 
suchte ich sofort nach der Vollendung der oben beschriebenen Messungen 
am Hohen Miesing eine Anwendung zu machen, indem ich von einem 
bei Aibling (am Schuhbräukeller) gelegenen Punkte aus, dessen Hori- 
zontal- und Vertikalabstand vom Miesing sich mittelst des Bayerischen 


135 


Hauptdreiecksnetzes und Eisenbahnnivellements durch unbedeutende An- 
schlussmessungen finden liessen, die Refractionsbeträge mit Hilfe eines 
alten Reichenbach’schen Höhenkreises mass und mit den nach der da- 
mals noch üblichen Refractionsformel Az=kC berechneten Werten ver- 
glich. Ich verzichtete aber auf die Veröffentlichung nicht nur jener Be- 
obachtungen, sondern auch der später mit demselben Instrumente ange- 
stellten Messungen, weil sich bei genauer Untersuchung herausstellte dass 
der angewendete Höhenkreis sehr bedenkliche Teilungsfehler hatte. 


Als ich hierauf im Herbste 1872 mit Herrn Professor Regierungs- 
rat Nagel aus Dresden das Terrain an der Sächsisch-Bayerischen Reichs- 
grenze zu dem Zwecke bereist hatte, um geeignete Anschlusspunkte für 
die Verbindung der Hauptdreiecksnetze beider Länder zu finden, und als 
ich in Folge davon im Jahre 1873 der K. Bayerischen Gradmessungscom- 
mission für die Erbauung massiver Beobachtungspfeiler auf dem Ochsen- 
kopf und dem Hohen Döbra Entwürfe und Kostenanschläge unterbreitete, 
sprach ich auch den Gedanken aus, dass es zu den Aufgaben der Euro- 
päischen Gradmessung gehöre, Refractionsbeobachtungen nach der vorhin 
beschriebenen Methode machen zu lassen und empfahl hiefür als eine 
günstige Gelegenheit die Benützung der bevorstehenden trigonometrischen 
Messungen zwischen den eben genannten Bayerischen und den Sächsischen 
Dreieckspunkten Stelzen und Kapellenbere. Fünf Jahre später (1878) 
hat die Permanente Commission der Europäischen Gradmessung meinem 
Gedanken einen officiellen Ausdruck gegeben, indem sie es für wünschens- 
wert erklärte dass an geeigneten Orten der zur Gradmessung vereinigten 
Staaten Observatorien zum >tudium der Strahlenbrechung, insbesondere 
der terrestrischen Refraction, errichtet werden. (Generalbericht, S. 26.) 


Da sich aus verschiedenen Gründen der Bau massiver Pfeiler und 
die Durchlichtung der Waldungen auf dem Döbraberge und dem Ochsen- 
kopfe bis zum Jahre 1876 verzögerten, so konnten die von mir beab- 
sichtigten Refractionsbeobachtungen auf jenen Punkten erst in den Jahren 
1877 und 1878 zur Ausführung und 1879 und 1880 zur Vollendung gelangen. 
Ueber diese Beobachtungen und ihre Ergebnisse zu berichten ist der 
nächste Zweck dieser Abhandlung, der andere ist die beobachteten Verti- 
calrefractionen mit denen zu vergleichen welche sich aus meiner schon 


186 


genannten, in den Astronomischen Nachrichten veröffentlichten Theorie der 
atmosphärischen Strahlenbrechung berechnen lassen. 

Einer zweiten an diese erste sich anschliessenden Abhandlung soll es 
vorbehalten bleiben, die hier niederzulegenden Beobachtungsresultate näher 
zu besprechen und namentlich die zu gewissen Stunden mehr hervor- 
tretenden Abweichungen der beobachteten und berechneten Refractionen 
zu erklären und dabei auch andere Daten, z. B. die von E. Kayser in 
Danzig angestellten „Beobachtungen über die Refraction des Seehorizonts 
und des Leuchtturms von Hela“ besonders zu beachten. 

Die in 22 Heften enthaltenen Aufschreibungen meines Mitarbeiters, des 
Herrn Professors Max Schmidt in Freiberg und seiner Gehilfen über die in 
den Jahren 1877 bis 1880 auf vier Stationen zwischen Döbra (I) und Ka- 
pellenberg (IV) ausgeführten Messungen und Rechnungen können unmög- 
lich vollständig abgedruckt werden; es wird genügen hier die entschei- 
denden Zahlenergebnisse vorzuführen und zu erklären dass die nach- 
folgend verzeichneten Hefte bei der K. Bayer. Commission für die Euro- 
päische Gradmessung aufbewahrt und in deren Geschäftszimmern jedem 
darum nachsuchenden Sachverständigen gerne zur Einsicht werden vor- 
gelegt werden. 

Die Hefte I bis X enthalten lediglich Barometer- und Thermometer- 
beobachtungen, und zwar I mit IV auf den 4 Stationen aus dem Jahre 
1877, V mit VIII auf denselben 4 Stationen aus dem Jahre 1878, IX 
und X auf den Stationen Döbra und Kapellenberg aus den Jahren 1879 und 
1880. In dem Hefte Nr XI, welches wie alle vorhergehenden Octavformat hat, 
sind die auf der Station I in den Jahren 1877 und 1878 angestellten 
Beobachtungen über Lateralrefraction enthalten. Von den folgenden 11 
Quartheften umfassen XII und XIII die auf der Station I in den Jahren 
1877 und 1878, XIV die auf der Station IV ebenfalls im Jahre 1878 
gemessenen Zenithdistanzen. In XV und XVI befinden sich Zusammen- 
stellungen der auf allen 4 Stationen in den Jahren 1877 und 1878 an- 
gestellten Luftdruck- und Temperatur-Beobachtungen; in XVII sind die 
auf I und IV beobachteten Verticalrefractionen, in XVII die von I aus 
angestellten Beobachtungen zur Ermittelung von Lateralrefractionen be- 
rechnet und zusammengestellt. Die Hefte XIX und XX enthalten je 250 
Refractionsbeobachtungen , welche mit den Lingke’schen Mikrometern 


RR 


187 


Nr 1252 und Nr 1253 angestellt wurden, während XXI die Beobacht- 
ungsdaten für das Längenprofil Döbra—Kapellenbere und XXII die Be- 
obachtungen zur Berechnung der Constanten der verwendeten Messinstru- 
mente enthält. 


Da meine vorhin erwähnte Strahlenbrechungstheorie auf die An- 
ordnung der Beobachtungen insoferne einen Einfluss äussert, als diese 
Beobachtungen alle Daten zur Berechnung der Einzelrefractionen zu 
liefern haben, so erscheint es nicht überflüssig hier eine kurze Uebersicht 
jener Theorie zu geben. 

Ich gehe von der aus der Mecanique celeste, T. IV, p. 246 bekannten 
Laplace’schen Differentialgleichung der Strahlenbrechung aus und gelange, 
indem ich die von mir ermittelte Relation über die Abnahme der Luft- 
dichtigkeit mit der Höhe einführe (vergl. meine „Beobachtungen und 
Untersuchungen“ etc. Seite 110, Gl. 59a) zu folgendem Ausdruck jener 
Differentialgleichung (vergl. Astronomische Nachrichten, Bd 62, Nr 1478, 
S. 215, 61.11): 

Basinz (1— y)’dy i 
1—a Veos%+2my— 2a(l— (1—y)’) M 


In dieser Gleichung bezeichnet 


dr = 


r die Strahlenbrechung für die scheinbare Zenithdistanz z, 
r, den Krümmungshalbmesser der Erde am Beobachtungsorte, 
y das Verhältniss der Höhe x eines Punktes über dem Beobacht- 
ungsort zur Atmosphärenhöhe h daselbst, 
m das Verhältniss dieser Atmosphärenhöhe h zum Krümmungs- 
halbmesser r, und 
a die Refractionsconstante der Luft, welche nach Bessel (Astr. 
Nachr., 62 Bd, S. 226) bei dem Barometerstand A, = 751,7lmm und der 
Temperatur 7, = 9,310 C gleich 0,00027895 = «,in Bogenmass und = 57,538” 
in Gradmass ist, und bei dem Barometerstand % und der Tempera- 
tur 7 den Wert 


ozeton 9% B 
=, ——.(, = —.——. > 8 
= ER UNE a“ Os ER E 
annimmt, wobei & = 0,003665 ist, © und 9, absolute Temperaturen be- 


deuten und e die Luftdichtigkeit für $ und r im Verhältniss zu der bei 
Abh. d. I1.Cl. d.k. Ak.d. Wiss. XIII. Bd. III. Abth. 25 


188 


P, und r, vorstellt. Den Werth von m, welcher als zweite Constante 
der Refraction betrachtet werden kann, habe ich für die oben angege- 
benen Normalwerte 7, und /, und die ‘geographische Breite von 
Königsberg = 0,007464 -- m, gefunden und für beliebige andere Breiten 
in der auf Seite 71 des 67. Bandes der Astr. Nachrichten enthaltenen 
Tafel zusammengestellt. Der Verhältnisswert m ändert sich aber nicht 
bloss mit der geographischen Breite, sondern an demselben Orte mit der 
Luftdichtigkeit, indem die Atmosphärenhöhe dieser Dichtigkeit umge- 
kehrt proportional ist. Es wird also, wenn m, der für eine gegebene 
Breite w aus der Tafel entnommene Wert von m ist, bei dem Barometer- 
stand 3 und der Temperatur 7 die Constante 
) 9 2 
m- ne E .m,= & PER se Ben (9) 
Da bei den folgenden Rechnungen häufig das Verhältniss von 5a:m 
—v zu berücksichtigen ist, so sei sofort dessen Wert hier angegeben, 
nämlich | 
eo (een) Da, 3/0 


ae 1+:m)ß) u 10% 


Nn=ev (10) 


wobei der für die Normaltemperatur 7, und den Barometerstand f, sowie 
für m, = 0,007464 giltige Wert von v,= 0,186865 ist. Der Wert von 
v muss dem Quadrat der Luftdichtigkeit proportional werden, da « der 
ersten Potenz dieser Dichtigkeit direkt und m derselben umgekehrt 
proportional ist. 


Aus der Differentialgleichung (7) kann man durch Integration (am 
besten durch mechanische Quadratur) den Wert der Strahlenbrechung r 
finden, welche an einem seiner Breite w nach bestimmten Orte zu einer 
gegebenen Höhe x, einer Zenithdistanz z, einer Temperatur r und einem 
Barometerstande 9 gehört; für die trigonometrische Höhenmessung be- 
darf man jedoch der besondern Kenntniss dieses Wertes nicht, da man 
die gesuchte Höhe x eines Punktes über oder unter dem Beobachtungs- 
ort mit Rücksicht auf Erdkrümmung und Strahlenbrechung aus der auf 
Polarcoordinaten bezogenen Differentialgleichung der Strahlenbrechung ab- 


a 


189 


leiten kann. Bezeichnet nämlich für diese Coordinaten der Erdmittel- 
punkt © den Pol, der durch den Beobachtungsort A gezogene Erdhalb- 
messer r, die Axe und y den Winkel, welchen der durch den leuchten- 
den Punkt B gehende Radiusvector mit der Axe bildet, so ist nach 
Bd 67, S.47 der Astr. Nachrichten auch 


dr=v(l+my)(1—v)dy (11) 
und durch Vergleichung der Werte (7) und (11), wobei in (7) für den 
Nenner des ersten Bruches 1—«=1—-0,00028 die Zahl 1 geschrie- 
ben ist, 


msinzdy 
do= L ä J 


—— - - (12) 
2«(1—(1—.y) ’) 


Veos®%«+2m(1-+ cos’z)y 


Aus dieser letzten Gleichung findet man durch Integrätion mittelst 
Reihenentwicklung (nach Bd 67, S. 53 der Astr. Nachrichten) den Bogen 
y=mytgz(l—,Py +,’ —2Pp)y°—söp°—18ppı—6p1)y°+:) (13) 


PD) 
. m (cos “z.-+1— v) 2 my ! 
wobei =p und ———-=p, gesetzt ist. 
9 COS "Z 


cos ’z 


Kehrt man die für p gegebene Reihe um, so folgt für die vorstehenden 
Bezeichnungen 


my =geotgz(1 4, PM N+P EN’ P-I)MM’+) (14) 
und da my nach der Definition gleich dem Verhältniss von x zu r, 
ist, die gesuchte Höhe 


x=npeootgz(l +7PRM)+PBM+:PP—-IPM°’+) (15) 

Dieser in Bd 67, 8.55 entwickelte Ausdruck enthält die gesammte 
Theorie der trigonometrischen Höhenmessung , wobei es gleichgiltig ist 
ob der Beobachtungsort unter oder über dem leuchtenden Punkt liegt. 
Ist also in einem bestimmten Falle der Höhenunterschied x zweier Punkte 
durch genaues geometrisches Nivellement und die Horizontaldistanz der- 
selben aus der Landestriangulation bekannt, so ergeben sich aus Formel 
(15) so viele Werte für x als man ganze Beobachtungen (z, r, ) ge- 
macht hat, und man wird aus den Abweichungen der Werte für x um 
so richtiger auf die Genauigkeit einer trigonometrischen Höhenmessung 


D* 


190 


. 
schliessen können je grösser die Zahl der ganzen Beobachtungen ist. Es 
bieten sich also zwei Wege dar, meine Strahlenbrechungstheorie an den 
auf und zwischen zwei Bergen gemachten Beobachtungen zu prüfen: indem 
nämlich entweder (zunächst nach Gl. 7) die den einzelnen Messungen ent- 
sprechenden Refractionen berechnet und mit den beobachteten verglichen, 
oder aber, indem nach Gl. 15 die zu den einzelnen Messungen gehörigen 
Höhenunterschiede berechnet und den durch Nivellement gefundenen 
Höhenunterschieden gegenübergestellt werden. Wir wollen beide Wege 
gehen, die Refractionen r aber nicht aus der inteerirten Gl. (7) sondern 
aus der Gl. (11) bestimmen, nachdem wir sie integrirt haben. Dieses 
geschieht, indem man die Function (1+my)(1—.y)* mittelst der Reihe 
(14) in eine nach Potenzen von % fortlaufende Reihe verwandelt und 
dann integrirt. Auf diese Weise, und wenn man die Zahl m überall da 
weglässt wo sie mit den Zahlen 1,2,3.... als Summand verbunden 
werden soll, erhält man die terrestrische Refraction 


vg (1-2 BN+R- DRM — (+!) MN’ +-) (16) 
oder auch, wenn die eingeklammerte Reihe in y ausgedrückt wird, nach. 
Bd 67, 8.60 und S. 61 der Astr. Nachrichten gleich 


6} 
(9) 


Yvo(imer+(? Se 2 be (1 + PD: ns 28 (17) 


In dem hier vorliegenden Falle handelt es sich darum die Winkel 
Az und A2' zu kennen, welche die Sehne AB des Lichtbogens mit dessen 
Tangenten in A und B bildet. Diese Winkel sind aber a. a. O. 8.65, 
Gl. 67 und Gl. 68 wie folet ausgedrückt: 


; 2 (5-6 5 2:56 Se 
aW/ 21 1 N aut - A - B2) Po p —- NAPR — 3)+2mÖ-— om Pr + o) (18) 


3v 3Y 
r 2v+m(5-6v) v(p—5)+2m(5—6v) ,, 
RE (a REN ar 2a 
AZ il gay Po I Y Po $ (19) 


und es ergibt sich hieraus dass der dem höheren Endpunkte angehörige 
Winkel (für welchen die scheinbare Zenithdistanz z grösser ist als für 
den unteren) kleiner ist als der Winkel am untern Endpunkte; ein Unter- 
schied der jedoch in vielen Fällen nicht beachtet zu werden braucht. 


191 


I, Ausführung der Refractions-Beobachtungen. 
1. Lage und Einrichtung der Stationen. 


Von den beiden Punkten Döbra und Ochsenkopf ist keiner in un- 
mittelbarer Nähe einer Bahnstation gelegen, der Ochsenkopf überdies nur 
auf einem über eine Stunde weiten Wege mit steilem Anstiege von Bi- 
schofsgrün aus zugänglich, während der Pfeiler des Döbrabergs vom Orte 
Döbra aus bequem in zwanzig Minuten auf einem sogar durch leichtes Fuhr- 
werk benützbaren Wege zu erreichen ist. Mit Rücksicht auf den mehr- 
maligen Transport der Beobachtungsinstrumente musste daher dem Döbra- 
berge vor dem Ochsenkopf als Beobachtungsort entschieden der Vorzug 
gegeben werden. 

Die vom Döbraberg auslaufenden möglichen Beobachtungsrichtungen 
gehen nordöstlich nach dem Orte Stelzen, bei Station Reuth der K. Sächs. 
Staatseisenbahn, östlich nach dem Kapellenberg, Station Hasslau der K. 
Bayer. Staatsbahn, und südöstlich nach dem Ochsenkopf. In dieser letz- 
teren Richtung wäre es schwer, wenn nicht unmöglich, gewesen geeignete 
Zwischenstationen aufzufinden, da das ganze Terrain bis zum Fusse des 
Fichtelgebirgs durch den (vom Döbra aus gerechnet) südlich vom Orte 
Lehsten hinziehenden Höhenrücken völlig verdeckt ist. Auch die Richt- 
ung nach Stelzen empfahl sich nicht, da der dortige Stationspfeiler die 
nächste Umgebung nur wenig überragt, so dass unregelmässige Refrac- 
tionsstörungen durch Bodenstrahlung befürchtet werden mussten. Dagegen 
entsprach die Richtung nach dem Kapellenberge den zu stellenden For- 
derungen am meisten. Der Kegel des Kapellenberges steht nämlich völlig 
frei und erhebt sich beinahe bis zu gleicher Höhe mit dem Döbraberge. 
Ausserdem schien die Lage der Signalstation gegen Osten vorteilhaft, 
weil man in dieser Richtung Nachmittags für die aufzustellenden Helio- 
trope direktes Sonnenlicht benützen und die Anwendung des Gegen- 
spiegels auf die zu Beobachtungen ohnehin minder verwendeten frühen 
Morgenstunden beschränken konnte. 

Das Terrain zwischen Döbra und Kapellenberg liegt etwa 200 Meter 
tiefer als die Luftlinie zwischen beiden Endstationen und ist durch die 
in gleicher Richtung sich hinziehende Staatsbahnstrecke Oberkotzau-Fran- 
zensbad überall leicht zugänglich gemacht. Auch die Wahl von Zwischen- 


192 


stationen auf den verschiedenen diese Hauptrichtung kreuzenden Höhen- 
rücken konnte ohne Schwierigkeit ausgeführt werden. Es wurde nämlich 
zu diesem Zweck die Richtung Döbra-Kapellenberg zunächst in die tref- 
fenden Sectionen der im Massstabe 1: 50000 hergestellten topographischen 
Karten Bayerns eingetragen und hier der Schnitt dieser Linie mit mög- 
lichst hoch gelegenen Höhenrückenlinien ermittelt. Nach diesen Ermittel- 
ungen liessen sich geeignete Zwischenstationen mit freier Aussicht nach 
dem Döbraberge und mit annähernd gleichen Zwischenräumen unter sich 
westlich von Oberkotzau, zwischen den Orten Oberpterdt und Silberbach, 
und südlich von Rehau bei dem Orte Pilgramsreuth erwarten. 

Um diese für die Anlage von Signal-Stationen in Aussicht genom- 
menen Terrainstellen vom Döbraberge aus leicht und sicher recognosciren 
zu können, wurden die diese Punkte und deren nächste Umgebung ent- 
haltenden Steuerblätter benützt. Aus den bekannten Coordinaten der 
Stationspunkte Döbra und Kapellenberg sind die Schnittpunkte der Verti- 
kalebene dieser Endstationen mit den Steuerblattgrenzen gerechnet und 
eingetragen worden, so dass nunmehr die Schnittlinie dieser Vertikal- 
ebene mit der Horizontalprojection des Terrains in die treffenden Steuer- 
blätter sich zeichnen liess. Eine solche genaue Bezeichnung der Richt- 
ungslinie in den Steuerblättern zum Zweck der Aufsuchung von Zwischen- 
stationen war dadurch geboten dass vom Pfeiler des Döbraberges aus 
ein freier Umblick nicht besteht, weil der Waldbestand der Umgebung 
den Stationspfeiler weit überragt. 

Blos in den Richtungen Stelzen, Kapellenberg und Ochsenkopf sind 
schmale Durchhiebe angelegt worden welche gerade nur die genannten 
Richtungen für den Ausblick frei machen. Die nun auch in den Steuer- 
blättern auf diese Weise vorläufig bestimmten Stationspunkte liessen sich 
nach diesen Vorbereitungen durch Begehen des Terrains selbst aufsuchen 
und durch Lichtblitze mit einem Steinheil’schen Taschenheliotropen nach 
dem Döbraberge signalisiren, von wo aus ihre Lage beobachtet und durch 
vorher verabredete Heliotropsignale noch berichtigt wurde, so dass sie 
eine möglichst günstige Lage gegen die Seitenwände des Walddurchhiebes 
auf dem Döbraberg, sowie in der Vertikalebene durch den Kapellenberg 
erhielten. Die so bestimmten Standorte des Heliotropen wurden durch 
einen Grundpfahl bezeichnet, auf die nächsten Grenzen eingemessen und 


193 


in die Steuerblätter eingetragen. Der neue Stationspfeiler auf dem Döbra- 
berge ist an Stelle des alten Katasterpunktes am Westrand der Scheitel- 
fläche aus flachen Thonschieferplatten bis zu einer Höhe von 3m über 
Terrain aufgeführt, mit einer Sandsteindeckplatte gekrönt und von einem 
1,8m hohen Standgerüste umgeben. Das Mauerwerk des Pfeilers zeigt 
wegen der dazu verwendeten und noch überdies durch ziemlich schlechten 
Mörtel verbundenen kleinen Steine wenig Festigkeit und ist gegen jede ein- 
seitige Belastung der Pfeileroberfläche und gegen seitlichen Druck sehr 
empfindlich. Die nächste Umgebung des Pfeilers bis auf 20 m Entfernung 
ringsum und bis zu 80m in der Richtung nach Osten ist von den vor- 
handenen Bäumen gesäubert worden, ebenso wurde gegen Westen der 
Wald soweit gelichtet dass bis Sonnenuntergang den Sonnenstrahlen der 
Zutritt zur Station und dem daselbst aufgestellten Heliotropen-Gegen- 
spiegel offen blieb. 


Der Pfeiler kann sonach nicht als gänzlich vom Wald eingeschlossen 
betrachtet werden, denn wenn auch der Ausblick nach dem Horizont 
durch die Gipfel der Bäume verhindert war, so stand doch dem Wind 
und der Sonne der Zutritt völlig frei, ein Umstand der auf die beobach- 
teten Temperaturen von wesentlichem Einfluss sein mıusste. Das Mauer- 
werk des Pfeilers war in seinem untern Theile bis auf die Höhe des 
Podiums für das Standgerüst durch letzteres gegen die direkten Sonnen- 
strahlen während des grössten Theils des Tages ziemlich geschützt und 
der obere Theil des Pfeilers, soweit er das Podium überragte, wurde bei 
den Beobachtungen im Jahre 1877 durch Ueberhängen eines Tuches der 
Bestrahlung durch die Sonne entzogen. 


Zum Schutze für das Instrument und den Beobachter gegen die 
Sonne diente ein starker Messschirm, der jedoch nicht mit dem Pfeiler 
in Berührung gebracht werden durfte, da dieser sonst in Folge des Wind- 
drucks auf den Schirm merkliche Schwankungen gezeigt haben würde. 
Im Jahre 1878 wurde das ganze Podium des Standgerüstes von 9 Qua- 
dratmeter Grundfläche mit einem Schutzhäuschen überbaut, welches nicht 
nur während der Nachtbeobachtungen dem Beobachter den nöthigen Schutz 
gegen Wind und Kälte gewährte, sondern auch bei Tage und bei Regen- 
wetter zur sichern Aufbewahrung der Instrumente diente, die im Vor- 


194 


jahre am Abend jedes Beobachtungstages vom Pfeiler entfernt und durch 
zwei Träger nach dem Orte Döbra getragen werden mussten. 

Der für die centrische Aufstellung des Instruments benützte Stations- 
punkt ist auf einem in die Sandsteindeckplatte des Pfeilers versenkten 
Messingbolzen durch ein feines Linienkreuz markirt und als identisch zu 
betrachten mit dem älteren Katasterpunkt, dessen Polhöhe (nach S. 550 
der „Bayerischen Landesvermessung in ihrer wissenschaftlichen Grund- 
lage“) 50°16‘°43,4‘ beträgt und dessen Coordinaten (auf 8.504 daselbst) 
zu A= + 81550,60 und C=— 1709,59 angegeben sind. 


Die Höhe der Pfeileroberfläche in Döbra ist durch wiederholtes ge- 
naues geometrisches Nivellement im Anschluss an den Fixpunkt Nr 31 
unter der Höhenmarke am Betriebshauptgebäude zu Münchberg (Meeres- 
höhe =536,5964) durch die Ingenieurassistenten Karl Weber und Robert 
Heinze bestimmt worden, wobei der Höhenunterschied zwischen dem ge- 
nannten Fixpunkte und der Pfeileroberfläche von Weber = 258,125 m und 
von Heinze = 258,099 m, im Mittel also = 258,108 m gefunden wurde. 
Hiermit ergibt sich die Höhe der Oberfläche des Pfeilers in Döbra über 
Normalnull = 794,704m und die der Horizontalaxe des darauf ge- 
stellten Ertel’schen Höhenkreises = 794,704 + 0,46 = 795,164 Meter. 


Die Station Kapellenberg, auf der Spitze des kegelförmigen Berges 
gleichen Namens gelegen, ist ein Punkt erster Ordnung der im König- 
reich Sachsen in der Ausführung begriffenen Landestriangulirung. Der 
Pfeiler daselbst ist im Jahre 1864 massiv aus Granitquadern bis zu einer 
Höhe von 5,20 m über Terrain aufgeführt und mit einem Standgerüst 
umgeben. Die Abhänge des. Berges, der vom Orte Schönberg aus in 
35 Minuten erstiegen werden kann, sind mit jungem Fichtenbestand be- 
deckt, während der Gipfel selbst völlig kahl ist und nach allen Seiten 
freien Rundblick gewährt. Durch seine freie Lage ist der Pfeiler dem 
Wind stark ausgesetzt, und es wurde deshalb für die Nachtbeobachtungen 
im Sommer 1878 auch hier die Einrichtung einer Schutzwand für den 
Beobachter nöthig. Der Stationspunkt selbst ist ebenso wie auf dem 
Döbrapfeiler durch einen in die Pfeileroberfläche versenkten Messing- 
bolzen mit eingerissenem Linienkreuz bezeichnet, seine genaue geographi- 
sche Lage wird jedoch erst bei Abschluss der Sächsischen Triangulirungs- 


195 


arbeiten bestimmt werden können; vorläufig ist die Polhöhe der Station 
Kapellenberg zu 50° 11'22“,3 ermittelt worden. 

Die Entfernung der beiden Stationspunkte Döbra und Kapellenberg 
konnte aus den von Herrn Professor 
Nagel mitgeteilten Ergebnissen der 
Winkelmessung in den Dreieckspunk- 
ten Döbra, Ochsenkopf und Kapellen- 
berg nach Fig. 2 (worin D Döbra, 
K Kapellenberg, P den alten Kataster- 
punkt und O den neuen Pfeiler auf 
dem Ochsenkopf bedeutet) wie folgt 
berechnet werden. 

Bekannt sind: erstens die Ent- 
fernung DP=a durch log arc. a 
=4,0117832 in bayer. Ruthen; 
zweitens die Excentricität des neuen 
Pfeilers auf dem Öchsenkopf oder 
e= 22,305m, und drittens die auf 
K den neuen Pfeiler daselbst be- 

zogenen Winkel 


A=37°16‘ 8,28 D = 54%43147,44° 
B = 86°37°10,51" K=3839: 4,99" 


Es ergibt sich nun, wenn nach den Feststellungen durch die K. Bayer. 
Verordnung vom 13. August 1869 1°= 2,918592 m gesetzt wird, aus dem 
Dreieck OPD die Seite ce = 30006,26 m und damit aus dem Dreieck DOK 
(nach Ausgleichung der Winkel dieses Dreiecks) b= 47958,41m als die 
Entfernung Döbra-Kapellenberg. 

Die Meereshöhe der Pfeileroberfläche in Kapellenberg ist aus dem 
Sächsischen Präcisionsnivellement bekannt und mit Bezug auf den Ostsee- 
spiegel bei Swinemünde = 764,772 m. Da nun dieser Wasserspiegel (nach 
der Schrift „der Normalhöhenpunkt für das Königreich Preussen“, Seite 3) 
um 0,023 m tiefer liegt als Normalnull, so ist die Meereshöhe der Pfeiler- 
oberfläche auf Kapellenberg mit Bezug hierauf = 764,749 m und die Höhe 


der um 19,5 Centimeter darüber befindlichen Axe der Heliotrope oder 
Abh. d. II. Cl.d.k. Ak.d. Wiss. XIII. Bd. II. Abth. 26 


Fig. 2. 


196 


Reflectoren = 764,944 Meter. Zum Vergleich mit den Angaben des 
Bayerischen Präcisionsnivellements dient die Meereshöhe der Höhenmarke 
© Nr 65 im alten Bahnhof zu Hof, welche nach unsern Ermittelungen 
505,282 m und nach den Sächsischen 505,294m beträgt. Zieht man von 
letzterer Höhe 0,023m ab, um welche der Östseespiegel tiefer liegt als 
Normal-Null, so wird mit Bezug auf unsern Horizont die Sächsische 
Cote = 505,271 m, und es besteht somit zwischen unsern beiden Bestim- 
mungen nur ein Unterschied von 1,1 Centimeter. Wir haben somit den 
Höhenunterschied. der Pfeileroberflächen in Döbra und Kapellenberg oder 
DE in Fig. 1 = 794,704 — 764,749 = 29,955 m und den Höhenunterschied 
der Instrumentenaxen auf beiden Punkten = 795,164 — 764,944 = 30,22 m 


zu setzen. 


Die in der Vertikalebene Döbra-Kapellenberg gewählten beiden Zwi- 
schenpunkte sollten nur als Signalstationen für die Beobachtungen auf 
dem Döbraberge dienen und waren demgemäss nur mit einer einfachen 
. Einrichtung zum Aufstellen des Heliotropen, der Nachtsignale, der Ane- 
roide und Thermometer zu versehen. Zu diesem Zwecke wurden in den 
beiden Stationen je zwei Tische aus Holz errichtet, der eine (a, Fig. 3) 


sh 


1,30m über dem Grundpfahl (ce) der Station selbst zur Aufnahme des 
Heliotropen und der Nachtsignale, der andere (b) 0,90 m hoch und seit- 
wärts vom ersten stehend, für die Aufstellung des Federbarometers und 
des August’schen Psychrometers deren Stände an den Stationen be- 
obachtet werden mussten. 

Ein starker Messschirm (d) schützte auch hier die letztgenannten 
Instrumente vor den Sonnenstrahlen. Bei den Beobachtungen im Jahre 1878 
war ausserdem noch ein Thermometer zur Bestimmung der Lufttempera- 
turen in der Nähe der Stationen auf der nördlichen Stammseite eines 
Baumes 4,5 m hoch über der Bodenfläche angebracht, zu welchem man 
mittelst einer Leiter gelangen konnte. 

. Eine einfache Strohhütte gewährte den Gehilfen, welche die Be- 
obachtungen auf den Zwischenstationen zu besorgen hatten, den nöthigen 
Unterschlupf während der Nachtzeit. 

Die Entfernungen dieser Signalstationen sind aus den treffenden 
Blättern der Bayerischen Katastervermessung durch Abgreifen ihrer Coor- 
dinaten unter Berücksichtigung des Schwindmasses des Papiers berechnet 
worden. Um beurteilen zu können, mit welcher Genauigkeit sich auf 
diese Weise die Lage eines Punktes bestimmen lässt, wurden auch für 
den Stationspunkt Döbra die Coordinatenwerthe durch Abgreifen aus dem 
Steuerblatt N. O. CII. 3. bestimmt; es ergaben sich hierbei die Werte 

x = +81531%0 und „= —- 1709°,7 
während die wahren Coordinatenwerte dieses Punktes nach Seite 504 
der Bayer. Landesvermessung 

A,= + 81530°,60 und C,= — 1709959 
betragen. Die Uebereinstimmung beider Werte ist somit eine befrie- 
digende und lässt genügende Genauigkeit auch für die Bestimmung der 
Lage der Signalstationen erwarten. 

Um für letztere eine kurze Bezeichnung zu erhalten, sollen die ein- 
zelnen Stationen, vom Döbra beginnend, der Reihenfolge nach mit I, I, 
II und IV benannt werden, so dass I und IV die zwei Hauptstationen, 
II und III die beiden Zwischenstationen bedeuten. 

Die Coordinaten der Station II wurden durch Abgreifen aus Steuer- 
blatt N. ©. CI. 10 ermittelt zu 

Xır = + 80355',6 und yı = — 7332),8. 
26* 


198 


Die Entfernung von Döbra ergibt sich dann zu dır = 16766,2m. In 
gleicher Weise findet sich für die Station III aus Steuerblatt N.0.C. 15 
X + 795260 und Ya = — 11337%1 

Die Entfernung vom Döbrapfeiler ist somit dyn = 28701,3 m. Die 
Höhencote der Oberfläche des Grundpfahls (c) von Station II wurde durch 
doppeltes Nivellement mit Anschluss an den Fixpunkt Nr 54 auf der 
Saale = Fluthbrücke zu Oberkotzau zu 243,060 m + 0,027 m bestimmt, 
woraus eine Meereshöhe dieses Pfahls von 861,080 m — 245,060 m 
= 618,020 m folgt. Rechnet man hiezu die Entfernung der Heliotrop- 
axe mit 1,435m, so wird die Meereshöhe dieser Axe auf Station II 
=619,455 m und ihr Höhenunterschied gegen die Instrumentenaxe auf 
der Station I= 795,164 — 619,455 m = 175,71 Meter. Für Station III 
ergab sich die Cote des Grundpfahls durch ein an den Fixpunkt Nr 73 
unter der Höhenmarke in der Station Rehau sich anschliessendes Doppel- 
nivellement zu 258,394 + 0,022 m und hiemit die Mecreshöhe der 
Station III = 861,080 — 258,39 = 602,69 Meter. 

Rechnet man auch hiezu für Tisch und Instrument 1,435 m, so wird 
die Meereshöhe der Heliotropaxe auf Station II = 604,125m und ihr 
Höhenunterschied gegen die Instrumentenaxe auf Station I = 795,164 
— 604,125 = 191,04 Meter. 

In der nämlichen Weise, wie der Abstand der Stationen II und III, 
ist auch die Entfernung eines Stangensignals mit Zielscheibe von der 
Station Döbra ermittelt worden. Dieses Signal steht auf der ersten vom 
Döbra aus in der Richtung nach Kapellenberg sichtbaren Terrainerhebung 
und soll in der Folge mit „Nullpunkt“ bezeichnet werden. Seine Ent- 
fernung vom Döbra ist d,= 9921,0 m; seine Höhencote wurde, weil über- 
flüssig, durch geometrisches Nivellement nicht bestimmt. 


2. Aufnahme des Längenprofils Döbra—Kapellenberg. 


Um die Lage der Visirlinien vom Döbra nach den übrigen Stationen 
gegen die Terrainoberfläche darstellen zu können, wurde die Aufnahme 
eines Längenprofils nöthig, welche Herr Professor Max Schmidt mit dem 
nöthigen Gehilfenpersonale in auffallend kurzer Zeit durchführte. Seinem 
Berichte hierüber ist das Folgende entnommen. 


199 


Da grosse Genauigkeit der Höhenbestimmung für diesen Zweck nutzlos 
schien, und der Zeitaufwand für eine solche Arbeit auf das geringste 
Mass zu bringen war, wurden die nöthigen Messungen mit Federbaro- 
metern ausgeführt die erfahrungsgemäss eine Genauigkeit der Höhenbe- 
stimmung bis auf 1 oder 2 Meter gewähren und einen ungemein raschen 
Arbeitsfortschritt gestatten. Zunächst musste die Profillinie selbst so be- 
stimmt werden dass die einzelnen in ihr liegenden Hauptbrechungspunkte 
der Terrainoberfläche leicht und rasch aufgefunden und mit den Ane- 
roiden begangen werden konnten. Ein vorzügliches Hilfsmittel hiezu 
waren wieder die Steuerblätter der Bayer. Katastervermessung, und wo 
diese endeten, bot die topographische Karte des Königreichs Böhmen 
immerhin noch sehr brauchbare Anhaltspunkte. Mit Hilfe der bekannten 
Coordinaten der Stationen Döbra und Kapellenberg liessen sich die Schnitt- 
punkte der Profillinie mit den Steuerblattgrenzen rechnen; damit war die 
Lage der Linie in den Steuerblättern bestimmt, und sie konnte nun an der 
Hand dieser Blätter ohne Schwierigkeit auf dem Terrain aufgefunden 
werden. Von der böhmischen Grenze bei Asch bis Kapellenberg wurde 
in analoger Weise die topographische Karte des Königreichs Böhmen be- 
nützt, in welcher die Profillinie von dem bekannten Schnittpunkt mit 
der Grenze aus nach dem Stationspunkt auf dem Kapellenberg gezogen 
wurde. An der Hand dieser kartographischen Hilfsmittel ist die Profil- 
linie auf dem Terrain aufgesucht und begangen worden, unter gleich- 
zeitiger Vornahme der nöthigen Messungen an den Hauptbrechungs- 
punkten des Terrains, deren Lage durch Abschreiten gegen feste Grenzen, 
Wege, Wasserläufe u. de]. festgelegt und in die Karten eingetragen wurden. 
In grösseren Wäldern oder an solchen Stellen, wo genügende Anhalts- 
punkte fehlten um die Richtung der Profillinie mit Sicherheit bestimmen 
zu können, leistete eine Schmalkalder-Bussole mit Dioptereinrichtung gute 
Dienste, nach deren Angaben die gesuchte Richtung leicht einzuhalten 
war. Das Begehen der etwa 48 Kilometer langen Profillinie unter gleich- 
zeitiger Vornahme sämmtlicher- Messungen an 210 Terrainbrechungs- 
punkten erfolgte in 2,5 Tagen vom 28. bis 30. August 1877 bei son- 
nigem und windstillem Wetter. Es sind somit in einem Tag durchschnitt- 
lich 20 Kilometer zurückgelegt worden, wobei die verschiedensten Terrain- 
hindernisse, als dichte Wälder, steile Thalgehänge, sumpfige Gründe und 


200 


mehrere Wasserläufe zu überwinden waren. An allen Hauptbrechungs- 
punkten des Terrains wurde zunächst die Lage des Punktes in der Karte 
durch Eintragen einer fortlaufenden Nummer bestimmt und ausserdem 
die Zeit der Messung sowie der Zeigerstand und die Thermometerab- - 
lesung an zwei Aneroiden aufgeschrieben. Von der Beobachtung der 
Lufttemperatur (etwa mittelst‘ Schleuderthermometer) ist Umgang ge- 
nommen worden, da auf dieselben nicht die nöthige Zeit verwendet 
werden konnte und flüchtige Temperaturbeobachtungen erfahrungsgemäss 
werthlos sind. Gleichzeitig mit diesen Feldbeobachtungen wurden an 
jedem der drei Tage an der nächst gelegenen Höhenmarke des Präcisions- 
nivellements und zwar am 28. in Oberkotzau, am 29. in Rehau und am 
30. in Asch mit einem dritten Aneroidbarometer die Luftdrucksänder- 
ungen und mit einem August’schen Psychrometer die Temperatur- und 
Feuchtigkeitszustände der Atmosphäre in Zeitintervallen von 15’zu 15 
Minuten beobachtet. 
Für die verwendeten Aneroidbarometer des geodätischen Instituts 
der K. Technischen Hochschule zu München, Nr 38262, Nr 50700, 
Nr 38255 Naudet’scher Construction gelten die Seite 28 der „Beobacht- 
ungen und Untersuchungen über die Eigenschaften der Naudet’schen 
Aneroidbarometer“ von C. M. v. Bauernfeind angeführten Temperatur- 
und Theilungscoefficienten a=—. 0,1315 m für 1I°R und b= + 0,016, 
während für das mit dem Namen Kainath bezeichnete Instrument von 
gleicher Beschaffenheit mit ersteren nahezu derselbe Temperaturcoefficient 
a—— 0,133 und der Theilungscoefficient b= + 0,020 bestimmt wurde. 
Die Standcorrection ce für sämmtliche Aneroide ist durch zahlreiche 

Vergleichungen mit zwei Quecksilber-Reisebarometern Nr 517 und Nr 518 
von Greiner in München erhalten worden. Der Werth ce während der 
Dauer des Nivellements ist aus den Vergleichungen vom 24. Juli 1877 
wie folgt berechnet worden: 

für Aneroid Nr 38262 ce = — 1,30 mm 

! Ne 0,80 

NER 50 

h " Kainth c=—1,70 , 
und diese Werthe fanden bei der Berechnung des Nivellements Berück- 
sichtigung. Von den in den Beobachtungsheften angewendeten Bezeich- 


201 


nungen bedeutet db die Theilungs-, dt die Temperatur- und c die Stand- 
Correction, A, und A, sind die reducirten Ablesungen der 'beiden Feld- 
barometer, deren Mittelwert A der Höhenberechnung zu Grunde gelegt 
ist; B, ist der gleichzeitige reducirte, an den Höhenmarken beobachtete 
Barometerstand, dessen Berechnung in Heft XIX, Seite 18—22 besonders 
. angegeben ist. 

Die Höheneoten der das Längenprofil zusammensetzenden Terrain- 
punkte sind abgeleitet aus der Berechnung des Höhenunterschieds zwi- 
schen dem Standbarometer und den Feldbarometern für deren jedesmalige 
Aufstellung in Im Höhe über dem treffenden Terrainpunkt. Für diese 
Berechnung sind die graphischen Hilfstabellen für barometrische Höhen- 
messungen benützt worden, welche in der Zeitschrift des Bayerischen 
Architekten- und Ingenieur-Vereins, Band V, Heft 4 vom Jahre 1873 ver- 
öffentlicht sind, und die auf Grund der Näherungsformel 
a—b 


h=15982 (' rH 00183) per 


entworfen sind. In dieser Formel bezeichnen a und b die reducirten 
Barometerstände, t, und t, die Lufttemperaturen derjenigen Beobacht- 
ungsstationen, deren Höhenunterschied h gesucht wird. Dabei ist der 
Wert 
= (' 0 NOTS3AT v) m. 
gesetzt, und der genannten Tabelle entnommen worden: das Product 
m(a—b) ergab dann den Werth von h. Was die Bestimmung der Luft- 
temperaturen t, und t, anlangt, so wurde von diesen nur t,, die Tem- 
peratur am Orte des Standbarometers, wirklich beobachtet; die Luft- 
temperatur am Ort des Feldbarometers t, ist mit Zugrundelegung einer 
Temperaturabnahme von 0,0085 C° für 1 Meter Höhe berechnet worden. 
Letztere Annahme für die Temperaturabnahme mit der Höhe ist hervor- 
gegangen aus der auf Seite 24 bis 27 des XIX. Heftes mitgeteilten und 
für den Monat August in jener Gegend beobachteten Temperaturab- 
nahmen zwischen den Hauptstationen I und U. Der bei der Berechnung 
der Höhencoten der Terrainpunkte erwähnte Zuschlag von Im ist da- 
durch nöthig geworden dass der Feldbarometer nicht auf der Terrain- 


202 


höhe selbst, sondern in der Brusthöhe des Beobachters (etwa Im über 
der Terrainoberfläche) abgelesen wurde. 


Zur Controle für die angenäherte Richtigkeit der barometrisch ge- 
messenen Höhen dient die Uebereinstimmung der Beobachtungen, welche 
zu verschiedenen Zeiten in den Punkten 47 (Nullpunkt) und 188 (Böh- 
mische Grenze) vorgenommen wurden, hauptsächlich aber die Vergleich- 
ung der in den Stationen H, II, IV erhaltenen Höhencoten mit den Er- 
gebnissen der geometrischen Nivellements. Es wurden nämlich mit Bezug 
auf den 861,08m über Normalnull (Null A.P.) liegenden Horizont des 
Bayerischen Präcisionsnivellements erhalten: 


für Station IL (Niv. Pkt 79) H = 242,5 (statt 243,06) 
E s II (Niv. Pkt 137) H = 255,5 (statt 258,40) 
"+. W (Niv. Pkt210)H= 97,2 (statt 96,30) 


woraus sich ein mittlerer Fehler für die barometrisch bestimmten Höhen 
von rund 1,5 Meter ergibt. Die Entfernungen der einzelnen Profilpunkte 
vom Döbraberg sind zum grössten Teile aus den Steuerblättern ‚abge- 
griffen, im Uebrigen durch Abschreiten von den nächsten festen Grenz- 
marken aus bestimmt worden. Eine graphische Darstellung des von 
Herrn Prof. Schmidt aufgenommenen Längenprofils enthält die Stein- 
drucktafel Nr 1, zu der Folgendes zu bemerken ist: Die Entfernungen 
sind in Kilometern, die Höhen in Metern mit Bezug auf Normalnull an- 
gegeben, der Wald ist parallel, der übrige Boden senkrecht zum Profil 
schraffirt. 


3. Die Instrumente zur Refractionsbestimmung und ihre 
Constanten. 


Für die Ausführung der Refractionsbeobachtungen stand ein Höhen- 
kreis von Ertel & Sohn in München mit 22cm Kreisdurchmesser und 
mikroskopischer Ablesung zur Verfügung. Der Kreis selbst lässt sich 
auf der Fernrohrdrehaxe beliebig verstellen und ist in Zwölftel-Grade 
geteilt. Das mit dem Öcularende durchschlagbare Fernrohr hat 35cm 
Brennweite und ist mit Ocularmikrometer versehen. Auf der stählernen 
Drehaxe des Rohrs sitzt eine Aufsatzlibelle, deren Röhre zum Schutz 


203 


gegen Erwärmung in ein Holzkästehen mit Glasdeckel eingeschlossen ist. 
Eine zweite Libelle mit gleichem Schutzgehäuse ist mit den Mikroskop- 
trägern verschraubt. Die Trommeln der beiden Ablesemikroskope sind 
in 60 Teile geteilt und es entsprechen 5 volle Umdrehungen einer Fort- 
bewegung des Doppelfadens um einen Limbusteil von 5 Minuten Winkel- 
wert. 

Bei den Messungen mit diesem Instrument im Jahre 1877 machten 
sich folgende Mängel und Constructionsfehler geltend, welche zum Teil bei 
den Beobachtungen durch besondere Achtsamkeit unschädlich gemacht 
werden konnten, im Frühjahr 1878 jedoch durch Umbau des Instrumentes 
soweit wie möglich beseitigt wurden. Solche Constructionsfehler und 
Mängel waren: 

1) zu geringe Stabilität der Fernrohrstützen welche einerseits die 
schweren und weit ausladenden Mikroskopträger mit der zu massig gehal- 
tenen Libellenfassung und andererseits die schweren Gegengewichte zu tragen 
hatten. Die Grundfläche dieser Stützen war ungenügend breit und mit 
dem Untergestell nicht fest verbunden, so dass bei geringem Seitendruck 
ein Ausweichen der Stützen in. der Richtung der Fernrohrdrehaxe von 
mehreren Millimetern eintrat; 

2) die Hauptteilung des Höhenkreises war nicht übersichtlich aus- 
gezeichnet, überdies wurden die Enden der diese Auszeichnung tragenden 
Teilstriche von den verkehrt angeordneten Mikroskop-Rechen völlig ver- 
deckt, so dass bei dem Ablesen der Mikroskope. grobe Irrthümer nur 
mit vielem Zeitverlust sich vermeiden liessen: die einzelnen Teilstriche 
selbst erschienen im Mikroskop nicht als scharf begrenzte schwarze 
Linien, sondern zeigten zackige Ränder und waren an vielen Stellen ver- 
schieden tief eingeschnitten, so dass sie wie mit Einschnürungen behaftet 
gesehen wurden; 

3) die Fernrohrdrehaxe war in ihrem Lager nicht genügend geführt, 
sondern zeigte bei jedem Durchschlagen des Rohrs eine Verschiebung in 
der Richtung der Mikroskope, wodurch sich deren Vergrösserung und 
Bildschärfe merklich änderte. Derselbe Fehler, wenn auch in geringerem 
Masse, entstand bei Temperaturänderungen, da die Fernrohraxe aus Stahl 
und der Fernrohrträger aus Gelbguss sich verschieden ausdehnten; 

4) die Mikroskope waren mit unzweckmässigen Blenden versehen, da 

‚Abh. d. 11.Cl.d.k. Ak.d. Wiss. XIII. Bd. III. Abth. 27 


204 


deren flache trompetenartige Oeffnungen das Licht von der Ablesestelle 
eher ablenkten als hinwarfen, und da bei ihrer senkrechten Stellung 
durch den Blendenausschnitt an der Ablesestelle ein grauer dunkler Fleck 
entstand ; 

5) die Mikrometerschrauben der Mikroskope erschwerten genaue 
Messungen, weil ihre Muttern sich gegen die Aussenwände der Mikro- 
skopkästchen stützten deren Fläche nicht senkrecht zur Schraubenaxe lag, 
wodurch eine Gangverbesserung der Schraube nöthig wurde welche nicht 
constant blieb sondern sich durch Auflagerung von Schmutzteilen an den 
Berührungsstellen fortwährend änderte; 

6) die Aufsatzlibelle konnte ohne künstliche Erhöhung des Stand- 
orts des Beobachters nicht abgelesen werden. 

Zur Beseitigung dieser Missstände wurde durch das mechanisehe In- 
stitut von Aug. Lingke in Freiberg eine Umänderung der Hauptteile 
des Instruments vorgenommen und in völlig befriedigender Weise ausge- 
führt. Zunächst wurde die Befestigung der Fernrohrstützen bedeutend 
verstärkt und der Zug der Mikroskopträger sowie deren Gegengewichte 
nach aussen durch eine Verbindungsstange der Stützen hart unterhalb 
des Kreisrandes unschädlich gemacht. 

Der Höhenkreis selbst ist neu geteilt und jeder Gradstrich besonders 
mit einer im Mikroskop lesbaren Zahl ausgezeichnet worden, so dass 
nunmehr die Teilung volle Uebersichtlichkeit gewährte Hiezu trägt 
wesentlich bei dass die Mikroskope eine um die Hälfte geringere Ver- 
grösserung und dadurch ein .grösseres Gesichtsfeld erhalten haben, so 
dass nunmehr ein volles Gradintervall der Teilung vom Gesichtsfeld um- 
fasst wird. Die Mikroskope mussten bei dieser Umänderung soweit von 
der Teilungsebene abgerückt werden dass nun eine gute Blendencon- 
struction anzubringen war. Durch Reduction der Mikroskopvergrösser- 
ung auf die Hälfte des früheren Betrages ist ferner die Umdrehungszahl 
der Schraube für eine dem kleinsten Teilungsintervall des Limbus ent- 
sprechende Verschiebung des Doppelfadens von 5 auf 2,5 gebracht worden. 
Hiedurch ist der Zeitverbrauch für eine Messung mit dem Mikroskop 
wesentlich verringert, ohne dass die Genauigkeit der Einstellung des 
Fadens gelitten hätte. Es entspricht nunmehr eine volle Schrauben- 
drehung 2 Minuten Winkelwert und eine Drehung um 1 Trommelteil 


DL 9 Vene Ben 


Mic 


205 


oder „ Umdrehung 2 Secunden Winkelwert des Limbus. Ausserdem 
sind noch die Mikroskop-Rechen auf die der Auszeichnung der Teilung 
entgegenstehende Seite verlegt und die Trommelbezifferungen derart ab- 
geändert worden dass beide Mikroskop-Schrauben nach abwärts gerichtet 
stehen und wachsende Trommellesungen geben, wenn der Doppelfaden im 
richtigen Sinne (gegen den nächst kleinern Teilstrich) bewegt wird. 

Um die schädliche Verschiebung der Teilung gegen die Mikroskope 
zu hindern ist an die eine Fernrohrstütze eine starke Lamellenfeder an- 
geschraubt worden welche auf das Ende der Fernrohrdrehaxe in der 
Axenrichtung einen Druck ausübt und so den Abstand zwischen Mikro- 
skop und Teilung fxirt. Das Gewicht der Libellenfassungen, namentlich 
der Libelle am Mikroskopträger, ist nahezu auf die Hälfte des früheren 
reducirt und die Aufsatzlibelle mit einer durchsichtigen Glasabdeckung 
versehen worden; ausserdem wurde noch eine Centrirvorrichtung an der 
Unterseite des Dreifusses angebracht. 

Von dem Werte der Teilung des Höhenkreises und der Leistung 
der Mikroskope vor und nach der Umänderung beider geben die von 
Herrn Prof. Schmidt ausgeführten und im Beobachtungsheft Nr XVII, 
S. 32 und 23 und in der nachstehenden Tafel Nr 1 zusammengestellten 
vergleichenden Messungen einen Begriff. Jedenfalls steht die Güte der 
Neuteilung nicht hinter der Leistung der Mikroskope zurück, sondern 
scheint sie sogar zu übertreffen, was daraus erklärt werden kann dass 
die Mikroskopkästen nicht durch besser eingerichtete ersetzt werden 
konnten, da es an der nötigen Zeit zu deren Anfertigung mangelte. 
Eine genauere Untersuchung der Limbusteilung sowie der Gangverbesser- 
ung der Schrauben scheiterte an der mangelhaften Einrichtung der Mi- 
kroskopkästen, kann aber auch füglich für die in Frage kommenden 
Messungen entbehrt werden. 


27 * 


Tafel Nr 1. 


Untersuchung der Teilung des Ertel’schen Höhenkreises. 


1. Abstände einzelner Teilstriche, gemessen mit je 5 Einstellungen der beiden Mikroskope. 


sk N h 3 “ 
Die Zahlen p; und p; sınd die an der Trommel abgelesenen Ueberschüsse über 5 und 2,5 Umdrehungen. 


Mikroskop Nr I Mikroskop Nr II Mikroskop Nr I Mikroskop Nr 2 
Nr _ - In Nr - 
pı A|M| m AU AR pi VS OVA Te 1000 AUGEN 
1. Vor der Abänderung (1877) 
48,49 137,64 
11+54 —13| 1691 —0,1|—23 | 5,29] 17 I1+10|+3,1| 9,61 | —3,0 | +0,6 0,36 
214+66|—25| 62531 —15 —09| 0815] 18 | +35 | — 44 [19,36 | — 3,1 | — 0,7 0,49 
31+04|+3,7 113,69] + 3,3 | — 5.7 | 3249| 19 | +6,6 —25| 625 | +13 | — 3,7 | 13,69 
41 +34| +03 | 0,09] +0,21 — 2,6 | 6,76] 20 1 +48 | —0,7| 0,49 | — 4,0 | 1,6 2,96 
514341403 0,0991] —55 | +3,1| 961 211 +2,2| +19| 361 | —-31/+0,7 0,49 
61+58| —1,7| 289] —2,1|—03 | 0,091 221+30|+11| 121 [+06 | — 3,0 9,00 
71+232|+19| 3,61[| —7,6| 45,2 | 27,04] 23 1448| —0,7| 049 | — 18 | — 0,6 0,36 
81+38/1+03| 0,09| — 0,21 —22| 4,84 241+45,6| —15| 2251| —7,5|-+5,1| 26,01 
9I+30|+11| 121] —06 —18| 3,24] 25 I1+51| —10, 100 | 49, +25 6,25 
101 +37/+0,4| 0,161 —40 | +18 | 324] 261 +24 +17 289 | —19| +05 0,25 
111429) +12| 144] — 84 | + 6,0 | 36,00] 27 1 +20|-+21 441 | —-238| +04 0,16 
12 1468| — 2,7| 7293| —32|+08| 0,8641 28 [468 | —27| 7291 —46 | +22 4,84 
131+63 | —22| 4841| — 22 | —02| 0,04| 29 | +40 | +0,1| 0,01 1—09| —15 2,25 
14 | + 2,0 | +21| 441] -—15| —0,9| 0,81| 30 +26|+15| 2251-15 | —0,)9 0,31 
15 1 +44 | — 03 0,099) +0,11 —25| 625] 31 | +32|-+09| 0,81] —14| — 1,0 1,00 
16 | +49 1 —0,8 | 0,64 —1,7 | —0,7| 0491 32 1434| +0,71 0491 —33 | +0,39 0,81 
| 48,49 | 137,64 |+ 4°,1\+ 1°,9 1110,90 | — 2°,4| + 27,6 | 206,97 
2. Nach der NAHE (1878) 
9,15 2,60 
1:1-+.0,5 0,2 | 0,04] + 0,3 0,2 | 0,04] 91 + 0.7 0,0 | 0,00 | +0,38 0,3 0,09 
2|+12 05| 0,255 +11 0,61 0,56] 10 | +03 04 | 0,16 | + 0,4 0,1 0,01 
3 1+03 0,4 | 0,161 + 0,6 0,1) 0,015 11| +12 05| 0,25 | +01 0,4 0,16 
41 — 0,2 0,9 | 0,81] +02 ‚| 0,091 12 [+ 1,5 0,8 | 0,64 I — 0,2 0,7 0,49 
51+07| 00 0,001 +1,6 11 121) 13 I +04 0,3 | 009 | + 0,6 0,1 0,01 
61 +21 14 | 1,96| + 1,3 0,8/| 0,64] 14 | + 1,0 0,3 | 0,09 | + 0,9 0,4 0,16 
71.09. 01,22 a2 070,1 0,4 | 0,16) 15 1 +04 03 | 0,09 | — 0,5 1,0 1,00 
8] + 1,4 0,7 | 0,49] + 0,8 031 0,0911 16 +0,9 0,2| 0,04 | + 0,6 0,1 0,01 
Ha 2,60 + 0°,7#0,66| 6,51 |+0,5 +0,51 4,53 
| | — AD: N 


207 


B. Abstände diametraler Theilstriche des Höhenkreises, gemessen mit je 10 Einstellungen eines 
jeden Mikroskops in beiden Fernrohrlagen. 


Der Buchstabe d bezeichnet den Unterschied der an den beiden Mikroskopen abgelesenen Minuten 

und Secunden bei der Indexstellung 360°..... 230° und d, ist derselbe Unterschied bei den nahezu 

um 180° verschiedenen Indexstellungen 180°....50°%. Der Werth von pı war =1 Secunde, jener 
von pg =2 Secunden. 


a | d Peer: d 4 la+td, ? 
Stellung 0 Pa pa pa | | = 

1. Vor der Abänderung. 2. Nach der Neuteilung. 
360° — 180° I 1. 30,7 | 1. 51,2 | 3. 21,9 | — 7,9 + 9,20 | + 8,40 | 17,60 | — 1,36 [1,8496 
350 — 170 |1. 50,712. 6,3 | 3. 57,0 | + 9,6 + 11,34 | +4,46 | 15,80 | +0,44 [0,1936 
340 -— 160 + 12,91 | + 0,84 | 13,75 | + 2,49 | 6,2001 
330 — 150 |1. 49,9 | 1. 45,7 | 3. 35,6 | — 1,0 12,76 | + 2,78 | 15,54 | +0,70 [0,4900 
320 — 140 |1. 455 |1. 53,1 3. 36,6 | — 0,6 — 15,12 | +4,26 | 19,38 | — 3,14 | 9,8596 
310— 130 ]1. 49,1 1. 56,7 | 3.458 | +41 17,16 | — 1,40 | 15,76 | +0,48 | 0,2304 
300 — 120 11. 34,3 | 1. 47,2 | 3. 215] — 8,1 + 9,92) +7,24 | 17,16 | — 0,92 | 0,8464 
290 — 110 |1. 27,7 |1. 56,9 | 8. 24,6 | —- 6,6 10,96 | +4,70 | 15,66 | + 0,58 | 0,3364 
280 — 100 |1. 39,2 | 1. 52,1 | 3. 5315 | — 3,2 + 14,85 | + 0,52 | 15,40 | + 0,84 | 0,7056 
270—90 [1.449 |2. 1,7 | 3. 46,6 | + 4,5 —+-15,46 | + 2,36 | 17,82 | — 1,58 | 2,4964 
260—80 |1. 41,2 | 1. 52,1 | 3. 33,3 | — 2,2 1 16,46 | — 1,34 | 15,12 | + 1,12 [1,2544 
250—70 1.464 12. 0,13. 46,5 | +46 + 17,56 | + 0,16 | 17,72 | — 1,48 | 2,1904 
240 —60 1. 46,8 | 1. 51,7 | 3. 38,5 | + 0,6 —+ 19,74 | — 5,28 | 14,46 | 4 1,78 | 3,1684 

230—50 J}1. 54,1 |1. 571 | 3. 512] +6,8 

+ 5",661585,00 29,8213 

2 El 

+ 27,83 157 


(Die Werthe d und d, geben die Abweichung der Indexpunkte beider Mikro- 
skope von ihrer diametralen Stellung gegen den Kreis, jedoch nur unter der Voraus- 
setzung, dass keine Excentrieitätsfehler sich geltend machen; derartige Fehler sind 
‘aber vorhanden und werden in den einer Umstellung des Kreises von nahezu 180° 
entsprechenden Werten d und d, jedesmal in gleicher Grösse aber mit entgegen- 
gesetztem Vorzeichen auftreten, also in der Summe d-+d, verschwinden. Diese 
Summe müsste also constant sein, wenn die zur Ablesung benützten Teilstriche des 
Kreises genau diametral liegen und die Mikrometer absolut genaue Ablesungen 
Da nun auch die beiden letzten Bedingungen nicht streng erfüllt 
auftreten deren Grösse 


geben würden. 
sind, so müssen in den Summen dd, Abweichungen 
A oder *A Anhaltspunkte für die Beurteilung der Güte der Teilung und die Sicher- 
heit der Mikroskop-Ablesung gewähren.) ) 


208 


Die Bestimmung des Teilwerts der Libelle am Mikroskopträger des 
Höhenkreises ist in mehrfacher Weise ausgeführt worden; die hiezu an- 
gestellten im Hefte NrXVI, 8.30 und 31 und in der nachfolgenden Tafel 
Nr 2 verzeichneten Beobachtungen ergeben einen Teilwert von 2,32 
— 0,025, wofür bei der Berechnung der später mitzuteilenden Winkel- 
messungen rund 2,50‘ angenommen worden sind. Bei den in Tafel Nr 2 
unter A aufgeführten Messungen ist die Verbindungslinie der Vertikalaxe 
des Instruments mit einer der Fussschrauben möglichst genau in die 
Richtung nach dem Signal „Nullpunkt“ gebracht worden, hierauf wurde 
das Fernrohr scharf auf dieses Signal eingestellt und Kreis- und Libellen- 
Stand abgelesen. Mit der genannten Fussschraube konnte sodann der 
Libelle eine etwas veränderte Neigung gegeben werden, worauf das Fern- 
rohr mit der Feinstellschraube des Kreises auf den ursprünglichen Stand 
(Signalrichtung) zurückgeführt wurde; hierauf sind Kreis und Libelle 
wiederholt abgelesen worden. 


Die Differenz der Kreislesungen muss nun der Axenneigung der 
Libelle entsprechen, oder auch dem Ausschlag der Libellenblase der 
durch Verstellen der Fussschraube bewirkt wurde; es gibt also das Ver- 
hältniss der Kreisdrehung zum Ausschlag der Libellenblase den Teilwert 
der Libelle.e Die unter B am genannten Orte aufgeführte Bestimmung 
der Libellenteilwerte mittelst des Legebretts bedarf keiner besondern Er- 
läuterung. Natürlich war dabei die Libelle vom Instrument gelöst worden; 
es hätte die Libelle hiebei einen andern Wert der Empfindlichkeit er- 
geben müssen, wenn ihre Axe am Instrument nicht parallel zur Visirlinie 
gewesen wäre. 


Tafel Nr 2. 
Untersuchung der Libelle am Mikroskopträger des Ertel’schen Höhenkreises. 


A. Auf dem Döbraberge mit Visur nach dem Nullpunkt und Kreislesungen. 


Blasen- Axen 


Ausschlagf Neigung 


Blasen- 


Lä Teilwert 
änge 


Nr Stand der Blasenmitte 


A | N 


p n ” 
— 10,9 — 18 9,0 | — 0,20 0,0400 


1 | 2,5 | 

2 25,8 lg + 85 10,4 25,0 2,40 — 0,08 0,0064 
3 25,2 + 85 + 09 7,6 16,2 2,13 +0,19 0,0361 
4 24,2 SH 18 82 21,3 2,60 0,8 0,0784 
5 24,2 ZH 3 + 9,9 212 58, 2,52 —. 0,20 0,0400 
6 24,3 + 9,9 ma 14,1 27,3 1,94 OR 0,1444 
7 244 249 + 9,8 14.0 27,5 1,96 +0,36 0,1296 
8 20,3 + 9,9 - 2,5 12,4 28,6 2,30 +0,02 0,0004 
9 | 20,6 —»5 — 12,0 9,5 22,9 2,41 — 0,09 0,0081 
10 20,5 — 12,0 +11,9 23,9 56,8 2,38 — 0,06 0,0036 
11 20,4 +11,9 6 22,5 54,1 2,40 — 0,08 0,0064 
12 il — 10,5 ZA 21,9 51,7 2,36 — 0,04 0,0016 
13 17,1 + 10,9 143 25,2 54,5 2,16 +0,16 0,0256 
14 172 — 143 oh 23,4 56,1 2,39 — 0,07 0,0049 
15 25,7 —_Ii5 + 96 17,1 36,0 2,10 +0,15 0,0225 
16 25.4 + 96 nn 18,3 43,0 2,36 0.11 0,0121 
17 25,4 — + 59 14,6 33,6 2,30 — 0,05 0,0025 
18 25,3 4 59 eg 15,3 36,5 2,39 2A 0,0196 
19 25,1 IM ur 18,1 39,0 2,16 +0,09 0,0081 
20 25,0 +87 — 10,3 19,0 41,0 2,16 +0,09 0,0081 
21 25,0 10,3 de on 19,4 40,5 2,09 +0,16 0,0256 
PP) 25,0 E08 — 12,5 21,6 48,6 2,25 +0,00 0,0000 
23 24,8 — 19,5 + 10,6 23,1 52,6 2,28 — 0,03 0,0009 
24 24,8 + 10,6 — 83 18,9 41,7 2,21 —+ 0,04 0,0016 
25 24,7 188 un 18,0 39,3 2,18 +0,07 0,0049 
26 24,7 Eon a) 13,2 25,5 1,93 +0,32 0,1024 
27 26,8 8 Er) 14,7 36,3 2,67 — 0,42 0,1764 
28 26,8 gig us; 17,4 41,6 2,39 1A 0,0196 
29 | 26,9 + 85 — 10,4 | 18,9 45,9 2,43 Bern: 0.0324 


Blasen 
Länge 


Stand der Blasenmitte 


Axe 


ia | Teilwert | N | INS 


Neigung 


490.9 0,9622 
30 24,4 AU — 10,4 14,5 0,0001 
31 24,6 — 10,4 + 65 16,9 0,0196 
32 24,6 65 — 12,2 18,7 0,0081 
33 24,6 — 12,2 En 19,9 0,0100 
34 24,7 + 77 — 43 12,0 0,0961 
35 24,8 + 59 7 13,2 0,0676 
36 25,0 NG EEG 12,9 0,0256 
37 252 + 56 ei: 13,4 0,0256 
38 25,2 ui: 2eis6 16,4 0,0256 
BT 25,3 2.86 iss 11,8 0,0009 
40 25,3 ae +96 12,8 0841 
41 25,8 96 08 14,4 0,0009 
| 667.8 | sas7 I +01” | 1,3864 
Mittel = 16,288 [Mittel = 2,31” +0,03 
B. Mit dem Legebrett von Lingke & Co (1rev = 395 sec). 
Nr Han [sn der Blasenenden et | Eebzuben yes ei N et JAN 
änge Ausschlag| rev sec 

1 nn 3 nr 2 5 23,75 | 0,144 | 569 | 239 | —0,07 | 0,0049 
ae ee 
: u a a ie a; Di ns = 2 En 0.0001 

ae oe ae Tens E ; ; 
5 E : 15,10 0,090 | 35,6 | 236 | 0,04 T 0,0016 
Pin Wlan 9 Na re, 20,70 0,120 | 474 | 229 I -+0,03 | 0,0009 

Bu N kr) Di i 
{ aa una n 13,65 0,080 | 31,6 | 2,32 | +0,00 | 0,0000 
ld 10,95 0,0638 | 249 | 227 | +0,05 | 0,0035 
ld wg 13,95 0,080 ı 31,6 | 226 | +0,06 | 0,0036 
10 ? 8,35 0.047 | 186 | 223 | — 0,09 | 0,0081 

21.0 Pareo 94 

11 Re 9,60 0,056 | 22,1 | 230 | +0,02 | 0,0004 
12 EC 16,80 0,096 | 37,9 | 226 | +0,06 | 0,0036 
0,0291 


211 


In ganz ähnlicher Weise wie der Libellenwert unter A in Tafel 
Nr 2 ist auch der Winkelwert einer Schraubenumdrehung für das Ocular- 
mikrometer des Höhenkreises erhalten worden. Das Signal „Nullpunkt“ 
bot auch für diesen Zweck ein sehr geeignetes Zielobjekt. Die Zieltafel 
dieses Signals bestand aus einer weissen kreisförmigen Scheibe von 
lm Durchmesser, erschien vom Döbra aus unter einem Gesichtswinkel 
von etwa 20‘ und hob sich hauptsächlich bei Nachmittags-Beleuchtung 
ausserordentlich scharf gegen den dunkeln Tannenwald im Hintergrunde 
ab. Im Fernrohr wurde sie bei günstiger Luftbeschaffenheit als ruhiges 
oder schwach bewegtes weisses Scheibchen gesehen, welches nicht ganz 
den Raum zwischen den Doppelfäden des Mikrometers ausfüllte und des- 
halb mit grosser Schärfe eingestellt werden konnte. Die hier erwähnten 
Schraubenwertbestimmungen finden sich Heft XXII, 8.24 und in Tafel 
Nr 3 unter A aufgeführt, gelten jedoch nur für die Stellung des beweg- 
lichen Mikrometerfadens in der Nähe der Collimationslinie des Fernrohrs, 
etwa für den 5., 6., 7. Rechenzahn des Mikrometers. Auf 8.25 und 26 
desselben Heftes und in Tafel Nr 3 unter B, C, D sind weitere Schrau- 
benwertbestimmungen des Ocularmikrometers aufgeführt, bei welchen dem 
Instrument nahe liegende Scalen in genau gemessenen Entfernungen be- 
nützt wurden. Um diese nahen Objekte im Fernrohr deutlich sehen zu 
können musste der Ocularauszug natürlich verstellt werden, wodurch 
auch das Fadennetz des Mikrometers eine veränderte Stellung gegen das 
Objektiv erhielt, während eine solche Verstellung bei den Messungen nach 
sehr entfernten Objekten, z. B. den Heliotropenlichtern, nicht nötig wurde. 
Hiebei muss sich auch notwendig der Schraubenwert des Ocularmikro- 
meters ändern. Man findet nun mit Hilfe der dioptrischen Hauptformel 
leicht dass der Schraubenwert für Visuren nach sehr fernen Objekten 
aus Messungen zwischen nahe gelegenen Objekten erhalten wird, wenn 
man die Entfernungen der letzteren nicht vom optischen Mittelpunkt des 
Objektivs sondern vom vorderen Brennpunkt aus zählt. 

Fig. 4. Wenn daher zwei Visuren 
nach einer Scala (Fig 4) den 
Winkel A oder das Scalenstück 1 
einschliessen, dessen Entfernung 
vom optischen Mittelpunkt des 
Abh.d. I1.C1. d. k. Ak.d. Wiss. XIII. Bd. III. Abth, 28 


212 


Objektivs mit der Brennweite f die Grösse a beträgt, so hat man, falls 
das Verhältniss von l zu a klein genug ist und u die Zahl der dem 
Winkel A entsprechenden Schraubendrehungen bezeichnet, den Winkel- 
wert einer Schraubendrehung in Secunden 
2062651 
af 
Nach dieser Gleichung findet sich für das Ocularmikrometer des 
Ertel’schen Höhenkreises der Wert w = 183'',33 + 0,66, wobei sich die be- 
trächtliche Unsicherheit + 0,66” aus der mangelhaften Construction des 
Mikrometers erklärt. 


Tafel Nr 3. 
Bestimmung des Schraubenwerts für das Ocularmikrometer des 
Ertel’schen Höhenkreises. h 


A. Mit Visuren vom Döbraberge nach dem Nullpunkt und je 4 einzelnen Mikrometer-Einstellungen. 


MikroskopljMikrosk. II| Neigung des Rohrs nach ENG Tmdich. Zahl ß 
a SUE Stand N A 
Min| Sec |Min| Sec | Mikr. I | Mikr. IT | Mittel MM An säc 
1 | 20 | 54,6 | 20 | 33,0 „| 6 | 38.6 h 
ER N 1/115/11208 11 1159|, | 00] 0423 179,4 +5,6 | 31,36 
} ; 2 Her 1 ler ns ” 1 0.624 | 189,4 | — 4,4 | 19,36 
3117 454117 | 139 748,8 
2 | 3,2 2.|103| 2, 7,0 0.67,7 | 187,6 | — 2,6 | 6,76 
4119 | 49,11 19 | 24,2 6 | 75,6 
1|444| 1339| ı | 39,1 0.53,6 1849 | +0,1 | 0,01 
521 | 33,5 | 20 | 58,1 6 | 22,0 
0 |56,5 | 0 | 59,0 | 0 | 57,7 0.32,1 | 179,9 | +5,2 | 27,04 
6 | 22 | 30,0 | 21. | 57,1 5 [89,9 
| 0 1372| 0126,60 |31,9 0.172 1854| — 0,4] 0,16 
721 | 52,8 | 21 | 30,5 6 | 07,1 
1594| 11494|1 | 54,4 0.613 | 18491 +0,1 | 0,01 
8|ı9 | 5384| 19 | 41,1 | 6 | 68,4 
9127 | 35,6 | 27 | 53,2 7 | 22,7 
ae 9 lo| 95a za) 86 0706 ıs8ıl +29 | 34 
10 | 29 | 45,1 | 30 | 0,9 6 | 52,1 
| 25175, 742212.5.5 194 4556 0.68,0 | 184,71 +0,33 | 0,09 
ı1 131 | 50,8] 32 | 64 £ wi 5841| 
a ee 2133 2128312 208|, | ..,] 0.761 | 185,0 +0,0 | 0,00 
R er ER a . 31146131222 3184|, = 1.04,9 | 189,1 | — 4,1 | 16,81 
B BE nr eienker;allune ala \180:6 ” 1 0.47,0 | 192,8 | — 7,8 | 60,84 
14129 | 121129 1486| | | 6 | 59,9 
| 2|31,3|2141,7| 2 | 36,5 0.86,9 | 180,1 | + 4,9 | 24,01 
15 | 26 | 40,8 | 27 | 6,9 E [7 | 46,8 
a 2| 7812| 6012| 69| | ,,.| 0.691 | 183,6 +1,4| 1,96 
In ’ 619 97,99 1 39,5... 101888,7 ” 10.543 | 181,7 1 +3,3 | 10,89 
17 | 30 | 26,5 | 30 | 5241 | 6 | 23,4 
| | | 128.110°,3 9,135 |185”,03| + 3,85] 207,71 
| | | +0,99 


Bemerkung. Diese Schraubenwert-Bestimmung gilt nur für die Gänge 5, 6, 7 und bleibt daher 
von der Feststellung des mittleren Schraubenwerts ausgeschlossen. 


213 


B. Mit Visuren nach den Decimeter-Strichen einer 78,41m entfernten Scala und je 6 einzelnen 
Einstellungen des Mikrometers. 


Bi Mittl. Mikr.- Umdreh- | Schrauben- 
Nr | Ziel and ungs-Zahl wert k IN INNE Bemerkungen 
u in Sec 
dem rev. part. u pn ; selee z ; 
y 3 5 5 1495 184,60 1,80 3,2400 
2 8 6 835 PER FR Bir 
1. 43,6 183,21 — 0,41 0,1681 
. x . 2 1. 43,6 183,21 0,41 0,1681 206265 
= See 1. 1 aöke E 0.90 Ha Tr ie 
2 ; nr Sa 1. 2 a H A 1.0000 1 
E 5 u BR 1. En 181.42 118 1.9044 
{ : Hl 18 1. A a 0.0576 
S 5 2 1. 443 en ce le 
3 2 S 2 1. Mi re EORH ar 
10-1: 8 6 808 BR a, & 
1. 43,6 183,19 —0,39 | 0,1521 
11 9 5 372 
| jö220+030 +0,95 8,1310 


C. Mit Visuren nach den Centimeter-Strichen einer 18,27— 0,35 = 17,92 ın entfernten Scala und 
je 8 einzelnen Mikrometer-Einstellungen. 


Mittl. Mik Umdreh- | Schrauben- 
Nr ittl. Mikr.- ungs-Zahl wert k A UNE Bemerkungen 
Stand Ä 
in Sec 
cm rev. part. 
1 14 ) 78,99 
} 64,46 178,56 +5,19 | 26,9361 
2 13 1 43,45 e 
line 5 BA 62,15 185,20 145 2,1025 - _ 206265 
a 62,96 182,81 +0,94 | 0,8836 1792 .u 
213.11 2 68,56 
62,84 183,16 +0,59 0,3481 
5 10 3 31,40 
& 5 a oe 61,26 187,89 —-4,14 | 17,1396 
5 62,28 184,81 45 1,1236 
7 8 4 54,94 
62,40 184,43 — 0,68 0,4624 
8 7 5 17,35 B £ £ 
h Ä 7 Ug 62,05 185,50 — 1,75 3,0625 
( 63,36 181,66 +2,09 | 4,3681 
10 5 6 42,76 
j18375+ os] +2,66 | 56,4265 


28 * 


214 


D. Mit Visuren nach den Centimeter-Strichen einer 17,92 m entfernten Scala und je 8 einzelnen 
Einstellungen des Mikrometer-Doppelfadens. 


x MH. Mike: Umdreh- | Schrauben- 
Nr I Ziel Sharlı ungs-Zahl wert k TAN NG Bemerkungen. 
u in Sec 
zm | Yy 
N Alise 0. 62,1 185.35 1,9 3.802 
.. 02, de el! 5 3.3025 D 265 
le 1 1 20.623) | .184,75 = . ” Koma. 
3 15 41.1 VB8 e En ne i nr 1,8225 JERUr 
‘ 2 er Ar ’ x 
a | ıa a: 7 900 
’ 0. 64,8 177,63 +5,77 | 33,2929 
5.113 5 416 ns ns ” a 
a 6. | 088 isce Lan Re 
Hr, 5 4 0. 64,5 178,45 +4,95 | 24,5025 
0. 63,1 182,41 0,99 
2 Isar Ä 2. N) an m “ 55 I 
9 9 7 933 Mi EN ey Ei, 6,5025 . 
5 5} 79, 3° 9972 
N 5 2 2 ) EN Fr DR Pi 
. 02, 83: N 28° 
3 ! 5 0. 62,5 184.16 0,76 er 
= : ii ei 0. a 177.63 1577 ses 
..64, ‚6: > 33,2929 
5 5 2 a 0. 64,8 177,63 8,272 a 
. 64, ‚6: on 33.2924 
s = E y 0. 61,7 186,55 3,15 fe 
a | Wan a 1 x ne 
| ans a le 
17 1 12 | 976 . 1,0 0,09 7 „JVze 
u 12 |. 987 I Be sl dos 
oa am U tn na Bu sc Er: E- So: 
2 x . Sr 0. 62,0 ar rn 
02 36,65 SZ 2 9,062: 
2 Sa 844 u 
0. 62,1 184,75 — 1,35 1,8225 
22 1 15 465 ; 
\ | 0. 62,4 184,46 — 1,06 1,1236 
23 6 16 089 E 
; 0. 63,3 184,75 1,35 | 1,8225 
4 | 5 16 | 712 
| | | | 0. 62,76 [1334004] +3,19 | 213,7235 
| 


Ausser dem Ertel’schen Höhenkreis mit welchem auf dem Döbra be- 
obachtet wurde, kam im Jahr 1878 auf Station Kapellenberg ein Limgke’- 
sches Nivellirinstrument mit 40 em Fernrohrlänge in Anwendung und 
zwar zur Beobachtung von kleinen Höhenwinkeln. Das mit Nr 1252 be- 
zeichnete Instrument war zu diesem Zweck mit einem besonders sorg- 
fältie ausgeführten Positionsmikrometer versehen worden. Ein ganz 


215 


gleiches Instrument Nr 1253 diente in demselben Jahre für die Be- 
obachtung etwaiger Lateralabweichungen auf dem Döbraberge. Die Be- 
obachtungen zur Bestimmung der Schraubenwerte dieser Positionsmikro- 
meter sind im Heft Nr XXI, 8.27 bis 29 und in- der nachfolgenden 
Tafel Nr 4 ausführlich mitgeteilt. 

Es berechnet sich nach den dort aufgeführten Daten der Winkel- 
wert einer Schraubenumdrehung für Visuren nach sehr fernen Zielpunkten 
für Instrument Nr 1252 zu w = 131,51" + 0,27 
“ 3 „ 1253 ,„ w=132,08%+ 0,46" 


Tafel Nr 4, 


Bestimmung des Schraubenwerts für die Ocularmikrometer der Lingke’schen 
Nivellirinstrumente. 


I. Für das Instrument Nr 1252. 


A. Mit Visureu nach einer 17,57 m entfernten Centimeterscala und je 8 einzelnen Mikrometer- 


Einstellungen. 
; £ Umdreh- | Schrauben- 
Nr | Ziel un nass ungs-Zahl wet k I: A N Bemerkungen 
Stand u in Sec 
] rev part 
2 a ; | =. 83,20 130,27 +1,27 1,6129 206265 
2 3 2 | 09,26 ser Be a Fe Kor 
3 h 3 | dns 37,82 131,43 +0,11 0,0121 1787 .u 
Alte 88,22 130,84 +0,70 | 0,4900 
z 3 ge 86,98 132,70 | - 116 | 1.3456 
> 2 ar 87,03 1263 | {09 | Aikkı 
B { Se 87,38 132,10 2 0,56 bslas 
\ £ ae 88,67 150,17 „iu 137 aycs 
= 2 | 2 | > | nn 131,55 = an kim 
9 10 8 23,10 : 
| | [+0 + 1,00 6,3393 


216 


B. Mit je 10 Visuren nach einer 79,13 m entfernten Scala, 


Mittl. Mikr.- Umdreh- | Schrauben- 


Nr Ziel Stand ungs-Zahl wert k A VAN. Bemerkungen 


u in Sec 
rev part 
1 5,0 3 9,53 2.001 130.27 1.01 1.0201 206265 
2 | 60 5 1 954 ..00, 30,2 +1, a K- — 
| 1. 98,3 131,45 | —0,17 | 0,0289 er 
3 7,0 7 9,37 1. 005 129.68 1,60 2,5600 
ae 73 8 | 9,42 h; e feste er 0,5929 
5185| 10 | 916 ehe es Er 1.5625 
6 9,0 11 9,30 N, oe ne 
a Se 3 or ll ulnes 
DE ek er en 
10 | 65 6217 935 9, N a 2, 0,2916 i 
11 5,0 4 822 2 97.0 Ev % on 0.0256 
121 75.|° 8 00 Be KR 
1. 97,8 131,78 — 0,50 | 0,2500 
13 | 85 10 9,77 
I131.28+0,32] +1,11 | 13,6250 


Schrauben- 
Nr I Ziel Stand ungs-Zahl wert k EN ING Bemerkungen 
u in Sec 
rev part 
11,0 3 72,09 
1 ; ; 121,6 129,39 2,32 | 5,3824 
100| 4 | 93,67 ae x — 206265 
8,0 5 37,03 7 1311.u 
2 ae 120,1 131,00 +0,71 | 0,041 
7,0 6.1. 57,14 
3,0 7 32,46 * 
3 Ne 119,1 3210 | —039 I 0,1521 
2,0 8 | 51,55 
D. Mit je 10 Visuren nach einer 10,91 m entfernten Millimeter-Scala. 
11,0 2 84,6 
La 42,7 32,41 —. 0,78 | 0,6084 
* Io] 41-03 ee 1220 21 206265 
8.0 4 40.4 710 
5 | 144,1 131,20 0,51 | 0,2601 
wol 5 | 85 ur 
6,0 6, 498 
6 { j 142,7 132,49 — 0,78 0,6084 
5,0 7 92,5 
3 8 58,7 h 
a N 141,8 1s8,38 1 —1,62.1 1,6944 
2.031, 10 00,5 


| Mittl. Mikr.- Umdreh- 


131,71+046| +1,23 | 9,1399 | Für © u. D giltig. 


217 
II. Für das Instrument Nr 1253. 
A. Mit je 6 Visuren nach einer 78,47 m entfernten Scala. 
Mittl. Mik Umdreh- | Schrauben- 
Nr | Ziel Aka, ungs-Zahl | wert k A IN: Bemerkungen 
Stand f 
u in Sec 
rev part 
5,0 4 09,8 
1 6.0 6 09:5 199 131,63 +1,06 1,1236 __ 206265 
2 En ä 8 1. 99,0 132,09 +0,60 | 1,3600 7847 u 
3 en 5 Ri 1. 00,1 131,30 +1,39 | 1,9321 
4 ; E 1. 97,6 133,03 —0,34 I 0,1156 
8,5 11 06,2 
5 1. 00,1 131,30 +1,39 | 1,9321 
9290| 12 06,3 
a ER A 0. 99,4 132,22 +0,47 | 0,2209 
7 ; | 1 1. 97,6 133,02 — 0,33 0,1089 
s5I u 08,1 
Se : ss 1. 96,0 134,11 — 142 | 2,0164 
9 GE : ie 1. 97,4 133,16 — 0,47 | 0,2209 
10 er 9 ne 1. 98,6 132,36 +0,33 0,1089 
11 : i 1. 97,0 133,43 — 0,74 0,5476 
85 | 11 | 108 
| 1. 132,69+026| +0,93 | 8,6870 
B. Mit je 12 Visuren nach einer 10,41 m entfernten Millimeter-Scala. 
} i Umdreh- | Schrauben- 
_ Nr I Ziel una Lan ungs-Zahl wert k AN ING Bemerkungen 
Stand u in Sec 
rev part 
b) 43,9 
sah 1.510 | 13122 | +026 | 0,0876 | „ _ 206265 
- al 7 1041, u 
0 6 79,7 2.3 
2 2, 802 132.23 | 0,75 | 0,5625 
1,87 9 59,9 
5 99,9 
st |? x 1, 53,0 129,50 +1,98 | 3,9204 
1 77 ad 
Ü 44,6 , 
4 0 1. 49,7 132,36 — 0,88 0,7744 
1 8 94,3 
1. 50,7 [a14s+0sel +1,33 5,3249 


218 


Die Teilwerte der mit den Fernrohren dieser Instrumente fest ver- 
bundenen Libellen sind mit Hilfe der Legebretts und ausserdem noch 
mit Visuren nach den Teilstrichen einer in bekannter Entfernung auf- 
gestellten Scala bestimmt worden. Die nähern Angaben hierüber finden 
sich im Heft Nr XXII, 8.32 und 33 und in Tafel Nr 5. Nach denselben 


berechnet sich für das Instrument 


Nr 1252 der Teilwert der Libelle = 4,73 + 0,14 
” 1253 ” ” ” ” = 4,00 +0,16 


Eine Verschiedenheit der Ringdurchmesser liess sich bei keinem von 


beiden Instrumenten mittelst Umlegen nachweisen, selbst ein sehr em- 
pfindlicher Fühlapparat mit Libelle ergab weder bemerkenswerte Unter- 
schiede der Durchmesser noch Abweichungen von der Cylinderform. 


Tafel Nr 5. 
Teilwerte der Libellen der Nivellir-Instrumente von Lingke & Co. 
I. Libelle des Instruments Nr 1252. 


A. Bestimmt mit dem Legebrett der K. Sächs. Bergakademie zu Freiberg 
(Schraubenwert —= 298,5) 


nn Inn Inn nr rn m BT ee Te mn m nm rn m DT ED a a EI HU 7a ar a SB m U Sr Br bag nn BB BEL mer cen, Be mn 
Stand der BI Blasen-]| Schrauben- | Teil- 
Nr | Blasenenden a Aus- wert wert N Are Bemerkungen 
An 
1 r "8° [schlag part | sec | sec 
| 
26,25 | 6,60 | 19,65 Ei " 
1osfi57 Mr solıne, | +73 [9078| 3 | 492 | or Joossıl era 
‚0 4, J, er Stand der Blasen- 
25 b 32 2 ä 
2 28,85 | 9,05] 19,80 Ka RR 1 ee > 0,187 41 0,052 enden wurde je zwei Mal 
r et 3 _. fabgelesen, nämlich vor 
und nach der Lesung des 
17 1,90 } 15.10 ls ar : 
3 ka soolızoo j 620 |9105 313] 5,05 | 042 [or ee: 
219, 5830078 | al 405 |.0,58: 110,9364 Pe 
28,80 | 14,15 | 14,65 von einem Ende aus 
5 1785| 3151 14.70 10,95 [0,164 49,0 | 4,46 | 0,17 [0,0289 | aurchlaufend beziffert. 
6 Ben | en N 8,70 [0,135 | 40,3 | 4,63 | 0,00 | 0,0000 
7 ne sa en 8,75 [0,137 | 40,9 | 4,67 | 0,04 | 0,0016 
EM  |11,58 [0176| 5235| 4,53 | 0,10 | 0,0100 
29,30 | 14,75 | 14,55 | \ 2 
91. 1oolarc; [1390 [9209 | 624] #62 | 002 [0,0001 
9,0%) ’ ‚ur 
10.1% >| 683 10,109.) 3851] 47 0,0169 
714,63 [+0,28 ] 0,6988 
+0,09 


219 
Stand der er Blasen-]| Schrauben- | Teil- 
Nr | Blasenenden an Aus- wert wert N INS Bemerkungen 
ange 
l r ° [schlag] part | sec | sec 
29,3 | 11,1 118,20 I 
1 10,20 ] 0,124 | 37,0| 3,631 0,41 | 0,1681 
. [190 |. 10. | 18,00 845 en 08 388] 016 ‘| 0.0956 
27,3 | 9,6 | 17,70 5 TE ae 
2 | 
sr | 10, ll Ir 95 1 0,107 | 19] 4,01 | 0,03 | 0,0009 
€ 1,3% RER A ‚0: N \ 
" leos.| 21 lıso| ERaR 
4 | 6,25 1 0.086 | 25,7 | 4,11] 0,07 | 0,0049 
De 88:1 18:86 Ä 
5 7,63 | 0,107 | 31,9] 4,18] 014 | 0,0196 
19,4 0,75 | 18,65 | i 
6 10,18 [0,143 42,7 | 4.18] 0,14 | 0,0196 
29,65 10,85 | 18,80 
7 6,55 | 0,088. 26,3] 4,02 | 0,02 | 0,0004 
231 | 43 | 18,80 | : 
8 3,15 [0,047 | 14,0] 444| 0,40 I 0,1600 
19,9 | 1,2 [18,70 - 
Fe | 8,73 10,121) 36,11 414] 0,10 | 0,0100 
28,65 9,9 | 18,7 | i 
10 ee; 8,13 [0,112 | 334 | 4,11 | 0,07 | 0,0049 
20,5 | 1,8 | 18,70 |; 
77,22 311,8 | 4,04 | +0,21 | 0,4086 
+ 0,07 
B. Bestimmt mit Hilfe einer 10,730 m entfernten Millimeterscala. 
Scalen-] Ablesungs- Stand der [Blasen-| Teil- 
Nr | Ab- Intervall Blasenenden | Aus- Ka wert IN VON Bemerkungen 
lesung| » | s Pre ed 
120,3 15,7 | 9,5 13,8 
1 07 I1344| > 1 2,70 1498 | —0,15 | 0,0225 
121,0 12,9 | 26,9 14,0 | . 
2 0,6 11,52 2,20 5,24 | — 0,41 | 0,1681 
121,6 1 10,6 | 24,8 14,2 ; 
3 a: Boss 5 | 4, [495 | 012 | 0,0144 
4 nr 06 1150|, u 2,40 u 4,80 | +0,03 | 0,0009 
i 2 ee N | 190 En “ 4,04 | +0,79 | 0,6241 
2% ‚7 9: > Ä 
ae re EZ 7 ee ee Hz 10 | #04 | +0,79 | 06241 
7 Se 0,4 | 7,68 „2 1651190 N 5,12 | — 0,29 | 0,0841 
£ PR 3,5 4,2 
Bl ee oe 550 © 215.12 1 0,08 1°0,0841 
1940| ee We m! 
| 71,04 | 14,70 4,83 | +048 | 1,6223 
+0,17 


Abh. d. II. Cl.d. k. Ak.d. Wiss. XIII. Bd. III. Abth. 


29 


DD 
[86) 
oO 


II. Libelle des Instruments Nr 1253. 


Bestimmt mit Hilfe einer 10,730 m entfernten Millimeterscala. 


Scalen-| Ablesungs- | Stand der [Blasen- eil- 
Nr | Ab- intervall Blasenenden | Aus- Pesen ert PEN N Bemerkungen 
lesung | p S ] in schlag SE sec 
1 on DB ae el 1,20 a 4,30 | — 0,83 | 0.6889 
2 oz 0,4 7.68 ur 2,10 N 3,66 031 0.0961 
3 use 0,4 | 7,68 ER Rt 0.25 2 8411 | + 0.56 0,3136 
4 u 06 | 1152 le 2,60 ur 443 —_ 0.46: 0.2116 
se 06 11,58 Be 3,20 3 3,60 -. 0,37 0,1369 
6 ne 05 9,60 en 1,90 g 5,05 = 1.08 1.1664 
7 3 0,6 1150 DL 3.10 N 3,70 + 0.35 0.0625 
Er 08 15.36 en 3,95 2 3,89 + 0.08 0.0064 
120,31 °° ’ 0,051.) 97 11 9,7 { ; i . 
80,64 | 20,30 3,97 | +0,62 | 2,6824 
| +0,22 


Für die genaue Messung kleiner Höhenwinkel mittelst des Mikro- 
meters des Nivellirfernrohrs Nr 1252 war es von Wichtigkeit die Lage 
der Collimationslinie gegen die Ringeylinder des Fernrohrs, oder besser: 
jenen Schraubenstand zu kennen für welchen die Collimationslinie mit 
der mechanischen Axe des Fernrohr zusammenfällt.e Um letzteren zu 
erhalten, wurde in zwei um 180° verschiedenen Fernrohrlagen nach einer 
nahezu im Horizont gelegenen entfernten Marke -visirt, das eine Mal mit 
nach abwärts, das andere Mal mit nach oben gekehrter Schraube. In 
beiden Lagen wurde der horizontale Doppelfaden des Mikrometers scharf 
auf die Marke eingestellt, während die Fernrohrlagen ganz unberührt 
blieben. Der Mittelwert aus den beiderseitigen durch je 5 Einzelein- 
stellungen erhaltenen Schraubenstellungen gibt dann den Schraubenstand 
für die gesuchte Lage der Collimationslinie. Diese Bestimmungen sind 
während der ganzen Dauer der Beobachtungen auf Kapellenberg mehr- 
fach wiederholt worden, und in Heft Nr XVII, S 34, sowie in Tafel Nr 6 
zusammengestellt; dieselben ergeben den Schraubenstand 14" 83,6? 
0,14’? und eine Unsicherheit jeder einzelnen Beobachtung von —+ 0,6 
gegen den mittleren Schraubenstand für die ganze Zeit der Beobachtungen. 


Tafel Nr 6. 


Schraubenstände für die centrische Lage der Visirlinie des Nivellir- 
Instruments Nr 1252. 


Schrau- | Mittlere 


Nr Zeit le Dehrauben- Normal- A N Bemerkungen 
1878 lesung aus| Stand 
Lage |5 Einstell. 
11 21. August unten 
oben 
4. 83,55 I 0,02 | 0,0004 
2 | 22. August unten 
oben 
. 82,25 | 1.32 [| 1,7424 
3 | 23. August unten 
oben 
4. 84,00 | 0,43 | 0,1849 
4 | 26. August unten 
oben 
a . 83,50 | 0,23 | 0,0529 
5 | 28. August unten 
oben 
. 84,25 I 0,68 | 0,4624 
6 | 30. August unten 
oben 
. 83,90 | 0,33 | 0,1089 
7 | 3. September | unten 
oben 
83,20 | 0,37 | 0,1369 


8| 3. September | unten 


oben 


. 83,65 | 0,08 | 0,0064 
9 | 4. September | unten 


oben 


. 83,25 | 0,32 | 0,1024 


29* 


Schrau- | Mittlere 
._ |Schrauben-| Normal- 2 
1878 ben lesung aus| Stand a a 
Lage |5 Einstell. 


Bemerkungen 


unten | 13 | 36,0 
oben 16 31,4 


10 | 4. September 


29 | 67,4 | 14. 83,70 | 0,13 | 0,0169 
unten | 12 | 67,0 
oben 17 | 00,0 


11 | 5. September 


29 | 67,0 | 14. 83,50 | 0,07 | 0,0049 
unten | 13 | 12,9 


oben 16 | 54,2 


12 | 6. September 


29 ı 67,1 | 14. 83,55 | 0,02 | 0,0004 
unten | 13 | 61,2 


m 
w 


31 6. September 


oben 16 


| 
29 | 67.6 | 14. 83,80 | 0.23 | 0,0529 
| 


Um auch den Normalpunkt der Libellenscala oder denjenigen Stand 
der Blasenmitte zu finden, bei welchem die Ringaxe des Fernrohrs hori- 
zontal ist, wurde das Fernrohr mit der Libelle wiederholt so umgelegt 
dass die Ringe ihre Auflage wechselten. Da die Libellenscala von einem 
Ende aus durchlaufend beziffert ist, so ergibt der Mittelwert aus je zwei 
solchen zusammengehörigen Blasenstellungen den gesuchten Normalpunkt 
der Scala, da die Ringdurchmesser als völlig gleich anzunehmen sind. 

Die Versuche zur Bestimmung des Normalpunkts der Libelle sind 
gleichfalls während der ganzen Dauer der Refractions - Beobachtungen 
mehrfach wiederholt worden, da das Instrument beinahe täglich wenigstens 
einmal auf den Berg und wieder herunter getragen werden musste; 
wobei natürlich Aenderungen in der Lage der Libelle gegenüber dem 
Fernrohr zu befürchten standen. 

Die hieher gehörenden Beobachtungen im Heft Nr XXI, 8.35 und 
in der Tafel Nr 7 ergeben als Normalpunkt den Stand der Blasenmitte 
— 14°, 65 0°,008 und eine Unsicherheit von +0',14 für eine einzelne 
Bestimmung des Normalpunkts; Ergebnisse, welche deutlich genug für 
die vorzügliche Güte und Unveränderlichkeit des untersuchten Instruments 
Nr 1252 sprechen. Gleich gut ist das zweite Instrument Nr 1253. 


_ A ee 


Tafel Nr 7. 


Libellenstände für die horizontale Lage der Visirlinie des Nivellirinstruments 


Nr 1252 
Zeit Lage Blasenstände E 
= 1878 des Mittel | A JAN Bemerkungen 
‘ n 


Rohrs|Ocular |Objeetiv) Mitte 


| | 
1 21 August Vm 21,9 ! | 14,95 = 
14,67 


1 | 21,9 8,0 
2.| 212 | 76 | 14,40 0,02 | 0,0004 
2| 21 August Nm ! ı | 212 | 82 | 14,70 
2 | 21,0 | 80 | 14,50 Du 0,05 | 0,0025 
3| 23 August 1121812920 15,15 e 
2 | 201 | 83 | 1420 1467 | 9,02 | 0.0004 
4| 27 August Nm | 1 | 200 | 8,1 | 14,05 Re 
2 | 212 | 94 | 15,30 0,02 | 0,0004 
5| 27 August Nm | 1 [ 212 | 96 | 15,40 les 
2 | 197 | 81 | 13,90 "0,00 | 0,0000 
6 27 August Nm 1 Ale 29,8, 1419520 1470 
2 1:20,12) 8,3% |,14,20 : 0,05 | 0,0025 
| 27 Augusinm | ı [a2 | 05 ; 
2 19,8 | 81 .| 13,95 3 0,00 } 0,0000 
8| 28 August Nm 1 | 189 | 92 (1405| ,n 
208102027 10/52 1215:35 ; 0,05 | 0,0025 
9 28 Auscust Nm 1 Ale | 11,1 | 16,10 1463 
2 | 182 | 81 | 1315| "10,02: | 0,0004 
10 | 30 August 1 1 205 | 105 | 15,50 et 
2 | 188 | 88 | 13,80 | © [0,00 | 0,0000 
11| 3 September 1..|.20,: | 10,7 | 15,70 On 
2 | ı86 | 86 | 13,60 "10,00 | 0,0000 
12 5 September 1 21,0 | 11,0 | 16,00 14.65 
D) 183! 83 | 1330 "1 0,00 | 0,0000 
13 6 September 1 20,5 10,5 | 15,50 14.60 
2 18,7 8,7: | 13,70 L 0,05 | 0,0025 


Als Signalapparate dienten auf allen vier Stationen Bertram’sche 
Heliotrope, von welchen zwei von Herrn Regierungsrat Professor Nagel 
zur Verfügung gestellt waren. Als Signale für die Nachtbeobachtungen 
wurden gleichfalls auf sämmtlichen Stationen Petroleumlampen verwendet, 


224 


die mit einfachen Rundbrennern von 22 mm Durchmesser und nut Metall- 
Reflectoren von 34cm Durchmesser versehen waren. 

Die Lampen wurden durch die Fabrik von Beleuchtungsapparaten 
für Eisenbahnbedarf von Kolb in Nürnberg nach besönderer Bestellung 
angefertigt und bewährten sich vorzüglich, da sie vollständige Sturm- 
sicherheit besassen und noch auf 60 Kilometer Entfernung nicht nur 
mittelst eines Fernrohrs von 30facher Vergrösserung scharf anvisirt 
werden konnten, sondern sogar bei einigermassen durchsichtiger Luft mit 
freiem Auge gut sichtbar waren. Einmal aufgestellt und gut regulırt, 
bedurften dieselben viele Stunden lang, oftmals sogar während einer 
ganzen Nacht, keiner Bedienung. Für die dem Beobachter auf Döbra 
zunächst gelegene Station II musste die Intensität des Lampenlichtes 
(ebenso wie bei den Heliotropen auf Station II und III) durch Vorsetzen 
farbiger Gläser gemildert werden. 

Die aut den vier Stationen aufgestellten und während der ganzen 
Dauer der- Refractionsbeobachtungen in Zeitintervallen von 15 oder 
30 Minuten abgelesenen Federbarometer waren dieselben welche zur 
barometrischen Aufnahme des Längenprofils Döbra - Kapellenberg Ver- 
wendung gefunden hatten. Vor und nach, sowie auch während ihres 
Gebrauchs wurden diese Aneroide mit den beiden Greiner'schen Queck- 
silberbarometern Nr 517 und 518 des geodätischen Instituts der tech- 
nischen Hochschule in München wiederholt sorgfältig verglichen. Die 
hiebei erhaltenen Beobachtungen sind nebst den zur Reduction der Baro- 
meterstände benützten Zalenwerten in Heft Nr XXH, S. 1—20 zusam- 
mengestellt; eine Mitteilung derselben an diesem Orte scheint jedoch 
wegen ihrer untergeordneten Bedeutung für den vorliegenden Zweck 
nicht notwendige, wesshalb wir nur Folgendes über sie anführen: die 
Seiten 1 bis 6 des genannten Hefts enthalten zunächst die Vergleichung 
und Reduction der Quecksilberbaroineter - Angaben, ‘Barometer Nr 518 
zeigte ursprünglich einen um 0,2 mm grösseren Stand als Barometer 
Nr 517, während des Transports in ungestürzter Stellung verlor jedoch 
Nr 517 etwas Quecksilber durch die im kurzen Schenkel angebrachte 
Luftzutrittsöffnung, wobei sich auch der Stand des Barometers um 0,8 mm 
gegen früher erhöhte, so dass in der Folge der Standunterschied beider 
Barometer 0,6 mm betrug. Bei der Reduction der Barometerstände ist 


daher an allen mit Barometer Nr 517 erhaltenen Beobachtungen die 
Standcorreetion — 0,5 mm angebracht, als wahrer Barometerstand das 
Mittel aus den Angaben beider Quecksilberbarometer angesehen worden, 
und die so erhaltenen Mittelwerte sind mit B, bezeichnet. 

Dann folgen auf den Seiten 7—20 die Vergleichungen der Aneroide 
mit dem Quecksilberbarometer, welche in der mit c bezeichneten Spalte 
die mittlere Standcorrection für jedes einzelne Instrument enthalten. 
Diese Standcorrectionen c gelten streng genommen nur für die Zeit der 
Vergleichung der Instrumente; für die zwischenliegenden Beobachtungen 
müsste eigentlich die Standcorrection durch Interpoliren noch berechnet 
werden. Da jedoch die dadurch erhaltenen Werte wegen der oft regel- 
losen Aenderung der Standcorrection mit einer ziemlichen Unsicherheit 
behaftet sind, und da ausserdem die Stand- und die Teilungs-Öorrection 
entgegengesetzte Vorzeichen haben, und ihre Summe nur um wenige 
Zehntel-Millimeter von Null verschieden ist, so wurde bei der Berech- 
nung der hefractionsgrössen von diesen beiden Correctionen für die 
Barometerstände ganz abgesehen und nur die Temperatur-Correctionen an 
den Aneroidlesungen angebracht. Die so erhaltenen Barometerstände 
reichten für die Berechnung der Refractionsgrösse noch vollkommen aus; 
bei ihrer Einführung jedoch in die Barometerformel um aus dieser den 
Höhenunterschied und die wahre Lufttemperatur zwischen zwei Be- 
obachtungsstationen zu berechnen, haben wir die früher vernachlässigten 
Correctionen berücksichtigt. 

Die auf den Beobachtungsstationen verwendeten August’schen Psy- 
chrometer sind dieselben, deren Untersuchung auf Seite 14 der Bauern- 
feind’schen „Beobachtungen und Untersuchungen über die Genauigkeit 
barometrischer Höhenmessungen“ mitgeteilt ist. Zur Messung der Luft- 
temperatur waren ausserdem noch vier weitere Thermometer in Gebrauch, 
die bei mehrfacher Vergleichungen mit den Thermometern der Psychro- 
meter keinen wesentlichen Standunterschied gegen diese zeigten. Aus den 
in der letztgenannten Schrift mitgeteilten Untersuchungs-Ergebnissen geht 
hervor dass die Angaben der Thermometer der Psychrometer für den in 
Rede stehenden Zweck keiner Berichtigung bedürfen. 


226 


4, Die Beobachtung der Lateralrefraction. 


Die Lateralrefraction wird in neuerer Zeit vielfach als wesentliches 
Hinderniss für genaue Winkelbeobachtungen angesehen, ohne dass jedoch 
ein entscheidender Nachweis hiefür geliefert ist. Es war daher unsere 
Absicht durch zahlreiche Richtungsbeobachtungen zwischen verschieden 
entfernten Objekten bei verschiedenen Zuständen der Atmosphäre wo 
möglich die Grösse und etwaige periodische Aenderung der Lateralab- 
weichung für eine bestimmte Gegend aufzufinden, falls dieselbe dort über- 
haupt besteht. 

Die uns für diese Beobachtungen zur Verfügung stehenden Instru- 
mente waren der schon oben beschriebene Ertel’sche Höhenkreis, ein noch 
unbenütztes kleines Universalinstrument von Ertel mit excentrischem 
Fernrohr und Mikroskopablesung und ein Steinheil’scher Tubus mit 
55 mm Objectivöffnung, 65cm Brennweite und Ocularmikrometer auf 
dreibeinigem zusammenlegbaren Gestelle. 

Das Ertel’sche Universalinstrument zeigte sich schon bei den ersten 
Messversuchen mit demselben wegen mangelhafter Construction als un- 
brauchbar, und der Steinheil’sche Tubus war wegen seines etwas wacke- 
ligen Gestells und seiner zu starken (60 maligen) Vergrösserung für die 
Beobachtung von Heliotropenlichtern ungeeignet. Somit blieb für die 
Beobachtung der Lateralabweichung allein das Ocularmikrometer des 
Höhenkreises übrig, welches leider auch nicht zu den besten gehörte, da 
die Schraube keine Gegenfedern besitzt und der Ocularkopf am Oecular- 
auszug nur mit vier seitlichen Schräubchen befestigt ist. Mit Hilfe 
dieses Mikrometers waren nun bei horizontaler Stellung der Schraube 
die Abweichungen der auf den Stationen I, II, IV aufgestellten Signale 
unter sich und gegen eine nahe gelegene feste Marke vom Pfeiler auf 
dem Döbraberge aus zu messen. Vor Allem musste eine brauchbare feste 
Marke geschaffen werden, was nicht geringe Schwierigkeiten machte. 
Da der Döbraberg ein vom Stationspfeiler aus nach Osten abfallendes 
Gipfelplateau besitzt, welches sich bis auf 200 m Entfernung zur Not 
noch übersehen lässt, so wurde zunächst in dieser Richtung und in grösst- 
möglicher Entfernung vom Pfeiler ein die Bodenfläche nur wenig über- 


EEE LEREEEERTE 


227 


ragender Grundpfahl geschlagen und auf diesen eine kleine mit diago- 
nalem Kreuz versehene Zieltafel aus Metall aufgestellt. Dieser Versuch 
auf dem Berge selbst eine feste Marke zu schaffen, wurde jedoch bald 
aufgegeben, und zwar wegen der zu geringen Entfernung der Marke vom 
Pfeiler, bei welcher kleine Bewegungen der Marke oder des Pfeiler- 
mauerwerks oder eine etwas excentrische Aufstellung des nicht mit einer 
Öentrirvorrichtung versehenen Instruments merkbare Fehler verursachten; 
sodann auch desshalb, weil es bei den zur Verfügung stehenden Ent- 
fernungen zum scharfen Einstellen der Marke jedesmal erforderlich wurde 
den Ocularauszug des Fernrohrs zu verschieben, auf dessen genaue cen- 
trische Führung doch nicht zu rechnen war; und drittens wegen zu 
tiefer Lage der Marke unter dem Horizont des Instruments, welche den 
Missstand mit sich brachte dass das Fernrohr zum Zwecke des Visirens 
nach der Marke stark gekippt werden musste, wobei wegen des nicht 
besonders festen Baues der Fernrohrstützen unregelmässige Abweichungen 
der Visirlinie von einer vertikalen Visirebene unvermeidlich schienen. 
An diesen Schwierigkeiten scheiterten im Juni 1877 die Versuche eine 
Richtungsänderung der fernen Signale gegen eine nahe gelegene Marke 
in verlässiger Weise zu bestätigen. Die in jener Zeit angestellten Be- 
obachtungen haben nur Wert für die Bestimmung der Richtungsänderung 
der Visirlinien von Döbra nach den Stationen U, IH, IV unter sich, 
dürfen aber auch hiefür nur als Versuchsbeobachtungen angesehen 
werden. Dieselben sind im Hefte Nr XI, S. 32—36 mitgeteilt, worin die 
aus den Mittelwerten der Mikrometerstände für die angegebenen Ziel- 
punkte berechneten Richtungsunterschiede mit roten Zahlen angegeben 
sind. Im Hefte Nr XVIIL 8.8 und 9 wurden sie nochmals aufgeführt, 
jedoch nicht in der Schlusszusammenstellung berücksichtigt; wir teilen 
sie daher auch hier nicht mit. Im September 1877 wurde die Beobacht- 
ung der Lateralabweichungen wiederholt aufgenommen und zwar gleich- 
falls wieder mit Hilfe des Öcularmikrometers am Höhenkreis, da andere 
instrumentale Hilfsmittel nicht zu beschaffen waren. Als feste Richtung 
diente dabei die Visirlinie nach dem Signal „Nullpunkt“ welches in einer 
Entfernung von 9921m vom Döbrapfeiler in der Richtung nach dem 
Kapellenberg auf dem nächst gelegenen sichtbaren Höhenzug zu diesem 
Zweck errichtet worden war. Diese Marke bestand, wie schon oben er- 
Abh. d. IL. Cl.d. k. Ak.d. Wiss. XIII. Bd. III. Abth. 30 


228 


wähnt, aus einer weissen kreisförmigen Scheibe von Im Durchmesser, 
die an einer 3m hohen Signalstange von 8—10 cm Durchmesser befestigt 
war. Um den Betrag der Biegung dieser Stange durch die wechselnde 
Einwirkung der Feuchtigkeit und der Sonnenwärme und damit die Grösse 
der Veränderlichkeit der durch diese Signaltafel markirten Richtung zu 
bestimmen, sind die in Heft Nr XI, S. 37 und 38 angegebenen Beobacht- 
ungen gemacht worden. Die Stange war beidemal durch Seitenstreben 
so befestigt, dass sie von unten auf bis zu einer Höhe von Im als fest 
eingespannt betrachtet werden konnte. (Die Signaltafel dem Boden näher 
zu bringen, schien wegen der unregelmässigen Bodenstrahlung nicht 
zweckmässig.) Aus den angestellten Versuchen berechnet sich eine mög- 
liche grösste Veränderlichkeit der durch das Signal „Nullpunkt“ mar- 
kirten Richtung von 0,62 Secunden. 

Dieser Betrag wird jedoch für Beobachtungsreihen von halbtägiger 
Dauer nur im ungünstigsten Falle an den Vormittagen, nicht leicht aber 
während des Nachmittags oder der Nachtbeobachtungen erreicht werden. 
Die Zieltafel dieses Stangensignals lag zugleich mit den Lichtern der 
Stationen II, II, IV im Gesichtsfeld des Fernrohrs und konnte, da ihr 
Abstand vom äussersten Stationspunkt in vertikalem Sinne 40 Minuten 
und in horizontaler Richtung nur 4' 40‘ betrug, mit diesen zusammen 
bei unveränderter Fernrohrstellung mit dem beweglichen Mikrometerfaden 
leicht und bequem eingestellt werden. Dadurch gestaltete sich die Be- 
obachtung der seitlichen Abweichung der Richtungen nach den übrigen 
Stationen von der Nullrichtung äusserst einfach, wenn nur dafür gesorgt 
wurde dass das Mikrometer seine Stellung unverändert beibehielt. Diese 
Forderung liess sich aber ohne grosse Schwierigkeiten erfüllen, wenig- 
stens während halbtägiger Messungsperioden, während welcher das In- 
strument nicht berührt oder verschoben zu werden brauchte, da ja auch 
bei der jetzigen Entfernung des Nullpunkts eine Verstellung des Ocular- 
zugs nicht mehr nötig war und der Einfluss der Drehung des Pfeilers 
um eine horizontale Axe wegen seiner Kleinheit vernachlässigt werden 
konnte. (Letzterer Einfluss beträgt bei der beobachteten Maximal-Pfeiler- 
drehung von 20 um die Ost-West-Axe nur 0,23‘) Dass die Mikro- 
meterstellung nicht für alle Beobachtungen, also namentlich nicht für 
die verschiedenen halbtägigen Messungsperioden constant blieb, hat seinen 


229 


Grund darin dass das Instrument während der Nächte und während der 
zum Beobachten ungünstigen Witterung von seinem Standort entfernt 
werden musste; auch wurde das Mikrometer mehrmals vom Fernrohr 
abgenommen um seinen Gang zu reguliren und um bei vertikaler Schrau- 
benstellung den Winkelwert der Schraubengänge mit Hilfe von Kreis- 
lesungen bestimmen zu können. Die vertikale Stellung des beweglichen 
Mikrometerfadens ist nach jeder Abnahme oder Drehung des Ocular- 
kopfes dadurch wieder hergestellt worden, dass die Fernrohrdrehaxe mit 
Hilfe der Aufsatzlibelle horizontal gestellt und dann die Lage des Mikro- 
meterfadens gegen die gut sichtbare Nullmarke während des Kippens des 
Fernrohrs so berichtigt wurde dass sich in allen Stellungen und nament- 
lich an den Grenzen des Gesichtsfelds Faden und Marke gut deckten. 
Dieses Verfahren bot zwar keineswegs genügende Garantie für absolut 
unveränderte Stellung des Mikrometers, allein andere und bessere Hilfs- 
mittel, wie etwa eine am Mikrometer selbst befestigte Röhrenlibelle oder 
ein Positionskreis nach Art derjenigen welche an den ÖOcularen grosser 
astronomischer Fernrohre angebracht werden, stand eben nicht zu Gebote. 
Um bei den Beobachtungen der Richtungsunterschiede zwischen den ein- 
zelnen Signalen, namentlich zwischen den zum Teil stark bewegten Helio- 
tropenlichtern der Stationen. II, UI, IV Einstellungsfehler des Mikro- 
meters unschädlich zu machen, sind für die Beobachtung jeder einzelnen 
Richtung 8 Mikrometereinstellungen gemacht worden; die hieraus er- 
haltenen Mittelwerte gelten als eine einzige Beobachtung und sind mit 
den einzelnen Mikrometerlesungen Heft Nr XI, S. 39—65 angegeben. Die 
dort angeführten roten Zahlen sind die Richtungsunterschiede in Um- 
drehungszahlen (p) zwischen dem Nullpunkt und den übrigen Stationen. 
Die kleinen schwarzen Zahlen geben die Richtungsunterschiede zwischen 
den Stationen II, III, IV. Uebersichtlich zusammengestellt und zu halb- 
tägigen Mittelwerten vereinigt, finden sich dieselben Richtungsunterschiede 
in Heft Nr XVII, S. 2—13 und in Tafel Nr 8. Diese Unterschiede sind 
in der mit p bezeichneten Spalte in Umdrehungszahlen und in der Spalte w 
in Minuten und Secunden angegeben, während in der Spalte A die 
Unterschiede der Einzelbeobachtungen mit den halbtägigen Mittelwerten 
und in A? die Quadratzahlen dieser Unterschiede stehen. 


230 


Tafel Nr 8. 


Zusammenstellung der auf dem Döbraberge zwischen dem Signal N (Null- 
punkt) und den Stationen Il, Ill, IV beobachteten und zur Bestimmung der 
Lateralrefractionen dienenden Horizontalwinkel. 


N Zei t Von Null nach IT A Var Von Null nach an Von Null nach IV 
Ne | | TORE E DR | 
“ln: p | | A 14 N 
ker U RABRRRTO LES 233 125 ls ER TE IS SE RE 

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3 „| ,6.45| „ [1.024 3. 7,6 +0,8°I0,64|1. 29,713. 57,71-#.0,0 | 0,00lı. 16,1 3, 32,8 +1,5| 2,25 
ana? | „ IL.o29l3. 85 —o1 ‚0,01 |1. 29,23. 56,8 40,9 | 0,81]1. 17,13. 34,6 —0,3| 0,09 
5 , | „z.2o) „ [1.08,5|3. 7,8!-H0,6 |0,s6ht. 29,313. 57,01 +0,7 | 0,49lı. 16,7 3.339 40,4 0,16 
6» | ,7.40 „ [1.026 3. 8.0 40,4 0,161. 29,413. 57,2 +0,5 | 0,25|1. 16,9 13. 34,3 +0,0) 0,00 
| 3. 84 +1,15| 6,62 3. 57,1 42,1 23,20 13.34,3 + 1,7 19,59 
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8 ,„|,245| „ |1.03,713.10,0 —0,9 |0,81|1. 30,6]. 59,4|+.0,0 | 0,0011. 19,213.38,5 11,2) 1,44 
9 „1,3.—| „ 11.038 13.1021 —1,1 |1,21 |. 30,818. 59,8 —0,4 | 0,16f1. 18,6 3.37,4 0,1) 0,01 
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12) „ | ,3.40| . |1.03,23. 9,1|+0,0 |0,00|1. 31,1/3. 60,3) —0,9 | 0,81]1. 18,2 13. 36,7 40,6 0,36 
13| „ 1.3.50) „ [1.084 3. 9,41 —0,3 09 |ı. 1. 30,73. 59,6, —0,2 | 0,04l1. 18,4 13. 37,0 +0,3| 0,09 
14| „|. , 1.02,8 3. 8,3) +0,8 |0,64]1. 30,23. 58,7 +0,72 | 0,40|1. 17,9 13. 36,1 41,2 1,44 
15 ,„ „415 „ [1.023 3. 7,4 +1,7 |2,89|1. 30,2]3. 58,7, +0,7 | 0,49|1. 18,213. 36,7 +0,61 0,36 
10: 14.30 „ 1. 3,63. 9,81—0,7 0,9 | . 30,83. 59,8 —0,4 | 0,16|1. 19,0 3. 38,1 —0,8| 0,64 
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17,Sept| 64. 40| Nm 1. 03,0 |3. EINS 10,251. 30,73. 59,6 0,4 . 0,16|1. 18,1 3. 36,5 40,4 0,16 
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3 „| „[5.40| „ [1.os.als. 9,4102 |0,0.h. 30,013. 59,9 40,1 | 0,01 | 
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Bl =)» | | | | 1 1118,413.37,0 0,1] 0,01 
3, 9,2403 0,80 3. 60,0 +0,4 1,14] 3.36.9404 1,22 
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231 


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4 
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2. 09,34. 36,5+0,4| 0,16 


0,16. 10,04. 37,4—0,5| 0,25 


4. 36.9+0,6| 041 


2. 05,614. 31,640,7| 0,49 
2. 06,24. 32,4 -0,1 0,01 
92. 05,94. 32,0.+0,3| 0,09 
2. 06,514. 32,8 —0,5| 0,25 
| 4,41]. 07,014. 33 4—1,1 1,21 
|+1,0., 1,0012. 05,814. 31,940,4| 0,16 


4. 32,3+0,7 221 


| | 
| | 


Zeiten Von Null nach II Von Null nach III Von Null nach IV 
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Sept 4 e 13. 35,7| -+1,0 | 1,00 14. 39,3) 1,6 | 2,56 14. 32,2!-43,6| 12,96 

ee: ; 3..38,5| —1,8 | 3,24 4. 48,11 2,2 | 4,84 4. 40,51 —4,7| 22,09 

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| 3. 36,7] + 1,6 | 9,70 4. 90,9) +1,8|12,74 4. 35,8 +3,6| 51,47 
| | | 


235 


Im Sommer 1878 sind diese Beobachtungen in ganz gleicher Weise 
weitergeführt worden, nur wurde statt des Höhenkreismikrometers der 
Positionsmikrometer des Lingke’schen Nivellirinstruments Nr 1253 ver- 
wendet. Dieses Instrument war bei den Beobachtungen nicht centrisch 
über dem Stationspunkt selbst sondern etwas zur Seite neben dem cen- 
trisch stehenden Höhenkreis aufgestellt. Ein völlig unveränderter Stand 
konnte auch diesem Mikrometer nicht für die ganze Beobachtungszeit 
gelassen werden, denn obwohl der Pfeiler mit einem allseitig geschlossenen 
Schutzhäuschen aus Brettern überbaut worden war, machten doch die 
eindringende Feuchtigkeit und die andauernden Nebel öfteres Reinigen 
des Instruments notwendig. Das Signal „Nullpunkt“ war gleichfalls 
gegen das Vorjahr etwas verändert, nämlich um Im nach Süden ver- 
rückt und an einem lebenden Fichtenstamm 2m über der Bodenfläche 
betestigt worden. Die im Jahre 1878 auf der Station Döbra gemessenen 
Richtungsunterschiede zwischen den verschiedenen Signalen können daher 
nicht direkt mit den Messungen des Vorjahrs verglichen werden. Die 
Beobachtungen mit dem Lingke’schen Positionsmikrometer finden sich 
Heft Nr XI, S2—31 im Original aufgezeichnet. 

Die grössere Einstellungsgenauigkeit dieses Mikrometers erlaubte es 
die Zahl der Einstellungen auf 6 zu ermässigen. Die Zusammenstellung 
dieser zur Berechnung allenfallsiger Lateralrefractionen dienenden Be- 
obachtungen ist in Heft Nr XVIH, S 15—23 und in der nachstehenden 
Tafel Nr 9 zu finden. 

Die Schlusszusammenstellungen der halbtägigen Mittelwerte der be- 
obachteten Richtungsunterschiede zeigen ein Anwachsen der Differenzen 
gegen die Hauptmittel mit den Entfernungen der die Richtung bestim- 
menden Signale und in der Ordnung, wie die Signale hinter einander 
liegen. Da jedoch die Zielpunkte auch in vertikalen Sinne in gleicher 
Ordnung über einander traten, so liegt die Vermutung nahe, dass diese 
Differenzen von einer Verdrehung des Mikrometers um eine dem Fern- 
rohr parallele Axe herrühren, da für einen absolut unveränderten Stand 
des Mikrometers nicht genügend gesorgt werden konnte. Eine einfache 
Rechnung bestätigt in der That diese Annahme. 


Abh.d.11.Cl.d.k. Ak.d. Wiss. XIII. Bd. III. Abth. al 


236 


Tafel Nr 9. 


Zusammenstellung der zwischen den Stationen I—III, H—IV und IV—IIl 
beobachteten und zur Berechnung von Lateralrefractionen dienenden 


Horizontalwinkel. 
Zeit Zwischen II und II Zwischen II und IV Zwischen IV und III 
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237 


Zwischen II und III Zwischen II und IV Zwischen I und II 
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Zwischen II und III 


Zwischen I und IV 


Zwischen IV und III 


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v5 a = | p ha ZA AP w A BAI &p AN aa: 

18! Aug|30 8.57 wtsho. 47,511. 2% (1,1) 1210. 46,210. 61.0 +0,6 | 0,36lo. 01,3| 0. 1,7 |+0,3 | 0,09 

19| „ |,| 9.12) „ lo. 47,611. 29.4 0,9 | 0,81lo. 46,210. 61,0] -+0,6.| 0,36. 01,4! 0. 1,8 40,2 | 0,04 

20 „ |„| 9.421 „ fo. az2lı. 24 + 1,4| 1,960. 46,3I0. 61,2] +0,4 | o,16lo. 00,9| 0. 1,2 140,8 | 0,64 

21 „|,[10.20) „Io. 47,911. 3,314 0,5| 0,25l0. 47,010. 62,1] —0,5 | 0,25l0. 00,9| 0. 1,2 140,8 | 0,64 

22 „ |,[10.52| „ jo. 49,211. 5,01 1,2 1,44lo. 47,9l0. 63,3 —ı,7 | 2,89Jo. 01,3] 0. 1,7 40,3 | 0,09 

23 ,„ |,|tae] „jo. a8,al1. 3,9 — 0,1) 0,01l0. 47,210. 62,4 —0,8 | 0,64lo. 01,21 0. 1,6 +0,4 | 0,16 

24 , |,l11.58| „Jo. 49,4]1. 53 |— 1,5) 2,250. 47,8l0. 63,11 —1,5 | 2,25Jo. 01,6|0. 2,1 0,1 | 0,01 

25 „ |, lınasl „ Jo. 46,711, 1,71+@,1| 4,21l0.44,nl0. 59,0) +1,6 | 2,56lo. 02,0| 0. 2,6 |-0,6| 0,36 

26 „ |,|1.5| „jo. 48,911. 4,6|— 0,8 0,640. 47,60. 62,9! —1,3 | 1,69]. 01,3| 0. 1,7 40,3 | 0,09 

| , |,l2-| „ lb. 485l1. 41 |- 0,3 | 0,09l0. 46,70. 61,7) 0,1 | 0,01l0. 01,8 0. 2,4 —0,4| 0,16 

28) „|, 228] „jo. 48,611. 4,2|- 0,4| 0,160. 45,70. 60,4 +1,2 | 1,4410. 02,9 0. 3,8 |—1,8 [3.24 
1.38|+ 1,1 13,23 0. 61,61 + 1,1 j12,61 0 2,0 40,75 5,52 

29|Au 8131| 3.56| Nm|o. 49,0] 1. 4,7| —0,7 | 0,49lo. 43,410. 57,8| 0,4 | o,16lo. 05,6 0. 74 -ı,1l121 

so „ |,jaı2) ,„ jo as3lı. 3,8| +02 | 0,04Jo. 43,3I0. 57,2] +0,5 | 0,25l0. 05,0! 0. 6.6.\- 0,3! 0,09 

sı „ \,|433| „Jo. 47811. 3,1] +0,9 | 0,81lo. 44,00. 58,11 —0,4 | 0,16lo. 03,8] 0. 5,0 |-+1,3 | 1,69 

32) „ |,| 450 „Jo. 49,311. 511 —ı,1 | 1,21l0. 44,810, 59,2 —1,5 | 2,25lo. 04,5| 0. 5,9 |+-0,4 | 0,16 

33 „|,|:ıel „Jo. 49,01. 4,7| —0,7| 0,49lo. 43,4l0. 57,3! -H0,4 | o,16lo. 05,6| 0. 7,4 |-1,1|121 

34 „|,|538 „Jb. 4741. 2,6| +1,4| 1,960. 43,00. 56,8 +0,9 | o,s1lo. 04,4 0. 5,3 40,5 | 0,25 

=+0,9 

35 Sept 4 2.50) NmJ0. 

36) i, „os "8:17| 410, 

5) me age 72332 nass (1 

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45'Sept 6! 2.23| Nm|0. 49,3| 1. 5,1 | —0,6 | 0,36|0. 45,41. 0,0 | +2,0 | 4,00lo. 03,9| 0. 5,2 2,4 | 5,76 

46 „ | „243 „ lo. 482|1. 3,7 -+0,8 | 0,64lo. 45,911. 0,6 | +1,4 | 1,96Jo. 02,3] 0. 3,0 |—0,2 | 0,04 

47 „ |, 3.5] „ lo. 483|1. 3,8) -+0,7 | 0,49lo. 47,211. 24 | —0,4 | o,16lo. 01,110. 1,5 41,3! 1,69 


Zwischen II und III 


Zwischen I und IV 


241 


Zwischen IV und III 


w JE IN p 


JENE p w 


& 


UNE 


ee ur + ee 


1. 44 +0,6| 1,34 
| 1 


2,7|-+1,8 | 3,24jo. 48,4 
4,3| 0,2 | 0,0410. 45,5 
7,290. 47,1 
0,0110. 47,1 
-0,8 | 0,64]o. 46,8 
. 23,7 +1,8 | 3,24lo. 46,4 

0. 48,7 
1,000. 47,5 


HH 
-1 
[So] 
DD 
| 


1.45 | +1,4 |16,95 


3,61]0. 00,910.(-1,3 
| 3,61]o. 03,20. 42 
| 0,04]o. 03,80. 5,0 
0,04]o. 01,810. 2,4 
0,04[0. 02,60. 3,4 
0,490. 01,10. 1,5 
5,29 


19,83 


|) 02,110. 2,8 + 


+(4,0) 
—1,4 
—1,2 
+0,4 
- 0,6 
13 


4,41[0. 46,3 
1. 2,5 | +0,2 | 0,04]0. 45,8 
| 1,4410. 45,8 
1. 41 —1,4 | 1,96Jo. 46,1 
1. 22| +0,5 |-0,25]0. 46,0 
1,00)0. 45,7 


1. 4,6 | —1,9 | 3,6110. 44,0) 


4 113,92 


1,21[0. 44,80. : 


1,00J. 01,810. 2,4 
' 1,00l0. 00,410. 0,5 


3 | 0,090. 01,50. 2,0 

3 | 0,09]0. 02,610. 3,4 
| 

ı 0,4910. 02,410. 3,2 |— 


0,360. 01,110. 1,5 
0,04l0. 01,00. 1,3 
4,41l0. 04,90. 6,5 


7,48 0. 25 + 


Zusammenstellung. 


1. 2,8| +0,3 | 0,098 
19 3.89..0.0170,49 
1. 2,710, | 0,16 


1.31 | +0,6| 0,74 


1. 46 | - (,2| 9,04 
1. 5,1) —0,7 | 0,49 
1. 3,61 -+0,8 | 0,64 
15-01 6001 
€ 40| +0,4 | 0,16 


10. 58,8] +1,4 
0. 61,61 —1,4 
'0. 60,2) +0,0 


|0. 60,2) +1,4 
0. 60,51 —12 
0. 59,6 —0,3 
'0. 56,7) +2,6 


| 1,96 0. 88) 
| 1,96 I0. 2,01 


| Ei 0. 3,91 
0,09 0. 48| 


Denkt man sich nämlich nach Fig 5 die 

Ne: scheinbaren Abstände der Stationen II, II, IV 
vom Nullpunkt nach horizontalem und verti- 

_ kalem Sinne von diesem Punkte N aus aufge- 
tragen und die normale Stellung des beweg- 

lichen vertikalen Mikrometerfadens durch den- 

selben Punkt gehend, so werden die Stations- 

punkte von dieser vertikalen Linie die senk- 

rechten Abstände IID,=s,, HID,=s,, IVD, 

=s, besitzen, während die Fusspunkte dieser 

Senkrechten um ND,=d, ND,=d, ND,=d, 

vom Punkte N abstehen. Die Abstände s 

ändern sich, wenn man den Mikrometerfaden 

um einen Winkel d gegen seine erste Stellung 


gedreht annimmt, in IID,=s’,, UID',=s', 
IVD,=s‘, ab. Ist nun obige Annahme richtig, 
so müssen die Differenzen ss, — 8’, S;—8’,, „—s’, mit den Differenzen 
der halbtägigen Beobachtungsmittel gegen dıe Hauptmittel zusammen- 
fallen. Nach der Figur ist Dreieck ID‘,D,>ND,D,) und wenn man 
D;D}=a; setzt: s,=(8,—a,)cosd und.a,; = d;tgd, woraus 
,—s,=8(1— cosd)- d,sind 
folgt. Werden die Marken von s und d in 3 und 4 umgewandelt, so 
erhält man in gleicher Weise die Ausdrücke für s,—s’, und ,—$'.. 
Ist in diesen der Winkel d' sehr klein, so kann in der Formel das erste 
Glied der rechten Seite, da es nahezu Null ist, vernachlässigt werden 
und man hat 
,—S,=sin d 

Die Abstände d können nur für die Stationen II, III und IV be- 
ziehlieh: ‚die, Zahlenwerte. d,_ 12354= 7554: 0, = 230213302 
=39530'= 2370" annehmen, während gleichzeitig die Differenzen s — s‘ 
mit den Zahlenwerten A der Schlusszusammenstellungen übereinstimmen 
sollen. Führt man diese Werte in die Gleichung ein, so lassen sich die 
numerischen Beträge von d‘ berechnen und man findet im Mittel 

für 1877 und das Ertel’sche Mikrometer d = 6°50‘ 
„ 1878 ,„.. „, lungkesche 5 DAR 


a a a a 


243 


Solche Verdrehungen des Mikrometers zwischen den einzelnen halb- 
tägigen Beobachtungsreihen sind aber sehr wahrscheinlich vorgekommen. 
Führt man nun rückwärts diese Mittelwerte von d‘ wieder in obige 
Gleichung und zwar so ein dass d für die verschiedenen Abstände s,, s,, 
s, constant bleibt, während d die gegebenen Zahlenwerte crhält, so er- 
geben sich die berechneten Werte von s—s‘, welche in nachstehendem 
Täfelchen den beobachteten gegenübergestellt sind: 


1877 ı 5-85 — 1,50" ber.'| 1,5“ Deob. 0,0 Diff. 
s,— 8s/, = 2,74 TR 0,0 
ie 01 

TEE | Br a A. zes, 
90 +0,1 
ed ae gg +0,1 


In ganz gleicher Weise ergibt sich auch die Erklärung für die 
Differenzen der beobachteten Richtungsunterschiede der Stationen II, II, 
IV unter sich: ein messbarer Wert von Lateralrefraction lässt sich also 
in der Zusammenstellung der halbtägigen Mittelwerte der beobachteten 
Richtungsunterschiede nicht auffinden, und unsere Beobachtungen be- 
stätigen somit in einem concreten Falle das was Herr Major Schreiber 
in seiner dem 8. Bande der Zeitschrift für Vermessungswesen einver- 
leibten Abhandlung über Richtungsbeobachtungen am Schlusse der An- 
merkung auf Seite 129 sagt, dass nämlich der Einfluss der Seitenrefraction 
bei Horizontalwinkelmessungen nur sehr selten von Belang ist. Nach 
meiner Ansicht sind Seitenrefractionen nur dann zu fürchten, wenn die 
Visirlinien nahe an Bergwänden oder anderen wärmestrahlenden Gegen- 
ständen von grosser horizontaler Erstreckung vorbeigehen. 


5. Die Verticalrefractions-Beobachtungen. 


Die Uebereinstimmung der nach der gewöhnlichen Formel berech- 
neten Werte der terrestrischen Strahlenbrechung mit den Ergebnissen 
direkter Beobachtungen lässt viel zu wünschen übrig. Die zwischen der 

Abh. d. IL. C1.d. k. Ak. d. Wiss. XIII. Bd. III. Abth. 32 


244 


älteren Theorie und der Beobachtung sich zeigenden Unterschiede rühren 
jedoch wesentlich nur davon her dass die auf der Hypothese eines kreis- 
förmig gebogenen Lichtstrahls beruhende Refractionstheorie auf die 
atmosphärischen Zustände, unter welchen die Beobachtungen stattfinden, 
keine Rücksicht nimmt. In der Ueberzeugung dass eine solche Theorie 
unzulässig ist, habe ich bekanntlich aus der auch der astronomischen 
Refraction zu Grunde liegenden Differentialgleichung neue Formeln für 
die terrestrische Refraction entwickelt, in denen die Temperatur und der 
Luftdruck gebührend berücksichtigt sind Diese Formeln wiederholt an 
der Erfahrung zu prüfen habe ich die hier mitzuteilenden Beobachtungen 
mit Geldmitteln der Königl. Bayerischen Staatsregierung ausgeführt, und 
wie ich nicht zweifle, dass meine Refractionstheorie diese neuere Prüfung 
eben so gut ‚bestehen wird, wie sie diejenigen über die Abnahme des 
Strahlenbrechungscoefficienten mit der Höhe bei den trigonometrischen 
Messungen am Kaukasus bereits bestanden hat, so hoffe ich auch dass 
competente Forscher ihr von nun ab, d. h. wenn sie das nachstehend 
gebotene Material sorgfältig geprüft haben, die Anerkennung und den 
Gebrauch nicht mehr versagen werden. 

In den Jahren 1877 und 1878 wurde eine grosse Zahl von Zenith- 
distanzen nach den Signalen U, II, IV unter gleichzeitiger Beobachtung 
der hauptsächlichsten meteorologischen Elemente gemessen. Die Haupt- 
station für diese Messungen war der auf dem Döbraberg errichtete 
Stationspfeiler und das Hauptinstrument der in A. 3) beschriebene 
Ertel’sche Höhenkreis. Im Sommer 1878 wurde auch auf der Station IV, 
dem Kapellenberg-Pfeiler, eine grosse Zahl von Höhenwinkeln nach dem 
Döbraberge gemessen, wozu das Lingke’sche Nivellirinstrument Nr 1252 
mit Positionsmikrometer, Verwendung fand. Zur Messung der meteoro- 
logischen Elemente war auf jeder Station ein Federbarometer und ein 
August’sches Psychrometer aufgestellt. Als Signale dienten Bertram’sche 
Heliotrope bei den Tagemessungen, und Kolb’sche Reflectoren bei den 
Nachtbeobachtungen. Ausser diesen Apparaten waren besondere Ther- 
mometer 4,5m über dem Boden zur möglichst sorgfältigen Bestimmung 
der Lufttemperatur aufgestellt. Die zur Messung der Zenithdistanzen im 
Jahre 1877 am Höhenkreis genommenen Ablesungen sind im Heft NrX, 
S 1—32 ausführlich und in Tafel Nr 10 reducirt aufgezeichnet. Es findet 


nu A tt nn din 


245 


sich dort für jede Beobachtung notirt: die bürgerliche Zeit nach Stunden 
und Minuten ; die Stationsnummer, welche dem Zielpunkt des Fernrohrs 
entspricht; die vom Index des Höhenkreises angezeigte Gradzahl; die 
Ablesungen an den beiden Mikroskopen in Minuten und Secunden 
(= Trommelteilen), welche sich ergeben wenn der bewegliche Faden des 
Mikrometers auf den dem Rechenindex vorangehenden und nächst- 
folgenden Limbusstrich eingestellt wird; der Stand der Libellenblasen- 
enden; die Sicherheit der Visur, charakterisirt durch die Gewichte 3,2. 1, 
je nachdem die Einstellung sehr scharf, mittelmässig sicher und unsicher 
erfolgt war; endlich die Form der Heliotropenlichter während der Ein- 
stellung des Fernrohrs, wobei mit (.) punktförmige Lichter, mit (*) stern- 
förmige, strahlende Lichter und mit (S) flammenartige, bewegte Lichter 
bezeichnet wurden. Diese Beobachtungen wurden in der zweiten Lage 
des Fernrohrs (I= Kreis links vom Beobachter; II = Kreis rechts) wieder- 
holt. Bei der Berechnung der Zenithdistanzen aus diesen Beobachtungen 
hätte zunächst der Run und die Gangcorrection der Mikroskop-Schrauben 
berücksichtigt werden müssen; davon wurde jedoch abgesehen, da sich 
diese Verbesserungen wegen der schon erwähnten mangelhaften Con- 
struction der Mikroskope und der Fernrohrstützen (Mikroskopträger) regellos 
gestalteten. Man musste sich damit begnügen, aus den Doppeleinstel- 
lungen für jedes Mikroskop den Mittelwert zu bilden und diesen als wahre 
Secunden-Ablesung anzusehen. Ferner waren diese mittleren Mikroskop- 
lesungen auf eine feste Normalstellung der Mikroskope gegen den 
Horizont, die durch das Einspielen der Libelle an den Mikroskopträgern 
fixirt ist, zu reduciren. 

Zum Zwecke der Ausführung dieser Reduction wird zunächst die 
Abweichung der Blasenmitte der Libelle gegen den Nullpunkt der Libellen- 
scala in Secunden berechnet. Dieser Ausschlag betrug z.B. für die erste 
Beobachtung (8. 2) (12,6 — 6,6) = 3,? = 3,,.. 2,3‘ = 6,9°', wobei“'2,3'' der 
Teilwert der Libelle ist. Denkt man sich ferner durch Neigen des Mikro- 
skopträgers mit Libelle und beiden Mikroskopen in der Vertikalebene der 
Visur die Libelle zum Einspielen gebracht und dadurch die Mikroskope 
auf die verlangte Normalstellung geführt, so wird hiebei, wenn der Li- 
bellenausschlag nach dem Ocularende des Fernrohrs zu stattfand und der 


rechtssinnig bezifferte Kreis links vom Beobachter steht, das auf der 
32* 


246 


Objektivseite des Fernrohrs stehende Mikroskop I gehoben, das am Ocular- 
ende des Fernrohrs stehende Mikroskop II gesenkt werden müssen. 
Denkt man sich dabei das Fernrohr mit dem Kreis fest auf ein be- 
stimmtes Ziel gerichtet, so schreiten durch die Bewegung der Mikroskope 
diese beiden in der Richtung der Bezifferung des Kreises weiter, es ist 
also eine dem Ausschlag der Libelle entsprechende Correction zu den 
Mikroskoplesungen zu addiren. 


Fig. 6. 


Durch eine ähnliche Ueberlegung findet sich dass für einen Libellen- 
ausschlag nach dem Objectivende des Fernrohrs in dessen erster Lage 
diese Correction subtrahirt werden muss und dass die entgegengesetzten 
Vorzeichen der Correction Geltung haben, wenn das Fernrohr durch Durch- 
schlagen in die Lage II mit „Kreis rechts“ gekommen ist. 

Mit den so reducirten mittleren Mikroskopablesungen lässt sich jetzt 
für jedes der beiden Mikroskope die Zenithdistanz z der Fernrohrvisur 
berechnen, wenn 22 =I—Il gesetzt wird; und es ist alsdann der Mittel- 
wert z=:1(22,-+22n) die gesuchte Zenithdistanz, welche als einmalige 
Beobachtung aufgefasst und in das Rechnungsheft eingetragen ist. 

Die gleichzeitig mit der Messung der Zenithdistanzen beobachteten 
Barometerstände und Temperaturen sind mit ihren zwischen den ver- 
schiedenen Stationen geltenden Mittelwerten in Heft Nr XV eingetragen, 
während die auf den einzelnen Stationen notirten Originalbeobachtungen 
nebst einigen Notizen über die beobachteten Witterungsverhältnisse in 
den 4 Octavheften NrI bis IV zu finden sind. 

Im Sommer 1878 war die Anordnung der Beobachtungen für die 
Messung der Zenithdistanzen eine etwas andere, als im Vorjahr. Während 


247 


nämlich 1877 das Ocularmikrometer des Höhenkreises horizontale 
Schraubenstellung hatte und zur gleichzeitigen Bestimmung der Seiten- 
abweichung der fernen Zielpunkte diente, konnte jetzt die Schraube des 
Mikrometers vertikal genommen und zur Messung der Zenithdistanzen 
mitbenützt werden. Bei dieser Mikrometerstellung war es möglich, 
durch sechsmal wiederholtes Einstellen des beweglichen Doppelfadens auf 
ein und dasselbe Ziel eine viel grössere Genauigkeit der Fernrohrein- 
stellung zu erreichen als früher bei nur einmaliger Einstellung. Diese 
grössere Visursicherheit war von besonderer Wichtigkeit, da der durch 
die vorgenommenen Abänderungen wesentlich leistungsfähiger gewordene 
Höhenkreis eine viel genauere Beobachtung der Kreisstellung zuliess, die 
ausserdem mit der einmaligen Fernrohreinstellung auf die mehr oder 
minder bewegten Signallichter nicht harmonirt hätte. Diese 6 Mikro- 
metereinstellungen wurden in beiden Fernrohrlagen gemacht und der 
Unterschied ihrer Mittelwerte bei der Berechnung der Zenithdistanz be- 
rücksichtigt. Wegen der inzwischen ausgeführten Neuteilung des Kreises 
und der Umänderung der Mikroskope gestalten sich die Kreisablesungen 
gleichfalls etwas anders, als früher. Als Lage I ist die Fernrohrlage 
mit „Kreis rechts“ angenommen worden, wodurch die Correctionen wegen 
des Libellenausschlags gegen früher das Vorzeichen wechseln. 

Die Libellenablesungen wurden vermehrt und für jede Fernrohr- 
stellung vor und nach erfolgter Kreisablesung genommen, damit Ein- 
stellungsfehler der etwas trägen Libellenblase möglichst unschädlich 
werden. Die Rubrik „Sicherheit der Visur“ ist in den Aufzeichnungen 
in Wegfall gekommen, da sich die mehr oder minder grosse Ruhe oder 
Unruhe der Lichter viel sicherer aus den Differenzen der sechsmal wieder- 
holten Mikrometereinstellung abnehmen lässt. Bei der Ablesung des 
Kreisstandes konnte jetzt mittelst der Mikroskope unmittelbar die Stellung 
des Indexpunktes des Mikroskoprechens gegen die Teilung abgelesen 
werden, da immer ein ganzer Grad im Gesichtsfeld sichtbar und jeder 
Gradstrich mit einer Zahl versehen war. Der bewegliche Mikroskop- 
faden ist gleichfalls wieder auf den dem Rechenindex vorangehenden 
und unmittelbar nachfolgenden Limbusstrich , und zwar je zweimal ein- 


gestellt worden. 
Diese Einstellungen auf benachbarte Teilstriche unterscheiden sich 


248 


aber hier um 2,5 Schraubenumdrehungen (r = 2‘), während früher dieser 
Unterschied 5 (r=1‘) betrug. 

Die Originalaufzeichnungen dieser Beobachtungen finden sich im 
Heft Nr XII, S 1-83, zugleich mit den zugehörigen Reductionszahlen 
und berechneten Zenithdistanzen. 

Letztere sind in der Weise erhalten worden, dass zunächst der 
Mittelwert aus den beiden Summenwerten der zwei Mikroskopablesungen 
für jeden Limbusstrich gebildet wurde, nachdem zuvor von den Trommel- 
lesungen, die den Einstellungen auf dem zweiten Limbusstrich ent- 
sprechen, 30° abgezogen worden waren. (Da nämlich wegen genau rich- 
tiger Justirung der Mikroskope deren Trommelangaben nicht verbessert 
zu werden brauchen, und da eine Gangcorrection der Schraube auch hier 
für überflüssig erachtet wurde, so gibt die Summe der Trommelables- 
ungen für zwei Mikroskopeinstellungen ohne weiteres die Ablesung in 
Gradmass.) Die mittlere Mikroskopablesung wurde dann wie früher mit 
der nötigen Correction wegen des Ausschlags der Libelle versehen, ausser 
dieser aber an den Mikroskoplesungen für die zweite Fernrohrlage eine 
weitere Correction angebracht, welche ihrer Grösse nach durch die 
Differenz der mittleren Ocularmikrometerstände in beiden Fernrohrlagen 
bestimmt ist und ihrem Vorzeichen nach positiv oder negativ ausfällt, 
je nachdem die mittlere Mikrometerlesung in der zweiten Fernrohrlage 
kleiner oder grösser ist, als die der ersten Lage. (Der numerische Wert 
dieser Correction muss selbstverständlich in Secunden ausgedrückt werden, 
was leicht dadurch geschehen kann dass die erhaltene Differenz der 
Mikrometerstände in Trommelteilen mit dem Winkelwert eines solchen 
Teiles = 1,85° multiplieirt wird.) Nach Ausführung dieser Reductionen 
berechnet sich wieder die Zenithdistanz der treffenden Visur für jedes 
Mikroskop gesondert aus 2z,=1II—I und 22, =U—lI, wenn unter II 
und I die reducirten Mikroskoplesungen in der zweiten und ersten Fern- 
rohrlage verstanden sind, und die mittlere Zenithdistanz wird z= 7 (221 
+2%4,). Um nicht jedesmal für sämmtliche Visuren nach den Stationen 
II, IH, IV alle für eine Zenithdistanz-Messung nötigen Ablesungen aus- 
führen zu müssen, sind die Kreisstellungen immer nur für die Visur 
nach Einem Zielpunkt an den Mikroskopen abgelesen worden, für die 
übrigen Stationen wurde dagegen nur der Abstand ‚von jenem ersten 


249 


Zielpunkt mit dem Ocularmikrometer bei unveränderter Kreisstellung be- 
obachtet und zwar meistens in der ersten Fernrohrlage, weil in dieser 
die Ocularmikrometerschraube am besten zur Hand lag. Diese mikro- 
metrisch gemessenen Abstände sind dann mit dem mittleren Winkelwert 
einer Schraubendrehung = 183,33‘ multiplicirt und zu der beobachteten 
Zenithdistanz addirt worden, um die Zenithdistanzen der übrigen Ziel- 
punkte zu erhalten. Dieses Verfahren hatte den Vorzug grosser Zeiter- 
sparniss und war auch dann sehr zweckmässig, wenn die Lichter ein- 
zelner Stationen nur für kurze Augenblicke sichtbar waren, sodass sie 
eine volle Messung in zwei Fernrohrlagen nicht gestatteten. In solchen 
Fällen wurde dann die Zenithdistanz des Signals „Nullpunkt“ durch Ab- 
lesen der Kreisstellungen in zwei Fernrohrlagen gemessen, und in einem 
günstigen Moment die nötigen 6 Mikrometereinstellungen auf das nur 
momentan sichtbare Heliotropenlicht rasch ausgeführt. 

Die unter den Beobachtungen des Jahres 1878 vorkommende Zenith- 
- distanz mit dem Zielpunkt M ist nach einer Mire (M) gemessen worden, 
welche auf dem Plateau des Döbraberges in 80 m Entfernung vom Pfeiler 
auf einem niedrigen Steinsockel aufgestellt war und aus einer Objectiv- 
linse bestand in deren Brennpunkt ein Metallplättchen mit kleinen punkt- 
förmigen Durchbohrungen eingestellt war. Diese Punkte liessen das 
Licht einer rückwärts angebrachten Lampe durchfallen und erschienen 
im Beobachtungsfernrohr mit der für sehr ferne Objecte passenden 
Ocularstellung bei Tag sowohl wie bei Nacht als erleuchtete Scheibchen 
deren Ränder mit dem Mikrometer ziemlich scharf eingestellt werden 
konnten. 

Gleichzeitig mit den Messungen der Zenithdistanzen vom Döbraberg 
aus wurden auf dem Kapellenberg-Pfeiler im Sommer 1878 mit dem 
Positionsmikrometer des Lingke’schen Nivellirinstruments Nr 1252 Tiefen- 
winkel nach einem auf der Station Döbra aufgestellten Lichtsignal be- 
obachtet. Die hiebei ausgeführten Messungen sind in das Heft Nr XII, 
S. 1—23 eingetragen worden. Notirt wurde die Zeit der Beobachtung, 
der Libellenstand vor und nach den Mikrometereinstellungen, die Mikro- 
meterablesungen bei 5 einzelnen Einstellungen des beweglichen Mikro- 
meterfadens auf das Döbrasignal und die Lichtstärke des Signals wäh- 
rend der Einstellung charakterisirt durch die Zahlen 1, 2, 3, 4 für 


250 


wachsende Intensitäten. Bei der Berechnung und Reduction dieser Be- 
obachtungen ist zunächst der mittlere Libellenstand für jede Beobachtung 
gesucht und mit dem Libellenstand für horizontale Lage der Visirlinie 
verglichen worden. (Heft Nr XII, 535) Das Resultat dieser Vergleich- 
ung ist in der Rubrik „Differenz vom Horizont“ mit dem zugehörigen 
Vorzeichen eingetragen; es ergibt sich daraus die Correction des be- 
obachteten Tiefenwinkels wegen fehlerhafter Neigung der Fernrohraxe 
gegen den Horizont, wenn man die in Libellenscalenteilen ausgedrückte 
Differenz multiplieirt mit der Grösse des Teilwerts der Libelle von 4,7'. 
Ferner ist berechnet worden der Mittelwert aus den 5 Mikrometerein- 
stellungen und in die Rubrik „Mittlere Mikrometerstände“ eingetragen. 
(Die ganzen Trommelumdrehungen sind hier nicht wiederholt.) _Die Dif- 
ferenz der mittleren Mikrometerstände mit der Schraubenstellung für 
centrische Lage der Visirlinie = 14"83P,8 (Heft NrXVI, S 34) gibt dann 
den beobachteten Tiefenwinkel in Schraubenumdrehungen des Mikro- 
meters; dieser Wert ist noch mit dem mittleren Winkelwert einer Schrauben- 
umdrehung = 131,35‘ multipliciırt und lässt so den Tiefenwinkel in 
Gradmass finden, an welchem wegen geneigter Lage der Fernrohraxe 
die oben berechnete Correction angebracht wird. Dieser verbesserte 
Tiefenwinkel, um 90° vermehrt, ergibt die (in die Beobachtungshefte roth 
eingeschriebene) beobachtete Zenithdistanz. 

Die im Sommer 1878 in der Höhe von 4,5m über der Bodenfläche 
vorgenommenen Beobachtungen der Lufttemperaturen und des Luftdrucks 
in 0,9 m Höhe "nebst den Notizen über die Witterungsverhältnisse sind 
in den Heften Nr V—VHI auf den Stationen selbst aufgezeichnet und in 
dem Heft Nr XVI S 1—43, sowie in der nachfolgenden Tafel Nr 10 mit 
ihren Zwischenwerten übersichtlich so zusammengestellt, dass sie keiner 
weiteren Erläuterung bedürfen. 

Als ich zu Ende des Winters 1878/79 den.Entwurf gegenwärtiger 
Abhandlung bearbeitet und eine gewisse gesetzmässige Abhängigkeit der 
Unterschiede zwischen berechneten und beobachteten Refractionswerten 
von der Tageszeit (d. i. von der Lufttemperatur) erkannt hatte, hielt 
ich es für notwendig die für gewisse Stunden noch bestehenden Lücken 
in den Beobachtungen durch deren Fortsetzung sowohl auf dem Döbra- 
als auf dem Kapellenberge ausfüllen zu lassen, was teils in den Tagen 


u 


‚ 251 


vom 30. Mai bis 5. Juni des Jahrs 1879, teils in der zweiten Hälfte 
des Mai gegenwärtigen Jahres 1880 geschah. In beiden Jahren kamen 
lediglich die oben beschriebenen Lingke’schen Mikrometer Nr 1252 und 
Nr 1253 in Verbindung mit den ebenfalls bekannten Heliotropen, Thermo- 
und Barometern in derselben Art zur Verwendung wie 1878 auf dem 
Kapellenberge. Die Originalbeobachtungen sind in den Octavheften 
Nr V* bis VIII” und in den Quartheften Nr XIX* und XX%, welche den 
mit V bis VIII und mit XIX und XX bezeichneten Heften der Jahre 1877 
und 1878 beigebunden sind, die geringen Unterschiede der Constanten 
in dem nachfolgenden Abschnitte, Absatz Nr 1, und die reducirten Be- 
obachtungen mit anderen in den Tafeln Nr 10 bis Nr 12 enthalten. 


I, Berechnung der Refractionswerte. 


Es handelt sich hier um zwei Verrichtungen, nämlich um die Be- 
rechnung erstens der „beobachteten“ und zweitens der „theoretischen“ 
Refractionen. Jene sind stets gleich dem Unterschiede zwischen wahrer 
und scheinbarer Zenithdistanz, diese aber werden aus den in meiner 
Theorie der Strahlenbrechung entwickelten und in der Einleitung zu 
dieser Abhandlung zusammengestellten Formeln gefunden. Hiezu sind 
vor Allem die constanten Coefficienten jener Formeln nötig, nämlich die 
Krümmungshalbmesser des Erdsphäroids bis zur Meeresfläche in den 
Stationen, die Meereshöhen der Pfeileroberflächen, der Instrumenten- und 
Lampen-Mittelpunkte, die Horizontalabstände und Centriwinkel aller 
Stationen unter einander in dem Vertikalschnitte der Erde von Döbra 
nach Kapellenberg, sowie endlich die den Stationen entsprechenden Nor- 
malwerte von «, m, v. 


1. Die Constanten der Formeln. 


A) Die Krümmungshalbmesser ergeben sich aus der Näher- 
ungsformel 


I, = 


9) in? ıy 
3001298 + 3sin w) 


Abh d. II.Cl.d. k. Ak.d. Wiss. XIII. Bd. Ill. Abth. 33 


952 


a 


worin A die grosse Halbaxe des Erdmeridians und w die geographische 
Breite des Punktes ist, für welchen r, gesucht wird. Da nun log A 
= 6,8046435 und für Döbra ıw' = 50° 16'43° ist, so wird für die Station I 
ro = 6372615m und logr,' = 6,8043177 
während für den Punkt Kapellenberg w" = 50°11’22° und folglich für 
die Station IV 
7. = 6372542m und logr,‘' = 6,8043127 


ist. Der Unterschied zwischen r,‘ und tr, beträgt, dem geringen Breiten- 

unterschied w' — w'’ = 5‘ 21‘ entsprechend, nur 73 Meter, wesshalb wir 

ihn in unseren Formeln vernachlässigt und für alle Stationen gesetzt haben 
r, = 6372580 m und logr, = 6,8043153. 

B) Die Meereshöhen der Pfeileroberflächen in Döbra und Ka- 
pellenberg, der Tische auf den Stationen bei Oberkotzau und Rehau, 
sowie der Instrumenten- und Signal-Mittelpunkte sind grösstenteils im 
ersten Abschnitte ange.eben und brauchen hier nur zusammengestellt 
und vervollständigt zu werden. 


a. Für die Station I (Döbraberg) 


ist die Meereshöhe der Pfeileroberfläche = 794,704m 
y „ der Axe des Ertel’schen Höhenkreises = 795,164 
s R des Lingke’schen Mikrometers Nr 1252 = 794,930 
3 5 des Heliotropmittelpunkts = 794,994 
> 5 des Lampenmittelpunkts = 795,664 
b. Für die Station II (bei Oberkotzau) 
ist die Meereshöhe des Grundpfahls = 618,020 m 
ae 5 der Tischoberfläche —=,619,320 
B e des Heliotrops im Jahre 1877 = 619,455 
F in des Heliotrops im Jahre 1878 7 
ns ee des Lampen-\Mittelpunkts — 619753 


c. Für die Station III (bei Rehau) 


ist die Meereshöhe des Grundpfahls — 602,690 m 
„ » der Tischoberfläche — 603,990 


an 


253 


ist die Meereshöhe des Heliotrops in 1877 und 1878 = 604,125 m 
B „ des Lampenmittelpunkts = 604,305 


d. Für die Station IV (Kapellenberg) 


ist die Meereshöhe der Pfeileroberfläche — 764,749 m 
HE n des Lingke’schen Mikrometers Nr 1253 = 764,974 
in des Heliotrops im Jahre 1877 — 764,944 
S 5 des Heliotrops im Jahre 1878 = 765,204 
h; en des Heliotrops in 1879 und 1880 = 765,208 
“ 3 Lampen-Mittelpunkts = 765,504 


C) Die Horizontalabstände (D)’und hiemit die Centriwinkel (C) 
zwischen den Stationen werden folgende: 
&. Zwischen I und II ist D,=16766m, der Centriwinkel in 
Bogenmass = vr, = 0,0026306; log, = 7.,4200547 in Gradmass 
= (, = 542,6"; log 0, = 2,1344798. 
b. Zwischen I und II ist D,=28701m; der Centriwinkel in 
Bogenmass = y, = 0,0045034: log y, = 7,6535440 in Gradmass 
— (, = 928,9"; log C, = 2,9679690 
c. Zwischen I und IV ist D=DF= 47958,4m, der Centriwinkel 
in Bogenmass = p = 0,0075248; log y = 7,8764962 in Gradmass 
= 6 = 1552,1": log = 3,1909213. 
Der durch Kapellenberg (K) gezogene Kreisbogen KE ist, da sein 
Halbmesser nur um 30,2 m kleiner ist als der von DF, um 0,23 m 
kleiner als DF und daher 


KE=47958,2m (logKE = 4,6308628) 


D) Die Refractionsconstanten «o, m, v berechnen sich wie 
folgt. Für die Breite von Königsberg y, = 54°52'50, die Temperatur 
= 9° 31.C und den Tutidruck 9, = 751,71mm ıst nach Bd 62, S 226 
der Astr. Nachrichten und nach S 187 und 188 (9 und 10) dieser Ab- 
handlung der Wert 

a, = 0,00027895; log a, = 6,4455264 
m, = 0,007464; log my = 7,8729716 
v, =0,186865; logv, = 9,2715280 
33 * 


254 


Für die Breite von Döbra w' =50"16‘43“ und die obigen Werte 
von z, und /, behält in der Höhe des Meeres «, den vorhergehenden 
Wert und es wird nach der auf S. 71 des 67. Bds der Astr Nachrichten 
mitgeteilten Tafel | 

m, = 0,007562; log m, = 7,8786367 
v,= 0,18444; log v, = 9,2658599 

Reducirt man den Wert von m, von der Meeresfläche in der Breite 
w' auf die Pfeileroberfläche in Döbra, behält aber 7, und /, bei, so wird 
hiefür 


N 796 he a ee 
BA. = ——> m — — = — ==, m 
nn 706 a *h, e mir H st, 


m‘, = 0,007438; logm‘, = 7,8714773 
wu (,18751LC* Joc’ vn %27311 


Bei der Temperatur ze oder © = 272,81 und dem Barometerstand 
P, d. i. bei der Luftdichtigkeit oe wird in Döbra 


A 
log m = log m‘, — log e = 8,29712 — log 2 
3 
log v=log v/,+ 2loge = 8,12175 + 210g 


Für die Station Kapellenberg mit der geographischen Breite 
-— 50°11‘22“ und der Meereshöhe von 766m für die Pfeileroberfläche 
darf man die Werte von «, m, v genau so wie für die Station Döbra 
berechnen, da der Breitenunterschied nur 5 Minuten und der Höhenunter- 
schied nur 30 m gegen eine Atmosphärenhöhe von mehr als 48680 Meter be- 
trägt, wonach die berechneten Refractionswerte für Döbra nur in dem 
Verhältnisse von 3:5000, also für 120 etwa um 0,07‘ grösser gefunden 
werden; ein bei allen Untersuchungen über terrestrische Refractionen zu 
vernachlässigender Unterschied. 


2. Die Berechnung der beobachteten Refractionen. 


Die „beobachtete Refraction“ ist der Unterschied zwischen der wahren 
Zenithdistanz (Z) und der scheinbaren (z. Man muss also die wahre 
Zenithdistanz aus der Triangulation und dem geometrischen Nivellement, 


255 


die scheinbare durch Vertikalwinkelmessung bestimmen. Nun ist nach 
Fig 1 in Döbra (D) die wahre Zenthdistanz Z=180’—A und in Ka- 
pellenberg (K) die wahre Zenitdistanz Z’=180°—B; ferner ist B+A 
= 180° — C = 180° — 0° 25° 52,1‘, und nach Formel (4) 


1 x Ü 
tg 5 (B—A) = 21, cotg 3 


A) Setzt man für die Linie zwischen Station I und Station IV oder 
von Döbra nach Kapellenberg, wie es 1877 für den Höhenkreis in 
D und das Heliotrop in K der Fall war, 


x, = 795,164— 764,944 = 30,22 m 
so wird für jenes Jahr B—A = 4'19,8° und hiemit 


A900 215467. B 90° 10.46.14 
Z=90° + 156"; Z= 90° 10 46,1% 


Für die Beobachtungen im Jahre 1878 ändern sich diese Werte um 
1,1 Secunden, da für die Tagbeobachtungen das Heliotrop um 0,26 m 
höher stand als das Jahr vorher, so dass in diesem Falle 


A = 90°— 15'4,9"; B = 90°— 10: 47,2“ 
Z= 90° + 15'4,9%; Z'= 90°+ 10'47,2° 
wird; bei den Nachtbeobachtungen stand der Mittelpunkt der Reflector- 
lampe um 0,56m höher, als der Heliotrop-Mittelpunkt im Vorjahre, es 
wird also hiefür 
; A = 90°— 153,6”; B = 90° — 10’48,5" 
Z—=90°-+ 153,6; Z’=90° + 10'48,5" 
Bei den Beobachtungen in den Jahren 1879 und 1880 fanden wieder 
einige kleine Verschiedenheiten der wahren Zenithdistanzen statt, welche 


aus der etwas veränderten Lage der Lingke’schen Mikrometer und der 
Heliotrope herrührten; es war nämlich in den Jahren 1879 und 1880: 


A = 90° 156,9" B = 90° — 10' 46,9" 
Z=90°115'6,9" Z'= 90" + 10'46,9" 


256 


B) Für die Linie zwischen den Stationen I und III oder von Döbra 
nach Rehau war in den Jahren 1877 und 1878 für die Tagbeobacht- 
ungen unverändert das Gefälle 

x, = 795,164 — 604,125 — 191,04m 
deshalb B— A = 0°45' 45,4" und hiemit 
A = 90° — 30' 37,0”; B = 90° + 158,1 
Z = 90° + 30' 37,0; Z' = 90° — 15’ 8,1" 

Für die Nachtbeobachtungen im Jahre 1878 war der Wert von z 
um 1,3‘ kleiner, weil der Lampen-Mittelpunkt höher lag, als die Spiegel- 
mitte des Heliotrop; es war also hiefür > 

A= 90° — 3035,74 B= 90) 152944 
Z = 90° + 30° 35,7% Z’= 90° — 159,4 
C) Für die Linie zwischen den Stationen I und II oder von Döbra 


nach Oberkotzau war ım Jahre 1877 der Höhenunterschied der End- 
punkte (Höhenkreis in I und Heliotrop in II) 


x, = 795,164 — 619,455 = 175,71m 
deshalb wird B- A = 1"12'3,4" und hienach 
A = 900 — 40' 33,0”; B = 90° + 31 30,4" 
Z = 90° + 40' 33,0”; Z’= 90° — 31' 30,4 
Bei den Tagbeobachtungen des Jahres 1878 betrug die Höhe des 
Heliotrops um 0,12 m mehr und daher die Zenithdistanz um 1,5‘ weniger, 
als im Vorjahre; es wird somit hiefür 
A = 90° — 4031,55 B = 9097 31:28,9” 
Z= 90° + 40° 31,5; Z' = 90° 31 98,9 
Bei den im Jahre 1878 ausgeführten Nachtbeobachtungen lag auch 
hier der Lampen-Mittelpunkt um 0,18m höher als der Spiegelmittelpunkt 
im Jahre 1877, wodurch die Zenithdistanz um 2,2 kleiner wurde, als 
zuvor und folgende Beziehungen stattfanden: 
A = 90° —.40' 30,8; B = 90° + 31' 28,9 
Z = 90° + 40' 30,8”; Z’ = 90° 3198,92“ 


257 


D) Für die Beobachtungen zwischen den beiden Hauptstationen, und 
zwar von Kapellenberg nach Döbra, lässt sich die wahre Zenith- 
distanz wie folgt berechnen. Nach lit. A dieses Abschnitts (Seite 255) ist 
die wahre Zenithdistanz der Verbindungslinie Heliotrop auf Kapellenberg 
und Höhenkreis auf dem Döbra in Kapellenbere 7° = 90° 10' 46,1‘; für die 
Tagbeobachtungen auf Kapellenberg im Jahre 1878 war der Anfangs- 
punkt der Visirlinie um 0,02m höher als früher, der Spiegelmittelpunkt 
und das Ziel in Döbra (Spiegelmittelpunkt des dortigen Heliotropen) um 
0,17 m niedriger als die Höhenkreisaxe; daher wurde die Zenithdistanz 
von KD in K um 0,8” grösser als früher z und folglich für die Tag- 
beobachtungen auf Kapellenberg im Jahre 1878: 


A = 90° — 15'5,2°°; B = 90° — 10° 46,9" 
Z = 90° + 155,2; Z’= 90° 10° 46,9 


Für die Nachtbeobachtungen des Jahres 1878 war der Lampen- 
mittelpunkt auf Döbra um 0,48m höher als früher die Höhenkreisaxe; 
dadurch wurde die Neigung der Visur von Kapellenberg nach Döbra um 
2,0‘ geringer, als in lit. A, somit 

A = 90°— 15:8“; B = 90° — 10' 44,1 
Z = 90°+15'8°; Z= 90" + 10° 44,1 

Für die Beobachtungen auf dem Kapellenberge in den Jahren 1879 

und 1880 fanden gegenüber dem Vorjahre keine wesentlichen Ver- 


änderungen statt, innerhalb dieser Jahre blieben daher die gleichnamigen 
Winkelwerte einander gleich, es war nämlich in 1879 und 1880: 


A = 90° — 156,9“ B = 90° — 10' 46,9" 
Z= 90° 156,9 Z’ = 90°-+10' 46,9" 


E) Mit den in den vorausgehenden vier Absätzen enthaltenen Zenith- 
distanzen sind die „beobachteten“ Refractionen berechnet worden, deren 
Unserschiede von den nach den Formeln der folgenden Abteilung 3 be- 
stimmten „theoretischen“ Werten die Abweichung zwischen Theorie und 


Erfahrung ausdrücken. 


258 


3. Die Berechnung der theoretischen Refractionswerte. 


Es ist schon in der Einleitung (Seite 187, bezw. S. 9) bemerkt worden 
dass die nach meiner Theorie zu berechnenden Refractionswerte nach der 
integrirten Gleichung (7) zu bestimmen sind. Die Integration dieser Gleichung 
liefert zwei in (16) und (17) dargestellte Ausdrücke für r. Es wird sich 
empfehlen an dem letzteren nachzuweisen dass er in dem vorliegenden 
Falle auf die einfachste Form 

1 rd 

reducirt werden darf. Dieser Beweis ergibt sich aus der numerischen 
Berechnung eines besonderen Falls. Wählen wir hiezu die am 21. August 
1878 Nachmittags 2" 20” auf dem Döbra nach plz gemachte 
Beobachtung, so ist für dieselbe 

v= 0,9145 log v = 9,19063; 

= 0,0075248; log y = 7,87650 

x 30,2 


Ve 7 —= — 0,000579; logy = 6,76301, 


m = 0,008179; logm = 7,91268 
z = I! 13 Re = 1 


2 ke= in 2 et 
_ tn(cos a DER _m (sin Sur "4699 
COS a2 sin? e 
t —tg 
par Ltg 46995 ; logp, — 9,67140, 
m m 
2mv 2mv 


— — 57,42; log p, = 1,75908 


1 3 RS 
3 cos?z 3sin?e 


und nach der Formel (17) Seite 190, bezw. S. 12 


2 
a Kai 4 ir ea ee ya 


— 1 0,00116 + 0,00005 + 0,00001 = 1,00122 

r= 1,00122 vo = 241,03°' 
Einfacher hätte man r aus Gleichung (11) Seite 189 (bezw. S. 11) durch mecha- 
nische Quadratur gefunden. Es ist nämlich nach dieser Methode, wenn 


i 
a aha Du Du ma nn 


259 


man y in 3 Teile y„=0, 1=—.0,000193, y3„=—0,000386 und y* 
= —0,000579 zerlegt und die damit berechneten Ordinaten-Werte Y, 
Y, Y, Y, nennt, zunächst 

Y=1; Y,= 1,0008; Y,= 1,0016; Y,= 1,0024 


und damit das Integral 
fe — J) dp r (Y+3Y,+3Y;+ Y,)=1,00119 p 


und hiemit die gesuchte Refraction 
r— 1,00119y Jp= 241,03“ 


Streng genommen dürfte den vorstehenden Berechnungen nicht der 
aus dem geometrischen Nivellement sich ergebende Wert von y sondern 
nur jener zu Grunde gelegt werden, welcher den Beobachtungen z und 
m entspricht, d. h. man müsste y aus der in den Astr. Nachr. Bd 67, 
S. 79 entwickelten Gleichung 


(15a) 
cos’ z + 1—v 2vcotgz „  v(p—3)cote”z 
x —r,0| ots — oo — — pt 
ae ( a sin Fan sin’z‘ Gm’sin’z ” 


suchen, indem man beide Seiten mit h=mr, dividirte Für den hier in 
Rede stehenden besonderen Fall wäre dadurch erhalten worden 


x = —r,1(0,0038378 — 0,0031809 + 0,0000026 — 0,0000011-+---) 


= —3158m 
d. h. der Zenithwinkelmessung entspricht der absolute Wert 31,58 m, 
während das geometrische Nivellement 30,22 m ergab. Fürx = — 31,58m 
wird y = —0,000606 und damit nach der mechanischen Quadratur 


r=1,00124vgp = 241,04°. 


Ohne Rücksicht auf die y Werte, d. i. für y=0 erhielte man die 
Refrastion r= vo = 240,74' und somit nur um 0,3’ kleiner als vorhin. 
Gleichwohl habe ich zuerst die x nach Gl (15a), hieraus die y durch 
Division mit mr, und hiemit die Refraction r mittelst der mechanischen 
Quadratur berechnen und in den Tafeln Nr 10 und Nr 11 zusammen- 
stellen lassen. Dass für die Berechnung von x die beiden ersten Glieder 
des Ausdrucks (15a) ausreichen, bedarf keines Beweises. 

Abh. d. I1.C1 d.k. Ak.d. Wiss. XIII. Bd. III. Abth. 34 


260 


Was die in den Formeln (18) und (19) allgemein dargestellten Werte 
von Az und Az' betrifft, so berechnen sich dieselben für das in Rede 
stehende Beispiel wie folgt: 


Az= 120,52 (1 — 0,00261 + 0,00191 — 0,00013 + ---) = 120,42 
Az'= 120,52 (1 + 0,00261 — 0,00191 + 0,00013 —--) = 120,62 
Zu demselben Ergebnisse kommt man bei der Voraussetzung dass 


sich die Werte Az und Az‘ zu einander verhalten wie die Strahlen- 
brechungscoefficienten in D und K, d. h. dass 


NVA dr dr 
——_ ey 
= se: (=) Ay) 


ist. Hiemit und mit der zweiten Gleichung Az+ Az' = 241,04 wird 
AZ = 120,38 und Az'= 7120,66’. 

Man entnimmt hieraus dass Az und Az‘ nur sehr wenig von dem 
Mittelwerte 120,52‘. sich unterscheiden, und dass man daher überall, wo 


y so klein ist wie hier, 
Ay Az. r 


setzen darf, wie es auch in den Tafeln Nr 10 und 11 geschehen ist, von 
denen die erste die Höhenunterschiede und Refractionen zwischen Döbra 
und Kapellenberg nach den Bestimmungen in Döbra, und die zweite die 
Höhenunterschiede und Refractionen zwischen denselben zwei Punkten nach 
den Bestimmungen in Kapellenberg enthalten. Zur Einrichtung dieser 
Tafeln habe ich Folgendes zu bemerken. 

Anfänglich war es meine Absicht alle für die Berechnung der Re- 
fractionen und Höhenunterschiede zwischen Döbra und Kapellenberg er- 
forderlichen Beobachtungen an Zenithdistanzen, Baro- und Thermometer- 
ständen nebst den Differenzen zwischen Rechnung und Beobachtung, sowie 
deren Quadrate mitzuteilen. Nachdem sich aber zeigte dass die also an- 
gefertigten Tafeln einen zu grossen Umfang erhielten, habe ich mich ent- 
schlossen, in dieselben ausser der Beobachtungszeit, dem mittleren Baro- 
meterstand zwischen beiden Stationen und der auf jeder Station beobach- 
teten Lufttemperatur, erstens bloss die beobachtete Refraction, d.h. den 
Unterschied zwischen der wahren und scheinbaren Zenithdistanz einzu- 


261 


setzen, weil aus der Angabe Az=Z—z sofort z=Z2— Az gefunden 
werden kann, da Z im Abschnitte II, Abteilung Nr 2 für alle vier Be- 
obachtungsjahre enthalten ist. Ebenso setzte ich zweitens nicht mehr die 
nach der Formel für x auf Seite 259, bezw. S 81 berechneten Höhen- 
unterschiede zwischen Döbra und Kapellenberg in die neuen Tafeln ein, 
sondern nur deren Differenzen 4 gegen die durch geometrisches Nivelle- 
ment ermittelten Höhenunterschiede, welche in den verschiedenen Be- 
obachtungsjahren nach Massgabe der in II, (Seite 255 und bezw. S 77) 
enthaltenen Constanten verschieden waren und zwischen 29,7 und 30,7 m 
wechselten. Hiemit sind auch die trigonometrisch bestimmten Höhen- 
unterschiede auf einen und denselben nivellitisch gefundenen Abstand der 
Beobachtungsorte reducirt worden, und es kommen in der Steindruck- 
tafel Nr II auch nur die /zum Ausdruck. Für die Refractionen Az = Z—z 
und r=,;vy war diese Rücksicht nicht mehr geboten, da in Az der 
betreffende Wert von Z und in r der von der Luftdichtigkeit abhängige 
und deshalb veränderliche Wert von v zur Geltung kam. 

Streng genommen hätte dieser letztgenannte Wert für jede Station 
aus dem daselbst beobachteten Barometerstande $ berechnet werden 
sollen, da aber die Barometerstände in Döbra und Kapellenberg nur 
höchstens 2 bis 3 Millimeter von einander verschieden waren, so hielt 
ich es für erlaubt für jede Station der Berechnung von v den jedes- 
maligen mittleren Barometerstand zu Grunde zu legen, wodurch die be- 
rechnete Refraction (-r) höchstens um 0,4 Secunden von dem wahren 
Werte verschieden gefunden werden konnte, ein Unterschied der in dem 
vorliegenden Falle von keinem Belang ist. 

Die in den Abteilungen A der Tafeln Nr 10 und Nr 11 enthaltenen 
Refractionen und Höhendifferenzen sind nach der Reihenfolge der ihnen 
zu Grunde liegenden Beobachtungen vorgetragen, für die graphische Dar- 
stellung der Beobachtungsergebnisse war es jedoch nötig sie nach Stun- 
den zu ordnen, und es ist dieses in den Zusammenstellungen geschehen 
welche die folgenden Abteilungen der genannten Tafeln bilden: in B 
sind nämlich die berechneten, in C die beobachteten Refractionen und 
inD die bereits erwähnten trigonometrisch bestimmten Höhendifferenzen 
4 von Viertelstunde zu Viertelstunde eingetragen. Bei dieser Zeitbe- 
‚stimmung fanden einige kleine Abweichungen von der Wirklichkeit statt, 

34% 


262 


insoferne Beobachtungszeiten, welche von den vier Vierteln einer Stunde 
bis zu & 5 Minuten ablagen, dem nächst gelegenen Viertel zugeschrieben 
wurcen, ein Verfahren das hier, wo massgebende Veränderungen in den 
atmosphärischen Erscheinungen nicht plötzlich eintreten und wo die Be- 
obachter nur mit gewöhnlichen und lediglich am Anfang einer Cam- 
pagne gleichgerichteten Taschenuhren versehen waren, wohl erlaubt war. 

Was die graphische Darstellung der in den Tafeln Nr 10 und Nr 11 
enthaltenen Zahlenwerte in der Steindrucktafel Nr II anbelangt, so habe 
ich hierüber der auf dieser Tafel befindlichen Legende nur noch wenig 
beizufügen. 

Es war nicht wohl möglich die verschiedenen Bedeutungen der 9 Zick- 
zacklinien durch Combinationen von Strichen und Punkten auszudrücken; 
deshalb wurden 5 dieser Linien farbig gedruckt: Die roth ausgezogene 
Linie bedeutet in Fig 1 das Mittel aus den beobachteten Refractionen, 
in Fig 2 das Mittel aus den trigonometrisch bestimmten Höhenunter- 
schieden; die rothpunktirte Linie stellt in Fig 1 die aus den gemessenen 
Luftdichtigkeiten (Baro- und Thermometerständen) berechneten Refractionen 
dar. In Fig 1 hat die gerade dicke schwarze Linie eine doppelte Be- 
deutung: einmal nämlich ist sie das Mittel (120,3) aller berechneten 
Refractionen und dann das Mittel (287,1°C) aller beobachteten absoluten 
Temperaturen; in Fig 1 bedeutet ferner die schwach ausgezogene Zick- 
zacklinie die auf dem Döbraberge, und die schwach punktirte Zickzack- 
linie die auf dem Kapellenberge beobachteten mittleren Refractionen. 
Die Einheiten der Zeiten, Refractionen, Temperaturen und Höhen sind 
auf der Steindrucktafel II selbst angegeben. 

Die Anlage und graphische Darstellung der Tafel Nr 12 und ihrer 
Abteilungen A bis C ergab sich erst im Verlaufe der Abfassung dieser 
Abhandlung, nachdem sich nämlich gezeigt hatte, dass die Abweichungen 
zwischen beobachteter und berechneter Refraction ein ähnliches Gesetz 
befolgen, wie ich es vor mehr als 20 Jahren in meinen „Beobachtungen 
und Untersuchungen über die Genauigkeit barometrischer Höhenmes- 
sungen“ zwischen den hiedurch und den mittelst geometrischen Nivelle- 
ments bestimmten Höhenunterschieden festzestellt und aus der Wärme- 
strahlung des Bodens erklärt habe. Mit der Tafel Nr 12 will ich zwei 
Zwecke erreichen: erstens den einer Erweiterung meiner eben ange- 


263 


führten Beobachtungen aus dem Jahre 1857, indem ich zeige, dass auch 
die auf dem Döbra und Kapellenberge in der Zeit von 1877 bis 1880 
bei Tag und Nacht angestellten Barometermessungen meine Aufstellung 
aus dem Jahre 1862 völlig bestätigen, und zweitens (den eines Nach- 
weises darüber dass auch nach meiner Formel die terrestrische Re- 
fraction so lange nicht genau bestimmt werden kann als wir nicht im 
Stande sind mit unsern am Beobachtungsorte aufgehängten Thermo- 
metern sofort diejenige Lufttenıperatur zu ermitteln welche der zwischen 
zwei oder mehr Beobachtungsorten enthaltenen Schichte der Atmosphäre 
entspricht, oder aber die in einer folgenden Abhandlung zu besprechen- 
den Verbesserungen anzugeben welche zu jeder Stunde des Tags oder 
der Nacht an den abgelesenen Lufttemperaturen wegen der Bodenstrahlung 
anzubringen sind. In der Tafel Nr 12 sind nicht alle an den in dem 
Abschnitte I (S 22) beschriebenen Federbarometern gemachten Ablesungen 
zur Verwendung gekommen, namentlich jene nicht, welche erkennen 
liessen, entweder dass die Atmosphäre zur Zeit der Beobachtung sehr 
stark von dem idealen Zustande abwich welcher bei Aufstellung der 
Barometerformel vorausgesetzt wird, oder dass eine Aenderung der Stand- 
correction der Aneroide stattgefunden habe, worüber der nebenbei auf- 
gestellte aber nur zeitweise abgelesene Quecksilberbarometer (Reisebaro- 
meter von Rath) Aufschluss gab. 


In der Regel ergaben sich bei unregelmässigen Barometerständen 
auch abnorme Werte der beobachteten Refractionen, weshalb. diese in 
solchen Fällen ebenfalls nicht in die Tafeln Nr 10 und Nr 11 aufge- 
nommen worden sind. 

Die Berechnung der barometrisch bestimmten Höhen geschah mit 
Rücksicht auf die Feuchtigkeit der Atmosphäre nach folgender Formel: 

: Et 

mann 
worin J=B,—b, die Differenz der Barometerstände B, auf dem Kapellen- 
berg und b, auf dem Döbra, 3 den mittleren Luftdruck z(B,+b.), p 
den mittleren Dunstdruck und © die mittlere absolute Lufttemperatur 
beider Stationen vorstellt. Diese Formel folgt einfach aus der Babinet- 
schen (Gl 389 auf S 408 des II. Bands der VI. Auflage der Elemente 


264 


der Vermessungskunde von Bauernfeind), wenn man derselben noch (nach 
Seite 395 a. a. OÖ.) den Feuchtigkeitsfactor (1+-1%) beifügt:. Die am 
Schlusse dieser Abhandlung folgende Tafel Nr 12 enthält deshalb in 
Abteilung A die erforderlichen Beobachtungsdaten, nämlich die auf halbe 
Stunden abgerundete Zeit der Beobachtung, die Differenzen 7 der Baro- 
meterstände, die mittleren absoluten Temperaturen © und die mittleren 
Dunstdrücke 9 mit den daraus berechneten Höhenunterschieden h zu- 
sammengestellt. 

Es bedarf wohl nur einer einfachen Hinweisung, dass mit # = 
+(B,+b,) welches in den Tafeln Nr 10 und Nr 11 zu finden ist, und mit 
4=B,—b, auch die auf Null reducirten Barometerstände 


B=ß+:4und y=ß—}2 


gegeben sind. In Abteilung B der Tafel Nr 12 sind die barometrisch be- 
stimmten Höhenuuterschiede und in Abteilung C die absoluten mittleren 
Temperaturen nach Stunden geordnet, um auf der Steindrucktafel Nr II 
die barometrische Höhencurve und die Temperaturcurve auftragen zu 
können welche einen schon bekannten und auch hier sich wiederholt 
bestätigenden Zusammenhang besitzen. Ueber die Zeichnung dieser Ourven 
ist lediglich noch zu bemerken dass die blau ausgezogene Linie in Fig 2 
den Gang der innerhalb 24 Stunden mit Hilfe von Barometermessungen 
gefundenen Höhen, die blau punktirte Linie dagegen in Fig1l den Gang 
der absoluten Temperaturen innerhalb derselben Zeit darstellt. Alle Höhen 
sind auf die dicke schwarze Linie in Fig2 bezogen, d. h. es sind die 
Differenzen gegen diese Mittellinie angegeben, die nur für die barome- 
trisch bestimmten Höhenunterschiede den Wert 30” besitzt, für die trigo- 
nometrisch gemessenen Höhenunterschiede dagegen in ihrem Werte von 
29,7 bis 30,7 m schwankt, wie schon oben (8. 261 und bezw 83) be- 
merkt wurde. 


Zum Schlusse dieser Abhandlung seien noch einige Bemerkungen 
über deren Hauptergebnisse gestattet. 

In Bezug auf Lateralrefraction haben die Beobachtungen ge- 
lehrt dass es eine solche auf den Terrain zwischen Döbra und Kapellen- 
berg nicht gibt, und dieses ist sehr begreiflich, da die Luftlinie zwischen 
beiden Stationen nach der Steindrucktafel Nr I durchschnittlich zwei- 


265 


hundert Meter über dem Boden liest und an keiner Stelle in der Nähe 
einer hohen und weit ausgedehnten Bergfläche hinzieht. 

Was die Vertikalrefraction anbelangt, so lassen sich aus unseren 
Beobachtungen und namentlich aus den graphischen Uebersichten der 
Steindrucktafel Nr II mehrere sehr wichtige Ergebnisse ableiten, welche 
jedoch hier nur summarisch angeführt und in der zweiten Mitteilung 
näher werden erörtert und mit anderen Arbeiten verglichen werden. 

a) Zunächst ist aus den blau und rothpunktirten Linien der Fig 1, 
wovon die erste die absoluten Temperaturen und die zweite die dem 
Quadrate der Luftdichtigkeiten proportionalen berechneten Refractionen 
vorstellt, ersichtlich dass hier hauptsächlich die Temperatur in Betracht 
kommt, weil die blaue und rothe Linie fast in gleicher Grösse nach ent- 
gegengesetzten Seiten von der Mittellinie abweichen. In der That be- 
wirkt bei unveränderlichem Barometerstande eine Temperaturdifferenz 
von nur 1,2'C eine Aenderung in der scheinbaren Zenithdistanz und 
somit auch in der Refraction von 1 Secunde. 2 

b) Weiter lassen die schwachen schwarzen Linien in Fig 1 der Stein- 
drucktafel Nr II, wovon die ausgezogene die auf dem Döbraberge und 
die punktirte die auf dem Kapellenberge beobachteten Refractionen vor- 
stellt, entnehmen dass diese Refractionen auf dem Döbraberge sowohl 
während des Tags als während der Nacht kleiner gefunden wurden als 
auf dem Kapellenberge, obwohl sie streng genommen (d. h. bei völlig 
normaler Beschaffenheit der Luft und ganz fehlerfreier Beobachtung) 
einander gleich sein sollten. Man wird sich hier an die auf den Seiten 193 (15) 
und 194 (16) beschriebene Beschaffenheit der beiden Beobachtungs- 
stationen zu erinnern haben, auf denen die meteorologischen Verhältnisse 
(vom normalen Druck- und Temperaturunterschied ganz abgesehen) niemals 
ganz gleich sein können. 

c) Die roth ausgezogene dicke Linie in Fig 1, welche aus den beiden 
in (b) besprochenen Zickzacklinien durch Halbirung ihrer Abstände her- 
vorging, zeigt deutlich dass die beobachteten Refractionen die Mittellinie 
(120°) im denselben Morgen- und Abendstunden (6—7 Vm und 7—8 Ab) 
schneiden, in denen auch die nach barometrischen Höhenmessungen be- 
stimmte und in Fig 2 blau ausgezogene Höhencurve die durch Nivelliren 
bestimmte Gerade (30 m) durchdringt. Es wird hiedurch zunächst be- 


266 


stätigt, was von mir (in meinen „Beobachtungen und Untersuchungen“ etc. 
1862) und von Rühlmann (in dessen Schrift „die barometrischen Höhen- 
messungen etc.“ 1870) ausgesprochen wurde, dass nämlich die günstigsten 
Zeiten zur Anstellung von Barometermessungen mit der Breite und Höhe 
der Orte und mit der Jahreszeit wechseln, so dass z. B. für das Bayerische 
Hochgebirge und der Monat August diese Stunden bei 9—10 Uhr Vm und 
4—5 Uhr Nm liegen, im Sächsischen Erzgebirge aber und im Fichtelge- 
birge in den Monaten Mai bis September die Morgenstunden von 6—7 
und die Abendstunden von 7—8 die besten sind. Zweitens zeigt sich 
dass die Abweichungen zwischen berechneten und beobachteten Refrac- 
tionen hauptsächlich in (len an den Beobachtungsorten bestimmten Luft- 
temperaturen ihren Grund haben, und dass diese der wahren Lufttem- 
peratur der zwischen ihnen gelegenen Luftschichte deshalb nicht entsprechen 
können, weil sie von der Wärmestrahlung des Bodens beeinflusst sind. 
d) Dieser Grund gilt auch für die Abweichungen der in Fig 2 der 
Steindrucktafel "Nr II durch die dicke rothe Linie dargestellten trigono- 
metrisch bestimmten Höhenunterschiede zwischen Döbra und Kapeilen- 
berg, weil in der Berechnung dieser Unterschiede die von dem Quadrate 
der Luftdichtigkeit (und folglich insbesondere von der Temperatur) ab- 
hängige Refraction eine wesentliche Rolle spielt. Nach unserer Figur 
scheint es als ob durch zahlreiche gute Barometerbeobachtungen der 
Höhenunterschied zweier weitentfernten Punkte besser ermittelt werden 
kann als durch trigonometrische Höhenmessungen, so lange nicht ein 
Mittel gefunden ist den Einfluss der Wärmestrahlung des Bodens auf die 
Thermometer zu verhindern, oder aber die zu bestimmten Bodengestalt- 
ungen, Jahreszeiten und Tagesstunden gehörigen Temperatur-Correctionen 
zu berechnen. Die dazu dienenden Formeln können selbstverständlich 
nur aus lange fortgesetzten Refractionsbeobachtungen abgeleitet werden, 
zu denen die Europäische Gradmessung, in Folge des 1878 zu Hamburg 
gefassten Beschlusses, in der nächsten Zeit gewiss viele Beiträge liefern wird. 


267 


Tafel Nr 1. 
Refractionen und Höhenunterschiede zwischen Döbra und Kapellenberg. 
A. Beobachtet in Döbra. 


Zeit der Mitt [Apsoıf Hetraction | pie, Zeit der |Mittı|Apsoı| Refraction | pie, 
Nr | Beobachtung |[Luftdr] Temp base] u 4 \|Nr| BeobachtungfLuftdr| Temp| „op 1 4 
1877, Mai | mm ke Sec | Sec m 1877, Juni | mm C Sec | Sec m 
28.Nm| 2.505688,1[292,2| 89,3 | 113,3]4+5,6 3.Nm) 5.241 696,81 294,6] 94,2 | 114,3] 44,7 


5.40 1 696,7 [294,1] 95,4 | 114,6 ]44,5 
= 6.— |696,7|293,8| 97,7 | 114,6 [43,9 
£ 6.15 | 696,7 | 294,0 | 101,0 | 114,7 | +3,2 
294,2 | 106,9 | 114,8] -+1,8 
293,0 | 106,8 | 115,5 [42,1 
300,1] 85,1 109,7) 45,8 
299,9| 81,4 109,8] 46,6 
299,9| 90,4 | 109,8 [44,5 
300,0] 93,3 | 109,7 |-+3,8 
299,7| 87;1 109,9] -+5,3 
299,5| 86,6 |118,1|+#5,5 
299,1| 81,5 | 110,4 [46,7 
298,7 | 94,1 | 110,7|-+3,9 
297,51 99,0 | 111,61 -+3,0 
297,61 98,8) 111,61 42,9 
290,0 | 100,3 | 119,7 [44,5 
289,6 | 97,6 120,01 +5,2 
289,4 | 101,9 | 120,2] -+4,3 
[289,8 | 96,2 | 119,8] 45,5 
290,3| 98,5 119,3 | +4,8 
290,4] 96,2| 119,2] +5,4 
290,4| 96,1 |119,2|+45,4 
290,4 | 96,3 |119,2|+5,3 
[290,3 | 95,5 | 119,4] -+5,6 
290,0 | 97,0 | 119,6 145,3 
289,7 1102,2 | 119,9] 44,1 


„., 4101687,8|292,6| ss,8 | 112,9] 45,6 
„1, 4401|687,41292,8] 88,4 | 112,6 | +#5,6 
„ | 5.10|687,3|292,6] 95,8 | 112,7 |-+3,9 
5.15 [687,2|292,5| 96,3 | 112,7 |+3,8 
„ .|.6.111687,1[290,8] 93,0 | 114,1|+4,9 
29.Nm| 3.25|690,2]286,2] 93,5 | 118,8 ]-+5,9 
„ | 4201690,1 [286,1] 98,8 | 118,8 |+4,7 
„ | 4.451689,9|286,0| 86,6 | 118,8 |-+7,5 
10° „5. 3[689,8 [285,9 | 100,7 | 118,9 [+42 
11) „| 5.186898 [286,1 | 101,3 | 118,7 [44,1 
12! „ | 6. 3]690,0 [285,9 | 103,1 | 119,0 143,7 | 
1323| „ | 6.35 [689,7 | 285,8 | 107,5 | 118,9 [-+2,6 
14| „ | 7. 1[689,3| 285,4] 102,4 | 119,1 143,9 


oeo-Jou kom + 
5 


Juni 


15| 1.Vm 5.30|694.2 [283,0 | 144,9 | 12291 —5,1 
16| „ \ 5.54|694,1 | 283,41 148,6 |122,5 | --6,1 
17 „ 1 6.17|694,1 [283,9 | 138,8 | 122,1] —3,9 
181 „ | 6.58|694,1 | 285,01 130,0 | 121,1 |—2,1 
19| „ | 2.12[694,1]285,4| 124,1 | 120,8 | — 0,8 
201 „| 7.42|694,1 [286,4] 111,8 | 120,0 |-+1,9 
21| 2.Nm 4.17|698,8 | 288,6] 99,7 | 119,7 | -+4,7 
22| „ \ 4.36 |698,8| 288,5 | 100,1 | 119,8 |-+4,6 
231 „ | 458]|699,0[288,5| 98,3 | 119,9 | +5,0 
24| „ | 5.15[699,0|288,4| 95,9 | 120,0 |+5,7 
2531| „ | 5.45[699,01288,2| 97,4 | 120,1 [45,4 


261 „| 6. 4|699,0|288,0| 99,1 | 120,3 |-44,9 „| 5.20] 701,8] 289,3 | 101,3 | 120,2|+4,4 
a7| „| 6.29 [698,9 [286,9 | 106,1 | 121,2] +3,5 „1.5.41 |701,7|289,4] 97,1 | 120,1 |+5,3 
28| „| 6.45 |698,8 ]| 286,7 | 106,5 | 121,3 43,5 „ 15.521 701,7 289,4 | 104,9 | 120,1 143,5 


29| 3.Nm| 5. 1|696,8]295,0] 93,4 | 114,0 [44,8 | 289.4 | 100,4 | 120,1] -+4,6 


Abh.d.IT.Cl.d.k. Ak.d. Wiss. XIII. Bd. III. Abth. 35 


268 


| Zeit der [Mitt ]apsoıf Refraction | pie, | Zeit der |Mittl]Absor| Refraction | mir, 

Nr | Beobachtung Luftdr] Temp se 4 Nr Beobachtung [Luftdr] Temp beob. | ber 4 
1877, Juni 6) | See | Sec m 1878, August mm C Sec Sec m 

61 1.Nm| 6.10 701,7 [289,3 106,4 | 1202|+3,2 | 9427.Nm| 6.10 | 693,0 [288,8 | 106,5 | 117,6 [42,3 
62)... 6.14]701,7 [289.2 [105,4 119,7[+3,3 | 95/28. m 9.25 | 693,4] 288,8 | 103,8 | 117,7 43,2 
63) 8.Nm 3:—1699,0[296,1| 90,3 | 113,8|+55 | 965 , | 9.40|693,4]289,1| 98,2 117,8] +44 
64.3 7f699,0|296,2| 85,1 | 113,7 [46,7 | 97) . | 9.50|693,4|289,3 | 99,7 117,3 |-44,0 
65), 337[698,9[295,3| 90,7 |114,4]+5,5 | 98 .„ | 10.10] 693,5|289,3| 90,4 | 117,4 [45.2 
66)... 411[698,8[295,3| 91,0 1144|+5,4 | 99128. 0m 4.20 |693.51290,9| 96.8 | 116,1 | +44 
67). 425|6085|295,4| 942 1142|44,7 lı000 ,„ | 4.45[693,5 [291,4] 93,7 115,7 | +5,1 
el | 4.40|698,5[295,5| 91,11114,2|+5,4 [101 „ | 5.15[693,4|291,3| 98,9 | 115,7] +3,9 
69) „| 4466985 [295,6] 95,8 | 1142]|+43 |102) , | 9.10|693,5 [287,3] 119,1 | 119,0 [40,0 
701 ..| 5.—[e98,6] 295,7 93,4|114,0|-+48 [103 , | 9.40[693,7|286,9|123,7 | 1194| 0,6 

| | j104 , 110.40|693,7|286,4] 128,3 | 119,8 | 3,0 

I de ne 1065 „ [11.10[693,7|286,2| 114.2 | 120,0 [1,3 
71121.Nm| 2.20] 695,3 | 286,9 | 113,3 | 120,0 [+1,5 J106| ,„ | 11.35] 693,7 286,1 | 118,7 | 120,1 |-+0,3 
72) „| 3.45] 695,0 [286,5 101,4 | 120,2] +4,3 || 10729. vm| 12. 5] 693,7 | 285,8 | 122,7 | 120,3 | —0,6 
73 „| 220|6952[]286,0| 94,2) 120,5[-+6,1 l10s? ,„ |12.45|693,7]|285,6 | 135,8 | 120,5 | 3,7 
74) „ | 5—[eo53[2852| 948 |1205|45,9lıo0 , | 1.501693,6 [285,5 | 123,6 | 120,5 | —0,8 
75| , | 525|6953|285,4| 97,9 |120,5|-452 Jı10 , | 2.20|693,6|285,5 | 124,8 | 1205| —0,7 
76| „| 5.45|695,3[285,3| 98,4 120,5 145,1 111 „| 2.40] 693,6 [285,4 | 127,7 | 120,6 | —1,8 
77 „| 6.15[|695,4]285,1| 107,8 120,4]+2,9 | 112129. 0m| 4.301 692,4 [293,7 | 95,6 1135 {44,1 
78| „| 930|696,3[284,0| 111,8 11228|+2,5 [113 , | 4.45|692,3|293,7| 93,5 | 1135 |44,6 
79| „10.151696, |283,7 [111,1 |123,1|+2,7 114 ,„ | 5.20[692,11293,3| 98,4 | 113,7 |+3,5 
s0| . ‚10.40[696.2[283,5| 105,6 |123,2[+4,1 J115) „  5.35[692,1|292,9| 95,0 114,0] +44 
s1| . |11.15[696,2|283,5| 109,6, 1232 |+3,1 116 ,„ | 5.55]692,1|292,3| 104,7 1145| 42,2 
82), .„ 11.30] 696,2 [283,3 | 119,5 | 123,2 |-+0,8 || 117130. Vm| 9.10 [690,91 291,7 | 98,3 | 114.6 |-43,7 
83) „ )11.40|696,1|282,9 [122,2 |123,6|+0,3 |ı1s| „ | 9.30|690,9|292,1]| 98,9 1143 |-+3,5 
84 122. Vm| 12. 5] 696,1 | 282,7 | 121,7 | 123,8 [+04 || 119130. Nm! 4.25 [690,4[291,7| 95,4 | 11441444 
85| „ 112.40|696,1|283,0 [121,5 | 123,6|+0,4.J120° ,„ | 4.35[690,4]291,7| 95,7 | 114,4 [+42 
8s6| „| 1.20|696,0 l2s3,1 [123,4 | 1234] +0,0 Jı21| , | 8.50 [691,3 ]287,8 | 138,1 | 1178| 48 
87| „ | 1.50[696,0 [282,9 | 124,6 | 123,61—0,3 Jı22| „ | 9.10 [691,41 287,8 | 136,1 \ 117,9 | 43 
ss| „ | 3.15|696,0|2824|125,3 124,6] -03 lı23| „ | 9.35 [691,4] 287,8 | 136,8 | 1179| 5,5 
89 |22.Nm| 3.45 [695,8] 290,5 | 97,0 117,2[+4,6 124 „| 10.10 [691,6 [287,6 [139,8 | 113,11 5,1 
901 „ | 410|695,7 92,8 | 117,1[+5,6 |125| , |10.45 [691,6 [287,2 | 129,3 | 1183 | —2,6 
9gı| „| 435[695,6 873|11731-+6,9 lı26| „ |11.15 [691,7 [287,1] 127,7 | 1186| —ı,9 
92| „ | 5.40|695,6 98,7 11841445 |127]) „ |11.50 [691,8 [286,5 [129,6 | 119,1 2,5 
93 |27.Nm 4.50] 692,7 100,2 ,117,01-+3,9 | 12831. Vm| 12.15 | 691,8 | 286,2 | 120,3 | 119,3 | 0,3 


Dr al ln u 


269 


Zeit der |Mittt|Apsor| Reaction [pie || | Zeit der [mitt |Apsorf Mefraction | pigr 
Nr Beobachtung [Luftdr] Temp Hadb "er 4 ||: rolzehinze Luftdrf Temp Bech | ve 4 
1878, August| mm (0) Sec | Sec m | | 1879, Mai | mm € r Sec Ai Salem 


| | | 
12931. Vm| 12,55 [691,8 | 285,9 | 118,0 | 119,6 40,3 | 161/30.Xm| 4.— [693,3[292,0| 90,5 | 115,5 
130 , | 1.50|692,0[285,7[129,3 | 119,823 |162° , | 4.10|693,3|292,0| 90,5 115,5|-46,5 
131. 2.20|692,0[285,6| 139,3 |120,0[—4,6 [163| „ | 4.20|693,1]292,0[ 90,0| 115,5|+6,6 
132) „| 245|692,0|285,4] 138,6 120,144 [164 . | 430|693,1]292,0| 91,4 115,5] 46,3 
133| „| 3.15[692,0[285,2]140,9 | 1203| —4,9 1165| . | 4.40|693,1|292,0| 93,3 | 115,5] +6,6 
134 , . 340|692,2] 285,0 [136,3 | 1205| 3,7 fı66| . 4.50 |692,8 290,8 | 93,5 | 116,3 [46,0 
135 31.Nm| 4. 5[692,7|290,7] 97,4 |116,0[+4,3 |167]| „ | 5.—[692,8[290,8| 95,7 | 
„ | 425|692,6 [290,4] 95,7 116,2[-+4,6 1683| . | 5.10[692,8|290,8| 95,3 
137 , | 440[692,6|290,3]| 96,3 | 116,3|-44,6 Jı69 . | 5.20 [692,5 |289,8| 97,9 | 117,7 [45,3 
138 ,„ | 5. 5[692,8| 290,3] 100,9 | 116,3|-43,5 I170) . | 5.30[692,5 [289,8] 97,0 | 117,7 ]+45,5 
139 „| 530|692,8]289, 5 [103,5 1182 |-t1,8 Jır1) . | 6.1692, [290.0| 99,6 116,9 [+48 
12] „| 6.10|692,5|290,0| 99,6 | 116,9 |+4,7 
123] „ | 7.-[692,3]289,3| 104,5 | 117,4|-+3,7 
: 174 „ | 7.20|692,3 | 289,1 [105,8 | 117,4|-+3,4 
140) 4.Nm| 2.35 [700,5 [291,6] 99,0|1179|-+4,3 [175] „ | 7.50 [652,1 |287,4| 110,9 | 118,9 |-+2,6 
141 ' 3.10 |700.4]291,5| 90,2 | 117,9|-46,4 [176 „» 8.— [692,1 [287,4] 109,8 | 118,9 | +3,0 


7 


142 4.45 1700.3[291,9| 94,2 117,5 |+5,4 |177|31.0m| 5.30 [689,9 | 286,8] 97,3 | 118,6 |-+5,4 


n 


143 6.Nm| 2.15 |698,2|297,3| 85,3 112,6|46,3 178} „ | 5.45[689,9|286,8| 98,1 | 118,6] 45,5 


re 
- 
fer) 
4 
Ei 
Si 
N 


September 


‚1 , 2.35 1698,21 297,3] 87,3 | 112,6 |+5,4 [179| , 6.—1689,81287,6| 98,6 | 117,9] 45,2 
145 „ | 3-[s98s.2]2972| 93,6 | 113,6 [+44 |ıs0 , 6.15 [| 689,8 | 287,6 | 102,1 | 117,9] +4,4 
14011, 3.14 1 698,2 | 297,2 94,7,113,6 441/181) , 6.30 | 689,8 | 287,3 | 101,5 | 118,2 | 44,6 
1471 ,„ | 335|698,1]297,1| 89,0 112,8|+4,5 1182| . 6.45 | 689,8 | 287,3 ] 103,0 | 118,2] 44,3 
148| , | 3501698,1 [296,8 | 102,5 | 113,0 [42,4 ||183| , 7.— [689,9 | 286,5 | 106,9 | 118,8 143,5 


149 , | A10l698,1]296,6| 992 | 115,2|+3,2 fıs4 . | 7.15 [689,9 [286,5 | 109,1 | 118,8 [+3,0 
150 . | 435]698.11296,6 | 95,3 113,2 |-+4,1 185) , | 7.30] 690,0 [285,2] 112,0 | 120,0 |+2,6 
151 .  450|698,1[296,2| 93,6 | 113, 4]-+4,6 [186 „ | 7.40 [690,0 [284,8] 113,3) 1203| +2,3 
152 „ | 5.15 |698,1[295,6| 98,8 | 113,1 43,3 
153| „ | 5.40 [698,1 294,3 | 107,6 | 117,6 142,3 
154 „ | 8 5|698,4] 292,1 [122,9 | 116,8 | —1,5 4 
155 „| 830 [698,4 | 292,1 | 118,6 | 116,8 | —0,5 || 187) 1. Vm| 4.10 [690,4 | 280,6 | 143,8 | 124,1 | —3,9 
156 . 1 8501|69841292,4|120,4| 116,5] —ı,0 Jıss) „ , 4.20 [690,5 [280,7 | 145,0 | 124,0 |—4,2 
157 „9.30 [698,4 [292,2 |130,4 | 116,7|—-3.2 |189| ,„ | 4.30] 690,5 | 280,7 | 143,6 | 124,0 | —3,8 
158 , | 945 [698.4 ]292,0 [134,8 | 116,8] —42 [190 ,„ | 4.40 [690,5 [280,7 | 140,7 | 124,01 —3,2 
159| „ |10.15 [698,4] 291,8 | 131,6 | 117,0] —3,4 |191 „ | 5.— [690,5] 281,0] 139,5 | 123,7] —2,9 
ı60 „11054 |e98.4|291,8|112,3 117,0|+1,0 [192 , | 5.15 [690,5] 281,0] 127,9 | 123,7 | —0,2 


270 


Zeit der |MittlJApsorj Ketraction | Dig, Zeit der | Mitt] Ansorj Refraction | nik, 
Nr | Beobachtung [Luftdrf Temp Ba 4 ||Nr | Beobachtung|Luftdr| Temp Hape 4 
1879, Juni | nl C h See Sec m 1879, Juni | mm C | See 
Ta ir 


193) 1.Vm| 5.30] 690,6 | 281,4 134,3 | 123,4] —1,9 ||228| 1.Nm) 6.40 [690,1] 288,5 | 105,4 | 
194 ,„ | 5.45|690,6] 284,6 [129,5 |120,6[-ı,a|[220| „ | 7.— [689,9] 287,7. [105,3 
1955| „| 6 - [690,5 [284,6 | 126,2 | 120,6 ]—0,1 12800 0 ,„ | 7.15 [689,9] 287,4 | 109,4 
196 „| 6.15|690,5 [284,6 [119,5 | 120,6 [+1,0 1231| 2.Vm 4.40 | 691,5 | 282,0 | 122,9 
197 „| 6.30] 690,6 | 284,8 | 109,7 | 120,5[+3,2 [232 , | 5.— [691,6] 281,7 |118,5 
198 „| 6.451 690,6 [284,8] 102,3 \120,5|-+4,9 233 „ | 5.15 [691,6] 281,7 | 113,0 
199 ,„ | 7.-[690,8|285,5 [102,0 |120,0[-+4,9 [234] , | 5.30|691,71 281,9 [115,4 
200 „| 7.401 690,9|287,0| 95,2 118,81-+6,2||235| „ | 5.45 [691,7 [281,9 | 111,9 
201 „| 7.50] 691,01286,9| 96,2|118,9|-+6,0 236 „ | 6.—1|691,8 | 282,4] 109,0 
202 „ | 8-1691,0|286,9| 96,8|118,9|-+5,9 237 „ | 6.15]691,8| 282,4] 101,4 
2083| „ | 8.15]691,0|2s6,9]| 97,8 |11s,9|-+5,6 ||238| „ | 6.30|691,8| 282,9] 105,5 
204 „ | 8.30|690,9|287,0| 97,1 |118,8|-+5,8 239) „ | 6.45|691,8| 282,9] 101,2 


2051 „ | 8.451690,9|287,0| 98,5 |118,8]+5,4 |240| ,„ | 7.— [691,7[284,21 97,5 
206 „ | 9.—1[691,01287,2|102,1 | 118,6[+4,6 2411| „ | 7.15|691,7[284,2| 99,3 
207 „| 9.15]691,0|287,2| 96,1 |118,6{+6,0 [242 „ | 7.30|691,8|285,2] 96,1 
208 „| 9.30[690,8]286,7| 94,3 | 1m,01-+6,5 243 , | 7.451691,8|285,2| 94,5 
209 „ | 9.451 690,8 |286,7| 97,4|119,0|+5,7 124 , | 8.—1|692,01285,4| 95,4 
210 ,„ 1!10.- [690,81 287,0] 97,8 118,81+5,6 2485| , | 8.15|692,0|285,4| 96,2 
211 „ ,10.15]690,81286,6] 97,2 118,8|-+5,8 2465 , | s40l|692,1] 285,8] 92,0 
212 ,„ 110.45[690,7|286,6] 98,4 118,8|-+5,5 1247] , | 8.501692,1|285,8| 92,1 
2131 „ |11.—1]690,81287,51 99,3 |118,31-+5,1 [2488| , | 9.- [692,1 [286,3] 96,7 
214 „ 111.30[690,5[288,1| 95,9 117,71-+5,8 |249| , | 9.15 [692,1 |2s6,3| 92,8 
215 „ [11.45[690,5|288,8| 91,7 | 117,1] +6,6 [250 , | 9.30|692,3 |286,3] 91,6 
216) 1.Nm| 12.30[ 690,5 |288,4| 96,3 117,5 1+5,6 ||251| , | 9.45|692,3 286,3] 94,2 
217 „ | 1.—1690,5[289,2]| 92,9\116,8|+6,3 11252) , |10.- [692,5 [286,4] 96,5 
218 ,„ | 1.20[690,4|290,0| 95,9 |116,7|+5,4 [2583| , |10.15|692,5 [286,4] 95,7 
219) „ | 1.30[690,4|290,0| 93,8 | 116,1|-+5,9 [254 ,„ |10.40|692,4]|286,2| 93,7 


220 ,„ | 1.40|690,4|290,0| 96,1|116,1[+5,4 1255 „ |11.—[692,3|285,2| 93,9 
221 „ | 2.-1690,4|289,6| 92,4 | 116,41+6,3 |256| , |11.10|692,3 |287,5| 96,3 
222 „| 5.10[690,0|289,2| 97,9 | 116,61 +5,1 |257| 2.0m| 12.30 [692,2 |2ss,0 | 92,4 
223| „ | 5.15] 690,0] 290,4] 101,6 | 115,7 [44,0 | 258 12.40 | 692,2 288,0 | 94,7 
224 „| 5.201690,0|290,4| 90,0 115,7|+4,.4/|259)| , |12.50|692,3 |286,0| 95,5 
225 „| 5.30|690,0| 290,4] 101,6 |115,7|-+4,0 1260 , | 1.- [692,3 ]286,0| 96,8 
226 „ | 6—1690,1[289,2| 101,7| 116,7] +4,2|]261 ,„ | 1.20|692,3]286,7] 94,6 
„| 6.20 690,1| 288,5 | 104,3 | 117,3 [43,7 


271 
| Zeit der |mittılApsor| Refraction Zeit der | Mittl|Absol| Pefraction | pi, 
Nr | Beobachtung [Luftdrf Temp has ek || Nr Beobachtung |Luftdrf Temp beob | vol I 
1880, Mai | mm C Sec | Sec 1880, Mai Sec | Sec | m 
262116.Nm| 4.— [691,9 297 19.Nm| 5.16[694,9 [277,2 [118,4 | 128,8 | + 3,1 
263 . | 4.15|691,8 »98| „ | 6.10[694,8] 276,0 | 122,9 | 129,9] +3,2 
264 „ | 4.22|691,8 299| „ | 6.31]694,8 | 275,4] 124,8 | 1305| +2.5 
265 F 4.30 1 691,7 300/20. Vm| 4.49 | 694,8 | 270,8 | 156,7 | 134,9] —4,3 
266 . | 440|691,7 3011 „ | 5.—1694,8]271,2| 160,7 | 134,5| 4,5 
2671 „| 4.55|691,6 sol „ | 5. [694,8] 271,8] 158,7 | 133,9 | —5,0 
268 „ 5.15 1 691,6 8303| | „ 5.38 | 694,8 | 271,8] 156,3 | 133,9 | — 4,5 
269) . | 5.30|691,7 3041: „ | 6.18]694,9| 273,3 | 138,9 | 132,5 | —0,8 
ERONT ı, 5.45 | 671,7 305120.Nm| 3.55 | 694,5 | 283,2 | 114,1 | 123,31 43,2 
e7ı- „| 6. - [691,7 3061 „. | 4. 4[694,41283,4|115,5 | 123,1 [+25 
2722| . | 6.15|691,7 307) „ | 4.11[694,4|283,5 | 116,6 | 123,0/-+2,2 
2733| „| 6.30 [691,8 [3083| „ | 5. 8|694,3| 282,3] 100,4 | 124,0] +6,2 
274 , 6.40 1 691,9 1309| 5.14 | 694,3 | 282,7 1 100,5 | 123,6 | +6,1 
275 „ | 6.45|691,9 I310 , | 5.22]6943 | 282,6] 103,3 | 123,7 [+5,7 
216) I 7.— 1 692,1 all Br 5.35 | 694,3 | 282,4 | 103,3 | 123,9] 45,7 
2A, 7.15 1 692,0 312]25.Vm| 4.151 697,9 | 281,2 | 134,7 | 126,2] —1,3 
278117.Nm| 3.50 | 693,3 3123| „, 4.25 | 698,0 | 281,6 | 142,9 | 125,9 | — 3,2 
2191-8 ., 4.— 1683,8 3l4 ,„ 4.34 | 698,0 | 281,6 | 148,7 | 125,9 | —4,6 
280 „ 4.15 1 693,7 315]  , 4.45 1 698,1 | 281,4 | 146,2 | 126,1 | —3,9 
281 L 4.30 | 693,6 816|- i, 4.51] 698,2 | 281,5 | 144,8 | 126,1 | —3,4 
2822| , | 4.50|693,5 sı7l ,„ | 5.11[698,5 [282,4] 137,8 | 125,4] — 2,2 
2833| „ | 5.22|693,6 3ı8sl „ | 5.20[698,5 [283,2] 129,4 | 124,7] —0,4 
284 „ 5.30 1 693,6 319) ', 5.25 | 698,5 | 283,3 | 134,4 | 124,6 | —1,6 
285 „ 7.20 1 693,8 320) ', 5.34 | 698,5 | 283,3 | 128,8 | 124,6 | —0,3 
286118. Vm| 6.17 693,1 3211 „ | 5.42]698,5 [282,5 | 125,6 | 125,3] -+0,7 
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Tafel Nr 11. 


Refractionen und Höhenunterschiede zwischen Kapellenberg und Döbra. 


A. Beobachtet in Kapellenberg. 


Zeit der |mittı|ansoı| Kefraction | Diez Zeit der [MittlfApsor| Fefraction | mir, 

Nr | Beobachtung |Luftdi] Temp Besbul nes 4 {Nr | Beobachtung|Luftdr| Temp heoh über 4 
1878, August| mm C Sec | See | m 1878, August| mm | C Sec | See | m 

1 21. Vm| 8.40 | 696,2 | 284,0 | 136,3 | 122,7 32 122.Nm, 5.55 | 695,6 | 238,1 | 127,8 | 119,0) —2,1 
2 8.50 | 696,3 | 283,9 | 135,8 | 122,9 3 |27.Nm| 5.30 | 693,0 | 289,2 | 127,9 | 117,3 | —2,5 
Sl 1 8.55 1 696,3 | 283,8 | 139,2 | 122,0 ; .35 1 693,0 1 289,2 | 127,7 | 117,3 | —2,5 
4| „ 9.— 1 696,3 | 283,8 | 144,9 | 123,0 : 6. — 1 693,0 | 289,0 | 121,5 | 117,4| —1,0 
Sul, 9.10 1 696,3 | 283,6 | 142,2 | 123,1 28.Nm| 3.55 | 693,5 | 290,8] 110,6 116,21 -+1,3 
ln 9.15 | 696,3 | 283,6 | 142,4 | 123,1 H 4.— [693,5 | 290,8] 112,9 | 116,2] -+0,7 
TE 9.20 | 696,3 | 283,7 | 140,7 | 123,0 E 4. 51 693,5 | 290,3 | 117,6 | 116,2] — 0,4 
Sa, 9.30 | 696,3 | 283,7 | 140,9 | 123,0 e 4. 71 693,5 | 290,8] 117,8 | 116,2 | - 0,4 
Sl 5 9.40 | 696,3 | 283,7 | 140,3 | 123,0 5 4. 81 693,5 | 290,3 | 118,3 | 116,2 | —0,5 
10| „  |10.--] 696,2] 283,5 | 135,0 | 123,2 A 4.45 | 693,5 | 291,4] 113,9 | 115,7 | 40,4 
11) „  |10.10] 696,2 | 283,5 | 137,5 | 123,2 5 5.— [693,5 | 291,7] 115,3 | 115,4 | # 0,0 
12/| „ [10.20] 696,2] 283,5 | 137,7 | 123,2 ? 5.101 693,4] 291,0 | 117,1 115,8 | — 0,3 
13| „  |10.30 | 696,2 | 283,5 | 137,6 | 123,2 & 8.45 | 693,3 | 237,5 | 146,4 | 118,8 | - 6,4 
14| „| 10.45 | 696,2 | 283,5 | 138,3 | 123,2 n 9.— [693,4 | 287.4 | 144,5 | 118,9 | —5,9 
1255| „ |11.— [696,2] 283,5 | 138,0 | 123,2 R 9.15 | 693,5 | 287,3 | 140,8 | 119,5 | —4,9 
16/| „ [11.15 696,2 | 283,3] 139,9 | 123,2 e 9.30 | 693,6 | 287,2 | 139,3 | 119,1] — 4,7 
17| ,„ 111.30] 696,2 | 283,0 | 144,5 | 123,6 E 9.45 | 693,7 | 286,9 | 140,1 | 119,4] —4,3 
ı8| „ [11.45] 696,1 | 282,9 | 144,7 | 123,6 »„ . |10.—1 693,7 | 286,7 | 143,1 | 119,6. | — 5,5 
19| „. |12.—| 696,1 | 282,7 | 149,7 | 123,8 „ 110.15] 693,7 | 286,6 | 143,2 | 119,9 | - 5,5 
20 22. Vm| 12.15 | 696,1 | 282,8 | 147,7 | 123,8 „ | 10.30 | 693,7 | 286,5 | 147,0 | 119,7 | —6,3 
AR 1.30 | 696,1 | 283,1 | 142,5 | 123,5 „ 10.45 [693,7 | 286,4 | 150,0 | 119,8 | — 7,0 
22 0, 1.45 | 696,0 | 283,0 | 149,7 | 123,5 „» 111. - [693,7 | 286,3 | 150,4 | 119,91 — 7,1 
Do 2.— | 696,0 | 282,9 | 149,4 | 123,6 „ 11.151 693,7 | 286,2 | 148,3 | 120,0 | — 6,6 
24| „ 2.15 1 696,0 | 282,8 | 150,4 | 123,7 „11.30 [693,7 | 286,2 | 144,7 | 120,0 | - 5,7 
20.0, 2.45 | 696,0 | 282,7 | 167,9 | 123,5 „  |11.45 [693,7 | 286,0 | 145,2 | 120,2 | —5,8 
26 22.Nm| 5.15 | 695,6 | 289,8] 124,3 | 117,7 „. )12.— [693,7 | 285,9 | 148,3 | 120,3 | —6,5 
Arblln 5.30 1 695,6 | 289,4 122,0 | 118,0 29. Vm| 12.15 | 693,8 | 285,7 | 148,0 | 120,4 | - 6,4 
I 5.35 1 695,6 | 289,1 | 124,5 | 118,2 „| 12.30 [693,8 | 285,6 | 150,7 | 120,5 | — 7,0 
29| „| 5.40 [695,6 | 288,9 | 123,9 | 118,4 „112.45 | 693,7 | 285,6 | 153,1 | 120,5 | —7,6 
s0| „ | 5.45 [695,6] 288,7 | 123,8 | 118,6 „| 2.-1693,7 [285,5 | 148,4 | 120,6 | -6,4 
SR ; 5:50 | 695,6 | 288,& | 125,2 | 118,8 E 1.15 | 693,7 1 285,5 | 150,4 | 120,6 | —6,9 


a ne = a mn nn 


Zeit der [Mittı |Ansor| Refraction | pie, Zeit der |Mittl|Absoıj Refraction 
Nr | Beobachtung [Luftdr] Temp 


I} 
beob | ber ber 


4 | nr Beobachtung |Luftdr| Temp beob 
1878, August mm C See Sec a 1878, August| mm | (6 Sec \ Sec 


63/29. Vm| 1.30 693,7 [285,5 | 153,0 | 120,6] —7,5 | 98131. vm| 4.15 [692,3 | 284,8 155,2 120,71 —8,0 


64| .„ | 145[693,7|285,5 153,0 | 120,6 17,5 | | 

| . | 2-[esss|ess5|ıseo 1205| 2 | | Fette 

661 „ | 215|693,6|285,5| 150,2 | 120,5|-6,9 || 99) 3.0m| 4. 5|702,0|285,4| 110,4 | 123,6 [+3,0 
67! . | 230 [693,6 [285,5 | 146,9 | 1205| 6,1 J100| . | 4.15 [703,0 [2854 |1145 123,6 [+2 1 
ss . | 245|693,6 [285,4 | 147,2 | 120,8 |-6,1 Jıo1l . | 4.20 [701,9 ]2853 [112,6 123,6 |+2,5 
| ,„ | s.15[693,6[285,4[148,9| 120,61 -6,5 Jıo2| . | 430|701,9|285,3] 113,4 | 123,6 [-+2,3 
70 29.NXm 5.20|692,1[203,3 [117,8 119,1 140,4 [103 . | 440701,9 12851 |113,6 123,8 [+23 
71'30.Nm| 9.30|691,4|287,8 [145,9 1182| -6,4 [104 . | 445|701,9 [285,0 | 113,8 | 123,9 |+2,3 
72| . | 9.45|691,|287,7|1522 1180| -7,9 105) . | 4.50|701,9 [284,5 [114,8 | 124,0 [42,1 
3| „ |10—[ss1,6|287,6|151,8\ 1181| 7,8 lıos| . | 5. - [701,9 [284,7 | 115,2 | 124,1 [-+2,0 
74 . |1015[691,6{287,6]152,8 118,1] -80 Jı07]) . | 5.10 [701,8 [284,6] 115,9 | 1242 [41,9 
75| . !1osolesı,s|2sz,s|152,7\11sıl so lıos| . | 5.15 [701,8 [284,5 | 116,8 | 124,3 [-H1,7 
26 . 10.45 [691,6 [287,5 [1443 1182| -6.0\lıog , | 5.30[701,8[284,5 [1182 1243 |-+1,4 
7. !11-—[es1,6|287,4] 144.1 1183| 6,0 |110| , | 5.40 [701,9 [284,4 | 120,8 | 124,4 |+0,8 
8| . [11.15[691,7]287,1 [140,3 | 118,5 [5,0 [111] 5.0m 4.15 [698,8 [294,6 | 121,3 | 115,0) —1,5 
9 . |1130[6s1,7[286,9[142,5 |1ıss[-55 Jıı2) . | 4.30[|698,8 [294,6 | 123,2 | 115,0|—1,9 


80 . 1!11.45[691,8 [286,6 | 142,1 |119,0[-5,4 [113] . | 4.501 698,8] 294,0 | 125,2 115,4 | —2,3 
81 12.— [691,8 ]286,4 [1432 1192] -5,6 Juı4 . | 5- [698,8 [293,7 | 125,1 | 115,6 | —2,2 
82 131. Vm| 12.15 [691,8 | 286,2 | 149,1 | 11931 6,9 J115 , | 5.15 [698,8 [293,4] 135,5 115,9 | —4,6 
8383| .„ |1230[691,8 [286,0 | 153,6 | 119,5 |—7,9 |116| 6. 0m 2.15 [698,2 [297,3 | 106,8 | 112,6 | +1,3 
8&| „ 112.451|691,8]286,0| 149,9 |119,5 | - 7,1 [117 „ | 2.55 [698,2 | 297,21102,5 112,7[+2,3 
85 „ | 12. [691.8|286,0|1403 1195-48 |ııs| „ | 3.20 | 698,2] 297,2] 106,9, 112,7 |+1,3 
86| . | 1.15]691,9]285,8| 142,7 | 119,7[—5,3 |119) , | 3.35[698,1|297,1| 108,0 | 112,8 | +1,1 
87 . | 1.30|691,91285,8| 140,8 | 119,7[—4,9 120° ,„ | 3.501 698,1 | 296,8 | 108,8, 113,0 [+0,9 
8) . | 1.45[692,0 [285,8] 142,2 |119,7[—5,2 Jı21 . | 4. 51698,1 [296,6 | 111,3 | 113,1 |+0,4 
8| „| 2-[692,0[285,8| 152,9 | 119,7[—7,7 Jı22) , | 4.20] 698,1 [296,6] 111,3 | 113,1) +0,4 
91 „| 2.15[692,01285,6| 148,5 | 119,91 —6,6 ||ı23| „ | 4.35] 698,1 | 296,5 [111,5 | 113,2 | +0,4 
91! „ | 2.30 |692,01285,5| 151,8) 120,0[—72 |ı2a „ | 4.50] 698,1] 296,2 [111,5 113,4 ]+0,4 


92) . | 2.45 |692,01285.41] 153,7 120,1] -7,9 125) „ | 4.551698,1] 296,1] 113,0 | 113,5 [40,1 
93| .„ | 3. [699,0 [285,2] 150,5 | 120,3] 7,0 ||ı26| „ | 5.— [698,1 | 296,0 | 115,0 | 113,6 | —0,4 
94 . | 3.15|692,0[285,2]150,2 1203| 69 127! „ | 5.15]698,1[295,7 115,5 | 113,8] —0,4 
35| _ | 330[692,1|285,1|153,4|1203]-7,6.|1ı28| ,„ | 5.25[698,1|295,3 | 116,5 | 114,1 | —0,6 


96 „ 3.45 | 692,2 | 285,0 | 149,5 | 120,5 | - 6,7 129) , 5.35 [698,1 [295,0 [119,1 114,4] —1,1 
97-| 4.— [692,3 [285,0 | 153,8 | 120,5 | —7,7 


Abh.d.11. Cl. d.k. Ak.d. Wiss. XIII. Bd. III. Abth. 37 


284 


Zeit der |Mittl]Apsoıf Pefraction | pie, Zeit der |MittllAbsol| Feraction Tn;nz 

Nr | Beobachtung [Luftdrf Temp beob | ber | 7 fr | Beobachtung Luftdr beöh "Bar % 
1879, Mai | mm C Sec | Sec | m 1879, Juni Sec | See | m 
13030.Nm| 5.45 | 695,2| 290,5 | 117,1 | 117,4 [+ 0,0 || 163! 1.Nm| 12.45 101,4 118,5 | 43,9 
131| „ | 6—1695,4[290,5 [121,5 |11741—05 |ı64 , | 13 99,8 117,5 [44,1 
132) „ | 6.15[695,1[290,3|117,5|117,5[+0,0 1165| , 1.30 99.1 117,1|-44,2 
133l „ | 6.301 695,2| 290,1 | 128,2 | 117,7] —2,6 ||ı66| , 1.45 102,6 | 117,2|-+3,3 
134| „ | 6.45[695,01 290,01 129,4 |117,7I—28 Jı67 „ | 2- 105,2 | 117,5 | 42,8 
135I31.Nm| 6.— | 692,7 | 287,6 | 106,2 120,0|-+3,.2 Jı6es| „ | 5.30 102,4 118,5 |+1,1 
136 „ \ 6.15$692,7 [287,7 [110,8 119,9 -+2,1 lı69l , | 5.45 101,4 | 118,5 | +1,9 
137) „ | 6.301 692,8] 287,3 | 116,7 |11921+05 170 „ | 6— 99,8 117,5 |-+0,9 
1838| „ | 6.451 692,8 [287,2] 119,6 |119, 310,1 Jı1 „ | 6.15 99,1 117,11-+0,3 
139| , 7.— [693,1] 286,5] 120,1 |1199|—0,1 1172] , | 6.30 118,7 | 118,2] —0,2 
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17a U), ma 120,6 | 118,8] —0,5 

Juni 

175 ee 113,6 | 117,9] +1,0 
141| 1.Vm| 6.301 693,9 | 284,8] 128,3 |121,71—ı,8 [176 „ 7.30 114,1 | 119,0 +1,1 
142) „ | 6.45[693,9 [284,9 | 118,2 | 121,6|-r0,8 1177| , 7.45 118,6 | 119,2] +0,1 
183) , 7.— 1694,01285,5 [117,2 | 121,1 [20,9 || 178| 2. Vm| 5.— 155,8 | 124,4] —7,3 
14) , 7.15 [694,1 1285,6 | 114,2\121,0[+1,6 |179 „ | 515 1 151,0 | 124,5 | —6,2 
145| , 7.30 1694,11 287,0] 112,1 119,9|-+1,8 [180° ,„ | 5.30 146,9 | 124,0 | —5,4 
146| , 7.45 | 694,1 1286,8|114,5|120,01+1,3|[1811 „ | 5.45 132,9|123,9| —2,1 
147) „ | 8.—1694,1|286,9 [112,8] 120,0| 41,7 [182] ,„ | 6.— 129,4 | 123,61 —1,3 
148 „ 8.15 ] 694,0 [286,3 [112,2 120 4|+1,9 [183 , 6.15 123,5 | 123,7 [| # 0,0 
149) „ | 8.301694,0 |287,0|106,9 119,8|+3,0 [184 „ | 6.30 125,1| 123,4] —0,4 
150 „| 8.45[694,0|287,2[106,1|119,5|-13,1 [1853| , | 6.45 118,8 | 123,0 [+0,9 
151 „ | 9- [694,0 [287,2]110,8| 119,7 142,1 J186| „ | 7.— 112,4|122,3|+2,3 
152) „ | 9.15[693,9|287,7[104,8|119,2[-+3,3 |ı87) , 7.30 1235 121,5 |—0,5 
153 „| 9.30] 693,8 [286,7 [103,1 1120,0[-43,9 1188| ,„ | 8— 114,6 | 121,4] 1,6 
154 ,„ | 9.451693,8]287,1|103,2, 119,7 |+3,8 1189| ,„- | 815 110,7 121,5 142,5 
155| „ )10.- 1693,8[287,0|105,4|119,8|+3,3 190) ,„ | 8.30 109,0 121,1|42,8 
156 „10.15 [693,8 [287,0 |100,5 | 119,8 4451191 , 8.45 103,8 | 121,0 [43,9 
157) „ [10.30 | 693,8 | 286,6 [104,9 |120,1[-43,5 |192| ge 101,1) 120,71+4,5 
158| „ 11.30]693,8 | 288,1 | 103,0 | 118,9 |-+3,7 || 193! , 9.30 100,4 | 120,7 [44,7 
159) „ .11.45|693,7 [282,1] 96,9 118,8|+5,1 194 , Jır 92,1\ 121,7 | +6,8 
160| 1.0m| 12.- [693,7 |2ss,8[ 103,1 |118,2|+3,5 195] , |11.45 97,8 | 119,7 145,1 
1611 „ |12.151653,6 [288,8] 102,8 | 118,2] 43,5 || 196! 5.Vm| 9.— 110,6 | 119,8 142,1 
1622| „ 12.30[693,5|288,4|102,4|1185[43,8 197° „ | 9.15 110,2 | 120,21-42,3 


Bere 


Nr 


285 


199 
200 
201 
202 
203 
204 
205 
206 
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226 
227 
228 
229 
230 


Zeit der |Mittı |Adsor| Refraction | pir, Zeit der |Mittl|Ansor| Refraction | pie, 
Beobachtung |Luftdr| Temp ER 4. || Nr| Beobachtung [Luftdrf Temp u 
1879, Juni 1880, Mai | mm [6 Sec | Sec | m 
287,2 231116.Nm| 7.— | 694,4 | 286,0 | 112,6 | 120,3) +1,9 
„| 9.45 | 695,3 | 287,6 232) „ | 7.101694,4| 285,5 | 115,1 | 121,9 [-+1,6 
„110.1 695,2 [287,8 2353| „ | 7.15[694,41 285,2] 119,1 | 122,4 | +0,7 
5 10.15 | 695,2 ] 287,8 234 „ 7.20 | 694,4 | 285,1 | 122,6 | 122,3 — 0,1 
„. )10.30 | 695,2 | 287,8 235 ,„ | 7.25 [694,41285,0 | 129,2 | 121,2] —1,9 
„.11.— [695,2 | 2ss,6 236 „ | 7.30|694.41] 284,8 | 132,3 | 1225| —2,3 
3 11.15 | 695,2 | 287,3 23717.Nm 4.— [696,4 | 286,1] 118,3 | 121,4 | +0,7 
5 11.45 | 695,1 | 290,0 238, 4.15 1 696,4 | 285,3 | 113,7 | 122,1 | 41,9 
„. \12.— [695,0 | 289,2 23) „ | 4.30|696,4[283,2| 113,7 | 123,9|-+2,4 
5.Nm| 12.45 | 694,9 | 289,3 240 „ 4.35 1 696,3 | 283,2 | 107,5 | 123,9 | +3,8 
»..,.1.30| 694,6 | 294,8 2411 „| 4.40|696,3]283,3 [110,4 | 123,8|+3,1 
„1.1.45 | 694,4 | 289,0 242) „ | 4.45[696,31] 283,4] 109,1 | 123,7] 43,4 
= 6.— | 693,7 1 291,3 243 „ 4.50 1 696,3 | 283,9 | 109,4 | 123,3] +3,2 
2 6.15 | 693,6 | 289,5 244 „ 5. 51 696,1 | 234,7 | 103,7 | 122,5 | 44,4 
„ 6.45 | 693,6 | 288,9 25 „ 5.10 1 696,1 | 284,5 | 100,9 | 123,0 | +5,1 
„ 7.— [693,5 | 289,0 246 „ 5.20 | 696,0 | 283,6 | 102,0 | 123,4 | +5,0 
„. |.215| 3,3] 289,0 247) „| 5.25 [696,0 [283,0 | 107,2 | 126,8] +4,0 
| 7.30 | 693,3 | 2ss,s 238 „| 5.30|696,0 [282,3 | 113,3 | 124,6] +2,5 
1880, Mai 2 Y 5.35 | 696,0 | 282,4 | 115,7 | 124,5 | +2,0 
250 „ | 5.401695,9| 282,5 [114,0 | 124,4142,4 
16.Nm| 4.10 [694,4 | 291,6 2531 „| 5.501695,9 282,8 | 109,6 | 124,11+3,4 
».) 4.151694,4 | 291,6 252) „ | 6.- [696,0 [283,1 | 108,9 | 123,9 |-+43,5 
„1. 4.20|694,4| 291,4 2533| „ | 6. 5[696,1 282,5 |113,5 | 1244| -+2,5 
„1.4.30 [694,3 | 290,8 254| „ | 6.101696,1 282,0 [115,9 | 124,9 | +2,1 
” 4.40 | 694,2 | 291,2 25 „ 6.30 1 696,2 | 281,5 | 117,3 | 125,4] +1,1 
" 4.50 | 694,2 | 231,2 256 „ 7.20 1 696,2 | 280,1 | 137,4 | 126,6 | — 2,5 
„| 5. - [694,1 [291,0 257 „ | 7.25]696,2|280,2 [140,8 | 126,5 —3,3 
»..,.5.10| 694,1 | 290,5 2583 „ | 7.301696,2 [280,2] 140,4 | 126,51 —3,2 
„1.5.20 [694,1] 290,5 259 „ | 7.35 [696,2 [280,2 | 140,7 | 126,5 | —3,3 
„..).5.30 [694,1 | 290,8 260 „| 7.40|696,3 [280,3 | 143,2 | 126,5 | —3,9 
„.) 5.40 | 694,2 | 290,3 2611 „ | 7.45|696,3 [280,3 | 146,7 | 126,51 —4,7 
A 6.— [ 694,2 | 289,4 2622| „ 7.47 1 696,3 | 280,3 146,4 127,71 —4,4 
„1 6.10] 694,2] 289,3 2631 „ | 7.49 |696,3 [279,8 F147,3 | 126,9 | —4,8 
n 6.20 | 694,2 | 288,9 264 „ 7.52 1 696,3 | 279,7 | 150,3 | 127,0 | —5,4 
„16.40 | 694,3 | 287.2 2655| „ | 7.55 [696,3 |279,3 152,3 | 127,4 | - 5,8 


31* 


286 


Zeit der |Mittl |Absorf Pefraction | mir, Zeit der [Mittl[Apsor| Refraetion mitt, 

Nr Beobachtung |Luftdr| Temp neo | Be 4 |INr (Bohaektung, Luftdr| Temp ea 4 
| 1880, Mai | mm | € Sec | Sec m | 1880, Mai | mm | © See | m 

26617.Nm 8.— [696,4 | 278,8] 157,1 127,91 —6,8 | 301,19. Nm 5.40 | 697,2 | 276,7 '130,1[-49,1 
287... 8. 5|696a|27s,s|1sı,a) 127,978 [302] „ | 7. [697,3 [274,0 132,21 48,6 
268|18. Vm 5.40 | 695,6 | 275,6 | 145,0 | 130,6 | 303 „1 71,51[1697,3|973,7 133,0 |-+8,1 
269) - 5.45 | 695,71 275,6 | 143,5 | 130,6 [3,0 [304 , | 7.10[697,3[273,4 1133,31 46,9 
270 . . 5.53]695,71275,9| 146,6 | 1303| - 3,8 [3056| ,„ | 7.15] 697,3] 273,2 1133,51 +6,2 
21 . 1 555|695,71275,9 146,2 | 130,3] - 3,7 |306| . | 7.20|697,3 | 273,2 133,5 [45,9 
ol .„ | 6.- [695,7] 276,1 |141,3| 130,1 |—2,6 [307 ,„ | 7.25[697,3|273,2 133,5 [46,2 
273 . ) 6.10|695,7] 276,6 [139,4 | 129,6 | —1,8 | 308 | 7.30 [697,4 | 27 °,2 133,5 146,2 
274 _ 6.25 [695,5 | 277.4 | 132.6 | 128 9[—0,9 [3093 . | 7.40 [697,3 | 273,1 133,6 1-45,1 
a7) 6.30 | 695,5 [277,6 [124,1 | 128,7 [+1,1 [310 _, 7.45 1 697,3 | 273,0 133,7|-44,2 
2761| . | 6.40|695,5|278,2|119,6 | 128,1 [42,0 [311| , 8.— [697,3 [272,5 134,2] 43,6 
277. 6.501 695,5 1 278,8 | 115,3 | 127,6 [42,8 || 312|20.Vm| 4.45 | 697,3 | 271,0 135,7] —3,8 
278 . 7.— [695,6 | 279,5 | 116,6 | 127,0]-+2,4 [313 , 4.50 | 697,3 | 271,1 135,6.| —5,2 
2799| . | z.10|6955 [278 9|116,2|127,4| 42,3 |s14 „ | 455[697,4|271,2 135,5 | —6,7 
2801 ', 7.20 [695,5 | 270,2 | 115,4 | 127,.2142,7 [315 _, 5.— [697,4 | 271,3 135,41 —6,6 
281|: , 7.30 | 695,5 | 280,2] 112,3 | 126,3 +32 316 „ | 5. 5]697,4|271,5 135,2] —7,8 
282 , 7.40 695,4] 280,2] 113,3 | 126,2] 43,0 [317| , 5.10 | 697,4 | 271.7 135,01 —7,7 
23 „ 7.50 16954 [280,71 111,7 | 125,8 |-+3,6 I3ı8) , 5.15 | 697,4 | 271,9 134,8| —8,2 
psall dr 8.— [695,4 [281,41 112,0 | 125,2[-43,0 [319| , 5.20 | 697,4 | 272,1 134,6 | —8,6 
285|- , 8.10[695,4| 282,4 [115,0 124,3|-+2,1 [3200 . | 5.25|697,4|272,2 134,5 | —7,6 
286 „| 8.20|695,4| 282,6] 119,4 |123,5|+1,0 ||321) , 5.30 | 697,3 1 272,4 134,31 —5,2 
as7|urr 8.30 | 695,6 | 282,1 | 127,2 | 124,6 [—0,7 |322) , 5.35 | 697,4 | 272,8 134,01 -8,5 
988-4 8.401 695,5 | 282,6 | 125,4 124,1[-0,3.|323 ,„ | 5.40| 697,4 [273.0 133,7 —8,1 
289 _ 8.451 695,5 | 283,1 [124,3 |123,7|—0,2 [324 ,„ | 5.45|697,4] 273,0 133,71 —8,7 
2900 , 8.53 | 695.5 | 282,6 | 127,4 | 124.2 0,8 325/20.Nm| 4.15 | 697,0 | 283,0 124,3] +3,4 
291 „ 9, 5[695,6 | 282,1 [122,0 124,6 [40,6 |326| . | 4.35 | 696,8 | 281,0 126,01 -+3,3 
292 „ | 9.10|695,6| 282,1] 117,7 | 124,6 +16 1327) , 4.45 | 695,9 | 281,2 125,91 +2,7 
293|19.Nm) 4.25 |696,2| 277,7| 99,6 128,8]-+6,8 [5328| , 5.20 | 696,8 | 282,2 124,9] 43,7 
294 „ . 4.30|696,2|277,61 98,6 |128,9|-+7,0 [329° „ | 5.30 [696,8] 281,7 125,4 |44,1 
2955| „ | 4.45[697,2| 277,81 100,3 | 129,1 |-+6,7 ||330 _ 5.45 | 696,8 | 282,0 125,1 145,0 
296 „ | 450[|697,2[277,1] 99,0 |129,8]-+7,1 [331 , 7.15 | 696,9 | 279,7 127,2] —2,0 
297 „ | 4.55|697,2|276,4| 95,6 |130,4|-18,1 1332| _ 7.25 | 696,9 | 279,6 127,3] —3,9 
2981 „ | 5. 5|697,3] 276,4 | 106,3 | 130,4|-16,0 3353| , 7.30 | 696,9 | 279,0 127,9] —4,7 
291 „ | 5.15[697,3[277,8| 96,3 |129,2|-17,6 [334 , 7.45 1 697,1 [278,3 128,61 —5,7 
3000 „ | 5.201 697,2[277,51 97,8|129,3|-17,3 1335| , 7.55 | 697,2 | 278,2 128,71 —6,4 


* 
\ 
N A k g 
En 


287 


Zeit der |Mittı | Ansor| Refraction | Dir, | Zeit der |Mittı |Apsor| Refraction | Dittz 
Nr| Beobachtung [Luftdr[Temp besbäleher 4 | Nr | Beobachtung [Luftdr[Temp heob ber 

1880, Mai mm | € Dec Sec m | 1880, Mar mm C See | Sec m 
336 20. 8. 5|697,3 [278,1 156,5 11289 6.4 [1357/26.Nm| 5.45 | 701,2 [294,6] 91,5 116,1 4 5,7 
337 25.Nm! 4. [701,01296,0 [117,8 11149 -0,2 [358 „ | 6.-[701,2[296,0| 93,4| 115,04 5,0 
333) „ | 4.151701,0[295,5 [105,4 115,3|+2,3 [359 , | 6.15[701,2|296,3| 84,4 114,8 7,1 
339) . 430] 701,0 [295,1 [104,6 |115,7[+2,6 1360, | 6.30] 701,2|296,0| 86,6 | 115,0 H- 6,6 
340) „ | 44517000|2943[| 99.8 116.2[+33 |s6ıl „ | 6.45[701,3|2952| 885 115,7 + 6,3 
341 „ | 5-[700,91295,0| 98,5 |115,7|+4,0 Ise2l „ | .-[701,3[295,0| 92,3 | 115,8 5,5 
322 . | 515[701,0]294,0| 973| 116,5 |-+4,5 |36327.0m) 4.15|697,1|301,2| 90,0 109,8 H- 4,6 
3431 „ | 5.40|700,8[293,0] 96,8 117.2|+4,7 [3624| „ | 4.30[697,1]301,1| 72,7|109,8H- 8,6 
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Tatel Nr 12. 
Barometrische Höhenmessungen auf dem Döbra und Kapellenberg. 


A. Beobachtungsdata und berechnete Höhenunterschiede. 


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Zeit der Barom unst-| +7. Zeit der Barom| , Dunst-l +r.. 
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5 L 5.— | 2,6 | 292,6 | 48 | 32,6 | 31 8 7.30 | 2,7 | 279,9 | 7,2 | 31,9 
6 £ 5.30 | 2,4 | 292,4 | 4,7 | 29,6 | 32 E 8.— | 2,7 | 280,3 | 7,4 | 31,9 
7 E 6.— | 23 [291,1 | 43 | 28,7 || 33 5 8.30 | 2,7 | 281,2 | 7,4 | 31,9 
8 ’ 6.30 | 25 1290,11] 45 | 311 | 34 n 9.— | 2,6 | 282,3 | 7,5 | 30,8 
9 | 29.Nm | 4— | 28 | 286,2 | 81 | 335 || 385 | 6.Nm | 2.301 2,7 | 287,3 | 6,9 | 32,8 
10 L 4.301 2,9 | 286,1 | 7,9 | 35,5 || 36 5 3.— | 238 | 287,5 | 71 I 841 
11 „ 5.— 1 29 | 285,91 7,9 | 35,5 || 37 3 3.301 23 | 287,4 | 7,2 | 34,1 
38 h 4.— | 3,0 | 286,5 | 6,9 | 36,5 

Juni 
N N 39 a 4.30 | 2,7 | 286,9 | 6,9 | 323,8 
12 | 1.Vm | 5.30 | 2,7 | 283,0 | 8,0. | 32,5: | 40 4 5.— | 2,9 | 286,4 | 7,0 | 35,3 
3 i 6.50 | 2,7 | 2843 | 8,6 | 32,6 | Al 5 5.30 | 25 | 285,8 | 7,1 | 30,4 
14 R 7.— I 2,8 | 2849 | 88 | 33,8 || 42 2 6.— | 24 1 2851| 70 | 29,2 
15 „ | 7380| 23,6 | 286,1 | 84 | 31,5 || 43 | 8.Nm | 5.30 | 24 | 280,8 | 6,1 | 28,7 
16 U.EN8 8— | 2,6 | 286,9 | 8,6 | 31,6 | 44 n 6.— | 2,4 | 280,2 | 6,1 | 28,7 
17 4 8.30 | 2,4 | 288,0 | 8,8 | 29,2 || 45 | 10.Vm ı 6.— | 2,4 | 279,9 | 6,4 | 28,6 
18 | 2.Nm| 6—| 36 | 2830| 75 [s1ı6 | | , 6.30| 23,4 | 279,9 | 6,4 | 28,6 
19 „. 1880| 28 2869| 72 | 339 || 47 \ .—| 2,8 | 2so,6 | 6,6 | 31,0 
20 1 1. | 2,5 | 286,5 | 7,1 I 30,2 || 48 5 7230| 2,5 I 281,2 | 6,8 I 298 
21| A.Vm| 5.—| 24 [2863| 81 | 29,1 | 49 | 10.Nm | 6— | 25 I 285,9 | 6,8 | 30,4 
22 2 5.30 | 2,2 | 286,9 | 8,2 | 26,8 || 50 | 11.Vm | 6.— | 28 | 2813 | 7,8 | 33,3 
23 £ 6.— | 2,4 | 28731 83 | 293 || 51 2 6.30 | 2,6 | 281,2 | 7,6 | 31,0 
24 a 6.20 | 2,6 | 288,0 | 8,6 } 31,3 | 52 h 2— I 23,5 1.282,11 | 7,91 238 
53 h 7.30 | 2,6 | 282,9 | 8,2 | 31.0 
; 54 | 11.Nm | 2.30] 2,4 | 290,7 | 81 | 29,5 

September 

el Tr ee N en) 53) h 3.— | 2,4 | 290,4 | 7,9 | 29,5 
25 | 3.Nm | 2.30 2,3 | 288,4 | 8,3 | 34,4 I 56 4 3.301 2,0 | 290,4 | 7,9 | 29,5 
Ar | 3.— 1 23,6 | 287,7 | 9,0 | 33,7 I 57 s 4— | 2,5 | 290,0 | 7,8 | 30,7 


Zeit der 
Beobachtung 


Mitt! | Mittl 


1878, August 


Nr 


Zeit der 
Beobachtung 


Mittl 


Temp 


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Mittl 
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1878, August 


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n 


n 


n 


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6.30 
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8.30 
8.45 
9.10 
9.30 
NL — 
10.30 
Lil. — 
11.30 
12, — 
12.30 
1, 
1.30 
De 
2.30 
3.— 
3.30 
4.— 
3.90 
4.— 


4.30 


Temp in 
p 

C mm 
282,6 7,6 
283,01 77 
28441 81 
284,0 | 5,8 
284,1 5,7 
2836| 5,9 
2834 1.957 
283,951 5,7 
283,5 1 3,6 
283,6 | 5,6 
283,0 I 5,6 
282,7 9,9 
283,0 | 5,6 
283,0 | 5,6 
283,1 5,1 
282,9 | 3,6 
282,81 5,5 
282,6 | 5,4 
282,31 5,7 
28221 5,7 
290,5 | 8,0 
290,6 | 8,0 
290,3 | 8,0 
289,4 | 7,3 
287,9 162 
287,1 6,9 
289,0 | 11,7 
288,9 | 11,4 


291,9 | 11,8 
291,8 | 11,8 
291,7 | 11,8 
290,7 | 11,8 
291,3 | 11,9 
290,8 | 10,3 
291,1 | 11,6 


100 
101 
102 


105 


23.Nm 


n 


n 


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n 


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MD Ur 00 


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291,7 
290,9 
287,4 
287,3 
287,2 
286,7 
286,5 
286,3 
286,2 
285,9 
285,6 
285,9 
285,5 
285,5 
285,5 
285,3 
285,4 
293,8 
293,7 
293,1 
290,4 
290,9 
291,5 
292,1 
292,2 
292,4 
292,3 
292,4 
292,3 
291,0 
291,7 
291,8 
291,3 
290,7 
289,9 


11,6 
11,6 
10,7 
10,6 
10,6 
10,5 
10,5 
10,2 
10,3 
10,5 
10,2 
10,1 
10,0 
10,1 
10,2 
10,2 
10,2 
14,0 
14,0 
13,6 
13,9 
13,9 
14,4 
14,5 
14,4 
14,9 
14,5 
14,0 
13,3 
13,2 
13,1 
15,6 
13,3 
12,1 
11,8 


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BD D 
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Zeit der Barom m nr a en Zeit der Barom SE en ul en 

Nr | Beobachtung }Diffz 4 5 Br h Nr | Beobachtung |Diffz 4 o Se h 
1878, August | mm C mm | m 1878, September] mm C mm m 

128 | 30.Nm | 9,30 | 28 | 287,9 | 104 | 344 ||ı61 | 4.vm | 1050| 26 | 2879 | 86 | a1,ı 
129 { 10.— 1 2,7 | 287,6 | 103 | 334 ||ı62| 4&.Nm | 2— | 236 I 291,4 | 8,1 | 31,9 
13 h 10.30 | 2,8 | 287,6 | 10,2 | 34,4 || 163 e 2350| 2,8 | 291,7 | 82 | 344 
131 3 11.— | 24 | 2874 | 10,5 | 29,4 || 164 i 3.— | 3,0 | 291,6 | 8,0 | 36,8 
132 R 11.30 | 2,7 | 286,9 | 10,5 | 33,1 |] 165 ; 3350| 23 [2914| 7,7 | 344 
133 | 31.Vm | 12.— | 2,6 | 286,4 | 10,4 | 32,1 |] 166 h 4.- | 28 | 2923 | 7,9 | 34,4 
134 5 12.501 2,5 1 286,0 | 9,9 | 30,7 || 167 R 430 | 2,7 | 2923| 8,4 | 83,1 
135 r 1.- | 24 | 286,0 | 10,0 | 29,3 || 168 3 5.—| 27 [291,6 | 8,7 | 33,1 
136 { 1530| 2,5 | 285,8 I 9,9 | 30,5 |} 169 ö 5.301 2,6 | 290,6 | 8,3 | 31,9 
137 B 2—| 25 1285,81 9,9 | 30,5 || 170 a 6.-| 23 | 2894| 85 | 34,4 
13 h 2350| 2,7 | 285,5 | 9,8 | 32,9 || 171 | 5.Nm | 4.— | 2,7 | 294,6 | 10,9 | 33,5 
139 , 3.— | 27 | 2852] 9,9 | 32,9 || 172 & 430 1 3,0 1 294,6 | 10,6 | 37,2 
140 , 330 | 2,6 | 285,1 | 9,6 | 31,6 || 173 £ 5.—| 29 | 293,7 | 10,6 | 35,9 
141 ; 4+— | 2,7 1 285,0 | 9,7 | 32,8 |] 174 : 5.30 | 29 | 293,1 | 10,5 | 35,9 
142 A 4301 2,9 | 284,6 | 9,7 | 35,2 |] 175 ? 6.—1 2,8 | 292,4 | 10,5 [34,8 
143 | 31.Nm | 4—1 26 | 290,7 | 10.3 | 32,2 || 176 | 6.Vm | &— | 25 | 289,4 | 11,6 | 30,8 
144 - 4.301 24 | 290,5 | 9,7 1 29,7 || 177 i 830 | 2,5 1 290,4 | 11,6 | 30,8 
145 i 5—| 2,6 122021 94 1 32,2 || 178 a 9.—1 25 | 290,6 | 12,1 | 30,8 
TAB 5.30 | 2,6 | 2895] 9,2 | 32,1 || 179 3 9.30 | 2,7 | 291,8 | 12,3 | 33,3 
147 i 6— | 27 [2895] s,8 | 33,3 || 180 s 10.— | 2,6 | 292,5 | 12,3 | 32,1 
SR Ras 1831| 6.Nm | 2— | 24 | 2973 | 11,7 | 30,2 

182 2 2350| 25 1 297,4 | 11,3 | 31,5 

148 | 3.Nm| 4-1 26 [2855| 76 | 31,1 || 183 2 3.- | 2,7 [297,2] 11,5 | 34,0 
149 N 5.—1 23 [284,7 | 78 1 27,5 || 184 N 330 | 2,7 | 297,2 | 11,9 | 34,0 
150 3 5301 2,4 | 2849 | 7,8 | 28,7 || 185 \ 4.-| 25 1 296,6 | 11,7 | 31,4 
151 ; 6—1 31 [283431 751 37,0 || 186 s 4301 2,5 | 296,7 | 11,7 | 31,4 
152 | 4Vm!| 6-1 25 | 281,0 | 6,9 | 29,8 |] 187 2 5.—| 2,7. | 296,0 | 12,1 | 33,9 
158 | 6301 2,6 | ası2] 721 31,1 || 188 i 5.30] 2,5 | 295,2 | 11,7 | 30,6 
154 h 2..—-1 26 128325] 7,6 | 311 || 189 } 6— | 2,6 | 293,9 | 11,7 | 32,6 
155 ‘ 7130| 25 | 28321 7,8 | 29,9 || 190 3 830 | 2,3 | 292,1 | 11,9 | 28.2 
156 i 8.—| 28 |2s38 1 7,8 | 33,5 | 191 » 9-1 23 12925 | 12,6 | 285 
157 "1830| 2,4 | 284,8 | 8,0.| 28,7 || 192 1 9.301 2,3 | 292,2 | 12,0 | 28,4 
158 i 9.1 25 | 285,8 | 8,7 | 29,9 || 193 : 10— | 2,3 | 291,9 | 12,1 | 28,4 
159 ; 9301 2,6 1 286,5] 8,5 | 31,1 || 194 h 10.30 | 2,2 | 291,7 | 12,2] 27,2 
160 i 10.— | 25 [2871| 86 [299 1195| , 11.— | 22 | 291,9 | 125 | 272 


299 


ittl [Mitt] | Ber itt1 |Mittl | Ber 
Zeit der Barom en Dunst- Ba Zeit der Barom Eh Dinst. ne 
Nr | Beobachtung |[Diffz 4 o P [aruck h Nr | Beobachtung |Diffz 4 MP Taruck CE 


1878, September| mm m 1879, Juni mm C 
196 | 6.Nm | 11.30. 12,6 | 28,4 1227 | 2.Vm | 11.— | 2,7 | 286,2 
228 a 11.50 | 2,6 | 288,4 
879, Mai 
Bee 229| 2.Nm | 12. — | 24 | 2883 
197 | 30.Nm | 6.— 230 E 12.30 | 2,5 | 288,0 
198 5 6.50 231 5 1. | 23,3 | 288,6 
199 5 7. - 
1880, Mai 
andai. ; |& 715 m 
201 h 7.30 232 | 15.Vm | 5.— I 2,6 | 284.0 
: 233 e 5.30 | 2,7 | 283,5 
Juni 


9a 6— | 2,6 | 284,6 
ä 6.15 | 24 | 284,9 
x 630 | 2,5 | 285,6 
Bl, 6.45 | 24 | 285,7 
2383| , 2—I 23 | 286,3 


202 | 1.Vm | 11.— 
203 Sr 0 
204 | 1.Nm | 12.— 
2565| , 12.30 


206 { et 2339| $ 215 | 23 | 286,7 
207 ; 1.30 20| , 745 | 23 | 2874 
208 i a, 2 2a , 8.45 | 2,3 | 288,6 
209 x 5.30 242 | 15.Nm | 5.—| 24 | 290,9 
2100| , Gt 243: = 5.45 | 2,4 | 289,9 
211 E 6.30 24| , 6.30 | 2,4 | 288,9 
a ee mt 25| _ 645 | 23 | 289,5 
BI 7.30 2466| | 2—| 24 | 2832 
2114| , 7.45 247 | 16.Nm | 4— | 25 | 292,1 
215| 2m | 5.— 
A 5.30 
Die.) \“ 
Bis: | °-, 6.30 
B1g-N 1 
2220| 7.30 
221 t 8 
22 , 8.30 
2383| , 9 
224 9.30 
225 f 10.— 
226 ? 10.30 


Abh.d. II. Cl.d.k. Ak.d. Wiss. XIII. Bd. III. Abth. 39 


300 


Zeit der Barom De N En Zeit der Barom E a a = r 
Nr | Beobachtung |Diffz 4 o Ay Nr | Beobachtung |Diffz 4 8 Ba 

1880, Mai mm C mm | m 1380, Mai mm C mm m 
260 | 17.Vm | 6.— | 2,7 | 279,0 | 5,7 | 32,0 || 295 | 19.Nm | 8.— | 23 | 274,0 | 2,7 I 26,6 
261 h 6.30 | 2,8 I 279,0 | 5,7 | 33,1 || 296 | 20.Vm | 4.30 | 2,6 | 271,2 | 4,0 | 29,8 
262 a 7— I 28 1 279,1 1 5,7 | 33,1 || 297 a 445 | 2,5 1 27121 41 | 28,7 
263 2 7.301 2,8 | 279,9 | 5,6 | 33,2 || 298 a 5.— | 3,6 I 271,3 I 3,7 | 29,8 
264 N 8.— | 2,7 | 280,6 | 5,7 | 32,1 || 299 - 5.15 I 2,6 | 271,6 | 3,7 | 29,8 
265 a 8.30 | 2,7 | 280,7 | 5,8 | 32,1 || 300 a 5.301 2,5 | 271,9 | 3,6 | 28,7 
266 & 9— | 2,8 | 281,3 | 5,6 I 33,4 | 301 r 545 1 2,5 | 272,41 3,8 | 28,8 
267 A 9.301 2,7 | 281,5 | 5,5 I 32,2 || 302 n -6.— 1 24 | 273,0 1 38 I 27,7 
268 | 17.Nm | 4.— I 2,6 | 287,1 | 4,7 I 31,6 || 303 s 6.151 2,6 | 2735 1 3,7 | 30,1 
269 B 4.15 | 2,6 I 286,4 | 4,9 | 31,6 || 304 % 6.30 | 2,6 | 274,0 I 3,9 | 30,1 
270 445 | 2,7 | 285,6 I 4,5 | 32,7 | 305 x 6.45 | 2,5 | 2744 I 3,6 | 28,9 
271 R 5.— | 25 | 2851] 43 | 30,2 || 306 5 7.—I 24 127511 35 | 279 
272 a 5.30 | 2,4 I 284,5 | 4,0 I 28,9 |[ 307 - 7.301 2,5 1 2759 | 3,4 | 29,1 
273 r 6.30 | 2,6 | 282,5 | 4,3 | 31,1 |] 308 A 8.— | 2,6 | 277,1 | 2,6 | 30,4 
274 2 7—| 24 1 281,4 | 4,9 I 28,6 || 309 3 8.30 | 2,7 | 277,9 I 3,3 | 31,6 
275 R 7.30 | 2,4 | 280,4 | 4,9 | 28,5 || 310 s 9.— | 27 | 2794 [I 2,2 | 31,7 
276 | 18.Vm | 445 | 2,6 1 276,5 | 4,6 | 30,5 || 311 | 20.Nm | 4— | 2,5 | 285,1 | 4,2 | 30,1 
277 2 5.— | 2,7 | 275,9 | 4,5 | 31,6 || 312 N 415 | 2,6 | 285,2 | 3,7 | 81,3 
278 e 5.30 | 2,4 | 276,1 | 4,6 | 28,1 || 313 5 445 | 2,6 | 284,1 | 4,2 | 31,2 
279 - 6.— | 25 | 276,6 | 4,5 | 29,3 |] 314 n 5.— | 25 | 284,11 3,6 | 30,0 
280 R 6.301 2,5 | 2775 1 4,7 1 29,4 | 315 r 5.15 | 2,5 | 284,1 | 3,8 | 30,0 
281 2 7.— | 2,7 | 2783 | 5,2 1 31,9 || 316 h 5.30] 2,5 | 2841| 41 | 30,1 
282 e 7301 24 | 278,9 | 4,4 I 28,4 || 317 P 6.— | 24 | 284,0 | 3,5 | 288 
233 5 8.— I 24 | 280,2 | 3,7 | 28,5 || 318 n 6.30 | 2,4 | 283,0 | 3,9 | 28,7 
284 E 830 | 2,7 | 2814 | 3,6 I 32,2 || 319 5 2.— | 23 | 2832 I 40 | 27,5 
285 n 9.— | 29 | 281,9 |] 3,1 | 34,7 || 320 N 7.301 23 ] 2813 | 40 | 27,4 
286 " 9.30 | 2,7 | 282,0 | 3,3 | 32,2 || 321 n 8s.— | 2,6 | 280,7 | 3,8 | 30,8 
287 | 19.Nm | 5— | 25 | 2785 | 3,3 | 29,4 || 322 | 21. Vm 4151 21 [2785 | 46 | 24,8 
288 - 6— | 25 | 2775 | 2,9 | 29,3 || 323 5 4350| 21 [27841 45 | 24,7 
289 r 6.15 | 2,6 | 277,1] 3,0 | 30,4 || 324 a 445 | 2,1 | 278,5 | 43 | 24,8 
290 r 6.30 | 2,5 | 276,8 | 2,8 I 29,2 || 325 i 5.— | 21 | 2785 1 43 | 24,8 
291 a 6.45 | 2,6 | 276,4 | 2,9 | 30,4 || 326 e 5.15 | 2,1 | 278,6 | 43 | 24,8 
292 R 7.— | 2,6 1 275,8 I 2,8 I 30,3 || 327 5 5.30 | 2,0 | 278,6 | 4,1 | 23,6 
293 x 715 | 25 1 275,4 | 2,9 | 29,1 || 528 | 22.Vm | 7— | 21 I 280,2 | 7,0 | 25,9 
294 » 7.30 | 2,7 | 274,9 | 2,9 1 31,4 || 329 n 9,— | 24 12863 | 7,5 | 29,2 


CA 


301 


: Mittl [| Mittl| Ber s Mitt] [| Mittl| Ber 
Zeit der Barom Fein Dunst-| Höhe Zeit der Barom ne Dunst- Höhe 

Nr | Beobachtung |Diffz 4 druck Nr | Beobachtung |Diffz 4 5 en 
1880, Mai mm m 1880, Mai mm C mm| m 
330 | 25.Vm | 4.15 | 2,7 32,1 || 365 | 25.Nm | 7.30] 25 1 291,3 | 7,8 | 30,7 
33l e 4.30 1 2,7 32,0 1 366 £ 7451 2,5 | 291,21 7,71 30,7 
332 N 4.45 | 2,7 32,1 || 867 | 26.Vm | 4.15 | 21 | 287,81 9,5 | 25,4 
333 e 3.— | 23,5 29,7 || 368 5 430 | 22 | 287,381 73 | 26,6 
334 » 5.15 | 2,4 28,5 || 369 x 4.45 | 2,2 | 287,6 | 6,5 | 26,6 
339 a 9.30 | 2,6 31,0 || 370 s 5.— | 2,4 | 287,5 | 6,5 | 29,0 
356 A 9.45 1 2,6 31,0 | 371 x 5.15 | 23 1 287,9 | 6,7 | 27,9 
337 y 6.— | 2,4 28,7 || 872 R 5.30 | 2,5 1 288,0 | 6,7 | 30,3 
338 e) 6.151 2,5 29,9 || 873 r 9.45 | 2,4 12884 | 7,11 29,1 
339 a 6.30 1 2,6 31,1 || 374 5 6.— | 24 1 2892| 7,5 1 29,2 
340 > 6.45 | 2,5 29,9 || 375 a 6.15 | 2,7 1 2893 | 7,7 | 32,8 
341 7 7.—| 2,6 31,1 || 376 e 6.30 | 2,6 | 289,6 | 7,5 | 31,6 
342 m 7.151 2,7 32,4 || 377 a 6.45 | 2,5 1 290,1] 7,5 | 30,5 
343 n 7.30 | 2,6 81,3 || 878 4 7.— 1 23,5 | 290,6 | 7,8 | 30,6 
344 = 7.451 2,7 32,5 1 879 r 7.15 | 2,6 J 291,0 1 7,7 1 31,8 
345 . 8— 1 2,7 32,6 | 880 H 7.30] 2,6 1 291,2 | 7,7 | 31,8 
346 2 8151 2,7 32,7 1 381 n 7.451 2,7 | 291,7 | 8,0 | 33,1 
347 5 8.30 1 2,7 32,7 || 882 5 8.— | 2,7 I 2922 | 8,7 | 33,2 
348 E 8.45 | 2,6 31,5 || 883 ” 8.15 | 2,6 | 293,0 I 8,8 | 32,0 
349 - 9.—I 28 34,0 || 884 5 8.30 | 2,5 1 293,6 | 8,8 | 30,9 
350 r 9.301 2,6 31,7 || 385 e 8.45 | 2,6 | 294,6 | 8,9 | 32,2 
sol = 10.1 2,7 32,9 || 386 n 9.— | 2,6 | 294,5 | 9,1 | 32,2 
852 | 25.Nm | 4.— I 2,4 29,8 || 387 R 9.151 2,5 1 294,9 | 9,2 | 31,0 
353 x 4.15 | 2,4 29,8 | 888 £ 9.301 25 | 295,2 | 9,3 | 31,0 
354 a 4.30 | 2,4 29,8 1 389 | 26.Nm | 4.— | 2,3 | 299,0 | 11,4 | 29,0 
355 Bi 4.45 | 2,5 31,0 |] 390 n 4.30 | 2,4 | 298,6 | 9,9 | 30,2 
356 ; 5.— I 23,5 31,0 | 391 n 3.— I 24 | 298,5 | 10,3 | 30,2 
357 3 5.15 | 2,8 34,38 || 392 . 5.301 24 1 2983 | 93 | 30,2 
398 £ 5.30 1 2,5 30,9 1 393 n 5.451 2,5 | 297,9 | 10,3 | 31,4 
359 % 5.45 1 2,5 30,9 |] 394 £ 6.— I 25 |] 297,6 | 9,6 | 31,4 
360 a 6.15 | 2,4 29,6 | 395 N 6.15 1 2,3 1 297,4 | 10,4 | 28,8 
361 R 6.301 23 28,4 || 396 r 6.45 | 2,3 | 299,0 | 10,1 | 29,0 
362 = 6.45 | 2,5 30,8 || 397 Y 7.— I 235 I 296,3 | 8,7 | 31,2 
363 n 7.— I 236 32,0 |] 398 N 7.151 234 I 296,1 | 8,7 | 29,9 
364 R 7151 24 29,5 | 399 | 27.Vm | 430 | 2,8 | 289,5 I 8,8 | 34,2 


302 


Mitt! |Mitt!| Ber | Mitt! | Mittl| Ber 
Zeit der Barom unst-I xr.. Zeit der Dunst-I xr.: 
Nr | Beobachtung I[Diffz 4 OP Taruck S + Nr | Beobachtung I druck Be 
P pP 
IE 1880, Mai mm C mm u 1830, Mai C En m 

400 | 27.Vm | 445 1 2,9 | 289,5 | 8,8 | 35,4 || 435 | 28.Vm | 4.45 | 2,0 | 289,0 | 9,3 | 24,5 
401 5 6.— | 2,8 I 290,5 | 8,8 | 34,3 |] 436 N 5.— | 2,0 | 288,6 | 8,7 | 24,5 
402 R 6.15 | 2,8 I 290,9 | 9,2 | 34,6 || 437 r 5.15 | 2,0 | 288,7 | 8,9 | 24,5 
403 R 645 | 2,6 | 291,9 1 9,3 1 32,1 || 438 r 5.30 | 2,0 | 289,0 | 88 | 24,4 
404 F 7— I 26 I 292,2 | 10,0 | 32,1 || 439 % 5.45 | 2,0 | 289,0 | 88 | 24,5 
405 r 7.151 2,6 | 292,5 I 9,6 | 32,1 || 440 x 6.— | 2,0 | 2892 | 88 | 245 
406 5 7.301 28 | 293,2 | 8,9 | 34,7 || 441 a 6.15 1 2,2 | 289,0 | 8,7 | 26,9 
407 Ä 7.45 | 2,6 I 293,7 | 9,6 | 32,3 || 442 = 6.30 | 22 | 2893 | 8,6 | 27,0 
408 n 8s.— | 2,8 ] 294,2 | 9,6 | 34,8 || 443 2 6.45 I 2,1 | 289,6 | 8,6 | 25,8 
409 5 8.15 | 2,6 | 294,7 | 8,9 | 32,4 || 444 R 2.— | 22 [289,8 | 85 [| 270 
410 n 8.30 | 2,7 | 295,1 | 9,2 1 33,7 |] 445 5 715 1 23 1 2903 | 86 | 28,3 
411 a 8.45 1 2,4 | 296,5 ı 9,2 | 30,1 |1 446 : 730 | 21 1 290,6 | 9,4 ı 25,9 
412 a 9.— | 23,6 | 295,9 | 9,2 | 32,5 || 447 | 28.0m | 4— | 23,7 | 291,4 | 10,6 | 33,3 
413 e 9.15 | 2,7 | 296,3 | 9,3 1 33,8 1 448 3 4.15 | 2,6 | 291,9 | 10,1 | 32,1 
414 E 9.30 | 2,6 | 296,5 | 8,9 | 32,6 || 449 2 4301 23,6 | 291,7 | 9,5 | 32,1 
415 R 9.45 | 2,6 | 296,9 |- 9,2 | 32,6 | 450 x 445 | 35 [291,5 | 9,6 [ 30,8 
416 | 27.Nm | 4.- | 23 | 300,8 | 10,5 | 29,4 || 451 | 29.Vm | 4.45 | 3,5 | 278,7 | 5,9 | 29,2 
417 5 4.15 | 2,4 | 300,8 | 10,8 | 30,6 || 452 2 5— | 24 | 278,4 | 5,8 | 28,0 
418 ; 4.30 | 2,4 | 300,7 | 10,5 | 30,6 || 453 E 5.15 | 2,4 | 2782 | 5,7 | 28,0 
419 R 4.45 | 2,7 1 500,5 | 10,0 | 34,4 || 454 5 5301 24 I 278,1 | 5,7 | 28,0 
420 5 9.— | 2,8 1 3004 | 9,8 I 35,7 |1 455 n 545 | 23 1 278,3 | 5,7 | 26,9 
421 n 5.15 | 2,8 | 300,3 | 10,5 | 35,7 || 456 £ 6— | 23 1 278,6 | 5,8 | 26,9 
422 e 5.30 | 2,6 | 300,1 } 10,4 | 33,1 || 457 R 615 | 2,2 1 278,9 | 6,0 | 257 
423 ; 5.45 | 2,7 | 300,0 | 10,4 1 34,4 458 | 29.Nm | 6.— 1 2,5 | 283,5 | 6,0 | 297 
424 5 6.— | 2,7 | 299,8 | 10,2 | 34,3 || 459 g 6151| 25 1 2832 | 59 | 297 
425 n 6.15 1 2,7 | 299,4 | 10,3 | 34,3 |] 460 a 6301 24 | 282381 58 | 289 
426 6.30 | 2,8 | 299,0 | 10,9 | 35,5 || 461 | 30.Vm | 8.15 | 23 | 280,9 | 5,8 | 27,2 
427 r 6.45 | 2,3 | 298,6 | 10,0 | 35,5 || 462 { 845 1 2,4 1 281,8 | 6,0 | 28,4 
428 x 7.— I 23,6 1 298,3 | 9,7 | 32,9 || 463 R 9— | 25 | 282,4 | 5,8 | 29,7 
429 2 7.151 2,6 1 298,71 84] 32,9 || 464 £ 9151 25 [282,5 | 59 I 29,7 
430 e 7230| 2,7 | 2972 | 9,9 | 34,0 || 465 | 31.Vm | 6.- | 22 | 278,5 | 6,1] 24,6 
431 e 8.— I 2,6 | 296,1 | 10,1 | 32,7 || 466 r 6.151 21 | 278,7 | 62 | 24,7 
432 | 28.Vm | 4.— | 2,6 | 291,1 | 9,0 | 32,2 || 467 n 630 | 2,1 | 279,0 | 6,3 | 24,8 
433 4 4.151 23 | 2902| 9,5 | 28,3 | 468 E 6.45 | 232 | 279,0 | 6,0 | 25,9 
434 h 4.30 | 2,2 I 289,3 | 9,2 | 27,0 || 469 h 7.151 2,3 | 280,0 | 6,2 | 27,2 


303 


Zeit der Barom Zeit der Barom en! nn Ber 

Nr | Beobachtung |Diftz 4 Nr | Beobachtung |Diffz 4 er druck Kae 
1880, Mai mm 1880, Juni mm m 

470 | 31.Vm | 7301| 2,4 482 | 1.Vm | 8.45 | 24 28,7 
483 a 9I.— I 24 28,7 

us 484 5 9.15 | 2,6 31,2 

485 a 9.301 2,5 30,0 

41, LVm|ı 6— 1 22 486 E 9.45 | 2,5 30,0 
472 - 6.15 | 2,2 487 5 10.— | 235 30,0 
473 5 6.30 | 2,2 4858| 2.Vm | 8.— I 2,9 35,1 
474 E 6.45 | 2,3 489 R 8.15 | 2,7 32,8 
475 B 7.—1 24 490 B 8.30 1 2,8 34,1 
476 B 7.15 | 2,5 491 : 8.45 | 2,9 35,4 
477 z 7.30 1 2,6 492 a 9I.— I 238 34,2 
478 N 7.45 | 2,6 493 e 915 | 2,7 32,9 
479 r 8.— I 23,6 494 n 9.30] 2,7 33,0 
480 L 8.15 1 2,5 495 e 9.45 | 2,7 33,1 
481 n 8.30 I 2,5 496 5 10.— | 2,9 39,6 


B. Nach Stunden geordnete Zusammenstellung der in Abteilung A bestimmten mittleren 
absoluten Temperaten ©. 


Vormittags 


em zu | gl su 9 


287,3 | 284,3 | 284,9 | 286,1 | 286,9 | 288,0 | 282,3 | 288,9 | 292,2 | 292,4 | 292,3 | 292,4 
278,2 | 288,0 | 279,5 | 279,9 | 280,3 | 281,2 | 284,4 | 292,1 | 287,1 | 287,9 | 286,2 | 288,4 
279,9 | 279,9 | 280,6 | 281,2 | 290,4 | 290,9 | 291,5 | 286,5 | 292,5 | 287,2 | 287,5 | 287,5 
281,3 | 281.2 | 282,1 | 282,9 | 283,8 | 284,8 | 285,8 | 291,8 | 288,2 
282,6 | 283,0 | 282,5 | 283,2 | 289,4 | 290,4 | 290,6 | 287,6 | 289,7 
281,0 | 281,4 | 284,2 | 285,2 | 285,4 | 285,8 | 287,8 | 281,5 | 283,5 
282,4 | 282,9 | 286,3 | 287,4 | 280,6 | 288,6 | 281,3 | 282,0 | 289,5 
284,6 | 285,6 | 286,7 | 279,9 | 280,2 | 280,7 | 281,9 | 289,5 
284,9 | 285,7 | 279,1 | 278,9 | 277,1 | 281,4 | 279,4 | 295,2 
279,0 | 279,0 | 278,3 | 275,9 | 286,9 | 277,9 | 288,6 | 296,5 
276,6 | 277,5 | 275,1 | 285,9 | 287,4 | 287,9 | 294,5 | 296,9 


Nr 


9a | 10 | 10% | 11 | ii 


o SO. Vo ı 9 PP WVDD H- 


far 
=] 


- 
er 


304 


Vormittags 


Nr 
PO a a ee ee ee. es] in | 10%. 1 | 10 
ı2 | 273,0 | 274,0 | 2844 | 286,3 | 292,2 | ass.2 | 294,9 | 283,3 
ı3 | 273,5 | 2744 | 285,4 | 291,2 | 293,0 | 293,6 | 295,9 | 283,4 
14 | 283,6 | 284,1 | 290,6 | 291,7 | 294,2 | 94,6 | 296,3 | 288,4 
15 | 283,7 | 2845 | 291,0 | 293.2 | 294,7 | 295,1 | 282,4 | 288,9 
16 | 289,2 | 289,6 | 292,2 | 293,7 | 280,9 | 296,5 | 282,5 
17 | 2893 | 290,1 | 292,5 | 280,1 | 280,5 | 281,8 | 281,9 
18 | 290,5 | 291,9 | 289,8 | 290,6 | 281,2 | 281,9 | 283,3 
19 | 290,9 | 289,3 | 290,3 | 2802 | 285,5 | 282,3 | 287,6 
20 | 289,2 | 289,6 | 280,0 | 280,4 | 286,2 | 286,8 | 287,9 
21 | 289,0 | 279,0 | 280,0 287,8 | 286,3 
29 | ars,6 | 279,0 | 280,1 
23 | 278,9 | 279,6 | 280,2 
24 | 978,5 | 279,9 
25 | 78,7 
26 | 279,2 
97 | 279,6 | 
Mittel | 289,3 | 283,1 | 284.2 | 284,7 | 285,8 | 287,0 | 287,0 | ass,s | 289,0 | 289,2 | ass,7 | 289,4 
Gemichtil er | ol 05 | 0.1002 630g >| -o1 sr 3 3 3 
Nachmittag 
Nr: * lassen Me ea a a N a NEN 
2.‘ | el >| A. 5 As: 
ı | 287,5 | 288,4 | 291,9 | a9ı,8 | 291,7 | ass. | 292,2 | 292,6 | 292,6 | 292,8 | 292,6 | 292,4 
2 \osss | ass,o | ass,6 | 290,0 | 291,4 | 287,3 | 287,7 | 285,9 | 286,2 | 286,1 | 285,9 | 285,8 
3 288,6 297,3 | 290,7 | 287,5 | 287,5 | 286,5 | 286,9 | 286,4 | 280,8 
4 289,6 | 292,3 | 290,4 | 290,4 | 290,0 | 290,3 | 291,7 | 289,4 
5 291,7 | 290,7 | 290,5 | 290,6 | 291,1 | 293,7 | 290,9 
6 297.4 | 291,6 | 291,3 | 289,0 | 293,8 | 291,3 | 293,1 
7 297,2 | 291,0 | 290,8 | 291,8 | 290,2 | 290,7 
8 291,4 | 291,7 | 290,5 | 284,7 | 289,5 
9 297.2 \ 290,7 | 292,3 | 291,6 | 284,9 
10 285,5 | 294,6 | 293,7 | 290,6 
1 292,3 | 296,7 | 296,0 | 293,1 


305 


Nachmittags 


Nr 
2 lıoy| ı | 1 | a | 3 | ss 9 Mn 
12 294,6 | 292,0 | 290,9 | 295,2 
13 296,6 | 285,6 | 292,2 | 290,4 
14 292,1 | 284,1 | 291,1 | 289,9 
15 291,7 | 295,0 | 285,1 | 291,8 
16 287,1 | 294,7 | 278,5 | 284,5 
17 286,4 | 298,6 | 284,1 | 284,1 
18 285,1 | 300,7 | 284,1 | 293,8 
19 285,2 | 300,5 | 294,5 | 293,5 
20 294,8 | 291,7 | 294,0 | 298,3 
21 294,9 | 291,5 | 298,5 | 297,9 
22 299,0 300,4 | 300,1 
23 300,8 300,3 | 300,0 
24 300,8 
95 291,4 
26 291,9 
Mittel | 287,9 | 288,2 | 289,7 | 290,9 | 292,5 | 291,3 | 291,0 | 290,9 | 291,5 | 292,4 | 290,9 | 291,3 
richt |, 2 2 3 2 4 6 7 I BER en er 
Nachts 
Nr 
ee ee | nr 
1. | 291,1 | 290,1 | 286,5 | 288,8 283,7 | 283,5 | 283,5 | 283,6 | 283,0 
2 | 288,0 | 286,9 | 289,3 | 287,4 287,2 | 286,7 | 286,5 | 286,3 | 286,2 
3 | 285,1 | 287,1 | 289,1 | 2872 287,9 | 287,6 | 287,6 | 287,4 | 286,9 
4 | 280,2 | 290,1 | 287,7 | 280,4 292,2 | 291,9 | 291,7 | 291,9 | 2921 
5 | 285,9 | 288,5 | 288,2 | 274,9 
6 | 287,9 | 288,9 | 288,8 | 281,3 
7 | 289,9 | 289,5 | 287,7 | 391,3 
8 | 289,5 | 290,0 | 281,4 | 291,2 
9 | 2843 | 282,5 | 275,8 | 297.2 
10 | 289,4 | 276,8 | 275.4 
11 | 299,4 | 276,4 | 2832 


306 


Neaseshates 
Nr 
6 | # s Ska. | "3 | 9% | 10 | 10% 11 | ma 
lies, 283,0 | 292,4 
ı3 | 290,5 | 293,1 | 291,9 
14 | 289,2 \ 292,7 | 296,3 
15 | 291,3 | 299,0 | 296,1 
16 | 291,0 | 299,0 | 298,3 
ı2 | 277,5 | 298,6 | 298,7 
ıs | 277,1 | 282,8 
ı9 | 284,0 
0 12835 
21 | 2931 
2 | 297,6 
23 | 2974 
24 | 299,8 
25 | 299,4 
26 | 2832 
Mittel | 288,9 | 283,6 | 288,6 | 286,6 | 283,6 | 286,9 | 287,8 | 287,71 | 287,4 | 287,3 | 287,3 | 287,1 
Gewicht | 26 | 8 ng 3 | 4 3 | 4 4 4 4 4 
Morgens 
Nr 
12 (1a, |%1 Kaya da a 28 ae Ten ee 
ale 
1 283,0 | 283,1 | 282,9 | asa,s | 282,6 | 282,3 | 282,2 | 284,6 | 286,3 | 283,0 
2 | 985,9 | 285,6 | 285,5 | 285,5 | 285,5 | 285,5 | 285,3 | 285,4 | 285,0 | 282.2 | ası,7 | 286,9 
3 | 286,4 | 286,0 | 286,0 | 285,8 | 285,8 | 285,5 | 285,2 | 285,1 | 278,5 | 276,5 | 284,0 | 279,7 
4 282,3 | arı,2 | 275,9 | 281,9 
5 287,8 | 2712 | 2713 | 283,5 
6 991,1 | 278,4 | 271,6 | 280,6 
7 290,2 | 278,5 | 278,5 | 279,6 
8 282,3 | 278,6 | 276,1 
9 987,8 | 282,3 | 271,9 
10 287,6 \ 282,5 | 272,4 
11 289,5 | 287,5 | 278,6 


307 


Nrame- 

Pelen| 1 m 2 | 2% 3 | 3% ı | an 5 | 5% 
12 289,5 | 287,9 | 282,8 
13 | 289,3 | 288,6 | 283,0 
14 | 289,0 | 288,7 | 288,0 
15 | 278,7 | 278,4 | 288,4 
16 | | 278,2 | 289,0 
2 | | 289,0 
18 | | 278,1 
19 RN N | | 278,3 


Mittel | 285,0 | 284,9 | 284,8 | 284,8 | 284,7 | 284,6 | 284,4 | 284,3 | 285,3 | 282,4 |. 281,4 | 281,6 
Gewicht | 3 3 3 3 3 3 3 3 ee 16 | 19 


C. Nach Stunden geordnete Zusammenstellung der in Abteilung A bestimmten 
Höhenunterschiede h. 


Vormittags 


Nr 
6 6!/e 7 Ta 8 82 9 ga 10 10'/2 11 11'/g 

i 29,3 | 526 | 33,8 | 81,5 | 31,6 | 29,2 | 830,8 | 30,8 | 81,3 | 31,3 | 31,3 | 36,8 
2 S0raE E38 3193199290002 all 780, st 
5) 28,6 1.286 | 81,0 | 29,8 |-28,7 | 30,0 | 80,0 | 31,1 | 82,1 | 35,3 182,8 | 31,2 
+ 38,38 11481:0 1229,87 |. 31°0, 253,52 |7.28:7. 12.2997 | 33;3 729,3 
b) 202 2a le alle 229:9230.32.10430,8%.80,8:21%.80,9. [2.329 
6 29,8 | 8l,L | 315 | 32,8 | 31,6 | 31,6 | 34,1 | 8322 | 30,0 
7 28.3 | 289 | 27,9. | 28.01 821 |.281 |’33,4 | 822 | 35,6 
3 DRS ESS 2729 733201072855 ala al 
9 29.0 1.293,17 | 33,1 1.284 | 80,4 | 82,2 | 81,7 | 81,0 

10 320m Base ale ge 3216 | 7311.64 1229906 182,6 

11 29,3 1.294 | 27,9 | 813 | 32,7 | 32,7 | 34,0 | 32,6 

12 ZU BS0 E23 32152 18807 17 31,57 |. 32,2 1280:0 | 

13 30,1 | 28,9 | 31,1 | 318 | 32,0 | 30,9 | 31,0 | 30,0 | | 

14 28,7 ı 81,1 |,824 | 88,1 | 348 ı 32,2 | 82,5 | 83,0 | 

15 29:9 | 29,97 | 3056 1 834,7 | 824 | 33, 33,8 | 33,1 


16.-| 292 | 31,6 | 318 | 323 | 272 | 30,1 | 29,7 | 


Abh.d.II.Cl.d.k. Ak.d. Wiss. XIII. Bd. III. Abth. 40 


308 


En se nn en ee Gr ee 


Vormittag 
Nr 


7 la 8 S1/a ) 91a 10 10!) 11 11!/e 


25 | 24,7 
26 | 26,4 
27 | 26,5 


Mittel | 289 | ‘29,3 | 30,3 | s0,9 | s1,6 | 311 | 31,6 | 31,6 | 31,6 | 32,6 | 333 | 33.0 
Gewicht | a | a 83 | 20 | 0 21 21 15 7 3 3 3 


Nachmittag 


Ne |—— 
12.2 e ae or, | 3 | sn sa au.) 5 Van 
ı | 368 | sa7 | 347 | 322 | 10 | 344 | 334 | 35,0 | 33,5 | 35,5 | 85,5 | 29,6 
2 | 294 | 09 | 345 | 35,9 | 31,9 | 32,8 | 33,7 | s07 | 513 | sıs3 | 326 | 304 
3 39,2 302 | 295 .| 341 | sa1ı | 365 | 328 | 35,3 | 98,7 
4 359 | 337 | 295 | 29,5 | 30,7 | 333 | 31.0 | 80,6 
5 344 | 31,0 | 308 | 320 | 33,5 | s26 | 29,8 
6 31,5 | 36,8 | 322 | s08 | 326 | 32,5 | 28,8 
7 340 | 350 | 31,0 | s12 | 322 | 28,7 
8 344 | 350 | 29,7 | 27,5 | 321 
9 340 | 322 | 331 | s31 | 987 
10 311 | 372 | 35,9 | 31,9 
11 344 | 314 | 339 | 35,9 
12 335 | 311 | 29,6 | 30,6 
13 "| 314 | s97 | sıı | 347 
14 31,0 | 312 | 298 | 9,5 
15 392 | 298 | 302 | 31,0 
16 31,6 | 310 | 294 | 28,9 
17 Ä 31,6 | 30,2 | 300 | 30,1 


Nachmittae 


oO 


309 


Nr 
12 12!/a 1 1'/a 2 Qlla 3 Slle 4 alla 5 5l/a 
= 1 
18 30,1 | 30,6 | 30,0 | 30,9 
19 813 | 84,4 | 81,0 | 80,9 
20 29,8 | 32,1 | 348 | 30,2 
21 29,8 | 80,8 | 80,2 | 31,4 
22 29,0 SB Bl 
23 29,4 35,7 | 34,4 
24 30,6 
25 De 
26 32,1 
Mittel Ball 202,821083:8.,1.84.021782:2 17827 | 82:000.82,97 E37 822277821217309 
Gewicht 2 3 2 4 6 7 9 26 21 23 23 
Nachts 
Nr ’ 
6 6'/a 7 7 le 8 Se 9 gl 10 10'/2 11 11!/e 
il Den Fall 02 ge 796.6, 15285 120,401730.02727.621°271,6, [727,6 1 227,6 
2 3162 523:98 723220 280:7..122081029,0210.27.651228,1° 17.26.9217 28,12] .28/07 028,0 
3 292 | 30,7 | 30,8 | 29,5 | 32,7 | 27,6 | 28,5 | 28,4 | 33,4 | 34,4 | 294 | 33,1 
4 28,7 | 35,8 | 33,2 | 28,5 28,2 34,4 | 28,4 | 27,2 | 272 | 28,4 
b) 304 | 32,1 | 294 | 31.4 
6 294 | 294 | 28,3 | 27,4 
7 28.7210.29:62182937|2.30,7 
8 883,3 | 81,1 7286° | 30,7 
9 37,0 | 29,2 | 30,3 | 34,0 
10 34,4 | 30,4 | 29,1 
11 84,8 | 287 | 320 
12 32,6 | 284 | 29,5 
13 35,8 | 30,8 | 31,2 
14 32.1. 2902|, 29,9 
15 31,0 | 35,5 | 823,9 
16 31,0 | 35,5 | 32,9 
ET 293 | 285 | 27,5 
18 30,4 | 28,3 
19 28,8 
20 29,6 


Nachts 

Nr 

ee | | @% s| | o || 10 || | u 
21 | 314 
22 | 28,8 
23 | 34,3 
24 | 34,3 
25 | 29,7 | 
26 | 29,7 
Mittel | 318 | 31,0 | 304 | 30,5 | 30,0 | 28,3 | 275 | 302 | ası | 203 | ago | 293 
Gewicht | 26 18 17 9 3 4 3 4 Aa A 4 4 


Nr 
12 12!/a al 1%/g 2 ala 3 3l/e 4 Alle b) 5a 
1 28,7 | 27,5 | 26,7 | 252 | 25,1 | 26,3 | 26,3 | 23,9 .| 28,9 | 35,2 | 29,1 [2268 
2 28,0 | 28,0 | 29,3 | 26,7 | 26,7 | 28,0 | 27,9 | 26,7 | 32,8 | 30,5 | 28,8 | 28,2 
3 32,1 | 30,7 | 281 | 30,5 | 830,5 | 32,9 | 82,9 | 81,6 | 24,8 | 29,8 | 31,4 | 82,4 
4 By ers ea oe 2} 
5 254 | 24,7 | 29,8 | 33,2 
6 32,2 | 24,8 | 29,8 | 28,1 
7 28,3 | 32,0 | 24,8 | 28,7 
0) 32,1 | 248 | 28,8 
9 26,6 | 29,7 | 23,6 
10 26,6 | 28,5 | 31,0 
11 34,2 | 29,0 | 31,0 
12 35,4 | 27,9 | 30,3 
13 27,0. | 24,5 .| 29,1 
14 24,5 | 24,5 | 24,4 
15 292 | 280 | 24,5 
16 28,0 | 28,0 
17 26,9 
13 32,5 
-19 33,1 
Mittel 29,6 | 28,7 | 28,0 | 275 | 274 | 291 | 29,0 | 27,4 | 28,5 | 29,4 | 28,1 | 29,1 
Gewicht 3 3 3 3 3 B) 3 5) Mn 15 16 19 

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35 


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FEEEEEREFFEEEEREER, 


Aufgen.von Ingenieur M. Schmidt. 


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Längenprofil Döbra-Kapellenberg 


Bauernfend, Befractonsdoodecätungen. 


Kapellenber& 


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GezeichnetronE Grabinger 


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Inhalt 


Beiträge zur Anatomie des Gorilla. Von Dr. Th. L. W. von Bischoff in München 


Das Bayerische Präcisions-Nivellement. Fünfte Mittheilung von Karl Max 
von Bauernfeind. Mit einer Uebersichtskarte . 


Ueber die Berechnung der wahren Anomalie in nahezu parabolischen Bahnen. 
Von Theodor Ritter von Oppolzer . N 


Nachtrag von Dr. Th. L. W. von Bischoff. Mit zwei Abbildungen 


Ergebnisse aus Beobachtungen der terrestrischen Refraktion. Erste Mittheilung 
enthaltend die Feststellung von Thatsachen. Mit zwei Steindrucktafeln. 
Von Karl Max von Bauernfeind ; 


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er Ueber die äusseren weiblichen Geschlechtstheile des Merdeen und der Affen, 
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